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Full text of "Geistliche Schatzkammer der Glaubigen : in welcher die Lehre vom wahren Glauben, Gerechtigkeit, Seligkeit, majestät, Herrlichkeit, Christlichem Leben, und heilsamen Creuz der Kinder Gottes &c."

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5 ll. det GE, Be 


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4. 








2 


Beihkk 


Shestenmer 


der Gläubigen, u : 


in welder 


die Lehre vom wahren Glauben; Gerechtigkeit, Selig⸗ 
keit, Majeſtaͤt, Herrlichkeit, chriſtlichem Leben, 
und heilſamen Creuz der Kinder Gottes ꝛc. 


J Anfaͤnglich von 

J Mm Stephan pratorite— 
weilanb Mafter zu Salzwedel, | E 

| Städweile, an. den Tag gegeben, 





En; =. SE EEE Dazu BEE SE 7 
‘ ‘. 
[| 


"und Anno 1622 
: . von 
W— Herrn Johann Arndt 
zuſammengeſuchet and zum Druck verordnet. 


.. Runmehre mit beſonderem Fleiß in richtige 
| Ordnung gebradt, 


& 
. . von ” I 


“M Bartin Gkatiws, 
| “Miebiger in St. Iopannis in Bazıie. 





— — 

Fünfte nuflage. 

1 m 

\ Reutlingen, ' 

| in des I. J. Mäden’fben Buabantiang 

. 1 8 2 7. . 
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Wr YDlmom Dem on 
Ehrendsnch, Ehrbaren und Wohlweiſen 
Herrn: 
Andrea Statio,. 
EMERITO, Bürgermeiftern 
in Neugarten, 
meinem freundlichen lieben Vater, 
wanſqche id, 
Marti 2.6 tatim 8 
fein Sohn, 


ewige Vergebung aller Sünden, ewige Gerechtigkeit, ewige Gnade 
‚Gottes, und ewiges Leben durch Jeſum Chriſtum, Amen! 


Th danke meinem lieben Gott von Grund meines 


Hetzens, lieber Dater! sh er mio von der Aßelt 


Fe und zu der Lehre Des heiligen Evangelii 
berufen, infonderheit, Daß er mir zu Diefem troffreis 
den. Erfenntniß geholfen hat, daß ih nun mit offe- 


nen Augen fehen Fann, mie wir mit allen, die das 


helle Licht des heil. Evangelii haben, und aus dem- 
eiben fih und Bott recht erfennen, in einer recht 
güldenen, und nad Pauli Urtheil angenehmen Zeit 


und Tage des Heils leben, wenn mir fhon nach dem 


äußerlichen Leben mit unzähligem Sammer und Elend, 
welches: die Welt mit ihrem gottlofen Haufen, Leben 
und Undanf ihnen felbft, und (leider!) auch den From⸗ 
men über den Hals führet, überfchuftet fepn. . 
Denn ob mir wohl Angſt, Gedränge und Uns - 
frieden in dieſer betrübten. Welt haben, ſo, haben ie 
Haben,— e 


r 
‘ wi tn. en 


4 Zueignungsſchrift. 


doch gleichwohl Friede und Freude in Bett, und mwif- 
IM dag die Belt famt allen Kegern, Tyrannen und 

forten dee Hölen, madht- und Fraftlos gemachet, 
von dem fiegreihen GSchlangentreter Sur Chrifto, 
welcher der alten Schlange, famt ihren Helfers⸗Hel⸗ 
fern, den Kopf zerknirſchet hat, und Daß alles Elendy 
Creuz und Sammer bald ein Ende nehmen, und uns 


[er geben, welches ißo in Chriſto verborgen iſt, in 


urzem werde offenbaret werden. 

- Wir erfreuen uns auch herzlich in Gott unfers 
Heils, daß er Die Pforte des Himmels im Gnaden⸗ 
Reich des Herrn Chrifti’ angelmeit über uns aufge: 
than, und Daß uns nichts von Gottes- Liebe, die Da 
ift in Chriſto Jeſu, reiflen oder fheiden könne. Wir 
erfreuen uns herzlich über dem reinen Wort Gottes, 
in welchem mir Ehriftum, und in Chrifte den Vater, 

heiligen Geift, ja alle himmliſche Schäße, Gaben und 
Seheimniffe zu Diefem und jenem Leben nöthig, reiche 

ih haben. Wir erfreuen uns herzlich, Daß wir Goft 
durch Ehriftum in fein liebreihes und Gnadentriefen⸗ 

- des Herz fehen Fönnen, und dag mir Soft unferm 
lieben Dater, in Chriflo theuer, lieb und. angenehm 
find: Ja, Daß mir ei ihm in Chriſto allbereit in 
dieſem gebrechlihen Suͤndenleben herrlih, gerecht, 
heilig und felig find, Eph. 1. Don Natur find wir 
eben fo große Sünder, als andere: Aus Gnaden aber 


ſind wir eben fo gerecht und felig, als Abraham, Iſaac 


“ w Jacob, mit Denen wir über einer Safe! figen, und 
AWMerlei Speife und Trank in der Ewigkeit een 
werben. Denn wir wiſſen auf das Allergewiſſe— 
fe, und glauben feftiglih, daß Chriftus Jeſus allen 
feinen Scmud an ung gewandt, ung mit feinem Blut 
von allen blutrothen und rofinfarben Sünden gereinis 
get And gewaſchen Ef. 61. mit Feierfleidern des Heils, 
und mit dem Rock Der Gerechtigkeit, Ephef. 5. Der 
Heiligkeit und Seligfeit alfo befleidet hat, daß wir 
in ihm für Gott ganz unfträflich find, ohne ale Flek⸗ 
- Ten, Runzeln, Mackeln, oder fonft etwas. 


Eon ⏑ en DEE 
* 


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Zueignungeſchrift. 0 e 


Wir erfreuen: uns aud billig im Deren herzlich /⸗ 
baß wir mitten in der hoͤchſten Angſt, Schwachheit, Anz - - 


fechtungen,, Leiden und Verfolgungen in Chriſto Der: 


ren und geiftlihe Koͤnige feyn über den Teufel, über. 


die Welt, über die Tyrannen, über Sünde, Tod 
und Hölle, Römer am 8. Denn wir haben nicht em- 
pfangen den Geift der ABelt, Daß wir ung ahermaf 
fürchten. dürfen, fondern den Geift aus Gott, auf daß 
toir wiſſen Eönnen, mie reichlid wir von Gott begna- 
det und begabet fenn, ‚weiches mir auch reden nicht 
mit menfchlicher, ſondern mit göttliher Weisheit. 
Air erfreuen ung. aud), herzlich, Daß ung Gott mit 
einem freiwilligen. Eimßiethen Geift begabet hat, wel⸗ 
der- ung zur wahren Gottfeligfeit antreibet; Gott 


ohne alte Falſchheit, Scheinheiligfeit und. Zmang mit 


großer Luft und innigliher Begierde zu lieben, ihm 
zu leben und zu dienen, in Gerechtigkeit und Heilig- 


Teit, Die ihm gefällig ift, und zwar nicht aus Furcht 


der Höllen, noch aus Liebe des Dimmelreihs, meil 
mwir wiſſen, Daß uns Chriftus den Himmel theuer er: 
faufet, und unfere Seelen aus der.tiefen Hoͤllen er- 
loͤſet: Sondern aus freitsilliger Dankbarkeit, meil 
uns Chriſtus theuer erkaufet, reichlich begabet, herr 
lich gezieret, und felig gemadet.hat. Daher erkennen 
wir, Daß mir nicht unfer felbft find, fondern def, der 
uns theuer erfaufet hat, und preifen ihn mit unferm 
Leibe, Seele und Geiſt, melde nicht unfer, fondern 
Gottes find. | | 


Aus dieſem allen ift ja offenbar, daß wir, lieber 


Vater, famt allen wahren Shriften, welche neben ung 


Das ‚helle. Licht Bes Evangelii haben, und darinnen 
fürfihtig wandeln, in einer rechten güldenen und über- 
aus feligen Zeit leben, wie sehen und böfe fie‘ 
auch fonft if, von wegen Der Men 


ſchen Unart, und 
der. vielfältigen Strafen Gottes; welche wegen derſel⸗ 
ben mit Macht Aber. die Belt Fommen, | 

Es ift aud) daraus offenbar, daß uns durch das 


wahre Evangelium mitgetheilet werde Der höchfte Evan 


, 


8.7 Zueignungsfhrift. 


geliſche Schak und überfhmwengliher Reichthum ber 
Gnaden Gottes in Chrifto Jeſu: Daher mir gang 
herrlich, heilig, gerecht und ſelig find in Gottes Au- 
gen, wenn mir (den por der Welt jämmerlich, elend 
und verlaſſen find, Eu 
Meil nun aber merklich viel Daran gelegen, und 

auch Goftes ernfter Wille ift, daß wir zum Erfennts 
niß der göttlichen ‘Barmherzigkeit, unfers Heils und 
Schatzes, den mir in Chriſto haben, Eommen mögen: 
Als hat der weitand Ehrwuͤrdige und Hochgelahrte 
Her M. Stephanus Prätorius, gemwefener Pa⸗ 
ftor zu Salzwedel in der Marf, eine feine geiftreiche, 
und hochtroͤſtliche Arbeit auf fih genommen, wenn er 
aus dem ae Paulo, und Deren Lutherg mit be- 
onderm Fleiß aufgefuhet, und in unterfchiedliche 


Ehriften in Chrifte ‚für theure Gnaden - Schäße ha- 
ben, wie ihnen Chriftus Diefelbe mit feiner gnaden- 
reihen Menfchwerbung, dadurch er unfer lieber Bru⸗ 
der und Vater geworden, mit feinem bitteren Leiden 
und Sterben, dadurch er unfer Erlöfer morden, und 
auch mit feiner fiegreihen Auferfichung von Den Tod⸗ 
ten, dadurd er unfere Gerechtigkeit: worden, wieder 
gebracht und erworben hat, durch welche Gnaden⸗Mit⸗ 
tel er dieſelbe ihnen barreihe, und fie angenommen 
' werden, mit we a en und Siegeln er Diefelbe 
verbriefe und verfiegele, und mas fie Daher für eine 
große Mafeftät in Chriſto haben: Auf daß fie_erfen- 
nen mögen, mo fie fenn, in welcher Gnaden⸗Zeit fie 
leben, und mie fie Gott. von Herzen für alle feine uns 


verdiente Wohlthaten herzlich danfen, und ein new. 


geiſtlich und chriſtlich Leben führen follen. 
un ift auch unleugbar, daß es zu dieſer trüb: 


feligen Zeit hochndthig fen, Daß die Sonne des Heils 


über das Volk Gottes: recht aufgehe, und Die Herzen 
aus dem Schlaf der Sicherheit ihr Heil zu erkennen 
und anzunehmen, ermuntert werden, zu welchem Ziel 


M. Prätsrius ale feine Trartätlein gerichtet hat, 


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ractätlein an den Tag gegeben, was die wahren 


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Zueignungsfcrift. | u 9 


und, waͤre immer Schade, daß fie zerſtreuet haͤtten im 


Foſter ſollen verborgen verbleiben. Daher hat in 
etrachtung dieſes ein vornehmer Theologus wohl 
gethan, daß er dieſelben Anno 1622 in zween Theile 
jufammengetragen. und zum Druck befördert. E 

Weil aber efebe Tractätlein, tie fie -iko bei- 
fammen ein ziemlich groß Bud in Octav geben, wel⸗ 
hes für die Saufen zu meitläuftig, und wegen der 
kleinen Lettern nicht jedermann zu leſen bientich iſt, 
ja auch wohl etlichen, mas dieſes geiftreihen Mannes 
Zweck ſey, gar unvernehmlich ſeyn mag, indem er von 
einem Stücd, nad) feinen geiftreihen Gaben, auf man- 
herlei Art an unterſchiedlichen Dertern gehandelt, und 
alfo den rechten Kern feiner Meinung hin und wieder 


durh alle Tractaͤtlein zerfireuet und verftecfet Hat, 


welches nicht jedermanns Thun ift, zufammen zu brin⸗ 
gen, und eine gewiſſe Deutliche und gründliche Mei- . 
nung daraus zu faflen: Als habe ich mid wicht vers 
drießen laffen, nad vielfältiger fleißiger Durchleſung 
beregter Tractätlein, den rehten Kern daraus zu 
nehmen, benfelbigen in. ziemliche richtige Ordnung zu 
bringen, und Daraus diefe Scha&-Kammer Der 
Glaubigen, den teofilofen, gnadenhungerigen und 


| re Herzen sum Troſt und Beſten zu verfertigen. 


habe mic) aber, fo viel möglich befliſſen, des 
Autoris Worte zu behalten, die ich verhoffentlich alfo 
connectiret, ob fie wohl bald. hinten, bald vornen, bald 
aus der Mitte genommen, als wenn der Autor felb 
Diefe Schag - Kammer ausgeferfiget, und habe alſo 
nicht mehr bei Diefem Werk thun wollen, als daß ich 
feine Sachen, die unterfhiedlih, abgehandelt werden, 
in ein Gorpug und. richtige Ordnung, melde in fol- 
enden zwei Regiſtern für Augen geftellet wird, zus 
ammen bringen, und durch Srage und Antwort (el 


che anmuthiger und beffer: zu. lefen und zu verfichen, 


als ein perpetuus contextus) (ununterbrochener Vor⸗ 
trag) den Scopum, (Zweck) und eigentlihe Meinung 
feiner Schriften Dem Lefer deutlich fuͤr Augen mah⸗ 


—— — 


8 = Zueignungoſchrift. 
len moͤchte, ob es vielleicht alſo deſto williger von 


mehrern moͤchte angenommen, fleißiger geleſen und 


beſſer verſtanden werden. 

Weil dieſes mein geringſchaͤtziges, jedoch wohl⸗ 
wohlgemeintes Vornehmen, welches mir mehr Arbeit 
als Genuß verurſachet, einig und allein zu Gottes 
Ehren und zu Befoͤrderung der wahren Erkenntniß 


unſers Heils, das wir in Chriſto haben zur Erwek⸗ 


kung der wahren —— und beharrlichen Tro⸗ 
ſtes, deſſen wit in dieſen gefaͤhrlichen truͤbſeligen Zei⸗ 
‚ten wohl bedürfen, gerichtet und gemeinet iſt: Ale 
lebe ich Der gemiffen Hoffnung, es werden ihnen chri 

lihe Herzen dieſe Arbeit, welche ic von ihnen auf mich 
genommen, mwohlgefallen, und ihnen diefe Schag - Kam- 


‚ mer in befter Form anbefohlen ſeyn laffen. Denn fo 


jemand im Geiſt und mit Andacht diefelbe liefet, wird 
. er durch Gottes Gnade im Werk befinden, dag in 
ſeinem Gemuͤth ein helles Licht herzerquickenden Tro⸗ 
fies; und ein heller Glanz der hochtroͤſtlichen Lehre 
es wahren Glaubens, unfere Gerechtigkeit und Heil 
in Chriſto aufgehen wird, welches ich allen riftlichen 
Lefern von Herzen will gemmünfpet haben. 
Euch aber, lieber Dater, habe ich dieſe Schag - 
Kammer aus dankbarem Findlihem Herzen bebiciren 
tollen, um dieſer Urſache millen: Ihr habe, mie 
ihr wiſſet, euren leiblihen Schag meiner Studien 
halber angegriffen, und mir denfelben zur Sortfeßung 
BR mitgetheilet. Derowegen ift ja billig, daß 
au 
durch Gottes Gnade, und vermittelft derfelben dur 
eure Dulfe erlanget,. wiederum angreife, und euch mit- 
theile. Inmaſſen mir euer riftsforgfältiged Der 
und Gemuͤth, wegen gegenwärtiger trübfeligen Zeit, 
mohl befannt, euer Seufzen und Klag = Reden über 
die. Bosheit der Menfchen, und die göftlihen Stra- 
en find mir unverborgen, euer Kreus, das rechte Lieb 
eihen der Gnade Gottes, und unfehlbar Merkmal 
er Kinder Gottes, fühlet ihr auch an euch. Damit 


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ißo den geiftlihen Schaß, melden i ent 


[4 
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ED SE nn re Et  — 


Zueignungsſchrift. cd 


nun dieſe dicke Wolken nicht dermaſſen das Licht euers 


Verſtandes und Glaubens verfinftern mögen, daß ihr 


in die gefährlihe Gedanken gerathet, als lebten wie 
nuun nicht mehr in dem Önaden: Dimmel Gottes; als 
habe ich zwar allen wahren Ehriften zum ‘Beften, ins 


fonderheit aber euch zum Troſt, dieſe Schaf - Kammer 


verfertigt, und daraus einen Auszug vor Diefem zum 


Vortrab heraus Fommen laſſen, melcher. bei vielen nach 


‚diefem Werk ein fehnliches Derlangen erwecket hat. 


Werdet ihr nun. in derfelben, mie ich gar nicht 
goeifele, eure geiftlihen Schäße und Kleinode mohl 
befchauen, erkennen, mit: feftem Glauben. annehmen, 
und in Demfelben, mie ihr thut, wuͤrdiglich mandeln, 
fo werdet ihr mit offenen Augen Des Glaubens, und 
mit freutigem Herzen fehen, daß ihr iko in einer recht 
güldenen Zeit und angenehmen Jahr und Tage Des 
Heils, wegen zuvor beregten Urſachen, lebet, ja ſchon 
im Snaden » Himmel Jeſu Chriftt gerecht und felig 
ſeyd, Durdy den Glauben an Ehriftum: Darüber wird 
am geiftlihen Himmel eures Herzens. die Sonne der 
Gerechtigkeit, Jeſus or fröhlich aufgehen, und 
darin mit Ya Blanz, Friede und Freude im heili- 

en Geift, fammt einem friedfamen Gemiffen erwecken. 
hr werdet auch Gott herzlich danken, daß euer irdi— 
her Schaß, den ihr doc allhie hättet andern_laffen 
müffen, in einen himmlifhen und göttlihen Schas, 
welchen ihr allein mit euch nehmen werdet, verwandelt, 
und euch reichlich wiederum durch einen feligen Wech⸗ 
fel mit großem Gewinn und überflüffigem Maße zuge⸗ 
mefien worden. 
ch wollte zwar wohl mit meinen eigenen Wor⸗ 

ten dieſen Schaß euch) vorgetragen und gejeiget haben, | 
wie ich vor Diefem gethan in Verfertigung meineb Cy-- 
nosurae Apostolicae Evangelisrum; aber nachdem ich 
bie Idee berfelben bei mir concipiret hatte, und diefelbe 
nad) der contipirten Idee und Modell äußerlich aufiu- 
richten millend war, habe ich mich verfüget in den 
geift- und troftreihen Wald der fhönen Trartätlein 
M. Prätorii, und Darinnen alles befler, denn bei. mir 


0 


"RR — —— TU TT J 


10 Zueignungsſchrift. 
gefunden, und was mir Ir Erbauung berfeiben nöthig 


geweſen. Deromegen ich lieber feines Dolses, Kalks 


und Steine, als meines eignen, zu Diefem meinem: 


Gebäude gebtauchen wollen. 
‚ Denn biefer Mann hat alle vorberegte Stuͤcke 
mit en Geiſt ganz geiftreih aus Gottes “Wort 


alſo ausgeführet, Daß es möglich nicht groß kann vers 


befiert werden. Derowegen habe ih, mo nicht das 
Surnehmfke, jedoch etwas zum Gebäude dieſer Schab- 

ammer Davon heraus gezogen, und in richtige Ord⸗ 
nung gebracht, und des Autoris Worte gerne allegeit 


mit Sleiß beibehalten, mie ic) vor Diefem in Berfertigung _ 
Lutheri Redivivi mit Lutheri Worten auch gethan: 

Weit er mit feinen, reinen, nüchternen, demüthigen, 
freundlihen und verftändlihen Worten herein gehet, 


und nicht tortuose, (verdreht,) tie die Fegerifche alte 
Schlange, oder in der unfruchtbaren Pracht der Welt 
feine Meinung herfür giebet. 

.., Bott gebe, lieber Dater! daß ihe durch die herr⸗ 
lihen Gnaden » Schäße, Die euch in Diefer Schatz⸗ 
Kammer’ gegeiget werden, bis in den hohen Himmel 
erfreuet, reichlich erleuchtet, kraͤftiglich getröftet, und 
an eurem Glauben alfo merklich möget geffärfet werden, 


daß Ehriftus durch den Glauben wohne in eurem Herz 


gen, und durch die Liebe eingemürzelt und gegründet 
werdet, auf Daß ihr begreifen möget mit allen Heili⸗ 


gen, welches da fen die Breite, und die Länge, und 


die Tiefe, und die Höhe, auch erkennen, daß C um 
lieb haben, viel beffer ift, Denn alles wiſſen, auf aß ihr 
erfü et werdet mit allerlei Gottes Fuͤlle. Derſelbe all» 
mächtige und barmperzige Water ſey in Chriſto Jeſu 
alle f euer, famt meiner lieben Mutter, Brüdern und 
SH eftern, icht, Leben, Troſt, Sriede, Freude, Schuß, 
Stärke, Segen und Seligkeit, Amen. Gegeben Dans 


zig, Anno 1655. Den 1. September. 


Ew. Dw. Sohn 


M. Martin Statius, 
Prediger zu St. Johannis in Danzig. 





\ 


| Beintihe 
Shasfammer 


der Slaubigen. 





Dası Bud. 


Vom theuerbaren Schatz der Glaubigen, welchen 
ihnen Chriſtus in ſeinem Gnadenreich aus 
Gnaden ſchenket. 


1. Bas iſt der Oläubigen’ hoͤchſter Schatz? 


Die Vereinigung mit Chriſto und Gemeinſchaft feiner Güter. 


Da glaubigen Kinder Gottes hochſter Schatz iſt, 
daß ſie durch den Glauben in Chriſto ſeyn, und er 
"in ihnen, und daß fie ihn mit allen feinen himmli⸗ 
ſchen Gütern befigen, wie er felber befennet, und 
fpricht, Joh. 14. Ich bin in meinem Vater, 
und ihr in mir, und ich in euch. Welches ſo 
ein groß Geheimniß und Würde iſt, daß es keines 
Menfchen Zunge ausreden kann. System, St. Joh. 
1. Epiſt. 5. Wir find in dem wahrhaftigen 
- Sefu Chriſto. Diefer ift der wahrhaftige 
Gott, und dad ewige Leben. Denn fo ift es, 1 
wer an Jeſum Chriftum glaubet und getaufet ift, der 
ift fein theilhaftig, der hat ihn angezogen, der ift in 
ibm, und befiget ihn mit alle dem, was er ift und 
hat. Welches die hoͤchſte Gemeinfhaft ı und Belgien, 
in aller lieben Heiligen, 





12 0 Rom Schaß der Slaubigen. 


2. Was haben die Glaubigen aus biefer Gemeinfchaft 
mit Ehrifto ? 


a fie durch den Glauben Chriſtum haben mit 
keit. allen feinen Gütern, fo haben fie in ihm (mit einem 
Wort Zu reden,) den Schatz ver wahren Seligkeit. 
Dies ift die Hauptlehre des ganzen Evangelii, wel⸗ 
0 de alle wahre Chriſten wohl willen follen: Nemlich, 
ı ' daß Gott und, die wir an Chriftum glauben, felig 
gemachet habe, und dag wir nun felig feyn, bie zeits 
lich und dort ewiglih, Denn GBtt hat unfere Sünde 
‚von und genommen und rechnet uns feine mehr zu, 
und hat uns bekleidet mit neuer himmliſcher Gerech⸗ 
tigkeit, alſo, daß wir uns in dieſem Leben nicht ge⸗ 
rechter wuͤnſchen koͤnnen, und hat uns angenommen 
für feine Kinder und für ſeines lieben Sohns Bruͤ⸗ 
der, und hat uns erfüllet mit feinem Geift, und uns 
alfo göttliher Natur theilhaftig gemachet. Das iſt 
die große Seligkeit, welche den Glaubigen in dieſer 
Welt widerfaͤhret. In jener Welt aber wird uns 
Gott auferwecken von den Todten, und zu ſich in 
ſeine ewige Herrlichkeit und d Leben namen, 


= 


3, Sch böre, daß der Kinder GOttes hoͤchſter Schatz ſey 
die Seligkeit; berichte mich darauf, was. Selig. 
machen heiße? 


| 





Don anen Es peißet von Sande, Zorn, Fu Teufel und 
geißtißgen Tod. befreien, und neue Gerechtigleit, Gnade, Geiſt, 
Ferirder Segen und Leben ſchenken, auf daß wir für GOtt 
feyn,Gnadensut herrliche Ereaturen fegn, und Dazu ein friedlis 
L Deden, ches und freudenreiches Leben in aller Dankbarkeit - 
' führen mögen. Denn das Wort Seligkeit begreifet 
alles in fih in genere, was und Ehriftus in specie 
erworben und geſchenket Hat. 


u V Am I Ana MA EG 


— —— — ES A > mn . En 5 — — —— ⏑ 5 


A — 


Dom Schatz der Glaubigen. 13 
4. Was für Güter hat uns Ehriſtüs erworben, welche in Du 
dem Wort Seligkeit begriffen ſeyn, oder, was iſt 
. Die Seligfeit ? 


Sie iſt 1. Vergebung der Sunde, 2. die neue Ge 
rechtigkeit, 3. GOttes Gnade, 4A. die Kindſchaft GOt⸗ 
tes, 5. die Schenkung des heiligen Seiftes, 6. und - .. 
Erbfchaft des ewigen Lebende, Denn meil wir in 
Chriftum getaufet feyn, und nun in ihm find, fo find 

auch von deswegen folche himmmlifche- Guter reichlich 


and überfchwenglich über. und und in und gekommen, 


und wir find nun “ben fo reih, als Chriftus iſt, 
wie St. Paulus Salat. 3. faget, daß wir in unfes 
rer Taufe Chriftum angezogen haben. 


5, Erfläre mir ein jegliches beregted Theil oder Gut mei⸗ 
ner Seligkeit in fpecie etwas deutlicher ? 


Th will ſolches gerne thun, und heller Erlaͤuterung 
halben ein jegliches in einem beſondern Kapitel im 
folgenden Bericht abhandeln. | 


Das L Eapitel, . 
Don gnädiger Vergebung aller Sünden 


\ 1. Welches if dad erfie Gut bes Schatzes meiner 
| Geligkeit? 


D affelbige it die Reinigung, oder die BVergebungg rgesung 
aller meiner Suͤnden. Dean ed vergiebt und GOtt auer Suͤn⸗ 
die Sünde, alfo, daß fie nicht mehr von ihm unaden miefie 
muß zugerechnet werden, nad) verdammlich ſeyn, nad) men has 
der Verheißung, Ezech. 36. Ich will eu von dem 
aller eurer Ungerechtigkeit los machen, nems 

lich, durch das Blut meines Sohnes, wie St. Joh. 


” a — m w ” - — — — 


14 Vom Schatz der Glaubigen. 


1. Epiſt. 1. bezeuget: Das Blut JEſu Ehri—⸗ 
ſti machet uns rein von allen Sünden. 
Nicht allein von ſchlechten und geringen, welche etwa 
aus der verderbten Natur mit Gedanken, Begierden, 
oder Worten gefhehen, fondern auch von den rech⸗ 
ten großen, welche mit der That gefchehen, welche man 
nennet peccata mortalia, Tod⸗Suͤnden, über welche 
ein armes Gewiffen genugfam zu feufzen und zu Flas 
gen hat Die Tage feined ganzen Lebens, und über wels 
che auch in den Ungläubigen der Zorn GOttes raudyet 
und fhmauchet, Deut. 29, daß man fie faum vor fols 
chem Schmauch fehen fann. Deyn wo und nidt hie 
alle Sünden vergeben würden, fo wäre Chriftus nicht 
ein vollfommener: Hoherpriefter, noch Heiland, und 
die Suͤnde wäre mädtiger, als fein Blut, welches ver 
Ehre Chriſti viel zu nahe wäre. 


2. Wer hat mir folche große Gnabe erworben? 


Je us Vom Erwerber unſrer Seligkeit ſoll im folgenden ans 
us dern Bud hauptfächlich gehandelt werden. Merke vems 
Leiden. nach allhie kuͤrzlich, daß uns GOES Sohn, durch 
ſein heilig und theures Blut, welches er fuͤr großer 
Angſt geſchwitzet, und hernacher zu vielenmalen aus 

> feinem Leibe vergoſſen hat, von allen unſern Sünden 
erlöfet, Nicht zwar, als daß wir nun hinfort feine 
Sünde mehr an und hätten, wir armen fündlichen 
MWürmlein, fondern daß fie und von GDtt nicht follen 
jugemefjen oder zugerechnet werden. Wir follen im 
Anſehen feyn bei Gott, als hätten wir gar feine Suͤn⸗ 

be, ald wären wir fchneeweiße Kindlein, nemlich, Kinds 

fein der Gerechtigfeit, ja, ald wären wir Engelrein, 

wie der Prophet David, Pfalm 31. und der Apoftel 
St. Paulus, Röm. 4. die Erlöfung von den Sünden 

gar nieifterlich erklären. Hieher gehöret das Tauſend⸗ 
fhönlen St Johannis, maͤnniglichen wohl bekannt: 

1 Joh. 1. Das Blut JEſu EChrifti madhet 
und rein von allen Sünden Es giebt St. Jo: 


« 








y“ 
Dom Schatz ber Staubigen 15 


bannes dem Blut JEſu Chriſti eine fonderliche Kraft, 


nemlih, nicht allen GOtt verföhnen, fonderm 
auch von Sünden wafhen und reinigen. Das 


Blut Ehrifti ift ein Bad und Lauge, ja eine Suͤndfluth, 
welche uns abwäfchet, und von und nimmt unfere 
Sünde. Denn gleich ald Mofed im alten Zeitament 
Nurpur, Wolle und Sfopen genommen bat, und in 


Bodsblut und Waffer getunfet, und damit das juͤdi⸗ 


ſche Volk befprenget, zur leiblichen Reinigung, Hebr. 9. 
Alfo bat Chriftus mit feinem eigenen Blut fein Bolt 
befprenget, und ed vor GOtt gereiniget von feinen 


Sünden. Dad merke zum erften. 


Zum andern zeuget der liebe Johannes in feinem 


Sprüdlein, daß und dad Blut Ehrifti gewafihen und 
gereiniget babe von allen unfern Sünden, daß 
ift, von der Erbfünde, von allen wirklichen Sünven, 
großen und Meinen, welche wir vor und nad) unfrer 


Taufe durch unfer ganzed Leben, ad) leider! vollbracht 


haben. Ä 

- Denn dafür follen wir gänzlich halten, nicht, daß 
wir zum Theil durchs Blut Sri gewaſchen, zum 
Theil aber nicht gewafchen, und daß wir durch Chriſti 
Blut von etlihen Sünden gereiniget feyn; fondern daß 
wir auf einmal in unfrer heiligen Zaufe, da die Be⸗ 
fprengung des Bluts Chriſti über uns gefchehen, in 
feiner hoͤchſten Kraft, von allen-unfern Sünden gänzs 
Ih gewafchen, und auch gereiniget ſind. Gintemal 
fein ander Mittel im Himmel und auf Erden it, das 
und entfündigen, oder von Sünden helfen Tann, denn 


nur allein das theure Blut JEſu, unfers Heilandes, 


wie ausdruͤcklich Actor. A. gefchrieben ftehet. 


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X 


Daher werden die Getauften und Befprengtengsarige 
genennet Expiati, Pf. 51. Das iſt, Die Entfündigten, Namen 
Darum, daß fie durchs Blut des HErrn Chrifti, ent⸗ de uu⸗ 


fündiget, oder fündlos gemadjet find. Item Mundi, 
die Gereinigten, oder die Reinen, oh, 13. darum, 


Daß fie von allen Fledden der Sünden rein, feine vers" 
dammlihe Sünde nicht mehr an ſich haben, wie ©t. 


16 Vom Schatz der Glaubigen. 


| 


auerns Freilich ja. Denn alfo ſchreibet er: Tom. 2.Jen.p. 320, ' 
Du mußt glauben und befennen, daB du reihtichaffen, . 
fromm und heilig dur Ehriftum worden bift, willt 


ninimermehr gerecht, GDttes Kinder und felig. 


Paukus fpricht, Roͤm. 8. So tft nun nichts Ver 
dammliches an denen, die in Chrifto JEſu 
feyn, das tft, die ihm .eingeleibet, und ver Kraft 
feines Bluts theilhaftig geworden ſind. 

Es iſt aber ein ſonderlicher und denkwuͤrdiger 


| Spruch, den der Herr Chriftus führer, Joh. 13. Qui 
lotus est, mundus est totus, et vos mundi estis; _ 


Mer da gemajchen ift, durch mein heiliges theuer; 
bares Blut in feiner Taufe, der ift ganz rein, 
von der Hauptfcheitel an, bid an die Fußſohlen, und 
bedarf keines andern Waſchens: Und ihr, meine liebe 
Juͤnger, wie gebrechlich ihr auch ſeyd, fo feyd ihr 
mir ganz rein, und iſt fein Flecken an euch mehr. 


3. Hilf BOtt! das iſt überaus tröfkfich: Pieber, iſt der 


Herr Lutherus auch in dieſer Meinung? . 


bu ein Chrift feyn. Denn das waͤre die hoͤchſte und 
größefte Schmach und Laͤſterung ded Namens Chrifti, 
wenn wir Die Ehre vem Blut Ehrifti nicht thun woll⸗ 


ten, und befennen, daß e8 und die Sünde abgewafchen, ' 


und für GOtt heilig gemachet ‚hätte. Died mußt du 


- glauben und befennen, und was pu haft an Ehren 


und Gütern’, Iäfieft, und warteft, was bir darin ber 
gegnen mag. 
Haus ⸗Poſtill, Sen: fol. 12, 


Die Cainiſchen Heiligen aber, dieweil fie diefen 
chriftlichen Glauben nicht haben, wie fie felbft befens 


‚nen, daß fie ſich für GOttes Kinder gewißlich hiels 


ten, fondern fegnen ſich daflır, ald für einer großen 
fegerifchen Vermeſſenheit, bleiben im Zwöifel alfo hans 
gen, und lehren zweifeln, fo gefchiehet ihnen, wie fie 
glauben, und find auch niht, werden auch damit 


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Vom Schatz der Glaubigen. 17. 


4. Habe ich and) in Eprifto durch ben Glauben Vergebung . 


aller Sünden ? ER 


Warum nicht? Hat uns Ehriftus mit feinem Blut Wir par 
nicht gewafchen von allen Sünden, darin wir em; ben tn 


pfangen find, und die wir auch felbit für unfte Taufe ee 


fowohl, ald nach der Taufe, wirklich begangen und bungaler 
vollbracht haben, beide mir Dem Herzen und mit der Sänben. 
That? Dafür follen wir ed erhalten, und ja feine 
andere Gedanfen in unfer Herz fommen lafjen, venn 

dag une GOttes Sohn auf einmal gaͤnzlich von allen 
Sünden erlöfet, und uns alſo fündlos gemachet habe. 

Wie ſolches nachfolgende Sprüche klaͤrlich ausweifen, 

Zah. 3. Siehe, ih will die Sünde deffelben 


Landes wegnehmen auf einen Tag. Zu 
derſelben Zeit wird.einer den andern unter 


den Weinftod und unter den Feigenbaum 
laden. Diefer FAg ift ohne Ziveifel der Tag des, Tag der 
Todes JEſu Chriſtiß an welchem Tage er vollendet Todes 
bat das Opfer für Ans, und dadurd alle Sünde Edrißi. 
aufgebaben, und eine ewige Erlöfung feinem Bolt 
erworben, wie Hebr. 9. ausdruͤcklich geſchrieben ftes 

et: Darum rühmet der Prophet David viefen Tag, 
Palm 118. alfo: Dies ift der Tag, den der 
Herr gemachet hat, laffet und freuen, und 
fröhlich feyn, und einer den andern laden 
unter den Weinftod und Feigenbaum, wel. 

des nicht fo fehr von leibliher, als von geiftlicher 
Freude foll verfianden werden. 

Zum andern ift diefer Tag der Tag unſrer heiligen 2. Tag 
Taufe, an welchem wir geweihet find mit dem heiligen Zaire, 
Blut JEſu Ehrifti, und durch deſſelben Kraft gerei- 
niget von unfern Sünden. Denn ob und wohl das 
beilige Taufwaſſer auf einmal rein machet von allen 
Sünden, alfo, daß Fein Yünklein davon an und muß 
überbleiben, um welches willen wir mit Fug fünnten 
von irgend einer Creatur beſprochen, over von GOtt 

. % . 


18 Dom Schatz der Slaubigen. 


verdammet werden, Epheſ. 5. Roͤm. 8. Dennoch 
bat die Zaufe folhe große Kraft nicht allein vom 
Wort, dadurch fie geſtiftet ift, fondern auch vornehm⸗ 
lih von dem Blut JEſu Chriſti. 


r 


5. Wie fol ich mis Dieb zu nage machen? 


eitiene Venn nun einer dies wohl’ verſtehet, und auch don 
wider des Herzen glaubet, der kann wider die liſtigen Anläufe 
Yenteik des Teufels ritterlich beftehen, und ihm zu allen Geis 


tung. 


ten begegnen. Denn allein der Glaube ift unfer 
Schild und unfer Sieg, 1 Joh. 4. und er Töfchet. in 
unferm Herzen aus die eingefchloffene Pfeile des Abs 
fewichts, Ephef. 6. Darum wir auch vor allen Dins- _ 


gen mit dem wahren Glauben follen. gerüftet feyn. 


Und ob gleich der Satan fpredhen wollte: Wir 


“ wären anfänglich wohl gerecht geweſen im Augenblid 


unfrer Taufe, hernacher aber wärgn ‚wir gefallen, und 
damit hätten wir Die Gerechtigkeit wiederum verloren, 
und müßten ed nun aufs Cbentheuer ſetzen, ob wir 
fie audy durch unfere Buße wiederum erlangen koͤnn⸗ 
ten: So wiffen wir doch, daß und Chriſtus eine 
ewige Erlöfung erworben bat, welche in wahrer Bes 
Tehrung zu GOtt durch bie Gnade Chrifti wir wie 
der erlangen, und Darum zur ewigen Geligfeit bes 
wahret und erhalten werden, das follen wir glauben, 
fo ift der Teufel aberinal gefchlagen. Denn der Glaube 
raͤumet ihm nichts ein, fonvern drefchet ihm feinen 

Darum fo haffet auch ber Satan das Blut Chris 
fi, unfere Kaufe, unfere ewige Erlöfung, dad Wort 
und den Glauben. Inſonderheit aber iſt er der rei⸗ 


nen Lehre des heiligen Evangelii von unſerm ewigen 


Heil foinne feind und zuwider. Denn bag man . 
fhleht bin faget: ein Chrift habe durch Dad Blut 
feines. Erlöferd, und durch die Taufe Vergebung der 
Sünde, doch wofern er fromm und buͤßig iſt, Das 

* 


Vom Schag der Slaubige. 19 


läffet er wohl Hinpaffiren, denn es thut ihm keinen 
Schaden: Ja, dad. angehängte Knötlein, nicht recht 
verfianden, thut ihm zu feinem Reid; und zu Beſtrik⸗ 
tung der armen Gewiſſen große‘ Befdrdekung und 
Srommen. Aber daß man Iehret, ein Auderwäplter 
babe durch das Blut feines Erlöferd und durch Die wad dem 
Taufe Vergebung aller feiner Sünde, ja eine ewige Teufel 
Vergebung, die er nimmermehr verlieren fol, und at Mei 
Das ihm nichts koͤnne hinderlich noch verbammlid) der fey.- 
feyn an feiner ewigen Gerechtigkeit, das will ihm den 
Hals zubrechen. Darüber wird er unfinnig, wüthet 
und tobet, und will Himmel und Erden in einander 
mifchen. Denn da iſt fein Reid) rein aus, bat nichts - 
wider einen folhen Epriften vorzunehmen, und fon . 
fein Müthlein nicht mehr FTühlen ꝛc. Sollte ihn 
ſolches nicht verdrießen, daß ihm fein ganzes Reid) 
durd ein einziges Woͤrtlein ewig niedergeleget und | 
eritöret foll werden, und daß man fingen fol: Ein 
örtlein fann ihn fällen. 


6. So höre ich wohl, daß ein gläubiger Ehrift nicht allein 
in Ehrifto hat Vergebung aller Sünden, fonbern auch 
eine ewige Vergebung, welche er ſich immer wie 
der alle Sünden getsöflen kaun ? 


Freilich ja: Denn die Erlöfung, damit der Herr 
Ehriftus feine liebe Auserwählten von ihren Sünven,, n Ole 
durch fein Blut erlöfet hat, iſt eine ewige Erlöfung, Bier bat 
welche immer und täglich bei und währen foll. Denneine ewige 
fo ftehet ausprüclich gefchrieben: Hebr. 9. Chriſtus Lrloͤſuue. 
iſt durch ſein Blut einmal in das Heilige 
eingegangen, und hat eine ewige Erloͤſung 
erworben. Das it: Wer einmal gereiniget iſt von 
. feinen Sünden, ver ift von allen Sünden feined gans 
zen Lebens gereiniget, und iſt immer ‚rein. Denn 
Ehriftus hat mit einem Opfer in. Emwigfeit 
Hollendet, die geheiliget werden, Hebr. 10. 
2* 


. 


-. — 


20 | Vom Schak ber Glaubigen. 


Alſo erklaͤret das Woͤrtlein Ewig Doktor guther 
über Pfalm 118. p. 560. da er ſpricht: Das Wort 
ewig fol nicht verftanden werben allein von der Güte 
im Himmel nadı diefem Leben, da ein ewiges Leben 

£uther. feyn wird, Sondern das bebräifche Wort Olam heiſ⸗ 
ſet, «dad wir ſagen deutſch immerdar, oder fuͤr und 
fuͤr, es ſey ewig oder zeitlich. 

Vide Basilium in Psal. 28. de effectu Baptis- 
mi. (von der Wirkung der Taufe.) Da fagt er, daß 
die Sünde, melde in der Taufe durch die Kraft des 

Baflind, Bfuts Chrifti einmal weggenommen, nimmermehr 
zum Menſchen fommen fol. 

Lutherus über Die Worte des 171 Pſalms: Er 
gebeut feinen Bund ewiglich. Weil in unferm Fleiſch 
eine ewige Sünde ftedet, fo lange wir auf Erben 

Luther. leben, und des Fehlens und Irrens kein Ende noch 
Aufhoͤren iſt, muͤſſen wir wahrlich dagegen auch eine 
ewige und immerwaͤhrende Vergebung haben, auf daß 
wir alſo nicht unter dem Zorn der Sünden halben, 
fondern unter der Onade der Vergebung halben Ile; 
ben. Siehe, das ift, fein ewiger Bund, ven. der. 
'vefte halt, und nicht wanfet, Daß unfer Herz ja ges 
wiß fey, feine Sünden follen es nicht verdammen. 
Hactenus Lutherus, (fo weit Zuther). 

Und zwar, wenn wir nicht follten eine ewige, 
oder ewigwaͤhrende Entfündigung aus dem Blut Chri: 
fti Haben, fo hätten wir faft nicht? Daraus, und es 
wäre falfh, daß Johannes faget: Das Blut JEſu 
Chriſti machet uns rein von allen unſern Suͤnden. 


| . Und wir würden auch feinen beftändigen Troft aus 


dem Blut und Verdienſt Chriſti haben.. 


7. Wem wird dieſer ewige Schatz der ewigen Vergebung 
aller Suͤnden mitgetheilet? 


a  &, werden nur allein den Glaubigen die Sünden 
gen. nicht zugerechnet, von GOtt, wie St. Paulus be: 
‚zeuget, Roͤm. A. da er ſpricht: Selig ift der Mann, 


Rom Schatz ber Glaubigen. 21 
dem der Herr feine Sünde zuredhnet. Sol 


ches aber geſchiehet dem, der nicht mit Werken ums 


gehet, fondern glaubet an den, der die Gottlofen ges 
recht machet. Wer aber an Chriftum nicht glaubet, 
. "ver ftirbet in feinen Sünden, Joh. 8. Iſt mir das 
nicht eine große Wohlthat, (mie biöhero berichtet,) 
daß einem glaubigen Menfchen von GOtt feine Süns 
den mehr zugerechnet werden, fondern Daß er vor 
feinem Angeficht feheinet, wie ein reiner heiliger En; 
gel, ja wie ver HErr Chriftus felber ? 


8. Acht ſprichſt du, was follte ich body rein feyn in GOt⸗ 
tes Augen, ich bin ein armer Saͤnder, und falle 
täglich wohl fiebenmal, wo nicht fiebenzig 

' fiebenmal: 


Solches iſt nicht gut, daß du es thuſt und waͤre groſt wi⸗ 
wohl beſſer, daß man ſich in GOttes Furcht hielte, 


r die 
Sünde. 


und ließ fih von den Sünden nidt überwältigen, 
fo hätte man größern Frieden: Aber doch follt du 
gleihwohl dies wiffen, mein lieber Freund, daß dir 
ſolche deine Sünde nicht zugerechnet werden, um des 
Bluts JEſu Chriſti willen. Denn follten fie uns 
zugerechnet ‚werden, fo wären fie uns nicht vergeben, 
oder fo wären fie uns nicht abgewafchen durch Das 
Blut JEſu Chrifti, und wäre alles falih, was von 
der Kraft des Blut Chrifti, von der Zaufe, und 
von Vergebung der Sünden aus GOtties Wort ges 
redet wird ꝛc. Denn eben die Sünde, die du haft 
und fühleft, find dir in deiner Zaufe vergeben, und 
keine andere, allein daß du durd Anrufung und 
Hülfe des heiligen Geifted den fünpfichen Lüften wis 
derftrebeft, oder fo du von Denfelben überwaͤltiget bift, 
und zum Fall gerathen, daß du folhen Deinen Kal 


- erlenneft, herzlich bereueft, und deinen GOtt um ' 
"gnädige Vergebung bitteft, und did Darauf ſtracks 


mit deiner heiligen Taufe tröfteft x. Denn in der 


e 


Taufe werden die Sünden gewuͤrget, aber im Vater 


& 


— 


— 


eichte 


2 Vom Schag ber Glaubigen. 


Unfer werden fie begraben: ober im Vater Unfer 

werben fle getödtet, aber in der heiligen Taufe find 

fie begraben, wie wir «8 ausreden wollen. 

lo. 

9. Wie fol ich ed machen, wenn ich mich wegen ſchweren 
Sünden befchwert befinde? 


©: du deiner ſchweren Halle halben ſonderliche Ans 


Beichte, | 
und lag fälle halt, iſt Dies der naͤchſte Weg, daß du es dei⸗ 
dig ebfolnem Geelforger offenbareft, und der heiligen Abfolus 


o 


tion gebraucheft, ſo wird dein armes Gewiſſen folcher 
Bürde los. Denn die Abfolution fol fo viel gelten, 
ald wenn GOtt aufd neue zu Stärkung deines Glau 
bend, und zu mehrerer Verficherung deines Gewiſſens 
einen fonderlichen Proceß in dem Fall mit dir gehals 
ten, oder einen neuen Bund mit Dir gemadjet, und 
dich aufs neue vom hohen Himmel herab abſolviret 
hätte. 

Es iſt aber nicht genug, daß wir folches veftigs 
fih glauben, fondern wir follen und auch fein dar⸗ 
über zufrieden geben, und uns für feiner Sünde und 
Tod mehr fürdten. Denn find wir ohne Sünde, 
und gerecht, was haben wir mit der Sünde zu thun? 
Sind wir ohne Tod, und lebendig, was haben wir 
denn mit dem Tode zu thun? Sünde und Tod Yas 
ben nichts mehr über mich zu gebieten. Sünde und 
Tod find todt, und mit Chriſto begraben: Sünde und 
Tod find ferne von und genommen und gefeßet, als 
der Himmel von der. Erden gefeßet iſt. Dei ben 
Gliedern Chrifti find Tod und Sünde nur bloße Nas 
men: (Larven, Gefpenfter, leere Schredbilder, Scherz . 
und Spiele des Zufall) Es wäre denn Sache, 


Ehriſtus hätte uns nicht davon erlöfet, oder fein Vers 


Luther. 


bienft wäre zu wenig dazu geweſen. 

Daher fohreibet Lutherus, mein lieber Präceptor, 
dem 8 in dieſen Sachen gerne folge, Poſtill Jen, 
208. % 





| ne A GE 2 000 
' 


Dom Schu der Glaubigen. 83 

Wir follen igt gewiß feyn, daß uns 
durch Chrifti Auferſtehung und Sieg folde 
Sicherheit gegeben ift, Daß uns feine Sun 
de noch Tod fhreden foll. Schrecket uns 
aber Sünde und Tod, fo gefhiehet uns 
entweder Unrecht, weil uns Chriſtus frei 
gemacet bat, odex wir glauben ed nicht. N 


Das I. Capitel. ' 


Von vollfommener und ewiger Gerech— 
tigkeit, 


Ar Welches if das andere Gut des Schatzes meis 
I: ner Geligfeit? 


Wir haben nicht allein in Chriſto eine ewige Ver⸗ Son 
gebung aller Sünden, daß fie und nicht miehr follen mene &es 
"zugerechnet werden, mie groß umd ſchwer fie immer Tedtige 
feyn: Sondern auch eine neue und vollkommene Ges keit. 
rechtigkeit, welche er erworben, und an der Suͤnden 

ſtatt geſetzet, und hat uns damit, als mit einem 
ſchoͤnen Rock, bekleidet und herrlich gemacht, daß wir 

Damit für GOtt, ohne einige Zuſprache, wohl beſte⸗ 

ben können. 


2. Kannfl du dies auch wohl beweiien® 


E. bezeuget es St. Paulus, Roͤm. 5. mit einem Paulus 
reichen und wichtigen Spruch: So um des eim is besenget 
gen Sünde willen ver Tod geherrſchet at 
Durd den einen, vielmehr werden bie, fo. 
Da empfengen die Fülle der Gnaden und » 
Gaben zur Gerechtigkeit herrfhen im Leben 
Durch einen JEſum Chriſt. Das if: Bon 
Adam haben wir Sünde und Tod, aber Yon Ehrifte 
- haben wir Gerechtigkeit und Leben: Nicht allein aber 


“ 


l 


| 
28 Dom Schaf bet Glaubigen. 
das, ſondern wir haben in Chriſto eruperans do- 
' num gratiae ac justitiae, Die Fülle der Gnaden 
und. der Gerechtigkeit, over eihe überfhwengliche Ger 
rechtigleit, vie eben fo vollfommen if, ald Adams 
- Gerechtigkeit, ja noch beffer, alfo, daß wir zu folder 
herrlichen Gabe nichts mehr von nöthen haben, noch 
etwas Dazu aus unfern Werken fuchen dürften. Item, 
wie nun Dur eines Sünde die Berdamms 
niß über alle Menfhen Fommen ift: Alſo 
iſt auch durch eines Gerechtigkeit durch die 
Rechtfertigung des Lebens über alle Men 
ſchen kommen. 
Und bald darauf: Gleichwie durch eines 
Menſchen Ungehorſam viel Sünder worden 
find: Alſo auch durch eines Gehorſam viel 
Gerechte. 
chriſtus Denn der Sohn hat uns nicht allein mit ſeinem 
hatuns Blut gebadet und gewaſchen von allen unſern Suüͤn⸗ 
Fun den: Sondern, nachdem er und wohl gewafhen. bat, 
emane.bat er und mit Gerechtigkeit befleivet, ald mit einem 
Kleide: Das ift, er Hat und nidıt allein rein, fons 
dern auch herrlich gemachet. - 

An Statt. der Sünden hat er bie Gerechtigkeit 
gefeßet, auf daß wir nicht allein für GOtt ſuͤndlos, 
fondern auch geredht würden. Welcher Grad der Ges 

Ehrif „a ligkeit noch etwas höher iſt. 
alsein . Daher wird der Sohn GÖtted in der Offenba⸗ 
auf einem rung Johannis am 19. gemalet, wie ein Nitter, der 
weilfen "auf einem weiſſen Pferde figet, und ein Kleid mit 
Pferde Blut befprenget an bat. Die Reuter aber, die ihm 
Eh ger nachfolgen, figen auch auf weiffen Pferden, aber fie 
| aben nicht rothe, fondern weifje Kleider an ꝛe. Wels 
Di: ehr: che weiſſe Kleider an felbigen Ort gebeutet werben, 
ter auf Daß fie find jüustificationes Sanctorum sive .Electo- 
weiten rum, die Gerechtigkeit der Heiligen oder Auserwaͤhl⸗ 


9.18. 


Pferden 


weißge: ten, welche fie helle gemacht haben im Blut ihres 
kieidet. Ritters, nemlih im Blut JEſu Chrifti, des Lamm⸗ 
leins GOttes. 


Dom Schak der Glaubigen. 25 


Und weil diefe Reuter Chrifti, welche mit ihrem 
HErrn durchs Sammierthaf, und allerlei Xrübfal reutHerstige 
‚ten, fo herrlich, find an ‚Gerechtigkeit, deromegen wer: le 
den fie aud im 16. Pfalm genennet Adirim, das iſt, ſien, wer 
die herrlichen, die wohlgeftaffjten, die flattlichen Sunsguebeikt 
fer, welche weille feidene Kleider, gülvdene Ketten, zei, “ 
und güldene Kronen auf ihrem Haupt tragen. 

Sm 89. Pfalm. fagt David: Jauchzet, Tieben . 
Leute, jaucdzet, und feyd den ganzen Tag 
fröplih, denn GOtt hat eu in feiner Ge 
rechtigkeit herrlich gemadyet. / 

Summa, ein Auserwaͤhlter ift nad) feiner. Taufe, EHriften 
darin ihm die Gerechtigkeit Chrifti angethan, nichtſind beuer 
allein rein und weiß wie der Schnee, ſondern auch Sonne. 
fo ſchoͤn und heile, wie die liebe Sonne, Daß gleich - 
ein Glanz ver Herrlichfeit von ihm gehet. Licht ift 
fein Kleid, nemlich das lichte helle Kleid, Chrifti 
Serechtigfeit, Damit. er die Gerechtigkeit der lieben 
heiligen Engel‘ übertrifft. Denn des HErrn Chriſti 
Gerechtigleit, die er und in unfrer Zaufe gefchentet 
hat, ift unſaͤglichermaßen viel größer und herrlicher, un de 
ald aller heiligen Engel Gerechtigkeit. Darum fchreis bie Engel 
bet Basilius Ep. 26. ad Neocaesar: Daß man auchin Ehriſto. 
für eines gerechten Menfhen Schatten aufftehen, und -.- 
ſich buͤcken fol, feiner großen und herrlichen Gerech J 
tigkeit halben, ſo er in Chriſto JEſu hat. 

Dies ſollen wir fein bedenken, wenn wir hoͤren 
oder leſen, daß St. Paulus ſpricht: Epheſ. am $. 

Die Kirche Chriſti ſey nicht allein ohne Flecken, ſon⸗ 
dern ſey auch herrlich, illustris et gloriosa. Und 
ſollen uns auch ſolche Gedanken einen trefflichen Muth 
machen, wider den Teufel und Welt, ja wider un⸗ 
ſere eigene Vernunft, die von ſolcher unſrer Gerech⸗ 


.. tigfeit nichts wiſſen, ſondern ung ſtets zu Suͤndern 


und Ungerechten machen wollen. 


- — — 


26 . Dom Schag der Glaubigen. 


3 Was haben wir von diefer Gerechtigkeit ® 


Den vr Bir find nun GOtt Lob und Dank, durd das Blut 
senStandgprifti wiederum in den vorigen Stand der Unſchuld 


er Uns 


fan. gebraht, und haben Das Ebenbild GOttes in volls - 


7. 


kommener Gerechtigkeit, wiederum erlanget. Und 
weil wir neue Creaturen worden ſind, ſo iſt auch 
Himmel und Erden mit uns neu worden. Auf Er⸗ 
den wohnet eitel Gerechtigkeit; Im Himmel wohnet 
eitel Gnade, die beide umfahen, herzen und kuͤſſen 
ſich. Ach! immer Schade, daß wir ſolches nicht gla 
ben, und ſolches unſerm neuen Stande nicht gemaͤß 
leben ſollen, nemlich in Freuden une Dankſagung 
zu GOtt. Ja, immer Schade, daß und dieſe heilt 
ſame Lehre nicht beſſer ſoll gefihärfet, we tiefer ins 
Herz geprüdet werben. N, | 
Wir find auh vor GOtt aus Gnaden geredt, 
um des Blutes ZEfu Ehrifti willen, mit welchem 
wir in’ unfrer Taufe befprenget und gebeiliget find, 
ob wir wohl: von Natur arme. Sünder find, und 
täglich viel fündigen. | | 
Dies iſt unfer Name, den hat uns GOtt gu 
geben, Eſ. 0. Mein Boll follen eitel Su 
rechte feyn. Ja wir find die Gerechtigkeit felbft, 
wie St. Paulus 2 Eor. 5. fpriht: GOtt hat feis 
nen lieben Sohn, der von feiner Sünde 
wußte, für und zur Sünde gemadt, auf 
Daß wir würden in ibm die Gerechtigkeit. 
Hiebei follen wir ed auch Iafien bleiben, und uns 
für nichts anders halten, auch von und nichts ans 
ders hoͤren, denn Daß wir für GOtt gerecht feyn. 
Mer dir dies faget, den höre, denn’ er faget die Wahr; 
beit, Wer dir ein anders faget, den höre nicht, denn 
er faget dir eitel Lügen. Daher feriht St. Paulus 
Gal. am 5. In libertate, qua Christus nos libe- 
ravit, state. (beitehet in der Freiheit, womit uns 
Ehriftus befreiet hat.) Ob er fagen wollte: Stehet 


% 





% 


Mom Schaf der Glaubigen. 27 


in der Gerechtigkeit Ehrifti, und laſſet euch dieſe 
,Herrlichkeit und diefen Ruhm nicht nehmen. 


4 Mag man dies wohl für wahr. halten und glauben ? 


As ja! Wer die von Herzen glaubet, und ſichaldener 
dafür halten Fönnte, der wäre ſelig. Denn er hätteZron aus 
ewißlich ein frienfam und fröhliches. Gewiffen fein Ben 
Sebenlang, und könnte alle Lehre urtheilen, und mit 
beiden Fuͤſſen über vie böllifhe Schlange und vers 
dammliche Welt berlaufen. Lieber GOtt, was iſt 
ed doch, Daß und dein Sohn JEſus Ehriftus durd) 
fein Blut ſolche ſchoͤne Gerechtigkeit erworben, und 
in unferer Taufe gefhpentet bat, und wir follen ed 
Doch nicht glauben? Ach! iſt ed nicht zu erbarmen, 
und mit heiffen Thränen zu beweinen, daß und Chris 
ftus erlöfet bat, und wir follen nody bingeben, als 
hätten wir feinen Chriftum, und wären nicht erköfet? 
Erbarme ed GOtt! Daß wir gerecht find, und follen 
und doch nicht dafür halten, fondern für die Leute, 
Die wir nicht find, und halten? Muß denn Adam 
mehr feyn dem Chriſtus? Natur mehr feyn denn 
Gnade? Glaube es aber frei, mein allerliebfter Chriſt, 
. und halte dich nur im wahren Glauben wider deines 
Herzens, aller Welt und aller Teufel Urtheil für 
heilig und gerecht, wie dich denn dein GOtt felber 
halt: Du kannſt dich wahrlidy ‚nicht zu heilig und 
gerecht halten in Chrifto Jeſu. Du bilt vor GOtt 
fo heilig und gerecht, ald ver HErr JEſus Ehriftus 
ſelbſt iſt. Wenn du in deinem Slauben zum hoͤch⸗ Niemand 
ften geftiegen, und dich in Chrifto heiliger und ge: tann au. 
rechter achteft und hielteft, denn einen Engel, fo bift alauben 
du dennoch nur auf den erften Stufen, Denn deine 
Gerechtigkeit ift nicht„allein des Bluts, fondern auch 
Des Gehorſams Chriſti Gerechtigkeit, welches Gehor⸗ 
ſams Chrifti fi Fein Engel rühmen fann. Es muß 
ja Chriſtus weit mehr feyn, denn ein Engel, und 


Fin) 


28 Dom Schatz der Slaubigen. 


wir armen Leute beforgen ung, wir möchten zu viel 
glauben, und und 'felbit Damit betrügen, Da wir Doch 

unſere Gerechtigkeit nicht ausglauben Fönnen, wenn 
wir auch taufend Zahr mit vollem Geiſt daran glaus 
beten. Darum vergebe ed GÖtt denen, Die uns 

ſolche ©ereditigfeit aus dem Herzen predigen, Da wir 
doch Billig nichts anders darinnen haben follten, und 
alle unfere Gerechtigkeit in unferm Herzen beitätiget 
wid. Ah GOtt! thue und unfere Augen auf, und 
vermehre und unfern ©lauben, zu Lob veines heilis 
gen Namens, 


5. Bin ich denn in CEhriſto durch den Glauben vollkom⸗ 
mentlich gerecht vor GOtt? 


Wir And Freilich: Denn Chriſtus hat uns dazu neue Gerech⸗ 
gerenier tigkeit erworben, daß wir für GOtt ohne Sünde 
inEpripe.und unfträflic feyn follen, und uns die Sünden nicht 
follen zugerechnet werden, die wir doch leider in bies 
fem Leben unter des Geifted Kampf haben behalten. 
Ja nicht allein dad, fondern wir follen auch für 
GOtt vollfommentlich gerecht feyn, aller Dinge, wie 
Adam vor feinem Fall geweſen, ja wie JEſus Chris 


—— 
·— 





2, Mus ſelber if. Das wollet ihr ja wohl merken und 
17° behalten. Denn gleich als, und Adam feine fündliche 
Natur angeerbet, und alfo mitgetheilet hat, Daß fie 


unfer eigen worden: Alſo bat und JEſus Ehriftus 
feine Gerechtigkeit angeerbet, und alfo mitgetheilet, 
Daß fie unfer eigen worden. 


6. Haben wir auch wohl fo viel Gerechtigkeit als 
\ . Sünde 4 


- Birte&z ſcheinet wohl, als hätten wir nicht fö viel Ge⸗ 
|  Geredtig:rechtigfeit, ald wir Sünde haben, weil wir die Sünde - 


| ae fühlen, aber die Gerechtigkeit nicht fehen. Aber in 
Ä Eprito. Wahrheit haben wir eben fo viel Gerechtigkeit von 


Ehrifto, als wir Sünde haben von Adam, wofern 


Rai 








- „Der Sünden bringen. Denn davon fend ihr erlöfet, 


Rom Schatz der Glaubigen. 29 


wir anderd die Augen unfrer Vernunft zuthun, und 

dem Worte GOttes folgen: Ya der Gerechtigkeit 

taufendmal ‚mehr, ald der Sünde: Wie St. Paulus 

gar meifterlih und tröftlih ſchleußt, Römer am 5. 

Hat uns Adam, der ohnmaͤchtige Menſch, Tönnen 

viel Boͤſes anerben, wie follte und denn Chriftus, 

der allmächtige gütige GOtt, nicht überfchwenglich 

vielmehr Gutes anerben fönnen ? . 
Diefen Artikel follet ihr, meine liebe Kindlein, Bofiir 

ja wohl ftudiren, und in dieſer Kunft follet ihr Mas Etri⸗ 

giftri werden, auf Daß ihr willen möget, was ipr,ften bal⸗ 

für GOtt ſeyd, und wofür ihr euch halten foller,'"" ſouen 

nemlich, für nichts anders, denn für lauter lebendige 

Heiligen, vol Reinlichkeit und Gerechtigkeit, vie 

GOtt gefällig ift. | 
Darum, meine Geliebten, haltet euch ja felbft 

im wahren ©lauben geredht, und rühmet euch folcher 

Gerechtigkeit mit freudigem Herzen, und lafiet euch 

Durch des Teufels Lift nicht wiederum unter Das Joch | 


und giebt eudy nicht mehr zu fchaffen, und troöftet 
euch mit diefem Troſt in allen Anfechtungen und 
Nöthen. Denn der Schat, welden wir in Chriſto 
JEſu haben, fol viel höher von ung gehalten wer, 
den, denn ber Schade, den wir in Adam haben. 
oo. | 


7. Bas höre ih? Haben wir in Ehrifto beffere Gerech⸗ 
tigkeit, als wir in Abam verloren haben? 


Ta halte es dafür, daß zwei Dinge vornemlich ſeyn, Ja, 1. um 
bie wir vollkommlicher durch Chriſtum befommen, Ehriti 
denn wir fie zuvor durch Adam verloren haben, Das tigkeit 
eine ift die Gerechtigkeit, oder uͤberſchwengliche Er⸗ wilen. 
füllung des Geſetzes, die da fiehet im Leiden und 
Gehorſam Chriſti, dadurch wir alle auf Erden ge 
rechtfertiget werden. Denn Chriftus, der nicht allein 
ein Menſch, fonvern auch ein geliebter Sohn GOt⸗ 
tes ift, bat viel vollkoͤmmlicher dem Gefeß, oder der 





30 Vom Schatz der Glaubigen. 


Gerechtigkeit GOttes genug gethban, denn je bie 
menſchliche Natur gefonnt hätte, ob fie gleich nicht 
gefallen wäre, oder auch die englifche igund iſt. Ders 
’ halben fo folget aus dieſem, dieweil die Gerechtigkeit 
oder Erfüllung des Geſetzes, durch Chriftum gefcher 
ben, unfer ift, und in der Zaufe gefchenfet und ges 
geben, daß wir für GOtt viel gerechter, und ihm 
‚viel angenehmer find, denn die menfchliche Natur, 
fo fie nicht dur die Sünde verberbet wäre, bitte. 

feyn können. Ä 
umb Das andere iſt, daß wir itzund eine groͤßere Ver⸗ 
einigung mit GOtt haben, denn wir in der verderb⸗ 
Vereini⸗ ten Natur gehabt hätten, oder auch die Engel itzund 
haben. Denn GOtt hat unfer Zleiih angenommen, 
Ehrino. und hat gewollt, Daß wir Fleiſch vom Fleifh, und 
Gebeine Chriſti feines‘ Sohns und unfers Haupts 
wären. Welche Bereinigung mit GOtt, wie groß 
fie allpie in den Erftlingen des Geiftes fey, und wie 
vollfommen fie in jenem Leben werden. wird, mir 
igund mit unfern Sinnen nicht begreifen, vielwenis 

ger mit Worten ausreden koͤnnen. 


8. Haben wir Beffere Gerechtigkeit als Adam, ſo müflen 
‚wir ja ganz gerecht feyn? 


Ein tan Iſt es nicht alfo? Gleich wie wir von Ratur arme . 
biger it in Suͤnder find, alfo find wir aus Gnaden gerecht, und 
ganz * alſo gerecht, daß wir um der Gerechtigkeit willen 
recht. nicht mehr follen für Sünder geachtet werden, ſonſt 
wäre alles falſch und betrüglich, was die Schrift von 
der Herrlichkeit unfrer Gerechtigkeit revet: Und wäre 

befier, wir böreten nichts von unferer Gnaden Ges 
rechtigfeit, wenn fie nicht follte die Sünde beveden, 

ja die Sünde. wegräumen, auffrefien und verfchlins 

gen, Was rufen denn bie einäugigen Papiften viel 

von Sünden? Und ift nicht recht, Daß etliche ſpre⸗ 

chen, wir find Wunder s Xhiere, oder doppelte Men⸗ 

fhen, halb Sünder, Halb gerecht? Sind wir noch 


ET ” — 5 7—— — — 


———— —— 
- 


’ Wom Schaf der Glaubigen. 80 


Sünder, fo find wir nicht gerecht: Sind wir aber 
gerecht, fo. find wir nit Sünder, oder ich wollte 

um meine Gerechtigkeit nicht ein Knippelein geben. 
Mir find gereht, Das ift unfer Name, dabei foll es 
bleiben, und fein Xeufel foll uns einen andern Ras 
men *F Schandflecken anhängen. Dieſe Stimme 
ſoll allein gelten, die ſollen wir hoͤren, die fol in 
unſern Ohren und Herzen klingen. Wer aber diſe 
Gerechtigkeit Chriſti nicht hat, der gehe immer hin 
zu den Papiſten, und laſſe ihm ſagen, was er ſey, 
und was er machen ſoll, damit er anders werde, das 

kann ich ihm wohl goͤnnen. Ich aber will die Gnade 
GOttes nicht verachten, noch mich anders geſtalten, 
als ich in Chriſto bin, der Satan mag mich geſtal⸗ 
ten oder ungeſtalten, wie er will. 


9. Erklaͤre dich etwas beſſer wegen dieſer Gerechtigkeit. 


Die Gerechtigkeit, ſo uns der HErr Chriſtus durch er in 
fein Blut erworben, und nach feiner froͤhlichen Aufs ewig ge⸗ 
erftehung in unfrer Taufe und gefchenfer hat, ift eine seht, 
ewige Gerechtigkeit, Pf. 119. Deine Gerechtig⸗ 
Leit ift eine ewige Gerechtigkeit. Eſaiaä 

51. Der Himmel wird wie ein Rauch vers 
geben, und Die Erde wie ein Kleid veralten, 

und Die Darauf wohnen, werden dahin ſter⸗ 
ben, wie das: Aber mein Heil bleibet ewigs 
Iih, und meine Gerehtigfeit wird nicht 
verzagen. Das iſt, alles verfchwindet und verges 

het wie ein Rauch, auch menſchliche Gerechtigkeit in - 
den Heiligen, wie man in täglicher Erfahrung aus 
vielen Exempeln fiehet: Aber vie Gerechtigkeit Chris 
fit uns einmal’in der Taufe gefchenket, vergebet nicht 

wie ein Rauch, fondern bleibet vet in Ewigkeit. 
Denn das Wörtlein Ehatat, welches ver Prophet 

bie gebraudyet,. heißet nicht allein consternari, ers 
fchreden, verzagen, fondern heißet auch prosterni, 
conteri, defioere, fallen, zunicdyte werben, und auf⸗ 





82 | Dom Sag! der Glaubigen. 


hören. Und bald hernach ſpricht er: Meine Ges 
rechtigkeit bleibet ewiglich. 
Dan. 9. Siebenzig Wochen ſind be— 


ſtimmet über dein Boll, und über deine 


heilige Stadt, fo wird dem Webertreten 


gewehret, und die Sünde zugefiegelt, und 


die Miffethat verföhnet, und die ewige Ge 


rechtigkeit gebracht werden. 


10. Was deiſet bad Woͤrtlein ewig allhie? 


Bas wie Nicht allein das, was ſich in dieſem Leben pwar 


allhie 


beiſfſet. 


wohl anhebet, aber in fenem Leben allererft vollens 


det wird: Wie es zugehet mit unfrer Gerechtigkeit, 
welhe man nennet: die Gerechtigkeit des Geſetzes 
oder die thätige Geredhtigfeit; fondern es heiſſet auch, 
und vornehmlih an diefem Ort, was fi allhie ans. 


hebet, und währet für und für unfer Leben durch, 


Eutperus, Obne Aufhören in alle Ewigkeit. Denn fo leget es 


D. Luther aus in dem ſchoͤnen Confitemini, über 
die Worte: Seine Güte währet ewiglid, 
und fpridt: Dad Wort ewiglih foll nit 
verftanden werden allein von der Güte im 
Himmelnad diefem Leben, da ein ewiges 
Leben feyn wird: Sondern daß bebräifche 
Wort Olam heiffet, das wir fagen zu deutſch, 
immerdar oder für und für, €3 ſey ewig 
oder zeitlich. Inſonderheit aber ſchreibet Johann 
Forſterus, daß das Woͤrtlein ewig von einer immer⸗ 
waͤhrenden und nie aufhoͤrlichen Zeit ſoll verſtanden 
werden, wenn ed von OOtt, oder von feinen gnaͤ⸗ 
digen Berheiffungen geredet wird, denn diefelbigen 
find in Ehrifto JEſu allefamt Sa und Amen, 2 Cos 
rinther 1. 

Lutherus fchreibet abermal in feinem Fleinen Cas 


techismo: Chriftus hat mich erlöfet und era 


worben von allen Sünden und vom Tode, 
auf daß ich fein eigen feyn foll, und in ſei⸗ 
nem 


— — —— ——7 — - 


Dom Schat der Glaubigen. 55 
nem Reih unter ibm leben foll, in ewiger 


©erechtigfeit, ewiger Unſchuld, und ewiger Freude 
oder Seligkeit. 


Eben fo in unzähligen. Gtellen, befonders am 


Sonntag Miferieordias Domini. _ 
Es ift gar fein Zweifel, wenn ein Menfdy ges 


taufet wird, fo wird er in der Taufe vor GOtt fo - 


rein und ſchoͤn, als die liebe Sonne, daß gar feine 
Sünde mehr da bleibet, fonvern eitel und ewige Ges 
rechtigfeit: Das ift, ein Getaufter ift eitel Gerechtigs 
feit, und feine Serechtigfeit ift eine ewige Gerechtigkeit. 
Soll vemnad dad Wörtlein ewig nicht allein von 
der Vollendung im fünftigen Leben, fondern auch 
von der vollftändigften Bolllommenpeit und Dauer 
in diefem Leben verftanden werden, Darum, wenn 


die Schrift faget: Wir haben von Ehrifto eine ewige . 


Gerechtigkeit, das ift fo viel gefaget, als eine ewig 
währende Gerechtigkeſt, die nimmermehr aufböret, 
oder von und foll gendmmen werden. Denn fo eis 


klaͤret Lutherus das Wörtlein ewig, wie igt gehöret, 


und feget zu vielen malen für das Wort Emwig das 


Wort ewigwährendp: Als da er fchreibet über 


den andern Pſalm, vom rechtfertigenden Glauben, 
pag. 89. Chriftum ift darum fommen, daß 
er den Ölauben an feinen Namen predigen 
und aufridhten follte, daß er des Geſetzes 
Ende fey: Wer an ihn glaubet, der fey fo 
lig, welder Slaube die Erfüllung ift aller 
©efege, eine immerwährende Gerechtigkeit, 
ein Werf göttliher Majeftät, eine Toͤdtung 
Des Fleiſches, eine Auferwedlung des Gew 
ftes, ein Sieg der Welt, ein Sieg des Flei— 
ſches, und ein Steg der Hölle x. 


11. Was it denn endlich deine Meinung ? 


Dies ift meine Meinung, nemlich, daß wir Chris 
ſten, in unfrer Taufe, aus dem heiligen Blut von 


dem erftandenen Chrifto eine fefte, beſtaͤndige 
3 





34 Vom Schatz der Glaubigen. 


und immerwährende Gerechtigkeit bekommen 
haben, welche uns fein Unfall zerrütien, noch zw 
nichte machen fol, auf daß wir ftets unfere Natur 
und täglihe Sünde damit beveden können. Was 
wollen wir mehr? | 
‚Bieiber: Dies ift mein Schaß, damit ich mein eigen Herz 
aus tröft- und andere betrübte Gewiffen, fo da an ihren Werz 
Echter fen und Buße verzweifeln, und große Angit haben, 
| tröfte und aufrichte. Dies iſt der güldene Kern des 
heiligen Evangelii, ja Das einige wahre Evangelium 
felbft, dadurch der heilige Geiſt gewaltig und fräftig 
ift, und unfere Herzen befricdiget und erfreuen Es 
ift die große Macht GOttes, dadurch den Teufel 
der Kopf zertreten, feine Pfeile aufgefangen, und 
fein ganzes Reich zerflöret wird. Denn allen andern 
Troft kann er dir nehmen: Aber Das Ewige, wels 
ches du von GDtt haft, kann er dir nicht nebmen. 
Denn das follen wir wifjeg, (welches weder alle 
Papiſten, Sophiſten und Gpötter weder Gelahrte 
und Ungelahrte von Herzen glauben, Daß uns der . 
Sohn GOttes, mit feinem heiligen und theuren Pur⸗ 
purblut, nicht fallende und vergängliche Suter, Die 
" wir eine geringe Zeit, zur Zeit unfrer Wohlfahrt, 
| wenn wir auf beiden Füffen fteben, allen gebrauden 
Fönnen, erworben babe, fondern daß er und feite, 
unbemwegliche und immerwährende Güter, welche wir 
zur Zeit unfers Unfalld, wenn wir gefallen find, ges 
brauchen follen, zu unferem Troſt Heil und Geligfeit 
erworben habe, und wie St. Daulus ſpricht, 2 Theil. 2. 
Chriftus bat uns geliebet, und hat uns ewigen Troſt 
gegeben. " 
12. Kannſt du Died auch beweiſen, daß unfere Gerechtig⸗ 
feit, die wir in Chriſto haben, eine ewige Gerech⸗ 
tigkeit ſey? 
Dr Ehri Daß fie ewig, feit und unbeweglich ſey, wie ein 
rechnigterit Berg GOttes, iſt aus dieſen Gründen offenbarlich. 
iſt ewig. Denn 





| ui GE 7 Bu DE — —7— — — 5 nn u — 5 7 u 
. + 
0 


Dom Schatz der Glaubigen. 85 


Zum erſten hat fie GOttes Blut und erworben. ı. Denn 
Yet. 20. Nun muß es ja traun- nicht ein geringes, fett. mid 
fondern ein großes, nicht ein vergängliches, fondern Ziut ere 
ein ewiges Gut feyn, das und GOttes Blut ermwors worden. 
ben bat. Das kann ein Berftändiger wohl abnebs 
men. Daher jdhreibet Theodorus, Dial 2. Damit 
du nicht gedenkeſt, unſer Heilfey unvolltoma —. 
men, ſo bat der HErr ſelbſt das allerheis 
ſte Opfer für uns geopfert. Ja, unſere Ge⸗ 
rechtigkeit iſt in Chriſto gegruͤndet, denn er iſt fuͤr 
uns gerecht, oder er iſt unſere Gerechtigkeit, um wel⸗ 
ches willen uns GOtt für gerecht will halten. Gele. 
ne Gerechtigkeit ift unfere Gerechtigkeit, der wir uns 
alfo annehmen und rühmen follen, als unfer eigen, 
1 Eorinch. 1. Nun iſt aber Chriſtus ewig ges 
recht, und feine Gerechtigkeit ift eine ewige Gerechtig⸗ 
feit, der er nimmermehr fol noch kann beraubet 
werden. Derowegen fo find mir aud ewig gerecht, 
und unfere Gerechtigkeit iſt eine ewige Gerechtigkeit, 
der wir nimmermehr in Gwigfeit follen verluftig 
werden. Iſt Derowegen fatt und genug, daß der 
HErr ChHriftus gerecht iſt, ob wir ſchon für ünfre 
Perſon in dieſem Leben nicht: gerecht feyn koͤnnen. 
Denn GOtt will anfehen feines Sohns Gerechtigkeit, 
‚ und fid) ‚gerne daran begnügen laſſen, und um des⸗ 
willen den ganzen Haufen, fo ihm anhanget, für ges 


secht fchägen, 
413. Bringe mir Beweis bei, 


| Zum andern, fo hat fie uns ja der Sopn GOttes⸗. Sie iR 
felbft in der Taufe gefchenfet, wie follte fie uns denn. CE 
nicht ewig bleiben? Denn mit den Gütern und Gaswiverrufs 
ben GDttes, die GOtt giebt, bat ed ja Diefe Ges hen ge 

legenpeit, daß ed beitändige und unmandelbare Güter 

fegn, weil fie von Grund des Herzens herfommen, 

wie St. Paulus fpriht, Roͤm 11. GOttes Gas 

ben laſſen ſich nicht ändern. Darum fo „muß unfre 

3 





— — 


86 Vom Schatz der Glaubigen. 


Gerechtigkeit, die uns Chriſtus ſelbſt geſchenket hat, 
um ihres Stifters willen eine ewigwaͤhrende Gerech⸗ 
tigkeit ſeyn. Hieher gehoͤret dies theure Sprüchlein 
Irenaei, lib. 2. adr. haeret. Wo uns GOtt der 
Herr felbft vie Seligkeit niht geſchenket 
hätte, fo hätten wir fie wahrlih nicht fefte: 
Fun fie und aber GOtt gegeben bat, fo bas 
ben wir fie feft und zur ewigen Befibung. 


14. Ich möchte wohl gerne mehr Beweis hören. 


g.@ieit Zum dritten bat und ber Sohn OOttes nicht von 

aus Got: ihm felber, fondern aus Rath, Willen und Geheiß 

tes Rath GOttes feined himmlifchen Vaters gegeben, der fie 

verchret. uns zugedacht bat aus froͤhlichem Herzen, ehe der 
Melt Grund ift geleget werben, auf daß fie unfer 
Hauptgut fey, daraus wir feine große Liebe gegen 
uns follen erfennen. | . 

Hievon handelt St. Paulus ganz tröftlih, Ephef. 
am 1. GOtt hat und erwählet durd 
Ehriftum, ehe ver Welt Grund iſt gele— 
getworden tem, er bat underwählet, 
nach dem Wohlgefallen feines Willens, zu 
Lob feiner herrlihen Gnade. ‘ Und:abermal: 
Wir find auh zum Erbtheil fommen, Die 
wir zuvor verorpnet find, nah dem Bow 
faß Des, der alle Dinge gewirfet, nadı dem 
Rath feines Willens Darum fo muß ja unfere' 
Gerechtigkeit ein ewige, unmiderruflihe Gerechtigkeit 
ſeyn, welde der Sohn GOttes nimmermehr von 

uns: wenden will, weil’ fie gegründet ift im Herzen 
GOttes, und bemahret im Himmel, da fie ja nie 
'mand verlegen Tann. Daher faget St. Petrus, 
1 Petr. 1. daß unfere Gerechtigkeit fey ein unvers 
vergänglihes, unbefledtes und unverwelk 
Tihes Erbe, verwahret und behalten im 
Himmel 


4 





. 4 
Dom Schas der Slaubign. 7 ST. | 


“ 
+ ! 
. 


\ Zum vierten, wird und ja unfere Gerechtigkeit von A. 8ie | 
Ehrifto gratis, aus Gnaden und umfonft, das immirnohne 
ohne eine Condition und Beding, oder ohne Anfehen vition ges 
unfrer Wuͤrdigkeit, oder Hinderung unfrer Unwuͤr⸗ſcheutet. 
digfeit gefchenfet und gegeben. Denn dies find Pauli 
Worte, Rom. 3. Wir werden ohne Verdienft 
gereht. Iſt dem alfo, fo muß nothwendig folgen, 
Kraft dieſes MWörtleind, daß feine Unwuͤrdigkeit fo 
groß fürfallen fönne, die und an der gnädigen ju- 
stiication hinderlich feyn ſollte. Denn ih muß nıcht 
gedenfen, daß mid) mein HErr Chriſtus heute oder 
anfaͤnglich für gerecht halte gratis, ohne Anfehen meis 
ner Unmwürdigfeit, morgen aber und hernach foldhes 
nicht thun wolle, wegen meiner Unwuͤrdigkeit: Was 
wäre dad für eine Veränderung des Lichts und Ges 
müth8 in Chrifto? Sondern daß er mich für und 
für umfonft, ohne Anfehen meiner Unwürdigfeit, ges 
recht fchäße und halte. Denn unfere justification Wag das 
ift ein ewiger Fluß in dem Herzen JEſu Ehrifti über Wörtfein 
unfer ganzee Leben. Und dad Wörtlein umfonft fehelet y. a 
aus nicht geringe Sünde oder Ungerechtigkeit, fon N 
dern bie allergrößeften Sünden, und die allergrößefte 
Unwürdigfeit, damit die Gnade Chrifti defto fcheins 
barer fey, und deſto größere Ehre habe. ' 
Von dem Wörtlein umfonft ftehen viel trefflihe 
"Sprüche in gelehrter Leute Büchern, oo 
Lutherus Gal. 5. Ehriftus allein machet 
mich gerecht, umfonft, das ift, ohne alle 
meiner Werke Zuthun, und ohne alle meis 
ner Sünde Verhinderung. 
Beſiehe au D. Phil. in locis pag. 205. Brent. 
in cap. 3. Rom. 195. Urban regium in Catech. 
p- 85. et 86. Ä 


\ 15. Haft du auch wohl mehr Beweis? 


/ 


“, 


58 | Dom Schag der Glaubigen. 


16. Iſt auch noch mehr Beweis vorhanden ? 


Sie in Zum fuͤnften wird uns ja unſere Gerechtigkeit von 
geibentes Chrifto zu dem Ende geſchenket, daß fie unfer ewiger 
‚sum ewi: Troft und ewige Heil fey, Damit wir und wieder 
sent nfere tägliche Sehler, wider die Bloͤdigkeit unſers 
. Herzens, wider die fihredlihe Dräumworte ded Ger | 
feßes, wider die Anfechtung ded Teufel, wider das 
Verdammen der Welt, und wider ale Blicke des 
goͤttlichen Zorns tröften und aufhalten follen. Denn 
- weil wir von Natur Sünder find, und Darzu leider 
täglich viel fündigen, oft wider allen unfern Willen 
und Borfdß, fo lange wir in dieſer Welt unter fo 
vielen Reizungen bleiben, und Darüber am zarten 
Gewiſſen liederlich verfehret, und durch die Draͤuung 
Des Geſetzes. Item, durch die Tyrannei Des wachens 
. den Teufels, und durch andere Blicke erfchredet wer⸗ 
. den: &o bat unjer lieber Heiland Mittel und Wege 
getroffen, dadurch ſolchem Jammer möchte begegnet 
und gerathen werden, nemlidy feine eigene Gerechtige 
feit, damit er uns befleivet hat, auf Daß wir daraus 
ewigen Troſt hatten. Denn um unfrer armen Sees 
len Heil, Troſt und Seligkeit willen ift alles gejches 
ben, was von Chrifto gefchehen ift,. wie Eſaias faget: 
Der Gerechtigkeit Nup iſt ewige Stille und 
Sicherheit. Und St. Paulus, 2 Theſſal. 5. Chris 
ſtus hat uns geliebet, und gegeben einen 
ewigen Zroft. Darum fo muß die Gerechtigkeit 
auch ewig feyn. = 


17. Haft, du noch mehr Beweis ? 


Diioue Endlich werden wir arme Suͤnder auch darum ge⸗ 
Sn rechtfertiget, durch dad Verdienſt Chriſti, nach dem 
reden Borfap GOttes aus Gnaden, auf daß wir GOttes 

. iebe daraus erfennen, und ihm von Herzen dafür 
Danfen follen. Ewig Lob will der himmliſche Vater 
für folhe Wohlthat haben, nemlih, daß er und ſei⸗ 
nen lieben Sohn zur Gerechtigkeit gemachet hat, wie 


Vom Schat der Glaubigen. 39 


David finget, Pfalm 113. Gelobet fey des Herrn 
Name von nun an biß in: Ewigfeit: Bom 


Aufgang der Sonnen bis zum Niedergang. 


fey gelobet des Herrn Name 

Darum fo muß aud) ja die Wohlthat ewig und 
unvergaͤnglich ſeyn, um welcher willen wir den HErrn 
ewiglich lieben und loben ſollen. Denn wer will den 


HErrn loben, wenn er nackend und blos iſt, und 


ihm die Kleider ausgezogen find? Ja, wer kann den 


HErrn loben, Der da zweifelt, ob er gerecht fey oder 
nit? Ob fie ihm entfallen fey, die liebe Gerechtigs ' 


feit, oder aber, ob er fie nod) habe? Ein Zweifler 


fann GOtt nicht loben. Darum fchreibet Lutherus 


in der Kirchen⸗Poſtill, pag. 74. daß wir darum 
"aus lauter Gnade, ohne. Werfe. und Vers 
dient gereht werden, auf daß in und ewig 
lih rein beftehe, Friede, Freude, Liebe, 


Lob und Danf göttliher Barmherzigfeit, 


ohne allen Ruhm eigenes Bermögens oder 
Zuthuns. 


18. Ich habe aus eingefuͤhrtem Beweis wohl eingenom⸗ 
men, daß wir in Chriſto eine ewige Gerechtigkeit haben: 
Lieber ſage mir, wenn und wodurch une dieſelbe 

geſchenket werde? 


Dieſe ewige Gerechtigkeit hat uns der Der ia, wirb 


flus angezogen in unfrer Zaufe, da er 


in Ge: zgeſchenket 


rechtigkeit herrlich gemachet hat, Galat. 3. Wie viel in a 


euer getaufet find, die haben Ehriftum ans 
gezogen: Das ift, alle Getauften und Auserwähls 
- ten find in ihrer Taufe Chriften geworden, und has 
ben ven HErrn Chriſtum alfo angezogen, daß fie ein 
Leib mit ihm geworden: Ja, nicht allein das, ſon⸗ 
dern alles, was herrlich in Ehrifto ift, daſſelbe ha⸗ 
ben fie zugleich mit ihm angezogen, und find deſſen 
theilhaftig worden. Als zum Exempel, feiner goͤtt⸗ 


Taufe. 


| 
| 
| 


40 Dom Sag der Glaubigen. 


Iihen Weisheit, Gerechtigfeit, Kraft, Leben und Se 
ligkeit, daß aljo Feine herrlichere Perfon naͤchſt Chri⸗ 

fto fann erdacht werden im Himmel und auf Erven, 

Es it teisals eben ein Chriſt. Infonderheit aber haben die lies 
ne derrli:hen Getauften die Gerechtinfeit Chrifti, fo er ihnen 
fe e Adurch fein Blut erworben, angezogen, ald ein Föftfich 
ein Eprin. Kleid. Denn gleich als ein lieber Bräutigam feiner 
lieben Braut die alten unfaubern Kleider auszeucht, 

und zeucht ihr neue reine und. fehöne Kleider an: 

Alfo hat ung auch der Sohn GOttes, unfer lieber 
Bräutigam, in unfrer Taufe unfere Suͤndenkleider 
ausgezogen, wie er felber ſpricht, Zach. 3. Siehe, 

th habe Deine Sünden von Dir genommen, 

und babe dich mit Feierfleidern befleidet, 
nemlih, mit Feierfleidern vollfommener Geredjtigs 

keit. Dies befenner ver Prophet Eſaias, daß ihm 
ſolches w-derfahren fen, Kap. 6. da er fröhlid und 
herrlich foricht: Mein lieber Oheim, der HErr Chris 

ftus hat mid) gefleiver mut dem Rod der Gerectige 

Teit, "und bat mich gezieret wie einen Bräutigam, 

jä wie eine furitlibe Braut, fo Da it in ibrem fürfts 

lichen Gewande zur Kirche foll gefuhret werven. 





19. Ich böre mit Freuden, daß Chrifti ewige Gerechtigfeit 
einem Eöitlihen Schmuck verglichen werde. Lieber, 
füge mir, wo diefer Schmuc doch befchrieben 

werde? | 


Dar ganze Schmuck, damit der HERR Chriltus | 
feine Chriſten ſchmucket, iſt befihrieben, Ezeh. 16. 
Sch vadete dich mit Waffer, und wujd, did 
von Deinem Blut, und falbete did) mit Bal⸗ 
fam, und fleidete dich mit aeitıdten Klei⸗ 
dern, und zog Dir Semifhe Schuhe an, und 
zierete did mit Kleinodien, und legte dir 
Geſchmeide an deine Arme, und gufdene 
Kettlein an deinen Hald, und gab dir Haar⸗— 
bande an Deine Stirn, und Ohrenringe 


Dom Schatz der Slaubigen. 4 


an deine Ohren, und eine fhöne Krone auf 
dein Haupt. Ih gab dir Semmel, Honig 
und Dele zu effen. Wer dies wollte ausſtreichen, 
hilf GOtt! welch ein ſchoͤnes und liebliches Gemälde“ 
follte der daraus machen. 


v 


Daher wird die liebe Kirche genennet Adıfa, yu; Herrliße 
die. 1. Achſa aber heißet, wie es Lutherus auskeges, nr 
das ſchoͤne Sretlein mit den rothen Schuhen, dasſareirung 
zarte Toͤchterlein GOttes: Item, fie wird genennetder Kirche. 


die edle und hübſche Fuͤrſtentochter, im Hohel. Sal. 
Kap. 7. Wie ſchoͤn iſt dein Gang in den Schuhen, 
Du edle Fuͤrſtentochter. S. Joh. Apoc. 19. beſchrei⸗ 
bet die Kirche, daß ſie ſey Chriſti Braut, angethan 
mit reiner und ſchoͤner Seiden. Und erklaͤret bald 
die Seide und ſpricht: Die Seide aber iſt die Ge⸗ 
rechtigkeit der Heiligen. St. Paulus aber, Epheſ. 5. 
darf ſagen, daß die Kirche kein Flecklein und Ruͤnz⸗ 
lein der Sünden mehr an ſich habe, ſondern daß fie 
gar rein fey: Wie auch der HErr Chriftus felber 
ſpricht: Joh. 13. Ihr feyd ganz rein. Ya daß fie 
nicht allein rein fen von allen Sünden, jondern Daß 
fie audy dazu an Gerechtigkeit herrlich fey, wie vom 
Glanz der Sonnen, Daß gleich ein Glanz der Ges 
rechtigfeit von ihr leuchter und ſcheinet, faget St. 
Paulus. u 

Es rühmet wohl die Stadt Tyrud, Ezech. 27. daß 
fie vie allerhöchfte fey, und fpriht: Ich bin die, aller: 
fdiönfte. Uber ein Ehrift Fann „und foll vielmehr 
rühmen, daß er der AUllerfchönfte fey, und Daß er an 
Schönheit und Gerechtigkeit vollfommen fey, wie 
Adam vor dem Kal gewefen, ja noch wohl etwas. 
fhöner. Wenn einer rines Chriften Schönheit ſehen 
fönnte, der würde fi darüber entfeßen, und mit 
großer Verwunderung fpreben: Lieber GOtt! find 


- jo fhöne Engelein auf Erden? Ya er würde einen 


Christen in hoͤchſten Ehren halten, und. ihn herzlich 
lieb haben, wie ihn der HErr Chriftus ha, 


VEI4- 


we 


\ 
62 Rom Schak der Slaubigen. 


- 20. Lieber, fage mir, wie ich diefen koͤſtlichen Schmuck 
der Gerechtigkeit Chrifti an mich bringe? 


Darasen®8 geſchiehet ſolches nicht durch Werke des Geſetzes, 
| Blanben pie unfere Vernunft gevdenfet, fondern durch Den 
fe. Blauben an das Blur JEſu Ehrifti, für und ver: 


i Y% 


gofien, und durch die Taufe, wie der HErr Chri⸗ 
ſtus felber bezeuget und ſpricht: Mare. 16. Wer 
da glaubet und getaufet wird, der wird fe 
lig. Alfobald ein glaubiger Menfc in das heilige 
Waſſer getaudyet wird, ift er ſchon rein von allen 
feinen Sünden, und ift überfleivet mit neuer himm⸗ 
liiher Gerechtigkeit, nemlih mit der allerfhönften 
und lieblichſten Gerechtigkeit JEſu Chriſti, und iſt 
aller Engel Freude und Wonne, darf auch nun für 
feine Rechtfertigung nicht weiter Sorge tragen, obne 
daß er fih von wegen feiner übrigen Suͤnden in 
herzlicher Demuth halte, und ſich täglich. immer mehr 
und mehr Davon reinige, wie der Herr Chriltus 
Joh. 13. ſpricht: Ihr feyd ganz rein, jedod 


waſchet eure Fuͤſſe. Derowegen ift noch jemand 


unter euch vorhanden, weldher für GOtt noch nicht 
gerecht iſt, ver fehe zu, daß er durd Des heiligen 
Geiſtes Hulfe, und durch Chrifti Vervienft bald ges 
recht werde, ehe der jüngfte Tag komme, daß ift, 
er erfenne feine linmwiffenheit und Unglauben, und 
glaube von Herzen, Durch die Kraft GOttes, an 
ven Herrn Jeſum Chrift, nemlidy, daß er fein lies 
ber Heiland fey, welder fein Blut feinethalben vers 
gofien habe am Creuz, zur Vergebung feiner Suͤn⸗ 
den, und verlaffe ſich auf fein Blut fühnlih, fo wird 


er gereht von Stund an, und find alle feine Suͤn⸗ 


den dahin, ald wenn fie etwa in einem Meer erfäus 
fet wären, wie ©t. Paulus Römer am 10. fpridt: 
Die Gerechtigkeit ift dir fehbr nahe, o Menſch, 
nemlid) in deinem Herzen und Munde. Denn 
fo du mit deinem Herzen glaubeit, und mit 


dem Munde befenneft, daß Chriftus der 





es  _ DEE > EEE nn u [ —— — — J 


| Vom Schatz der Glaubigen. 43 


Herr ſey, welchen GOtt von den Todten 
zuferwedet bat, fo wirft du geredt und 
felig. | Ä 
Es muß aber der Saame des Slaubend in un - 
fern Herzen ſtets wader bleiben, und nit verlöjcden, .. 
ſoll anders die Frucht ver Gerechtigkeit ſtets darauf— 
erfolgen, wie St. Paulus 1 Cor. 6. fopreibt:. Wer 
dem Herrn ſtets anbänget, nemlich, durdy eis 
nen fteten Glauben, der ift ein geiftliher Leib 
mit ibm, und iſt feiner Gerechtigkeit theilhaftig. 
Iſt aber jemand unter endy noch nicht getaufet, der 
lafle fidy taufen, denn Glaube und Taufe müffen bei 
einander ſtehen, follen fie anders vie Seligfeit wis 
fen. Wer aber an Chriftum glaubet, und getaufet gofar 
iſt, der halte gewißlicd Dafür, Daß er vor GOtt, ſid ein - 
gänzlich gerecht fey, gerape als hätte er fein Sebenlang 
feiie Sünde begangen, fonvdern ale hätte er Das fol. . 
ganze Geſetz erfüllet, denn der Gehorſam Chriſti wirn 
ihm zugerechnet. Der Glaube an Ehriftum und die 
Taufe nehmen alle Sünden vom Menfchen gänzlich 
hinweg, und feßen ihn in die Außerfte Erfüllung des 
Geſetzes, ja in die ganze Zülle JEſu Chrifti, daß 
er fich derfelben mag annehmen, und rühmen, als 
feined eigenen „Öuted. Solches Ihun ift GOttes 
ernfter Wille, und folder Glaube ift ver einige wahre 
chriſtliche Glaube. Wer aber anders glaubet, das 
ift, an feiner Gerechtigfeit noch zweifelt, ver 'ift fein 
wahrer Chriſt, fonvdern nur ein Zitel» Chrift, ja ein 
Undrift, nicht fähig deffen, woran er zweifelt, Wo 
aber neue Gerechtigkeit ift, da iſt auch GOttes Kinds 
fchaft und daB ewige Leben. Denn foldiem Baum 
folgen ſolche Fruüͤchte. | | 


— un — — — — 





44 Vom Schatz der Glſaubigen. 


21. Ach! (ſageſt du) wie koͤnnen wir arme Suͤnder ſo ge⸗ 
recht ſeyn, wie bu und preiſeſt, iſt doch Fein aͤrmer Volt 
: auf Erden, ald eben wir Ghriften? Und ift doch fein 
Volk, zu dem man mehr von Sünden prebiget, als eben 


wi Chriften? Und bag mehr. feine Sünde bereuet und 
beweinet, denn eben wir Chriften? Was ſageſt du und 


denn viel von Gerechtigkeit? 


Wi Chriſten find zu fhwach im Leben, und haben 


. Ieiver viel Sünden, aber -folhe Sünden find und 


£uther. 


.% 


bemäntelt und bededet mit- der Gerechtigfeit JEſu 
Chrifti, daß fie und GOtt nicht will zurechnen, nod 


ung Darüber zur Rede fegen amı Tage\jeined Gerichte, 


St. Paulus iſt hievon befannt. Darum will ich 
etliche fchöne Locos aud dem Luthero führen, die 
dies fein tröftlich erklären follen. 


22. Thut folches, es foll mir Lieb feyn, 


Wir ſollen wiſſen, (ſchreibet Lutherus im Pſalm 118, 
pag. 578.) daß wir für unſere Perſon, als Adams 
Kinder, wohl verdammte Sünder find, und Feine 
eigne Gerechtigkeit, noch Heiligkeit heben, aber weil 
wir getaufet find, fo find wir äuch in Chrifto 





heilig und geredjt, der unfere Sünde von und ges 


nommen, und und mit feiner Heiligfeit begnadet, 


befleivet und gezieret hat, Wer. fih nun feheuet, zu 
rühmen und. zu befennen, daß er heilig und geredyt 
fey, fondern immer flaget, er fey ein armer Güns 
der, der thur eben als fpräche er: Ich glaube nicht, 
daß Chriftus für mid) geftorben, und daß ich ges 
taufet fey, und daß mid) Chrifti Blut gereiniget has 
be, noch reinigen fönne: Ich glaube auch der Fein 
Wort, was die ganze Schrift von Chrifto faget. 
Welcher Türke, oder Jude iſt fo verzweifelt böfe, 
daß er folches gedenken oder reden follte: In ver 
Kirchen-Poſtill, Winters Theil pag. 18. Unter pen 


„-— 


Vom Schatz der Glaubigen. | AS 


Ehriften werden allezeit beiderlei Kranke gefunden, 


nemlich, innerlich im Glauben und Gewiſſen, und 


aͤußerlich in Werken und gutem Wandel, welcher kei⸗ 


“nen Chriſtus will, verwerfen, ſondern alle aufgenoms - 


men baben, daß die chriftliche Liebe reichlich habe, 
darin fie ich übe. 

Ibid. p. 169. Es ift Fein Heiliger fo vollkom⸗ 
men geweien, der nicht Fleiſch und Blut, ja der 
nicht einen ſtetigen Streit mit ſeinem Fleiſch und 
Blut gehabt haͤtte. 

Pag. 210. GOtt laͤſſet zuweilen feine Heiligen 
fallen, und wo er es nicht thaͤte, ſollten wohl die 
Heiligen fallen in Vermeſſenheit, und ſich zu Abgoͤt⸗ 
tern machen. 

Pag. 133. Gott läffet der ſtolzen Heiligen Hoffs 


“art feliglich fallen, auf daß fie.in der Demuth aufs 


erſtehen. 

Pag. 135. Denn’ eö iſt fein größer, faͤbrlicher, 
giftiger Aergerniß, denn dad aͤußerliche gute Leben, 
in guten Werfen und geiftlihen Wandel. Dieß ift 
Srau Caßbi, die hübſche Tochter des Fürften Zur, 


von Mivdian, über welcher 24000 aus Iſrael erfchlar- 


gen wurden, Num. 25. Das ift dad rechte Höllens 
Thor, und die Dreite Land: Straße zur Verdammniß. 
O welch ein greulicher Greuel des Unglaubens und 
ungdttlihen Weſens lieget unter dem ſchoͤnen Leben: 
Welch ein Wolf unter der Wollen , welch eine Hure 
unter dem Kranz. 


Pag. 58. Denn alle, die nicht auf die bloße 


Güte und Gnade GOtted fi) ergeben und leben, 
find alle Gottloſe, ob fie gleich für großer Heiligkeit 
Todten auferweden, Sungfrauen und aller Tugend 
voll wären. Darum laͤſſet GOtt feine Heiligen fals 
len, auf dag fie in ſolch gottlos und verdammlich 
Weſen nicht gerathen. 





Luther. 


46 Dom Schatz ber Slaubigen: 


23. Kaunſt du andy noch mehr dieſes Schlages aus dem 
Luthero beibringen? 


Ta: Denn er fohreibet, ibiv. p. 223. Chrifti Neich 
ift alfo gethan, daß feine Chriften nicht vollfommen 
heilig find, fondern find in dem Anheben und Zus 
nehmen. Darum findet man noch immer unter ih⸗ 
nen Gebrechen übrig, von dem alten Adam, weldyes 
St. Paulus heißer des Nachſten Laſt, die einer dem 
andern tragen foll, Sal. 6. Und die Schwadhheit, 
die man aufnehmen fol, Roͤm. 15. Wenn nun ein 
falfher Urtheiler fommt, und zählet die Früchte des 
Geiftes, Gal. 5. und meinet, ſolches find Gebote 
und Gefeße, will er nicht glauben, daß ed Chriften 
find, wo nidt foldhe Fruͤchte ohne alle Gebrechen 
find, und Argert fi) alfo an Chriſto für großer Weis—⸗ 


heit, ald der aus der Schrift ſich rühmet, er wolle 


die Chriften aus den Fruüchten erfennen. Denn er 
träumet ihm felbit, die Chriftenheit fey ein vollfoms 
mener heiliger Stand, da fein Gebrechen inne fey, 
wie ed feyn wird im Himmel unter den Engeln. 


"Sage aber, wo redet die Schrift aljo von den Chris 


ten? Wer aber die Chriftenpeit erfennet, daß es 
ein anhebender und zunehmender Std fen, Der Ars 
gert fid) nicht, ob fhon ein Chriſt gebrechlich ift. 
Denn er weiß, daß es heißet bei ven Ehriften, Laſt 
tragen und Schwachheit dulden. Und daß die Früchte 
des Geiftes nicht darum als ein Geſetz gegeben ſind, 
ald follte es allerdings fo geben, oder Chriftus 
verläugnet feyn, fondern alfo zu verftehen ift es, Die 
Chriſten follen gütig feyn, das ift ihr Ziel und Maag, 
da fie hin denken. ber bei dem ſtehet ed gleichwohl, 
daß fie gütig zu werden anheben und zunehmen, aber 
Daneben gar oft ungütig, und gleich widerſamiſche 
Srüchte des Geiſtes bringen. Darum wife, Daß Chris 
ftus wunderbarlich ift in feinem Heiligen, und hüte 
dich, Daß Du niemand richteft oder urtbeileft, es ſey 
denn, daß du oͤffentlich fieheft oder hoͤreſt, daß er 


! 
! 


—— — — — — — — — — — - 


Leu. us Di En — nd En SE EEE En ” .”. 5 
. 
| 
. 
& 
7 


Vom Schatz der Glaubigen. a 


wider dad Evangelium rede und glaube. Denn wer. - - 
dawiderredet und thut, Den magſt Du frei urtheilen, - 

Daß er außer Chrifto, ‚unter dem Teufel fey, und 

bitte für®ihn, und ermahme ihn, daß du ihn ber 

kehreſt. Sonft wo du findeft, der das Evangelium _. | 
Iobet, und‘ hält eö in Ehren, da halte dich nah ver - - | 
Lehre St. Pauli: Wer bift du, der du einen frem⸗⸗ 

den Knecht richtet? Denn Chriftus will zugleichh 
heimlich und offenbar feyn, zugleich ſich finden und 

nicht finden laffen. Darum läjjet er unter den Fruͤch⸗ 

ten des Geiftes, dabei man ihn kennen und fih an 

ibm beffern fann, mit unterlaufen etliche Gebrechen, 

Damit er fi) verbirget, und fih an ihm ärgern fols 

len die freveln Richter. 


24. Bas fchließeft du aus biefen Worten ded Herrn 
’ Eutheri ? 


Diefe theure und treffliche Sprüche Lutheri geben 
alle dahin, daß Chriften Sünde haben, und daß fie 
GOtt aus fonderlihem Bedenken und Rath zumeis 
len fallen laffe, und daß fie gleichwohl vor GOtt ges 
recht fenn und bleiben um Ehrifti willen, und daß 
man fie derowegen nicht richten. noch verdammen foll, 
Es find aber dieje und dergleihen Sprüde Mars 
garicha, Das it, Föftliche Perlen, welche man nur 
allein den betrübten und erfchrodenen Herzen, vie 
fidy felbft an ihrem Leben Argern, und nicht den ros 
ben Säuen vorwerfen fol. Denn diefe tretem ſol⸗ 
de Perlen mit Füſſen, und fahren ven Lehrern zu, 
und reißen fie mit Zähnen. | 


25, Wie reimet ſich aber ein Sünder und gerecht fepn? | 


u Ein Ehriften - Dann - (fchreibet Henricus Rothe inEinenie N 
. deecl. 3. arit. p. 116.) ift ein Wunder» Mann: Urs fein 

. , , &üutder 
ſache, den er ift zugleich ein aymer Sünder, und une ges 
ein großer Heiliger. Das find duo contraria im tedt. di 


.  Yerso rg» 


eodem subjecto, das kann ich in keine Dialecticam spectu._ 





— En EEE nn Sue, | 


48 Dom Shag der Glaubigen. 


‚ bringen, zualeich ein Günder, und ‘gerecht oder beis 
lig ſeyn. Aber es ift recht: In der Ppilofophia ftus 
diret ſich auch dieſe Kunſt nicht allein, Die Theolo⸗ 
gia, die heil. Schrift, die machet Unterſchidd zwiſchen 
dem Menſchen, was er iſt, erſtlich für ſich ſelbſt, 
ein armer verlorner und verdammter Sunder: Aber 
in Anfehbung JEſu Ehrifti ift er zugleich ein großer 
Heiliger. Denn er bat und arme verlorne und -vers 
Dammte Menfchen erlöfet, erworben, gewonnen, von 
allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des 
Teufele. Auf daß ich fol fein eigen ſeyn, und in 
feinem Reich unter ihm leben, in ewiger Gerechtig⸗ 
keit, Unſchuld und Seligkeit. 


26. Es ſpricht aber ferner eine verfädete arme Seele: 
Wer Sünde thnt wider fein Gewiſſen, der leidet Schiffs 
bruch an feinem Heil und Gerechtigkeit. Ich Armer babe 
ſolches leider gethan: Deromegen habe ich Schiffbruch 
genommen an meitem Heil, und meine Gerechtigkeit 
verloren. | 


un \ 

Mein lieber Ehrift! Mer Sünde thut wider fein 
Gewiſſen, der thut ja nicht recht. Denn er übers 
gebet die hohen Gebote feines GOttes, und vers 
Dienet aud) damit gebührliche väterliche Strafe: Und 
wäre beſſer, daß Fein Chriſt wider fein Gewiſſen fein 
Lebenlang fündigte. , Aber dennoch verleuret biemit 
ein Chriſt, das ift, ein Glaubiger und Getaufter, fein 
Heil nidt. Denn. GDtt giebt feinen lieben Ausers 
wählten ein ewige⸗ unvergaͤngliches Heil, auf daß ſie 
daraus einen ewigen und unvergaͤnglichen Troſt wider 
ihre taͤgliche Gedrechen und Kalle ſchoͤpfen und in 
Häufern des ewigen Friedend wohnen follen. 


27. Kannft du died auch beweiſen? 


Es bezeuget dies GOtt der HErr ſelbſt mit ſeinem 
heiligen wahrhaftigen Munde, Eſaiaͤ 51. da er alſo 
ſpricht: 





Vom Schag der Glaubigen. a 


fpricht: Der Himmel wird wie ein Rauch vergehen, 

' und die Erde wie ein Kleid, aber mein Heil bleibet 
ewiglih. Item St. Paulus, Röm. 8 So iſt nun 
nichts verdammliches an Denen, welche in Ehrifto IC 
‚find. Und mie ift es auch möglich, daß Suͤnde einen 
Slaubigen verdammen follte? Cintemal, da feine 
Sünpe ift, wo Glaube if. Der Glaube, ſpricht St. 
Petrus, Act. 15. reiniget des Menſchen Herz, ja 
den ganzen Menfchen von allen Sünden. Gleich wie 
die fündlihen Gedanken, Lüfte, Zuneigungen, Ge 
fihte, Wörter und Werke dad Herz, ja den Mens 
ſchen verunreinigen, und gleid) ftinfend machen, Matth. 

15. Marc. 7. Alſo machet der Glaube dad Herz 

und den ganzen Menfchen wiederum rein und wohls 
riechend, vornehmlidy wo Die liebe Taufe dazu koͤmmt. 
Denn ded Glaubens Eigenfchaft ift reinigen, meipdesßlan: 
und. helle machen: was unrein, ſchwarz und dunfel’in oc! u 
. war. Und obgleid die Sünde groß ift, fo iſt des are 
Glaubens Kraft noch 'größer. Item, ob der Sünde 

viel iſt, fo ift vielmehr Kraft bei vem Glanben. Alle 
©ünden auf Erden Fönnen nicht ‚ein einiges Fünflein 

vom Glauben aufmägen, ich gefchweige überwägen, 

Iſt nod) Sünde Da, wo der Glaube ift, fo ift der 
Glaube ein Diener der Sünden und nicht der Ges 
zechtigfeit, wie &t. Paulus von Chrifto und dem 
Glauben ganz meifterlich fehleußet, Sal. 2. Und wie 

Tann die Geligfeit befteben, wo man nachgiebt, daß 
verdammlihe Sünde da fen, wo der Blaube: ift2 

Denn 'Seligfeit iſt ja nichts anders, denn Wegneh> 

mung der Sünde. und Verdammniß. Kann einer 
zugleich geredyt, und aud ein verbammter Suͤnder 

feyn? Der Glaube if ein verzehrendes Feuer, wels 

ches gänzlich verſchlinget alle Sünde wie Stoppeln, 

daß am Menfhen vor GÖtt nichts überbleibet, denn 

eitel leibliche Reinigfeit. Ded Glaubens Ruhm ift, 
Sünde von dem Menfchen zu vertreiben, wie vie 
Sonne einen Rebel vertreibet. Die Sünde muß dent 
Glauben weichen, wie ein Kleines Wölklein der Sonne 


‘ 


wow Rom Shot der Glaubigen. 


weihen muß. Aller Welt Sünde find gegen dem 
Blauben, wie ein Fleined Blutströpflein gegen dem 
großen Weltmeer, welches man Atlanticum nennet, 
Sollte die Sünde dem Heil wehren, wie könnte 
doch das Heil jemals zu uns fommen? Denn mir 
find ja nimmermehr ohne Sünde. Darum wırd 
uns Das Heil gegeben durch den Glauben, auf daß 
die Sünden, melde vorhanden find, aufhören, und 
und nicht mehr zugerechnet werden. Cie werden 
durch den Glauben von und hinweg genommen, auf 
daß ſie und am Heil nicht hindern follen. Denn 
hätten wir Feine Sünde, fo bevürften wir auch feis 


‚ned Glaubens und Feiner Vergebung. Summa, wo 


Die Sünde mädhtig und wichtig ift, da ift Die Gnade. 


noch mächtiger und wichtiger, Roͤm. am 5. GOtt iſt 


Lutherus. 


reicher von Gnade, und die Sünde durch den Glau⸗ 
ben und Zaufe zu vergeben, als wir. find mit unfern 


Sünden, Ungnade und Unheil zu verdienen. Ja, 


des Glaubens eigen und vornehnifte Reih und Ges 
walt iſt, rechte große ungeheure. Sünde an und zu 
verfhlingen. .  . | 


Hieher geyoͤret ber theure Spruch Lutheri, Gal. 5. 


Die Glaubigen haben Feine Tod-⸗Süuünde, 
oder verdammliche Sünde, ſondern nur ab 
lein die Unglaubigen. Und ift nicht noch, 
daß man Die glaubigen Gemwiffen, welche 


ohne dad zart und erfhroden genug finde 
mit folhen Eintheilungen verwirre, beträs. 


be und erfchrede. Denn haben fie nod ver 


dammliche Sünde, fo ift Ehriftus vergebs 


lich geftorsen, und fie glauben vergeblid, 





und find auch vergeblich getaufet. Es wäre. 


denn Sache, fie hatten fi dem Teufel und 
allen Laſtern ganzlid ergeben. . 





Rom Schatz der Gfaubigen. 51 


28. Kann der Satan auch wohl leiden, daß wir ſolches 
ohne alles Wanlen fell von Herzen glauben? 


O nein! Darum erwecket er ſtets einen Wolf nach 
dem andern, der dieſe Lehre anfechten, und das Ge⸗ 
gentheil lehren muß. Was? ſprechen fie, iſt ein 
Menſch gerecht, und ein Kind des ewigen Lebens? m, 
Sch meinte, er wäre ein armer Sünder, und ein tur gu 
Kind des Todes. Sünder, Sünder, Sünder find wir Sins 
wir. Das fage man den Leuten, auf daß fie es er: gerecht 
fennen ; Buße thun, und felig werden: Gerade, als aus Guas 
wenn wir ed auch nicht wüßten, was wir von Nas "" 
tur find, und was wir aus Gnaden geworden find, 
und gerade, ald wenn dies nicht alfo erfannt und 
gebüßet wäre, daß auch der Sohn GOttes von des⸗ 
wegen fein Blut vergoffen hat. ' 
Derowegen finds nur ˖ naͤrriſche und verkehrte Koͤ⸗ 
yfe, weldje fprehen: Was follte idy armer Sünder 
mich für gerecht und Gottes Kind Halten, und mid). 
ſolcher Gnade freuen? Ach wer feine Suͤnde nur“ 
genugfam bereuen und beweinen Fönnte! Meinen, fie 
thun dem Herrn Chrifto eine große Ehre daran, 
| wenn fie ſich felber für Sünder halten und immer 
| trauren: Da fie Doch hiemit ihn und. fein heiliged 
„,. Blut aufs Außerfte unehren, und ihre Erlöfung zu 
¶Schanden machen. = | | 
£; Aber von riefen unzeitigen Suͤnden⸗Predigern 
muß man fih dad Evangelium nicht nehmen, nod 
den Glauben fchwächen laffen, fondern ‚wider diefels 
bigen, als Feinde der Seligkeit, . ernftlih ringen: ' 
Denn fie, werden uns Chriftum nichts anders machen, 
ald er ift, und werden und auch nicht anders machen, 
ald wir find, nemlid Soͤhne der Gerechtigkeit, und 
Kinder des ewigen Lebend. Zu ſolchem ſieghaften 
Glauben, der ven leivigen Teufel und. vie kluge Welt: 
überwindet, bat man vonnoͤthen ſonderliche Kraft 
und Hülfe des beiligen Geiſtes: Fleiſch und Blut 
iſt zu ſchwach Dazu. . or 


52 VWom Schatz der Glaubigen. 


Ja, wo ein Chriſt gehet und ſtehet, ſoll er frei 
und öffentli rühmen, daß er wohl der Suͤnden 
halben mit Chrifto am Creuz gehangen, und im 
Grabe gelegen, aber nun wiederum mit ihm erſtan⸗ 
den, und in ihm gerecht und lebendig worden ſey. 
Das heißet denn 1. Cor. 1. Wer fih rühmet, 
der ruhme fih des HErrn, nemlih, daß er ihm 
"von GOtt gemachet fey zur Gerechtigkeit und Leben, 
oder Daß er in ihm babe Gerechtigkeit und Leben. 
Diefe Wohlthat fol man rühmen und preifen, wider 
aller Welt Wüten und Toben, | \ 


29, Ey wohlan, (wird ein Nuchlofer hie fprechen,) weil 
ed mit unfrer Gerechtigkeit alfo beichaffen, fo will 
| icch frei fündigen. 

Det u:©, argumentiren die nicht, welche in der Wahrheit 
rechten felig und gerecht worden, und aus EOtt geboren 
Eigen: find. Denn fie haben den Geiſt und den Saamen | 
ſchaft. GOttes in ſich, der Iaffer folhe unartige Verfehrtheit | 
und Bosheit niht zu. . Die lieben Geligen und | 
Heiligen find froh, wenn fie den Troſt ihres ewis 
gen Heild hören, Danfen GOtt, und befleipigen 
fid) eines neuen göttlichen Lebens und Weſens, wie/ 
fie denn hiezu von dem heiligen Geift fräftiger Weife 
getrieben werden. ie wiffen nicht, wie fie fich dank⸗ 
barlich genugfam gegen GOtt für foldie Wohlthat 

 erzeigen follen, und wollten wohl, Daß fie nur ers | 
ſtes Tages möchten. in den Himmel kommen, und | 
daſelbſt, ein engliſch Leben anfahen. 

on autem impii, non sic: Richt aber fo die 
Sottlofen, fonvdern die beillofen und gottlofen Her⸗ 

"zen, weldie fern von Heil und GOtt find, die fühs 
ten: folche verkehrte Beweife, durch Eingebung- ihres 

Der Bett: Koͤniges, welcher Präftiglich in ihnen wirfet, alle ihre 

ofen Na⸗ Gedanken, Worte und Werke. Und ſolches thun ſie 

dieſer edlen theuren Lehre zum Schimpf, daß ſie ſie 
mögen Damit verdächtig machen bei, denen, welche 


Dom Schatz der Glaubigen. 63 


ohne das dem Evangelio feind ſeyn, und in ihren 
Werken wollen heilig ſeyn, ſind es aber nicht. Denn 
die Werkheiligen, das iſt, die Heuchler und die Feinde 
des Lebens GOttes, haben getrne, Daß man Boͤſes 
aus dem Troſt des Evangelü ſchließe, und ihm einen 
Schandflecken anhänge. Aber foldye heilloſe, gottlofe 
und verkehrte Leute, die Kinder der Bosheit, welde 
unferm Heil Schanöfleden anhängen, und muthwilig 
auf die theure Gnade des Heild fündigen, follen 
wiffen, daß fie unter die Verdammten gehören, weils . 
che ohne Scheu und Aufhören die allergreulichften 
Suͤnden begehen, und Daß thre Verdammniß recht 
ſey. Denn ſolch Urtheil iſt allbereit über dieſe Ges 
ſellen geſprochen. Zwar ven Seligen und Heiligen 
fallen auch ja wohl aus ihren Fleiſch abentheuerliche 
Gedanken ein, und haͤtten auch wohl Luſt, auf der 
breiten Straßen zu reuten: Aber der heilige Geiſt 
ſchilt und ſtrafet ſie bald, daß ſie von ſolchem bibſen 
Vornehmen muͤſſen ablaſſen. 


Das III. Gapiren 
Son Gottes Gnade. 


le Welcqhes if das dritte Gut des Schates unſrer 6 1]. 
ligkeit? u u —* 


Daſfelbige iſt die Verſoͤhnung mit BO, gefächen y 
durch Chriftum, welcher allen Zorn GOttes von und PN 

gewandt, und in lauter Gnade verwandelt. - Denn rung mit 

fo fchreibet St. Paulus, Roͤm. 5.: Wir find mit 

GDtt verföhnet durd den Tod feined Sohnes. Das 

ft: GOttes Sohn hat den Zorn feines himmlifchen 

Vaters, meldyer wider und brannte, ausgelöfchet, ins 

dem er demfelben für und genug gethban, und fein 

heilig Blut zur Strafe der Sünden vergoffen hat: 

Gttes Zorn ift angebrannt, und hat aufgehöret in, Durd 

den Blut JESU Chriſti. Denn fo war «8 beſchlof⸗ pas Binz 


A 





54 Dom Schatz der Glaubigen. 


ſen, der Menſch ſollte leiden, oder GOttes Sohn 
ſollte leiden, oder GOtt wollte zuͤrnen. Chriſtus 
hat fuͤr uns bezahlet, darum will GOtt nicht mehr 
von uns fordern, ſondern will mit uns wohl zufrie⸗ 
den ſeyn, wie Eſaias ſpricht: Die Strafe lieget auf 
ihm, auf daß wir Friede haͤtten. nn 


2. Womit hat Eprifius feines Baterd Zorn mehr geſtillet, 
als mit ſeinem Blut? 


€; bat der Sohn GOttes feines Vaters Zorn nicht 
allein geftillet mit feinem Blut, fondern auch mit 
 ZDR eeinem weiber. Denn da er am Treuz hieng, rief er 
„werwes eruberlaut zu GOtt und ſprach: Ah GOtt! zürne 
a, nun ja nicht mehr mit dem menfchlichen Gefdylechte, 
weil dein Zorn über mich gehet, und ich leide, was 

fie verſchuldet hatten. Siehe an mein Blut, und 

laß "ta. eine Bezahlung feyn für der ganzen Welt 
&unde, und fordere ja feine Strafe mehr von dem 
menſchlichen Geſchlecht: Denn ich habe fatt und übers 

fott mit meinem Blut gebüßet. Dieſes Gebets ges 

denfet der Meifter ver Epiftel an die Ebraͤer am 5. 

da er den Sohn GOttes zum Hohenpriefter machet, 

in feinem Blut und Gebet nach der Ordnung Mels 
chiſedech und alfo fpriht: Chriftus hat am Tage feis 

nes Fleiſches GOtt feinem Vater Gebet und Flehen 

mit flarfem Geſchrei und Thränen geopfert, und ift 

auch erhöret, Darum, daß er Ott in Ehren: hatte, 


3. Betet · Chriſtus auch noch itzt für und? 


Und 100 Sa: Er hat den Zorn GOttes nicht allein am Holz 
Der geftillet, ſondern ftiller ihn noch täglich, ohne Aufs 
feinesga-hören, da er figet zu feiner rechten Hand, und bits 
ters. tet für uns, denn fo fihreibet St. Paulus Rom. 5. 
So wir. GOtt verföhnet find, Durdh den 

Tod feines Sohnd, da wir noh Feinde 
waren, vielmehr werben wir felig werden 


- Dom Schatz ber Glaubiger. 55 


durch fein Leben, fo wir nun verföhnet find, 
Das find merflihe Worte: Er: meiriet aber: Iſt 
Chriſti Tod fo mächtig gewefen, daß er uns hat mit 
GOtt verföhnen fönnen: Wie. vielmehr wird fein Les 
ben mächtig feyn, und mit GOtt zu verföhnen. Denn : 
nachdem Chriſtus aus dem Zode wiederum lebendig 


> geworben, und fich gefeget bat zur Rechten GOttes, 
hut er nichts anders, denn daß er für uns arme 


‚Sünder, die wir täglich fallen, GOtt bitte, daß er 
feinen Zorn ja innen halten, und über die armen 
Sefallenen nicht geben lafien wolle. Ach GOtt! fpricht 
er, zürne ja nit: Denn der Kal ift in meinem 
Blut gebüßet, ja der Menſch ift gerecht, warum wolls 
teft du mit ihm zürnen? Wie St. Paulus dafelbft 
weiter gar tröftlich fhreibet: Darum preiſet GOtt 
feine Liebe gegen und, daß Chriftus für- und geftors 
ben ift, da wir noch Sünder waren. So werden . 
wir ja vielmehr durd ihn behalten werden für dem 
Zorn, nachdem wir burd fein Blut gerecht worden 
find. Iſt das nicht ein überfchwenglicher Troft, deß 
Die Rohen und Muthwilligen ja nicht werth find. 
Darum mag der Sohn GOttes billig genennet wers 
den Agnus DEI, ein Laͤmmlein GOttes, weldes 
hinweg träget nicht allein die Sünde der Welt, fon 
dern audy den Zorn GOttes, und beides wirfet in 
Die Tiefe des Merrd, | 


4 Hat and Chriſtus GOttes Zorn mit feinem Blut 
und Gebet in Gnade verwandelt? | 


Freilich iſt der Zorn nicht allein in Gott durch Chri⸗ Enten. 
ſti Blut geftillet, fondern verfelbe ift auch in ’einegorn ik in 
große Gnade, das iſt, Liebe und Freundſchaft ver —88 
wandelt. Denn wenn St. Paulus ſpricht: Wirt 
find mit GOtt verföhnet, durch den Tod 
feines Sohnes, fo meinet er nicht allein,’ daß 
per Zorn aufgehaben, fondern daß berfelbige auch 
in große brünftige Liebe verwandelt fey, wie er fi 





56 | Rom Schag der Glaubigen. 


anderdwe ſelbſt erklaͤret, da er ſpricht, Eph. 1. GOtt 
hat uns durch feine Gnade angenehm gema⸗ 
‚het in feinem geliebten Sohn. Das ift: GOtt 
bat uns igt fo lieb, wie vorhin, da wir noch in den 
Lenden Adams .waren im Paradies zur Zeit der Uns 
ſchuld: Denn wir find ist eben fowohl unſchuldig 
in Chriſto, als dazumal in Adam, ja viel unſchul⸗ 
diger, wie ſollte er uns denn nicht lieb haben? Wir 
ſind naͤchſt ſeinem lieben Sohn ſeine ällerliebſten 
Freunde, die er unter allen Creaturen hat, daß er 
auch die Engel nicht lieber haben kann, denn uns: 
Ja wir ſind allein ſeine lieben Freunde, wie uns 
Chriſtus heißet, Joh. 15. ſondern ſeine herzallerlieb⸗ 
ſten Kinder, dahin ſich alle ſeine Brunſt neiget, und 
Daran er Freude und Wohlgefallen hat: Denn alſo 
ſchreibet St. Johannes, 1 Epiſt. 3. Sehet, welch 
eine Liebe hat uns der Vater erzeiget, daß 
wir GOttes Kinder ſollen heißen. Darum 
kennet euch die Welt nicht, denn ſie kennet 
ihn nicht. Meine Lieben! wir find nun GOt—⸗ 
tes Kinder, und ift noch nicht erfhienen, 
was wir feyn werden. Wir wiffen aber, 
wenn ed erfheinen wird, daß wir ihm gleich 
feyn werden. Denn mir werden ihn ſehen 
wie er ift. 

Dafür, nemlich für GOttes liebes Kind, ſoll fi 
nun eim jeglicher halten in ftarfen und feftem Glau⸗ 
ben, und fol ja feiner Sünde halben an GOttes 
Liebe nicht zweifeln. Denn Et. Paulus faget,, Eptef. 1. 
daß und EOtt lieb habe aus Gnaden, Das ift, wie 
es Lutherus ausleget zu Galatern, ohne unfere Werke, 
Berdienft, und ohne unferer Sünde Verhinderniß. 
In folhem Glauben jollen wir feber, und fonft von 
feinem andern Leben willen. GOttes Gnade fol 
unfer einiger Zroft, freude und Leben ſeyn, damit 
wir alled, was in der Welt üt, OuF u und Unglüd 


überwinden. . 


ri — — — — — — 


Vom Schatz der Glaubigen. 57 


3. Dies iſt ſehr ſchwer, weil ſich GðOtt oftmals ſehr zor⸗ 
nig erzeiget. 


Obwohl der liebe GOtt ſein vaͤterliches Herz und 

Liebe vor uns tief verbirget, wie im 31 Pſalm ge⸗ 

ſchrieben ſtehet und einen zornigen Fluch nach dem 

andern, taͤglich über und gehen laͤſſet, und unſer 

Herz dadurch gewaltig Fränfet, alfo, daß wir dem 

äußerlichen Anſehen nah die Elendeſten auf Erven 

ſeyn: Dennoch follen wir foldhen unfern Zuftand für 

feinen zornigen Fluch, ſondern für eine väterliche, ggregs 

Uebung unfers Glaubens halten, und daß es zu dem: pebet 

Ende gefchehe, auf daß Der gnädige Vater zu und onen 

fommen, in unfern Herzen wohnen, und uns trö: ziert auf. 

ften möge. Denn fpridt er felbft, Efa. 57, Ich 

wohne in der Höhe und im Heiligthbum, 

und bei denen, fo zerfhlagenen und demü— 

thigen Geiftes find, auf daß ich erquide den 

Geift der Gedemüthigten, und das Herz 

der Zerfhlagenen. Ich will nicht immers 

dar badern, und nicht ewiglid zürnen, fons 

dern es foll von meinem Angefidht ein Geift 

weben, und id will Odem mahen. Das if, 

GOtt will die betrübten Herzen inwendig tröften 

durch feinen Geiſt, und wenn fie des Unglüds genug 

gehabt, will er fie davon erlöfen, und ein neues 

Licht, ungehofftes Glüd, zum Zeichen feiner Gnade, 

über fie aufgeben laffen, veflen fie fich wiederum 

herzlich erfreuen follen, wie Micha. am 7 Kapitel 
fpriht: Er wird mic aus meinen Jammer and 

Licht bringen, daß ih meine Luft an feiner Gnade 

fehen werde, ° | 


6. So höre ich wohl, daß die Glaubigen GOttes Gnade 
| nicht allezeit vermerken. 


Alſo iſt es. Es laſſet GOit fein’ väterlihes SHery&lid ter 
und Liebe gegen und nicht allewege oͤffentlich leuchten, EA 


% 


oe 


58 | Vom Schatz der Glaubigen. 


ſondern ſpielet mit uns, und verbirget ſich tief vor 
uns, und ſtellet ſich ſo fremd, als kennete er uns 
nicht, ja als haͤtte er uns von ſeinem Angeſicht ver⸗ 
| ‚ftoßen. Denn da läffet er. einen Teufel nad) Dem 

„N andern, und einen böfen Menſchen nad) dem andern 

. aufmachen und über ung fommen, da müffen wir oft vor 

Angft ſchwitzen, und und zuvor wünfhen: Armuth, 

Krankheit, und andere Widermwärtigfeiten und Unfälle 

bleiben auch nicht außen: Gumma, er laͤſſet alle 

- Wetter über und gehen, und und inf Anfehen ſeyn, 

als wenn wir die Allerelendeften wären, die von 

SGDtr felbit geftraft und geplaget werden. Die Welt 

figet in flore, in Freuden, wir fiben in dolore, 

in Leiden, und wenn wir anheben zu klagen, fo giebt 

man ung Eſſig zu trinfen. Daher faget der Prophet 

Micha zur Tochter Zion: Liebe Tochter, du mußt 

zum Thor binauß, und auf dem Felde wohs 

nen, und gen Babel kommen, daſelbſt wird 

dir Wehe ankommen, als einer Gebaͤrerin. 

Warnm Solches aber geſchiehet von GOtt wohlmeinent⸗ 

J ⸗ Kenne lih und zu einem guten Ende, nemlih, daß er bie 

A, . anterwor: :angeborne Hoffart und Luftfeuche in uns tödte, und 
en?. pen Glauben in uns erwmede, 

In Noͤthen erhebet ſich ver Glaube, wird thätig, 
und ftärfet ſich ‚ aber bei ‚guten Tagen wir er lag, 
und ſtirbet. + «+ 73 rund. 

Darum fo Hug, über Menfh , und. lerne dich 
in GOttes Rath ſchicken. Sprich nicht, wenn ein 
Ungewitter kommt: Nun bin id) von. GOttes Liebe 
gefhieden, und GOtt zürnet mit mir; fondern ſprich 
alſo: GOtt liebet mich, und erläutert meinen Glau⸗ 
ben, darum will ich ihm ſtille halten, und mich wohl 
laͤutern laſſen. Denn ausprüdlich ſpricht die heilige | 
hriftliche Kirche, Ef. 77. v. 4 GOtt zürnet 
nit mit mir, ob ih wohl allem Jammer 
unterworfen bin. Er wird mid erhalten ! 
bei meiner Kraft, und wird mir Friede 


- 


| 










Dom Schatz der Glaubigen. :59 


fhaffen, Friede wird er mir dennod 
ſchaffen. | 

Und ob es ſchon lange waͤhren wuͤrde, ſo laß 
dich nicht irren. Je laͤnger, je lieber. Laß dich von 
GStt herzen, daß dir der Angſtſchweiß ausbricht, es 
werden edle Kindlein und edle Früchtlein auf ſolch 
Herzen erfolgen, und endlich wirſt du mit großen 
Freuden und mit großer Herrlichkeit erloͤſet werden. 

Hieher gehoͤret das: 8. Kapitel zum Roͤm. und 
das 49. Rapitel Eſaia: Kann audh ein Weib 
ihres Kinpleins vergeffen, daß fie fi 
niıhterbarme über ven Sohn ihres Lew 
bes? Und ob fie ſchon dDeffelbigen ver 
geffe, fo will ih dein nicht vergeffen. 
Siehe, in-die Hände habe ich dich gs 
zeichnet. ⸗ 

—WM 
7. Was wirket GOttes Gnade bei den Glaubigen? 


Die vornehmſte Sorge eines jeden vernünftigen Men⸗Die Kinds 
ſchen fol feyn, daß er einen gnädigen GOtt im Him⸗ ln 
mel babe. Denn wer einen gnädigen GOtt hat, Der des ewis 
iſt GOttes Erbe, und hat fein vaͤterliches Herz, ſei⸗ sen Les 
nen Geiſt, feinen Segen, feinen Schuß, und nad end, 
dieſem Leben Dad ewige Leben. Dies alles bezeugen 
nachfolgende Sprüche, welthe man tief ind Herz pflan⸗ 
zen, und wohl darinnen’verwahren fol. Roͤm. 8. 
Sind wir GSttes Rinder, fo find wir Ob 
: te8 Erben. Gal. am 4 Weil ihr denn Kin— 
‚ der feyd, fo hat GOtt feinen heiligen. Geiſt 
- in euer Herz gegeben, der fohreiet: Abba, 
lieber Bater! ' | 
Sal. 2. Allle, die des Glaubens Abrahaͤ 
find, werden mit dem glaubigen Ubrahbam 
geſegnet, nemlidh, Daß alles, was fie ges 
‚ denken, reden und thun, müffe wohlgethan 
feyn, und einen glüdlihen Ausgang gewim 
nen, zu vieler Menfhen Rup und Heil, Ja 


« 
* 
— — — — — 


60 Som Schatz der Glaubigen. 


elle ihre Schmerzen müſſen ihnen zum Ba 
en dienen. 
Ef. 41. Sürdte dich nit, du Würmlein 
Sacob, denn ih bin dein lieber Gott, id, 
bin ftets bei dir, ich ftärfe dich, ich erbafte 
Dich, und helfe dir aus allen deinen Rs 
then, durd die rehte Hand meiner Gerede 
tigfeit. Denn du bift mein. 
Siehe, das. find ‚die edlen und theuern Fruchte 
"der Gnade GOttes. Was aber baben Dagegen Gais 
| | phas, Herodes, Pontius Pilatus ‚ und andere Gott⸗ 
= loſe mehr, welche GOttes Gnade nicht baben? Ach 
elende uͤber elende Leute! 


8. Wem erjeiget der gnaͤdige GOtt ſeine Guabe? 


Den De: E iſt SH ber. HErr feinem Menſchen gnaͤdig, 
a O9 ſey denn Sache, daß er in Demuth feine vielfaͤl⸗ 
" pigen, tige Gebrechen erkenne, und feinen lieben Sohn Chris 
ftum für feinen Erlöfer annehme, und don Herzen 

an ihn glaube, wie er durch den Propheten Ef. 66. 
+ fpriht: Wohin fol ich mein Merz und Augen mens 
ben? Mur zu dem, der eines zerbrochenen Herzens 

it, und ſich fürdtet für meinem Wort. Denn wer 
ſich felbft in feinem Herzen niebriget, und ſich für 
einen armen unwürdigen Sünder erfennet, den ers 
höhet GOtt in feinem Herzen, und. ift ihm fehr hold. 
-Denn er bat ein berzlih Wohlgefallen an denen, 
welche er felbit erwählet, gewaſchen und bekleidet hat. 
Wie er auch im 16 Pfalm ſpricht: An ven Heiligen 
und an den rlihen, fo auf Erden find, habe ich 
alle meinen Wohlgefallen. Niemand ift heilig. und 
herrlich an ihm felbft, fondern wir find allefamt wie 
die Unreinen, und alle unfere Gerechtigkeit ift wie 
ein beflecket Kleid, faget &f.64. . Aber GOtt hat ung 
heilig und herrlich gemachet durch das Blut feines 
lieben Sohnes in unfrer Taufe, darum Tiebet er ung 
auch herzlich, Eſ. 42, Weil ou fo werth bift, für 








Dr Ve Es GEBE 


Dom Schatz der Glaubign. 51 


meinen Augen, das ift, weil du oßne Stunde und 

gerecht bift, mußt du aud herrlich von mir "geachtet 
‚werden,: und id habe dich lieb, O ein reidyer und 
überfhwengliher Troſt, daß wir arme Würmlein F 
GOttes Kinder ſeyn, und von ihm herzlich geliebet 

ſollen werden! Aber wir ſollen wiſſen, daß GOttes 

Liebe gegen und viel: brünftiger fey, denn die Lies 

be unfrer Bäter und Mütter gegen und ill, Denn . 

fo faget er, Ef 56. Ich will ihnen einen beilern 

Namen geben, venn den Söhnen und Toͤchtern, das 

ift, meine liebe Auserwählten follen mir höher ge 

achtet feyn, ald Söhne und Töchter, Sie jollen feyn 

und heißen: Meine Luft an ihnen, Ef. 62. darum, 

daß ich fie herzlich lieb habe. Sirach fchreibet, Cap. 2, 

Daß. GOttes Liebe gegen uns fo groß fen, als er 

felbft iſt. Nun rechne mir aus, wie groß diefelbe 

Liebe feyn muß, und fage mir darnach, Daß wir 

arme ſchwache Würmlein unfrer Schwacheit und 
Gebrechen halben taͤglich aus GOttes Liebe und Gnade. 

fallen. Die Liebe und Gnade GOttes ift alle Mor . . ” 
gen neu, faget Jerem. Thren. 3. Aber nicht durch * 
unſere Genugthuung, ſondern von ſich ſelbſt, nad) 
dem herrlichen Spruch St. Pauli, Epheſ. 1. Er 
hat uns verordnet zur herrlichen Kindſchaft von ihm 
ſelbſt, durch JEſum Chriſt, nach dem Wohlgefallen 
ſeines Willens, zu Lob ſeiner herrlichen Gnade, durch 
tee er uns bat angenehm gemachet in dem Ges 
lebten. Ä 


9. Bie erzeiget GOtt feine Gnade ben Glaubigen? 


6 hat und GOtt unfer Vater nicht allein von auf, une 
fen lieb, fondern weil er eine Gnaden⸗Roſe ift, Der peiligen 
aus eitel Gnade ‚und Liebe fleußet, giebt er ung ®ei 
. auch den Geruch feiner Gnaden durch feinen heiligen 
Geiſt zu riehen. Er überfchütter und erfüllet unfere 
- Herzen mit feiner ‚göttlichen Gnade und Liebe, wie 
mit AJuder und Malvafier, daß wir fie gleich fühlen 
und koſten, und uns Derfelben herzlich erfreuen, Ach! 





2 Dom Schat der Glaubigen. 


forechen wir denn, ich weiß ed, und glaube es, ja 
id; fühle es, Daß mir GOtt gnaͤdig und zugethan 
tft, deshalben ift mir auch noch fo wohl, und id 
bin fo überaus froͤhlich. Mir zwar (daß ich von 
mir vede,) ift GOttes Huld und Gnade nicht allein 
mein Himmelbrod, fondern aid mein Leben Darzu, 
Geine Gnade erhält mid) bei dem Leben, fonft wäre 
ich vorlaͤngſt geftorben. Dad meinet St. Paulus, 
wenn er faget, Rom. 5. Die Liebe (Gnade) GOttes 
ift ausgegoffen in unfer Herz, durch den heiligen | 
Geift, der uns gegeben ift, ald welcher ıft ver Geh 
der Gnaden, und ausdrüdlih alfo genennet wird, 
bei dem Propheten Zach. 12. v. 10. 


10. Lieber, ſage mir, ob auch GOtt mit feinen lichen 
Kindern noch zürnen koͤnne? 


War So wenig der liebe GOtt zuͤrnen kann mit ſeinen 
. 1808 ı milieben Sohn, eben fo wenig kann er aud mit und 
X. den Blau zürnen, Die wir feinen lieben Sohn mit aller feiner 
A niheadre Gerechügkeit angezogen haben. Wie kann doch GOtt 
nen kön⸗ mit einem Gerechten zürnen? Daher St. Paulus 
Me ſaget, daß das Blut Chrifti, welches uns von allen 
1 Sünden gewaſchen und geredt gemachet, zugleid 
9 GOttes Zorn geftilet, und uns mit GOtt verfäh 
net habe, Nom. 5. v. 8 2 Eorinth. 5. Ephef. 1. 
2 Eorinth. 1. 

Es will aber GOtt der Herr nicht allein unfer 
| lieber Freund feyn, fondern er will auch unfer lieber 
Vater feyn, wie er fich felbit alfo nennet im Water 
Unfer, und diefen lieblihen Namen und durd feinen 
| Sohn in unfern Mund geleget hat. Denn er will, 
Daß wir ihn follen Bater heißen, und nicht anders, 
2 Eorinth. 6. Ich will euer Vater feyn, ihr aber 

follet meine Söhne und Jaͤchter feyn. 
| Sit er aber Vater, wer will venn feine Liebe 
' ausreden, und wer will uns von feiner Xiebe ſchei⸗ 


. a. dm St, Paulus fpriht, Ephe am 1. BDtt 





. Dom Chat der Glaubigen. 63° 


Bat und verordnet zur Kindfhaft gegen ihm 
ſelbſt, durch JEſum Chrift, nah dem Wohls 
gefallen feines Willens zu Lob feiner On“ 
de, Damit er und hat angenehm gemadet 
in-dem ®eliebten: Das ift, weil wir GOttes 
Kinder ſeyn, fo find wir GOtt angenehm, und: er 
bat und fo herrlich und fo brünftig lieb, daß es 
keine Zunge guöreden fann. Denn wer hat doch jes 
mals fein Kino gebaſſet? Kein Vater und feine zarte 
Mutter fann ihrem Kinplein fo günftig feyn, als 
und Gött-der Herr ift, um des Vervienfted und 
der Vorbitte feines lichen Sohns willen. Gebet doc), 
faget Johannes, welch eine Liebe hat und der Bater 
erzeiget,. daß wir GOttes Kinder ſollen heißen? 

Dies, daß wir GOttes Kinder feyn, und von 
GOtt geliebet werden, if uns foldye große Ehre und 
Freude, Daß wir dafür nicht follten römifche Kaifer 
feyn, und aller Welt Gut unter und haben, wenn 
. wir anders mit Wohlthaten zu fättigen wären, und 
‚Der fromme GOtt einen fröhlihen Blick durd fein 
väterlihed Herz und Liebe abgewinnen koͤnnte. 


11. Iſt GOtt unfer Freund ein Vater, und kann daher 
mit feinen Lieben nicht zuͤrnen, wie fömmt e& denn, 
daß fie jo vielem Elend unterworfen feyn ? 


€; Iaffet fh zwar anfehen, als zuͤrnete GOtt mit 


feinen lieben Chriſten, weil er ihnen, von der Zaufedie Glan- 


an, bis in die legte Grube, fo manden faurentise 
Wind laͤſſet unter die Augen wehen, und ihr armester 


Herz mit fo ſchwerem Creuz prefjet, daß fie. oft kaum ſeyn. 


Odem darunter holen koͤnnen: Aber das foll_ und 
nicht irren. Denn Died gefchiehet von ihm aus gro⸗ 
ßer Liebe wohlmeinentlih, und hat feinen hohen Mus 
- gen. Wenn der freunpjelige GOtt unfern Olauben 
probiren will, fo fiehet er fhwarz aus, und fuhret 
und wunderliche Wege, ja oft fo tief ınd Elend hin⸗ 





6 Dom Schab der Slaubigen. 


F Hei⸗ 
en ha⸗ 
en 


geärgert. 


ein, daß wir verzweifeln, wieder heraus zu kommen. 
Zu dem vergehet audy unter dem lieben Creuz, mas 
da an und vergeben foll, und es waͤſchet ın ung, 
was da wachſen foll, daß wir zu Teiner „Zeit beffere 
Chriften und Heiligen find, als eben zur Zeit des 
lieben Creuzes. Daher vermahnet der HErr Chriſtus 
feine liebe Jünger, Joh. 14. daß fie nicht erſchrecken 
offen vor dem unfreundlichen Angefiht und Anblid 
Otte, wenn er mit feinem ſchrecktiichen Wetter, over 
mit ſchrecklichen Wellen allerhand Berfuhung und Uns 
gluͤcks hinter ihnen her iſt, und will fie gleich erfäus 
fen. Nein, ſpkicht er, ftehet nur fein ftille, und 
fürdtet euch nicht, es hat feine Noth. GOtt hebet 
es wohl wunderlich an mit den Seinen, aber er fuͤh⸗ 
ret eö herrlich hinaus, Eſaia 28. Wenn er einen von 
den Seinen hoch erheben will, fo prüdet er ihn zuvor. 
tief herunter. Wenn er body erfreuen will, fo betris 
bet er zuvor, bis in den Tod. Deſſen müffet ihr, 
liebe Jünger, gewohnen. | 
1% Ach! das ift eine hohe und ſchwere Kunſt, wer fie 
doch nur wohl praftieiren könnte? . 


Freilich iſt es eine hohe Kunſt, ſich GOtt nicht zors 


nig einbilden, und vor feinem Zorn nicht erfchreden, 


& , » 
andre denn er zornig ausfiehet, und alle feine Wetter und 


Donnerſchlaͤge über und gehen laͤſſtt. Wahrlih, an 
dieſer Kunft hat es faft allen Heiligen gemangelt,, fo 
da von Anfang her vor und gewefen find. Denn alle 
haben fie fid) geärgert am Ereuz, und baben unter 


ihrem Leiden über den Zorn GOttes heftig geflaget, 


gerade, ald wären fie von GOttes Zorn verfloßen und 
verlaffen. 

Job fpriht, Cap. 30. Du bift mir verwandelt im 
einen’ Sraufamen, und zeigeft deinen Grimm an mir: 
Das ift die Verſtoſſung. Schreie ich zu Dir, fo ants 
worteft du mir nicht: Trete ich berfür, fo achteft du 
mein nicht. Das ift die Verlaſſung. D 

" eds 


. Wom Schak der Glaubigen. 65 


Desgleichen thut David auch, Pf. 42. da er ſpricht 
mit weinenden Augen: Ah HErr! warum haſt 


- Du mid verftoßen? Und im. 13 Pfalm klaget er: u | 


HErr! wie lange willt du mein vergeffen? 
Wie lange verbirgeft du dein Antlig vor 
mir? Wie lange foll ich forgen in meiner 
Seelen, und mid ängften in meinem Dev 
zen täglid, - 

Ja, das wohl mehr, der Sohn. OOttes felber, 
der Doc) das gnädige Herz feines himmlifhen Vaters 
immer gejehen, und wohl erkannt hat, der rufet in 
feinem Elend am Kreuz: Mein GOtt! mein 
GOtt! warum haft du mid verlaffen?! Jh 
beule, aber meine Hülfe ift ferne. Mein GOtt! des 
Tages rufe ich, fo antworteft’ du nicht, und des. 
Nachts fdyweige ich aud) nicht. Unſere Väter hoffen 
ten auf dich, und. da fie boffeten, halfelt ou ihnen 
aus: Zu dir fihrien fie und wurden errettet, fie hofs 
‚feten auf dich, und wurden nicht zu Schanden. Ich 
aber bin ein Wurm, und fein Menfh, ein Spott 
ver Leute, und Verachtung ded Volks: Ober’ fagen 
- wollte, mir willt du nicht helfen. 

. Das heißet man Anfechtung wegen ber Verwer⸗ 
fung, weldye uns nicht ‚allein ‘von Adam angeerbet 
ift, fondern aud vom Teufel mit Gewalt in uns 
getrieben, ‚und täglich durch ihn vermehret wird, 


Denn fo hätte es Junker Teufel gerne, daß wir uns - “ 


GOtt ſo einbildeten, und foldye Gedanken von ihm 
fhöpfeten. Dem Herrn Ehrifto aber iſt dieſe Ans - 
fechtung darum widerfahren, auf dag fie ihm hulfe 


fein Leiden ftärfen, und wir. daran fehen mödten, 
wie ſchwach er gewefen, und er uns in unfrer Schwad;s " 


heit Damit tröftete. 
43 Wie fol man ſich doch wider ſolche hochgefaͤhrliche 
Ä “ Anfechtung wehren? | 


Mir follen wider ſolche Anfehtung von dem Zorn 
GOttes mit unjern Herzen ftreiten, und es Dem 
| | 5 





6 Dom Schag der Glaubigen. . 


Teufel Feinesweges einräumen noch, geftetten, daß es 

wahr ſey. Alfo auh, da uns gleiih GOtt würde 
Mitar: tödten auf dad Schrecklichſte mit Donner und Big, 
tem Slansund gleich in die Hölle werfen, wir gleichwohl ſpre⸗ 
er hen follen: Nun zürnet gleichwohl der fromme GOtt 
nicht mit mir, und bat mich nicht verftoßen, viel 
weniger verlaffen. Ehe ich Died wollte‘ nachgeben, 
wollte ich lieber taufenpmal fterben. Er baue mid 

in viel taufend Stüde, und ſichte mid Durch ein 
Sieb, und gebe mid den Vögeln und Fifchen zu 
freffen, fo follen doch gleihwohl alle meine Aederlein 
ſprechen: Wie ift mir GOtt fo .gnädig, um feines. 
lieben Sohns willen? Denn da babe ih GOttes 
Wort, Das zeuget, GOttes Zorn fey getödtet, am 

dies will ich mich halten. Das. heißet Jucta cum 

- tentatione, darin ein jeglicher chriftlicher Nitter wohl | 

fol geübet feyn,. und an welhem Kampf und Ritters | 

fpiel GOtt feine hoͤchſte Freude hat, | | 


14. . Woher nehmen wir aber ſolch ein unerſchrocken Herz? | 


.- Von Chriſto unferm lieben Zrendo, oder Friede⸗ 
Fürften, der da fpriht, oh. 14. Meinen. Frie⸗ 
den gebe ih euch. Denn wenn wir von Ratur 
koͤnnten glauben, daß GOtt nicht zürnete, fo wäre 
ed ung fehr leicht zu thun, und dürften es bei nies 
mand anders fuchen: Weil mir es aber von Natur 
nicht haben, koͤmmt ed uns ſchwer an, und müſſen 
eö bei dem HErrn Chrifto und feinem Geift Dem 
Herzmacher fuchen, ohne deſſen Wirkung nichts im 

. Menſchen iſt. u j . ' | 


15. Wo GO mit feinen Lieben, wie bishero bewieſen, 
. in Wahrheit nicht zuͤrnet, ob er ſich gleich zuweilen alfo 
ftellet, fo müffen fie ja von allem Zorn erlöfet feyn ?. 


Bien his Du ſchließeſt recht alfo. Denn ver HErr JEſus 


Form be, hat fein glaubiged und getauftes Volt von allem - 


freiet. Zorn GOttes errettet, welcher Zorn, wo er anders 


En 











Rom Schatz der Slaubigen.. 67 


im Herzen recht gefühlet wird, nichts anders iſt, denn 
eitel euer, Höhe und Too: Gleichwie die Gnade, 
wenn fie recht gefoftet wird, eitel Thau, Himmel 
und Leben if. Denn wo feine Sünde ıfl, da ift 
auch fein Zorn, wie Die nachfolgende Sprüche bezeus 
‚gen, welche gelehrte Leute bimmlifche Rofen und Vers - 
gnügen nennen. | 
Roͤm. 5. Nahdem wir durch das Blut 
JEſu gerecht worden find, fo werden wir 
ja vielmehr durh ihn vor: dem Zorn be . 
balten werden. 

Epheſ. 2. Chriſtus bat die Beinnfaaft ge⸗ 
toͤdtet durch ſich ſelbſt, merket das Wort, 
getoͤdtet. 

1 Theſſ. 1. JEſus bat und von dem zu⸗ 
künftigen Zorn befreiet. 

Ja, wo keine Sünde mehr iſt, da ift eitel Gna⸗ 
De, eitel värerliche herzliche Liebe und Treue, vie kei⸗ 
ned Menfchen Herz ermeflen, und feines Menfchen 
Glaube faſſen fann. Denn fo fehreibet St. Paulus 
Roͤm. 5. Wir find mir. GOtt verföhnet, durch 
den Tod feines Sohnes. Wie doh St. Paus 
. Se? Alſo, daß Feine größere Verföhnung kann ers 

dacht werden. Es wachſen, grünen und blühen itzt 
im Herzen GOttes eitel koͤſtliche und wohlriechende 
Rojen und Lilien himmliſcher und göttlicher Liebe ge⸗ Trotlich⸗ 
‚gen und. GOftt hat ein Woblgefallen an und. Wir Beicreis 
find die Lieblichfeit des Herrn, wie Mofes fprict,’g bang de 
Deut. 33. Das liebliche wird ſicher wohnen. Wir ca | 
find GOttes Lüſtlein, Eſ. 62. Bir find GDttes 
Liebe, Eantica 3. Welche ihm fein Herz zerbricht, 

und ihn nicht ruben laͤſet. 

Ja nicht allein das, fondern wir find auch nun 
durch den. HErrn JEſum mit GOftt alfo verſoͤhnet, 
daß ſeine Gnade nimmer von uns weichen, ſondern 
immer und ewiglich über uns walten foll, wie Das 
. vibd fpricht, Palm 117. Seine Büte und Treüe 

waltet über uns in Ewigleit, Fe er ſelber 








6s Dom Schat der Glaubigen. 


Ef. 51. Der Himmel wird wie ein Rauch 

vergehen, aber meine Gnade bleibet ewig; 

lich. Sem am 54. Es follen wohl Berge 

weihen, und Hügel hbinfallen. Aber meine 

Gnade foll niht von Dir weihen, und der 

Bund meines Friedens foll nit hinfallen, 
fpridt der HErr, dein Erbarmer. 

Denn weil an GDtt eitel Licht und Glanz if, 

Zrotliche fo iſt auch feine Gnade eitel Licht und Glanz. Die 

Berhrei:jelbe gehet über uns auf, wie eine Sonne, und leuch⸗ 


buns der tet über und Tag und Nacht, und wir find mit ihr 


Snade 


 @HDttes, ſo umfangen, daß wir daraus nicht fallen koͤnnen. 


Sie umleudjtet und alfo, dag wir uns für ihrer lieb⸗ 
lichen Hiße nicht bergen fönnen. David faget, Pf. 32. 
daß uns die Gültigkeit oder die Gnade GOttes nach⸗ 

‚ folge unfer Lebenlang. Ja fie ift fo fräftig, daß fie 
gleich wie ein edlerd Balfam hindurch dringet, und 
fih unferm Herzen füfliglih zu Foften giebt. Gebet 
doch, ſpricht David, Pf. 34. den fhönen Glanz ver 
Gnade GOttes, wie herrlich er über uns leuchtet, und 


tes AuadeYugen ‚ und weld einen Schmad hat der in feinem 
R. Herzen? Diefer fiehet gewißlich den Himmel offen, 
und iffet Brod des Himmeld. Denn was tft die 

" Gnade GOtted anders ald der Himmel? Und was 

ift der Himmel anders ald GOttes Gnade? Was 

ift auch Die Gnade anders, ald Himmel:Brod? Und 


was ift Himmel:Brod anders, als GOttes Gnade? | 


Ein folder Menſch iſt allbereit im Himmel und Pas 
radieds, und genießet das Allernievlichfte, welches 
GOtt im Himmel hat, und damit GOtt feine Ens 
gel und auserwählte Heiligen täglich abfpeifet: Denn 
GOtt fpeifet und Tabet feine Engel und Heiligen im 
Himmel nicht mit Marcipan und Malvafier, fondern 


om Schatz der Glaubigen. 69 


mit ſeinem Herzen. Sein Herz und Liebe iſt der 

heiligen Engel, und aller ſeiner Kinder Speiſe, mit 

welchen er ſie ſpeiſen, erquicken, erfriſchen und erfreuen 

will, ewiglich, und daran fie ſich auch ſollen begnuͤ⸗ 
gen lafjen ewiglih. Denn wer die Gnade hat, der 

hat audy GOtt, und alles was GOttes if. HErr 

GOtt! gieb mir deine Gnade, wie du fie mir fhon - 
von Emigfeit ber gegeben haft, fo habe ich deine 

Sülle, ja fo babe ich alles. Denn deine Gnade tft 

deine Güte, die breitet fih- aus, wie die Morgens- 
röthe, und theilet mir dich und alle deine Güter. 

Sie fann mir auch nichts verfagen, fondern fie laͤſ⸗ 
ſet fich gerne finden, und leichtlich erbitten, und giebt 

eitel Herzenwunfd, ja über Herzen Wunſch. Sie 
giebt Träume, und was einem nie geträumet, 


16. Kann auch ein jeglicher, obne befondere Gnade, 
GOttes Güte empfinden? 
E; ift eine fonderlihe Kunft, ja eine fonderliche 
Begnadigung und Erleuchtung des Beiligen Geiftes, 
ben Glanz der Gnaden GOtted über und koͤnnen 
fehen, und. feine Suͤßigkeit koſten. Wo died GOtt 
einem nicht aus Gnaden giebt, fo hat man ed nicht. 
David konnte ed thun, wie er fpridt int 26 Pfalnı: 
Deine Öüte ift für meinen Augen, und 
ih wandele in deiner Wahrheit. Denn 
GOtt hatte ed ihm gegeben.‘ Es gefchiehet aber ge: 
meiniglih im Thal Achor, wenn der Menfc eine 
lange Zeit im Finſtern gefeffen, und mit eitel Wer: 
muth gefpeifet iſt. Denn nad großer Finfternig 
koͤmmt groß Licht, und nach großer Bitterfeit koͤmmt 
große Suͤßigkeit. GOtt giebt den Entwöhnten von 
der Mil), das ift, feinen weinenden Kindern, feine 
Gnade zu erfennen, und auch zu koſten. 


J 





70 | Dom Schatz ber Glaubigen. 


u 47. Biſt du denn in deiner Meinung, dag fih ein Blau» 


biger für GOttes Zorn gar nichts mehr fürchten bürfte? 


| Ja, dies iſt meine Meinung, und beſter Troſt. Denn 


GOtt zürnet nicht mehr mit und, wie Die Kirche aus⸗ 


 brüdlicy befennet, Ef. 24. da er fprüht: GOtt zürs 


net nicht mit mir. Aus der Urſache: Denn unſer 
lieber HErr JEſus Chriſtus hat nicht allein die 


Sünde von und gaͤnzlich hinweg genommen, durch 


fein Blut, wie von ibm gefchrieben ftehet, Tev. 16. 


Und der Bod foll alle ihre Miſſethat 


tragen. Sondern er hat auch zugleich damit dem 
Zorn GOttes genug gethan, und ihn geſtillet. Daß 
demnach die Getauften nicht allein Abwafhung ihrer 
Sünden, fondern auch Entfreiung vom Jorn GO. 
te8 erlanget haben, beides zugleich in ber heiligen 
Taufe, da fie denn in Wahrheit die Freien, wie fie 
&t. Paulus genennet, geworden find. Hieher ge 
böret das theure und wertbe Sprüdlein St. Pauli, 
welches mit aller Welt Gut nicht zu bezahlen iſt: 
Ehriftus bat die Feindfchaft GOttes getoͤd⸗ 
tet durch ſich ſelbſt, Eph. 2. 


Sie Cbri-· Wie hat er aber die Feindſchaft oder Zorn GOt⸗ 
Rum den te8 getöptet? Daß er nimmer wieder ſtehen und ans 
ed brennen fol, denn das beißet toͤdten. Chryfoftomus: 
gerödiet, Nichts konnte eigentlicher oder bedeutender gefagt wer⸗ 


ven. Es heißet nicht: Er hat ihn aufgeldfet oder 


‘, aufgehoben, fondern, was nahdrüdliher als alles 


biefeß iſt, getödtet: hat er ihn,. fo daß er niemals 
wieder aufleben fann. Iſt mir das nicht ein ſchoͤnes? 
Und zwar, wenn gleihy GOtt mit und zürnen wollte, 
Lieber, wie Fönnte er füglich dazu fommen, fintemal 


Barım er deſſen feine Urfach bat. Theologiſch und chriſtlich 
ver ia, von den Sachen ‚zu reden, iſt Die Sünde mit von 

bigen und weg, und im rothen Meer alſo verſchwunden, 
2 dar "daß aud) feine Spur ded Geruchs davon überblieben 


*iſt: Es waͤre denn alles falſch, was das Evangelium 


. . an: WE . 
Dom Schatz der Glaubigen. 71 


von der Taufe und Wegnehmung der Sünde lehret 

und zeuget: Denn Die Ueberbleibfel der Sünden, für 

weldye man den Zorn GOttes nicht behalten will, 

Die find mit hinweg, und ift nıchts fünpliches an und 

‚überblieben, oder unfer Glaube ift falſch, und ich will. 

mit dem Evangelio nicht zu thun haben. Nun ev 

zürnet man ſich ja nicht über einen Gerechten, fons 

dern über einen, Ungerechten zürnet man, da geböret 

der Zorn hin, welcher ift eine Strafe der Sünden. 

‚ Died ſollſt vu mir aber auf Muthwillen nicht zies 

ben, over du haft fein Theil an diefer Lehre und. 

Troft. " Wie ich denn auch hievon alle ‚geiftlofe Heu» 

ler, welche die. arme Kirche mit ihrer Ungerechtigkeit 

wohl plagen, will ausgefihloffen haben. Denn wis 
ren lie von GOtt, fo würden fie ohne Zweifel fich 
viel ander erzeigen, und fol graufam tuͤrkiſch Le 

‘ ben und Wefen nicht führen, die wilden und ftolzen | 
Saͤue. Derowegen gehören fie in eine andere Taufe - 
oder Bad hinein, welches Apoc. 20. fein artig bu. . 
ſchrieben ift. “ 


48. Ich könnte dies alled wohl glauben, was bu gar troͤſt⸗· 
lich von GOttes herzlicher Gnade erwähnet, wenn mir Ä 
meine Sänden nicht im Wege flünden. | 


| Jq höre wohl, wo du geheſt. Du ſchlieſſeſt alfo: 

Ich bin noch fündhaftig,. darum lieber mih GOtt 
nicht fo berzlih, wie du mich bereden willſt. Aber 
wife, daß diefer Schluß nichtd tauget. - Denn du 
haft gehöret, daß alle deine Sünden von Dir genoms 
men find, und daß dir keine mehr zugerechnet wers 
den. Sedo, Daß du gleichwohl aufhoͤreſt, und dem 
Teufel, deinem Widerſacher, nicht Urfache gebeft, dein 
armes-Gewiffen mit Sünden zu’ beſchweren. Toͤdte 

die Sünde in dir durd den Kampf des Geiſtes, und 
bitte GOtt um Gnade, Werden dir aber feine Suͤn⸗ 
ven mehr zugerechnet, was follte dich denn konnen 
fheiden von der Liebe GOttes? nn 


⸗ 





‘ 
zen Mn _ıd on . / 


72 | Vom Schatz der Glaubigen. 


Hievon ſetzet Lutherus einen ſehr feinen Spruch, 

3. Part. Postill. Eccl. am Tage Matthaͤi, welchen 
du, Lefer, auswendig lerne: GOtt fiehet nıdt 
an die Perfon, wie fie vor der Welt if, 
verfhmähbet, noch verwirft den Sünder 
nicht, er bringe fo viel Sünden, als er 
immer wolle, Denn es heißet: Furchte dich nicht, 
du Fleine Heerde, denn es ift eures Vaters Wohl 
gefallen, euch da8 Reich zu geben. Solches koͤn⸗ 
nen die Heudhler und Werfheiligen nıdt 
leiden,: ja es machet fie rafend, toll und 
thöriht, Daß die Zöllner und Öffentlichen 
Sünder ihnen follen im Reih GOttes 
vorgeben, und fie follen mit ihrer Heilig 
keit und hübſchen [hönen gleißenden Wen 
Ten ausgeſchloſſen werden. Aber wie foll 
man ibm thun, es it GOttes Wohlgefallen 


19. Sft denn alfo, wie bishero berichtet, fo muß ja GOt⸗ 
tes Gnade ewig und unwiderruflich feyn ? 


Gottes Freilich it die Gnade GOttes, welche und der 
Sredein HErr Chriſtus durch ſein Blut erworben, und in 
der Taufe zur Ausbeute geſchenket bat, eine ewig 
oder ewigmährende Gnade, welche nimmermehr von 
ung, feinen lieben Auserwäßlten, foll entwandt wers 
den. Denn bat und GOtt aus Gnaden lieb, ohne 
Zuthun unfrer Werfe, und Verhinderniß unfrer 
Suͤnde (ed wäre denn Sache, Daß wir muthrillig 
und aus Frevel auf GOttes Gnade fündigen woll⸗ 
ten) was follte und doch an folder Önaden s Liebe 
oder an foldyer gnädigen Gnade verhindern? Gnade 
ift Peine Gnade, wo fie nicht. umfonft geſchiehet, ohne 

unfer Berdienft und Wuͤrdigkei. v 


20. Rannfl bu dies auch beweifen! 


Beni Warum nicht? Es bezeuger: dieſes der Prophet 
alfofeg. David mit einem herrlichen Spruch, Pſ- 80. Ich 





_ — u — — — ur. 
“ 


mw . 


Rom Schatz der Sfaubigen. 75 
will fingen von der Onade des Herrn. \ 


 ewiglid, und feine Wahrheit verfüns 


Digen mit meinem Munde für und für, 
Und fage alfo, daß eine ewige Gnade 
wird aufgeben, und du wirft.deine Wahr; 
beit treulih halten im Himmel. Das 
it: Ich will Dad Evangelium predigen von der Gnade 
GOttes und will es auf eine fonderlihe Art predis 


gen, nicht, wie andere Lehrer thun, Die GOttes 


Gnade an unfere Wurdigkeit binden, und maden eine 


- unbeftändige und fallende Gnade daraus, 


- Denn andere Lehrer fagen, wenn’ wir ftehen , fo 
ftehe die Gnade GOttes auch, wenn wir aber fallen, 
fo falle fie auch, und fo oft wir fallen, fo oft falle 


fie auch, und wir haben und der Gnade GOttes nıdht 


zu tröften, denn. in dem Ötande, welcher der Gnade 
GOttes würdig ift, und fprechen, daß dieſelbe nüße 
fey zu Erhaltung guter Sitten: Ich David aber, ver 


- ich ein Seelforger bin, und nicht ſehe auf Außerliche 


©itten, fondern auf Die elenden Gemiffen, und ver 


ich die Sache auf beiven Eeiten gar "erwogen babe; - 


in einer Stunde mehr,. denn fie in zehn Jahr, und 


mid auf dad Verdienſt meires HErrn Chriſti etwas . 
beffer verftebe, id) fage, Daß wir eine ewige Gnade 


bei GOtt haben, durch JEſum Chriftum unfern Heis 


" land. “ 


2u. Haft du auch noch mehr Beweis? 


Sn demfelben Dfalm führet David GOtt den Herrn 
ein mit ftattlihen und wichtigen Worten, alfo res 
dend: Ich habe einen Bund. gemachet mit 
meinen Auserwählten: Ich habe David 
meinem Knecht gefhworen, ih will 


2. Bes 
weis, 


ihm ewiglic erhalten meine Gnade, und . 


mein Bund ſoll ihm Heft bleiben Wo . — 


aber feine Kinder meine Geſetze ver 
Jaffen, und meine Gebote nicht halten 


7 


74 Wom Schatz der Glaubigen. 


würden, fo will ich ihre Sünde mit der Ru 
then heimſüchen, und ihre Miffetbat mit 
Plagen: Aber meine Gnade will ih nicht 
von ibm (Chrifto und feinen Gliedern) wen 
den, und meine Wahrheit nit laffen feh— 
len. Ich will meinen Bund nidt entheili 
gen, noch ändern, was einmal aud meinem 
Munde gangen tft. 0 

Daher feet D. Georgius Major ad marginem 
biefe Glossam: Großer Troft, daß GOttes Ver⸗ 


‚beißungen um unſrer Sünden willen nicht aufgeho 


. ben. werden. 


