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4.
2
Beihkk
Shestenmer
der Gläubigen, u :
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die Lehre vom wahren Glauben; Gerechtigkeit, Selig⸗
keit, Majeſtaͤt, Herrlichkeit, chriſtlichem Leben,
und heilſamen Creuz der Kinder Gottes ꝛc.
J Anfaͤnglich von
J Mm Stephan pratorite—
weilanb Mafter zu Salzwedel, | E
| Städweile, an. den Tag gegeben,
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"und Anno 1622
: . von
W— Herrn Johann Arndt
zuſammengeſuchet and zum Druck verordnet.
.. Runmehre mit beſonderem Fleiß in richtige
| Ordnung gebradt,
&
. . von ” I
“M Bartin Gkatiws,
| “Miebiger in St. Iopannis in Bazıie.
— —
Fünfte nuflage.
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\ Reutlingen, '
| in des I. J. Mäden’fben Buabantiang
. 1 8 2 7. .
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Ehrendsnch, Ehrbaren und Wohlweiſen
Herrn:
Andrea Statio,.
EMERITO, Bürgermeiftern
in Neugarten,
meinem freundlichen lieben Vater,
wanſqche id,
Marti 2.6 tatim 8
fein Sohn,
ewige Vergebung aller Sünden, ewige Gerechtigkeit, ewige Gnade
‚Gottes, und ewiges Leben durch Jeſum Chriſtum, Amen!
Th danke meinem lieben Gott von Grund meines
Hetzens, lieber Dater! sh er mio von der Aßelt
Fe und zu der Lehre Des heiligen Evangelii
berufen, infonderheit, Daß er mir zu Diefem troffreis
den. Erfenntniß geholfen hat, daß ih nun mit offe-
nen Augen fehen Fann, mie wir mit allen, die das
helle Licht des heil. Evangelii haben, und aus dem-
eiben fih und Bott recht erfennen, in einer recht
güldenen, und nad Pauli Urtheil angenehmen Zeit
und Tage des Heils leben, wenn mir fhon nach dem
äußerlichen Leben mit unzähligem Sammer und Elend,
welches: die Welt mit ihrem gottlofen Haufen, Leben
und Undanf ihnen felbft, und (leider!) auch den From⸗
men über den Hals führet, überfchuftet fepn. .
Denn ob mir wohl Angſt, Gedränge und Uns -
frieden in dieſer betrübten. Welt haben, ſo, haben ie
Haben,— e
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4 Zueignungsſchrift.
doch gleichwohl Friede und Freude in Bett, und mwif-
IM dag die Belt famt allen Kegern, Tyrannen und
forten dee Hölen, madht- und Fraftlos gemachet,
von dem fiegreihen GSchlangentreter Sur Chrifto,
welcher der alten Schlange, famt ihren Helfers⸗Hel⸗
fern, den Kopf zerknirſchet hat, und Daß alles Elendy
Creuz und Sammer bald ein Ende nehmen, und uns
[er geben, welches ißo in Chriſto verborgen iſt, in
urzem werde offenbaret werden.
- Wir erfreuen uns auch herzlich in Gott unfers
Heils, daß er Die Pforte des Himmels im Gnaden⸗
Reich des Herrn Chrifti’ angelmeit über uns aufge:
than, und Daß uns nichts von Gottes- Liebe, die Da
ift in Chriſto Jeſu, reiflen oder fheiden könne. Wir
erfreuen uns herzlich über dem reinen Wort Gottes,
in welchem mir Ehriftum, und in Chrifte den Vater,
heiligen Geift, ja alle himmliſche Schäße, Gaben und
Seheimniffe zu Diefem und jenem Leben nöthig, reiche
ih haben. Wir erfreuen uns herzlich, Daß wir Goft
durch Ehriftum in fein liebreihes und Gnadentriefen⸗
- des Herz fehen Fönnen, und dag mir Soft unferm
lieben Dater, in Chriflo theuer, lieb und. angenehm
find: Ja, Daß mir ei ihm in Chriſto allbereit in
dieſem gebrechlihen Suͤndenleben herrlih, gerecht,
heilig und felig find, Eph. 1. Don Natur find wir
eben fo große Sünder, als andere: Aus Gnaden aber
ſind wir eben fo gerecht und felig, als Abraham, Iſaac
“ w Jacob, mit Denen wir über einer Safe! figen, und
AWMerlei Speife und Trank in der Ewigkeit een
werben. Denn wir wiſſen auf das Allergewiſſe—
fe, und glauben feftiglih, daß Chriftus Jeſus allen
feinen Scmud an ung gewandt, ung mit feinem Blut
von allen blutrothen und rofinfarben Sünden gereinis
get And gewaſchen Ef. 61. mit Feierfleidern des Heils,
und mit dem Rock Der Gerechtigkeit, Ephef. 5. Der
Heiligkeit und Seligfeit alfo befleidet hat, daß wir
in ihm für Gott ganz unfträflich find, ohne ale Flek⸗
- Ten, Runzeln, Mackeln, oder fonft etwas.
Eon ⏑ en DEE
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Zueignungeſchrift. 0 e
Wir erfreuen: uns aud billig im Deren herzlich /⸗
baß wir mitten in der hoͤchſten Angſt, Schwachheit, Anz - -
fechtungen,, Leiden und Verfolgungen in Chriſto Der:
ren und geiftlihe Koͤnige feyn über den Teufel, über.
die Welt, über die Tyrannen, über Sünde, Tod
und Hölle, Römer am 8. Denn wir haben nicht em-
pfangen den Geift der ABelt, Daß wir ung ahermaf
fürchten. dürfen, fondern den Geift aus Gott, auf daß
toir wiſſen Eönnen, mie reichlid wir von Gott begna-
det und begabet fenn, ‚weiches mir auch reden nicht
mit menfchlicher, ſondern mit göttliher Weisheit.
Air erfreuen ung. aud), herzlich, Daß ung Gott mit
einem freiwilligen. Eimßiethen Geift begabet hat, wel⸗
der- ung zur wahren Gottfeligfeit antreibet; Gott
ohne alte Falſchheit, Scheinheiligfeit und. Zmang mit
großer Luft und innigliher Begierde zu lieben, ihm
zu leben und zu dienen, in Gerechtigkeit und Heilig-
Teit, Die ihm gefällig ift, und zwar nicht aus Furcht
der Höllen, noch aus Liebe des Dimmelreihs, meil
mwir wiſſen, Daß uns Chriftus den Himmel theuer er:
faufet, und unfere Seelen aus der.tiefen Hoͤllen er-
loͤſet: Sondern aus freitsilliger Dankbarkeit, meil
uns Chriſtus theuer erkaufet, reichlich begabet, herr
lich gezieret, und felig gemadet.hat. Daher erkennen
wir, Daß mir nicht unfer felbft find, fondern def, der
uns theuer erfaufet hat, und preifen ihn mit unferm
Leibe, Seele und Geiſt, melde nicht unfer, fondern
Gottes find. | |
Aus dieſem allen ift ja offenbar, daß wir, lieber
Vater, famt allen wahren Shriften, welche neben ung
Das ‚helle. Licht Bes Evangelii haben, und darinnen
fürfihtig wandeln, in einer rechten güldenen und über-
aus feligen Zeit leben, wie sehen und böfe fie‘
auch fonft if, von wegen Der Men
ſchen Unart, und
der. vielfältigen Strafen Gottes; welche wegen derſel⸗
ben mit Macht Aber. die Belt Fommen, |
Es ift aud) daraus offenbar, daß uns durch das
wahre Evangelium mitgetheilet werde Der höchfte Evan
,
8.7 Zueignungsfhrift.
geliſche Schak und überfhmwengliher Reichthum ber
Gnaden Gottes in Chrifto Jeſu: Daher mir gang
herrlich, heilig, gerecht und ſelig find in Gottes Au-
gen, wenn mir (den por der Welt jämmerlich, elend
und verlaſſen find, Eu
Meil nun aber merklich viel Daran gelegen, und
auch Goftes ernfter Wille ift, daß wir zum Erfennts
niß der göttlichen ‘Barmherzigkeit, unfers Heils und
Schatzes, den mir in Chriſto haben, Eommen mögen:
Als hat der weitand Ehrwuͤrdige und Hochgelahrte
Her M. Stephanus Prätorius, gemwefener Pa⸗
ftor zu Salzwedel in der Marf, eine feine geiftreiche,
und hochtroͤſtliche Arbeit auf fih genommen, wenn er
aus dem ae Paulo, und Deren Lutherg mit be-
onderm Fleiß aufgefuhet, und in unterfchiedliche
Ehriften in Chrifte ‚für theure Gnaden - Schäße ha-
ben, wie ihnen Chriftus Diefelbe mit feiner gnaden-
reihen Menfchwerbung, dadurch er unfer lieber Bru⸗
der und Vater geworden, mit feinem bitteren Leiden
und Sterben, dadurch er unfer Erlöfer morden, und
auch mit feiner fiegreihen Auferfichung von Den Tod⸗
ten, dadurd er unfere Gerechtigkeit: worden, wieder
gebracht und erworben hat, durch welche Gnaden⸗Mit⸗
tel er dieſelbe ihnen barreihe, und fie angenommen
' werden, mit we a en und Siegeln er Diefelbe
verbriefe und verfiegele, und mas fie Daher für eine
große Mafeftät in Chriſto haben: Auf daß fie_erfen-
nen mögen, mo fie fenn, in welcher Gnaden⸗Zeit fie
leben, und mie fie Gott. von Herzen für alle feine uns
verdiente Wohlthaten herzlich danfen, und ein new.
geiſtlich und chriſtlich Leben führen follen.
un ift auch unleugbar, daß es zu dieſer trüb:
feligen Zeit hochndthig fen, Daß die Sonne des Heils
über das Volk Gottes: recht aufgehe, und Die Herzen
aus dem Schlaf der Sicherheit ihr Heil zu erkennen
und anzunehmen, ermuntert werden, zu welchem Ziel
M. Prätsrius ale feine Trartätlein gerichtet hat,
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ractätlein an den Tag gegeben, was die wahren
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Zueignungsfcrift. | u 9
und, waͤre immer Schade, daß fie zerſtreuet haͤtten im
Foſter ſollen verborgen verbleiben. Daher hat in
etrachtung dieſes ein vornehmer Theologus wohl
gethan, daß er dieſelben Anno 1622 in zween Theile
jufammengetragen. und zum Druck befördert. E
Weil aber efebe Tractätlein, tie fie -iko bei-
fammen ein ziemlich groß Bud in Octav geben, wel⸗
hes für die Saufen zu meitläuftig, und wegen der
kleinen Lettern nicht jedermann zu leſen bientich iſt,
ja auch wohl etlichen, mas dieſes geiftreihen Mannes
Zweck ſey, gar unvernehmlich ſeyn mag, indem er von
einem Stücd, nad) feinen geiftreihen Gaben, auf man-
herlei Art an unterſchiedlichen Dertern gehandelt, und
alfo den rechten Kern feiner Meinung hin und wieder
durh alle Tractaͤtlein zerfireuet und verftecfet Hat,
welches nicht jedermanns Thun ift, zufammen zu brin⸗
gen, und eine gewiſſe Deutliche und gründliche Mei- .
nung daraus zu faflen: Als habe ich mid wicht vers
drießen laffen, nad vielfältiger fleißiger Durchleſung
beregter Tractätlein, den rehten Kern daraus zu
nehmen, benfelbigen in. ziemliche richtige Ordnung zu
bringen, und Daraus diefe Scha&-Kammer Der
Glaubigen, den teofilofen, gnadenhungerigen und
| re Herzen sum Troſt und Beſten zu verfertigen.
habe mic) aber, fo viel möglich befliſſen, des
Autoris Worte zu behalten, die ich verhoffentlich alfo
connectiret, ob fie wohl bald. hinten, bald vornen, bald
aus der Mitte genommen, als wenn der Autor felb
Diefe Schag - Kammer ausgeferfiget, und habe alſo
nicht mehr bei Diefem Werk thun wollen, als daß ich
feine Sachen, die unterfhiedlih, abgehandelt werden,
in ein Gorpug und. richtige Ordnung, melde in fol-
enden zwei Regiſtern für Augen geftellet wird, zus
ammen bringen, und durch Srage und Antwort (el
che anmuthiger und beffer: zu. lefen und zu verfichen,
als ein perpetuus contextus) (ununterbrochener Vor⸗
trag) den Scopum, (Zweck) und eigentlihe Meinung
feiner Schriften Dem Lefer deutlich fuͤr Augen mah⸗
—— —
8 = Zueignungoſchrift.
len moͤchte, ob es vielleicht alſo deſto williger von
mehrern moͤchte angenommen, fleißiger geleſen und
beſſer verſtanden werden.
Weil dieſes mein geringſchaͤtziges, jedoch wohl⸗
wohlgemeintes Vornehmen, welches mir mehr Arbeit
als Genuß verurſachet, einig und allein zu Gottes
Ehren und zu Befoͤrderung der wahren Erkenntniß
unſers Heils, das wir in Chriſto haben zur Erwek⸗
kung der wahren —— und beharrlichen Tro⸗
ſtes, deſſen wit in dieſen gefaͤhrlichen truͤbſeligen Zei⸗
‚ten wohl bedürfen, gerichtet und gemeinet iſt: Ale
lebe ich Der gemiffen Hoffnung, es werden ihnen chri
lihe Herzen dieſe Arbeit, welche ic von ihnen auf mich
genommen, mwohlgefallen, und ihnen diefe Schag - Kam-
‚ mer in befter Form anbefohlen ſeyn laffen. Denn fo
jemand im Geiſt und mit Andacht diefelbe liefet, wird
. er durch Gottes Gnade im Werk befinden, dag in
ſeinem Gemuͤth ein helles Licht herzerquickenden Tro⸗
fies; und ein heller Glanz der hochtroͤſtlichen Lehre
es wahren Glaubens, unfere Gerechtigkeit und Heil
in Chriſto aufgehen wird, welches ich allen riftlichen
Lefern von Herzen will gemmünfpet haben.
Euch aber, lieber Dater, habe ich dieſe Schag -
Kammer aus dankbarem Findlihem Herzen bebiciren
tollen, um dieſer Urſache millen: Ihr habe, mie
ihr wiſſet, euren leiblihen Schag meiner Studien
halber angegriffen, und mir denfelben zur Sortfeßung
BR mitgetheilet. Derowegen ift ja billig, daß
au
durch Gottes Gnade, und vermittelft derfelben dur
eure Dulfe erlanget,. wiederum angreife, und euch mit-
theile. Inmaſſen mir euer riftsforgfältiged Der
und Gemuͤth, wegen gegenwärtiger trübfeligen Zeit,
mohl befannt, euer Seufzen und Klag = Reden über
die. Bosheit der Menfchen, und die göftlihen Stra-
en find mir unverborgen, euer Kreus, das rechte Lieb
eihen der Gnade Gottes, und unfehlbar Merkmal
er Kinder Gottes, fühlet ihr auch an euch. Damit
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ißo den geiftlihen Schaß, melden i ent
[4
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ED SE nn re Et —
Zueignungsſchrift. cd
nun dieſe dicke Wolken nicht dermaſſen das Licht euers
Verſtandes und Glaubens verfinftern mögen, daß ihr
in die gefährlihe Gedanken gerathet, als lebten wie
nuun nicht mehr in dem Önaden: Dimmel Gottes; als
habe ich zwar allen wahren Ehriften zum ‘Beften, ins
fonderheit aber euch zum Troſt, dieſe Schaf - Kammer
verfertigt, und daraus einen Auszug vor Diefem zum
Vortrab heraus Fommen laſſen, melcher. bei vielen nach
‚diefem Werk ein fehnliches Derlangen erwecket hat.
Werdet ihr nun. in derfelben, mie ich gar nicht
goeifele, eure geiftlihen Schäße und Kleinode mohl
befchauen, erkennen, mit: feftem Glauben. annehmen,
und in Demfelben, mie ihr thut, wuͤrdiglich mandeln,
fo werdet ihr mit offenen Augen Des Glaubens, und
mit freutigem Herzen fehen, daß ihr iko in einer recht
güldenen Zeit und angenehmen Jahr und Tage Des
Heils, wegen zuvor beregten Urſachen, lebet, ja ſchon
im Snaden » Himmel Jeſu Chriftt gerecht und felig
ſeyd, Durdy den Glauben an Ehriftum: Darüber wird
am geiftlihen Himmel eures Herzens. die Sonne der
Gerechtigkeit, Jeſus or fröhlich aufgehen, und
darin mit Ya Blanz, Friede und Freude im heili-
en Geift, fammt einem friedfamen Gemiffen erwecken.
hr werdet auch Gott herzlich danken, daß euer irdi—
her Schaß, den ihr doc allhie hättet andern_laffen
müffen, in einen himmlifhen und göttlihen Schas,
welchen ihr allein mit euch nehmen werdet, verwandelt,
und euch reichlich wiederum durch einen feligen Wech⸗
fel mit großem Gewinn und überflüffigem Maße zuge⸗
mefien worden.
ch wollte zwar wohl mit meinen eigenen Wor⸗
ten dieſen Schaß euch) vorgetragen und gejeiget haben, |
wie ich vor Diefem gethan in Verfertigung meineb Cy--
nosurae Apostolicae Evangelisrum; aber nachdem ich
bie Idee berfelben bei mir concipiret hatte, und diefelbe
nad) der contipirten Idee und Modell äußerlich aufiu-
richten millend war, habe ich mich verfüget in den
geift- und troftreihen Wald der fhönen Trartätlein
M. Prätorii, und Darinnen alles befler, denn bei. mir
0
"RR — —— TU TT J
10 Zueignungsſchrift.
gefunden, und was mir Ir Erbauung berfeiben nöthig
geweſen. Deromegen ich lieber feines Dolses, Kalks
und Steine, als meines eignen, zu Diefem meinem:
Gebäude gebtauchen wollen.
‚ Denn biefer Mann hat alle vorberegte Stuͤcke
mit en Geiſt ganz geiftreih aus Gottes “Wort
alſo ausgeführet, Daß es möglich nicht groß kann vers
befiert werden. Derowegen habe ih, mo nicht das
Surnehmfke, jedoch etwas zum Gebäude dieſer Schab-
ammer Davon heraus gezogen, und in richtige Ord⸗
nung gebracht, und des Autoris Worte gerne allegeit
mit Sleiß beibehalten, mie ic) vor Diefem in Berfertigung _
Lutheri Redivivi mit Lutheri Worten auch gethan:
Weit er mit feinen, reinen, nüchternen, demüthigen,
freundlihen und verftändlihen Worten herein gehet,
und nicht tortuose, (verdreht,) tie die Fegerifche alte
Schlange, oder in der unfruchtbaren Pracht der Welt
feine Meinung herfür giebet.
.., Bott gebe, lieber Dater! daß ihe durch die herr⸗
lihen Gnaden » Schäße, Die euch in Diefer Schatz⸗
Kammer’ gegeiget werden, bis in den hohen Himmel
erfreuet, reichlich erleuchtet, kraͤftiglich getröftet, und
an eurem Glauben alfo merklich möget geffärfet werden,
daß Ehriftus durch den Glauben wohne in eurem Herz
gen, und durch die Liebe eingemürzelt und gegründet
werdet, auf Daß ihr begreifen möget mit allen Heili⸗
gen, welches da fen die Breite, und die Länge, und
die Tiefe, und die Höhe, auch erkennen, daß C um
lieb haben, viel beffer ift, Denn alles wiſſen, auf aß ihr
erfü et werdet mit allerlei Gottes Fuͤlle. Derſelbe all»
mächtige und barmperzige Water ſey in Chriſto Jeſu
alle f euer, famt meiner lieben Mutter, Brüdern und
SH eftern, icht, Leben, Troſt, Sriede, Freude, Schuß,
Stärke, Segen und Seligkeit, Amen. Gegeben Dans
zig, Anno 1655. Den 1. September.
Ew. Dw. Sohn
M. Martin Statius,
Prediger zu St. Johannis in Danzig.
\
| Beintihe
Shasfammer
der Slaubigen.
Dası Bud.
Vom theuerbaren Schatz der Glaubigen, welchen
ihnen Chriſtus in ſeinem Gnadenreich aus
Gnaden ſchenket.
1. Bas iſt der Oläubigen’ hoͤchſter Schatz?
Die Vereinigung mit Chriſto und Gemeinſchaft feiner Güter.
Da glaubigen Kinder Gottes hochſter Schatz iſt,
daß ſie durch den Glauben in Chriſto ſeyn, und er
"in ihnen, und daß fie ihn mit allen feinen himmli⸗
ſchen Gütern befigen, wie er felber befennet, und
fpricht, Joh. 14. Ich bin in meinem Vater,
und ihr in mir, und ich in euch. Welches ſo
ein groß Geheimniß und Würde iſt, daß es keines
Menfchen Zunge ausreden kann. System, St. Joh.
1. Epiſt. 5. Wir find in dem wahrhaftigen
- Sefu Chriſto. Diefer ift der wahrhaftige
Gott, und dad ewige Leben. Denn fo ift es, 1
wer an Jeſum Chriftum glaubet und getaufet ift, der
ift fein theilhaftig, der hat ihn angezogen, der ift in
ibm, und befiget ihn mit alle dem, was er ift und
hat. Welches die hoͤchſte Gemeinfhaft ı und Belgien,
in aller lieben Heiligen,
12 0 Rom Schaß der Slaubigen.
2. Was haben die Glaubigen aus biefer Gemeinfchaft
mit Ehrifto ?
a fie durch den Glauben Chriſtum haben mit
keit. allen feinen Gütern, fo haben fie in ihm (mit einem
Wort Zu reden,) den Schatz ver wahren Seligkeit.
Dies ift die Hauptlehre des ganzen Evangelii, wel⸗
0 de alle wahre Chriſten wohl willen follen: Nemlich,
ı ' daß Gott und, die wir an Chriftum glauben, felig
gemachet habe, und dag wir nun felig feyn, bie zeits
lich und dort ewiglih, Denn GBtt hat unfere Sünde
‚von und genommen und rechnet uns feine mehr zu,
und hat uns bekleidet mit neuer himmliſcher Gerech⸗
tigkeit, alſo, daß wir uns in dieſem Leben nicht ge⸗
rechter wuͤnſchen koͤnnen, und hat uns angenommen
für feine Kinder und für ſeines lieben Sohns Bruͤ⸗
der, und hat uns erfüllet mit feinem Geift, und uns
alfo göttliher Natur theilhaftig gemachet. Das iſt
die große Seligkeit, welche den Glaubigen in dieſer
Welt widerfaͤhret. In jener Welt aber wird uns
Gott auferwecken von den Todten, und zu ſich in
ſeine ewige Herrlichkeit und d Leben namen,
=
3, Sch böre, daß der Kinder GOttes hoͤchſter Schatz ſey
die Seligkeit; berichte mich darauf, was. Selig.
machen heiße?
|
Don anen Es peißet von Sande, Zorn, Fu Teufel und
geißtißgen Tod. befreien, und neue Gerechtigleit, Gnade, Geiſt,
Ferirder Segen und Leben ſchenken, auf daß wir für GOtt
feyn,Gnadensut herrliche Ereaturen fegn, und Dazu ein friedlis
L Deden, ches und freudenreiches Leben in aller Dankbarkeit -
' führen mögen. Denn das Wort Seligkeit begreifet
alles in fih in genere, was und Ehriftus in specie
erworben und geſchenket Hat.
u V Am I Ana MA EG
— —— — ES A > mn . En 5 — — —— ⏑ 5
A —
Dom Schatz der Glaubigen. 13
4. Was für Güter hat uns Ehriſtüs erworben, welche in Du
dem Wort Seligkeit begriffen ſeyn, oder, was iſt
. Die Seligfeit ?
Sie iſt 1. Vergebung der Sunde, 2. die neue Ge
rechtigkeit, 3. GOttes Gnade, 4A. die Kindſchaft GOt⸗
tes, 5. die Schenkung des heiligen Seiftes, 6. und - ..
Erbfchaft des ewigen Lebende, Denn meil wir in
Chriftum getaufet feyn, und nun in ihm find, fo find
auch von deswegen folche himmmlifche- Guter reichlich
and überfchwenglich über. und und in und gekommen,
und wir find nun “ben fo reih, als Chriftus iſt,
wie St. Paulus Salat. 3. faget, daß wir in unfes
rer Taufe Chriftum angezogen haben.
5, Erfläre mir ein jegliches beregted Theil oder Gut mei⸗
ner Seligkeit in fpecie etwas deutlicher ?
Th will ſolches gerne thun, und heller Erlaͤuterung
halben ein jegliches in einem beſondern Kapitel im
folgenden Bericht abhandeln. |
Das L Eapitel, .
Don gnädiger Vergebung aller Sünden
\ 1. Welches if dad erfie Gut bes Schatzes meiner
| Geligkeit?
D affelbige it die Reinigung, oder die BVergebungg rgesung
aller meiner Suͤnden. Dean ed vergiebt und GOtt auer Suͤn⸗
die Sünde, alfo, daß fie nicht mehr von ihm unaden miefie
muß zugerechnet werden, nad) verdammlich ſeyn, nad) men has
der Verheißung, Ezech. 36. Ich will eu von dem
aller eurer Ungerechtigkeit los machen, nems
lich, durch das Blut meines Sohnes, wie St. Joh.
” a — m w ” - — — —
14 Vom Schatz der Glaubigen.
1. Epiſt. 1. bezeuget: Das Blut JEſu Ehri—⸗
ſti machet uns rein von allen Sünden.
Nicht allein von ſchlechten und geringen, welche etwa
aus der verderbten Natur mit Gedanken, Begierden,
oder Worten gefhehen, fondern auch von den rech⸗
ten großen, welche mit der That gefchehen, welche man
nennet peccata mortalia, Tod⸗Suͤnden, über welche
ein armes Gewiffen genugfam zu feufzen und zu Flas
gen hat Die Tage feined ganzen Lebens, und über wels
che auch in den Ungläubigen der Zorn GOttes raudyet
und fhmauchet, Deut. 29, daß man fie faum vor fols
chem Schmauch fehen fann. Deyn wo und nidt hie
alle Sünden vergeben würden, fo wäre Chriftus nicht
ein vollfommener: Hoherpriefter, noch Heiland, und
die Suͤnde wäre mädtiger, als fein Blut, welches ver
Ehre Chriſti viel zu nahe wäre.
2. Wer hat mir folche große Gnabe erworben?
Je us Vom Erwerber unſrer Seligkeit ſoll im folgenden ans
us dern Bud hauptfächlich gehandelt werden. Merke vems
Leiden. nach allhie kuͤrzlich, daß uns GOES Sohn, durch
ſein heilig und theures Blut, welches er fuͤr großer
Angſt geſchwitzet, und hernacher zu vielenmalen aus
> feinem Leibe vergoſſen hat, von allen unſern Sünden
erlöfet, Nicht zwar, als daß wir nun hinfort feine
Sünde mehr an und hätten, wir armen fündlichen
MWürmlein, fondern daß fie und von GDtt nicht follen
jugemefjen oder zugerechnet werden. Wir follen im
Anſehen feyn bei Gott, als hätten wir gar feine Suͤn⸗
be, ald wären wir fchneeweiße Kindlein, nemlich, Kinds
fein der Gerechtigfeit, ja, ald wären wir Engelrein,
wie der Prophet David, Pfalm 31. und der Apoftel
St. Paulus, Röm. 4. die Erlöfung von den Sünden
gar nieifterlich erklären. Hieher gehöret das Tauſend⸗
fhönlen St Johannis, maͤnniglichen wohl bekannt:
1 Joh. 1. Das Blut JEſu EChrifti madhet
und rein von allen Sünden Es giebt St. Jo:
«
y“
Dom Schatz ber Staubigen 15
bannes dem Blut JEſu Chriſti eine fonderliche Kraft,
nemlih, nicht allen GOtt verföhnen, fonderm
auch von Sünden wafhen und reinigen. Das
Blut Ehrifti ift ein Bad und Lauge, ja eine Suͤndfluth,
welche uns abwäfchet, und von und nimmt unfere
Sünde. Denn gleich ald Mofed im alten Zeitament
Nurpur, Wolle und Sfopen genommen bat, und in
Bodsblut und Waffer getunfet, und damit das juͤdi⸗
ſche Volk befprenget, zur leiblichen Reinigung, Hebr. 9.
Alfo bat Chriftus mit feinem eigenen Blut fein Bolt
befprenget, und ed vor GOtt gereiniget von feinen
Sünden. Dad merke zum erften.
Zum andern zeuget der liebe Johannes in feinem
Sprüdlein, daß und dad Blut Ehrifti gewafihen und
gereiniget babe von allen unfern Sünden, daß
ift, von der Erbfünde, von allen wirklichen Sünven,
großen und Meinen, welche wir vor und nad) unfrer
Taufe durch unfer ganzed Leben, ad) leider! vollbracht
haben. Ä
- Denn dafür follen wir gänzlich halten, nicht, daß
wir zum Theil durchs Blut Sri gewaſchen, zum
Theil aber nicht gewafchen, und daß wir durch Chriſti
Blut von etlihen Sünden gereiniget feyn; fondern daß
wir auf einmal in unfrer heiligen Zaufe, da die Be⸗
fprengung des Bluts Chriſti über uns gefchehen, in
feiner hoͤchſten Kraft, von allen-unfern Sünden gänzs
Ih gewafchen, und auch gereiniget ſind. Gintemal
fein ander Mittel im Himmel und auf Erden it, das
und entfündigen, oder von Sünden helfen Tann, denn
nur allein das theure Blut JEſu, unfers Heilandes,
wie ausdruͤcklich Actor. A. gefchrieben ftehet.
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X
Daher werden die Getauften und Befprengtengsarige
genennet Expiati, Pf. 51. Das iſt, Die Entfündigten, Namen
Darum, daß fie durchs Blut des HErrn Chrifti, ent⸗ de uu⸗
fündiget, oder fündlos gemadjet find. Item Mundi,
die Gereinigten, oder die Reinen, oh, 13. darum,
Daß fie von allen Fledden der Sünden rein, feine vers"
dammlihe Sünde nicht mehr an ſich haben, wie ©t.
16 Vom Schatz der Glaubigen.
|
auerns Freilich ja. Denn alfo ſchreibet er: Tom. 2.Jen.p. 320, '
Du mußt glauben und befennen, daB du reihtichaffen, .
fromm und heilig dur Ehriftum worden bift, willt
ninimermehr gerecht, GDttes Kinder und felig.
Paukus fpricht, Roͤm. 8. So tft nun nichts Ver
dammliches an denen, die in Chrifto JEſu
feyn, das tft, die ihm .eingeleibet, und ver Kraft
feines Bluts theilhaftig geworden ſind.
Es iſt aber ein ſonderlicher und denkwuͤrdiger
| Spruch, den der Herr Chriftus führer, Joh. 13. Qui
lotus est, mundus est totus, et vos mundi estis; _
Mer da gemajchen ift, durch mein heiliges theuer;
bares Blut in feiner Taufe, der ift ganz rein,
von der Hauptfcheitel an, bid an die Fußſohlen, und
bedarf keines andern Waſchens: Und ihr, meine liebe
Juͤnger, wie gebrechlich ihr auch ſeyd, fo feyd ihr
mir ganz rein, und iſt fein Flecken an euch mehr.
3. Hilf BOtt! das iſt überaus tröfkfich: Pieber, iſt der
Herr Lutherus auch in dieſer Meinung? .
bu ein Chrift feyn. Denn das waͤre die hoͤchſte und
größefte Schmach und Laͤſterung ded Namens Chrifti,
wenn wir Die Ehre vem Blut Ehrifti nicht thun woll⸗
ten, und befennen, daß e8 und die Sünde abgewafchen, '
und für GOtt heilig gemachet ‚hätte. Died mußt du
- glauben und befennen, und was pu haft an Ehren
und Gütern’, Iäfieft, und warteft, was bir darin ber
gegnen mag.
Haus ⸗Poſtill, Sen: fol. 12,
Die Cainiſchen Heiligen aber, dieweil fie diefen
chriftlichen Glauben nicht haben, wie fie felbft befens
‚nen, daß fie ſich für GOttes Kinder gewißlich hiels
ten, fondern fegnen ſich daflır, ald für einer großen
fegerifchen Vermeſſenheit, bleiben im Zwöifel alfo hans
gen, und lehren zweifeln, fo gefchiehet ihnen, wie fie
glauben, und find auch niht, werden auch damit
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Vom Schatz der Glaubigen. 17.
4. Habe ich and) in Eprifto durch ben Glauben Vergebung .
aller Sünden ? ER
Warum nicht? Hat uns Ehriftus mit feinem Blut Wir par
nicht gewafchen von allen Sünden, darin wir em; ben tn
pfangen find, und die wir auch felbit für unfte Taufe ee
fowohl, ald nach der Taufe, wirklich begangen und bungaler
vollbracht haben, beide mir Dem Herzen und mit der Sänben.
That? Dafür follen wir ed erhalten, und ja feine
andere Gedanfen in unfer Herz fommen lafjen, venn
dag une GOttes Sohn auf einmal gaͤnzlich von allen
Sünden erlöfet, und uns alſo fündlos gemachet habe.
Wie ſolches nachfolgende Sprüche klaͤrlich ausweifen,
Zah. 3. Siehe, ih will die Sünde deffelben
Landes wegnehmen auf einen Tag. Zu
derſelben Zeit wird.einer den andern unter
den Weinftod und unter den Feigenbaum
laden. Diefer FAg ift ohne Ziveifel der Tag des, Tag der
Todes JEſu Chriſtiß an welchem Tage er vollendet Todes
bat das Opfer für Ans, und dadurd alle Sünde Edrißi.
aufgebaben, und eine ewige Erlöfung feinem Bolt
erworben, wie Hebr. 9. ausdruͤcklich geſchrieben ftes
et: Darum rühmet der Prophet David viefen Tag,
Palm 118. alfo: Dies ift der Tag, den der
Herr gemachet hat, laffet und freuen, und
fröhlich feyn, und einer den andern laden
unter den Weinftod und Feigenbaum, wel.
des nicht fo fehr von leibliher, als von geiftlicher
Freude foll verfianden werden.
Zum andern ift diefer Tag der Tag unſrer heiligen 2. Tag
Taufe, an welchem wir geweihet find mit dem heiligen Zaire,
Blut JEſu Ehrifti, und durch deſſelben Kraft gerei-
niget von unfern Sünden. Denn ob und wohl das
beilige Taufwaſſer auf einmal rein machet von allen
Sünden, alfo, daß Fein Yünklein davon an und muß
überbleiben, um welches willen wir mit Fug fünnten
von irgend einer Creatur beſprochen, over von GOtt
. % .
18 Dom Schatz der Slaubigen.
verdammet werden, Epheſ. 5. Roͤm. 8. Dennoch
bat die Zaufe folhe große Kraft nicht allein vom
Wort, dadurch fie geſtiftet ift, fondern auch vornehm⸗
lih von dem Blut JEſu Chriſti.
r
5. Wie fol ich mis Dieb zu nage machen?
eitiene Venn nun einer dies wohl’ verſtehet, und auch don
wider des Herzen glaubet, der kann wider die liſtigen Anläufe
Yenteik des Teufels ritterlich beftehen, und ihm zu allen Geis
tung.
ten begegnen. Denn allein der Glaube ift unfer
Schild und unfer Sieg, 1 Joh. 4. und er Töfchet. in
unferm Herzen aus die eingefchloffene Pfeile des Abs
fewichts, Ephef. 6. Darum wir auch vor allen Dins- _
gen mit dem wahren Glauben follen. gerüftet feyn.
Und ob gleich der Satan fpredhen wollte: Wir
“ wären anfänglich wohl gerecht geweſen im Augenblid
unfrer Taufe, hernacher aber wärgn ‚wir gefallen, und
damit hätten wir Die Gerechtigkeit wiederum verloren,
und müßten ed nun aufs Cbentheuer ſetzen, ob wir
fie audy durch unfere Buße wiederum erlangen koͤnn⸗
ten: So wiffen wir doch, daß und Chriſtus eine
ewige Erlöfung erworben bat, welche in wahrer Bes
Tehrung zu GOtt durch bie Gnade Chrifti wir wie
der erlangen, und Darum zur ewigen Geligfeit bes
wahret und erhalten werden, das follen wir glauben,
fo ift der Teufel aberinal gefchlagen. Denn der Glaube
raͤumet ihm nichts ein, fonvern drefchet ihm feinen
Darum fo haffet auch ber Satan das Blut Chris
fi, unfere Kaufe, unfere ewige Erlöfung, dad Wort
und den Glauben. Inſonderheit aber iſt er der rei⸗
nen Lehre des heiligen Evangelii von unſerm ewigen
Heil foinne feind und zuwider. Denn bag man .
fhleht bin faget: ein Chrift habe durch Dad Blut
feines. Erlöferd, und durch die Taufe Vergebung der
Sünde, doch wofern er fromm und buͤßig iſt, Das
*
Vom Schag der Slaubige. 19
läffet er wohl Hinpaffiren, denn es thut ihm keinen
Schaden: Ja, dad. angehängte Knötlein, nicht recht
verfianden, thut ihm zu feinem Reid; und zu Beſtrik⸗
tung der armen Gewiſſen große‘ Befdrdekung und
Srommen. Aber daß man Iehret, ein Auderwäplter
babe durch das Blut feines Erlöferd und durch Die wad dem
Taufe Vergebung aller feiner Sünde, ja eine ewige Teufel
Vergebung, die er nimmermehr verlieren fol, und at Mei
Das ihm nichts koͤnne hinderlich noch verbammlid) der fey.-
feyn an feiner ewigen Gerechtigkeit, das will ihm den
Hals zubrechen. Darüber wird er unfinnig, wüthet
und tobet, und will Himmel und Erden in einander
mifchen. Denn da iſt fein Reid) rein aus, bat nichts -
wider einen folhen Epriften vorzunehmen, und fon .
fein Müthlein nicht mehr FTühlen ꝛc. Sollte ihn
ſolches nicht verdrießen, daß ihm fein ganzes Reid)
durd ein einziges Woͤrtlein ewig niedergeleget und |
eritöret foll werden, und daß man fingen fol: Ein
örtlein fann ihn fällen.
6. So höre ich wohl, daß ein gläubiger Ehrift nicht allein
in Ehrifto hat Vergebung aller Sünden, fonbern auch
eine ewige Vergebung, welche er ſich immer wie
der alle Sünden getsöflen kaun ?
Freilich ja: Denn die Erlöfung, damit der Herr
Ehriftus feine liebe Auserwählten von ihren Sünven,, n Ole
durch fein Blut erlöfet hat, iſt eine ewige Erlöfung, Bier bat
welche immer und täglich bei und währen foll. Denneine ewige
fo ftehet ausprüclich gefchrieben: Hebr. 9. Chriſtus Lrloͤſuue.
iſt durch ſein Blut einmal in das Heilige
eingegangen, und hat eine ewige Erloͤſung
erworben. Das it: Wer einmal gereiniget iſt von
. feinen Sünden, ver ift von allen Sünden feined gans
zen Lebens gereiniget, und iſt immer ‚rein. Denn
Ehriftus hat mit einem Opfer in. Emwigfeit
Hollendet, die geheiliget werden, Hebr. 10.
2*
.
-. —
20 | Vom Schak ber Glaubigen.
Alſo erklaͤret das Woͤrtlein Ewig Doktor guther
über Pfalm 118. p. 560. da er ſpricht: Das Wort
ewig fol nicht verftanden werben allein von der Güte
im Himmel nadı diefem Leben, da ein ewiges Leben
£uther. feyn wird, Sondern das bebräifche Wort Olam heiſ⸗
ſet, «dad wir ſagen deutſch immerdar, oder fuͤr und
fuͤr, es ſey ewig oder zeitlich.
Vide Basilium in Psal. 28. de effectu Baptis-
mi. (von der Wirkung der Taufe.) Da fagt er, daß
die Sünde, melde in der Taufe durch die Kraft des
Baflind, Bfuts Chrifti einmal weggenommen, nimmermehr
zum Menſchen fommen fol.
Lutherus über Die Worte des 171 Pſalms: Er
gebeut feinen Bund ewiglich. Weil in unferm Fleiſch
eine ewige Sünde ftedet, fo lange wir auf Erben
Luther. leben, und des Fehlens und Irrens kein Ende noch
Aufhoͤren iſt, muͤſſen wir wahrlich dagegen auch eine
ewige und immerwaͤhrende Vergebung haben, auf daß
wir alſo nicht unter dem Zorn der Sünden halben,
fondern unter der Onade der Vergebung halben Ile;
ben. Siehe, das ift, fein ewiger Bund, ven. der.
'vefte halt, und nicht wanfet, Daß unfer Herz ja ges
wiß fey, feine Sünden follen es nicht verdammen.
Hactenus Lutherus, (fo weit Zuther).
Und zwar, wenn wir nicht follten eine ewige,
oder ewigwaͤhrende Entfündigung aus dem Blut Chri:
fti Haben, fo hätten wir faft nicht? Daraus, und es
wäre falfh, daß Johannes faget: Das Blut JEſu
Chriſti machet uns rein von allen unſern Suͤnden.
| . Und wir würden auch feinen beftändigen Troft aus
dem Blut und Verdienſt Chriſti haben..
7. Wem wird dieſer ewige Schatz der ewigen Vergebung
aller Suͤnden mitgetheilet?
a &, werden nur allein den Glaubigen die Sünden
gen. nicht zugerechnet, von GOtt, wie St. Paulus be:
‚zeuget, Roͤm. A. da er ſpricht: Selig ift der Mann,
Rom Schatz ber Glaubigen. 21
dem der Herr feine Sünde zuredhnet. Sol
ches aber geſchiehet dem, der nicht mit Werken ums
gehet, fondern glaubet an den, der die Gottlofen ges
recht machet. Wer aber an Chriftum nicht glaubet,
. "ver ftirbet in feinen Sünden, Joh. 8. Iſt mir das
nicht eine große Wohlthat, (mie biöhero berichtet,)
daß einem glaubigen Menfchen von GOtt feine Süns
den mehr zugerechnet werden, fondern Daß er vor
feinem Angeficht feheinet, wie ein reiner heiliger En;
gel, ja wie ver HErr Chriftus felber ?
8. Acht ſprichſt du, was follte ich body rein feyn in GOt⸗
tes Augen, ich bin ein armer Saͤnder, und falle
täglich wohl fiebenmal, wo nicht fiebenzig
' fiebenmal:
Solches iſt nicht gut, daß du es thuſt und waͤre groſt wi⸗
wohl beſſer, daß man ſich in GOttes Furcht hielte,
r die
Sünde.
und ließ fih von den Sünden nidt überwältigen,
fo hätte man größern Frieden: Aber doch follt du
gleihwohl dies wiffen, mein lieber Freund, daß dir
ſolche deine Sünde nicht zugerechnet werden, um des
Bluts JEſu Chriſti willen. Denn follten fie uns
zugerechnet ‚werden, fo wären fie uns nicht vergeben,
oder fo wären fie uns nicht abgewafchen durch Das
Blut JEſu Chrifti, und wäre alles falih, was von
der Kraft des Blut Chrifti, von der Zaufe, und
von Vergebung der Sünden aus GOtties Wort ges
redet wird ꝛc. Denn eben die Sünde, die du haft
und fühleft, find dir in deiner Zaufe vergeben, und
keine andere, allein daß du durd Anrufung und
Hülfe des heiligen Geifted den fünpfichen Lüften wis
derftrebeft, oder fo du von Denfelben überwaͤltiget bift,
und zum Fall gerathen, daß du folhen Deinen Kal
- erlenneft, herzlich bereueft, und deinen GOtt um '
"gnädige Vergebung bitteft, und did Darauf ſtracks
mit deiner heiligen Taufe tröfteft x. Denn in der
e
Taufe werden die Sünden gewuͤrget, aber im Vater
&
—
—
eichte
2 Vom Schag ber Glaubigen.
Unfer werden fie begraben: ober im Vater Unfer
werben fle getödtet, aber in der heiligen Taufe find
fie begraben, wie wir «8 ausreden wollen.
lo.
9. Wie fol ich ed machen, wenn ich mich wegen ſchweren
Sünden befchwert befinde?
©: du deiner ſchweren Halle halben ſonderliche Ans
Beichte, |
und lag fälle halt, iſt Dies der naͤchſte Weg, daß du es dei⸗
dig ebfolnem Geelforger offenbareft, und der heiligen Abfolus
o
tion gebraucheft, ſo wird dein armes Gewiſſen folcher
Bürde los. Denn die Abfolution fol fo viel gelten,
ald wenn GOtt aufd neue zu Stärkung deines Glau
bend, und zu mehrerer Verficherung deines Gewiſſens
einen fonderlichen Proceß in dem Fall mit dir gehals
ten, oder einen neuen Bund mit Dir gemadjet, und
dich aufs neue vom hohen Himmel herab abſolviret
hätte.
Es iſt aber nicht genug, daß wir folches veftigs
fih glauben, fondern wir follen und auch fein dar⸗
über zufrieden geben, und uns für feiner Sünde und
Tod mehr fürdten. Denn find wir ohne Sünde,
und gerecht, was haben wir mit der Sünde zu thun?
Sind wir ohne Tod, und lebendig, was haben wir
denn mit dem Tode zu thun? Sünde und Tod Yas
ben nichts mehr über mich zu gebieten. Sünde und
Tod find todt, und mit Chriſto begraben: Sünde und
Tod find ferne von und genommen und gefeßet, als
der Himmel von der. Erden gefeßet iſt. Dei ben
Gliedern Chrifti find Tod und Sünde nur bloße Nas
men: (Larven, Gefpenfter, leere Schredbilder, Scherz .
und Spiele des Zufall) Es wäre denn Sache,
Ehriſtus hätte uns nicht davon erlöfet, oder fein Vers
Luther.
bienft wäre zu wenig dazu geweſen.
Daher fohreibet Lutherus, mein lieber Präceptor,
dem 8 in dieſen Sachen gerne folge, Poſtill Jen,
208. %
| ne A GE 2 000
'
Dom Schu der Glaubigen. 83
Wir follen igt gewiß feyn, daß uns
durch Chrifti Auferſtehung und Sieg folde
Sicherheit gegeben ift, Daß uns feine Sun
de noch Tod fhreden foll. Schrecket uns
aber Sünde und Tod, fo gefhiehet uns
entweder Unrecht, weil uns Chriſtus frei
gemacet bat, odex wir glauben ed nicht. N
Das I. Capitel. '
Von vollfommener und ewiger Gerech—
tigkeit,
Ar Welches if das andere Gut des Schatzes meis
I: ner Geligfeit?
Wir haben nicht allein in Chriſto eine ewige Ver⸗ Son
gebung aller Sünden, daß fie und nicht miehr follen mene &es
"zugerechnet werden, mie groß umd ſchwer fie immer Tedtige
feyn: Sondern auch eine neue und vollkommene Ges keit.
rechtigkeit, welche er erworben, und an der Suͤnden
ſtatt geſetzet, und hat uns damit, als mit einem
ſchoͤnen Rock, bekleidet und herrlich gemacht, daß wir
Damit für GOtt, ohne einige Zuſprache, wohl beſte⸗
ben können.
2. Kannfl du dies auch wohl beweiien®
E. bezeuget es St. Paulus, Roͤm. 5. mit einem Paulus
reichen und wichtigen Spruch: So um des eim is besenget
gen Sünde willen ver Tod geherrſchet at
Durd den einen, vielmehr werden bie, fo.
Da empfengen die Fülle der Gnaden und »
Gaben zur Gerechtigkeit herrfhen im Leben
Durch einen JEſum Chriſt. Das if: Bon
Adam haben wir Sünde und Tod, aber Yon Ehrifte
- haben wir Gerechtigkeit und Leben: Nicht allein aber
“
l
|
28 Dom Schaf bet Glaubigen.
das, ſondern wir haben in Chriſto eruperans do-
' num gratiae ac justitiae, Die Fülle der Gnaden
und. der Gerechtigkeit, over eihe überfhwengliche Ger
rechtigleit, vie eben fo vollfommen if, ald Adams
- Gerechtigkeit, ja noch beffer, alfo, daß wir zu folder
herrlichen Gabe nichts mehr von nöthen haben, noch
etwas Dazu aus unfern Werken fuchen dürften. Item,
wie nun Dur eines Sünde die Berdamms
niß über alle Menfhen Fommen ift: Alſo
iſt auch durch eines Gerechtigkeit durch die
Rechtfertigung des Lebens über alle Men
ſchen kommen.
Und bald darauf: Gleichwie durch eines
Menſchen Ungehorſam viel Sünder worden
find: Alſo auch durch eines Gehorſam viel
Gerechte.
chriſtus Denn der Sohn hat uns nicht allein mit ſeinem
hatuns Blut gebadet und gewaſchen von allen unſern Suüͤn⸗
Fun den: Sondern, nachdem er und wohl gewafhen. bat,
emane.bat er und mit Gerechtigkeit befleivet, ald mit einem
Kleide: Das ift, er Hat und nidıt allein rein, fons
dern auch herrlich gemachet. -
An Statt. der Sünden hat er bie Gerechtigkeit
gefeßet, auf daß wir nicht allein für GOtt ſuͤndlos,
fondern auch geredht würden. Welcher Grad der Ges
Ehrif „a ligkeit noch etwas höher iſt.
alsein . Daher wird der Sohn GÖtted in der Offenba⸗
auf einem rung Johannis am 19. gemalet, wie ein Nitter, der
weilfen "auf einem weiſſen Pferde figet, und ein Kleid mit
Pferde Blut befprenget an bat. Die Reuter aber, die ihm
Eh ger nachfolgen, figen auch auf weiffen Pferden, aber fie
| aben nicht rothe, fondern weifje Kleider an ꝛe. Wels
Di: ehr: che weiſſe Kleider an felbigen Ort gebeutet werben,
ter auf Daß fie find jüustificationes Sanctorum sive .Electo-
weiten rum, die Gerechtigkeit der Heiligen oder Auserwaͤhl⸗
9.18.
Pferden
weißge: ten, welche fie helle gemacht haben im Blut ihres
kieidet. Ritters, nemlih im Blut JEſu Chrifti, des Lamm⸗
leins GOttes.
Dom Schak der Glaubigen. 25
Und weil diefe Reuter Chrifti, welche mit ihrem
HErrn durchs Sammierthaf, und allerlei Xrübfal reutHerstige
‚ten, fo herrlich, find an ‚Gerechtigkeit, deromegen wer: le
den fie aud im 16. Pfalm genennet Adirim, das iſt, ſien, wer
die herrlichen, die wohlgeftaffjten, die flattlichen Sunsguebeikt
fer, welche weille feidene Kleider, gülvdene Ketten, zei, “
und güldene Kronen auf ihrem Haupt tragen.
Sm 89. Pfalm. fagt David: Jauchzet, Tieben .
Leute, jaucdzet, und feyd den ganzen Tag
fröplih, denn GOtt hat eu in feiner Ge
rechtigkeit herrlich gemadyet. /
Summa, ein Auserwaͤhlter ift nad) feiner. Taufe, EHriften
darin ihm die Gerechtigkeit Chrifti angethan, nichtſind beuer
allein rein und weiß wie der Schnee, ſondern auch Sonne.
fo ſchoͤn und heile, wie die liebe Sonne, Daß gleich -
ein Glanz ver Herrlichfeit von ihm gehet. Licht ift
fein Kleid, nemlich das lichte helle Kleid, Chrifti
Serechtigfeit, Damit. er die Gerechtigkeit der lieben
heiligen Engel‘ übertrifft. Denn des HErrn Chriſti
Gerechtigleit, die er und in unfrer Zaufe gefchentet
hat, ift unſaͤglichermaßen viel größer und herrlicher, un de
ald aller heiligen Engel Gerechtigkeit. Darum fchreis bie Engel
bet Basilius Ep. 26. ad Neocaesar: Daß man auchin Ehriſto.
für eines gerechten Menfhen Schatten aufftehen, und -.-
ſich buͤcken fol, feiner großen und herrlichen Gerech J
tigkeit halben, ſo er in Chriſto JEſu hat.
Dies ſollen wir fein bedenken, wenn wir hoͤren
oder leſen, daß St. Paulus ſpricht: Epheſ. am $.
Die Kirche Chriſti ſey nicht allein ohne Flecken, ſon⸗
dern ſey auch herrlich, illustris et gloriosa. Und
ſollen uns auch ſolche Gedanken einen trefflichen Muth
machen, wider den Teufel und Welt, ja wider un⸗
ſere eigene Vernunft, die von ſolcher unſrer Gerech⸗
.. tigfeit nichts wiſſen, ſondern ung ſtets zu Suͤndern
und Ungerechten machen wollen.
- — —
26 . Dom Schag der Glaubigen.
3 Was haben wir von diefer Gerechtigkeit ®
Den vr Bir find nun GOtt Lob und Dank, durd das Blut
senStandgprifti wiederum in den vorigen Stand der Unſchuld
er Uns
fan. gebraht, und haben Das Ebenbild GOttes in volls -
7.
kommener Gerechtigkeit, wiederum erlanget. Und
weil wir neue Creaturen worden ſind, ſo iſt auch
Himmel und Erden mit uns neu worden. Auf Er⸗
den wohnet eitel Gerechtigkeit; Im Himmel wohnet
eitel Gnade, die beide umfahen, herzen und kuͤſſen
ſich. Ach! immer Schade, daß wir ſolches nicht gla
ben, und ſolches unſerm neuen Stande nicht gemaͤß
leben ſollen, nemlich in Freuden une Dankſagung
zu GOtt. Ja, immer Schade, daß und dieſe heilt
ſame Lehre nicht beſſer ſoll gefihärfet, we tiefer ins
Herz geprüdet werben. N, |
Wir find auh vor GOtt aus Gnaden geredt,
um des Blutes ZEfu Ehrifti willen, mit welchem
wir in’ unfrer Taufe befprenget und gebeiliget find,
ob wir wohl: von Natur arme. Sünder find, und
täglich viel fündigen. | |
Dies iſt unfer Name, den hat uns GOtt gu
geben, Eſ. 0. Mein Boll follen eitel Su
rechte feyn. Ja wir find die Gerechtigkeit felbft,
wie St. Paulus 2 Eor. 5. fpriht: GOtt hat feis
nen lieben Sohn, der von feiner Sünde
wußte, für und zur Sünde gemadt, auf
Daß wir würden in ibm die Gerechtigkeit.
Hiebei follen wir ed auch Iafien bleiben, und uns
für nichts anders halten, auch von und nichts ans
ders hoͤren, denn Daß wir für GOtt gerecht feyn.
Mer dir dies faget, den höre, denn’ er faget die Wahr;
beit, Wer dir ein anders faget, den höre nicht, denn
er faget dir eitel Lügen. Daher feriht St. Paulus
Gal. am 5. In libertate, qua Christus nos libe-
ravit, state. (beitehet in der Freiheit, womit uns
Ehriftus befreiet hat.) Ob er fagen wollte: Stehet
%
%
Mom Schaf der Glaubigen. 27
in der Gerechtigkeit Ehrifti, und laſſet euch dieſe
,Herrlichkeit und diefen Ruhm nicht nehmen.
4 Mag man dies wohl für wahr. halten und glauben ?
As ja! Wer die von Herzen glaubet, und ſichaldener
dafür halten Fönnte, der wäre ſelig. Denn er hätteZron aus
ewißlich ein frienfam und fröhliches. Gewiffen fein Ben
Sebenlang, und könnte alle Lehre urtheilen, und mit
beiden Fuͤſſen über vie böllifhe Schlange und vers
dammliche Welt berlaufen. Lieber GOtt, was iſt
ed doch, Daß und dein Sohn JEſus Ehriftus durd)
fein Blut ſolche ſchoͤne Gerechtigkeit erworben, und
in unferer Taufe gefhpentet bat, und wir follen ed
Doch nicht glauben? Ach! iſt ed nicht zu erbarmen,
und mit heiffen Thränen zu beweinen, daß und Chris
ftus erlöfet bat, und wir follen nody bingeben, als
hätten wir feinen Chriftum, und wären nicht erköfet?
Erbarme ed GOtt! Daß wir gerecht find, und follen
und doch nicht dafür halten, fondern für die Leute,
Die wir nicht find, und halten? Muß denn Adam
mehr feyn dem Chriſtus? Natur mehr feyn denn
Gnade? Glaube es aber frei, mein allerliebfter Chriſt,
. und halte dich nur im wahren Glauben wider deines
Herzens, aller Welt und aller Teufel Urtheil für
heilig und gerecht, wie dich denn dein GOtt felber
halt: Du kannſt dich wahrlidy ‚nicht zu heilig und
gerecht halten in Chrifto Jeſu. Du bilt vor GOtt
fo heilig und gerecht, ald ver HErr JEſus Ehriftus
ſelbſt iſt. Wenn du in deinem Slauben zum hoͤch⸗ Niemand
ften geftiegen, und dich in Chrifto heiliger und ge: tann au.
rechter achteft und hielteft, denn einen Engel, fo bift alauben
du dennoch nur auf den erften Stufen, Denn deine
Gerechtigkeit ift nicht„allein des Bluts, fondern auch
Des Gehorſams Chriſti Gerechtigkeit, welches Gehor⸗
ſams Chrifti fi Fein Engel rühmen fann. Es muß
ja Chriſtus weit mehr feyn, denn ein Engel, und
Fin)
28 Dom Schatz der Slaubigen.
wir armen Leute beforgen ung, wir möchten zu viel
glauben, und und 'felbit Damit betrügen, Da wir Doch
unſere Gerechtigkeit nicht ausglauben Fönnen, wenn
wir auch taufend Zahr mit vollem Geiſt daran glaus
beten. Darum vergebe ed GÖtt denen, Die uns
ſolche ©ereditigfeit aus dem Herzen predigen, Da wir
doch Billig nichts anders darinnen haben follten, und
alle unfere Gerechtigkeit in unferm Herzen beitätiget
wid. Ah GOtt! thue und unfere Augen auf, und
vermehre und unfern ©lauben, zu Lob veines heilis
gen Namens,
5. Bin ich denn in CEhriſto durch den Glauben vollkom⸗
mentlich gerecht vor GOtt?
Wir And Freilich: Denn Chriſtus hat uns dazu neue Gerech⸗
gerenier tigkeit erworben, daß wir für GOtt ohne Sünde
inEpripe.und unfträflic feyn follen, und uns die Sünden nicht
follen zugerechnet werden, die wir doch leider in bies
fem Leben unter des Geifted Kampf haben behalten.
Ja nicht allein dad, fondern wir follen auch für
GOtt vollfommentlich gerecht feyn, aller Dinge, wie
Adam vor feinem Fall geweſen, ja wie JEſus Chris
——
·—
2, Mus ſelber if. Das wollet ihr ja wohl merken und
17° behalten. Denn gleich als, und Adam feine fündliche
Natur angeerbet, und alfo mitgetheilet hat, Daß fie
unfer eigen worden: Alſo bat und JEſus Ehriftus
feine Gerechtigkeit angeerbet, und alfo mitgetheilet,
Daß fie unfer eigen worden.
6. Haben wir auch wohl fo viel Gerechtigkeit als
\ . Sünde 4
- Birte&z ſcheinet wohl, als hätten wir nicht fö viel Ge⸗
| Geredtig:rechtigfeit, ald wir Sünde haben, weil wir die Sünde -
| ae fühlen, aber die Gerechtigkeit nicht fehen. Aber in
Ä Eprito. Wahrheit haben wir eben fo viel Gerechtigkeit von
Ehrifto, als wir Sünde haben von Adam, wofern
Rai
- „Der Sünden bringen. Denn davon fend ihr erlöfet,
Rom Schatz der Glaubigen. 29
wir anderd die Augen unfrer Vernunft zuthun, und
dem Worte GOttes folgen: Ya der Gerechtigkeit
taufendmal ‚mehr, ald der Sünde: Wie St. Paulus
gar meifterlih und tröftlih ſchleußt, Römer am 5.
Hat uns Adam, der ohnmaͤchtige Menſch, Tönnen
viel Boͤſes anerben, wie follte und denn Chriftus,
der allmächtige gütige GOtt, nicht überfchwenglich
vielmehr Gutes anerben fönnen ? .
Diefen Artikel follet ihr, meine liebe Kindlein, Bofiir
ja wohl ftudiren, und in dieſer Kunft follet ihr Mas Etri⸗
giftri werden, auf Daß ihr willen möget, was ipr,ften bal⸗
für GOtt ſeyd, und wofür ihr euch halten foller,'"" ſouen
nemlich, für nichts anders, denn für lauter lebendige
Heiligen, vol Reinlichkeit und Gerechtigkeit, vie
GOtt gefällig ift. |
Darum, meine Geliebten, haltet euch ja felbft
im wahren ©lauben geredht, und rühmet euch folcher
Gerechtigkeit mit freudigem Herzen, und lafiet euch
Durch des Teufels Lift nicht wiederum unter Das Joch |
und giebt eudy nicht mehr zu fchaffen, und troöftet
euch mit diefem Troſt in allen Anfechtungen und
Nöthen. Denn der Schat, welden wir in Chriſto
JEſu haben, fol viel höher von ung gehalten wer,
den, denn ber Schade, den wir in Adam haben.
oo. |
7. Bas höre ih? Haben wir in Ehrifto beffere Gerech⸗
tigkeit, als wir in Abam verloren haben?
Ta halte es dafür, daß zwei Dinge vornemlich ſeyn, Ja, 1. um
bie wir vollkommlicher durch Chriſtum befommen, Ehriti
denn wir fie zuvor durch Adam verloren haben, Das tigkeit
eine ift die Gerechtigkeit, oder uͤberſchwengliche Er⸗ wilen.
füllung des Geſetzes, die da fiehet im Leiden und
Gehorſam Chriſti, dadurch wir alle auf Erden ge
rechtfertiget werden. Denn Chriftus, der nicht allein
ein Menſch, fonvern auch ein geliebter Sohn GOt⸗
tes ift, bat viel vollkoͤmmlicher dem Gefeß, oder der
30 Vom Schatz der Glaubigen.
Gerechtigkeit GOttes genug gethban, denn je bie
menſchliche Natur gefonnt hätte, ob fie gleich nicht
gefallen wäre, oder auch die englifche igund iſt. Ders
’ halben fo folget aus dieſem, dieweil die Gerechtigkeit
oder Erfüllung des Geſetzes, durch Chriftum gefcher
ben, unfer ift, und in der Zaufe gefchenfet und ges
geben, daß wir für GOtt viel gerechter, und ihm
‚viel angenehmer find, denn die menfchliche Natur,
fo fie nicht dur die Sünde verberbet wäre, bitte.
feyn können. Ä
umb Das andere iſt, daß wir itzund eine groͤßere Ver⸗
einigung mit GOtt haben, denn wir in der verderb⸗
Vereini⸗ ten Natur gehabt hätten, oder auch die Engel itzund
haben. Denn GOtt hat unfer Zleiih angenommen,
Ehrino. und hat gewollt, Daß wir Fleiſch vom Fleifh, und
Gebeine Chriſti feines‘ Sohns und unfers Haupts
wären. Welche Bereinigung mit GOtt, wie groß
fie allpie in den Erftlingen des Geiftes fey, und wie
vollfommen fie in jenem Leben werden. wird, mir
igund mit unfern Sinnen nicht begreifen, vielwenis
ger mit Worten ausreden koͤnnen.
8. Haben wir Beffere Gerechtigkeit als Adam, ſo müflen
‚wir ja ganz gerecht feyn?
Ein tan Iſt es nicht alfo? Gleich wie wir von Ratur arme .
biger it in Suͤnder find, alfo find wir aus Gnaden gerecht, und
ganz * alſo gerecht, daß wir um der Gerechtigkeit willen
recht. nicht mehr follen für Sünder geachtet werden, ſonſt
wäre alles falſch und betrüglich, was die Schrift von
der Herrlichkeit unfrer Gerechtigkeit revet: Und wäre
befier, wir böreten nichts von unferer Gnaden Ges
rechtigfeit, wenn fie nicht follte die Sünde beveden,
ja die Sünde. wegräumen, auffrefien und verfchlins
gen, Was rufen denn bie einäugigen Papiften viel
von Sünden? Und ift nicht recht, Daß etliche ſpre⸗
chen, wir find Wunder s Xhiere, oder doppelte Men⸗
fhen, halb Sünder, Halb gerecht? Sind wir noch
ET ” — 5 7—— — —
———— ——
-
’ Wom Schaf der Glaubigen. 80
Sünder, fo find wir nicht gerecht: Sind wir aber
gerecht, fo. find wir nit Sünder, oder ich wollte
um meine Gerechtigkeit nicht ein Knippelein geben.
Mir find gereht, Das ift unfer Name, dabei foll es
bleiben, und fein Xeufel foll uns einen andern Ras
men *F Schandflecken anhängen. Dieſe Stimme
ſoll allein gelten, die ſollen wir hoͤren, die fol in
unſern Ohren und Herzen klingen. Wer aber diſe
Gerechtigkeit Chriſti nicht hat, der gehe immer hin
zu den Papiſten, und laſſe ihm ſagen, was er ſey,
und was er machen ſoll, damit er anders werde, das
kann ich ihm wohl goͤnnen. Ich aber will die Gnade
GOttes nicht verachten, noch mich anders geſtalten,
als ich in Chriſto bin, der Satan mag mich geſtal⸗
ten oder ungeſtalten, wie er will.
9. Erklaͤre dich etwas beſſer wegen dieſer Gerechtigkeit.
Die Gerechtigkeit, ſo uns der HErr Chriſtus durch er in
fein Blut erworben, und nach feiner froͤhlichen Aufs ewig ge⸗
erftehung in unfrer Taufe und gefchenfer hat, ift eine seht,
ewige Gerechtigkeit, Pf. 119. Deine Gerechtig⸗
Leit ift eine ewige Gerechtigkeit. Eſaiaä
51. Der Himmel wird wie ein Rauch vers
geben, und Die Erde wie ein Kleid veralten,
und Die Darauf wohnen, werden dahin ſter⸗
ben, wie das: Aber mein Heil bleibet ewigs
Iih, und meine Gerehtigfeit wird nicht
verzagen. Das iſt, alles verfchwindet und verges
het wie ein Rauch, auch menſchliche Gerechtigkeit in -
den Heiligen, wie man in täglicher Erfahrung aus
vielen Exempeln fiehet: Aber vie Gerechtigkeit Chris
fit uns einmal’in der Taufe gefchenket, vergebet nicht
wie ein Rauch, fondern bleibet vet in Ewigkeit.
Denn das Wörtlein Ehatat, welches ver Prophet
bie gebraudyet,. heißet nicht allein consternari, ers
fchreden, verzagen, fondern heißet auch prosterni,
conteri, defioere, fallen, zunicdyte werben, und auf⸗
82 | Dom Sag! der Glaubigen.
hören. Und bald hernach ſpricht er: Meine Ges
rechtigkeit bleibet ewiglich.
Dan. 9. Siebenzig Wochen ſind be—
ſtimmet über dein Boll, und über deine
heilige Stadt, fo wird dem Webertreten
gewehret, und die Sünde zugefiegelt, und
die Miffethat verföhnet, und die ewige Ge
rechtigkeit gebracht werden.
10. Was deiſet bad Woͤrtlein ewig allhie?
Bas wie Nicht allein das, was ſich in dieſem Leben pwar
allhie
beiſfſet.
wohl anhebet, aber in fenem Leben allererft vollens
det wird: Wie es zugehet mit unfrer Gerechtigkeit,
welhe man nennet: die Gerechtigkeit des Geſetzes
oder die thätige Geredhtigfeit; fondern es heiſſet auch,
und vornehmlih an diefem Ort, was fi allhie ans.
hebet, und währet für und für unfer Leben durch,
Eutperus, Obne Aufhören in alle Ewigkeit. Denn fo leget es
D. Luther aus in dem ſchoͤnen Confitemini, über
die Worte: Seine Güte währet ewiglid,
und fpridt: Dad Wort ewiglih foll nit
verftanden werden allein von der Güte im
Himmelnad diefem Leben, da ein ewiges
Leben feyn wird: Sondern daß bebräifche
Wort Olam heiffet, das wir fagen zu deutſch,
immerdar oder für und für, €3 ſey ewig
oder zeitlich. Inſonderheit aber ſchreibet Johann
Forſterus, daß das Woͤrtlein ewig von einer immer⸗
waͤhrenden und nie aufhoͤrlichen Zeit ſoll verſtanden
werden, wenn ed von OOtt, oder von feinen gnaͤ⸗
digen Berheiffungen geredet wird, denn diefelbigen
find in Ehrifto JEſu allefamt Sa und Amen, 2 Cos
rinther 1.
Lutherus fchreibet abermal in feinem Fleinen Cas
techismo: Chriftus hat mich erlöfet und era
worben von allen Sünden und vom Tode,
auf daß ich fein eigen feyn foll, und in ſei⸗
nem
— — —— ——7 — -
Dom Schat der Glaubigen. 55
nem Reih unter ibm leben foll, in ewiger
©erechtigfeit, ewiger Unſchuld, und ewiger Freude
oder Seligkeit.
Eben fo in unzähligen. Gtellen, befonders am
Sonntag Miferieordias Domini. _
Es ift gar fein Zweifel, wenn ein Menfdy ges
taufet wird, fo wird er in der Taufe vor GOtt fo -
rein und ſchoͤn, als die liebe Sonne, daß gar feine
Sünde mehr da bleibet, fonvern eitel und ewige Ges
rechtigfeit: Das ift, ein Getaufter ift eitel Gerechtigs
feit, und feine Serechtigfeit ift eine ewige Gerechtigkeit.
Soll vemnad dad Wörtlein ewig nicht allein von
der Vollendung im fünftigen Leben, fondern auch
von der vollftändigften Bolllommenpeit und Dauer
in diefem Leben verftanden werden, Darum, wenn
die Schrift faget: Wir haben von Ehrifto eine ewige .
Gerechtigkeit, das ift fo viel gefaget, als eine ewig
währende Gerechtigkeſt, die nimmermehr aufböret,
oder von und foll gendmmen werden. Denn fo eis
klaͤret Lutherus das Wörtlein ewig, wie igt gehöret,
und feget zu vielen malen für das Wort Emwig das
Wort ewigwährendp: Als da er fchreibet über
den andern Pſalm, vom rechtfertigenden Glauben,
pag. 89. Chriftum ift darum fommen, daß
er den Ölauben an feinen Namen predigen
und aufridhten follte, daß er des Geſetzes
Ende fey: Wer an ihn glaubet, der fey fo
lig, welder Slaube die Erfüllung ift aller
©efege, eine immerwährende Gerechtigkeit,
ein Werf göttliher Majeftät, eine Toͤdtung
Des Fleiſches, eine Auferwedlung des Gew
ftes, ein Sieg der Welt, ein Sieg des Flei—
ſches, und ein Steg der Hölle x.
11. Was it denn endlich deine Meinung ?
Dies ift meine Meinung, nemlich, daß wir Chris
ſten, in unfrer Taufe, aus dem heiligen Blut von
dem erftandenen Chrifto eine fefte, beſtaͤndige
3
34 Vom Schatz der Glaubigen.
und immerwährende Gerechtigkeit bekommen
haben, welche uns fein Unfall zerrütien, noch zw
nichte machen fol, auf daß wir ftets unfere Natur
und täglihe Sünde damit beveden können. Was
wollen wir mehr? |
‚Bieiber: Dies ift mein Schaß, damit ich mein eigen Herz
aus tröft- und andere betrübte Gewiffen, fo da an ihren Werz
Echter fen und Buße verzweifeln, und große Angit haben,
| tröfte und aufrichte. Dies iſt der güldene Kern des
heiligen Evangelii, ja Das einige wahre Evangelium
felbft, dadurch der heilige Geiſt gewaltig und fräftig
ift, und unfere Herzen befricdiget und erfreuen Es
ift die große Macht GOttes, dadurch den Teufel
der Kopf zertreten, feine Pfeile aufgefangen, und
fein ganzes Reich zerflöret wird. Denn allen andern
Troft kann er dir nehmen: Aber Das Ewige, wels
ches du von GDtt haft, kann er dir nicht nebmen.
Denn das follen wir wifjeg, (welches weder alle
Papiſten, Sophiſten und Gpötter weder Gelahrte
und Ungelahrte von Herzen glauben, Daß uns der .
Sohn GOttes, mit feinem heiligen und theuren Pur⸗
purblut, nicht fallende und vergängliche Suter, Die
" wir eine geringe Zeit, zur Zeit unfrer Wohlfahrt,
| wenn wir auf beiden Füffen fteben, allen gebrauden
Fönnen, erworben babe, fondern daß er und feite,
unbemwegliche und immerwährende Güter, welche wir
zur Zeit unfers Unfalld, wenn wir gefallen find, ges
brauchen follen, zu unferem Troſt Heil und Geligfeit
erworben habe, und wie St. Daulus ſpricht, 2 Theil. 2.
Chriftus bat uns geliebet, und hat uns ewigen Troſt
gegeben. "
12. Kannſt du Died auch beweiſen, daß unfere Gerechtig⸗
feit, die wir in Chriſto haben, eine ewige Gerech⸗
tigkeit ſey?
Dr Ehri Daß fie ewig, feit und unbeweglich ſey, wie ein
rechnigterit Berg GOttes, iſt aus dieſen Gründen offenbarlich.
iſt ewig. Denn
| ui GE 7 Bu DE — —7— — — 5 nn u — 5 7 u
. +
0
Dom Schatz der Glaubigen. 85
Zum erſten hat fie GOttes Blut und erworben. ı. Denn
Yet. 20. Nun muß es ja traun- nicht ein geringes, fett. mid
fondern ein großes, nicht ein vergängliches, fondern Ziut ere
ein ewiges Gut feyn, das und GOttes Blut ermwors worden.
ben bat. Das kann ein Berftändiger wohl abnebs
men. Daher jdhreibet Theodorus, Dial 2. Damit
du nicht gedenkeſt, unſer Heilfey unvolltoma —.
men, ſo bat der HErr ſelbſt das allerheis
ſte Opfer für uns geopfert. Ja, unſere Ge⸗
rechtigkeit iſt in Chriſto gegruͤndet, denn er iſt fuͤr
uns gerecht, oder er iſt unſere Gerechtigkeit, um wel⸗
ches willen uns GOtt für gerecht will halten. Gele.
ne Gerechtigkeit ift unfere Gerechtigkeit, der wir uns
alfo annehmen und rühmen follen, als unfer eigen,
1 Eorinch. 1. Nun iſt aber Chriſtus ewig ges
recht, und feine Gerechtigkeit ift eine ewige Gerechtig⸗
feit, der er nimmermehr fol noch kann beraubet
werden. Derowegen fo find mir aud ewig gerecht,
und unfere Gerechtigkeit iſt eine ewige Gerechtigkeit,
der wir nimmermehr in Gwigfeit follen verluftig
werden. Iſt Derowegen fatt und genug, daß der
HErr ChHriftus gerecht iſt, ob wir ſchon für ünfre
Perſon in dieſem Leben nicht: gerecht feyn koͤnnen.
Denn GOtt will anfehen feines Sohns Gerechtigkeit,
‚ und fid) ‚gerne daran begnügen laſſen, und um des⸗
willen den ganzen Haufen, fo ihm anhanget, für ges
secht fchägen,
413. Bringe mir Beweis bei,
| Zum andern, fo hat fie uns ja der Sopn GOttes⸗. Sie iR
felbft in der Taufe gefchenfet, wie follte fie uns denn. CE
nicht ewig bleiben? Denn mit den Gütern und Gaswiverrufs
ben GDttes, die GOtt giebt, bat ed ja Diefe Ges hen ge
legenpeit, daß ed beitändige und unmandelbare Güter
fegn, weil fie von Grund des Herzens herfommen,
wie St. Paulus fpriht, Roͤm 11. GOttes Gas
ben laſſen ſich nicht ändern. Darum fo „muß unfre
3
— —
86 Vom Schatz der Glaubigen.
Gerechtigkeit, die uns Chriſtus ſelbſt geſchenket hat,
um ihres Stifters willen eine ewigwaͤhrende Gerech⸗
tigkeit ſeyn. Hieher gehoͤret dies theure Sprüchlein
Irenaei, lib. 2. adr. haeret. Wo uns GOtt der
Herr felbft vie Seligkeit niht geſchenket
hätte, fo hätten wir fie wahrlih nicht fefte:
Fun fie und aber GOtt gegeben bat, fo bas
ben wir fie feft und zur ewigen Befibung.
14. Ich möchte wohl gerne mehr Beweis hören.
g.@ieit Zum dritten bat und ber Sohn OOttes nicht von
aus Got: ihm felber, fondern aus Rath, Willen und Geheiß
tes Rath GOttes feined himmlifchen Vaters gegeben, der fie
verchret. uns zugedacht bat aus froͤhlichem Herzen, ehe der
Melt Grund ift geleget werben, auf daß fie unfer
Hauptgut fey, daraus wir feine große Liebe gegen
uns follen erfennen. | .
Hievon handelt St. Paulus ganz tröftlih, Ephef.
am 1. GOtt hat und erwählet durd
Ehriftum, ehe ver Welt Grund iſt gele—
getworden tem, er bat underwählet,
nach dem Wohlgefallen feines Willens, zu
Lob feiner herrlihen Gnade. ‘ Und:abermal:
Wir find auh zum Erbtheil fommen, Die
wir zuvor verorpnet find, nah dem Bow
faß Des, der alle Dinge gewirfet, nadı dem
Rath feines Willens Darum fo muß ja unfere'
Gerechtigkeit ein ewige, unmiderruflihe Gerechtigkeit
ſeyn, welde der Sohn GOttes nimmermehr von
uns: wenden will, weil’ fie gegründet ift im Herzen
GOttes, und bemahret im Himmel, da fie ja nie
'mand verlegen Tann. Daher faget St. Petrus,
1 Petr. 1. daß unfere Gerechtigkeit fey ein unvers
vergänglihes, unbefledtes und unverwelk
Tihes Erbe, verwahret und behalten im
Himmel
4
. 4
Dom Schas der Slaubign. 7 ST. |
“
+ !
.
\ Zum vierten, wird und ja unfere Gerechtigkeit von A. 8ie |
Ehrifto gratis, aus Gnaden und umfonft, das immirnohne
ohne eine Condition und Beding, oder ohne Anfehen vition ges
unfrer Wuͤrdigkeit, oder Hinderung unfrer Unwuͤr⸗ſcheutet.
digfeit gefchenfet und gegeben. Denn dies find Pauli
Worte, Rom. 3. Wir werden ohne Verdienft
gereht. Iſt dem alfo, fo muß nothwendig folgen,
Kraft dieſes MWörtleind, daß feine Unwuͤrdigkeit fo
groß fürfallen fönne, die und an der gnädigen ju-
stiication hinderlich feyn ſollte. Denn ih muß nıcht
gedenfen, daß mid) mein HErr Chriſtus heute oder
anfaͤnglich für gerecht halte gratis, ohne Anfehen meis
ner Unmwürdigfeit, morgen aber und hernach foldhes
nicht thun wolle, wegen meiner Unwuͤrdigkeit: Was
wäre dad für eine Veränderung des Lichts und Ges
müth8 in Chrifto? Sondern daß er mich für und
für umfonft, ohne Anfehen meiner Unwürdigfeit, ges
recht fchäße und halte. Denn unfere justification Wag das
ift ein ewiger Fluß in dem Herzen JEſu Ehrifti über Wörtfein
unfer ganzee Leben. Und dad Wörtlein umfonft fehelet y. a
aus nicht geringe Sünde oder Ungerechtigkeit, fon N
dern bie allergrößeften Sünden, und die allergrößefte
Unwürdigfeit, damit die Gnade Chrifti defto fcheins
barer fey, und deſto größere Ehre habe. '
Von dem Wörtlein umfonft ftehen viel trefflihe
"Sprüche in gelehrter Leute Büchern, oo
Lutherus Gal. 5. Ehriftus allein machet
mich gerecht, umfonft, das ift, ohne alle
meiner Werke Zuthun, und ohne alle meis
ner Sünde Verhinderung.
Beſiehe au D. Phil. in locis pag. 205. Brent.
in cap. 3. Rom. 195. Urban regium in Catech.
p- 85. et 86. Ä
\ 15. Haft du auch wohl mehr Beweis?
/
“,
58 | Dom Schag der Glaubigen.
16. Iſt auch noch mehr Beweis vorhanden ?
Sie in Zum fuͤnften wird uns ja unſere Gerechtigkeit von
geibentes Chrifto zu dem Ende geſchenket, daß fie unfer ewiger
‚sum ewi: Troft und ewige Heil fey, Damit wir und wieder
sent nfere tägliche Sehler, wider die Bloͤdigkeit unſers
. Herzens, wider die fihredlihe Dräumworte ded Ger |
feßes, wider die Anfechtung ded Teufel, wider das
Verdammen der Welt, und wider ale Blicke des
goͤttlichen Zorns tröften und aufhalten follen. Denn
- weil wir von Natur Sünder find, und Darzu leider
täglich viel fündigen, oft wider allen unfern Willen
und Borfdß, fo lange wir in dieſer Welt unter fo
vielen Reizungen bleiben, und Darüber am zarten
Gewiſſen liederlich verfehret, und durch die Draͤuung
Des Geſetzes. Item, durch die Tyrannei Des wachens
. den Teufels, und durch andere Blicke erfchredet wer⸗
. den: &o bat unjer lieber Heiland Mittel und Wege
getroffen, dadurch ſolchem Jammer möchte begegnet
und gerathen werden, nemlidy feine eigene Gerechtige
feit, damit er uns befleivet hat, auf Daß wir daraus
ewigen Troſt hatten. Denn um unfrer armen Sees
len Heil, Troſt und Seligkeit willen ift alles gejches
ben, was von Chrifto gefchehen ift,. wie Eſaias faget:
Der Gerechtigkeit Nup iſt ewige Stille und
Sicherheit. Und St. Paulus, 2 Theſſal. 5. Chris
ſtus hat uns geliebet, und gegeben einen
ewigen Zroft. Darum fo muß die Gerechtigkeit
auch ewig feyn. =
17. Haft, du noch mehr Beweis ?
Diioue Endlich werden wir arme Suͤnder auch darum ge⸗
Sn rechtfertiget, durch dad Verdienſt Chriſti, nach dem
reden Borfap GOttes aus Gnaden, auf daß wir GOttes
. iebe daraus erfennen, und ihm von Herzen dafür
Danfen follen. Ewig Lob will der himmliſche Vater
für folhe Wohlthat haben, nemlih, daß er und ſei⸗
nen lieben Sohn zur Gerechtigkeit gemachet hat, wie
Vom Schat der Glaubigen. 39
David finget, Pfalm 113. Gelobet fey des Herrn
Name von nun an biß in: Ewigfeit: Bom
Aufgang der Sonnen bis zum Niedergang.
fey gelobet des Herrn Name
Darum fo muß aud) ja die Wohlthat ewig und
unvergaͤnglich ſeyn, um welcher willen wir den HErrn
ewiglich lieben und loben ſollen. Denn wer will den
HErrn loben, wenn er nackend und blos iſt, und
ihm die Kleider ausgezogen find? Ja, wer kann den
HErrn loben, Der da zweifelt, ob er gerecht fey oder
nit? Ob fie ihm entfallen fey, die liebe Gerechtigs '
feit, oder aber, ob er fie nod) habe? Ein Zweifler
fann GOtt nicht loben. Darum fchreibet Lutherus
in der Kirchen⸗Poſtill, pag. 74. daß wir darum
"aus lauter Gnade, ohne. Werfe. und Vers
dient gereht werden, auf daß in und ewig
lih rein beftehe, Friede, Freude, Liebe,
Lob und Danf göttliher Barmherzigfeit,
ohne allen Ruhm eigenes Bermögens oder
Zuthuns.
18. Ich habe aus eingefuͤhrtem Beweis wohl eingenom⸗
men, daß wir in Chriſto eine ewige Gerechtigkeit haben:
Lieber ſage mir, wenn und wodurch une dieſelbe
geſchenket werde?
Dieſe ewige Gerechtigkeit hat uns der Der ia, wirb
flus angezogen in unfrer Zaufe, da er
in Ge: zgeſchenket
rechtigkeit herrlich gemachet hat, Galat. 3. Wie viel in a
euer getaufet find, die haben Ehriftum ans
gezogen: Das ift, alle Getauften und Auserwähls
- ten find in ihrer Taufe Chriften geworden, und has
ben ven HErrn Chriſtum alfo angezogen, daß fie ein
Leib mit ihm geworden: Ja, nicht allein das, ſon⸗
dern alles, was herrlich in Ehrifto ift, daſſelbe ha⸗
ben fie zugleich mit ihm angezogen, und find deſſen
theilhaftig worden. Als zum Exempel, feiner goͤtt⸗
Taufe.
|
|
|
40 Dom Sag der Glaubigen.
Iihen Weisheit, Gerechtigfeit, Kraft, Leben und Se
ligkeit, daß aljo Feine herrlichere Perfon naͤchſt Chri⸗
fto fann erdacht werden im Himmel und auf Erven,
Es it teisals eben ein Chriſt. Infonderheit aber haben die lies
ne derrli:hen Getauften die Gerechtinfeit Chrifti, fo er ihnen
fe e Adurch fein Blut erworben, angezogen, ald ein Föftfich
ein Eprin. Kleid. Denn gleich als ein lieber Bräutigam feiner
lieben Braut die alten unfaubern Kleider auszeucht,
und zeucht ihr neue reine und. fehöne Kleider an:
Alfo hat ung auch der Sohn GOttes, unfer lieber
Bräutigam, in unfrer Taufe unfere Suͤndenkleider
ausgezogen, wie er felber ſpricht, Zach. 3. Siehe,
th habe Deine Sünden von Dir genommen,
und babe dich mit Feierfleidern befleidet,
nemlih, mit Feierfleidern vollfommener Geredjtigs
keit. Dies befenner ver Prophet Eſaias, daß ihm
ſolches w-derfahren fen, Kap. 6. da er fröhlid und
herrlich foricht: Mein lieber Oheim, der HErr Chris
ftus hat mid) gefleiver mut dem Rod der Gerectige
Teit, "und bat mich gezieret wie einen Bräutigam,
jä wie eine furitlibe Braut, fo Da it in ibrem fürfts
lichen Gewande zur Kirche foll gefuhret werven.
19. Ich böre mit Freuden, daß Chrifti ewige Gerechtigfeit
einem Eöitlihen Schmuck verglichen werde. Lieber,
füge mir, wo diefer Schmuc doch befchrieben
werde? |
Dar ganze Schmuck, damit der HERR Chriltus |
feine Chriſten ſchmucket, iſt befihrieben, Ezeh. 16.
Sch vadete dich mit Waffer, und wujd, did
von Deinem Blut, und falbete did) mit Bal⸗
fam, und fleidete dich mit aeitıdten Klei⸗
dern, und zog Dir Semifhe Schuhe an, und
zierete did mit Kleinodien, und legte dir
Geſchmeide an deine Arme, und gufdene
Kettlein an deinen Hald, und gab dir Haar⸗—
bande an Deine Stirn, und Ohrenringe
Dom Schatz der Slaubigen. 4
an deine Ohren, und eine fhöne Krone auf
dein Haupt. Ih gab dir Semmel, Honig
und Dele zu effen. Wer dies wollte ausſtreichen,
hilf GOtt! welch ein ſchoͤnes und liebliches Gemälde“
follte der daraus machen.
v
Daher wird die liebe Kirche genennet Adıfa, yu; Herrliße
die. 1. Achſa aber heißet, wie es Lutherus auskeges, nr
das ſchoͤne Sretlein mit den rothen Schuhen, dasſareirung
zarte Toͤchterlein GOttes: Item, fie wird genennetder Kirche.
die edle und hübſche Fuͤrſtentochter, im Hohel. Sal.
Kap. 7. Wie ſchoͤn iſt dein Gang in den Schuhen,
Du edle Fuͤrſtentochter. S. Joh. Apoc. 19. beſchrei⸗
bet die Kirche, daß ſie ſey Chriſti Braut, angethan
mit reiner und ſchoͤner Seiden. Und erklaͤret bald
die Seide und ſpricht: Die Seide aber iſt die Ge⸗
rechtigkeit der Heiligen. St. Paulus aber, Epheſ. 5.
darf ſagen, daß die Kirche kein Flecklein und Ruͤnz⸗
lein der Sünden mehr an ſich habe, ſondern daß fie
gar rein fey: Wie auch der HErr Chriftus felber
ſpricht: Joh. 13. Ihr feyd ganz rein. Ya daß fie
nicht allein rein fen von allen Sünden, jondern Daß
fie audy dazu an Gerechtigkeit herrlich fey, wie vom
Glanz der Sonnen, Daß gleich ein Glanz der Ges
rechtigfeit von ihr leuchter und ſcheinet, faget St.
Paulus. u
Es rühmet wohl die Stadt Tyrud, Ezech. 27. daß
fie vie allerhöchfte fey, und fpriht: Ich bin die, aller:
fdiönfte. Uber ein Ehrift Fann „und foll vielmehr
rühmen, daß er der AUllerfchönfte fey, und Daß er an
Schönheit und Gerechtigkeit vollfommen fey, wie
Adam vor dem Kal gewefen, ja noch wohl etwas.
fhöner. Wenn einer rines Chriften Schönheit ſehen
fönnte, der würde fi darüber entfeßen, und mit
großer Verwunderung fpreben: Lieber GOtt! find
- jo fhöne Engelein auf Erden? Ya er würde einen
Christen in hoͤchſten Ehren halten, und. ihn herzlich
lieb haben, wie ihn der HErr Chriftus ha,
VEI4-
we
\
62 Rom Schak der Slaubigen.
- 20. Lieber, fage mir, wie ich diefen koͤſtlichen Schmuck
der Gerechtigkeit Chrifti an mich bringe?
Darasen®8 geſchiehet ſolches nicht durch Werke des Geſetzes,
| Blanben pie unfere Vernunft gevdenfet, fondern durch Den
fe. Blauben an das Blur JEſu Ehrifti, für und ver:
i Y%
gofien, und durch die Taufe, wie der HErr Chri⸗
ſtus felber bezeuget und ſpricht: Mare. 16. Wer
da glaubet und getaufet wird, der wird fe
lig. Alfobald ein glaubiger Menfc in das heilige
Waſſer getaudyet wird, ift er ſchon rein von allen
feinen Sünden, und ift überfleivet mit neuer himm⸗
liiher Gerechtigkeit, nemlih mit der allerfhönften
und lieblichſten Gerechtigkeit JEſu Chriſti, und iſt
aller Engel Freude und Wonne, darf auch nun für
feine Rechtfertigung nicht weiter Sorge tragen, obne
daß er fih von wegen feiner übrigen Suͤnden in
herzlicher Demuth halte, und ſich täglich. immer mehr
und mehr Davon reinige, wie der Herr Chriltus
Joh. 13. ſpricht: Ihr feyd ganz rein, jedod
waſchet eure Fuͤſſe. Derowegen ift noch jemand
unter euch vorhanden, weldher für GOtt noch nicht
gerecht iſt, ver fehe zu, daß er durd Des heiligen
Geiſtes Hulfe, und durch Chrifti Vervienft bald ges
recht werde, ehe der jüngfte Tag komme, daß ift,
er erfenne feine linmwiffenheit und Unglauben, und
glaube von Herzen, Durch die Kraft GOttes, an
ven Herrn Jeſum Chrift, nemlidy, daß er fein lies
ber Heiland fey, welder fein Blut feinethalben vers
gofien habe am Creuz, zur Vergebung feiner Suͤn⸗
den, und verlaffe ſich auf fein Blut fühnlih, fo wird
er gereht von Stund an, und find alle feine Suͤn⸗
den dahin, ald wenn fie etwa in einem Meer erfäus
fet wären, wie ©t. Paulus Römer am 10. fpridt:
Die Gerechtigkeit ift dir fehbr nahe, o Menſch,
nemlid) in deinem Herzen und Munde. Denn
fo du mit deinem Herzen glaubeit, und mit
dem Munde befenneft, daß Chriftus der
es _ DEE > EEE nn u [ —— — — J
| Vom Schatz der Glaubigen. 43
Herr ſey, welchen GOtt von den Todten
zuferwedet bat, fo wirft du geredt und
felig. | Ä
Es muß aber der Saame des Slaubend in un -
fern Herzen ſtets wader bleiben, und nit verlöjcden, ..
ſoll anders die Frucht ver Gerechtigkeit ſtets darauf—
erfolgen, wie St. Paulus 1 Cor. 6. fopreibt:. Wer
dem Herrn ſtets anbänget, nemlich, durdy eis
nen fteten Glauben, der ift ein geiftliher Leib
mit ibm, und iſt feiner Gerechtigkeit theilhaftig.
Iſt aber jemand unter endy noch nicht getaufet, der
lafle fidy taufen, denn Glaube und Taufe müffen bei
einander ſtehen, follen fie anders vie Seligfeit wis
fen. Wer aber an Chriftum glaubet, und getaufet gofar
iſt, der halte gewißlicd Dafür, Daß er vor GOtt, ſid ein -
gänzlich gerecht fey, gerape als hätte er fein Sebenlang
feiie Sünde begangen, fonvdern ale hätte er Das fol. .
ganze Geſetz erfüllet, denn der Gehorſam Chriſti wirn
ihm zugerechnet. Der Glaube an Ehriftum und die
Taufe nehmen alle Sünden vom Menfchen gänzlich
hinweg, und feßen ihn in die Außerfte Erfüllung des
Geſetzes, ja in die ganze Zülle JEſu Chrifti, daß
er fich derfelben mag annehmen, und rühmen, als
feined eigenen „Öuted. Solches Ihun ift GOttes
ernfter Wille, und folder Glaube ift ver einige wahre
chriſtliche Glaube. Wer aber anders glaubet, das
ift, an feiner Gerechtigfeit noch zweifelt, ver 'ift fein
wahrer Chriſt, fonvdern nur ein Zitel» Chrift, ja ein
Undrift, nicht fähig deffen, woran er zweifelt, Wo
aber neue Gerechtigkeit ift, da iſt auch GOttes Kinds
fchaft und daB ewige Leben. Denn foldiem Baum
folgen ſolche Fruüͤchte. | |
— un — — — —
44 Vom Schatz der Glſaubigen.
21. Ach! (ſageſt du) wie koͤnnen wir arme Suͤnder ſo ge⸗
recht ſeyn, wie bu und preiſeſt, iſt doch Fein aͤrmer Volt
: auf Erden, ald eben wir Ghriften? Und ift doch fein
Volk, zu dem man mehr von Sünden prebiget, als eben
wi Chriften? Und bag mehr. feine Sünde bereuet und
beweinet, denn eben wir Chriften? Was ſageſt du und
denn viel von Gerechtigkeit?
Wi Chriſten find zu fhwach im Leben, und haben
. Ieiver viel Sünden, aber -folhe Sünden find und
£uther.
.%
bemäntelt und bededet mit- der Gerechtigfeit JEſu
Chrifti, daß fie und GOtt nicht will zurechnen, nod
ung Darüber zur Rede fegen amı Tage\jeined Gerichte,
St. Paulus iſt hievon befannt. Darum will ich
etliche fchöne Locos aud dem Luthero führen, die
dies fein tröftlich erklären follen.
22. Thut folches, es foll mir Lieb feyn,
Wir ſollen wiſſen, (ſchreibet Lutherus im Pſalm 118,
pag. 578.) daß wir für unſere Perſon, als Adams
Kinder, wohl verdammte Sünder find, und Feine
eigne Gerechtigkeit, noch Heiligkeit heben, aber weil
wir getaufet find, fo find wir äuch in Chrifto
heilig und geredjt, der unfere Sünde von und ges
nommen, und und mit feiner Heiligfeit begnadet,
befleivet und gezieret hat, Wer. fih nun feheuet, zu
rühmen und. zu befennen, daß er heilig und geredyt
fey, fondern immer flaget, er fey ein armer Güns
der, der thur eben als fpräche er: Ich glaube nicht,
daß Chriftus für mid) geftorben, und daß ich ges
taufet fey, und daß mid) Chrifti Blut gereiniget has
be, noch reinigen fönne: Ich glaube auch der Fein
Wort, was die ganze Schrift von Chrifto faget.
Welcher Türke, oder Jude iſt fo verzweifelt böfe,
daß er folches gedenken oder reden follte: In ver
Kirchen-Poſtill, Winters Theil pag. 18. Unter pen
„-—
Vom Schatz der Glaubigen. | AS
Ehriften werden allezeit beiderlei Kranke gefunden,
nemlich, innerlich im Glauben und Gewiſſen, und
aͤußerlich in Werken und gutem Wandel, welcher kei⸗
“nen Chriſtus will, verwerfen, ſondern alle aufgenoms -
men baben, daß die chriftliche Liebe reichlich habe,
darin fie ich übe.
Ibid. p. 169. Es ift Fein Heiliger fo vollkom⸗
men geweien, der nicht Fleiſch und Blut, ja der
nicht einen ſtetigen Streit mit ſeinem Fleiſch und
Blut gehabt haͤtte.
Pag. 210. GOtt laͤſſet zuweilen feine Heiligen
fallen, und wo er es nicht thaͤte, ſollten wohl die
Heiligen fallen in Vermeſſenheit, und ſich zu Abgoͤt⸗
tern machen.
Pag. 133. Gott läffet der ſtolzen Heiligen Hoffs
“art feliglich fallen, auf daß fie.in der Demuth aufs
erſtehen.
Pag. 135. Denn’ eö iſt fein größer, faͤbrlicher,
giftiger Aergerniß, denn dad aͤußerliche gute Leben,
in guten Werfen und geiftlihen Wandel. Dieß ift
Srau Caßbi, die hübſche Tochter des Fürften Zur,
von Mivdian, über welcher 24000 aus Iſrael erfchlar-
gen wurden, Num. 25. Das ift dad rechte Höllens
Thor, und die Dreite Land: Straße zur Verdammniß.
O welch ein greulicher Greuel des Unglaubens und
ungdttlihen Weſens lieget unter dem ſchoͤnen Leben:
Welch ein Wolf unter der Wollen , welch eine Hure
unter dem Kranz.
Pag. 58. Denn alle, die nicht auf die bloße
Güte und Gnade GOtted fi) ergeben und leben,
find alle Gottloſe, ob fie gleich für großer Heiligkeit
Todten auferweden, Sungfrauen und aller Tugend
voll wären. Darum laͤſſet GOtt feine Heiligen fals
len, auf dag fie in ſolch gottlos und verdammlich
Weſen nicht gerathen.
Luther.
46 Dom Schatz ber Slaubigen:
23. Kaunſt du andy noch mehr dieſes Schlages aus dem
Luthero beibringen?
Ta: Denn er fohreibet, ibiv. p. 223. Chrifti Neich
ift alfo gethan, daß feine Chriften nicht vollfommen
heilig find, fondern find in dem Anheben und Zus
nehmen. Darum findet man noch immer unter ih⸗
nen Gebrechen übrig, von dem alten Adam, weldyes
St. Paulus heißer des Nachſten Laſt, die einer dem
andern tragen foll, Sal. 6. Und die Schwadhheit,
die man aufnehmen fol, Roͤm. 15. Wenn nun ein
falfher Urtheiler fommt, und zählet die Früchte des
Geiftes, Gal. 5. und meinet, ſolches find Gebote
und Gefeße, will er nicht glauben, daß ed Chriften
find, wo nidt foldhe Fruͤchte ohne alle Gebrechen
find, und Argert fi) alfo an Chriſto für großer Weis—⸗
heit, ald der aus der Schrift ſich rühmet, er wolle
die Chriften aus den Fruüchten erfennen. Denn er
träumet ihm felbit, die Chriftenheit fey ein vollfoms
mener heiliger Stand, da fein Gebrechen inne fey,
wie ed feyn wird im Himmel unter den Engeln.
"Sage aber, wo redet die Schrift aljo von den Chris
ten? Wer aber die Chriftenpeit erfennet, daß es
ein anhebender und zunehmender Std fen, Der Ars
gert fid) nicht, ob fhon ein Chriſt gebrechlich ift.
Denn er weiß, daß es heißet bei ven Ehriften, Laſt
tragen und Schwachheit dulden. Und daß die Früchte
des Geiftes nicht darum als ein Geſetz gegeben ſind,
ald follte es allerdings fo geben, oder Chriftus
verläugnet feyn, fondern alfo zu verftehen ift es, Die
Chriſten follen gütig feyn, das ift ihr Ziel und Maag,
da fie hin denken. ber bei dem ſtehet ed gleichwohl,
daß fie gütig zu werden anheben und zunehmen, aber
Daneben gar oft ungütig, und gleich widerſamiſche
Srüchte des Geiſtes bringen. Darum wife, Daß Chris
ftus wunderbarlich ift in feinem Heiligen, und hüte
dich, Daß Du niemand richteft oder urtbeileft, es ſey
denn, daß du oͤffentlich fieheft oder hoͤreſt, daß er
!
!
—— — — — — — — — — — -
Leu. us Di En — nd En SE EEE En ” .”. 5
.
|
.
&
7
Vom Schatz der Glaubigen. a
wider dad Evangelium rede und glaube. Denn wer. - -
dawiderredet und thut, Den magſt Du frei urtheilen, -
Daß er außer Chrifto, ‚unter dem Teufel fey, und
bitte für®ihn, und ermahme ihn, daß du ihn ber
kehreſt. Sonft wo du findeft, der das Evangelium _. |
Iobet, und‘ hält eö in Ehren, da halte dich nah ver - - |
Lehre St. Pauli: Wer bift du, der du einen frem⸗⸗
den Knecht richtet? Denn Chriftus will zugleichh
heimlich und offenbar feyn, zugleich ſich finden und
nicht finden laffen. Darum läjjet er unter den Fruͤch⸗
ten des Geiftes, dabei man ihn kennen und fih an
ibm beffern fann, mit unterlaufen etliche Gebrechen,
Damit er fi) verbirget, und fih an ihm ärgern fols
len die freveln Richter.
24. Bas fchließeft du aus biefen Worten ded Herrn
’ Eutheri ?
Diefe theure und treffliche Sprüche Lutheri geben
alle dahin, daß Chriften Sünde haben, und daß fie
GOtt aus fonderlihem Bedenken und Rath zumeis
len fallen laffe, und daß fie gleichwohl vor GOtt ges
recht fenn und bleiben um Ehrifti willen, und daß
man fie derowegen nicht richten. noch verdammen foll,
Es find aber dieje und dergleihen Sprüde Mars
garicha, Das it, Föftliche Perlen, welche man nur
allein den betrübten und erfchrodenen Herzen, vie
fidy felbft an ihrem Leben Argern, und nicht den ros
ben Säuen vorwerfen fol. Denn diefe tretem ſol⸗
de Perlen mit Füſſen, und fahren ven Lehrern zu,
und reißen fie mit Zähnen. |
25, Wie reimet ſich aber ein Sünder und gerecht fepn? |
u Ein Ehriften - Dann - (fchreibet Henricus Rothe inEinenie N
. deecl. 3. arit. p. 116.) ift ein Wunder» Mann: Urs fein
. , , &üutder
ſache, den er ift zugleich ein aymer Sünder, und une ges
ein großer Heiliger. Das find duo contraria im tedt. di
. Yerso rg»
eodem subjecto, das kann ich in keine Dialecticam spectu._
— En EEE nn Sue, |
48 Dom Shag der Glaubigen.
‚ bringen, zualeich ein Günder, und ‘gerecht oder beis
lig ſeyn. Aber es ift recht: In der Ppilofophia ftus
diret ſich auch dieſe Kunſt nicht allein, Die Theolo⸗
gia, die heil. Schrift, die machet Unterſchidd zwiſchen
dem Menſchen, was er iſt, erſtlich für ſich ſelbſt,
ein armer verlorner und verdammter Sunder: Aber
in Anfehbung JEſu Ehrifti ift er zugleich ein großer
Heiliger. Denn er bat und arme verlorne und -vers
Dammte Menfchen erlöfet, erworben, gewonnen, von
allen Sünden, vom Tode und von der Gewalt des
Teufele. Auf daß ich fol fein eigen ſeyn, und in
feinem Reich unter ihm leben, in ewiger Gerechtig⸗
keit, Unſchuld und Seligkeit.
26. Es ſpricht aber ferner eine verfädete arme Seele:
Wer Sünde thnt wider fein Gewiſſen, der leidet Schiffs
bruch an feinem Heil und Gerechtigkeit. Ich Armer babe
ſolches leider gethan: Deromegen habe ich Schiffbruch
genommen an meitem Heil, und meine Gerechtigkeit
verloren. |
un \
Mein lieber Ehrift! Mer Sünde thut wider fein
Gewiſſen, der thut ja nicht recht. Denn er übers
gebet die hohen Gebote feines GOttes, und vers
Dienet aud) damit gebührliche väterliche Strafe: Und
wäre beſſer, daß Fein Chriſt wider fein Gewiſſen fein
Lebenlang fündigte. , Aber dennoch verleuret biemit
ein Chriſt, das ift, ein Glaubiger und Getaufter, fein
Heil nidt. Denn. GDtt giebt feinen lieben Ausers
wählten ein ewige⸗ unvergaͤngliches Heil, auf daß ſie
daraus einen ewigen und unvergaͤnglichen Troſt wider
ihre taͤgliche Gedrechen und Kalle ſchoͤpfen und in
Häufern des ewigen Friedend wohnen follen.
27. Kannft du died auch beweiſen?
Es bezeuget dies GOtt der HErr ſelbſt mit ſeinem
heiligen wahrhaftigen Munde, Eſaiaͤ 51. da er alſo
ſpricht:
Vom Schag der Glaubigen. a
fpricht: Der Himmel wird wie ein Rauch vergehen,
' und die Erde wie ein Kleid, aber mein Heil bleibet
ewiglih. Item St. Paulus, Röm. 8 So iſt nun
nichts verdammliches an Denen, welche in Ehrifto IC
‚find. Und mie ift es auch möglich, daß Suͤnde einen
Slaubigen verdammen follte? Cintemal, da feine
Sünpe ift, wo Glaube if. Der Glaube, ſpricht St.
Petrus, Act. 15. reiniget des Menſchen Herz, ja
den ganzen Menfchen von allen Sünden. Gleich wie
die fündlihen Gedanken, Lüfte, Zuneigungen, Ge
fihte, Wörter und Werke dad Herz, ja den Mens
ſchen verunreinigen, und gleid) ftinfend machen, Matth.
15. Marc. 7. Alſo machet der Glaube dad Herz
und den ganzen Menfchen wiederum rein und wohls
riechend, vornehmlidy wo Die liebe Taufe dazu koͤmmt.
Denn ded Glaubens Eigenfchaft ift reinigen, meipdesßlan:
und. helle machen: was unrein, ſchwarz und dunfel’in oc! u
. war. Und obgleid die Sünde groß ift, fo iſt des are
Glaubens Kraft noch 'größer. Item, ob der Sünde
viel iſt, fo ift vielmehr Kraft bei vem Glanben. Alle
©ünden auf Erden Fönnen nicht ‚ein einiges Fünflein
vom Glauben aufmägen, ich gefchweige überwägen,
Iſt nod) Sünde Da, wo der Glaube ift, fo ift der
Glaube ein Diener der Sünden und nicht der Ges
zechtigfeit, wie &t. Paulus von Chrifto und dem
Glauben ganz meifterlich fehleußet, Sal. 2. Und wie
Tann die Geligfeit befteben, wo man nachgiebt, daß
verdammlihe Sünde da fen, wo der Blaube: ift2
Denn 'Seligfeit iſt ja nichts anders, denn Wegneh>
mung der Sünde. und Verdammniß. Kann einer
zugleich geredyt, und aud ein verbammter Suͤnder
feyn? Der Glaube if ein verzehrendes Feuer, wels
ches gänzlich verſchlinget alle Sünde wie Stoppeln,
daß am Menfhen vor GÖtt nichts überbleibet, denn
eitel leibliche Reinigfeit. Ded Glaubens Ruhm ift,
Sünde von dem Menfchen zu vertreiben, wie vie
Sonne einen Rebel vertreibet. Die Sünde muß dent
Glauben weichen, wie ein Kleines Wölklein der Sonne
‘
wow Rom Shot der Glaubigen.
weihen muß. Aller Welt Sünde find gegen dem
Blauben, wie ein Fleined Blutströpflein gegen dem
großen Weltmeer, welches man Atlanticum nennet,
Sollte die Sünde dem Heil wehren, wie könnte
doch das Heil jemals zu uns fommen? Denn mir
find ja nimmermehr ohne Sünde. Darum wırd
uns Das Heil gegeben durch den Glauben, auf daß
die Sünden, melde vorhanden find, aufhören, und
und nicht mehr zugerechnet werden. Cie werden
durch den Glauben von und hinweg genommen, auf
daß ſie und am Heil nicht hindern follen. Denn
hätten wir Feine Sünde, fo bevürften wir auch feis
‚ned Glaubens und Feiner Vergebung. Summa, wo
Die Sünde mädhtig und wichtig ift, da ift Die Gnade.
noch mächtiger und wichtiger, Roͤm. am 5. GOtt iſt
Lutherus.
reicher von Gnade, und die Sünde durch den Glau⸗
ben und Zaufe zu vergeben, als wir. find mit unfern
Sünden, Ungnade und Unheil zu verdienen. Ja,
des Glaubens eigen und vornehnifte Reih und Ges
walt iſt, rechte große ungeheure. Sünde an und zu
verfhlingen. . . |
Hieher geyoͤret ber theure Spruch Lutheri, Gal. 5.
Die Glaubigen haben Feine Tod-⸗Süuünde,
oder verdammliche Sünde, ſondern nur ab
lein die Unglaubigen. Und ift nicht noch,
daß man Die glaubigen Gemwiffen, welche
ohne dad zart und erfhroden genug finde
mit folhen Eintheilungen verwirre, beträs.
be und erfchrede. Denn haben fie nod ver
dammliche Sünde, fo ift Ehriftus vergebs
lich geftorsen, und fie glauben vergeblid,
und find auch vergeblich getaufet. Es wäre.
denn Sache, fie hatten fi dem Teufel und
allen Laſtern ganzlid ergeben. .
Rom Schatz der Gfaubigen. 51
28. Kann der Satan auch wohl leiden, daß wir ſolches
ohne alles Wanlen fell von Herzen glauben?
O nein! Darum erwecket er ſtets einen Wolf nach
dem andern, der dieſe Lehre anfechten, und das Ge⸗
gentheil lehren muß. Was? ſprechen fie, iſt ein
Menſch gerecht, und ein Kind des ewigen Lebens? m,
Sch meinte, er wäre ein armer Sünder, und ein tur gu
Kind des Todes. Sünder, Sünder, Sünder find wir Sins
wir. Das fage man den Leuten, auf daß fie es er: gerecht
fennen ; Buße thun, und felig werden: Gerade, als aus Guas
wenn wir ed auch nicht wüßten, was wir von Nas ""
tur find, und was wir aus Gnaden geworden find,
und gerade, ald wenn dies nicht alfo erfannt und
gebüßet wäre, daß auch der Sohn GOttes von des⸗
wegen fein Blut vergoffen hat. '
Derowegen finds nur ˖ naͤrriſche und verkehrte Koͤ⸗
yfe, weldje fprehen: Was follte idy armer Sünder
mich für gerecht und Gottes Kind Halten, und mid).
ſolcher Gnade freuen? Ach wer feine Suͤnde nur“
genugfam bereuen und beweinen Fönnte! Meinen, fie
thun dem Herrn Chrifto eine große Ehre daran,
| wenn fie ſich felber für Sünder halten und immer
| trauren: Da fie Doch hiemit ihn und. fein heiliged
„,. Blut aufs Außerfte unehren, und ihre Erlöfung zu
¶Schanden machen. = | |
£; Aber von riefen unzeitigen Suͤnden⸗Predigern
muß man fih dad Evangelium nicht nehmen, nod
den Glauben fchwächen laffen, fondern ‚wider diefels
bigen, als Feinde der Seligkeit, . ernftlih ringen: '
Denn fie, werden uns Chriftum nichts anders machen,
ald er ift, und werden und auch nicht anders machen,
ald wir find, nemlid Soͤhne der Gerechtigkeit, und
Kinder des ewigen Lebend. Zu ſolchem ſieghaften
Glauben, der ven leivigen Teufel und. vie kluge Welt:
überwindet, bat man vonnoͤthen ſonderliche Kraft
und Hülfe des beiligen Geiſtes: Fleiſch und Blut
iſt zu ſchwach Dazu. . or
52 VWom Schatz der Glaubigen.
Ja, wo ein Chriſt gehet und ſtehet, ſoll er frei
und öffentli rühmen, daß er wohl der Suͤnden
halben mit Chrifto am Creuz gehangen, und im
Grabe gelegen, aber nun wiederum mit ihm erſtan⸗
den, und in ihm gerecht und lebendig worden ſey.
Das heißet denn 1. Cor. 1. Wer fih rühmet,
der ruhme fih des HErrn, nemlih, daß er ihm
"von GOtt gemachet fey zur Gerechtigkeit und Leben,
oder Daß er in ihm babe Gerechtigkeit und Leben.
Diefe Wohlthat fol man rühmen und preifen, wider
aller Welt Wüten und Toben, | \
29, Ey wohlan, (wird ein Nuchlofer hie fprechen,) weil
ed mit unfrer Gerechtigkeit alfo beichaffen, fo will
| icch frei fündigen.
Det u:©, argumentiren die nicht, welche in der Wahrheit
rechten felig und gerecht worden, und aus EOtt geboren
Eigen: find. Denn fie haben den Geiſt und den Saamen |
ſchaft. GOttes in ſich, der Iaffer folhe unartige Verfehrtheit |
und Bosheit niht zu. . Die lieben Geligen und |
Heiligen find froh, wenn fie den Troſt ihres ewis
gen Heild hören, Danfen GOtt, und befleipigen
fid) eines neuen göttlichen Lebens und Weſens, wie/
fie denn hiezu von dem heiligen Geift fräftiger Weife
getrieben werden. ie wiffen nicht, wie fie fich dank⸗
barlich genugfam gegen GOtt für foldie Wohlthat
erzeigen follen, und wollten wohl, Daß fie nur ers |
ſtes Tages möchten. in den Himmel kommen, und |
daſelbſt, ein engliſch Leben anfahen.
on autem impii, non sic: Richt aber fo die
Sottlofen, fonvdern die beillofen und gottlofen Her⸗
"zen, weldie fern von Heil und GOtt find, die fühs
ten: folche verkehrte Beweife, durch Eingebung- ihres
Der Bett: Koͤniges, welcher Präftiglich in ihnen wirfet, alle ihre
ofen Na⸗ Gedanken, Worte und Werke. Und ſolches thun ſie
dieſer edlen theuren Lehre zum Schimpf, daß ſie ſie
mögen Damit verdächtig machen bei, denen, welche
Dom Schatz der Glaubigen. 63
ohne das dem Evangelio feind ſeyn, und in ihren
Werken wollen heilig ſeyn, ſind es aber nicht. Denn
die Werkheiligen, das iſt, die Heuchler und die Feinde
des Lebens GOttes, haben getrne, Daß man Boͤſes
aus dem Troſt des Evangelü ſchließe, und ihm einen
Schandflecken anhänge. Aber foldye heilloſe, gottlofe
und verkehrte Leute, die Kinder der Bosheit, welde
unferm Heil Schanöfleden anhängen, und muthwilig
auf die theure Gnade des Heild fündigen, follen
wiffen, daß fie unter die Verdammten gehören, weils .
che ohne Scheu und Aufhören die allergreulichften
Suͤnden begehen, und Daß thre Verdammniß recht
ſey. Denn ſolch Urtheil iſt allbereit über dieſe Ges
ſellen geſprochen. Zwar ven Seligen und Heiligen
fallen auch ja wohl aus ihren Fleiſch abentheuerliche
Gedanken ein, und haͤtten auch wohl Luſt, auf der
breiten Straßen zu reuten: Aber der heilige Geiſt
ſchilt und ſtrafet ſie bald, daß ſie von ſolchem bibſen
Vornehmen muͤſſen ablaſſen.
Das III. Gapiren
Son Gottes Gnade.
le Welcqhes if das dritte Gut des Schates unſrer 6 1].
ligkeit? u u —*
Daſfelbige iſt die Verſoͤhnung mit BO, gefächen y
durch Chriftum, welcher allen Zorn GOttes von und PN
gewandt, und in lauter Gnade verwandelt. - Denn rung mit
fo fchreibet St. Paulus, Roͤm. 5.: Wir find mit
GDtt verföhnet durd den Tod feined Sohnes. Das
ft: GOttes Sohn hat den Zorn feines himmlifchen
Vaters, meldyer wider und brannte, ausgelöfchet, ins
dem er demfelben für und genug gethban, und fein
heilig Blut zur Strafe der Sünden vergoffen hat:
Gttes Zorn ift angebrannt, und hat aufgehöret in, Durd
den Blut JESU Chriſti. Denn fo war «8 beſchlof⸗ pas Binz
A
54 Dom Schatz der Glaubigen.
ſen, der Menſch ſollte leiden, oder GOttes Sohn
ſollte leiden, oder GOtt wollte zuͤrnen. Chriſtus
hat fuͤr uns bezahlet, darum will GOtt nicht mehr
von uns fordern, ſondern will mit uns wohl zufrie⸗
den ſeyn, wie Eſaias ſpricht: Die Strafe lieget auf
ihm, auf daß wir Friede haͤtten. nn
2. Womit hat Eprifius feines Baterd Zorn mehr geſtillet,
als mit ſeinem Blut?
€; bat der Sohn GOttes feines Vaters Zorn nicht
allein geftillet mit feinem Blut, fondern auch mit
ZDR eeinem weiber. Denn da er am Treuz hieng, rief er
„werwes eruberlaut zu GOtt und ſprach: Ah GOtt! zürne
a, nun ja nicht mehr mit dem menfchlichen Gefdylechte,
weil dein Zorn über mich gehet, und ich leide, was
fie verſchuldet hatten. Siehe an mein Blut, und
laß "ta. eine Bezahlung feyn für der ganzen Welt
&unde, und fordere ja feine Strafe mehr von dem
menſchlichen Geſchlecht: Denn ich habe fatt und übers
fott mit meinem Blut gebüßet. Dieſes Gebets ges
denfet der Meifter ver Epiftel an die Ebraͤer am 5.
da er den Sohn GOttes zum Hohenpriefter machet,
in feinem Blut und Gebet nach der Ordnung Mels
chiſedech und alfo fpriht: Chriftus hat am Tage feis
nes Fleiſches GOtt feinem Vater Gebet und Flehen
mit flarfem Geſchrei und Thränen geopfert, und ift
auch erhöret, Darum, daß er Ott in Ehren: hatte,
3. Betet · Chriſtus auch noch itzt für und?
Und 100 Sa: Er hat den Zorn GOttes nicht allein am Holz
Der geftillet, ſondern ftiller ihn noch täglich, ohne Aufs
feinesga-hören, da er figet zu feiner rechten Hand, und bits
ters. tet für uns, denn fo fihreibet St. Paulus Rom. 5.
So wir. GOtt verföhnet find, Durdh den
Tod feines Sohnd, da wir noh Feinde
waren, vielmehr werben wir felig werden
- Dom Schatz ber Glaubiger. 55
durch fein Leben, fo wir nun verföhnet find,
Das find merflihe Worte: Er: meiriet aber: Iſt
Chriſti Tod fo mächtig gewefen, daß er uns hat mit
GOtt verföhnen fönnen: Wie. vielmehr wird fein Les
ben mächtig feyn, und mit GOtt zu verföhnen. Denn :
nachdem Chriſtus aus dem Zode wiederum lebendig
> geworben, und fich gefeget bat zur Rechten GOttes,
hut er nichts anders, denn daß er für uns arme
‚Sünder, die wir täglich fallen, GOtt bitte, daß er
feinen Zorn ja innen halten, und über die armen
Sefallenen nicht geben lafien wolle. Ach GOtt! fpricht
er, zürne ja nit: Denn der Kal ift in meinem
Blut gebüßet, ja der Menſch ift gerecht, warum wolls
teft du mit ihm zürnen? Wie St. Paulus dafelbft
weiter gar tröftlich fhreibet: Darum preiſet GOtt
feine Liebe gegen und, daß Chriftus für- und geftors
ben ift, da wir noch Sünder waren. So werden .
wir ja vielmehr durd ihn behalten werden für dem
Zorn, nachdem wir burd fein Blut gerecht worden
find. Iſt das nicht ein überfchwenglicher Troft, deß
Die Rohen und Muthwilligen ja nicht werth find.
Darum mag der Sohn GOttes billig genennet wers
den Agnus DEI, ein Laͤmmlein GOttes, weldes
hinweg träget nicht allein die Sünde der Welt, fon
dern audy den Zorn GOttes, und beides wirfet in
Die Tiefe des Merrd, |
4 Hat and Chriſtus GOttes Zorn mit feinem Blut
und Gebet in Gnade verwandelt? |
Freilich iſt der Zorn nicht allein in Gott durch Chri⸗ Enten.
ſti Blut geftillet, fondern verfelbe ift auch in ’einegorn ik in
große Gnade, das iſt, Liebe und Freundſchaft ver —88
wandelt. Denn wenn St. Paulus ſpricht: Wirt
find mit GOtt verföhnet, durch den Tod
feines Sohnes, fo meinet er nicht allein,’ daß
per Zorn aufgehaben, fondern daß berfelbige auch
in große brünftige Liebe verwandelt fey, wie er fi
56 | Rom Schag der Glaubigen.
anderdwe ſelbſt erklaͤret, da er ſpricht, Eph. 1. GOtt
hat uns durch feine Gnade angenehm gema⸗
‚het in feinem geliebten Sohn. Das ift: GOtt
bat uns igt fo lieb, wie vorhin, da wir noch in den
Lenden Adams .waren im Paradies zur Zeit der Uns
ſchuld: Denn wir find ist eben fowohl unſchuldig
in Chriſto, als dazumal in Adam, ja viel unſchul⸗
diger, wie ſollte er uns denn nicht lieb haben? Wir
ſind naͤchſt ſeinem lieben Sohn ſeine ällerliebſten
Freunde, die er unter allen Creaturen hat, daß er
auch die Engel nicht lieber haben kann, denn uns:
Ja wir ſind allein ſeine lieben Freunde, wie uns
Chriſtus heißet, Joh. 15. ſondern ſeine herzallerlieb⸗
ſten Kinder, dahin ſich alle ſeine Brunſt neiget, und
Daran er Freude und Wohlgefallen hat: Denn alſo
ſchreibet St. Johannes, 1 Epiſt. 3. Sehet, welch
eine Liebe hat uns der Vater erzeiget, daß
wir GOttes Kinder ſollen heißen. Darum
kennet euch die Welt nicht, denn ſie kennet
ihn nicht. Meine Lieben! wir find nun GOt—⸗
tes Kinder, und ift noch nicht erfhienen,
was wir feyn werden. Wir wiffen aber,
wenn ed erfheinen wird, daß wir ihm gleich
feyn werden. Denn mir werden ihn ſehen
wie er ift.
Dafür, nemlich für GOttes liebes Kind, ſoll fi
nun eim jeglicher halten in ftarfen und feftem Glau⸗
ben, und fol ja feiner Sünde halben an GOttes
Liebe nicht zweifeln. Denn Et. Paulus faget,, Eptef. 1.
daß und EOtt lieb habe aus Gnaden, Das ift, wie
es Lutherus ausleget zu Galatern, ohne unfere Werke,
Berdienft, und ohne unferer Sünde Verhinderniß.
In folhem Glauben jollen wir feber, und fonft von
feinem andern Leben willen. GOttes Gnade fol
unfer einiger Zroft, freude und Leben ſeyn, damit
wir alled, was in der Welt üt, OuF u und Unglüd
überwinden. .
ri — — — — — —
Vom Schatz der Glaubigen. 57
3. Dies iſt ſehr ſchwer, weil ſich GðOtt oftmals ſehr zor⸗
nig erzeiget.
Obwohl der liebe GOtt ſein vaͤterliches Herz und
Liebe vor uns tief verbirget, wie im 31 Pſalm ge⸗
ſchrieben ſtehet und einen zornigen Fluch nach dem
andern, taͤglich über und gehen laͤſſet, und unſer
Herz dadurch gewaltig Fränfet, alfo, daß wir dem
äußerlichen Anſehen nah die Elendeſten auf Erven
ſeyn: Dennoch follen wir foldhen unfern Zuftand für
feinen zornigen Fluch, ſondern für eine väterliche, ggregs
Uebung unfers Glaubens halten, und daß es zu dem: pebet
Ende gefchehe, auf daß Der gnädige Vater zu und onen
fommen, in unfern Herzen wohnen, und uns trö: ziert auf.
ften möge. Denn fpridt er felbft, Efa. 57, Ich
wohne in der Höhe und im Heiligthbum,
und bei denen, fo zerfhlagenen und demü—
thigen Geiftes find, auf daß ich erquide den
Geift der Gedemüthigten, und das Herz
der Zerfhlagenen. Ich will nicht immers
dar badern, und nicht ewiglid zürnen, fons
dern es foll von meinem Angefidht ein Geift
weben, und id will Odem mahen. Das if,
GOtt will die betrübten Herzen inwendig tröften
durch feinen Geiſt, und wenn fie des Unglüds genug
gehabt, will er fie davon erlöfen, und ein neues
Licht, ungehofftes Glüd, zum Zeichen feiner Gnade,
über fie aufgeben laffen, veflen fie fich wiederum
herzlich erfreuen follen, wie Micha. am 7 Kapitel
fpriht: Er wird mic aus meinen Jammer and
Licht bringen, daß ih meine Luft an feiner Gnade
fehen werde, ° |
6. So höre ich wohl, daß die Glaubigen GOttes Gnade
| nicht allezeit vermerken.
Alſo iſt es. Es laſſet GOit fein’ väterlihes SHery&lid ter
und Liebe gegen und nicht allewege oͤffentlich leuchten, EA
%
oe
58 | Vom Schatz der Glaubigen.
ſondern ſpielet mit uns, und verbirget ſich tief vor
uns, und ſtellet ſich ſo fremd, als kennete er uns
nicht, ja als haͤtte er uns von ſeinem Angeſicht ver⸗
| ‚ftoßen. Denn da läffet er. einen Teufel nad) Dem
„N andern, und einen böfen Menſchen nad) dem andern
. aufmachen und über ung fommen, da müffen wir oft vor
Angft ſchwitzen, und und zuvor wünfhen: Armuth,
Krankheit, und andere Widermwärtigfeiten und Unfälle
bleiben auch nicht außen: Gumma, er laͤſſet alle
- Wetter über und gehen, und und inf Anfehen ſeyn,
als wenn wir die Allerelendeften wären, die von
SGDtr felbit geftraft und geplaget werden. Die Welt
figet in flore, in Freuden, wir fiben in dolore,
in Leiden, und wenn wir anheben zu klagen, fo giebt
man ung Eſſig zu trinfen. Daher faget der Prophet
Micha zur Tochter Zion: Liebe Tochter, du mußt
zum Thor binauß, und auf dem Felde wohs
nen, und gen Babel kommen, daſelbſt wird
dir Wehe ankommen, als einer Gebaͤrerin.
Warnm Solches aber geſchiehet von GOtt wohlmeinent⸗
J ⸗ Kenne lih und zu einem guten Ende, nemlih, daß er bie
A, . anterwor: :angeborne Hoffart und Luftfeuche in uns tödte, und
en?. pen Glauben in uns erwmede,
In Noͤthen erhebet ſich ver Glaube, wird thätig,
und ftärfet ſich ‚ aber bei ‚guten Tagen wir er lag,
und ſtirbet. + «+ 73 rund.
Darum fo Hug, über Menfh , und. lerne dich
in GOttes Rath ſchicken. Sprich nicht, wenn ein
Ungewitter kommt: Nun bin id) von. GOttes Liebe
gefhieden, und GOtt zürnet mit mir; fondern ſprich
alſo: GOtt liebet mich, und erläutert meinen Glau⸗
ben, darum will ich ihm ſtille halten, und mich wohl
laͤutern laſſen. Denn ausprüdlich ſpricht die heilige |
hriftliche Kirche, Ef. 77. v. 4 GOtt zürnet
nit mit mir, ob ih wohl allem Jammer
unterworfen bin. Er wird mid erhalten !
bei meiner Kraft, und wird mir Friede
-
|
Dom Schatz der Glaubigen. :59
fhaffen, Friede wird er mir dennod
ſchaffen. |
Und ob es ſchon lange waͤhren wuͤrde, ſo laß
dich nicht irren. Je laͤnger, je lieber. Laß dich von
GStt herzen, daß dir der Angſtſchweiß ausbricht, es
werden edle Kindlein und edle Früchtlein auf ſolch
Herzen erfolgen, und endlich wirſt du mit großen
Freuden und mit großer Herrlichkeit erloͤſet werden.
Hieher gehoͤret das: 8. Kapitel zum Roͤm. und
das 49. Rapitel Eſaia: Kann audh ein Weib
ihres Kinpleins vergeffen, daß fie fi
niıhterbarme über ven Sohn ihres Lew
bes? Und ob fie ſchon dDeffelbigen ver
geffe, fo will ih dein nicht vergeffen.
Siehe, in-die Hände habe ich dich gs
zeichnet. ⸗
—WM
7. Was wirket GOttes Gnade bei den Glaubigen?
Die vornehmſte Sorge eines jeden vernünftigen Men⸗Die Kinds
ſchen fol feyn, daß er einen gnädigen GOtt im Him⸗ ln
mel babe. Denn wer einen gnädigen GOtt hat, Der des ewis
iſt GOttes Erbe, und hat fein vaͤterliches Herz, ſei⸗ sen Les
nen Geiſt, feinen Segen, feinen Schuß, und nad end,
dieſem Leben Dad ewige Leben. Dies alles bezeugen
nachfolgende Sprüche, welthe man tief ind Herz pflan⸗
zen, und wohl darinnen’verwahren fol. Roͤm. 8.
Sind wir GSttes Rinder, fo find wir Ob
: te8 Erben. Gal. am 4 Weil ihr denn Kin—
‚ der feyd, fo hat GOtt feinen heiligen. Geiſt
- in euer Herz gegeben, der fohreiet: Abba,
lieber Bater! ' |
Sal. 2. Allle, die des Glaubens Abrahaͤ
find, werden mit dem glaubigen Ubrahbam
geſegnet, nemlidh, Daß alles, was fie ges
‚ denken, reden und thun, müffe wohlgethan
feyn, und einen glüdlihen Ausgang gewim
nen, zu vieler Menfhen Rup und Heil, Ja
«
*
— — — — —
60 Som Schatz der Glaubigen.
elle ihre Schmerzen müſſen ihnen zum Ba
en dienen.
Ef. 41. Sürdte dich nit, du Würmlein
Sacob, denn ih bin dein lieber Gott, id,
bin ftets bei dir, ich ftärfe dich, ich erbafte
Dich, und helfe dir aus allen deinen Rs
then, durd die rehte Hand meiner Gerede
tigfeit. Denn du bift mein.
Siehe, das. find ‚die edlen und theuern Fruchte
"der Gnade GOttes. Was aber baben Dagegen Gais
| | phas, Herodes, Pontius Pilatus ‚ und andere Gott⸗
= loſe mehr, welche GOttes Gnade nicht baben? Ach
elende uͤber elende Leute!
8. Wem erjeiget der gnaͤdige GOtt ſeine Guabe?
Den De: E iſt SH ber. HErr feinem Menſchen gnaͤdig,
a O9 ſey denn Sache, daß er in Demuth feine vielfaͤl⸗
" pigen, tige Gebrechen erkenne, und feinen lieben Sohn Chris
ftum für feinen Erlöfer annehme, und don Herzen
an ihn glaube, wie er durch den Propheten Ef. 66.
+ fpriht: Wohin fol ich mein Merz und Augen mens
ben? Mur zu dem, der eines zerbrochenen Herzens
it, und ſich fürdtet für meinem Wort. Denn wer
ſich felbft in feinem Herzen niebriget, und ſich für
einen armen unwürdigen Sünder erfennet, den ers
höhet GOtt in feinem Herzen, und. ift ihm fehr hold.
-Denn er bat ein berzlih Wohlgefallen an denen,
welche er felbit erwählet, gewaſchen und bekleidet hat.