Warum 
Gottes 
Gnade 


Und zwar, wenn GOttes Gnade fo oft follte 
aufhören, fo oft wir fündigen, wie Fönnten wir doch 


nit aufsderfelbigen einmal recht yewiß feyn? Die Allerheilig. 
höre. ſten haben die allerzarteiten Gewiffen, und niemand 


‘ 


fündiget leichtliher und mehr wider Das zarte Ges 
wiffen, weder fie, follte darum alles, was "Chriftus 
getban, bei ihnen verloren feyn, und darum feinen 
gnädigen GOtt im Himmel haben? Da ſey GOtt 
für, das ift Peine menfdjliche, fondern eine recht teufs 
liſche Anfechtung, ja die allerhoͤchſte Anfechtung Des 


‚Teufels, dafür man ſich Freuzigen und fegnen ſoll. 


Tröfte und GOtt unfere Genugthuung, daB wir Das 
durch die verlorne Gnade GOttes wiederum finden 
follen. Wer kann fagen unter allen Heiligen GOt⸗ 
tes, Daß, wenn er der heiffen Thränen genug vers 


goffen, fih fein Herz und Gewiſſen fol zufrieden 


geben, darum, Daß er nun einen gnävigen GOtt 
babe? Müffen wir nicht alle verzagen an unfes 
rer Buße, auch da fie am böheften ift, und nur 
allein die Gnade GOttes auf dad Blut JEſu Chriftt 
gründen? Dies fiehet man fein aus ven beiden er 
ften Stüden der Buße. Denn da lehret ünfere Kir 


be, daß wir nicht allein Neue und Leid tragen follen, 





fondern wir follen auch glauben, das ift, wir follen 
GOttes Gnade vor unfern Augen und unter unfern 
Süßen haben, und ohne. Aufbören darauf beruhen: 


Dom Schatz der Glaubigen. 75 


Welches ja nicht geſchehen Fönnte, wenn fie durch 
unſern Fall gänzlich verloren wäre, 


22. Kannſt du auch noch mehr Beweis hervorbringen? 


Fir 136 Pfalm machet David aus der ewigen Güte, 2. 
oder aus der ewigen Gnade GOttes, ein fonderlich 


Liedlein, und wiederholet diefe Propofition: GOt⸗ 
tes Güte währet ewiglich, in Die 26mal, auf 
daß wirs ja wohl wiſſen und glauben ſolien, daß wir 


in unſern hohen Anfechtungen ‚ von Verlierung der 
Gnade GDttes, daraus einen beitändigen Troſt bas 
ben mögen. 

Ef. 54 Es follen wohl Berge weichen, und Hüs 
gel binfallen, aber meine Gnade foll nicht von bir 
weihen, und ber Bund meines Friedens foll nicht 
binfallen, ſpricht der Herr, vein Erbarmer, 

Ef. 55. Jh will mit euch einen ewigen Bund 


machen, nemlich, die gewiffe Gnade David: Auf daß. 


je niemand gedenke, GOtt der HErr habe allein 
mit David einen ſolchen Bund gemachet, und nicht 
mit uns andern auch. 

Jerem. 31. Ich will mit dem Haufe Juda ei— 
nen neuen Bund machen, nicht wie der Bund ge⸗ 
weſen iſt, den ich mit ihren Vaͤtern machte, da ich 
ſie bei der Hand nahm, da ich ſie aus Egypten fuͤh⸗ 
rete, welchen Bund ſie nicht gehalten haben, und ich 
ſie zwingen mußte: Sondern das ſoll der Bund ſeyn: 
Ich will mein Geſetz in ihr Herz geben, und in ihren 
Sinn ſchreiben, und ſie ſollen mein Volk ſeyn, ſo will 
ich ihr GOtt ſeyn, und fie ſollen mic alle kennen, 
. und ih will ihnen ihre Miffethat vergeben, und ih⸗ 
rer Sünden nimmermehr gedenken. 


< 


273. Bas faget Eutherus hiezu? Iſt er auch in dieſer 
Meinung? 


Dog er darin fey, kannſt du aus dieſem ſeinem 


Zeugniß abnehmen, Alſo ſchreibet er im 117 Pſalm 


” 76 Dom Schatz der Glaubigen. 


über die Worte: Seine Güte und Treue waltet über 
uns in Ewigkeit. Waltet, das iſt, fie regieret über 
uns. Es iſt ein Reich der Gnaden, das da guͤltiger 
in und über und iſt, denn alle Sünde, aller Zorn 
und alles Uebel. Dies Wort hat nie fein Sophiſt, 
nod) Merkheiliger verftanden, vermag ed auch fo we⸗ 
nig verftehen, ald ein Jude und Tuürke. Denn weil 
fie mit Werfen wollen zuvor kommen, und Gnade 
erlangen, iſt nicht möglich, dag fie follten wiifen, 
was Dad Gnadenreih, oder Himmel,. oder Ehrifti 
Reid), heiße, fondern ihr "Herz muß alfo ‚ftehen: (wie 
mir eö denn auch fund, Da ich ein Sophiſt war,) 
wenn fie Gutes thun, fo haben fie Gnade, voenn fie 
fündigen oder fallen, oder. Sünde fühlen, fo fället 
die Gnade auch, und iſt verloren, muͤſſen fie wieder 
um mit eigenen Werfen fuchen und finden: Anvers 
koͤnnen fie nicht denken. 

‚Aber das heiffet nicht Das Gnadenreich, das uͤber 
die Werke waltet, ſondern ein Werkreich, das über 
die Gnade waltet. Aber walten, Gabar, Hebraͤiſch, 
heißet hier obliegen, und die Oberhand haben und 
gewaltig ſeyn: Daß du mußt dad Gnadenreich kind⸗ 
licher Weife alfo faflen, Daß GOtt habe durchs Evans 
gelium einen neuen großen Himmel über und, Die 
wir glauben, gebauet, das heißet der Gnaden : Him⸗ 
mel, und iſt viel größer und fchöner denn dieſer 
fihtbare Himmel, dazu ewig, gewiß und unvergängs 
ih. Wer nun unter diefem Himmel iſt, ver Tann 
nicht fündigen, nod in Sünden ſeyn. Denn es ift 
. ein Önaden: Himmel, unendlih und ewig. Und ob 
jemand fündiget oder fället, verfelbe fället darum 
nicht außer demfelbigen Himmel, er wolle denn nicht 
darunter bleiben, fondern mit dem Teufel in die 
Hölle fahren, wie die Unglaubigen thun. 

Und bald hernach am 553 Blatt. 

Ewiglich oder immerdar, ohne Unterlaß und ohne 
Ende. Denn dies Reich der Gnaden ſoll bleiben 
ewiglich, das.ift, auch in dieſer Zeit fo feſt ſeyn, daß 


— — — 


Vom Schatz der Glaubigen. ° 77 


es nimmer wanfe ober falle, Denn ob wir gleidy 
ungewiß find und zumeilen ſtraucheln und fallen, 
durch Sünde und Irrthum, fo fället und wanfet 
doch Die Gnade nicht, darf auch Feine. neue Gnade 
und ander Reid fuchen, fondern es ſtehet da ver 
Himmel nod) offen, und daffelbige Gnadenreich wars 
tet auf mih, wenn ih wiederfomme Das Schiff 
zerbricht nicht, die Taufe höret nicht auf, das Gna⸗ 
denreich fället nicht, fondern, wie ver Pſalm faget, 
währet. ewiglid über und. Falle ich aber aus dem 
Schiff, wohlan, fo fteige ich wieder hinein: Wende 
ih mid von der Taufe, wohlan, fo fehre. ich mich 
wieder dazu: Irre id) von dem Gngdenreich, wohls 
an, ich komme wieder hinein: Taufe, Schiff und 
Gnade bleiben ewiglih, und fallen noch wanken nicht 
Durch mein Kallen oder Banken, fonft müßte GOtt 
felber auch fallen, der folde Gnade ewiglic zu hal⸗ 
ten verheißen bat. | 


24. Was nübet biefe Lehre von ber ewigen Gnade 
GOttes ? g 


Diefe Lehre von ben ewigen Wohlthaten JEſu Chriftisg;, (cp, 
ift ein Brunn unfers Heild, nemlich, unſers Troftes, nigtie 
Friedens und Freuden, und eine Quelle der LiebedigOnade 
und Furcht GOttes. Sie ift eine Wurzel eines froͤh⸗ fey. 
lichen, gottfeligen und bußfertigen Lebens. Denn der 

. it fröhlih, Der da weiß, und von Herzen glaubet, 

Daß er einen ewigen Vater un Himmel bat: Diefer 

Tiebet auch GOtt und feinen Naͤchſten: Diefer ift fo 
fröhlich in der ewigen Gnade GOttes, dag er feinem ’ 
Naͤchſten wohl das Herz aus dem Leibe mittheilen, 

und Daß er ed im geringften verfiehet, thut es ihm 

wehe von Herzen, und bittet feinen herzallerliebften 

Bater um gnädige Verzeihung. Summa, dad Evans 
gelium, mit wahrem Glauben angenommen, bringet 

den heiligen Geift, und alle Gaben des heiligen 
Geiſtes. — 


— — — — — —— —r 


| 78. Dom Schatz der Glaubigen. 


Darum laſſet uns ja von Herzen glauben, daß 
uns der HErr Chriſtus durch fein Blut, welches 
St. Paulus nennet das Blut des ewigen Bundes, 
Ebr. 13. Ewige Vergebung, ewige Gerechtigkeit und 
ewige Gnade GOttes erworben habe. Und man laſſe 
ſich ja diefen Troft nicht nehmen. Lieber GOtt, wie 
viel hat ed zu thun, Daß wir glauben follen, wır 
haben ewige Gerechtigkeit, und ewige Önade bei GOtt. 
Mas wollte aber daraus werden, wenn wir em 
wanfende und unbeftändige Gerechtigkeit und Gnade 
GOttes hätten, welche zum Theil auf Chrifti Blut, 
zum Theil auf unfern Werfen gegründet wäre und 

ſtuͤnde? Ah HErr! verfiegele folh dein Wort u 
unfern Herzen, und. gieb und foldes veftiglich zu 
glauben. Führe und aus Glauben in Glauben, und 
vermehre uns täglidy unfern Glauben, 


Das IV. Capitel. 
Bon der Kindſchaft GOttes. 


1. Welches ift das vierte Gut bed Schaged meiner 
Seligkeit? | 


Die ein: Daffeldige ift Die gnadenreihe Kindſchaft, welche 
(haft uns Gott fchenfet, nach der Verheißung, Ofen am 2. 
Goties. Es ſoll gefcheben, an dem Ort, da man ihnen ge 

“ faget hat: Ihr feyd nicht mein Boll, wird man zu 
ihnen fagen: O ihr Kinder des lebendigen GOttes. 
Und Ejaik 26. Ich will ihnen noch einen beffern Nas 
men geben, denn den Söhnen und Töchtern: Ich 

‚will ihnen einen ewigen Namen geben, ver nicht vers 
geben fol. Denn fo fehreibet St. Paulus Ephef. 1. 
Gott hat uns verordnet zur Kindfhaft 
duch JEſum Chriſt, nah dem Wohlgefal⸗— 
len feines Willens, zu Lob feiner herrlichen 
Gnade, durch welde er uns bat angenehm 
gemachet in dem Geliebten. 


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Vom Schatz der Glaubigen. ꝰ9 


Denn ſind wir vor ihm gerecht und rein, in der Warum 
Gerechtigkeit JEſu Chriſti, ſo kann es nicht fehlen, die Dan 
er muß und auch herzlich lieb haben, als eitel reine SShies 
und gerechte Crraturen. Er muß und für feine liebe er 
Kinder aufs und annehmen, auf den Schooß feßen, eya.· 
herzen und kuͤſſen, wie er Eſaiaͤ 62, ſpricht: Du " 
follt meine Luft und mein lieber Buhle heißen. Denn '» 
wie ein lieber Buble feinen lieben Bublen lieb bat, 
ſo will ich meine liebe Kinder lieb haben. Und wie Ä 
ſich ein Bräutigam freuet über feiner Braut, fo wll - “. 
ih mich über dir freuen. O welde englifhe, ja | 
göttlihe theure Worte, voU bimmlifchen herzbrechen⸗ 
den Troſtes, die man billig nimmer aus den Augen 
und Herzen lafien follte, mit welchen man ſtets follte | 
zu Bette geben und aufſtehen; Denn diefe unfere 
Kindſchaft ift unfere Krone, mit welcher wir aller 
Könige und Kaifers Kronen weit ‚übertreffen. 

Bon Diefer Kindfchaft GOttes feget der Apoftel 
Gal. 3. diefen Spruch: Ihr feyd alle GDttes | 
Kinder durch den Glauben, nicht zwar allein | 
mit dem Titel und Namen, wie die Welt zumeiln ' Ä 
faget, mein Kind, undfmeinet es doch nicht: Sons | 
dern mit der That und Wahrheit, ja mehr mit ver . 
That und Wahrheit, ald mit dem Namen und Ans 
fehen. Denn wenn GOtt einem etwas fchenfet, Das | 
fchenfet er ihm fo gewiß und wahrhaftig, Daß man . 
ed mit feinem Herzen genug faflen, noch mit feinen 
Worten ausreden kann. Die Majeltät ıft höher, ale ? 
der. Titel ift: Wie denn fein Redner vie Kindfchaft 
GOttes fo befchreiben kann, wie fie im Herzen GOt⸗ 
tes begriffen iſt. Sind wir aber der hoben Majeftät - 
Kinder, fo find wir aud der hohen Majekät. Herz, 
dad- ift, das Allerliebfte, was fie im Himmel und 
auf Erden hat. Denn was ift liebers, denn ein Kind? 


- % Woher haben wir die gnädige Kindfchaft GOttes 9 


Weil wir durch Chriſti Blut gerecht find worden, 
fo muflen wir auch feine liebe Kinder feyn, nach dem 


a nd 





- - — — — — — 








80 RBom Shas der Glaubigen. 
Spurch Pauli, Gal. 4. Ehriftus bat uns die 
Kindſchaft erworben. Das ift viel. gefaget: 
GOtt hat und arme Würmelein, die wir von Nas 
tur nichts anders feyn, denn eitel Sünde und Schre⸗ 
den, berzlich lieb, viel taujenomal lieber, als ein nas 
tüuͤrlicher Vater feine Kinder hat. - Und er bar uns 
geſetzet zu Erben aller feiner Suter, die er hat ım 
Himmel und auf Erden. Denn find wir Kinder, 
fo find wir auch Erben, nemlich reiche GO 
tes Erben, wie jämmerlid) wir aud) in diefer Welt 
in unfrer Armuth von den Reichen und > Grolgen 
verachtet werden, Roͤm. 8. | 


— — — 





3. Woher lann ich erkennen, daß ich Gottes Kind bin? 
1.Beiter($, liebet GOtt der Vater feine angenommene Gna⸗ 
Gottes. denkinder fo feurig, Daß er feine Liebe über. fie audr 

ſchüttet, und fie ihnen zu foften giebt. eine heis 
lige görtlihe Liebe ift fo kraͤftig gegen fie, daß fie 
‘von dem ausgehet, und die Herzen feiner Kinder 
durchdringet, und ſich venjelbigen zu toten giebt, 
wie St. Paulus Röm. 5% ſpricht: Die Liebe 
GOttes iſt ausgegoſſen in unſer Herz. Ja, 
es ſenket ſich GOtt der HErr von übermaͤßiger Liebe 
in ſeine Kinder, und ſchuüttet ſich uͤber ſie rein aus, 
und vereiniget ſich mit denſelben, daß ſie in ihm, 
und er®in ihnen ſey. Fühlen wir dies nicht? Denn 
was ift Doc -unfer Himmelreih, und was troͤſtet 
doch unfere arme hochbetrübte Herzen in allen "Ans 
ftöffen und allen Anfechtungen am meıften,, 'ald das 
füße Lüftlein der Gnade GOttes, welches fih und 
zuweilen zu foften giebt, und unfere Bıtterfeit lindert? 


4. Wobei merke ich ferner GOttes Kindſchaft? 


Beier Dabei merke ſie, daß er uns hoͤret, ſo oft wir ihn 
ee von Herzen anrufen. Denn fo oft wir aus der 
beis, Liefe zu ihm ſchreien, , werden wir inne, daß er un⸗ 


ſer 


A| 


Bom Schatz der Glaubigen. 81 


fer GOtt und Vater fey, und Daß er berzlich für 
und forge, und unfere Sachen führe, als wir nims 
mermehr hätten wünfchen koͤnnen. Deromwegen übers 
zeuget und GOttes gnaͤdige Erhörung, daß wir feine 
lieben Kinder ſeyn: Denn. fo oft wir rufen, werden 
wir erhörer, und in Eprifto gefegnet. Was fage ich, 
ehe wir rufen, werden wir erböret, und in Chrifte : 
gefegnet: Er fommet und zuvor, der fromme und 
gnädige Vater, und will nicht ſtets von ung gend 
thiget ſeyn. 


| 5. Haft dir nicht hievon ein tZeugniß aus Luthero ? 


Fo: Alſo ſchreibet er in der Kirchen Poſtill, Win⸗ 
tertheil, fol. 128. Roͤm. 8. Ihr habet empfangen 
den Geiſt der gnaͤdigen Kindſchaft GOttes, vurch 
welchen wir rufen: Abba, lieber Vater! Dies Ru⸗ 
fen fühlet man dann, wenn das Gewiſſen ohne alles 
Wanken und Zweifeln feſtiglich vermuthet, und ge⸗ 
wiß iſt, daß nicht allein ſeine Suͤnden ihm vergeben 
find, ſondern daß er auch GOttes Kind ſey, und 
der Seligkeit ſicher, und mit froͤhlichem gewiſſen Her⸗ 
zen in aller Zuverſicht mag GOtt ſeinen lieben Va⸗ 
ter nennen. Solches muß es gewiß ſeyn, daß ihm 
auch fein Leben nicht fo gewiß iſt, und ehe alle Todte, 
ja die Hölle dazu leiden follte, ehe er ihm bad neh: 
men ließe, und daran zweifeln wollte Denn es 
wäre Chriſti reihlihem Thun und Leiden viel zu 
nabe, wo wir nicht glaubeten, Daß er uns Das alled 
überflüffig Damit hätte erworben, und in ber Taufe Ss 
geſchenket. 

Wenn aber dies Cain boͤret ſo fegnet er ſich mitvie Welt 
Händen und Fuͤſſen, und ſaget vor großer Demuth:bältee tür 
Ei behüte mi GOtt vor der greulichen Kegerei und eine Ders 
Vermeſſenheit. Sollte ih armer Sünder fo boffärtig beit, ſich 
und vermeſſen ſeyn, und ſprechen: ich ſey GOttes no ante 
Kind?. Nein, nein, ich will mic) bemüthigen und zu halten. 
für einen armen Sünder erkennen. Diefe lag fahren 
Ze j | ö ‘ 


⸗ 








ee 5—— — Su | 


2 Dom Schatz ber Glaubigen. | 


und hüte did vor ihnen, als vor den großen Keim | 
den des chrütlichen Glaubens ‚und deiner Seligkeit. 
Wir andern wiffen auch wohl, daß wir arme Güns 
der find: Aber bie giled nicht, anfehen was wir find 
und thun, fondern, was Chriſtus für und iſt, und 
getban hat und noch thut. Wir reden nicht von 
‚  unfrer Natur, fondern von GOttes Gnade, Die fo 
vielmehr: ift, denn wir, fo viel der Himmel Höher 
ift, denn die Erde, und fo weit der Aufgang iſt 
vom Miedergang. : Dünfet e8 Did groß feyn, daß 
du GOttes Kind fegeft, Lieber! fo lag dich aud 
nicht Fein dünfen, daß GOtted Sohn kommen iſt, 
von einem Weibe geboren und unter dad Geſetz ger 
than, auf daß Du ein folh Kind mwürdeft. 


6. Kann ich ed auch noch fonft wobei vermerken, daß id 
| Gsttes Kind bin? 


5. Bei E, zeuget auch fonft der heilige Geift. in uns, im 
den rue Dem er unfern Herzen Zeugniß giebt, daß wir GOt⸗ 
Harn tes Kinder feyn, Roͤm. & Denn dieß Zeugniß des 
Eprifi. heiligen Geiftes fühlen wir ohne Adfhören in uns, 
wir ſchlafen oder wachen, und ift uns oft fo feltfem 
dabei, Daß wir es nicht ausreden können. Das He 
wird wohl dadurch bewogen und voll füffer Freude, 
der Mund wird auch wohl voll Lachens: Aber mehr 
tönnen wir davon nicht reden, weil ed allen Sinn 
und Verftand übertrift. Und Dies ift auch der wahre 
Glaube an GOtt, nemlicd Das Zeugniß des heiligen 
Geifted in und, Damit niemand gedenfe, Glaube fey 
ein Bewegniß aus unferm Wiſſen, Geheiß und Kraͤf— 
ten erzwungen, wig vie Blinden von der Farbe ro 
den, Die ſich nie verfucher haben. 
7. Fuͤhlet man auch allezgeit beregte Zeugniſſe der Kinde 
0 haft GOttes bei fi? | 
GOttver- Nicht allezeit. Denn der gnädige GDtt und Vater 


birnet zu: ftellet ſich zu vielen malen, alfo gegen uns, als fey 


neönabe er nicht Vater, weil er fo wunderlic und unfreunds 


U 


Rom Schatz ber Slaubigen. 83 


Ich mit und geberdet, daß er uns tief ind Creuz 
hinein finfen laͤſſet, und ſich zu derfelbigen Zeit für 
und gänzlich verbirget. Aber er ift und bleibet gleichs 
wohl Vater, ber is felbft zum Vater gegeben hat, . 
und fi) Deromegen nicht verleugnen fann, wie Hiob 
am 10. ſpricht: Wiewohl du foldhes in deinem 
Herzen verbirgeft, lieber GOtt! fo weiß ich 
doch, daß du es gedenkeſt. Denn. dies it GOb 
tes Art, und fo hat ers von Anfang gehalten, daß 
er feine Liebe vor feinen allerliebften Sreunden und 

Kindern zum tiefften. verborgen, und ihnen damit 
Ach und Web genug angerichtet hat, Lieber GOtt! 
(baben ‚alle Heiligen gerufen in ihren ‘Pfalmen und 
Gebeten) wo bit vu doch? Willt du nicht erbören? 
Hat deine Gnade und Barmherzigkeit gänzlid, aufs 
geböret, und will nicht mehr helfen? Und das alles 
bat fein Geheimniß, warum GDtt der HErr feine 
Feinde fo zärtlich, feine liebe Kinder aber ‚fo hart 
. halt, welches Geheimniß wir zum. Theil aus feines 
Worts und Geiſtes Offenbarung wohl wiflen. Denn 
wer feinen Sohn haffet, der fchonet feiner Ruthe. 
' Daffelbe wäre und traun nicht gut, ver Glaube würde 
auch nicht feine Statt und Uebung haben. Wenn 
aber das Herz beginnet zu -zappeln, und man ſich 
faft müde gerufen hat, fo fommet GDtt mit voller 
Maaß, und giebt feinen lieben Kindern mehr, als 

>. fie geboffet und gebeten haben, Epheſ. 3. | 





| Das V. Eapitel 
Von Schenfung des heiligen Beiftes. 


4. Welches iſt das fünfte Gut des Schages meiner 
Seligkeit ? 


Lyriſtus ſchenket ſeinen Kindern nicht allein die gnaͤe( Der hei⸗ 
dige Kindſchaft, fondern verſiegelt auch dieſelbe inliseSeiß.) 
ihnen mit ſeinem heiligen Geiſt, nach der Zuſage 
| 68 . 





84 Dom Schas der Glaubigen. 


Joel 2. Nach diefen Zagen will ih meinen 
Geiſt ausgießen über alles Fleiſch. Denn 
fo ſchreibet St. Paulus, Sal. 4. Weil ihr denn 
Kinder feyd, fo hat GOtt gefandt den Geiſt 
feines Sohns in eure Herzen, der fhreiet: 
Abba, lieber Bater! Ob er fagen wollte: Weil 
ihr Rinder feyd, und GÖtt ein väterlices und müt⸗ 
terlihes Herz gegen euch träget, fo Tann er ed nicht 
unterlafien, er muß feine Gnade an euch verfiegeln. 
“ Und weil er nichts hoͤhers noch beflers hat, denn 
feinen heiligen Geiſt, fo fohenfet er euch denſelben 
zum Pfande, auf daß ihr gewiß Daraus ſchließen fol: 
let, ihr ſeyd bei ihm in Gnaden, und feine herzallers 
liebften Kinder. 


2, Wenn und wie wird der heilige Geift gegeben ? 


In ber Der heilige Geift wird allen von GOtt Auserwähls 
beiligen ten gegeben in der heiligen Taufe, welches der bödhs 
Zaufe. ſten Wunder eines ift, Daß auch GOtt feine Gna—⸗ 
denfinver feines Geiſtes theilhaftig gemachet, Tit. 3. 
GOtt hat und felig gemachet, durch Daß 
Bad der Wiedergeburt und Erneuerung 
des heiligen Geiſtes, welchen er audgegof 
fen hbatrüber-ung reihlid. Reichlich, ſpricht er, 
und nicht fpärlih Hat GOtt der HErr ven heiligen 
Geiſt auögegofien über uns, feine auserwählte Gnas 
denfinder. Wir haben von ver Fülle feiner Gnaden 
die Fülle des heiligen Geifted empfangen. Und ob es 
ſich fchon anlaͤſſet in unfrer Kleinmüthigfeit und Wehs 
müthigleit, als fey ed faum ein Troͤpflein, fo ift es 
gleichwohl ein ganzer reicher Strom, mildiglid) geflofs 
fen aud dem Herzen JEfu’Chrifti, Weiher Strom 
ſich auch endlich ereignet, und gewaltig erzeiget, 
wenn er ausgeruhet hat. 


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unausſprechlicher Troſt, Friede und Freude, erwaͤch⸗ 


gebaͤhren, neue Herzen gewinnen, und neue Creatus ven. 


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‚ Dom Schas der Glaubigen. 8 


3. Warum giebt GDtt den heiligen Geiſt feihen Kindern? 


&; gefchiehet darum, auf daß die lieben GOttes⸗ Daß er 
Tinder, unter fo vielen‘ Gebrechen und Anſtoͤſſen, ne 
ein gewiſſes Pfand und ‚Siegel göttlicher Gnadenibnen vere 
an ihm baben moͤgen, wie St. Paulus bezeuger, Negele. 
2 Corinth. 1. Ephef. 1. Ya, daß derfelbe inwendig 
in unfern Herzen, wenn wir. am allererfchrodenften 
und betrübteften find, mit und rede, und und Der 
Gnaden glei mündlich und empfindlich verfichere, 
Mom. 8. Denn fo oft wir unfere Sünde und Wis 
dermwärtigfeit anfehen, und darüber zappeln, und an 
GOttes Gnade anheben zu zweifeln, ift der heilige 
Geift da, und richtet unfer armes franfes Herz auf, 
und ftörket es mit vielen herrlichen Argumenten und 
©prühen, und überzeuget und, daß wir Dennoch 
gleichwohl GOttes Kinder find, wie ed und auch er 
gehe, und daß und’ nichts fcheiden könne von feiner 
«göttlichen Liebe,, wenn wir gleich die allerthorhaftigs 
ften, unvorfichtigften, fündhaftigften, verachteften und ' | 
elendeften Menfchen auf Erden wären. Woraus denn | 1 


et, höher denn .alle Vernunft. Denn wo ein feſtes 
ertrauen an GOttes Gnade ift, da ift eitel Troft, 
Friede und Freude, aud mitten in Unfälleg, Creuz 
und Tod, wie wir fein an den erleuchteten und glau⸗ 
bigen Herzen ſehen, wie’ fein fie fih in allem koͤn⸗ 
nen zufrieden geben. J 


4. Barum geſchiehet ſolches mehr? 


Darnach geſchiehet es auch darum, auf daß die lies Dat ge 


ben Gotteskinder durch des heiligen Geiſtes Wieder⸗en sche: 







ren werden, weldye nun anheben, GOtt den Herrn 
wiederum rechtſchaffen zu lieben und zu fürdjten, wie 
GOtt fpriht, Ezech. 36. Ich will einen neuen 
Beift in euch geben, und ein neu Herz una 


86 Dom Schat der Glaubigen. 


ich will ſolche Leute aus euch machen, die im 
meinen Geboten wandeln: Denn ver Zwang 
fol .ein Ende haben, das freiwillige Gemüth aber 
fol allen Gehorfam und alle Opfer verrichten durch 
den beil. Geift, auf daß die Werke der Chriften nicht 
des Geſetzes, fondern GOttes feyn, das ift, eitel 
heilige, göttliche, wahrbaftige Werke, welche oft mit 
heißen Thränen befprenget werden, wenn fit dad ges 
wünfchte Ziel nicht erreihen. Denn niemand bat 
rößer Leid, ald eben die, welche GEOtt am meiften 
ieben und fürchten. Ihre Freude ift immer mit 
- geiftliher Neue und Traurigkeit vermifchet, welche fie 
doch gleichwohl in die Länge überwinden, 


5. Kannſt du auch noch mehr Urfachen anzeigen ? 


5. Bag Endlich geſchiehet ed auch darum, auf daß der hei⸗ 
ade lige Geiſt in und ſey ein lebendiger Zeuge ſoͤlcher 
(haft zen⸗ Gnaden, und unferm Geift Zeugniß gebe, daß wir 


ge GOOttes Kinder find, 


6. Wie gehet dies zu? 


Wie der Wi. ſolches heimliche jedoch Träftige Zeugen zuges 
bei Scifiger, laͤſſet fich leichter fühlen, denn ausreden. Denn 
zeuge, wenn der Teufel koͤmmt, und will und die Gnade 
abfchneiden, fo ift der heilige Geift da, und flreitet 
für uns, und hält unſer Herz feſt in der Gnade, 
wie einen edlen Stein im Golde, und confirmiret in 
und die Gnade ‚mit göttlichen Argumenten alfo, Daß 
wir es in unfrer Seelen fühlen. Und zwar .wo Das 
nicht gefhehe, Daß diefer Demofthenes in und wäre, 
wie würden wir Doc wider .unferd Gewiflens, des 
Teufel, und der unnügen Welt Glamanterei beſte⸗ 
ben können? Wenn dieſe zu uns einbrüllen, fo ers 
muntert fi, der heilige Geiſt und ſprichtz Ah! ent 
fege dich nicht, du armes Mürmlein, es hat nicht 
. Roth, die theure Gnade ift dir noch nicht entfallen. 
W 





1. U ED TE END 7 7— 


Vom Schatz der Glaubigen. 87° 


Biſt du ſchwach, ſo iſt die Gnade nicht ſchwach. 
Strauchelſt du, ſo ſtrauchelt die Gnade nicht. Dein 
lieber HErr Chriſtus hat dir eine ewige Gnade erwor⸗ 
ben durch ſein Blut, die iſt dir auch geſchenket worden 


in der Taufe. GOtt liebet feine auserwaͤhlten Kin⸗ 
der mit einer ewigen Liebe, nicht allein wenn ſie 
fromm ſind, ſondern auch wenn ſie es verſehen, und 

abweichen von ſeinen heiligen Geboten, auf daß ſie 


ewigen Troſt aus ſolcher ewigen Liebe haben, und 


auf ſolcher ewigen Liebe beruhen, als auf einem ewi⸗ 
gen Ruhebettlein ſich auch mit dem Vertrauen ſolcher 


ewigen Gnade wiederum aufrichten, in ſeinem heiligen 
Wege zu wandeln. Denn wer an GOttes Gnade 
wiederum verzaget, der tritt nicht auf den Weg des 


HErrn, ſondern wird ein Feind GOttes. Es ſol⸗ 


len, ſpricht er, viel eher große Berge fallen, als 
GOttes Gnade. Denn ſie iſt gebauet nicht auf den 
Triebſand deines Verdienſtes, ſondern auf den guͤl⸗ 
denen und feſten Grund des Bluts JEſu Chriſti, 
durch welches du mit ihm verſoͤhnet biſt. Darum 


gieb dich wohl zufrieden, und ſorge nicht, wanke nur 
nicht, GOttes Gnade wanket nicht, zürne du nur 
nicht mit GOtt, er. zürnet nicht mit dir. Solch 
lieblich Saitenfpiel  treibet ber heilige Geift in den. ber 


trübten Herzen. 

Er führet fie auch zu GOtt, und lehret fie ſchreien 
in großer Demuth und Andacht, Abba, lieber Bater! 
zu Zage und zu Nacht, wenn alle Waldyögelein 
ſchlafen. Denn die Herzen des lebendigen heiligen 


fehlafen fie doch in Seufzen, und in der Anrufung 
des Namens GOttes, und werben über folhem Win: 
feln erböret, und fommen doch höher als fie nie bes 
gehret haben, Ihre Feinde aber gehen mit Schrecken 
zu Grunde. 


} 


Geiſtes fhlafen nicht, und ob fie gleich fehlafen, fo 


„MDaß er 


X Vom Schatz der Glaubigen. 


z. Was wirket der heilige Geiſt mehr bei GOttes 
Kiüdern ? 


Der HErr JEſus ſchenket ihnen den heiligen Geiſt, 


fein Reihdaß er in. ihnen wohne, und fein Reich in ihnen aufs 
in ihnen richte, ſtaͤrke und erhalte. Er madhet fie heilig durch 


aufrichte 


"dad Anrühren, und durd die Gemeinſchaft feines 


Weſens. Denn wo dad große Heiligtbum, der heis 
lige Geift it, da ift aud) wahre Heiligkeit, und Die 
felbige Stätte heißet heilig. Er erleuchtet fie, und 
giebt ihnen ihr Heil und Herrlichkeit zu erkennen, 
wie St. Paulus 2 Cor. 3. fehreibet, daß er fie führe 
aus einer Klarheit in die andere. Auch flärket .er fie 
am Glauben, und verfichert fie ihres Heils und ih⸗ 
rer Herrlichkeit, welche fie von Chriſto und in Chris 
ſto haben. Denn er ift ver Herzens Prediger, und 
giebt ihrem Geift Zeugniß, daß fie nicht, allein rein 
und gerecht, fondern auch GOttes liebe Kinder ſeyn, 
in der Herrlidjkeit dei Vaters, Roͤm. 8. Item, Daß 
fie Erben feyn ded Paradieſes. Woraud ihnen denn 
entftehet ein unausfprechlicher Troft, Erquickung, Friede 
und Freude, Denn das Reich GOttes, welches der. 
heilige Seift in den Olaubigen und Getauften aufs 
richtet und erbauet, ift über alle Vernunft und Aus 
reden, er lehret fie fein andaͤchtig beten, ja er felber 
betet in ihnen mit unausſprechlichem Seufzen. Solch 
Geufzen aber vernimmt und erhoͤret GOtt, Roͤm. 8. 
Er verneuret fie auch täglic; mehr und mehr, und 
madhet fie gleihförmig dem Bilde Ehrifti in. Gedans 
ten, Worten und Werten, wie &t. Paulus fprict, 
2 Cor. 3, Wir werden verwandelt in daß 
Bild Ehrifti, aus einer Schönheit ..in Die 
andere. Denn die Pflänzlein Chrifti find feines 
Safts voll, fie haben feine Natur und Eigenfhaft. 
Inſonderheit aber behält der heilige Geiſt die Glau⸗ 
bigen in wahrer Demuth, und madet, daß fie fi 
vor hoffartigen Gebärden und Worten fhämen müß 
ſen. Er reizet fie auch zur Keuſchheit, Gütigfeit, 





” —— — — — — — 
” 


1 ts EEE — nn ⏑ — 


Dom Schatz der Glaubigen. 89 
Lindigkeit, Wohlthätigfeit. - Er: giebt Reue und Leid, 


‘ da fie ed im geringſten verfehben und etwa einen 


Chriften mit harten Worten betrübet haben, und 


machet fie aus allen Faͤllen vernünftiger und froͤm⸗ 


mer, Nah dem Willen find die Chriſten ganz neu 
und göttlih, Denn ob gleich die tnnerlichen Affeften 
und Die dußerlihen Werke nicht ftetö gut find, fo iſt 


doch der Wille gut: Das iſt der Vortheil ber Chrissen pn 


n Chri⸗ 


ſten, und nah diefem Willen. find fie GOtt fehr an⸗ſten Wille 


genehm. Fallen fie aber in Sünde, fo gefchiehets ' 


wider ihren Willen und das ift ihnen fo leid, daß 
fie dargber lange bitterlich weinen. Er tröftet. fie 
aud) wiederum, wider folche ihre tägliche Fälle: tem, 
wider MWüten der Welt und wider alles Unglück. 


Endlich hilfet er Ihnen den Tod überwinden, und. | 


fehenfet ihnen das Herz Simeonid, bi daß er fie 


auferwede zur offenbaren Herrlichkeit, Ä 


8. Zu was Ende wird dies alled ermähnet? 


und nicht ein mächtiger großer Troft, daß wir arme 
fündlihe und fterblihe Wuͤrmlein lebendige Tempel 


Zu beinem Troſt gefchiehet folches Denn iſt es Die@ins 
wohnung 
des beili⸗ 
—5. | gen Geis 
des heiliges Geiſtes, und göttliher Natur und We—ſtes iſt ſebr 


fens theilhaftig feyn follen? Wie Eönnte uns EOdtt "RM. 


böher ehren, und ſich näher zu und thun, denn Daß 
er und feinen Geift giebt? | 
Dies ift ein fol groß Verbuͤndniß zwifchen ung 
und GOtt, daß ed fein Herz audgründen und Feine 
Zunge ausreden kann. Denn wohnet der Geift in 
mir, der in GOtt wohnet, fo wird er ja freilich 
die Heimlichfeit, welche ich bei dem Herzen habe, 
GOtt offenbaren. Ja, GOtt wird glei meine Noth 
und: Gebet durch Gemeinfhaft des Geiftes fühlen. 
Weiter wohnet der Geift in mir, der in GOtt mohs 


net, fo mird er mir freilich wiederum Die Heimlich⸗ 


fichfeiten GOttes, nernlich, feinen geneigten und vaͤ⸗ 


. terlihen Willen gegen mir offenbaren. Ja, ich merne 


90 | Vom Schak der Glaubigen. 


‚gleich die heimliche Liebe GOttes, durch Gemeinfchaft 

des heiligen Geiftes in meinem Herzen fühlen, wie 
St. Paulus fohreibet, Röm 8. daß der heilige 
Geiſt unfern Herzen und Gewiffen Zeug 
niß gebe, Daß wir GOttes Kinder feyn. 


9 Wie fol ich mir dieſen Troft fein chriftlich zu nuͤtze 
machen? . 


&; fol ein jeglicher. Glaubiger und Getaufter Dafür 
halten, daß er ſey ein lebendiger Tempel des heiligen 
Geiſtes, und daß der heilige Geiſt leibhaftig "in ihm 
wohne, woandele, berrfhe und regiere. Wie man 
e) Dadik,denn ja feine a) Gegenwart und Wirkung wohl füh 
"er werlet, mo man nur ein wenig Achtung auf fein Herz 
ſenilich. giebt, | | 
Er fol fih auch folder großen Gabe fröhlich ruüh— 
men, und darauf fein fanft beruhen, als auf feinem 
- Erbgut. Denn e8 ift nicht genug, Daß wir neue 
Gerechtigkeit, Kindſchaft und ven heiligen Geift Has 
ben: Sondern wir follen auch ſolche himmliſche Guͤ⸗ 
ter im fröhlichen Glauben beſitzen. Denn wir follen 
niht nur Herren, fondern aud Beſitzer des und 
dibergebenen: Erbes und der himmliſchen Güter feyn; 
wir follen unfer bimmlifhes Erbe nicht allein ems 
pfangen, fondern. audy nehmen und halten, wenn 
wir vaffelbige nicht durch Trägheit und Undankbar⸗ 
keit wieder verlieren wollen. Was follen uns vie 
hönen Aepfel, wenn wir verfelben nicht wollen ges 
rauhen? Was follen und Gotted Gaben, wenn 
wir uns berfelbigen nicht wollen tröften, erfreuen, 
damit beluftigen, und derfelben uns rühmen? Denn 
Gott hat uns feine Güter darum gegeben, daß wir 
Damit prangen, und ihm Dafür ein ewiged Halle 
Iuja fingen ſollen. Ä | 


— 


L Ze — 5— ———— 55— 77 BE 


Vom Schatz der Glaubigen. 91 | 


| 10: Willt du mich von diefer hochtröftlichen Materie nicht 
mehr berichten ? 


Jq habe davon noch vielmehr zu berichten, als ich 
ſchon berichtet habe: Aber ich will ſolches bis ins 
1 Capitel des vierten Buchs verfparen, dahin ich Dich 
‚will verwiefen baben.. 


Das VI. Eapitel, 


Bon der Erbfhaft des ewigen Lebens. 


1. Welches iſt das fechöte Gut des Schabes meiner 
- Seligteit? | 


D affelbige ift das ewige.Leben, ‚welches wir haben Das em 
aus dem Blut JEſu Chrift. Denn ob wir wohlꝰ 
die allerliebſten Kinder GOttes ſeyn, dennoch ſind 

wir allhie auf Erden allem Leiden unterworfen, und 
muͤſſen endlich des Todes ſterben. Aber wir werden 
im Tode nicht bleiben, ſondern am juͤngſten Tage 
wiederum auferwecket werden zum ewigen Leben. 

Hievon ſtehet ein ſchoͤner Spruch, 1 Cor. 15. 
Gleichwie ſie in Adam alle ſterben, alſo 
werden ſie in Chriſto alle lebendig gema— 
chet werden. Das iſt ſo viel geſaget: Von Adam 4 
haben wir Suͤnde und Tod, aber von Chriſto haben 

wir Gerechtigkeit und das Leben. So wahrhaftig 

als wir von Adam die Suͤnde und den Tod haben, 

ſo wahrhaftig haben wir auch von Chriſto die Ge⸗ 
rechtigkeit und, das Leben. Hat uns Adam die Suͤnde 

und den Tod anerben koͤnnen, wie vielmehr kann 

uns der HErr Chriſtus die Gerechtigkeit und das 
Leben anerben. Haben wir in Adam der Sünde 

und des Todes viel, fo haben wir in Chrifto der, 
Gerechtigkeit und des Lebens deſto mehr. Denn Chris 

ſtus muß ja über alle Maffen viel mächtiger feyn, 

und Heil witzutheilen, als Adam Des Berderben, 





92 Rom Schas der Slaubigen. 

- wie davon Gt. Paulus gar meilterlih bifputiret, 
Nom. 5. dad man ja oft und fleißig lefen fol. Denn | 
Dafelbft heißet St. Paulus unfere Gerechtigkeit eine 
Gerechtigkeit des Lebens, darum, daß fie nicht allein 
Friede und freude im Herzen, fondern auch endlich 
das ewige Leben mit ſich bringet. 

St. Johannes iſt der Sachen ſo gewiß, daß er 
in ſeiner Epiſtel am 5. Cap. ſo darf ſchreiben: Wir 
wiſſen, daß wir aus dem Tode in das Leben kom⸗ 
men ſind. Ob er ſagen wollte: Was will man 
viel ſagen vom ewigen oben? Wir find allbereit im 
ewigen Leben und haben das ewige Leben. Wir find 
nicht Kinder des Todes, fondern Kinder des Lebens, 
wo wir gehen und ftehen. 


2. Woher haben wir ſolche große Gnade? 


Aus der Kindſchaft. Denn find wir GOttes Kin 
der, ſo ſind wir auch gewißlich GOttes Erben, wie 
St. Paulus meiſterlich ſchleußet, Roͤm. 8. Wer will 
aber die Erbſchaft GOttes, welche er ſeinen lieben 
Kindern bereitet hat, mit ſeinen Gedanken ausſinnen, 
und mit feinen Worten ausreden: Hie muͤſſen alle 
gewaltige Redner verftummen. Doc folget gleidy 
wohl dies Daraus: Sind wir GOttes Kinder in der 
Maſſe JEſu Ehrifti, fo ift der Himmel unfer mit 
allen heiligen Engeln, und mit allem, was darinnen 
it, wie ©t. Paulus bezeuget, 1 Cor. 3. Es iſt 
alles euer, es fey Das. Gegenwärtige, oder das Ju 
kuͤnftige, die Güter des Vaterlandes ſowohl als vie 
Güter ver Pilgrimfhaft, die Güter der Herrlichkeit 
ſowohl ald die Güter der Gnade, die in diefem Le 
ben uns gefchenfet, daß wir von deömegen wohl bils 
lig. mögen genennet werden bie reichen und: gewaltis 
gen Hinmelsfürften, welche unausſprechliche Herr, 
lichkeit und Freude zw gewarten haben. Mir aber 
ift e3 in diefem Leben genug, Daß, ich bin ein Erbe 
des väterlichen Herzens GOttes, und ſeines werthen 


Vom Schatz der Glaubigen. 93 


heiligen Geiſtes, ſeiner gnaͤdigen Vorſorge, Segens, 
Schutzes und Errettung aus allen meinen Roͤthen. 
Denn darum ſenket er mich oft mit andern frommen 
Ehriften ind Angft: Meer, daß er feine väterliche Liebe 
und Treue an mir defto fräftiger beweife, und id) 
aus ver Erfahrung lerne, Daß ich einen gnädigen 
GOtt im Himmel habe, und daß mic; der herbe 
Weg der kurzen Trübfal leiten werde in die Freude, 
bes ewigen Lebende. Dennoch bin id gewiß, daß 
mid nichts ſcheiden fünne von der Liebe GOttes, 
. welche in feinem ewigen Rath und Willen, und in 

dem theuren Blut feines allerliebfien Sohns gegrüns. 
det iſt. 


| 3. Haft du hievon auch noch mehr zu vermelden? 


Es iſt noch viel denkwürdiges Davon vorhanden: 
Aber ich will ſolches ſparen bis in den dritten und 
letzten Theil des ſiebenten Buchs, dahin ich did) aber⸗ 
mal, geliebter Kürze halben, will verwieſen haben. 


4. Eines berichte mich noch unbeſchweret, wie ich nemlich 
in dieſem Elend die Erbſchaft des ewigen Lebens habe? 


Ein Chriſtenmenſch hat durch ſeinen Glauben und 
Taufe ſchon alle Dinge, ohne, daß er ed nicht aufs 
gedecket fiehet, um dieſes Lebens willen, welches nicht 
ertragen möchte folder Güter Offenbarung. Daher 
fpriht ©t. Paulus, Rom. 8. Ihr feyd ſchon felig 
worden, jedod in der Hoffnung, Das ift, ihr feher 
ed noch nicht, ihr wartet aber fein. Darum follen 
eines Chriften Werke nicht gerichtet feyn auf Vers 
dienſt, fondern nur auf Nuß und Bedurfniß der ans 
dern. Denn er bat durd) feinen Glauben und Taufe 
für fi ſelbſt ſchon genug, und dit reich, voll und 
felig, wie Lutherus in der Kirchenpoftil,, Wintertheil, 
p. 129. ſchreibet. | | | 


94 | Dom Schatz der Glaubigen. = = 


5. Sind dies nun alle Stüde zu unfrer Seligleit gehörig, 
welche Chriftus in feinem Gnadenreich austheilet ? 


* Ja, dies ſind die vornehmſten Guͤter, welche wir 
bishero erzaͤhlet, und itzt in dieſer angenehmen und 
lieblichen Gnadenzeit unter allen Glaubigen ausge 

theilet werden. 


i 


Das vn. Capitel. 


Von der Zeit, darin der Schat der Se 
ligfeit ausgetheilet wird. 
1. Ich habe wohl vernommen, was die Seligkeit für 


koͤſtliche Güter in ſich begreifet: Sch möchte nun auch 
wohl gerne wiſſen, wenn fie ausgetheilet werben? 


In dierem Die berrlihe und bimmlifhe Güter ver Seligkeit 
wird pie werden igt ven lieben Auserwäblten und Glaubigen 
Seligteit in der Taufe allfamtlidh von GOtt geſchenket, nad 
ansgeibet ner Verheißung, Czech. 36. Ich will rein Wap 

fer über euch fprengen, und will eud Damit 

reinigen von aller eurer Unreinigfeit. Dem 

fo. fhreibet St. Petrus, 1 Petr. 3. Das Waſſer 
machet uns nun felig. Denn hie, hie in dieſem 

Leben koͤmmt das Seil Chrifti zu und, Hie werden 

wir ſelig. Hie gefchiehet der herrliche Anfang, Hi 

werden und die Eünden vergeben, Hie werden wir 

‚ von denfelbigen gereiniget durch das rothe Wafler, 

aus den Wunden JEſu Chriſti in die Taufe yefloß 

ſen. Hie werden fie geworfen in Die Tiefe des Meers 
und in die ewige Vergeſſenhelt. Hie wird das aus⸗ 

erwählte Volk GOttes heller und schöner, ald des 

Himmels Glanz. Hie auf Erden gefchiehet Die Ju⸗ 
ſuification. Hie Wird den Olaubigen zugerechnet die 

| ganze Heiligkeit JEſu Chriſti. Hie wird Chriftug, 
das herrliche und koͤſtliche Kleid ver Freuͤden, ange 





Be > Zu > 2 . — m. — —— ⏑ — 


Vom Schatz der Glaubigen. 95 


zogen. Hie gehet die Braut in der Pracht GOttes. 
Denn alsbald ein Menſch mit dem reinen Waſſer 
befprenget wird, ftehet GOtt vor ihm,“ und rechnet 
ihm fein Lebenlang Feine Sünde mehr zu, fondern - 
eitel und ewige Gerechtigkeit, Das ift die allerfchönfte. 
Tugend feines lieben Sohns. Hie werden wir GOt⸗ 
ted Kinder. Hie werden wir Xempel bes heiligen 
Geiſtes. Hie werden wir Erben des ewigen Lebens, 
nadı der Hoffnung, wie St. Paulus, Tit. 3. mit 
Maren Worten bezeuget, und fpriht: GOtt hat 
- and felig gemahet durch das Bad der Wie 
Dergeburf und Erneuerung des heiligen 
Beiftes, weldhen er über und ausgegoffen 
reihlih, durch JEſum Chriftum unfern 
Heiland, auf daß wir durch deffelben Gna 
De gereht und Erben feyn, des ewigen Les 
bens, nah ver Hoffnung, das ift je gewißlich 
wahr. Solches will ih, daß du veft lehreſt, auf 
Daß die, fo nun glaußig worden find, in einem 
Stande guter Werke funden werden. 

Diefe Worte find fo theuer und merth, daß man 
fie billig mit güldenen Buchitaben auf ein Taͤfelein 
fhreiben, und ftetd vor Augen haben ſollte. Diefer 
Spruch ift die allerfhönfte Blume im Garten GOt⸗ 
ted: Er ift unfere einige Weisheit, die ganze Xheos 
logie, und das Licht und Leben unfers Herzens. 
Summa, in der Taufe wird cin Menſch eine neue 
himmliſche, göttliche Ereatur, mit neuen bimmlifchen - 
VBorzügen gezieret, die fein’ Poet noch Redner, wie 
gewaltig er auch iſt, mit Worten erreichen und ges 
nugfam ausftreihen und befchreiben kann. Und wäre 
“nicht wohl möglih, Daß, wenn man einen getauften, 


Menſchen in feier neden Geſtalt und Majeſtaͤt recht - - - 


feben könnte, man ſich Daruber nicht zu Tode ver 
wundern ſollte. 





96 Vom Schatz der Glaubigen. 
2, Iſt auch was daran gelegen, daß ich ſolches wiſſe? 


Wie Freilich: Denn nicht willen, daß man ſchon felig 
or ‘ey, iſt Die hoͤchſte Unwiffenheit, für welcher man fid 
längnen, ins Herz ſchaͤmen fol, Nicht willen, bei dem hellen 
sch ded Evangeliü, daß man ſchon felig fey, iſt des 
felig fey. leidigen Teufels höchfte Kunft, Wirkung, Freude und 
Gefpötte. Denn follte er nicht lachen, wenn er fio 

bet,» daß ein Menfh das Pferd ſuchet, auf welchen 

er reutet? Nicht wiffen, daß man felig fey, umd 

wo man die vornehmften Stüde der Seligkeit em⸗ 
pfangen babe, it gleich nicht felig feyn, und Das 

Heil GOttes nicht haben: Denn wie fann doch ein 
folher Menſch Zroft, Friede, Freude in feinem Ge 
wifjen haben, ob er gleich täglich .viel vom Blut 
JEſu Ehrifti Hörer? Wie kann er GOtt danfen, und 

ihn von Herzen lieben? Sa, wer die geſchenkte So 
ligkeit nicht erfennet, noch durd wahren Glauben 
annimmt, dem ift fie gleich "nicht gefchenfet, fondern 

fie it an ihm, von wegen folcher feiner Blindheit, 
Unglauben und. Undanfbarfeit wiederum verſchwunden, 

wie der liebe Ignatius bezenget, in der Epiftel an 

die Ephefer, da er alfo fhreiber: Wenn wir die Gna— 

be, welche wir einpfangen haben, nat erkennen, fo 
gehen wir verloren. Desgleichen: Ein jeder, welcher 

Dad, was er von GOtt empfangen bat, veradhtet, 

wird verdammt werden. Wie auch bie Formula 
Concordiaͤ derfelben Meinung ift, p. 274. da ft te alfo 
fpriht: Der Verdienſt JEſu Chrifti, und in der 
Taufe gefchenfet, muß durd) wahren Glauben ange 
‚nonmen werden, wenn wir dadurch geredit und fe 

lig follen werden. Denn GOtt will, daß wir feine 
hohe Gaben mit großem Werftande, mit ftarfem | 
Glauben und mit: aller Reverenz und Eprerbietung 
follen empfahen, oder er will fie und wieder aus den 
Händen reißen, nah dem Spruche: Wer da hat, | 

bem wird gegeben, wer aber nicht bat, von dem 

| wird genammen werden. 3. S⸗ 


Vom Schatz der Slaubigen. 97 


3. So iſt deine Meinung, daß ein jeglicher Glaubiger 
und Getaufter allhie ſchon ſelig ſey? 


Freilich: Denn ſelig werden heißen, Vergebung der 
Sünden, neue Gerechtigkeit, GOttes Gnade, und 
den heiligen Geiſt empfangen. Dies alles geſchiehet 
in dieſem Leben und in der Taufe. Denn hie alle 
Sunden vergeben werden, bie erlangen wir des HErrn 
Chriſti Gerechtigkeit, Hie erlangen wir GOttes Kinds 
fhaft und Gnade. Hie wird der heilige Geift reiche 
lic, über und ausgegoſſen, wie St, Paulus, Ti 3. - 
bezeuget. | 


4. Wie werden diefe Güter genennet? 


Dieſe Güter heißen die Gnadenguͤter, und machen GSnaden⸗ 
uns hie felig in viefem Leben, alfo und veigeftalt, Güter. 
Daß wer fie bat, nicht erft fragen foll, wie er möge 

felig werden? Denn das wäre eine große Sünde, | 
und eine Verleugnung der Gabe GOttes, Die er in Wie fein 
der Taufe an und gewandt hat. Daß aber St. Paus Air in 
lus Rom. 8, fpriht: Wir find felig in der Hoffr derHofe 
nung, das fol man verftehen, wie er felber erfläs nuns 
ret, von der Entfreiung des Leibes, welcher noch 

dem Greuz unterworfen ift, und.von der Klarheit, 
Freude und Herrlichkeit, des ewigen Lebende. Denn, 

ie Güter der Gnade werden und hier geſchenket, 

die Shter der Ehre aber werden wir allererfi dort 

in jenen Leben erlangen. - Und wir find doch gleichs 

wohl felig, fo lange wir auf Erden leben, mitten in 
unferm Elend, um der theuren Güter willen, die 

und in der Taufe geſchenket ſind: Wir wollten fie 

Denn mit den Sophiſten fhändlicher Weife verachten, 

und Aepfelſchaalen Daraus machen. 


5. Iſt dies auch aller Chriſten Belenntniß?- 


\ Freilich iſt dies ihr wahres Bekenntniß, wenn ſie 
nicht allein mit dem Herzen glauben, daß der HErr 


| ss Dom Schak ber Sfaubigen. 


HEſus fey, des lebendigen GOttes Sohn, und ber 
. Relt Heiland, fondern wenn fie auch frei und öffent: 
Wie ſern lich vor aller Welt befennen, daß wir durd fein 
wir alipie Blut, Glauben und Taufe bie ſchon felig worden | 
"m un. Daß wir hie die Güter der. Gnade und der 
Pilgrimfhaft ſchon empfangen haben, bi8 wir vort 
die Güter der Herrlichkeit und des Vaterlandes auch 
erlangen werden. Wenn man ſpricht: Ich glaube 
an den HErrn JEſum Chriſtum, daß er ſey GOt⸗ 
tes Sohn, und mein lieber Heiland, der ſein Blut 
fuͤr mich vergoſſen, und bin getaufet. Derowegen 
ſo bin ich ſelig, hie im Anfang, dort in der Vollen⸗ 
dung. Ich habe Vergebung aller meiner Sünden, . 
eö wird mir feine mehr von GOtt zugerechnet. Ich 
bin gezieret mit neuer himmliſcher Gerechtigkeit. Ich 
trage den Schmuck JEſu Chriſti. Ich bin GOttes 
liebes und werthes Kind. Ich bin voll heiligen Gei⸗ 
ſtes, und bin ein Erbe des ewigen Lebens. Dieſe 
Guͤter ſind nun mein, ſie ſind mein Reich und ich 

bin ihr Koͤnig. 


-. 6. Bil aber dies Bekenntniß nicht faft auf eine Vermeſ⸗ 
ſenheit auslaufen? 


erg E. iſt dies Bekenntniß keine Wermeſſenheit, wie ans, 

mieffens Dere glauben, fondern das rechte Lob GOttes, und 

beit. Der einige wahre Gotteödienft. des Neuen Teftaments, 

und ift fo nöthig, Daß ohne daſſelbige niemand die 

Seligkeit erlangen, noch behalten moͤge, wie St. Pau⸗ 

lus ausdruͤcklich ſpricht: Mit dem Munde beken⸗ 

net man zur Seligkeit. Hat auch eine ſonder⸗ 

liche Zuſage im 50 Pſalm, nemlich wer Dank 

| opfert, der preifet mich, und daß ift der 

| Weg, Daß ich ihm zeige das Heil GOttes, 

das ift, einen ſolchen aufrihtigen und dankbaren 

Bekenner will ich feinen Verftand und Weisheit tägs 
lich mehren. 


eo 
D 





Vom Schaß der Slaubigen. 9 


Es kann aber kein Menſch das Heil GOttes bes Wer bas 
fennen, es ſey denn Sache, daß die Sonne des Se 
über fein Herz reichlih aufgegangen fey, und ihres betene 
wohl erleudjtet habe, daß er es auch Durd wahren nen kau⸗ 
Glauben angenommen babe, und nun für fein eigen ne 
Gut gebraude. Denn wie dad Herz ift, fo iſt Der 
Mund, und wie der Slaube ift, fo ift das Bes 
Eenntniß, 0 


7. Ber hat alfo fein Heil befennt? 


Alſo hat St. Paulus ſein Heil bekannt in allen ſei⸗ . vauliu. 
nen Epiſteln, ſonderlich Roͤm. 5. da er ſpricht: Wir 
rübmen und GOttes durch unfern Herrn 
JEſum Chriſt, durch weldhen wir nun die 
VBerföhnung empfangen haben, Wenig Wor⸗ 
‚te, aber wichtig genug. 


Item St. Petrus, 2 Petr. 1. GOtt at uns⸗petus. 
Die allergroͤßeſte Verbeißung geſchenket. Das 
iſt, alles was uns GOtt durch die Propheten ver⸗ 
heißen hat, das hat er uns in der Taufe gegeben, 
alſo auch, daß wer, naͤchſt der Gerechtigkeit und 
Kindſchaft, auch goͤttlicher Natur ſind theilhaftig wor⸗ 
den durch Ausgießung des heiligen Geiſtes. Es wer⸗2yetr. 2, 
‚den aber falſche Lehrer unter euch ſeyn (ſpricht dd) 1. 
die werden verleugnen, was ſie vom HErrn empfans iin 5. 
gen haben und werden damit über ſich führen die 
"ewige Berdammniß, - Darum, meine Lieben, weil ihr 
ſolches wiffet, fo verwahret euch felbft, daß ihr nicht 
durch Irrthum der ruchlofen Leute famt ihnen vers 
führet werdet, und entfallet aus eurer eigenen Fe⸗ 
fung, das ift, aus bem Heilſchloſſe. Wachfet aber 
in der Gnade und Erkenntniß unferd Herrn und 
Heilandes JEſu Ehrifti, Guͤldene und faphirne Worte 
des lieben &t. Petri. Aber die ruchlofen vom Zeus 
fel verblendete und verdammte Leute, welche ven 
Ofirin immer fuchen und nimmer finden, adten Ders - 


100° Dom Schas der Glaubigen. 


felbigen nicht: Ja fie find ihnen ein Geruch des To⸗ 
des, über welche fie ſich heftig erzürnen, 

3. Yohan St. Johannes kennet es auch, 1 Joh. 5. Das 

„ne. iſt unfer Gezeugniß (oder Belenntnig,) daß uns GOtt 

das ewige Leben, (oder die ewige GSeligfeit,) gegeben 
hat, und foldhes Leben ift in feinem Sohn. Wer 
den Sohn GOtted (durdy den Glauben) hat, ver 
hat daB Leben, das ift, alle feine Güter und Wohl⸗ 
thaten: Wer aber den Sohn GOttes nicht hat, der 
bat das Leben nicht. Solches habe ich euch gefchries 
ben, daß ihr glaubet an den Namen ded Sohns 
GOttes, auf daß ihr wiffet, Daß ihr Das ewige Les 
ben habet. Und das ift die Freudigkeit, die wir 
zu GOtt haben. Und in der 2 Epiftel: So jemand 
zu euch fömmt, und bringet diefe Lehre nicht, ven 
nehmet nicht in eure Häufer, und grüßet ihn nicht. 
Denn wer ihn grüßet, der machet ſich theilbuftig 
feiner Sünden. Wer nicht bleibet in dieſer Lehre, 
der hat feinen GOtt: Wer aber darin-bleibet, der 
98 den Vater und den Sohn zum allergnaͤdigſten 

tt. 

4. Jacob. 4. Item, St. Jacob 1. GEOtt hat uns gezeuget 
nach ſeinem Vorſatz und Willen, durch das Wort 
der Wahrheit von ſeinem lieben Sohn, auf daß wir 
würden Erſtlinge feiner Creaturen. Das iſt: Wir 

0 find nun neue, edle und felige Greaturen, werden 
voll Gerechtigkeit, Gnade, Geift und Leben, -wenn 

wir an den HEren. Chriftum, uns im Evangelio 

vorgetragen, von Herzen glauben und getaufet find. 

Ebend. Dies Wort nehmet auf mit Sanftmurh, 

ohne einiges Wiederbellen, fo wird es eure Seelen 

ſelig machen, das ift, friedfam, fröhlih und lebendig. 

Cap. 3. Lüget nicht wider die Wahrheit, denn 

Dad ift nicht Weisheit, Die von oben herab koͤmmt, 

..fondern irdifh, menfchlid und teufliih. Dies alles 

‚find Jacobi Worte, die man in Diefen verrüdten Zeis | 
ten wohl mag zu Herzen nehmen, | 


ib .'. u 
r „ J 
mn 2 








Vom Schatz der Glaubigen. 101 
— 
g. Stimmet auch hiemit Lutheri Bekenntniß ein? 


&; bat der liebe Lutherus feinen Berftand und Glau⸗gut 
ben bievon fonderlidy hervor. geihban, durch ein herr⸗ 
liches Bekenntniß Tom. 4. Wittenb. p. 5660. da er- 
alfo gefhrieben: Chriſtus bat ſich ſelbſt für und ges 
geben, auf daß er uns heilige. Dies iſt gefchehen, 
Da er am Creuz gelitten und geftorben, und am brits 
ten Tage wiederum auferftanden iſt; denn durch dafs 
felbige hat er. ung die Heiligung erworben. Es wäre 
sind. aber nichts damit geholfen, wenn ed dabei ger 
blieben wäre, und der Schaß an uns nicht gelanget, ° 
Darum hat unfer lieber Bräutigam JEſus Chriſtus 
die Taufe eingefeßet, und und taufen laflen, auf daß 
und folcher ger Schatz durd dies Mittel heim— 
gebracht werde. Denn in der Taufe werden wir 
Ehrifto vermählet, und werden ein Leib und Fleiſch 


mit ibm. Und er tbeilet und mit, alles, was er iſt 


und bat, alle feine Ehre und Güter. Was ift er 
aber? Eitel Reinigkeit, eitel ewige göttliche Gerech⸗ 


tigkeit, eitel liebes Kind, und eitel ewiges Leben. 


Summa, eitel ewig unbegreifli Gut, das fein Herz 
nimmer genug gedenfen noch faflen Tann‘, und beide 
Engel und Menfchen in Ewigkeit daran zu ſchauen 
haben. Mit diefen ewigen himmliſchen und göttlichen 
Gütern hat und Chriſtus gezieret, daß wir und ders 
felbigen mögen und follen annehmen, als unfer eis 
gen. Es werden aber dieſe Schaͤtze ein Geheimniß 
oder verborgen Gut genennet. Denn fie find fo aroß, 
daß auch die Ehriften, fo dad Wort und ven heilis 
en Geiſt haben, fie nicht erreichen, noch begreifen 
Önnen. Zwar, wenn wir unfere allzugroße Heiligs 
feit, fo Chriitus an uns gebänget hat, koͤnnten übers 


.fehen und ins Herz bringen,. fo wären wir ſchon 


hems. 


im Himmel, ja wir würden vor Freude und Selig Nr 


keit nicht lange leben können. Darum laſſet ung ® 
U 


diefer Seligkeit tröften, freuen und rühmen, Daß wir . 
zu dieſen Ehren gelommen, und Chriſti Braut, ja 


102 Rom Schatz der Slaubigen. 


mit Chrifto ein Leib’ worden find, und fiken in feis 
- en himmlischen Gütern. So ferne der liebe Luther 
rus; welchen billig alle Sophilten, Teufel und ans 
dere gottlofe Herzens, um ſolches Glaubens und Bes 
kenntniß willen baffen. Denn wer alſo glaubet, und 
redet, der hat die ganze Hölle mit allen Teufeln wis 
ber fih, und die ganze Welt mit allen gottlofen 
Menfchen auf dem Halſe. 


9. Hilf, Lieber GOtt! dies iſt über alle Man fehr troͤſt⸗ 
Ich, wenn ed nur in Gottes Wort wohl gegruͤndet 
waͤre? 


| Zur € Gentge iſt dies alles gegründet in nachfolgen⸗ 

den Sprüchen der Schrift, welche fo helle ſind, als 
Die Sonne, fo fefte ald Diamanten; Säulen, daß fie 
auch die Pforten der Hölle, durch alle pre Liſt und 
Macht nicht aberwaitigen koͤnnen. 

Marc. 16. Wer ˖ da glaubet and getaufet wird, 
der wird ſelig. 

Epheſ. 2. Aus Gnaden ſeyd ihr ſelig worden, 
.. dur den Glauben. 

Ti. 3. GOtt Hat ung felig gemachet durch das 
Bad der Wiedergeburt. 

1 Timoth. 6. Weil ihr glaubet, ſo ſeyd ihr der 

Wohlthat theilhaftig worden. 

2 Tim. 1. Gôtt hat uns ſelig gemadhet, und 
berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nad) unſern 
Merken, fondern nad) jeinem Fuͤrſatz und Gnade, 
bie und gegeben ift in Ehrifto ZEfu, und durd Das 
. Evangelium geoffenbaret. 

Col. 1. Wir Haben die Erlöfung durch Chriſti 
Blut, nemlich die Vergebung der Sünden, 

Roͤm. 5. Wir find nun gerecht worden, durch 
den Glauben. 

Gal. 3. Wir find ale GOttes Kinder, var den 
Slauben an JEſum ne 


mn u 2— 


ee TEE To 


Bom Schatz der Glaubigen. 103 
1 Eorinth. 12. Wir find ale mit. einem Geiſt 


getraͤnket. 


Tit. 5. Der heilige Geiſt iſt reichlich über uns 
ausgegoſſen. — | 
Roͤm. 8. Der heilige Geift giebt. Zeugnig unſerm 


Geiſt, daß wir GOttes Kinder find, und hilfet unfeer ” 


Schwachheit auf. 


Tit. 2. Wir ſind Erben des ewigen Lebens, nach j u 


der Hoffnung, dad ift gewißlich wahr. 
2 Theffal. 1. Chriftus wird fommen, und herr⸗ 


lich erſcheinen in feinen Heiligen und wunderſam in 


allen Slaubigen. 

Epheſ. 5. Chriftus Hat und gereiniget durch das 
MWaflerbad im Wort, auf daß er uns GOtt Darftels 
lete herrlich. 

Rom. 5. Wir find mit GEOtt verföhnet, durch 
ben Tod feines Sohns, da wir noch Feinde waren. 
Darum fo rühmen wir und nun GOttes. 


Ibid. Die Liebe GOttes iſt ausgegoffen in euer. 
Herz; durch den heiligen Geiſt, welher uns gege⸗ 


ben iſt. ® 
Joh. 5. Wahrlich, wahrlih, id, fage euch: Wer 


“mein Wort höret, und glaubet dem, der mic) gefandt 


hat, ver hat dad ewige Leben, und kommet nicht in 
das Gericht, fondern er ift vom Tode zum Leben Din; 
Durch gedrungen. | 
‚10h. 1. Das Blut JEſu Chrifti machet uns 
rein von allen Sünden. . 
Ephef. 1. Er hat uns verordnet zur Kindſchaft 
gegen ihm felbft, durch JEſum Chrift, nach dem Wohl⸗ 
gefallen feines Willens, zu. Lob feiner herrlihen Gnas 


de, durch welche er und hat angenehm gemacht, in ven 


Geliebten x. | . 


10. Bas iſt dieſer Spruche Meinung? 


Dieſe und dergleichen helle Sprüclein find das reine 


und lautere Evangelium, Denn fie zeigen an 1) daß 


J 


— 


108. Dom Schatz der Glaubigen. 


die Slaubigen und Getauften ſchon felig find in dieſem 
Leben, und lehren 2) was die Seligfeit fey, nemlich, 
Vergebung der Sünde, neue Gerechtigkeit, die Kinds 
(haft GOttes, und die Erbfchaft des ewigen Lebens has 
ben. Und zeigen darneben an 3) Daß wir arme Sum 
der Vergebung ‘der Sünden und Berföhnung mit 
GOtt in der Taufe empfangen ‚haben, lauter um» 
fonft, aus GOttes gnädiger Barmherzigkeit, um Des 
Verdienſtes feined lieben Sohns Chrifti willen, zu 
Lob feiner berrlihen Gnade, Sie bezeugen auch 4) 


. daß dieſe himmlifhe Güter an und ist noch wohl 


ugededer feyn, aber am jüngften Tage fo berfür 


leuchten werden, daB man ſich darüber verwundern 


und entfeßen wird. Sonderlich gedenfen diefe Spruͤch⸗ 
lein 5) des Briefes und Giegeld, fo die Glaubigen 
und Getauften wider pen Laͤſter⸗Teufel für ſich ba 
ben, nemlich, des heiligen @eiftes, welder vie Ga⸗ 
ben GOttes an denſphbigen verfiegelt, auf daß fie 
Darauf befteben, und damit troßen koͤnnen: Zu web 
hem Siegel auch geböret das hochwürdige Abend⸗ 


mahl. 


Dies iſt der Glaube, welchen alle Propheten, 
Apoſtel und Maͤrtyrer gehabt haben. In welchem 
ſie theuer und GOtt gefaͤllig geweſen, um welches 


willen ſie der Teufel geneidet und die Welt verfolget 


bat. Für welchen fie gekaͤmpfet, und welchen fie mit' 
ihrem Blut beftätiget haben. Died ift das reine und 
lautere Evangelium. Darum die eingeführten Sprüs 
de billig reine Pfeile des Heild aus dem erften Bud 
der Könige, Cap. 3. mögen genennet werden. Dern 
fie haben nicht unfaubers an fih, und geben fein 
ſaͤuberlich, ohne einige Verhinderung, ine Herz bins | 
ein, und maden daffelbige .glanbig und getroft, daß 
es ſich auf die Vergebung und GOttes Gnade fühns 
lich verlaffen kann. Wo aber ein wenig von unferm 
Thun am Evangelio Flebet, fo ift die Bloͤdigkeit vor⸗ 
handen, das Berbienft Ehrifti fi anzumafen, auch 
bei benen, welche ſolche Werke haben. Denn fie bes 


. 
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Wom Schatz ber Glaubigen. 108 „ J 
ſorgen ſich, ihre Werke moͤchten unvollkommen ſeyn: J 


Da iſt denn der zarte Glauben zu Schanden gema⸗ 
chet und gaͤnzlich verdorben. | . 


. * 


11. Es if dies zwar alles wahr, und hochtroͤſtlich: Aber 


iſt es nicht bedenklich, dieſes allen ohne Unterſchied 
> zu predigen? 


Ds es wohl. für unfere Vernunft ein bevenflih und - 


gefährlich Ding ift, Dad lautere Evangelium für allen 


Creaturen fo frei Bahin zu predigen und jedermann 


Damit zu vertröften, alfo auch, daß fi) die Allerges 
lehrteften und Geiſtreicheſten zuweilen fcheuen, . ihren 


armen Mund gegen dem Evangelio weit aufzuthun, 


und Chriſti Verdienſt und Wohlthaten nad) ihren 
Würden zu preifen: Dennoh, weil uns GOtt vors 
gefprochen hat, fo follen wir ihm getroft nachſpre⸗ 
hen, und ihn laſſen für alled forgen, wie Auguftis 
nus thut im 59 Pfalm, da er fpriht: Wie getroft 
redet ein Berftändiger, ver feinen Mund der Wahre 
beit widmet? Denn du haft geredet, ich ald ein Menſch 
rede getroft, denn du, GOtt, haft geredet. Und ob 
ih auch in meinem Wort wanfete, fo wuͤrde id) 
durch dein Wort geftärfet, denn du haft geſprochen. 


Was Haft du geſprochen? Deine Barmperzigkeit im 
‚Himmeb bereit fol ewig Sehen, wie ein feltes Haus 


das feined Sturmmwindes Wchtet, Das haft vu, lieber 
GOtt! gefaget. Zu | 2 


412. Ich gebe dies alles zu, und veruchme mit Freuben, daß 
biefe troftreiche Lehre von unfrer gegenwärtigen Selig 
keit von St. Paulo fonberligg und vornehmlich 

berrüßre ? . 


. 75 
vn 
FC 
. vo . 


| | | Ä J 
Da biſt auf rechtem Wege: Denn dieſe Lehre des diſer 


Friedens iſt St. Pauli Lehre, als welcher ſamt ansgenwärtie 


dern Apofteln dazu gefandt worden, daß er bie arg ar | 
men Gewiſſen durchs Evangelium follte befriedigen, Ya | 


4106 Vom Schatz der Glaubigen. 


welche durch das Geſetz beunruhiget waren, wie be 
heilige Eſaias 57 ſpricht: Ich will die Frucht da 
Lippen ſchaffen, die da predigen Friede. Dies war 
aber die Form der Lehre St. Pauli: So ſey es eud 
Fund, lieben Brüder, daß ihr Vergebung der Sir 
den habet durch Chriſtum. Denn wer an dieſen glas 
bet, der iſt gerecht. Apoſtelg. 13. Desgleichen Roͤm. 3. 
Mir werden ohne Verdienſt gerecht aus Gnapden, 
durch den Glauben an Chriſti Blut, welche Gered— 

- tigfeitt GOtt darbeut oder ſchenket zu Diefer Zeit. 
Es if auch aus St. Paulo zu erfehen, daß mas 
den Getauften hernach nichts anders geprediget bat, 
denn von ihrer Taufe und Seligkeit: Weil er faſt 
in allen Epiſteln der Taufe des Heils, der Abwa— 
ſchung, der Entfreiung von Sünde, Zorn, Teufel 
und Rod, der Wiedergeburt, der Erneurung, der 
Einpflanzung und Gemeinfhaft Chrifti, der Kind 
fhaft, der Gabe des heiligen Geiſtes, der Wohlrie 
chenheit, der Darftellung des Friedens, ver Freuden 
des heiligen Wandels und göttlichen Weſens gedenktt. 

- Dies ıft die Lehre St. Pauli, des großen Doc 
tors, welder feine Kunft im Himmel ftudiret hat, 
die alle Menſchen von ihm lernen follen. Wer fe 
nun von ihm empfangen hat, der danfe GOtt, um 
‚gebraudhe ihrer durch den Glauben, und behalte fie 
auch wider die Feinde der Gerechtigkeit, fo wird a 
Friede und Freude in felwen Gewiſſen haben. Es 
ift nun aber leider ein ander Evangelium aufkommen, 
darinnen man die Glaubigen und Getauften erft Ich 
ret, wie fie follen felig werden: Daher wird der 
Taufe nicht mehr gedadht, und ift Fein Leben nod | 
heiliger Wandel mehr auf Erden, fondern alles if 
geiftlich todt, darzu woll Geites, Hoffart und Tro⸗ 
Bed, daß einem grauet zu leben. | | 


13. Was ſaget hiezu ber Herr Lutherus? 


Eutheri Er zweifelt nicht an der Seligkeit, er fraget auch 
Meinung nicht, ob ein glaubiger oder getaufter Chriſt gebenfe 





v 
v 


— — 


Dom Schag der Glaubigen. 407 


‚er hoffe felig zu werden und woburd: Sondern er 


get rund, duͤrr und frey heraus, daß vie Glaubi⸗ 
n und Getauften fohon felig geworden -find, in: Dies 
m Leben, wirklih, in Ynfehung der Snadengüter, 
nd erfläret ihnen das Wort Hoffnung fein, nem⸗ 


dh, daß es zu verftehen fey, von den Gütern Der _ 


yerrlichkeit, oder von der Offenbarung der Gnaden⸗ 
ter, die fie igt fchon im veften Schrein haben, auf 


aß ‚fie durch Died Wort an ihrem Glauben nicht 
roͤgen irre gemachet, und in einen Zweifel geführet 
erden und confirmiret fie auch im gegenwärtigen 
yeil, und ermahnet fie, daß fie veft ſtehen wollen 
ı ihrem geſchenkten Heil, und ihnen das Ziel nicht 
erruͤcken laſſen. Behalte was du haft, fpricht er, 
nd laß dir deine Krone durch ungeſchickte Fragen, 
der durch läfterlihe Predigt der Papiften nicht neh⸗ 
nen. Er menget auch nicht in einander Wiederges 
urt und Erneuerung, und ſpricht nicht, Daß wir vor 
Ott gerecht find in Anfehung der Ereuerung, wels 
be in diefem Leben ſehr unvollfommen ift, ſondern 
n Anfehung der Zurehnung aus Gnaden: Und vers 
feinert die Jurechnung nicht, als ein geringed Ding, 


ondern bebet fie Himmel hoch, und hält die glau⸗ 


ige Herzen darzu, Daß fie ihre Güter wohl erken⸗ 
sen, und: ihnen durch wahren Glauben anmaflen, und 
fie mit allen Freuden befigen, u 


14. Beweiſe mir dies mit Lutheri Worten. 


Er bezeuget es in allen ſeinen Schriften, ſonderlich 
in ahfolgenben Zeugnifjen, welche in feinen Tomis 
zu finden. 

Tom. 5. Sen. pag. 512, Mein Herr Chriſtus 
hat für. mich gelitten, und burd fein Sterben mir 
geholfen, und mid, von Sünden erlöfet, gereht und 
fehg gemachet, und fordert nicht mehr, denn daß ich 
—*— glaube, und heißet mich hernach meines Amts 
eißig warten. Da will ich bei bleiben. | 


“ 
». 


—5 
utheti. 


—— 


RF 
ee SE Zur CH 2 


—— g7 — 


und Fels werden ſtehen laſſen alle Pforten ve 


EOtt find. wir ſchoͤner und heller als die Sonne 


ſtum und den heiligen Geiſt mit allen ſeinen Gaben. 





108 Vom Schatz der Glaubigen. 


Tom. 6. p. 27. Iſt das nicht wahr, daß 
allefamt find. erlöfet von Sünden und Tod, und 
recht und felig gemadhet allein durd Die Gnade GL 
tes, ohn alle unfere Werke. und Berdienft: Ka 
das auch der Teufel leugnen, daß Chriftus für u 
geboren und geftorben, und fein Blut vergofien, fi 
he Gnade und zu erwerben, und dDurd Die Tau 
und Wort unter uns auszutbeilen? Diefen Grud 






Hoͤllen. 

Poſtill. Jen. part. aͤſtiv. pag. 31. Es iſt ger 
kein Zweifel, wenn ein Menſch getaufet wird, fo win 
er in der Taufe vor GOtt fo rein, belle und ſchoͤr 
ald die liebe Sonne, daß gar feine Sünde da bie 
bet, fondern eitel und ewige Gerechtigkeit. Denn f 
faget Ehriftus felbft: Wer da glaubet und getauft 
wird, der wird felig. In der Welt fcheinet es, al 
feyn wir Sünder, aber vor GDtt find wir. geredk 
Bor der Welt fcheinet ed, dag wir ſtinken, aber vor 


Im großen Catechismus. Es ift viel Gnade in ber 
heiligen Zaufe, daß ed Himmel und Erde nicht be 
greifen Fann. Darum hat ein jegliher Chrift fein 
Zebenlang genug zu lernen an ber. Taufe, und zu 
glauben, was fie wirket. Denn fie bringet Berge 
bung der Sünden, GOttes Gnade, den ganzen Chr 


Tom. 2. Sen. p. 321 und 322, GOtt bat und 


‚nun audgepflanzet aus Adams Erbfchaft. in feine Erb⸗ 


ſchaft. Wir find nun neugeborne. Gotteöfinder und 
GDttes Erben, und haben alle Güter GOttes eben 
fo reihlih ald St. Petrus und Paulus. So fange. 
wir auf Erden find, müflen wir in der Hoffnung 
der Offenbarung eben. Denn wiewohl wir gewiß 
find, ‘daß wir durch den Glauben alle Güter GOt—⸗ 
tes haben, fo ſeben wir e8 dennoch nicht. Iſt rin 
wenig bei Seite getban, daß wir ed nit mit Aw 


u gen ſehen koͤnnen. Wer mehr folder Zeugniffe Lu⸗ 





I ae — Pe TEE TU 


Dom Schatz der Glaubigen. 109 


heri zu leſen begehret, der ſchlage auf bei Herrn . 


Buthero felbft, Tom. 2. Jen. p. 332. 428. ibid. p. 319. 


n der Vorrede über die Epiſtel St. Petri. In der 


Rirhenpoftill am Chriſttage p. 74, und ebendaſelbſt 
. 128. 

Wer aber den rechten Verſtand und Glauben Lu⸗ 
heri in herrlichen, geſunden und verſtaͤndigen Wor⸗ 
en haben will, der leſe die Auslegung der Epiftel 


5t. Payli an <it. 3. am heiligen Gprifttage in ber 


Rirchenpoftill Lutheri. 


15, Mir genüget wohl am beigebrachten Beweiß ans St. 
Paulo und Luthero: Derowegen ſage mir, durch wel⸗ 
u Ges Mittel ich dieſe Seligkeit erlange ? 


Hievon will ich im 3 Buch gründlichen Beriht geDnräben 


nben 


ven. Merle demnad nur für diesmal kuͤrzlich, was Wanfe ’ 
Johannes und Paulus bievon für Nacrichtung - ger 1Sop.h 


ven. Johannes fchreibet alfo: Welcher glaubet 


ınd befennet, daß JEſus GOttes Sohn ift,. 


n dem bleibet GOtt, und er in GOtt, das 
ft, der ift felig. Desgleichen St. Paulus Röm. 
10. Sprih nicht in Deinem Herzen: Wer 
vill binauf gen Himmel fahren? Das ift, 
wie werde ich felig und wie fomm ich in den Hims 
mel? Siehe, der Weg zur Geligfeit und zum Him⸗ 
nel ift dir fehr nabe: Er ift dir in deinem Herzen 
und Munde, Denn fo du mit deinem Herzen glaus 
beft, und mit deinem Munde befenneft, daß JEſus 
Ehriftus der HErr fey, und daß ihn GOtt von den 
Todten auferwedet habe, fo bift du gerecht und felig. 

Siehe, lieber Ehrift, GOtt bat uns nicht ſchwere 
Wege zur Seligkeit vorgeftellet, fondern gar leichte, 
Sic find fo ſchlecht und richtig, Daß auch die Thoren 
nicht wohl darauf irren mögen. Es ift nun alleim 
ber Glaube und die Taufe. Dies ift ver neue ſchoͤne 
und angenehme Onpvenbun, und es gehoͤret mit 


5 





110 Dom Schas der Glaubigen. 


unter die großen Wohlthaten GOttes, daß er uni 
armen ſchwachen Würmlein fo leicht Steige zur ewis 
gen Seligkeit verordnet hat. Weil died aber die allen 
fürnebmfte Kunſt und Weisheit GOttes ift, vor al 
e len Klugen diefer Welt tief verborgen, willen und en 
kkennen, daß mir fchon felig feyn in Chrifto, um 
wie viel die Seligkeit in ſich babe, oder wie reich 
wir in unferm HErrn und Heillande worden fe: 

Als will ih) eudy ermahnet haben, dieſe hohe Kunf 

und Weisheit mit Ernft recht und wohl zu lernen. 


Das vUL Eapitel, 


Bom feligen Gebraud diefer trofireis 
ben Lehre. 


1. Lieber, fage mir num ferner, wie ich mir bie troftreiäe 
Lehre von ber gegenwärtigen Seligkeit zu nube mas 
u chen fol? | 


Die 66: Iievon fol im folgenden fechsten Bud; ausführlid 
denjremgehandelt werden. Merfe demnach allhie nur mit 
faſſen. Wenigem, daß diefer Artikel des hriftlichen Glaubens, 
welches ift der Anfang unfrer Seligkeit, alle getreu 
Lehrer den getauften Rinvlein und der lieben Zugend 
wohl einbilden follen, auf daß fie ja denfelben reiht 
verftehen lernen, und follen fie auch zu folden Glau⸗ 

ben vermahnen. eo 
Es follen. fih auch die lieben Kinder von Jugend 
auf begeben auf diefen Artifel, und follen fih darına 
uben ihr Lebenlang, bis ſie ihn glauben. Cie follen 
die Vergebung der Sünden, oder die Erlöfung von 
allen Sünden mit lebendigen Buchſtaben in ihr Her 
gefchrieben haben. a fie follen in ihrem- Herzen 
ei nichts anders fühlen, .venn dieſen Troſt. In diefem 
Ren, Troft follen fie erwachſen, und der Troſt fol mit 
ihnen zunehmen, und follen ſich für nichts andere 
halten, denn für reine Kindlein GOttes, ob fie noch 


I 


G J 7 
Vom Schatz der Glaubigen. 411 


sohl Sünde haben. Und wo man von Sünden und 
Bündern faget, follen fie fih es nicht annchmen, 
andern fprechen: Ich bin heilig und rein, was habe Bu 
h damit zu fihaffen. Es wird mich Feiner anders SE 
sahen, ald mich mein lieber HErr und Erlöfer JE⸗ 
us Chriſtus durch fein Blut gemachet hat. 

Aus folder Erfenntniß, Glauben und Troſt ICH, 3) Dari 
u Eprifti werden fie ftetö freudenreich, und felig froh 
eyn, wie der Engel fpriht, Matth. 1. Der HErr ſeyn. 
zEſus wird fein Volk felig machen von ihren Güns 
en, da ift, wer erlöfet ift durch Chriftum von feis 
ten Sünden, und glaubet foldyes von Herzen ‚ wie 
in jeder thun foll, der iſt ſelig. 

Inſonderheit folfen getreue Lehrer biefen Troſt Die Leh⸗ 
verirreten, angefochtenen, und betrübten Herzen wohl | 
inbilden, bid daß fie ıhn mit dem Glauben faffen, vrevigen. 
md auch nicht eher aufhören, bis fie ihn gänzlich in 
hr Herz gebracht, und ihn mit wahrem Glauben 
jefafjet haben. Und follen fie mittler Weile mit allen 
indern Lehren, welche nicht zum Troſt dienen, güns 
tiglih verfchonen, und unverworren laffen. Daſ⸗ 
elbige heißet getreu feyn in feinem Amt, und bie‘ 
irmen Schäflein Chriſti rechtfchaffen weinen. E 

Aber das wiffen und verftehen wenig Lehrer, ob Aber ve⸗ 
ie es wohl taͤglich mit ihrem Munde reden: Son⸗nig peitte 
ern fie gedenfen indeß, die. Seligfeit fey nod) ferne 
on ihnen, und man erlange fie erft in jenem Leben. 

Denn fie willen nicht, was Geligfeit fey, dDerowegen 

oͤnnen fie auc nicht recht davon lehren, fondern fie 

redigen den Chriften, wie ben Heiden, und lehren 

ie, wie fie follen ‘allererft felig werden. Xreten alfo 

das theure Blut ISſu Chriſti, den Glauben an JE⸗ 

um Chriftum und die Taufe ſchaͤndlich mit Fuſſen, 

nd meinen, fie find gelehrt und thun recht und wohl en 
ran. Ja fie halten das Wort vom gegenwaͤrtigen wigken 
ſchenkten Heil für eine ſchaͤdliche Ketzerei, fir mel Prebigen 
er man die Ohren zubalten fol. So meiden fie even - 

armen bungrigen u und magern Schäflein JEſu 


« 








* .. 4 
.. vw . 
. 21— 


112 Dom Schatz der Glaubigen. 
Chrifti, welche er mit feinem Blut befprenget um 
ſchneeweiß gemadet hat, zu ihred Herzend Troß 
und zu feines Namens Lob und Ehre. Das mad, 
fie wiſſen feinen Unterfchied zmifchen dem Reich ve 
Gnade und Herrlidfeit, fondern mifhen alles u 
einander, die zufünftigen und Die gegenwärtigen Gi 
ter, die Verheißungen und die wirkliche Mittheilung, 
-und madhen einen Kucden daraus, oder fie folgm 
dem Pabſt, welcher die Glaubigen nad) der Tauf 
auf ein neu Brett verweifet, nemlich, auf ihre eigen 
Buße und Genugthuung, auf welder fie gen Hiw 
mel fahren ſollen: Sind ärger, ald die vorigen Po 
piften nie gewefen. find. Daher ſpricht Syeremiad: 
. Der Glaube ift auögerottet und untergangen in 
rem Munde, Dod find gleichwohl noch wenig übrig, 
welche den rechten Berftand des Evangeliü Haben, us 
den Slaubigen und Getauften ihren himmlifchen Sche 
treulich austheilen oder offenbaren. .c 
% 5 

| TER. 
2, Bill denn der rechte Gebrauch biefer Lehre nicht mp 
ben, baß ich frage, ob ein Ehrift hoffe felig zu wer 

Ä | den, unb wodurch? 


Ob dies wohl kann entſchuldiget werden hiemit, def 
die Hoffnung auf Das ewige Leben, und auf die Oſ 
fenbarung der Gnadengürer, die in diefem Leben fchon 
haben, ftehet: Dennod fo ift dies nicht die erſte 
Frage, die man den Kindern foll vorbalten, nemlid, 
ob fie auch gedenfen, in das ewige Leben zu kommen, 
zur Öffentlichen Befhauung der Güter, vie fie bie u 
‚ ver Taufe empfangen haben? Sondern das ift vi 
erſte Frage: Was fie hie find? Und was fie hie em 
pfangen‘ haben? Ob fie auch glauben, daß fie hu 
in diefem Leben in ihrer Taufe felig, das iſt, gerecht 
gnadenreich und heilig durch Chriſtum worden feyn‘ 
Hierauf follen fie antworten. Denn auch Lutberni 
in Erplic. 1 Petr, 1. und Auguſtinus lid. 2. contr 

Do 


Dom Schatz ber Slaubigen. . 4143 


Donat. cap: 14. ſolche und dergleichen zweifelhaftige 
Fragen verworfen bat. | 
Derowegen, wer ein wahrer Chrift, das ift, an 
Ehriitum von Herzen glaubet, und dazu getaufet iſt, 
und .glaubet Doch gleichwohl dies nicht, nemlich, daß 
er felig fey hie und dort, das ift ein wunderfamer -' 
Chriſt. Er ift ein. Berleugner feines Heils, und ein | 
pur lauterer Heide, U 


3. Wie ſo? 


Denn was iſt das für ein Chriſt, welcher nicht will Warum 
felig feyn? Ein foldyer ftößet den ganzen Grund DEByie nekene 
Evangelii um, und richtet ein anders auf, von 'wels wärtige. 
chem die Apoftel nichts gewußt haben, Denn pas Gelatelt 
einige wahre Evangelium lehret nichts anders, Denn leugnen 
daß die Taufe ſey eine Mutter der Wiedergeburt, und folk 
Eingang zu allen himmlifhen Gütern, und Daß Die, 

welche an Shriftum glauben und getaufet find, ſchon 

felig find, in der Wahrheit, hie anfänglid und Dort 
ewiglich, wie St. Paulus bezeuget und flärlich fpricht, 
Epheſ. 2 Aus Gnaden feyd ihr felig wors. 

den, durdh den Glauben. Deögleihen Tit. 3. 
GOtt hat uns felig gemadhet Dur Das Bad 

der Wiedergeburt, 


4. Wie kann das ſeyn, fintemal wir noch fterbfic und 
fündlich feyn ? | 


D; wohl die Glaubigen und Getauften nod) nicht 
Die hochgebenedeite Freude und Unfterblichfeit haben, 
welche zu hoffen if in jenem Leben: Dennod fo 
kann niemand leuanen, Daß fie nidıt follten Berges 
bung aller ihrer Sünden, neue Gerechtigfeit, bie p 
Kindſchaft GOttes, und ven heiligen Geift haben, R | 
iftd anderd wahr, was St. Panlus Col. 1. faget: “ X& 
Wir haben die Erlöfung durd Ebrifti Blut, . 
nemlich Die Vergebung ver Bhndem, tem, 0 


N 


314 Vom Schatz der Glaubigen. 


Roͤm. 5. Wir find nun gerecht worden dur 
. den Blauben Gal.3. Ihr feyd alle GOtt 
Kinder durd den Blauben, und habet Ghr— 
ftum angezogen in der Zaufe. Gal. 4 Wen 
ibr aber Kinder feyd, fo bat GOtt gefandt 
den Seift jeines Sohn in eure Herzen, der 

Die inf Hreiet: Abba, lieber Vater! Diefe Sprüde 
de der find fo helle, einfältig und feite, Daß man fie gar 
leicht verftehen, und ihnen feinen andern Verftan 
die @elig.andrehen kann, und. daß fie auch alle böfe Geiſter 
keit niht und Gelehrten mit aller Weisheit und Argumenten 
auf. nicht umſtoßen Können. Denn obgleich die lieben Glaw 
bigen und Getauften nody Sünde haben, welche fie zum 

Theil erfennen und befeufzen, fo nimmt ihnen dog 

folches nichts. Sie ſind gleihwohl Chriften, um 
wiedergeborne neue himmlifche Menſchen, weit abge 
fondert von den Heiden, an weldien GOtt ein Ge» 
‚fallen bat, wie St. Paulus Rom. 8. bezeuget un 
fpriht: Wer kann uns fheiden von der Liebe 
GOttes? Ja vie Sünde, welde. fie noch heimlich 
erfäufet, im Meer der Taufe, und foll ihnen nidt 

mehr zugerechnet werden, wie unfer lieber Apoftd, 

2 Cor. 5. fhreibee: GOtt hat die Welt mit 

ibm verföhnet, und rechnet ihnen ihre Sam 

de niht mehr zu. Das wären ja. feine Heil 

gen, welche gerne wollten Vergebung ihrer Suͤnden 

" Haben, und doch gleichwohl feine haben. So ein 
zarter möchte ich auch wohl feyn, wenn ed möglich. 

wäre. Aber fo find foldhe Heiligen? Ja was wäre 

folden Heiligen Chriſti Blut und die Taufe nuͤtze? 





5. Mir beucht, daß du nicht in Acht nimmſt der Gelehr⸗ 
‚ ten Unterjchiebe, welche fie bier gebrauchen. 


Das Die Phariſaͤer hier ſonderliche Unterſchiede ma⸗ 
chen, und weiſſagen von dieſen und jenen Suͤnden, 
iſt mir wohl bewußt: Aber ſie thun damit nichts an⸗ 
ders, denn daß ſie mir den chriſtlichen Glauben von 





a 


Vom Schaf der Glaubigen. 115 


Bergebung der Sünden In ihnen und andern zer⸗ | 


tören. Denn Das bifputirliche Volk iſt leichtfertig 


md untauglic zum Glauben: Es waͤſchet nur, und 


Ba Zu Be 
‚air 


‚at nichts von den Woplthaten Ehrifti, und will .. .' 
leichwopl gelehrt feyn, Es find ja Gelehrte, aber 


velche mit dem Lucifer aus dem Himmel verſtoßen 


vurch ſich felbft, und außer dem Himmel philoſo⸗ 


‚hiren. Ä 


Sind aber obberührte Städe, ald Vergebung der - 


Sünden, neue. Gerechtigkeit, die Kindſchaft GOttes, 
ınd der heilige Geift, niche große Stüde ber Seligs 
'eit? Was kann feligers und herrlichers erdacht wers 


ven, als eben folche Güter? Das Reich ver Oma pugeit 
ven ift eben fo Föftlih, Als das Reich der Herrliche den ik, 


'eit, ja das Neid ver Herrlichkeit hat ſich ſchon Bei 


eben 9  - 
koöſtlich 


ins bier angefangen, ſintemal wir Kinder GOttes ais dae⸗ 
vorden find in der Wahrheit, verſiegelt mit dem Geiſt Feid bet 


er Herrlichkeit, Wir find ſchon in den beiden Rei— 
hen, ob wir wohl unfere Herrlichkeit noch nicht ſehen. 
Bie werden aber bald gefehen werden. Schlaf ei, 
o ftehet Dir das Paradies offen, und du ſieheſt Chris 


7 


Herrliche 


. Seit, 


tum in deiner Herrlichkeit, ja dich in Chriſto. Aber 


leide nicht in Sünden, 


3. Szlle mir es auch. wohl ſchaͤdlich ſeyn, wenn ich das 


nicht glaubete ? 


Mer den Glauben Chriſti und die Taufe bat, und 
pweifelt noch an feiner Seligkeit, will auch nicht eher 
glauben, er fehe dann darüber ſonderliche Briefe und 
Siegel, der beraubet ſich felbft feines Heils, welches 
Ihm. in der Taufe gegeben war. Denn \oer nicht 
glaubet diefer großen Gnade, der bleibet in feinen 
Sünden. Wer fein Erbtheil nicht dutreten will, der 


berlieret als ein Undankbarer, ja ald ein Thor, fein 


Recht und Antheil. j | | 
Der Schatz muß ergriffen ſeyn im dieſem Leb 


durch ben Glauben, fonft wird er nicht zum Eigen ö * 
| “ | 8 * — 


Pa 


116 Dom Schas der Glaubigen. 


thum, wie St. Paulus 1 Cor. 9. fhreibet: Laufe 
alfo nah dem Kleinode, Daß ihr 88 erlam 
get. Das ift: Euer einiges Bemühen fol feyn, mie 
ihr euer gefchenftes Gut durch wahren Glauben mo: 
get ergreifen .und befigen. Wer ed durd ' wahren 
Glauben ergriffen hat, ver it fein Herr, und Hat 
e3: Wer e8 aber nicht ergriffen bat, der hat es nicht 
Er iſt ein Luft: echter und wahnwitziger Nenner, 
“welcher wohl immer redet und rennet, aber nichts 
erhaſchet. Er forget, arbeitet, ſuchet, und findet Dod 
nichts. Denn er nimmt ſich feined Geſchenks nic 
an, welches doch Gott ernftlidy geboten hat. Hie 
muß das Kleid der ewigen Geredtigfeit ergriffen 
und angezogen und dort für dad Gericht gebradt 
werden, fonften wird der unglaubige nadte Menjch aus 
der ewigen Hochzeit GOttes ausgemuftert werden, 
und dieſe Worte hören müflen: Freund! Wie bift vu 
herein fommen, und haft dein hochzeitlich Kleid nicht 
an? . Denn GOtt will dem dort nichts Neues mas 
chen, welder bie feine Gnade verachtet und nicht am 
genommen bat, wie bie Epiftel: Ebr. 2. ſpricht: Wie 
wollen wir entfliehen, fo wir eine folde 
Seligfeit niht achten? 

Dieß weiß der Dieb, der Teufel gar wohl: De 
rowegen fo leget er allen Fleiß daran, daß er Die 
Leute durch mandjerlei Wege- abhalte von nnebs 
mung oder Anmaßung ihrer Geligfeit, auf dag durch 
ſolchen Glauben’ fein Reich in ihnen nicht zerftöret 
werde, Denn wo fein Glaube des Heils if, de 
"hat der Teufel gewonnen Opiel, da reutet er die 
Gewiſſen feined Gefallens. 


* 





| 


Vom Schatz der Glaubigen. 117 
Das IX. und legte Capitel. \ 


Bon Widerlegung etliher Einteden der 
Sophiften und Schwachglaubigen. 


1. Wie ich bis daher vernommen, fo beruheft du darauf, 
dag ein Glaubiger allhie ſchon felig fen. 


Wir halten es dafuͤr, daß wir in Chriſto ſchon ſe⸗ 
lig ſeyn, wenn wir an ihn glauben‘, Daß er für uns 
geftorben und auferftanden it, und. wenn wir auf 
folhen Glauben getaufet find. Denn St. Paulus 
fhreibet, 2 Tim. 1. GOtt hat uns felig gemadhet, 
und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nad un« . 
ſern Werken, ſondern nach ſeinem Vorſatz und Gna⸗ 
de, die und gegeben iſt in Chriſto JEſu. Tit. 3. 
GOtt hat und felig gemachet Durch das Bad 
der Wiedergeburt, | 


2. Wie ann ich ſchon felig fen? Bin ich doch noch nicht 
im Himmel, fondern krieche noch auf Erden in großem 
Sammer und Elend, und muß täglich des bittern 
Todes gewärtig ſeyn? 


Maproin es, im Hinmel iſt die vollfommenfte 
Seligfeit, wenn wir nun abgeleget haben ven befleds 

ten und verweslichen Rod dieſes Leibes, wie wir 

und auch von beöwegen, und alle Grealuren ee 
und, nad) dem ewigen Lebe een. Denn Dafelbfttande ein 
werden wir GOtt an der wunderfamen Ce, Slauki: 
ftalt, Majeſtaͤt 


JEſu Ehri 







= 


+ 


118° Bom-Schag der Glaubigen. 


des ewigen Vaterlandes, fo haben wir doch die Guͤ⸗ 

“ter, welche wir auf Dem Wege oder in dieſem Leben 
hedurfen. Wir baben neue Gerechtigkeit, GOttes 
Kindſchaft, den heiligen Geift „der beiligen Engel 
Schutz ıc find das nicht felige Güter? 


| 3. Mas finde ich hievon bei dem Luthero ? 


gatperus.S)ievon ftebet ein merklicher Locus in der Kirchen⸗ 


poſtill Lutheri, pag. 74. Wie mögen die Worte be 
fteben, die da lauten, als find wir ſchon felig? Sind 
wir nicht nod auf Erden im Sammer? Antwort: 


Es ift darum alfo geredet, daß die Kraft göttlidyer 


Snaden, und die Art ded Glaubend würde ausge 
drüdet, zuwiber ben irrigen Werkheiligen, die durch 
ihre Werke die Seligkeit, ale wäre fie nody ferne 
von ihnen, holen und erlangen wollen. Nicht alſo: 
Epriftus Ehriftus hat und auf einmal felig gemachet. in zweier⸗ 
bat und lei Weiſe. Zum erften, er bat alles gethan, was 


fon feliy 


gemacht, dazu gehöret, daß wir felig werden, nemlich vie Sum | 


aan de, Tod und Hölle überwunden und vertilget, da 
fe. nichts mehr dazu von jemand zu thun if. Zum am 
‚dern, daß er folched alles in der Taufe bat und als 


Ien gegeben, daß wer da glaubet an Chriftum, Daß 


er foldyes gethan habe, der hat gewißlich alſohald im 


dem Augenblid alles, und find alle feine Sünden 
dahin, mit dem Tode und Hölle, daß er nichts mehr 
‚bedarf zur Seligkeit, denn folhen Glauben. Darum 
alle das Leben, das ein rechtglaubiger Ehrift führet 
nach der Zaufe, iſt nichts mehr, denn ein Warten 
auf die Offenbarung der Srkigfeit, die er fhon ges 
wißlich ganz bat, aber verborgen. Denn wo uns 
folche große Güter follten bloß gegeben werden, fo 
_ vermoͤchte fle Die Natur diefed Lebend nich zu ertras 


das Leben laſſen. 


Darum laß dich die irrigen Geiſter nicht verfuͤb⸗ 


ren, die den Glauben und Taufe verachten, ſetzen 





"gen, der Menſch müßte vor Freuden fterben,_ un» | 


Pan sus. Bu 


Dom Schatz ber Glaubigen. 119 


deine Seligkeit weit vor dich, und treiben dich mit 
Werken, ſie zu holen. Nein, lieber Menſch, ſie iſt 
in dir inwendig, iſt ſchon alles geſchehen, wie Chri⸗ 
ſtus faget, Luc. 17. Das Reich GOttes iſt im 
wendig in euch. 

Ebendaſelbſt p. 74. Des Teufels Wunderzeichen 
iſt dieſe giftige Meinung, die Seligkeit ſey uns noch 
nicht gegeben, ſondern wir müͤſſen bis in den Tod 
Darnadı arbeiten. Worüber venn des Glaubens und 
der Taufe Reichthum verfinftert und aus Chriften 
„lauter Heiden werden, u 


4. Was faget die Welt hiezu? 


Die Welt lachet fein fäuberlih, wenn fie höret, daß Sie ver⸗ 
fie durch Chriſtum felig ſey. Denn fie gedenket und lacht es. 
ſpricht: Seligkeit ſey im Himmel, oder da man ja 

etwas davon hienieden auf Erden haben koͤnne, ſo 

ſey ſie deſſen noch zu unwuͤrdig, und koͤnne ſich es. 

nicht anmaſſen, ſie habe ſich denn zuvor durch ge⸗ 
nugſame Buße mit GOtt rein abgefunden. Und 
ſolches redet Die Welt darum nicht, als ſollte es hh 
fo hart um die Buße zu thun ſeyn, ſondern daß fie: 
fih nur mit dieſem Behelf gegen dem Evangelio und 
der Seligfeit ſtraͤube. Denn es ift die Eigenſchaft 
der Welt, daß fie ihrem eigenen Heil widerfpricht.. 
Denn da fie Buße thun wollte, fo müßte fie ja eins 

‚ mal anheben, und fih nicht immer mit der Unbußs 
fertigkeit ſchuͤtzen. | 


5. Woher koͤmmt dies ? Und was geböret darauf? 


Dies alles koͤmmt daher, daß fie in St. Paulo undays Mike 
Luthero nicht fleißig genug fludieret: Ja, daß fie willen 
nicht hat den Geiſt des Verſtandes, ob fie gleich zus PAR 

- weilen in dieſen Seribenten etwas blättert, die Sonne 
der Gerechtigfeit ift ihr nicht aufgegangen, und der 
Füuͤrſt viefer Welt hat ihr Herz verblennet, daß fi 





— — — — — — — — 


120 Vom Schatz der Glaubigen. 


nicht ſehen muß das Licht des Evangelii von unſrer 


Seligkeit, ſondern dafuͤr tappen durch viel Suchen 
und Kehren am hellen Mittage, wie zur Mitternacht. 


-9 HErr GO! Wie ein elend Ding ift ed um es 
nen Menfhen, der verrüdte Sinnen hat, und Der 


Wahrheit beraubet if. Solch ein Menfih kann ſich 


ja des leidigen Teufeld im geringften nicht erwehren, 


weil er ven Helm des Heils auf feinem Haupt nicht 


hat, fondern muß ihm ſtets in großen Schreden zu 


Füpen liegen. Er kann GDtt nit lieben, noch 
ein neues Leben anfahen. Denn wo die Gnade Durd 


‚den Glauben nicht wohl gegründet it, da fann we 


der Liebe noch freiwilliger Gehorſam folgen. Ja, 
folche Leute muͤſſen in Ewigfeit verdammet feyn. Ich 
fage abermal, wo einer dem Evangelio nicht glaw 
bet, der ift eben fowohl verdammet, al3 wo einer an 
Ehriftum. nicht glaube. Wenn St. Paulus fpridht, 
Eph. 2 Aus Gnaden feyd ihr felig worden, 


. Durch den Glauben. tem, Tit. 3. GOtt hat 


uns felig gemacht durch die Taufe. Und du 
glaubeft dem nicht, fondern widerfpridyft ihm, durch 
Eingeben des böfen Geifted, fo bift ou eben fo wohl 
verloren, ald wenn du nicht glaubeit, Daß JEſus 
Ehriftus GOttes Sohn und der Welt Heiland fe. 
Wie dies Lutherus in Dem Gefang bezeuget, da er 
alfo fpriht: Wer nicht glaubt diefer großen Gnad, 
der bleibt in feinen Sünden, unp ift verdammt zum 
gwigen Tod, tief in der Höllen Grunde. Höre, Du 
unglaubiger Menfh, willt du nicht felig feyn allein 
dur den Glauben und Taufe, gleihwie hiedurch 
alle Heiligen felig gemorden find, fondern polterft 
nod in deinen Werfen, fo gehöreft du der Hölle zu, 
wenn du Dich gleich zum tode weineteſt und beteteft. 
Denn du wirft mir feinen andern Grund der Geligs 
feit legen, ald der ſchon geleget it, welcher iſt Chris 
ſtus, der Glaube ünd"Taufe, "Und ift dir gleichwohl 


das Bußethun biemit nicht verboten, wie du bers 
nach im 3. Capitel des 1. Theild im 7 Buch dies 








BEE TE 


Vom Schak ber Glaubigen. | 124 | 


fer Schatzkammer hören wirft: Nur allein, daß es 


in feinem Zirkel bleibe. 


6. Iſt es denn ſolch ein gefährlich Ding, nicht glauben, 


daß ich fchon hie felig bin und durch Buße hoffe 
felig zu werden ? 


Freitich iſt es gefährlich. Denn wer die Seligkeit 

nicht ſchlecht allein durd; den Glauben Chrifti durch 
die Taufe, fondern aud durch die Buße gedenket zu 
erlangen, _der gewinnet fie nimmer. Wer mit diefer 


Speculation umgehet, wie er du.) einmal, wenn es: 
gut Wetter wird, ſich wolle von Sünden befehren, 
und in folder Befehrung an Ehriitum glauben, und 


alfo endlich in fine vit& felig zu werden, ver hat des . 


rechten Verſtandes des Evangelii gefehlet, und iſt 


taufend Meilen aus der Taufe und aus dem Reich 
GOttes gefallen, und wird fein Zebenlang fein, Herr 
darüber werden. Er wird feines Heils nicht froh 
werden, noch deffelben Suͤßigkeit koſten. Er wird. 
vor der Heilspforten Stehen bleiben, wie die Bauern 
mit ihren Spieffen, aber zur rechten Thür nicht hin⸗ 
ein geben. Er wird in das Allerheiligite und in 
die Ruhe GOttes nicht fommen, wie Der Prieſter 


Aaron mit feinen Söhnen fommen ift: Weil er ſich 


un 


felber entweihet von wegen feiner Buße, an welden 
er großen Mangel fpüret. Wer durch die Taufe 
nicht hinein gehet, in das Reich GOttes, der gehet 
durd die Buße ja nicht hinein. Denn die Taufe 
allein ift der einige wahre Eingang zu allen himm⸗ 
liſchen Gütern, wie Lutherus im Meinen Catechismo 
ſaͤuberlich gefchrieben hat in der Vorrede übers Tauft 
Büchlein, welche Borrede man billig taͤglich leſen ſollte. 


T Verwirfeſt du nicht mit der Welſe die Buße? 
Solches thue ich hiemit nicht, ſondern zeige nur 


allein on, wodurch ein Menſch muͤſſe eingehen in das. 


1 


122 Vom Schatz der Glaubigen. 


Reich GOttes, nemlich durch den Weg, welchen be 
x HErr Chriſtus dem Nicodemo gezeiget hat. Wir 
.“ wiſſen wohl, GOtt Lob, was von der Buße zu 
halten fey, und thun aud) Buße, mehr, als ale un 
. fere Widerwärtigen: Denn wir laffen uns znfere 
x Übrigen Sünden von Serzenleiv feyn; aber wir me 

den fein Berdienft und Meg zum Simmelreich dar 
aus, weil wir fchon alles haben aus Gnaden, Durd 
Das Berdienft JEſu Ehrifti, Kraft unfers Glaubens 
und Taufe, was wir haben folfen, und nichts durch 
unfere übrige Schwachheit verloren ‘haben. Wal 
wollten wir mit unfrer Buße verdienen, weil wi 
durch GOttes Gnade fhon alles haben? 


& Dies tft aber wegen ber großen Majeftät der göttlichen 
Gnade und unfrer Unwuͤrdigkeit fehr ſchwer zu 
glauben. 


Die Ges Dem ift wahrlih alfo. Deromwegen fo mag man 
ea GOtt wohl anıufen und bitten, daß er uns aller 
Sottes Dinge rechten Verftand ind Herz pflanze, und und 
Bert, zugleich ftärfe, daß wir vie liebe Geligfeit, weldye und 
einmal zum ewigen Gut gegeben ift, wohl ergreifen. 

Denn wer died große Werk thun fol, der muß Abras 

hams Geiſt haben, und von GOtt dazu gerüftet feyn, 
Fleiſch und Blut kann es nicht thun, das Herz if 

fheu, und die Majeftät der Güter groß. Herz und 
Seligfeit können nicht zufammen fommen, wo fie 
BD nicht zufammen füget, wie St, Paulus 2 Cor 

sinth. 5. fpricht: Wir haben ſolchen Schatz in irbifchen | 
‚Gefäßen, auf daß die überfchmwengliche Kraft GOttes 

fey, und nit von und. Ein Schwacher nimmt Die 
Hochzeit Chriſti nicht an, fondern prallet zurüde, und 

fuchet Entfhuloigung, wie er .fann. GOttes Wort 

muß ofs feines Unglaubens Schanddeckel ſeyn. Es 

iſt wohl itzt zwar bei vielen große Andacht, aber ſie 

iſt falſch. Was ſich ſelbſt zum ewigen Suͤnder machet, 

und will nimmer gerecht ſeyn in Chriſto, ſondern 


Dom Schaf der Glaubigen. 0425: 


feufzet ftetd nad) dem Heil, und fuchet ed allenthafs 


ben, das fcheinet fehr heilig, aber ed ift unbeilig. 


Es handelt wider GOtt, denn ed will feine Gaben 
nicht annehmen. Wir feufzen auch, daß und GOtt 
von diefem fündlichen Leibe, und aus dieſer argen 
Welt wolle erlöfen: aber wir verwerfen darum die 
Gnade nicht. Wir verläugnen nicht, was wir ems 
pfangen haben, vielweniger verwerfen wir eö im 
Grimin und treten ed mit Füßen, wie die verkehrten 
Heiligen thun, welcher ganzes Leben ein muthwilliger 
Unglaube und Beratung der Gaben GHOttes if. 
Sie wiffen nit, was fie empfangen haben, und 


\ 


wollen es audy nicht wiffen. Ja fie verfolgen ihr . 


Heil; und follte eines ſolchan tollen Menichen Ans 
dacht GOtt gefallen können, ob er gleich taͤglich auf 
den Knieen lieget und betet? | 


9 Ich muß befennen, daß wir ſchon felig find, wenn wir 


secht glauben: Aber fage mir, ob wir allhier fchon fo 
felig find als dort im ewigen Leben? 


ch mache mir feinen Zweifel, du werveft aus ges 


ſchehenem Bericht wohl vernommen. haben, daß 

1. dur die Seligkeit, fo in Chriſti Gnadenreich 
gehöret, (davon eigentlich geredet wird,) nicht vers 
ftanden werde die ganze Neuheit, weldhe auf dies 
Leben allererft erfolgen wird, weil wir allbie nur 
felig feyn im Anfang, dort aber in der Vollendung: 
fondern die Vergebung der Sünden, neue Gereditigs 
keit, die Kindfhaft GOttes und der heilige Geift. 
Sb wir nun gleih noch nicht find im Himmel ver 
Herrlichkeit GOttes, follte es derowegen nicht große 
Seligkeit ſeyn, ſolche Gnadenguͤter allhie im Kirchen⸗ 
und Gnadenhimmel haben? | 

2. Hernach wird ja ein deutlicher Unterfchied ges 


machet zwifchen den Gütern der 'Pilgrimfchaft und. 


den des Vaterlandes, wie auch zwifchen der Darreis 


Hung und Offenbarung des Heild: und ausdrücklich 





. gemadet unter dem geiftlihen und ewigen eben. 


124 Dom Schatz der Slaubigen. 


gefaget, daß die Glaubigen allhie nur felig find, das 
ft, ob fie wohl noch nicht die Herrlichkeit Des ewi⸗ 


. gen Baterlandes haben, fo haben fie doch die Güter, 


welche wir auf dem Wege, oder in diefem Leben, be 
Dürfen. Wir haben neue Serechtigfeit, GOttes Kinds 
fchaft, den heiligen Geift, der heiligen Engel Schuß x. 
©ind das nicht felige Güter? Was. aber die Guter 
des DBaterlandes anlanget, und die Offenbarung vers 
felben, dies alles haben wir nur jegt in der Hof: 
nung, und warten Darauf im Glauben. Daher if 
nad) Zutheri Zeugniß, eined wahren Ehriften Leben | 
nichtö anders, al3 ein Warten auf die Offenbarung 
der Geligfeit, die er fhon hat. BE | 

3. Syerner wird ja deutlih genug bezeuget, daß 
die Seligfeit auch in Anfehung der Güter der Pi: 
grimfhaft in unferm großen Elend, Greuz und 
Schwachheit gleichſam tief vergraben und verborgen 
liege. Darum wird die Sünde und dad Creuz von 
ber Seligkeit des Gnadenreichs Chrifti nicht ausge | 
fhloffen. 

4. Endlich wird auch ein deutlicher Unterſchied 








Wie nun zweierlei Leben ift, alfo find aud) zweierlei 
Güter der Seligkeit und wie das geiftliche Leben ges 
hoͤret in Ehrifti Snadenreih, und Das ewige ind 
Heid) feiner Herrlicyfeit: Alſo gehoͤret auch die Ger 
ligfeit, davon allhie geredet wird, ind Gnadenreich, 
und die Offenbarung verfelben ind Reih der Herw 


.„ lichkeit. Wer demnah in der Wiedergeburt eine 


neue Creatur in Chrifto geworden, und bad geiftliche 
Leben erlanget hat, ver ift begabet mit ven Gütern, 
Die er zu demfelben bedarf, und wird im ewigen Le 
ben im Reich des Schauens alles offenbar fehen und 
wirklich empfinden, was er allbie geglaubet, gehoffet 
und erwartet bat. 


Dom Scak der Glaubigen. | 125 


0. Wohlan, ich ſtoße mich nicht mehr an dem Worte Ser 
ligkeit, welches ich allein vor diefem auf das ewige Les 
ben gezogen. Aber fage mir, find auch hierin alte 

Chriften mit bir in einer Meinung? 


O nein! Denn es ſind ihrer viel ſo grob, daß ſie 


richt eins wiſſen, woran fie ſeyn, ob fie ſchon felig 


eyn, oder ob fie ed noch werden follen? Ya fie duͤr⸗ 


en ‘wohl ſprechen: Ich bin no nicht felig, denn 
ch bin noch nicht geftorben. Bift du denn Darum 


yerdammer? Auh nicht. Was bift du denn? Ich 


veiß es nicht. Ich hoffe aber nody felig zu werden. 


Dies ift gefaget von den Kindern dieſer Welt, wel 


he mit voller Macht dem Mammon nadjjagen, und 


wiffen fein nicht zu gebrauchen, find auch fein nicht 
gebeffert. Die andern, ob fie wohl nad) großem Gut 
nicht fragen, fondern vielmehr nach ver Geligfeit 
trachten, fo nehmen fie Doch gleichwohl die Wahrheit 
des Evangelii durch beftändigen Glauben aud nicht 
an, fie halten es für einen Traum, wenn Dad. Evans 
gelium fpridht, GOtt hat uns in der Taufe felig ges 
machet durd) ven Glauben an JEſum Chriftum, oder, 
dad Reich GOttes iſt in euch. O nein, ſprechen 
fie, vor ſolcher Vermeſſenheit wolle mich GOtt be; 
hüten; ſollte ih armer Sünder mich ſchon für ges 
recht, GOttes Rind und einen Erben ded ewigen 
Lebens halten? Das wäre zu frühe angefangen, Hie 
wird man nicht felig, fondern dort. Und da mir 
es gleih alle GOttes Heiligen zufhwüren, daß ich 
bie ſchon ſelig wäre, fo wollte ich es doch nicht glaus 
ben. Ich glaube es nicht, ich ſehe es denn. Ich 
will warten, was GOtt der Herr einmal mit mir 


thun und aus mir machen wolle. Der Audgang 


wird ed wohl geben. 


— — — — 


m — — ml... — — — — — .- 


126 Dom Schatz der Slaubigen. 


- 44. Kannfı du beffen nicht ein Exempel beibringen © 


oeterie Deſſen will ich bie ein kindiſch Erempel fetzen. De 
tee Mu: nich einmal zwo geiftlih fromme Perfonen zu Gaſte 
einer Eingeladen hatten, und wir über Tiſche faßen, fragte 
ſterjunge ich Die eine, mit Namen Martha: Was fie. im Klo 
frauen. ſter machte? Die antwortete mir und ſprach? Ih 
ſuche mein Heil. Worinne? Sn meinem geiftlicyen 
Stande, falten, feiern, lefen, beten und andere chrif 

lidye Uebungen. Denn alled, was ich mit meinen 

“+ Händen erwirfe, Das gebe ich den Armen. Habe 
ihr denn dad Heil noch nit funden, weil ihr viek 
leicht an Chriſtum glaubet und getaufet feyd? O neinl 
ſprach fir Warum nicht? Denn ıh bin noch nicht 

fo fromm, ald ich Billig feyn follte: Und .ob ıd 
gleich zu dem hoͤchſten Brad gekommen wäre, moͤchte 

ich wiederum fallen, und alfo mein Heil aufs neue 
verlieren. Deromegen muß ich in ewigen Sorgen 
leben, in Furcht und Zittern, und mein Heil fo 
lange ſuchen, bis ich es finde: Welches denn gefcher 

ben wird am Ende meines Lebens, da ich würdig 

feyn werde. Was thut ihr Denn, Jungfrau Maria, 

ſprach ich weiter, in eurem Kloſter 25Ich bin fröß 

lich in meinem lieben Heiland JEſu Chriſto, und in 
meinem Heil, welches er mir. theuer erworben und 

in meiner Taufe gänzlich gefchenket hat. Ich fauge 

Mid und Honig aus meinem Hal, und effe und 

trinke mein’ Heil. Ich labe meine Seele damit. Ich 
mache mir ein ewiges Wohlleben daraus. Ich gehe mit 
Sreuden zum Tode: Denn dafelbit finge und fpiele ich 
meinem Erlöfer in meinem Herzen, danke ihm fo, daß 

mir oft die Augen übergeben. Seyd ihr denn felig ? 

Ja traun, felig und überfelig. Denn der HErr Chrb 

us hat mic) felig gemachet durch Das Bad der Win 
dergeburt, weil id an ihn glaube, Beweiſe mir fols 

des. St. Paulus fpriht Epheſ. 2. Aus Gnaden 

: feyd ihr felig worden durch den Glauben 


— 


Dom Schatz der Glaubigen. 127 


| Saget noch einen Spruch, zit. 3. Bott Hat uns 
ſelig gemadet durch das Bad der Wieder 


geburt. Roch einen, Nöm. 10, Was die Ifrae !.. 


liten fuhen, daß finden fie nidht. Denn fie 
'fuhen Das Heil niht aus dem Glayben, 
 fondern aus den Werfen. Die auderwähl . 
ten Heiden haben es aber fhon funden, 
' Deffen lachet ihre Schweſter Martha und. fpradh: 
| Wie oft habe ich das wohl gefaget, Maria, daß du 
| eine Ihörin ſeyſt? Denn du haft einen verkehrten 
| &inn, und bift gar zu Lutheriſch. Ich aber fällete 
| ein folh Urtheil: Martha ftrenged und tugendfames 
Leben ift nicht zu verwerfen, ſondern zu loben: Aber - 
: Maria bat den beften Theil auserlohren, ber wird 
nicht von ihr genommen werden. In diefem Schmud 
| wird fie wohl befteben. Behaltet aber Maria, was 
; ihr babet, und laffet euch eure Krone nicht nehmen, - 
| Soldy einen großen Sammer finvet man allents 
! ‚ halben, und ich weiß faſt nicht, bei wem Die große 
Schuld fen, bei uns Lehrern "und Zuhörern! Viel 
leicht kann dem auch wohl ſeyn, daß wir das Wort 
des Reichs nicht fleißig und getreulich treiben. 
| 
| 12 Was hat das liebe Evangelium mehr für Sr 
D aßelbige Evangelium, welches dem Glaubigen und 
Getauften ihr geſchenktes Heil offenbaret, hat dies 
Gluͤck, Daß es entweder nicht geprediget wird, ober 
| aber, ‘daß es von den Leuten, die es haben, nicht 
| geböret, noch angenommen wird. Wad fraget ein 
Bürger oder Bauer darnach, DaB man —* ſaget: 
GOtt habe ihn gerecht und felig gemacht, durch das 
| Wafferbad in Wort? Das ift ihm eine. ſchlechte Ga⸗ 
be, und eine ſchlechte Weisheit. Wenn er dies ein⸗ 
mal geboͤret hat, ſo weiß ers ſein Lebenlang. 
Wiele widerſtreben der Lehre des Evangelii, und 
ı wollen es nicht nachgeben, daß aus der Taufe einem 


Menſchen Dad Hei in Disfem & Leben entfpringen fo, 9 


‚128 Dom © Schatz 9 Glaubigen. 


ſondern lehren, daß man es erwarten müſſe in je 
nem Leben: Hie fey. Feiner gerecht, Teiner GOttes 
Kind, keiner ein Tempel des heiligen Geiſtes, im 
Tode, oder am juͤngſten Tage werde man erſt ſelig. 
Denn wo dies follte nachgegeben werden, fprechen fie, 
würde es vielen zur großen Sicherheit gerathen: 
Denn, fie argumentiret und fpielet der Xeufel ven 
Sottlofen in den Köpfen. Sie wollen Tlüger feyn, 
ale GOtt ift, der und das Evangelium des Heli 
gegeben hat. Solche Thoren hatte aud St. Paulus 
yor fi bh. Derowegen fo fämpfte er mit ihnen ritten 
lich ın allen feinen Epifteln, und fragte die unnüßen 
Schwaͤtzer, woher die Glaubigen und Getauften den 
heiligen Geiſt hätten, fo ein theures himmliſche— 
Pfand, wo fie nicht vor. GEOtt gerecht und feine 
liebe Kinder wären? Darum gilt e8 Wachens, Aufı 
fehen und Betend, daß man durch die böfen Geiſtet 
von dem rechten Berftande des Evangelii nicht aba 
führet werde, Col. 2. 

Beſiehe hievon mehr das Bud von der, gülbenen 
Zeit, pag. 636. da der Autor Died alled mit beſon⸗ 
dern göttlihem Eifer vorträgt und ftrafet: Daber 
ich auch venfelben ganzen 28. Tractat nach der Bor 
rede dieſer Schatz⸗ Kammer einverleibet., 


13. Sch merke, daß du gar nichts von denen halteſt, die 
7. noch ihre Seligkeit allererft füuchen, und die da lehren 
wie san erft'foll felig werden. 


€, fheinet wohl, ala fey es etwas, wenn. einer fid 
mit Buße thun und Werfen bierum bemühet, um 
wenn ein großer Doctor Daher pranget und lehret, 
wie die Chriften follen felig werden. Uber es if 
nichts: Er machet fie nur irre, und führet fie ab 
von. ihrem Schatz, welchen fie ſchon erlanget haben, 
und beraubet fie alles Troftes, Friedend und Freude, 
Es iſt folch eine Tpeolo: gie, faget Zutherus, welche 

Der 


ö—— —— ——— — — — — —— 777 — I — En — u u 


Vom Schatz der Glaubigen. ‚129 
der Teufel lachen muß. Denn fie thut ihm feinen 


| Schaden. 


44. Leber, füge a mir, woher doch ſoich große dicke Finſter⸗ 


niß und Blindheit komme beim hellen Licht des 
Evangelii? 


| E, koͤmmt aller Unrath daher, erftlich, daß vie Leh⸗ . 


rer den Unterſchied nicht willen, zwifchen den Gütern 
der Pilgrimfchaft und des Baterlandes, und zwiſchen 
Den Gütern Der Gnade und der Herrlichkeit; von 
welchem Unterfchied doc Auguftinus und andere viel 
koͤſtliches Ding gefchrieben haben, daß fie auch nüht 
willen, wohin man den Sprud, Roͤm. 8. ziehen foll, 
und Daß GOttes Gnade den Auserwählten unwans 
delbar und unwiderruflich ſeye. Denn wer vied alles 
weiß, der ift Fein Papift, fondern er weiß gar wohl, 
wie er das fiebe Evangelium predigen fol. Wer 
aber dies nicht weiß, der iſt ein armer blinder Menſch, 
und. thut nichts anderdö, denn Daß er nur unrecht 
lehret, und Die Leute verführet. 

Hernach kommt auch ſolcher Unverſtand daher, 


daß die Leute, ob ſie wohl taͤglich hoͤren, daß allein 


der Glaube an Chriſtum vor GOtt gerecht mache, 


ſolches Glaubens dennoch nicht achten. Sie fragen 
viel darnach, wer der rechte Glaube ſey, oder wie 


man recht glauben ſoll, und nehmen ſich auch ſolches 


Glaubens nicht an. Sie haben keinen Glauben in 
ihren Herzen, und begehren ihn auch nicht zu has. 
ben. Es ift ihnen genug, Daß fie nad Nahrung 
trachten, und Geld fammeln, es mag um den Blau 
ben und Seligkeit kommen, wie es wolle, Sind und 
bleiben alfo glaubloje und beillofe Leute, wie Chris 
ftu8 felber weiffaget und fpricht, Luc. 19. daß es in 
nen legten Tagen fo werde zugeben, daß fein wahr 
zer Glaube auf Erden mehr werde vorhanden ſeyn. 


9 





130 Vom Schak der Glaubigen. 
\ 15. Das iſt wohl hoͤchlich zu verwundern ? 


Fa wohl. ift es zu verwundern. Ich verwunden 
mich auch oft, inſonderheit befremdet michs ſehr, 
woher es komme, daß die Gelehrten der Lehre und 
dem Vertrauen der GOnade fo gerne widerfprechen, de 

fie doch hievon GOttes helles Wort, ihren Def 


und in ‚Schulen fo feine Unterweifundin haben. 


therus in der Kirchenpoſtill p. 74, bemeifet es aut 
St, Paulo, Zit. 3. Daß wir, in der Taufe ſchon fo 
(ig worden feyn, und daß wir nun nichts mehr be 
dürfen zur Geligfeit, denn ſolches Glaubens, nem 
lich an folde Gnade. Der ‘heilige Philippus gleich⸗ 


falls in loco de Baptiſ. lehret, daß wir in der Tauft 


unfern boͤchſten Schatz, nemlich die ewige Seligkeit, 


erlangen, und Daß wir durch unſer ganzes Leben 


nichts anderd thun follen, denn foldhen Glauben m 
freudigem Geiſt wider alle Anfechtung uͤden. De 
Meinung iſt auch Chytraͤus in Catecheſi, loco de 
Evangelio. Dies hoͤret und lieſet man alſo dahin, 
aber man verſtehet nichts davon, ja man verachtet 


es, gerad ald wenn ed Ganſe wären, Die dies ges 
Iepret haben. | 


r 


16. Vehlan, ich gebe dir in bieſem allen Beifall. Eines 
aber lieget mir noch im Sinn. Mir deucht, daß dieſe 
Lehre vn ber gegenwärtigen Seligfeit ruchlofe und 
fichere Herzen verurfachen werbe? 


ie Mugen Heiligen biefer Welt fagen zwar, diefes 
reine Evangelium mache die Leute ſicher, und ver 
derbe gute Sitten, aber ſolches thut das Evangelium 
nicht, ſondern der Teufel, der GOttes Gnade lehret 


mißbrauchen, und durch ſeine Reizung die Welt ven 


führet. Zu dem iſt auf dieſen Artikel, daß man all 
bereit in diefem Leben Vergebung ber Sünden. babe, 
die heilige chriſtliche Kirche gegründet, alfo au, Daß 


wo Diefer Arıfel nicht recht geglaubet wird, auch 


R 





Dom Schatz der Glaubigen. ash 
Feine hriftliche Kirche auf Erden mehr kann vorhan⸗ | 


den jeyn, “worauf denn aud ein ganz ‚gottlofes We⸗ 


ſen erfolge. Denn wer nicht glaubet, daß ihm feine 


Sünden in der Taufe abgewafchen, und er nun vor 
GOtt gereht, GOttes Kind und ein Tempel des 
heil, Geiftes geworden ſey, der hat ja fein friedſa⸗ 
mes und fröhliches Gewiſſen, er liebet und ehret auch 
GOtt nicht; fondern lebet durchaus wie ein Heide, 
und alle feine Andacht ift falſch. J 

Wenn aber ſchon ruchloſe Leute des Evangelii miß⸗ 


"brauchen, fo muß man doc predigen, was Chriſtus 
befohlen bat, und den armen Gewiſſen heilſam ift, 


es werde die Welt dadurch ärger oder frömmer, und 
wir gefallen den Fugen Heiligen, oder nicht, es ift 


genug, daß wir Chrifto gefallen. Davon leſet Lus 
theri Predigt am Himmelfahrtötag in der - Sanuars . 
- poftill. 


Es ift zwar die Welt igiger Zeit ſo gar böfe, und 


in allen Sünden erfoffen, zum voraus aber in ver 
fibermäßigen Hoöffart, daß man billig nichts anders 


predigen follte, denn ‚nur eitel Donner und Blig: 
Aber wiederum. weil täglid) eine neue Welt daher 
wächfet, Die gar wenig von Chrifto weiß, und dazu 
viele befümmerte Herzen vorhanden find, welche bed 
tröftlihen Evangelii zum höchften benöthiget, fo muß 


man mit Efaid& Cap. 62. fagen: Um Zion willen, _ 
ſo will ich nicht fchweigen, und um Syerufalem wils 


len, fo will ich nicht inne halten, bis daß ihre Ger 
zechtigfeit aufgehe wie ein Glanz und ihr Heil ans 
brenne wie eine Fackel, daß die Heiden fehen beine 
Gerechtigkeit, und alle Könige deine Herrlichkeit, 





. 
“ .e “ 
. 





132 Wom Erwerber 


Das u. Buch.. 


Vom Erwerber des Schatzes der 
Seligkeit. 


| 
1. Haben wir bie Seligkeit von ums ſelbſt durch unfen 
eigene Werte, oder aber von.einem andern? 


Das wir von Chriſto allein, und niht von un 
feldft haben, was zur Seligfeit gehöret, bezeuget Pam 
Ius Röm. 5. da er hievon einen güldenen Sprud 
feßet, daraus man trinfbares Gold machen, und ei 
in fein Herz trinfen ſoll. Wie nun, fpricht er, dund 
eines Menfhen Sünde die Verdammniß über «Ef 
Menihen kommen ift: Alfo ift auch durch eines Be 
rechtigfett die Rechtfertigung des Lebend über ak. 


Wenſchen Tommen. Denn gleihwie durch eines Mew 


fhen ‚Ungehorfam viel Sünder worden find: Alle 
auch durch eines Gehorfam. werden viel Gerechte. 


: Das ift: — 
Don Adam haben wir Aber von Chriſto haben wir 
: ©ünde, ... . Gerechtigkeit, 
GOttes Zorn, GOttes Gnade, 
Teufel, .. den heiligen. Geiſt, 
Unfriede, - Friede, 
Schmach, u Ehre, Ä N 
Unglüuck, u Gegen, 
Tod und Leben und 
Hölle. Paradies: . 


2. Ich glaube dies dem heiligen Apoſtel von Herzen: Aber 
fage mir, womit hat und Chriſtus diefe teure Schaͤtze 
' erworben? . 


€, hat fie erworben durch feine gnadenreiche "Geburt, | 
dur) fein bitter Leiden und Sterben, und Durd | 


‘ 


‚ bes Schatzes der Seligkeit. 4133 


feine fiegreiche Auferſtehung. Hievan will ich dir . 
im nachfolgenden Eapitel mehr Bericht geben 


Das l. Capitel. 
Don Chrifi Menfhdmwerbung. 
4. Warum iſt Epriftus Menſch worden, und was habe ich 
| . daher für Nuten? 


. 
D 


Erſtlich iſt er durch feine Menſchwerdung mein Im⸗1. Daß et 
manuel, das iſt, mein lieber Bruder worden. Da⸗ Fi 
ber kann ich mich ißt in hHerzlicher Zuverficht ruͤh⸗ worden 
men, GOttes Sohn fen mein Bruver. Denn fo '% 
ſpricht Efar 7. Siehe, eine Jungfrau ift ſchwan⸗ 
ger, und wird einen Sohn gebähren, den 
„wird fie heißen Immanuel; das if, we ed .. 
St. Matthäus audgeleget hat, GOtt mit und. - Denn 

er it GOtt in unferm Sleifh, GOtt unfer Bruder, 

GOtt unfer Freund, GOtt, der es mit uns hält, 
GOtt, der und füge, GOtt, der und vertritt, 
GOtt, zu dem wir alle unfere Zuflucht und Zuver 

fiht Haben follen. Ach! wie iſt. doch dies fo tröftlich 
geredet, daß fih GOttes Sohn fo nahe zu und ges 

than, daß, da er und nicht baf näher fommen koͤn⸗ 

nen, er unfer Sleifh und Blut an fi genommen, 
auf daß er durch folhe Verwandtniß, als durch ein 
fonderliches theures Pfand, darthaͤte feine große Liebe 

egen uns, als der unfer lieber Bruder in alle Ewig⸗ 

eit feyn und bleiben wolle, zu dem wir uns alles 
Guten, auch mitten in unfern Schwachheiten, verfe 

ben follen. Ich darf fagen, wenn er und in feine 

oͤttliche Majeftät gezogen, und in fein Herz gedrüs 

et hätte, daß er und nicht hätte näher kommen 
fönnen, u 

Ja eben durch ſolche Menſchwerdung hat er uns 

zu fi gezogen, feine Majeſtaͤt mit und getheilet, ei 
. wen Kuchen daraus gemacht, und und in Dad allen: 


134 WVWVom Erwerber 


tiefſte feines Herzens geſenket. Daraus wir ihm näher 
kommen follen. 


2. Warum iſt Ehriſtus mehr Menſch worden? 


2. Dat er Darnach iſt auch GOttes Sohn. darum ein Menſch 
anfer Er⸗worden, auf daß er unfer Goel, das iſt, ‚ unferr Er— 
Meier wir loͤſer würde: 
de. Was 
Goel beiſ⸗ Denn das Mörtlein Goel heißet in bebräifcher 
ſet. Sprache zweierlei. Zum erften ein, Blutfreund , der 
- das nächte Freund: Recht zu uns hat. Aus Ruth 2 
Der Mann ift unfer Soel, das ift, er geböret uns 
zu, und ift unfer Erbe. Zum andern heißet es & 
nen Erloͤſer, dem ed, al3 dem naͤchſten Blutöfreum 
von Rechtswegen oblieget, daß er fid feines elenden | 
Freundes annehme, und ihn aus Nöthen erlöfe, ald 
- Num. und ev. 25. So jemand feinen Goel, dad | 
iſt, feinen Erlöfer bat. 

Meil wir denn aber in den allertiefiten - Noͤthen 
des ewigen Todes ſtecken, und ſich niemand fand, von 
allen unfern Gefreundten, der und Daraus beifen 
wollte, ja uns daraus hätte helfen können, fam ver | 
Sohn HDtted und ward unfer Goel, Das ift, unjer 
naͤchſter Freund, und Erloͤſer. Nun moblan, ſprach 
er, weil denn niemand zutreten will, fo will ich zus 
treten in GOttes Namen, und will Freund und Er 
Iöjer werden. Freund will id) werden Durch meine 
Menſchwerdung Erloͤſer aber durch einen wunderli⸗ 
chen Sieg, nemlich durch Leiden und Sterben, wel⸗ 
ches die Menſchen, meine Blutsfreunde, verſchuldet 

hatten, auf daß ſie frei ausgehen und Friede haben 
moͤgen. Daher nennet ihn ver Patriarch Jacob feis 
nen lieben. Engel und Goel, Gen. 48. der ihm aus 
allen Noͤthen, gebolfen habe. Denn er wußte wohl, 
daß er ind Fleiſch kommen, der Menfhen Blut 
freund ‚werden, und fie. von Rechtswegen aus allem 
Uebel erlöjen würde Der Prophet Efaiad nennet 
ihn auch alfo, Cap. 41. da, er ſpricht: Fuͤrchte 





® 


des Schatzes der Seligkeit. | 155 
ich nicht, du MWürmlein Zacob, denn dein 


Dt, dasyif, dein Erlöfer ift der Heilige 
n Sfrael.;” 


Siehe, alfo herzlich gerne bilfet der Sohn SOt u 


es, daß er auch um feiner Hulfe willen ein Menſch 
ınfer Vetter worden iſt. 


3; Iſt denn dies fo hoch noͤthig geweſen? 


Wo er dies nicht gethan, waͤren wir gaͤnzlich ver⸗ 
oren geweſen, denn keine Creatur im Himmel und 


uf Erden hätte dem gerechten gen GOttes genug. 


hun, und und davon erretten föhnen. Wir waren 
ille zu tief gefallen, nemlich in den hoͤchſten Zorn 
HOttes, und in ven ewigen Tod, darum mußte und 
in föftliches Opfer des allerheiligften Bluts in der 
oͤchſten Unſchuld, und die allertheuerfte Dezahlung 
araus helfen. 


Mache aber hie die Rechnung: Iſt GOttes Sohn 


in Menſch worden, auf daß er unfer Vetter würs 

e, unfer Better aber, auf daß er ja feinen Tod 
ınd fein. ganzes Leben dahin wenden, F er uns 
rlöfe: In feinen Noͤthen wird er ung ſtecken kaſſen, 
ondern uns gewißlih beraus helfen, und er ver: 

eucht, fo wird er Doc) .gleihwohl helfen. Denn er 
ft unfer GOtt und Erretter, und hat diefen feinen 

Namen an feinen Thron und Krone gefchrieben. Ja 

8 wird feine Luft feyn, daß er und Gutes tbun, die. 

Hand bieten, und belfen möge, wie der Propbet 

Jeremias in feinem. 22 Cap. von ihm gefchrieben hat. 

Wer ſich viefes Namens in wahrem Glauben er: ' 
freuen, und feine Luft daran haben Fönnte, ber würde ' 
tete im Paradies leben, und feines Herzens Wunſch 

würde ihm auch gewißlich von feinem lieben GOtt 

deſto eher gegeben werden, 


4. Zeige mir Urfachen von der Menfchwerdung RT 
um dritten ift er audy Darum ein Dienfch worden, 3 


zuf daß er ‚unfere verborbene, geſchaͤndete und Berner 


an 


& 
2 


136 WVonm Erwerber 
ne Natur achtete Natur durch ſolche feine Menſchwerdung uny 


wieder 
» berrlich 
machte. 


Verwandtniß wiederum herrlich machte. Denn was 
kann und armen, verdorbenen, geſchaͤndeten und ven 
achteten Menfchen für eine größere Ehre und Hem 
lichkeit wiederfahren, als daß GOttes Sohn ſetlber 
ein Menſch, und unſer Bruder worden iſt, und us 
fere Natur an ſich bet und träget, ja, da ein Menſq 
figet zur rechten Hand GOttes, und alled unter fih 
bat, und regieret im Himmel und auf Erden ? De 
Teufel muß- ja neidiſch werden, über ſolcher unſrer 
Dignität und Hoheit, wenn er anfiehet, zu wei 


‚ Ehren wir gefommen, und wie hoch wir vom Sofs 


GOttes geadelt worden find. 

Der Kaifer Auguftus, ald ein gelchrter Ha 
und Liebhaber der freien Künfte, bat zuweilen ca 
Rauten: Rränzlein auf fein Haupt gefeget, und if 
bamit unter die römifhen ‘Pocten gegangen, daß er 
ald ihres Ordens, und ein Poet ihre Karmina haoͤ 
ren, und feine eigene recttiren möchte: daſſelbe haben 
die Poelen für eine große Ehre angenommen, um 
haben ſichs allenthalben geruͤhmet: Auguftus iſt ud 
ein Poet, und unferd Ordens worden. Alſo fob 
fen wir ihm auch tbun, und follen wider den Tau 


‚fel unfere Sebrehen und Schmach rühmen, Bei 


die hohe Majeftät GOttes ein Menſch worden, um 

daß die menſchliche Natur mit GOttes Majeftät ver 
einiget und gezieret ift. GOtt if Menfh, und 
Menſch iſt GOOtt. 


5. Was ſaget Lutherus dazu? 


Er ſchreibet in ſeiner Jenaiſchen Hauspoſtill alſe 


pag. 36. 42 und 43: dieſe große Ehre iſt uns Diem 


fdjen, und nicht den Engeln wiederfahren. Die Em 
gel finn wohl herrlidhere Ereaturen, denn wir Diew 
fhen, aber doc hat GOtt uns Dienfhen mehr und 
höher geehret, und fich näher zu und gethan, ben 


zu den Engeln: Sintemal er nicht ein Engel, fow 


— 


des Schatzes der Seligkeit. is7 


bern ein Menſch worden. Dies aber iſt eine große . 
Ehre, daß wenn einer ein Engel wäre, er wuͤnſchen 
möchte, daß er ein Menſch würde, Damit er auch 
ruhmen möchte: Mein Fleiſch und Blut‘ fiber über 
alle Engel, Und dies fol und bewegen in großer 
Freude und feliger Hoffert, da wir alſo geehret find 
über alle Creaturen, auch über die Engel, daß wir 
nun mit Wahrheit rühmen koͤnnen: Mein Fleiſch 
und Blut fitet zur Rechten GOtted, und: regieret- 
über alles gewaltiglich, und hat alleg in feinen Haͤnden. 
Ebenvaf, Seite 50. 

Wenn ich gleich hätte des tuͤrkiſchen Kaiſers Kro⸗ 
ne, fo ift es noch nichtd gegen dem, daß Chriſtus 
unfer Bruder it, und derſelbe am jüngiten Tage zu 
mir fagen wird, und itzt allbereit zu mir faget: Du 
bift mein lieber Bruder, alled wad mem iſt, das iſt 
‚dein, du follft bei mir leben in Ewigkeit. n 

Wenn wir nur foldhes von Herzen glaubeten, fo | 
würden fie nicht erfchreden, noch zagen, fondern 
fröhlich und hoffärtig feyn in allen Dingen. Denn 
ein Chriſt ift ein fröhlicher, hoffaͤrtiger, feliger Menſch, 
Der weder nach dem Teufel, noch allem Unglüd fras 
get, denn er weiß, daß er durch Chriſtum über fol 
des alles ein HErr iſt. . | 


— — 1. _m und 


6. Barum iſt Chriſtus ferner Menſch worben? 


Zum vierten iſt auch GOttes Sohn darum Menfchs. Dafer 
worden, auf daß er durch ſolche Verdammniß feine feine Au 
große Liebe, die er in feinem Herzen zu uns batteuns ia. 
und trug, möchte offentlich erllaͤren. Denn weil er Te 
uns lieb hatte, wollte er und ſolches wiffen laffen, 
ward darum ein Menfh, ja unfer lieber Bruder in 
unferm Fleiſch und Blut. | 

Daher wird er Immanuel geheißen, Ef. 7. das - 
it, GOtt mit und, oder GOtt wie wir, um feiner 
Brüperfhaft willen, Ä 


‘ 


⸗ 
W 


Pi 





1 


18. Dom Erwerber | 


Sa, darum nennet er ſich felber unfern lieben 
Bruder, Joh. 20. Gehe hin, und fage meinen Bri 
dern. Hebr. 2. Er ſchaͤmet ſich nicht, fie Brüder. zu 
u heißen und fpriht: Ich will verfündigem Deine 


amen meinen Brüdern, 
Lutherus in ber Kirchenpoſtill am Oftertage. 


Satherns. Heißet das nicht mit einem Worte: Mit Chriſt 
ind gefammte. Reben und. ganze. Erbe gezogen um 
gefeßet, des Himmkls, und, alles, was Chriſtus hat! 
Uno. ift ja über alle Maſſe lieblich und füße gerene, 
Daß, wer nun hie glauben wollte, der hätte zu glaw. 
ben genug fein Lebenlang, und. weil vie. Welt ftche. 
Denn der Troſt iſt zu groß, und Die Freude u 
hoch, und des Menfhen Herz zu klein und zu engt, 
foldyes zu erlangen. So tief find wir nicht gefallen, 
fo böfe iſt es nicht gemachet und verderbet, die Bris 
derſchaft kann es alles wieder zurechte bringen, und 
leihtlich ergänzen, als Bie da ewig, unendlich um 
unerſchoͤpflich iſt. W | 
Und Tertullian nennet das Kleifh Chrifti, ein 
Zeichen der Liebe Chrifti, und .ein Pfand. des ewi 
gen Lebens, Er hat und dad Pfand des Geiles 
binterlaffen, und nimmt das Pfand des Fleifches von 
und an, und hat diefes Pfand in den Hünmel ge 


nommen, und wird ed von dannen zu feiner Zeit. 


wieder zurüd bringen. | 
Darum lerne ja, mein lieber Chrift, ven Sohn 
GSttes aus diefem Spiegel recht erfennen, und balte 
ihn für nichts anders, denn für einen großen Den 
fhenfreund, ja für deinen allerliebften beften Freund, 
weil er fich nahe mit ver befreundet hat. Go nen 
‚ net ihn St. Paulus, Titum 3. Da aber erſchien vie 
Sreunplichfeit und Leutfeligfeit unfers Heilandes, d. i. 


ver Sohn GOttes ift fromm und Leute lieblich, ver. 


jedermann gerne von Herzen dienet. Denn ed feine 
fonderliche Zuft ift, wenn er Gutes thun, ımd. fi 


bes Schatzes der Seligkeit. 189 


vohl verdienen mag. Ach! wer kann die Liebe des 
HErrn ausreden? u i 

Wenn dir nun der Teufel bie große Liebe des 
Sohns GOttes, durch Die Sünde, Ereuz und Trübs 
al aus deinem Herzen reiffen will, fo fehre dich u 
yald zu deinem Herzen: Nun ift dennoch gleihwohL u 
HDtted Sohn aus’ großer Liebe ein Menfh, und ... 
Rein lieber Bruder worden, und tiöfte did Damit 
for Ä nn 


". Kauft du auch noch mehr Urfachen dev Menfiwerbung  " 
' Ehriſti anzeigen? | 


um fünften ift er auch um deswillen ein Menſchs. Da 
vorden, auf daß unfer Vertrauen deſto größer en 
md wir deſto kindlicher zu ihm treten, und- mit ihm ipm dee 
eden dürfen. Denn meil.er aus großer Liebe uns , größer 
er Kleifch und Blut, ja unfer lieber Immanuel und " 
Bruder worden, will er uns biemit zu ſich foden, 
nd ald mit einem güldenen Kettlein zu fid ziehen, 

aß wir zu ibm fommen, unfer Vertrauen auf ihn 
Ben, und alles, was wir nur wollen, bruͤderlich 

nit ihm reden follen. | 


Wie follte ung der verlaffen fönnen, der von 
hm felbft, ohne - unfer Berdienft und Bitte, aus 
roßer Liebe und Barmherzigkeit, unfer Fleiſch und 
3ruder worden? Und wie follte ver und nicht herz⸗ 
ich hören, und erhören, ber ſich gleich zu und nds 
bigt, und unfere Sreundfchaft fuchet und begehret? 
Jenn heißer das nicht Freundſchaft fuchen, ein Menſch 
yerden,; zu den Menfcen kommen, und zu ben 
Nenſchen fi halten? Ah! du frommer und freunds 
her HErr, wie ift deine Gütigfeit und Demuth fo‘ 
beraus groß. — 

Darum, lieber Menſch, ſey in Anfechtung und 
Bivermwärtigfeit getroſt, faſſe ein Herz und Muth, 
nd verlaffe dich kuͤhnlich auf dieſen Held, verfelbige 





Wie man Matte fonderlihe Freundſchaft und Brůuderſchaft = 
mit Epris deinem berzallerliebften Bruder, vem Sohn GM 


0 gute 
Corre⸗ 


foondenz ihn. nimmer aus deinem Herzen, ‚bilde bir feine‘? 


aften 
Önne, 


dich auch fonft zu ihm, und rede allenthalben m 


"140 Wom Erwerber 


will dir helfen, denn er iſt dein Bruder, und lu 
dir helfen, denn er iſt dein GOtt. 


8. Die fol ich aber meinen Bruder Ehriſtum hien 
bewegen ? | 












weil er deiner Freundſchaft fo hart begepret. 9 


ige Liebe und unausfprechliche Freundlichkeit mM 
ein. Höre fein holpfeliges gnadenreiches Wort, # 
träufe das, wie Balſam⸗Troͤpflein, in dein Ha 
und verlaffe dich mit feſtem Glauben darauf, Je 
ihm, auf vem Felde, im Holze, in der Kirk, 
deinem Haufe, ald mit deinem allerbeften Freu 
und vernünftigften und getreueften Bruper. A 
ſchlage mit ihm, Mage ihm. dein Anliegen und Frl 
bitte ihn um Troſt, Linderung und Errettung, # 
Dir folder Urſache halben das Creuz fürnemlid en 
eleget ift, und höre nimmer auf, mit dieſer IM 
Derfon in Liebe und Freundſchaft zu reden, 


9. Sollte wopl GOtt hieran ein ſonderlich Gefſala 
tragen ? 


Fa, dies wird dem bimmlifchen Water gar ©" 
thun, Daß du feinen lieben Sohn alfo ehreil. 7 
wird er Dich wiederum ehren, zu feiner Zeit, ! 
wird Dich auch dein lieber Bruder folcher Fre) 
fchaft genieffen Jaffen, und dir geben deines Hr 
Wunſch, nach dem tröftlichen Spruch, Pf: 37. $ 
be deine Luft an vem Herrn ZEfu, fo m 
er dir geben deines Herzens Wunſch. ) 
nad) feinem eigenen Wort, Jer. 32, Ich will! 
nen ewigen Bund mit ihnen maden, daß! 
will nie ablaffen, ihnen Gutes ju the 


des Schatzes ber Seligkeit. 141 


und will ihnen meine Furcht ins Der ge⸗ 
ben, daß ſie nicht von mir weichen ſollen: 
Und es ſoll meine Luft feyn, daß ich ihnen ri 
Butes thun möge 

Ad du frommer HErr! ja du frommes um. 
freundliches Kindlein, da fein Arges inne ift, nimm‘ . 
mid doch auf und an in die Zahl deiner Freunde. 
Halte dich zu mir, ziehe mich zu dir durch deiein 
Beift, denn ich bin ſchwach und blöbe. Laß mih - 
frei mit Dir reden, und erhoͤre mich , regiere mich, 
fegne mich. 


x 


0. Sind auch noch mehr Urfachen Abrig der Menſchwer⸗ 
‚bung bed Sohns BDttes, | 

detztlich „und zwar fürnemlich, iſt der ewige —R * 
es Sohn darum ein Menſch worden, auf daß er een | 
Gr und Menfchen fterben, und für und bezablen könnte, - 
oͤnnte. Sa, auf daß er und aus dem fhredlichen 
Mord, Hall und Werverben in das vorige felige Wes 
en der Unſchuld und der Gnade GOttes wiederum 
eftituiren und verhelfen moͤchte. 

Denn weil Adam durch des Teufels gift GOttes 
Bebot übertreten, und durch ſolche Uebertretung beide 
id und das ganze menſchliche Geſchlecht in Vetder⸗ 
ung und Sünde, in GOttes Zorn, in Anklage des 
Zeſetzes, in Angſt des Gewiſſens, in allerhand Stra⸗ 
en und Plagen, und endlich in den ewigen Tod 
jeführet hatte, iſt folher großer Unfall und Sams. 
ner dem Sohn GOttes, dem barmberzigen HErrn, 
ınd dem Schöpfer menſchlichen Geſchlechts zu Herzen 
jegangen: Er ift Mittler worden, und bat bei GOtt 
einem bimmlifhen Vater für das arme verführte 
Bolf intercediret. Und damit feinem gerechten Zora 
jenug gefchehe, und ein Menfch bezahlte, weil der” 
Menſch geborget hatte, bat er ſich ferner gutwillig 
yargeftellet, und erboten zu aller Strafe, weldye dem 
nenfchlichen Geſchlecht koͤnnte zuerkannt werden. In 








142 Dom Erwerber  - | 


welhem wunderlichen Rath, und in welches X 
"perament, da GOtt der Bater aus Liebe und Ba 
berzigfeit gewilliget, ift ver Sohn hingangen, a 
Menſch worden, und ſich Freuzigen und tödten laf 
Und bat alfo das menſchliche Geſchlecht durch ei 
Tod nicht allein vom Tode, fondern auch von a 
** Unrecht, darin es gefallen, erlöfet, und in feine 
tige Würde reftituiret, 

Hilf GODtt! Hilf GOtt! was iſt dies für Var 
: ver, und für eine große Wohlthat? Wer kann dei 
die Liebe und Güte des Sohns GOttes genuafas 
ermeffen? Lieber HErr! bit du darum ein Mei 
worden, auf Daß du unfer Diener, ja ein Ela 
Lämmlein für und würdeft, den Blut vergößeft, un 
ſturbeſt? Was höre ih? Was höre ich? 

Iſt es nicht genug gewefen, o du hochgelobte 
 8Dtted Sohn! Daß du bift ein Menſch woren 
und daß du in deiner menfchlihen Natur, Hunan, 
Durft und Froſt erlitten habeſt? Du haft noch m 
SchlahtsLämmlein dazu werden wollen?! Ab m 
Heines und zartes SchlachtsLänimlein! Hat beim 
Menſchwerdung nicht koͤnnen Loͤſegelds genug fens, 
und für unfere Sünde bezahlen? Es haben dei 
Blutötropfen noch müfjen. Dazu kommen. 

"Daher wird er nun JEſus genannt, ein Hefe 
der Heiland, der aus allen Nöthen gewaltig belfa 
kann: Und Chriftus, denn er ift gefalbet mit rear 
Denöl, und zum König verordnet, daß er uns feir 
Ertöfeten wider den Teufel fhüten und handho 

en fol, 






















11. Wovon hat und JEſus Chriſtus erloͤſet? 


Von unfern Sünden, von GOttes Zorn, vom Flud 
des Geſetzes, von aller Zufprache und Zyrannei de 
Teufels, von. Befchwerung des Gewiſſens, von allen 
band Strafe und Plage, welche in ein beilfamei 
Maͤrtyrerthum verwandelt iſt, vom ewigen Tode 


— u DE. En: ⏑—⏑.,., — 


des Schatzes der Seligkeit. 143° 


und von der Gruben, da fein Bafler ‚ fondern eitel 
hoͤlliſch Feuer innen iſt. 

Denn weil der Sohn GEOttes für und ein Menſch 
und Opfer worden, haben wir feine Sünde mehr, 
Ott zürnet auch nicht inehr, das Geſetz Tann und 


auch mit Fug nicht mehr befchuldigen, noch verflus 


hen. Der Teufel hat aud feine Zufpradie mehr 


sau und, fonvdern plaget und ohne Urfady und vers 


geblih. Wir aber follen es ihm nicht geftatten, das 
ift, wir follen und an des Teufel und der Welt 
Nichten und Berdammen nicht mehr ehren, unfer 
Herz und Gewiſſen ſoll auch nicht mehr betrübet 
ſeyn, das taͤgliche Creüz iſt auch Feine Strafe mehr, 
ſondern nur eine Toͤdtung des Fleiſches, und eine 


Hebung aller Gottſeligkeit. Denn wenn es das An⸗ 


ſehen hat, als ſeye GOtt wider und, fü iſt er am 
neiften für und. Und ob wir gleich fterben, fo rus 


ven wir nur, und bleiben nicht im Tode, fommen | 


wich nicht in die Hölle. 

Dies alles begreifet der Engel, wenn er zu ben 
Hirten foriht: Euch ift heute der Heiland ges 
‚oren. Und in foldem Heil und Ertöfung ſteher 
ad Reich Ehriſti. 


22. Was hat uns Chriſtus wiedergebracht ? 


Aires, was wir in Adam verloren hatten, neue und 
wige Gerechtigkeit, ewige Gnade, GOttes, den. heis 
igen Geiſt, ein frievfames und fröhliches Gewiſſen, 
Herhand Gegen und Wohlfahrt, allen Frommen, 
as ift, allen Glaubigen im Gefeg verfprocdhen, das 
wige Leben und Himmelreich. 

Denn weil GOttes Sohn, ft ein Menſch und 
Opfer worden für und, find wir nunmehr vor GOtt 
erecht, als die heiligen Engel, und glänzen von 


tel und ewiger Gerechtigkeit, ald Sterne am Hims . 


tel, daß ſich aud die Engel felbften für unferer Ge: 
seigfeit baden muͤſſen. Wir find die allerlichften 


Ä 1. Wir Wi follen von Herzen glauben, daß GOttes Gehe 


444 WVom Erwerber 


Kinder GOttes, welche er täglich kuͤſſet und herzet 
ob und wohl zuweilen über folhem Herzen und Küj 
fen die Augen übergeben. Wir find lebendige Tem 
pel des beiligen Geiftes, auch mitten in unfrer hoͤch 
fien Schwachheit und Taurigkeit: Wir haben and 
ein rubfames und fröhliches Gewiflen, ob wir wohl 
nicht allerdings unfträflich und unfdhuldig find. Us 

was in Diefem Leben unvolllommen ift, ſoll hernaq 
defto vollkommener werden. . 

- Aber diefe Wohlthaten wollen wir etwas weit 
und. herrlicher im folgenden Capitel auöführen, bera 
wir von Chrifti Leiden handeln werden. 

Wir ſehen aber aus dieſen Urſachen der Mernſ 
werdung Chriſti, fo ist eingeführet, welch eine hey 
liche Xiebe ‚beive der Mittler, GOttes Sohn, m 
der Erbarmer, GOtt Vater felbft, zu ung’ gebak 
und getragen haben, davon oh. 15: und 1 Zoh.k 
Meldung thut. | 


















13. Wie follen wir und diefe troſtreiche Endurſache der 
Menſchwerdung Ehrifti zu nuͤtze machen? 


n. den fey, und daß er brüderliche: Liebe und Treue F 
und trage, auch da ed Das Anfehen hat, ald daß we 
»on ihm verlaffen feyn. Und daß er uns in feine 
Noͤthen wolle ſtecken laffen, fondern heraus reißen 
und zu ehren machen, wenn die bequeme Zeit eis 
mal gekommen ift. | 

Dies fcheinet wohl, als ſey ed eine fchlechte Runk 
und als hätten wir dies vorlängft ausgeglaubet, 
wir ed hören und wiffen, aber wenn es zum Tr 
koͤmmt, und ver Zeufel zu uns eihbrüflet wie a 
Löwe, und feine vergiftete Mordpfeile in unfere H 
zen fchießt, oder wir fonft in ſchweren Nöthen fi 
da -erfähret man allererft recht, wie eine leichte Ku 
dies fey, und mie fein wir es ausgeglaubet haben. 


ee unfer Immanuel, das ift, unfer liebfter Bruder wer 
be 


un. 
—— 
— 2— 


‚ des Schatzes der Seligkeit. 448 


Weil aber der Glaube nicht unſers Willens und 
Bermoͤgens iſt, ſondern nur ein pur Gnadenwerk 
yes heiligen Geiſtes, wie St. Paulus bezeuget, Eph. 
I» Gal. und anderswo mehr, fo, laſſet uns taͤglich 
yitten um die Gabe und Vermehrung des Glaubens, 
zamit der Glaube in unfern Derzen brennen möge, 
vie eine Flamme in einer güldenen Lampe. Denn 
ver Glaube muß nicht Falt, fonvdern feurig in uns 
enn, fol er und wiedehgebähren und Zeichen thun. 
Weil aber der heilige Geift in ung thaͤtig ift, durch 
das Wort von Chriſto, follen wir dad Evangelium 
ınd Zeugniß von JEſu Chriſto nimmermehr aus 
ınfern Obren und Herzen laffen, und der Sacra⸗ 
nente gebraudhen, | 


14. Was follen wir mehr hun? 


Zum andern follen wir durch foldien Glauben unſere & Hai 
anruhige Herzen ftillen, und uns der Menfchwerdung erfrenem 
and des Leidens Chrifti zum hoͤchſten erfreuen. Denn 
yarım "wollen wir uns betrüben, weil die Sünde 
md der Zorn GOttes weggenommen? Und warunt 
vollen wir und nicht freuen, weil ewige Gerechtig⸗ 
teit und ewige Gnade GOttes wiedergebradt it? 
Darum faget der Engel: Siehe, ich verfündige 
tu große und ewige rende, welche nicht 
llein den Juden, ſondern uud den Heiden, nicht 
illein den kleinen, fondern auch Den großen Suͤndern 
wiberfahren wird Denn der zugefagete Heiland iſt 
eboren. 

Ya, wir ſollen hingehen, und von Freuden über 
Chriſti Geburt und Verdienft jauchzen. Jauch, Jauch, 
Jauch, füllen wir rufen, GOttes Sohn iſt ein Menſch 
und unfer Erlöfer worden, wie und hiezu Zach. 9. 
bermahnel, Unſer Herz fol voll Wonne feyn und 
in Freuden fchweben, und unfer ganzes Leben foll 
nunmehr. nichtd anders feyn, denn ein ewiges Freu⸗ 
benfe ohne Dunkel und Trübfal, Es gen auch fol: 


oo. 
. 

‘ » 
vie 


— 


- 


446 Dom Erwerber 
che heilige und goͤttliche Freude taͤglich bei uns wach 


fen und zunehmen. Einer ſoll den andern zur Freude 


vermahnen, und wegen der Traurigkeit frafen. Um 


achteten, wie dazumal die Hirten waren auf des 


ſolche Sreude fol feyn nicht allein in den Meidyen 
und Herrlihen, fondern aud) in den Armen und Ber 





. Felde: Ja in diefen mehr weder in jenen. Denn vis 


Chriſtli⸗ 


| ee ebenfiches Leben und Wefen beſtehe ın Melancholie um 


. nicht in 
Melan⸗ 
chotie. 


a 


Ei * 
£utherus, 


-. met für.lieb, will er fagen, und haber Geduld. 


fen Armen, Verachteten und Troftlofen ift Der Srba 
GOttes allermeift zum Troft gefommen. Wir fol 
mit Gewalt hindurch brechen, durch Schwermutb un? 
Betrübniß, und und des Herrn Chrifti erfreum, 
wenn wir auch gleich die allerärmeften und elendeſta 
Märtyrer und Würmer auf Erden wären, über wd 
he alle Wetter giengen, Denn wir haben es hehe 
Urfacdhe, und der Engel GOttes bat ed und ww 
fohlen. 

Und es dürfe nur feiner gedenken, daß ein dırik 




















Betrubnig, wie ſich die alten einfältigen Meürtterlei, 
ja wohl zuweilen die rechten großen Heiligen, Mo 
dünfen lajjen; fondern in herzlicher und fteter Freude 
und Wonne jtehet ed, und im Frohlocken oder and 
zen. Denn follte man ſich des nicht erfreuen, def 
er unfere Natur trefflih geehret hat, daß er fein 
Liebe dadurch erfläret, Daß er.unfer lieber Brut 
und getreuer Beiſtand worden ift, und Daß er um 
endlich durch fein Blut von Sünden und Tode erlä 
fet hat? | 

Hieher gehoͤret Das Wörtlen Wohlgefallen, vd 
der Engel gedenket, da er fpriht: Den Dienfche 
ein Wohlgefallen, ⸗ 

Dies Wort erklaͤret Lutherus aljo: Die liebe 
Engel wünfchen, daß GOtt ven Glaubigen und Fro 
men ein fröhlich Herz und Muth gebe, und daß 
alles "mögen mit Geduld ertragen, was ihnen v 
wegen ihred Glaubens und Befenntnig vom Teu 
und Menſchen aufgeleget wird und widerfaͤhret. R 


Des Schakes der Seligkeit. 147 | 


ob man gleich euch darüber Leide thut, verfolget, in . 
dad Sefängnig wirft, verbrennet, tödtet und läfterts 
Sp werdet dennody darüber nicht ungedultig, noch 
yornig, fondern habet ein Wohlgefallen daran, und 
laffet eud) eure Freude und Luft, fo ihr an dem neus 
Aa Kindlein habet, fein Leid und Traurigfeit,. 
ie fey fo ſchwer und groß fie wolle, hindern, noch 
verderben. 

Immer guter Dinge und gutes Muths, und fas 
get: Laſſet geben was nicht bleiben will, mir ohne 
Schaden. Fahre bin Traurigkeit, fahre bin Schwer⸗ 
muth, fahre hin Welt, wir wollen uns um eurets 
willen unfere Sreude nicht nehmen laſſen. So weit 
kuther. \ N 


is. Was follen wir mehr un? 


Eepttich will es ſich auch gebühren, daß wir nun bins2. Gheifte 

rort allen fleiſchlichen Lüften und Laſtern abdanken, linke 

ınd und mit ganzem Ernſt und Fleiß auf wahre 

Heiligfeit und Gerechtigfeit begeben. Denn weil wir 

sem Sohn GOttes für folche große Liebe und Wohls 

hat, Dienft und Dankbarkeit ſchuldig find, und aber 

ein größerer Gottesdienſt kann erfunden werden, denn 

ben Der neue Geborfam, oder ein neues, heiliges 

nd unfträfliches Leben; fo laffet und ihm defwegen Die Chris 

zurch fol neu Leben dankbar feyn. Iſt er unfer Bruder 

Bruder worden im Fleiſch, fu laſſet und feine Bruͤ⸗ nis: 

er wiederum werden im Geift, und alfo gefinnetzifefouen 

eyn, wie er gefinnet iſt. Denn Brüder miffen .eis wir feine 

verlei Herz haben, und einerlei Leben führen. Brüder 
im Geiſt. 


10 * 





6 
x 


148 Mom Erwerber 
Das m. Capitelt. 


Bon Chriſti bitterm Leiden und 
—— Sterben. 


1. Hat mir auch Chriſtus mit feinem Leiden und Steh 
etwas erworben ? 


Er bat. dir damit den ganzen Schatz deiner Geliß 
keit, die ewige Gerechtigkeit, Die Kindſchaft GOttl 
und das ewige Leben erworben, und in berzliht 
Liebe gegen dir fißet er zu der Rechten GOttes M 
ned himmlifhen Vaters, und vertritt Dich ohne Kl 
hören bei ihm. Daber kannſt du did igt ja fen@ 
die zornige Flüche des Geſetzes, in des Teufels I 
fehtung, in allerhand Leiden und im Tode ride 
und ſchicken. Ja du haft nun billig größere Luf j 
fterben, denn zu leben: Sintemal du wiſſeſt, md 
du in Chrifto worden, und was du zu hoffen hf 
nemlich das fchöne Paradies, und die Wonne de 
. ewigen Lebens. J 


2. Was hat Chriſtus darum gelitten? 


Tr jemald von Anfang ber ein Menſch in der Ri 
gewefen, welcher mancherlei und ſchweres Leiden ge 
habt hat, fo ift ed wahrlih der Sohn OOttes # 
wefen.. ' 
Bon der Mannichfaltigfeit feines Leidens ſpriht 
er, Pſ. 25. Meines Herzens Wehe iſt manderli 
‚und Wf. AO, Es hat mich umgeben Keiden ohne Ze 
Bon der Schwahheit aber feines Leidens ford! 
er durch Hiob am 6. Wenn man meinen Zammt 
wöge, und mein Leiden zufnmmen. in eine Wage IM 
te, fo würde es fehwerer feyn, denn Sand am MM 
Und Pf. 38. Ich ein zu Leiden gemachet, und mil 
Anliegen ift mir wie eine fihwere Laſt zu few 
worden. Sch gebe krumm und fehr gebüdet, da 





des Schatzes der Seligkeit. 449 


ganzen Tag gehe ich traurig. Mein Herz bebet, 
meine Kraft hat mid) verlaffen, und das Licht meiner 
Augen ift nicht mehr bei mir. Und bas vielfältige 
und fchwere Leiden hat mit ihm angehoben von Ju⸗ 
gend auf, wie er Maget, Pf. 88. Ich bin elend von 
Jugend auf. Teufel und Menfhen haben mid, fo 
lange ih in der Welt gewefen ‚ ftetö geplaget. Daß 
er alfo feines lieben Lebens nie recht froh geworden, 
fondern daffelbe. unter hartem” Bedrang, mit Schmers 
zen, Seufjen und Weinen hat zubringen muͤſſen. 


8. Was hat denn der Sohn EOttes in Menſchengeſtalt 
fuͤrnehmlich gelitten? 


Zum erſten Armuth, und dieſelbe zwar von feiner nl 
Geburt an. Denn er iſt in eine Krippen geleget,erin am - 
wie ein armes Hündlein, und bat. zerriffene Luͤmp⸗ Geboren 
lein um feinen zarten Leib gehabt. Iſt auch in gus erde 
ten Tagen und Wollüften von feiner. armen Mutter - 
nicht auferzogen: Sondern hat oft fchmal beißen 
müffen. nn 
Solgender Zeit ift er dem Sofeph nachaefolge: 
Inechtlicher Geftalt, und hat ihm helfen u lan, | 
der rechte Zimmermann des großen Haufes GOttes. 
Da er aber durch den Beruf feines bimmlifchen Was 
ters in das Prebigtamt getreten, ift er mit feinen - 
lieben Juͤngern zu Fuße gegangen, hat der Almofen 
gelebet, und feine Ruhe auf der harten Erde fuchen 
enäffen. 
as die Almofen antrift, fo fchreibet St, Lucas Ä 
GEap. 8. daß. etlihe reihe und ehrbare Matronen Dt s [mi 
ald Maria Magdalena, Johanna und. Sufanna, fick me 
bed HEren und feiner Jünger getreulich angenoms geiehet. 
men, und ihnen von ihren Guͤtern Handreichung | 
gethan —F Ric hatte ihnen vom Teufel und 
. andern Seuchen gehölfen, und ihre Her i 
nem Wort getroͤſtet. dee Herzen m 


® % 


\ on 
150° Dom: Erwerber 


Die Yin: Matth. 12. Gehen die armen barfüßiger Jünger, 

ee en-und efien Aehren vor großem Hunger; da nun fols 

sen aus ches Die reichen vielfräßigen und wohlgemäfteten Pha⸗ 

Hunger. riſaͤer fahen, murreten fie darüber, ald hätten Die 

Singer große Sünde gethban: Aber Chriftus antwor⸗ 

tete ihnen und fprady: Lieben Porci, laffet es euch 

zu Gut werden, daß ihr fo fatt feyd, meine arme 

Difeipuli folgen dem Exempel Davids nah , welcher 

auch Schaubrod aß am Sabbath Xage, da er elemd 

war und ihn bungerte. 

Hierüber, nemlich über feine und feiner lieben 

Sünger Armuth, Faſten und Hunger Elaget der HErr, 

Pſalm 109 und fpriht: Meine Knie find ſchwach 

von Falten und Hunger, und mein Fleiſch iſt mager 

und bat fein Bett: Welches wir von Der Geftalt des 

Herr Chriſti wohl merken follen. Denn er, me 

Allerfchönfte unter allen Menfchenfindern, ift der Adler 

magerfte und Schwächefte gewefen, ob er wohl zus 

weilen fein mattes Herz mit einem ZTrünflein Werd 

gelzbet hat, und darüber für einen Weinſaͤufer iſt 
gefcholten worden. 

Hatteine Was aber andern Ungemah, und das harte Tas 
eigene ger des Sohns GOttes anlanget, fo bezeuget e 
— ſelbſt, Matth. 8. daß er fo viel Eigenes in der gam 

' zen weiten Welt nicht gehabt, Dabin er fein Gaupt 

mit Zug bätte legen können: ſondern er babe fi 
Draußen vor dem Xhor im Oelgarten, und ſonſt auf 
der Erden bebeifen müffen. 

gKeinen ei _ Am Palmfonntage, da er in feiner hoͤchſten Mu 

genenggeljeität follte einziehen ın die Stadt Serufalem, und fid 
rau, Dafelbft wie ein König ſchauen und huldigen Laffen, 
ibier. hatte er ‚kein Maulthier noch Efel, darauf er Hätte 

reuten können, fondern mußte einen von Bethphage 
holen laffen. Daß audı deswegen Zacharias mit Kim 
gern auf ihn wiege und fagte: Giche, liebe Tochter 
Zion, wie arm koͤmmt dir dein König? 

Denn er, der Sohn GOttes, war nichr darum 
ein Menſch worden, und leiblih in die Welt gekom 





des Schatzes der Seligkei. 151 


men, daß er für feine Perſon ein Zunfer wäre, und 
gute Tage hätte, fondern, Daß er und zu Herren, . 
und unfere Seele reich und felig machte, wie auf _ 
drüdlid 2 Cor. 8. angezogen und gemeldet wird. 
Mit diefem Erempel Chriſti follen wir uns troͤ⸗ 5 
ften zu jeder Zeit, fürnehmlidy aber, wenn wir in 
unferm Elend mit unfern armen Kindern zu Buße - 
gehen, der Almofen leben, Hunger, Durft und Froft 
leiden, und dazu viel ander Ungemach und Herzeleid 
haben. Es wird einmal, ob GOtt will, mit unſerm 
Zuſtand beſſer werden. 


4. Was hat ber Sohn GOttes mehr ‚gelitten? 


Zum andern ift er der Juden König, und höchfter2.Bera&> 
Prophet, von feinen Juden verachtet worden, Mrs fe 
Denn ob er wohl’ feine göttlihe Herrlichkeit durch fon. 
fonderlihen Ernft, ttefflihe Worte und gewaltige 
Thaten leuchten und ſcheinen ließ, dennoch verachte⸗ 

ten und vernichteten ihn die Juden, und ſprachen: 
Er it eines Zimmermanns, Joſephs Sohn, 
Joh. 6. Wenn fie ihn fahen, lacheten fie feiner, wie 
eined Thoren, und fchüttelten vie Köpfe über ihm 
und fpraden: Siehe da, das iſt unfer lieber Mefs 
fine, wie er felbft klaget, Pf. 22. Ich bin ein Spott 

der Leute, und Beratung ded Volks. Alle, Die 
mic) feben, fpotten mein, fperren dad Maul auf, und 
fhütteln den Kopf. Deögleihen Palm 109. Ich 
muß ihr Spott feyn, wenn fie mich ſehen, fchütteln 

fie ven Kopf. Ya, wahrlih, GOttes Sohn ift wohl 
wertb, daß er ſich von foldhen redlichen Zeuten vers 
achten laſſe. Wer ein Tröpflein Vernunft und Ehre 
barfeit in feinem Herzen hat, der laͤſſet fein fpotten. 
Denn tft hieraus feihtlih anzunehmen, daß die Zu 

ven ein loſes Volt müſſen geweſen ſeyn. 


4 
re» 


2... Dom Erwerber 
5. Wie mag Chriſto dieſe Verachtung gefallen haben ? 


Ts halte, das fromme Herz, JEſus Chriftus, wird 
ſich folder Verachtung und Epotted hart angenom 
men, fi defien geſchaͤmet haben, weih und (dev 
darüber geworden fenn, wie er felbft befennet, Pf. 68. 
Die Schmach bricht - mir mein Herz, und kraͤnket 
mid. Ja, er wird feine heiße Thränen darüber ver 
"goffen, und voller Klagen zum Thor ‚hinaus gegam 
gen feyn. Denn fo ſpricht er Ser. 13. Meine Seele 
muß heimlid weinen, über folde Hoflart meines 
Volks, und meine Augen müflen mit Thraͤnen fließ 

fen. Welche Thränen euch Juden einmal auf euren 
Herzen verbrennen werden. 


| 6. Barum mögen ihn die Juden verachtet haben? 


G; ward der tbeure Mann, GÖtted Sohn, vor 
den Juden nicht Darum verachtet, Daß er verachtungk 
werth wäre, fondern daß fie ihm feine göttliche Ga⸗ 
ben und Ehre nicht gönneten. Frau Neidhard, des 
Teufels Großmutter, welche ihnen im Herzen fc, 
brachte fie zu ſolchem ſchaͤndlichen Laſter. Denn d 
ift der Abaunft oder des Reides Art, daß er ver 
achtet und verlachet alles, was ihm zu hoch iſt, um 
was er fonft nicht unterdrücken Fann, 


7. Bas hat der Sohn WDtted mehr ausgeflanden ? 
\ 


Derache Zum dritten iſt nicht allein des HErrn Chr 
u. je" Perfon, fondern auch fein theures und heilfames 
re. Wort, von den Juden veradhtet worden. Denn ab 
=. er gleih ein bimmlifcher und unerbörter Redner war, 
welcher den armen zmeifelmüth:gen Sündern de 
höchften Troft, nemlid, GOttes Gnade offenbarett 

und verfünvdigte, und von Derfelben aufs allerher 

lichſte und fräftigfte redete, alfo, daß fie dadurch 

neue und, lebendige Ereaturen worden: Dennod na 


Pr 4% 
” - 
san, 
® 
. 


des Schatzes bet Seligkeit. - 155 


nen ſolche Worte die. Juden nicht an, fondern vers 

ıchteten ed, als eined lofen Mannes unnützes Ge 

chwaͤtz. Sie fprachen, fein Wort und Lehre wäre 

vom Teufel darzu erfunden, daß er die Leute Damit 

of ficher und ärger machen. Dies Flager er Pſ. 118, Warum 

aß feine Lehre, wie ein untauglicer Stein von ben die Weit 

Bauleuten Yrrworfen fey. Die Mugen diefer Weltgir ver 

ind die Balfeute: Denn fie wollen die Regünente, werie, 

jeiftlich und weltlich, durch kluge Geſetze bauen, und 

dadurch eine Fiebliche Polizei amrichten. Wenn aber 

in Gnaben s Prediger koͤmmt mit dem heiligen Evans 

yelio, fo fprehen fie: Weg mit diefem, er taugt 

sicht, er ift und zu unferm Fuͤrnehmen nichts nüße, 

a er wird alles verberben, er wird uns Die ſichere 

Belt feinem Evangelio und Gnaden: Predigt ſicherer 

nd ärger machen. Dies if dem HErrn Chriſto 

ınd feinem Delblatt fürnehmlich wiederfahren. Dar 

ım hielten die Juden vor dem Evangelio Chriſto die 

Öbren zu, auf daß fie ja nicht möchten. hören, und 

Jadurd) zu GOtt befehret, oder zu feinem Erkennt 

niß geführet und felig werben. Ä . 
Andere Klagen fteben mehr in den Goangeliſten, 

ld Sob. 5. In meinem Wort ftedlet dad ewige 

Beben: Aber ihr. Juden wollet nit zu mir kom⸗ 

men, auf Daß ihr das ewige Lehen hättet. Desgl. 

Joh. 6. Mein Wort ift das rechte Himmelbrod, und 

ſt eitel Seift und Leben, und mer Davon ijjet, Det 

mat das ewige Leben, und ich will ihn auferweden 

im jüngften Tages Aber ihr mollet das Brod nicht 


len. 

Und im 56 Pfalm fpricht er: Täglich fechten fie 
neine Worte an. Biel Fehler haben fie an meiner 
dehre. Denn fie will fih doch mit ihren gefafleten . 
Meinungen nicht räumen. Behüte GOtt, fprechen 
te, wie fol das fenn? Der Mann hat irrige Meis 
sung. Was fie aber reden, muß vom hoben Him⸗ 
nel herab geredet ſeyn. u | 


3430 Dont Erwerber 
8 Woher mag bied kommen feyn? 


Dies alles Fam daher, denn fie waren vom Xeufe 
das ift, der Teufel hatte fie ganz und gar beſeſſer 
Darum Ponnten fie zur Liebe det Wahrheit nicht kom 
men. Denn wer von BDtt ift, oder ein Temp 
GOttes, der höret GOttes Wort, und demfelben ü 
ed ein füßer Geruh, oder eine füße Noſe des & 
bens, und kann ſich nicht fatt hören: Aber wer von 
Teufel, oder voll lebendiger Teufel ift, der hoͤret c 
nicht, fondern es ift ihm ein Stank des Todes, de 
für er ein herzliches Grauen und Abſcheu bat, Soh.ö 











9. Bas hat ber Sohn GOttes mehr erlitten? 


u Da Zum vierten ift au der Sohn GOttes, das ale 
frömmfte Herz, von feinen lieben Juden gebefe 
worden. Nicht allein verachtet (wie gefaget) ſonden 
auch gehaſſet. Welche feine allerliebften und befa 
Freunde feyn follten, vie find ſeine Argfien Sein 
geweſen. 

Hieruͤber klaget er Pf. 3. Ah HErr! we ü 
meiner Feinde fo viel, und fegen ſich fo viel wide 
mich. Und Pf. 69. Die mich ohne Urſach Hall, 
der ift mehr, denn ich Haar auf dem Haupt babe. 

Es war aber folh eine große PVerbitterung # 
der Juden Herzen, wider das unfchuldige Lämmeich 
GOttes, Daß ihnen gleich euer aus der Nafen, um 
‚das Gift aus dem Maul floß, wie den Öttern. Si 
brenneten Lichterlohe vor großem Zorn, und Eonnt 


ſich nicht loͤſchen. 


10. Warum waren die Juden dem HErrn Chriſto fe 
feind ? 
| Es kam daher, denn es war keine Gottesfurcht 
ihren Herzen, und der abgefagte Feind Chriſti, 
Teufel, hatte ihre Herzen gar beſeſſen. Es half a 


TI V57 — I ” ” .- a 


des Schatzes der Seligfeit. . 155 


iel dazu, daß er für ihnen. etwas Sonderliches war, 
ind daß er keine Gemeinſchaft mit ihnen hielt, ſon⸗ 
ern ihre gottloſe Lehre und Leben haſſete. Denn fo 
aget er Palm 26. Ich fie nicht bei den eiteln 
seuten, und habe nicht Gemeinfhaft mit den Fals 
hen. Ich haſſe die Verfammlung der Boshaftigen, 
ınd fiße nicht bei den Gottloſen. Desgl Pf. 139. 
Ich haſſe, HErr! die dich haſſen, und von dir laͤ⸗ 
terlic) reden, und ed verdreußet mid), daß fie fi 
vider. Di ſetzen. Ich haſſe ſie im rechten Ernſt, 
zarum find fie mir feind, Ä 


11. Wie tahlten die Juden ihre Muͤthlein an Sprit 


Damit ‚fie ihr Muͤthlein an ihm kuͤhlen moͤchten, Sie ver⸗ 
peieten fie ihr Gift hinter ihm aus, und biffen ihn läfterten 
n die Berfen. Das if, fie griffen fein unfchuldiges ihn. 
keben an, und laͤſterten ihn, wie fie nur wollten, 
yeimlich und Öffentlich: Inſonderheit gährten fie über, 

penn fie die Nafen mit Wein begofien hatten. 


Der eine fprad: Er it ein Samariter. Der 
andere: Er iſt ein Weinfäufer. Der dritte: Er halt 
es mit Huren und Buben, um ift der Zöllner Freund⸗ 

Und wenn einer etwas neued von ihm ervenfen und 
reden fonnte, der war ihrer aller Freund, und mußte 

des andern Tages wiederfommen. Ach! wie lieb bat 

ten fie fih unter einander, die guten Leutlein, und 

welche große Freundſchaft machten fie, wenn fie von 
JEſu, dem Nazarener, ſchwaͤtzen möchten. 

Dies klaget er heftig in feinem Klagbuch, dem Eheim 
Mfalter, Pf. 58. Ihr Wärhen iſt gleich, wie das Wü; bellaiei. 
then einer Schlange. Pſ. 140. Sie ſchaͤrfet ihre 
Zunge wie eine Schlange, Otterngift iſt unter ihren 
kippen. Pſ. 41. Aber die mich haſſen, raunen mit 
einander wider mich, und denken Boͤſes uͤber mich. 

Sie haben ein Bubenſtück über mich beſchloſſen, wenn 
er lieget, ſoll er nicht wieder aufſtehen. Das iſt, 








—— — — — — — 


Niemaͤnd fraget, in allen feinen Tuͤcken hält er GO 


„fo weit gefommen, Dale er fein GOttes Wort hoͤrn 


"wird dad Unglüd bald treffen, 


156 WVom Erwerber 


wir wollen ihn von Ehre und Glimpf, und von ak 
Wohlfahrt helfen. | 
Pſalm 69, Die im Thor fiten, wafchen v 
mir, und in den Zechen fingen fie von mir, um de 
netwillen trage ih Schmach, mein Angeficht ift v 
ler Schande. oo . 
‚ Und ob gleich die Feinde Chriſti zumeilen » 
gutherzigen Leuten vermahnet würden, den Gadke 
eine Maſſe zu geben, damit GOt nit ins Om 
febe, und ihnen die Zunge fürzete, fo half doch ie 
ches nicht, fondern fie wurden nur toller und bik 
Denn fo faget der 36 Pfalm: Wahrlich, wahrlt 
es ift Feine Gottesfurcht bei den Gottloſen. Sie ie 
ben fein Gewiffen, und fie laffen ſich nidyt wei 
daß fie Gutes thäten, fondern fie trachten auf ihm 
Lager nach Schaden, und ſtehen feſte auf dem bi 
Mege, und fcheuen fein Arges. Deögleihen PIE fi 
Der Gottlofe ift fo ſtolz und zornig, daß er nd 














für nichts, und Pf. 55. fie werden nicht ande 
und fürchten GOtt nicht. 
- Aber tröfte GOtt den in Ewigkeit, mit wenn d 


und feine Einſame leiden will, fondern in few 
böfen Fuͤrnehmen ſtolz und troßig fortfähret, de 


4%: Wie mag wohl Ehrifto dies gefallen haben? 


Solche unbillige Feindſeligkeit und Säfterung ? 
Juden bat dem Sohn GOttes. wohl. herzfich 

gethan: Aber weil es fein Theilsgewefen, bat er s 
über fidh genommen, und fein Leid heimlich im fi 
gefrefien, und es GOtt befohlen. Denn fo fpri 
er Pf. 39. Ich bin verſtummes und ſtill, und fdhweig 
der Freuden, und muß mein Leid in mich freffes: 
Ich will fehweigen, und meinen Mund nicht aufthes 


Du, mein lieber GOtt! wirft. es wohl machen, 


w. 


‚® 


des Schages ber Seligkeit. 157. 


Ein herrliches. Gebet aber wider feine Feinde fübs | 
et er Pf. 25, 16. ,Pf 35, 22%. Pf 43, 2. und 
pf. 143, 0 - 12. u 


13. - Was hat mein Leber HErr Chriſtus mir mehr zu u 
| gut gelitten ? u 


Zum fünften hat der Sohn GOttes niemand gehabt Vertaſ⸗ 

anter allen Menſchenkindern, weldem er fein Herz Mina von 
‚utrauen, und fein Wehe hätte Flagen koͤnnen. Ermeufden. . 
yat es feiner eigenen Mutter nicht alles offenbaren — 
dürfen, wie er von feinen leiblichen Eltern ſpricht 
Pſ. 27. Es hat mid mein Vater und Mutter vers 
\affen. Es ift auch. niemand vorhanden geweien von 
der Obrigkeit, over fonften, der fi feiner mit Ernft 
angenommen, und ihn wider feine Feinde und Las 
iterem geſchuͤtzet und getröftet hätte. Wer ftehet bei 
mir, Elaget er, Pfalm 94. wider bie Boshaftigen, 
und wer tritt. zu mir wider bie Uebelthaͤte 


14: Es hat ja gleichwohl Chriſtus feine Aunger gehabt nn 


Ob wohl Chriſtus feine Tiebg Junger hatte, welchen gpeipt 
er zuweilen ſein Anliegen ckete, fo nahmen fie Junger 
füh feiner dennoch nit an, fondern (hrwiegen ren bw 
ſtill, und ließen ihn Elagen. Dies fam daher, vennfteu kön⸗ 
fie waren dazumal noch unverfuchet, "und wußten "% 
nicht, wie einem Verfolgeter und Betrübten zu Muth, 
und was er mit ihnen redcte. Sie hatten der uns 
verfhämten Welt verliebte Zähne in ihren Herzen 
noch nicht gefühlet, und dr Schmerz ihres Herzens 
war ihnen noch nicht durß Mark und Bein, und 
durch alle Glieder gegangen. Dies befeufzet er Wf.69. . 
mit diefen fehnlihen Wortn: Jh wartete, ob es 
jemand jammerte, aber Da war niemand, 
und auf Tröfter, aberih fand feinen 

. Sa, feine Freunde trat zur Zeit feines Unfalls 
ferne von ihm, und wollte ihn nicht kennen. Gie 


| 


Pa | . 





158 WVom Erwerber 


flohen vor ihm, auf daß fie fi feined Leidens = 
theilhaftig madjeten, wie er ausdrüdlich im 31 Pi 
erfennet und Tlaget. 


Subasin Bruder Judas ftellete ſich wohl, ald wäre al 


nur ein 


befte Sreund, und als wollte er viel Gutes bei 


ee thun, aber er meinete es nicht don Herzen, Ein 


ner gewe⸗ 


fen. 


lichen Leiden fo alt und matt, als wäre er ein Is 


Klaget er dies nicht in 


ihm lieb, wenn der HErr nur viel klagen mil 
und börete ed gerne: Wenn er aber von ihm ge 
trug er feine Klage aus, und-trieb fein Gel 
daraud, und erfreuste der Feinde Herzen tu 
Eure Verfolgung thut ihm wehe, liebe Herren, % 
um fahret fort, ihr werdet ihn bald tödten. X 
Judas hielt ed heimlich mit den Feinden ZFEfu & 
fi, und war doch vor feinen Augen fein aller 
Freund. Leſet hievon den 35. 41. 55 und den! 
Palm, da werdet ihr Klagen genug finden. 

Darum wird aud der HErr über folden M 
















von 60 oder 70 Jahren geweſen. 
Sein Herz war. ihm durd) feiner Feinde Im 
gung und feiner Freunde Mißtrauen fo hart KA 
ret, daß er nicht. Odem holen konnte. Er lg 
arbeitete unter folder aſt und Hige, wie cn" 
nes Würmlein unter einer fchweren Bürde. 
weil ihm fein heiliges Herz wehe that, go fühl 
es auch alle feine Gliedet. Sein Herz war um" 
großer Hitze und Zrübfal fo dürre als eine Port 
be, Daß er nicht reven fhnnte. 
Ja es war ihm fo ohnmächtig, daß er nicht fi 
geben, und feine Arme ausſtrecken konnte. Und jr 
wenn ihn Xröpflein gödliher Gnaden nicht bir 
aufgehalten, fo wäre er oft zur Erde gefunfen, 
hätte feinen Geiſt aufgeg FBW 








15: Beklagaͤt er dies auch? 


aget | ielen Pſalmen? Als in } 
Meine Geſtalt ift verfallen fur Trauren, und # 


ne en TE u En — — a 7— 
V 7m — 


des Schatzes der Seligkeit. 159° 


orden, denn ich allenthalben geaͤngſtet werde. Im 22, 

fein Herz ift in meinem *ejbe wie zerſchmolzen 

zachs. Meine Kräfte find vertrodinet wie ein Scherbe. 

m 31. Meine Geſtalt ift verfallen für Trauren, 

zu meine Seele, und mein Bauch. Mein Leben ,;: 

at abgenommen für Betrübniß, und meine Zeit für-- ..-  -- 

seufzen. Im 77, Ich bin fo obnmädtig, daß ich 

icht reden fann.. Im«102. Meine Zaae find vers "I. 

angen wie ein-Raüuch, und meine Gebeine find verr .°. 

rannt wie ein Brand, Mein Herz ift gefchlagen 

nd verdorret wie Gras, Daß ich auch vergefle mein 

Irod zu efien. Ich eſſe Afche wie Brod, und mifche 

einen. Trank mit Weinen, denn, die mid haſſen, . 

hmaͤhen mich taͤglich. | | 
Es hat ſich aber ver Sohn GOttes wider ſeinerWasEbri⸗ 

einde Toben und feiner Freunde Verlaſſung in feis Nm . 

en hoben Schmerzen getröftet der Gnade GOttes, in feiner 

ined allerliebften Vaters: Und wenn gleich Teufel ee 

nd Welt rafend und toll würden, fo ift denn 

Ott mein Vater. Denn fo:faget er Märlih, Pr 

D9. Deine Gnade ift mein Troſt. Und Pf. 119, 

eine Gnade mußte mein r% feyn. 


16. Hat ber HErr Ehriftus auch innerlich Leiden ge .  » , °. | 
fühlet ? | j SH — 


jreilich hat er neben den aͤußerlichen Anfecheg age 

ungen und Beſchwerden auch fein innerlich innerlis 
eiden gehabt, dadurd ihm fein Herz und Gere venen 
ruͤth aus dermaßen fehr ift gefränfer worden, Denn nufern 
Ott hatte ihn zum Sündens Träger gemachet, das Sünden. 
t, er batte alle unfere Sünde auf ihn geworfen, rn 
aß er fie follte tragen, wie Eſaias faget, Cap. 53. 
Bir giengen alle in der Irre wie Schaafe, 
in jegliher fabe auf feinen Weg, aber ver. 
yErr warf unfer aller Sünde. aufihn. Das 

t, wir waren allzumal irrente Schaafe und vers 
ammte Sünder; aber GODtit nahm die Sünde von 


| u — — — — — nn - Du 


160 Wom Erwerber 


uns, und warf fie auf feinen lieben Sohn, auf del 
wir geredht, er aber. ein Sünder, oder aller Ri 
Suͤnden⸗ Träger wäre, 0 | 


17.. Wie hat GOtt ber Vater. aller Welt Suͤnde auf 
flum geworfen? 


Alſo, daß Das GOtt der Vater aller Welt Sünde auf fei 
fie pm lieben Sohn geworfen, ift nicht ſpielweis, wir : 
men ange.den. Combbdien geſchiehet, fondern im rechten (mi 
sehnet zugangen, alfo, Daß er in der Wahrheit aller M 
een, Shen Sünde und Schande an feinem Halfe getr 
fieerfeibonhat, nicht anders, als bäite er fie ſelbſt beganım 
begangen. Wir find davon erreitet und erlediget, er iſt Dem 
behaftet und beſchwerrt. GOtt hat feine Augen m 
und zu ihm gefehret, und nur allein auf ihn an 
ben. Er ift ein Mörder, Ehebredher und Zovdab 
ger worden, und bat alfo mit folden Suͤnden fü 
- Ott und feinen heiligen Engeln in großen Scha 
den ſtehen müfjen. > | 
Denn ſo ſpricht er Pſ. 69. GOtt! du weifieh 
meine Thorheit, und meine Schulden ſind 

Die nicht verborgene Ich muß bezahlen, da} 
Hich nicht Geraubet babe, Um for iR oo 














trage ih Schmach, mein Angefiht iſt ve 
ler Schande. | | 

Für folcher großen Schande hat er feine Aus 

nicht dürfen aufthun gegen GOtt, und feine heib— 

‚ Engel. Ja fie hat ihm fein Herz zerbrohen, m 
er dafelbft fpricht im obgevadhten Palm: Die Schmal 
bricht mir mein Herz und kraͤnket mid. 

Die Schuld und Schande bat ihm fein Gewie 
und Herz fo hart gepreflet,. daß er Blut geſchwiß 
bar. Denn geronnen Blut it ibm für großer Ang 
im Oelgarten, da ihm dieſe Sünde und Scheni 
recht aufgetban, aus feinem Leibe gefloffen. Den 
db wohl die Furcht des bittern Todes am Creuz fe 
Ge Angie und Schweiß. verurfachte, fo half vo 


D) 
4 


De — — — — — — — 4— 


des Schatzes der Seligkeit. 161 


kenntniß oder das Anſehen folder Sünde und Schande 
nicht ein wenig Dazu. Denn Sünde bricht das Herz, 
Schande aber vielmehr. 

Ach! hat er gedacht in feinem Herzen, wie fömmft 
Du Doch dazu in aller Welt, daß du aller Menfchen 
Sünde auf Bi geladen haft? Wie bift du fo em 
großer Sünder? Ja,.du allein bift ein Sünder, ans 
Deve find ed nicht, ohne allein die, die dir ihre Süms ° 
ben nicht auflegen: wollen. | 


18. Barum hat Ghriftus unfere Sünden getragen ? 


E⸗ iſt darum geſchehen, auf bag wir vor GOtt ges Auf den 
recht wären, und aus folder Gerechtigkeit ewigen Sott gen 
Troſt wider unfere Sünden hätten. Nach dem herrstehtwäs 
lichen und venfwürdigen Spruch St. Pauli, 1 Cor. 6, "* 
BOtt hat ven, der von feiner Sünde wuß 

te, für und zur Sünde gemadet, auf daß 

wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die 

ar GOtt gilt. In ihm, faget er. : Denn wir ai. 
nüffen durch den Glauben in Chriſto ſeyn, fonft koͤn⸗ 

sen wir feiner Gerechtigkeit nicht theilhaftig werden. 


n. u 
19. Was dat Ehriftus mehr auf fi genommen? 


Weil er aller Welt Suͤnde auf ſich geladen hatte,? Eeures 
nußte er auch den Zorn GOttes auf ſich nehmen 

ind tragen, das iſt, er mußte GOttes Zorn fuͤr ſei⸗ 

sen Augen ſehen, und als ein brennendes Feuer auf 

einem. Herzen fühlen.- Denn GOtt kann die Kunft, 

aß er Feinem feinen Zorn Tann zu koſten ‚geben. 

Daß fih ein Schuldiger fürchtet für GOttes Zorn, 

as iſt viel, aber wenn GDit einem feinen Zorn 

ns Herz fpricht, oder ind Herz geußet, und einem W 
a6 Herz Damit preſſet und brennet, das iſt noch 

viel mehr. Und dies ift eigentlich Empfindung des . 
Zornd GOttes wider die Sünde. Alfo hat Chriftus u 
en Zorn GOttes gefühle. Denn — hierzu | 





162 Vom Erwerber 


verordnet, Daß er allein allen Grimm und Zorn GO 
—tes, welcher über der «ganzen Welt Sünde geben ſel 
te, uͤber ſich nehmen, und in ſich trinken ſollte. 
Died klaget er Pſalm 88. Dein Grimmg 
bet über. mich, und dein Schrecken drück 
mich; das .ift, ich leide deinen Zorn als ein Few 
und bin voll Schreden ſolches Zorns: Hike W 
Schreden habe ic; in meinem Herzen, . | 


20. Was hat ber Zorn GOttes bei Chriſto verurſache 


Die Zuſprache GOttes, und der Zorn. EV 
und dad Schrecken göttlihen Zorns haben in fi 
Herzen gewüthet, als eine große Wafferfluth, S 
als Wafferwogen, daß er dafür nicht hat bleiben 
nen. Wie er flaget Pfalm 88. Dein Gris 
gehet über mich gewaltiglid, und dramt 
mic mit allen deinen Fluthen. De 
felbft hat ihm. nicht fo wehe gethan, als das —X 
goͤttlichen Zorns. Denn was iſt der Tod gegen 
tes Zorn? Ihm iſt ſo angſt und bange anti 
als hätte er im Abgrund der Hölle gelegen, W® 
ſpricht Pf. 18. Es umgfiengen mid des Led 
Bande, und die Bäche Belial erfpredi 
mid, ja der Höllen Bande umfiengen M 
Denn GOtted Zorn leiden ift eben fo viel, all 
hölifche Feuer leiden, ift anders das hoͤlliſche 
etwas anderd als GOttes Zorn. la 
Hieher gehören die. Klagen Pſalm 6. Pen 
Seele ift fehr erfhroden, und meine & 
hen find fehr erfhroden Pr. 22. Mein un 
ift in meinem Leibe wie zerſchmolzen 8° 
Pf. 88. Ich leide dein Schrecken, daß 
fhier verzage Pf. 116. Angſt der Hi 
hatıe mich troffen, ich fam in Zammer ! 
Noth. - _ 
S Ich trage feinen Zweifel, der leidige Teufel w 
. zur Zeit foldher feiner Anfechtung nicht ferne so 









—* 
— 


2 
. 
® 


bes Schatzes der Seligkeit. 163 


‚ewefen, fondern bad Feuer weidlich zugefchüret, und 
bm den Zorn GÖttes aufgemutzet und fürgemworfen 
aben. Siehe, hat er gefaget, wie heftig brennet 
er Zorn GOttes über dich? Fuͤhleſt du es auch 
vohl? Süunde haft du haben wollen, nun habe dir 
en Zorn GOttes dazu, fo Heft Du beides. Denn 
vo ed vorhin naß iſt, da koͤmmt der Teufel, und 
nachet ed vollends naß: Wer feiner Sünden und 
ed Zorns GOttes halben betrübet ift, den machet 
ver Teufel: noch betrübter, auf Daß er ihn tödte, 


21. Was hat Eprifius mehr auf ſich genbmmen ? 
Er hat nicht allein den unertraͤglichen Zorn 


eines gerechten Vaters über ſich genommen, ſondern 
r bat auch allen Fluch und Vermaledeiung des 


Beſetzes, als ein hartes Wetter, uͤber ſich gehen laffen, 


Alles, alles, was das Geſetz GOttes ‘ven Uebers 
retern anfluchet und draͤuet, Das hat Dies unfchula 


Yige Laͤmmlein mit unfern Sünden beladen, über ſich 
ſenommen, und ift alfo ein oͤffentlicher Fluch wor⸗ 


ven, dem aller Gegen aberfannt, alle Strafe aber 


uerfannt worden ift, daß die Erde nicht werth ge⸗ 


ichtet, Daß fie ihn tragen follte, 

Snfonderheit aber ift ihm dies zuerkannt, daß er 
vie eine verfluchte Schlange an einem verfluchten 
Holz eines verfluchten Todes fterben follte, damit 
nänniglich fehe, was er für ein Heiliger wäre, Das 


yer.er auch Died Anſehen bei den Leuten hätte, als 


väre er von GHDtt feiner vielfältigen und großen 
Hebertretung halben verfludhet, wie Eſaias von ihm 
aget Gap. 53. Wir hielten ihn dafür, als der 


on GOtt felbft verfluhet, verworfen und. 


jefhlagen wäre. 

Wie ihm aber folcher Fluch GOttes und bie Exe⸗ 
ution ſolches Fluches zu Herzen gegangen, kann ein 
eglicher Verſtaͤndiger leichtlich abnehmen und ermeffen, 


ii * 





164 Wonm Erwerber 
22. Warum iſt das geſchehen? 
Dies alles iſt darum geſchehen, auf daß er un 


arme Sünder, klein und groß, von dem Fluch ve 
Geſetzes erlöfete, und ung den Gegen erwürbe. Nac 


dem' ſchoͤnen Sprud Pauli Sal. 3. Chriſtus hat un 


erlöfet von dem Fluch des Geſetzes, Da er ward en 
Fluch für und, auf daß der Gegen Abrahaͤ unta 
die Heiden kaͤme. | 


| 23. Iſt auch noch mehr Übrig von dem Leiden des HE 


Ehrifi? 


7. tan Freilich: denn es iſt dabei nicht geblieben, daß we 
priftum falſchen Juden ihren Meſſiam, GOttes Sohn, wa 
tetsdtet. jachet, gehaſſet, und allenthalben aufs gräulichite ꝙ 


laͤſtert haben: Sondern weil ſie den Erzmoͤrder ü 
ihrem Herzen ſitzen hatten, ſind fie fortgefahren, um 
haben ſich unterwunden, ihn zu toͤdten. Wer ſeinn 


Naͤchſten haſſet, der iſt ein Todtſchlaͤger: Denz frm 


ganzes Herz iſt dahin gerichtet, wie er ihn möge 


toͤdten. 
1. Rath-⸗ Darum kamen die Tempelherren, vie Gelehrte 
ee und Aclteften des Volks, zum öftern feinethalben je 


äberähri.fammen, und ratbfchlageten mit einander, was KR 
Kum. doc für eine Urſache finden, Damit fie ihn möcht 


’ 


tödten. Nichts beifer, fagte der oberfte Priefter, vem 
hingefchidet, und ihn beim Kopf genommen, und m 
banget, fo werden wir feiner lod, Denn je lau 
er umber ziehen und predigen wird, je mehr Anbanı 
er gewinnen, und je mehr Abbruch unfrer Meligies 
und unfern Würden gefchehben wird. Wir wolle 


zuſehen, was für Urſachen wir an ihm finden, um 


wie wir ed mögen verantworten. 

Hieruͤber Maget er im 2 Palm und ſpricht: Di 
Herren ratbfhlagen mit einander, wider ven HEm 
und feinen Geſalbten. Desgleihen Pſalm 31. Se 
ſchellen mic) übel, Daß jedermann fich für mir fcheue, 


des Schatzes der Seligfeit. 165° 


Ja nicht. allein das, fondern fie rathichlagen aud) mit 
einander über mid, und gedenken mir das Leben zu 
nehmen. 

Haben darauf angefangen mit Juda dem Berrg unters 
räther zu handeln, welder dem Herrn .Chrifto eben baudeln ; 
fo gut war, wie der Teufel dem Creuz, und haben "lung 
ihm Geld gegeben, daß er ihn in ihre Hände brächte. Verrathe⸗ 
Denn gleich fuchet fih, gleich findet ih. Ein Wolf rei. 
weiß des andern Gang: wohl: Darum konnten fie 

bald riehen, was Judas im Herzen führete, Der 

Geiz hat ihn ja wohl zum Theil zu folcher Verräs 

therei bewogen. Denn er ift eine Wurzel alles Boͤ⸗ 

fen und aller unmenfhlichen That. Aber er hat ihn 

nicht allein, fondern auch fürnemlich der bittere Haß 

zu folder. Berrätherei gebracht. 


24. Wie hat Eprißo Judaͤ Berrätherei gefallen ? 


Wie herzlich wehe es dem HErrn Chriſto gethan, 
Daß Judas, feiner Juͤnger einer, fein Verraͤther wor⸗ 
den, und wie er darüber geſeufzet und geweinet, ja 
wie er dieſen Jaͤger verfluchet hat, mag man aus 
den Pſalmen leſen. | 


25. Wie haben bie Inden ferner mit Ehriſto verfahren 


Si⸗ haben ihn auch endlich ergriffen, mit Faͤuſtenz. Sreifen 

geſchlagen, in das Angeſicht geſpeiet, für Pontium ſie ihn. 

Pilatum geführet, ihn falihlid angeklaget, und auf 

fein Blut, wie hungerige Hunde. gewartet. Der bat 

ihn verdammet, geißeln, kronen und kreuzigen laſſen, 

wie dies ein jeder aus der Hiftorie felbft Iefen mag. 
Ad! wie jämmerlih hat er für Pontio Pilato 

geftanden, da er durchgeißelt und Blutrünftig einen 

rothen Purpurniantel um feinen Leib, und. eine Dors 

nenkrone auf feinem Haupt, und einen Rohrſtab in 

feiner Hand gehabt, und von großer Ohnmacht hat 

wollen zur Erde ſinken? Wie werben Maris: und 

ben andern lieben Heiligen die. Augen geilofjen haben 3 





166 Dom. Erwerber 


Ah! wie jämmerlih wird er zum Thor Bine 
gegangen? Wie wird ihm fein Herz gezittert und d 
Angitfchweiß ausgebrochen, und yon Schrecken u 
Ohnmacht zur Erde gefallen. feyn, da er fein Cra 
wie der fromme Iſaac, auf feinen Schultern geha 
und getragen hat? Wie werden die Weiber und un 
frauen von Jeruſalem geweinet haben? 


96. Wie iſt dem HErrn Chriſto dabei zu Mathe geweſer 


Er klaget darüber im 38 Pſalm: Mein Herz beke 
meine Kraft bat mic yerlaffen, und das Licht ms 
ner Augen ift nicht bei mir. Pf. 55. Mein He 
ängftet fidy in meinem Leibe, und des Todes Furk 
iſt auf mich gefallen, Furcht und Zittern iſt mi 
anfommen, und Grauen hat mich überfallen. 3 
fprah: O bätte ich Flügel wie die Tauben, M 
ich flöge und etwa bliebe! Siehe, fo wollte ich mid 
ferne weg machen, und in der Wüſte bleiben. Ich wollt 
eilen, daß ich entrinne für dem Sturmwind und Water. 


Wie klͤz⸗ Ad! wie Fläglid wird er gehänget haben am 
a Creuz, das arme rothe Carmefins Bürmlein, da ihe 

Grenzge: Hände und Fuͤße, jar fein ganzer nadter Leib ale 
' bange ausgedehnet worden iſt, daß man alle feine Knohg 


und gebe⸗ 
tet. 


. Ien: Sie aber ſchauen und ſehen ihre Luſt an mir, 


und Sehn⸗Adern hat zählen Fönnen, wie er fprik 
Pſ. 22. Große Farren haben mich umgeben, 
Ochſen haben mid; umringet, Ihren Rachen fp 
fie auf wider mid), wie ein bruͤllender und reifen 
Löwe. Ich bin ausgefhürtet wie Waffer, alle mei 
Gebeine haben ſich zertrennet. Mein Herz iſt 
meinem Leibe wie zerſchmolzen Wache. Meine Kr 
vertrodnet, wie eine Scherbe, und meine Zunge 
bet an meinen Saunen, und du legeft mich in 
Todes Staub: Ich möchte alle meine Gebeine ; 











‚Dies ift- das liebe Gebet, weldyes der Sohn © 
te8 am Stamm bed Creuzes, in feinen Außerfien Noͤt 
au GOtt feinem himmlifhen Vater gethan bat, und 


Tropfen Waſſer gelabet hätte: Sondern die für 
ſtunden, ſperreten das Maul auf, wie Zeufeld:Nars 


des Schatzes der Seligkeit. 467 


nicht auszureden, wie klaͤglich er am Creuz gehänget, 


Daß auch feine jämmerliche Geſtalt von keinem Mas 


fein fönnen verurfaden, wir, fage ich, die wir ſtolz 


ſeyn, daß wir ihm kaum großen Dank dafuͤr ſagen 
‚mögen, wo wir nicht anders feine Marter und uns 
den läftern und ſchaͤnden. Daher faget er von ſich felbft, - 


im 22. Pfalm: Ich bin fein Menfch, fonvern ein 


‚Wurm, voller Angſt und Schmerzen, daß ich nicht 


weiß, wo id mid von großem Wehe laffen fol, 


97. Iſt Ehriſto unſerm Heiland in ſeinem Leiden auch 


jemand troͤſtlich geweſen ? “ 


&; war niemand vorhanden, der ihn aus GOttes Niemaut 
inem re 


T 


Mort ein wenig getröftet, oder ihn fonft mit e 
ihm 


ren, fpotteten . fein und ſprachen: Iſt er GOttes 


Sohn, fo fteige er herab vom Creuz, und gaben’ 
ihm Effig und Gallen zu trinken, wie er klaget, 


Pfalm 69. Sie geben mir Gallen zu eſſen, und Eſſig 
zu trinken in meinem großen Durſt. Wie ihm denn 
die Welt nichts anders thut, und Die lieben GOttes 


Kinder nicht anders troͤſtet. Wunder ift es, vaß fie 


ler Fann recht getroffen werden. Dad haben wir alfo .- 


> PN er . 


F 
5 
v 


ihm keinen Eſſig in feine heilige fünf Wunden gs 


goſſen haben, wie denn Die Welt wohl pfleger zu thun. 


2. Sat ih | in Hader. Vater nicht getröftet? 


es 


E⸗ hatte ihn. auch dazumal der fromme OOtt ein 


ihm verborgen, auf daß er ſich damit tröften koͤnn— 


ter Sondern mußte am Ctkuz hängen, voller Schmers 
zen und Angft, trofilos von GOtt und Menfhen - 


verloffen, auf daß allda fein Leiden am größeften ' 


- wäre und fih Das Xeben bald nahete. Denn im 


aͤußerſten Grad des Leidens endet ſich das Leiden, 


und ber Troſt gehet wiederum an, Don deswegen 


! Auch nicht 
wenig verlaſſen, und den Troſt ſeiner Gnade für fein Bas 


i 
168 Vom Erwerber 


rief er an ber Grenze des Todrs und des Lebens: 

‚Mein GOtt! Mein GOtt! warum baft da 
mid verlaffen? Pf. 22. Warum tröfteft Du mid 
nicht mit deinem Geift deiner -Önaden, mid a 
unfeliges und troftlofes Wurmlein?- 






29. Was hat Ehriftus mehr gelitten ? 


—8 Lehtlich brach ihm fein Herz von großer Angſt, um 
Geiſt aufsgah feinen Geiſt auf, und befahl feine Seele in G 
gegeben. 105 Hände, und eritarrete alfo am Creuz, Daß fi 
eo Gonne un Mond, Himmel und Erde dafür 
7 ſetzeten. And ift alfo das rechte Oſterlaͤmmlein 
worden, ‚fo durh das DÖfterlamm im Alten Teſte 
‚ment bedeutet: Ya. der rechte Aaron und KHobepris 
ter, welcher fi felbft für uns aufgeopfert, um 
. buch fein eigen Blut in das Allerheiligfte eingege 
gen, und alfo und durch ſich felbit eine ewige Er 
dfung erworben hat; wie Hebr. 9. geſchrieben ſtehet. 








N Das HL Gapitel 


Von ber Frucht des Leidens und Sterben 
HEfu CHrifi. 


1. Ach! das iſt viel zu niel, welches mein Heiland mi 
zum Beten gelitten: Sage mir, was ich deffen 
gebeflert, fen? 


Der 1. Dar fürnehmfte Nuben des Leidens Chrifti, vaf 
| Run, en ihm fein Vater aller Welt Sünden auf den Hab 
dens ẽregeleget, daß er fie tragen, und im rothen Meer fes 
| Me nes eigenen Bluts erfäufen muͤſſen, damit wir Den 
| ſelben los, und ihrethalben beftieniget.wären. Deus 
| fo ſpricht Johannes der Täufer, Joh. 1. Siehe 

da, das iſt GOttes Lamm, weldhed der Welt 
" Sünde träget, Ob er fagen wollte: Dad ım 


fhuldige Laͤmmlein JEſus Chriſtus, welches von kei⸗ 


a 


‚ bes Schages der Seligfeit. i69 


er Sünde weiß, das hat. meine und deine Sünden, 
r aller Welt Sünven zu fich geraffet, und auf fi. 
eladen, und ift alfo der allergrößefte Sünder, ja 
ie Sünde felbft worden, zu dem Ende, auf daß 
ir. gerecht, ja die Gerechtigkeit würden für GOtt. 
Machet alfo Johannes aus Chrifto einen großen Mas 
Sündenträger.- Sünde tragen aber heißet zum Ers Sünde 
ten, unfere Sünden aufladen, und ihrer aller fhuls peide, 
ig werden: Kür das YUndere: für die Sünde 
(btrag thun, dafür leiden und fterben, welches man 
onft. büßen heißet: zum Dritten, die Sünde gar 
inweg nehmen, und davon gaͤnzlich erlöfen. 
So ift dad nun die Meinung Johannis. Gies 
e, das. ift Meffiad, hiezu berufen, daß er aller 
Belt Sünde auf fid) raffe, Dafür leide und fterbe, und 
lfo die Welt von Sünden erlöfe, wie auch Gabriel 
prach, Daß er der feyn würde, der fein Volk würde 
elig machen, oder erlöfen von Sünden. 
Sm Propheten Ef. 53. ftehet auch dad "Wort: 
Sr lud auf fih unfere Schmerzen. Das leget 
ver Chaldäifche Ausleger alfo aus: Er wird für ung 
eten, und unfere Sünden werden und um feinets 
villen vergeben werden. Daraus man fiehet, wie 
u * Woͤrtlein auf ſich nehmen oder tragen in 
at. | ' 
St. Johannes der : Evangelift feet ein ander St. So: 
Wort, und faget, dag JEſus Chriftus, das Lamm: Paner 
ein GOttes, Darum fein Blut vergofien habe, auf Evrifi 
daß er und Damit reinige von allen unfern Sünden, niget ung 
Dad Blut JEſu Chrifti, Cfpridht erd machet von alen 
ınd rein von allen Sünden, 1 Joh. 1. Hie Finden. 
yat der Evangeliſt ohne - Zweifel hingeſehen in das 
Hlte Teflament, da dem Moſe geboten war, daß er 
Purpur s Wolle mit Yfopen nehmen follte, und in 
in Beden voll Bluts tunfen, und dad Volk damit 
vefprengen, Exod. 24. Denn glei als dieſe Be 
prengung den Juden gedienet bat zur leiblichen Reis 
gung, alfo dienet und die Befprengung Des theu⸗ 





0 om Erwerber . 


ren Bluts JEſu Chrifti zur geiftlihen Reinigung 
nemlich, zur Abwafchung oder Vergebüng der Eüntx 
Wie auch der Meifter der Epiftel, Ebr. 9. dieſe Fi 
gur alfo deutet: So der Ochſen und der Böde Blu 
Die Unreinen heiliget zu der leiblichen. Reinigkeit 
Wie viel mehr wird das Blut Ehrifti, der ſich ſelbẽ 
ohne allen Wanvel dur den heiligen Get Sr 
geopfert hat, unfer Gewiffen reinigen von den Wer 
fen des Todes, das it, von allen Suͤnden. 

Und ift bie fonvderlich wohl zu merken, daß ve 
Meiſter ſpricht: Unſere Gewiſſen werden gereinige| 
von Sünden, durch das Wlut Chriſti. Denn.d 
wir wohl noh Sünden haben, fo werden fie ur 
dennoch nicht zugerehnet von GOtt, und unfen 
Gewiſſen werden auch dadurch nicht verſehret. & 
find unſere Sünden für GOttes Augen, und fü 
unſerm Gewiſſen, als wären es feine Sünden, j 
als: hätten wir nie Feine Sünde gethan, um des Blut 
Chriſti willen. Wie ed denn billig alfo feyn foßt 
im Reich Chrifti, nemlidy, daß unfere Gewiſſen von 
keinen Suͤnden wüßten: | 
















2. Mag ich dies auch wohl für wahr halten ? 


Dies ift ja die liebe Wahrheit GOttes, aber wi 
Tonnen leider nicht beredet werden, Wenn gleich ale 
Welt Redner zufammen kaͤmen, und mit englijhe 
Aungen davon redeten, fo wollen wir gleidnmoh 
‚ Sunde Haben, und unfer lieber Sunden⸗-Traͤget, 
JEſus Chriftus, fol nichts haben, und Zobanm 
fol gelogen haben: Wer ed aber von Herzen glas 
bet, nemlih, daß ihm das Laͤmmlein GOttes 
Sünden rein abgeladen, und ihm felbft aufgelanen 
dem ift es wahrlich ein mächtiger Troſt, daß er fü 
Freuden in fich lachen und auffpringen muß. 


bes Schaßes der Seligfeit, qm 


3, Dies iſt wohl ſehr troͤſtlich: Aber bu weiße, daß es 
die Katholifen nicht geftehen wollen. 


Ich weiß wohl, daß die Katholiken lehren, daß wohl 
Shriftus mit feinen Blut habe genug gethan für die 
Frbfünde, und die Thur zum Himmel geöffnet: Aber 
ür die hinterftelligen Sünden müfjen wir felbft buͤſ⸗ 
en und die Gnade verdienen, wollen wir anders 
öllends hinein kommen; ich weiß aber Darneben, daß 
zies falfıh und unrecht iſt. Denn Damıt wird Chrifti 
Ehre gefehmälert, dem Herzen aller Troſt genommen, 
md dem Teufel zu aller Tyranney Ihür und Sen: 
ter aufgethan, Denn wer Tann fagen, Daß feine 
Buße genug fey, und dazu Fräftige Sünden zu tils 
en, als das Blut JEſu Ehrifti? - . 
Ja, die Katholiken dürfen wohl fürgeben, daß, 
venn einer nach feiner Taufe ſtrauchelt und faͤllet, 
re den Schatz feiner Taufe damit verliere: Wolle er 
iber ſolchen reichen Schatz wieder haben, ſo muͤßte 
x ihn durch reuen, beichten, genug thun ſuchen und 
slangen, Das ift der Grund des ganzen Pabſt⸗ 
hums und aller feiner Greuel, 

Dawider follen wir dies wifjen, daß und Das Eprifi 
Blut JEſu Chrifti reinige nit allein: von Dee nit 
Srbfünde, fondern aud von allen unfern wirkliden anein yon 
Sünden, die wir unfer Zebenlang felbft darzu gethan Erb» 
| . 0,9. inde,fons 
yaben, fie heißen vergangene, gegenwärtige oder Zus dern au 
unftige. Denn St. Johannes fpricht klaͤrlich; Das Bon der 
Blut. JEfu Chriſt machet uns rein von al"zuunen 
en Sünden Und bie Rirhe finget: Es ift für 
hm eine rothe Fluth mit Chrifti Blut gefärbet, die 
Men Schaden heilen thut, von Adam angeerbet, und 
yon und felbft begangen. | 

Und zwar was. waͤre Chriftuß für "ein Heiland, 
venn ex nicht ein ganzer Heiland feyn, und nicht , 
tr alle Sünden bezahlen ſollte? Und. woher wollen... 
pir auch fo viel. Herzeleid, Thraͤnen und Blut anche 


1 





472. Dom Eriverber 


men, wenn wir felbft follten für unfere Suͤnden gu 
nug thun und bezahlen? Und wie ift es möglic, 
daß Chrifti Blut nicht follte genug feyn für alle 
Sünden; unfere Buße aber follte genug und befier 
feyn, ald das Blut JEſu Chriſti? Iſt derowegen 
vergeblih, daß fih einer unterflehen wollte, durch 
eigene Werke Sünden zu büßen, und damit Berge 
. bung zu erlangen. - 


4 Was foll ich mehr atmerfen wider biefen Irrthum der 
0 ‚Katholiken? 


Zum andern follen wir auch dies willen, Daß ein 
wahrer Chriſt durd feine Fehler und Gebrechen, und 
da er gleich plöglich fallen würde, fein Chriſtenthum, 
und ven Schaß. feiner Taufe. nicht „verliere. - Dens 
Ehriftus hat und durd fein Blut eine ewige Erlds 
fung erworben, wie tröftlich geſchrieben ftehet, Ef. 45, 
Iſrael wird erlöfet, durh ven HErrn, dur ein 
ewige Erlöfung. Hebr. 9. Chriſtus, ver rechte Hohe 
priejter, iſt nicht: durch ber Boͤcke oder Kälber Blut, 
fondern durch fein eigen Blut, einmal in das Heilige 
eingegangen, und. hat eine ewige Erlöfung erworben, 
Denn ob wir fchon fallen, wie denn auch die 

allerfuͤrſichtigſten und gerechteften Heiligen täglich fie 
ben mal, ‘wo nicht fiebenzig. mal fieben. mal dahin 
follen, fo faͤllet doch Chriſti Blut nicht, fondern es 
ftebet da in feiner vollen Kraft und Macht, un 
reiniget den Menfchen für und für, daß ihm ſolche 
Sünden nicht müfjen zugerechnet werben. . 


5. Bas faget hiezu Rutherus? 


Lutherns. Ds wir gleich, (fehreibet er in der Kirchenftil, am 
Sonntag Yudica, p. 264.) wiederum fallen und füw 
digen, fo find wir doch gewiß, daß Ehrifti Blut nicht 
fallez noch fünbiget, fondern bleibet für GOtt fefte, 

und ſoͤhnet immer und ewiglih, ohne unfere Werl 


des Schatzes der Seligkeit. 473 


nd Verdienſt, wo wir nur nicht mit Unglauben das 

on bleiben. - 2 Ä Ä 
Ebendaſ. Sein. Blut hat uns erworben eine Ber» 

ebung, die ewiglich beftebet für SDtt. J 
Denn ſollte uns das Blut des Laͤmmleins GOt⸗ 

es, welches nicht allein ein reiner Menſch, ſondern 

uch ein heiliger GOtt iſt, nicht ewige und beſtaͤn⸗ 

ige Güter erwerben? Das wäre ja dem heiligen 

Blut GOttes viel zu nahe. Es müffen ewige oder 

wigmwährende Güter feyn, oder müfjen nichts ſeyn. 

Denn das Blut Ehrifti ft zu theuer und zu wichtig _ ia 

yazu, wie St. Johannes faget, Daß ed fey ein then: Ai bat 

red Blut. Und wie ift ed möglih, daß GOtt inund ewige 

feinem Herzen follte befchloffen haben, feinen lieben Akute | 

Auserwählten, welche er zur Erbſchaft und Befigung itet 

Wohlthaien feines lieben Sohns erkohren hat, eiwasekworben. 

zu geben, das er ihnen nicht herzlich gerne goͤnnen, 

und ewiglich laſſen ſollte? Chriſtus bat es uns ja 

theuer genug erworben. Und der Vater hat es uns | 

gegeben, welcher Teufel wollte e8 und denn nehmen? 

Was mir GOtt zugedadht hat, das ich haben fol, 

das Tann mir fein Unrathb nehmen, ja alle Teufel 

aus der Hölle müflen ed mir ftehen laſſen. Und 

zwar, was wäre ed für ein Verdienſt Chrifti, und 

Kraft der Taufe, wenn fie nur einen Meinen Augen * 

blick, und nicht mein ganzes Leben durchwaͤhren ſoll⸗ 

ter Wozu ift Ehriftus gefommen, wenn ich mir 

felber helfen, und mein eigener Heiland ſeyn koͤnnte? 


6. Barım hat und benn Ehriſtus von allen unfern Suͤ 
' ‚den erlöfet? 


| Auf daß wir ewigen Troft hätten wider unfere übrigegumZr 
Sünde, und wider den Zorn GOttes, nad bemignn an 
Spruch Pauli, 2 Thefl. 2. JEſus Ehriftus hat ung ‘ 
geliebet, -und gegeben einen ewigen Xroft, und eine 
gut Hoffnung Durdy Gnade, Das ift, Chriftug, hat 

fih für uns dahin gegeben, und ‚und erlöfet zum 





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474 Vom Erwerber 


ewigen Troſt, und zu einer froͤhlichen Hoffnung it 
unfern ganzen Leben. | 
Denn. weil wir durch fein Blut auf einmal it | 


- unferer Taufe gereiniget find von allen Sünden, alfo 


und dergeftalt, daß und hinfort Feine Sünden von. 
Gott mehr follen zugerechnet werden, fo muß ja noth⸗ | 


wendig ein ficher und fröhlich Gewiſſen darauf. erfoß 


gen, wie Efaiad im 32 Capitel faget: Der Gerech⸗ 
tigkeit Frucht wird Friede feyn, und der Gerechtig | 
keit Nutz wird ewige Stille und Sicherheit feyn. Daß 
mein Boll in Käufern des Friedens wohnen wird, 


in fihern Wohnungen und in ſtalzer Rufe Das 


ift, fo wird es zugehen im Reid Chrifti, daß bie 
Getauften und Sereinigten fo friedfam, fo ficher um 
fo fröhlich feyn werden, in ihrem Gewiſſen, als ob 
fie nie Sünde gethan, ja als ob fie von feiner Sünde 
nie etwas gewußt, und heilige Engel wären, feine 
Sünde wird fie beiffen, und fein Zorn GOttes wird 
fie fohreden, fondern fie werden friedfant und fröß 
lich einfclafen, und wiederum aufmachen, als wenn 


. fie im Paradies lebeten. 


Und. zwar fo follte ed auch billig unter und Chri⸗ 
ſten zugehen, Trauren und Schrecken ſollte ferne 


von uns ſeyn, Friede und Freude aber ſollte über 


uns walten. Denn weil derHErr Chriſtus fein 


Blut dahin gewandt, daß wir ſollten Friede haben. 


MWarum- wollten wir uns denn fold unſers Gutes, 


des lieben Friedens nicht annehmen, und in Friede 


Der 2, 


ftetö leben? 


7. Barum hat er und mehr von allen Suͤnden erloͤſet? 


—8 — Zum andern hat und auch das Laͤmmlein GOttes 


hei nen wider alle Anfprücde und Tyrannei des leidigen 


dens Ehriyarum von allen‘ Sünden erlöfet, und bie Erlöfung 


in der Taufe geſchenket, auf daß wir beftehen‘ Fon 


san aten Teufels, Denn weil er. wohl weiß, daß wir nod 


Anſpruͤ⸗ 
chen des 


Sünden an und übrig haben, ja er uns ſelbſt zu 


Teufels. 


q 


des Schatzes der Seligfei. 175 


Shnden reizet und bringet, unterläflet erd nicht, er 
eſchweret unfer Gewiſſen mit denfelben Suͤnden, und 
hredet uns mit dem Zorn GOttes. Wie man fie 

yet, wie ein armes ſchuldiges Gewiſſen dahin gehet . 
n großer Traurigkeit und Schrecken. Ah, Daß du 
nicht geflindiget: hätteft! Nun zürnet GOtt mit bir, 

ınd Der allererfte Donnerfihlag wird dich treffen, alle 
5lüche des Geſetzes werden. über dich Tommen, und 

ein Gedeien mehr wirft du in diefem Leben haben. 

Sehe hin, und erhänge did. a, ed Tann ein Sas miete 
anad einem Chriften ſolche Gedanken von: GOttes te 
jorn und Gericht eingeben, ‘daß fie ihn in ſeinem @Dtic6 
Herzen fo greulid brennen, als wenn es hoͤlliſch faärfet 
jeuer wäre aus der unterfien Hölle Er fann eis 

em den Zorn GÖttes recht zu Foften geben. Das 

er denn auch ſolche gewaltfame eingedrudte teufelifche 
Hedanfen in unfrer bloͤden Natur feurige Pfeile des 
Datand genennet werden, Epheſ. 6. 

Dies iſt ſein Thron, ſeine Luſt und ſein Him⸗ 
nelreich. Denn gleich als Chriſti Reich iſt Gerech⸗ 
igkeit und Friede, Roͤm. 14. Alſo iſt des Teufels 
ſteich Sunde und Tod, Hebr. 2. Welches Woͤrtlein 
Lod von den Baͤchen Belialö, oder von großer ums 
usſprechlicher Unruhe foll verftanden werden. " 

Hiewider hat nun der HErr Chriftus, unfer lie 
er Heiland einen fchönen Rath erdacht, nemlich, fein 
eiliges Blut, welches er unſerthalben vergoſſen hat 
im Creuz, und die heilige Taufe: Denn durch fein 
Blut hat er uns erloͤſet von allen Suͤnden, daß auch 
ein Haͤrlein von demſelben uͤberblieben, um welches 
Haͤrleins willen uns der Teufel mit Fug beſchuldi⸗ 
jen, und feine verliebte Pfeile in uns ſchieſſen koͤnne. 

In der Taufe aber machet er uns feines Bluts theils 
yaftig, und der Vergebung der Sünden empfähig. 


- 8. Was habe ich mehr für Nutzen aus Chriſti Velden? 
s hilfe auch der HErr JEſus feinen Glaubigen Ders, 


En Getauften von dem Fluche des Geſetzes. Deu 


A- 


176° Vom Ertverber 


vom tus weil er fie gänzlich befreiet bat von allen Sünden 
—2 durch fein Blut und Taufe, und fie geſetzet mitte 
"in ven Glanz feiner Geredtigfeit und Gnaden, fi 
fänn fie ja das Geſetz nicht mehr verfludhen, fonden 
muß fie benedeien. Denn wie ift ed möglih, vd 
GOtt die follte können fehelten und verfluhen, we 
che feine verdammlihde Sünden mehr haben, us 
feine liebe Kinder worden find. Ich babe gefchme 
ren, fpriht er, Eſ. 54. daß ich dich nicht fchehtr 
. will. Aller Segen, fo das Geſetz einem wünfce, 
und GStt geben fann, muß den Blaubigen un 
©etauften an Leib und Seele, Ehre und Gut reid 
lich wiederfahren: Fuͤrnehmlich weil fie nicht alleis 
gerecht, fondern in hohen ewigen Gnaden bei GOt 
find, denn wo dieſer güldene Born ift, da find aus 
feine Füßlein, Das ift, wo Gnade ift, da iſt auf 
göttlicher Segen und alle Fuͤlle. Daher fchreikt 
St. Paulus Sal. 3. Chriftus bat und erföäfe 
von dem Fluch des Geſetzes, da er ward cin 
Fluch für und, auf daß der Segen Abrahé 
über uns Fäme. Deögleihen: Alle, die ded 
Glaubens find, merden mit dem glaubiger 
Abrabam gefegnet.. Und Ehriftus felber nenne 
feine glaubige Schäflein die Gebenedeieten feines Be 
terö, Matth. 25. Darum, daß fie geſetzet find, nich 
zum Sluch, fondern den Gegen GOttes zu ererben, 
und daß fie volle Genuͤge haben follen, beide in di 
fer und jener Welt. Ä 


9. Wie fol ich mir dies zu nüge machen ? 


| BR Den Eine getaufte und glaubige Seele foll fih nicht mehr 
Gefeges entjeßen für den harten und fchredlichen Draͤuworte 
sicht ans des Geſetzes, etwa durch einen gottlofen Schwaͤrmtt 
u Mehmen, intoniret, oder fonften gelefen. Denn viefelbe Fluͤch 
geben fie nicht mehr an, weil fie geredht und gna 
Denreich geworden ift durch Chriftum, fondern fie fol 
fie gleich mit Sreuden und Dank anhören und lei 
. " u 


j des Schatzes der Seligkeit. 177 
kieber GOtt! dir ſey ewig Lob und Dank geſaget, 
ß mich dein lieber Sohn durch Wegnehmung mei⸗ 
ner Sünden, und deines Zorns erfreuet bat von 
den ſchrecklichen Fluͤchen des Geſetzes, und ihrem 
Nachdruck. Denn nun werden mich ja gewißlich keine 
Fluͤche noch Plagen mehr treffen, wie gebrechlich ich 
auch bin, ſondern dein Gegen wird über mich foms- 
men reichlich und überfchwenglih, daß ich in allem 
feyn werde, wie ein woaflerreicher Luftgarten: Alles, 
was ich werde anheben, gedenken, reden und thun, 
das wird wohl gelingen, wie fümmerlid und aͤrmlich 
ed auch zuweilen zugebet, und wie viel Wind und 
MWellen mein liebes Scifflein zuwider hat. Der Fuͤrſt 
diefer Welt ift allem Guten entgegen; Aber wad 
GOtt beſchloſſen hat im Rath der heiligen Wächter, 
dad muß gefchehen, wenn ed auch allen Zeufeln Leid 
wäre. Ich werde noch meinen Segen nicht überfehen. 
fönnen. | 
Ja, ein Chrift fol fih gewöhnen, daß er dem 
Geſetz frei unter die Augen fehe, und mit feinen 
Dräumorten fein Tieblich fpiele, gleich wie ein unmuͤn⸗ 
Diges Kindlein fpielet mit ven Dttern und Schlangen 
in ihren Löchern. David fpricht im 119 Pfalms 
Menn ih fhaue auf Deine Gebote, fo werde 
ih niht zu Schanden Warum? denn ich habe 
fie alle gehalten in Chriſto JEſu. So thue du ihm 
auch, ja fprid Dazu: Alles, was das Geſetz dräuet, 
Das wird denen widerfahren, welche den Glauben und 
die Taufe verachten, und wollen dadurd nicht ſelig 
feyn, welche die Seligkeit noch weit fuchen, gerade, 
als wäre fie in der Taufe nicht zu finden. Desglei⸗ 
hen denen, weldye mid) um meines richfigen Ders 
ftandes willen haffen, und verfolgen, welche mid 
darum raufen, daß ich fie lehre und tröfte, und ſpre⸗ 
de, daß fie felig feyn. Denn wer dem. Evangelio 
nicht glaubet, der bleibet in feinen Sunden, -unter 
‚dem dorn und allen Fluchen: Und wie du dem Ge 
feß unter Augen ſieheſt, und mit ihm Prien, alſo 





Diefe 


1 Dom Erwerber 

fiehe auch unter Augen allem Unglüd, und fpiele 

mit ibm. | ' 
-Diefe Kunft aber will ein Meiſter haben: Sa,- fie 


Kuuſt er⸗ will Zeit und Uebung haben, Ein Laufer, welcher 


ford 


let ging, allenthalben und nirgends iſt, welcher durd alle Buͤ⸗ 


cher lauft, und alles willen will, der kann ſich auf 
Died Spiel nicht begeben: Sa, er fann kaum vor 
Gefhäften dieſe Runft faſſen. Desgleihen kann auch 
dieſe Kunſt nicht üben ein Weltherz, welches im 
Schlamm der Welt erfoffen if. Denn. diefe Kunſt 
will den ganzen Menfchen haben, und jie ift die hoͤch⸗ 
ſte Weisheit Der Chriſten. Ä 


10. Wie fol ich mir Died ferner zu nutze machen ? 


2. &in u Ein wahrer gläubiger und getaufter Ehrift, welcher 
trauen zu nicht zum Fluch, fondern zum Segen geſetzet ift, 
Gei tra⸗ ſoll auch das Vertrauen zu ‚Gott trayen, er werbe 


gen, 


ihn alle Morgen, wenn er aufftehbet, an Leib und 


Seele, Ehr und Güter aufs neue fegnen. Und dies 


Bertrauen fol in feinem Herzen immer floriren, wie 
eine ewige Lilie. Ich bin wohl verzaget an meinem 
Gemüth, aber mein GOtt wird mich fröhlih und 
herzhaftig maden: Ich bin wohl untergevrüdet, und 
leide unverviente Schande, aber mein GOtt wird 


- mir aus dem allem helfen? Ich bin wohl arm und 


ſchulopflichtig, aber mein GOtt wird mid) feanen, 


und reih machen, daß ich allen Fönne genug thun 
and bezahlen. Wer weiß, auf was grünes Zweig—⸗ 


lein mir mein frommer GOtt nod einmal verhelfen 


werde, der ic) jet fo ganz untergedrüdet, arm und 
elend bin. — — | 
Solche Gedanken find dem Herzen fehr füge und 
heilfam: Sie find dem Herzen wie ein fühler Mors 
genthau, ja wie ein frifher Spring: Born und ers 


quicken die Gebeine. Sie gefallen auch GOtt fürs 


trefflich wohl, wie David bezeuget im 147. Pſ. Der 
HErr hat einen Wohlgefallen an denen, die auf ſeine 


des Schatzes der Seligkeit. - 179 
Güte hoffen. Denn der Glaube. oder- das kindliche 


"„ Vertrauen zu GOtt iſt der hoͤchſte Gottesdienſt, über 


welchen fein höherer ıft, weldyer auch zu feiner Zeit 
Nofen träge. Was aber in dieſem Leben muchblei⸗ 
bet, um des berrlihen Creuz- Bildes JEſu Chriſti 
willen, dad wird zu feiner Zeit in jenem Leben deſto 
reichlicher erftattet werden. 
Wer dies liefet,; der merke darauf: denn die Rechte 

werden nicht den Schlafenden, ſondern den Wacen 
den gefchrieben, _ | 


11. Hat mir auch Ehriftus noch mehr mit feinem Leiden. 
erworben? — | 
Es errettet auch der HErr JEſus ſein glaubiges Der gr | 
Boll aus dem Reih, das ift, aus der Gewalt Dedgmettung 
leidigen Teufeld, Ale Menſchen, fo vom Vater und aus des 
Mutter geboren find, die find im Reich des Teufels ng 
welchen St. Paulus nennet einen Fürſten der Welt, 
Darum, daß er fein Gebiet hat über alle Unglaubis 
gen. Und obwohl dieſer Fuͤrſt nicht alle Unglaubis 
gen am Leibe plaget, fo wohnet er doch gleihwohl in 
ihnen, wie Chriftus bezeuget, Luc. 11. Und. wirfet 
in ihnen Eräftiglich alle ihre Gedanken, Worte und 
Werke, wie hübſch und betrüglid fie auch fcheinen, 
nad). dem Sprud St. Pauli, Ephef. 2. Der Geift‘ 
und Fürft viefer Welt bat fein Werk in ven Kindern 
des Unglaubens, welche noch nicht in, Ehrifto find; . 
Und obwohl Sennadius und Beda fihreiben: Die 
Teufel kommen dur ihre Wirkung, nicht wefentlic) 
in die Seelen der Menfchen; denn diefes fomme nur 
GOtt zu, und fey ihm auch unmoͤglich. So ift es 
Doch gleihwohl aus dem Erempel Yudd offenbar, 
Daß der Teufel wahrhaftig in die Gottloſen fahre und 
in ihnen wohne, oder ihre Herzen mit aller feiner 
Bosheit befige und erfülle, wie St. Petrus zum 
Annaniad fprach, Apoſt. Gefh. 5. Warum bar ver 
Satan bein Herz erfüllst? Denn wer nicht mit GOit 
12 


180 WVom Erwerber 


erfuͤllet iſt, der iſt gewißlich mit dem Teufel erfüllet. 
Wer nicht GOtt zum Haus⸗HErrn hat, der iſt ein 
Behaͤltniß und —3*— des Satans, wie ſich denn 

auch Sokrates ſeines Teufels rühmet. 
Deizen: Bon djeſem Geiſt errettet und der HErr JEſus, 
rel Bat daß er nicht länger in uns wohnen und wirken muß, 
anbienwie St. Paulus fpriht: Er hat uns geriffen aus 
der Gewalt der Sinfterniß, das it, der Teufel, Denn 
die Teufel find eitel Sinfterniß, welche nicht anders 
thbun, denn daß fie die Leute blind und verftodet 
machen in geiftliden Sachen. Dad belle Licht des 
Evangelii muß ihnen nicht erſchrinen, und fie müffen 
demfelben nicht glauben. Sie müflen nichts willen, 
noch glauben von ‘der Gerechtigkeit der Glaubigen 
und von der Herrlichkeit ver Gerechten. Sie müffen 
- ganz unvernünftig und finnlod werden. Sa fie mıüfs 
fen dem Evangelio des Heild widerſprechen, und dar 
für zu Lohn müffen fie weit fern vom Reich GOt—⸗ 
tes, das ift, vom Reich des Friedens und der Freu⸗ 
den, ja ſie muͤſſen ewige Truͤbſal und Schrecken im 
Gewiſſen fuͤhlen. Darnach reitzen die Teufel ihre 
Gefaͤſſe auch zur Ungerechtigkeit, Unzucht und andern 
Laſtern, endlich zur Verzweiflung. Dieſe Werke aber 
des Teufels ſind alle mit einander viel ſchrecklicher, 
denn am Leibe gequaͤlet werden. Der HErr JEſus 
aber errettet ſeine Glaubigen davon, und zerſtoͤret in 
ihnen die Werke des Teufels, wie St. Johannes 
ſchreibet, 1 Joh. 3. 





12. Wer genießet der erwähnten Nutzbarkeit des Leidens 
Chriſti? 


Du Es genießet niemand des hohen Verdienſtes JEſu 
Chriſti, und ſeiner Taufe Gaben, und hat Friede und 
Freude, es ſey denn Sache, daß er von Herzen glau⸗ 
be. Denn wer da ohne alles Wanken glaubet, daß 
ihm ſeine Suͤnden vergeben ſeyen, der iſt ſelig, wie 
Cbhbriſtus ſpricht, Marc, 16. Denn er hat ein fried⸗ 


des Schakes ber Seligkeit. 484 


fam und froͤhlich Gewiflen, Röm. 5. Wer aber fols 

ches nicht glaubet, der ift ein armfeliger verdammter 
Menfh: Denn er hat feinen Frieden mit GOtt. 
Hieher gehöret das theure Sprüdlein, Habac! 2, 

Der Gerechte wird feined Glaubens leben. Wer aber . 
halsſtarrig und unglaubig ift, der wird Feine Ruhe 

in feinem Herzen haben, Bu 


Ach! wie ift Dies fo ein fein Hriftlich und GOtt 
woblgefaͤllig Leben, wenn einer mag ein friedſam und 
froͤhliches Gewiſſen haben im Blut und Verdienſt 
JEſu Chriſti, und ſein ganzes Leben in eitel Friede 
und Freude zubringen. Aber wie viel find Deren 
wohl, die foldyes fonnen? Das madhet, ver Blaube 
ift nicht ſtark genug in une, 


Daher fchreibet Lutherus in der Rirenpofkil 
über ven Spruch: Wer da glaubet, der wird 
felig werden, pag. 21. An dem einen (felig wer; 
den, d. i. Vergebung der Sünden haben,) hat ed" 
freilich feinen Mangel nody Fehl. Denn das iſt dar⸗ 
gegeben und geſchenket in der Taufe und Evangelio, 
welches iſt GOttes unwandelbare Wahrheit. Aberam Glau⸗ 
es mangelt noch viel an unſerm Glauben, daß mirbenman 
ſolches audy nicht veft genug faflen und halten Fön; en 
nen. Denn die Gnade und der Schatz ift To gat 
groß, daß ſich das menfhliche Herz dafür entfegen, . 
und ‚gleich erfhreden muß, wenn es redt bedenket, . 
daß die hohe ewige Majefldt feinen Himmel fo weit 
aufthut, und folhe Gnade und Barmperzigleit über 
alle meine und der Welt Sünde und Sammer leuch⸗ 
ten läflet. 


Darum foll das fürnehmfte Werk eines Ehriften 
feyn in dieſem Leben, daß er um Erhaltung und " 
Vermehrung feines Glaubens GOtt anrufe und tägs 
lich bitte, auf daß er durch wahren Glauben möge 
felig feyn, und. ein fröhlih Gewiſſen überfommen, 
Aber gleihwie die Welt des Gewiſſens Zroft nichts 
achtet: Alſo achtet auch ſie des Glaubens nicht, wenn 


4184 | Dom Erwerber | 


2. Du thuſt wohl, Sage mir demnach, nach deinem Ver⸗ 
mögen, was ich aus Chriſti Auferfichung für Nutzen | 
| : babe? | 


en €; iſt erſtlich die Auferftehung unſers HErrn JEſu 
der änfer- Chriſti unſere Auferſtehung, der wir uns alſo anneh⸗ 
| ſedug iſtmen ſollen, als unſer eigen. Denn gleich als der 
Auferfies Tod des HErrn unſer Tod iſt: Alſo iſt auch feine 
hung. Auferſtehung unſere Auferſtehung. 
Wie Chri⸗ Es iſt aber fein Tod alſo unſer Tod, daß wir 
er" ihm und mit ihm zugleich gefreuziget und geſtor⸗ 
fen. find, nach der wunderbarlichen Vereinigung, das 
mit wir mit ihm zu einem Leibe vereiniget find: 
Oder fein Tod ift alfo unfer Tod, daß er an unfrer 
X. Statt und für und geftorben iſt, Damit’ wir Friebe 
hätten. Iſt er nun für und geftorben, fo muß fols 
"gen, Daß wir dDurd feinen Tod erlöfet feyn von alle 
Dem, darum er den Tod erlitten bat: Nemlich, von 
Sünden, vom Zorn GOttes, und von dem ewigen 
und ſeine Tode. Gleich dem iſt feine Auferſtehung unſere Auf⸗ 
Zofette erſtehung, nemlich daß wir in ihm und mit ihm zu⸗ 
— ieh. gleich vom Tode erſtanden ſeyn, oder, daß er fuͤr 
und und uns zu gut vom Tode erftanden ſey. Denn 
ein jeglicher getaufter und glaubiger Chriſt ift in 
. Chrifto, und was Chriftus it und thut, das iſt und 
cthut er auch, und alle, was von Chriſto geredet 
wird, fol auch von ihm verftanden werden. 
| Iſt denn nun die Herrlichkeit der Auferfichung 
Ehrifti unfere Auferftehung, fo muß folgen, dag wir 
in derfelben gefleivet feyn, als in einem berrlichen 
Kleive, und daß wir in derfelben einher treten, als 
‚neue Menden, vom Tode erftanden, und Daß wir | 
und derfelben weit weniger zu tröften und zu erfreuen 
baden, als Ehriftus felbit. Deromegen, mie du den 
HErrn Chriſtum anſieheſt, vom Tode erſtanden, alſo 
ſiehe dich auch an, denn er iſt dein Spiegel, Sprich 
nur frei: Ich war todt; aber nun bin ich in Ehrifte 


Bm ni A TS 5 . 5 
. . 


ec an ii Ta 3 ia 3 3 A Wr E 
. 


. 
® ® 


des Schatzes der Seligkeit. 185 


vom Tode erftanden, und bin eben fo eine herrlihe - 
befreite Perfon, als Ehriftus felber if. So muß 
man fi lernen anſehen und erkennen. 


3. Was faget der feel. Luther hiezu 
Was dieſe hohe Perſon, (ſchreibet er in der Jen. —* | 


dem... 


Poftill, pag. 8.) angerichtet hat, das gilt dir und Suter. | 


Mir, und und allen. Denn für ſich felbft hat er 
ſolches Sieges nicht bedürft, vielmeniger hat er bes 


bürft, daß er ein Menſch würde, litte und ftürbe. 
Desgleichen pag. 9. Um feinetwillen ift’er nicht 
auf die Erde fommen. Um feinetwillen bat er ſich 
nicht laſſen and Ereuz fchlagen, fondern unfere Suͤn- 
den bat er getragen, und unfern Tod bat er durch 
feinen Tod ausgebiffen und verfhlungen. Afo iſt 
er auch nicht um feinetwillen von den Todten eritans X, 
den und gen Himmel gefahren. : | 


4. Stimmet auch hiemit die Schrift ein? 
Es gehoͤren hieher dieſe ſcharfe und kernhafte Spruͤ⸗ 
che: 


Roͤm. 6. Sind wir in ihm gepflanzet zu gleichem Und der 
Tode, fo muſſſen wir auch ja feiner Auferſtehung Schrift. 


gleich ſeyn. Das iſt, wir find mit ibm geſtorben 


und auferftanden. 

Epheſ. 2. GOtt hat und famt ‚Eprifto lebendig ' 
gemachet. 

Desgleichen: Er hat uns ſamt ihm auferwedet, 
und famt ihm in Das himmlifche Wefen“ geſetzet. Ob 


St. Paulus fagen wollte: Wir find nun nicht mehr 
irdiſche Menfhen, der Sünden und dem Tode uns 


terworfen, ſondern, wir ſind Himmels-Fürſten, ge⸗ 
zieret mit ewiger Gerechtigkeit und mit ewigem Leben. 

Darum faget er Roͤm. 6: Begebet euch GOtt, 
als die da aus den Todten lebendig ſind. Er will 
nicht, daß wir und nunmehr für ſuͤndliche unren | 


” 
rer 


a 


486 Dom Ermerber | 
lihe Menſchen, fondern ſtracks für lebendige Heilige 
halten follen. 
Ab, Herr GOtt! wenn ich ſolche ſtarke Spras 
che hätte, daß ich Died mir und andern fönnte ein 
reden, und uns überreden, daß wir in Chriſto all⸗ 
bereit vom Tode erſtanden, mit ihm lebendige Heilige 
. wären, welch eine Freude wollte ih anrichten, und 
wie boffärtiglih wollten wir den Teufel und bie 
Belt verachten. 


5. Was find wir nun denn in Chriſto, keaft einer 
0 Auferfichung? 


r Soige Leute, welche die Sünde und ben Tod abs 

GE geleget, und eitel Gerechtigfeit und Leben an fih ge 

geben, nommen haben. Denn gleich ald ver HErr Chriftus 

bie Sünde und ben Tod im Grabe abgeleget, und 

ein neuer Chriftus auferflanden in Gerechtigkeit und 

Leben; alſo haben wir in ihm und mit ihm in dem⸗ 

ſelbigen Grabe die Suͤnde und den Tod abgeleget, 

und ſind auch neue Menſchen worden, voll Gerech⸗ 
tigkeit und Leben. 

Roͤm. 4. Er iſt dahin gegeben, um unſerer Suͤnde 
willen. Das iſt, auf daß er fuͤr unſere Suͤnden 
bezahlete, oder vielmehr, daß er Durch feinen op, 
in und die Sünde und Tod erwürgete: Und if 
auferwedet um unferer Gerechtigkeit willen, nemlic, 
daß wir in ihm würden Kinder der Gerechtigfeit und 
des Lebens. Denn gleichwie er nach feiner fröhlichen 
Auferftehung nichts anders iſt, denn. eitel Gerechtig⸗ 

‚Teak und Leben: Alfo wir in ihm auch nichts anders, | 
denn’ eitel Gerechtigkeit und Leben, denn er iſt unfer 
Haubpt. 
Kinn Daher werben wir genennet ein Voll ohne San 
REN De, ei sgleihen: Eitel Gerechte, Ef. 60 
wegen. Sa, Die. —— ſelbſt, 2 Cor. 5. gleichwie der 
HE —5* — die Gerechtigteit rk iſt. 





bes Schaßes ber Seligkeit. 187 


Und ift zumal fein geredet, daß Chriſtus unfere 
Gerechtigkeit ift, um weldes willen und GOtt der 
Vater fo lange will gerecht adıten. und halten, als 
er felber ift. . | 

Und wer gerne wollte, der koͤnnte und wohl eine. 
. Sonne der Gerechtigkeit nennen, wie unfer Haupt 
eine Sonne der Gerechtigkeit genennet wird, Mal. 3, 
Denn wie er von eitel Gerechtigkeit herrlich leuchtet- 
und fcheinet, alfo leuchten und fdheinen wir aud. 
Denn die. Glieder fhimmern von der Herrlichkeit und 
dem Glanz ihres. Hauptes. 


6. Wie kann das ſeyn, fintemal wir noch der Sünde und 
| Tod unterworfen find ? 


E⸗ iſt dies alles noch zur Zeit in uns bedecket mit 
Suͤnde und Tod, gleichwie die Sonne zuweilen mit 
Dunſt und Nebel bedecket iſt. Denn wir fündigen 
leiver noch täglich, und fterben endlich dahin. Aber 
ſelig find die Herzen, die fih an folhen Wolfen nicht 
ärgern, ſondern darunter das helle Licht der himm⸗ 
liſchen Gerechtigkeit und ewigen Lebens fchauen. Und 
zwar was ift das für ein Wölklein, und was kann 
ed auch groß fhaden, Darunter fo ein herrliches Licht 
ewiger Gerechtigkeit verborgen lieget? Und was ift 
dad für ein Tod, und was kann er groß ſchaden, 
der unter fich das ewige Leben hat, Die Gerechtigs 

feit überrieget die Sünde, und das Leben uͤberwie⸗ 
get den Tod. Ja die Gerechtigkeit bat die Günde 
und dad Leben bat den od. verfchlungen. 

Lutherus: Wenn wir fchon hundert taufend Suͤn⸗ 
den hätten, fo wären fie dennoch nur ein Fuͤnklein 
und Zröpflein gegen Chrifti Auferftehung. 

Was wollen wir viel fagen? Eben fo wenig Chris 
ſtus Sünde hat, fo wenig haben wir auch Suͤnde. 
Und eben fo wenig ald ber Tod über Ehriftum hurr⸗ 
hen Tann, eben fo wenig kann er. auch über und 
errichen, die wie feines Leibes Pflänzlein find, Dean ; 

. 


« 4 


188 Vom Erwerber < 


die Suͤnde und Tod find im Grabe geblieben: Ge 
rechtigfeit aber und Leben find berfür gefummen. 
Dies ift das rechte Evangelium, welches man 
allein den Chriften predigen fol. Und wenn ein 
Menfh von "Jugend auf biß in feine Grube nichts 
anderd- hörete, ald daß er in Chrifto gerecht und 
ein Kind des Lebens wäre, der würde von Ffeis 


‚ner Sünde und Tod willen, fondern fih in Einfalt 


F 


ben fir 


gerecht 
balten, 


fi 
Kr, 
‘ 


N. 
N 


» feined Herzens dafür halten, wie er hörete, und es 


Dabei bleiben laffen. Wäre es nicht ein fchönes Les 
ben? Und .da er fallen würde in ſchwere Sünde, 


wie die fürfichtigen Heiligen zumweilen.fallen, fo würde - 


er fi wohl eine Zeitlang herzlih darum gramen, 
und zu GOtt heftig fihreien, aber doch endlich wies 
berum zum Xroft feiner Gerechtigkeit kehren, und 
nicht neue Genugthuungen ſuchen. Ich bin leider ges 
fallen, aber dagegen babe ich diefen Troſt, Daß ich 


‚für Chriſto gerecht. bin,. eben wie er gerecht iſt. 


Daß du aber ftirbeft, das mußt du für fein Ster⸗ 
ben anfeben, noch adıten, fondern nur für einen 
Abfchied von dieſem Jammerthal, und für ein füßes 
Einſchlafen. | 


7. Ich gebe dies zu: Aber wie kann id) biefen erſten Rus 


rechtigfeit und Leben, und wir von. GOtt dem Bas 
ter felbft dafür. angefehen und gehalten werden: Go 
follen wir dem HErrn Chriſtd und feinem hoben 


ie Tr TE nn . LL. 


a — 


Verdienſt die Ehre thun, und und auch dafür hal⸗ 


ten, wollen wir anders ſelig ſeyn. Denn die Furcht 


oder Rießung der fröhlichen Auferftehung' Chrifti ſte⸗ 


het fürnemlid) im Glauben. Und was ifl doch der 


Glaube, ven GDtt allenthalben fo genay von uns 


. fordert, anders, ald eine feite Zuverficht, Daß wir 


' % 


| bes Schatzes der Seligkeit. 189 


von Natur Sünder und Kinder des Todes, in Chris 
flo gerecht, und Finder des ewigen Lebens find!  , 
Wer dies feſtiglich glaubet, der ift ein.glaubiger Chrift, 
und mit Ghrijto ein Leberwinver ver Sünden und 
des Todes: Wer e& aber ſchwaͤchlich glaubet, ver ift 
ein geringer Chriſt, und hat noch große Anfechtung 
von Sünde und Tod. Wir follen ed aber nicht 
ſchwaͤchlich, fondern feftiglich glauben, und in ſolcheni 
Vertrauen von Zage zu Tage wachfen und zuneh⸗ 
. men: Denn je feſter wir ſolches glauben, je ange: 
nehmer es GOtt ift, und je mehr Nutzen ed uns 
bringet. 
| Eine tapfere Ermahnung zum Glauben ftehet 
Ebr. 10, Laffet uns hinzu geben, in voͤlli⸗ 
gem Glauben, befprenget an unferm Her 
zen, und los von dem bdfen Gemiffen, und 
gewaſchen am Leibe mit reinem Waffer, Das 
ift, weil wir durch Kraft des Bluts JEſu Chriſti 
in unſerer Taufe gereiniget ſind von allen Suͤnden, 
und vom boͤſen Gewiſſen, und denn einen gnaͤdigen 
Gott im Himmel haben, fo laſſet uns ja ſolches 
feftiglih und von Herzen glauben, und in foldyem 
Glauben zu GOtf treten, und ald die lieben Kinder 
mit ihm reden; Oder, laſſet und feitiglich ‚glauben, 
auf dafsunfere Herzen befprenget, und von dem bös 
fen Gewstien los werden. Gt. Petrus thut ihm 
auch aljo, 1 Petr. 1. Gebet eure Hoffnung gan 
und gar auf die Gnade, die euch angeboten wird, 
denn ihr feyd die Leute, Die es angehet, und von 
„ Denen ed geredet wird. - 
| u. Ä 
8. Hier ſpricht ein blöded Gewiffen: Der HErr Chriſtus 
hat ja wohl durch feinen Tod gefleget, und durch dem» 
felben die Sünde und Tod an feiner Perfon ver» 
fchlungen: Aber was gehet mich foldyes an? 
| Das Chriftus geftorben, das. ift er, ihm nicht allein, EdrikeA 


geſtorben / anf daß er allein dadurch der Sunden und parken. 


VMR 


4190 Vom Erwerber 


und aufer:des Todes los würbe für feine Perfon: Sondern er 
Randen. jſt auch-dir, oder Dir zu gut geftorben, ja dir mehr 
als ihm, Denn deinethalben iſt er Menſch worden, 
und bat fein Blut vergofien, auf Daß er dich erld 

ſete. Er ift dein Geligmaher und Heiland, nidt 
fein, wie Eſ. 9. faget, Daß er und gegeben fey. 
So fihreibet auch: St. Paulus Röm. 4. daß er um . 
‚ anferer Sünde und unferd Todes willen dahin ge | 
geben ſey, auf daß er und mit feinem Tode von 
unfern Sünden und Tode erloͤſete. Daß er aud 
nad) dem Tag des Sieged aus dem Tode erflanden, 
und ein HErr der Gerechtigkeit und. des Lebens ge, 
worden, das ift er ihm nicht allein worden, daß er 
allein für. feine Perfon daher prangete, in neuer 
Gerechtigkeit und Leben, fondern auch dir, je bir 
mehr als ihm, wie Jeremias faget, Daß er unfere 
Gerechtigkeit fey. Und St. Paulus, daß er um um 
ſerer Gerechtigkeit willen vom Tode auferwedet ſey. 
Darum rühme dich nur frei und ohne Scheu, daß 
du für GOtt ‚gerecht und unfterblih ſeyeſt. Denn 
was Chriftus iſt, bift du aud. | 


9. Nun ich habe ben erfien Nuben ber Auferftehung Ehriki 
wohl verftanden, berichte mich nun ferner, was ich 
daher mehr fuͤr Nutzen habe? 











rititeSars andere ift der HErr Chriftus darum vom Tode 
md hohe:erflanden, nachdem er fein hohes Amt unferer ewv 

priefterlie gen Erlöfung verrichtet hatte, nemlih, anf Daß er: 
| *fönnte zu feiner Herrlichkeit eingehen, und unfer 
Hoherprieſter und König werden, " Denn wenn ef 
nicht wäre erftanden,. fondern den Sieg ‚bei ſich um 
Grabe behalten, fo wäre ihm auch diefe Herrlichlet 
nichts nüße geweſen, und er hätte fich ihrer, als eis 
Todter, nicht erfreuen können. -Nun aber, nachd 
er einmal ind Leben getreten, empfänget er tägl: 
vom deu Seinen neue Ehrenkronen, und weiß 


des Schatzes der Geligkeit. 491 


wohl welche die ſeyn, die ſie ihm aufſetzen, der 


getreue Heiland. 


Er haͤtte auch nicht gen Himmel fahren, und un⸗ 
ſer Hoherprieſter und Koͤnig werden koͤnnen, wo er 
im Grabe geblieben. Nun er aber gen Himmel ge⸗ 
fahren iſt, und ſich geſetzet in das Allerheiligſte, iſt 
er unſer lieber Prieſter und Koͤnig worden. Unſer 


Prieſter iſt er worden; denn er redet zu GOtt dem 


Vater für und arme Würmlein das Liebſte und Bes 


ſte, und vertritt und, daß er ja nicht zu geſchwinde 


—_yu-n 


mit und fahre, weil wir noch Fleiſch und Blut am 

Halfe Haben, fondern Daß er und vielmehr durch 

feinen heiligen Geiſt tröfte, Roͤm. 5. Sind wir mil nie ung 
GOtt verföhnet, durch den Tod feines Sohns, da Ehrifius 
wir noch Feinde waren, ey fo werden wir ja viel — 
mehr ſelig werben durch fein Leben: Sintemal wir Hoher⸗ 
nun verföhnet find. Ob er ſagen wollte: darum iſt vrieſter. 


Chriftus vom Tode erftanden, und gen Himmel ges j 


fahren, und dahin lehrte er fein ganzes Leben, daß 
er feine Erlöfeten bei GOtt dem Vater vertrete, und 
fie bei ihm in ewigen Gnaden erhalte. Kein Herz 
Tann es auöfinnen, und feine Zunge fann ed auss 
forehen, wie herzlich der Sohn GOttes mit feinem 
bimmlifhen Vater von uns, feinen lieben. Brüdern, 
redet, wie er und ihm empfiehlt, und eine gnädige | 
Verzeifung nach der andern, ja einen Gegen nad 
dem andern ausbittet. Wohl dem, der fo einen 


Freund am Brette hat? Wenn wir ed wüßten, wie 


lieb und Chriftus hat, und was er täglid in unfern 
irrigen Sachen handelt, und wie theure Worte er 
von und redet, fo würden wir uns für Freuden zu 
tode weinen, und und wiederum an -ihm zu Tode 
lieben! Denn ob wir ſchon feiner zuweilen vergeflen, 
fo vergiffet er doch unſer nimmermehr in Ewigfeit: 


. Denn er hat unfere Nameg in feine Hände, ja m 
fein Herz gezeichnet, dad wirft du zu feiner Zeit wohl 


erfahren: Habe nur Deine Luft an ihm, er wird dir 
Deines Herzens Wunſch, und was Du nie gehoffet 


ad 


J nn 


193 Vom Erwerber 


haſt, zu der Zeit „, wenn alle Hoffnung aus iſt, reich⸗ 
lich geben, alſo, daß ſich auch deine Feinde und Laͤ⸗ 
ſterer darüber entſetzen werden, und ſprechen: Wo 


iſt dieſer zu ſolchen hohen Dingen gekommen? 
Wie Ehri⸗ Unſer Koͤnig aber iſt er worden: Denn er nimmt 
Rus unſer uns unter fein .gnädiged Scepter, und befchirmet und 


 Rnigfen. wider aller Teufel und Menfchen Tyrannei, Er giebt 


. und auch Durch getreue Lehrer fein heiliges Wort, und 


feinen heiligen Geift, und herrſchet dadurch Eräftiglich 
in unfern Herzen. Denn wie er und nur haben will, 
fo fann er. uns duch fein Wort und Geift zurich⸗ 
ten. Zufoͤrderſt aber erleuchtet er und durch feinen 
Geiſt, und führet uns aus einem Licht ind andere, 
aus einer Erfenntniß in die andere. Er zündet aud 
in und an den rechten Glauben, daß wir «6 gleich 
fühlen, wie wir für GOtt gerecht und feine liebe 
Kinder feyn, und befrieviget unfere Oewiflen. Denn 
wer da glaubet, der ift felig, das ift, der hat ein 
friedſam Gewiſſen. Ja nicht allein das, fondern da 


“wir gleich zumeilen in die Hölle fallen, und in Xraus 
rigkeit ‚geratben, fo führet er und fletd doch wieder 


Chriſti 


reich. 


um heraus, und befriediget unſere Herzen, der rechte 
Herzog Friedrich von Gottes Gnaden, und der [öbs 
liche Friedefurſt. Jetzt liegeſt du wohl in deinem 
Siechbette, und biſt von großer Traurigkeit todtkrank, 
Aber verzage nicht, morgen ſoll es, ob GOtt will, 
beſſer werden: Denn es iſt nicht eine Krankheit zum 
Tode, ſondern zur Ehre JEſu Chriſti, der wird dir 
bald helfen. 

Wie kannſt du wiſſen, wie lieb dich dein HErr 
Chriſtus habe, und was er bei dir thun koͤnne und 
wolle, wo du nicht vorhin in Noͤthen gefuͤhret wirſt? 


Alles, alles, was und in dieſem Leben widerfaͤhret, 


Butes und Böfes, das ift unfer Heil und muß ihm 
zu Ehren gereichen. Ja nicht allein daß, fondern er 
machet und auch durch fein: Wort und Geiſt oft fo 
fröhlih, Daß wir vor Freuden fpringen, als Hirſch⸗ 
lein. im Paradies, und laͤſſet und von Liebe und dei 

| iger 


[2 


des Schatzes ber Seligkeit. 195 


liger Furcht brennen. Dies iſt fein Reih, oder, 
wie der Prophet Obadia faget, ſolch ein Königreidy 
bat ver HErr, nemlich ein Reich des Friedens und 
der Freuden, und der Furcht im heiligen Geift, Roͤ⸗ 
mer 14. | " 


10. Wie wird das Reich Chriſti beſchrieben? 


Der Prophet und Koͤnig David beſchreibet das Reich Belüteh 
Chriſti, 2Sim. 23, alfo: Gleichwie das Licht iſt Keine - 
am Morgen, wenn die Sonne aufgehet, ded Mor, Srini. 
gend ohne Wolfen, da vom Glanz nad). dem Regen 

Das Gras aus der Erde waͤchſet: Alfo ift das Reich 

Mefiik, das iſt, Mefliad wird Fein Aufrührer, noch 

Leute Beſchwerer, noch Gäufer feyn, mie viel ver 
weltlichen Potentaten: Sondern er wird ein tapferer 

Herr ſeyn, und ein fhönes liebteiches Regiment fuͤh⸗ 

ren: Denn er wird zuerft einen milden und füßen 

Regen feines Heiligen‘ Worts vom hohen Himmel 

herab geben, und dadurch die trodene Herzen feuch⸗ 

ten. Darnaͤchſt wird er auch durch feinen heiligen 

Geiſt eine berrlihe- Sonne und Licht wahrer Erfennts 

nid GOttes und Glaubens in Denfelbigen Herzen 
‚aufgeben ı laffen. Darauf wird das Grad folgen, 

nemlich allerhand Fruͤchtlein und Blümlein des Glaus 

bens, ald da find, Friede und Freude, Liebe, Zucht, 
Mahrheit, Wohlthätigfeit, und was dergleichen mehr 

if. Und meiter ſpricht David: Alle mein Heil und 183 
Wohlfahrt it, daß fein Reich auf Erden alfo wide 4 
fet. Denn follte ed einem nicht wohl thun, und ze”: 
lachen bewegen, vaß auch die Feinde Chriſti müffen , - 
‚fein Wort annehmen, und an ihn glauben, wenn ee. ' "4." 


v 
ren 


8 haben will, und daß fein Reich täglich in unfern "in. 
° Herzen wächfet und zunimmt. | Br 
Died aber fönnte Der HErr Ehriftus nicht thun, nn. 
und ſolch ein Reich auf Erden anrichten und fühs | 
ren, wenn er im Tode geblieben wäre. 
Begehreft du mehr von dieſem Nugen der Aufs 
erſtehung Chriſti zu lefen, fo ſchlage auf DaB 38 Trace 


194. Vom Erwerber 


® 
tätfein von der güldenen Zeit, da mehr. herzerfreuende 
Nutzbarkeiten der Auferftehung Chrifti angeführet 
werden. Ä 


‚11. Ich bemerfe mit Freuden aus gefchehenem Bericht, 

daß Chrifus ein. überaus holdfeliged Herz gegen und 

| haben müffe? - 
Gens Freilich ift er freundlich gegen uns mit Herz und 
langmd: Mund. Gein Herz it voll Liebe und Treue, und 
this. ſein Mund vol füßer Wahrheit. Er fönnte billig 
i mit und zürnen,, und und wie verdorbene Rohrſtaͤbe 
| zerbrechen, und ind Feuer werfen, weil unfer viel fo 
gar troßig find, daß wir ihm für alle feine Wohl 


thaten nicht einen guten Morgen bieten, und fein. 


Wort. mit Füßen treten: Aber er thut es nicht, fons 
dern hat Geduld mit und, daß wir einmal Elüger 
werden. Daher faget der Prophet Eſaias Cap. 42. 
Er wird nicht zornig, nody greulid, feyn, auch nicht 
fohreien noch rufen, (wie tolle unfinnige Leute pfles 
en zu thun, ‚welche fich nicht zähmen noch mäßigen 
Fonnen und feine Stimme wird man nicht hören 
auf. den Gaſſen. Dad zeritoffene Rohr, Cbetrübte 
Herzen,) wird er nicht zerbredhen, und das glims 
ra so mende Tocht, (den ſchwachen Glauben), wird er nicht 
.c "auslöfchen.- Und er felber fpricht, Hoſea 11. daß er 

N wohl Zug hätte mit Ephraim und und allen alfo 
Wit umjugehen, wie mit Sodoma und Gomorra, aber 
feine Barmherzigkeit fey zu brünftig Dazu, daß erö 
nicht thun koͤnne. Und zwar, wenn er richten follte, 
nach dem feine Augen fehen, wie würden täglich fo 
viel taufend Menſchen in ihren Sünden ſo jämmers 

li dahin gerichtet werden? Welche Liebe und Lang 
mütbigfeit Chrifti man ja erfennen, aber nicht mißs 
brauchen fol, Damit er nicht endlih zum Zorn und 
Strafe gezwungen werde. Ya ed träget der HErr 

Giebt vierTbriſtus nicht allein unfere Schwachheit in großer 
- Gutes, Liebe und Barmherzigkeit, fondern er thut uns auch 


des Schatzes der Seligkeit. 195 
viel Gutes, und hilfet und treulih. Syn Feinen Nds 
then läffet er uns fteden, fondern hilft uns heraus, 


und überfhüttet uns mit feinen Gütern, wie ed ‘denn 
feine Luft it, daß er und unwürdigen Menfchen feine 


‚unverdiente Güter fehenfen und, geben möge. 


Zudem gehet er mit dem menſchlichen ©efchledhtgeher mie 
fo gar freundlidy und holdfelig um, daß auch feineden Mens 
Mutter mit ihrem allerliebften Kinplein ‚freundlicher goißfeiig- 
und holdfeliger umgehen Tann, wie das alles an feis um. _ 
nen heben’ Juͤngern zu erfehen ift, welchen ſeine Freund 
lichkeit viel Thraͤnen aus den Augen gelodet, nadhs 
dem er von ihnen genommen ift. ob, 13. nennet 


er feine Sünger feine liebe Kindlein. Kindlein, fpricht 


er, ih bin noch eine fleine Zeit bei euch. Joh. 14, 


ja ihr | Wie das 
ermahnet er fie, daß fie ja ihr Lebenlang nicht traus ent 


ren, noch fih für irgend einem Dinge fuͤrchten fols "einer 


len: Euer Herz erfchrede nicht, und fürchte ſich nicht: Sänger 
Denn er wolle fie nicht Waifen lafien. Und damit deuset. 
fie nicht Meinmäthig feyn möchten .zu ihrem Amt, ' 
vertröftet er fie mit dem heiligen Geift, der follte 


sie gejchidt genug machen, und in alle Wahrheit lei 


a. tr Tr m va, wa wa - 


ten. Im 15 Capitel faget er, Daß er fie fo herzlich 
lieb babe, als ihn fein bimmlifcher Vater bat, und 
daß er ſtets in ihnen feyn und bleiben wolle, damit 
fie ja viel Frucht fchaffen koͤnnen. Und faget, daß 
er foldyed mit ihnen darum rede, auf daß fie völlige 
Sreude haben. Im 16 Gapitel faget er: Sie wers 
den wohl viel und groß Leiden und Truͤbſal haben 
in ihrem fchweren Amt, aber der: heilige Geiſt foll 
fie reichlich tröften. Dafelbft ermahnet er fie zum 
Gebet, und ſpricht: Sie follen nur getroft Bitten, - 
was fie wollen, alleö -foll. ihnen vom Bater widers 
fahren, denn er, der Vater, habe fie felbft lieb, dar⸗ 
um, daß fie ihn lieben, Sa, fpridt er weiter, er 
felbft wolle fie erbören, wenn fie ihren Mund aufs 


- thun, und anheben zu beten. Denn alle, was der 
Vater habe, das fey fein. Und damit fie willen 


mögen, wo fie bleiben follen nad) Diem Beben, fpricht 


196 Dom Erwerber | 
- er, Joh. 14. In meines Vaters Haufe find viele Woh⸗ 


nungen. Im 17 Capitel fället er für großer Liebe 
auf feine Knie, und bittet für feine Apofiel und alle 
treue Lehrer mit Thränen, daß fle ja enolih an Dem 
Ort feyn, da er ift, und feine Herrlichfeit fehen moͤ⸗ 
gen, dafür, daß fie fo. elende Leute in dieſer Welt 
gewefen, und für das göttliche Wort. nicht Anders, 
denn eitel Mühe, Armuth, Haß und Verfolgung zum 


Lohn befommen haben. Iſt das nicht Freundlichkeit 


über alle Freundlichkeit. 
Marc, 10. Müffen die Eltern ihre Kindlein zu 
ihm bringen, daß er fie liebe, herze, kuͤſſe und ſegne. 


Undviele Joh. A. redet er mit einer armen Samariterin fo 
anderer. herzlich und freundlih, daß ſich auch feine Jünger 


J 


ſelbſt daruͤber verwundern, was es doch ſeyn moͤge, 
Daß er, fo ein zuͤchtiges Herz, mit fo einem unzuch⸗, 
tigen Weibe reven möge. ob. 5. thut es ihm wehe, 
und Flaget darüber, daß die Juden nicht zu ihm kom⸗ 
men, und das ewige Leben von ihm nehmen wollen. 
Ach! ſprach ‘er, ich lode euch, aber ihr wollet nicht 


zu mir fommen. Ich wollte euch gerne dienen, aber 


ihr wollet es nicht haben. 
Und wie oft ift er wohl betrübten Herzen und 

andern armen Leutlein unter Augen gegangen, und 

bat fie getröftet, ihnen feine Gnade und Hülfe ans 


geboten. Lieber, was willt du von mir haben? Was , 
ſoll ich dir thun? 


Daher fchreibet Johannes, der feiner füßen Liebe 
für. andern genoffen, daß -er nicht allein ein holdſeli⸗ 
ger Zeute»Lieber, oder Menfchenfreund, fondern auch 
das ewige Leben felbft gewefen fey, 1. Joh. 1. Und 
St. Paulus vermahnet die Eorinther durch die Freund⸗ 
lichkeit und Sanftmüthigfeit Chrifti, 2 Cor. 10. 


12. Wie fol ich mir diefe unerhörte Liebe Chrifti gu nuͤtze 
machen? 


Se, follen der Froͤmmigkeit und Freundlichkeit uns 
Wertrans ſers lieben HErtn und Heilanoes JEſu Ehrifti alſo 


“ ben HErrn Chrifto in hoͤchſter Zuverfiht, und mit | 


. des Schatzes der Seligkeit. 197 


- gebrauchen, dad wir eine herzliche Zuverſicht zu dercen mEbrs J 


ſelben ſtets tragen, und uns ihrer hoͤchlich erfreuen, Ro in und 
Unfere Herzen follten billig. in unausfpredliher Zu⸗Wecen . . 
verficht und Freuden dem HErrn Chrifto zulachen. | 
Gleichwie ein junges Kinplein auf feinem Stühlen. 
feiner lieben Mutter in. großer Zuverfiht und für . 
großen Freuden zulachet, und fich zu ihr fehnet, daß 
ihm auch die Thraͤnen vor großer Begierde aus den 
Augen fließen: Alſo follen wir aud zu unferm lies 


allen Freuden uns fehnen, bid Daß er und dermals 
eind in die Arme faffe, und uns aus viefem Leben: 
hinweg raffe. Denn er bat und doch lieber, ale uns 
unfer eigen Herz hat, und ‚giebt und dazu den heis 


ligen Geift, den Geiſt der Kindſchaft, dag wir und 


Önnen. 


⸗ 


ae ihm in aller Liebe und Kreundfchaft verſehen 


43. Wie wird und biefe Freundlichteit und Liebe Chriki 
gegen und in der Schrift fürgebilbet ? 


| Erſtlich wird Chriſtus da einer güldenen Roſe vers .@rwir 


glihen. Denn er iſt eine ſolche Blume, welche nichteiner gie 
allein herrlich” und ſchoͤn, fondern auch freundlich En e . 


lieblich iſt. Eine Rofe hat für andern Blumen diefe Sea. 


Art an ſich, daß ſie eines freundlichen, lieblichen 
Geberdes iſt, eitel Freundlichkeit und Lieblichkeit leuch⸗ 

tet ihr aus den Augen, und ſie lachet immer einem 

u, daß man fie auch wiederum mit freundlichen, lieb⸗ 
ichen Herzen und Augen anfıhauen und anlachen 
muß. Alſo iſt aud Die Geberde des Sohnes EOts " 
tes durchaus freundlich und lieblich, eitel Freundlich⸗ 
keit und Holdſeligkeit leuchtet ihm aus den Augen, 


daß ſich auch die heiligen Engel an folder feiner 


freundligen und lieblichen Geftalt nicht fatt ſchauen 
Tonnen. Wie er denn. darum im 45 Palm genen 
wet wird der Allerſchoͤnſte unter den Menſchenkindern, 


} 


198 Dom Erwerber 


ja unter den heiligen Engeln dazu, nemlich, um fols 
her feiner Freundlichfeit willen. 

Er ift aber nit allein ver Engel Freund, 
fondern auch der Menfchen Freund, weldyer dad arme 
menſchliche Geſchlecht von Grund feines Herzens lieb 
bat. Denn 0b wir wohl arme unmerthe Suͤnder 
find, dennoch liebet er und umfonft und aus lauter 
Gnaden. Hievon ftehet ein fhöner Spruch, Tit. 3, 
Es ift erfchienen die Leutlieblichleit oder 
Freundlichkeit GOttes unferd Heilandes, 
indem er für und Menſch worden, und fein 
Blut vergoffen, und und. durd fein Blut 
und Taufe gereiniget, und mit feinem bei 
ligen Geiſt erneuert und gebeiliget bat. 

Und weil der Sohn GÖtted ein freundliches 
Herz und Gemüth träge gegen und Menfchen, fo 
hat er auch Honigfeim auf feinen Lippen, wie ferner 
im 45 Pfalm gemeldet wird, und alles, was er nur 
redet, das ift eitel Liebe und Leben. Daher nennet 
ihn St. Sobannes das Leben, und feine Rede ein 
Wort des Lebens, darum, daß er mit feiner freunds 
fihen Stimme bie betrübten Herzen allewege getroͤ— 
ftet und lebendig gemachet hat, und noch madet. 

St. Petrus, da er gefraget ward, ob er auf 
nicht wollte von ihm laufen, wie, Die andern gottlos 
fen Verächter thaten, antwortete und fprah: Herr! 
wo follen wir hinlaufen: Du. haft Worte des ewi—⸗ 
gen Lebende. Darum ed wohl billig heiffen mag, eine 
güldene Rofe, und ein güldner Redner, ' 


14. "Wie wird uns biefe Freundlichkeit mehr fürgebildet? 


er vird Ez wird Chriſtus auch darum fo fröhlich und lieb⸗ 
— lich gemalet, daß er ausſiehet, als wenn er einem 
als lachetezulachte. Denn er iſt froͤhlich in ihm ſelbſt, und 
er freuet ſich als vie Sonne, daß er feinen Lauf vollen⸗ 
den, und dad menſchliche Geſchlecht erlöfen mag. 


Siehe doch, mie freudig ift er zu feinem Amt, geras 


— — — 42 va 


des Schatzes der Seligkeit. 199 


De, ald wenn er hinein ſpringen wollte Denn alles, 
was er thut, das thut er mit willigem und fröblis 
hem Herzen, wie wir denn auch thun follen im uns 
ferm Beruf, aud mitten in Todesnoͤthen. Dieſes 


Tann aber niemand thun, er habe denn vorhin den 


freudigen und fröhlichen Geift empfangen, darum 
David bittet im 51 Pfalm. | 


Zum andern lachet er und auch zu, die wir fein Wie lieb 


liebes auserwähltes Bolt find, um welcher willen ar babe; 


ind Fleiſch gekommen iſt. Denn er ift in Wahrheit 
ein großer Freund des ganzen menſchlichen Geſchlechts, 
zum voraus aber feiner glaubigen Chriſten. Es brens 
net ihm fein Herz gegen uns von großer Liebe, und 
kann ed nicht laffen, er muß uns ſtets freundlich zus 


ns Chris 


lachen. Mache Rechnung: Hat er uns Doc geliebet,: 


daß er unfer Fleiſch und Blut würde: Wie vielmehr 
wird er und nun lieben, fintemalen er unfer Fleifch 


- und Blut worden ift. Kein lieber Bule faget Ef. 62, 


Tann feinen lieben Bulen, und Fein lieber Bräutigam 
Tann feine liebe Braut fo herzlich und fhmerzlidy lieb 
haben, ald und der Sohn GOttes hat. Und: ob wir 
wohl von Natur arme elende Creaturen feyn, vie 


wir und leider täglich mit vielen Sünden befubeln, 


auch in unferm beften Leben, alfo, daß nichts reines 
und ſchoͤnes an und ift: Dennoch liebet und der Sohn 
GOttes, auf daß es eine unverbiente Liebe fey, dar⸗ 
aus fich niemand mit Zug feiner Unwuͤrdigkeit halben, 
fließen koͤnne. Es foll feine Liebe eine reine und 


vollkommene Liebe feyn, an keinen Stand oder Wuͤr⸗ 


digkeit gebumben. 
dich 


er gehöret der theure und denkwoͤrdige Spruch, .gewei 


Efaid 11. JEſus Chriftus wird nicht rihten nachaug Eſ.11. 


dem feine Augen feben, noch firafen nad dem feine 
Ohren hören: Lieber, mas fichet er an und? Nicht 
viel Gutes. Was höret er von uns? Richt viel Gus 


tes. Eitel Uebertretugg und Sünde fehet und hoͤret 


er leider an und, von und, Noch will er nicht rich 


ten, foricht er, nad dem feine Aygen feben, auch 





En 3 


200 Dom Erwerber 


nicht firafen, nach dem feine Ohren hören. Warum 
doch? Denn es ruhet auf ihm der Geiſt der Wei 
beit, und der Geilt der Gnaden. Der Geiſt ver 


Weisheit machet, Daß er ed wohl wiffe, mad für arme 


Geſchoͤpfe wir find: Der Geift ver Gnaden aber hält 
ihn zurüde, daß er mit dem verdorbenen Scherblein 
nicht zu gefchminde fahre. | 

Hoſea 11. hält er mit feinem ungeborfamen Sobs 
ne, dem Epharim, ein fol Geſpraͤch: Was foll ich 
aus dir machen? Ephraim, Du frommes. Kind? Wäs 
reft du nicht werth, daß ich eine Adama aus bir 
machte? und hoͤlliſch Feuer über dich regnen ließe: 
Ach! ich mag es nicht thun, kann es auch uͤber mein 
Herz nicht bringen. Denn ih bin GOtt und kein 
Menſch, und meine herzgrünpliche Barmherzigkeit if 
zu brünftig und zu groß Dazu. 


ů;85 Im Hohenliede Salomonis rufet er ſeine liebe 
ig, Kiche zu ſich, und ſpricht zu ihr mit ven allerlieb⸗ 


monis. 


lichſten und freundlichſten Warten: Komm zu mir, . 
erzliebe Schweſter, liebe Braut. Da entfaͤrbet ſie 
ch für Scham, und antwortet ihm aus demüthigem 

Herzen mit gar züchtigen Worten: Wie darf ih ars 


mes Mägpdlein zu.dir fommen. Ach lieber HErr 


und Bräutigam! weil ich fa fcheußlih bin? Denn 
fiebe doch, Die Sonne hat mid ſchwarz gemachet und 
verbrannt. Nein, ſpricht er, liebe Schweſter, du 
biſt nicht haͤßlich, ſchwarz oder verbrannt, ſondern 
allerdings und uͤber alle Maßen ſchoͤn biſt du, und 
iſt Fein Flecken? an dir. Siehe, du haft mir das 
Herz genommen mit deiner großen Schoͤnheit, und 
ih liebe dich, DaB ich von großer Liebe Frank wer⸗ 


den mag. 


Kran 


g de 
Im PBro,nheten Ezechiel 16. faget er ſtracks her⸗ 
aus, daß fein. er lieben Kirche Zeit eine Zeit fey der 
Liebe, darinn er fie ftetö lieben wolle. Lefet doch 


daſſelbe feine Ca witel, da merdet ihr Wunder ſchauen, 


wie Chriftus fen, re Braut nadend im Blut findet, 
wie er fie lieber, \wie er fie waͤſchet, wie er fie Fleis 


\ 
a\ 
\ 


J 
—. 


des Schatz der Seligkeit. 201 


} bet und zieret, und wie er ihr Semmel und Honig - 


zu eſſen giebt. Dahin St. Paulus, ver fleigige Le: 
fer Per Propheten, Epheſ. 5. ohne Zweifel geſe⸗ 
ben hat. | | | | 


15: Wie giebt der HErr Chriſtus feinen Kindern feine 


Liebe zu koflen? 


Damit die Kirche folcher großen Liebe Chrifti deſto 
mehr verfihert fey, giebt er ihr dieſelbe durch feinen 
heiligen Geift, durch weldyen er alles in feinem Reich 
ausrichtet, zu often, wie St. Paulus bezeuget, 


Nom. 5. Die Liebe GOttes iſt ausgegoffen in unfer j 


Herz, durch den heiligen Geiſt, der uns gegeben ift. 


Und Röm. 8, Ber heilige Geiſt ‚giebt Zeugniß uns - 
ferm Geift, daß wir GOttes "Kinder feyn, Das ift, 


von GOtt und Eprifto herzlich. geliebet werden. Die 
Liebe Chrifti gehet oder fleußet durch unfer Herz, als 
ein geichmolzener Zuder, oder Träftiger Balfam, daß 
es feine Sußigfeit fühle, und darüber voll unaus⸗ 
fprechliher Freude wird; und wenn dies ftets bei 
und währen follte, und nicht zuweilen ein bitteres 


Tränflein mit unterlaufen, fo: würden wir es nicht 


ertragen koͤnnen. 


. 36. Wen liebet er infonderheit ? 


Jga ſonderheit liebet Chriſtus die am meiſten, welche 


ſich mit ganzem Ernſt auf ſein heiliges Wort und 
Erkenntniß gegeben haben, wie Moſes zeuget, Deut. 
33. Wie hat er die Leute fo lieb? Alle feine Heilis 
gen find in Deiner Hand, fie werden fih feßen zu 
Deinen Füßen, und werden lernen von deinen Wor⸗ 
ten, Das tft: Die lieber Chriftus am meiften, -und 


balt fie in feinen Armen, welche fein Wort lieb haben, 





mn 


202 Von ben Snadenmitteln 


Das UL Bud. 


Bon Darreihung und Annehmung des 


Schases unferer Seligfeit, Durd Die 
von GOtt dazu verordnete Mittel. 


Durch welche Mittel überreichet und Gott ben theuren 
Schag unferer Seligkeit, welchen und Ehriſtus mit 
feiner Menfchwerdung, Leiden, ‚Sterben und 
Auferftebung erworben hat? 


E⸗ befinden ſich derſelben Mittel zwei auf GOttes 
Seiten, nemlich, die Taufe und das heilige Evange⸗ 
lium, welche gleichſam GOttes Haͤnde ſind, damit 
er uns ſeine Gnadenſchaͤtze uͤberreichet: Auf unſerer 
Seiten aber befindet ſich nur eines, nemlich, ein wah⸗ 
rer ſeligmachender Glaube, . welcher gleihfam unfere 
geiftlihe Hand ift, Damit wir Die von GOtt durch 
Die Taufe und Evangelium dargereichte Schaͤtze er⸗ 
greifen, und zu und nehmen, 


Lieber, gieb mir doch von einem jeglichen einen deutlichen 
Bericht. 
| Rt: will dir ſolches in nachfolgenden Eapiteln gerne 
zu Gefallen thun. 
| Das lI. Capitel. 

Von der heiligen Taufe. 
1. Schenket GOtt durch bie Taufe den Glaubigen den 

theuren Schatz ihrer Seligkeit ? 


| Freilich: Denn die Taufe iſt unſer einiger Troſt und 
Eingang zu allen goͤttlichen Guͤtern und aller Heili⸗ 
gen Gemeinſchaft. Denn OStt ſchuͤttet über und in 


geben. 


des Schatzes der Seligkeit. 205 


der Taufe auß den überfhwenglichen Reichthum ſei⸗ 
ner Gnaden. Er errettet uns von Suͤnden, Teufel, 
Tod und Hoͤlle, und machet aus uns Kinder des 
Lebens, ja Erben aller feiner Güter, aljo daß er es 
felbft eine neue Geburt heiße. Wir werden auch 
durch die Zaufe dem HErrn Chrifto eingeleibet, und 
werden feine Glieder, Roͤm. 6. Wenn wir aber feine 
Glieder worden find, do averden wir alsbald theil⸗ 
haftig aller ſeiner Güter, bie er und durch feinen 


Gehorfam, und durch fein, heilig Blut erworben bat. 


Da ftehet ver Herr Chriſtus zwifhen GOtt Vater 
und dem heiligen Geift, und ſchenket den Getauften 
- feine Gerechtigkeit, fo groß als fie in ihm felber ift, 
und neben der Gerechtigkeit die Kindſchaft GOttes, 
und die Erbfchaft des ewigen Lebens: Und machet 
fie auf einmal fo reich und ſelig, daß ſie ungern 
mit aller Koͤnige, ja mit aller Welt Reichthum und 
Herrlichkeit tauſchen ſollten. 


2. Hat dies auch Grund in GOttes Wort? 


anct Paulus bezeuget dies mit diefen Sprüchen: 
Sal, 3. Wie viel euer getaufet find, die haben Chris 
ftum angezogen, mit alle dem, was er ill, und was 
er hat. O ein theurer Spruch und hoher Troſt! 
Eppef. 5. Chriſtus hat feine Gemeine gereiniget durch 
das Wafferbad im Wort, und hat fie ihm Dargeftels 
let fo herrlich, daß fie ohne Flecken fey, ſondern ganz 
heilig und unſtraͤflich. Das iſt, wir find. in der 
Taufe gereht, GOttes Kinder, und Erben bes ewi⸗ 
gen Lebens worden. 

Der ſeel. Lutherus ſtimmet hiemit ein. In der 
Kirchenpoſti Winter⸗Theil, p. 76. ſchreibet er: Die 
Taufe machet den Menſchen ganz auf einmal rein 
und felig, daß zu dem Hauptſtuͤck und Erbe ber 
Seligkeit nichts mehr noth ift, denn der Slaube in 
folder GOttes Gnade, u 
Ebendaſ. Unſer Dei wird und auf einmal ge 


204 | Non den Gnadenmitteln 


Pooſtil. Gen. Miſer. Domin. pag. 18. Es iſt gar 
kein Zweifel, wenn ein Menſch getaufet wird, ſo 
wird er in der Taufe fuͤr GOtt ſo ſchoͤn und helle, 
als die liebe Sonne, daß gar keine Suͤnde mehr da 
bleibet, ſondern eitel und ewige Gerechtigkeit. 


3. Warum ſchenket GOtt die Seligkeit durch die heilige 
Taiu | 


Das und die ©eligfeit in der Taufe gefchenfet wird, 
fommet daher, denn GOtt will einen fonderlid;en 
Ort, Zeit und Mittel haben, an welhem, zu web 
her, und durch welches er die hochgebenedeiete Ges 
ligkeit feinen lieben Auserwählten will zueignen, auf 
daß fie wiffen, und darauf ſich berufen mögen, wider 
des Teufeld feurige Pfeile, und wider ihr fo vielfaͤl⸗ 
tiged Leiden, wo, wenn und wodurd fie ihr Heil 
überfommen haben, und fi defto gewaltiger damit 
troͤſten. Denn Die Taufe iſt unfer einiger Troſt, 
wider alles Schreden, fo entweder von und jelber, 
vom Zeufel, von ver Welt, und von allen Ereatw 
zen und Sachen berfommen mag, 


4 Gieb min von jegliche Hauptgut, welches mir in ber 
Tanfe gefchenfet wird, einen befondern Bericht, and 
fage mir, welches das erſte ſey ? 


Dern Ru Daſſelbige iſt die Reinigung. Denn in die Taufe 
— iſt die Kraft des Bluts Chriſti gethan, und reiniget 
die Reinle uns daſelbſt von allen Sünden, wie Ananias zu St. 
gung. Paulo ſprach, Act. 22. Stehe auf, und laß dic) taufen 

und abwafchen deine Sünden, und rufe an den Namen 

des HErrn. Das ift, wer in berzliher Demuth und 
Erfsnntniß feiner Sünden, und aud in wahrhaftis 

ger Anrufung des Namens GUtted der Taufe Gabe 

bittet und nimmt, Dem werden gewißlih darum alle 


Sünden vergeben. Daher St. Paulus faget, Epheſ. 


des Schatzes der Seligkeit. 205 


. 5. daß die Taufe ein ſolch Bad fen, darin ein Menſch 
rein und fauber werde von allen Sünden, Daß auch 


fein Flecken davon überbleibe Um dieſer Urfahe . 


willen hat man in ver erften Kirche den Getauften 
weiße Kleider angethan, zum Zeichen ihrer Unſchuld, 


und hat fie Canditatod. genennet. Lactantius giebt errflhe 


ihnen auch einen berrlihen Namen, und nennet ſte 


helle und Mare Seelen. Denn fo Bald ein Menſch 


getaufet ift, fo ift er fo heil und Far, zurechnungds 
weiſe für GOtt, als die liebe Sonne, daß @Dtt 
gar feine Sünde mehr ihm zurechnen will, fondern 
“ eitel und ewige Gerechtigfeit, wo er im Glauben bes 
ftändig bleibet bis and Ende, | 
Weil aber die Chriften Eandidaten find, nemlich, 


eitel Geredhte, ja Die Gerechtigkeit ſelbſt, mögen fie‘ 
deswegen billig und mit allen Ehren weiße und ros. 


the Binden um ihre Hüte tragen, wie die Chriften 
noch heutiges Tages in Perfien thun follen, um des 
rotben Bluts Chrifti, und ihrer heiligen Taufe wil; 
len. Ja man fol die getauften Chriften billig hei⸗ 
fen Nazarener, Golofinver und Himmeldfinder, um 


der uͤberſchwenglichen, unbegreiflichen Reinigfeit und 


Klarheit willen, die heimlih im Glauben fie unter 
Shwahheit an ſich haben und tragen. Gleichwie 
der Prophet Jeremias, von den edlen Kindern Zion 
finget in feinen Threnis, daß fie dem Golde gleich 
geachtet, und von den Nazardern, Daß fie reiner denn 
Schnee, weißer denn Milch, röthliher denn Korallen 
und Sapphiren geweſen fir, 


5. Beweile ed, daß bie Getauften fo heiligYfind, als bi 
fie preiſeſt. 


Day an den Getauften nichts Sträffiches und Ber; 


Akten 


Der Ge⸗ 
anften. 


dammliches mehr überblicben ift, zeuget St. Paulus, 


Nom. 8 So ift nun nidits Verdammliches an Des. 


‚nen, die in Ehrifto JEſu find, oder die dem HErrn 
Ehrifto durch die Zaufe eingeleibet. Welch ein. treff: 


206 Von den Onabenmitteln 


ich Wort: Nichts ift verdammlicd an ven Chriſten. 
Deögleihen: Wer will die Ausderwählten GOttes 
beſchuldigen, wer will fie verdammen? Das ift, ob 
wohl die Ehriften nod viel Fehler und Gebredyen 
an fi haben, ſo fol und kann fie dennoch gleidy» 
wohl niemand darum mit Zug befchuldigen noch vers 
Dammen, ja GOtt wolle fie felbft nicht verdammen. 
Denn fie find von allen ihren Sünden gereiniget 
durch Das Blue JEſu EChrifti in ihrer Taufe, und 
find alfo gerecht worden durch den Glauben. Cs 
find ihre Sünden im Blut Chriſti erfäufet, verſchlun⸗ 
gen und aufgefrefien, gleihwie ein Blutötröpffein von 
einem großen Waſſer aufgefreffen und verfhlungen 
wird, dag man nicht weiß, wo ed geblieben ift. 


6. Bilt du denn in der Meinung, daß die Getauften in 
der Taufe von allen Sünden gereiniget werben ? 


Ä Freilich reiniget Chriſtus ſein Volk durch die Taufe 
von allen Suͤnden, welche mit der Kraft des Bluts 
JEſu Chriſti beſprenget, ja durchroͤthet und erfüllet 
iſt. In der Taufe nimmt der HErr JEſus ſeine 
Glaubigen an, reiniget fie von ihren Sünden, me 
«het fie wiederum neu, reftituiret fie von ihrer alten 
Geburt, machet aus ihnen Freigeborne und giebt ih 
nen dad Recht goldner Ringe, wie die Zuriften in 
ihren Pandecten reden. Denn GOtt hat der Taufe 
Macht gegeben, felig zu machen, das iſt rein zu mes 
«hen von allen Sünden, alle, fo da an den HErrn 
JEſum glauben, und ihrer gebrauchen. - Tit, 3. Zu 
ber Zaufe erfaufen alle Sünden, gleihwie Pharao 
mit feinem ganzen Heer im rothen Meer, oder die 
ganze Welt in der Sünpfluth erfoffen ift, feine blei⸗ 
bet übrig. | 

Noch klarer: Der HErr JEſus reiniget fein glau⸗ 

biges Volk in der Taufe von Sünden, alſo, daß er 

DieTanfengn ihnen auf einmal gänzlih hinweg nimmt alle 
hinweg ihre Sünden, Die vergangenen, gegenwärtigen und 


des Schatzes der Seligkeit. 207 °: 


. zufünftigen, das ift, die fie von ihren Eltern geerbet,atieneihe u 
felbft begangen haben, täglich begehen und begehen wer; MR | 
" ven, fo lange fie auf Erden leben, und daß ihnen vonge and zu⸗ 
dem Tage ihrer Taufe an, bis in die legte Grube, Füufıtge 
keine mehr follen angerechnet werden, Denn 5 — en. 
ligmachung oder die Entſuͤndigung der auserwaͤhlten 
Heiligen geſchiehet nicht zu vielenmalen Stuͤckweiſe, NISS, | 






fondern auf einmal gänzlich in der Taufe, und wäh 
tet fo lange, fo lange das Gnadenfünklein ver Glaube 
in ihnen währet, das ift, ewiglih. Denn GÖtt 
giebt feinen lieben Auserwählten den Glauben, alfo, 
daß er in ihnen währen muß ewiglich, ob er wohl 
zuweilen fchläfet, und nicht ſtets feine Wirkung oder 
Uebung hat. Solches aber gefchiehet zu Dem Ende, 
nemlich, daß Die Geligmahung auf einmal gänzlich 
vollendet wird, auf Daß die Ehriften willen, woran fie 
feyn, und ihre Herzen ſolchem aufgetragenen aus und 
gefchenkten Heil ewigen Troſt, Friede, Sicherheit und 


Freude emwiglih haben. Denn wer fein Heil nd , _? 
ſuchet, ver hat keinen Frieden... Das Perlein muß nes 
gefunden feyn, foll e8 das Herz erfreuen. Fra fu fat 


Iſt demnach died wohl zu merken, daß und die — =" 
Zaufe auf einmal, und auf einen Haufen die ganze 
Seligkeit bringet, fonderlid die Önadengüter, unter 
melchen dad erfte ift Vergebung der Sünden, nem» 
lich, nicht allein die Sünde, in welcher wir empfans 
gen find, und mit in die Welt gebracht, und vor ' 
der Taufe begangen haben, fondern audy welche ſich 
noch täglih an und, reget, und wir nad) der Taufe 
gethban haben, mit Gedanken, Begierven, Worten und 
Werken, Kleinen und großen, die Tage unferd gan 
zen Lebende. Denn wir haben nicht zwo Zaufen, 
eine für die Erbfünde, die andere für die wirklichen, 
und von und felbft begangenen, wie St. Hieronymus 
fährlidy gelehret hat, und die Eatholifen auch andere 
. sungelehrte Seifter noch heutiges Tages lehren: Sons 2 
dern nur eine, ‚welcher Kraft fich über unfer ganzes: e PP 
Leben erftreder, und auch Die Tage -unfers ganzen ee 


‘ 
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an — — 





— 


208 Don den Gnadenmitteln 


5 Rebens mwähret. Denn was wäre mir bad für eine 
Taufe, welche nur einen Augenblid währen follte, 
und nicht durchs ganze Leben? Wie könnte man fidy 
derfelben in ſchweren Fällen, und in gefhwinden To⸗ 

desnoͤthen tröften, ehe Dad andere Schiff der Buße 
dazu Fame? a 


7. Sit der feel. Lutherus auch biefer Meinung? 


reilich: Denn alfo befihreibet er das letzte Licht der 
Welt in feiner Kirchenpoftill, Theil 1. ©. 74 und 75. 
Die Taufe machet den Menfchen ganz auf einmal 
rein und jelig, Daß zu dem Hauptitüd und Erbe der 
Seligkeit nichts mehr noth iſt, denn foldyer Glaube 
an ſolche GOttes Babe, auf daß ed fa lauter Gnade 
ohne Werke und Verdienft fey, und in uns alfo rein 
beftehe ewiglid, Friede und Freude, Liebe und Lob 
göttliher Barmberzigfeit und Gnade . Denn. Chro 
Eheifus ftuß hat und auf einmal felig gemachet in zweierlei 
und fefig Weiſe; Zum. eriten bat er alles getban, was zur 
anf zweis Seligkeit gehöret, nemlih die Sünde, den Zora 
erle Wer GOttes, und den ewigen Tod durch fein Blur ger 
tilget, Daß nichtd mehr dazu von jemand zu thun 
ft. Zum andern hat er ſolches alles in der Taufe 
gefchenfet, -Daß, mer. da glaubet an Chriftum, daß 
er folches gethan habe, der hat es gewißlich alfobald 
in dem Augenblid! alle, und find alle feine Sünden 
dahin, mit Zorn, Tod und Hölle, daß er. zur Ge 
‚ Tigfeit nichts mehr bedarf, denn ſolches Glaubens. 
Died muß man wohl: wiffen, wider die irtigen Werks 
Heiligen, die durch ihre Werfe die Geligfeit, als 
wäre fie noch ferne von ihnen, allererft erlangen 
wollen, So weit Luther. / " 

Man lefe auch mit befonderm Fleiß die ganze 
Predigt Lutheri am heiligen Chriſttage über Die Epi⸗ 
ftel St. Pauli, Tit. 3. gethan, das will, ich einem jer 
den getreulich gerathen haben. Denn ed ift unmög 
lich, daß einer ohne Dad Licht zum rechten Verſtande des 
' Evan 



















oo. 
. 
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ER... un na . 
VW 67 zu — — 


‚bet unferer Predigt? Dessleichen ed ift den 
. 1 . | 


des Schatzes der Seligkeit. 209 


Evangelii ſollte kommen koͤnnen. Daß uber St, Pau Wie wie 
lus Roͤm. 8. ſpricht: Wir find wohl ſelig, doch in in ver 
Ber Hoffnung, hat Die Meinung, Daß vie Seligfeitpoffnung . 
jest wohl da fey, aber in ber Herrlichkeit noch nichtlelis tem 
erfehienen, um der ſchwachen Natur willen, die die J 
offenbatliche Herrlichkeit in dieſem Leben. nicht ertröu 
gen Ffönnte, wie dies Lutherus vbgenannten Orts, = 
nad) Der Länge. aufs allerftattlihfte handelt und auss 

führet. Etliche derfelben Zeugniffe führt ver Verfaß 

fer aus dem Luthero jm 10 und 24 Zractätlein an, . 


8. Woher bat die Taufe dieſe große Krafı? 


| Die Taufe bat folhe Kraft, Sünden zu vertilgen, Ius Chri⸗ 


aus dem theuren Blut JEſu Chrifti, und aus dem ſti Blat. 
Wort oder Einfeßung Eprifti: Denn der HErr Chris 
ftus bat das Verdienſt ſeines Bluts in die Taufe : 
getban, damit es den Seinen könnte appliciret und 
mitgetheilet werden. Und hat Die Zaufe biezu eins 

gefeßet, daß fie gelten, und alle Sünden an Setaufs ” 
ten tilgen und wegnehmen fol, - wie Actor. 22 aus⸗ 

druͤcklich von der lieben Taufe gefchrieben ftehet. Dar: 

um auch alled, was von Chrifti Blur in hetligee 

Schrift ‚geredet wird, fol auch von der Taufe vers . 
ftanden werden, weil, wie ver heil. Johannes fagt, 

das Wafler und das Blus Eines find, 





Y, Was faget hiezu unfere Vernunft? . 


©. lächelt fein jäuberlih, und ſpricht: wie fein &ie ver: 
ſeyd ihr getauften Chriften ohne Sünde? Habt ihr lachet en 
Tein Sledlein oder Nünzlein der Suͤnde mehr an 
euch, daran fih GOtt ftoßen koͤnnte? Sehe ich Doch 
an euch große Malzfäde vol Sünden Ä 
Antwort: Lache immerhin, du große Thörin, in 
Deinen klugen Heiligen, darim du wohneft: Du mußt 
lachen. Denn von dir ftehet gefchrieben: Mer lau 





— — Bun GE En. } 
j 


210 Don den Sinadenmitteln 


- Klugen eitel Thorheit, wa3 von der Reinigfeit der 
lieben Ehriften aus GOttes Wort gefchrieben und 
geredet wird. Denn die Vernunft bat nur ein Aus 
ge, damit fiehet fie nur allein vie Sünde: Was wir 

. aber mehr haben von Chriſto, das ſiehet fie nicht, 
und da weiß fie nichtd Davon, und Davon mag. fie 

Ja bie auch nichtö hören, Ya die Chriften prallen hier zus 
Ehrien tüde, und fprehen: Ich fühle gleihwohl noch Suͤn⸗ 
ſeibtt de, Die reget ſich in mir täglih, und bricht zuwei⸗ 
glaubeng APR * ir 
fhwäg: len aus, wie die Blüthe aus den Bäumen bricht, ung 
ih. Täffet ihr nicht wehren. Wie follte ich mich denn zus 
frieven geben, als wäre ich ohne Sünde? 

. Antwort: Frommes Herz, biefelbe Sünde, die 

du noch fühle, und in dir zuweilen heraus bricht, 

hat die Taufe von Dir genontnien, und feine andere 
222. Willt du gemalte Sünde haben, fo mußt du auch 
- = einen gemglten- Heiland, und eine gemalte Taufe has 
- ben. Ich weiß don feinen andern Suͤnden ˖zu fagen, 
denn: die ich leider täglich in mir fühle und leide, 
haft du andere, das magft bu willen. Und eben 
diefelbe Sünde, Die ich alfo trage und fühle, wiewohl 
mit großem Unmwillen und Ueberdruß meines Lebens, 

biö in meine Grube hinein, die ift mir im meiner 
Taufe getilget. Es wäre denn Sache, daß wir wol 
len ein Gefpött aus der Taufe machen und ſprechen 
auf gut papiftifh, das Erbübel wäre wohl in ver 

Taufe geblieben, oder erfäufet, aber die wirkliche 

Sünden hätten wir noch alle behalten, vie müßten 

wir felbft buͤßen und tilgen, damit hätte Ehrifti Blut 

. und Taufe nichts zu thun. Ich meine aber ja, dies 
wäre gebadet, und wollte für ſolch Bad nicht zween 

Heller geben, wenn ich armer Menſch nidt follte 

durchaus gebadet und gereiniger fegn von allen meis | 


7 


@& 
7 
... 
u‘ 


nen Sünden. Woher wollte ih doch hernach eim 
anderes befferes und koͤſtlicheres Bad nehmen, Damit 
ich mid) reinigte, wenn die heilige Taufe, gewürzet 
mit dem Blut Chrifti, fo viel nicht vermögen ſollte? 


| 


des Schatzes der Seligkeit. 211 


Wer dies Geheimniß recht und wohl verſtehet, 
der iſt ein gelehrter Schüler in den Schulen gewes 
Ten, und bat wahrlih etwas ſtudiret. Er ift auch 
dem Teufel etlihe Meilen Weges aus dem Rachen 
gefommen, und hat einen trefflihen Grad oder Ans 


fang des göttlihen Friedens in feinem Herzen. Wer 


aber dies Geheimniß nicht verfichet, will es auch 
nicht verftehen, wie unerfahrne Zaͤnker thun, was 
weiß der vom Evangelio? Der ift ein armer Schuͤ⸗ 
ler, Tann ihm und andern nicht ratben, noch fein 
Lebenlang zum Frieden kommen, will gefchweigen, 
Anderi Dazu verhelfen. | 

Weil es nun an Dem iR, daß wir, GOtt Lob 
und. Dank, gereiniget find von allen unfern Suͤn⸗ 
den, den gegenwärtigen, vergangenen und zukünftis 


‚gen, und daß wir durch Chrifti Blut und Taufe eben: 


fo wenig Sünde haben, als die liebe Sanne, ja als 
Die Engel GOttes haben: Wie follte idy denn hiezu 
fommen, und mir Suͤnde machen, da id) feine Suͤn⸗ 
de habe, und GOtt mir Feine Sünde zurechnen will, 
und mid der gemachten Sünden halben betrüben? 
Betrüber ſich doch ein Engel im Himmel nicht feiner 


“ .% 
.. 
.. 


Sünden halben, wie follte ich mich denn ihrethalben 


betrüben, der ich mis fo theurem Waſſer, ja mit fo 
theurem Blut fo theuer gewaſchen bin? Sondern ich 
fol meinem HErrn Chrifto, feinem Blut und feinet 


Taufe, die Ehre thun, und mid daran begnügen . 


laſſen, und mein unruhiges Her, damit befriedigen: 
FKürnemlich, weil ich weiß, daß Dies GOttes Wille 
fey, und alles von Chriſto dahin gemeinet, daß ich 
in meinem Herzen und Gewillen Friede hätte, 


40. Wie kann mich die Taufe von allen Suͤnden reis 
nigen, weil ed ber Glaube thut? 


p TE Bm 


Ds wohl GOtt der HErr die Glaubigen für rein DerSlau⸗ 
und unſchuldig ſchaͤtzet in ſeinem Herzen, des Augen⸗be RE“ 


blicks, wenn ſie anheben zu glauben, no , Damit Zaufe 
| 44 . | . 


’ 


212 Don den Gnadenmitteln 


‚verfiegeit fie auch ein gewiſſes Zeichen und Pfand ihrer Reis 
die Selis nigung haben moͤgen, ſo ſtecket er ſie in die Taufe, 
" und fpület fie damit ab von allen ihren Sünden, wie 
der HErr Ehriftus felber fpriht, Marc. 16. Wer 
da glaubet und getaufet wird, ‚der wird ſelig. Das 
ift, rein vom Sünden. "Und St. Petrus, 1 Petr. 3. 
Das Waffer ver Taufe machet und nun felig, nicht 
durch Abthun des. Unflafhe am Fleiſch, fondern am 
Gewiffen. Denn wer einmal getaufet ıfl, ver ift 
ganz rein, wie Chriſtus bezeuget, Joh. 13. und fol 
fein Lebenlang Fein böfes Gewiffen mehr von wegen 
feiner Sünden haben, GOtt gebe, wie fhwerlih er 
auch gefallen, wie StPaulus lehret und gebeut, 
Ebr. 10. da er alfo ſpricht: Laſſet uns hinzu gehen 
mit wahrhaftigem Herzen, in völligem Olauben, ges 
.waſchen am Leibe, mit reinem Waſſer, und befprens 
.! get an unferw Seelen, und los von dem böfen Ge 
wiflen. Denn mad Yerfchlungen ift, Das ift verfchluns 
gen, und ein todter Hund fol und kann nicht beiß 
fen. St. Paulus, Eph. 5. fihreibet, daß wir in der 
Taufe nicht allein rein geworden feyn, wie ein vein 
Glas, welches Peine Zleden hat, fondern auch herr⸗ 
lich, das ift, bel und klar von überfchwenglicher Neis 
nigfeit, als die helle klare Sonne. 


411. Habe ich denn auch aus ber Taufe eine ewige Bere 
gebung aller Sünden? 


Was und der HErr Chriſtus in der Taufe einmal 
gefchentet hat, Das hat er uns alfo gefchenfet, Daß 
wir eö ewig behalten ſollen. Denn gleich als er ſei⸗ 
nen lieben Ausermählten eine ewige Erlöfung durch 
fein Blut erworben hat, Hebr. 2, 9. daß fie derſel⸗ 
ben genießen: Alfo fohenfet er und auch in der Taufe 
foldye ewige Güter, Daß fie immer bei und wären, 
‚und nimmer follen von und genomnfen werben, 
Gleich aber wie der Menſch in feiner Taufe ems 
pfühet ewige Vergebung und Gerechtigkeit, fo da 


. . ,ı u .. J 
‚des Schaͤtzes der Seligkeit. 213 


erviglih für GOtt währen foll, alſo empfähet er 
auch vafelbft ewig oder ewigmährende Gnade, melde 
ihm GOtt der Bater, als feinem lieben Kinde, wel⸗ 
ches er felbit aus Gnaden erfohren, jeiner großen - 


> Schwadhheit und vielfältigen Gebrechen halben nim⸗ 


mermehr entwenden will. . \ 
Denn fo fpriht er, Ef. 54. Es follen wohl 
Berge weihen, und Hügel hinfallen, aber 


. meine Gnade foll niht von dir weiden, 


und der Bund meines Friedens foll nicht 
binfallen, fpridt der HErr, dein Erlöfer, 
Und zwar, wo Dies nicht feyn follte, fönnen wir ja 
unfer Lebenlang feinen beitändigen Troſt aus dem 
Blut Chrifti, und aus der Taufe haben, denn es. 
mangelt und an allem, darauf der Troſt fonft könnte ° 
gegründet werden. 


12. Iſt Luther auch diefer Meinung? 


Solches kannſt du erſehen aus nachfolgenden Zeug⸗ 
niſſen. | 
Im großen Catechismo von der Taufe: Di 

it fo voll Gnade und Troftes, daß —— 
Erde nicht begreifen kann. Denn man taufet nie 
mand darum, daß er ein reicher gewaltiger Furft 
werde, fondern wie Die Worte lauten, daß er felig 
werde. Selig werden aber ift nichts anders, als von ' 
Sünden, Zorn, Teufel und Tod erlöfet in Chrifki 
Reid) Tommen, und mit ihm ewig leben. Ein Chrift 
iſt ein anderer Mann, weder andere Leute find. 
Denn er bat Vergebung der Sünden, GOttes On 
de, den ganzen Chrifftum, und den heiligen Geiſt mit 
allen feinen Gaben: a er ift angezogen und ges 
fhmüdet mit der ganzen Majeſtaͤt und Herrlichkeit 
GOttes. Darum ſo hat ein jeglicher Chriſt fein Les 
benlang genug zu lernen und zu üben an der Taufe 
daß er wiſſe und glaube, was fie bringet, uno fich 
damıt tröfte und flärke, wenn ihn feine Süunden.unv . 





= 


214 Bon ben Sinadenmitteln 


Gewiſſen befhweren. Denn wir haben fein größer 
Kleinod an Leib und Seele, weil wir dadurch allein 
heilig und felig werden, welches fonft fein Leben noch 
Werk erlangen kann. Wie aber der HErr Chriftus, 
der Gnadenſtuhl, darum nicht weichet, noch fället,” 
ob win gleich fündigen: Alfo bleibet auch aller fein 
Shag und Gaben. Wenn einmal in der Taufe 
Vergebung der Sünde überfommen ift, fo bleiber fie 
noch täglich, fo lange wir leben, Doch Daß man den 
alten Menjchen mit feinen Fruͤchten durch den beilis 
gen Geift toͤdte. em | 

In der Kirchenpoftil, Winters Theil, pag. 75. 
Unfer Heil wird uns einmal gegeben zur ewigen Bes 
ſitzung. 

Ebendaſ. Die Taufe machet den Menſchen ganz 
auf einmal rein und ſelig, daß zu dem Erbe der 
Seligkeit nichts mehr noth iſt, denn ſolcher Glaube 
an ſolche GOttes Gnade, das iſt, an die Seligkeit. 
Ob Lutherus ſagen wollte: GOtt fordert von den 
Glaubigen und Getauften nichts anders, denn daß 
fie ſich nur frei felig halten, und ſolche Gnade an 
ihnen felbft preifen, wie denn auch folched alle wahre 
Chriſten thun. Denn wahre Chriften wiflen von 
nichts anders, denn daß "fie fihon in das Erbe der 
Seligkeit gefeßet feyn, und daß fie Herren der Ge 
ligfeit find, nicht. allein durch Das Recht des Glau⸗ 
bens, fondern auch unter dem Titel der Schenkung | 
und der Taufe. 

Ebendaf. p. 123. Ueber den Spruch St. Pauli, 
Sal. 4. Der Erbe ift ein Herr aller Güter. St. 
Paulus lehret an allen Orten, daß die Rechtfertigung 
nicht mit Stüden durd die Werfe, fondern auf ew 
nem Haufen durd den Glauben: komme. Denn das 
Teſtament GOttes hat alles in fih, was man erdens 
fen und nennen fann, und wird aud ganz auf eins 
mal, nicht ftüdlich, befeffen dur den Glauben. Der 
Glaube machet zu Kindern und Erben, und bringet 
alle Guͤter GOttes auf einmal, nicht ftüdlih. Das 


oo — Wit ED DE ⏑ —⏑— 


des Schatzes der Seligkeit. 218 
iſt, GOtt giebt nicht, und nimmt es wieder, und 


giebt es darnach wieder, ſondern was er giebt, das 


ebt er und zur ewigen. Beſitzung, und nimmt es 
ns nicht wieder: Wie ers gegeben bat, fo laͤſſet ers 


"Dabei bleiben. . Er ändert nicht, was einmal aus fer 


nem göttlihen Herzen und Mund gegangen ift, fons 


ſten wäre ed nicht Geſchenk oder Gabe, wie ed ©t. 


Paulus Roͤm. 5. nennet. ‚Denn eine Schenkung if, 
nad dem Ulpian in den Pandekten von Schenfuns 
gen, die Mittheilung irgend ‘einer Gabe an einen ans 
dern, und eigentlich eine ſolche Mitteilung, die durch 
Zeinen Rechtözwang, fondern aus purer Freigebigfeit 
gefchiehet, und zwar in der beftimmten, Abſicht, daß 
Die Gabe auf der Stelle ein Eigentbum des Em» 
pfängers werden, und niemal in feinem Fall wieder 
an den Geber zurüdfehren fol; das ıft, Schenkung, 
was einmal vergeben ift, und bleiben folk ewiglich, 
und nimmermehr vom Erben entwandt werden, noch 
wieder zum vorigen Herrn kommen. Daher fchreis 
bet St. Paulus Roͤm. 11. daß die Gnadengeſchenke 
GOttes fh nicht ändern laſſen. Und Eſaiaͤ 40, 


Was GHDtt einmal durch fein Wort verheiffen und 


gegeben bat, daß bleibet ewiglih. Und deſſen Ents 
wendung foll man ſich nicht befahren, e8 wäre denn 
Sache, man fiele ab von Ehrifto, durch Unglauben, 
oder man wollte die Güter GOttes aus Gnaden 
und umfonft nicht haben, ſondern fie ihm allererft 
abverdienen, weldyes Die allerfchwerefte und verdamm⸗ 
lihfte Sünde iſt. 


13. Iſt auch etwas baran gelegen, baß ich in biefem 
Stuͤck wohl unterrichtet bin? 


O wie viel iſt hieran gelegen, dag man’ in dieſem 


Stuͤck recht. unterrichtet fey, und Daß man wille, uns 
fer Heil fey und nahe, ja es fey uns ſchon präfen; 
tiret, aufgetragen, und auf einmal gänzlich gegeben 


in unlerer lieben Taufe. Wer dies. weiß, der weiß, 





216 5 Don den Snabenmitteln 


Es baͤnge was er wiffen fol. Er weiß fein Evangelium, er 
— — iſt zum Ziel gekommen, und hat das Kraͤnzlein der 
"Ehre in der Schule GOttes erlanget, und iſt übers 

aus ein glüdfeliger Menfh. Denn feine Seele ift 

nun aus aller Sorge und Geſuch gefeßet, und Hat 

Ruhe. Sie darf nicht fagen: Wo finde ich den rech— 

ten Verftand? Sie darf auch nicht fagen: Wie werde 

id) selig, wie St. Johannes ausdrüdlih fpricht, 

1 Joh. 5. Wer den Sohn GOttes (durch den S law 

ben) hat, ver hat das ewige Leben. Was will eb 

ner anfaben, damit er feiner Sünden los werde, 

wenn fie fhon alle gefchenket find? Muß der nicht 

fein ftille feyn? Er kann ja nichts anders, denn daß 

er fi in diefer Sache wohl zufrieden gebe, und auf | 

feinem Heil fanft und ſuͤßiglich beruhe: Wie aud | 

fein Friedenmacher JEſus Died von ihm haben will, 

daß er in ſolchem Frieden wohne. Die andern aber, 

die ſolches nicht wiffen, fehweben immer in der Luft, 

fliegen in der Irre, lernen ſtets, und wiflen nichts, 

Ä forgen und fluchen, finden aber Fein Oelblatt, dan 
| auf ihr Glauben fuffen koͤnnte. Denn ihr Thum, 
| Darauf fie verwiefen werden, it zu ſchwach. Die 
Neue weichet, die-Genugthuung bridt, die Beffes 
rung fället, damit gehet der Glaube und aller Troſt 

unter. 
| Was Tann aber Lieblichers erbacht werben, denn 
dag wir fhon in einem neuen Reich und, Himmel 

| find, in welchem alle unfere Sünden gänzlich von 
i uns genommen durch die Taufe? Und daß uns nun 
binfort feine Suͤnden mehr ſollen zugerechnet werben, 
| und daß und Fein Gefeß : Prediger, ja kein Teufel, 
um irgend einer Sünde willen mehr befprecdhen, noch 
verdammen koͤnne? wie St. Paulus -bezeuget, Rönr 4 

Ein Glaubiger ift ein felfiger Menfh, denn 

GOtt rehnet ihm Feine Sünde zu, Und Cap. 8. 
So ift nun nihtd Berpammlidhes an denen, 
die in Chriſto JEſu find Deögleihen: Wer 
will die Auserwahlten GOttes befhuldw 





gen? Wer will fie verdammen? Das mag 
ı wohl beiffen, wie Mofes fpricht, Pf. Die Lieb⸗ 
lichkeit des HErrn fey über und Das if | 


— — ET ST DE Du en — 


bes Schatzes der Seligkeit. 217 





aber vie Lieblichkeit des Herren, daß er die Suͤnde 
von und genpmmen bat, und und feine mehr zuredys 
nen will, und dag uns fein Fall ſchaden fol, wie 
fhwer er auch iſt, und daß er und von. Deöwegen, 
Das ift, um folder Gerechtigkeit willen, herzlich lieb 
bat, und das ewige Leben fchenten will, wenn wir 

durch das Angftmeer diefed Lebens einmal werden 


hindurch ſeyn. O HErr GOtt! welch eine hohe 


Gabe iſt mir das, und wie bringet fie einem bekuͤm⸗ 
merten Herzen ſo einen großen Troſt! 


14. Wie ſoll ich mir dieſen erſten Schatz meiner Taufe 
chriſtlich zu nutze machen? 


Wer an Chriſtum glaubet und getaufet iſt, der hebedalte did 


feine Hände auf, und wiſſe im ftarfen Glauben, daß und ges 
er fchon befreiet fey von allen feinen Sünden, klei⸗ vet. 
nen und ‚großen, wie fie. moͤgen einen Namen bas 
ben, und daß ihm Feine Sünde mehr von GOtt 
zugerechnet werden, fondern daß er für GOtt ſey, | 
als wäre er ganz rein, wie ein Bild aus Elfenbein, 
und daß er von wegen folder feiner Reinigkeit und 
Serechtigleit eben fo ficher und fröhlich feyn fol in : - 
feinem Gewiſſen für GOtt, ald Adam vor dem Fall | 
gewefen, oder ald ein Engel ift, oder Ehriftus ſel⸗ | 
ber. Denn GOtt will feine theure Werke an uns 
hoc geehret, und viel davon gehalten haben. | 
 Menn aber die fliehende Drachlein, die ‚alten und 





‚neuen Sünden, die Sünben der jugend daher flies 
gen, wie feurige Blitze, und wollen einem das Herz 


abitoßen, fo fol man fie fein auffangen, und über 
mwinden, mit dem Blut deö Lammed und mit der 


Taufe. Wahr ift es, ich muß es geftehen, das habe 


ich ja leider gethan, das habe ich gelaflen, wie fol 
ches meine heiſſen Thraͤnen bezeugen: Aber das Blut - 


w 


248 Von den Gnadenmitteln 
JEſu Chriſti hat mich in meiner Taufe rein gemas 
det von allen meinen Sünden. Sch bin nun eine 
ſolche Perfon, durch Das hohe Verdienſt JEſu Chris 
fti, welcher Feine Sunden mehr follen noch Tonnen 
zugerechnet werden. Ich bin das reine hübfche Lilien 
blatt, auf welchem gefchrieben ftehet: Blume ohne 
Sünde. Und nad) ſolchem Streit und Ueberwindung 
fol man ſich wiederum mit voller Macht zu Dem 
Frieden GOttes, oder zu dem Frieden des Heils 
"wenden: Es ift genug, kehre ein, meine Seele, in 
deine Ruhe, 0 
Denn der, HErr Chriftus bat feine Glaubigen 
und ‚Getauften zu reinen und bellen Sonnen gemw 
het, für GOtt und allen Heiligen, daß eben fo we 
nig Sünde an ihnen feyn fol, ald Staub an ver 
Sonne iſt, Kraft feines Blut, und der mädtigen 
Imputation, durch welde fie GOtt felber rein umd 
gerecht fchäket für feinem Gericht, auf daß fie fi 
mit vollem Ruhm und Wonne des Bluts JEſu ih 
rer Taufe und ihrer Neinigfeit, wider den Teufel 
und alle gottlofe Menſchen rühmen Tönnen. 
Lutherus in der Sen. Hauspoftill über den Text, 
Ef. 9. Das ift gewißlih wahr, wer getaufet if, 
und Chriftum durch den Slauben in feinen Kerzen 
hat, oder an Ehriftum glaubet, der bat folde er 
rechtigfeit für GOtt, Daß, ob er fhon der ganzen 
- Welt Sünden auf fich hätte, wären fte Doch Dagegen 
all ein Tröpflein Waflerd gegen einem ganzen Meer, 
und Tann niemand eines Chriften Gerechtigkeit und 
. Heiligkeit genugfam ergründen und faffen. mit dem 
Ölauben, gefchweige denn, Daß er follte mit menſch⸗ 
licher Vernunft ergründen und faffen Tonnen. 
Deromegen, wer da im rechten Berftande des 
Evangelii und von Herzen an den HErrn Chriftum 
glauber und getaufet ift, ver fey guted Muths, und 
gebe in Einfalt feines Herzens für fih dahın, und 
. wife von feinen Sünden mehr, fondern balte fih 
- nur für einen ganz neuen, reinen, hellen und klaren 


.‚» 


ST TE 


des Schages ber Seligkeit. 219 


a Menfhen, welchen Sonne und Mond, ja die beilis 

ıs gen Engel mit Freuden anladıen. Und da ihm etwa 

dein unreifer Heiliger und thörichter Eiferer, die ent _ 

ia nommene Sünde. wollte wiederum aufbringen, fo’ fol 

Ber fie doch nicht annehmen, fondern mit Chriſto ſpre⸗ 

‚schen: Wer da gewafchen ift, ver iſt gewaſchen. Was 

# ich nicht habe, das habe ich nicht. Ich laffe mid 

nr auch nicht Aberreven, daß ih ein Mohrmann fen, 

5 nahdem ich ein weißer und heller Schwan geworden 

, Bin. Denn eben diefelbe Sünde, die ic; heute bes 
gangen babe, und feine andere iſt von mir in der 

u Taufe hinweg genommen, daß ich von berfelben fol 

e frei ſeyn. Siehe, das ift der Epriften Weisheit. 

h Bielweniger aber fol er ſich mit ven Eatholifen 

. und andern Ungelehrten, welche Die Kraft des Bluts 

i Chrifli und der Taufe nicht verſtehen, bemühen feine 

Suͤnden mit feinem eigenen Thun zu büßen. . Denn en ER 

‚ das ift vergeblih. Warum wollte ih meine Sünden '' WR» 

 büßen, die nicht da find, die GOtt der HErr in 

der Taufe von mir genommen bat, weldhe ih aud | 
nicht büßen fann. Denn es koſtet fo viel, Sünden | 
zu büßen, wenn man gleih alle fein Blut daran 

wende, welche auch mein HErr Chriftus, dad Laͤmm⸗ 

‚lein GOttes, genugfam gebüßet hat in feinem Blut. 
Denn gleihwie ver Sohn GOttes mit einem Opfer 
in Ewigkeit vollendet hat alle, die an ihn glauben; 
alfo bat er auch Diefelbe mit einer Taufe ewiglich 
vollendet, daß fie an verfelben genug haben follen 

‚ bie Tage ihres Lebens, und keines andern Raths 

‚. noh Hülfe. wider ihre Sünden begebren. Es iſt 

i aud unmöglich, daß ein betrübt und erfchroden Herz - 
follte Frieden finden koͤnnen in irgend einem papiftis 

ſchen Sacrament oder Werk, wo es nicht fchlecht 

‚ allein auf vem Blut JEſu Chrifti, und auf der Taufe. 
beruhet. Nur allein, daß er gleichwohl feine tägliche 
Sünden erfenne, und ernftlich bereue, im feiten Vers 

‚ trauen und Xroft: der gefcheueten Geligfeit. Denn 
ein ſolch Woͤlklein kann in ſolchem Licht wohl ftehen, 


220 Bon den Gnadenmitteln 


dem Licht ohne Schaden, und bei folder Reue kam 
ein gut Gewiſſen wopl flatt haben in Chriſto JEſu 
15. Nun habe ich. den erften Schaf meiner Zaufe wohl 
. verfianden, fage mir ferner, was id) mehr aus ber 
Taufe habe, ald Vergebung ber Sünden? 


. “ 
Der Inte. Es wird ben Öetauften zum andern die Gerechtig 


vedtugenfeit Ehrifti in der Zaufe gefehenfet, daß wir um 


I) ⸗ 
fe: 96 derfelben mögen annehmen, und und darin leiden, 


Pal ald wäre fie unfer eigen, und als hätten wir fie felk 
rer, "gethan, wie St. Paulus Gal. 3, Iehret: Wie viel 
euer getauft find, die haben Chriſtum am 
gezogen. Deögleihen 1 Cor. 1. Chriſtus if 

uns von GOtt gemachet zur Gerechtigkeit. 

ar. Das ift, Chriſti Gerechtigkeit iſt uns. Denn fie if 
1804: und von GOtt ganz und gar zu eigen gegeben, mit 


allem, mas. Chriftus ift und bat, auf daß unfere 


Herrlichkeit groß würde, und fein Ende hätte, Durd 

dies Kleid fommen wir aller Sorgen ab, und wers 
den für der ewigen Verdammniß bebütet. 