Wie er auch im 16 Pfalm ſpricht: An ven Heiligen
und an den rlihen, fo auf Erden find, habe ich
alle meinen Wohlgefallen. Niemand ift heilig. und
herrlich an ihm felbft, fondern wir find allefamt wie
die Unreinen, und alle unfere Gerechtigkeit ift wie
ein beflecket Kleid, faget &f.64. . Aber GOtt hat ung
heilig und herrlich gemachet durch das Blut feines
lieben Sohnes in unfrer Taufe, darum Tiebet er ung
auch herzlich, Eſ. 42, Weil ou fo werth bift, für
Dr Ve Es GEBE
Dom Schatz der Glaubign. 51
meinen Augen, das ift, weil du oßne Stunde und
gerecht bift, mußt du aud herrlich von mir "geachtet
‚werden,: und id habe dich lieb, O ein reidyer und
überfhwengliher Troſt, daß wir arme Würmlein F
GOttes Kinder ſeyn, und von ihm herzlich geliebet
ſollen werden! Aber wir ſollen wiſſen, daß GOttes
Liebe gegen und viel: brünftiger fey, denn die Lies
be unfrer Bäter und Mütter gegen und ill, Denn .
fo faget er, Ef 56. Ich will ihnen einen beilern
Namen geben, venn den Söhnen und Toͤchtern, das
ift, meine liebe Auserwählten follen mir höher ge
achtet feyn, ald Söhne und Töchter, Sie jollen feyn
und heißen: Meine Luft an ihnen, Ef. 62. darum,
daß ich fie herzlich lieb habe. Sirach fchreibet, Cap. 2,
Daß. GOttes Liebe gegen uns fo groß fen, als er
felbft iſt. Nun rechne mir aus, wie groß diefelbe
Liebe feyn muß, und fage mir darnach, Daß wir
arme ſchwache Würmlein unfrer Schwacheit und
Gebrechen halben taͤglich aus GOttes Liebe und Gnade.
fallen. Die Liebe und Gnade GOttes ift alle Mor . . ”
gen neu, faget Jerem. Thren. 3. Aber nicht durch *
unſere Genugthuung, ſondern von ſich ſelbſt, nad)
dem herrlichen Spruch St. Pauli, Epheſ. 1. Er
hat uns verordnet zur herrlichen Kindſchaft von ihm
ſelbſt, durch JEſum Chriſt, nach dem Wohlgefallen
ſeines Willens, zu Lob ſeiner herrlichen Gnade, durch
tee er uns bat angenehm gemachet in dem Ges
lebten. Ä
9. Bie erzeiget GOtt feine Gnade ben Glaubigen?
6 hat und GOtt unfer Vater nicht allein von auf, une
fen lieb, fondern weil er eine Gnaden⸗Roſe ift, Der peiligen
aus eitel Gnade ‚und Liebe fleußet, giebt er ung ®ei
. auch den Geruch feiner Gnaden durch feinen heiligen
Geiſt zu riehen. Er überfchütter und erfüllet unfere
- Herzen mit feiner ‚göttlichen Gnade und Liebe, wie
mit AJuder und Malvafier, daß wir fie gleich fühlen
und koſten, und uns Derfelben herzlich erfreuen, Ach!
2 Dom Schat der Glaubigen.
forechen wir denn, ich weiß ed, und glaube es, ja
id; fühle es, Daß mir GOtt gnaͤdig und zugethan
tft, deshalben ift mir auch noch fo wohl, und id
bin fo überaus froͤhlich. Mir zwar (daß ich von
mir vede,) ift GOttes Huld und Gnade nicht allein
mein Himmelbrod, fondern aid mein Leben Darzu,
Geine Gnade erhält mid) bei dem Leben, fonft wäre
ich vorlaͤngſt geftorben. Dad meinet St. Paulus,
wenn er faget, Rom. 5. Die Liebe (Gnade) GOttes
ift ausgegoffen in unfer Herz, durch den heiligen |
Geift, der uns gegeben ift, ald welcher ıft ver Geh
der Gnaden, und ausdrüdlih alfo genennet wird,
bei dem Propheten Zach. 12. v. 10.
10. Lieber, ſage mir, ob auch GOtt mit feinen lichen
Kindern noch zürnen koͤnne?
War So wenig der liebe GOtt zuͤrnen kann mit ſeinen
. 1808 ı milieben Sohn, eben fo wenig kann er aud mit und
X. den Blau zürnen, Die wir feinen lieben Sohn mit aller feiner
A niheadre Gerechügkeit angezogen haben. Wie kann doch GOtt
nen kön⸗ mit einem Gerechten zürnen? Daher St. Paulus
Me ſaget, daß das Blut Chrifti, welches uns von allen
1 Sünden gewaſchen und geredt gemachet, zugleid
9 GOttes Zorn geftilet, und uns mit GOtt verfäh
net habe, Nom. 5. v. 8 2 Eorinth. 5. Ephef. 1.
2 Eorinth. 1.
Es will aber GOtt der Herr nicht allein unfer
| lieber Freund feyn, fondern er will auch unfer lieber
Vater feyn, wie er fich felbit alfo nennet im Water
Unfer, und diefen lieblihen Namen und durd feinen
| Sohn in unfern Mund geleget hat. Denn er will,
Daß wir ihn follen Bater heißen, und nicht anders,
2 Eorinth. 6. Ich will euer Vater feyn, ihr aber
follet meine Söhne und Jaͤchter feyn.
| Sit er aber Vater, wer will venn feine Liebe
' ausreden, und wer will uns von feiner Xiebe ſchei⸗
. a. dm St, Paulus fpriht, Ephe am 1. BDtt
. Dom Chat der Glaubigen. 63°
Bat und verordnet zur Kindfhaft gegen ihm
ſelbſt, durch JEſum Chrift, nah dem Wohls
gefallen feines Willens zu Lob feiner On“
de, Damit er und hat angenehm gemadet
in-dem ®eliebten: Das ift, weil wir GOttes
Kinder ſeyn, fo find wir GOtt angenehm, und: er
bat und fo herrlich und fo brünftig lieb, daß es
keine Zunge guöreden fann. Denn wer hat doch jes
mals fein Kino gebaſſet? Kein Vater und feine zarte
Mutter fann ihrem Kinplein fo günftig feyn, als
und Gött-der Herr ift, um des Vervienfted und
der Vorbitte feines lichen Sohns willen. Gebet doc),
faget Johannes, welch eine Liebe hat und der Bater
erzeiget,. daß wir GOttes Kinder ſollen heißen?
Dies, daß wir GOttes Kinder feyn, und von
GOtt geliebet werden, if uns foldye große Ehre und
Freude, Daß wir dafür nicht follten römifche Kaifer
feyn, und aller Welt Gut unter und haben, wenn
. wir anders mit Wohlthaten zu fättigen wären, und
‚Der fromme GOtt einen fröhlihen Blick durd fein
väterlihed Herz und Liebe abgewinnen koͤnnte.
11. Iſt GOtt unfer Freund ein Vater, und kann daher
mit feinen Lieben nicht zuͤrnen, wie fömmt e& denn,
daß fie jo vielem Elend unterworfen feyn ?
€; Iaffet fh zwar anfehen, als zuͤrnete GOtt mit
feinen lieben Chriſten, weil er ihnen, von der Zaufedie Glan-
an, bis in die legte Grube, fo manden faurentise
Wind laͤſſet unter die Augen wehen, und ihr armester
Herz mit fo ſchwerem Creuz prefjet, daß fie. oft kaum ſeyn.
Odem darunter holen koͤnnen: Aber das foll_ und
nicht irren. Denn Died gefchiehet von ihm aus gro⸗
ßer Liebe wohlmeinentlih, und hat feinen hohen Mus
- gen. Wenn der freunpjelige GOtt unfern Olauben
probiren will, fo fiehet er fhwarz aus, und fuhret
und wunderliche Wege, ja oft fo tief ınd Elend hin⸗
6 Dom Schab der Slaubigen.
F Hei⸗
en ha⸗
en
geärgert.
ein, daß wir verzweifeln, wieder heraus zu kommen.
Zu dem vergehet audy unter dem lieben Creuz, mas
da an und vergeben foll, und es waͤſchet ın ung,
was da wachſen foll, daß wir zu Teiner „Zeit beffere
Chriften und Heiligen find, als eben zur Zeit des
lieben Creuzes. Daher vermahnet der HErr Chriſtus
feine liebe Jünger, Joh. 14. daß fie nicht erſchrecken
offen vor dem unfreundlichen Angefiht und Anblid
Otte, wenn er mit feinem ſchrecktiichen Wetter, over
mit ſchrecklichen Wellen allerhand Berfuhung und Uns
gluͤcks hinter ihnen her iſt, und will fie gleich erfäus
fen. Nein, ſpkicht er, ftehet nur fein ftille, und
fürdtet euch nicht, es hat feine Noth. GOtt hebet
es wohl wunderlich an mit den Seinen, aber er fuͤh⸗
ret eö herrlich hinaus, Eſaia 28. Wenn er einen von
den Seinen hoch erheben will, fo prüdet er ihn zuvor.
tief herunter. Wenn er body erfreuen will, fo betris
bet er zuvor, bis in den Tod. Deſſen müffet ihr,
liebe Jünger, gewohnen. |
1% Ach! das ift eine hohe und ſchwere Kunſt, wer fie
doch nur wohl praftieiren könnte? .
Freilich iſt es eine hohe Kunſt, ſich GOtt nicht zors
nig einbilden, und vor feinem Zorn nicht erfchreden,
& , »
andre denn er zornig ausfiehet, und alle feine Wetter und
Donnerſchlaͤge über und gehen laͤſſtt. Wahrlih, an
dieſer Kunft hat es faft allen Heiligen gemangelt,, fo
da von Anfang her vor und gewefen find. Denn alle
haben fie fid) geärgert am Ereuz, und baben unter
ihrem Leiden über den Zorn GOttes heftig geflaget,
gerade, ald wären fie von GOttes Zorn verfloßen und
verlaffen.
Job fpriht, Cap. 30. Du bift mir verwandelt im
einen’ Sraufamen, und zeigeft deinen Grimm an mir:
Das ift die Verſtoſſung. Schreie ich zu Dir, fo ants
worteft du mir nicht: Trete ich berfür, fo achteft du
mein nicht. Das ift die Verlaſſung. D
" eds
. Wom Schak der Glaubigen. 65
Desgleichen thut David auch, Pf. 42. da er ſpricht
mit weinenden Augen: Ah HErr! warum haſt
- Du mid verftoßen? Und im. 13 Pfalm klaget er: u |
HErr! wie lange willt du mein vergeffen?
Wie lange verbirgeft du dein Antlig vor
mir? Wie lange foll ich forgen in meiner
Seelen, und mid ängften in meinem Dev
zen täglid, -
Ja, das wohl mehr, der Sohn. OOttes felber,
der Doc) das gnädige Herz feines himmlifhen Vaters
immer gejehen, und wohl erkannt hat, der rufet in
feinem Elend am Kreuz: Mein GOtt! mein
GOtt! warum haft du mid verlaffen?! Jh
beule, aber meine Hülfe ift ferne. Mein GOtt! des
Tages rufe ich, fo antworteft’ du nicht, und des.
Nachts fdyweige ich aud) nicht. Unſere Väter hoffen
ten auf dich, und. da fie boffeten, halfelt ou ihnen
aus: Zu dir fihrien fie und wurden errettet, fie hofs
‚feten auf dich, und wurden nicht zu Schanden. Ich
aber bin ein Wurm, und fein Menfh, ein Spott
ver Leute, und Verachtung ded Volks: Ober’ fagen
- wollte, mir willt du nicht helfen.
. Das heißet man Anfechtung wegen ber Verwer⸗
fung, weldye uns nicht ‚allein ‘von Adam angeerbet
ift, fondern aud vom Teufel mit Gewalt in uns
getrieben, ‚und täglich durch ihn vermehret wird,
Denn fo hätte es Junker Teufel gerne, daß wir uns - “
GOtt ſo einbildeten, und foldye Gedanken von ihm
fhöpfeten. Dem Herrn Ehrifto aber iſt dieſe Ans -
fechtung darum widerfahren, auf dag fie ihm hulfe
fein Leiden ftärfen, und wir. daran fehen mödten,
wie ſchwach er gewefen, und er uns in unfrer Schwad;s "
heit Damit tröftete.
43 Wie fol man ſich doch wider ſolche hochgefaͤhrliche
Ä “ Anfechtung wehren? |
Mir follen wider ſolche Anfehtung von dem Zorn
GOttes mit unjern Herzen ftreiten, und es Dem
| | 5
6 Dom Schag der Glaubigen. .
Teufel Feinesweges einräumen noch, geftetten, daß es
wahr ſey. Alfo auh, da uns gleiih GOtt würde
Mitar: tödten auf dad Schrecklichſte mit Donner und Big,
tem Slansund gleich in die Hölle werfen, wir gleichwohl ſpre⸗
er hen follen: Nun zürnet gleichwohl der fromme GOtt
nicht mit mir, und bat mich nicht verftoßen, viel
weniger verlaffen. Ehe ich Died wollte‘ nachgeben,
wollte ich lieber taufenpmal fterben. Er baue mid
in viel taufend Stüde, und ſichte mid Durch ein
Sieb, und gebe mid den Vögeln und Fifchen zu
freffen, fo follen doch gleihwohl alle meine Aederlein
ſprechen: Wie ift mir GOtt fo .gnädig, um feines.
lieben Sohns willen? Denn da babe ih GOttes
Wort, Das zeuget, GOttes Zorn fey getödtet, am
dies will ich mich halten. Das. heißet Jucta cum
- tentatione, darin ein jeglicher chriftlicher Nitter wohl |
fol geübet feyn,. und an welhem Kampf und Ritters |
fpiel GOtt feine hoͤchſte Freude hat, | |
14. . Woher nehmen wir aber ſolch ein unerſchrocken Herz? |
.- Von Chriſto unferm lieben Zrendo, oder Friede⸗
Fürften, der da fpriht, oh. 14. Meinen. Frie⸗
den gebe ih euch. Denn wenn wir von Ratur
koͤnnten glauben, daß GOtt nicht zürnete, fo wäre
ed ung fehr leicht zu thun, und dürften es bei nies
mand anders fuchen: Weil mir es aber von Natur
nicht haben, koͤmmt ed uns ſchwer an, und müſſen
eö bei dem HErrn Chrifto und feinem Geift Dem
Herzmacher fuchen, ohne deſſen Wirkung nichts im
. Menſchen iſt. u j . ' |
15. Wo GO mit feinen Lieben, wie bishero bewieſen,
. in Wahrheit nicht zuͤrnet, ob er ſich gleich zuweilen alfo
ftellet, fo müffen fie ja von allem Zorn erlöfet feyn ?.
Bien his Du ſchließeſt recht alfo. Denn ver HErr JEſus
Form be, hat fein glaubiged und getauftes Volt von allem -
freiet. Zorn GOttes errettet, welcher Zorn, wo er anders
En
Rom Schatz der Slaubigen.. 67
im Herzen recht gefühlet wird, nichts anders iſt, denn
eitel euer, Höhe und Too: Gleichwie die Gnade,
wenn fie recht gefoftet wird, eitel Thau, Himmel
und Leben if. Denn wo feine Sünde ıfl, da ift
auch fein Zorn, wie Die nachfolgende Sprüche bezeus
‚gen, welche gelehrte Leute bimmlifche Rofen und Vers -
gnügen nennen. |
Roͤm. 5. Nahdem wir durch das Blut
JEſu gerecht worden find, fo werden wir
ja vielmehr durh ihn vor: dem Zorn be .
balten werden.
Epheſ. 2. Chriſtus bat die Beinnfaaft ge⸗
toͤdtet durch ſich ſelbſt, merket das Wort,
getoͤdtet.
1 Theſſ. 1. JEſus bat und von dem zu⸗
künftigen Zorn befreiet.
Ja, wo keine Sünde mehr iſt, da ift eitel Gna⸗
De, eitel värerliche herzliche Liebe und Treue, vie kei⸗
ned Menfchen Herz ermeflen, und feines Menfchen
Glaube faſſen fann. Denn fo fehreibet St. Paulus
Roͤm. 5. Wir find mir. GOtt verföhnet, durch
den Tod feines Sohnes. Wie doh St. Paus
. Se? Alſo, daß Feine größere Verföhnung kann ers
dacht werden. Es wachſen, grünen und blühen itzt
im Herzen GOttes eitel koͤſtliche und wohlriechende
Rojen und Lilien himmliſcher und göttlicher Liebe ge⸗ Trotlich⸗
‚gen und. GOftt hat ein Woblgefallen an und. Wir Beicreis
find die Lieblichfeit des Herrn, wie Mofes fprict,’g bang de
Deut. 33. Das liebliche wird ſicher wohnen. Wir ca |
find GOttes Lüſtlein, Eſ. 62. Bir find GDttes
Liebe, Eantica 3. Welche ihm fein Herz zerbricht,
und ihn nicht ruben laͤſet.
Ja nicht allein das, fondern wir find auch nun
durch den. HErrn JEſum mit GOftt alfo verſoͤhnet,
daß ſeine Gnade nimmer von uns weichen, ſondern
immer und ewiglich über uns walten foll, wie Das
. vibd fpricht, Palm 117. Seine Büte und Treüe
waltet über uns in Ewigleit, Fe er ſelber
6s Dom Schat der Glaubigen.
Ef. 51. Der Himmel wird wie ein Rauch
vergehen, aber meine Gnade bleibet ewig;
lich. Sem am 54. Es follen wohl Berge
weihen, und Hügel hbinfallen. Aber meine
Gnade foll niht von Dir weihen, und der
Bund meines Friedens foll nit hinfallen,
fpridt der HErr, dein Erbarmer.
Denn weil an GDtt eitel Licht und Glanz if,
Zrotliche fo iſt auch feine Gnade eitel Licht und Glanz. Die
Berhrei:jelbe gehet über uns auf, wie eine Sonne, und leuch⸗
buns der tet über und Tag und Nacht, und wir find mit ihr
Snade
@HDttes, ſo umfangen, daß wir daraus nicht fallen koͤnnen.
Sie umleudjtet und alfo, dag wir uns für ihrer lieb⸗
lichen Hiße nicht bergen fönnen. David faget, Pf. 32.
daß uns die Gültigkeit oder die Gnade GOttes nach⸗
‚ folge unfer Lebenlang. Ja fie ift fo fräftig, daß fie
gleich wie ein edlerd Balfam hindurch dringet, und
fih unferm Herzen füfliglih zu Foften giebt. Gebet
doch, ſpricht David, Pf. 34. den fhönen Glanz ver
Gnade GOttes, wie herrlich er über uns leuchtet, und
tes AuadeYugen ‚ und weld einen Schmad hat der in feinem
R. Herzen? Diefer fiehet gewißlich den Himmel offen,
und iffet Brod des Himmeld. Denn was tft die
" Gnade GOtted anders ald der Himmel? Und was
ift der Himmel anders ald GOttes Gnade? Was
ift auch Die Gnade anders, ald Himmel:Brod? Und
was ift Himmel:Brod anders, als GOttes Gnade? |
Ein folder Menſch iſt allbereit im Himmel und Pas
radieds, und genießet das Allernievlichfte, welches
GOtt im Himmel hat, und damit GOtt feine Ens
gel und auserwählte Heiligen täglich abfpeifet: Denn
GOtt fpeifet und Tabet feine Engel und Heiligen im
Himmel nicht mit Marcipan und Malvafier, fondern
om Schatz der Glaubigen. 69
mit ſeinem Herzen. Sein Herz und Liebe iſt der
heiligen Engel, und aller ſeiner Kinder Speiſe, mit
welchen er ſie ſpeiſen, erquicken, erfriſchen und erfreuen
will, ewiglich, und daran fie ſich auch ſollen begnuͤ⸗
gen lafjen ewiglih. Denn wer die Gnade hat, der
hat audy GOtt, und alles was GOttes if. HErr
GOtt! gieb mir deine Gnade, wie du fie mir fhon -
von Emigfeit ber gegeben haft, fo habe ich deine
Sülle, ja fo babe ich alles. Denn deine Gnade tft
deine Güte, die breitet fih- aus, wie die Morgens-
röthe, und theilet mir dich und alle deine Güter.
Sie fann mir auch nichts verfagen, fondern fie laͤſ⸗
ſet fich gerne finden, und leichtlich erbitten, und giebt
eitel Herzenwunfd, ja über Herzen Wunſch. Sie
giebt Träume, und was einem nie geträumet,
16. Kann auch ein jeglicher, obne befondere Gnade,
GOttes Güte empfinden?
E; ift eine fonderlihe Kunft, ja eine fonderliche
Begnadigung und Erleuchtung des Beiligen Geiftes,
ben Glanz der Gnaden GOtted über und koͤnnen
fehen, und. feine Suͤßigkeit koſten. Wo died GOtt
einem nicht aus Gnaden giebt, fo hat man ed nicht.
David konnte ed thun, wie er fpridt int 26 Pfalnı:
Deine Öüte ift für meinen Augen, und
ih wandele in deiner Wahrheit. Denn
GOtt hatte ed ihm gegeben.‘ Es gefchiehet aber ge:
meiniglih im Thal Achor, wenn der Menfc eine
lange Zeit im Finſtern gefeffen, und mit eitel Wer:
muth gefpeifet iſt. Denn nad großer Finfternig
koͤmmt groß Licht, und nach großer Bitterfeit koͤmmt
große Suͤßigkeit. GOtt giebt den Entwöhnten von
der Mil), das ift, feinen weinenden Kindern, feine
Gnade zu erfennen, und auch zu koſten.
J
70 | Dom Schatz ber Glaubigen.
u 47. Biſt du denn in deiner Meinung, dag fih ein Blau»
biger für GOttes Zorn gar nichts mehr fürchten bürfte?
| Ja, dies iſt meine Meinung, und beſter Troſt. Denn
GOtt zürnet nicht mehr mit und, wie Die Kirche aus⸗
brüdlicy befennet, Ef. 24. da er fprüht: GOtt zürs
net nicht mit mir. Aus der Urſache: Denn unſer
lieber HErr JEſus Chriſtus hat nicht allein die
Sünde von und gaͤnzlich hinweg genommen, durch
fein Blut, wie von ibm gefchrieben ftehet, Tev. 16.
Und der Bod foll alle ihre Miſſethat
tragen. Sondern er hat auch zugleich damit dem
Zorn GOttes genug gethan, und ihn geſtillet. Daß
demnach die Getauften nicht allein Abwafhung ihrer
Sünden, fondern auch Entfreiung vom Jorn GO.
te8 erlanget haben, beides zugleich in ber heiligen
Taufe, da fie denn in Wahrheit die Freien, wie fie
&t. Paulus genennet, geworden find. Hieher ge
böret das theure und wertbe Sprüdlein St. Pauli,
welches mit aller Welt Gut nicht zu bezahlen iſt:
Ehriftus bat die Feindfchaft GOttes getoͤd⸗
tet durch ſich ſelbſt, Eph. 2.
Sie Cbri-· Wie hat er aber die Feindſchaft oder Zorn GOt⸗
Rum den te8 getöptet? Daß er nimmer wieder ſtehen und ans
ed brennen fol, denn das beißet toͤdten. Chryfoftomus:
gerödiet, Nichts konnte eigentlicher oder bedeutender gefagt wer⸗
ven. Es heißet nicht: Er hat ihn aufgeldfet oder
‘, aufgehoben, fondern, was nahdrüdliher als alles
biefeß iſt, getödtet: hat er ihn,. fo daß er niemals
wieder aufleben fann. Iſt mir das nicht ein ſchoͤnes?
Und zwar, wenn gleihy GOtt mit und zürnen wollte,
Lieber, wie Fönnte er füglich dazu fommen, fintemal
Barım er deſſen feine Urfach bat. Theologiſch und chriſtlich
ver ia, von den Sachen ‚zu reden, iſt Die Sünde mit von
bigen und weg, und im rothen Meer alſo verſchwunden,
2 dar "daß aud) feine Spur ded Geruchs davon überblieben
*iſt: Es waͤre denn alles falſch, was das Evangelium
. . an: WE .
Dom Schatz der Glaubigen. 71
von der Taufe und Wegnehmung der Sünde lehret
und zeuget: Denn Die Ueberbleibfel der Sünden, für
weldye man den Zorn GOttes nicht behalten will,
Die find mit hinweg, und ift nıchts fünpliches an und
‚überblieben, oder unfer Glaube ift falſch, und ich will.
mit dem Evangelio nicht zu thun haben. Nun ev
zürnet man ſich ja nicht über einen Gerechten, fons
dern über einen, Ungerechten zürnet man, da geböret
der Zorn hin, welcher ift eine Strafe der Sünden.
‚ Died ſollſt vu mir aber auf Muthwillen nicht zies
ben, over du haft fein Theil an diefer Lehre und.
Troft. " Wie ich denn auch hievon alle ‚geiftlofe Heu»
ler, welche die. arme Kirche mit ihrer Ungerechtigkeit
wohl plagen, will ausgefihloffen haben. Denn wis
ren lie von GOtt, fo würden fie ohne Zweifel fich
viel ander erzeigen, und fol graufam tuͤrkiſch Le
‘ ben und Wefen nicht führen, die wilden und ftolzen |
Saͤue. Derowegen gehören fie in eine andere Taufe -
oder Bad hinein, welches Apoc. 20. fein artig bu. .
ſchrieben ift. “
48. Ich könnte dies alled wohl glauben, was bu gar troͤſt⸗·
lich von GOttes herzlicher Gnade erwähnet, wenn mir Ä
meine Sänden nicht im Wege flünden. |
| Jq höre wohl, wo du geheſt. Du ſchlieſſeſt alfo:
Ich bin noch fündhaftig,. darum lieber mih GOtt
nicht fo berzlih, wie du mich bereden willſt. Aber
wife, daß diefer Schluß nichtd tauget. - Denn du
haft gehöret, daß alle deine Sünden von Dir genoms
men find, und daß dir keine mehr zugerechnet wers
den. Sedo, Daß du gleichwohl aufhoͤreſt, und dem
Teufel, deinem Widerſacher, nicht Urfache gebeft, dein
armes-Gewiffen mit Sünden zu’ beſchweren. Toͤdte
die Sünde in dir durd den Kampf des Geiſtes, und
bitte GOtt um Gnade, Werden dir aber feine Suͤn⸗
ven mehr zugerechnet, was follte dich denn konnen
fheiden von der Liebe GOttes? nn
⸗
‘
zen Mn _ıd on . /
72 | Vom Schatz der Glaubigen.
Hievon ſetzet Lutherus einen ſehr feinen Spruch,
3. Part. Postill. Eccl. am Tage Matthaͤi, welchen
du, Lefer, auswendig lerne: GOtt fiehet nıdt
an die Perfon, wie fie vor der Welt if,
verfhmähbet, noch verwirft den Sünder
nicht, er bringe fo viel Sünden, als er
immer wolle, Denn es heißet: Furchte dich nicht,
du Fleine Heerde, denn es ift eures Vaters Wohl
gefallen, euch da8 Reich zu geben. Solches koͤn⸗
nen die Heudhler und Werfheiligen nıdt
leiden,: ja es machet fie rafend, toll und
thöriht, Daß die Zöllner und Öffentlichen
Sünder ihnen follen im Reih GOttes
vorgeben, und fie follen mit ihrer Heilig
keit und hübſchen [hönen gleißenden Wen
Ten ausgeſchloſſen werden. Aber wie foll
man ibm thun, es it GOttes Wohlgefallen
19. Sft denn alfo, wie bishero berichtet, fo muß ja GOt⸗
tes Gnade ewig und unwiderruflich feyn ?
Gottes Freilich it die Gnade GOttes, welche und der
Sredein HErr Chriſtus durch ſein Blut erworben, und in
der Taufe zur Ausbeute geſchenket bat, eine ewig
oder ewigmährende Gnade, welche nimmermehr von
ung, feinen lieben Auserwäßlten, foll entwandt wers
den. Denn bat und GOtt aus Gnaden lieb, ohne
Zuthun unfrer Werfe, und Verhinderniß unfrer
Suͤnde (ed wäre denn Sache, Daß wir muthrillig
und aus Frevel auf GOttes Gnade fündigen woll⸗
ten) was follte und doch an folder Önaden s Liebe
oder an foldyer gnädigen Gnade verhindern? Gnade
ift Peine Gnade, wo fie nicht. umfonft geſchiehet, ohne
unfer Berdienft und Wuͤrdigkei. v
20. Rannfl bu dies auch beweifen!
Beni Warum nicht? Es bezeuger: dieſes der Prophet
alfofeg. David mit einem herrlichen Spruch, Pſ- 80. Ich
_ — u — — — ur.
“
mw .
Rom Schatz der Sfaubigen. 75
will fingen von der Onade des Herrn. \
ewiglid, und feine Wahrheit verfüns
Digen mit meinem Munde für und für,
Und fage alfo, daß eine ewige Gnade
wird aufgeben, und du wirft.deine Wahr;
beit treulih halten im Himmel. Das
it: Ich will Dad Evangelium predigen von der Gnade
GOttes und will es auf eine fonderlihe Art predis
gen, nicht, wie andere Lehrer thun, Die GOttes
Gnade an unfere Wurdigkeit binden, und maden eine
- unbeftändige und fallende Gnade daraus,
- Denn andere Lehrer fagen, wenn’ wir ftehen , fo
ftehe die Gnade GOttes auch, wenn wir aber fallen,
fo falle fie auch, und fo oft wir fallen, fo oft falle
fie auch, und wir haben und der Gnade GOttes nıdht
zu tröften, denn. in dem Ötande, welcher der Gnade
GOttes würdig ift, und fprechen, daß dieſelbe nüße
fey zu Erhaltung guter Sitten: Ich David aber, ver
- ich ein Seelforger bin, und nicht ſehe auf Außerliche
©itten, fondern auf Die elenden Gemiffen, und ver
ich die Sache auf beiven Eeiten gar "erwogen babe; -
in einer Stunde mehr,. denn fie in zehn Jahr, und
mid auf dad Verdienſt meires HErrn Chriſti etwas .
beffer verftebe, id) fage, Daß wir eine ewige Gnade
bei GOtt haben, durch JEſum Chriftum unfern Heis
" land. “
2u. Haft du auch noch mehr Beweis?
Sn demfelben Dfalm führet David GOtt den Herrn
ein mit ftattlihen und wichtigen Worten, alfo res
dend: Ich habe einen Bund. gemachet mit
meinen Auserwählten: Ich habe David
meinem Knecht gefhworen, ih will
2. Bes
weis,
ihm ewiglic erhalten meine Gnade, und .
mein Bund ſoll ihm Heft bleiben Wo . —
aber feine Kinder meine Geſetze ver
Jaffen, und meine Gebote nicht halten
7
74 Wom Schatz der Glaubigen.
würden, fo will ich ihre Sünde mit der Ru
then heimſüchen, und ihre Miffetbat mit
Plagen: Aber meine Gnade will ih nicht
von ibm (Chrifto und feinen Gliedern) wen
den, und meine Wahrheit nit laffen feh—
len. Ich will meinen Bund nidt entheili
gen, noch ändern, was einmal aud meinem
Munde gangen tft. 0
Daher feet D. Georgius Major ad marginem
biefe Glossam: Großer Troft, daß GOttes Ver⸗
‚beißungen um unſrer Sünden willen nicht aufgeho
. ben. werden.
Warum
Gottes
Gnade
Und zwar, wenn GOttes Gnade fo oft follte
aufhören, fo oft wir fündigen, wie Fönnten wir doch
nit aufsderfelbigen einmal recht yewiß feyn? Die Allerheilig.
höre. ſten haben die allerzarteiten Gewiffen, und niemand
‘
fündiget leichtliher und mehr wider Das zarte Ges
wiffen, weder fie, follte darum alles, was "Chriftus
getban, bei ihnen verloren feyn, und darum feinen
gnädigen GOtt im Himmel haben? Da ſey GOtt
für, das ift Peine menfdjliche, fondern eine recht teufs
liſche Anfechtung, ja die allerhoͤchſte Anfechtung Des
‚Teufels, dafür man ſich Freuzigen und fegnen ſoll.
Tröfte und GOtt unfere Genugthuung, daB wir Das
durch die verlorne Gnade GOttes wiederum finden
follen. Wer kann fagen unter allen Heiligen GOt⸗
tes, Daß, wenn er der heiffen Thränen genug vers
goffen, fih fein Herz und Gewiſſen fol zufrieden
geben, darum, Daß er nun einen gnävigen GOtt
babe? Müffen wir nicht alle verzagen an unfes
rer Buße, auch da fie am böheften ift, und nur
allein die Gnade GOttes auf dad Blut JEſu Chriftt
gründen? Dies fiehet man fein aus ven beiden er
ften Stüden der Buße. Denn da lehret ünfere Kir
be, daß wir nicht allein Neue und Leid tragen follen,
fondern wir follen auch glauben, das ift, wir follen
GOttes Gnade vor unfern Augen und unter unfern
Süßen haben, und ohne. Aufbören darauf beruhen:
Dom Schatz der Glaubigen. 75
Welches ja nicht geſchehen Fönnte, wenn fie durch
unſern Fall gänzlich verloren wäre,
22. Kannſt du auch noch mehr Beweis hervorbringen?
Fir 136 Pfalm machet David aus der ewigen Güte, 2.
oder aus der ewigen Gnade GOttes, ein fonderlich
Liedlein, und wiederholet diefe Propofition: GOt⸗
tes Güte währet ewiglich, in Die 26mal, auf
daß wirs ja wohl wiſſen und glauben ſolien, daß wir
in unſern hohen Anfechtungen ‚ von Verlierung der
Gnade GDttes, daraus einen beitändigen Troſt bas
ben mögen.
Ef. 54 Es follen wohl Berge weichen, und Hüs
gel binfallen, aber meine Gnade foll nicht von bir
weihen, und ber Bund meines Friedens foll nicht
binfallen, ſpricht der Herr, vein Erbarmer,
Ef. 55. Jh will mit euch einen ewigen Bund
machen, nemlich, die gewiffe Gnade David: Auf daß.
je niemand gedenke, GOtt der HErr habe allein
mit David einen ſolchen Bund gemachet, und nicht
mit uns andern auch.
Jerem. 31. Ich will mit dem Haufe Juda ei—
nen neuen Bund machen, nicht wie der Bund ge⸗
weſen iſt, den ich mit ihren Vaͤtern machte, da ich
ſie bei der Hand nahm, da ich ſie aus Egypten fuͤh⸗
rete, welchen Bund ſie nicht gehalten haben, und ich
ſie zwingen mußte: Sondern das ſoll der Bund ſeyn:
Ich will mein Geſetz in ihr Herz geben, und in ihren
Sinn ſchreiben, und ſie ſollen mein Volk ſeyn, ſo will
ich ihr GOtt ſeyn, und fie ſollen mic alle kennen,
. und ih will ihnen ihre Miffethat vergeben, und ih⸗
rer Sünden nimmermehr gedenken.
<
273. Bas faget Eutherus hiezu? Iſt er auch in dieſer
Meinung?
Dog er darin fey, kannſt du aus dieſem ſeinem
Zeugniß abnehmen, Alſo ſchreibet er im 117 Pſalm
” 76 Dom Schatz der Glaubigen.
über die Worte: Seine Güte und Treue waltet über
uns in Ewigkeit. Waltet, das iſt, fie regieret über
uns. Es iſt ein Reich der Gnaden, das da guͤltiger
in und über und iſt, denn alle Sünde, aller Zorn
und alles Uebel. Dies Wort hat nie fein Sophiſt,
nod) Merkheiliger verftanden, vermag ed auch fo we⸗
nig verftehen, ald ein Jude und Tuürke. Denn weil
fie mit Werfen wollen zuvor kommen, und Gnade
erlangen, iſt nicht möglich, dag fie follten wiifen,
was Dad Gnadenreih, oder Himmel,. oder Ehrifti
Reid), heiße, fondern ihr "Herz muß alfo ‚ftehen: (wie
mir eö denn auch fund, Da ich ein Sophiſt war,)
wenn fie Gutes thun, fo haben fie Gnade, voenn fie
fündigen oder fallen, oder. Sünde fühlen, fo fället
die Gnade auch, und iſt verloren, muͤſſen fie wieder
um mit eigenen Werfen fuchen und finden: Anvers
koͤnnen fie nicht denken.
‚Aber das heiffet nicht Das Gnadenreich, das uͤber
die Werke waltet, ſondern ein Werkreich, das über
die Gnade waltet. Aber walten, Gabar, Hebraͤiſch,
heißet hier obliegen, und die Oberhand haben und
gewaltig ſeyn: Daß du mußt dad Gnadenreich kind⸗
licher Weife alfo faflen, Daß GOtt habe durchs Evans
gelium einen neuen großen Himmel über und, Die
wir glauben, gebauet, das heißet der Gnaden : Him⸗
mel, und iſt viel größer und fchöner denn dieſer
fihtbare Himmel, dazu ewig, gewiß und unvergängs
ih. Wer nun unter diefem Himmel iſt, ver Tann
nicht fündigen, nod in Sünden ſeyn. Denn es ift
. ein Önaden: Himmel, unendlih und ewig. Und ob
jemand fündiget oder fället, verfelbe fället darum
nicht außer demfelbigen Himmel, er wolle denn nicht
darunter bleiben, fondern mit dem Teufel in die
Hölle fahren, wie die Unglaubigen thun.
Und bald hernach am 553 Blatt.
Ewiglich oder immerdar, ohne Unterlaß und ohne
Ende. Denn dies Reich der Gnaden ſoll bleiben
ewiglich, das.ift, auch in dieſer Zeit fo feſt ſeyn, daß
— — —
Vom Schatz der Glaubigen. ° 77
es nimmer wanfe ober falle, Denn ob wir gleidy
ungewiß find und zumeilen ſtraucheln und fallen,
durch Sünde und Irrthum, fo fället und wanfet
doch Die Gnade nicht, darf auch Feine. neue Gnade
und ander Reid fuchen, fondern es ſtehet da ver
Himmel nod) offen, und daffelbige Gnadenreich wars
tet auf mih, wenn ih wiederfomme Das Schiff
zerbricht nicht, die Taufe höret nicht auf, das Gna⸗
denreich fället nicht, fondern, wie ver Pſalm faget,
währet. ewiglid über und. Falle ich aber aus dem
Schiff, wohlan, fo fteige ich wieder hinein: Wende
ih mid von der Taufe, wohlan, fo fehre. ich mich
wieder dazu: Irre id) von dem Gngdenreich, wohls
an, ich komme wieder hinein: Taufe, Schiff und
Gnade bleiben ewiglih, und fallen noch wanken nicht
Durch mein Kallen oder Banken, fonft müßte GOtt
felber auch fallen, der folde Gnade ewiglic zu hal⸗
ten verheißen bat. |
24. Was nübet biefe Lehre von ber ewigen Gnade
GOttes ? g
Diefe Lehre von ben ewigen Wohlthaten JEſu Chriftisg;, (cp,
ift ein Brunn unfers Heild, nemlich, unſers Troftes, nigtie
Friedens und Freuden, und eine Quelle der LiebedigOnade
und Furcht GOttes. Sie ift eine Wurzel eines froͤh⸗ fey.
lichen, gottfeligen und bußfertigen Lebens. Denn der
. it fröhlih, Der da weiß, und von Herzen glaubet,
Daß er einen ewigen Vater un Himmel bat: Diefer
Tiebet auch GOtt und feinen Naͤchſten: Diefer ift fo
fröhlich in der ewigen Gnade GOttes, dag er feinem ’
Naͤchſten wohl das Herz aus dem Leibe mittheilen,
und Daß er ed im geringften verfiehet, thut es ihm
wehe von Herzen, und bittet feinen herzallerliebften
Bater um gnädige Verzeihung. Summa, dad Evans
gelium, mit wahrem Glauben angenommen, bringet
den heiligen Geift, und alle Gaben des heiligen
Geiſtes. —
— — — — — —— —r
| 78. Dom Schatz der Glaubigen.
Darum laſſet uns ja von Herzen glauben, daß
uns der HErr Chriſtus durch fein Blut, welches
St. Paulus nennet das Blut des ewigen Bundes,
Ebr. 13. Ewige Vergebung, ewige Gerechtigkeit und
ewige Gnade GOttes erworben habe. Und man laſſe
ſich ja diefen Troft nicht nehmen. Lieber GOtt, wie
viel hat ed zu thun, Daß wir glauben follen, wır
haben ewige Gerechtigkeit, und ewige Önade bei GOtt.
Mas wollte aber daraus werden, wenn wir em
wanfende und unbeftändige Gerechtigkeit und Gnade
GOttes hätten, welche zum Theil auf Chrifti Blut,
zum Theil auf unfern Werfen gegründet wäre und
ſtuͤnde? Ah HErr! verfiegele folh dein Wort u
unfern Herzen, und. gieb und foldes veftiglich zu
glauben. Führe und aus Glauben in Glauben, und
vermehre uns täglidy unfern Glauben,
Das IV. Capitel.
Bon der Kindſchaft GOttes.
1. Welches ift das vierte Gut bed Schaged meiner
Seligkeit? |
Die ein: Daffeldige ift Die gnadenreihe Kindſchaft, welche
(haft uns Gott fchenfet, nach der Verheißung, Ofen am 2.
Goties. Es ſoll gefcheben, an dem Ort, da man ihnen ge
“ faget hat: Ihr feyd nicht mein Boll, wird man zu
ihnen fagen: O ihr Kinder des lebendigen GOttes.
Und Ejaik 26. Ich will ihnen noch einen beffern Nas
men geben, denn den Söhnen und Töchtern: Ich
‚will ihnen einen ewigen Namen geben, ver nicht vers
geben fol. Denn fo fehreibet St. Paulus Ephef. 1.
Gott hat uns verordnet zur Kindfhaft
duch JEſum Chriſt, nah dem Wohlgefal⸗—
len feines Willens, zu Lob feiner herrlichen
Gnade, durch welde er uns bat angenehm
gemachet in dem Geliebten.
r
%
— [T 0 [70T -n n — - — — nn — — —
Vom Schatz der Glaubigen. ꝰ9
Denn ſind wir vor ihm gerecht und rein, in der Warum
Gerechtigkeit JEſu Chriſti, ſo kann es nicht fehlen, die Dan
er muß und auch herzlich lieb haben, als eitel reine SShies
und gerechte Crraturen. Er muß und für feine liebe er
Kinder aufs und annehmen, auf den Schooß feßen, eya.·
herzen und kuͤſſen, wie er Eſaiaͤ 62, ſpricht: Du "
follt meine Luft und mein lieber Buhle heißen. Denn '»
wie ein lieber Buble feinen lieben Bublen lieb bat,
ſo will ich meine liebe Kinder lieb haben. Und wie Ä
ſich ein Bräutigam freuet über feiner Braut, fo wll - “.
ih mich über dir freuen. O welde englifhe, ja |
göttlihe theure Worte, voU bimmlifchen herzbrechen⸗
den Troſtes, die man billig nimmer aus den Augen
und Herzen lafien follte, mit welchen man ſtets follte |
zu Bette geben und aufſtehen; Denn diefe unfere
Kindſchaft ift unfere Krone, mit welcher wir aller
Könige und Kaifers Kronen weit ‚übertreffen.
Bon Diefer Kindfchaft GOttes feget der Apoftel
Gal. 3. diefen Spruch: Ihr feyd alle GDttes |
Kinder durch den Glauben, nicht zwar allein |
mit dem Titel und Namen, wie die Welt zumeiln ' Ä
faget, mein Kind, undfmeinet es doch nicht: Sons |
dern mit der That und Wahrheit, ja mehr mit ver .
That und Wahrheit, ald mit dem Namen und Ans
fehen. Denn wenn GOtt einem etwas fchenfet, Das |
fchenfet er ihm fo gewiß und wahrhaftig, Daß man .
ed mit feinem Herzen genug faflen, noch mit feinen
Worten ausreden kann. Die Majeltät ıft höher, ale ?
der. Titel ift: Wie denn fein Redner vie Kindfchaft
GOttes fo befchreiben kann, wie fie im Herzen GOt⸗
tes begriffen iſt. Sind wir aber der hoben Majeftät -
Kinder, fo find wir aud der hohen Majekät. Herz,
dad- ift, das Allerliebfte, was fie im Himmel und
auf Erden hat. Denn was ift liebers, denn ein Kind?
- % Woher haben wir die gnädige Kindfchaft GOttes 9
Weil wir durch Chriſti Blut gerecht find worden,
fo muflen wir auch feine liebe Kinder feyn, nach dem
a nd
- - — — — — —
80 RBom Shas der Glaubigen.
Spurch Pauli, Gal. 4. Ehriftus bat uns die
Kindſchaft erworben. Das ift viel. gefaget:
GOtt hat und arme Würmelein, die wir von Nas
tur nichts anders feyn, denn eitel Sünde und Schre⸗
den, berzlich lieb, viel taujenomal lieber, als ein nas
tüuͤrlicher Vater feine Kinder hat. - Und er bar uns
geſetzet zu Erben aller feiner Suter, die er hat ım
Himmel und auf Erden. Denn find wir Kinder,
fo find wir auch Erben, nemlich reiche GO
tes Erben, wie jämmerlid) wir aud) in diefer Welt
in unfrer Armuth von den Reichen und > Grolgen
verachtet werden, Roͤm. 8. |
— — —
3. Woher lann ich erkennen, daß ich Gottes Kind bin?
1.Beiter($, liebet GOtt der Vater feine angenommene Gna⸗
Gottes. denkinder fo feurig, Daß er feine Liebe über. fie audr
ſchüttet, und fie ihnen zu foften giebt. eine heis
lige görtlihe Liebe ift fo kraͤftig gegen fie, daß fie
‘von dem ausgehet, und die Herzen feiner Kinder
durchdringet, und ſich venjelbigen zu toten giebt,
wie St. Paulus Röm. 5% ſpricht: Die Liebe
GOttes iſt ausgegoſſen in unſer Herz. Ja,
es ſenket ſich GOtt der HErr von übermaͤßiger Liebe
in ſeine Kinder, und ſchuüttet ſich uͤber ſie rein aus,
und vereiniget ſich mit denſelben, daß ſie in ihm,
und er®in ihnen ſey. Fühlen wir dies nicht? Denn
was ift Doc -unfer Himmelreih, und was troͤſtet
doch unfere arme hochbetrübte Herzen in allen "Ans
ftöffen und allen Anfechtungen am meıften,, 'ald das
füße Lüftlein der Gnade GOttes, welches fih und
zuweilen zu foften giebt, und unfere Bıtterfeit lindert?
4. Wobei merke ich ferner GOttes Kindſchaft?
Beier Dabei merke ſie, daß er uns hoͤret, ſo oft wir ihn
ee von Herzen anrufen. Denn fo oft wir aus der
beis, Liefe zu ihm ſchreien, , werden wir inne, daß er un⸗
ſer
A|
Bom Schatz der Glaubigen. 81
fer GOtt und Vater fey, und Daß er berzlich für
und forge, und unfere Sachen führe, als wir nims
mermehr hätten wünfchen koͤnnen. Deromwegen übers
zeuget und GOttes gnaͤdige Erhörung, daß wir feine
lieben Kinder ſeyn: Denn. fo oft wir rufen, werden
wir erhörer, und in Eprifto gefegnet. Was fage ich,
ehe wir rufen, werden wir erböret, und in Chrifte :
gefegnet: Er fommet und zuvor, der fromme und
gnädige Vater, und will nicht ſtets von ung gend
thiget ſeyn.
| 5. Haft dir nicht hievon ein tZeugniß aus Luthero ?
Fo: Alſo ſchreibet er in der Kirchen Poſtill, Win⸗
tertheil, fol. 128. Roͤm. 8. Ihr habet empfangen
den Geiſt der gnaͤdigen Kindſchaft GOttes, vurch
welchen wir rufen: Abba, lieber Vater! Dies Ru⸗
fen fühlet man dann, wenn das Gewiſſen ohne alles
Wanken und Zweifeln feſtiglich vermuthet, und ge⸗
wiß iſt, daß nicht allein ſeine Suͤnden ihm vergeben
find, ſondern daß er auch GOttes Kind ſey, und
der Seligkeit ſicher, und mit froͤhlichem gewiſſen Her⸗
zen in aller Zuverſicht mag GOtt ſeinen lieben Va⸗
ter nennen. Solches muß es gewiß ſeyn, daß ihm
auch fein Leben nicht fo gewiß iſt, und ehe alle Todte,
ja die Hölle dazu leiden follte, ehe er ihm bad neh:
men ließe, und daran zweifeln wollte Denn es
wäre Chriſti reihlihem Thun und Leiden viel zu
nabe, wo wir nicht glaubeten, Daß er uns Das alled
überflüffig Damit hätte erworben, und in ber Taufe Ss
geſchenket.
Wenn aber dies Cain boͤret ſo fegnet er ſich mitvie Welt
Händen und Fuͤſſen, und ſaget vor großer Demuth:bältee tür
Ei behüte mi GOtt vor der greulichen Kegerei und eine Ders
Vermeſſenheit. Sollte ih armer Sünder fo boffärtig beit, ſich
und vermeſſen ſeyn, und ſprechen: ich ſey GOttes no ante
Kind?. Nein, nein, ich will mic) bemüthigen und zu halten.
für einen armen Sünder erkennen. Diefe lag fahren
Ze j | ö ‘
⸗
ee 5—— — Su |
2 Dom Schatz ber Glaubigen. |
und hüte did vor ihnen, als vor den großen Keim |
den des chrütlichen Glaubens ‚und deiner Seligkeit.
Wir andern wiffen auch wohl, daß wir arme Güns
der find: Aber bie giled nicht, anfehen was wir find
und thun, fondern, was Chriſtus für und iſt, und
getban hat und noch thut. Wir reden nicht von
‚ unfrer Natur, fondern von GOttes Gnade, Die fo
vielmehr: ift, denn wir, fo viel der Himmel Höher
ift, denn die Erde, und fo weit der Aufgang iſt
vom Miedergang. : Dünfet e8 Did groß feyn, daß
du GOttes Kind fegeft, Lieber! fo lag dich aud
nicht Fein dünfen, daß GOtted Sohn kommen iſt,
von einem Weibe geboren und unter dad Geſetz ger
than, auf daß Du ein folh Kind mwürdeft.
6. Kann ich ed auch noch fonft wobei vermerken, daß id
| Gsttes Kind bin?
5. Bei E, zeuget auch fonft der heilige Geift. in uns, im
den rue Dem er unfern Herzen Zeugniß giebt, daß wir GOt⸗
Harn tes Kinder feyn, Roͤm. & Denn dieß Zeugniß des
Eprifi. heiligen Geiftes fühlen wir ohne Adfhören in uns,
wir ſchlafen oder wachen, und ift uns oft fo feltfem
dabei, Daß wir es nicht ausreden können. Das He
wird wohl dadurch bewogen und voll füffer Freude,
der Mund wird auch wohl voll Lachens: Aber mehr
tönnen wir davon nicht reden, weil ed allen Sinn
und Verftand übertrift. Und Dies ift auch der wahre
Glaube an GOtt, nemlicd Das Zeugniß des heiligen
Geifted in und, Damit niemand gedenfe, Glaube fey
ein Bewegniß aus unferm Wiſſen, Geheiß und Kraͤf—
ten erzwungen, wig vie Blinden von der Farbe ro
den, Die ſich nie verfucher haben.
7. Fuͤhlet man auch allezgeit beregte Zeugniſſe der Kinde
0 haft GOttes bei fi? |
GOttver- Nicht allezeit. Denn der gnädige GDtt und Vater
birnet zu: ftellet ſich zu vielen malen, alfo gegen uns, als fey
neönabe er nicht Vater, weil er fo wunderlic und unfreunds
U
Rom Schatz ber Slaubigen. 83
Ich mit und geberdet, daß er uns tief ind Creuz
hinein finfen laͤſſet, und ſich zu derfelbigen Zeit für
und gänzlich verbirget. Aber er ift und bleibet gleichs
wohl Vater, ber is felbft zum Vater gegeben hat, .
und fi) Deromegen nicht verleugnen fann, wie Hiob
am 10. ſpricht: Wiewohl du foldhes in deinem
Herzen verbirgeft, lieber GOtt! fo weiß ich
doch, daß du es gedenkeſt. Denn. dies it GOb
tes Art, und fo hat ers von Anfang gehalten, daß
er feine Liebe vor feinen allerliebften Sreunden und
Kindern zum tiefften. verborgen, und ihnen damit
Ach und Web genug angerichtet hat, Lieber GOtt!
(baben ‚alle Heiligen gerufen in ihren ‘Pfalmen und
Gebeten) wo bit vu doch? Willt du nicht erbören?
Hat deine Gnade und Barmherzigkeit gänzlid, aufs
geböret, und will nicht mehr helfen? Und das alles
bat fein Geheimniß, warum GDtt der HErr feine
Feinde fo zärtlich, feine liebe Kinder aber ‚fo hart
. halt, welches Geheimniß wir zum. Theil aus feines
Worts und Geiſtes Offenbarung wohl wiflen. Denn
wer feinen Sohn haffet, der fchonet feiner Ruthe.
' Daffelbe wäre und traun nicht gut, ver Glaube würde
auch nicht feine Statt und Uebung haben. Wenn
aber das Herz beginnet zu -zappeln, und man ſich
faft müde gerufen hat, fo fommet GDtt mit voller
Maaß, und giebt feinen lieben Kindern mehr, als
>. fie geboffet und gebeten haben, Epheſ. 3. |
| Das V. Eapitel
Von Schenfung des heiligen Beiftes.
4. Welches iſt das fünfte Gut des Schages meiner
Seligkeit ?
Lyriſtus ſchenket ſeinen Kindern nicht allein die gnaͤe( Der hei⸗
dige Kindſchaft, fondern verſiegelt auch dieſelbe inliseSeiß.)
ihnen mit ſeinem heiligen Geiſt, nach der Zuſage
| 68 .
84 Dom Schas der Glaubigen.
Joel 2. Nach diefen Zagen will ih meinen
Geiſt ausgießen über alles Fleiſch. Denn
fo ſchreibet St. Paulus, Sal. 4. Weil ihr denn
Kinder feyd, fo hat GOtt gefandt den Geiſt
feines Sohns in eure Herzen, der fhreiet:
Abba, lieber Bater! Ob er fagen wollte: Weil
ihr Rinder feyd, und GÖtt ein väterlices und müt⸗
terlihes Herz gegen euch träget, fo Tann er ed nicht
unterlafien, er muß feine Gnade an euch verfiegeln.
“ Und weil er nichts hoͤhers noch beflers hat, denn
feinen heiligen Geiſt, fo fohenfet er euch denſelben
zum Pfande, auf daß ihr gewiß Daraus ſchließen fol:
let, ihr ſeyd bei ihm in Gnaden, und feine herzallers
liebften Kinder.
2, Wenn und wie wird der heilige Geift gegeben ?
In ber Der heilige Geift wird allen von GOtt Auserwähls
beiligen ten gegeben in der heiligen Taufe, welches der bödhs
Zaufe. ſten Wunder eines ift, Daß auch GOtt feine Gna—⸗
denfinver feines Geiſtes theilhaftig gemachet, Tit. 3.
GOtt hat und felig gemachet, durch Daß
Bad der Wiedergeburt und Erneuerung
des heiligen Geiſtes, welchen er audgegof
fen hbatrüber-ung reihlid. Reichlich, ſpricht er,
und nicht fpärlih Hat GOtt der HErr ven heiligen
Geiſt auögegofien über uns, feine auserwählte Gnas
denfinder. Wir haben von ver Fülle feiner Gnaden
die Fülle des heiligen Geifted empfangen. Und ob es
ſich fchon anlaͤſſet in unfrer Kleinmüthigfeit und Wehs
müthigleit, als fey ed faum ein Troͤpflein, fo ift es
gleichwohl ein ganzer reicher Strom, mildiglid) geflofs
fen aud dem Herzen JEfu’Chrifti, Weiher Strom
ſich auch endlich ereignet, und gewaltig erzeiget,
wenn er ausgeruhet hat.
t
’
—
unausſprechlicher Troſt, Friede und Freude, erwaͤch⸗
gebaͤhren, neue Herzen gewinnen, und neue Creatus ven.
— .. —7 7 2 ar nn 3) J —— En GE -..-_—n — — — — -—
‚ Dom Schas der Glaubigen. 8
3. Warum giebt GDtt den heiligen Geiſt feihen Kindern?
&; gefchiehet darum, auf daß die lieben GOttes⸗ Daß er
Tinder, unter fo vielen‘ Gebrechen und Anſtoͤſſen, ne
ein gewiſſes Pfand und ‚Siegel göttlicher Gnadenibnen vere
an ihm baben moͤgen, wie St. Paulus bezeuger, Negele.
2 Corinth. 1. Ephef. 1. Ya, daß derfelbe inwendig
in unfern Herzen, wenn wir. am allererfchrodenften
und betrübteften find, mit und rede, und und Der
Gnaden glei mündlich und empfindlich verfichere,
Mom. 8. Denn fo oft wir unfere Sünde und Wis
dermwärtigfeit anfehen, und darüber zappeln, und an
GOttes Gnade anheben zu zweifeln, ift der heilige
Geift da, und richtet unfer armes franfes Herz auf,
und ftörket es mit vielen herrlichen Argumenten und
©prühen, und überzeuget und, daß wir Dennoch
gleichwohl GOttes Kinder find, wie ed und auch er
gehe, und daß und’ nichts fcheiden könne von feiner
«göttlichen Liebe,, wenn wir gleich die allerthorhaftigs
ften, unvorfichtigften, fündhaftigften, verachteften und ' |
elendeften Menfchen auf Erden wären. Woraus denn | 1
et, höher denn .alle Vernunft. Denn wo ein feſtes
ertrauen an GOttes Gnade ift, da ift eitel Troft,
Friede und Freude, aud mitten in Unfälleg, Creuz
und Tod, wie wir fein an den erleuchteten und glau⸗
bigen Herzen ſehen, wie’ fein fie fih in allem koͤn⸗
nen zufrieden geben. J
4. Barum geſchiehet ſolches mehr?
Darnach geſchiehet es auch darum, auf daß die lies Dat ge
ben Gotteskinder durch des heiligen Geiſtes Wieder⸗en sche:
ren werden, weldye nun anheben, GOtt den Herrn
wiederum rechtſchaffen zu lieben und zu fürdjten, wie
GOtt fpriht, Ezech. 36. Ich will einen neuen
Beift in euch geben, und ein neu Herz una
86 Dom Schat der Glaubigen.
ich will ſolche Leute aus euch machen, die im
meinen Geboten wandeln: Denn ver Zwang
fol .ein Ende haben, das freiwillige Gemüth aber
fol allen Gehorfam und alle Opfer verrichten durch
den beil. Geift, auf daß die Werke der Chriften nicht
des Geſetzes, fondern GOttes feyn, das ift, eitel
heilige, göttliche, wahrbaftige Werke, welche oft mit
heißen Thränen befprenget werden, wenn fit dad ges
wünfchte Ziel nicht erreihen. Denn niemand bat
rößer Leid, ald eben die, welche GEOtt am meiften
ieben und fürchten. Ihre Freude ift immer mit
- geiftliher Neue und Traurigkeit vermifchet, welche fie
doch gleichwohl in die Länge überwinden,
5. Kannſt du auch noch mehr Urfachen anzeigen ?
5. Bag Endlich geſchiehet ed auch darum, auf daß der hei⸗
ade lige Geiſt in und ſey ein lebendiger Zeuge ſoͤlcher
(haft zen⸗ Gnaden, und unferm Geift Zeugniß gebe, daß wir
ge GOOttes Kinder find,
6. Wie gehet dies zu?
Wie der Wi. ſolches heimliche jedoch Träftige Zeugen zuges
bei Scifiger, laͤſſet fich leichter fühlen, denn ausreden. Denn
zeuge, wenn der Teufel koͤmmt, und will und die Gnade
abfchneiden, fo ift der heilige Geift da, und flreitet
für uns, und hält unſer Herz feſt in der Gnade,
wie einen edlen Stein im Golde, und confirmiret in
und die Gnade ‚mit göttlichen Argumenten alfo, Daß
wir es in unfrer Seelen fühlen. Und zwar .wo Das
nicht gefhehe, Daß diefer Demofthenes in und wäre,
wie würden wir Doc wider .unferd Gewiflens, des
Teufel, und der unnügen Welt Glamanterei beſte⸗
ben können? Wenn dieſe zu uns einbrüllen, fo ers
muntert fi, der heilige Geiſt und ſprichtz Ah! ent
fege dich nicht, du armes Mürmlein, es hat nicht
. Roth, die theure Gnade ift dir noch nicht entfallen.
W
1. U ED TE END 7 7—
Vom Schatz der Glaubigen. 87°
Biſt du ſchwach, ſo iſt die Gnade nicht ſchwach.
Strauchelſt du, ſo ſtrauchelt die Gnade nicht. Dein
lieber HErr Chriſtus hat dir eine ewige Gnade erwor⸗
ben durch ſein Blut, die iſt dir auch geſchenket worden
in der Taufe. GOtt liebet feine auserwaͤhlten Kin⸗
der mit einer ewigen Liebe, nicht allein wenn ſie
fromm ſind, ſondern auch wenn ſie es verſehen, und
abweichen von ſeinen heiligen Geboten, auf daß ſie
ewigen Troſt aus ſolcher ewigen Liebe haben, und
auf ſolcher ewigen Liebe beruhen, als auf einem ewi⸗
gen Ruhebettlein ſich auch mit dem Vertrauen ſolcher
ewigen Gnade wiederum aufrichten, in ſeinem heiligen
Wege zu wandeln. Denn wer an GOttes Gnade
wiederum verzaget, der tritt nicht auf den Weg des
HErrn, ſondern wird ein Feind GOttes. Es ſol⸗
len, ſpricht er, viel eher große Berge fallen, als
GOttes Gnade. Denn ſie iſt gebauet nicht auf den
Triebſand deines Verdienſtes, ſondern auf den guͤl⸗
denen und feſten Grund des Bluts JEſu Chriſti,
durch welches du mit ihm verſoͤhnet biſt. Darum
gieb dich wohl zufrieden, und ſorge nicht, wanke nur
nicht, GOttes Gnade wanket nicht, zürne du nur
nicht mit GOtt, er. zürnet nicht mit dir. Solch
lieblich Saitenfpiel treibet ber heilige Geift in den. ber
trübten Herzen.
Er führet fie auch zu GOtt, und lehret fie ſchreien
in großer Demuth und Andacht, Abba, lieber Bater!
zu Zage und zu Nacht, wenn alle Waldyögelein
ſchlafen. Denn die Herzen des lebendigen heiligen
fehlafen fie doch in Seufzen, und in der Anrufung
des Namens GOttes, und werben über folhem Win:
feln erböret, und fommen doch höher als fie nie bes
gehret haben, Ihre Feinde aber gehen mit Schrecken
zu Grunde.
}
Geiſtes fhlafen nicht, und ob fie gleich fehlafen, fo
„MDaß er
X Vom Schatz der Glaubigen.
z. Was wirket der heilige Geiſt mehr bei GOttes
Kiüdern ?
Der HErr JEſus ſchenket ihnen den heiligen Geiſt,
fein Reihdaß er in. ihnen wohne, und fein Reich in ihnen aufs
in ihnen richte, ſtaͤrke und erhalte. Er madhet fie heilig durch
aufrichte
"dad Anrühren, und durd die Gemeinſchaft feines
Weſens. Denn wo dad große Heiligtbum, der heis
lige Geift it, da ift aud) wahre Heiligkeit, und Die
felbige Stätte heißet heilig. Er erleuchtet fie, und
giebt ihnen ihr Heil und Herrlichkeit zu erkennen,
wie St. Paulus 2 Cor. 3. fehreibet, daß er fie führe
aus einer Klarheit in die andere. Auch flärket .er fie
am Glauben, und verfichert fie ihres Heils und ih⸗
rer Herrlichkeit, welche fie von Chriſto und in Chris
ſto haben. Denn er ift ver Herzens Prediger, und
giebt ihrem Geift Zeugniß, daß fie nicht, allein rein
und gerecht, fondern auch GOttes liebe Kinder ſeyn,
in der Herrlidjkeit dei Vaters, Roͤm. 8. Item, Daß
fie Erben feyn ded Paradieſes. Woraud ihnen denn
entftehet ein unausfprechlicher Troft, Erquickung, Friede
und Freude, Denn das Reich GOttes, welches der.
heilige Seift in den Olaubigen und Getauften aufs
richtet und erbauet, ift über alle Vernunft und Aus
reden, er lehret fie fein andaͤchtig beten, ja er felber
betet in ihnen mit unausſprechlichem Seufzen. Solch
Geufzen aber vernimmt und erhoͤret GOtt, Roͤm. 8.
Er verneuret fie auch täglic; mehr und mehr, und
madhet fie gleihförmig dem Bilde Ehrifti in. Gedans
ten, Worten und Werten, wie &t. Paulus fprict,
2 Cor. 3, Wir werden verwandelt in daß
Bild Ehrifti, aus einer Schönheit ..in Die
andere. Denn die Pflänzlein Chrifti find feines
Safts voll, fie haben feine Natur und Eigenfhaft.
Inſonderheit aber behält der heilige Geiſt die Glau⸗
bigen in wahrer Demuth, und madet, daß fie fi
vor hoffartigen Gebärden und Worten fhämen müß
ſen. Er reizet fie auch zur Keuſchheit, Gütigfeit,
” —— — — — — —
”
1 ts EEE — nn ⏑ —
Dom Schatz der Glaubigen. 89
Lindigkeit, Wohlthätigfeit. - Er: giebt Reue und Leid,
‘ da fie ed im geringſten verfehben und etwa einen
Chriften mit harten Worten betrübet haben, und
machet fie aus allen Faͤllen vernünftiger und froͤm⸗
mer, Nah dem Willen find die Chriſten ganz neu
und göttlih, Denn ob gleich die tnnerlichen Affeften
und Die dußerlihen Werke nicht ftetö gut find, fo iſt
doch der Wille gut: Das iſt der Vortheil ber Chrissen pn
n Chri⸗
ſten, und nah diefem Willen. find fie GOtt fehr an⸗ſten Wille
genehm. Fallen fie aber in Sünde, fo gefchiehets '
wider ihren Willen und das ift ihnen fo leid, daß
fie dargber lange bitterlich weinen. Er tröftet. fie
aud) wiederum, wider folche ihre tägliche Fälle: tem,
wider MWüten der Welt und wider alles Unglück.
Endlich hilfet er Ihnen den Tod überwinden, und. |
fehenfet ihnen das Herz Simeonid, bi daß er fie
auferwede zur offenbaren Herrlichkeit, Ä
8. Zu was Ende wird dies alled ermähnet?
und nicht ein mächtiger großer Troft, daß wir arme
fündlihe und fterblihe Wuͤrmlein lebendige Tempel
Zu beinem Troſt gefchiehet folches Denn iſt es Die@ins
wohnung
des beili⸗
—5. | gen Geis
des heiliges Geiſtes, und göttliher Natur und We—ſtes iſt ſebr
fens theilhaftig feyn follen? Wie Eönnte uns EOdtt "RM.
böher ehren, und ſich näher zu und thun, denn Daß
er und feinen Geift giebt? |
Dies ift ein fol groß Verbuͤndniß zwifchen ung
und GOtt, daß ed fein Herz audgründen und Feine
Zunge ausreden kann. Denn wohnet der Geift in
mir, der in GOtt wohnet, fo wird er ja freilich
die Heimlichfeit, welche ich bei dem Herzen habe,
GOtt offenbaren. Ja, GOtt wird glei meine Noth
und: Gebet durch Gemeinfhaft des Geiftes fühlen.
Weiter wohnet der Geift in mir, der in GOtt mohs
net, fo mird er mir freilich wiederum Die Heimlich⸗
fichfeiten GOttes, nernlich, feinen geneigten und vaͤ⸗
. terlihen Willen gegen mir offenbaren. Ja, ich merne
90 | Vom Schak der Glaubigen.
‚gleich die heimliche Liebe GOttes, durch Gemeinfchaft
des heiligen Geiftes in meinem Herzen fühlen, wie
St. Paulus fohreibet, Röm 8. daß der heilige
Geiſt unfern Herzen und Gewiffen Zeug
niß gebe, Daß wir GOttes Kinder feyn.
9 Wie fol ich mir dieſen Troft fein chriftlich zu nuͤtze
machen? .
&; fol ein jeglicher. Glaubiger und Getaufter Dafür
halten, daß er ſey ein lebendiger Tempel des heiligen
Geiſtes, und daß der heilige Geiſt leibhaftig "in ihm
wohne, woandele, berrfhe und regiere. Wie man
e) Dadik,denn ja feine a) Gegenwart und Wirkung wohl füh
"er werlet, mo man nur ein wenig Achtung auf fein Herz
ſenilich. giebt, | |
Er fol fih auch folder großen Gabe fröhlich ruüh—
men, und darauf fein fanft beruhen, als auf feinem
- Erbgut. Denn e8 ift nicht genug, Daß wir neue
Gerechtigkeit, Kindſchaft und ven heiligen Geift Has
ben: Sondern wir follen auch ſolche himmliſche Guͤ⸗
ter im fröhlichen Glauben beſitzen. Denn wir follen
niht nur Herren, fondern aud Beſitzer des und
dibergebenen: Erbes und der himmliſchen Güter feyn;
wir follen unfer bimmlifhes Erbe nicht allein ems
pfangen, fondern. audy nehmen und halten, wenn
wir vaffelbige nicht durch Trägheit und Undankbar⸗
keit wieder verlieren wollen. Was follen uns vie
hönen Aepfel, wenn wir verfelben nicht wollen ges
rauhen? Was follen und Gotted Gaben, wenn
wir uns berfelbigen nicht wollen tröften, erfreuen,
damit beluftigen, und derfelben uns rühmen? Denn
Gott hat uns feine Güter darum gegeben, daß wir
Damit prangen, und ihm Dafür ein ewiged Halle
Iuja fingen ſollen. Ä |
—
L Ze — 5— ———— 55— 77 BE
Vom Schatz der Glaubigen. 91 |
| 10: Willt du mich von diefer hochtröftlichen Materie nicht
mehr berichten ?
Jq habe davon noch vielmehr zu berichten, als ich
ſchon berichtet habe: Aber ich will ſolches bis ins
1 Capitel des vierten Buchs verfparen, dahin ich Dich
‚will verwiefen baben..
Das VI. Eapitel,
Bon der Erbfhaft des ewigen Lebens.
1. Welches iſt das fechöte Gut des Schabes meiner
- Seligteit? |
D affelbige ift das ewige.Leben, ‚welches wir haben Das em
aus dem Blut JEſu Chrift. Denn ob wir wohlꝰ
die allerliebſten Kinder GOttes ſeyn, dennoch ſind
wir allhie auf Erden allem Leiden unterworfen, und
muͤſſen endlich des Todes ſterben. Aber wir werden
im Tode nicht bleiben, ſondern am juͤngſten Tage
wiederum auferwecket werden zum ewigen Leben.
Hievon ſtehet ein ſchoͤner Spruch, 1 Cor. 15.
Gleichwie ſie in Adam alle ſterben, alſo
werden ſie in Chriſto alle lebendig gema—
chet werden. Das iſt ſo viel geſaget: Von Adam 4
haben wir Suͤnde und Tod, aber von Chriſto haben
wir Gerechtigkeit und das Leben. So wahrhaftig
als wir von Adam die Suͤnde und den Tod haben,
ſo wahrhaftig haben wir auch von Chriſto die Ge⸗
rechtigkeit und, das Leben. Hat uns Adam die Suͤnde
und den Tod anerben koͤnnen, wie vielmehr kann
uns der HErr Chriſtus die Gerechtigkeit und das
Leben anerben. Haben wir in Adam der Sünde
und des Todes viel, fo haben wir in Chrifto der,
Gerechtigkeit und des Lebens deſto mehr. Denn Chris
ſtus muß ja über alle Maffen viel mächtiger feyn,
und Heil witzutheilen, als Adam Des Berderben,
92 Rom Schas der Slaubigen.
- wie davon Gt. Paulus gar meilterlih bifputiret,
Nom. 5. dad man ja oft und fleißig lefen fol. Denn |
Dafelbft heißet St. Paulus unfere Gerechtigkeit eine
Gerechtigkeit des Lebens, darum, daß fie nicht allein
Friede und freude im Herzen, fondern auch endlich
das ewige Leben mit ſich bringet.
St. Johannes iſt der Sachen ſo gewiß, daß er
in ſeiner Epiſtel am 5. Cap. ſo darf ſchreiben: Wir
wiſſen, daß wir aus dem Tode in das Leben kom⸗
men ſind. Ob er ſagen wollte: Was will man
viel ſagen vom ewigen oben? Wir find allbereit im
ewigen Leben und haben das ewige Leben. Wir find
nicht Kinder des Todes, fondern Kinder des Lebens,
wo wir gehen und ftehen.
2. Woher haben wir ſolche große Gnade?
Aus der Kindſchaft. Denn find wir GOttes Kin
der, ſo ſind wir auch gewißlich GOttes Erben, wie
St. Paulus meiſterlich ſchleußet, Roͤm. 8. Wer will
aber die Erbſchaft GOttes, welche er ſeinen lieben
Kindern bereitet hat, mit ſeinen Gedanken ausſinnen,
und mit feinen Worten ausreden: Hie muͤſſen alle
gewaltige Redner verftummen. Doc folget gleidy
wohl dies Daraus: Sind wir GOttes Kinder in der
Maſſe JEſu Ehrifti, fo ift der Himmel unfer mit
allen heiligen Engeln, und mit allem, was darinnen
it, wie ©t. Paulus bezeuget, 1 Cor. 3. Es iſt
alles euer, es fey Das. Gegenwärtige, oder das Ju
kuͤnftige, die Güter des Vaterlandes ſowohl als vie
Güter ver Pilgrimfhaft, die Güter der Herrlichkeit
ſowohl ald die Güter der Gnade, die in diefem Le
ben uns gefchenfet, daß wir von deömegen wohl bils
lig. mögen genennet werden bie reichen und: gewaltis
gen Hinmelsfürften, welche unausſprechliche Herr,
lichkeit und Freude zw gewarten haben. Mir aber
ift e3 in diefem Leben genug, Daß, ich bin ein Erbe
des väterlichen Herzens GOttes, und ſeines werthen
Vom Schatz der Glaubigen. 93
heiligen Geiſtes, ſeiner gnaͤdigen Vorſorge, Segens,
Schutzes und Errettung aus allen meinen Roͤthen.
Denn darum ſenket er mich oft mit andern frommen
Ehriften ind Angft: Meer, daß er feine väterliche Liebe
und Treue an mir defto fräftiger beweife, und id)
aus ver Erfahrung lerne, Daß ich einen gnädigen
GOtt im Himmel habe, und daß mic; der herbe
Weg der kurzen Trübfal leiten werde in die Freude,
bes ewigen Lebende. Dennoch bin id gewiß, daß
mid nichts ſcheiden fünne von der Liebe GOttes,
. welche in feinem ewigen Rath und Willen, und in
dem theuren Blut feines allerliebfien Sohns gegrüns.
det iſt.
| 3. Haft du hievon auch noch mehr zu vermelden?
Es iſt noch viel denkwürdiges Davon vorhanden:
Aber ich will ſolches ſparen bis in den dritten und
letzten Theil des ſiebenten Buchs, dahin ich did) aber⸗
mal, geliebter Kürze halben, will verwieſen haben.
4. Eines berichte mich noch unbeſchweret, wie ich nemlich
in dieſem Elend die Erbſchaft des ewigen Lebens habe?
Ein Chriſtenmenſch hat durch ſeinen Glauben und
Taufe ſchon alle Dinge, ohne, daß er ed nicht aufs
gedecket fiehet, um dieſes Lebens willen, welches nicht
ertragen möchte folder Güter Offenbarung. Daher
fpriht ©t. Paulus, Rom. 8. Ihr feyd ſchon felig
worden, jedod in der Hoffnung, Das ift, ihr feher
ed noch nicht, ihr wartet aber fein. Darum follen
eines Chriften Werke nicht gerichtet feyn auf Vers
dienſt, fondern nur auf Nuß und Bedurfniß der ans
dern. Denn er bat durd) feinen Glauben und Taufe
für fi ſelbſt ſchon genug, und dit reich, voll und
felig, wie Lutherus in der Kirchenpoftil,, Wintertheil,
p. 129. ſchreibet. | | |
94 | Dom Schatz der Glaubigen. = =
5. Sind dies nun alle Stüde zu unfrer Seligleit gehörig,
welche Chriftus in feinem Gnadenreich austheilet ?
* Ja, dies ſind die vornehmſten Guͤter, welche wir
bishero erzaͤhlet, und itzt in dieſer angenehmen und
lieblichen Gnadenzeit unter allen Glaubigen ausge
theilet werden.
i
Das vn. Capitel.
Von der Zeit, darin der Schat der Se
ligfeit ausgetheilet wird.
1. Ich habe wohl vernommen, was die Seligkeit für
koͤſtliche Güter in ſich begreifet: Sch möchte nun auch
wohl gerne wiſſen, wenn fie ausgetheilet werben?
In dierem Die berrlihe und bimmlifhe Güter ver Seligkeit
wird pie werden igt ven lieben Auserwäblten und Glaubigen
Seligteit in der Taufe allfamtlidh von GOtt geſchenket, nad
ansgeibet ner Verheißung, Czech. 36. Ich will rein Wap
fer über euch fprengen, und will eud Damit
reinigen von aller eurer Unreinigfeit. Dem
fo. fhreibet St. Petrus, 1 Petr. 3. Das Waſſer
machet uns nun felig. Denn hie, hie in dieſem
Leben koͤmmt das Seil Chrifti zu und, Hie werden
wir ſelig. Hie gefchiehet der herrliche Anfang, Hi
werden und die Eünden vergeben, Hie werden wir
‚ von denfelbigen gereiniget durch das rothe Wafler,
aus den Wunden JEſu Chriſti in die Taufe yefloß
ſen. Hie werden fie geworfen in Die Tiefe des Meers
und in die ewige Vergeſſenhelt. Hie wird das aus⸗
erwählte Volk GOttes heller und schöner, ald des
Himmels Glanz. Hie auf Erden gefchiehet Die Ju⸗
ſuification. Hie Wird den Olaubigen zugerechnet die
| ganze Heiligkeit JEſu Chriſti. Hie wird Chriftug,
das herrliche und koͤſtliche Kleid ver Freuͤden, ange
Be > Zu > 2 . — m. — —— ⏑ —
Vom Schatz der Glaubigen. 95
zogen. Hie gehet die Braut in der Pracht GOttes.
Denn alsbald ein Menſch mit dem reinen Waſſer
befprenget wird, ftehet GOtt vor ihm,“ und rechnet
ihm fein Lebenlang Feine Sünde mehr zu, fondern -
eitel und ewige Gerechtigkeit, Das ift die allerfchönfte.
Tugend feines lieben Sohns. Hie werden wir GOt⸗
ted Kinder. Hie werden wir Xempel bes heiligen
Geiſtes. Hie werden wir Erben des ewigen Lebens,
nadı der Hoffnung, wie St. Paulus, Tit. 3. mit
Maren Worten bezeuget, und fpriht: GOtt hat
- and felig gemahet durch das Bad der Wie
Dergeburf und Erneuerung des heiligen
Beiftes, weldhen er über und ausgegoffen
reihlih, durch JEſum Chriftum unfern
Heiland, auf daß wir durch deffelben Gna
De gereht und Erben feyn, des ewigen Les
bens, nah ver Hoffnung, das ift je gewißlich
wahr. Solches will ih, daß du veft lehreſt, auf
Daß die, fo nun glaußig worden find, in einem
Stande guter Werke funden werden.
Diefe Worte find fo theuer und merth, daß man
fie billig mit güldenen Buchitaben auf ein Taͤfelein
fhreiben, und ftetd vor Augen haben ſollte. Diefer
Spruch ift die allerfhönfte Blume im Garten GOt⸗
ted: Er ift unfere einige Weisheit, die ganze Xheos
logie, und das Licht und Leben unfers Herzens.
Summa, in der Taufe wird cin Menſch eine neue
himmliſche, göttliche Ereatur, mit neuen bimmlifchen -
VBorzügen gezieret, die fein’ Poet noch Redner, wie
gewaltig er auch iſt, mit Worten erreichen und ges
nugfam ausftreihen und befchreiben kann. Und wäre
“nicht wohl möglih, Daß, wenn man einen getauften,
Menſchen in feier neden Geſtalt und Majeſtaͤt recht - - -
feben könnte, man ſich Daruber nicht zu Tode ver
wundern ſollte.
96 Vom Schatz der Glaubigen.
2, Iſt auch was daran gelegen, daß ich ſolches wiſſe?
Wie Freilich: Denn nicht willen, daß man ſchon felig
or ‘ey, iſt Die hoͤchſte Unwiffenheit, für welcher man fid
längnen, ins Herz ſchaͤmen fol, Nicht willen, bei dem hellen
sch ded Evangeliü, daß man ſchon felig fey, iſt des
felig fey. leidigen Teufels höchfte Kunft, Wirkung, Freude und
Gefpötte. Denn follte er nicht lachen, wenn er fio
bet,» daß ein Menfh das Pferd ſuchet, auf welchen
er reutet? Nicht wiffen, daß man felig fey, umd
wo man die vornehmften Stüde der Seligkeit em⸗
pfangen babe, it gleich nicht felig feyn, und Das
Heil GOttes nicht haben: Denn wie fann doch ein
folher Menſch Zroft, Friede, Freude in feinem Ge
wifjen haben, ob er gleich täglich .viel vom Blut
JEſu Ehrifti Hörer? Wie kann er GOtt danfen, und
ihn von Herzen lieben? Sa, wer die geſchenkte So
ligkeit nicht erfennet, noch durd wahren Glauben
annimmt, dem ift fie gleich "nicht gefchenfet, fondern
fie it an ihm, von wegen folcher feiner Blindheit,
Unglauben und. Undanfbarfeit wiederum verſchwunden,
wie der liebe Ignatius bezenget, in der Epiftel an
die Ephefer, da er alfo fhreiber: Wenn wir die Gna—
be, welche wir einpfangen haben, nat erkennen, fo
gehen wir verloren. Desgleichen: Ein jeder, welcher
Dad, was er von GOtt empfangen bat, veradhtet,
wird verdammt werden. Wie auch bie Formula
Concordiaͤ derfelben Meinung ift, p. 274. da ft te alfo
fpriht: Der Verdienſt JEſu Chrifti, und in der
Taufe gefchenfet, muß durd) wahren Glauben ange
‚nonmen werden, wenn wir dadurch geredit und fe
lig follen werden. Denn GOtt will, daß wir feine
hohe Gaben mit großem Werftande, mit ftarfem |
Glauben und mit: aller Reverenz und Eprerbietung
follen empfahen, oder er will fie und wieder aus den
Händen reißen, nah dem Spruche: Wer da hat, |
bem wird gegeben, wer aber nicht bat, von dem
| wird genammen werden. 3. S⸗
Vom Schatz der Slaubigen. 97
3. So iſt deine Meinung, daß ein jeglicher Glaubiger
und Getaufter allhie ſchon ſelig ſey?
Freilich: Denn ſelig werden heißen, Vergebung der
Sünden, neue Gerechtigkeit, GOttes Gnade, und
den heiligen Geiſt empfangen. Dies alles geſchiehet
in dieſem Leben und in der Taufe. Denn hie alle
Sunden vergeben werden, bie erlangen wir des HErrn
Chriſti Gerechtigkeit, Hie erlangen wir GOttes Kinds
fhaft und Gnade. Hie wird der heilige Geift reiche
lic, über und ausgegoſſen, wie St, Paulus, Ti 3. -
bezeuget. |
4. Wie werden diefe Güter genennet?
Dieſe Güter heißen die Gnadenguͤter, und machen GSnaden⸗
uns hie felig in viefem Leben, alfo und veigeftalt, Güter.
Daß wer fie bat, nicht erft fragen foll, wie er möge
felig werden? Denn das wäre eine große Sünde, |
und eine Verleugnung der Gabe GOttes, Die er in Wie fein
der Taufe an und gewandt hat. Daß aber St. Paus Air in
lus Rom. 8, fpriht: Wir find felig in der Hoffr derHofe
nung, das fol man verftehen, wie er felber erfläs nuns
ret, von der Entfreiung des Leibes, welcher noch
dem Greuz unterworfen ift, und.von der Klarheit,
Freude und Herrlichkeit, des ewigen Lebende. Denn,
ie Güter der Gnade werden und hier geſchenket,
die Shter der Ehre aber werden wir allererfi dort
in jenen Leben erlangen. - Und wir find doch gleichs
wohl felig, fo lange wir auf Erden leben, mitten in
unferm Elend, um der theuren Güter willen, die
und in der Taufe geſchenket ſind: Wir wollten fie
Denn mit den Sophiſten fhändlicher Weife verachten,
und Aepfelſchaalen Daraus machen.
5. Iſt dies auch aller Chriſten Belenntniß?-
\ Freilich iſt dies ihr wahres Bekenntniß, wenn ſie
nicht allein mit dem Herzen glauben, daß der HErr
| ss Dom Schak ber Sfaubigen.
HEſus fey, des lebendigen GOttes Sohn, und ber
. Relt Heiland, fondern wenn fie auch frei und öffent:
Wie ſern lich vor aller Welt befennen, daß wir durd fein
wir alipie Blut, Glauben und Taufe bie ſchon felig worden |
"m un. Daß wir hie die Güter der. Gnade und der
Pilgrimfhaft ſchon empfangen haben, bi8 wir vort
die Güter der Herrlichkeit und des Vaterlandes auch
erlangen werden. Wenn man ſpricht: Ich glaube
an den HErrn JEſum Chriſtum, daß er ſey GOt⸗
tes Sohn, und mein lieber Heiland, der ſein Blut
fuͤr mich vergoſſen, und bin getaufet. Derowegen
ſo bin ich ſelig, hie im Anfang, dort in der Vollen⸗
dung. Ich habe Vergebung aller meiner Sünden, .
eö wird mir feine mehr von GOtt zugerechnet. Ich
bin gezieret mit neuer himmliſcher Gerechtigkeit. Ich
trage den Schmuck JEſu Chriſti. Ich bin GOttes
liebes und werthes Kind. Ich bin voll heiligen Gei⸗
ſtes, und bin ein Erbe des ewigen Lebens. Dieſe
Guͤter ſind nun mein, ſie ſind mein Reich und ich
bin ihr Koͤnig.
-. 6. Bil aber dies Bekenntniß nicht faft auf eine Vermeſ⸗
ſenheit auslaufen?
erg E. iſt dies Bekenntniß keine Wermeſſenheit, wie ans,
mieffens Dere glauben, fondern das rechte Lob GOttes, und
beit. Der einige wahre Gotteödienft. des Neuen Teftaments,
und ift fo nöthig, Daß ohne daſſelbige niemand die
Seligkeit erlangen, noch behalten moͤge, wie St. Pau⸗
lus ausdruͤcklich ſpricht: Mit dem Munde beken⸗
net man zur Seligkeit. Hat auch eine ſonder⸗
liche Zuſage im 50 Pſalm, nemlich wer Dank
| opfert, der preifet mich, und daß ift der
| Weg, Daß ich ihm zeige das Heil GOttes,
das ift, einen ſolchen aufrihtigen und dankbaren
Bekenner will ich feinen Verftand und Weisheit tägs
lich mehren.
eo
D
Vom Schaß der Slaubigen. 9
Es kann aber kein Menſch das Heil GOttes bes Wer bas
fennen, es ſey denn Sache, daß die Sonne des Se
über fein Herz reichlih aufgegangen fey, und ihres betene
wohl erleudjtet habe, daß er es auch Durd wahren nen kau⸗
Glauben angenommen babe, und nun für fein eigen ne
Gut gebraude. Denn wie dad Herz ift, fo iſt Der
Mund, und wie der Slaube ift, fo ift das Bes
Eenntniß, 0
7. Ber hat alfo fein Heil befennt?
Alſo hat St. Paulus ſein Heil bekannt in allen ſei⸗ . vauliu.
nen Epiſteln, ſonderlich Roͤm. 5. da er ſpricht: Wir
rübmen und GOttes durch unfern Herrn
JEſum Chriſt, durch weldhen wir nun die
VBerföhnung empfangen haben, Wenig Wor⸗
‚te, aber wichtig genug.
Item St. Petrus, 2 Petr. 1. GOtt at uns⸗petus.
Die allergroͤßeſte Verbeißung geſchenket. Das
iſt, alles was uns GOtt durch die Propheten ver⸗
heißen hat, das hat er uns in der Taufe gegeben,
alſo auch, daß wer, naͤchſt der Gerechtigkeit und
Kindſchaft, auch goͤttlicher Natur ſind theilhaftig wor⸗
den durch Ausgießung des heiligen Geiſtes. Es wer⸗2yetr. 2,
‚den aber falſche Lehrer unter euch ſeyn (ſpricht dd) 1.
die werden verleugnen, was ſie vom HErrn empfans iin 5.
gen haben und werden damit über ſich führen die
"ewige Berdammniß, - Darum, meine Lieben, weil ihr
ſolches wiffet, fo verwahret euch felbft, daß ihr nicht
durch Irrthum der ruchlofen Leute famt ihnen vers
führet werdet, und entfallet aus eurer eigenen Fe⸗
fung, das ift, aus bem Heilſchloſſe. Wachfet aber
in der Gnade und Erkenntniß unferd Herrn und
Heilandes JEſu Ehrifti, Guͤldene und faphirne Worte
des lieben &t. Petri. Aber die ruchlofen vom Zeus
fel verblendete und verdammte Leute, welche ven
Ofirin immer fuchen und nimmer finden, adten Ders -
100° Dom Schas der Glaubigen.
felbigen nicht: Ja fie find ihnen ein Geruch des To⸗
des, über welche fie ſich heftig erzürnen,
3. Yohan St. Johannes kennet es auch, 1 Joh. 5. Das
„ne. iſt unfer Gezeugniß (oder Belenntnig,) daß uns GOtt
das ewige Leben, (oder die ewige GSeligfeit,) gegeben
hat, und foldhes Leben ift in feinem Sohn. Wer
den Sohn GOtted (durdy den Glauben) hat, ver
hat daB Leben, das ift, alle feine Güter und Wohl⸗
thaten: Wer aber den Sohn GOttes nicht hat, der
bat das Leben nicht. Solches habe ich euch gefchries
ben, daß ihr glaubet an den Namen ded Sohns
GOttes, auf daß ihr wiffet, Daß ihr Das ewige Les
ben habet. Und das ift die Freudigkeit, die wir
zu GOtt haben. Und in der 2 Epiftel: So jemand
zu euch fömmt, und bringet diefe Lehre nicht, ven
nehmet nicht in eure Häufer, und grüßet ihn nicht.
Denn wer ihn grüßet, der machet ſich theilbuftig
feiner Sünden. Wer nicht bleibet in dieſer Lehre,
der hat feinen GOtt: Wer aber darin-bleibet, der
98 den Vater und den Sohn zum allergnaͤdigſten
tt.
4. Jacob. 4. Item, St. Jacob 1. GEOtt hat uns gezeuget
nach ſeinem Vorſatz und Willen, durch das Wort
der Wahrheit von ſeinem lieben Sohn, auf daß wir
würden Erſtlinge feiner Creaturen. Das iſt: Wir
0 find nun neue, edle und felige Greaturen, werden
voll Gerechtigkeit, Gnade, Geift und Leben, -wenn
wir an den HEren. Chriftum, uns im Evangelio
vorgetragen, von Herzen glauben und getaufet find.
Ebend. Dies Wort nehmet auf mit Sanftmurh,
ohne einiges Wiederbellen, fo wird es eure Seelen
ſelig machen, das ift, friedfam, fröhlih und lebendig.
Cap. 3. Lüget nicht wider die Wahrheit, denn
Dad ift nicht Weisheit, Die von oben herab koͤmmt,
..fondern irdifh, menfchlid und teufliih. Dies alles
‚find Jacobi Worte, die man in Diefen verrüdten Zeis |
ten wohl mag zu Herzen nehmen, |
ib .'. u
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Vom Schatz der Glaubigen. 101
—
g. Stimmet auch hiemit Lutheri Bekenntniß ein?
&; bat der liebe Lutherus feinen Berftand und Glau⸗gut
ben bievon fonderlidy hervor. geihban, durch ein herr⸗
liches Bekenntniß Tom. 4. Wittenb. p. 5660. da er-
alfo gefhrieben: Chriſtus bat ſich ſelbſt für und ges
geben, auf daß er uns heilige. Dies iſt gefchehen,
Da er am Creuz gelitten und geftorben, und am brits
ten Tage wiederum auferftanden iſt; denn durch dafs
felbige hat er. ung die Heiligung erworben. Es wäre
sind. aber nichts damit geholfen, wenn ed dabei ger
blieben wäre, und der Schaß an uns nicht gelanget, °
Darum hat unfer lieber Bräutigam JEſus Chriſtus
die Taufe eingefeßet, und und taufen laflen, auf daß
und folcher ger Schatz durd dies Mittel heim—
gebracht werde. Denn in der Taufe werden wir
Ehrifto vermählet, und werden ein Leib und Fleiſch
mit ibm. Und er tbeilet und mit, alles, was er iſt
und bat, alle feine Ehre und Güter. Was ift er
aber? Eitel Reinigkeit, eitel ewige göttliche Gerech⸗
tigkeit, eitel liebes Kind, und eitel ewiges Leben.
Summa, eitel ewig unbegreifli Gut, das fein Herz
nimmer genug gedenfen noch faflen Tann‘, und beide
Engel und Menfchen in Ewigkeit daran zu ſchauen
haben. Mit diefen ewigen himmliſchen und göttlichen
Gütern hat und Chriſtus gezieret, daß wir und ders
felbigen mögen und follen annehmen, als unfer eis
gen. Es werden aber dieſe Schaͤtze ein Geheimniß
oder verborgen Gut genennet. Denn fie find fo aroß,
daß auch die Ehriften, fo dad Wort und ven heilis
en Geiſt haben, fie nicht erreichen, noch begreifen
Önnen. Zwar, wenn wir unfere allzugroße Heiligs
feit, fo Chriitus an uns gebänget hat, koͤnnten übers
.fehen und ins Herz bringen,. fo wären wir ſchon
hems.
im Himmel, ja wir würden vor Freude und Selig Nr
keit nicht lange leben können. Darum laſſet ung ®
U
diefer Seligkeit tröften, freuen und rühmen, Daß wir .
zu dieſen Ehren gelommen, und Chriſti Braut, ja
102 Rom Schatz der Slaubigen.
mit Chrifto ein Leib’ worden find, und fiken in feis
- en himmlischen Gütern. So ferne der liebe Luther
rus; welchen billig alle Sophilten, Teufel und ans
dere gottlofe Herzens, um ſolches Glaubens und Bes
kenntniß willen baffen. Denn wer alſo glaubet, und
redet, der hat die ganze Hölle mit allen Teufeln wis
ber fih, und die ganze Welt mit allen gottlofen
Menfchen auf dem Halſe.
9. Hilf, Lieber GOtt! dies iſt über alle Man fehr troͤſt⸗
Ich, wenn ed nur in Gottes Wort wohl gegruͤndet
waͤre?
| Zur € Gentge iſt dies alles gegründet in nachfolgen⸗
den Sprüchen der Schrift, welche fo helle ſind, als
Die Sonne, fo fefte ald Diamanten; Säulen, daß fie
auch die Pforten der Hölle, durch alle pre Liſt und
Macht nicht aberwaitigen koͤnnen.
Marc. 16. Wer ˖ da glaubet and getaufet wird,
der wird ſelig.
Epheſ. 2. Aus Gnaden ſeyd ihr ſelig worden,
.. dur den Glauben.
Ti. 3. GOtt Hat ung felig gemachet durch das
Bad der Wiedergeburt.
1 Timoth. 6. Weil ihr glaubet, ſo ſeyd ihr der
Wohlthat theilhaftig worden.
2 Tim. 1. Gôtt hat uns ſelig gemadhet, und
berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nad) unſern
Merken, fondern nad) jeinem Fuͤrſatz und Gnade,
bie und gegeben ift in Ehrifto ZEfu, und durd Das
. Evangelium geoffenbaret.
Col. 1. Wir Haben die Erlöfung durch Chriſti
Blut, nemlich die Vergebung der Sünden,
Roͤm. 5. Wir find nun gerecht worden, durch
den Glauben.
Gal. 3. Wir find ale GOttes Kinder, var den
Slauben an JEſum ne
mn u 2—
ee TEE To
Bom Schatz der Glaubigen. 103
1 Eorinth. 12. Wir find ale mit. einem Geiſt
getraͤnket.
Tit. 5. Der heilige Geiſt iſt reichlich über uns
ausgegoſſen. — |
Roͤm. 8. Der heilige Geift giebt. Zeugnig unſerm
Geiſt, daß wir GOttes Kinder find, und hilfet unfeer ”
Schwachheit auf.
Tit. 2. Wir ſind Erben des ewigen Lebens, nach j u
der Hoffnung, dad ift gewißlich wahr.
2 Theffal. 1. Chriftus wird fommen, und herr⸗
lich erſcheinen in feinen Heiligen und wunderſam in
allen Slaubigen.
Epheſ. 5. Chriftus Hat und gereiniget durch das
MWaflerbad im Wort, auf daß er uns GOtt Darftels
lete herrlich.
Rom. 5. Wir find mit GEOtt verföhnet, durch
ben Tod feines Sohns, da wir noch Feinde waren.
Darum fo rühmen wir und nun GOttes.
Ibid. Die Liebe GOttes iſt ausgegoffen in euer.
Herz; durch den heiligen Geiſt, welher uns gege⸗
ben iſt. ®
Joh. 5. Wahrlich, wahrlih, id, fage euch: Wer
“mein Wort höret, und glaubet dem, der mic) gefandt
hat, ver hat dad ewige Leben, und kommet nicht in
das Gericht, fondern er ift vom Tode zum Leben Din;
Durch gedrungen. |
‚10h. 1. Das Blut JEſu Chrifti machet uns
rein von allen Sünden. .
Ephef. 1. Er hat uns verordnet zur Kindſchaft
gegen ihm felbft, durch JEſum Chrift, nach dem Wohl⸗
gefallen feines Willens, zu. Lob feiner herrlihen Gnas
de, durch welche er und hat angenehm gemacht, in ven
Geliebten x. | .
10. Bas iſt dieſer Spruche Meinung?
Dieſe und dergleichen helle Sprüclein find das reine
und lautere Evangelium, Denn fie zeigen an 1) daß
J
—
108. Dom Schatz der Glaubigen.
die Slaubigen und Getauften ſchon felig find in dieſem
Leben, und lehren 2) was die Seligfeit fey, nemlich,
Vergebung der Sünde, neue Gerechtigkeit, die Kinds
(haft GOttes, und die Erbfchaft des ewigen Lebens has
ben. Und zeigen darneben an 3) Daß wir arme Sum
der Vergebung ‘der Sünden und Berföhnung mit
GOtt in der Taufe empfangen ‚haben, lauter um»
fonft, aus GOttes gnädiger Barmherzigkeit, um Des
Verdienſtes feined lieben Sohns Chrifti willen, zu
Lob feiner berrlihen Gnade, Sie bezeugen auch 4)
. daß dieſe himmlifhe Güter an und ist noch wohl
ugededer feyn, aber am jüngften Tage fo berfür
leuchten werden, daB man ſich darüber verwundern
und entfeßen wird. Sonderlich gedenfen diefe Spruͤch⸗
lein 5) des Briefes und Giegeld, fo die Glaubigen
und Getauften wider pen Laͤſter⸗Teufel für ſich ba
ben, nemlich, des heiligen @eiftes, welder vie Ga⸗
ben GOttes an denſphbigen verfiegelt, auf daß fie
Darauf befteben, und damit troßen koͤnnen: Zu web
hem Siegel auch geböret das hochwürdige Abend⸗
mahl.
Dies iſt der Glaube, welchen alle Propheten,
Apoſtel und Maͤrtyrer gehabt haben. In welchem
ſie theuer und GOtt gefaͤllig geweſen, um welches
willen ſie der Teufel geneidet und die Welt verfolget
bat. Für welchen fie gekaͤmpfet, und welchen fie mit'
ihrem Blut beftätiget haben. Died ift das reine und
lautere Evangelium. Darum die eingeführten Sprüs
de billig reine Pfeile des Heild aus dem erften Bud
der Könige, Cap. 3. mögen genennet werden. Dern
fie haben nicht unfaubers an fih, und geben fein
ſaͤuberlich, ohne einige Verhinderung, ine Herz bins |
ein, und maden daffelbige .glanbig und getroft, daß
es ſich auf die Vergebung und GOttes Gnade fühns
lich verlaffen kann. Wo aber ein wenig von unferm
Thun am Evangelio Flebet, fo ift die Bloͤdigkeit vor⸗
handen, das Berbienft Ehrifti fi anzumafen, auch
bei benen, welche ſolche Werke haben. Denn fie bes
.
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Wom Schatz ber Glaubigen. 108 „ J
ſorgen ſich, ihre Werke moͤchten unvollkommen ſeyn: J
Da iſt denn der zarte Glauben zu Schanden gema⸗
chet und gaͤnzlich verdorben. | .
. *
11. Es if dies zwar alles wahr, und hochtroͤſtlich: Aber
iſt es nicht bedenklich, dieſes allen ohne Unterſchied
> zu predigen?
Ds es wohl. für unfere Vernunft ein bevenflih und -
gefährlich Ding ift, Dad lautere Evangelium für allen
Creaturen fo frei Bahin zu predigen und jedermann
Damit zu vertröften, alfo auch, daß fi) die Allerges
lehrteften und Geiſtreicheſten zuweilen fcheuen, . ihren
armen Mund gegen dem Evangelio weit aufzuthun,
und Chriſti Verdienſt und Wohlthaten nad) ihren
Würden zu preifen: Dennoh, weil uns GOtt vors
gefprochen hat, fo follen wir ihm getroft nachſpre⸗
hen, und ihn laſſen für alled forgen, wie Auguftis
nus thut im 59 Pfalm, da er fpriht: Wie getroft
redet ein Berftändiger, ver feinen Mund der Wahre
beit widmet? Denn du haft geredet, ich ald ein Menſch
rede getroft, denn du, GOtt, haft geredet. Und ob
ih auch in meinem Wort wanfete, fo wuͤrde id)
durch dein Wort geftärfet, denn du haft geſprochen.
Was Haft du geſprochen? Deine Barmperzigkeit im
‚Himmeb bereit fol ewig Sehen, wie ein feltes Haus
das feined Sturmmwindes Wchtet, Das haft vu, lieber
GOtt! gefaget. Zu | 2
412. Ich gebe dies alles zu, und veruchme mit Freuben, daß
biefe troftreiche Lehre von unfrer gegenwärtigen Selig
keit von St. Paulo fonberligg und vornehmlich
berrüßre ? .
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Da biſt auf rechtem Wege: Denn dieſe Lehre des diſer
Friedens iſt St. Pauli Lehre, als welcher ſamt ansgenwärtie
dern Apofteln dazu gefandt worden, daß er bie arg ar |
men Gewiſſen durchs Evangelium follte befriedigen, Ya |
4106 Vom Schatz der Glaubigen.
welche durch das Geſetz beunruhiget waren, wie be
heilige Eſaias 57 ſpricht: Ich will die Frucht da
Lippen ſchaffen, die da predigen Friede. Dies war
aber die Form der Lehre St. Pauli: So ſey es eud
Fund, lieben Brüder, daß ihr Vergebung der Sir
den habet durch Chriſtum. Denn wer an dieſen glas
bet, der iſt gerecht. Apoſtelg. 13. Desgleichen Roͤm. 3.
Mir werden ohne Verdienſt gerecht aus Gnapden,
durch den Glauben an Chriſti Blut, welche Gered—
- tigfeitt GOtt darbeut oder ſchenket zu Diefer Zeit.
Es if auch aus St. Paulo zu erfehen, daß mas
den Getauften hernach nichts anders geprediget bat,
denn von ihrer Taufe und Seligkeit: Weil er faſt
in allen Epiſteln der Taufe des Heils, der Abwa—
ſchung, der Entfreiung von Sünde, Zorn, Teufel
und Rod, der Wiedergeburt, der Erneurung, der
Einpflanzung und Gemeinfhaft Chrifti, der Kind
fhaft, der Gabe des heiligen Geiſtes, der Wohlrie
chenheit, der Darftellung des Friedens, ver Freuden
des heiligen Wandels und göttlichen Weſens gedenktt.
- Dies ıft die Lehre St. Pauli, des großen Doc
tors, welder feine Kunft im Himmel ftudiret hat,
die alle Menſchen von ihm lernen follen. Wer fe
nun von ihm empfangen hat, der danfe GOtt, um
‚gebraudhe ihrer durch den Glauben, und behalte fie
auch wider die Feinde der Gerechtigkeit, fo wird a
Friede und Freude in felwen Gewiſſen haben. Es
ift nun aber leider ein ander Evangelium aufkommen,
darinnen man die Glaubigen und Getauften erft Ich
ret, wie fie follen felig werden: Daher wird der
Taufe nicht mehr gedadht, und ift Fein Leben nod |
heiliger Wandel mehr auf Erden, fondern alles if
geiftlich todt, darzu woll Geites, Hoffart und Tro⸗
Bed, daß einem grauet zu leben. | |
13. Was ſaget hiezu ber Herr Lutherus?
Eutheri Er zweifelt nicht an der Seligkeit, er fraget auch
Meinung nicht, ob ein glaubiger oder getaufter Chriſt gebenfe
v
v
— —
Dom Schag der Glaubigen. 407
‚er hoffe felig zu werden und woburd: Sondern er
get rund, duͤrr und frey heraus, daß vie Glaubi⸗
n und Getauften fohon felig geworden -find, in: Dies
m Leben, wirklih, in Ynfehung der Snadengüter,
nd erfläret ihnen das Wort Hoffnung fein, nem⸗
dh, daß es zu verftehen fey, von den Gütern Der _
yerrlichkeit, oder von der Offenbarung der Gnaden⸗
ter, die fie igt fchon im veften Schrein haben, auf
aß ‚fie durch Died Wort an ihrem Glauben nicht
roͤgen irre gemachet, und in einen Zweifel geführet
erden und confirmiret fie auch im gegenwärtigen
yeil, und ermahnet fie, daß fie veft ſtehen wollen
ı ihrem geſchenkten Heil, und ihnen das Ziel nicht
erruͤcken laſſen. Behalte was du haft, fpricht er,
nd laß dir deine Krone durch ungeſchickte Fragen,
der durch läfterlihe Predigt der Papiften nicht neh⸗
nen. Er menget auch nicht in einander Wiederges
urt und Erneuerung, und ſpricht nicht, Daß wir vor
Ott gerecht find in Anfehung der Ereuerung, wels
be in diefem Leben ſehr unvollfommen ift, ſondern
n Anfehung der Zurehnung aus Gnaden: Und vers
feinert die Jurechnung nicht, als ein geringed Ding,
ondern bebet fie Himmel hoch, und hält die glau⸗
ige Herzen darzu, Daß fie ihre Güter wohl erken⸗
sen, und: ihnen durch wahren Glauben anmaflen, und
fie mit allen Freuden befigen, u
14. Beweiſe mir dies mit Lutheri Worten.
Er bezeuget es in allen ſeinen Schriften, ſonderlich
in ahfolgenben Zeugnifjen, welche in feinen Tomis
zu finden.
Tom. 5. Sen. pag. 512, Mein Herr Chriſtus
hat für. mich gelitten, und burd fein Sterben mir
geholfen, und mid, von Sünden erlöfet, gereht und
fehg gemachet, und fordert nicht mehr, denn daß ich
—*— glaube, und heißet mich hernach meines Amts
eißig warten. Da will ich bei bleiben. |
“
».
—5
utheti.
——
RF
ee SE Zur CH 2
—— g7 —
und Fels werden ſtehen laſſen alle Pforten ve
EOtt find. wir ſchoͤner und heller als die Sonne
ſtum und den heiligen Geiſt mit allen ſeinen Gaben.
108 Vom Schatz der Glaubigen.
Tom. 6. p. 27. Iſt das nicht wahr, daß
allefamt find. erlöfet von Sünden und Tod, und
recht und felig gemadhet allein durd Die Gnade GL
tes, ohn alle unfere Werke. und Berdienft: Ka
das auch der Teufel leugnen, daß Chriftus für u
geboren und geftorben, und fein Blut vergofien, fi
he Gnade und zu erwerben, und dDurd Die Tau
und Wort unter uns auszutbeilen? Diefen Grud
Hoͤllen.
Poſtill. Jen. part. aͤſtiv. pag. 31. Es iſt ger
kein Zweifel, wenn ein Menſch getaufet wird, fo win
er in der Taufe vor GOtt fo rein, belle und ſchoͤr
ald die liebe Sonne, daß gar feine Sünde da bie
bet, fondern eitel und ewige Gerechtigkeit. Denn f
faget Ehriftus felbft: Wer da glaubet und getauft
wird, der wird felig. In der Welt fcheinet es, al
feyn wir Sünder, aber vor GDtt find wir. geredk
Bor der Welt fcheinet ed, dag wir ſtinken, aber vor
Im großen Catechismus. Es ift viel Gnade in ber
heiligen Zaufe, daß ed Himmel und Erde nicht be
greifen Fann. Darum hat ein jegliher Chrift fein
Zebenlang genug zu lernen an ber. Taufe, und zu
glauben, was fie wirket. Denn fie bringet Berge
bung der Sünden, GOttes Gnade, den ganzen Chr
Tom. 2. Sen. p. 321 und 322, GOtt bat und
‚nun audgepflanzet aus Adams Erbfchaft. in feine Erb⸗
ſchaft. Wir find nun neugeborne. Gotteöfinder und
GDttes Erben, und haben alle Güter GOttes eben
fo reihlih ald St. Petrus und Paulus. So fange.
wir auf Erden find, müflen wir in der Hoffnung
der Offenbarung eben. Denn wiewohl wir gewiß
find, ‘daß wir durch den Glauben alle Güter GOt—⸗
tes haben, fo ſeben wir e8 dennoch nicht. Iſt rin
wenig bei Seite getban, daß wir ed nit mit Aw
u gen ſehen koͤnnen. Wer mehr folder Zeugniffe Lu⸗
I ae — Pe TEE TU
Dom Schatz der Glaubigen. 109
heri zu leſen begehret, der ſchlage auf bei Herrn .
Buthero felbft, Tom. 2. Jen. p. 332. 428. ibid. p. 319.
n der Vorrede über die Epiſtel St. Petri. In der
Rirhenpoftill am Chriſttage p. 74, und ebendaſelbſt
. 128.
Wer aber den rechten Verſtand und Glauben Lu⸗
heri in herrlichen, geſunden und verſtaͤndigen Wor⸗
en haben will, der leſe die Auslegung der Epiftel
5t. Payli an <it. 3. am heiligen Gprifttage in ber
Rirchenpoftill Lutheri.
15, Mir genüget wohl am beigebrachten Beweiß ans St.
Paulo und Luthero: Derowegen ſage mir, durch wel⸗
u Ges Mittel ich dieſe Seligkeit erlange ?
Hievon will ich im 3 Buch gründlichen Beriht geDnräben
nben
ven. Merle demnad nur für diesmal kuͤrzlich, was Wanfe ’
Johannes und Paulus bievon für Nacrichtung - ger 1Sop.h
ven. Johannes fchreibet alfo: Welcher glaubet
ınd befennet, daß JEſus GOttes Sohn ift,.
n dem bleibet GOtt, und er in GOtt, das
ft, der ift felig. Desgleichen St. Paulus Röm.
10. Sprih nicht in Deinem Herzen: Wer
vill binauf gen Himmel fahren? Das ift,
wie werde ich felig und wie fomm ich in den Hims
mel? Siehe, der Weg zur Geligfeit und zum Him⸗
nel ift dir fehr nabe: Er ift dir in deinem Herzen
und Munde, Denn fo du mit deinem Herzen glaus
beft, und mit deinem Munde befenneft, daß JEſus
Ehriftus der HErr fey, und daß ihn GOtt von den
Todten auferwedet habe, fo bift du gerecht und felig.
Siehe, lieber Ehrift, GOtt bat uns nicht ſchwere
Wege zur Seligkeit vorgeftellet, fondern gar leichte,
Sic find fo ſchlecht und richtig, Daß auch die Thoren
nicht wohl darauf irren mögen. Es ift nun alleim
ber Glaube und die Taufe. Dies ift ver neue ſchoͤne
und angenehme Onpvenbun, und es gehoͤret mit
5
110 Dom Schas der Glaubigen.
unter die großen Wohlthaten GOttes, daß er uni
armen ſchwachen Würmlein fo leicht Steige zur ewis
gen Seligkeit verordnet hat. Weil died aber die allen
fürnebmfte Kunſt und Weisheit GOttes ift, vor al
e len Klugen diefer Welt tief verborgen, willen und en
kkennen, daß mir fchon felig feyn in Chrifto, um
wie viel die Seligkeit in ſich babe, oder wie reich
wir in unferm HErrn und Heillande worden fe:
Als will ih) eudy ermahnet haben, dieſe hohe Kunf
und Weisheit mit Ernft recht und wohl zu lernen.
Das vUL Eapitel,
Bom feligen Gebraud diefer trofireis
ben Lehre.
1. Lieber, fage mir num ferner, wie ich mir bie troftreiäe
Lehre von ber gegenwärtigen Seligkeit zu nube mas
u chen fol? |
Die 66: Iievon fol im folgenden fechsten Bud; ausführlid
denjremgehandelt werden. Merfe demnach allhie nur mit
faſſen. Wenigem, daß diefer Artikel des hriftlichen Glaubens,
welches ift der Anfang unfrer Seligkeit, alle getreu
Lehrer den getauften Rinvlein und der lieben Zugend
wohl einbilden follen, auf daß fie ja denfelben reiht
verftehen lernen, und follen fie auch zu folden Glau⸗
ben vermahnen. eo
Es follen. fih auch die lieben Kinder von Jugend
auf begeben auf diefen Artifel, und follen fih darına
uben ihr Lebenlang, bis ſie ihn glauben. Cie follen
die Vergebung der Sünden, oder die Erlöfung von
allen Sünden mit lebendigen Buchſtaben in ihr Her
gefchrieben haben. a fie follen in ihrem- Herzen
ei nichts anders fühlen, .venn dieſen Troſt. In diefem
Ren, Troft follen fie erwachſen, und der Troſt fol mit
ihnen zunehmen, und follen ſich für nichts andere
halten, denn für reine Kindlein GOttes, ob fie noch
I
G J 7
Vom Schatz der Glaubigen. 411
sohl Sünde haben. Und wo man von Sünden und
Bündern faget, follen fie fih es nicht annchmen,
andern fprechen: Ich bin heilig und rein, was habe Bu
h damit zu fihaffen. Es wird mich Feiner anders SE
sahen, ald mich mein lieber HErr und Erlöfer JE⸗
us Chriſtus durch fein Blut gemachet hat.
Aus folder Erfenntniß, Glauben und Troſt ICH, 3) Dari
u Eprifti werden fie ftetö freudenreich, und felig froh
eyn, wie der Engel fpriht, Matth. 1. Der HErr ſeyn.
zEſus wird fein Volk felig machen von ihren Güns
en, da ift, wer erlöfet ift durch Chriftum von feis
ten Sünden, und glaubet foldyes von Herzen ‚ wie
in jeder thun foll, der iſt ſelig.
Inſonderheit folfen getreue Lehrer biefen Troſt Die Leh⸗
verirreten, angefochtenen, und betrübten Herzen wohl |
inbilden, bid daß fie ıhn mit dem Glauben faffen, vrevigen.
md auch nicht eher aufhören, bis fie ihn gänzlich in
hr Herz gebracht, und ihn mit wahrem Glauben
jefafjet haben. Und follen fie mittler Weile mit allen
indern Lehren, welche nicht zum Troſt dienen, güns
tiglih verfchonen, und unverworren laffen. Daſ⸗
elbige heißet getreu feyn in feinem Amt, und bie‘
irmen Schäflein Chriſti rechtfchaffen weinen. E
Aber das wiffen und verftehen wenig Lehrer, ob Aber ve⸗
ie es wohl taͤglich mit ihrem Munde reden: Son⸗nig peitte
ern fie gedenfen indeß, die. Seligfeit fey nod) ferne
on ihnen, und man erlange fie erft in jenem Leben.
Denn fie willen nicht, was Geligfeit fey, dDerowegen
oͤnnen fie auc nicht recht davon lehren, fondern fie
redigen den Chriften, wie ben Heiden, und lehren
ie, wie fie follen ‘allererft felig werden. Xreten alfo
das theure Blut ISſu Chriſti, den Glauben an JE⸗
um Chriftum und die Taufe ſchaͤndlich mit Fuſſen,
nd meinen, fie find gelehrt und thun recht und wohl en
ran. Ja fie halten das Wort vom gegenwaͤrtigen wigken
ſchenkten Heil für eine ſchaͤdliche Ketzerei, fir mel Prebigen
er man die Ohren zubalten fol. So meiden fie even -
armen bungrigen u und magern Schäflein JEſu
«
* .. 4
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. 21—
112 Dom Schatz der Glaubigen.
Chrifti, welche er mit feinem Blut befprenget um
ſchneeweiß gemadet hat, zu ihred Herzend Troß
und zu feines Namens Lob und Ehre. Das mad,
fie wiſſen feinen Unterfchied zmifchen dem Reich ve
Gnade und Herrlidfeit, fondern mifhen alles u
einander, die zufünftigen und Die gegenwärtigen Gi
ter, die Verheißungen und die wirkliche Mittheilung,
-und madhen einen Kucden daraus, oder fie folgm
dem Pabſt, welcher die Glaubigen nad) der Tauf
auf ein neu Brett verweifet, nemlich, auf ihre eigen
Buße und Genugthuung, auf welder fie gen Hiw
mel fahren ſollen: Sind ärger, ald die vorigen Po
piften nie gewefen. find. Daher ſpricht Syeremiad:
. Der Glaube ift auögerottet und untergangen in
rem Munde, Dod find gleichwohl noch wenig übrig,
welche den rechten Berftand des Evangeliü Haben, us
den Slaubigen und Getauften ihren himmlifchen Sche
treulich austheilen oder offenbaren. .c
% 5
| TER.
2, Bill denn der rechte Gebrauch biefer Lehre nicht mp
ben, baß ich frage, ob ein Ehrift hoffe felig zu wer
Ä | den, unb wodurch?
Ob dies wohl kann entſchuldiget werden hiemit, def
die Hoffnung auf Das ewige Leben, und auf die Oſ
fenbarung der Gnadengürer, die in diefem Leben fchon
haben, ftehet: Dennod fo ift dies nicht die erſte
Frage, die man den Kindern foll vorbalten, nemlid,
ob fie auch gedenfen, in das ewige Leben zu kommen,
zur Öffentlichen Befhauung der Güter, vie fie bie u
‚ ver Taufe empfangen haben? Sondern das ift vi
erſte Frage: Was fie hie find? Und was fie hie em
pfangen‘ haben? Ob fie auch glauben, daß fie hu
in diefem Leben in ihrer Taufe felig, das iſt, gerecht
gnadenreich und heilig durch Chriſtum worden feyn‘
Hierauf follen fie antworten. Denn auch Lutberni
in Erplic. 1 Petr, 1. und Auguſtinus lid. 2. contr
Do
Dom Schatz ber Slaubigen. . 4143
Donat. cap: 14. ſolche und dergleichen zweifelhaftige
Fragen verworfen bat. |
Derowegen, wer ein wahrer Chrift, das ift, an
Ehriitum von Herzen glaubet, und dazu getaufet iſt,
und .glaubet Doch gleichwohl dies nicht, nemlich, daß
er felig fey hie und dort, das ift ein wunderfamer -'
Chriſt. Er ift ein. Berleugner feines Heils, und ein |
pur lauterer Heide, U
3. Wie ſo?
Denn was iſt das für ein Chriſt, welcher nicht will Warum
felig feyn? Ein foldyer ftößet den ganzen Grund DEByie nekene
Evangelii um, und richtet ein anders auf, von 'wels wärtige.
chem die Apoftel nichts gewußt haben, Denn pas Gelatelt
einige wahre Evangelium lehret nichts anders, Denn leugnen
daß die Taufe ſey eine Mutter der Wiedergeburt, und folk
Eingang zu allen himmlifhen Gütern, und Daß Die,
welche an Shriftum glauben und getaufet find, ſchon
felig find, in der Wahrheit, hie anfänglid und Dort
ewiglich, wie St. Paulus bezeuget und flärlich fpricht,
Epheſ. 2 Aus Gnaden feyd ihr felig wors.
den, durdh den Glauben. Deögleihen Tit. 3.
GOtt hat uns felig gemadhet Dur Das Bad
der Wiedergeburt,
4. Wie kann das ſeyn, fintemal wir noch fterbfic und
fündlich feyn ? |
D; wohl die Glaubigen und Getauften nod) nicht
Die hochgebenedeite Freude und Unfterblichfeit haben,
welche zu hoffen if in jenem Leben: Dennod fo
kann niemand leuanen, Daß fie nidıt follten Berges
bung aller ihrer Sünden, neue Gerechtigfeit, bie p
Kindſchaft GOttes, und ven heiligen Geift haben, R |
iftd anderd wahr, was St. Panlus Col. 1. faget: “ X&
Wir haben die Erlöfung durd Ebrifti Blut, .
nemlich Die Vergebung ver Bhndem, tem, 0
N
314 Vom Schatz der Glaubigen.
Roͤm. 5. Wir find nun gerecht worden dur
. den Blauben Gal.3. Ihr feyd alle GOtt
Kinder durd den Blauben, und habet Ghr—
ftum angezogen in der Zaufe. Gal. 4 Wen
ibr aber Kinder feyd, fo bat GOtt gefandt
den Seift jeines Sohn in eure Herzen, der
Die inf Hreiet: Abba, lieber Vater! Diefe Sprüde
de der find fo helle, einfältig und feite, Daß man fie gar
leicht verftehen, und ihnen feinen andern Verftan
die @elig.andrehen kann, und. daß fie auch alle böfe Geiſter
keit niht und Gelehrten mit aller Weisheit und Argumenten
auf. nicht umſtoßen Können. Denn obgleich die lieben Glaw
bigen und Getauften nody Sünde haben, welche fie zum
Theil erfennen und befeufzen, fo nimmt ihnen dog
folches nichts. Sie ſind gleihwohl Chriften, um
wiedergeborne neue himmlifche Menſchen, weit abge
fondert von den Heiden, an weldien GOtt ein Ge»
‚fallen bat, wie St. Paulus Rom. 8. bezeuget un
fpriht: Wer kann uns fheiden von der Liebe
GOttes? Ja vie Sünde, welde. fie noch heimlich
erfäufet, im Meer der Taufe, und foll ihnen nidt
mehr zugerechnet werden, wie unfer lieber Apoftd,
2 Cor. 5. fhreibee: GOtt hat die Welt mit
ibm verföhnet, und rechnet ihnen ihre Sam
de niht mehr zu. Das wären ja. feine Heil
gen, welche gerne wollten Vergebung ihrer Suͤnden
" Haben, und doch gleichwohl feine haben. So ein
zarter möchte ich auch wohl feyn, wenn ed möglich.
wäre. Aber fo find foldhe Heiligen? Ja was wäre
folden Heiligen Chriſti Blut und die Taufe nuͤtze?
5. Mir beucht, daß du nicht in Acht nimmſt der Gelehr⸗
‚ ten Unterjchiebe, welche fie bier gebrauchen.
Das Die Phariſaͤer hier ſonderliche Unterſchiede ma⸗
chen, und weiſſagen von dieſen und jenen Suͤnden,
iſt mir wohl bewußt: Aber ſie thun damit nichts an⸗
ders, denn daß ſie mir den chriſtlichen Glauben von
a
Vom Schaf der Glaubigen. 115
Bergebung der Sünden In ihnen und andern zer⸗ |
tören. Denn Das bifputirliche Volk iſt leichtfertig
md untauglic zum Glauben: Es waͤſchet nur, und
Ba Zu Be
‚air
‚at nichts von den Woplthaten Ehrifti, und will .. .'
leichwopl gelehrt feyn, Es find ja Gelehrte, aber
velche mit dem Lucifer aus dem Himmel verſtoßen
vurch ſich felbft, und außer dem Himmel philoſo⸗
‚hiren. Ä
Sind aber obberührte Städe, ald Vergebung der -
Sünden, neue. Gerechtigkeit, die Kindſchaft GOttes,
ınd der heilige Geift, niche große Stüde ber Seligs
'eit? Was kann feligers und herrlichers erdacht wers
ven, als eben folche Güter? Das Reich ver Oma pugeit
ven ift eben fo Föftlih, Als das Reich der Herrliche den ik,
'eit, ja das Neid ver Herrlichkeit hat ſich ſchon Bei
eben 9 -
koöſtlich
ins bier angefangen, ſintemal wir Kinder GOttes ais dae⸗
vorden find in der Wahrheit, verſiegelt mit dem Geiſt Feid bet
er Herrlichkeit, Wir find ſchon in den beiden Rei—
hen, ob wir wohl unfere Herrlichkeit noch nicht ſehen.
Bie werden aber bald gefehen werden. Schlaf ei,
o ftehet Dir das Paradies offen, und du ſieheſt Chris
7
Herrliche
. Seit,
tum in deiner Herrlichkeit, ja dich in Chriſto. Aber
leide nicht in Sünden,
3. Szlle mir es auch. wohl ſchaͤdlich ſeyn, wenn ich das
nicht glaubete ?
Mer den Glauben Chriſti und die Taufe bat, und
pweifelt noch an feiner Seligkeit, will auch nicht eher
glauben, er fehe dann darüber ſonderliche Briefe und
Siegel, der beraubet ſich felbft feines Heils, welches
Ihm. in der Taufe gegeben war. Denn \oer nicht
glaubet diefer großen Gnade, der bleibet in feinen
Sünden. Wer fein Erbtheil nicht dutreten will, der
berlieret als ein Undankbarer, ja ald ein Thor, fein
Recht und Antheil. j | |
Der Schatz muß ergriffen ſeyn im dieſem Leb
durch ben Glauben, fonft wird er nicht zum Eigen ö *
| “ | 8 * —
Pa
116 Dom Schas der Glaubigen.
thum, wie St. Paulus 1 Cor. 9. fhreibet: Laufe
alfo nah dem Kleinode, Daß ihr 88 erlam
get. Das ift: Euer einiges Bemühen fol feyn, mie
ihr euer gefchenftes Gut durch wahren Glauben mo:
get ergreifen .und befigen. Wer ed durd ' wahren
Glauben ergriffen hat, ver it fein Herr, und Hat
e3: Wer e8 aber nicht ergriffen bat, der hat es nicht
Er iſt ein Luft: echter und wahnwitziger Nenner,
“welcher wohl immer redet und rennet, aber nichts
erhaſchet. Er forget, arbeitet, ſuchet, und findet Dod
nichts. Denn er nimmt ſich feined Geſchenks nic
an, welches doch Gott ernftlidy geboten hat. Hie
muß das Kleid der ewigen Geredtigfeit ergriffen
und angezogen und dort für dad Gericht gebradt
werden, fonften wird der unglaubige nadte Menjch aus
der ewigen Hochzeit GOttes ausgemuftert werden,
und dieſe Worte hören müflen: Freund! Wie bift vu
herein fommen, und haft dein hochzeitlich Kleid nicht
an? . Denn GOtt will dem dort nichts Neues mas
chen, welder bie feine Gnade verachtet und nicht am
genommen bat, wie bie Epiftel: Ebr. 2. ſpricht: Wie
wollen wir entfliehen, fo wir eine folde
Seligfeit niht achten?
Dieß weiß der Dieb, der Teufel gar wohl: De
rowegen fo leget er allen Fleiß daran, daß er Die
Leute durch mandjerlei Wege- abhalte von nnebs
mung oder Anmaßung ihrer Geligfeit, auf dag durch
ſolchen Glauben’ fein Reich in ihnen nicht zerftöret
werde, Denn wo fein Glaube des Heils if, de
"hat der Teufel gewonnen Opiel, da reutet er die
Gewiſſen feined Gefallens.
*
|
Vom Schatz der Glaubigen. 117
Das IX. und legte Capitel. \
Bon Widerlegung etliher Einteden der
Sophiften und Schwachglaubigen.
1. Wie ich bis daher vernommen, fo beruheft du darauf,
dag ein Glaubiger allhie ſchon felig fen.
Wir halten es dafuͤr, daß wir in Chriſto ſchon ſe⸗
lig ſeyn, wenn wir an ihn glauben‘, Daß er für uns
geftorben und auferftanden it, und. wenn wir auf
folhen Glauben getaufet find. Denn St. Paulus
fhreibet, 2 Tim. 1. GOtt hat uns felig gemadhet,
und berufen mit einem heiligen Ruf, nicht nad un« .
ſern Werken, ſondern nach ſeinem Vorſatz und Gna⸗
de, die und gegeben iſt in Chriſto JEſu. Tit. 3.
GOtt hat und felig gemachet Durch das Bad
der Wiedergeburt, |
2. Wie ann ich ſchon felig fen? Bin ich doch noch nicht
im Himmel, fondern krieche noch auf Erden in großem
Sammer und Elend, und muß täglich des bittern
Todes gewärtig ſeyn?
Maproin es, im Hinmel iſt die vollfommenfte
Seligfeit, wenn wir nun abgeleget haben ven befleds
ten und verweslichen Rod dieſes Leibes, wie wir
und auch von beöwegen, und alle Grealuren ee
und, nad) dem ewigen Lebe een. Denn Dafelbfttande ein
werden wir GOtt an der wunderfamen Ce, Slauki:
ftalt, Majeſtaͤt
JEſu Ehri
=
+
118° Bom-Schag der Glaubigen.
des ewigen Vaterlandes, fo haben wir doch die Guͤ⸗
“ter, welche wir auf Dem Wege oder in dieſem Leben
hedurfen. Wir baben neue Gerechtigkeit, GOttes
Kindſchaft, den heiligen Geift „der beiligen Engel
Schutz ıc find das nicht felige Güter?
| 3. Mas finde ich hievon bei dem Luthero ?
gatperus.S)ievon ftebet ein merklicher Locus in der Kirchen⸗
poſtill Lutheri, pag. 74. Wie mögen die Worte be
fteben, die da lauten, als find wir ſchon felig? Sind
wir nicht nod auf Erden im Sammer? Antwort:
Es ift darum alfo geredet, daß die Kraft göttlidyer
Snaden, und die Art ded Glaubend würde ausge
drüdet, zuwiber ben irrigen Werkheiligen, die durch
ihre Werke die Seligkeit, ale wäre fie nody ferne
von ihnen, holen und erlangen wollen. Nicht alſo:
Epriftus Ehriftus hat und auf einmal felig gemachet. in zweier⸗
bat und lei Weiſe. Zum erften, er bat alles gethan, was
fon feliy
gemacht, dazu gehöret, daß wir felig werden, nemlich vie Sum |
aan de, Tod und Hölle überwunden und vertilget, da
fe. nichts mehr dazu von jemand zu thun if. Zum am
‚dern, daß er folched alles in der Taufe bat und als
Ien gegeben, daß wer da glaubet an Chriftum, Daß
er foldyes gethan habe, der hat gewißlich alſohald im
dem Augenblid alles, und find alle feine Sünden
dahin, mit dem Tode und Hölle, daß er nichts mehr
‚bedarf zur Seligkeit, denn folhen Glauben. Darum
alle das Leben, das ein rechtglaubiger Ehrift führet
nach der Zaufe, iſt nichts mehr, denn ein Warten
auf die Offenbarung der Srkigfeit, die er fhon ges
wißlich ganz bat, aber verborgen. Denn wo uns
folche große Güter follten bloß gegeben werden, fo
_ vermoͤchte fle Die Natur diefed Lebend nich zu ertras
das Leben laſſen.
Darum laß dich die irrigen Geiſter nicht verfuͤb⸗
ren, die den Glauben und Taufe verachten, ſetzen
"gen, der Menſch müßte vor Freuden fterben,_ un» |
Pan sus. Bu
Dom Schatz ber Glaubigen. 119
deine Seligkeit weit vor dich, und treiben dich mit
Werken, ſie zu holen. Nein, lieber Menſch, ſie iſt
in dir inwendig, iſt ſchon alles geſchehen, wie Chri⸗
ſtus faget, Luc. 17. Das Reich GOttes iſt im
wendig in euch.