Bon diefer edlen Frucht der Taufe feet Luthe⸗ 
rus eine folde Stelle in ver Hauspoftill über dem 
-Evangelio Mifer. Dom. Es iſt gar Fein Zweifel, 

wenn ein Menfch getaufet wird, fo wird er in der 


Zaufe für GOtt fo rein, bel und ſchoͤn, als die 


iebe Sonne, daß gar feine Sünde mehr da bleibet, 
fondern eitel und ewige Gerechtigkeit, 


Die un⸗ Wenn aber viefe himmlifhe Worte Lutheri ein 


laubi , * 
m gen ungelehrter geiftlofer Caiphas höret, fo erblaffet er 
nicht glay, dafur, 


hebet er an, und zerreiſſet vor großem Unmuth und 
Zorn ſeine gute Kleider, ſchilt und fluchet, ſchreiet 
und ſpricht: Welche Teufelei! Er bat GOtt gelaͤſtert, 


und’ fällt von großer Erſchreckung zur Erden, 
ben. und will den Geift aufgeben. Nach Ermunterung 





wie iſt das möglih, daß ein Menfc in Suͤnden ens 


pfangen und geboren, -und mit vielen wirklichen Suͤn⸗ 


| 


TE a — — DE EEE ® T. DE GE — 


des Schakes der Seligkeit. 221 
pen beladen, welcher auch taͤglich um Vergebung ber 


Sünden bitten muß, follte bier fo rein una Mar. 


feyn, ald die Sonne, und Dazu eitel ©erechtigfeit 
ı ZEfu Eprifti für GOtt! Damit bleibet alfo Caiphas, 
r Eaiphas, und fommet nimmer zur Gerechtigfeit Chris 
fti, fondern wenn er fie lange genug verworfen, ber 
fpeiet und mit Süßen getreten bat, fo fähret er nak⸗ 
kend und blos in die Hölle. 
Die Glaubigen aber halten fi billig an das, 
‚was von ihrer neuen Gerechtigkeit Paulus ſchreibet, 
.Röm. 6. Wiffet ihr nicht, daß alle, die wir 
‚in Ehriftum JEfum getaufet find, die fin» 
Ä te: Er fpridt, Daß wir in Chriſtum JEſum ˖ getaus 
fet find, Daß’ wir durch die Taufe Chriſto JEſu: 
 einverleibet feyn, wie ein Reislein feinem Stamm 
eingenfropfet wird, und Daß wir Deromwegen zuerft in 
feinem Tod getaufet ſeyn. Sind wir aber in feinen 
Tod getaufer, fo find wir auch in feine Auferfiehung 
und Leben getaufet. Denn find wir durch Die Taufe 
feines Todes theilhaftig worden, oder mit ihm ges 
ftorben, fo find wir auch durch diefelbe feines Lebens 
theilhaftig worden, oder mit ihm von den Todten 
erftanden, und in ein neu Leben getreten. Derowe⸗ 
gen fo find wir nun. für GOtted Augen eben fo neu 
und berrlih, wie der Herr Chriftus felber geweſen 
it am Tage feiner fröhlihen Auferſtehung. Denn 
er hat uns Durch die Zaufe genommen in alle. feine 
Herrlichkeit, und und damit befleivet, daß wir und 
derfelben rühmen koͤnnen, als er, felber. Alle Tugens 
den unferd Herrn JEſu Ehrifti find nun unfer, und 
wir glänzen eben ſowohl von dem Glanz der göttr 


lichen Gerechtigkeit, ale er, weil wir feine Einges 


‚pflanzte worden find. Wir find nun eben fo reich 
an Gerechtigkeit, wie er ift, da mangelt fein Härs 
kein an, weil wir in feine ganze Gemeinſchaft getaus 
. fet fepn, und ihn angezogen haben durch und durch 
an Leib und Seel, wie St, Paulus Gal. 3. fpricht; 


in feinen Xod getaufet, das find merflihe Wors 


222 | Don den Gnadenmitteln 


Wie viel euer getaufet find, die haben Chru 
ffum angezogen, nemlich in feinem beften Wegen. 
Weldyes ein hoch Geheimniß if, an welchem wir 
genäg zu ftudiren haben die Zage unfers ganzen Les 
bene. Daher faget der Apoitel, 2 Eor. 5. daß wie 
nun für GOtt nichts anders feyn, denn eb 
tel Gerechtigkeit in Chriſto. Eitel Biolen, 
Zaufenpfehönlein, Roſen, Blümlein der Liebe, und 
Lilien find wir, ja die rechten und wahren Edlen, 
Eprbaren und Tugendreichen, welche ihres gleichen 
unter der Sonne nicht haben, Uno iſt immer Sch 
De, Daß folhe edle Pflaͤnzlein von Teufel und der 
Welt fo jämmerlich follen genothprefjet werden, und 
fo betrübet ftehen. -Aber fie flehen im Ebenbilo Chrw 
fti, und in unauöfprechlicher Herrlichkeit, und find 
aller heiligen Engel Luft und Freude, 










16. Was habe ich mehr aus der Taufe, ald ewige Ge⸗ 
rechtigkeit ? | 


Sasmı Es wird den Getauften zum dritten, die Kinds 


u gen iR die ſchaft GOttes, und der heilige Geift in der Taufe 


| in 
| fhaft® 
ber heilige 








— | — — — — — — — — —— — 
| | | 
. 
. 


= gegeben, wie St. Paulus Gal. 3. ſpricht: Ihr 
dſeyd alle GOttes Kinder durch den Glau— 


ben, denn wie viel euer getaufet ſind, die 


haben Chriſtum angezogen. Desgl, St. Pe 


trus, Apoſtelg. 2. Laſſet euch taufen, fo wen 
det ihr empfahben die Gabe des Heiligen 
Geiftes. Desgl. Sal. 4 Weil ihr denn Kiw 


‚der feyd, fo hat GOtt gefandt den Geiß 


feines Sohnes in eure Herzen. Und Tit. 3 
Der heilige Geiſt ift reichlich über uns aud 
gegoſſen. 


17. Was thut aber der? 


Er verſichert uns der neuen Gerechtigkeit und der 


Gnade, und giebt unſerm Geiſt Zeugniß, daß wit 


GOttes Kinder ſeyn, und vermehret unſern Glaw 


——— _ _ — En ME 2 —7— — — u — — — — — 577 DE En Un A ⏑ ⏑ 0——— DE 4 Di ⏑ — — 


des Schatzes der Seligkeit. 223 


ben. Er geußet auch die Liebe GOttes in unfer 
Herz, und machet uns frei von der Sünde und des 
Zeufeld Gewalt, und giebt uns heiligen Muth, und 


hilft uns wider die Sünde fireiten, ‚und tödtet fie 


durch das Creuz, auf daß wir aljo recht fromm 


werden, 


m 


Denn Feines Juden noch Zürfen Kind, das nicht 


getaufet ift, Tann GOttes Wort verfichen, GOtt 
: Tieben, noch recht fromm feyn. Wir aber find. die. 


neugebornen Gotteöfinder, welchen alles möglich ift 
in Chrifto JEſu. g " - 
Darum, wer da getaufet ift, der foll ſprechen: 
Nun weiß ich fürwahr,. daß ich Ehrifto einverleibet, 
und ein Ehrift worden ſey. Nun babe ih doch Ver: 
gebung aller meiner Sünden, und des Herrn Chriftt 
Heiligkeit und Gerechtigkeit. Nun bin ich nicht mehr 
ein Kind des Zorns, fondern ver Gnade. Nun habe 
ich den heiligen Geiſt, welcher mic, täglich mehr und 
mehr erneuert, und mit herrlichen Gaben und Zus 
genden zieret. in folh Erfenntniß und Glaube 
bringet ein fiher und fröhlich Gewiſſen, welches wis 


ber alle Pforten der Hölle wohl beftehen Fann. 


Died find die fürnehmften Früchte der werthen 


° heiligen Taufe, welche alle getreue Lehrer wohl ins 
‚ Herz fafien, und ihren anbefohlenen Schäflein treus 


| 
| 


| 
| 


lich fürtragen und einprägen follen. Denn dies ift. 
die einige wahre Weisheit der Ehriften, auf welcher 
aller Seelentroft beruhet. 


18. Was faget Luther hiezu? 


Sotäe kannſt du aus nachfolgenden Zeugniſſen ers 
eben. | 
Theil 8. Jen. In der dritten Taufpredigt zu 
Eißleben gethban: Wir find in der Taufe von GOtt 
fo hoch begnadiget, daß, wo wir ed recht und ganz 
ih koͤnnten glauben, wir und vor Freuden dafür 
entſetzen müflen: Denn da wird uns Chriftus mit 


hr, 
3 


N 


| 22% Don den Gnadenmitteln 


allem ſeinem Verdienſt und Gaben zu eigen gegeben, 
‘und werden mit dem heiligen Geiſt geheiligt. Sum 
ma, wir werden Kinder und Erben aller himmliſchen 

* Güter, und Herren des Himmels. Ä 
Theil 2. Jen. Seite 328. Solche große Dinge 
werden und in der Taufe gefchenfet, und im Evans 
gelio geoffenbaret und verfündiget, Daß ed auch die 
Engel gerne ſehen. Denn da’ werden wir theilbaftig 
ber Gerechtigkeit, Seligfeit und aller Güter, die GOtt 
bat. Denn .fintemal er und Chriftum feinen einigen 
Sohn, das hoͤchſte Gut gegeben hat, fo giebt er und 
auch durch ihn‘älle feine Güter, Reichthum um 
Shäbe, davon die Engel im Himmel alle Freude 
und Luft haben, und wenn wir ed glaubeten, fo 

müßten wir auch ſolche Luft darinnen haben. 


19. Sind nun alle Getaufte GOttes Kinder geredyt und 
tein von allen Sünden, fo miüffen fie ja fehr herr 
lich ſeyn in GOttes Augen ? 


Die Ger Freilich, wie foldyes St. Paulus bezeuget, Epheſ. 6. 
‚tanften Chriſtus hat geliebet feine Gemeine, und hat fie bern 
wegenipslih, Das ift, (wie er es felber erfläret,) ganz rein 
ver hen und fäuberlich gemachet, daß Fein Flecklein oder Rüny 
verolis fein der Sünde an ihr verblieben ift, welches man 
Gen. nad) vem Gericht des Evangelii tadeln koͤnnte. Die 
| Reinigfeit und Sauberkeit ver Kirchen ift eine bern 
liche, das ift, eine neue, unerhörte, uͤberſchwengliche, 
- Tieblihe, berühmte und wunderfame Reinigfeit, vi 
man im Geift nicht fatt anichauen, und darüber man 
fih nicht fatt verwunvern fann. Sonne und Mond 
werden fih fchämen, faget Eſaias am 24, wenn Der 
HErr den Berg Zion herrlid machen wird. Ge 
ift eine Neinigkeit einer edlen und föftlihen Eryſtal⸗ 
Te oder Jaſpis, wie in der Offenbarung Johannis 

am 21 ftebet. j 
Gleich einem eriftallifirenden Jaſpis. Denn eine 
Eryſtalle ift nicht allein ganz rein und fäuberlich, ie 
| . a 


— Du 


Ä des Schatzes der Seligfeit, 225. 
ein reines MWäfferlein, fondern ift auch licht und hel⸗ . 
le, und Dazu jo ſchoͤn und lieblich, daß man fie nicht..." 
ganug anfdyauen, man fich ihrer audy nicht genugfens .: - 
verwundern Sann. Ihre Neinigfeit ift eine ſchͤne 
liebliche reizende Reinigkeit, welche einem die Augen .. 
wohl erfüllet, nach aller Luft, aber das Herz mdt. 
fättiger, fie flößer den Zufchauern Die Liebe zu ihr a 
ein, wie Zenophon von den Schönen fchreibet,: und. . 
will ſtets von demfelben angefhauet ſeyn. | Ä 
Soolch eine fhöne Braut ift die liebe Kirche auch2. Reine 
Daher feßet St. Johannes vorgenannten Orts, daß PP 
Die Stadt GOttes fey rein Gold, und ein reiner 
Eovelgeftein, an welcher Stadt die, Engel Otte 
ihre Luft fhauen. Deögleihen Cap. 7.. Die Glau⸗ X, 
bigen ftehen für Dem Thron und Angeficht GOttes, 
mit. fröhlichen Palmzweigen, das ift, mit fröhlichen 
Herzen, und prangen oder erhibiren fi GOtt in 
ihrer Schönheit. Denn fie haben ihre Kleiver weiß 
und helle gemadjet im Blut des Lammes, O wohl 
Dem Menſchen, der fi fo in feiner neuen Schön; oo 
beit, durch einen wahren Glauben, Ott täglich dar⸗ | 
ftellen und zeigen fann! Denn ob gleich die Glaubis . 
gen noch Sünde haben, dennoch fo kennet ſolche 
Sünde GOtt nicht mehr, fie find für ibm getilget, 
fie find nichts für ihm, durch Die Präftige Reinigung 
ver hochgebenedeieten Taufe, welche Fein Perikles ſatt 
rühmen kann. u 
Die Taufe iſt fo. ein göttliches, hochgebenedeietes 
amd kraͤftiges Wafler, daß ſie auf einmal von ben 
glaubigen Menſchen hinweg nimmt ale feine Shw . 
‚ ben, weldhe er fein Lebenlang gedacht, geredet und 
gethan hat, Peine und große, von feiner Mutterleibe 
an bis in ſeine letzte Grube, wenn derſelbigen gleich 
mehr waͤren, als des Manaſſe, welcher die Fuͤrtreff⸗ 4 
lichkeit ſeiner Sunde, wie Tertullianus redet, mit J 
dem Sande des Meerrs verglichen hat. Denn Eh 
aulus ſchreibet ausdruͤcklich, Tit. 3. daß und GOtt 
ſelig, Das iſt, von Bünden los gemachtt habe duch 





2 





„ 226 | Bon den Gnadenmitteln 


die Taufe, und daß wir daſelbſt wiedergeboren und 
neue herrliche Creaturen worden ſeyn. Neu in Der 
Unfhuld, neu in der. Öerechtigfeit, neu in der Kinds 
fchaft, neu in Chrifto und in dem heiligen Geift, 
neu in der Erbfehaft des Himmeld und des ewigen 
Lebens. i | 
Desgleichen, wie fhon oben .erwähnet, Ephef. 5. 
Chriftus hat und berrläh gemachet durch das Bad, 
und in folder Herrlichkeit hat er uns erhibiret, das 


Niſt, fürgeftellet, nicht allein der ganzen heiligen Geo 


meine, fondern ihm felbft, daß er feine Luft tiglid 
an uns fchauete, gleichwie die Römer ihre Freige 


laſſene auf Geheiß des Praͤtors dem roͤmiſchen Volk 


Warm 
one nach der Taufe und Geligfeit weiße und helle Ken 
tenı.weigder angezogen hat, zu bezeichnen, DaB ihre Stelen 


$ 


. mußten öffentlich fürftellen, auf daß fie alfo in ih⸗ 


rem neuen Stande, oder in ihrer neuen Herrlichkeit 
dem ganzen Volk bekannt würden, wie aus dem 43 
Buh ff. und 8. Cap. wohl zu erfeben if. Denn | 
dahin, auf jene Vorſtellung der Sreigelaffenen, hat 
&t. Paulus ohne Zweifel gefehen, wenn er in feiner 
Epiftel vom Fürftellen, oder Daritellen  gefchrieben 


at, 
Daher iſt gefommen, daß man den Getauften 


‚gelleidet. nun ganz rein und heil wären für GOtt, wie ao 


2 Se al⸗ 


tantius ſinget: Auch das weiße Kleid bezeichnet die 
glaͤnzenden Seelen, das iſt, die getauften Seelen ſind 
fo ganz rein, Daß fie gleich von uͤhermaͤßiger und 
überfhwengliher Reinigkeit belle leuchten, wie die 
belle Mare Sonne, ja wie Chriftus auf den Berge 


Thabor: Denn dafelbft erfcheinet die Herrlichkeit JEſu 


Chrifti und feiner lieben Glieder. _ : 


Dionyſius Arcopagita in feinem Bud die Ececl. 


bet. Hierarchia Cap. 3, fihreibet: Daß man in der erſten 


Kirche Die Getauften gefalbet habe mit koͤſtlichem und 
wohlriehendem Balfam over Del, zu bedeuten, daß 


fie nun für GOtt Föltlich und wohlriedhend worden 


wre Denn wer gereiniget iſt von allen feinen 


des Schates der Seligkeit. 227 


Sünden, daß er vor großer Reinigkeit glänzet, der 


achtet Feine Roſen oder Violen, fo da auf dem Felde - 


ift wahrlich vor GOtt theuer und wohlriechend, wie 


eine Biple vder-Rofe, daß GOtt fein Herz mit dent 
ſelbigen nicht genugfam beluftigen fann, Denn GOtt 


wachfen, fondern nur des Glaubens, und dir geiſt⸗ “ 


lichen Schönheit und Wohlriechenheit, mit welcher ‚Die 


Glaubigen gezieret find. 


Die Glaubigen find die wohlriechendſten Schön 


St. Petrus fpriht, 1 Petr. 3. daß ver verborgene 


Menfd) unverrüdet, das iſt, rechtfchaffen im Olaus- 
- ben, und fauber im Geift für GOtt koͤſtlich ſey. Und 


St. Paulus, 2 Cor. 4 Wir find GOtt ein ſuͤßer 
Geruch. 


heiten GOttes, an welchen er Wohlgefallen hat, wie 


Summe: Alles was lieblich und wohlriechend iſt, Dief⸗ 
daſſelbe iſt nichts gegen ‘ver Glaubigen und Betauf:Schönbeit 
ten Wohlriechenheü. Alle Sapphiren und Rofensewsik 
muͤſſen fih fhämen für der Lieblichfeit und Wohlriesnod nicht 


dag diefe wohlriechende Söchoͤnheit noch nicht ſchein⸗ 
bar und empfindlich iſt, gleichwie ſie dort in jenem 
Leben ſeyn wird, da die Roſen in den Sapphiren 
riechen, und die Sapphiren in den Roſen leuchten, 
und alles an uns eitel Schoͤnheit und Wohlriechen⸗ 


heit ſeyn wird. Desgleichen, da mangelt es auch an, 


daß uns dieſe wohlriechende Schoͤnheit, dieſe unſre 
aͤußerſt große Zierde, durch die Lehrer nicht treulich 
genug fürgetragen, und ind Herz gebildet wird. Denn 
ih werß es, daß an vielen Orten diefer Lehre nie 
ſey gedacht worden, fondern daß man nur allein Faft 
allenthalben Herächtlih redet von unſerm Thun und 


Laſſen, nicht aber von dem, was uns GOtt durch 
‚feinen Tieben- Sohn gegeben hat, 


En 


18° 


chenheit der Ehriften. Aflein da mangelt ed und auch, empfinde. 


en gifhen Confeſſion im 4 Artikel ftehet: Wir kehren, 


228. Won ben Önadenmitteln . 


20. Zſt dem alſo, wie bis daher berichtet, wie koͤmmt e6 
denn, daß nicht alle Getaufte heilig ſeyn, und wirklich 
ſelig werden? 


Darım; Ein verſtockter Menſch, welcher die Gaben der hei 
daß nihtfigen Taufe durch wahren Glauben nit annimmt, 
noch für die Seinen hält, noch ſtetiglich darinnen 
nehmen wandelt, der hat fie nicht recht empfangen. Gie (fm 
ebran Ihm zwar wohl. gefdenfet, aber, fie halfen an ihn 
den. nicht, denn er hat fie nicht angenommen. Cie bafı 
ten an ihm, wie das Gilber an einer lofen Want. 
Summa, ein Unglaubiger ift fein Herr’ feines Gutes. 

Es muß das Annehnien dazu fommen, foll di 


DesGlau⸗ 
dens Ei: Herrſchaft folgen, wie St. Johannes ſaget: So vid 


ihn aufnahmen, denen gab er Macht GOttes Kin 
Gefhenteder zu werden. Den Unglaubigen und Widerfpenfi 
aninnebs gen iſt nichts. gegeben, obſchon viel gegeben-ift. Lind 
"Died iſt auch des Glaubens Eigenfchaft, Das Ger 
fhenfte anzunehmen, ohne welches kein Glaube beflo 

ben Tann, noch den Namen eines. Glaubens haben, | 

ob er gleih Die ganze Hkorie von Chriſto wüßte 

und veritünde, was Die. Taufe wirkete. Hieber ge | 

hoͤret die fürtrefflihe Stelle, welche in der Augsbun 





daß wir Vergebung der Sünden und Gerechtigkeit 
. für GOtt nidt erlangen mögen durch unfer Bw 
dienſt, Werke und Genugthun, fondern daß wit 
Bergebung der Sünden befommen, und für GOW | 
gerecht: werden aus Gnaden um Chrifti willen, durch 
- den Slauben, fo wir glauben, daß Chriſtus für und 
gelitten hat, und daß uns die Sünden vergeben, Ge 
reshtigfeit und ewiged Leben gefchenfet fen. Dem 
diefen Glauben wil GOtt für Gerechtigkeit halten 
und zurechnen. Desgleichen die Stelle in ver or 
mula Goncorvid, fol. 274. Der Glaube machet 90 
recht, nicht darum, Daß er fo ein gut Merk oder 
ſchoͤne Tugend fey: fondern weil er das Verbund 


2 


en ee Fe re — — — — — 
[4 
- ‘ 


Zr 3 _ 4 — - EEE SEE En EEE En m u iin. ⏑ 
* 


des Schatzes der Seligkeit. 229° 


Ehrift, im Evangelio fürgetragen , ergreifet und am 
nimmt, denn derjelbe muß und durch den Slauben 
appliciret und zugeeignet werden, wenn wir dadurch 
gerecht follen werden. Dies find die alferfürnehns 
sten Worte, welche in dem ganzen Bud; vorhanden | 
find, ohne. welcher rechten Verftand und Gebrauch) un‘ 
Fein Theologe ift, und fein Chriſt ein Chrift iſt. 
Darum will ih alle fromme Chriften,, fo etwa | 
Died Buͤchlein zu lefen Eriegen, treulich ermahnet, und n 


3 
Zn nn — — 


um ihrer Geelen Heil und Seligkeit willen gebeten 
haben, fie wollen doch vie Wohlthaten JEſu Chriſti,, 
ihnen in der Taufe geſchenket, durch einen maͤnnli⸗ 
chen, beherzten, ſtarken, u uͤberwindlichen und ewi⸗ 

gen Glauben ergreifen und annehmen, und ſich nichts .5 
Davon abſchrecken, noch daran verhindern laſſen, GOtt J 
gebe, ſie hoͤrens von ihren Predigern, oder nicht, ſie u | 
feyn es werth oder nidyt. Denn foll man das Reich “ 
GOttes mit Gewalt ergreifen und annehmen, und 

an ſich bringen, fo muß beides Wuͤrdigkeit und Un: 

würdigfeit weit aus den Augen gejeßet werden. Die, Weile 


ihre Unmürdigfeit erfennen, und, der ungeachtet, Die a mar Ä 


"Güter GOttes ergreifen, Die machen fi Damit Ders zum wi. 
fen würvig, und fie find ihrer am allerwürdigften. 


igftem 
Wir haben GOttes Befehl, daß wir die himmliſchen ſcyn. 


Schaͤtze nicht ſollen umſonſt empfangen haben, ſon⸗ 
dern daß wir fie ſollen annehmen, und ihrer kluͤglich 
gebrauchen. Denn Paulus ſchreibt ausdruͤcklich, 2 Co⸗ 
rinther 6. Sehet zu, daß ihr die Gnade nicht 
umſonſt empfangen babet, fondern annebs 
met, und euch zu eigen madet, wie fie euch 
gegeben. 


21. So höre ich wohl, daß einer bie geſchenkte Gnade 
wiederum verlieren kann? 


%ıı er der empfangenen Gnade und aller göttli Dr Be 5 
hen Gaben zu fleifchlicher Sicherheit, Ungerechtigfeit, ger, Per 
Hoffart, Freſſen, Saufen, Unzucht und anderm Muth⸗ serlictet | 


* * 
v 


: 059 u Mon den Gnadenmitteln 


willen mißbrauchen will, und nicht zum freiwillig 
Gehorſam ſich dadurd reizen läffet, ver ift ein loſe 
Chrift, ver Gnade nicht werth, wird fie auch ni 
lange behalten: Denn aus was Urfachen follte GOt 
einem die ganze Seligfeit ſchenken, welcher nur Arg 
Daraus gedenfet zu werden. Wer von GOtt zu eü 
nem Rinde aufgenommen tft, und hat den Geift der 
Lebend empfangen, und will GOtt nit lieben, nod 
fürchten: and) nicht ehrdarlich wandeln, ald am Tas 
ge, der ift nicht Kind, fondern Baſtart. Er wird 
auch gewißlich GOttes Zorn, Geriht und Gtrafe 
über fi führen, zeitlich und ewiglih. Denn fo wi 
muthwillig fündigen auf GOttes Gnade, nachdem 
wir das Heil und Geligfeit in ver Taufe und die 
Erkenntniß der Wahrheit aus dem Evangelio empfans 
gen baben, haben wir förder kein ander Opfer für | 
euprdie Sünde, fondern ein fchredlih Warten des "Ge 


+ testärhtrichtd und des Feuer⸗Eifers, der die Widerfacher ver | 


gefinbl? zehren wird, wie Ebr. 10, gefhrieben ſiehet. Es 
ie viei hat doch genug mit uns zur thun, daß wir Die boͤſen 
ae Lüfte im Zaum halten und daͤmpfen, wenn wir glei 
isfer, in der böchiten Furcht GOttes leben, was wollte 
denn wohl daraus werden, wenn wir und der Furcht 
dDas be eentbrechen, und und muthwillig auf die Welt, und 
geben ımalle Lafter begeben wollten? Lebe in GOtt, und ſtirb 
he np dir, fo lebeft und ftirbeft Du recht, und varfil 
in ihm Did) mit Reue deſtoweniger plagen, und dich aud für 
ſelbſt ſter dem Zorn und der Ruthe GOites deſtoweniger fürdı 
ven. ten, Bitte aber den heiligen Geift um feine göttliäe 
Hülfe und Beiſtand, fo wirft du fie erlangen, um 
ein rechter edler und tugendreicher Chrift werben. 


22, Wie weit erſtrecet ſich fauft der Taufe Kraft, wenn 
ſie nicht durch unfern Unglauben verhindert wird? 


FR GOtt der HErr einmal ‚mit feinen lieben Aus⸗ 
ben, erwählten in ver Taufe angefangen hat, das vollführ 
vet er ganz gnaͤdiglich bis and Ende ihres Lebend, 


des Schatzes der Seligkeit. 251 
und böret nimmer auf, fie zu. feligen, zu ob feiner 


berrlihen Gnade. Denn wie dad Verpienft Ehriffi 
unaufhoͤrlich ift, alfo iſt auch die Application, fo von 


EGDtt an uns in der Taufe gefchichet, unaufhoͤrlich | 


Die Taufe hat eine ewige Kraft, und wirket für 
und für unvergängliher Weife an uns. Denn wer 
Dafelbft einmal gereiniget ift, ver bleibet rein fein 
Zebenlang. Und EStt hoͤret nicht auf, einen glau⸗ 
bigen getauften Menſchen für gerecht zu fihäben, oder 
ihm die Gerechtigfeit feines lieben Sohns und feine 
ganze Fülle zuzurechnen. Es fließt eine ewige, im⸗ 
mermährende Sjmputation aus dem Herzen OOttes. 
Diefer Strom Höret nicht auf, fo gehet auch der 
Glanz feiner göttlihen Gnade nicht unter, . fondern 
GOtt bleibet für und für ewiger Vater, wie zornig 
er ſich auch zumeilen flellen mag. ‘Der heilige Geiſt 
bleibet audy immer in uns, wie Chriftus foricht, 
oh. 14. Sch wilf den Bater bitten, daß er 
eud) einen andern Troͤſter gebe, der bei euch 
bleibe ewiglih. Denn das Heil GOttes, und in 
der Taufe einmal gefchenket ift ein ewiges Heil, an 
welches wir uns ftet3 halten follen, im Stehen und 
Sallen, in Wohl und Wehe, im Leben und Sterben, 
wie David in vielen Pfalmen, ſonderlich aber im 89, 
bezeuget, und finget, nemlich, Daß durch Chriſti Blut, 
und durch die Predigt des Evangelii, eine ewige 
Gnade, oder ein ewiges, veſtes und unbewegliches 
Heil in den Herzen der Dienfchen ſoll aufgerichtet 
und erbauet werden. Welches St. Paulus, 2 Theff. 2. 
einen ewigen Troſt nenne, da er fpriht: GOtt 
bat und gegeben einen.ewigen Xroft, mit ' 
welchem wir und tröften follen, wider alle 
Binde und Wellen falfher Lehre, und aud 

allerlei Ereuz und Leiden — 


232. Bon ben Gnadenmitteln 


13. Bie hat man nach der Mpoflel Zeit ber Taufe vor⸗ 
geſtanden 


| Davon giebt der Autor aus Dionyſio Areopagite 
kurzen, jedoch gruͤndlichen Bericht im 27 Tractaͤtlein. 


94. Wie fol ich nun die erzaͤhlten Schäge meiner Taufe 
Ä feliglich gebrauchen ? Ze 


| Mn wir dies heilfame Wort hören, nemlich, daß 
wir Glaubigen in der Taufe rein, weiß, belle, ſchoͤn 

3. $reue und wohlriehend worden feyn für GOtt und feinen 
NM. heiligen Engeln,» fo foßen wir darüver froh werden, 
Die Hände aufpeben, und GOtt von Herzen für 

2. Daun, folche Lehre und Troft danken. Habe Lob und Danf, 
@stt, du frommer GOtt! daß wir folched haben. Denn 
St. Paulus will, daß wir Liebe haben follen zar | 
Wahrheit, 2 Theſſ. 2: Wir follen nicht allein dieſe | 
Lehre anhören, fondern wir follen fie mit Liebe und | 

Luft anhören, wir follen darüber in .unferm Herzen 
frohlocken und jaucdzen. Denn wir bören ja bie, 
was wir gerne bören,. und worfiber unfere Seelen 

3. Verach: lachen mögen. Wir follen nicht thun, wie die thun, 
tebieie welche diefe Lehre mit verbittertem Herzen anhören, ı 
git, Die Hüte in die Augen ziehen, und darüber fauer | 





feben. Wir follen au nicht Saͤue werden, vwelden 
die Xreber dieſer Welt viel lieber find, als ale | 
©aitenfpiel aus dem Himmel. O wie fleipig ſollen 
wir diefe Lehre fludiren und lernen, mit ganzen Ernſt 
follen wir uns darauf begeben, als auf die hoͤchſte 
Weisheit, und GOtt täylic anrufen und bitten, daf 
4. on: wir durch feine Gnade in diefem Erkenntniß immer 
| ie völliger werden, nach dem Alter, und in der Mat 
dar IEfu Eprifti. Denn hie ‘gilt es nicht, Kind fen, 
auf. fondern ein Mann feyn. Wer aber dieſe Lehre ver 
achtet, und will fie nicht lernen, den wird GOtt 
- wiederum verachten, ald einen Pfifferling, und wird 


ihn auch richten und firafen, wie Chriſtus foriht Ä 


. 
—8 
Fe" 
- 





ET 


des Schatzes ber Seligkeit. 235 


Joh. 3. Das ift das Gericht, daß das Licht in die 

Welt kommen ift, aber die Leute liebeten mehr die 
Finſterniß, das ift, Unwiſſenheit, Unverſtand in geiſt⸗ 

lichen Sachen, als das Licht. Aller Geiz und Wu⸗ 

cher. wird einmal in den Brunnen fallen, und mit 
großen Schanden beftehen, wenn GOtt eraminiren 

und fragen wird, wie man fein Evangelium geliebet, 

und was man daraus ftudiret habe. Die phariſaͤi⸗ 

ſchen Seierfleiver und güldene Gebetbüchlein werden 
uns alödenn nicht entfchuldigen. De 


25. Was follen wir mehr thun ? 


Zum andern, wenn wir ſolchen Troſt bören, fo fols. Nimm 
len wir und deſſen herzlich annehmen, als unfer eis heannbe 
gen, und ihn uns fein durd einen wahren ‚Glauben Wanten 
appliciren, und und gänzlich ohne alles Wanken ee. 
auf verlaffen. Denn daß man diefe Lehre verachte 
als ein Geringed, das taugt nicht, Daß man fie aber 
in einen Zweifel feet, dad taugt vielmeniger. Diefe 
Lehre iſt an ihr felbit wahrhaftig und gewiß. Go 
gewiß 23, it, daß Chriſtus für und geftorben, und 
wir an ihn glauben und getaufet find, fo gewiß iſt 
& auch, daß wir nun felig feyn. Denn Glaube und 
Taufe find nicht ohne Seligkeit, gleichwie dad Feuer 
nicht ift ohne Hitze. Die Schrift müßte fonft falſch 
feyn. Wir. follen bier gute. Redner werden, und. 
alſo beweifen : | —— 
Ber an JEſum Chriſtum glaubet und getaufet 
iſt, der iſt für GOtt rein, belle und wohlriechend. 
Ih glaube an JEſum Ehriftum, daß er GOt 
a Sohn und mein lieber Heiland fey, und bin ges 
et. | oa Se 
Derowegen, fo bin ich auch für meine Perfon rein, . 
- delle und wohlriechend. O! wollte es GO! daß | 
wir fo fließen möchten, und zwar im Geiſt von 
Grund unferd Herzens; was würden wir,durd fob 
hen Glauber für fo felige Leute ſeyn? Aber ih wei 


‘8 .. 
En FERZ ——— 
. \ 


7 —— - - 2 


25% Won den Gnadenmitteln 


doch. nicht, wie es koͤmmt in aller Welt, daß Leute 
in dieſen Sachen fo übel ſchließen koͤnnen. In am 
dern Dingen find fie gefchicdt genug, hier taugen fie 
nichts. Das machet, der Teufel laͤſſet nicht zu, daß 
fie ſich ſolches Troſtes annehmen, ‚und ihnen denſel⸗ 
ben zueignen. Daher gefchiehet ed, daß .ein jeder 


fein Zebenlang im Irrthum und Geſuch feines Heils 
- bleibet, gerade, ald wäre fein Heil noch feinem ges 


geben, und daß man zulauft, Raſe und Maul auf: 
fperret, wenn einer koͤmmt und fürgiebt, er wolle 


den Leuten zeigen den rechten Weg zur Seligkeit. 


26. Was follen wir mehr tun? 


6. Sey ia Zum dritten, ſollen wir uns ſolcher hohen Gaben, 


Geiſt 
fröblich 


nemlich unſers Heils, herzlich erfreuen, gleichwie ſich 


"alle liebe GOttes Heiligen, zum voraus Eſaias, Paus 
lus und Maria, ihres Heils erfreuet haben. Ef. 61. 
finget und fpriht: Meine Seele ift fröhlich in 


meinem BDtt, denn er bat mich angezogen 


mit den Kleidern des Heils. 

St. Paulus, 2 Cor. 6, Wir find als die 
Traurigen, aber allezeit froöhlich. Maria, 
Luc, 1. Mein Geiſt freuet fih GOttes mei 
ned Heilandes. . ' 

Denn was Tann doch einem koͤſtlichers und lieb⸗ 
lichers widerfahren, als frei feyn von Sünden, fürs 
neplih, weil niefe Freiheit auch andere Freiheiten 
mit fi bringet? Denn wo Feine Sünde iſt, da iſt 
‚auch -Tein Zorn, noch Tod, wie die- Kirche ſinget: 


Er hat die. Sünde abgethan, Damit dem Tod ge 


nommen AU fein Recht und fein Gewalt, Es bleibet 
nur des Todes Geftalt,. Den Stachel hat er verle 
ren. Haben fid) die Griechen von wegen ihrer Zrev 
heit, fo ihnen der Römer Quintinus ‚gegeben und 
verfündiget hat, fo hoch gefreuet, daß fie ven Him⸗ 
‚mel mit Schall erfüllet, wie Valeriuß fchreibet, und 
daß yon ſolchem Getöne die Naben auf die Erde ges 


yen Freiheit mit Schall erfreuen ? 


Hieher gehören alle Ermaßnungen zur geiftlichen . 


freude, beide im Alten und Neuen Zeftament, wel⸗ 


her. fehr viel find. ‚David fpriht im 51 Pfalm: 


FSntfündige mih mit Sfoppen, daß ich rein 
verde, auf. Daß die Sebeine fröhlid wer⸗ 
yen, die du zerſchlagen haft. 

Und im 68 Palm: Die Gerehten müffen 


ih freuen und fröblih feyn für GOtt, | 


ınd von Herzen fih freuen. 

Ef. 35. Die Erlöfeten des Herrn w.ers 
sen wieder fommen, und gen Zion fommen 
nit Jauchzen. Ewige Freude wird über ib 
rem Haupte ſeyn. Freude und Wonne wer 
pen fie ergreifen, und. Schmerz und Senf 
jen wird weg müffen. 

Ppil. 4 Freuet euh im Herrn allewege; 
Und abermal fage ih: Freuet euch. 


des Sqatzes der Setclen— 235 | 
offen: Wie viehmehr follen wir und ‚unferer geiftlis u 


. 


“ 


Die Erlöfeten des HErrn follen leben in einem Wie der 


ten, alfo follen fie e8 bier anfahen. Denn eben dar 
um find fie gereiniget von ihren Sünden, daß fie 
davon. nicht mehr .follen befchwerte und traurige Ges 
wifien haben, fondern ſich der neuen Unfchulo freuen. 
Sie ſollen engliſche Angeſichter haben, und mitten 


im Paradies leben. Ihr Herz, Augen, Zunge und 


alle Glieder ſollen ſtets triumphiren. Und ob fie gleich 


noch mit Chriſto in der. Waſte, mitten unter den graus 


famen Xhieren leben, auch Armuth, Krankheiten und 

andere Naech Igfüen 'mirflenia-fo foll Doc dies alles 

Die’ Freude ihres ‚Herzen nit ſtoͤren, fondern bie 
reude follzinniguurwallien, Denn die Freude bes 

Heils iſt ihr Rn, * ih langes Zehen: Ja, Das 

Reich SOWR m —5* ihnen SD hwill gan 
ungerrüdet und nn 









. x in az SEneeE 
> 8. 2 


Pa 


ochen Halten. Aller Bel. 


Glaubi⸗ 


ſteten Wohlleben. hr ganzes Leben ſoll eitel Freudegen gren⸗ 
und Wonne ſeyn. Sie ſollen ſich ſelbſt in Sreudebe beiihaf- 
und Wonne führen, und wie fie e8 wollen dort hak "il" 


v * 
236 Von den Gnadenmitteln 


Leiden iſt nicht werth der Herrlichkeit, mit welcher 
fie ſchon gezieret find, und welche auch einmal für 
aller Ereaturen Augen fol aufgededet werden. Aber 
ſolche ſtete Freude aus dem Heil im Herzen haben, 
iſt eine Frucht und Werk des heiligen Geiſtes, wel 
er darum will fleißig erfuchet, und erbeten ſeyn. 


2. Was ſollen wir mehr thun ? 


Meder: Zum vierten, follen wir und des ewigen Heils alfo 
—8 gebrauchen, daß wir es ſetzen wider alles, was uns 

was bir betruben und ſchrecken kann, und uns damit troͤſten. 
suwider Wenn bie reizende Luft in und wüthet, und uns 

- betrübet, follen wir an unfer Heil gedenken, und 

fprehen: Ich bin ſelig. Wenn wir fallen, und der 

Fall uns herzlich wehe thut, ſollen wir ſprechen; Ich 

bin ſelig. Wenn wir die harter Draͤuworte des Ge⸗ 

ſetzes hoͤren, und und Darüber entſetzen, ſollen wir 

‚und ermannen und ſprechen: Ich bin ſelig. Wenn 

uns die harten Draͤuworte St. Pauli, auch des HErrn 

Chriſti ſchrecken, ſollen wir ſprechen: Ich bin felig. 

Wenn uns Menſchen ſchrecken, follen wir fprehen: 

u Ich bin ſelig. Wenn uns der Teufel und feine Gei⸗ 
\ fer fchreden, ſollen wir fprechen: Ich bin felig. Wenn 
| und unfer. Creuz und Unglüd betrübet und ſchrecket, 
follen wir fprehen: Ich bin ſelig. Wenn und das 

legte Stündfein und ver Tod ſchrecket, follen wir 

fprechen: Ich bin ſelig. Denn JEſus Chriſtus GOt⸗ 

tes Sohn, mein getreuer Heiland, bat mich ſelig 

gemachet in meiner Taufe durd fein Blut, und bat 

alle Sünden von mir genommen, und bat fie ger 

worfen in Die Tiefe des Meere, und hat mir einen 


ewigen Troft gegeben. an. ) 
Le ng a 7 


mA 









des Schages der. Seligkeit. 237 


»Das u. Capitel. 
Vom Lob und Preis ber heiligen. 


aa Taufe 
* 


Faſſe mir alles zuſammen, was du Stuͤckweiſe bis daher 


von der Taufe berichtet, daß ichs deſto beſſer be⸗ 
greife. 


Gar gerne. Merke demnach, daß die Taufe eindie Zanfe 


heiliges Waſſer GOttes ſey, durch weiches ein- glanzuns 1. dee 
biges Herz theilhaftig wird der Herrlichkeit Se pen en Ä 
Chriſti: Denn wer getaufet wird, der wird in Chris ypeitkate 
ftum getaufet, und zeucht Ehriftum an, und träget fi 
Ehriftum, und pranget in der Herrlichkeit Chriſti. 
Ein Chriſt ‚leuchtet für GOtt in Chriſto wie eine 

belle {höne Sonne. Wer einen Ehriften fiehet, der - 


ſiehet Chriftum, und wer einen Chriften höret, der 


hoͤret Ehriftum. Die Laufe machet einen Glaubigen 
zu Ehrifto. Ein Glaubiger und Getaufter iſt nicht 
allein ein Chriſtophorus,  fondern auch Chriftus, in - 
Ehrifto und mit Chriſto. Sie ift ver Tod und Auß 
erftehung Chrifti. Denn wer getaufet. wird, der wird 
in den Ton und Auferftehung Chrifti getaufet. Ein’ 
©laubiger und Getaufter ift mit Chrifto geftorben, 
und ift mit. ihm begraben, und alle Suͤnden ſind 
mit ihm geftorben und begraben. Ein Ehrift ift mit 
Ghrifto von den Todten auferftanden, und iſt ein 
neuer lebendiger gerechter Chriftus. Wer eisien Chris 
ften fiehet, der fiehet einen lebenpigen Heiligen. Denn: 
wie lebendig und heilig Epriftus iſt nach feiner froͤh⸗ 
lihen Auferſtehung: fo lebendig und Heilig iſt ein 


. Ehrift auch. Ein Chriſt iſt fhon mit Chrifto im 


Himmel,. und führer ein göttlich Wefen. Eitel Ger 

rechtigleit und Leben hat und träget an ibm en. 
Chrift. Aber man muß die Augen ver Vernunft ger. - | , 
gen ihn zuthun, und Die Augen des Herzens auf 
sbun Nach dem Wort GOttes muß man Minen 


Zn 
| 
| 


238° Bon den Gnadenmitteln 


Chriſten anfehen und richten. Sie ift ein geſegnetet 
und gnadenreihes KraftsWaffer, die Taufe, vol füR 
.., fer und beilfamer Früchte des Todes und der Auf 

erftehung Chriſti. Sie riechet von der Kraft des To⸗ 
des und Auferſtehung Chrifti, wie eine edle, theure 
und koͤſtliche Roſe. Alle Biolen, Rofen, Lilien und 
Nelken haben den Geruch und: die Kraft nit, wel 
che Die Taufe hat, Sie iſt Durdhrötyet mit dem beis, 
ligen GOttes⸗Blut JEſu Chriftu Sie ift das Taf 
ſer unferd ewigen Heild, denn in ihr werden wır 
ſelig. Sie ift ein heilmerthed und ſeligmachendes 
Waller, aus den Wunden IECSU Chriſti geflofien. 
Sie it der hohe und ewige Rath GOttes. In ihr 
wohnet GOtt, die heilige Dreifaltigfeit. Chriſtus 
bat fie geitiftet, und mit feinem Leibe geheifiget. Er 
bat ſich felbft taufen laſſen, auf daß er mir feinem 
Erempel die Taufe chrete, und uns Dazu lodere. Er 
Hat fih im Jordan taufen laffen, auf daß er und 
mit feinem Exempel zeigete den Brunnen und da 
Waſſer des Heild, Cr bat fih taufen laſen, auf 
dag wir an ibm fehen follten, was für aroße un 
herrliche Dinge über und gefhehen, wenn wir dgeteus 
2. Sie rei. fet werden. Denn alles, was ihm widerfahren iſt, 
⸗dieevon dad widerfaͤhret ung auch. Sie reiniget und waͤſchet 
einen und von allen gngebornen und wirflidhen Sünden. 
Sie iſt das rothe Meer, in weldgem ver alte 
Adam mit ſeinem ganzen Heer alle Suͤnden erſaͤufet: 
alle unſere Suͤnden erſaufen in der Taufe, wie in 
einer großen Suͤndfluth. Sie ift Die geiftlihe Sünd 
fluth und Wegnehmung aller unferee Sünden. Keine 
muß in ihr uͤberbleiben. Es vergehen und verſchwin 
den alle unfere Sünden in ihr, . wie ein Troͤpfleis 
Bluts in’ einent großen Meer. Wer gebadet tft: in 
der Taufe, der fürchte fi für Feiner Sünde, alle 
find fie hinweg: Und da er gleich vorhin blutroch 
geweſen wäre, und hätte die greulichſten Blutfchulden 
Ä glangen „, ſo iſt er doch nur fehneeweiß, wie eint 


des Schatzes der Seligfeit. 289 


L 2 4 
Die Taufe machet uns zu ſchneeweißen Lilien, ei. - 
Wir find nach der Taufe fo rein und weiß und hel⸗ Da 
fe, als unfer lieber HErr Chriftus war auf dert@eregig *- 
heiligen Berge Labor. Sie ift dass Kleid der Ga tie. 
‚ rechtigfeit, und vie hoͤchſte Schönheit eines Chrifte, 
Denn Chriftus, wenn er und gebavet hat, fo kleidt 
er und auch mit feiner Gerechtigkeit. Eitel feinene,. 
filberne und güldene Kleider. tragen Die Ehriften an... 
ihren Seelen, wenn fie getaufet find. ° Cie find eis ! :.* 
tel mwohlaefleivete und gezierte Fürſtenkinder. Sie 
haben alle Zugenven des Geſetzes an ihnen, eben 
ſowohl ald Chriftud. Denn die Gerechtigkeit Eprifti 
it ihr. Es gehet ein Glanz himmlifcher Gerechtigs 
keit von ihnen, Sie ˖ ſind fo gerecht und heilig durch 
die Begnadigung Chriſti, daß fih auch die Sonne 
für ihrer Schoͤnheit fdyämen, und die Augen zuthun 
muß. Ich weiß mwahrlih nicht, ob wir nach unferer 
Zaufe für GOtt Heiliger und ‚gerechter feyn, oder 
aber die heiligen und gerechten Engel. Iſt Chriitus 
heiliger und gerechter als ein Engel, fo find wir es 
auch. Denn wie er ift, fo jind wir auh, und er 
bat und das Kleid feiner felbft eigenen Gerechtigkeit 
angezogen, daß mir billig von St. Paulo genennet 
werden, vie Gerechtigkeit GOttes. Ah! wie herr⸗ 
lich und ſchoͤn find wir doch für GOtt. Ah! daß 
wir unfere Herrlichkeit und Schönheit‘ nicht beſſer er⸗ 
kennen, nicht vefter glauben, nicht mehr lieben, und 
nicht fröhlicher darinn ſeyn follen. Zu dem fo brin- 4. Sie 
get fie und auch die Kindſchaft GOttes. Denn ala. "use 
bald ein: Glaubiger getaufet wird, iſt er GOtteöfhaft@er 
Rind. Der Himmel. tbat fich über ihm auf mit Freu⸗tes. 
| den, und EOtt fpricht zu ihm: Du bift mein lieber 
| Sohn an welchem ich Gefallen babe. Du biſt meis Pe 
nes Herzend Luft, fpricht er liebes: Kinn, ih Tann .:: 
dich nicht fatt anſchauen. Liebes Kind, wie bit du: 
doch fo fäuberli und ſchoͤn! Ach! zeige mir doch 
deine Geftalt, denn du macheſt mich zu brinfig. 
Die heiligen Blutstropfen meines Sohns IJEſu Eprifti . - 


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2a0 Von den Gnadenmitteln 


haben dich gar zu rein, gar zu herrlich und gar 5 
lieblich gemachet. Ich kann dich vor großen Freude 
nicht länger anſhauen. Nun habe ih Luſt GOt 
zu ſeyn, ſintemal ich ſo ein reines, weißes, helles 
klares, ſchoͤnes und herrliches Voͤlklein für meine 
Augen habe. O du mein ſeliges Voͤlklein, wie lid 
Wie herzobabe ich Did, Er ſchuͤttet feine ganze Liebe übe 
ich Lieb feine Kinder aus GOtt Vater, und läffet fie in je 
Son fie ner Liebe wandeln, Sie find umleuchtet mit der Liebt 
"yabe, GOttes. Cie find eitel Gnaden⸗ und Zuder Kim 
der. Es fchmelzet, Fleufjet und triefet GOttes Gnade 
über fie, wie eine triefende Roſe: daß fie gleich nad 
der Gnade GOttes riechen, wie von Balfam. 
Ein Ölaubiger und Getaufter iſt em füßes und 
wohlriechendes Balfam: Kind. GOtt liebet feine Kin 
der heimlich, aber ſchmerzlich. ‚Seine Liebe iſt nich 
ausforſchlich: Sie ift zu groß. - Wenn wir fie ha 
fhon ſehen follten, fönnten wir nicht leben, ww 
müßten vor Frenden flerben. Es ift eine Liebe, us 
fere Liebe und Chrifti Liebe, Wie lieb er feinen 
nigen Sohn Ehriftum bat, fo lieb hat er und auch 
Er hält uns zärtliher, als. feinen Sohn: Denn fa 
Sohn hat den bittern Keldy des Todes trinken m 
fen: wir nicht. Sein Herz ftebet und immer offen 
Es ladet und immer fein Herz zu, und ſprich 
Wille du nichts bitten 9 | 
Ach lieber, bitte und begehre Doch etiwad von mt 
Mir find überflüffende Scapfammern alled göttlichn 
Segens. Aller Segen GÖOttes fällt auf und ud 
ruhet auf und Wir find die Mubeilätte der Gnad 
und des Gegend GOttes. Was wir wünfdien, 2% 
wird wahr und überwahr. Unſers Herzens Wunk 
wird uns ftetd gegeben, und was wir noch nicht bs 
ben, dad wird und im gebenedeieten Stundlein, wd 
ches GDtt feiner Weisheit vorbehalten hat, reichlid 
widerfahren. | 
Höre, Chrift, deines Herzend Wunſch wird vi 
—auch zulschen, und wirft ein Freudenfeſt über an 


des Schatzes der Seligkeit. 241 


ten. GOtt ſorget für uns, und behütet und, und 

iebt und mehr, als wir hoffen, bitten und begebren. 

r herzet und füffet und, und giebt und durch fein. 

eiliges Einblafen einen Vorſchmack feiner Liebe zu- 

ften. Er fchenfet und zumellen einen Trunf Wein: . 

in, aus jeinem milden Herzen gefloffen, wenn uns 

ebe ift unter dem Creuʒ: Wir empfahen auch in 

ber Taufe den heiligen Geiſt, welcher in ver aller. 2,0 
jeblishiten und freundlichften Geftalt zu uns kommt, 325 
emlich, in der Geſtalt einer. frommen und holdſeli⸗ ra 

an Taube. Wir werden dafelbft Tempel des Geb 
ſtes Chriſti. Chrifti Geiſt fenfet fi in und, und. 
wohnet in und, Es vermenfihet ſich Chriftus dur, 

feinen Geiſt in und, wie wir Durch venfelben Geiſt 

in ihm vergöttert werden. Wir werden Götter und 
örtlicher Natur theilhaftig, Wir werden in der Taufe. 

durch den heiligen Geiſt wiedergeboren, una werden 

‚neue Greaturen. Es fichen unfere Sachen nun viel 
anders, als vorhin, da, wir noch nicht Chriften, ſon⸗ 

bern. Heiden waren. x 

Nun find wir befehret, und find Ehriften , dan 
um find wir andere Reute, als vor der Taufe, 

Wir haben ein neues Licht, Herz und Muth, Dan 
Chriſtus wohnet in und mit feinem ganzen Reich. eye 
Denn dad Reich Eprifti beftehet nicht in außerlichen Veraͤude ⸗ 
Satzungen und Geberden; ſondern es iſt inwendig in Tuna ber 
uns, und iſt die Veränderung ver alten Ratur, Wir x. 
find todt, aber Chriftus Iebet in und. Sein Leben 
ift unfer Leben, und unfer Leben iſt fein Leben. In 
ſeinem Licht ſehen wir ein herrliches Licht. Wir wiſ⸗ 
ſen durch ihn, daß wir ſelig ſeyn, welches ohne ſeine 
Erleuchtung niemand willen kann. Er willet und 6. Sie er⸗ 
wirket in und: Alles, was wir denken, reden und. — 
thun, das wirket er, auf daß wir goͤttliche Menſchen 
ſeyn, und unſere Werke goͤttlich ſeyn. Er zeiget uns 
taͤglich, was wir thun und laſſen ſollen, und treibet 
uns durch feinen Geiſt zum Guten, daß wir es gerne 
und von Herzen und mit Freuden don, Denn 











242 Bon den Ginadenmitteln | 


alles, was nicht Chriftud thut, das ift nicht gethan. 
Was er nicht mit Gnaden in uns wirket, das gilt 
nicht, es ift lauter Ungehotfam und Heuchelei. Wir 
find ist gefinnet, ala Chriſtus, und können reden 
als Chriften. Wer will doch den füßen Frieden, Die 
lebenvige Freude, und Die brennende Liebe zu Chriſto 
und GOtt dem Bater in und ausreden? Sind mir 
nicht eben fo friedſam, fröhlich und muthig ald Chris 


fen? Wir haben dad Paradies GOttes mitten im 


flärket 


unferm Herzen, durch den heiligen Geift, weldher in 
und wohnet und und erfreuet. Ach! der heilige Geiſt 
fpielet in uns, und treibet in und viel liebliches We 
fen, davon die. Kinder biefer Welt, und alle chriſt⸗ 
fofe, gottlofe Heuchler nichts willen: Wir find gaw 
denreiche und freudenreihe Engel, dad Paradies 
leuchtet uns aus den Augen, Unfer Herz und Mund 
ift voll Lachens, unfer ganzes Leben voll Liebe und 
Treue. Wir lieben die Gerechtigkeit und haflen das 
gottlofe ungeredite Weſen. Unfer Bebrehen that 
und fehr wehe, und wir feufzen und fireben nad 
einem vollfommenen Leben in Chriſto. Wir Haben 
und fühlen in uns fonderlihe Kraft wider den leidi⸗ 


en ntergen Teufel. Wir koͤnnen feine Anfechtung überwins 


ale Feins 
De, 


Chriſti. Immer banget unfer 8 


den, und fein fpotten. Denn wir wiſſen, Daß wir 
felig und ewig felig.feyn. Unfer Herz fallt täglich mehr 
und mehr ab von der Belt und läßt ſich begnuͤgen 
an dem einigen wahren: Reichthum Chriſti unfers 
Heil, und ſenket fih in die Liebe und das Lob 
er; nach der Dank 


fagung und nach dem Gebet. Was nicht gebetet iM, 


Das ſchmecket uns nit: wir willen alled, was wir 


zu jeder Zeit thun follen, und beduͤrfen feiner Ger 
bote. Denn der Geift Ehrifti regieret und. Wir 
find über alle Gebote, und find kluger, ald unfere 
Meiſter. -Ehe fie es und geheiffen, iſt es ſchon ge 
than. Alles, was wir thun, das thun wir von Her⸗ 


zen und mit Freuden. Und daß ic ven Ruhm ver 


heiligen Taufe möge größer machen, ſo ſetzet ſie die 





— 


des Schatzes der Seligkeit, 245 


- Glaubigen und Getanften in. die hoͤchſte Würde, und 8. Sie 
Mmachet eitel Könige und Priefter daraus, Könige 035 
wider Sünde, Welt, Teufel und Tod: Vriefter füruigenume 
GOtt in dem heiligen Schmud des heiligen Geiftes,wriekem 
“ Denn nad der -Zaufe koͤnnen wir fäuberlih und 
freundlich beten. - Wir koͤnnen GOttes Herz mit den 
allerfreunplichften Worten annehmen. Wir können 
mit ıhm difputiren und ihn überwinden: Unſers Hers 
gend Geufzen und Gebet ift ihm ein füßes Abends 
‚opfer, Wer will und kann die große Majeftät und 
Herrlichkeit eines Chrüten ausreden? Wenn ein Glaus 
biger getaufet ift,. fo find alsbald alle heilige Engel 
feine Schutzherren und feine liebe Diener, welche ihm 
willig und gerne dienen, und alles thun, was fie ihm 
stur an den Augen anfehen koͤnnen. Alle Ereaturen 
fteben den Chriſten zu Dienfte, und thut ihnen we⸗ 
be, daß die Unchriften alles nady ſich raffen und. zie⸗ 
ben follen. So iſt auch ‚der Tod mit den Chriften 
verföhnet, und ihr befter Freund worden. Denn 
Chriſten flerben nicht, fondern fie fchlafen. Der 
Tod herzet, Füffet und bewähret fie in feinen Armen, 
: wie eine Mutter. ihre Kindlein bewahret, bis an ven 
jüngften Tag. Er behütet fie für dem ungeftüummen 
Ungemitter auf Erden. 
9 vu hodmwürdige Taufe! wie foll ich dich Doch 
| fer rühmen und preifen? Du: bift mir viel zu hoch, 
kann dich nicht erreichen. Du bift mir Waſſer, 
wiewohl nicht ohne Chrifti Blut und Wort, und. 
giebft doch Die ewige Seligkeit. O du hochgelobtes . 
Violenwaſſer, Rofenwaffer, Zuderwafler, Heilmaffer, 
Kühlwaſſer, au bift eine Bewunderung der Engel, 
ein Schredeen der Teufel. Du bift ded Teufels Hölle, 
aber der Ehriften Himmel, Du loͤſcheſt aus die feus 
rige Pfeile ded Satans, und kuͤhleſt unfere Seelen. 
Du erquiceft meine Seele, fo oft ich an dic gedenke. 
Du tröfteft mid, und macheſt mich lebendig und. jung, 
Du bift meines Herzens Spiegel und Schaufpiel, 
In dir ſehe ih mein Heil, Aus bir Teuchtet meine 


- 


. 
una ma... 


344 Don den Gnadenmitteln 


hriftlihe Herrlichkeit, welche ich wider die Pforten 
der Hölle mit ganzer Macht zu vertheidigen ſchuldig 
bin. Sch bin ſelig. Dies und fein anders foll ich 
glauben und bekennen, ‚je felter ich vied glaube, je 
beffer mir iſt. An vet lieben Taufe und an den fünf 
Nofenwunden JEſu Chrifti habe ich meine boͤchſte 
Luft. Wenn idy meine Augen zuthue, fo ſchaue ich 
dich und die Wunden ZEfu Ehrifti an Ey we 
ſchoͤn feyd ihr Doch, ja ih kann mich in euch fatt 
fpiegeln. In den Wunden Ehrifti fehe ich eitel Lie 
be, in dir ſehe ich eitel Heil, dich will ich immer 
anſchauen, auch in meiner hoͤchſten Todesnoth. Dei 
Herrn Chriſti Buße ift meine Buße, du aber bi 
meine Reinigung, du bift mein Xroft, du bift die 
Krone meiner Ehren, meines Herzend Wonne, ds 
bift das höchfte Gut. Wer dich funvden hat, der bat 
einen edlen, theuren Schatz funden, und er mas 
wohl lachen, Deine Kraft ift unvergänglid, ewig 
bin ich durch Dich rein, gerecht, heilig, gnadenreich, 
himmliſch. Darum fol! may dich hoch heben, lieben 


und loben. Nimmer fol man dein vergeffen. Go 


oft ein Chriſt feinen Namen hoͤret, foll er für Freu⸗ 
ben auffpringen, jauchzen und fagen: Ich bin ſchon 
felig, GOtt Lob und Dank, ich bin fchon felig! Dean 
mein Name ift der Name meines Chriſtenthums, und 
Das Siegel und Zeugniß meiner Seligfeit, welche ich 
Schon habe und in völliger Macht befite, aber zu 
feiner. Zeit, wenn ber belle und offenbarliche Tag 
kommen wird, fol geoffenbaret werden. O du eds 
les Waffer vom Himmel, du gebenedeietes Water, 
du gnadenreihes Waffer, du Wafler des Lebens, vu 
haft und, ‚nachdem wir aus dem Evangelio veiat 
Kraft erfannt haben, lebendig gemachet in Chrifte 
Ich wußte es nicht vor Diefer Zeit, daß ich felig war: 
Aber nun hat mir ed Chriftus durchs Evangelium 
gefaget, darum lebe ih nun in Ehrifte. Bor dieſer 
Zeit war ich todt in Sünden, aber nun lebe ich in 
der Gerechtigkeit Chriſti. Vor dieſer Zeit war ih 


des Schatzes der Seligkeit. 245 


tod in GOttes Ungnade, aber nun lebe ich in feiner 


Gnade. Bor dieſer Zeit war ich tod im Tode, aber 


nun lebe ich im Leben, O Evangelium, recht und 
rein geprediget, welhe Wunder thuft du? Du bift 


eine Predigt von unferm Heil aus unferer Taufe? 


Aber dad will und der Zeufel nicht willen laſſen. 
Denn wer Died recht weiß und wohl verftchet, Der 


hat gewonnen Spiel, und ift vom Teufel erlöfet. Ich 


tröfte mich deiner lieben Taufe in allen meinen N 
then, wenn mich Armutb, Krankheit, Verfolgung 
drüdet, fo: fprehe ih: Wohlen, ich bin getaufet, 
ich bin ein Chriſt, ich bin felig, ih bin vein, ich 
bin gereht, ich bin GOttes Kınd, ih habe in mir 
den heiligen Geift Chrifti, ver Himmel und GOttes 
Herz ftehen mir ftets offen, ich bin ein Befohlener 
der heiligen Engel, alled muß mir zum Beſten dies 
nen, und bin ein Erbe des ewigen Lebende. Darum 
fol man von dir, heilige und heilwärtige Taufe, ims 
mer predigen, in den Häufern, in den Schulen, in 
den Kirchen. Wer did) prediget, Der prediget das 


Evangelium: Wer dich nicht prediget, Der prediget 


fein Evangelium. Darum, liebe Taufe, fo fol man 


, für dich GOtt ſtets danfen, und in dir fol man 


ftetd feine Seele baden, durch chriftlihe Neue, von 
ben täglihen Sünden, meil fonft fein ander Bad 


Minein 


vorhanden iſt. Du bift allein das rechte Seelenbad,. 


und fonft fein Ding auf Erden. Sn dir fol man 
das unruhige Gewiſſen ftillen, mit dir foll man vie 
Teufel verjagen. Mit dir fol man aufftehen, mit 
dir fol man zu Bette gehen. Mit dir fol man efs 
fen, mit dir fol man trinfen In dir fol man fin 
gen, in dir foll man fpringen. Syn vir fol man la⸗ 


hen, in dir foll man fröhlich feyn, wenn alle Welt 


trauret. Syn dir foll man ein fein rein züchtiged Le⸗ 


ben anfangen, und bereit feyn, jedermann zu dienen. 


Mit dir fol man vie Gefangenen und Sterbenden 
tröften. Mit dir foll man abfolviren. In dir fol 


man einfchlafen und ſterben. Denn du biſt der einis 


\ 


r 












246. Don den Gnadenmitteln 


ge. und wahre Troft unferer Seelen, du bift all 
Was du nicht bift, das ift nichts, JEſu Chri 
wahrer GOttes Sohn, GOtt mit GOtt, von Ewig— 
keit her, du Heiland der Welt! das iſt, allen, di 
an dich glauben, und auf deinen Namen fid taufı 
Iaffen, und alle Abgötterei meiden. Dir fey Lob und‘ 
Dan? gefaget für dein Blut, für unfern Glauben, 
für die Taufe, für unfer Heil und Seligfeit, und 
Daß du uns fol großes Licht, nemlich, Die Erfennt 
niß unſers Heild, durch dein Wort und Geiſt geof 
fenbaret haft. | 


Boom heiligen Evangelio. 


1. Welches iſt dad andere Mittel, dadurch GOtt ben 
Glaubigen den Schag ber Seligfeit anbent und dar⸗ 
en reichet ? | 


Da ſſelbe iſt das heilige Evangelium, von dem Ver⸗ 
dienſt und Wohlthaten JEſu Chriſti. Denn was 

und der Herr, Ehriftus durch fein Blut ermorben 

und in Der Taufe gefchenfet hat, dafjelbige offenbaret 
"und erinnert er uns für und für durch fein Wort, 
auf Daß wird wiffen, und_ja nicht vergefien. Denn 

ohne diefe Predigt willen wir überall nichts von uns 

ferm großen Heil, weldhes wir aus dem Blut Chriſti 

. im unferer Taufe erlanget haben. Dies Wort faget 
und, daß wir für GOtt gerecht, GOttes Kinder und 

Das Erben des ewigen Lebend feyn. Daher wird bad 
Evanges Jiebe Evangelium genennet ein Wort ber Berföh 
nung, 2 Cor. 5. das iſt, ein Wort oder eine reine 
1. Ein Lehre von der Gnade GOttes gegen und, Denn es 

| era. perfünbiget und Gerechtigkeit, Gnade und ewige 
|: mung. Leben, und zeiget an wie reich wir in Chriſto JEfu 
geworden find, wie St. Paulus faget zu denen von 
Antiohie, Apoftelg, 13. So fey ed nun end 





des Schatzes der Seligkeit. 247 


Eund; lieben Brüder, daß euch verkündiget 
wird Bergebung der Sünden, durd JEſum, 

und von dem allen, durch weldhes ihr nicht 
Zonntet im Gefeß Moſi gerecht werden 
Und 1 Joh. 5. Solches habe ih euch gefhris . .. 
ben, auf daß ihr wiffet, Daß ihr das ewige. 
Leben haben | I 


2. Warum wird dieſe Lehre ein Evangelium ger - 
— nennet? 


Evangelium heiffet dieſe Lehre darum, denn fie bes Denn fie 
trübet die Herzen nicht, wie dad Geſetz thut: fon, Erfreuet, 
dern machet fie fröhlich und lebendig, daß fie beros 


wegen ein groß Gefallen daran haben. - 


Salomo in feinem Hohenliede, Cap. 6. vergleis 
het fie, die Verfammlung der Heiligen, einem Ro: 
fengarten, Dad Evangelium aber, einem Rofenftoc,s. Vergli⸗ 
indem er von Ehrifto fpricht, Daß er hinab gegangen Ben er 
fey in feinen Garten, und daß er. fih weide unter fenfod,. 
den Roſen, und daß er Roſen breche. Wir find im Cant. 6. 
Roſengarten, da eitel himmliſche Rofen wachen, ja 
Mofen des ewigeri Lebens, die Chriſtus felber abbricht, 


und und damit ergößet. . 
Sirach thut ihm auch alfo, Cap. 24. Denn er und Sir. 

heiffet die Weisheit des Evangelii einen Rofenfiod, 3 

auferzogen zu Jericho, und faget, daß ihr Geruch 

Tieblicher ſey, denn der Geruch eines Weinfiodd, wenn 

er bluͤhet, ja viel Tieblicher denn Zimmet und koͤſt⸗ 

liches Gewürz. Und im 40 Cap. ermahnet er bie 

beiligen Kinder, daß fie in der Lehre und Erkennt⸗ 

niß des Evangelii wachſen, und feines lieblichen Ge⸗ 

ruchs vol werden und fpriht: Wachfet, wie Die Ray 

fen an den Baͤchlein gepflanzet, und gebet füßen Ge⸗ 

ruch, wie Weihrauch, blühet wie Die Lilien und rie: 

het wohl. Ä | 0 


[1 
. 
. 
m 
An. nen m te he m — — 
— — — — —— — — — 


243 Don den Snadenmitteln 






3. Was iſt dad Evangelium? 


Eine : Das Evangelium ift eine Predigt von Ehrifto, und: 
Brest von feinen Bohlthaten, nemlich, daß. er fey des le⸗ 
won ere pendigen GOttes Sohn, und unſer getreuer Hei⸗ 

land, in feinem Blut, und daß alle, die an ihn glau⸗ 

- ben und getaufet find, Vergebung ihrer Suͤnden, 
neue bimmlifche Gerechtigkeit, die Kindſchaft GOt⸗ 
tes und den heiligen Geift in Diefem Leben baben, 
und Erben feyn des ewigen Lebens. Denn fo ſpricht 
St. Paulus, Ap. Geſch. 3. Wir verfündigen 
euch Bergebung der Sünden, durch Chris 
ftum, weil ihr an ihn glaubet. Denn wer 
an biefen glaubet, der ift gerecht. 

Oder dad Evangelium, (mie ed Lutherus befchreis 
bet, Sal. 1.) ift nichts anders, denn eine Dffendes 
rung bes Sohns GOttes. Denn es lehret von Ehre 
fto, daß er kommen fey, und ſich felbft zum Opfer 

 . gegeben babe für die Sünden der ganzen Welt, auf 
Daß und die Sünden vergeben, und ewiges Leben 
gefchenfet würde um feinetwillen. Bon diefem übers 
aus köftlihen Schatz prediget dad Evangelium, unb 
bat gar fein Geſetz von unferm Thun, es heiſſe wie 
ed wolle. 


| 


4 Welcher ift der rechte Verſtand bed Evangelii? 


— Der rechte Verſtand des Evangelii iſt, daß alle, 
gen felig welche an Chriftum glauben, nicht verloren werben, 
""fondern dad ewige Leben haben. Dies ift der Sinn 
JEſu Ehrifi: GOtt hat uns felig gemadt 
durch das Bad der Wiedergeburt, und will, 
daß wir .fröblih in diefem Troſt wandels 
follen, in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die 
ihm gefällig ift. Diefen Sinn hat er uns offen 
baret durch fein Wort, ja in unfer Herz gefchrieben 
vard) lebendige, unauslöfchliche Buchftaben feines bei 

ligen Geiftes, nach der Berheiffung, Ezech. 36. 


des Schatzes der Seligfeit.. 249 


3. Bas iſt dee heiligen Evangelii eigentlicher Inhalt und 
| Endzweck? | ' 


Mas und in der Zaufe, von GDtt durch Chris Der Nu: 
ftum ermworbeg, gefchenfet ift, das offenbaret und Eyanges 
verfündiget und das Evangelium, weldes uns aud) li. 1.86 
GOtt der HErr in dieſer angenehmen Zeit, durd of 
Die ‚lieben Apoftel, durch Lutherum und andere geiſt⸗ Chrifius 
liche Männer, reichlich gegeben hat, nad) der Ver⸗erworben 
heiſſung, Pf. 60. Der HErr giebt das Wort mit 
großen Schaaren Evangeliften. Wenn .aber ver Al: 
mädtige unter ihnen hin und wieder Könige febet, 
fo wird es helle, wo es dunfel if. Denn daB liebe 
Evangelium befehret nicht allein die unglaubigen Heis 
den und “Juden zu Chriſto, welches die einige wahre 
Belehrung ift: fondern es zeiget auch denen, die.nun . _ 
glaubig worden find, die theure Schäße ver Geligs 
keit, die fie in der Kaufe empfangen haben, wie ©t. 
Paulus, 1 Cor. 2. fihreibet: Wir haben nicht em⸗ 
pfangen ben Geift der Welt, fondern den Geiſt aus 
GOtt, daß wir. wiffen können, wie reichlich wir von 
GOtt begnadiget find, welches wir aud) reden, nicht 
mit Worten, welche menſchliche Weisheit lehren kann, 
fondern mit Worten, die der heilige Geift lehret. 

Defien haben wir ein fein Erempel, Ap. Geld. 
13. denn da fpricht der hocherleuchtete Apoftel zu ven 
glaubigen Juden zu Antiochia alfo: Euch if das . 
Wort des Heils fürnemlich gefandt: Dar 
um verlündigen wir euch die Berheiffung, 
die zu unfern Bätern gefhehen ift, nemlich, 
die gewiffe Gnade GOttes, dem lieben Das 
vid, und feinen Glaubensgenoſſen verbeifs 
fen. Desgleichen: So fey euch Fund, Lieben- 
Brüder, Daß euch verlündiget wird Verge— 
Bung der Sünde durch Ehriftum. Denn wer 
en diefen glaubet, der iſt gerecht. \ 

Siehe, das: ift die eigentlihe Stimme des Evans 
zei, das rechte guͤldene Gloͤcklein, ja Zünglein GO 


250 Bon den Gnadenmitteln 


tes, welches im neuen Syerufalem, in der berrlid 
Berfammlung der Gerechten für und für klingen fo 
Es werden aber durch dad Wort, Vergebung d 
Sünden, verftanden alle Güter JEſu Ehrifti im e 
ftien Bud) berühret, die er und durch fein Blut c 
worben hat. Diefe Güter follen vie lieben Apoſt 
und alle apoftolifhe Männer, die Diener und Au 
fpenber ded Neuen Teſtaments, allen glaubigen Era 
turen, Juden und Heiden, getroft und freudig, mi 
großer Freiheit des Geiſtes, ohne ae Aengfttik 
eit anfündigen und verfpreden, wie St. Paul 
thut, 1 Cor. 3. da er alfo fpriht: Weil wir ta 
Geiſt des Herm haben, der und tüchtig gemacht 
bat, zu führen dad Amt des Neuen Teſtaments, ſo 
brauchen wir großer Freudigkeit, und thun nicht we 
Mofes, der die Dede vor fein Angeficht bieng, fü 
fhen auch nicht GOttes Wort, fondern bemweifen mi 
wohl gegen alle Menfchen, mit Offenbarung ber Behr 
ledelli heit, aus Lauterkeit und aus GOtt. Denn obglad 
dem glaubigen und getauften Häuflein noch grok 
noh an Schwachheit am Leben it, daß fie ihren heiligen Wuth, 
Eopag, und ben ganzen Fürfag und Willen nicht ſtets fin 
peit ter nen vollbringen, auch vie Unglaubigen fich heftig a 
Sünde, ſolchen der Heiligen Splitterlein floßen, fo fela 
dennoch gleihwohl darum die theuren Evangeliſta 
welchen das Amt der Berföhnung, oder bie Rum 
machung der Gnade von GDtt zugetrauet ift, fein 

-, Dede für ihren Augen und Mund hängen, und ba 
Armen, Schwahen und Demütbhigen ihren himmb 

[hen Reichthum und Troft verhelen, ſondern flat! 

ihnen denfelben, bei Vermeidung ewiger ' 
aufs Allerväterlichfte fürtragen, als in einem © 

gel: und nicht fo lange warten, bis fie dermale 











felbige Bild, nach ihrem Gewiſſen, verwandelt w 
den. Denn je mehr ich höre und fepe von mr 


bes Schatzes ber Seligkeit. 251 


neuen Herrlichkeit, die ich in Chriſto habe, je mehr 
ich mich derſelben annehme, und je herrlicher ich da 
durch in mir, und für meinen geiſtlichen Augen wer⸗ 
ve, bis ich in meinem Gewiſſen, durch wahren Glau⸗ 
ben, fo herrlich werde, als ih für GOtt nad) feis 
nen heiligen Gedanken und Worten bin, ja ald mein 
lieber HErr Chriſtus felber if. 


6. Faſſe mir dieſes etwas fürger und deutlicher. 


Gar gerne. Das Evangelium iſt eine ſolche Lchre,gy Duelle 
welche die Heiden zum Glauben Chriſti und zur Taufe um ar 
ermahnet: Den glaubigen und getauften Chriften aberpiegriden 
ordentlich angezeiget und verfündiget, was für Gna⸗zuniGlau⸗ 
benfchäße fie in Der Taufe empfangen "haben. Wer — 
dieſen Unterſchied, nemlich zwiſchen Heiden und Ehri⸗Den édri⸗ 
ſten, nicht weiß, der machet ein Gewirre aus allemfen insel 
und prediget nichts Gutes. Denn wer arm iſt, dem Ste. 
muß man feine Armuth anzeigen und lehren, wie er 

ſoll reich werden: Wer aber reich ift, dem foll man 

einen Reichthbum anzeigen, und ihm lehren, mie. er 

eine Güter recht gebrauden fol, Das zuderfüße 
Zünglein des Evangelii klinget alfo: Werl ihr an 
Spriftum glaubet und getaufet find, fo feyd ihr nun Inhalt 
durch Ehriftum felig worden. Chriftus bat euch fer — 
ig gemachet in der Taufe, denn er hat euch geſchen⸗ gelii. 
'et die Vergebung, feine Gerechtigkeit, GOttes Kimds - 
haft, und den heiligen Seift, ihr feyd nun rein, 

br ſeyd gerecht, ihr feyd GOttes Kinder, ihr ſeyd 
Ternpel des heiligen Geiſtes. Halter fell, was ihr 
yabet, und laſſet euch euren Schatz nicht nehmen. 

Send ihr aber noch am Leben gebrehlih, das laffet 

ud leid feyn, aber verzaget darum nicht, und laſſet 

Yarum Die Seligkeit nicht fahren. Denn ihr feyd 

richt gottlos, noch ruchlos, noch verfiodet in Süns 

en, wie bie Welt iſt, ob ihr wohl noch viel an 

uch habet, das nicht zu Toben iſt. Nach diefem Lex 

en aber werdet ihr empfahen vollfommene Neuheit. 





252 Von den Gnadenmitteln 


an Leib und Seel, und die Krone ber ewigen Hern 
lichkeit, dafür, daß ihr hier in Chriſto gerecht, SOu 
ted Kinder, und Erben des ewigen Lebens g 

feyd, GOtt treulic) gepienet und der Welt redlich aus 


geftanden habet. 


Be 7. Bas faget hiegn Lutyerus? 
| Das kannſt du aus nachfolgenpen Zeugniffen Eur 


theri erſehen. | _ 

Kirchenpoftill, Winters Theil, fol. 2. Das Evan 
gelium zeiget und die rechten ewigen Güter, Die wit 
in der Taufe. dur Ehriftum empfangen haben: Unt 
ermahnet und, Daß wir mit demfelben fürnehmlid 
follen zu fchaffen haben. Daher wird diefe troͤſtliche 
Predigt der Morgenröthe und Aufgang der Sonn 
verglihen. Es ift nun alle da, was wir in da 
Verheiffung gewartet haben. Durch das Evangelium 
aber wird der Segen ausgetheilet. 

Ebendaf, ©. 10. Das Evangelium lehret nichts 
anderd, denn wer an Chriftum glaubet und getaw 
fet ift, der ift gerecht, bat Gnade und iſt felig. 

Ebendaf. ©. 23. Das Evangelium ift fo eine lieb 
liche Predigt, daß ed den ‚heiligen Geift mit fid 
bringet, im Predigen und Hören, gleihwie der Gow 
nenglanz natuͤrlich die Hiße mit ſich bringet. 
Ebendaſ. &. 193. Das Evangelium machet die 
betrübten Gewiffen zufrienen, daß aller Gchreden 
und Angit hinweg fället, und dad Herz wieber «er 
freuet, und gleich neu geboren. wird, 

. Ebenvaf. ©, 6. Das Evangelium Idfet das Hen 
son Sünden, vom Tode und allem Uebel, durtqh 
den Glauben an Chriſtum. 

Ebendaf. Sommer:Theil, ©, 38. Um des Haw 
fens willen des jungen Volks, fo nod) Daher waͤch⸗ 


fet, die ed noch nit wiſſen, muß man fol öffent 


li Zeugniß oder Predigtamt treiben, auf daß fk 
auch GOttes Gnade, fo er durch Chriſtum ums ga 


a — TE — — | 


des Schaßes der Seligkeit. 255 


ſchenket und erzeiget, erfennen lernen, und alfo fein 
Bert und Wunder durchaus öffentlich befannt und 
- gepreifet werde, Dem Teufel und der Welt zuwider, 
Wo aber Died Zeugniß gehet, da gehet ed gewißlich 
nicht ohne Frucht ab, und fehlet nicht, es trift ja 
etliche, die ed annehmen und glauben. Denn weil 
ed des heiligen Geiſtes Zeugniß ift, fo will er au ° 
dadurch Fräftig feyn. Daher beiffet auh St. Pa 
trus, 1 Petr. 1. die Heiligung der Chriften eine 
Befprengung des Bluts JEſu Ehrifti, Damit uns der 
;. heilige Geift befprenget, Durch Die Außerlihe Predigt 
des Evangelüi, welches ift eine andere Befprengung, 
venn der Juden Sprengwafler war. Denn hier ift 
das rechte Weihwaſſer und Sprengblut bei einander 
das ift die Predigt von. dem Blut unſers HErrf 
JEſu Chriſti, welches wird gefprenget über die Seele, 
. und wo 23 trifft, da feiret.ed nicht. Denn das Evans 
gelium ift nicht ein vergeblih, todt Blut, fondern 
ein fräftig, lebendig Blut des Sohns GOttes, und 
laͤſſet die Seele nicht unrein bleiben, ſondern reiniget 
und heilet fie von Grund aus, beide ver Sünde und. 
Tod, fo lange, bis wir das gar los werden, und 
mit Seele und Leib dad ewige Leben etlangen. 


8. Ich vernehme aus gegebenem Bericht, daß mir der 
Schatz ber Seligfeit durchs Evangelium gegeben werbe: 
Wie kann das aber fepn, weil berfelbe in der Tau 
fe, wie zuvor in ber eriten Frage des 1 Capitels 
" biefed Buchs berichtet, gegeben wird ? 
Merke dieſen Unterſchied: Die Propheten verheiſſen Die Tan: 
. es, Chriſtus erwirbet es, die Taufe bringet es, Das hringet 
Evangelium verkundiget es, der Geiſt verſiegelt es, Crengeü⸗ 
Dad Herz nimmt es, der Mund bekennet es, die yryir, 
Engel fehen und loben ed. Denn wo uns die& nicht * 
geprediget würde, wuͤßten wir nichts Devon, und 
hätten auch keinen Troſt, noch Friede in unſern Oo 


a 


254 Bon. den Ginadenmitteln 
wiſſen, ob uns gleich Chriftus von Sünden, Id 

Was das und Hölle am Creuz erlöfet, und in der Taufe va 
Evanzeli-Stinden abgewafchen hätte Darum, wer Dad Evar 
hat apz gelium höret, ver fol willen, daß er Theil habe a 
an aem, allent, das ihm im Evangelio verlündiget wird. " 
— ſollen nicht zweifeln, ſondern wiſſen und glau 
got. Daß wir haben die Gemeinſchaft der Heiligen, Das i 
alle Güter, die in der heiligen chriftlichen Kirche 
-funden werden. Denn darum werden fie und a 

im Wort: fürgetragen, : Und wenn wir Davon höre, 
follen wir unfere Hände aufheben und fprehen: G 

Lob und Dank, diefe Güter habe ich in. meiner Ta 
empfangen, und habe fie noch nicht verloren. Dem 
—* Gaben ſtehen, wie feſte Berge, und laſſe 

ich nicht aͤndern. | 










d. So höre ich wohl, daß eined dem andern die Ham 
beut und, dad Evangeliun offendaret, was die Taufe 
. 0.7 gefchenket? 


Du biſt auffrechtem Wege: Denn dad Evangelius 
lehret nicht: wie ein .glaubiger und getaufter Chrik, 

Cein Chrift fage ih, und nicht ein Heide,) allererk 

ſoll felig werden:. Denn das wäre ein großer Unven 
ftand, Vergeſſenheit, Verleugnung und Berfucung 
GOttes, fondern es lehret und zeiget, daß alle, die 

an Chriſtum glauben und getauft find, felig worden 

find, und daß fie alles haben, was ihnen der HErr 
Chriſtus am Ereuz erworben hat, ed wäre denn Sa⸗ 

he, daß man koͤnnte vergeblih an Chriftum glauben 

und getaufet.jeyn, und ald wäre die Taufe nur an 
Kinderfpiel, auf unfere Werke gegründet, Denn we 

da glaubet und getaufet ıft, der iſt ſelig. Wer abe 
ſelig ift, faget Auguftinus, der iſt felig, und kam 
x nicht anderweit felig oder feliger werden, wofern er 
nur anders Dur den Glauben’ in feinem Weinftod 

Ein Glau JEſu · Chrifto bleibet und nicht durch Verachtung Ded 
biger Bang vangeli, noch andere grobe greuliche Teufels: Sum 


des Schages der Seligkeit. 255 


sen und Lafter muthwilliger [und verſtockterweiſe ein@tied den u 
Dlied des Teufels wird. eufeiß, 
40. . Was habe ich mehr aus dem Heiligen Evangelio 


E⸗ bringet zum andern das Evangelium Ehriftumderı An 
elbft wahrhaftiglid, in der Slaubigen Herz, mit GOtt a 
dem Bater und dem heiligen Geift, wie Chriftuscprigum, - 
priht, Soh. 14. Wer mich liebet, der wird Ä 
nein Wort halten, und mein Bater wird . 
pn lieben, und wir werden zu ihm kommen, 

ind Wohnung bei ibm machen. 

. : Sa der Taufe koͤmmt zwar die ganze heilige Drei⸗Die Taufe 
altigkeit zu uns, und vereiniget fih mit und, und ac 
vohnet in und, wie St. Paulus, Gal. 3. bezeugetvas @vanc 
and fpricht: Wie viel euer getaufet find, die Belum 
yaben Chriftum angezogen. Und Xit, 3, Imank vers 
ver Taufe iſt der heilige Geift über und reich, mebret 
ih ausgegoffen. Aber nichts deſtoweniger er: — 
seuert und vermehret ſich dieſe herrliche Zukunft u 
HD tes mit dem Menfchen, fo oft ihm das Evans 

jelium geprediget wird, und er ed mit Ernſt annimmt 

and hoͤret. Denn Ap. Eeſch. 10. ſtehet, Daß ber 

heilige Geiſt fihtbarlicher Weife gefallen fey auf alle, 

die dem Wort St. Petri zugehöret haben. - Gold 

eine Fiebliche, fröhliche, göttliche und Fräftige Stimme 

ft die Stimme. des. Evangelii, wie wir denn auch 

die Zukunft, und die Träftige Wirfung GOttes in 

unfern Herzen fühlen, fo oft wir das liebe Wort von 

unferer Seligleit mit Ernft und Andacht anhören. 


: 44. Habe ich auch mach mehr aus dem Eoangeliot- 


Zum dritten, werben wir durchs Evangelium nengesderbritte 
boren, wie ©t. Petrus, 1 Petr. 1. bezeuget und den 
foriht: Habet eudy unter einanper brünftig lied, alet, —8 | 
bie. da wiedergeboren find aus unvergänglicem Saas ren 


256 ‚Bon den Gnadenmitteln 


. men, nemlich „aus dem lebendigen Wort. GOttes 
Denn, je mehr Geift ein Menſch durchs Evangelium 


überfönmt, je neuer, geiftliher und göttliher wirt 
er. Denn aus dem Geiſt GOttes entfpringen allen 
lei gute Früchte, welche Gal. 5. erzählet werben, nem 
lich, Friede, Freude, Liebe, Gütigkeit, *5 


Keuſchheit. Wenn wir ven heiligen Geiſt empfah 


fo empfahen wir vie Klarheit GOttes, Die fpiege 


ſich in und, oder leuchtet in.und, und wir werde 


verfläret oder verwandelt, in daſſelbige Bild, nad, 
dem inmendigen Menfhen, und werden ihm gleid 
förmig in allen göttlichen Tugenden, 2 Cor. 3. Doch 


geſchieht ſolches micht bald im Nu, fondern ter neut 


Menſch ift no jung und ſchwach, nimmt aber von 
Tage zu Tage zu, bis er ein volllommener Manı 
werde, in der Maaße des volllommenen Alters JEſe 


Ehrifti, wie St. Paulus Epheſ. 4, fchreibet. 


12. Zur welches Kraft wirket dies alles das Evan⸗ 
gelium? 


| Dar heilige Geift muß bad Belte zu Diefen Ex 
den thun, nemlich, daß der heilige Friede m 


Freude in den Gewiffen durch dad Evangelium af 
gerichtet werden. Er muß ten Frieden und alle, 
was fonft mehr zu einem gottfeligen Leben gehört, 
pflanzen, mehren und erhalten. Denn dies iſt fen 
Neid und Amt, wie St. Paulus Röm. 14. bezeu 
get. Darum foll ein jegliher wahrer Chriſt, wäh 


dem, baß er allen jeinen Fleiß wendet auf Dad wahn 


Erkenntniß des Evangelüi, den heiligen Geift von 


Herzen täglic anrufen und bitten, daß er ihn fegmt, 
und ihm einen fieghaften Glauben, Friede, Freude, 


GOttes Liebe und Furcht, ein gerechted, demuͤthiges 
ſtilles, fanftes, nuͤchternes und züchtiged Leben ven 
‚leihen, ftärfen und erhalten wolle, | 


nn 


35 


.uRur nn 


- — 


des Schatzes der Seligkeit. ‚257 


13. Wie fol das Evangelium recht geprebiget werden, 
wenn man die itzt angebentete Nutzbarkeiten dar⸗ 
n aus erlangen will? | 


Gleichwie ein kluger und getreuer Baumeiſter feines \ 


Gebäudes zuvor einen guten Grund leget, ehe er 
Damit fortfähret. Alſo aud) ein kluger und getreuer 


Lehrer fol zuvor einen guten Grund der Seligkeit — 
legen in den Herzen ſeiner lieben Zuhoͤrer, ehe er 


etwas anders mit ihnen anfahe und ſie weiter erbaue. 
Denn was find güte Werke, over. was gelten fie, 
wo das Herz nicht vorhin gut, Das ift, rein, ges 


. fund, willig und GOtt gefällig it? Es fann aber 
kein Herz rein, gefund, willig und GOtt wohlge 


— — nm — —— — 


fällig werden, es fey denn Sache, Daß ed durch Die 
Predigt des Evangelii und durch des heiligen Geiſtes 
Gnade aljo zugerichtet und bereitet werde. Denn al 
lein dad Evangelium, recht und rein geprediget, mas 
det durch Kraft des heiligen Geifted Die Herzen rein 
von Sünden, gefund von Schreden, und willig zu 
allen guten Werten. Wenn -fie aber fein Iuftig und 
willig find in ber Liebe GOttes zu guten Werken, 
alsdenn find ihre Werke recht gut, und gefallen auch 


. Ott im Himmel, denn fie find in. GOtt' gethan. 


Darum wollen es ja getreue Lehrer, welcher Abficht Erftlich 


und Meinung ift, bei ihren lieben Zuhörern die Se⸗ 


of man. 
en Leu⸗ 


ligfeit zu bauen, und rechte gute Werfe aufzurichten, ten wopf 
bei dem rechten Ende anfahen, und einen guten Grunp“nbiben,. 


&flein 


kegen, das iſt, fie wollen das rechte reine Evangelium Eprino 
ihren Zuhörern fo lange fürtragen und einbilden, bisbeworden. 


fie im Slauben und nad) dem Gewiffen rein werben - 


von Sünden, gefund am Herzen, und muthig zu‘ 


guten Werfen. Dies bat St. Paulus getban in als 


len Kirchen, zu welchen er gelommen ift, wie er 
Sprit, 1 Cor. 1. Ih als ein verftändiger 


PP Er — 


und weifer Baumeifter, habe den Grund ges .““ ° 
leget, nemlich ven Srund Der Geligkeit, 
: | 17 oo 


[5 
IN von 


258 Bon den Gnabenmitteln .. 


oder den Grund der Öeredtigfeit, des Tro⸗ 
fte8 und des neuen Lebens. Den Grund der 
Seligkeit und des Heils legen, heißt und ift nichts 
anders, als foldye Xehren den Leuten, vortragen, Das 
durch ihre Herzen rein und gerecht, voll Troſtes und 


Freude, und auch vol heiligen Muths zu GOtt und 


Was fie 


dem Nächten werden. 


Darum follen auch getreue Lehrer das liebe Evans | 


für Wohl gefium ‚ von den Mohlthaten Ehrifti, fuͤrnemlich treis 


von ihm 
haben. 


ben, und ihren Zuhörern wohl .einbiloen, auf daß 
fie alle fämtlich, zuförderft aber die jungen Kindlein, 
wiffen mögen, was fie in ihrer heiligen Taufe ems 
pfangen haben, und anheben Ehriftum wiederum von 
Jugend auf zu lieben. Denn um diefer Lehre willen 


it das heilige Minifterium oder Predigtamt einges 
ſetzet von Ehrifto, und iſt mit unfern Herzen alfo 


getban, daß wir. verfelben Lehre nicht einen Augens 
blic! entbehren koͤnnen, wollen wir anders für dem 
Zeufel Friede haben. Ä 

Iſt demnach hiemit meine ernfte Bitte an alle 
Paſtores und Geelforger, daß fie ja diefe hohe Wohl⸗ 
that JEſu Ehrifti, nemlich, Die Abmwafchung aller 
Sünden durch fein Blut, in der Taufe gefcheben, 
den armen Gewiffen. wollen treulih fürbalten, und 
fie Damit tröften. Denn wir follen nicht unfere Pre 
digten alfo anftellen, ald hätten wir einen Haufen 
ungetaufter Heiden für und, denen ‚man allererft 


ſagen müßte, was fie thun follen, damit fie ihrer 


Sünden los würden: fondern man foll den Chriſten 


dieſe fröhliche Botſchaft fhärfen, daß fie Vergebung 


der. Sünden ſchon hinweg haben, empfangen in ib 
rer Taufe, Und daß fie zu foldem ihrem Hauptgut 
nichtö mehr bedürfen, denn nur einen. fteten Glau⸗ 
ben, der fidy ſolches Schatzes tröftlid anmaße, und 
darauf fein friedlich beruhe. Denn Das Evangelium 
ift eine folche LXehre, welche und anzeiget, was wir 
Gutes in Jeſu Chrifto haben, nad) ven Spruh Pau 
li, 1 Cor. . Wir haben empfangen ven 


‘ ..% 


— 





bed Schatzes ber Seligkeit. 289 


Geiſt, der aus GOtt iſt, daß wir wiffen Pins 
nen, wie reihlih wir von GOtt begnadiget 
find Wir find begnadiget, ſpricht er: Welches güls 
dene Präteritum man wohl in Acht nehmen, und 
für dem Teufel wohl verwahren. foll, daß er ed uns | 
durch feine Lift und Sophiſterei nicht nehme. 
Darnad), wenn man die Chriften in Diefem Stud Damas 
denugfam unterrichtet, und fie nun den heiligen Geiſtdae arifts 
Durch Diefe fröhliche Mredigt empfangen haben, und en 
Dadurch neue Menfhen, ja gute Baͤume worden find, hen 
fol man fie alsdenn zu guten Werfen ermahnen, 


und die Gefallenen allermaßen wieder aufrichten und 


ftärfe n. 


14. Was ſollen getreue Lehrer mehr in Acht nehmen, 


ben richten. Finden fie Unglaubige, Juden oder {en hd 
Heiden, fo füllen fie Fleiß anwenden, daß fie Piesnac ihren 


felben zum hriftlihen Olauben durch GOtt mögendubirern 


bringen, und zur Taufe reizen, auf daß fie Durd) 
dieſe zwei Mittel. Die zeitlihe und ewige Geligfeit 
erlangen, .und dem fünftigen Gericht entgehen moͤ⸗ 
gen. Finden fid aber Glaubige und Getaufte, fo 
follen fie diefelben ftrads für befehrte Chriften ans 
nehmen, und ihnen ihr Gebühr geben, das ıft, ih— 


ren föltlihen und überfhwenglichen Reichthum, wel 


chen fie in der Taufe erlanget haben, in hellen Flaren  __ 
Sprüchen fürtragen und offenbaren. Sehet, liebes. 
Boll, das iſt es, das ihr in der Taufe empfangen Be and 
babet. Das find eure herrliche Kleider und koͤſtliche den Eprıs 
Kleinodien, welche euh GOtt an den Hals EL LITE HE 
hat. So und fo reich ſeyd ihre nun worden ER 
feyd die allerfeligften Leute auf Erden. Ihr habet 

alle Schäge der Weisheit, mit weldyen ſich eure Weids 

heit befümmern foll euer Lebenlang. hr feyp mit - 
dee neuen Gerechtigkeit Ehrifti, mit ver Gnade GOt⸗ 


2 


richten, 


.. 
BE TEST VEEEPOEEEe —4 


' , 


260 Bon den Gnadenmitteln . 


teö, mit dem heiligen Geift überfchüttet und erfüllet. 
Das heiſſet Evangelium previgen: Denn fo babe 
es Die Upoftel geprediget, wie man in der Apoitelges 
fhichte und in ihren Schriften ſiehet. 


15. Was follen fie mehr thun? 


2.304 Die evangelifchen Prediger ſollen auch ihre hriftliche 


nehmung 
des Heils 
ihre Zubd 
z 


erermah: 


Zuhörer, welche Chriftum für ihren Heiland ın feis 
nem Blut erfennen, und getaufet find, zur Anneh⸗ 


nen. mung und Beligung ihrer gefchenften Schäge treulich 
 ermahnen, wie ©t. Paulus thut, 2 Cor. 6. da er 


fpriht: Wir ermahnen eud, daß ihr die Gna⸗ 


de GOttes niht vergeblih empfangen das 


bet. Als wollte er fagen: Ihr habet ist ſchon Die 
Gnade, und alled, was zur Seligkeit gehöret, allein 
febet zu, daß ihr fie dur wahren Glauben anneh⸗ 
met, euch zueignet, für euer Gut haltet, wie fie denn 
in der Wahrheit euer Gut ift, und für euer Eigen 
tbum und Königreih, ald große gewaltige Herren, 
beſitzet. Desaleihen 2 Cor. 2, Wir bitten eud 
an Ehrifti Statt, laffet euch mit GOtt vers 
föhnen, das ift, nehmer die Verheiſſung durd 
wahren Glauben an, und traget fie immer in eurem 
Herzen, und frohlodet darüber, und lebet verfelben 
würdiglich, .ald Die lieben Kinder GOttes. Denn 
an der Annehmung des Heils ift fo viel gelegen, ald 


3. an feiner andern Sache auf Erden. Und weil die 
hen Herzen zu folder Anmaßung fehr blöde find, fo fol 
rung auslen von deswegen verfuchte und vernünftige Lehrer 
dem Wese alle Anftöße und Verhinderung des Glaubens ihnen 


saumen, 


aus dem Wege räumen, und Das Harte fo mildern, 
Daß es ihnen feinen Schaden thue, und fie alfo zur 
gewaltfamen Eroberung ihrer eigenen Veſte fein bes 
herzt madhen, wie GOtt befichlt, Ef. 62. Madet 
Bahn, räumet die Steine auf. Saget der 
Tochter Zion: Siehe, dein Heil kommet. 
Siehe, Da ift es. Deögleihen Ef. 40. Tröftet, 





des Schaßes der Seligfeit. 261. 


— tröftet mein Boll, redet mit Serufalem 
freundlich, wie fie ed gerne hat, wie fie e8 
ibr wünfhen mag. Prediget ihr, Daß ihre Sorge - 
ein Ende hat, und daß ihr alle ihre Sünde verges 
ben fey. 


16. Haft du noch mehr zu erinnern? 


Tat Es follen auch getreue Lehrer die unreifen geifls 4. Die ' 
loſen Widerfpenftigen, welhe dem Wort der N EL Pe 
und der gefchenften Seligkeit feind find und läfterlich hart Mens 
widerfptechen, und die armen Leute zum ewigen Lau⸗ fen. 
fen, und nimmer Ergreifen vermahnen, hart ftrafen, 
‚wie ©t. Paulus gebeit, Ti. 1. und wie er auch 
felber gethan bat faft in allen. feinen Epifteln, fon 
derlich an die Galater gefchrieben, da er ausdruͤckli 
ſpricht, Daß fie werben ein ſchweres Urtheil empfas 
ben, welde ‘die lieben Chriften am rechten Verſtande 
göttliher Gnade, durch den heiligen Geift an ihnen 
beftätiget, irre machen, und ihnen den angezogenen 
Ehriftum wiederum ausziehen, und alio ein anderes 
Evangelium auf vie Bahn bringen, als er gepredis 
et hat. | 
® Ja, GDtt fpricht felbft zu den Lehrern, Ebr. 12, 
Thut gewiffen Tritt mit euren Füffen, auf daß nicht 
jemand ftrauchele, wie ein Blinder und Lahmer, fons 
dern vielmehr gefund. werde. Das ift, ihr Lehrer, 
nehmet euer Amt in Acht, fehet zu, was ihr predis 
get. Habt ihr Heiden für euch, fo yprediget ‚ven 
Heiden, wie den Heiden: Habt ihr aber Ehriften 
für euch, fo prediget den Chriſten als Ehriften. Of⸗ 
fenbaret und verfündiget ven Chriffglaubigen und Ge- 
tauften dad große Gut: welches fie von Chrifte in 
der Zaufe empfangen haben. Gtellet ven Erben, 
ja den Herren ihre Erbgüter zu, und Feharret auf 
diefer Lehre, denn ihr ſeyd Lichter ver Welt, imo 
dies ift euer Amt. Verkuͤndiget den armen Leuten 
ihr Heil aufs fleißigſte, damit fie nicht hingehen, und 


ze m. vr Am 
L} 


262 Men den Sinabenmitteln 


tappen nad) dem Gut, welches fie fhon haben, als 
hätten fie ed noch nicht. Denn wie ihr ihnen vors 
gehet, fo gehen fie euch nadı. Was ihr ihnen pres“ 
Diget, Das willen fie.” Hinket ihr, fo binfen fie auch: 
Gebet ihr aber recht auf, fo gehen fie- auch recht auf, 
Und ſchauet ihr nicht zu fehr auf die Splitter in ih⸗ 
. ren Yugen, ald müßte man von deswegen die Taufe 
‚an ihnen verläugnen, und fie des gefchenften Heil 
berauben. Denn die Splitter fallen wohl aus, wenn 
"das Licht des Evangelii von den geſchenkten Wohl 
thaten erft recht in ihr Herz fcheinet, und laffet euch 
Diesptitfelbft nicht zu beilig dpünfen, Denn ihr tönnet viel 
enueihefeiht wohl Balken tragen, da die andern kaum Splits 
tauften ter tragen. Verdammet ihr aber eure ſchwache Scha⸗ 
—5 fe, von wegen ihrer Splitter, ſo verdammet ihr euch 
ſd dahen ſelbſt auch, von wegen eurer Balken. Der HErr 
ſie ihres Chriſtus hat euch berufen, daß ihr ſeine Schafe wei⸗ 
Kr den follet mit der Lehre von feinem Blut Nah 
dieſer Sache wird freilih der Sohn GOttes fragen 
am jüngften Tage. Er wird nit fragen, wie ars 
tig ihr Die gewöhnlichen Texte Difponiret und abges 
handelt babet, fondern wie treulich ihr feine thenre 
Erben in ihr Erbgut gefeßet, und wie reich ihr fie 
gemachet babet. Da fchidet euch zu, Das wird euch 
gewißlich widerfahren, J 
17. Lieber, fage mir, was bie heiligen Apoſtel für eine 
Art zu prebigen gehalten? 


Wohin dieſe heilige Maͤnner kamen, da ſie wahre Chro⸗ 
-ften funden, welche den HErrn Chriſtum und fein Ben 
dienft erfannt, und dur wahren Glauben angenoms 
men hatten, vebeten fie aus GOttes Wort ferner 
mit ihnen, und legten ihnen bie Hände auf, zur Be 
ftätigung ihrer rechten Meinung und ihres vechten 
. Glaubens, Denn fie führeten die Glaubigen und 
Getauften nicht hinterwaͤrts ind Lerchenfeld, zum 
neuen Grunde, die Seligkeit allererft zu fuchen, ge 


des Schatzes der Seligfeit. | 263 


rade, als wenn fie ihnen noch nicht gefchenfet wäre, 
fondern fürwärts führeten fie diefelben, und fageten 
es ihnen frei ind Angeliht, Daß fie. in der Taufe 
wahrhaftig ſelig worden wären, und daß fie recht 
und wohl daran thäten, daß fie ſolches glaubeten, 
und daß fie ſich ja bei Leib und Gut, von andern 
Wirbelwinden nicht follten umtreiben, noch auf eine 
andere Meinung führen laſſen, wenn auch gleid ein - 
Engel aus dem Himmel, fane. und wollte fie eines 


andern bereden.. 


48 Kannſt du das auch beweiſen? 


Ja, wir ſehen es fein „Ap. Geſch. 11. Denn das 


ſelbſt fie die Gemeine aus Serufalem den Barna⸗ 


bam Antiohiam, die Brüder zu flärfen. Da er nun 
dahin koͤmmt, und fiehet Die Gnade des rechten evan⸗ 
gelifchen Verſtandes und des Glaubens an ihnen, 
wird er froh, leget ihnen die Hände auf, und er; 
mahnet fie alle, daß fie mit feſtem Herzen an dem. 
Herrn und feinen Wohltieten bangen bleiben follten. 

Deögleihen Ap. Geſch. 13. Denn da ermahnet 
St. Paulus die Juden und gotteöfürdtige Judenge⸗ 
noffen, daß fie bleiben follen in der Gnade GOttes, 
Bas ift, im Erkenntniß und Glauben des Heils, zu 
welchem. fie durh GOttes Gnade gefommen waren, 


Denn ed ift nichts, Daß einer eine Zeitlang wollte 


glauben, und in der Gnade GOttes fröhlich wars 
dein, und in der Hoffnung des ewigen Lebens wider 
den Teufel und die Welt mutbig feyn, hernach aber 
wiederum abfallen, durch feine eigene Gedanken, oder 
durch das Rauſchen ver ungelehrten rauhen Prophe⸗ 
ten, welden der grimmige Teufel aus den Augen 
fiehet: fondern man muß beftändig bleiben im Glas 


ben der Gnade, und aller andern angenommenen - 


Güter, will man fie anders behalten, und folder 
gewaltfamen Poſſeſſion, auch ritterlichen Kampfes und 
Sieges, ein Kraͤnzlein der ewigen Ehren erlangen. 








265 Won den Gnadenmitteln 


Desgleichen Ap. Geſch. 14. Denn da ziehen St. 
Paulus und Barnabas hin gen Lyſtram, Iconienund 
Antiochiam, und färfen die Seelen der Jünger, und 
ermahnen fie, daß fie im Glauben Chrifti und ihres 
Heils bleiben, und daß wir durd viel Trübfal ins 
Neid GOttes gehen müflen. 

Deögl. Ap. Geh. 15. Denn da ermahnen Zus 
das und Silas Die glaubigen Brüder mit vielen Wor⸗ 
ten und ftärfen fie. St. Paulus fpricht auch felbft 
zu Barnaba: Lieber, laß und wieder binzicehen und 
unfere Brüder vifitiren, durch alle Städte, in wel 
den wir des HErrn verfündiget haben, wie- fie fi 
halten, das ift, ob fie bleiben bei der erfannten Wahr, 
heit, oder aber nicht? Denn der Teufel ift ein fols 
her Meilter, weldher das’ Licht des Evangelii und 
den Glauben an GOttes Gnade im Hut in ihnen 
zerftören und zu nichte machen fann, durch Das ans 
ſehnliche Prahlen der Sophiften, die traun auch eis 
nen Kopf haben, der nicht geringe ift, wie Die Pas 
tres nicht umjonft gelefen haben. Der Exempel fin 
det man mehr, Up. Geſch. 16.. 18. und 22, 

Es it aus St. Paulo zu erfehen, Daß man den 
Getauften bernad; nichts anders geprediget bat, denn 
von ihrer Taufe und Seligkeit, weil er fait in allen 
Epifteln der Taufe des Heild, der Abwafhung, ver 
Befreiung der Sünde, Zorn, Xeufel und Xod, ver 
Wiedergeburt, der Erneuerung; ver Cinpflanzung 
und Gemeinſchaft Chrijti, der Kindſchaft, ver Gabe 
des heiligen Geiſtes, der Mohlriechenheit, der Dar 
fiellung des Friedens, der Freuden des heiligen Wan 
deld und göttlichen Wefend gevenlet. 

Aber nun ein ander Evangelium auffommen if, 
Darin man die Glaubigen und Getauften erft lehret, 
wie fie follen felig werden, wird der Taufe nicht 
mehr gedacht. Es ift au Fein Leben, noch beiliger 
Wandel mehr bei den Leuten,. fondern alles ift geißs 
lich tod, und darzu voll Geizes, Hoffert und Tro⸗ 
Bed, Daß einem. grauet zu leben, 


— — 


x 


des Schatzes der Seligkeit.. - 265 


19. Die fol ich mich gegen dad Evangelium, wenn «6 
berichteter maflen vecht geprebiget wird, verhalten? 


Mei in diefer angenehmen Zeit das Licht des Evan⸗Vegib dich 


gelit erſtlich durch St. Paulum, darnach durd Mar; mit alten 


tinum Lutherum, helle aufgegangen, alfo, daß ein 


Fleiß auf 
das liebe 


jeder, der nur will, feine Seligkeit, oder feine em⸗ Evange⸗ 
pfangene himmliſche Güter leichtlich daraus erfennen. linm. 


kann; als will es ſich ja gebuͤhren, daß ſich die lie⸗ 


ben Chriſten an dieſem hellen Tage auf keinen Schlaf 


Der Nachlaͤſſigkeit, oder auf nichtige Welthaͤndel bege⸗ 
ben: ſondern ſich vielmehr ermuntern und bedenken, 
was für eine guldene Zeit und herrliche Gelegenheit, 
Meisheit zu, lernen, vorhanden fey, und verfelben 


kluglich gebrauchen, wie St. Paulus gebeut, Röm. 


13. da er fpriht: Werl wir wiffen, daß vie 


Stunde da ıft, aufzuftehben vom Schlef, fins 


temal die Sonne aufgegangen, und die heil; 
fame Gnade im Wort erfihienen, fo laffet 
uns ablegen vie Händel der Finfternig, und 
und begeben auf die Werte des Lichts, und 


"den Herrn Chriftum anziehen, mit allen . 


feinen Wohlthaten. 

Nun it ed Zeit, daß ein jeder die heidniſchen 
Geſchaͤfte fahren laſſe, und fih nur flrads allein, 
oder gar allermelft auf Die Lehre des Evangelit, in 
St. Pauli und Lutheri Schriften verfaflet, mit gan» 
zem Ernft begebe, daß er fi der verdienten und 


geſchenkten Wohlthaten JEſu Chrifti daraus erkundi⸗ 


dige, daß er feiner Taufe Reichthum wohl erfenne. 
Denn foldye Sorge ift beffer, als alle Schifffahrt und 
Handtbierung auf Erden. Und ſolche Weisheit iſt 
beffer, denn alles Silber und Gold, je, alle Perlen 
und Edelgefteine, wenn fie auch gleich eitel Sapphi⸗ 
ren und Diamanten wären. Denn fein gefchenktes 
Heil erkennen, ift ein Born alles himmliſchen Tros 
ſtes, Friedens und Freude. Es ift ver Anfang des 


» 





266 Don den Onadenmitteln 


ewigen Lebens, wie Chriftuß bezeuget, 305.17. Wer 
einen gelehrten und geiftreichen Freund hat, ver halt 
ſich zu ihm, ſollte er auch ferner nah ihm reifen, 
ald die Königin aus Saba nad) des Könige Sala 
monid Weisheit gereifet if. Denn an dieſer Weis 
heit ift viel mehr gelegen,: ald ‘an. ber ganzen Web 
Weisheit. Und weil GOtt der HErr felber indie 
fen edlen Tagen unfere Sonne Licht feyn will, wi 
ber Prophet Eſaias am 60 geweiflaget hat, fo ſol 
von deswegen ein jeglicher Chriſt GOtt den HErn 
um feine Erleuchtung, und um den rechten Verſtan 
des Evangelä, oder um Erfenntniß des Heil vo⸗ 
@ebet eis Herzen anrufen und bitten: Mein frommer Ott: 
de du haft mir in.der Taufe große und gewaltige Schaͤhe 
wegen Ergeſchenket, die ich von mir felbft nicht veriteben ann: 
tat Denn ih bin ein blinder Knabe in geiftlihen ©o 
Säge, hen, und fehe nichts von meiner großen Herrlichkeit. 
Ka, es ift mir gleich eine Thorheit und Gelächter, 
wenn ic fhon viel Davon höre. Mein Mund ſtehet 
nimmer zu, widerzufpreijen, ‘und wider dein beiliges 
Evangelium zu Flügeln. Deromwegen bitte ich Dich, 
erleuchte du mich mit deinem heiligen Geift, und thue 
mir .meine Yugen recht auf, Daß ich fthe meinen gro 
Ben Reichthum und Wuͤrde, die ich in meiner Taufe 
von Dir empfangen habe. Das find bie rechten Wer 
Fe, welche in viefen Tagen geichehen follen, die Werke 
des Lichts und nicht der Finſterniß. Alles andert, 
was Diefen Werken fürgezogen wird, ober mit d 
felben gleich lauft, das iſt nur lauter Traum 
und ein nichtig Ding, wenn es gleich eitel Fuͤrſten 
handel wären. 
.. Darum rathe ich allen Schönen, welhe Chriſtas 
ſchoͤn gemachet hat durch fein Blut und allen Ro 
“den, welche Chriftus reich gemachet bat durch fein 
Leben, daß fie fih in GOttes Wort mit ganzem 
Fleiß umd, Ernft üben, und ſich mit Feinem entſchul⸗ 
- digen, bis fo lange ihnen ihre Schönheit und Reich 
tbum reht fund werde, und fie aus folhem Licht 


ee ee ee — * — — — —— 2 2. — I J MT EEE Zus En 5—57 


des Schatzes der Seligkeit. 267° 


heimliche Sreude erlangen. Denn man fagt fonften 

pon fihönen Leuten: weld eine lieblihe Schönheit, | 
wenn man eine weiſe Seele bat. Snfonderheit ber . 
will ich zu. diefem Fleiß chriſtliche Jungfrauen ermah⸗1636. 
net haben. Junge Herzen ſollen der Welt abgeſter — 
ben, und Paradieſe ſeyn, das iſt, Fuͤrſten⸗Garten, 
gezieret mit allerhand himmliſchen Violen und Ror .. - 
fen. Sie ſollen folgen dem Exempel der fchönenGerticte 
Pulcheria, Kaiſer Xheodofii Schwefter, von weldyer giceppas . 
Nicephorus Buch 14. Cap. 3. eine ſolche Hiftorie rud,von 
feet: Der junge Kaiſer Theodoſius "hat von großer DELTOE, 
Liebe und Andadht zu GOttes Wort Dad Neue Ter weria. 
ſtament felber mit güldenen Buchſtaben auf ein reis 

ned Pergament: Bud) ausgefchrieben, und es mit feis 

ner Schweſter Pulcheria täglich gelefen.. Ef ift auh * 
zu Mitternacht, wenn alles Hofgefinde in Völlerei 

und Wolluͤſten gefhlafen, aufgeftanden, und hat mit 
feiner Schweſter dem HErrn Chrifto zu Ehren Lobs 

lieder gefungen, des Tages aber nicht anders ges . 
than, denn eitel Worte des heiligen Geiſtes gefpros 
‘hen. Pulcheria aber, welche mit einer. brünftigen 
Liebe GOtt verehrte, bat zu Conftantinopel einen 
gülvenen Tiſch in die Hauptkirche verehret, auf daß 
Darauf die Bibel und Sacrament liegen möchte, wel: 

ches Sacrament fie in unauöfprechlicher Ehre und 
Wuͤrden gebalten hat. Wollte es GOtt! daß folder 
Heiligen einer bei und auch feyn möchte, Aber He⸗ 
fiodus klaget, daß Frömmigkeit und Gerechtigkeit in 
‚weißen Kleidern gen Himmel gefahren feyn, und daß 4 

| 


a. -- —— — —— — mn -- — u. 


fie jo bald nicht werden wiederfommen, ein großer _ 
Wuſt aller Gottlofigkeit, Upgeredtigfeit, Hoffart, - 

Trotz, Beratung, Freſſen, Saufen und Unzuht '. 
| —* in ber Welt bis an den jüngften Tag bau ·· 





268 Don den Ginadenmitteln 


20. Ich bin Feine Jungfrau, fondern ein Weltkind, (moͤchte 
einer forechen), was babe ich denn mit GOttes Wort 
zu fchaffen, oder fol ich ein Pfaff werden? 


Dir du ein Weltkind? Ich meinete, du wäreft GDL 
tes Kind, zur Erfenntniß deines Heild, und zu aller 
Dankbarkeit berufen? Bift du denn gar nichts mehr, 
als ein Weltkind, und ift das fo ein Föftliher Ruhm? 
Wiege: Haft du aber nicht gelefen, lieber Alcibiades, was 
faͤhrtichzeevon der Welt und ihren Kindern gefchrieben ftehet? 
Weitfte- Joh. 14. Die Welt fann den heiligen Geiſt 
be. nicht empfangen. 

Joh. 17. SH bitte nicht für die Welt, fon: 
dern für die, die Bu mir gegeben haft. 1 ob. 
4. GOtt if in den Heiligen, der Teufel 

aber in der Welt. 
1 Joh. 3. Die Welt lieget im Argen, das 
iiſt, im Teufel, wie in einem großen Blodöberg, und 
"nimmt von ihm alle feine Art, Natur und Bosheit. 
Höre hie zu, mein zarted Weltfind, was du für eine 
ſchoͤne Dode feyelt, und was der Sohn GOttes von 
Dir redet? Er fpriht, er will nun und nimmermehr 
für dich ein Gebet thun, und du follt die Herrlich⸗ 
feit GOttes nicht beerben, noch befchauen. Aber id 
hoffe, es fey dein Eenft nicht, wenn Du fo vedefl, 
‘fondern du ſeyſt im Grunde ein -viel befferer Chriſt, 
als viel ver andern, welche fi für Studenten und 
Propheten ausgeben, und Das Ziel evangelifcher Weide 
beit nicht erreichen, lernen immer, fommen aber nim⸗ 

mer zum Ende. . 

Bon den Kiebhabern des Worts und der Wahn 
er heit ftehen ſolche Sprüche, Joh. 15. Wer mich lie 
fiepe, um bet, der wird mein Wort halten, und mein Bater 

bie fiebe wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen, 


"öitihenund Wohnung bei ihm machen. Desgleichen, was eim 


Worie. folcher bitten wird, Das will ih thun. Joh. 17. 


Ich Habe deinen Namen offenbaret denen, die du mir 


— — 


— vvvvvv9— ee 
22 


"des Schatzes der Seligkeit. 269 


vor der Welt gegeben haſt. Sie waren dein, und 
du haſt ſie mir gegeben, und ſie haben dein Wort 
behalten. Die Worte, die du mir gegeben haſt, habe 
ich ihnen gegeben, und ſie haben es angenommen 
Darum bitte ich für fie, und nicht für die Welt. al 
led, was dein ift, dad ift mein, und ih babe ihnen 
gegeben bie Syerrlichkeit, die du mir gegeben haft. ' 
Ich bin in ihnen, und du in mir, auf daß fie. volls 
kommen feyn in eins, und die Welt erfenne, daß 
Du fie liebeft, gleichwie du mid) liebeft. 

Darum, wer dad Evangelium hat und alſo hat, 

Daß er es, fo. oft er will, felbft Iefen und hören 
Tann, der danfe GOtt von Herzen dafür, und ger 
brauche feiner weislidy, weil er es hat. 

Es sollen billig vermögende Leute beö heiligen 1. Dante 
Geiſtes Bücher in Sammet und Gold faſſen Inflen,feinzsort, 
und fie in filbernen Laͤdlein verwahren. 

Darnach fol auch ein jeder Chriſt für eine Pers Studire 
ſon, zu aller Zeit, zum voraus aber Morgens, ehe dann 
Die ſorglichen Dörner zeitlicher Güter, in das Herz dig. 
fallen, in heiliger göttliher Schrift ordentlih und 
fleißig ftudiren. 

* Denn wer bie Schrift aufthut, der gehet ins rechte 
— hinein, und findet daſelbſt den Baum des 
ebens. Kein Luſtgarten kann fo liebliche und wohl 
riechende Violen, Roſen, Lilien und Nelken geben, 
als die heilige Schrift liebliche und wohlriechende 
Sprüdjlein. giebt, welcher das Allergeringfte theurer 
zu achten ift, denn Das feinfte Gold in den glüdlis 
hen Inſeln. 

Ein reicher katholiſcher Kaufmann, da er aus ttemel 
Schickung GOttes in feinem Alter über Luthers Bi; xanfe 
‚bel kam, welche er zuvor als Dtterngift vermieden maunt, fo 
und geflohen, weinete er bitterlih, Darum, Daß er Tabns 
fein beſtes Leben ohne fo reichen Troſt hätte zuge; thum bes 
bracht. Ad! fprady er, was habe ic gethban? Um ae 
Geld iſt es mir zu thun gewefen, Geld habe “ bes wie (ich 





270 | ' Bon den Enadenmitteln- 


der Sots fommen, aber den rechten Schaf, den ich itzt ſehe, 
epabe habe ich nicht gefunden. | 
Bin ich doc bei meinent großen Gelde niemals 
von Herzen fröhlih gemwefen: Ja mein fündliche 
Herz ift mir bei den unreinen troftlofen Suͤnden⸗ 
Pfuͤtzen gar verſchmachtet. Noch bin ich über folche 
beillofen Lehre verftürget, gewefen. Aber. GOtt fm 
Lob, daß ich zu diefem Heilbrunnen gefommen, nun 
will ich mich, fo viel ich immer kann, durch EOt 
. ted Önade wiederum ergößen, und mir meine liche 
Nropheten und Apoftel nimmer aus ben Händen 
Tommen laſſen. | 
Wie man, „Es ſollen ſich aber Chriſti Schüler, fo da in 
frugtbarsheiliger Schrift ſtudiren, hiezu gewoͤhnen, daß ſie 
tichin nur auf einmal ein einiges beſonders Bluͤmlein au 
en, einem jeden Capitel heraus nehmen, weldyes fie den 
diren fon. ganzen Tag ber heimlich in ihrem Herzen kaͤuen— 
Hilf GOtt! mad Saft und Kraft wird daraus en 
folgen. Seine fremde Gedanken aber follen ihnen 
»* ſolche Blümlein aus dem Herzen vertreiben, damil 
ſie heilige Würzgärtlein Eöftlicher Pflänzlein feyn und 
-bleiben mögen. 

Fürs dritte foll-auch ein jeder Chriſt täglich mit 
hoher Andacht das liebe Evangelium hören, damit 
das angezündete Lichtlein göttliher Erfenntnif, Glw 
ben, Frieden, famt andern Gaben des heiligen GW 
ftes, in ihm möge wacfen und zunehmen. 

Denn ver heilige Geift wirket fürnemlidy durä 
die mündliche Predigt. des Worts in und, aljo, dah 
vielen über dem ſuͤßen Getöne des heiligen Evangeli 
die Augen übergehen, welches Fein Catholik von fo 
ner Marter s Predigt reden fan. 

Ich habe gefehen, daß ein feuriger Zuhörer mit 
ten unter bem Volk aus der Kirche gelaufen, va es 
faum halb aus gewefen, nur darum, daß er die fröf 
tige Wirkung des heiligen Geiſtes in feinem irvifcen 
Gefaͤß, (wie er fagte,) nicht länger ertragen . 


des Schatzes der Seligkeit. 271 


Was man aber in der Kirche aus oͤffentlichen 
Predigten des goͤttlichen Worts gehoͤret, das ſoll man 
in feinem Herzen, als einen theuren Schatz mit ſich 
heimtragen, und fleißig bewahren. Dehn fo lange 
wir GOttes Wort durch ftete und ernfte Betrachtung 
in unfern Herzen tragen, fo lange find_unfere Hers 
zen Tempel GOttes, und fo lange wirket auch der 
heilige Geift in und, \ 

21. Was hältft du von ben Veraͤchtern und Spöttern des 
| heiligen Evangelii? 
Sieheſt du, Daß einer GOttes Wort, (ich verſtehe 


das heilſame Evangelium von der Gnade OOttes 
durch Chriftum) gar nicht hören mag, dafür fleucht, 


oder fein Gelächter daraus hat, wie gemeiniglich die, - 


“ gottlofen Philöfophen und andere Weltkinder zu thun 
pflegen, fo gedenke nur frei, daß Derfelbige mit etlis 
hen Schod Zeufeln beſeſſen fey. | 

Menn Dir ed aber wieverfähret, mein lieber Pfarr⸗ 
Herr, oder wer du bift, daß dir dein liebes Evans 

. gelium auch veradhtet und verladyet wird, fo betrübe 
did darüber nicht zu Tode, denn: folde Buben, vie 
ihren Spott mir dir treiben, find befefiene und wahns 

. wißige Teufelönärren, die du nicht werth achten fols 

leſt, den geringften Seufzer ihrethalben aus deinem 
Herzen zu verlieren. Es find ſolche Leute, vie fich 

ſelbſt nicht werth achten göttlichen Xroftes- und des 
ewigen Lebens, wie Ap. Geſch. 13. ausprüdlich von 

: ihnen gefchrieben ſtehet. Ä 

| 


Das IV. Capitel. 
Zu 0. 
Dom Slauben 


1. Durch welches Mittel nehme ich den Schatz jr mir, | 
| welchen. mir GOtt durch die Taufe fchenfet, und 
durchs Evangelium offenbaret? 


Dies Mittel iſt der wahre chriſtliche Glaube, 








—* — 


272 Von den Gnadenmitteln 


7 2. Was if das für ein Glaube? 


Der wahre Glaube, welchen GOtt anftehet, ode 
welchen GOtt fordert, ift ein herzlihed Vertrauen 
zu dem Herrn JEſu, daß er ſey des lebendigen 
GSttes Sohn, und unfer lieber Heiland, welcher 
aus großer Liebe, um unferer Sünden willen, am 
Ereuz geftorben, und um unferer Gerechtigfeit willen 

“4 von den Todten erſtanden iſt. 
3. Wie beſchreibet duther dieſen Glauben? 


Glaube iſt es, (ſchreibt er in der Kirchenpoſtill, Win⸗ 
tertheil, ©. 49.) wenn fih ein Menfh des HErn 
Chriſti und aller feiner Gerechtigkeit annimmt, ai 
feines eigenen Gutes, troßet und verläffet fih Darauf. 
Wer alfo an Chriftum glaubet, der zeucht ihn an. 
Wer. aber folhen Glauben nicht hat, ver glaubel 

noch nicht recht, ift auch Fein Chrift, fein Herz wird 
auch nicht fröhlih. Denn allein dieſer annehmlicye 
Glaube mahet wahre Chriften froͤhlich, fiher und 
felig, da muß der heilige Geift mit feiner Kraft woh⸗ 
nen. 


4. Beweiſe mir, daß dies der wahre Glaube ſey? 


— Daß dies der wahre Glaube ſey, kannſt du aus dem 
derwapre Geſpraͤch, welches Chriftus mit Petro gehalten, ab⸗ 
—8 ‚nehmen. Denn da der HErr JEſus St. Petrum 
Matth.is.Iragte, Matth. 16. wad er von ihm bielte, antwor 

tete und fprah er: Du biſt Chriſtus, des Is 
bendigen GOttes Sohn Daraus fihlog ie 
HErr, Daß er den rechten wahren Glauben hätte, | 
“auf welchen er fortbin feine Kirche bauen wollte, fo Ä 
feft, daß auch Die Pforten der Hölle, die allermäd | 
tigften Teufel, fie um ſolches Glaubens willen nicht | 
” Aberwältigen ſollen. 
Denn 


| 
| 
| 


des Schages der Seligkeit. 275 

Denn die Kirche, die Gemeine GOttes, das hei 
Tige werthe Volk GOttes, hat feinen andern Grund, - 
ja feinen andern Saamen, noch Urfprung, denn nur 
allein ven herzlihen wahren Glauben, daß Chriftus 
GOtites heilmwärtiger Sohn ſey. Wer an ven Sohn. 
GOttes glaubet, der, it ſchon wiedergeboren, und . 
bat ein ftattlides Zeugniß und Siegel, daß er GOtt 
zuftebe, und, daß ei gehöre in die heilige Verfamms 
lung, unter die Kinder GOtted, und Theil habe am 
Reich, das it, an allen bimmlifhen Gütern GO 
ted, und daß er im Heil alfo gegründet fey, und 
Daß er für der aͤußerſten Macht des Teufels wohl 
bleiben fol. St. Paulus. befennet ed auch, daß Died, user, 
Der einige wahre feligmachende Glaube fey, indem er Paulo, 
Roͤm. 10, ſpricht So man mit dem Herzen ", 10» 
glaubet, und mit dem Munde befennet, daß 
JEſus ver HErr fey, welden GOtt aufers 
wedet babe von dem Tode, fo wird man 
felig. | | 
Deögl. St. Johannes, 1 Joh 4 und 6. Wer, 51.30 
da glaubet, daß ZEfus der Chriſt fey, der ꝰ; 
it aus GOtt geboren, und in demfelben 
wohnet GOtt, und er in ibm, Br 
Und D. Martin Luther fihreibt Theil 4 Wittenb.z, Autper, 
©. 311. daß Died der einige wahre Glaube fey, wenn 
man den apoflolifchen oder chriltlichen Glauben mit 
Herz und Mund betet und fpriht: Ich glaube an 


ZJEſum Chriftum, GOttes eingebornen Sohn, uns 


fern HErrn, empfangen von dem’ heiligen Geift, ge 


boren von der Jungfrauen Maria, ꝛc. Die Worte. 


Lutheri find dieſe; Es iſt fürwahr ein wunderbarlich 
Ding, daß die Erlöfung unfertbalben fo leicht ſoll 
sugehen, und ſolch trefflich groß Werk ausgerichtet 
fol werden, allein durdye Wort und Blauben, fo 
daran haͤnget. Denn es fol nicht menſchliche Huͤlfe 
dazu fommen, fondern nur allein das Wort, das 
wir bier fprechen: Ich glaube an JEſum Chriſtum, 
für mich empfangen, geboren, arfesubiget, geftorben, 


274 : Don den Gnadenmitteln 


begraben, auferftanden: Welches zu rechnen auch die 
Kinder in ver Wiege können, damit ſoll ſolch treff⸗ 
lich Werk ausgerichtet werden, Daß wir Dadurd) neue, 
reine, gerechte und angenehme Creaturen feyn follen, 
welchen GOtt nach dem Sterben will den Himmel 
geben. So weit Luther 

Derowegen, wo nun folcher Glaube iſt, oder wer 
ſolchen Glauben hat, der wiſſe auf das Sicherſte, 

: daß er den wahren ſeligmachenden Glauben habe, und 

fen. nun binfort des Glaubens halben unbefümmert. 

Denn ed ift fein anderer Glaube den Menſchen ges 

geben, dadurch fie koͤnnen felig ‚werden, denn nur 

allein der ſchlechte einfältige Glaube des Herzens an 

JEſum Khriftum, daß er GDttes Sohn, und unfer 

lieber Heiland ſey. je einfältiger einer Died glaubet, 

| je beffern Glauben er hat, und je näher er dem Heil 

. iſt Einen ſolchen Menſchen hat GOtt angeſehen 

mit den Augen ſeiner Liebe und Treue, und hat ihm 

das beſte Kleinod. geſchenket. Er hat ihm geſchenket 

die Wurzel und den Baum des Lebens, ewiglich hat 

| er ihn auserwaͤhlet. Und ein folcher Menfh mag 
such ‚wohl froploden, und GOtt danken. 

Zum andern wiſſe auch ein ſolcher Glaubiger, ba 
er nun wahrhaftiglich befehret ſey. Denn die einige 
wahre Bekehrung ftebet im. Glauben an Chriſtum, 
wie St. Petrus bezeuget, 1 Petr. 2. Ihr waret 
weiland wie die irrende Schaafe, Ser nun 
feyd ihr befehret zu dem Hirten und Bis 

| ſchof eurer Seelen. 


5. Warum erwaͤhneſt du dies in fie ; baß der Glaube 


—5 ſind viel | und zwar nicht geringe — in 
beß dider dieſem falſchen Wahn erſoffen, daß ſie noch nicht be⸗ 
Sunden. kehret ſeyn, weil fie noch Sünden haben, ob fie gleich 
| ‚an Chriftum glauben. O gedenfen fie, wenn willt 
— du dich auch "einmal recht bekehren? 


— — 5 —7— — — En 2 “ — — — En 


des Schatzes der Seligkeit. 275 


Und weil fie fi) an ihrem Leben felbft fo ärgern, . 


fo werden fie durch dieſe Gedanken abgehalten. von 
dem Vertrauen der Gnade GOttes, ja- von allen 


: Berheiflungen des Evangelii. Sie nehmen fi) Feines 


Troftes an, fondern laflen alles fürlber gehen. Denn 
fie find noch nicht befehret.. Unter allen Schalkhei⸗ 
ten des Teufeld ift dieſe' nidyt die Geringſte. Und 
entſtehet ſolche Blöpigkeit fürnehmlid aus dem Ze 


tergefchrei der rauhen Propheten, welche felbft nicht 


wiflen, was jie fagen, und auch nicht thun, was fie 


Ichren. Nun ift wohl wahr, ja es ift zumal billig - 


und recht, Daß ein neuer Menfh, welder nun in 
einem neuen bimmlifchen göttlichen Stande ift, oder 
GOttes Kind ift, ſich durd den Geift der Wieders 
geburt und Erneurung täglich mehr und mehr reinis 


gen, von der Anklebenden Sünde, und dem Leben. 


GOttes immer näher und näher fommen fol, Denn 
GOOtt hat und wahrlich nicht berufen zur Unreinig⸗ 
feit und Ungerechtigkeit, fondern zur Neinigkeit und 
Gerechtigkeit: Aber da gleich desfalls bei den lieben 
GSttes Kindern nody etwas verfäumet würde, daß 


fie ſich ſo bald nicht ermuntern koͤnnten vom Schlaf - 


der Sünden, oder es bliebe noch Unvollfommenpeit 
bei ihnen, wie denn wohl bleiben wird, fo lange wir 
bier leben: So fol man Barum gleihwohl an der 
wahren Belehrung nicht zweifeln, noch ſich darum 


für unbelehrt halten, fonvdern mitten in der dußerften 


Schwachheit foll man fich für. einen wahren befehrten 


- Chriften halten, um des Glaubens Chrifti willen, 


welcher Glaube alles in allem ift, und den Menſchen 
für GOtt recht neu. und theuer machet. Denn wie 
gefaget, und aus St. Petro bewähret, der Glaube 
an Chriftum ift die einige wahre Belehrung, welche 


für GOtt gilt. 


Hieher gehören bie edlen, theuren Sprühe Lu⸗ 
tberi, weldye mir einmal ein feiner’ alter gelehrter 
Herr gegeiget hat, “ 


18 * 


N Ve VE 


276 Bon den Gnabenmitteln 


In der Kirchenpoftill am Tage der Kirchweihung, 
©: 66. Wenn das Gefchrei ausgebet: Das Weich 
der Himmel ift nahe herbei Tonnen, beijert euch! 


Da hat der Menſch feine Zuflucht zu feinen Werfen, 


aber er richtet nichts damit aus, er bleibet unſtet, 
wie vor: denn die Werke ftillen das Gewiſſen nicht, 
machen auch feinen Frieden im Herzen. Wenn aber 


# 


Chriftud der Heiland und Friedefürft fommt, und ' 
der Glaube fich feft daran hält, da höret ver Uns 


friede auf, und die Pforten der Höllen mögen fol 
ches Gewiffen nicht überwältigen, 

Ebendaf. am Sonntage nad) Oftern, S. 36. Wenn 
du die fchönfte Frucht waͤreſt, fo die menſchliche Nas 
tur tragen: fann, fo fannft du doch GOttes Reich 
nicht fehen, Du werdeft denn gar ein anderer Menſch, 
von neuem geboren. Das wirft du aber felbit nicht 


anfahen mit Deinen Gedanken und Kräften, denn du 


kannſt dich freilich nicht anders machen, al3 du ſchon 
geboren bift, von Vater und Mutter, fondern GOtt 
muß ed in dir anfahen, und feinen Samen Dazu ges 
ben, nenlih, fein Wort, dadurd der heilige Geiſt 
in dir wirke, daß du mit dem Glauben daran haͤn⸗ 
geft. Hoͤreſt du Das Evangelium von Chriſto, und 
glaubeft demfelbigen von Herzen, fo bift du von 
GOtt empfangen und geboren, bift eine neue felige 
Creatur, und kannſt die Welt,‘ das ift, den Teufel 
mit aller feiner Gewalt überwinpen. 

Ebendaf, Wintertheil, ©. 14. Das Evangelium bes 
kehret Die Menſchen zu Ehrifto, und fonft zu niemand. 


Darum läffet er au das Evangelium ausgehen, und. 


fendet Prediger, daß er dadurch ung alle zu ſich zie⸗ 
be, daß wir ihn erkennen, wie er gefaget, Joh. 12. 
Benn id erhaben werde, will ih fie alle 
zu mir ziehen. | 

 Diefer getreue Unterriht von wahrer Belehrung, 
boffe ich, ſoll vielen Verſtaͤndigen lieb feyn, fürnems 
lid) den blöden .und vermwirreten Schäflein, welde 
für ihren Sünden und Unbußfertigkeit nicht wohl har 


— 


des Schatzes der Seligkeit. 277 
ben ſchlafen, ja ſich keines evangeliſchen Troſtes ans 


nehmen koͤnnen. Dieſe werden, hoffe ih, ein Herz 


faſſen, und nunmehro für bekehret halten. Jedoch, 
daß ſie nicht ablaſſen, durch ein tiefes Seufzen zu 
GOtt, und durch Hülfe des heiligen Geiſtes, ihr 


ſuͤndliches Leben zu beſſern. 


6. So höre ich wohl, daß Luther auch dem Olauben viel | 
zueignet? 


J Freilich thut er das, wie Du aus den angezogenen Luther. 


Zeugniſſen erſieheſt, und aus dieſem erſehen kannſt, 


welches. in feiner Kirchenpoſtill am Pfingſtmontag ſich 


befindet. J 
Der Glaube, ſpricht er allda, iſt das güldene 


- 2ädlein, darin man den Schatz legen ſoll. Denn 


wie GOtt den Geber, der durch feine Liebe ſolches 
ſchenket, alfo find wir die Nehmer durch ven Glaus 
ben, welcher nichts thut, denn ſolch Geſchenk empfa⸗ 


Bet: Es iſt ſchon alles dargeſchenket und dargegeben, 


allein daß Du das Herz aufthuſt, und ſtill haͤlteſt, 


“ und läffeft dich füllen. - 


Und bier fieheft ou, was der Glaube fey, nems 
ih, ein folh Herz, dad darin ſich fchleuffet und 
foffet den Sohn GOttes, wie Diefe Worte lauten, 
und gewißlicd dafür halt, Daß GOtt feinen eingebors 
nen Sohn für uns gegeben, und uns alſo gelieber, 
daß wir um defielben willen nicht verloren feyn,- fons 
dern dad ewige Leben haben follen. | 

Und ein folder Glaube fiehet nit nach feiner _ 
Stärke oder Wuͤrdigkeit, wie die Reber träumen, fon. 
dern äußert fi felbft, und hält fih an Chriſtum, 
und ſchleuſſet ihn in fi, als fein eigen gegeben But. 
Denn der Glaube ift ja nicht der Schag von GO 
gegeben, daran man glauben foll, fondern Chriftus 


‚ ®Dttes Sohn. 


Aber, wie groß und unausͤſprechlich dies alles iſt, 


ſo if doch Dagegen viel größer und wunderbarlicher, 


278 | Don den Gnadenmitteln 


daß ein menfhlid Herz alles fol Fönnen glauben, 


Denn da muß ein Herz fenn, dad ba. kann faffen, 


. "mehr, denn Himmel: und Erde vermag zu begreifen; 


dag man muß feben, was für eine treffliche, göttliche 
Kraft und Werk ver Glaube 'ift, der da kann Der 
Natur und. aller Welt unmöglicdhe Dinge tbun, und 
nicht weniger Wunder ift, denn alle GOttes Wun⸗ 
ber. und Werke, noch größer, denn ‚dad, daß GDtt 
iſt Menſch worden, von einer Jungfrauen geboren, 
wie St. Bernhardus ſagt; Denn alles iſt gar zu 
gkoß, und des Menſchen Herz gar zu Flein, enge 


| und ſchwach, daß es für folder Größe fi ch entſetzen 


und erſchrecken muß. 
Darum gehet es auch in großer Schwachheit zu, 


und kann auf Erden nimmer alſo erlanget und gefuͤhlet 


werden, wie es ſollte, ſondern bleibet noch immer 


im Wuͤnſchen und Seufzen des Geiſtes, welches auch 
dem Menſchen ſelbſt unausſprechlich iſt, da das Herz 


ſaget: O, daß es wahr waͤre! Ach, wer es koͤnnte 
glauben! Aber dennoch thut ſolches Seufzen und 
Fuͤnklein des Glaubens fo viel, daß es GOtt für 
einen voͤlligen Glauben rechnen wil. 
Im Wintertheil der Kirchenpoſtill, S. 118. 
Der Glaube machet aus Chriſto und den Men 


ſchen ein Ding, daß beider Habe gemein werde. Was 


Chriftus ift und hat, das ift des glaubigen Menſchen 
auch, und wiederum. 
Ebendaſ. S. 149, 
Der Glaube iff ein groß Ding. Denn er brin 
get dem Menfchen alle Güter Chriſti, und nmachet 
ihn fuͤr GOtt rein, erecht und ſelig. 

Ebendaſ. S. 117 

Der Glaube vertilget die Suͤnde, und machet 
die Perſon gerecht und angenehm. Wenn aber die 
Perſon gerecht und angenehm worden iſt, ſo wird 
{fr der heilige Geiſt und bie Liebe eingegoſſen, daß 
ſie Gutes thun mit Luft. 


Des Schatzes der Seligkeit. 279 


Te Damit ich dies alles beſſer verſtehe, berichte mich, was. 
* an GOtt glauben heiſſe? 


Mn SO glauben heiffet,.. fi fih fröhlich auf GOttenSis fell 
väterliche Gnade verlafien, in allen Sachen fidy alles Böttes 
Gutes zu ihm verfehen, und alles Gutes von ihm. Gnade 
gewarten. Und dafjelbige follen wir audy thun. Wir rrlaflem 
folfen unfern Glauben und Vertrauen auf Feine Ereas 

tur ftellen, fondern allein auf GOtt. Denn feine - 
Creatur fann und weder Gutes, noch Boͤſes thun, 

es ſey denn GOttes Wille, wir felbit Fönnen uns 

auch nicht rathen, noch helfen. Das gefällt GOtt 

dem HErrn wohl, und alle die ed thun, hält er 

für feine liebe Kinder, und erzeiget fi gegen ihnen 
in allen Dingen, wie ein freundlicher Vater. Wer - 
fih aber auf Menfchengunft, Kunft und Gewalt vers 


= laͤſſet, dDerfelbe Glaube ift nicht recht in GOtt, und 


vertradet ihm nicht recht, und ihm kann auch nicht 
geholfen werden. 

Derowegen ſoll man alle Ereaturen fahren laſſen, 
und ſich allein an GOtt halten. Denn weil nun 
der HErr JEſus feine Glaubigen und Getauften bes 
freiet hat von dem Zorn GOtted, und fie gefehet 
mitten in ten Gnadenfhooß - GSites, ſo ſoll nun 
von deswegen ein jeglicher Glaubiger und Getaufter 
dies wiſſen, und auch von Herzen glauben, daß nun B 

ber Zorn GOttes durch das Blur. IEſu sanlih_a -. 
toͤdtet und getilget ſeyn, und daß er nun in der 
hoͤchſten Gnade bei GOtt ſey. ein jeglicher ſoll ihm 
die Gnade GOttes auf das Allerkoͤſtlichſte und Lieb⸗ 
lichſte einbilden, wie er immer kann. Er ſoll ſich 
zum Gnadenkinde ſetzen, welches GOtt mit den al⸗ 
lerliebften und freundlichſten Augen anſchauet, wel: 
chem er zulachet, welches er herzet und kuͤſſet, wel⸗ 
chem er ſonderlichen Segen und Befoͤrderung zuſa⸗ 
get. Sprich: GOtt iſt mein Vater, ſo bin ich ſein 
Kind, welches er im Herzen lieb hat, darum ſo wird 
er mir ir auöhelfen, durch ſeinen lieben Sohn, aus allen 


2202 Don ben Gnadenmitteln 
meinen Noͤthen. O er wird mir noch wohl tbarm, 


‚nah feinem Wort: Wie will ich dir ſo wohl thun, 
Ephraim, du mein trauted Rofenfind. Er wird mir 


fo helfen, daß fih verwundern werben alle meine 


Feinde, und alle die, fo es hören. Denn Darum 


bat er mich erniedriget und unterdrirden laſſen, auf 
Daß er mid noch hebe. Er wird mir geben das 


‚Süße meines Herzens. Meines Herzens Wunf wird 
mir noch zulachen. Er wird mid) feßen unter Fürs 


ſten und Fürſtenkinder, daß ich ihnen zeige ihr Heil, 
und fie damit erfreue, er wird mir Frieden geben 


-und frönen mit Segen. Siehe, das ift der redhte 


Was an 
GOtt 


Gebrauch der Gnade GOttes, und auch der wahre | 
Glaube an GOtt. Denn an BOtt glauben, iſt nicht 


ganben ein Schlechtes. Es ift dad allerhoͤchſte und fchwerefte 


eiffet, 


s 


‚Sonnen, und aus allen Befchwerniffen und Sm 


Werl. Es begreifet viel in fih. Es beiffet für GOt⸗ 
tes Zorn ſich nicht mehr fürchten, für Feinem Dom 
nerfhlag erfchreden, ſondern fih zu GOtt aller vaͤ⸗ 
terlichen Liebe und Treue verfeben. Er heiffet m 
GOtt froͤhlich ſeyn immerdar, und ihm wiederum 
lieblich und freundlich zulachen. Es heiſſet, ſich zu 
ihm ſchicken, und fid freundlich zu ihm thun. Dies 
Vertrauen zu ibm haben, er werde unfere Moth ers 


wehe erretien, und und geben, was wir gerne bäb 
ten‘ Denn ver Glaube iſt eine füße und fröhlide - 
Zuverſicht und Hoffnung zu GOtt, welde einem bei 
Herz lebendig madet. “ 

er nun ſolches thut, Das ift, wer Die Gnade 
GOttes durch wahren Glauben annimmt, und fd 
Tühnlich Darauf verläffet, ja gleich in der Gnade waw 
bein, wie in einem hellen Glanz,, und die allerbeſten 
Gedanfen von GOtt hat,. der handelt kluͤglich, un 
der hat auch gewißlich das Reich GOttes des füßen 
Sriedens und der füßen Freude in feinem Herzen. 
Denn durch Betrachtung und Annehmung der Gnadt 
kommt allein das Reich GOttes zu und Mer eb 


j aber nicht thus, der iſt ein unfeliger Chor. Dean 


& 


des Shates ber Seit, 1281 


+ Feine größere und verbammtere Thorheit auf Erden 


gift, als am Chriſtum glauben, und getaufet ſeyn, 
gund dennoch gleichwohl an der Vergebung und an 
re Der Gnade zweifeln. | | 


ii 


wendig Ding ſeyn muͤſſe. 


| Brei ‚. wie Luther bezeuget, in der Kirchenpoſtill, Be 


in Sommertheil, ©. 8. Weil dies alles, (ſchreibt 
er dort) GOttes Wahrheit ift, fo gebübret und bei 


dem hoͤchſten Zorn und Ungnade GOttes, ſolches al⸗ 
les von GOtteswegen ‚anzunehmen, und mit dem 
Glauben daran zu halten, auf daß wir nicht in 


Suünde fallen, die da Acht kann vergeben werden. 


"Denn wenn OOtt gnaͤdig ift, und alle Sünden ver 
geben haben will, und der Menſch durch feinen Uns 


glauben GOttes Wahrheit und Gnade Lügen ftrafet 
und von ſich wegwirft, das ıft Suͤnde über alle Sun⸗ 


8. Ich merke hieraus, daß ber Glaube ein aberaus I 


ve. Wenn andere Sünden find wider GOttes Ge ' . 
feg und Gebot, die find noch alle unter der Verges 


bung, aber wer dem Evangelio nit glaubet, und 


des HErrn Eprifti Werk und Verdienft nicht annchs . 


men will, der verfündiget fih hundert taufendmal 


tiefer und fhwerer: Denn er firebet wider die Gna⸗ 


de, und beraubet fich felbit der Vergebung, 


Jenaer Poftil am Pfingfttage, ©. 71. Iſt daB . 


nicht ein großer Jammer, daß wir ſolche Güter ha⸗ 
ben, und follen diefelben dennoch fo fchändlich ver⸗ 


achten: Ja nicht allein verachten, fondern auch das . 


Widerſpiel achten und lieben, nemlich Sinfterniß, das 
iſt, Sünde, Ungnade, Hölle und Tod. Die Welt 
mürde nicht verdammet um ihrer Sünde willen, daß 


fie nicht gehalten hat, was GOtt durch Moſes hat 


geboten, fondern das ift das Gericht, daß fie den 
Sohn nicht will haben, daß ſie im Sohn nicht will 


gerecht ſeyn, daß fie ſich von GOtt nicht will lieben Fi 
laſſen, und * fie nicht will das ewige Leben baden 


. 


“ ⸗ 


A a 4 


282 Don den Sinadenmitteln 


Pfui dich an, du: verzweifelte Hure, bu verfluch 
Melt, fo laß dich ben Teufel lieb haben. Das i 
Das. Gericht, fpricht er, daß die Welt ihr nicht wi 
Laffen fhenfen, will ſich nicht laſſen lieben und eb 
sen, will nicht bad ewige Leben haben. . 
Welches Weil nun GOtt der HErr keinem Wenſchen ana 
der wahre Dig ſeyn will, e8 fey denn Sache, Daß er in Da 
“nie muth feine vielfältige Cebrechen erfenne, und feinen 
an ° fieben Sohn Chriſtum zu feinem Erloͤſer annehae, 
und von Herzen an ihn glaube, wie Ef. 66. Joh. 1. 
und Röm. 5. bezeuget wird: So fiehe wohl zu, daf 
du mit feſtem Glauben GOttes angebptene Gnade 
_ annehmeft. Aber fiehe daneben wohl zu, wie ds 
glaubeft. Denn wer da recht glaubet, der empfahet 
und hat die Fülle ver One, wer aber nicht glau—⸗ 
\Y bet, der hat fie nicht. Dies ift aber der rechte wahre 
\ hriftliche Glaube, wenn ſich einer mit ganzem Her 
zen an Chriftum hänget, und ſich mit ihm durch eu 
nen liebhabenven Glauben vereiniger, wenn einer alfa 
Lines gedenket und fpriht: Ah HErr Chriſte! Du emiger 
- . land. GOTTES Sohn! du bift ja mein lieber Heiland, 
367 für mich gekreuziget und geſtorben, du haft ja dein 
" heiliges Blut für mid) vergoffen am Greuz, zur Ber 
gebung meiner Sünde, du bift aud vom Tode cr 
ftanden, dir fey ewig Lob und Dank. . 
Denn höher kann man es doch mit dem Glauben 
nicht bringen, und mit folhem Glauben ift auch 
GOtt wohl zufrieden. in ſolcher Glaube iſt ein 
purdringenber Glaube, welder durch Chriſtum pin 
durch Dringet, und ſich mit ihm vereiniget, und den 
Menſchen bei GOtt eben fo lieb und angenehm ma 
het, ald Ehriftus felber iſt, wie er fpridt, Joh. 15 
„Ihr feyd in mir, und ih bin’ in euch. Desgl. 
op. 17, Die Liebe, damit du mid, heiliger . 
Vater, liebeſt, iſt in ihnen. Denn ich bin 
in ihnen, wie du in mir biſt. Das find hohe 
ſtatiliche Worte, die man im Herzen über Tiſch und | 


| 


m 
.. 


u Ve res TE En En EEE SEE 4 


des Schatzes der- Seligkeit. 2 . 


be fonft wohl kaͤuen, und von welchem man berrlihe 


Geſpraͤche halten fol. | 
Mer nun folhen Glauben für fih bat, der fol 


an GOttes Gnade nicht zweifeln. Denn ift Dad ges - 


wiß, fagt Gregorius, daß du an Ehriftum recht glau: : " 


beit, fo ift das auch nicht ungewiß, Daß du einen: 


m. Du. „. u 


— — — w- 


ein wahres Fundament der Gnaden, mehr als aller 
Menfhen Verf und Wuͤrdigkeit. Ein glaubiges Herz 


. gnädigen GOtt im Himmel babeft.. Der Glaube iſt 


ift die rechte Bundeslade, die rechte Ruheftätte GO | 


tes, auf welcher die. Gnade GOttes mit allen beilis 
gen Seraphim und Cherubim ruhet. Haft du aber 


folhen, Slauben nicht, fondern lebeſt in Verachtung. 


. göttlichen Worts und den hochwuͤrdigen Sacramens 
ten, in Geiz, Hoffart, Freſſen, Saufen, Unzudt und -. 
andern gräulihen Sünden, ohne einige Buße und 


A 


Beſſerung, fo magft du billig an der Gnade zweifeln, 


9, Ich vernehme and gegebenem Bericht, daß der wahre 


Glaube nicht nur ein bloßer Wahn feyn müffe, fon 
bern etwas Kräftigers und Beſſers. 


{ Du biſt auf dem rechten Wege. Denn der wahre 


Glaubẽ iſt nicht allein das bloße Erkenntniß JEſu 


Chriſti, oder die bloße Hiſtorie von Chriſto, wie er 


gekreuziget und auferſtanden ſey, ſondern auch die 
Application oder Annehmung aller Fruͤchte des Todes 
und der Auferſtehung Chriſti, uns in der Taufe ges 


ſchenket. Als wenn einer von Herzen glaubet Versp,, wab⸗ 

gebung feiner Sünden, neue Gerechtigkeit, die Kind⸗te Glaube 
ſchaft GOttes, die Einwohnung des heiligen ne 
ſtes und ..ein ewiged Leben, und wandelt mit -gans um, ® 
| zem Herzen in ſolchen Gütern. Solcher Glaube als- J 
lein machet ſelig. Denn die Güter. JEſu Chriſti, 
‚und in der Taufe geſchenket, wollen durch wahren 
Glauben angenommen feyn. Wer fie annimmt, ver 


Ze — 


nicht, ob er gleich tauſendmal Chriſtum nach der 


bat fie, wer fie aber nicht annimmt, der hat ſie 


. ‘ 


284 Bon ben ‚Onadenmitteln 


Hiftorie kennete, und von feinem Blut viel wäfte za 
fagen und getaufet wäre. Daher fpriht man: Die 
Merl muß im Golde feyn, foll dad Gold dem HErru 
gefallen. | 

Beſiehe dafelbft mehr von diefem Punct, und wie 


der Verfaffer der Augsb. Confeſſion und derfelbigen 
Schutzrede und Goncordiens Formel beweifet, Daß ver 


wahre Glaube die Gnade GOttes und die Güter 
ergriffen und annehmen mäfle. 


10. Muß denn ein glaubiger Eprift Ehrifti Güter für fein 
halten, wo er ſich rühmen will, daß er ben wahren 
Glauben habe? 


Fa, es follen ſich die Glaubigen aller Güter Chriſti 


ASS 


durh wahren Glauben alfo annehmen, ald wären 
fie ihr eigen, wie fie denn auch find. Sie follen die 
jelbe mit voller Macht, im velten Vertrauen befiten. 
Sie follen verfelben Könige und Herren ſeyn. Ein 
jeder fol ſprechen! Siehe, das find meine König 
reihe! Denn hat uns ver HErr Chriftus die Selig 


keit in der Taufe gefchenket, wie follten wir und ver 


felben nicht annehmen, noch diefelbe für unfer Eigen 
tbum halten? Das ift ein feiner Erbe, ver feine 
Erbfchaft verfehmähet! Die Zuriften haben viel von 
folhen Sachen gefchrieben. Bin ich felig, woblen, 
fo will ih mich für -felig halten mein Lebenlang, und 


. Tein Teufel fol mir diefen Troſt, mit allen feinen 


Anfehtungen von meiner Sünde ynd Unwuürdigkei 
aus meinem Herzen reißen. Denn meine Suͤnden 
find mir nun zugededet: ja gänzlich vergeben, ders 
wegen koͤnnen fie mir an der Erbfchaft des Reich 
GOttes nicht fhaden. Dies ift mein Reich, daß ih 
Vergebung aller meiner Sünden habe, durch das 
Bad der Wiedergeburt, da ich ein glutnener Menſch 
worden bin. Will aber darum nicht fündigen, fon» 
dern fo oft ich fündige, will ich mich des Reihil 
GOttes und der Vergebung wider meine Suͤnde 


——— TE En 5 En Su m Tr T — — — 77 -n 7 EEE Te 7575 —5— 7 — 


des Schatzes der Seligkeit. 285° 


tröften. Denn die Vergebung nimmt alles hinweg, 
“und machet alles ſchadlos. Solches Glaubens will 
ich leben. Denn ver Blaube des Heild ift allein 
Das einige wahre chriftliche Leben, Davon weder Heis 
den noch Heucdhler etwas wiſſen. Die fauerfebende 
Heuchler fuchen ihr Heil: Ich aber befige mein Heil, 
und will es auch befigen ewiglich. 

Zu ſolcher Uebung, und zu ſolchem Leben des 
Heils, ermahnet uns der Herr Philippus gar treus 
lich, im Artikel von der Taufe, da er alfo ſpricht: 
Eines glaubigen und getauften Chriften Leben fol 
nichts anders ſeyn, denn eine ſtete Uebung ſeines 
Glaubens, oder ein ſteter Glaube feines Held, Er 
fol immer ſprechen: Ich bin in Gnaden. Denn es 
ift nicht genug, daß man glaube, Chriftus babe fein 
Blut für und vergofien, fondern wir müffen auch 
glauben, er habe uns mit feinem Blut eine ewige 

Seligkeit erworben, und und diefelbige in der Taufe 
geſchenket. Diefer. Glaube machet einen Unterſchied 
zwifchen Ehriften und Unchriften. Dieſer Glaube ift 
die Kürtrefflichleit der Fürften. | 

Die Concordien: Formel, weil fie zurüde ſiehet Concor⸗ 
in unferer KirchensSeribentens Bücher, darf fagen, Men 
daß die, welche ihnen das Heil durd wahren Blau 
ben nicht appliciren, ſondern noch Daran zweifeln, 
verloren feyn, ob fie gleich ſchlechtweg an Chriftum 
glauben und getaufet find. Denn allein der Glaube 

‚an GOttes Gnade made felig. Dies find die Wor⸗ 
te, fol. 274. Die Gerechtigkeit wird uns durchs 
Evangelium fürgetragen, und durch den Glauben 
appliciret, zugeeignet und angenommen, Daher has 
ben die Blaubigen Vergebung ber Sünden, GDited 

Kindſchaft und Erbſchaft des ewigen Lebens, Des⸗ 

gleichen fol. 277. Der Glaube ergreifet vie Gnade 

OSttes in Chriſto, Dadurd wird Die Perſon gerecht 

für GOtt. Iſt dem fo? Werden wir dadurch ges 
teht und GOttes Kinder, wenn wir und die Ges. 
rechtigleit und Kindfhaft GOttes durch den Glau⸗ 


j 


. 
a 
— — — — — — _a. =. 


% 
286 Von den Gnadenmitteln 


ben appficiren, wo wollen die denn bleiben, welche 
foldyes ihr Lebenlang noch nicht gethan haben ,„ fon 
dern leben im Zweifel ihres Heild, und warten fein 
ernftlic) in jenem Leben, ja heiflen unfere Lehre Ke⸗ 
zerei? Sind. Die nicht mit dem Herzen weit genug 
ab von der Formulg, ob fie ſich gleich mit dem Munde 
befennen? O des ungeſchickten und ungereimten We 
ſens! Mid, veucht, vielen fey das Gehirn im Kopf 
umgefechret.. = 


11. Nun idy habe bie wahre Glaubens⸗Eigenſchaft wohl 
verftanden, berichte mir doch etwas von feiner Wirs 
fung und Nugen? 


Gar gerne, merfe nur fleißig Darauf. 
12. Mad wirket denn ber wahre Glaube ? 
Er wirket große Dinge , die feinen Fuͤrſten dieſer 


Welt, das ift, Feinem hochgelehrten Sofrates, Pla⸗ 
to, Ariftoteles, Porphyr nie ind. Herz fommen find, 


Heil und nemlih, Heil und Geligkeit, wie die Wahrbeit und 


Seligkeit,, 3 Leben fpricht, Marc. 16. Ber da glaube, 


Mo der 


— ⸗ 


e 
Kraft. 


J — — ze zen oo. 
. 
‘ 





Stande . . 
it, dabatted, daß da feine Sünde mehr feyn fol, wo der 


die Sunde Glaube an Chriſtum ift. Da follen die Suͤnden den 


der wird felig. 

Es ift aber das Wort Heil in allen Spraden 
gar ein reiches und gewaltiged Wort, welches vid 
in ſich begreifet, fürnemlic, aber die Entfreinng von 


— — 


den Suͤnden, wie ed der Engel GÖOtted felb em 


klaͤret, Mattn 1. Das Kind foll JEſus heiß— 
fen, denn es wird fein Volk felig oder frei 
madhen von feinen Sünden, 
Denn fo ift es befchloffen im ewigeri Rath Gb 


Menſchen nicht mehr zugerechnet werden, er habe ih 
rer auch fo viel, ald er wolle, fondern er fol in dem 
Anfehen bei GOtt feyn und ‚bleiben, als fündige er 
nicht mehr, welches ja ein herrliches unaudfprechliched 


e 


des Schatzes der Seligeit. 287 


Privilegium iſt, das ung nimmer aus dem Herzen 


fommen fol, 


Hieher gehören die theuren nachfolgenden Spruͤch⸗ Beweis 
ein ©t. Pauli, welche einem jeden fo befannt feyhaus 3 stumm. . 
offen, als vie belle Sonne, Roͤm. 3. Rir find * 


ıllzumal Sünder, und mangeln des Ruhms, 
Jen wir für GOtt haben follten, aber wir 
werden ohne Verdienft gereht, aus feiner 
Snade, durd den Glauben an das: Blut un 


'erö Erlöfers, Als ob er fagen wollte: Ein Glau⸗ 


jiger hat eben fo wohl Suͤnde, als ein Unglaubiger, 
nd da er fich gleich fürfiehet und in großer Furcht 
vandelt, fo fället er doch gleichwohl alle Tage fieben 
nal, und kann ſich nichts für GOtt rühmen, denn nur 


Mein feiner Schwachheit. "Aber Die Sünden werben 


Hm nit zugerechnet von GDtt, wie er ausdruͤck⸗ 
ich fihreibet, Roͤm. A. und 2 Eor. 1. Daß dem 
Hlaubigen feine Sünden von GOtt zuße 
echnet werden, ſondern er iſt für den 
zen GOttes ale ein beiliger reiner Engel, 
velcher nie von feiner Sünde gewußt hat. 
Denn der Glaube nimmt der Sünde ihre Kraft, und 
chaffet, daß Sünde nicht Sünde fey: Er verwans 
yelt die. Sünde ‚gleich in Gerechtigkeit, und machet, 
aß Die Sünpe nicht allein unfchäolich, oder verbamms 


ich fen, fondern daß fie für GOtt Fieblich und wohls 


jehend ſey, wie der Prophet Eſaias 40. ſpricht: 


Die Sünde Jerufalem iſt GOtt angenehm 


vorden. 

Summa, der Glaube iſt ein ſolcher Glanz, wel: 
her alle Schaͤden eines jeden Menſchen bedecket, und 
Kır welchem GOtt Feine Sünde mehr ſehen, richten 
noch ftrafen will, wie obengenannter ‘Prophet Cap. 11, 
priht: Er wird nicht richten, nachdem feine 
Augen ſehen. 

Galater 2. Weil wir wiſſen, daß der Menſch 
»urch des Geſetzes Werk nicht gerecht wird, 


'ondern durch den Glauben an JEſum Chri.. 


— 


"288 Don den Gnabenmitteln 


ſtum, ſo glauben wir auch an Chriftum Ja 
fum, auf daß wir gereht werden durch deı 
Glauben an Ehriftum, und nit durch dei 
Geſetzes Werk. Das ifl, wer an Chriſtum glaube, 


der thut eben fo viel, ja auch mehr, ald wenn a 


Das ganze Gefetz hielte, und alle feine Werke thaͤte 
Denn nicht vie Werke an Ehriftum fol ven Men 


- "fhen gereht machen. Dies und fein andere, | 


Epheſ. Aus Gnaden feyd ıbr felig won 
ben durd den Glauben, das iſt, wie er es feh 
ber erfläret, Epheſ. 1. Wir haben die Erlö 
fung dur fein Blut, nemlid die Berge 
bung der Sünden, nah dem Reichthum feo 
ner Gnade, weldhe uns reihlih wiederfabr 


Waßerren iſt. Hier ftehe ftille, und merke eines. Berge 


gedung 
der Sän: 
® de ſey. 


bung der Sünde haben, heiſſet für GOtt gerecht 
ſeyn, alſo, daß er und um feiner Sünde willen 


. mehr wolle befhuldigen, noch, verdammen, und daf 


wir und aud Der Sünden halben nicht mehr betris 
ben, vielmeniger darauf gedenfen, wie wir derjelben 


- durch unfer Fürnehmen und Thun allererfi wollen 


Man wuß 
die Woͤr⸗ 
ter in der 
vergange⸗ 
nen Zeit 
in der 
Schrift 
wohl an⸗ 
merten. 


iſt, und taͤglich von vielen geſchiehet. | 


108 werden. Denn was vergeben ift, Das iſt verge 
ben, GOtt ſcherzet nicht, wenn er einem Sünden 
vergiebt, oder wenn er einen entfreiet von Sünden. 
Er will nicht, daß er hinlaufe, und andere Entfrew 
ung am andern fuche, wie im Papftthum gefcheber ' 


_ u 


Weil aber vie Schrift von den Slaubigen und 
Getauften alfo redet, daß fie ſchon felig, oder reis 
von Sünden geworden feyn, fo follen fie ſolche her 
lige Zeit mit befonderem Fleiß anmerfen. Des 
viel Daran "gelegen iſt, ob ein Ding geſchehen fa, 
oder nod) geſchehen foll, wie denn auch hievon dx 
Suriften .eine fonderliche Vorſichtigkeitsregel haben im 
Buch von der Bereutung der Wörter und Sachen: 
Wir möüffen willen, daß ein großer Unterſchied iR 
zwifchen einem Wort in der vergangenen und zufüap 
tigen Zeit, und daß die Wörter, welche eire ven 

gangent 








— — — TE a TO a Een 


ST 5— 57 J ⏑ — — — I — — 


des Schatzes der Seligkeit. 289 


gangene Zeit ausprüden, nicht nur eine vergangene 
Zeit, fondern auch die gegenwärtige, Das ift, eine 
aneinander haͤngende Fortfeßung anzeigen, 3. Er. 


. Zroja ift eingenommen, Lucius, Titius iſt von der 
VWerbindlichkeit frei. Denn hier bat das Wort: Er 


ift frei, nicht allein die Bedeutung Der verganger 
nen, fondern aud) der gegenwärtigen Zeit. Iſt Zus 
cius, Titius frei, fo darf er nicht-frei werden, Iſt 
er aber entfreiet, fo iſt er noch frei, und fol auch 
frei bleiben ewiglih. 

Hier muß ich eines fehen, ‚welches ich in meiner 
Zugend gehörer babe, in der Schule zu Salzwedel, 
von meinem lieben Lehrmeiſter, Da er und den Spruch 


. ©t. Pauli erllärete, Tit. 3. GOtt hat ung fo 


Lig gemachet. Lieben Kinplein, merfet ja vies 


Woͤrtlein wohl, GOtt hat uns felig gemachet. Denn 


eö find viel Leute, welche nicht glauben, daß fie bier 
auf Erden ſchon felig fenn, fondern gedenfen immer, 
fürnemlich aber in jenem Leben allererft felig zu wers 
den. Ah! ſprechen fie, möchte ich doch wohl fterben 
und in den Himmel fommen. Denn ‘im Himmel 
würde ich entfundiget werden, da würde ih GOttes 
Kind werden, da würde ich den heiligen Geiſt und 
Das ewige Leben empfangen. Urſach iſt bier, denn 
fie. geben nicht Achtung auf die gülvene Zeiten, ſprach 


“er, Gegenwärtige und Zukünftige lejen die Schrift, 
; wie Die Nonnen den Pfalter, Desgleihen, fie vers 


ftehen es nicht, was die Seligmachung fey, und wie 
fie zugehe, Sie ärgern fih aud; daran, Daß Die Ges 
ligfeit an und noch nicht heil leuchtet, gleichwie fie 
leuchten wird an jenem Tage, und daß wir nod 
pielen Sünden, Sammer und dem Tode unterworfen 
finds Uber dawider follet ihr das willen, und auch 
von Herzen glauben, daß ihr bier fihon auf Erden 
felig worden feyd, in eurer fieben Taufe, und aud 
felig bleiben follet ewiglich, wofern ihr anders nicht 
abfallet von Ebrifto, und etwa Artaner.oder andere . 
göttlofe Leute werdet. Liebe Kinplein, mn find, [yon 
2 19°: 


200 . Don den Snadenmitteln 


felig, wie haben die Vergebung, wir find geredt, 
wir find GOttes Kinder, .wir haben ven heiligen 


. Geift, und wir figen ſchon mit unferm lieben Herrn 


Man mu 
das G 


JEſu Chriſto im Himmel, und warten der Offenba⸗ 
rung unferer Geligfeit, gleihwie hievon Lutherus 
‚eine ſchoͤne Predigt gefhrieben bat, in feiner Kirchens 
poftill, über die Epiftel am heiligen Chriſttage. Died 
ift, lieben Kindlein, unfere einige Weisheit, um wel 
her willen wir Chriften beiffen. Dies ift der chris 
liche Glaube. Werdet ihr ſolches recht erkennen, und 
auch feit glauben, fo werdet ihr ewigen Troft, Friede 
und Freude in euren Herzen haben. Darum hut 


MLLT? lefet die edlen Worte, als wir find, wir has 


senwärtisben, und die güldene, er hat gemacht, gegeben, ger 
| sub ſchenkt, fein zufammen: Lernet fie auswendig, fo were 

gene wopdet ihr einen unvergleihlichen theuren Schatz haben: 
in Acht Zu welchem ich euch gerne verhelfen wollte, wenn ich 


s 


nehmen, nur durch mein Ermahnen Fönnte. 


O aber, wel ein großes und übergroßes iſt daß, 
nemlih in einem großen Stande feyn, in mweldem 
man ffei von Suͤnden, oder in welchem einem feine 
Sünden mehr zugerechnet werden? Was Fönnte ihm 
doch einer höhers und beſſers wuͤnſchen? Dieſes Ge 
ſchenk ift wichtiger als alles Wünfchen und alle Zrm 


de. Denn die Freiheit ift eine unvergleichlidhe Go 


he. Wenn ein ſolch Sand, oder eine folhe Welt 
vorhanden wäre, da dies gefchähe, follte man billig 
auf Navelipigen dahin. Friehen. Denn wo fen 
Sünde ift, da ift auch Fein böfes Gewiſſen, fein 
Zorn, kein Fluch, fein Teufel, Fein Tod, keine Ben 
dammniß, wie St. Paulus Roͤm. 8. fpriht: So if 
nun nichts Verdammliches an den lieben 


- Glaubigen, weldhe in Chriſto JEſu find 


Denn aud was Urfachen wollte GOtt mit dem zum 
nen, ihn verfluchen,, ftrafen, tödten und verdammen, 


welchem er felbft die Sünden vergeben hat, und nid 


zurechnen wi? Für einen foldyen Heiligen muß je 


aller Zorn, alle Fluͤche, alle Strafen, der Tod ud 


0 


a De Schatzes der Seligkeit. 291° 


| Die ewige Verdammniß zerfchmelzen, wie der Schnee 
: für der Sonne zerfhmelzet, wie St. Paulus Rom. 
; 8. Begeuget: Wer will die befhuldigen? Wer 
s will die verdammen, weldhe GOtt der HErr 
r felber fündlos gemadet hat: Sie feyn gleich 
ivon Ratur fo ungereht, als fie immer ‚wollen, 
{fo follef” fie dennodh für GOtt gerecht, untadelicy 
ı und unverdammlicd feyn. Wer fie tadelt und vers 
4 Dammet, der fol GOtt felbft tadeln und verdam- 
men. D weld ein Troft ift in der Zurechnung bes 
; graben? O weldy eine herrliche Roſe in einer fo Heis 
nen Knoſpe! J | 
Im Propheten Eſaiaͤ 40. ſpricht GOtt: Redet 
mit Jeruſalem freundlich, und ſprechet zu 
ihr, daß ihre Miſſethat mit GOtt verſoͤh⸗ 
net, oder GOtt angenehm worden fey. Sind 
uber alle Maße fchöne tröftliche Worte, welcher ich 
mich nicht fatt vermundern kann. Denn obgleich einDer Bille 
glaubiger Chrift. nicht allewege ind Schwarze trifft, wahren 
fo hat dennody gleihwohl GOtt der HErr ein herz, Edriften 
liches .Wohlgefallen beide an feiner Perfon und auch Yonnas 
an feinen Werfen: Der Wille ift ſtets gut,. obgleichWert ſtets 
das Vollbringen nicht allemege nachfolget. Das Boͤſe nicht ol⸗ 
aber weiß GOtt fein zu drehen, und den Seinen get. 
zum Beſten zu wenden. Es muß ſtets dadurch et⸗ 
was Gutes ausgerichtet werden, es treffe auch wen 
es wolle. Denn wir reden bier von den hochgebe⸗ 
nedeieten Chriften, und nit von Unchriſten. Ja, und anes, 
die Halle müflen den Gefallenen felbft zum Beſten aub ihr 
dienen,” wo nicht zur Demuth, fedoch zu mehrerer danmug 
Sürfihtigfeit, Einft und Eifer. Summa, alles was Bellen 
die Ölaubigen in Chrifto gedenfen, veden und thun, dienen. 
das iſt bei GOtt eitel Wohlgefallen, wie die Kirche — 
aus dem Munde der Engel finget: Einen Wohlge 
‚ fallen GOtt an uns hat. Woher denn aud) die Zeit 
des Glaubens genennet wird, eine liebe angenehme 
Zeit, Ef. 49. 2 Cor. 6. darum, daß wir, und alles 
unfer Thun, GOtt dem HErrn lieb, werth und an⸗ 
19 





-.? 


m 


292 . Bon den Ginadenmitteln 


genehm feyn, es fheine auch gleich uns felbft fo klaͤg 
lich als es wolle. | 

Dies ift ein hoher Troft, ja das Allerlieblichfte, 
was da Tann erdacht und geredet werden, und mag 
wohl heiffen, freundlidy mit Syerufalem reden. uber 
die unzeitigen Eugen Heiligen hoͤren ihn ungerne 
Senn fie folgern Böfes daraus, wie fit denn pfle 
gen aus allen Tröftungen des heiligen Evangeliü, 
Die Boͤſen wollen immer Böfes thun, wenn fie dad 
Gute hören, die Verkehrten aber deuten den Troſt 
auf das Boͤſe, und. geben ihm Schuld ves Böfen 
Aber wie fol man ihm thun? Es it GOttes Wort, 
. welhes man oͤffentlich ausrufen und ausbreiten fol, 
‚wie der Prophet fpricht: Rufet ihr zu. Iſt ven Ver⸗ 
fehrten nichtd damit gedienet, fo ift andern damit | 
gedienet, welcher Hetzen zumeilen fo betrüber und 
beſchweret find, Daß man ihnen kaum rathen fan. 
Man muß fie ftilen, wie die Kinder, und ihnen far 
gen, was fie gerne hören. Liebes Kind, weiche nicht, 
du haft wohl gethan: Es it GOttes Wille alfo ger 
weſen, ed wird etwas Gutes Daraus erfolgen. Deun 
man fann vod eine betrübte und ‚troftlofe Seele nicht 
zuviel tröften, fie begehret noch immer mehr Xrofted, 
und wollte wohl, daß alles gut ſeyn möchte, weö 
fie jemald gethan hat, Derowegen fo muß mans 1® 
pen. 
Und was wollen wir viel jagen? Alle Sünden 
werden auf einen Haufen von den Ölaubigen gänzs 
fih hinweg genommen, zu einem mal, oder auf einen 
Tag, wie Zacharias redet, daß fie nicht mehr 8 
finden, fondern ganz weg jeyn, wie ver Prophet Jo 
“ remiad im 50 Eap. fpriht: Zur felbigen Zeh. 
und in dDenfelbigen Tagen, wird man bie 
Miſſethat Zfrael fuhen, aber ed wird Feint 
da feyn. Denn das Blut des Sohns GOttes rw: 
niget oder heiliget die Slaubigen von allen Sünden, 
1 Joh. 1. und machet fie für GOtt fo rein, fo füw 
berlich, fo fhön und herrlich als ein reines Glat, 








3 u TITTEN v 


— — 


wm SEE O3 u in 37T Te TB ER 


des Schafes der Seligfeit. 295 


ja als die liebe Sonne: Daß man von ihnen fagen 
muß, Boll ohne Sünde, oder unfchuldig Volk. Wir 


5 -find durch das Blut Ehrifti fo gereiniget, daß wir 


und rühmen und fprechen fönnen, wir wiflen von 
feiner Sünde, . Keine Sünde. fann nunmehr ums 
fer Gewiſſen beſchweren, und über und Schmach fühs 
ren, denn der HErr bat aufgehoben die Schmach 
von feinem Bolt in allen Landen, Efaik 25. indem 
er bie Sünden an feinem Volk getilget hat, wie eine 
Wolke, | 


418. Was wirket der Glaube mehr ald die Geligfeit? 


Der Glaube an Chriftum machet allein für GOtt?, Trma 
gereiht, wie der Apoftel aus ven Propheten erweifet, "rear, 


Roͤm. 3. 4. und 5. Derowegen foll das herrliche 
Gebäude der ewigen Seligleit befteben, fo muß der 
Grund des Slaubend immer in und frifch bleiben. 
Der Glaube an dad Blut JEſu Chrifti muß eine 
ewige Bewegung -in unfern Herzen feyn. Wir müf 
fen immer einen lebentigen und wadern Glauben has 
ben. Das Blut Ehrifti muß immer für unfern Aus 
gen aus den fünf Wunden JEſu Ehrifti fließen, und 
Diefe Worte müflen immer in unfern Ohren Flingen: 
Mein Blut ift für Dich vergoflen zur Vergebung beis 
ner Sünden. Wer diefe Worte aus der Acht läffet: 
der hat feinen gegenwärtigen Glauben; wer fie aber 
wohl in Acht nimmt und venfelben feitiglich glaubet, 
ver hat der Taufe Reichthum, und ift fo gewaltiglic) 
seid in Eprifto, daß er feine Schäge nicht uͤberſehen 
ann. 


14. Die kann das ſeyn, daß ich die Seligkeit und Ger 
rechtigkeit and dem Glauben habe? Hat fie mir doch 
Ghriſtus erworben ? Ä 


Spriftns bezeuget felbft, daß der Glaube vie Selig, Ehrikus . 
keit bringet, wenn ex ſpricht: Wer da. glaubet —R 7 


21 
a 2 le 


5J 1 


..294 Von den Gnadenmitteln 
ih: Der getaufet wird, ber wird felig, wer aber nicht glauı 


von tee.bet, Der wir verdammet. 
wasan Hier zeiget Chriftug felbft von der Kraft Des 
-. und vers Glaubens, nemlid, Daß er in und wirfe, und mit 
m ſich bringe der Seelen Heil und Seligkeit. Denn 
wo der Glaube vorher gebet, da folget gewißlich 
Seligkeit nad. Da wird die angithaftige Seele ven 
der Macht der Sünden, von dem Fühlen des Zorns 
GOttes, und von dem Schrecken des ewigen Todes 
erlöfet, und wird gleich neu geboren, voll Friedens 
und Freuden. Aber anders erlöfet uns Chriftus, aus 
derö der Glaube. Chriſtus erlöfet und von Süns 
den, und vom Zorn GOttes, und von dem ewigen 
Tode, daß fie nicht mehr da feyn. Der Glaube aber 
erlöfet alfo, daß fie nicht mehr an und etwas ver 
mögen, nemlich, betrüben und fchreden. Das if 
denn eine hohe Geligfeit. Denn was fann einem 
größer widerfahren, als eine ruhige Seele haben, und 
eine Anfechtung oder Anftöge von.den Sünden, vom 
Zorn GOttes und dem ewigen Tode mehr leiden? 
j Mo aber der Glaube nicht ift, da ftedet vie arme 
Seele noch in Berdammniß, und der Heiland ift ihr 
noch nichts nüße. Und zwar zu diefem Ende will 
auch der HErr Chriftus, daß den armen betrüßten 
Ereaturen aller Welt das fröhlihe Evangelium ger 
prediget werde, -und fie ed auch mit feltem Glauben 
annehmen, auf Daß fie dadurch Friede und Freude 
überfommen, und ihre arme Gewiſſen befeliget wer, 
den.‘ Bon diefer Seligkeit fchreibet St. Paulus in 
feiner erften Epiſtel Cap. 1. alſo: Weil ihr an 
Ehriftum glaubet, den ihr doch nicht fehet, 
fo freuet ihr euh mit unausſprechlichen 
Sreuden, und bringet alfo davon das Ende 
eures Slaubens, nemlidh, der Seelen Se 
ligkeit. | 


des Schatzes ber Seligkeit. 295 


15. Woher nimmt dieſer Glaube, der gerecht und ſelig 
machet, ſeinen Urſprung? 


Der heilige Geiſt wirket in uns den Glauben, wi Der heili— 
Der alle Draͤuworte des Geſetzes, auch wider alle Gel wir: 
traurige. Sprüche Chrifti felbfl. Denn Chriſtus uns Ihn. 
fer lieber Seligmacher ift fo überaus gütig, Daß er 
uns nit allein große Schaͤtze durch fein Blut ers 
wirbet, nd in der Taufe ſchenket, fondern daß er 
und auch dazu den heiligen Geift giebt, welcher in 
und den Glauben anzündet, Damit wir foldhe Schäße 
ergreifen, und fruchtbarlich genießen fönnen. Denn 
ohne Glauben it Fein Heil oder Seligfeit, das ift, 
ohne Glauben find und die Wohlthaten Chrifti nichts. 
nüße, fie tröften und erfreuen überall nit. Hievon 
fiehet ein Sprüdlein in St. Paulo, Rom. 8. das - 
lautet alfo: Der heilige Seift giebt Zeugniß 


unferm Geift, daß wir. GOttes Kinder 


feyn. Das it, er verfichert unfere Herzen mit der 
Gnade OOttes fowohl, ald mit der ewigen Gerech⸗ 
tigfeit, und madet und fo- muthig und freudig, 

Daß wir als liebe Kinder in aller Zuverficht zu ihm 
treten, und mit ihm reden dürfen, was wir nur 
wollen: . Wie ich denn jk befennen muß, daß id) 

mein Lebenlang mehr mit meinem lieben GOtt und 
Vater geredet habe, als mit feinem Menfchen auf 
Erben. 

Und zwar, wenn foldhes der ‚heilige Geiſt nicht 

thäte, fo würde unfer Feiner dem Evangelio glauben, gnoher 
wenn aud alle Propheten und Apoftel für uns ftüns wir opne 
den, und aus einem Herzen und Munde einhellig en gcik 


und aufd Gewaltigſte, von unferer ewigen Gereditigumbtan: 
en nicht 


. Teit und der ewigen Gnade GOttes zeigeten. Denn elängen 


der Glaube hat allzu viel Feinde, Mofen, unfer bloͤ⸗ können, 
des Herz, die Eugen Heiligen, weldye bei den armen 
Sündern nit wollen im Himmel fißen. Desglei⸗ 
hen, viel zornige Blicke göttlihen Grimmes, infons 
derheit aber den leidigen Zeufel, welcher eitel Zeter 


"u. 


296 . WVWVon ben Gnadenmitteln 


und Mordio zu unſern verzagten Herzen taͤglich bins 
ein bruͤllet. Diefe Feinde muß der heilige Geiſt übers 
ftimmen und übertäuben, und wider hr Zeugniß 
unjerm Herzen Zeugniß geben, daß wir dennoch 
Sons liebe Rinder feyn. So viele Mühe Poftet 


ein goͤttliches Voll zu ftiften! So viel bat es 


mi dem Glauben zu tbun. &onft wäre es unmoͤg⸗ 
lich, daß unfer einer aus Kraft feines freien Wil 
lens fönnte glauben Daher denn auch der Heilige 
Geift bei dem Propheten Zaharik, Cap. 12. ge 
nennet wird ein Geift der Gnaden, darum, daß er 
und mit feiner Gnade, ald mit einer Thaumwolfe uber 


fehüttet, und unfere Herzen mit der Gnade GOttes 
verfichert, alfo und dergeltalt, daß fie in der Gnade 
GOttes, wie in einem fanften Bettlein, friedlich 


: ‚ruhen können. Denn GOttes Gnade ift unfeg Ruhe⸗ 


bettlein, ſonſt koͤnnten wir arme Leute für großer 
Unruhe des Teufels nicht ruhen. | 


De Deromegen gehöret der heilige Geift zum Reich 
re Chriſti, daß er den Glauben durchs Wort in unfern 
SDtres Herzen anzünde, und durd den Glauben unfer Ge⸗ 


Mort 


ſeyn. 


wiſſen erfreue und ſelig mache. 

Denn ob wir wohl das lautere Evangelium von 
den Wohlthaten Chriſti hören, dennoch glauben wir 
nicht alsbald verfelbigen Stimme, und fühlen einen 
Troſt: fondern es iſt uns gleich als ein todter Buch⸗ 
ſtab, wie etwa ein ſchoͤner Vers aus dem Virgil, 
oder Hoiner, der und geliebet; Wo der heilige Geiſt 
nidyt "dabei iſt. Urſach if diefe, denn die Wohltha⸗ 


- gen, fo uns fürgetragen werden, find zu groß, und 


unfere Herzen find zu Mein, foldhe Mohlthäten zu 
begreifen. Unſere Herzen find zu blöde und unver 


moͤgend, ſich ſolcher hohen Güter anzumaſſen. a, 


gedenken wir, es waͤre wohl fein, wenn wir nicht 
Sunde hätten, und fo umwürdig nicht wären, fo wolls 
ten wir es glauben. Dur folde Gedanken wird 
dad arme Herz abgehalten, daß es nicht hinan will, 


‚des Schatzes der Seligkeit. 297 


Und ſolche Gedanken find wis alle«voll, daß wir 
gedenken: Haͤtteſt du feine Sünde, fo hättet du 
einen gnaͤdigen GOtt: Diefelbigen thun und den 
größeften Schaden, und verhindern den Glauben, 
fürnemlih, wenn Leute dazu kommen, die folchen 
falſchen Wahn in uns ftärfen. ‚Aber wenn der heir 
lige Geiſt dabei iſt, fo iſt dad Evangelium nicht mehr 


"ein todter Buchſtab, fondern ed ift Feuer und Geift, 


Kraft und Leben, wie Chriftus fpricht, Joh. 6. Die > 
Worte, die ich rede, find Geift und Leben. Denngenn des 
der heilige Geiſt iſt durchs Wort thätig, und machet heifige 
eö feurig, und giebt ihm Kraft, den Glauben in uns GER bei 
anzuzünden. Im Beifenn des heiligen Geiſtes fället in, fo ik 


unfer Herz auf Dad Wort, und beruhet darauf. Durch © galt 


denſelbigen Glauben ‚wird das Herz getröftet, das ben, 


Gewiſſen entfreiet, und alfo erfreuet und befeliget, 

daß es gleich mitten im Paradies if, Da faget denn 

der Menid vom wahren Glauben: Nun bin id er⸗ 

Löfet von meinen Sünden, nun bin ich fröhlich und | 

felig, daß ich wohl jauchzen wollte, | 
Died meinet Johannis, wenn er fpricht: Ich Beweis 

taufe mit Waffer, aber mein HErr Chriftus wird deft 

euch mit Feuer taufen. Das ift, ich taufe und presves Zäuf. 

dige, mehr kamn ich zu ſolchen Sachen nidt ee J 

und kann eure Herzen nicht ändern: Aber mein HErr rn o⸗ 


. Chriftus  giebet den beiligen Geift, ver zuͤndet "die 


Herzen an, und machet fie glaubig und lebendig. 
Deögleihen St. Paulus 1 Eor. 1. Wer ift Paulus? 1.. ei 
Wer iſt Apollo? Diener find fie, durch melde ihr, korn, 
ſeyd glaubig worden, und daffelbige, wie ver HErr 
einem : jeglichen gegeben bat. habe gepflanzet, . 
Apollo hat begofien, aber. GOtt hat das Gedeien 


"gegeben. Dad Gedeien ift die Kraft des heiligen 


Geiſtes, ohne welches Gnade wir nichts vermögen, 
und Die Frucht folcher Kraft, welhe wir in unfern 
Herzen empfinden. Dies alleö aber gehet bei und 
in: diefem Leben gar ſchwaͤchlich zu, der Glaube iſt 
ſchwach, die. Freude noch ſchwaͤcher; doch haben wir 


[4 





28 Von den Gnadenmitteln 


gleichwohl aus GOttes Wort und unſerm ſchwache 
Glauben fo viel Troftes, Daß wir und wider de 
Teufels Anfechtungen aufenthalten, und ziemliche 
maßen beftehen Tönnen. | | 

Weil aber der heilige Geift allein durchs Wor 
in unfern Herzen thätig it, und dadurch Glauben 
Troft und freude erwedet, follen wir und das lieb. 


. Wort defto mehr laſſen befohlen feyn. Denn wir 


Daß mir 


wiffen nicht, zu welcher Zeit der heilige Geift in umi 
wirfen, und uns durchs Evangelium wiedergebären, 
und neue glaubige und fröhliche Creaturen aus ung 
machen wolle, | 

16. Weil der Glaube von heiligen Geiſt angezuͤndet wird 

durch GOttes Wort, wie koͤmmt es doch denn, daß der 
Glaube gleichwohl von uns Menſchen erfordert 
wird, als wenn er in unſern Kraͤften waͤre? 


bwohl ver Glaube eine Gabe GOttes iſt, welche 


In ſudenihm Fein Menſch durch fein eigen Bemühen oder Ernſt 


ofen 


durchs 


Gebet. 


kann zuwege bringen, wie man dies genugſam lernet 
in Anfechtungen und taͤglicher Erfahrung, dennoch ſo 
fordert Chriſtus den Glauben von und, und will, 
Daß wir feinem Evangelio Fühnlich trauen. Die Apo⸗ 
ftel ſollen Ms Wort predigen, die Zuhörer follen 
dem Wort glauben, Wort und Glaube follen fih 
begegnen, und ſich mit einander kuͤſſen. Daher hat 
die. heilige Schrift ein Wörtlein, mit Ramen Jagd, 
das heiffet beides‘, mit Eiden verheiffen, und auch 
glauben. Denn dad Evangelium fordert den Glow 
ben und will, dag man fid) ohne allen Scheu mit 
ganzem Wagniß und vollem Vertrauen frei und fröß 
lich darauf verlaſſe. Es fordet aber Chriſtus in bie 
fem Befehl darum den Glauben von und, nicht zwar 
der Meinung, Daß wir follen vermeflen ſeyn, und 
auf uns felbft fehen, als ftüinde der Glaube in um 
ſerm Willen und Bermögen, fondern daß wir ihn 
fuchen folfen durch ein ernſtes Gebet, bei dem er zu 


— — — 


des. Schatzes der Seligkeit. 299 


finden iſt, nemlich bei dem heiligen Geiſt, der da 
iſt der Anheber und Vollender des Glaubens. 


17. Ich moͤchte auch wohl gerne wiſſen, ob der heilige 
Geiſt fuͤr dem Glauben hergehe, oder aber ihm 
folge? 


Bei den Apoſteln hat es dies Anſehen, als werde 

der heilige Geiſt den Auserwaͤhlten gegeben, wenn 
ſie ſchon glaubig worden ſind. Denn ſo ſchreibet St. 

Paulus Gal. 3. Und daß wir alſo ven verheiß-. 
fenen Geiſt empfiengen, durch den Glauben. 
Deögleihen Epheſ. 1. Nahdem ihr glaubet, 
feyd ihr verfiegelt worden mit dem heiligen 
Geiſt der Berheiffung, weldher ift das Pfand 
unfers Erbes. Und Ap. Geſch. 19. fraget Paus 


I “[u8 die Sünger von Ephefo, ob fie den heiligen 


j 


Geiſt empfangen haben, fintemal fie glau- 
big worden find. 

Nun- ift aber ja wahr und befannt, daß der 
Glaube nicht fey ein Werk unferd freien Willkuͤhrs 


oder Willens, fondern eine Gabe und Wirkung des # 
«heiligen Geifted, Und ift eine gemeine Regel: daß 


der Meifter eher feyn muß, . denn fein Befchäfte: 
Darum muß folgen, daß entweder der heilige Geiſt 
den Slauben von außen zu und wirfe, ehe er ins 
wendig zu uns fomme, .oder aber, daß St. Pauli 
Meinung andere muß verftanden werben, nemlich, 
von den fihtbaren Gaben des heiligen Geiſtes. Hier 
mag nun ein jeder feined Verſtandes brauchen und 
zufehben, wie er dieſe Frage beantworte, 

Johannes Epinus loͤſet diefe Frage alfo auf, im 
Büdjlein von der Rechtfertigung, S. 56. Paulus 
an Die Oalater 3. fpricht, der Geiſt GOttes werde 
durch Glauben erlanget. Womit er dem Anfehen nad) 
diefes will, der Glaube fey ein’ Menfhen eber, als 
der Geift, oder der Glaube, fo aus natürlichen Urs 


fahen und Gründen ſchon da und befannt fey, er⸗ 


® rn. 
FR 


—* 


500 : Bon ben Gnadenmitteln 


lange erft den Geiſt GOttes, und fey alfo Diefer 
Geiſt niht ein Wirker, fonvdern eine Wirkung des 
Glaubens. Hierauf ift diefes zur Antwort: Der hei⸗ 
lige Paulus handle da nicht von der Ordnung, nad 
welcher entweder der Glaube oder der heilige Geiſt 
in und anfänget; fondern-er halte. Geſetz und Evans 
gelium gegen einander, und ftelle den Glauben ver 
Merl; Gerechtigkeit entgegen, und‘ egeuge und, ver 
Get GOttes werde durch den Glauben erlanget, 
nicht durch Gerechtigleit der Werke oder des Geſetzes. 
Und diefes Wort Pauli ftreitet nicht mit obgemeldten 
Zeugniſſen der Schrift, aus welcher wir lernen, der 
heilige Geiſt wirke, erhalte und beftätige den Glau⸗ 
ben durchs Wort und Sacrament. Dies ift alfo eine 
gründliche, ‚beftändige und ungezweifelte Lehre, daß 
weder der Glaube an Chriftum ohne GOtted Geiſt 
gewirfet, nody der heilige Geiſt ohne Glauben erlaus 
get werde: " Denn der Glaube ift mit dem Geil, 


und der Geiſt mit dem Glauben verbunden. Der 


heilige Geifätfömmt mit dem Wort in der Menfchen 
Herzen, und wirket den Glauben. Und ob gleich 
der heilige Geift dem Glauben zuvor kommt, durch 
feinen Trieb, ver Ordnung und nicht der Zeit nad, 
dennoch beftehet foldher Geiſt GOttes weder in bers 
felben Ordnung, bleibet auch nicht, wo er nicht im 
Glauben ergriffen, gehalten, und als ein eingeladener 
Gaſt aufgenommen wird. 
2 





—ñ— —— — — — 22 —r — — — Bun EEE ——— —75 7 
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des Schakes der Seligkeit. 308 


Das w. Bund. ö 


Bon den Siegeln und Briefen, melde 
uns GOtt zur Verfiherung des Schag 
bes der Seligkeit gegeben hat. 


4. Womit verbriefet und verfiegelt GOtt den Schag ber 
Seligkeit, weSchen wir aus ber Taufe und Evangelio 
mit dem Gläuben annehmen? | 


Der Brief, welchen dir.GDtt auf deine Seligkeit 
gegeben, ift abermal fein heiliges Evangelium, das 
Wort der Wahrheit. Das Siegel an dieſem Briefe 
ift das heilige Abendmahl, und das Siegel in deinem 
Herzen ift der heilige Geiſt. 


Erftlich ift Der Brief des Heils und deiner Selig .mit 


keit GOttes wahrhaftiges Wort; durd den Mund Yarcı 
JEſu Chrifti und feiner lieben Apoftel, im heiligen 
Geiſt gefprochen. Saget nit Chriftus: Wer da 
glaubet und getaufet wird, der wird felig! 
Nemlich, des Augenblig&, wenn er getaufet wird, 
Denn ein folher thbut Buße, indem er feine unreine, 
und verderbte Natur erfennet, und fih von deswe⸗ 
gen an den HErrn Chriftum hänget. Solches leh⸗ 
ren auch alle Apoftel, wie wir beiten etlihhe Sprühe ©, 
zuvor angezogen haben. Iſt mir folh Wort nicht , Mi 


Briefes genug? Hernach habe ih an ftatt der Sie: Epriki 


gel ven wahren Leib und Blut JEſu Eprifti im hei: Blut im 
ligen Abendmahl, welche beide münplich zeugen, daß —* 
fie für mid) gegeben und vergoſſen ſeyn, zur Berge: wahl. 
bung aller meiner Sünden, und Daß ich demnach 
meiner Seligfeit foll gewiß feyn. 

Endlich weil auch pie Unglaubigen und Berdamms 
ten folhe Siegel wohl empfaben koͤnnen, fo hat 
mir GOtt der Vater noch ein fonderliches gegeben, ‚3 Mit 


den heil, 


nemlih den heiligen Geiſt, daß er in und wohne, gear 
und wich alfo durch ſich ſelbſt feines Heils verfichere, 


An der 


302 Don den GSiegeln und Briefen 


Denn der gütige und barmherzige GOtt fchenfet feis 
nen lieben Auserwaͤhlten und glaubigen Heiligen nicht 
allein vie Seligkeit, fondern vielleicht auch viefelbige 
an ihnen, durch den heiligen Geiſt, weldher durch 
feine Gegenwart und durch fein innerliches Reden, 
ihnen -Zeugniß geben muß, daß fie Kinder GOttes 
find und alles haben, was fie haben- follen, ausge 


Werfiege: nommen die Befhauung. Und an folder Verſiege⸗ 
fung hr fung it dem gütigen GOtt eben fo viel gelegen, als 
ebengo an ver Schenkung. Denn er will, daß fie ihre Girs 
vielgele- ter follen erfennen, und daß fie ihrer Herrſchaft fols 
eerlen gewiß feyn, und ewigen Troft, Friede und Freude 


eröchen 


kung. 


haben. Dieſes Briefes und Siegels gedenket Luthe⸗ 
rus in ſeinen Spruͤchen, welche er vornehmen Leuten 
vornen in die Buͤcher geſchrieben hat: Der Himmel, | 
ſpricht er, iſt uns umſonſt gegeben, durch das Ver— 
dienſt JEſu Chriſti. Darüber haben wir Briefe, 
nemlih, vie ewige unwandelbare DVerbeiffung des 
Evangeli, und Siegel, nemlich, die Taufe und Chriſti 
Leib und Blut im Abendmahl. Denn GDtt bat die | 


Seligkeit nicht koͤnnen höher, feſter und gewiſſer mo 


hen, denn mit dem Leiden und Sterben feines Sohns, 


* and mit dem Evangelio und Sacramenten. GOtt 


gebe nur Gnade, daß wir die Briefe wohl bewahren, 
Daß fie und der Teufel nicht zerreiffe. Ja, mein liebs 
fter Luther nicht allein haben wir zum Siegel vie 
heiligen Sacrantenten, fondern au), wie gefagt, Den 
heiligen Geiſt, welder das Heil in uns alfo verfie⸗ 
gelt, daß wir es fühlen. 


2. Warum erzeiget GOtt feinen Kindern biefe Gnade? 


E; gefchiehet darum, auf daß die lieben GOttes 
Kinder, unter fo vielen Gebrechen und Anftöffen, ein 
gewiffes Pfand undı Siegel göttliher Gnade an ihr 
nen haben mögen, wie ©t. Paulus, 2 Cor. 1. Eph. 1. 
bezeuget. Ya, daß dDerfelbe inwendig in unfern Her 


‚zen, wenn wir am allererfhrodenften und betrübte⸗ 


EEE u ⏑ 0 RE BEE an . — — na — — nn .. — 
F 


des Schatzes der Seligkeit. 303 


ften find,; mit und rede, und uns ver Gnade gleich 

mündlid und empfindlich verfichere, Roͤm. 8. Denn 
fo oft wir unfere Sünden und Widermwärtigfeit an; 
fehen und darüber zappeln, und an GOttes Gnade 
snbeben zu zweifeln, ift der heilige Geift da, und 
richtet unfer armes krankes Herz auf, und flärfet. 
es mit vielen berrlihen Argumenten und Spruͤchen, 
und überzeuget und, Daß wir dennoch gleichwohl 
BOttes Kinder feyn, wie es und auch ergebe, und 
daß und nichts fcheiden koͤnne von feiner göttlichen 
Liebe, wenn wir gleich die allerthorhaftigiten, unfürs 
ichtigften, fündhaftigften, veradhteften und elendeſten 
Menfhen auf Erden wären. Woraus denn unauss 
prechliher Troft, Friede und Freude erwächfet, hoͤ⸗ 
yer denn alle Vernunft, Denn wo ein feſtes Ber 
rauen an GOttes Gnade iſt, da ift eitel Troft, Friede 
und Freude, auch mitten in Unfällen, Creuz und 
Tod, mie wir fein an ben erleuchteten und glaubis 

gen Herzen fehen, wie fein he fih in allem koͤnnen 
jufrieden geben. 


3. Bon dem Briefe meined Heild, nemlich vom heiligen 
Evangelio, habe ich zuvor in dem dritten Gapitel des 
vorhergehenden Buchs Berichtd genug eingenommen: Von 
ben beiden erwähnten Siegeln aber meiner Geligfeit, 
nemlich vom heiligen Abendmahl und heiligen Geift, möchte 
ich noch wohl gerne etwas grändliches und mehreres vers 
nehmen. 


Ic will deinem Begehren herzlich gerne ein Genüge 
thun ‚in folgenden Capiteln: Aber von diefen Sachen 
nur das erwähnen, was eigentlich zu dieſem unferm 
Vorhaben dienlich ſeyn will, Merke nur fleißig auf. 


\ 


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. 


⸗ 


Ja, er Freilich: Denn es ſchenket GOtt der HErr ven 


vern gdert 


2. Er ze 


et de 


J 


303 Bon den Giegeln und Briefen - 


Das IL Capitel 


Von dem heiligen Beik 


1. Berfichert auch ber heilige Geiſt unfere Seligkeit © 


Slaubigen feinen heiligen Geift in der Taufe darum, 
auf daß fie ein gewiffes Zeichen und Kindſchaft has 


ben mögen, defjen fie ſich ruhmen, trötten und er 
freuen 1 


Öönnen ihr Lebenlang, wie ©t. Paulus Epbef. 
1. fohreibets Ihr ſeyd verfiegelt mit dem baligen 
Get, welcher ift dad Pfand unfere Erbes. Denn 
weil wir nicht glauben, wir ſehen denn Zeihen und, 
Wunder, fo giebt uns deswegen der gütige GOtt 
Zeihen und Wunder genug, nemlidy feinen heiligen 
Geift, durch welchen wir feiner göttlichen Ratur theib 


ie paftig worden. : Zum andern gefciehet foldies dan 
fanbis im, auf daß die neugeborne Sottesfinder willen koͤr 


4 ihre nen, wie reich und felig fie in der Taufe worden 


feyn. Denn dies fann und unſere Vernunft nicht 
lehren, fondern der heilige Geift muß ed thun, durch 
das Licht des Evangelü, wie St. Paulus befennet 
und fpriht, 1 Cor. 2. Wir haben empfangen 
den Geift aus GOtt, auf daß wir wiffen 
fönnen, wie reihlih wir von GOtt bean 
dDiget find, welhes menfhlihe Weisheit 
nicht lehren kann. Denn ob gleich ein natürk 
her Menſch das liebe Evangelium für fih bat, lie⸗ 
fet und böret es täglich, fo veritehet er doch nichts 
davon, wo es ihm nicht der heilige Geift im Herzen 
erfläret. Ya, es ift ihm eine abgefchmadte Lehre, das 
für er die Ohren zuftopfet. Derowegen, wer nad 
nicht geheiliget ift durch den heiligen Geift, noch bi 
Heiligung empfangen bat, oder zu ſchwaͤchlich hat, 
der bitte GOtt um diefe Gabe, fo wird fie ihm ge 
geben werden, wie Chriſtus fpriht, Luc, 11. zu 
Ä wie 


— — — — | — 


rn y mn - — Tr, Te 


des Schatzes der Seligkeit. 305 


vielmehr wird euch mein Vater den heiligen 
Geiſt geben, fo ihr ihn darum bittet. Denn 


es ift unmöglich, daß einer die reihen Schäße, wels 


che und im Evangelio fürgetragen und geofienbaret 
werden, ohne des heiligen Geiſtes Erleuchtung follte 
erfennen und begreifen können. - 


2. Bas wirfet der Jeilige Geiſt insgemein bei den Glau⸗ 
bigen ? 


€, machet fie heilig, durch das Anrühren, und 
Durch die Gemeinfchaft feines Weiend. Denn wo das 
große Heiligthum der heilige Geiſt iſt, Da iſt auch 
wahre Heiligkeit, und diefelbige Stätte beiffet Heilig. 
Er erleuchtet fie, und giebt ihnen ihr Heil und Herr 
lichkeit zu erfennen, wie St. Paulus 2 Cor. 2, 
fchreibet, daß er fie führe aus einer Klarheit in die 
anderes Auch flärfet er fie am Glauben, und ˖ vers 
fühert fie ihres Heils und ihrer Herrlichkeſt, welche 
fie von Chriſto und in Chrifto haben. Denn er iſt 
ihrer Herzen Prediger, und giebt ihrem Geift Zeug 
nie, daß fie nicht allein rein und gerecht, fondern 
auch GOttes liebe Kinder feyn, in der Herrlichkeit 


des Baters, Röm. 8, Desgleihen, daß fie Erben 


feyn des Paradieſes. Woraus ihnen denn entitehet 
ein unausſprechlicher Troſt, Erquidung, Friede und 
Freude Denn das Reich GOttes, welches der bei 


Tige Geift in den Glaubigen und Getauften aufrich 


tet und erbauet, iſt über alle Vernunft und Ausre⸗ 
den, Er lehret fie fein devote beten, fa er felber 
betet in ihnen mit unausſprechlichem Seufzen. Gold 
Seufzen aber vernimmt und erhöret GOtt, Roͤm. 8. 
Er erneuert fie auch täglih mehr und mehr, und 
machet fie gleihförmig dem Bilde Ehrifti, in Gedans 
fen, Worten und Werfen, wie St. Paulus 1 Cor. 3. 
fpricht: Wir werben verwandelt in das Bild Chriftt, 
aus einer Schönheit in Die andere. Denn bie Pflänzs 
kein Chriſti find ſeines Safts voll, Sie den feine 
2 en 


3066 Ron den Siegen und ‘Briefen 


Natur und Eigenfhaft. Inſonderheit aber behält Der 
heilige Geiſt die Slaubigen in wahrer Demuth, und 
machet, daß fie fih für hoffärtigen Geberven und 
Worten fhämen müſſen. Er reizet fie audy zur Keuſch⸗ 
Der wah⸗beit, Guͤtigkeit, Lindigkeit, Wohlthätigleit. „Er giebt 
zen Ehri- Reue und Leid, da fie ed im Geringften verfeben, 
Ren Ra: und etwa den Nebenchriften mit harten Worten bes 
trübet haben, und machet fie aus allen Fällen vers 
nünftiger und frömmer. Nah dem Willen find die 
Chriften ganz neu’ und göttlih. Denn obgleich Die 
innerlihen Begierden und die Außerlichen Werke nicht 
ſtets gut find, fo iſt doch der Wille gut, das ift der 
Erbtheil der Chriften. Und nad) dieſem Willen find 
fie GOtt ſehr angenehm. allen fie aber. in Guns 
den, fo gefchiehet ed wider ihren Willen, und das if 
ihnen fo leid, daß fie darüber lange bitterlich weinen, 
‚Er tröftet fie auch wiederum wider ſolche ihre täglıs 
he Faͤlle. Desgleichen wider das Wirken der Welt 
und wider. alles Ungluͤck. Endlich hilft er ihnen den | 
Tod überwinden, und ſchenket ihnen pas Herz Si— | 
meond, bid daß er fie auferwede zur offenbarlichen 
Herrlichkeit, wie hievon anderswo weitläuftiger ges 
handelt wird. Ä | 
Darum fol ein jeglicher Glaubiger und Getaufs 
ter es dafür halten, daß er fey ein lebendiger Tem 
pel des heiligen Geiftes, und daß ver heilige Geiſt 
leibhaftig in ihm wohne, wandele, herrſche und res 
tiere, wie man denn ja feine Gegenwart und Wir⸗ 
ung wohl fühle, wo man nur ein wenig Achtung 
uf fein Herz giebt. Er fol fih auch folcher groß 
. fen Gabe fröhlich ruhmen und darauf fein ſanft be 
ruhen, ald auf feinem Erbgut. Denn es it nicht 
genug, daß wir neue Gerechtigkeit, Kindſchaft, und 
den heiligen Geift haben, fonvern wir follen aud 
ſolche himmliſche Güter im fröhlichen Glauben bes 
ſitzen. Wir follen nicht nur Herren, fondern auf 
Befißer ver überlafenen Erbſchaft und himmliſchen 
Güter ſeyn: Wir follen unfer himmliſches Erbe nicht 


—— —=- m — — 


mu — — 


— 


des Schatzes der Seligkeit. 207. 
allein erlangen, fondern auch faffen und behalten, 


wo wir es anders durch Faulheit und Undankbarkeit 


nicht viel lieber wieder verlieren wollen. Was follen 
und die ſchoͤnen Aepfel, wenn wir dieſelben nicht wol⸗ 
len gebrauchen? Was ſollen uns GOttes Gaben, 
wenn wir uns derſelbigen nicht wollen annehmen, als 
unſers eigenen Guts, unſers Geſchenks, Brautſchaz⸗ 
zes, Erbtheils und Vermaͤchtniſſes; und wenn wir 
uns derſelben nicht wollen tröften, erfreuen, damit 
beluftigen, und verfelbigen uns rühmen? Denn GOtt 
bat une feine Güter darum gegeben, daß wir Damit 


prangen, und ihm dafür ein ewiges Halleluja fingen: 
follen. 


5. Was wirket ber heilige Geift ſonderlich im Gnadenreich 
des HErrn Chriſti, damit er unſere Seligkeit verſie⸗ 
gelt, verſichert und befoͤrdert? 


Zum erften, zündet er in und an, und vermehret®ranndet 
reichlich Daß rechte “und wahre Erfenntniß JEſu Chriryapre &re 
fti, oder des Verdienfted und der hoben Wohlthaten kenutniß 
JEſu Chriſti. Denn ob wir ſchon alles im Wort Eprifi. 
haben, dad wir zu unferm Zroft und Heil von 
Ebrifto wiſſen follen, fo iſt es uns, doch gleichwohl, , 
ſehr dunfel und unbegreiflih, wo nicht Der heilige 

Geiſt dazu kommt, und unfern Verſtand erleuchtet. 

Died fehen wir an den Juden, welche in ihrer Die: 
natürlichen Blindheit gelaffen, nicht erleuchtet finn, FErift 
daß fie, ob fie fchon täglih Die Bibel leſen, von man ohne 
Chriſto nichts ſehen, noch wiſſen. Denn fie haben beilis 


dieſe grobe Dede für ihren Augen, gute Werke muſ— See 


fen es thun. Darum fuchen fie nichts mehr im der Reben. 
Coch, denn gute Werke. Und da ſie gleich etwas 
anders finden, nemlich von Chriſto, ſo ſicht ſie ſol⸗ 
ches nicht an, iſt eitel Ketzerei der Propheten und 
Apoſtel, dazu die guten Leute, weiß nicht wie, un⸗ 
verſehener Weiſe gekommen find. So. hüpfen die 
Juden und andere über das liche Evangelium bin, 

| 2 


308 Don den Giegeln und Briefen 


and jagen nur dem Geſetz nach mit großem Eifer, 
damit fie ſich ja felbft faben, verftriden und toͤdten. 
30 aber der heilige Geift iſt, und einem die Augen 
recht aufthut, da fiehet man Chriftum klaͤrlich, je 
oft in einem Wörtlein ſolch Geheimniß, daß man es 
fein Lebenlang nicht ausfchöpfen kann. Dazu Denn 
die lieben Sprachen, infonderheit aber die griechiſche 
und bebräifche nicht wenig belfen. Denn wer wil 
mir die Kraft diefer beiden Wörter, Umfonft und 
in Emwigfeit in der Lehte von der Rechtfertigun 
nach ihrer Würde ausreden und genugfam ertlären? 
Darin dad) fo viel Saft und Kraft ift, daß, fo fie 
nur ein wenig angefeben, ein Herz fönnen unübers 
windlich machen, wider aller Welt Klugheit und aller 
Zeufel Gewalt. Trotz fey dem Teufel geboten, daß 
er mich ſchrecken oder irren follte, wenn ih von Her⸗ 
zen glaube, daß ich für. GOtt gerecht, und bei ibm 
in Gnaden fey, ohne Anfehen meiner Wuͤrdigkeit und 
Verhinderung meiner Sünden, und zwar ohne Aufı 
hören oder ewiglich. . 
eweis,. Daß aber dies des heiligen @eiftes Wirkung fey, 
dag dies bezeuget der HErr Chriftus felber, Joh. 16. Wenn 
beigeg aber jener, der Geift ver Waprpeit fommen 
Wirtung wird, der wird. euch in alle Wahrheit leiten. 
ſey. Ob er fagen wollte: Ich habe euch viel gepreviget, 
aber ihr habet weniä verftanden; wenn aber der hei⸗ 
(ige Geift in und fommen wird, fo wird er ein neu 
Licht in euch anzünden, daß ihr- alles verſtehen wer 
Wie Ehrispet. Daher denn aud St, Paulus dem wahren En 
ig kenntniß JEſu Ehrifti einen ſchoͤnen Namen giebt, 
geneunet indem er es ein Licht nennet, von GOtt in und aw 
‚Werbe. gerundet, welches in unfern Herzen leuchtet, 2 Cor. 4 
Und St. Petrus nennet es den Morgenſtern, odet 
das Morgenliht, welches auf die Nacht erfolge. 
Denn gleich als die liebe Morgenrötbe das Lieblichſte 
vom Tage iſt, und das arme menſchliche Herz am 
meiften erfreuet, darum, daß ed auf die finftere und 
traurige Nacht erfolget; Alfo ift das wahre Erfemt 


- 


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des Schatzes der Seligkeit. 300 


nie Chriſti auch das Lieblichſte in uns, welches uns 
am meiſten erfreuet. J 

Suche derowegen, mein lieber Menſch, rechten 
evangeliihen Berftand, nicht bei deiner Vernunft, 
auch nicht bei Fleiſch und Blut, fondern dur ein 
ernites Gebet bei dem heiligen Geift, der wird dir 
es fein fäuberlicdy- offenbaren, | 


4. Bas wirket ber heilige Geift mehr? 


Zum andern, machet und auch Der heilige Geift rein ?. Er ma⸗ 
und lebendig. Denn er reiniget unſer Gewiſſen Durch Sarnen 
ven Glauben von allen Sünden, vom Zorn GOttes beutig. 


und von dem ewigen Tode, und machet fie durch 


solchen Glauben zugleich lebendig, das ift, ganz froͤh⸗ 


lich. Gleihwie und der HErr Chriſtus von Süns Ebritus 
den erlöfet durch fein Blut, daß fie, nicht mehr auf uns 106 
und liegen, oder feyn follen: Alfo entfreiet und dervon in 
Heilige Geift von Sünden durch ‚ven Glauben, Baßiein But, 


. fie unfer Gewiflen nicht mehr beſchweren follen. Denn de 


wer da glaubet an das Blut Chrifti, der ift für feis unser 
nem Gewiſſen fo rein ald ein unfchuldiges Kınvlein.feya. Der 
Und viefe beide Erlöfungen muͤſſen beifammen fern, "an 
ſoll auders die Rechtfertigung volllommen "bei uns durd den 
geſcheben. Denn, geredt werden, heiſſet in dernanmem 
Schrift nit allein Vergebung der Sünden durdynihtftas 
Ebriſtum bei GOtt haben, fondern auch Diefelbige>en; Der 
Vergebung gleich bei fi) empfinden und fühlen, ein Beh 
frei, rein Gewiſſen von Sünden haben, und darob bampfet 
triumphiren. Diefes geſchiehet durch ben Glaubenganpehat 
des heiligen Geiſtes, welchen ver heilige Geift in ung und. 
wirket. - Darum faget St. Paulus reht: wir wers 


Den durch den Blauben gerecht. Desgl. wir 


werben.Durd den Blauben rein. Weiter, fo 


reiniget auch der heilige Geift die Ehriſten alfo von 


Suͤnden, daß fie in ihren Herzen nicht mehr regier 
zen, fondern ruhen und fterben müſſen. Und dies 
thut er wider bie eingebildete Furcht oder Reverenz 


310 Won den Siegen und. Briefen - 


GOttes, welche in den lieben Gotteöfindern zumei 
Yen groß iſt, daß fie alle böfe Lüfte darin tönreı 
Denn Sirach foriht, Cap. 1, Die Furcht Dei 
HErrn wehrer die Sünde Deögleihen, Di 
Furcht des HErru behütet und mahetfronm 
Das Herz, und giebt Freude und Wonne 
, Daher denn auch ver heilige Geiſt der Geiſt der 
Furcht, vi genennet wird. 


5 Pr wirket dey heilige Geiſt mehr? 


Die dritte Wirkung des heiligen Geiftes iſt Friebe 
3.@rwis-und Freude, wie ausdruͤcklich Sal, 5. gemeldet wird, 
ae Denn wenn er den Glauben in unfern Herzen ans 
de, zündet, und in und zeuget, Daß wir gerecht und SD 

. tes liebe Kinder feym, befriediget er zugleich damit 
unfere Herzen, und richtet in uns, an himmliſche 
Freude. Wenn der Glanz der Gnade aufgehet, fo 
gehet auch zugleich mit auf Friede und Freude, wie 
dies alles vie lieben Heiligen GOttes täglih erfahre 
ren. Ad! welch ein kuühles und liebliches Luͤftlein iſt 

doch das Lüftlein goͤttlicher Gnade, im rechten Glau⸗ 
ben empfunden? Wie befänftiget und ftillet es nat 
Dürre und unrubige Herz? Ehe das heimliche, je 
doch Präftige Zeugniß des heiligen Geiſtes amacht, 
berrfcher Mofes über und, und es wollen unfere arme 
rzen von großer Furcht fterben; aber wenn das 
able und fanfte Lüftlein der Gnade GOttes den 
über bergehet, fo bören vie Draͤuworte Mofis anf, 
und unfere Herzen geben fih zufrieden, ja fte ruhen 
denn glei auf der Gnade GOttes, als ein arm 
germundetes Kindlein auf dem Schooß ſeiner gelicn 
ten Mutter und zwar billig. 
- Denn warum follte ſich ein frommes Herz feine 
übrigen Suͤnden halben für dem Zorn GOttes ent 
fegen oder fürchten, weil es von allen Sünden g 


6 





des Schatzes der Seligkeit. 311 
lich befreiet und mit Gott durchaus zur hoͤchſten Liebe 
und beſtaͤndigſten Freundſchaft verſoͤhnet iſt? 

Wie froͤhlich aber der heilige Geiſt ein trauriges 
Herz machen kann, durch ſein Wort und Zeugniß, 
wiſſen die, welche es fühlen. Sc halte, daß keine 


. größere Freude im. Himmel unter den Engeln fey, - 
als bei uns Chriften, wenn wir Außerlih dad Wort, - 


innerlih das Zeugniß des heiligen Geiftes hören. 
Ach! wie gar lieblih und freudenreih iſt es Doch, 
wenn einer des Morgens einen: tröftlihen Text aus 
ber Bibel lefen, und darauf eine fröhliche Predigt hören 
mag? Wie, ift er denn im Himmel? Wie grünetihm alds 
denn fein duürres und matted Her; im Leibe? Ind 
wie wird er. alödenn fo jung und fhön? Als David 
finget, Pfalm. 103. Der HErr bat did wit 
Troſt erfüllet, daß du ſchoͤn bift. 

Denn GOttes Wort, das heilige Evangelium, 
iſt eine ſolche gnadenreiche Predigt, Daß es den heis 
ligen Geiſt und feine Freude mit ſich bringet, im 
Lefen, Hören und Betradhten, fürnemlid in den 
‚ frommen Unterredungen aufrichtiger. Seelen, Und 


zwar, wer aus GOtt ift, der Iäffet ihm an GOttes. 


Wort gelegen feyn, und bat immer größern Hunger 
und Durft nad dem Wort GOttes, als nad leib⸗ 
lichem Eſſen und Trinken, welches nur den Leib 
mäftet, und zur Wolluſt entflammet. Es faget auch 


frei ein ſolcher Menſch, er habe den Tag nicht ges- 


geilen, wo er vorhin feine Seele mit GOttes Wort 
nicht ‚gefpeifet und gefättiget habe, - 

Daß aber die Glaubigen nicht allewege gleich froͤh⸗ 
(ih), fondern mehr tranrig, denn fröhlid find, und 
daß fie fih an folder ihrer Traurigkeit nicht ftoßen 


follen, davon leſe man die Pfingftpredigt Luthers 


in feiner Kirchenpoſtill. 
6. Wirket der Heilige Geift auch noch etwad mehr? 


a, es treibet auch zum vierten. ber heilige @eift,€ 
vie lieben. GOtteöfinder zum Gebe, Denn wenn. & 


| 
“| 
| 
| 


312 Don ben Siegen und Briefen 
das Vertrauen da ift, daß GOtt der Vater freund 
Iiher fen, ald kein Vater auf Erden, fo kann fid 
der Menſch nidt aufhalten, er muß zu GOtt umi 
- mit ibm reden: Ah lieber GOtt und Bater! wor 
froh bin ih, daß du Bater bit, habe Lob umt 
e Dank, daß du Vater biſt. Ach fey und bleibe doch inner: 
Wie lieb Vater. Ach Vater, lieber Vater! Und dies Liebkoſen mil 
dem Ver⸗GOtt thut einem Chriften fo wohl, daß er nicht aufbören 
% na und des Gebete fatt werden kann. Es iſt ihm eitel Zucker 
und Malvafter. Und weiß wahrlich nicht, wie ed doch 
kommt, daß einem das Gebet fo füß ift. Mir iſt es meine 
Speiſe, und wollte lieber todt ſeyn, denn nicht bes 
ten. Hievon ftehet ein fchöner Spruch Röm.8. Ihr 
habet nicht einen knechtiſchen Geift empfans 
gen, daß ihr euch abermal fürdten mäffet, 
fondern ihr habet einen kindlichen Geiſt 
empfangen, durch weldhen wir rufen: Abba, 
lieber Bater! Daher denn auch der. heilige Geiſt 
ein Geiſt des Gebetd genennet wird, Zach. 12 dar⸗ 
um, daß er und einen freudigen Zutritt zu GOtt 

. machet, und dad liebe Gebet in und erweder. 


7. Sage mir noch mehr von ber Wirkung des heiligen 
Geiſtes. | 


8. Er rei- & ſchaffet auch zum fünften der heilige Geift denen, 
ent ir welchen er ift, ein reines Herz, deögleichen Zul 
ten, und Liebe zu allen Tugenden oder guten Werten. 
Ich heiſſe aber das ein reined Herz, in weldyem die 
fleifchlichen Lüfte und Begierden erftorben find, ode 

aber fo zurüctgehalten werden, daß fie nicht domini 

ren, und Boͤſes anrichten koͤnnen. Denn es wohne 

in feinem natürlicien Menſchen etwas Gutes, er ftelt 

fih au fo fromm, als er immer wolle, auch in 

den Heiligen felbft nicht, wie Paulus ſaget, Roͤm. 7. 
Damit aber die Heiligen nit etwa eine Thorheit 
begeben, und ihren Feinden eine Freude und Gewaͤſch 
anrichten, koͤmmt der heilige Geiſt her, und giebt 


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des Schakes der Seligkeit. 513 


a ihnen einen andern Muth, und hält fie durch GOt⸗ 
ui 1e8 Wort und Ruthe fein zurüde, wie Gt. Paulus 
u lehret, Roͤm. 8 Mein Itebes Kind, foriht er, 
'ı folge nit deinen böfen Lüften, denn GOn - 
ı te8 Wille ift, daß du heilig ſeyſt, und deis 
„ nen Leib und Geele rein behalteſt. Wirſt 
es Du aber deine Luft büffen, fo wird deine Sünde jener 
J wohl eine Zeitlang ſchlafen, aber endlich wie eine beilige . 
; grauſame Schlange aufmachen und dich. jammerlich Ele 
; beifien. Deine Feinde werden deiner audy nicht ſcho gen won. 
; nen, fondern deiner fpotten, und did; allenthalben Siuden 
austragen, und den Ruhm Deiner vorigen aud) fol; abfrels 
genden Heiligkeit in große Schmac verwandeln. Ya, . 
GOtt der Vater felber wird feine väterlihe Ruthe 
in die Hand nehmen, und Did mit Armuth, Kranfs 
“ heiten und andern Plagen züchtigen, damit du es 
auf eine andere Zeit laͤſſeſt. Lebe richtig für dich 
bin ohne Sünde, fo bleibeft du mit Frieden. Col; 
che und dergleihen Gedankten vom heiligen Geift eins 
gegeben, ändern den Muth, vertreiben vie böfen Luͤ⸗ 
fte, und halten den Menſchen im Zügel, daß er fi 
wohl befinne, ehe er etwas fündliches anfahe. Und . 
zwar wo ſolches der heilige Geiſt nicht thäte, und 
ver Sünde ein Gebiß ins Maul legete,. fo würden 
fie gewißlich, wie ein wilder und muthiger Gaul, 
auch den beiten Heiligen GOttes den Zügel über . 
ben Kopf itreifen, und fie alfo aufs Pplafter fegen, _ 
daß fie es ihr Lebenlang fühlen wurden. Wir denn 
aus GOttes Verhängniß zuweilen gefchiehet, auf daß 
fie Demuth lernen, und andern rathen koͤnnen. 
| Nach folcher Keufchheit fchreibet der heilige Geiſt 
mit feinen’ felbft eigenen Fingern Das Geſetz der Liebe 
An der Seinen Herzen. Denn GODtt will nicht in 
feinem Reich ein knechtiſch und träges Bol haben, 
fondern ein freiwillig und hurtig Volk, welches von 
Grund des Herzens geneiget und feurig iſt zur Liebe 
und zu allen guten Werken. Derowegen nimmt .er_. - 
bad alte ſiinerae und träge Herz von und himweg,jmaiene: 


— —— — — — — 


514 on den. Gnadenmitteln 


fig machetund giebt und durch feinen: heiligen Geiſt ein ande 
Beligteit fleiſchern und luſtiges Herz, willig und bereit zu al 
"Ien guten Werken. Wie er felber geweiffaget umt 
verheiffen bat, Ser, 31. Desgl. Ezech. 11, 36. Def 
es zur Zeit der Regierung Chriſti weit anders im 
der Welt zugeben, als vorhin zur Zeit Moſi gefcher 
ben ift, da er die Leute zwingen müfien. Ezech. 36. 
ſpricht GOtt alfo: IH will rein Waffer über 
euch fptengen, daß ihr rein werdet von ab 
ler eurer Unreinigkeit. Und ih will eu 
ein neu Herz, und einen neuen Geiſt in eud 
. geben, und will das fteinerne Herz aus eus 
rem Zleifh wegnehmen, und euch ein flei— 
fhern Herz geben: Ich will meinen Geift 
in eudh geben, und will foldhe Leute aus 
euh machen, die in meinen Geboten wamw 
—* und meine Rechte halten und darnach 

than, | | 
Welches doch alles bei ven lieben Chriſten im 
großer Schwachheit zugehet, alfo, daß fie oft felber 
Darüber irre werden, und nicht wiffen, ob fle ven 
heiligen Geiſt haben, und von ihm regieret werden 
oder nicht. Died aber bat feine Urfache: Denn GOtt 
will, daß wir follen diefes Lebens fatt werden, und 
. herzlich Verlangen tragen nad) dem ewigen Leben, 
Der Firrda alle Schwachheit aufhören, und die Vollkommen⸗ 
reg Natun,heit angeben wird. Doc find gleihwohl durchaus 
vie lieben Chriften feine freundliche, gerechte und fanft 
muͤthige Leute, zu Denen man fich alles Gutes verfehen 
ann, die niemand zu nahe find, die einem Tonnen 
etwas zu gut halten, und die nichts weniger ıhun, 
denn daß fie follen andere richten. Cains Haufe iR 
Der ein frecher ſtolzer Haufe, will alles zuſammen raffen, was 
Weinin⸗ in der Welt iſt, ſey es mit Recht oder mit Unrecht, hat 
ber Na: fein Gewiſſen, ſchlemmet und demmet, und fchläget 
ur. die wahren Heiligen aufs Maul, ja wohl gar zu tode. 
Denn diefer Haufe hat ven Saamen der Gerechtigfeit 
nicht bei ihm, wie Die andern Heiligen GOttes haben 


3 — — —— 55 757——— a — — — — — 


— u - 70 


Des Schatzes, ber. Secigkt, 313 


yon Chriſti Geiſt. Daher fie auch die Heudjler und 
Gainiten, Uebelthäter, in heiliger Schrift genennet 
werden. Welches Wort keinerlei Weife den ſchwachen 
Schaͤflein Jeſu Ehrifti, fondern den folgen, frechen 
Stoßböden fol zugemeffen werden, aus welchen GOtt 
bernadh eitel Feuerwerk in der ewigen Glut machen 
will. . 


8. Haft dur auch noch mehr von der Wirkung des heiligen 
> Geiſtes zu erwähnen? 


Ah tro⸗ 

x? noch eines. Es ift auch der heilige Geift endlichen fewi 
in feinem Amt ein Tröfter: Denn er tröftet die Tier Dei Die 
ben GDtteöfinper wider ihre Schwachheit, die fie am heit nnd 
Leben Haben und fühlen, und wider das Riten, Der ber Ziele 
Welt, und machet Leute des Glaubens daraus, welche j 
ſich wider ihr eigen Herz und die Welt mit GOttes 
Gnade tröften und aufhalten koͤnnen. Denn er zeus 
get in ihnen, daß fie gleihwohl GOttes liebe Kinder 
ſeyn und daß fie ihrer Schmachheit halben keinesweges 
Yon GOttes Liebe geſchieden feyn, fondern vielmehr, 
daß OOtt Luft habe, dur arme ſchwache Gefaͤſſe 
große Thaten zu thun Wie er Denn‘ ftet6 
von Anfang her Die Imbecillia zu feinen göttlichen 
Ehren gebrauchet hat. Und daß fie von Chriſto eine ’ 
befiere Gerechtigfeit haben, denn ihr eigene ift: Und . 
daß fie zu feiner follen ſtark werden wie David, und 
daß ihre liebe Mitbruder eben daffelbige Leiven haben. . 

Luther, in der ſchoͤnen Predigt am Pfingfttage, —- 
Kirchenpoſtill, S. 111. Dazu kann es nicht kommen, 
weil wir auf Erden im Fleiſch leben, daß wir ohne 
alle Schwachheit und Gebrechen ſeyn ſollten. Und du 
wirft feinen Menſchen finden, der ohne Sünde und 
ohne Betrübniß, voll Gerechtigkeit und voll Freude 
fey. Denn auch ein frommer Chriſt ift Fleiſch. und 
Blut, und fühlet, Das er nicht gerne fühlet, ohne daß 
er dawider fireitet, und es ihm herzlich wehe thut. 
Die andern aber nehmen fie gar nicht an, und fehler - 


\ 


| 


— 314 Bon den. Sinadenmitteln 

fig machetund giebt und durch feinen heiligen Geiſt ein ande 

Kelistein fleiſchern und luſtiges Herz, willig und bereit zu al 
"fen guten Werken. Wie er felber geweiſſaget um» 
verheiffen hat, Jer. 31. Desgl. Ezech. 11, 36. daß 
es jur Zeit der Regierung Chriftt weit anders in 
ber Welt zugeben, als vorhin zur Zeit Moſi gefche 
ben ift, da er die Leute zwingen müflen. Ezech. 36, 
ſpricht GOtt alfo: Jh will rein Waffer über 
euch fptengen, daß ihr rein werdet von. ab 
ler eurer Unreinigleit. Und ih will eud 
ein neu Herz, und einen neuen eilt in eud 
geben, und will das fteinerne Herz aus ew 
rem Zleifh wegnehmen, und euch ein flei 
fhern Herz geben: Ich will meinen Geiſt 
in eudh geben, und will foldhe Leute aus 
euh maden, die in meinen Geboten waw 
Pi und meine Rechte halten und darnad 
thun. 

Welches doch alles ei den lieben Chriften in 
großer Schwachheit zugebet, alfo, daß fie oft felber 
Darüber irre werden, und nicht wiffen, ob fie ten 
heiligen Geift haben, und von ihm regieret werden 
oder nicht. Dies aber bat feine Urfache: Denn GOtt 
will, daß wir follen diefes Lebens fatt werden, und 

herzlich Verlangen tragen nah dem ewigen Leben, 

Der ara alle Schwachheit aufhören, und die Bolllommen 
te6Natar,heit angehen wird, Doc find gleihwohl durchaus 
die lieben Chriften feine freundliche, gerechte und fanfts 
müthige Leute, zu denen man ſich alles Gutes verfeben 

fann, die niemand zu nahe find, die einem koͤnnen 

etwas zu gut halten, und die nichts weniger ıhun, 

denn daß fie follen andere richten. Cains Haufe if 

Der ein frecher ſtolzer Haufe, will alles zuſammen raffen, was 
Weittin. in der Welt iſt, ſey ed mit Recht oder mit Unrecht, Hat 
ber Nas fein Gewiſſen, ſchlemmet und demmet, und fchläget 
tur. Die wahren Heiligen auf Maul, ja wohl gar zu tode. 
Denn diefer Haufe hat den Saamen der Gerechtigkeit 

nicht bei ihm, wie die andern Heiligen GOttes haben 


in nn u EEE EEE u u GE GE EEE En 2 Fi Ds En EG 


des Schatzes, der, Seligfeit, u | 


yon Chriſti Geiſt. Daher fie auch die Heuchler und 
Gainiten, Uebelthäter, in heiliger Schrift genennet 
werden. Welches Wort keinerlei Weife den [hwahen 
Schaͤflein Jeſu Ehriſti, fondern den flolzen, frehen 
Stoßboͤcken foll zugemeſſen werden, aus weldhen GOtt 
bernad eitel Feuerwerk in der ewigen Glut machen 
win. j ot u .. 


8. Haft du auch noch mehr won ber Wirkung des heiligen 
* Geiſtes zu erwähnen? 


J⸗ noch eines. Es iſt auch der heilige Geiſt enplichre fe wis 
in feinem Amt ein Troͤſter: Denn er tröftet die lie DER die 
ben GOtteskinder wiver ihre Schwachhbeit, die fie am heit nnd 
Leben haben und fühlen, und wider das Richten, ber der Ziele 
Welt, und machet leute des. Glaubens daraus, welhe 
ſich wider ihr eigen Herz und die Welt mit GOttes 
Gnade tröften und aufhalten koͤnnen. Denn er zeus 

get in ihnen, daß fie gleichwohl GOttes liebe Kinder 
feyn und daß fie ihrer Schmachheit halben keinesweges 
yon GOttes Liebe geſchieden feyn, fondern vielmehr, 

daß OOtt Luft habe, durch arme ſchwache Gefaͤſſe 
große Thaten zu thun. Wie er Denn’ ſtets 
von Anfang her die Ymbecillia zu feinen göttlichen 
Ehren gebraudet hat. Und daß fie von Chriſto eine \ 


beſſere Gerechtigkeit haben, denn ihr eigene iſt: Und 


De ee A in De U J 


daß ſie zu ſeiner ſollen ſtark werden wie David, und 

daß ihre liche Mitbrüder- eben daſſelbige Leiden haben. 
Luther, in der ſchoͤnen Predigt am Pfingſttage, — 

Kirchenpoſtill, S. 111. Dazu kann es nicht kommen, 

weil wir auf Erden im Fleiſch leben, daß wir ohne 

alle Schwachheit und Gebrechen ſeyn ſollten. Und bu 

wirft feinen Menfchen finden, der ohne Sünde und 

ohne Betrubniß, voll Gerechtigkeit und voll Freude 

fey. Denn aud ein frommer Chriſt ift Fleiſch. und 

Blut, und fühlet, das er nicht gerne fühlet, ohne daß 

er dawider ftreitet, und es ihm herzlich wehe thut. 

Die andern aber nehmen fie gar nicht an, und fehlas - 


I 


316 Von ben Siegein und Briefen 


gen ſich gar nicht damit. Darum muß ein ſolcher 
Renfe nicht richten nach feinem Fuhlen, als wäre er 
Darum verloren. 

&. 115. Es muß die Kirche auf Erden in Schwach⸗ 
heit, Angſt, Schmach und Schande feyn. 

S. 113. Es ſoll fi niemand an einem anders 
ärgern, noch an ihm felbit verzagen, fo er ſiehet 
oder felbft fuͤhlet viel ſundliche Gebrechen, Reizung 
und Lüfte, ja, ob es zuweilen auch verfehen uns 
geſtrauchelt wäre, daß darum GOtt von ihm gewichen 
und ihn verfioffen wolle, als ein untüchtiges Werks 
zeug: fondern er fol fi wieder aufrichten, durch die 
Buße und Glauben des Worts, und ſich des tröften, 
daß er ıft im Reich Chriſti der Gnaden, welches viel _ 
mächtiger ift, denn. die Sünde, Roͤm. 5. Und ber 
heilige Geift wird alfo gegeben, daß. er nicht allein 
ein Geſchenk und Gabe ıft, der Muth und Staͤrke 
giebt, fondern auch in Schwachheit tröftet, und fol 
he GOttes Wohnung machet, da immer die Liebe 
GOttes bleibet, durch welche ſolche Schwachheit wird 
zugededet ynd Hicht zugerechnet. So weit Luther. 


Er tröftet Ja, es troͤſtet ah der heilige Geiſt getreue Lehrer 


us » agesuUnd andere fromme Kerzen wider alles Creuz, Schwer 


Ereuz. much, bittern Haß und Toben der Welt, Armuth, 


Elend, Gefaͤngniß, Krankheit und wider den Tor. 
Es faget St. Paulus recht, daß kein elender Volk auf 


u R „Erven fey, als eben die Chriften, 1 Cor. 15. Denn 
Des Boit,täglic; werden ihnen ihre Herzen durch mancherlei Zus 


denn 
J Ceiken, 


„fälle verwundet bis in ven Tod. Und da gleich nichts | 
Böfes noch Trauriges vorhanden ift, fo befahren fie 
fih doch gleihwohl allerhand Webeld und fuͤrchten, 
ber Himmel möchte fallen, gehen derowegen immer 
hin in Trauren und Zagen, und bringen ihre liebe 
Sahre zu in Seufzen, ſprechen: was ich ausgeftanden 
babe, weiß ich wohl, was ich aber noch ausſtehen 
ſoll, das weiß ich nicht, laſſen ſich oft die armen Her⸗ 
zen, durch Die Züge in den Haͤnden, durch Geſchlechts⸗ 
regifter und durch Traͤume ſchrecken. Und haben alfe 


er nn TTTTTTTTT — — 7577— 


des Schatzes der Seligkeit. - 547 - 


ie lieben Chriften ſolch Ungemach und foldie Trau⸗ Sie ylas 

-igkeit und Schreden von ihrem eigenen Fleiſch ung HE R® 

Blut, daß fie fih frümmen, wie die arme Maden, Helen, | 

ınd wiſſen nicht, wo fie fi laffen folen. Neulich. 

prach einer zu mir über Tiſch, mit Fläglihen Wor⸗ 

en, er fönne vor großer Traurigkeit nicht eflen: Dar⸗ 

aber mir die Xhränen heimlicd aus den Augen flofjen, 

Die andern lachten feiner, und fpradhen, er wäre ein 

Thor. Dies alle aber fommt vom Teufel ber, derder Xen 

ichieffet feine feurige Flitſchen in Die arme Herzen unpfe! Auofes 

befchweret fie mit unausſprechlicher Traurigfeit, auf 

daß fie ja deſto zeitlicher fterben. Die Welt, des Teu⸗Die Weit 

feld Braut, biezu verordnet, daß fie Ehriftum in den lat 

Seinen bid an den jüngften Tag creuzigen fol, feys 

ret auch nicht: Denn fie verfolget alle die, welche 

gottfelig in Chrifto leben, und nimmt oft Urſach aus 

einem geringen Verſehen, Dad mußet fie auf, und traͤ⸗ 

get ed aus, entftellt und verdammt alfo Die zarten 

Heiligen GOttes, die bald zur Rechten GOttes ſtehen 

werden in großer. Herrlichkeit und Wonne. Denn 

weil alle, f# da wollen in Ehrifto gottfelig leben, 

Verfolgung haben müffen, fo müffen fie. irren, un 

es etwa verfeben, auf daß fie koͤnnen verfolget werden: 

Wie sollte font die Welt einen Yutritt zu ihnen bar 

ben, und Urſach zu ihnen gewinnen fönnen? Das 

thut aber einem gottfeligen und ehrliebenden Herzen 

mächtig wehe, nemlidh, Daß ihm feine Ehre von gotts 

loſen Leuten ſoll gefchändet werden. ' . 
Armuth findet fich auch herzu, und heimliche Schuld, amt 

die einem viel unfröblihe Nächte machen. Krantheu'ne 

ten fommen auch endlich, und das mißflaltige und 

abfcheulicye Alter mit den grauen Haaren. Das thut 

einem fehr wohl, der nicht viel gewonnen, und nicht 

guter Tage gehabt, auch nichts beſſers zu hoffen hat. 

Zuleßt folget ver Tod, und machet einen Menſchen | 

zu Knoden, da fih oft die Hunde mit tragen. Bier 

- Wider dies alles tröftet. der heilige Geiſt die Seidies aleh | 

nen maͤchtiglich aus Davin , der Chriſten Trofiborn ‚else, 


(m _ J 


— — — — — - .. - — — - 


315 Don den Giegeln und Briefen 


und aus allen Sprüchen der Schrift, nenlih, daß 

die lieben Chriften um des Himmelreichs willen muͤß 

fen von der alten Schlange geflohen und mit Trau⸗ 

rigfeit geplaget werden: Daß auch die Welt arbeiten 

müffe, mit Haß und Verfolgung, bis der Alte Eomme: 

Und daß Armuth, Elend, Krankheit, Gefaͤngniſſe 

und Tod unfere Laft und Hitze feyn müfle: Aber daß 

Wie und wir Dagegen Gottes, feiner heiligen Engel, und fe 

womit vieler taufend Menfchen Liebe und Gunſt haben, web 

ee troͤſtet. he allenthalben. das Belte von und gedenfen und ro 

den, ob uns fon der Teufel und etliche gottlofe Ge 

ſchlechte, mit ihrem Anhange zuwider feyn und plagen; 

und daß die ©ottlofen nicht lange laufen, fondern 

bald vergehen werden, wie ein Raud), nad) dem Spruch: 

Die gottlofen Gefchlechter werden zu Grunde geben; 

Und daß Gott der Herr feinen lieben Kindern Elend, 

Armuth, Krankheit und was deſſen mehr ift, in ums 

ausſprechliche Herrlichkeit und Freude verwandeln 

wolle, bald nad) dieſer Zeit. Ja, dieſer Zeit Leiden 

nicht werth fen der Herrlichkeit, fo an uns foll geofs 
fenbaret werden. = 

Spldye und dergleichen Troͤſtungen bören und fühs 

len wir täglich, wenn wir vom Teufel und der zar⸗ 

ten Welt angefochten und betrüubet werden: Uno if 

und nie beffer, ald wenn und zum wehelten iſt: denn 

fo fühlen wir fonderlihe Bewegungen , welche wir 

felbft nicht ausfprehen koͤnnen. Wir fühlen, Daß der 

a) berföngyerr Chriftus leibhaftig a) in und wohnet, und fich in 

'9% und reget, und unfere arme Herzen mit feinem Gnaden⸗ 

munde füfjet. Der heilige Geift thut aldvdenn den Hinimd 

über und auf, und zeiget und bad Herz des Waterd 

und die ewige Fötlihe Wohnungen, die wir bald eim 

nehmen und beiigen follen, Lieber Gott! wie oft ik 

mir wohl diefer Troſt eingefallen, daß ich gedacht 

ir Zrunbabe? Was betrübeft vu dich viel? Haft du doch 

in ſeinem Gottes Huld, und des heiligen Geiftes reiche Gaben, 

anben, weldye in Dir täglich wie ein Waffer vermehret wers 

den, und der Engel Liebe und Schuß, und fo vis 





des Schaßes der Seligkeit. 319 


ler frommer Chriſten Gunſt, welche zwar wohl an 
fremden Orten und ferne von dir find, aber Dich 
‚gleichwohl mit Treuen meinen, und deine Schriften 
gerne lefen. Sey befannt,. da du unbefannt bift, und 
laß dich drüden und prefien, wie nur die Menfchens 
finder wollen. Gott fiehet und böret alles, und ift 
eine kurze Zeit: Bald wird ein. ander Leben folgen: 
So ift auch ja diefer kurzen Zeit leichtes und gerins 
ges Leiden nicht werth der ewigen und wichtigen Herrs 
lichkeit, die an Dir, ob GOtt will! foll offenbaret wer⸗ 
den. Weldhe das Wort GOttes mit Thränen fden, 
wie denn das liebe Wort in Angft und Noth muß 
geprediget und mit Thränen ausgefäet worden, bie 
werden das ewige Leben und bie ewige Herrlichkeit 
mit Freuden erndten, | nn 
Welches alles ich aus frommen Herzen darum Yon 
mir fihreibe, auf daß ich Damit die · Gnade und den 
Troſt des heiligen Geiftes an mi: ruͤhme, und andere 
betrübte Herzen zugleih damit tröfte: Denn wenn 
ich leide, fo leide ih um anderer willen ,„ und wenn 
ich getröftet werde, fo werde ih um anderer willen - 
getröftet, das weiß ich gewiß: Aber die Welt weißeß 
nicht, fol ed aud) nicht wiflen. Im Tode drüdetder Geiſt 
einem der heilige Geift Die Augen zu, und führer die a 
gebenedeyete Seele fein fanft an ihren Ort, da eitel Zobe, 
lieblich Wefen und Freude die Fülle if. Am jüng- 
ften Zage bringet er Leib und Seele wiederum zus 
fammen, und richtet fold) Paradies in den neuen Mens 
ſchen an, welches noch Fein Auge gefehen, Fein Ohr 
gehoͤret, auch in Feines Menfchen Herz gekommen iſt. 
Dies wolleft du auch ja bei mir thun, und bei meis 
nen lieben Pfarrfindern, und. bei denen, die daß leſen, 
ja bei allen lieben auserwählten Chriften, du allers 
| Tiebfter. heiliger Geift GOttes, mein Doctor und mein 
Troͤſter, gebeneveyer in Ewigkeit, 


| Ach! dies iſt ſehr troͤſtlich. 
Freilich: Inſonderheit iſt es wohl ein großer Troſt, 


- 





320 Don den Siegen und Briefen - 


r 


Daß die arme fündliche und fterhliche Wuͤrmlein leb 
dige Tempel des heiligen Geiſtes, und göttliher Pat 
und Weſens theilbaftig feyn follen. Wie fonnte m 
Gott Höher ehren, und fich näher zu und thun, den 
Daß er und feinen Geift giebt? 

Dieß ift ein fol groß Buͤndniß zwifchen und mi 
GOtt, daß es Fein Herz ausgruͤnden, und feine Zar 
außsreden Tann, Denn wohnet der Seift in mir, we 
in GOtt wohnet, fo wird er ia freylich die Heimlid 
feit, welche ich beim Herzen habe, GOtt offenbaren 
La, GEOt;twird gleich meine Noth und Gebet vurd 
Gemeinfhaft des Geiftes fühlen. Weiter wohnet tw 
Geift in mir, der in Gott wohnet, fo wird er mu 
freilich wiederum die Heimlichkeiten GOttes, neslih, 
feinen. geneigten und väterlichen Willen gegen mir dfı 
fenbaren. a, ich werde gleich die heimliche Like 
GOttes, durch Gemeinſchaft des heiligen Geiſtes u 
meinem Herzen fühlen, mie St. Paulus ſchreibet Nön. 
8. daß der heilige Geiſt unfern Herzen un 
Gewiffen Zeugniß gebe, daß wir Goctd 
Kinder ſeyn. en 


Das 1. Capitel. 
Vom heiligen Abendmahl. 


— 


FT habe itzo mit Freuden angehöret, wie ſtark de 


beilige Geift meine Seligkeit auf mancherlei We 
verfihert, und finde auch ſolches zum Theil an min 
felbit: Lieber, fage mir nun auch etwas von Dem AM 
dern Siegel meines Heild, vom heiligen Abendmahl, 


4. Kann ich dad auch wohl für ein Siegel meiner GM 
— keit erklennen? 

Des Chriftus den Glaubigen im heiligen Abendmehl 
ein Pfand feiner Liebe und aller feiner Güter md 


theile, begeuget Lutherus, wenn er ſchreibet, Theil 3 


Sen. S. 139. Der Leib Eprifti iſt die heilige 2 
| nuB 


‘ 


des Schakes der. Seligkeit. 821 


ung der göttlichen Majeftät, ja alles, was GOtt iſt 
und hat, daͤs iſt deg, Herrn Ehriſti. Derowegen fo 
werden wir mit dem. Leibe Ehrifti..folche unausſprech⸗ 
liche Guter gegeben, auf daß ich nun mag ein Zei⸗ 
hen und Verſicherung baben, daß alle Guter Ehrifti - 
and GOttes mein feyn, nehme ich ven Leib und Das - 
Blut Chriſti. 

©. 356. Das ift eine große Ehre und Lob der 
nnausfprecdhlichen Güte und Gnade unfers Herrn JE⸗ 
u Chriſti, daß er ſich unſerer Sünden annimmt, und 
o freundliche Liebe und Wohlthat bemeifer, daß er 
richt allein um und über und tft, fondern und auch 
einen eigenen Leib und Speife giebt, auf daß er uns 
nit ſolchem Pfand verfihere, und tröfte, daß auch 
inſer Leib fol ewiglich leben, weil er hie auf Erden 
ner ewigen Speiſe mit genieſſet. | 


N Weil diefer Artikel vom Abendmahl fehr ſteitig iſt, 
und gleichwohl ein Siegel meiner Seligkeit ſeyn ſoll, 
fo muß ich hievon mehr nadıfragen, damit ich 
lerne, woran ich mich halten fol, 


du thuft wohl, frage nur getroft, ich will dir Bus 
e richtige Antwort geben. 


3. Wohlen, ſ ſage mir, was das Abendmahl fey? 


E⸗ iſt der wahre Leib und Blut unſers HErrn JE⸗ 
u Chriſti, unter dem Brod und Wein, uns Chriſten 
ju eſſen und zu trinken von Chriſto ſelbſt eingeſetzet, 
nach der Beſchreibung St. Pauli 1 Cor. 10, Das 
Brod, das wir breden, ift das nicht die 
Semeinfdhaft des Leibes Chriftif Und der 
Relh, den wir fegnen, ift er niht die Ges 
neinfhaft des Blurs Ehrifti? Als ob er fagen 
vollte: Im Abenomabl des Herrn, wenn wir das 
Brod eſſen und den Mein trinfen, werden wir alle 
nögemein theilhaftig des wahren und weentligen Leis 
| 2 


322 Won den Siegeln und Briefen 


-bed und Bluts Jeſu Ehrifti: Wir effen ven Zeib, um 
trinken das Blut, jedoch heimlicher und verborgen 
Weife, auf daß der Glaube feine Stärfe und ie 
bung habe. Denn ob. wohl der HErr Chriftus fe 
nen lieben. ungern .nady gehaltener Mahlzeit Bra 
zu effen und Wein zu. trinfen gegeben bat: fo Batı 
“ihnen doc) gleihwohl in und mit dem Brod feim 
- wahren und wefentlihen Leib zu efien, und in om 
mit dem Wein fein wahrhaftiges und wefentliches Bl 
zu trinken gegeben. Denn das Abendmahl ward nid 

ums Brods und Weins willen, fondern um andere 


- Hohen Urfachen willen eingefeßet, nemlih, ym feines 


heiligen Leibed und Blutes willen: Und damit ſie 
nicht Sacramentirer würden, und gebädhten, ed wäre 
nur allein fchleht Brod und Wein, welches er ihnen 
darreichete, und in den Mund gab, ſprach er wit 
fonderlihem Fleiß, und mit außerlefenen hellen Bon 
ten: Nehmet, eflet, das: tft mein Leib: Diefer Kelch 
ift das neue Teſtament in meinem Blut, auf daß ft 
ja, vie lieben einfältigen SYünger, mehr auf feinen 
Leib und Blut, ald auf Brod und Wein ſehen follten. 

‚Und died hat der HErr darum gethban, Denn & 
fahe gar wohl, was endlich erfolgen, und maß ber 
Teufel anrichten würde, nemlih, daß man mehr uf 
Brod und Wein, denn auf feinen Leib und Blut fo 
‘ben, und auch lehren würde, feiner Einfegung und 
feinem Wort ſtraks zumider, Das gefegnete Brod wäre 
nicht fein Leib, fondern nur eine Figur und Yo 
niß feines Leibes, und ver gefegnete Wein wäre nid 
ſein Blut, fondern nur eine Figur und Bildniß fe 
nes Blut, \ on J 


4. Erklaͤre mir dies noch etwas beffer ? 


Dogar ift das gebeiligte Brod der wahre Leib Chrv 
ſti, und der geheiligte. Wein das wahre Blut Chrikt, 

daß auch Chriſtus nicht fpriht: Mein Leib iſt m 
- Brod, und mein Blut ft im Wein: Gondern das 
Drod.ift .mein Leib, und der Wein ift mein Blut, 


Des Schatzes der Seligkeit. 303 
mf Daß ich gedenken foll, wenn ich zum Tiſch des 


HErrn gebe, ich efle und trinke durchaus nichts ans ' 


ers, denn ben wahren und wefentlichen Leib, und 
as wahre und weſentliche Blut meines lieben Erlös 
ers Jeſu Ehrifti. 

Es ſaget aber D. Luther erklaͤrungsweiſe in ſeinem 
leinen Catehiömo, Chriſti Leib ſey unter dem Brod, 
ind Chriſti Blut ſey unter dem Wein, damit niemand 


zedenke, das Brod ſey zunicht worden, und in den 


deib Chriſti verwandelt, und der Wein ſey auch zus 
sicht worden, und in Dad Blur Chrifti verwandelt, 
ınd Darguf anhebe, aus irriger Andacht und Abers 
lauben, das gefegnete Brod und den gefegneten Rein 


mzubeten, welches eine greulihe Abgötterey wäre. 


Brod ift und bleibet Brod, Wein ift und bleibet Wein: 
Aber mit dem Brod, in dem Brod, und unter dem 
Brod wird und verreichet und Dargegeben der wahre 
* Chriſti, und unter dem Wein das wahre Blut 
Shrifti. 


>. Wie kann aber Brod Kleifh, und Wein Blut feyn, 
wo man nicht Die Verwandelung ded Brods und 
Weins in Ghrifti Leib und Blufmit den 
Catholiken glaubet? 
Brod ift und bleibet Brod im Nachtmahl, und if 
30 zugleid der wahre Leib Chriſti. Wein iſt Wein, 
nd bleiber Wein, wie der Geruh und Geſchmack 


jiebt, und ift Doch zugleich das wahre Blut Chriſti. 


Berfteheit du das nicht mit Deiner Bernunft, fo glau⸗ 
)e es doch. mit Deinem Herzen, und verwundere Dich 
yarob, und fprih: O Herr! welch ein  allmächtiger 
HOtt bift du? Denn der dies ‚geredet hat, ift GOt⸗ 


5 Weisheit und Allmacht. Er machet ed darum fo. 


eltfam, daß du feine Allmacht daraus follt letnen 

rfennen, rübmen und preifen, nicht aber verläugnen 

and laͤſtern. oo 
Wenn er wollte, fo fönnte er aus einem Bluͤmlein 
21 





BE ERW 


524 Don den Siegen und Briefen 


einen Engel machen, jedoch, daß das Bluͤmlein in 
feiner Geſtalt für fih dahin bliebe: Und wenn er 


- wollte, fönnte ‚er. aus einem Biſſen Brod und einem 


Trunk Wein nicht allein feinen Xeib und Blut mw 
hen, oder feinen Leib und Blut Damit vereinigen, 
fondern er koͤnnte auch daraus mahen Silbe, 
Gold, Himmel und Erde, Leben und Geligfa, 
und Died alles uns alfo mit dem Brod m 
Wein fchenfen Wie er denn mit dem Wafle 
der heiligen Zaufe thut, in welchen er alle Seligkeit 
verfaffet hat, und mit weldyem er ſie und aud) gäny 
lich ſchenket. Woher denn aud) das heilige Brod 
im Abendmahl ein geheimnißvolles oder fahramentliches 
Brod genennet wird, daß Darunter verborgen ift der 
wahre Leib Chrifti, ohne Verlegung feiner Natur und 
Eigenſchaft. | | 

Das kann kin Vernunftheiliger nicht begreifen no 
glauben: Urfach ift, denn er ift ein Menfch von zew 
rütteten Sinnen, und untühtig zum Glauben, wi 
in 2 Tim. 3. gefchrieben ftehet. Denn hätte er dem 


Geiſt des Verftandes und Glaubens, fo würde er 


wohl wiffen, und von Herzen glauben, Daß vie emige 
Meishpeit und Allmacht GOttes alles thun kann, was 
fie nur will, und fi durd ihr wahrhaftiges Vort 
zu thun verpflichtet hat. Sa, er würde feine tele 
Vernunft gefangen nehmen, unter den Gehorjam did 


Glaubens, und mit uns Flug werden für GOtt. Abe 


das Licht der Weisheit und Wahrheit ift im feinem 


nicht aufgegangen. Es ift ihm genug, Daß er fidy mit 


feinen Fragen wieder und ſetzen, und Kurzweil halber 
mit und fpielen möge wie Herodes mit Dein Hr 


Chriſto fpielete, und hernaͤchſt Geld und Gut ſammle. 


6. Sa, (er fpricht,) wie kann und Chriftus feinen Led 
eſſen, und fen Blut zu trinfen geben, und doch beides 
z unverrädt an ſich behalten? 


| Eine thorhafte Frage eines unglaubigen und fuͤrwiz⸗ 


zigen Menſchen. Wenn Chriftus eine ſolche Perjon 


.« des Schatzes der Seligfeit. 325 


waͤre, wie idy und bu find, fo moͤchteſt du alfo fra 
gen: Run er aber ein folder Mann ift, welder da 
figet zur Redten, das ift, in der Herrlichkeit des Bas 
terd, und mit ihm ein emwiger, weifer und aflmächtis 

er GOtt ift, wie follte er mir feinen Leib zu eflen, 
und fein Blut zu trinken nicht geben fönnen? Hat er 
Dod feinen todten Körper koͤnnen lebendig machen, 
und fann mir feinen ganzen heiligen Geift geben, die _ 
unermeßliche und unbegreiflihe Majeftät, und ihn für | 
fich behalten, wie follte er mir denn feinen Leib zu 
effen, und fein Blut zu trinfen nicht geben können, 
und doch beided ganz für fid) behalten? Haft vu denn 
vergeffen, was der Engel zu Maria fprah: Bei 
GStt iſt fein Ding unmöglid. Desgleichen 
David im 115 Pfalm: Unfer GOtt if im Hims 
mel, erTann fhaffen, was er will. Daher, 
ob er uns vielen zugleich,: feinen Leib und Blut mits 
theilet, das tft ihm eben fo leicht, alö wenn er es .,.. y 
einem thaͤte. Denn und find wir viele, Ihm aber. 
find wir einer. Höre, es iſt eine gräuliche Gottes⸗ 
TAfterung, mit der ewigen Blut abzumwürgen, leugnen, 
Daß und ver HErr Chriftus feinen Leib und Blut im . 
heiligen Abendmahl zu effen und zu trinfen geben | 
Zönne. Wer ein rechter Gotteöläfterer und Schaͤnder 
ver bohen Majeftät feyn will, der werde nur ein Sa⸗ 
cramentarius, fo hat er mehr Teufel auf ihm, als er 
in Ewigfeit in der Hölle büffen fann. Denn hat es 
Doch Chriſtus geredet, und ift dazu ein wahrer GOtt 
mit feinem himmlifchen Vater, der viel größere Dinge 
tbun kann, wie follte er dies nicht thun fönnen? Der 
mit feinem heiligen Geift giebet das unbegreifliche Gut, 
wie follte er mir nicht feinen Leib und fein Blut zu 
effen und zu trinken geben können? Ad! es ift nur - 
ein Spott des leidigen Teufels, und eine Läfterung 
der hohen Majeftät Ehrifti, und. ver hoffärtigen Geifter 
Strafe und Plage, dem hellen Wort GOttes widers 
bellen, ihm eine Nafe andrehen, und die Gegenwärs 
tigkeit des wahren Leibes und Bluts Ehrifti im heili⸗ u 


ZT 





326 Don den Giegeln und Briefen 


gen Abendmahl verneinen. Wer Luft dazu hat, ber 
treibe feinen Muthwillen, und difputire mit Chrife 


- fange genug darum, wir wollen uns an feinem ort 


begnügen lafjen, und an diefer leiblihen und Heiljas 
men Speiſe feinen Edel tragen. O HErr Chrifke! 
fpeife du mich nur taͤglich mit deinem Fleiſch und rränk 
mich mit deinem Blut, fo follt mir ein werther m 
angenehmer Gaft feyn. 


7. Wäre es nicht beffer, zu Verhütung allerhaub Abfurbis 

täten, baß man den Worten Ehrifti dieſtn Verſtand gäbe, 
daß das Brod den Leib Chriſti, und der Vrin fein 

| Blut bedeute: 


So wollte es der Teufel gerne haben‘, er wollte aus 
dem beiligen Brod gerne machen ein bildfidyes und 
figurlihes Brod, das etwas bedeuten follte, nemlich, 
ben abwefenden Leib Chrifti, droben figend im Hims 
mel, weil das Wort Seyn in der Schrift zuweilen ſo 
viel heiffet, als bedeuten. Aus veffelbigen Antrieb 
fommen vie Plugen Köpfe ber, und lehren aus Dem 
Geiſt ver Welt, das ift, aus ihrem Unglauben und 
Bernunft, wie man dieſe Phraſes verfichen fol, und 
fprehen alfo: Das Brod fey nicht der Leib, und ver 
Wein fey nicht das Blut Chriſti, fondern ed feyen war 
Siguren und Biloniffe des Leibes und. Blutes JEſa 
CEhriſti. Denn ungereimt, Dazu unmöglich. fey e#, 
daß uns Ehriftus feinen Leib und fein Blut zu trinfen 
ſollte fönnen geben, fintemal er gen Himmel gefabs 


‚ren, und fid zur Rechten GOttes gefehet bat, us» 


regieret dafelbit als ein allmadhtiger GOÖtt, mit fer . 
nem himmliſchen Vater. Denn was heiffet anders zar 
Rechten GOttes figen, als ein allmächtiger regiere 
der GOtt feyn im Himmel und auf Erden, mit SON 
bem bimmlifhen Vater? Nun frage ich, ob das um 
möglich ſey, daß ein allmächtiger GOtt mir koͤnnt 
einen natürlichen Leib zu effen, und Jein Blut zu trin⸗ 
en geben, fuͤrnemlich, weil er es felbft audgerenet, 


| des Schaßes der Seligkeit. 327 


d in feinem. Herzen befchloffen hat, daß eres thun 
olle? Der allmadtige GOtt kann alled thun, bes 
nder® aber dasjenige, was feinem Rathſchluß und 
iflen gemäß iſt. | 
Hernach, mie wollten die Worte St, Pauli nad - 
dieſer Meinung befteben ? da er fpriht: Das gefegs 
nete.Brod ift die Semeinfhaft des Leibes 
Ehrifti, und der gefegnete Bein die Gemein⸗ 
fhaft des Bluts Chriſti. | 
Wie koͤnnte ihm auch ein unwürdiger Menſch an 
folhem Brod und Wein das Gericht und den Tod effen 
und trinken; wo es nicht wäre der wahre und wefents 
liche Leib und Blut unſers HErrn JEſu Ehrifti? Die 
aber effen und trinfen von dieſem Brod und Wein 
unwürdig, weldhenicht unterfiheiden den Leib des Herrn 
som andern Brod, wie St. Paulus ausdruͤcklich fchreis 
bet 1 Eor. 11. J | 


8. Gefälle bir deun auch nicht, daß man bie Worte: eflet, 
trinfet, durch dad Wort glauben erfläre ? 


Jqq weiß wohl, daß man ſaget, daß eſſen und trin⸗ 
ken den Leib und Blut Chriſti, heiſſe ſo viel, im geiſt⸗ 
lichen Verſtande, als an Chriſtum glauben, daß alſo 
Dies die Meinung Chriſti ſey. Nehmet und eſſet das 
Brod, welches eine Figur meines Leibes iſt, und 
trinket den Wein, welcher eine Figur meines Bluts iſt, 
und glaubet an mich. 

Hier will ich aber unſere Kluͤglinge gefraget ha⸗ 
ben, was denn ſeyn ſoll, daß Chriſtus ſpricht: Eſſet 
und trinket, und ſolches thut zu meinem Ge⸗ 
daͤhtniß, fo muß dies ja fo viel heiſſen, als glau⸗ 
bet an mich, und ſolches thut zu meinen Gedaͤchtniß, 
weil eſſen und trinken fo viel als glauben beißen fol. . 

Dei Slaube an Ehriftum foll fürher gehen, dar⸗ 
auf fol denn fein Gedaͤchtniß folgen. Reimet fi das 
nicht wohl auf einander? Nein, fprechen fie, man 
fol das Brod eflen, und den Wein trinken, dabei fol 


t s 
."_ 





528 Von den Siegeln und Briefen 


man des HErrn gedenken: Chriſtus aber ſaget, bu 
ſollt ſeinen Leib eſſen, und ſein Blut trinken, dabei 
ſollt du feiner gedenken; fo giebſt du ja ſelber nad, 
daß eſſen und trınfen fo viel beiffe, alöglauben: Ge 
bift ou abermal beftridet, und feine Sloffa beiffet fr 
viel, ‚man foll zuvor an Ehriftum glauben, Darnad 
ſoll man an ihn gedenken. Wie kann doch Dies few 

in Emwigfeit, daß Das Große ſoll fürgeben, und od 

Geringere oder der erfle Grad folgen? Darum betr 
bet michs, daß man nicht mag Achtung auf den Mund 
Christi haben, fo wäre der Sache leichtlich gerathen, 
und wäre doch fold ein groß Gezaͤnk nicht unter den 

Gelehrten, welche ald Brüder mit einander leben, und 

ſich ihred gemeinen Gutes in Chrifto herzlich erfreuen 

follten. 


9. Ich gebe deiner Meinung Beifall,. weil fie ſich anf Sprii | 


helle Worte gegründet: Aber berichte mir doch, wie ich 
im ‚heiligen Abendmahl Ehrifti Leib effe, und fein 
Blut trinle? 


Drive Mund und Herz (fchreibet Luther, Tpeil 3 
Sen. ©. 36:3.) iffet einerlet Speife, jedoch. ein jegliches 
auf feing Maffe und Weife; auf daß alfo beide von 
einerlei Speije gefättiget und gefeliaet werden. Det 
Mund iffet ven Leib Ehrifti leiblih! Denn er kam 
die Worte nicht eſſen, noch faffen und weiß nicht, wad 
er iſſet, ſchmecket ihm gleich, als eſſe er etwas ander}, 
denn Chriſti Leib: Aber das Herz fafler die Worte im 
Glauben, und iſſet eben vaffelbige geiftlih, das ver 
Mund feiblich iſſt. il 


oo. 
10. Was niet mir das mündliche Efien bed wahres 
- Leibes und Blutes JEſu Chriſti? 


as iſt dem HErrn befannt, der ſolches geordnd, 
und uns zu thun befohlen hat. Wir follen nicht fe 
vermeffen ſeyn, Daß wir alle Geheimniffe Gottes woh 
len ausgrübeln, Tönnen es auch nicht thun: IR ge 


des Schatzes der Seligkeit. 329 


aug® daß Chriſtus faget: Eſſet meinen Leib, und trin; 
fet mein Blut, und vergeffet mein ja nicht. Doh. 
'!önnen gleihwohl etlidye Urfachen angezogen werden ‚Urfaden. 
varum uns Chriſtus feinen Leib zu effen und zu trin⸗ 
ten giebt. Die erſte ift: Denn der fromme HErr will 
nicht allein unfer Opfer, fondern auch unfere Speiſe 
jeyn, und will in ung leibhaftig wohnen, und fi 
mit und vereinigen. Daraus wir Denn abnehmen fol 
len feine Liebe gegen und: Denn wie fann mid) einer höher 
lieben, ale wenn er ſich für mid in ven Tod giebt, 
und giebt ſich mir darzu ald eine ſüſſe Speife zu efr 
fen, und wohnet in mir? Darnadı gefchiebet ed auch 
darum: Weil ein wahrer und feuriger Chriſt feinen 
lieben HErrn Chriſtum fo herzlich lieb hat, und aud) 
baben fol, daß er ihn wohl in fein Herz Drüdete, fo 
fommt ver gütige GOtt ber, und finder Rath und 
Wege, wie er fi und zu eflen gebe, damit alfo uns 
ferm Willen allenthalben ‚genug gefchehe. Uno ift doch 
dies leibliche Effen und Trinken des Leibes und Blutes 
Cheriſti im Brod und Wein fo gar geiſtlich, daß es 
feine Vernunft ausdenken, und fo gar lieblih, daß 
es Feine Junge ausreden kann. Es foll fih aud nie 
mand darüber vermundern, daß der Herr Chriftus den 
Seinen ſolche feltfame Speife giebt, denn es find aud) 
feltfanıe Wunperleute, heilig für GOtt, Die mebr vom 
Wort und den Sacramenten, als vom natürlichen 
Brod leben. - | 

Die dritte Urfache ift die, auf daß der Leib und 
das Blut Chrifti in uns ein gewiffes Siegel, Pfand 
und Zeugniß fey Der groffen Gnade GOttes gegen und. 
Denn weil und GOtt ver Vater herzlich lieb bat, und 
wir es doch nicht glauben, fo giebt er und des zum 
Pfande das allerhoͤchſte Gut, das er im Himmel und 
auf Erden, nemlih, den Leib und das Blut feines 
allerliebften Sohns: Und bringet uns daſſelbige fo 
nahe, daß ers uns au in den Mund, ja in Leib 
und Seele ftedet, und uns damit vereiniget, Was 
für ein größer Pfand feiner Liebe, und auf was 


530 Von den Siegeln und Briefen 


Maſſe koͤnnte er und wohl geben? Schenket und ! 
zu den heiligen Geift, daß er auch in und zey 
daß wir GOttes liebe Kinder feyn, wie St. Paslı 
“ fchreibet, Röm. & - 

Endlich ift auch ohne Zweifel das Chrifti Fu 
und Bedenfen. in diefer wichtigen Sache geiwefen, #9 
lich, daß unfer armer wichtiger Körper durch ein Mh 

groß Heiligthum zur Unfterblichleit und Herrliitt 
des ewigen Lebend geheiliget und _geweihet wir 
Denn welche Chriftus auferweden will zum auf 
Leben, deren Körper falbet und heiliget er zuvot m 
dem edlen Balfam feines heiligen Leibes und Dinth 
und aud; mit: dem heiligen Geiſt, wie ©t. 
fpriht, Röm. 8. So nun der Geift-ded, Mi 
JEſum von den Todten aufermweder hl, 
in euch wohnet, fo. wird auch derſelbige, M 
Chriftum von den Todten aufermedet jal 
eure fterbliche Leiber lebendig maden, MM 
deswillen, daß fein Geift in euch wohn! 
- Welche Urfach denn auch Irenaͤus Martyr wohl geh 

bat, weil er fchreibet, Buch 4, Kap. 35. Unfre Ee 
welche das heilige Abendmahl genieſſen, find num 
mehr verweslich, fondern haben die Hoffam or 
Anferftehung. Eben biefer im 5 Bud: Gleider 7 
Meinftod das Holz, welches in die Erbe gelegt WE 
den, zu feiner Zeit fruchtbar machet: alfo werben # 
unfre durd das Zleifh und Blut Chriftti 9 nt 
und in die Erde gelegte Leiber feiner Zei 
auferftehen. | 

Aber dies laͤſſet Satanas keinem Chriften gut 1 
Daß. er foldhe Gedanken von feinem lieben ‚ 
Chriſto in diefen Sachen haben follte, ſondern 
treibet fein Geſpoͤtte, durch feine Werkzeuge, er 
le dem, was Chrifto zu Ehren, und uns zum * 
diesfalls kann geredet werden. Wie er dem ch 
Anfang ein hoffärtiger, hoͤhniſcher und ÖL 
und Läfterer gewefen. CEhriſtus aber hat fur 


Des Schatzes dei Seligkeit. 331 


a welcher Herzen er feine Wahrheit verfiegelt, bie u 
wird er wohl erhalten. 


IO. Bo hat der Ehriſtus Died Abendmahl feines wojre 
Leibed und Blutes eingefeget ? 
Nicht darum, daß mans ſoll umher ſpielend tragen, 


and Feſte damit treiben: Sondern, daß man ſeinen 
yeiligen Leib eſſe, und fein heiliges Blut trinke, Denn 


dies find feine Worte: Rehmet hin und effet, 


das ift mein Leib: Mehmet hin und trinfet, 
as ift mein Blut. Hier fagt er ja 'ausdrücklich 
von feinem Leibe, daß man ihn eflen, und von fei 
nem Blute, daß man es trinken fol, Wie denn obne 
allen Zweifel die lieben Jünger das geiegnete Brod, 
als feinen heiligen wahren Leib, und den gefegneten . 
Kelch, ald fein heiliges wahrhaftiges Blut,. mit fon - 
Berlicher hoher Ehrerbietung und Andacht, durch Erleuch⸗ 
tung Des heiligen Geiſtes, ver reichlich über ne außs 
zegoffen, zu fih genommen haben. 


Zum andern giebt er uns auch darum feinen Leib 
zu eſſen, und ſein Blut zu trinken, auf daß er ſich 
mit und vereinige. Siehe, fo groſſe Luft hat bein 
lieber Bräutigam und Erlöfer zu dir, daß er aud 
ſelbſt zu dir fommen will, und in dir wohnen leib⸗ 
yaftig, und dein Herz zu feinem heiligen Tempel mas 
hen, und fi alfo mit dir vereinigen, wie er ſpricht, 
Bevit. 26. Ich will in ihnen wohnen und 
wandeln. ' 

Hilf GOtt! welche Ehre und Troſt iſt und dies, 
den Herrn felbft in und wohnend haben. Wer kann 
wider und feyn, wenn biefer Held in uns und für 
und ift? Aber dieſen Troſt wollen die Feinde und 
Verächter dieſes Sacraments nicht haben, fo mögen 
fie es auch laſſen. 


Zum dritten darum, auf daß die lieben Chriſten, | 
das neue, gerechte, heilige und angenehme Soll, moͤch⸗ 


352 Bon den Siegen und ‘Briefen 


ten eine neue, unerbörte, himmliſche und göttlik 
Speife haben, über welcher fi verwundern folle 
alle Engel im Himmel. Denn was iſt doch heilige 
und göttliher, ald der Leib und Blut unſers Herr 
JEſu Ehrifti? Und was ift doch herrliher, ale fek 
ches Leibes und Blutes theilhaftig, und mit ihm sm 
einiget werden? O weld ein Heiligthum träget de 
Menſch bey ihm, welcher des Leibes und Blutes JE 
Ehrifti theilhaftig worden ift! Sein Schaß ift höher, 
denn alle Kaiſerthume und Königreiche, ja als de 
Himmel felber if. Der Leib und dad Blut Ehnki 
“verwandeln den Menſchen in ihre Natur, und machen 
einen heiligen göttlihen Kuchen daraus. 

Ein Menfh, mit Ehrifti Leib gefpeifet und mit 
Chrifti Leib gefpeifet und mit Chrifti Blut geirän 
Tet, ift gefalbet und geweihet zum ewigen Leben, fe 
ein Gefegnetes iſt Dies Sacrament. Es ſegntt, 
und iſt geſegnet. 

Zum vierten iſt das heilige Abendmahl auch darım 
eingefeget, auf Daß die Früchte des Todes JEſe 
Ehrifti einem jeglichen inſonderheit deſto füglicher und 
kraͤftiger koͤnnten appliciret oder zugeeignet werben. 
Denn es gehet dem Herzen viel beijer ein, trifft und 
haftet aud) beffer, wenn der HErr Chriftus feinen 
Leib und Blut in Die Hand nimmt, und zu mir fpriät: 
Diefer mein Leib ift für did) gegeben, und died mein 
Blur ift für dich vergoffen, zur Vergebung deine 
Oünven. Diefe Worte mit Darreihung des große 
Heiligthumd gefprochen, find nicht allein das redt 
wahre Evangelium, welches immer in den Obren da 
Chriſten klingen fol, fondern find aud) eitel Feuer, 
Geiſt und eben, durch welches ein auserwähltes Hm 
alfo gerüähret und bewogen wird, daß es nicht zu 
fagen. 
Es ſchwillet und weinet von groffer Liebe, ü 
des Sarramentd Würde, und über den berrli 
Troſt, welcher ihm zugeſprochen wird. 

Denn ſollte das nicht bewegen, und das Herz b 

































des Schatzes der Seligkeit. 333 


nd machen, wenn mir Chriſtus feinen Leib zeiget, 
in den Mund leget, und zu mir fpridt: er fey 
r mich gegeben, und zwar zur Vergebung aller mei⸗ 
r Sünden? Was faget hier Chriftus anders, denn 
6 ich rein fey von allen meinen Sünden? Deögleis 
en gerecht, Gottes Kind, und ein Erbe des ewigen 
bene. Die Worte dringen durch, erwecken den Glau⸗ 
n, tröften, befriedigen und erfreuen die arme Seele 
is in ven hoben Himmel. 

O Herr GDtt! welch ein Himmelreih richten 
yiefe Worte an, in, ven elenden Gewiflen? Ja, die 
Sabe des Leibes "und Blutes JEſu Chrifti ift gleich. 
die Berpfändung und Verfiegelung ſolcher theuren Vers 
yeiffungen, damit unfer Glaube deſto einen feltern 
Anker habe, und durch feine Bloͤdigkeit nicht weich. 
Iſt Das nicht eine große Guͤtigkeit Gottes? Deromes 
gen, wer ein angefochten, betrübet underfhroden Herz 
bat, und ift hungerig und durſtig nad) dem füflen 
Beib und nach dem füflen Blut JEſu Ehrifti, wollte _ 
such Ehriftus Stimme nerne hören, am Glauben ges 
tärfet, und aus feiner Anfechtung errettet, ja, in die 
yimmlifhe Freude gefeßet werden, der gehe hin zum 
Abendmahl und empfahe, was ihm gegeben, und hoͤ⸗ 
e mit Andacht, was zu ihm gefaget wird, das wird 
Wunder bei ihm fchaffen. Lutherus fagt, daß ein 
Spriften; Menfh mit dem Leib und Blut unfers 
Herrn JEſu Chrifti empfahe die Zülle der ganzen 
Bottheit ZEfu Ehrifti- und des himmlischen Vaters, 
Denn weil der Vater im Sohn ift, und der Leib 
es Sohns und gegeben wird, fo folget, daß un® 
uch des Vaters Herrlichfeit mit dem Leibe Chriftt 
egeben werde. Laß mir daB etwas feyn! Sollte Das 
jicht ein Herz erfreuen, und den Teufel zum Unmuth 
ewegen? Darum erwedet er fo viel Sacramentd: Seins 
e, auf Daß fie und Den Zroft nehmen, und und auf 
ie bloße Zeichen verweifen müflen: Aber wer ihnen 
laubet, der tft betrogen, und hat ſich felber feines 
eften Kleinods beraubet. Ä | 





334 Bon den Siegeln und Briefen | 


12. Weiſſeſt du auch noch mehr Urfach, warum Chi 


fein Abendmahl geſtiftet? 
E⸗ iſt noch eine, und zwar die fuͤrnemſte übrig, | 


13. Was ift das für eine? 


| E⸗ bat darum auch Chriſtus dies Abendmahl eine 


ſetzet, auf daß es ſey ein Gedächtniß, oder eine En 
innerung feines bittern Leidens und Sterbens, um 
des ‚herrlichen Sieges dadurch gehalten. | | 
Denn weil ſich Chrütus felber für uns dahin get 
ben, und und durch foldy Hingeben eine ewige 
fung erworben hat, fo wollte er auch ſolche feine groß 
Liebe, That und Wohlihat in keine Vergeſſenheit 9 
ftellet haben, fondern und derfelben ein ewiges Ok 
bachtniß ftiften, mie David im 111 Pf. fing: Et 
bat ein®edächtnipßgeftiftetfeiner Bundet, 
der gnäpdige und barmbherzige HErr! ® 
her Wunder? Daß er ſich ſelbſt aufgeopfert dat fat 
und, und und damit entfreiet von unjern Sinden, 
vom Zorn OOttes, von der Gewalt des Teufels, UM 
von dem ewigen Tode. Iſt das nicht eine fürtefli 


und wunderfame That? Sollte man bie nidt bamf 


in frifhem Gedaͤchtniß haben, und ein ewiges MP 


denreiches Wohlleben daraus. madyen ? Daher [mil 


Chriſtus: Gebrauchet meines Abendmahls oft, IM 
ſoiches thut zu meinem Gedaͤchtniß. Ob er MM 
wollte: Liebe Junger, begehret ihr immer großen Tof, 
Sriede und Freude in euern Gewiſſen zu hadben,— 
fo : nehmer oft zu. euch meinen Leib und Bl 
für euch‘ gegeben und -vergoffen, und erinnern! 

dabei der gewaltigen Erlöfung, Damit ich eud eh 
habe. So oft ihr den Teufel überwinden, u " 
den Himmel fleigen, und himmliſche Freude $ — 
wollet, ſo oft nehmet zu euch mein heiliges Abendmad 
Denn ob wohl folder berrlihen und koͤſtlichen DW 
Gedaͤchtniß allein durchs Wort in der Kirche fanı 1 
halten werden, fo hat ed dennod der ewigen 


des Schahes der Seligkeit. 555 


veit: fo beliebet, daß auch ein fonderlih Schaufpiel 
yazu fäme, welches ſolch Gedaͤchtniß wuͤrdiger, füßer 
nd fräftiger machte. Es ift ein großes, daß fich 
er Sohn GSttes hat fihlachten lafien, und daß er 
ınd durch fein Blut mit GOtt zu allen Gnaden vers 
winden, darum, hat er auch dieſes koͤſtlichen Werts 
in ſonderliches Gedaͤchtniß ftiften wollen. 


4. Wäre es nicht genug an dieſem Gedaͤchtniß, wenn 
man ſchon Ehrifti Leib nicht mündlich effe ? 


E⸗ muß beides bei einander ſeyn: Wir ſollen das 
yeilige Abendmahl nicht allein eſſen und. trinken, ſon⸗ 
yern auch des Todes Chrifti dabei gedenken, indem 
uch, wie vorhin gefaget, feinen wahren Leib mit Herz 
and Mund efien, und fein wahres Blut mit Herz 
und Mund trinten. Beydes foll von und gefcheben, 
denn beides ift uns geboten, und beides ift und von 
nöthen. Es iſt nicht genug, daß einer Brod efle 
ınd Wein trinke, und des Leidens Chrifti Dabei ‚ges 
denke; er muß auch den Leib Chriſti effen, und das 
Blut Ehrifti trinfen, und bei diefem Effen und Trin⸗ 
'en des. Leidens Chrifti gevenfen: Sonften hat man 
sur dad Sacrament halb empfangen, und man ift uns 
vürdig hinzu gegangen, und man bat fich vergriffen 
ın dem Leibe und Blut Jeſu Chrifti, darum, daß 
nan ed mit feinem Munde nicht bat nehmen, und 
yei ſich wiffen wollen. Und weil ſich viele felbft uns . 
vürdig achten und des Leibes und Blutes Chriftl, 
vie ſich die Juden achteten, Ay. Geſch. 13. fo nimmt 
es auch Chriftus gänzlich von ihnen hinweg, und giebt 
»8 andern Leuten, welche Hunger und Durft darnach 
yaben, und es ihm großen Dank wiflen, und es für 
aller Welt Gut nicht entbehren. Ich ſage, daß, wenn 
Shriftus ſolch Sacrament nicht geftiftet hätte, fo wollte 


dh ihn bitten, da er ed noch ftiftete, Damit ich feines . 


keibes und. Blutes theilhaftig würde. Wie follte ich 
yenn fo einen Edel tragen an dem heiligen Leib und 


356 Von den Siegeln. und Briefen 


Blut, das mid eılöfet hat, und fo hart dawider tes 
ben, nicht anders, als wenn ed Gift wäre, daran 
ein Menfch fterben müßte? Aber wir mögen fagen, 

was wir wollen, dad Sacrament des Altars iſt und 

. bleibet wohl der wahre Leib und das Blut JEſu Cbhriſti 
in alle Ewigkeit, und wir fönnen Die Finjeßung Chriſti 
nicht ändern, wenn wir uns auch gleich zu tode 
marterten, Difputirten und ſchrieben. 


15. Was heiſſet denn des oem Chr gebenten ? 


1 Seine beifjet fich fein in Andacht erinnern der großen 
erinuern Siebe und Wohlthat Chriſti, daß eR ſich ſelbſt für 
und in den bittern Tod gegeben hat, und uns damit 
eine ewige Erlöfung erworben. Denn purd kein 
Mittel können wir und Des Leidens und Sterbens 
JEſu Eprifti beffer erinnern, als wenn wir zu und 
nehmen den gefreußigten Leib Chriſti im Brod, und 
das vergoflene Blut im Wein. Denn Chrifti Leib 
wird ung im Abendmahl alfo gegeben, wie er gehaͤn⸗ 
get hat am Creuz, und fein Blut auch alſo, wie es 
vergoſſen iſt am Creuz Und obſchon die Naͤrrin, 
meine Vernunft, dies nicht verſtehet, da lieget feine 
Macht an. Es iſt mir ein Gelaͤchter und Freude, 
daß dies meine Vernunft nicht verftehet, und es gerue 
meiftern wollte. Ich aber habe GOttes Wort für 
mid, da halte ich midy an, und weiß das, daß GOt⸗ 
te8 Thorheit viel weifer iR, denn aller Welt Klugheit. 
Es duͤnket mich, wenn ich den Leib und Blut Chriſti 
zu mir nehme, als ftünde ich zu Jeruſalem für dem 
Creuz, und fehe allda meinen lieben HErrn Chriſtum 
aufgebänget, und feine Wunden für mid armen Sum 
der Blut triefen. Darum wolle ja ein jeder Chrik, 
fo oft er zum Abendmahl gebet, und das große Heis 
ligthum zu fid) nimmt, ſich ermuntern, und des Leis 
dens Sterbens Cprifti mit allen Wobithaten hoͤchſtes 
Fleißes gedenken, dazu ſollte man auch ſonderliche 
Buͤchlein daruͤber leſen. 
Fuͤrs 


des Schatzes der Seligkeit. 337 


- Fürs andere heiffet auch des Herrn Chriſti im = 
Abendmahl gedenken an Chriftum glauben, das if, 


ſich alles infonderheit zufchreiben und anmaßen, was 
Chriſtus dem ganzen menſchlichen Geſchlecht durch fein 
Blut erworben hat. Nemlich, Vergebung der Sun⸗ 
den, ewige Gerechtigkeit, Kindſchaft GOttes und ewi⸗ 
geö Leben. Denn er fagt nicht vergeblich, daß fein 
Leib für dich gegeben, und fein Blut für dic vergofe 
fen fey: Er will, daß du did) ſolches Verdienſtes ans 
nehmeſt, und in wahrem Glauben troͤſteſt. Das if 
denn die redhte Ordnung: Eritlidy follt du an Ehris 
ftum gedenken, zum andern follt du an ihn glauben 
und Dir alles zueignen, was du dir von Chriſto aus 
feinem Wort erinnert und eingebildet haft. 

Sa, es ift auch, der heilige Geift durch den rech⸗ 
ten Gebrauch des hochwurdigen Sacraments in denen, 
fo nicht allein Brod und Wein, fonvern aud) den wahr 
ren Leib und Blut Chriſti mündlicd zu fich nehmen 
wollen, ſonderlich thätig, und wirket in ihnen den 
Glauben. Denn wenn ich zu einem fprehe: Nimm, 
iß, diefer Leib Ehrifti ut für Dich gegeben, fo zündet 
gleich der heilige Geift mit diefen Worten ein ſolch 


euer im andächtigen Herzen an, Daß es fih gleich: 


dafür entfeßet, Und wenn der Glaube aufgegangen . 
ift, fo folget, Friede, Freude, Liebe, Keufchheit, Des 
muth, Geduld und andere Tugenden mehr, Und pas 
üſt der befte Nutzen, den man que dem Abendmahl hat. 
Daher fefen wir, daß die erftien Chrüten, fo da feus 
rig feyn und gleich brennen wollten vom Chriſtenthum 
alle Tage, nach dem gehörten Wort, das. Abendmahl 
des HErrn zu ſich genommen haben. Denn was ift 
eö, daß einer nur alle Quartal einmal hinzu gebet, 
sie lange will er wohl von einem foldyen lid 
Bewegnig warın bleiben ? Es heißet, fo oft, fo.oft: 
Sa täglih fol man des Sacraments gebrauchen, foll 
anders Der Glaube in und mit feinen Früchten recht⸗ 
ſchaffen ſeyn, und in lichter Lohe brennen. 

- Regtlich heiſſet auch Chriſti eingedenk ſeyn, dem - 

| ' 22. 


- ⸗ 


32 


BD 


558 Bon den Siegeln und ‘Briefen 


Herrn Chrifto für fein bitter Leiden und Sterben, und 


für alle feine Woplthaten danfen. Bon deswegen Denn 
‘auch das heilige Abenomahl eine Dankfagung von Den 
erften. getauften ‚Shriften genennet' worden it. Und 
Dies fol ia traun geſchehen, nemlich, vaf man Chris 
fto über feinem Abendmahl von Herzen danke. Erik 
sicht werth, der Menſch, der nicht auf fein Angefidt 
fället, und dem Herrn Chrifto von Herzen danket, 


daß er ihn mit feinem Blut von ter Gewalt des Tew 


feld, und von der Höllenglut erlöfet habe, 

Darum will ich allhie einen jeden Chriften infons 
derheit ermahnet haben, daß er ſich fleißig halte zum 
Abendmahl des Her, zu jeder Zeit, fürnemlich aber 


5 der Zeit der Anfechtung, wenn das arme ktanke 


er; befchweret und betrübet iſtt Alsdenn empfahe 
den wahren Leib und Blut Ehrifti, denke zurüde an 
Chrifti Leiden und Sterben, was du damit audgerichs 


tet, und bitte den heiligen Beift um Gnade, fo. wirk 
Du dadurch maͤchtiglich getroͤſtet werden. | 


16. Wie foll man bad Abendmaht recht gebrauchen? 


Mandtid und herzlich. Muͤndlich alſo, daß du mit 
deinem Munde zu dir. nehmeft, effe und trinfeft das 


. gefegnete Brod und den gefegneten Kelch. Denn digd 


Sacrament will nicht umgetragen und angebetet, fons 


dern gegeffen und getwinfen ſeyn. 


Herzlich alfo, daß du mit deinen Herzen glau⸗ 
beit, das Brod fey der wahre Leib Chriſti, und ver 
Mein fey das wahre Blut Chriſti. Denn wer obme 


und empfahet dad Sacrament zum Gericht und Tom, 
wie aus St. Paulo oben berühren iſt. 

Desgleichen alfo: Daß du mit deinem Serzen 
glaubent, der Leib Chriſti ſey fuͤr dich gegeben, und 


das Blut Chriſti ſey für dic vergoſſen, zur Vergebung 
aller deiner Sunden. Denn wer da will ein wahrer 
Cbhriſt ſeyn, und der Sacramente vecht gebrauchen, 


| 


ſolchen Glauben hinzu gehet, Der gehet unwürdig bin, 


K- 
Ä 


des Schatzes der Seligfeit. 330 


ber muß es gänzlich dafür halten, daß der HErr Chris 
ſtus ihm zu gut geſtorben ſty, und Daß er durch feis 
nen Tod vermittelt der Taufe babe neue Gerechtigkeit, 
GOttes Gnadenbrunn, den beiligen Geiſt ‚und die 
Erbfhaft des ewigen Lebens: . 

Denn Chriftus will, daß man feinen Worten glaw 
ben fol. Wer nun über dem Abenpntahl ſolches glau⸗ 
"bet, der gehet würdig bin, behält, was er hat, wird * 
ſtark im Geift, ja fröhlich und lebendig, wie Chriftus 
ob. 6, fprihe: Ich bin das Brod des Lebens, 
wer von dieſem Brod eſſen wird, der wird 
leben in Ewigkeit. 

Das iſt, wer an mich glaubet, der hat das ewige 
Leben, nicht allein Unſterblichkeit, fondern auch Freude 
und den Anfang des ewigen Lebens in feinem Gewiſ⸗ 
fen. Dies nennen etliche eine geiftliche Nieſſung des 
Zeibes und Blutes JEſu Chriſti. Denn dad Herz glaus 


N 


bet, was dad Auge nicht fiebet, noch der. Mund 


ſchmecket: Wie denn auch der wahre und wefentliche 
Leib und Blut Chriſti geiftlicher, das si, unempfinds 
licherweiſe im Abendmahl iſt. 


17. Eben daſſelbige ſagen ja die Reformirten auch. 


Mie nichten 2 fie heißen dad geiftlih, was nicht da 


fft, das wollen‘ fie mit dent Herzen empfahen: Wir 
aber beißen geiftlih das, was wohl da it, aber.mit 
ben Augen nicht geſehen, noch mit dem Wunde ge⸗ 
ſchmecket, ſondern nur mit dem Herzen geglaubet wird. 
Wahrlich, ihr Calviniſten plaudert viel, wiſſe t aber 
ſelber nicht, was ihr ſaget, und koͤnnet euch in eure 
geiſtliche Nießung nicht ſchicken. Wenn ihr zum Sa—⸗ 
erament gehet, fo glaubet ihr nicht, daß der Leib-und 
Blur Chriftiim Sacrament, fondern,droben im Hims 
mel fey, und daß der Leib für euch gegeben, weldyer 
int Himmel fißet, auf ven Stuhl GOttes. Wir aber, 
wenn wir zum Gacrament ‚gehen, fo glauben wir, 


N 


daß Ehrifti Leib und Blut im Saerament ſey, und 
25% | 


30 Don den Siegen und Briefen 
N . 


Daß wir auch beides im Sacrament empfahen, und 
Daß der Leib und Blut Chrifti, welche im Sacrament 
find, für und gegeben und vergoflen- feyn, zur Vers 
gebung unferer Sünden. hr nehmer das Brod und 
den Wein mit dem Munde, und flattert indeß mit 
euren Gedanken in ven Himmel, und fuchet da Chris 
| flum, weiß nicht an welchem Ort, da ihr ihn doch 
0 wohl näher haben Fönntet, leget eurem Geift Spals 
tung und Arbeit auf, und hättet es nicht von nöthen, 
Deromegen trennet und ſchaͤndet ihr vie Einfeßung 
Ehrifti, durch eine unzeitige Klugheit, wir aber laſſen 
| ed in Einfalt unfere Herzens bei der vernünftigen Ords 
| ung JEſu Ehrifti bleiben, und nimmt mid oft Wun⸗ 
| Maße: wie ihr Leute fo gefchidt feyb, Daß ihr mit eus 
| ren Gedanken zugleich im Brod und Wein, und aud 
| “ im Himmel feyn koͤnnet. Ich vathe euch, verfuht GOtt 
| nicht länger, und. ftehet ihm nicht länger nad) ven 
| Augen, ändert nicht, was er geordnet hat, feyd micht 
! 


= 





der Gelehrten Affen, und laffet euch nicht von ihnen 
herum führen, es möchte euch fonft einmal übel bes 
fommen und gereuen. Denn das fage ich euch, weil 
ihr dad Sacrament in eurem Unglauben und Berleugs 
nung ftetd unwürdig empfahet, und bie wahre Lehre 
verläftert, und in folcher Gottesläfterung unbußfertig 
verharret, fo fhidet euch nur zum Gericht und Ber 
dammniß. Ihr feyd alle fchuldig an dem Leib und . 
Blut JEſu Eprifti. 


",.38 Gage mir noch zum Beſchluß, was ich für Gedanfen 
bei dem Gebrauch bed Abendmahls haben fol ? 


Es iſt billig und recht, daß man bei dem Abendmahl 
des HErrn aus GOttes Wort von dem Blut und Tode 
JEſu Ehrifti fonderlihe Erinnerung thue, und def’ 
fih auch ein jeder felbft in feinem eigenen Gewiſſen 
mit hoͤchſter Andacht folder Wohlthat erinnere. Denn 
du geheit nicht hinzu, mein lieber Freund, alter Ge⸗ 
wohnheit halben, auch nicht deiner ſchoͤnen Kleider hals 





" TOPGEER EEE 2 


bed Schatzes ber Seligkeit. 54 


ben: fonbern auf daß dis did allda erinnern laſſeſt, 


und dich auch felbft erinnerft. des Leidens und Ster⸗ 
bend deines lieben Heilandes JEſu Chrift. Darum 
gedenfe und fprich in- Deinem Herzen alfo: Ach du 
frommer GOttes Sohn, du allerfreunplichfier und 
lieblichſter HErr! was haft du und armen; Menfchen, 
‘ja und armen Sündern, für überfchwengliche und uns 
ausſprechliche Wohlthaten erzeiget? Du bift aus grofs 


@cher, 


fer Liebe ein Menſch und unfer Bruder worden, unfere 


Süunden baft du auf dich geladen, und den Horn 
GDttes Haft Du ‚getragen, Deinen heiligen zarten Leib 
haft du aufgeopfert am Ereuz, und dein heiliges Blut 
baft du vergoffen am Creuz: Denn nad) vieler ange 
legter Schmach und Marter haben bir beine. Feinde, 


ber du viel gehabt, deine Hände und Fuͤſſe durchgegra⸗ 


ben, und Dich. zwifhen zween Moͤrdern an das Ereuz 


geſchlagen, und deinen Leib alſo ausgedehnet, daß 


man alle deine Gebeine hat zaͤhlen koͤnnen. 
Blut iſt dir aus deinen heiligen fimf Wunden 


über deinen ganzen Leib auf die Erde gefloſſen, wel 


ches ohne Zweifel die verbitterten Juden mit Fuͤſſen 
getreten haben. Da haben ſie ihre Luft und Freude an 


Dir gefchauet, und haben deiner hoͤchſten Schmerzen ger 


fpottet. Dafelbft Haft. vu gerufen, und endlid deinen 
heiligen Geiſt aufgegeben. Ah! warum ift doch fols 
ches alles von dir gefchehen? Warum haft du ſolches 
getban? Es iſt aus grofier Liebe von dir gefchehen, 


Daß man deine Liebe daraus erfennete, und daß du 


durch fol ein Opfer und arme Sünder von allen 


unfern Sünden, vom Zorn GOttes, und von dem erpiı 


% 


gen Tode erlöfeteft, und daß wir durch deine Wunden 


aebeilet würden, und in unferm Gewiſſen Friede und 


Sreude hätten. Kür folche:deine große Liebe und Wohl⸗ 


that fage ih dir, e HErr Ehriſte! von Herzen swig 
Lob, Preis und Dank, und bin bereit, mein armes 
Blut um deines heiligen Namens Ehre willen wieder 
um zu vergieflen. | Ä | 








542 - Bon der Majeftät 
DaB V. Buch. | 
Von der Majeſtaͤt und Herrlichkeit der Chriſten— | 


Was haben’ die Chriſten für Majeſtaͤt in GOttes Augen, 
wegen ihres thenren Schages ? 


Peulus bat dies alles kurz verfaſſet in dieſem kleinen 
Sprüchlein, Gal. 3. Wie viel euer getaufet 
ſind, die haben Chriſtum angezogen. Denn 
er ſaget, daß alfe diejenigen, welche in wahrer Buſſe 
und Glaüben Ehrifti getaufet find, Chriſtum angezogen 
haben. Ob nun..aber dies wohl dem erften Anfchen 
nad, fehr gering ſcheinet, Chriſtum angezogen haben; 
dennoch, wo man ihm etwas tiefer im Geiſt GOttes 
nachvenfet, fo wird diefe Wohlthat fo ein weites Meer, - 
‚und fo eine große und herrliche: Dinjeftät, Daß fie mit 
Morten nicht zu erreichen. Gleich als die liebe Sons 
ne, wenn fie des Morgens frühe aus ihrer ſchoͤnen 
Morgenroͤthe daher tritt, nicht ſo gar weit um ſich 
leuchtet, hernach aber an Schein und Majeſtaͤt zuſe⸗ 
hends ſo zunimmt, daß fi die ganze Welt Darüber 
genug zu. yerwundern hat: Alfo auch unfere Majeftät 
und Herrlichkeit, fo mir in Chriſto IEfu haben, wos 
fern man fi nur immer tiefer und tiefer Darin ſpie⸗ 
gelt. Daber ſchreibet Jobann Huß in feiner 26 Ser⸗ 
mon, daß die chriftliche Kirche , welche er nennet den 
Haufen der Auserwählten, mit der Herrlichkeit und 
allen Bütern Chrifti fo gezteret fey, Daß ihre Schoͤn— 
heit Fein Menſch befchreiben koͤnne, fondern man fi 
ihrer. nur allein vermundern müfle, 


Weil einem Ehriſten an bem Erfeuntnif feiner Majeſtaͤt, fe 
wir in Ehriſto JEſu aus der Taufe haben, trefflich viel ges 
Segen iſt, alfo auch, daß, mo dies, Erfenntniß nicht if, 
kein Heil und Seligkeit ift bei allem Gluͤck auf Erden, 
derowegen erklaͤre mir dieſes etwas deutlicher. 


Ar will ſolches herzlich gerne thun in nachfolgenden 
Sapitein, Sich r nur gut Achtung Darauf. 


u #: 


so wahrer Ehren 3. 
| Dası Eapitel 
Bon der erfien Majeftät dee wahren Chriften. 
u 1 Vorin beſtehet dieſelbe? 
Aunfanglich hierin, daß fie, wofern fie anders im wah / gu der 


rer Buſſe und Glauben Chriſti getaufet ſind, den!Bereinle 


HErrn Ehriſtum, wie Paulus fpricht, ganz: und ren 


EEE TE RE, a > - 


GE" CME 


angezogen haben. Denn wenn ein bußfertiges und 
glaubiges Kindlein getaufet wird, fo wird. Pafielbe 
nicht fo fehr in das Waſſer gedunket, als in Den 
HErrn Ehriftum. Wie St. Paulus bezeuget Roͤm. 6. 
Wiſſet ihr nicht, Daß alle, Die wir getaus 
fet find, in Chriftum getanfet find? € 
wird aber ein ſolches Kindlein alfo in. Chriitum JE⸗ 
fum getaufet, Daß ed mit ihm vereiniget umd feiner 
göttlihen Natur, Majeftät und Herrlichkeit theilbaftig 
wird, Denn gleich ald die Maſſa, welde Chriftus 
in feiner Menſchwerdung angenommen bat, ‚mit feis 
ner göttlichen Natur pereiniget, und ihrer göttlichen 
Majeſtaͤt und Herrlichkeit theilbaftig worden ift; Als 
fo auch ber große Leib, melden er in der Zaufe geiſt⸗ 


Jiher Weife annimmt, und deſſelbigen Leibes Glied, 


wird mit ihm bereiniget und feiner göttlihen Natur, 
Majeflät und Herrlichkeit theilhaftig. In feiner Menſch⸗ 
werbung bat er an ſich genommen, was unfer wars 

In der Taufe aber hat er uns gefchenket was fein - 
war, nemlih, feine göttliche Majeftät, auf daß wie 
er. in und ein Menfh iſt, alfo wir in ihm Götter, 


oder Öotted Kinder würden, voller Majeftät und Herw 


lichkeit GOttes, leuchtend für dem Augeſicht GOttes, 
wie: helle Sonnen, oder wie Moſes und Elias mit 
Ehrifto auf dem Berge Tabor in großer Majeſtaͤt 
geleuchtet haben, | | 


2. Iſt das nicht zu viel, Fanufk du es and) beweifen? 


/bwohl unfere Vernunft, welche immer gern ſpot⸗ 
sen will, dies zu viel ſeyn gedenket, fo haben mir 


v 
k 


— m — — —— — — — — — — — — — — 


Be Non ber Majeſtaͤt 


Boch deſſen helle und duͤrre Sprüche in Gottes Wort, 
baran wir und begnügen laffen, Pf. 49, Er Hat 
meine Seele erlöfet: denn er bat mid am 
enommen, ob, 14, Ihr in mir, und id 
in euch. Rom, 6. Wir ſind ihm eingebilder, 
wir find feine Pflänzlein worden. 2G@or. 12. 
Ihr feyd der Leib Chriſti. Dies alles ift von 
Der Bereinigung mit Chrifto geredet. j 
Bon der hohen Majeftät und. Herrlichkeit aber, 
weldye wir in Chrifto haben, fteben foldhe Sprüche: 
Koh, 17. Die Herrlihfeit, lieber GOtt 
und Bater! die Du mir gegeben haſt, die 
babe ih ihnen wieder gegeben. Dies kann 
auf zweierlei Weiſe verftanden werden. Erftlich aljo: 
Ach du Fieber Sort! du haft mir Menfchen im Chrifto 
göttliche Natur und Herrlichkeit gegeben, alfo, daß 
fie nun mein ift, und ich mich rühmen kann, ich fey 


ein wahrer Gott. Diefe Herrlichkeit habe ich wieders 


um denen mitgetheilet, welche an mich glauben, auf 
mich getaufet und mit mir vereiniget find, daß fle 


OSttes Kinder feyn follen, auf daß fie auch alfo 


meiner göttlihen Natur und Herrlichkeit theilhaftig 
wären. Zum andern dergeftalt: Ach, du lieber Sort! 


du haft mir in deinem lieben Sohn von Ewigkeit ber 


dieſe Herrlichkeit gefchenfet, daß ich dein Bild worden, 
Deines göttlichen Weſens und Majeftät ıheilhaftig, und 
nun eben fo berrli feuchte, von ewiger und vols 
Tommlicher Gottheit, als du ſelbſt. Dieſe goͤttliche 
Herrlichkeit habe ich meinen lieben Ausermählten, Glau⸗ 
bigen und ©etauften wieder gegeben, auf daß fle eben 
ſowohl in mir, und durch mid, göttlicher Natur um) 
Majeſtaͤt theilhaftig feyn, und darin leuchten möchten, 
ale ih. Denn dafür follen wir es halten, daB, fü 
bald Ehriftus nad) feiner menfchlichen Natur gen Him⸗ 


mel gefahren, das iſt, in Die Majeität GOttes getre⸗ 


ten; ja, fo bald er GOttes Sohn worden, wir zw 


glei mit ihm gen Himmel gefahren und GOttes 


Kinder geworpen. Denn er hat und von. Ewigleit 


De ⏑ — —— ⏑ ⏑—— — 


En — 


— 7575 — — — —— c 


“wahrer Chriften, | 35 


angenommen: darum find wir auch in ihm von Ewig⸗ 
Teit ber erwmäblet, oder GOttes audermählte liebe Kins 
der gewefen. jedoch iſt dieſe Bereinigung allermeift 
und wirklich gefhehen, da ein jeglicher für feine Pers 
fon in Ehriftum getaufet worden, und im der Taufe 
Ehriftum angezogen hat, 


3. Woher nimmt’ diefe große Wohlthat ihren Urfprung ? 


Die große Wohlthat, daß uns Chriſtus feine goͤtt⸗Ans Ehri⸗ 
liche Natur und Majeſtaͤt geſchenket hat, iſt daher ge ee 


floffen, daß Ehriftus feinen Leib oder feine Braut allzu 


lieh bat, und er it von Natur allzu milde und guͤ⸗ 


tig, daß er es nicht laſſen kann, er muß und ſich 
feleft, mit allem vem, was er ift und bat, zu. eigen 
geben, nad) dem alten Sprüdmort: in jedes Gut 
will fid gern mittheilen. Doc iſt dies der Unter⸗ 
ſchied zwiſchen Chriſto und uns, daß ihm ſeine goͤtt⸗ 
liche Natur und Majeſtaͤt angeboren iſt, uns aber aus 


Gnaden geſchenket: Daß er der Born ſey ſolcher Mas 


jeftät, wir aber die Rieverlein, welche dieſelbe zu Lohn 
empfahen: - Oder, daß er Die Sonne fey, wir aber 


ver Mond, Daher er denn auch generinet wird, Eos 


off. 1. Der Erfigeborne vor allen Ereatus 


. zen, und der in allen Dingen den Borgang 


hat. Und St. Johannes fpridt, Cap. 1. Bon feis 


| 
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13 


‚ nerfülle haben wir alle empfangen, 


> 4 Bas folget hieraus ? 


Dieſes: Sind wir in Chriſto und Chriſtus in uns Di⸗ Ber 
begnapiget mit der Majeftät und Herrlichkeit Eprifti, Enltung 
fo find wir.auh in GOtt dem Vater, und in GOtt Mater 


Geiſtes, wie er, fpriht Joh. 17. Ich bin in ih 


Dem heiligen Geiſt, und find begnadiget mit der Man eifis 
eftät und Herrlichkeit ded Vaters und des heiligen 


en Geiß. 


nen, und du in mir, das iſt: Bin ich in ihnen, fo - 


bift du GOtt Vater audy in ihnen, denn du bift in 


mir, und ih in dir. Und gleich als fie meiner Mas 


1. Petr. 4: Daß die Herrlihfeit GODttes übe 


—— 


BE Won ber Majeſtaͤt 


jeftät find theilhaftig, alſo auch deiner. Wie koͤnnen wi 
wohl GOtt näher und höher fommen? Sollten wi 
denn nicht billig Götter genennet werden, und beil 
Scheine auf unfern Häuptern tragen: Wie im 82 
Pſalm ſtehet: Ic Habe gefagert, ihr ſeyd Soͤt 
ter. Bon welder unferer großen Majeftät und Herr 
lichkeit Yranciscus Petrarcha Dial. 93. alfp fchreibet; 
Weil wir Götter worden find in Chriſto JEſu, und 
der ewigen Gottheit theilhaftig, fo können wir num 
mehr nichts höheres hoffen, ja nichte höheres wuͤnſchen 
und begeht. 


5. Kaun diefe Herrlichkeit auch „aus GOttes Wort bawie 
fen werben ? 


Freilich. Denn diefer Herrlichkeit gedenket St. Pan 
lus Rom. 5, Wir ruͤhmen und der Herrlide 
feit GOttes. —— 

Dabei ſetzet D. Major dieſe Erklaͤrung: Die Herr⸗ 
lichkeit GOttes iſt die Mittheilung feiner ſelbſt, feines 
Lichtes, ſeiner Weisheit und Gerechtigkeit. Desglei⸗ 
Kom. 15. Chriſtus hat und angenommen 
in die Herrlihleit GOttes. Er hat ange 
nommen, fpricht er, nicht, er wird annehmen, Da 
mit wir wiffen follen, daß es fchon geſchehen fc 
Und Ebr. 2. Chriftus ift Durch fein Leiden 
vollfommen, und ein Herzog unferer So 
ligkeit worden, und hat viel Kinder zus 
Herrlichkeit geführet, Und St, Petrus ſprich 







und ruhe, 2 Petr: 1. Daß wir göttliher RA 
tur find theilhaftig worden. Und nennet die 
unfere Majeftät und Herrlichkeit eine theure, und 
allergrößefle Sa. °— — — ——. 


6. Das ſchließeſt du Hier ferner darans ? 


Ft dem nun aljo, nemlih, daß wir Götter feye 
and wie, in der Offenbarung ſtehet, dag wir, 


[rs 5—757 — DE En EEE EEE En — — EEE u En 


wahrer Chriſten. 547 


a8 neue Jeruſalem, die Herrlichkeit GOttes haben. - - 
in, Chrifto Jeſu, find wir denn nicht mehr, als alleDdat 3. 
fuͤrſten im Himmel und auf Erden? Es wäre Denn scan 
Sache, daß der Herr Chriftus auch die Engel anges veun bie 
sommen, und fie mit feiner Gottheit erfüllet hatte, Fasel- 
vie er und angenommen md erfüllet hat, - Denn 
zleich wie Chriſtus mehr iſt, ald Die Engel: fo müfs 

en wir Chriften auch mehr feyn, ald die Engel und 

ılö alle Kreaturen auf Erden. Darum fündiget der 

ın der Majeſtaͤt Chriſti, welder einen wahren 
Thriſten irgend feined Standes, oder feiner Gebredyen, 

oder feines Gluͤckes halben verachtet, der doch fo hoch 

in Chriſto Jeſu, daß er nicht höher werden kann. 


r. Dies It. wohl überaus fehr troͤſtlich: Aber es Iäuffet 
aller Bernunft und ber täglichen Erfahrung gmwis - 
ber, welche das Gegentheil zeugen. 


Solches ift alles wahr. Daher iſt es aud ein grob 
68 Geheimniß, wie e8 St. Paulus nennet, Epheſ. 3. 
Remlih, daß wir göftlicher Natur theilhaftig worden 
eyn, und einher geben in ver Majeftät und Herrlich 
'eit GOttes: Denn ed iſt tief verborgen für unfern 
Augen. Wer follte dies wohl fein Eebenlang gedacht 
yaben, oder in weß Herz follte es wohl gekommen feyn, ' 
aß wir follten Götter feyn, göttliher Natur, Mas 
eität und Herrlichkeit theilhaftig ? Wer. renet und fins 
yet hievon? Denn wir fehen und erfahren nichts götts 
iches an und, alles ift mit Schwachheit, Sünde und. 
Sammer zugenedet, daß fi einer fiheuet, von feiner 
Herrlichkeit zu rühmen, Wir koͤnnen feine Fliege 
vom Rode erweden, fo ohnmaͤchtig find wir, und 
oͤnnen feine Stunde rein ohne Sünde ſeyn, fo ans 
yeilig find wir, und liegen in Armuth und Krankheit 
is an Die Ohren begraben. Ad arme Götter, an 
velchen nichts göttlicyes leuchtet, fondern bei welchen 
8 fo ati zugebet, daß es allenthalben zu erbar⸗ 
nen if! _ | 


— — m — 


NT Da Er No 


548 Don ber Majeftät 


Hnfere Aber es muß fofeyn, um bed ebien Glaubens wi 
Series fen ‚daß er feine Kraft und Würkung habe, und de 
werborgenfelbft göttliche Majeftät lerne erkennen, glauben um 
ee hoffen, Da nichts weniger leuchtet und fcheinet Dem 
ilen göttliche Majeftät und Herrlichkeit. Und ob ei wohl 

aus dem, daß wir mit unferm Seufzen und GM 
große Dinge thun, Feinde tödten und viel Ant 
konnen, abzunehmen it, daß wir nicht ſchlechte De 
ſchen feyn müffen: &o wird dennoch eine Zeit Tom 
‚men, daß unfere göttliche Majeität und Herrlichlei, 
für aller Kreaturen Augen wird aufgedecket werden 
und fo trefflich heile Teuchten und fcheinen, daß mal 
fie greifen möchte, nemlich, an dem Tage, wenn Ib 
fer lieber HErr und Haupt JEſus /Chriſtus in MM 
Majeflät und Herrlichkeit Daher leuchten, und MM 
allen ſich ſehen lafien wird. | 


8. Kanuft bu dies auch aus GOttes Wort beweien 


Freilich: Denn dies find ja St. Pauli Wort Cl 3 
Euer Leben iſt verborgen in Eprife Ber 
aber Epriftus, euer Leben, oder eure d! 
lichkeit fih offenbaren wird, denn werde 
—ihr auch offenbar merden mit ihm MM ve 
Serrlichkeit. Darum er denn auch bie Sofa! 
Qunferer Herrlichkeit, Col. 2. genennet wird: Richt — 
als hätten wir die göttliche Majeſtaͤt nicht FA ’ 
iveg,, fondern daß fie noch nicht aufgenedet il, 
in ihm in der Hoffnung begraben. Liege, Denn | 
müffen wir vie Reden, wir find wobl felig, 
der Hoffnung , und andere dergleichen, verſtehen 
Bon deswegen fo haben auch die lieben ERTEL, 
Geheimniß böchften Fleißes den glaubigen und H 
tauften Ehriften durchs Evangelium mitgeteilt, ©. 
daß fle Xroft und freude des ewigen Lebens DT 
hätten. Denn das liebe Evangeliums von der faule 
Gnade bringet allein den gewiſſen Troſt und greu® 
. des ewigen Lebens, Und fie haben, die lichen A“ 


‚wahrer Ehriften. 380 


GOtt den HErrn für ihre Zuhörer herzlich angerufen 
und gebeten, vaß er ihnen hierzu die Erleuchtung des 
beiligen Geiftes wollte verleihen, auf Daß fie. Das große 
Geheimniß von ihrer uͤberſchwenglichen Majeftät und 
Herrlichkeit möchten begreifen: Wie wir fehen Ephef. 
1. da Paulus viefe Worte führet: Sch Höre nicht auf, 
fir euch zu Bitten, daß der Vater der Herrlichkeit eudy 
gebe ven Geift der Weisheit, zu feinem Selbſterkennt⸗ 
niß, und erleuchtete Augen eures Verfiändnifles, daß 
ihr erfennen möget, welche da fey die Hoffnung eus 
ses Berufs, und welcher fey ver Reihthum feines 
herrlichen Erbes an feinen Heiligen. Hier nennet ©t. 
Paulus unfere Herrlichkeit, die wir in Chrifto JEſu 
haben, eine reiche und überfhwengliche Herrlichkeit, 
wie fie denn aud) in Wahrheit it: Alfo auch, daß 
fie nicht kann genugfam befchrieben , ausgeredet, ges 
rübmet und gepreifet werden, Coloſſ. 1. nennet er 
dies Geheimniß, nemlich, Daß Chriftus fey in und die 
Hoffnung unferer Herrlichfeit. Deögleihen, den Reich⸗ 
thum ver. Herrlichfeit dieſes Geheimniſſſs. 
Und ſaget, daß er dies Geheimniß, wie er es von 
GOtt empfangen habe, den Heiden predige, daß fie 
vollfommen fenen in Chriſto, oder, Daß fie wiſſen, 
fie feyen vollkommen in Chriſto. Denn follte ein goͤtt⸗ 
licher Menſch nicht vollfommen feyn? Und im 2 Ras 
pitel fchreidet er alfo: Gebet zu, daß euch niemand 
beraube, durch die Weltweisheit und lofe Verführung 
nady der Menſchen Lehre, und nad) der Weltfahung, 
und nicht nach Chriſto. Denn in Chrifto wohnet die 
ganze Fülle der Gottheit Teibhaftig, und ihr feyd volls 
fommen in ibm. Daß ift: Hütet euch, und laffet 
euch von den Philofophen und Klugen der Welt dieſen 
Troft und Ruhm eurer. göttlichen Herrlichkeit, vesgleis 
den eure Heiligkeit und Gerechtigkeit nicht rauben, 
noch nehmen: Denn wohnet in Ehrifto und in fei- 
nem ganzen Leibe vie Küulle der Gottheit, wie folltet 
Ahr nicht vollkommen feyn in ihm, und irgend noch 
an Heiligkeit und Gerechtigkeit Gebrechen haben, over 


r 


350 | Bon der Majeftät 


durch eure Werke allererft heilig und gerecht werben? 
Hütet euch, und laffet euch nicht zu Sundern machen, 
und darnad auf eure eigene Werfe und Berdienft mer 
fen: Ihr feyd fchon heilig und gerecht, durch bie Fülle 
der Gerechtigkeit Chrifti euch mitgetheilet, und babet 
der Heiligkeit und Gerechtigteit ſchon mehr als ihr 
bedürfet, was follte denn Unheiliges und Ungerechtes 
an euch fen? Und wodurd wollet ihr allererft ber 
lig und gerecht werden? Oder aber find eure Werke 
mehr und beffer, als Chriftus mit feiner ganzen Gott 
heit? Behüte euh GOtt für folhen Wahn, daß ihr 
Dies ja nicht beginnet zu gedenken. Es ift genug, 
Daß anders denkende in ſolchem Irrthum ſtecken, wob 
let ihr auch irre werden, und euren güldenen Rod mit 
Mufcheln behaͤngen? Hierbeg geböret das theure 
Sprüclein aus vem 23. Kapitel Theologiaͤ Germani; 
cat Kinder GOttes bevürfen gar fein Gefeß, um durd 
Daffelbe für fich etwas zu erwerben oder zu gewinnen 
Denn was hiedurch oder durch Hülfe allır Kreaturen 
zum ewigen Leben erworben werten fann, Das befiz 
zen fie fhon alles. Ach wollte GOtt! daß died vie 
Tatholiken ein wenig von ferne jeben moͤchten, fo 
würden fie ihr KKollern bald laſſen, daß fie wollen ei⸗ 
nen blauen Dunft an die Sonne hängen, und damit 
Die Sonne erleudhten. Ja, Werfe und Fülle ver So 
beit fommen wohl zufammen. | 


| 


9. Wie fol ich mir biefe hochtroͤſtliche Lehre chriſtlich zu 
- nuße machen ? 





1. Bir Weit wir denn nun ſolche hohe Feute find, wie jekt 
foken Ne perichtet, weit über alle Engel erhaben, und in die 
 gemStawMajeftät Chrifti gezogen, fo laflet und doch, Tieke 
—— Chriſten, berzallerliebite Brüder und Schweſtern, die 
BEER. Augen einmal recht aufthun und gufehen, was wir dod 
- in Ehrifto JEſu ſeyn. Warum mögen wir hier nice 

ein wenig ftille halten, und diefe Lehre fteif zu Heu 

zen nehmen? Oper ift es fo geringe, Daß man fagch 


4 


wahrer Ehriften. 354 


wir find Götter, vergötterte und göttliche Menfchen ? 
Der .göttlihen Natur, Majeſtaͤt und Herrlichkeit JEſu 
Chriſti theilhaftig? Laffet Diefe ſchoͤne Gedanken unfer 
Gaitenfpiel feyn bei Tag und Nacht, und, lafjet uns: 
ſolches wider den Teufel und die kluge Welt und von 
Herzen glauben. Wenn der Teufel durch einen uns 
nuͤtzen Schwäger, oder durch deine eigene GSedanken zu dir 
ſaget: O wie haͤßlich biſt du, und wie ein greulicher 
Suͤnder: So antworte ihm mit getroſtem Herzen 
und fprihs Es ift nicht wahr, du lügeſt, Lügner, du 
lügeſt! Ich bin heilig und göttlid) in Ehrifto JEſu, 
eben mit. feiner Heiligkeit und göttliher Herrlichkeit 
gezieret, wie er ſelber if, Denn er hat mid anges 
nommen von Ewigkeit ber, und ich habe ihn wiederum 
angezogen in meiner Taufe, et in mir, und ich in 
ihm. Ich weiß nun von meiner erften Gebuit, weil . 
ich wiedergeboren und in Ehrifto JEſu eing neue edle 
Creatur bin, überall nichts mehr zu fagen, und will 
auch ungern daran ‚gedenken. Denn idy bin im himms 
liſchen Weſen, und habe mit irdifchen Sadıen, als mit - 
. Sünden und Verdammniß nichts mehr zu fchaffen. 
Ich bin über,alle Sünde und Verdammniß, ja über 
‚aller Menſchen und Engel Heiligkeit und Gerechtigkeit 
weit hin, . | 


30. ie ſollen wir dieſe Echte und ferner zu nutze machen? 


Weil wir ſolche hohe Leute find, weit über alle En: 2. Bon 
gel erhoben, und in die Majeftät gezogen, fo laſſet yariıer 
und auch, liebe Chriſten, in diefer unferer hohen Mas fröptig 
jeſtaͤt und Herrlichkeit, welche aller Kaifer und Ko⸗ (9 
nige Majeftät weit weit übertrifft, immer und von 
Kerzen fröhlich feyn, aud unter dem ſchweren Creuz. 
Denn dieſe Wohlthat ift fo groß, Daß fie durch fein 
trübes Wölklein verfinftert werden fol. Denn was 
kann doch höhers, koͤſtlichers, lieblichers und froͤhlichers 
erdacht werden, als in Chriſto JEſu Chriſtus JEſus 
ſeyn, oder GOttes Sohn ſeyn, voller göttlicher Dias. 


TR m EEE 
® 


352 Woon ber Majefät 


jeſtaͤt und Herrlichfeit?. Sollte min diefe Wonne ei 
5. Sle rauher Wind zeritören? Laffet und dieſe Wohlthat 


FPMER Affenihalben rühmen, jedoch in wahrer Demuth, wi 


der HErr Chriftus felber gethan, welder ſich ba 
diefer überfhwenglichen Hoheit ſtets fehr demüthit 
gehalten hat, und darin für GOtt nicht zu fehr fob 
ziret. hat. Wider den Teufel und feine Glieder, wi 
de uns ſtets mit der Verdammniß zu wollen, mög 
wir wohl das Haupt empor heben, ftolz und mut 
feyn, und mit dem Ruhm fie vollends toll made: 
Aber für GOtt follen wir uns drücken und bid, 


jedoch gleihwohl alfo, daß der Ruhm, Troſt u 


" 4. Go tt 
dafür 


dauken. 


in uns tragen, und Chriſtum in uns wohnend 


Freude ſolcher unſerer großen Herrlichkeit in und feR 
und unverrüdt bleiben. | | 

Laſſet und auch dem Herrn Eprifto für ſolche One 
de und Gabe von Herzen danken, und’ durd A 
Liebe in ihm bleiben, wie er fpricht, Joh. 15. Bl 
bet in mir umd ich in euch, denn wo dies geſhe 
bet, fpricht er, fo ſollen wir herrliche Früchte tragen. 
wir fihon nicht große Wunderwerfe in dieſem Leben than 
können, fo follen wir dennoch gleichwohl ſolche grüdte 
bringen, daraus man leichtlich abnehmen konnte, 99 


wir ein heiliger Saame feyn, und heiligen * 
⸗ 


- und der goͤttlichen Natur, Majeſtaͤt und Herrihlen 


eichen 
3 V 


nigung 5rüchte, und ein ſcheinbarliches Zeichen goͤttlice 
mt tur, vemüthig, barmherzig, wohltbätig, gelind, 


Chriſto. 


Chriſti theilhaftig ſeyn. Denn find dieſes nich 
v 


font 


müthig, zuchtig und gedultig ſeyn ? Deägleiden | 
ungdttlihe Wefen ver Welt, als. geigen, wuchen 
freſſen, ſaufen, buben, huren, ſtolziren, verachten und "| 
gleichen, von Herzen haſſen? Dem da iſt und WFT 
net Ehriftus mit feiner Gottheit, Majeftät und I 
lichkeit, wo ein demütbig, mild Herz iſt, dem ed m 
be thut, daß ein armer Eprift von einem Unchridt 
burch Wucher oder ander ungebührlih Kürnehe! 
beſchweret und betrübet fol werden. Denn wi M 
Geiſt Sprifti, fo ift auch unfer Geiſt. Und dad Ir 
m 


der wahren Chriſten. | 555 


man fo bald fühlen. Jedoch müffen Chrifti Genoſſen 
auch Schwachheit tragen in dieſem Leben, auf daß 
dad Leben Eyrifti, nemlich die allerhoͤchſte Demuth 
in ihnen deſto reicher werde, Br | u 


Das u. Eapitel | 
Von der andern Majeftät der wahs . 
| ven Chriften — 
1. Worin beſtehet diefelbef 


E⸗ beſtehet fürs andere der wahren Chriſten Majeftät2. In der 
darin, daß Ehriftus in ihnen ift und wohnet in ip, Linwels 
nen, und erzeiget fi in ihnen ganz herrlich, wie er — 
ſelber bekennet und ſpricht, Levit. 26. Sch will in 
reuch wohnen und wandeln, und will ener 
GOtt ſeyn. Es ſcheinet wohl zu viel, daß die hos 
be Majeftät GOites in uns ſo unreinen Gefaͤſſen, in 
welchen. die Suͤnde noch nicht ‚gänzlich getoͤdtet iſt, 
wohnen follte, wahrhaftiglich; aber wie foll man ihm 
hun? Hat ed dem Herrn Chriſto fo geliebet, daß 
mir fein Thron feyn follen, gleichwie er ıft des Vaters 
Thron, je ein Thron der ganzen goͤttlichen Herrlich: 
!eit, was wollen’ wir denn daraus machen? Hnd wie 
innen wir folhem feinem theuren Willen widers 
treben Y | | | i 

Mir genäget daran, bad id GOttes Mort für 
nich babe: Bin ich es nicht werth, fo laß ich es 
Shriftum verantworten. . | : 

Dies find aber Die edlen Syruͤche uͤber diefem Han: Beweis 
el, welche mir Leib und Seele erfrifdhen. Joh. 14.derſelben. 
Ibr in mir, und ih in euch. Cap. 15. Wer 
n mir bleibet, und ih in ihm, der bringet 
el Früchte. Gap 16. Sch habe ihnen gege— 
ven die Herrlichkeit, Die da mirgegeben haft. 
Denn ich bin in ihnen, und du in mir, auf Chriſtus 
‚ap fie ſamtlich volkfommen feyn in ung,itinune. 
Rom 5, Iſt Chriſtus in euch, fo lebet der 

| 23 


— A — —— — 


3 Wonder Majeſtaͤt 


Geift in euh, um der Gerechtigkeit wilfg 
Reber in2 Cor. 13. Erfennet ihr euch ſelbſt nicht, de 
Vaulo. JEſus Ehriſtus in euch iſt? Derſelbe rent 


Lebet in 
Paulo. 


hun wahr in mir. Und ob ich noch woß 
ſchwach bin, ſo iſt er doch nicht ſchwach gegen 
Heuch, ſondern er lebet in mir, in der Kraf 


GOttes gegen eud, Gal. 2. Ich bih dur ch de: 
neue Geſez, das iſt, durch den Geiſt Eh riſt 
dem alten Geſetz abgeſtorben, und lebe nuı 


in GOtt. Jedoch lebe ih nun nid, fonder 


Chriftus lebet in mir, Eol. 1. Mir it gegeba 
unter euch, daß ih das Wort GOttes reichlich pre 
digen fol, nemlih, das Geheimniß, Das verborgen 


geweſen ift von der Welt her, und von ber Zeit her, 
nun aber offenbaret feinen Heiligen, welchen GOtt 


erfön: 
vu 


gewollt hat fund zu thun, welder da ſey der ferlis 
he Reichthum, diefes Geheimniffes unter den Heiten, 
welches ift Chriftus in euch, der da iſt die Hoffnung 
ber Herrlidjkeit, die wir verfündigen, Offenb. Job 
21. Einer von den fieben Engeln zeigte mir Die arof 
fe Stadt, das heilige Serufalem, hernieder fahren 
aus dem Himmel.von GOtt, und hatte die Herr 
lichkeit GOttes, und ihr Kicht war gleich dem aller 
edelften Steine einem heilen Jaſpis. 


2 Wie wohriet Ehriftus in den Glaubigen? 


Es ift der HErr Chriſtus in ihnen nicht allein nah 
feinem Geift, fonvern auch nad) feiner Perfon lei 
baftige Nicht allein nad feiner Perſon Teibhafru: 
Nicht allein nad) feiner Gottheit, fondern auch ned 
feiner Menſchheit, kraft der wunverfamen Vereinigun) 
beider Naturen in ihm, und fra: ver Klarheit, si 
weldher der Menſch Chriftus verfläret ifl.- Denn m 
der GOtt Ehriftus ift, da iſt auch der Menfch Chir 
ſtus: denn GOtt und Menfdy find eine Perfon md 
ein Chriftus. 

Died glaubet, lehret und befennet Zutherus, um 
mit ihm alles, was die Menſchwerdung Ehrifti un 


der wahren Chriſten. 355 


feine Himmelfahrt recht verfiebet, und für dem Cal 
viniſtiſchen Schwarm gnädiglich behütet wird. Denn 
fo fchreibet Lutherus, Theil 1. Zen. S. 258. Chris 
Rus iſt ganz mit Fleiſch und Blut in der Glaubis 
gen Herzen. Deögleihen, ©. 236, Chriftus fißet 
zur Rechten des Vaters, und auch in deinem Herzen, „ 
Der einige Ehriftus, der da Himmel und Erden ers 
fuͤllet. Wenn du das glaubeft, fo haft du ihn bereits 
im Herzen, Alſo ift dein Herz im Himmel, nicht in 
einem Schein ober Traum, fondern wahrhaftig: Denn . 
wo er iſt, da bift du auch. 
Dieſes fehreibet alfo Lutherus, und ich glaube, dag 
es wahr ſey, denn er felber, der Herr Chriftus, 
GOtt und Menſch, faget ed. Zudem ift ihm alle 
Gewalt gegeben, fo ift ihm auch Diefe Gewalt geges 


ben, daß er feyn koͤnne, wo er wolle? Auch leibhafs 


tig oder perfönlic in mir, nad) feinen beiden Naturen. 


8. Du haͤltſt Died zwar mit Ruthero für wahr, aber mir 
koͤmmt es fehr unglaublich. für. 


Das iſt nicht Wunder. Denn dieſe Lehre von der 
Einwohnung Chriſti in uns iſt das allergroͤßeſte Ge⸗ 
heimniß, welches verborgen geweſen iſt von Anfang, 
der für allen Klugen dieſer Welt, und für denſelben 
noch verborgen bleibet, bi8 an der Welt Ende. Denn 
dies iſt niemals einem natürlihen Menſchen ind Herz 
'tommen, daß die hohe Micjeftät, der Glanz der Herrs 
lichkeit GOttes, in uns feyn follte perfönlih. Und 
da Died gleich. ein natürliher Menſch hoͤret, fo glau⸗ 
bef er es doch nicht, fonderder hält es für ein Maͤhr⸗ 
ben. O fpriht er, ſollte Chriftus in uns fenn, 
mozu bat er denn der Himmel? Gollten wir der 
Himmel und das Paradies GOttes feyn? Glauben 
s doch die Kinder Des Licht faum, daß fie Chris. 
tum in ihnen follten wohnend haben, wie follten es 
yenn Die Kinder der Finfterniß glauben? Denn es 
ſt ein folder Artifel, dafür fid) ein menſchlich Herz 


ntfepen muß. Wenn fih Chriftus r und hier ſo 


ma — — — 


0 


356 Von der Majeſtaͤt 


wunderſam und herrlich erzeigen moͤchte, wie er ſi 
erzeiget hat im Moſe und Elia, auf dem Berge a 

« bor, und fi ferner erzeigen wird im allen fen 
Glaubigen am jüngften Tage, das ift, daß mir bie 
nen und leuchten möchten von feiner Herrlichkeit, 
würde man es feſt glauben. Nun aber, weil mi 

© nichts anderd an uns fiehet, denn eitel, Fleiſch w 
Blut, mit vielen Sünden, Schrecken und Jaum 
behaftet, fo glaubet man es ſchwaͤchlich. Es iſt m 
ein füßer Traum, des man laden muß. Jedoch mi 
hoch und tief dad Geheimniß für unferer Ver 
‚verborgen, und wie ferne es von unferm Oi 
ab ift, je näher und ernfter wir uns auf fein E 

kenntniß begeben follen. Diefer Artifel, daß Chuiſr 
in uns iſt, ſoll unſer fuͤrnehmſtes Studium m 
Weisheit feyn, fürnehmlih, weil wir wiſſen, 
auch die lieben heiligen Engel im Himmel ihre eigeat 
‚Luft daran haben. Sie fehen gerne Chriſtum ı W 
fie hören. ed gerne, und reden es auch gerne 


4 Mir deucht dies eine fehr große Herrlichleit I fgu! 
J Freilich iſt dieſe Wohlthat, daß Chriſtus in u 


‚wohne, eine überaus große Herrlichkeit, daß je 
zu ermeffen, vielmeniger auszuſprechen iſt. DM 

der Herr Chriftus leibhaftig in ung, fo M en 
GOtt der Vater in und: Sintemahl CHriftus m 
der Bater eins find, wie er fpriht, Joh. 1% N 
und der Vater find eins. Deögleichen, wer mic 9 
bet, der fiehet den Vater. Ja nicht alldn der © 
ter, ‚fondern auch der heilige Geift iſt in und, ® 
ganze Fülle der Gottheit, auf daß beftätiget mer 
wie er und zugefaget: Wir wollen zu euch komm! 
und Wohnung bei euch machen. Denn del Voeit 
ift nimmer ohne feinen Geift, gleichwie ud 
Sohn nimmer ift ohne feinen Geiſt. Wer den! 

ter hat, der bat aud feinen Geift, und wer 

Sohn hat, der hat auch feinen Geiſt. Sm? mi 


I) 


⸗ | . . 
ber wahren Chriften. 357 


berowegen nicht über alle Maſſe reiche und ſelige 
Creaturen? Welcher Koͤnig auf Erden kann ſich ſol⸗ 


cher Ehren rühmen? Summa, wer GOtt in ihm 


wohnend hat, der iſt nicht mehr ein purer Menſch, 


ſondern goͤttlicher Natur theilhaftig, und iſt ſo ebr⸗ 


wuͤrdig, daß kein Titel erfunden kann werden, mit 


welchem ſolch ein goͤttlicher und heiliger Menſch ge⸗ 
nugſam kann gewürdiget werden. Man kann auch 
einen ſolchen Menſchen nicht genug lieben, er iſt es 
werth, daß er von den Engeln GOttes auf Haͤnden 
getragen werde. 

Aber wir groben Leute verachten bie theuren Hels 


ligen GOttes oft um ihres geringen Stammes und. 


Herfommens willen, fürnemlid, wo Died dazu fommt, 
daß etwa ein lebendiger Heiliger ein Pfaff ift, das 
ft, feine große Seligkeit recht erfennet und auöbreitet. 


Denn die Welt ift nicht werth, Daß fie einen rechten. 


Heiligen fehen und erkennen foll. Sie muß die Schuhe 


ın dem wahren Heiligthum, welches durch GOtt ger 


ſalbet ift, zuvor wiſchen, ehe fie erfahre, was ſie 


ſethan, ‚damit ihr Schreden deſto ‚größer fey, Denn 


ver einen Tempel GOttes angerühret hat, der hat bie 


ohe Majeſtaͤt GOttes felbft angerüpret. 


5. Was ſaget hiezu Luther e * , . 


28 


2 feßet von biefer unferer großen, fo uͤberſchweng⸗ | 


ichen Heiligkeit einen folhen Sprud in der Kirchen⸗ 
oſtill am Pfingfttage, S. 166. Das muß eine große 
Herrlichfeit und Gnade feyn der Menfchen, fo der 


vertb geachtet worden, zu: feyn eine berrlihe Woh⸗ 


ung, Schloß und Saal, ja Paradied und Himmels 
eih, Da OOtt auf Erden wohnet, welche doch find 
otche- arme, betrübte, fchüchterne Herzen und Gewiß 
n, Die nichts an ihnen dann Sünde und Tod fühs 
1, und für GOttes Zorn beben und zittern, meynen, 
Stt fey von ihnen zum weiteften, und ver Teufel 
um naͤheſten. Aber vie find es, denen foldes ver 


% 





558. Don ber Majcät - = 


beißen iſt, und fröhlich fid) des tröften mögen, da 
- fie find das rehte GOttes Haus und Kirche, da GOt 

Luft Hat zu beten und zur bleiben. Wie Ef. 66. vo 
folden fpriht, wider die flolzen aufgeblafenen Heili 
gen: Was wollet ihr mir für ein Haus bau 
en, und welches foll die Stätte ſeyn, Da id 
ruben foll? Hat nicht meine Hand alle 
gemachet, was da. ıft? Sch febe aber an dei 
Elenvden, und ber zerbrodhenes Geiftes if, 
- und der fih fürdter für meinem Wort. Um 
wo follte auh GOtt fonft wohnen? Er finder fonf 
feine Herberge auf Erden; die andern großen felhk 
gewachſenen Heiligen find ihm viel zu body und folz, 
Daß fie nicht begehren follten feine Wohnung auf Er⸗ 
. den zu feyn, . u 

Deögleihen: Siehenun, meld ein groß Ding ter 
Menſch fey, der da ein Chrift if. Ein reghter Bun 
dermenſch auf Erden, der für GOtt mehr gilt, denn 
Himmel umd Erden, ja. ein Licht und Heiland der gam 
zen Welt, in dem GOtt alles vermag und thut: Aber 
für der Welt gar tief verborgen und unbefannt, web 
he auch nicht werth iſt, ſolche Leute zu. ertennen, 
fondern muß fie halten für ihre Fuß» Tüher. 
Ebendaſ. ©. 1:8. Das iſt die überfchwensihe 

Herrlichkeit der Chriften, daß fih GOtt ihnen fo wi 
herunter giebt, und fo nahe zu ihnen thut, daß e 
nirgend anderd denn in ihnen, und burd ihr Wort 
und Verf, Mund und Haut ſich erzeigen, ſehen um 
hoͤren laſſen will, und damit einen groffen Unterſchich 
machet zwifchen ihnen und andern Menfhen, daß auh 
ein einzelner Chrift, wie geringe er iſt, viel ein aw 
derer Mann, und für GOtt höher geehret iſt, dem 
alle Könige, Kaifer, Fuͤrſten und alle Welt auf eine 
Saufen, welche von biefem Ruhm und Ehre nice 


haben, noch willen. 


— 
. 


der wahren Chriften. 7) 





6. Bat bringet diefe Einwohmung ehriſu Gutes mit ſicht | 


pP Ä 7 
Weil der HErr Chriſtus ganz und gar in uns iſt, ſol Dies⸗⸗ 
folget, daß auch feine ewige Weisheit, Gerechtigkeit man 
Freude, Leben, ja ganze Vollkommenheit in uns feyn. ter. | 
müfle. Denn mie follte ih Chriftum haben, und feine Ä 
GSexshtigfeit nicht haben? Habe ich die Sonne, fo: 
habe ih aud ihren Glanz. Die Gerechtigkeit Eprifti 

iſt gewißlih da, und leuchtet in und, wie bie Herr⸗ 

lichkeit GOttes, -aber verborgen mit Chriſto. Die Weiss 

beit und Freude Chriſti find auch "wohl in. und, aber 

fie halten ſich noch heimlich, und erzeigen fich ſchwaͤch⸗ 

lich. Jedoch alles, was wir vom Evangelio und von 

unferer Seligfeit wiflen, dad haben wir aus Dem Licht 

Chriſti. Und fo oft fih unfere arme Herzen noch ets 

was freuen, fo freuen fie fh in der Freude Chrifti. 