Ebendaſelbſt p. 74. Des Teufels Wunderzeichen
iſt dieſe giftige Meinung, die Seligkeit ſey uns noch
nicht gegeben, ſondern wir müͤſſen bis in den Tod
Darnadı arbeiten. Worüber venn des Glaubens und
der Taufe Reichthum verfinftert und aus Chriften
„lauter Heiden werden, u
4. Was faget die Welt hiezu?
Die Welt lachet fein fäuberlih, wenn fie höret, daß Sie ver⸗
fie durch Chriſtum felig ſey. Denn fie gedenket und lacht es.
ſpricht: Seligkeit ſey im Himmel, oder da man ja
etwas davon hienieden auf Erden haben koͤnne, ſo
ſey ſie deſſen noch zu unwuͤrdig, und koͤnne ſich es.
nicht anmaſſen, ſie habe ſich denn zuvor durch ge⸗
nugſame Buße mit GOtt rein abgefunden. Und
ſolches redet Die Welt darum nicht, als ſollte es hh
fo hart um die Buße zu thun ſeyn, ſondern daß fie:
fih nur mit dieſem Behelf gegen dem Evangelio und
der Seligfeit ſtraͤube. Denn es ift die Eigenſchaft
der Welt, daß fie ihrem eigenen Heil widerfpricht..
Denn da fie Buße thun wollte, fo müßte fie ja eins
‚ mal anheben, und fih nicht immer mit der Unbußs
fertigkeit ſchuͤtzen. |
5. Woher koͤmmt dies ? Und was geböret darauf?
Dies alles koͤmmt daher, daß fie in St. Paulo undays Mike
Luthero nicht fleißig genug fludieret: Ja, daß fie willen
nicht hat den Geiſt des Verſtandes, ob fie gleich zus PAR
- weilen in dieſen Seribenten etwas blättert, die Sonne
der Gerechtigfeit ift ihr nicht aufgegangen, und der
Füuͤrſt viefer Welt hat ihr Herz verblennet, daß fi
— — — — — — — —
120 Vom Schatz der Glaubigen.
nicht ſehen muß das Licht des Evangelii von unſrer
Seligkeit, ſondern dafuͤr tappen durch viel Suchen
und Kehren am hellen Mittage, wie zur Mitternacht.
-9 HErr GO! Wie ein elend Ding ift ed um es
nen Menfhen, der verrüdte Sinnen hat, und Der
Wahrheit beraubet if. Solch ein Menfih kann ſich
ja des leidigen Teufeld im geringften nicht erwehren,
weil er ven Helm des Heils auf feinem Haupt nicht
hat, fondern muß ihm ſtets in großen Schreden zu
Füpen liegen. Er kann GDtt nit lieben, noch
ein neues Leben anfahen. Denn wo die Gnade Durd
‚den Glauben nicht wohl gegründet it, da fann we
der Liebe noch freiwilliger Gehorſam folgen. Ja,
folche Leute muͤſſen in Ewigfeit verdammet feyn. Ich
fage abermal, wo einer dem Evangelio nicht glaw
bet, der ift eben fowohl verdammet, al3 wo einer an
Ehriftum. nicht glaube. Wenn St. Paulus fpridht,
Eph. 2 Aus Gnaden feyd ihr felig worden,
. Durch den Glauben. tem, Tit. 3. GOtt hat
uns felig gemacht durch die Taufe. Und du
glaubeft dem nicht, fondern widerfpridyft ihm, durch
Eingeben des böfen Geifted, fo bift ou eben fo wohl
verloren, ald wenn du nicht glaubeit, Daß JEſus
Ehriftus GOttes Sohn und der Welt Heiland fe.
Wie dies Lutherus in Dem Gefang bezeuget, da er
alfo fpriht: Wer nicht glaubt diefer großen Gnad,
der bleibt in feinen Sünden, unp ift verdammt zum
gwigen Tod, tief in der Höllen Grunde. Höre, Du
unglaubiger Menfh, willt du nicht felig feyn allein
dur den Glauben und Taufe, gleihwie hiedurch
alle Heiligen felig gemorden find, fondern polterft
nod in deinen Werfen, fo gehöreft du der Hölle zu,
wenn du Dich gleich zum tode weineteſt und beteteft.
Denn du wirft mir feinen andern Grund der Geligs
feit legen, ald der ſchon geleget it, welcher iſt Chris
ſtus, der Glaube ünd"Taufe, "Und ift dir gleichwohl
das Bußethun biemit nicht verboten, wie du bers
nach im 3. Capitel des 1. Theild im 7 Buch dies
BEE TE
Vom Schak ber Glaubigen. | 124 |
fer Schatzkammer hören wirft: Nur allein, daß es
in feinem Zirkel bleibe.
6. Iſt es denn ſolch ein gefährlich Ding, nicht glauben,
daß ich fchon hie felig bin und durch Buße hoffe
felig zu werden ?
Freitich iſt es gefährlich. Denn wer die Seligkeit
nicht ſchlecht allein durd; den Glauben Chrifti durch
die Taufe, fondern aud durch die Buße gedenket zu
erlangen, _der gewinnet fie nimmer. Wer mit diefer
Speculation umgehet, wie er du.) einmal, wenn es:
gut Wetter wird, ſich wolle von Sünden befehren,
und in folder Befehrung an Ehriitum glauben, und
alfo endlich in fine vit& felig zu werden, ver hat des .
rechten Verſtandes des Evangelii gefehlet, und iſt
taufend Meilen aus der Taufe und aus dem Reich
GOttes gefallen, und wird fein Zebenlang fein, Herr
darüber werden. Er wird feines Heils nicht froh
werden, noch deffelben Suͤßigkeit koſten. Er wird.
vor der Heilspforten Stehen bleiben, wie die Bauern
mit ihren Spieffen, aber zur rechten Thür nicht hin⸗
ein geben. Er wird in das Allerheiligite und in
die Ruhe GOttes nicht fommen, wie Der Prieſter
Aaron mit feinen Söhnen fommen ift: Weil er ſich
un
felber entweihet von wegen feiner Buße, an welden
er großen Mangel fpüret. Wer durch die Taufe
nicht hinein gehet, in das Reich GOttes, der gehet
durd die Buße ja nicht hinein. Denn die Taufe
allein ift der einige wahre Eingang zu allen himm⸗
liſchen Gütern, wie Lutherus im Meinen Catechismo
ſaͤuberlich gefchrieben hat in der Vorrede übers Tauft
Büchlein, welche Borrede man billig taͤglich leſen ſollte.
T Verwirfeſt du nicht mit der Welſe die Buße?
Solches thue ich hiemit nicht, ſondern zeige nur
allein on, wodurch ein Menſch muͤſſe eingehen in das.
1
122 Vom Schatz der Glaubigen.
Reich GOttes, nemlich durch den Weg, welchen be
x HErr Chriſtus dem Nicodemo gezeiget hat. Wir
.“ wiſſen wohl, GOtt Lob, was von der Buße zu
halten fey, und thun aud) Buße, mehr, als ale un
. fere Widerwärtigen: Denn wir laffen uns znfere
x Übrigen Sünden von Serzenleiv feyn; aber wir me
den fein Berdienft und Meg zum Simmelreich dar
aus, weil wir fchon alles haben aus Gnaden, Durd
Das Berdienft JEſu Ehrifti, Kraft unfers Glaubens
und Taufe, was wir haben folfen, und nichts durch
unfere übrige Schwachheit verloren ‘haben. Wal
wollten wir mit unfrer Buße verdienen, weil wi
durch GOttes Gnade fhon alles haben?
& Dies tft aber wegen ber großen Majeftät der göttlichen
Gnade und unfrer Unwuͤrdigkeit fehr ſchwer zu
glauben.
Die Ges Dem ift wahrlih alfo. Deromwegen fo mag man
ea GOtt wohl anıufen und bitten, daß er uns aller
Sottes Dinge rechten Verftand ind Herz pflanze, und und
Bert, zugleich ftärfe, daß wir vie liebe Geligfeit, weldye und
einmal zum ewigen Gut gegeben ift, wohl ergreifen.
Denn wer died große Werk thun fol, der muß Abras
hams Geiſt haben, und von GOtt dazu gerüftet feyn,
Fleiſch und Blut kann es nicht thun, das Herz if
fheu, und die Majeftät der Güter groß. Herz und
Seligfeit können nicht zufammen fommen, wo fie
BD nicht zufammen füget, wie St, Paulus 2 Cor
sinth. 5. fpricht: Wir haben ſolchen Schatz in irbifchen |
‚Gefäßen, auf daß die überfchmwengliche Kraft GOttes
fey, und nit von und. Ein Schwacher nimmt Die
Hochzeit Chriſti nicht an, fondern prallet zurüde, und
fuchet Entfhuloigung, wie er .fann. GOttes Wort
muß ofs feines Unglaubens Schanddeckel ſeyn. Es
iſt wohl itzt zwar bei vielen große Andacht, aber ſie
iſt falſch. Was ſich ſelbſt zum ewigen Suͤnder machet,
und will nimmer gerecht ſeyn in Chriſto, ſondern
Dom Schaf der Glaubigen. 0425:
feufzet ftetd nad) dem Heil, und fuchet ed allenthafs
ben, das fcheinet fehr heilig, aber ed ift unbeilig.
Es handelt wider GOtt, denn ed will feine Gaben
nicht annehmen. Wir feufzen auch, daß und GOtt
von diefem fündlichen Leibe, und aus dieſer argen
Welt wolle erlöfen: aber wir verwerfen darum die
Gnade nicht. Wir verläugnen nicht, was wir ems
pfangen haben, vielweniger verwerfen wir eö im
Grimin und treten ed mit Füßen, wie die verkehrten
Heiligen thun, welcher ganzes Leben ein muthwilliger
Unglaube und Beratung der Gaben GHOttes if.
Sie wiffen nit, was fie empfangen haben, und
\
wollen es audy nicht wiffen. Ja fie verfolgen ihr .
Heil; und follte eines ſolchan tollen Menichen Ans
dacht GOtt gefallen können, ob er gleich taͤglich auf
den Knieen lieget und betet? |
9 Ich muß befennen, daß wir ſchon felig find, wenn wir
secht glauben: Aber fage mir, ob wir allhier fchon fo
felig find als dort im ewigen Leben?
ch mache mir feinen Zweifel, du werveft aus ges
ſchehenem Bericht wohl vernommen. haben, daß
1. dur die Seligkeit, fo in Chriſti Gnadenreich
gehöret, (davon eigentlich geredet wird,) nicht vers
ftanden werde die ganze Neuheit, weldhe auf dies
Leben allererft erfolgen wird, weil wir allbie nur
felig feyn im Anfang, dort aber in der Vollendung:
fondern die Vergebung der Sünden, neue Gereditigs
keit, die Kindfhaft GOttes und der heilige Geift.
Sb wir nun gleih noch nicht find im Himmel ver
Herrlichkeit GOttes, follte es derowegen nicht große
Seligkeit ſeyn, ſolche Gnadenguͤter allhie im Kirchen⸗
und Gnadenhimmel haben? |
2. Hernach wird ja ein deutlicher Unterfchied ges
machet zwifchen den Gütern der 'Pilgrimfchaft und.
den des Vaterlandes, wie auch zwifchen der Darreis
Hung und Offenbarung des Heild: und ausdrücklich
. gemadet unter dem geiftlihen und ewigen eben.
124 Dom Schatz der Slaubigen.
gefaget, daß die Glaubigen allhie nur felig find, das
ft, ob fie wohl noch nicht die Herrlichkeit Des ewi⸗
. gen Baterlandes haben, fo haben fie doch die Güter,
welche wir auf dem Wege, oder in diefem Leben, be
Dürfen. Wir haben neue Serechtigfeit, GOttes Kinds
fchaft, den heiligen Geift, der heiligen Engel Schuß x.
©ind das nicht felige Güter? Was. aber die Guter
des DBaterlandes anlanget, und die Offenbarung vers
felben, dies alles haben wir nur jegt in der Hof:
nung, und warten Darauf im Glauben. Daher if
nad) Zutheri Zeugniß, eined wahren Ehriften Leben |
nichtö anders, al3 ein Warten auf die Offenbarung
der Geligfeit, die er fhon hat. BE |
3. Syerner wird ja deutlih genug bezeuget, daß
die Seligfeit auch in Anfehung der Güter der Pi:
grimfhaft in unferm großen Elend, Greuz und
Schwachheit gleichſam tief vergraben und verborgen
liege. Darum wird die Sünde und dad Creuz von
ber Seligkeit des Gnadenreichs Chrifti nicht ausge |
fhloffen.
4. Endlich wird auch ein deutlicher Unterſchied
Wie nun zweierlei Leben ift, alfo find aud) zweierlei
Güter der Seligkeit und wie das geiftliche Leben ges
hoͤret in Ehrifti Snadenreih, und Das ewige ind
Heid) feiner Herrlicyfeit: Alſo gehoͤret auch die Ger
ligfeit, davon allhie geredet wird, ind Gnadenreich,
und die Offenbarung verfelben ind Reih der Herw
.„ lichkeit. Wer demnah in der Wiedergeburt eine
neue Creatur in Chrifto geworden, und bad geiftliche
Leben erlanget hat, ver ift begabet mit ven Gütern,
Die er zu demfelben bedarf, und wird im ewigen Le
ben im Reich des Schauens alles offenbar fehen und
wirklich empfinden, was er allbie geglaubet, gehoffet
und erwartet bat.
Dom Scak der Glaubigen. | 125
0. Wohlan, ich ſtoße mich nicht mehr an dem Worte Ser
ligkeit, welches ich allein vor diefem auf das ewige Les
ben gezogen. Aber fage mir, find auch hierin alte
Chriften mit bir in einer Meinung?
O nein! Denn es ſind ihrer viel ſo grob, daß ſie
richt eins wiſſen, woran fie ſeyn, ob fie ſchon felig
eyn, oder ob fie ed noch werden follen? Ya fie duͤr⸗
en ‘wohl ſprechen: Ich bin no nicht felig, denn
ch bin noch nicht geftorben. Bift du denn Darum
yerdammer? Auh nicht. Was bift du denn? Ich
veiß es nicht. Ich hoffe aber nody felig zu werden.
Dies ift gefaget von den Kindern dieſer Welt, wel
he mit voller Macht dem Mammon nadjjagen, und
wiffen fein nicht zu gebrauchen, find auch fein nicht
gebeffert. Die andern, ob fie wohl nad) großem Gut
nicht fragen, fondern vielmehr nach ver Geligfeit
trachten, fo nehmen fie Doch gleichwohl die Wahrheit
des Evangelii durch beftändigen Glauben aud nicht
an, fie halten es für einen Traum, wenn Dad. Evans
gelium fpridht, GOtt hat uns in der Taufe felig ges
machet durd) ven Glauben an JEſum Chriftum, oder,
dad Reich GOttes iſt in euch. O nein, ſprechen
fie, vor ſolcher Vermeſſenheit wolle mich GOtt be;
hüten; ſollte ih armer Sünder mich ſchon für ges
recht, GOttes Rind und einen Erben ded ewigen
Lebens halten? Das wäre zu frühe angefangen, Hie
wird man nicht felig, fondern dort. Und da mir
es gleih alle GOttes Heiligen zufhwüren, daß ich
bie ſchon ſelig wäre, fo wollte ich es doch nicht glaus
ben. Ich glaube es nicht, ich ſehe es denn. Ich
will warten, was GOtt der Herr einmal mit mir
thun und aus mir machen wolle. Der Audgang
wird ed wohl geben.
— — — —
m — — ml... — — — — — .-
126 Dom Schatz der Slaubigen.
- 44. Kannfı du beffen nicht ein Exempel beibringen ©
oeterie Deſſen will ich bie ein kindiſch Erempel fetzen. De
tee Mu: nich einmal zwo geiftlih fromme Perfonen zu Gaſte
einer Eingeladen hatten, und wir über Tiſche faßen, fragte
ſterjunge ich Die eine, mit Namen Martha: Was fie. im Klo
frauen. ſter machte? Die antwortete mir und ſprach? Ih
ſuche mein Heil. Worinne? Sn meinem geiftlicyen
Stande, falten, feiern, lefen, beten und andere chrif
lidye Uebungen. Denn alled, was ich mit meinen
“+ Händen erwirfe, Das gebe ich den Armen. Habe
ihr denn dad Heil noch nit funden, weil ihr viek
leicht an Chriſtum glaubet und getaufet feyd? O neinl
ſprach fir Warum nicht? Denn ıh bin noch nicht
fo fromm, ald ich Billig feyn follte: Und .ob ıd
gleich zu dem hoͤchſten Brad gekommen wäre, moͤchte
ich wiederum fallen, und alfo mein Heil aufs neue
verlieren. Deromegen muß ich in ewigen Sorgen
leben, in Furcht und Zittern, und mein Heil fo
lange ſuchen, bis ich es finde: Welches denn gefcher
ben wird am Ende meines Lebens, da ich würdig
feyn werde. Was thut ihr Denn, Jungfrau Maria,
ſprach ich weiter, in eurem Kloſter 25Ich bin fröß
lich in meinem lieben Heiland JEſu Chriſto, und in
meinem Heil, welches er mir. theuer erworben und
in meiner Taufe gänzlich gefchenket hat. Ich fauge
Mid und Honig aus meinem Hal, und effe und
trinke mein’ Heil. Ich labe meine Seele damit. Ich
mache mir ein ewiges Wohlleben daraus. Ich gehe mit
Sreuden zum Tode: Denn dafelbit finge und fpiele ich
meinem Erlöfer in meinem Herzen, danke ihm fo, daß
mir oft die Augen übergeben. Seyd ihr denn felig ?
Ja traun, felig und überfelig. Denn der HErr Chrb
us hat mic) felig gemachet durch Das Bad der Win
dergeburt, weil id an ihn glaube, Beweiſe mir fols
des. St. Paulus fpriht Epheſ. 2. Aus Gnaden
: feyd ihr felig worden durch den Glauben
—
Dom Schatz der Glaubigen. 127
| Saget noch einen Spruch, zit. 3. Bott Hat uns
ſelig gemadet durch das Bad der Wieder
geburt. Roch einen, Nöm. 10, Was die Ifrae !..
liten fuhen, daß finden fie nidht. Denn fie
'fuhen Das Heil niht aus dem Glayben,
fondern aus den Werfen. Die auderwähl .
ten Heiden haben es aber fhon funden,
' Deffen lachet ihre Schweſter Martha und. fpradh:
| Wie oft habe ich das wohl gefaget, Maria, daß du
| eine Ihörin ſeyſt? Denn du haft einen verkehrten
| &inn, und bift gar zu Lutheriſch. Ich aber fällete
| ein folh Urtheil: Martha ftrenged und tugendfames
Leben ift nicht zu verwerfen, ſondern zu loben: Aber -
: Maria bat den beften Theil auserlohren, ber wird
nicht von ihr genommen werden. In diefem Schmud
| wird fie wohl befteben. Behaltet aber Maria, was
; ihr babet, und laffet euch eure Krone nicht nehmen, -
| Soldy einen großen Sammer finvet man allents
! ‚ halben, und ich weiß faſt nicht, bei wem Die große
Schuld fen, bei uns Lehrern "und Zuhörern! Viel
leicht kann dem auch wohl ſeyn, daß wir das Wort
des Reichs nicht fleißig und getreulich treiben.
|
| 12 Was hat das liebe Evangelium mehr für Sr
D aßelbige Evangelium, welches dem Glaubigen und
Getauften ihr geſchenktes Heil offenbaret, hat dies
Gluͤck, Daß es entweder nicht geprediget wird, ober
| aber, ‘daß es von den Leuten, die es haben, nicht
| geböret, noch angenommen wird. Wad fraget ein
Bürger oder Bauer darnach, DaB man —* ſaget:
GOtt habe ihn gerecht und felig gemacht, durch das
| Wafferbad in Wort? Das ift ihm eine. ſchlechte Ga⸗
be, und eine ſchlechte Weisheit. Wenn er dies ein⸗
mal geboͤret hat, ſo weiß ers ſein Lebenlang.
Wiele widerſtreben der Lehre des Evangelii, und
ı wollen es nicht nachgeben, daß aus der Taufe einem
Menſchen Dad Hei in Disfem & Leben entfpringen fo, 9
‚128 Dom © Schatz 9 Glaubigen.
ſondern lehren, daß man es erwarten müſſe in je
nem Leben: Hie fey. Feiner gerecht, Teiner GOttes
Kind, keiner ein Tempel des heiligen Geiſtes, im
Tode, oder am juͤngſten Tage werde man erſt ſelig.
Denn wo dies follte nachgegeben werden, fprechen fie,
würde es vielen zur großen Sicherheit gerathen:
Denn, fie argumentiret und fpielet der Xeufel ven
Sottlofen in den Köpfen. Sie wollen Tlüger feyn,
ale GOtt ift, der und das Evangelium des Heli
gegeben hat. Solche Thoren hatte aud St. Paulus
yor fi bh. Derowegen fo fämpfte er mit ihnen ritten
lich ın allen feinen Epifteln, und fragte die unnüßen
Schwaͤtzer, woher die Glaubigen und Getauften den
heiligen Geiſt hätten, fo ein theures himmliſche—
Pfand, wo fie nicht vor. GEOtt gerecht und feine
liebe Kinder wären? Darum gilt e8 Wachens, Aufı
fehen und Betend, daß man durch die böfen Geiſtet
von dem rechten Berftande des Evangelii nicht aba
führet werde, Col. 2.
Beſiehe hievon mehr das Bud von der, gülbenen
Zeit, pag. 636. da der Autor Died alled mit beſon⸗
dern göttlihem Eifer vorträgt und ftrafet: Daber
ich auch venfelben ganzen 28. Tractat nach der Bor
rede dieſer Schatz⸗ Kammer einverleibet.,
13. Sch merke, daß du gar nichts von denen halteſt, die
7. noch ihre Seligkeit allererft füuchen, und die da lehren
wie san erft'foll felig werden.
€, fheinet wohl, ala fey es etwas, wenn. einer fid
mit Buße thun und Werfen bierum bemühet, um
wenn ein großer Doctor Daher pranget und lehret,
wie die Chriften follen felig werden. Uber es if
nichts: Er machet fie nur irre, und führet fie ab
von. ihrem Schatz, welchen fie ſchon erlanget haben,
und beraubet fie alles Troftes, Friedend und Freude,
Es iſt folch eine Tpeolo: gie, faget Zutherus, welche
Der
ö—— —— ——— — — — — —— 777 — I — En — u u
Vom Schatz der Glaubigen. ‚129
der Teufel lachen muß. Denn fie thut ihm feinen
| Schaden.
44. Leber, füge a mir, woher doch ſoich große dicke Finſter⸗
niß und Blindheit komme beim hellen Licht des
Evangelii?
| E, koͤmmt aller Unrath daher, erftlich, daß vie Leh⸗ .
rer den Unterſchied nicht willen, zwifchen den Gütern
der Pilgrimfchaft und des Baterlandes, und zwiſchen
Den Gütern Der Gnade und der Herrlichkeit; von
welchem Unterfchied doc Auguftinus und andere viel
koͤſtliches Ding gefchrieben haben, daß fie auch nüht
willen, wohin man den Sprud, Roͤm. 8. ziehen foll,
und Daß GOttes Gnade den Auserwählten unwans
delbar und unwiderruflich ſeye. Denn wer vied alles
weiß, der ift Fein Papift, fondern er weiß gar wohl,
wie er das fiebe Evangelium predigen fol. Wer
aber dies nicht weiß, der iſt ein armer blinder Menſch,
und. thut nichts anderdö, denn Daß er nur unrecht
lehret, und Die Leute verführet.
Hernach kommt auch ſolcher Unverſtand daher,
daß die Leute, ob ſie wohl taͤglich hoͤren, daß allein
der Glaube an Chriſtum vor GOtt gerecht mache,
ſolches Glaubens dennoch nicht achten. Sie fragen
viel darnach, wer der rechte Glaube ſey, oder wie
man recht glauben ſoll, und nehmen ſich auch ſolches
Glaubens nicht an. Sie haben keinen Glauben in
ihren Herzen, und begehren ihn auch nicht zu has.
ben. Es ift ihnen genug, Daß fie nad Nahrung
trachten, und Geld fammeln, es mag um den Blau
ben und Seligkeit kommen, wie es wolle, Sind und
bleiben alfo glaubloje und beillofe Leute, wie Chris
ftu8 felber weiffaget und fpricht, Luc. 19. daß es in
nen legten Tagen fo werde zugeben, daß fein wahr
zer Glaube auf Erden mehr werde vorhanden ſeyn.
9
130 Vom Schak der Glaubigen.
\ 15. Das iſt wohl hoͤchlich zu verwundern ?
Fa wohl. ift es zu verwundern. Ich verwunden
mich auch oft, inſonderheit befremdet michs ſehr,
woher es komme, daß die Gelehrten der Lehre und
dem Vertrauen der GOnade fo gerne widerfprechen, de
fie doch hievon GOttes helles Wort, ihren Def
und in ‚Schulen fo feine Unterweifundin haben.
therus in der Kirchenpoſtill p. 74, bemeifet es aut
St, Paulo, Zit. 3. Daß wir, in der Taufe ſchon fo
(ig worden feyn, und daß wir nun nichts mehr be
dürfen zur Geligfeit, denn ſolches Glaubens, nem
lich an folde Gnade. Der ‘heilige Philippus gleich⸗
falls in loco de Baptiſ. lehret, daß wir in der Tauft
unfern boͤchſten Schatz, nemlich die ewige Seligkeit,
erlangen, und Daß wir durch unſer ganzes Leben
nichts anderd thun follen, denn foldhen Glauben m
freudigem Geiſt wider alle Anfechtung uͤden. De
Meinung iſt auch Chytraͤus in Catecheſi, loco de
Evangelio. Dies hoͤret und lieſet man alſo dahin,
aber man verſtehet nichts davon, ja man verachtet
es, gerad ald wenn ed Ganſe wären, Die dies ges
Iepret haben. |
r
16. Vehlan, ich gebe dir in bieſem allen Beifall. Eines
aber lieget mir noch im Sinn. Mir deucht, daß dieſe
Lehre vn ber gegenwärtigen Seligfeit ruchlofe und
fichere Herzen verurfachen werbe?
ie Mugen Heiligen biefer Welt fagen zwar, diefes
reine Evangelium mache die Leute ſicher, und ver
derbe gute Sitten, aber ſolches thut das Evangelium
nicht, ſondern der Teufel, der GOttes Gnade lehret
mißbrauchen, und durch ſeine Reizung die Welt ven
führet. Zu dem iſt auf dieſen Artikel, daß man all
bereit in diefem Leben Vergebung ber Sünden. babe,
die heilige chriſtliche Kirche gegründet, alfo au, Daß
wo Diefer Arıfel nicht recht geglaubet wird, auch
R
Dom Schatz der Glaubigen. ash
Feine hriftliche Kirche auf Erden mehr kann vorhan⸗ |
den jeyn, “worauf denn aud ein ganz ‚gottlofes We⸗
ſen erfolge. Denn wer nicht glaubet, daß ihm feine
Sünden in der Taufe abgewafchen, und er nun vor
GOtt gereht, GOttes Kind und ein Tempel des
heil, Geiftes geworden ſey, der hat ja fein friedſa⸗
mes und fröhliches Gewiſſen, er liebet und ehret auch
GOtt nicht; fondern lebet durchaus wie ein Heide,
und alle feine Andacht ift falſch. J
Wenn aber ſchon ruchloſe Leute des Evangelii miß⸗
"brauchen, fo muß man doc predigen, was Chriſtus
befohlen bat, und den armen Gewiſſen heilſam ift,
es werde die Welt dadurch ärger oder frömmer, und
wir gefallen den Fugen Heiligen, oder nicht, es ift
genug, daß wir Chrifto gefallen. Davon leſet Lus
theri Predigt am Himmelfahrtötag in der - Sanuars .
- poftill.
Es ift zwar die Welt igiger Zeit ſo gar böfe, und
in allen Sünden erfoffen, zum voraus aber in ver
fibermäßigen Hoöffart, daß man billig nichts anders
predigen follte, denn ‚nur eitel Donner und Blig:
Aber wiederum. weil täglid) eine neue Welt daher
wächfet, Die gar wenig von Chrifto weiß, und dazu
viele befümmerte Herzen vorhanden find, welche bed
tröftlihen Evangelii zum höchften benöthiget, fo muß
man mit Efaid& Cap. 62. fagen: Um Zion willen, _
ſo will ich nicht fchweigen, und um Syerufalem wils
len, fo will ich nicht inne halten, bis daß ihre Ger
zechtigfeit aufgehe wie ein Glanz und ihr Heil ans
brenne wie eine Fackel, daß die Heiden fehen beine
Gerechtigkeit, und alle Könige deine Herrlichkeit,
.
“ .e “
.
132 Wom Erwerber
Das u. Buch..
Vom Erwerber des Schatzes der
Seligkeit.
|
1. Haben wir bie Seligkeit von ums ſelbſt durch unfen
eigene Werte, oder aber von.einem andern?
Das wir von Chriſto allein, und niht von un
feldft haben, was zur Seligfeit gehöret, bezeuget Pam
Ius Röm. 5. da er hievon einen güldenen Sprud
feßet, daraus man trinfbares Gold machen, und ei
in fein Herz trinfen ſoll. Wie nun, fpricht er, dund
eines Menfhen Sünde die Verdammniß über «Ef
Menihen kommen ift: Alfo ift auch durch eines Be
rechtigfett die Rechtfertigung des Lebend über ak.
Wenſchen Tommen. Denn gleihwie durch eines Mew
fhen ‚Ungehorfam viel Sünder worden find: Alle
auch durch eines Gehorfam. werden viel Gerechte.
: Das ift: —
Don Adam haben wir Aber von Chriſto haben wir
: ©ünde, ... . Gerechtigkeit,
GOttes Zorn, GOttes Gnade,
Teufel, .. den heiligen. Geiſt,
Unfriede, - Friede,
Schmach, u Ehre, Ä N
Unglüuck, u Gegen,
Tod und Leben und
Hölle. Paradies: .
2. Ich glaube dies dem heiligen Apoſtel von Herzen: Aber
fage mir, womit hat und Chriſtus diefe teure Schaͤtze
' erworben? .
€, hat fie erworben durch feine gnadenreiche "Geburt, |
dur) fein bitter Leiden und Sterben, und Durd |
‘
‚ bes Schatzes der Seligkeit. 4133
feine fiegreiche Auferſtehung. Hievan will ich dir .
im nachfolgenden Eapitel mehr Bericht geben
Das l. Capitel.
Don Chrifi Menfhdmwerbung.
4. Warum iſt Epriftus Menſch worden, und was habe ich
| . daher für Nuten?
.
D
Erſtlich iſt er durch feine Menſchwerdung mein Im⸗1. Daß et
manuel, das iſt, mein lieber Bruder worden. Da⸗ Fi
ber kann ich mich ißt in hHerzlicher Zuverficht ruͤh⸗ worden
men, GOttes Sohn fen mein Bruver. Denn fo '%
ſpricht Efar 7. Siehe, eine Jungfrau ift ſchwan⸗
ger, und wird einen Sohn gebähren, den
„wird fie heißen Immanuel; das if, we ed ..
St. Matthäus audgeleget hat, GOtt mit und. - Denn
er it GOtt in unferm Sleifh, GOtt unfer Bruder,
GOtt unfer Freund, GOtt, der es mit uns hält,
GOtt, der und füge, GOtt, der und vertritt,
GOtt, zu dem wir alle unfere Zuflucht und Zuver
fiht Haben follen. Ach! wie iſt. doch dies fo tröftlich
geredet, daß fih GOttes Sohn fo nahe zu und ges
than, daß, da er und nicht baf näher fommen koͤn⸗
nen, er unfer Sleifh und Blut an fi genommen,
auf daß er durch folhe Verwandtniß, als durch ein
fonderliches theures Pfand, darthaͤte feine große Liebe
egen uns, als der unfer lieber Bruder in alle Ewig⸗
eit feyn und bleiben wolle, zu dem wir uns alles
Guten, auch mitten in unfern Schwachheiten, verfe
ben follen. Ich darf fagen, wenn er und in feine
oͤttliche Majeftät gezogen, und in fein Herz gedrüs
et hätte, daß er und nicht hätte näher kommen
fönnen, u
Ja eben durch ſolche Menſchwerdung hat er uns
zu fi gezogen, feine Majeſtaͤt mit und getheilet, ei
. wen Kuchen daraus gemacht, und und in Dad allen:
134 WVWVom Erwerber
tiefſte feines Herzens geſenket. Daraus wir ihm näher
kommen follen.
2. Warum iſt Ehriſtus mehr Menſch worden?
2. Dat er Darnach iſt auch GOttes Sohn. darum ein Menſch
anfer Er⸗worden, auf daß er unfer Goel, das iſt, ‚ unferr Er—
Meier wir loͤſer würde:
de. Was
Goel beiſ⸗ Denn das Mörtlein Goel heißet in bebräifcher
ſet. Sprache zweierlei. Zum erften ein, Blutfreund , der
- das nächte Freund: Recht zu uns hat. Aus Ruth 2
Der Mann ift unfer Soel, das ift, er geböret uns
zu, und ift unfer Erbe. Zum andern heißet es &
nen Erloͤſer, dem ed, al3 dem naͤchſten Blutöfreum
von Rechtswegen oblieget, daß er fid feines elenden |
Freundes annehme, und ihn aus Nöthen erlöfe, ald
- Num. und ev. 25. So jemand feinen Goel, dad |
iſt, feinen Erlöfer bat.
Meil wir denn aber in den allertiefiten - Noͤthen
des ewigen Todes ſtecken, und ſich niemand fand, von
allen unfern Gefreundten, der und Daraus beifen
wollte, ja uns daraus hätte helfen können, fam ver |
Sohn HDtted und ward unfer Goel, Das ift, unjer
naͤchſter Freund, und Erloͤſer. Nun moblan, ſprach
er, weil denn niemand zutreten will, fo will ich zus
treten in GOttes Namen, und will Freund und Er
Iöjer werden. Freund will id) werden Durch meine
Menſchwerdung Erloͤſer aber durch einen wunderli⸗
chen Sieg, nemlich durch Leiden und Sterben, wel⸗
ches die Menſchen, meine Blutsfreunde, verſchuldet
hatten, auf daß ſie frei ausgehen und Friede haben
moͤgen. Daher nennet ihn ver Patriarch Jacob feis
nen lieben. Engel und Goel, Gen. 48. der ihm aus
allen Noͤthen, gebolfen habe. Denn er wußte wohl,
daß er ind Fleiſch kommen, der Menfhen Blut
freund ‚werden, und fie. von Rechtswegen aus allem
Uebel erlöjen würde Der Prophet Efaiad nennet
ihn auch alfo, Cap. 41. da, er ſpricht: Fuͤrchte
®
des Schatzes der Seligkeit. | 155
ich nicht, du MWürmlein Zacob, denn dein
Dt, dasyif, dein Erlöfer ift der Heilige
n Sfrael.;”
Siehe, alfo herzlich gerne bilfet der Sohn SOt u
es, daß er auch um feiner Hulfe willen ein Menſch
ınfer Vetter worden iſt.
3; Iſt denn dies fo hoch noͤthig geweſen?
Wo er dies nicht gethan, waͤren wir gaͤnzlich ver⸗
oren geweſen, denn keine Creatur im Himmel und
uf Erden hätte dem gerechten gen GOttes genug.
hun, und und davon erretten föhnen. Wir waren
ille zu tief gefallen, nemlich in den hoͤchſten Zorn
HOttes, und in ven ewigen Tod, darum mußte und
in föftliches Opfer des allerheiligften Bluts in der
oͤchſten Unſchuld, und die allertheuerfte Dezahlung
araus helfen.
Mache aber hie die Rechnung: Iſt GOttes Sohn
in Menſch worden, auf daß er unfer Vetter würs
e, unfer Better aber, auf daß er ja feinen Tod
ınd fein. ganzes Leben dahin wenden, F er uns
rlöfe: In feinen Noͤthen wird er ung ſtecken kaſſen,
ondern uns gewißlih beraus helfen, und er ver:
eucht, fo wird er Doc) .gleihwohl helfen. Denn er
ft unfer GOtt und Erretter, und hat diefen feinen
Namen an feinen Thron und Krone gefchrieben. Ja
8 wird feine Luft feyn, daß er und Gutes tbun, die.
Hand bieten, und belfen möge, wie der Propbet
Jeremias in feinem. 22 Cap. von ihm gefchrieben hat.
Wer ſich viefes Namens in wahrem Glauben er: '
freuen, und feine Luft daran haben Fönnte, ber würde '
tete im Paradies leben, und feines Herzens Wunſch
würde ihm auch gewißlich von feinem lieben GOtt
deſto eher gegeben werden,
4. Zeige mir Urfachen von der Menfchwerdung RT
um dritten ift er audy Darum ein Dienfch worden, 3
zuf daß er ‚unfere verborbene, geſchaͤndete und Berner
an
&
2
136 WVonm Erwerber
ne Natur achtete Natur durch ſolche feine Menſchwerdung uny
wieder
» berrlich
machte.
Verwandtniß wiederum herrlich machte. Denn was
kann und armen, verdorbenen, geſchaͤndeten und ven
achteten Menfchen für eine größere Ehre und Hem
lichkeit wiederfahren, als daß GOttes Sohn ſetlber
ein Menſch, und unſer Bruder worden iſt, und us
fere Natur an ſich bet und träget, ja, da ein Menſq
figet zur rechten Hand GOttes, und alled unter fih
bat, und regieret im Himmel und auf Erden ? De
Teufel muß- ja neidiſch werden, über ſolcher unſrer
Dignität und Hoheit, wenn er anfiehet, zu wei
‚ Ehren wir gefommen, und wie hoch wir vom Sofs
GOttes geadelt worden find.
Der Kaifer Auguftus, ald ein gelchrter Ha
und Liebhaber der freien Künfte, bat zuweilen ca
Rauten: Rränzlein auf fein Haupt gefeget, und if
bamit unter die römifhen ‘Pocten gegangen, daß er
ald ihres Ordens, und ein Poet ihre Karmina haoͤ
ren, und feine eigene recttiren möchte: daſſelbe haben
die Poelen für eine große Ehre angenommen, um
haben ſichs allenthalben geruͤhmet: Auguftus iſt ud
ein Poet, und unferd Ordens worden. Alſo fob
fen wir ihm auch tbun, und follen wider den Tau
‚fel unfere Sebrehen und Schmach rühmen, Bei
die hohe Majeftät GOttes ein Menſch worden, um
daß die menſchliche Natur mit GOttes Majeftät ver
einiget und gezieret ift. GOtt if Menfh, und
Menſch iſt GOOtt.
5. Was ſaget Lutherus dazu?
Er ſchreibet in ſeiner Jenaiſchen Hauspoſtill alſe
pag. 36. 42 und 43: dieſe große Ehre iſt uns Diem
fdjen, und nicht den Engeln wiederfahren. Die Em
gel finn wohl herrlidhere Ereaturen, denn wir Diew
fhen, aber doc hat GOtt uns Dienfhen mehr und
höher geehret, und fich näher zu und gethan, ben
zu den Engeln: Sintemal er nicht ein Engel, fow
—
des Schatzes der Seligkeit. is7
bern ein Menſch worden. Dies aber iſt eine große .
Ehre, daß wenn einer ein Engel wäre, er wuͤnſchen
möchte, daß er ein Menſch würde, Damit er auch
ruhmen möchte: Mein Fleiſch und Blut‘ fiber über
alle Engel, Und dies fol und bewegen in großer
Freude und feliger Hoffert, da wir alſo geehret find
über alle Creaturen, auch über die Engel, daß wir
nun mit Wahrheit rühmen koͤnnen: Mein Fleiſch
und Blut fitet zur Rechten GOtted, und: regieret-
über alles gewaltiglich, und hat alleg in feinen Haͤnden.
Ebenvaf, Seite 50.
Wenn ich gleich hätte des tuͤrkiſchen Kaiſers Kro⸗
ne, fo ift es noch nichtd gegen dem, daß Chriſtus
unfer Bruder it, und derſelbe am jüngiten Tage zu
mir fagen wird, und itzt allbereit zu mir faget: Du
bift mein lieber Bruder, alled wad mem iſt, das iſt
‚dein, du follft bei mir leben in Ewigkeit. n
Wenn wir nur foldhes von Herzen glaubeten, fo |
würden fie nicht erfchreden, noch zagen, fondern
fröhlich und hoffärtig feyn in allen Dingen. Denn
ein Chriſt ift ein fröhlicher, hoffaͤrtiger, feliger Menſch,
Der weder nach dem Teufel, noch allem Unglüd fras
get, denn er weiß, daß er durch Chriſtum über fol
des alles ein HErr iſt. . |
— — 1. _m und
6. Barum iſt Chriſtus ferner Menſch worben?
Zum vierten iſt auch GOttes Sohn darum Menfchs. Dafer
worden, auf daß er durch ſolche Verdammniß feine feine Au
große Liebe, die er in feinem Herzen zu uns batteuns ia.
und trug, möchte offentlich erllaͤren. Denn weil er Te
uns lieb hatte, wollte er und ſolches wiffen laffen,
ward darum ein Menfh, ja unfer lieber Bruder in
unferm Fleiſch und Blut. |
Daher wird er Immanuel geheißen, Ef. 7. das -
it, GOtt mit und, oder GOtt wie wir, um feiner
Brüperfhaft willen, Ä
‘
⸗
W
Pi
1
18. Dom Erwerber |
Sa, darum nennet er ſich felber unfern lieben
Bruder, Joh. 20. Gehe hin, und fage meinen Bri
dern. Hebr. 2. Er ſchaͤmet ſich nicht, fie Brüder. zu
u heißen und fpriht: Ich will verfündigem Deine
amen meinen Brüdern,
Lutherus in ber Kirchenpoſtill am Oftertage.
Satherns. Heißet das nicht mit einem Worte: Mit Chriſt
ind gefammte. Reben und. ganze. Erbe gezogen um
gefeßet, des Himmkls, und, alles, was Chriſtus hat!
Uno. ift ja über alle Maſſe lieblich und füße gerene,
Daß, wer nun hie glauben wollte, der hätte zu glaw.
ben genug fein Lebenlang, und. weil vie. Welt ftche.
Denn der Troſt iſt zu groß, und Die Freude u
hoch, und des Menfhen Herz zu klein und zu engt,
foldyes zu erlangen. So tief find wir nicht gefallen,
fo böfe iſt es nicht gemachet und verderbet, die Bris
derſchaft kann es alles wieder zurechte bringen, und
leihtlich ergänzen, als Bie da ewig, unendlich um
unerſchoͤpflich iſt. W |
Und Tertullian nennet das Kleifh Chrifti, ein
Zeichen der Liebe Chrifti, und .ein Pfand. des ewi
gen Lebens, Er hat und dad Pfand des Geiles
binterlaffen, und nimmt das Pfand des Fleifches von
und an, und hat diefes Pfand in den Hünmel ge
nommen, und wird ed von dannen zu feiner Zeit.
wieder zurüd bringen. |
Darum lerne ja, mein lieber Chrift, ven Sohn
GSttes aus diefem Spiegel recht erfennen, und balte
ihn für nichts anders, denn für einen großen Den
fhenfreund, ja für deinen allerliebften beften Freund,
weil er fich nahe mit ver befreundet hat. Go nen
‚ net ihn St. Paulus, Titum 3. Da aber erſchien vie
Sreunplichfeit und Leutfeligfeit unfers Heilandes, d. i.
ver Sohn GOttes ift fromm und Leute lieblich, ver.
jedermann gerne von Herzen dienet. Denn ed feine
fonderliche Zuft ift, wenn er Gutes thun, ımd. fi
bes Schatzes der Seligkeit. 189
vohl verdienen mag. Ach! wer kann die Liebe des
HErrn ausreden? u i
Wenn dir nun der Teufel bie große Liebe des
Sohns GOttes, durch Die Sünde, Ereuz und Trübs
al aus deinem Herzen reiffen will, fo fehre dich u
yald zu deinem Herzen: Nun ift dennoch gleihwohL u
HDtted Sohn aus’ großer Liebe ein Menfh, und ...
Rein lieber Bruder worden, und tiöfte did Damit
for Ä nn
". Kauft du auch noch mehr Urfachen dev Menfiwerbung "
' Ehriſti anzeigen? |
um fünften ift er auch um deswillen ein Menſchs. Da
vorden, auf daß unfer Vertrauen deſto größer en
md wir deſto kindlicher zu ihm treten, und- mit ihm ipm dee
eden dürfen. Denn meil.er aus großer Liebe uns , größer
er Kleifch und Blut, ja unfer lieber Immanuel und "
Bruder worden, will er uns biemit zu ſich foden,
nd ald mit einem güldenen Kettlein zu fid ziehen,
aß wir zu ibm fommen, unfer Vertrauen auf ihn
Ben, und alles, was wir nur wollen, bruͤderlich
nit ihm reden follen. |
Wie follte ung der verlaffen fönnen, der von
hm felbft, ohne - unfer Berdienft und Bitte, aus
roßer Liebe und Barmherzigkeit, unfer Fleiſch und
3ruder worden? Und wie follte ver und nicht herz⸗
ich hören, und erhören, ber ſich gleich zu und nds
bigt, und unfere Sreundfchaft fuchet und begehret?
Jenn heißer das nicht Freundſchaft fuchen, ein Menſch
yerden,; zu den Menfcen kommen, und zu ben
Nenſchen fi halten? Ah! du frommer und freunds
her HErr, wie ift deine Gütigfeit und Demuth fo‘
beraus groß. —
Darum, lieber Menſch, ſey in Anfechtung und
Bivermwärtigfeit getroſt, faſſe ein Herz und Muth,
nd verlaffe dich kuͤhnlich auf dieſen Held, verfelbige
Wie man Matte fonderlihe Freundſchaft und Brůuderſchaft =
mit Epris deinem berzallerliebften Bruder, vem Sohn GM
0 gute
Corre⸗
foondenz ihn. nimmer aus deinem Herzen, ‚bilde bir feine‘?
aften
Önne,
dich auch fonft zu ihm, und rede allenthalben m
"140 Wom Erwerber
will dir helfen, denn er iſt dein Bruder, und lu
dir helfen, denn er iſt dein GOtt.
8. Die fol ich aber meinen Bruder Ehriſtum hien
bewegen ? |
weil er deiner Freundſchaft fo hart begepret. 9
ige Liebe und unausfprechliche Freundlichkeit mM
ein. Höre fein holpfeliges gnadenreiches Wort, #
träufe das, wie Balſam⸗Troͤpflein, in dein Ha
und verlaffe dich mit feſtem Glauben darauf, Je
ihm, auf vem Felde, im Holze, in der Kirk,
deinem Haufe, ald mit deinem allerbeften Freu
und vernünftigften und getreueften Bruper. A
ſchlage mit ihm, Mage ihm. dein Anliegen und Frl
bitte ihn um Troſt, Linderung und Errettung, #
Dir folder Urſache halben das Creuz fürnemlid en
eleget ift, und höre nimmer auf, mit dieſer IM
Derfon in Liebe und Freundſchaft zu reden,
9. Sollte wopl GOtt hieran ein ſonderlich Gefſala
tragen ?
Fa, dies wird dem bimmlifchen Water gar ©"
thun, Daß du feinen lieben Sohn alfo ehreil. 7
wird er Dich wiederum ehren, zu feiner Zeit, !
wird Dich auch dein lieber Bruder folcher Fre)
fchaft genieffen Jaffen, und dir geben deines Hr
Wunſch, nach dem tröftlichen Spruch, Pf: 37. $
be deine Luft an vem Herrn ZEfu, fo m
er dir geben deines Herzens Wunſch. )
nad) feinem eigenen Wort, Jer. 32, Ich will!
nen ewigen Bund mit ihnen maden, daß!
will nie ablaffen, ihnen Gutes ju the
des Schatzes ber Seligkeit. 141
und will ihnen meine Furcht ins Der ge⸗
ben, daß ſie nicht von mir weichen ſollen:
Und es ſoll meine Luft feyn, daß ich ihnen ri
Butes thun möge
Ad du frommer HErr! ja du frommes um.
freundliches Kindlein, da fein Arges inne ift, nimm‘ .
mid doch auf und an in die Zahl deiner Freunde.
Halte dich zu mir, ziehe mich zu dir durch deiein
Beift, denn ich bin ſchwach und blöbe. Laß mih -
frei mit Dir reden, und erhoͤre mich , regiere mich,
fegne mich.
x
0. Sind auch noch mehr Urfachen Abrig der Menſchwer⸗
‚bung bed Sohns BDttes, |
detztlich „und zwar fürnemlich, iſt der ewige —R *
es Sohn darum ein Menſch worden, auf daß er een |
Gr und Menfchen fterben, und für und bezablen könnte, -
oͤnnte. Sa, auf daß er und aus dem fhredlichen
Mord, Hall und Werverben in das vorige felige Wes
en der Unſchuld und der Gnade GOttes wiederum
eftituiren und verhelfen moͤchte.
Denn weil Adam durch des Teufels gift GOttes
Bebot übertreten, und durch ſolche Uebertretung beide
id und das ganze menſchliche Geſchlecht in Vetder⸗
ung und Sünde, in GOttes Zorn, in Anklage des
Zeſetzes, in Angſt des Gewiſſens, in allerhand Stra⸗
en und Plagen, und endlich in den ewigen Tod
jeführet hatte, iſt folher großer Unfall und Sams.
ner dem Sohn GOttes, dem barmberzigen HErrn,
ınd dem Schöpfer menſchlichen Geſchlechts zu Herzen
jegangen: Er ift Mittler worden, und bat bei GOtt
einem bimmlifhen Vater für das arme verführte
Bolf intercediret. Und damit feinem gerechten Zora
jenug gefchehe, und ein Menfch bezahlte, weil der”
Menſch geborget hatte, bat er ſich ferner gutwillig
yargeftellet, und erboten zu aller Strafe, weldye dem
nenfchlichen Geſchlecht koͤnnte zuerkannt werden. In
142 Dom Erwerber - |
welhem wunderlichen Rath, und in welches X
"perament, da GOtt der Bater aus Liebe und Ba
berzigfeit gewilliget, ift ver Sohn hingangen, a
Menſch worden, und ſich Freuzigen und tödten laf
Und bat alfo das menſchliche Geſchlecht durch ei
Tod nicht allein vom Tode, fondern auch von a
** Unrecht, darin es gefallen, erlöfet, und in feine
tige Würde reftituiret,
Hilf GODtt! Hilf GOtt! was iſt dies für Var
: ver, und für eine große Wohlthat? Wer kann dei
die Liebe und Güte des Sohns GOttes genuafas
ermeffen? Lieber HErr! bit du darum ein Mei
worden, auf Daß du unfer Diener, ja ein Ela
Lämmlein für und würdeft, den Blut vergößeft, un
ſturbeſt? Was höre ih? Was höre ich?
Iſt es nicht genug gewefen, o du hochgelobte
8Dtted Sohn! Daß du bift ein Menſch woren
und daß du in deiner menfchlihen Natur, Hunan,
Durft und Froſt erlitten habeſt? Du haft noch m
SchlahtsLämmlein dazu werden wollen?! Ab m
Heines und zartes SchlachtsLänimlein! Hat beim
Menſchwerdung nicht koͤnnen Loͤſegelds genug fens,
und für unfere Sünde bezahlen? Es haben dei
Blutötropfen noch müfjen. Dazu kommen.
"Daher wird er nun JEſus genannt, ein Hefe
der Heiland, der aus allen Nöthen gewaltig belfa
kann: Und Chriftus, denn er ift gefalbet mit rear
Denöl, und zum König verordnet, daß er uns feir
Ertöfeten wider den Teufel fhüten und handho
en fol,
11. Wovon hat und JEſus Chriſtus erloͤſet?
Von unfern Sünden, von GOttes Zorn, vom Flud
des Geſetzes, von aller Zufprache und Zyrannei de
Teufels, von. Befchwerung des Gewiſſens, von allen
band Strafe und Plage, welche in ein beilfamei
Maͤrtyrerthum verwandelt iſt, vom ewigen Tode
— u DE. En: ⏑—⏑.,., —
des Schatzes der Seligkeit. 143°
und von der Gruben, da fein Bafler ‚ fondern eitel
hoͤlliſch Feuer innen iſt.
Denn weil der Sohn GEOttes für und ein Menſch
und Opfer worden, haben wir feine Sünde mehr,
Ott zürnet auch nicht inehr, das Geſetz Tann und
auch mit Fug nicht mehr befchuldigen, noch verflus
hen. Der Teufel hat aud feine Zufpradie mehr
sau und, fonvdern plaget und ohne Urfady und vers
geblih. Wir aber follen es ihm nicht geftatten, das
ift, wir follen und an des Teufel und der Welt
Nichten und Berdammen nicht mehr ehren, unfer
Herz und Gewiſſen ſoll auch nicht mehr betrübet
ſeyn, das taͤgliche Creüz iſt auch Feine Strafe mehr,
ſondern nur eine Toͤdtung des Fleiſches, und eine
Hebung aller Gottſeligkeit. Denn wenn es das An⸗
ſehen hat, als ſeye GOtt wider und, fü iſt er am
neiften für und. Und ob wir gleich fterben, fo rus
ven wir nur, und bleiben nicht im Tode, fommen |
wich nicht in die Hölle.
Dies alles begreifet der Engel, wenn er zu ben
Hirten foriht: Euch ift heute der Heiland ges
‚oren. Und in foldem Heil und Ertöfung ſteher
ad Reich Ehriſti.
22. Was hat uns Chriſtus wiedergebracht ?
Aires, was wir in Adam verloren hatten, neue und
wige Gerechtigkeit, ewige Gnade, GOttes, den. heis
igen Geiſt, ein frievfames und fröhliches Gewiſſen,
Herhand Gegen und Wohlfahrt, allen Frommen,
as ift, allen Glaubigen im Gefeg verfprocdhen, das
wige Leben und Himmelreich.
Denn weil GOttes Sohn, ft ein Menſch und
Opfer worden für und, find wir nunmehr vor GOtt
erecht, als die heiligen Engel, und glänzen von
tel und ewiger Gerechtigkeit, ald Sterne am Hims .
tel, daß ſich aud die Engel felbften für unferer Ge:
seigfeit baden muͤſſen. Wir find die allerlichften
Ä 1. Wir Wi follen von Herzen glauben, daß GOttes Gehe
444 WVom Erwerber
Kinder GOttes, welche er täglich kuͤſſet und herzet
ob und wohl zuweilen über folhem Herzen und Küj
fen die Augen übergeben. Wir find lebendige Tem
pel des beiligen Geiftes, auch mitten in unfrer hoͤch
fien Schwachheit und Taurigkeit: Wir haben and
ein rubfames und fröhliches Gewiflen, ob wir wohl
nicht allerdings unfträflich und unfdhuldig find. Us
was in Diefem Leben unvolllommen ift, ſoll hernaq
defto vollkommener werden. .
- Aber diefe Wohlthaten wollen wir etwas weit
und. herrlicher im folgenden Capitel auöführen, bera
wir von Chrifti Leiden handeln werden.
Wir ſehen aber aus dieſen Urſachen der Mernſ
werdung Chriſti, fo ist eingeführet, welch eine hey
liche Xiebe ‚beive der Mittler, GOttes Sohn, m
der Erbarmer, GOtt Vater felbft, zu ung’ gebak
und getragen haben, davon oh. 15: und 1 Zoh.k
Meldung thut. |
13. Wie follen wir und diefe troſtreiche Endurſache der
Menſchwerdung Ehrifti zu nuͤtze machen?
n. den fey, und daß er brüderliche: Liebe und Treue F
und trage, auch da ed Das Anfehen hat, ald daß we
»on ihm verlaffen feyn. Und daß er uns in feine
Noͤthen wolle ſtecken laffen, fondern heraus reißen
und zu ehren machen, wenn die bequeme Zeit eis
mal gekommen ift. |
Dies fcheinet wohl, als ſey ed eine fchlechte Runk
und als hätten wir dies vorlängft ausgeglaubet,
wir ed hören und wiffen, aber wenn es zum Tr
koͤmmt, und ver Zeufel zu uns eihbrüflet wie a
Löwe, und feine vergiftete Mordpfeile in unfere H
zen fchießt, oder wir fonft in ſchweren Nöthen fi
da -erfähret man allererft recht, wie eine leichte Ku
dies fey, und mie fein wir es ausgeglaubet haben.
ee unfer Immanuel, das ift, unfer liebfter Bruder wer
be
un.
——
— 2—
‚ des Schatzes der Seligkeit. 448
Weil aber der Glaube nicht unſers Willens und
Bermoͤgens iſt, ſondern nur ein pur Gnadenwerk
yes heiligen Geiſtes, wie St. Paulus bezeuget, Eph.
I» Gal. und anderswo mehr, fo, laſſet uns taͤglich
yitten um die Gabe und Vermehrung des Glaubens,
zamit der Glaube in unfern Derzen brennen möge,
vie eine Flamme in einer güldenen Lampe. Denn
ver Glaube muß nicht Falt, fonvdern feurig in uns
enn, fol er und wiedehgebähren und Zeichen thun.
Weil aber der heilige Geift in ung thaͤtig ift, durch
das Wort von Chriſto, follen wir dad Evangelium
ınd Zeugniß von JEſu Chriſto nimmermehr aus
ınfern Obren und Herzen laffen, und der Sacra⸗
nente gebraudhen, |
14. Was follen wir mehr hun?
Zum andern follen wir durch foldien Glauben unſere & Hai
anruhige Herzen ftillen, und uns der Menfchwerdung erfrenem
and des Leidens Chrifti zum hoͤchſten erfreuen. Denn
yarım "wollen wir uns betrüben, weil die Sünde
md der Zorn GOttes weggenommen? Und warunt
vollen wir und nicht freuen, weil ewige Gerechtig⸗
teit und ewige Gnade GOttes wiedergebradt it?
Darum faget der Engel: Siehe, ich verfündige
tu große und ewige rende, welche nicht
llein den Juden, ſondern uud den Heiden, nicht
illein den kleinen, fondern auch Den großen Suͤndern
wiberfahren wird Denn der zugefagete Heiland iſt
eboren.
Ya, wir ſollen hingehen, und von Freuden über
Chriſti Geburt und Verdienft jauchzen. Jauch, Jauch,
Jauch, füllen wir rufen, GOttes Sohn iſt ein Menſch
und unfer Erlöfer worden, wie und hiezu Zach. 9.
bermahnel, Unſer Herz fol voll Wonne feyn und
in Freuden fchweben, und unfer ganzes Leben foll
nunmehr. nichtd anders feyn, denn ein ewiges Freu⸗
benfe ohne Dunkel und Trübfal, Es gen auch fol:
oo.
.
‘ »
vie
—
-
446 Dom Erwerber
che heilige und goͤttliche Freude taͤglich bei uns wach
fen und zunehmen. Einer ſoll den andern zur Freude
vermahnen, und wegen der Traurigkeit frafen. Um
achteten, wie dazumal die Hirten waren auf des
ſolche Sreude fol feyn nicht allein in den Meidyen
und Herrlihen, fondern aud) in den Armen und Ber
. Felde: Ja in diefen mehr weder in jenen. Denn vis
Chriſtli⸗
| ee ebenfiches Leben und Wefen beſtehe ın Melancholie um
. nicht in
Melan⸗
chotie.
a
Ei *
£utherus,
-. met für.lieb, will er fagen, und haber Geduld.
fen Armen, Verachteten und Troftlofen ift Der Srba
GOttes allermeift zum Troft gefommen. Wir fol
mit Gewalt hindurch brechen, durch Schwermutb un?
Betrübniß, und und des Herrn Chrifti erfreum,
wenn wir auch gleich die allerärmeften und elendeſta
Märtyrer und Würmer auf Erden wären, über wd
he alle Wetter giengen, Denn wir haben es hehe
Urfacdhe, und der Engel GOttes bat ed und ww
fohlen.
Und es dürfe nur feiner gedenken, daß ein dırik
Betrubnig, wie ſich die alten einfältigen Meürtterlei,
ja wohl zuweilen die rechten großen Heiligen, Mo
dünfen lajjen; fondern in herzlicher und fteter Freude
und Wonne jtehet ed, und im Frohlocken oder and
zen. Denn follte man ſich des nicht erfreuen, def
er unfere Natur trefflih geehret hat, daß er fein
Liebe dadurch erfläret, Daß er.unfer lieber Brut
und getreuer Beiſtand worden ift, und Daß er um
endlich durch fein Blut von Sünden und Tode erlä
fet hat? |
Hieher gehoͤret Das Wörtlen Wohlgefallen, vd
der Engel gedenket, da er fpriht: Den Dienfche
ein Wohlgefallen, ⸗
Dies Wort erklaͤret Lutherus aljo: Die liebe
Engel wünfchen, daß GOtt ven Glaubigen und Fro
men ein fröhlich Herz und Muth gebe, und daß
alles "mögen mit Geduld ertragen, was ihnen v
wegen ihred Glaubens und Befenntnig vom Teu
und Menſchen aufgeleget wird und widerfaͤhret. R
Des Schakes der Seligkeit. 147 |
ob man gleich euch darüber Leide thut, verfolget, in .
dad Sefängnig wirft, verbrennet, tödtet und läfterts
Sp werdet dennody darüber nicht ungedultig, noch
yornig, fondern habet ein Wohlgefallen daran, und
laffet eud) eure Freude und Luft, fo ihr an dem neus
Aa Kindlein habet, fein Leid und Traurigfeit,.
ie fey fo ſchwer und groß fie wolle, hindern, noch
verderben.
Immer guter Dinge und gutes Muths, und fas
get: Laſſet geben was nicht bleiben will, mir ohne
Schaden. Fahre bin Traurigkeit, fahre bin Schwer⸗
muth, fahre hin Welt, wir wollen uns um eurets
willen unfere Sreude nicht nehmen laſſen. So weit
kuther. \ N
is. Was follen wir mehr un?
Eepttich will es ſich auch gebühren, daß wir nun bins2. Gheifte
rort allen fleiſchlichen Lüften und Laſtern abdanken, linke
ınd und mit ganzem Ernſt und Fleiß auf wahre
Heiligfeit und Gerechtigfeit begeben. Denn weil wir
sem Sohn GOttes für folche große Liebe und Wohls
hat, Dienft und Dankbarkeit ſchuldig find, und aber
ein größerer Gottesdienſt kann erfunden werden, denn
ben Der neue Geborfam, oder ein neues, heiliges
nd unfträfliches Leben; fo laffet und ihm defwegen Die Chris
zurch fol neu Leben dankbar feyn. Iſt er unfer Bruder
Bruder worden im Fleiſch, fu laſſet und feine Bruͤ⸗ nis:
er wiederum werden im Geift, und alfo gefinnetzifefouen
eyn, wie er gefinnet iſt. Denn Brüder miffen .eis wir feine
verlei Herz haben, und einerlei Leben führen. Brüder
im Geiſt.
10 *
6
x
148 Mom Erwerber
Das m. Capitelt.
Bon Chriſti bitterm Leiden und
—— Sterben.
1. Hat mir auch Chriſtus mit feinem Leiden und Steh
etwas erworben ?
Er bat. dir damit den ganzen Schatz deiner Geliß
keit, die ewige Gerechtigkeit, Die Kindſchaft GOttl
und das ewige Leben erworben, und in berzliht
Liebe gegen dir fißet er zu der Rechten GOttes M
ned himmlifhen Vaters, und vertritt Dich ohne Kl
hören bei ihm. Daber kannſt du did igt ja fen@
die zornige Flüche des Geſetzes, in des Teufels I
fehtung, in allerhand Leiden und im Tode ride
und ſchicken. Ja du haft nun billig größere Luf j
fterben, denn zu leben: Sintemal du wiſſeſt, md
du in Chrifto worden, und was du zu hoffen hf
nemlich das fchöne Paradies, und die Wonne de
. ewigen Lebens. J
2. Was hat Chriſtus darum gelitten?
Tr jemald von Anfang ber ein Menſch in der Ri
gewefen, welcher mancherlei und ſchweres Leiden ge
habt hat, fo ift ed wahrlih der Sohn OOttes #
wefen.. '
Bon der Mannichfaltigfeit feines Leidens ſpriht
er, Pſ. 25. Meines Herzens Wehe iſt manderli
‚und Wf. AO, Es hat mich umgeben Keiden ohne Ze
Bon der Schwahheit aber feines Leidens ford!
er durch Hiob am 6. Wenn man meinen Zammt
wöge, und mein Leiden zufnmmen. in eine Wage IM
te, fo würde es fehwerer feyn, denn Sand am MM
Und Pf. 38. Ich ein zu Leiden gemachet, und mil
Anliegen ift mir wie eine fihwere Laſt zu few
worden. Sch gebe krumm und fehr gebüdet, da
des Schatzes der Seligkeit. 449
ganzen Tag gehe ich traurig. Mein Herz bebet,
meine Kraft hat mid) verlaffen, und das Licht meiner
Augen ift nicht mehr bei mir. Und bas vielfältige
und fchwere Leiden hat mit ihm angehoben von Ju⸗
gend auf, wie er Maget, Pf. 88. Ich bin elend von
Jugend auf. Teufel und Menfhen haben mid, fo
lange ih in der Welt gewefen ‚ ftetö geplaget. Daß
er alfo feines lieben Lebens nie recht froh geworden,
fondern daffelbe. unter hartem” Bedrang, mit Schmers
zen, Seufjen und Weinen hat zubringen muͤſſen.
8. Was hat denn der Sohn EOttes in Menſchengeſtalt
fuͤrnehmlich gelitten?
Zum erſten Armuth, und dieſelbe zwar von feiner nl
Geburt an. Denn er iſt in eine Krippen geleget,erin am -
wie ein armes Hündlein, und bat. zerriffene Luͤmp⸗ Geboren
lein um feinen zarten Leib gehabt. Iſt auch in gus erde
ten Tagen und Wollüften von feiner. armen Mutter -
nicht auferzogen: Sondern hat oft fchmal beißen
müffen. nn
Solgender Zeit ift er dem Sofeph nachaefolge:
Inechtlicher Geftalt, und hat ihm helfen u lan, |
der rechte Zimmermann des großen Haufes GOttes.
Da er aber durch den Beruf feines bimmlifchen Was
ters in das Prebigtamt getreten, ift er mit feinen -
lieben Juͤngern zu Fuße gegangen, hat der Almofen
gelebet, und feine Ruhe auf der harten Erde fuchen
enäffen.
as die Almofen antrift, fo fchreibet St, Lucas Ä
GEap. 8. daß. etlihe reihe und ehrbare Matronen Dt s [mi
ald Maria Magdalena, Johanna und. Sufanna, fick me
bed HEren und feiner Jünger getreulich angenoms geiehet.
men, und ihnen von ihren Guͤtern Handreichung |
gethan —F Ric hatte ihnen vom Teufel und
. andern Seuchen gehölfen, und ihre Her i
nem Wort getroͤſtet. dee Herzen m
® %
\ on
150° Dom: Erwerber
Die Yin: Matth. 12. Gehen die armen barfüßiger Jünger,
ee en-und efien Aehren vor großem Hunger; da nun fols
sen aus ches Die reichen vielfräßigen und wohlgemäfteten Pha⸗
Hunger. riſaͤer fahen, murreten fie darüber, ald hätten Die
Singer große Sünde gethban: Aber Chriftus antwor⸗
tete ihnen und fprady: Lieben Porci, laffet es euch
zu Gut werden, daß ihr fo fatt feyd, meine arme
Difeipuli folgen dem Exempel Davids nah , welcher
auch Schaubrod aß am Sabbath Xage, da er elemd
war und ihn bungerte.
Hierüber, nemlich über feine und feiner lieben
Sünger Armuth, Faſten und Hunger Elaget der HErr,
Pſalm 109 und fpriht: Meine Knie find ſchwach
von Falten und Hunger, und mein Fleiſch iſt mager
und bat fein Bett: Welches wir von Der Geftalt des
Herr Chriſti wohl merken follen. Denn er, me
Allerfchönfte unter allen Menfchenfindern, ift der Adler
magerfte und Schwächefte gewefen, ob er wohl zus
weilen fein mattes Herz mit einem ZTrünflein Werd
gelzbet hat, und darüber für einen Weinſaͤufer iſt
gefcholten worden.
Hatteine Was aber andern Ungemah, und das harte Tas
eigene ger des Sohns GOttes anlanget, fo bezeuget e
— ſelbſt, Matth. 8. daß er fo viel Eigenes in der gam
' zen weiten Welt nicht gehabt, Dabin er fein Gaupt
mit Zug bätte legen können: ſondern er babe fi
Draußen vor dem Xhor im Oelgarten, und ſonſt auf
der Erden bebeifen müffen.
gKeinen ei _ Am Palmfonntage, da er in feiner hoͤchſten Mu
genenggeljeität follte einziehen ın die Stadt Serufalem, und fid
rau, Dafelbft wie ein König ſchauen und huldigen Laffen,
ibier. hatte er ‚kein Maulthier noch Efel, darauf er Hätte
reuten können, fondern mußte einen von Bethphage
holen laffen. Daß audı deswegen Zacharias mit Kim
gern auf ihn wiege und fagte: Giche, liebe Tochter
Zion, wie arm koͤmmt dir dein König?
Denn er, der Sohn GOttes, war nichr darum
ein Menſch worden, und leiblih in die Welt gekom
des Schatzes der Seligkei. 151
men, daß er für feine Perſon ein Zunfer wäre, und
gute Tage hätte, fondern, Daß er und zu Herren, .
und unfere Seele reich und felig machte, wie auf _
drüdlid 2 Cor. 8. angezogen und gemeldet wird.
Mit diefem Erempel Chriſti follen wir uns troͤ⸗ 5
ften zu jeder Zeit, fürnehmlidy aber, wenn wir in
unferm Elend mit unfern armen Kindern zu Buße -
gehen, der Almofen leben, Hunger, Durft und Froft
leiden, und dazu viel ander Ungemach und Herzeleid
haben. Es wird einmal, ob GOtt will, mit unſerm
Zuſtand beſſer werden.
4. Was hat ber Sohn GOttes mehr ‚gelitten?
Zum andern ift er der Juden König, und höchfter2.Bera&>
Prophet, von feinen Juden verachtet worden, Mrs fe
Denn ob er wohl’ feine göttlihe Herrlichkeit durch fon.
fonderlihen Ernft, ttefflihe Worte und gewaltige
Thaten leuchten und ſcheinen ließ, dennoch verachte⸗
ten und vernichteten ihn die Juden, und ſprachen:
Er it eines Zimmermanns, Joſephs Sohn,
Joh. 6. Wenn fie ihn fahen, lacheten fie feiner, wie
eined Thoren, und fchüttelten vie Köpfe über ihm
und fpraden: Siehe da, das iſt unfer lieber Mefs
fine, wie er felbft klaget, Pf. 22. Ich bin ein Spott
der Leute, und Beratung ded Volks. Alle, Die
mic) feben, fpotten mein, fperren dad Maul auf, und
fhütteln den Kopf. Deögleihen Palm 109. Ich
muß ihr Spott feyn, wenn fie mich ſehen, fchütteln
fie ven Kopf. Ya, wahrlih, GOttes Sohn ift wohl
wertb, daß er ſich von foldhen redlichen Zeuten vers
achten laſſe. Wer ein Tröpflein Vernunft und Ehre
barfeit in feinem Herzen hat, der laͤſſet fein fpotten.
Denn tft hieraus feihtlih anzunehmen, daß die Zu
ven ein loſes Volt müſſen geweſen ſeyn.
4
re»
2... Dom Erwerber
5. Wie mag Chriſto dieſe Verachtung gefallen haben ?
Ts halte, das fromme Herz, JEſus Chriftus, wird
ſich folder Verachtung und Epotted hart angenom
men, fi defien geſchaͤmet haben, weih und (dev
darüber geworden fenn, wie er felbft befennet, Pf. 68.
Die Schmach bricht - mir mein Herz, und kraͤnket
mid. Ja, er wird feine heiße Thränen darüber ver
"goffen, und voller Klagen zum Thor ‚hinaus gegam
gen feyn. Denn fo ſpricht er Ser. 13. Meine Seele
muß heimlid weinen, über folde Hoflart meines
Volks, und meine Augen müflen mit Thraͤnen fließ
fen. Welche Thränen euch Juden einmal auf euren
Herzen verbrennen werden.
| 6. Barum mögen ihn die Juden verachtet haben?
G; ward der tbeure Mann, GÖtted Sohn, vor
den Juden nicht Darum verachtet, Daß er verachtungk
werth wäre, fondern daß fie ihm feine göttliche Ga⸗
ben und Ehre nicht gönneten. Frau Neidhard, des
Teufels Großmutter, welche ihnen im Herzen fc,
brachte fie zu ſolchem ſchaͤndlichen Laſter. Denn d
ift der Abaunft oder des Reides Art, daß er ver
achtet und verlachet alles, was ihm zu hoch iſt, um
was er fonft nicht unterdrücken Fann,
7. Bas hat der Sohn WDtted mehr ausgeflanden ?
\
Derache Zum dritten iſt nicht allein des HErrn Chr
u. je" Perfon, fondern auch fein theures und heilfames
re. Wort, von den Juden veradhtet worden. Denn ab
=. er gleih ein bimmlifcher und unerbörter Redner war,
welcher den armen zmeifelmüth:gen Sündern de
höchften Troft, nemlid, GOttes Gnade offenbarett
und verfünvdigte, und von Derfelben aufs allerher
lichſte und fräftigfte redete, alfo, daß fie dadurch
neue und, lebendige Ereaturen worden: Dennod na
Pr 4%
” -
san,
®
.
des Schatzes bet Seligkeit. - 155
nen ſolche Worte die. Juden nicht an, fondern vers
ıchteten ed, als eined lofen Mannes unnützes Ge
chwaͤtz. Sie fprachen, fein Wort und Lehre wäre
vom Teufel darzu erfunden, daß er die Leute Damit
of ficher und ärger machen. Dies Flager er Pſ. 118, Warum
aß feine Lehre, wie ein untauglicer Stein von ben die Weit
Bauleuten Yrrworfen fey. Die Mugen diefer Weltgir ver
ind die Balfeute: Denn fie wollen die Regünente, werie,
jeiftlich und weltlich, durch kluge Geſetze bauen, und
dadurch eine Fiebliche Polizei amrichten. Wenn aber
in Gnaben s Prediger koͤmmt mit dem heiligen Evans
yelio, fo fprehen fie: Weg mit diefem, er taugt
sicht, er ift und zu unferm Fuͤrnehmen nichts nüße,
a er wird alles verberben, er wird uns Die ſichere
Belt feinem Evangelio und Gnaden: Predigt ſicherer
nd ärger machen. Dies if dem HErrn Chriſto
ınd feinem Delblatt fürnehmlich wiederfahren. Dar
ım hielten die Juden vor dem Evangelio Chriſto die
Öbren zu, auf daß fie ja nicht möchten. hören, und
Jadurd) zu GOtt befehret, oder zu feinem Erkennt
niß geführet und felig werben. Ä .
Andere Klagen fteben mehr in den Goangeliſten,
ld Sob. 5. In meinem Wort ftedlet dad ewige
Beben: Aber ihr. Juden wollet nit zu mir kom⸗
men, auf Daß ihr das ewige Lehen hättet. Desgl.
Joh. 6. Mein Wort ift das rechte Himmelbrod, und
ſt eitel Seift und Leben, und mer Davon ijjet, Det
mat das ewige Leben, und ich will ihn auferweden
im jüngften Tages Aber ihr mollet das Brod nicht
len.
Und im 56 Pfalm fpricht er: Täglich fechten fie
neine Worte an. Biel Fehler haben fie an meiner
dehre. Denn fie will fih doch mit ihren gefafleten .
Meinungen nicht räumen. Behüte GOtt, fprechen
te, wie fol das fenn? Der Mann hat irrige Meis
sung. Was fie aber reden, muß vom hoben Him⸗
nel herab geredet ſeyn. u |
3430 Dont Erwerber
8 Woher mag bied kommen feyn?
Dies alles Fam daher, denn fie waren vom Xeufe
das ift, der Teufel hatte fie ganz und gar beſeſſer
Darum Ponnten fie zur Liebe det Wahrheit nicht kom
men. Denn wer von BDtt ift, oder ein Temp
GOttes, der höret GOttes Wort, und demfelben ü
ed ein füßer Geruh, oder eine füße Noſe des &
bens, und kann ſich nicht fatt hören: Aber wer von
Teufel, oder voll lebendiger Teufel ift, der hoͤret c
nicht, fondern es ift ihm ein Stank des Todes, de
für er ein herzliches Grauen und Abſcheu bat, Soh.ö
9. Bas hat ber Sohn GOttes mehr erlitten?
u Da Zum vierten ift au der Sohn GOttes, das ale
frömmfte Herz, von feinen lieben Juden gebefe
worden. Nicht allein verachtet (wie gefaget) ſonden
auch gehaſſet. Welche feine allerliebften und befa
Freunde feyn follten, vie find ſeine Argfien Sein
geweſen.
Hieruͤber klaget er Pf. 3. Ah HErr! we ü
meiner Feinde fo viel, und fegen ſich fo viel wide
mich. Und Pf. 69. Die mich ohne Urſach Hall,
der ift mehr, denn ich Haar auf dem Haupt babe.
Es war aber folh eine große PVerbitterung #
der Juden Herzen, wider das unfchuldige Lämmeich
GOttes, Daß ihnen gleich euer aus der Nafen, um
‚das Gift aus dem Maul floß, wie den Öttern. Si
brenneten Lichterlohe vor großem Zorn, und Eonnt
ſich nicht loͤſchen.
10. Warum waren die Juden dem HErrn Chriſto fe
feind ?
| Es kam daher, denn es war keine Gottesfurcht
ihren Herzen, und der abgefagte Feind Chriſti,
Teufel, hatte ihre Herzen gar beſeſſen. Es half a
TI V57 — I ” ” .- a
des Schatzes der Seligfeit. . 155
iel dazu, daß er für ihnen. etwas Sonderliches war,
ind daß er keine Gemeinſchaft mit ihnen hielt, ſon⸗
ern ihre gottloſe Lehre und Leben haſſete. Denn fo
aget er Palm 26. Ich fie nicht bei den eiteln
seuten, und habe nicht Gemeinfhaft mit den Fals
hen. Ich haſſe die Verfammlung der Boshaftigen,
ınd fiße nicht bei den Gottloſen. Desgl Pf. 139.
Ich haſſe, HErr! die dich haſſen, und von dir laͤ⸗
terlic) reden, und ed verdreußet mid), daß fie fi
vider. Di ſetzen. Ich haſſe ſie im rechten Ernſt,
zarum find fie mir feind, Ä
11. Wie tahlten die Juden ihre Muͤthlein an Sprit
Damit ‚fie ihr Muͤthlein an ihm kuͤhlen moͤchten, Sie ver⸗
peieten fie ihr Gift hinter ihm aus, und biffen ihn läfterten
n die Berfen. Das if, fie griffen fein unfchuldiges ihn.
keben an, und laͤſterten ihn, wie fie nur wollten,
yeimlich und Öffentlich: Inſonderheit gährten fie über,
penn fie die Nafen mit Wein begofien hatten.
Der eine fprad: Er it ein Samariter. Der
andere: Er iſt ein Weinfäufer. Der dritte: Er halt
es mit Huren und Buben, um ift der Zöllner Freund⸗
Und wenn einer etwas neued von ihm ervenfen und
reden fonnte, der war ihrer aller Freund, und mußte
des andern Tages wiederfommen. Ach! wie lieb bat
ten fie fih unter einander, die guten Leutlein, und
welche große Freundſchaft machten fie, wenn fie von
JEſu, dem Nazarener, ſchwaͤtzen möchten.
Dies klaget er heftig in feinem Klagbuch, dem Eheim
Mfalter, Pf. 58. Ihr Wärhen iſt gleich, wie das Wü; bellaiei.
then einer Schlange. Pſ. 140. Sie ſchaͤrfet ihre
Zunge wie eine Schlange, Otterngift iſt unter ihren
kippen. Pſ. 41. Aber die mich haſſen, raunen mit
einander wider mich, und denken Boͤſes uͤber mich.
Sie haben ein Bubenſtück über mich beſchloſſen, wenn
er lieget, ſoll er nicht wieder aufſtehen. Das iſt,
—— — — — — —
Niemaͤnd fraget, in allen feinen Tuͤcken hält er GO
„fo weit gefommen, Dale er fein GOttes Wort hoͤrn
"wird dad Unglüd bald treffen,
156 WVom Erwerber
wir wollen ihn von Ehre und Glimpf, und von ak
Wohlfahrt helfen. |
Pſalm 69, Die im Thor fiten, wafchen v
mir, und in den Zechen fingen fie von mir, um de
netwillen trage ih Schmach, mein Angeficht ift v
ler Schande. oo .
‚ Und ob gleich die Feinde Chriſti zumeilen »
gutherzigen Leuten vermahnet würden, den Gadke
eine Maſſe zu geben, damit GOt nit ins Om
febe, und ihnen die Zunge fürzete, fo half doch ie
ches nicht, fondern fie wurden nur toller und bik
Denn fo faget der 36 Pfalm: Wahrlich, wahrlt
es ift Feine Gottesfurcht bei den Gottloſen. Sie ie
ben fein Gewiffen, und fie laffen ſich nidyt wei
daß fie Gutes thäten, fondern fie trachten auf ihm
Lager nach Schaden, und ſtehen feſte auf dem bi
Mege, und fcheuen fein Arges. Deögleihen PIE fi
Der Gottlofe ift fo ſtolz und zornig, daß er nd
für nichts, und Pf. 55. fie werden nicht ande
und fürchten GOtt nicht.
- Aber tröfte GOtt den in Ewigkeit, mit wenn d
und feine Einſame leiden will, fondern in few
böfen Fuͤrnehmen ſtolz und troßig fortfähret, de
4%: Wie mag wohl Ehrifto dies gefallen haben?
Solche unbillige Feindſeligkeit und Säfterung ?
Juden bat dem Sohn GOttes. wohl. herzfich
gethan: Aber weil es fein Theilsgewefen, bat er s
über fidh genommen, und fein Leid heimlich im fi
gefrefien, und es GOtt befohlen. Denn fo fpri
er Pf. 39. Ich bin verſtummes und ſtill, und fdhweig
der Freuden, und muß mein Leid in mich freffes:
Ich will fehweigen, und meinen Mund nicht aufthes
Du, mein lieber GOtt! wirft. es wohl machen,
w.
‚®
des Schages ber Seligkeit. 157.
Ein herrliches. Gebet aber wider feine Feinde fübs |
et er Pf. 25, 16. ,Pf 35, 22%. Pf 43, 2. und
pf. 143, 0 - 12. u
13. - Was hat mein Leber HErr Chriſtus mir mehr zu u
| gut gelitten ? u
Zum fünften hat der Sohn GOttes niemand gehabt Vertaſ⸗
anter allen Menſchenkindern, weldem er fein Herz Mina von
‚utrauen, und fein Wehe hätte Flagen koͤnnen. Ermeufden. .
yat es feiner eigenen Mutter nicht alles offenbaren —
dürfen, wie er von feinen leiblichen Eltern ſpricht
Pſ. 27. Es hat mid mein Vater und Mutter vers
\affen. Es ift auch. niemand vorhanden geweien von
der Obrigkeit, over fonften, der fi feiner mit Ernft
angenommen, und ihn wider feine Feinde und Las
iterem geſchuͤtzet und getröftet hätte. Wer ftehet bei
mir, Elaget er, Pfalm 94. wider bie Boshaftigen,
und wer tritt. zu mir wider bie Uebelthaͤte
14: Es hat ja gleichwohl Chriſtus feine Aunger gehabt nn
Ob wohl Chriſtus feine Tiebg Junger hatte, welchen gpeipt
er zuweilen ſein Anliegen ckete, fo nahmen fie Junger
füh feiner dennoch nit an, fondern (hrwiegen ren bw
ſtill, und ließen ihn Elagen. Dies fam daher, vennfteu kön⸗
fie waren dazumal noch unverfuchet, "und wußten "%
nicht, wie einem Verfolgeter und Betrübten zu Muth,
und was er mit ihnen redcte. Sie hatten der uns
verfhämten Welt verliebte Zähne in ihren Herzen
noch nicht gefühlet, und dr Schmerz ihres Herzens
war ihnen noch nicht durß Mark und Bein, und
durch alle Glieder gegangen. Dies befeufzet er Wf.69. .
mit diefen fehnlihen Wortn: Jh wartete, ob es
jemand jammerte, aber Da war niemand,
und auf Tröfter, aberih fand feinen
. Sa, feine Freunde trat zur Zeit feines Unfalls
ferne von ihm, und wollte ihn nicht kennen. Gie
|
Pa | .
158 WVom Erwerber
flohen vor ihm, auf daß fie fi feined Leidens =
theilhaftig madjeten, wie er ausdrüdlich im 31 Pi
erfennet und Tlaget.
Subasin Bruder Judas ftellete ſich wohl, ald wäre al
nur ein
befte Sreund, und als wollte er viel Gutes bei
ee thun, aber er meinete es nicht don Herzen, Ein
ner gewe⸗
fen.
lichen Leiden fo alt und matt, als wäre er ein Is
Klaget er dies nicht in
ihm lieb, wenn der HErr nur viel klagen mil
und börete ed gerne: Wenn er aber von ihm ge
trug er feine Klage aus, und-trieb fein Gel
daraud, und erfreuste der Feinde Herzen tu
Eure Verfolgung thut ihm wehe, liebe Herren, %
um fahret fort, ihr werdet ihn bald tödten. X
Judas hielt ed heimlich mit den Feinden ZFEfu &
fi, und war doch vor feinen Augen fein aller
Freund. Leſet hievon den 35. 41. 55 und den!
Palm, da werdet ihr Klagen genug finden.
Darum wird aud der HErr über folden M
von 60 oder 70 Jahren geweſen.
Sein Herz war. ihm durd) feiner Feinde Im
gung und feiner Freunde Mißtrauen fo hart KA
ret, daß er nicht. Odem holen konnte. Er lg
arbeitete unter folder aſt und Hige, wie cn"
nes Würmlein unter einer fchweren Bürde.
weil ihm fein heiliges Herz wehe that, go fühl
es auch alle feine Gliedet. Sein Herz war um"
großer Hitze und Zrübfal fo dürre als eine Port
be, Daß er nicht reven fhnnte.
Ja es war ihm fo ohnmächtig, daß er nicht fi
geben, und feine Arme ausſtrecken konnte. Und jr
wenn ihn Xröpflein gödliher Gnaden nicht bir
aufgehalten, fo wäre er oft zur Erde gefunfen,
hätte feinen Geiſt aufgeg FBW
15: Beklagaͤt er dies auch?
aget | ielen Pſalmen? Als in }
Meine Geſtalt ift verfallen fur Trauren, und #
ne en TE u En — — a 7—
V 7m —
des Schatzes der Seligkeit. 159°
orden, denn ich allenthalben geaͤngſtet werde. Im 22,
fein Herz ift in meinem *ejbe wie zerſchmolzen
zachs. Meine Kräfte find vertrodinet wie ein Scherbe.
m 31. Meine Geſtalt ift verfallen für Trauren,
zu meine Seele, und mein Bauch. Mein Leben ,;:
at abgenommen für Betrübniß, und meine Zeit für-- ..- --
seufzen. Im 77, Ich bin fo obnmädtig, daß ich
icht reden fann.. Im«102. Meine Zaae find vers "I.
angen wie ein-Raüuch, und meine Gebeine find verr .°.
rannt wie ein Brand, Mein Herz ift gefchlagen
nd verdorret wie Gras, Daß ich auch vergefle mein
Irod zu efien. Ich eſſe Afche wie Brod, und mifche
einen. Trank mit Weinen, denn, die mid haſſen, .
hmaͤhen mich taͤglich. | |
Es hat ſich aber ver Sohn GOttes wider ſeinerWasEbri⸗
einde Toben und feiner Freunde Verlaſſung in feis Nm .
en hoben Schmerzen getröftet der Gnade GOttes, in feiner
ined allerliebften Vaters: Und wenn gleich Teufel ee
nd Welt rafend und toll würden, fo ift denn
Ott mein Vater. Denn fo:faget er Märlih, Pr
D9. Deine Gnade ift mein Troſt. Und Pf. 119,
eine Gnade mußte mein r% feyn.
16. Hat ber HErr Ehriftus auch innerlich Leiden ge . » , °. |
fühlet ? | j SH —
jreilich hat er neben den aͤußerlichen Anfecheg age
ungen und Beſchwerden auch fein innerlich innerlis
eiden gehabt, dadurd ihm fein Herz und Gere venen
ruͤth aus dermaßen fehr ift gefränfer worden, Denn nufern
Ott hatte ihn zum Sündens Träger gemachet, das Sünden.
t, er batte alle unfere Sünde auf ihn geworfen, rn
aß er fie follte tragen, wie Eſaias faget, Cap. 53.
Bir giengen alle in der Irre wie Schaafe,
in jegliher fabe auf feinen Weg, aber ver.
yErr warf unfer aller Sünde. aufihn. Das
t, wir waren allzumal irrente Schaafe und vers
ammte Sünder; aber GODtit nahm die Sünde von
| u — — — — — nn - Du
160 Wom Erwerber
uns, und warf fie auf feinen lieben Sohn, auf del
wir geredht, er aber. ein Sünder, oder aller Ri
Suͤnden⸗ Träger wäre, 0 |
17.. Wie hat GOtt ber Vater. aller Welt Suͤnde auf
flum geworfen?
Alſo, daß Das GOtt der Vater aller Welt Sünde auf fei
fie pm lieben Sohn geworfen, ift nicht ſpielweis, wir :
men ange.den. Combbdien geſchiehet, fondern im rechten (mi
sehnet zugangen, alfo, Daß er in der Wahrheit aller M
een, Shen Sünde und Schande an feinem Halfe getr
fieerfeibonhat, nicht anders, als bäite er fie ſelbſt beganım
begangen. Wir find davon erreitet und erlediget, er iſt Dem
behaftet und beſchwerrt. GOtt hat feine Augen m
und zu ihm gefehret, und nur allein auf ihn an
ben. Er ift ein Mörder, Ehebredher und Zovdab
ger worden, und bat alfo mit folden Suͤnden fü
- Ott und feinen heiligen Engeln in großen Scha
den ſtehen müfjen. > |
Denn ſo ſpricht er Pſ. 69. GOtt! du weifieh
meine Thorheit, und meine Schulden ſind
Die nicht verborgene Ich muß bezahlen, da}
Hich nicht Geraubet babe, Um for iR oo
trage ih Schmach, mein Angefiht iſt ve
ler Schande. | |
Für folcher großen Schande hat er feine Aus
nicht dürfen aufthun gegen GOtt, und feine heib—
‚ Engel. Ja fie hat ihm fein Herz zerbrohen, m
er dafelbft fpricht im obgevadhten Palm: Die Schmal
bricht mir mein Herz und kraͤnket mid.
Die Schuld und Schande bat ihm fein Gewie
und Herz fo hart gepreflet,. daß er Blut geſchwiß
bar. Denn geronnen Blut it ibm für großer Ang
im Oelgarten, da ihm dieſe Sünde und Scheni
recht aufgetban, aus feinem Leibe gefloffen. Den
db wohl die Furcht des bittern Todes am Creuz fe
Ge Angie und Schweiß. verurfachte, fo half vo
D)
4
De — — — — — — — 4—
des Schatzes der Seligkeit. 161
kenntniß oder das Anſehen folder Sünde und Schande
nicht ein wenig Dazu. Denn Sünde bricht das Herz,
Schande aber vielmehr.
Ach! hat er gedacht in feinem Herzen, wie fömmft
Du Doch dazu in aller Welt, daß du aller Menfchen
Sünde auf Bi geladen haft? Wie bift du fo em
großer Sünder? Ja,.du allein bift ein Sünder, ans
Deve find ed nicht, ohne allein die, die dir ihre Süms °
ben nicht auflegen: wollen. |
18. Barum hat Ghriftus unfere Sünden getragen ?
E⸗ iſt darum geſchehen, auf bag wir vor GOtt ges Auf den
recht wären, und aus folder Gerechtigkeit ewigen Sott gen
Troſt wider unfere Sünden hätten. Nach dem herrstehtwäs
lichen und venfwürdigen Spruch St. Pauli, 1 Cor. 6, "*
BOtt hat ven, der von feiner Sünde wuß
te, für und zur Sünde gemadet, auf daß
wir würden in ihm die Gerechtigkeit, die
ar GOtt gilt. In ihm, faget er. : Denn wir ai.
nüffen durch den Glauben in Chriſto ſeyn, fonft koͤn⸗
sen wir feiner Gerechtigkeit nicht theilhaftig werden.
n. u
19. Was dat Ehriftus mehr auf fi genommen?
Weil er aller Welt Suͤnde auf ſich geladen hatte,? Eeures
nußte er auch den Zorn GOttes auf ſich nehmen
ind tragen, das iſt, er mußte GOttes Zorn fuͤr ſei⸗
sen Augen ſehen, und als ein brennendes Feuer auf
einem. Herzen fühlen.- Denn GOtt kann die Kunft,
aß er Feinem feinen Zorn Tann zu koſten ‚geben.
Daß fih ein Schuldiger fürchtet für GOttes Zorn,
as iſt viel, aber wenn GDit einem feinen Zorn
ns Herz fpricht, oder ind Herz geußet, und einem W
a6 Herz Damit preſſet und brennet, das iſt noch
viel mehr. Und dies ift eigentlich Empfindung des .
Zornd GOttes wider die Sünde. Alfo hat Chriftus u
en Zorn GOttes gefühle. Denn — hierzu |
162 Vom Erwerber
verordnet, Daß er allein allen Grimm und Zorn GO
—tes, welcher über der «ganzen Welt Sünde geben ſel
te, uͤber ſich nehmen, und in ſich trinken ſollte.
Died klaget er Pſalm 88. Dein Grimmg
bet über. mich, und dein Schrecken drück
mich; das .ift, ich leide deinen Zorn als ein Few
und bin voll Schreden ſolches Zorns: Hike W
Schreden habe ic; in meinem Herzen, . |
20. Was hat ber Zorn GOttes bei Chriſto verurſache
Die Zuſprache GOttes, und der Zorn. EV
und dad Schrecken göttlihen Zorns haben in fi
Herzen gewüthet, als eine große Wafferfluth, S
als Wafferwogen, daß er dafür nicht hat bleiben
nen. Wie er flaget Pfalm 88. Dein Gris
gehet über mich gewaltiglid, und dramt
mic mit allen deinen Fluthen. De
felbft hat ihm. nicht fo wehe gethan, als das —X
goͤttlichen Zorns. Denn was iſt der Tod gegen
tes Zorn? Ihm iſt ſo angſt und bange anti
als hätte er im Abgrund der Hölle gelegen, W®
ſpricht Pf. 18. Es umgfiengen mid des Led
Bande, und die Bäche Belial erfpredi
mid, ja der Höllen Bande umfiengen M
Denn GOtted Zorn leiden ift eben fo viel, all
hölifche Feuer leiden, ift anders das hoͤlliſche
etwas anderd als GOttes Zorn. la
Hieher gehören die. Klagen Pſalm 6. Pen
Seele ift fehr erfhroden, und meine &
hen find fehr erfhroden Pr. 22. Mein un
ift in meinem Leibe wie zerſchmolzen 8°
Pf. 88. Ich leide dein Schrecken, daß
fhier verzage Pf. 116. Angſt der Hi
hatıe mich troffen, ich fam in Zammer !
Noth. - _
S Ich trage feinen Zweifel, der leidige Teufel w
. zur Zeit foldher feiner Anfechtung nicht ferne so
—*
—
2
.
®
bes Schatzes der Seligkeit. 163
‚ewefen, fondern bad Feuer weidlich zugefchüret, und
bm den Zorn GÖttes aufgemutzet und fürgemworfen
aben. Siehe, hat er gefaget, wie heftig brennet
er Zorn GOttes über dich? Fuͤhleſt du es auch
vohl? Süunde haft du haben wollen, nun habe dir
en Zorn GOttes dazu, fo Heft Du beides. Denn
vo ed vorhin naß iſt, da koͤmmt der Teufel, und
nachet ed vollends naß: Wer feiner Sünden und
ed Zorns GOttes halben betrübet ift, den machet
ver Teufel: noch betrübter, auf Daß er ihn tödte,
21. Was hat Eprifius mehr auf ſich genbmmen ?
Er hat nicht allein den unertraͤglichen Zorn
eines gerechten Vaters über ſich genommen, ſondern
r bat auch allen Fluch und Vermaledeiung des
Beſetzes, als ein hartes Wetter, uͤber ſich gehen laffen,
Alles, alles, was das Geſetz GOttes ‘ven Uebers
retern anfluchet und draͤuet, Das hat Dies unfchula
Yige Laͤmmlein mit unfern Sünden beladen, über ſich
ſenommen, und ift alfo ein oͤffentlicher Fluch wor⸗
ven, dem aller Gegen aberfannt, alle Strafe aber
uerfannt worden ift, daß die Erde nicht werth ge⸗
ichtet, Daß fie ihn tragen follte,
Snfonderheit aber ift ihm dies zuerkannt, daß er
vie eine verfluchte Schlange an einem verfluchten
Holz eines verfluchten Todes fterben follte, damit
nänniglich fehe, was er für ein Heiliger wäre, Das
yer.er auch Died Anſehen bei den Leuten hätte, als
väre er von GHDtt feiner vielfältigen und großen
Hebertretung halben verfludhet, wie Eſaias von ihm
aget Gap. 53. Wir hielten ihn dafür, als der
on GOtt felbft verfluhet, verworfen und.
jefhlagen wäre.
Wie ihm aber folcher Fluch GOttes und bie Exe⸗
ution ſolches Fluches zu Herzen gegangen, kann ein
eglicher Verſtaͤndiger leichtlich abnehmen und ermeffen,
ii *
164 Wonm Erwerber
22. Warum iſt das geſchehen?
Dies alles iſt darum geſchehen, auf daß er un
arme Sünder, klein und groß, von dem Fluch ve
Geſetzes erlöfete, und ung den Gegen erwürbe. Nac
dem' ſchoͤnen Sprud Pauli Sal. 3. Chriſtus hat un
erlöfet von dem Fluch des Geſetzes, Da er ward en
Fluch für und, auf daß der Gegen Abrahaͤ unta
die Heiden kaͤme. |
| 23. Iſt auch noch mehr Übrig von dem Leiden des HE
Ehrifi?
7. tan Freilich: denn es iſt dabei nicht geblieben, daß we
priftum falſchen Juden ihren Meſſiam, GOttes Sohn, wa
tetsdtet. jachet, gehaſſet, und allenthalben aufs gräulichite ꝙ
laͤſtert haben: Sondern weil ſie den Erzmoͤrder ü
ihrem Herzen ſitzen hatten, ſind fie fortgefahren, um
haben ſich unterwunden, ihn zu toͤdten. Wer ſeinn
Naͤchſten haſſet, der iſt ein Todtſchlaͤger: Denz frm
ganzes Herz iſt dahin gerichtet, wie er ihn möge
toͤdten.
1. Rath-⸗ Darum kamen die Tempelherren, vie Gelehrte
ee und Aclteften des Volks, zum öftern feinethalben je
äberähri.fammen, und ratbfchlageten mit einander, was KR
Kum. doc für eine Urſache finden, Damit fie ihn möcht
’
tödten. Nichts beifer, fagte der oberfte Priefter, vem
hingefchidet, und ihn beim Kopf genommen, und m
banget, fo werden wir feiner lod, Denn je lau
er umber ziehen und predigen wird, je mehr Anbanı
er gewinnen, und je mehr Abbruch unfrer Meligies
und unfern Würden gefchehben wird. Wir wolle
zuſehen, was für Urſachen wir an ihm finden, um
wie wir ed mögen verantworten.
Hieruͤber Maget er im 2 Palm und ſpricht: Di
Herren ratbfhlagen mit einander, wider ven HEm
und feinen Geſalbten. Desgleihen Pſalm 31. Se
ſchellen mic) übel, Daß jedermann fich für mir fcheue,
des Schatzes der Seligfeit. 165°
Ja nicht. allein das, fondern fie rathichlagen aud) mit
einander über mid, und gedenken mir das Leben zu
nehmen.
Haben darauf angefangen mit Juda dem Berrg unters
räther zu handeln, welder dem Herrn .Chrifto eben baudeln ;
fo gut war, wie der Teufel dem Creuz, und haben "lung
ihm Geld gegeben, daß er ihn in ihre Hände brächte. Verrathe⸗
Denn gleich fuchet fih, gleich findet ih. Ein Wolf rei.
weiß des andern Gang: wohl: Darum konnten fie
bald riehen, was Judas im Herzen führete, Der
Geiz hat ihn ja wohl zum Theil zu folcher Verräs
therei bewogen. Denn er ift eine Wurzel alles Boͤ⸗
fen und aller unmenfhlichen That. Aber er hat ihn
nicht allein, fondern auch fürnemlich der bittere Haß
zu folder. Berrätherei gebracht.
24. Wie hat Eprißo Judaͤ Berrätherei gefallen ?
Wie herzlich wehe es dem HErrn Chriſto gethan,
Daß Judas, feiner Juͤnger einer, fein Verraͤther wor⸗
den, und wie er darüber geſeufzet und geweinet, ja
wie er dieſen Jaͤger verfluchet hat, mag man aus
den Pſalmen leſen. |
25. Wie haben bie Inden ferner mit Ehriſto verfahren
Si⸗ haben ihn auch endlich ergriffen, mit Faͤuſtenz. Sreifen
geſchlagen, in das Angeſicht geſpeiet, für Pontium ſie ihn.
Pilatum geführet, ihn falihlid angeklaget, und auf
fein Blut, wie hungerige Hunde. gewartet. Der bat
ihn verdammet, geißeln, kronen und kreuzigen laſſen,
wie dies ein jeder aus der Hiftorie felbft Iefen mag.
Ad! wie jämmerlih hat er für Pontio Pilato
geftanden, da er durchgeißelt und Blutrünftig einen
rothen Purpurniantel um feinen Leib, und. eine Dors
nenkrone auf feinem Haupt, und einen Rohrſtab in
feiner Hand gehabt, und von großer Ohnmacht hat
wollen zur Erde ſinken? Wie werben Maris: und
ben andern lieben Heiligen die. Augen geilofjen haben 3
166 Dom. Erwerber
Ah! wie jämmerlih wird er zum Thor Bine
gegangen? Wie wird ihm fein Herz gezittert und d
Angitfchweiß ausgebrochen, und yon Schrecken u
Ohnmacht zur Erde gefallen. feyn, da er fein Cra
wie der fromme Iſaac, auf feinen Schultern geha
und getragen hat? Wie werden die Weiber und un
frauen von Jeruſalem geweinet haben?
96. Wie iſt dem HErrn Chriſto dabei zu Mathe geweſer
Er klaget darüber im 38 Pſalm: Mein Herz beke
meine Kraft bat mic yerlaffen, und das Licht ms
ner Augen ift nicht bei mir. Pf. 55. Mein He
ängftet fidy in meinem Leibe, und des Todes Furk
iſt auf mich gefallen, Furcht und Zittern iſt mi
anfommen, und Grauen hat mich überfallen. 3
fprah: O bätte ich Flügel wie die Tauben, M
ich flöge und etwa bliebe! Siehe, fo wollte ich mid
ferne weg machen, und in der Wüſte bleiben. Ich wollt
eilen, daß ich entrinne für dem Sturmwind und Water.
Wie klͤz⸗ Ad! wie Fläglid wird er gehänget haben am
a Creuz, das arme rothe Carmefins Bürmlein, da ihe
Grenzge: Hände und Fuͤße, jar fein ganzer nadter Leib ale
' bange ausgedehnet worden iſt, daß man alle feine Knohg
und gebe⸗
tet.
. Ien: Sie aber ſchauen und ſehen ihre Luſt an mir,
und Sehn⸗Adern hat zählen Fönnen, wie er fprik
Pſ. 22. Große Farren haben mich umgeben,
Ochſen haben mid; umringet, Ihren Rachen fp
fie auf wider mid), wie ein bruͤllender und reifen
Löwe. Ich bin ausgefhürtet wie Waffer, alle mei
Gebeine haben ſich zertrennet. Mein Herz iſt
meinem Leibe wie zerſchmolzen Wache. Meine Kr
vertrodnet, wie eine Scherbe, und meine Zunge
bet an meinen Saunen, und du legeft mich in
Todes Staub: Ich möchte alle meine Gebeine ;
‚Dies ift- das liebe Gebet, weldyes der Sohn ©
te8 am Stamm bed Creuzes, in feinen Außerfien Noͤt
au GOtt feinem himmlifhen Vater gethan bat, und
Tropfen Waſſer gelabet hätte: Sondern die für
ſtunden, ſperreten das Maul auf, wie Zeufeld:Nars
des Schatzes der Seligkeit. 467
nicht auszureden, wie klaͤglich er am Creuz gehänget,
Daß auch feine jämmerliche Geſtalt von keinem Mas
fein fönnen verurfaden, wir, fage ich, die wir ſtolz
ſeyn, daß wir ihm kaum großen Dank dafuͤr ſagen
‚mögen, wo wir nicht anders feine Marter und uns
den läftern und ſchaͤnden. Daher faget er von ſich felbft, -
im 22. Pfalm: Ich bin fein Menfch, fonvern ein
‚Wurm, voller Angſt und Schmerzen, daß ich nicht
weiß, wo id mid von großem Wehe laffen fol,
97. Iſt Ehriſto unſerm Heiland in ſeinem Leiden auch
jemand troͤſtlich geweſen ? “
&; war niemand vorhanden, der ihn aus GOttes Niemaut
inem re
T
Mort ein wenig getröftet, oder ihn fonft mit e
ihm
ren, fpotteten . fein und ſprachen: Iſt er GOttes
Sohn, fo fteige er herab vom Creuz, und gaben’
ihm Effig und Gallen zu trinken, wie er klaget,
Pfalm 69. Sie geben mir Gallen zu eſſen, und Eſſig
zu trinken in meinem großen Durſt. Wie ihm denn
die Welt nichts anders thut, und Die lieben GOttes
Kinder nicht anders troͤſtet. Wunder ift es, vaß fie
ler Fann recht getroffen werden. Dad haben wir alfo .-
> PN er .
F
5
v
ihm keinen Eſſig in feine heilige fünf Wunden gs
goſſen haben, wie denn Die Welt wohl pfleger zu thun.
2. Sat ih | in Hader. Vater nicht getröftet?
es
E⸗ hatte ihn. auch dazumal der fromme OOtt ein
ihm verborgen, auf daß er ſich damit tröften koͤnn—
ter Sondern mußte am Ctkuz hängen, voller Schmers
zen und Angft, trofilos von GOtt und Menfhen -
verloffen, auf daß allda fein Leiden am größeften '
- wäre und fih Das Xeben bald nahete. Denn im
aͤußerſten Grad des Leidens endet ſich das Leiden,
und ber Troſt gehet wiederum an, Don deswegen
! Auch nicht
wenig verlaſſen, und den Troſt ſeiner Gnade für fein Bas
i
168 Vom Erwerber
rief er an ber Grenze des Todrs und des Lebens:
‚Mein GOtt! Mein GOtt! warum baft da
mid verlaffen? Pf. 22. Warum tröfteft Du mid
nicht mit deinem Geift deiner -Önaden, mid a
unfeliges und troftlofes Wurmlein?-
29. Was hat Ehriftus mehr gelitten ?
—8 Lehtlich brach ihm fein Herz von großer Angſt, um
Geiſt aufsgah feinen Geiſt auf, und befahl feine Seele in G
gegeben. 105 Hände, und eritarrete alfo am Creuz, Daß fi
eo Gonne un Mond, Himmel und Erde dafür
7 ſetzeten. And ift alfo das rechte Oſterlaͤmmlein
worden, ‚fo durh das DÖfterlamm im Alten Teſte
‚ment bedeutet: Ya. der rechte Aaron und KHobepris
ter, welcher fi felbft für uns aufgeopfert, um
. buch fein eigen Blut in das Allerheiligfte eingege
gen, und alfo und durch ſich felbit eine ewige Er
dfung erworben hat; wie Hebr. 9. geſchrieben ſtehet.
N Das HL Gapitel
Von ber Frucht des Leidens und Sterben
HEfu CHrifi.
1. Ach! das iſt viel zu niel, welches mein Heiland mi
zum Beten gelitten: Sage mir, was ich deffen
gebeflert, fen?
Der 1. Dar fürnehmfte Nuben des Leidens Chrifti, vaf
| Run, en ihm fein Vater aller Welt Sünden auf den Hab
dens ẽregeleget, daß er fie tragen, und im rothen Meer fes
| Me nes eigenen Bluts erfäufen muͤſſen, damit wir Den
| ſelben los, und ihrethalben beftieniget.wären. Deus
| fo ſpricht Johannes der Täufer, Joh. 1. Siehe
da, das iſt GOttes Lamm, weldhed der Welt
" Sünde träget, Ob er fagen wollte: Dad ım
fhuldige Laͤmmlein JEſus Chriſtus, welches von kei⸗
a
‚ bes Schages der Seligfeit. i69
er Sünde weiß, das hat. meine und deine Sünden,
r aller Welt Sünven zu fich geraffet, und auf fi.
eladen, und ift alfo der allergrößefte Sünder, ja
ie Sünde felbft worden, zu dem Ende, auf daß
ir. gerecht, ja die Gerechtigkeit würden für GOtt.
Machet alfo Johannes aus Chrifto einen großen Mas
Sündenträger.- Sünde tragen aber heißet zum Ers Sünde
ten, unfere Sünden aufladen, und ihrer aller fhuls peide,
ig werden: Kür das YUndere: für die Sünde
(btrag thun, dafür leiden und fterben, welches man
onft. büßen heißet: zum Dritten, die Sünde gar
inweg nehmen, und davon gaͤnzlich erlöfen.
So ift dad nun die Meinung Johannis. Gies
e, das. ift Meffiad, hiezu berufen, daß er aller
Belt Sünde auf fid) raffe, Dafür leide und fterbe, und
lfo die Welt von Sünden erlöfe, wie auch Gabriel
prach, Daß er der feyn würde, der fein Volk würde
elig machen, oder erlöfen von Sünden.
Sm Propheten Ef. 53. ftehet auch dad "Wort:
Sr lud auf fih unfere Schmerzen. Das leget
ver Chaldäifche Ausleger alfo aus: Er wird für ung
eten, und unfere Sünden werden und um feinets
villen vergeben werden. Daraus man fiehet, wie
u * Woͤrtlein auf ſich nehmen oder tragen in
at. | '
St. Johannes der : Evangelift feet ein ander St. So:
Wort, und faget, dag JEſus Chriftus, das Lamm: Paner
ein GOttes, Darum fein Blut vergofien habe, auf Evrifi
daß er und Damit reinige von allen unfern Sünden, niget ung
Dad Blut JEſu Chrifti, Cfpridht erd machet von alen
ınd rein von allen Sünden, 1 Joh. 1. Hie Finden.
yat der Evangeliſt ohne - Zweifel hingeſehen in das
Hlte Teflament, da dem Moſe geboten war, daß er
Purpur s Wolle mit Yfopen nehmen follte, und in
in Beden voll Bluts tunfen, und dad Volk damit
vefprengen, Exod. 24. Denn glei als dieſe Be
prengung den Juden gedienet bat zur leiblichen Reis
gung, alfo dienet und die Befprengung Des theu⸗
0 om Erwerber .
ren Bluts JEſu Chrifti zur geiftlihen Reinigung
nemlich, zur Abwafchung oder Vergebüng der Eüntx
Wie auch der Meifter der Epiftel, Ebr. 9. dieſe Fi
gur alfo deutet: So der Ochſen und der Böde Blu
Die Unreinen heiliget zu der leiblichen. Reinigkeit
Wie viel mehr wird das Blut Ehrifti, der ſich ſelbẽ
ohne allen Wanvel dur den heiligen Get Sr
geopfert hat, unfer Gewiffen reinigen von den Wer
fen des Todes, das it, von allen Suͤnden.
Und ift bie fonvderlich wohl zu merken, daß ve
Meiſter ſpricht: Unſere Gewiſſen werden gereinige|
von Sünden, durch das Wlut Chriſti. Denn.d
wir wohl noh Sünden haben, fo werden fie ur
dennoch nicht zugerehnet von GOtt, und unfen
Gewiſſen werden auch dadurch nicht verſehret. &
find unſere Sünden für GOttes Augen, und fü
unſerm Gewiſſen, als wären es feine Sünden, j
als: hätten wir nie Feine Sünde gethan, um des Blut
Chriſti willen. Wie ed denn billig alfo feyn foßt
im Reich Chrifti, nemlidy, daß unfere Gewiſſen von
keinen Suͤnden wüßten: |
2. Mag ich dies auch wohl für wahr halten ?
Dies ift ja die liebe Wahrheit GOttes, aber wi
Tonnen leider nicht beredet werden, Wenn gleich ale
Welt Redner zufammen kaͤmen, und mit englijhe
Aungen davon redeten, fo wollen wir gleidnmoh
‚ Sunde Haben, und unfer lieber Sunden⸗-Traͤget,
JEſus Chriftus, fol nichts haben, und Zobanm
fol gelogen haben: Wer ed aber von Herzen glas
bet, nemlih, daß ihm das Laͤmmlein GOttes
Sünden rein abgeladen, und ihm felbft aufgelanen
dem ift es wahrlich ein mächtiger Troſt, daß er fü
Freuden in fich lachen und auffpringen muß.
bes Schaßes der Seligfeit, qm
3, Dies iſt wohl ſehr troͤſtlich: Aber bu weiße, daß es
die Katholifen nicht geftehen wollen.
Ich weiß wohl, daß die Katholiken lehren, daß wohl
Shriftus mit feinen Blut habe genug gethan für die
Frbfünde, und die Thur zum Himmel geöffnet: Aber
ür die hinterftelligen Sünden müfjen wir felbft buͤſ⸗
en und die Gnade verdienen, wollen wir anders
öllends hinein kommen; ich weiß aber Darneben, daß
zies falfıh und unrecht iſt. Denn Damıt wird Chrifti
Ehre gefehmälert, dem Herzen aller Troſt genommen,
md dem Teufel zu aller Tyranney Ihür und Sen:
ter aufgethan, Denn wer Tann fagen, Daß feine
Buße genug fey, und dazu Fräftige Sünden zu tils
en, als das Blut JEſu Ehrifti? - .
Ja, die Katholiken dürfen wohl fürgeben, daß,
venn einer nach feiner Taufe ſtrauchelt und faͤllet,
re den Schatz feiner Taufe damit verliere: Wolle er
iber ſolchen reichen Schatz wieder haben, ſo muͤßte
x ihn durch reuen, beichten, genug thun ſuchen und
slangen, Das ift der Grund des ganzen Pabſt⸗
hums und aller feiner Greuel,
Dawider follen wir dies wifjen, daß und Das Eprifi
Blut JEſu Chrifti reinige nit allein: von Dee nit
Srbfünde, fondern aud von allen unfern wirkliden anein yon
Sünden, die wir unfer Zebenlang felbft darzu gethan Erb»
| . 0,9. inde,fons
yaben, fie heißen vergangene, gegenwärtige oder Zus dern au
unftige. Denn St. Johannes fpricht klaͤrlich; Das Bon der
Blut. JEfu Chriſt machet uns rein von al"zuunen
en Sünden Und bie Rirhe finget: Es ift für
hm eine rothe Fluth mit Chrifti Blut gefärbet, die
Men Schaden heilen thut, von Adam angeerbet, und
yon und felbft begangen. |
Und zwar was. waͤre Chriftuß für "ein Heiland,
venn ex nicht ein ganzer Heiland feyn, und nicht ,
tr alle Sünden bezahlen ſollte? Und. woher wollen...
pir auch fo viel. Herzeleid, Thraͤnen und Blut anche
1
472. Dom Eriverber
men, wenn wir felbft follten für unfere Suͤnden gu
nug thun und bezahlen? Und wie ift es möglic,
daß Chrifti Blut nicht follte genug feyn für alle
Sünden; unfere Buße aber follte genug und befier
feyn, ald das Blut JEſu Chriſti? Iſt derowegen
vergeblih, daß fih einer unterflehen wollte, durch
eigene Werke Sünden zu büßen, und damit Berge
. bung zu erlangen. -
4 Was foll ich mehr atmerfen wider biefen Irrthum der
0 ‚Katholiken?
Zum andern follen wir auch dies willen, Daß ein
wahrer Chriſt durd feine Fehler und Gebrechen, und
da er gleich plöglich fallen würde, fein Chriſtenthum,
und ven Schaß. feiner Taufe. nicht „verliere. - Dens
Ehriftus hat und durd fein Blut eine ewige Erlds
fung erworben, wie tröftlich geſchrieben ftehet, Ef. 45,
Iſrael wird erlöfet, durh ven HErrn, dur ein
ewige Erlöfung. Hebr. 9. Chriſtus, ver rechte Hohe
priejter, iſt nicht: durch ber Boͤcke oder Kälber Blut,
fondern durch fein eigen Blut, einmal in das Heilige
eingegangen, und. hat eine ewige Erlöfung erworben,
Denn ob wir fchon fallen, wie denn auch die
allerfuͤrſichtigſten und gerechteften Heiligen täglich fie
ben mal, ‘wo nicht fiebenzig. mal fieben. mal dahin
follen, fo faͤllet doch Chriſti Blut nicht, fondern es
ftebet da in feiner vollen Kraft und Macht, un
reiniget den Menfchen für und für, daß ihm ſolche
Sünden nicht müfjen zugerechnet werben. .
5. Bas faget hiezu Rutherus?
Lutherns. Ds wir gleich, (fehreibet er in der Kirchenftil, am
Sonntag Yudica, p. 264.) wiederum fallen und füw
digen, fo find wir doch gewiß, daß Ehrifti Blut nicht
fallez noch fünbiget, fondern bleibet für GOtt fefte,
und ſoͤhnet immer und ewiglih, ohne unfere Werl
des Schatzes der Seligkeit. 473
nd Verdienſt, wo wir nur nicht mit Unglauben das
on bleiben. - 2 Ä Ä
Ebendaſ. Sein. Blut hat uns erworben eine Ber»
ebung, die ewiglich beftebet für SDtt. J
Denn ſollte uns das Blut des Laͤmmleins GOt⸗
es, welches nicht allein ein reiner Menſch, ſondern
uch ein heiliger GOtt iſt, nicht ewige und beſtaͤn⸗
ige Güter erwerben? Das wäre ja dem heiligen
Blut GOttes viel zu nahe. Es müffen ewige oder
wigmwährende Güter feyn, oder müfjen nichts ſeyn.
Denn das Blut Ehrifti ft zu theuer und zu wichtig _ ia
yazu, wie St. Johannes faget, Daß ed fey ein then: Ai bat
red Blut. Und wie ift ed möglih, daß GOtt inund ewige
feinem Herzen follte befchloffen haben, feinen lieben Akute |
Auserwählten, welche er zur Erbſchaft und Befigung itet
Wohlthaien feines lieben Sohns erkohren hat, eiwasekworben.
zu geben, das er ihnen nicht herzlich gerne goͤnnen,
und ewiglich laſſen ſollte? Chriſtus bat es uns ja
theuer genug erworben. Und der Vater hat es uns |
gegeben, welcher Teufel wollte e8 und denn nehmen?
Was mir GOtt zugedadht hat, das ich haben fol,
das Tann mir fein Unrathb nehmen, ja alle Teufel
aus der Hölle müflen ed mir ftehen laſſen. Und
zwar, was wäre ed für ein Verdienſt Chrifti, und
Kraft der Taufe, wenn fie nur einen Meinen Augen *
blick, und nicht mein ganzes Leben durchwaͤhren ſoll⸗
ter Wozu ift Ehriftus gefommen, wenn ich mir
felber helfen, und mein eigener Heiland ſeyn koͤnnte?
6. Barım hat und benn Ehriſtus von allen unfern Suͤ
' ‚den erlöfet?
| Auf daß wir ewigen Troft hätten wider unfere übrigegumZr
Sünde, und wider den Zorn GOttes, nad bemignn an
Spruch Pauli, 2 Thefl. 2. JEſus Ehriftus hat ung ‘
geliebet, -und gegeben einen ewigen Xroft, und eine
gut Hoffnung Durdy Gnade, Das ift, Chriftug, hat
fih für uns dahin gegeben, und ‚und erlöfet zum
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474 Vom Erwerber
ewigen Troſt, und zu einer froͤhlichen Hoffnung it
unfern ganzen Leben. |
Denn. weil wir durch fein Blut auf einmal it |
- unferer Taufe gereiniget find von allen Sünden, alfo
und dergeftalt, daß und hinfort Feine Sünden von.
Gott mehr follen zugerechnet werden, fo muß ja noth⸗ |
wendig ein ficher und fröhlich Gewiſſen darauf. erfoß
gen, wie Efaiad im 32 Capitel faget: Der Gerech⸗
tigkeit Frucht wird Friede feyn, und der Gerechtig |
keit Nutz wird ewige Stille und Sicherheit feyn. Daß
mein Boll in Käufern des Friedens wohnen wird,
in fihern Wohnungen und in ſtalzer Rufe Das
ift, fo wird es zugehen im Reid Chrifti, daß bie
Getauften und Sereinigten fo friedfam, fo ficher um
fo fröhlich feyn werden, in ihrem Gewiſſen, als ob
fie nie Sünde gethan, ja als ob fie von feiner Sünde
nie etwas gewußt, und heilige Engel wären, feine
Sünde wird fie beiffen, und fein Zorn GOttes wird
fie fohreden, fondern fie werden friedfant und fröß
lich einfclafen, und wiederum aufmachen, als wenn
. fie im Paradies lebeten.
Und. zwar fo follte ed auch billig unter und Chri⸗
ſten zugehen, Trauren und Schrecken ſollte ferne
von uns ſeyn, Friede und Freude aber ſollte über
uns walten. Denn weil derHErr Chriſtus fein
Blut dahin gewandt, daß wir ſollten Friede haben.
MWarum- wollten wir uns denn fold unſers Gutes,
des lieben Friedens nicht annehmen, und in Friede
Der 2,
ftetö leben?
7. Barum hat er und mehr von allen Suͤnden erloͤſet?
—8 — Zum andern hat und auch das Laͤmmlein GOttes
hei nen wider alle Anfprücde und Tyrannei des leidigen
dens Ehriyarum von allen‘ Sünden erlöfet, und bie Erlöfung
in der Taufe geſchenket, auf daß wir beftehen‘ Fon
san aten Teufels, Denn weil er. wohl weiß, daß wir nod
Anſpruͤ⸗
chen des
Sünden an und übrig haben, ja er uns ſelbſt zu
Teufels.
q
des Schatzes der Seligfei. 175
Shnden reizet und bringet, unterläflet erd nicht, er
eſchweret unfer Gewiſſen mit denfelben Suͤnden, und
hredet uns mit dem Zorn GOttes. Wie man fie
yet, wie ein armes ſchuldiges Gewiſſen dahin gehet .
n großer Traurigkeit und Schrecken. Ah, Daß du
nicht geflindiget: hätteft! Nun zürnet GOtt mit bir,
ınd Der allererfte Donnerfihlag wird dich treffen, alle
5lüche des Geſetzes werden. über dich Tommen, und
ein Gedeien mehr wirft du in diefem Leben haben.
Sehe hin, und erhänge did. a, ed Tann ein Sas miete
anad einem Chriften ſolche Gedanken von: GOttes te
jorn und Gericht eingeben, ‘daß fie ihn in ſeinem @Dtic6
Herzen fo greulid brennen, als wenn es hoͤlliſch faärfet
jeuer wäre aus der unterfien Hölle Er fann eis
em den Zorn GÖttes recht zu Foften geben. Das
er denn auch ſolche gewaltfame eingedrudte teufelifche
Hedanfen in unfrer bloͤden Natur feurige Pfeile des
Datand genennet werden, Epheſ. 6.
Dies iſt ſein Thron, ſeine Luſt und ſein Him⸗
nelreich. Denn gleich als Chriſti Reich iſt Gerech⸗
igkeit und Friede, Roͤm. 14. Alſo iſt des Teufels
ſteich Sunde und Tod, Hebr. 2. Welches Woͤrtlein
Lod von den Baͤchen Belialö, oder von großer ums
usſprechlicher Unruhe foll verftanden werden. "
Hiewider hat nun der HErr Chriftus, unfer lie
er Heiland einen fchönen Rath erdacht, nemlich, fein
eiliges Blut, welches er unſerthalben vergoſſen hat
im Creuz, und die heilige Taufe: Denn durch fein
Blut hat er uns erloͤſet von allen Suͤnden, daß auch
ein Haͤrlein von demſelben uͤberblieben, um welches
Haͤrleins willen uns der Teufel mit Fug beſchuldi⸗
jen, und feine verliebte Pfeile in uns ſchieſſen koͤnne.
In der Taufe aber machet er uns feines Bluts theils
yaftig, und der Vergebung der Sünden empfähig.
- 8. Was habe ich mehr für Nutzen aus Chriſti Velden?
s hilfe auch der HErr JEſus feinen Glaubigen Ders,
En Getauften von dem Fluche des Geſetzes. Deu
A-
176° Vom Ertverber
vom tus weil er fie gänzlich befreiet bat von allen Sünden
—2 durch fein Blut und Taufe, und fie geſetzet mitte
"in ven Glanz feiner Geredtigfeit und Gnaden, fi
fänn fie ja das Geſetz nicht mehr verfludhen, fonden
muß fie benedeien. Denn wie ift ed möglih, vd
GOtt die follte können fehelten und verfluhen, we
che feine verdammlihde Sünden mehr haben, us
feine liebe Kinder worden find. Ich babe gefchme
ren, fpriht er, Eſ. 54. daß ich dich nicht fchehtr
. will. Aller Segen, fo das Geſetz einem wünfce,
und GStt geben fann, muß den Blaubigen un
©etauften an Leib und Seele, Ehre und Gut reid
lich wiederfahren: Fuͤrnehmlich weil fie nicht alleis
gerecht, fondern in hohen ewigen Gnaden bei GOt
find, denn wo dieſer güldene Born ift, da find aus
feine Füßlein, Das ift, wo Gnade ift, da iſt auf
göttlicher Segen und alle Fuͤlle. Daher fchreikt
St. Paulus Sal. 3. Chriftus bat und erföäfe
von dem Fluch des Geſetzes, da er ward cin
Fluch für und, auf daß der Segen Abrahé
über uns Fäme. Deögleihen: Alle, die ded
Glaubens find, merden mit dem glaubiger
Abrabam gefegnet.. Und Ehriftus felber nenne
feine glaubige Schäflein die Gebenedeieten feines Be
terö, Matth. 25. Darum, daß fie geſetzet find, nich
zum Sluch, fondern den Gegen GOttes zu ererben,
und daß fie volle Genuͤge haben follen, beide in di
fer und jener Welt. Ä
9. Wie fol ich mir dies zu nüge machen ?
| BR Den Eine getaufte und glaubige Seele foll fih nicht mehr
Gefeges entjeßen für den harten und fchredlichen Draͤuworte
sicht ans des Geſetzes, etwa durch einen gottlofen Schwaͤrmtt
u Mehmen, intoniret, oder fonften gelefen. Denn viefelbe Fluͤch
geben fie nicht mehr an, weil fie geredht und gna
Denreich geworden ift durch Chriftum, fondern fie fol
fie gleich mit Sreuden und Dank anhören und lei
. " u
j des Schatzes der Seligkeit. 177
kieber GOtt! dir ſey ewig Lob und Dank geſaget,
ß mich dein lieber Sohn durch Wegnehmung mei⸗
ner Sünden, und deines Zorns erfreuet bat von
den ſchrecklichen Fluͤchen des Geſetzes, und ihrem
Nachdruck. Denn nun werden mich ja gewißlich keine
Fluͤche noch Plagen mehr treffen, wie gebrechlich ich
auch bin, ſondern dein Gegen wird über mich foms-
men reichlich und überfchwenglih, daß ich in allem
feyn werde, wie ein woaflerreicher Luftgarten: Alles,
was ich werde anheben, gedenken, reden und thun,
das wird wohl gelingen, wie fümmerlid und aͤrmlich
ed auch zuweilen zugebet, und wie viel Wind und
MWellen mein liebes Scifflein zuwider hat. Der Fuͤrſt
diefer Welt ift allem Guten entgegen; Aber wad
GOtt beſchloſſen hat im Rath der heiligen Wächter,
dad muß gefchehen, wenn ed auch allen Zeufeln Leid
wäre. Ich werde noch meinen Segen nicht überfehen.
fönnen. |
Ja, ein Chrift fol fih gewöhnen, daß er dem
Geſetz frei unter die Augen fehe, und mit feinen
Dräumorten fein Tieblich fpiele, gleich wie ein unmuͤn⸗
Diges Kindlein fpielet mit ven Dttern und Schlangen
in ihren Löchern. David fpricht im 119 Pfalms
Menn ih fhaue auf Deine Gebote, fo werde
ih niht zu Schanden Warum? denn ich habe
fie alle gehalten in Chriſto JEſu. So thue du ihm
auch, ja fprid Dazu: Alles, was das Geſetz dräuet,
Das wird denen widerfahren, welche den Glauben und
die Taufe verachten, und wollen dadurd nicht ſelig
feyn, welche die Seligkeit noch weit fuchen, gerade,
als wäre fie in der Taufe nicht zu finden. Desglei⸗
hen denen, weldye mid) um meines richfigen Ders
ftandes willen haffen, und verfolgen, welche mid
darum raufen, daß ich fie lehre und tröfte, und ſpre⸗
de, daß fie felig feyn. Denn wer dem. Evangelio
nicht glaubet, der bleibet in feinen Sunden, -unter
‚dem dorn und allen Fluchen: Und wie du dem Ge
feß unter Augen ſieheſt, und mit ihm Prien, alſo
Diefe
1 Dom Erwerber
fiehe auch unter Augen allem Unglüd, und fpiele
mit ibm. | '
-Diefe Kunft aber will ein Meiſter haben: Sa,- fie
Kuuſt er⸗ will Zeit und Uebung haben, Ein Laufer, welcher
ford
let ging, allenthalben und nirgends iſt, welcher durd alle Buͤ⸗
cher lauft, und alles willen will, der kann ſich auf
Died Spiel nicht begeben: Sa, er fann kaum vor
Gefhäften dieſe Runft faſſen. Desgleihen kann auch
dieſe Kunſt nicht üben ein Weltherz, welches im
Schlamm der Welt erfoffen if. Denn. diefe Kunſt
will den ganzen Menfchen haben, und jie ift die hoͤch⸗
ſte Weisheit Der Chriſten. Ä
10. Wie fol ich mir Died ferner zu nutze machen ?
2. &in u Ein wahrer gläubiger und getaufter Ehrift, welcher
trauen zu nicht zum Fluch, fondern zum Segen geſetzet ift,
Gei tra⸗ ſoll auch das Vertrauen zu ‚Gott trayen, er werbe
gen,
ihn alle Morgen, wenn er aufftehbet, an Leib und
Seele, Ehr und Güter aufs neue fegnen. Und dies
Bertrauen fol in feinem Herzen immer floriren, wie
eine ewige Lilie. Ich bin wohl verzaget an meinem
Gemüth, aber mein GOtt wird mich fröhlih und
herzhaftig maden: Ich bin wohl untergevrüdet, und
leide unverviente Schande, aber mein GOtt wird
- mir aus dem allem helfen? Ich bin wohl arm und
ſchulopflichtig, aber mein GOtt wird mid) feanen,
und reih machen, daß ich allen Fönne genug thun
and bezahlen. Wer weiß, auf was grünes Zweig—⸗
lein mir mein frommer GOtt nod einmal verhelfen
werde, der ic) jet fo ganz untergedrüdet, arm und
elend bin. — — |
Solche Gedanken find dem Herzen fehr füge und
heilfam: Sie find dem Herzen wie ein fühler Mors
genthau, ja wie ein frifher Spring: Born und ers
quicken die Gebeine. Sie gefallen auch GOtt fürs
trefflich wohl, wie David bezeuget im 147. Pſ. Der
HErr hat einen Wohlgefallen an denen, die auf ſeine
des Schatzes der Seligkeit. - 179
Güte hoffen. Denn der Glaube. oder- das kindliche
"„ Vertrauen zu GOtt iſt der hoͤchſte Gottesdienſt, über
welchen fein höherer ıft, weldyer auch zu feiner Zeit
Nofen träge. Was aber in dieſem Leben muchblei⸗
bet, um des berrlihen Creuz- Bildes JEſu Chriſti
willen, dad wird zu feiner Zeit in jenem Leben deſto
reichlicher erftattet werden.