Das Leben und die Unsterblichkeit des HErrn Chrifti ift 

auch allbereitö in uns, und bleibet auch in ven leuten 

Dülverlein bis an den jüngften Zag: Aber es ift auch. 

noch mit Ehriffo in und verborgen, Wenn aber ver 

ganze Chriſtus in uns herfür leuchten wird, alsdenn 

vird auch fein Leben in. und herfür leuchten in der 

hoͤchſten Kraft und Herrlichfeit. 


7. Wie erjeiget ſich Chriſtus weiter in und? 


Ganz fäuberlih. Denn er nimmt alle unfere. Sräfte2. Die 
in, und berrfchet Darüber gewaltiglih, Erb fee 
ıber alle unfere Gedanfen, Worte und Werke, Denn uufern 
ailles, was wir Gutes gedenken, begehren und thun, Oliedern. 
as ſchaffet er in uns, wie St. Paulus Philipp. 2. 
priht: Er ift es, Der in eu wuͤrket, beide, 

a8 Wollen und das Vollbringen. Und 2Cor. 

[3. fehreibet er ausdrucklich, daß Chriſtus in ihm, 

ınd Durch ihn rede, Wie denn folhes der HErr 

elbft bezeuget, indem er zu feinen Apofteln faget, 

tuc. 10. Wer eud böret, der hoͤret mid. Fa, 
Denn lebet der HErr Ehriftus in und, wie follte er inund les 


d 


| 560 Von ber Maſeſtaͤt 
bet, fo denn auch in und und burd und nicht gedenken 


. rd reden, fhreiben und würfen? 


answirs Daß wir des Vaterd Herz erfennen, und Rinde 


des Lichts feyn, das haben wir von ihm. Daß wi 
und auf GOttes Gnade und Hülfe gaͤnzlich verlaffen, 
fe und muthig feyn, das haben wir von ihm. Daf 
wir immer gedenken, wie wir gerne das rechte wahre 
Evangelium, welches ftehet im Erfenntniß unfers Heilt, 
"wollten weit und ferne ausbreiten, das haben wir 
von ihm. Daß wir in Nötben bald einen guten Rath 
erdenken koͤnnen, das haben wir von ibm. Daß 
unfere Herzen gütig, milde, wohlthätig, keuſch, gerecht, 
getreu und geduldig ſeyn, das haben wir von ihm. 
. Daß wir der Welt Eitelkeit erfennen, und ihr tdglicd 


. 3 Ax abſterben ‚, das haben wir von ihm. Denn iſt Chris 


uns, fo ſtus in uns, fo müfjen auch feine Früchte in ms 
en ſeyn: Sind wir gute Bäume aus dem, daß wir wie 
Früchte inder geboren find durch Chriftum, und den &Gaft fr 


| ung ſeyn. nes Geifted in und haben: So müflen wir ja tress 


gute Fruͤchte bringen. Denn ein guter Baum kann feise 
böfe Yrüchte bringen. Und ob fi es gleich anfchen 
laͤſſet, als wären fie böfe, fo find fie dennoch merkt 
böfe, ſondern gut, dad ift, fie haben ein fonverded 
Gutes unter ihnen heimlich verborgen, als der Fal 
Petri und feines gleihen. Denn Chriftus wert 
feinen fieben auserwählten Heiligen alles zum Befttn. 
„Ehre Füße müffen nicht gleiten, leiten fie aber, f 
gleitem ſie in die aͤußerſte Demuth, Andacht, Züri 
tigkeit, Eifer und Ernſt, und werden die. allerbefte 

-. Halligen. 
Summe, der Herr Ehriftus iſt in uns oft fe 
ſchwach, das Fleiſch aber jo ſtark, daß wir nihe 
von ihm fühlen: wiederum oft jo ſtark in ung, um 
das Sei fo ſchwach, daß wir feine Fuͤſſe und Kih 

‚ tige Gegenwärtigleit wohl fühlen. 


der wahren Chriſten. 361; 


8 Bas wirket Ehriſtus weiter in und? 


J 


Er giebt uns auch ein die allerlieblichſten und fröͤh⸗ 3. unere⸗ 


lichſten Gedanken von GOtt feinem himmliſchen Va; LE 


ter, von feiner Gnade, von der fihönen Weisheit, 
und vom ewigen Leben, und läffet uns koſten, was 
wir nicht ausreden können. Wer will dad Vertrauen, 
welches wir zu GOtt, unferm lieben Vater tragen, 


und den Frieden und Freude unſers Herzens ausfpres ' 


hen? Sind wir nit oft im Himmelreih? Denn’ 


ber friedfame ‚und fröhliche Geiſt Chrifti hat ſich mit‘ 


anferm Geift vermifchet, ja vereinigef. Wir haben 
sen Frieden und Freude GOttes in und, wider dei 
sittern Haß der grimmigen Welt. Wir können fo 
reden, daß es die jungen Mildy» Kinder wohl verftes. 


hen, die gelehrten und ſtolzen Heiligen aber nicht 


rin einiges Wortlein Davon vernehmen. Und ob wir 
zleich nicht allewege koͤſtliche Orakel reden, fo find 
30h gleichwohl unfere arme, einfältige, geringe Worte 


itel Salz, eitel Geil’, eitel Beſſerung, eitel Staͤr⸗ 
hing, eitel Hoffnung, eitel Arznei, eitel Geſundheit, 
tel Leben, auch da wir im Scherz reden, wo man. 
sur anders Achtung darauf giebt. Denn der Chris. 


tus fiehet, böret, redet und lachet, ifjet, trinket, fißet, 


jeher, fchläfet und thut alled in und. Wer uns lies, 
yet, der fiebet Chriſtum, und wer und böret, der, 
yöret Chriſtum. . Er giebt Glüd zu unferm Vorneh⸗ 


nen, und laͤſſet alled wohl geratben, wie hart ſich 
ch Der höllifche Antiochius dawider fperret.. Er 


nachet aus und Propheten, daß wir willen koͤnnen, 


was die Kinder vdiefer Welt wider und im Sinn has 


en. Er giebt und Fürfichtigleit, daß wir und im 


hre ſchnoͤde Rede fhiden, und uns für ihnen hüten 
'snnen. Wir willen aus dem Gefange, welcher Bos 


gef ven Geiſt Ehrifti oder den. Geiſt des Teufeld Has: . 


„e, Wir können der Rarren Spott und Laͤſterung 
zurch Chriſti Gnade fein verachten, und von ihrem 
Berperben und Untergang weiffagen, ie 


se Doii der Majende 
u 9. Was ſaget · hiezu Luther? 


| €, gedenket auch dieſes Handels mit güldenen- Won 
ten, über die 1 Epiſt. Petr. 2. Wenn wir an Chr 
ſtum glauben, fo erlangen wir fo viel, daß uns 
GOtt feine ganze Macht ſchenket, welche Macht in 
uns allen wirket und ausrichtet. Denn was wir ıw 
den und thun, das reden und thun wir nicht, fon 
dern GOtt, welcher in uns if. Er ift in und mäd 
tig und thätig, ja allmächtig, auch wenn wir leiden 
und fterben, und für der Welt ganz ſchwach find. 


490. Wie foll ich mir dieſe hoͤchſttroͤſtliche Lehre chriftlich 
| | 38 nuge machen? 
— Seil wir ſolch einen Immanuel, das iſt, großen 
Freund, Beiſtand und Einwohner an dem Sohn ED 
froblich tes haben, fo it es ja zumal billig, daß wir und 
MM. fein freuen, gleichwie ſich die lieben Heiligen GOt 
tes fein gefreuer haben. Denn find wir ver Hiw 
mel, "in weldhen der Sohn GOttes wohnet, um 
- * welchen er mit dem Glanz feiner Herrlichkeit erfülle 
und erleuchtet hat: Sollten wir denn von deswegen 
nicht fröhlich feyn? Furnehmlich, weil GOtt jeher 
ſpricht; Die Himmel freuen fih. Wo ift ein ſolch 
Haus, eine ſolche Burg, ein folder Tempel als wir 
find? Wenn. gleich gülvene Berge, und güldene Teu 
pel in Der Welt könnten erfunden werden, fo wärm 
fie doch nichts gegen un. | 
gregor. Gregor, Nyſſenus Orat. 2. in Cantic. faget, da} 
Dioffen, wir viel größer, herrliher und wahrbaftiger feyn, 
als der Himmel. Denn in und wohne der gütige, 
herrliche und ewige GOtt, welcher den Himmel mi 
feiner Hand umfpannet und gleich mit ihm fpieke, 
wie ein Kind mit einem Apfel fpielet. Es tft Feine 
Ey Stadt auf Erden unferm Herzen gleih. Denn bie’ 
ginge wohnet GOit, hie iſt feine Nupeftätte, bie iſt fein 
errid: Hoflager und ganze Regierung. DO laflet uns ja 


| nn ſolche Palatia m Ehren halten, und nicht ſchaͤnden! 





a ME a 7— 57 v En tt 0.7 ” nn ” N ” 


der wahren Chriſten. | 305 

Denn wer fie fhändet, der ſchaͤndet GOtt, wer fieuns wog: 
aber ehret, der ehret GOtt. Wer ein Heiner Tempel uet. 
GOttes, ein junges Kind, oder fonft einen andern 
wahren Chriften in Demuth aufnimmt, und ibm Ehre _ 
und Wohlthat erzeiget, ‘der nimmt auf die hohe Ma⸗ 
jeität GOttes und erzeiget ihm Ehre und Woplthat. 
Denn ein Slaubiger ift nicht allein ein heiliges Haus 
GOttes, fondern auch ein Glied GOttes, mit GOtt 
durch Chriftum gänzlich vereiniger. - = 

Jedoch, Daß ſich gleichwohl ein jeglicher wahrer 
Heiliger in der Furcht GOttes halte,. um des Ein 
wohnens Chriſti willen, und feinen Leib nicht beflek⸗ 
fe, denn er ift allzuheilig und. allzuherrlich. 


11. Wie fol ich mir. diefe Lehre weiter zu nutze machen? 


Baffet und auh GOTT dafür Danfen, daß er und 2 ot: 
einen lieben Sohn geſchenket hat, nicht allein zum en! 
Heiland, fondern auch zum Einwohner und Herriich⸗ 2 
nacher unferer Seelen. Ja, Daß er fich felbit mit 
einem lieben Sohn ganz und: gar in uns gefenfet 
at, Daß er uns heiliget, regieret, fegnet und behütet, , Ebri⸗ 
at, Wie denn ein jeglicher chriſtlicher Hausvaterkeneinige 
huldig iſt, daß er feinen lieben Mflänzlein, feinen Weisheit, 
ieben Kinderlein dad große und heilfame Geheimnig 
on ber Einwohnung Chrifti in uns täglich mit Fleiß 
inpräge. Denn GOtt hat uns felig gemachet, und 
Ehritus iſt in und, iſt Die einige Weisheit ver- 
Ehriiten, | | ‚ 

Und weil wir den Herrn Chriſtum leibhaftig in 
nd wohnen haben, fo laſſet und auch den HErrn 
zbriſtum in und herzlich veneriren. Wir follen öfter 
nn Chriftum gedenken, und öfter die Kniee für ihm : 
eugen, als wir. die Augen aufs und authun: Ad, . 
u lieber GOttes Sohn, bu lieber Heiland, bu lies 
er Immanuel! babe Lob, fey und bleibe ſtets in 


ie, herrſche in mir Traftiglih und behüte mid ge⸗ 


70 — 


\ 


568 Bon der Majeſtaͤt 


: waltiglih. Gedenke, rede, thue und fordere das 
Werk meiner Hände 


‚Wir follen den HEren befprengen ohne Aufhoͤ⸗ 
ren mit den füßen Balfamtropfen ewiger Liebe, auf 
daß er in unfern Herzen wachſe, und defto größer 
werde, Und weil er und fo nahe ift, daß er fihet 
im Grüblein unferd Herzens, fo follen wir ihm uns 
fere Noth fein herzlich fürtrngen, ihn um Hülfe ans 
rufen und dad Beſte von ihm hoffen. 


Von ber dritten Majeftät der wahren Chriſten. 


1. Worin beftehet diefelbe? 


1.30 dens E⸗ beſtehet fuͤrs dritte der wahren Chriſten Maje⸗ 


BSchu⸗t 
CEdriſti, 
r 


L- 4 


ftät darin, dag Ehriftus ihr Schußherr ift, ver fe 
für allem Uebel beſchirmet. St. Petrus, 1 Petr. A. 


"fchreibet, daß die Herrlichkeit GOttes auf 


und ruhe. Dieſe Herrlichleit GOttes iſt ohne 
aweife der Sohn GOttes, der Glanz der Herrlich⸗ 
eit des Vaters, der hat ſich über und ausgebreitet, 


. 


und rubet auf und, wie eine große helle Wolfe, oder 


‘ [4 


wie eine feurige Säule Inmaſſen er ruhete auf der 


Hütte des Stifte im alten Teſtament, Erod. AO. 


Denn ob er wohl gen Himmel gefahren ift, und 
fich geſetzet hat in die Herrlichkeit ded Vaters, den⸗ 
noch fo ift er gleihwohl bei und bienieden auf Eis 
Den, wie er fpriht, Matih. 28. Ich bin bei euch 
alle Zage, bis an der Welt Ende Ja, eben 
Darum iſt er gen Himmel gefahren, und hat fidy ges 


. ‚feßet in die Herrlichkeit des Vaters, auf daß er als 


Ienthalben ſeyn, und über alles herrſchen koͤnnte. 
Denn zur Rechten GOttes, oder in GOttes Herr 
lichkeit figen, beiffet bie Knechtögeftalt ablegen, und 
nunmehr in göttlicher Geftalt feyn, und göttlihe Ger 
walt haben. Daher pfleget man ju fügen, Daß, Da 


der wahren Chriſten. 565 


‚und die Augen recht offen flünden, wir über ung 
nichtö anders fehen würden, venn ein helles Licht, 
nemlich, die Herrlichfeit des Sohns GOttes, gleich 
wie der Prophet Ezechiel gefchrieben hat am Wafler 
Chebar, Kap. 1, 10. 43. | . 
Ein junges Kind, welches heute getaufet ifl, dafs 
felbige hat nicht allein neue himmlifche Reinigkeit und. 
Gerechtigkeit, ſondern es hat auch über feinem Haupt 
einen bellen Glanz, weldyer ift fein lieber Schußherr, 
‚ver Sohn GEOttes JEſus Ehriftus, und ift ein Kind _ 
und Erbe GOttes, geweihet durch den heiligen Geift 
zum ewigen Leben. Ah! die große Herrlichkeit der 
lieben Glaubigen und Getauften ift nicht audzureden, 
Wenn einer ein Jude oder Tuͤrke wäre, und hätte 
ganz Alla, Afrika, Europa und Amerika, das ift, 
die ganze große weite Welt innen, fo. follte er fie 
darum geben, daß er nur ein Chrift feyn möchte. 
Denn ein Ehrift feyn, ift eben fo viel, als ein Kind 
GOttes feyn. Was ift aber das anders, ald ber 
nädjfte von GOtt feyn, und nicht allein die Güter 
GOttes, fondern auh GOtt felbit zum Erbtheil har 
ben? IR GOtt nicht mehr als Afia, Afrika, Euros . 
ya und Amerifa? O mir blinden Leute, daß wir 
nfere Herrlichleit nicht beffer erkennen und nicht grös 
Her achten ? | . 


2. Barum if Gprilns der wahren Epriften Schughers? 


E⸗ iſt der Sohn GOttes der Glanz der Herrlichkeit daber Re 
des Vaters, in welhem alle Fuͤlle GOttes wohnet Ah * 
leibhaftig, darum über uns und um uns, nemlich, Teufel, 
Daß er und wider Die böfen Geiſter, unfere abgefag: Ed 
ten Feinde, und wider die arge Welt und wider als gläd. 

les Unglül maͤchtiglich ſchuͤze. Denn weil wir find . 

. Die neuen Ereaturen, ja bie Heiligen GOttes, ges j 
zieret mit neuer himmlifcher Gerechtigkeit und mit 
dem heiligen Seift, an welhem GOtt feine Luft und 
MWoplgefallen hat, fo kommt ver Teufel her, und 





.366 . Bon der Majeftät 


neidet, um folder großen Herrlichfeit willen. Cr 
‚feet fih wider und mit aufgefperrtem Rachen, und 
‚wollte und. gerne verfchlingen. Er fchieffet in uns 
„feine feurige Pfeile, und machet unfere Herzen ver 
zaget. Er hält und für unfere Sünden, und den 
Born GOttes, und ftärket feine Pfeile mit der Schrift. 
Die Welt feiret auch nicht. Denn alles, was nidt 
aus GOtt geboren, auch nicht berufen ift zum emt 
gen Leben, das haſſet und vwerfolget, aus Cingeben 
des Teufels, alles, was aus GOtt geboren und zum 
ewigen Leben berufen ift, da finden ſich ſolche Lügen 
und Lällerungen, Daß, 100 einer nicht gerüftet wäre 
mit der Geduld Chrifti, einem für Unmuth das 
Herz im Leibe berften möchte, Denn was die Kins 
der GOttes am meilten haſſen, das wird ihnen amt 
meilten. zugemeffen, ohne was fie fonften für Bubens 
ftüde mehr von der ungerechten Welt täglich ausſte⸗ 
ben müflet. So wachen au für ihrer Thür allen 
band Myſterien und Faͤlle, welche gerne zu ihnen 
hinein wollten und ihnen Kirhmefje machen. Denn 
alle Bettler aus aller Welt verſammlen fih für ven 
Shüren der wahren Chriften, und mollen bei Den 
felben gerne berbergen. Ich rede hier vom Unglück, 
Ereuz und Leiden. | 
Dawiver hat nun GOtt der HErr verordaet ſei⸗ 
nen lieben Sohn, daß er über uns ſchweben, und 
unfer mädtiger Schugberr feyn follte, wie der Pros 
phet Ef. 4. ſpricht: Er wird ein Schirm feya 
‚über alles, was herrlich iſt. 


3. Was ift herrlich? 
Wie herr: 


ich die Sein lieber Weinberg, die heilige Verſammlung al⸗ 
cſtez.ler chriſtglaubiſchen Menſchen. Denn dieſer Wein 
zieretfep. berg bat die ganze Herrlichkeit GOttes in Cbriſto, 
wie Died St. Johannes Apoc. 21. bezeuge. Er bet 
des Herrn Eprifti Klarheit, Weisheit, Gerechtigkeit, 
Geiſt, Freude, Wonne, Stärke und Leben. Er hat 


der fahren Chriſten. 367 


des HErrn Chriſti Zierde und Koͤſtlichkeit. Denn 
was zieret einen Menſchen beſſer, als eben des HErrn 
Ehriſti weſentlicher Glanz und alle feine Tugenden? 
Er bat Chriſti koͤnigliche Pracht, in welcher er gleich 
ftolziret wider ven Teufel und alle unfinnige Mens 
fhen. Er hat endlich des HErrn Chrifti lieblicye 
Schönheit, oder feine Kieblichfeit, Denn wie lieblich 
und angenehm das Tauſendſchoͤnlein JEſus Chriftus 
it fir den Augen feines bimmlifchen Vaters, eben 
fo: liebliy und angenehm find wir für ihm auch. 

Sollte nun derowegen Chriltus nicht feyn ſolch 
eines berrlihen Volks Schug und Schirm? Gollte 
er foldy einen Weinberg nicht Tag und Nacht behüs 
ten? Wie er ſpricht, Eſ. 29. Sch will ihn Tag 
und Naht behüten: Ich will ihn feuchten, 
daß man feine Blätter nicht vermiffe Ich 
will ihn bei feiner Kraft erhalten., Ich will 
ibm. Sriede fhaffen, wenn ih ihn. lange 
genug betrübet habe, | | 

Summe, der. HErr Ehriftus iſt aller, fo ihm 
feſt trauen, Burg, feurige Mauer, Heerlager, Zürft, 
Schwert und Sieg, wider den Teufel, Welt und 
alles Unglüd. Und es ift feine Luft, daß er für 
und wider folhe Feinde mit. feinen lieben heiligen 
Engeln täglich ftreiten möge. Wie wir denn ganze 
£egionen ver himmlischen: Heerfchaaren um und her 
liegen haben. Pf. 34, | 


4. Hilf licher GOtt! das iſt ein mächtiger Schug, wenn 
‚er und nur gewiß wäre? 


Wenn und die Augen recht offen flünden, wuͤrden wir 
am un® ber fehen nicht allein eine feurige Ringmauer, 
fondern auch einen ganzen hohen feurigen Berg mit 
feurigen Roſſen und Reutern, unter welchen ein mus 
thiger Herzog und Faͤhndrich große Schladhtung tbät, 
und das Feld behielt, wie ein ſolch lieblich Spekta⸗ 
Bel der Prophet Eliſa und ſein Knabe geſehen haben, 


568 Von der Majeftät 

2 Koͤn. O. Denn der, fo bei ben dreien Männern im 
feurigen Ofen, und bei dem Jona im Waſſer gewefen, 
der iſt noch heutiges Tages bei und, und thut große 
Wunder bei und in aller Noth und Gefahr, wie 
‘er felber gar tröftlih fpriht, Ef. 49. So du ind 
Feuer geheſt, follt du nicht brennen, und 
fo du durchs Waffer geheft, will ih bei dir 
feyn, daß dich die Ströme nicht follen ew 
fäufen . | 


8. Haſt du beſſen auch mehr Beweis? 


| Ta. Denn David finget im 16 und 17 Palm; 
Daß der HErr Chriftug an den Heiligen und Hem 
Tihen, fo auf Erden find; alle feinen Gefallen habe, 
und daß er ihr lieber Heiland fen, und Daß er fie 
bebüte, wie ein Mann das Töchtlein in feinem Aus 
ge, denn fo redet ver hebräifche Tert: Die Heiligen 
find die, welche voll Geiſtes auf Chriſtum trauen: 
Die Herrlihen aber, vder die Gewaltigen find vie, 
welche gezieret mit Föftlihen Gaben, Herz und Mur 
haben, etwas anzufahen, um des Namens und ver 
Ehre Chrifti willen, und deswegen auf fid) zu laden 
' aller Teufel uno Tyrannen bittern Haß. Diefe lie 
bet der Herr Ehrijtus herzlich, Hält fie wertb, und 
behütet fie vor allem Uebel, ald feinen heiligen Aug 
apfel. Und va fie gleich in der Welt vom Zeufel 
und Menſchen ja etwas leiden müflen, um ihres Glau⸗ 
ben® und. Gebetähbung willen, fo wendet er ihnen 
doch ſolches alles zum Beſten und verheiſſet ihnes 
dafür Kronen ded ewigen Lebende. Daher finget der 
Prophet David abermal im 3 Pſalm und fpridt: 
Ich liege und fchlafe, und fürdte mich nidt 
für viel hundert Zaufenden Denn ver 
Herr ift der Schild für mid, der mid zu 
Ehren feget. Ob er fagen wollte: Ich babe ja 
wider mic) viel taufend Teufel aus ver Hölle, Die alt 
ſehen für-mir mit aufgefperrtem Rachen, und woir 


der wahren Chriſten. 869 
mich gerne lebendig verfchlingen.. Aber fie Finnen 


den David nicht lebendig verfchlingen. David ift ih⸗ 
nen zu groß. "Sie wollten mir gerne das Herz neh⸗ 


men, aber fie. koͤnnen nicht. Nehmen fie es mir aber, 


fo giebt e8 mir Chriftus wieder mit großem Gewinn, 
und ich werde muthiger wie vorhin. Darnach habe ich 
wider mic) die ungünftige böfe Welt, die wollte mir 
gerne meine Ehre nehmen. Hilf GOtt! wie wifpelt 
diefelbe mit ihrer Zunge, wie. arbeitet fie heimlich 
und Öffentlih: Aber fie kann mit ihrer Otters Zunge 
nicht fhaden. Man glaubet ihr nicht, und ich bleibe. 
bei allen Aufrichtigen, welche die Läfterer haſſen, in 


meinen Ehren. Denn du, HErr Chrifte! verbirgeft 


mich heimlich und wunderbarlic, bei dir für ihrem Trotz. 


Ge Leiſtet auch. Chriſtus den wahren Epriften biefen Schut 
| 6 in andern Noͤthen? 


| E, thut auch freilich alfo bei den Seinen zur Zeit 


der Peſtilenz, Kriegsnoͤthen, und andern zufälligen 
Dingen und Gefährlichfeiten, wie dies eines jeden 
Blaubigen tägliche Erfahrung genugfam ausweiſet 
und bezeuget. 

Hicher gehören nachfolgende Troſtſpruͤche, mit 
welchen eine .belagerte Stadt, oder ein. belagerter 
Chriſt feinen Glauben und Muth wider Teufel, Welt 

und alles Unglüd vollends tröften fol. | 
Eſ. 1% Der Heilige in: Iſrael if groß 
oder mädtig bei bir, 

‚Cap. 31. Der Herr wird Jeruſalem bo 
fhirmen wie die Bögel tbum Er wird dan 
innen umgeben, [hüßen, erretten und aus⸗ 

heifen. 
Cap. 33. Der Herr if unfer Rönig und 
unfer Richter. . 
Cap. 4. Fuͤrchte dich nit, du Wärmlein 


"Sacob, venn ik bin mit Dir. Id ftarte did, 
ih erhalte bich. Ich helfe bir, burg bie 


370°. Don ber Majeſtaͤt 


—Rechte meiner Gerechtigkeit. Siehe, fie 
ſollen zu Spott und Schanden werben alle, 
Die Dir gram find, 

Eap. 43. Kürdte dich nicht, denn du biſt 

mein, und ih habe dich ſchon erloͤſet. 
Cap. 51: Ich lege meine Worte in deinen 
Mund, und bedede did unter dem Schats 
ten meiner Hände . 

Ezech. 43. Das iſt der Ort meines Throns, 
und die Städte meiner Fußſohlen, worin 
ih ewiglih will wohnen Desgl. Ich will 
ewiglid unter ibnen wohnen. 

Cap. 45. Die Stadt foll genennet wer 
den: Hie ift ver HErr! 

Wohlen, ift dem fo, was Noth haben wir denn? 
Iſt der HErr Zebaoth für und; wer Tann miete 

- uns feyn? Warum faffen wir. denn nicht einen Muth, 
und verlaffen und nicht gänzlich auf unferd lieben 
Immanuels Gegenwärtigfeit, Liebe, Treue, Hülfe und 

2. Errettung? Und leben nicht in diefer Welt, ald frößs 

liche und muthige Leute, mit feurigen Mauren, Ber⸗ 
en, Roſſen und Reutern umſchraͤnket? O HErr! 
ilf und, daß wir ja fo leben mögen, und ung für 
feinem Teufel noch Menfchen mehr fürdten. 


Das IV. Capitel. 
ö Von ber vierten Majeftät der wahren Chriften. 
Ä 1. Worin beſtehet diefelbe? 
A.gnder(Eg Geftepet fürs vierte der wahren Chriſten Maje 


—2 ſtaͤt darin, daß ſie Chriſtus mit ſeinem Blut 8 
Griöfung bat von dem Fall Adams und von allen wirklichen 


* Sünden? Deögl. vom Zorn GOttes, und von dem 


der wahren -Chriften. gs 


Denn das follen wir willen, daß ein Chriftens 
menſch nad) feiner Taufe eben fo fhön und herrlich 
ift, an Gerechtigkeit, an GOttes Hulde, und an 
der Erbfchaft des ewigen Lebens, ald Adam vor dem 
Fall gewefen, ja noch fhöner und herrlicher, wie 
tief ed aud für aller Ereaturen Augen verborgen iſt. 
Und daß der, welcher ein armes Chriftenfind verach⸗ 
tet, der .fündiget in das theure Blut JEſu Chriſti. 
Denn fo fihreibet ja St. Johannes von der Ehriften 
Majeftät und Herrlichkeit, Apoc. 2. JEſus Chriftus, 
welcher ift ein Fuͤrſt der Könige auf Erden, hat uns 
geliebet und gewafchen von den Sünden mit feinem 
Blut, und hat und zu Königen und Prieflern gentas 
et GOtt und feinem Vater, . 0 


2. Wie hat und der Sohn GOttes von Sünden gereis 
niget? ” j 


Es bat ung der Sohn GOttes alſo von Sünden 
gewafchen, daß fie uns nicht mehr follen zugerechnet . 
werden von GOtt, ob fie und auch wohl leider ſtets 
anfleben, und daß fie und am jüngften Rage nicht 
verdammen, noch in die Hölle floßen follen. Iſt 
und Das nicht eine herrliche Freiheit, dafür wir nicht 
aller Welt Güter und Herrſchaft nehmen follen. 


3. Wie fchäbet und baber GOtt in feinen Augen? _ 


Weil GOttes Sohn ift ein Menſch und Opfer wors 
den für und, find wir nunmehr für GOtt gerecht, 
ald die heiligen Engel, und glänzen von eitel und 
ewiger Gerechtigkeit ald Sterne am Himmel, daß 
fih auch die Engel felbft für unfere Gerechtigkeit büs 
den muͤſſen. Wir find vie allerliebften Kinder GOt⸗ 
tes, welche er täglich herzet und kuͤſſet, ob uns wohl 
zuweilen über ſolchem Herzen und Küffen die Augen 
übergeben. Wir find lebendige Tempel des heiligen 
Geiftes, auch mitten in unferer hoͤchſten Schwadhheit 
und Traurigkeit. Wir haben ca ruhiges und 
2 ° 


372 Don der Majeſtaͤt 


frößliches Gewiſſen, 66 wir wohl: nicht allerdings 
unfträflich oder unfhuldig find. Und was in Diefem 
Leben unvolllommen ift, ſoll bernach deſto vollkom⸗ 
mener werden. 
Bon diefer Herrlichkeit ver Ehriften befiche mehr 
im 7. 8. und 22, Tract. Deögleihen das 2 Capitel 
des 1 Buchs dieſer Schapfammer. Deögleichen vie 
zwölf Fragen des 1 Capitels im andern Buch Diefer 
Schatz ammer. 


E as V. E a p t el 
Bon der. fünften Majeftät der wahren Chriften. 


1. Worin beſtehet diefelbe ? j 


In dem Es beſtehet fürs fünfte der wahren Chriſten Maje 
er überftät darin, daß fie Siegsfürften find uber Tod, Tem 
fei, ne fel, Hölle, Sünde und Welt nah dem Zeugniß, 
—— vᷣ 110. Nach deinem Sieg wird dir dein Wolf 
* williglih opfern im heiligen Schmuck. Diefe Worte 
Davids: reden vom geiftlihen Streit und Ueberwin⸗ 
dung. 

Was ein Es iſt aber ein geiſtlicher Sieg, wenn ein Chriſt 
Vertzr durch maͤchtigen Glauben, ja durch Kraft des Gei⸗ 
Sies ſev. "fies, eines mächtigen Glaubens die geiſtlichen Fuͤrſten 
und Gewaltigen, als dad böfe Gewiſſen, ven Teufel 
und die Welt, welche wider vie Seele ftreiten, alſo 
überwunden hat, daß ihn diefelbe nicht mehr verlegen, 
noch kraͤnken koͤnnen, fondern er nur göttlichen Frie⸗ 

den und Freude in feihem Herzen fühlet. 


2, Was dat ein Glaubiger fuͤrnehmlich für Hauptfeinde? 


ni, lange hie ein Chriſt lebet, ift er noch Fleiſch, 
Desiere und fühlet die alten angebornen fleifchlichen Begierden, 
en. die würhen und tollen in ihm, faget St. Panlus auf 
kriegeriſche Manier, und wollten ihn gerne ſtuͤrzen. 


ber mahren Chriften. 5% 


Ja, die allergeiftreiheften, in welchen GOttes Liebe 
und Furcht am flärkeften, und die Wiedergeburt am. 
mächtigften ift, fühlen das Böfe am beftigften. Ihre 
innerliche Paffioned find nicht außzureden, wenn einer 
alles febe, follte er fi darüber verwundern. - Solche 
Reliquien aber thun den Heiligen fehr wehe, denn fie 
wollten gerne rein feyn, und koͤnnen doch leider nicht, 

Dad Böfe hänget ihnen zu fehr an, ja es ift ihnen 

in die Natur gepflanzet und tief eingewurzelt, fie 
wollten gerne eitel Geift und Leben feyn, aber dieſe 
Zeit ift noch nicht kommen. Daher betrüben fie ſich, 
und gehen gebüdet herein. Sie befeufzen ihr Elend 
mit tiefen Seufzern und vergieflen heiffe Xhränen dar⸗ 
uber, viel uͤbermachens mit foldhen Thränen. Denn 
fie haben die Kraft ihres chriſtlichen Glaubens und 
ver Taufe noch nicht recht verftanden, noch die Ver⸗ 

ebung recht ergriffen. Sie find noch nicht gänzlich 
in Der Vergebung, und find durch diefelbe noch nicht 
gänzlich verſchlungen, wie Lutherus felber befennet und 
fpricht: Theil 1. Sen. S. 63. Daß fo viel betrübte 
und geängfiete Gewiſſen gefunden werden, Tömmt 
Daher, daß fie die heiligen Gnaden⸗Gacramente nicht 

"recht erkennen, nod willen zu gebrauden,. und Daß 

fie den Artikel von Vergebung ber Sünden noch nicht 

genug gefaffet haben. 


3 Bas hat ein wahrer Ehriſt mehr für Feinde? 


Dar Teufel tritt. auch hinzu, und bat fein Spiele. Den 
in der blöden Natur, fchredg die Heiligen mit eis Teutee 
men böllifhen Flitſchen oder mit heilen Sprüchen 
‚der Schrift von GOttes Zorn und Gericht. Er 
ſpricht: Wer Sünde thut, der ift vom Teufel, 1 Joh, 3. 
Bir müflen alle offenbar werden für dem’ Richterftuhl 
Ehrifti, auf daB ein jeglicher empfahe, nachdem er 
gehandelt hat bei Leibes Leben, es ſey gut oder bis 
ft, 2 Cor, 3 | 


3: Don ber Majeftät 


Mit biefen und bergleidren Sprüchen ftürmet ex 
bie Herzen, und nimmt ihnen ihren chriſtlichen Muth, 
fürnemlih), wo fie im Evangelio nicht wohl gegrüms 
det find, nod Sprüche für ſich haben, weldye wich⸗ 
tiger find, denn dieſe. Da ift denn eitel Fittern 
und Zagen für GOttes Zorn und Gericht, Da if 

“ bie arme Seele in ver Hölle 


| 4 Bas hat ein wahrer Ehrift. mehr für geinbe? 


ae Die Welt feiret auch nicht: Denn fie ift das rechte 
Schlangen» Gerede, welches die Heiligen in die Ber 
fen ftiht. Ein gottlofer Menſch fiehet nicht hierauf, 
wie er. fo wandeln, daß er GOtt gefalle, fondern 
‚wie andere wandeln. findet er an jemand einen 
©plitter, oder einen geringen Flecken, der muß her⸗ 
halten. Ein Gottlofer, welcher aus angeborner Feind⸗ 
feligleit alles übel deutet, machet aus einem jeden 
Splitter einen großen Hauss Balken, und aus einem 
Tröpflein ein großes Meer. Er träget mit feinen 
Geſellen ver Heiligen Schwachheit aus. Er läftert, 
vernichtet und verbammer fie aufs allergreulidhfie. 
Hoͤret nun dies ein frommer Ehrift, fo erfhridt er 
bafür, und hat in feinem Herzen unfägliche Schmer⸗ 
zen. Sein Herz wird ihm von großer Hitze wie 
zerſchmolzen Wachs, daß er vergiſſet, ſein Brod zu 
eſſen. Denn der Teufel ſchillt und plaget ihn inwen⸗ 
dig. Da iſt er ein armer Schiffmann, über welches 
Bean vornen und hinten alle Wogen und Welm | 
geben. | 


N) = | 
5, Wie überwindet ein chriftlicher Ritter dieſe erzäplten | 
Feinde? 


Er follei: Ein feliger Chriſt (of nicht immer in n foldher Angſt⸗ 


ad Hölle bleiben, er fol feine Seele durd fein eigen 


Gewiſſen nicht ewig betrüben, noch dur den X 
ewig ſchrecen, noch durch die Welt ewiglich beunw | 


ber. wahren Chriften. 375 
igen Taffen. Denn Chriſtus hat fein Blut für uns 
ergoffen, und und mit dem Wafler der Toafe des 
einiget, nicht daß wir in der Hölle feyn, fondern 
aß wir im Himmel feyn follen. Er foll ein neu 
derz und einen: neuen Muth faflen von GDtt, ur 
in ernſtes Gebet. Er foll ein neuer Simſon wers 
ven, und in der Kraft GOttes mit dieſen geiftlihen - 
Feinden, ald mit feinem eigenen Gewifien, Teufel 
nd Welt ritterlih ftreiten und fie überwinden, er -- 
oll den Geift GOttes in ihm erweden, der ift ein vw u}, 
tarker Geil. Wie St. Paulus Rom. 8. ſpricht: £ | 


€ R: 


BOtt hat und nicht gegeben den Geift der Furcht RI 
fondern der Kraft, daß wir unfere Feinde uͤberwin⸗ 
ben, und ihnen obfiegen koͤnnen. Er foll fih min AB 
aller Gewalt erheben in das Blut JEſu Chriſti und mn | 
in die Zaufe Er fol fi erheben aus der Sünde 

in die Gerechtigkeit, aus dem Zorn in die Gnade, 

aus dem. Tod ind’ Leben. Er fol fih feßen ins 

Neich GOttes, und über alle himmlifche Güter ZEfu - 

Ehrifti herrfchen. - Er fol ihm die gefhenkten Früchte 

feines hriftlihen Glaubens und der Taufe durch den 
allergöttlichften Slauben anmaſſen. Er fol ſie er⸗ 
greifen, wie er von ihnen ergriffen if, Er foll fi 

machen zum Herrn der Gerechtigkeit, der Gnade und 

Des ewigen Lebende. Er fol zu feinem Gewiſſen fpres 

chen: Gewiſſen Halt das Maul, Hier Reinigkeit 

und Gerechtigkeit die Fülle! Was ich nicht habe, das 

Hat. mein HErr JEſus Chriftus, Seine Reinigkeit 

iſt mein, und feine Gerechtigkeit ift mein, von feiner 

Fülle habe ich alle himmliſche Süulle empfangen. Ichh 
bin für GOtt ſo ſaͤuberlich und fröhlih, wie mein 

HErr Chriſtus felber if. Ach! meine Seele, gieb | 
dich Doc über folhen Troſt zufrieden, und lafe id 
burd dein eigen Herz nicht zu fehr betrüben, Du 

bat doch alles, was Dir zur Seligkeit noth iſt. 


36. Don ber Majeftät 
6. Die kann man den Teufel überwinden ? 


Sporich: Du Teufel, ſchweige auch ſtill mit allen 
Deinen Spruͤchen. Denn ich bin über alle ſolche Spris 
che. Ich fiße in dem Thron, zu. welchem folde Sprüche 
nicht gelangen koͤnnen. Alle meine Sünden, die üch 
entweder durch Dich, Teufel, over. aus menfchlädher 
Schwachheit gethban babe, find längft von mir ge 
nommen und in die Tiefe des Meers geworfen. GOtt 
gürnet nicht mit mir, Er ift mit mir verföhnet Durch 
den Tod feines Sohns. Sa, er ift nun mein licher 
Vater und ich fein Tieber Sohn. Er wird mir aub 
‚meine Sünden nicht aufrüden, fondern tief zudecken 
r dem jüngften Gericht, und an mir fcheinen laſſen 
den herrlichen Schmud feines lieben Sohns, weldyen 
- ih in meiner Taufe angezogen habe, Wer an dem 










Sohn GOttes glaubet, der wird nicht gerichtet, wer 


aber an ihn nicht glaubet, der iſt ſchon gerichtek 
Pade dich, Satan, aus meiner Seele, | 


7. Die kaun man die Weit überwinden? 


Sorich zur Welt: O du gottloſe Welt, du Richte⸗ 
rin der Heiligen, habe dein Maul weit über mid 
aufgetban, und fhände mich, und lege meine Ehre 
in den Staub, die einige wahre Ehre, die Ehre 
GOttes, die Ehre Der Gerechtigkeit, der Gnade und 
des Lebens kannſt du mir nicht nehmen. Du wirft 
‚ Uber mich in deinen Lügen zu Schanden werden. 
GOtt wird meine Unfhuld wohl berfür bringen. 
Meine Ehre und Gunſt wird bei ven Frommen durch 
dein Schmähen wadhjen. Du wirft mit deiner ſchaͤnd⸗ 
lichen und ſchaͤdlichen Dtterzunge in die ewige Glut 
kommen, ich aber in den ewigen fühlen Morgenthau 
md in eine ewige Erquidung. Darum, meine liebe 
Seele, gieb dich ver argen’ Welt halben wohl zufris 
Ren. Sie kann bir nicht mehr nehmen, als EOn 


4 


I — 


der wahren Chriften. 377 


will: Denn iſt GOtt für. und, wer ml wider und " 
feyn? \ . 


3. Lieber, hat auch jemand alſo geſtritten und obgeſieget? 


David bat ſolches gethan in feinen Pfalmen. Denn 
erd hat ſich erhoben aus der Höllenangk, und aus 
ver Bachen Beliald, in das Lobe meine Seele den 
HErrn, und gefprochen, feine Sünde ſey nun ferne 
on ihm gefeget, als der Abend von Dften. Pau 
us aud Rom, 8, da er feinem Gewiffen, dem Zeus 
el und der Welt mit allen ihren Anfechtungen Trotz 
yeut und fpriht: Er habe fie alle weit übers 
vunden, \ u 

9. Woher Fommt folder Sieg? 


m . S 
Solche Ueberwindung iſt nun. wohl des GlaubensVonsdt 
and eines ſtarken Geiſtes oder Gemuͤths, wie St. Mar: 
Johannes bezeuget: Aber ſolcher Muth koͤmmt von 
3ODtt, wie David ſpricht in feinem Sieg und St. 
Päulus 1 Cor. 15. GOtt fey gedanket, der uns die 
Heberwindung giebt. Darum fol man GOtt am 
Tage der Blöpigkeit anrufen und bitten, daß er uns 
volle Herz, Muth und Kraft durd feinen heiligen 
Beift verleihen, ſolche ſchaͤdliche Feinde zu überwins 
den. - 
Man fol aud) am Tage des Sieges ganz frößs 
ich feyn, und GOtt im heiligen Schmud des Glau-⸗ 
end und "Geifted Dank opfern, gleihwie der liebe 
David, Ezechiel und andere Heiligen gethan haben, 
wenn fie aus der Hölle der Angit in ven Himmel 
des Friedens und der Freude kommen find, Das if. 
venn ein richt himmliſch Leben und Wefen. 


BE . Bon der Majeſtat 


| Das vl. EapiteL 
Don ber festen Majeftät der wahren Chriften. 
1. ®orin beflehet biefelbe ? 


U. In ei⸗ E. beſtehet auch endlich der wahren Chriſten Maje⸗ 


+ 
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BR 
N 


( 
. \ 


P} ⸗ ' 


wem enbieftäe in einem ruhigen, friedfamen und fröhlichen Ge 


n. wiſſen, welches fie haben aus dem Erfenntniß ihres 


Heild in Chriſto JEſu. Denn wer. rechtfchaffen er 


.  Jeuchtet iſt durch das Wort und den Geiſt GOt— 


tes, und nun wohl weiß, auch von Herzen glaubet, 
Daß ihm Chriſtus die ewige Seligkeit durch feine 
Menfhwerdung und Tod erworben, und in ber. 
Taufe geſchenket habe, der hat von GOttes Gnade 
ein friedſam und froͤhlich Gewiffen und Gemüth, 
er ift eine neue göttlihe Creatur worden, und 


hat göttlihen Frieden und Freude Das Innerliche 
ſeines Herzens ift höher und gewünfchter, denn feine 
Vernunft begreifen und fein Mund ausreden kann. 


Sein ganzes Herz ift ihm durch die Süßigkeit des 
bimmlifchen Friedens und Freude durchzuckert, daß 
er mehr denn englifh, ja göttlih if. Ein verſtaͤn⸗ 
diger Ehrift hat ein ganz felig und göttlih Herz, ob 


er noch wohl in diefer Welt lebet ald ein Roͤtlein 


unter den Dornen. Er ift mitten im Paradies. 


+ Denn ob er wohl nody Sünde fühlet in feinem 


Fleiſch, welche darinnen wüthet, und gerne ausbrechen 
wollte, wie ein ungeftümes Meer: Dennoch verzaget 
er darum nicht, fondern ift gutes Muths. Denn a 
weiß, daß fein Heiland, welcher um feiner Suͤnden 
willen in die Welt fommen ift, dieſelbe auf ſich ge 
laden, und für diefelbe genug getban, und durch 
foldye Genugthuung ihn davon befreiet habe. Etwas 
betrübt er fi) wohl, nemlih, daß in feinen reinen 
Gefäfle, in welhem der heilige Geift wohnet, nod 
etwas Unreined feyn fol, GOttes Augen zumider: 


‚Aber weil er aus dem Evangeliv ertennet, daß vie 


Te TI TT EEE EEE m 5 EEE Er ⏑ — 5— 5— 7— Ze A — 


der wahren Chriſten. 319 


Sünde von ihm genommen, ja gänzlich in ihm 
ur das Blut JEſu Ehrifti, und durch die Taufe, 
jiebt er ſich deshalben wohl zufrieden, faltet feine. 
Hände und fpricht: Ich danke dir, mein HErr Chrifte! 
aß Du mich von Diefem Unflath erloͤſet haft, 


.. Fuͤrchtet fi ein ſolcher Ehriſt nit für GOttes Zorn? 


Ds er wohl ven Raud göttlichen Zorns aus feiner 
Bernunft und aus dem Geſetz für fih bat, fo fuͤrch⸗ 

et er fih doch gleichwohl wicht dafür, fondern ift 

ein fiher. Denn er weiß, daß ihn fein lieber Heis - : 
and Davon befreiet habe: Denn der Meifter, ve 
ie Sünde hinweg nimmt, der nimmt aud zugleich 
inweg den Zorn GOttes. Wo feine Sünde ift, da 

ft auch Fein: Zorn. Denn der Zorn ift der Sünden 
Solo. Es wäre denn Sache, daß dies Zorn fe, 
venn GOtt feine Kinder etwa um ihres Abtretens . 
villen zuweilen züchtiget, Welches doch mehr Gnade - 
enn Zorn ift, | . 


8. Was empfindet ein folder Eprift mehr, ber ein fried⸗ 
| fames Gewiſſen hat? | 


Wer rechtſchaffen erleuchtet iſt, der hat nicht alleine. Getili⸗ J 
Friede in ſeinem Gewiſſen für feinen Suͤnden, und tere 
ur dem Zorn GOttes, ſondern er hat auch in ibm 
jöttliche Freude, Die Freude, welche im ihm ift, iſt 
leich der Freude JEſu Chrifti in Freuden. Er wird 
reimlid in Freuden. geführet von einer Wonne zur. 
modern. Er wird geführet, wie eine Fönigliche Braut 
on einer Freudenfammer zu der andern. Denn er 
veiß, daß er nicht. allein befreiet fey von allen ſei⸗ 
ten Sünden, und von dem Zorn GDtted: fondern 

ap er auch gezieret fey mit der Gerechtigkeit IEfu , 
Shrifti, und mit der Kindſchaft GOttes⸗ wie St 
Paulus Sal. 3, fpriht: Ihr feyd alle geredt, 

ind GOttes Kinder, Denn wie viel euer 


% 


580 Von der Majeſtaͤt 

‚glauben und getaufet ſind, die haben Ehrö 
ſtum angezogen. ‚Chriftum angezogen haben, bei 
ſet, mit .Chrifti Gerechtigkeit und Kindſchaft gezieret 
feyn.. Es beiffet für GOtt leuchten, ald eine helle 
Sonne, in der hoͤchſten Liebe GOttes. | 


4. Empfinden auch alle Menſchen dieſen Grieden® | 


Soichen Frieden und Freude haben die Narren nicht, 
welche noch nicht errettet ſind aus dem Reich der 
Finſterniß, des. Teufels, ſondern leben in ſteter Trau⸗ 
rigkeit und Furcht. Denn ſie erkennen ihr Heil nicht, 
welches Chriſtus an fie gewandt bat durch fein Blut 
und Zaufe, wie Ef. 48. faget: Der Gottloſe het 
feinen Frieden. Sa, er fället immer tiefer hinein. 
Denn wohin er gedenket, da find eitel Fallbrücken. 
Er weiß nit, daß er felig ſey, und. will ed auch 
nicht feyn. Derowegen muß er fein Heil auf hoben 
Bergen ſuchen, die er nicht eriteigen Tann, und alio 
immer irren und fallen von einer Traurigkeit in bie 
andere, und aus einer Furcht in bie andere. 


5 Iſt dies auch GOttes Wille? 


Mein!- Denn 1 Theſſ. 5. ſchreibet Paulus: Seyd 
allezeit froͤhlich in Chriſto JEſu, denn dal 
iſt der Wille GOttes an euch. Hier ſehen wir, 
daß es GOttes ernfter Wille fey, Daß wir ein fried⸗ 
fam und fröhlid Gewiſſen haben follen in Chriſto 
JEſu. Denn zu dem Ende ift der HErr Epriftud 
in die Welt fommen, und bat fi kreutzigen laſſer. 
Und zu dem Ende find. wir auch zu ihm bekehret 
durch den Ölauben, und getaufet, und felig worden, 
auf daß wir völligen Frieden und Freude hätten, wit 
er ſpricht Joh. 10. Ich bin fommen, Daß meint 
Schäflein das Leben haben, und zwar vöb 
liglih haben. Kommen heiſſet hier leiden und 
fterben, und alles ausrichten. Leben haben, et 


ber wahren Chriften. 581 
Friede und Hreude haben. Der ſchoͤnen Sprüche find | 


nehr, als: Ef. 53. Die Strafe lieget auf ihm, 
»amit wir Friede hätten, und Durd feine 
Bunden heil würden. Wer nod ein unglaubis 
er Heide ift, oder ein unglaubiger Chriff, viel Ars 


er als ein Heide, der mag lich feiner Sünden hal⸗ 


en wohl betrüben, und für GOttes Zorn erfchrefs 
en: Denn _derfelben Feines iſt von ihm genommen. 
tachet er aber, fo fol fein Lachen in ewiges Weinen 
verwandelt werden. Wer aber an den HErrn Chris 


tum glaubet, mit einem lebendigen und wahren Glau⸗ 


en, alfo, daß er ein Leib mit ihm worden iſt, ver 
ol ein gefundes, Das. iſt, ein friebfames und fröhs 
ihes Herz und Gewiffen haben. Gein Herz fol 
eyn, wie Chrifti Herz: Denn er iſt nun wie Chris 
tus, durch das hohe Verdienft JEſu Chrifti. 
Deögleihen Cap. 32. Der Gerechtigkeit 
Frucht wird Friede feyn, Daß daß gerechte 
Bolf, weldhes den Slauben bewahret im 
Häufern Des Friedens, und in ſtolzer Ruhe 


wohnen wird. Stolze Ruhe ift eine folhe Ruhe - 


hes Gewiſſens, melde fein Teufel. mit aller feiner 
Macht beunrubigen Tann. Golden hohen und ges 
waltigen Frieden wünfchet St. Paulus den Ppilippern, 
daß er ihre Gedanken und Herzen bewahre, - Wie 
es einem jeden Chriften wohl noth thut, daß er im 
biefem Leben, welches nichts anders ift, denn Ans 
fehtung und Streit, mit folhem Frieden wohl ges 


rüftet fey. Und es wäre zu wuͤnſchen, Daß ein jege 


licher wahrer Chrift fo ein reines und gefundes Herz 
hätte, als ein kleines Kindlein hat, wenn es erftlich 


an die Melt geboren ift: Denn es lieget für fid) das 


bin, und fchläfet fein füße, als auf GOttes Schooß. 
Ja, ein Chriſt ſoll noch friedſamer ſeyn, denn er hat 
die ganze Unſchuld und Gerechtigkeit JEſu Chriſti. 


Je froͤhlicher und friedſamer einer iſt, je lieber eß 
OOtt iſt, und je mehr es gerrichet dem HErrn Chri⸗ 


ſto und ſeinem Blut zu Ehren. Denn der gebrau⸗ 





— — 


R 
J 
— — — — —— 


382 Don der Majeftät 


het ſich des Verdienſts JEſu Chrifti recht, melde 
aus aller Unruhe der Sünden und des Zorns in de 
Ruhe der Gerechtigkeit und der Gnade eingehet. 


6. Wie wirb diefer Seelenfriebe fonfl geneunet ? 


De anct Petrus nennet folhen Frieden und Freude 
tin GOttes der Seelen Geligkeit, 1 Petr. 1. und fpridt, 
Daß ſolche Seligkeit fey Dad Ende unſers Glaubens. 
Denn was kann einer Seele höher gewuͤnſchet wer 
- den, ald ruhen yon aller Betruͤbniß und Furcht, und 
in neuer Gerechtigfeit und GOttes Gnade redyt fried⸗ 
lich und fröhlih feyn? Was kann ein Engel m 
Himmel befferd haben? Ohne allein, daß er GOtt 
mit feinen Augen fiehet, veilen Gnade wir im Hen 
zen fühlen. Denn GOtt ift und mit feinem Weſen 
und Gnade allewege fo nahe, wie er den heiligen Ew 
geln im Himmel it. 5 Ä 
Cicero Buch 4. nennet ein ruhiges’ und froͤbliches 
Gewiſſen das hoͤchſte Gute und die hoͤchſte Gluͤcſelig 
keit, wiewohl ohne Grund und Beritand. 

Zenophon rühmet den Agefllaum, Koͤnig von 
Sparta, wegen feined guten Muth, mächtig ſehr und 
fpricht, daß er gelehrt, fromm, freundlicdy und Kets 
fröhlich gemwefen fey: und Daß ſich von deswegen zu 
ihm gehalten haben nicht allein gelehrte Leute, daß 
fie ihn böreten, fondern audy andere genteine, daß fi 

ſeines verftändigen Raths und Troſtes gebrauchten. 
yon Wir aber wollen Luther, den reiten Socrates 
Däctnig und Agefilaus Germanicus, von wegen feines getb 
Luthers, lichen Gemuͤths ruhmen. Denn er ift ein Ueberwis 
der geweſen, welcher durd das Licht des Evangelü 
tberwunden hat, nicht allein den Pabit und Kaifer 
mit der ganzen weiten Welt, fondern auch alle feine 
Sünden, mit dem Zorn GOttes, Teufel und Hölle, 
. und fo ganz friedfam, muthig und fröhlid) geweſen, 
Daß ihm der freudige göttliche Muth aus den Augen 
geleuchtet hat, Er ift immer mit aufgerichtetenn Her 





ber wahren Chriſten. 585 


en und Augen frifh und fröhlich Daher gegangen, 
wie ein freudiger Löwe, ohne Scheu, und hat das ⸗ 
gethan, was er gelebret, nemlich alle Ungeheuer ve 
Erde und Hölle mit-Füffen getreten. Selbſt die Teu⸗ 
rel haben fich. müffen für der Majeftät feiner Augen 
iheuen. Denn weil er ein Tempel des heiligen Geis 
te8 war, und GÖtted Gnade für Augen hatte, je 
HODtt durch die Liebe feines Wort und Gebets tägs 
ich lieber ward, und der Gnade nun aufs allerbefte 
verfichert war, fonnte fein Herz nicht anders geartet 
eyn. Lutherus follte ein Evangelions⸗Bild, ja ein 
Fuͤrbild aller lieben Heiligen feyn: derowegen mußte 
r geben auf dem Wege des Friedens, und Tritte dee 
Kreuden thun, wie ein. Engel GOtted, daß ihn lies, 
yeten alle die ihn fahen. Für GOtt iſt er fo ſicher 
jewefen, daß .er in feiner füflen Gnade nicht allein 
tet6 gelachet, fondern auch mit ihm Morgens und 
Abends jo herzlich und freundlich geredet hat, wie ein  * 
Sreund mit feinem lieben Sreunde, oder ein Bruder 
nit feinem lieben Bruder reden mag. Er ift mehr 
m Himmel bei GOtt, ald auf Erven bei Menfhen 
jeiwefen, und dadurd) ift er fo gelehrt worden. Denn 
velchen GOtt gelehrt machet, der ift gelehrt, das ges 
chiehet aber durch beftändigen Umgang mit GOtt. 
Ein aleihes Exempel befiehe im 20 Traktaͤtlein. 
Denn dafelbft erwähnet der Verfafler Herrmann Gos 
yeni gottfeligen Hausfrauen, welche mit gleichmäßigen 
riedfamen und fröhlihen Gewiſſen in ihrem Letzten 
ft begabet gewefen, wegen Chrifti Gerechtigfeit und. . 
BOttes Gnade, die fie lebendig in ihrem Herzen 
:mpfunden, 


N. Was iſt es denn für ein Friede, welcher Luthern und 

alle wahre Chriſten fo frendig machet? 
Er iſt nicht ein leiblicher Friede, hergefloſſen austiniunen 
tiebe und Freundſchaft des Teufels und. der Welt — 
uch nicht allein brüderliche Einigkeit unter den Chris Herz . . 


334° Don der Majeflät 


ſten: ſondern er iſt ein geiftlicher, innerlidher um 
ſieghafter Friede des Herzens, erwachſen aus Dem 
wahren Erkenntniß und Glauben Chriſti, dadurch 
aller Unfrieden, ſo der Teufel und Menſchen in uns 
erregen koͤnnen, geſtillet wird. “ 


| | 8. Wie gehet das zu? 
Wie ſolches zugehe, lehret Paulus, wenn er ſpricht: 


Der Friede GOttes wohne in euren Herzen, dazu 
ihr auch berufen feyd, das ift, der Friede GOttes 


. regiere eure Herzen und-ganzes eben, er babe eur 


— 


Herzen gar inne, und er ſetze ſich mitten daxin, wie 
ein Großfuͤrſt, und herrſche darin, und laſſe keinen 
Unfrieden zu euch einkommen. 5 

So ift nun dies die Meinung St. Pauli, daB 


ein Chrift ein friedſam Herz oder Gewiſſen haben, | 


und ein friedſam Leben führen foll auf Erden, ohne | 
einige Sorge feiner Seligkeit, ohne Betrubniß feiner | 


, Sünden, ohne Furcht göttlichen Zorns und Gericht. 


Sein Herz fol ihm feyn als ein ftilled Wäfferlein, 
welches von feinem Winde gereget wird. Es fud 
ihm feyn, ald Adamd Herz war vor dem Fall, daß 
er ruhiglich einfchlafen und erwachen koͤnne. a, es 


pet ihm feyn, wie eines Engels Herz im Himmel 


ewahret durch einen folhen Frieden, ver boͤher iſt 
denn alle Vernunft. Denn Davıd weiffaget Pf. 72. 
daß die lieben Chriften zur Zeit des Reichs Cbhrii | 
leben follten in Ueberfluß des Friedens, oder in üben 
flüffigem Frieden, Der Friede foll täglich im ihrem 
Herzen wachſen und zunehmen, wie ein Waffer von 
ven Schneebergen. Eſaias aber ſpricht, Cap. 32. 
daß die Ehriften leben follen in fchönem Frieden, wie 
unter Rofen und Lilien, ja wie unter dem &lanz 
des Himmeld, und daß fie wohnen follten in ſichern 
Wohnungen und in ftolzer Ruhe. 


N - 2 Cie 


In iſten | 
Y N ber wahren Chriſten. ‚888. 
79 Lieber, mas iſt doch ſtolze Rufe? 


Stolze Ruhe iſt, wenn ein Herz im Erkenntniß 

und Glauben Chriſti fo gegründet und geübet :ift, 
daß ed nunmehr weder Mofen, noch Teufel, noch die 
kluge Welt achtet, fondern fie alle fämtlich verachtet 
und verlachet, da fie am greulichiten find. Denn 
weil Ebriftuß des Gefeged Erfüllung ift allen, fo 
Ihm anhangen, was hat denn Mofes mit foldyen zu. 
thun, und. wie follten fie dazu fommen, daß fie fi 
von ihm follten beunruhigen laſſen? Weil fie ihm 
durch Chriftum überflüflig genug getban, ja mehr ge _ 
than, als er nie gefordert hat. . Eben das vente man. 
pom Teufel und Welt, welche Mofis Hoͤrner zuwei⸗ 
len auffeen, und damit umber laufen, wie tolle 
Kaftnachtebrüder, die lieben Chriſten damit zu flofs - 
fen. Denn je größer Heuchler, je Arger Mörder, 
ie größer Schalk, je größer Thor. Solch ein Herz 
und Gemüth wünfchet ihm David Pſalm 51. da er. 
ſpricht: Lieber GOtt! gieb mir einen fürftlichen Geiſt, 
der ein fürftlich unerjhroden Herz und Gemäüth 
md Dem wahren Erkenntniß Meifid deines keben 
Sohn, alle verprüßliche Heuchler, fo über fich hin⸗ 
ehen und ftet3 an mich wollen, mit Nichten und 


Berdammen, zu überwinden, und als große Xhoren 


und unverftändige Narren zu verlahen. Denn habe 
ich leider das Geſetz nicht gehalten, fo bat es mein 
Heiland für mich gehalten völliglic und überfchwengs 
ih, und hat mir allen feinen Gehorſam gefchentet 
ur ewigen Befißung. 9 

Und ſolch ein friedſames Gemuͤth ſoll ihm auch 
täglich ein jeder Chriſt von Herzen wimſchen, und 
nit Paulo zu fih fpredien: Der Friede GOttes, 
er böher ift denn alle Bernunft, bewahre mir ja 
eute mein armed Herz für allem Unfrieden, welcher 
ms Tyrannei ded Teufel, oder der Welt Booheit, 
‚er fonften aud zufälliger Widerwaͤrtigkeit mit ars 
nen Würmlein entfiehen Tann, Denn ein friedfames 

28 


585 | Don der Majeftät 
Herz ift das befte Gut und die hoͤchſte Seligkeit, wel⸗ 
he ein Menfh haben mag, Ein friedſames Herz 
ift das Teſtament JEſu Chriſti, welches er den Sei⸗ 
nen allhier auf Erden gelaſſen hat: wie er ſpricht, 
Joh. 14. Meinen Frieden laſſe ich euch, nemlich, zums 
Schatz und Teſtament, dabei ihr meiner gedenken 
ſollet, denn ich weiß euch nichts hoͤhers noch beſſers 
zu geben. Dieſer Friede iſt der Zweck geweſen, 
welchen Chriſtus in ſeinem ganzen Amt angeſehen, 
wie Eſaias ſpricht: Die Strafe lieget auf ihm, Das 
mit wir: Friede hätten. Und ift Dazu unfer Beruf, 
dazu wir berufen feyn, fpricht Paulus, Denn es ıfl 
GOttes erniter Wille, daß wir nicht‘ im Unfrieden, 
fondern im Frieden leben, und ihm ohne Furcht und 
Sorge dienen follen unfer Zebenlang, in Heiligkeit 
und Gerechtigkeit, die ihm gefällig ift. 


| 10. Haft du auch bei biefem Pag noch mehr zu erinnemut 


Eines fälfet mir hier no ein, dad David Pf. 85. 

ſaget: Gerechtigkeit und Friede werden ſich 
unter einander küſſen. Bas ift, zur Zeit Chrißk 
wird ed fo lieblih und freundlich in Der Welt zuge 
ben, fürnemlic aber in den Herzen der Glaubigen, 
daß eitel Glaube und Friede darinnen wird vorhan⸗ 
den fen: Sa, Daß ſich Glaube und Friede mit ein 
ander herzen und füfien werten. Der Glaube wir 
einen Gefallen an feinem Toͤchterlein haben, das Add 
terlein wiederum einen Gefallen an feiner Mutter, 
bie werden ſich unter einander freundlich begegnen 
und lieblich zulachen, ſich umfahen, herzen und fü 

. fen in großen Freuden JEſu Chrifti. Denn weas 
man glaubet, daß man gerecht ift für GOtt, fo dat 
man auch Friede mit GOtt, Roͤm. 5. 


41. Woher nimmt folcher Friede feinen Urfprung? 


ana E; koͤmmt folder‘ Friede und ſolche Freude des Ge 


fo, willend her aus dem Evangelio, wenn baffelbige im 






| 
| 
| 


| 


En BE Ten DE GE DE. GB EM 2—— * — ———— 


der wahren Chriſten. 887 


feinem rechten Verſtande wohl getrieben wird. Deun 
dad Evangelium ift eine Lehre des Heils, welche ans 
eiget und lehret, Daß die Gfaubigen und Getauften 
ihr Heil in der Taufe ſchon empfangen haben, wie 
St. Paulus Ephef. 2. klaͤrlich foriht: Aus Gna⸗ 
den ſeyd ihr felig worden. Desgleichen Tit. 3. 
GOtt Hat ung felig gemadhet durch das Dad 
der Wievdergeburt. Denn es lehret das Evans 
gelium, wie ein Glaubiger fol felig werden, und 
träget der Braut ihren koͤſtlichen Schatz für, und 
heifiet fie den anfchauen, ergreifen und feſt halten, 
Er fpricht zu ihr: Liebe Braut, du bift ganz rein, 
du ſitzeſt hoch über dem Reich der Sünden, es wers 
den dir Feine mehr von GOtt zugerechnet, du bift 
auch mit OO verföhnet ewiglih, und GOtt hat. 
bei feiner Heiligfeit geſchworen, Daß er über bir nicht 
zürnen, noch Dich fhelten und firafen, fondern ein 
ewiged Liürftlein feiner allerfanfteften und füfleften 
Gnade über dic) wehen. laffen wolle, mit Dorreihung 
feines väterlichen Herzens und Gegend, nah allem 


einem Willen zu ver rechten Zeit, weile er feiner 


Meisheit fürbehalten bat. Du bift auch ein lebendi⸗ 
ger Tempel des heiligen Geiſtes und ein Erbe der 
ewigen Herrlichkeit, | no 
Wer nun diefe lieblihe Stimme höret und fein 
gefchenktes Heil alfo daraus erkennet, und durch wahr 


‚ren Glauben annimmt, und mädıtiglid befiket, wo 
will der bin? Der muß fih ja feiner Sünden und 
‚des Zorus GOttes halben zufrieden geben, ja in der 


neuen Gerechtigkeit und Gnade GOttes ganz fröhlich 
feyn. Denn wie des Menfchen Berftand und Glaube 


iſt, fo iſt fein Gewiſſen, wie die Sonne: ift, fo if 


ber Tag. Eine andere Klarheit hat ein Doctor, eine. 


‚andere 'ein Bauer. Die Suͤnde und der Zorn müfs 


fen durd; das Licht des Evangelii, und durch den 


Glauben gaͤnzlich verſchlungen in einen Sieg, foll ver 


Friede And die Freude GOttes in meinem Kerzen . - 
Dominiren, Wo aber folde Vietoria 2 da iſt ein 


BB 5 > Don ber Majeſtit 


Himmel voll Friede und Freude. Da fpielet dab 
Herz GOtt von Freuden, und ſinget ihm ein ewiges 
Halleluja! Und einem folden Sieg s Frieder und Trium⸗ 
phirer gebübret ein herrliches Rauten » Kränzlein aus 
dem Garten des Herrn, wie St. Johannes in feis 
ner Offenbarung Cap. 2, fpriht: Daß GOtt dem 
Ueberwinder werde ein herrlihed Zeugniß 


und einen neuen Namen geben, und feine 


Seele fpeifen mit Himmelbrod. 
Darum nennet St. Paulus das liebe Evangelium 
ein Evangelium des Friedens, darum, Daß es fels 


den Frieden wirket, oder aufrichtet in den Gewiſſen 
der Slaubigen, und ermahnet die Lehrer, Daß fie es 


mit Fleiß treiben follen, zu dem Ende, daß die ar 


mien Gewiſſen aud dem Erkenntniß deffen, was ihnen 


geſchenket it, Friede erlangen mögen. 


12. Wer befördert biefen Frieden ? 


Ein evan Ein evangelifcher Prediger, welchen die Schrift einen 


iger, Boten des Friedens nennet, fol dieſes Ziel und Zwed 


d 


für ſich haben, daß er die Seelen geſund made, dad 
Mr, befrievige und erfreue. Denn darum wird er 
genennet im Propheten Obadja ein Heiland oder 


Seelenarzt: Ya, eben darum hat der HErr Ehriftus 
das evanaelifche Predigtamt eingefeßet, Daß ver ver⸗ 


wundete Menſch durch den Balfam des Evangelü fol 
gebeilet werden, wie wir: feben aus dem @leichniß 
von dem, fo unter die Mörder gefallen war, Zur. 10 
So lange fol ein getreuer Hirt an feine Schaͤflein 
mit den allerreineften und deutlichſten Sprüchen des 


Evangelii handthieren, bi8 daß fie durch Erkenntniß 


ihres Heils an ihrer Seele ganz geſund werden und 


ſprechen: GOtt Lob! nun weiß ich, was ich wiſſen 


fell, nun ift meine Seele gefund, nun ift meine Seele 
errettet aus aller geiftlicher Truͤbſal und Furcht, und 
iſt gefehet in Dad, Reid Des Friedens und der Freu⸗ 


ven Nun lebe ich, ja Ehriftus Icher in mir. Sch 


En EEE Dass, Zus u 


ber. wahren Chriften. 89 
habe a Leben Eprifti in mir, und bin ein fellger - 


+ 


13. Ber thut bei biefer Sache das Beet 


Da heilige Geiſt muß das Beſte zu dieſen SacenDer heit | 
thun, nemlich, daß der heilige Friede und Freupes® 
in ven Gewiffen durch dad Evangelium aufgerichtet | 
werden. Er muß den Frieden und alled, was fonft 
mehr zu einem gottfeligen Leben gehöret, »flanzen, 
mehren und erhalten. Denn Dies ift fein Reich und 
Amt, wie Paulus bezeuget, Röm. 14. Darum fol 
ein jeglicher wahrer. Chriſt naͤchſt dem, Daß er allen 
feinen Fleiß wendet auf das wahre Erfenntniß des 
Evangelii, den heiligen Geift von Herzen täglid ans 
sufen und bitten, Daß er ihn fegne und ihm einem 
-fiegbaften Glauben, Friede, Freude, GOttes Liebe 
und Furcht: Desgleihen ein gerechtes demuͤthiges, 
filled, fanftes, nüchterned und züchtiges Leben vers 
leihen, ſtaͤrken und erhalten wolle. Er fol auch oft 
„ Diefe Worte fprehen: Der Friede GOttes, welcher 
Höher ift, denn alle Vernunft, bewahre mein Herg 
und Sinne in Ehrifto IEſu, Ymen! — 


14. Was entſpringet aus dem göttlichen Frieden des 
Gewiſſens 


€, koͤmmt daraus ber eine immermährende Froͤblich⸗ eine im⸗ 
keit von ganzem Herzen, bier zeitlich und dort ewig: merwäß 


id, gleichwie ver Sonne Leben iſt, immer leudıten. gräng, 
beit, 


Denn weil die Glaubigen und Getauften gereiniget 
find mit einer ewigen Reinigung von allen ihren 
Sünden, und befleivet mit. neuer bimmlifcher Gerech⸗ 
tigfeit, und gefeget in die hohe Würde ver Kindſchaft 
GOttes, und confirmiret mit dem heiligen Geiſt, 
und berufen zum ewigen Leben durch Ghriftum, wars 


. am wollten fie denn nicht immer fröhlich feyn und 
ein ewiges ZJubelfeft in ihren Herzen halten? Wenn _ 


890 Bon ber Majeſtaͤt 


‚ bie Sünde, der Zorn, und der ewige Tod noch dau⸗ 
reten, fo möchten fie trauren, mit allen Heiden. feuß 
zen und weinen, daß Himmel und Erbe kracheten; 
aber nun diefe.Lafter von ihnen hinweg find, fo ift 

| es ja billig, daß fie aus fchuldiger Dankbarkeit und 
, Pflicht GOtt zu ehren, um. folher Wohlthat willen 
7 Hets von Herzen fröhlich feyn. 

Und ich wüßte nicht, was GOtt mehr thun folk 
te, und er uns näher bringen fonnte, und Die Freu⸗ 
ve abzukaufen. "Gilt dad nicht, fo gilt ja Die ganze 
Melt auch nicht, mit aller ihrer Herrlichkeit, welche 
nur den Schatten: hat unferer wahrhaftigen Güter: 
Denn. eben zu dem Ende hat GEOtt folde Wohltha⸗ 

. ten an und gewandt, und und zu Königen gemadhet 
uͤber vier gewaltige KRönigreiche, dag wir in ihm und 
in folhen Wohlthaten ftets follen fröhlich feyn und 
ihm danken. Wenn wir nicht mehr von GOtt bat 
ten, denn nur die bloffe Vergebung, fo wäre eö ge 
nug zur ewigen Freude: Nun aber haben wir ned 
dazu dad Murpurkleid der Gerechtigkeit Chriſti, und 
find Kinder GOttes, gefalbet mit dem heiligen Geiſt, 
und Fürften des Himmels. Sollten wir denn num 
nicht fröhlih feyn von ganzem Herzen, immer las 
hen, fingen und fpringen? Wie die lieben Prophe⸗ 
ten ‚geweiffaget haben, daß es im Reich Chriſti in 
den legten Tagen würde alfo zugehen. Denn fo 
ſpricht Eſaia 51. Die Erlöfeten des HErrn 
werben wiederfchren, und gen Zion Fon 
men mit Ruhm, und ewige Freude wird auf 
ihrem Haupt-feyn: Wonne und Freude wen 
ben fie ergreifen, aber Trauren und Senf 
zen wird von ibnen fliehen. 


13. Welche find die Erlöfeten des Her? 


Die ri Nicht bie Juden aus Babel, fondern wir, welche 
surh Der HErr Chriſtus mit feinem Blut erloͤſet und im 
SM die neige: Freiheit. geſehet hat. Wir ſollen der Suͤnde 


TAT TE TE LT 


der wahren Chriften. 59 


des Zornd und des Todes halben nicht mehr traus 
ren, noch feufzen, ſondern von wegen. der neiten ges 


ſchenkten Gerechtigkeit, der Gnade und. ded Lebens, 


mit allen. heiligen Engeln ſtets fröhlich feyn. Hier 
follen wir das Zubeljahr anfangen, wie wir es dort 
balten wollen in Ewigkeit. Wir follen von - großer 


und wichtiger Freude jauchzen, wie Zacharias ermah⸗ | 


net, gerade, ald wenn wir von dem beiten Wein 
trunfen wären, ja mehr denn vom Wein trunfen. 
Denn die Herrlichkeit, die wir ſchon in dieſem Leben 


haben, und dort noch erlangen werden, ift mit kei⸗ 


über uns nicht untergebet, warum follte der Troſt 
und die Freude der Gnade in und aufhören? Dieb. 


güuldene Waſſer fol täglich in uns wachen, bis Daß 


ed von uns fliege ind ewige Leben, wie Ehriftus fr 


get, Joh. 7, 


.y 


592 Bon ber Majeſtaͤt 


16. Barum fol ſich denn ein Chriſt alſo freuen ? 


Beil er Darum, weil die Freude im Herrn das Ende if 
er plo unſerer ganzen Wiedergeburt und Seligkeit. Zu dies 
e fem Ende ift alles Böfe von und genommen, und 
alles Gutes gefchenfet, nemlich, Daß wir darüber fols 
len fröhlich feyn, und und von Herzen freuen follen, 
wie Paulus Phil. 4 ſpricht: Freuet euh im 
Herrn allemege. Der Chriſten ganjed Leben 
foll eine koͤnigliche Hochzeit feyn, das ift, hohe um 
. ausfprechlihe Freude und Wonne, Denn in der 
Taufe find wir nicht irdifhe Fürften worden, ſondern 
-GDttes Rinder, Tempel des heiligen Geiſtes und 
Erben des ewigen Lebens, darum follen wir hie af 
bereit anheben, 'wie im Himmel. Eitel fröhliche Ew 
gel follen wir feyn, aud unter den trüben Wolfen 
Des Creuzes. Es iſt doch alles unfer, was ung aß 
hier in diefem Leben widerfähret an Leib und Seelt, 
Ehre und Gütern. Warum. wollte der viel trauren, 
welhen GOOtt felber gereiniget bat von allen fei 
Sünden, und gezieret mit ber Gerechtigkeit fein 
Bohne, und ledig gefprohen von aller Verdammmiß, 
und gefrönet mit der Krone feiner göttlichen Kind⸗ 
- Schaft, und gefalbet mit feinem heiligen Geiſt, um 
verwahret durch feine Engel und berufen zum ewigen 
Leben? Wer allen Unfrieden in feinen Kerzen ver 
ſchlungen bat, und GOtt gelaffen ftebet, und in feb 
nem Heil fein fröhlich ift, der ift der allerbefte Chriſt, 
und der vollbringet ven Willen GOttes am meiften, 
und thut GOtt den allerhoͤchſten GOttesdienſt: wie 
1 Theſſ. 5. Paulus ſchreibet: Seyd allezeit froh 
lich, danket und preiſet GOtt, und betet. 
Denn das iſt der Wille GOttes an ruch. 


17. Wie kann man aber allezeit frößfic, feyu ® 


Obwohl die lieben Chriſten des Xpufeld und ter 
Belt Tyrannen noch müflen umterworfen feyn, 


Dur | u Vi de En BE V — DEE EEE EEE SEE ” 


der wahren Chriſten. — 398 


che täglich auf fie zielen, wie ein Bogenſchuͤtze auf 
einen armen Vogel zielet, ihn zu fällen; dennoch foll 
Darum Die Freude nicht an den Ehriften verbleichen. 
Denn was kann uns der Teufel und die Welt ıhun, . 
wenn GOtt mit feiner Gnade, Fürſorge und Hülfe 
uber uns haͤlt? Es ift doch alles ihr Thun verloren. 
Das Herz bleibe nur feſt im Vertrauen, und berube 
frievlih auf GOttes Gnade und Hülfe, wie Paulus 
die Philipper und Eoloffer ermahnet, daß. der Friede 
GOttes in unfern Herzen die Oberhand baben, 
und feit ftehen, und ſich durch feine Winde und 
Wellen beunrubigen, noch verderben laſſen fol. Wie 
ine Nachtigall immer gutes Muthes ift, und frifch 
aber finger, ohne einige Heuchelei, von ganzem 
Herzen, GOtt gebe es wetterleuchte, donnere, 
segne oder nicht: alfo ſoll ein Ehrift auch thun: - 
Sr fol immer bleiben im Reich des Friedens und 
ver Freude GOttes, durch einen feiten Glauben, 
and fol den heiligen Geiſt um ſolch Herz anru⸗ 
en und bitten. Denn das ift je gewißlich wahr, . 
or der HErr Ehriftus feine Schaͤflein flets im 
einen. Händen babe, und daß er fie mit feinen 
Hugen bewahre, und daß er alles moderire und fie, 
vie tief fie auch herunter gefommen find, aus allen. 
hren Noͤthen errette, wie David im 34 Palm fins 
set: Der Gerechte muß viel leiden, aber der HErr 
yilft ihm aus dem allen, - Er bewahret ibm feine - 
Bebeine, daß deren nicht eined zerbrochen wird, Dem 
Sottlofen wird dad Unglück toͤdten, und die den Ge 
rechten haſſen, werden Schuld haben, das tft, fie - 
werden als Schuldige zu Grunde gehen, wie am 
Rand ftebet. Ä 

Befiehe bievon mehr im nachfolgenden Buch, Ca⸗ 
itel 5. in welchem won biefer Materie mehr Bericht 
zusführlich geſchehen wird, | 


1.1 Don der Majeſtaͤt 


48. Aus allem, was in allen Gapiteln biefed 5 Bucht be 
richtet, vernehme ich, daß wir wahre Ehriften eine fer 
große Herrlichkeit fdiom haben: Wie koͤnmt ed bodh deu, 
bag man berer Dinge keines an und fpüren Tan ? 


Osb wir wohl hier ſchon GOttes Kinder, und bo 
bendige Tempel des heiligen Geiſtes find, fo fcheind 
doch ſolches noch nicht an und, fondern wir find al 
hätten wir ber feines, ja ald wären wir von GDU 
verworfen. Der Glanz der ewigen. Herrlichleie leuch⸗ 
tet auch noch nitht über und. Aber dies alles wir 
wohl kommen am jüngften Tage, wenn der Hin 
Ehriftus wird offenbar werden, und ih feiner Maje 
ftät und Herrlichkeit daher ſcheinen, alsdenn wird er 
Berrlih in uns leuchten, 2 Theſſ. 1. Und wir wer 
den ihm gleihförmig feyn, Joh. 3. 


Dom peilf: Gebrauch d. Schates d. Seligkeit. 595 
| Das VI. B u ch. | 


Dom heilfamen Gebrauch des Schatzes der | 
| Seligkeit. . 


Mie. fol ich mir ben WGcat meiner Seligkeit, daher 
ich erklaͤrte große Majeſtaͤt habe, chriſtlich zu nuͤtze 
machen? 


Wenn du zu dieſer großen Herrlichkeit gekommen, 
a Du nun, durch den Glauben an Chriſtum, GOt⸗ 
ed: Kind worden bift, und GOttes Gnade erlanget 
aſt, fo ermuntere Dich und erhebe dein Herz, und 


alte Dich dafür, wofür dich GOtt Hält, nemlich, für 


BOttes liebes Kınd. Berläugne nicht GOttes Gnade 
in Dir, fondern rühme dich verfelben mit der größs 
en Freimüthigleit, Sprich: wer hätte doch gemeinet, 
aß ich armer geringer Menfh, ich armer fündlicher 
Burm, zu diefer großen Herrlichkeit kommen follte? 
denn in biefem Leben bin ih GOttes Kind, ein 
Ttind der Gnaden. Ich bin Ephraim, fein allerliebs 


ter Sohn, und Sufanna, feine allerliebfte Tochter. 


zn bin die güldene wohlriechende. Rofe der Gnaden. 
ych habe den heiligen und lebendigmachenden Geift 
Ottes in mir. Ich bin GOttes Himmel. GOtt 
ft fletd in mir und bei mir. Geine Augen ftehen 
kets über mir offen, GOtt der HErr fegnet mid), 
nd laͤſſet mich wachſen und Früchte tragen in Hitze 
ind Kälte Er behütet mih auch für der Teufel 
ſtathſchlaͤggen, und erhöret alle meine Gebete. In 
enem Leben aber werde ich feyn ein Kind der Harr⸗ 
ichteit, und werde überkleidet werden, wo nicht mit 
‚öttlicher, jedoch englifher Klarheit und werde feyn, 
pie mein lieber Herr Chriftus ift, und werde mit 
neinem Glanz den Himmel erfüllen. Denn an dem 
Eage wird die Sonne GOttes in mir feyn, nemlich 
ie Sonne der ewigen Serrlichleit, JEſus Chriftus, 


In 


— — — — — — — -- 
* 7 
- 
’ - 


+ 


r BD) 


| 6 Dom Heilfamen Gebrauch 


und wird herrlich in mir und aus mir leuchten. Er 
wird fih in mir freuen, 'und mich ganz new um 
himmliſch machen an Leib und Seele, Und ich werde 


- in ihm leben und herrfhen ewiglich. 


Alfo bat fih St. Paulus der Gnade GOttes ge 
gühmet, auch zu der Zeit, da er ift vom Teufel um 
per Welt: mit Faͤuſten gefchlagen worden. Denn fs 
foriht er, Röm. 5. Wir rühbmen und GDetes, 
durch unfern HErrn JEſum Ehrift, durd 
welchen wir die Gnade, in welcher wir feſte 
fieben, empfangen haben. Nicht allein dal, 
fondern wir ruͤhmen und aud der Trabfe 

en, und der Hoffnung der zufünftiges 
Herrlichkeit, die GOtt geben ſoll. 


2. Weil mir am rechten ſeligen Gebrauch des Sqhahes 


meiner Seligkeit merflich viel gelegen iſt, lieber, fe 
' erfiäre mir dieſes noch was deutlicher _ 


E⸗ iſt ſolches ſchon droben geſchehen bei einem jeden 


* tröftlichen. und denkwuͤrdigen Punct. Aber weil mas 


ded Guten nicht zu viel thun fann, und wie ige 
recht gefaget, und viel daran gelegen ift, daß wiz 


unſere Seligkeit, Majeltät und Herrlichkeit nicht wi 


der GOttes Willen und zum Schaden mißbranchen, 
fonvern nah GOttes Willen, als feine liebe Kino, 
zu unferm Troſt, Heil und Beſten felig gebrauden 
will ich davon, deinem Begehren nad, in na 

enden Capiteln abermal Bericht thun. Merke 
** darauf und practicire ihn, ſo wirſt du 
reoter ſeliger Iſraelit ſeyn. 






des Schages der Geligkeit, 97 


D 441 Capitel. | 
Vom gründlichen Erkenntniß unfers Heils. 


le Was wird erſtlich erfordert zum ſeligen Gebrauch bed 
Schatzes unferer Seligkeit? 


Erſtlich ſoll einem jeden Chriſten das Heil, welches 35. 
ins Chriſtus erworben, und in der Taufe geſchenket &rtennts 


rat, fo befannt feyn, als Die Sonne, Daß cr es zuttfunfene 


eder Zeit auf den Fingern fein orbentlid daher res 
ätiren könne. Denn zu dem Ende hat uns GDtt 
a8 Evangelium gegeben, daß wir unfere himmlifche 
Reichthümer, und unfere große Seligfeit darauf ers 
'ennen. follten, wie St. Paulus 1 Gor. 5. fpridt: 
Bir Haben nicht empfangen ven Geift der Welt, fons 
ern den Geift aus GOtt, auf daß wir wiſſen koͤn⸗ 
ıen, wie reichlich wir von GOtt begnadet find, weis 
hes wir auch reden. “ 

Und zwar, was ift auch einer feiner Taufe gebefs 
ert, der nicht weiß, was er Outes Darinnen einpfans 
en, und was er darinnen geworden ſey? Wie kam 
dh ein Blinder der Gnade durch wahren Glauben 
innehmen, und ſich berfelben tröften und erfreuen, 
vo er fie aus dem Evangelio nicht erfennet hat? 
Blinde Leute Fönnen zu feiner Ruhe des Gewiſſens 
ingeben, fondern fie müffen in ewigen Qualen’ bleis 
en. Daher ermahnet St. Paulus die Leute,‘ Alte 
ind Junge, Ebr.- A. und ſpricht: Sehet zu, daß 
einer auf diefem Wege vahinten bleibe, und an -Dies 
er Weisheit vVerfäumet werde. Denn wer in die 
Schulen an diefem Stück verfäumet wird, der wırd 





Händlich verfaumel. Er iſt nicht werth, daß er uns - 


er die Ehriften foll gerechnet werden, ein folder uns 
jelehrter baͤuriſcher Menſch, und daß er die güldene 
Retten GOttes an feinem Halfe tragen foll. 


t 
v 
+ 


‘ 


Murin, 
ST men 


vs I. 5 


AR. _ 


“Tg 
598” Wonm heilfamen Gebrauch 


| 2. So höre ich wohl, daß du es für ein gar hochnothi⸗ 
Thun baͤlteſt, ſein Heil recht erkennen? 


Freilich fol aber glaubigen und getauften Chril 
| fürnehmfte, ja einige Sorge feyn, wie fie ihr he 
> gebenedeietes Heil, weldyes fie aus Gnaden, dw 
| das Verdienſt JEſu Chrifti, in der ſeligmachend 
Kaufe von GOtt empfangen haben, aus dem ja 
gen Evangelio mögen wohl lernen erkennen und ® 
dem Heizen faoflen. Denn was ift es, daß eine dx 
hriftlichen Glauben, die Taufe und vie Cels 
a durch GOttes Gnade hat, und weiß es nicht? 3 
drer nicht ein reicher Erbe ohne Verftand? Ja, DM 
”-ı Selig und unfelig. Und was iſt es auch, daß em 
ſolches von außen weiß, befennet ed auch mit da 
Munde, glaubet eö aber nicht mit dem Herzen? EM 

Herz ift nie durch fein Heil: warm worden. 9— 
fhon genug, daß einem das Heil auf der Jul 

ſchwebe, fol man es au nicht im Herzen fühle 
wie St. Paulus 2 Cor. 4, ſpricht: Die Sim 
ift Tod und mächtig in und, aber dit " 
rechtigkeit und das Leben ift Fraftig in u 
Ob er fagen wollte: Ihr fühlet Die. Kraft der 
rechtigleit und des Lebens JEſu Chriſti in ud, 
- Kann aud ein Unglaubiger fein Lebenlang f 
Heild einmal recht froß werden, und feinem li 
Heilande dafür danken? Wahrlich ein nnglat 

Menſch ift lebendig todt. Darum thut dir 
Chriſtus in allen felnen Predigten faſt nichts = 
denn Daß er nur feine Glaubigen und Getauft 
feinem heiligen Wort, und feines Reichs Erler 
ermahnet. Lieben Kinder, ich habe euch nun 
Reich gefchenket, ihr habet yun Das Verlangen ! 
Herzens, meines Reichs und Herrlichkeit hin 
Darum thut. das, laffet den Betrug ber Welt 

ren, und begebet euch gänzlich auf mein Wort. 

ſchet und fuchet mit Fleiß darin, und ferne 
Schab wohl daraus erfennen.. Denn mein Von 












des Schatzes der Seligkeit. 599 
ichts Anders, denn eures Schatzes Dffenbarung, wel⸗ 
hen ihr zum Theil in eurer lieben Taufe empfans 
en, zum Theil aber nody in jenem Leben zu gewar⸗ 
en babet, darnadı nehmet euch der Güter meines 
Reih8 durch wahren Glauben an, und befißet fie 
nit voller Herrſchaft, denn ihr feyb derſelben Hers 
en. Machet euch auch ewiged Wohlleben daraus, 
ind. fpielet mit in eurem Herzen. 


3. Warum if dies Erkenntniß unſers Heils ſo noͤthig? 


Darum ‚, weil die :himmlifhen Güter niemand nmuͤtze Eoin oh⸗ 
nd, wo man fie nicht erfennet, noch mit wahrem er 
zlauben annimmt, fie haben feine Wirkung, fie trösuigten 
en, befriedigen und erfreuen Tein Gewiſſen: Wie be. 
san an den Ungelehrten und Ungeiftlichen fiebet, wie. 

e zappeln in Anfechtungen, Darum, daß fie Fein 

icht haben: - Es folget aud bei keinem Menfchen 

iebe und Lob zu GStt, auch fein neuer freiwilliger 
Sehorfam, wo nicht Erkenntniß des Heils früher 

jehet. J 


Wie kann man zum Erkenntniß dieſes Heils kommen ? 


Ob wir gleich nicht alle unſere Legalien in dieſem 
tehben begreifen mögen, fo koͤnnen wir doch gleiche 
vohl etlihe, welche die fürnehnmften, aus der klaren 
Afenbarung des Worts faflen.. Wer aber foldes 
bun will, der muß nicht allein in St. Paulo und 
'uthero Tag und Nacht fludiren, fondern er muß 
nuch einen fonderlichen gelehrten Meifter haben, ver 
bn noch beſonders unterrichte, Denn ohne Privat 
interricht Tann einer chin fo wenig.das Evangelium 
affen, ald einer die Muſik fafien Tann, ob er gleich 
äglih viel fingen hoͤret. Die gemeinen Predigten 
hun zwar etwas, aber die Privatslinterweifung thut 
nebr, wie ich dies in meinem Predigtamt wohl er⸗ 


400 Wonm heilfamen Gebrauch 


fahren habe. Es foll einer wohl zehen Jahr Lang 
die allerdeutlichften Predigten. hören, von unferm 
Heil, und foll es doch gleichwohl nicht verftehen. 
Und ift gar ein fehwered, das Evangelium im di 
Leute zu bringen, welche nicht conjugiren koͤnnen, 
das ift, welche nicht willen, was eine gegenwärtige, 
vergangene und zulünftige Zeit fey, welche auch nidt 
Achtung geben auf ſolche Zeiten, und wachen nid 
auf, wenn ihnen die Wohlthaten Chriſti fürgezäpfet 
werden, meynen, eins fen fo gut, als Dad andern, 
Sirach ſey fo gut ald Paulus: Werke ſeyn fo gut, 
ald das Reich GOttes, welches durch die Taufe zu 
und fommen ift, wenn fie nur zu eflen haben, um 
. fonft die Ohren voll kriegen. 
. Darum, fo bald ein glaubigeß und getaufles 
—Kind zu feinem Verſtand koͤmmt, find Die Eltern 
fhuldig, daß fie dafjelbige in feine Schatzkammer füß 
ren, und ihm die güldenen Stüde feines Heils zer ' 
gen, das ift, daß ſie ihm fein ordentlih fuͤrhalter 
und einpfropfen etliche auderlefene und heile Sprüde, 
in welchen die füriehmften Güter der Kirche Fürzlih 
begriffen find. Lieber Sohn, liebe Tochter, Lern 
mir heute dieſen Spruch, morgen jenen, und wife, 
Daß ver Tag verloren fey, welcher nicht in folgen 
Uebungen zugebradht ill. | 
. . | 





Das Eapitel, 


Ton glaubiger Beſchauung unfers Heils, und 
wie man fih Damit beluftigen fol. 


1. Was wird ferner crfordert zum feligen Gebrauqh 
unſers Heils? | 


re E; ſoll fuͤrs andere der neue Menſch anheben feine 
hau: ichöne Geſtalt und feine himmliſche Güter fein or 

mug el dentlih zu befhauen, und fi damit zu beiw 
fligen. Denn ed ift wicht genug, daß ung GOu 

| wie 


bed Schatzes der Seligkeit. 804: 


wiedergeboren, und herrliche Güter geſchenket hat, 

mit Darreihung des heiliged Geiftes: fondern wir . 
müffen auch ſolche unfere Schäße erfennen und ans“ 
hauen, und und damit beluftigen, wie GOtt im » 
35 Pfalm fpriht: Schaue, Tohter, denn Du 
bift ganz herrlich inwendig, 


2. Wie gefchleht das ? 


Ds gefchieht alfot Wenn der gerechte und gnaden⸗ 

reihe Menſch auf. dad Nofenfeld des Worts GOttes 

der des Evangelii fpazieren gehet, und dDaffelbe forsı. Dura 

het nach allen Gütern, die ihm in der Xaufe ge: feißige 

henfet find. Denn dad Evangelium fehret die Glan: tung bes 

figen und Getauften nicht, wie fie allererft ſollen Csangen 

'elig werden? Sondern ed offenbaret und zeiget ih⸗ """ 

sen die Schäge, welche fie fhon, Kraft ihres Glaus 

end und Taufe, haben, aber nicht wiffen, wie St. 

Daulus fpriht Röm. 1. Im Evangelio wird 

ınd geoffenbaret die Geredtigfeit, die für 

BOtt gilt. Desgl. 2 Zim. 1. Die Onade, die 

ins gegeben ift, und die Unfterblichkeit | 

verden Durd das Evangelium and Licht ges 

»racht. O wie eine wunderfame Lehre ift die Lehre Ä 

„8 Evangelii! Sie kann aus einem Blümlein viel i 

Blumen machen," und einer jeden neue, fihöne und 

tebliche Geftalt geben. Er redet von der Gerechtigs 

eit itzt fonft, ißt fo, von der: Gnade ist fonft, itzt 

v9, und iſt doch einerlei Meinung nur, daß wir uns 

nit folcher Abwechslung deſto mehr beluftigen follen. 

Ind ift fo ganz lieblich, Da man der Apoftel Spruͤ— 

he gegen der Propheten hält, daß es nicht zu fagen. 

Solche Vergleihung ift ein .Stüd vom ewigen Les 

ven; Daher fchreibet ©t. Paulus 2 Cor. 3. daß das 

Syangelium, welches die Gerechtigfeit prediget, übers | 

chwengliche Klarheit habe, und daß wir und von. | 

eöiwegen mit freutigens Geift, und mit aufgedeckten | 

Ungeſicht darin fpiegeln follen, bis wir. unfere Here | 
Ä 26 





402 Dom heilfamen Gebrauch 


lichkeit recht und wohl daraus lernen erfennen, ja im 
folhe Herrlichkeit gar und ganz verwandelt werden. 


3. Gefchieht ed auch noch auf eine andere Art? 


2. Für- Zum andern geſchieht ed auch alfo, wenn der heilige 
Ne Beilt die Augen unferd Herzens eröffnet, und unfern 
heriigen Verftand erleuchtet, DaB wir nun fehen können das 
GSeiſt. helle Licht des Evangelii. Denn obgleich einer das 
Evpangelium und die allerheiligſten Sprüdhe für fid 
hat, hat aber die Erleuchtung des heiligen Geiſtes 
nicht, fo verſtehet er doch keinen Titel von feinem 
Heil und Seligkeit. Die Sonne ift wohl belle ge 
nug Da, aber er ift blind. Er meinet, die Seligfat 
fey noch taufend Meilen von ihm, nemlih, ins His 
L- mel, da fie ihm doch vor 30 Fahren allbereit in dei 
Ä Schooß geleget worden, nemlich, in der heiligen Ixus 
fe, da GOtt feine Onade und Geiſt ja alles über 
ihn reichlich ausgegoffen hat 
Er meiner, er fey noch zu Nürnberg, da er dod 
fhon längft zu Rom, ja zu Serufalen gewefen ik. 
So viel iſt daran gelegen, Daß einer ven heiligen 
Geift und einen guten Anleiter habe. Daher faget 
St. Paulus 2 Cor. 4 GDtt hat einen hellen 
Schein in unfer Herz gegeben.‘ Derowegen 
baben wir dad Erfenutniß unferer Kilav 
beit oder Herrlichfeit, und fönnen auch aw 
‚ dere wiederum erleudten. Deögleihen Eph. 1. 
GOtt gebe euch den Geiſt der Weisheit und 
Der Offenbarung, daß ihr erkennen möget, 
welcher da fey der Reihthum feines berris 
hen Erbes an euch, und die Hoffnung ew 
red Berufs, die ihr glaubet, nad) der Wir 
tung feiner mädhtigen Stärke, 


4 Wird auch zu biefer Beſchauung noch etwas mehr em 
Ä fordert ? | 
an mus, iſt nicht genug, daß ein Chrift feine neue Ge. 


er ut burt, und feinen herrlihen Reichthum aus dem Evan 


Bun. = ee es ⏑ —— 55 — 5 — — — — 5 “ — — a — u 


bes Schatzes der Seligkeit. 803. 


gelio durch Die Erleuchtung des heiligen Geiftes wohl and Gade 
lerne erkennen: ſondern es gehoͤret auch mit zu dieſer Weber“ 
Betrachtung, Daß er ein jedes Stüd, oder eine jede 
Gabe infonderheit wohl anfehe und beberzige, weld) 
fhweres Gewicht fie an ihr babe. Denn GOtt. hat 

uns nichts gefchenfet, das nicht wichtiger fey, denn - 

der Himmel und die Erde. O welh ein reiche 
But ift die neue Gerechtigkeit! O wald ein liebliche® M 
und angenehmes Gut iſt die Gnade GOttes! O welch 
‚ein theures und werthes Gut iſt der heilige Geiſt! J 
Wer kann dieſer Gaben Höhe, Tiefe, Länge und 
Breite ermeffen? Darum, fo fol ein Ebrift immer 
für feinen himmlischen Gütern ftchen, als für einem 

piegel, und fie mit Fleiß anfhauen, und ihre Würde 

rwägen, und fid damit beluftigen, und mit großer 
Verwunderung fprehen: HErr GOtt! welche Güter 

find’ mir Diefe, die du mir gegeben haft! Das hätte 

ich wahrlich nicht gemeinet, daß ich fo reich in meis 

nem HErrn Chrifto feyn follte! Wahrlih, vie Guͤ⸗ 

ter meines Heils find höher, Denn mein Verſtand ift: 

Wenn ich alle meine Gedanken auf einem Haufen 

hätte, fo könnte ih mir ſolche Güter nicht erdenfen, 

und wenn die Kräfte meines Herzens noch taufends 

mal ftärfer wären, fo dürfte ich fie mir nicht wüns 

ſchen. Hochgelobet fey GOtt in Ewigkeit. | 


Das I. Gapitel 
Bon Annehmung unfers Heils. 


4. Was wird mehr erfordert zum rechten Gebrauch unſers 
Heil? 
&; follen fürs dritte alle wahren Chriften auch, mels 3 Eine 12 
che an das Blut des HErrn Chriſti glauben und —**— 
getaufet find, das Heil GOttes mit willigem Ders 3 
zen und dankbarem Gemüth annehmen: nicht zwar erapeil ‘ 
als ein Gut, das ihnen nur verbeiffen ‚ und no 
| F " 


&ı 


. 8% 


. -. 


404 Dom heilfamen Gebraud) 


nicht gefchenket iſt: fondern ald ein Gut, das ihnen 
die hoͤchſte Majeftät GOttes durch die Taufe Dars 
über gegeben und in den Schooß geleget hat. Denn 
St. Petrus faget, daß uns die theuren Verheiſſun⸗ 
gen des alten Teſtaments in der Taufe geſchenket ſeyn, 
wie dies alles verftändige Herzen wohl willen, und 
in feiner Abrede feyn Tönnen, | 

Sie follen ihr Heil ergreifen, gleihwie ein Rlads 
fein einen güldenen Apfel ergreifet, und in das Laͤd⸗ 
lein ihres Herzens legen. Denn wer dad Reid GO 
tes nicht ergreifet, wie ein Kind, der erlanget es 
nicht. Ja, fie follen das Heil Chrifti ergreifen, wie 
fie von ihm ergriffen find, und follen ſich "mit dem⸗ 
felbigen vereinigen. Alles, was und Ehriſtus ermar 
ben, und was und OOtt gegeben hat, Daß ſollen 
wir anziehen als ein gülden Kleid, und follen ıö 
und zu eigen maden, und fürftlih darin prangen, 
wie ©t. Paulus ermahnet, 1 Tim. 6. Ergreife das 
ewige Leben, das ift, alle himmliſche Schaͤtze, zu 
welchen du berufen bift, ja, in welche du ſchon ge 
feßet bil. Denn GOtt will feine Güter von und 
unveradhtet, fondern angenommen haben. Wer ft 
ihm veracdıtet, und nimmt dafür feine Welthänpd 
wahr, von bemfelben will er fie. wieder nehmen, um 
. die follen feyn, ald wenn fie nicht getaufet wärem. 

Dies ift dad einige Werk des Tages und des 
Lichts, nemlih, Ehriftum anziehen mit feinen Wohl⸗ 


* .thaten. Die andern find Werke der Nacht und der 





Finſterniß. Und zwar, was haben wir doch in bie 
fer .güldenen und angenehmen Zeit anders zu thun? 
Wir dürfen ja die Gnade GOttes durch unfere Werte 
nicht erft fuchen, fondern wir haben fie ja fhon, mit 
allen andern Gaben, weldye uns reichlich widerfahren 
find in Chriſto JEſu. Diefer Sorgen find wir ja 
nun lod. Wir haben ja nichts. mehr von nötheu, es 
it ja alles da, und wir find in unfere Güter ins 
veſtiret. | . 


des Schages ber Seligkeit. 406 


R 2. Bas ift zu diefer Annehmung noͤthig ze 
Dieſes, daß wir ſie ja nicht vergeblich empfangen Daß wir 


haben. Daher ermahnet St. Paulus alle glaubige fie miht 


und getaufte Chriften 2 Cor. 6. und ſpricht: Wiremafann 


ermahnen euch, fieben Brüder, daß ihr Die gen has 
Gnade GOttes nit vergeblih empfangen ben. 
babet. Sehet, ist iſt Die angenehme Zeit. 
Kur ift der Tag des Heild, an welchem euch 
ſchon geholfen if. 


3 Bas if zu Annehmung unferd Heils mehr nöthig? 


€; fol fih auch Fein Ehrift durch feine eigene Ges Rena 
danken von feiner Unwürdigkeit, noch durch feines nenn 
Herzend angeborne Blödigfeit, noch durch das Rus Anneb: 
fen der Wölfe.von folder Zuneigung abſchrecken laſ inreten, 
fen. Je unmwürdiger man fi erfennet, je würdiger 


man des Reiches GOttes ift, denn es ift ein Neid) 


Der Armen und nit der- Reichen, Die fonit nichts 


“haben, worauf fie ſich koͤnnten verlaffen, die follen 


wa von ferne herkommen iſt. Denn es zittern gleich 
unfere Herzen und Hände, wenn wir von der hoben . 


alles haben. 
4. Bas follen hiebei Lehrer und Prebiger thun? 


Mei die Herzen der armen Leute von wegen ihrer Sie ſolen 


vielfältigen Gebrechen ſehr bloͤde find, ihnen ſolcheden Mens 
bimmlifhe Schäte anzumaffen, und: der Teufel Nr 
vollends abfchredet, mit fo viel feurigen Pfeilen: Alfo maben, 
follen getreue Lehrer den Leuten ein Herz und Muthuuend 
madhen, das güldene Kleid ihrer Seligfeit anzunehs greifen. 
men, oder anzuziehen, gleihwie man den blöden Kin⸗ 

bern ein Herz machet, mit freundlichen Worten, ihr 


neues ſchoͤnes Roͤcklein anzugreifen, welches ihnen et» 


Majeſtaͤt GOttes etwas empfahen ſollen: Gleich⸗ 
‚wie man für Herren und Füuͤrſten zittert, Solche 





[3 
F 
nt u —— 


406 | Wom heilſamen Gebrauch 


Bloͤdigkeit aber iſt heimlich in unſern Herzen verbor 
gen, und wird taͤglich vermehret, durch das Mord 
geſchrei des Teufels. | Ä | 
Mer nicht fo mütterlich gegen die armen Zuhboͤre 
gefinnet ift, fondern fähret geflrenge und verwirfi 
einen nach dem andern heraus, der dienet nicht iz 
dem Reich GOttes. Solches aber tut GOtt der 
HErr felber: denn er gebet umber, wie ein freund 
licher frommer Bater, und bittet und ermahnet feine 
liebe Rinder, dur den Mund feiner Legaten, daß 
fie‘ ja feine gefchenfte Gnade durdy wahren Glauben 
‚ wollen annehmen, und fich derfelben in feinem Wege 
wegern, wie 2 Cor. 5. Paulus bezeuget: Wovon zus 
fchreiben mein Herz voll ift, aber geliebter Kürze 
halben muß ich es einftellen. _ 


5. Barum wird bie Application fo nothwendig erfordert? 


wei das Darum, weil die Predigt des Evangelii niemand 
Evango⸗ nüße 'ift, wo ihr nicht geglaubet wird, wie Der 


a  .Chriftus Marc. 1. fpriht: Glaubet dem Eyvangels 


zeit, wo Und St. Paulus Hebr. 4. Das Wort der Pre 
3 balf jene nichts, da nicht glaubeten Die, fo es him 


wiss. ten. Darum muß ein jeder für fich felber in fernen 


Herzen einen eigenen Glauben faffen,. und tft nidt 
gehug der Hiftorifhe Glaube, denn folher kann ſera 
auch mit der PVerzweifelung: fondern dieſer Glaube., 
Daß der Menfh ibm auch infonderbeit ſolche Gnade, 
ihm durch Ehriftum verdienet, und im der Taufe aui 
Gnaden geſchenket, durch ein feſtes Vertrauen zuge 

- eignet: denn Diefer Glaube gewinnet die Güter Chr 
fti, und ftillet unrubige Gewiſſen, und giebt GCu 
die Ehre, daß er wahrhaftig fey, und überwältigt 
die Anfechtung des Teufel, der Welt, des Kon 
und der Hölle. 


4 Es muß veſtiglich geglaubet werden, daß um 
Ehriſtus die Vergebung der Sünden durch fein Lei 


bes Schatzes der Seligkeit. 407 


ser und Sterben erworben, und aus lauter Gnade | 


n der Kaufe geſchenket hat, 


6. Warum das? 


Darum, daß ein verſtockter Menſch, welcher die 


Baben der. heiligen Taufe durch wahren Glauben 


sicht annimmt, noch für die feinen hält, und ftetigs 
ich Darinnen wandelt, Diefelbe nicht recht empfangen 


sat. Sie find ihm zwar wohl gefchenket, aber fie -.. 


yaften: an ihm nicht, denn er bat fie nicht angenoms 


nen. Sie haften an ihm, wie das Silber an einer: _ 
ofen Wand, Gumma, ein Unglaubiger ift nicht ein 
Herr feines Guts. Es muß Das Recipere dazu foms- 


men, fol die Herrfchaft folgen, wie St. Johannes 
ſaget: Wie viele ihn aufnahmen, denen gab er Madıt, 
SHDtte3 Kinder zu werden. Den Unglaubigen und 
Wipderfpenftigen iſt nichts gegeben, ob ihnen fchon 
giel gegeben, Und dies ift auch des Glaubens Eigen, 


haft, Dad Gefchenfte anzunehmen, ohne welches fein 


Blaube befteben kann, noch den Namen eines Glau⸗ 


bens haben, ob er gleich Die ganze Hiftorie von Chris 


ſto wüßte und verflünde, was die Taufe wirkete. 


7. Stinmet hiemit auch ein die Augsburgifche Eonfeffion 


und Goncordienformel ? 


Freilich: Denn alfo ftehet in der Augsburgifhen Eons 


feifion, Art. 4. Wir lehren, daß wir Vergebung ber 
Sünden und Gerechtigkeit für GOtt nicht erlangen 


mögen durch unfer Berdienft, Werke und Genugtbun, 


fondern Daß wir Vergebung der Suͤnden befommen, 
und für GOtt gerecht werden aus Gnaden um 
Ehrifti willen, durch ven Glauben, fo wir glauben, 
daß Chriſtus für uns gelitten hat, und daß uns die 
Sünden vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben 
geſchenket ſey. Concordienformel, fol. 174. Der 
Glaube machet gerecht, nicht barum, daß er fo ein 


/ St r”. 





ho Vom heitſamen Gebrauch 
gut Werk oder ſchoͤne Tugend ſey, ſondern weil 
‚ben Verdienſt Chriſti, im Evangelio fürgetragen, 
greifet und annimmt. Denn derſelbige muß uns d 


den Glauben appliciret und zugeeignet werden, 
wir dadurch gerecht ſollen werden. 


Dies find die allerfurnehmſten Worte, welche 
der ganzen Form vorhanden find, ohne welder 
ten Berftand und Gebrauch fein Theolog ein ZM 
log ift, und ein Ehrift kein Chriſt if. | 

Darum will ih alle fromme Chriften, fo m 
Dies Büchlein zu leſen kriegen, treulich ermahnet, IM 
um ihrer Seelen Heil und Seligkeit willen geben 
haben, fie wollen doch die Wohlthaten JEſu Url 
ihnen in der Taufe geſchenket, durch einen mind 
hen, beberzten, ftarfen, unüberwindficyen und 1 
gen Glauben ergreifen und annehmen, und fih ! 
Davon abfchreden, noch daran verhindern Jaflen: © 
gebe, fie hören ed von ihren Predigern, oder ! 
fie feyn es werth oder nicht, Denn fol man 
Reich GOttes mit Gewalt ergreifen und annehmt 
und an fich bringen, fo muß beides Wuͤrdigkeit 
Unmürdigkeit weit aus den Augen geſetzet 
Die ihre Unwürdigfeit erfennen, und der ung! 
pie Güter GOttes erkennen und ergreifen, die 
hen fi) Damit derfelben würdig, und die ſind Mt 
am allerwuͤrdigſten. 








8. . Haben wir auch deffelben Befehl? 


Wir haben freilich deſſen GOttes Befebl, ir 
Die himmliſchen Schäge nicht follen umfonf es 
en haben, ſondern daß mir fie follen annehmeh 
Ihrer Müglih gebrauchen. Denn St. Paulus fir 
bet ausdruͤcklich, 2 Cor. 6. Sehet zu, Def 
. bie Önade niht umfonft empfangen ha 
ſondern annehmet, und euch zu tige? 


det, wie fie euch gegeben iſt. / 


des Schatzes der Seligkeit. 409 


3. Weil die Zuneigung unſers Heils ein ſehr noͤthiger 
Punkt iſt, wie ich bemerke, ſo berichte mir doch wehr 
bavon ? 


Gar gerne. Ein jeglicher glaubiger und getaufter 
Chriſt nehme die erkannten Schaͤtze der Seligkeit durch 
wahren Glauben fein an, und ſetze ſich mitten darin, 
und eigne fie ihm von Tage zu Tage mehr und mehr 
zu, und werde ein König über dad Himmelreich, das 
ft, uͤber alle himmliſche Güter, welche GOtt will, - 
daß wir fie um feines. lieben Sohnes willen, ala die - 
rechten natürlichen Erben, haben follen. Eines Chris 

ten Leben foll nichts anders ſeyn, denn nur eine 
Unziehung des Heils JEſu Chrifti, wie St. Paulus 

lehret und ermahnet, Ephef. 6. da er.fpricht: Ziebet 

ın Den Harniſch GOttes, oder ganzen Schmud, yon 

Stüf zu Stud, wie der Achilled Homericud, auf 

daß ihr Darin beftehen, und eud damit ded Teufels 

rwehren möget im boͤſen Stuͤndlein. Gleichwie eines 

eichen Bergherrn einiges Thun ift, Silber und Gold 

inführen, und fid) damit beluftigen: Alfo fol eines 
Shriftenmenfhen Thun nichts anders feyn, ald die 
Schäge JEſu Chrifti einfammeln, und fi Darüber 

um Herrn maden in aller Luft und Freude. Glide 1 
pie eines Furſten Tochter einige Arbeit ift, ihre fürs 
iche Kleider anziehen, ſich damit zu zieren: Alfo follysaursat - 
ines jeden Chriften einiges Werk feyn, Chriftum . 
inziehen mit feinen ganzen Wohlthaten und fi das 

nit fchmüden. Schmücken, fhmüden ift nur der. 

Shriften Arbeit, und fonft nichts. Und das Anzies . 

‚en foll fo lange bei ihnen währen, bis fie ganz herrs 

ih werben, und alles haben: Bis fie werden das 

xbenbild JEſu Eprifti, in Gerechtigkeit, Gnade und 

teben: Bis fie ſprechen koͤnnen, nun bin ih doch 
‚urdemeinen Glauben eine neue, ſchoͤne, gnadenrei⸗ 

he und felige Greatur, nun bin id ganz rein von 

en meinen Sünden, und los der Furcht des Zorns 

ind ned Todes. Zorn umd Tod find nun an mie. 


4 





410 | Vom heitfamen Gebrauch 


gaͤnzlich verſchlungen: Nun bin ich ein freier Het: 
Nun ift mein Herz und Gewiſſen frei von allen Be 
fhwerniffen: Nun bin ich nichts anders, als eitd 
Gerechtigkeit, Gnade und Leben: Nun bin ich für 
meinen Augen eben fowohl ald für GOttes Augen, 
Das allerfchönfte und lieblichfte Bild, 

Dies ift die allernöthigfte Arbeit auf Erden. Dem 
was und wie viel ein Menfh durch wahren Glaube 
annimmt, Dad und fo viel hat er. Am unglaukige 

Menſchen aber fann nichts haften, wie ganz treulid 
ihm auch etwas von GOtt mag beigebracht werden. 
Vom Lnglaubigen fället alles ab, wie der Can 
vom Wagen, ſonderlich aber von den Feinden um 
Spöttern ihrer Seligkeit: Diefen zerrinnet alles durch 
bie Hände, und fie werden billig unter die Verdamm 
ten gezaͤhlet. 





10. Wie geſchiehet bie Annehmung unſers Heils? 


Si⸗ geſchiehet, wenn ein neuer Menſch die erkam 
ten Guter ergreifet, und ihm durch wahren Glauben 
gueignet: wenn er fidy mitten barin feßet, und ſich 
ihrer: theilhaftig machet: wenn er derſelben Herr 
Howe wird: wenn er fpricht, dieſe alle find nun mein: wenn 
Mamg“ fie in fein Herz drüdet, und darin, mie in einem 
re Laͤdlein, verfaffet, befchloffen und wohnend 
at. — | 


U U HE das auch GOttes Wille? | 


Ja, es iſt GOttes ernſter Wille, daß wir unſer ge 
ſchenktes und erkanntes Heil durch wahren Glauben 
alfo annehmen follen, und uns jueignen. Denn fe 
ſpricht der heilige Seift in St. Paulo, 1 Tim. 6. 
Du Gotted:Menfch, fämpfe den guten Kampf des 
Ölaubend, und ergreife daß ewige Leben, dazu du 
Berufen bift. Hier wird Das ewige Leben genommen 
‚ für die ganze Seligkeit. Deögleihen 2 Cor. 6. Wir 


des Schatzes der Seligfeit. 411 


ermahnen euch, lieben Brüder, daß ihr die Gnade 


GOttes nicht vergeblid empfangen habet, = 
412. Was heiffet die Gnade GOttes vergeblich empfangen 
haben ? 


Di: Gnade GOttes vergeblich empfangen. haben, ift, Wenn 
in der Taufe wohl felig worden feyn, aber. vie Se— ah 
igleit dur wahren Glauben nicht annehmen, noch was man 
yejigen, fondern als ein fremd Gut für den Füßen tin 
iegen laſſen. Welche eine fchredliche Sünde ift, javerZaufe. 
ine Sünde zum Tode. Denn wer nichts annimmt, 
vas ihm GOtt gegeben hat, fondern wegert ſich def; 
en, oder flellet fih, ald wäre es ihm nidıt gegeben, 
yer erzürnet GOtt fo damit, Daß er das gefchenfte 
Dut von ihm, ald von einem Undankbaren, wieders 
ım abfordert, wie der HErr Ehriftus felber fpricht, 
Matth, 25. Wer da hat, Dem wird gegeben, 
ınd wird die Fülle haben: Wer aber. nicht 
yat, dem wird auch Daß er bat genommen. 

Noch finder man Leute, welde zu folher Weges 
ung Luft haben, und es für eine große Klugheit 
yalten,. der. göttlichen Schenkung wiverfprehen. Ich 
yalte ed auch dafür, Daß foldhe grobe Blinpheit, We: 
jerung und Widerfprechen nicht gewefen, als igt al: 
enthalben ift, fo lange die Welt geftanten. Was 
‚ber Dgrauf erfolgen wird, weiß GOtt, der Ausgang 
vird es auch geben. Daher fpricht ver Apoftel Hebr. 
e. alfo: Wie wollen wir entfliehen, fo wir 
ine foldhe theure und Föltlihde Seligkeit 
richt ahten? Das it, Durh wahren Glauben 
sicht annehmen, fondern viel philoſophiſche, ja närris 
he Ausfluchte fuchen, und dawider läfterlih diſpu⸗ 
tiren. 


3 Was fon ung muthig machen, unſer Heil kuͤhulich zu 
ergreifen? - Ä 


Dieſes, daß Chriſtus, als der wohl weiß, welch eine Erik 
chwere Kunſt es iſt, der armen blöden Natur Das uung 


⸗ 


Wofür fih wahre Chriften halten follen, ng 


vw 


HR Dom | heilfamen Gebrauch 


Reich GOttes durch wahren Glauben ihr anmafl 
fpriht Luc. 13. Ringet darnach, daß ihr durch 
enge Pforte eingehet. Denn viel werden dark 
trachten, wie fie hinein kommen, und werden ed a 
tbun Finnen. Ob er fagen wollte: Das Reid & 
tes ift euer, und ſtehet euch weit offen, daß ihr d 
aus nehmen möget, was ihr wollet: Aber. ihr A 
met euch für der Majeftät folder Güter, und ld 
euch abſchrecken durch eure Unmürdigfeit: Das M 
nicht, fondern frei Hinzu, und reiffet mit Gewalt 
euch, was ihr nur haben wollet. An meinem 

follet ihr nicht zweifeln. Und dies thut fo viel de 
mehr, je weniger folder geiftlicher Ritter oder * 
nehmer find. Denn der ganze große Haufe 9 
faft dahin, und lAffet die Güter GOttes liegen, v 
weder gereht, noch GOttes Kind, noch ein W 


: des ewigen Lebens in dieſem Leben feyn, wl ® 


Annehmung fparen bis in jened Leben, wenn # 
alles für Augen fehen wird, Daher: ift dad Bo 
bes Glaubens faft zugewachſen, aber der Be 
Unglaubens ftehet frei offen. Solches thut auch if 
lieben Leute, nehmet das geſchenkte Heil durd ® 
ren Glauben an, und bittet den heiligen Geil UM 
Kraft und Gnade, welder euch zu folden Ae 


tüchtig genug machen kann. 


Das w. Gapitel. 


ihres ergriffenen Heils 


| 1. Was wird weiter erfordert zum rechten Gebrarh 
unfers Heils? 





| Weil Chriſtus uns armen Suͤndern durch ſein 


res Blut ewige und beſtaͤndige Gnade, emig 
beitändige Gerechtigfeit, und ein ewiges Leben 
ben, und dieſe herrliche und ewige Güter im U 





des Schatzes der Seligkeit. 43 


Laufe und gefchenfet hat: fo follen wir ed auch gaͤnz⸗a. D 1 
ich Dafür halten, daß wir ohne einigen Zufpruch für igertae Ar 
HD gerecht, GOttes liebe Kinder, und Erben des gerecht, 


wigen Lebens ſeyn. Für nichts. anders follm wir ® n Kind 


nd Galten, denn eben für foldye Leute. Denn ebenund@rben | 


bie uns GOtt und fein heiliged Wort achtet und des ewis 
alt, alfo follen wir und auch achten und halten. er 

Denn das ift GOttes Wille, daß wir in der ie 
Schrift nach ihm forſchen follen, und daraus lernen 
rennen, wie er gegen und gefinnet, nemlich, wie 
in.barmpherziger Vater gegen feine liebe Kinder ges 
innet iſt: Sa, viel herzlicher, um feines lieben. Sohnes 
JEſu Eprifti willen, welcher und mit ihm durch fein 
Blut verföhnet bat, Denn-ob wir gleich von Natur 
rme Sünver find, fo ſcheidet uns Died nicht von 
er Liebe GOttes: fondern wir find gleichwohl bei 
hm in hoͤchſter Gnade, um deg Bluts Chriſti willen, 
velches und Glaubige gereiniget hat von allen Guns 
en, unb mit GOtt einen neuen Bund der ewigen 
Berföhnung geftiftet. Dies zeuget St. Paulus 1 Cor. 6, 

Ihr feyd abgewafchen, ihr ſeyd geheiliget. 
Jesgl. Roͤm. 5. Wir find mit GOtt verſoͤh⸗ 

er durch den Tod ſeines Sohns. Und Die 

iebe GOttes ift ausgegoffen in unfer Herz, 
urch Den heiligen Geiſt. Deffen rühmen » 
sir und auch. Siehe, das ift die rechte Geſtalt 
Ottes. So will er von und aus feinem Wort er⸗ 

annt feyn umd nicht. anders. 

Darnach will er auch, daß wir dies von Herzen 
lauben, und .nicht Daran zweifeln follen., Bir alle, 
ie wir den Namen Ehrifti haben, follen feſt glaus 
en, daß wir durch das Blut JEſu Chriſti gaͤnzlich 
ereiniget von allen unfern Sünvden in der Taufe, 
ınd DAB wir nun an GOtt einen gnädigen Date 
aben. Denn ob wir ‚gleich zehen Centner Sünden 
n uns hätten, ſo wird und doch fein Quintlein _ 
nehr von GOtt zugerechnet. Alle Sünden find an 
ne dur Chriſti Blut getilget, und GOtt ſiehet 


. 
' . 
7 . . 
nn — 





404 Vom heilſamen Gebrauch 


nicht geſchenket iſt: ſondern als ein Gut, das ihnen 
die hoͤchſte Majeſtaͤt GOttes durch die Taufe dar⸗ 
uͤber gegeben und in den Schooß geleget hat. Denn 
St. Petrus ſaget, daß und die theuren Verheiſſun⸗ 
gen des alten Teſtaments in der Taufe geſchenket ſeyn, 
wie dies alles verſtaͤndige Herzen wohl wiſſen, und 
in keiner Abrede ſeyn koͤnnen. | 
Sie follen ihr Heil ergreifen, gleichwie ein Klads 
fein einen güldenen Apfel ergreifet, und in das Laͤd⸗ 
lein ihres Herzend legen. Denn wer dad Read GOt⸗ 
tes nicht ergreifet, wie ein Kind, ver erlanget es 
nicht. Sa, fie follen das Heil Chriſti ergreifen, wie 
fie von ihm ergriffen find, und follen ſich "mit dem⸗ 
felbigen vereinigen. Alles, was und Chriſtus erwors 
ben, und was und GÖtt gegeben hat, daß follen 
wir anziehen ald ein gülden Kleiv, und follen es 
und zu eigen machen, und fürftli darin prangen, 
wie St. Paulus ermahnet, 1 Tim. 6. Ergreife das 
ewige Leben, das ift, alle himmlifhe Schaͤtze, zu 
welchen du berufen bift, ja, in welche du ſchon ges 
feßet bift. Denn GOtt will feine Güter von und 
unveradhtet, fondern angenommen haben. Wer fie 
ihm veradhtet, und nimmt dafür feine Welthaͤndel 
wahr, von demfelben will er fie wieder nehmen, und 
die follen feyn, ald wenn fie nicht getaufet wären. 
Dies ift das einige Werk des Tages und des 
Lichts, nemlich, Ehriftum anziehen mit feinen Wohl 
‚thaten. Die andern find Werke ver Nacht und der 
Finſterniß. Und zwar, was haben wir Doch in Die 
fer .gülvdenen und angenehmen Zeit anders zu thun? 


Wir dürfen ja die Gnade GOttes dur unfere Werke 


nicht erft fuchen, fondern wir haben fie ja fchon, mit 
allen andern Baben, welche uns reichlich widerfahren 
find in Ehrifto JEſu. Diefer Sorgen find wir ja 
nun lod. Wir haben ja nichts. mehr von nöthen, es 
it ja alled da, und wir find in unfere Güter ins 
veſtiret. 


⸗ 


= EEE er RE ur 


⏑—— ⏑ X——— —— 5— ——— ——. —— 5— 777 —577 


des Säure bee Seligfeit. 405 | 


2. Was iſt zu dieſer Annehmung nbehig 2 


Dieſes, daß wir ſie ja nicht vergeblich empfangen Daß wir 
haben. Daher ermahnet St. Paulus alle glaubige fe — 
und getaufte Chriſten 2 Cor. 6. und ſpricht: Wir empfans 
ermahnen eud, lieben Brüder, daß ihr Die genba= 


* Gnade GOttes nidt vergeblich empfangen "® 


babet. Sehet, ikt ift die angenehme Zeit. 
Itzt iſt der Tag des Heild, an welchem euch 
ſchon geholfen iſt. 


3. Was it zu Annehmung unfere Heils mehr — *0& 


E⸗ ſoll fi auch Fein Chriſt durch feine eigene Ges Teemanb 
danken von feiner: Unwuͤrdigkeit, noch durch feines yon der 
Herzens angeborne Bloͤdigkeit, no durch das Rus Annebe 
fen ver Wölfe.von folder Zuneigung abſchrecken lafs fareden, 
fen. Je unmwürdiger man fich erfennet, je würdiger 

- man des Reiches GOtted ift, denn es ift ein Reich 

ber Armen und nit der Reichen. Die ſonſt nichts 
haben, worauf fie fi koͤnnten verlaffen , die follen 

alles haben, 


* Was ſollen hiebei vehrer und Prediger Hunt 


follen getreue —A den geuten ein Ge und —— 
machen, das güldene Kleid ihrer Seligkeit anzuneh⸗ greifen. 
men, oder anzuziehen, gleihwie man ven blöden Kin⸗ 

bern ein Herz machet, mit freundlichen Worten, ihr 

neues ſchoͤnes NRödlein anzugreifen, welches ihnen et⸗ 

wa von ferne herkommen iſt. Denn es zittern gleich 
unſere Herzen und Hände, wenn wir von der hohen ’ 
Majeftät GOttes etwas empfahen follen : Gleich⸗ 


wie man für Herren und Fuͤrſten ittert. Solche 


206 Bom heilſamen Gebrauqh 


Bloͤdigkeit aber iſt heimlich in unſern Herzen verbor⸗ | 
gen, und wird täglich vermehret, dDurd) dad Mords 


gefchrei des Teufels. Ä 
Wer nicht fo mütterlich gegen die armen Zuhörer 
gefinnet ift, fondern fähret geflrenge und verwirft 
einen nach dem andern heraus, der dienet nidht im 
dem Reich GOttes. Solches aber tut GOtt der 
HErr felber: denn er gebet umher, wie ein freunds 
licher frommer Bater, und bittet und ermahnet feine 
liebe Kinder, dur den Mund feiner Legaten, vaß 
fie’ ja feine gefchenfte Gnade durch wahren Glauben 
. wollen annehmen, und fich Derfelben in feinem Wege 
wegern, wie 2 Cor. 5. Paulus bezeuget: Wovon zu 
fchreiben mein Herz voll iſt, aber geliebter Kürze 
halben muß ich es einftellen. 


5. Warum wird bie Application fo notbwenbig erfordert? 


weu das Darum „weil die Predigt des Evangelii niemand 

Lrango nuͤtze iſt, wo ihr nicht geglaubet wird, wie der HErr 

a  Chriftus Marc. 1. fpriht: Glaubet dem Evangelio. 

zeit, wo Und St. Paulus Hebr. 4. Das Wort der Previgt 

3 half jene nichts, da nicht glaubeten Die, fo es böres 

wird, ten. Darum muß ein jeder für fich felber in feinem 
Herzen einen eigenen Glauben faflen,. und it nicht 
gehug der hiftorifhe Glaube, denn folder kann ſeyn 
auch mit der Verzweifelung: fondern dieſer Glaube, 
Daß der Menfh ihm auch infonderheit ſolche Gnade, 
ihm dur Ehriftum verdienet, und im der Taufe aus 
Gnaden gefchenket, durch ein feſtes Vertrauen zuge 
eignet: denn dieſer Glaube gewinnet die Güter Chris 
fti, und ftillet unrubige Gewiſſen, und giebt GOtt 
die Ehre, daß er wahrhaftig fey, und übermältiget 
die Anfechtung des Teufels, der Welt, des Todes 
und der Hölle, Ä Ä 


4 Es muß veſtiglich geglaubet werben, daß uns 
© Epriftus die Vergebung der Sünden durch fein Lei 


bes Schatzes der Seligkeit. | 407. 


Den und Sterben erworben, und aus lauter Gnade 
in der Taufe geſchenket hat, - 


6. Warum das? 


Darum, Daß ein verftocdter Menſch, welder bie 
Gaben der heiligen Zaufe durd wahren Glauben - 


nicht annimmt, noch für die feinen halt, und ftetige 
lich darinnen wandelt, viefelbe nicht recht empfangen 


hat. Sie find ihm zwar wohl geſchenket, aber fie -. 
“ haften: an ihm nicht, denn er bat fie nicht angenoms 
men. Sie haften an ihm, wie dad Silber an einer: . 
Iofen Rand, Gumma, ein Unglaubiger ift nicht ein 


Herr feined Guts. Es muß das Recipere dazu foms 
men, fol pie Herrfchaft folgen, wie St. Johannes 


faget; Wie piele ihn aufnahmen, denen gab er Madıt, 


GDtted Kinder zu werden. Den Unglaubigen und 


Widerſpenſtigen iſt nichtd gegeben, ob ihnen fchon 


viel gegeben, Und dies ift auch des Glaubens Eigen 


ſchaft, Das Geſchenkte anzunehmen, ohne weldes fein 


Slaube beftehen kann, nvch den Namen eines Glaus 
bens haben, ob er gleidy Die ganze Hiftorie von Chris 
fto wüßte und verftünde, was Die Taufe wirkete. 


2 Stinmet hiemit auch ein die Augsburgiſche Confeſſion . 


und Eoncordienformel ? 


Freilich: Denn alſo ſtehet in der Augsburgiſchen Con⸗ 


feſſion, Art. 4. Wir lehren, daß wir Vergebung der 
Sünden und Gerechtigkeit für GOtt nicht erlangen 


mögen durch unfer Verdienſt, Werte und Genugtbun, 


fondern .dap wir Vergebung der Sünden befommen, 


und für GOtt gerecht werden aus Gnaden um 


Chriſti willen, durch ven Glauben, fo wir glauben, 
daß Ehriftus für und gelitten bat, und daß uns bie 
Sünden vergeben, Gerechtigfeit und ewiges Leben 
geihenfet fe Concordienformel, fol. 174. Der 
Glaube machet gerecht, nicht darum, daß er fo ein 


Ta 
IS 7. 





aos Vom heitſamen Gebrauch 


gut Werk oder ſchoͤne Tugend ſey, ſondern weil er 
.den Verdienſt Chrifti, im Evangelio fürgetragen, ers 


greifet und annimmt. Denn derjelbige muß und durch 
den Glauben applieiret und zugeeignet werden, wenn 


wir dadurch gerecht follen werden, 


Dies find die allerfürnebmiten Worte, welche in 
der ganzen Form vorhanden find, ohne welcher redys 
ten Berftand und Gebrauch Fein Theolog ein Theo⸗ 
log ift, und ein Ehrift kein Ehrift if, 

Darum will ich alle fromme Chriſten, fo etwa 
Dies Büchlein zu leſen kriegen, treulich ermahnet, und 
um ihrer Seelen Heil und Seligkeit willen gebeten 
haben, fie wollen doch die Wohltkaten JEſu CHrifti, 
ibnen in der Taufe gefchenfet, durch einen männl 
hen, beberzten, ftarfen, unüberwindlihen und ewi⸗ 
gen Glauben ergreifen und annehmen, und-fich nichts 
Davon abfchreden, noch daran verhindern laſſen: GOtt 
gebe, fie hören ed von ihren Predigern, oder nicht, 


fie feyn es werth oder nicht, Denn fol man das 


Reich GOttes mit Gewalt ergreifen und annehmen, 
und an fich bringen, fo muß beides Wuͤrdigkeit und 
Unmürdigleit weit aus den Angen gefeßet werben, 
Die ihre Unmwürdigfeit erkennen, und der ungeachtet, 
pie Büter GOttes erfennen und ergreifen, die mas 
chen fi damit verfelben würdig, und die find ihrer 
am allerwürdigften. 


8. . Haben wir auch beffelben Befehl? 


Mi haben freilich deſſen GOttes Befehl, daß wir 
bie himmlischen Schäge nicht follen umfonft empfan⸗ 
en haben, fondern daß wir fie follen annehmen, und 
ver Flüglich gebrauchen, Denn St. Paulus fchreis 
bet ausdrüdlih, 2 Cor. 6. Sehet zu, daß ihr 


. Die Gnade nicht umfonft empfangen babet, 


fondern annehmet, und euch zu tigen mo 


qhet, wie fie euch gegeben ifk, ‚ 


, 


bes Schatzes ber Seligkeit. 409 


9. Weil die Zuneigung unſers Heils ein fehr noͤthiger 
Punkt ift, wie ich bemerfe, fo berichte mir Doch mehr 
davon? 


Gar gerne, in jeglicher glaubiger und getaufter 
Chriſt nehme die erfannten Schäße der Geligfeit durd) 
wahren Glauben fein an, und ſetze fich mitten darin, 
und eigne fie ihm von Tage zu Tage mehr und mehr 
zu, Und werde ein König über dad Himmelreich, das . - 
ft, über alle himmlifche Güter, welhe GOtt will, 
daß wir fie um feines. lieben Sohnes willen, als die 
‚rechten natürlichen Erben, haben follen. Eines Chris 
ften Leben foll nicht anderd feyn, denn nur eine 
Anziehung des Heild JEſu Ehrifti, wie St. Paulus 
lehret und ermahnet, Epheſ. 6. da er fpricht: Ziehet 
an den Harniſch GOttes, oder ganzen Schmuck, vor 
Stück zu Stüd, wie der Achilles Homericus, auf . 
Daß ihr darin beftehen, und eucd damit des Teufels 
erwehren möget im böfen. Stuͤndlein. Gleichwie eines 
reihen Bergherrn einiges Thun ift, Silber und Gold 
einführen, und fih damit beluftigen: Alfo ſoll eines 
Ehriftenmenfhen Thun nichts anders feyn, ald die 
Schaͤtze JEſu Chrifti einfammeln, und fih darüber 
- zum Herrn machen in aller Luft und Freude, Gleich⸗ gi 
wie eines Fürften Tochter einige Arbeit iſt, ihre fürfe 
liche Kleiner anziehen, ſich damit zu zieren: Alfo follysauısad - 
eined jeden Chriften einiges Werk feyn, Chriftum 
anziehen mif feinen ganzen Wohlthaten und ſich das 
mit ſchmücken. Schmüden, fchmüden ift nur der: 
EhHriften Arbeit, und fonft nichts, Und dad Anzie⸗ 
ben foll fo lange bei ihnen währen, bis fie ganz herrs 
lich werden, und alles haben: Bis fie werden das 
. Ebenbild JEſu Chriſti, in Gerechtigkeit, Gnade und 
Leben: Bis fie fprechen koͤnnen, nun bin ich doch 
durdiemeinen Glauben eine neue, ſchoͤne, gnadenrei⸗ 
che und felige Creatur, nun bin id ganz rein von 
- allen meinen Sünden, und los der Furcht ded Zorus 
‚und des Todes. Zora und Tod find nun an mie 


‘ . oe 
4 | > 


Dom 


7 


410 Wom heilſamen Gebrauch 
gaͤnzlich verſchlungen: Nun bin ich ein freier Held: 


Nun iſt mein Herz und Gewiffen frei von allen Be 


fhwerniffen: Nun bin ich nichtE andere, als eitd 
Gerechtigkeit, Gnade. und Leben: Nun bin ich für 
meinen Augen eben owohl als für GOttes Augen, 
das allerſchoͤnſte und lieblichſte Bild. 

Dies iſt die allernoͤthigſte Arbeit auf Erden. Denn 
was und wie viel ein Menſch durch wahren Glauben 
annimmt, Dad und fo viel hat er. Am unglaubigen 


Menſchen aber kann nichts haften, wie ganz treulid 


ihm aud etwas von GOtt mag beigebracht werden. 
Vom Unglaubigen fället alles ab, wie der San 
vom Wagen, fonperlidd aber von den Feinden um 
Spöttern ihrer Seligkeit: Diefen zerrinnet alled durch 
bie Hände, und fie werden billig unter die Verdamm⸗ 


‘ten gezählet. 


%M. Die geſchiehet bie Annehmung unſers Heils? 


©; gefchiehet, wenn ein neuer Menfch die erfanns 
ten Güter ergreifet, und ihm durch wahren Glauben 
zueignet: wenn er fi mitten darin feßet, und fich 
ihrer: theilhaftig machet: wenn er verfelben Herr 
wird: wenn er fpricht, Diefe alle find nun mein: wenn 
er fie in fein Her; drüdet, und darin, wie in einem 
Pr Laͤdlein, verfaffet, befchloffen und wohnen» 
at. 


"U AM Iſt das auch GOttes Wilet 


Ja, es iſt GOttes ernſter Wille, daß wir unſer go 
ſchenktes und erkanntes Heil durch wahren Glauben 
alſo annehmen ſollen, und uns zueignen. Denn ſo 
ſpricht der heilige Geiſt in St. Paulo, 1 Tim. 6. 
Du Gottes⸗ Menſch, kaͤmpfe den guten Kampf des 
Glaubens, und ergreife das ewige Leben, Dazu du 
Berufen bift. Hier wird Das ewige Leben genommen 


‚ für die ganze Seligkeit. Deögleihen 2 Cor. 6. Bir 


mw. a En EB 


des Schabes der Seligfeit. 411 


ermabnen euch, lieben Brüder, daß ihr die Gnade 
GOttes nicht vergeblid empfangen babet. N 


12. Was Heiffet die Gnade GOttes vergeblich empfangen 
Haben? 

Nie Gnade GOttes vergeblih empfangen haben, ift, Wenn f 
in der Taufe wohl felig worden feyn, aber vie Se— Et 
igleit durdy wahren Glauben nicht annehmen, noch was man 
beiten, fondern al® ein fremd Gut für den Fuͤßen —8 
liegen laſſen. Welche eine ſchreckliche Sünde iſt, javerZaufe. 
eine Sünde zum Tode. Denn wer nichts annimmt, 
mas ihm GStt gegeben hat, ſondern wegert ſich def 
en, oder Rellet ſich, ald wäre es ihm nicht gegeben, 
yer erzürnet GOtt fo Damit, daß er das gefchenfte 
But von ihm, ald von einem Undankbaren, wieders 
ım abforvert, wie der HErr Chriſtus felber ſpricht, 
Matth. 25. Wer da bat, dem wird gegeben, 
ınd wird die Fülle haben: Wer aber nidt 
yat, dem wird aud Daß er bat genommen. 

Noch finder man Leute, welche zu folder Weges 
ung Luft haben, und es für eine große Klugheit 
yalten,. der göttlihen Schenkung widerſprechen. Ich 
alte ed auch dafür, Daß foldye grobe Blindheit, Wes 
jerung und Widerfprechen nicht geweſen, als itzt al: 
enthalben ift, fo lange die Welt geftanden. Was 
ıber Darauf erfolgen wird, weiß GOtt, der Ausgang 
vird es auch geben. Daher fpricht ver Apoftel Hebr. 
. alfo: Wie wollen wir entfliehen, fo wir 
ine ſolche theure und koͤſtliche Seligkeit 
siht adhten? Das ift, durch wahren Slauben 
sicht annehmen, fondern viel philofophifche, ja närris 
che Ausflüchte ſuchen, und dawider läfterlich diſpu⸗ 
tiren. | 


3. Was ſol und muthig machen, unſer Geil Fühnlich zu 
ergreifen? - 


Dieſes, daß Chriſtus, als der wohl weiß, welch eine Ehriki 
were Kunft ed iſt, der armen blöden Natur das yung, 


. t 


42 : Dom heilfanten Gebrauch 


Reich GOttes dur wahren Glauben ihr anmaffen, 
fpriht Luc. 13. Ringet darnach, daß ihr durch die 
enge Pforte eingebet. Denn viel werden darnach 
trachten, wie fie hinein fommen, und werden e8 nid! 
tbun Finnen. Ob er fagen wollte: Das Reich GOb 
tes ıft euer, und ftebet euch weit offen, daß ihr var 
aus nehmen möget, was ihr wollet: Aber. ihr ſcho 
met eich für der Majeftät folher Güter, und laſſet 
euch abſchrecken durch eure Unmürbigfeit: Das thut 
nicht, fondern frei hinzu, und reiffet mit Gewalt zu 
euch, was ihr nur haben wollet. An meinem Willen 
follet ihr nicht zweifeln. Und dies thut fo viel deſto 
mehr, je weniger folder geiftliher Ritter oder Ans 
nehmer find, Denn der ganze große Haufe gebe 
faft dahin, und Iäffet die Güter GOttes liegen, wil 
weder gerecht, noch GOttes Kind, noch ein Erbe 
bes ewigen Lebens in dieſem Leben feyn, will Die 
Annehmung fparen bis in jened Leben, wenn man 
alles für Augen fehen wird, Daher: ift das = örtieis 
bed Glaubens fait zugewadhfen, aber der Weg 

Unglaubens ftehet frei offen. Solches thut au * 
lieben Leute, nehmet das geſchenkte Heil durch wah⸗ 
ren Glauben an, und bittet den heiligen Geiſt um 
Kraft und Gnade, welder euch zu folhen Soden 


tüchtig genug machen Tann 


Das w. Gapitel 


Wofuͤr fi wahre Chriften halten follen, wegen 
‚ihres ergriffenen Heils. 


1. Was wird weiter erfordert zum rechten Gebraud 
unſers Heils? | 


De Ehriftus uns armen Sündern durch ſein them 
red Blut ewige und beftändige Gnade, ewige umd 


beftändige Gerechtigkeit, und ein ewiges Lehen erwor⸗ 
ben, und dieſe herrliche und ewige Güter in unferer 


— — — — — — — — —— — — * - —.—_ — — — — — — — — — — — — — 


des Schatzes der Seligkeit. 415 


Taufe und gefchenfet hat: fo ſollen wir es auch gänz4. Dash 
ich dafür halten, daB wir ohne einigen Zuſpruch fürcin Glaw 
3Ort gereht, GOttes liebe Kinder, und Erben des gereut, 


wigen Lebens feyn, Für nichts anders follen wir du Rind 


ins balten, denn eben für folde Leute. Denn ebennd@rben 


pie und GOtt und fein heiliges Wort achtet" und des’ ewis 
‚alt, alfo follen wir uns auch achten und halten. en 

Denn das iſt GOttes Wille, daß wir in ber ie 
Schrift nach ihm forfchen follen, und daraus lernen 
rkennen, wie er gegen und gefinnet, nemlich, wie 
in barmherziger Vater gegen feine liebe Kinder ge 
innet ift? Sa, viel berzlicher, um feines lieben. Sohnes 
JEſu Chrifti willen, weldyer und mit ihm durch fein 
Blut verföhnet bat, -Denn-ob wir gleih von Natur 
ırme ©ünver find, fo fcheidet und Died nicht von 
ver Liebe GOttes: fondern wir find ‚gleichwohl bei 
hm in bödhfter Gnade, um dei Bluts Ehrifti willen, 
velches und Glaubige gereiniget- hat von allen Suͤn⸗ 
en, unb mit GOtt einen neuen Bund der ewigen 
Berföhnung geftiftet. Dies zeuget St. Paulus 1 Cor.6. | 
Fhr feyd abgewafchen, ihr ſeyd geheiliget. 
Deögl. Röm. 5. Wir find mit GDtt verföh 
vet Durch den Tod feined Sohns. Und die 
tiebe GOttes ift ausgegoffen in unfer Herz, 5 ' 
‚urh den heiligen Geiſt. Deffen rühbmen + 
vir und auch. Siehe, das ift die rechte Schalt 
HDtted. So will er von und aus feinem Wort ers 
annt feyn und nicht. anderd. 

Darnach will er auch, daß wir Dies von Herzen: 
Mauben, und nicht Daran zweifeln follen.. Bir alle, 
ie wir den Namen Chriſti haben, follen feſt glau⸗ 
en, daß wir dur das Blut JEſu Chriſti gänzlich 
jereiniget von allen unfern Sünden in ver Taufe, 
ind DaB wir. nun an GOtt einen gnädigen Vatse 
yaben. Denn ob wir gleich zehen Centner Eünven 
ın uns bitten, fo wird uns doch fein Quintlein _ 
nehr von GOtt zugerechnet. Alle Sünden find an . 
ins durch Eprifti Blut getilger, und GOtt ſiehet 


— — — 


41 Wom heilſamen Gebraud 


nichts an uns, denn eitel und ewige Gerechtigkeit. 
Ob er aber zuweilen ein wenig fauer ſiehet und uns 
ftäupet, fo iſt doch eitel vaͤterliche und herzliche Liebe 
unter folher Dede verborgen. Died follen wir glaw 
ben, das ift GOttes Wille Denn fo fpricht der 
HErr Chriftus Mare, 1. Thut Buße, und glaus 
bet vem Evangelıo. Das it, erfennet un» ber 
reuet eure übrigen Gebrechen, wiflet und glaubet aber 
doc gleichwohl Daneben, daß fie euh von GOtt 
gänzlich vergeben find, nah dem Wort ded Evanges 
hi, und daß ihr mit GOtt verfühnet feyd. Dens 
fo fpridt dad Evangelium, 2 Cor. 5. GOtt war in 
Ehrifto, und verfühnete die Welt mit ihm felber, und 


rechnete ihnen ihre Sünden nit zu. 


2. Sollen wir und denn für GOttes Kinder und gerecht 


achten? 


| Fa, wir follen und rühmen, daß wir ewiglich ge⸗ 


recht, und GOttes Kinder ſeyn, und dem Teufel 
Trotz bieten, daß er uns unſere Gerechtigkeit und 
Kindſchaft nehmen ſollte. Mit Paulo ſollen wir ſpre⸗ 
chen: Wer will mich beſchuldigen, und wer will mich 
verdammen? Und wenn alle böllifhe Teufel um uns 
ftünden, und wollten und unferer hinterftelligen Suns 
den halben eines andern bereven, follen wir uns fol 
den Troft aus dem Herzen nicht reiffen laflen. Das 
heiſſet eigentlidy glauben, und GOttes Wort in fer 
nem Herzen feſt halten und bewahren. Und folcher 

l roß, und mächtig in uns feyn, und tägs 
lich bet und wacdfen und zunehmen, wie St. Petrus 
ſpricht: 1 Epift. 1. Setzet eure Hoffnung gänzlid 
auf vie Gnade, Die euch angeboten wird, das if, 
glauber feſt, gänzlich und vollkommlich. Ihr koͤnnet 


nicht zu viel glauben, wie die Ermahnungen wollen, 


Hebr. 2, 12. und 1 Tim.:6, 11. 12. 
Weil aber der Glaube in und anfänglidy emem 
zarten und ſchwachen Delpflänzlein gleich iſt, follen 


De ee De ⏑ —5——— 


des Schatzes der Seligkeit. 415 


wir und wohl fürfehen, daß das Delpflänzlein nicht 
etwa von einem wilden Schwein, einem groben Ca⸗ 
pricorno, der mit Gewalt in die Gewiſſen will, ver: 
jehret und verborben werde. Immer aus dem Wege, 
pa man dir an deinem zarten Ölauben Schaden ihun 
will, und laß dich nicht verderben. Glaube du dem . 
Spangelio, fo thuft du ihm die ‚größefte Ehre an. 
Bitte den heiligen Geift um Gnade; laß dir es wohl 
thun, wenn du fühleft, daß dein Glaube waͤchſet, | 
und laß den Zeufel in der Welt ftürmen. 

| Beſiehe mehr auf dieſen Schlag, Cap. 4. 5. u. 6, 
Bud) 5. in diefer Schapfammer. | 


Das V. Capitel, 


Vom Srieden der wahren Chriften, wegen ihrem 
ergriffenen Heil. 


"Was wird ferner erforbert zum rechten Gebrauch unſere 
Heils? 


WB, follen uns aud über alle dem, dadon wir er: 1. Dat 

loͤſet, und welches und betrüben und ſchrecken koͤnn⸗ wir im 

te, wohl zufrieven geben. Denn ift die Sünde prienfan 

abgethan, und der Yorn GOttes geftillet, was woll⸗ Ki 

ten wir viel trauren, und warum wollten wir er 

hreden? Ein jeglicher fpreche zu feiner Seele, aus 

sem 186 Pfalm: Kehre wieder um, liebe Seele, zu 

einer Ruhe, und gieb Dich zufrieden, denn der HErr 

jat dir Gutes gethan. Er hat did ſowohl von allen 

einen Sünden, als vom Zorn GOttes, und ſowohl 

vom Zorn GDtted, als von deinen Suͤnden erloͤſet. 

Hch! wenn es fo moͤchte zugehen, fo gienge es recht 

ind wohl zu, nach der Verheiſſung, Eſaia 32. Der 

Berechtigfeit Frucht wird Friede feyn, und Der Ge⸗ 
echtigkeit Nug wird ewige Stille feyn und Ei 

herpeit. Daß rein Bolt in Häufern des Friedens 

„ahnen wird, in fichern Wehnungen und in ſtolzer 
ube, j 


46 Wonm heilſamen Gebrauch 
Aber wir duͤrfen nicht frauen, aus angeborner 
Bloͤdigkeit, fo wird noch über das, unfer armer ſchwa⸗ 
cher Glaube von vielen taͤglich heftig angefochten und 
geirret. Darum ift der Friede nicht groß im ung, 
. and. unfer Herz iſt nimmer ftille, fondern ſtehet alle 
‚zeit in Furcht. Wer ſtets mit vernünftigen evangelis 
fchen Leuten möchte umgehen, der hätte gute Sache, 
Der möchte ſich erbauen am innerlichen Menſchen 
und taͤglich im Glauben und Frieden wachfen. Aber 
nun find wir mitten in ber argen Welt, vie laͤſſet 
uns durch ihre Klugheit und Heiligkeit nicht dazu 
fommen. Darum hilf uns ja, lieber GOtt! daß 
der Friede obſiege, und unſere Herzen, 
Von dieſem | Dunet beſiehe das 8 Eapitel, Buch 9 
dieſer Schatzkammer. 


Das VL. Capitel. 


Bon der geiftlihen Sreude der wahren Chrifkn, 
wegen ihres ergriffenen Heils. 


1. Bas wird ferner zum rechten Gebrauch unfers Heils 
erfordert? 
* Eine Wenn man 1 GOttes Gnade aus dem göttlihen Wort 
ianerliche 
Herzens: erkannt; und durch wahren Glauben angenommen | 
Sende. bat, will auch GOtt, da9 man fröhlid Darin wars 
dele, und folder hohen Wohlthaten halben ſich herz | | 
lich freue. Denn find wir ewig gerecht, und ewig 
GOttes Kinder, warum wollen wir und ewig nidt 
freuen? Allermeiſt aber follen wir und erfreuen des 
ervigen Lebens und feinethalben gleih zum Tode cu 
len. Denn ob wir täglid etwas Neues erfahren, 
welches uns herzlich wehe ihut, dennoch ſoll die Freude 
in und fo groß ſeyn, daß fie alles Herzeleid üben 
winde. Hiezu ermahnet une St. Paulus Phil, 4 | 
Freuet euch im HErrn allemege, und aben 
mal fage ih: Freuet euch. Eſaiaͤ 51. Die En 
löfesen des Herrn werden mit Ruhm gen 
ion fommen, und ewige Freude wird auf 
ihrem 


| 


\ 


bes Schaßes der Seligkei. 417 


Haupte ſeyn. Wonne und Freude werden 

fie ergreifen, aber Trauren und Geufzen 

wird von ihnen fliehen. Das tft, ein jeder foll 

zu feiner Seele fprechen: Liebe Seele, habe einen gus 

ten Muth und fey fröhlich in Chriſto. Denn du bift 

für GOtt gereht und baft einen gnädigen GOtt. 

Sa, ob du gleich vie Allerelendefte bift auf Erden, 

über welche le Wetter geben, fo bift du dennoch 

gereht, und haft einen gnädigen GOtt immer und 

ewiglich. 
Darum fen froͤhlich und jauchze, und ſpotte des 

Teufels, der Welt und alle deines Unglüde, Denn 

was fann doch lieber und werthers erdacht werden, 

als rein feyn von Sünden, und einen gnädigen GOtt | 

im Himmel haben? Einen gefunden Leib haben, and. = 

ein neuer König feyn, ift zwar etwas; Aber rein feyn Y P 

von allen Sünden, und ein Kind des Reihe GOt⸗vJ44 

tes feyn, it. taufenodmal mehr. Daher fpriht David | 

im 104 Pſalm: Ich freue mich nicht meined gewal⸗ 

tigen Königreichs, fondern des HErrn, nemlich, daß 

- 27 mein gnädiger Vater it, wie rauh und wunder; 

bar er ſich auch ftellet, ja er ermahnet alle liebe Got⸗ 

teöfinver zu ſolcher geiftlihen Freude im 100 Pſalm, 

da er alfo fpriht: Jauchzet dem HErrn, alle Welt, 

dienet dem. HErrn mit Freuden, kommet für fein 

Angefiht mit Frohlocken. Solche froͤhliche Leute aber 

find vie Beften, wie Auguftinus im Buch: vom Buch» 

ſtaben und vom Beift, am 12 Capitel bezeuget 

und fchreibet: Die da haben und willen, was fie 

haben, und von wem fie ed haben, und. wodurd), 

und befißen es für ihr Gut, rühmen ſichs, und trös 

ften fih damit, und freuen fi, die find Die allers 

beften und dankbarſten Ehriften. Die andern aber, 

die zwar wohl haben, was fie haben follen, wiſſen 

ed äber nicht, wollen ed auch nicht wiffen, meynen, 

fie willen ed, und wiſſen es Doc nicht, die find ats 

me verfinfterte Leute und find lebendig tobt, 


7 


„er 


a8, Dom heilfamen Gebraud 


2 Woruͤber ſoll na; ein Glaubiger freuen? 


— ſoll ſich freuen in ſeinem großen Heil, und in 


eil und 
errlich⸗ 


keit. 


ſeiner großen Herrlichkeit von Herzen froͤhlich ſeyn 
und jauchzen, auch GOtt loben und danken, ich 
bin ein Chriſt, ich bin mit Chriſto erſtanden: Ich 


babe feine Sünden mehr, ich werde aud nicht fters 
ben, fondern ich bin geredht, und ein Kind des ewis 
gen Lebens. Giehe doch, welch ein Glanz der Ge⸗ 
rechtigkeit Chriſti von mir gehet. Ich glaͤnze wie ein 


Engel, und bin doch von Natur fo ein armer Suͤn⸗ 
der, Die Nacht ift vergangen, der Tag iſt herbei 
gekommen. Suͤnden⸗Nacht ift weg, Todes; Nacht iſt 
weg. Der Tag der Gerechtigkeit und des ewigen 
Lebens iſt erſchienen. Hoffa, hoffa, eitel Licht iſt hie, 


V seitel Licht, Gerechtigkeit, Gerechtigkeit, Zehen, Leben, 


Sünde und Tod find nicht mehr vorhanden. 

Von diefer unferer Freude hat der Prophet Eſaias 
geweiſſaget, Cap: 60: Deine Sonne wird nicht mehr 
untergehen, noch bein Mond den Schein verlieren. 
Denn der HErr wird dein ewiged Licht feyn, umd 
die Tage deines Leidend follen ein Ende haben, und 
dein Bolt follen eitel Gerechte feyn, das iſt, die 
Sonne, oder das Licht der Gerechtigkeit wird in den 
Sliedern Chriſti nicht, verloͤſchen, ſondern ewiglich 
leuchten, gleichwie ſte im HErrn Chriſto ſelbſt ewige 
lich leuchtet. Es wird auch die Sonne der Freude 
in den glaubigen Herzen nicht ausgehen. Denn der 


HeErr wird fie durch fein Licht ewiglich darin erhal 


ten. Und ob fie ſchon zuweilen verbleihet, fo ſoll 
fie doch wiederfommen, und ſoll alfo ewiglich Tag 
ſeyn in der Chriſten Herzen. 

Es hat wohl ein jeder Chriſt ſeine Buͤrde, die 
ihm ſein Herz kraͤnket, fuͤrnehmlich aber diejenigen, 
ſo in hohen Aemtern fi ißen, und ift allenthalben fo 
viel Roth und Klage, daß meines Erachtens alle 
Tage. etliche Laft Thränen vergoffen werden in ver . 
betrübten Chriftenheit, Wunder ift es, daß der Him⸗ 


des Schages ber Seligkei. 419 


mel das tägliche Geufzen ertragen fann: Doch gleich⸗ 
wohl follen die Eprilten fröhlich ſeyn. | 


3. Barım das? 


| Darum, bag, wenn fie fonft nicht mehr haben, fie 
dennoch diefes haben, daß fie mit Chriſto von Suͤn⸗ 
den und Tod erflanden, und mit ihm in ein neues 
Leben getreten find, da eitel Gerechtigkeit und eitel 
Leben innen ift. Was iſt aber alles Unglück auf ei⸗ 
nen Haufen gegen dieſe große Seligkeit? Aller Welt 
- Silber und Gold fann diefen Schag nicht bezahlen. 
Und ſolch Frohlocken und Sjauchzen follen wir 
treiben alle Zage ohne Aufhoͤren, fo lange wir leben, . 
ja wenn wir halb koödt feyn, wie ©t. Paulus die 
Philipper 4. ermahnet: Freuet euch allewege im. 
. HErrn, und abermal fage id: Freuet euch. 
-- Denn freuet fid unfer liebes Haupt Ehriftus: Wars 
. am wollten wir und nicht freuen? Freuen fih die 
heiligen Engel diefer fhönen Welt, die Chriftus 
durch feine Auferftehung gebauet, und darin eitel 
Gerechtigkeit und Leben wohnet, follten wir und 
denn auch nicht freuen? Freuet fi der Himmel, 
Sonne und Mond, und die liebe Nachtigall, welche 
dad Reſurrexi fröhlich finget auf dem Grabe bed 
Herren: Deögleihen, die lieben Blumen auf dem 
Felde und die kleinen Würmlein darunter, und Müfs 
Sen droben: Sollten wir und denn nicht erfreuen ? 
Die armen Fröfhe im Wafler rufen Tad und Nadıt, 
und wollen ſich zu tode rufen, und find doch nicht 
mehr denn arme Fröfhe im Waſſer. Immer zu 
Felde ein, und haft du auch Jubiliren gefehen! Dies 
. it der Gottesdienft im Neuen Teſtament, des Teus 
' feld Ereuz und dein langes. Leben: wie Sirach ſpricht, 
Cap. 30, Ein froͤhlich Herz if des Menfhen | 
‚ eben, und feine Freude ift fein langes ka 


‚ ben | 
ar, J 





420 Dom heilfamen Gebrauch 


4. Zeige mir mehr Urfache an dieſer Freude? 


Die Er⸗ Ob wohl die Erneuerung des heiligen Geiſtes, welche 


nenerun 


* 


uter 


gauf Die Wiedergeburt folget, auch in andern Stüden 


deri hriſtliches Leben ſtehet: So beſtehet fie doch furnems 


Sreude, lich in der Freude des Heils, oder in der Freude 


des heiligen Geiſtes. Der Prophet Eſaias will, daß 
gur Zeit der Gnade und des Evangelii alled Trau— 
sen, Seufzen und Weinen ferne von uns ſeyn foll. 
Darum foll ed glei einem Ghriften eine Schande 
feyn, fi in die Melandyolie oder Traurigkeit einzus 
laffen und verfelben fein Herz zu verzehren überge 
ben. Es foll ihm Die Freude des heiligen Geiſtes 
aus den Augen leuchten, daß er gleich ausfebe wie 
ein heiliger Engel, Wenn er gefraget wird, warum 
er Stets fo fröhlich und mutbig ſey? ſoll er antwors 
ten und fprehen: Meines großer Glüds halben bin 
ich zwar nicht fo fröblih, mein Glück ift, von feis 
nem Glüd wiffen: aber in dem bin ich fröhlich, daß 
id) für GOtt ein König bin und GOttes Reich babe. 
Denn bin ich nicht felig? Habe ich nicht Vergebung 


aller meiner Sünden? Bin ich nicht für GOtt nos 


Tommentlid gereht? Bin ih nicht GOttes liches 
Kind? Bin ich nicht ein Tempel des heiligen Be 
fies? Bin ich nit ein Erbe des ewigen Lebens? 

Was find aber alle Königreihe und Fuͤrſtenthuͤmer 


gegen einem diefem Geringften. 


Solche Freude gebeut GOtt in feinem Wort alfe, 


Rack 10. Freuet euch, Daß,eure Namen im 
Himmel gefhrieben fihd Der Pfalter if 


voll folder Ermahnungen. Jedoch gefällt mir im 
fonderheit wohl ver Vers im 131 Pfelm: Deine 
Mrietter laß fih kleiden mit Gerechtigkeit, 
and Deine Heiligen fi freuen. ‚Das iſt: Liv 
ber GOtt! weil du und zu Pöniglichen Prieitern ges 
madet halt, fo gieb Doch Gnade, Daß wir uniere 


‚neue Gerechtigkeit durch wahren Glauben alſo mögeR 


ergreifen , "gleichwie wir von ihr ergriffen find: Und 


. des Schatzes der Seligkeit. 42 


daß wis und auch derſelben unſer Lebenlang von 
Herzen erfreuen und Dir dafür danken mögen. 


5. Allezeit aber fröhlich ſeyn, iſt unmöglich, fagt mar im 
Sprichwort. 


Oowobl die lieben Chriſten in dieſer Welt beide vom 
Teufel und Menſchen groß Bedraͤngniß Teiven müflen, 
daß fie ſich oft für großem Leid ven Tod wuͤnſchen, 
fo follen fie ſich doch gleichwohl ın allem mäßigen 
und ihr Creuz in Geduld tragen. | 

Denn GSttes Rath und Wille ift in allem Leis 
Den, er ſuchet feiner Kinder Beſtes. Er toͤdtet das 
Fleiſch und madet lebendig ven Geiſt. Das Hi: - 
erwedet den Slauben und das Gebet, und madet 
endlich eitel Föftlihe Ehre daraus. Darum follen fie 
nicht fo fehr fchauen auf das Gegenwärtige, welches 
fie hart preffet, als auf das Künftige, welches fie 
tröften, und eine wichtige Herrlichfeit bringen wird, 
Sie follen immer unter dem eine froͤhliche Hoffnung 
zu GOtt tragen, welche in Wahrheit nicht laͤſſet zu 
Schanden werden. Denn wenn der Teufel und Dis 
Welt auögefpielet haben, fo hebet GOtt feinen Acs 
tum an, und madet alled wiederum gut, was jene 
verporben haben, 


6. Ber iſt biefee Freude fähig? 


Mer in GOtt gelehret ift, und feine Gnade aus Ein SOu 
dem ‚Evangelio durch Erleuchtung des heiligen Geis ergebenet 
fies wohl erfannt hat, der iſt nicht mehr traurig, ° N 
noch mürrifh, er babe viel oder wenig, eö fey mit 
ihm Winter oder Sommer, es wehe über ihn der 
Oſtwind oder Weſtwind; Wer aber ungelebrt iſt, 

und die Sache nicht recht verſtehet, erfennet. feine - 

neue Gerechtigkeit And Gnade nicht, Bat auch nicht 

- gewiffe Hoffnung des ewigen Lebens, fondern ift ein 
zweifelhafter Ehrift, ver iſt eines kranken Gemithe, 


4222 Dom heilſamen Gebrauch 


und lebet wie die Maus in der Falle und giebt kei⸗ 
nen froͤhlichen Blick von ſich, wenn er auch des Kö: 
nigd Darii Reihthum hätte, und mit dem Jove fäfle 


in Aethiopia, an der Sonnen Tiſche. 


Die Ca⸗ 
tholiken 


7. Halten es die Catholiken auch mit dieſer Frage? 
Nein. Denn ſie halten es fuͤrs Beſte ſeyn, immer 


betrachtentrauren, und damit wollen fie GOtt die Seligkeit 


die Trau⸗ 
rigkeit. 


abverdienen. Das machet, ſie ſind im Evangelio 
nicht gegruͤndet. Sie haſſen das Licht. Aber St. 


— — — —— — — 


Paulus Halt es für das Beſte, immer in GOtt froͤh⸗ 
lich ſeyn. Denn er weiß ed, daß er und alle Glaw 
bigen einen gnädigen GOtt im Himmel haben, mit 

der ewigen Seligkeit. Warum follten fie denn nicht 


froͤhlich ſeyn? Die anklebende Sünde zwar mag man 
zuweilen wohl .befeufzen, aber im Reich der Freuden 
fol man allezeit verharren. Wie einer zuweilen in 
einem fröhlidyen Gafts Bote feufzet, wenn ihm etwas 
Trauriges einfället, wird aber bald wieder fuftig: alfo 
fol aud ein Chrift in feinem: ganzen Leben tum, 
Denn er iſt ja verfihert dur das Wort der Bahr 


heit, und durd den heiligen Geiſt, daß ale feine 


Sünden an ihm gänzlich erfäufet feyn, und daß GDtt 
mit ihm nun wohl zufrieden feyn, und ihn zu fih 
gewißlic in den Himmel nehmen wolle. Läuft Haß, 
Lügen und Verfolgung, Armuth und Krankheit und 
dergleihen Creuz mitunter, fo follen und viefelben 
den Muth auch nicht fchwäcen. Denn GOtt liebet 
und unD forget für und, wie er uns errette, um 
alles zum Beten wende. 

Deromwegen fey allezeit in deinem GOtt froͤhlich, 
und laß die Gatholifen immerhin trauren. Denn fie 
wiffen nicht, daß ein Chrift Fraft feines Glaubens 
und Taufe fhon felig ſey. Aber St. Paulus lehret, 


- und ſpricht: Das iſt GOttes Wille an eu, daß 


ihr in Chriſto allezeit fröhlich feyd, als die ſchon als 
led haben, was fie zur Seligfeit bebärfen, ohne ven 


” | 3 
des Schatzes der Seligkeit. 423 


ſelben hellen Glanz und Offenbarung, welche das 
: ewige Leben ſeyn wird. Sonderlich aber wuͤnſchet 
der liebe David ein friedfames und fröhliches Herz, 
GOttes Gnade und Gegen allen denen, welde das 
gefchenfte Heil lieb haben und gerne davon reden, 
Denn fo fpricht er im 40 und 70 Pfalm: Es müfe 
Sen fi freuen und fröhlich feyn alle, vie dein Heil 
. Sieben. -Die andere hinfende und ftinfende Rotte aber 
müffe zu Schanden werden. Und zwar zumal billig. 
Denn warum follte das felige Häuflein, weldyes das 
Heil hat und erfennet und liebet, nicht immer fröbs 
lich feyn, und für GOtt jauchzen und tanzen, gleichs 
wie David für der Lade Des Bundes gejauchzet und 
—getanzet hat?: Wiederum, warum follte die blinde, 
unfinnige Rotte, welche von feinem Heil weiß, auch 
nidyt willen will, fondern das Heil haffet und damis 
der firebet, nicht in ewigen Schrecken, Trübfal und 
Schande, und anderer Strafen GOttes leben? 





Das vu. Gapitel. 


Bon ber wahren Chriften Dankſagung für ihr 
Deil. | 


1. Bas wird. mehr zum rechten Gebrauch unſers Heils 
erfordert ? 


Ferner will auch GOtt, daß, nahdem man feine 7. Cine ; 
Gnade aus feinem Wort erlannt, und durch wahren Dyrände | 
Glauben angenommen hat, und nun froͤhlich darin⸗ gung, 
nen wandelt, man ihm auch dafür danke, wie St, 
Paulus lehret und ermahnet, 1 Theſſ. 5. Seyd 
allezeit fröhlich und dankbar in allem, Denn 
Das ift der Wille GOttes an euch in Ehrifto 
JEſu. Deögleihen Ebr. 13. Cap. Laffet une 
nun opfern das Lobopfer GOtt allezeit. 
Das ift, die Frucht der Lippen, bie feinen ‚Namen 
befennen, Denn: zu dem Ende ſchenket, uns GOtt 





424 Vom heilſamen Gebrauch 


| feine Gnade und Gaben, daß wir Urſach daraus neh⸗ 
mien, und ihm in herzlicher Liebe dafür danken ſollen. 