Wer dies liefet,; der merke darauf: denn die Rechte
werden nicht den Schlafenden, ſondern den Wacen
den gefchrieben, _ |
11. Hat mir auch Ehriftus noch mehr mit feinem Leiden.
erworben? — |
Es errettet auch der HErr JEſus ſein glaubiges Der gr |
Boll aus dem Reih, das ift, aus der Gewalt Dedgmettung
leidigen Teufeld, Ale Menſchen, fo vom Vater und aus des
Mutter geboren find, die find im Reich des Teufels ng
welchen St. Paulus nennet einen Fürſten der Welt,
Darum, daß er fein Gebiet hat über alle Unglaubis
gen. Und obwohl dieſer Fuͤrſt nicht alle Unglaubis
gen am Leibe plaget, fo wohnet er doch gleihwohl in
ihnen, wie Chriftus bezeuget, Luc. 11. Und. wirfet
in ihnen Eräftiglich alle ihre Gedanken, Worte und
Werke, wie hübſch und betrüglid fie auch fcheinen,
nad). dem Sprud St. Pauli, Ephef. 2. Der Geift‘
und Fürft viefer Welt bat fein Werk in ven Kindern
des Unglaubens, welche noch nicht in, Ehrifto find; .
Und obwohl Sennadius und Beda fihreiben: Die
Teufel kommen dur ihre Wirkung, nicht wefentlic)
in die Seelen der Menfchen; denn diefes fomme nur
GOtt zu, und fey ihm auch unmoͤglich. So ift es
Doch gleihwohl aus dem Erempel Yudd offenbar,
Daß der Teufel wahrhaftig in die Gottloſen fahre und
in ihnen wohne, oder ihre Herzen mit aller feiner
Bosheit befige und erfülle, wie St. Petrus zum
Annaniad fprach, Apoſt. Gefh. 5. Warum bar ver
Satan bein Herz erfüllst? Denn wer nicht mit GOit
12
180 WVom Erwerber
erfuͤllet iſt, der iſt gewißlich mit dem Teufel erfüllet.
Wer nicht GOtt zum Haus⸗HErrn hat, der iſt ein
Behaͤltniß und —3*— des Satans, wie ſich denn
auch Sokrates ſeines Teufels rühmet.
Deizen: Bon djeſem Geiſt errettet und der HErr JEſus,
rel Bat daß er nicht länger in uns wohnen und wirken muß,
anbienwie St. Paulus fpriht: Er hat uns geriffen aus
der Gewalt der Sinfterniß, das it, der Teufel, Denn
die Teufel find eitel Sinfterniß, welche nicht anders
thbun, denn daß fie die Leute blind und verftodet
machen in geiftliden Sachen. Dad belle Licht des
Evangelii muß ihnen nicht erſchrinen, und fie müffen
demfelben nicht glauben. Sie müflen nichts willen,
noch glauben von ‘der Gerechtigkeit der Glaubigen
und von der Herrlichkeit ver Gerechten. Sie müffen
- ganz unvernünftig und finnlod werden. Sa fie mıüfs
fen dem Evangelio des Heild widerſprechen, und dar
für zu Lohn müffen fie weit fern vom Reich GOt—⸗
tes, das ift, vom Reich des Friedens und der Freu⸗
den, ja ſie muͤſſen ewige Truͤbſal und Schrecken im
Gewiſſen fuͤhlen. Darnach reitzen die Teufel ihre
Gefaͤſſe auch zur Ungerechtigkeit, Unzucht und andern
Laſtern, endlich zur Verzweiflung. Dieſe Werke aber
des Teufels ſind alle mit einander viel ſchrecklicher,
denn am Leibe gequaͤlet werden. Der HErr JEſus
aber errettet ſeine Glaubigen davon, und zerſtoͤret in
ihnen die Werke des Teufels, wie St. Johannes
ſchreibet, 1 Joh. 3.
12. Wer genießet der erwähnten Nutzbarkeit des Leidens
Chriſti?
Du Es genießet niemand des hohen Verdienſtes JEſu
Chriſti, und ſeiner Taufe Gaben, und hat Friede und
Freude, es ſey denn Sache, daß er von Herzen glau⸗
be. Denn wer da ohne alles Wanken glaubet, daß
ihm ſeine Suͤnden vergeben ſeyen, der iſt ſelig, wie
Cbhbriſtus ſpricht, Marc, 16. Denn er hat ein fried⸗
des Schakes ber Seligkeit. 484
fam und froͤhlich Gewiflen, Röm. 5. Wer aber fols
ches nicht glaubet, der ift ein armfeliger verdammter
Menfh: Denn er hat feinen Frieden mit GOtt.
Hieher gehöret das theure Sprüdlein, Habac! 2,
Der Gerechte wird feined Glaubens leben. Wer aber .
halsſtarrig und unglaubig ift, der wird Feine Ruhe
in feinem Herzen haben, Bu
Ach! wie ift Dies fo ein fein Hriftlich und GOtt
woblgefaͤllig Leben, wenn einer mag ein friedſam und
froͤhliches Gewiſſen haben im Blut und Verdienſt
JEſu Chriſti, und ſein ganzes Leben in eitel Friede
und Freude zubringen. Aber wie viel find Deren
wohl, die foldyes fonnen? Das madhet, ver Blaube
ift nicht ſtark genug in une,
Daher fchreibet Lutherus in der Rirenpofkil
über ven Spruch: Wer da glaubet, der wird
felig werden, pag. 21. An dem einen (felig wer;
den, d. i. Vergebung der Sünden haben,) hat ed"
freilich feinen Mangel nody Fehl. Denn das iſt dar⸗
gegeben und geſchenket in der Taufe und Evangelio,
welches iſt GOttes unwandelbare Wahrheit. Aberam Glau⸗
es mangelt noch viel an unſerm Glauben, daß mirbenman
ſolches audy nicht veft genug faflen und halten Fön; en
nen. Denn die Gnade und der Schatz ift To gat
groß, daß ſich das menfhliche Herz dafür entfegen, .
und ‚gleich erfhreden muß, wenn es redt bedenket, .
daß die hohe ewige Majefldt feinen Himmel fo weit
aufthut, und folhe Gnade und Barmperzigleit über
alle meine und der Welt Sünde und Sammer leuch⸗
ten läflet.
Darum foll das fürnehmfte Werk eines Ehriften
feyn in dieſem Leben, daß er um Erhaltung und "
Vermehrung feines Glaubens GOtt anrufe und tägs
lich bitte, auf daß er durch wahren Glauben möge
felig feyn, und. ein fröhlih Gewiſſen überfommen,
Aber gleihwie die Welt des Gewiſſens Zroft nichts
achtet: Alſo achtet auch ſie des Glaubens nicht, wenn
4184 | Dom Erwerber |
2. Du thuſt wohl, Sage mir demnach, nach deinem Ver⸗
mögen, was ich aus Chriſti Auferfichung für Nutzen |
| : babe? |
en €; iſt erſtlich die Auferftehung unſers HErrn JEſu
der änfer- Chriſti unſere Auferſtehung, der wir uns alſo anneh⸗
| ſedug iſtmen ſollen, als unſer eigen. Denn gleich als der
Auferfies Tod des HErrn unſer Tod iſt: Alſo iſt auch feine
hung. Auferſtehung unſere Auferſtehung.
Wie Chri⸗ Es iſt aber fein Tod alſo unſer Tod, daß wir
er" ihm und mit ihm zugleich gefreuziget und geſtor⸗
fen. find, nach der wunderbarlichen Vereinigung, das
mit wir mit ihm zu einem Leibe vereiniget find:
Oder fein Tod ift alfo unfer Tod, daß er an unfrer
X. Statt und für und geftorben iſt, Damit’ wir Friebe
hätten. Iſt er nun für und geftorben, fo muß fols
"gen, Daß wir dDurd feinen Tod erlöfet feyn von alle
Dem, darum er den Tod erlitten bat: Nemlich, von
Sünden, vom Zorn GOttes, und von dem ewigen
und ſeine Tode. Gleich dem iſt feine Auferſtehung unſere Auf⸗
Zofette erſtehung, nemlich daß wir in ihm und mit ihm zu⸗
— ieh. gleich vom Tode erſtanden ſeyn, oder, daß er fuͤr
und und uns zu gut vom Tode erftanden ſey. Denn
ein jeglicher getaufter und glaubiger Chriſt ift in
. Chrifto, und was Chriftus it und thut, das iſt und
cthut er auch, und alle, was von Chriſto geredet
wird, fol auch von ihm verftanden werden.
| Iſt denn nun die Herrlichkeit der Auferfichung
Ehrifti unfere Auferftehung, fo muß folgen, dag wir
in derfelben gefleivet feyn, als in einem berrlichen
Kleive, und daß wir in derfelben einher treten, als
‚neue Menden, vom Tode erftanden, und Daß wir |
und derfelben weit weniger zu tröften und zu erfreuen
baden, als Ehriftus felbit. Deromegen, mie du den
HErrn Chriſtum anſieheſt, vom Tode erſtanden, alſo
ſiehe dich auch an, denn er iſt dein Spiegel, Sprich
nur frei: Ich war todt; aber nun bin ich in Ehrifte
Bm ni A TS 5 . 5
. .
ec an ii Ta 3 ia 3 3 A Wr E
.
.
® ®
des Schatzes der Seligkeit. 185
vom Tode erftanden, und bin eben fo eine herrlihe -
befreite Perfon, als Ehriftus felber if. So muß
man fi lernen anſehen und erkennen.
3. Was faget der feel. Luther hiezu
Was dieſe hohe Perſon, (ſchreibet er in der Jen. —* |
dem...
Poftill, pag. 8.) angerichtet hat, das gilt dir und Suter. |
Mir, und und allen. Denn für ſich felbft hat er
ſolches Sieges nicht bedürft, vielmeniger hat er bes
bürft, daß er ein Menſch würde, litte und ftürbe.
Desgleichen pag. 9. Um feinetwillen ift’er nicht
auf die Erde fommen. Um feinetwillen bat er ſich
nicht laſſen and Ereuz fchlagen, fondern unfere Suͤn-
den bat er getragen, und unfern Tod bat er durch
feinen Tod ausgebiffen und verfhlungen. Afo iſt
er auch nicht um feinetwillen von den Todten eritans X,
den und gen Himmel gefahren. : |
4. Stimmet auch hiemit die Schrift ein?
Es gehoͤren hieher dieſe ſcharfe und kernhafte Spruͤ⸗
che:
Roͤm. 6. Sind wir in ihm gepflanzet zu gleichem Und der
Tode, fo muſſſen wir auch ja feiner Auferſtehung Schrift.
gleich ſeyn. Das iſt, wir find mit ibm geſtorben
und auferftanden.
Epheſ. 2. GOtt hat und famt ‚Eprifto lebendig '
gemachet.
Desgleichen: Er hat uns ſamt ihm auferwedet,
und famt ihm in Das himmlifche Wefen“ geſetzet. Ob
St. Paulus fagen wollte: Wir find nun nicht mehr
irdiſche Menfhen, der Sünden und dem Tode uns
terworfen, ſondern, wir ſind Himmels-Fürſten, ge⸗
zieret mit ewiger Gerechtigkeit und mit ewigem Leben.
Darum faget er Roͤm. 6: Begebet euch GOtt,
als die da aus den Todten lebendig ſind. Er will
nicht, daß wir und nunmehr für ſuͤndliche unren |
”
rer
a
486 Dom Ermerber |
lihe Menſchen, fondern ſtracks für lebendige Heilige
halten follen.
Ab, Herr GOtt! wenn ich ſolche ſtarke Spras
che hätte, daß ich Died mir und andern fönnte ein
reden, und uns überreden, daß wir in Chriſto all⸗
bereit vom Tode erſtanden, mit ihm lebendige Heilige
. wären, welch eine Freude wollte ih anrichten, und
wie boffärtiglih wollten wir den Teufel und bie
Belt verachten.
5. Was find wir nun denn in Chriſto, keaft einer
0 Auferfichung?
r Soige Leute, welche die Sünde und ben Tod abs
GE geleget, und eitel Gerechtigfeit und Leben an fih ge
geben, nommen haben. Denn gleich ald ver HErr Chriftus
bie Sünde und ben Tod im Grabe abgeleget, und
ein neuer Chriftus auferflanden in Gerechtigkeit und
Leben; alſo haben wir in ihm und mit ihm in dem⸗
ſelbigen Grabe die Suͤnde und den Tod abgeleget,
und ſind auch neue Menſchen worden, voll Gerech⸗
tigkeit und Leben.
Roͤm. 4. Er iſt dahin gegeben, um unſerer Suͤnde
willen. Das iſt, auf daß er fuͤr unſere Suͤnden
bezahlete, oder vielmehr, daß er Durch feinen op,
in und die Sünde und Tod erwürgete: Und if
auferwedet um unferer Gerechtigkeit willen, nemlic,
daß wir in ihm würden Kinder der Gerechtigfeit und
des Lebens. Denn gleichwie er nach feiner fröhlichen
Auferftehung nichts anders iſt, denn. eitel Gerechtig⸗
‚Teak und Leben: Alfo wir in ihm auch nichts anders, |
denn’ eitel Gerechtigkeit und Leben, denn er iſt unfer
Haubpt.
Kinn Daher werben wir genennet ein Voll ohne San
REN De, ei sgleihen: Eitel Gerechte, Ef. 60
wegen. Sa, Die. —— ſelbſt, 2 Cor. 5. gleichwie der
HE —5* — die Gerechtigteit rk iſt.
bes Schaßes ber Seligkeit. 187
Und ift zumal fein geredet, daß Chriſtus unfere
Gerechtigkeit ift, um weldes willen und GOtt der
Vater fo lange will gerecht adıten. und halten, als
er felber ift. . |
Und wer gerne wollte, der koͤnnte und wohl eine.
. Sonne der Gerechtigkeit nennen, wie unfer Haupt
eine Sonne der Gerechtigkeit genennet wird, Mal. 3,
Denn wie er von eitel Gerechtigkeit herrlich leuchtet-
und fcheinet, alfo leuchten und fdheinen wir aud.
Denn die. Glieder fhimmern von der Herrlichkeit und
dem Glanz ihres. Hauptes.
6. Wie kann das ſeyn, fintemal wir noch der Sünde und
| Tod unterworfen find ?
E⸗ iſt dies alles noch zur Zeit in uns bedecket mit
Suͤnde und Tod, gleichwie die Sonne zuweilen mit
Dunſt und Nebel bedecket iſt. Denn wir fündigen
leiver noch täglich, und fterben endlich dahin. Aber
ſelig find die Herzen, die fih an folhen Wolfen nicht
ärgern, ſondern darunter das helle Licht der himm⸗
liſchen Gerechtigkeit und ewigen Lebens fchauen. Und
zwar was ift das für ein Wölklein, und was kann
ed auch groß fhaden, Darunter fo ein herrliches Licht
ewiger Gerechtigkeit verborgen lieget? Und was ift
dad für ein Tod, und was kann er groß ſchaden,
der unter fich das ewige Leben hat, Die Gerechtigs
feit überrieget die Sünde, und das Leben uͤberwie⸗
get den Tod. Ja die Gerechtigkeit bat die Günde
und dad Leben bat den od. verfchlungen.
Lutherus: Wenn wir fchon hundert taufend Suͤn⸗
den hätten, fo wären fie dennoch nur ein Fuͤnklein
und Zröpflein gegen Chrifti Auferftehung.
Was wollen wir viel fagen? Eben fo wenig Chris
ſtus Sünde hat, fo wenig haben wir auch Suͤnde.
Und eben fo wenig ald ber Tod über Ehriftum hurr⸗
hen Tann, eben fo wenig kann er. auch über und
errichen, die wie feines Leibes Pflänzlein find, Dean ;
.
« 4
188 Vom Erwerber <
die Suͤnde und Tod find im Grabe geblieben: Ge
rechtigfeit aber und Leben find berfür gefummen.
Dies ift das rechte Evangelium, welches man
allein den Chriften predigen fol. Und wenn ein
Menfh von "Jugend auf biß in feine Grube nichts
anderd- hörete, ald daß er in Chrifto gerecht und
ein Kind des Lebens wäre, der würde von Ffeis
‚ner Sünde und Tod willen, fondern fih in Einfalt
F
ben fir
gerecht
balten,
fi
Kr,
‘
N.
N
» feined Herzens dafür halten, wie er hörete, und es
Dabei bleiben laffen. Wäre es nicht ein fchönes Les
ben? Und .da er fallen würde in ſchwere Sünde,
wie die fürfichtigen Heiligen zumweilen.fallen, fo würde -
er fi wohl eine Zeitlang herzlih darum gramen,
und zu GOtt heftig fihreien, aber doch endlich wies
berum zum Xroft feiner Gerechtigkeit kehren, und
nicht neue Genugthuungen ſuchen. Ich bin leider ges
fallen, aber dagegen babe ich diefen Troſt, Daß ich
‚für Chriſto gerecht. bin,. eben wie er gerecht iſt.
Daß du aber ftirbeft, das mußt du für fein Ster⸗
ben anfeben, noch adıten, fondern nur für einen
Abfchied von dieſem Jammerthal, und für ein füßes
Einſchlafen. |
7. Ich gebe dies zu: Aber wie kann id) biefen erſten Rus
rechtigfeit und Leben, und wir von. GOtt dem Bas
ter felbft dafür. angefehen und gehalten werden: Go
follen wir dem HErrn Chriſtd und feinem hoben
ie Tr TE nn . LL.
a —
Verdienſt die Ehre thun, und und auch dafür hal⸗
ten, wollen wir anders ſelig ſeyn. Denn die Furcht
oder Rießung der fröhlichen Auferftehung' Chrifti ſte⸗
het fürnemlid) im Glauben. Und was ifl doch der
Glaube, ven GDtt allenthalben fo genay von uns
. fordert, anders, ald eine feite Zuverficht, Daß wir
' %
| bes Schatzes der Seligkeit. 189
von Natur Sünder und Kinder des Todes, in Chris
flo gerecht, und Finder des ewigen Lebens find! ,
Wer dies feſtiglich glaubet, der ift ein.glaubiger Chrift,
und mit Ghrijto ein Leberwinver ver Sünden und
des Todes: Wer e& aber ſchwaͤchlich glaubet, ver ift
ein geringer Chriſt, und hat noch große Anfechtung
von Sünde und Tod. Wir follen ed aber nicht
ſchwaͤchlich, fondern feftiglich glauben, und in ſolcheni
Vertrauen von Zage zu Tage wachfen und zuneh⸗
. men: Denn je feſter wir ſolches glauben, je ange:
nehmer es GOtt ift, und je mehr Nutzen ed uns
bringet.
| Eine tapfere Ermahnung zum Glauben ftehet
Ebr. 10, Laffet uns hinzu geben, in voͤlli⸗
gem Glauben, befprenget an unferm Her
zen, und los von dem bdfen Gemiffen, und
gewaſchen am Leibe mit reinem Waffer, Das
ift, weil wir durch Kraft des Bluts JEſu Chriſti
in unſerer Taufe gereiniget ſind von allen Suͤnden,
und vom boͤſen Gewiſſen, und denn einen gnaͤdigen
Gott im Himmel haben, fo laſſet uns ja ſolches
feftiglih und von Herzen glauben, und in foldyem
Glauben zu GOtf treten, und ald die lieben Kinder
mit ihm reden; Oder, laſſet und feitiglich ‚glauben,
auf dafsunfere Herzen befprenget, und von dem bös
fen Gewstien los werden. Gt. Petrus thut ihm
auch aljo, 1 Petr. 1. Gebet eure Hoffnung gan
und gar auf die Gnade, die euch angeboten wird,
denn ihr feyd die Leute, Die es angehet, und von
„ Denen ed geredet wird. -
| u. Ä
8. Hier ſpricht ein blöded Gewiffen: Der HErr Chriſtus
hat ja wohl durch feinen Tod gefleget, und durch dem»
felben die Sünde und Tod an feiner Perfon ver»
fchlungen: Aber was gehet mich foldyes an?
| Das Chriftus geftorben, das. ift er, ihm nicht allein, EdrikeA
geſtorben / anf daß er allein dadurch der Sunden und parken.
VMR
4190 Vom Erwerber
und aufer:des Todes los würbe für feine Perfon: Sondern er
Randen. jſt auch-dir, oder Dir zu gut geftorben, ja dir mehr
als ihm, Denn deinethalben iſt er Menſch worden,
und bat fein Blut vergofien, auf Daß er dich erld
ſete. Er ift dein Geligmaher und Heiland, nidt
fein, wie Eſ. 9. faget, Daß er und gegeben fey.
So fihreibet auch: St. Paulus Röm. 4. daß er um .
‚ anferer Sünde und unferd Todes willen dahin ge |
geben ſey, auf daß er und mit feinem Tode von
unfern Sünden und Tode erloͤſete. Daß er aud
nad) dem Tag des Sieged aus dem Tode erflanden,
und ein HErr der Gerechtigkeit und. des Lebens ge,
worden, das ift er ihm nicht allein worden, daß er
allein für. feine Perfon daher prangete, in neuer
Gerechtigkeit und Leben, fondern auch dir, je bir
mehr als ihm, wie Jeremias faget, Daß er unfere
Gerechtigkeit fey. Und St. Paulus, daß er um um
ſerer Gerechtigkeit willen vom Tode auferwedet ſey.
Darum rühme dich nur frei und ohne Scheu, daß
du für GOtt ‚gerecht und unfterblih ſeyeſt. Denn
was Chriftus iſt, bift du aud. |
9. Nun ich habe ben erfien Nuben ber Auferftehung Ehriki
wohl verftanden, berichte mich nun ferner, was ich
daher mehr fuͤr Nutzen habe?
rititeSars andere ift der HErr Chriftus darum vom Tode
md hohe:erflanden, nachdem er fein hohes Amt unferer ewv
priefterlie gen Erlöfung verrichtet hatte, nemlih, anf Daß er:
| *fönnte zu feiner Herrlichkeit eingehen, und unfer
Hoherprieſter und König werden, " Denn wenn ef
nicht wäre erftanden,. fondern den Sieg ‚bei ſich um
Grabe behalten, fo wäre ihm auch diefe Herrlichlet
nichts nüße geweſen, und er hätte fich ihrer, als eis
Todter, nicht erfreuen können. -Nun aber, nachd
er einmal ind Leben getreten, empfänget er tägl:
vom deu Seinen neue Ehrenkronen, und weiß
des Schatzes der Geligkeit. 491
wohl welche die ſeyn, die ſie ihm aufſetzen, der
getreue Heiland.
Er haͤtte auch nicht gen Himmel fahren, und un⸗
ſer Hoherprieſter und Koͤnig werden koͤnnen, wo er
im Grabe geblieben. Nun er aber gen Himmel ge⸗
fahren iſt, und ſich geſetzet in das Allerheiligſte, iſt
er unſer lieber Prieſter und Koͤnig worden. Unſer
Prieſter iſt er worden; denn er redet zu GOtt dem
Vater für und arme Würmlein das Liebſte und Bes
ſte, und vertritt und, daß er ja nicht zu geſchwinde
—_yu-n
mit und fahre, weil wir noch Fleiſch und Blut am
Halfe Haben, fondern Daß er und vielmehr durch
feinen heiligen Geiſt tröfte, Roͤm. 5. Sind wir mil nie ung
GOtt verföhnet, durch den Tod feines Sohns, da Ehrifius
wir noch Feinde waren, ey fo werden wir ja viel —
mehr ſelig werben durch fein Leben: Sintemal wir Hoher⸗
nun verföhnet find. Ob er ſagen wollte: darum iſt vrieſter.
Chriftus vom Tode erftanden, und gen Himmel ges j
fahren, und dahin lehrte er fein ganzes Leben, daß
er feine Erlöfeten bei GOtt dem Vater vertrete, und
fie bei ihm in ewigen Gnaden erhalte. Kein Herz
Tann es auöfinnen, und feine Zunge fann ed auss
forehen, wie herzlich der Sohn GOttes mit feinem
bimmlifhen Vater von uns, feinen lieben. Brüdern,
redet, wie er und ihm empfiehlt, und eine gnädige |
Verzeifung nach der andern, ja einen Gegen nad
dem andern ausbittet. Wohl dem, der fo einen
Freund am Brette hat? Wenn wir ed wüßten, wie
lieb und Chriftus hat, und was er täglid in unfern
irrigen Sachen handelt, und wie theure Worte er
von und redet, fo würden wir uns für Freuden zu
tode weinen, und und wiederum an -ihm zu Tode
lieben! Denn ob wir ſchon feiner zuweilen vergeflen,
fo vergiffet er doch unſer nimmermehr in Ewigfeit:
. Denn er hat unfere Nameg in feine Hände, ja m
fein Herz gezeichnet, dad wirft du zu feiner Zeit wohl
erfahren: Habe nur Deine Luft an ihm, er wird dir
Deines Herzens Wunſch, und was Du nie gehoffet
ad
J nn
193 Vom Erwerber
haſt, zu der Zeit „, wenn alle Hoffnung aus iſt, reich⸗
lich geben, alſo, daß ſich auch deine Feinde und Laͤ⸗
ſterer darüber entſetzen werden, und ſprechen: Wo
iſt dieſer zu ſolchen hohen Dingen gekommen?
Wie Ehri⸗ Unſer Koͤnig aber iſt er worden: Denn er nimmt
Rus unſer uns unter fein .gnädiged Scepter, und befchirmet und
Rnigfen. wider aller Teufel und Menfchen Tyrannei, Er giebt
. und auch Durch getreue Lehrer fein heiliges Wort, und
feinen heiligen Geift, und herrſchet dadurch Eräftiglich
in unfern Herzen. Denn wie er und nur haben will,
fo fann er. uns duch fein Wort und Geift zurich⸗
ten. Zufoͤrderſt aber erleuchtet er und durch feinen
Geiſt, und führet uns aus einem Licht ind andere,
aus einer Erfenntniß in die andere. Er zündet aud
in und an den rechten Glauben, daß wir «6 gleich
fühlen, wie wir für GOtt gerecht und feine liebe
Kinder feyn, und befrieviget unfere Oewiflen. Denn
wer da glaubet, der ift felig, das ift, der hat ein
friedſam Gewiſſen. Ja nicht allein das, fondern da
“wir gleich zumeilen in die Hölle fallen, und in Xraus
rigkeit ‚geratben, fo führet er und fletd doch wieder
Chriſti
reich.
um heraus, und befriediget unſere Herzen, der rechte
Herzog Friedrich von Gottes Gnaden, und der [öbs
liche Friedefurſt. Jetzt liegeſt du wohl in deinem
Siechbette, und biſt von großer Traurigkeit todtkrank,
Aber verzage nicht, morgen ſoll es, ob GOtt will,
beſſer werden: Denn es iſt nicht eine Krankheit zum
Tode, ſondern zur Ehre JEſu Chriſti, der wird dir
bald helfen.
Wie kannſt du wiſſen, wie lieb dich dein HErr
Chriſtus habe, und was er bei dir thun koͤnne und
wolle, wo du nicht vorhin in Noͤthen gefuͤhret wirſt?
Alles, alles, was und in dieſem Leben widerfaͤhret,
Butes und Böfes, das ift unfer Heil und muß ihm
zu Ehren gereichen. Ja nicht allein daß, fondern er
machet und auch durch fein: Wort und Geiſt oft fo
fröhlih, Daß wir vor Freuden fpringen, als Hirſch⸗
lein. im Paradies, und laͤſſet und von Liebe und dei
| iger
[2
des Schatzes ber Seligkeit. 195
liger Furcht brennen. Dies iſt fein Reih, oder,
wie der Prophet Obadia faget, ſolch ein Königreidy
bat ver HErr, nemlich ein Reich des Friedens und
der Freuden, und der Furcht im heiligen Geift, Roͤ⸗
mer 14. | "
10. Wie wird das Reich Chriſti beſchrieben?
Der Prophet und Koͤnig David beſchreibet das Reich Belüteh
Chriſti, 2Sim. 23, alfo: Gleichwie das Licht iſt Keine -
am Morgen, wenn die Sonne aufgehet, ded Mor, Srini.
gend ohne Wolfen, da vom Glanz nad). dem Regen
Das Gras aus der Erde waͤchſet: Alfo ift das Reich
Mefiik, das iſt, Mefliad wird Fein Aufrührer, noch
Leute Beſchwerer, noch Gäufer feyn, mie viel ver
weltlichen Potentaten: Sondern er wird ein tapferer
Herr ſeyn, und ein fhönes liebteiches Regiment fuͤh⸗
ren: Denn er wird zuerft einen milden und füßen
Regen feines Heiligen‘ Worts vom hohen Himmel
herab geben, und dadurch die trodene Herzen feuch⸗
ten. Darnaͤchſt wird er auch durch feinen heiligen
Geiſt eine berrlihe- Sonne und Licht wahrer Erfennts
nid GOttes und Glaubens in Denfelbigen Herzen
‚aufgeben ı laffen. Darauf wird das Grad folgen,
nemlich allerhand Fruͤchtlein und Blümlein des Glaus
bens, ald da find, Friede und Freude, Liebe, Zucht,
Mahrheit, Wohlthätigfeit, und was dergleichen mehr
if. Und meiter ſpricht David: Alle mein Heil und 183
Wohlfahrt it, daß fein Reich auf Erden alfo wide 4
fet. Denn follte ed einem nicht wohl thun, und ze”:
lachen bewegen, vaß auch die Feinde Chriſti müffen , -
‚fein Wort annehmen, und an ihn glauben, wenn ee. ' "4."
v
ren
8 haben will, und daß fein Reich täglich in unfern "in.
° Herzen wächfet und zunimmt. | Br
Died aber fönnte Der HErr Ehriftus nicht thun, nn.
und ſolch ein Reich auf Erden anrichten und fühs |
ren, wenn er im Tode geblieben wäre.
Begehreft du mehr von dieſem Nugen der Aufs
erſtehung Chriſti zu lefen, fo ſchlage auf DaB 38 Trace
194. Vom Erwerber
®
tätfein von der güldenen Zeit, da mehr. herzerfreuende
Nutzbarkeiten der Auferftehung Chrifti angeführet
werden. Ä
‚11. Ich bemerfe mit Freuden aus gefchehenem Bericht,
daß Chrifus ein. überaus holdfeliged Herz gegen und
| haben müffe? -
Gens Freilich ift er freundlich gegen uns mit Herz und
langmd: Mund. Gein Herz it voll Liebe und Treue, und
this. ſein Mund vol füßer Wahrheit. Er fönnte billig
i mit und zürnen,, und und wie verdorbene Rohrſtaͤbe
| zerbrechen, und ind Feuer werfen, weil unfer viel fo
gar troßig find, daß wir ihm für alle feine Wohl
thaten nicht einen guten Morgen bieten, und fein.
Wort. mit Füßen treten: Aber er thut es nicht, fons
dern hat Geduld mit und, daß wir einmal Elüger
werden. Daher faget der Prophet Eſaias Cap. 42.
Er wird nicht zornig, nody greulid, feyn, auch nicht
fohreien noch rufen, (wie tolle unfinnige Leute pfles
en zu thun, ‚welche fich nicht zähmen noch mäßigen
Fonnen und feine Stimme wird man nicht hören
auf. den Gaſſen. Dad zeritoffene Rohr, Cbetrübte
Herzen,) wird er nicht zerbredhen, und das glims
ra so mende Tocht, (den ſchwachen Glauben), wird er nicht
.c "auslöfchen.- Und er felber fpricht, Hoſea 11. daß er
N wohl Zug hätte mit Ephraim und und allen alfo
Wit umjugehen, wie mit Sodoma und Gomorra, aber
feine Barmherzigkeit fey zu brünftig Dazu, daß erö
nicht thun koͤnne. Und zwar, wenn er richten follte,
nach dem feine Augen fehen, wie würden täglich fo
viel taufend Menſchen in ihren Sünden ſo jämmers
li dahin gerichtet werden? Welche Liebe und Lang
mütbigfeit Chrifti man ja erfennen, aber nicht mißs
brauchen fol, Damit er nicht endlih zum Zorn und
Strafe gezwungen werde. Ya ed träget der HErr
Giebt vierTbriſtus nicht allein unfere Schwachheit in großer
- Gutes, Liebe und Barmherzigkeit, fondern er thut uns auch
des Schatzes der Seligkeit. 195
viel Gutes, und hilfet und treulih. Syn Feinen Nds
then läffet er uns fteden, fondern hilft uns heraus,
und überfhüttet uns mit feinen Gütern, wie ed ‘denn
feine Luft it, daß er und unwürdigen Menfchen feine
‚unverdiente Güter fehenfen und, geben möge.
Zudem gehet er mit dem menſchlichen ©efchledhtgeher mie
fo gar freundlidy und holdfelig um, daß auch feineden Mens
Mutter mit ihrem allerliebften Kinplein ‚freundlicher goißfeiig-
und holdfeliger umgehen Tann, wie das alles an feis um. _
nen heben’ Juͤngern zu erfehen ift, welchen ſeine Freund
lichkeit viel Thraͤnen aus den Augen gelodet, nadhs
dem er von ihnen genommen ift. ob, 13. nennet
er feine Sünger feine liebe Kindlein. Kindlein, fpricht
er, ih bin noch eine fleine Zeit bei euch. Joh. 14,
ja ihr | Wie das
ermahnet er fie, daß fie ja ihr Lebenlang nicht traus ent
ren, noch fih für irgend einem Dinge fuͤrchten fols "einer
len: Euer Herz erfchrede nicht, und fürchte ſich nicht: Sänger
Denn er wolle fie nicht Waifen lafien. Und damit deuset.
fie nicht Meinmäthig feyn möchten .zu ihrem Amt, '
vertröftet er fie mit dem heiligen Geift, der follte
sie gejchidt genug machen, und in alle Wahrheit lei
a. tr Tr m va, wa wa -
ten. Im 15 Capitel faget er, Daß er fie fo herzlich
lieb babe, als ihn fein bimmlifcher Vater bat, und
daß er ſtets in ihnen feyn und bleiben wolle, damit
fie ja viel Frucht fchaffen koͤnnen. Und faget, daß
er foldyed mit ihnen darum rede, auf daß fie völlige
Sreude haben. Im 16 Gapitel faget er: Sie wers
den wohl viel und groß Leiden und Truͤbſal haben
in ihrem fchweren Amt, aber der: heilige Geiſt foll
fie reichlich tröften. Dafelbft ermahnet er fie zum
Gebet, und ſpricht: Sie follen nur getroft Bitten, -
was fie wollen, alleö -foll. ihnen vom Bater widers
fahren, denn er, der Vater, habe fie felbft lieb, dar⸗
um, daß fie ihn lieben, Sa, fpridt er weiter, er
felbft wolle fie erbören, wenn fie ihren Mund aufs
- thun, und anheben zu beten. Denn alle, was der
Vater habe, das fey fein. Und damit fie willen
mögen, wo fie bleiben follen nad) Diem Beben, fpricht
196 Dom Erwerber |
- er, Joh. 14. In meines Vaters Haufe find viele Woh⸗
nungen. Im 17 Capitel fället er für großer Liebe
auf feine Knie, und bittet für feine Apofiel und alle
treue Lehrer mit Thränen, daß fle ja enolih an Dem
Ort feyn, da er ift, und feine Herrlichfeit fehen moͤ⸗
gen, dafür, daß fie fo. elende Leute in dieſer Welt
gewefen, und für das göttliche Wort. nicht Anders,
denn eitel Mühe, Armuth, Haß und Verfolgung zum
Lohn befommen haben. Iſt das nicht Freundlichkeit
über alle Freundlichkeit.
Marc, 10. Müffen die Eltern ihre Kindlein zu
ihm bringen, daß er fie liebe, herze, kuͤſſe und ſegne.
Undviele Joh. A. redet er mit einer armen Samariterin fo
anderer. herzlich und freundlih, daß ſich auch feine Jünger
J
ſelbſt daruͤber verwundern, was es doch ſeyn moͤge,
Daß er, fo ein zuͤchtiges Herz, mit fo einem unzuch⸗,
tigen Weibe reven möge. ob. 5. thut es ihm wehe,
und Flaget darüber, daß die Juden nicht zu ihm kom⸗
men, und das ewige Leben von ihm nehmen wollen.
Ach! ſprach ‘er, ich lode euch, aber ihr wollet nicht
zu mir fommen. Ich wollte euch gerne dienen, aber
ihr wollet es nicht haben.
Und wie oft ift er wohl betrübten Herzen und
andern armen Leutlein unter Augen gegangen, und
bat fie getröftet, ihnen feine Gnade und Hülfe ans
geboten. Lieber, was willt du von mir haben? Was ,
ſoll ich dir thun?
Daher fchreibet Johannes, der feiner füßen Liebe
für. andern genoffen, daß -er nicht allein ein holdſeli⸗
ger Zeute»Lieber, oder Menfchenfreund, fondern auch
das ewige Leben felbft gewefen fey, 1. Joh. 1. Und
St. Paulus vermahnet die Eorinther durch die Freund⸗
lichkeit und Sanftmüthigfeit Chrifti, 2 Cor. 10.
12. Wie fol ich mir diefe unerhörte Liebe Chrifti gu nuͤtze
machen?
Se, follen der Froͤmmigkeit und Freundlichkeit uns
Wertrans ſers lieben HErtn und Heilanoes JEſu Ehrifti alſo
“ ben HErrn Chrifto in hoͤchſter Zuverfiht, und mit |
. des Schatzes der Seligkeit. 197
- gebrauchen, dad wir eine herzliche Zuverſicht zu dercen mEbrs J
ſelben ſtets tragen, und uns ihrer hoͤchlich erfreuen, Ro in und
Unfere Herzen follten billig. in unausfpredliher Zu⸗Wecen . .
verficht und Freuden dem HErrn Chrifto zulachen. |
Gleichwie ein junges Kinplein auf feinem Stühlen.
feiner lieben Mutter in. großer Zuverfiht und für .
großen Freuden zulachet, und fich zu ihr fehnet, daß
ihm auch die Thraͤnen vor großer Begierde aus den
Augen fließen: Alſo follen wir aud zu unferm lies
allen Freuden uns fehnen, bid Daß er und dermals
eind in die Arme faffe, und uns aus viefem Leben:
hinweg raffe. Denn er bat und doch lieber, ale uns
unfer eigen Herz hat, und ‚giebt und dazu den heis
ligen Geift, den Geiſt der Kindſchaft, dag wir und
Önnen.
⸗
ae ihm in aller Liebe und Kreundfchaft verſehen
43. Wie wird und biefe Freundlichteit und Liebe Chriki
gegen und in der Schrift fürgebilbet ?
| Erſtlich wird Chriſtus da einer güldenen Roſe vers .@rwir
glihen. Denn er iſt eine ſolche Blume, welche nichteiner gie
allein herrlich” und ſchoͤn, fondern auch freundlich En e .
lieblich iſt. Eine Rofe hat für andern Blumen diefe Sea.
Art an ſich, daß ſie eines freundlichen, lieblichen
Geberdes iſt, eitel Freundlichkeit und Lieblichkeit leuch⸗
tet ihr aus den Augen, und ſie lachet immer einem
u, daß man fie auch wiederum mit freundlichen, lieb⸗
ichen Herzen und Augen anfıhauen und anlachen
muß. Alſo iſt aud Die Geberde des Sohnes EOts "
tes durchaus freundlich und lieblich, eitel Freundlich⸗
keit und Holdſeligkeit leuchtet ihm aus den Augen,
daß ſich auch die heiligen Engel an folder feiner
freundligen und lieblichen Geftalt nicht fatt ſchauen
Tonnen. Wie er denn. darum im 45 Palm genen
wet wird der Allerſchoͤnſte unter den Menſchenkindern,
}
198 Dom Erwerber
ja unter den heiligen Engeln dazu, nemlich, um fols
her feiner Freundlichfeit willen.
Er ift aber nit allein ver Engel Freund,
fondern auch der Menfchen Freund, weldyer dad arme
menſchliche Geſchlecht von Grund feines Herzens lieb
bat. Denn 0b wir wohl arme unmerthe Suͤnder
find, dennoch liebet er und umfonft und aus lauter
Gnaden. Hievon ftehet ein fhöner Spruch, Tit. 3,
Es ift erfchienen die Leutlieblichleit oder
Freundlichkeit GOttes unferd Heilandes,
indem er für und Menſch worden, und fein
Blut vergoffen, und und. durd fein Blut
und Taufe gereiniget, und mit feinem bei
ligen Geiſt erneuert und gebeiliget bat.
Und weil der Sohn GÖtted ein freundliches
Herz und Gemüth träge gegen und Menfchen, fo
hat er auch Honigfeim auf feinen Lippen, wie ferner
im 45 Pfalm gemeldet wird, und alles, was er nur
redet, das ift eitel Liebe und Leben. Daher nennet
ihn St. Sobannes das Leben, und feine Rede ein
Wort des Lebens, darum, daß er mit feiner freunds
fihen Stimme bie betrübten Herzen allewege getroͤ—
ftet und lebendig gemachet hat, und noch madet.
St. Petrus, da er gefraget ward, ob er auf
nicht wollte von ihm laufen, wie, Die andern gottlos
fen Verächter thaten, antwortete und fprah: Herr!
wo follen wir hinlaufen: Du. haft Worte des ewi—⸗
gen Lebende. Darum ed wohl billig heiffen mag, eine
güldene Rofe, und ein güldner Redner, '
14. "Wie wird uns biefe Freundlichkeit mehr fürgebildet?
er vird Ez wird Chriſtus auch darum fo fröhlich und lieb⸗
— lich gemalet, daß er ausſiehet, als wenn er einem
als lachetezulachte. Denn er iſt froͤhlich in ihm ſelbſt, und
er freuet ſich als vie Sonne, daß er feinen Lauf vollen⸗
den, und dad menſchliche Geſchlecht erlöfen mag.
Siehe doch, mie freudig ift er zu feinem Amt, geras
— — — 42 va
des Schatzes der Seligkeit. 199
De, ald wenn er hinein ſpringen wollte Denn alles,
was er thut, das thut er mit willigem und fröblis
hem Herzen, wie wir denn auch thun follen im uns
ferm Beruf, aud mitten in Todesnoͤthen. Dieſes
Tann aber niemand thun, er habe denn vorhin den
freudigen und fröhlichen Geift empfangen, darum
David bittet im 51 Pfalm. |
Zum andern lachet er und auch zu, die wir fein Wie lieb
liebes auserwähltes Bolt find, um welcher willen ar babe;
ind Fleiſch gekommen iſt. Denn er ift in Wahrheit
ein großer Freund des ganzen menſchlichen Geſchlechts,
zum voraus aber feiner glaubigen Chriſten. Es brens
net ihm fein Herz gegen uns von großer Liebe, und
kann ed nicht laffen, er muß uns ſtets freundlich zus
ns Chris
lachen. Mache Rechnung: Hat er uns Doc geliebet,:
daß er unfer Fleiſch und Blut würde: Wie vielmehr
wird er und nun lieben, fintemalen er unfer Fleifch
- und Blut worden ift. Kein lieber Bule faget Ef. 62,
Tann feinen lieben Bulen, und Fein lieber Bräutigam
Tann feine liebe Braut fo herzlich und fhmerzlidy lieb
haben, ald und der Sohn GOttes hat. Und: ob wir
wohl von Natur arme elende Creaturen feyn, vie
wir und leider täglich mit vielen Sünden befubeln,
auch in unferm beften Leben, alfo, daß nichts reines
und ſchoͤnes an und ift: Dennoch liebet und der Sohn
GOttes, auf daß es eine unverbiente Liebe fey, dar⸗
aus fich niemand mit Zug feiner Unwuͤrdigkeit halben,
fließen koͤnne. Es foll feine Liebe eine reine und
vollkommene Liebe feyn, an keinen Stand oder Wuͤr⸗
digkeit gebumben.
dich
er gehöret der theure und denkwoͤrdige Spruch, .gewei
Efaid 11. JEſus Chriftus wird nicht rihten nachaug Eſ.11.
dem feine Augen feben, noch firafen nad dem feine
Ohren hören: Lieber, mas fichet er an und? Nicht
viel Gutes. Was höret er von uns? Richt viel Gus
tes. Eitel Uebertretugg und Sünde fehet und hoͤret
er leider an und, von und, Noch will er nicht rich
ten, foricht er, nad dem feine Aygen feben, auch
En 3
200 Dom Erwerber
nicht firafen, nach dem feine Ohren hören. Warum
doch? Denn es ruhet auf ihm der Geiſt der Wei
beit, und der Geilt der Gnaden. Der Geiſt ver
Weisheit machet, Daß er ed wohl wiffe, mad für arme
Geſchoͤpfe wir find: Der Geift ver Gnaden aber hält
ihn zurüde, daß er mit dem verdorbenen Scherblein
nicht zu gefchminde fahre. |
Hoſea 11. hält er mit feinem ungeborfamen Sobs
ne, dem Epharim, ein fol Geſpraͤch: Was foll ich
aus dir machen? Ephraim, Du frommes. Kind? Wäs
reft du nicht werth, daß ich eine Adama aus bir
machte? und hoͤlliſch Feuer über dich regnen ließe:
Ach! ich mag es nicht thun, kann es auch uͤber mein
Herz nicht bringen. Denn ih bin GOtt und kein
Menſch, und meine herzgrünpliche Barmherzigkeit if
zu brünftig und zu groß Dazu.
ů;85 Im Hohenliede Salomonis rufet er ſeine liebe
ig, Kiche zu ſich, und ſpricht zu ihr mit ven allerlieb⸗
monis.
lichſten und freundlichſten Warten: Komm zu mir, .
erzliebe Schweſter, liebe Braut. Da entfaͤrbet ſie
ch für Scham, und antwortet ihm aus demüthigem
Herzen mit gar züchtigen Worten: Wie darf ih ars
mes Mägpdlein zu.dir fommen. Ach lieber HErr
und Bräutigam! weil ich fa fcheußlih bin? Denn
fiebe doch, Die Sonne hat mid ſchwarz gemachet und
verbrannt. Nein, ſpricht er, liebe Schweſter, du
biſt nicht haͤßlich, ſchwarz oder verbrannt, ſondern
allerdings und uͤber alle Maßen ſchoͤn biſt du, und
iſt Fein Flecken? an dir. Siehe, du haft mir das
Herz genommen mit deiner großen Schoͤnheit, und
ih liebe dich, DaB ich von großer Liebe Frank wer⸗
den mag.
Kran
g de
Im PBro,nheten Ezechiel 16. faget er ſtracks her⸗
aus, daß fein. er lieben Kirche Zeit eine Zeit fey der
Liebe, darinn er fie ftetö lieben wolle. Lefet doch
daſſelbe feine Ca witel, da merdet ihr Wunder ſchauen,
wie Chriftus fen, re Braut nadend im Blut findet,
wie er fie lieber, \wie er fie waͤſchet, wie er fie Fleis
\
a\
\
J
—.
des Schatz der Seligkeit. 201
} bet und zieret, und wie er ihr Semmel und Honig -
zu eſſen giebt. Dahin St. Paulus, ver fleigige Le:
fer Per Propheten, Epheſ. 5. ohne Zweifel geſe⸗
ben hat. | | | |
15: Wie giebt der HErr Chriſtus feinen Kindern feine
Liebe zu koflen?
Damit die Kirche folcher großen Liebe Chrifti deſto
mehr verfihert fey, giebt er ihr dieſelbe durch feinen
heiligen Geift, durch weldyen er alles in feinem Reich
ausrichtet, zu often, wie St. Paulus bezeuget,
Nom. 5. Die Liebe GOttes iſt ausgegoffen in unfer j
Herz, durch den heiligen Geiſt, der uns gegeben ift.
Und Röm. 8, Ber heilige Geiſt ‚giebt Zeugniß uns -
ferm Geift, daß wir GOttes "Kinder feyn, Das ift,
von GOtt und Eprifto herzlich. geliebet werden. Die
Liebe Chrifti gehet oder fleußet durch unfer Herz, als
ein geichmolzener Zuder, oder Träftiger Balfam, daß
es feine Sußigfeit fühle, und darüber voll unaus⸗
fprechliher Freude wird; und wenn dies ftets bei
und währen follte, und nicht zuweilen ein bitteres
Tränflein mit unterlaufen, fo: würden wir es nicht
ertragen koͤnnen.
. 36. Wen liebet er infonderheit ?
Jga ſonderheit liebet Chriſtus die am meiſten, welche
ſich mit ganzem Ernſt auf ſein heiliges Wort und
Erkenntniß gegeben haben, wie Moſes zeuget, Deut.
33. Wie hat er die Leute fo lieb? Alle feine Heilis
gen find in Deiner Hand, fie werden fih feßen zu
Deinen Füßen, und werden lernen von deinen Wor⸗
ten, Das tft: Die lieber Chriftus am meiften, -und
balt fie in feinen Armen, welche fein Wort lieb haben,
mn
202 Von ben Snadenmitteln
Das UL Bud.
Bon Darreihung und Annehmung des
Schases unferer Seligfeit, Durd Die
von GOtt dazu verordnete Mittel.
Durch welche Mittel überreichet und Gott ben theuren
Schag unferer Seligkeit, welchen und Ehriſtus mit
feiner Menfchwerdung, Leiden, ‚Sterben und
Auferftebung erworben hat?
E⸗ befinden ſich derſelben Mittel zwei auf GOttes
Seiten, nemlich, die Taufe und das heilige Evange⸗
lium, welche gleichſam GOttes Haͤnde ſind, damit
er uns ſeine Gnadenſchaͤtze uͤberreichet: Auf unſerer
Seiten aber befindet ſich nur eines, nemlich, ein wah⸗
rer ſeligmachender Glaube, . welcher gleihfam unfere
geiftlihe Hand ift, Damit wir Die von GOtt durch
Die Taufe und Evangelium dargereichte Schaͤtze er⸗
greifen, und zu und nehmen,
Lieber, gieb mir doch von einem jeglichen einen deutlichen
Bericht.
| Rt: will dir ſolches in nachfolgenden Eapiteln gerne
zu Gefallen thun.
| Das lI. Capitel.
Von der heiligen Taufe.
1. Schenket GOtt durch bie Taufe den Glaubigen den
theuren Schatz ihrer Seligkeit ?
| Freilich: Denn die Taufe iſt unſer einiger Troſt und
Eingang zu allen goͤttlichen Guͤtern und aller Heili⸗
gen Gemeinſchaft. Denn OStt ſchuͤttet über und in
geben.
des Schatzes der Seligkeit. 205
der Taufe auß den überfhwenglichen Reichthum ſei⸗
ner Gnaden. Er errettet uns von Suͤnden, Teufel,
Tod und Hoͤlle, und machet aus uns Kinder des
Lebens, ja Erben aller feiner Güter, aljo daß er es
felbft eine neue Geburt heiße. Wir werden auch
durch die Zaufe dem HErrn Chrifto eingeleibet, und
werden feine Glieder, Roͤm. 6. Wenn wir aber feine
Glieder worden find, do averden wir alsbald theil⸗
haftig aller ſeiner Güter, bie er und durch feinen
Gehorfam, und durch fein, heilig Blut erworben bat.
Da ftehet ver Herr Chriſtus zwifhen GOtt Vater
und dem heiligen Geift, und ſchenket den Getauften
- feine Gerechtigkeit, fo groß als fie in ihm felber ift,
und neben der Gerechtigkeit die Kindſchaft GOttes,
und die Erbfchaft des ewigen Lebens: Und machet
fie auf einmal fo reich und ſelig, daß ſie ungern
mit aller Koͤnige, ja mit aller Welt Reichthum und
Herrlichkeit tauſchen ſollten.
2. Hat dies auch Grund in GOttes Wort?
anct Paulus bezeuget dies mit diefen Sprüchen:
Sal, 3. Wie viel euer getaufet find, die haben Chris
ftum angezogen, mit alle dem, was er ill, und was
er hat. O ein theurer Spruch und hoher Troſt!
Eppef. 5. Chriſtus hat feine Gemeine gereiniget durch
das Wafferbad im Wort, und hat fie ihm Dargeftels
let fo herrlich, daß fie ohne Flecken fey, ſondern ganz
heilig und unſtraͤflich. Das iſt, wir find. in der
Taufe gereht, GOttes Kinder, und Erben bes ewi⸗
gen Lebens worden.
Der ſeel. Lutherus ſtimmet hiemit ein. In der
Kirchenpoſti Winter⸗Theil, p. 76. ſchreibet er: Die
Taufe machet den Menſchen ganz auf einmal rein
und felig, daß zu dem Hauptſtuͤck und Erbe ber
Seligkeit nichts mehr noth ift, denn der Slaube in
folder GOttes Gnade, u
Ebendaſ. Unſer Dei wird und auf einmal ge
204 | Non den Gnadenmitteln
Pooſtil. Gen. Miſer. Domin. pag. 18. Es iſt gar
kein Zweifel, wenn ein Menſch getaufet wird, ſo
wird er in der Taufe fuͤr GOtt ſo ſchoͤn und helle,
als die liebe Sonne, daß gar keine Suͤnde mehr da
bleibet, ſondern eitel und ewige Gerechtigkeit.
3. Warum ſchenket GOtt die Seligkeit durch die heilige
Taiu |
Das und die ©eligfeit in der Taufe gefchenfet wird,
fommet daher, denn GOtt will einen fonderlid;en
Ort, Zeit und Mittel haben, an welhem, zu web
her, und durch welches er die hochgebenedeiete Ges
ligkeit feinen lieben Auserwählten will zueignen, auf
daß fie wiffen, und darauf ſich berufen mögen, wider
des Teufeld feurige Pfeile, und wider ihr fo vielfaͤl⸗
tiged Leiden, wo, wenn und wodurd fie ihr Heil
überfommen haben, und fi defto gewaltiger damit
troͤſten. Denn Die Taufe iſt unfer einiger Troſt,
wider alles Schreden, fo entweder von und jelber,
vom Zeufel, von ver Welt, und von allen Ereatw
zen und Sachen berfommen mag,
4 Gieb min von jegliche Hauptgut, welches mir in ber
Tanfe gefchenfet wird, einen befondern Bericht, and
fage mir, welches das erſte ſey ?
Dern Ru Daſſelbige iſt die Reinigung. Denn in die Taufe
— iſt die Kraft des Bluts Chriſti gethan, und reiniget
die Reinle uns daſelbſt von allen Sünden, wie Ananias zu St.
gung. Paulo ſprach, Act. 22. Stehe auf, und laß dic) taufen
und abwafchen deine Sünden, und rufe an den Namen
des HErrn. Das ift, wer in berzliher Demuth und
Erfsnntniß feiner Sünden, und aud in wahrhaftis
ger Anrufung des Namens GUtted der Taufe Gabe
bittet und nimmt, Dem werden gewißlih darum alle
Sünden vergeben. Daher St. Paulus faget, Epheſ.
des Schatzes der Seligkeit. 205
. 5. daß die Taufe ein ſolch Bad fen, darin ein Menſch
rein und fauber werde von allen Sünden, Daß auch
fein Flecken davon überbleibe Um dieſer Urfahe .
willen hat man in ver erften Kirche den Getauften
weiße Kleider angethan, zum Zeichen ihrer Unſchuld,
und hat fie Canditatod. genennet. Lactantius giebt errflhe
ihnen auch einen berrlihen Namen, und nennet ſte
helle und Mare Seelen. Denn fo Bald ein Menſch
getaufet ift, fo ift er fo heil und Far, zurechnungds
weiſe für GOtt, als die liebe Sonne, daß @Dtt
gar feine Sünde mehr ihm zurechnen will, fondern
“ eitel und ewige Gerechtigfeit, wo er im Glauben bes
ftändig bleibet bis and Ende, |
Weil aber die Chriften Eandidaten find, nemlich,
eitel Geredhte, ja Die Gerechtigkeit ſelbſt, mögen fie‘
deswegen billig und mit allen Ehren weiße und ros.
the Binden um ihre Hüte tragen, wie die Chriften
noch heutiges Tages in Perfien thun follen, um des
rotben Bluts Chrifti, und ihrer heiligen Taufe wil;
len. Ja man fol die getauften Chriften billig hei⸗
fen Nazarener, Golofinver und Himmeldfinder, um
der uͤberſchwenglichen, unbegreiflichen Reinigfeit und
Klarheit willen, die heimlih im Glauben fie unter
Shwahheit an ſich haben und tragen. Gleichwie
der Prophet Jeremias, von den edlen Kindern Zion
finget in feinen Threnis, daß fie dem Golde gleich
geachtet, und von den Nazardern, Daß fie reiner denn
Schnee, weißer denn Milch, röthliher denn Korallen
und Sapphiren geweſen fir,
5. Beweile ed, daß bie Getauften fo heiligYfind, als bi
fie preiſeſt.
Day an den Getauften nichts Sträffiches und Ber;
Akten
Der Ge⸗
anften.
dammliches mehr überblicben ift, zeuget St. Paulus,
Nom. 8 So ift nun nidits Verdammliches an Des.
‚nen, die in Ehrifto JEſu find, oder die dem HErrn
Ehrifto durch die Zaufe eingeleibet. Welch ein. treff:
206 Von den Onabenmitteln
ich Wort: Nichts ift verdammlicd an ven Chriſten.
Deögleihen: Wer will die Ausderwählten GOttes
beſchuldigen, wer will fie verdammen? Das ift, ob
wohl die Ehriften nod viel Fehler und Gebredyen
an fi haben, ſo fol und kann fie dennoch gleidy»
wohl niemand darum mit Zug befchuldigen noch vers
Dammen, ja GOtt wolle fie felbft nicht verdammen.
Denn fie find von allen ihren Sünden gereiniget
durch Das Blue JEſu EChrifti in ihrer Taufe, und
find alfo gerecht worden durch den Glauben. Cs
find ihre Sünden im Blut Chriſti erfäufet, verſchlun⸗
gen und aufgefrefien, gleihwie ein Blutötröpffein von
einem großen Waſſer aufgefreffen und verfhlungen
wird, dag man nicht weiß, wo ed geblieben ift.
6. Bilt du denn in der Meinung, daß die Getauften in
der Taufe von allen Sünden gereiniget werben ?
Ä Freilich reiniget Chriſtus ſein Volk durch die Taufe
von allen Suͤnden, welche mit der Kraft des Bluts
JEſu Chriſti beſprenget, ja durchroͤthet und erfüllet
iſt. In der Taufe nimmt der HErr JEſus ſeine
Glaubigen an, reiniget fie von ihren Sünden, me
«het fie wiederum neu, reftituiret fie von ihrer alten
Geburt, machet aus ihnen Freigeborne und giebt ih
nen dad Recht goldner Ringe, wie die Zuriften in
ihren Pandecten reden. Denn GOtt hat der Taufe
Macht gegeben, felig zu machen, das iſt rein zu mes
«hen von allen Sünden, alle, fo da an den HErrn
JEſum glauben, und ihrer gebrauchen. - Tit, 3. Zu
ber Zaufe erfaufen alle Sünden, gleihwie Pharao
mit feinem ganzen Heer im rothen Meer, oder die
ganze Welt in der Sünpfluth erfoffen ift, feine blei⸗
bet übrig. |
Noch klarer: Der HErr JEſus reiniget fein glau⸗
biges Volk in der Taufe von Sünden, alſo, daß er
DieTanfengn ihnen auf einmal gänzlih hinweg nimmt alle
hinweg ihre Sünden, Die vergangenen, gegenwärtigen und
des Schatzes der Seligkeit. 207 °:
. zufünftigen, das ift, die fie von ihren Eltern geerbet,atieneihe u
felbft begangen haben, täglich begehen und begehen wer; MR |
" ven, fo lange fie auf Erden leben, und daß ihnen vonge and zu⸗
dem Tage ihrer Taufe an, bis in die legte Grube, Füufıtge
keine mehr follen angerechnet werden, Denn 5 — en.
ligmachung oder die Entſuͤndigung der auserwaͤhlten
Heiligen geſchiehet nicht zu vielenmalen Stuͤckweiſe, NISS, |
fondern auf einmal gänzlich in der Taufe, und wäh
tet fo lange, fo lange das Gnadenfünklein ver Glaube
in ihnen währet, das ift, ewiglih. Denn GÖtt
giebt feinen lieben Auserwählten den Glauben, alfo,
daß er in ihnen währen muß ewiglich, ob er wohl
zuweilen fchläfet, und nicht ſtets feine Wirkung oder
Uebung hat. Solches aber gefchiehet zu Dem Ende,
nemlich, daß Die Geligmahung auf einmal gänzlich
vollendet wird, auf Daß die Ehriften willen, woran fie
feyn, und ihre Herzen ſolchem aufgetragenen aus und
gefchenkten Heil ewigen Troſt, Friede, Sicherheit und
Freude emwiglih haben. Denn wer fein Heil nd , _?
ſuchet, ver hat keinen Frieden... Das Perlein muß nes
gefunden feyn, foll e8 das Herz erfreuen. Fra fu fat
Iſt demnach died wohl zu merken, daß und die — ="
Zaufe auf einmal, und auf einen Haufen die ganze
Seligkeit bringet, fonderlid die Önadengüter, unter
melchen dad erfte ift Vergebung der Sünden, nem»
lich, nicht allein die Sünde, in welcher wir empfans
gen find, und mit in die Welt gebracht, und vor '
der Taufe begangen haben, fondern audy welche ſich
noch täglih an und, reget, und wir nad) der Taufe
gethban haben, mit Gedanken, Begierven, Worten und
Werken, Kleinen und großen, die Tage unferd gan
zen Lebende. Denn wir haben nicht zwo Zaufen,
eine für die Erbfünde, die andere für die wirklichen,
und von und felbft begangenen, wie St. Hieronymus
fährlidy gelehret hat, und die Eatholifen auch andere
. sungelehrte Seifter noch heutiges Tages lehren: Sons 2
dern nur eine, ‚welcher Kraft fich über unfer ganzes: e PP
Leben erftreder, und auch Die Tage -unfers ganzen ee
‘
a,
.
. ’ *
. —F
an — —
—
208 Don den Gnadenmitteln
5 Rebens mwähret. Denn was wäre mir bad für eine
Taufe, welche nur einen Augenblid währen follte,
und nicht durchs ganze Leben? Wie könnte man fidy
derfelben in ſchweren Fällen, und in gefhwinden To⸗
desnoͤthen tröften, ehe Dad andere Schiff der Buße
dazu Fame? a
7. Sit der feel. Lutherus auch biefer Meinung?
reilich: Denn alfo befihreibet er das letzte Licht der
Welt in feiner Kirchenpoftill, Theil 1. ©. 74 und 75.
Die Taufe machet den Menfchen ganz auf einmal
rein und jelig, Daß zu dem Hauptitüd und Erbe der
Seligkeit nichts mehr noth iſt, denn foldyer Glaube
an ſolche GOttes Babe, auf daß ed fa lauter Gnade
ohne Werke und Verdienft fey, und in uns alfo rein
beftehe ewiglid, Friede und Freude, Liebe und Lob
göttliher Barmberzigfeit und Gnade . Denn. Chro
Eheifus ftuß hat und auf einmal felig gemachet in zweierlei
und fefig Weiſe; Zum. eriten bat er alles getban, was zur
anf zweis Seligkeit gehöret, nemlih die Sünde, den Zora
erle Wer GOttes, und den ewigen Tod durch fein Blur ger
tilget, Daß nichtd mehr dazu von jemand zu thun
ft. Zum andern hat er ſolches alles in der Taufe
gefchenfet, -Daß, mer. da glaubet an Chriftum, daß
er folches gethan habe, der hat es gewißlich alfobald
in dem Augenblid! alle, und find alle feine Sünden
dahin, mit Zorn, Tod und Hölle, daß er. zur Ge
‚ Tigfeit nichts mehr bedarf, denn ſolches Glaubens.
Died muß man wohl: wiffen, wider die irtigen Werks
Heiligen, die durch ihre Werfe die Geligfeit, als
wäre fie noch ferne von ihnen, allererft erlangen
wollen, So weit Luther. / "
Man lefe auch mit befonderm Fleiß die ganze
Predigt Lutheri am heiligen Chriſttage über Die Epi⸗
ftel St. Pauli, Tit. 3. gethan, das will, ich einem jer
den getreulich gerathen haben. Denn ed ift unmög
lich, daß einer ohne Dad Licht zum rechten Verſtande des
' Evan
oo.
.
’
ER... un na .
VW 67 zu — —
‚bet unferer Predigt? Dessleichen ed ift den
. 1 . |
des Schatzes der Seligkeit. 209
Evangelii ſollte kommen koͤnnen. Daß uber St, Pau Wie wie
lus Roͤm. 8. ſpricht: Wir find wohl ſelig, doch in in ver
Ber Hoffnung, hat Die Meinung, Daß vie Seligfeitpoffnung .
jest wohl da fey, aber in ber Herrlichkeit noch nichtlelis tem
erfehienen, um der ſchwachen Natur willen, die die J
offenbatliche Herrlichkeit in dieſem Leben. nicht ertröu
gen Ffönnte, wie dies Lutherus vbgenannten Orts, =
nad) Der Länge. aufs allerftattlihfte handelt und auss
führet. Etliche derfelben Zeugniffe führt ver Verfaß
fer aus dem Luthero jm 10 und 24 Zractätlein an, .
8. Woher bat die Taufe dieſe große Krafı?
| Die Taufe bat folhe Kraft, Sünden zu vertilgen, Ius Chri⸗
aus dem theuren Blut JEſu Chrifti, und aus dem ſti Blat.
Wort oder Einfeßung Eprifti: Denn der HErr Chris
ftus bat das Verdienſt ſeines Bluts in die Taufe :
getban, damit es den Seinen könnte appliciret und
mitgetheilet werden. Und hat Die Zaufe biezu eins
gefeßet, daß fie gelten, und alle Sünden an Setaufs ”
ten tilgen und wegnehmen fol, - wie Actor. 22 aus⸗
druͤcklich von der lieben Taufe gefchrieben ftehet. Dar:
um auch alled, was von Chrifti Blur in hetligee
Schrift ‚geredet wird, fol auch von der Taufe vers .
ftanden werden, weil, wie ver heil. Johannes fagt,
das Wafler und das Blus Eines find,
Y, Was faget hiezu unfere Vernunft? .
©. lächelt fein jäuberlih, und ſpricht: wie fein &ie ver:
ſeyd ihr getauften Chriften ohne Sünde? Habt ihr lachet en
Tein Sledlein oder Nünzlein der Suͤnde mehr an
euch, daran fih GOtt ftoßen koͤnnte? Sehe ich Doch
an euch große Malzfäde vol Sünden Ä
Antwort: Lache immerhin, du große Thörin, in
Deinen klugen Heiligen, darim du wohneft: Du mußt
lachen. Denn von dir ftehet gefchrieben: Mer lau
— — Bun GE En. }
j
210 Don den Sinadenmitteln
- Klugen eitel Thorheit, wa3 von der Reinigfeit der
lieben Ehriften aus GOttes Wort gefchrieben und
geredet wird. Denn die Vernunft bat nur ein Aus
ge, damit fiehet fie nur allein vie Sünde: Was wir
. aber mehr haben von Chriſto, das ſiehet fie nicht,
und da weiß fie nichtd Davon, und Davon mag. fie
Ja bie auch nichtö hören, Ya die Chriften prallen hier zus
Ehrien tüde, und fprehen: Ich fühle gleihwohl noch Suͤn⸗
ſeibtt de, Die reget ſich in mir täglih, und bricht zuwei⸗
glaubeng APR * ir
fhwäg: len aus, wie die Blüthe aus den Bäumen bricht, ung
ih. Täffet ihr nicht wehren. Wie follte ich mich denn zus
frieven geben, als wäre ich ohne Sünde?
. Antwort: Frommes Herz, biefelbe Sünde, die
du noch fühle, und in dir zuweilen heraus bricht,
hat die Taufe von Dir genontnien, und feine andere
222. Willt du gemalte Sünde haben, fo mußt du auch
- = einen gemglten- Heiland, und eine gemalte Taufe has
- ben. Ich weiß don feinen andern Suͤnden ˖zu fagen,
denn: die ich leider täglich in mir fühle und leide,
haft du andere, das magft bu willen. Und eben
diefelbe Sünde, Die ich alfo trage und fühle, wiewohl
mit großem Unmwillen und Ueberdruß meines Lebens,
biö in meine Grube hinein, die ift mir im meiner
Taufe getilget. Es wäre denn Sache, daß wir wol
len ein Gefpött aus der Taufe machen und ſprechen
auf gut papiftifh, das Erbübel wäre wohl in ver
Taufe geblieben, oder erfäufet, aber die wirkliche
Sünden hätten wir noch alle behalten, vie müßten
wir felbft buͤßen und tilgen, damit hätte Ehrifti Blut
. und Taufe nichts zu thun. Ich meine aber ja, dies
wäre gebadet, und wollte für ſolch Bad nicht zween
Heller geben, wenn ich armer Menſch nidt follte
durchaus gebadet und gereiniger fegn von allen meis |
7
@&
7
...
u‘
nen Sünden. Woher wollte ih doch hernach eim
anderes befferes und koͤſtlicheres Bad nehmen, Damit
ich mid) reinigte, wenn die heilige Taufe, gewürzet
mit dem Blut Chrifti, fo viel nicht vermögen ſollte?
|
des Schatzes der Seligkeit. 211
Wer dies Geheimniß recht und wohl verſtehet,
der iſt ein gelehrter Schüler in den Schulen gewes
Ten, und bat wahrlih etwas ſtudiret. Er ift auch
dem Teufel etlihe Meilen Weges aus dem Rachen
gefommen, und hat einen trefflihen Grad oder Ans
fang des göttlihen Friedens in feinem Herzen. Wer
aber dies Geheimniß nicht verfichet, will es auch
nicht verftehen, wie unerfahrne Zaͤnker thun, was
weiß der vom Evangelio? Der ift ein armer Schuͤ⸗
ler, Tann ihm und andern nicht ratben, noch fein
Lebenlang zum Frieden kommen, will gefchweigen,
Anderi Dazu verhelfen. |
Weil es nun an Dem iR, daß wir, GOtt Lob
und. Dank, gereiniget find von allen unfern Suͤn⸗
den, den gegenwärtigen, vergangenen und zukünftis
‚gen, und daß wir durch Chrifti Blut und Taufe eben:
fo wenig Sünde haben, als die liebe Sanne, ja als
Die Engel GOttes haben: Wie follte idy denn hiezu
fommen, und mir Suͤnde machen, da id) feine Suͤn⸗
de habe, und GOtt mir Feine Sünde zurechnen will,
und mid der gemachten Sünden halben betrüben?
Betrüber ſich doch ein Engel im Himmel nicht feiner
“ .%
..
..
Sünden halben, wie follte ich mich denn ihrethalben
betrüben, der ich mis fo theurem Waſſer, ja mit fo
theurem Blut fo theuer gewaſchen bin? Sondern ich
fol meinem HErrn Chrifto, feinem Blut und feinet
Taufe, die Ehre thun, und mid daran begnügen .
laſſen, und mein unruhiges Her, damit befriedigen:
FKürnemlich, weil ich weiß, daß Dies GOttes Wille
fey, und alles von Chriſto dahin gemeinet, daß ich
in meinem Herzen und Gewillen Friede hätte,
40. Wie kann mich die Taufe von allen Suͤnden reis
nigen, weil ed ber Glaube thut?
p TE Bm
Ds wohl GOtt der HErr die Glaubigen für rein DerSlau⸗
und unſchuldig ſchaͤtzet in ſeinem Herzen, des Augen⸗be RE“
blicks, wenn ſie anheben zu glauben, no , Damit Zaufe
| 44 . | .
’
212 Don den Gnadenmitteln
‚verfiegeit fie auch ein gewiſſes Zeichen und Pfand ihrer Reis
die Selis nigung haben moͤgen, ſo ſtecket er ſie in die Taufe,
" und fpület fie damit ab von allen ihren Sünden, wie
der HErr Ehriftus felber fpriht, Marc. 16. Wer
da glaubet und getaufet wird, ‚der wird ſelig. Das
ift, rein vom Sünden. "Und St. Petrus, 1 Petr. 3.
Das Waffer ver Taufe machet und nun felig, nicht
durch Abthun des. Unflafhe am Fleiſch, fondern am
Gewiffen. Denn wer einmal getaufet ıfl, ver ift
ganz rein, wie Chriſtus bezeuget, Joh. 13. und fol
fein Lebenlang Fein böfes Gewiffen mehr von wegen
feiner Sünden haben, GOtt gebe, wie fhwerlih er
auch gefallen, wie StPaulus lehret und gebeut,
Ebr. 10. da er alfo ſpricht: Laſſet uns hinzu gehen
mit wahrhaftigem Herzen, in völligem Olauben, ges
.waſchen am Leibe, mit reinem Waſſer, und befprens
.! get an unferw Seelen, und los von dem böfen Ge
wiflen. Denn mad Yerfchlungen ift, Das ift verfchluns
gen, und ein todter Hund fol und kann nicht beiß
fen. St. Paulus, Eph. 5. fihreibet, daß wir in der
Taufe nicht allein rein geworden feyn, wie ein vein
Glas, welches Peine Zleden hat, fondern auch herr⸗
lich, das ift, bel und klar von überfchwenglicher Neis
nigfeit, als die helle klare Sonne.
411. Habe ich denn auch aus ber Taufe eine ewige Bere
gebung aller Sünden?
Was und der HErr Chriſtus in der Taufe einmal
gefchentet hat, Das hat er uns alfo gefchenfet, Daß
wir eö ewig behalten ſollen. Denn gleich als er ſei⸗
nen lieben Ausermählten eine ewige Erlöfung durch
fein Blut erworben hat, Hebr. 2, 9. daß fie derſel⸗
ben genießen: Alfo fohenfet er und auch in der Taufe
foldye ewige Güter, Daß fie immer bei und wären,
‚und nimmer follen von und genomnfen werben,
Gleich aber wie der Menſch in feiner Taufe ems
pfühet ewige Vergebung und Gerechtigkeit, fo da
. . ,ı u .. J
‚des Schaͤtzes der Seligkeit. 213
erviglih für GOtt währen foll, alſo empfähet er
auch vafelbft ewig oder ewigmährende Gnade, melde
ihm GOtt der Bater, als feinem lieben Kinde, wel⸗
ches er felbit aus Gnaden erfohren, jeiner großen -
> Schwadhheit und vielfältigen Gebrechen halben nim⸗
mermehr entwenden will. . \
Denn fo fpriht er, Ef. 54. Es follen wohl
Berge weihen, und Hügel hinfallen, aber
. meine Gnade foll niht von dir weiden,
und der Bund meines Friedens foll nicht
binfallen, fpridt der HErr, dein Erlöfer,
Und zwar, wo Dies nicht feyn follte, fönnen wir ja
unfer Lebenlang feinen beitändigen Troſt aus dem
Blut Chrifti, und aus der Taufe haben, denn es.
mangelt und an allem, darauf der Troſt fonft könnte °
gegründet werden.
12. Iſt Luther auch diefer Meinung?
Solches kannſt du erſehen aus nachfolgenden Zeug⸗
niſſen. |
Im großen Catechismo von der Taufe: Di
it fo voll Gnade und Troftes, daß ——
Erde nicht begreifen kann. Denn man taufet nie
mand darum, daß er ein reicher gewaltiger Furft
werde, fondern wie Die Worte lauten, daß er felig
werde. Selig werden aber ift nichts anders, als von '
Sünden, Zorn, Teufel und Tod erlöfet in Chrifki
Reid) Tommen, und mit ihm ewig leben. Ein Chrift
iſt ein anderer Mann, weder andere Leute find.
Denn er bat Vergebung der Sünden, GOttes On
de, den ganzen Chrifftum, und den heiligen Geiſt mit
allen feinen Gaben: a er ift angezogen und ges
fhmüdet mit der ganzen Majeſtaͤt und Herrlichkeit
GOttes. Darum ſo hat ein jeglicher Chriſt fein Les
benlang genug zu lernen und zu üben an der Taufe
daß er wiſſe und glaube, was fie bringet, uno fich
damıt tröfte und flärke, wenn ihn feine Süunden.unv .
=
214 Bon ben Sinadenmitteln
Gewiſſen befhweren. Denn wir haben fein größer
Kleinod an Leib und Seele, weil wir dadurch allein
heilig und felig werden, welches fonft fein Leben noch
Werk erlangen kann. Wie aber der HErr Chriftus,
der Gnadenſtuhl, darum nicht weichet, noch fället,”
ob win gleich fündigen: Alfo bleibet auch aller fein
Shag und Gaben. Wenn einmal in der Taufe
Vergebung der Sünde überfommen ift, fo bleiber fie
noch täglich, fo lange wir leben, Doch Daß man den
alten Menjchen mit feinen Fruͤchten durch den beilis
gen Geift toͤdte. em |
In der Kirchenpoftil, Winters Theil, pag. 75.
Unfer Heil wird uns einmal gegeben zur ewigen Bes
ſitzung.
Ebendaſ. Die Taufe machet den Menſchen ganz
auf einmal rein und ſelig, daß zu dem Erbe der
Seligkeit nichts mehr noth iſt, denn ſolcher Glaube
an ſolche GOttes Gnade, das iſt, an die Seligkeit.
Ob Lutherus ſagen wollte: GOtt fordert von den
Glaubigen und Getauften nichts anders, denn daß
fie ſich nur frei felig halten, und ſolche Gnade an
ihnen felbft preifen, wie denn auch folched alle wahre
Chriſten thun. Denn wahre Chriften wiflen von
nichts anders, denn daß "fie fihon in das Erbe der
Seligkeit gefeßet feyn, und daß fie Herren der Ge
ligfeit find, nicht. allein durch Das Recht des Glau⸗
bens, fondern auch unter dem Titel der Schenkung |
und der Taufe.
Ebendaf. p. 123. Ueber den Spruch St. Pauli,
Sal. 4. Der Erbe ift ein Herr aller Güter. St.
Paulus lehret an allen Orten, daß die Rechtfertigung
nicht mit Stüden durd die Werfe, fondern auf ew
nem Haufen durd den Glauben: komme. Denn das
Teſtament GOttes hat alles in fih, was man erdens
fen und nennen fann, und wird aud ganz auf eins
mal, nicht ftüdlich, befeffen dur den Glauben. Der
Glaube machet zu Kindern und Erben, und bringet
alle Guͤter GOttes auf einmal, nicht ftüdlih. Das
oo — Wit ED DE ⏑ —⏑—
des Schatzes der Seligkeit. 218
iſt, GOtt giebt nicht, und nimmt es wieder, und
giebt es darnach wieder, ſondern was er giebt, das
ebt er und zur ewigen. Beſitzung, und nimmt es
ns nicht wieder: Wie ers gegeben bat, fo laͤſſet ers
"Dabei bleiben. . Er ändert nicht, was einmal aus fer
nem göttlihen Herzen und Mund gegangen ift, fons
ſten wäre ed nicht Geſchenk oder Gabe, wie ed ©t.
Paulus Roͤm. 5. nennet. ‚Denn eine Schenkung if,
nad dem Ulpian in den Pandekten von Schenfuns
gen, die Mittheilung irgend ‘einer Gabe an einen ans
dern, und eigentlich eine ſolche Mitteilung, die durch
Zeinen Rechtözwang, fondern aus purer Freigebigfeit
gefchiehet, und zwar in der beftimmten, Abſicht, daß
Die Gabe auf der Stelle ein Eigentbum des Em»
pfängers werden, und niemal in feinem Fall wieder
an den Geber zurüdfehren fol; das ıft, Schenkung,
was einmal vergeben ift, und bleiben folk ewiglich,
und nimmermehr vom Erben entwandt werden, noch
wieder zum vorigen Herrn kommen. Daher fchreis
bet St. Paulus Roͤm. 11. daß die Gnadengeſchenke
GOttes fh nicht ändern laſſen. Und Eſaiaͤ 40,
Was GHDtt einmal durch fein Wort verheiffen und
gegeben bat, daß bleibet ewiglih. Und deſſen Ents
wendung foll man ſich nicht befahren, e8 wäre denn
Sache, man fiele ab von Ehrifto, durch Unglauben,
oder man wollte die Güter GOttes aus Gnaden
und umfonft nicht haben, ſondern fie ihm allererft
abverdienen, weldyes Die allerfchwerefte und verdamm⸗
lihfte Sünde iſt.
13. Iſt auch etwas baran gelegen, baß ich in biefem
Stuͤck wohl unterrichtet bin?
O wie viel iſt hieran gelegen, dag man’ in dieſem
Stuͤck recht. unterrichtet fey, und Daß man wille, uns
fer Heil fey und nahe, ja es fey uns ſchon präfen;
tiret, aufgetragen, und auf einmal gänzlich gegeben
in unlerer lieben Taufe. Wer dies. weiß, der weiß,
216 5 Don den Snabenmitteln
Es baͤnge was er wiffen fol. Er weiß fein Evangelium, er
— — iſt zum Ziel gekommen, und hat das Kraͤnzlein der
"Ehre in der Schule GOttes erlanget, und iſt übers
aus ein glüdfeliger Menfh. Denn feine Seele ift
nun aus aller Sorge und Geſuch gefeßet, und Hat
Ruhe. Sie darf nicht fagen: Wo finde ich den rech—
ten Verftand? Sie darf auch nicht fagen: Wie werde
id) selig, wie St. Johannes ausdrüdlih fpricht,
1 Joh. 5. Wer den Sohn GOttes (durch den S law
ben) hat, ver hat das ewige Leben. Was will eb
ner anfaben, damit er feiner Sünden los werde,
wenn fie fhon alle gefchenket find? Muß der nicht
fein ftille feyn? Er kann ja nichts anders, denn daß
er fi in diefer Sache wohl zufrieden gebe, und auf |
feinem Heil fanft und ſuͤßiglich beruhe: Wie aud |
fein Friedenmacher JEſus Died von ihm haben will,
daß er in ſolchem Frieden wohne. Die andern aber,
die ſolches nicht wiffen, fehweben immer in der Luft,
fliegen in der Irre, lernen ſtets, und wiflen nichts,
Ä forgen und fluchen, finden aber Fein Oelblatt, dan
| auf ihr Glauben fuffen koͤnnte. Denn ihr Thum,
| Darauf fie verwiefen werden, it zu ſchwach. Die
Neue weichet, die-Genugthuung bridt, die Beffes
rung fället, damit gehet der Glaube und aller Troſt
unter.
| Was Tann aber Lieblichers erbacht werben, denn
dag wir fhon in einem neuen Reich und, Himmel
| find, in welchem alle unfere Sünden gänzlich von
i uns genommen durch die Taufe? Und daß uns nun
binfort feine Suͤnden mehr ſollen zugerechnet werben,
| und daß und Fein Gefeß : Prediger, ja kein Teufel,
um irgend einer Sünde willen mehr befprecdhen, noch
verdammen koͤnne? wie St. Paulus -bezeuget, Rönr 4
Ein Glaubiger ift ein felfiger Menfh, denn
GOtt rehnet ihm Feine Sünde zu, Und Cap. 8.
So ift nun nihtd Berpammlidhes an denen,
die in Chriſto JEſu find Deögleihen: Wer
will die Auserwahlten GOttes befhuldw
gen? Wer will fie verdammen? Das mag
ı wohl beiffen, wie Mofes fpricht, Pf. Die Lieb⸗
lichkeit des HErrn fey über und Das if |
— — ET ST DE Du en —
bes Schatzes der Seligkeit. 217
aber vie Lieblichkeit des Herren, daß er die Suͤnde
von und genpmmen bat, und und feine mehr zuredys
nen will, und dag uns fein Fall ſchaden fol, wie
fhwer er auch iſt, und daß er und von. Deöwegen,
Das ift, um folder Gerechtigkeit willen, herzlich lieb
bat, und das ewige Leben fchenten will, wenn wir
durch das Angftmeer diefed Lebens einmal werden
hindurch ſeyn. O HErr GOtt! welch eine hohe
Gabe iſt mir das, und wie bringet fie einem bekuͤm⸗
merten Herzen ſo einen großen Troſt!
14. Wie ſoll ich mir dieſen erſten Schatz meiner Taufe
chriſtlich zu nutze machen?
Wer an Chriſtum glaubet und getaufet iſt, der hebedalte did
feine Hände auf, und wiſſe im ftarfen Glauben, daß und ges
er fchon befreiet fey von allen feinen Sünden, klei⸗ vet.
nen und ‚großen, wie fie. moͤgen einen Namen bas
ben, und daß ihm Feine Sünde mehr von GOtt
zugerechnet werden, fondern daß er für GOtt ſey, |
als wäre er ganz rein, wie ein Bild aus Elfenbein,
und daß er von wegen folder feiner Reinigkeit und
Serechtigleit eben fo ficher und fröhlich feyn fol in : -
feinem Gewiſſen für GOtt, ald Adam vor dem Fall |
gewefen, oder ald ein Engel ift, oder Ehriftus ſel⸗ |
ber. Denn GOtt will feine theure Werke an uns
hoc geehret, und viel davon gehalten haben. |
Menn aber die fliehende Drachlein, die ‚alten und
‚neuen Sünden, die Sünben der jugend daher flies
gen, wie feurige Blitze, und wollen einem das Herz
abitoßen, fo fol man fie fein auffangen, und über
mwinden, mit dem Blut deö Lammed und mit der
Taufe. Wahr ift es, ich muß es geftehen, das habe
ich ja leider gethan, das habe ich gelaflen, wie fol
ches meine heiſſen Thraͤnen bezeugen: Aber das Blut -
w
248 Von den Gnadenmitteln
JEſu Chriſti hat mich in meiner Taufe rein gemas
det von allen meinen Sünden. Sch bin nun eine
ſolche Perfon, durch Das hohe Verdienſt JEſu Chris
fti, welcher Feine Sunden mehr follen noch Tonnen
zugerechnet werden. Ich bin das reine hübfche Lilien
blatt, auf welchem gefchrieben ftehet: Blume ohne
Sünde. Und nad) ſolchem Streit und Ueberwindung
fol man ſich wiederum mit voller Macht zu Dem
Frieden GOttes, oder zu dem Frieden des Heils
"wenden: Es ift genug, kehre ein, meine Seele, in
deine Ruhe, 0
Denn der, HErr Chriftus bat feine Glaubigen
und ‚Getauften zu reinen und bellen Sonnen gemw
het, für GOtt und allen Heiligen, daß eben fo we
nig Sünde an ihnen feyn fol, ald Staub an ver
Sonne iſt, Kraft feines Blut, und der mädtigen
Imputation, durch welde fie GOtt felber rein umd
gerecht fchäket für feinem Gericht, auf daß fie fi
mit vollem Ruhm und Wonne des Bluts JEſu ih
rer Taufe und ihrer Neinigfeit, wider den Teufel
und alle gottlofe Menſchen rühmen Tönnen.
Lutherus in der Sen. Hauspoftill über den Text,
Ef. 9. Das ift gewißlih wahr, wer getaufet if,
und Chriftum durch den Slauben in feinen Kerzen
hat, oder an Ehriftum glaubet, der bat folde er
rechtigfeit für GOtt, Daß, ob er fhon der ganzen
- Welt Sünden auf fich hätte, wären fte Doch Dagegen
all ein Tröpflein Waflerd gegen einem ganzen Meer,
und Tann niemand eines Chriften Gerechtigkeit und
. Heiligkeit genugfam ergründen und faffen. mit dem
Ölauben, gefchweige denn, Daß er follte mit menſch⸗
licher Vernunft ergründen und faffen Tonnen.
Deromegen, wer da im rechten Berftande des
Evangelii und von Herzen an den HErrn Chriftum
glauber und getaufet ift, ver fey guted Muths, und
gebe in Einfalt feines Herzens für fih dahın, und
. wife von feinen Sünden mehr, fondern balte fih
- nur für einen ganz neuen, reinen, hellen und klaren
.‚»
ST TE
des Schages ber Seligkeit. 219
a Menfhen, welchen Sonne und Mond, ja die beilis
ıs gen Engel mit Freuden anladıen. Und da ihm etwa
dein unreifer Heiliger und thörichter Eiferer, die ent _
ia nommene Sünde. wollte wiederum aufbringen, fo’ fol
Ber fie doch nicht annehmen, fondern mit Chriſto ſpre⸗
‚schen: Wer da gewafchen ift, ver iſt gewaſchen. Was
# ich nicht habe, das habe ich nicht. Ich laffe mid
nr auch nicht Aberreven, daß ih ein Mohrmann fen,
5 nahdem ich ein weißer und heller Schwan geworden
, Bin. Denn eben diefelbe Sünde, die ic; heute bes
gangen babe, und feine andere iſt von mir in der
u Taufe hinweg genommen, daß ich von berfelben fol
e frei ſeyn. Siehe, das ift der Epriften Weisheit.
h Bielweniger aber fol er ſich mit ven Eatholifen
. und andern Ungelehrten, welche Die Kraft des Bluts
i Chrifli und der Taufe nicht verſtehen, bemühen feine
Suͤnden mit feinem eigenen Thun zu büßen. . Denn en ER
‚ das ift vergeblih. Warum wollte ih meine Sünden '' WR»
büßen, die nicht da find, die GOtt der HErr in
der Taufe von mir genommen bat, weldhe ih aud |
nicht büßen fann. Denn es koſtet fo viel, Sünden |
zu büßen, wenn man gleih alle fein Blut daran
wende, welche auch mein HErr Chriftus, dad Laͤmm⸗
‚lein GOttes, genugfam gebüßet hat in feinem Blut.
Denn gleihwie ver Sohn GOttes mit einem Opfer
in Ewigkeit vollendet hat alle, die an ihn glauben;
alfo bat er auch Diefelbe mit einer Taufe ewiglich
vollendet, daß fie an verfelben genug haben follen
‚ bie Tage ihres Lebens, und keines andern Raths
‚. noh Hülfe. wider ihre Sünden begebren. Es iſt
i aud unmöglich, daß ein betrübt und erfchroden Herz -
follte Frieden finden koͤnnen in irgend einem papiftis
ſchen Sacrament oder Werk, wo es nicht fchlecht
‚ allein auf vem Blut JEſu Chrifti, und auf der Taufe.
beruhet. Nur allein, daß er gleichwohl feine tägliche
Sünden erfenne, und ernftlich bereue, im feiten Vers
‚ trauen und Xroft: der gefcheueten Geligfeit. Denn
ein ſolch Woͤlklein kann in ſolchem Licht wohl ftehen,
220 Bon den Gnadenmitteln
dem Licht ohne Schaden, und bei folder Reue kam
ein gut Gewiſſen wopl flatt haben in Chriſto JEſu
15. Nun habe ich. den erften Schaf meiner Zaufe wohl
. verfianden, fage mir ferner, was id) mehr aus ber
Taufe habe, ald Vergebung ber Sünden?
. “
Der Inte. Es wird ben Öetauften zum andern die Gerechtig
vedtugenfeit Ehrifti in der Zaufe gefehenfet, daß wir um
I) ⸗
fe: 96 derfelben mögen annehmen, und und darin leiden,
Pal ald wäre fie unfer eigen, und als hätten wir fie felk
rer, "gethan, wie St. Paulus Gal. 3, Iehret: Wie viel
euer getauft find, die haben Chriſtum am
gezogen. Deögleihen 1 Cor. 1. Chriſtus if
uns von GOtt gemachet zur Gerechtigkeit.
ar. Das ift, Chriſti Gerechtigkeit iſt uns. Denn fie if
1804: und von GOtt ganz und gar zu eigen gegeben, mit
allem, mas. Chriftus ift und bat, auf daß unfere
Herrlichkeit groß würde, und fein Ende hätte, Durd
dies Kleid fommen wir aller Sorgen ab, und wers
den für der ewigen Verdammniß bebütet.
Bon diefer edlen Frucht der Taufe feet Luthe⸗
rus eine folde Stelle in ver Hauspoftill über dem
-Evangelio Mifer. Dom. Es iſt gar Fein Zweifel,
wenn ein Menfch getaufet wird, fo wird er in der
Zaufe für GOtt fo rein, bel und ſchoͤn, als die
iebe Sonne, daß gar feine Sünde mehr da bleibet,
fondern eitel und ewige Gerechtigkeit,
Die un⸗ Wenn aber viefe himmlifhe Worte Lutheri ein
laubi , *
m gen ungelehrter geiftlofer Caiphas höret, fo erblaffet er
nicht glay, dafur,
hebet er an, und zerreiſſet vor großem Unmuth und
Zorn ſeine gute Kleider, ſchilt und fluchet, ſchreiet
und ſpricht: Welche Teufelei! Er bat GOtt gelaͤſtert,
und’ fällt von großer Erſchreckung zur Erden,
ben. und will den Geift aufgeben. Nach Ermunterung
wie iſt das möglih, daß ein Menfc in Suͤnden ens
pfangen und geboren, -und mit vielen wirklichen Suͤn⸗
|
TE a — — DE EEE ® T. DE GE —
des Schakes der Seligkeit. 221
pen beladen, welcher auch taͤglich um Vergebung ber
Sünden bitten muß, follte bier fo rein una Mar.
feyn, ald die Sonne, und Dazu eitel ©erechtigfeit
ı ZEfu Eprifti für GOtt! Damit bleibet alfo Caiphas,
r Eaiphas, und fommet nimmer zur Gerechtigfeit Chris
fti, fondern wenn er fie lange genug verworfen, ber
fpeiet und mit Süßen getreten bat, fo fähret er nak⸗
kend und blos in die Hölle.
Die Glaubigen aber halten fi billig an das,
‚was von ihrer neuen Gerechtigkeit Paulus ſchreibet,
.Röm. 6. Wiffet ihr nicht, daß alle, die wir
‚in Ehriftum JEfum getaufet find, die fin»
Ä te: Er fpridt, Daß wir in Chriſtum JEſum ˖ getaus
fet find, Daß’ wir durch die Taufe Chriſto JEſu:
einverleibet feyn, wie ein Reislein feinem Stamm
eingenfropfet wird, und Daß wir Deromwegen zuerft in
feinem Tod getaufet ſeyn. Sind wir aber in feinen
Tod getaufer, fo find wir auch in feine Auferfiehung
und Leben getaufet. Denn find wir durch Die Taufe
feines Todes theilhaftig worden, oder mit ihm ges
ftorben, fo find wir auch durch diefelbe feines Lebens
theilhaftig worden, oder mit ihm von den Todten
erftanden, und in ein neu Leben getreten. Derowe⸗
gen fo find wir nun. für GOtted Augen eben fo neu
und berrlih, wie der Herr Chriftus felber geweſen
it am Tage feiner fröhlihen Auferſtehung. Denn
er hat uns Durch die Zaufe genommen in alle. feine
Herrlichkeit, und und damit befleivet, daß wir und
derfelben rühmen koͤnnen, als er, felber. Alle Tugens
den unferd Herrn JEſu Ehrifti find nun unfer, und
wir glänzen eben ſowohl von dem Glanz der göttr
lichen Gerechtigkeit, ale er, weil wir feine Einges
‚pflanzte worden find. Wir find nun eben fo reich
an Gerechtigkeit, wie er ift, da mangelt fein Härs
kein an, weil wir in feine ganze Gemeinſchaft getaus
. fet fepn, und ihn angezogen haben durch und durch
an Leib und Seel, wie St, Paulus Gal. 3. fpricht;
in feinen Xod getaufet, das find merflihe Wors
222 | Don den Gnadenmitteln
Wie viel euer getaufet find, die haben Chru
ffum angezogen, nemlich in feinem beften Wegen.
Weldyes ein hoch Geheimniß if, an welchem wir
genäg zu ftudiren haben die Zage unfers ganzen Les
bene. Daher faget der Apoitel, 2 Eor. 5. daß wie
nun für GOtt nichts anders feyn, denn eb
tel Gerechtigkeit in Chriſto. Eitel Biolen,
Zaufenpfehönlein, Roſen, Blümlein der Liebe, und
Lilien find wir, ja die rechten und wahren Edlen,
Eprbaren und Tugendreichen, welche ihres gleichen
unter der Sonne nicht haben, Uno iſt immer Sch
De, Daß folhe edle Pflaͤnzlein von Teufel und der
Welt fo jämmerlich follen genothprefjet werden, und
fo betrübet ftehen. -Aber fie flehen im Ebenbilo Chrw
fti, und in unauöfprechlicher Herrlichkeit, und find
aller heiligen Engel Luft und Freude,
16. Was habe ich mehr aus der Taufe, ald ewige Ge⸗
rechtigkeit ? |
Sasmı Es wird den Getauften zum dritten, die Kinds
u gen iR die ſchaft GOttes, und der heilige Geift in der Taufe
| in
| fhaft®
ber heilige
— | — — — — — — — — —— —
| | |
.
.
= gegeben, wie St. Paulus Gal. 3. ſpricht: Ihr
dſeyd alle GOttes Kinder durch den Glau—
ben, denn wie viel euer getaufet ſind, die
haben Chriſtum angezogen. Desgl, St. Pe
trus, Apoſtelg. 2. Laſſet euch taufen, fo wen
det ihr empfahben die Gabe des Heiligen
Geiftes. Desgl. Sal. 4 Weil ihr denn Kiw
‚der feyd, fo hat GOtt gefandt den Geiß
feines Sohnes in eure Herzen. Und Tit. 3
Der heilige Geiſt ift reichlich über uns aud
gegoſſen.
17. Was thut aber der?
Er verſichert uns der neuen Gerechtigkeit und der
Gnade, und giebt unſerm Geiſt Zeugniß, daß wit
GOttes Kinder ſeyn, und vermehret unſern Glaw
——— _ _ — En ME 2 —7— — — u — — — — — 577 DE En Un A ⏑ ⏑ 0——— DE 4 Di ⏑ — —
des Schatzes der Seligkeit. 223
ben. Er geußet auch die Liebe GOttes in unfer
Herz, und machet uns frei von der Sünde und des
Zeufeld Gewalt, und giebt uns heiligen Muth, und
hilft uns wider die Sünde fireiten, ‚und tödtet fie
durch das Creuz, auf daß wir aljo recht fromm
werden,
m
Denn Feines Juden noch Zürfen Kind, das nicht
getaufet ift, Tann GOttes Wort verfichen, GOtt
: Tieben, noch recht fromm feyn. Wir aber find. die.
neugebornen Gotteöfinder, welchen alles möglich ift
in Chrifto JEſu. g " -
Darum, wer da getaufet ift, der foll ſprechen:
Nun weiß ich fürwahr,. daß ich Ehrifto einverleibet,
und ein Ehrift worden ſey. Nun babe ih doch Ver:
gebung aller meiner Sünden, und des Herrn Chriftt
Heiligkeit und Gerechtigkeit. Nun bin ich nicht mehr
ein Kind des Zorns, fondern ver Gnade. Nun habe
ich den heiligen Geiſt, welcher mic, täglich mehr und
mehr erneuert, und mit herrlichen Gaben und Zus
genden zieret. in folh Erfenntniß und Glaube
bringet ein fiher und fröhlich Gewiſſen, welches wis
ber alle Pforten der Hölle wohl beftehen Fann.
Died find die fürnehmften Früchte der werthen
° heiligen Taufe, welche alle getreue Lehrer wohl ins
‚ Herz fafien, und ihren anbefohlenen Schäflein treus
|
|
|
|
lich fürtragen und einprägen follen. Denn dies ift.
die einige wahre Weisheit der Ehriften, auf welcher
aller Seelentroft beruhet.
18. Was faget Luther hiezu?
Sotäe kannſt du aus nachfolgenden Zeugniſſen ers
eben. |
Theil 8. Jen. In der dritten Taufpredigt zu
Eißleben gethban: Wir find in der Taufe von GOtt
fo hoch begnadiget, daß, wo wir ed recht und ganz
ih koͤnnten glauben, wir und vor Freuden dafür
entſetzen müflen: Denn da wird uns Chriftus mit
hr,
3
N
| 22% Don den Gnadenmitteln
allem ſeinem Verdienſt und Gaben zu eigen gegeben,
‘und werden mit dem heiligen Geiſt geheiligt. Sum
ma, wir werden Kinder und Erben aller himmliſchen
* Güter, und Herren des Himmels. Ä
Theil 2. Jen. Seite 328. Solche große Dinge
werden und in der Taufe gefchenfet, und im Evans
gelio geoffenbaret und verfündiget, Daß ed auch die
Engel gerne ſehen. Denn da’ werden wir theilbaftig
ber Gerechtigkeit, Seligfeit und aller Güter, die GOtt
bat. Denn .fintemal er und Chriftum feinen einigen
Sohn, das hoͤchſte Gut gegeben hat, fo giebt er und
auch durch ihn‘älle feine Güter, Reichthum um
Shäbe, davon die Engel im Himmel alle Freude
und Luft haben, und wenn wir ed glaubeten, fo
müßten wir auch ſolche Luft darinnen haben.
19. Sind nun alle Getaufte GOttes Kinder geredyt und
tein von allen Sünden, fo miüffen fie ja fehr herr
lich ſeyn in GOttes Augen ?
Die Ger Freilich, wie foldyes St. Paulus bezeuget, Epheſ. 6.
‚tanften Chriſtus hat geliebet feine Gemeine, und hat fie bern
wegenipslih, Das ift, (wie er es felber erfläret,) ganz rein
ver hen und fäuberlich gemachet, daß Fein Flecklein oder Rüny
verolis fein der Sünde an ihr verblieben ift, welches man
Gen. nad) vem Gericht des Evangelii tadeln koͤnnte. Die
| Reinigfeit und Sauberkeit ver Kirchen ift eine bern
liche, das ift, eine neue, unerhörte, uͤberſchwengliche,
- Tieblihe, berühmte und wunderfame Reinigfeit, vi
man im Geift nicht fatt anichauen, und darüber man
fih nicht fatt verwunvern fann. Sonne und Mond
werden fih fchämen, faget Eſaias am 24, wenn Der
HErr den Berg Zion herrlid machen wird. Ge
ift eine Neinigkeit einer edlen und föftlihen Eryſtal⸗
Te oder Jaſpis, wie in der Offenbarung Johannis
am 21 ftebet. j
Gleich einem eriftallifirenden Jaſpis. Denn eine
Eryſtalle ift nicht allein ganz rein und fäuberlich, ie
| . a
— Du
Ä des Schatzes der Seligfeit, 225.
ein reines MWäfferlein, fondern ift auch licht und hel⸗ .
le, und Dazu jo ſchoͤn und lieblich, daß man fie nicht..."
ganug anfdyauen, man fich ihrer audy nicht genugfens .: -
verwundern Sann. Ihre Neinigfeit ift eine ſchͤne
liebliche reizende Reinigkeit, welche einem die Augen ..
wohl erfüllet, nach aller Luft, aber das Herz mdt.
fättiger, fie flößer den Zufchauern Die Liebe zu ihr a
ein, wie Zenophon von den Schönen fchreibet,: und. .
will ſtets von demfelben angefhauet ſeyn. | Ä
Soolch eine fhöne Braut ift die liebe Kirche auch2. Reine
Daher feßet St. Johannes vorgenannten Orts, daß PP
Die Stadt GOttes fey rein Gold, und ein reiner
Eovelgeftein, an welcher Stadt die, Engel Otte
ihre Luft fhauen. Deögleihen Cap. 7.. Die Glau⸗ X,
bigen ftehen für Dem Thron und Angeficht GOttes,
mit. fröhlichen Palmzweigen, das ift, mit fröhlichen
Herzen, und prangen oder erhibiren fi GOtt in
ihrer Schönheit. Denn fie haben ihre Kleiver weiß
und helle gemadjet im Blut des Lammes, O wohl
Dem Menſchen, der fi fo in feiner neuen Schön; oo
beit, durch einen wahren Glauben, Ott täglich dar⸗ |
ftellen und zeigen fann! Denn ob gleich die Glaubis .
gen noch Sünde haben, dennoch fo kennet ſolche
Sünde GOtt nicht mehr, fie find für ibm getilget,
fie find nichts für ihm, durch Die Präftige Reinigung
ver hochgebenedeieten Taufe, welche Fein Perikles ſatt
rühmen kann. u
Die Taufe iſt fo. ein göttliches, hochgebenedeietes
amd kraͤftiges Wafler, daß ſie auf einmal von ben
glaubigen Menſchen hinweg nimmt ale feine Shw .
‚ ben, weldhe er fein Lebenlang gedacht, geredet und
gethan hat, Peine und große, von feiner Mutterleibe
an bis in ſeine letzte Grube, wenn derſelbigen gleich
mehr waͤren, als des Manaſſe, welcher die Fuͤrtreff⸗ 4
lichkeit ſeiner Sunde, wie Tertullianus redet, mit J
dem Sande des Meerrs verglichen hat. Denn Eh
aulus ſchreibet ausdruͤcklich, Tit. 3. daß und GOtt
ſelig, Das iſt, von Bünden los gemachtt habe duch
2
„ 226 | Bon den Gnadenmitteln
die Taufe, und daß wir daſelbſt wiedergeboren und
neue herrliche Creaturen worden ſeyn. Neu in Der
Unfhuld, neu in der. Öerechtigfeit, neu in der Kinds
fchaft, neu in Chrifto und in dem heiligen Geift,
neu in der Erbfehaft des Himmeld und des ewigen
Lebens. i |
Desgleichen, wie fhon oben .erwähnet, Ephef. 5.
Chriftus hat und berrläh gemachet durch das Bad,
und in folder Herrlichkeit hat er uns erhibiret, das
Niſt, fürgeftellet, nicht allein der ganzen heiligen Geo
meine, fondern ihm felbft, daß er feine Luft tiglid
an uns fchauete, gleichwie die Römer ihre Freige
laſſene auf Geheiß des Praͤtors dem roͤmiſchen Volk
Warm
one nach der Taufe und Geligfeit weiße und helle Ken
tenı.weigder angezogen hat, zu bezeichnen, DaB ihre Stelen
$
. mußten öffentlich fürftellen, auf daß fie alfo in ih⸗
rem neuen Stande, oder in ihrer neuen Herrlichkeit
dem ganzen Volk bekannt würden, wie aus dem 43
Buh ff. und 8. Cap. wohl zu erfeben if. Denn |
dahin, auf jene Vorſtellung der Sreigelaffenen, hat
&t. Paulus ohne Zweifel gefehen, wenn er in feiner
Epiftel vom Fürftellen, oder Daritellen gefchrieben
at,
Daher iſt gefommen, daß man den Getauften
‚gelleidet. nun ganz rein und heil wären für GOtt, wie ao
2 Se al⸗
tantius ſinget: Auch das weiße Kleid bezeichnet die
glaͤnzenden Seelen, das iſt, die getauften Seelen ſind
fo ganz rein, Daß fie gleich von uͤhermaͤßiger und
überfhwengliher Reinigkeit belle leuchten, wie die
belle Mare Sonne, ja wie Chriftus auf den Berge
Thabor: Denn dafelbft erfcheinet die Herrlichkeit JEſu
Chrifti und feiner lieben Glieder. _ :
Dionyſius Arcopagita in feinem Bud die Ececl.
bet. Hierarchia Cap. 3, fihreibet: Daß man in der erſten
Kirche Die Getauften gefalbet habe mit koͤſtlichem und
wohlriehendem Balfam over Del, zu bedeuten, daß
fie nun für GOtt Föltlich und wohlriedhend worden
wre Denn wer gereiniget iſt von allen feinen
des Schates der Seligkeit. 227
Sünden, daß er vor großer Reinigkeit glänzet, der
achtet Feine Roſen oder Violen, fo da auf dem Felde -
ift wahrlich vor GOtt theuer und wohlriechend, wie
eine Biple vder-Rofe, daß GOtt fein Herz mit dent
ſelbigen nicht genugfam beluftigen fann, Denn GOtt
wachfen, fondern nur des Glaubens, und dir geiſt⸗ “
lichen Schönheit und Wohlriechenheit, mit welcher ‚Die
Glaubigen gezieret find.
Die Glaubigen find die wohlriechendſten Schön
St. Petrus fpriht, 1 Petr. 3. daß ver verborgene
Menfd) unverrüdet, das iſt, rechtfchaffen im Olaus-
- ben, und fauber im Geift für GOtt koͤſtlich ſey. Und
St. Paulus, 2 Cor. 4 Wir find GOtt ein ſuͤßer
Geruch.
heiten GOttes, an welchen er Wohlgefallen hat, wie
Summe: Alles was lieblich und wohlriechend iſt, Dief⸗
daſſelbe iſt nichts gegen ‘ver Glaubigen und Betauf:Schönbeit
ten Wohlriechenheü. Alle Sapphiren und Rofensewsik
muͤſſen fih fhämen für der Lieblichfeit und Wohlriesnod nicht
dag diefe wohlriechende Söchoͤnheit noch nicht ſchein⸗
bar und empfindlich iſt, gleichwie ſie dort in jenem
Leben ſeyn wird, da die Roſen in den Sapphiren
riechen, und die Sapphiren in den Roſen leuchten,
und alles an uns eitel Schoͤnheit und Wohlriechen⸗
heit ſeyn wird. Desgleichen, da mangelt es auch an,
daß uns dieſe wohlriechende Schoͤnheit, dieſe unſre
aͤußerſt große Zierde, durch die Lehrer nicht treulich
genug fürgetragen, und ind Herz gebildet wird. Denn
ih werß es, daß an vielen Orten diefer Lehre nie
ſey gedacht worden, fondern daß man nur allein Faft
allenthalben Herächtlih redet von unſerm Thun und
Laſſen, nicht aber von dem, was uns GOtt durch
‚feinen Tieben- Sohn gegeben hat,
En
18°
chenheit der Ehriften. Aflein da mangelt ed und auch, empfinde.
en gifhen Confeſſion im 4 Artikel ftehet: Wir kehren,
228. Won ben Önadenmitteln .
20. Zſt dem alſo, wie bis daher berichtet, wie koͤmmt e6
denn, daß nicht alle Getaufte heilig ſeyn, und wirklich
ſelig werden?
Darım; Ein verſtockter Menſch, welcher die Gaben der hei
daß nihtfigen Taufe durch wahren Glauben nit annimmt,
noch für die Seinen hält, noch ſtetiglich darinnen
nehmen wandelt, der hat fie nicht recht empfangen. Gie (fm
ebran Ihm zwar wohl. gefdenfet, aber, fie halfen an ihn
den. nicht, denn er hat fie nicht angenommen. Cie bafı
ten an ihm, wie das Gilber an einer lofen Want.
Summa, ein Unglaubiger ift fein Herr’ feines Gutes.
Es muß das Annehnien dazu fommen, foll di
DesGlau⸗
dens Ei: Herrſchaft folgen, wie St. Johannes ſaget: So vid
ihn aufnahmen, denen gab er Macht GOttes Kin
Gefhenteder zu werden. Den Unglaubigen und Widerfpenfi
aninnebs gen iſt nichts. gegeben, obſchon viel gegeben-ift. Lind
"Died iſt auch des Glaubens Eigenfchaft, Das Ger
fhenfte anzunehmen, ohne welches kein Glaube beflo
ben Tann, noch den Namen eines. Glaubens haben, |
ob er gleih Die ganze Hkorie von Chriſto wüßte
und veritünde, was Die. Taufe wirkete. Hieber ge |
hoͤret die fürtrefflihe Stelle, welche in der Augsbun
daß wir Vergebung der Sünden und Gerechtigkeit
. für GOtt nidt erlangen mögen durch unfer Bw
dienſt, Werke und Genugthun, fondern daß wit
Bergebung der Sünden befommen, und für GOW |
gerecht: werden aus Gnaden um Chrifti willen, durch
- den Slauben, fo wir glauben, daß Chriſtus für und
gelitten hat, und daß uns die Sünden vergeben, Ge
reshtigfeit und ewiged Leben gefchenfet fen. Dem
diefen Glauben wil GOtt für Gerechtigkeit halten
und zurechnen. Desgleichen die Stelle in ver or
mula Goncorvid, fol. 274. Der Glaube machet 90
recht, nicht darum, Daß er fo ein gut Merk oder
ſchoͤne Tugend fey: fondern weil er das Verbund
2
en ee Fe re — — — — —
[4
- ‘
Zr 3 _ 4 — - EEE SEE En EEE En m u iin. ⏑
*
des Schatzes der Seligkeit. 229°
Ehrift, im Evangelio fürgetragen , ergreifet und am
nimmt, denn derjelbe muß und durch den Slauben
appliciret und zugeeignet werden, wenn wir dadurch
gerecht follen werden. Dies find die alferfürnehns
sten Worte, welche in dem ganzen Bud; vorhanden |
find, ohne. welcher rechten Verftand und Gebrauch) un‘
Fein Theologe ift, und fein Chriſt ein Chrift iſt.
Darum will ih alle fromme Chriften,, fo etwa |
Died Buͤchlein zu lefen Eriegen, treulich ermahnet, und n
3
Zn nn — —
um ihrer Geelen Heil und Seligkeit willen gebeten
haben, fie wollen doch vie Wohlthaten JEſu Chriſti,,
ihnen in der Taufe geſchenket, durch einen maͤnnli⸗
chen, beherzten, ſtarken, u uͤberwindlichen und ewi⸗
gen Glauben ergreifen und annehmen, und ſich nichts .5
Davon abſchrecken, noch daran verhindern laſſen, GOtt J
gebe, ſie hoͤrens von ihren Predigern, oder nicht, ſie u |
feyn es werth oder nidyt. Denn foll man das Reich “
GOttes mit Gewalt ergreifen und annehmen, und
an ſich bringen, fo muß beides Wuͤrdigkeit und Un:
würdigfeit weit aus den Augen gejeßet werden. Die, Weile
ihre Unmürdigfeit erfennen, und, der ungeachtet, Die a mar Ä
"Güter GOttes ergreifen, Die machen fi Damit Ders zum wi.
fen würvig, und fie find ihrer am allerwürdigften.
igftem
Wir haben GOttes Befehl, daß wir die himmliſchen ſcyn.
Schaͤtze nicht ſollen umſonſt empfangen haben, ſon⸗
dern daß wir fie ſollen annehmen, und ihrer kluͤglich
gebrauchen. Denn Paulus ſchreibt ausdruͤcklich, 2 Co⸗
rinther 6. Sehet zu, daß ihr die Gnade nicht
umſonſt empfangen babet, fondern annebs
met, und euch zu eigen madet, wie fie euch
gegeben.
21. So höre ich wohl, daß einer bie geſchenkte Gnade
wiederum verlieren kann?
%ıı er der empfangenen Gnade und aller göttli Dr Be 5
hen Gaben zu fleifchlicher Sicherheit, Ungerechtigfeit, ger, Per
Hoffart, Freſſen, Saufen, Unzucht und anderm Muth⸗ serlictet |
* *
v
: 059 u Mon den Gnadenmitteln
willen mißbrauchen will, und nicht zum freiwillig
Gehorſam ſich dadurd reizen läffet, ver ift ein loſe
Chrift, ver Gnade nicht werth, wird fie auch ni
lange behalten: Denn aus was Urfachen follte GOt
einem die ganze Seligfeit ſchenken, welcher nur Arg
Daraus gedenfet zu werden. Wer von GOtt zu eü
nem Rinde aufgenommen tft, und hat den Geift der
Lebend empfangen, und will GOtt nit lieben, nod
fürchten: and) nicht ehrdarlich wandeln, ald am Tas
ge, der ift nicht Kind, fondern Baſtart. Er wird
auch gewißlich GOttes Zorn, Geriht und Gtrafe
über fi führen, zeitlich und ewiglih. Denn fo wi
muthwillig fündigen auf GOttes Gnade, nachdem
wir das Heil und Geligfeit in ver Taufe und die
Erkenntniß der Wahrheit aus dem Evangelio empfans
gen baben, haben wir förder kein ander Opfer für |
euprdie Sünde, fondern ein fchredlih Warten des "Ge
+ testärhtrichtd und des Feuer⸗Eifers, der die Widerfacher ver |
gefinbl? zehren wird, wie Ebr. 10, gefhrieben ſiehet. Es
ie viei hat doch genug mit uns zur thun, daß wir Die boͤſen
ae Lüfte im Zaum halten und daͤmpfen, wenn wir glei
isfer, in der böchiten Furcht GOttes leben, was wollte
denn wohl daraus werden, wenn wir und der Furcht
dDas be eentbrechen, und und muthwillig auf die Welt, und
geben ımalle Lafter begeben wollten? Lebe in GOtt, und ſtirb
he np dir, fo lebeft und ftirbeft Du recht, und varfil
in ihm Did) mit Reue deſtoweniger plagen, und dich aud für
ſelbſt ſter dem Zorn und der Ruthe GOites deſtoweniger fürdı
ven. ten, Bitte aber den heiligen Geift um feine göttliäe
Hülfe und Beiſtand, fo wirft du fie erlangen, um
ein rechter edler und tugendreicher Chrift werben.
22, Wie weit erſtrecet ſich fauft der Taufe Kraft, wenn
ſie nicht durch unfern Unglauben verhindert wird?
FR GOtt der HErr einmal ‚mit feinen lieben Aus⸗
ben, erwählten in ver Taufe angefangen hat, das vollführ
vet er ganz gnaͤdiglich bis and Ende ihres Lebend,
des Schatzes der Seligkeit. 251
und böret nimmer auf, fie zu. feligen, zu ob feiner
berrlihen Gnade. Denn wie dad Verpienft Ehriffi
unaufhoͤrlich ift, alfo iſt auch die Application, fo von
EGDtt an uns in der Taufe gefchichet, unaufhoͤrlich |
Die Taufe hat eine ewige Kraft, und wirket für
und für unvergängliher Weife an uns. Denn wer
Dafelbft einmal gereiniget ift, ver bleibet rein fein
Zebenlang. Und EStt hoͤret nicht auf, einen glau⸗
bigen getauften Menſchen für gerecht zu fihäben, oder
ihm die Gerechtigfeit feines lieben Sohns und feine
ganze Fülle zuzurechnen. Es fließt eine ewige, im⸗
mermährende Sjmputation aus dem Herzen OOttes.
Diefer Strom Höret nicht auf, fo gehet auch der
Glanz feiner göttlihen Gnade nicht unter, . fondern
GOtt bleibet für und für ewiger Vater, wie zornig
er ſich auch zumeilen flellen mag. ‘Der heilige Geiſt
bleibet audy immer in uns, wie Chriftus foricht,
oh. 14. Sch wilf den Bater bitten, daß er
eud) einen andern Troͤſter gebe, der bei euch
bleibe ewiglih. Denn das Heil GOttes, und in
der Taufe einmal gefchenket ift ein ewiges Heil, an
welches wir uns ftet3 halten follen, im Stehen und
Sallen, in Wohl und Wehe, im Leben und Sterben,
wie David in vielen Pfalmen, ſonderlich aber im 89,
bezeuget, und finget, nemlich, Daß durch Chriſti Blut,
und durch die Predigt des Evangelii, eine ewige
Gnade, oder ein ewiges, veſtes und unbewegliches
Heil in den Herzen der Dienfchen ſoll aufgerichtet
und erbauet werden. Welches St. Paulus, 2 Theff. 2.
einen ewigen Troſt nenne, da er fpriht: GOtt
bat und gegeben einen.ewigen Xroft, mit '
welchem wir und tröften follen, wider alle
Binde und Wellen falfher Lehre, und aud
allerlei Ereuz und Leiden —
232. Bon ben Gnadenmitteln
13. Bie hat man nach der Mpoflel Zeit ber Taufe vor⸗
geſtanden
| Davon giebt der Autor aus Dionyſio Areopagite
kurzen, jedoch gruͤndlichen Bericht im 27 Tractaͤtlein.
94. Wie fol ich nun die erzaͤhlten Schäge meiner Taufe
Ä feliglich gebrauchen ? Ze
| Mn wir dies heilfame Wort hören, nemlich, daß
wir Glaubigen in der Taufe rein, weiß, belle, ſchoͤn
3. $reue und wohlriehend worden feyn für GOtt und feinen
NM. heiligen Engeln,» fo foßen wir darüver froh werden,
Die Hände aufpeben, und GOtt von Herzen für
2. Daun, folche Lehre und Troft danken. Habe Lob und Danf,
@stt, du frommer GOtt! daß wir folched haben. Denn
St. Paulus will, daß wir Liebe haben follen zar |
Wahrheit, 2 Theſſ. 2: Wir follen nicht allein dieſe |
Lehre anhören, fondern wir follen fie mit Liebe und |
Luft anhören, wir follen darüber in .unferm Herzen
frohlocken und jaucdzen. Denn wir bören ja bie,
was wir gerne bören,. und worfiber unfere Seelen
3. Verach: lachen mögen. Wir follen nicht thun, wie die thun,
tebieie welche diefe Lehre mit verbittertem Herzen anhören, ı
git, Die Hüte in die Augen ziehen, und darüber fauer |
feben. Wir follen au nicht Saͤue werden, vwelden
die Xreber dieſer Welt viel lieber find, als ale |
©aitenfpiel aus dem Himmel. O wie fleipig ſollen
wir diefe Lehre fludiren und lernen, mit ganzen Ernſt
follen wir uns darauf begeben, als auf die hoͤchſte
Weisheit, und GOtt täylic anrufen und bitten, daf
4. on: wir durch feine Gnade in diefem Erkenntniß immer
| ie völliger werden, nach dem Alter, und in der Mat
dar IEfu Eprifti. Denn hie ‘gilt es nicht, Kind fen,
auf. fondern ein Mann feyn. Wer aber dieſe Lehre ver
achtet, und will fie nicht lernen, den wird GOtt
- wiederum verachten, ald einen Pfifferling, und wird
ihn auch richten und firafen, wie Chriſtus foriht Ä
.
—8
Fe"
-
ET
des Schatzes ber Seligkeit. 235
Joh. 3. Das ift das Gericht, daß das Licht in die
Welt kommen ift, aber die Leute liebeten mehr die
Finſterniß, das ift, Unwiſſenheit, Unverſtand in geiſt⸗
lichen Sachen, als das Licht. Aller Geiz und Wu⸗
cher. wird einmal in den Brunnen fallen, und mit
großen Schanden beftehen, wenn GOtt eraminiren
und fragen wird, wie man fein Evangelium geliebet,
und was man daraus ftudiret habe. Die phariſaͤi⸗
ſchen Seierfleiver und güldene Gebetbüchlein werden
uns alödenn nicht entfchuldigen. De
25. Was follen wir mehr thun ?
Zum andern, wenn wir ſolchen Troſt bören, fo fols. Nimm
len wir und deſſen herzlich annehmen, als unfer eis heannbe
gen, und ihn uns fein durd einen wahren ‚Glauben Wanten
appliciren, und und gänzlich ohne alles Wanken ee.
auf verlaffen. Denn daß man diefe Lehre verachte
als ein Geringed, das taugt nicht, Daß man fie aber
in einen Zweifel feet, dad taugt vielmeniger. Diefe
Lehre iſt an ihr felbit wahrhaftig und gewiß. Go
gewiß 23, it, daß Chriſtus für und geftorben, und
wir an ihn glauben und getaufet find, fo gewiß iſt
& auch, daß wir nun felig feyn. Denn Glaube und
Taufe find nicht ohne Seligkeit, gleichwie dad Feuer
nicht ift ohne Hitze. Die Schrift müßte fonft falſch
feyn. Wir. follen bier gute. Redner werden, und.
alſo beweifen : | ——
Ber an JEſum Chriſtum glaubet und getaufet
iſt, der iſt für GOtt rein, belle und wohlriechend.
Ih glaube an JEſum Ehriftum, daß er GOt
a Sohn und mein lieber Heiland fey, und bin ges
et. | oa Se
Derowegen, fo bin ich auch für meine Perfon rein, .
- delle und wohlriechend. O! wollte es GO! daß |
wir fo fließen möchten, und zwar im Geiſt von
Grund unferd Herzens; was würden wir,durd fob
hen Glauber für fo felige Leute ſeyn? Aber ih wei
‘8 ..
En FERZ ———
. \
7 —— - - 2
25% Won den Gnadenmitteln
doch. nicht, wie es koͤmmt in aller Welt, daß Leute
in dieſen Sachen fo übel ſchließen koͤnnen. In am
dern Dingen find fie gefchicdt genug, hier taugen fie
nichts. Das machet, der Teufel laͤſſet nicht zu, daß
fie ſich ſolches Troſtes annehmen, ‚und ihnen denſel⸗
ben zueignen. Daher gefchiehet ed, daß .ein jeder
fein Zebenlang im Irrthum und Geſuch feines Heils
- bleibet, gerade, ald wäre fein Heil noch feinem ges
geben, und daß man zulauft, Raſe und Maul auf:
fperret, wenn einer koͤmmt und fürgiebt, er wolle
den Leuten zeigen den rechten Weg zur Seligkeit.
26. Was follen wir mehr tun?
6. Sey ia Zum dritten, ſollen wir uns ſolcher hohen Gaben,
Geiſt
fröblich
nemlich unſers Heils, herzlich erfreuen, gleichwie ſich
"alle liebe GOttes Heiligen, zum voraus Eſaias, Paus
lus und Maria, ihres Heils erfreuet haben. Ef. 61.
finget und fpriht: Meine Seele ift fröhlich in
meinem BDtt, denn er bat mich angezogen
mit den Kleidern des Heils.
St. Paulus, 2 Cor. 6, Wir find als die
Traurigen, aber allezeit froöhlich. Maria,
Luc, 1. Mein Geiſt freuet fih GOttes mei
ned Heilandes. . '
Denn was Tann doch einem koͤſtlichers und lieb⸗
lichers widerfahren, als frei feyn von Sünden, fürs
neplih, weil niefe Freiheit auch andere Freiheiten
mit fi bringet? Denn wo Feine Sünde iſt, da iſt
‚auch -Tein Zorn, noch Tod, wie die- Kirche ſinget:
Er hat die. Sünde abgethan, Damit dem Tod ge
nommen AU fein Recht und fein Gewalt, Es bleibet
nur des Todes Geftalt,. Den Stachel hat er verle
ren. Haben fid) die Griechen von wegen ihrer Zrev
heit, fo ihnen der Römer Quintinus ‚gegeben und
verfündiget hat, fo hoch gefreuet, daß fie ven Him⸗
‚mel mit Schall erfüllet, wie Valeriuß fchreibet, und
daß yon ſolchem Getöne die Naben auf die Erde ges
yen Freiheit mit Schall erfreuen ?
Hieher gehören alle Ermaßnungen zur geiftlichen .
freude, beide im Alten und Neuen Zeftament, wel⸗
her. fehr viel find. ‚David fpriht im 51 Pfalm:
FSntfündige mih mit Sfoppen, daß ich rein
verde, auf. Daß die Sebeine fröhlid wer⸗
yen, die du zerſchlagen haft.
Und im 68 Palm: Die Gerehten müffen
ih freuen und fröblih feyn für GOtt, |
ınd von Herzen fih freuen.
Ef. 35. Die Erlöfeten des Herrn w.ers
sen wieder fommen, und gen Zion fommen
nit Jauchzen. Ewige Freude wird über ib
rem Haupte ſeyn. Freude und Wonne wer
pen fie ergreifen, und. Schmerz und Senf
jen wird weg müffen.
Ppil. 4 Freuet euh im Herrn allewege;
Und abermal fage ih: Freuet euch.
des Sqatzes der Setclen— 235 |
offen: Wie viehmehr follen wir und ‚unferer geiftlis u
.
“
Die Erlöfeten des HErrn follen leben in einem Wie der
ten, alfo follen fie e8 bier anfahen. Denn eben dar
um find fie gereiniget von ihren Sünden, daß fie
davon. nicht mehr .follen befchwerte und traurige Ges
wifien haben, fondern ſich der neuen Unfchulo freuen.
Sie ſollen engliſche Angeſichter haben, und mitten
im Paradies leben. Ihr Herz, Augen, Zunge und
alle Glieder ſollen ſtets triumphiren. Und ob fie gleich
noch mit Chriſto in der. Waſte, mitten unter den graus
famen Xhieren leben, auch Armuth, Krankheiten und
andere Naech Igfüen 'mirflenia-fo foll Doc dies alles
Die’ Freude ihres ‚Herzen nit ſtoͤren, fondern bie
reude follzinniguurwallien, Denn die Freude bes
Heils iſt ihr Rn, * ih langes Zehen: Ja, Das
Reich SOWR m —5* ihnen SD hwill gan
ungerrüdet und nn
. x in az SEneeE
> 8. 2
Pa
ochen Halten. Aller Bel.
Glaubi⸗
ſteten Wohlleben. hr ganzes Leben ſoll eitel Freudegen gren⸗
und Wonne ſeyn. Sie ſollen ſich ſelbſt in Sreudebe beiihaf-
und Wonne führen, und wie fie e8 wollen dort hak "il"
v *
236 Von den Gnadenmitteln
Leiden iſt nicht werth der Herrlichkeit, mit welcher
fie ſchon gezieret find, und welche auch einmal für
aller Ereaturen Augen fol aufgededet werden. Aber
ſolche ſtete Freude aus dem Heil im Herzen haben,
iſt eine Frucht und Werk des heiligen Geiſtes, wel
er darum will fleißig erfuchet, und erbeten ſeyn.
2. Was ſollen wir mehr thun ?
Meder: Zum vierten, follen wir und des ewigen Heils alfo
—8 gebrauchen, daß wir es ſetzen wider alles, was uns
was bir betruben und ſchrecken kann, und uns damit troͤſten.
suwider Wenn bie reizende Luft in und wüthet, und uns
- betrübet, follen wir an unfer Heil gedenken, und
fprehen: Ich bin ſelig. Wenn wir fallen, und der
Fall uns herzlich wehe thut, ſollen wir ſprechen; Ich
bin ſelig. Wenn wir die harter Draͤuworte des Ge⸗
ſetzes hoͤren, und und Darüber entſetzen, ſollen wir
‚und ermannen und ſprechen: Ich bin ſelig. Wenn
uns die harten Draͤuworte St. Pauli, auch des HErrn
Chriſti ſchrecken, ſollen wir ſprechen: Ich bin felig.
Wenn uns Menſchen ſchrecken, follen wir fprehen:
u Ich bin ſelig. Wenn uns der Teufel und feine Gei⸗
\ fer fchreden, ſollen wir fprechen: Ich bin felig. Wenn
| und unfer. Creuz und Unglüd betrübet und ſchrecket,
follen wir fprehen: Ich bin ſelig. Wenn und das
legte Stündfein und ver Tod ſchrecket, follen wir
fprechen: Ich bin ſelig. Denn JEſus Chriſtus GOt⸗
tes Sohn, mein getreuer Heiland, bat mich ſelig
gemachet in meiner Taufe durd fein Blut, und bat
alle Sünden von mir genommen, und bat fie ger
worfen in Die Tiefe des Meere, und hat mir einen
ewigen Troft gegeben. an. )
Le ng a 7
mA
des Schages der. Seligkeit. 237
»Das u. Capitel.
Vom Lob und Preis ber heiligen.
aa Taufe
*
Faſſe mir alles zuſammen, was du Stuͤckweiſe bis daher
von der Taufe berichtet, daß ichs deſto beſſer be⸗
greife.
Gar gerne. Merke demnach, daß die Taufe eindie Zanfe
heiliges Waſſer GOttes ſey, durch weiches ein- glanzuns 1. dee
biges Herz theilhaftig wird der Herrlichkeit Se pen en Ä
Chriſti: Denn wer getaufet wird, der wird in Chris ypeitkate
ftum getaufet, und zeucht Ehriftum an, und träget fi
Ehriftum, und pranget in der Herrlichkeit Chriſti.