Wer GDtt nicht lieb hat in Chriſto, noch ihm Dans 
tet, der ift feiner Gnade nicht werth. Wer es aber 
thut, der madhet fich ſolches herrlihen Schatzes nod 
würdiger. Denn die Gnade beruhet gerne auf Dem 
Danfbaren, und giebt ſich denfelben immef mehr und 


"mehr zu erfennen, wie David fpridt im 50 Pfalm: 


Wer Dank opfert, der preifet mid, und Das 
ift der Weg, daß ih ibm zeige dad Heil 
GOttes. Das ift, daß ih ihm Hülfe erzeige in 
Noͤthen und ihm das ganze Heil in der Taufe gu 


ſchenket, durch das Evangelium und durd den heil 


gen Geiſt offenbare. 
Daher kann ed auch ein erleuchtete® und glaube 
ges Herz nicht unterlaffen, ed muß Gott für das 
eſchenkte Heil mit großem Ernft und Andacht dam 
en. Es muß fagen, wie David fpricht im. 40 Pfalm: 


.. Hocdhgelobet fey Gott in Ewigkeit. Wie denn 


auch ein erlöfeter Ehrift fein Leben in folher Andacht 
zubringen fol. Ad! wie fein ift e8 doch, wenn man 
einen Menfhen in foldhen feinen Uebungen wahrer 
Frömmigkeit finden mag. Um folder Leute willen 


. muß es einem. ganzen Lande wohl gehen. Denn fie 


find für GOtt lebendige Rofen, um welder willen 
er feine Onadenfonne vom Himmel herab fcheinen 
laͤſſet. Troͤſte GOtt die Welt, wenn foldhe edle 
Nflänzlein durch die Dornheden ganzlich untergedruͤb⸗ 
Bet, oder fonften. dahin find, wie werden Türfen und 
Tartaren, Teufel und Zeufelinnen über fie mit Macht 
regnen. Es kanns auch GOtt wiederum nicht umter 
Vaffen, er muß fein virerlihe® Herz gegen folde 
Danfbare und Andächtige wenden, und Ihnen täglıd 
mehr Heil und Gutes zeigen und erzeigen, wie ibo 


- aus dern 50 Pfalm erwieſen. 


bes Schatzes der Seligkeit. 425 


2. Dem und warum fol man Dank fagen? 


E. danke ein jeder fuͤr ſeine Perſon von ganzem «cbria⸗ 

Herzen dem Sohn GOttes, daß er ein Menſch wor: un kenn 

den, fein Blut vergoffen, und von Sünden, GOttes werbung 

Zorn und. Tode geholfen, und ewige Gerechtigkeit, uud ech 

ewige Gnade und ewiged Leben wiedergebracht bar, win⸗ 

und thue folhe Dankſagung in großer Liebe. Nichte 

auf Erden fol uns lieber fepn, denn der Sohn GOt⸗ 

tes, unfer Fieber Seligmacher, wie GOtt Bater ſelbſt 
befichlt, Pſalm 2, Füffet den Sohn. So oftein 

Menſch erwachet, foll er fprechen: Ich fage Dir Dank _ 

von Herzen, o mein lieber HErr Chrifte! daß au 

mich erföfet haft, ja, fo oft er fortgebet, foll er feis 

nes Erldferd gedenken und ihm danfen. 

GOttes ded himmliſchen Vaters fol man auch ua 
nicht vergeffen: Denn er hat und alfo geliebet, Dap@Dt: dem 
er feihen Sohn biezu vermocht, daß er fein Blut für Pater. 
und vergoflen bat. Uno weil er lieber Bater iſt, M 
‚Sollen wir ftet3 im kindlichen Vertrauen für ihm ſte⸗ 
ben, und mit ihm reden, wie die lieben Kinder mit 
ihren lieben Eltern zu thun pflegen: Wer klagen will, 

. der findet wohl etwas zu Magen, wer aber nichts zu 
lagen hat, der bitte GOtt den Vater um Vermeh⸗ 
rung feiner Geiſtes⸗ Gaben. Denn er will, daß wir 
ihn ſtets anrufen und etwas von ihm bitten follen, 
1 Theil. 5. Betet ohne Aufbören, venn das liebe 

eten iſt gar eine luſtige und liebreiche Arbeit, welche 

SO fehr angenehm it, und uns vielfältige Frucht 

bringet. Ehe ed aus unferm Herzen gegangen, bat 
es GOtt allbereitd erhöret, und das fröhliche Amen 

Darüber gefprochen,, und ihm reiche Zufagen gethan, . 
welche zu feiner Zeit uͤberſchwenglich erfüllet werden, 
wie er Eſ. 65. ſpricht: Ehe ſie rufen, will ich 
Do wenn fie noch reden, will ich 
b rem 


% 


426 Vom heilſamen Gebrauch 


3. Ach! was hoͤre ih: Es muß ja das Beten un Dont 
fagen ein fehr koͤſtlich, ebled und, nöthiges Thun feyn, 
welches GOttes Kindern fehr wohl anftehet ? 


Freilich ſtehet es aus der Maſſen wohl, wenn ein 
fein glaubiges und froͤhliches GOttes⸗Kind für Dem 
Angeſicht GOttes feines lieben Himmlifhen Vaters 
täglich mit feiner Danffagung und Gebet erfcheinet. 
Denn dies tft die einzige wahre Gottſeligkeit, von 
welcher wir hie zu Salzwedel einen folhen Sprud 
mi.m am Ort gefhrieben haben: ottfeligfeit wird wohl 
Ben Fezzu ewigen Zeiten Das Beſte bleiben. Das liebe Ge 
lebung bet ift nicht® anders, als eine Uebung des Glaubens, 
ben Slau- er an Gott recht glauben will, der bete, fo glaws 
bet er. Es iſt das allerheiligite und ſuͤſſeſte Werk, 
Es machet fi fund mit Spott, Es ehret Spott, 4 
ermuntert auch den heiligen Geiſt in unfern Herzen, 
Daß er fein Feuer in und anzünden, und feine Ge 
ben in und ausgießen muß. Denn unter dem Gebet 
find wir in der rechten Schule, und in der Erleuch⸗ 
tung. des heiligen Geiſtes. O wie.helle wird es im 
Serufalem, wenn ein Priefter Gotted im heiligen 
Schmuck Ehrifti von Herzen beit. Da thut (ic 
der Himmel auf, und da höret man unausſprechliche 
Worte. Da Frieget man das Manna zu eflen, den 
- rechten lebendig« machenden Zuckerthau, und die füs 
pen und gefunden Honig » Küdjlein, welder die fol 
zen Rinder dieſer Welt, die das Beten für eine Schande 
und Thorheit achten, nicht, werth feyn. Denn wer 
Die Sonne anfiehet,, der fiehet fie wiederum an. Sie 
ſiehet ihn aber nicht umfonft an, fordern fie theilet 
ihm mit ihr Licht, Warnung und Leben. Alfo, wer 
GOtt den Herrn anfiehet, den fiehet er wiederum 
an mit den Augen feiner Gnade und fihenfer ihm 
alles, was er nur haben will, wie David fpridt 
im 34 Pfalm, die ihn anfchauen, wie die rechten 
Sonnenblumen, deren Angeficht follen nicht zu Schans 

den werden, 


des Schatzes der Seligkeit. 4427 


4. Sage mir noch mehr von dem lieben Gebet, damit mir u 
es befto angenehmer werde 


Leſen und Beten iſt der Chriſten Arbeit. Denn wer 
Da lieſet, der hoͤrt GOTT. Wer aber betet, ver 
redet mit GOtt. Welches iſt nun das Befte? O welde 
Gnade, GOtt hören, und mit GOtt reden! Wie 
Tönnten ed doch die Engel im Himmel beffer haben? 
Aber da will Fleiſch und Blut nicht an, daſſelbe höret viel. 
lieber Menfchen reden, von lofen unnügen Dingen, vom 
Kriege in Polen, von Bucher s Händeln, und ed res 
det auch lieber mit Menfhen. Darum fhidet GOtt 
feinen lieben Auserwählten fo viel Leiden zu, auf Großer 
Daß er fie abführe von den Händeln dieſer Welt, zu Nugen — 
feinem beiligen Wort und zum Gebet, welches ihm bes Gen 
ift das allerfüffete Opfer. O welh ein Berlangen beit 
bat der fromme Bater nad) unferm Geufzen!: Wir 
werden auch durch dieſen Weg GOtt deſto beffer 
bekannt. Durch taͤgliche Geſpraͤche werden wir ſeine 
Familiares, ſeine Hausgenoſſen, und er antwortet 
uns. auch freundlich. Indem wir bitten, antwortet er 
uns auf ein jedes Wort, daß wir’s fühlen. Er faget 
ia, er wolle es thun, wir follen nur ein wenig auswarten. 

Er führet und auch über dem Gebet in feine himmlifche 
Schule, und lehret uns unausſprechliche Dinge. 
D wie gelehrt machet BOtt die Seinen, durch Das 
liebe Gebet! Welche Sonne und Klarheit koͤmmt zu 
ihnen. Ja, welch ein Beift und. Freude, wenn fie 
mit ihm reden? Er erhdret aud) feine Kinder endlich 
und giebt ihnen ihres Herzend Wunfh, und machet 
fie herrlich für aller Welt in feinen hohen Gaben, : 
Darum ſoll man die lieben GOties Kinder bezähmen 
Jafien, und ihr andächtiged Herz weder mit vielen 
Dücern, noch. fonften beſchweren. Denn GDtt der 
HErr iſt ihr Lehrmeifter, ver Halt ihnen für fein 
Gnadenbuch. Er lehret, tröftet, befrieniget, erfreuet, 
greibet und regieret fie, Daß fie Feines hin; und her⸗ 
gehens beduͤrfen. 


> 


? 


4225. Dom beilfamen Gebrauch 


3. Ach fa, das iſt wahrlich alles wahr, lehre mid mu, wi 
Fu ich dieſe felige Arbeit verrichten fol. 


Wenn du des Morgens aufſteheſt, ſollt vu dich 

fein waſchen, und zum Gebet ſchicken, als wenn du 

allein zu dieſer Sache geſchaffen waͤreſt. Inſonderheit 

danke dem HErrn Chriſto für alle feine Wohltha⸗ 

ten fo herzlich, Daß Dir Die Augen mögen übergeben: &w 

che alle Dankpſalmen auf, und finge fie überlaut ala 

ein Ehrift, der feinen HErrn Ehriftum” allenthalben 
rüuhmen foll: in unausfprechlicher Liebe, und fi few 
nes Chriſtenthums nicht fchämen. Laß die Leute 
deiner lachen, lade du auch, daß dir es fo mohl 

gehet in Chrifto, und fahre immer fort mit Singen 

und Springen; du bift nicht toll, ob ſchon ein Bauer 

faget, daß du toll ſeyſt. Ich kann nicht. mehr ers 
mahnen, wer es befier fann, der thut es ja, umd 
.helfe die Ehre Chriſti hoͤchſten Fleißes befördern _ 
Darnach fhmüde dich herrlich, nemlih, im hei⸗ 

ligen Schmud JEſu Chrifti, weldhen du ganz ums 
gar dur wahren. Glauben anziehen: ſollt. Du follt 
dih für GOtt fo herrlih machen in Gerechtigfeit, 

und Gnade, ald Chriſtus felber ft, und follt darauf 

mit fröblihem Angefiht für GOtt erfcheinen, und 

ihm mit den allerbeften und lieblichiten Worten dans 

Formel fen: Heiliger GOtt und Vater! ich dein liebes Kind, 
uuer welhes du zu Gnaden angenommen, und in der 
"gang. Taufe auf das herrlichſte gefehmäder haft, fage bir 
Ä für ſolche Wohlthat von Herzen Dank. O wie wohl 
ift mir Dazu, daß ich aus dem Reich der Sünden 
und des ewigen Todes errettet bin, daß ich Die. Laſt 
meiner Sünden nicht mehr trage, noch die hoͤlliſche 
Blut werde koſten. Daß ich bei dir ſitzen werde im 
Garten des immergrünen Paradieſes, unter bem 
fühlen und füßen Schatten deiner Gnade, gezieret 
mit der ganzen Herrlichkeit JEſu Chriſti. Ach en 
freue mein Herz für und für mit dem theuren Blut 
But, welches. du mir allbereit gegeben haft, und 


* 


des Schakes ber Seligkeit. I 429 


noch ferner geben wirſt. Erzeige dich mir freundlich: 
Laß mich Die Frucht deiner Gnaden in allen meinen Ges. 
beten und Werfen empfinden. Segne mid, dag mir's, 
wenn ic) aus Nöthen erlöfet bin, allenthalben wohl ers 
gehe: So will ich dich im herzlicher Liebe, je länger 
je lieber ehren und, preifen. 
| Soldyer Gottesvienft iſt die fürnehmfte Frucht 
der Seligkeit und gefället Gott wohl. Es ift ihm dieſer 
Gottesdienſt ein füped Morgenopfer. Er nimmt ihn zu 
Herzen, und träget ihn darin, wie ein gülden Kleinod, 
Er ift ihm ein Präftiger Balſam. Er erzeiget fig 
auch folchen feinen und vernünftigen Menſchen freunds 
lich, und giebt fid) denfelben immer mehr zu erken⸗ 
nen und zu koſten. | 


6. Was gehöret mehr zur Dantbarteit? 


Damit man GOtt nicht allein mit Worten, fons 
dern auch mit der That Dank fage, geböret dazu 
auch dieſes, Daß man den Lauf des heiligen Evans 
gelii, dadurch Chriftus geehret wird, helfe befördern, 
damit auch andere mit demfelben Licht erleuchtet wers 
Den, damit wir erleuchtet find. in Gottlofer 
nimmt fi) des Evangelii gar nichts an, feinethalben 
mag es gefhrieben und geprediget werden, oder nicht, 
es mag ftehen oder untergehen, gilt ihm gleich viel, 
Aber ein Glaubiger und Liebhaber Chrifti, der dazu 
verftändig ift, und weiß, was an dem lautern Evans 
gelio gelegen, ver nimmt fich deſſen an, und bilft 
ed nach hödftem Vermögen ausbreiten. Er ermahs 
net getreue Lehrer zum Fleiß, und wendet das 
Geine daran, und wird bei folhem Schaden fo 
rei, als er nie gewefen. Denn ein Trunk Waffer 
an Ehrifti Ehre gewandt muß unbelohnet nicht bieis 
. ben: ich gefcyweige ein gröffers aus einfältigem Here | 
zen gegeben. | | 


b 


430 Vom heilſamen Gebrauch 


7. Wie ſoll dieſe thaͤtliche Dankſagung von Lehrern und Zu⸗ 
hoͤrern verrichtet werden? 


Durch E, geſchiehet ſolches fürs erſte von ben Lehrern 
en durch das Öffentliche Predigtamt, oder fonften Durd 
ten. münpliche Gefprädhe und Schriften. Denn wer des 
Evangelii Erfenniniß bat, und zu feiner Ausbres 
tung berufen ift, der foll nicht hinter dem Berge 
halten, fondern mit feinem Licht herfür treten, und ans 
dere danıit erleuchten, wie St. Paulus gethban hat, 

2 Cor. 4, da er fpriht: Weil wir ein ſolch Amt 
haben, das die Gerechtigkeit prediget, und ven Geiſt 

der Klarheit giebt, fo geben wir nicht mit Schall⸗ 
heit um, verdeden und verfälfhen auh nicht Gt 

tes Wort, fondern beweifen und wohl gegen aller 
Menſchen Gewiſſen, mit Offenbarung der Wahrheit. 
‚Denn zu dem Ende hat und Gott einen hellen Schein 

in unfere Herzen gegeben, daß durch und enıftände 

die Erleuchtung , damit andere follen erleuchtet werden. 
Solche Erleuhtung iſt das Pfund, weldyes der HErr 
Ehriftus einem jeden Knecht, Daß er damit treulich ham 

dele und wuchere, zugetrauet ‚hat. Ob nun wohl fol 

ed mit großer Mühe und Gefahr geſchieht; denn 

ber Teufel ıft den Evangeliften fehr feind, und fe 
zzzet ihnen allenthalben greulih zu, und aͤngſtet fie 
bis in den Tod: fo foll man.dody Darum nicht vers 
zagt, nod) müde werden, fondern des fröhlichen Aus 
gangd gewarten, welden GOtt geben wird venen, 

die feine Gnade für ver Welt friſch und froͤhlich ber 
kannt haben, und darüber eine Zeitlang find zu Schan⸗ 

den worden. Denn HOtt forget herzlich für feine 
Weinftöde, welde ihn viel guter Früchte tragen. Er 
laffet fie fommen in Feuer und Waffer, das iſt, in 
Angit und Roth, und erquidet doch ihre Seele. Er 
Läffet ihr Licht moiederum aufgehen mitten in det Kin 
fterniß. Er errettet ihre Unfhuld, und madet die 
Läfterer zu Schanden. Er madet fie groß, wenn 

‚ fie Hein worden find, Denn fein Reih und Regi⸗ 


— ——— 00.7 en 7 7 


des Schatzes der Seligkeit. 431 


ment gehet über alle Herzen und ‚Über alle Dinge, 
‚Sie müffen ihre Luft an feiner Gnade ſchauen. Er 
bebet fie hoch, und bringet fie zu Fuͤrſten. Ihre 
Feinde aber greifet er an mit Schreden, und läffet 
fie ploͤtzlich und jämmerlich untergehen, Ä 


8. Was follen aber die Zuhörer hiebei thun? 


arnach foll auch ein jeder Chriſt insgemein feinen „Das 
Slauben für der Welt befennen, wo er nur Gele en 
genheit dazu Hat, das ift, Leute, melde Luft zum kennen. 
Evangeliv haben und gefchidt find zum Reich GOt⸗ 
tes, erlendhten. Denn GOtt will nit, daß man 
biefen theuren Schaß, nemlich, das Erfenntniß des 
Heild, bei fich allein. behalte, fondern will, daß man 
Ihn außbreite, und andern Leuten dazu verhelfe, - 
Einer ſoll des andern Siegel feyn, damit ein jeglis 
her fich Lerne wohl erfennen und GOtt preife. Wenn A 
zween oder drei beifammen find, da foll Ehriftus der 
Vierte feyn. Da foll einer den andern flugs lehren, 
nemlih, das gottfelige Geheimniß, oder die himm⸗ 
liſche Weisheit, von welcher menſchliche Vernunft 
‚nichts wiſſe. Denn ein. natürliher Menfh, wo er 
nicht den rechten Verſtand des Evangelü böret, noch 
durch den heiligen Geiſt erleuchtet wird, vernimmt 
nichts vom Reich GOttes. Er weiß und glaubet 
nit, daß er in der Taufe ſchon felig worden ſey, 
und Daß er Chriftum angezogen habe, fondern er 
lauft allen Predigten nad), und will erft lernen, wie 
er fol felig- werden. Bleibet alfo im Unglauben, - 
Unfrieden und im ganzen Neid) ded Teufels, wie 
man an den armen Leuten fiehet, welche nicht recht 
unterrichtet find. Ä Ä | 

Und ob gleich die Sonne des Evangelii über eis 
nen geübten Menfchen heile genug ſcheinet, und die 
 Privatinftruction auch Da iſt: So hat e8 doch gleich—⸗ 
wohl Mühe genug, daß man ihn gewinne und das 
AB C von unjerm. Heil und Seligkeit in ihn brins 


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432. Dom heilſamen Gebrauch J 


ge. Er ſiehet Dody immer "um nach feinen eigenen 
Gedanken, und will den: Holzweg. Er trauet der 
Taufe nicht, und will dadurch die Seligkeit nicht 
erlanget haben: Er will fie mit’ feiner Buße verdis 
nen, und auf das .Endurtheil warten. Darum muß 
einer ded andern Doctor feyn, und einer den andern 
4 mit eiſernen Haͤnden faſſen, damit niemand die Gnade 
verſaͤume, oder vergeblich empfangen babe. Denn 
ob wir gleich taͤglich der Buße beduͤrfen, fo bat und 
doch gleihmwohl- Chriftus felig gemadet Durch das 
Bad der Wiedergeburt, nit nur in der Hoffnung, 
fonvdern aud) in der That, und will, daß wir und 
in aller Demuth mit der Taufe tröften, 


D a8’ vu. Gayitel 


Von Beranlaffung ‚des zeitlihen, und Vorjie⸗ 
hung des ewigen Deils. 


1. Bird auch noch ein Mehrered vom wahren: Ehrifen 
‚zum rechten Gebrauch feined Heild erfordert ? 
er en das Sa „ es fordert auch GOtt noch von ihm, daß er 
ieſein Herz abwende von der Herrlichkeit und von ab 
gen pint: len Wollüften Diefer Welt, und fich gerne genügen 
an fepen. laſſe an dem himmliſchen Schag, der ihm von GOit 
| in der Zaufe gegeben ift. Denn was find alle Reid 
tbümer, ja alle Fürftenthümer und Königreicye gegen 
dem, dag wir GOttes Kinder und Tempel des heile 
gen Geiftes find, berufen zu dem ‚ewigen Leben! 
Hingegen ift alles Hohe in der Welt ein geringe 
Sandkorn.. | nn 
Derowegen wer recht geiſtlich worden iſt, vurd 
Dad Feuer des heiligen Geiſtes, und recht erfenne, 
was er in Ehrifto. bat, dem iſt der Unflathe dieſer 
Welt viel zu geringe, daß er ſich mach demſelben ums 
ſehen follte. Denn er ift vorhin reich genug in Ehre 
Ä No und weiß, daß GOtt und .fein ganzer Dee 





des Schakes der Seligkeit. 133 


fein fey. Weſſen fih GOtt erfreuet, deſſen kann er 
ſich audy erfreuen: Denn er ift ein Glied Eprifti, und 
. ein liebed GOttes⸗Kind. Aber ein Zodter, in wels 
“dem der Geiſt des Lebens nicht ift, fondern welder 
eitel Sleifch ift, der kann des Irdiſchen nicht fatt wers 

den. Je mehr er gewinnet, je Durfliger und toller 
er wird. Dad. verbeut St. Paulus an den wahren 
‚Delligen, für welhe GOtt forget, Epheſ. 4. 5. und 
301. 3. 


Daher ermahnet auh St. Zohannes die Ehriften 
und ſpricht 1 Joh. 2. Habet nicht lieb die Welt, 
noch was in der Well if. So jemand die 
Melt lieb hat, in dem ift nicht die Liebe des 
Vaters Eſſen, Trinfen, Kleider und Schuhe müſ⸗ 
fen die lieben Chriften in den Tagen ihres kurzen Les 
bens haben: Wenn fie aber das haben, fo follen fie - 
gerne damit begnüget feyn, und. fi nicht irren laf 
fen, daß die Kinder diefer Welt nad) großem Reich⸗ 
thum tracdhten. Denn weil der blinden Welt Herzen 
von feiner Seligkeit etwas Gründlides wiffen, noch 
viefelbe groß achten, fo begeben fie fih Dafür durch 
Betrieb des Zeufeld auf den Mammon und meynen, 
der fey die Seligkeit. Sie traben ihren Trab durch 
Geiz und Wucher, und laflen ihnen nicht wehren, 
bis fie ihre Maaß erfüllet haben, darnach fterben fie 
im finftern Thal, und ihr Gut kann ihnen nichts 
helfen. Diefen follen die GOtteskinder nicht nach⸗ 
traben, fondern weit von ihrem Wege weichen. Denn 
fie find allbereit reich genug in Chriſto und haben 
einen Bater, der fie täglich mit allen Treuen verfors 
get. Darum fpricht ihr lieber himmliſcher Vater zu 
ihnen, Luc. 14. Sehet zu, und hütet euch für 
dem Geiz: Denn niemand lebet davon, daß 


er viel Güter hat. Desgl. Matth. 6. Ihr fol 


Iet euch nicht Schätze fammeln auf Erden, 
fondern fammlet euch Schäße im Himmel, 
welches denn auch die lieben Gotteskinder thun. Sie 
fhauen nicht auf den Weg der Regen „begehren 


454 Dom heilfamen Gebrauch 


auch ihre Güter nicht, ich geſchweige, daß fie ſollten 
darnach fireben, und durch Liſt over Gewalt fie an 
fi) bringen. Sie wiffen nicht die Kunft, wie fie 
reich werden follen: Es iſt ihnen genug, daß fie fes 
fig feyn, und haben die Hoffnung zu GOtt, er werde 
ihre Kinder auch berathen, 


2. Fragen die wahren Chriſten auch nicht nach der Weit 
Pracht und Herrlichkeit? 


Wi⸗ fie den Reichthum hochmuͤthig verachten, alſo 
find fie auch geſinnet gegen Herrſchaft und Gewalt, 
Denn gleihwie fie im Meer ver himmlischen Güter 
dem Mammon abgeitorben find, alſo find fie aud 
der Welt Herrlichkeit abgeftorben. Sie laffen Herren, 
Sürften, Könige und Kaiſer fern, wem es geliebet, 
ihnen iſts genug, daß fie Kinder und Könige des 
Reichs GOttes find. Sie ſchauen die Herrlichkeit 
vieſer Welt von ferne an, und halten fie fuͤr nichtig, 
fürnemlih, weil man fie ohne das bald verlaffen 
muß. Sie find viel zu großmüthig Dazu, Daß fle 
fih dur der Welt Hoheit follten bewegen laſſen. 
Gönnen auch der Welt ihre koͤſtliche Kleider und ans 
dere Pracht herzlich gerne, weil fie wiffen, daß fie 
inwendig viel herrlicher gefhmüdt find, alfo, Daß 
GOtt und alle feine Engel ihre heilige Augen auf 
folhen ihren lieblihen und wohlriethenden Schmud 
gewandt haben. Denn gleidywie it Die heidniſche 
Pracht der unglaubigen Menſchen ein Greuel für 
GOtt ift, und eine Kette, mit welcher der Türk in 
Deufchland gezogen wird: Alfo iſt ver innerliche 
Schmud und die wahre Demuth der lieben Ehriften 
 eitel Balfam und Weihrauh, und ein Schatten für 
der zufünftigen Hitze. 


3. Achten fie auch nicht ber fleiſchlichen MWolkäfte ? 


Den fleifchlichen Lüften find die lieben Kinder SOL 
tes fonderlich feind, . 


des Schatzes der Seligkeit. 435 


4. Lieber, warum? Es thut uns ja ſehr wohl, wenn wir 
des Fleiſches Willen vollbringen. 


Dem ſey wie ihm wolle, GOttes Kinder ſehen ets 
was weiter, fonderlih auf dad Ende: Und weil fi 
da befindet, daß folhe Wollufte nichts anders feyn, 
ald Befledungen des Leibe und der Seelen, ja eine 
Betrübung des Gewiffend und des heiligen Geiſtes, 
worauf rothe Ruthen, blanfe Schwerter und bleiche 
Leichen folgen, fo meiden fie viefelben defto mehr. 
Es iſt ihnen viel füffer, daß fie ein gut Gewiſſen 
haben, venn in. verdammlicdhen beiffenden Wollüften 
leben. Ya, ihre Freude und Luft iſt, daß fie ei⸗ 
nen gnäbigen GOtt im Himmel haben, und daß fie 
Erben des ewigen Lebens. find. Ihre Luft ift, daß 
fie GOtt in feinem Wort hören, oder durch ein ernft 
Gebet mit ihm reden mögen. Darum wenden fie 
ihre Augen und Herzen ab von alle vem, was böfe 
Luft in ihnen erregen mag, und wandeln fhlecht 
und recht dahin, Haben fie nicht Luft aus ver Welt, 
Liebe und Freundſchaft, fo haben fie auch Unluſt 
Daraus. Koͤmmt aber ein böfer Funk in ihr Herz, 
fo dämpfen fie denfelben flugd durch Die gute Gedans 
ten des heiligen Geiſtes, und Durch ein ernited Ges 
bet, und freuen fich Der Ueberwindung. Solches fols 
fen auch Tiebe Kinder GOttes thun, nah dem Bes 
febl GOttes: Und ihr follet es auch thun. Heilig 
follet ihr feyn an Leib und Seele. Denn GOtt euer 
Vater, der euch zu feiner Kinpfchaft berufen hat, ift 
heilig. Bei ihm ift fein Freſſen, Saufen, nod Um 
zucht. 


. 28" 


(u Dom heilfamen Gebrauch 


Das IK. Capitel. 


Von der wahren Gottfeligfeit der Kinder 
j GOttes. | 


4. Weißeſt du noch mehr, was GOtt von wahren Chriſten 
zum feligen Gebrauch ihres Heils erfordert? 


Eines iſt noch übrig. 


2. Was ift doch daffelbige? 


nen Wenn nun alles, was in vorigen Gapiteln erzäblet, 
qea Leben. das ift, nemlich, Erkenntniß ver hohen Würve, zu 

| welcher wir in Chrifto alfo erhaben, daß wir in ihm 
engelrein, gerecht, heilig und GOttes liebe Kinder 
worden: Wie auch Die Annehmung Diefer großen Gnade 
durch den Slauben, und in verfelben ein friedſames, 
fröhliched und danfbares Gemürh, welches das Ewige 
dem Zeitlichen weit fürziebet: So ift ferner GOttes 
Wille, daß ein folder großer Heiliger, ein foldyes 
Gnadenkind, welhes fo gereht und unfterblich ges 
worden, als ein Engel, fein Fleiſch tödte, und ſei⸗ 
nem hohen Stande würbiglih lebe, GOtt in aller 

| Furas kindlichen Gehorfam leifte, und ihn: diene fein 
ebenlang, in wahrer Heiligfeit und Gerechtigkeit, 
die ihm gefällig ift, nad) dem herrlichen Spruch St. 
Pauli Tit. 2. Chriſtus hat ſich felbft für uns 
gegeben, auf daß er uns erlöfete von aller 
Ungeredhtigfeit, und reinigte ihm felbft ein 
Volk zum Eigenthum, das fleißig wäre zu 
guten Werfen. Denn der. neue Geborfam muß 
nicht ausgelaffen werden. Wer ven Glauben und 
den Geift GOttes hat, der laͤſſet ſich nicht nöthiaen. 
Denn weil une GDtt dad Leben gegeben hat, 

nicht Daß wird mißbrauchen follen zu allerlei Sünde 
und Schande, , fondern zu aller Gerechtigkeit und 
Ehrdarkeit, in des Stille unfers Berufs, fo will ſich 


bes Schages der Seligkelit. - 437 


a nichts anders gebühren, denn daß wir und aller 
tafter enthalten, und die reizenden Flammen der vers 
erbten Ratur mit allem des Teufels Eingeben töds 
en. Sa, daß wir ung für allem hüten, welches uns 
wgerlich oder anftößig feyn koͤnnte, nach dem Sprud: 
ie Sünde meiden heißt die Gelegenheit zu Sunden 
neiden. Denn fo fihreibet St. Petrus 1 Petri 1, 
Seyd heilig in all eurem Wandel, gleich—⸗ 
vie euer bimmlifher Vater, welder euch. 
serufen bat zu feinem Reid und Herrlicy 
'eit, heilig ift. Und St. Paulus Röm. 8. Toͤd⸗ 

et die Gefhäfte. des Fleiſches. Wodurch? 
Richt allein durch Betrachtung des Geſetzes, oder 
yes erniten. Willend GOttes, fondern, auch, und 
war fürnemlich , durch Hülfe und Beiſtand des heis- 
igen Geiſtes, welcher in euch ift und Träftiglich in 
uch wirket. Bittet GOtt Tag und Nacht um die . 
Regierung feines heiligen Geiftes, und verlaffet euch 
nicht auf euer Bermögen. 


3 Was fagen hiezu die Gottlofen? 


E⸗ gedenket mancher ruchloſer Menſch, es ſchade ob einer 
ihm nichts, daß er ſich der armen Welt gleichfoͤrmig beiden 
mache, und feinen boͤſen Lüften folge, wenn er nu Üehen cin 
den Namen eines Chriſten bat: aber, fage mir, wie „guter 
ſtehet doch ſolches einem Chriften an? Stehet es en 
wohl, daß du dich des heiligen Worts und der Gas. könne, 
ramenten Außerft? Daß du vor übermäßigem Stolz 

und Troß nicht beteſt? Daß du viel vergeblidhe und 
srgerlihe Worte, ohne Scheu der hohen Majeſtaͤt 
GOttes, verliere? Daß vu marterft und flucheft? 

Daß du in Hurerei und Ehebruch lebeſt? Daß du 

geizeft und wucherſt? Daß du raubeft und flieleft? 

Daß du unfchuldig Blut vergieffett? Und alfo Werke 

bed Teufeld und des Fleiſches begeheit? Kann doch 

kaum einer bei ſolchen und vergleichen Laftern eine 


Im 


238° Dom. heilfamen Gebrauch 


adeliche Perfon feyn: Wie follteft du denn bei folhess 
und dergleichen Zaftern ein Chrift ſeyn? 

Bedenke, Menſch, deine hohe Würde, denn furw 
sed Leben, und die Erfiheinung für dem Gericht 
GOttes, und ftelle deine Sache alfo an, daß vw 
am Ende deines Lebens lönneft fagen: Mein froms 
mer GOtt! du haft mir das Leben gegeben, daſſel⸗ 
bige babe ich durch deine Gnade, hoffe ich, zuges 


bracht in der Stille, und in deiner heiligen Furcht. 


Meines Berufs habe ich treulich gewartet, niemand 
beunruhet. Sch habe mid; durch feine reizende Luft, 
noch böfe Erempel zu greuliden Sünden bewegen 
laffen. Meine Luft und Freude ift geweſen deine 
Wohlthaten ‚und die Herrlichleit des ewigen Lebens 


— zu beberzigen. Ich habe mich fauber behalten von 


den gemeinen Laſtern. Iſt aber ja etwas aus menſch⸗ 
licher Schwachheit und Bergefienbeit mit untergelaus 


fen, weldyes deinem heiligen Willen zumider, daſſel⸗ 


bige ift mir berzlich leid. Siehe, hie find meine 
Thraͤnen. Solch mein Leben, aber, weil du es nun, 
HErr! von mir forderft, ftelle ich dir wiederum zu 
in berzliher Demuth und Gehorfam, und danke dir 
freundlich, daß vu ed mir fo lange verliehen haft. 


4. Warum leiftet ein Kind GOttes dem lichen GOtt freis 
willig den neuen Gehorſam? 


E⸗ erinnert ſich, daß es in Chriſto gerecht und um 
fterblih worden, wie ein Engel, derowegen will es 
auch gerne ein englisch Leben führen. Denn find 
wir Engel, fo follen wir auch und mit feinen Suͤn⸗ 
den befleden. Denn unfere Reputation und Hobel 
ift zu herrlich, denn daß wir follten mit Sünden be 
flecket werden, Es führe ja ein jeder in feinem Stande 

“ein täpferes, ernftes, nüchternes und zuͤchtiges Leben, 
Die Zungen fowohl ald Die Alten, die Alten fowohl 
ald Die Zungen, Man begebe ſich auf keine Narre⸗ 


—— — — 


un 


des Schages der Seligkeit. 439 


eidinge und Lotterei, damit der heilige Geiſt nicht 
trüber werde. | - | 

So kann auch GOtt Feine Leichtfertigkeit und 
tarrheit an feinen Kindern dulden, er muß vie vaͤ⸗ 
erliche Ruthe in die Hände nehmen und fläupen, 
urnehmlih, wenn e8 fein Verſehen ift, fondern eine 
Hewohnheit. So follte es billig zugehen, daß, wer 
inen Chriſten fähe, einen lebendigen Heiligen fäbe, 
aß man gleich aus der Heidenfhaft nad den Chris 
ten laufen follte, damit man feben möchte, weldye 
eine Leute fie wären, und welch göttlich Leben fie 
übreten: Nun aber ftoßen fie fih an unfern GSiteg . 
und fagen, wir feyn Die Frechſten und Muthwillig⸗ 
ten auf Erden, Die weder GOtt fürdıten nod Mens 
[hen fcheuen. Das iſt ja nicht gut, daß ein folcher 
Klang Hinter und bergehen foll. Ä | 
Inſonderheit will ic die junge Welt zur Demuth 
ermahnet haben, und daß fie den Stolz von ihrem 
Leibe ablegen. Wem ift Damit gedienet, daß du für 
deine Perfon reich und ftolz bift, und hilfeft niemand? 
Der iſt Förtlih und wohl gezieret, und für dem foll 
man auch allein ven Hut abthun, welcher feines 
Amts treulih wartet, von Herzen demüthig ift, und 
feinem - Naͤchſten gerne hilfe. Nicht. fol man die 
faulen Praffer ehren, um ihres Stolzes und Hof 
fartö willen, | | 


5 Wer ermahnet bie Epriften zum neuen Gehorfam ? 


E. ermahnen dieſelbe dazu die lieben Apoſtel gar 
fleißiglich, in allen ihren Epiſteln, zum voraus aber 
St. Paulus Röm. 6. Sind wir mit Chriſto 
auferffanden, fpricht er, und in ein ewiges 
göttlihbes Wefen getreten, fo laſſet uns 
auch ein neues Leben fuhen Welches ſchoͤne 
Capitel ich einem jeden Chriften zu lefen will befohs 
Ien haben. Doc gleichwohl alfo, daß Feiner gedenke, 
er wolle durch feinen Gehorſam allererft ein Ehriſt 


&0 Vom heilſamen Gebrauch 


werben, Wie wir denn ohne Zweifel darum mit 
ſo vielen Schwachheiten in dieſem Leben umgeben 
find, Daß wir nicht vermeſſen werden, fondern gerne’ 
in Chriſto und in ſeiner Gerechtigkeit bleiben. Wer 
aber ein neues und GOtt wohlgefaͤlliges Leben fühs : 
ven will, der ſuche es ja nicht bei feinem Vermögen, 
fondern in herzlicher Bitte bei feinem Weinftod JEſa 
Ehrifto, der geſprochen hat: Ohne mic koͤnnet ihr 
nicht thun. So wird er den Sündern feind wer⸗ 
den, und die Gerechtigkeit lieben. 





6 Ich füpte dies deider!) mehr, ‚ benn mir Lieb it, daß 
nichts Gutes in’meinen Kräften. ift, berowegen will ich 
. gerne alles bei Chrifto fuchen: Aber weil mein Fleiſch 
und Blut alles Gute flarf bei mir hemmet und hindert, 
möchte ich wohl gerne wiſen, ‚ wie ich ihm widerſtehen 

fol? , 

E. iſt (leider!) allzuwahr, „ daß die Natur, ob fie 

gleih durch den heiligen Geift erneuert it, gleichwohl 

bem Gefeß zumider, und vol böfer Lüfte if. Sol⸗ 

den Lüften aber muß man mit allen Kräften wider⸗ 

Dura ftreben, daß fie nicht in-die That gerathen: Sonder⸗ 

Gebet. lich durch ein ernfted ftetes Gebet. Denn. der Zeus 

fel ift ven Heiligen feind, darum kann er fie fürs 

zen, daß fie für ihren Feinden zu ſchanden werden, 

— thut ers gerne. Die Maͤßigkeit iſt auch eine felige 

Arzenei, wider des Fleiſches Toben zuſamt taͤglicher 

Arbeit. Doch iſt G tt bei ven Seinen. Er regie⸗ 

3 ret ſie durch ſeinen heiligen Geiſt, und behuͤtet ſie 

> für Sünden, Fallen fie aber, fo richtet er ſie ſtracs 

wieder auf, Daß fie in einem neuen Leben wandeln. 

Denn auch ihr Fallen muß ihnen zum Bellen vie 

nen. Ein Gebrechlicher iſt demuͤthig, haͤlt feſt an 

der Gnade, und wandelt fürfichtiglidy; doch iſt ſtehen 

allezeit beſſer, denn fallen, um des Gewiſſens und 

groben. Poͤbels willen, welcher ven Rath GOttes 


bes Schatzes der Seligkeit. 441 


immer erkennen Tann. Wer am allergottſeligſten, 
züchtigſten und ehrbarlichſten lebet, der kann kaum für - 
ver boͤſen Welt bleiben, wenn der Laͤſterer Laͤſterun ⸗ 
sen ausſaͤet: was wollte denn wohl gefchehen, wenn 
ie Schuld dabei wäre, und Das Gewiſſen fi) gefan⸗ 
ven geben müßte? | u 

Derowegen foll ein jeglicher wahrer Ehrift,; wenn. 
7 des Morgens aufftehet, ſich GOtt gänzlich erge⸗ 
ven, und ihn ernftlih anrufen und bitten, daß er 
bh durd feinen heiligen Geift leiten und führen 
volle, damit er wider feine Gebote nicht handele: 
bh HErr! regiere du mich, fo bin ih für Suͤnden 
vehütet, und fo wandele ih reht, Denn der Buch⸗ 
tab thut es nicht, fo thut ed auch mein Auffak und 
reier Wille nicht, fondern allein dein Geift, ‚welcher 
ad neue lebendige Gefeg ift, und die Kinder GOt⸗ 
es treibet, Wie dich nun GOtt darauf führet, fo 
ft. er recht, und fo ift es fein gnädiger Wille. Du 
ollt dich an deinem Leben nicht Aärgern, denn es iſt 
n GEOtt gethan. 


. Was wird fuͤr dieſe ſchwere Arbeit, _ welche- bie wahren 
Ehriften, in Tödtung des Alten Adams, anwenden, für 
Belohnung erfolgen? . u 


Wer in dem ſuͤſſen Troſt der empfangenen Gnade, 
und in der Hoffnung des ewigen Lebens, alle ſein 
Thun auf eitel Gerechtigkeit und auf den Nutzen ſei⸗ 
nes Naͤchſten ſetzet, und ſtets fein nüchtern und bei 
zuter Vernunft bleibet, und fein Zleifh und Lüfte 
durch ein tiefes Nachdenken, ja durch ein tiefes Seuf⸗ 
en zu GOtt um Hülfe des heiligen Geiſtes, toͤdtet, 
ınd feine Kinder in GOttesfurcht auferziehet, fein 
Sreuz in. der Stille und Geduld träget, feine Thor⸗ 
yeiten und Fehler mit heißen Thränen, ja mit dem . 
heuren Blut JEſu Ehrifti abwaͤſchet, und ſo ſtirbet, 
der ſtirbet wie ein guter Baum mit edlen Fruͤchten 
zezieret, und wird deſſen eine unausſprechliche Ehre 


® 


442 Vom heilſ. Gebrauch b. Schatzes d. Seligkeit. 


und Belohnung haben. Denn bier find wir nun 
Onaden : Rinder, wiewohl in der Fülle JEſu Chriſti, 
unter dem Creuz: Aber dort werden wir beide Gna—⸗ 
den; Kinder und Ehren⸗Kinder feyn, ohne Ereuz, 
und werden und über unferer großen Herrlichkeit mit 
den heiligen Engeln GOttes im Himmel freuen ewig: 
lich. Wir werden Saphir und Diamanten feyn, und 
güldene Scepter in ven Händen tragen, als neue 
wohlgeftaltete Koͤnigs⸗Kinder, und werden unferm 
Erloͤſer JEſu Ehrifto zu Lob und Ehren ein Tröpie 
des Halleluja ſingen. 


8. Wie ſoll ich die wahre Gottſeligkeit alſo äben, Daß ich 
uu folder rende und Herrlichkeit gelange? 


Davon will id dir im erſten Gapitel des folgenden 
legten Buchs fatten Bericht geben. 


ET En Se VE _ ——— ——. — 5—— —————— —— —— Ge 


Vom tugendreichen Leben der wahren Chriſten. 445 


D a8 vV. B:u cd. 


Bon dem Qugend- und Creuzreichen, wie auch 


vom ewigen Leben der wahren Chriſten, welche 


des Schatzes ihrer Seligkeit gebrauchen. 


| 1. Barım willt bu hievon anch noch Bericht mits 
:theilen ? 


Darum „ weil es das legte Stuͤck unſerer chriflichen 
Reisheit und Uebung if. Denn wenn id mein 
Heil erkannt und durch wahren Glauben: ergriffen 
abe, und bin über meiner Seligkeit fröhlih, und 


anke GOtt dafür, was follte ich denn anders mehr 


bun, denn daß ich nur mein Fleiſch toͤdte? Und 


venn mir Dazu GOtt feine Hülfe durchs Creuz ſen⸗ 


yet, Daß ich das Geheimniß des Creuzes erfennen 
erne, es mit Geduld ertrage, und auf die Zukunft 
neines Erlöfere JEſu Chriſti warte, wie St. Paus 
us,2 Cor. 6 und 7. und Titum 2. lehret und ers 
nahnet. Denn obwohl die Slaubigen und Getaufs 
en die Erftlinge des heiligen Geiſtes reichlich empfans 
ven haben, fo find fie Doch darum noch nicht lauter 


Beiſt, wie file in jenem Xeben feyn werden: fondern 


ie haben und tragen noch an ihrem Halfe manchers 
ei thörichte und ſchaͤdliche Luſte. Die Sünde wüthet 


och in ihrem Fleiſch, wie ein hikiges Fieber, das. 


ich durch Fein Waſſer ſtillen laͤſſet, da iſt Geldſucht, 
Weltſucht und Ehrſucht. Da will man alles haben, 
vas man-fiehet, oder was man erdenfen fann. Sons 


yerfich aber ftrebet das Herz nah Wolluft, in den: 
Alten ſowohl als in den Jungen. Und je geiſtreicher 
iner ift, je mehr er Plage von dem närtifchen Fleiſch 
hat. Welches darum geſchiehet, auf Daß man wider. 


die Sünde ftreite, ſie uͤberwinde, und das Ritters 


Rränzlein der. ewigen Ehre erlangen moͤge. Denn 





— —— — — 


444 Rom tugenbreichen Leben ' 


wer nicht zu kaͤmpfen hat, und wer nicht überwin 
det, der wird nicht gekroͤnet. 

| Es geſchiehet aud) Darum, daß man Diefes ge 
fährlichen Lebend müde werde, und hinaus in val 
ewige Vaterland gedenke. Denn wer gehet doch gern 
auf einem fchlüpferigen Wege, da man kaum ven 

. Sand. faffen und halten fann? Und zwar, wo GO 
der HErr feine liebe Kinder nicht bei der Hand füßs 
rete, fo würden fie manchen ſchweren Kal thun 
Denn fie haben gar zu viel Reizungen innerlich und 
äußerlich. - Ihre Herzen ‚find wie Stroh, das leicht 
Tann angezündet werden, und der Zeufel hilft auch 
Dazu. 

ie man aber bawider, als ein: chriftliher Ri 

ter, ritterlih flreiten foll, wollen wir itzt im 1 Ce 
Bi des eriten Theils dieſes fiebenten Buchs be 
richten. 


Der l Cheie 
Bon der wahren Chriften tugendreihem Leben. 


Warum muß ich hievon auch noch recht unterrichtet 
werben ? 


—88 E⸗ find zween Puncte in heiliger goͤttlicher Schrif, 
—* vor darauf ſich ein jeder Chriſt, damit er ſie wohl lerne, 
PA mit ganzem Fleiß und Ernft begeben. Der Erfte iſt 
fers Epri: das wahre Erfenntniß Chrifti, oder die hohen Wohl 
* thaten JEſu Chriſti, welche er und durch feinen bit 
ums. tern Tod erworben bat. 
Der Andere ift das Erfenntniß eined gottfeligen 
X... Lebens, wie man bier auf Erden ein Gtt wohl 
“ gefälliges Leben führen fol. Bon dem erften fahrer 
bet St. Paulus‘ Eph. 1. alfo: Der GOtt unfers | 
Herrn JEſu Ehrifti, und der Vater der Herrlidı 
Reit, gebe euch den Geift der Weisheit und der Of 
‚ fenbarung, daß ihr erfennen möget, welche da ſey 


i 
} 





der mahren. Chriſten. J 449 


ie Hoffnung eures Berufs; und welder fey der 
Reihthum feines gerrücen Erbes an feinen Heil 
zen. Und Eap. 3.: Ich beuge meine Knie gegen 
em Vater unſers HErrn JEſu Chriſti, der der 
echte Vater. iſt, daß ihr begreifen moͤget mit allen 


Heiligen, welches da ſey die Breite und die Länge, . 


ie Tiefe und Höhe, nemlich, der Weisheit des heis 
igen Evangelii, oder aller Wohlthaten JEſu Chriſti. 
Bon tem andern aber, nemlid), von dem Erkennt⸗ 
niß eines gottfeligen Lebens, feßet er Diefe Worte : 
Say. 5: Seyd nicht unverſtaͤndig, ſondern verſtaͤn⸗ 
ig, was da ſey des HErrn Wille, daß ihr follet 
yerlig und unfträflic; feyn für ihm in der Liebe, Sepp | 
inter einander freunplich, herzlich und vergebet einer 
em andern, gleichwie GOtt euch vergeben bat in 
Shrifto. Und abermal: Saufet euch nicht voll Weing, 
araus ein unordentlich Weſen folget, fondern wers 
‚et voll Geiſtes, und redet unter einander von Pfals 
nen und Lobgefaͤngen: Schandbare Worte aber und . 
Rarrentheidungen laſſet von euch nicht gefaget wer⸗ 
en, und betrübet ven heiligen Geift nicht. Zum 
oraus meidet Hurerei und Den Geiz, denn ihr feyd 
ad heilige Bolt GOttes, gefhaffen in Chriſto JEſu 
u guten Werken. 

Bon dem erften Punct ift bis daher ſattſam Be⸗ 
icht geſchehen: Der andere aber iſt nur insgemein 
m 9 Capitel des Buchs beruͤhret, derowegen muß 
»avon noch eigentlicher Unterricht gegeben werden: 
Denn ed iſt dem heiligen chriſtlichen Glauben eine 
woße Unehre und Schandflecken, wenn man. nidt 
hriftlich und Dem Glauben gemäß lebet. Ja, ver 
rat feinen Glauben, wer nicht ded Glaubens Früchte 

n feinem Leben beweifet, und ift in der That nichts 
Ieffer, denn ein Heide, ob er gleich den chriſtlichen 
Rumen führet, wie St. Paulus Epheſ. 4, ſchreibet: 
So ſage ich nun und zeuge in dem HErrn, daß ihr 
sicht wandelt, wie die andern Heiden wandeln in Der 
Eitelkeit ihres Sinnes, welcher Berftand verfinftert 





246 Vom tugendreichen Leben 


iſt, und find entfremdet von dem Leben, daß au 
GOtt ift, durd die. Unmiffenheit, fo in ihnen it 

durch die Blindheit ihres Herzens, welche ruchle 
find, und ergeben fih ver Unzucht, treiben allerla 
Unreinigfeit, famt dem Geiz. hr aber habet Chn 
ftum nicht alfo gelernet, fo ihr anders von ihm ae 
böret habet, und in ihm gelehret feyd, wie in SEi 
ein rechtſchaffen Wefen iſt. Demnach, wer ein rede 
fhaffener Chriſt Jeyn will und Chriftum redyt geim 
net bat, muß nicht mehr heidniſch, fondern chriſtliq 
leben. ' | 


| Das I Capitel. | 
1. Wie follen rechtſchaffene Chriſten recht chriſtlich Ichen? 


Eichen, follen ihren Augen, Gedanken und Lüften nich 
weitihenfolgen,, fondern ſich mit den allevvernünftigiten um 
Re Rrebg eiligften Gedanken aufhalten, und wider vie Luft 
ftreiten. Laß dich, lieber Menfh, durch deine Au 
nicht übermältigen, noch in Sünde ſtuͤrzen. aß 
nicht, Das rathe ih dir. Halte did feſt: Gicht 
wie .ein Mann. Denn Faͤlle bringen Unrath us 

Ä Schmerzen. | 
urſachen Wille du dem Teufel im Gewiſſen und die Ri 
N eklabeit auf den: Halfe haben, fo falle. Willt du aber Ftick 
"und ein füfles Leben haben, fo ſtehe. Denn das iß 
die rechte Wolluft, feine Unluft von der rechten Vel— 
luft haben. Das üt ein edles Paradies, von keinc 
groben Außerlihen Sünde beunrupiget werden. Ui 
annft den Teufel und die Welt nicht beſſer verirch 
und bift auch für GOttes varerliher Ruthe vet 
fiherer. Denn das ift gewißlich wahr, daß SCH 
ob er wohl feine Gnade von feinen lieben auserwaͤblb 
ten Rindern nicht. wendet, wenn fie etwa irren, fir 
cheln und fallen, ‚fie dennoch gleichwohl vaͤterlich 
heimfuchet und ſtrafet, entweder innerlich mit einer 
heftigen Zerknirſchung, oder aber mit einer Außer 


— — — ou -- m — — — 


der wahren Chriſten. 447° 


hen und leiblihen Strafe, wenn fie die Gebote feines 
Beiftes verlaffen, und in feinen Wegen nicht wans 
eln, wie der 98. Pſalm ausweifet, auf daß fie fi 
rfennen, demüthiger, vorfidtiger und frömmer wers 
ven. 


Weil auch die lieben Chriſten für allen ‚andern 


Dienfchen ſonderliche hohe Leute find, erlöfet von al- 
em Schaden, darin fie Adam gebradit, und in vos 
ige Herrlichkeit geſetzet, die fie vor dem Hall hatten, 
ft es billig und recht, daß fie nicht ſchlecht dahin le⸗ 
en, wie andere Heiden, fondern herrlich, wie Chris 
ten ihrem hohen Stande würdig. Daher führet ©t. 
Paulus viefe Ermahnung, da er ſchreibet Ephef. A, 


ych ermahne eud lieben Brüder, daß ihr 


pandelt würdiglid eurem Beruf, dDarinnen 


br berufen feyd. Ob er fagen wollte: Ihr ſeyd 


zerecht, und GOttes liebe Kinder, und feyd berufen 
um ewigen Leben, darum wendet Fleiß an, daß ihr 
such ein ſolch Leben führet, welches eurer Herrlich: 


keit und eurem Beruf geziemet. Und in verfelben 
Spiftel Cap. 5: Wanpdelt fürfihtiglid, das iſt, 


ws bobem Verſtande des Geiftes GOttes, wie ſich 
3 eigmet und gebühret. Phil. 2. ſpricht er, daß. die 


ieben Chriften in ihrem Leben daher “leuchten follen, 


vie Sonne und Mond, und andere helle Lichter, 


daß ſich ein jeder ihres Glaubens fegne und vers 


mundere, 


2. Zu Verbätung alles Unfalls will ich gerne in der Furcht 
GOttes gottfelig leben, wenn ich nur wiffen möchte, wel⸗ 
ches die feligen Werke feye, die Gott” fordert und if 
gefallen laͤſſet? | 


Solche Werke ſind nicht dieſelben, welche die Selig⸗ erde 


Chriſtum verdienet, und iſt ſchon da bei allen wahren ©! teit 


Thriſten: fondern Die, welche aus Der Freude Der found 


feit verdienen wollen: venn viefelbe ift ſchon Durch 


tum. _. it 


ni . 


” 


a Dom tugendreichen Leben 


diefelde ewigen Seligkeit herflieffen und die Seligkeit beze 
begengen. gen, Denn was nicht aus diefem Brunnen quille 
das gefället GOtt nicht: Wer etwas Gutes thut, d 
muß es fo thun, als einer, der in Chrifto iſt, un 
von GOtt Herzlich geliebet wird. Mit einem foldye 
Herzen muß man auss und eingehen, und dem Näd 


ften Wohlthat erzeigen. | 


3. &rfläre mir dies etwas deutlicher, bamit ich infonbe 
heit wifle, welche Werke GOtt gefallen, und wie ich 
"echt gottfelig leben koͤnne? 


1. £iebe Wenn du GOtt mit deinen Werfen gefallen, um 
Gott, recht gottfelig leben willt, fo liebe und fürchte 
Erftlih für allen Dingen deinen GOtt von gaw 
. zem Herzen und von ganzer Geele: Denn er bel 
und fo hoch .geliebet, daß er feined einigen Sohn 
nicht verfhonet bat, fondern ihn für und dahin ge 
geben, daß er und erlöfete, und hat und für fein 
Kinder angenommen, und.feine Ziebe in und ausge 
goffen durch feinen heiligen Geift, und träget und in 
feinen Händen, und frönet und mit Segen, ja thut 
täglih Wunder an und. Co ift ja zumal billig, daß 
wir ihn wiederum von Herzen lieb haben, ehren und 
fürchten, wie er Malady. 1. ſpricht: Soll ein Sohr 
feinen Bater niht lieben und ehren, um 
ein Knecht feinen Herrn nicht fürdten? Bu 
ih nun Bater, wo ift meine Liebe und Ch 
re? Bin ih Herr, wo ift meine Furcht? De 
gleichen. Johannes in feiner 1 Epiftel, Cap. 4. Kind 
lein, laffet und GOtt lieben, denn er hal 
uns erſt geliebet, Wer in der Liebe bleibt 
der bleibet in GOtt. Denn OOStt iſt. dit 
Liebe, Das aber fann niemand thun, ed fey dem 
Sache, daß das Teuer der Liebe GOttes von oh 
berab durch den heiligen Geift in unfern Herzen «# 
gezündet werde. Das Wollen koͤnnen wir wohl be 
beh, aber das Vollbringen nicht, wo es und ve 





F 


...-_ . .— — u A ET TT 


der wahren Chriſten. 449 


den Geiſt der Liebe nicht gegeben wird, Es ift aber 
ein fuffes Ding um die Liebe GOtted, wenn man. 
darin wandeln mag. Es iſt .ein groß Stud vom 
ewigen Leben, warum man Ott täglid billig ans 
anrufen fol: O HErr BDtt! der du mid gelichet 
haft, und noch liebeit, wie dein Herz und Augapfelt 
©id Gnade, daß ich ‚did und deinen lieben Sohn 
möge von Herzen lieb haben, und in ſolchem lieblie 
chen Feuer wachen und ſchlafen, leben und fterben, 
auch wenn du zuweilen etwas unjanft angreifelt, und 
folägeft ‚mein Herz ans Creuz. Denn du willt mid) 
noch nicht kuſſen, du haft mich denn vor verwundet, 
Die Verwundeten feßeft vu auf Deinen Schooß und 
beileft fie freundlich, und tröftelt fie wunderlih, und 
küſſeſt fie‘ lieblich. 

Wer alſo durch die Liebe in GOtt bleibet, und 
GOtt in ihm bleibet, der hat die Zuſage, daß ibm 
hohe Dinge follen offenbaret werden, und ihm mie 
derfahren foll alles, was er bittet, und daß er nah - 
einem engen Raum auf ein weit und luftig Feld 
fommen foll, da eitel Roſen wachen, und eitel Freude 
und Wonne ift, wie Chriſtus faget, Job. 14 u. 15. 
Wer Luft zu lejen bat, der lefe diefe Capitel,, Wer 
aber GOtt fürchtet in allem feinem Thun und Laſ⸗ 
fen, dem muß ed wohl geben: Und ob es ihm gleih 
zuweilen übel gebet, fo muß Das Uebel feines Glau⸗ 
bens und Gebets Uebung feyn, und er muß: wieders. 
um berfür brechen, wie Die Morgenröihe, wenn er 
auch mit viel taufend Laften alles Jammers und 
Elends beladen wäre 


4. Bat fol ich mehr chun? — 


Sa fürs andere auch fröhlich in deinem GOtt, und 9.6 
erzeige Dich ihm dankbar. Denn fo ſpricht der heilige — 
Geiſt durch den Mund Davids, Pfalm 47: Klap har. ’ 
pet mit Händen, alle Bälfer, und jauchzet 
GOtt mis froͤhlichem Schall Wenn ein Erik 

Ä 22 J 


40 Dom tugendreichen Leben 


des Morgens erwachet, und ſich der Gnade GOttes 
in Chrifto erinnert, oder fonft das Wort ver Gnade 
gehöret hat, fo fol fich feine Seele aus aller Trau 
rigkeit in die böcfle Freude GOttes erheben. Gein 
Herz fol fo fröhlich feyn, als eines Engeld Herz 
ja GOtted Herz tft, denn er iſt nun ein Engel und 
GOttes Kind, er bat es eben fo gut, als es die 
Engel im Himmel haben: Sünde, "Zorn, Teufel, 
Tod und alles, was Traurigkeit ın ihm verurfachen 
Eönnte, iſt durch die Taufe gänzlich von ihm genoms 
men, und er ıft die hoͤchſte Herrlichfeit, beive der 
Gerechtigkeit, der Gnade und des Lebend geſetzet. 
Und ob er noch wohl hier in der Welt ift, unter 
dent Teufel und boͤſen Menfhen, fo weiß er vod, 
daß ihn. GDtt wider alle Xyrannei mit feiner Hand 
bevedet, und ihm ein ficher Geleit gegeben bat: va 
ihm auch fonft feine Armuth und Krankheit zum Bes 
ften dienen müffe. Er fol auch feine Harfe in vie 
- Hand nehmen, und darauf GOtt ſuͤßiglich fpielem. 
Er foll inwendig und auswendig GOtt fingen, wie 
alle Pfalmen lehren, und feine Kinder von (jugend 
auf zu ſolchem ottespienft gewöhnen. Denn Died 
ift der Gottesdienft ded neuen Teſtaments, an wel 
chem GOtt und alle feine Engel ein herzliches Vohl⸗ 
- gefallen haben, 5 
Wenn eine hohe adelihe oder fürftlihe Perfon 
mit den Knieen auf einem fanften Politer ſitzet, und 
bat ihre fürftlihe Kinder am fih ber, und preiet 
GOStt in feiner Gnade, betet auch, und bittet um 
Abwendung des großen Ungluͤcks, welches der undank⸗ 
baren Welt für der Thür balt, das iſt im Himmel 
fo. ein lieblich Spektakel, daß auch dem Sohn GO 
tes darüber die heiſſen Thraͤnen vor Freude und Lich 
aus den Augen fallen. Aber es ift bei vielen Schandt 
worden, folhes zu thun: Darum ſchaͤmet ſich GEH 
unfer wiederum, und wird fi feiner Veraͤchter ſchaͤ— 
men in Ewigfeit. Denn zu dem Ende find wir: durch 
Chriſtum erlöfet, und zu dem Ende hat uns GOu 


+1 
der wahren Chriften. — 351 


I für feine Kinder angenommen, nicht zwar, daß wir 
‚ihn mit den Teufeln verachten, fondern mit feinen 
« lieben Engeln. chren, rühmen und preifen ſollen. Wer 
dem HErrn nicht danket alle Tage um feiner Gnade 
; und Güte willen, der iſt des HErrn nicht werth. 
„ Ein folher wird im Abgrund der Hölle heulen müfs 
‚ fen. zu ewiger Ewigkeit, und deſſen keinen Dank ha⸗ 
: ben. Denn GDtt hat es allzuboh um uns ver⸗ 
ſchuldet. | e 
N 

r 85. Was fordert GO mehr von und? 


Mer GOtt recht dienen will, der fey fürs britted; Seh beie 
heilig an Leib und Seele, und widerftrebe aller Brunftuaeer 
und Luft durch Keufchheit, und durch ein ernſtes 
. Gebet. Ariftotelid Tochter, da fie gefraget ward, 
welches doch die fehönfte Farbe wäre, antwortete fie, 
Die Roſenfarbe. Denn Schaam: zieret einen jungen 
Menſchen, ja. alle Menſchen am meiften. Ein juns 
ger Menfh ſoll fo vol Schaam feyn, wie eine Roſe 
voll Roͤthe ift. Ä - | 
Ein ſchamhaftiger Menſch ift einer- fchönen und . 
rothen Rofe gleich, und ift aller Ehren werth. Schwer⸗ 
li aber kann ein Menſch- Heilig feyn, wo er nicht 
mäßig dabei ift, | 


— — — — wm - 


6. Was will mir mehr gebühren® 


Sum vierten fey auch fein aufrihtig und rechtfertig. 8FM 
in allen Sachen. Ein doppelt und falſch Herz taus in alen 
get nıchts Liebe und Treue aber tauget, und gefaͤl⸗Sadqben. 
let GOtt im Himmel, Laß deinen NRädften in fer . 
nen Würden bleiben, rede das Liebfte von ihm, und 
thue ihm Gutes. Titus Veſpaſianus machte ihm tägs 
lich einen neuen freund, fo thue du ihm auch. Es 
ſoll dir eine große Freude ſeyn, wenn du dich um 
jemand wohl verdienet haft. Hüte did, daß du deis 
ned Bortheils halben ja niemand zu nabe ſeyſt. Denn 


U 


‚452 Vom tugendreichen Leben 


wir ſind Bruͤder unter einander. Wer aber unrecht 
thut, der verfehret fein Gewiſſen, und hindert fein 
Gebet, und giebt dem Teufel Urſach zur Anfechtung, 
und ladet die Welt auf ven Hals, und verurface 
GOtt den Vater zur Strafe. Denn obwohl GEOtt 
Vater ift, fo kann er doch gleichwohl das unrechtfen 
tige Weſen feiner Kinder ungeftrafet laſſen, wie Et. 
Naulus 1 Theil. 4, ſchreibet, und die tägliche Er 


» 


fahrung giebet. | 


7. Bas foll ich mehr than? 


E⸗ iſt auch zum fünften eines wahren Chriſten groͤ— 
Befte und Höchfte Luſt und Freude andern dienen. 
Died machet der heilige Geift, weldyer in ihnen if. 
Der machet der Glaubigen Herz füfle und wohb 
thätig gegen jedermann. Und es iſt auch GOttes 
Mille, daß feine neugeborne Kinderlein gute Bäume 
und friſche Brünnlein ſeyn füllen, wie ver HEn 
Chriſtus fpriht Luc. 6. Seyd barmberzig, wie 
euer Bater barmberzig iſt. Gebet, fo wird 
eucd gegeben. Thut wohl und leihet, daß 
ihr nichts dafür hoffet, fo wird euer Lohn 
aroß feyn. Deögleihen St. Paulus Röm. 12. 
Nehmet eudh der Heiligen Rothdurft an, 
berberget gerne. Ä ’ 
Decenn was ſoll ein Menfh in der Welt machen, 
wo er andern nicht dienen fol? Er wäre lieber tobt. 
Wie denn auch folhen unfruchtdaren Bäumen gedränt 
wird, Daß fie bald follen abgehauen werden; vens 
GOtt ift feinem NRülzen und Filzen gut. 

Die Welt, des Teufeld Braut, raffet- und reife 
zu fih, was fie nur erhaſchen fann: Wenn fle abe 
alles hat, fo fiehet fie fauer aus, und will Hungen 
fterben,, feufzet und klaget, als hätte fie nichts, und 
Tafjet ven lieben Lazarum ungetröftet von ihr gehen. 
Darum fpeiet fie GOtt wiederum an, ald ein um 
flätiges Schwein, und läffet fie ſchlachten. Aber ſeint 


ber wahren Ehriften, 655 


Rinder geben lieber, denn daß fie nehmen. Darum 
iſt er ihnen von Herzen hold, und gefegnet fie bis 
ins Dritte und vierte Glied. Das Glüd der Chriften 
(muß beftändig feyn, und währen von Kind zu Rind, 
Denn fie find die Gefegneten des HErrn, fie find 
Bäume, gepflanzet an die Waflerbähe GOttes, wels 
ce immer frifh und grün find. Denn fie haben 
Luft, gute Fruͤchte zu tragen, GOtt folget ihrer 
Luft, und ſchenket ihnen immer mehr und mehr ein, 
der Born ihrer Wohlthätigkeit muß immer voll bleis 
ben, und einen Fluß nad dem andern herfür geben, 





— 


8. Was fordert EOtt mehr von feinen Kindern? . 


Er will auch endlich, daß ein Chriſt in allem Teig. en ge⸗ 

ben ſtark und gedultig ſey. Wer getaufet iſt, der dydini 

wird wohl in die Gemeinſchaft der Heiligen und in 

alle Guͤter Chriſti getaufet, aber doch auch gleich in 
den Tod JEſu Chriſti, wie St. Paulus ſpricht 

Roͤm. 6. Er fchide fih nur zu allem Leiven JEſu 

Chriſti. Die Welt ift wohl dafür behütet, aber ein 

Ehrift niht. Denn es ift befchloflen im Rath ver 

heiligen Dreieinigleit, daß die Kinder der ewigen 

Herrlichkeit des Teufels und der Welt Feindſchaft, 

Schmach, Berfolgung und Herzeleid, und endlich 
den bittern Tod leiden follen. Durch dieſen Weg fol 

len fie eingehen zur ewigen Seligkeit, gleichwie die ans 
dern zur Freude in die Hölle fahren muͤſſen. Das 

alles fol nun ein Chrift leiden, und Gott von Her 

zen dafür danken. Es fol ihm wohl thun, Daß er 

ſtets auf dem Wege des heiligen Creuzes gefunden 

wird. Denn ed fället ihnen doch Fein Härlein yom 
Haupt ohne GOtted Rath. 

Wenn eine Gemeine von wegen Beradıtung Des 

heiligen. Evangelüi zur Strafe reif ift, fo muß fie ih⸗ 

rem Lehrer groß Herzeleid anthun, fie fichet nicht, 

was fie thut, fondern nur was jener leidet, da doch 

Dies Spiel ihr gilt, Alſo it ed mit andern fiommn 


+4 





ne, _ 


nr — mo 


54 Vom tugenbreichen Leben 


Merfonen auch. Wenn ein Dann, Frau, Jungfrau, 
Schmach und Herzeleiv leidet, das gilt ihren Fein⸗ 
den, Denn fie müillen ſich alfo vergreifen, auf Daß 


ſie defto redlicher geftrafet werden. Wenn nun Greuz 


Da ift, welches zwar wehe thut,, fo foll der Menſch 
ſich verleugnen, und es willig und gerne leiden: Soll 
aber den Pfalter indeß für vie Hand nehmen, und 
ernftlih beten, fol feine Stärke, Troft und Freude 
aus Chriſto ſuchen, fol feine Hoffnung feßen auf 
die Herrlichkeit des ewigen Lebens; wie einem Dem 
der Muth der Fünftigen Herrlichkeit maͤchtiglich waͤch⸗ 
fet, wenn man diefer Welt tod if. Wer- hier Feine 


bleibende Stätte bat,  fondern ded Todes immer ger 


wärtig iſt, der träget die Süßigleit bed ewigen Les 


bens allbereitd in feinem Herzen. Er ſitzet allbereits 


unter den Engeln und ſchauet GOttes Angeſicht. 
Seine Freude ift höher, denn feine Vernunft, Je⸗ 


doch ift GOtt getreu, welcher den Seinen nit mehr 


will auflegen, als fie ertragen Tonnen. Wenn der 
Pſalter ihr worden iſt, daß fie nun alle Urfady ſelbſt 
wohl verftehen, und auf ſich deuten koͤnnen, fo hoͤ⸗ 
vet GOtt auf. Es ift nun genug, mein lieber Sohn! 
Sch babe dir die Augen aufgethan, und neuen Ber: 


ſtand gegeben, gehe nur hin, und, lies die Bibel frucht⸗ 


barlıh, du bit nun David und Job worden: Was 
in ihre Anfechtung gehöret, das ift von dir gefchries 
ben: Denn mein Geift hat dich erfannt, ehe Du ges 
boren bift, - 

Wer ſich nun alfo verläugnet, und täglich durch 


den heiligen Geift GOtt aufgeopfert bat, der thut 


den Willen. GOttes, und ſtehet für ihm im beiligen 
Shmud, und it GOtt ein füfler Geruch. Ale 
Engel bereiten ihm Kraͤnze und Kronen, bamit fie 
ihn zieren am Tage aller Heiligen Herrlichkeit, 


ber wahren Chriſten. - 455 


9 Wie fol ich dieſe und dergleichen GOtt wohlgefällige 

| Werke recht üben? | ZZ 
Erſtlich ſollen die guten Werke freiwillig und ohne ri de 
Zwang gefiheben, darum, Daß wir fo einen gnädigen 
Vater haben, der und fo mannigfaltige Gnade erzei 
get hat, durch feinen lieben Sohn Ehriftum, das ift, 
GOtt zu ehren, und dem Naͤchſten zum Nutzen. 
‚Denn ein Shrift fol ihm nicht leben, fondern feinem 
"Nächten. Er foll ein guter Baum feyn, welcher 
allen Menſchen gute Früchte träget: Wozu man ihn 
haben will, fol er fidy gebrauchen laffen, willig und 
gerne: Es fol feine Luft feyn, daß er andern hülf⸗ 
lich und förderlich feyn möge, und ſich gleich grämen, 
wo etwan ein Tag fürüber gegangen ift, an welchem 
‘er feine Seele erfreuet hat. Wer aber einem Chris 
flen dienet, der bienet einer boben Perſon in dem 
Herrn Ehrifto felbft, welcher die Slaubigen für feine 
— erkennet, und wird deſſen reiche Belohnung 
ha 





en. 

Welcher aber alles unwillig thut, und denen heim⸗ 
lich fluchet, welcher er oͤffentlich dienet, der thut nichts 
für GOtt. Denn GDtt will ein willig Opfer ha⸗ 
ben, oder will Feines haben. Die Werle der Chris 

ſten müffen aus Liebe herflieſſen, oder fie find nicht 
gut oder löblih, wenn fie auch der ganze Gehorfem 
bes Geſetzes wären. | 


10. Was gehöret mehr dazu ? | 


Hernach fol ein Chriſt ganz rund und volllommen?-Aufrids 
am Berftande, am Glauben, göttliher Gnade an x 
ber innerlichen Freude, an der Großmaͤchtigkeit, an 
der Liebe und im ganzen Leben feyn. Er foll Fein 
- falfcher Heuchler feyn, welder anders fcheinet, als 
er ift. Aufrichtig foll er feyn und wahrhaftig. Denn 
. &DOtt will Feine hinkende Heiligen in feinem Reich 
haben, Alles fol an und gefund feyn, der Verftand 
gefund, des Blaube gejund, das Herz gefund, das 


FE 





f . 
. 
— 
— 


ass Dom tugendreichen Leben - 


Kenntniß gefund. Fuͤrnemlich aber fol fi ein Chriſt 
biezu gewöhnen, daß er ein feiner, beherzter, wahrs 
haftiger, nüchterner, reiner, züchtiger, ehrbarer, ges 
rechter, friedjamer, fröhlicher und wohlthätiger Menſch 
ſey. Ein Chriſt fol alle. berühmte Heiden mit Tu⸗ 
genden übertreffen: Denn er bat die rechte Wurzel, 
die innerlihe Kraft, daß er es wohl thun fann. Er 
bat in ihm den heiligen Geift, den Born der Weis 
heit, und aller chriftlihen Tugenden. - | 

Zu Diefem Ende hat und Chriſtus von allen Süns 
Den erlöfet, auf daß wir und dadurd in Liebe und 
Daenkbarkeit ermuntern, neue Greaturen werden, und 
ihm dienen follen ohne Furcht der Strafe, und ger 
ſuchten Lohn, freiwillig, mit Luft und Liebe unfer 
Eebenlang, in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die ihm 
gefällig ıft, Luc. 1. ' Bu 

Denn dafür follen wir und halten, daß uns Chris 
ſtus nicht Darum Diefen hohen Schatz unferer ewigen 
‚Erlöfung durd fein Blut erworben, und im Sacra⸗ 
ment der Taufe gefchenfet habe, daß wir fein mißs 
braudyen, und unjern LZüften ficherlid ven Zaum laß 
fen und folgen follten: Nein, nein, das ift nicht 
‚der Rath GOttes, fondern, daß wir vielmehr dars 
um von.ihm fo tbeuer erlöfet feyn, daß wir hinfort 
fein Eigenthum und fein beiliged Bolt feyn follen 
ewig, und brünitig zu allen guten Werfen, Tit. 2% 
Es ift erjchienen die beilfame Gnade GOt— 
tes allen Menfhen, und züchtiget und, daf 
wir follen verläugnen das ungsttlide Ve 
fen, und die weltlidhe Lüfte, und züdtig 
gerecht und gottfelig leben in diefer Welt, 
und warten auf die felige Hoffnung de 
Herrlicleit des Zroßen GOttes, und ur 
ſers Heilandes JEſu Ebrifti, der ſich jelßk 
für ung gegeben bat, auf Daß er ung erik 
fete von aller Ungeredhsigfeit, und reinigt 
ihm feloft ein Volk zum Eigenthum, del 
- fleißig wäre zu guten Werten, 


der wahren Chriften. 457 


Ya, die Wohlthaten JEſu Eprifti im Wort ges _ 
‚ prediget, zünden in uns an Liebe und. Gehorfam 
Ehrüti, daß ein Menſch nie ven &ünvden feinder, 
- und zu allen chriftlihen Tugenden williger und auch 
geſchickter it, denn eben zu der Zeit, wenn ihm die 
Wohlthaten Chrifti durchs Wort fürgetragen werden. 
Da ſchmelzet ihm gleich dad Herz von großer Liebe 
Chrifti, und wollte gerne mit jedermann Freundſchaft 
balten. Denn ein Herz, das fröhlid it in Verge⸗ 
bung der Suͤnden, das ift auch fromm und freund» 
lich gegen GOtt und Menfhen, und wollte gerne 
jedermann dienen: Das machet der heilige Geiſt, wels 
hen dad Evangelium mit fi) bringet im Lefen, Hoͤ⸗ 
ren und Betrachten, der wirfet ſolche neue Wörter 
in den glaubigen Herzen: Und folchen heiligen und 
feurigen Muth nadı dem Gefeh zu leben und jeder 
mann zu dienen, fiebet GOtt an für einen vollfom: 
menen Gehorſam, und Erönet ihn mit feinem ewigen 
Segen. Daß aber nit alle Ehriften gleich feurig 
—* ‚ koͤmmt daher, daß fie nicht alle gleich glaubig 
ind, - | Ä 


11. Was Höre ich? Erwecket das Evangelium unfer Herz 
fo ſtark zu guten freiwilligen Werken, fo muͤſſen die 
Papiſten große Lügner und Läfterer ſeyn, die 
folched vernehmen ? 


Freilich iſt dem alſo, fie thun dem Evangelio uns 
guͤtlich, daß fie ſagen, ed mache die Leute lͤß. Es 
machet die Leute luſtig, und erwecket in ihnen neuen 
Gehorſam, den ſonſt das Geſetz nicht haͤtte erzwin⸗ 
gen koͤnnen, wie Paulus ſaget Roͤm. 3. Heben wir 
dad Geſetz auf durch den Glauben? Nein: ſondern 
wir richten es auf. Es thun uns auch die Papiſten 
Gewalt und Unrecht, daß ſie ſchreien, wir verbieten 
gute Werke. Wir verbieten ſie nicht, ſondern lehren 
nur, Daß uns OOtt für gerecht achte aus Gnaden. 
ohne Zuthun unſerer Werke, um des Bluts JEÊſu 


056 Bom tugenbreihen Leben 


Ebhriſti willen, und ermahnen darnach die Leute zu 
rechtſchaffenen guten Werfen, ald zur Zucht und Liebe. 
Denn ob wir wohl wiffen, daß die Chriften Tempel 
find des heiligen Seiftes, der in: ihnen berrfchet, den⸗ 
fet, redet und thut alles, was fie denken, reden und 
thun follen, und fie treibet durch feine innerliche Ans 
segung zu allen guten Werfen, einen jeden in feinem 
Stande: fo unterlaffen wir ed. gleichwohl nicht, fons 
dern bitten,’ ermahnen und reizen diefelben Chriſten 
zu guten Werken und Verhütung der Sünde, damit 
der heilige Geiſt in ihnen nicht betrübet, des Gewiſ⸗ 
fend Friede nicht zeritöret, dad Gebet nicht verhin⸗ 
dert, und GOtt Bater zu gebührlicher Strafe nicht 
‚verurfachet wird. Denn wie Auguſtinus fpricht, Tract. 

. 77. in Joh. Zreuberzige Ermahnungen erweden den 
Muth, und gehören mit zu der Gnade des Heiligen 
Geiſtes. u | 

- Die aber ruchlos find, und die vom heiligen Geiſt 
nicht getrieben werden, die ftrafen wir, und ermah⸗ 
‚nen fie hart, ob fie Dadurch koͤnnten im Zaum ges 
balten werden, und anders Sinnes werden, wir bit 
ten für fie in Langmuͤthigkeit, oder befehlen fie dem 
Schwerdt, welches der Obrigkeit von GOtt zu Erbab 

- tung guter Difeiplin in die Hand gegeben tft, welche 
Obrigkeit venn auch nicht fehlafen, und nur allein 
mit Geldſachen fol zu fchaffen haben, fondern frich 
um fi feben in alle Winkel, und daß glänzende 

Schwerdt zuweilen redlich leuchten und walten laffen. 


12. Dringet alfo Luther auf bie guten Werke? 


Wir bekennen auch, ſchreibet er in der Kirchenpoſtill 
am Himmelfahrtstag, S. 44. und habens allezeit 
„gelehret, Daß man ſoll gute Werke lehren und thun. 
AUnd daß fie dem Glauben folgen muͤſſen, daß auch, 
| wo fie nicht folgen, der Glaube nicht rechtſchaffen 
ıfey. Darum fchlieffet Die Lehre vom Glauben gute 
Werke nicht aus, ald dürften oder follten fie nicht da 


— 


ber wahren Chriſten. 459 


ſeyn. Und ſie nicht vie Frage hievon, ob man. güte 
Merle thun fol oder nicht, fondern.. bier theilet ſichs 
und muß mit Unterfhien gelehret werden, was jenes 

dieſer beiden Stuͤcke inſonderheit thue und vermöge, 


Das U. Capitel. 


1. Ich möchte nun wohl gerne vernehmen, warum man J 
gute Werke thun fol? 


Erſtlich darum, weil uns Ehriftus Dazu alſet bat, 
“ wie furz zuvor berichtet, 

Zum andern auch Darum, weil wir des heili em 
Geiſtes Wohnung find. Denn wen BDtt feine 
rechtigkeit und Gnade ſchenket, demfelbigen fhenfet 
er auch den. heiligen Geiſt, ‚und machet aus ihnen 
“einen lebendigen. Tempel GOttes, wie St, Paulus 
1 Cor. 3, ſpricht: Wiſſet ihr nicht, Daß ihr 
Tempel GOttes feyd, und der Geiſt GOt⸗ 

tes in euch wohnet? Dies geſchiehet auch in der 
Taufe. Denn fo bafd ein auserwählter glaubiger 
Menſch mit vem Taufwaſſer begoffen wird, empfähet 
er von GOtt den heili igen Geiſt, und wird des bei 
ligen Geiſtes voll, wie St, Paulus bezeuget, Tit. 3, 
GOtt bat feinen heiligen Geift über uns 
reichlich außgegoffen, durch Das Bad. der 
Wiedergeburt, Da ift denn der Menih eine 
neue, himmliſche, göttlihe und heilige Ereatur GO 
ted, und ift Gottes Luft und Freude, Welches Ger 
heimniß ihr, lieben Leute, wohl willen müffet, damit 
ihr euch ſolchem eurem neuen Stande und Wefen. 

‚gemäß balten möget in eurem ganzen Leben, -Denn 
“wer bied wohl weiß und beberziget, der kann nicht _ 


sülzig noch tölpifch leben, fondern er muß ſich für . 


feiner felbft eigenen Majeftät fcheuen, 

Zum dritten foll man auch darum gottfelig feben, 
weil GOtt der HErr uns fo nahe it, daß wir ihn 
‚mit der Hand wohl greifen möcten. Denn er if 


‚460 Vom tugendreichen Leben 


ein ewiges unermeßliches Licht, in welchem wir wan⸗ 
deln. Darum ſollen wir ihn ſtets für Augen haben, 
und nad feinem ‚Willen leben, Seine Augen find 
immer auf unfer Herz gerichtet: derowegen foll unfer 
Her; in Furchten feyn, und fich aller Unreinigfeit 
und Ungerechtigkeit enthalten, 

° Unfer Herr Chriftus ift und auch fehr nahe. Er 
wohnet nicht allein mit und in unfern. Häufern, fon 
dern auch mitten in unfern Herzen, wie St. Paulus 
Ephef. 3. begeuget, da er fpriht: Daß er darum 
in die Höhe gefahren fey, auf daß er alles 
erfülle.- Derowegen fol! man ſich auch für feiner 
boden Majeftät fcheuen und fürfichtiglid wandeln, 
nad, feinen heiligen Willen, in dem Geift, der und 
gegeben ift, wie. ver Apoftel weitläuftig Ichret Epheſ. 

5 Welches die Trunkenbolde, und andere fleifchliche 
Leute oft leſen follten, fürnehmlidy, weil wir wiffen, 
dag wir alle erſcheinen nrüflen für dem Richterſtuhl 
JEſu Ehrifti. Hieher gehöret auch der Spruch 1 Theſſ. 
3. Gott ſtaͤrke euer Herz, daß ed unſtraͤſ— 
lich ſey in der Herrlichkeit, bis auf Die Zus 
Funft JEſu Ehrifti, famt allen feinen Dev. 

j ıgen 


2. Warum erwähneft du nicht auch der Seligleit? Oder 
bit du etwa in der Meinung, daß man durch bie 
Werke nicht könne felig werben? 


Unſere Manche lehren zwar, daß ein Menſch für GOtt 
Bewifen gerecht und felig werde, nicht durch das ‚bloße Ber | 
f den dienſt JEſu Ehrifti, fondern auch und fürnemlid 

— *3— durch eigne Andacht und gute Werke? Aber es ik 
be. „beides aus GOttes Wort und aus eigener Erfahrung 
am Tage, daß unfere arme Gewiflen feine Ruhe und 
Seligkeit in unfern Werfen finden können. Dens 
gleich ala Die arme Zaube No& auf dem Wafler nit 
fand, da ihr Fuß ruhen konnte, fondern ſich wieder 
30 Den SKaften begeben mußte, Gen. 8. alfo fehen 


der mahren Chriſten. a 


ſich unfere Gewiſſen aud) wohl um nad) guten Wers 
fen und wollten gerne darauf ruhen, aber fie finden . 
keine, die den Stich halten wolle, ja es wird nur 
immer tiefer und tiefer unter ihnen, daß fie endlich 
an allen ihren Werfen verzagen, fi yon Sünden 
und Gerechtigkeit kehren, und allein zum Blut Chrifti 
fi) halten müffen: Da finden fie denn Ruhe und 
uͤberflußige Ruhe. a 
Weil aber die Lügner wider die Wahrheit toben, 
und wollen laufen, da fie doch nicht gehen koͤnnen, 
fo ftechen fie damit dem HErrn Chriſto tiefe Wun⸗ 
den. Denn nichts thut ihm weher in ſeinem Her⸗ 
zen, als daß man ihm ſein Blut ſchaͤnden ſoll, wel⸗ 
ches er zu Abwaſchung unſerer Sünden rein heraus 
aus allen ſeinen Gliedern und Adern verſchuüͤttet und 
vergofien hat: a, daß man feine Gnade verachten 
und der Seelen Seligfeit auf ein Richtiges, wie Jos 
“nad im 2 Cap, faget, gründen foll. 
 - GODtt fey Lob und Dank, daß mir wiſſen, es 
dürfe fein Glaubiger aus Furcht der Hölle, noch 
aus Liebe: des Himmelreichd Guted thun; fintemalen ' ' 
uns der. Himmel tbeuer erfaufet, und unfere Seele 
aus der tiefen Hölle erlöfet ift: fondern aus Dan | 
barkeit, ‚freiwillig. und froͤhlich, ſo lange ein Bluts⸗ 
tropfen in uns iſt, weil wir nicht ſind unſerer ſelbſt, 
ſondern des, der üns erloͤſet hat. 


3. Ic halte dies alles für wahr: Aber ich ſiude, daß 
zwar dazu der Geift willig, das Fleiſch aber Cleider!) als. 
zu ſchwach fey, daher auch die Allerheiligſten gröblich fal⸗ 
len: Deromegen berichte mich, was un. folchem un zu 
thun ſey }. 


Weil der Geiſt, (wie du recht ſageſt) pwar willig, zu 
das Fleiſch aber Kleider!) allzu ſchwach iſt, daß auch 
von deswegen die Allergeiſtreicheſten in ihrem Vor⸗ 
nehmen nicht fortkommen koͤnnen, ſondern durch ihr 


* 


7 


J "462 Dom tugendreichen Leben 


‚ Kleifh verhindert oft vahınten bleiben müffen, je 
oft groͤblich dahin fallen, ift allerdings billig und 


nöthig,, daß fie ſtraks wiederum aufftehen, ſolche Halle 
ertennen, bereuen, und GOtt dem Vater dafür im 


hoͤchſter Demuth herzliche Abbitte thun: Mein lieber 


bimmlifcher Vater, idy bin aus deinem Gehorfam ge 
wichen, ich bin gefallen, ich habe Unrecht gethan, es 
ift mir herzlich leid, verzeihe ed mir, um Deiner vaͤ⸗ 


terlihen Barmherzigkeit willen. Ich will midy durch 


beine Hülfe ferner beffer fürfehen, und mehr Gutes 
thun. "Denn wie Auguftinus im Serm. de poͤnit. 
faget: Es ift nicht ‚genug, DaB man von Sünden 
aufſtehe, oder die Sünde nadlafle, fondern man 
muß auch die vorigen Sünden bereuen und GOH 
um Gnade bitten. 


4. So höre ich wohl, daß auch die allerbeften Kinder 
GSttes zuweilen fallen: Lieber, warum Täffet 
doch GOtt folches zu? 


genen Eines Chriſten Fall iſt nichts anders, denn eitel 


m 


ſt 


a ide: Rath GOttes, eitel Demuth, eitel Zuthun zu GOtt, 


eitel Seufzen, eitel Pfalter leſen, eitel Aufmerken 
und Verſtand, eitel Liebe zu Chriſto, eitel Liebe zum 


Naͤchſten, eitel Aufſtehen und eitel neue Kraft. Denn 


eö ift -befchloffen, daß alles unfer feyn, 2 Cor. 3. 
und und zum Bellen dienen fol. Nimmt er mir 
aber hier, fo finde ich dort. Denn alle Welt muß 


und den Gegen tragen. Hier Ehre, dort Freude. 


Jedoch, dag ſich gleihwohl ein jegliher wahrer SHew 


liger in der Furcht GOttes halte, um des Einwohr 


nerd Chrifti willen, und feinen Leib nicht beflede, 
denn er iſt allzu Heilig und zu herrlich. 


. 5. Bas faget hiezu Luther 9 
Unter den Chriften (ſchreibet er im Winter » Theil, 


Kiirchenpoſtill, S. 323,) müffen etliche gebrechlich 


\ PR . 


der wahren Chriſten. , 463 Ber 


feyn, auf daß die Heuchler etwas zu tabeln haben, 
und ärgern mögen an den lieben auserwählten Hei⸗ 
ligen GOttes; und die rechten Heiligen etwas ha⸗ 
ben, daran fie ihre Demutb, Sanftmuth und Ges 
duld üben: denn ſie find Darum nicht unbeilig, noch 
verworfen, die Paulus auderwählte Heilige beiffet, 
ob ihnen gleih noch etwad mangelt an chriſtlichen 
Tugenden. Allein, daß man nit auf GOttes Gnade 
frech und ſicher werde, wie die falfhen flolgen Hei⸗ 
ligen thun. 0 u 
„ Ebendaf. ©. 25%. GOtt leidet und träget wohl. 
in feinem Reich folhe Sünver , die da fallen: Aber 
da man es gleih für ein Recht und Gewohnheit 
“wollte halten, das gilt nicht, das gilt nicht, denn 
‚er fpridt, das ift der Wille GOttes eure Heiligung: 
fondern GOtt will, daß man es erfenne und darnach 
ftrebe, daß man ſich beffere, und immer völliger wers 
de, auf daß feine Gnade nicht ein Schandpedel wers . 
de, und lofe Leute des Reichs Chriſti mißbrauden, m 
zum Behelf ihrer Buͤberei, wie Gt. Paulus faget: 
Daß ihr die Freiheit nicht Tafjet einen Raum werden 


dem Fieiſch. | ku .e Br 
J .} *. [773 Y. 24 
PH: — 4 3774 M-t 


— 


Da u. Gapitel "FR rn 


nn fr 


u Don der Buſſe der wahren Chriſten. 


1. Sch hoͤrte wohl zuvor, daß du den Rath gabeſt, man 
ſollte Buſſe thun, wenn man ed verfehen hat. Lieber 
füge mir, was hälter du denn von der Bufle ? 


Ta halte fie in allen Ehren, bvennefle iſt GOttesgie if dei 
Werl, Unfer Sürnehmen ift, nicht fündigen. Suͤn⸗allen Hab 
"digen wir aber aus Schwachheit unferö Fleiſches, fo vn. 

dürfen wir die Bufje nicht weiter fuchen, fie ift ſchon 
m und Wir wollen oder wollen nicht, fo muſſen 

wir und betrüben. Denn unfere Herzen find. von 
Gtt alfo gefchaffen, daß fie fih an allem, was 


un. , , 
„Ye .. r “ “ 2 !- u , 
L dr FL Enger y Er Zr 


—vV 


*. ” 
DER 2.77 7. Er o2 


464 Dom tugendreichen Leben 
dem Geſetz zuwider iſt, müſſen ſtoſſen, und alſo ver 


⸗ 


zehret werden. Sie müſſen uber aller Ungerechtigkei 
Leid tragen und ſich der Gerechtigkeit freuen. Für 
nehmlich aber koͤnnen wir uns des Seufzens und Wei 


nens über unfere Schwachheit nicht enthalten, weil 


wir nun Tempel GDtted, und neue Creaturen in 
Chrifto dem Allerheiligften worden find. 


2. Was ıft und heiſſet Buſſe thun ? 


ain Soi Buſſe thun heiſſet, ſein ganzes gottloſes Weſen er⸗ 


tes Gnade 
fi) verlayfennen, die reine Lehre annehmen, fen Vertrauen auf 


ven. 


GOttes Gnade fegen, und ein neu evangelifch Leben 
führen. Denn wo fih einer mit ganzem Ernit nit 


. begiebt auf vie Lehre des Evangelii, auch GOttes 
Gnade durd wahren Glauben nidyt annimmt, ned 
. Darinnen wandelt, der bebet unredht an, und des 


Belehrung iſt falib, wenn er ſich gleih in anvern 
Stüden beffert: Der Slaube des Heild muß vorber 


“gehen, denn muß Die Beflerung des Lebens folgen. 


Sie 
freien 
immer 
ıtber die 
Sinde, 


Denn die Augen des HErrn ſehen ven Glauben an, 
Ser. 5. . | 


3. Bie lehren die Catholiken die Buffe? 


Sie meinen, ein Chriſt ſey eben ſowohl ein Shm 
der, als ein Tuͤrk, und belfe ihm die Taufe gar 
nichts. O du liebe Taufe, wie geringe biſt du in 
der Welt geachtet, und wie gar ſelten gedenket mas 
dein? Derowegen fo reden fie auch nihts anders, 
denn nur allein von Sünden, und wollten einen je 


den Ehrüten gerne dahin bereden, fih nur alleu 


für einen großen Sünder zu halten: Ach! erkennet 
ja eure Sünden: Ihr feyd für GOtt große Zuw 
der. Fahren darauf zu, und lehren mit großen 
Ernft, wie man den Sachen raihen, und wie ME 
großen Sünder ihre Sünden follen los werden. Re 
find die Lehrer in der Welt? Und wollen doch zart 





\ 


der wahren Chriſten. 465 


wohl ihrer gar viel evangelifch feyn. Daher rufen 
« fie mit lauter Stimme im Eifer Johannis (mit Urs 


” 


= 


faub,) thut Bulle, thut Buffe, erfennet eure Sun⸗ 
den, thut genug dafür, mit. berzliher Reue, mit 


Falten, mit Wachen und Beten, wie Paulus, Ere⸗ 
mita, ‚Hilario und Antonius gethan, die fi mit 


Faſten, Wachen und Beten faft zu tode geplaget has 


ben, und darüber von den Teufeln weinlich geflopfet 


find. "Und da ihr den Sachen zu wenig ſeyd, wols 
len wir euch um die Gebühr zu Hülfe fommen. Doch 


febet eudy für, Daß wenn wir euch einmal in den 
Himmel verholfen, ihr nicht hernach wiederum heraus 


fallet. Denn fo oft ein Chriſt faͤllet, fo oft fälle 


er aus dem Himmel, und ift: nur dies Leben eitel 
Himmel fallen. Zudem, wie Clemens Alerandrinus 
lehret, fo ziehet ja wohl GOtt die Buͤßiger wieder 
zu fid in ven Himmel, wenn fie ed mit der Bufle 
nicht zu viel machen. Zweimal büffen gebet bin, aber 
Bas virte mal gilt auch nit mehr, Das will ihm 
GOtt nicht mehr gefallen laffen. 

So ftolpern fie dahin, die armen unfeligen, vers 
finfterten und ungewiſſen Leute, die für ihre Perſon 


ſelvſt nicht ‚wiffen, wie fie daran fen, ob fie für 


GOtt gerecht feyn, oder ob fie ed noch werden fols 
len, die es auch ahdere nicht eigentlich berichten Fans 
nen, weil fie ſelbſt nicht große Luft zur Buſſe haben, 
und auch nicht merken, Daß fi andere follten zu 
tode büffen. Iſt mir dad nicht eine feine Theologie 
und ein jämmerlicher Zuftand in ver Welt, daß man 
die liebe Kirche folches lehren fol? 


4. Barum fol man denn eigentlich Buſſe thun? 


Niemand ſoll denken, daß man mit der Reue und, 
Bulle GOttes Zorn ftillen, und GOtt verfühnen 
tönne, wie diefer falſche und ſchaͤdliche Wahn bei 
Gelehrten faſt fehr ringeriffen if: fonbern daß die 


Las __\ ©. 


466 Vom tugendreichen Leben 
Buſſe andere Urſachen habe, wie wir. bald Hören 
werden, | 
Es lehren zwar die Eatholifen, (ſchreibet M. Heinr. 
Rothe, S. 233.) daß Reue und Leid der Sünde 
muͤſſe volllommen feyn, und Diene zur Vergebung 
der Sünde, Das hat ja feinen Grund in der Schrift: 
fondern das ift vielmehr aus der Schrift zu erweis 
fen,. daß je mehr die Reue und Leid größer und. 
vollfommener ift im. Menſchen, je mehr fie zur Vers 
zweifelung dringet und treibet, wie das wahrhaftig, 
jedoch erfchredlih an dem Erempel Eaind und Judaͤ 
zu ſeben iſt, da jener im Zweifel jehrie: Meine Guns 
den find größer, denn daß fle mir können vergeben 
werden: Judas für Leid ihm ſelbſt den Tod anlegte. 
Alſo freilich Teinem menſchlichen Herzen Die Größe 
und Schwere der Sünden vollkommlich zu ertragen 
möglich feyn würde. Gintemal der Sohn GOties, 
JEſus Chriftus, der ſtarke Löwe Zuda, Die Laſt der 
Sünven alfo fühlet, daß ihm biutiger Schweiß über 
ſeinen heiligen 2eichnam flieflet, und für Jammer 
ausruft: Dein GOtt! mein GDtt! wie haft du mich 
verlaffen ? 
Daß fie aber hiebei auch lehren, ſolche Neue und 
“ Leid diene zur Vergebung der Sünden zu erlangen, 
das ift ja läfterlih. Denn ed dem Verdienſt, Blut 
und Tode JEſu Chrifti zu. nahe geredet if. Hab 
teft Du Dir was koͤnnen erwerben, was dürfte ich 
wenn für dich ſterben? Koͤmmt die Vergebung als 
von unferm Thun, fo tft Chriftus vergeblich geſtor⸗ 
ben, wie St. Paulus fhlieffet, Sal, 2. v. 5. 


5. Warum fol man beun die Sünde bereuen ? 


1.901 Got zu Ehren. Denn wir befennen damit, DaB 
zu ehten ir GOtt fürdten, und daß es unrecht ſey, 

„| Wider GOtt gehandelt haben, BE 
Tödtung ,_ Zum andein, auf daß durch folhe Reue Die fünds 
vn vötenlichen Lüfte in uns getödier werden, Denn fo lange. 


der wahren Chriſten. 4 


bee Menſch Feine rechtſchaffene und goͤttliche Reue in 
feinem. Herzen fuͤhlet, fo lange bleibet die Sünde in 
ihm. Uber wenn dad Herz voller Schmerzen ift, fo 
erſticket folder Schmerz die Sünde, und die Sünde 
‚höret auf, daß alſo der Menſch nimmer heiliger und 
reiner ift, als eben zu der Zeit, wenn er in GOtt 


Buſſe tbut und feine Suͤnden ernſtlich bereuet. Denn 
daß einer von ihm ſelbſt einen Seufzer aus feinem 


. Herzen beraus zmwinget, Dad ift noch Feine wahre 
Bufje, fondern GOtt muß dad Herz angreifen, fo 
wird eine rechte Bufle Daraus, 
Und weil folde Reue GOtt zu Ehren geſchiehet, 
und eine Tödtung ift des alten Adams, fo ift fie 
aud ein Opfer für GOtt, daran er einen Wohlge⸗ 


fallen bat, wie Pf. 51. ausdrücklich geſchrieben ſte⸗ 


bet, Und GDtt will auch folhen feinen lieben Kin⸗ 
dern, welche Leid in ihren Herzen baben,” und ſich 
felbit damit ſtrafen, die mohlverdiente Ruthe dermaſ⸗ 
fen lindern, Daß fie es ertragen follen. Wenn wir 
and. felbft richteten, fo würden wir nicht vom HErrn 
gerichtet, ſpricht St. Paulus, 1 Cor. 11. 


6. Verdient man denn gar nichts mit ber Buffe ? 


Da ſey GOtt fuͤr, daß wir zu dem Ende ſollten 
Buſſe thun, daß wir damit neue Gnade verdienen 
wollten. Denn damit würden wir unfern lieben Hei⸗ 
land verläugnen, und fein heilig Blut mit Füſſen 
treten: wir würden hiemit begeben und fliften Die 
allerfubtilefte und größefte_ Abgötterei und Sünde, 


Summa, wir würden biemit verläftern die fünf taus - 


fend Blutftriemen, welche das Lämmlein GOttes an 
der Heilfäule für und an feinem zarten Leibe em⸗ 
pfangen hat. 

Deromegen follt du wiſſen, daß bie Buſſe feine 
neue Gnade oder Vergebung verdiene. Sie fol wohl 
da fen, wo Sünde begangen ift, ja fie ift gewißli 
da, ehe man ihr Boten ſchicket: aber De verdien 


2 


— — — — — 


266 Wonm tugendreichen Leben 


nichts. Denn GOtt ſchenket ven Glaubigen und 


©etauften Das Heil aus Gnaden, ohne ihr Verdienſt, 
durchs Blut des heiligen Lamms, feines geliebten 
Sohns, welher allein ift der wahre Büffer unferer 
Sünde, wie St, Paulus bezeuger Tit. 3. da er 
foriht: SG Ott hat uns felig gemachet, nicht 
durch die Werke, die wir gethban hatten, 
Roͤm. 3., fondern durd das Blut feines 
Sohns, weldhen er fürgeſtellet hat zum Gna⸗ 


denthron. Denn fönnten wir uns das Heil oder 


die ‚Reinigung. verdienen mit unferer Reue, wozu bes 
dürften wir der großen Angſt, des Schmeißes und 
Bluts JEſu Chriſti? Es heiſſet ja fo, Ef. 53. Die 
Strafe lieget auf ihm, auf daß. wir Friede 
hätten | | 
Darum ift es ein ‚Schändlicher Irrthum, wenn 
man die Sache beim Licht befichet, ſich unterfichen, 
feine Suͤnde felbft zu büffen, wie meifterlih auch Das 
von die Sopphiften reden koͤnnen. Lutherus fchreibet 


über den 51 Pf. Es iſt eine areulihe Gotteslaͤſte⸗ 


rung, Daß fih ein Menſch auf fein eigen Verdienſt, 
und nicht auf das Verdienſt unfers lieben Herrn 
JEſu Chrifti verläffet, und folche Laͤſteter und Zers 
treter des. theuren Bluts JEſu Ebhrifti wi GOtt 
nicht unfhulvdig halten, wie Ct. Paulus Ebr. 10 
fhreibet: Wir haben eine Buſſe, welche uns von 
ven Sünden geholfen und mit GOtt verfühnet bat, 


wuiemlich, die Buffe JEſu Chriſti, in feinem Gehon 


fam und Blut gegründet, -Diefe Buffe iſt himmliſch 
und göttlich, fie iſt vollftändig, ja übermwichtig. Cie 


hat allein die Kraft und Ehre, daß fie binwegnehme 


Die. Sünden der Welt, wie Ct. Sohannes fdırebet: 
Das Blut JEſu Chriſti machet uns rein voa 
allen Suͤnden. 

Derowegen follen wir uns folder Buffe des HErra 
Ehrifti durch einen feften Glauben zufchreiben, darauf 
fiyerlidh beruhen, und und auch gerne daran begnuüͤ⸗ 
gen lafien. Wir .follen und begnügen laffen an ver 


ber wahren Chriften.‘ “ 49 


Reinigung, fo durch JEſum Ehriftum gefchehen .ift 
einmal am Creuz, zum andernmal in ber heiligen 
Taufe, und nicht fuchen, „wie wir und felbft von ums 
fern Sünden wollen reinigen. Denn wer gereiniget 
ift, der ift rein, und darf nicht rein werben, ohne. 


-gllein, daß er fein Gebrechen in Demuth erkenne, 


und ſein Lebenlang daran beſſere. Wer in der Taufe 
einmal gereiniget iſt, und ſuchet, wie er durch eine 
Buſſe taͤglich aufs neue rein werde, der iſt nicht al⸗ 
lein weit vom rechten Verſtande des Evangelii, ſone 
dern er tritt auch die Reinigung JEſu Chriſti mit, 
Güffen, Er tritt mit Füflen das Blur JEſu Chriſti, 
feinen Glauben, die Taufe und Seligkeit. Und meis 
nen doch viele, fie thun recht und wohl daran. 
Wenn man hart in und dringet, unfere Sünde 
ſelbſt zu büffen, wie denn ſolch Geſchrei wohl bleiben 
wird, fo lange die Welt ftebet, follen wir fpredhen: - 
Meine Stunde will ic gerne erkennen, und im Bas 
ter. Unfer darüber berzlih zu GOtt feufzen: Aber 
das Blut JEſu Chriſti hat mich in meiner Taufe 


ſchon rein gemachet von allen meinen Sünden. Solh 


Sprüdwort gefällete GOtt herzlich wohl. Denn es 
iſt die einige Ehre JEſu Chriſti. 

Es ift aber eine fonderlihe Kunft, (fagt Luther) 
und gehoͤret mit zum chriſtlichen Glauben, daß man 
foldes thun könne. Denn Chriſtus ift unfere Buffe, 
der für und gebüflet und genug gethan hat, ohne 
aller unferer Werke Zutpun. Und gehöret mit zum 
@lauben, daß wir wiffen, deß unſere Sünden Chri⸗ 
ſtus ſelbſt gebüffet hat, 


7. Wirſt du nicht auf dieſe Weiſe die Suͤnde zu berenen 
widerrathen und verbieten ? 


Wein: Es wird biemit feinem verboten, feine Sun⸗ 


den zu bereuen. Denn wie fönnte Befferung folgen, 
wo nicht Reue vorher gienge? Jedoch fol alles bei 
ben Ebriſten fein. vernunfüglich augchen daß man 


4 


870 | Rom tugenbreichen Leben 


feiner Sünden halben nicht verzage, noch dem HErrn 
JEſu feine Ehre nehme, das ift, Daß man ſich in 
Traurigfeit mäßige, und fih auf Die Buſſe IEſu 
Chriſti gründe und verlaffe. ‚ 

Luther im 51 Pfalm: Wenn der Fall gefhehen 
und und herzlich leid ift, fo ift e8 Zeit, daß man 
ſich auf GOttes Gnade verlaffe, und nidt im Schrek⸗ 

‚Zen bleibe. Denn alle unfer Leben fol. im: Schooß 
goͤttlicher Barmherzigkeit verfchloffen liegen. 

Ebendaſ. Sünder follen GOtt nit allzu fehr in 
ihren Sunden fürchten, fondern ſich getroft auf feine 
Gnade verlaffen. en er ift mit und verfühnet 
Burch den Ton feines Sohns. — | 

‚Desgl. Ein Chriſt foll aus der Lehre der Gnade 
“einen folhen Muth und Herz faffen, dag er fagen 
darf: Bin ih ein Sünder fo viel an mir ıft, fo 
bin ich doch in meinem fieben HErrn JEſu Chriſto 
Tein Sünder. . Denn er iſt mir von GOtt zur Ges 
rechtigkeit gemachet. 


8. I dem alſo, wie ich es deun auch dafuͤr halte, fo 
muͤſſen die Catholiken wahrlich auf dem Irrwege ſeyn, 
welche durch die Buſſe neue Gnade verdienen 

| wollen, 


Es ift der Erzgreuel des leidigen Antichriſts, bamit 
er die Chriftenheit erfüllet hat, daß er die Leute von 
der Taufe auf unfere Werke geführet, ja mit Gewalt 
Davon geriffen, und Diefelbigen an Chrifti und feiner 
Taufe Statt gefeßet, Daß fie niemand hat mögen 
behalten, ohne was GOtt wunderbarlich dabei erhalı 
ten bat. Denn fobald wir die Kinderſchuhe ausge 
zogen, und faum aus dem heiligen Bade gefommen 
find, haben fie es alled wieder weggenomnten durch 
folhe Predigt: O du haft laͤngſt die Taufe verloren 
und das MWefters Hemd befchmiflen durd die Sänte, 
mußt nun denken, daß du Deine Sünde büffeft, und 
genug dafür thuft, bis fo lange du GOtt verſoͤhneſt 


LG 


der wahren Chriſten. 471 


und alfo wiederum zu Gnaden kommeſt. Da iſt es 
alles auf einmal verderbet und zunicht gemachet, was 
wir durd Die Zaufe befommen hatten. Und iſt lei⸗ 
I ber erfüllet, wie 2 Petr. 2. von ihnen geweiſſaget, 
daß durch ihre Lehre die, fo faum dem Irrthum ent 
flohen, und‘ durd Die Taufe gereiniget waren von 
Sünden, wiederum in den vorigen Unflath gewidelt 
und gefldchten, und darin erfäufet werden, und ihs 
nen gehet ed eben, wie dem Schwein, fo ikt aus 
: der Schwenme fümmt, und ſich flugs wieder in der 
ı näditen Pfübe befubelt, Ä | | 
Pan ih bin ſelbſt fünfzehn Jahr ein Mönch ges 
welen, ohne was ich zuvor gelebet habe, und fleißig 
alle ihre Bücher gelefen, und alles gethan, was ich 
konnte, noch babe ich mid) nie fönnen einmal’meiner 
Kaufe tröften, fondern immer gedacht: O wenn 
willt du einmal fromm werden und genug thun, Daß | 
Du einen gnädigen GOtt Friegeft: und bin durch 
ſolche Gedanken zur Möndherei getrieben, und babe 
mich gemartert und geplaget, mit falten, frieren und 
firengem Leben, und doch nichts mehr Damit ausge⸗ 
richtet, denn Daß ich nur. die liebe Taufe verloren, ja 
helfen verläugnen. Das ift Die Frucht und Lohn, fo 
wir ihrer Werklehre zu danken haben. Luther Tom 
6. im 2 Theil der Predigten yon der Taufe, 





9. Woher koͤmmt bei den Gatholiten biefe Umwiffenheit? . 


E⸗ koͤmmt alles daher, daß ſie nicht wiſſen, daß bie Melt br 
Taufe felig mache, fondern wollen die, fo durch dies unpaeye | 
felbe fon vorlängft felig worden find, allererft felig@tandens 
machen durch ihre Bufle und Werke. Und da mandulun 
ed ihnen gleich faget, fo veriteben fie es nicht, und - 
wollen durch den Glauben Ehrifti und durch die Taufe 

nicht felig ſeyn. So doc Fein anderer Weg unter 

ber Sonne: ift, felig zu werden, ohne allein ber 
Glaube Ehrifti und die Taufe. Buſſe hin, Buſſe 

ber! Werke hin, Werke ber! Wer an Chriſtum rechte 





— ae ._ 


(7 


‚472 om tugendreichen Leben 
ſchaffen und von Herzen glaubet, und getaufet iſt, 


Der iſt ſelig und bleibet ſelig. Ja, Se wuͤthen und 
toben. wider dieſe Lehre, als die unfinnigen Feinde 
ihres eigenen Heils, und wollen alles wurgen und 
umbringen, was ſie recht lehret und unterrichtet. 
Hoͤret aber ihr Unglaubigen: Wir und alle glau⸗ 
bige und getaufte Chriſten ſind ſchon ſelig, und 
duͤrfen nicht allererſt ſelig werden, und ihr koͤnnet 
und auch nicht felig machen. Denn St. Paulus ſa⸗ 
get ausdruͤcklich, Zit, 3. daß und Chriſtus ſchon felig 
gemachet habe in zweierlei Weife: 1. Daß er fein 
Blut für und vergoflen bat, und die Seligkeit demit 
erworben. 2. In der Taufe, da er und fein beilnes, 
hohes Verdienſt appliciret, und die ewige Geli,feit 
gefchenfet hat, und daß eines Chriften Leben nad 
Der. Taufe Fein Suchen feyn foll neuer Seligfeit, fons 
dern nur eine Wartung der Offenbarung. der Selig 
Zeit, die fie fhon durch den Glauben und Taufe has 


ben: Was machet ihr denn, und was ſuchet ihr? 


Shamet euch, daß ihr die wollet felig machen, die 
fhon felig find und ſich nicht feliger wünfchen Fönnen. 
Oder meynet ihr vielleicht, Da fih die Chriſten nod 


nicht befehret haben, ihr wollet fie allererſt befchren? 
‚Wer fih von feinem Unglauben und Abgötterer feiner 


Merfe zu Chrifto bekehret bat, der iſt befehret, und 


ſſchadet ihm nicht an feiner Belehrung, ob er gleich 


noch Sünde bat, die er. täglich durch den heiligen 
Geiſt in feinem Fleiſch muß toͤdten. Und wer in 
folhem Glauben getaufet ift, ver iſt felig, der hat 
den Schag gefunden, und foll nun hingehen und dei 
Seinen mit Freuden warten. Wer will ven felig 
‚oder feliger machen, der. fhon felig iR in Chrifto! 
Und wer will dem die Geligleit nehmen, ber felig if 
in Chrifto? Wer aber noch nicht ſelig iſt in Chriſto 


durch den Glauben und Taufe, den fann fein Menſq 
ſelig machen, er thue auch was er wolle. 


Darum, ihr armen Leute, laffet alles fahren, und 


- glaubet yon Herzen an ven Sohn GOttes, JEſum 


der wahren Chriften. 473 


Chriſtum, und laſſet euch taufen, ſo ſeyd ihr ſelig. 
Dies iſt der rechte einige Weg, den ſollet ihr gehen, 


ſonſt weder zur rechten noch zur linken Hand. Wenn 
ihr aber ſelig worden, ſo gehet hin und faſtet, damit 


euer Leib gezähmet werde, und betet, oder danket 
Chriſto für euer Heil, und haltet Mefje zum Ger : 
daͤchtniß des Todes JEſu Chrifti, und eurer ewigen 
-Erlöfung. 


MWollet. ihr aber die allerfchwerefte Buffe Chrifti 
verachten, und eure Buſſe zur Stellvertreterin des 
Bluts Chriſti und zum Schiff der Seligkeit machen, 
fo fahret hin in den Abgrund der Hölle und buffer 


‚alles dasjenige, was ihr allbie noch nicht gebäflet - 


habet, das koͤnnen wir wohl leiden. Wir bleiben 
bei der Buſſe Chrifti, bei dem Glauben und bei der 
Taufe, und ereuzigen unfer Fleiſch fo viel wir koͤnz 
nen: Aber ale Leute, die nicht allererft wollen felig 


werden, fondern die ſchon felig find. Wer felig iſt, 


. in dem wohnet Chriftus, und wirket in ihm: hernach 


\ 
| 
| 
| 


or 
2 


alles, was zu einem chriſtlichen Leben gehoͤret. Ein 
Seliger thut Gutes, und hat herzliche Reue und 
waͤchſet in der neuen Geburt. Ein Unſeliger aber 
bat es und thut ed nicht: Es iſt ihm eitel Lügen 
u Heudelei, und ftinfet für GOtt in alle feinem 
Thun. 


40. So höre ich wohl, daß du die Buſſe gar nicht wilt 


ſeyn laſſen ein Schiff der Geligkeit, derer, fo nadı ber 
Taufe gefallen find? Weiſſeſt da nicht, daß Hiero⸗ 
nymus biefer Meinung iſt? 
"Ic, weiß es wohl, daß er alfo gelehret hat im 3 Ca⸗ 
pitel Efaid. Wie auch Zertullian im Bud von der 


Buffe. Aber ich Halte’ e8 mit Luiher, welcher frei 


bet. in der Kirhenpoftill in der Rede von der Zaufe 
Ehrifti, S. 63. Fälleft du in Sünden, fo gevenfe, 
daß du wiederum zur Taufe Zuflucht habeſt. Denn 


Das iſt das einige Schifflein, das uns hinüber pilft, 


Be &> 7000 





474 | Dom kugendreichen geben 


Darum huͤte dich für denen, die da zwo Tafeln ma 
den, Darauf wir über dad Meer der Sunden fihwins 
men, die Taufe und die Buffe und fagen: Wenn 
wir durh die Sünde Schiffbruch erlitten, und vie 
Taufe verloren haben, fo müſſen wir vie Buffe er- 
greifen. Glaube ihnen nicht, es iſt eitel Unverſtand 
und Berführung,: damit fie fih und andere betrügen. 

Died alles faget Luther, und zivar an vielen Ors 

ten, da bleiben wir bei. Denn wir fönnen uns dod 
auf unfere nichtige Werke nicht verlaffen, fondern wir 
“ verlaffen und nur allein auf das theure Blut JEſu 
Ehrifti, und Daß wir geraufet find: Weil wir wiſſen, 
Daß wir elende MWürmlein eine ewige Gerechtigkeit 
und Gnade wider alle unfere Sünden, GOtt gebe, 
fie heiffen verzeihliche oder Todfünven, in unferer fo 
ligmachenden Zaufe empfangen haben. 


11. Wrzähle mic hievon noch ein Zeugniß Luthers? 


Alſo ſchreibet er hiewon im 117 Pſalm über dieſen 
Vers: Seine Gnade waltet über und ewig 
lich. Dies Wort hat nie ‚fein Sophiſt oder Werks 
heiliger verftanden, vermag ed auch fo wenig zu ven 


— — — —— — nn 


ſtehen, als ein Jude oder Tuͤrk. Denn weil fie mit 


Werfen wollen zuvor fommen und erlangen, ift e& 
nicht möglih, daß fie follten wiffen, mas dad ne 
dens oder Himmelreih, ober. Ehrifti Reich heiſſe, 
fondern. ihr Herz muß alfo ſtehen, (wie mir es dem 
auch ſtund, da ich noch ein Sophift war,) wenn fit 
Gutes thun, fo haben fie Gnade, wenn fie fünvigen 
oder fallen, fo fället die Gnade auch, und tft verlo⸗ 


ren, müffen fie wiederum mit eigenen Werken fuchen 


und finden, anders. Fönnen fie nicht denfen. Aber 
das heiffet nicht ein Gnadenreich, das über die Werte 
waltet, ſondern ein Werfreih, das über Die Gnade 
waltet: Denn Gabar, Ebraiſch, heiffet bier obliegen, 
und die Oberhand haben, und gewaltig feyn. 


- — — — 


der wahren Chriften. | 475 


Mir aber follen wiffen, daß das Reich der Gnade 
nicht allein währen und bleiben joll auf Erden, zu 
dieſes Lebens Zeit, ſondern auch ewiglich, nach die⸗ 
ſem Leben dort im Himmel: Und dazu auch in die⸗ 


ſer Zeit alſo feſt ſeyn, daß es nimmer wanke, oder 


falle. Denn ob wir gleich ungewiß ſind, und zuwei⸗ 
len ſtraucheln und fallen moͤgen, durch Suͤnde und 
Irrthum, ſo faͤllet und wanket darum die Gnade 
nicht, darf auch keine neue Gnade und andere Reich 


| füchen, fondern es ſtehet Da ber Himmel noch vffen, 


und daſſelbige Gnadenreich wartet auf mid, wenn 
id) wiederfomme, und mic zu ihm halte, daß er 
mich tröfte. Und gehet nicht zu, wie etliche Tügen 
und trügen, daß Chriftus habe allein für Die voris 
gen Sünden, vor der Taufe gefchehen, genug gethan, 
aber für die Fünftigen oder folgenden Sünden müfe 
fen wir felbft genug thun. Auch nicht, wie St. Hier 
ronymus faͤhrlich und übel faget, daß die Buffe fey 


das andere Brett, darauf man fahren müfle, wenn 


das Schiff der Unfehuld nach der Zaufe zerbrochen _ 
iſt. Mir ded andern Bretts nicht! Das Schiff zer⸗ 
bricht nicht, . die Taufe böret nicht auf, das Gnaden⸗ 
reich faͤllet nicht, ſondern wie hier der Pſalm ſaget, 
waͤhret ewiglich über und. Halle id) aber aus dem 
Schiff, wohlan, fo fteige ic wieder hinein. Wens 
be ich mid) wieder Dazu. Irre id vom Onadens 


reich, wohlan, ich komme wiever hinein. Taufe, 


Schiff und Gnade bleiben ewiglih, und fallen noch 
wanfen nicht durd mein Gallen oder Wanken: Sonft 
müßte GOtt felber auch fallen, der ſolche Gnade 


ewiglich zu halten verheiſſen hat. 


12. Weil-du der Eatholifen Buffe verwirfeſt, ſo ſage mir 
auch endlich, wie ich denn recht ſoll Buſſe thun? 


Wir ſollen fuͤrſetzlich nicht ſundigen ſpricht der liebe 
St. Johannes. So aber jemand ſuͤndiget, der ſoll 
Nnicht gedenken: Wohlan, dieſen Gehe will ie mir 





476 Dom tugendreiden Leben 


ſelbſt büffen, mit diefem und jenem, mit Weinen und 
Wohlthun: fondern er fol mitten in feinem Weinen 
und Wohlthun den HErrn JEſum laflen feinen Hei 
land feyn. Sein Blut fol allein gelten, und auf 
feine Genugthuung foll er fi verlafien, fo wird er 
ſchmecken, wie füß diefer Name fey, und wird leben 
digen Troſt, Friede und Freude wider Sünde, Zora 
und Tod Daraus gewinnen. 

Sol demnach niemand ihm einbilden, ald wollte 
“er durch die Buffe Vergebung feiner Sünden, neue 
Gerechtigkeit und GOttes Gnade, melde er fchon 
. bat, erlangen: fondern, daß er den Ungehorfam und 
die Sünde, ald die größefte Miffethat wider GOttes 
Willen in.Demuth erfenne und wiſſe, daß foldye Wip 
fethat durch fein Menfhen: Wert bat koͤnnen ausge 
tilget werden, denn nur allein durch dad Blut JEſu 
Ehrifti. Denn diefe Buſſe fol geſchehen im Namen, 
Das ift, im Verdienſt JEſu Chriftk Darum wer 
nad der Taufe gefündiget bat; ver fol nicht allen 
feine Sünde herzlich und fehmerzlich bereuen, fonders 
ſich denn auch des Bluts JEſu Chriſti und der Taufe 
am ftärfeften erinnern, und fih damit tröften, und 
dem HErrn Chrito dafür danken, mit Fuͤrſtellung, 
folhe Sunden hinfort nun und nimmermehr wieder 
- um zu thun. 


43. Was folen meine Gebanfen feyn, bei wahrer Bufk? 


Ay: welh ein jammerlich Wefen (fol man fpreden 
iſt es um die Sünde, wie zerbeiffet fie einem dei 
Herz, und verdienet eitel Zorn und Strafe? Wer 
mich mein GErlöfer ZEfus Chriftus davon nicht W 
freiet hatte, fo müßte ich ewiglich dafür geplaget um 
von GDtt geftrafet und verbammet werden. 

mid denn aber mein lieber HErr Chriſtus davon be 
‚ freiet hat, fo ift fie mir zwar wohl herzlich leid, aber 
ich verzage Darum nicht, fondern tröfte mich feine 
‚Xeidend meiner feligen Zaufe, und danke ihm ver 


der wahren Ehrifen 477 


Herzen dafür. Siehe, das heiffet Buffe thun im. 
Namen unſers HErrn JEſu Ehrifti. Und einem 
folhen Bußfertigen vergiebt auh GOtt die Schuld, 
und lindert ihm die väterlihe Ruthe, gleichwie ein 
frommer. Vater feinem zerknirſchten, demüthigen und 
wohlmeinenden Kindern alles vergiebt und linvert. 


Der n. ⁊ beit, 
Dom Creuz der wahren Chriſten. 


Wie reimet ſich das Creuz, Elend and Sammer mit ber - 
Seligfeit, Majeftät und Gottfeligfeit der Kinder 
— GOttes ? 


IJq muß ja bekennen, daß ein wunderlicher Handel 
fen, daß, fo bald einer wahrhaftiglich zum HErrn 
Chriſto bekehret, und durch die Taufe dem HErrn 
Chriſto, und allen himmliſchen Guͤtern einverleibet 
iſt, und anfaͤhet gottfelig zu leben, das liebe Creuz— 
angehet. Wer von GDtt erfohren und berufen, ges 
redhtfertiget, begnadiget, geheiliget und zur ewigen 
errlichteit verordnet ift, fü gewiß als wenn er fhon 
in dieſem Leben herrlich gemachet wäre, der folge zwar 
wohl foldher großer Herrlichkeit genieflen, und vie 
allerbeiten Tage auf Erven haben, damit auch andere . 
durch das Gluͤck der Kinder GOttes gereizer, moͤch⸗ 
ten defto williger an Ehriftum glauben: Aber er ift 
‚der elendefle Menfh auf Erden. Er bat von feinem Bierränis 
erſten Tage an, bis in feine lebte Stunde, fo vielser Ereus 
 Anftöffe und Leiden, inmwendig und auswendig, dapdet une 
fie nicht zu ‚zählen find. Der Xeufel plaget ihn ins 
wendig mit Furcht und Traurigkeit; die Welt aus⸗ 
wendig mit Haß und Verfolgung. Hie ift Armutb, 
dort Seuche und Krankheit, Hie ein boͤſes halsſtar⸗ 
riges Weib, dort gottjelige und muthwillige Kinder, 
ı Und führen alfo die lieben Ehriften ein hartes und. . . . 
ſchweres Leben, daß es feiner, als haben fie GOtt 


| > 


478. Dom tugendreichen Leben 


nicht für ſich, fondern ganz und gar wider ſich, ım 
werden Dazu langfam erhöret, ob fie auch gleich Tag 
und Nacht klaͤglich zu ihm winfeln, wie fie im 22 
Palm Tagen. | | 
Tichenen Sonderlich aber find dieſe die allermühfeligften 
Ehrifien welche die hoͤchſten Erleuchtungen haben, und da 
Pe te @vangelium rein und treulic predigen. Die geb 
Ereuz. im Schlamm tiefer Waffer, ja im Sande bie a 
die Ohren, haben aber niemand in Dicfer argen un 
treuen Welt, dem fie.ihre Noth und Angft ein ns 
nig klagen koͤnnen. Sie find in fletigem Kriege, um 
“ ihre Herzen werden täglich ‚mit viel Heerfpiefien vurd 
rennet, daß fie oft krank zu Bette geben. Ihre 
derwärtigen aber blühen mit aller Luft, und halt 
aller Welt Gunft und Freude. Hierüber klaget & 
Paulus 1 Cor. 4. daß fie, nemlich die Apoftel u 
fers Heilandes JEſu Chrifti, welche lebendige Cr 
nen find, die die Welt erleuchten, vie allergerinaftt, 
verachteſten, feindfeligften, ärmeften und woblgerlen 
teften Menfchen auf Erden. Ya, dag fie ein jied 
und Feaopfer feyn. Und 1 Cor. 15. ſpricht er: 3 
bin zwar wohl einer von den Reichsfuͤrſten, habe de 
Erftlinge des heiligen Geiſtes, und einen grundgaten 
Verſtand des Evangelii, ihue auch große Wund: 
Aber ich habe. bei unferm Ruhm, den wir in Chrit 
haben, nicht viel guter Tage, fondern icy fterbe 9 
lich, das ift, ich lebe in fleter Gefahr meiner Ei 
Guts, Leibe und Lebens, und. trage meine 
feil in meinen Händen. 
Dies ift nun ein großes Geheimniß, warum go 
ſolches zuläffet, daß feine liebe Kinder, welche et 
boch begiadiget, und um: welcher willen. er die B 
erhält, die Elenveften auf Erden feyn müflen, ® 
welchem Geheimniß ſich viel Heiligen ftoffen, und 
darin nicht ſchicken koͤnnen. Darum iſt dies das a 
dexre Stüd, welches fromme Chriſten nach der 
von der Seligkeit wohl ſtudiren und wiſſen ſolen 
damit ſich ihr Glaube am Creuz nicht aͤrgere, 


ber wahren Chriften.. LE 


| Sqhifbruch leide, wie St. Paulus ſaget Phil. 3. 
Das iſt mein Nachjagen und Befleiſſen, 
daß ich erkennen moͤge die Kraft der Aufers 
ſtehung Chriſti, und die Gemeinſchaft feis 
ned Leidend Diefen beiden Stüden jage 
ich täglıd nad, ob ich fie ergreifen mögie 


D a® L. € apitel 
Tom Leiden der Ehriften insgemein. 


Ehe du zu den Urfachen des Leidens der wahren Chriſten 


ſchreiteſt, berichte mir noch zuvor mehr pon em 
Leiden indgemein. 


Got, "er da heißet ein wunderbarlicher So. 
. fübhret die Seinen feltfam und wunderbarlich,das ift, 


er verbirget feine Liebe oft gegen ihnen, und laͤſſet 


ihnen nichts anders fühlen und erfahren, denn eitel 
Zorn und Strafe. Innerlich im Herzen fühlen fie 
Schrecken goͤttlichen Zorns und Gerichte. Aeußerlich 
aber find fie allem Jammer unterworfen, und tele 
ift oft von Jugend auf. Wie David Maget Pf. 88 

daß er folhem Schreden und allem Ungluͤck von 
Jugend auf unterworfen: gewefen fen. 

Daher fie auch genennet werben die Elenden, über 
welche alle Wetter gehen, Ef. 54. und die Allerelens 
deften Auf Erden, 1 Cor. 15. wo fie den Troft götts 
licher Gnaden und des ewigen Lebens nicht hätten. 

Ach aber, mie minfeln denn ſolche hochverſuchte 


[4 


und hoch betrübte Herzen, daß es die Steine erbars 


men. möchte. Bricht ihnen doch der Angftfchweiß auß, 
und ed fallen ihnen Schweißtropfen vom Haupt, wie 
Bohnen groß, und wollen ipt für großem Leide und 
Ohnmacht zur Erde fallen- und fterben. 

Die Welt aber hält alövenn ein Freudenfeſt, vers 
Dammet die Betrübten, und rechnet auf ven Fingern 


aus, womit fie folchen Zorn und Strafe wre 


480 Ham tugendreichen Leben 


verdienet haben. Da’ fingen jene denn: Sie gaben 
mir Galle zu eſſen und Effig zu trinken in meinem 
großen Durſt. | | 
Indeß laͤſſet GOtt Vater fein väterliches Her 
und Liebe gegen und nicht allemege Öffentlich leuchten, 
fondern fpielet mit und, und verbirget fie tief für 
und, und ftellet ſich fo fremd, als fennete er und 
nicht, ja als hätte er uns von feinem Angelicht ver 
ſtoßen. Denn da lälfet er einen Teufel nach vem 
_ andern, und einen böfen Menſchen nach dem anders 
aufwachen und über und fommen. Da müjlen wi 
oft von Angft fhwigen, und und zu Tode wuͤnſchen. 
Armuth, Krankheit und andere Widerwärtigfeiten und 
Unfälle bleiben aud) nicht auffen. Summe, er läffet 
ale Wetter über uns geben, und und im Anſehen 
fenn, als wären wir die Allerelendeſtenn die von 
Gott felbft geitrafet und. geplaget werten. Die 
Welt figet in Freude, wir im Leide, und wens 
wir anheben zu klagen, fo giebt man und Eſſig zu 
ttrinken. Daber faget Miha 4. zur Todter Zion: 
Liebe Toter, Du mußt zum Thor hinaus, 
und auf dem Felde wohnen, und gen Babel 
fommen, dafelbft wird Bir Wehe anlommer 
als einer Gebährerin. 


W Ddas u. Capitel. 
Vom Leiden der Chriſten inſonderheit. 


1. Bas muͤſſen GOttes Kinder inſonderheit und fürs 

nehmlich leiden? 

1. Den &. ua , 

on Kin jeglicher muß feine Sünden, und der Sürnde 

ties halben ein verfehret Gewiſſen haben. Ja, die ficken 
Erlöfeten, voie frei fie auch feyn, muſſen zuweilen 
mit dem Zorn OOttes, als mit feurigen “WDfeiten, 
getroffen und durchfchoffen werben. So haben % 

Keufeis auch feinen Frieden für dem Teufel. Denn weil ec 


—ß 7 — — — 


* der wahren Chriſten. | 484 


wohl weiß, daß fie gefallen find, und ſich darüber Aufeh⸗ 
herzlich grämen, und für GOttes Zorn: fi fürchten, Mus 
iſt er hinter ihnen ber, und ſchlaͤget dieſe fchrediihe - 
Feuers Bligen in ihre Herzen hinein Du haſt go - 
fünpdiget, derowegen zürnet GOtt mit dir. Dies thut 
er gemeiniglich, wenn es donnert und bliget, oder 
wenn fhredliche Zeichen und Zeiten vorhanden find, 
oder wenn der Menih vom Schlaf erwachet, oder 
fonft das heilfame Gnadenwort ein wenig aus Dem 
Augen feßer: Ja, fie find im Anſehen, als feyn fie 
von GOtt ihrer Sünden halben ganz und gar vers 
fludhet, und ald fen ihnen aller Gegen aberfannt, 
‚alles ‚Unglüd aber zuerkannt, und alfo feyn fie zu 
Leiden gemachet. Denn der Auserwäblten Glück if, 
fat von feinem Gluͤck allhie auf Erden wien, da _ 
doch die Berworfene in allem Glück leben und I 

Endlich, wenn ſie durch allen Jammer gegangen 
und ausgebadet, müffen fie noch wohl zuweilen eines 
unverfehenen und fchredlihen Todes fterben, damit 
ja maͤnniglich fagen möge: Fuͤrwahr, dieſer ift ein 
gottlofer und verfluchter Menfch geweſen. 

So wunderbarlih fpielet GOtt ver HErr Milz garen, 
den Seinen, und fo tief verbirget er feine Gnade Jihen 
fuͤr ihnen, und fo ſchaͤndlich laͤſſet er die Fuge Welt Tod 
anlaufen. Aber an jenem Tage wird man wohl fes 
ben, ob Ehriftus und die Seinen gottlod und vers | 
flucht geweſen find. Denn Paulus faget Rom, 8. | 
Daß die liebe Auserwählten nichts, es fey 
fo boch und tief, als es immer wolle, (hei { 
Den koͤnne von der Liebe GOttes. | 


2. Bas müflen GOttes Rinder mehr teiben ? i 


Der Teufel tritt nicht allein hinzu, und hat fein 
Spiel in ihren blöden Herzen, fihredet vie Heiligen 
mit feinen heimlichen Flittſchen, oder mit hellen Spruͤ⸗ 
«en der Schrift von GOttes Zorn und Zericht— ſtuͤr⸗ 
| | Ä | 1 | 





482 Vom tugendreichen Leben 


met: ihre Herzen, und nimmt ihnen ihren chriſtlichen 
Muth, Da iſt denn eitel Zittern und Jagen für GOt⸗ 
tees Zorn und Geriht, und geräth die arme Seele 
a, Die in die Hölle; dies fage ich, müffen GOttes Kinder 
Pa nicht allein vom Xeufel leiden, wie zuvor berühret: 
N fondern über das fo lange hier ein Chrift lebet, iſt 
er noch Fleiſch, und fühlet die alten.angebornen fleiſch⸗ 
lichen Affecten, die. wüthen und .toben in ihm, ſaget 
St. Paulus, auf Kriegämanier, und wollten ihn 
gerne ftürzen: Ya, die Allergeiſtreicheſten, in welchen 
GOttes Lebe und Furcht am ftärkiten ift, und bie. 
Wiedergeburt am mächtigften, fürdten. dad Böfe am: 
beftigften. Ihre innerlihe Neigungen find nicht aus⸗ 
zureden. Wenn einer alles fähe, ſollte er ſich Dar 
über verwundern. Solche lieberbliebene aber thun 
den Heiligen herzlich wehe, denn. fie wollten gerne 
rein feyn, und koͤnnen doc leider nit. Das Boͤſe 
bänget ihnen zu ſehr an, ja es ift ihnen in die Na⸗ 
tur gepflanzet und tief eingewurzelt.. Sie wollten 
gerne eitel Geiſt und Leben feyn: aber Diefe Zeit iſt 
,noch nicht kommen. Daher betrüben fie fih, und 
- geben gebüdet herein. Sie befeufzen ihr Elend mit 
tiefen Seufzen, und vergieffen viel beifle Thraͤnen, 
darüber. Biel übermahens mit folden. Thranen, 
... denn fie haben die Kraft ihres chriftlihen Glaubens 
und der Taufe noch nicht recht: verftanden, noch die 
Vergebung. recht ergriffen. Sie find noch nicht gänys 
lih in der Vergehung, und find durch dieſelbe noch 

nicht gänzlich verfchlungen. a 
5. Die Die Welt feiret auch nicht: Denn ſie iſt das rechte 
Den Hin Schlangengeref ‚ welches die Heiligen in Die Ferſen 
ftiht, Ein gottlofer Menſch ſiehet nicht hierauf, wie - 
er fol wandeln, daß er GOtt gefalle, fondern wie 
andere wandeln. Findet er an jemand einen Eplits 
ter, oder einen geringen Flecken, der muß berbalten. 
Ein Gottlofer, welder aus angeborner Feindſeligkeit 
alles übel Deuter, machet aus einem jeden Splitter 
einen großen Hausballen und aus einem Xröpflein 


der wahren Ehriften. 83 
ein großes Meer. Er traͤget mit ſeinen Geſellen der 
Heiligen Schwachheit aus, er laͤſtert, vernichtet und 
verdammet ſie auf das Allergreulichſte. Hoͤret dies 
nun. ein frommer Chriſt, fo erſchrickt er Dafür, und 
hat in feinem Herzen unfäglihe Schmerzen. Sein 
Herz wird ihm. von großer Hige wie zerfhmolzen 
Wachs, Daß. er vergiffet fein Brod zu efen. Denn 
der Teufel ſchilt und plaget ihn inwendig. Da iſt 


er ein armer Schiffmann, uͤber welches Haupt vorne 
und hinten alle Wogen und Wellen gehen. 


3. Warum verhaͤnget BO dies alles über feine Rinder? 


Solches alles laͤſſtt GOtt der HErr feinen lieben Daß fe 
Kindern darum wiederfahren, auf daß ſie den Teufel en 
und Die Welt lernen deſto befjer erkennen, daß fie Tea 
einen Abfcheu für der Welt tragen. Daß fie fih seh ers 
creutzigen und_fegnen für der Welt, daß fie ihre Aus jernen, 

gen zuthun, fo oft fie einen Menfchen ſehen. Sons 

derlich aber, daß ihre Herzen durch fo vielfältige 

Magen mürbe und vemüthig werden, und GOtt 

um Gnade und Kraft bitten: Daß fie fid) zum Pfals 

ter Davids halten, ‘und ihn wohl verftehen lernen, 

und ihre Luft Daran. haben mögen, und was dergleis. | 
chen Urſachen mehr find. Denn was GOtt in dem 
Himmel haben, und mit himmlifchen Troſe und Se 
gen überfchatten und erfüllen will, das laͤſſet er fo 
tief in vie Hölle finfen, und ſolche Verwundete koͤn⸗ 
nen aud) andere deſto beſſer verbinden. Es ſterben 
und vergeben. aud Die boͤſen Luͤſte in ſolchem Ey⸗ 
Waſſer des Ereuzes. 


4. Wie oepät ſich Ott weiter gegen feine Kinber? 





avid antwortet und ſpricht: Er leget und eine Er leget 
Bürde und Laft auf. "Denn wie Abraham feinem ende . 
lieben Sohn Zfaac eine Bürde Hol } auflegte, daß er auf. 
es trug bis auf ven Berg Moria: Alſo at BD er 


Are 
. 


Er Dom tugendreihen Leben 


HErr feinem lieben Sohn Chriſto, und insgem 
allen feinen lieben Kindern das heilige Ereuz gu 
Diefem leget er fehwere Armuch und Schuld auf 
einem andern Krankheit und leiblihe Schmerzen, Be 
dritten ‚aber gottlofer und grimmiger Leute bittery 
Haß und Verfolgung. Ed muß ein jeglicher was zu 
. tragen haben, und gehet feiner frei aus. Und was 
GStt will, das muß einer tragen, wenn er glei, 
dafür aus ver Welt Flöhe, bier hilft fein Scheuen, 
noch feine Fuͤrſichtigkeit zu. Es dunket einem jeden 
ſein Crenz wohl am ſchwereſten zu ſeyn; aber wenn 
alle Creuze auf einem Haufen laͤgen, und man Wahl 
haͤtte, ſo wuͤrde doch ein jeglicher nach dem Seinen 
greifen. | | 
‚ "Dem Ausbunde aber, das ift, den Allerbeiligften 
und Liebfien, leget GOit 'gemeiniglich die allerfchwes 
reften Bürden auf. Er läffer fie zu Unfall. kommen, 
und in Sünden geratben, und wegen folher Suͤn⸗ 
den in ſolch Schrecken feines göttlichen Zorns um» 
Strafe fallen, daß fie kaum mehr Odem darunter 
holen und leben können, Ah! wie arbeiten und 
wie ängiten fie fih denn unter folder Laſt, daß, ihr 
nen der Angſtſchweiß allenthalben ausbrechen mag, 
wie winfeln fie alsdenn, wie die Schwalben, und 
girren, wie die Zauben! Ezechias, der fromme Rs 
nig klagey in feinem Gebet Ef. 38. daß er folde 
Zrübfal und Angft wegen feiner Sünden und des 
Zorns GOttes in feinem Herzen und in feiner See 
len erlitten, daß er ſich Dafür geſchaͤmet habe fein 
Leben, Recht, recht, fo muß es zugehen. Wenn 
.. 8 alfo gehet, fo gebet es recht zu. Denn GODtt 
herzet die Seinen alfo, daß ihnen ber Angftfchweis 
audbricht und Die Augen übergeben, und daß fie cd 
fühlen ihr Lebenlange | 

Und wie es dem Sohn GEOttes zu Bethlehen 
ergangen, nemlich, daß er die Herberge hat muſſca 
räumen, andern weichen, in einen Stall kriechen, 

ſich leiden und drücken: Alſo gehet es noch heutiged 





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den: die Verführer aber ſollen genug haben, ja große - 


Der mahren Chriſften. A833 


Tages allen lieben Kindern GOttes auf Erben, Ans 
der? haben Haus und Hof und leben immer in Freu⸗ 


den: Diefe bringen ihr Leben in Armuth, Berfols'. 


gung und Herzeleid zu, und koͤnnen ihred Lebens 
nimmer froh werden, müfjen auch noch wohl dazu 


-jämmerlih um ihr Leben fommen, und alfo beide im 


Leben und Tode für einen Fluch geuchtet werden. 


GOtt Lob und Danf, daß wir dies liebe Gluͤck alls 


bie: auf Erden haben. 


5, Wie erzeiget ſich GOtt infonderheit gegen feine Legaten 
und Diener? " 


‘ 


Erglich muͤſſen fie Chriſti Burde der Armuth unters „1. ee 


werfen, bevor, wenn fie als getreue Lehrer nicht 
Gunſt fuhen, noh um Bauchs willen dienen. Se 
reiner in der Lehre, je frömmer im Leben, je getreuer 


im Dienft, je drmer einer if. Man goͤnnet folhen 


Leuten kaum das liebe Brod, da man andern vollauf 
giebt, und da man felbit täglich im Sauſe lebet. 
Denn fo fol e8 auch zugeben in ver Welt, fagt Zus 
ther, Daß die rechten Prediger nicht Das -Brod zu 
efien haben, allen Mangel, Jammer und Noth lei⸗ 


Fürftenthümer befißen, auf Daß dieſes wahr bleibe, 
Chriſtus müffe Hunger und Noth leiden, 


Hernah müſſen fie auch dies Glück Chriſti ersı. Verach 


tet, 


fahren, daß ſich niemand nad) ihnen umſiehet, nies 


mand fordert fie, niemand hilft ihnen auf einen gruͤ⸗ 


nen Zweig. Große Potentaten willen oft nicht, was 
fie für Leute in ihren Landen haben: Und ob fie 
es ſchon wiſſen, fo nehmen fie fidy ihrer nicht an, 


ſondern laffen fie bleiben und fördern andere. Lieber 


GOtt! wie wohl möchte den Lanpfchaften und Ge⸗ 


bieten geratben feyn, wenn man fidh nad) ‚verftändis 


gen und getreuen Leuten ein wenig umfähe und Die. 


Fuͤchſe bleiben lieſſe. | 


* 





a86 Bom tugendreichen Leben 


c. Haben Endlich haben alle rechtſchaffene rer, welche 
vie Feine pas Evangelium lauter predigen, und ſich den Rezs 
zern zuwider feßen, viel Feinde und Verfolger, Sie 
haben mehr Feinde, vie jie fchelten und läftern, als 
fie Haar auf ihrem Haupt haben. Diefe find ber 
Melt Mäbrlein, ja der Welt Wiſchtuch, daran Bie 
Gottloſen ihre Schuhe und Fuͤſſe wiihen. Was ein 
Maul hat, . das thut ed wider dieſelbigen frei auf, 

und fchüttet alles heraus, und fiheuet Fein Arge. 
Denn es ift beſchloſſen im Rath der heiligen Drei⸗ 
foltigfeit, daß alle liebe Auderwäplte, zuförderft aber, 
weldye dem HErrn Chriſto helfen fen Reich) bauen, 
viel Keinde und Verfolgung haben follen, und alfo 
dem Ebenbilde Ehrifti aͤhnlich werden. Können fie 
ja vem Herrn Chriſto nicht aͤhnlich werden im Les 
ben, fo follten fie ihm doch gleichwohl aͤhnlich ſeyn 
im Leiden. Und müflen alfo das Webrige, welches 
GEhriftus in diefer Welt noch zu leiden hat, an ihrem 
Leibe vollbringen. Wie St. Paulus gar herrlich ſchrei⸗ 
bet: Eol. 1. Ich -erflatte in meinem Fleiſch 
\ was noch mangelt an Trübſalen in Chriſto, 
für feinen Leib, welder ift die Gemeine 
Denn Chriftus hat noch nicht ausgelitten, 
. er mug noh in feinem großen Leibe, nem 
th, in feinen Bliedern allhie auf Erden, 

leiden bis an ven jüngften Tag. 


Das IM. Capitel. 
WVon chriſtlicher Geduld der Kinder GOttes in 
ihrem Leiden. 
8. Wie follen ſich GOttes Kinder in ihr vielfältiges Leiden 
recht ſchicken ? 


Ds wohl die lieben Epriften in dieſer Welt beide 
vom Teufel und Menſchen gro Bedrängniß leiden 
müflen, daß fie fich oft für großem Leide den Tod 
anwumſchen, fo follen fle fih doch gleichwohl im als 


det wahren Chriſten. 487 


lem mäßigen, und ihr Creuz in Geduld tragen. Denn 1. Se⸗ 
GOttes Rath und Wille iſt in allem Leiden, er fur bat 


Het feiner Rinder Beſtes. Er tödtet dad Fleiſch umdbuirie aa 
machet lebendig ven Geiſt, das iſt, er erwecket den 9. 
Glauben und dad Gebet, und machet endlich eitel 
Pöftfiche Ehre Daraus. Darum fo follen fie nit fo 
ſehr ſchauen auf das Gegenwärtige, welches fie 

Bart preffet, als auf das Künftige, welches fie trös 

ften, und eine wichtige Herrlichkeit ringen wird. 

Sie follen immer unter dem Ereuz eine fröhliche Hofo_ -. 
nung zu GOtt tragen, welde in Wahrheit nicht laͤſ⸗ 


ſet zu Schanden werden. Denn wenn der Teufel 


und die Welt auögefpielet haben, fo hebet &Dtt feis 
nen Actum an, und machet alles wiederum gut, was 
jene verdorben haben, 


2. Berichte zievo etwas mehr? 


Gi. allen Dingen follen fi GOttes Kinder von, 40 
Herzen unter GOttes Hand, welche fie alſo drüdet, SD 
demüthigen, und. follen. ſich ald gehorfame Kinder, dan deu 
wider GOttes Rath und Willen durch Stolz und wuthigen. 
Ungeduld nicht empören. 

Denn GOrtes Wille fol nicht allein frei gefches 
ben im Himmel und auf Erden, fondern wir follen 
auch an dem Willen GOttes herzlid Gefallen tras 
gen: Sa, wir -follen uns für GOttes Rath und 
illen büden, und denfelbigen mit verbedtem Ans 
geidt in hoͤchſter Demuth anbeten. O HErr GOtt! 

biſt heilig, und dein Wille iſt heilig und gut, 

abe Lob und Dank für deinen heiligen guten Willen, 

Und ob es wohl unferm Herzen bitterlich wehe 
tut, daß wir des Süffen, welches uns einmal ge⸗ 
fchenfet, follen entrathen: Dennoch muß man ſich 


. biegu gewöhnen, daß man fein Herz und Begierde 


brede, und dem Willen GOttes unterwerfe: Alfo 
bleibet GOtt in feinem Fuͤrnebmen unverworren, und 
Pas gepuluige Herz hat Ruhe, wie Chriſtus ſpricht 


y 





Ä Bom tugendreichen Leben 


th, 11. Nehmet aufeuh mein Jod, und 
net von mir: Denn ich bin fanftmäthig, 
d von Herzen demüthig, fo werdet ihr 
ıbe finden für eure Seele Wenn man GOtt 
ben und machen läffet, was er will, fo bat man 
he: Wenn man ihn aber viel meiftern will in feis 
ı Werken und mit feinem Thun nicht zufrieden 
n,. fo vermuthet man fich felbft, und meldyes das 
te ift, man erzürnet GOtt, der von feinen Crea⸗ 
en: kurzum will ungemeiftert ſeyn. Fuͤr folcher 
ibefcheidenheit, Hoffart und Ungeduld wolle uns 
ver liebe GOtt guädiglich behüten und bewahren. 


Der Prophet David giebt den Ereuzträgern und 
etrübten vdiefen Rath, Pfalm 37. Habe Deine 
uft an dem Herrn, der wird Dir geben dev 
es Herzens Wunſch. Das tft: Habe Gefallen 
ı allem Rath und Willen GDtte, und an dem 
ben Greuz, trage ed in Demuth, in Sanftmuth, 
Gehorſam, in der Stille und in großer Geduld, 
trage es mit Luft und Freude, fo wirft du GOtt 
mit ehren, und es wird ihm wohl thun, und wird 
in Leiden mäßigen, und einen Sonnenfchein nad 
m andern über dich kommen laffen, und was vu 
ie wünfchen und begehren wirft vein Lebenlang, daß 
bige wird er dir reichlich geben. 

Denn fo fpriht Sara, Tob. 3, Ver GOtt 
enet, der wird nah der Anfechtung go 
öftet, und aus der Trübſal erldfert, un» 
ich Der Züchtigung findet er Gnade. Dens 
ı haft niht Zul an unferm Verderben. 
enn nad) dem Ungewitter läffett du die 
onne wieder [heinen, und nad dem Hew 
n und Weinen überfhüttell.du uns mit 
renden. on 
Ich will hiemit keineswegs verboten haben, des 
slide Xrauren, .Seufzen und Weinen, welches 
riſtus felber nicht‘ hat enthalten koͤnnen, fonnern 


der wahren Chriſten. 2 


nur die heimliche Verbitterung wider EOn, und das 
ungeftüumme Heulen, Rufen unp Roben 


3. Was follen GOttes Kinder mehr thun in chrem 
Crenz ? 


S. ſollen nicht erſchrecken fuͤr GOtt im Grenz, als, Site en 
ſollten fie nun nicht mehr bei ihm in Gnaden feyn, Soate 
fondern man bleibe nur feſt in dem Vertrauen der’ balten. 
Bnade, und lafie ihn walten, und Die. Seinen wun⸗ 
derbarlih genug führen. Er weiß doch wohl, was 
er thun und laſſen, und wenn er aufhoͤren ſoll. Und 
wenn wir das Herz GOttes ſehen koͤnnten, ſo wuͤr⸗ 
ven wir mit ihm lachen und des Teufels und der . 
Welt fpotten. Denn GDtt meinet eö fo nit, wie 
er fich ftellet. Es ıft eitel Silber und Sol ‚unter 
der ſchwarzen Erde verborgen. 

Wenn mir auf meiner Wanderreife, und. auf dem 
Wege GOttes ein Unfall begegnet, fo made ih es 
fo: Ich ſtehe ftil und leide es, verwundere.mih | 
bed Teufels und der Welt Bosheit. Es fehmerzet 
mich wohl, daß aus dem Guten ein Böfed geworden 
it: aber ic fage und Plage es keinem Menſchen, 
ſondern ich ſchweige und klage es GOtt, denn die 
Noth iſt oft ſo groß, daß man es feinem Menſchen 
Hagen, und fo ſeltſam, daß man ihr nicht rathen 
fann. . Dad Garn ift ſo fehr verworren, und. 
ver Teufel hat ſich fo mächtig Darin geſetzet. So 
koͤmmt denn mein lieber himmliſcher Vater ber, und | 
nimmt ſich meiner an,. und tröftet mic, und ftärfet 
die Kräfte meines Herzens und giebt mir neue Gas 
ven. Denn wenn es wettert, fo grünen bie Bäume 
SHdDtted, und fo fchenket er den Seinen voll ein, 
Er fübret es auch berrlich hinaus und ‚wendet alles 
um Beſten. Denn aus unferer Armuth mache ce .., \ 
Reichthum, aus unferer Krankheit machet er Gefunds - " 
heit, aus unferer Schmach machet er Ehre, und au - :., 
unferer Traurigkeit machet er Freude, Unſere Fein⸗ ö 





Be Born Creut | 

de, Lügner, Laſterer und Verfolger aber erfüllet e 

mit ewigem Herzeleid und Schande, und raffet ſi 

aus dieſer Welt hinweg, wie ber Wind die unnüy 

en. Stoppeln hinraffet, und wirft fie in die ewig 
ut 


.. Daher ermahnet St. Paulus die.Chriften, Du 
fle ja zur Zeit ihrer Anfechtung nicht forgen wollen, 
wie fie derfelben möchten los werden, ſondern daß 
fie nur GOtt fein gedultig gelaffen ftehen, und ihm 
aushalten, und ibm alles Flagen, und auf fein 
Guͤte Hoffen. Denn fo. fpriht er Phil. 4. Der 
Herr ift nahe, darum forget nihts: fom 
Bern in allen Dingen laffet euer Gebet umd 
Sieben mit Danffagung für ihm fund wen 
Den. Welche fihöne, und denkwürdige Worte Et. 
Pauli Luther in der Kirchenpoftil S. 49. alfo erflö 
zer. hat: Hier lehret St. Paulus, wie alle unfer 
Sorge auf GOtt foll geworfen werden, und iſt de 
Meinung: Sorget nur nichts. Kommt aber etwad, 
Das euch Sorge machen will, wie ed denn ſeyn muf, 
daß ihr viel Anitöffe haben. müffet auf Erden, f 
flellet euch alfo: Unterwindet euch fein gar mit 
wmit- eurer Sorge, es fey welcherlei es wolle, ſonden 
laſſet die Sorge, und kehret euch mit’ eurem Gehe 
und Sieben zu GOtt, und bittet ihn um alles, ve 
ihr wollet mit Sorgen haben ausgerichtet, Daß = 
ed ausrichte. Und thut das mit Dank, daß: ihr w 
nen folhen GOtt babet, der für euch forget, um 


dem ihr alle euer Anliegen moͤget Fühnlih heimſtch 


Yen. Wer fi aber fo nicht flellet, wenn ihm erwei 
kommt, fondern will es zuvor mit Vernunft meſſen,. 
und mit eigenem Rath regieren, und nimmt ſich ve 
Sorgen an, der menget ſich felbft in viel Janımır, 
verlieret Friede und Freude in GOtt, und ſchafa 
doch nichts, fondern. gräbet nur den Sand, und few 
ket fich weiter hinein, und koͤinmt nit heraus, we 
wir täglidy in unferer eigenen und anderer. 
ernen. 





"der wahren Ehriften. 7 


Befiche hievon mehr das dritte Capitel in der 
ünften und folgenden Frage dieſer Schaglammer. 


» Wie follen fich bie Kinder GOttes in Anfechtung: recht 
' fchidten 9 — 


Hievon iſt droben im 5 Capitel in ber 5 Frage. 
es 5 Buchs Bericht gefcheben, welchen du allbie 
viederholen kannſt. 


5. Wie follen fie ſich wieder den Tod tröften? 


Daniel ſpricht Cap · 5. Gott hat deinen Open Danit 
ınd alle deine Wege in feiner Hand. Ein Leben 
refflicher ſchoͤner Spruch, welcher da lebret, Daß und en 
BO Bater nicht allein das Leben gegeben, fondern Händeg 
aß er auch ein fleißiges Auffehen auf sined jeden bat: 
teben habe, und vaffelbe in feinen. Händen bewahre. 
Erſtlich hat er uns in Mutterleibe bereitet, und 
yat und Leib und Seele gegeben, Pf. 139. Denn 
vie ‚wir find, alfo hat und GOtt gefhaffen, und 
yamit follen wir auch wohl zufrieden feyn und. ihm 
yafür danfen. Bu Ä 
Darnach hat er und mit feiner Hand aus Mut 
terleibe gezogen, und uns von unjerer Mutter ges 
yolfen, wie David begeuget, Pf. 22. und 71. Auf . 
ich habe ich mid) verlaffen von Mutterleibe an, denn 
‚u haft mich aus Mutterleibe gezogen, Troͤſte und 
BOtt in Ewigfeit, wenn GOtt der HErr felbft in " 
olhen Roͤthen nicht das Beſte thäte, ed wuͤrde fein 
Rindfein lebendig zur Welt fommen, und bie Deuts 
er würde ihren Mund darüber zutfun, 2 
Fuͤrs Dritte erhält und bewahret er ‘auch unſer 
Reben, Damit wir nicht umfommen und flerben. Dad 
tehen erbält er uns dur Effen, Trinken, gefunde 
tuft ꝛc. Sa, durch fein lebendiges und allmaͤchtiges 
Bort, wie er fpriht: Der Menſch lebet nihs 
llein y Brod, fondern von einem -jegiw 


at ._ — — — — — - 


Bie ge: 


492 : Dom Ereus' 


hen Bort, weldhes durdh den Munt GOt 
tes gebet. Er bewahret ed und aber durch fein 
ſtetes und genaues Auffeben, Wie Job 10. ſpricht: 
Leben und Wohlthat Haft du an mir gethan, 
und bein Auffehen bewahrer meinen Odem. 

Gleichwie ein frommer Hirt vom hohen Berge 
herab ſiehet auf feine liebe Schaͤflein, und huͤtet ih⸗ 
rer mit Fleiß, daß nicht etwa ein Wolf berlaufe und 
fie erhafche und! umbringe: Alſo fiebet auch GOtt 
Vater vom hohen Himmel herab auf und und be 
wahret unfer zartes Leben, daß es nicht verderbe, 
ja er bewahret unfern Odem, oder unfer Leben in 
feinen Händen, wie Daniel ſpricht, auf Daß wir de 
fto fiherer feyn. Er träget feine liebe Kinder im 


ee feinen Armen, wie ein Hirt feine Schaͤflein träget, 


Eſa. 40. Ya, wie ein Mann feinen Sohn träget, 


ht hat. Deut, 1. und bewahret fie in feinen Armen, oder in 


feinen. Händen, wie feinen eigenen Augapfel, Zach. 
2. Wenn fie in den Krieg ziehen, muß fie fein Schuß 
treffen, alle überhin, over bei Seite aus. Wenn fie 
ind Waffer fallen, müſſen fie nicht erfaufen. Wenn 
fie ind Feuer fallen, müffen fie nicht verbrennen, wie | 
Ef. 45. faget, und auch zu erfehen it aus dem Exem⸗ 
pel der drei: Männer zu Babel, welche im Feuerofen 
wunderbarlicher Weiſe durch GOtt find erhalten wors 
den, Dan. 3. Koͤmmt aber die fliegende Hitze, nem⸗ 
lich, die giftige Peſtilenz, ſo muß ſie nicht ſchaden. 
Schone, o Peſtilenz, ſchone, dieſen ſollt du mir nicht 
anfahren, er ſoll mir und feinem Nädften zu gut 
noch eine Zeitlang leben. Web Zeit gelommen, und 
wer an der Welt fterben fol, ver muß davon, ob er 
gleich auf einer. eifernen Burg, mitten unter allen 
Apotheken verfchloffen falle: Weß Zeit aber nody nicht 
gelommen, der kann nicht fterben, ob er gleich mib 
ten in der Weit wäre, und alle Zage zehn Tauſend 
dahin fielen, wie der 1 Pfalm lehret. Denn GOtt 
hat einem jeden feine Zeit und Maaß gegeben, vie 
muß er ableben, durch füß und fauer, und ehe die⸗ 


v 





der wahren Ehriften. 493 . 


felde Zeit nicht im iſt, muß Feiner fterben, wenn 
er gleich fäße im Thal des Todes Schatten, in eis 
nem folhen Thal, oder an folhem Ort, da eitel 
Todeögefahr vorhanden wäre. Denn fo fagt David 
aus dem Munde und Herzen des heiligen Geiſtes 
Pſ. 31. Meine Zeit, lieber GOtt! fichet in 
deinen Händen. "Und Pf. 39. Meine Lage, 
die ich leben foll, find in dein Bud ge . 
fhrieben. Mittlerweile fitet der fromme GOtt, 
und bewahret durch fein Auffehen feiner ‚lieben Kin; 
der Knoͤchlein, daß der feines verfehret werde, Pf. 34. 
Ya, er erzähle alle ihre Haare, Matth. 10. und 
faffet ihre Thränen in einen Schlauch. Diefer Vor⸗ 
ſehung .tröfte dich, mein lieber Menſch, und glaube, 
daß GOtt dein allmädtiger GOtt und Vater fey 


Das IV. Eapitel 
Bon den Urfahen des Ereuset. 


4. Barım verhänget GOtt das Erenz und Leiden Aber 
. feine liebe Kinder. 


Soolches gefchiehet anfaͤnglich darum, weil es GOtt 1. Damit 
‚verordnet, Daß alle wahre Chriften unter dem Ereuzghenbitbe 
leben, und Dadurch dem Ebenbilve feines lieben Sohns feines 
gleichfoͤrmig werden follen, Röm, 8. Inwendig follen ie | 
| fie Schredlen fühlen, ‚wegen ihrer unträglichen Schwach⸗ werden, 
heit: Auswendig follen fie von der verdammten Welt 

‚übel gehalten und jämmerlidy geplaget werden. Denn 

‚weil GOtt die Seinen wunderlich führet, und fie 
‚zuvor laͤſſet Mein werben, ebe er fie groß madhet, 

‚muß Dies die Welt nicht verftehen, fondern mit dem 

Kopf an die Mauer laufen. Ein jeder. Chrift muß 

zum erfien einen Teufel, zum andern einen Judam, 

‚zum Dritten einem Gaipham, zum vierten einen Pon⸗ 

tium Pilstum haben, und: muß ſich ftreichen laſſen | 
‚bis auf das Blut, Wenn der eine aufgehöret bat, 


| 


Due EEE SEEN GE. ⏑ —7575— — 
. - 
\ . 


494 Vom Creuz | 


müffen zwei wieder anheben, und nad) diefen zweien 
viere fommen, und nach den vieren achte, der eine 


woch böfer als der andere. Se heiliger Chriſt, je 


größer Märtyrer. Je beiliger-Chrift, je ein ſchwerer 
Greuz er feinem HErrn Chrifto muß nachtragen: 
Sa, ein frommer Chriſt muß alles often, was bit 
ter in. der Welt ift, und nicht einen einigen Tröſter 
haben. : Died alles aber gefihiehet zum guten und 
Föftlihen Ende, wie denn GOtt feinen lieben Ans 
erwäbhlten nichts Boͤſes oder Gefährliched wiederfah⸗ 
ren laͤſſet, daraus. er nicht gedächte etwas Bejonde 
red, Gutes. oder Heilfames zu machen. Alles, was 
in der weiten Welt ift, Gutes oder Böfed, muß den 
Chriften ale ihren Herren, nüßen und dienen, 


2. Wozu dienet ihnest deun bad Creuz ® 


2.20 Der Int gemein davon zu reden, laͤſſet GOtt feinen lie 


ben Kindern das Greuz Darum wiederfahren, "Daß fie 
in wahrer. Demuth erhalten werden. Denn nichts 
Pränfet und demüthiget und mehr, als Creuz um 


5. Ihre Leiden. Zum andern, auf daß die Heiligen ihre 
zuertens Augen auf fi wenden, und ihre innerlihe Unreinig 


nen. . 
4. Das 


feit. und Bosheit vefto beffer lernen erkennen um 
beſeufzen. Zum- dritten, auf Daß der koſtbare Glaube 


Sebet zu mit dem Gebet -in ihnen erwedet, geübet, geläuter, 


erweden 
. Der 


5 
Sünde 


"geitärfet und vermehret werde. Letztlich, daß fie and 
zum geiftlihen Tode bewogen und geſchickt gemache 


ebzuftess werben mögen. Denn den Sünven abfterben, be} 


it, fliehen, was uns wohl thut, und dem folgen, 
was und zumider iſt, das iſt ein bitterer Tod, je 
Creuz und Tod. Dieſen geiftlihen Tod fordert GO 
von und in feinem Wort; Aber da beat unfer 

nicht Luſt dazu, nemlich, daß es ihm felbft Wehe 
tbun, ſich creußigen und tödten fol. Da koͤmmt aus 
das Creuz und plaget und fo lange, bis wir de 
Sünde feind werden und ihr gerne abfterben: As 


denn fliehen wir, was und wohl thut, und folge 


arm Ten — 77 — J * 5 — 


der wahren Chriſten. 488 


dem, das uns zuwider iſt, auf daß wir nur Friede 
haben, und mit dem lieben Creuz verſoͤhnet werden 
mögen. Und das iſt der Nutzen davon, daß uns 
das Creuz, welches uns anfänglich verderben wollte, . 
dienen muß zu wahrer Zerfnirfhung des Gemüthe, 
zum Glauben und neuem Gehorfam, 


3, Barum verhänget GOtt ferner bad Grenz über feine 
u | Kinder? Bu 


E⸗ geſchiehet auch ſolches darum, auf daß die lieben 6, DE e 
Auserwaͤhlten GOttes, weldye in dem ewigen Leben. —*8 
glänzen ſollen in dem allerherrlichſten Schein feines theilhafı 
Sohns, gleichfoͤrmig werden mögen dem Ebenbilde "har" 
feines Sohnes, wie ©t. Paulus Roͤm. 8. fchreibet: 
Das it GOttes Rath und Wohlgefallen. 
Wer will den Rath ergründen oder. meis 
ftern? Derowegen, mein lieber Menfh, wenn es 
dir übel gehet und dir dein Herz verwundet iſt bis 
in den Tod, fo gedenfe, Daß du trägeft das theure 
Bild JEſu Ehrifti, und befchwere dich ed ja nicht. 
Denn je mißftaltiger du hier bift, je herrlicher du 
Dort feyn wirft, wie St. Paulus 2 Cor. A. ſpricht: 
Unfere Trübfal, die yeitlih und leicht iſt, 
fhaffet eine ewige und über alle Maffe 
wichtige Herrlichkeit. . . 
‚Darum, ſpricht er, follen wir nicht eins feben 
auf dad Sichtbare, das uns hier eine kurze Zeit 
angſtet, fondern nur allein auf dad Unfichtbare, das 
uns dort in alle Ewigkeit tröften und erfreuen wird. 
Deögleihen Roͤm. 8. Ich halte diefer Zeit Lei 
men der Herrlichfeit nicht werth, die an 
sand foll offenbaret werden. Denn leiden 
wir mit Ghrifto, fo werden wir auch mit 
ihm zur ewigen Herrlichkeit erhoben wer 
‚ven, Dad find ja engliſche und tröftlihe Worte, bie 
‚sans alled Leiden follten ſuß und leicht machen, 


496 WVom Creuʒ | 


4. Gereichet dies nicht den Glaubigen zu. befonbern Ehren, 
daß fie durchs Grenz Ehriſto gleichförmig werden ? 


es in Freilich iſt dies gleichfoͤrmig ſeyn dem Ebenbilde Chri—⸗ 
ereliher ſti, und Chriſtum in ſich creutzigen laſſen, und im 
Reiter loͤblichen Orden der heiligen Märtyrer ſtehen, eine 
tum. ſolche Herrlichkeit und Ehre, daß Fein Fuͤrſtenthum 
- und Raiferthbum mit ihr kann verglichen werden, und 
wir wollen unter folher Herrlichfeit finfen und fer 
ben? a, diefe Steichförmigkeit ift ein gewiſſes Zei 
hen der ewigen Borfehung der Gnade GOttes und 
des ewigen Lebens, unfern Feinden aber ein Zeichen 
ſchrecklichen Zorns GOttes, und unerträglihen Ge 
richts, welches einmal über fie ergehen wird. Dens 
dafür, daß fie und bier eine kleine Zeit geängflet 
baben,. follen fie dort ‚wiederum ewiglich geaͤngſtet 
werden. Hier follen fie weniges Glüd haben, nah 
dem Vers Davids, Pf. 40. Ein boͤſes Maul wird 
Fein Glüd haben auf Erden: fondern GOtt wird 
Strahlen über fie ſchuͤten und. wird fie mit Keuer 
tief in die Erde fihlagen. Dort aber follen fie mit 
den Gerechten nicht gefchrieben werden, fondern hoͤl⸗ 
liſch Feuer und ewig Herzeleid zu Lohn haben. Uber 
die Elenden werden das Land erben, und Luſt Gaben 
in großem Friede, Pi. 37. Den Gerechten mu 
dad Licht immer wieder aufgeben, und Freude ves 
frommen Herzen, Pf. 97. Was wir aber für Xrof 
und Freude in jenem Leben erlangen werden, tft ned 
der Zeit in feines Menfhen Herz kommen. GOu 
ftärfe und durch feinen heiligen Geiſt! 