Ein Chriſt ‚leuchtet für GOtt in Chriſto wie eine
belle {höne Sonne. Wer einen Ehriften fiehet, der -
ſiehet Chriftum, und wer einen Chriften höret, der
hoͤret Ehriftum. Die Laufe machet einen Glaubigen
zu Ehrifto. Ein Glaubiger und Getaufter iſt nicht
allein ein Chriſtophorus, fondern auch Chriftus, in -
Ehrifto und mit Chriſto. Sie ift ver Tod und Auß
erftehung Chrifti. Denn wer getaufet. wird, der wird
in den Ton und Auferftehung Chrifti getaufet. Ein’
©laubiger und Getaufter ift mit Chrifto geftorben,
und ift mit. ihm begraben, und alle Suͤnden ſind
mit ihm geftorben und begraben. Ein Ehrift ift mit
Ghrifto von den Todten auferftanden, und iſt ein
neuer lebendiger gerechter Chriftus. Wer eisien Chris
ften fiehet, der fiehet einen lebenpigen Heiligen. Denn:
wie lebendig und heilig Epriftus iſt nach feiner froͤh⸗
lihen Auferſtehung: fo lebendig und Heilig iſt ein
. Ehrift auch. Ein Chriſt iſt fhon mit Chrifto im
Himmel,. und führer ein göttlich Wefen. Eitel Ger
rechtigleit und Leben hat und träget an ibm en.
Chrift. Aber man muß die Augen ver Vernunft ger. - | ,
gen ihn zuthun, und Die Augen des Herzens auf
sbun Nach dem Wort GOttes muß man Minen
Zn
|
|
238° Bon den Gnadenmitteln
Chriſten anfehen und richten. Sie ift ein geſegnetet
und gnadenreihes KraftsWaffer, die Taufe, vol füR
.., fer und beilfamer Früchte des Todes und der Auf
erftehung Chriſti. Sie riechet von der Kraft des To⸗
des und Auferſtehung Chrifti, wie eine edle, theure
und koͤſtliche Roſe. Alle Biolen, Rofen, Lilien und
Nelken haben den Geruch und: die Kraft nit, wel
che Die Taufe hat, Sie iſt Durdhrötyet mit dem beis,
ligen GOttes⸗Blut JEſu Chriftu Sie ift das Taf
ſer unferd ewigen Heild, denn in ihr werden wır
ſelig. Sie ift ein heilmerthed und ſeligmachendes
Waller, aus den Wunden IECSU Chriſti geflofien.
Sie it der hohe und ewige Rath GOttes. In ihr
wohnet GOtt, die heilige Dreifaltigfeit. Chriſtus
bat fie geitiftet, und mit feinem Leibe geheifiget. Er
bat ſich felbft taufen laſſen, auf daß er mir feinem
Erempel die Taufe chrete, und uns Dazu lodere. Er
Hat fih im Jordan taufen laffen, auf daß er und
mit feinem Exempel zeigete den Brunnen und da
Waſſer des Heild, Cr bat fih taufen laſen, auf
dag wir an ibm fehen follten, was für aroße un
herrliche Dinge über und gefhehen, wenn wir dgeteus
2. Sie rei. fet werden. Denn alles, was ihm widerfahren iſt,
⸗dieevon dad widerfaͤhret ung auch. Sie reiniget und waͤſchet
einen und von allen gngebornen und wirflidhen Sünden.
Sie iſt das rothe Meer, in weldgem ver alte
Adam mit ſeinem ganzen Heer alle Suͤnden erſaͤufet:
alle unſere Suͤnden erſaufen in der Taufe, wie in
einer großen Suͤndfluth. Sie ift Die geiftlihe Sünd
fluth und Wegnehmung aller unferee Sünden. Keine
muß in ihr uͤberbleiben. Es vergehen und verſchwin
den alle unfere Sünden in ihr, . wie ein Troͤpfleis
Bluts in’ einent großen Meer. Wer gebadet tft: in
der Taufe, der fürchte fi für Feiner Sünde, alle
find fie hinweg: Und da er gleich vorhin blutroch
geweſen wäre, und hätte die greulichſten Blutfchulden
Ä glangen „, ſo iſt er doch nur fehneeweiß, wie eint
des Schatzes der Seligfeit. 289
L 2 4
Die Taufe machet uns zu ſchneeweißen Lilien, ei. -
Wir find nach der Taufe fo rein und weiß und hel⸗ Da
fe, als unfer lieber HErr Chriftus war auf dert@eregig *-
heiligen Berge Labor. Sie ift dass Kleid der Ga tie.
‚ rechtigfeit, und vie hoͤchſte Schönheit eines Chrifte,
Denn Chriftus, wenn er und gebavet hat, fo kleidt
er und auch mit feiner Gerechtigkeit. Eitel feinene,.
filberne und güldene Kleider. tragen Die Ehriften an...
ihren Seelen, wenn fie getaufet find. ° Cie find eis ! :.*
tel mwohlaefleivete und gezierte Fürſtenkinder. Sie
haben alle Zugenven des Geſetzes an ihnen, eben
ſowohl ald Chriftud. Denn die Gerechtigkeit Eprifti
it ihr. Es gehet ein Glanz himmlifcher Gerechtigs
keit von ihnen, Sie ˖ ſind fo gerecht und heilig durch
die Begnadigung Chriſti, daß fih auch die Sonne
für ihrer Schoͤnheit fdyämen, und die Augen zuthun
muß. Ich weiß mwahrlih nicht, ob wir nach unferer
Zaufe für GOtt Heiliger und ‚gerechter feyn, oder
aber die heiligen und gerechten Engel. Iſt Chriitus
heiliger und gerechter als ein Engel, fo find wir es
auch. Denn wie er ift, fo jind wir auh, und er
bat und das Kleid feiner felbft eigenen Gerechtigkeit
angezogen, daß mir billig von St. Paulo genennet
werden, vie Gerechtigkeit GOttes. Ah! wie herr⸗
lich und ſchoͤn find wir doch für GOtt. Ah! daß
wir unfere Herrlichkeit und Schönheit‘ nicht beſſer er⸗
kennen, nicht vefter glauben, nicht mehr lieben, und
nicht fröhlicher darinn ſeyn follen. Zu dem fo brin- 4. Sie
get fie und auch die Kindſchaft GOttes. Denn ala. "use
bald ein: Glaubiger getaufet wird, iſt er GOtteöfhaft@er
Rind. Der Himmel. tbat fich über ihm auf mit Freu⸗tes.
| den, und EOtt fpricht zu ihm: Du bift mein lieber
| Sohn an welchem ich Gefallen babe. Du biſt meis Pe
nes Herzend Luft, fpricht er liebes: Kinn, ih Tann .::
dich nicht fatt anſchauen. Liebes Kind, wie bit du:
doch fo fäuberli und ſchoͤn! Ach! zeige mir doch
deine Geftalt, denn du macheſt mich zu brinfig.
Die heiligen Blutstropfen meines Sohns IJEſu Eprifti . -
u —
.r
— — — -. _ _
[3
“ .* ⁊* pP RR . R
EEE
2a0 Von den Gnadenmitteln
haben dich gar zu rein, gar zu herrlich und gar 5
lieblich gemachet. Ich kann dich vor großen Freude
nicht länger anſhauen. Nun habe ih Luſt GOt
zu ſeyn, ſintemal ich ſo ein reines, weißes, helles
klares, ſchoͤnes und herrliches Voͤlklein für meine
Augen habe. O du mein ſeliges Voͤlklein, wie lid
Wie herzobabe ich Did, Er ſchuͤttet feine ganze Liebe übe
ich Lieb feine Kinder aus GOtt Vater, und läffet fie in je
Son fie ner Liebe wandeln, Sie find umleuchtet mit der Liebt
"yabe, GOttes. Cie find eitel Gnaden⸗ und Zuder Kim
der. Es fchmelzet, Fleufjet und triefet GOttes Gnade
über fie, wie eine triefende Roſe: daß fie gleich nad
der Gnade GOttes riechen, wie von Balfam.
Ein Ölaubiger und Getaufter iſt em füßes und
wohlriechendes Balfam: Kind. GOtt liebet feine Kin
der heimlich, aber ſchmerzlich. ‚Seine Liebe iſt nich
ausforſchlich: Sie ift zu groß. - Wenn wir fie ha
fhon ſehen follten, fönnten wir nicht leben, ww
müßten vor Frenden flerben. Es ift eine Liebe, us
fere Liebe und Chrifti Liebe, Wie lieb er feinen
nigen Sohn Ehriftum bat, fo lieb hat er und auch
Er hält uns zärtliher, als. feinen Sohn: Denn fa
Sohn hat den bittern Keldy des Todes trinken m
fen: wir nicht. Sein Herz ftebet und immer offen
Es ladet und immer fein Herz zu, und ſprich
Wille du nichts bitten 9 |
Ach lieber, bitte und begehre Doch etiwad von mt
Mir find überflüffende Scapfammern alled göttlichn
Segens. Aller Segen GÖOttes fällt auf und ud
ruhet auf und Wir find die Mubeilätte der Gnad
und des Gegend GOttes. Was wir wünfdien, 2%
wird wahr und überwahr. Unſers Herzens Wunk
wird uns ftetd gegeben, und was wir noch nicht bs
ben, dad wird und im gebenedeieten Stundlein, wd
ches GDtt feiner Weisheit vorbehalten hat, reichlid
widerfahren. |
Höre, Chrift, deines Herzend Wunſch wird vi
—auch zulschen, und wirft ein Freudenfeſt über an
des Schatzes der Seligkeit. 241
ten. GOtt ſorget für uns, und behütet und, und
iebt und mehr, als wir hoffen, bitten und begebren.
r herzet und füffet und, und giebt und durch fein.
eiliges Einblafen einen Vorſchmack feiner Liebe zu-
ften. Er fchenfet und zumellen einen Trunf Wein: .
in, aus jeinem milden Herzen gefloffen, wenn uns
ebe ift unter dem Creuʒ: Wir empfahen auch in
ber Taufe den heiligen Geiſt, welcher in ver aller. 2,0
jeblishiten und freundlichften Geftalt zu uns kommt, 325
emlich, in der Geſtalt einer. frommen und holdſeli⸗ ra
an Taube. Wir werden dafelbft Tempel des Geb
ſtes Chriſti. Chrifti Geiſt fenfet fi in und, und.
wohnet in und, Es vermenfihet ſich Chriftus dur,
feinen Geiſt in und, wie wir Durch venfelben Geiſt
in ihm vergöttert werden. Wir werden Götter und
örtlicher Natur theilhaftig, Wir werden in der Taufe.
durch den heiligen Geiſt wiedergeboren, una werden
‚neue Greaturen. Es fichen unfere Sachen nun viel
anders, als vorhin, da, wir noch nicht Chriften, ſon⸗
bern. Heiden waren. x
Nun find wir befehret, und find Ehriften , dan
um find wir andere Reute, als vor der Taufe,
Wir haben ein neues Licht, Herz und Muth, Dan
Chriſtus wohnet in und mit feinem ganzen Reich. eye
Denn dad Reich Eprifti beftehet nicht in außerlichen Veraͤude ⸗
Satzungen und Geberden; ſondern es iſt inwendig in Tuna ber
uns, und iſt die Veränderung ver alten Ratur, Wir x.
find todt, aber Chriftus Iebet in und. Sein Leben
ift unfer Leben, und unfer Leben iſt fein Leben. In
ſeinem Licht ſehen wir ein herrliches Licht. Wir wiſ⸗
ſen durch ihn, daß wir ſelig ſeyn, welches ohne ſeine
Erleuchtung niemand willen kann. Er willet und 6. Sie er⸗
wirket in und: Alles, was wir denken, reden und. —
thun, das wirket er, auf daß wir goͤttliche Menſchen
ſeyn, und unſere Werke goͤttlich ſeyn. Er zeiget uns
taͤglich, was wir thun und laſſen ſollen, und treibet
uns durch feinen Geiſt zum Guten, daß wir es gerne
und von Herzen und mit Freuden don, Denn
242 Bon den Ginadenmitteln |
alles, was nicht Chriftud thut, das ift nicht gethan.
Was er nicht mit Gnaden in uns wirket, das gilt
nicht, es ift lauter Ungehotfam und Heuchelei. Wir
find ist gefinnet, ala Chriſtus, und können reden
als Chriften. Wer will doch den füßen Frieden, Die
lebenvige Freude, und Die brennende Liebe zu Chriſto
und GOtt dem Bater in und ausreden? Sind mir
nicht eben fo friedſam, fröhlich und muthig ald Chris
fen? Wir haben dad Paradies GOttes mitten im
flärket
unferm Herzen, durch den heiligen Geift, weldher in
und wohnet und und erfreuet. Ach! der heilige Geiſt
fpielet in uns, und treibet in und viel liebliches We
fen, davon die. Kinder biefer Welt, und alle chriſt⸗
fofe, gottlofe Heuchler nichts willen: Wir find gaw
denreiche und freudenreihe Engel, dad Paradies
leuchtet uns aus den Augen, Unfer Herz und Mund
ift voll Lachens, unfer ganzes Leben voll Liebe und
Treue. Wir lieben die Gerechtigkeit und haflen das
gottlofe ungeredite Weſen. Unfer Bebrehen that
und fehr wehe, und wir feufzen und fireben nad
einem vollfommenen Leben in Chriſto. Wir Haben
und fühlen in uns fonderlihe Kraft wider den leidi⸗
en ntergen Teufel. Wir koͤnnen feine Anfechtung überwins
ale Feins
De,
Chriſti. Immer banget unfer 8
den, und fein fpotten. Denn wir wiſſen, Daß wir
felig und ewig felig.feyn. Unfer Herz fallt täglich mehr
und mehr ab von der Belt und läßt ſich begnuͤgen
an dem einigen wahren: Reichthum Chriſti unfers
Heil, und ſenket fih in die Liebe und das Lob
er; nach der Dank
fagung und nach dem Gebet. Was nicht gebetet iM,
Das ſchmecket uns nit: wir willen alled, was wir
zu jeder Zeit thun follen, und beduͤrfen feiner Ger
bote. Denn der Geift Ehrifti regieret und. Wir
find über alle Gebote, und find kluger, ald unfere
Meiſter. -Ehe fie es und geheiffen, iſt es ſchon ge
than. Alles, was wir thun, das thun wir von Her⸗
zen und mit Freuden. Und daß ic ven Ruhm ver
heiligen Taufe möge größer machen, ſo ſetzet ſie die
—
des Schatzes der Seligkeit, 245
- Glaubigen und Getanften in. die hoͤchſte Würde, und 8. Sie
Mmachet eitel Könige und Priefter daraus, Könige 035
wider Sünde, Welt, Teufel und Tod: Vriefter füruigenume
GOtt in dem heiligen Schmud des heiligen Geiftes,wriekem
“ Denn nad der -Zaufe koͤnnen wir fäuberlih und
freundlich beten. - Wir koͤnnen GOttes Herz mit den
allerfreunplichften Worten annehmen. Wir können
mit ıhm difputiren und ihn überwinden: Unſers Hers
gend Geufzen und Gebet ift ihm ein füßes Abends
‚opfer, Wer will und kann die große Majeftät und
Herrlichkeit eines Chrüten ausreden? Wenn ein Glaus
biger getaufet ift,. fo find alsbald alle heilige Engel
feine Schutzherren und feine liebe Diener, welche ihm
willig und gerne dienen, und alles thun, was fie ihm
stur an den Augen anfehen koͤnnen. Alle Ereaturen
fteben den Chriſten zu Dienfte, und thut ihnen we⸗
be, daß die Unchriften alles nady ſich raffen und. zie⸗
ben follen. So iſt auch ‚der Tod mit den Chriften
verföhnet, und ihr befter Freund worden. Denn
Chriſten flerben nicht, fondern fie fchlafen. Der
Tod herzet, Füffet und bewähret fie in feinen Armen,
: wie eine Mutter. ihre Kindlein bewahret, bis an ven
jüngften Tag. Er behütet fie für dem ungeftüummen
Ungemitter auf Erden.
9 vu hodmwürdige Taufe! wie foll ich dich Doch
| fer rühmen und preifen? Du: bift mir viel zu hoch,
kann dich nicht erreichen. Du bift mir Waſſer,
wiewohl nicht ohne Chrifti Blut und Wort, und.
giebft doch Die ewige Seligkeit. O du hochgelobtes .
Violenwaſſer, Rofenwaffer, Zuderwafler, Heilmaffer,
Kühlwaſſer, au bift eine Bewunderung der Engel,
ein Schredeen der Teufel. Du bift ded Teufels Hölle,
aber der Ehriften Himmel, Du loͤſcheſt aus die feus
rige Pfeile ded Satans, und kuͤhleſt unfere Seelen.
Du erquiceft meine Seele, fo oft ich an dic gedenke.
Du tröfteft mid, und macheſt mich lebendig und. jung,
Du bift meines Herzens Spiegel und Schaufpiel,
In dir ſehe ih mein Heil, Aus bir Teuchtet meine
-
.
una ma...
344 Don den Gnadenmitteln
hriftlihe Herrlichkeit, welche ich wider die Pforten
der Hölle mit ganzer Macht zu vertheidigen ſchuldig
bin. Sch bin ſelig. Dies und fein anders foll ich
glauben und bekennen, ‚je felter ich vied glaube, je
beffer mir iſt. An vet lieben Taufe und an den fünf
Nofenwunden JEſu Chrifti habe ich meine boͤchſte
Luft. Wenn idy meine Augen zuthue, fo ſchaue ich
dich und die Wunden ZEfu Ehrifti an Ey we
ſchoͤn feyd ihr Doch, ja ih kann mich in euch fatt
fpiegeln. In den Wunden Ehrifti fehe ich eitel Lie
be, in dir ſehe ich eitel Heil, dich will ich immer
anſchauen, auch in meiner hoͤchſten Todesnoth. Dei
Herrn Chriſti Buße ift meine Buße, du aber bi
meine Reinigung, du bift mein Xroft, du bift die
Krone meiner Ehren, meines Herzend Wonne, ds
bift das höchfte Gut. Wer dich funvden hat, der bat
einen edlen, theuren Schatz funden, und er mas
wohl lachen, Deine Kraft ift unvergänglid, ewig
bin ich durch Dich rein, gerecht, heilig, gnadenreich,
himmliſch. Darum fol! may dich hoch heben, lieben
und loben. Nimmer fol man dein vergeffen. Go
oft ein Chriſt feinen Namen hoͤret, foll er für Freu⸗
ben auffpringen, jauchzen und fagen: Ich bin ſchon
felig, GOtt Lob und Dank, ich bin fchon felig! Dean
mein Name ift der Name meines Chriſtenthums, und
Das Siegel und Zeugniß meiner Seligfeit, welche ich
Schon habe und in völliger Macht befite, aber zu
feiner. Zeit, wenn ber belle und offenbarliche Tag
kommen wird, fol geoffenbaret werden. O du eds
les Waffer vom Himmel, du gebenedeietes Water,
du gnadenreihes Waffer, du Wafler des Lebens, vu
haft und, ‚nachdem wir aus dem Evangelio veiat
Kraft erfannt haben, lebendig gemachet in Chrifte
Ich wußte es nicht vor Diefer Zeit, daß ich felig war:
Aber nun hat mir ed Chriftus durchs Evangelium
gefaget, darum lebe ih nun in Ehrifte. Bor dieſer
Zeit war ich todt in Sünden, aber nun lebe ich in
der Gerechtigkeit Chriſti. Vor dieſer Zeit war ih
des Schatzes der Seligkeit. 245
tod in GOttes Ungnade, aber nun lebe ich in feiner
Gnade. Bor dieſer Zeit war ich tod im Tode, aber
nun lebe ich im Leben, O Evangelium, recht und
rein geprediget, welhe Wunder thuft du? Du bift
eine Predigt von unferm Heil aus unferer Taufe?
Aber dad will und der Zeufel nicht willen laſſen.
Denn wer Died recht weiß und wohl verftchet, Der
hat gewonnen Spiel, und ift vom Teufel erlöfet. Ich
tröfte mich deiner lieben Taufe in allen meinen N
then, wenn mich Armutb, Krankheit, Verfolgung
drüdet, fo: fprehe ih: Wohlen, ich bin getaufet,
ich bin ein Chriſt, ich bin felig, ih bin vein, ich
bin gereht, ich bin GOttes Kınd, ih habe in mir
den heiligen Geift Chrifti, ver Himmel und GOttes
Herz ftehen mir ftets offen, ich bin ein Befohlener
der heiligen Engel, alled muß mir zum Beſten dies
nen, und bin ein Erbe des ewigen Lebende. Darum
fol man von dir, heilige und heilwärtige Taufe, ims
mer predigen, in den Häufern, in den Schulen, in
den Kirchen. Wer did) prediget, Der prediget das
Evangelium: Wer dich nicht prediget, Der prediget
fein Evangelium. Darum, liebe Taufe, fo fol man
, für dich GOtt ſtets danfen, und in dir fol man
ftetd feine Seele baden, durch chriftlihe Neue, von
ben täglihen Sünden, meil fonft fein ander Bad
Minein
vorhanden iſt. Du bift allein das rechte Seelenbad,.
und fonft fein Ding auf Erden. Sn dir fol man
das unruhige Gewiſſen ftillen, mit dir foll man vie
Teufel verjagen. Mit dir fol man aufftehen, mit
dir fol man zu Bette gehen. Mit dir fol man efs
fen, mit dir fol man trinfen In dir fol man fin
gen, in dir foll man fpringen. Syn vir fol man la⸗
hen, in dir foll man fröhlich feyn, wenn alle Welt
trauret. Syn dir foll man ein fein rein züchtiged Le⸗
ben anfangen, und bereit feyn, jedermann zu dienen.
Mit dir fol man vie Gefangenen und Sterbenden
tröften. Mit dir foll man abfolviren. In dir fol
man einfchlafen und ſterben. Denn du biſt der einis
\
r
246. Don den Gnadenmitteln
ge. und wahre Troft unferer Seelen, du bift all
Was du nicht bift, das ift nichts, JEſu Chri
wahrer GOttes Sohn, GOtt mit GOtt, von Ewig—
keit her, du Heiland der Welt! das iſt, allen, di
an dich glauben, und auf deinen Namen fid taufı
Iaffen, und alle Abgötterei meiden. Dir fey Lob und‘
Dan? gefaget für dein Blut, für unfern Glauben,
für die Taufe, für unfer Heil und Seligfeit, und
Daß du uns fol großes Licht, nemlich, Die Erfennt
niß unſers Heild, durch dein Wort und Geiſt geof
fenbaret haft. |
Boom heiligen Evangelio.
1. Welches iſt dad andere Mittel, dadurch GOtt ben
Glaubigen den Schag ber Seligfeit anbent und dar⸗
en reichet ? |
Da ſſelbe iſt das heilige Evangelium, von dem Ver⸗
dienſt und Wohlthaten JEſu Chriſti. Denn was
und der Herr, Ehriftus durch fein Blut ermorben
und in Der Taufe gefchenfet hat, dafjelbige offenbaret
"und erinnert er uns für und für durch fein Wort,
auf Daß wird wiffen, und_ja nicht vergefien. Denn
ohne diefe Predigt willen wir überall nichts von uns
ferm großen Heil, weldhes wir aus dem Blut Chriſti
. im unferer Taufe erlanget haben. Dies Wort faget
und, daß wir für GOtt gerecht, GOttes Kinder und
Das Erben des ewigen Lebend feyn. Daher wird bad
Evanges Jiebe Evangelium genennet ein Wort ber Berföh
nung, 2 Cor. 5. das iſt, ein Wort oder eine reine
1. Ein Lehre von der Gnade GOttes gegen und, Denn es
| era. perfünbiget und Gerechtigkeit, Gnade und ewige
|: mung. Leben, und zeiget an wie reich wir in Chriſto JEfu
geworden find, wie St. Paulus faget zu denen von
Antiohie, Apoftelg, 13. So fey ed nun end
des Schatzes der Seligkeit. 247
Eund; lieben Brüder, daß euch verkündiget
wird Bergebung der Sünden, durd JEſum,
und von dem allen, durch weldhes ihr nicht
Zonntet im Gefeß Moſi gerecht werden
Und 1 Joh. 5. Solches habe ih euch gefhris . ..
ben, auf daß ihr wiffet, Daß ihr das ewige.
Leben haben | I
2. Warum wird dieſe Lehre ein Evangelium ger -
— nennet?
Evangelium heiffet dieſe Lehre darum, denn fie bes Denn fie
trübet die Herzen nicht, wie dad Geſetz thut: fon, Erfreuet,
dern machet fie fröhlich und lebendig, daß fie beros
wegen ein groß Gefallen daran haben. -
Salomo in feinem Hohenliede, Cap. 6. vergleis
het fie, die Verfammlung der Heiligen, einem Ro:
fengarten, Dad Evangelium aber, einem Rofenftoc,s. Vergli⸗
indem er von Ehrifto fpricht, Daß er hinab gegangen Ben er
fey in feinen Garten, und daß er. fih weide unter fenfod,.
den Roſen, und daß er Roſen breche. Wir find im Cant. 6.
Roſengarten, da eitel himmliſche Rofen wachen, ja
Mofen des ewigeri Lebens, die Chriſtus felber abbricht,
und und damit ergößet. .
Sirach thut ihm auch alfo, Cap. 24. Denn er und Sir.
heiffet die Weisheit des Evangelii einen Rofenfiod, 3
auferzogen zu Jericho, und faget, daß ihr Geruch
Tieblicher ſey, denn der Geruch eines Weinfiodd, wenn
er bluͤhet, ja viel Tieblicher denn Zimmet und koͤſt⸗
liches Gewürz. Und im 40 Cap. ermahnet er bie
beiligen Kinder, daß fie in der Lehre und Erkennt⸗
niß des Evangelii wachſen, und feines lieblichen Ge⸗
ruchs vol werden und fpriht: Wachfet, wie Die Ray
fen an den Baͤchlein gepflanzet, und gebet füßen Ge⸗
ruch, wie Weihrauch, blühet wie Die Lilien und rie:
het wohl. Ä | 0
[1
.
.
m
An. nen m te he m — —
— — — — —— — — —
243 Don den Snadenmitteln
3. Was iſt dad Evangelium?
Eine : Das Evangelium ift eine Predigt von Ehrifto, und:
Brest von feinen Bohlthaten, nemlich, daß. er fey des le⸗
won ere pendigen GOttes Sohn, und unſer getreuer Hei⸗
land, in feinem Blut, und daß alle, die an ihn glau⸗
- ben und getaufet find, Vergebung ihrer Suͤnden,
neue bimmlifche Gerechtigkeit, die Kindſchaft GOt⸗
tes und den heiligen Geift in Diefem Leben baben,
und Erben feyn des ewigen Lebens. Denn fo ſpricht
St. Paulus, Ap. Geſch. 3. Wir verfündigen
euch Bergebung der Sünden, durch Chris
ftum, weil ihr an ihn glaubet. Denn wer
an biefen glaubet, der ift gerecht.
Oder dad Evangelium, (mie ed Lutherus befchreis
bet, Sal. 1.) ift nichts anders, denn eine Dffendes
rung bes Sohns GOttes. Denn es lehret von Ehre
fto, daß er kommen fey, und ſich felbft zum Opfer
. gegeben babe für die Sünden der ganzen Welt, auf
Daß und die Sünden vergeben, und ewiges Leben
gefchenfet würde um feinetwillen. Bon diefem übers
aus köftlihen Schatz prediget dad Evangelium, unb
bat gar fein Geſetz von unferm Thun, es heiſſe wie
ed wolle.
|
4 Welcher ift der rechte Verſtand bed Evangelii?
— Der rechte Verſtand des Evangelii iſt, daß alle,
gen felig welche an Chriftum glauben, nicht verloren werben,
""fondern dad ewige Leben haben. Dies ift der Sinn
JEſu Ehrifi: GOtt hat uns felig gemadt
durch das Bad der Wiedergeburt, und will,
daß wir .fröblih in diefem Troſt wandels
follen, in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die
ihm gefällig ift. Diefen Sinn hat er uns offen
baret durch fein Wort, ja in unfer Herz gefchrieben
vard) lebendige, unauslöfchliche Buchftaben feines bei
ligen Geiftes, nach der Berheiffung, Ezech. 36.
des Schatzes der Seligfeit.. 249
3. Bas iſt dee heiligen Evangelii eigentlicher Inhalt und
| Endzweck? | '
Mas und in der Zaufe, von GDtt durch Chris Der Nu:
ftum ermworbeg, gefchenfet ift, das offenbaret und Eyanges
verfündiget und das Evangelium, weldes uns aud) li. 1.86
GOtt der HErr in dieſer angenehmen Zeit, durd of
Die ‚lieben Apoftel, durch Lutherum und andere geiſt⸗ Chrifius
liche Männer, reichlich gegeben hat, nad) der Ver⸗erworben
heiſſung, Pf. 60. Der HErr giebt das Wort mit
großen Schaaren Evangeliften. Wenn .aber ver Al:
mädtige unter ihnen hin und wieder Könige febet,
fo wird es helle, wo es dunfel if. Denn daB liebe
Evangelium befehret nicht allein die unglaubigen Heis
den und “Juden zu Chriſto, welches die einige wahre
Belehrung ift: fondern es zeiget auch denen, die.nun . _
glaubig worden find, die theure Schäße ver Geligs
keit, die fie in der Kaufe empfangen haben, wie ©t.
Paulus, 1 Cor. 2. fihreibet: Wir haben nicht em⸗
pfangen ben Geift der Welt, fondern den Geiſt aus
GOtt, daß wir. wiffen können, wie reichlich wir von
GOtt begnadiget find, welches wir aud) reden, nicht
mit Worten, welche menſchliche Weisheit lehren kann,
fondern mit Worten, die der heilige Geift lehret.
Defien haben wir ein fein Erempel, Ap. Geld.
13. denn da fpricht der hocherleuchtete Apoftel zu ven
glaubigen Juden zu Antiochia alfo: Euch if das .
Wort des Heils fürnemlich gefandt: Dar
um verlündigen wir euch die Berheiffung,
die zu unfern Bätern gefhehen ift, nemlich,
die gewiffe Gnade GOttes, dem lieben Das
vid, und feinen Glaubensgenoſſen verbeifs
fen. Desgleichen: So fey euch Fund, Lieben-
Brüder, Daß euch verlündiget wird Verge—
Bung der Sünde durch Ehriftum. Denn wer
en diefen glaubet, der iſt gerecht. \
Siehe, das: ift die eigentlihe Stimme des Evans
zei, das rechte guͤldene Gloͤcklein, ja Zünglein GO
250 Bon den Gnadenmitteln
tes, welches im neuen Syerufalem, in der berrlid
Berfammlung der Gerechten für und für klingen fo
Es werden aber durch dad Wort, Vergebung d
Sünden, verftanden alle Güter JEſu Ehrifti im e
ftien Bud) berühret, die er und durch fein Blut c
worben hat. Diefe Güter follen vie lieben Apoſt
und alle apoftolifhe Männer, die Diener und Au
fpenber ded Neuen Teſtaments, allen glaubigen Era
turen, Juden und Heiden, getroft und freudig, mi
großer Freiheit des Geiſtes, ohne ae Aengfttik
eit anfündigen und verfpreden, wie St. Paul
thut, 1 Cor. 3. da er alfo fpriht: Weil wir ta
Geiſt des Herm haben, der und tüchtig gemacht
bat, zu führen dad Amt des Neuen Teſtaments, ſo
brauchen wir großer Freudigkeit, und thun nicht we
Mofes, der die Dede vor fein Angeficht bieng, fü
fhen auch nicht GOttes Wort, fondern bemweifen mi
wohl gegen alle Menfchen, mit Offenbarung ber Behr
ledelli heit, aus Lauterkeit und aus GOtt. Denn obglad
dem glaubigen und getauften Häuflein noch grok
noh an Schwachheit am Leben it, daß fie ihren heiligen Wuth,
Eopag, und ben ganzen Fürfag und Willen nicht ſtets fin
peit ter nen vollbringen, auch vie Unglaubigen fich heftig a
Sünde, ſolchen der Heiligen Splitterlein floßen, fo fela
dennoch gleihwohl darum die theuren Evangeliſta
welchen das Amt der Berföhnung, oder bie Rum
machung der Gnade von GDtt zugetrauet ift, fein
-, Dede für ihren Augen und Mund hängen, und ba
Armen, Schwahen und Demütbhigen ihren himmb
[hen Reichthum und Troft verhelen, ſondern flat!
ihnen denfelben, bei Vermeidung ewiger '
aufs Allerväterlichfte fürtragen, als in einem ©
gel: und nicht fo lange warten, bis fie dermale
felbige Bild, nach ihrem Gewiſſen, verwandelt w
den. Denn je mehr ich höre und fepe von mr
bes Schatzes ber Seligkeit. 251
neuen Herrlichkeit, die ich in Chriſto habe, je mehr
ich mich derſelben annehme, und je herrlicher ich da
durch in mir, und für meinen geiſtlichen Augen wer⸗
ve, bis ich in meinem Gewiſſen, durch wahren Glau⸗
ben, fo herrlich werde, als ih für GOtt nad) feis
nen heiligen Gedanken und Worten bin, ja ald mein
lieber HErr Chriſtus felber if.
6. Faſſe mir dieſes etwas fürger und deutlicher.
Gar gerne. Das Evangelium iſt eine ſolche Lchre,gy Duelle
welche die Heiden zum Glauben Chriſti und zur Taufe um ar
ermahnet: Den glaubigen und getauften Chriften aberpiegriden
ordentlich angezeiget und verfündiget, was für Gna⸗zuniGlau⸗
benfchäße fie in Der Taufe empfangen "haben. Wer —
dieſen Unterſchied, nemlich zwiſchen Heiden und Ehri⸗Den édri⸗
ſten, nicht weiß, der machet ein Gewirre aus allemfen insel
und prediget nichts Gutes. Denn wer arm iſt, dem Ste.
muß man feine Armuth anzeigen und lehren, wie er
ſoll reich werden: Wer aber reich ift, dem foll man
einen Reichthbum anzeigen, und ihm lehren, mie. er
eine Güter recht gebrauden fol, Das zuderfüße
Zünglein des Evangelii klinget alfo: Werl ihr an
Spriftum glaubet und getaufet find, fo feyd ihr nun Inhalt
durch Ehriftum felig worden. Chriftus bat euch fer —
ig gemachet in der Taufe, denn er hat euch geſchen⸗ gelii.
'et die Vergebung, feine Gerechtigkeit, GOttes Kimds -
haft, und den heiligen Seift, ihr feyd nun rein,
br ſeyd gerecht, ihr feyd GOttes Kinder, ihr ſeyd
Ternpel des heiligen Geiſtes. Halter fell, was ihr
yabet, und laſſet euch euren Schatz nicht nehmen.
Send ihr aber noch am Leben gebrehlih, das laffet
ud leid feyn, aber verzaget darum nicht, und laſſet
Yarum Die Seligkeit nicht fahren. Denn ihr feyd
richt gottlos, noch ruchlos, noch verfiodet in Süns
en, wie bie Welt iſt, ob ihr wohl noch viel an
uch habet, das nicht zu Toben iſt. Nach diefem Lex
en aber werdet ihr empfahen vollfommene Neuheit.
252 Von den Gnadenmitteln
an Leib und Seel, und die Krone ber ewigen Hern
lichkeit, dafür, daß ihr hier in Chriſto gerecht, SOu
ted Kinder, und Erben des ewigen Lebens g
feyd, GOtt treulic) gepienet und der Welt redlich aus
geftanden habet.
Be 7. Bas faget hiegn Lutyerus?
| Das kannſt du aus nachfolgenpen Zeugniffen Eur
theri erſehen. | _
Kirchenpoftill, Winters Theil, fol. 2. Das Evan
gelium zeiget und die rechten ewigen Güter, Die wit
in der Taufe. dur Ehriftum empfangen haben: Unt
ermahnet und, Daß wir mit demfelben fürnehmlid
follen zu fchaffen haben. Daher wird diefe troͤſtliche
Predigt der Morgenröthe und Aufgang der Sonn
verglihen. Es ift nun alle da, was wir in da
Verheiffung gewartet haben. Durch das Evangelium
aber wird der Segen ausgetheilet.
Ebendaf, ©. 10. Das Evangelium lehret nichts
anderd, denn wer an Chriftum glaubet und getaw
fet ift, der ift gerecht, bat Gnade und iſt felig.
Ebendaf. ©. 23. Das Evangelium ift fo eine lieb
liche Predigt, daß ed den ‚heiligen Geift mit fid
bringet, im Predigen und Hören, gleihwie der Gow
nenglanz natuͤrlich die Hiße mit ſich bringet.
Ebendaſ. &. 193. Das Evangelium machet die
betrübten Gewiffen zufrienen, daß aller Gchreden
und Angit hinweg fället, und dad Herz wieber «er
freuet, und gleich neu geboren. wird,
. Ebenvaf. ©, 6. Das Evangelium Idfet das Hen
son Sünden, vom Tode und allem Uebel, durtqh
den Glauben an Chriſtum.
Ebendaf. Sommer:Theil, ©, 38. Um des Haw
fens willen des jungen Volks, fo nod) Daher waͤch⸗
fet, die ed noch nit wiſſen, muß man fol öffent
li Zeugniß oder Predigtamt treiben, auf daß fk
auch GOttes Gnade, fo er durch Chriſtum ums ga
a — TE — — |
des Schaßes der Seligkeit. 255
ſchenket und erzeiget, erfennen lernen, und alfo fein
Bert und Wunder durchaus öffentlich befannt und
- gepreifet werde, Dem Teufel und der Welt zuwider,
Wo aber Died Zeugniß gehet, da gehet ed gewißlich
nicht ohne Frucht ab, und fehlet nicht, es trift ja
etliche, die ed annehmen und glauben. Denn weil
ed des heiligen Geiſtes Zeugniß ift, fo will er au °
dadurch Fräftig feyn. Daher beiffet auh St. Pa
trus, 1 Petr. 1. die Heiligung der Chriften eine
Befprengung des Bluts JEſu Ehrifti, Damit uns der
;. heilige Geift befprenget, Durch Die Außerlihe Predigt
des Evangelüi, welches ift eine andere Befprengung,
venn der Juden Sprengwafler war. Denn hier ift
das rechte Weihwaſſer und Sprengblut bei einander
das ift die Predigt von. dem Blut unſers HErrf
JEſu Chriſti, welches wird gefprenget über die Seele,
. und wo 23 trifft, da feiret.ed nicht. Denn das Evans
gelium ift nicht ein vergeblih, todt Blut, fondern
ein fräftig, lebendig Blut des Sohns GOttes, und
laͤſſet die Seele nicht unrein bleiben, ſondern reiniget
und heilet fie von Grund aus, beide ver Sünde und.
Tod, fo lange, bis wir das gar los werden, und
mit Seele und Leib dad ewige Leben etlangen.
8. Ich vernehme aus gegebenem Bericht, daß mir der
Schatz ber Seligfeit durchs Evangelium gegeben werbe:
Wie kann das aber fepn, weil berfelbe in der Tau
fe, wie zuvor in ber eriten Frage des 1 Capitels
" biefed Buchs berichtet, gegeben wird ?
Merke dieſen Unterſchied: Die Propheten verheiſſen Die Tan:
. es, Chriſtus erwirbet es, die Taufe bringet es, Das hringet
Evangelium verkundiget es, der Geiſt verſiegelt es, Crengeü⸗
Dad Herz nimmt es, der Mund bekennet es, die yryir,
Engel fehen und loben ed. Denn wo uns die& nicht *
geprediget würde, wuͤßten wir nichts Devon, und
hätten auch keinen Troſt, noch Friede in unſern Oo
a
254 Bon. den Ginadenmitteln
wiſſen, ob uns gleich Chriftus von Sünden, Id
Was das und Hölle am Creuz erlöfet, und in der Taufe va
Evanzeli-Stinden abgewafchen hätte Darum, wer Dad Evar
hat apz gelium höret, ver fol willen, daß er Theil habe a
an aem, allent, das ihm im Evangelio verlündiget wird. "
— ſollen nicht zweifeln, ſondern wiſſen und glau
got. Daß wir haben die Gemeinſchaft der Heiligen, Das i
alle Güter, die in der heiligen chriftlichen Kirche
-funden werden. Denn darum werden fie und a
im Wort: fürgetragen, : Und wenn wir Davon höre,
follen wir unfere Hände aufheben und fprehen: G
Lob und Dank, diefe Güter habe ich in. meiner Ta
empfangen, und habe fie noch nicht verloren. Dem
—* Gaben ſtehen, wie feſte Berge, und laſſe
ich nicht aͤndern. |
d. So höre ich wohl, daß eined dem andern die Ham
beut und, dad Evangeliun offendaret, was die Taufe
. 0.7 gefchenket?
Du biſt auffrechtem Wege: Denn dad Evangelius
lehret nicht: wie ein .glaubiger und getaufter Chrik,
Cein Chrift fage ih, und nicht ein Heide,) allererk
ſoll felig werden:. Denn das wäre ein großer Unven
ftand, Vergeſſenheit, Verleugnung und Berfucung
GOttes, fondern es lehret und zeiget, daß alle, die
an Chriſtum glauben und getauft find, felig worden
find, und daß fie alles haben, was ihnen der HErr
Chriſtus am Ereuz erworben hat, ed wäre denn Sa⸗
he, daß man koͤnnte vergeblih an Chriftum glauben
und getaufet.jeyn, und ald wäre die Taufe nur an
Kinderfpiel, auf unfere Werke gegründet, Denn we
da glaubet und getaufet ıft, der iſt ſelig. Wer abe
ſelig ift, faget Auguftinus, der iſt felig, und kam
x nicht anderweit felig oder feliger werden, wofern er
nur anders Dur den Glauben’ in feinem Weinftod
Ein Glau JEſu · Chrifto bleibet und nicht durch Verachtung Ded
biger Bang vangeli, noch andere grobe greuliche Teufels: Sum
des Schages der Seligkeit. 255
sen und Lafter muthwilliger [und verſtockterweiſe ein@tied den u
Dlied des Teufels wird. eufeiß,
40. . Was habe ich mehr aus dem Heiligen Evangelio
E⸗ bringet zum andern das Evangelium Ehriftumderı An
elbft wahrhaftiglid, in der Slaubigen Herz, mit GOtt a
dem Bater und dem heiligen Geift, wie Chriftuscprigum, -
priht, Soh. 14. Wer mich liebet, der wird Ä
nein Wort halten, und mein Bater wird .
pn lieben, und wir werden zu ihm kommen,
ind Wohnung bei ibm machen.
. : Sa der Taufe koͤmmt zwar die ganze heilige Drei⸗Die Taufe
altigkeit zu uns, und vereiniget fih mit und, und ac
vohnet in und, wie St. Paulus, Gal. 3. bezeugetvas @vanc
and fpricht: Wie viel euer getaufet find, die Belum
yaben Chriftum angezogen. Und Xit, 3, Imank vers
ver Taufe iſt der heilige Geift über und reich, mebret
ih ausgegoffen. Aber nichts deſtoweniger er: —
seuert und vermehret ſich dieſe herrliche Zukunft u
HD tes mit dem Menfchen, fo oft ihm das Evans
jelium geprediget wird, und er ed mit Ernſt annimmt
and hoͤret. Denn Ap. Eeſch. 10. ſtehet, Daß ber
heilige Geiſt fihtbarlicher Weife gefallen fey auf alle,
die dem Wort St. Petri zugehöret haben. - Gold
eine Fiebliche, fröhliche, göttliche und Fräftige Stimme
ft die Stimme. des. Evangelii, wie wir denn auch
die Zukunft, und die Träftige Wirfung GOttes in
unfern Herzen fühlen, fo oft wir das liebe Wort von
unferer Seligleit mit Ernft und Andacht anhören.
: 44. Habe ich auch mach mehr aus dem Eoangeliot-
Zum dritten, werben wir durchs Evangelium nengesderbritte
boren, wie ©t. Petrus, 1 Petr. 1. bezeuget und den
foriht: Habet eudy unter einanper brünftig lied, alet, —8 |
bie. da wiedergeboren find aus unvergänglicem Saas ren
256 ‚Bon den Gnadenmitteln
. men, nemlich „aus dem lebendigen Wort. GOttes
Denn, je mehr Geift ein Menſch durchs Evangelium
überfönmt, je neuer, geiftliher und göttliher wirt
er. Denn aus dem Geiſt GOttes entfpringen allen
lei gute Früchte, welche Gal. 5. erzählet werben, nem
lich, Friede, Freude, Liebe, Gütigkeit, *5
Keuſchheit. Wenn wir ven heiligen Geiſt empfah
fo empfahen wir vie Klarheit GOttes, Die fpiege
ſich in und, oder leuchtet in.und, und wir werde
verfläret oder verwandelt, in daſſelbige Bild, nad,
dem inmendigen Menfhen, und werden ihm gleid
förmig in allen göttlichen Tugenden, 2 Cor. 3. Doch
geſchieht ſolches micht bald im Nu, fondern ter neut
Menſch ift no jung und ſchwach, nimmt aber von
Tage zu Tage zu, bis er ein volllommener Manı
werde, in der Maaße des volllommenen Alters JEſe
Ehrifti, wie St. Paulus Epheſ. 4, fchreibet.
12. Zur welches Kraft wirket dies alles das Evan⸗
gelium?
| Dar heilige Geift muß bad Belte zu Diefen Ex
den thun, nemlich, daß der heilige Friede m
Freude in den Gewiffen durch dad Evangelium af
gerichtet werden. Er muß ten Frieden und alle,
was fonft mehr zu einem gottfeligen Leben gehört,
pflanzen, mehren und erhalten. Denn dies iſt fen
Neid und Amt, wie St. Paulus Röm. 14. bezeu
get. Darum foll ein jegliher wahrer Chriſt, wäh
dem, baß er allen jeinen Fleiß wendet auf Dad wahn
Erkenntniß des Evangelüi, den heiligen Geift von
Herzen täglic anrufen und bitten, daß er ihn fegmt,
und ihm einen fieghaften Glauben, Friede, Freude,
GOttes Liebe und Furcht, ein gerechted, demuͤthiges
ſtilles, fanftes, nuͤchternes und züchtiged Leben ven
‚leihen, ftärfen und erhalten wolle, |
nn
35
.uRur nn
- —
des Schatzes der Seligkeit. ‚257
13. Wie fol das Evangelium recht geprebiget werden,
wenn man die itzt angebentete Nutzbarkeiten dar⸗
n aus erlangen will? |
Gleichwie ein kluger und getreuer Baumeiſter feines \
Gebäudes zuvor einen guten Grund leget, ehe er
Damit fortfähret. Alſo aud) ein kluger und getreuer
Lehrer fol zuvor einen guten Grund der Seligkeit —
legen in den Herzen ſeiner lieben Zuhoͤrer, ehe er
etwas anders mit ihnen anfahe und ſie weiter erbaue.
Denn was find güte Werke, over. was gelten fie,
wo das Herz nicht vorhin gut, Das ift, rein, ges
. fund, willig und GOtt gefällig it? Es fann aber
kein Herz rein, gefund, willig und GOtt wohlge
— — nm — —— —
fällig werden, es fey denn Sache, Daß ed durch Die
Predigt des Evangelii und durch des heiligen Geiſtes
Gnade aljo zugerichtet und bereitet werde. Denn al
lein dad Evangelium, recht und rein geprediget, mas
det durch Kraft des heiligen Geifted Die Herzen rein
von Sünden, gefund von Schreden, und willig zu
allen guten Werten. Wenn -fie aber fein Iuftig und
willig find in ber Liebe GOttes zu guten Werken,
alsdenn find ihre Werke recht gut, und gefallen auch
. Ott im Himmel, denn fie find in. GOtt' gethan.
Darum wollen es ja getreue Lehrer, welcher Abficht Erftlich
und Meinung ift, bei ihren lieben Zuhörern die Se⸗
of man.
en Leu⸗
ligfeit zu bauen, und rechte gute Werfe aufzurichten, ten wopf
bei dem rechten Ende anfahen, und einen guten Grunp“nbiben,.
&flein
kegen, das iſt, fie wollen das rechte reine Evangelium Eprino
ihren Zuhörern fo lange fürtragen und einbilden, bisbeworden.
fie im Slauben und nad) dem Gewiffen rein werben -
von Sünden, gefund am Herzen, und muthig zu‘
guten Werfen. Dies bat St. Paulus getban in als
len Kirchen, zu welchen er gelommen ift, wie er
Sprit, 1 Cor. 1. Ih als ein verftändiger
PP Er —
und weifer Baumeifter, habe den Grund ges .““ °
leget, nemlich ven Srund Der Geligkeit,
: | 17 oo
[5
IN von
258 Bon den Gnabenmitteln ..
oder den Grund der Öeredtigfeit, des Tro⸗
fte8 und des neuen Lebens. Den Grund der
Seligkeit und des Heils legen, heißt und ift nichts
anders, als foldye Xehren den Leuten, vortragen, Das
durch ihre Herzen rein und gerecht, voll Troſtes und
Freude, und auch vol heiligen Muths zu GOtt und
Was fie
dem Nächten werden.
Darum follen auch getreue Lehrer das liebe Evans |
für Wohl gefium ‚ von den Mohlthaten Ehrifti, fuͤrnemlich treis
von ihm
haben.
ben, und ihren Zuhörern wohl .einbiloen, auf daß
fie alle fämtlich, zuförderft aber die jungen Kindlein,
wiffen mögen, was fie in ihrer heiligen Taufe ems
pfangen haben, und anheben Ehriftum wiederum von
Jugend auf zu lieben. Denn um diefer Lehre willen
it das heilige Minifterium oder Predigtamt einges
ſetzet von Ehrifto, und iſt mit unfern Herzen alfo
getban, daß wir. verfelben Lehre nicht einen Augens
blic! entbehren koͤnnen, wollen wir anders für dem
Zeufel Friede haben. Ä
Iſt demnach hiemit meine ernfte Bitte an alle
Paſtores und Geelforger, daß fie ja diefe hohe Wohl⸗
that JEſu Ehrifti, nemlich, Die Abmwafchung aller
Sünden durch fein Blut, in der Taufe gefcheben,
den armen Gewiffen. wollen treulih fürbalten, und
fie Damit tröften. Denn wir follen nicht unfere Pre
digten alfo anftellen, ald hätten wir einen Haufen
ungetaufter Heiden für und, denen ‚man allererft
ſagen müßte, was fie thun follen, damit fie ihrer
Sünden los würden: fondern man foll den Chriſten
dieſe fröhliche Botſchaft fhärfen, daß fie Vergebung
der. Sünden ſchon hinweg haben, empfangen in ib
rer Taufe, Und daß fie zu foldem ihrem Hauptgut
nichtö mehr bedürfen, denn nur einen. fteten Glau⸗
ben, der fidy ſolches Schatzes tröftlid anmaße, und
darauf fein friedlich beruhe. Denn Das Evangelium
ift eine folche LXehre, welche und anzeiget, was wir
Gutes in Jeſu Chrifto haben, nad) ven Spruh Pau
li, 1 Cor. . Wir haben empfangen ven
‘ ..%
—
bed Schatzes ber Seligkeit. 289
Geiſt, der aus GOtt iſt, daß wir wiffen Pins
nen, wie reihlih wir von GOtt begnadiget
find Wir find begnadiget, ſpricht er: Welches güls
dene Präteritum man wohl in Acht nehmen, und
für dem Teufel wohl verwahren. foll, daß er ed uns |
durch feine Lift und Sophiſterei nicht nehme.
Darnad), wenn man die Chriften in Diefem Stud Damas
denugfam unterrichtet, und fie nun den heiligen Geiſtdae arifts
Durch Diefe fröhliche Mredigt empfangen haben, und en
Dadurch neue Menfhen, ja gute Baͤume worden find, hen
fol man fie alsdenn zu guten Werfen ermahnen,
und die Gefallenen allermaßen wieder aufrichten und
ftärfe n.
14. Was ſollen getreue Lehrer mehr in Acht nehmen,
ben richten. Finden fie Unglaubige, Juden oder {en hd
Heiden, fo füllen fie Fleiß anwenden, daß fie Piesnac ihren
felben zum hriftlihen Olauben durch GOtt mögendubirern
bringen, und zur Taufe reizen, auf daß fie Durd)
dieſe zwei Mittel. Die zeitlihe und ewige Geligfeit
erlangen, .und dem fünftigen Gericht entgehen moͤ⸗
gen. Finden fid aber Glaubige und Getaufte, fo
follen fie diefelben ftrads für befehrte Chriften ans
nehmen, und ihnen ihr Gebühr geben, das ıft, ih—
ren föltlihen und überfhwenglichen Reichthum, wel
chen fie in der Taufe erlanget haben, in hellen Flaren __
Sprüchen fürtragen und offenbaren. Sehet, liebes.
Boll, das iſt es, das ihr in der Taufe empfangen Be and
babet. Das find eure herrliche Kleider und koͤſtliche den Eprıs
Kleinodien, welche euh GOtt an den Hals EL LITE HE
hat. So und fo reich ſeyd ihre nun worden ER
feyd die allerfeligften Leute auf Erden. Ihr habet
alle Schäge der Weisheit, mit weldyen ſich eure Weids
heit befümmern foll euer Lebenlang. hr feyp mit -
dee neuen Gerechtigkeit Ehrifti, mit ver Gnade GOt⸗
2
richten,
..
BE TEST VEEEPOEEEe —4
' ,
260 Bon den Gnadenmitteln .
teö, mit dem heiligen Geift überfchüttet und erfüllet.
Das heiſſet Evangelium previgen: Denn fo babe
es Die Upoftel geprediget, wie man in der Apoitelges
fhichte und in ihren Schriften ſiehet.
15. Was follen fie mehr thun?
2.304 Die evangelifchen Prediger ſollen auch ihre hriftliche
nehmung
des Heils
ihre Zubd
z
erermah:
Zuhörer, welche Chriftum für ihren Heiland ın feis
nem Blut erfennen, und getaufet find, zur Anneh⸗
nen. mung und Beligung ihrer gefchenften Schäge treulich
ermahnen, wie ©t. Paulus thut, 2 Cor. 6. da er
fpriht: Wir ermahnen eud, daß ihr die Gna⸗
de GOttes niht vergeblih empfangen das
bet. Als wollte er fagen: Ihr habet ist ſchon Die
Gnade, und alled, was zur Seligkeit gehöret, allein
febet zu, daß ihr fie dur wahren Glauben anneh⸗
met, euch zueignet, für euer Gut haltet, wie fie denn
in der Wahrheit euer Gut ift, und für euer Eigen
tbum und Königreih, ald große gewaltige Herren,
beſitzet. Desaleihen 2 Cor. 2, Wir bitten eud
an Ehrifti Statt, laffet euch mit GOtt vers
föhnen, das ift, nehmer die Verheiſſung durd
wahren Glauben an, und traget fie immer in eurem
Herzen, und frohlodet darüber, und lebet verfelben
würdiglich, .ald Die lieben Kinder GOttes. Denn
an der Annehmung des Heils ift fo viel gelegen, ald
3. an feiner andern Sache auf Erden. Und weil die
hen Herzen zu folder Anmaßung fehr blöde find, fo fol
rung auslen von deswegen verfuchte und vernünftige Lehrer
dem Wese alle Anftöße und Verhinderung des Glaubens ihnen
saumen,
aus dem Wege räumen, und Das Harte fo mildern,
Daß es ihnen feinen Schaden thue, und fie alfo zur
gewaltfamen Eroberung ihrer eigenen Veſte fein bes
herzt madhen, wie GOtt befichlt, Ef. 62. Madet
Bahn, räumet die Steine auf. Saget der
Tochter Zion: Siehe, dein Heil kommet.
Siehe, Da ift es. Deögleihen Ef. 40. Tröftet,
des Schaßes der Seligfeit. 261.
— tröftet mein Boll, redet mit Serufalem
freundlich, wie fie ed gerne hat, wie fie e8
ibr wünfhen mag. Prediget ihr, Daß ihre Sorge -
ein Ende hat, und daß ihr alle ihre Sünde verges
ben fey.
16. Haft du noch mehr zu erinnern?
Tat Es follen auch getreue Lehrer die unreifen geifls 4. Die '
loſen Widerfpenftigen, welhe dem Wort der N EL Pe
und der gefchenften Seligkeit feind find und läfterlich hart Mens
widerfptechen, und die armen Leute zum ewigen Lau⸗ fen.
fen, und nimmer Ergreifen vermahnen, hart ftrafen,
‚wie ©t. Paulus gebeit, Ti. 1. und wie er auch
felber gethan bat faft in allen. feinen Epifteln, fon
derlich an die Galater gefchrieben, da er ausdruͤckli
ſpricht, Daß fie werben ein ſchweres Urtheil empfas
ben, welde ‘die lieben Chriften am rechten Verſtande
göttliher Gnade, durch den heiligen Geift an ihnen
beftätiget, irre machen, und ihnen den angezogenen
Ehriftum wiederum ausziehen, und alio ein anderes
Evangelium auf vie Bahn bringen, als er gepredis
et hat. |
® Ja, GDtt fpricht felbft zu den Lehrern, Ebr. 12,
Thut gewiffen Tritt mit euren Füffen, auf daß nicht
jemand ftrauchele, wie ein Blinder und Lahmer, fons
dern vielmehr gefund. werde. Das ift, ihr Lehrer,
nehmet euer Amt in Acht, fehet zu, was ihr predis
get. Habt ihr Heiden für euch, fo yprediget ‚ven
Heiden, wie den Heiden: Habt ihr aber Ehriften
für euch, fo prediget den Chriſten als Ehriften. Of⸗
fenbaret und verfündiget ven Chriffglaubigen und Ge-
tauften dad große Gut: welches fie von Chrifte in
der Zaufe empfangen haben. Gtellet ven Erben,
ja den Herren ihre Erbgüter zu, und Feharret auf
diefer Lehre, denn ihr ſeyd Lichter ver Welt, imo
dies ift euer Amt. Verkuͤndiget den armen Leuten
ihr Heil aufs fleißigſte, damit fie nicht hingehen, und
ze m. vr Am
L}
262 Men den Sinabenmitteln
tappen nad) dem Gut, welches fie fhon haben, als
hätten fie ed noch nicht. Denn wie ihr ihnen vors
gehet, fo gehen fie euch nadı. Was ihr ihnen pres“
Diget, Das willen fie.” Hinket ihr, fo binfen fie auch:
Gebet ihr aber recht auf, fo gehen fie- auch recht auf,
Und ſchauet ihr nicht zu fehr auf die Splitter in ih⸗
. ren Yugen, ald müßte man von deswegen die Taufe
‚an ihnen verläugnen, und fie des gefchenften Heil
berauben. Denn die Splitter fallen wohl aus, wenn
"das Licht des Evangelii von den geſchenkten Wohl
thaten erft recht in ihr Herz fcheinet, und laffet euch
Diesptitfelbft nicht zu beilig dpünfen, Denn ihr tönnet viel
enueihefeiht wohl Balken tragen, da die andern kaum Splits
tauften ter tragen. Verdammet ihr aber eure ſchwache Scha⸗
—5 fe, von wegen ihrer Splitter, ſo verdammet ihr euch
ſd dahen ſelbſt auch, von wegen eurer Balken. Der HErr
ſie ihres Chriſtus hat euch berufen, daß ihr ſeine Schafe wei⸗
Kr den follet mit der Lehre von feinem Blut Nah
dieſer Sache wird freilih der Sohn GOttes fragen
am jüngften Tage. Er wird nit fragen, wie ars
tig ihr Die gewöhnlichen Texte Difponiret und abges
handelt babet, fondern wie treulich ihr feine thenre
Erben in ihr Erbgut gefeßet, und wie reich ihr fie
gemachet babet. Da fchidet euch zu, Das wird euch
gewißlich widerfahren, J
17. Lieber, fage mir, was bie heiligen Apoſtel für eine
Art zu prebigen gehalten?
Wohin dieſe heilige Maͤnner kamen, da ſie wahre Chro⸗
-ften funden, welche den HErrn Chriſtum und fein Ben
dienft erfannt, und dur wahren Glauben angenoms
men hatten, vebeten fie aus GOttes Wort ferner
mit ihnen, und legten ihnen bie Hände auf, zur Be
ftätigung ihrer rechten Meinung und ihres vechten
. Glaubens, Denn fie führeten die Glaubigen und
Getauften nicht hinterwaͤrts ind Lerchenfeld, zum
neuen Grunde, die Seligkeit allererft zu fuchen, ge
des Schatzes der Seligfeit. | 263
rade, als wenn fie ihnen noch nicht gefchenfet wäre,
fondern fürwärts führeten fie diefelben, und fageten
es ihnen frei ind Angeliht, Daß fie. in der Taufe
wahrhaftig ſelig worden wären, und daß fie recht
und wohl daran thäten, daß fie ſolches glaubeten,
und daß fie ſich ja bei Leib und Gut, von andern
Wirbelwinden nicht follten umtreiben, noch auf eine
andere Meinung führen laſſen, wenn auch gleid ein -
Engel aus dem Himmel, fane. und wollte fie eines
andern bereden..
48 Kannſt du das auch beweiſen?
Ja, wir ſehen es fein „Ap. Geſch. 11. Denn das
ſelbſt fie die Gemeine aus Serufalem den Barna⸗
bam Antiohiam, die Brüder zu flärfen. Da er nun
dahin koͤmmt, und fiehet Die Gnade des rechten evan⸗
gelifchen Verſtandes und des Glaubens an ihnen,
wird er froh, leget ihnen die Hände auf, und er;
mahnet fie alle, daß fie mit feſtem Herzen an dem.
Herrn und feinen Wohltieten bangen bleiben follten.
Deögleihen Ap. Geſch. 13. Denn da ermahnet
St. Paulus die Juden und gotteöfürdtige Judenge⸗
noffen, daß fie bleiben follen in der Gnade GOttes,
Bas ift, im Erkenntniß und Glauben des Heils, zu
welchem. fie durh GOttes Gnade gefommen waren,
Denn ed ift nichts, Daß einer eine Zeitlang wollte
glauben, und in der Gnade GOttes fröhlich wars
dein, und in der Hoffnung des ewigen Lebens wider
den Teufel und die Welt mutbig feyn, hernach aber
wiederum abfallen, durch feine eigene Gedanken, oder
durch das Rauſchen ver ungelehrten rauhen Prophe⸗
ten, welden der grimmige Teufel aus den Augen
fiehet: fondern man muß beftändig bleiben im Glas
ben der Gnade, und aller andern angenommenen -
Güter, will man fie anders behalten, und folder
gewaltfamen Poſſeſſion, auch ritterlichen Kampfes und
Sieges, ein Kraͤnzlein der ewigen Ehren erlangen.
265 Won den Gnadenmitteln
Desgleichen Ap. Geſch. 14. Denn da ziehen St.
Paulus und Barnabas hin gen Lyſtram, Iconienund
Antiochiam, und färfen die Seelen der Jünger, und
ermahnen fie, daß fie im Glauben Chrifti und ihres
Heils bleiben, und daß wir durd viel Trübfal ins
Neid GOttes gehen müflen.
Deögl. Ap. Geh. 15. Denn da ermahnen Zus
das und Silas Die glaubigen Brüder mit vielen Wor⸗
ten und ftärfen fie. St. Paulus fpricht auch felbft
zu Barnaba: Lieber, laß und wieder binzicehen und
unfere Brüder vifitiren, durch alle Städte, in wel
den wir des HErrn verfündiget haben, wie- fie fi
halten, das ift, ob fie bleiben bei der erfannten Wahr,
heit, oder aber nicht? Denn der Teufel ift ein fols
her Meilter, weldher das’ Licht des Evangelii und
den Glauben an GOttes Gnade im Hut in ihnen
zerftören und zu nichte machen fann, durch Das ans
ſehnliche Prahlen der Sophiften, die traun auch eis
nen Kopf haben, der nicht geringe ift, wie Die Pas
tres nicht umjonft gelefen haben. Der Exempel fin
det man mehr, Up. Geſch. 16.. 18. und 22,
Es it aus St. Paulo zu erfehen, Daß man den
Getauften bernad; nichts anders geprediget bat, denn
von ihrer Taufe und Seligkeit, weil er fait in allen
Epifteln der Taufe des Heild, der Abwafhung, ver
Befreiung der Sünde, Zorn, Xeufel und Xod, ver
Wiedergeburt, der Erneuerung; ver Cinpflanzung
und Gemeinſchaft Chrijti, der Kindſchaft, ver Gabe
des heiligen Geiſtes, der Mohlriechenheit, der Dar
fiellung des Friedens, der Freuden des heiligen Wan
deld und göttlichen Wefend gevenlet.
Aber nun ein ander Evangelium auffommen if,
Darin man die Glaubigen und Getauften erft lehret,
wie fie follen felig werden, wird der Taufe nicht
mehr gedacht. Es ift au Fein Leben, noch beiliger
Wandel mehr bei den Leuten,. fondern alles ift geißs
lich tod, und darzu voll Geizes, Hoffert und Tro⸗
Bed, Daß einem. grauet zu leben,
— —
x
des Schatzes der Seligkeit.. - 265
19. Die fol ich mich gegen dad Evangelium, wenn «6
berichteter maflen vecht geprebiget wird, verhalten?
Mei in diefer angenehmen Zeit das Licht des Evan⸗Vegib dich
gelit erſtlich durch St. Paulum, darnach durd Mar; mit alten
tinum Lutherum, helle aufgegangen, alfo, daß ein
Fleiß auf
das liebe
jeder, der nur will, feine Seligkeit, oder feine em⸗ Evange⸗
pfangene himmliſche Güter leichtlich daraus erfennen. linm.
kann; als will es ſich ja gebuͤhren, daß ſich die lie⸗
ben Chriſten an dieſem hellen Tage auf keinen Schlaf
Der Nachlaͤſſigkeit, oder auf nichtige Welthaͤndel bege⸗
ben: ſondern ſich vielmehr ermuntern und bedenken,
was für eine guldene Zeit und herrliche Gelegenheit,
Meisheit zu, lernen, vorhanden fey, und verfelben
kluglich gebrauchen, wie St. Paulus gebeut, Röm.
13. da er fpriht: Werl wir wiffen, daß vie
Stunde da ıft, aufzuftehben vom Schlef, fins
temal die Sonne aufgegangen, und die heil;
fame Gnade im Wort erfihienen, fo laffet
uns ablegen vie Händel der Finfternig, und
und begeben auf die Werte des Lichts, und
"den Herrn Chriftum anziehen, mit allen .
feinen Wohlthaten.
Nun it ed Zeit, daß ein jeder die heidniſchen
Geſchaͤfte fahren laſſe, und fih nur flrads allein,
oder gar allermelft auf Die Lehre des Evangelit, in
St. Pauli und Lutheri Schriften verfaflet, mit gan»
zem Ernft begebe, daß er fi der verdienten und
geſchenkten Wohlthaten JEſu Chrifti daraus erkundi⸗
dige, daß er feiner Taufe Reichthum wohl erfenne.
Denn foldye Sorge ift beffer, als alle Schifffahrt und
Handtbierung auf Erden. Und ſolche Weisheit iſt
beffer, denn alles Silber und Gold, je, alle Perlen
und Edelgefteine, wenn fie auch gleich eitel Sapphi⸗
ren und Diamanten wären. Denn fein gefchenktes
Heil erkennen, ift ein Born alles himmliſchen Tros
ſtes, Friedens und Freude. Es ift ver Anfang des
»
266 Don den Onadenmitteln
ewigen Lebens, wie Chriftuß bezeuget, 305.17. Wer
einen gelehrten und geiftreichen Freund hat, ver halt
ſich zu ihm, ſollte er auch ferner nah ihm reifen,
ald die Königin aus Saba nad) des Könige Sala
monid Weisheit gereifet if. Denn an dieſer Weis
heit ift viel mehr gelegen,: ald ‘an. ber ganzen Web
Weisheit. Und weil GOtt der HErr felber indie
fen edlen Tagen unfere Sonne Licht feyn will, wi
ber Prophet Eſaias am 60 geweiflaget hat, fo ſol
von deswegen ein jeglicher Chriſt GOtt den HErn
um feine Erleuchtung, und um den rechten Verſtan
des Evangelä, oder um Erfenntniß des Heil vo⸗
@ebet eis Herzen anrufen und bitten: Mein frommer Ott:
de du haft mir in.der Taufe große und gewaltige Schaͤhe
wegen Ergeſchenket, die ich von mir felbft nicht veriteben ann:
tat Denn ih bin ein blinder Knabe in geiftlihen ©o
Säge, hen, und fehe nichts von meiner großen Herrlichkeit.
Ka, es ift mir gleich eine Thorheit und Gelächter,
wenn ic fhon viel Davon höre. Mein Mund ſtehet
nimmer zu, widerzufpreijen, ‘und wider dein beiliges
Evangelium zu Flügeln. Deromwegen bitte ich Dich,
erleuchte du mich mit deinem heiligen Geift, und thue
mir .meine Yugen recht auf, Daß ich fthe meinen gro
Ben Reichthum und Wuͤrde, die ich in meiner Taufe
von Dir empfangen habe. Das find bie rechten Wer
Fe, welche in viefen Tagen geichehen follen, die Werke
des Lichts und nicht der Finſterniß. Alles andert,
was Diefen Werken fürgezogen wird, ober mit d
felben gleich lauft, das iſt nur lauter Traum
und ein nichtig Ding, wenn es gleich eitel Fuͤrſten
handel wären.
.. Darum rathe ich allen Schönen, welhe Chriſtas
ſchoͤn gemachet hat durch fein Blut und allen Ro
“den, welche Chriftus reich gemachet bat durch fein
Leben, daß fie fih in GOttes Wort mit ganzem
Fleiß umd, Ernft üben, und ſich mit Feinem entſchul⸗
- digen, bis fo lange ihnen ihre Schönheit und Reich
tbum reht fund werde, und fie aus folhem Licht
ee ee ee — * — — — —— 2 2. — I J MT EEE Zus En 5—57
des Schatzes der Seligkeit. 267°
heimliche Sreude erlangen. Denn man fagt fonften
pon fihönen Leuten: weld eine lieblihe Schönheit, |
wenn man eine weiſe Seele bat. Snfonderheit ber .
will ich zu. diefem Fleiß chriſtliche Jungfrauen ermah⸗1636.
net haben. Junge Herzen ſollen der Welt abgeſter —
ben, und Paradieſe ſeyn, das iſt, Fuͤrſten⸗Garten,
gezieret mit allerhand himmliſchen Violen und Ror .. -
fen. Sie ſollen folgen dem Exempel der fchönenGerticte
Pulcheria, Kaiſer Xheodofii Schwefter, von weldyer giceppas .
Nicephorus Buch 14. Cap. 3. eine ſolche Hiftorie rud,von
feet: Der junge Kaiſer Theodoſius "hat von großer DELTOE,
Liebe und Andadht zu GOttes Wort Dad Neue Ter weria.
ſtament felber mit güldenen Buchſtaben auf ein reis
ned Pergament: Bud) ausgefchrieben, und es mit feis
ner Schweſter Pulcheria täglich gelefen.. Ef ift auh *
zu Mitternacht, wenn alles Hofgefinde in Völlerei
und Wolluͤſten gefhlafen, aufgeftanden, und hat mit
feiner Schweſter dem HErrn Chrifto zu Ehren Lobs
lieder gefungen, des Tages aber nicht anders ges .
than, denn eitel Worte des heiligen Geiſtes gefpros
‘hen. Pulcheria aber, welche mit einer. brünftigen
Liebe GOtt verehrte, bat zu Conftantinopel einen
gülvenen Tiſch in die Hauptkirche verehret, auf daß
Darauf die Bibel und Sacrament liegen möchte, wel:
ches Sacrament fie in unauöfprechlicher Ehre und
Wuͤrden gebalten hat. Wollte es GOtt! daß folder
Heiligen einer bei und auch feyn möchte, Aber He⸗
fiodus klaget, daß Frömmigkeit und Gerechtigkeit in
‚weißen Kleidern gen Himmel gefahren feyn, und daß 4
|
a. -- —— — —— — mn -- — u.
fie jo bald nicht werden wiederfommen, ein großer _
Wuſt aller Gottlofigkeit, Upgeredtigfeit, Hoffart, -
Trotz, Beratung, Freſſen, Saufen und Unzuht '.
| —* in ber Welt bis an den jüngften Tag bau ··
268 Don den Ginadenmitteln
20. Ich bin Feine Jungfrau, fondern ein Weltkind, (moͤchte
einer forechen), was babe ich denn mit GOttes Wort
zu fchaffen, oder fol ich ein Pfaff werden?
Dir du ein Weltkind? Ich meinete, du wäreft GDL
tes Kind, zur Erfenntniß deines Heild, und zu aller
Dankbarkeit berufen? Bift du denn gar nichts mehr,
als ein Weltkind, und ift das fo ein Föftliher Ruhm?
Wiege: Haft du aber nicht gelefen, lieber Alcibiades, was
faͤhrtichzeevon der Welt und ihren Kindern gefchrieben ftehet?
Weitfte- Joh. 14. Die Welt fann den heiligen Geiſt
be. nicht empfangen.
Joh. 17. SH bitte nicht für die Welt, fon:
dern für die, die Bu mir gegeben haft. 1 ob.
4. GOtt if in den Heiligen, der Teufel
aber in der Welt.
1 Joh. 3. Die Welt lieget im Argen, das
iiſt, im Teufel, wie in einem großen Blodöberg, und
"nimmt von ihm alle feine Art, Natur und Bosheit.
Höre hie zu, mein zarted Weltfind, was du für eine
ſchoͤne Dode feyelt, und was der Sohn GOttes von
Dir redet? Er fpriht, er will nun und nimmermehr
für dich ein Gebet thun, und du follt die Herrlich⸗
feit GOttes nicht beerben, noch befchauen. Aber id
hoffe, es fey dein Eenft nicht, wenn Du fo vedefl,
‘fondern du ſeyſt im Grunde ein -viel befferer Chriſt,
als viel ver andern, welche fi für Studenten und
Propheten ausgeben, und Das Ziel evangelifcher Weide
beit nicht erreichen, lernen immer, fommen aber nim⸗
mer zum Ende. .
Bon den Kiebhabern des Worts und der Wahn
er heit ftehen ſolche Sprüche, Joh. 15. Wer mich lie
fiepe, um bet, der wird mein Wort halten, und mein Bater
bie fiebe wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen,
"öitihenund Wohnung bei ihm machen. Desgleichen, was eim
Worie. folcher bitten wird, Das will ih thun. Joh. 17.
Ich Habe deinen Namen offenbaret denen, die du mir
— —
— vvvvvv9— ee
22
"des Schatzes der Seligkeit. 269
vor der Welt gegeben haſt. Sie waren dein, und
du haſt ſie mir gegeben, und ſie haben dein Wort
behalten. Die Worte, die du mir gegeben haſt, habe
ich ihnen gegeben, und ſie haben es angenommen
Darum bitte ich für fie, und nicht für die Welt. al
led, was dein ift, dad ift mein, und ih babe ihnen
gegeben bie Syerrlichkeit, die du mir gegeben haft. '
Ich bin in ihnen, und du in mir, auf daß fie. volls
kommen feyn in eins, und die Welt erfenne, daß
Du fie liebeft, gleichwie du mid) liebeft.
Darum, wer dad Evangelium hat und alſo hat,
Daß er es, fo. oft er will, felbft Iefen und hören
Tann, der danfe GOtt von Herzen dafür, und ger
brauche feiner weislidy, weil er es hat.
Es sollen billig vermögende Leute beö heiligen 1. Dante
Geiſtes Bücher in Sammet und Gold faſſen Inflen,feinzsort,
und fie in filbernen Laͤdlein verwahren.
Darnach fol auch ein jeder Chriſt für eine Pers Studire
ſon, zu aller Zeit, zum voraus aber Morgens, ehe dann
Die ſorglichen Dörner zeitlicher Güter, in das Herz dig.
fallen, in heiliger göttliher Schrift ordentlih und
fleißig ftudiren.
* Denn wer bie Schrift aufthut, der gehet ins rechte
— hinein, und findet daſelbſt den Baum des
ebens. Kein Luſtgarten kann fo liebliche und wohl
riechende Violen, Roſen, Lilien und Nelken geben,
als die heilige Schrift liebliche und wohlriechende
Sprüdjlein. giebt, welcher das Allergeringfte theurer
zu achten ift, denn Das feinfte Gold in den glüdlis
hen Inſeln.
Ein reicher katholiſcher Kaufmann, da er aus ttemel
Schickung GOttes in feinem Alter über Luthers Bi; xanfe
‚bel kam, welche er zuvor als Dtterngift vermieden maunt, fo
und geflohen, weinete er bitterlih, Darum, Daß er Tabns
fein beſtes Leben ohne fo reichen Troſt hätte zuge; thum bes
bracht. Ad! fprady er, was habe ic gethban? Um ae
Geld iſt es mir zu thun gewefen, Geld habe “ bes wie (ich
270 | ' Bon den Enadenmitteln-
der Sots fommen, aber den rechten Schaf, den ich itzt ſehe,
epabe habe ich nicht gefunden. |
Bin ich doc bei meinent großen Gelde niemals
von Herzen fröhlih gemwefen: Ja mein fündliche
Herz ift mir bei den unreinen troftlofen Suͤnden⸗
Pfuͤtzen gar verſchmachtet. Noch bin ich über folche
beillofen Lehre verftürget, gewefen. Aber. GOtt fm
Lob, daß ich zu diefem Heilbrunnen gefommen, nun
will ich mich, fo viel ich immer kann, durch EOt
. ted Önade wiederum ergößen, und mir meine liche
Nropheten und Apoftel nimmer aus ben Händen
Tommen laſſen. |
Wie man, „Es ſollen ſich aber Chriſti Schüler, fo da in
frugtbarsheiliger Schrift ſtudiren, hiezu gewoͤhnen, daß ſie
tichin nur auf einmal ein einiges beſonders Bluͤmlein au
en, einem jeden Capitel heraus nehmen, weldyes fie den
diren fon. ganzen Tag ber heimlich in ihrem Herzen kaͤuen—
Hilf GOtt! mad Saft und Kraft wird daraus en
folgen. Seine fremde Gedanken aber follen ihnen
»* ſolche Blümlein aus dem Herzen vertreiben, damil
ſie heilige Würzgärtlein Eöftlicher Pflänzlein feyn und
-bleiben mögen.
Fürs dritte foll-auch ein jeder Chriſt täglich mit
hoher Andacht das liebe Evangelium hören, damit
das angezündete Lichtlein göttliher Erfenntnif, Glw
ben, Frieden, famt andern Gaben des heiligen GW
ftes, in ihm möge wacfen und zunehmen.
Denn ver heilige Geift wirket fürnemlidy durä
die mündliche Predigt. des Worts in und, aljo, dah
vielen über dem ſuͤßen Getöne des heiligen Evangeli
die Augen übergehen, welches Fein Catholik von fo
ner Marter s Predigt reden fan.
Ich habe gefehen, daß ein feuriger Zuhörer mit
ten unter bem Volk aus der Kirche gelaufen, va es
faum halb aus gewefen, nur darum, daß er die fröf
tige Wirkung des heiligen Geiſtes in feinem irvifcen
Gefaͤß, (wie er fagte,) nicht länger ertragen .
des Schatzes der Seligkeit. 271
Was man aber in der Kirche aus oͤffentlichen
Predigten des goͤttlichen Worts gehoͤret, das ſoll man
in feinem Herzen, als einen theuren Schatz mit ſich
heimtragen, und fleißig bewahren. Dehn fo lange
wir GOttes Wort durch ftete und ernfte Betrachtung
in unfern Herzen tragen, fo lange find_unfere Hers
zen Tempel GOttes, und fo lange wirket auch der
heilige Geift in und, \
21. Was hältft du von ben Veraͤchtern und Spöttern des
| heiligen Evangelii?
Sieheſt du, Daß einer GOttes Wort, (ich verſtehe
das heilſame Evangelium von der Gnade OOttes
durch Chriftum) gar nicht hören mag, dafür fleucht,
oder fein Gelächter daraus hat, wie gemeiniglich die, -
“ gottlofen Philöfophen und andere Weltkinder zu thun
pflegen, fo gedenke nur frei, daß Derfelbige mit etlis
hen Schod Zeufeln beſeſſen fey. |
Menn Dir ed aber wieverfähret, mein lieber Pfarr⸗
Herr, oder wer du bift, daß dir dein liebes Evans
. gelium auch veradhtet und verladyet wird, fo betrübe
did darüber nicht zu Tode, denn: folde Buben, vie
ihren Spott mir dir treiben, find befefiene und wahns
. wißige Teufelönärren, die du nicht werth achten fols
leſt, den geringften Seufzer ihrethalben aus deinem
Herzen zu verlieren. Es find ſolche Leute, vie fich
ſelbſt nicht werth achten göttlichen Xroftes- und des
ewigen Lebens, wie Ap. Geſch. 13. ausprüdlich von
: ihnen gefchrieben ſtehet. Ä
|
Das IV. Capitel.
Zu 0.
Dom Slauben
1. Durch welches Mittel nehme ich den Schatz jr mir, |
| welchen. mir GOtt durch die Taufe fchenfet, und
durchs Evangelium offenbaret?
Dies Mittel iſt der wahre chriſtliche Glaube,
—* —
272 Von den Gnadenmitteln
7 2. Was if das für ein Glaube?
Der wahre Glaube, welchen GOtt anftehet, ode
welchen GOtt fordert, ift ein herzlihed Vertrauen
zu dem Herrn JEſu, daß er ſey des lebendigen
GSttes Sohn, und unfer lieber Heiland, welcher
aus großer Liebe, um unferer Sünden willen, am
Ereuz geftorben, und um unferer Gerechtigfeit willen
“4 von den Todten erſtanden iſt.
3. Wie beſchreibet duther dieſen Glauben?
Glaube iſt es, (ſchreibt er in der Kirchenpoſtill, Win⸗
tertheil, ©. 49.) wenn fih ein Menfh des HErn
Chriſti und aller feiner Gerechtigkeit annimmt, ai
feines eigenen Gutes, troßet und verläffet fih Darauf.
Wer alfo an Chriftum glaubet, der zeucht ihn an.
Wer. aber folhen Glauben nicht hat, ver glaubel
noch nicht recht, ift auch Fein Chrift, fein Herz wird
auch nicht fröhlih. Denn allein dieſer annehmlicye
Glaube mahet wahre Chriften froͤhlich, fiher und
felig, da muß der heilige Geift mit feiner Kraft woh⸗
nen.
4. Beweiſe mir, daß dies der wahre Glaube ſey?
— Daß dies der wahre Glaube ſey, kannſt du aus dem
derwapre Geſpraͤch, welches Chriftus mit Petro gehalten, ab⸗
—8 ‚nehmen. Denn da der HErr JEſus St. Petrum
Matth.is.Iragte, Matth. 16. wad er von ihm bielte, antwor
tete und fprah er: Du biſt Chriſtus, des Is
bendigen GOttes Sohn Daraus fihlog ie
HErr, Daß er den rechten wahren Glauben hätte, |
“auf welchen er fortbin feine Kirche bauen wollte, fo Ä
feft, daß auch Die Pforten der Hölle, die allermäd |
tigften Teufel, fie um ſolches Glaubens willen nicht |
” Aberwältigen ſollen.
Denn
|
|
|
des Schages der Seligkeit. 275
Denn die Kirche, die Gemeine GOttes, das hei
Tige werthe Volk GOttes, hat feinen andern Grund, -
ja feinen andern Saamen, noch Urfprung, denn nur
allein ven herzlihen wahren Glauben, daß Chriftus
GOtites heilmwärtiger Sohn ſey. Wer an ven Sohn.
GOttes glaubet, der, it ſchon wiedergeboren, und .
bat ein ftattlides Zeugniß und Siegel, daß er GOtt
zuftebe, und, daß ei gehöre in die heilige Verfamms
lung, unter die Kinder GOtted, und Theil habe am
Reich, das it, an allen bimmlifhen Gütern GO
ted, und daß er im Heil alfo gegründet fey, und
Daß er für der aͤußerſten Macht des Teufels wohl
bleiben fol. St. Paulus. befennet ed auch, daß Died, user,
Der einige wahre feligmachende Glaube fey, indem er Paulo,
Roͤm. 10, ſpricht So man mit dem Herzen ", 10»
glaubet, und mit dem Munde befennet, daß
JEſus ver HErr fey, welden GOtt aufers
wedet babe von dem Tode, fo wird man
felig. | |
Deögl. St. Johannes, 1 Joh 4 und 6. Wer, 51.30
da glaubet, daß ZEfus der Chriſt fey, der ꝰ;
it aus GOtt geboren, und in demfelben
wohnet GOtt, und er in ibm, Br
Und D. Martin Luther fihreibt Theil 4 Wittenb.z, Autper,
©. 311. daß Died der einige wahre Glaube fey, wenn
man den apoflolifchen oder chriltlichen Glauben mit
Herz und Mund betet und fpriht: Ich glaube an
ZJEſum Chriftum, GOttes eingebornen Sohn, uns
fern HErrn, empfangen von dem’ heiligen Geift, ge
boren von der Jungfrauen Maria, ꝛc. Die Worte.
Lutheri find dieſe; Es iſt fürwahr ein wunderbarlich
Ding, daß die Erlöfung unfertbalben fo leicht ſoll
sugehen, und ſolch trefflich groß Werk ausgerichtet
fol werden, allein durdye Wort und Blauben, fo
daran haͤnget. Denn es fol nicht menſchliche Huͤlfe
dazu fommen, fondern nur allein das Wort, das
wir bier fprechen: Ich glaube an JEſum Chriſtum,
für mich empfangen, geboren, arfesubiget, geftorben,
274 : Don den Gnadenmitteln
begraben, auferftanden: Welches zu rechnen auch die
Kinder in ver Wiege können, damit ſoll ſolch treff⸗
lich Werk ausgerichtet werden, Daß wir Dadurd) neue,
reine, gerechte und angenehme Creaturen feyn follen,
welchen GOtt nach dem Sterben will den Himmel
geben. So weit Luther
Derowegen, wo nun folcher Glaube iſt, oder wer
ſolchen Glauben hat, der wiſſe auf das Sicherſte,
: daß er den wahren ſeligmachenden Glauben habe, und
fen. nun binfort des Glaubens halben unbefümmert.
Denn ed ift fein anderer Glaube den Menſchen ges
geben, dadurch fie koͤnnen felig ‚werden, denn nur
allein der ſchlechte einfältige Glaube des Herzens an
JEſum Khriftum, daß er GDttes Sohn, und unfer
lieber Heiland ſey. je einfältiger einer Died glaubet,
| je beffern Glauben er hat, und je näher er dem Heil
. iſt Einen ſolchen Menſchen hat GOtt angeſehen
mit den Augen ſeiner Liebe und Treue, und hat ihm
das beſte Kleinod. geſchenket. Er hat ihm geſchenket
die Wurzel und den Baum des Lebens, ewiglich hat
| er ihn auserwaͤhlet. Und ein folcher Menfh mag
such ‚wohl froploden, und GOtt danken.
Zum andern wiſſe auch ein ſolcher Glaubiger, ba
er nun wahrhaftiglich befehret ſey. Denn die einige
wahre Bekehrung ftebet im. Glauben an Chriſtum,
wie St. Petrus bezeuget, 1 Petr. 2. Ihr waret
weiland wie die irrende Schaafe, Ser nun
feyd ihr befehret zu dem Hirten und Bis
| ſchof eurer Seelen.
5. Warum erwaͤhneſt du dies in fie ; baß der Glaube
—5 ſind viel | und zwar nicht geringe — in
beß dider dieſem falſchen Wahn erſoffen, daß ſie noch nicht be⸗
Sunden. kehret ſeyn, weil fie noch Sünden haben, ob fie gleich
| ‚an Chriftum glauben. O gedenfen fie, wenn willt
— du dich auch "einmal recht bekehren?
— — 5 —7— — — En 2 “ — — — En
des Schatzes der Seligkeit. 275
Und weil fie fi) an ihrem Leben felbft fo ärgern, .
fo werden fie durch dieſe Gedanken abgehalten. von
dem Vertrauen der Gnade GOttes, ja- von allen
: Berheiflungen des Evangelii. Sie nehmen fi) Feines
Troftes an, fondern laflen alles fürlber gehen. Denn
fie find noch nicht befehret.. Unter allen Schalkhei⸗
ten des Teufeld ift dieſe' nidyt die Geringſte. Und
entſtehet ſolche Blöpigkeit fürnehmlid aus dem Ze
tergefchrei der rauhen Propheten, welche felbft nicht
wiflen, was jie fagen, und auch nicht thun, was fie
Ichren. Nun ift wohl wahr, ja es ift zumal billig -
und recht, Daß ein neuer Menfh, welder nun in
einem neuen bimmlifchen göttlichen Stande ift, oder
GOttes Kind ift, ſich durd den Geift der Wieders
geburt und Erneurung täglich mehr und mehr reinis
gen, von der Anklebenden Sünde, und dem Leben.
GOttes immer näher und näher fommen fol, Denn
GOOtt hat und wahrlich nicht berufen zur Unreinig⸗
feit und Ungerechtigkeit, fondern zur Neinigkeit und
Gerechtigkeit: Aber da gleich desfalls bei den lieben
GSttes Kindern nody etwas verfäumet würde, daß
fie ſich ſo bald nicht ermuntern koͤnnten vom Schlaf -
der Sünden, oder es bliebe noch Unvollfommenpeit
bei ihnen, wie denn wohl bleiben wird, fo lange wir
bier leben: So fol man Barum gleihwohl an der
wahren Belehrung nicht zweifeln, noch ſich darum
für unbelehrt halten, fonvdern mitten in der dußerften
Schwachheit foll man fich für. einen wahren befehrten
- Chriften halten, um des Glaubens Chrifti willen,
welcher Glaube alles in allem ift, und den Menſchen
für GOtt recht neu. und theuer machet. Denn wie
gefaget, und aus St. Petro bewähret, der Glaube
an Chriftum ift die einige wahre Belehrung, welche
für GOtt gilt.
Hieher gehören bie edlen, theuren Sprühe Lu⸗
tberi, weldye mir einmal ein feiner’ alter gelehrter
Herr gegeiget hat, “
18 *
N Ve VE
276 Bon den Gnabenmitteln
In der Kirchenpoftill am Tage der Kirchweihung,
©: 66. Wenn das Gefchrei ausgebet: Das Weich
der Himmel ift nahe herbei Tonnen, beijert euch!
Da hat der Menſch feine Zuflucht zu feinen Werfen,
aber er richtet nichts damit aus, er bleibet unſtet,
wie vor: denn die Werke ftillen das Gewiſſen nicht,
machen auch feinen Frieden im Herzen. Wenn aber
#
Chriftud der Heiland und Friedefürft fommt, und '
der Glaube fich feft daran hält, da höret ver Uns
friede auf, und die Pforten der Höllen mögen fol
ches Gewiffen nicht überwältigen,
Ebendaf. am Sonntage nad) Oftern, S. 36. Wenn
du die fchönfte Frucht waͤreſt, fo die menſchliche Nas
tur tragen: fann, fo fannft du doch GOttes Reich
nicht fehen, Du werdeft denn gar ein anderer Menſch,
von neuem geboren. Das wirft du aber felbit nicht
anfahen mit Deinen Gedanken und Kräften, denn du
kannſt dich freilich nicht anders machen, al3 du ſchon
geboren bift, von Vater und Mutter, fondern GOtt
muß ed in dir anfahen, und feinen Samen Dazu ges
ben, nenlih, fein Wort, dadurd der heilige Geiſt
in dir wirke, daß du mit dem Glauben daran haͤn⸗
geft. Hoͤreſt du Das Evangelium von Chriſto, und
glaubeft demfelbigen von Herzen, fo bift du von
GOtt empfangen und geboren, bift eine neue felige
Creatur, und kannſt die Welt,‘ das ift, den Teufel
mit aller feiner Gewalt überwinpen.
Ebendaf, Wintertheil, ©. 14. Das Evangelium bes
kehret Die Menſchen zu Ehrifto, und fonft zu niemand.
Darum läffet er au das Evangelium ausgehen, und.
fendet Prediger, daß er dadurch ung alle zu ſich zie⸗
be, daß wir ihn erkennen, wie er gefaget, Joh. 12.
Benn id erhaben werde, will ih fie alle
zu mir ziehen. |
Diefer getreue Unterriht von wahrer Belehrung,
boffe ich, ſoll vielen Verſtaͤndigen lieb feyn, fürnems
lid) den blöden .und vermwirreten Schäflein, welde
für ihren Sünden und Unbußfertigkeit nicht wohl har
—
des Schatzes der Seligkeit. 277
ben ſchlafen, ja ſich keines evangeliſchen Troſtes ans
nehmen koͤnnen. Dieſe werden, hoffe ih, ein Herz
faſſen, und nunmehro für bekehret halten. Jedoch,
daß ſie nicht ablaſſen, durch ein tiefes Seufzen zu
GOtt, und durch Hülfe des heiligen Geiſtes, ihr
ſuͤndliches Leben zu beſſern.
6. So höre ich wohl, daß Luther auch dem Olauben viel |
zueignet?
J Freilich thut er das, wie Du aus den angezogenen Luther.
Zeugniſſen erſieheſt, und aus dieſem erſehen kannſt,
welches. in feiner Kirchenpoſtill am Pfingſtmontag ſich
befindet. J
Der Glaube, ſpricht er allda, iſt das güldene
- 2ädlein, darin man den Schatz legen ſoll. Denn
wie GOtt den Geber, der durch feine Liebe ſolches
ſchenket, alfo find wir die Nehmer durch ven Glaus
ben, welcher nichts thut, denn ſolch Geſchenk empfa⸗
Bet: Es iſt ſchon alles dargeſchenket und dargegeben,
allein daß Du das Herz aufthuſt, und ſtill haͤlteſt,
“ und läffeft dich füllen. -
Und bier fieheft ou, was der Glaube fey, nems
ih, ein folh Herz, dad darin ſich fchleuffet und
foffet den Sohn GOttes, wie Diefe Worte lauten,
und gewißlicd dafür halt, Daß GOtt feinen eingebors
nen Sohn für uns gegeben, und uns alſo gelieber,
daß wir um defielben willen nicht verloren feyn,- fons
dern dad ewige Leben haben follen. |
Und ein folder Glaube fiehet nit nach feiner _
Stärke oder Wuͤrdigkeit, wie die Reber träumen, fon.
dern äußert fi felbft, und hält fih an Chriſtum,
und ſchleuſſet ihn in fi, als fein eigen gegeben But.
Denn der Glaube ift ja nicht der Schag von GO
gegeben, daran man glauben foll, fondern Chriftus
‚ ®Dttes Sohn.
Aber, wie groß und unausͤſprechlich dies alles iſt,
ſo if doch Dagegen viel größer und wunderbarlicher,
278 | Don den Gnadenmitteln
daß ein menfhlid Herz alles fol Fönnen glauben,
Denn da muß ein Herz fenn, dad ba. kann faffen,
. "mehr, denn Himmel: und Erde vermag zu begreifen;
dag man muß feben, was für eine treffliche, göttliche
Kraft und Werk ver Glaube 'ift, der da kann Der
Natur und. aller Welt unmöglicdhe Dinge tbun, und
nicht weniger Wunder ift, denn alle GOttes Wun⸗
ber. und Werke, noch größer, denn ‚dad, daß GDtt
iſt Menſch worden, von einer Jungfrauen geboren,
wie St. Bernhardus ſagt; Denn alles iſt gar zu
gkoß, und des Menſchen Herz gar zu Flein, enge
| und ſchwach, daß es für folder Größe fi ch entſetzen
und erſchrecken muß.
Darum gehet es auch in großer Schwachheit zu,
und kann auf Erden nimmer alſo erlanget und gefuͤhlet
werden, wie es ſollte, ſondern bleibet noch immer
im Wuͤnſchen und Seufzen des Geiſtes, welches auch
dem Menſchen ſelbſt unausſprechlich iſt, da das Herz
ſaget: O, daß es wahr waͤre! Ach, wer es koͤnnte
glauben! Aber dennoch thut ſolches Seufzen und
Fuͤnklein des Glaubens fo viel, daß es GOtt für
einen voͤlligen Glauben rechnen wil.
Im Wintertheil der Kirchenpoſtill, S. 118.
Der Glaube machet aus Chriſto und den Men
ſchen ein Ding, daß beider Habe gemein werde. Was
Chriftus ift und hat, das ift des glaubigen Menſchen
auch, und wiederum.
Ebendaſ. S. 149,
Der Glaube iff ein groß Ding. Denn er brin
get dem Menfchen alle Güter Chriſti, und nmachet
ihn fuͤr GOtt rein, erecht und ſelig.
Ebendaſ. S. 117
Der Glaube vertilget die Suͤnde, und machet
die Perſon gerecht und angenehm. Wenn aber die
Perſon gerecht und angenehm worden iſt, ſo wird
{fr der heilige Geiſt und bie Liebe eingegoſſen, daß
ſie Gutes thun mit Luft.
Des Schatzes der Seligkeit. 279
Te Damit ich dies alles beſſer verſtehe, berichte mich, was.
* an GOtt glauben heiſſe?
Mn SO glauben heiffet,.. fi fih fröhlich auf GOttenSis fell
väterliche Gnade verlafien, in allen Sachen fidy alles Böttes
Gutes zu ihm verfehen, und alles Gutes von ihm. Gnade
gewarten. Und dafjelbige follen wir audy thun. Wir rrlaflem
folfen unfern Glauben und Vertrauen auf Feine Ereas
tur ftellen, fondern allein auf GOtt. Denn feine -
Creatur fann und weder Gutes, noch Boͤſes thun,
es ſey denn GOttes Wille, wir felbit Fönnen uns
auch nicht rathen, noch helfen. Das gefällt GOtt
dem HErrn wohl, und alle die ed thun, hält er
für feine liebe Kinder, und erzeiget fi gegen ihnen
in allen Dingen, wie ein freundlicher Vater. Wer -
fih aber auf Menfchengunft, Kunft und Gewalt vers
= laͤſſet, dDerfelbe Glaube ift nicht recht in GOtt, und
vertradet ihm nicht recht, und ihm kann auch nicht
geholfen werden.
Derowegen ſoll man alle Ereaturen fahren laſſen,
und ſich allein an GOtt halten. Denn weil nun
der HErr JEſus feine Glaubigen und Getauften bes
freiet hat von dem Zorn GOtted, und fie gefehet
mitten in ten Gnadenfhooß - GSites, ſo ſoll nun
von deswegen ein jeglicher Glaubiger und Getaufter
dies wiſſen, und auch von Herzen glauben, daß nun B
ber Zorn GOttes durch das Blur. IEſu sanlih_a -.
toͤdtet und getilget ſeyn, und daß er nun in der
hoͤchſten Gnade bei GOtt ſey. ein jeglicher ſoll ihm
die Gnade GOttes auf das Allerkoͤſtlichſte und Lieb⸗
lichſte einbilden, wie er immer kann. Er ſoll ſich
zum Gnadenkinde ſetzen, welches GOtt mit den al⸗
lerliebften und freundlichſten Augen anſchauet, wel:
chem er zulachet, welches er herzet und kuͤſſet, wel⸗
chem er ſonderlichen Segen und Befoͤrderung zuſa⸗
get. Sprich: GOtt iſt mein Vater, ſo bin ich ſein
Kind, welches er im Herzen lieb hat, darum ſo wird
er mir ir auöhelfen, durch ſeinen lieben Sohn, aus allen
2202 Don ben Gnadenmitteln
meinen Noͤthen. O er wird mir noch wohl tbarm,
‚nah feinem Wort: Wie will ich dir ſo wohl thun,
Ephraim, du mein trauted Rofenfind. Er wird mir
fo helfen, daß fih verwundern werben alle meine
Feinde, und alle die, fo es hören. Denn Darum
bat er mich erniedriget und unterdrirden laſſen, auf
Daß er mid noch hebe. Er wird mir geben das
‚Süße meines Herzens. Meines Herzens Wunf wird
mir noch zulachen. Er wird mid) feßen unter Fürs
ſten und Fürſtenkinder, daß ich ihnen zeige ihr Heil,
und fie damit erfreue, er wird mir Frieden geben
-und frönen mit Segen. Siehe, das ift der redhte
Was an
GOtt
Gebrauch der Gnade GOttes, und auch der wahre |
Glaube an GOtt. Denn an BOtt glauben, iſt nicht
ganben ein Schlechtes. Es ift dad allerhoͤchſte und fchwerefte
eiffet,
s
‚Sonnen, und aus allen Befchwerniffen und Sm
Werl. Es begreifet viel in fih. Es beiffet für GOt⸗
tes Zorn ſich nicht mehr fürchten, für Feinem Dom
nerfhlag erfchreden, ſondern fih zu GOtt aller vaͤ⸗
terlichen Liebe und Treue verfeben. Er heiffet m
GOtt froͤhlich ſeyn immerdar, und ihm wiederum
lieblich und freundlich zulachen. Es heiſſet, ſich zu
ihm ſchicken, und fid freundlich zu ihm thun. Dies
Vertrauen zu ibm haben, er werde unfere Moth ers
wehe erretien, und und geben, was wir gerne bäb
ten‘ Denn ver Glaube iſt eine füße und fröhlide -
Zuverſicht und Hoffnung zu GOtt, welde einem bei
Herz lebendig madet. “
er nun ſolches thut, Das ift, wer Die Gnade
GOttes durch wahren Glauben annimmt, und fd
Tühnlich Darauf verläffet, ja gleich in der Gnade waw
bein, wie in einem hellen Glanz,, und die allerbeſten
Gedanfen von GOtt hat,. der handelt kluͤglich, un
der hat auch gewißlich das Reich GOttes des füßen
Sriedens und der füßen Freude in feinem Herzen.
Denn durch Betrachtung und Annehmung der Gnadt
kommt allein das Reich GOttes zu und Mer eb
j aber nicht thus, der iſt ein unfeliger Chor. Dean
&
des Shates ber Seit, 1281
+ Feine größere und verbammtere Thorheit auf Erden
gift, als am Chriſtum glauben, und getaufet ſeyn,
gund dennoch gleichwohl an der Vergebung und an
re Der Gnade zweifeln. | |
ii
wendig Ding ſeyn muͤſſe.
| Brei ‚. wie Luther bezeuget, in der Kirchenpoſtill, Be
in Sommertheil, ©. 8. Weil dies alles, (ſchreibt
er dort) GOttes Wahrheit ift, fo gebübret und bei
dem hoͤchſten Zorn und Ungnade GOttes, ſolches al⸗
les von GOtteswegen ‚anzunehmen, und mit dem
Glauben daran zu halten, auf daß wir nicht in
Suünde fallen, die da Acht kann vergeben werden.
"Denn wenn OOtt gnaͤdig ift, und alle Sünden ver
geben haben will, und der Menſch durch feinen Uns
glauben GOttes Wahrheit und Gnade Lügen ftrafet
und von ſich wegwirft, das ıft Suͤnde über alle Sun⸗
8. Ich merke hieraus, daß ber Glaube ein aberaus I
ve. Wenn andere Sünden find wider GOttes Ge ' .
feg und Gebot, die find noch alle unter der Verges
bung, aber wer dem Evangelio nit glaubet, und
des HErrn Eprifti Werk und Verdienft nicht annchs .
men will, der verfündiget fih hundert taufendmal
tiefer und fhwerer: Denn er firebet wider die Gna⸗
de, und beraubet fich felbit der Vergebung,
Jenaer Poftil am Pfingfttage, ©. 71. Iſt daB .
nicht ein großer Jammer, daß wir ſolche Güter ha⸗
ben, und follen diefelben dennoch fo fchändlich ver⸗
achten: Ja nicht allein verachten, fondern auch das .
Widerſpiel achten und lieben, nemlich Sinfterniß, das
iſt, Sünde, Ungnade, Hölle und Tod. Die Welt
mürde nicht verdammet um ihrer Sünde willen, daß
fie nicht gehalten hat, was GOtt durch Moſes hat
geboten, fondern das ift das Gericht, daß fie den
Sohn nicht will haben, daß ſie im Sohn nicht will
gerecht ſeyn, daß fie ſich von GOtt nicht will lieben Fi
laſſen, und * fie nicht will das ewige Leben baden
.
“ ⸗
A a 4
282 Don den Sinadenmitteln
Pfui dich an, du: verzweifelte Hure, bu verfluch
Melt, fo laß dich ben Teufel lieb haben. Das i
Das. Gericht, fpricht er, daß die Welt ihr nicht wi
Laffen fhenfen, will ſich nicht laſſen lieben und eb
sen, will nicht bad ewige Leben haben. .
Welches Weil nun GOtt der HErr keinem Wenſchen ana
der wahre Dig ſeyn will, e8 fey denn Sache, Daß er in Da
“nie muth feine vielfältige Cebrechen erfenne, und feinen
an ° fieben Sohn Chriſtum zu feinem Erloͤſer annehae,
und von Herzen an ihn glaube, wie Ef. 66. Joh. 1.
und Röm. 5. bezeuget wird: So fiehe wohl zu, daf
du mit feſtem Glauben GOttes angebptene Gnade
_ annehmeft. Aber fiehe daneben wohl zu, wie ds
glaubeft. Denn wer da recht glaubet, der empfahet
und hat die Fülle ver One, wer aber nicht glau—⸗
\Y bet, der hat fie nicht. Dies ift aber der rechte wahre
\ hriftliche Glaube, wenn ſich einer mit ganzem Her
zen an Chriftum hänget, und ſich mit ihm durch eu
nen liebhabenven Glauben vereiniger, wenn einer alfa
Lines gedenket und fpriht: Ah HErr Chriſte! Du emiger
- . land. GOTTES Sohn! du bift ja mein lieber Heiland,
367 für mich gekreuziget und geſtorben, du haft ja dein
" heiliges Blut für mid) vergoffen am Greuz, zur Ber
gebung meiner Sünde, du bift aud vom Tode cr
ftanden, dir fey ewig Lob und Dank. .
Denn höher kann man es doch mit dem Glauben
nicht bringen, und mit folhem Glauben ift auch
GOtt wohl zufrieden. in ſolcher Glaube iſt ein
purdringenber Glaube, welder durch Chriſtum pin
durch Dringet, und ſich mit ihm vereiniget, und den
Menſchen bei GOtt eben fo lieb und angenehm ma
het, ald Ehriftus felber iſt, wie er fpridt, Joh. 15
„Ihr feyd in mir, und ih bin’ in euch. Desgl.
op. 17, Die Liebe, damit du mid, heiliger .
Vater, liebeſt, iſt in ihnen. Denn ich bin
in ihnen, wie du in mir biſt. Das find hohe
ſtatiliche Worte, die man im Herzen über Tiſch und |
|
m
..
u Ve res TE En En EEE SEE 4
des Schatzes der- Seligkeit. 2 .
be fonft wohl kaͤuen, und von welchem man berrlihe
Geſpraͤche halten fol. |
Mer nun folhen Glauben für fih bat, der fol
an GOttes Gnade nicht zweifeln. Denn ift Dad ges -
wiß, fagt Gregorius, daß du an Ehriftum recht glau: : "
beit, fo ift das auch nicht ungewiß, Daß du einen:
m. Du. „. u
— — — w-
ein wahres Fundament der Gnaden, mehr als aller
Menfhen Verf und Wuͤrdigkeit. Ein glaubiges Herz
. gnädigen GOtt im Himmel babeft.. Der Glaube iſt
ift die rechte Bundeslade, die rechte Ruheftätte GO |
tes, auf welcher die. Gnade GOttes mit allen beilis
gen Seraphim und Cherubim ruhet. Haft du aber
folhen, Slauben nicht, fondern lebeſt in Verachtung.
. göttlichen Worts und den hochwuͤrdigen Sacramens
ten, in Geiz, Hoffart, Freſſen, Saufen, Unzudt und -.
andern gräulihen Sünden, ohne einige Buße und
A
Beſſerung, fo magft du billig an der Gnade zweifeln,
9, Ich vernehme and gegebenem Bericht, daß der wahre
Glaube nicht nur ein bloßer Wahn feyn müffe, fon
bern etwas Kräftigers und Beſſers.
{ Du biſt auf dem rechten Wege. Denn der wahre
Glaubẽ iſt nicht allein das bloße Erkenntniß JEſu
Chriſti, oder die bloße Hiſtorie von Chriſto, wie er
gekreuziget und auferſtanden ſey, ſondern auch die
Application oder Annehmung aller Fruͤchte des Todes
und der Auferſtehung Chriſti, uns in der Taufe ges
ſchenket. Als wenn einer von Herzen glaubet Versp,, wab⸗
gebung feiner Sünden, neue Gerechtigkeit, die Kind⸗te Glaube
ſchaft GOttes, die Einwohnung des heiligen ne
ſtes und ..ein ewiged Leben, und wandelt mit -gans um, ®
| zem Herzen in ſolchen Gütern. Solcher Glaube als- J
lein machet ſelig. Denn die Güter. JEſu Chriſti,
‚und in der Taufe geſchenket, wollen durch wahren
Glauben angenommen feyn. Wer fie annimmt, ver
Ze —
nicht, ob er gleich tauſendmal Chriſtum nach der
bat fie, wer fie aber nicht annimmt, der hat ſie
. ‘
284 Bon ben ‚Onadenmitteln
Hiftorie kennete, und von feinem Blut viel wäfte za
fagen und getaufet wäre. Daher fpriht man: Die
Merl muß im Golde feyn, foll dad Gold dem HErru
gefallen. |
Beſiehe dafelbft mehr von diefem Punct, und wie
der Verfaffer der Augsb. Confeſſion und derfelbigen
Schutzrede und Goncordiens Formel beweifet, Daß ver
wahre Glaube die Gnade GOttes und die Güter
ergriffen und annehmen mäfle.
10. Muß denn ein glaubiger Eprift Ehrifti Güter für fein
halten, wo er ſich rühmen will, daß er ben wahren
Glauben habe?
Fa, es follen ſich die Glaubigen aller Güter Chriſti
ASS
durh wahren Glauben alfo annehmen, ald wären
fie ihr eigen, wie fie denn auch find. Sie follen die
jelbe mit voller Macht, im velten Vertrauen befiten.
Sie follen verfelben Könige und Herren ſeyn. Ein
jeder fol ſprechen! Siehe, das find meine König
reihe! Denn hat uns ver HErr Chriftus die Selig
keit in der Taufe gefchenket, wie follten wir und ver
felben nicht annehmen, noch diefelbe für unfer Eigen
tbum halten? Das ift ein feiner Erbe, ver feine
Erbfchaft verfehmähet! Die Zuriften haben viel von
folhen Sachen gefchrieben. Bin ich felig, woblen,
fo will ih mich für -felig halten mein Lebenlang, und
. Tein Teufel fol mir diefen Troſt, mit allen feinen
Anfehtungen von meiner Sünde ynd Unwuürdigkei
aus meinem Herzen reißen. Denn meine Suͤnden
find mir nun zugededet: ja gänzlich vergeben, ders
wegen koͤnnen fie mir an der Erbfchaft des Reich
GOttes nicht fhaden. Dies ift mein Reich, daß ih
Vergebung aller meiner Sünden habe, durch das
Bad der Wiedergeburt, da ich ein glutnener Menſch
worden bin. Will aber darum nicht fündigen, fon»
dern fo oft ich fündige, will ich mich des Reihil
GOttes und der Vergebung wider meine Suͤnde
——— TE En 5 En Su m Tr T — — — 77 -n 7 EEE Te 7575 —5— 7 —
des Schatzes der Seligkeit. 285°
tröften. Denn die Vergebung nimmt alles hinweg,
“und machet alles ſchadlos. Solches Glaubens will
ich leben. Denn ver Blaube des Heild ift allein
Das einige wahre chriftliche Leben, Davon weder Heis
den noch Heucdhler etwas wiſſen. Die fauerfebende
Heuchler fuchen ihr Heil: Ich aber befige mein Heil,
und will es auch befigen ewiglich.
Zu ſolcher Uebung, und zu ſolchem Leben des
Heils, ermahnet uns der Herr Philippus gar treus
lich, im Artikel von der Taufe, da er alfo ſpricht:
Eines glaubigen und getauften Chriften Leben fol
nichts anders ſeyn, denn eine ſtete Uebung ſeines
Glaubens, oder ein ſteter Glaube feines Held, Er
fol immer ſprechen: Ich bin in Gnaden. Denn es
ift nicht genug, daß man glaube, Chriftus babe fein
Blut für und vergofien, fondern wir müffen auch
glauben, er habe uns mit feinem Blut eine ewige
Seligkeit erworben, und und diefelbige in der Taufe
geſchenket. Diefer. Glaube machet einen Unterſchied
zwifchen Ehriften und Unchriften. Dieſer Glaube ift
die Kürtrefflichleit der Fürften. |
Die Concordien: Formel, weil fie zurüde ſiehet Concor⸗
in unferer KirchensSeribentens Bücher, darf fagen, Men
daß die, welche ihnen das Heil durd wahren Blau
ben nicht appliciren, ſondern noch Daran zweifeln,
verloren feyn, ob fie gleich ſchlechtweg an Chriftum
glauben und getaufet find. Denn allein der Glaube
‚an GOttes Gnade made felig. Dies find die Wor⸗
te, fol. 274. Die Gerechtigkeit wird uns durchs
Evangelium fürgetragen, und durch den Glauben
appliciret, zugeeignet und angenommen, Daher has
ben die Blaubigen Vergebung ber Sünden, GDited
Kindſchaft und Erbſchaft des ewigen Lebens, Des⸗
gleichen fol. 277. Der Glaube ergreifet vie Gnade
OSttes in Chriſto, Dadurd wird Die Perſon gerecht
für GOtt. Iſt dem fo? Werden wir dadurch ges
teht und GOttes Kinder, wenn wir und die Ges.
rechtigleit und Kindfhaft GOttes durch den Glau⸗
j
.
a
— — — — — — _a. =.
%
286 Von den Gnadenmitteln
ben appficiren, wo wollen die denn bleiben, welche
foldyes ihr Lebenlang noch nicht gethan haben ,„ fon
dern leben im Zweifel ihres Heild, und warten fein
ernftlic) in jenem Leben, ja heiflen unfere Lehre Ke⸗
zerei? Sind. Die nicht mit dem Herzen weit genug
ab von der Formulg, ob fie ſich gleich mit dem Munde
befennen? O des ungeſchickten und ungereimten We
ſens! Mid, veucht, vielen fey das Gehirn im Kopf
umgefechret.. =
11. Nun idy habe bie wahre Glaubens⸗Eigenſchaft wohl
verftanden, berichte mir doch etwas von feiner Wirs
fung und Nugen?
Gar gerne, merfe nur fleißig Darauf.
12. Mad wirket denn ber wahre Glaube ?
Er wirket große Dinge , die feinen Fuͤrſten dieſer
Welt, das ift, Feinem hochgelehrten Sofrates, Pla⸗
to, Ariftoteles, Porphyr nie ind. Herz fommen find,
Heil und nemlih, Heil und Geligkeit, wie die Wahrbeit und
Seligkeit,, 3 Leben fpricht, Marc. 16. Ber da glaube,
Mo der
— ⸗
e
Kraft.
J — — ze zen oo.
.
‘
Stande . .
it, dabatted, daß da feine Sünde mehr feyn fol, wo der
die Sunde Glaube an Chriſtum ift. Da follen die Suͤnden den
der wird felig.
Es ift aber das Wort Heil in allen Spraden
gar ein reiches und gewaltiged Wort, welches vid
in ſich begreifet, fürnemlic, aber die Entfreinng von
— —
den Suͤnden, wie ed der Engel GÖOtted felb em
klaͤret, Mattn 1. Das Kind foll JEſus heiß—
fen, denn es wird fein Volk felig oder frei
madhen von feinen Sünden,
Denn fo ift es befchloffen im ewigeri Rath Gb
Menſchen nicht mehr zugerechnet werden, er habe ih
rer auch fo viel, ald er wolle, fondern er fol in dem
Anfehen bei GOtt feyn und ‚bleiben, als fündige er
nicht mehr, welches ja ein herrliches unaudfprechliched
e
des Schatzes der Seligeit. 287
Privilegium iſt, das ung nimmer aus dem Herzen
fommen fol,
Hieher gehören die theuren nachfolgenden Spruͤch⸗ Beweis
ein ©t. Pauli, welche einem jeden fo befannt feyhaus 3 stumm. .
offen, als vie belle Sonne, Roͤm. 3. Rir find *
ıllzumal Sünder, und mangeln des Ruhms,
Jen wir für GOtt haben follten, aber wir
werden ohne Verdienft gereht, aus feiner
Snade, durd den Glauben an das: Blut un
'erö Erlöfers, Als ob er fagen wollte: Ein Glau⸗
jiger hat eben fo wohl Suͤnde, als ein Unglaubiger,
nd da er fich gleich fürfiehet und in großer Furcht
vandelt, fo fället er doch gleichwohl alle Tage fieben
nal, und kann ſich nichts für GOtt rühmen, denn nur
Mein feiner Schwachheit. "Aber Die Sünden werben
Hm nit zugerechnet von GDtt, wie er ausdruͤck⸗
ich fihreibet, Roͤm. A. und 2 Eor. 1. Daß dem
Hlaubigen feine Sünden von GOtt zuße
echnet werden, ſondern er iſt für den
zen GOttes ale ein beiliger reiner Engel,
velcher nie von feiner Sünde gewußt hat.
Denn der Glaube nimmt der Sünde ihre Kraft, und
chaffet, daß Sünde nicht Sünde fey: Er verwans
yelt die. Sünde ‚gleich in Gerechtigkeit, und machet,
aß Die Sünpe nicht allein unfchäolich, oder verbamms
ich fen, fondern daß fie für GOtt Fieblich und wohls
jehend ſey, wie der Prophet Eſaias 40. ſpricht:
Die Sünde Jerufalem iſt GOtt angenehm
vorden.
Summa, der Glaube iſt ein ſolcher Glanz, wel:
her alle Schaͤden eines jeden Menſchen bedecket, und
Kır welchem GOtt Feine Sünde mehr ſehen, richten
noch ftrafen will, wie obengenannter ‘Prophet Cap. 11,
priht: Er wird nicht richten, nachdem feine
Augen ſehen.
Galater 2. Weil wir wiſſen, daß der Menſch
»urch des Geſetzes Werk nicht gerecht wird,
'ondern durch den Glauben an JEſum Chri..
—
"288 Don den Gnabenmitteln
ſtum, ſo glauben wir auch an Chriftum Ja
fum, auf daß wir gereht werden durch deı
Glauben an Ehriftum, und nit durch dei
Geſetzes Werk. Das ifl, wer an Chriſtum glaube,
der thut eben fo viel, ja auch mehr, ald wenn a
Das ganze Gefetz hielte, und alle feine Werke thaͤte
Denn nicht vie Werke an Ehriftum fol ven Men
- "fhen gereht machen. Dies und fein andere, |
Epheſ. Aus Gnaden feyd ıbr felig won
ben durd den Glauben, das iſt, wie er es feh
ber erfläret, Epheſ. 1. Wir haben die Erlö
fung dur fein Blut, nemlid die Berge
bung der Sünden, nah dem Reichthum feo
ner Gnade, weldhe uns reihlih wiederfabr
Waßerren iſt. Hier ftehe ftille, und merke eines. Berge
gedung
der Sän:
® de ſey.
bung der Sünde haben, heiſſet für GOtt gerecht
ſeyn, alſo, daß er und um feiner Sünde willen
. mehr wolle befhuldigen, noch, verdammen, und daf
wir und aud Der Sünden halben nicht mehr betris
ben, vielmeniger darauf gedenfen, wie wir derjelben
- durch unfer Fürnehmen und Thun allererfi wollen
Man wuß
die Woͤr⸗
ter in der
vergange⸗
nen Zeit
in der
Schrift
wohl an⸗
merten.
iſt, und taͤglich von vielen geſchiehet. |
108 werden. Denn was vergeben ift, Das iſt verge
ben, GOtt ſcherzet nicht, wenn er einem Sünden
vergiebt, oder wenn er einen entfreiet von Sünden.
Er will nicht, daß er hinlaufe, und andere Entfrew
ung am andern fuche, wie im Papftthum gefcheber '
_ u
Weil aber vie Schrift von den Slaubigen und
Getauften alfo redet, daß fie ſchon felig, oder reis
von Sünden geworden feyn, fo follen fie ſolche her
lige Zeit mit befonderem Fleiß anmerfen. Des
viel Daran "gelegen iſt, ob ein Ding geſchehen fa,
oder nod) geſchehen foll, wie denn auch hievon dx
Suriften .eine fonderliche Vorſichtigkeitsregel haben im
Buch von der Bereutung der Wörter und Sachen:
Wir möüffen willen, daß ein großer Unterſchied iR
zwifchen einem Wort in der vergangenen und zufüap
tigen Zeit, und daß die Wörter, welche eire ven
gangent
— — — TE a TO a Een
ST 5— 57 J ⏑ — — — I — —
des Schatzes der Seligkeit. 289
gangene Zeit ausprüden, nicht nur eine vergangene
Zeit, fondern auch die gegenwärtige, Das ift, eine
aneinander haͤngende Fortfeßung anzeigen, 3. Er.
. Zroja ift eingenommen, Lucius, Titius iſt von der
VWerbindlichkeit frei. Denn hier bat das Wort: Er
ift frei, nicht allein die Bedeutung Der verganger
nen, fondern aud) der gegenwärtigen Zeit. Iſt Zus
cius, Titius frei, fo darf er nicht-frei werden, Iſt
er aber entfreiet, fo iſt er noch frei, und fol auch
frei bleiben ewiglih.
Hier muß ich eines fehen, ‚welches ich in meiner
Zugend gehörer babe, in der Schule zu Salzwedel,
von meinem lieben Lehrmeiſter, Da er und den Spruch
. ©t. Pauli erllärete, Tit. 3. GOtt hat ung fo
Lig gemachet. Lieben Kinplein, merfet ja vies
Woͤrtlein wohl, GOtt hat uns felig gemachet. Denn
eö find viel Leute, welche nicht glauben, daß fie bier
auf Erden ſchon felig fenn, fondern gedenfen immer,
fürnemlich aber in jenem Leben allererft felig zu wers
den. Ah! ſprechen fie, möchte ich doch wohl fterben
und in den Himmel fommen. Denn ‘im Himmel
würde ich entfundiget werden, da würde ih GOttes
Kind werden, da würde ich den heiligen Geiſt und
Das ewige Leben empfangen. Urſach iſt bier, denn
fie. geben nicht Achtung auf die gülvene Zeiten, ſprach
“er, Gegenwärtige und Zukünftige lejen die Schrift,
; wie Die Nonnen den Pfalter, Desgleihen, fie vers
ftehen es nicht, was die Seligmachung fey, und wie
fie zugehe, Sie ärgern fih aud; daran, Daß Die Ges
ligfeit an und noch nicht heil leuchtet, gleichwie fie
leuchten wird an jenem Tage, und daß wir nod
pielen Sünden, Sammer und dem Tode unterworfen
finds Uber dawider follet ihr das willen, und auch
von Herzen glauben, daß ihr bier fihon auf Erden
felig worden feyd, in eurer fieben Taufe, und aud
felig bleiben follet ewiglich, wofern ihr anders nicht
abfallet von Ebrifto, und etwa Artaner.oder andere .
göttlofe Leute werdet. Liebe Kinplein, mn find, [yon
2 19°:
200 . Don den Snadenmitteln
felig, wie haben die Vergebung, wir find geredt,
wir find GOttes Kinder, .wir haben ven heiligen
. Geift, und wir figen ſchon mit unferm lieben Herrn
Man mu
das G
JEſu Chriſto im Himmel, und warten der Offenba⸗
rung unferer Geligfeit, gleihwie hievon Lutherus
‚eine ſchoͤne Predigt gefhrieben bat, in feiner Kirchens
poftill, über die Epiftel am heiligen Chriſttage. Died
ift, lieben Kindlein, unfere einige Weisheit, um wel
her willen wir Chriften beiffen. Dies ift der chris
liche Glaube. Werdet ihr ſolches recht erkennen, und
auch feit glauben, fo werdet ihr ewigen Troft, Friede
und Freude in euren Herzen haben. Darum hut
MLLT? lefet die edlen Worte, als wir find, wir has
senwärtisben, und die güldene, er hat gemacht, gegeben, ger
| sub ſchenkt, fein zufammen: Lernet fie auswendig, fo were
gene wopdet ihr einen unvergleihlichen theuren Schatz haben:
in Acht Zu welchem ich euch gerne verhelfen wollte, wenn ich
s
nehmen, nur durch mein Ermahnen Fönnte.
O aber, wel ein großes und übergroßes iſt daß,
nemlih in einem großen Stande feyn, in mweldem
man ffei von Suͤnden, oder in welchem einem feine
Sünden mehr zugerechnet werden? Was Fönnte ihm
doch einer höhers und beſſers wuͤnſchen? Dieſes Ge
ſchenk ift wichtiger als alles Wünfchen und alle Zrm
de. Denn die Freiheit ift eine unvergleichlidhe Go
he. Wenn ein ſolch Sand, oder eine folhe Welt
vorhanden wäre, da dies gefchähe, follte man billig
auf Navelipigen dahin. Friehen. Denn wo fen
Sünde ift, da ift auch Fein böfes Gewiſſen, fein
Zorn, kein Fluch, fein Teufel, Fein Tod, keine Ben
dammniß, wie St. Paulus Roͤm. 8. fpriht: So if
nun nichts Verdammliches an den lieben
- Glaubigen, weldhe in Chriſto JEſu find
Denn aud was Urfachen wollte GOtt mit dem zum
nen, ihn verfluchen,, ftrafen, tödten und verdammen,
welchem er felbft die Sünden vergeben hat, und nid
zurechnen wi? Für einen foldyen Heiligen muß je
aller Zorn, alle Fluͤche, alle Strafen, der Tod ud
0
a De Schatzes der Seligkeit. 291°
| Die ewige Verdammniß zerfchmelzen, wie der Schnee
: für der Sonne zerfhmelzet, wie St. Paulus Rom.
; 8. Begeuget: Wer will die befhuldigen? Wer
s will die verdammen, weldhe GOtt der HErr
r felber fündlos gemadet hat: Sie feyn gleich
ivon Ratur fo ungereht, als fie immer ‚wollen,
{fo follef” fie dennodh für GOtt gerecht, untadelicy
ı und unverdammlicd feyn. Wer fie tadelt und vers
4 Dammet, der fol GOtt felbft tadeln und verdam-
men. D weld ein Troft ift in der Zurechnung bes
; graben? O weldy eine herrliche Roſe in einer fo Heis
nen Knoſpe! J |
Im Propheten Eſaiaͤ 40. ſpricht GOtt: Redet
mit Jeruſalem freundlich, und ſprechet zu
ihr, daß ihre Miſſethat mit GOtt verſoͤh⸗
net, oder GOtt angenehm worden fey. Sind
uber alle Maße fchöne tröftliche Worte, welcher ich
mich nicht fatt vermundern kann. Denn obgleich einDer Bille
glaubiger Chrift. nicht allewege ind Schwarze trifft, wahren
fo hat dennody gleihwohl GOtt der HErr ein herz, Edriften
liches .Wohlgefallen beide an feiner Perfon und auch Yonnas
an feinen Werfen: Der Wille ift ſtets gut,. obgleichWert ſtets
das Vollbringen nicht allemege nachfolget. Das Boͤſe nicht ol⸗
aber weiß GOtt fein zu drehen, und den Seinen get.
zum Beſten zu wenden. Es muß ſtets dadurch et⸗
was Gutes ausgerichtet werden, es treffe auch wen
es wolle. Denn wir reden bier von den hochgebe⸗
nedeieten Chriften, und nit von Unchriſten. Ja, und anes,
die Halle müflen den Gefallenen felbft zum Beſten aub ihr
dienen,” wo nicht zur Demuth, fedoch zu mehrerer danmug
Sürfihtigfeit, Einft und Eifer. Summa, alles was Bellen
die Ölaubigen in Chrifto gedenfen, veden und thun, dienen.
das iſt bei GOtt eitel Wohlgefallen, wie die Kirche —
aus dem Munde der Engel finget: Einen Wohlge
‚ fallen GOtt an uns hat. Woher denn aud) die Zeit
des Glaubens genennet wird, eine liebe angenehme
Zeit, Ef. 49. 2 Cor. 6. darum, daß wir, und alles
unfer Thun, GOtt dem HErrn lieb, werth und an⸗
19
-.?
m
292 . Bon den Ginadenmitteln
genehm feyn, es fheine auch gleich uns felbft fo klaͤg
lich als es wolle. |
Dies ift ein hoher Troft, ja das Allerlieblichfte,
was da Tann erdacht und geredet werden, und mag
wohl heiffen, freundlidy mit Syerufalem reden. uber
die unzeitigen Eugen Heiligen hoͤren ihn ungerne
Senn fie folgern Böfes daraus, wie fit denn pfle
gen aus allen Tröftungen des heiligen Evangeliü,
Die Boͤſen wollen immer Böfes thun, wenn fie dad
Gute hören, die Verkehrten aber deuten den Troſt
auf das Boͤſe, und. geben ihm Schuld ves Böfen
Aber wie fol man ihm thun? Es it GOttes Wort,
. welhes man oͤffentlich ausrufen und ausbreiten fol,
‚wie der Prophet fpricht: Rufet ihr zu. Iſt ven Ver⸗
fehrten nichtd damit gedienet, fo ift andern damit |
gedienet, welcher Hetzen zumeilen fo betrüber und
beſchweret find, Daß man ihnen kaum rathen fan.
Man muß fie ftilen, wie die Kinder, und ihnen far
gen, was fie gerne hören. Liebes Kind, weiche nicht,
du haft wohl gethan: Es it GOttes Wille alfo ger
weſen, ed wird etwas Gutes Daraus erfolgen. Deun
man fann vod eine betrübte und ‚troftlofe Seele nicht
zuviel tröften, fie begehret noch immer mehr Xrofted,
und wollte wohl, daß alles gut ſeyn möchte, weö
fie jemald gethan hat, Derowegen fo muß mans 1®
pen.
Und was wollen wir viel jagen? Alle Sünden
werden auf einen Haufen von den Ölaubigen gänzs
fih hinweg genommen, zu einem mal, oder auf einen
Tag, wie Zacharias redet, daß fie nicht mehr 8
finden, fondern ganz weg jeyn, wie ver Prophet Jo
“ remiad im 50 Eap. fpriht: Zur felbigen Zeh.
und in dDenfelbigen Tagen, wird man bie
Miſſethat Zfrael fuhen, aber ed wird Feint
da feyn. Denn das Blut des Sohns GOttes rw:
niget oder heiliget die Slaubigen von allen Sünden,
1 Joh. 1. und machet fie für GOtt fo rein, fo füw
berlich, fo fhön und herrlich als ein reines Glat,
3 u TITTEN v
— —
wm SEE O3 u in 37T Te TB ER
des Schafes der Seligfeit. 295
ja als die liebe Sonne: Daß man von ihnen fagen
muß, Boll ohne Sünde, oder unfchuldig Volk. Wir
5 -find durch das Blut Ehrifti fo gereiniget, daß wir
und rühmen und fprechen fönnen, wir wiflen von
feiner Sünde, . Keine Sünde. fann nunmehr ums
fer Gewiſſen beſchweren, und über und Schmach fühs
ren, denn der HErr bat aufgehoben die Schmach
von feinem Bolt in allen Landen, Efaik 25. indem
er bie Sünden an feinem Volk getilget hat, wie eine
Wolke, |
418. Was wirket der Glaube mehr ald die Geligfeit?
Der Glaube an Chriftum machet allein für GOtt?, Trma
gereiht, wie der Apoftel aus ven Propheten erweifet, "rear,
Roͤm. 3. 4. und 5. Derowegen foll das herrliche
Gebäude der ewigen Seligleit befteben, fo muß der
Grund des Slaubend immer in und frifch bleiben.
Der Glaube an dad Blut JEſu Chrifti muß eine
ewige Bewegung -in unfern Herzen feyn. Wir müf
fen immer einen lebentigen und wadern Glauben has
ben. Das Blut Ehrifti muß immer für unfern Aus
gen aus den fünf Wunden JEſu Ehrifti fließen, und
Diefe Worte müflen immer in unfern Ohren Flingen:
Mein Blut ift für Dich vergoflen zur Vergebung beis
ner Sünden. Wer diefe Worte aus der Acht läffet:
der hat feinen gegenwärtigen Glauben; wer fie aber
wohl in Acht nimmt und venfelben feitiglich glaubet,
ver hat der Taufe Reichthum, und ift fo gewaltiglic)
seid in Eprifto, daß er feine Schäge nicht uͤberſehen
ann.