5: Zeige mir an mehr Urfachen dee Creujes. 


7. Daß fie Die ‚Glieder unfers lieben HErrn Chrifti, woelde 
| Ruh vem ihm durch die heilige Taufe einverleibet ſind, unt 
Böfe emaun in ihm haben die Fülle aller Gnavengüter, Ka? 
Soften. die allerelendeften Menſchen auf Erven. Denn ſi 
.müffen täglich das Creuz Chriſti tragen, täglich den 

| as 





Eur ber wahren Chriften. 497 


an fterben. Es muß ihnen oft an dem Herzen und. 


an der Seele fo wehe feyn, daß fie es kaum ertra⸗ 
gen und ausreden fönnen. Dies hat feine hoben 
Urſachen. Denn wer das Gute haben will, der muß 
aud dad Böfe leiden. Wer in den Himmel kommen 
fol, der muß zuvor von der Hölle auch was koſten. 
Der Teufel muß die Himmels: Pflänzlein mit feinen 
feurigen. Spieffen durchrennen, und fie am Herzen 
fo Angften, daß fie für großem Wehe wohl moͤchten 
Den Geiſt aufgeben. Er kann ihm die Alle der Hei⸗ 
ligen wohl zu nüge machen, und aus einem Fleinen, 
ja oft wohl aus einem nichtigen ein großes machen. 
Gr kann fie überreden, ihre Sünde fey-größer, denn 
Daß fie ihnen koͤnnte vergeben werden. Die Welt 
koͤmmt ihm zu Hülfe; wenn dieſe einen Chriften fies 
het, fo ift es eben fo viel, ald wenn ein Wolf ein 
Lamm fiehet. O wie verachtet Die hoffärtige geiftlofe 
Welt die großen Heiligen GOttes, Die ehrwürdigen 
Heiligen, und die bochanfehnliden Erben des ewi⸗ 
gen Lebens! Sie baffet, fie ſticht, fie beiffet, fie vers 
wundet bie lieben Gotteslinder bis in den Top: Gie 
allein it Mug, heilig und gerecht, Chrifti Glieder 
find. e8 nicht. Armuth, Krankheit und das Hauss 
ereuz haben fich mit einander verbunden, daß fie die 
Chriften wollen überfallen, und ihnen genug zu 
Schaffen geben. Wer heute ladet, der ift morgen 
eine arme Wittwe, oder ein armes Waifelein, und 
; muß in der Afche fißen unter falfchen Tröftern und 
bitterlich weinen. Denn das Lachen ift bei den wahr 
ren Chriften tbeuer. Aber darum muß man Das 
Hochzeitgehen nicht angeben. Denn daß ift, ein ewis 
ges Laden, wenn Ehriftus fpriht: Kommet zur 
Hochzeit, oder St, Paulus: Freuet euch im 
HErrn allewege. 


6. Weſſen ſollen wir uns freuen? 


Das der HErr Chriftus die ſchwere Laſt der Suͤn⸗ 
Den von und genommen hat, durch feinen Tod, und 
2 . 





l 


498 Dom Cru - u 


bat fie geworfen in die Tiefe des Meers, und dal 
er und an Statt einer Sünde zehen Zentner feiner 
bimmlifchen Gerechtigkeit geſchenket hat, und daß er 
und zu GOttes Kindern gemachet hat, und daß mil 


Tempel des heiligen Geiſtes feyn, und ſchoͤne Früdte 


tragen, und Daß er bei uns iſt in unfern Roͤthen, 
und alles ſo maͤßiget, daß wir es ertragen koͤnnen, 
und daß er uns durch Creuz dad heilige Herzwaſſ, 
das liebe angenehme GOtteswaſſer aus ven Auzen 
drüdet, und zum Worte treibet, und fein andaͤcht 
machet, und daß der Welt Veradytung und Chmod 
unfere hoͤchſte Ehre iſt, und ihr Haß und Perfob 
gung GOttes Liebe iſt, und daß unfere Armut) 
Reihthum, und unfere Krankheit in Geſundheit ſol 
verwandelt werden, an dem Tage, wenn ef 
wird wieder fehen. Denn fo wird fich unfer Hi 
rechtfhaffen freuen, und unfer Mund wird ladım, 
und niemand wird unfere Freude von ung nehmen. 
Das mag wohl beiffen, wie Thren. 3. geſchricben 


ftehet, daß GOtt die Menden nicht von Hei 


plage, ald wolle er fie martern und tödten, fonderk 
daß ſolches gefchehe zur Probe und Webung srl 
Glaubens, und daß er fie durchs Creuz zu fih z" 
de, und fie lernen beten, und daß er fie troͤſte um 
rette, und ihnen fein göttliher Troſt und Ertettun 
hernach defto füfler und angenehmer fey. Denn mE 
nicht weiß, was bitter ift, der verſtehet aud nik 
was füß iſt: Wer nicht in der Hölle gewefen, ud 
allda eine Zeitlang mit dem Teufel die Partei 
göttlichen Zorns gefreffen, der weiß nicht vom HR 
mel und Der Gnade GOttes zu fagen. Die 9 
ift des Himmeld Würze, und der Zorn GOtties m 
die Gnade GOttes füß machen. Ind ift ein Zeiche 
ſonderlicher Gnade und fräftigen Trofted, wenn GL? 
Died Felt und Spiel mit einem anhebet. 


der wahren Chriſten. | . 499 


u | 7. Erzähle mir mehr Urfachen des Greuges? 


€; wird auch das Herz der Heiligen durch des Teu⸗8. Das fie 
fels und der Welt Scheidewaſſer fein gereiniget von langt 
alter heimlichen Unfauberfeit, und böfer Luft, fo noch von böfen 
Darinnen ſtecket, wie Chriftus fpricht: Joh. 15. daß irn. 
er feine Reben alle reinigen wolle. Es wird ein - 
wahrer Chrift in die Länge fo rein, daß er fidy nach 
der Welt, ald nad) einem Greuel, nicht mehr ums 
fehen mag. Ich gefchweige, daß er etwas Daraus 
begehren jollte, ſondern feine einige Luft iſt einfam 
zu feyn und GOtt leben, welches das Allerbefte ift. ’ 
Das heiffer venn: Die GOtt lieben, Denen muß 
alles zum Beften dienen. = 


‚ . Denn dad liebe Creuz, welches bir dein GOtt Großer 
und Vater auferleget, und Deinem Herzen fo Wehe ne ern 
thut, Das ift dir nüße und gut. Denn durch fein sch. 
Miitel kann das Fleiih und Herz beffer -gefränfet, 
 gedemäthiget und gereiniget werden, denn eben durchs " 
Ereuz Ach! was ift ein Menfd ohne Ereuz? Ein 

Bild voller Thorheit, Lüfternheit und Hoffart. Wenn 
' ed dem. Herzen wohl gebet, fo ift es voll Unfrauts, 
und laͤſſet ihm nicht fagen. Wenn ed aber unter dad 
' Ereuz gefeßet, and ziemlich hart gepreffet wird, fo 
wird es. matt, und das ſchaͤdliche Unfraut erſticket, 
| gerdirbet und vergehet darin. Sünden müffen unter 
dem Ereuz aufhören, "wie fie unter Wäpltagen wach 
Ifen. Daher fpriht GOtt der HErr im Propheten 
Eſaia Cap. 48: Ich will dich laͤutern und auser⸗ 
waͤhlt machen im Ofen des Elends. Gleichwie ein 
Goldſchmied fein theures Silber und Gold laͤutert 

und auserwaͤhlt machet im Feuerofen: alſo laͤutert 
zund machet auserwaͤhlt unfer Herz GOtt der HErr 

im Ofen des Elendes. Das iſt mir ein auserwaͤhl⸗ 

es Herz, ſpricht alsdenn GOtt, denn es iſt von 

llem Schlamm gereiniget und gelaͤutert, wie Silber 

nd Gold. Das Herz liebe ich, und an dieſem Her⸗ 

000g 








500 WVom Era 


zen habe und tgage ich groß Gefallen. Und je länger 
ein armes Herz, in der Hiße des Creuzes gehalten, 
je reiner e8 wird, und je angenehmer es GOtt wird, 


8. Fahre fort im Erzählung der Urſachen bes Erenzes. 


0. Der Snfonverheit lAutert GOtt, und machet audermäßt 
Slanbigeund rechtfhaffen den theuren Glauben in und durd 
| De rc DA8 Greuz. . Er will zufehen, was du für ein Abre 

bewäprt. ham fenft, und was du. für einen Glauben haft, wei 
er dir fo plöglich wegnimmt das Allerliebfte, welche 
er dir jemald gegeben hat. 
Er will erfahren, ob du aud) feinen bloßen Bor 
ten traueft, und wider alles Fühlen wahrhaftig gie 
beft, Daß er Dir gnaͤdig und wohl zugethan fen. u, 
er will Durch dies wunderliche Spiel deinen Glaube 
recht ermuntern, und in Dir lebendig, feurig, groß, 
Sauter und rechtfhaffen machen. Nicht allein aber 
dad, fondern du wirt nun lernen recht feufzen, 
und dein Seufzen wird durd) die Wolfen dringen, 
und GOtt wird fidy deiner annehmen und deinem 
Herzen feine Gnade zu often ‚geben, und alfe 
dadurch die Bitterfeit Deines Ereuzes lindern. Dean 
wo Bitterfeit im Herzen ift, da ſchicket GOtt feiner 

. Gnade Süßigkeit bin, daß alfo dad Herz nimm 
füffer ift, denn chen zu der Zeit, wenn es am «lm 
bitterſten ift. | . | 

Daß man aber unter dem Ereuz lerne beten, giet 

bie Erfahrung, und Eſaias bezeuget es Cap. % 
Herr! wenn Trübſal da ift, fo ſuchet mas 
dich, wenn Du fie züchtigeſt, fo rufen ſie 
Angftiglih. Sie gieffen heraus die Redefunft, ve 
alles, was fie vom Gebet wiffen. Zn Röthen lerne 
ſie beten, und werden trefflihe Anrufer und Redat- 

Denn wenn die liebe Gotteskinder mir" ibrem Go 
bet nicht fortwollen, fo.nimmt fie der heilige 
zwifchen die Sporen, und reitet oder treibet fir p 
GOtt, durch das Heilige Ereuz, wie Eſaias Gap. 23 


‚alle fein Thun iſt lauter Heuchelei: aber wer Noch - 


"ber wahren Chriften. 501 


ſaget: WVenn Trübſal da iſt, ſo fiepet man ' 


fid nach Dir um, HErr! und fo lernet man be 
ten, ohne Ereuz ift ein Menfc ein Heuchler, und 


bat, der fann fo laut rufen, daß es die Engel im 
Himmel hören. Denn warum follte mir GOtt Vers 
folgung, die Armuth, einem andern Krankpeit zus 


ſchicken, wenn er ed nicht thäte um des Gebets wil⸗ 
len? Welches ihm fo lieb ift, ald ein liebes Toͤchter⸗ 


fein, das er herzet und füfle. Denn Gebet und 
Gnade begegnen fih, umfahen fih, herzen und kuͤſ⸗ 
fen fih. Und GOtt fpricht zu feinem Anrufer: Ich 
habe dein Gebet erhöret, es fol zu feiner Zeit wohl 
fommen. Darauf gehet denn der Menſch zu Haufe, 


ift fröhlih und luftig, und bat etwas Heimliches in 


feinem Herzen, dad er einem andern nicht fo bald 


ſagen wird. 


9. Zahre noch ferner fort in diefer Erzählung. 


E⸗ ſendet auch GOtt darum den Seinen das Creuz 10. Die 


zu, auf daß er mit ihnen durch das Ereuz fpielen, 
den Glauben und ihre Beſtaͤndigkeit erfahren möge. 


Beſtaͤn⸗ 
digkeit im 
Glauben 


Denn in ſchweren Zügen ſiehet man erſt, was einer wird bes 


für ein Mann fey, was für einen Verſtand und Olaus 


ä 
Buche 


ben er hat. Denn das ift wahrer Glaube, wenn Es. 
man fih nicht allein auf GOttes Gnade verläffet, 


wenn ed gut Wetter ift, fondern auch, wenn alle 
Winde und Wellen daher raufchen und auf uns ſtoſ⸗ 
fen. Daher fchreibet St. Petrus 1 Petr. 1. Daß, 
gleihwie das Gold im Feuer erfannt wird, 
alfo werde auch unfer Glaube in Trübſal 


erfannt, ob er wahrhaftig und rechtſchaffen 


fey, oder aber nicht. Darum, lieber Menſch, 


laß ja deinen Glauben an GDtt nicht fahren, wenn 


Dir es übel gehet, fondern alsdenn feße allererft bein 
Bertrauen recht auf ihn, und fprich mit dem lieben 


Job⸗ Wenn er mich gleich zerſpaltete, fo 


502 Rom Creuz 


wollte ih mid doch zu ihm aller Liebe u 
Freundſchaft verfehen. Denn zu dem Endes 
dad Spiel der Verfuchung mit dir angefangen. 
ob du glei nody Sünde fühle, fo laß dir d 
Diefelbe die Gnade und deinen Muth aus dent. 
. zen nicht nehmen, gerade, ald wäre dein Creuz mi 
anders, ‚denn eitel GOttes Zürnen und S©täupı 
Kein. Denn bie Sünde, die du noch fühleft 
bereueft, ift in der Taufe von Dir genommen, u 
feine andere, und diefe rechnet dir GOtt nidyt m 
zu, .. fondern ift dir von Herzen gewogen um fei 
lieben Sohns willen, wie St. Paulus 1 Eor. 
zeuget. | 











10. Sind noch mehr Urfachen des Ereuzed übrig ? 

110 Endlich ift auch Died eine vornehme Urfady des La 
Hoffnung dens der lieben Rinder GOttes, daß ihr Glaube, 
ee Sebet und Hoffnung in folhem Kampf geübet, un 
Grenz. defto Föftliher werde Denn dad Vertrauen der 
Gnade und der Hülfe GOttes kann nicht beſſer m 
muntert und gehbet werden, denn Durch Roth. Da} 
Gebet aud) nicht, und die Hoffnüng aud nicht. Team 

in Noͤthen erbeber fi der Glaube, dad Gebet und 

die Hoffnung zu GOtt. Sa, ein Menſch iſt in Ri 

- then nichtö anders, denn eitel Glaube, Gebet um 
Hoffnung. Da iſt er ein rechter Hoherpriefter in 

dem allerheiligiten Schmud, und: opfert GOet die 
aflerheiligften Opfer, ver Glaube über fi im Gebe 

und dad Gebet im Glauben: Se heftiger man betet, 

je ftärler ver Glaube wird, und je ftärfer Der Glaube 
gebet, je feuriger das Gebet wird. Je größer aber 

Diefe beide find, je größer und angenebmer der Got 
tesdienſt iſt. Denn ver Glaube, das Gebet und wu 
Hoffnung im Ereuz find die Gottesvienfte der Prie 

fter im Neuen Teſtament. Und zu ſolchem Got 

Dienft neiget fi GOtt, und riechet fie als eimen 

füffen Geruch, und iſt ihnen fehr gnaͤdig. 








za 


der wahren Chriften. \ 505 ° 


Denn niemand hat noch jemals GOtt umfonft 
vertrauet, ihn angerufen und auf feine Güte gehofs - 
fet. Diefe Arbeit ift wohl belohnet, es ift ſtets ets 
was Gutes mehr al3 man veritanden, darauf erfols 
get. Darum follten wir unferm bimmlifhen Bater 
von Herzen banfen, daß er uns durchs Creuz in 
folhe Schule führet, in. welder der Glaube, Das 
Gebet und die Hoffnung geübet, und der allerhödhfte 
Gottesdienſt verrichtet wird. Die aber GOtt fons 
derlich lieb hat, und derer Stimme er für anderer 
höret, die machet er aud) für allen andern zu ſolchen 
heiligen und lieblihen Prieftern, 

’ | 
41. Lieber, fage mir noch eines, warum nemlich bie 
Heiligen gemeiniglich das ſchwereſte Crenz trifft? - 


Das die fürnehmften Heiligen, welche die größeften Deieit Re 
Gaben haben, am härteften gehalten, und die ſchwe⸗Sicherbeit 
reften Anfehtungen von ihrem Sleifh, Teufel und seraiben, 
Welt haben, gefchiehet darum, auf daß fie nicht in 
Hoffart und Sicherheit gerathen, 2 Corinth. 3. fons - ' 
dern fich immer zum Wort halten, und feine Suͤßig⸗ 

keit und Kraft recht erfahren. Denn der wird recht‘ 
gevemütbiget, welcher. des Teufels Schmach und Balls 
Tenftreiche Frieget, und dem ſchmecket der Pfalter, wel⸗ 

der das Leiden hat, davon die Pfalmen reden: Da 

fpriht man: Stehe ich doch bier im Pſalmen abges 

malet in allen meinen Karben. Diefer ift mein Pſalm. 

David felber hat das Leiden nicht gehabt, Davon Dies 

fer Pſalm klinget. O wie Zuderfüß find denn einem 

die Verbeiffungen, die man darinnen findet. Go iſt 

es mit den andern Propheten auch, aus melden man 

denn alfo gewaltig gelehrt und verftändig wird, dap 
es zu verwundern. 

Die Polfters Herren aber leſen wohl viel, aber es 

fhmedet ihnen niht, und fie werden auch wenig 

durch alles ihr Studiren gebeffert, nur allein, daß 

fie ſich auf unnöthige Fragen begeben, welches beffer 


5. Dom Cry 


iſt, nicht wiflen, denn wiffen. Die mühfeligen ( 
aber, wie ber Patriarch) Jacob fpriht, Sen. 49. ſuc 
sie edlen Trauben von den Reben GOttes, und n 


den von denſelben trunfen und übertrunfen. 


Das V. Capitel. 
Von dem Troſt wider das Creuz insgemein. 


1. Ich habe wohl vernommen, was GDtted Kinder leit 


müffen, wie und warum fie alles gebultig ertragen 
ſollen: Berichte mich nun ferner, wie man fidy 
im Grenz tröften fol? 


Weit das Erenz mandherlei, und ber Troft eine Ar, 
nei dawider ift, muß bievon insgemein und infonder 


heit Bericht gethan werden, 


2. Was fol ich indgemein wider das Grenz zum Trof 
0 merfen ? 


Da wir Der allerhoͤchſte Xroft, den wir arme Dienfchen ir 
einengnäyungern vielfältigen Trübſalen allpier auf Erden We 


Digen 


@Stt imben, ift,. Daß. wir seinen verföhnten und gmädigen 


ei GOtt im Himmel baben. Denn ob wir wohl vor 


Paten 


Natur arme Sünder, und von deswegen Kinder dei 
Zorns find, fo zurnet doch GOtt der HErr nicht 


mit und, wie er billig koͤnnte, ſondern er if mi 


nädig, um feines lieben Sohnes willen. ein alt 
iebfter Sohn Chriſtus, der Glanz feiner Herhit 
keit, ift für und ein Menſch worden, und bat fi 
heiliges Blut vergoffen am Creuz, damit bat er ww, 


. fere Sünde gebüffet, und den Zora feines Vater 
geftilfet. | 


Dies bezeuget St. Paulus mit einem fehr mib 
üben Spruch Röm 5. Wir find mir BüDt 
verföhnet durch den Tod feines Sohns 


de wahren Chriften. 808 


nd 2 Cor. 5. GOtt war in Chrifto, und vers 
Öhnete die Welt mit ihm felber, und red: 
vete ihnen ihre Sünden nicht zu. Ä 

"Daher führen wir diefen Föftlihen Namen, daß 
bir GOttes liebe Freunde genennet werden, Pfalm 
103. Erhebe dich, GOtt! über den. Himmel, und 
rhebe deine Ehre über alle Lande, auf Daß beine 
ieben Freunde erlediget werden.  Höreit du wohl, 
vas allhie der heilige Geift faget?! Er ſpricht: Wir 
ind GOttes liebe Sreunde Das bilde dir wohl ein: 
Ya, wir find und heiffen nicht allein GOttes liche 
kreunde, fondern auch GOttes liebe Kinder, nad, 
yem herrlihen Spruh Pauli Eph. 1. GOtt hat 
ınd verordnet zur Kindfhaft gegen ihm 
elbſt, durch IJEſum Chriftum, nah dem 
Bohlgefallen feines Willens, zu Lob 
einer berrlihden Gnade, durch welde 
:r und hat angenehm gemadet in dem 
Beliebten. | 

Damit wir aber diefer feligen Kinpfchaft gewiß 
eyn, hat er uns derfelben ein theures Pfand, nen. 
ich, feinen heiligen Geiſt in unfer Herz gegeben, daß 
x ſtets ın und wohne und feufe, wie St. Paulus 
ſchreibet Gal. a. Weil ihr denn Kinder ſeyd, 
bat GOtt gefandt den Geiſt ſeines 
Sohns in euer Herz, der ſchreiet: Abba, 
lieber Vater! | 

Diefer Freundſchaft und Kindſchaft Gottes tröfte 
ich in deinem Ereuz, und fprih mit David: GOt⸗ 
Ie8 Gnade ift mein Troft. 

Darnach fpridh auch mit Paulo Nom. 8 Wer 
will uns fheiden von ver Liebe GOt⸗ 
tes? Trübſal oder Angfi? Denn ih bin 
zewiß, Daß weder Top nodh Leben, we 
er Hohes noh Tiefes uns fheiden 
!önne von der Liebe GOttes. Das it: 
Beil GOtt unfer Vater und wir.-feine Kinder find, 
o folget nothwendig , daß er und recht herzlich lieb 


506 Dom Ereus 


haben muß. Denn natürlicher Weife hat ja ein V 
ter fein Sind lieb, und man hoͤret felten, Daß ei 
Vater fein Kindlein baffen follte. Lieben wir nu 
unfere Kinder, die wir doch von Natur böfe, un 
zur Bitterfeit geneigt find; mie vielmehr wird un 
GOtt kieb haben, ver eitel Güte und eitel Liebe ii 

Es kennet GOtt der Vater feine Kinder von fıı 
ne, und weiß ein jegliches bei feinem Ramen ; 
nennen, und bat fie fo lieb, daß er fie wie gülven 
Pettſchaftringe auf feinen Fingern träget, wie zu er 
ſehen ift, Haggai Cap. 2, Denn dafelbit ſpricht GOt 
der HErr mit fonderlichen Worten zu Serubabel d 
fo: Serubabel, du Sohn Geelthiel, id will did 
nehmen, und wie einen Pettfchaftring halten. Sob 
he Freude und Wonne hat und- träget unfer lichen 
GOtt an den Seinen, welches wir body, weil wi 
unter dem Creuz find, nicht glauben: venn wir mer 
nen, GOtt müfle ſtets mit und im Roſengarten tam 
zen, oder er koͤnne nicht Vater feyn. 

Joachim Mörlin in feinem Catechismus, ©. 2% 
fhreibet hievon aljo: GOtt meynet es mit und vaͤ⸗ 
terlicher und viel freundlidyer, um feines Tieben Sobns 
willen, denn alles, fo fann Vater genennet werden, 
im Himmel und auf Erden. Will uns verohalten, 
Dieweil wir feinen "Sohn lieben, als feinen lieben 
Kindern, Erben- und Miterben Chrijti, nichts verfe 
gen, fondern alles gnaͤdiglich, reichlih und uber 
fhwenglid geben, mehr denn wir bitten oder ver 
fieben. | 

Und ob wir wohl leider täglich, fo fange wir "8 
dieſem Leben find, unfere Fuͤſſe befuneln, und 
. viele Wege ſchwerlich fündigen, fo will ung doch fob 
ches GOtt, unfer lieber Vater, nicht zurechnen, uw 
und derenthalben, aus feiner Gnade verftoffen, w 
Daulus faget: Was will und [heiden von Mt 
Liebe GDties? Und Ef. 54.88 follen wohl 
Berge weihen und Hügel binfallen, abt 
"meine Gnade foll niht von dir weiden 


dee wahren Chriften. 507 


und der Bund meines Friedens foll nicht 
fallen, fpriht der Herr, dein Erbärmer. 
‚Es fcheinet wohl, als li bete uns GOtt nicht, 
veil er und fo manchen fauren Wind läffet unter Die 
Hugen ftoffen, und alle Wetter über uns geben: Aber 
vw liebet und in Wahrheit, und foldhe Auftöffe find 
jeroiffe Zeichen berzlicher und feuriger Liebe gegen 
ınd, weil er durch viefelden ven edlen Glauben in 
nd erwedet, über, erleuchtet und ftärfet: Denn fos 
yald ein Anſtoß koͤmmt, erwachet der Glaube, und 
rgreifet GOttes Gnade und Hülfe, und troͤſtet ſich 
zamit. Iſt dies nicht eine fonderliche Liebe und Gnade 
DOttes, darüber man ja' ſoll fröhlih feyn? Ueber 
as fißet der Sohn GOttes zur Rechten feined Bas 
ed und bittet für uns, Rom. 8 Er bitter aber 
nichts anders, denn dag GOtt Vater feine vaͤterliche 
:iebe Yon feinen Rindern, ihrer hinterftelligen Sünde 
yalben, nicht wenden wolle, fondern daß er dieſelbige 
„iebe gegen fie beſtaͤndiglich und ewiglich wolle ber 
yalten. | | | 
Des tröfte did zum andern, mein lieber Freund, 
n wahrem Glauben, und fo du Sünde haft wider 
yein Gewiſſen, das ift, die Dir dein Gewiffen vers 
ehren, fo laß dir e8 leid feyn, und bitte Deinen lies 
ven himmlifchen Vater, daß er es dir gnädiglich vers 
weihe, und die väterlihe Strafe lindere | 


3. Thut auch GOtt der Herr ſolches I 


Freilich, denn daher nennet ihn David die Sonne arm, 
m 48 Palm, nicht allein feiner Klarheit und Err Sonne 
leuchtung halben, damit er unfern Berftand täglich genennet 
erleuchtet, fondern auch und fürnehmlich feined Tro⸗ ’ 
ſtes halben, damit er der Seinen Herz wiederum 
troͤſtet. Er’ führer nicht allein in die Höfe hinein, 
iondern er führer auch wiederum heraus, er ſchrecket 
ınd betrübet feine Geliebte nicht allein, ſondern er 


ziebet ihnen, auch feiner Gnade Troft reichlich wieder 


\ 


508 Wom Ereus . 


um .zu often. Er ſenket nicht allein in Armuth, 
Krankheit und Berfolgung hinein, fondern er hilft 
auch wieder heraus, und bringet alles fein wiederum 
zurecht. Denn er ift und. heiffet ein Nothhelfer, Dan. 


B. Und zwar zu rechter und bequemer Zeit, Pf. 9. 


Died bezeuget Ezechiad, der fromme König, Ef. 
38. mit diefen Worten: Sch winfelte für Angſt 
meiner Seele und für Schmerzen meine 
Leibes, wie ein Kranih und Schwalbe, und 
um Troſt war mir ſehr bange, aber du, 
Herr! Haft dih meiner angenommen. Um 
er felbit, der HErr fpriht alfo Ef. 54. Du Ele 
de, über die alle Wetter geben, und du 
Xroftlofe, gieb dich zufrieden, denn du follt 
von allem Schreden und Trübſal erlöfe 
feyn, Gewalt und Unrecht foll fih nidt 


mehr dir nahen. Behaltet ven denkwuͤrdigen Sprud 


Saraͤ, des frommen Weibed Tobiaͤ, Tob. 3. Das 
weiß ih fürwahr, daß, wer GOtt dienet, der wird 
nach der Anfechtung getröftet und aus der Truͤbſal 
erlöfet, Denn nad dem lingewitter läffeft du die 
Sonne: wieder fcheinen, und nad dem Heulen und 
Meinen überfchütteft du uns mit Freuden. Deinem 
Namen fey ewiglic Lob und Ehre, vu GOtt Fire‘ 

David finget auch alfo Pf. 71. Du läffek mid 
erfahren viele und große Angſt, und macheſt mid 
wieder lebendig, und holeſt mic, wieder aus der Tiek 
Ber Erde heraus. 


4 Beffen fol man fich zur Peſtzeit wiber die Dept trößet 


Solches findeſt du nad ber Länge ausfuͤhrlich a 
dem 53 Zractätlein | ' 


5. Weſſen follen ſich die Sittwen tröfen® 


Solches findeft du auch nad) der Länge im 54 
55 Zractätlein. 





der wahren Ehriften. 9 


6. Was Habe ich für Troſt wider Krankheit und Auf 
tung Y 


Solches kannſt du aus des Verfaſſers Krankentroſt, 
welchen er ſelbſt in Klage und Antwort geſtellet, und 
weil ſich bei der Krankheit gemeiniglich geiſtliche An⸗ 
fechtungen finden, zugleich von den Anfechtungen darin 
Bericht thut, zum Beſten vernehmen. 


Das ViI. Capitel 


Dom Troſt wider Anfechtung und Krankheit 
infonderheif. 


Die IL. Klage. 


Ich erfeune meine Sänden und fühle von wegen berieben 
groß Herzelcid? 


Antwort. So gehet es zu, wenn ein Menſch krank 
wird, oder fonft in ein ſchweres Unglüd geräth, fo 
errvadhen in ihm die Sünden, und richten groß Her 
zeleiv an: Ach, dies Leiden habe ich mit meinen 
Sünden verurfahet! Hätte ich jened nicht gethan, 
fo trüge ich dieſes niht am Halſe. Und ob wohl 
die Seuche und Schmerz dem Leibe fehr wehe thut, 

fo beiffet doch die Stunde im Gewiſſen viel heftiger. 
Wie Sirah Cap. 21, fpriht: Mein Kind, fleuch 
für der Stunde, wie für einer Schlan 
ge, denn fo fie dir zu nahe fömmt, —E 
ſticht fie dich Ihre Zahne find wie Loͤ— 
wen⸗Zaͤhne, und toͤdten den Menſchen. 
Eine jegliche Suͤnde iſt wie ein hart Schwerdt, und 
verwundet, das niemand heilen fann. Und zwar dar 
um ſchicket auh GOtt feinen Heiligen und Lieben 

- Ereuz und Leiden zu, auf Daß fie fih dadurch ihrer 
Sünden etwas erinnern: Und it der Sünde ihre 





510 Vom Crau 


Kraft, daß fie muß ſchmerzen und beiſſen, auf daß 
ſie derſelben feind werden, und ſich nachmals deſto 
fleißiger dafür hüten. Denn was Schmerzen bringet, 
daſſelbe, es fen fo luftig wie ed immer wolle, meidet 
man- gerne, wo anders die Binnen nicht bezaubert | 
find. 

Es if aber zu erbarmen, daß auch die lieben 
Heiligen, welche das Ebenbild GOttes und den heis 
ligen Geiſt dur Chriftum wiederum erlanget haben, 
der Sünden Gewalt noch müffen unterworfen feyn, 
und darob mancherlei Leiden ım Herzen fühlen, wie 
St. Paulus jelber klaget Roͤm. 7., daß er noch nie 
fo ſtark geworden fey, daß er der reizenden Luft und 
andern feiner verderbten Natur: Sünden gänzlich; koͤnnte 
wideritreben, und fie mit. aller feiner Bernunft, Kräfs 
ten und Gebeten "überwinden, 

Troft wis Aber höre, lieber Bruder, alle deine Sünden, 
Sinde. weldhe Dich itzt im Gewiſſen quaͤlen, ſind dir ſchon 
laͤngſt von GOtt durch Chriſtum vergeben. Und 
wenn derſelben tauſend mal mehr waͤren, ſo ſind ſie 

dir doch ſchon vergeben. Denn ſo bald das erſte 
Fuͤnklein wahrhaftigen Glaubens an Chriſtum in dir 
angegangen iſt, und du getaufet biſt, iſt die ganze 
Laſt aller deiner Sünden von dir genommen, und 

du bift eine neue, felige Creatur worden. Zeit ber 

‚ deiner Taufe bift du ganz. rein gewefen von allen 
deinen Sünden, Denn wo, Glaube und Taufe ut, 
da it feine Sünde mehr, fondern. eitel und ewige 
Gerechtigkeit. Die Sünde mag da wohl fryn, und 

ſich täglich am Menſchen häufen, aber fie wird ıbm 
von GDOtt nicht zugerechnet. Es iſt eben jo ala 
fündigte er nidye mehr. Wie St. Paulus 2 Cor. % 
ſpricht: GOtt bat und mit ihm felber verjöbnet 
durch Chriſtum, und rechnet uns unfere Sünden nicht 
zu. Daß aber die Glaubigen in ihrer Taufe fihon 
gereiniget find von allen ihren Sünden, it aus dem 
lar, daß Chriftus ſpricht, Matth. 16. Wer da. alaus 

bet und getaufet wird, ‚der wird felig, das iſt, rei 








der wahren Chriften. 541 


von allen Sünden, Denn felig werben. ift nichts 
anders, denn rein werden, und Dazu die uͤberſchweng⸗ 


lichen Güter des Verdienſtes JEſu Chrifti erlangen. 
- Deögleihen aus dem, das St. Paulus fpriht Eph. 


5. Chriftus bat und gereiniget von allen Suͤnden, 


durch das Waſſerbad im Wort, auf daß er ihm ſelbſt 


darſtellete eine Gemeine, die herrlich ſey, die nicht 
babe einen Flecken. Desgleichen ſagt er Tit. 3. GOtt 
hat uns ſelig gemachet durch das Bad der Wieder⸗ 
geburt. Dies ſind, lieben Bruͤder, wahrhaftige Zeug⸗ 


niſſo, denen du gaͤnzlich trauen ſollt. Sie ſollen dir 


ſo neu ſeyn, als wenn ſie heute erſt aus dem Him⸗ 
mel erſchollen, und ſo theuer, daß ſie dir nimmer 
aus deinem Herzen verſchwinden ſollen. 

Dieſe Worte ſollen dir mit gülvenen, lebendigen 
und ewigen Budhftaben in: Deinem Herzen gefchrieben 
fiehen: GOtt hat mich durd feinen lieben Sohn 
Ehriftum JEſum felig gemadhet in meiner Taufe. 


Und je heftiger ter Teufel durch feine Läftermäuler 


dawider bellet, je licher und fefter fie dir feyn follen. 

Denn dies iſt der einige wahre chriſtliche Glaube, 
welcher zum Chriften machet: Ich glaube Vergebung 
ver Sünden. Ob du auch nad) deiner Taufe wies 
perum in Sünden gefallen wäreft, wie du leider zum 
öftern gefallen biſt, das laffe dich nicht irren, Die 
&ünde ift darum nicht wieder zu dir fommen. : Denn 
wo der Glaube ift, da ift der Taufe Kraft, und dar 
bin kann Feine Sünde gelangen. Der Glaube: vers 
zehret die Sünde, wie ein verzehrendes Feuer, und 


gebieret eitel Reinigfeit und Gerechtigkeit. 


. Daß did) aber vie Sünde noch etwas beiſſet, das 
leide, denn Died ıft dir gefund. O wie nüße ift dir 
Dies Salz! Es dienet zur Fürfichtigleit und Beſſe⸗ 
rung des Lebens. Und da tu gleich öffentlihe Schande 
ſollteſt dazu haben, fo wäre dir es unſchaͤdlich. Denn 
durch ſolche ſtarke Oſtwinde hoͤret die Sünde auf, 
wie GOtt ſpricht Eſaia 27. Es wird aber wohl 


beſſer werden. GOtt wird. dir nicht mehr Reue und 


512 Vom Creus 


... Herzeleid zuſchicken, als dir noth thut. Wenn ber 

gute Füuͤrſatz da iſt, ſo wird dein Leid aufhoͤren, und 
| in große freude verwandelt werden. Du wirft aus 
der Hölle in den Himmel kommen, fürnemlich, wo 
du wirft beten, und dich der Worte in feſtem lau 
ben tıöften, Die Du von mir gehöret haft, wie vie 
GOttes ernfter Wille if. Denn dies ift GOttes 
Wille, daß du Vergebung deiner Sünden glauben, 
und dein Haupt in feinen Schooß legen, und vid 
aller Linderung und Hülfe zu ihm verfehen follek. 
Durch folhen Glauben wird Die Taufe und Dad Evam 
gelium maͤchtiglich gelehret, und der Menſch wird 
GOtt gefalliger. 


Die U. Kla g € | ⸗ 
Ich fürchte mich für GOttes Zorn, denn ich leide feine 
Strafe. 


Batdie Furchteſ du dich für GOttes Zorn, fo biſt du nmoch 
Furhtan.Knedht, nicht Kind. Denn GOtt hat feinen lieben 
zeige. auderwählten Kindern gegeben, nicht zwar eineR 
knechtiſchen Geift, daß fie fih immer für ihm fürd« 
ten, fondern einen Findlichen, daß fte fih aller Gna⸗ 
den und alles Gutes zu ihm verfehen follen, wie Et. 
Paulus theuer ſchreibet Roͤm. 8. Sich ſtets für STH 
fuͤrchten, fürnehmlid) in Widerwaͤrtigkeit, iſt ein Jen 
hen, nicht allein eines geringen Lichtd und Geifed, 
fondern auch eines ſchwachen Glaubens. Wo abe 
ein völliged Erfenntnig GOttes und ein reicher Slam 

bends Geift iſt, da ift die Furcht ſchoͤn ausgetrieben 

‚ Ein Freudiger und Großmüthiger bat einen ftarfen 
Geiſt und gewaltigen Glauben. | 

Base Über warum fürdteft vu dih für GOtt? Be 
vertreibe. ſeſt du nicht, daß Du und alle glaubige Chriſten mt 
GOtt verföhnet find, Durch das Blut feines Sopsi‘ 
Denn dies find ja des heiligen und wah 

Apoſtels Pauli Worte, Roͤm. 3. GOtt hat Pen 


TI TTT I — — m 4 us — — ” mn Du ⏑⏑ —— ——777 Da. —— — — 
* 


der wahren Chriſten. | 515 


Sohn gefeßet zu einem Gnadenſtuhl, durch den Slau⸗ Zu 


en. in feinem Blur. Das if: OGDtt iſt uüber alle 
Raffe gnädig denen, fo an Ehrifiun glauben, um 


eines geliebten Sohns willen, welcher ſich ſelbſt für 


ie dahin gegeben hat zum Opfer und ſuͤſſen Geruch; 


Das Opfer des gehorſamen und gedultigen Lamm ' 


eins JEſu Chrüti am Grenz ift dem Water eine 
üffe Qsiole und Roſe gewefen, Daß er um vefjelben 
pillen flugs von Herzen- fi: gnädig worden dem 
janzen nmenfchlihen Geſchlecht, fürnehmlich - aber 


en Glaubigen, von welchen Chriſtus fpricht, - Jos 


annes 17: Ich heilige und opfere mich ſelb ſt 
ar fie 


‘Nasıjgov heiſſet ein Gnadenſtuht, auf welchem ® * die 


weis, 


SHOrtes Gnade ruhet, und um welches willen er ee 
jem Menfchen gnädig it. Oper’ es heiffet ſchlecht Sones 
ine Verfühnung, oder ein Verſoͤhner. Roͤm. 5. Gnade 


Wir find mit GOtt verſoͤhnet durch Den Tod feis 
ned Sohns, da wir noch Feinde waren. Des⸗ 
jleihen GOttes Gnade ıft vielen reichlich wieder⸗ 


feyu, 


fahren,. durch die Önade des einigen JEſu Chris . 


ti. Und wir haben empfangen einen Ueberfluß und 


die Fülle der Gnade, zur Gerechtigfeit und zum - 


Reben, durch einen, JEſum Chrift. Eph. 1. GOtt 


hat uns ihm ſelbſt durch feine berrlihe Gnade ans 


genehm gemadıt, in dem Geliebten. Daher ſtehet 


der gnädige und freundliche GOtt fir der Pforte - 


des Hımmels, und rufer zu und mit voller und laus 
ter Stimme herab: Bei mir ift fein Horn, Ef. 27. 
und 43. Sch. bin euer GOtt und ihr ſeyd mein. 
Das ift: Alles, was ich Bin, Das bin ich euch. Meine 
Weisheit, Gütigkeit, Allmacht ift euer, daß ihr euch 
deffen alles annehmen una gebraudgen möger, als 
euer eigen Gutes. Und ich habe eud darum anges 
nommen für mein Eigenthum, auf Daß id) euch meine 
ganze Liebe und Herrlichkeit mittheile, und euch fo 
reich made, wie ich felber bin, Deögl, Cap. 54: 


- 


514 Wom Creuʒ 


Ich babe geſchworen, daß ich über Dich nicht will 


zürnen, "Ueber weldyen? "Dich, der Du glaubeft an 
meinen Sohn, und fteurſt dich feines Bluts. Was 
fol nun GOtt mehr thun feiner Gnade dich zu vers 


ſichern? Fürnemlidy, weil er dir noch dazu ſchenket 


[2 


Die Lang 


Das Pfand feiner Gnade, nemlich, den heiligen Geiſt, 
‚welcher ift der Thau des Lebens, wie bald am Ende 


wWierigteit dieſes Troſtes folgen fol.6 Daß Du aber anficheft 
kisrank peine langwierige und: befhwerliche Krankheit und 
die Guadewillt Daraus ſchlieſſen, GOtt zürne mit dir, und er 
nicht auf. zuchtige Dich in feinem Zorn, das ift unredit. Denn 


ob er wohl die Seinen für allen andern in Die Zucht⸗ 
Schule führet, und fie ſcharf züchtiget, fo thut er doch 
ſolches nicht aus verbitiertem Herzen, fondern aus 
fonderlicher auserlefener, füffer und geneigter Liebe, 


ihrem boͤfen Fuͤrnehmen damit zu wehren, und ihren 


Glauben und Gebet damit zu üben. Denn fo bald 
GOtt merfet, daß einer den Sünden nachſchleichet, 
ft er Hinter. ihm her mit einer ſcharfen Ruthe und 
ftäupet ihn weiolih, auf Daß er ihn aljo von feinem 
böfen Zürnehmen abhalte. Wie das 6 Kapitel des 
andern Buchs der Maccabaͤer ausweifet, Da dieſe 
Worte ftehen: Das ift eine große Gnade, daß GOtt 
den Sündern fleuret, daß fie nicht fortfahren, und 
ift bald hinter ihnen ber mit ver Strafe. Denn uns 
fer Herr GOtt fiehet und nidyt lange zu, ala den 
andern Heiden, die er läffet hingehen, bis ſie ihr 


Maaß der Sünde erfüllet haben, daß er fie darnach 


firafe: ſondern wehret und, daß wir ed nicht zunucl 
machen, und er ſich zulekt an und raͤchen muͤſſe. Der 
halben hat er feine Barmberzigfeit nody nie von uni 


genommen. Und ob et uns wohl mit cinem lm 


glück gezuchtiget hat, jo bar er vennod fein Boll 
nicht gar verlaffen. So viel des Orte. 5a, GOtt 
unfer lieber bimmlifcher Vater fpricht felber alſo ım 


85 Palm: Wo meine Kinder mein Gejeg verlaffen, 
ſo wid ih ihre Sünde mit der Ruthe beimfucen, 


und ihre Mifjechat mit lagen, aber meine Gnade 


EEE GE — 1a a u - — TE a En. Zus 1 — » PR — 


der wahren Ehriflen. . : 543 ö 


will ich nicht von ihnen ‚wenden. Und war dies 
Tann auh GOtt nicht thun. Denn wWeil der Angfts 
ſchweiß JEſu Eprifti und feine heilige Blutstroͤpflein, 
welche eine götılihe, uͤberſchwengliche, unausforfde 
liche und unausſprechliche Kraft haben, Suͤnde zu 
tilgen, Dich ganz rein, gemachet haben von ‘allen det 
nen Sünden, und bift dazu ganz herrlich für GOtt, 
in ver allervolllommenften Herrlichkeit und Gerech⸗ 
tigfeit JEſu Ehrifti, in welcher du auch die Engel 
übertriffit, wie follte GOtt mit dir, feinem lieben 
Kinde zurnen können? Sein Zorn ruhet auf den 
Unglaubigen, uf Dir aber feine Gnade. 

* Daß auh OGOODit. durchs Ereuz unfern Glauben. 
and Gebet. übet, und ganz gülvden bewähret, oder 
rechtſchaffen mache, giebt die Erfahrung, und St. 


Petrus bezeuget ed in feiner 1 Epiſtel Cap. 1: Ga, 


Das ganze Reich JEſu Chriſti mächfet unter dem 
Ereu; in ven Glaubigen, und ſtehet in feiner voͤlli⸗ 
gen Blürhe, Majeftät und Herrlichkeit. Denn in 
den Schwachen ift Chriftus am thätigften. Daſelbſt 
wird der Menſch gegründet, gebauet und vollendet. 
Das Zeichen aber ded Gnadenbundes zwifchen 
GOtt und dir it JEſus Chriſtus am Creuz, und. 
dein Glaube an Chriftum und die Taufe, und das 
Wort und der beilige Geift mit feinen Seufzern: 
denn GOtt verfiegelt feine Gnade an und durch feis 
nen beiligen Geift, welcher ift das Pfand feiner Gnade 
und unfers ganzen Erbtheild im Himmel, Epheſ. 1 
und 2 Gorinth, 1. B | 


Die IE. Klage 
O wie ik meine Hipe und der Schmerz fo groß? 
Sen ſtark im HErrn, und leide ſolches in ritterli⸗ * 
cher Geduld. Denn je ſchwerer das Leiden iſt, je Srogarda 


s Wärfer das Herz, und je größer die Geduld eines thigkkit. 
chriſtlichen Ritters feyn fol; furnchmlich, weil aud) 
| 33 * u. 


MI. Dom Ereus 
pie Heiden dies für eine Tugend halten, welche fe 


Friedens⸗-Tapferkeit genennet, und fi tapfer darins 
nen geübet haben. Will bier nichtd von den Stoicis 


fagen, welche fonderliche Ueberwinder der Schmerzen 
waren, fondern nur ein wenig vom Alexandro Mags 
no. Da Ddiefer König -mit einem Pfeil durchſchoſſen 
war, ließ er ihm ven. Pfeil mit_einem Scheermeſſer 
aus dem Schenkel fchneiven, und zifchete nicht eins 
mal, ſondern fahe frifh und froͤhlich aus, als wies 


- verführe folches einem andern. Gleichwie auch fen 


— 


Edelknabe die feurige Kohle fein muthig auf ſeiner 


Hand liegen ließ, da er, der König, den Goͤttern 


Die 
Schmer⸗ 


räucherte. Denn Alexander war von Matur eines 
ſtarken Herzens, darum konnte er allerlei Schmerzen 
und Widerwaͤrtigkeit durch ſolche innerliche Kraft 
keichtlich überwinden. Du aber ſey ſtark in der Kraft 
GOttes, wie die heilinen Märtyrer gewefen fepn, 
von welchen aud fönnten viel Hiftorien angeführet 
werden. Denn ohne GOttes Hülfe vermag Dein 
armes Herz überall nichts, ed weichet und ſchreiet. 
Sprich: Ad mein frommer GOtt und Bater! HErr 
meines Lebens! fende mir Hülfe von deinem Seilias 


thum, fende mix deinen heiligen Geift, Daß er mem 


Herz Harfe, oder die Schmerzen lindere. O du has 


liger Geiſt! ver du deine Nuheftätte in mir Hall, 
wache auf, ermanne Dich, werde in mir groß, und | 


erzeige dich in mir herrlich und gewaltiglich. 
Daß du aber, lieber Bruvder, folhe Hitze und 


- zentom: Schmerzen an deinem Leibe haft, ‚das koͤmmt vaher, 


men and 
DOties 
Liehe. 


denn GOtt aus uͤbermaͤßiger Liebe herzet und küſſet 
dich. Wenn er ſeine Gegenwaͤrtigkeit einmal recht 
beweiſen, und ſich gegen einem ſeinem Lüjtlein, das 
ift, feinem Gnadenkinde, ganz lieblich und freundlich 
erzeigen will, fo greifet er es alfo an, daß er es 
fühlet an Leib und Seele. Gold ein wunderlicher 
GOtt ift er. Die Ullerliebiten drüdet er am ale 
haͤrteſten. Die allerfehwereften Tage find Zeichen ver 


allergeößeften Liebe, Und folches thut er Darum, wie 


) e 





u en nn — ⏑... ⏑— 8 um 2 Bd | — 
. 


WEGE © VCH , . ⏑ — —— ——— TE 


— 7 a — — 


| ber wahren Chriſten. 317 


ſchon oben beruͤhret, und nicht kann fo oft wieder⸗ Urſachen 

holet werden, auf daß er durch ſolche bittere Schmer⸗ chen... 

zen die ſuͤſſen Wollüfte vertreibe. Denn ſiehe, nun zen. 

ſtinken dir ja alle deine vorigen Sünden zu, wie ein abe 

Greuel, und. bift ihnen von Herzen feind, begehreft Wotüne - 

auch Feine mehr zu begehen. Se .mehr vu itzt Durch verireibe, 

GOttes gnädigen Rath und Willen darum leiden | 

. mußt, je feinder du ihnen wirft. Du gedenkeſt fo: 

Ach Herr GOtt Vater! verſchone mich mit ber ewi⸗ 

gen Hitze. Sollte ih Narr um einer geringen Hand 

voll ſchaͤndlicher Wollüfte willen meine bimmlifche 

Kleinopien verfcherzen, und mich muthwillig in die - 
ewige Glut und Hitze ſtuͤrzen? Mir iſt es Molluft 

- genug, und fol mir auch Wolluſt genug feyn und ' 

‚bleiben ewiglich, daß ic durch das Blut deines fies 

ben Sohns von der ewigen Hiße und Schmerzen 

des böllifhen Feuers befreiet bin. Denn: wo ein 

Ehrift, von wegen feiner hinterftelligen Suͤnde, und 

feines böfen Fuͤrnehmens, nicht würde von GOtt 

zuweilen ind Capitelhaus und Zuchtſchule genommen, 

fo follte er wohl fein babyloniſch werben, und der 

Gnade ſchaͤndlich mißbrauden. ... 

Zum andern leideſt du folhe-Iangwierige Hitze 2 Das 
und Schmerzen darum, auf daß dein fchläferiger., jaber Staus 
eiskalter und todter Glaube durch ſolche Stachel in 
Dir ermuntert, geuͤbet, gelaͤutert, bewaͤhret, rechtſchaf⸗ de. 
fener und koͤſtlicher werde, als das Silber und Gold, 
welches durchs Feuer bewaͤhret wird. Dem was 
will der glauben, und ſich Gutes zu GOtt verſehen, 
welcher in feiner Noth ſtecket? Wer aber: in Noth, 
und bülflos.ift, ver erhebet fi zu GOtt, und traue 
ihm. Und fol Vertrauen ift das hoͤchſte Opfer, = 
welches man GOtt thun Tann. Se länger dies Bers 
trauen Wwähret, je füfler und angenehmer es ihm if. 
Warum er denn auch zuweilen. etliche feiner Allerliebs 
ften unter ewigem Greuz liegen’ laͤſſet, auf daß fie 
fein goͤttlich Herz mit einem ewigen Bertrauen ergoͤ⸗ 
tzen. Wahrlih, einen ſolchen beftändigen Glauben 





sicht laffen zu Schanden. werden, 


5. Da 


das Gebet 
erwed 


| et 
werbe. 


518 Wonm Creuʒ 


gewinnet GOtt der HErr lieb, daß er ſich uͤber ihn 
anz ausbreitet, ja rein ausſchuttet, mit allen feinen 
 imnfircen. Gütern, wie St. Paulus Röm. 5. bes 
zeugett Die Liebe GOttes if ausgegoffen 
über und, Die wir unter dem Ereuy glauben 
und hoffen, darum wird un folder lieber 
und angenehmer Glaube und Hoffnung 

Ein Lichtlein blicket im Winde, der Glaube aber 
in den Berfuchungen. 

Die dritte Urfache ift, nemlich, daß er das beilige 
Feuer des Gebets in Dir erwecke. Ein gnadenreicher 
Chriſt ſollte billig fein Herz aus dem Schlamm die 
fer Welt: zu GOtt erheben, und ſtets mit ihm reden, 
wie ein. Kind mit feinem Väter redet, fintemal Dies 
die allerfüllefte und furchtbarefte Arbeit if, die ein 


Menfch verrichten kann. Denn durchs Beten nahet 


fih der Menſch zu GOtt, ja, er koͤmmt in GOt, 
wird GOttes gewohnt, wird von ihm erleuchtet, wie 
Moſes auf dem Berge, und erlanget feinen beiligen 


Geiſt, und alle Güter von ihm, Aber dad thun die 


Leute nicht, fürnehmlih, wenn es ihnen wohl gehe. 
Derowegen koͤmmt der getreue GOtt ber, und bolet 
fie zu fih, Durch eine große gülvene Kette, daß fu 
es fühlen, nemlih, durch ein flarfes unverbofftes 
Ereuz, und lehret fie alfo beten, mie Eſaias Cap. 26. 
faget: Herr! wenn Trübfal da ift, fo fudet 


‚man did, wenn Du fie zuͤchtigeſt, fo ruffen 


gie ein 
anker 


fie 40 gſtiglich. 

Darum, lieber Bruder, erhebe dich itzt, und m 
ſcheine mit deinem Gebet für: GOtt. Laß dein Be 
bet für ibm fund werden, und du mit deinem Ge 
bet: Darfft aber hicht viel mit dem Munde ylapı 
gern, weil du ohne das ſchwach bift, auch fein Ger 
betlein aus fremden Büchern recitiren, Denn as 


Nerenfog, fremder Arbeit betet ſichs übel. Selten iſt geiſtlice 


Andacht bei folhem Recitiren. Es ift mehr. Buchſtabe 
Denn Geil, GOtt aber will nit aus dem Buchſta⸗ 


ber wahren Chriften. 319 
ben angerufen ſeyn, fondern aus dem Geift und 


Wahrheit. Darum rede mit GOtt heimlich in Deis - 


nem Herzen, ja feufze nur zu ihm oft und Fürzlich, 
er verfichet ed gar wohl, Sprich mit dem Könige 
Hisfia: Ah HErr GDtt, lieber himmlifcher Vater! 
ich Teide große Pein, kann ed kaum’ länger extragen, 
darum lindere- mir es, wenn dir es gefällig ift, um- 
Deines lieben Sohns willen, welcher mic Unwuͤrdi⸗ 
gen deiner Eihörung würdig gemadjet, und mid) von 
allen meinen Sünden erlöfet. Denn errettit GOtt 
pft die, welche ihn nicht fonderlich anrufen, wie folk 
er denn nicht vielmehr die erretten, welche Tag und 
Nacht von Herzen, im: heiligen Geift, und im wah⸗ 
ren Glauben zu ihm minfeln, wie der HErr Chris 
ſtus fpriht Luc. 18. Sollte aber GOtt nit 
retten feine Auserwählten, die zu ibm Tag 
und Naht rufen?! Ich fage euch, er wird 
fir retten in einer Kürze. 


⁊ 


Die VI. Klage 


- Ich bin von GDtt verlaſſen und verfioffen: Denn ich wis 


felte in meinen Noͤthen, uud werde doch nicht erhöret, 


©; Magen alle liebe Heiligen, wenn es lange -mit 
ihnen währet, Und zwar es feheinet auch fo, wenn 
ein Dienfch in Nöthen alles thut, und bilft ihm doch 


Beines, ald habe. GOtt fein Herz von abgewandt, . . 


ja ihn gänzlich von ſich verftoffen. Aber höre, mein. 
Bruder, was ih dir fagen will, GOtt verläffet und 
verftöffet feinen nicht, welchen er eimmal aus Gna⸗ 
Den von Herzen angenommen, und mit’ welchem er 
fih einmal redhtichaffen verbunden hat: Denn das 
wäre ja gewißlich wider den Bund, und wider bie 
Mahrheit GOttes. Wie follte dich Dein frommer 
GOtt verlaffen koͤnnen, fintemal du ihm in feiner 
Hand, ja in feinem Herzen liegeft? Nach dem theu⸗ 
zen Spruch Mofi, Deut. 33. Alle Heiligen find 


[8 


520 Dom ren 


in feiner Hand. Wie lieblich und zärtlih aber 
Die Seinen in feiner Hand halte und bege, wird 
- einer ver beften Redner, ob er glei einen göttlichen 
Verſtand, und englifher Zungen Beredtfamfeit bätte, 
fo leichtlich ausreden koͤnnen. Kein frommer Menſch 
‘ Tann fein franfes Schaͤflein oder Hünplein fo berzlid 
- und wehmüchig gefaflet haben, als dich GOtt gefaflet 
bat: Und da du gleich von aller Welt verlaſſen wäreft, 
wie die Heiligen feyn müllen, jo bift du dennoch von 
SD nicht verlaffen, ſondern du RRebeft ihm gelaffen, 
wie David im 9 Pfalm fpriht: Der HErr iſt der 
Armen Zufludt, er gedenfet und fraget 
nah ihrem Blut Er vergiffet nicht ihres 
Schreiens. Er hilfet ihnen aus aller Roth. 
Darum hoffen auf dich, die Deinen Namen 
- Tennen. Das iſt: GDtr ıft ein folder HErr, zu 
welchem alle Rothleivende ihre Zufluht haben, und 
auf welhen fie fich kuͤhnlich verlaſſen follen. Des— 
gleichen im 10 Pfalm: Der Arme und Elenve 
ift dir verlaffen, das ift, alle Menſchen baten 
ihn verlaffen, zu dem Ende, auf daß Du Dich feiner 
annehmeit und ihm heifelt. Denn fo lange ein Menſch 
“ in den Armen eines Menſchen bänget, kann ihn GOtt 
nicht faſſen. Je elender aber einer it, je näber ihm 
GOtt if, wie ver heilige König David finget im 
27 Palm: Mein Bater und Mutter verlafr 
fen mid, aber der HErr nimmt mich auf. 
Hier gilt es Feines Verlaſſens, ſondern Haltens, Troͤ⸗ 
ſtens und Helfens. Was ſageſt du viel von verlaß 
fen? Der fiebet und fihauet deine Schmerzen, ww 
im 10 Pſalm ſtehet: Zur ihm iſt alle deine Begier⸗ 
"de, und Dein Seufzen it ihm nicht verborgen. Er | 
weiß ed wohl, daß dein Herz bebet, und dich veime 
Kräfte verlaffen haben, und. das Licht deiner Augen 
nicht mehr bei dir fen, nad) dem 38. Palm: Ja, 
er böret auch vein Verlangen, wie der 10 Pfalm 
faget: Das Verlangen der Elenden höre du HErr! 
Ihr Herz iſt gewiß, daß dein Ohr darauf merfet, 


—s — ⏑— 755 — — 


der wahren Chriſten. 621 


r. Daß er dir aber fo bald nicht hilft, das: geſchier Warum 
het dir zum Beten, Denn weil du fein liebes und OK,cn 
. theured Gold bift, aus welchem er ein koͤſtlich Trink, pi. 
gefhirr, zu Labung feiner Kirchen, und zu Lobe fej- 
nes berrlihen Namens gebrauchen will, fo behäft er 
Dich darum defto länger im euer, damit er Dich 
‚ defte .lauterer oder berrliher mache. Wie er felber 
befennet und fpriht Ef. 4%: Ich will fie lau 
tern und ausderwählt mahen im Ofen des 
Elended Denn je länger dad Ereuz waͤhret, je 
mehr das Fleiſch gefchwächet, und je reiner ver Menſch 
von dem alten- Schlamm der Sünde wird, fuͤrnehm⸗ 
lich vom Stolz und Unzuht, er. wird den Laftern - - 
fo feind, als dem Teufel ſelbſt. Er gewinnet einen 
neuen unüberwindliden Fuͤrſatz. Er hänget fih ganz * 
und gar an das theure Blut JEſu Chrifti. Er ers 
greifet mit gewaltiger Hand feiner Taufe Heil. Er 
nimmt zu im Ölauben der Gnade und Huͤlfe GOt— 
tes. Er erinnert fi des Wortö,. beluftiget und ftärs 
ket'ſich damit, er betet in der Wahrheit. Er boffet 
von Herzenögrund. Er wird mürbe, gelinde und 
gütig. Sonderli aber redet GOtt der HErr mit 
ihm fehr freundlich und offenbaret ihm feine Geheim; 
niffe, die er nicht wußte. Wie er Hofen 2 fpridt: . ” 
Ich will fie in eine. Wüfte führen, und da—⸗ 
felbR freundlih mit ihnen reden. Ich fenne 
einen, welcher in feiner ſchweren langwierigen Krank 
heit dies gelernet hat, nemlich, Daß er in feiner Taufe 
ſchon felig, Das ift, von Sünden, Zorn und Tod 
befreiet fey, welches er zuvor nicht gewußt, ja wel 
es ‚heute viele und große Theologen in der Kirche 
nicht wiffen, ob fie gleich täglich vie Bibel und alle 
. Bücher leſen. Denn das Creuz it GOttes Schule, 
“und die Erleuhtung GOttes iſt bei den Kranken und 
zeiget ihnen große unerbörte und unausſprechliche Dins 
ge. Die Ereuzen find die heilige Pfokten, durch welche 
man in daß Paradies gebet, zu den luſtigen, ſuͤſſen, 
heilſamen und freudenreichen Bruͤnnlein der Weishec 
| —— 


= 





m 


322 Wom Ereik 


GOttes: "Died alles meynet St. Petrus, wenn a 
in feiner 1 Epiſtel Cap. 5. alfo fehreibet: Der GOtt 
aller Gnaden, der uns berufen hat zu fei 
ner ewigen Herrlichfeit in Chrifto JEſa, 
berfelbe wird euch, die ihr eine fleane Zeit 
leidet, vollbereiten, färfen, kraftigen um 
gründen. Siehe, das find der Urfachen etliche, 

. warum did GHOrt laͤſſet fo lange im Schmelzofm 
liegen, wiewohl derfelben noch mehr könnten angezo— 
den werden, wenn, wir der Schärfe JEſu Chrifti in 
uns wollten gebraudien, und und mit ven tollen 
Heiligen im ‚Schreiben nicht mäßigen. 

Hat dich nun GOtt nüht verlafien, fo hat er 
bich viel weniger verftoffen, denn der HErr verftöfft 


fein Bol nicht, welches er ihm aus allen Geſchlech 


tern erfohren. hat zum Eiyenthum, wie St. Paulus 
Roͤm. 11. bezeuget: GOttt hat fein Volk nid 
"verftoffen, welches er zuvor verfeben 
bat. Und Gap. 8. Was will- uns fheiden 
. von der Liebe GOttes? Ah! ed handelt GOtt 
‚nicht mit uns leichtfertig, ſondern ganz’ treulich und 
ernſtlich. Er nimmt nicht heute einen zum Kinde an, 


rund verwirft ihn bald morgen wiederum. D nem, 


das ift ferne von feiner göstlihen Ernſthaftigkeit un? 
Beftändigfeit. Er ift fein Wetterhahn und banteli 
ı mit und nicht betrüglid. Und da gleih einer aller 
Welt Sünde hätte, winfelt aber darüber und glaube 
an Chriftum, fo wäre er body darum von Dt 
nicht .verftoffen. Denn die Suͤnden der Menſchen, 
ob fie mohl müßten mit dem Schwerdt gefirafet wer 
ben, find nunmehr nicht fo Abicheulih für Den Au 
gen GOttes, wie fie waren für der Zeit des Pfati 
JEſu Ehrifti, fürnemlih in den Glaubigen, Goflte 
er dich verftoffen? Hat er dich doch für feinen Go 
ben angenommen, ehe der Welt Grund iſt geleget 
worden, und hat dir alle deine Suͤnden vergeben, 


und bat dich mit neuer bimmlifcher Gerechtigkeit be 


Seidet, und mit feiner Kinpfhaft gekroͤnet, und mit 


De nn ne J Rn ee 4 nn — 77— — — — 


der wahren Chriſten. 323 


ſeinem heiligen Geiſt geſalbet, und alſo aus dir ge⸗ 

machet einen koͤniglichen Prieſter, welches Wuͤrde weit 

abertrifft Himmel und Erde. Denn die lieben Chri⸗ 

ten find in eine foche Würde gefeget, welche höher. ift 

yenn alle Vernunft, und find umjchranft mit einem 

süldenen Zaun, ja mit einem güldenen Bollwerf, 
aß Vie Daraus night fallen können , fle wollten denn - 
elbit nicht darin bleiben. Darum verzeihe vich fols 

ber fremden Gedanken, und hoffe auf GOtt, ver 

wird dir bald helfen, wie Dapio im 9O Pfalm gar 

röftlih fpriht; Er wird des Armen nicht fo 

janz vergeffen, und die Hoffnung der Elen⸗ 

ven wird nicht verloren feyn ewiglid. Und 

ver Engel zum alten Tobia Cap. 4, Habe Ge 

‚uld, GOtt wird dir bald. helfen. Es müflen 

‚ie Heiligen GOttes ein wohl gewogen, voͤlliges und 

ıberfläffiges Creuz haben, follen fie anders völlige 

Märtyrer ſeyn, und völlige überflüffige Ehre und 

Freude in jenem Leben erlangen. 


Die V. Klage 


Ich werde angebultig ‚ und babe an GO heimlich zu 
haffen und zu laͤſtern. | 


Dies it das gemeine Uebel aller feiner Heiligen, Gemeine 
urnehmlich der größeften, daß te in Ungedulo GOtt Fra 
yeimlich haffen, fluchen und läftern, auf daß fie ja beften 
ich den andern gleich halten, und ſich über diefelben Ebriſten. 
siht erheben muͤſen. Denn hiezu muß es mit allen 

teben Sotteöfreunden fommen, daß fie fih nicht al⸗ 

ein für ſchlechte Sünder, fondern für vornehme 
Dünder, das ift, für die allergroͤßeſten erkennen una 

agen: Ich habe das getban, welches fonft niemand 

jethan bat, follen fie anderd von ihnen felbit rein 
rbfallen, und die fremde Gerechtigkeit JEſu Ehrüti 

urch wahren Glauben rechtſchaffen ergreifen. Denn 

ver noch Mk feinen gelben Haaren hänget, der hans 


324 WVom Cr 


belt für GOtt faͤlſchlich, und ergreifet niht den guͤl⸗ 
benen Zweig der ‚einigen wahren Gerechtigkeit JEſe 
Ehrifti mit aufrihrigem Herzen. Darum läffee GOn 
feine theure Heiligen tief fallen, und übergiebt fr 
den Sünden, wo nicht andern, jedoch der lUngeduls 
und feiner göttlihen Majeftät Berläfterung, und läk 
fet die kluge Welt wider foldie feine Weisheit wein 
lich laufen. Er läffet fie pahin fommen, daß wena 
fie an ihre Gedanken und Werke gedenken, fie dafür 
alfo erfchredien, als göfle man ihnen kalt Waſſer über 
‚ven Rüden, oder ald rennete man fie mit einer gli 
‚ benden Stange durchs Herg, und wo fie ſo naͤrriſch 
wären, daß: fie nach der Sophiſten Lehre fich ftet 
an folhen traurigen Gedanken hielten, fo follten fe 
- wohl die elendeften Creaturen auf Erden feyn. Gt 
Paulus nennet folche jämmerliche Einfälle des Teu— 
feld Maulſchellen und Feuerflitzen. Die Papiſten 
heiffen ed Buſſe. ch kenne einen frommen gelehr 
ten Dann, welcher .ed mit der Läfterung Ehrifti um 
feines heiligen Geiſtes ſo grob machet, daß ihn vum 
ket, der Teufel made es felber fo grob nicht, und 
GOtt werde ihn Dafür mit einem gewaltigen herrli⸗ 
hen Donnerfchlag in den Abgrund der Hölle ſchmeiſ⸗ 
fen. Er verfluchet auch heimlich feine Rinder, welde 
’ ihm lieber find, als feine Seele, welches er mir mil 
Heulen_und Thränen gellaget hat und foridt: Er 
wifje nicht, wo alle foldhe hoͤlliſche Greuel hen 
fommen. 
Tro Aber verzage darum nicht, lieber Bruder, denn 
dawider. ſolche Gottesläfterungen find nicht dein, fondern dei: 
leivigen Teufels. Es find ‚nicht menfchliche Verf 
Hungen, fondern fatanifche Anläufe. Er treibet vurd 
Zulafjung GOttes fein Spiel mit dir, und will ; 
fehen, ob:du auch für ſolchem Weſen wolleft erbiai 
fen, und darob an deiner Seligkeit verzagen. Es 
: find nicht Verrichtungen, welche Du tu, ſonder 
Leiden, welche du wider allen deinen Willen lei 
Wie St. Paulus Roͤm. 7. ſpricht Das Bei 











‘ 


der wahren Chriſten. 53235 


ad. ih niht will, thue ih. So ih aber 


bue, Daß ih nicht will, fo thue ich Daffels 
ve nicht, fondern bie Sünde, die in mir 
vohnet. Sa, nicht allein die Sünde, lieber Pau⸗ 
e, die in dir wohnet, fondern auch. der Teufel, wels 
her dein abgefagter Feind ift, und nit. leiden Tann, 
aß dein Gewiſſen GOttes Frieden: habe, und von 


yeöwegen zuficehet,. wie er Raum in.deinem Herzen 


inde, dahin er feine Pfeile ſchieſſe. GOtt aber, der 
‚ich ſonſt ganz und gar eingenommen und gnaͤdiglich 
vefeffen hat, läffet folched zu, auf Daß Du dich Deiner 
‚hen Erleuchtung nicht erhebeſt. Deſſen tröfte dich, 
ieber Daule, und wälze folhe Sünde oder Läfterung 
BOttes frei auf einen: andern. 


Und, da bu gleich, lieber Bruder, ſolche jüms 


nerlihe. Sünde von dir.felber begiengeft, ohne einis 
ed Teufeld Anreizung, fo verzage Barum nicht, fons 
yern fey ‚ganz freimuͤthig. Stehe hier wie ein dhrifts 
icher Ritter, und überwinde ſolche Sünde, durch 
nen. allerfeiteften Glauben ver Vergebung, Verachte 
mit beidenmäßigem und tapferem Muth folche deine 
Räfterung wider den Sohn GOttes, oder auch wider 
pen heiligen -Geift, wenn du durch Diefelbe verändert, 
oder vielmehr übereilet und beläftiget worden: Dies 
weil du nicht bift ein verdammlicher Jude, ſondern 
ein gerechtfertigter Chrift, Hier iſt es Zeit, daß ſich 


dein Glaube aufrichte, und ſteh in feiner Bluͤthe, 


und brenne wie eine neue Fackel, ja leuchte wie der 
Morgenſtern, und die Helle Sonne. Wollteft ou 
dich Durch Deine Sünde. vom Troſt deined Heils abs 
wenden lafien? Mußt du doch das ganze Meer und 
Sünpfluth aller deiner Sünden überwinden, willt 
du anders ein wahrer Chrift fern. Ein Eprift hat 


daher feinen Namen, daß er ein Wundermann if, 


und das verachten kann, nemlich, vie allergrenlichiten 
Sünden, durd den Glauben JEſu Chriſti. Wiffe, 
fieber Bruder, wiſſe, mider die Menge und- Fülle 
veiner Sünden, daß du nicht mit vergänglichem Sil⸗ 
| 


4. 


BE. Som Ereul, " 


ber oder Sol, fondern "mit dem theuren Blut IE 
Chriſti erlöfer. von allen Deinen Sunden: Wiffe, daß 
. im Meer ver heiligen Taufe an dir erfäufet nicht 
allein die geringe Reuter Pharaonis, fondern audı 
der..König Pharao, das iſt, der Teufel felber mit 
feinen fürnehmften Hauptleuten aller Zopfünden, um 
da fie gleich übertöptlih wären. Du kannſt es jo 
grob nicht machen, Der HErr Chriſtus hat es viel 
groͤßer gemachet. Er hat deine groben Sünden bei 
den Füſſen genommen, und hat fie überhaupt ins 
Waſſer getauchet, und fie alfo gaͤnzlich erſaͤufet. Ich 
verſtehe bier das Waſſer feines Bluts, und das Wafı 
fer ner heiligen Taufe. Die groben Laſter find die 
erften gewefen, welche haben müſſen herhalten, auf 
daß Du Durd) dein ganzes Leben fihern Frieden hät 
teſt. Denn hiezu iſt Chriſtus erſchienen, und hat 
viel erlitten, auf daß du ein Friedefuͤrſt waͤreſt, und 
in Häufern des Friedens wohneft, ‚und wider Sün 

‚ Welt, Teufel und Tod ewigen Frieden haͤtteſt. 
"Und ob du gleich deinen frommen HErrn ZEfum 
zuweilen in die Hölle, und andere fremde Derter 
verweifeft, dazu verfuchelt, wie ed zugehe, wenn mar 
den heiligen Geiſt ſchmaͤhet, jo fennet er doch dein 
‚ Der Er weiß, wie lieb du ihn ohne das haben, 
amd wie mädhtiglid du ihn ehreit, ja wie leid vr 
Dies Wefen fen, und wie wehe Dir es thut. Er fen 
net das Brüllen deines Herzend, und das Knirſchen 

deiner Zähne, und den harten Streit dawider. 

Wie man Willt du aber folder Anfechtung los ſeyn, fo kete 
der Un: und fprih: Herr JEſu! führe mich nicht in Ber 
fehtung fahung, fondern erlöfe mich voni Teufel. Wie oft 
d dein Herz oder der Teufel noͤthiget, den Hörer 
| Shriftum zu ſchmaͤhen, fo oft "fehre Das Blatt um 
und preife ihn mit lauter Stimme, und mit ve 
allerbeften Worten, die dus jemals gelernet haſt. Err.d 
‚unter dem Tumult des Streit alfo: Herr JEju! 
du hochgebenedeieter GOttes Sohn, du BD aller 
Ehren, dir fey ewig Lob und Dank 'gefaget für ak 


"der wahren Chriſten. 527 


heine Wohlthaten. Es müflen dich, lohen und Preis - 


en alle Engel im Himmel und alle Ereaturen auf 
Erden. Durch foldye Kartaunen wird der Teufel 


yerjaget, und Du bebältft den Plag. . Aber. wie ges 


get, laß indeß die Suͤnde, den ‚Zorn und das Ges 
ride GDtted in dir. ganz todt ſeyn, Die Gerechtigkeit 
aber und Die Gnade, und den Himmel in Dir leben. 
kaß das Neid GOttes in dir ganz völlig feyn, mit 
allen feinen zugehörigen Regalien. Es mäfle in dir 
blühen, wie der Libanon und das Paradies, Wiffe 
fo viel von Sünde, Zorn und Verdammniß, «ls 
bein Fleined Kindlein davon. weiß, weldyed im feinem 
Miegelein lieget, und mit feinen Singerlein fpielet, 
Denn du bift im Reich der. Gnaden, aus weldem 
alle Sünde, Zorn und. Verdammnip ausgeſchloſſen 
find, und um folcher. deiner Freiheit willen iſt der 
Sohn GOttes geſtorben. | 
" Die VE Klage 
Ich bin arm und habe. meinen lieben Sander wenig zu 
a biinterlaſſen. | u 


Das iſt faſt aller Chriſten Gluͤck: Je reicher ing. beifer 
GOtt, je armer in der Welt." Und ob fi ed man: Ehrik, 


cher merken laͤſſet, fo iſt ers doch. Kin ehrlider!! 


Mann halt ſich viel beſſer, ald ihm ift: Kür den 


Leuten muthig und fröhlich, im Herzen aber betrübs 


bis in den Tod, Denn weil ſich Die wahren Heilis 
gen mehr auf dad Wort, Denn auf den Geiz und 
Wucher begeben, warten auch nur allein ihres ein« 
gen Berufs, weicher oft fehr geringe ift, und koͤn⸗ 
nen darinnen niemand ubervortheilen, um ihres zarten 
Gewiſſens willen, in GÖttesfurdt: gefangen, ſind 
Dazu fein milde und koſtfrei, fo haben fie nicht viel 


übrig: Ya, fie mufjen oft von Feinden und Freun⸗ 


den Unrecht leiden. Wer ihnen nicht.abbrechen fann, 
der kann nicht mirfommen. Ja, in ihren Krankheis 


⸗ 


en. 


- — — — — ⸗ 


Pr Wom Creuʒz 


ten verthun fie auch nicht wenig, und haben dazr 
den Segen, daß fie viel Delpflänzlein um ihren Tiſch 
Zrorba:figen haben. Aber wie dem allen, fo verzage darun 
wider. nicht. Denn der GOtt, welcher mit dir einen er 
gen Bund aller Gnaden und Gegend gemachet hat, 
und ‘hat dir denfelben feit gehalten bis auf diefe Stun 
de, der hat audy mit deinen Kindern eben einen fob 
hen Bund gemadhet, und wird "denfelben ihnen auch 
feſt halten: Der dich dein Lebenlang ernähret hat, 
wird die Deinen nachmals ernähren. Der dich bis 
daher durd feinen heiligen Geift 'regieret bat, daß 
du für deinen Feinden und Aufmerfern nicht bift zu 
Schanden worden, der wird die Deinen nah dir 
auch alfo regieren. Der vi für allem lUebel behütet 
"und daraus errettet bat, wird Die Deinen nady dir 
auch bebhüten und erretten, wie er zu allen feines 

. Glaubigen und den Ihrigen Eſ. 41. fpriht: Hürde 
dich nicht, denn ih bin dein GOtt, ich babt 
dich erwahlet. Du biſt mein, ich bis 
mit pin Ich ftäarfe dich, ih helfe din 
&iebe, fie follen zu ſchanden werden, 
alle,.die dir gram find: Und die Leute, 
fo mit dir hadern, follen umfommen 
Und Cap. 30. Ih der Herr will eud ia 
Trübſal Brod, und in Aengften Baffer 
geben. , Sonvderlich aber ift der liebe David foldes 
Zroftes voll, im 37 Pſalm, da er unter andern alfo 
fpriht: 3h din jung gewefen, und elt 
geworden, und babe noch nie gefehen 
ven Gerehten verlaffen, und feinen 
Saamen nah Brod geben. Den gortloier 
Kindern muß ed endlich übel gehen, denn fie, DW 
Sottlofen find Heudjler gewefen, und haben vu# 

' &odngelium nicht mit Treue gemeynet, noch ibreb 
Heild Erfenntnig mit brünftigem Geiſt daraus & 
fhöpfet. Cie haben GOtt nicht getrauet, nod km 
Wort befördert, noch dem Naͤchſten gedienet: fontere® 
alles ihr Thun ift nur geißen und fcharren, faufer 
un? 


. der wahren Chriſten. 839 | 


und prangen.geweien. Bevoraus haben fie den rech⸗ 


ten wahren Heiligen manchen fauren Trank: einge ' 


ihenfet, und baben darüber gefrohlodet. - Soellten 
deſſen ihre Kinder nicht einmal entgeltend Aber Die 


Zweiglein ver Gerechten müffen auffommen, arten, 


wnd biüben, fürnemlich aber, wo fle ſelbſtglaubig 
and fromm bleiben. Wie David ſpricht: Blerbe. 


fromm, und halte dich recht, dennſobchen⸗ 


wird es zulegt wohl geben Es ift nihtrzw 
jagen, wie herzlich lieb GOtt die armen Kinder hat,: 
welche ſich auf nichts, denn nur allein: nuf-.feine 
Hu und Gegen wiflen zu verlaffen: Welche fich 
intmer auf der güldenen Aue feines heiligen Worte: 
weinen, und ihr Heil daraus getreulich lernen erfen« 


nen: Welche in ihrem Heil fröhlich feyn, und ihrem 
lieben Heilande von Herzen dafür danken: Welche 
ihren*&ltern und Herren gehorchen, und in. der Des. 


muth und Keufchheit wandeln, auch. gerne. eiwad 
Ueber diefe bat ſich GOtt ausgebreitet: und ber 


tauet, ja Durchgieffet und überfüllet fie mit feinem; - 


Segen, wie der 36 Pfalm bezeuget, der Da fprichte: 
Er breitet feine Güte aus über die, ſo ihn 


Eennen, er madhet fie trunfen von den reis 


hen Gütern feines. Haufes, und. tränfet 
fie mit Wolluſt, als mit einem Strom O 


wie theuer ift feine Güte denen, die ihm trauen? . 
Höre, ‚lieber Bruder, hat GOtt der HEre deinem: 


Kindern feinen ganzen Sohn, und mit ihm bie ganze 
Macht aller feiner himmliſchen Schäge gefchenfet, wie 
follte ex ihnen das. andere auch nicht ſchenken? Und 
ob wohl GOttes tiefer Rath und Borfehung feinen 


auserwählten lieben Reichskindern fo viel nicht giebt,- - 
ald den Gottlofen zu ihrem Trotz und DBerderben, ſo 


giebt er ihnen dody gleichwohl das tägliche Brod, 
und was fie fonften mehr bevürfen. Ihre Schwache 
Dferplein gehen wohl kuͤmmerlich fort im Schlamm 
tiefer Waſſer, aber fie erhalten doch Jerhwaßl einen. 





550 Wom re 


Sieg na dem andern. Und folches iſt ihnen vie 
beſſer, ald ver größelie Mammon ver Gottloſen, wie 
St. Paulus 1 Tim. 6. fpriht: daß die, welche 
das ewige. Leben dur wahren Glauben ew 
griffen. haben, mit einem Geringen ſich 
germefollen begnügen laffen. Denn fie ſeyn 
ohne das reich genug, und GOtt Tann fie Durdy cin 
Geringes eben fo wohl.erhalten, ald durch ein Lieber 
fluͤſſtges. Derowegen gieb Dich deiner Kinder balben 
wohl zufrieven. Befehl fie GOtt mit frifchem Glaus 
ben, und hoffe, daß, weil er fie gefchaffen, und durch 
"feinen. lieben Sohn erlöfet hat, er fie wohl werde 
ernähren. Denn fie find ja beffer, ‚denn alle Voͤgel 
in der Luft, und alle Fiſche im Wafler, und alle 
Lilien auf dem Felde, 0 

Bitte aber, fo lange du lebeft, daß es ihnen edge 
wohl ergeben, und fegne fie, gleich wie die lieben 
Patriarchen ihre Kinder gefegnet haben, und ermahne 
fie zum Bellen: So werden fie erfahren, dag fit 
nicht umfonft GOttes Kinder, GOttes Herz, GOn 
tes Seelen, GOttes Augapfel und GOttes Waifelein 
genennet ‚werden, fondern daß es wahr fey, was 
David im 68 Pfalm richt: Er-if ein Bater 
der Waiſem Was aber hier von den Waifelein 
geredet ift, fol aud von den verftorbenen Wittwen 
.verftanden -werden, von weldhen wir ohne Das eis 
fonderlihes Büchlein gefchrieben baben, iſt anders 
fo viel gottfeliger Zuft bei ihnen, daß fie es Lefen. 
Selig aber iſt der Menſch, welcher fi) der armen 
Waiſen und Wittwen treulihd annimmt, fein Lohn 
wird groß im Himmel feyn. Denn GHOtt läffet vie 
Geinen darum elend werden, und nimmt ihnen allen 
Vorrath hinweg, auf daß fie ihm lernen traugm, und 
die Reichen Urſach haben, ihre Liebe und Barmhber 
zägfeit an ihnen zu beweiſen, bis er fie felber einmal 
aus dem Roth erhebt und zu Ehren bringe, wie et 
dem lieben Joſeph, David, Eſther und ihres giew 
chen gethan hat. | 


N 


dev wahren Chriſten. 55 
Die VE. Rage 


Sch muß llerben. 


Man kanns nicht fagen, GOtt iſt wunberfam, er 
laffet die Seinen tief kammen, bis an den Det de 
oft fein Grund ift, und erhält fie doch: Er führer 
fie bis an die Pforte des Todes, auf daß fie von 
dieſem füflen Kräuclein, durch welches fie erlöfet find, 
auch ein wenig koſten. Aber che fie zufehen, wendet 
er den Wagen um, wie Hanna fang, 1 Sam. 2. 
Der HErr tödtet und machet lebendig. Desgl. 
David im 68 Palm: Wir haben einen HErrn, 
der vom Tode errettet, Ich Fenne Leute, wels 
che über. fünf Stunden todt gemwefen und wiederum 
lebendig geworden find, Denn bei GOtt ift fein Ding 
unmoͤglich. Da es aber, lieber Bruder, an dem wärs 
te, daß du. fterden follteft, fo begieb dich in GOttes 
Willen, und fey für dem Tode unerfchroden, ' Denn 
es gehoͤret mit zur chriftlichen Nitterfchaft, für dem 
Tode unerfhroden feyn, weil wir willen, daß er 
nicht fey unfer Berderben, fondern nur unfere Errets 
tung und Schlaf. Ein. Ehrift fol vorlängit, ehe er 
noch ftirbet, die Sünde, den Zorn und den Tod in 
feinem ‘Herzen überwunden haben, und foll von bies 
- fen Feinden ungefangen feyn, wie die Epiftel an die 
Ebraͤer am 2. lehret und ermahnet. Wer fih für 
Sünde, Zorn und Tod noch fürchtet, Der iſt ihr 
Knecht: Wer es aber nicht thut; ber ift Herr, und 
iſt ein rechter freier Mann, wie alle Chriften ſeyn 
follen. Ein folder it in dem Stande, welcher an 
ihm der hoͤchſte iſt, und GOtt am meiften gefället, 
Stirbeſt du, fo ftirbeft du dem HErrn, das ift, feis 
nem Rath und Willen, und dein Leben bat bier ein 
Ziel. Bis daher haft du follen leben, und in biefer 
möühfeligften Welt peinlih wahdeln, länger nicht. 
Und ob du gleidy das gemeine Alter nicht erreichet 
haft, was ſchadet Dad} Es find vie jangere Rrute 


.- 


532 om Creuz 


geſtorben. Wie haͤtteſt du ihm muͤſſen thun, wen 
du von deiner Mutter Bruͤſten waͤreſt hinweg gera: 
fet, und bätteft ven ſchoͤnen Glanz des Evangel 
nicht gefehen ? ——— 

Und ob du: gleich zur vollkommenen Weishen: 
Glauben, Herzen, Himmelreich- und andern dhriftliche 
Zugenden nicht gekommen, noch Das verrichtet haft 
was du gerne wollten, fo fey damit zufrieden. Dem 
dies iſt auch eine Tugend, laß did) begnügen an dem 
guten Vorſatz. Hätteft du mehr thun follen, fo hätte 
es GOtt wohl fünnen fchaffen. Ed wirds doch Fein 
chriſtlicher Held zu Ende führen, wad er ibm wohl 
- im Reich GOttes fürgenommen hatte. a, es wird 
in diefer Welt nicht alle& verrichtet werden, was ds 
"hätte gefcheben follen. Was du nicht gethan haft, 
Dad wird ein anderer thun, und was ein anderer 
nit thun Tann, das wird Chriftus, die Weisbeit 
und Kraft GOttes, felber thun. Ah, licher Bru 
der! erfreue Dich deines Sterbend. "Denn nun koͤmmſt 
du durch GOttes gnädige Erlöfung aus dem Ang 
hauſe diefer Welt zur ewigen Ruhe, nun wird de 
Sünde nicht mehr über dich berrfchen, und bein Ge 
wiſſen verwüften. Du wirft liegen und fanft fchlafen 
‚ und weder SOlnde noh Schmerzen fühlen. Die har 
ten Spruͤche der Schrift werden dein weiches Hm 
nicht mehr fihreden. Nun wirft du recht fromm um 
frievfam ſeyn, ver Zeufel wird überbin fliehen, und 
feine feurige Pfeile mehr in dich ſchieſſen. Er wird 
dich in guter und böfer Sache nicht Mehr zu Schan⸗ 
ben machen. Die Welt wird auch deine fromme und 
ftile Seele, weldye immer Ruhe geſuchet, Durch ih⸗ 
ren ungünftigen bittern Haß und vielfältige unver 
boffte Läfterungen nicht mehr beunruhigen. ir wird 
beiner wohl begehren, aber dich nicht finden. Ds 
wirft den Blinden und Undanfbaren nicht mehr die 
nen, Du wirft nicht mehr Sorge tragen für bat 
Haus und Kinder. Du wirft did nicht mehr vurd 
ſhwere Arbeit ermuͤden. Du wirft nicht mehr kraul 


” 


tyn, noch manche beträßte ſchlafloſe Nacht haben. 


Vom Tüuürken und anderm Unglück wirſt du nicht 


mehr hoͤren. Das Eitele dieſer Welt wirſt du nicht 
mehr ſehen, und die feiſten ſtolzen Teufel werden 


der wahren Chriſten. * 


dich auch mit ihren weiten Spottaugen nicht mehr. 


jeben. Bu wirft unter den Sottlofen, Falſchen und 
Boͤſen nit mehr leben, noch mit ihnen umgeben, 
Dein fchäbichter Leib wird wohl zu Pulver werden, 


wie er anfänglich geweſen ift, aber deine rothe Seele . 


wird in den Luflgarten GOttes kommen. Du wirft 
m GOtt kommen, fage ich, denn GOtt iſt das Pas 


:adied, und Wonne feiner glaubigen Seele, wer in 


BOtt koͤmmt, der koͤmmt in Die ewige jzreude, Die 
Freude GOttes aber iſt höher, denn alle Vernunft. 
Mller Welt; $reude iſt nichte'gegen dem geringiten Troͤpf⸗ 
ein der Freude GOttes. . Wer GStt lebet, der ftirbet 
auch GOtt. Du haſt GOtt gelebet, denn dein ganzes 
keben iſt gemefen, wie du EOtt moͤchteſt in feinen 
Wohlthaten erkennen, dich derſelben anmaſſen, di 
ver troͤſten und erfreuen, ihm ‚dafür danken, und 
ihn öffentlich preifen.- Deromwegen fo wirft du auch 
terben, das ift,. nicht allein nach feinem Rath und 
Willen, wie vor gefaget, fondern auch zu feinen Häns 
den. Er wird dich mit hoͤchſter Reverenz, als fein 
köftiches Kleinod, auf» und annehmen. Cr wird 
in deiner Seele wohnen, leben, herrſchen und herrs 
ich feyn. Er wird das güldene Meer feiner göttlis 
hen Freude und aller feiner himmliſchen Magniftcenz 


Süter in dich giefien, und wird Dir faufend Jahr fo - | 


furz machen, als ein Tag if. Am, jüngften Tage 
aber wird er deinen Leib auch nachholen, und ihn fo 
belle machen, wie die Sonne ift, und ihn zugleich. 
mit der Seele in den Himmel nehmen, wie der Herr 
Chriftus ſpricht Joh. 6. Das tft der Wille des 
Vaters, der mich gefandt hat, daß ih nicht& 


verliere von allem, das er mir gegeben bat, 


fondern Daß ich ed auferwede am jüngiten 
Tage, Und St, Paulus 1 Corinth. 15., Ein 
I 2 W 


— 


. gr 


| Stern übertrifft ven andern, nad der RI 


alles iſt gewiplih wahr. In diefem Bertrau 
ſtirb, lieber Bruder, und da dir es fauer wird, 


wir alle eingehen müffen zur ewigen Herrlichkeit. 











554 Wom Creußz 


heit, alſo die Auferſtehung der Todten. 4 
wird gefäet verweslih, und wird aufer 

den in Herrlidhleit. Es wird gefäet 
Schwachheit, und wird auferftieden in Kra 
Es wird gefäet ein natürfiher Leib, u 
wird auferfiehen ein geiftliher Leib, Di 


leide es männlih, in chriftliher Geduld, und wi 
baß dies die enge Schweißs Pforte fey, durch wel 


"Die VIL Klage 


IH muß fürd Gericht GOttes kommen, auf daß alle meine 
Gedanfen, Worte und Werke der ganzen Welt bes 
fannt werben, und ich dafuͤr meinen Lohn 

— empfabe. 

Das ift ja wahr. Denn am jüngften Tage werben 
freilich alle vernünftige Creaturen erfcheinen wülles 
vor dem Nichterftuhl JEſu Chrifti, von den Engeln 
an bis auf die Könige, und von den Königen au 


bis auf die leinenen Kittelträger. Da werden auch 


gewißlich aller Menfchen Herzen Angelmeit offen fe 
ben, und alle heimlihe Gedanken, Worte und Ber 


Fe, gute und- böfe, and Licht: kommen und 


ınd geruhtet 
werben, wie &t. Paulus Röm. 2, fchreibet: GOtt 
wird reht rihten auf den Tag der Of 
fenbarung. Desgl. GOtt wirn das Ber 


borgene der Menſchen richten durch JE: 


ſum Chriſt, welcher geben wird einen 
jeglichen nah feinen Werten Da wen 


es den Die frommen Herzen, welche für nichts fo febr, 
rom:al8 für das Evangelium geforget haben, eröffnet wer 
‚ewigen 


Sehen. ihre edle Worte hören, welde fie bier im Wiakel 


den, und ihr Seufzen herfuͤrleuchten. Da wirb man 


Der wahren: Ehriften. | u: 


geredet haben, Denn fein heiliges theures Wort: ift 

auf ihrer Zunge gewefen,; welches der HErr Chriftus 

nicht wiederholen und: herzlich rühmen follte, - Da 

werden ihre koͤſtliche Schriften, melde hie der Sau⸗ 

welt geftunfen. haben, allen Heiligen fürgelefen, und 

mit großer Berwunderung angeböret werden. :Denn, 

jollen alle Werfe den Heiligen nachfolgen/ wie St. 

Johannes bezeuget, fo werden aud ihre Bücher nach⸗ 

folgen müflen. Da werden aud) ihre Gebete erneuert® 

werden, man wird aud ihren geiftlichen Kampf wis 

ver die Suͤnde, desgleichen ihre Demuth und große 

Bedult im Creuz ſchauen. | 0 
Ach! ach! wie werden die lieben Seligen an’ bemnfeliger 

Lage in ihrer fo fhönen und mannigfaltigen Herr Zugand 

ich eit blühen? Wer fie, feben wird ‚ve wird ſich in jenem 

drer von. Herzen freuen, Ein Heiliger wird ſich Leben. 

ber den andern freuen: Dahingegen werben Die . 

Tainiſchen Herzen, weldhe dem Evangelio und feinen 

Befennern fpinnefeind gemwefen, auch offen ftehen, und 

hre ſchmaͤhliche Heuchelei an ven Tag kommen. De 

wird man ihren Stolz, Berachtung, Spotten, wels 

bes fie ohne Gottesfurcht unter einander getrieben, 

klaͤrlich ſchauen. . Richt ein einiges Wort it auf ih⸗ 

per Zunge gewefen, weldes der. Herr Chriſtus nicht 

ſollte mit Bermaleveiung ans Licht bringen. Da 

wird man ihre Rathſchlaͤge und Bubenſtucke, mit wels 

hen fie das gute Kürnehmen der Heiligen: und ven 

Bauf des Evangelii gehindert, anfpeien. - Ihr Geiz, 

Wucher, Unbarmperzigftit, Hoffart, Freſſen, Sau⸗ 

fen, neue Zeitungen, Narrentheivungen, Schandworte 

und Schandthaten werden für ihnen ſtehen und fie 

befhuldigen: Sonderlich aber werden fie ihre Laltes 

rung, mit weldyen fie die Tugendreichen geſchaͤndet 

haben, fehr haͤßlich machen. Denn der Herr Chris 

Rus wird überlaut rufen und fprechen: Sebet, welche 

Teufelölöpfe und große Lügner find mir Diefe gewes ' 

fen? Wie haben fie fo falſch aus ihrem abgünftigen 

und mörberiichen Herzen geredet? Ja, der HErr 





. 
— — — Lin. — 


536 Vom re 


EChriſtus wird alle dad Harte, welches bie Gottlofen 
-wiber. Die wahren ‚Heiligen geredet, und das Böfe, 
‚welches; fie: ifnuen gethan haben, auf fi) deuten und 

ſprechen: Solches alles habet ihr mir getban, ihr 
verfluchten Uebelthaͤter. Ob nun aber wohl Die lie 
ben Auserwählten, welhe dem HErrn Chrifto in der 
Liebe feines Worts, und im Glauben. feiner Wohl 
Der Slau⸗thaten, ſamt andern Glaubensfrüchten getreulich ſind 
bigen, nachgefolget, nicht ohne Sünde geweſen, ſondern auch 
Zunden manches Unkraͤutlein in ihrem Herzen gefühlet, und 
nicht auf⸗ manchen unbeſonnenen Mißtritt gethan haben, den⸗ 
sededt. noch werden fie darum nicht verdammet noch geftras 
fet: werden. ‚Denn weil ihnen bier alle Sünden vers 
geben find, mie follten ‚fie ihnen dort zugerechnet wer | 
ben? Was bier zugedecket iſt, wird dort nicht eröffı 
‚net werden. J J 

er Da wird man eine große Dede finden, unter 
entfputs welcher alle ver Slaubigen Sünden werden zugedel—⸗ 
digen. ket ſeyn. Ja, der Here Ehriftus wird fie ganz hoͤf⸗ 
lih entfhuldigen, und Urſache anzeigen, warum er 

fie habe irren, firaucheln und. fallen lafien. 

- Died alles bezeugen nachfolgende Sprüche, beide 
des HErrn Chrifti und feiner Apoftel. und Prophe⸗ 
ten, melde. fromme Chriften follen auswendig lernen, 
Joh. 3. Wer an den Sohn GOttes glau 
bet, der wird niht gerihtet: Wer aber 
nicht glaubet, der iſt ſchon gerichtet. Desgl. 
Der Vater hat den Sohn lieb, und hat 
ibm alles in feine. Hond gegeben. Beran 

- den Sohn glaubet, der bat dad ewige Zw 
ben. Röm. % Wer will die Auderwahl 
ten GOttes befhuldigen?! GOtt iſt bie, 
der gerecht madet. Wer will verdam— 
men?! Chriftus ift bie, ver geſtorben iſt, 
ja vielmehr, der gubh auferweder ıW, 
weldher ift- zur Rechten GOttes, un 
vertritt und." Dedsl. So ift nun nichts 
Verdammliches an Denen, fo in Chrifte 


der wahren Chriften. u 557 
FEfu find faik 11. Der HEerr-wird nit 


sihten, nachdem feine Augen feben, noch 
frafen, nahdem feine Ohren hören 


Die Gottloſen wird er verdammen, und ins «höb. 
iſche Feuer verwweifen, mit Diefem Gerihtöflang: Web 


het von mir, ihr Uebelthäter, ins hoͤlliſche Feuer, 


“ih babe euch. noch nie für meine Schaafe erfannt. 


Und foldyes wird .er thum nicht fo fehr darum, daß 
fie gegeizet, geſtolziret, gefreflen, gefoffen, geburet has 
ben, fondern daß fie fein liebes Gnadenwort gebaffet 


‚und feine Diener gefchändet und betrübet haben. Denn 


wer die Seligfeit in diefem Leben in den Wind ſchlaͤ⸗ 


. get, und nicht haben will, fondern dur Unglauben, 
mit geſuchtem Fleiß difputirlicherweife von fich ftöflet, 


and fi derfelben nicht würdig achtet, der wird fie 
in jenem Leben nicht überfommen, wie St. Paulus 
Dürre fpriht Ebr. 2. Wie wollen wir entflie 
ben, fo wir eine foldhe Geligfeit nicht ach 
ten? Hier muß Oeligfeit in rechtem Verſtande ans 


genommen feyn, ſoll fie in jenem Leben haften. Was 
ſich hier felbft geplündert und beraubet, das wird dort 


nadend ſeyn und bleiben. Und ob fi wohl die Vers 
Dammten wider fol Gericht des HErrn Chrifti wer; 
den firduben, und ihre pbilofophifche Weisheit, und 
Dap fie die Bibel gelefen, und fonften große Herren 
gewefen und zuweilen ehrbare Thaten gethan haben, 
fürwenden werden, ff wird ihnen doch folches alles 


"nicht helfen. Der Zeufel wird fie doch bezwingen, 


— — — — | — ⸗ —— 22 — h Dr —— — 


und an feinen Ort führen. Ihre muthwillige Blind; 
heit, und ihre verftodte Hoffart, welche fie von ber 
einfältigen Wahrheit abgehalten hat, wird fie vers 


dammen. Denn fo feridht Chriftus Joh. 3. Das 


ift das Seriht, Daß das Liht in die Welt 
kommen ift, upd die Menſchen liebeten bic 
Finſterniß mehr, denn das Lid. Und Gt, 


Maulus 2 Theſſ. 1. Der HErr Chriftus wird kom⸗ 


wien vom Himmel’ mit Feuerflammen, Rache zu de 
ben denen, fo nicht gehorfam gewejen’ find dem Cyan: 


BB Dom Cream 


gelio, Da werben fie die Wahrheit erfennen. De 
werden fie über ihre Blinnheit und Verftodung rufen. 
Da werden ihre Baſiliske und Schlangen nicht ſter⸗ 
ben, noch ihr Feuer ausgelöfcher werden, Die Slam 
bigen aber werden alle ihres Verftandes, Glaubens 
Bekenntniß, Thuns und Leidens halben freudenreicye 
Thriumphs⸗Ehre, herrlichen ſchoͤnen Leib, königliche 
errſchaft und ewiges Leben erlangen, wie St. Pau⸗ 
us Roͤm. 2, geweiſſaget hat. Und an ſolcher Selig 
keit wird. fie feine Suͤnde hindern, denn davon find 
fie entlediget. Deffen nimm dich auch an, licher Bru⸗ 
ber, und verlafle did) fo Darauf, ald wenn Chriftus 
felber mit dir geredet hätte. Denn du bift ja einer 
von denen, welden dad Wort ded Evangelü lieb ge 
mweien, und bem geglaubet, und fih in Chrikum 
gefleivet, und fih von ihm haben führen laſſen. 


‚ber wahren Chriften. 539 


‚Der m. und letzte Theil. | 
Dom ewigen geben der Kinder GOttes, 


4. Gieb mir doch vom ewigen Leben ber Kinder GOttes, 
zu meinem Troſt in meinem Elend, damit ich bei mei⸗ 
ner Gottfeligkeit überfchüttet bin, auch guten 

u Bericht. 


Jq wollte ſolches zur Staͤrkung deiner Seele, und 
zur Erweckung beharrlicher Gedult, lebendigen Tro⸗ 
ſtes, freudiger Hoffnung und ſtarken Olaubens gerne 
thun: aber es iſt mit dem ewigen Leben alſo be⸗ 
ſchaffen, daß niemand davon mehr reden kann, ale 
ihm geoffenbaret if. Ein wenig fehen wir "davon, 
als im Traum und von ferne. Gleichwie einer ein 
Fleines Sternlein von. ferne fiehet, der nicht wohl 
feben kann. Was wollen wir denn it viel reven 
von der Herrlichkeit, und von der Wonne, fo uns 
ferm Leibe und Seele wiederfahren wird am jüngften 
Tage, wenn Chriſtus um unferer Herrlichkeit und 
Wonne willen, und daß er und von unfern Feinden, 
und allem Uebel erldfe, erſcheinen wird? Beſſer iſt 
ed, feine Gedanken hievon im Herzen und in der 
Feder behalten, venn Chriſto vorgreifen, und es doch 
nicht erreichen, Ä 


2. Ich muß befennen, daß dem alfo ſey, wie du ſageſt7 
Aber weil gleichwohl etwas vom ewigen Leben offen 
baret ift, berichte mir, wie mancherlei es ſey? 


E⸗ iſt zweierlei ewiges Leben. Eines, wenn GOtt Fweierlet 

unſere Seele lebendig machet, durch ſein Wort und ge 
Seift, welches gefcjiehet in dieſem Leben. Denn wer. 
ih aufs Wort des Evangelii begiebt, und ed wohl 
yeherziget, und den heiligen Geift anrufet, der wird 
durch denſelben Geiſt inwendig alfo erleuchtet und 


— 
—— — — ——— — — — — tl ———— nn — — — — 


zad Wonm Era 
erfreuet, daß er feine freude nicht wohl außreben 
kann. Ein folder Menſch bat aus dem Erkenntnij 


und Glauben feines Heild göttlihe Freude. Sein 


Herz Iebet und huͤpft in GOtt feinem himmlifchen 
VPater. Gold eine Freude ift der Anfang Des ewi 
gen Lebens: Aber fie wird durch den Teufel um 
Welt in und weidlich zerftöret. : Denn dies berrlict 
Reich GOttes kamn ver Teufel: in und nicht lecẽden. 

Das andere Leben wird: angeben am jüngiten 
Tage in der Auferftebung der Todten. Denn in der 


ſelben werden wir einen neuen verflärten Leib gewin 


nen, der Sonne glei. Und der HErr Chriftus 
wird nicht allein’ leibhaftig, fondern au ſcheindarlich 
in und wohnen, - und aus uns leuchten, wie ein 
himmliſcher Glanz aus einem ernftallenen Leuchter. 
Da wird denn ganz und gar feine Sünde nod 
Ztaurigfeit, noch Furcht mehr an uns. feyn. Denn 
ver Teufel und vie Welt, die uns in dieſem Leben 
meiſterlich geängftet haben, werden für unfern Auges 
im Schwefelpfuhl liegen, und lichter Xohe brennen. 
Da wird aud fein böfes Weib, noch böfe Kinder, 
noch Krankheit, noch ander Ungläd und Ungemach 
mehr feyn, fondern eitel göttliche und beftändige Freude 
und Laden. Da wird man ein ewig Triumphfeſt 
halten, Da wird man fingen und fpringen: Da 
werden die herrlichen Leiden der Heiligen gewaltiglid 
gerühmet werden. GOtt wird den Glanz feiner 


Herrlichkeit und feiner Gnaden über. feine Kinder aus 


breiten, und fie damit durchleuchten. Er wird fie 


: Irönen und an feinen Tiſch feßen, und mit ihnen 


freundlich reden, und ihnen bimmliihen Wein zu 


trinfen geben, aus feinem guͤldenen Troſt-Becher, 


ja aus feinem güldenen Freuden⸗Becher. Uno fie 
werben nicht mehr fterben, fondern in folder Freude 


: mit den heiligen Engeln ewiglich leben, und foldes 


Leben nicht fatt nöd) müde werden, wie die lieken 


Apoſtel ſolchen herrlichen Anblick des ewigen Lebens 


an dem HErrn Chriſto, und ſeinen lieben Heiligen 


der wahren Chriften. j 54 


uf dem Berge Tabor gefehen haben, Denn St. 
Daulus Hat nicht vergeblich, gefprochen, 2 Theſſ. 1. 
3Ott iſt ein rechter Richter, welcher Trüb⸗ 
al vergelten wird denen, die euch Trubſal 
nlegen: Euch aber, die ihr Trübſal leidet, 
tube mit und, wenn der HErr Ehriſtus 
ommen wird, daß er herrlich erſcheine in. 
einen Heiligen und wunderbar in allen 
Slaubigen. Ä 


D 1 


5 Wenn wird dieſe Freude angepen 


Am jungſten Tage. Denn alsdenn wird der Sohn . 


HOttes, der Fuͤrſt des Lebens, kommen, und wird 
inſere vermoderte Leiber wiederum erneuern, und 
vird ihnen feinen Geift wieder geben, und wird und 
yerufen ind ewige Leben: Kommet her, ihr meine 
Beliebten,, ind ewige Leben, und ererbet dad, was 
ad. bis hieher iſt geſparet worden. Nun ſollet ihr 
nir vollkommen ſeyn, und keinen Mangel haben. 
Run gebe ich euch eures Herzens Wunſch, Joh. 6. 
nd 10, Ich will meine Schaafe auferweden ans 
fingiten Tage, und will ihnen geben Das ewige Les 
ven, und ob fie wohl ber Teufel bart verklagen wird, 
o ſoll er fie mir doch aus meinen Haͤnden nicht reiſ⸗ 
en. Denn was mir gegeben it, und ich einmal 
recht gefaſſet babe, das will ich wohl bewahren. 


3. Sir, lieber Son! bat wir) ein froͤhlicher Tag ſeyn. 


Freilich wird es ein froͤblicher Tag ſeyn. Welch ein 
Frohlocken und Jubiliren wird ſich allda erheben. 
Welche ſchoͤne Lilien werden wir ſeyn, wie werden 
wir und kennen und grüßen. Wie werden wir und - 
umfahen und Füffen? Wie tröflli wird und ver 
Sohn GOttes zuſprechen und wird uns ald eine 
berrlihe Ausbeute mit ſich in fein ewiges Neich fühs 
sen? Da werden wir und weit umfchen und ung 


582 = - Dom Erxen 


der Klarheit GOttes und feines Himmel! vermun 
vern. Da werden wir die Engel GOttes ſehen um 
hören. Es wird einem jeglichen fein gülden Kraͤnz 


lein auf fein Haupt gejeßet, und feine Harfe in feine 


Hand gegeben werden, Und wenn wir taufendb Zahr 
im Himmel gewefen, wird es und feyn, als wäre 
wir geftern erit hinein gekommen. 

Die Lehrer aber in Kirchen und Schulen, welde 


allhier erleuchtet find gewefen, und ihrer Vernunft 
nicht gefolget, fondern dad Evangelium lauter gepre 


Diget, und viel zum wahren Erkenntniß Eprifti ge 
bracht, und nicht wenig Darüber gelitten haben, dx 
werden leudıten wie die Sonne, und ihr Licht wir 
nicht ausgehen, und wer es ſehen wird, der win 
fi ihrer’ freuen, und fie werden über ihrer Zuhörer 
Herrlichkeit und Freude auch wiederum fröhlich feye 
und GOtt von Herzen danken. 


5. Bas wird wohl im Leben die hoͤchſte Gluͤckſeligkeit a 
Freude feyn ? 


Dis wir GOtt fehauen werden, wie er iſt von Um 
geficht zu Angeſicht. Denn ed ift fol ein ſchoͤner 
und berrliher GOtt, daß fih feines ſchoͤnen und 
berrlihen Weſens und Glanzes die heiligen Engl 
nicht - fatt fhauen, noch fi genuafam darüber ven 
wundern Tonnen, Se länger fie GOtt anfchauen, je 
berrliher ihnen der Glanz feiner Majeſtaͤt für’ ibren 
Augen aufgehet, und je größere-Luft und rende fü 
zu ihm haben. Denn fo fohreibet Paulus, der hei 
erleuchtete Apoftel, 1 Tin, 6. GOtt wohnet it 


‚einem ſolchen Licht, dazu niemand kommer 
kann. Das ift: OOtt iſt an ihm felbft ein lichtel 
‘and berrliches Wefen, und wohnet dazu in einem io 


hen lichten und herrlichen Himmel, daß Tein fürd 


licher und fterblicher Menſch da hinein blicken, and 


für ſolchem Licht und Herrlichkeit bleiben kann. Tu 
liebe Sonne vermag dem Licht und der Herrlichker 


| ! 
der wahren Chriſten. 845 u | 


Bitte das Wafler nicht zu reichen, ihr Licht iſt 
nur ein Schatten der Klarheit. GOttes. Doch wer | 
pen wir fündliche und fterblihe Menſchen einmal an 
biefen Ort fommen, nemlih, wenn Suͤnde and Tod 
"und ausgezogen. Alddenn werden wir GOtt ſchauen, —— 
und ſeine große Herrlichkeit, und werden ſeiner Gnade m 
Geruch riechen. Denn er iſt eitel Gnade, und alles, 

was von ihm gehet, iſt ein Gerlich ewiger Gnade. | 
Unter folder GnadensRofe werben wir wohnen, und “ 
ihres füflen und lebendigmachenden Geruchs genieffen, | 
und davon in Freuden leben, | 


6. Wie wirb ed doch an beinfelben Tage mit uns zugehen, 
wenn wir GOttes Angeficht fchanen werden ? | 


Dies lehret St. Paulus gar tapfer, Phil, 3. IE 
fs Chriſtus wird unfere -elende Rörper umfchmelzen, 
und wirb neue Leiber daraus machen, und wird fie 
verflären, daß fie feinem verflärten Leibe ähnlich ſeyn 
werden. Dein armer, alter, magerer, kranker Leib 
fol wiederum fung und fon werden, daß du an . 
dem Tage ausfehen ſollſt, wie ein heiliger Engel, ja 
wie der HErr Chriſtus felbit. Dein Leib fol fo hell 
und Mar werden, daß ein herrliher Glanz von ihm 
feuchten und fiheinen fol, und je elender du allhier 
gewefen, je herrlicher du dort feyn wirft, Denn da 
wirft du recht an das Licht fommen, und an ver 
Bnade GOttes deine Luft haben. In unferm vers 
Härten Leibe aber wird ein gerechter und fröhlicher 
Seiſt wohnen, der Feiner Sünde und Traurigkeit 
mehr wird unterworfen feyn. Alles, alles, was an 
uns ift, wird leben, wie David faget, Palm. 16. 
Du thuft mir Fund den Weg des Lebens, für dir if 
Kreude die Füuͤlle, und lieblich Wefen zu deiner Rech⸗ 
en ewiglich. Denn biewal wir im ewigen Leben 
BD unfern lieben Vater, - und fein gnädiges Herz 
verden ftetd für unfern Augen haben, . wie follten - 
vir Boch traurig feyn Tonnen? Es erfreuet ſich je 





544 Dom. Ereus 


ein Hofdiener uͤber dem gnaͤdigen und fröhlichen An; 
gefidht feines Fuͤrſten, ſaget Salomon: .Wie follte 
fich denn einer nicht erfreuen über -dem gnädigen und 
fröhlichen Angefi ht GOttes ſeines himmliſchen Va⸗ 
ters 

Alsdenn werden wir ſatt ſeyn, und keinen Man⸗ 
gel haben an irgend einem But. Was wir wunſchen 
werben, das werden wir haben, wie im 18 Pſalm 
gefchrieben ftebet: Ich will fhauen dein. Antlis in 
Gerechtigkeit, fürs erſte: Zum andern, will id) ſatt 
werden, wenn ich erwache nad) Deinem Bilde. Und 
wir werden an dem Tage nicht mehr fterben, Der Tod 
wird nicht mehr über uns herrſchen. 

Sn dieſes Leben laſſet und hindurch fehen aus 
biefem Leben, wie einer durch Dornheden fiehet in 


“einen fhönen Rojengarten, und laffet und durch fob 


Grad d 
ewigen 
Lebens. 


welch ein ſtattlich Privilegium iſt mir dies, ſichet un) 


hen Blick alles, was für uns lieget, und unſer Her 


| befümmert, in Kraft des beiligen Geiſteo überwinden, 


7. Giebt auch GOtt in dieſen muͤhſeligen Leben feinen 
Glaubigen einen Vorſchmack des ewigen: freunden 
reichen Kebend ? 


Freilich überſchuͤttet unſer lieber GOtt mit der Wonne 
des ewigen Lebens auch in dieſem Leben die Herzen 
ſeiner Glaubigen, wie er ſpricht, Joh. 10. IH gede 
meinen Smaflein das ewige Leben. 


8. Wie gehet das zur 


Der orte 2Benn ich ſeines hohen Verdienſtes Erkenntniß bo 


be, und weiß aufs gewifjefte, Daß ich Durch fein But 
für dem allmädıtigen GOtt ewig gerecht, und Tas 
in ewigen Gnaden bei ihm fen, wie denn ja ein X 
der Chriſt aufs veftefte glauben foll, fo bin ich » 
meinem Blut ficher für des. Teufeld Tyrannti, # 
fıberwinde durch das Blut des Lammes. O .: 


be 


— | GE 


- 


| der wahren Chriften. 845 
befriediget feyn. für dem Teufel und feiner Macht, 


Das ift, für feinem hoͤlliſchen Radyen, und hoͤlliſchen 
Heuer „in weldyes er leichtlich unerfahrne und ſchlaͤfe⸗ 
rige Herzen fann hinein ftärzen. nn 
Wie es Gregorius Spalatin ergangen, fo würde 
es uns allen ergeben, wo wir nicht Dad Licht unferer 
ewigen Gerechtigkeit für Augen Hatten. Welche Bes 
zechtigfeit man ihm nur allein follte. fürbälten, fo 
wäre er feiner ‚Anfechtung bald los, worden. Nun 
aber wohnen wir durch Ehrifti Blut in fihern Woh⸗ 


nungen und in flolgem Frieden, wie der Prophet 


Efaiad faget, und willen von des Teufels Rädern, 
und der Höllen Angit wenig zu fagen. Das ift ner 
erfte Grad des ewigen Lebens, und eine große Ges 
figfeit, dafür wir vem HErrn JEſu nicht genugfam 
Kanten Fönnen. Ä 


| 9 Wie geſchiehet ſolches mehr ẽ 


verſtaͤndigen Chriſten fein troͤſtlich und freudenreich 


davon reden, oder ſinget ein ſchoͤnes Liedlein davon, 


da empfaͤnget mein Herz den heiligen Geiſt und wird 
ſchwanger von ihm, und gebieret eitel Freude. Es 


wird denn. mein Herz fo voll Freuden, daß id) fie 


nicht länger aufhalten kann, fondern fie ald einen 
gewaltigen Strom berauslaufen, und alles übergeben 


laffen muß. Denn wie Luther faget: Das Evangelium - 


ift der Art, daß es den heiligen: Geiſt und feine 
Freude mit ſich bringet, im Lefen, Hören und Sins 
gen, gleichwie die Sonne natürlich die Hiße mit ſich 
pringet, Das iſt der andere Grad des ewigen Le 
n6, 
Endlich nimmt uns der HErr JEſus aus dieſem 


X 


# 


⸗ 


— \ era m _ - 


Der dritte 
em Grad des 
Leben gar hinweg, und verſetzet uns in Paradies, ende, | 


u. _ j 


BD — 
® 


546 Dom Ereus der wahren Cheiften. 


und fihenfet und vol ein, und machet und trunfen 
von Wonne und Freude des cwigen Lebend. Denn 
eö that ihm wehe, dem-frommen Herzen, daß wir 
feine Bruͤder und fein ererbted Gut, an unferer Freude 
und Geligfeit durch Sünde, eigne Gedanken, welts 
‚verkehrte Klugheit, Teufelsliſt und Xyrannei, Ars 
“muth, Krankheit, Untreue und Berfolgung in Diefem 
Leben follen verhindert werden. 
Darum nimmt er und gar zu ſich, und madhet 
dort ein Vollkommenes daraus, und foll niemand 
anders gedenken, wenn einer jtirbet, jung oder alt, 
denn daß es eine fonderliche Liebe und Wohlthat 
Chriſti fey; welcher feinen lieben Bruder oder feine’ 
liebe Schweſter nicht will und kann in fo großer und 
vielfältiger Unruhe ſtecken laſſen. 

Wie freundlich aber ver Herr JEſus die gebenes 
beieten Seelen empfaͤnget, wie er fie herzet, tröftet 
und erfreuet, wenn fie durch die enge Schweißpforte 
des Todes zu ihm in das Paradies kommen, davon 
Tann niemand mehr reden, als ihm geoffenbaret if. 

GOtt gebe, Daß wir ed mit Freuden an uns 
felbft erfahren. “ 


$ 


‚: Bum Befhluß 

folgen nad 
wei trarftä Atteim 
. in welchen 


der Berfaffer ſelbſt den Kern dieſer S Schatfammer 
in Stage und Antwort verfeßet und eins 


geſchloſſen hat. u 


Wer Luſt bat, kann baneben fein Geſprach mit zweien geiſtlichen 
Jungfrauen, wie auch ſein Traktaͤtlein, zwanzig Tauſendſchon⸗ 
lein genannt, leſen, in welchen gleichfaus ber Kern dieſer 
Schatzkammer yon Verfaffer ſelbſt kürzlich verfaffet if, 


Das erſte Tractaͤtlein. 
1.. Mein liches Kind, was bit du? 
Jo bin ein Ebriſt. 
2. Warum biſt du ein Erin? 


Denn ich glaube an JEſum Chriftum, Marien 


- Sohn, daß er mein lieber GOtt und Heiland fey,. 
‚und bin auf folchen Glauben getaufet, und babe Ge⸗ 
meinſchaft mit Chriſto. 


3. Bas für Gemeinſchaft haſt du mit Ehrifto 2 


ch bin in ihm, und er in mir, und befige ihn mit 
alien feinen bimmlifchen Gütern, wie er felber des 
fennet und ſpricht Joh. 14. Ich bin in meinem Bas 


ter, und ihr in mir, und ic in euch. Weldes fo 


ein groß Geheimniß und Würde iſt, daß es feines 

Menfhen Zunge ausreden Tann. Deögleihen St. 

Sohannes, 1 Joh. 5. Wir fm in dem zerhrhaftigen 
35 


’ 


| 


3 : Das erfie Tractätlein. 


JEſu Chriſto. Diefer ift der währhaftige GOtt au 
Das ewige Leben. Denn fo tft ed: Wer an ISſum 
Chriſtum glaubet und getaufet iſt, der iſt fein theil⸗ 
haftig, der hat ihn angezogen, der iſt in ihm und 
- befiget ihn mit alle.dem, was er ift und hat, wel 
ches die hoͤchſte Oemeinſchaft aller lieben Heiligen iſt. 


4. Was find nun das für Güter Ehriſti? 


Er ſtlich habe ich in ihm und von ſeiner Fuͤlle die 
Herrlichkeit, die ihm GOtt gegeben hat, wie er ſpricht 
Joh. 17. Vater! die Herrlichkeit, die du mir gege⸗ 
ben haſt, habe ich meinen Glaubigen gegeben, auf 
va fie für dir ſeyn herrliche Creaturen, und in ver 
Liebe eins, gleichwie id) und du eins find, das ıfl, 
ich. habe Die heilige Gerechtigkeit JEſu Ehrifti. Denn 
gleihwie er, gezieret iſt mit heiliger göttlicher Gerech⸗ 
tigfeit vom Vater: Alfo ich auch fein liebes Pflänzs 
lein und feine liebe Braut, von ihm. Ich gebe im 
feinem Schmud, und habe das aus Gnaden, was 
. er bat von Natur. Ich babe nicht allein Bergebung 
. meiner Sünden dur fein Blut, fondern aud die 
Gerechtigkeit GOttes durch feine Auferfichung. I 
- bin nun ein neues Gewaͤchs; und wie er ift, nad 
ſeiner fröhlichen Auferftehung, alfo bin ich auch. Denn 
"sch bin in ihm und er in mir, feine dußerfte Schoͤn⸗ 
heit ift nun mein. Dies bezeuget Paulus Phil 3. 
Mein hoͤchſter Schatz und Freude it, daß ih im 
. Ehrifto mag erfunden werden, und An ibm babe 
nicht möine Geredtigfeit, aus dem Geſetz, fondern 
"Die, ip aus GOtt ift, nemlich, des DBarerg und des 
Sohns. Deögleihen 2 Cor. 5. Ehriftus iR für uns 
„zur Sünde gemadet, auf dag wir wirden in ibm 
‚die Gerechtigkeit GOttes. Welche Gerechtigkeit GO 
sein und die hoͤchſte Herrlichkeit und Zierde if, 
"um welher willen und alle Teufel neiden. 
\ 


N 


Das erfte Tractätlein. 549 


4 3 5. Du haft aber gleichwohl noch Suͤnde? 


Ar ob ich gleich noch Sünde fühle, dennoch, ‚weil 
ich in Ehrifto, dem Allerheiligften bin, und er wie 
Derum in mir, fo werden mir Feine mehr zugerechnet, 
um feines Bluts willen, fondern feine, Heiligkeit und 
Gerechtigkeit wird mir zugerechnet. Sch bin nun in 


\ 


dem herrlichften Anfeben bei GOtt, in welchem — — 
lieber Sohn .felber iſt, und bin priviſegirt, daß mir 
binfort feine Sünde mehr ſchaden, mich auch feine 


Ereatur um deflelben willen mehr beſchaͤdigen, noch 
yerdammen muß. | | 
- a nit allein zugerechnet, fondern die Gerechtig⸗ 
Seit Eprifti, welhe GOttes ift, wird mir allerdings 
eingegofjen und mitgetheilet, wie ein heiliger Fluß, oder 
wie ein heiliger Glanz aus vem Himmel: Weil ich Ehriftt 
Leib bin, und er wahrhaftig in mir if. Denn habe ich 
den ganzen Chriſtum in mir, wie follte ich auch in mir 
feine Gerechtigkeit nicht haben? Habe ich die ganze 
Sonne, fo habe ich auch ihren Glanz, wie der Apos 
fiel St. Paulus gar meiſterlich fchlieffet,. Roͤm. 8. 


% 

3 

r 
Pi 
Dr 
8, . 


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da er alfa fchreibet: Hat und GOtt feinen Sohn - 


gefhentet, wie follte er und nicht alles mit ihm ges 


fchenfet haben, Chriftus hat mich mit feiner Gerech⸗ 
“tigkeit erfüllet und durchleuchtet, Und ob fle wohl 


in mir noch verborgen iſt, fo wird fie dennoch am 
Tage der Offenbarung Eprifti berfürleuchten, in: der 
hoͤchſten Kraft der Liebe und des Gehorſams GOt⸗ 
ted, und mit ihrem Glanz den Himmel erfüllen, 
Heiſſe demnach ſchon ein Geheiligter Chrifli, denn 
Ehriftus Hat mich mit feiner Gerechtigkeit gehelliget: 
"Sa, die Heiligkeit GOttes, denn ich bin gesieret mit 
der Gerechtigkeit GOttes in 'Chrifto JEſu. Diefen 
hoben und herrlichen Titel trage ich itzt m meiner 


Krone, wie der HErr fpriht, Off. 3. Daß er"alle , 


— — — — — —— — 


feine Glaubigen wolle zu ſchoͤnen Pfeilern machen, 


| und auf fie führeiben den heiligen Namen GOites. 
rl Eap.’id, Ich ſahe fieben Hundert uns vier 


‘ 





Pi 


540 Mon Ereug 


erfreuet, daß er feine Freude hicht wohl ausreden 
ann. Ein folder Menſch bat aus dem Erfenntnig 


und Glauben feines Heild göttlihe Freude. Sein 


Herz Iebet und huͤpft in GOtt feinem himmliſchen 
Vater. Gold eine Freude ift der Anfang des ewi⸗ 
gen Lebens: Aber fie wird durch den Zeufel und 
‚Welt in uns weidlich zeritöret. - Denn bied Herrliche 
Reich GOttes kann der Teufel in und nicht leiven. 
Das andere Leben wird angehen am jüngſten 
Tage in ver Auferftehung der Todten. Denn im ders 
felben werden wir einen neuen verflärten Leib gewim 
nen, der Sonne aleih. Und ver HErr Chriftud 
wird nicht allein leibhaftig, fondern auch ſcheinbarlich 
in und wohnen, “und aus uns leuchten, wie ein 
himmliſcher Glanz aus einem eryſtallenen Leuchter. 
Da wird denn ganz und gar feine Sünde nod 
Traurigkeit, noch Furt mehr an uns: ſeyn. Denn 
ber Teufel und vie Welt, vie und in diefem Leben 
meiſterlich geängftet haben, werden für unfern Augen 
im Schwefelpfuhl liegen, und Tichter Lohe brennen, 
Da wird aud fein böfes Weib, noch böfe Kinder, 
noh Krankheit, noch ander Unglüd und Ungemach 
mehr feyn, fondern eitel göttliche und beftändige Freude 
und Lachen. Da wird man ein ewig Triumphfeſt 
halten, Da wird man fingen und fpringen: De 
werden die herrlichen Leiden der Heiligen gewaltiglid 
gerühmet werden. GOtt wird den Glanz feine 
Herrlichkeit und feiner Gnaden über. feine Kinder and 
breiten, und fie Damit durchleuchten. Er wird fie 
kroͤnen und an feinen Tiſch feßen, und mit ihnen 
. freundlih reden, und ihnen bimmlifhen Wein zu 
trinken geben, aus feinem güldenen Trofts Bedyer, 
ja ‚aus feinem gülvdenen Freuden: Beer. Uno fie 
- werden nicht mehr fterben, fondern in folder Freude 


mit den heiligen Engeln ewiglic leben, und foldes 


Leben nicht fatt nöd) müde werden, wie die lichen 
Apoftel folden herrlichen Anblid des ewigen Lebens 
an dem HErrn Chriſto, und feinen lieben Heiligen 


[2 


der wahren Chriften. j 5.4 


auf dem Berge Tabor gefehen haben. Denn St. 
Paulus hat nicht vergeblich. gefprochen, 2 Theſſ. 1. 
GOtt iſt ein rechter Richter, welcher Trüb⸗ 
ſal vergelten wird denen, die euch Trübſal 


anlegen: Euch aber, die ihr Trübſal leidet, 


Ruhe mit und, wenn der HErr Ehriftus 
fommen wird, daß er berrlih erfheine im. 
feinen Heiligen und wunderbar in allen 
Glaubigen. u | 


5. Bent wird dieſe Freude angehen? 


Am jüngſten Tage. Denn alsdenn wird der Sohn 
GSttes, der Fürft. des Lebens, kommen, und wird 


unfere vermoderte Leiber wiederum erneuern, und 


wird ihnen feinen Geift wieder geben, und wird und 
berufen ins ewige Leben: Kommet ber, ihr meine 


Geliebten, ind ewige Leben, und ererbet dad, was 


ench bis hieher ift.gefparer worden. Nun follet ihr 


mir vollfommen feyn, und feinen Mangel haben. 


Nun gebe ich eud) eures Herzens Wunfh, ob. 6. 


und 10, Jh will meine Schaafe auferweden am 
jüngften Tage, und will ihnen geben Das ewige Les 
ben, und ob fie wohl der Zeufel hart verklagen wird, 
fo fol er fie mir doch aus meinen Händen nicht reifs 
fen. Denn was mir gegeben ift, und ich einmal 
recht gefaflet habe, das will ih wohl bewahren, 


3. Hilf, lieber GOtt! das wird ein fröflider Tag ſeyn. 
Freilich wird es ein froͤhlicher Tag ſeyn. Welch ein 


Frohlocken und Jubiliren wird ſich allda erheben. 


| 


Welche ſchoͤne Lilien werden. wir ſeyn, wie werden 


| wir uns kennen und grüßen. Wie werden wir und - 


| 


| 


umfahen und: füffen?. Wie tröftlih wird uns ver 
Sohn GOttes zufprechen und wird und als eine 
| herrliche Ausbeute mit ſich in-fein ewiges Reich führ 


ven? Da werden. wir und weit umfehen und und 


‚582 u - Vom Erg 


der Klarheit GOttes und feines Himmeld vermum 
dern. Da werden wir die Engel GOttes ſehen um 
hören. Es wird einem jeglichen fein gülden Kräny 
lein auf fein Haupt gefeget, und feine Harfe im feine 
Hand gegeben werden, Und wenn wir taufend Syabr 
im Himmel gewefen, wird ed und feyn, als wärer 
wir geftern erit hinein gekommen. | 

Die Lehrer aber in Kirchen und Schulen, welde 


allhier erleuchtet find gewefen, und ihrer Vernunft 
.. nicht gefolget, fondern dad Foangelium lauter gepres 


Diget, und viel zum wahren Erkenntniß Chrifti ge 
bracht, und nicht wenig darüber gelitten haben, Die 
werden leuchten wie die Sonne, und ihr Licht wird 
nicht ausgehen, und wer eö ſehen wird, Der wird 
fi ihrer" freuen, und fie werden über ihrer Zuhörer 


Herrlichkeit und Freude auch wiederum fröhlich feyn 
und GOtt von Herzen danken. 


5. Bad wird wohl im Leben die hoͤchſte Gluͤckſeligkeit um 
Freude ſeyn ? 


Das wir GOtt [hauen werden, wie er ift von An 
geficht zu Angeſicht. Denn ed ift folch ein ſchoͤnet 
und herrliher GOtt, daß fih feines fchönen und 
berrlihen Weſens und Glanzes die heiligen Engd 
nicht fatt ſchauen, noch fi genuafam darüber vrri 


wundern koͤnnen. Je länger fie GOtt anfhauen, je 


berrlicher ihnen der Glanz feiner Majeſtaͤt für’ ibren 
Augen aufgehet, und je groͤßere Luſt und Freude ſie 
zu ihm haben. Denn fo fchreibet Paulus, der hoch⸗ 
erleuchtete Apoftel, 1 Tim.6. GOtt wohnet in 


einem ſolchen Licht, Dazu niemand Fommen 


kann. Das iſt: GOtt iſt an ihm felbft ein lichtes 


x... amd berrlices Wefen, und wohnet dazu in einem job 


hen lichten und berrlihen Himmel, daß Fein fünds 


licher und ſterblicher Menſch da hinein blidien, und 


für folchem Licht und Herrlichkeit bleiben Tann. Die 
liebe Sonne vermag dem Licht und ber Herrlichlen 


Der wahren Chriſten. 845 


BOttes das Waſſer nicht zu reihen, ihr Licht iſt 
nur ein Schatten der Klarheit GOttes. Doch wer⸗ 
pen wir fündliche und fterblihe Menſchen einmal an 
biefen Ort kommen, nemlich, wenn Sünde und Tod 
und ausgezogen. Alsdenn werden wir GOtt fhauen, 
und feine. große Herrlichfeit, und werben: feiner Gnade 
Geruch riechen. ' Denn er ift eitel Gnade, und alles, 
was von ihm. gehet, iſt ein Gerlich ewiger Gnade. 
Unter folder Gnaden⸗Roſe werden wir wohnen, und 
ihres füflen und lebendigmachenden Geruchs genieflen, 
und Davon in Freuden leben, E 


5. Wie wird «8 doch an beinfelben Tage mit uns ugehen, | 
wenn wir GOttes Angefict. fchanen werden? | 


Dies lehret St. Paulus gar tayfer, Phil, 3. JE⸗ 

fus Chriftus wird unfere elende Körper umfchmelzgen, 
und wird neue Leiber Daraus maden, und wird fie 

verflären, daß fie feinem verflärten Leibe. ähnlich ſeyn 
werden. Dein armer, alter, magerer, kranker Leib 
fol wiederum jung und ſchön werden, Daß. du an 
dem Tage ausſehen ſollſt, wie ein heiliger Engel, ja 
wie der HErr Chriſtus ſelbſt. Dein Leib ſoll ſo hell 
und klar werden, daß ein herrlicher Glanz von ihm 
leuchten und ſcheinen ſoll, und je elender du allhier 
geweſen, je herrlicher du dort ſeyn wirſt. Denn da 
wirſt du recht an das Licht kommen, und an der 
Gnade GOttes deine Luft haben. Yu unſerm vers 
Härten Leibe aber wird ein gerechter und froͤhlicher 
Geift wohnen, der feiner Sünde und Traurigkeit 
mehr wird unterworfen feyn. Alles, alles, was an 
uns ift, wird leben, wie David faget, Palm: 16. 
Du thuft mir fund den Weg des Lebens, für dir iſt 
Freude die Fülle, und lieblich Wefen zu deiner Rech⸗ 
sen ewiglih. Denn dieweil wir im ewigen Leben 
GOtt unfern lieben Vater, - und fein gnädiges Herz 
werden ſtets für unfern Augen haben, - wie follten 
wir doch traurig feyn können? Es erfreuet fih je 


44 Vom Era 


ein Hofdiener über-dem gnädigen und fröhlichen Ans 
geſicht ſeines Fuͤrſten, ſaget Salomon: Wie ſollte 
ſich denn einer nicht erfreuen über dem gnaͤdigen und 
fröbligen Angefi icht GOttes ſeines himmliſchen Va⸗ 


ee benn werden wir ſatt ſeyn, und keinen Man⸗ 
gel gaben an irgend einem But. Was wir wünſchen 
werben, Das werden wir haben, ‚wie im 18 Palm 
geſchrieben flehet: Ich will fehauen dein Antlig in 
Gerechtigkeit, fürs erſte: Zum andern, will ich fatt 
werden, wenn ich erwache nach Deinem, Bilde. Und 
wir werden an dem Tage nicht mehr flerben, Der Tod 
wird. nicht mehr über uns berrfchen. 

In diefes Leben laſſet und hindurch fehen aus 
| dieſem Leben, wie einer durch Dornhecken ſiehet in 
einen ſchoͤnen Roſengarten, und laſſet und durch fols 
chen Blick alles, was für uns lieget, und unſer Herz 
Ä belümmert, in Kraft des heiligen Geiſtes überwinden, 


7. Giebt auch GOtt in dieſen mühfeligen Leben feinen 
 Granbigen einer Vorſchmack des ewigen: frendens 
-,. reisen Lebens? 


Freilich uberſchuͤttet unſer lieber GOit mit der Wonne 
bed ewigen Lebens auch in dieſem Leben Die Herzen 
ſeiner Glaubigen, wie er ſpricht, Joh. 10. SH gebe 
meinen Smäflein dat ewige Leben. 


8. Wie gehet das Mr 


Der orte Denn ih feines hoben Verdienſtes Erkenntniß bar 
alden ®be, und weiß aufs gewiflelte, Daß ich durch fein Blu 
; . febens. für dem allmädıtigen. GOtt ewig gerecht, und * 


in ewigen Gnaden bei ihm ſey, wie denn ja ein je: 
‚ver Chriſt aufs veftefte glauben foll, fo bin ih w 
meinem Blut ficher für des. Teufeld Tyrannei, 1d 
.berwinde durch das Blut ded Lammes. O .oer, 
. wel ein ftattlich Privilegium ift mir dies, ſicher und 
| bes 


Der wahren Chriſten. 345 


befriediget ſeyn fur dem Teufel und feiner Macht, 
Das iſt, für feinem hoͤlliſchen Rachen, und hoͤlliſchen 
Heuer „ in welches er leichtlich unerfahrne und ſchlaͤfe⸗ 
rige Herzen kann hinein ſtuͤrzen. | 
Wie es Gregorius Spalatin ergangen, fo wurde . « 
es und allen ergeben, wo wir nicht das Licht unferer | 
ewigen Gerechtigkeit für Augen hätten. Welche Bes 
rechtigfeit mar ihm nur allein follte. fürbälten, fo 
wäre er feiner Anfechtung bald los. worden. Nun | 
aber wohnen wir durch Ehrifti Blut in ſichern Woh⸗ ‚ 
nungen und in ſtolzem Frieden, wie der Prophet . 
Eſaias faget, und willen von des Teufel Raͤdern, 
und der Höllen Angit wenig zu fagen. Das ift ver: 
erite Grad des ewigen Lebens, und eine große Ges 
ligkeit, dafur wir dem HErrn JEſu nicht genugfam 
danken koͤnnen. 


9 Wie geſchiehet ſolches mehr? | 


U ber das giebt uns auch der liebe GOtt zum oͤf⸗ Derans 
ternmale einen Borfhmad ewiger Freuden und ewi⸗der Brad 
ges Leben durch feinen Geiſt zu koſten. Denn wenn gen Les 
td fiße und leſe von feinem Blut, oder höre einen bens. 
verftändigen Ehriften Tein tröftlich und freudenreich 
Davon reden, oder finget ein fchöned Liaplein Davon, 
da empfänget mein Herz den heiligen Geift und wird 
fhwanger von ihm, und gebieret eitel Freude, Es 
- wird denn. mein Herz fo voll Freuden, daß id) fie 
nicht länger aufhalten kann, fondern fie als einen 
gewaltigen Strom berauslaufen, und alles übergeben 
laffen muß. Denn wie Luther faget: Das Evangelium Ä 
ift der Art, daB es Den heiligen: Geiſt und feine | 
Freude mit ſich bringet, im Leſen, Hoͤren und Sin⸗ 
gen, gleichwie die Sonne natürlidy die Hitze mit ſich 
bringet. Das iſt der andere Grad dei. ewigen Les 
bens. Der dritte 
Endlich nimmt und der HErr JEſus aus dieſem Grad des 
Eeben gar hinweg, und verfeßet und ins Paradies, Gehen 
| 35 * 


⸗⸗ 


ii 


— rer 


546 Dom GEreus ber wahren Chriften, 


und fchenfet und voll ein, und madhet und trunfen 
von Wonne und Freude- ded ewigen Lebens. Denn 
eö that ihm wehe, dem -frommen Herzen, daß wir 
feine Brüpder und fein ererbtes Gut, an unferer Freude 
und Geligfeit durch Sünde, eigne Gedanken, welts 
‚verkehrte Klugheit, Zeufelölift und Zyrannei, Urs 
muth, Krankheit, Untreue und Berfolgung in dieſem 
Leben follen verhindert werden. 
Darum nimmt er und gar zu ſich, und machet 
dort ein Vollkommenes daraus, und foll nientanp 
anders gedenken, wenn einer jlirbet, jung oder alt, 
denn daß es eine fonderliche Liebe und Wohlthat 
Ehrifti ſey, welcher feinen lichen Bruder oder feine 
liebe Schweiter nicht will und fann in fo großer und 
vielfältiger Unruhe ſtecken laſſen. 

Wie freundli aber ver Herr JEſus die gebenes 
beieten Seelen empfänget, wie er fie herzet, tröftet 
und erfreuet, wenn fie Durch die enge Schweißpforte 
ded Todes zu ihm in das Paradies kommen, davon 
Tann niemand mehr reden, als ihm geoffenbarer iſt. 

GOtt gebe, Daß wir ed mit Freuden an uns 


ſelbſt erfahren. 


Zr 3um Befhluß 
| folgen nad 


Zwei Drattauttein,“ 


e in welchen 


der Verfaſſer ſelbſt den Kern dieſer Echallammer 
in Frage und Antwort verſetzet und ein⸗ 


geſchloſſen hat. u 


Wer Luft bat, kann daneben fein Sefpräh mit jweien geiftichen 
Jungfrauen, wie auch fein Zraktätlein, zwanzig Zaufenbfhöns 
lein genannt, lefen, in welchen gleichfahd der Kern diefer a 
Schatzkammer vom Verfaffer ſelbſt kürzlich verfaffet if, * 


Das erſte Traetaͤtlein. 
1. Mein liebes Kind, was biſt du? 
Jo bin ein Chriſt. 


2. Warum biſt du ein Chriſt? | 
Dem ich glaube an JEſum Chriftum, Marien 


. Sohn, daß er mein lieber GOtt und Heiland fey;- 
‚und bin auf folhen Glauben getaufer, und babe Ge⸗ 


meinſchaft mit Chriſto. 


3. Was für Geweinſchaft haſt du mit Chriſto? 


ch bin in ihm, und er in mir, und beſitze ihn mit | 
Alen "feinen bimmlifchen Gütern, wie er felber bes | 
fennet und foricht Top. 14, Ih bin in meinem Bas 
ter, und ihr in mir, und ich in euch: Welches fo 
ein groß Geheimniß und Würde iſt, daß es keines 
Menfchen Zunge ausreden kann. Desgleihen St. 
Johannes, 1 Joh. 5. Wir find in dem wahrhaftigen 


* 


| 


HB Das erfle Tractätlein. 


JEſu Chriſto. Dieſer iſt der wahrhaftige SO urf® 
das ewige Leben. Denn fo ift ed: Wer an IEfuem 
Chriſtum glaubet und getaufet iſt, der iſt fein theils 
haftig, der hat ihn angezugen, ver ift in ihm und 
beſitzet ihn mit alle dem, was er iſt und hat, wel⸗ 
ches die hoͤchſte Gemeinſchaft aller lieben Heiligen iſt. 


4. Was ſind nun das für Güter Ehriſti? 


Erſlich habe ich in ihm und von ſeiner Fuͤlle die 
Herrlichkeit, die ihm GOtt gegeben hat, wie er ſpricht 
Joh. 17. Vater! die Herrlichkeit, die du mir gege⸗ 
ben haſt, habe ich meinen Glaubigen gegeben, auf 
Daß fie für dir ſeyn herrliche Ereaturen, und in der 
Liebe eins, gleichwie ich und du eins find, das iſt, 
ich habe die heilige Gerechtigkeit JEſu Chriſti. Denn 
gleichwie er, gegieret iſt mit heiliger goͤttlicher Gerech⸗ 
tigkeit vom Bater: Alfo ich aud) fein liebes Pflänzs 
lein und feine liebe Braut, von ihm. Ich gebe im 
feinem Schmud, und habe das aus Gnaden, was 
er bat von Natur. Ich babe nicht allein Vergebung 
meiner Sünden durch fein Blut, fondern auch bie 
Gerechtigkeit GOttes durch ſeine Auferſtehung. Ich 
bin nun ein neues Gewaͤchs; und wie er iſt, nad 

0 feiner fröhlichen Auferftehung, alfo bin ih auch. Denn 
74h bin in ihm und er in mir, feine aͤußerſte Schön 
heit ift nun mein. Died bezeuget Paulus Phil. 3. 
Mein hoͤchſter Schatz und Freude ift; daß ich im 

Chriſto mag erfunden werden, und An ihm babe 
nigt meine Gerechtigkeit, aus dem Gefeß, ſondern 

Die, fp. aus GOtt ift, nemlich, des Vaters und des 
—2 Desgleichen 2 Cor. 5 Chriſtus it für uns 

‚zur Sünde gemachet, anf daß wir werden in ihm 

. die. Gerechtigkeit GOttes. Welche Gerechtigkeit GOt⸗ 

—xes* in und Die hoͤchſte Herrlichkeit und Zierde iſt, 
"um welder willen und alle zeufel neiden. 

N 


y 


Das erfle Tractätlein. 549 


5. Du haft aber gleichwohl noch Sünder“ 


37 ob ich gleich noch Sünde fühle, dennoch, weil 
ih in Ehrifto, dem Allerheiligiten bin, und er wies 
Derum in mir, fo werden mir Feine mehr zugerechnet, 
um feined Bluts willen, ſondern feine Heiligkeit und 
Gerechtigkeit wird mir zugerechnet. Sch bin nun im ‘ 
dem herrlichſten Anfeben bei GOtt, in welhem feine," x. 
lieber Sohn ‚felber ift, und: bin privifegirt, daß mir" 
Dinfort Feine Sünde mehr fhaden, mich aud Feine 
Kreatur um defielben willen mehr beſchaͤdigen, noch 
yerdammen muß. u | | 
Ja nicht aflein zugerechnet, fondern die Gerechtig⸗ u 
keit Eprifti, welche GOttes iſt, wird mir allerdings 8 
eingegoſſen und mitgetheilet, wie ein heiliger Fluß, ode 5 , 
wie ein heiliger Glanz aus dem Himmel: Weil ich Chriſti > 
Leib bin, und er mahrhaftig in mir ift. Denn babeih 
den ganze Chrifftum in mir, wie follte ich auch in: mir 
feine ®erechtigfeit nicht haben? Habe ich die ganze 
Sonne, fo habe ich aud) ihren Glanz, wie der Apos 
ſtel St. Paulus gar meiſterlich fchlieffet, Roͤm & - 
da er alfo fchreibet:- Hat uns GOtt feinen Sohn - 
gefchenfet, wie follte er und nicht alles mit ihm. ge - 
ſchenket haben. Chriftus bat mic, mit feiner Gerech⸗ 
tigkeit erfüllet und durchleuchtet, Und ob fie wohl | 
in mir noch verborgen iſt, fo wird fie dennoch am „ 
Tage der Offenbarung Eprifti herfürleuchten, in: der | 
hoͤchſten Kraft der Liebe und des Gehorſams GOt⸗ 
ted, und mit ihrem Glanz den Himmel erfüllen, 
Heiffe demnach ſchon ein ©eheiligter Chrifli, denn | 
Ehriftus hat mic mit feiner Gerechtigkeit gehelliget: | 
Ya, die Heiligkeit GOttes, denn ich bin gezieret mit «+ | 
‚ber Gerechtigkeit GOttes in Chrifto yefu. Diefen | 
Hohen und herrlihen Titel trage ih itzt im meiner 
Krone, wie der HErr fpriht, Of. 3. daß er"alle 
ſeine Olaubigen wolle zu fhönen Pfeilern machen, . 
"und auf fie fchreiben den heiligen Namen GOites. 
| aeg Gap. 14. Ih fahe fieben hundert un vier 


- 





e 


ut 5 zu 


550 Das erfte Tractaͤtlein. 


und vierzig taufend, die hatten alle den Namen pet 
_. 


tes gefchrieben an: ihren Stirnen. * 
6. Hilf GOtt: das hoͤre ich gerne. Was haſt du aber 
mehr 


Zum andern habe ih aud) in meinem lieben Haupt 
und Heiland JEſu Chrifto die hochgebenedeiete Kinds 


© Schaft GOttes. Denn gleihwie er Kind ift, alfo bin 


*3) 


ih auch, nad) dem Spruch St. Pauli Bal. 3. Ihr 
feyd alle GOttes Kinder, durch den Glauben an 
Ehrifto: Denn wie viel euer getaufet find, die haben 
Chriftum angezogen. Bin id aber GOttes Kind, fo 
bin ich auch GOttes Erbe, nemlih, ein Erbe feiner 
gnadenreichen Liebe, wie die Wahrheit bezeuget, ob, 
16. Ich fage nicht, Daß ich den Vater für eudy bits 
ten will: Denn er felbit der Vater hat euch lich, 
darum, Daß ihr an mich glauber und mich licher. 
Mo aber Liebe ift, da hoͤret auf aller Zorn, alle 
Slüche und alle Strafen. 

Und ob ich gleich noch täglich viel fündige, wel 
es mir zwar herzlich Teid ft, auch dazu vielem Jam⸗ 
mer ‚unterworfen bin: Dennoch fo kann mich nichts 


ſcheiden von der Liebe GOttes: denn fie iſt gegrüns 


det in dem Alferliebften, in weldyem id; auch gegrün: 
det bin. Und GOtt hat gefchworen, daß er wider 
mid) nicht zürnen, noch mic, fchelten wolle. Denk 
St. Johannes fchreibet an vie auserwaͤhlte Frau: 
Die Gnade GOttes ift und bleibet bei und in Ewig—⸗ 
Teit, in der Wahrheit und in der Liebe, 


7. Dies iſt ein großer Glaube 7 


Ta, ich wollte aber, daß er noch größer wäre. Denn 
ift mir GOtt durch Ehriftum verföhnet, da ich auch 
fein Feind war: Wie vielmehr wird er mir nun gnaͤ⸗ 
dig fen, weil ich ihm verföhnet, und fein Kin» 
worden bin? Die Liebe GOttes gegen’ mir iſt nidt 
zu. ermeflen, und man kann fid itzt in dieſer ange 


Das erſte Tractaͤtlein. "554 | 
4 ven zu dem frommen GOtt nicht. zu viel . 


nerſchen. Der ganze Himmel ift voller Liebe; 
olten Arjefen von Gegen. Wer GOtt recht 





ie 





u 
preifen will, -ver preife ihn mit vollem ſtarkem Olaus 
ben feiner überfchwenglichen Liebe. | 


5. Was biſt du mehr liebes Kind?’ 12 


u Fars dritte Bin ich auch ein lebendiger Tempel DE «u 
beiligen Geiſtes, welcher 'nimmer fol zerftöree wer % 
den. Serufalem ift zwar zerflöret, darum, daß m MP 
‚in Ehrifto nicht felig feyn, noch zu feiner fanften Ruhe EN 
eingehen wollte, fondern immer neue Ausflüchte und. & 
Wege zur Seligkeit ſuchte: Aber ich fol bleiben in N ©. 
Ewigkeit. Denn gleich) wie mein Haupt Chriſtus em (. oa 
lebendiger und ewiger Tempel GOttes iſt, gezieret 52 f 
mit lauterm Golde, nemlih, mit der Herrlichkeit 3 5 
des heiligen Geiſtes: alfo ich auch, weil ich fein lies 
bes Glied und Mitgenog bin, Died bezeuget St. 
Metrus in feiner andern Epiftel Cap. 4. Mit diefen 

. fürtrefflihen Worten: Laffet euch die Hibe, fo euch 
begegnet, nicht befremden, fondern freuet euh, Da 

ihr mit Chrifto leidet, auf daß ihr auch zur Zeit der 
Dffenbarung feiner Herrlichkeit Sreude und Wonne 

haben möget, Selig feyd ihr, wenn thr geſchmaͤhet 

werbet über dem Samen Chriſti. Denn ver Geiſt, 

ber ein Geiſt der Herrlicfeit GOttes üt, ruhet auf 

euch. Das inag wohl beilfen, das Reich GOttes iſt 


nahe bei, I, ‘ss iſt miften in und. Desgl. St. 


} 


4 


Paulus 1 Kor. 3. Wiſſet ihr nicht, daß ihr GOt⸗ 
tes Te ſeyd, und der Geiſt Gottes in euch woh⸗ 
net? Wie er ſich denn in uns, durch ſeine kraͤftige 
Wirkung und mancherlel Gaben taͤglich genugſam 
erzeiget. 8 J. 


9. Was thut der heilige Geiſt bei bir? - . 


Er iſt mir das hoͤchſte Pfand meiner Erwaͤhlung 
‚ und meiner Erbſchaft, nemlich, meiner unverwelkten 





2,7. 


H 
? 


552 , Das erfle Tractaͤtlein. 


. F 
und ewigen Seligkeit, welche id; allbereits in ¶o 
JEſu habe: Und er bauet in mir dasReich t⸗ 
tes, das iſt, er führet mic in die evangeliſche bes 
heit, aus einem Licht ind andere. Er zeiget mir 
meine Schäge: Er erhält" und ftärfet meinen Glaus 
ben; wider die Gewals der Teufel, und fehret mich 
meine Güter mit voller Macht befiten. Er befriedis 

jet und erfreuet mein Gewiſſen: Er leitet mich mit 

inen Augen auf feinem heiligen Wege: Er lehret 
mich getroft beten: Er lehret mid Gedult haben 
and hoffen: Er tröftet meine Secle und erretter fie 
aus aller Roth. Denn alle das Gute, meldes im 
mir iſt, inwendig und auswendig, das wirket in mir 
mein HErr Chriltus durch feinen heiligen Geift, auf 
daß meine Werke rechtſchaffen, göttlich und Gott wohls 
gefällig fern. Wie er felber fpricht Joh. 15. Ich 
bin der Weinſtock, ihr ſeyd Die Reben, wer in mir 
bleibet, und id in ihm, der bringet viel Früchte, 
‚Denn ohne mich koͤnnet ihr nichts thun. Desgleichen 
Hof. 14. Ich will dich erhören, und. will dich führ 
ren, und will dir ſeyn wie eine grüne Tanne. An 
mir foll man deine grüne Früchte finden. Das iſt: 
Ich will dein hülfreiher GOtt feyn, und alles in dir 
ſchaffen und wirfen. 


10. Haft 


Ja noch eins, nemlich 

ich den Sohn GOttes 

ihm, ſo habe ich auch 

maleins muß einſchlafen 

beit ruben. Ich bin m 

rechtigkeit, und mit di 

wie ein Sauerteig. U _ 

ob ich glei muß fterben. Der Saame des Lebens 
ift und bleibet in mir. Ja, id) ſitze ſchon mit meeis 
nem lieben Haupt Chrifto,. in welchem ich bin, und 
welcher in mir if, im Himmel, zur Redten ver 
Herrligkeit und Kraft @Ottes, und habe alles umter 


Das erſte Tractaͤtlein. 553 
Füffen. Denn Ehriftus hat mir feine Herr 


PL k To wohl, als fein Leben und Unſterblichkeit mit? 
getheilet. Dies redet er ſelbſt, Joh. 6. Wahrlich, 


wahrlich, ich fage euch, wer an mich glaubet, ver 
bat das ewige Leben. Ich bin das lebendige Brod 


vom Himmel: Mer von diefem Brod eſſen wird, der 


wird leben in Ewigkeit. Desgl. Joh, 5, Das iſt 
daB Zeugniß, daß und GOtt das ewige Leben hat 
gegeben, und ſolches Leben iſt in feinem Sohn. Wer 


den Sohn GOttes nicht hat, ver hat das Leben. 


niht. Solches babe ich euch gefchrieben, daß ihr 
glaubet an den Namen des Sohns GOttes, auf daß 
Ye — 2* daß ihr dag ewige a habet. 






7 So ee. du ſchon felig, hoͤre ich —— weil du in 
Chriſto allbereits ſolche himmliſche Guͤter ba? 


7 freilich ich bin ſchon ſelig. Denn weit ih an 
Ehriftum glaube und auf feinen Namen gaetaufet bin,. 


und ihn angezogen babe, mit feiner Gerechtigkeit, 
Kindihaft und Leben, fo muß ich ja traun felig feyn. 
Beil Seligfeit nichtd anders ift, denn Chriftum inne 
haben und befigen mit allen feinen Gütern. Es wäre 
Denn Sache, Daß mein Glaube und meine Taufe 


ich” wären. Nun aber ift mein Glaube und Taufe 


nicht falfch, fondern recht: Derowegen ſo bin ich ge⸗ 
wißlich ſelig. 

Hoͤre, was ich dir ſagen will: Bin ich noch nicht 
ſelig, ſondern erwarte erſt meiner Seligkeit mit fo 
vielen hundert taufenden in meinem legten Stündfein, 
wos iſt denn Epriftus ? Was iſt mein hriftlicher 
Glaube? Was it meine Taufe und Wiedergeburt ? 
Mas ift das Evangelium? Warum hat mein GDit 
das Pfand meines Heils ſeinen heiligen Geiſt gege⸗ 
ben? Warnm giebt er mir feinen Leib zu effen- und 


——— 1 W 


.— 


trete Die Teufel mit Säffen? Barum nenne ich So 


\ 


EEE. Ge Wu — in 


fein Blut zu trinfen? Warum danke ih ihm? Wars | 
um bin id fröhlih? Warum überwinde ich, und 


\ 


54. Das erfle Tractatlein. 


meinen Vater? Warum werde ih erhöret? Warum 


trage ich das Bild Chrifti? Diefe Stücke find mir 
ja alle miteinander gewiffe Zeichen und Pfand ver 
gegenwärtigen Seligkeit. Ä | 


42. Beweife dies. 


Paulus ſpricht Epheſer 2. GOtt, der da reich iſt 
von Barmherzigkeit, durch ſeine große Liebe, damit 
er uns geliebet hat, da wir todt waren in Suͤnden, 
hat er uns ſamt Chriſto lebendig gemachet. Denn 
aus Gnaden ſeyd ihr ſelig worden. Und bat uns 
famt ihm auferwedet, und famt ihm in das himm⸗ 
liſche Weſen geſetzehai 
mals: Aus Gnaden ſoyb 





c feũg wörden Durd ben 


‚Glauben, und daffelbe nicht aus euh, GOttes Go. 


ift ed, nicht aus den Werfen, auf daß ſich nicht je 
mand rühme Desgk 2 Timoth. 1. Schäme did 


nicht des Zeugniffes unferd HErrn JEſu Chrifti, few 


dern halte feſt am Fürbild der heilfamen Worte, ve 
Du von mir. gehöret haft. Dies ift aber das Zeugs 


niß und Fürbild: GOtt bat uns felig gemacher und 
. berufen mit einem beiligen Ruf, nicht nach unfern 


Merken, fondern nach feinem Fürfag und Gnade, 
Die uns gegeben ift in Chriſto JEſu, vor der Jet 
der Welt, ist aber offenbaret durch die Predigt des 
Evangelii. Um welcher Sache willen ich alles leide, 
aber ich ſchaͤme mid) es nicht, Du aber, Timothee, 
bewahre diefe gute Beilage, durch den beiligen Geiſt, 
der in und wohnet. Und noch einmal, Kit. 3. GOtt 
bat ung felig geniachet, nicht um der Werke willen 


ber Gerechtigkeit, Die wir getdan batten, ſondern nad 


feiner Barmberzigkeit, dur dad Bad der Wieder⸗ 
geburt und Erneuerung des heiligen Geiſtes. Wels 
den er auögegofien hat über uns reihlih, vurd 


JEſum Chriſtum, unſern. Heiland. 


Zn —— E32 GE | 2 ” — nn En EEE GE — 9 57 575 7555 V——, — — — — 7—* 


Das erſte Tractaͤtlein. 558 


- 13. & mangelt uns nun nichts mehr? 
| Nichts mehr, als das die unausſprechliche herrliche 
Seligkeit, welche wir itzt in dieſer Welt haben, in 
uns helle leuchtend und offenbar werde, und die be⸗ 
fleckte Sterblichkeit in die reine Unſterblichkeit verwan⸗ 


delt werde. Welches geſchehen wird am juͤngſten Tage. 
An welchem Tage der HErr Chriſtus nicht allein in 


den Wolken, und auf dem Regenbogen, ſondern auch 
in ſeinen Glaubigen und Heiligen wunderſam leuch⸗ 


alles, was wir ſeyn ſollen, nemlich gerecht, GOttes 
liebe Kinder und. Erben, wie wit dort ih jenem Les 
"hen feyn werden: Aber ud und ſcheinet noch 
nicht, Der Schatz ift no verborgen, wiewohl dem 


Glauben befannt. Wir wiffen aber, daß,’ wenn ver’ 


Herr Chriftus erſcheinen wird in feiner’ hohen Mas 
..jeität und Herrlichleit er aud in und, mit alle dent, 


woas er und ißt gegeben hat, erfcheinen werde, und. 


daß wir ihm gleich feyn werden. An dem Tage wei⸗ 
Eryſtallen ſeyn. An dem Zage werben wir fiheins 


wird unfere Seligkeit eine offenbarlide Seligfeit feyn. 
. Da wird unfere chriftlihe Gerechtigkeit, Kindſchaft 
und Leben berfür leuchten, und den Himmel erfüls 
| Ien. Unfere: Herzen werden fih darob erfreuen, uns 
; fere Feinde aber, welche der gegenwärtigen Seligkeit 
i nicht geachtet, fondern fie verläftert haben, werden 
| in Betrübniß ihres Herzend mit großem Schaden: bes 
’ ftehen. Denn diefem ift dad Heil nicht gegeben, ver 


— — — — — — * 


es nicht annimmt, wenn ed ihm angeboten wird, far 


get der liebe Hilarius über den 52 Pfalm. Und 
weil wir alfo die Offenbarung der Seligfeit und des 
Lebens noch zu gewarten haben: Derohalben ſpricht 


St. Paulus anderswo, daß wir ſelig ſeyn nach der 


Hoffnung und Erben des ewigen Lebens nach Hoff⸗ 
nung. Sonſten iſt alles ſchon bereit und gegenwaͤrtig. 
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‚ten und fcheinen wird. < Denn wir find nun wohh 


den wir ein glühended Erz, helle Ehpphiren und 
barlicher Weife ee feyn. Un vem Tage 


10 Das erfle Tractaͤtlein. 


14. Barum find wir felig worden ? F 


Ar daß wir daraus einen beftändigen Muth faſſen 
wider Sünde, Zorn, Tod und alles Unglüd in dä 
fer ‘gefährlichen betrübten Zeit, und in Häufern di 
Friedens wohnen mögen unfer Lebenlang. Sa, ba 
wir nun hingehen, triumphiren und jaudızen mi 
Ruhm, und ein ewiged Freudenfeſt und Gaſtgebot 
halten, Deögleihen, daß wir unferm lieben Heilant 
für das gegebene Heil ein neues Lied und Hallelui 
fingen. Denn fein Cyrus, Fein Alerander, Fein Pow 
yejus, Fein Zulius, kein Zitus Befpaftanus hat I 
viel Gutes gewonnen, ald wir in unſerm lieben HEm 
JEſu Chriſto. , Alle Güter, diefer Welt find ein RAN 
gegen unſere herrlichen um Tiebliche - Schäge ' DM 
naͤchſt, Daß wir und auch ſaͤmtlich in der neuen Dri 
nerfchaft herzlich lieben, Sünden wider das Gewilkn 
meiden, und GOtt freiwillig gehorfam feyn in alt 
Gedult, wie St. Paulus Eph. 2. fpricht: Wir in 
in Shrifto JEſu gefhaffen zu guten Werfen, welch 
GOtt ſchon in uns bereitet hat, durch ſeinen heiligen 
Geiſt, daß wir darinnen wandeln ſollen. Und 
tum. 3. Solches will ich, Daß du feſt lehreſt, new 
lich, daß uns GOtt in der Taufe ſelig gem 
habe, auf daß Die, fo nun glaubig und ſelig worden 
find, in einem Stande guter Werke erfunden werd® 
‚Denn es iſt unmöglih, daß ein ſtarker fröhlihr 
Muth, vesgleihen. Danffagung und ein freiwiliget 
neuer Gehorſam follte koͤnnen folgen, mo nicht de 
Seligkeit früher gehet, und der Geift Chriſti vor 
den ıft. Diefer Grund muß da feyn, ehe gute Werte 
in und koͤnnen aufgerichtet und erbauet werden. * 
aber ein folder Schatz ift, da gebühret fich ein pol | 
der Dank. | | 


— — —— —- 


Das andere Tractäglein. 
Mein liches Kind, was bift bu? Antwort, 


Jqq bin, ein ſeliger Chriſt: denn ich glaube an meis 
nen ‚lieben HErrn und Heiland JEſum Chriftum, 
nemlih, daß er für mich armen Suͤnder geftorben 
und vom Tode auferftanden fey, und ich bin detaus 
fet, und bin von deswegen bed HErrn Chriſti und 
ſeiner Güter theilhaftig. © 


/ 


2. Beweiſe das 


St. Paulus ſpricht Galat. 3.: Wie viel euer ge⸗ 
taufet find, die haben Chriftum angezogen. Und 
Ebr. 3. Wir find ChHrifti theilhaftig worden, fo wir 
anders den Glauben bis ans Ende feit behalten, 


3. Was für. Güter haſt du denn von Epriflo? 


Die ganze Seligkeit, nemlich, die Vergebung al⸗ 
ler meiner Sunden, die neue Gerechtigkeit, die Kind⸗ 
Schaft GOttes, den heiligen Geiſt, das ewige Leben. 
Denn alles, was den ® aubigen im alten Teftament 
durch die Propheten verheiſſen iſt, das wird ihnen 
im Neuen. Teſtament in‘ der Taufe gegeben, das 
ganze Reich JEſu Chriſti koͤmmt zu den Glaubigen 
in der Taufe. 


4. Beweife das? 


2 Petr. 1. Durch Chriſtum find ſuns bie aller» 
größeften und theureſten Werheiffungen geſchenket. 


a 





658 Das andere Trartätlein, 


zit. 3. GOtt hat uns felig gemachet durch dat 
Bad der Wiedergeburt, 


Sol. 1. SOtt hat und verſehet in das Reich 
ſeines lieben Sohns, in welchem wir haben die En 
Iöfung durch fein Blut, nemlich die Vergebung der 
Suͤnden. 


Roͤm. 10. Chriſtus iſt des Geſches Ende, wer 
an den glaubet der iſt gerecht. 


Gal. 3. und Rom. 6 Wir ſind alle GOttes 
Kinder durch den Glauben. Sind wir aber Kinder, 
fo find wir auch Erben, gemlich GOttes Erben und 
Miterben Chrifti, jedoch, daß wir mit leiden, auf 
daß wir auch mit zur Herrlichkeit erhaben werden. 


Gal. 4 Weil wir denn Kinder find, fo hat 
GOtt gefandt ven Geift feine® Sohns in unfere dm 
zen, ber. fehreiet: Abba, lieber Vater! Das if, a 
giebt unferm Geift Zeugniß, Bf wir GOttes Kim 
der ſeyn. 


Tit. 3, Wir find nicht allein gereht und GO 
- ted Kinder in diefem Leben, über weiche der heilige 
Geiſt reichlich ausgegoſſen iſt, ſondern wir ſind auch 
Erben des ewigen Lebens, nach der Hoffnung, das 
iſt gewißlich wahr. 


5. Die bebienft du dich ſolcher Seligkeit? 


$, nehme fie an durch wahren Slauben, und ven 
laſſe mich kuͤhnlich darauf, und troͤſte mich derſelben 
in meinen Anfechtungen and Noͤthen, wider meine 
Sünden,-wider den Zorn GOttes, wider alles Auf 
ferliche Leiden, und wider den ewigen Tod, ja i 
erfreue mich ſolcher herrlichen Guͤter, als ins ger 


— 0. — — — 


— 


EEE 2 — — M — — — nn m — — Pa — — 


Das andere Tractaͤtlein. 569 


waltigen Koͤnigreichs, und. danke meinem lieben GOtt 

von Herzen dafür, und hüte mid für Sünden in 

der Liebe und Furcht GOttes. Ich thue, was mir 
in meinem Amt befohlen ift, und diene meinem Naͤch⸗ 

ſten. Irre idy aber etwa worinnen, fo ift mir es 

bald von Herzen leid, und bitte GOtt um Gnade, 

und trage mein Creuz in’ Gedult, und breite mich 
zur fröhlichen -Zufunft meines Erloͤſers JEſu Chriſti. 





— — 


560 Inhaltsanzeige. | 


Das. erfie Regiſter 


\ 


ber vornehmiten Hauptartikel des chriſtlichen St 
bens, welche in dieſer Schaglammer abgehans 


- delt werden. 


| 


Bon Chriſti Menſchwerdung. Buch 2. Car. 
Von Chriſti Leiden and Sterben. Buch 2. Ear. 2 
Bon Chriſti Auferſtehung. Buch 2. Eap. 4 
Von der heiligen Taufe. Buch 3. Cap. 1. 
Bon dem heiligen Evangelio. Boch 3. Ep 
Bon dem Glauben. Bub 5. Cap. 4. 
Bon dem heiligen Geiſt. Buch k. Cap. J. 
Von dem heiligen Abendmahl. VBuſch 4. Car. 
Von der Vereinigung einer glaubigen Seele 

mit Chriſto. Buch 5. C. 1.2 


. Ron der wahren Gottſeligkeit. 


Bub 6. C. 9. uud Beh 7. Cap. 1. 


Bon der Buſſe. 
Don dem Crane, - 
Bon dem ewigen Leben. 


VBuch 7. 3. 3. Theil 1. 
Bub 7. heil 2. 
Buch 7. Theil s. 


Snfaltsanpeige. 


561 





Das andere Reegiſter 


des Inhalts aller Buͤcher und Capitel dieſer Schatz⸗ 


kammer. 
Das J. Buch. 
Vom Schatz der Seligkeit der Glaubigen. 
Das 1. Capitel. 
Kon gnäbiger Vergebung aller Sünden. ®, 13 


Das 2. Kapitel, 

Don vonlommener und ewiger Gerechtigkeit, 
. Das 3. Eapitel, 

Bon GHttes Guade. . 
Das 4. Capitel. 
Bon der aindſchaft GOltes. 

Das 5. Capitel. 
Von Sqenkuns bes geiligen Geiftes, 

Das 6. Capitek 
Von der Erbſchaft des ewigen Lebens. 

Das 7. Capitel. 


9 


Bon ber geit, barin der Schaß der Seligkeit auögetpeiket wird, 94 


Das 8, Capitel. 
Bon dem feligen Gebrauch diefer tröftreichen Lehre. . 
Das 9. Cupitel. 


Bon Miberfegun etlicher Cinreben ber Sophbiſten und 


wachglaubigen. 


Das II, Buch 
Vom Erwerber des Schatzes der Seligtei, 
Das 1. Capitel. 


Von chriti Menſchwerdung. | 
- Das 2. Capitel. 


Bon Chriſti Leiden and Sterben. 


Das 3. Capitel. 


Mon dem Nupen bes Leidend Eprif, 


Das 4, Eapitel. 
Bon Chriſti feäplicher Auferfiehung von ben Todten, 
3% 


7" 


2110 


uf 


132 





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