14. Die kann das ſeyn, daß ich die Seligkeit und Ger
rechtigkeit and dem Glauben habe? Hat fie mir doch
Ghriſtus erworben ? Ä
Spriftns bezeuget felbft, daß der Glaube vie Selig, Ehrikus .
keit bringet, wenn ex ſpricht: Wer da. glaubet —R 7
21
a 2 le
5J 1
..294 Von den Gnadenmitteln
ih: Der getaufet wird, ber wird felig, wer aber nicht glauı
von tee.bet, Der wir verdammet.
wasan Hier zeiget Chriftug felbft von der Kraft Des
-. und vers Glaubens, nemlid, Daß er in und wirfe, und mit
m ſich bringe der Seelen Heil und Seligkeit. Denn
wo der Glaube vorher gebet, da folget gewißlich
Seligkeit nad. Da wird die angithaftige Seele ven
der Macht der Sünden, von dem Fühlen des Zorns
GOttes, und von dem Schrecken des ewigen Todes
erlöfet, und wird gleich neu geboren, voll Friedens
und Freuden. Aber anders erlöfet uns Chriftus, aus
derö der Glaube. Chriſtus erlöfet und von Süns
den, und vom Zorn GOttes, und von dem ewigen
Tode, daß fie nicht mehr da feyn. Der Glaube aber
erlöfet alfo, daß fie nicht mehr an und etwas ver
mögen, nemlich, betrüben und fchreden. Das if
denn eine hohe Geligfeit. Denn was fann einem
größer widerfahren, als eine ruhige Seele haben, und
eine Anfechtung oder Anftöge von.den Sünden, vom
Zorn GOttes und dem ewigen Tode mehr leiden?
j Mo aber der Glaube nicht ift, da ftedet vie arme
Seele noch in Berdammniß, und der Heiland ift ihr
noch nichts nüße. Und zwar zu diefem Ende will
auch der HErr Chriftus, daß den armen betrüßten
Ereaturen aller Welt das fröhlihe Evangelium ger
prediget werde, -und fie ed auch mit feltem Glauben
annehmen, auf Daß fie dadurch Friede und Freude
überfommen, und ihre arme Gewiſſen befeliget wer,
den.‘ Bon diefer Seligkeit fchreibet St. Paulus in
feiner erften Epiſtel Cap. 1. alſo: Weil ihr an
Ehriftum glaubet, den ihr doch nicht fehet,
fo freuet ihr euh mit unausſprechlichen
Sreuden, und bringet alfo davon das Ende
eures Slaubens, nemlidh, der Seelen Se
ligkeit. |
des Schatzes ber Seligkeit. 295
15. Woher nimmt dieſer Glaube, der gerecht und ſelig
machet, ſeinen Urſprung?
Der heilige Geiſt wirket in uns den Glauben, wi Der heili—
Der alle Draͤuworte des Geſetzes, auch wider alle Gel wir:
traurige. Sprüche Chrifti felbfl. Denn Chriſtus uns Ihn.
fer lieber Seligmacher ift fo überaus gütig, Daß er
uns nit allein große Schaͤtze durch fein Blut ers
wirbet, nd in der Taufe ſchenket, fondern daß er
und auch dazu den heiligen Geift giebt, welcher in
und den Glauben anzündet, Damit wir foldhe Schäße
ergreifen, und fruchtbarlich genießen fönnen. Denn
ohne Glauben it Fein Heil oder Seligfeit, das ift,
ohne Glauben find und die Wohlthaten Chrifti nichts.
nüße, fie tröften und erfreuen überall nit. Hievon
fiehet ein Sprüdlein in St. Paulo, Rom. 8. das -
lautet alfo: Der heilige Seift giebt Zeugniß
unferm Geift, daß wir. GOttes Kinder
feyn. Das it, er verfichert unfere Herzen mit der
Gnade OOttes fowohl, ald mit der ewigen Gerech⸗
tigfeit, und madet und fo- muthig und freudig,
Daß wir als liebe Kinder in aller Zuverficht zu ihm
treten, und mit ihm reden dürfen, was wir nur
wollen: . Wie ich denn jk befennen muß, daß id)
mein Lebenlang mehr mit meinem lieben GOtt und
Vater geredet habe, als mit feinem Menfchen auf
Erben.
Und zwar, wenn foldhes der ‚heilige Geiſt nicht
thäte, fo würde unfer Feiner dem Evangelio glauben, gnoher
wenn aud alle Propheten und Apoftel für uns ftüns wir opne
den, und aus einem Herzen und Munde einhellig en gcik
und aufd Gewaltigſte, von unferer ewigen Gereditigumbtan:
en nicht
. Teit und der ewigen Gnade GOttes zeigeten. Denn elängen
der Glaube hat allzu viel Feinde, Mofen, unfer bloͤ⸗ können,
des Herz, die Eugen Heiligen, weldye bei den armen
Sündern nit wollen im Himmel fißen. Desglei⸗
hen, viel zornige Blicke göttlihen Grimmes, infons
derheit aber den leidigen Zeufel, welcher eitel Zeter
"u.
296 . WVWVon ben Gnadenmitteln
und Mordio zu unſern verzagten Herzen taͤglich bins
ein bruͤllet. Diefe Feinde muß der heilige Geiſt übers
ftimmen und übertäuben, und wider hr Zeugniß
unjerm Herzen Zeugniß geben, daß wir dennoch
Sons liebe Rinder feyn. So viele Mühe Poftet
ein goͤttliches Voll zu ftiften! So viel bat es
mi dem Glauben zu tbun. &onft wäre es unmoͤg⸗
lich, daß unfer einer aus Kraft feines freien Wil
lens fönnte glauben Daher denn auch der Heilige
Geift bei dem Propheten Zaharik, Cap. 12. ge
nennet wird ein Geift der Gnaden, darum, daß er
und mit feiner Gnade, ald mit einer Thaumwolfe uber
fehüttet, und unfere Herzen mit der Gnade GOttes
verfichert, alfo und dergeltalt, daß fie in der Gnade
GOttes, wie in einem fanften Bettlein, friedlich
: ‚ruhen können. Denn GOttes Gnade ift unfeg Ruhe⸗
bettlein, ſonſt koͤnnten wir arme Leute für großer
Unruhe des Teufels nicht ruhen. |
De Deromegen gehöret der heilige Geift zum Reich
re Chriſti, daß er den Glauben durchs Wort in unfern
SDtres Herzen anzünde, und durd den Glauben unfer Ge⸗
Mort
ſeyn.
wiſſen erfreue und ſelig mache.
Denn ob wir wohl das lautere Evangelium von
den Wohlthaten Chriſti hören, dennoch glauben wir
nicht alsbald verfelbigen Stimme, und fühlen einen
Troſt: fondern es iſt uns gleich als ein todter Buch⸗
ſtab, wie etwa ein ſchoͤner Vers aus dem Virgil,
oder Hoiner, der und geliebet; Wo der heilige Geiſt
nidyt "dabei iſt. Urſach if diefe, denn die Wohltha⸗
- gen, fo uns fürgetragen werden, find zu groß, und
unfere Herzen find zu Mein, foldhe Mohlthäten zu
begreifen. Unſere Herzen find zu blöde und unver
moͤgend, ſich ſolcher hohen Güter anzumaſſen. a,
gedenken wir, es waͤre wohl fein, wenn wir nicht
Sunde hätten, und fo umwürdig nicht wären, fo wolls
ten wir es glauben. Dur folde Gedanken wird
dad arme Herz abgehalten, daß es nicht hinan will,
‚des Schatzes der Seligkeit. 297
Und ſolche Gedanken find wis alle«voll, daß wir
gedenken: Haͤtteſt du feine Sünde, fo hättet du
einen gnaͤdigen GOtt: Diefelbigen thun und den
größeften Schaden, und verhindern den Glauben,
fürnemlih, wenn Leute dazu kommen, die folchen
falſchen Wahn in uns ftärfen. ‚Aber wenn der heir
lige Geiſt dabei iſt, fo iſt dad Evangelium nicht mehr
"ein todter Buchſtab, fondern ed ift Feuer und Geift,
Kraft und Leben, wie Chriftus fpricht, Joh. 6. Die >
Worte, die ich rede, find Geift und Leben. Denngenn des
der heilige Geiſt iſt durchs Wort thätig, und machet heifige
eö feurig, und giebt ihm Kraft, den Glauben in uns GER bei
anzuzünden. Im Beifenn des heiligen Geiſtes fället in, fo ik
unfer Herz auf Dad Wort, und beruhet darauf. Durch © galt
denſelbigen Glauben ‚wird das Herz getröftet, das ben,
Gewiſſen entfreiet, und alfo erfreuet und befeliget,
daß es gleich mitten im Paradies if, Da faget denn
der Menid vom wahren Glauben: Nun bin id er⸗
Löfet von meinen Sünden, nun bin ich fröhlich und |
felig, daß ich wohl jauchzen wollte, |
Died meinet Johannis, wenn er fpricht: Ich Beweis
taufe mit Waffer, aber mein HErr Chriftus wird deft
euch mit Feuer taufen. Das ift, ich taufe und presves Zäuf.
dige, mehr kamn ich zu ſolchen Sachen nidt ee J
und kann eure Herzen nicht ändern: Aber mein HErr rn o⸗
. Chriftus giebet den beiligen Geift, ver zuͤndet "die
Herzen an, und machet fie glaubig und lebendig.
Deögleihen St. Paulus 1 Eor. 1. Wer ift Paulus? 1.. ei
Wer iſt Apollo? Diener find fie, durch melde ihr, korn,
ſeyd glaubig worden, und daffelbige, wie ver HErr
einem : jeglichen gegeben bat. habe gepflanzet, .
Apollo hat begofien, aber. GOtt hat das Gedeien
"gegeben. Dad Gedeien ift die Kraft des heiligen
Geiſtes, ohne welches Gnade wir nichts vermögen,
und Die Frucht folcher Kraft, welhe wir in unfern
Herzen empfinden. Dies alleö aber gehet bei und
in: diefem Leben gar ſchwaͤchlich zu, der Glaube iſt
ſchwach, die. Freude noch ſchwaͤcher; doch haben wir
[4
28 Von den Gnadenmitteln
gleichwohl aus GOttes Wort und unſerm ſchwache
Glauben fo viel Troftes, Daß wir und wider de
Teufels Anfechtungen aufenthalten, und ziemliche
maßen beftehen Tönnen. | |
Weil aber der heilige Geift allein durchs Wor
in unfern Herzen thätig it, und dadurch Glauben
Troft und freude erwedet, follen wir und das lieb.
. Wort defto mehr laſſen befohlen feyn. Denn wir
Daß mir
wiffen nicht, zu welcher Zeit der heilige Geift in umi
wirfen, und uns durchs Evangelium wiedergebären,
und neue glaubige und fröhliche Creaturen aus ung
machen wolle, |
16. Weil der Glaube von heiligen Geiſt angezuͤndet wird
durch GOttes Wort, wie koͤmmt es doch denn, daß der
Glaube gleichwohl von uns Menſchen erfordert
wird, als wenn er in unſern Kraͤften waͤre?
bwohl ver Glaube eine Gabe GOttes iſt, welche
In ſudenihm Fein Menſch durch fein eigen Bemühen oder Ernſt
ofen
durchs
Gebet.
kann zuwege bringen, wie man dies genugſam lernet
in Anfechtungen und taͤglicher Erfahrung, dennoch ſo
fordert Chriſtus den Glauben von und, und will,
Daß wir feinem Evangelio Fühnlich trauen. Die Apo⸗
ftel ſollen Ms Wort predigen, die Zuhörer follen
dem Wort glauben, Wort und Glaube follen fih
begegnen, und ſich mit einander kuͤſſen. Daher hat
die. heilige Schrift ein Wörtlein, mit Ramen Jagd,
das heiffet beides‘, mit Eiden verheiffen, und auch
glauben. Denn dad Evangelium fordert den Glow
ben und will, dag man fid) ohne allen Scheu mit
ganzem Wagniß und vollem Vertrauen frei und fröß
lich darauf verlaſſe. Es fordet aber Chriſtus in bie
fem Befehl darum den Glauben von und, nicht zwar
der Meinung, Daß wir follen vermeflen ſeyn, und
auf uns felbft fehen, als ftüinde der Glaube in um
ſerm Willen und Bermögen, fondern daß wir ihn
fuchen folfen durch ein ernſtes Gebet, bei dem er zu
— — —
des. Schatzes der Seligkeit. 299
finden iſt, nemlich bei dem heiligen Geiſt, der da
iſt der Anheber und Vollender des Glaubens.
17. Ich moͤchte auch wohl gerne wiſſen, ob der heilige
Geiſt fuͤr dem Glauben hergehe, oder aber ihm
folge?
Bei den Apoſteln hat es dies Anſehen, als werde
der heilige Geiſt den Auserwaͤhlten gegeben, wenn
ſie ſchon glaubig worden ſind. Denn ſo ſchreibet St.
Paulus Gal. 3. Und daß wir alſo ven verheiß-.
fenen Geiſt empfiengen, durch den Glauben.
Deögleihen Epheſ. 1. Nahdem ihr glaubet,
feyd ihr verfiegelt worden mit dem heiligen
Geiſt der Berheiffung, weldher ift das Pfand
unfers Erbes. Und Ap. Geſch. 19. fraget Paus
I “[u8 die Sünger von Ephefo, ob fie den heiligen
j
Geiſt empfangen haben, fintemal fie glau-
big worden find.
Nun- ift aber ja wahr und befannt, daß der
Glaube nicht fey ein Werk unferd freien Willkuͤhrs
oder Willens, fondern eine Gabe und Wirkung des #
«heiligen Geifted, Und ift eine gemeine Regel: daß
der Meifter eher feyn muß, . denn fein Befchäfte:
Darum muß folgen, daß entweder der heilige Geiſt
den Slauben von außen zu und wirfe, ehe er ins
wendig zu uns fomme, .oder aber, daß St. Pauli
Meinung andere muß verftanden werben, nemlich,
von den fihtbaren Gaben des heiligen Geiſtes. Hier
mag nun ein jeder feined Verſtandes brauchen und
zufehben, wie er dieſe Frage beantworte,
Johannes Epinus loͤſet diefe Frage alfo auf, im
Büdjlein von der Rechtfertigung, S. 56. Paulus
an Die Oalater 3. fpricht, der Geiſt GOttes werde
durch Glauben erlanget. Womit er dem Anfehen nad)
diefes will, der Glaube fey ein’ Menfhen eber, als
der Geift, oder der Glaube, fo aus natürlichen Urs
fahen und Gründen ſchon da und befannt fey, er⸗
® rn.
FR
—*
500 : Bon ben Gnadenmitteln
lange erft den Geiſt GOttes, und fey alfo Diefer
Geiſt niht ein Wirker, fonvdern eine Wirkung des
Glaubens. Hierauf ift diefes zur Antwort: Der hei⸗
lige Paulus handle da nicht von der Ordnung, nad
welcher entweder der Glaube oder der heilige Geiſt
in und anfänget; fondern-er halte. Geſetz und Evans
gelium gegen einander, und ftelle den Glauben ver
Merl; Gerechtigkeit entgegen, und‘ egeuge und, ver
Get GOttes werde durch den Glauben erlanget,
nicht durch Gerechtigleit der Werke oder des Geſetzes.
Und diefes Wort Pauli ftreitet nicht mit obgemeldten
Zeugniſſen der Schrift, aus welcher wir lernen, der
heilige Geiſt wirke, erhalte und beftätige den Glau⸗
ben durchs Wort und Sacrament. Dies ift alfo eine
gründliche, ‚beftändige und ungezweifelte Lehre, daß
weder der Glaube an Chriftum ohne GOtted Geiſt
gewirfet, nody der heilige Geiſt ohne Glauben erlaus
get werde: " Denn der Glaube ift mit dem Geil,
und der Geiſt mit dem Glauben verbunden. Der
heilige Geifätfömmt mit dem Wort in der Menfchen
Herzen, und wirket den Glauben. Und ob gleich
der heilige Geift dem Glauben zuvor kommt, durch
feinen Trieb, ver Ordnung und nicht der Zeit nad,
dennoch beftehet foldher Geiſt GOttes weder in bers
felben Ordnung, bleibet auch nicht, wo er nicht im
Glauben ergriffen, gehalten, und als ein eingeladener
Gaſt aufgenommen wird.
2
—ñ— —— — — — 22 —r — — — Bun EEE ——— —75 7
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des Schakes der Seligkeit. 308
Das w. Bund. ö
Bon den Siegeln und Briefen, melde
uns GOtt zur Verfiherung des Schag
bes der Seligkeit gegeben hat.
4. Womit verbriefet und verfiegelt GOtt den Schag ber
Seligkeit, weSchen wir aus ber Taufe und Evangelio
mit dem Gläuben annehmen? |
Der Brief, welchen dir.GDtt auf deine Seligkeit
gegeben, ift abermal fein heiliges Evangelium, das
Wort der Wahrheit. Das Siegel an dieſem Briefe
ift das heilige Abendmahl, und das Siegel in deinem
Herzen ift der heilige Geiſt.
Erftlich ift Der Brief des Heils und deiner Selig .mit
keit GOttes wahrhaftiges Wort; durd den Mund Yarcı
JEſu Chrifti und feiner lieben Apoftel, im heiligen
Geiſt gefprochen. Saget nit Chriftus: Wer da
glaubet und getaufet wird, der wird felig!
Nemlich, des Augenblig&, wenn er getaufet wird,
Denn ein folher thbut Buße, indem er feine unreine,
und verderbte Natur erfennet, und fih von deswe⸗
gen an den HErrn Chriftum hänget. Solches leh⸗
ren auch alle Apoftel, wie wir beiten etlihhe Sprühe ©,
zuvor angezogen haben. Iſt mir folh Wort nicht , Mi
Briefes genug? Hernach habe ih an ftatt der Sie: Epriki
gel ven wahren Leib und Blut JEſu Eprifti im hei: Blut im
ligen Abendmahl, welche beide münplich zeugen, daß —*
fie für mid) gegeben und vergoſſen ſeyn, zur Berge: wahl.
bung aller meiner Sünden, und Daß ich demnach
meiner Seligfeit foll gewiß feyn.
Endlich weil auch pie Unglaubigen und Berdamms
ten folhe Siegel wohl empfaben koͤnnen, fo hat
mir GOtt der Vater noch ein fonderliches gegeben, ‚3 Mit
den heil,
nemlih den heiligen Geiſt, daß er in und wohne, gear
und wich alfo durch ſich ſelbſt feines Heils verfichere,
An der
302 Don den GSiegeln und Briefen
Denn der gütige und barmherzige GOtt fchenfet feis
nen lieben Auserwaͤhlten und glaubigen Heiligen nicht
allein vie Seligkeit, fondern vielleicht auch viefelbige
an ihnen, durch den heiligen Geiſt, weldher durch
feine Gegenwart und durch fein innerliches Reden,
ihnen -Zeugniß geben muß, daß fie Kinder GOttes
find und alles haben, was fie haben- follen, ausge
Werfiege: nommen die Befhauung. Und an folder Verſiege⸗
fung hr fung it dem gütigen GOtt eben fo viel gelegen, als
ebengo an ver Schenkung. Denn er will, daß fie ihre Girs
vielgele- ter follen erfennen, und daß fie ihrer Herrſchaft fols
eerlen gewiß feyn, und ewigen Troft, Friede und Freude
eröchen
kung.
haben. Dieſes Briefes und Siegels gedenket Luthe⸗
rus in ſeinen Spruͤchen, welche er vornehmen Leuten
vornen in die Buͤcher geſchrieben hat: Der Himmel, |
ſpricht er, iſt uns umſonſt gegeben, durch das Ver—
dienſt JEſu Chriſti. Darüber haben wir Briefe,
nemlih, vie ewige unwandelbare DVerbeiffung des
Evangeli, und Siegel, nemlich, die Taufe und Chriſti
Leib und Blut im Abendmahl. Denn GDtt bat die |
Seligkeit nicht koͤnnen höher, feſter und gewiſſer mo
hen, denn mit dem Leiden und Sterben feines Sohns,
* and mit dem Evangelio und Sacramenten. GOtt
gebe nur Gnade, daß wir die Briefe wohl bewahren,
Daß fie und der Teufel nicht zerreiffe. Ja, mein liebs
fter Luther nicht allein haben wir zum Siegel vie
heiligen Sacrantenten, fondern au), wie gefagt, Den
heiligen Geiſt, welder das Heil in uns alfo verfie⸗
gelt, daß wir es fühlen.
2. Warum erzeiget GOtt feinen Kindern biefe Gnade?
E; gefchiehet darum, auf daß die lieben GOttes
Kinder, unter fo vielen Gebrechen und Anftöffen, ein
gewiffes Pfand undı Siegel göttliher Gnade an ihr
nen haben mögen, wie ©t. Paulus, 2 Cor. 1. Eph. 1.
bezeuget. Ya, daß dDerfelbe inwendig in unfern Her
‚zen, wenn wir am allererfhrodenften und betrübte⸗
EEE u ⏑ 0 RE BEE an . — — na — — nn .. —
F
des Schatzes der Seligkeit. 303
ften find,; mit und rede, und uns ver Gnade gleich
mündlid und empfindlich verfichere, Roͤm. 8. Denn
fo oft wir unfere Sünden und Widermwärtigfeit an;
fehen und darüber zappeln, und an GOttes Gnade
snbeben zu zweifeln, ift der heilige Geift da, und
richtet unfer armes krankes Herz auf, und flärfet.
es mit vielen berrlihen Argumenten und Spruͤchen,
und überzeuget und, Daß wir dennoch gleichwohl
BOttes Kinder feyn, wie es und auch ergebe, und
daß und nichts fcheiden koͤnne von feiner göttlichen
Liebe, wenn wir gleich die allerthorhaftigiten, unfürs
ichtigften, fündhaftigften, veradhteften und elendeſten
Menfhen auf Erden wären. Woraus denn unauss
prechliher Troft, Friede und Freude erwächfet, hoͤ⸗
yer denn alle Vernunft, Denn wo ein feſtes Ber
rauen an GOttes Gnade iſt, da ift eitel Troft, Friede
und Freude, auch mitten in Unfällen, Creuz und
Tod, mie wir fein an ben erleuchteten und glaubis
gen Herzen fehen, wie fein he fih in allem koͤnnen
jufrieden geben.
3. Bon dem Briefe meined Heild, nemlich vom heiligen
Evangelio, habe ich zuvor in dem dritten Gapitel des
vorhergehenden Buchs Berichtd genug eingenommen: Von
ben beiden erwähnten Siegeln aber meiner Geligfeit,
nemlich vom heiligen Abendmahl und heiligen Geift, möchte
ich noch wohl gerne etwas grändliches und mehreres vers
nehmen.
Ic will deinem Begehren herzlich gerne ein Genüge
thun ‚in folgenden Capiteln: Aber von diefen Sachen
nur das erwähnen, was eigentlich zu dieſem unferm
Vorhaben dienlich ſeyn will, Merke nur fleißig auf.
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%
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Ja, er Freilich: Denn es ſchenket GOtt der HErr ven
vern gdert
2. Er ze
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303 Bon den Giegeln und Briefen -
Das IL Capitel
Von dem heiligen Beik
1. Berfichert auch ber heilige Geiſt unfere Seligkeit ©
Slaubigen feinen heiligen Geift in der Taufe darum,
auf daß fie ein gewiffes Zeichen und Kindſchaft has
ben mögen, defjen fie ſich ruhmen, trötten und er
freuen 1
Öönnen ihr Lebenlang, wie ©t. Paulus Epbef.
1. fohreibets Ihr ſeyd verfiegelt mit dem baligen
Get, welcher ift dad Pfand unfere Erbes. Denn
weil wir nicht glauben, wir ſehen denn Zeihen und,
Wunder, fo giebt uns deswegen der gütige GOtt
Zeihen und Wunder genug, nemlidy feinen heiligen
Geift, durch welchen wir feiner göttlichen Ratur theib
ie paftig worden. : Zum andern gefciehet foldies dan
fanbis im, auf daß die neugeborne Sottesfinder willen koͤr
4 ihre nen, wie reich und felig fie in der Taufe worden
feyn. Denn dies fann und unſere Vernunft nicht
lehren, fondern der heilige Geift muß ed thun, durch
das Licht des Evangelü, wie St. Paulus befennet
und fpriht, 1 Cor. 2. Wir haben empfangen
den Geift aus GOtt, auf daß wir wiffen
fönnen, wie reihlih wir von GOtt bean
dDiget find, welhes menfhlihe Weisheit
nicht lehren kann. Denn ob gleich ein natürk
her Menſch das liebe Evangelium für fih bat, lie⸗
fet und böret es täglich, fo veritehet er doch nichts
davon, wo es ihm nicht der heilige Geift im Herzen
erfläret. Ya, es ift ihm eine abgefchmadte Lehre, das
für er die Ohren zuftopfet. Derowegen, wer nad
nicht geheiliget ift durch den heiligen Geift, noch bi
Heiligung empfangen bat, oder zu ſchwaͤchlich hat,
der bitte GOtt um diefe Gabe, fo wird fie ihm ge
geben werden, wie Chriſtus fpriht, Luc, 11. zu
Ä wie
— — — — | —
rn y mn - — Tr, Te
des Schatzes der Seligkeit. 305
vielmehr wird euch mein Vater den heiligen
Geiſt geben, fo ihr ihn darum bittet. Denn
es ift unmöglich, daß einer die reihen Schäße, wels
che und im Evangelio fürgetragen und geofienbaret
werden, ohne des heiligen Geiſtes Erleuchtung follte
erfennen und begreifen können. -
2. Bas wirfet der Jeilige Geiſt insgemein bei den Glau⸗
bigen ?
€, machet fie heilig, durch das Anrühren, und
Durch die Gemeinfchaft feines Weiend. Denn wo das
große Heiligthum der heilige Geiſt iſt, Da iſt auch
wahre Heiligkeit, und diefelbige Stätte beiffet Heilig.
Er erleuchtet fie, und giebt ihnen ihr Heil und Herr
lichkeit zu erfennen, wie St. Paulus 2 Cor. 2,
fchreibet, daß er fie führe aus einer Klarheit in die
anderes Auch flärfet er fie am Glauben, und ˖ vers
fühert fie ihres Heils und ihrer Herrlichkeſt, welche
fie von Chriſto und in Chrifto haben. Denn er iſt
ihrer Herzen Prediger, und giebt ihrem Geift Zeug
nie, daß fie nicht allein rein und gerecht, fondern
auch GOttes liebe Kinder feyn, in der Herrlichkeit
des Baters, Röm. 8, Desgleihen, daß fie Erben
feyn des Paradieſes. Woraus ihnen denn entitehet
ein unausſprechlicher Troſt, Erquidung, Friede und
Freude Denn das Reich GOttes, welches der bei
Tige Geift in den Glaubigen und Getauften aufrich
tet und erbauet, iſt über alle Vernunft und Ausre⸗
den, Er lehret fie fein devote beten, fa er felber
betet in ihnen mit unausſprechlichem Seufzen. Gold
Seufzen aber vernimmt und erhöret GOtt, Roͤm. 8.
Er erneuert fie auch täglih mehr und mehr, und
machet fie gleihförmig dem Bilde Ehrifti, in Gedans
fen, Worten und Werfen, wie St. Paulus 1 Cor. 3.
fpricht: Wir werben verwandelt in das Bild Chriftt,
aus einer Schönheit in Die andere. Denn bie Pflänzs
kein Chriſti find ſeines Safts voll, Sie den feine
2 en
3066 Ron den Siegen und ‘Briefen
Natur und Eigenfhaft. Inſonderheit aber behält Der
heilige Geiſt die Slaubigen in wahrer Demuth, und
machet, daß fie fih für hoffärtigen Geberven und
Worten fhämen müſſen. Er reizet fie audy zur Keuſch⸗
Der wah⸗beit, Guͤtigkeit, Lindigkeit, Wohlthätigleit. „Er giebt
zen Ehri- Reue und Leid, da fie ed im Geringften verfeben,
Ren Ra: und etwa den Nebenchriften mit harten Worten bes
trübet haben, und machet fie aus allen Fällen vers
nünftiger und frömmer. Nah dem Willen find die
Chriften ganz neu’ und göttlih. Denn obgleich Die
innerlihen Begierden und die Außerlichen Werke nicht
ſtets gut find, fo iſt doch der Wille gut, das ift der
Erbtheil der Chriften. Und nad) dieſem Willen find
fie GOtt ſehr angenehm. allen fie aber. in Guns
den, fo gefchiehet ed wider ihren Willen, und das if
ihnen fo leid, daß fie darüber lange bitterlich weinen,
‚Er tröftet fie auch wiederum wider ſolche ihre täglıs
he Faͤlle. Desgleichen wider das Wirken der Welt
und wider. alles Ungluͤck. Endlich hilft er ihnen den |
Tod überwinden, und ſchenket ihnen pas Herz Si— |
meond, bid daß er fie auferwede zur offenbarlichen
Herrlichkeit, wie hievon anderswo weitläuftiger ges
handelt wird. Ä |
Darum fol ein jeglicher Glaubiger und Getaufs
ter es dafür halten, daß er fey ein lebendiger Tem
pel des heiligen Geiftes, und daß ver heilige Geiſt
leibhaftig in ihm wohne, wandele, herrſche und res
tiere, wie man denn ja feine Gegenwart und Wir⸗
ung wohl fühle, wo man nur ein wenig Achtung
uf fein Herz giebt. Er fol fih auch folcher groß
. fen Gabe fröhlich ruhmen und darauf fein ſanft be
ruhen, ald auf feinem Erbgut. Denn es it nicht
genug, daß wir neue Gerechtigkeit, Kindſchaft, und
den heiligen Geift haben, fonvern wir follen aud
ſolche himmliſche Güter im fröhlichen Glauben bes
ſitzen. Wir follen nicht nur Herren, fondern auf
Befißer ver überlafenen Erbſchaft und himmliſchen
Güter ſeyn: Wir follen unfer himmliſches Erbe nicht
—— —=- m — —
mu — —
—
des Schatzes der Seligkeit. 207.
allein erlangen, fondern auch faffen und behalten,
wo wir es anders durch Faulheit und Undankbarkeit
nicht viel lieber wieder verlieren wollen. Was follen
und die ſchoͤnen Aepfel, wenn wir dieſelben nicht wol⸗
len gebrauchen? Was ſollen uns GOttes Gaben,
wenn wir uns derſelbigen nicht wollen annehmen, als
unſers eigenen Guts, unſers Geſchenks, Brautſchaz⸗
zes, Erbtheils und Vermaͤchtniſſes; und wenn wir
uns derſelben nicht wollen tröften, erfreuen, damit
beluftigen, und verfelbigen uns rühmen? Denn GOtt
bat une feine Güter darum gegeben, daß wir Damit
prangen, und ihm dafür ein ewiges Halleluja fingen:
follen.
5. Was wirket ber heilige Geift ſonderlich im Gnadenreich
des HErrn Chriſti, damit er unſere Seligkeit verſie⸗
gelt, verſichert und befoͤrdert?
Zum erften, zündet er in und an, und vermehret®ranndet
reichlich Daß rechte “und wahre Erfenntniß JEſu Chriryapre &re
fti, oder des Verdienfted und der hoben Wohlthaten kenutniß
JEſu Chriſti. Denn ob wir ſchon alles im Wort Eprifi.
haben, dad wir zu unferm Zroft und Heil von
Ebrifto wiſſen follen, fo iſt es uns, doch gleichwohl, ,
ſehr dunfel und unbegreiflih, wo nicht Der heilige
Geiſt dazu kommt, und unfern Verſtand erleuchtet.
Died fehen wir an den Juden, welche in ihrer Die:
natürlichen Blindheit gelaffen, nicht erleuchtet finn, FErift
daß fie, ob fie fchon täglih Die Bibel leſen, von man ohne
Chriſto nichts ſehen, noch wiſſen. Denn fie haben beilis
dieſe grobe Dede für ihren Augen, gute Werke muſ— See
fen es thun. Darum fuchen fie nichts mehr im der Reben.
Coch, denn gute Werke. Und da ſie gleich etwas
anders finden, nemlich von Chriſto, ſo ſicht ſie ſol⸗
ches nicht an, iſt eitel Ketzerei der Propheten und
Apoſtel, dazu die guten Leute, weiß nicht wie, un⸗
verſehener Weiſe gekommen find. So. hüpfen die
Juden und andere über das liche Evangelium bin,
| 2
308 Don den Giegeln und Briefen
and jagen nur dem Geſetz nach mit großem Eifer,
damit fie ſich ja felbft faben, verftriden und toͤdten.
30 aber der heilige Geift iſt, und einem die Augen
recht aufthut, da fiehet man Chriftum klaͤrlich, je
oft in einem Wörtlein ſolch Geheimniß, daß man es
fein Lebenlang nicht ausfchöpfen kann. Dazu Denn
die lieben Sprachen, infonderheit aber die griechiſche
und bebräifche nicht wenig belfen. Denn wer wil
mir die Kraft diefer beiden Wörter, Umfonft und
in Emwigfeit in der Lehte von der Rechtfertigun
nach ihrer Würde ausreden und genugfam ertlären?
Darin dad) fo viel Saft und Kraft ift, daß, fo fie
nur ein wenig angefeben, ein Herz fönnen unübers
windlich machen, wider aller Welt Klugheit und aller
Zeufel Gewalt. Trotz fey dem Teufel geboten, daß
er mich ſchrecken oder irren follte, wenn ih von Her⸗
zen glaube, daß ich für. GOtt gerecht, und bei ibm
in Gnaden fey, ohne Anfehen meiner Wuͤrdigkeit und
Verhinderung meiner Sünden, und zwar ohne Aufı
hören oder ewiglich. .
eweis,. Daß aber dies des heiligen @eiftes Wirkung fey,
dag dies bezeuget der HErr Chriftus felber, Joh. 16. Wenn
beigeg aber jener, der Geift ver Waprpeit fommen
Wirtung wird, der wird. euch in alle Wahrheit leiten.
ſey. Ob er fagen wollte: Ich habe euch viel gepreviget,
aber ihr habet weniä verftanden; wenn aber der hei⸗
(ige Geift in und fommen wird, fo wird er ein neu
Licht in euch anzünden, daß ihr- alles verſtehen wer
Wie Ehrispet. Daher denn aud St, Paulus dem wahren En
ig kenntniß JEſu Ehrifti einen ſchoͤnen Namen giebt,
geneunet indem er es ein Licht nennet, von GOtt in und aw
‚Werbe. gerundet, welches in unfern Herzen leuchtet, 2 Cor. 4
Und St. Petrus nennet es den Morgenſtern, odet
das Morgenliht, welches auf die Nacht erfolge.
Denn gleich als die liebe Morgenrötbe das Lieblichſte
vom Tage iſt, und das arme menſchliche Herz am
meiften erfreuet, darum, daß ed auf die finftere und
traurige Nacht erfolget; Alfo ift das wahre Erfemt
-
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De ⏑⏑⏑——— ⏑.. x⏑0— 5 — 5 ⏑ ee
des Schatzes der Seligkeit. 300
nie Chriſti auch das Lieblichſte in uns, welches uns
am meiſten erfreuet. J
Suche derowegen, mein lieber Menſch, rechten
evangeliihen Berftand, nicht bei deiner Vernunft,
auch nicht bei Fleiſch und Blut, fondern dur ein
ernites Gebet bei dem heiligen Geift, der wird dir
es fein fäuberlicdy- offenbaren, |
4. Bas wirket ber heilige Geift mehr?
Zum andern, machet und auch Der heilige Geift rein ?. Er ma⸗
und lebendig. Denn er reiniget unſer Gewiſſen Durch Sarnen
ven Glauben von allen Sünden, vom Zorn GOttes beutig.
und von dem ewigen Tode, und machet fie durch
solchen Glauben zugleich lebendig, das ift, ganz froͤh⸗
lich. Gleihwie und der HErr Chriſtus von Süns Ebritus
den erlöfet durch fein Blut, daß fie, nicht mehr auf uns 106
und liegen, oder feyn follen: Alfo entfreiet und dervon in
Heilige Geift von Sünden durch ‚ven Glauben, Baßiein But,
. fie unfer Gewiflen nicht mehr beſchweren follen. Denn de
wer da glaubet an das Blut Chrifti, der ift für feis unser
nem Gewiſſen fo rein ald ein unfchuldiges Kınvlein.feya. Der
Und viefe beide Erlöfungen muͤſſen beifammen fern, "an
ſoll auders die Rechtfertigung volllommen "bei uns durd den
geſcheben. Denn, geredt werden, heiſſet in dernanmem
Schrift nit allein Vergebung der Sünden durdynihtftas
Ebriſtum bei GOtt haben, fondern auch Diefelbige>en; Der
Vergebung gleich bei fi) empfinden und fühlen, ein Beh
frei, rein Gewiſſen von Sünden haben, und darob bampfet
triumphiren. Diefes geſchiehet durch ben Glaubenganpehat
des heiligen Geiſtes, welchen ver heilige Geift in ung und.
wirket. - Darum faget St. Paulus reht: wir wers
Den durch den Blauben gerecht. Desgl. wir
werben.Durd den Blauben rein. Weiter, fo
reiniget auch der heilige Geift die Ehriſten alfo von
Suͤnden, daß fie in ihren Herzen nicht mehr regier
zen, fondern ruhen und fterben müſſen. Und dies
thut er wider bie eingebildete Furcht oder Reverenz
310 Won den Siegen und. Briefen -
GOttes, welche in den lieben Gotteöfindern zumei
Yen groß iſt, daß fie alle böfe Lüfte darin tönreı
Denn Sirach foriht, Cap. 1, Die Furcht Dei
HErrn wehrer die Sünde Deögleihen, Di
Furcht des HErru behütet und mahetfronm
Das Herz, und giebt Freude und Wonne
, Daher denn auch ver heilige Geiſt der Geiſt der
Furcht, vi genennet wird.
5 Pr wirket dey heilige Geiſt mehr?
Die dritte Wirkung des heiligen Geiftes iſt Friebe
3.@rwis-und Freude, wie ausdruͤcklich Sal, 5. gemeldet wird,
ae Denn wenn er den Glauben in unfern Herzen ans
de, zündet, und in und zeuget, Daß wir gerecht und SD
. tes liebe Kinder feym, befriediget er zugleich damit
unfere Herzen, und richtet in uns, an himmliſche
Freude. Wenn der Glanz der Gnade aufgehet, fo
gehet auch zugleich mit auf Friede und Freude, wie
dies alles vie lieben Heiligen GOttes täglih erfahre
ren. Ad! welch ein kuühles und liebliches Luͤftlein iſt
doch das Lüftlein goͤttlicher Gnade, im rechten Glau⸗
ben empfunden? Wie befänftiget und ftillet es nat
Dürre und unrubige Herz? Ehe das heimliche, je
doch Präftige Zeugniß des heiligen Geiſtes amacht,
berrfcher Mofes über und, und es wollen unfere arme
rzen von großer Furcht fterben; aber wenn das
able und fanfte Lüftlein der Gnade GOttes den
über bergehet, fo bören vie Draͤuworte Mofis anf,
und unfere Herzen geben fih zufrieden, ja fte ruhen
denn glei auf der Gnade GOttes, als ein arm
germundetes Kindlein auf dem Schooß ſeiner gelicn
ten Mutter und zwar billig.
- Denn warum follte ſich ein frommes Herz feine
übrigen Suͤnden halben für dem Zorn GOttes ent
fegen oder fürchten, weil es von allen Sünden g
6
des Schatzes der Seligkeit. 311
lich befreiet und mit Gott durchaus zur hoͤchſten Liebe
und beſtaͤndigſten Freundſchaft verſoͤhnet iſt?
Wie froͤhlich aber der heilige Geiſt ein trauriges
Herz machen kann, durch ſein Wort und Zeugniß,
wiſſen die, welche es fühlen. Sc halte, daß keine
. größere Freude im. Himmel unter den Engeln fey, -
als bei uns Chriften, wenn wir Außerlih dad Wort, -
innerlih das Zeugniß des heiligen Geiftes hören.
Ach! wie gar lieblih und freudenreih iſt es Doch,
wenn einer des Morgens einen: tröftlihen Text aus
ber Bibel lefen, und darauf eine fröhliche Predigt hören
mag? Wie, ift er denn im Himmel? Wie grünetihm alds
denn fein duürres und matted Her; im Leibe? Ind
wie wird er. alödenn fo jung und fhön? Als David
finget, Pfalm. 103. Der HErr bat did wit
Troſt erfüllet, daß du ſchoͤn bift.
Denn GOttes Wort, das heilige Evangelium,
iſt eine ſolche gnadenreiche Predigt, Daß es den heis
ligen Geiſt und feine Freude mit ſich bringet, im
Lefen, Hören und Betradhten, fürnemlid in den
‚ frommen Unterredungen aufrichtiger. Seelen, Und
zwar, wer aus GOtt ift, der Iäffet ihm an GOttes.
Wort gelegen feyn, und bat immer größern Hunger
und Durft nad dem Wort GOttes, als nad leib⸗
lichem Eſſen und Trinken, welches nur den Leib
mäftet, und zur Wolluſt entflammet. Es faget auch
frei ein ſolcher Menſch, er habe den Tag nicht ges-
geilen, wo er vorhin feine Seele mit GOttes Wort
nicht ‚gefpeifet und gefättiget habe, -
Daß aber die Glaubigen nicht allewege gleich froͤh⸗
(ih), fondern mehr tranrig, denn fröhlid find, und
daß fie fih an folder ihrer Traurigkeit nicht ftoßen
follen, davon leſe man die Pfingftpredigt Luthers
in feiner Kirchenpoſtill.
6. Wirket der Heilige Geift auch noch etwad mehr?
a, es treibet auch zum vierten. ber heilige @eift,€
vie lieben. GOtteöfinder zum Gebe, Denn wenn. &
|
“|
|
|
312 Don ben Siegen und Briefen
das Vertrauen da ift, daß GOtt der Vater freund
Iiher fen, ald kein Vater auf Erden, fo kann fid
der Menſch nidt aufhalten, er muß zu GOtt umi
- mit ibm reden: Ah lieber GOtt und Bater! wor
froh bin ih, daß du Bater bit, habe Lob umt
e Dank, daß du Vater biſt. Ach fey und bleibe doch inner:
Wie lieb Vater. Ach Vater, lieber Vater! Und dies Liebkoſen mil
dem Ver⸗GOtt thut einem Chriften fo wohl, daß er nicht aufbören
% na und des Gebete fatt werden kann. Es iſt ihm eitel Zucker
und Malvafter. Und weiß wahrlich nicht, wie ed doch
kommt, daß einem das Gebet fo füß ift. Mir iſt es meine
Speiſe, und wollte lieber todt ſeyn, denn nicht bes
ten. Hievon ftehet ein fchöner Spruch Röm.8. Ihr
habet nicht einen knechtiſchen Geift empfans
gen, daß ihr euch abermal fürdten mäffet,
fondern ihr habet einen kindlichen Geiſt
empfangen, durch weldhen wir rufen: Abba,
lieber Bater! Daher denn auch der. heilige Geiſt
ein Geiſt des Gebetd genennet wird, Zach. 12 dar⸗
um, daß er und einen freudigen Zutritt zu GOtt
. machet, und dad liebe Gebet in und erweder.
7. Sage mir noch mehr von ber Wirkung des heiligen
Geiſtes. |
8. Er rei- & ſchaffet auch zum fünften der heilige Geift denen,
ent ir welchen er ift, ein reines Herz, deögleichen Zul
ten, und Liebe zu allen Tugenden oder guten Werten.
Ich heiſſe aber das ein reined Herz, in weldyem die
fleifchlichen Lüfte und Begierden erftorben find, ode
aber fo zurüctgehalten werden, daß fie nicht domini
ren, und Boͤſes anrichten koͤnnen. Denn es wohne
in feinem natürlicien Menſchen etwas Gutes, er ftelt
fih au fo fromm, als er immer wolle, auch in
den Heiligen felbft nicht, wie Paulus ſaget, Roͤm. 7.
Damit aber die Heiligen nit etwa eine Thorheit
begeben, und ihren Feinden eine Freude und Gewaͤſch
anrichten, koͤmmt der heilige Geiſt her, und giebt
— — ö SE
xx — _ —— En ⏑ x ⏑ — u ED A or
Eu rue
«
des Schakes der Seligkeit. 513
a ihnen einen andern Muth, und hält fie durch GOt⸗
ui 1e8 Wort und Ruthe fein zurüde, wie Gt. Paulus
u lehret, Roͤm. 8 Mein Itebes Kind, foriht er,
'ı folge nit deinen böfen Lüften, denn GOn -
ı te8 Wille ift, daß du heilig ſeyſt, und deis
„ nen Leib und Geele rein behalteſt. Wirſt
es Du aber deine Luft büffen, fo wird deine Sünde jener
J wohl eine Zeitlang ſchlafen, aber endlich wie eine beilige .
; grauſame Schlange aufmachen und dich. jammerlich Ele
; beifien. Deine Feinde werden deiner audy nicht ſcho gen won.
; nen, fondern deiner fpotten, und did; allenthalben Siuden
austragen, und den Ruhm Deiner vorigen aud) fol; abfrels
genden Heiligkeit in große Schmac verwandeln. Ya, .
GOtt der Vater felber wird feine väterlihe Ruthe
in die Hand nehmen, und Did mit Armuth, Kranfs
“ heiten und andern Plagen züchtigen, damit du es
auf eine andere Zeit laͤſſeſt. Lebe richtig für dich
bin ohne Sünde, fo bleibeft du mit Frieden. Col;
che und dergleihen Gedankten vom heiligen Geift eins
gegeben, ändern den Muth, vertreiben vie böfen Luͤ⸗
fte, und halten den Menſchen im Zügel, daß er fi
wohl befinne, ehe er etwas fündliches anfahe. Und .
zwar wo ſolches der heilige Geiſt nicht thäte, und
ver Sünde ein Gebiß ins Maul legete,. fo würden
fie gewißlich, wie ein wilder und muthiger Gaul,
auch den beiten Heiligen GOttes den Zügel über .
ben Kopf itreifen, und fie alfo aufs Pplafter fegen, _
daß fie es ihr Lebenlang fühlen wurden. Wir denn
aus GOttes Verhängniß zuweilen gefchiehet, auf daß
fie Demuth lernen, und andern rathen koͤnnen.
| Nach folcher Keufchheit fchreibet der heilige Geiſt
mit feinen’ felbft eigenen Fingern Das Geſetz der Liebe
An der Seinen Herzen. Denn GODtt will nicht in
feinem Reich ein knechtiſch und träges Bol haben,
fondern ein freiwillig und hurtig Volk, welches von
Grund des Herzens geneiget und feurig iſt zur Liebe
und zu allen guten Werken. Derowegen nimmt .er_. -
bad alte ſiinerae und träge Herz von und himweg,jmaiene:
— —— — — — —
514 on den. Gnadenmitteln
fig machetund giebt und durch feinen: heiligen Geiſt ein ande
Beligteit fleiſchern und luſtiges Herz, willig und bereit zu al
"Ien guten Werken. Wie er felber geweiffaget umt
verheiffen bat, Ser, 31. Desgl. Ezech. 11, 36. Def
es zur Zeit der Regierung Chriſti weit anders im
der Welt zugeben, als vorhin zur Zeit Moſi gefcher
ben ift, da er die Leute zwingen müfien. Ezech. 36.
ſpricht GOtt alfo: IH will rein Waffer über
euch fptengen, daß ihr rein werdet von ab
ler eurer Unreinigkeit. Und ih will eu
ein neu Herz, und einen neuen Geiſt in eud
. geben, und will das fteinerne Herz aus eus
rem Zleifh wegnehmen, und euch ein flei—
fhern Herz geben: Ich will meinen Geift
in eudh geben, und will foldhe Leute aus
euh machen, die in meinen Geboten wamw
—* und meine Rechte halten und darnach
than, | |
Welches doch alles bei ven lieben Chriſten im
großer Schwachheit zugehet, alfo, daß fie oft felber
Darüber irre werden, und nicht wiffen, ob fle ven
heiligen Geiſt haben, und von ihm regieret werden
oder nicht. Died aber bat feine Urfache: Denn GOtt
will, daß wir follen diefes Lebens fatt werden, und
. herzlich Verlangen tragen nad) dem ewigen Leben,
Der Firrda alle Schwachheit aufhören, und die Vollkommen⸗
reg Natun,heit angeben wird. Doc find gleihwohl durchaus
vie lieben Chriften feine freundliche, gerechte und fanft
muͤthige Leute, zu Denen man fich alles Gutes verfehen
ann, die niemand zu nahe find, die einem Tonnen
etwas zu gut halten, und die nichts weniger ıhun,
denn daß fie follen andere richten. Cains Haufe iR
Der ein frecher ſtolzer Haufe, will alles zuſammen raffen, was
Weinin⸗ in der Welt iſt, ſey es mit Recht oder mit Unrecht, hat
ber Na: fein Gewiſſen, ſchlemmet und demmet, und fchläget
ur. die wahren Heiligen aufs Maul, ja wohl gar zu tode.
Denn diefer Haufe hat ven Saamen der Gerechtigfeit
nicht bei ihm, wie Die andern Heiligen GOttes haben
3 — — —— 55 757——— a — — — — —
— u - 70
Des Schatzes, ber. Secigkt, 313
yon Chriſti Geiſt. Daher fie auch die Heudjler und
Gainiten, Uebelthäter, in heiliger Schrift genennet
werden. Welches Wort keinerlei Weife den ſchwachen
Schaͤflein Jeſu Ehrifti, fondern den folgen, frechen
Stoßböden fol zugemeffen werden, aus welchen GOtt
bernadh eitel Feuerwerk in der ewigen Glut machen
will. .
8. Haft dur auch noch mehr von der Wirkung des heiligen
> Geiſtes zu erwähnen?
Ah tro⸗
x? noch eines. Es ift auch der heilige Geift endlichen fewi
in feinem Amt ein Tröfter: Denn er tröftet die Tier Dei Die
ben GDtteöfinper wider ihre Schwachheit, die fie am heit nnd
Leben Haben und fühlen, und wider das Riten, Der ber Ziele
Welt, und machet Leute des Glaubens daraus, welche j
ſich wider ihr eigen Herz und die Welt mit GOttes
Gnade tröften und aufhalten koͤnnen. Denn er zeus
get in ihnen, daß fie gleihwohl GOttes liebe Kinder
ſeyn und daß fie ihrer Schmachheit halben keinesweges
Yon GOttes Liebe geſchieden feyn, fondern vielmehr,
daß OOtt Luft habe, dur arme ſchwache Gefaͤſſe
große Thaten zu thun Wie er Denn‘ ftet6
von Anfang her Die Imbecillia zu feinen göttlichen
Ehren gebrauchet hat. Und daß fie von Chriſto eine ’
befiere Gerechtigfeit haben, denn ihr eigene ift: Und .
daß fie zu feiner follen ſtark werden wie David, und
daß ihre liebe Mitbruder eben daffelbige Leiven haben. .
Luther, in der ſchoͤnen Predigt am Pfingfttage, —-
Kirchenpoſtill, S. 111. Dazu kann es nicht kommen,
weil wir auf Erden im Fleiſch leben, daß wir ohne
alle Schwachheit und Gebrechen ſeyn ſollten. Und du
wirft feinen Menſchen finden, der ohne Sünde und
ohne Betrübniß, voll Gerechtigkeit und voll Freude
fey. Denn auch ein frommer Chriſt ift Fleiſch. und
Blut, und fühlet, Das er nicht gerne fühlet, ohne daß
er dawider fireitet, und es ihm herzlich wehe thut.
Die andern aber nehmen fie gar nicht an, und fehler -
\
|
— 314 Bon den. Sinadenmitteln
fig machetund giebt und durch feinen heiligen Geiſt ein ande
Kelistein fleiſchern und luſtiges Herz, willig und bereit zu al
"fen guten Werken. Wie er felber geweiſſaget um»
verheiffen hat, Jer. 31. Desgl. Ezech. 11, 36. daß
es jur Zeit der Regierung Chriftt weit anders in
ber Welt zugeben, als vorhin zur Zeit Moſi gefche
ben ift, da er die Leute zwingen müflen. Ezech. 36,
ſpricht GOtt alfo: Jh will rein Waffer über
euch fptengen, daß ihr rein werdet von. ab
ler eurer Unreinigleit. Und ih will eud
ein neu Herz, und einen neuen eilt in eud
geben, und will das fteinerne Herz aus ew
rem Zleifh wegnehmen, und euch ein flei
fhern Herz geben: Ich will meinen Geiſt
in eudh geben, und will foldhe Leute aus
euh maden, die in meinen Geboten waw
Pi und meine Rechte halten und darnad
thun.
Welches doch alles ei den lieben Chriften in
großer Schwachheit zugebet, alfo, daß fie oft felber
Darüber irre werden, und nicht wiffen, ob fie ten
heiligen Geift haben, und von ihm regieret werden
oder nicht. Dies aber bat feine Urfache: Denn GOtt
will, daß wir follen diefes Lebens fatt werden, und
herzlich Verlangen tragen nah dem ewigen Leben,
Der ara alle Schwachheit aufhören, und die Bolllommen
te6Natar,heit angehen wird, Doc find gleihwohl durchaus
die lieben Chriften feine freundliche, gerechte und fanfts
müthige Leute, zu denen man ſich alles Gutes verfeben
fann, die niemand zu nahe find, die einem koͤnnen
etwas zu gut halten, und die nichts weniger ıhun,
denn daß fie follen andere richten. Cains Haufe if
Der ein frecher ſtolzer Haufe, will alles zuſammen raffen, was
Weittin. in der Welt iſt, ſey ed mit Recht oder mit Unrecht, Hat
ber Nas fein Gewiſſen, ſchlemmet und demmet, und fchläget
tur. Die wahren Heiligen auf Maul, ja wohl gar zu tode.
Denn diefer Haufe hat den Saamen der Gerechtigkeit
nicht bei ihm, wie die andern Heiligen GOttes haben
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des Schatzes, der, Seligfeit, u |
yon Chriſti Geiſt. Daher fie auch die Heuchler und
Gainiten, Uebelthäter, in heiliger Schrift genennet
werden. Welches Wort keinerlei Weife den [hwahen
Schaͤflein Jeſu Ehriſti, fondern den flolzen, frehen
Stoßboͤcken foll zugemeſſen werden, aus weldhen GOtt
bernad eitel Feuerwerk in der ewigen Glut machen
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8. Haft du auch noch mehr won ber Wirkung des heiligen
* Geiſtes zu erwähnen?
J⸗ noch eines. Es iſt auch der heilige Geiſt enplichre fe wis
in feinem Amt ein Troͤſter: Denn er tröftet die lie DER die
ben GOtteskinder wiver ihre Schwachhbeit, die fie am heit nnd
Leben haben und fühlen, und wider das Richten, ber der Ziele
Welt, und machet leute des. Glaubens daraus, welhe
ſich wider ihr eigen Herz und die Welt mit GOttes
Gnade tröften und aufhalten koͤnnen. Denn er zeus
get in ihnen, daß fie gleichwohl GOttes liebe Kinder
feyn und daß fie ihrer Schmachheit halben keinesweges
yon GOttes Liebe geſchieden feyn, fondern vielmehr,
daß OOtt Luft habe, durch arme ſchwache Gefaͤſſe
große Thaten zu thun. Wie er Denn’ ſtets
von Anfang her die Ymbecillia zu feinen göttlichen
Ehren gebraudet hat. Und daß fie von Chriſto eine \
beſſere Gerechtigkeit haben, denn ihr eigene iſt: Und
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daß ſie zu ſeiner ſollen ſtark werden wie David, und
daß ihre liche Mitbrüder- eben daſſelbige Leiden haben.
Luther, in der ſchoͤnen Predigt am Pfingſttage, —
Kirchenpoſtill, S. 111. Dazu kann es nicht kommen,
weil wir auf Erden im Fleiſch leben, daß wir ohne
alle Schwachheit und Gebrechen ſeyn ſollten. Und bu
wirft feinen Menfchen finden, der ohne Sünde und
ohne Betrubniß, voll Gerechtigkeit und voll Freude
fey. Denn aud ein frommer Chriſt ift Fleiſch. und
Blut, und fühlet, das er nicht gerne fühlet, ohne daß
er dawider ftreitet, und es ihm herzlich wehe thut.
Die andern aber nehmen fie gar nicht an, und fehlas -
I
316 Von ben Siegein und Briefen
gen ſich gar nicht damit. Darum muß ein ſolcher
Renfe nicht richten nach feinem Fuhlen, als wäre er
Darum verloren.
&. 115. Es muß die Kirche auf Erden in Schwach⸗
heit, Angſt, Schmach und Schande feyn.
S. 113. Es ſoll fi niemand an einem anders
ärgern, noch an ihm felbit verzagen, fo er ſiehet
oder felbft fuͤhlet viel ſundliche Gebrechen, Reizung
und Lüfte, ja, ob es zuweilen auch verfehen uns
geſtrauchelt wäre, daß darum GOtt von ihm gewichen
und ihn verfioffen wolle, als ein untüchtiges Werks
zeug: fondern er fol fi wieder aufrichten, durch die
Buße und Glauben des Worts, und ſich des tröften,
daß er ıft im Reich Chriſti der Gnaden, welches viel _
mächtiger ift, denn. die Sünde, Roͤm. 5. Und ber
heilige Geift wird alfo gegeben, daß. er nicht allein
ein Geſchenk und Gabe ıft, der Muth und Staͤrke
giebt, fondern auch in Schwachheit tröftet, und fol
he GOttes Wohnung machet, da immer die Liebe
GOttes bleibet, durch welche ſolche Schwachheit wird
zugededet ynd Hicht zugerechnet. So weit Luther.
Er tröftet Ja, es troͤſtet ah der heilige Geiſt getreue Lehrer
us » agesuUnd andere fromme Kerzen wider alles Creuz, Schwer
Ereuz. much, bittern Haß und Toben der Welt, Armuth,
Elend, Gefaͤngniß, Krankheit und wider den Tor.
Es faget St. Paulus recht, daß kein elender Volk auf
u R „Erven fey, als eben die Chriften, 1 Cor. 15. Denn
Des Boit,täglic; werden ihnen ihre Herzen durch mancherlei Zus
denn
J Ceiken,
„fälle verwundet bis in ven Tod. Und da gleich nichts |
Böfes noch Trauriges vorhanden ift, fo befahren fie
fih doch gleihwohl allerhand Webeld und fuͤrchten,
ber Himmel möchte fallen, gehen derowegen immer
hin in Trauren und Zagen, und bringen ihre liebe
Sahre zu in Seufzen, ſprechen: was ich ausgeftanden
babe, weiß ich wohl, was ich aber noch ausſtehen
ſoll, das weiß ich nicht, laſſen ſich oft die armen Her⸗
zen, durch Die Züge in den Haͤnden, durch Geſchlechts⸗
regifter und durch Traͤume ſchrecken. Und haben alfe
er nn TTTTTTTTT — — 7577—
des Schatzes der Seligkeit. - 547 -
ie lieben Chriften ſolch Ungemach und foldie Trau⸗ Sie ylas
-igkeit und Schreden von ihrem eigenen Fleiſch ung HE R®
Blut, daß fie fih frümmen, wie die arme Maden, Helen, |
ınd wiſſen nicht, wo fie fi laffen folen. Neulich.
prach einer zu mir über Tiſch, mit Fläglihen Wor⸗
en, er fönne vor großer Traurigkeit nicht eflen: Dar⸗
aber mir die Xhränen heimlicd aus den Augen flofjen,
Die andern lachten feiner, und fpradhen, er wäre ein
Thor. Dies alle aber fommt vom Teufel ber, derder Xen
ichieffet feine feurige Flitſchen in Die arme Herzen unpfe! Auofes
befchweret fie mit unausſprechlicher Traurigfeit, auf
daß fie ja deſto zeitlicher fterben. Die Welt, des Teu⸗Die Weit
feld Braut, biezu verordnet, daß fie Ehriftum in den lat
Seinen bid an den jüngften Tag creuzigen fol, feys
ret auch nicht: Denn fie verfolget alle die, welche
gottfelig in Chrifto leben, und nimmt oft Urſach aus
einem geringen Verſehen, Dad mußet fie auf, und traͤ⸗
get ed aus, entftellt und verdammt alfo Die zarten
Heiligen GOttes, die bald zur Rechten GOttes ſtehen
werden in großer. Herrlichkeit und Wonne. Denn
weil alle, f# da wollen in Ehrifto gottfelig leben,
Verfolgung haben müffen, fo müffen fie. irren, un
es etwa verfeben, auf daß fie koͤnnen verfolget werden:
Wie sollte font die Welt einen Yutritt zu ihnen bar
ben, und Urſach zu ihnen gewinnen fönnen? Das
thut aber einem gottfeligen und ehrliebenden Herzen
mächtig wehe, nemlidh, Daß ihm feine Ehre von gotts
loſen Leuten ſoll gefchändet werden. ' .
Armuth findet fich auch herzu, und heimliche Schuld, amt
die einem viel unfröblihe Nächte machen. Krantheu'ne
ten fommen auch endlich, und das mißflaltige und
abfcheulicye Alter mit den grauen Haaren. Das thut
einem fehr wohl, der nicht viel gewonnen, und nicht
guter Tage gehabt, auch nichts beſſers zu hoffen hat.
Zuleßt folget ver Tod, und machet einen Menſchen |
zu Knoden, da fih oft die Hunde mit tragen. Bier
- Wider dies alles tröftet. der heilige Geiſt die Seidies aleh |
nen maͤchtiglich aus Davin , der Chriſten Trofiborn ‚else,
(m _ J
— — — — — - .. - — — -
315 Don den Giegeln und Briefen
und aus allen Sprüchen der Schrift, nenlih, daß
die lieben Chriften um des Himmelreichs willen muͤß
fen von der alten Schlange geflohen und mit Trau⸗
rigfeit geplaget werden: Daß auch die Welt arbeiten
müffe, mit Haß und Verfolgung, bis der Alte Eomme:
Und daß Armuth, Elend, Krankheit, Gefaͤngniſſe
und Tod unfere Laft und Hitze feyn müfle: Aber daß
Wie und wir Dagegen Gottes, feiner heiligen Engel, und fe
womit vieler taufend Menfchen Liebe und Gunſt haben, web
ee troͤſtet. he allenthalben. das Belte von und gedenfen und ro
den, ob uns fon der Teufel und etliche gottlofe Ge
ſchlechte, mit ihrem Anhange zuwider feyn und plagen;
und daß die ©ottlofen nicht lange laufen, fondern
bald vergehen werden, wie ein Raud), nad) dem Spruch:
Die gottlofen Gefchlechter werden zu Grunde geben;
Und daß Gott der Herr feinen lieben Kindern Elend,
Armuth, Krankheit und was deſſen mehr ift, in ums
ausſprechliche Herrlichkeit und Freude verwandeln
wolle, bald nad) dieſer Zeit. Ja, dieſer Zeit Leiden
nicht werth fen der Herrlichkeit, fo an uns foll geofs
fenbaret werden. =
Spldye und dergleichen Troͤſtungen bören und fühs
len wir täglich, wenn wir vom Teufel und der zar⸗
ten Welt angefochten und betrüubet werden: Uno if
und nie beffer, ald wenn und zum wehelten iſt: denn
fo fühlen wir fonderlihe Bewegungen , welche wir
felbft nicht ausfprehen koͤnnen. Wir fühlen, Daß der
a) berföngyerr Chriftus leibhaftig a) in und wohnet, und fich in
'9% und reget, und unfere arme Herzen mit feinem Gnaden⸗
munde füfjet. Der heilige Geift thut aldvdenn den Hinimd
über und auf, und zeiget und bad Herz des Waterd
und die ewige Fötlihe Wohnungen, die wir bald eim
nehmen und beiigen follen, Lieber Gott! wie oft ik
mir wohl diefer Troſt eingefallen, daß ich gedacht
ir Zrunbabe? Was betrübeft vu dich viel? Haft du doch
in ſeinem Gottes Huld, und des heiligen Geiftes reiche Gaben,
anben, weldye in Dir täglich wie ein Waffer vermehret wers
den, und der Engel Liebe und Schuß, und fo vis
des Schaßes der Seligkeit. 319
ler frommer Chriſten Gunſt, welche zwar wohl an
fremden Orten und ferne von dir find, aber Dich
‚gleichwohl mit Treuen meinen, und deine Schriften
gerne lefen. Sey befannt,. da du unbefannt bift, und
laß dich drüden und prefien, wie nur die Menfchens
finder wollen. Gott fiehet und böret alles, und ift
eine kurze Zeit: Bald wird ein. ander Leben folgen:
So ift auch ja diefer kurzen Zeit leichtes und gerins
ges Leiden nicht werth der ewigen und wichtigen Herrs
lichkeit, die an Dir, ob GOtt will! foll offenbaret wer⸗
den. Weldhe das Wort GOttes mit Thränen fden,
wie denn das liebe Wort in Angft und Noth muß
geprediget und mit Thränen ausgefäet worden, bie
werden das ewige Leben und bie ewige Herrlichkeit
mit Freuden erndten, | nn
Welches alles ich aus frommen Herzen darum Yon
mir fihreibe, auf daß ich Damit die · Gnade und den
Troſt des heiligen Geiftes an mi: ruͤhme, und andere
betrübte Herzen zugleih damit tröfte: Denn wenn
ich leide, fo leide ih um anderer willen ,„ und wenn
ich getröftet werde, fo werde ih um anderer willen -
getröftet, das weiß ich gewiß: Aber die Welt weißeß
nicht, fol ed aud) nicht wiflen. Im Tode drüdetder Geiſt
einem der heilige Geift Die Augen zu, und führer die a
gebenedeyete Seele fein fanft an ihren Ort, da eitel Zobe,
lieblich Wefen und Freude die Fülle if. Am jüng-
ften Zage bringet er Leib und Seele wiederum zus
fammen, und richtet fold) Paradies in den neuen Mens
ſchen an, welches noch Fein Auge gefehen, Fein Ohr
gehoͤret, auch in Feines Menfchen Herz gekommen iſt.
Dies wolleft du auch ja bei mir thun, und bei meis
nen lieben Pfarrfindern, und. bei denen, die daß leſen,
ja bei allen lieben auserwählten Chriften, du allers
| Tiebfter. heiliger Geift GOttes, mein Doctor und mein
Troͤſter, gebeneveyer in Ewigkeit,
| Ach! dies iſt ſehr troͤſtlich.
Freilich: Inſonderheit iſt es wohl ein großer Troſt,
-
320 Don den Siegen und Briefen -
r
Daß die arme fündliche und fterhliche Wuͤrmlein leb
dige Tempel des heiligen Geiſtes, und göttliher Pat
und Weſens theilbaftig feyn follen. Wie fonnte m
Gott Höher ehren, und fich näher zu und thun, den
Daß er und feinen Geift giebt?
Dieß ift ein fol groß Buͤndniß zwifchen und mi
GOtt, daß es Fein Herz ausgruͤnden, und feine Zar
außsreden Tann, Denn wohnet der Seift in mir, we
in GOtt wohnet, fo wird er ia freylich die Heimlid
feit, welche ich beim Herzen habe, GOtt offenbaren
La, GEOt;twird gleich meine Noth und Gebet vurd
Gemeinfhaft des Geiftes fühlen. Weiter wohnet tw
Geift in mir, der in Gott wohnet, fo wird er mu
freilich wiederum die Heimlichkeiten GOttes, neslih,
feinen. geneigten und väterlichen Willen gegen mir dfı
fenbaren. a, ich werde gleich die heimliche Like
GOttes, durch Gemeinſchaft des heiligen Geiſtes u
meinem Herzen fühlen, mie St. Paulus ſchreibet Nön.
8. daß der heilige Geiſt unfern Herzen un
Gewiffen Zeugniß gebe, daß wir Goctd
Kinder ſeyn. en
Das 1. Capitel.
Vom heiligen Abendmahl.
—
FT habe itzo mit Freuden angehöret, wie ſtark de
beilige Geift meine Seligkeit auf mancherlei We
verfihert, und finde auch ſolches zum Theil an min
felbit: Lieber, fage mir nun auch etwas von Dem AM
dern Siegel meines Heild, vom heiligen Abendmahl,
4. Kann ich dad auch wohl für ein Siegel meiner GM
— keit erklennen?
Des Chriftus den Glaubigen im heiligen Abendmehl
ein Pfand feiner Liebe und aller feiner Güter md
theile, begeuget Lutherus, wenn er ſchreibet, Theil 3
Sen. S. 139. Der Leib Eprifti iſt die heilige 2
| nuB
‘
des Schakes der. Seligkeit. 821
ung der göttlichen Majeftät, ja alles, was GOtt iſt
und hat, daͤs iſt deg, Herrn Ehriſti. Derowegen fo
werden wir mit dem. Leibe Ehrifti..folche unausſprech⸗
liche Guter gegeben, auf daß ich nun mag ein Zei⸗
hen und Verſicherung baben, daß alle Guter Ehrifti -
and GOttes mein feyn, nehme ich ven Leib und Das -
Blut Chriſti.
©. 356. Das ift eine große Ehre und Lob der
nnausfprecdhlichen Güte und Gnade unfers Herrn JE⸗
u Chriſti, daß er ſich unſerer Sünden annimmt, und
o freundliche Liebe und Wohlthat bemeifer, daß er
richt allein um und über und tft, fondern und auch
einen eigenen Leib und Speife giebt, auf daß er uns
nit ſolchem Pfand verfihere, und tröfte, daß auch
inſer Leib fol ewiglich leben, weil er hie auf Erden
ner ewigen Speiſe mit genieſſet. |
N Weil diefer Artikel vom Abendmahl fehr ſteitig iſt,
und gleichwohl ein Siegel meiner Seligkeit ſeyn ſoll,
fo muß ich hievon mehr nadıfragen, damit ich
lerne, woran ich mich halten fol,
du thuft wohl, frage nur getroft, ich will dir Bus
e richtige Antwort geben.
3. Wohlen, ſ ſage mir, was das Abendmahl fey?
E⸗ iſt der wahre Leib und Blut unſers HErrn JE⸗
u Chriſti, unter dem Brod und Wein, uns Chriſten
ju eſſen und zu trinken von Chriſto ſelbſt eingeſetzet,
nach der Beſchreibung St. Pauli 1 Cor. 10, Das
Brod, das wir breden, ift das nicht die
Semeinfdhaft des Leibes Chriftif Und der
Relh, den wir fegnen, ift er niht die Ges
neinfhaft des Blurs Ehrifti? Als ob er fagen
vollte: Im Abenomabl des Herrn, wenn wir das
Brod eſſen und den Mein trinfen, werden wir alle
nögemein theilhaftig des wahren und weentligen Leis
| 2
322 Won den Siegeln und Briefen
-bed und Bluts Jeſu Ehrifti: Wir effen ven Zeib, um
trinken das Blut, jedoch heimlicher und verborgen
Weife, auf daß der Glaube feine Stärfe und ie
bung habe. Denn ob. wohl der HErr Chriftus fe
nen lieben. ungern .nady gehaltener Mahlzeit Bra
zu effen und Wein zu. trinfen gegeben bat: fo Batı
“ihnen doc) gleihwohl in und mit dem Brod feim
- wahren und wefentlihen Leib zu efien, und in om
mit dem Wein fein wahrhaftiges und wefentliches Bl
zu trinken gegeben. Denn das Abendmahl ward nid
ums Brods und Weins willen, fondern um andere
- Hohen Urfachen willen eingefeßet, nemlih, ym feines
heiligen Leibed und Blutes willen: Und damit ſie
nicht Sacramentirer würden, und gebädhten, ed wäre
nur allein fchleht Brod und Wein, welches er ihnen
darreichete, und in den Mund gab, ſprach er wit
fonderlihem Fleiß, und mit außerlefenen hellen Bon
ten: Nehmet, eflet, das: tft mein Leib: Diefer Kelch
ift das neue Teſtament in meinem Blut, auf daß ft
ja, vie lieben einfältigen SYünger, mehr auf feinen
Leib und Blut, ald auf Brod und Wein ſehen follten.
‚Und died hat der HErr darum gethban, Denn &
fahe gar wohl, was endlich erfolgen, und maß ber
Teufel anrichten würde, nemlih, daß man mehr uf
Brod und Wein, denn auf feinen Leib und Blut fo
‘ben, und auch lehren würde, feiner Einfegung und
feinem Wort ſtraks zumider, Das gefegnete Brod wäre
nicht fein Leib, fondern nur eine Figur und Yo
niß feines Leibes, und ver gefegnete Wein wäre nid
ſein Blut, fondern nur eine Figur und Bildniß fe
nes Blut, \ on J
4. Erklaͤre mir dies noch etwas beffer ?
Dogar ift das gebeiligte Brod der wahre Leib Chrv
ſti, und der geheiligte. Wein das wahre Blut Chrikt,
daß auch Chriſtus nicht fpriht: Mein Leib iſt m
- Brod, und mein Blut ft im Wein: Gondern das
Drod.ift .mein Leib, und der Wein ift mein Blut,
Des Schatzes der Seligkeit. 303
mf Daß ich gedenken foll, wenn ich zum Tiſch des
HErrn gebe, ich efle und trinke durchaus nichts ans '
ers, denn ben wahren und wefentlichen Leib, und
as wahre und weſentliche Blut meines lieben Erlös
ers Jeſu Ehrifti.
Es ſaget aber D. Luther erklaͤrungsweiſe in ſeinem
leinen Catehiömo, Chriſti Leib ſey unter dem Brod,
ind Chriſti Blut ſey unter dem Wein, damit niemand
zedenke, das Brod ſey zunicht worden, und in den
deib Chriſti verwandelt, und der Wein ſey auch zus
sicht worden, und in Dad Blur Chrifti verwandelt,
ınd Darguf anhebe, aus irriger Andacht und Abers
lauben, das gefegnete Brod und den gefegneten Rein
mzubeten, welches eine greulihe Abgötterey wäre.
Brod ift und bleibet Brod, Wein ift und bleibet Wein:
Aber mit dem Brod, in dem Brod, und unter dem
Brod wird und verreichet und Dargegeben der wahre
* Chriſti, und unter dem Wein das wahre Blut
Shrifti.
>. Wie kann aber Brod Kleifh, und Wein Blut feyn,
wo man nicht Die Verwandelung ded Brods und
Weins in Ghrifti Leib und Blufmit den
Catholiken glaubet?
Brod ift und bleibet Brod im Nachtmahl, und if
30 zugleid der wahre Leib Chriſti. Wein iſt Wein,
nd bleiber Wein, wie der Geruh und Geſchmack
jiebt, und ift Doch zugleich das wahre Blut Chriſti.
Berfteheit du das nicht mit Deiner Bernunft, fo glau⸗
)e es doch. mit Deinem Herzen, und verwundere Dich
yarob, und fprih: O Herr! welch ein allmächtiger
HOtt bift du? Denn der dies ‚geredet hat, ift GOt⸗
5 Weisheit und Allmacht. Er machet ed darum fo.
eltfam, daß du feine Allmacht daraus follt letnen
rfennen, rübmen und preifen, nicht aber verläugnen
and laͤſtern. oo
Wenn er wollte, fo fönnte er aus einem Bluͤmlein
21
BE ERW
524 Don den Siegen und Briefen
einen Engel machen, jedoch, daß das Bluͤmlein in
feiner Geſtalt für fih dahin bliebe: Und wenn er
- wollte, fönnte ‚er. aus einem Biſſen Brod und einem
Trunk Wein nicht allein feinen Xeib und Blut mw
hen, oder feinen Leib und Blut Damit vereinigen,
fondern er koͤnnte auch daraus mahen Silbe,
Gold, Himmel und Erde, Leben und Geligfa,
und Died alles uns alfo mit dem Brod m
Wein fchenfen Wie er denn mit dem Wafle
der heiligen Zaufe thut, in welchen er alle Seligkeit
verfaffet hat, und mit weldyem er ſie und aud) gäny
lich ſchenket. Woher denn aud) das heilige Brod
im Abendmahl ein geheimnißvolles oder fahramentliches
Brod genennet wird, daß Darunter verborgen ift der
wahre Leib Chrifti, ohne Verlegung feiner Natur und
Eigenſchaft. | |
Das kann kin Vernunftheiliger nicht begreifen no
glauben: Urfach ift, denn er ift ein Menfch von zew
rütteten Sinnen, und untühtig zum Glauben, wi
in 2 Tim. 3. gefchrieben ftehet. Denn hätte er dem
Geiſt des Verftandes und Glaubens, fo würde er
wohl wiffen, und von Herzen glauben, Daß vie emige
Meishpeit und Allmacht GOttes alles thun kann, was
fie nur will, und fi durd ihr wahrhaftiges Vort
zu thun verpflichtet hat. Sa, er würde feine tele
Vernunft gefangen nehmen, unter den Gehorjam did
Glaubens, und mit uns Flug werden für GOtt. Abe
das Licht der Weisheit und Wahrheit ift im feinem
nicht aufgegangen. Es ift ihm genug, Daß er fidy mit
feinen Fragen wieder und ſetzen, und Kurzweil halber
mit und fpielen möge wie Herodes mit Dein Hr
Chriſto fpielete, und hernaͤchſt Geld und Gut ſammle.
6. Sa, (er fpricht,) wie kann und Chriftus feinen Led
eſſen, und fen Blut zu trinfen geben, und doch beides
z unverrädt an ſich behalten?
| Eine thorhafte Frage eines unglaubigen und fuͤrwiz⸗
zigen Menſchen. Wenn Chriftus eine ſolche Perjon
.« des Schatzes der Seligfeit. 325
waͤre, wie idy und bu find, fo moͤchteſt du alfo fra
gen: Run er aber ein folder Mann ift, welder da
figet zur Redten, das ift, in der Herrlichkeit des Bas
terd, und mit ihm ein emwiger, weifer und aflmächtis
er GOtt ift, wie follte er mir feinen Leib zu eflen,
und fein Blut zu trinken nicht geben fönnen? Hat er
Dod feinen todten Körper koͤnnen lebendig machen,
und fann mir feinen ganzen heiligen Geift geben, die _
unermeßliche und unbegreiflihe Majeftät, und ihn für |
fich behalten, wie follte er mir denn feinen Leib zu
effen, und fein Blut zu trinfen nicht geben können,
und doch beided ganz für fid) behalten? Haft vu denn
vergeffen, was der Engel zu Maria fprah: Bei
GStt iſt fein Ding unmöglid. Desgleichen
David im 115 Pfalm: Unfer GOtt if im Hims
mel, erTann fhaffen, was er will. Daher,
ob er uns vielen zugleich,: feinen Leib und Blut mits
theilet, das tft ihm eben fo leicht, alö wenn er es .,.. y
einem thaͤte. Denn und find wir viele, Ihm aber.
find wir einer. Höre, es iſt eine gräuliche Gottes⸗
TAfterung, mit der ewigen Blut abzumwürgen, leugnen,
Daß und ver HErr Chriftus feinen Leib und Blut im .
heiligen Abendmahl zu effen und zu trinfen geben |
Zönne. Wer ein rechter Gotteöläfterer und Schaͤnder
ver bohen Majeftät feyn will, der werde nur ein Sa⸗
cramentarius, fo hat er mehr Teufel auf ihm, als er
in Ewigfeit in der Hölle büffen fann. Denn hat es
Doch Chriſtus geredet, und ift dazu ein wahrer GOtt
mit feinem himmlifchen Vater, der viel größere Dinge
tbun kann, wie follte er dies nicht thun fönnen? Der
mit feinem heiligen Geift giebet das unbegreifliche Gut,
wie follte er mir nicht feinen Leib und fein Blut zu
effen und zu trinken geben können? Ad! es ift nur -
ein Spott des leidigen Teufels, und eine Läfterung
der hohen Majeftät Ehrifti, und. ver hoffärtigen Geifter
Strafe und Plage, dem hellen Wort GOttes widers
bellen, ihm eine Nafe andrehen, und die Gegenwärs
tigkeit des wahren Leibes und Bluts Ehrifti im heili⸗ u
ZT
326 Don den Giegeln und Briefen
gen Abendmahl verneinen. Wer Luft dazu hat, ber
treibe feinen Muthwillen, und difputire mit Chrife
- fange genug darum, wir wollen uns an feinem ort
begnügen lafjen, und an diefer leiblihen und Heiljas
men Speiſe feinen Edel tragen. O HErr Chrifke!
fpeife du mich nur taͤglich mit deinem Fleiſch und rränk
mich mit deinem Blut, fo follt mir ein werther m
angenehmer Gaft feyn.
7. Wäre es nicht beffer, zu Verhütung allerhaub Abfurbis
täten, baß man den Worten Ehrifti dieſtn Verſtand gäbe,
daß das Brod den Leib Chriſti, und der Vrin fein
| Blut bedeute:
So wollte es der Teufel gerne haben‘, er wollte aus
dem beiligen Brod gerne machen ein bildfidyes und
figurlihes Brod, das etwas bedeuten follte, nemlich,
ben abwefenden Leib Chrifti, droben figend im Hims
mel, weil das Wort Seyn in der Schrift zuweilen ſo
viel heiffet, als bedeuten. Aus veffelbigen Antrieb
fommen vie Plugen Köpfe ber, und lehren aus Dem
Geiſt ver Welt, das ift, aus ihrem Unglauben und
Bernunft, wie man dieſe Phraſes verfichen fol, und
fprehen alfo: Das Brod fey nicht der Leib, und ver
Wein fey nicht das Blut Chriſti, fondern ed feyen war
Siguren und Biloniffe des Leibes und. Blutes JEſa
CEhriſti. Denn ungereimt, Dazu unmöglich. fey e#,
daß uns Ehriftus feinen Leib und fein Blut zu trinfen
ſollte fönnen geben, fintemal er gen Himmel gefabs
‚ren, und fid zur Rechten GOttes gefehet bat, us»
regieret dafelbit als ein allmadhtiger GOÖtt, mit fer .
nem himmliſchen Vater. Denn was heiffet anders zar
Rechten GOttes figen, als ein allmächtiger regiere
der GOtt feyn im Himmel und auf Erden, mit SON
bem bimmlifhen Vater? Nun frage ich, ob das um
möglich ſey, daß ein allmächtiger GOtt mir koͤnnt
einen natürlichen Leib zu effen, und Jein Blut zu trin⸗
en geben, fuͤrnemlich, weil er es felbft audgerenet,
| des Schaßes der Seligkeit. 327
d in feinem. Herzen befchloffen hat, daß eres thun
olle? Der allmadtige GOtt kann alled thun, bes
nder® aber dasjenige, was feinem Rathſchluß und
iflen gemäß iſt. |
Hernach, mie wollten die Worte St, Pauli nad -
dieſer Meinung befteben ? da er fpriht: Das gefegs
nete.Brod ift die Semeinfhaft des Leibes
Ehrifti, und der gefegnete Bein die Gemein⸗
fhaft des Bluts Chriſti. |
Wie koͤnnte ihm auch ein unwürdiger Menſch an
folhem Brod und Wein das Gericht und den Tod effen
und trinken; wo es nicht wäre der wahre und wefents
liche Leib und Blut unſers HErrn JEſu Ehrifti? Die
aber effen und trinfen von dieſem Brod und Wein
unwürdig, weldhenicht unterfiheiden den Leib des Herrn
som andern Brod, wie St. Paulus ausdruͤcklich fchreis
bet 1 Eor. 11. J |
8. Gefälle bir deun auch nicht, daß man bie Worte: eflet,
trinfet, durch dad Wort glauben erfläre ?
Jqq weiß wohl, daß man ſaget, daß eſſen und trin⸗
ken den Leib und Blut Chriſti, heiſſe ſo viel, im geiſt⸗
lichen Verſtande, als an Chriſtum glauben, daß alſo
Dies die Meinung Chriſti ſey. Nehmet und eſſet das
Brod, welches eine Figur meines Leibes iſt, und
trinket den Wein, welcher eine Figur meines Bluts iſt,
und glaubet an mich.
Hier will ich aber unſere Kluͤglinge gefraget ha⸗
ben, was denn ſeyn ſoll, daß Chriſtus ſpricht: Eſſet
und trinket, und ſolches thut zu meinem Ge⸗
daͤhtniß, fo muß dies ja fo viel heiſſen, als glau⸗
bet an mich, und ſolches thut zu meinen Gedaͤchtniß,
weil eſſen und trinken fo viel als glauben beißen fol. .
Dei Slaube an Ehriftum foll fürher gehen, dar⸗
auf fol denn fein Gedaͤchtniß folgen. Reimet fi das
nicht wohl auf einander? Nein, fprechen fie, man
fol das Brod eflen, und den Wein trinken, dabei fol
t s
."_
528 Von den Siegeln und Briefen
man des HErrn gedenken: Chriſtus aber ſaget, bu
ſollt ſeinen Leib eſſen, und ſein Blut trinken, dabei
ſollt du feiner gedenken; fo giebſt du ja ſelber nad,
daß eſſen und trınfen fo viel beiffe, alöglauben: Ge
bift ou abermal beftridet, und feine Sloffa beiffet fr
viel, ‚man foll zuvor an Ehriftum glauben, Darnad
ſoll man an ihn gedenken. Wie kann doch Dies few
in Emwigfeit, daß Das Große ſoll fürgeben, und od
Geringere oder der erfle Grad folgen? Darum betr
bet michs, daß man nicht mag Achtung auf den Mund
Christi haben, fo wäre der Sache leichtlich gerathen,
und wäre doch fold ein groß Gezaͤnk nicht unter den
Gelehrten, welche ald Brüder mit einander leben, und
ſich ihred gemeinen Gutes in Chrifto herzlich erfreuen
follten.
9. Ich gebe deiner Meinung Beifall,. weil fie ſich anf Sprii |
helle Worte gegründet: Aber berichte mir doch, wie ich
im ‚heiligen Abendmahl Ehrifti Leib effe, und fein
Blut trinle?
Drive Mund und Herz (fchreibet Luther, Tpeil 3
Sen. ©. 36:3.) iffet einerlet Speife, jedoch. ein jegliches
auf feing Maffe und Weife; auf daß alfo beide von
einerlei Speije gefättiget und gefeliaet werden. Det
Mund iffet ven Leib Ehrifti leiblih! Denn er kam
die Worte nicht eſſen, noch faffen und weiß nicht, wad
er iſſet, ſchmecket ihm gleich, als eſſe er etwas ander},
denn Chriſti Leib: Aber das Herz fafler die Worte im
Glauben, und iſſet eben vaffelbige geiftlih, das ver
Mund feiblich iſſt. il
oo.
10. Was niet mir das mündliche Efien bed wahres
- Leibes und Blutes JEſu Chriſti?
as iſt dem HErrn befannt, der ſolches geordnd,
und uns zu thun befohlen hat. Wir follen nicht fe
vermeffen ſeyn, Daß wir alle Geheimniffe Gottes woh
len ausgrübeln, Tönnen es auch nicht thun: IR ge
des Schatzes der Seligkeit. 329
aug® daß Chriſtus faget: Eſſet meinen Leib, und trin;
fet mein Blut, und vergeffet mein ja nicht. Doh.
'!önnen gleihwohl etlidye Urfachen angezogen werden ‚Urfaden.
varum uns Chriſtus feinen Leib zu effen und zu trin⸗
ten giebt. Die erſte ift: Denn der fromme HErr will
nicht allein unfer Opfer, fondern auch unfere Speiſe
jeyn, und will in ung leibhaftig wohnen, und fi
mit und vereinigen. Daraus wir Denn abnehmen fol
len feine Liebe gegen und: Denn wie fann mid) einer höher
lieben, ale wenn er ſich für mid in ven Tod giebt,
und giebt ſich mir darzu ald eine ſüſſe Speife zu efr
fen, und wohnet in mir? Darnadı gefchiebet ed auch
darum: Weil ein wahrer und feuriger Chriſt feinen
lieben HErrn Chriſtum fo herzlich lieb hat, und aud)
baben fol, daß er ihn wohl in fein Herz Drüdete, fo
fommt ver gütige GOtt ber, und finder Rath und
Wege, wie er fi und zu eflen gebe, damit alfo uns
ferm Willen allenthalben ‚genug gefchehe. Uno ift doch
dies leibliche Effen und Trinken des Leibes und Blutes
Cheriſti im Brod und Wein fo gar geiſtlich, daß es
feine Vernunft ausdenken, und fo gar lieblih, daß
es Feine Junge ausreden kann. Es foll fih aud nie
mand darüber vermundern, daß der Herr Chriftus den
Seinen ſolche feltfame Speife giebt, denn es find aud)
feltfanıe Wunperleute, heilig für GOtt, Die mebr vom
Wort und den Sacramenten, als vom natürlichen
Brod leben. - |
Die dritte Urfache ift die, auf daß der Leib und
das Blut Chrifti in uns ein gewiffes Siegel, Pfand
und Zeugniß fey Der groffen Gnade GOttes gegen und.
Denn weil und GOtt ver Vater herzlich lieb bat, und
wir es doch nicht glauben, fo giebt er und des zum
Pfande das allerhoͤchſte Gut, das er im Himmel und
auf Erden, nemlih, den Leib und das Blut feines
allerliebften Sohns: Und bringet uns daſſelbige fo
nahe, daß ers uns au in den Mund, ja in Leib
und Seele ftedet, und uns damit vereiniget, Was
für ein größer Pfand feiner Liebe, und auf was
530 Von den Siegeln und Briefen
Maſſe koͤnnte er und wohl geben? Schenket und !
zu den heiligen Geift, daß er auch in und zey
daß wir GOttes liebe Kinder feyn, wie St. Paslı
“ fchreibet, Röm. & -
Endlich ift auch ohne Zweifel das Chrifti Fu
und Bedenfen. in diefer wichtigen Sache geiwefen, #9
lich, daß unfer armer wichtiger Körper durch ein Mh
groß Heiligthum zur Unfterblichleit und Herrliitt
des ewigen Lebend geheiliget und _geweihet wir
Denn welche Chriftus auferweden will zum auf
Leben, deren Körper falbet und heiliget er zuvot m
dem edlen Balfam feines heiligen Leibes und Dinth
und aud; mit: dem heiligen Geiſt, wie ©t.
fpriht, Röm. 8. So nun der Geift-ded, Mi
JEſum von den Todten aufermweder hl,
in euch wohnet, fo. wird auch derſelbige, M
Chriftum von den Todten aufermedet jal
eure fterbliche Leiber lebendig maden, MM
deswillen, daß fein Geift in euch wohn!
- Welche Urfach denn auch Irenaͤus Martyr wohl geh
bat, weil er fchreibet, Buch 4, Kap. 35. Unfre Ee
welche das heilige Abendmahl genieſſen, find num
mehr verweslich, fondern haben die Hoffam or
Anferftehung. Eben biefer im 5 Bud: Gleider 7
Meinftod das Holz, welches in die Erbe gelegt WE
den, zu feiner Zeit fruchtbar machet: alfo werben #
unfre durd das Zleifh und Blut Chriftti 9 nt
und in die Erde gelegte Leiber feiner Zei
auferftehen. |
Aber dies laͤſſet Satanas keinem Chriften gut 1
Daß. er foldhe Gedanken von feinem lieben ‚
Chriſto in diefen Sachen haben follte, ſondern
treibet fein Geſpoͤtte, durch feine Werkzeuge, er
le dem, was Chrifto zu Ehren, und uns zum *
diesfalls kann geredet werden. Wie er dem ch
Anfang ein hoffärtiger, hoͤhniſcher und ÖL
und Läfterer gewefen. CEhriſtus aber hat fur
Des Schatzes dei Seligkeit. 331
a welcher Herzen er feine Wahrheit verfiegelt, bie u
wird er wohl erhalten.
IO. Bo hat der Ehriſtus Died Abendmahl feines wojre
Leibed und Blutes eingefeget ?
Nicht darum, daß mans ſoll umher ſpielend tragen,
and Feſte damit treiben: Sondern, daß man ſeinen
yeiligen Leib eſſe, und fein heiliges Blut trinke, Denn
dies find feine Worte: Rehmet hin und effet,
das ift mein Leib: Mehmet hin und trinfet,
as ift mein Blut. Hier fagt er ja 'ausdrücklich
von feinem Leibe, daß man ihn eflen, und von fei
nem Blute, daß man es trinken fol, Wie denn obne
allen Zweifel die lieben Jünger das geiegnete Brod,
als feinen heiligen wahren Leib, und den gefegneten .
Kelch, ald fein heiliges wahrhaftiges Blut,. mit fon -
Berlicher hoher Ehrerbietung und Andacht, durch Erleuch⸗
tung Des heiligen Geiſtes, ver reichlich über ne außs
zegoffen, zu fih genommen haben.
Zum andern giebt er uns auch darum feinen Leib
zu eſſen, und ſein Blut zu trinken, auf daß er ſich
mit und vereinige. Siehe, fo groſſe Luft hat bein
lieber Bräutigam und Erlöfer zu dir, daß er aud
ſelbſt zu dir fommen will, und in dir wohnen leib⸗
yaftig, und dein Herz zu feinem heiligen Tempel mas
hen, und fi alfo mit dir vereinigen, wie er ſpricht,
Bevit. 26. Ich will in ihnen wohnen und
wandeln. '
Hilf GOtt! welche Ehre und Troſt iſt und dies,
den Herrn felbft in und wohnend haben. Wer kann
wider und feyn, wenn biefer Held in uns und für
und ift? Aber dieſen Troſt wollen die Feinde und
Verächter dieſes Sacraments nicht haben, fo mögen
fie es auch laſſen.
Zum dritten darum, auf daß die lieben Chriſten, |
das neue, gerechte, heilige und angenehme Soll, moͤch⸗
352 Bon den Siegen und ‘Briefen
ten eine neue, unerbörte, himmliſche und göttlik
Speife haben, über welcher fi verwundern folle
alle Engel im Himmel. Denn was iſt doch heilige
und göttliher, ald der Leib und Blut unſers Herr
JEſu Ehrifti? Und was ift doch herrliher, ale fek
ches Leibes und Blutes theilhaftig, und mit ihm sm
einiget werden? O weld ein Heiligthum träget de
Menſch bey ihm, welcher des Leibes und Blutes JE
Ehrifti theilhaftig worden ift! Sein Schaß ift höher,
denn alle Kaiſerthume und Königreiche, ja als de
Himmel felber if. Der Leib und dad Blut Ehnki
“verwandeln den Menſchen in ihre Natur, und machen
einen heiligen göttlihen Kuchen daraus.
Ein Menfh, mit Ehrifti Leib gefpeifet und mit
Chrifti Leib gefpeifet und mit Chrifti Blut geirän
Tet, ift gefalbet und geweihet zum ewigen Leben, fe
ein Gefegnetes iſt Dies Sacrament. Es ſegntt,
und iſt geſegnet.
Zum vierten iſt das heilige Abendmahl auch darım
eingefeget, auf Daß die Früchte des Todes JEſe
Ehrifti einem jeglichen inſonderheit deſto füglicher und
kraͤftiger koͤnnten appliciret oder zugeeignet werben.
Denn es gehet dem Herzen viel beijer ein, trifft und
haftet aud) beffer, wenn der HErr Chriftus feinen
Leib und Blut in Die Hand nimmt, und zu mir fpriät:
Diefer mein Leib ift für did) gegeben, und died mein
Blur ift für dich vergoffen, zur Vergebung deine
Oünven. Diefe Worte mit Darreihung des große
Heiligthumd gefprochen, find nicht allein das redt
wahre Evangelium, welches immer in den Obren da
Chriſten klingen fol, fondern find aud) eitel Feuer,
Geiſt und eben, durch welches ein auserwähltes Hm
alfo gerüähret und bewogen wird, daß es nicht zu
fagen.
Es ſchwillet und weinet von groffer Liebe, ü
des Sarramentd Würde, und über den berrli
Troſt, welcher ihm zugeſprochen wird.
Denn ſollte das nicht bewegen, und das Herz b
des Schatzes der Seligkeit. 333
nd machen, wenn mir Chriſtus feinen Leib zeiget,
in den Mund leget, und zu mir fpridt: er fey
r mich gegeben, und zwar zur Vergebung aller mei⸗
r Sünden? Was faget hier Chriftus anders, denn
6 ich rein fey von allen meinen Sünden? Deögleis
en gerecht, Gottes Kind, und ein Erbe des ewigen
bene. Die Worte dringen durch, erwecken den Glau⸗
n, tröften, befriedigen und erfreuen die arme Seele
is in ven hoben Himmel.
O Herr GDtt! welch ein Himmelreih richten
yiefe Worte an, in, ven elenden Gewiflen? Ja, die
Sabe des Leibes "und Blutes JEſu Chrifti ift gleich.
die Berpfändung und Verfiegelung ſolcher theuren Vers
yeiffungen, damit unfer Glaube deſto einen feltern
Anker habe, und durch feine Bloͤdigkeit nicht weich.
Iſt Das nicht eine große Guͤtigkeit Gottes? Deromes
gen, wer ein angefochten, betrübet underfhroden Herz
bat, und ift hungerig und durſtig nad) dem füflen
Beib und nach dem füflen Blut JEſu Ehrifti, wollte _
such Ehriftus Stimme nerne hören, am Glauben ges
tärfet, und aus feiner Anfechtung errettet, ja, in die
yimmlifhe Freude gefeßet werden, der gehe hin zum
Abendmahl und empfahe, was ihm gegeben, und hoͤ⸗
e mit Andacht, was zu ihm gefaget wird, das wird
Wunder bei ihm fchaffen. Lutherus fagt, daß ein
Spriften; Menfh mit dem Leib und Blut unfers
Herrn JEſu Chrifti empfahe die Zülle der ganzen
Bottheit ZEfu Ehrifti- und des himmlischen Vaters,
Denn weil der Vater im Sohn ift, und der Leib
es Sohns und gegeben wird, fo folget, daß un®
uch des Vaters Herrlichfeit mit dem Leibe Chriftt
egeben werde. Laß mir daB etwas feyn! Sollte Das
jicht ein Herz erfreuen, und den Teufel zum Unmuth
ewegen? Darum erwedet er fo viel Sacramentd: Seins
e, auf Daß fie und Den Zroft nehmen, und und auf
ie bloße Zeichen verweifen müflen: Aber wer ihnen
laubet, der tft betrogen, und hat ſich felber feines
eften Kleinods beraubet. Ä |
334 Bon den Siegeln und Briefen |
12. Weiſſeſt du auch noch mehr Urfach, warum Chi
fein Abendmahl geſtiftet?
E⸗ iſt noch eine, und zwar die fuͤrnemſte übrig, |
13. Was ift das für eine?
| E⸗ bat darum auch Chriſtus dies Abendmahl eine
ſetzet, auf daß es ſey ein Gedächtniß, oder eine En
innerung feines bittern Leidens und Sterbens, um
des ‚herrlichen Sieges dadurch gehalten. | |
Denn weil ſich Chrütus felber für uns dahin get
ben, und und durch foldy Hingeben eine ewige
fung erworben hat, fo wollte er auch ſolche feine groß
Liebe, That und Wohlihat in keine Vergeſſenheit 9
ftellet haben, fondern und derfelben ein ewiges Ok
bachtniß ftiften, mie David im 111 Pf. fing: Et
bat ein®edächtnipßgeftiftetfeiner Bundet,
der gnäpdige und barmbherzige HErr! ®
her Wunder? Daß er ſich ſelbſt aufgeopfert dat fat
und, und und damit entfreiet von unjern Sinden,
vom Zorn OOttes, von der Gewalt des Teufels, UM
von dem ewigen Tode. Iſt das nicht eine fürtefli
und wunderfame That? Sollte man bie nidt bamf
in frifhem Gedaͤchtniß haben, und ein ewiges MP
denreiches Wohlleben daraus. madyen ? Daher [mil
Chriſtus: Gebrauchet meines Abendmahls oft, IM
ſoiches thut zu meinem Gedaͤchtniß. Ob er MM
wollte: Liebe Junger, begehret ihr immer großen Tof,
Sriede und Freude in euern Gewiſſen zu hadben,—
fo : nehmer oft zu. euch meinen Leib und Bl
für euch‘ gegeben und -vergoffen, und erinnern!
dabei der gewaltigen Erlöfung, Damit ich eud eh
habe. So oft ihr den Teufel überwinden, u "
den Himmel fleigen, und himmliſche Freude $ —
wollet, ſo oft nehmet zu euch mein heiliges Abendmad
Denn ob wohl folder berrlihen und koͤſtlichen DW
Gedaͤchtniß allein durchs Wort in der Kirche fanı 1
halten werden, fo hat ed dennod der ewigen
des Schahes der Seligkeit. 555
veit: fo beliebet, daß auch ein fonderlih Schaufpiel
yazu fäme, welches ſolch Gedaͤchtniß wuͤrdiger, füßer
nd fräftiger machte. Es ift ein großes, daß fich
er Sohn GSttes hat fihlachten lafien, und daß er
ınd durch fein Blut mit GOtt zu allen Gnaden vers
winden, darum, hat er auch dieſes koͤſtlichen Werts
in ſonderliches Gedaͤchtniß ftiften wollen.
4. Wäre es nicht genug an dieſem Gedaͤchtniß, wenn
man ſchon Ehrifti Leib nicht mündlich effe ?
E⸗ muß beides bei einander ſeyn: Wir ſollen das
yeilige Abendmahl nicht allein eſſen und. trinken, ſon⸗
yern auch des Todes Chrifti dabei gedenken, indem
uch, wie vorhin gefaget, feinen wahren Leib mit Herz
and Mund efien, und fein wahres Blut mit Herz
und Mund trinten. Beydes foll von und gefcheben,
denn beides ift uns geboten, und beides ift und von
nöthen. Es iſt nicht genug, daß einer Brod efle
ınd Wein trinke, und des Leidens Chrifti Dabei ‚ges
denke; er muß auch den Leib Chriſti effen, und das
Blut Ehrifti trinfen, und bei diefem Effen und Trin⸗
'en des. Leidens Chrifti gevenfen: Sonften hat man
sur dad Sacrament halb empfangen, und man ift uns
vürdig hinzu gegangen, und man bat fich vergriffen
ın dem Leibe und Blut Jeſu Chrifti, darum, daß
nan ed mit feinem Munde nicht bat nehmen, und
yei ſich wiffen wollen. Und weil ſich viele felbft uns .
vürdig achten und des Leibes und Blutes Chriftl,
vie ſich die Juden achteten, Ay. Geſch. 13. fo nimmt
es auch Chriftus gänzlich von ihnen hinweg, und giebt
»8 andern Leuten, welche Hunger und Durft darnach
yaben, und es ihm großen Dank wiflen, und es für
aller Welt Gut nicht entbehren. Ich ſage, daß, wenn
Shriftus ſolch Sacrament nicht geftiftet hätte, fo wollte
dh ihn bitten, da er ed noch ftiftete, Damit ich feines .
keibes und. Blutes theilhaftig würde. Wie follte ich
yenn fo einen Edel tragen an dem heiligen Leib und
356 Von den Siegeln. und Briefen
Blut, das mid eılöfet hat, und fo hart dawider tes
ben, nicht anders, als wenn ed Gift wäre, daran
ein Menfch fterben müßte? Aber wir mögen fagen,
was wir wollen, dad Sacrament des Altars iſt und
. bleibet wohl der wahre Leib und das Blut JEſu Cbhriſti
in alle Ewigkeit, und wir fönnen Die Finjeßung Chriſti
nicht ändern, wenn wir uns auch gleich zu tode
marterten, Difputirten und ſchrieben.
15. Was heiſſet denn des oem Chr gebenten ?
1 Seine beifjet fich fein in Andacht erinnern der großen
erinuern Siebe und Wohlthat Chriſti, daß eR ſich ſelbſt für
und in den bittern Tod gegeben hat, und uns damit
eine ewige Erlöfung erworben. Denn purd kein
Mittel können wir und Des Leidens und Sterbens
JEſu Eprifti beffer erinnern, als wenn wir zu und
nehmen den gefreußigten Leib Chriſti im Brod, und
das vergoflene Blut im Wein. Denn Chrifti Leib
wird ung im Abendmahl alfo gegeben, wie er gehaͤn⸗
get hat am Creuz, und fein Blut auch alſo, wie es
vergoſſen iſt am Creuz Und obſchon die Naͤrrin,
meine Vernunft, dies nicht verſtehet, da lieget feine
Macht an. Es iſt mir ein Gelaͤchter und Freude,
daß dies meine Vernunft nicht verftehet, und es gerue
meiftern wollte. Ich aber habe GOttes Wort für
mid, da halte ich midy an, und weiß das, daß GOt⸗
te8 Thorheit viel weifer iR, denn aller Welt Klugheit.
Es duͤnket mich, wenn ich den Leib und Blut Chriſti
zu mir nehme, als ftünde ich zu Jeruſalem für dem
Creuz, und fehe allda meinen lieben HErrn Chriſtum
aufgebänget, und feine Wunden für mid armen Sum
der Blut triefen. Darum wolle ja ein jeder Chrik,
fo oft er zum Abendmahl gebet, und das große Heis
ligthum zu fid) nimmt, ſich ermuntern, und des Leis
dens Sterbens Cprifti mit allen Wobithaten hoͤchſtes
Fleißes gedenken, dazu ſollte man auch ſonderliche
Buͤchlein daruͤber leſen.
Fuͤrs
des Schatzes der Seligkeit. 337
- Fürs andere heiffet auch des Herrn Chriſti im =
Abendmahl gedenken an Chriftum glauben, das if,
ſich alles infonderheit zufchreiben und anmaßen, was
Chriſtus dem ganzen menſchlichen Geſchlecht durch fein
Blut erworben hat. Nemlich, Vergebung der Sun⸗
den, ewige Gerechtigkeit, Kindſchaft GOttes und ewi⸗
geö Leben. Denn er fagt nicht vergeblich, daß fein
Leib für dich gegeben, und fein Blut für dic vergofe
fen fey: Er will, daß du did) ſolches Verdienſtes ans
nehmeſt, und in wahrem Glauben troͤſteſt. Das if
denn die redhte Ordnung: Eritlidy follt du an Ehris
ftum gedenken, zum andern follt du an ihn glauben
und Dir alles zueignen, was du dir von Chriſto aus
feinem Wort erinnert und eingebildet haft.
Sa, es ift auch, der heilige Geift durch den rech⸗
ten Gebrauch des hochwurdigen Sacraments in denen,
fo nicht allein Brod und Wein, fonvern aud) den wahr
ren Leib und Blut Chriſti mündlicd zu fich nehmen
wollen, ſonderlich thätig, und wirket in ihnen den
Glauben. Denn wenn ich zu einem fprehe: Nimm,
iß, diefer Leib Ehrifti ut für Dich gegeben, fo zündet
gleich der heilige Geift mit diefen Worten ein ſolch
euer im andächtigen Herzen an, Daß es fih gleich:
dafür entfeßet, Und wenn der Glaube aufgegangen .
ift, fo folget, Friede, Freude, Liebe, Keufchheit, Des
muth, Geduld und andere Tugenden mehr, Und pas
üſt der befte Nutzen, den man que dem Abendmahl hat.
Daher fefen wir, daß die erftien Chrüten, fo da feus
rig feyn und gleich brennen wollten vom Chriſtenthum
alle Tage, nach dem gehörten Wort, das. Abendmahl
des HErrn zu ſich genommen haben. Denn was ift
eö, daß einer nur alle Quartal einmal hinzu gebet,
sie lange will er wohl von einem foldyen lid
Bewegnig warın bleiben ? Es heißet, fo oft, fo.oft:
Sa täglih fol man des Sacraments gebrauchen, foll
anders Der Glaube in und mit feinen Früchten recht⸗
ſchaffen ſeyn, und in lichter Lohe brennen.
- Regtlich heiſſet auch Chriſti eingedenk ſeyn, dem -
| ' 22.
- ⸗
32
BD
558 Bon den Siegeln und ‘Briefen
Herrn Chrifto für fein bitter Leiden und Sterben, und
für alle feine Woplthaten danfen. Bon deswegen Denn
‘auch das heilige Abenomahl eine Dankfagung von Den
erften. getauften ‚Shriften genennet' worden it. Und
Dies fol ia traun geſchehen, nemlich, vaf man Chris
fto über feinem Abendmahl von Herzen danke. Erik
sicht werth, der Menſch, der nicht auf fein Angefidt
fället, und dem Herrn Chrifto von Herzen danket,
daß er ihn mit feinem Blut von ter Gewalt des Tew
feld, und von der Höllenglut erlöfet habe,
Darum will ich allhie einen jeden Chriften infons
derheit ermahnet haben, daß er ſich fleißig halte zum
Abendmahl des Her, zu jeder Zeit, fürnemlich aber
5 der Zeit der Anfechtung, wenn das arme ktanke
er; befchweret und betrübet iſtt Alsdenn empfahe
den wahren Leib und Blut Ehrifti, denke zurüde an
Chrifti Leiden und Sterben, was du damit audgerichs
tet, und bitte den heiligen Beift um Gnade, fo. wirk
Du dadurch maͤchtiglich getroͤſtet werden. |
16. Wie foll man bad Abendmaht recht gebrauchen?
Mandtid und herzlich. Muͤndlich alſo, daß du mit
deinem Munde zu dir. nehmeft, effe und trinfeft das
. gefegnete Brod und den gefegneten Kelch. Denn digd
Sacrament will nicht umgetragen und angebetet, fons
dern gegeffen und getwinfen ſeyn.
Herzlich alfo, daß du mit deinen Herzen glau⸗
beit, das Brod fey der wahre Leib Chriſti, und ver
Mein fey das wahre Blut Chriſti. Denn wer obme
und empfahet dad Sacrament zum Gericht und Tom,
wie aus St. Paulo oben berühren iſt.
Desgleichen alfo: Daß du mit deinem Serzen
glaubent, der Leib Chriſti ſey fuͤr dich gegeben, und
das Blut Chriſti ſey für dic vergoſſen, zur Vergebung
aller deiner Sunden. Denn wer da will ein wahrer
Cbhriſt ſeyn, und der Sacramente vecht gebrauchen,
|
ſolchen Glauben hinzu gehet, Der gehet unwürdig bin,
K-
Ä
des Schatzes der Seligfeit. 330
ber muß es gänzlich dafür halten, daß der HErr Chris
ſtus ihm zu gut geſtorben ſty, und Daß er durch feis
nen Tod vermittelt der Taufe babe neue Gerechtigkeit,
GOttes Gnadenbrunn, den beiligen Geiſt ‚und die
Erbfhaft des ewigen Lebens: .
Denn Chriftus will, daß man feinen Worten glaw
ben fol. Wer nun über dem Abenpntahl ſolches glau⸗
"bet, der gehet würdig bin, behält, was er hat, wird *
ſtark im Geift, ja fröhlich und lebendig, wie Chriftus
ob. 6, fprihe: Ich bin das Brod des Lebens,
wer von dieſem Brod eſſen wird, der wird
leben in Ewigkeit.
Das iſt, wer an mich glaubet, der hat das ewige
Leben, nicht allein Unſterblichkeit, fondern auch Freude
und den Anfang des ewigen Lebens in feinem Gewiſ⸗
fen. Dies nennen etliche eine geiftliche Nieſſung des
Zeibes und Blutes JEſu Chriſti. Denn dad Herz glaus
N
bet, was dad Auge nicht fiebet, noch der. Mund
ſchmecket: Wie denn auch der wahre und wefentliche
Leib und Blut Chriſti geiftlicher, das si, unempfinds
licherweiſe im Abendmahl iſt.
17. Eben daſſelbige ſagen ja die Reformirten auch.
Mie nichten 2 fie heißen dad geiftlih, was nicht da
fft, das wollen‘ fie mit dent Herzen empfahen: Wir
aber beißen geiftlih das, was wohl da it, aber.mit
ben Augen nicht geſehen, noch mit dem Wunde ge⸗
ſchmecket, ſondern nur mit dem Herzen geglaubet wird.
Wahrlich, ihr Calviniſten plaudert viel, wiſſe t aber
ſelber nicht, was ihr ſaget, und koͤnnet euch in eure
geiſtliche Nießung nicht ſchicken. Wenn ihr zum Sa—⸗
erament gehet, fo glaubet ihr nicht, daß der Leib-und
Blur Chriftiim Sacrament, fondern,droben im Hims
mel fey, und daß der Leib für euch gegeben, weldyer
int Himmel fißet, auf ven Stuhl GOttes. Wir aber,
wenn wir zum Gacrament ‚gehen, fo glauben wir,
N
daß Ehrifti Leib und Blut im Saerament ſey, und
25% |
30 Don den Siegen und Briefen
N .
Daß wir auch beides im Sacrament empfahen, und
Daß der Leib und Blut Chrifti, welche im Sacrament
find, für und gegeben und vergoflen- feyn, zur Vers
gebung unferer Sünden. hr nehmer das Brod und
den Wein mit dem Munde, und flattert indeß mit
euren Gedanken in ven Himmel, und fuchet da Chris
| flum, weiß nicht an welchem Ort, da ihr ihn doch
0 wohl näher haben Fönntet, leget eurem Geift Spals
tung und Arbeit auf, und hättet es nicht von nöthen,
Deromegen trennet und ſchaͤndet ihr vie Einfeßung
Ehrifti, durch eine unzeitige Klugheit, wir aber laſſen
| ed in Einfalt unfere Herzens bei der vernünftigen Ords
| ung JEſu Ehrifti bleiben, und nimmt mid oft Wun⸗
| Maße: wie ihr Leute fo gefchidt feyb, Daß ihr mit eus
| ren Gedanken zugleich im Brod und Wein, und aud
| “ im Himmel feyn koͤnnet. Ich vathe euch, verfuht GOtt
| nicht länger, und. ftehet ihm nicht länger nad) ven
| Augen, ändert nicht, was er geordnet hat, feyd micht
!
=
der Gelehrten Affen, und laffet euch nicht von ihnen
herum führen, es möchte euch fonft einmal übel bes
fommen und gereuen. Denn das fage ich euch, weil
ihr dad Sacrament in eurem Unglauben und Berleugs
nung ftetd unwürdig empfahet, und bie wahre Lehre
verläftert, und in folcher Gottesläfterung unbußfertig
verharret, fo fhidet euch nur zum Gericht und Ber
dammniß. Ihr feyd alle fchuldig an dem Leib und .
Blut JEſu Eprifti.
",.38 Gage mir noch zum Beſchluß, was ich für Gedanfen
bei dem Gebrauch bed Abendmahls haben fol ?
Es iſt billig und recht, daß man bei dem Abendmahl
des HErrn aus GOttes Wort von dem Blut und Tode
JEſu Ehrifti fonderlihe Erinnerung thue, und def’
fih auch ein jeder felbft in feinem eigenen Gewiſſen
mit hoͤchſter Andacht folder Wohlthat erinnere. Denn
du geheit nicht hinzu, mein lieber Freund, alter Ge⸗
wohnheit halben, auch nicht deiner ſchoͤnen Kleider hals
" TOPGEER EEE 2
bed Schatzes ber Seligkeit. 54
ben: fonbern auf daß dis did allda erinnern laſſeſt,
und dich auch felbft erinnerft. des Leidens und Ster⸗
bend deines lieben Heilandes JEſu Chrift. Darum
gedenfe und fprich in- Deinem Herzen alfo: Ach du
frommer GOttes Sohn, du allerfreunplichfier und
lieblichſter HErr! was haft du und armen; Menfchen,
‘ja und armen Sündern, für überfchwengliche und uns
ausſprechliche Wohlthaten erzeiget? Du bift aus grofs
@cher,
fer Liebe ein Menſch und unfer Bruder worden, unfere
Süunden baft du auf dich geladen, und den Horn
GDttes Haft Du ‚getragen, Deinen heiligen zarten Leib
haft du aufgeopfert am Ereuz, und dein heiliges Blut
baft du vergoffen am Creuz: Denn nad) vieler ange
legter Schmach und Marter haben bir beine. Feinde,
ber du viel gehabt, deine Hände und Fuͤſſe durchgegra⸗
ben, und Dich. zwifhen zween Moͤrdern an das Ereuz
geſchlagen, und deinen Leib alſo ausgedehnet, daß
man alle deine Gebeine hat zaͤhlen koͤnnen.
Blut iſt dir aus deinen heiligen fimf Wunden
über deinen ganzen Leib auf die Erde gefloſſen, wel
ches ohne Zweifel die verbitterten Juden mit Fuͤſſen
getreten haben. Da haben ſie ihre Luft und Freude an
Dir gefchauet, und haben deiner hoͤchſten Schmerzen ger
fpottet. Dafelbft Haft. vu gerufen, und endlid deinen
heiligen Geiſt aufgegeben. Ah! warum ift doch fols
ches alles von dir gefchehen? Warum haft du ſolches
getban? Es iſt aus grofier Liebe von dir gefchehen,
Daß man deine Liebe daraus erfennete, und daß du
durch fol ein Opfer und arme Sünder von allen
unfern Sünden, vom Zorn GOttes, und von dem erpiı
%
gen Tode erlöfeteft, und daß wir durch deine Wunden
aebeilet würden, und in unferm Gewiſſen Friede und
Sreude hätten. Kür folche:deine große Liebe und Wohl⸗
that fage ih dir, e HErr Ehriſte! von Herzen swig
Lob, Preis und Dank, und bin bereit, mein armes
Blut um deines heiligen Namens Ehre willen wieder
um zu vergieflen. | Ä |
542 - Bon der Majeftät
DaB V. Buch. |
Von der Majeſtaͤt und Herrlichkeit der Chriſten— |
Was haben’ die Chriſten für Majeſtaͤt in GOttes Augen,
wegen ihres thenren Schages ?
Peulus bat dies alles kurz verfaſſet in dieſem kleinen
Sprüchlein, Gal. 3. Wie viel euer getaufet
ſind, die haben Chriſtum angezogen. Denn
er ſaget, daß alfe diejenigen, welche in wahrer Buſſe
und Glaüben Ehrifti getaufet find, Chriſtum angezogen
haben. Ob nun..aber dies wohl dem erften Anfchen
nad, fehr gering ſcheinet, Chriſtum angezogen haben;
dennoch, wo man ihm etwas tiefer im Geiſt GOttes
nachvenfet, fo wird diefe Wohlthat fo ein weites Meer, -
‚und fo eine große und herrliche: Dinjeftät, Daß fie mit
Morten nicht zu erreichen. Gleich als die liebe Sons
ne, wenn fie des Morgens frühe aus ihrer ſchoͤnen
Morgenroͤthe daher tritt, nicht ſo gar weit um ſich
leuchtet, hernach aber an Schein und Majeſtaͤt zuſe⸗
hends ſo zunimmt, daß fi die ganze Welt Darüber
genug zu. yerwundern hat: Alfo auch unfere Majeftät
und Herrlichkeit, fo mir in Chriſto IEfu haben, wos
fern man fi nur immer tiefer und tiefer Darin ſpie⸗
gelt. Daber ſchreibet Jobann Huß in feiner 26 Ser⸗
mon, daß die chriftliche Kirche , welche er nennet den
Haufen der Auserwählten, mit der Herrlichkeit und
allen Bütern Chrifti fo gezteret fey, Daß ihre Schoͤn—
heit Fein Menſch befchreiben koͤnne, fondern man fi
ihrer. nur allein vermundern müfle,
Weil einem Ehriſten an bem Erfeuntnif feiner Majeſtaͤt, fe
wir in Ehriſto JEſu aus der Taufe haben, trefflich viel ges
Segen iſt, alfo auch, daß, mo dies, Erfenntniß nicht if,
kein Heil und Seligkeit ift bei allem Gluͤck auf Erden,
derowegen erklaͤre mir dieſes etwas deutlicher.
Ar will ſolches herzlich gerne thun in nachfolgenden
Sapitein, Sich r nur gut Achtung Darauf.
u #:
so wahrer Ehren 3.
| Dası Eapitel
Bon der erfien Majeftät dee wahren Chriften.
u 1 Vorin beſtehet dieſelbe?
Aunfanglich hierin, daß fie, wofern fie anders im wah / gu der
rer Buſſe und Glauben Chriſti getaufet ſind, den!Bereinle
HErrn Ehriſtum, wie Paulus fpricht, ganz: und ren
EEE TE RE, a > -
GE" CME
angezogen haben. Denn wenn ein bußfertiges und
glaubiges Kindlein getaufet wird, fo wird. Pafielbe
nicht fo fehr in das Waſſer gedunket, als in Den
HErrn Ehriftum. Wie St. Paulus bezeuget Roͤm. 6.
Wiſſet ihr nicht, Daß alle, Die wir getaus
fet find, in Chriftum getanfet find? €
wird aber ein ſolches Kindlein alfo in. Chriitum JE⸗
fum getaufet, Daß ed mit ihm vereiniget umd feiner
göttlihen Natur, Majeftät und Herrlichkeit theilbaftig
wird, Denn gleich ald die Maſſa, welde Chriftus
in feiner Menſchwerdung angenommen bat, ‚mit feis
ner göttlichen Natur pereiniget, und ihrer göttlichen
Majeſtaͤt und Herrlichkeit theilbaftig worden ift; Als
fo auch ber große Leib, melden er in der Zaufe geiſt⸗
Jiher Weife annimmt, und deſſelbigen Leibes Glied,
wird mit ihm bereiniget und feiner göttlihen Natur,
Majeflät und Herrlichkeit theilhaftig. In feiner Menſch⸗
werbung bat er an ſich genommen, was unfer wars
In der Taufe aber hat er uns gefchenket was fein -
war, nemlih, feine göttliche Majeftät, auf daß wie
er. in und ein Menfh iſt, alfo wir in ihm Götter,
oder Öotted Kinder würden, voller Majeftät und Herw
lichkeit GOttes, leuchtend für dem Augeſicht GOttes,
wie: helle Sonnen, oder wie Moſes und Elias mit
Ehrifto auf dem Berge Tabor in großer Majeſtaͤt
geleuchtet haben, | |
2. Iſt das nicht zu viel, Fanufk du es and) beweifen?
/bwohl unfere Vernunft, welche immer gern ſpot⸗
sen will, dies zu viel ſeyn gedenket, fo haben mir
v
k
— m — — —— — — — — — — — — — —
Be Non ber Majeſtaͤt
Boch deſſen helle und duͤrre Sprüche in Gottes Wort,
baran wir und begnügen laffen, Pf. 49, Er Hat
meine Seele erlöfet: denn er bat mid am
enommen, ob, 14, Ihr in mir, und id
in euch. Rom, 6. Wir ſind ihm eingebilder,
wir find feine Pflänzlein worden. 2G@or. 12.
Ihr feyd der Leib Chriſti. Dies alles ift von
Der Bereinigung mit Chrifto geredet. j
Bon der hohen Majeftät und. Herrlichkeit aber,
weldye wir in Chrifto haben, fteben foldhe Sprüche:
Koh, 17. Die Herrlihfeit, lieber GOtt
und Bater! die Du mir gegeben haſt, die
babe ih ihnen wieder gegeben. Dies kann
auf zweierlei Weiſe verftanden werden. Erftlich aljo:
Ach du Fieber Sort! du haft mir Menfchen im Chrifto
göttliche Natur und Herrlichkeit gegeben, alfo, daß
fie nun mein ift, und ich mich rühmen kann, ich fey
ein wahrer Gott. Diefe Herrlichkeit habe ich wieders
um denen mitgetheilet, welche an mich glauben, auf
mich getaufet und mit mir vereiniget find, daß fle
OSttes Kinder feyn follen, auf daß fie auch alfo
meiner göttlihen Natur und Herrlichkeit theilhaftig
wären. Zum andern dergeftalt: Ach, du lieber Sort!
du haft mir in deinem lieben Sohn von Ewigkeit ber
dieſe Herrlichkeit gefchenfet, daß ich dein Bild worden,
Deines göttlichen Weſens und Majeftät ıheilhaftig, und
nun eben fo berrli feuchte, von ewiger und vols
Tommlicher Gottheit, als du ſelbſt. Dieſe goͤttliche
Herrlichkeit habe ich meinen lieben Ausermählten, Glau⸗
bigen und ©etauften wieder gegeben, auf daß fle eben
ſowohl in mir, und durch mid, göttlicher Natur um)
Majeſtaͤt theilhaftig feyn, und darin leuchten möchten,
ale ih. Denn dafür follen wir es halten, daB, fü
bald Ehriftus nad) feiner menfchlichen Natur gen Him⸗
mel gefahren, das iſt, in Die Majeität GOttes getre⸗
ten; ja, fo bald er GOttes Sohn worden, wir zw
glei mit ihm gen Himmel gefahren und GOttes
Kinder geworpen. Denn er hat und von. Ewigleit
De ⏑ — —— ⏑ ⏑—— —
En —
— 7575 — — — —— c
“wahrer Chriften, | 35
angenommen: darum find wir auch in ihm von Ewig⸗
Teit ber erwmäblet, oder GOttes audermählte liebe Kins
der gewefen. jedoch iſt dieſe Bereinigung allermeift
und wirklich gefhehen, da ein jeglicher für feine Pers
fon in Ehriftum getaufet worden, und im der Taufe
Ehriftum angezogen hat,
3. Woher nimmt’ diefe große Wohlthat ihren Urfprung ?
Die große Wohlthat, daß uns Chriſtus feine goͤtt⸗Ans Ehri⸗
liche Natur und Majeſtaͤt geſchenket hat, iſt daher ge ee
floffen, daß Ehriftus feinen Leib oder feine Braut allzu
lieh bat, und er it von Natur allzu milde und guͤ⸗
tig, daß er es nicht laſſen kann, er muß und ſich
feleft, mit allem vem, was er ift und bat, zu. eigen
geben, nad) dem alten Sprüdmort: in jedes Gut
will fid gern mittheilen. Doc iſt dies der Unter⸗
ſchied zwiſchen Chriſto und uns, daß ihm ſeine goͤtt⸗
liche Natur und Majeſtaͤt angeboren iſt, uns aber aus
Gnaden geſchenket: Daß er der Born ſey ſolcher Mas
jeftät, wir aber die Rieverlein, welche dieſelbe zu Lohn
empfahen: - Oder, daß er Die Sonne fey, wir aber
ver Mond, Daher er denn auch generinet wird, Eos
off. 1. Der Erfigeborne vor allen Ereatus
. zen, und der in allen Dingen den Borgang
hat. Und St. Johannes fpridt, Cap. 1. Bon feis
|
|
|
|
13
‚ nerfülle haben wir alle empfangen,
> 4 Bas folget hieraus ?
Dieſes: Sind wir in Chriſto und Chriſtus in uns Di⸗ Ber
begnapiget mit der Majeftät und Herrlichkeit Eprifti, Enltung
fo find wir.auh in GOtt dem Vater, und in GOtt Mater
Geiſtes, wie er, fpriht Joh. 17. Ich bin in ih
Dem heiligen Geiſt, und find begnadiget mit der Man eifis
eftät und Herrlichkeit ded Vaters und des heiligen
en Geiß.
nen, und du in mir, das iſt: Bin ich in ihnen, fo -
bift du GOtt Vater audy in ihnen, denn du bift in
mir, und ih in dir. Und gleich als fie meiner Mas
1. Petr. 4: Daß die Herrlihfeit GODttes übe
——
BE Won ber Majeſtaͤt
jeftät find theilhaftig, alſo auch deiner. Wie koͤnnen wi
wohl GOtt näher und höher fommen? Sollten wi
denn nicht billig Götter genennet werden, und beil
Scheine auf unfern Häuptern tragen: Wie im 82
Pſalm ſtehet: Ic Habe gefagert, ihr ſeyd Soͤt
ter. Bon welder unferer großen Majeftät und Herr
lichkeit Yranciscus Petrarcha Dial. 93. alfp fchreibet;
Weil wir Götter worden find in Chriſto JEſu, und
der ewigen Gottheit theilhaftig, fo können wir num
mehr nichts höheres hoffen, ja nichte höheres wuͤnſchen
und begeht.
5. Kaun diefe Herrlichkeit auch „aus GOttes Wort bawie
fen werben ?
Freilich. Denn diefer Herrlichkeit gedenket St. Pan
lus Rom. 5, Wir ruͤhmen und der Herrlide
feit GOttes. ——
Dabei ſetzet D. Major dieſe Erklaͤrung: Die Herr⸗
lichkeit GOttes iſt die Mittheilung feiner ſelbſt, feines
Lichtes, ſeiner Weisheit und Gerechtigkeit. Desglei⸗
Kom. 15. Chriſtus hat und angenommen
in die Herrlihleit GOttes. Er hat ange
nommen, fpricht er, nicht, er wird annehmen, Da
mit wir wiffen follen, daß es fchon geſchehen fc
Und Ebr. 2. Chriftus ift Durch fein Leiden
vollfommen, und ein Herzog unferer So
ligkeit worden, und hat viel Kinder zus
Herrlichkeit geführet, Und St, Petrus ſprich
und ruhe, 2 Petr: 1. Daß wir göttliher RA
tur find theilhaftig worden. Und nennet die
unfere Majeftät und Herrlichkeit eine theure, und
allergrößefle Sa. °— — — ——.
6. Das ſchließeſt du Hier ferner darans ?
Ft dem nun aljo, nemlih, daß wir Götter feye
and wie, in der Offenbarung ſtehet, dag wir,
[rs 5—757 — DE En EEE EEE En — — EEE u En
wahrer Chriſten. 547
a8 neue Jeruſalem, die Herrlichkeit GOttes haben. - -
in, Chrifto Jeſu, find wir denn nicht mehr, als alleDdat 3.
fuͤrſten im Himmel und auf Erden? Es wäre Denn scan
Sache, daß der Herr Chriftus auch die Engel anges veun bie
sommen, und fie mit feiner Gottheit erfüllet hatte, Fasel-
vie er und angenommen md erfüllet hat, - Denn
zleich wie Chriſtus mehr iſt, ald Die Engel: fo müfs
en wir Chriften auch mehr feyn, ald die Engel und
ılö alle Kreaturen auf Erden. Darum fündiget der
ın der Majeſtaͤt Chriſti, welder einen wahren
Thriſten irgend feined Standes, oder feiner Gebredyen,
oder feines Gluͤckes halben verachtet, der doch fo hoch
in Chriſto Jeſu, daß er nicht höher werden kann.
r. Dies It. wohl überaus fehr troͤſtlich: Aber es Iäuffet
aller Bernunft und ber täglichen Erfahrung gmwis -
ber, welche das Gegentheil zeugen.
Solches ift alles wahr. Daher iſt es aud ein grob
68 Geheimniß, wie e8 St. Paulus nennet, Epheſ. 3.
Remlih, daß wir göftlicher Natur theilhaftig worden
eyn, und einher geben in ver Majeftät und Herrlich
'eit GOttes: Denn ed iſt tief verborgen für unfern
Augen. Wer follte dies wohl fein Eebenlang gedacht
yaben, oder in weß Herz follte es wohl gekommen feyn, '
aß wir follten Götter feyn, göttliher Natur, Mas
eität und Herrlichkeit theilhaftig ? Wer. renet und fins
yet hievon? Denn wir fehen und erfahren nichts götts
iches an und, alles ift mit Schwachheit, Sünde und.
Sammer zugenedet, daß fi einer fiheuet, von feiner
Herrlichkeit zu rühmen, Wir koͤnnen feine Fliege
vom Rode erweden, fo ohnmaͤchtig find wir, und
oͤnnen feine Stunde rein ohne Sünde ſeyn, fo ans
yeilig find wir, und liegen in Armuth und Krankheit
is an Die Ohren begraben. Ad arme Götter, an
velchen nichts göttlicyes leuchtet, fondern bei welchen
8 fo ati zugebet, daß es allenthalben zu erbar⸗
nen if! _ |
— — m —
NT Da Er No
548 Don ber Majeftät
Hnfere Aber es muß fofeyn, um bed ebien Glaubens wi
Series fen ‚daß er feine Kraft und Würkung habe, und de
werborgenfelbft göttliche Majeftät lerne erkennen, glauben um
ee hoffen, Da nichts weniger leuchtet und fcheinet Dem
ilen göttliche Majeftät und Herrlichkeit. Und ob ei wohl
aus dem, daß wir mit unferm Seufzen und GM
große Dinge thun, Feinde tödten und viel Ant
konnen, abzunehmen it, daß wir nicht ſchlechte De
ſchen feyn müffen: &o wird dennoch eine Zeit Tom
‚men, daß unfere göttliche Majeität und Herrlichlei,
für aller Kreaturen Augen wird aufgedecket werden
und fo trefflich heile Teuchten und fcheinen, daß mal
fie greifen möchte, nemlich, an dem Tage, wenn Ib
fer lieber HErr und Haupt JEſus /Chriſtus in MM
Majeflät und Herrlichkeit Daher leuchten, und MM
allen ſich ſehen lafien wird. |
8. Kanuft bu dies auch aus GOttes Wort beweien
Freilich: Denn dies find ja St. Pauli Wort Cl 3
Euer Leben iſt verborgen in Eprife Ber
aber Epriftus, euer Leben, oder eure d!
lichkeit fih offenbaren wird, denn werde
—ihr auch offenbar merden mit ihm MM ve
Serrlichkeit. Darum er denn auch bie Sofa!
Qunferer Herrlichkeit, Col. 2. genennet wird: Richt —
als hätten wir die göttliche Majeſtaͤt nicht FA ’
iveg,, fondern daß fie noch nicht aufgenedet il,
in ihm in der Hoffnung begraben. Liege, Denn |
müffen wir vie Reden, wir find wobl felig,
der Hoffnung , und andere dergleichen, verſtehen
Bon deswegen fo haben auch die lieben ERTEL,
Geheimniß böchften Fleißes den glaubigen und H
tauften Ehriften durchs Evangelium mitgeteilt, ©.
daß fle Xroft und freude des ewigen Lebens DT
hätten. Denn das liebe Evangeliums von der faule
Gnade bringet allein den gewiſſen Troſt und greu®
. des ewigen Lebens, Und fie haben, die lichen A“
‚wahrer Ehriften. 380
GOtt den HErrn für ihre Zuhörer herzlich angerufen
und gebeten, vaß er ihnen hierzu die Erleuchtung des
beiligen Geiftes wollte verleihen, auf Daß fie. Das große
Geheimniß von ihrer uͤberſchwenglichen Majeftät und
Herrlichkeit möchten begreifen: Wie wir fehen Ephef.
1. da Paulus viefe Worte führet: Sch Höre nicht auf,
fir euch zu Bitten, daß der Vater der Herrlichkeit eudy
gebe ven Geift der Weisheit, zu feinem Selbſterkennt⸗
niß, und erleuchtete Augen eures Verfiändnifles, daß
ihr erfennen möget, welche da fey die Hoffnung eus
ses Berufs, und welcher fey ver Reihthum feines
herrlichen Erbes an feinen Heiligen. Hier nennet ©t.
Paulus unfere Herrlichkeit, die wir in Chrifto JEſu
haben, eine reiche und überfhwengliche Herrlichkeit,
wie fie denn aud) in Wahrheit it: Alfo auch, daß
fie nicht kann genugfam befchrieben , ausgeredet, ges
rübmet und gepreifet werden, Coloſſ. 1. nennet er
dies Geheimniß, nemlich, Daß Chriftus fey in und die
Hoffnung unferer Herrlichfeit. Deögleihen, den Reich⸗
thum ver. Herrlichfeit dieſes Geheimniſſſs.
Und ſaget, daß er dies Geheimniß, wie er es von
GOtt empfangen habe, den Heiden predige, daß fie
vollfommen fenen in Chriſto, oder, Daß fie wiſſen,
fie feyen vollkommen in Chriſto. Denn follte ein goͤtt⸗
licher Menſch nicht vollfommen feyn? Und im 2 Ras
pitel fchreidet er alfo: Gebet zu, daß euch niemand
beraube, durch die Weltweisheit und lofe Verführung
nady der Menſchen Lehre, und nad) der Weltfahung,
und nicht nach Chriſto. Denn in Chrifto wohnet die
ganze Fülle der Gottheit Teibhaftig, und ihr feyd volls
fommen in ibm. Daß ift: Hütet euch, und laffet
euch von den Philofophen und Klugen der Welt dieſen
Troft und Ruhm eurer. göttlichen Herrlichkeit, vesgleis
den eure Heiligkeit und Gerechtigkeit nicht rauben,
noch nehmen: Denn wohnet in Ehrifto und in fei-
nem ganzen Leibe vie Küulle der Gottheit, wie folltet
Ahr nicht vollkommen feyn in ihm, und irgend noch
an Heiligkeit und Gerechtigkeit Gebrechen haben, over
r
350 | Bon der Majeftät
durch eure Werke allererft heilig und gerecht werben?
Hütet euch, und laffet euch nicht zu Sundern machen,
und darnad auf eure eigene Werfe und Berdienft mer
fen: Ihr feyd fchon heilig und gerecht, durch bie Fülle
der Gerechtigkeit Chrifti euch mitgetheilet, und babet
der Heiligkeit und Gerechtigteit ſchon mehr als ihr
bedürfet, was follte denn Unheiliges und Ungerechtes
an euch fen? Und wodurd wollet ihr allererft ber
lig und gerecht werden? Oder aber find eure Werke
mehr und beffer, als Chriftus mit feiner ganzen Gott
heit? Behüte euh GOtt für folhen Wahn, daß ihr
Dies ja nicht beginnet zu gedenken. Es ift genug,
Daß anders denkende in ſolchem Irrthum ſtecken, wob
let ihr auch irre werden, und euren güldenen Rod mit
Mufcheln behaͤngen? Hierbeg geböret das theure
Sprüclein aus vem 23. Kapitel Theologiaͤ Germani;
cat Kinder GOttes bevürfen gar fein Gefeß, um durd
Daffelbe für fich etwas zu erwerben oder zu gewinnen
Denn was hiedurch oder durch Hülfe allır Kreaturen
zum ewigen Leben erworben werten fann, Das befiz
zen fie fhon alles. Ach wollte GOtt! daß died vie
Tatholiken ein wenig von ferne jeben moͤchten, fo
würden fie ihr KKollern bald laſſen, daß fie wollen ei⸗
nen blauen Dunft an die Sonne hängen, und damit
Die Sonne erleudhten. Ja, Werfe und Fülle ver So
beit fommen wohl zufammen. |
|
9. Wie fol ich mir biefe hochtroͤſtliche Lehre chriſtlich zu
- nuße machen ?
1. Bir Weit wir denn nun ſolche hohe Feute find, wie jekt
foken Ne perichtet, weit über alle Engel erhaben, und in die
gemStawMajeftät Chrifti gezogen, fo laflet und doch, Tieke
—— Chriſten, berzallerliebite Brüder und Schweſtern, die
BEER. Augen einmal recht aufthun und gufehen, was wir dod
- in Ehrifto JEſu ſeyn. Warum mögen wir hier nice
ein wenig ftille halten, und diefe Lehre fteif zu Heu
zen nehmen? Oper ift es fo geringe, Daß man fagch
4
wahrer Ehriften. 354
wir find Götter, vergötterte und göttliche Menfchen ?
Der .göttlihen Natur, Majeſtaͤt und Herrlichkeit JEſu
Chriſti theilhaftig? Laffet Diefe ſchoͤne Gedanken unfer
Gaitenfpiel feyn bei Tag und Nacht, und, lafjet uns:
ſolches wider den Teufel und die kluge Welt und von
Herzen glauben. Wenn der Teufel durch einen uns
nuͤtzen Schwäger, oder durch deine eigene GSedanken zu dir
ſaget: O wie haͤßlich biſt du, und wie ein greulicher
Suͤnder: So antworte ihm mit getroſtem Herzen
und fprihs Es ift nicht wahr, du lügeſt, Lügner, du
lügeſt! Ich bin heilig und göttlid) in Ehrifto JEſu,
eben mit. feiner Heiligkeit und göttliher Herrlichkeit
gezieret, wie er ſelber if, Denn er hat mid anges
nommen von Ewigkeit ber, und ich habe ihn wiederum
angezogen in meiner Taufe, et in mir, und ich in
ihm. Ich weiß nun von meiner erften Gebuit, weil .
ich wiedergeboren und in Ehrifto JEſu eing neue edle
Creatur bin, überall nichts mehr zu fagen, und will
auch ungern daran ‚gedenken. Denn idy bin im himms
liſchen Weſen, und habe mit irdifchen Sadıen, als mit -
. Sünden und Verdammniß nichts mehr zu fchaffen.
Ich bin über,alle Sünde und Verdammniß, ja über
‚aller Menſchen und Engel Heiligkeit und Gerechtigkeit
weit hin, . |
30. ie ſollen wir dieſe Echte und ferner zu nutze machen?
Weil wir ſolche hohe Leute find, weit über alle En: 2. Bon
gel erhoben, und in die Majeftät gezogen, fo laſſet yariıer
und auch, liebe Chriſten, in diefer unferer hohen Mas fröptig
jeſtaͤt und Herrlichkeit, welche aller Kaifer und Ko⸗ (9
nige Majeftät weit weit übertrifft, immer und von
Kerzen fröhlich feyn, aud unter dem ſchweren Creuz.
Denn dieſe Wohlthat ift fo groß, Daß fie durch fein
trübes Wölklein verfinftert werden fol. Denn was
kann doch höhers, koͤſtlichers, lieblichers und froͤhlichers
erdacht werden, als in Chriſto JEſu Chriſtus JEſus
ſeyn, oder GOttes Sohn ſeyn, voller göttlicher Dias.
TR m EEE
®
352 Woon ber Majefät
jeſtaͤt und Herrlichfeit?. Sollte min diefe Wonne ei
5. Sle rauher Wind zeritören? Laffet und dieſe Wohlthat
FPMER Affenihalben rühmen, jedoch in wahrer Demuth, wi
der HErr Chriftus felber gethan, welder ſich ba
diefer überfhwenglichen Hoheit ſtets fehr demüthit
gehalten hat, und darin für GOtt nicht zu fehr fob
ziret. hat. Wider den Teufel und feine Glieder, wi
de uns ſtets mit der Verdammniß zu wollen, mög
wir wohl das Haupt empor heben, ftolz und mut
feyn, und mit dem Ruhm fie vollends toll made:
Aber für GOtt follen wir uns drücken und bid,
jedoch gleihwohl alfo, daß der Ruhm, Troſt u
" 4. Go tt
dafür
dauken.
in uns tragen, und Chriſtum in uns wohnend
Freude ſolcher unſerer großen Herrlichkeit in und feR
und unverrüdt bleiben. | |
Laſſet und auch dem Herrn Eprifto für ſolche One
de und Gabe von Herzen danken, und’ durd A
Liebe in ihm bleiben, wie er fpricht, Joh. 15. Bl
bet in mir umd ich in euch, denn wo dies geſhe
bet, fpricht er, fo ſollen wir herrliche Früchte tragen.
wir fihon nicht große Wunderwerfe in dieſem Leben than
können, fo follen wir dennoch gleichwohl ſolche grüdte
bringen, daraus man leichtlich abnehmen konnte, 99
wir ein heiliger Saame feyn, und heiligen *
⸗
- und der goͤttlichen Natur, Majeſtaͤt und Herrihlen
eichen
3 V
nigung 5rüchte, und ein ſcheinbarliches Zeichen goͤttlice
mt tur, vemüthig, barmherzig, wohltbätig, gelind,
Chriſto.
Chriſti theilhaftig ſeyn. Denn find dieſes nich
v
font
müthig, zuchtig und gedultig ſeyn ? Deägleiden |
ungdttlihe Wefen ver Welt, als. geigen, wuchen
freſſen, ſaufen, buben, huren, ſtolziren, verachten und "|
gleichen, von Herzen haſſen? Dem da iſt und WFT
net Ehriftus mit feiner Gottheit, Majeftät und I
lichkeit, wo ein demütbig, mild Herz iſt, dem ed m
be thut, daß ein armer Eprift von einem Unchridt
burch Wucher oder ander ungebührlih Kürnehe!
beſchweret und betrübet fol werden. Denn wi M
Geiſt Sprifti, fo ift auch unfer Geiſt. Und dad Ir
m
der wahren Chriſten. | 555
man fo bald fühlen. Jedoch müffen Chrifti Genoſſen
auch Schwachheit tragen in dieſem Leben, auf daß
dad Leben Eyrifti, nemlich die allerhoͤchſte Demuth
in ihnen deſto reicher werde, Br | u
Das u. Eapitel |
Von der andern Majeftät der wahs .
| ven Chriften —
1. Worin beſtehet diefelbef
E⸗ beſtehet fürs andere der wahren Chriſten Majeftät2. In der
darin, daß Ehriftus in ihnen ift und wohnet in ip, Linwels
nen, und erzeiget fi in ihnen ganz herrlich, wie er —
ſelber bekennet und ſpricht, Levit. 26. Sch will in
reuch wohnen und wandeln, und will ener
GOtt ſeyn. Es ſcheinet wohl zu viel, daß die hos
be Majeftät GOites in uns ſo unreinen Gefaͤſſen, in
welchen. die Suͤnde noch nicht ‚gänzlich getoͤdtet iſt,
wohnen follte, wahrhaftiglich; aber wie foll man ihm
hun? Hat ed dem Herrn Chriſto fo geliebet, daß
mir fein Thron feyn follen, gleichwie er ıft des Vaters
Thron, je ein Thron der ganzen goͤttlichen Herrlich:
!eit, was wollen’ wir denn daraus machen? Hnd wie
innen wir folhem feinem theuren Willen widers
treben Y | | | i
Mir genäget daran, bad id GOttes Mort für
nich babe: Bin ich es nicht werth, fo laß ich es
Shriftum verantworten. . | :
Dies find aber Die edlen Syruͤche uͤber diefem Han: Beweis
el, welche mir Leib und Seele erfrifdhen. Joh. 14.derſelben.
Ibr in mir, und ih in euch. Cap. 15. Wer
n mir bleibet, und ih in ihm, der bringet
el Früchte. Gap 16. Sch habe ihnen gege—
ven die Herrlichkeit, Die da mirgegeben haft.
Denn ich bin in ihnen, und du in mir, auf Chriſtus
‚ap fie ſamtlich volkfommen feyn in ung,itinune.
Rom 5, Iſt Chriſtus in euch, fo lebet der
| 23
— A — —— —
3 Wonder Majeſtaͤt
Geift in euh, um der Gerechtigkeit wilfg
Reber in2 Cor. 13. Erfennet ihr euch ſelbſt nicht, de
Vaulo. JEſus Ehriſtus in euch iſt? Derſelbe rent
Lebet in
Paulo.
hun wahr in mir. Und ob ich noch woß
ſchwach bin, ſo iſt er doch nicht ſchwach gegen
Heuch, ſondern er lebet in mir, in der Kraf
GOttes gegen eud, Gal. 2. Ich bih dur ch de:
neue Geſez, das iſt, durch den Geiſt Eh riſt
dem alten Geſetz abgeſtorben, und lebe nuı
in GOtt. Jedoch lebe ih nun nid, fonder
Chriftus lebet in mir, Eol. 1. Mir it gegeba
unter euch, daß ih das Wort GOttes reichlich pre
digen fol, nemlih, das Geheimniß, Das verborgen
geweſen ift von der Welt her, und von ber Zeit her,
nun aber offenbaret feinen Heiligen, welchen GOtt
erfön:
vu
gewollt hat fund zu thun, welder da ſey der ferlis
he Reichthum, diefes Geheimniffes unter den Heiten,
welches ift Chriftus in euch, der da iſt die Hoffnung
ber Herrlidjkeit, die wir verfündigen, Offenb. Job
21. Einer von den fieben Engeln zeigte mir Die arof
fe Stadt, das heilige Serufalem, hernieder fahren
aus dem Himmel.von GOtt, und hatte die Herr
lichkeit GOttes, und ihr Kicht war gleich dem aller
edelften Steine einem heilen Jaſpis.
2 Wie wohriet Ehriftus in den Glaubigen?
Es ift der HErr Chriſtus in ihnen nicht allein nah
feinem Geift, fonvern auch nad) feiner Perfon lei
baftige Nicht allein nad feiner Perſon Teibhafru:
Nicht allein nad) feiner Gottheit, fondern auch ned
feiner Menſchheit, kraft der wunverfamen Vereinigun)
beider Naturen in ihm, und fra: ver Klarheit, si
weldher der Menſch Chriftus verfläret ifl.- Denn m
der GOtt Ehriftus ift, da iſt auch der Menfch Chir
ſtus: denn GOtt und Menfdy find eine Perfon md
ein Chriftus.
Died glaubet, lehret und befennet Zutherus, um
mit ihm alles, was die Menſchwerdung Ehrifti un
der wahren Chriſten. 355
feine Himmelfahrt recht verfiebet, und für dem Cal
viniſtiſchen Schwarm gnädiglich behütet wird. Denn
fo fchreibet Lutherus, Theil 1. Zen. S. 258. Chris
Rus iſt ganz mit Fleiſch und Blut in der Glaubis
gen Herzen. Deögleihen, ©. 236, Chriftus fißet
zur Rechten des Vaters, und auch in deinem Herzen, „
Der einige Ehriftus, der da Himmel und Erden ers
fuͤllet. Wenn du das glaubeft, fo haft du ihn bereits
im Herzen, Alſo ift dein Herz im Himmel, nicht in
einem Schein ober Traum, fondern wahrhaftig: Denn .
wo er iſt, da bift du auch.
Dieſes fehreibet alfo Lutherus, und ich glaube, dag
es wahr ſey, denn er felber, der Herr Chriftus,
GOtt und Menſch, faget ed. Zudem ift ihm alle
Gewalt gegeben, fo ift ihm auch Diefe Gewalt geges
ben, daß er feyn koͤnne, wo er wolle? Auch leibhafs
tig oder perfönlic in mir, nad) feinen beiden Naturen.
8. Du haͤltſt Died zwar mit Ruthero für wahr, aber mir
koͤmmt es fehr unglaublich. für.
Das iſt nicht Wunder. Denn dieſe Lehre von der
Einwohnung Chriſti in uns iſt das allergroͤßeſte Ge⸗
heimniß, welches verborgen geweſen iſt von Anfang,
der für allen Klugen dieſer Welt, und für denſelben
noch verborgen bleibet, bi8 an der Welt Ende. Denn
dies iſt niemals einem natürlihen Menſchen ind Herz
'tommen, daß die hohe Micjeftät, der Glanz der Herrs
lichkeit GOttes, in uns feyn follte perfönlih. Und
da Died gleich. ein natürliher Menſch hoͤret, fo glau⸗
bef er es doch nicht, fonderder hält es für ein Maͤhr⸗
ben. O fpriht er, ſollte Chriftus in uns fenn,
mozu bat er denn der Himmel? Gollten wir der
Himmel und das Paradies GOttes feyn? Glauben
s doch die Kinder Des Licht faum, daß fie Chris.
tum in ihnen follten wohnend haben, wie follten es
yenn Die Kinder der Finfterniß glauben? Denn es
ſt ein folder Artifel, dafür fid) ein menſchlich Herz
ntfepen muß. Wenn fih Chriftus r und hier ſo
ma — — —
0
356 Von der Majeſtaͤt
wunderſam und herrlich erzeigen moͤchte, wie er ſi
erzeiget hat im Moſe und Elia, auf dem Berge a
« bor, und fi ferner erzeigen wird im allen fen
Glaubigen am jüngften Tage, das ift, daß mir bie
nen und leuchten möchten von feiner Herrlichkeit,
würde man es feſt glauben. Nun aber, weil mi
© nichts anderd an uns fiehet, denn eitel, Fleiſch w
Blut, mit vielen Sünden, Schrecken und Jaum
behaftet, fo glaubet man es ſchwaͤchlich. Es iſt m
ein füßer Traum, des man laden muß. Jedoch mi
hoch und tief dad Geheimniß für unferer Ver
‚verborgen, und wie ferne es von unferm Oi
ab ift, je näher und ernfter wir uns auf fein E
kenntniß begeben follen. Diefer Artifel, daß Chuiſr
in uns iſt, ſoll unſer fuͤrnehmſtes Studium m
Weisheit feyn, fürnehmlih, weil wir wiſſen,
auch die lieben heiligen Engel im Himmel ihre eigeat
‚Luft daran haben. Sie fehen gerne Chriſtum ı W
fie hören. ed gerne, und reden es auch gerne
4 Mir deucht dies eine fehr große Herrlichleit I fgu!
J Freilich iſt dieſe Wohlthat, daß Chriſtus in u
‚wohne, eine überaus große Herrlichkeit, daß je
zu ermeffen, vielmeniger auszuſprechen iſt. DM
der Herr Chriftus leibhaftig in ung, fo M en
GOtt der Vater in und: Sintemahl CHriftus m
der Bater eins find, wie er fpriht, Joh. 1% N
und der Vater find eins. Deögleichen, wer mic 9
bet, der fiehet den Vater. Ja nicht alldn der ©
ter, ‚fondern auch der heilige Geift iſt in und, ®
ganze Fülle der Gottheit, auf daß beftätiget mer
wie er und zugefaget: Wir wollen zu euch komm!
und Wohnung bei euch machen. Denn del Voeit
ift nimmer ohne feinen Geift, gleichwie ud
Sohn nimmer ift ohne feinen Geiſt. Wer den!
ter hat, der bat aud feinen Geift, und wer
Sohn hat, der hat auch feinen Geiſt. Sm? mi
I)
⸗ | . .
ber wahren Chriften. 357
berowegen nicht über alle Maſſe reiche und ſelige
Creaturen? Welcher Koͤnig auf Erden kann ſich ſol⸗
cher Ehren rühmen? Summa, wer GOtt in ihm
wohnend hat, der iſt nicht mehr ein purer Menſch,
ſondern goͤttlicher Natur theilhaftig, und iſt ſo ebr⸗
wuͤrdig, daß kein Titel erfunden kann werden, mit
welchem ſolch ein goͤttlicher und heiliger Menſch ge⸗
nugſam kann gewürdiget werden. Man kann auch
einen ſolchen Menſchen nicht genug lieben, er iſt es
werth, daß er von den Engeln GOttes auf Haͤnden
getragen werde.
Aber wir groben Leute verachten bie theuren Hels
ligen GOttes oft um ihres geringen Stammes und.
Herfommens willen, fürnemlid, wo Died dazu fommt,
daß etwa ein lebendiger Heiliger ein Pfaff ift, das
ft, feine große Seligkeit recht erfennet und auöbreitet.
Denn die Welt ift nicht werth, Daß fie einen rechten.
Heiligen fehen und erkennen foll. Sie muß die Schuhe
ın dem wahren Heiligthum, welches durch GOtt ger
ſalbet ift, zuvor wiſchen, ehe fie erfahre, was ſie
ſethan, ‚damit ihr Schreden deſto ‚größer fey, Denn
ver einen Tempel GOttes angerühret hat, der hat bie
ohe Majeſtaͤt GOttes felbft angerüpret.
5. Was ſaget hiezu Luther e * , .
28
2 feßet von biefer unferer großen, fo uͤberſchweng⸗ |
ichen Heiligkeit einen folhen Sprud in der Kirchen⸗
oſtill am Pfingfttage, S. 166. Das muß eine große
Herrlichfeit und Gnade feyn der Menfchen, fo der
vertb geachtet worden, zu: feyn eine berrlihe Woh⸗
ung, Schloß und Saal, ja Paradied und Himmels
eih, Da OOtt auf Erden wohnet, welche doch find
otche- arme, betrübte, fchüchterne Herzen und Gewiß
n, Die nichts an ihnen dann Sünde und Tod fühs
1, und für GOttes Zorn beben und zittern, meynen,
Stt fey von ihnen zum weiteften, und ver Teufel
um naͤheſten. Aber vie find es, denen foldes ver
%
558. Don ber Majcät - =
beißen iſt, und fröhlich fid) des tröften mögen, da
- fie find das rehte GOttes Haus und Kirche, da GOt
Luft Hat zu beten und zur bleiben. Wie Ef. 66. vo
folden fpriht, wider die flolzen aufgeblafenen Heili
gen: Was wollet ihr mir für ein Haus bau
en, und welches foll die Stätte ſeyn, Da id
ruben foll? Hat nicht meine Hand alle
gemachet, was da. ıft? Sch febe aber an dei
Elenvden, und ber zerbrodhenes Geiftes if,
- und der fih fürdter für meinem Wort. Um
wo follte auh GOtt fonft wohnen? Er finder fonf
feine Herberge auf Erden; die andern großen felhk
gewachſenen Heiligen find ihm viel zu body und folz,
Daß fie nicht begehren follten feine Wohnung auf Er⸗
. den zu feyn, . u
Deögleihen: Siehenun, meld ein groß Ding ter
Menſch fey, der da ein Chrift if. Ein reghter Bun
dermenſch auf Erden, der für GOtt mehr gilt, denn
Himmel umd Erden, ja. ein Licht und Heiland der gam
zen Welt, in dem GOtt alles vermag und thut: Aber
für der Welt gar tief verborgen und unbefannt, web
he auch nicht werth iſt, ſolche Leute zu. ertennen,
fondern muß fie halten für ihre Fuß» Tüher.
Ebendaſ. ©. 1:8. Das iſt die überfchwensihe
Herrlichkeit der Chriften, daß fih GOtt ihnen fo wi
herunter giebt, und fo nahe zu ihnen thut, daß e
nirgend anderd denn in ihnen, und burd ihr Wort
und Verf, Mund und Haut ſich erzeigen, ſehen um
hoͤren laſſen will, und damit einen groffen Unterſchich
machet zwifchen ihnen und andern Menfhen, daß auh
ein einzelner Chrift, wie geringe er iſt, viel ein aw
derer Mann, und für GOtt höher geehret iſt, dem
alle Könige, Kaifer, Fuͤrſten und alle Welt auf eine
Saufen, welche von biefem Ruhm und Ehre nice
haben, noch willen.
—
.
der wahren Chriften. 7)
6. Bat bringet diefe Einwohmung ehriſu Gutes mit ſicht |
pP Ä 7
Weil der HErr Chriſtus ganz und gar in uns iſt, ſol Dies⸗⸗
folget, daß auch feine ewige Weisheit, Gerechtigkeit man
Freude, Leben, ja ganze Vollkommenheit in uns feyn. ter. |
müfle. Denn mie follte ih Chriftum haben, und feine Ä
GSexshtigfeit nicht haben? Habe ich die Sonne, fo:
habe ih aud ihren Glanz. Die Gerechtigkeit Eprifti
iſt gewißlih da, und leuchtet in und, wie bie Herr⸗
lichkeit GOttes, -aber verborgen mit Chriſto. Die Weiss
beit und Freude Chriſti find auch "wohl in. und, aber
fie halten ſich noch heimlich, und erzeigen fich ſchwaͤch⸗
lich. Jedoch alles, was wir vom Evangelio und von
unferer Seligfeit wiflen, dad haben wir aus Dem Licht
Chriſti. Und fo oft fih unfere arme Herzen noch ets
was freuen, fo freuen fie fh in der Freude Chrifti.
Das Leben und die Unsterblichkeit des HErrn Chrifti ift
auch allbereitö in uns, und bleibet auch in ven leuten
Dülverlein bis an den jüngften Zag: Aber es ift auch.
noch mit Ehriffo in und verborgen, Wenn aber ver
ganze Chriſtus in uns herfür leuchten wird, alsdenn
vird auch fein Leben in. und herfür leuchten in der
hoͤchſten Kraft und Herrlichfeit.
7. Wie erjeiget ſich Chriſtus weiter in und?
Ganz fäuberlih. Denn er nimmt alle unfere. Sräfte2. Die
in, und berrfchet Darüber gewaltiglih, Erb fee
ıber alle unfere Gedanfen, Worte und Werke, Denn uufern
ailles, was wir Gutes gedenken, begehren und thun, Oliedern.
as ſchaffet er in uns, wie St. Paulus Philipp. 2.
priht: Er ift es, Der in eu wuͤrket, beide,
a8 Wollen und das Vollbringen. Und 2Cor.
[3. fehreibet er ausdrucklich, daß Chriſtus in ihm,
ınd Durch ihn rede, Wie denn folhes der HErr
elbft bezeuget, indem er zu feinen Apofteln faget,
tuc. 10. Wer eud böret, der hoͤret mid. Fa,
Denn lebet der HErr Ehriftus in und, wie follte er inund les
d
| 560 Von ber Maſeſtaͤt
bet, fo denn auch in und und burd und nicht gedenken
. rd reden, fhreiben und würfen?
answirs Daß wir des Vaterd Herz erfennen, und Rinde
des Lichts feyn, das haben wir von ihm. Daß wi
und auf GOttes Gnade und Hülfe gaͤnzlich verlaffen,
fe und muthig feyn, das haben wir von ihm. Daf
wir immer gedenken, wie wir gerne das rechte wahre
Evangelium, welches ftehet im Erfenntniß unfers Heilt,
"wollten weit und ferne ausbreiten, das haben wir
von ihm. Daß wir in Nötben bald einen guten Rath
erdenken koͤnnen, das haben wir von ibm. Daß
unfere Herzen gütig, milde, wohlthätig, keuſch, gerecht,
getreu und geduldig ſeyn, das haben wir von ihm.
. Daß wir der Welt Eitelkeit erfennen, und ihr tdglicd
. 3 Ax abſterben ‚, das haben wir von ihm. Denn iſt Chris
uns, fo ſtus in uns, fo müfjen auch feine Früchte in ms
en ſeyn: Sind wir gute Bäume aus dem, daß wir wie
Früchte inder geboren find durch Chriftum, und den &Gaft fr
| ung ſeyn. nes Geifted in und haben: So müflen wir ja tress
gute Fruͤchte bringen. Denn ein guter Baum kann feise
böfe Yrüchte bringen. Und ob fi es gleich anfchen
laͤſſet, als wären fie böfe, fo find fie dennoch merkt
böfe, ſondern gut, dad ift, fie haben ein fonverded
Gutes unter ihnen heimlich verborgen, als der Fal
Petri und feines gleihen. Denn Chriftus wert
feinen fieben auserwählten Heiligen alles zum Befttn.
„Ehre Füße müffen nicht gleiten, leiten fie aber, f
gleitem ſie in die aͤußerſte Demuth, Andacht, Züri
tigkeit, Eifer und Ernſt, und werden die. allerbefte
-. Halligen.
Summe, der Herr Ehriftus iſt in uns oft fe
ſchwach, das Fleiſch aber jo ſtark, daß wir nihe
von ihm fühlen: wiederum oft jo ſtark in ung, um
das Sei fo ſchwach, daß wir feine Fuͤſſe und Kih
‚ tige Gegenwärtigleit wohl fühlen.
der wahren Chriſten. 361;
8 Bas wirket Ehriſtus weiter in und?
J
Er giebt uns auch ein die allerlieblichſten und fröͤh⸗ 3. unere⸗
lichſten Gedanken von GOtt feinem himmliſchen Va; LE
ter, von feiner Gnade, von der fihönen Weisheit,
und vom ewigen Leben, und läffet uns koſten, was
wir nicht ausreden können. Wer will dad Vertrauen,
welches wir zu GOtt, unferm lieben Vater tragen,
und den Frieden und Freude unſers Herzens ausfpres '
hen? Sind wir nit oft im Himmelreih? Denn’
ber friedfame ‚und fröhliche Geiſt Chrifti hat ſich mit‘
anferm Geift vermifchet, ja vereinigef. Wir haben
sen Frieden und Freude GOttes in und, wider dei
sittern Haß der grimmigen Welt. Wir können fo
reden, daß es die jungen Mildy» Kinder wohl verftes.
hen, die gelehrten und ſtolzen Heiligen aber nicht
rin einiges Wortlein Davon vernehmen. Und ob wir
zleich nicht allewege koͤſtliche Orakel reden, fo find
30h gleichwohl unfere arme, einfältige, geringe Worte
itel Salz, eitel Geil’, eitel Beſſerung, eitel Staͤr⸗
hing, eitel Hoffnung, eitel Arznei, eitel Geſundheit,
tel Leben, auch da wir im Scherz reden, wo man.
sur anders Achtung darauf giebt. Denn der Chris.
tus fiehet, böret, redet und lachet, ifjet, trinket, fißet,
jeher, fchläfet und thut alled in und. Wer uns lies,
yet, der fiebet Chriſtum, und wer und böret, der,
yöret Chriſtum. . Er giebt Glüd zu unferm Vorneh⸗
nen, und laͤſſet alled wohl geratben, wie hart ſich
ch Der höllifche Antiochius dawider fperret.. Er
nachet aus und Propheten, daß wir willen koͤnnen,
was die Kinder vdiefer Welt wider und im Sinn has
en. Er giebt und Fürfichtigleit, daß wir und im
hre ſchnoͤde Rede fhiden, und uns für ihnen hüten
'snnen. Wir willen aus dem Gefange, welcher Bos
gef ven Geiſt Ehrifti oder den. Geiſt des Teufeld Has: .
„e, Wir können der Rarren Spott und Laͤſterung
zurch Chriſti Gnade fein verachten, und von ihrem
Berperben und Untergang weiffagen, ie
se Doii der Majende
u 9. Was ſaget · hiezu Luther?
| €, gedenket auch dieſes Handels mit güldenen- Won
ten, über die 1 Epiſt. Petr. 2. Wenn wir an Chr
ſtum glauben, fo erlangen wir fo viel, daß uns
GOtt feine ganze Macht ſchenket, welche Macht in
uns allen wirket und ausrichtet. Denn was wir ıw
den und thun, das reden und thun wir nicht, fon
dern GOtt, welcher in uns if. Er ift in und mäd
tig und thätig, ja allmächtig, auch wenn wir leiden
und fterben, und für der Welt ganz ſchwach find.
490. Wie foll ich mir dieſe hoͤchſttroͤſtliche Lehre chriftlich
| | 38 nuge machen?
— Seil wir ſolch einen Immanuel, das iſt, großen
Freund, Beiſtand und Einwohner an dem Sohn ED
froblich tes haben, fo it es ja zumal billig, daß wir und
MM. fein freuen, gleichwie ſich die lieben Heiligen GOt
tes fein gefreuer haben. Denn find wir ver Hiw
mel, "in weldhen der Sohn GOttes wohnet, um
- * welchen er mit dem Glanz feiner Herrlichkeit erfülle
und erleuchtet hat: Sollten wir denn von deswegen
nicht fröhlich feyn? Furnehmlich, weil GOtt jeher
ſpricht; Die Himmel freuen fih. Wo ift ein ſolch
Haus, eine ſolche Burg, ein folder Tempel als wir
find? Wenn. gleich gülvene Berge, und güldene Teu
pel in Der Welt könnten erfunden werden, fo wärm
fie doch nichts gegen un. |
gregor. Gregor, Nyſſenus Orat. 2. in Cantic. faget, da}
Dioffen, wir viel größer, herrliher und wahrbaftiger feyn,
als der Himmel. Denn in und wohne der gütige,
herrliche und ewige GOtt, welcher den Himmel mi
feiner Hand umfpannet und gleich mit ihm fpieke,
wie ein Kind mit einem Apfel fpielet. Es tft Feine
Ey Stadt auf Erden unferm Herzen gleih. Denn bie’
ginge wohnet GOit, hie iſt feine Nupeftätte, bie iſt fein
errid: Hoflager und ganze Regierung. DO laflet uns ja
| nn ſolche Palatia m Ehren halten, und nicht ſchaͤnden!
a ME a 7— 57 v En tt 0.7 ” nn ” N ”
der wahren Chriſten. | 305
Denn wer fie fhändet, der ſchaͤndet GOtt, wer fieuns wog:
aber ehret, der ehret GOtt. Wer ein Heiner Tempel uet.
GOttes, ein junges Kind, oder fonft einen andern
wahren Chriften in Demuth aufnimmt, und ibm Ehre _
und Wohlthat erzeiget, ‘der nimmt auf die hohe Ma⸗
jeität GOttes und erzeiget ihm Ehre und Woplthat.
Denn ein Slaubiger ift nicht allein ein heiliges Haus
GOttes, fondern auch ein Glied GOttes, mit GOtt
durch Chriftum gänzlich vereiniger. - =
Jedoch, Daß ſich gleichwohl ein jeglicher wahrer
Heiliger in der Furcht GOttes halte,. um des Ein
wohnens Chriſti willen, und feinen Leib nicht beflek⸗
fe, denn er ift allzuheilig und. allzuherrlich.
11. Wie fol ich mir. diefe Lehre weiter zu nutze machen?
Baffet und auh GOTT dafür Danfen, daß er und 2 ot:
einen lieben Sohn geſchenket hat, nicht allein zum en!
Heiland, fondern auch zum Einwohner und Herriich⸗ 2
nacher unferer Seelen. Ja, Daß er fich felbit mit
einem lieben Sohn ganz und: gar in uns gefenfet
at, Daß er uns heiliget, regieret, fegnet und behütet, , Ebri⸗
at, Wie denn ein jeglicher chriſtlicher Hausvaterkeneinige
huldig iſt, daß er feinen lieben Mflänzlein, feinen Weisheit,
ieben Kinderlein dad große und heilfame Geheimnig
on ber Einwohnung Chrifti in uns täglich mit Fleiß
inpräge. Denn GOtt hat uns felig gemachet, und
Ehritus iſt in und, iſt Die einige Weisheit ver-
Ehriiten, | | ‚
Und weil wir den Herrn Chriſtum leibhaftig in
nd wohnen haben, fo laſſet und auch den HErrn
zbriſtum in und herzlich veneriren. Wir follen öfter
nn Chriftum gedenken, und öfter die Kniee für ihm :
eugen, als wir. die Augen aufs und authun: Ad, .
u lieber GOttes Sohn, bu lieber Heiland, bu lies
er Immanuel! babe Lob, fey und bleibe ſtets in
ie, herrſche in mir Traftiglih und behüte mid ge⸗
70 —
\
568 Bon der Majeſtaͤt
: waltiglih. Gedenke, rede, thue und fordere das
Werk meiner Hände
‚Wir follen den HEren befprengen ohne Aufhoͤ⸗
ren mit den füßen Balfamtropfen ewiger Liebe, auf
daß er in unfern Herzen wachſe, und defto größer
werde, Und weil er und fo nahe ift, daß er fihet
im Grüblein unferd Herzens, fo follen wir ihm uns
fere Noth fein herzlich fürtrngen, ihn um Hülfe ans
rufen und dad Beſte von ihm hoffen.
Von ber dritten Majeftät der wahren Chriſten.
1. Worin beftehet diefelbe?
1.30 dens E⸗ beſtehet fuͤrs dritte der wahren Chriſten Maje⸗
BSchu⸗t
CEdriſti,
r
L- 4
ftät darin, dag Ehriftus ihr Schußherr ift, ver fe
für allem Uebel beſchirmet. St. Petrus, 1 Petr. A.
"fchreibet, daß die Herrlichkeit GOttes auf
und ruhe. Dieſe Herrlichleit GOttes iſt ohne
aweife der Sohn GOttes, der Glanz der Herrlich⸗
eit des Vaters, der hat ſich über und ausgebreitet,
.
und rubet auf und, wie eine große helle Wolfe, oder
‘ [4
wie eine feurige Säule Inmaſſen er ruhete auf der
Hütte des Stifte im alten Teſtament, Erod. AO.
Denn ob er wohl gen Himmel gefahren ift, und
fich geſetzet hat in die Herrlichkeit ded Vaters, den⸗
noch fo ift er gleihwohl bei und bienieden auf Eis
Den, wie er fpriht, Matih. 28. Ich bin bei euch
alle Zage, bis an der Welt Ende Ja, eben
Darum iſt er gen Himmel gefahren, und hat fidy ges
. ‚feßet in die Herrlichkeit des Vaters, auf daß er als
Ienthalben ſeyn, und über alles herrſchen koͤnnte.
Denn zur Rechten GOttes, oder in GOttes Herr
lichkeit figen, beiffet bie Knechtögeftalt ablegen, und
nunmehr in göttlicher Geftalt feyn, und göttlihe Ger
walt haben. Daher pfleget man ju fügen, Daß, Da
der wahren Chriſten. 565
‚und die Augen recht offen flünden, wir über ung
nichtö anders fehen würden, venn ein helles Licht,
nemlich, die Herrlichfeit des Sohns GOttes, gleich
wie der Prophet Ezechiel gefchrieben hat am Wafler
Chebar, Kap. 1, 10. 43. | .
Ein junges Kind, welches heute getaufet ifl, dafs
felbige hat nicht allein neue himmlifche Reinigkeit und.
Gerechtigkeit, ſondern es hat auch über feinem Haupt
einen bellen Glanz, weldyer ift fein lieber Schußherr,
‚ver Sohn GEOttes JEſus Ehriftus, und ift ein Kind _
und Erbe GOttes, geweihet durch den heiligen Geift
zum ewigen Leben. Ah! die große Herrlichkeit der
lieben Glaubigen und Getauften ift nicht audzureden,
Wenn einer ein Jude oder Tuͤrke wäre, und hätte
ganz Alla, Afrika, Europa und Amerika, das ift,
die ganze große weite Welt innen, fo. follte er fie
darum geben, daß er nur ein Chrift feyn möchte.
Denn ein Ehrift feyn, ift eben fo viel, als ein Kind
GOttes feyn. Was ift aber das anders, ald ber
nädjfte von GOtt feyn, und nicht allein die Güter
GOttes, fondern auh GOtt felbit zum Erbtheil har
ben? IR GOtt nicht mehr als Afia, Afrika, Euros .
ya und Amerifa? O mir blinden Leute, daß wir
nfere Herrlichleit nicht beffer erkennen und nicht grös
Her achten ? | .
2. Barum if Gprilns der wahren Epriften Schughers?
E⸗ iſt der Sohn GOttes der Glanz der Herrlichkeit daber Re
des Vaters, in welhem alle Fuͤlle GOttes wohnet Ah *
leibhaftig, darum über uns und um uns, nemlich, Teufel,
Daß er und wider Die böfen Geiſter, unfere abgefag: Ed
ten Feinde, und wider die arge Welt und wider als gläd.
les Unglül maͤchtiglich ſchuͤze. Denn weil wir find .
. Die neuen Ereaturen, ja bie Heiligen GOttes, ges j
zieret mit neuer himmlifcher Gerechtigkeit und mit
dem heiligen Seift, an welhem GOtt feine Luft und
MWoplgefallen hat, fo kommt ver Teufel her, und
.366 . Bon der Majeftät
neidet, um folder großen Herrlichfeit willen. Cr
‚feet fih wider und mit aufgefperrtem Rachen, und
‚wollte und. gerne verfchlingen. Er fchieffet in uns
„feine feurige Pfeile, und machet unfere Herzen ver
zaget. Er hält und für unfere Sünden, und den
Born GOttes, und ftärket feine Pfeile mit der Schrift.
Die Welt feiret auch nicht. Denn alles, was nidt
aus GOtt geboren, auch nicht berufen ift zum emt
gen Leben, das haſſet und vwerfolget, aus Cingeben
des Teufels, alles, was aus GOtt geboren und zum
ewigen Leben berufen ift, da finden ſich ſolche Lügen
und Lällerungen, Daß, 100 einer nicht gerüftet wäre
mit der Geduld Chrifti, einem für Unmuth das
Herz im Leibe berften möchte, Denn was die Kins
der GOttes am meilten haſſen, das wird ihnen amt
meilten. zugemeffen, ohne was fie fonften für Bubens
ftüde mehr von der ungerechten Welt täglich ausſte⸗
ben müflet. So wachen au für ihrer Thür allen
band Myſterien und Faͤlle, welche gerne zu ihnen
hinein wollten und ihnen Kirhmefje machen. Denn
alle Bettler aus aller Welt verſammlen fih für ven
Shüren der wahren Chriften, und mollen bei Den
felben gerne berbergen. Ich rede hier vom Unglück,
Ereuz und Leiden. |
Dawiver hat nun GOtt der HErr verordaet ſei⸗
nen lieben Sohn, daß er über uns ſchweben, und
unfer mädtiger Schugberr feyn follte, wie der Pros
phet Ef. 4. ſpricht: Er wird ein Schirm feya
‚über alles, was herrlich iſt.
3. Was ift herrlich?
Wie herr:
ich die Sein lieber Weinberg, die heilige Verſammlung al⸗
cſtez.ler chriſtglaubiſchen Menſchen. Denn dieſer Wein
zieretfep. berg bat die ganze Herrlichkeit GOttes in Cbriſto,
wie Died St. Johannes Apoc. 21. bezeuge. Er bet
des Herrn Eprifti Klarheit, Weisheit, Gerechtigkeit,
Geiſt, Freude, Wonne, Stärke und Leben. Er hat
der fahren Chriſten. 367
des HErrn Chriſti Zierde und Koͤſtlichkeit. Denn
was zieret einen Menſchen beſſer, als eben des HErrn
Ehriſti weſentlicher Glanz und alle feine Tugenden?
Er bat Chriſti koͤnigliche Pracht, in welcher er gleich
ftolziret wider ven Teufel und alle unfinnige Mens
fhen. Er hat endlich des HErrn Chrifti lieblicye
Schönheit, oder feine Kieblichfeit, Denn wie lieblich
und angenehm das Tauſendſchoͤnlein JEſus Chriftus
it fir den Augen feines bimmlifchen Vaters, eben
fo: liebliy und angenehm find wir für ihm auch.
Sollte nun derowegen Chriltus nicht feyn ſolch
eines berrlihen Volks Schug und Schirm? Gollte
er foldy einen Weinberg nicht Tag und Nacht behüs
ten? Wie er ſpricht, Eſ. 29. Sch will ihn Tag
und Naht behüten: Ich will ihn feuchten,
daß man feine Blätter nicht vermiffe Ich
will ihn bei feiner Kraft erhalten., Ich will
ibm. Sriede fhaffen, wenn ih ihn. lange
genug betrübet habe, | |
Summe, der. HErr Ehriftus iſt aller, fo ihm
feſt trauen, Burg, feurige Mauer, Heerlager, Zürft,
Schwert und Sieg, wider den Teufel, Welt und
alles Unglüd. Und es ift feine Luft, daß er für
und wider folhe Feinde mit. feinen lieben heiligen
Engeln täglich ftreiten möge. Wie wir denn ganze
£egionen ver himmlischen: Heerfchaaren um und her
liegen haben. Pf. 34, |
4. Hilf licher GOtt! das iſt ein mächtiger Schug, wenn
‚er und nur gewiß wäre?
Wenn und die Augen recht offen flünden, wuͤrden wir
am un® ber fehen nicht allein eine feurige Ringmauer,
fondern auch einen ganzen hohen feurigen Berg mit
feurigen Roſſen und Reutern, unter welchen ein mus
thiger Herzog und Faͤhndrich große Schladhtung tbät,
und das Feld behielt, wie ein ſolch lieblich Spekta⸗
Bel der Prophet Eliſa und ſein Knabe geſehen haben,
568 Von der Majeftät
2 Koͤn. O. Denn der, fo bei ben dreien Männern im
feurigen Ofen, und bei dem Jona im Waſſer gewefen,
der iſt noch heutiges Tages bei und, und thut große
Wunder bei und in aller Noth und Gefahr, wie
‘er felber gar tröftlih fpriht, Ef. 49. So du ind
Feuer geheſt, follt du nicht brennen, und
fo du durchs Waffer geheft, will ih bei dir
feyn, daß dich die Ströme nicht follen ew
fäufen . |
8. Haſt du beſſen auch mehr Beweis?
| Ta. Denn David finget im 16 und 17 Palm;
Daß der HErr Chriftug an den Heiligen und Hem
Tihen, fo auf Erden find; alle feinen Gefallen habe,
und daß er ihr lieber Heiland fen, und Daß er fie
bebüte, wie ein Mann das Töchtlein in feinem Aus
ge, denn fo redet ver hebräifche Tert: Die Heiligen
find die, welche voll Geiſtes auf Chriſtum trauen:
Die Herrlihen aber, vder die Gewaltigen find vie,
welche gezieret mit Föftlihen Gaben, Herz und Mur
haben, etwas anzufahen, um des Namens und ver
Ehre Chrifti willen, und deswegen auf fid) zu laden
' aller Teufel uno Tyrannen bittern Haß. Diefe lie
bet der Herr Ehrijtus herzlich, Hält fie wertb, und
behütet fie vor allem Uebel, ald feinen heiligen Aug
apfel. Und va fie gleich in der Welt vom Zeufel
und Menſchen ja etwas leiden müflen, um ihres Glau⸗
ben® und. Gebetähbung willen, fo wendet er ihnen
doch ſolches alles zum Beſten und verheiſſet ihnes
dafür Kronen ded ewigen Lebende. Daher finget der
Prophet David abermal im 3 Pſalm und fpridt:
Ich liege und fchlafe, und fürdte mich nidt
für viel hundert Zaufenden Denn ver
Herr ift der Schild für mid, der mid zu
Ehren feget. Ob er fagen wollte: Ich babe ja
wider mic) viel taufend Teufel aus ver Hölle, Die alt
ſehen für-mir mit aufgefperrtem Rachen, und woir
der wahren Chriſten. 869
mich gerne lebendig verfchlingen.. Aber fie Finnen
den David nicht lebendig verfchlingen. David ift ih⸗
nen zu groß. "Sie wollten mir gerne das Herz neh⸗
men, aber fie. koͤnnen nicht. Nehmen fie es mir aber,
fo giebt e8 mir Chriftus wieder mit großem Gewinn,
und ich werde muthiger wie vorhin. Darnach habe ich
wider mic) die ungünftige böfe Welt, die wollte mir
gerne meine Ehre nehmen. Hilf GOtt! wie wifpelt
diefelbe mit ihrer Zunge, wie. arbeitet fie heimlich
und Öffentlih: Aber fie kann mit ihrer Otters Zunge
nicht fhaden. Man glaubet ihr nicht, und ich bleibe.
bei allen Aufrichtigen, welche die Läfterer haſſen, in
meinen Ehren. Denn du, HErr Chrifte! verbirgeft
mich heimlich und wunderbarlic, bei dir für ihrem Trotz.
Ge Leiſtet auch. Chriſtus den wahren Epriften biefen Schut
| 6 in andern Noͤthen?
| E, thut auch freilich alfo bei den Seinen zur Zeit
der Peſtilenz, Kriegsnoͤthen, und andern zufälligen
Dingen und Gefährlichfeiten, wie dies eines jeden
Blaubigen tägliche Erfahrung genugfam ausweiſet
und bezeuget.
Hicher gehören nachfolgende Troſtſpruͤche, mit
welchen eine .belagerte Stadt, oder ein. belagerter
Chriſt feinen Glauben und Muth wider Teufel, Welt
und alles Unglüd vollends tröften fol. |
Eſ. 1% Der Heilige in: Iſrael if groß
oder mädtig bei bir,
‚Cap. 31. Der Herr wird Jeruſalem bo
fhirmen wie die Bögel tbum Er wird dan
innen umgeben, [hüßen, erretten und aus⸗
heifen.
Cap. 33. Der Herr if unfer Rönig und
unfer Richter. .
Cap. 4. Fuͤrchte dich nit, du Wärmlein
"Sacob, venn ik bin mit Dir. Id ftarte did,
ih erhalte bich. Ich helfe bir, burg bie
370°. Don ber Majeſtaͤt
—Rechte meiner Gerechtigkeit. Siehe, fie
ſollen zu Spott und Schanden werben alle,
Die Dir gram find,
Eap. 43. Kürdte dich nicht, denn du biſt
mein, und ih habe dich ſchon erloͤſet.
Cap. 51: Ich lege meine Worte in deinen
Mund, und bedede did unter dem Schats
ten meiner Hände .
Ezech. 43. Das iſt der Ort meines Throns,
und die Städte meiner Fußſohlen, worin
ih ewiglih will wohnen Desgl. Ich will
ewiglid unter ibnen wohnen.
Cap. 45. Die Stadt foll genennet wer
den: Hie ift ver HErr!
Wohlen, ift dem fo, was Noth haben wir denn?
Iſt der HErr Zebaoth für und; wer Tann miete
- uns feyn? Warum faffen wir. denn nicht einen Muth,
und verlaffen und nicht gänzlich auf unferd lieben
Immanuels Gegenwärtigfeit, Liebe, Treue, Hülfe und
2. Errettung? Und leben nicht in diefer Welt, ald frößs
liche und muthige Leute, mit feurigen Mauren, Ber⸗
en, Roſſen und Reutern umſchraͤnket? O HErr!
ilf und, daß wir ja fo leben mögen, und ung für
feinem Teufel noch Menfchen mehr fürdten.
Das IV. Capitel.
ö Von ber vierten Majeftät der wahren Chriften.
Ä 1. Worin beſtehet diefelbe?
A.gnder(Eg Geftepet fürs vierte der wahren Chriſten Maje
—2 ſtaͤt darin, daß ſie Chriſtus mit ſeinem Blut 8
Griöfung bat von dem Fall Adams und von allen wirklichen
* Sünden? Deögl. vom Zorn GOttes, und von dem
der wahren -Chriften. gs
Denn das follen wir willen, daß ein Chriftens
menſch nad) feiner Taufe eben fo fhön und herrlich
ift, an Gerechtigkeit, an GOttes Hulde, und an
der Erbfchaft des ewigen Lebens, ald Adam vor dem
Fall gewefen, ja noch fhöner und herrlicher, wie
tief ed aud für aller Ereaturen Augen verborgen iſt.
Und daß der, welcher ein armes Chriftenfind verach⸗
tet, der .fündiget in das theure Blut JEſu Chriſti.
Denn fo fihreibet ja St. Johannes von der Ehriften
Majeftät und Herrlichkeit, Apoc. 2. JEſus Chriftus,
welcher ift ein Fuͤrſt der Könige auf Erden, hat uns
geliebet und gewafchen von den Sünden mit feinem
Blut, und hat und zu Königen und Prieflern gentas
et GOtt und feinem Vater, . 0
2. Wie hat und der Sohn GOttes von Sünden gereis
niget? ” j
Es bat ung der Sohn GOttes alſo von Sünden
gewafchen, daß fie uns nicht mehr follen zugerechnet .
werden von GOtt, ob fie und auch wohl leider ſtets
anfleben, und daß fie und am jüngften Rage nicht
verdammen, noch in die Hölle floßen follen. Iſt
und Das nicht eine herrliche Freiheit, dafür wir nicht
aller Welt Güter und Herrſchaft nehmen follen.
3. Wie fchäbet und baber GOtt in feinen Augen? _
Weil GOttes Sohn ift ein Menſch und Opfer wors
den für und, find wir nunmehr für GOtt gerecht,
ald die heiligen Engel, und glänzen von eitel und
ewiger Gerechtigkeit ald Sterne am Himmel, daß
fih auch die Engel felbft für unfere Gerechtigkeit büs
den muͤſſen. Wir find vie allerliebften Kinder GOt⸗
tes, welche er täglich herzet und kuͤſſet, ob uns wohl
zuweilen über ſolchem Herzen und Küffen die Augen
übergeben. Wir find lebendige Tempel des heiligen
Geiftes, auch mitten in unferer hoͤchſten Schwadhheit
und Traurigkeit. Wir haben ca ruhiges und
2 °
372 Don der Majeſtaͤt
frößliches Gewiſſen, 66 wir wohl: nicht allerdings
unfträflich oder unfhuldig find. Und was in Diefem
Leben unvolllommen ift, ſoll bernach deſto vollkom⸗
mener werden.
Bon diefer Herrlichkeit ver Ehriften befiche mehr
im 7. 8. und 22, Tract. Deögleihen das 2 Capitel
des 1 Buchs dieſer Schapfammer. Deögleichen vie
zwölf Fragen des 1 Capitels im andern Buch Diefer
Schatz ammer.
E as V. E a p t el
Bon der. fünften Majeftät der wahren Chriften.
1. Worin beſtehet diefelbe ? j
In dem Es beſtehet fürs fünfte der wahren Chriſten Maje
er überftät darin, daß fie Siegsfürften find uber Tod, Tem
fei, ne fel, Hölle, Sünde und Welt nah dem Zeugniß,
—— vᷣ 110. Nach deinem Sieg wird dir dein Wolf
* williglih opfern im heiligen Schmuck. Diefe Worte
Davids: reden vom geiftlihen Streit und Ueberwin⸗
dung.
Was ein Es iſt aber ein geiſtlicher Sieg, wenn ein Chriſt
Vertzr durch maͤchtigen Glauben, ja durch Kraft des Gei⸗
Sies ſev. "fies, eines mächtigen Glaubens die geiſtlichen Fuͤrſten
und Gewaltigen, als dad böfe Gewiſſen, ven Teufel
und die Welt, welche wider vie Seele ftreiten, alſo
überwunden hat, daß ihn diefelbe nicht mehr verlegen,
noch kraͤnken koͤnnen, fondern er nur göttlichen Frie⸗
den und Freude in feihem Herzen fühlet.
2, Was dat ein Glaubiger fuͤrnehmlich für Hauptfeinde?
ni, lange hie ein Chriſt lebet, ift er noch Fleiſch,
Desiere und fühlet die alten angebornen fleifchlichen Begierden,
en. die würhen und tollen in ihm, faget St. Panlus auf
kriegeriſche Manier, und wollten ihn gerne ſtuͤrzen.
ber mahren Chriften. 5%
Ja, die allergeiftreiheften, in welchen GOttes Liebe
und Furcht am flärkeften, und die Wiedergeburt am.
mächtigften ift, fühlen das Böfe am beftigften. Ihre
innerliche Paffioned find nicht außzureden, wenn einer
alles febe, follte er fi darüber verwundern. - Solche
Reliquien aber thun den Heiligen fehr wehe, denn fie
wollten gerne rein feyn, und koͤnnen doch leider nicht,
Dad Böfe hänget ihnen zu fehr an, ja es ift ihnen
in die Natur gepflanzet und tief eingewurzelt, fie
wollten gerne eitel Geift und Leben feyn, aber dieſe
Zeit ift noch nicht kommen. Daher betrüben fie ſich,
und gehen gebüdet herein. Sie befeufzen ihr Elend
mit tiefen Seufzern und vergieflen heiffe Xhränen dar⸗
uber, viel uͤbermachens mit foldhen Thränen. Denn
fie haben die Kraft ihres chriſtlichen Glaubens und
ver Taufe noch nicht recht verftanden, noch die Ver⸗
ebung recht ergriffen. Sie find noch nicht gänzlich
in Der Vergebung, und find durch diefelbe noch nicht
gänzlich verſchlungen, wie Lutherus felber befennet und
fpricht: Theil 1. Sen. S. 63. Daß fo viel betrübte
und geängfiete Gewiſſen gefunden werden, Tömmt
Daher, daß fie die heiligen Gnaden⸗Gacramente nicht
"recht erkennen, nod willen zu gebrauden,. und Daß
fie den Artikel von Vergebung ber Sünden noch nicht
genug gefaffet haben.
3 Bas hat ein wahrer Ehriſt mehr für Feinde?
Dar Teufel tritt. auch hinzu, und bat fein Spiele. Den
in der blöden Natur, fchredg die Heiligen mit eis Teutee
men böllifhen Flitſchen oder mit heilen Sprüchen
‚der Schrift von GOttes Zorn und Gericht. Er
ſpricht: Wer Sünde thut, der ift vom Teufel, 1 Joh, 3.
Bir müflen alle offenbar werden für dem’ Richterftuhl
Ehrifti, auf daB ein jeglicher empfahe, nachdem er
gehandelt hat bei Leibes Leben, es ſey gut oder bis
ft, 2 Cor, 3 |
3: Don ber Majeftät
Mit biefen und bergleidren Sprüchen ftürmet ex
bie Herzen, und nimmt ihnen ihren chriſtlichen Muth,
fürnemlih), wo fie im Evangelio nicht wohl gegrüms
det find, nod Sprüche für ſich haben, weldye wich⸗
tiger find, denn dieſe. Da ift denn eitel Fittern
und Zagen für GOttes Zorn und Gericht, Da if
“ bie arme Seele in ver Hölle
| 4 Bas hat ein wahrer Ehrift. mehr für geinbe?
ae Die Welt feiret auch nicht: Denn fie ift das rechte
Schlangen» Gerede, welches die Heiligen in die Ber
fen ftiht. Ein gottlofer Menſch fiehet nicht hierauf,
wie er. fo wandeln, daß er GOtt gefalle, fondern
‚wie andere wandeln. findet er an jemand einen
©plitter, oder einen geringen Flecken, der muß her⸗
halten. Ein Gottlofer, welcher aus angeborner Feind⸗
feligleit alles übel deutet, machet aus einem jeden
Splitter einen großen Hauss Balken, und aus einem
Tröpflein ein großes Meer. Er träget mit feinen
Geſellen ver Heiligen Schwachheit aus. Er läftert,
vernichtet und verbammer fie aufs allergreulidhfie.
Hoͤret nun dies ein frommer Ehrift, fo erfhridt er
bafür, und hat in feinem Herzen unfägliche Schmer⸗
zen. Sein Herz wird ihm von großer Hitze wie
zerſchmolzen Wachs, daß er vergiſſet, ſein Brod zu
eſſen. Denn der Teufel ſchillt und plaget ihn inwen⸗
dig. Da iſt er ein armer Schiffmann, über welches
Bean vornen und hinten alle Wogen und Welm |
geben. |
N) = |
5, Wie überwindet ein chriftlicher Ritter dieſe erzäplten |
Feinde?
Er follei: Ein feliger Chriſt (of nicht immer in n foldher Angſt⸗
ad Hölle bleiben, er fol feine Seele durd fein eigen
Gewiſſen nicht ewig betrüben, noch dur den X
ewig ſchrecen, noch durch die Welt ewiglich beunw |
ber. wahren Chriften. 375
igen Taffen. Denn Chriſtus hat fein Blut für uns
ergoffen, und und mit dem Wafler der Toafe des
einiget, nicht daß wir in der Hölle feyn, fondern
aß wir im Himmel feyn follen. Er foll ein neu
derz und einen: neuen Muth faflen von GDtt, ur
in ernſtes Gebet. Er foll ein neuer Simſon wers
ven, und in der Kraft GOttes mit dieſen geiftlihen -
Feinden, ald mit feinem eigenen Gewifien, Teufel
nd Welt ritterlih ftreiten und fie überwinden, er --
oll den Geift GOttes in ihm erweden, der ift ein vw u},
tarker Geil. Wie St. Paulus Rom. 8. ſpricht: £ |
€ R:
BOtt hat und nicht gegeben den Geift der Furcht RI
fondern der Kraft, daß wir unfere Feinde uͤberwin⸗
ben, und ihnen obfiegen koͤnnen. Er foll fih min AB
aller Gewalt erheben in das Blut JEſu Chriſti und mn |
in die Zaufe Er fol fi erheben aus der Sünde
in die Gerechtigkeit, aus dem Zorn in die Gnade,
aus dem. Tod ind’ Leben. Er fol fih feßen ins
Neich GOttes, und über alle himmlifche Güter ZEfu -
Ehrifti herrfchen. - Er fol ihm die gefhenkten Früchte
feines hriftlihen Glaubens und der Taufe durch den
allergöttlichften Slauben anmaſſen. Er fol ſie er⸗
greifen, wie er von ihnen ergriffen if, Er foll fi
machen zum Herrn der Gerechtigkeit, der Gnade und
Des ewigen Lebende. Er fol zu feinem Gewiſſen fpres
chen: Gewiſſen Halt das Maul, Hier Reinigkeit
und Gerechtigkeit die Fülle! Was ich nicht habe, das
Hat. mein HErr JEſus Chriftus, Seine Reinigkeit
iſt mein, und feine Gerechtigkeit ift mein, von feiner
Fülle habe ich alle himmliſche Süulle empfangen. Ichh
bin für GOtt ſo ſaͤuberlich und fröhlih, wie mein
HErr Chriſtus felber if. Ach! meine Seele, gieb |
dich Doc über folhen Troſt zufrieden, und lafe id
burd dein eigen Herz nicht zu fehr betrüben, Du
bat doch alles, was Dir zur Seligkeit noth iſt.
36. Don ber Majeftät
6. Die kann man den Teufel überwinden ?
Sporich: Du Teufel, ſchweige auch ſtill mit allen
Deinen Spruͤchen. Denn ich bin über alle ſolche Spris
che. Ich fiße in dem Thron, zu. welchem folde Sprüche
nicht gelangen koͤnnen. Alle meine Sünden, die üch
entweder durch Dich, Teufel, over. aus menfchlädher
Schwachheit gethban babe, find längft von mir ge
nommen und in die Tiefe des Meers geworfen. GOtt
gürnet nicht mit mir, Er ift mit mir verföhnet Durch
den Tod feines Sohns. Sa, er ift nun mein licher
Vater und ich fein Tieber Sohn. Er wird mir aub
‚meine Sünden nicht aufrüden, fondern tief zudecken
r dem jüngften Gericht, und an mir fcheinen laſſen
den herrlichen Schmud feines lieben Sohns, weldyen
- ih in meiner Taufe angezogen habe, Wer an dem
Sohn GOttes glaubet, der wird nicht gerichtet, wer
aber an ihn nicht glaubet, der iſt ſchon gerichtek
Pade dich, Satan, aus meiner Seele, |
7. Die kaun man die Weit überwinden?
Sorich zur Welt: O du gottloſe Welt, du Richte⸗
rin der Heiligen, habe dein Maul weit über mid
aufgetban, und fhände mich, und lege meine Ehre
in den Staub, die einige wahre Ehre, die Ehre
GOttes, die Ehre Der Gerechtigkeit, der Gnade und
des Lebens kannſt du mir nicht nehmen. Du wirft
‚ Uber mich in deinen Lügen zu Schanden werden.
GOtt wird meine Unfhuld wohl berfür bringen.
Meine Ehre und Gunſt wird bei ven Frommen durch
dein Schmähen wadhjen. Du wirft mit deiner ſchaͤnd⸗
lichen und ſchaͤdlichen Dtterzunge in die ewige Glut
kommen, ich aber in den ewigen fühlen Morgenthau
md in eine ewige Erquidung. Darum, meine liebe
Seele, gieb dich ver argen’ Welt halben wohl zufris
Ren. Sie kann bir nicht mehr nehmen, als EOn
4
I —
der wahren Chriften. 377
will: Denn iſt GOtt für. und, wer ml wider und "
feyn? \ .
3. Lieber, hat auch jemand alſo geſtritten und obgeſieget?
David bat ſolches gethan in feinen Pfalmen. Denn
erd hat ſich erhoben aus der Höllenangk, und aus
ver Bachen Beliald, in das Lobe meine Seele den
HErrn, und gefprochen, feine Sünde ſey nun ferne
on ihm gefeget, als der Abend von Dften. Pau
us aud Rom, 8, da er feinem Gewiffen, dem Zeus
el und der Welt mit allen ihren Anfechtungen Trotz
yeut und fpriht: Er habe fie alle weit übers
vunden, \ u
9. Woher Fommt folder Sieg?
m . S
Solche Ueberwindung iſt nun. wohl des GlaubensVonsdt
and eines ſtarken Geiſtes oder Gemuͤths, wie St. Mar:
Johannes bezeuget: Aber ſolcher Muth koͤmmt von
3ODtt, wie David ſpricht in feinem Sieg und St.
Päulus 1 Cor. 15. GOtt fey gedanket, der uns die
Heberwindung giebt. Darum fol man GOtt am
Tage der Blöpigkeit anrufen und bitten, daß er uns
volle Herz, Muth und Kraft durd feinen heiligen
Beift verleihen, ſolche ſchaͤdliche Feinde zu überwins
den. -
Man fol aud) am Tage des Sieges ganz frößs
ich feyn, und GOtt im heiligen Schmud des Glau-⸗
end und "Geifted Dank opfern, gleihwie der liebe
David, Ezechiel und andere Heiligen gethan haben,
wenn fie aus der Hölle der Angit in ven Himmel
des Friedens und der Freude kommen find, Das if.
venn ein richt himmliſch Leben und Wefen.
BE . Bon der Majeſtat
| Das vl. EapiteL
Don ber festen Majeftät der wahren Chriften.
1. ®orin beflehet biefelbe ?
U. In ei⸗ E. beſtehet auch endlich der wahren Chriſten Maje⸗
+
‘
BR
N
(
. \
P} ⸗ '
wem enbieftäe in einem ruhigen, friedfamen und fröhlichen Ge
n. wiſſen, welches fie haben aus dem Erfenntniß ihres
Heild in Chriſto JEſu. Denn wer. rechtfchaffen er
. Jeuchtet iſt durch das Wort und den Geiſt GOt—
tes, und nun wohl weiß, auch von Herzen glaubet,
Daß ihm Chriſtus die ewige Seligkeit durch feine
Menfhwerdung und Tod erworben, und in ber.
Taufe geſchenket habe, der hat von GOttes Gnade
ein friedſam und froͤhlich Gewiffen und Gemüth,
er ift eine neue göttlihe Creatur worden, und
hat göttlihen Frieden und Freude Das Innerliche
ſeines Herzens ift höher und gewünfchter, denn feine
Vernunft begreifen und fein Mund ausreden kann.
Sein ganzes Herz ift ihm durch die Süßigkeit des
bimmlifchen Friedens und Freude durchzuckert, daß
er mehr denn englifh, ja göttlih if. Ein verſtaͤn⸗
diger Ehrift hat ein ganz felig und göttlih Herz, ob
er noch wohl in diefer Welt lebet ald ein Roͤtlein
unter den Dornen. Er ift mitten im Paradies.
+ Denn ob er wohl nody Sünde fühlet in feinem
Fleiſch, welche darinnen wüthet, und gerne ausbrechen
wollte, wie ein ungeftümes Meer: Dennoch verzaget
er darum nicht, fondern ift gutes Muths. Denn a
weiß, daß fein Heiland, welcher um feiner Suͤnden
willen in die Welt fommen ift, dieſelbe auf ſich ge
laden, und für diefelbe genug getban, und durch
foldye Genugthuung ihn davon befreiet habe. Etwas
betrübt er fi) wohl, nemlih, daß in feinen reinen
Gefäfle, in welhem der heilige Geift wohnet, nod
etwas Unreined feyn fol, GOttes Augen zumider:
‚Aber weil er aus dem Evangeliv ertennet, daß vie
Te TI TT EEE EEE m 5 EEE Er ⏑ — 5— 5— 7— Ze A —
der wahren Chriſten. 319
Sünde von ihm genommen, ja gänzlich in ihm
ur das Blut JEſu Ehrifti, und durch die Taufe,
jiebt er ſich deshalben wohl zufrieden, faltet feine.
Hände und fpricht: Ich danke dir, mein HErr Chrifte!
aß Du mich von Diefem Unflath erloͤſet haft,
.. Fuͤrchtet fi ein ſolcher Ehriſt nit für GOttes Zorn?
Ds er wohl ven Raud göttlichen Zorns aus feiner
Bernunft und aus dem Geſetz für fih bat, fo fuͤrch⸗
et er fih doch gleichwohl wicht dafür, fondern ift
ein fiher. Denn er weiß, daß ihn fein lieber Heis - :
and Davon befreiet habe: Denn der Meifter, ve
ie Sünde hinweg nimmt, der nimmt aud zugleich
inweg den Zorn GOttes. Wo feine Sünde ift, da
ft auch Fein: Zorn. Denn der Zorn ift der Sünden
Solo. Es wäre denn Sache, daß dies Zorn fe,
venn GOtt feine Kinder etwa um ihres Abtretens .
villen zuweilen züchtiget, Welches doch mehr Gnade -
enn Zorn ift, | .
8. Was empfindet ein folder Eprift mehr, ber ein fried⸗
| fames Gewiſſen hat? |
Wer rechtſchaffen erleuchtet iſt, der hat nicht alleine. Getili⸗ J
Friede in ſeinem Gewiſſen für feinen Suͤnden, und tere
ur dem Zorn GOttes, ſondern er hat auch in ibm
jöttliche Freude, Die Freude, welche im ihm ift, iſt
leich der Freude JEſu Chrifti in Freuden. Er wird
reimlid in Freuden. geführet von einer Wonne zur.
modern. Er wird geführet, wie eine Fönigliche Braut
on einer Freudenfammer zu der andern. Denn er
veiß, daß er nicht. allein befreiet fey von allen ſei⸗
ten Sünden, und von dem Zorn GDtted: fondern
ap er auch gezieret fey mit der Gerechtigkeit IEfu ,
Shrifti, und mit der Kindſchaft GOttes⸗ wie St
Paulus Sal. 3, fpriht: Ihr feyd alle geredt,
ind GOttes Kinder, Denn wie viel euer
%
580 Von der Majeſtaͤt
‚glauben und getaufet ſind, die haben Ehrö
ſtum angezogen. ‚Chriftum angezogen haben, bei
ſet, mit .Chrifti Gerechtigkeit und Kindſchaft gezieret
feyn.. Es beiffet für GOtt leuchten, ald eine helle
Sonne, in der hoͤchſten Liebe GOttes. |
4. Empfinden auch alle Menſchen dieſen Grieden® |
Soichen Frieden und Freude haben die Narren nicht,
welche noch nicht errettet ſind aus dem Reich der
Finſterniß, des. Teufels, ſondern leben in ſteter Trau⸗
rigkeit und Furcht. Denn ſie erkennen ihr Heil nicht,
welches Chriſtus an fie gewandt bat durch fein Blut
und Zaufe, wie Ef. 48. faget: Der Gottloſe het
feinen Frieden. Sa, er fället immer tiefer hinein.
Denn wohin er gedenket, da find eitel Fallbrücken.
Er weiß nit, daß er felig ſey, und. will ed auch
nicht feyn. Derowegen muß er fein Heil auf hoben
Bergen ſuchen, die er nicht eriteigen Tann, und alio
immer irren und fallen von einer Traurigkeit in bie
andere, und aus einer Furcht in bie andere.
5 Iſt dies auch GOttes Wille?
Mein!- Denn 1 Theſſ. 5. ſchreibet Paulus: Seyd
allezeit froͤhlich in Chriſto JEſu, denn dal
iſt der Wille GOttes an euch. Hier ſehen wir,
daß es GOttes ernfter Wille fey, Daß wir ein fried⸗
fam und fröhlid Gewiſſen haben follen in Chriſto
JEſu. Denn zu dem Ende ift der HErr Epriftud
in die Welt fommen, und bat fi kreutzigen laſſer.
Und zu dem Ende find. wir auch zu ihm bekehret
durch den Ölauben, und getaufet, und felig worden,
auf daß wir völligen Frieden und Freude hätten, wit
er ſpricht Joh. 10. Ich bin fommen, Daß meint
Schäflein das Leben haben, und zwar vöb
liglih haben. Kommen heiſſet hier leiden und
fterben, und alles ausrichten. Leben haben, et
ber wahren Chriften. 581
Friede und Hreude haben. Der ſchoͤnen Sprüche find |
nehr, als: Ef. 53. Die Strafe lieget auf ihm,
»amit wir Friede hätten, und Durd feine
Bunden heil würden. Wer nod ein unglaubis
er Heide ift, oder ein unglaubiger Chriff, viel Ars
er als ein Heide, der mag lich feiner Sünden hal⸗
en wohl betrüben, und für GOttes Zorn erfchrefs
en: Denn _derfelben Feines iſt von ihm genommen.
tachet er aber, fo fol fein Lachen in ewiges Weinen
verwandelt werden. Wer aber an den HErrn Chris
tum glaubet, mit einem lebendigen und wahren Glau⸗
en, alfo, daß er ein Leib mit ihm worden iſt, ver
ol ein gefundes, Das. iſt, ein friebfames und fröhs
ihes Herz und Gewiffen haben. Gein Herz fol
eyn, wie Chrifti Herz: Denn er iſt nun wie Chris
tus, durch das hohe Verdienft JEſu Chrifti.
Deögleihen Cap. 32. Der Gerechtigkeit
Frucht wird Friede feyn, Daß daß gerechte
Bolf, weldhes den Slauben bewahret im
Häufern Des Friedens, und in ſtolzer Ruhe
wohnen wird. Stolze Ruhe ift eine folhe Ruhe -
hes Gewiſſens, melde fein Teufel. mit aller feiner
Macht beunrubigen Tann. Golden hohen und ges
waltigen Frieden wünfchet St. Paulus den Ppilippern,
daß er ihre Gedanken und Herzen bewahre, - Wie
es einem jeden Chriften wohl noth thut, daß er im
biefem Leben, welches nichts anders ift, denn Ans
fehtung und Streit, mit folhem Frieden wohl ges
rüftet fey. Und es wäre zu wuͤnſchen, Daß ein jege
licher wahrer Chrift fo ein reines und gefundes Herz
hätte, als ein kleines Kindlein hat, wenn es erftlich
an die Melt geboren ift: Denn es lieget für fid) das
bin, und fchläfet fein füße, als auf GOttes Schooß.
Ja, ein Chriſt ſoll noch friedſamer ſeyn, denn er hat
die ganze Unſchuld und Gerechtigkeit JEſu Chriſti.
Je froͤhlicher und friedſamer einer iſt, je lieber eß
OOtt iſt, und je mehr es gerrichet dem HErrn Chri⸗
ſto und ſeinem Blut zu Ehren. Denn der gebrau⸗
— —
R
J
— — — — ——
382 Don der Majeftät
het ſich des Verdienſts JEſu Chrifti recht, melde
aus aller Unruhe der Sünden und des Zorns in de
Ruhe der Gerechtigkeit und der Gnade eingehet.
6. Wie wirb diefer Seelenfriebe fonfl geneunet ?
De anct Petrus nennet folhen Frieden und Freude
tin GOttes der Seelen Geligkeit, 1 Petr. 1. und fpridt,
Daß ſolche Seligkeit fey Dad Ende unſers Glaubens.
Denn was kann einer Seele höher gewuͤnſchet wer
- den, ald ruhen yon aller Betruͤbniß und Furcht, und
in neuer Gerechtigfeit und GOttes Gnade redyt fried⸗
lich und fröhlih feyn? Was kann ein Engel m
Himmel befferd haben? Ohne allein, daß er GOtt
mit feinen Augen fiehet, veilen Gnade wir im Hen
zen fühlen. Denn GOtt ift und mit feinem Weſen
und Gnade allewege fo nahe, wie er den heiligen Ew
geln im Himmel it. 5 Ä
Cicero Buch 4. nennet ein ruhiges’ und froͤbliches
Gewiſſen das hoͤchſte Gute und die hoͤchſte Gluͤcſelig
keit, wiewohl ohne Grund und Beritand.
Zenophon rühmet den Agefllaum, Koͤnig von
Sparta, wegen feined guten Muth, mächtig ſehr und
fpricht, daß er gelehrt, fromm, freundlicdy und Kets
fröhlich gemwefen fey: und Daß ſich von deswegen zu
ihm gehalten haben nicht allein gelehrte Leute, daß
fie ihn böreten, fondern audy andere genteine, daß fi
ſeines verftändigen Raths und Troſtes gebrauchten.
yon Wir aber wollen Luther, den reiten Socrates
Däctnig und Agefilaus Germanicus, von wegen feines getb
Luthers, lichen Gemuͤths ruhmen. Denn er ift ein Ueberwis
der geweſen, welcher durd das Licht des Evangelü
tberwunden hat, nicht allein den Pabit und Kaifer
mit der ganzen weiten Welt, fondern auch alle feine
Sünden, mit dem Zorn GOttes, Teufel und Hölle,
. und fo ganz friedfam, muthig und fröhlid) geweſen,
Daß ihm der freudige göttliche Muth aus den Augen
geleuchtet hat, Er ift immer mit aufgerichtetenn Her
ber wahren Chriſten. 585
en und Augen frifh und fröhlich Daher gegangen,
wie ein freudiger Löwe, ohne Scheu, und hat das ⸗
gethan, was er gelebret, nemlich alle Ungeheuer ve
Erde und Hölle mit-Füffen getreten. Selbſt die Teu⸗
rel haben fich. müffen für der Majeftät feiner Augen
iheuen. Denn weil er ein Tempel des heiligen Geis
te8 war, und GÖtted Gnade für Augen hatte, je
HODtt durch die Liebe feines Wort und Gebets tägs
ich lieber ward, und der Gnade nun aufs allerbefte
verfichert war, fonnte fein Herz nicht anders geartet
eyn. Lutherus follte ein Evangelions⸗Bild, ja ein
Fuͤrbild aller lieben Heiligen feyn: derowegen mußte
r geben auf dem Wege des Friedens, und Tritte dee
Kreuden thun, wie ein. Engel GOtted, daß ihn lies,
yeten alle die ihn fahen. Für GOtt iſt er fo ſicher
jewefen, daß .er in feiner füflen Gnade nicht allein
tet6 gelachet, fondern auch mit ihm Morgens und
Abends jo herzlich und freundlich geredet hat, wie ein *
Sreund mit feinem lieben Sreunde, oder ein Bruder
nit feinem lieben Bruder reden mag. Er ift mehr
m Himmel bei GOtt, ald auf Erven bei Menfhen
jeiwefen, und dadurd) ift er fo gelehrt worden. Denn
velchen GOtt gelehrt machet, der ift gelehrt, das ges
chiehet aber durch beftändigen Umgang mit GOtt.
Ein aleihes Exempel befiehe im 20 Traktaͤtlein.
Denn dafelbft erwähnet der Verfafler Herrmann Gos
yeni gottfeligen Hausfrauen, welche mit gleichmäßigen
riedfamen und fröhlihen Gewiſſen in ihrem Letzten
ft begabet gewefen, wegen Chrifti Gerechtigfeit und. .
BOttes Gnade, die fie lebendig in ihrem Herzen
:mpfunden,
N. Was iſt es denn für ein Friede, welcher Luthern und
alle wahre Chriſten fo frendig machet?
Er iſt nicht ein leiblicher Friede, hergefloſſen austiniunen
tiebe und Freundſchaft des Teufels und. der Welt —
uch nicht allein brüderliche Einigkeit unter den Chris Herz . .
334° Don der Majeflät
ſten: ſondern er iſt ein geiftlicher, innerlidher um
ſieghafter Friede des Herzens, erwachſen aus Dem
wahren Erkenntniß und Glauben Chriſti, dadurch
aller Unfrieden, ſo der Teufel und Menſchen in uns
erregen koͤnnen, geſtillet wird. “
| | 8. Wie gehet das zu?
Wie ſolches zugehe, lehret Paulus, wenn er ſpricht:
Der Friede GOttes wohne in euren Herzen, dazu
ihr auch berufen feyd, das ift, der Friede GOttes
. regiere eure Herzen und-ganzes eben, er babe eur
—
Herzen gar inne, und er ſetze ſich mitten daxin, wie
ein Großfuͤrſt, und herrſche darin, und laſſe keinen
Unfrieden zu euch einkommen. 5
So ift nun dies die Meinung St. Pauli, daB
ein Chrift ein friedſam Herz oder Gewiſſen haben, |
und ein friedſam Leben führen foll auf Erden, ohne |
einige Sorge feiner Seligkeit, ohne Betrubniß feiner |
, Sünden, ohne Furcht göttlichen Zorns und Gericht.
Sein Herz fol ihm feyn als ein ftilled Wäfferlein,
welches von feinem Winde gereget wird. Es fud
ihm feyn, ald Adamd Herz war vor dem Fall, daß
er ruhiglich einfchlafen und erwachen koͤnne. a, es
pet ihm feyn, wie eines Engels Herz im Himmel
ewahret durch einen folhen Frieden, ver boͤher iſt
denn alle Vernunft. Denn Davıd weiffaget Pf. 72.
daß die lieben Chriften zur Zeit des Reichs Cbhrii |
leben follten in Ueberfluß des Friedens, oder in üben
flüffigem Frieden, Der Friede foll täglich im ihrem
Herzen wachſen und zunehmen, wie ein Waffer von
ven Schneebergen. Eſaias aber ſpricht, Cap. 32.
daß die Ehriften leben follen in fchönem Frieden, wie
unter Rofen und Lilien, ja wie unter dem &lanz
des Himmeld, und daß fie wohnen follten in ſichern
Wohnungen und in ftolzer Ruhe.
N - 2 Cie
In iſten |
Y N ber wahren Chriſten. ‚888.
79 Lieber, mas iſt doch ſtolze Rufe?
Stolze Ruhe iſt, wenn ein Herz im Erkenntniß
und Glauben Chriſti fo gegründet und geübet :ift,
daß ed nunmehr weder Mofen, noch Teufel, noch die
kluge Welt achtet, fondern fie alle fämtlich verachtet
und verlachet, da fie am greulichiten find. Denn
weil Ebriftuß des Gefeged Erfüllung ift allen, fo
Ihm anhangen, was hat denn Mofes mit foldyen zu.
thun, und. wie follten fie dazu fommen, daß fie fi
von ihm follten beunruhigen laſſen? Weil fie ihm
durch Chriftum überflüflig genug getban, ja mehr ge _
than, als er nie gefordert hat. . Eben das vente man.
pom Teufel und Welt, welche Mofis Hoͤrner zuwei⸗
len auffeen, und damit umber laufen, wie tolle
Kaftnachtebrüder, die lieben Chriſten damit zu flofs -
fen. Denn je größer Heuchler, je Arger Mörder,
ie größer Schalk, je größer Thor. Solch ein Herz
und Gemüth wünfchet ihm David Pſalm 51. da er.
ſpricht: Lieber GOtt! gieb mir einen fürftlichen Geiſt,
der ein fürftlich unerjhroden Herz und Gemäüth
md Dem wahren Erkenntniß Meifid deines keben
Sohn, alle verprüßliche Heuchler, fo über fich hin⸗
ehen und ftet3 an mich wollen, mit Nichten und
Berdammen, zu überwinden, und als große Xhoren
und unverftändige Narren zu verlahen. Denn habe
ich leider das Geſetz nicht gehalten, fo bat es mein
Heiland für mich gehalten völliglic und überfchwengs
ih, und hat mir allen feinen Gehorſam gefchentet
ur ewigen Befißung. 9
Und ſolch ein friedſames Gemuͤth ſoll ihm auch
täglich ein jeder Chriſt von Herzen wimſchen, und
nit Paulo zu fih fpredien: Der Friede GOttes,
er böher ift denn alle Bernunft, bewahre mir ja
eute mein armed Herz für allem Unfrieden, welcher
ms Tyrannei ded Teufel, oder der Welt Booheit,
‚er fonften aud zufälliger Widerwaͤrtigkeit mit ars
nen Würmlein entfiehen Tann, Denn ein friedfames
28
585 | Don der Majeftät
Herz ift das befte Gut und die hoͤchſte Seligkeit, wel⸗
he ein Menfh haben mag, Ein friedſames Herz
ift das Teſtament JEſu Chriſti, welches er den Sei⸗
nen allhier auf Erden gelaſſen hat: wie er ſpricht,
Joh. 14. Meinen Frieden laſſe ich euch, nemlich, zums
Schatz und Teſtament, dabei ihr meiner gedenken
ſollet, denn ich weiß euch nichts hoͤhers noch beſſers
zu geben. Dieſer Friede iſt der Zweck geweſen,
welchen Chriſtus in ſeinem ganzen Amt angeſehen,
wie Eſaias ſpricht: Die Strafe lieget auf ihm, Das
mit wir: Friede hätten. Und ift Dazu unfer Beruf,
dazu wir berufen feyn, fpricht Paulus, Denn es ıfl
GOttes erniter Wille, daß wir nicht‘ im Unfrieden,
fondern im Frieden leben, und ihm ohne Furcht und
Sorge dienen follen unfer Zebenlang, in Heiligkeit
und Gerechtigkeit, die ihm gefällig ift.
| 10. Haft du auch bei biefem Pag noch mehr zu erinnemut
Eines fälfet mir hier no ein, dad David Pf. 85.
ſaget: Gerechtigkeit und Friede werden ſich
unter einander küſſen. Bas ift, zur Zeit Chrißk
wird ed fo lieblih und freundlich in Der Welt zuge
ben, fürnemlic aber in den Herzen der Glaubigen,
daß eitel Glaube und Friede darinnen wird vorhan⸗
den fen: Sa, Daß ſich Glaube und Friede mit ein
ander herzen und füfien werten. Der Glaube wir
einen Gefallen an feinem Toͤchterlein haben, das Add
terlein wiederum einen Gefallen an feiner Mutter,
bie werden ſich unter einander freundlich begegnen
und lieblich zulachen, ſich umfahen, herzen und fü
. fen in großen Freuden JEſu Chrifti. Denn weas
man glaubet, daß man gerecht ift für GOtt, fo dat
man auch Friede mit GOtt, Roͤm. 5.
41. Woher nimmt folcher Friede feinen Urfprung?
ana E; koͤmmt folder‘ Friede und ſolche Freude des Ge
fo, willend her aus dem Evangelio, wenn baffelbige im
|
|
|
|
En BE Ten DE GE DE. GB EM 2—— * — ————
der wahren Chriſten. 887
feinem rechten Verſtande wohl getrieben wird. Deun
dad Evangelium ift eine Lehre des Heils, welche ans
eiget und lehret, Daß die Gfaubigen und Getauften
ihr Heil in der Taufe ſchon empfangen haben, wie
St. Paulus Ephef. 2. klaͤrlich foriht: Aus Gna⸗
den ſeyd ihr felig worden. Desgleichen Tit. 3.
GOtt Hat ung felig gemadhet durch das Dad
der Wievdergeburt. Denn es lehret das Evans
gelium, wie ein Glaubiger fol felig werden, und
träget der Braut ihren koͤſtlichen Schatz für, und
heifiet fie den anfchauen, ergreifen und feſt halten,
Er fpricht zu ihr: Liebe Braut, du bift ganz rein,
du ſitzeſt hoch über dem Reich der Sünden, es wers
den dir Feine mehr von GOtt zugerechnet, du bift
auch mit OO verföhnet ewiglih, und GOtt hat.
bei feiner Heiligfeit geſchworen, Daß er über bir nicht
zürnen, noch Dich fhelten und firafen, fondern ein
ewiged Liürftlein feiner allerfanfteften und füfleften
Gnade über dic) wehen. laffen wolle, mit Dorreihung
feines väterlichen Herzens und Gegend, nah allem
einem Willen zu ver rechten Zeit, weile er feiner
Meisheit fürbehalten bat. Du bift auch ein lebendi⸗
ger Tempel des heiligen Geiſtes und ein Erbe der
ewigen Herrlichkeit, | no
Wer nun diefe lieblihe Stimme höret und fein
gefchenktes Heil alfo daraus erkennet, und durch wahr
‚ren Glauben annimmt, und mädıtiglid befiket, wo
will der bin? Der muß fih ja feiner Sünden und
‚des Zorus GOttes halben zufrieden geben, ja in der
neuen Gerechtigkeit und Gnade GOttes ganz fröhlich
feyn. Denn wie des Menfchen Berftand und Glaube
iſt, fo iſt fein Gewiſſen, wie die Sonne: ift, fo if
ber Tag. Eine andere Klarheit hat ein Doctor, eine.
‚andere 'ein Bauer. Die Suͤnde und der Zorn müfs
fen durd; das Licht des Evangelii, und durch den
Glauben gaͤnzlich verſchlungen in einen Sieg, foll ver
Friede And die Freude GOttes in meinem Kerzen . -
Dominiren, Wo aber folde Vietoria 2 da iſt ein
BB 5 > Don ber Majeſtit
Himmel voll Friede und Freude. Da fpielet dab
Herz GOtt von Freuden, und ſinget ihm ein ewiges
Halleluja! Und einem folden Sieg s Frieder und Trium⸗
phirer gebübret ein herrliches Rauten » Kränzlein aus
dem Garten des Herrn, wie St. Johannes in feis
ner Offenbarung Cap. 2, fpriht: Daß GOtt dem
Ueberwinder werde ein herrlihed Zeugniß
und einen neuen Namen geben, und feine
Seele fpeifen mit Himmelbrod.
Darum nennet St. Paulus das liebe Evangelium
ein Evangelium des Friedens, darum, Daß es fels
den Frieden wirket, oder aufrichtet in den Gewiſſen
der Slaubigen, und ermahnet die Lehrer, Daß fie es
mit Fleiß treiben follen, zu dem Ende, daß die ar
mien Gewiſſen aud dem Erkenntniß deffen, was ihnen
geſchenket it, Friede erlangen mögen.
12. Wer befördert biefen Frieden ?
Ein evan Ein evangelifcher Prediger, welchen die Schrift einen
iger, Boten des Friedens nennet, fol dieſes Ziel und Zwed
d
für ſich haben, daß er die Seelen geſund made, dad
Mr, befrievige und erfreue. Denn darum wird er
genennet im Propheten Obadja ein Heiland oder
Seelenarzt: Ya, eben darum hat der HErr Ehriftus
das evanaelifche Predigtamt eingefeßet, Daß ver ver⸗
wundete Menſch durch den Balfam des Evangelü fol
gebeilet werden, wie wir: feben aus dem @leichniß
von dem, fo unter die Mörder gefallen war, Zur. 10
So lange fol ein getreuer Hirt an feine Schaͤflein
mit den allerreineften und deutlichſten Sprüchen des
Evangelii handthieren, bi8 daß fie durch Erkenntniß
ihres Heils an ihrer Seele ganz geſund werden und
ſprechen: GOtt Lob! nun weiß ich, was ich wiſſen
fell, nun ift meine Seele gefund, nun ift meine Seele
errettet aus aller geiftlicher Truͤbſal und Furcht, und
iſt gefehet in Dad, Reid Des Friedens und der Freu⸗
ven Nun lebe ich, ja Ehriftus Icher in mir. Sch
En EEE Dass, Zus u
ber. wahren Chriften. 89
habe a Leben Eprifti in mir, und bin ein fellger -
+
13. Ber thut bei biefer Sache das Beet
Da heilige Geiſt muß das Beſte zu dieſen SacenDer heit |
thun, nemlich, daß der heilige Friede und Freupes®
in ven Gewiffen durch dad Evangelium aufgerichtet |
werden. Er muß den Frieden und alled, was fonft
mehr zu einem gottfeligen Leben gehöret, »flanzen,
mehren und erhalten. Denn Dies ift fein Reich und
Amt, wie Paulus bezeuget, Röm. 14. Darum fol
ein jeglicher wahrer. Chriſt naͤchſt dem, Daß er allen
feinen Fleiß wendet auf das wahre Erfenntniß des
Evangelii, den heiligen Geift von Herzen täglid ans
sufen und bitten, Daß er ihn fegne und ihm einem
-fiegbaften Glauben, Friede, Freude, GOttes Liebe
und Furcht: Desgleihen ein gerechtes demuͤthiges,
filled, fanftes, nüchterned und züchtiges Leben vers
leihen, ſtaͤrken und erhalten wolle. Er fol auch oft
„ Diefe Worte fprehen: Der Friede GOttes, welcher
Höher ift, denn alle Vernunft, bewahre mein Herg
und Sinne in Ehrifto IEſu, Ymen! —
14. Was entſpringet aus dem göttlichen Frieden des
Gewiſſens
€, koͤmmt daraus ber eine immermährende Froͤblich⸗ eine im⸗
keit von ganzem Herzen, bier zeitlich und dort ewig: merwäß
id, gleichwie ver Sonne Leben iſt, immer leudıten. gräng,
beit,
Denn weil die Glaubigen und Getauften gereiniget
find mit einer ewigen Reinigung von allen ihren
Sünden, und befleivet mit. neuer bimmlifcher Gerech⸗
tigfeit, und gefeget in die hohe Würde ver Kindſchaft
GOttes, und confirmiret mit dem heiligen Geiſt,
und berufen zum ewigen Leben durch Ghriftum, wars
. am wollten fie denn nicht immer fröhlich feyn und
ein ewiges ZJubelfeft in ihren Herzen halten? Wenn _
890 Bon ber Majeſtaͤt
‚ bie Sünde, der Zorn, und der ewige Tod noch dau⸗
reten, fo möchten fie trauren, mit allen Heiden. feuß
zen und weinen, daß Himmel und Erbe kracheten;
aber nun diefe.Lafter von ihnen hinweg find, fo ift
| es ja billig, daß fie aus fchuldiger Dankbarkeit und
, Pflicht GOtt zu ehren, um. folher Wohlthat willen
7 Hets von Herzen fröhlich feyn.
Und ich wüßte nicht, was GOtt mehr thun folk
te, und er uns näher bringen fonnte, und Die Freu⸗
ve abzukaufen. "Gilt dad nicht, fo gilt ja Die ganze
Melt auch nicht, mit aller ihrer Herrlichkeit, welche
nur den Schatten: hat unferer wahrhaftigen Güter:
Denn. eben zu dem Ende hat GEOtt folde Wohltha⸗
. ten an und gewandt, und und zu Königen gemadhet
uͤber vier gewaltige KRönigreiche, dag wir in ihm und
in folhen Wohlthaten ftets follen fröhlich feyn und
ihm danken. Wenn wir nicht mehr von GOtt bat
ten, denn nur die bloffe Vergebung, fo wäre eö ge
nug zur ewigen Freude: Nun aber haben wir ned
dazu dad Murpurkleid der Gerechtigkeit Chriſti, und
find Kinder GOttes, gefalbet mit dem heiligen Geiſt,
und Fürften des Himmels. Sollten wir denn num
nicht fröhlih feyn von ganzem Herzen, immer las
hen, fingen und fpringen? Wie die lieben Prophe⸗
ten ‚geweiffaget haben, daß es im Reich Chriſti in
den legten Tagen würde alfo zugehen. Denn fo
ſpricht Eſaia 51. Die Erlöfeten des HErrn
werben wiederfchren, und gen Zion Fon
men mit Ruhm, und ewige Freude wird auf
ihrem Haupt-feyn: Wonne und Freude wen
ben fie ergreifen, aber Trauren und Senf
zen wird von ibnen fliehen.
13. Welche find die Erlöfeten des Her?
Die ri Nicht bie Juden aus Babel, fondern wir, welche
surh Der HErr Chriſtus mit feinem Blut erloͤſet und im
SM die neige: Freiheit. geſehet hat. Wir ſollen der Suͤnde
TAT TE TE LT
der wahren Chriften. 59
des Zornd und des Todes halben nicht mehr traus
ren, noch feufzen, ſondern von wegen. der neiten ges
ſchenkten Gerechtigkeit, der Gnade und. ded Lebens,
mit allen. heiligen Engeln ſtets fröhlich feyn. Hier
follen wir das Zubeljahr anfangen, wie wir es dort
balten wollen in Ewigkeit. Wir follen von - großer
und wichtiger Freude jauchzen, wie Zacharias ermah⸗ |
net, gerade, ald wenn wir von dem beiten Wein
trunfen wären, ja mehr denn vom Wein trunfen.
Denn die Herrlichkeit, die wir ſchon in dieſem Leben
haben, und dort noch erlangen werden, ift mit kei⸗
über uns nicht untergebet, warum follte der Troſt
und die Freude der Gnade in und aufhören? Dieb.
güuldene Waſſer fol täglich in uns wachen, bis Daß
ed von uns fliege ind ewige Leben, wie Ehriftus fr
get, Joh. 7,
.y
592 Bon ber Majeſtaͤt
16. Barum fol ſich denn ein Chriſt alſo freuen ?
Beil er Darum, weil die Freude im Herrn das Ende if
er plo unſerer ganzen Wiedergeburt und Seligkeit. Zu dies
e fem Ende ift alles Böfe von und genommen, und
alles Gutes gefchenfet, nemlich, Daß wir darüber fols
len fröhlich feyn, und und von Herzen freuen follen,
wie Paulus Phil. 4 ſpricht: Freuet euh im
Herrn allemege. Der Chriſten ganjed Leben
foll eine koͤnigliche Hochzeit feyn, das ift, hohe um
. ausfprechlihe Freude und Wonne, Denn in der
Taufe find wir nicht irdifhe Fürften worden, ſondern
-GDttes Rinder, Tempel des heiligen Geiſtes und
Erben des ewigen Lebens, darum follen wir hie af
bereit anheben, 'wie im Himmel. Eitel fröhliche Ew
gel follen wir feyn, aud unter den trüben Wolfen
Des Creuzes. Es iſt doch alles unfer, was ung aß
hier in diefem Leben widerfähret an Leib und Seelt,
Ehre und Gütern. Warum. wollte der viel trauren,
welhen GOOtt felber gereiniget bat von allen fei
Sünden, und gezieret mit ber Gerechtigkeit fein
Bohne, und ledig gefprohen von aller Verdammmiß,
und gefrönet mit der Krone feiner göttlichen Kind⸗
- Schaft, und gefalbet mit feinem heiligen Geiſt, um
verwahret durch feine Engel und berufen zum ewigen
Leben? Wer allen Unfrieden in feinen Kerzen ver
ſchlungen bat, und GOtt gelaffen ftebet, und in feb
nem Heil fein fröhlich ift, der ift der allerbefte Chriſt,
und der vollbringet ven Willen GOttes am meiften,
und thut GOtt den allerhoͤchſten GOttesdienſt: wie
1 Theſſ. 5. Paulus ſchreibet: Seyd allezeit froh
lich, danket und preiſet GOtt, und betet.
Denn das iſt der Wille GOttes an ruch.
17. Wie kann man aber allezeit frößfic, feyu ®
Obwohl die lieben Chriſten des Xpufeld und ter
Belt Tyrannen noch müflen umterworfen feyn,
Dur | u Vi de En BE V — DEE EEE EEE SEE ”
der wahren Chriſten. — 398
che täglich auf fie zielen, wie ein Bogenſchuͤtze auf
einen armen Vogel zielet, ihn zu fällen; dennoch foll
Darum Die Freude nicht an den Ehriften verbleichen.
Denn was kann uns der Teufel und die Welt ıhun, .
wenn GOtt mit feiner Gnade, Fürſorge und Hülfe
uber uns haͤlt? Es ift doch alles ihr Thun verloren.
Das Herz bleibe nur feſt im Vertrauen, und berube
frievlih auf GOttes Gnade und Hülfe, wie Paulus
die Philipper und Eoloffer ermahnet, daß. der Friede
GOttes in unfern Herzen die Oberhand baben,
und feit ftehen, und ſich durch feine Winde und
Wellen beunrubigen, noch verderben laſſen fol. Wie
ine Nachtigall immer gutes Muthes ift, und frifch
aber finger, ohne einige Heuchelei, von ganzem
Herzen, GOtt gebe es wetterleuchte, donnere,
segne oder nicht: alfo ſoll ein Ehrift auch thun: -
Sr fol immer bleiben im Reich des Friedens und
ver Freude GOttes, durch einen feiten Glauben,
and fol den heiligen Geiſt um ſolch Herz anru⸗
en und bitten. Denn das ift je gewißlich wahr, .
or der HErr Ehriftus feine Schaͤflein flets im
einen. Händen babe, und daß er fie mit feinen
Hugen bewahre, und daß er alles moderire und fie,
vie tief fie auch herunter gefommen find, aus allen.
hren Noͤthen errette, wie David im 34 Palm fins
set: Der Gerechte muß viel leiden, aber der HErr
yilft ihm aus dem allen, - Er bewahret ibm feine -
Bebeine, daß deren nicht eined zerbrochen wird, Dem
Sottlofen wird dad Unglück toͤdten, und die den Ge
rechten haſſen, werden Schuld haben, das tft, fie -
werden als Schuldige zu Grunde gehen, wie am
Rand ftebet. Ä
Befiehe bievon mehr im nachfolgenden Buch, Ca⸗
itel 5. in welchem won biefer Materie mehr Bericht
zusführlich geſchehen wird, |
1.1 Don der Majeſtaͤt
48. Aus allem, was in allen Gapiteln biefed 5 Bucht be
richtet, vernehme ich, daß wir wahre Ehriften eine fer
große Herrlichkeit fdiom haben: Wie koͤnmt ed bodh deu,
bag man berer Dinge keines an und fpüren Tan ?
Osb wir wohl hier ſchon GOttes Kinder, und bo
bendige Tempel des heiligen Geiſtes find, fo fcheind
doch ſolches noch nicht an und, fondern wir find al
hätten wir ber feines, ja ald wären wir von GDU
verworfen. Der Glanz der ewigen. Herrlichleie leuch⸗
tet auch noch nitht über und. Aber dies alles wir
wohl kommen am jüngften Tage, wenn der Hin
Ehriftus wird offenbar werden, und ih feiner Maje
ftät und Herrlichkeit daher ſcheinen, alsdenn wird er
Berrlih in uns leuchten, 2 Theſſ. 1. Und wir wer
den ihm gleihförmig feyn, Joh. 3.
Dom peilf: Gebrauch d. Schates d. Seligkeit. 595
| Das VI. B u ch. |
Dom heilfamen Gebrauch des Schatzes der |
| Seligkeit. .
Mie. fol ich mir ben WGcat meiner Seligkeit, daher
ich erklaͤrte große Majeſtaͤt habe, chriſtlich zu nuͤtze
machen?
Wenn du zu dieſer großen Herrlichkeit gekommen,
a Du nun, durch den Glauben an Chriſtum, GOt⸗
ed: Kind worden bift, und GOttes Gnade erlanget
aſt, fo ermuntere Dich und erhebe dein Herz, und
alte Dich dafür, wofür dich GOtt Hält, nemlich, für
BOttes liebes Kınd. Berläugne nicht GOttes Gnade
in Dir, fondern rühme dich verfelben mit der größs
en Freimüthigleit, Sprich: wer hätte doch gemeinet,
aß ich armer geringer Menfh, ich armer fündlicher
Burm, zu diefer großen Herrlichkeit kommen follte?
denn in biefem Leben bin ih GOttes Kind, ein
Ttind der Gnaden. Ich bin Ephraim, fein allerliebs
ter Sohn, und Sufanna, feine allerliebfte Tochter.
zn bin die güldene wohlriechende. Rofe der Gnaden.
ych habe den heiligen und lebendigmachenden Geift
Ottes in mir. Ich bin GOttes Himmel. GOtt
ft fletd in mir und bei mir. Geine Augen ftehen
kets über mir offen, GOtt der HErr fegnet mid),
nd laͤſſet mich wachſen und Früchte tragen in Hitze
ind Kälte Er behütet mih auch für der Teufel
ſtathſchlaͤggen, und erhöret alle meine Gebete. In
enem Leben aber werde ich feyn ein Kind der Harr⸗
ichteit, und werde überkleidet werden, wo nicht mit
‚öttlicher, jedoch englifher Klarheit und werde feyn,
pie mein lieber Herr Chriftus ift, und werde mit
neinem Glanz den Himmel erfüllen. Denn an dem
Eage wird die Sonne GOttes in mir feyn, nemlich
ie Sonne der ewigen Serrlichleit, JEſus Chriftus,
In
— — — — — — — --
* 7
-
’ -
+
r BD)
| 6 Dom Heilfamen Gebrauch
und wird herrlich in mir und aus mir leuchten. Er
wird fih in mir freuen, 'und mich ganz new um
himmliſch machen an Leib und Seele, Und ich werde
- in ihm leben und herrfhen ewiglich.
Alfo bat fih St. Paulus der Gnade GOttes ge
gühmet, auch zu der Zeit, da er ift vom Teufel um
per Welt: mit Faͤuſten gefchlagen worden. Denn fs
foriht er, Röm. 5. Wir rühbmen und GDetes,
durch unfern HErrn JEſum Ehrift, durd
welchen wir die Gnade, in welcher wir feſte
fieben, empfangen haben. Nicht allein dal,
fondern wir ruͤhmen und aud der Trabfe
en, und der Hoffnung der zufünftiges
Herrlichkeit, die GOtt geben ſoll.
2. Weil mir am rechten ſeligen Gebrauch des Sqhahes
meiner Seligkeit merflich viel gelegen iſt, lieber, fe
' erfiäre mir dieſes noch was deutlicher _
E⸗ iſt ſolches ſchon droben geſchehen bei einem jeden
* tröftlichen. und denkwuͤrdigen Punct. Aber weil mas
ded Guten nicht zu viel thun fann, und wie ige
recht gefaget, und viel daran gelegen ift, daß wiz
unſere Seligkeit, Majeltät und Herrlichkeit nicht wi
der GOttes Willen und zum Schaden mißbranchen,
fonvern nah GOttes Willen, als feine liebe Kino,
zu unferm Troſt, Heil und Beſten felig gebrauden
will ich davon, deinem Begehren nad, in na
enden Capiteln abermal Bericht thun. Merke
** darauf und practicire ihn, ſo wirſt du
reoter ſeliger Iſraelit ſeyn.
des Schages der Geligkeit, 97
D 441 Capitel. |
Vom gründlichen Erkenntniß unfers Heils.
le Was wird erſtlich erfordert zum ſeligen Gebrauch bed
Schatzes unferer Seligkeit?
Erſtlich ſoll einem jeden Chriſten das Heil, welches 35.
ins Chriſtus erworben, und in der Taufe geſchenket &rtennts
rat, fo befannt feyn, als Die Sonne, Daß cr es zuttfunfene
eder Zeit auf den Fingern fein orbentlid daher res
ätiren könne. Denn zu dem Ende hat uns GDtt
a8 Evangelium gegeben, daß wir unfere himmlifche
Reichthümer, und unfere große Seligfeit darauf ers
'ennen. follten, wie St. Paulus 1 Gor. 5. fpridt:
Bir Haben nicht empfangen ven Geift der Welt, fons
ern den Geift aus GOtt, auf daß wir wiſſen koͤn⸗
ıen, wie reichlich wir von GOtt begnadet find, weis
hes wir auch reden. “
Und zwar, was ift auch einer feiner Taufe gebefs
ert, der nicht weiß, was er Outes Darinnen einpfans
en, und was er darinnen geworden ſey? Wie kam
dh ein Blinder der Gnade durch wahren Glauben
innehmen, und ſich berfelben tröften und erfreuen,
vo er fie aus dem Evangelio nicht erfennet hat?
Blinde Leute Fönnen zu feiner Ruhe des Gewiſſens
ingeben, fondern fie müffen in ewigen Qualen’ bleis
en. Daher ermahnet St. Paulus die Leute,‘ Alte
ind Junge, Ebr.- A. und ſpricht: Sehet zu, daß
einer auf diefem Wege vahinten bleibe, und an -Dies
er Weisheit vVerfäumet werde. Denn wer in die
Schulen an diefem Stück verfäumet wird, der wırd
Händlich verfaumel. Er iſt nicht werth, daß er uns -
er die Ehriften foll gerechnet werden, ein folder uns
jelehrter baͤuriſcher Menſch, und daß er die güldene
Retten GOttes an feinem Halfe tragen foll.
t
v
+
‘
Murin,
ST men
vs I. 5
AR. _
“Tg
598” Wonm heilfamen Gebrauch
| 2. So höre ich wohl, daß du es für ein gar hochnothi⸗
Thun baͤlteſt, ſein Heil recht erkennen?
Freilich fol aber glaubigen und getauften Chril
| fürnehmfte, ja einige Sorge feyn, wie fie ihr he
> gebenedeietes Heil, weldyes fie aus Gnaden, dw
| das Verdienſt JEſu Chrifti, in der ſeligmachend
Kaufe von GOtt empfangen haben, aus dem ja
gen Evangelio mögen wohl lernen erkennen und ®
dem Heizen faoflen. Denn was ift es, daß eine dx
hriftlichen Glauben, die Taufe und vie Cels
a durch GOttes Gnade hat, und weiß es nicht? 3
drer nicht ein reicher Erbe ohne Verftand? Ja, DM
”-ı Selig und unfelig. Und was iſt es auch, daß em
ſolches von außen weiß, befennet ed auch mit da
Munde, glaubet eö aber nicht mit dem Herzen? EM
Herz ift nie durch fein Heil: warm worden. 9—
fhon genug, daß einem das Heil auf der Jul
ſchwebe, fol man es au nicht im Herzen fühle
wie St. Paulus 2 Cor. 4, ſpricht: Die Sim
ift Tod und mächtig in und, aber dit "
rechtigkeit und das Leben ift Fraftig in u
Ob er fagen wollte: Ihr fühlet Die. Kraft der
rechtigleit und des Lebens JEſu Chriſti in ud,
- Kann aud ein Unglaubiger fein Lebenlang f
Heild einmal recht froß werden, und feinem li
Heilande dafür danken? Wahrlich ein nnglat
Menſch ift lebendig todt. Darum thut dir
Chriſtus in allen felnen Predigten faſt nichts =
denn Daß er nur feine Glaubigen und Getauft
feinem heiligen Wort, und feines Reichs Erler
ermahnet. Lieben Kinder, ich habe euch nun
Reich gefchenket, ihr habet yun Das Verlangen !
Herzens, meines Reichs und Herrlichkeit hin
Darum thut. das, laffet den Betrug ber Welt
ren, und begebet euch gänzlich auf mein Wort.
ſchet und fuchet mit Fleiß darin, und ferne
Schab wohl daraus erfennen.. Denn mein Von
des Schatzes der Seligkeit. 599
ichts Anders, denn eures Schatzes Dffenbarung, wel⸗
hen ihr zum Theil in eurer lieben Taufe empfans
en, zum Theil aber nody in jenem Leben zu gewar⸗
en babet, darnadı nehmet euch der Güter meines
Reih8 durch wahren Glauben an, und befißet fie
nit voller Herrſchaft, denn ihr feyb derſelben Hers
en. Machet euch auch ewiged Wohlleben daraus,
ind. fpielet mit in eurem Herzen.
3. Warum if dies Erkenntniß unſers Heils ſo noͤthig?
Darum ‚, weil die :himmlifhen Güter niemand nmuͤtze Eoin oh⸗
nd, wo man fie nicht erfennet, noch mit wahrem er
zlauben annimmt, fie haben feine Wirkung, fie trösuigten
en, befriedigen und erfreuen Tein Gewiſſen: Wie be.
san an den Ungelehrten und Ungeiftlichen fiebet, wie.
e zappeln in Anfechtungen, Darum, daß fie Fein
icht haben: - Es folget aud bei keinem Menfchen
iebe und Lob zu GStt, auch fein neuer freiwilliger
Sehorfam, wo nicht Erkenntniß des Heils früher
jehet. J
Wie kann man zum Erkenntniß dieſes Heils kommen ?
Ob wir gleich nicht alle unſere Legalien in dieſem
tehben begreifen mögen, fo koͤnnen wir doch gleiche
vohl etlihe, welche die fürnehnmften, aus der klaren
Afenbarung des Worts faflen.. Wer aber foldes
bun will, der muß nicht allein in St. Paulo und
'uthero Tag und Nacht fludiren, fondern er muß
nuch einen fonderlichen gelehrten Meifter haben, ver
bn noch beſonders unterrichte, Denn ohne Privat
interricht Tann einer chin fo wenig.das Evangelium
affen, ald einer die Muſik fafien Tann, ob er gleich
äglih viel fingen hoͤret. Die gemeinen Predigten
hun zwar etwas, aber die Privatslinterweifung thut
nebr, wie ich dies in meinem Predigtamt wohl er⸗
400 Wonm heilfamen Gebrauch
fahren habe. Es foll einer wohl zehen Jahr Lang
die allerdeutlichften Predigten. hören, von unferm
Heil, und foll es doch gleichwohl nicht verftehen.
Und ift gar ein fehwered, das Evangelium im di
Leute zu bringen, welche nicht conjugiren koͤnnen,
das ift, welche nicht willen, was eine gegenwärtige,
vergangene und zulünftige Zeit fey, welche auch nidt
Achtung geben auf ſolche Zeiten, und wachen nid
auf, wenn ihnen die Wohlthaten Chriſti fürgezäpfet
werden, meynen, eins fen fo gut, als Dad andern,
Sirach ſey fo gut ald Paulus: Werke ſeyn fo gut,
ald das Reich GOttes, welches durch die Taufe zu
und fommen ift, wenn fie nur zu eflen haben, um
. fonft die Ohren voll kriegen.
. Darum, fo bald ein glaubigeß und getaufles
—Kind zu feinem Verſtand koͤmmt, find Die Eltern
fhuldig, daß fie dafjelbige in feine Schatzkammer füß
ren, und ihm die güldenen Stüde feines Heils zer '
gen, das ift, daß ſie ihm fein ordentlih fuͤrhalter
und einpfropfen etliche auderlefene und heile Sprüde,
in welchen die füriehmften Güter der Kirche Fürzlih
begriffen find. Lieber Sohn, liebe Tochter, Lern
mir heute dieſen Spruch, morgen jenen, und wife,
Daß ver Tag verloren fey, welcher nicht in folgen
Uebungen zugebradht ill. |
. . |
Das Eapitel,
Ton glaubiger Beſchauung unfers Heils, und
wie man fih Damit beluftigen fol.
1. Was wird ferner crfordert zum feligen Gebrauqh
unſers Heils? |
re E; ſoll fuͤrs andere der neue Menſch anheben feine
hau: ichöne Geſtalt und feine himmliſche Güter fein or
mug el dentlih zu befhauen, und fi damit zu beiw
fligen. Denn ed ift wicht genug, daß ung GOu
| wie
bed Schatzes der Seligkeit. 804:
wiedergeboren, und herrliche Güter geſchenket hat,
mit Darreihung des heiliged Geiftes: fondern wir .
müffen auch ſolche unfere Schäße erfennen und ans“
hauen, und und damit beluftigen, wie GOtt im »
35 Pfalm fpriht: Schaue, Tohter, denn Du
bift ganz herrlich inwendig,
2. Wie gefchleht das ?
Ds gefchieht alfot Wenn der gerechte und gnaden⸗
reihe Menſch auf. dad Nofenfeld des Worts GOttes
der des Evangelii fpazieren gehet, und dDaffelbe forsı. Dura
het nach allen Gütern, die ihm in der Xaufe ge: feißige
henfet find. Denn dad Evangelium fehret die Glan: tung bes
figen und Getauften nicht, wie fie allererft ſollen Csangen
'elig werden? Sondern ed offenbaret und zeiget ih⸗ """
sen die Schäge, welche fie fhon, Kraft ihres Glaus
end und Taufe, haben, aber nicht wiffen, wie St.
Daulus fpriht Röm. 1. Im Evangelio wird
ınd geoffenbaret die Geredtigfeit, die für
BOtt gilt. Desgl. 2 Zim. 1. Die Onade, die
ins gegeben ift, und die Unfterblichkeit |
verden Durd das Evangelium and Licht ges
»racht. O wie eine wunderfame Lehre ift die Lehre Ä
„8 Evangelii! Sie kann aus einem Blümlein viel i
Blumen machen," und einer jeden neue, fihöne und
tebliche Geftalt geben. Er redet von der Gerechtigs
eit itzt fonft, ißt fo, von der: Gnade ist fonft, itzt
v9, und iſt doch einerlei Meinung nur, daß wir uns
nit folcher Abwechslung deſto mehr beluftigen follen.
Ind ift fo ganz lieblich, Da man der Apoftel Spruͤ—
he gegen der Propheten hält, daß es nicht zu fagen.
Solche Vergleihung ift ein .Stüd vom ewigen Les
ven; Daher fchreibet ©t. Paulus 2 Cor. 3. daß das
Syangelium, welches die Gerechtigfeit prediget, übers |
chwengliche Klarheit habe, und daß wir und von. |
eöiwegen mit freutigens Geift, und mit aufgedeckten |
Ungeſicht darin fpiegeln follen, bis wir. unfere Here |
Ä 26
402 Dom heilfamen Gebrauch
lichkeit recht und wohl daraus lernen erfennen, ja im
folhe Herrlichkeit gar und ganz verwandelt werden.
3. Gefchieht ed auch noch auf eine andere Art?
2. Für- Zum andern geſchieht ed auch alfo, wenn der heilige
Ne Beilt die Augen unferd Herzens eröffnet, und unfern
heriigen Verftand erleuchtet, DaB wir nun fehen können das
GSeiſt. helle Licht des Evangelii. Denn obgleich einer das
Evpangelium und die allerheiligſten Sprüdhe für fid
hat, hat aber die Erleuchtung des heiligen Geiſtes
nicht, fo verſtehet er doch keinen Titel von feinem
Heil und Seligkeit. Die Sonne ift wohl belle ge
nug Da, aber er ift blind. Er meinet, die Seligfat
fey noch taufend Meilen von ihm, nemlih, ins His
L- mel, da fie ihm doch vor 30 Fahren allbereit in dei
Ä Schooß geleget worden, nemlich, in der heiligen Ixus
fe, da GOtt feine Onade und Geiſt ja alles über
ihn reichlich ausgegoffen hat
Er meiner, er fey noch zu Nürnberg, da er dod
fhon längft zu Rom, ja zu Serufalen gewefen ik.
So viel iſt daran gelegen, Daß einer ven heiligen
Geift und einen guten Anleiter habe. Daher faget
St. Paulus 2 Cor. 4 GDtt hat einen hellen
Schein in unfer Herz gegeben.‘ Derowegen
baben wir dad Erfenutniß unferer Kilav
beit oder Herrlichfeit, und fönnen auch aw
‚ dere wiederum erleudten. Deögleihen Eph. 1.
GOtt gebe euch den Geiſt der Weisheit und
Der Offenbarung, daß ihr erkennen möget,
welcher da fey der Reihthum feines berris
hen Erbes an euch, und die Hoffnung ew
red Berufs, die ihr glaubet, nad) der Wir
tung feiner mädhtigen Stärke,
4 Wird auch zu biefer Beſchauung noch etwas mehr em
Ä fordert ? |
an mus, iſt nicht genug, daß ein Chrift feine neue Ge.
er ut burt, und feinen herrlihen Reichthum aus dem Evan
Bun. = ee es ⏑ —— 55 — 5 — — — — 5 “ — — a — u
bes Schatzes der Seligkeit. 803.
gelio durch Die Erleuchtung des heiligen Geiftes wohl and Gade
lerne erkennen: ſondern es gehoͤret auch mit zu dieſer Weber“
Betrachtung, Daß er ein jedes Stüd, oder eine jede
Gabe infonderheit wohl anfehe und beberzige, weld)
fhweres Gewicht fie an ihr babe. Denn GOtt. hat
uns nichts gefchenfet, das nicht wichtiger fey, denn -
der Himmel und die Erde. O welh ein reiche
But ift die neue Gerechtigkeit! O wald ein liebliche® M
und angenehmes Gut iſt die Gnade GOttes! O welch
‚ein theures und werthes Gut iſt der heilige Geiſt! J
Wer kann dieſer Gaben Höhe, Tiefe, Länge und
Breite ermeffen? Darum, fo fol ein Ebrift immer
für feinen himmlischen Gütern ftchen, als für einem
piegel, und fie mit Fleiß anfhauen, und ihre Würde
rwägen, und fid damit beluftigen, und mit großer
Verwunderung fprehen: HErr GOtt! welche Güter
find’ mir Diefe, die du mir gegeben haft! Das hätte
ich wahrlich nicht gemeinet, daß ich fo reich in meis
nem HErrn Chrifto feyn follte! Wahrlih, vie Guͤ⸗
ter meines Heils find höher, Denn mein Verſtand ift:
Wenn ich alle meine Gedanken auf einem Haufen
hätte, fo könnte ih mir ſolche Güter nicht erdenfen,
und wenn die Kräfte meines Herzens noch taufends
mal ftärfer wären, fo dürfte ich fie mir nicht wüns
ſchen. Hochgelobet fey GOtt in Ewigkeit. |
Das I. Gapitel
Bon Annehmung unfers Heils.
4. Was wird mehr erfordert zum rechten Gebrauch unſers
Heil?
&; follen fürs dritte alle wahren Chriften auch, mels 3 Eine 12
che an das Blut des HErrn Chriſti glauben und —**—
getaufet find, das Heil GOttes mit willigem Ders 3
zen und dankbarem Gemüth annehmen: nicht zwar erapeil ‘
als ein Gut, das ihnen nur verbeiffen ‚ und no
| F "
&ı
. 8%
. -.
404 Dom heilfamen Gebraud)
nicht gefchenket iſt: fondern ald ein Gut, das ihnen
die hoͤchſte Majeftät GOttes durch die Taufe Dars
über gegeben und in den Schooß geleget hat. Denn
St. Petrus faget, daß uns die theuren Verheiſſun⸗
gen des alten Teſtaments in der Taufe geſchenket ſeyn,
wie dies alles verftändige Herzen wohl willen, und
in feiner Abrede feyn Tönnen, |
Sie follen ihr Heil ergreifen, gleihwie ein Rlads
fein einen güldenen Apfel ergreifet, und in das Laͤd⸗
lein ihres Herzens legen. Denn wer dad Reid GO
tes nicht ergreifet, wie ein Kind, der erlanget es
nicht. Ja, fie follen das Heil Chrifti ergreifen, wie
fie von ihm ergriffen find, und follen ſich "mit dem⸗
felbigen vereinigen. Alles, was und Ehriſtus ermar
ben, und was und OOtt gegeben hat, Daß ſollen
wir anziehen als ein gülden Kleid, und follen ıö
und zu eigen maden, und fürftlih darin prangen,
wie ©t. Paulus ermahnet, 1 Tim. 6. Ergreife das
ewige Leben, das ift, alle himmliſche Schaͤtze, zu
welchen du berufen bift, ja, in welche du ſchon ge
feßet bil. Denn GOtt will feine Güter von und
unveradhtet, fondern angenommen haben. Wer ft
ihm veracdıtet, und nimmt dafür feine Welthänpd
wahr, von bemfelben will er fie. wieder nehmen, um
. die follen feyn, ald wenn fie nicht getaufet wärem.
Dies ift dad einige Werk des Tages und des
Lichts, nemlih, Ehriftum anziehen mit feinen Wohl⸗
* .thaten. Die andern find Werke der Nacht und der
Finſterniß. Und zwar, was haben wir doch in bie
fer .güldenen und angenehmen Zeit anders zu thun?
Wir dürfen ja die Gnade GOttes durch unfere Werte
nicht erft fuchen, fondern wir haben fie ja fhon, mit
allen andern Gaben, weldye uns reichlich widerfahren
find in Chriſto JEſu. Diefer Sorgen find wir ja
nun lod. Wir haben ja nichts. mehr von nötheu, es
it ja alles da, und wir find in unfere Güter ins
veſtiret. | .
des Schages ber Seligkeit. 406
R 2. Bas ift zu diefer Annehmung noͤthig ze
Dieſes, daß wir ſie ja nicht vergeblich empfangen Daß wir
haben. Daher ermahnet St. Paulus alle glaubige fie miht
und getaufte Chriften 2 Cor. 6. und ſpricht: Wiremafann
ermahnen euch, fieben Brüder, daß ihr Die gen has
Gnade GOttes nit vergeblih empfangen ben.
babet. Sehet, ist iſt Die angenehme Zeit.
Kur ift der Tag des Heild, an welchem euch
ſchon geholfen if.
3 Bas if zu Annehmung unferd Heils mehr nöthig?
€; fol fih auch Fein Ehrift durch feine eigene Ges Rena
danken von feiner Unwürdigkeit, noch durch feines nenn
Herzend angeborne Blödigfeit, noch durch das Rus Anneb:
fen der Wölfe.von folder Zuneigung abſchrecken laſ inreten,
fen. Je unmwürdiger man fi erfennet, je würdiger
man des Reiches GOttes ift, denn es ift ein Neid)
Der Armen und nit der- Reichen, Die fonit nichts
“haben, worauf fie ſich koͤnnten verlaffen, die follen
wa von ferne herkommen iſt. Denn es zittern gleich
unfere Herzen und Hände, wenn wir von der hoben .
alles haben.
4. Bas follen hiebei Lehrer und Prebiger thun?
Mei die Herzen der armen Leute von wegen ihrer Sie ſolen
vielfältigen Gebrechen ſehr bloͤde find, ihnen ſolcheden Mens
bimmlifhe Schäte anzumaffen, und: der Teufel Nr
vollends abfchredet, mit fo viel feurigen Pfeilen: Alfo maben,
follen getreue Lehrer den Leuten ein Herz und Muthuuend
madhen, das güldene Kleid ihrer Seligfeit anzunehs greifen.
men, oder anzuziehen, gleihwie man den blöden Kin⸗
bern ein Herz machet, mit freundlichen Worten, ihr
neues ſchoͤnes Roͤcklein anzugreifen, welches ihnen et»
Majeſtaͤt GOttes etwas empfahen ſollen: Gleich⸗
‚wie man für Herren und Füuͤrſten zittert, Solche
[3
F
nt u ——
406 | Wom heilſamen Gebrauch
Bloͤdigkeit aber iſt heimlich in unſern Herzen verbor
gen, und wird taͤglich vermehret, durch das Mord
geſchrei des Teufels. | Ä |
Mer nicht fo mütterlich gegen die armen Zuhboͤre
gefinnet ift, fondern fähret geflrenge und verwirfi
einen nach dem andern heraus, der dienet nicht iz
dem Reich GOttes. Solches aber tut GOtt der
HErr felber: denn er gebet umber, wie ein freund
licher frommer Bater, und bittet und ermahnet feine
liebe Rinder, dur den Mund feiner Legaten, daß
fie‘ ja feine gefchenfte Gnade durdy wahren Glauben
‚ wollen annehmen, und fich derfelben in feinem Wege
wegern, wie 2 Cor. 5. Paulus bezeuget: Wovon zus
fchreiben mein Herz voll ift, aber geliebter Kürze
halben muß ich es einftellen. _
5. Barum wird bie Application fo nothwendig erfordert?
wei das Darum, weil die Predigt des Evangelii niemand
Evango⸗ nüße 'ift, wo ihr nicht geglaubet wird, wie Der
a .Chriftus Marc. 1. fpriht: Glaubet dem Eyvangels
zeit, wo Und St. Paulus Hebr. 4. Das Wort der Pre
3 balf jene nichts, da nicht glaubeten Die, fo es him
wiss. ten. Darum muß ein jeder für fich felber in fernen
Herzen einen eigenen Glauben faffen,. und tft nidt
gehug der Hiftorifhe Glaube, denn folher kann ſera
auch mit der PVerzweifelung: fondern dieſer Glaube.,
Daß der Menfh ibm auch infonderbeit ſolche Gnade,
ihm durch Ehriftum verdienet, und im der Taufe aui
Gnaden geſchenket, durch ein feſtes Vertrauen zuge
- eignet: denn Diefer Glaube gewinnet die Güter Chr
fti, und ftillet unrubige Gewiſſen, und giebt GCu
die Ehre, daß er wahrhaftig fey, und überwältigt
die Anfechtung des Teufel, der Welt, des Kon
und der Hölle.
4 Es muß veſtiglich geglaubet werden, daß um
Ehriſtus die Vergebung der Sünden durch fein Lei
bes Schatzes der Seligkeit. 407
ser und Sterben erworben, und aus lauter Gnade |
n der Kaufe geſchenket hat,
6. Warum das?
Darum, daß ein verſtockter Menſch, welcher die
Baben der. heiligen Taufe durch wahren Glauben
sicht annimmt, noch für die feinen hält, und ftetigs
ich Darinnen wandelt, Diefelbe nicht recht empfangen
sat. Sie find ihm zwar wohl gefchenket, aber fie -..
yaften: an ihm nicht, denn er bat fie nicht angenoms
nen. Sie haften an ihm, wie das Silber an einer: _
ofen Wand, Gumma, ein Unglaubiger ift nicht ein
Herr feines Guts. Es muß Das Recipere dazu foms-
men, fol die Herrfchaft folgen, wie St. Johannes
ſaget: Wie viele ihn aufnahmen, denen gab er Madıt,
SHDtte3 Kinder zu werden. Den Unglaubigen und
Wipderfpenftigen iſt nichts gegeben, ob ihnen fchon
giel gegeben, Und dies ift auch des Glaubens Eigen,
haft, Dad Gefchenfte anzunehmen, ohne welches fein
Blaube befteben kann, noch den Namen eines Glau⸗
bens haben, ob er gleich Die ganze Hiftorie von Chris
ſto wüßte und verflünde, was die Taufe wirkete.
7. Stinmet hiemit auch ein die Augsburgifche Eonfeffion
und Goncordienformel ?
Freilich: Denn alfo ftehet in der Augsburgifhen Eons
feifion, Art. 4. Wir lehren, daß wir Vergebung ber
Sünden und Gerechtigkeit für GOtt nicht erlangen
mögen durch unfer Berdienft, Werke und Genugtbun,
fondern Daß wir Vergebung der Suͤnden befommen,
und für GOtt gerecht werden aus Gnaden um
Ehrifti willen, durch ven Glauben, fo wir glauben,
daß Chriſtus für uns gelitten hat, und daß uns die
Sünden vergeben, Gerechtigkeit und ewiges Leben
geſchenket ſey. Concordienformel, fol. 174. Der
Glaube machet gerecht, nicht barum, daß er fo ein
/ St r”.
ho Vom heitſamen Gebrauch
gut Werk oder ſchoͤne Tugend ſey, ſondern weil
‚ben Verdienſt Chriſti, im Evangelio fürgetragen,
greifet und annimmt. Denn derſelbige muß uns d
den Glauben appliciret und zugeeignet werden,
wir dadurch gerecht ſollen werden.
Dies find die allerfurnehmſten Worte, welche
der ganzen Form vorhanden find, ohne welder
ten Berftand und Gebrauch fein Theolog ein ZM
log ift, und ein Ehrift kein Chriſt if. |
Darum will ih alle fromme Chriften, fo m
Dies Büchlein zu leſen kriegen, treulich ermahnet, IM
um ihrer Seelen Heil und Seligkeit willen geben
haben, fie wollen doch die Wohlthaten JEſu Url
ihnen in der Taufe geſchenket, durch einen mind
hen, beberzten, ftarfen, unüberwindficyen und 1
gen Glauben ergreifen und annehmen, und fih !
Davon abfchreden, noch daran verhindern Jaflen: ©
gebe, fie hören ed von ihren Predigern, oder !
fie feyn es werth oder nicht, Denn fol man
Reich GOttes mit Gewalt ergreifen und annehmt
und an fich bringen, fo muß beides Wuͤrdigkeit
Unmürdigkeit weit aus den Augen geſetzet
Die ihre Unwürdigfeit erfennen, und der ung!
pie Güter GOttes erkennen und ergreifen, die
hen fi) Damit derfelben würdig, und die ſind Mt
am allerwuͤrdigſten.
8. . Haben wir auch deffelben Befehl?
Wir haben freilich deſſen GOttes Befebl, ir
Die himmliſchen Schäge nicht follen umfonf es
en haben, ſondern daß mir fie follen annehmeh
Ihrer Müglih gebrauchen. Denn St. Paulus fir
bet ausdruͤcklich, 2 Cor. 6. Sehet zu, Def
. bie Önade niht umfonft empfangen ha
ſondern annehmet, und euch zu tige?
det, wie fie euch gegeben iſt. /
des Schatzes der Seligkeit. 409
3. Weil die Zuneigung unſers Heils ein ſehr noͤthiger
Punkt iſt, wie ich bemerke, ſo berichte mir doch wehr
bavon ?
Gar gerne. Ein jeglicher glaubiger und getaufter
Chriſt nehme die erkannten Schaͤtze der Seligkeit durch
wahren Glauben fein an, und ſetze ſich mitten darin,
und eigne fie ihm von Tage zu Tage mehr und mehr
zu, und werde ein König über dad Himmelreich, das
ft, uͤber alle himmliſche Güter, welche GOtt will, -
daß wir fie um feines. lieben Sohnes willen, ala die -
rechten natürlichen Erben, haben follen. Eines Chris
ten Leben foll nichts anders ſeyn, denn nur eine
Unziehung des Heils JEſu Chrifti, wie St. Paulus
lehret und ermahnet, Ephef. 6. da er.fpricht: Ziebet
ın Den Harniſch GOttes, oder ganzen Schmud, yon
Stüf zu Stud, wie der Achilled Homericud, auf
daß ihr Darin beftehen, und eud damit ded Teufels
rwehren möget im boͤſen Stuͤndlein. Gleichwie eines
eichen Bergherrn einiges Thun ift, Silber und Gold
inführen, und fid) damit beluftigen: Alfo fol eines
Shriftenmenfhen Thun nichts anders feyn, ald die
Schäge JEſu Chrifti einfammeln, und fi Darüber
um Herrn maden in aller Luft und Freude. Glide 1
pie eines Furſten Tochter einige Arbeit ift, ihre fürs
iche Kleider anziehen, ſich damit zu zieren: Alfo follysaursat -
ines jeden Chriften einiges Werk feyn, Chriftum .
inziehen mit feinen ganzen Wohlthaten und fi das
nit fchmüden. Schmücken, fhmüden ift nur der.
Shriften Arbeit, und fonft nichts. Und das Anzies .
‚en foll fo lange bei ihnen währen, bis fie ganz herrs
ih werben, und alles haben: Bis fie werden das
xbenbild JEſu Eprifti, in Gerechtigkeit, Gnade und
teben: Bis fie ſprechen koͤnnen, nun bin ih doch
‚urdemeinen Glauben eine neue, ſchoͤne, gnadenrei⸗
he und felige Greatur, nun bin id ganz rein von
en meinen Sünden, und los der Furcht des Zorns
ind ned Todes. Zorn umd Tod find nun an mie.
4
410 | Vom heitfamen Gebrauch
gaͤnzlich verſchlungen: Nun bin ich ein freier Het:
Nun ift mein Herz und Gewiſſen frei von allen Be
fhwerniffen: Nun bin ich nichts anders, als eitd
Gerechtigkeit, Gnade und Leben: Nun bin ich für
meinen Augen eben fowohl ald für GOttes Augen,
Das allerfchönfte und lieblichfte Bild,
Dies ift die allernöthigfte Arbeit auf Erden. Dem
was und wie viel ein Menfh durch wahren Glaube
annimmt, Dad und fo viel hat er. Am unglaukige
Menſchen aber fann nichts haften, wie ganz treulid
ihm auch etwas von GOtt mag beigebracht werden.
Vom Lnglaubigen fället alles ab, wie der Can
vom Wagen, ſonderlich aber von den Feinden um
Spöttern ihrer Seligkeit: Diefen zerrinnet alles durch
bie Hände, und fie werden billig unter die Verdamm
ten gezaͤhlet.
10. Wie geſchiehet bie Annehmung unſers Heils?
Si⸗ geſchiehet, wenn ein neuer Menſch die erkam
ten Guter ergreifet, und ihm durch wahren Glauben
gueignet: wenn er fidy mitten barin feßet, und ſich
ihrer: theilhaftig machet: wenn er derſelben Herr
Howe wird: wenn er fpricht, dieſe alle find nun mein: wenn
Mamg“ fie in fein Herz drüdet, und darin, mie in einem
re Laͤdlein, verfaffet, befchloffen und wohnend
at. — |
U U HE das auch GOttes Wille? |
Ja, es iſt GOttes ernſter Wille, daß wir unſer ge
ſchenktes und erkanntes Heil durch wahren Glauben
alfo annehmen follen, und uns jueignen. Denn fe
ſpricht der heilige Seift in St. Paulo, 1 Tim. 6.
Du Gotted:Menfch, fämpfe den guten Kampf des
Ölaubend, und ergreife daß ewige Leben, dazu du
Berufen bift. Hier wird Das ewige Leben genommen
‚ für die ganze Seligkeit. Deögleihen 2 Cor. 6. Wir
des Schatzes der Seligfeit. 411
ermahnen euch, lieben Brüder, daß ihr die Gnade
GOttes nicht vergeblid empfangen habet, =
412. Was heiffet die Gnade GOttes vergeblich empfangen
haben ?
Di: Gnade GOttes vergeblich empfangen. haben, ift, Wenn
in der Taufe wohl felig worden feyn, aber. vie Se— ah
igleit dur wahren Glauben nicht annehmen, noch was man
yejigen, fondern als ein fremd Gut für den Füßen tin
iegen laſſen. Welche eine fchredliche Sünde ift, javerZaufe.
ine Sünde zum Tode. Denn wer nichts annimmt,
vas ihm GOtt gegeben hat, fondern wegert ſich def;
en, oder flellet fih, ald wäre es ihm nidıt gegeben,
yer erzürnet GOtt fo damit, Daß er das gefchenfte
Dut von ihm, ald von einem Undankbaren, wieders
ım abfordert, wie der HErr Ehriftus felber fpricht,
Matth, 25. Wer da hat, Dem wird gegeben,
ınd wird die Fülle haben: Wer aber. nicht
yat, dem wird auch Daß er bat genommen.
Noch finder man Leute, welde zu folher Weges
ung Luft haben, und es für eine große Klugheit
yalten,. der. göttlichen Schenkung wiverfprehen. Ich
yalte ed auch dafür, Daß foldhe grobe Blinpheit, We:
jerung und Widerfprechen nicht gewefen, als igt al:
enthalben ift, fo lange die Welt geftanten. Was
‚ber Dgrauf erfolgen wird, weiß GOtt, der Ausgang
vird es auch geben. Daher fpricht ver Apoftel Hebr.
e. alfo: Wie wollen wir entfliehen, fo wir
ine foldhe theure und Föltlihde Seligkeit
richt ahten? Das it, Durh wahren Glauben
sicht annehmen, fondern viel philoſophiſche, ja närris
he Ausfluchte fuchen, und dawider läfterlih diſpu⸗
tiren.
3 Was fon ung muthig machen, unſer Heil kuͤhulich zu
ergreifen? - Ä
Dieſes, daß Chriſtus, als der wohl weiß, welch eine Erik
chwere Kunſt es iſt, der armen blöden Natur Das uung
⸗
Wofür fih wahre Chriften halten follen, ng
vw
HR Dom | heilfamen Gebrauch
Reich GOttes durch wahren Glauben ihr anmafl
fpriht Luc. 13. Ringet darnach, daß ihr durch
enge Pforte eingehet. Denn viel werden dark
trachten, wie fie hinein kommen, und werden ed a
tbun Finnen. Ob er fagen wollte: Das Reid &
tes ift euer, und ſtehet euch weit offen, daß ihr d
aus nehmen möget, was ihr wollet: Aber. ihr A
met euch für der Majeftät folder Güter, und ld
euch abſchrecken durch eure Unmürdigfeit: Das M
nicht, fondern frei Hinzu, und reiffet mit Gewalt
euch, was ihr nur haben wollet. An meinem
follet ihr nicht zweifeln. Und dies thut fo viel de
mehr, je weniger folder geiftlicher Ritter oder *
nehmer find. Denn der ganze große Haufe 9
faft dahin, und lAffet die Güter GOttes liegen, v
weder gereht, noch GOttes Kind, noch ein W
: des ewigen Lebens in dieſem Leben feyn, wl ®
Annehmung fparen bis in jened Leben, wenn #
alles für Augen fehen wird, Daher: ift dad Bo
bes Glaubens faft zugewachſen, aber der Be
Unglaubens ftehet frei offen. Solches thut auch if
lieben Leute, nehmet das geſchenkte Heil durd ®
ren Glauben an, und bittet den heiligen Geil UM
Kraft und Gnade, welder euch zu folden Ae
tüchtig genug machen kann.
Das w. Gapitel.
ihres ergriffenen Heils
| 1. Was wird weiter erfordert zum rechten Gebrarh
unfers Heils?
| Weil Chriſtus uns armen Suͤndern durch ſein
res Blut ewige und beſtaͤndige Gnade, emig
beitändige Gerechtigfeit, und ein ewiges Leben
ben, und dieſe herrliche und ewige Güter im U
des Schatzes der Seligkeit. 43
Laufe und gefchenfet hat: fo follen wir ed auch gaͤnz⸗a. D 1
ich Dafür halten, daß wir ohne einigen Zufpruch für igertae Ar
HD gerecht, GOttes liebe Kinder, und Erben des gerecht,
wigen Lebens ſeyn. Für nichts. anders follm wir ® n Kind
nd Galten, denn eben für foldye Leute. Denn ebenund@rben |
bie uns GOtt und fein heiliged Wort achtet und des ewis
alt, alfo follen wir und auch achten und halten. er
Denn das ift GOttes Wille, daß wir in der ie
Schrift nach ihm forſchen follen, und daraus lernen
rennen, wie er gegen und gefinnet, nemlich, wie
in.barmpherziger Vater gegen feine liebe Kinder ges
innet iſt: Sa, viel herzlicher, um feines lieben. Sohnes
JEſu Eprifti willen, welcher und mit ihm durch fein
Blut verföhnet bat, Denn-ob wir gleich von Natur
rme Sünver find, fo ſcheidet uns Died nicht von
er Liebe GOttes: fondern wir find gleichwohl bei
hm in hoͤchſter Gnade, um deg Bluts Chriſti willen,
velches und Glaubige gereiniget hat von allen Guns
en, unb mit GOtt einen neuen Bund der ewigen
Berföhnung geftiftet. Dies zeuget St. Paulus 1 Cor. 6,
Ihr feyd abgewafchen, ihr ſeyd geheiliget.
Jesgl. Roͤm. 5. Wir find mit GOtt verſoͤh⸗
er durch den Tod ſeines Sohns. Und Die
iebe GOttes ift ausgegoffen in unfer Herz,
urch Den heiligen Geiſt. Deffen rühmen »
sir und auch. Siehe, das ift die rechte Geſtalt
Ottes. So will er von und aus feinem Wort er⸗
annt feyn umd nicht. anders.
Darnach will er auch, daß wir dies von Herzen
lauben, und .nicht Daran zweifeln follen., Bir alle,
ie wir den Namen Ehrifti haben, follen feſt glaus
en, daß wir durch das Blut JEſu Chriſti gaͤnzlich
ereiniget von allen unfern Sünvden in der Taufe,
ınd DAB wir nun an GOtt einen gnädigen Date
aben. Denn ob wir ‚gleich zehen Centner Sünden
n uns hätten, ſo wird und doch fein Quintlein _
nehr von GOtt zugerechnet. Alle Sünden find an
ne dur Chriſti Blut getilget, und GOtt ſiehet
.
' .
7 . .
nn —
404 Vom heilſamen Gebrauch
nicht geſchenket iſt: ſondern als ein Gut, das ihnen
die hoͤchſte Majeſtaͤt GOttes durch die Taufe dar⸗
uͤber gegeben und in den Schooß geleget hat. Denn
St. Petrus ſaget, daß und die theuren Verheiſſun⸗
gen des alten Teſtaments in der Taufe geſchenket ſeyn,
wie dies alles verſtaͤndige Herzen wohl wiſſen, und
in keiner Abrede ſeyn koͤnnen. |
Sie follen ihr Heil ergreifen, gleichwie ein Klads
fein einen güldenen Apfel ergreifet, und in das Laͤd⸗
lein ihres Herzend legen. Denn wer dad Read GOt⸗
tes nicht ergreifet, wie ein Kind, ver erlanget es
nicht. Sa, fie follen das Heil Chriſti ergreifen, wie
fie von ihm ergriffen find, und follen ſich "mit dem⸗
felbigen vereinigen. Alles, was und Chriſtus erwors
ben, und was und GÖtt gegeben hat, daß follen
wir anziehen ald ein gülden Kleiv, und follen es
und zu eigen machen, und fürftli darin prangen,
wie St. Paulus ermahnet, 1 Tim. 6. Ergreife das
ewige Leben, das ift, alle himmlifhe Schaͤtze, zu
welchen du berufen bift, ja, in welche du ſchon ges
feßet bift. Denn GOtt will feine Güter von und
unveradhtet, fondern angenommen haben. Wer fie
ihm veradhtet, und nimmt dafür feine Welthaͤndel
wahr, von demfelben will er fie wieder nehmen, und
die follen feyn, ald wenn fie nicht getaufet wären.
Dies ift das einige Werk des Tages und des
Lichts, nemlich, Ehriftum anziehen mit feinen Wohl
‚thaten. Die andern find Werke ver Nacht und der
Finſterniß. Und zwar, was haben wir Doch in Die
fer .gülvdenen und angenehmen Zeit anders zu thun?
Wir dürfen ja die Gnade GOttes dur unfere Werke
nicht erft fuchen, fondern wir haben fie ja fchon, mit
allen andern Baben, welche uns reichlich widerfahren
find in Ehrifto JEſu. Diefer Sorgen find wir ja
nun lod. Wir haben ja nichts. mehr von nöthen, es
it ja alled da, und wir find in unfere Güter ins
veſtiret.
⸗
= EEE er RE ur
⏑—— ⏑ X——— —— 5— ——— ——. —— 5— 777 —577
des Säure bee Seligfeit. 405 |
2. Was iſt zu dieſer Annehmung nbehig 2
Dieſes, daß wir ſie ja nicht vergeblich empfangen Daß wir
haben. Daher ermahnet St. Paulus alle glaubige fe —
und getaufte Chriſten 2 Cor. 6. und ſpricht: Wir empfans
ermahnen eud, lieben Brüder, daß ihr Die genba=
* Gnade GOttes nidt vergeblich empfangen "®
babet. Sehet, ikt ift die angenehme Zeit.
Itzt iſt der Tag des Heild, an welchem euch
ſchon geholfen iſt.
3. Was it zu Annehmung unfere Heils mehr — *0&
E⸗ ſoll fi auch Fein Chriſt durch feine eigene Ges Teemanb
danken von feiner: Unwuͤrdigkeit, noch durch feines yon der
Herzens angeborne Bloͤdigkeit, no durch das Rus Annebe
fen ver Wölfe.von folder Zuneigung abſchrecken lafs fareden,
fen. Je unmwürdiger man fich erfennet, je würdiger
- man des Reiches GOtted ift, denn es ift ein Reich
ber Armen und nit der Reichen. Die ſonſt nichts
haben, worauf fie fi koͤnnten verlaffen , die follen
alles haben,
* Was ſollen hiebei vehrer und Prediger Hunt
follen getreue —A den geuten ein Ge und ——
machen, das güldene Kleid ihrer Seligkeit anzuneh⸗ greifen.
men, oder anzuziehen, gleihwie man ven blöden Kin⸗
bern ein Herz machet, mit freundlichen Worten, ihr
neues ſchoͤnes NRödlein anzugreifen, welches ihnen et⸗
wa von ferne herkommen iſt. Denn es zittern gleich
unſere Herzen und Hände, wenn wir von der hohen ’
Majeftät GOttes etwas empfahen follen : Gleich⸗
wie man für Herren und Fuͤrſten ittert. Solche
206 Bom heilſamen Gebrauqh
Bloͤdigkeit aber iſt heimlich in unſern Herzen verbor⸗ |
gen, und wird täglich vermehret, dDurd) dad Mords
gefchrei des Teufels. Ä
Wer nicht fo mütterlich gegen die armen Zuhörer
gefinnet ift, fondern fähret geflrenge und verwirft
einen nach dem andern heraus, der dienet nidht im
dem Reich GOttes. Solches aber tut GOtt der
HErr felber: denn er gebet umher, wie ein freunds
licher frommer Bater, und bittet und ermahnet feine
liebe Kinder, dur den Mund feiner Legaten, vaß
fie’ ja feine gefchenfte Gnade durch wahren Glauben
. wollen annehmen, und fich Derfelben in feinem Wege
wegern, wie 2 Cor. 5. Paulus bezeuget: Wovon zu
fchreiben mein Herz voll iſt, aber geliebter Kürze
halben muß ich es einftellen.
5. Warum wird bie Application fo notbwenbig erfordert?
weu das Darum „weil die Predigt des Evangelii niemand
Lrango nuͤtze iſt, wo ihr nicht geglaubet wird, wie der HErr
a Chriftus Marc. 1. fpriht: Glaubet dem Evangelio.
zeit, wo Und St. Paulus Hebr. 4. Das Wort der Previgt
3 half jene nichts, da nicht glaubeten Die, fo es böres
wird, ten. Darum muß ein jeder für fich felber in feinem
Herzen einen eigenen Glauben faflen,. und it nicht
gehug der hiftorifhe Glaube, denn folder kann ſeyn
auch mit der Verzweifelung: fondern dieſer Glaube,
Daß der Menfh ihm auch infonderheit ſolche Gnade,
ihm dur Ehriftum verdienet, und im der Taufe aus
Gnaden gefchenket, durch ein feſtes Vertrauen zuge
eignet: denn dieſer Glaube gewinnet die Güter Chris
fti, und ftillet unrubige Gewiſſen, und giebt GOtt
die Ehre, daß er wahrhaftig fey, und übermältiget
die Anfechtung des Teufels, der Welt, des Todes
und der Hölle, Ä Ä
4 Es muß veſtiglich geglaubet werben, daß uns
© Epriftus die Vergebung der Sünden durch fein Lei
bes Schatzes der Seligkeit. | 407.
Den und Sterben erworben, und aus lauter Gnade
in der Taufe geſchenket hat, -
6. Warum das?
Darum, Daß ein verftocdter Menſch, welder bie
Gaben der heiligen Zaufe durd wahren Glauben -
nicht annimmt, noch für die feinen halt, und ftetige
lich darinnen wandelt, viefelbe nicht recht empfangen
hat. Sie find ihm zwar wohl geſchenket, aber fie -.
“ haften: an ihm nicht, denn er bat fie nicht angenoms
men. Sie haften an ihm, wie dad Silber an einer: .
Iofen Rand, Gumma, ein Unglaubiger ift nicht ein
Herr feined Guts. Es muß das Recipere dazu foms
men, fol pie Herrfchaft folgen, wie St. Johannes
faget; Wie piele ihn aufnahmen, denen gab er Madıt,
GDtted Kinder zu werden. Den Unglaubigen und
Widerſpenſtigen iſt nichtd gegeben, ob ihnen fchon
viel gegeben, Und dies ift auch des Glaubens Eigen
ſchaft, Das Geſchenkte anzunehmen, ohne weldes fein
Slaube beftehen kann, nvch den Namen eines Glaus
bens haben, ob er gleidy Die ganze Hiftorie von Chris
fto wüßte und verftünde, was Die Taufe wirkete.
2 Stinmet hiemit auch ein die Augsburgiſche Confeſſion .
und Eoncordienformel ?
Freilich: Denn alſo ſtehet in der Augsburgiſchen Con⸗
feſſion, Art. 4. Wir lehren, daß wir Vergebung der
Sünden und Gerechtigkeit für GOtt nicht erlangen
mögen durch unfer Verdienſt, Werte und Genugtbun,
fondern .dap wir Vergebung der Sünden befommen,
und für GOtt gerecht werden aus Gnaden um
Chriſti willen, durch ven Glauben, fo wir glauben,
daß Ehriftus für und gelitten bat, und daß uns bie
Sünden vergeben, Gerechtigfeit und ewiges Leben
geihenfet fe Concordienformel, fol. 174. Der
Glaube machet gerecht, nicht darum, daß er fo ein
Ta
IS 7.
aos Vom heitſamen Gebrauch
gut Werk oder ſchoͤne Tugend ſey, ſondern weil er
.den Verdienſt Chrifti, im Evangelio fürgetragen, ers
greifet und annimmt. Denn derjelbige muß und durch
den Glauben applieiret und zugeeignet werden, wenn
wir dadurch gerecht follen werden,
Dies find die allerfürnebmiten Worte, welche in
der ganzen Form vorhanden find, ohne welcher redys
ten Berftand und Gebrauch Fein Theolog ein Theo⸗
log ift, und ein Ehrift kein Ehrift if,
Darum will ich alle fromme Chriſten, fo etwa
Dies Büchlein zu leſen kriegen, treulich ermahnet, und
um ihrer Seelen Heil und Seligkeit willen gebeten
haben, fie wollen doch die Wohltkaten JEſu CHrifti,
ibnen in der Taufe gefchenfet, durch einen männl
hen, beberzten, ftarfen, unüberwindlihen und ewi⸗
gen Glauben ergreifen und annehmen, und-fich nichts
Davon abfchreden, noch daran verhindern laſſen: GOtt
gebe, fie hören ed von ihren Predigern, oder nicht,
fie feyn es werth oder nicht, Denn fol man das
Reich GOttes mit Gewalt ergreifen und annehmen,
und an fich bringen, fo muß beides Wuͤrdigkeit und
Unmürdigleit weit aus den Angen gefeßet werben,
Die ihre Unmwürdigfeit erkennen, und der ungeachtet,
pie Büter GOttes erfennen und ergreifen, die mas
chen fi damit verfelben würdig, und die find ihrer
am allerwürdigften.
8. . Haben wir auch beffelben Befehl?
Mi haben freilich deſſen GOttes Befehl, daß wir
bie himmlischen Schäge nicht follen umfonft empfan⸗
en haben, fondern daß wir fie follen annehmen, und
ver Flüglich gebrauchen, Denn St. Paulus fchreis
bet ausdrüdlih, 2 Cor. 6. Sehet zu, daß ihr
. Die Gnade nicht umfonft empfangen babet,
fondern annehmet, und euch zu tigen mo
qhet, wie fie euch gegeben ifk, ‚
,
bes Schatzes ber Seligkeit. 409
9. Weil die Zuneigung unſers Heils ein fehr noͤthiger
Punkt ift, wie ich bemerfe, fo berichte mir Doch mehr
davon?
Gar gerne, in jeglicher glaubiger und getaufter
Chriſt nehme die erfannten Schäße der Geligfeit durd)
wahren Glauben fein an, und ſetze fich mitten darin,
und eigne fie ihm von Tage zu Tage mehr und mehr
zu, Und werde ein König über dad Himmelreich, das . -
ft, über alle himmlifche Güter, welhe GOtt will,
daß wir fie um feines. lieben Sohnes willen, als die
‚rechten natürlichen Erben, haben follen. Eines Chris
ften Leben foll nicht anderd feyn, denn nur eine
Anziehung des Heild JEſu Ehrifti, wie St. Paulus
lehret und ermahnet, Epheſ. 6. da er fpricht: Ziehet
an den Harniſch GOttes, oder ganzen Schmuck, vor
Stück zu Stüd, wie der Achilles Homericus, auf .
Daß ihr darin beftehen, und eucd damit des Teufels
erwehren möget im böfen. Stuͤndlein. Gleichwie eines
reihen Bergherrn einiges Thun ift, Silber und Gold
einführen, und fih damit beluftigen: Alfo ſoll eines
Ehriftenmenfhen Thun nichts anders feyn, ald die
Schaͤtze JEſu Chrifti einfammeln, und fih darüber
- zum Herrn machen in aller Luft und Freude, Gleich⸗ gi
wie eines Fürften Tochter einige Arbeit iſt, ihre fürfe
liche Kleiner anziehen, ſich damit zu zieren: Alfo follysauısad -
eined jeden Chriften einiges Werk feyn, Chriftum
anziehen mif feinen ganzen Wohlthaten und ſich das
mit ſchmücken. Schmüden, fchmüden ift nur der:
EhHriften Arbeit, und fonft nichts, Und dad Anzie⸗
ben foll fo lange bei ihnen währen, bis fie ganz herrs
lich werden, und alles haben: Bis fie werden das
. Ebenbild JEſu Chriſti, in Gerechtigkeit, Gnade und
Leben: Bis fie fprechen koͤnnen, nun bin ich doch
durdiemeinen Glauben eine neue, ſchoͤne, gnadenrei⸗
che und felige Creatur, nun bin id ganz rein von
- allen meinen Sünden, und los der Furcht ded Zorus
‚und des Todes. Zora und Tod find nun an mie
‘ . oe
4 | >
Dom
7
410 Wom heilſamen Gebrauch
gaͤnzlich verſchlungen: Nun bin ich ein freier Held:
Nun iſt mein Herz und Gewiffen frei von allen Be
fhwerniffen: Nun bin ich nichtE andere, als eitd
Gerechtigkeit, Gnade. und Leben: Nun bin ich für
meinen Augen eben owohl als für GOttes Augen,
das allerſchoͤnſte und lieblichſte Bild.
Dies iſt die allernoͤthigſte Arbeit auf Erden. Denn
was und wie viel ein Menſch durch wahren Glauben
annimmt, Dad und fo viel hat er. Am unglaubigen
Menſchen aber kann nichts haften, wie ganz treulid
ihm aud etwas von GOtt mag beigebracht werden.
Vom Unglaubigen fället alles ab, wie der San
vom Wagen, fonperlidd aber von den Feinden um
Spöttern ihrer Seligkeit: Diefen zerrinnet alled durch
bie Hände, und fie werden billig unter die Verdamm⸗
‘ten gezählet.
%M. Die geſchiehet bie Annehmung unſers Heils?
©; gefchiehet, wenn ein neuer Menfch die erfanns
ten Güter ergreifet, und ihm durch wahren Glauben
zueignet: wenn er fi mitten darin feßet, und fich
ihrer: theilhaftig machet: wenn er verfelben Herr
wird: wenn er fpricht, Diefe alle find nun mein: wenn
er fie in fein Her; drüdet, und darin, wie in einem
Pr Laͤdlein, verfaffet, befchloffen und wohnen»
at.
"U AM Iſt das auch GOttes Wilet
Ja, es iſt GOttes ernſter Wille, daß wir unſer go
ſchenktes und erkanntes Heil durch wahren Glauben
alſo annehmen ſollen, und uns zueignen. Denn ſo
ſpricht der heilige Geiſt in St. Paulo, 1 Tim. 6.
Du Gottes⸗ Menſch, kaͤmpfe den guten Kampf des
Glaubens, und ergreife das ewige Leben, Dazu du
Berufen bift. Hier wird Das ewige Leben genommen
‚ für die ganze Seligkeit. Deögleihen 2 Cor. 6. Bir
mw. a En EB
des Schabes der Seligfeit. 411
ermabnen euch, lieben Brüder, daß ihr die Gnade
GOttes nicht vergeblid empfangen babet. N
12. Was Heiffet die Gnade GOttes vergeblich empfangen
Haben?
Nie Gnade GOttes vergeblih empfangen haben, ift, Wenn f
in der Taufe wohl felig worden feyn, aber vie Se— Et
igleit durdy wahren Glauben nicht annehmen, noch was man
beiten, fondern al® ein fremd Gut für den Fuͤßen —8
liegen laſſen. Welche eine ſchreckliche Sünde iſt, javerZaufe.
eine Sünde zum Tode. Denn wer nichts annimmt,
mas ihm GStt gegeben hat, ſondern wegert ſich def
en, oder Rellet ſich, ald wäre es ihm nicht gegeben,
yer erzürnet GOtt fo Damit, daß er das gefchenfte
But von ihm, ald von einem Undankbaren, wieders
ım abforvert, wie der HErr Chriſtus felber ſpricht,
Matth. 25. Wer da bat, dem wird gegeben,
ınd wird die Fülle haben: Wer aber nidt
yat, dem wird aud Daß er bat genommen.
Noch finder man Leute, welche zu folder Weges
ung Luft haben, und es für eine große Klugheit
yalten,. der göttlihen Schenkung widerſprechen. Ich
alte ed auch dafür, Daß foldye grobe Blindheit, Wes
jerung und Widerfprechen nicht geweſen, als itzt al:
enthalben ift, fo lange die Welt geftanden. Was
ıber Darauf erfolgen wird, weiß GOtt, der Ausgang
vird es auch geben. Daher fpricht ver Apoftel Hebr.
. alfo: Wie wollen wir entfliehen, fo wir
ine ſolche theure und koͤſtliche Seligkeit
siht adhten? Das ift, durch wahren Slauben
sicht annehmen, fondern viel philofophifche, ja närris
che Ausflüchte ſuchen, und dawider läfterlich diſpu⸗
tiren. |
3. Was ſol und muthig machen, unſer Geil Fühnlich zu
ergreifen? -
Dieſes, daß Chriſtus, als der wohl weiß, welch eine Ehriki
were Kunft ed iſt, der armen blöden Natur das yung,
. t
42 : Dom heilfanten Gebrauch
Reich GOttes dur wahren Glauben ihr anmaffen,
fpriht Luc. 13. Ringet darnach, daß ihr durch die
enge Pforte eingebet. Denn viel werden darnach
trachten, wie fie hinein fommen, und werden e8 nid!
tbun Finnen. Ob er fagen wollte: Das Reich GOb
tes ıft euer, und ftebet euch weit offen, daß ihr var
aus nehmen möget, was ihr wollet: Aber. ihr ſcho
met eich für der Majeftät folher Güter, und laſſet
euch abſchrecken durch eure Unmürbigfeit: Das thut
nicht, fondern frei hinzu, und reiffet mit Gewalt zu
euch, was ihr nur haben wollet. An meinem Willen
follet ihr nicht zweifeln. Und dies thut fo viel deſto
mehr, je weniger folder geiftliher Ritter oder Ans
nehmer find, Denn der ganze große Haufe gebe
faft dahin, und Iäffet die Güter GOttes liegen, wil
weder gerecht, noch GOttes Kind, noch ein Erbe
bes ewigen Lebens in dieſem Leben feyn, will Die
Annehmung fparen bis in jened Leben, wenn man
alles für Augen fehen wird, Daher: ift das = örtieis
bed Glaubens fait zugewadhfen, aber der Weg
Unglaubens ftehet frei offen. Solches thut au *
lieben Leute, nehmet das geſchenkte Heil durch wah⸗
ren Glauben an, und bittet den heiligen Geiſt um
Kraft und Gnade, welder euch zu folhen Soden
tüchtig genug machen Tann
Das w. Gapitel
Wofuͤr fi wahre Chriften halten follen, wegen
‚ihres ergriffenen Heils.
1. Was wird weiter erfordert zum rechten Gebraud
unſers Heils? |
De Ehriftus uns armen Sündern durch ſein them
red Blut ewige und beftändige Gnade, ewige umd
beftändige Gerechtigkeit, und ein ewiges Lehen erwor⸗
ben, und dieſe herrliche und ewige Güter in unferer
— — — — — — — — —— — — * - —.—_ — — — — — — — — — — — — —
des Schatzes der Seligkeit. 415
Taufe und gefchenfet hat: fo ſollen wir es auch gänz4. Dash
ich dafür halten, daB wir ohne einigen Zuſpruch fürcin Glaw
3Ort gereht, GOttes liebe Kinder, und Erben des gereut,
wigen Lebens feyn, Für nichts anders follen wir du Rind
ins balten, denn eben für folde Leute. Denn ebennd@rben
pie und GOtt und fein heiliges Wort achtet" und des’ ewis
‚alt, alfo follen wir uns auch achten und halten. en
Denn das iſt GOttes Wille, daß wir in ber ie
Schrift nach ihm forfchen follen, und daraus lernen
rkennen, wie er gegen und gefinnet, nemlich, wie
in barmherziger Vater gegen feine liebe Kinder ge
innet ift? Sa, viel berzlicher, um feines lieben. Sohnes
JEſu Chrifti willen, weldyer und mit ihm durch fein
Blut verföhnet bat, -Denn-ob wir gleih von Natur
ırme ©ünver find, fo fcheidet und Died nicht von
ver Liebe GOttes: fondern wir find ‚gleichwohl bei
hm in bödhfter Gnade, um dei Bluts Ehrifti willen,
velches und Glaubige gereiniget- hat von allen Suͤn⸗
en, unb mit GOtt einen neuen Bund der ewigen
Berföhnung geftiftet. Dies zeuget St. Paulus 1 Cor.6. |
Fhr feyd abgewafchen, ihr ſeyd geheiliget.
Deögl. Röm. 5. Wir find mit GDtt verföh
vet Durch den Tod feined Sohns. Und die
tiebe GOttes ift ausgegoffen in unfer Herz, 5 '
‚urh den heiligen Geiſt. Deffen rühbmen +
vir und auch. Siehe, das ift die rechte Schalt
HDtted. So will er von und aus feinem Wort ers
annt feyn und nicht. anderd.
Darnach will er auch, daß wir Dies von Herzen:
Mauben, und nicht Daran zweifeln follen.. Bir alle,
ie wir den Namen Chriſti haben, follen feſt glau⸗
en, daß wir dur das Blut JEſu Chriſti gänzlich
jereiniget von allen unfern Sünden in ver Taufe,
ind DaB wir. nun an GOtt einen gnädigen Vatse
yaben. Denn ob wir gleich zehen Centner Eünven
ın uns bitten, fo wird uns doch fein Quintlein _
nehr von GOtt zugerechnet. Alle Sünden find an .
ins durch Eprifti Blut getilger, und GOtt ſiehet
— — —
41 Wom heilſamen Gebraud
nichts an uns, denn eitel und ewige Gerechtigkeit.
Ob er aber zuweilen ein wenig fauer ſiehet und uns
ftäupet, fo iſt doch eitel vaͤterliche und herzliche Liebe
unter folher Dede verborgen. Died follen wir glaw
ben, das ift GOttes Wille Denn fo fpricht der
HErr Chriftus Mare, 1. Thut Buße, und glaus
bet vem Evangelıo. Das it, erfennet un» ber
reuet eure übrigen Gebrechen, wiflet und glaubet aber
doc gleichwohl Daneben, daß fie euh von GOtt
gänzlich vergeben find, nah dem Wort ded Evanges
hi, und daß ihr mit GOtt verfühnet feyd. Dens
fo fpridt dad Evangelium, 2 Cor. 5. GOtt war in
Ehrifto, und verfühnete die Welt mit ihm felber, und
rechnete ihnen ihre Sünden nit zu.
2. Sollen wir und denn für GOttes Kinder und gerecht
achten?
| Fa, wir follen und rühmen, daß wir ewiglich ge⸗
recht, und GOttes Kinder ſeyn, und dem Teufel
Trotz bieten, daß er uns unſere Gerechtigkeit und
Kindſchaft nehmen ſollte. Mit Paulo ſollen wir ſpre⸗
chen: Wer will mich beſchuldigen, und wer will mich
verdammen? Und wenn alle böllifhe Teufel um uns
ftünden, und wollten und unferer hinterftelligen Suns
den halben eines andern bereven, follen wir uns fol
den Troft aus dem Herzen nicht reiffen laflen. Das
heiſſet eigentlidy glauben, und GOttes Wort in fer
nem Herzen feſt halten und bewahren. Und folcher
l roß, und mächtig in uns feyn, und tägs
lich bet und wacdfen und zunehmen, wie St. Petrus
ſpricht: 1 Epift. 1. Setzet eure Hoffnung gänzlid
auf vie Gnade, Die euch angeboten wird, das if,
glauber feſt, gänzlich und vollkommlich. Ihr koͤnnet
nicht zu viel glauben, wie die Ermahnungen wollen,
Hebr. 2, 12. und 1 Tim.:6, 11. 12.
Weil aber der Glaube in und anfänglidy emem
zarten und ſchwachen Delpflänzlein gleich iſt, follen
De ee De ⏑ —5———
des Schatzes der Seligkeit. 415
wir und wohl fürfehen, daß das Delpflänzlein nicht
etwa von einem wilden Schwein, einem groben Ca⸗
pricorno, der mit Gewalt in die Gewiſſen will, ver:
jehret und verborben werde. Immer aus dem Wege,
pa man dir an deinem zarten Ölauben Schaden ihun
will, und laß dich nicht verderben. Glaube du dem .
Spangelio, fo thuft du ihm die ‚größefte Ehre an.
Bitte den heiligen Geift um Gnade; laß dir es wohl
thun, wenn du fühleft, daß dein Glaube waͤchſet, |
und laß den Zeufel in der Welt ftürmen.
| Beſiehe mehr auf dieſen Schlag, Cap. 4. 5. u. 6,
Bud) 5. in diefer Schapfammer. |
Das V. Capitel,
Vom Srieden der wahren Chriften, wegen ihrem
ergriffenen Heil.
"Was wird ferner erforbert zum rechten Gebrauch unſere
Heils?
WB, follen uns aud über alle dem, dadon wir er: 1. Dat
loͤſet, und welches und betrüben und ſchrecken koͤnn⸗ wir im
te, wohl zufrieven geben. Denn ift die Sünde prienfan
abgethan, und der Yorn GOttes geftillet, was woll⸗ Ki
ten wir viel trauren, und warum wollten wir er
hreden? Ein jeglicher fpreche zu feiner Seele, aus
sem 186 Pfalm: Kehre wieder um, liebe Seele, zu
einer Ruhe, und gieb Dich zufrieden, denn der HErr
jat dir Gutes gethan. Er hat did ſowohl von allen
einen Sünden, als vom Zorn GOttes, und ſowohl
vom Zorn GDtted, als von deinen Suͤnden erloͤſet.
Hch! wenn es fo moͤchte zugehen, fo gienge es recht
ind wohl zu, nach der Verheiſſung, Eſaia 32. Der
Berechtigfeit Frucht wird Friede feyn, und Der Ge⸗
echtigkeit Nug wird ewige Stille feyn und Ei
herpeit. Daß rein Bolt in Häufern des Friedens
„ahnen wird, in fichern Wehnungen und in ſtolzer
ube, j
46 Wonm heilſamen Gebrauch
Aber wir duͤrfen nicht frauen, aus angeborner
Bloͤdigkeit, fo wird noch über das, unfer armer ſchwa⸗
cher Glaube von vielen taͤglich heftig angefochten und
geirret. Darum ift der Friede nicht groß im ung,
. and. unfer Herz iſt nimmer ftille, fondern ſtehet alle
‚zeit in Furcht. Wer ſtets mit vernünftigen evangelis
fchen Leuten möchte umgehen, der hätte gute Sache,
Der möchte ſich erbauen am innerlichen Menſchen
und taͤglich im Glauben und Frieden wachfen. Aber
nun find wir mitten in ber argen Welt, vie laͤſſet
uns durch ihre Klugheit und Heiligkeit nicht dazu
fommen. Darum hilf uns ja, lieber GOtt! daß
der Friede obſiege, und unſere Herzen,
Von dieſem | Dunet beſiehe das 8 Eapitel, Buch 9
dieſer Schatzkammer.
Das VL. Capitel.
Bon der geiftlihen Sreude der wahren Chrifkn,
wegen ihres ergriffenen Heils.
1. Bas wird ferner zum rechten Gebrauch unfers Heils
erfordert?
* Eine Wenn man 1 GOttes Gnade aus dem göttlihen Wort
ianerliche
Herzens: erkannt; und durch wahren Glauben angenommen |
Sende. bat, will auch GOtt, da9 man fröhlid Darin wars
dele, und folder hohen Wohlthaten halben ſich herz | |
lich freue. Denn find wir ewig gerecht, und ewig
GOttes Kinder, warum wollen wir und ewig nidt
freuen? Allermeiſt aber follen wir und erfreuen des
ervigen Lebens und feinethalben gleih zum Tode cu
len. Denn ob wir täglid etwas Neues erfahren,
welches uns herzlich wehe ihut, dennoch ſoll die Freude
in und fo groß ſeyn, daß fie alles Herzeleid üben
winde. Hiezu ermahnet une St. Paulus Phil, 4 |
Freuet euch im HErrn allemege, und aben
mal fage ih: Freuet euch. Eſaiaͤ 51. Die En
löfesen des Herrn werden mit Ruhm gen
ion fommen, und ewige Freude wird auf
ihrem
|
\
bes Schaßes der Seligkei. 417
Haupte ſeyn. Wonne und Freude werden
fie ergreifen, aber Trauren und Geufzen
wird von ihnen fliehen. Das tft, ein jeder foll
zu feiner Seele fprechen: Liebe Seele, habe einen gus
ten Muth und fey fröhlich in Chriſto. Denn du bift
für GOtt gereht und baft einen gnädigen GOtt.
Sa, ob du gleich vie Allerelendefte bift auf Erden,
über welche le Wetter geben, fo bift du dennoch
gereht, und haft einen gnädigen GOtt immer und
ewiglich.
Darum fen froͤhlich und jauchze, und ſpotte des
Teufels, der Welt und alle deines Unglüde, Denn
was fann doch lieber und werthers erdacht werden,
als rein feyn von Sünden, und einen gnädigen GOtt |
im Himmel haben? Einen gefunden Leib haben, and. =
ein neuer König feyn, ift zwar etwas; Aber rein feyn Y P
von allen Sünden, und ein Kind des Reihe GOt⸗vJ44
tes feyn, it. taufenodmal mehr. Daher fpriht David |
im 104 Pſalm: Ich freue mich nicht meined gewal⸗
tigen Königreichs, fondern des HErrn, nemlich, daß
- 27 mein gnädiger Vater it, wie rauh und wunder;
bar er ſich auch ftellet, ja er ermahnet alle liebe Got⸗
teöfinver zu ſolcher geiftlihen Freude im 100 Pſalm,
da er alfo fpriht: Jauchzet dem HErrn, alle Welt,
dienet dem. HErrn mit Freuden, kommet für fein
Angefiht mit Frohlocken. Solche froͤhliche Leute aber
find vie Beften, wie Auguftinus im Buch: vom Buch»
ſtaben und vom Beift, am 12 Capitel bezeuget
und fchreibet: Die da haben und willen, was fie
haben, und von wem fie ed haben, und. wodurd),
und befißen es für ihr Gut, rühmen ſichs, und trös
ften fih damit, und freuen fi, die find Die allers
beften und dankbarſten Ehriften. Die andern aber,
die zwar wohl haben, was fie haben follen, wiſſen
ed äber nicht, wollen ed auch nicht wiffen, meynen,
fie willen ed, und wiſſen es Doc nicht, die find ats
me verfinfterte Leute und find lebendig tobt,
7
„er
a8, Dom heilfamen Gebraud
2 Woruͤber ſoll na; ein Glaubiger freuen?
— ſoll ſich freuen in ſeinem großen Heil, und in
eil und
errlich⸗
keit.
ſeiner großen Herrlichkeit von Herzen froͤhlich ſeyn
und jauchzen, auch GOtt loben und danken, ich
bin ein Chriſt, ich bin mit Chriſto erſtanden: Ich
babe feine Sünden mehr, ich werde aud nicht fters
ben, fondern ich bin geredht, und ein Kind des ewis
gen Lebens. Giehe doch, welch ein Glanz der Ge⸗
rechtigkeit Chriſti von mir gehet. Ich glaͤnze wie ein
Engel, und bin doch von Natur fo ein armer Suͤn⸗
der, Die Nacht ift vergangen, der Tag iſt herbei
gekommen. Suͤnden⸗Nacht ift weg, Todes; Nacht iſt
weg. Der Tag der Gerechtigkeit und des ewigen
Lebens iſt erſchienen. Hoffa, hoffa, eitel Licht iſt hie,
V seitel Licht, Gerechtigkeit, Gerechtigkeit, Zehen, Leben,
Sünde und Tod find nicht mehr vorhanden.
Von diefer unferer Freude hat der Prophet Eſaias
geweiſſaget, Cap: 60: Deine Sonne wird nicht mehr
untergehen, noch bein Mond den Schein verlieren.
Denn der HErr wird dein ewiged Licht feyn, umd
die Tage deines Leidend follen ein Ende haben, und
dein Bolt follen eitel Gerechte feyn, das iſt, die
Sonne, oder das Licht der Gerechtigkeit wird in den
Sliedern Chriſti nicht, verloͤſchen, ſondern ewiglich
leuchten, gleichwie ſte im HErrn Chriſto ſelbſt ewige
lich leuchtet. Es wird auch die Sonne der Freude
in den glaubigen Herzen nicht ausgehen. Denn der
HeErr wird fie durch fein Licht ewiglich darin erhal
ten. Und ob fie ſchon zuweilen verbleihet, fo ſoll
fie doch wiederfommen, und ſoll alfo ewiglich Tag
ſeyn in der Chriſten Herzen.
Es hat wohl ein jeder Chriſt ſeine Buͤrde, die
ihm ſein Herz kraͤnket, fuͤrnehmlich aber diejenigen,
ſo in hohen Aemtern fi ißen, und ift allenthalben fo
viel Roth und Klage, daß meines Erachtens alle
Tage. etliche Laft Thränen vergoffen werden in ver .
betrübten Chriftenheit, Wunder ift es, daß der Him⸗
des Schages ber Seligkei. 419
mel das tägliche Geufzen ertragen fann: Doch gleich⸗
wohl follen die Eprilten fröhlich ſeyn. |
3. Barım das?
| Darum, bag, wenn fie fonft nicht mehr haben, fie
dennoch diefes haben, daß fie mit Chriſto von Suͤn⸗
den und Tod erflanden, und mit ihm in ein neues
Leben getreten find, da eitel Gerechtigkeit und eitel
Leben innen ift. Was iſt aber alles Unglück auf ei⸗
nen Haufen gegen dieſe große Seligkeit? Aller Welt
- Silber und Gold fann diefen Schag nicht bezahlen.
Und ſolch Frohlocken und Sjauchzen follen wir
treiben alle Zage ohne Aufhoͤren, fo lange wir leben, .
ja wenn wir halb koödt feyn, wie ©t. Paulus die
Philipper 4. ermahnet: Freuet euch allewege im.
. HErrn, und abermal fage id: Freuet euch.
-- Denn freuet fid unfer liebes Haupt Ehriftus: Wars
. am wollten wir und nicht freuen? Freuen fih die
heiligen Engel diefer fhönen Welt, die Chriftus
durch feine Auferftehung gebauet, und darin eitel
Gerechtigkeit und Leben wohnet, follten wir und
denn auch nicht freuen? Freuet fi der Himmel,
Sonne und Mond, und die liebe Nachtigall, welche
dad Reſurrexi fröhlich finget auf dem Grabe bed
Herren: Deögleihen, die lieben Blumen auf dem
Felde und die kleinen Würmlein darunter, und Müfs
Sen droben: Sollten wir und denn nicht erfreuen ?
Die armen Fröfhe im Wafler rufen Tad und Nadıt,
und wollen ſich zu tode rufen, und find doch nicht
mehr denn arme Fröfhe im Waſſer. Immer zu
Felde ein, und haft du auch Jubiliren gefehen! Dies
. it der Gottesdienft im Neuen Teſtament, des Teus
' feld Ereuz und dein langes. Leben: wie Sirach ſpricht,
Cap. 30, Ein froͤhlich Herz if des Menfhen |
‚ eben, und feine Freude ift fein langes ka
‚ ben |
ar, J
420 Dom heilfamen Gebrauch
4. Zeige mir mehr Urfache an dieſer Freude?
Die Er⸗ Ob wohl die Erneuerung des heiligen Geiſtes, welche
nenerun
*
uter
gauf Die Wiedergeburt folget, auch in andern Stüden
deri hriſtliches Leben ſtehet: So beſtehet fie doch furnems
Sreude, lich in der Freude des Heils, oder in der Freude
des heiligen Geiſtes. Der Prophet Eſaias will, daß
gur Zeit der Gnade und des Evangelii alled Trau—
sen, Seufzen und Weinen ferne von uns ſeyn foll.
Darum foll ed glei einem Ghriften eine Schande
feyn, fi in die Melandyolie oder Traurigkeit einzus
laffen und verfelben fein Herz zu verzehren überge
ben. Es foll ihm Die Freude des heiligen Geiſtes
aus den Augen leuchten, daß er gleich ausfebe wie
ein heiliger Engel, Wenn er gefraget wird, warum
er Stets fo fröhlich und mutbig ſey? ſoll er antwors
ten und fprehen: Meines großer Glüds halben bin
ich zwar nicht fo fröblih, mein Glück ift, von feis
nem Glüd wiffen: aber in dem bin ich fröhlich, daß
id) für GOtt ein König bin und GOttes Reich babe.
Denn bin ich nicht felig? Habe ich nicht Vergebung
aller meiner Sünden? Bin ich nicht für GOtt nos
Tommentlid gereht? Bin ih nicht GOttes liches
Kind? Bin ich nicht ein Tempel des heiligen Be
fies? Bin ich nit ein Erbe des ewigen Lebens?
Was find aber alle Königreihe und Fuͤrſtenthuͤmer
gegen einem diefem Geringften.
Solche Freude gebeut GOtt in feinem Wort alfe,
Rack 10. Freuet euch, Daß,eure Namen im
Himmel gefhrieben fihd Der Pfalter if
voll folder Ermahnungen. Jedoch gefällt mir im
fonderheit wohl ver Vers im 131 Pfelm: Deine
Mrietter laß fih kleiden mit Gerechtigkeit,
and Deine Heiligen fi freuen. ‚Das iſt: Liv
ber GOtt! weil du und zu Pöniglichen Prieitern ges
madet halt, fo gieb Doch Gnade, Daß wir uniere
‚neue Gerechtigkeit durch wahren Glauben alſo mögeR
ergreifen , "gleichwie wir von ihr ergriffen find: Und
. des Schatzes der Seligkeit. 42
daß wis und auch derſelben unſer Lebenlang von
Herzen erfreuen und Dir dafür danken mögen.
5. Allezeit aber fröhlich ſeyn, iſt unmöglich, fagt mar im
Sprichwort.
Oowobl die lieben Chriſten in dieſer Welt beide vom
Teufel und Menſchen groß Bedraͤngniß Teiven müflen,
daß fie ſich oft für großem Leid ven Tod wuͤnſchen,
fo follen fie ſich doch gleichwohl ın allem mäßigen
und ihr Creuz in Geduld tragen. |
Denn GSttes Rath und Wille ift in allem Leis
Den, er ſuchet feiner Kinder Beſtes. Er toͤdtet das
Fleiſch und madet lebendig ven Geiſt. Das Hi: -
erwedet den Slauben und das Gebet, und madet
endlich eitel Föftlihe Ehre daraus. Darum follen fie
nicht fo fehr fchauen auf das Gegenwärtige, welches
fie hart preffet, als auf das Künftige, welches fie
tröften, und eine wichtige Herrlichfeit bringen wird,
Sie follen immer unter dem eine froͤhliche Hoffnung
zu GOtt tragen, welche in Wahrheit nicht laͤſſet zu
Schanden werden. Denn wenn der Teufel und Dis
Welt auögefpielet haben, fo hebet GOtt feinen Acs
tum an, und madet alled wiederum gut, was jene
verporben haben,
6. Ber iſt biefee Freude fähig?
Mer in GOtt gelehret ift, und feine Gnade aus Ein SOu
dem ‚Evangelio durch Erleuchtung des heiligen Geis ergebenet
fies wohl erfannt hat, der iſt nicht mehr traurig, ° N
noch mürrifh, er babe viel oder wenig, eö fey mit
ihm Winter oder Sommer, es wehe über ihn der
Oſtwind oder Weſtwind; Wer aber ungelebrt iſt,
und die Sache nicht recht verſtehet, erfennet. feine -
neue Gerechtigkeit And Gnade nicht, Bat auch nicht
- gewiffe Hoffnung des ewigen Lebens, fondern ift ein
zweifelhafter Ehrift, ver iſt eines kranken Gemithe,
4222 Dom heilſamen Gebrauch
und lebet wie die Maus in der Falle und giebt kei⸗
nen froͤhlichen Blick von ſich, wenn er auch des Kö:
nigd Darii Reihthum hätte, und mit dem Jove fäfle
in Aethiopia, an der Sonnen Tiſche.
Die Ca⸗
tholiken
7. Halten es die Catholiken auch mit dieſer Frage?
Nein. Denn ſie halten es fuͤrs Beſte ſeyn, immer
betrachtentrauren, und damit wollen fie GOtt die Seligkeit
die Trau⸗
rigkeit.
abverdienen. Das machet, ſie ſind im Evangelio
nicht gegruͤndet. Sie haſſen das Licht. Aber St.
— — — —— — —
Paulus Halt es für das Beſte, immer in GOtt froͤh⸗
lich ſeyn. Denn er weiß ed, daß er und alle Glaw
bigen einen gnädigen GOtt im Himmel haben, mit
der ewigen Seligkeit. Warum follten fie denn nicht
froͤhlich ſeyn? Die anklebende Sünde zwar mag man
zuweilen wohl .befeufzen, aber im Reich der Freuden
fol man allezeit verharren. Wie einer zuweilen in
einem fröhlidyen Gafts Bote feufzet, wenn ihm etwas
Trauriges einfället, wird aber bald wieder fuftig: alfo
fol aud ein Chrift in feinem: ganzen Leben tum,
Denn er iſt ja verfihert dur das Wort der Bahr
heit, und durd den heiligen Geiſt, daß ale feine
Sünden an ihm gänzlich erfäufet feyn, und daß GDtt
mit ihm nun wohl zufrieden feyn, und ihn zu fih
gewißlic in den Himmel nehmen wolle. Läuft Haß,
Lügen und Verfolgung, Armuth und Krankheit und
dergleihen Creuz mitunter, fo follen und viefelben
den Muth auch nicht fchwäcen. Denn GOtt liebet
und unD forget für und, wie er uns errette, um
alles zum Beten wende.
Deromwegen fey allezeit in deinem GOtt froͤhlich,
und laß die Gatholifen immerhin trauren. Denn fie
wiffen nicht, daß ein Chrift Fraft feines Glaubens
und Taufe fhon felig ſey. Aber St. Paulus lehret,
- und ſpricht: Das iſt GOttes Wille an eu, daß
ihr in Chriſto allezeit fröhlich feyd, als die ſchon als
led haben, was fie zur Seligfeit bebärfen, ohne ven
” | 3
des Schatzes der Seligkeit. 423
ſelben hellen Glanz und Offenbarung, welche das
: ewige Leben ſeyn wird. Sonderlich aber wuͤnſchet
der liebe David ein friedfames und fröhliches Herz,
GOttes Gnade und Gegen allen denen, welde das
gefchenfte Heil lieb haben und gerne davon reden,
Denn fo fpricht er im 40 und 70 Pfalm: Es müfe
Sen fi freuen und fröhlich feyn alle, vie dein Heil
. Sieben. -Die andere hinfende und ftinfende Rotte aber
müffe zu Schanden werden. Und zwar zumal billig.
Denn warum follte das felige Häuflein, weldyes das
Heil hat und erfennet und liebet, nicht immer fröbs
lich feyn, und für GOtt jauchzen und tanzen, gleichs
wie David für der Lade Des Bundes gejauchzet und
—getanzet hat?: Wiederum, warum follte die blinde,
unfinnige Rotte, welche von feinem Heil weiß, auch
nidyt willen will, fondern das Heil haffet und damis
der firebet, nicht in ewigen Schrecken, Trübfal und
Schande, und anderer Strafen GOttes leben?
Das vu. Gapitel.
Bon ber wahren Chriften Dankſagung für ihr
Deil. |
1. Bas wird. mehr zum rechten Gebrauch unſers Heils
erfordert ?
Ferner will auch GOtt, daß, nahdem man feine 7. Cine ;
Gnade aus feinem Wort erlannt, und durch wahren Dyrände |
Glauben angenommen hat, und nun froͤhlich darin⸗ gung,
nen wandelt, man ihm auch dafür danke, wie St,
Paulus lehret und ermahnet, 1 Theſſ. 5. Seyd
allezeit fröhlich und dankbar in allem, Denn
Das ift der Wille GOttes an euch in Ehrifto
JEſu. Deögleihen Ebr. 13. Cap. Laffet une
nun opfern das Lobopfer GOtt allezeit.
Das ift, die Frucht der Lippen, bie feinen ‚Namen
befennen, Denn: zu dem Ende ſchenket, uns GOtt
424 Vom heilſamen Gebrauch
| feine Gnade und Gaben, daß wir Urſach daraus neh⸗
mien, und ihm in herzlicher Liebe dafür danken ſollen.
Wer GDtt nicht lieb hat in Chriſto, noch ihm Dans
tet, der ift feiner Gnade nicht werth. Wer es aber
thut, der madhet fich ſolches herrlihen Schatzes nod
würdiger. Denn die Gnade beruhet gerne auf Dem
Danfbaren, und giebt ſich denfelben immef mehr und
"mehr zu erfennen, wie David fpridt im 50 Pfalm:
Wer Dank opfert, der preifet mid, und Das
ift der Weg, daß ih ibm zeige dad Heil
GOttes. Das ift, daß ih ihm Hülfe erzeige in
Noͤthen und ihm das ganze Heil in der Taufe gu
ſchenket, durch das Evangelium und durd den heil
gen Geiſt offenbare.
Daher kann ed auch ein erleuchtete® und glaube
ges Herz nicht unterlaffen, ed muß Gott für das
eſchenkte Heil mit großem Ernft und Andacht dam
en. Es muß fagen, wie David fpricht im. 40 Pfalm:
.. Hocdhgelobet fey Gott in Ewigkeit. Wie denn
auch ein erlöfeter Ehrift fein Leben in folher Andacht
zubringen fol. Ad! wie fein ift e8 doch, wenn man
einen Menfhen in foldhen feinen Uebungen wahrer
Frömmigkeit finden mag. Um folder Leute willen
. muß es einem. ganzen Lande wohl gehen. Denn fie
find für GOtt lebendige Rofen, um welder willen
er feine Onadenfonne vom Himmel herab fcheinen
laͤſſet. Troͤſte GOtt die Welt, wenn foldhe edle
Nflänzlein durch die Dornheden ganzlich untergedruͤb⸗
Bet, oder fonften. dahin find, wie werden Türfen und
Tartaren, Teufel und Zeufelinnen über fie mit Macht
regnen. Es kanns auch GOtt wiederum nicht umter
Vaffen, er muß fein virerlihe® Herz gegen folde
Danfbare und Andächtige wenden, und Ihnen täglıd
mehr Heil und Gutes zeigen und erzeigen, wie ibo
- aus dern 50 Pfalm erwieſen.
bes Schatzes der Seligkeit. 425
2. Dem und warum fol man Dank fagen?
E. danke ein jeder fuͤr ſeine Perſon von ganzem «cbria⸗
Herzen dem Sohn GOttes, daß er ein Menſch wor: un kenn
den, fein Blut vergoffen, und von Sünden, GOttes werbung
Zorn und. Tode geholfen, und ewige Gerechtigkeit, uud ech
ewige Gnade und ewiged Leben wiedergebracht bar, win⸗
und thue folhe Dankſagung in großer Liebe. Nichte
auf Erden fol uns lieber fepn, denn der Sohn GOt⸗
tes, unfer Fieber Seligmacher, wie GOtt Bater ſelbſt
befichlt, Pſalm 2, Füffet den Sohn. So oftein
Menſch erwachet, foll er fprechen: Ich fage Dir Dank _
von Herzen, o mein lieber HErr Chrifte! daß au
mich erföfet haft, ja, fo oft er fortgebet, foll er feis
nes Erldferd gedenken und ihm danfen.
GOttes ded himmliſchen Vaters fol man auch ua
nicht vergeffen: Denn er hat und alfo geliebet, Dap@Dt: dem
er feihen Sohn biezu vermocht, daß er fein Blut für Pater.
und vergoflen bat. Uno weil er lieber Bater iſt, M
‚Sollen wir ftet3 im kindlichen Vertrauen für ihm ſte⸗
ben, und mit ihm reden, wie die lieben Kinder mit
ihren lieben Eltern zu thun pflegen: Wer klagen will,
. der findet wohl etwas zu Magen, wer aber nichts zu
lagen hat, der bitte GOtt den Vater um Vermeh⸗
rung feiner Geiſtes⸗ Gaben. Denn er will, daß wir
ihn ſtets anrufen und etwas von ihm bitten follen,
1 Theil. 5. Betet ohne Aufbören, venn das liebe
eten iſt gar eine luſtige und liebreiche Arbeit, welche
SO fehr angenehm it, und uns vielfältige Frucht
bringet. Ehe ed aus unferm Herzen gegangen, bat
es GOtt allbereitd erhöret, und das fröhliche Amen
Darüber gefprochen,, und ihm reiche Zufagen gethan, .
welche zu feiner Zeit uͤberſchwenglich erfüllet werden,
wie er Eſ. 65. ſpricht: Ehe ſie rufen, will ich
Do wenn fie noch reden, will ich
b rem
%
426 Vom heilſamen Gebrauch
3. Ach! was hoͤre ih: Es muß ja das Beten un Dont
fagen ein fehr koͤſtlich, ebled und, nöthiges Thun feyn,
welches GOttes Kindern fehr wohl anftehet ?
Freilich ſtehet es aus der Maſſen wohl, wenn ein
fein glaubiges und froͤhliches GOttes⸗Kind für Dem
Angeſicht GOttes feines lieben Himmlifhen Vaters
täglich mit feiner Danffagung und Gebet erfcheinet.
Denn dies tft die einzige wahre Gottſeligkeit, von
welcher wir hie zu Salzwedel einen folhen Sprud
mi.m am Ort gefhrieben haben: ottfeligfeit wird wohl
Ben Fezzu ewigen Zeiten Das Beſte bleiben. Das liebe Ge
lebung bet ift nicht® anders, als eine Uebung des Glaubens,
ben Slau- er an Gott recht glauben will, der bete, fo glaws
bet er. Es iſt das allerheiligite und ſuͤſſeſte Werk,
Es machet fi fund mit Spott, Es ehret Spott, 4
ermuntert auch den heiligen Geiſt in unfern Herzen,
Daß er fein Feuer in und anzünden, und feine Ge
ben in und ausgießen muß. Denn unter dem Gebet
find wir in der rechten Schule, und in der Erleuch⸗
tung. des heiligen Geiſtes. O wie.helle wird es im
Serufalem, wenn ein Priefter Gotted im heiligen
Schmuck Ehrifti von Herzen beit. Da thut (ic
der Himmel auf, und da höret man unausſprechliche
Worte. Da Frieget man das Manna zu eflen, den
- rechten lebendig« machenden Zuckerthau, und die füs
pen und gefunden Honig » Küdjlein, welder die fol
zen Rinder dieſer Welt, die das Beten für eine Schande
und Thorheit achten, nicht, werth feyn. Denn wer
Die Sonne anfiehet,, der fiehet fie wiederum an. Sie
ſiehet ihn aber nicht umfonft an, fordern fie theilet
ihm mit ihr Licht, Warnung und Leben. Alfo, wer
GOtt den Herrn anfiehet, den fiehet er wiederum
an mit den Augen feiner Gnade und fihenfer ihm
alles, was er nur haben will, wie David fpridt
im 34 Pfalm, die ihn anfchauen, wie die rechten
Sonnenblumen, deren Angeficht follen nicht zu Schans
den werden,
des Schatzes der Seligkeit. 4427
4. Sage mir noch mehr von dem lieben Gebet, damit mir u
es befto angenehmer werde
Leſen und Beten iſt der Chriſten Arbeit. Denn wer
Da lieſet, der hoͤrt GOTT. Wer aber betet, ver
redet mit GOtt. Welches iſt nun das Befte? O welde
Gnade, GOtt hören, und mit GOtt reden! Wie
Tönnten ed doch die Engel im Himmel beffer haben?
Aber da will Fleiſch und Blut nicht an, daſſelbe höret viel.
lieber Menfchen reden, von lofen unnügen Dingen, vom
Kriege in Polen, von Bucher s Händeln, und ed res
det auch lieber mit Menfhen. Darum fhidet GOtt
feinen lieben Auserwählten fo viel Leiden zu, auf Großer
Daß er fie abführe von den Händeln dieſer Welt, zu Nugen —
feinem beiligen Wort und zum Gebet, welches ihm bes Gen
ift das allerfüffete Opfer. O welh ein Berlangen beit
bat der fromme Bater nad) unferm Geufzen!: Wir
werden auch durch dieſen Weg GOtt deſto beffer
bekannt. Durch taͤgliche Geſpraͤche werden wir ſeine
Familiares, ſeine Hausgenoſſen, und er antwortet
uns. auch freundlich. Indem wir bitten, antwortet er
uns auf ein jedes Wort, daß wir’s fühlen. Er faget
ia, er wolle es thun, wir follen nur ein wenig auswarten.
Er führet und auch über dem Gebet in feine himmlifche
Schule, und lehret uns unausſprechliche Dinge.
D wie gelehrt machet BOtt die Seinen, durch Das
liebe Gebet! Welche Sonne und Klarheit koͤmmt zu
ihnen. Ja, welch ein Beift und. Freude, wenn fie
mit ihm reden? Er erhdret aud) feine Kinder endlich
und giebt ihnen ihres Herzend Wunfh, und machet
fie herrlich für aller Welt in feinen hohen Gaben, :
Darum ſoll man die lieben GOties Kinder bezähmen
Jafien, und ihr andächtiged Herz weder mit vielen
Dücern, noch. fonften beſchweren. Denn GDtt der
HErr iſt ihr Lehrmeifter, ver Halt ihnen für fein
Gnadenbuch. Er lehret, tröftet, befrieniget, erfreuet,
greibet und regieret fie, Daß fie Feines hin; und her⸗
gehens beduͤrfen.
>
?
4225. Dom beilfamen Gebrauch
3. Ach fa, das iſt wahrlich alles wahr, lehre mid mu, wi
Fu ich dieſe felige Arbeit verrichten fol.
Wenn du des Morgens aufſteheſt, ſollt vu dich
fein waſchen, und zum Gebet ſchicken, als wenn du
allein zu dieſer Sache geſchaffen waͤreſt. Inſonderheit
danke dem HErrn Chriſto für alle feine Wohltha⸗
ten fo herzlich, Daß Dir Die Augen mögen übergeben: &w
che alle Dankpſalmen auf, und finge fie überlaut ala
ein Ehrift, der feinen HErrn Ehriftum” allenthalben
rüuhmen foll: in unausfprechlicher Liebe, und fi few
nes Chriſtenthums nicht fchämen. Laß die Leute
deiner lachen, lade du auch, daß dir es fo mohl
gehet in Chrifto, und fahre immer fort mit Singen
und Springen; du bift nicht toll, ob ſchon ein Bauer
faget, daß du toll ſeyſt. Ich kann nicht. mehr ers
mahnen, wer es befier fann, der thut es ja, umd
.helfe die Ehre Chriſti hoͤchſten Fleißes befördern _
Darnach fhmüde dich herrlich, nemlih, im hei⸗
ligen Schmud JEſu Chrifti, weldhen du ganz ums
gar dur wahren. Glauben anziehen: ſollt. Du follt
dih für GOtt fo herrlih machen in Gerechtigfeit,
und Gnade, ald Chriſtus felber ft, und follt darauf
mit fröblihem Angefiht für GOtt erfcheinen, und
ihm mit den allerbeften und lieblichiten Worten dans
Formel fen: Heiliger GOtt und Vater! ich dein liebes Kind,
uuer welhes du zu Gnaden angenommen, und in der
"gang. Taufe auf das herrlichſte gefehmäder haft, fage bir
Ä für ſolche Wohlthat von Herzen Dank. O wie wohl
ift mir Dazu, daß ich aus dem Reich der Sünden
und des ewigen Todes errettet bin, daß ich Die. Laſt
meiner Sünden nicht mehr trage, noch die hoͤlliſche
Blut werde koſten. Daß ich bei dir ſitzen werde im
Garten des immergrünen Paradieſes, unter bem
fühlen und füßen Schatten deiner Gnade, gezieret
mit der ganzen Herrlichkeit JEſu Chriſti. Ach en
freue mein Herz für und für mit dem theuren Blut
But, welches. du mir allbereit gegeben haft, und
*
des Schakes ber Seligkeit. I 429
noch ferner geben wirſt. Erzeige dich mir freundlich:
Laß mich Die Frucht deiner Gnaden in allen meinen Ges.
beten und Werfen empfinden. Segne mid, dag mir's,
wenn ic) aus Nöthen erlöfet bin, allenthalben wohl ers
gehe: So will ich dich im herzlicher Liebe, je länger
je lieber ehren und, preifen.
| Soldyer Gottesvienft iſt die fürnehmfte Frucht
der Seligkeit und gefället Gott wohl. Es ift ihm dieſer
Gottesdienſt ein füped Morgenopfer. Er nimmt ihn zu
Herzen, und träget ihn darin, wie ein gülden Kleinod,
Er ift ihm ein Präftiger Balſam. Er erzeiget fig
auch folchen feinen und vernünftigen Menſchen freunds
lich, und giebt fid) denfelben immer mehr zu erken⸗
nen und zu koſten. |
6. Was gehöret mehr zur Dantbarteit?
Damit man GOtt nicht allein mit Worten, fons
dern auch mit der That Dank fage, geböret dazu
auch dieſes, Daß man den Lauf des heiligen Evans
gelii, dadurch Chriftus geehret wird, helfe befördern,
damit auch andere mit demfelben Licht erleuchtet wers
Den, damit wir erleuchtet find. in Gottlofer
nimmt fi) des Evangelii gar nichts an, feinethalben
mag es gefhrieben und geprediget werden, oder nicht,
es mag ftehen oder untergehen, gilt ihm gleich viel,
Aber ein Glaubiger und Liebhaber Chrifti, der dazu
verftändig ift, und weiß, was an dem lautern Evans
gelio gelegen, ver nimmt fich deſſen an, und bilft
ed nach hödftem Vermögen ausbreiten. Er ermahs
net getreue Lehrer zum Fleiß, und wendet das
Geine daran, und wird bei folhem Schaden fo
rei, als er nie gewefen. Denn ein Trunk Waffer
an Ehrifti Ehre gewandt muß unbelohnet nicht bieis
. ben: ich gefcyweige ein gröffers aus einfältigem Here |
zen gegeben. | |
b
430 Vom heilſamen Gebrauch
7. Wie ſoll dieſe thaͤtliche Dankſagung von Lehrern und Zu⸗
hoͤrern verrichtet werden?
Durch E, geſchiehet ſolches fürs erſte von ben Lehrern
en durch das Öffentliche Predigtamt, oder fonften Durd
ten. münpliche Gefprädhe und Schriften. Denn wer des
Evangelii Erfenniniß bat, und zu feiner Ausbres
tung berufen ift, der foll nicht hinter dem Berge
halten, fondern mit feinem Licht herfür treten, und ans
dere danıit erleuchten, wie St. Paulus gethban hat,
2 Cor. 4, da er fpriht: Weil wir ein ſolch Amt
haben, das die Gerechtigkeit prediget, und ven Geiſt
der Klarheit giebt, fo geben wir nicht mit Schall⸗
heit um, verdeden und verfälfhen auh nicht Gt
tes Wort, fondern beweifen und wohl gegen aller
Menſchen Gewiſſen, mit Offenbarung der Wahrheit.
‚Denn zu dem Ende hat und Gott einen hellen Schein
in unfere Herzen gegeben, daß durch und enıftände
die Erleuchtung , damit andere follen erleuchtet werden.
Solche Erleuhtung iſt das Pfund, weldyes der HErr
Ehriftus einem jeden Knecht, Daß er damit treulich ham
dele und wuchere, zugetrauet ‚hat. Ob nun wohl fol
ed mit großer Mühe und Gefahr geſchieht; denn
ber Teufel ıft den Evangeliften fehr feind, und fe
zzzet ihnen allenthalben greulih zu, und aͤngſtet fie
bis in den Tod: fo foll man.dody Darum nicht vers
zagt, nod) müde werden, fondern des fröhlichen Aus
gangd gewarten, welden GOtt geben wird venen,
die feine Gnade für ver Welt friſch und froͤhlich ber
kannt haben, und darüber eine Zeitlang find zu Schan⸗
den worden. Denn HOtt forget herzlich für feine
Weinftöde, welde ihn viel guter Früchte tragen. Er
laffet fie fommen in Feuer und Waffer, das iſt, in
Angit und Roth, und erquidet doch ihre Seele. Er
Läffet ihr Licht moiederum aufgehen mitten in det Kin
fterniß. Er errettet ihre Unfhuld, und madet die
Läfterer zu Schanden. Er madet fie groß, wenn
‚ fie Hein worden find, Denn fein Reih und Regi⸗
— ——— 00.7 en 7 7
des Schatzes der Seligkeit. 431
ment gehet über alle Herzen und ‚Über alle Dinge,
‚Sie müffen ihre Luft an feiner Gnade ſchauen. Er
bebet fie hoch, und bringet fie zu Fuͤrſten. Ihre
Feinde aber greifet er an mit Schreden, und läffet
fie ploͤtzlich und jämmerlich untergehen, Ä
8. Was follen aber die Zuhörer hiebei thun?
arnach foll auch ein jeder Chriſt insgemein feinen „Das
Slauben für der Welt befennen, wo er nur Gele en
genheit dazu Hat, das ift, Leute, melde Luft zum kennen.
Evangeliv haben und gefchidt find zum Reich GOt⸗
tes, erlendhten. Denn GOtt will nit, daß man
biefen theuren Schaß, nemlich, das Erfenntniß des
Heild, bei fich allein. behalte, fondern will, daß man
Ihn außbreite, und andern Leuten dazu verhelfe, -
Einer ſoll des andern Siegel feyn, damit ein jeglis
her fich Lerne wohl erfennen und GOtt preife. Wenn A
zween oder drei beifammen find, da foll Ehriftus der
Vierte feyn. Da foll einer den andern flugs lehren,
nemlih, das gottfelige Geheimniß, oder die himm⸗
liſche Weisheit, von welcher menſchliche Vernunft
‚nichts wiſſe. Denn ein. natürliher Menfh, wo er
nicht den rechten Verſtand des Evangelü böret, noch
durch den heiligen Geiſt erleuchtet wird, vernimmt
nichts vom Reich GOttes. Er weiß und glaubet
nit, daß er in der Taufe ſchon felig worden ſey,
und Daß er Chriftum angezogen habe, fondern er
lauft allen Predigten nad), und will erft lernen, wie
er fol felig- werden. Bleibet alfo im Unglauben, -
Unfrieden und im ganzen Neid) ded Teufels, wie
man an den armen Leuten fiehet, welche nicht recht
unterrichtet find. Ä Ä |
Und ob gleich die Sonne des Evangelii über eis
nen geübten Menfchen heile genug ſcheinet, und die
Privatinftruction auch Da iſt: So hat e8 doch gleich—⸗
wohl Mühe genug, daß man ihn gewinne und das
AB C von unjerm. Heil und Seligkeit in ihn brins
V - ..
, .
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a ” . ..
. .
432. Dom heilſamen Gebrauch J
ge. Er ſiehet Dody immer "um nach feinen eigenen
Gedanken, und will den: Holzweg. Er trauet der
Taufe nicht, und will dadurch die Seligkeit nicht
erlanget haben: Er will fie mit’ feiner Buße verdis
nen, und auf das .Endurtheil warten. Darum muß
einer ded andern Doctor feyn, und einer den andern
4 mit eiſernen Haͤnden faſſen, damit niemand die Gnade
verſaͤume, oder vergeblich empfangen babe. Denn
ob wir gleich taͤglich der Buße beduͤrfen, fo bat und
doch gleihmwohl- Chriftus felig gemadet Durch das
Bad der Wiedergeburt, nit nur in der Hoffnung,
fonvdern aud) in der That, und will, daß wir und
in aller Demuth mit der Taufe tröften,
D a8’ vu. Gayitel
Von Beranlaffung ‚des zeitlihen, und Vorjie⸗
hung des ewigen Deils.
1. Bird auch noch ein Mehrered vom wahren: Ehrifen
‚zum rechten Gebrauch feined Heild erfordert ?
er en das Sa „ es fordert auch GOtt noch von ihm, daß er
ieſein Herz abwende von der Herrlichkeit und von ab
gen pint: len Wollüften Diefer Welt, und fich gerne genügen
an fepen. laſſe an dem himmliſchen Schag, der ihm von GOit
| in der Zaufe gegeben ift. Denn was find alle Reid
tbümer, ja alle Fürftenthümer und Königreicye gegen
dem, dag wir GOttes Kinder und Tempel des heile
gen Geiftes find, berufen zu dem ‚ewigen Leben!
Hingegen ift alles Hohe in der Welt ein geringe
Sandkorn.. | nn
Derowegen wer recht geiſtlich worden iſt, vurd
Dad Feuer des heiligen Geiſtes, und recht erfenne,
was er in Ehrifto. bat, dem iſt der Unflathe dieſer
Welt viel zu geringe, daß er ſich mach demſelben ums
ſehen follte. Denn er ift vorhin reich genug in Ehre
Ä No und weiß, daß GOtt und .fein ganzer Dee
des Schakes der Seligkeit. 133
fein fey. Weſſen fih GOtt erfreuet, deſſen kann er
ſich audy erfreuen: Denn er ift ein Glied Eprifti, und
. ein liebed GOttes⸗Kind. Aber ein Zodter, in wels
“dem der Geiſt des Lebens nicht ift, fondern welder
eitel Sleifch ift, der kann des Irdiſchen nicht fatt wers
den. Je mehr er gewinnet, je Durfliger und toller
er wird. Dad. verbeut St. Paulus an den wahren
‚Delligen, für welhe GOtt forget, Epheſ. 4. 5. und
301. 3.
Daher ermahnet auh St. Zohannes die Ehriften
und ſpricht 1 Joh. 2. Habet nicht lieb die Welt,
noch was in der Well if. So jemand die
Melt lieb hat, in dem ift nicht die Liebe des
Vaters Eſſen, Trinfen, Kleider und Schuhe müſ⸗
fen die lieben Chriften in den Tagen ihres kurzen Les
bens haben: Wenn fie aber das haben, fo follen fie -
gerne damit begnüget feyn, und. fi nicht irren laf
fen, daß die Kinder diefer Welt nad) großem Reich⸗
thum tracdhten. Denn weil der blinden Welt Herzen
von feiner Seligkeit etwas Gründlides wiffen, noch
viefelbe groß achten, fo begeben fie fih Dafür durch
Betrieb des Zeufeld auf den Mammon und meynen,
der fey die Seligkeit. Sie traben ihren Trab durch
Geiz und Wucher, und laflen ihnen nicht wehren,
bis fie ihre Maaß erfüllet haben, darnach fterben fie
im finftern Thal, und ihr Gut kann ihnen nichts
helfen. Diefen follen die GOtteskinder nicht nach⸗
traben, fondern weit von ihrem Wege weichen. Denn
fie find allbereit reich genug in Chriſto und haben
einen Bater, der fie täglich mit allen Treuen verfors
get. Darum fpricht ihr lieber himmliſcher Vater zu
ihnen, Luc. 14. Sehet zu, und hütet euch für
dem Geiz: Denn niemand lebet davon, daß
er viel Güter hat. Desgl. Matth. 6. Ihr fol
Iet euch nicht Schätze fammeln auf Erden,
fondern fammlet euch Schäße im Himmel,
welches denn auch die lieben Gotteskinder thun. Sie
fhauen nicht auf den Weg der Regen „begehren
454 Dom heilfamen Gebrauch
auch ihre Güter nicht, ich geſchweige, daß fie ſollten
darnach fireben, und durch Liſt over Gewalt fie an
fi) bringen. Sie wiffen nicht die Kunft, wie fie
reich werden follen: Es iſt ihnen genug, daß fie fes
fig feyn, und haben die Hoffnung zu GOtt, er werde
ihre Kinder auch berathen,
2. Fragen die wahren Chriſten auch nicht nach der Weit
Pracht und Herrlichkeit?
Wi⸗ fie den Reichthum hochmuͤthig verachten, alſo
find fie auch geſinnet gegen Herrſchaft und Gewalt,
Denn gleihwie fie im Meer ver himmlischen Güter
dem Mammon abgeitorben find, alſo find fie aud
der Welt Herrlichkeit abgeftorben. Sie laffen Herren,
Sürften, Könige und Kaiſer fern, wem es geliebet,
ihnen iſts genug, daß fie Kinder und Könige des
Reichs GOttes find. Sie ſchauen die Herrlichkeit
vieſer Welt von ferne an, und halten fie fuͤr nichtig,
fürnemlih, weil man fie ohne das bald verlaffen
muß. Sie find viel zu großmüthig Dazu, Daß fle
fih dur der Welt Hoheit follten bewegen laſſen.
Gönnen auch der Welt ihre koͤſtliche Kleider und ans
dere Pracht herzlich gerne, weil fie wiffen, daß fie
inwendig viel herrlicher gefhmüdt find, alfo, Daß
GOtt und alle feine Engel ihre heilige Augen auf
folhen ihren lieblihen und wohlriethenden Schmud
gewandt haben. Denn gleidywie it Die heidniſche
Pracht der unglaubigen Menſchen ein Greuel für
GOtt ift, und eine Kette, mit welcher der Türk in
Deufchland gezogen wird: Alfo iſt ver innerliche
Schmud und die wahre Demuth der lieben Ehriften
eitel Balfam und Weihrauh, und ein Schatten für
der zufünftigen Hitze.
3. Achten fie auch nicht ber fleiſchlichen MWolkäfte ?
Den fleifchlichen Lüften find die lieben Kinder SOL
tes fonderlich feind, .
des Schatzes der Seligkeit. 435
4. Lieber, warum? Es thut uns ja ſehr wohl, wenn wir
des Fleiſches Willen vollbringen.
Dem ſey wie ihm wolle, GOttes Kinder ſehen ets
was weiter, fonderlih auf dad Ende: Und weil fi
da befindet, daß folhe Wollufte nichts anders feyn,
ald Befledungen des Leibe und der Seelen, ja eine
Betrübung des Gewiffend und des heiligen Geiſtes,
worauf rothe Ruthen, blanfe Schwerter und bleiche
Leichen folgen, fo meiden fie viefelben defto mehr.
Es iſt ihnen viel füffer, daß fie ein gut Gewiſſen
haben, venn in. verdammlicdhen beiffenden Wollüften
leben. Ya, ihre Freude und Luft iſt, daß fie ei⸗
nen gnäbigen GOtt im Himmel haben, und daß fie
Erben des ewigen Lebens. find. Ihre Luft ift, daß
fie GOtt in feinem Wort hören, oder durch ein ernft
Gebet mit ihm reden mögen. Darum wenden fie
ihre Augen und Herzen ab von alle vem, was böfe
Luft in ihnen erregen mag, und wandeln fhlecht
und recht dahin, Haben fie nicht Luft aus ver Welt,
Liebe und Freundſchaft, fo haben fie auch Unluſt
Daraus. Koͤmmt aber ein böfer Funk in ihr Herz,
fo dämpfen fie denfelben flugd durch Die gute Gedans
ten des heiligen Geiſtes, und Durch ein ernited Ges
bet, und freuen fich Der Ueberwindung. Solches fols
fen auch Tiebe Kinder GOttes thun, nah dem Bes
febl GOttes: Und ihr follet es auch thun. Heilig
follet ihr feyn an Leib und Seele. Denn GOtt euer
Vater, der euch zu feiner Kinpfchaft berufen hat, ift
heilig. Bei ihm ift fein Freſſen, Saufen, nod Um
zucht.
. 28"
(u Dom heilfamen Gebrauch
Das IK. Capitel.
Von der wahren Gottfeligfeit der Kinder
j GOttes. |
4. Weißeſt du noch mehr, was GOtt von wahren Chriſten
zum feligen Gebrauch ihres Heils erfordert?
Eines iſt noch übrig.
2. Was ift doch daffelbige?
nen Wenn nun alles, was in vorigen Gapiteln erzäblet,
qea Leben. das ift, nemlich, Erkenntniß ver hohen Würve, zu
| welcher wir in Chrifto alfo erhaben, daß wir in ihm
engelrein, gerecht, heilig und GOttes liebe Kinder
worden: Wie auch Die Annehmung Diefer großen Gnade
durch den Slauben, und in verfelben ein friedſames,
fröhliched und danfbares Gemürh, welches das Ewige
dem Zeitlichen weit fürziebet: So ift ferner GOttes
Wille, daß ein folder großer Heiliger, ein foldyes
Gnadenkind, welhes fo gereht und unfterblich ges
worden, als ein Engel, fein Fleiſch tödte, und ſei⸗
nem hohen Stande würbiglih lebe, GOtt in aller
| Furas kindlichen Gehorfam leifte, und ihn: diene fein
ebenlang, in wahrer Heiligfeit und Gerechtigkeit,
die ihm gefällig ift, nad) dem herrlichen Spruch St.
Pauli Tit. 2. Chriſtus hat ſich felbft für uns
gegeben, auf daß er uns erlöfete von aller
Ungeredhtigfeit, und reinigte ihm felbft ein
Volk zum Eigenthum, das fleißig wäre zu
guten Werfen. Denn der. neue Geborfam muß
nicht ausgelaffen werden. Wer ven Glauben und
den Geift GOttes hat, der laͤſſet ſich nicht nöthiaen.
Denn weil une GDtt dad Leben gegeben hat,
nicht Daß wird mißbrauchen follen zu allerlei Sünde
und Schande, , fondern zu aller Gerechtigkeit und
Ehrdarkeit, in des Stille unfers Berufs, fo will ſich
bes Schages der Seligkelit. - 437
a nichts anders gebühren, denn daß wir und aller
tafter enthalten, und die reizenden Flammen der vers
erbten Ratur mit allem des Teufels Eingeben töds
en. Sa, daß wir ung für allem hüten, welches uns
wgerlich oder anftößig feyn koͤnnte, nach dem Sprud:
ie Sünde meiden heißt die Gelegenheit zu Sunden
neiden. Denn fo fihreibet St. Petrus 1 Petri 1,
Seyd heilig in all eurem Wandel, gleich—⸗
vie euer bimmlifher Vater, welder euch.
serufen bat zu feinem Reid und Herrlicy
'eit, heilig ift. Und St. Paulus Röm. 8. Toͤd⸗
et die Gefhäfte. des Fleiſches. Wodurch?
Richt allein durch Betrachtung des Geſetzes, oder
yes erniten. Willend GOttes, fondern, auch, und
war fürnemlich , durch Hülfe und Beiſtand des heis-
igen Geiſtes, welcher in euch ift und Träftiglich in
uch wirket. Bittet GOtt Tag und Nacht um die .
Regierung feines heiligen Geiftes, und verlaffet euch
nicht auf euer Bermögen.
3 Was fagen hiezu die Gottlofen?
E⸗ gedenket mancher ruchloſer Menſch, es ſchade ob einer
ihm nichts, daß er ſich der armen Welt gleichfoͤrmig beiden
mache, und feinen boͤſen Lüften folge, wenn er nu Üehen cin
den Namen eines Chriſten bat: aber, fage mir, wie „guter
ſtehet doch ſolches einem Chriften an? Stehet es en
wohl, daß du dich des heiligen Worts und der Gas. könne,
ramenten Außerft? Daß du vor übermäßigem Stolz
und Troß nicht beteſt? Daß du viel vergeblidhe und
srgerlihe Worte, ohne Scheu der hohen Majeſtaͤt
GOttes, verliere? Daß vu marterft und flucheft?
Daß du in Hurerei und Ehebruch lebeſt? Daß du
geizeft und wucherſt? Daß du raubeft und flieleft?
Daß du unfchuldig Blut vergieffett? Und alfo Werke
bed Teufeld und des Fleiſches begeheit? Kann doch
kaum einer bei ſolchen und vergleichen Laftern eine
Im
238° Dom. heilfamen Gebrauch
adeliche Perfon feyn: Wie follteft du denn bei folhess
und dergleichen Zaftern ein Chrift ſeyn?
Bedenke, Menſch, deine hohe Würde, denn furw
sed Leben, und die Erfiheinung für dem Gericht
GOttes, und ftelle deine Sache alfo an, daß vw
am Ende deines Lebens lönneft fagen: Mein froms
mer GOtt! du haft mir das Leben gegeben, daſſel⸗
bige babe ich durch deine Gnade, hoffe ich, zuges
bracht in der Stille, und in deiner heiligen Furcht.
Meines Berufs habe ich treulich gewartet, niemand
beunruhet. Sch habe mid; durch feine reizende Luft,
noch böfe Erempel zu greuliden Sünden bewegen
laffen. Meine Luft und Freude ift geweſen deine
Wohlthaten ‚und die Herrlichleit des ewigen Lebens
— zu beberzigen. Ich habe mich fauber behalten von
den gemeinen Laſtern. Iſt aber ja etwas aus menſch⸗
licher Schwachheit und Bergefienbeit mit untergelaus
fen, weldyes deinem heiligen Willen zumider, daſſel⸗
bige ift mir berzlich leid. Siehe, hie find meine
Thraͤnen. Solch mein Leben, aber, weil du es nun,
HErr! von mir forderft, ftelle ich dir wiederum zu
in berzliher Demuth und Gehorfam, und danke dir
freundlich, daß vu ed mir fo lange verliehen haft.
4. Warum leiftet ein Kind GOttes dem lichen GOtt freis
willig den neuen Gehorſam?
E⸗ erinnert ſich, daß es in Chriſto gerecht und um
fterblih worden, wie ein Engel, derowegen will es
auch gerne ein englisch Leben führen. Denn find
wir Engel, fo follen wir auch und mit feinen Suͤn⸗
den befleden. Denn unfere Reputation und Hobel
ift zu herrlich, denn daß wir follten mit Sünden be
flecket werden, Es führe ja ein jeder in feinem Stande
“ein täpferes, ernftes, nüchternes und zuͤchtiges Leben,
Die Zungen fowohl ald Die Alten, die Alten fowohl
ald Die Zungen, Man begebe ſich auf keine Narre⸗
—— — —
un
des Schages der Seligkeit. 439
eidinge und Lotterei, damit der heilige Geiſt nicht
trüber werde. | - |
So kann auch GOtt Feine Leichtfertigkeit und
tarrheit an feinen Kindern dulden, er muß vie vaͤ⸗
erliche Ruthe in die Hände nehmen und fläupen,
urnehmlih, wenn e8 fein Verſehen ift, fondern eine
Hewohnheit. So follte es billig zugehen, daß, wer
inen Chriſten fähe, einen lebendigen Heiligen fäbe,
aß man gleich aus der Heidenfhaft nad den Chris
ten laufen follte, damit man feben möchte, weldye
eine Leute fie wären, und welch göttlich Leben fie
übreten: Nun aber ftoßen fie fih an unfern GSiteg .
und fagen, wir feyn Die Frechſten und Muthwillig⸗
ten auf Erden, Die weder GOtt fürdıten nod Mens
[hen fcheuen. Das iſt ja nicht gut, daß ein folcher
Klang Hinter und bergehen foll. Ä |
Inſonderheit will ic die junge Welt zur Demuth
ermahnet haben, und daß fie den Stolz von ihrem
Leibe ablegen. Wem ift Damit gedienet, daß du für
deine Perfon reich und ftolz bift, und hilfeft niemand?
Der iſt Förtlih und wohl gezieret, und für dem foll
man auch allein ven Hut abthun, welcher feines
Amts treulih wartet, von Herzen demüthig ift, und
feinem - Naͤchſten gerne hilfe. Nicht. fol man die
faulen Praffer ehren, um ihres Stolzes und Hof
fartö willen, | |
5 Wer ermahnet bie Epriften zum neuen Gehorfam ?
E. ermahnen dieſelbe dazu die lieben Apoſtel gar
fleißiglich, in allen ihren Epiſteln, zum voraus aber
St. Paulus Röm. 6. Sind wir mit Chriſto
auferffanden, fpricht er, und in ein ewiges
göttlihbes Wefen getreten, fo laſſet uns
auch ein neues Leben fuhen Welches ſchoͤne
Capitel ich einem jeden Chriften zu lefen will befohs
Ien haben. Doc gleichwohl alfo, daß Feiner gedenke,
er wolle durch feinen Gehorſam allererft ein Ehriſt
&0 Vom heilſamen Gebrauch
werben, Wie wir denn ohne Zweifel darum mit
ſo vielen Schwachheiten in dieſem Leben umgeben
find, Daß wir nicht vermeſſen werden, fondern gerne’
in Chriſto und in ſeiner Gerechtigkeit bleiben. Wer
aber ein neues und GOtt wohlgefaͤlliges Leben fühs :
ven will, der ſuche es ja nicht bei feinem Vermögen,
fondern in herzlicher Bitte bei feinem Weinftod JEſa
Ehrifto, der geſprochen hat: Ohne mic koͤnnet ihr
nicht thun. So wird er den Sündern feind wer⸗
den, und die Gerechtigkeit lieben.
6 Ich füpte dies deider!) mehr, ‚ benn mir Lieb it, daß
nichts Gutes in’meinen Kräften. ift, berowegen will ich
. gerne alles bei Chrifto fuchen: Aber weil mein Fleiſch
und Blut alles Gute flarf bei mir hemmet und hindert,
möchte ich wohl gerne wiſen, ‚ wie ich ihm widerſtehen
fol? ,
E. iſt (leider!) allzuwahr, „ daß die Natur, ob fie
gleih durch den heiligen Geift erneuert it, gleichwohl
bem Gefeß zumider, und vol böfer Lüfte if. Sol⸗
den Lüften aber muß man mit allen Kräften wider⸗
Dura ftreben, daß fie nicht in-die That gerathen: Sonder⸗
Gebet. lich durch ein ernfted ftetes Gebet. Denn. der Zeus
fel ift ven Heiligen feind, darum kann er fie fürs
zen, daß fie für ihren Feinden zu ſchanden werden,
— thut ers gerne. Die Maͤßigkeit iſt auch eine felige
Arzenei, wider des Fleiſches Toben zuſamt taͤglicher
Arbeit. Doch iſt G tt bei ven Seinen. Er regie⸗
3 ret ſie durch ſeinen heiligen Geiſt, und behuͤtet ſie
> für Sünden, Fallen fie aber, fo richtet er ſie ſtracs
wieder auf, Daß fie in einem neuen Leben wandeln.
Denn auch ihr Fallen muß ihnen zum Bellen vie
nen. Ein Gebrechlicher iſt demuͤthig, haͤlt feſt an
der Gnade, und wandelt fürfichtiglidy; doch iſt ſtehen
allezeit beſſer, denn fallen, um des Gewiſſens und
groben. Poͤbels willen, welcher ven Rath GOttes
bes Schatzes der Seligkeit. 441
immer erkennen Tann. Wer am allergottſeligſten,
züchtigſten und ehrbarlichſten lebet, der kann kaum für -
ver boͤſen Welt bleiben, wenn der Laͤſterer Laͤſterun ⸗
sen ausſaͤet: was wollte denn wohl gefchehen, wenn
ie Schuld dabei wäre, und Das Gewiſſen fi) gefan⸗
ven geben müßte? | u
Derowegen foll ein jeglicher wahrer Ehrift,; wenn.
7 des Morgens aufftehet, ſich GOtt gänzlich erge⸗
ven, und ihn ernftlih anrufen und bitten, daß er
bh durd feinen heiligen Geift leiten und führen
volle, damit er wider feine Gebote nicht handele:
bh HErr! regiere du mich, fo bin ih für Suͤnden
vehütet, und fo wandele ih reht, Denn der Buch⸗
tab thut es nicht, fo thut ed auch mein Auffak und
reier Wille nicht, fondern allein dein Geift, ‚welcher
ad neue lebendige Gefeg ift, und die Kinder GOt⸗
es treibet, Wie dich nun GOtt darauf führet, fo
ft. er recht, und fo ift es fein gnädiger Wille. Du
ollt dich an deinem Leben nicht Aärgern, denn es iſt
n GEOtt gethan.
. Was wird fuͤr dieſe ſchwere Arbeit, _ welche- bie wahren
Ehriften, in Tödtung des Alten Adams, anwenden, für
Belohnung erfolgen? . u
Wer in dem ſuͤſſen Troſt der empfangenen Gnade,
und in der Hoffnung des ewigen Lebens, alle ſein
Thun auf eitel Gerechtigkeit und auf den Nutzen ſei⸗
nes Naͤchſten ſetzet, und ſtets fein nüchtern und bei
zuter Vernunft bleibet, und fein Zleifh und Lüfte
durch ein tiefes Nachdenken, ja durch ein tiefes Seuf⸗
en zu GOtt um Hülfe des heiligen Geiſtes, toͤdtet,
ınd feine Kinder in GOttesfurcht auferziehet, fein
Sreuz in. der Stille und Geduld träget, feine Thor⸗
yeiten und Fehler mit heißen Thränen, ja mit dem .
heuren Blut JEſu Ehrifti abwaͤſchet, und ſo ſtirbet,
der ſtirbet wie ein guter Baum mit edlen Fruͤchten
zezieret, und wird deſſen eine unausſprechliche Ehre
®
442 Vom heilſ. Gebrauch b. Schatzes d. Seligkeit.
und Belohnung haben. Denn bier find wir nun
Onaden : Rinder, wiewohl in der Fülle JEſu Chriſti,
unter dem Creuz: Aber dort werden wir beide Gna—⸗
den; Kinder und Ehren⸗Kinder feyn, ohne Ereuz,
und werden und über unferer großen Herrlichkeit mit
den heiligen Engeln GOttes im Himmel freuen ewig:
lich. Wir werden Saphir und Diamanten feyn, und
güldene Scepter in ven Händen tragen, als neue
wohlgeftaltete Koͤnigs⸗Kinder, und werden unferm
Erloͤſer JEſu Ehrifto zu Lob und Ehren ein Tröpie
des Halleluja ſingen.
8. Wie ſoll ich die wahre Gottſeligkeit alſo äben, Daß ich
uu folder rende und Herrlichkeit gelange?
Davon will id dir im erſten Gapitel des folgenden
legten Buchs fatten Bericht geben.
ET En Se VE _ ——— ——. — 5—— —————— —— —— Ge
Vom tugendreichen Leben der wahren Chriſten. 445
D a8 vV. B:u cd.
Bon dem Qugend- und Creuzreichen, wie auch
vom ewigen Leben der wahren Chriſten, welche
des Schatzes ihrer Seligkeit gebrauchen.
| 1. Barım willt bu hievon anch noch Bericht mits
:theilen ?
Darum „ weil es das legte Stuͤck unſerer chriflichen
Reisheit und Uebung if. Denn wenn id mein
Heil erkannt und durch wahren Glauben: ergriffen
abe, und bin über meiner Seligkeit fröhlih, und
anke GOtt dafür, was follte ich denn anders mehr
bun, denn daß ich nur mein Fleiſch toͤdte? Und
venn mir Dazu GOtt feine Hülfe durchs Creuz ſen⸗
yet, Daß ich das Geheimniß des Creuzes erfennen
erne, es mit Geduld ertrage, und auf die Zukunft
neines Erlöfere JEſu Chriſti warte, wie St. Paus
us,2 Cor. 6 und 7. und Titum 2. lehret und ers
nahnet. Denn obwohl die Slaubigen und Getaufs
en die Erftlinge des heiligen Geiſtes reichlich empfans
ven haben, fo find fie Doch darum noch nicht lauter
Beiſt, wie file in jenem Xeben feyn werden: fondern
ie haben und tragen noch an ihrem Halfe manchers
ei thörichte und ſchaͤdliche Luſte. Die Sünde wüthet
och in ihrem Fleiſch, wie ein hikiges Fieber, das.
ich durch Fein Waſſer ſtillen laͤſſet, da iſt Geldſucht,
Weltſucht und Ehrſucht. Da will man alles haben,
vas man-fiehet, oder was man erdenfen fann. Sons
yerfich aber ftrebet das Herz nah Wolluft, in den:
Alten ſowohl als in den Jungen. Und je geiſtreicher
iner ift, je mehr er Plage von dem närtifchen Fleiſch
hat. Welches darum geſchiehet, auf Daß man wider.
die Sünde ftreite, ſie uͤberwinde, und das Ritters
Rränzlein der. ewigen Ehre erlangen moͤge. Denn
— —— — —
444 Rom tugenbreichen Leben '
wer nicht zu kaͤmpfen hat, und wer nicht überwin
det, der wird nicht gekroͤnet.
| Es geſchiehet aud) Darum, daß man Diefes ge
fährlichen Lebend müde werde, und hinaus in val
ewige Vaterland gedenke. Denn wer gehet doch gern
auf einem fchlüpferigen Wege, da man kaum ven
. Sand. faffen und halten fann? Und zwar, wo GO
der HErr feine liebe Kinder nicht bei der Hand füßs
rete, fo würden fie manchen ſchweren Kal thun
Denn fie haben gar zu viel Reizungen innerlich und
äußerlich. - Ihre Herzen ‚find wie Stroh, das leicht
Tann angezündet werden, und der Zeufel hilft auch
Dazu.
ie man aber bawider, als ein: chriftliher Ri
ter, ritterlih flreiten foll, wollen wir itzt im 1 Ce
Bi des eriten Theils dieſes fiebenten Buchs be
richten.
Der l Cheie
Bon der wahren Chriften tugendreihem Leben.
Warum muß ich hievon auch noch recht unterrichtet
werben ?
—88 E⸗ find zween Puncte in heiliger goͤttlicher Schrif,
—* vor darauf ſich ein jeder Chriſt, damit er ſie wohl lerne,
PA mit ganzem Fleiß und Ernft begeben. Der Erfte iſt
fers Epri: das wahre Erfenntniß Chrifti, oder die hohen Wohl
* thaten JEſu Chriſti, welche er und durch feinen bit
ums. tern Tod erworben bat.
Der Andere ift das Erfenntniß eined gottfeligen
X... Lebens, wie man bier auf Erden ein Gtt wohl
“ gefälliges Leben führen fol. Bon dem erften fahrer
bet St. Paulus‘ Eph. 1. alfo: Der GOtt unfers |
Herrn JEſu Ehrifti, und der Vater der Herrlidı
Reit, gebe euch den Geift der Weisheit und der Of
‚ fenbarung, daß ihr erfennen möget, welche da ſey
i
}
der mahren. Chriſten. J 449
ie Hoffnung eures Berufs; und welder fey der
Reihthum feines gerrücen Erbes an feinen Heil
zen. Und Eap. 3.: Ich beuge meine Knie gegen
em Vater unſers HErrn JEſu Chriſti, der der
echte Vater. iſt, daß ihr begreifen moͤget mit allen
Heiligen, welches da ſey die Breite und die Länge, .
ie Tiefe und Höhe, nemlich, der Weisheit des heis
igen Evangelii, oder aller Wohlthaten JEſu Chriſti.
Bon tem andern aber, nemlid), von dem Erkennt⸗
niß eines gottfeligen Lebens, feßet er Diefe Worte :
Say. 5: Seyd nicht unverſtaͤndig, ſondern verſtaͤn⸗
ig, was da ſey des HErrn Wille, daß ihr follet
yerlig und unfträflic; feyn für ihm in der Liebe, Sepp |
inter einander freunplich, herzlich und vergebet einer
em andern, gleichwie GOtt euch vergeben bat in
Shrifto. Und abermal: Saufet euch nicht voll Weing,
araus ein unordentlich Weſen folget, fondern wers
‚et voll Geiſtes, und redet unter einander von Pfals
nen und Lobgefaͤngen: Schandbare Worte aber und .
Rarrentheidungen laſſet von euch nicht gefaget wer⸗
en, und betrübet ven heiligen Geift nicht. Zum
oraus meidet Hurerei und Den Geiz, denn ihr feyd
ad heilige Bolt GOttes, gefhaffen in Chriſto JEſu
u guten Werken.
Bon dem erften Punct ift bis daher ſattſam Be⸗
icht geſchehen: Der andere aber iſt nur insgemein
m 9 Capitel des Buchs beruͤhret, derowegen muß
»avon noch eigentlicher Unterricht gegeben werden:
Denn ed iſt dem heiligen chriſtlichen Glauben eine
woße Unehre und Schandflecken, wenn man. nidt
hriftlich und Dem Glauben gemäß lebet. Ja, ver
rat feinen Glauben, wer nicht ded Glaubens Früchte
n feinem Leben beweifet, und ift in der That nichts
Ieffer, denn ein Heide, ob er gleich den chriſtlichen
Rumen führet, wie St. Paulus Epheſ. 4, ſchreibet:
So ſage ich nun und zeuge in dem HErrn, daß ihr
sicht wandelt, wie die andern Heiden wandeln in Der
Eitelkeit ihres Sinnes, welcher Berftand verfinftert
246 Vom tugendreichen Leben
iſt, und find entfremdet von dem Leben, daß au
GOtt ift, durd die. Unmiffenheit, fo in ihnen it
durch die Blindheit ihres Herzens, welche ruchle
find, und ergeben fih ver Unzucht, treiben allerla
Unreinigfeit, famt dem Geiz. hr aber habet Chn
ftum nicht alfo gelernet, fo ihr anders von ihm ae
böret habet, und in ihm gelehret feyd, wie in SEi
ein rechtſchaffen Wefen iſt. Demnach, wer ein rede
fhaffener Chriſt Jeyn will und Chriftum redyt geim
net bat, muß nicht mehr heidniſch, fondern chriſtliq
leben. ' |
| Das I Capitel. |
1. Wie follen rechtſchaffene Chriſten recht chriſtlich Ichen?
Eichen, follen ihren Augen, Gedanken und Lüften nich
weitihenfolgen,, fondern ſich mit den allevvernünftigiten um
Re Rrebg eiligften Gedanken aufhalten, und wider vie Luft
ftreiten. Laß dich, lieber Menfh, durch deine Au
nicht übermältigen, noch in Sünde ſtuͤrzen. aß
nicht, Das rathe ih dir. Halte did feſt: Gicht
wie .ein Mann. Denn Faͤlle bringen Unrath us
Ä Schmerzen. |
urſachen Wille du dem Teufel im Gewiſſen und die Ri
N eklabeit auf den: Halfe haben, fo falle. Willt du aber Ftick
"und ein füfles Leben haben, fo ſtehe. Denn das iß
die rechte Wolluft, feine Unluft von der rechten Vel—
luft haben. Das üt ein edles Paradies, von keinc
groben Außerlihen Sünde beunrupiget werden. Ui
annft den Teufel und die Welt nicht beſſer verirch
und bift auch für GOttes varerliher Ruthe vet
fiherer. Denn das ift gewißlich wahr, daß SCH
ob er wohl feine Gnade von feinen lieben auserwaͤblb
ten Rindern nicht. wendet, wenn fie etwa irren, fir
cheln und fallen, ‚fie dennoch gleichwohl vaͤterlich
heimfuchet und ſtrafet, entweder innerlich mit einer
heftigen Zerknirſchung, oder aber mit einer Außer
— — — ou -- m — — —
der wahren Chriſten. 447°
hen und leiblihen Strafe, wenn fie die Gebote feines
Beiftes verlaffen, und in feinen Wegen nicht wans
eln, wie der 98. Pſalm ausweifet, auf daß fie fi
rfennen, demüthiger, vorfidtiger und frömmer wers
ven.
Weil auch die lieben Chriſten für allen ‚andern
Dienfchen ſonderliche hohe Leute find, erlöfet von al-
em Schaden, darin fie Adam gebradit, und in vos
ige Herrlichkeit geſetzet, die fie vor dem Hall hatten,
ft es billig und recht, daß fie nicht ſchlecht dahin le⸗
en, wie andere Heiden, fondern herrlich, wie Chris
ten ihrem hohen Stande würdig. Daher führet ©t.
Paulus viefe Ermahnung, da er ſchreibet Ephef. A,
ych ermahne eud lieben Brüder, daß ihr
pandelt würdiglid eurem Beruf, dDarinnen
br berufen feyd. Ob er fagen wollte: Ihr ſeyd
zerecht, und GOttes liebe Kinder, und feyd berufen
um ewigen Leben, darum wendet Fleiß an, daß ihr
such ein ſolch Leben führet, welches eurer Herrlich:
keit und eurem Beruf geziemet. Und in verfelben
Spiftel Cap. 5: Wanpdelt fürfihtiglid, das iſt,
ws bobem Verſtande des Geiftes GOttes, wie ſich
3 eigmet und gebühret. Phil. 2. ſpricht er, daß. die
ieben Chriften in ihrem Leben daher “leuchten follen,
vie Sonne und Mond, und andere helle Lichter,
daß ſich ein jeder ihres Glaubens fegne und vers
mundere,
2. Zu Verbätung alles Unfalls will ich gerne in der Furcht
GOttes gottfelig leben, wenn ich nur wiffen möchte, wel⸗
ches die feligen Werke feye, die Gott” fordert und if
gefallen laͤſſet? |
Solche Werke ſind nicht dieſelben, welche die Selig⸗ erde
Chriſtum verdienet, und iſt ſchon da bei allen wahren ©! teit
Thriſten: fondern Die, welche aus Der Freude Der found
feit verdienen wollen: venn viefelbe ift ſchon Durch
tum. _. it
ni .
”
a Dom tugendreichen Leben
diefelde ewigen Seligkeit herflieffen und die Seligkeit beze
begengen. gen, Denn was nicht aus diefem Brunnen quille
das gefället GOtt nicht: Wer etwas Gutes thut, d
muß es fo thun, als einer, der in Chrifto iſt, un
von GOtt Herzlich geliebet wird. Mit einem foldye
Herzen muß man auss und eingehen, und dem Näd
ften Wohlthat erzeigen. |
3. &rfläre mir dies etwas deutlicher, bamit ich infonbe
heit wifle, welche Werke GOtt gefallen, und wie ich
"echt gottfelig leben koͤnne?
1. £iebe Wenn du GOtt mit deinen Werfen gefallen, um
Gott, recht gottfelig leben willt, fo liebe und fürchte
Erftlih für allen Dingen deinen GOtt von gaw
. zem Herzen und von ganzer Geele: Denn er bel
und fo hoch .geliebet, daß er feined einigen Sohn
nicht verfhonet bat, fondern ihn für und dahin ge
geben, daß er und erlöfete, und hat und für fein
Kinder angenommen, und.feine Ziebe in und ausge
goffen durch feinen heiligen Geift, und träget und in
feinen Händen, und frönet und mit Segen, ja thut
täglih Wunder an und. Co ift ja zumal billig, daß
wir ihn wiederum von Herzen lieb haben, ehren und
fürchten, wie er Malady. 1. ſpricht: Soll ein Sohr
feinen Bater niht lieben und ehren, um
ein Knecht feinen Herrn nicht fürdten? Bu
ih nun Bater, wo ift meine Liebe und Ch
re? Bin ih Herr, wo ift meine Furcht? De
gleichen. Johannes in feiner 1 Epiftel, Cap. 4. Kind
lein, laffet und GOtt lieben, denn er hal
uns erſt geliebet, Wer in der Liebe bleibt
der bleibet in GOtt. Denn OOStt iſt. dit
Liebe, Das aber fann niemand thun, ed fey dem
Sache, daß das Teuer der Liebe GOttes von oh
berab durch den heiligen Geift in unfern Herzen «#
gezündet werde. Das Wollen koͤnnen wir wohl be
beh, aber das Vollbringen nicht, wo es und ve
F
...-_ . .— — u A ET TT
der wahren Chriſten. 449
den Geiſt der Liebe nicht gegeben wird, Es ift aber
ein fuffes Ding um die Liebe GOtted, wenn man.
darin wandeln mag. Es iſt .ein groß Stud vom
ewigen Leben, warum man Ott täglid billig ans
anrufen fol: O HErr BDtt! der du mid gelichet
haft, und noch liebeit, wie dein Herz und Augapfelt
©id Gnade, daß ich ‚did und deinen lieben Sohn
möge von Herzen lieb haben, und in ſolchem lieblie
chen Feuer wachen und ſchlafen, leben und fterben,
auch wenn du zuweilen etwas unjanft angreifelt, und
folägeft ‚mein Herz ans Creuz. Denn du willt mid)
noch nicht kuſſen, du haft mich denn vor verwundet,
Die Verwundeten feßeft vu auf Deinen Schooß und
beileft fie freundlich, und tröftelt fie wunderlih, und
küſſeſt fie‘ lieblich.
Wer alſo durch die Liebe in GOtt bleibet, und
GOtt in ihm bleibet, der hat die Zuſage, daß ibm
hohe Dinge follen offenbaret werden, und ihm mie
derfahren foll alles, was er bittet, und daß er nah -
einem engen Raum auf ein weit und luftig Feld
fommen foll, da eitel Roſen wachen, und eitel Freude
und Wonne ift, wie Chriſtus faget, Job. 14 u. 15.
Wer Luft zu lejen bat, der lefe diefe Capitel,, Wer
aber GOtt fürchtet in allem feinem Thun und Laſ⸗
fen, dem muß ed wohl geben: Und ob es ihm gleih
zuweilen übel gebet, fo muß Das Uebel feines Glau⸗
bens und Gebets Uebung feyn, und er muß: wieders.
um berfür brechen, wie Die Morgenröihe, wenn er
auch mit viel taufend Laften alles Jammers und
Elends beladen wäre
4. Bat fol ich mehr chun? —
Sa fürs andere auch fröhlich in deinem GOtt, und 9.6
erzeige Dich ihm dankbar. Denn fo ſpricht der heilige —
Geiſt durch den Mund Davids, Pfalm 47: Klap har. ’
pet mit Händen, alle Bälfer, und jauchzet
GOtt mis froͤhlichem Schall Wenn ein Erik
Ä 22 J
40 Dom tugendreichen Leben
des Morgens erwachet, und ſich der Gnade GOttes
in Chrifto erinnert, oder fonft das Wort ver Gnade
gehöret hat, fo fol fich feine Seele aus aller Trau
rigkeit in die böcfle Freude GOttes erheben. Gein
Herz fol fo fröhlich feyn, als eines Engeld Herz
ja GOtted Herz tft, denn er iſt nun ein Engel und
GOttes Kind, er bat es eben fo gut, als es die
Engel im Himmel haben: Sünde, "Zorn, Teufel,
Tod und alles, was Traurigkeit ın ihm verurfachen
Eönnte, iſt durch die Taufe gänzlich von ihm genoms
men, und er ıft die hoͤchſte Herrlichfeit, beive der
Gerechtigkeit, der Gnade und des Lebend geſetzet.
Und ob er noch wohl hier in der Welt ift, unter
dent Teufel und boͤſen Menfhen, fo weiß er vod,
daß ihn. GDtt wider alle Xyrannei mit feiner Hand
bevedet, und ihm ein ficher Geleit gegeben bat: va
ihm auch fonft feine Armuth und Krankheit zum Bes
ften dienen müffe. Er fol auch feine Harfe in vie
- Hand nehmen, und darauf GOtt ſuͤßiglich fpielem.
Er foll inwendig und auswendig GOtt fingen, wie
alle Pfalmen lehren, und feine Kinder von (jugend
auf zu ſolchem ottespienft gewöhnen. Denn Died
ift der Gottesdienft ded neuen Teſtaments, an wel
chem GOtt und alle feine Engel ein herzliches Vohl⸗
- gefallen haben, 5
Wenn eine hohe adelihe oder fürftlihe Perfon
mit den Knieen auf einem fanften Politer ſitzet, und
bat ihre fürftlihe Kinder am fih ber, und preiet
GOStt in feiner Gnade, betet auch, und bittet um
Abwendung des großen Ungluͤcks, welches der undank⸗
baren Welt für der Thür balt, das iſt im Himmel
fo. ein lieblich Spektakel, daß auch dem Sohn GO
tes darüber die heiſſen Thraͤnen vor Freude und Lich
aus den Augen fallen. Aber es ift bei vielen Schandt
worden, folhes zu thun: Darum ſchaͤmet ſich GEH
unfer wiederum, und wird fi feiner Veraͤchter ſchaͤ—
men in Ewigfeit. Denn zu dem Ende find wir: durch
Chriſtum erlöfet, und zu dem Ende hat uns GOu
+1
der wahren Chriften. — 351
I für feine Kinder angenommen, nicht zwar, daß wir
‚ihn mit den Teufeln verachten, fondern mit feinen
« lieben Engeln. chren, rühmen und preifen ſollen. Wer
dem HErrn nicht danket alle Tage um feiner Gnade
; und Güte willen, der iſt des HErrn nicht werth.
„ Ein folher wird im Abgrund der Hölle heulen müfs
‚ fen. zu ewiger Ewigkeit, und deſſen keinen Dank ha⸗
: ben. Denn GDtt hat es allzuboh um uns ver⸗
ſchuldet. | e
N
r 85. Was fordert GO mehr von und?
Mer GOtt recht dienen will, der fey fürs britted; Seh beie
heilig an Leib und Seele, und widerftrebe aller Brunftuaeer
und Luft durch Keufchheit, und durch ein ernſtes
. Gebet. Ariftotelid Tochter, da fie gefraget ward,
welches doch die fehönfte Farbe wäre, antwortete fie,
Die Roſenfarbe. Denn Schaam: zieret einen jungen
Menſchen, ja. alle Menſchen am meiften. Ein juns
ger Menfh ſoll fo vol Schaam feyn, wie eine Roſe
voll Roͤthe ift. Ä - |
Ein ſchamhaftiger Menſch ift einer- fchönen und .
rothen Rofe gleich, und ift aller Ehren werth. Schwer⸗
li aber kann ein Menſch- Heilig feyn, wo er nicht
mäßig dabei ift, |
— — — — wm -
6. Was will mir mehr gebühren®
Sum vierten fey auch fein aufrihtig und rechtfertig. 8FM
in allen Sachen. Ein doppelt und falſch Herz taus in alen
get nıchts Liebe und Treue aber tauget, und gefaͤl⸗Sadqben.
let GOtt im Himmel, Laß deinen NRädften in fer .
nen Würden bleiben, rede das Liebfte von ihm, und
thue ihm Gutes. Titus Veſpaſianus machte ihm tägs
lich einen neuen freund, fo thue du ihm auch. Es
ſoll dir eine große Freude ſeyn, wenn du dich um
jemand wohl verdienet haft. Hüte did, daß du deis
ned Bortheils halben ja niemand zu nabe ſeyſt. Denn
U
‚452 Vom tugendreichen Leben
wir ſind Bruͤder unter einander. Wer aber unrecht
thut, der verfehret fein Gewiſſen, und hindert fein
Gebet, und giebt dem Teufel Urſach zur Anfechtung,
und ladet die Welt auf ven Hals, und verurface
GOtt den Vater zur Strafe. Denn obwohl GEOtt
Vater ift, fo kann er doch gleichwohl das unrechtfen
tige Weſen feiner Kinder ungeftrafet laſſen, wie Et.
Naulus 1 Theil. 4, ſchreibet, und die tägliche Er
»
fahrung giebet. |
7. Bas foll ich mehr than?
E⸗ iſt auch zum fünften eines wahren Chriſten groͤ—
Befte und Höchfte Luſt und Freude andern dienen.
Died machet der heilige Geift, weldyer in ihnen if.
Der machet der Glaubigen Herz füfle und wohb
thätig gegen jedermann. Und es iſt auch GOttes
Mille, daß feine neugeborne Kinderlein gute Bäume
und friſche Brünnlein ſeyn füllen, wie ver HEn
Chriſtus fpriht Luc. 6. Seyd barmberzig, wie
euer Bater barmberzig iſt. Gebet, fo wird
eucd gegeben. Thut wohl und leihet, daß
ihr nichts dafür hoffet, fo wird euer Lohn
aroß feyn. Deögleihen St. Paulus Röm. 12.
Nehmet eudh der Heiligen Rothdurft an,
berberget gerne. Ä ’
Decenn was ſoll ein Menfh in der Welt machen,
wo er andern nicht dienen fol? Er wäre lieber tobt.
Wie denn auch folhen unfruchtdaren Bäumen gedränt
wird, Daß fie bald follen abgehauen werden; vens
GOtt ift feinem NRülzen und Filzen gut.
Die Welt, des Teufeld Braut, raffet- und reife
zu fih, was fie nur erhaſchen fann: Wenn fle abe
alles hat, fo fiehet fie fauer aus, und will Hungen
fterben,, feufzet und klaget, als hätte fie nichts, und
Tafjet ven lieben Lazarum ungetröftet von ihr gehen.
Darum fpeiet fie GOtt wiederum an, ald ein um
flätiges Schwein, und läffet fie ſchlachten. Aber ſeint
ber wahren Ehriften, 655
Rinder geben lieber, denn daß fie nehmen. Darum
iſt er ihnen von Herzen hold, und gefegnet fie bis
ins Dritte und vierte Glied. Das Glüd der Chriften
(muß beftändig feyn, und währen von Kind zu Rind,
Denn fie find die Gefegneten des HErrn, fie find
Bäume, gepflanzet an die Waflerbähe GOttes, wels
ce immer frifh und grün find. Denn fie haben
Luft, gute Fruͤchte zu tragen, GOtt folget ihrer
Luft, und ſchenket ihnen immer mehr und mehr ein,
der Born ihrer Wohlthätigkeit muß immer voll bleis
ben, und einen Fluß nad dem andern herfür geben,
—
8. Was fordert EOtt mehr von feinen Kindern? .
Er will auch endlich, daß ein Chriſt in allem Teig. en ge⸗
ben ſtark und gedultig ſey. Wer getaufet iſt, der dydini
wird wohl in die Gemeinſchaft der Heiligen und in
alle Guͤter Chriſti getaufet, aber doch auch gleich in
den Tod JEſu Chriſti, wie St. Paulus ſpricht
Roͤm. 6. Er fchide fih nur zu allem Leiven JEſu
Chriſti. Die Welt ift wohl dafür behütet, aber ein
Ehrift niht. Denn es ift befchloflen im Rath ver
heiligen Dreieinigleit, daß die Kinder der ewigen
Herrlichkeit des Teufels und der Welt Feindſchaft,
Schmach, Berfolgung und Herzeleid, und endlich
den bittern Tod leiden follen. Durch dieſen Weg fol
len fie eingehen zur ewigen Seligkeit, gleichwie die ans
dern zur Freude in die Hölle fahren muͤſſen. Das
alles fol nun ein Chrift leiden, und Gott von Her
zen dafür danken. Es fol ihm wohl thun, Daß er
ſtets auf dem Wege des heiligen Creuzes gefunden
wird. Denn ed fället ihnen doch Fein Härlein yom
Haupt ohne GOtted Rath.
Wenn eine Gemeine von wegen Beradıtung Des
heiligen. Evangelüi zur Strafe reif ift, fo muß fie ih⸗
rem Lehrer groß Herzeleid anthun, fie fichet nicht,
was fie thut, fondern nur was jener leidet, da doch
Dies Spiel ihr gilt, Alſo it ed mit andern fiommn
+4
ne, _
nr — mo
54 Vom tugenbreichen Leben
Merfonen auch. Wenn ein Dann, Frau, Jungfrau,
Schmach und Herzeleiv leidet, das gilt ihren Fein⸗
den, Denn fie müillen ſich alfo vergreifen, auf Daß
ſie defto redlicher geftrafet werden. Wenn nun Greuz
Da ift, welches zwar wehe thut,, fo foll der Menſch
ſich verleugnen, und es willig und gerne leiden: Soll
aber den Pfalter indeß für vie Hand nehmen, und
ernftlih beten, fol feine Stärke, Troft und Freude
aus Chriſto ſuchen, fol feine Hoffnung feßen auf
die Herrlichkeit des ewigen Lebens; wie einem Dem
der Muth der Fünftigen Herrlichkeit maͤchtiglich waͤch⸗
fet, wenn man diefer Welt tod if. Wer- hier Feine
bleibende Stätte bat, fondern ded Todes immer ger
wärtig iſt, der träget die Süßigleit bed ewigen Les
bens allbereitd in feinem Herzen. Er ſitzet allbereits
unter den Engeln und ſchauet GOttes Angeſicht.
Seine Freude ift höher, denn feine Vernunft, Je⸗
doch ift GOtt getreu, welcher den Seinen nit mehr
will auflegen, als fie ertragen Tonnen. Wenn der
Pſalter ihr worden iſt, daß fie nun alle Urfady ſelbſt
wohl verftehen, und auf ſich deuten koͤnnen, fo hoͤ⸗
vet GOtt auf. Es ift nun genug, mein lieber Sohn!
Sch babe dir die Augen aufgethan, und neuen Ber:
ſtand gegeben, gehe nur hin, und, lies die Bibel frucht⸗
barlıh, du bit nun David und Job worden: Was
in ihre Anfechtung gehöret, das ift von dir gefchries
ben: Denn mein Geift hat dich erfannt, ehe Du ges
boren bift, -
Wer ſich nun alfo verläugnet, und täglich durch
den heiligen Geift GOtt aufgeopfert bat, der thut
den Willen. GOttes, und ſtehet für ihm im beiligen
Shmud, und it GOtt ein füfler Geruch. Ale
Engel bereiten ihm Kraͤnze und Kronen, bamit fie
ihn zieren am Tage aller Heiligen Herrlichkeit,
ber wahren Chriſten. - 455
9 Wie fol ich dieſe und dergleichen GOtt wohlgefällige
| Werke recht üben? | ZZ
Erſtlich ſollen die guten Werke freiwillig und ohne ri de
Zwang gefiheben, darum, Daß wir fo einen gnädigen
Vater haben, der und fo mannigfaltige Gnade erzei
get hat, durch feinen lieben Sohn Ehriftum, das ift,
GOtt zu ehren, und dem Naͤchſten zum Nutzen.
‚Denn ein Shrift fol ihm nicht leben, fondern feinem
"Nächten. Er foll ein guter Baum feyn, welcher
allen Menſchen gute Früchte träget: Wozu man ihn
haben will, fol er fidy gebrauchen laffen, willig und
gerne: Es fol feine Luft feyn, daß er andern hülf⸗
lich und förderlich feyn möge, und ſich gleich grämen,
wo etwan ein Tag fürüber gegangen ift, an welchem
‘er feine Seele erfreuet hat. Wer aber einem Chris
flen dienet, der bienet einer boben Perſon in dem
Herrn Ehrifto felbft, welcher die Slaubigen für feine
— erkennet, und wird deſſen reiche Belohnung
ha
en.
Welcher aber alles unwillig thut, und denen heim⸗
lich fluchet, welcher er oͤffentlich dienet, der thut nichts
für GOtt. Denn GDtt will ein willig Opfer ha⸗
ben, oder will Feines haben. Die Werle der Chris
ſten müffen aus Liebe herflieſſen, oder fie find nicht
gut oder löblih, wenn fie auch der ganze Gehorfem
bes Geſetzes wären. |
10. Was gehöret mehr dazu ? |
Hernach fol ein Chriſt ganz rund und volllommen?-Aufrids
am Berftande, am Glauben, göttliher Gnade an x
ber innerlichen Freude, an der Großmaͤchtigkeit, an
der Liebe und im ganzen Leben feyn. Er foll Fein
- falfcher Heuchler feyn, welder anders fcheinet, als
er ift. Aufrichtig foll er feyn und wahrhaftig. Denn
. &DOtt will Feine hinkende Heiligen in feinem Reich
haben, Alles fol an und gefund feyn, der Verftand
gefund, des Blaube gejund, das Herz gefund, das
FE
f .
.
—
—
ass Dom tugendreichen Leben -
Kenntniß gefund. Fuͤrnemlich aber fol fi ein Chriſt
biezu gewöhnen, daß er ein feiner, beherzter, wahrs
haftiger, nüchterner, reiner, züchtiger, ehrbarer, ges
rechter, friedjamer, fröhlicher und wohlthätiger Menſch
ſey. Ein Chriſt fol alle. berühmte Heiden mit Tu⸗
genden übertreffen: Denn er bat die rechte Wurzel,
die innerlihe Kraft, daß er es wohl thun fann. Er
bat in ihm den heiligen Geift, den Born der Weis
heit, und aller chriftlihen Tugenden. - |
Zu Diefem Ende hat und Chriſtus von allen Süns
Den erlöfet, auf daß wir und dadurd in Liebe und
Daenkbarkeit ermuntern, neue Greaturen werden, und
ihm dienen follen ohne Furcht der Strafe, und ger
ſuchten Lohn, freiwillig, mit Luft und Liebe unfer
Eebenlang, in Heiligkeit und Gerechtigkeit, die ihm
gefällig ıft, Luc. 1. ' Bu
Denn dafür follen wir und halten, daß uns Chris
ſtus nicht Darum Diefen hohen Schatz unferer ewigen
‚Erlöfung durd fein Blut erworben, und im Sacra⸗
ment der Taufe gefchenfet habe, daß wir fein mißs
braudyen, und unjern LZüften ficherlid ven Zaum laß
fen und folgen follten: Nein, nein, das ift nicht
‚der Rath GOttes, fondern, daß wir vielmehr dars
um von.ihm fo tbeuer erlöfet feyn, daß wir hinfort
fein Eigenthum und fein beiliged Bolt feyn follen
ewig, und brünitig zu allen guten Werfen, Tit. 2%
Es ift erjchienen die beilfame Gnade GOt—
tes allen Menfhen, und züchtiget und, daf
wir follen verläugnen das ungsttlide Ve
fen, und die weltlidhe Lüfte, und züdtig
gerecht und gottfelig leben in diefer Welt,
und warten auf die felige Hoffnung de
Herrlicleit des Zroßen GOttes, und ur
ſers Heilandes JEſu Ebrifti, der ſich jelßk
für ung gegeben bat, auf Daß er ung erik
fete von aller Ungeredhsigfeit, und reinigt
ihm feloft ein Volk zum Eigenthum, del
- fleißig wäre zu guten Werten,
der wahren Chriften. 457
Ya, die Wohlthaten JEſu Eprifti im Wort ges _
‚ prediget, zünden in uns an Liebe und. Gehorfam
Ehrüti, daß ein Menſch nie ven &ünvden feinder,
- und zu allen chriftlihen Tugenden williger und auch
geſchickter it, denn eben zu der Zeit, wenn ihm die
Wohlthaten Chrifti durchs Wort fürgetragen werden.
Da ſchmelzet ihm gleich dad Herz von großer Liebe
Chrifti, und wollte gerne mit jedermann Freundſchaft
balten. Denn ein Herz, das fröhlid it in Verge⸗
bung der Suͤnden, das ift auch fromm und freund»
lich gegen GOtt und Menfhen, und wollte gerne
jedermann dienen: Das machet der heilige Geiſt, wels
hen dad Evangelium mit fi) bringet im Lefen, Hoͤ⸗
ren und Betrachten, der wirfet ſolche neue Wörter
in den glaubigen Herzen: Und folchen heiligen und
feurigen Muth nadı dem Gefeh zu leben und jeder
mann zu dienen, fiebet GOtt an für einen vollfom:
menen Gehorſam, und Erönet ihn mit feinem ewigen
Segen. Daß aber nit alle Ehriften gleich feurig
—* ‚ koͤmmt daher, daß fie nicht alle gleich glaubig
ind, - | Ä
11. Was Höre ich? Erwecket das Evangelium unfer Herz
fo ſtark zu guten freiwilligen Werken, fo muͤſſen die
Papiſten große Lügner und Läfterer ſeyn, die
folched vernehmen ?
Freilich iſt dem alſo, fie thun dem Evangelio uns
guͤtlich, daß fie ſagen, ed mache die Leute lͤß. Es
machet die Leute luſtig, und erwecket in ihnen neuen
Gehorſam, den ſonſt das Geſetz nicht haͤtte erzwin⸗
gen koͤnnen, wie Paulus ſaget Roͤm. 3. Heben wir
dad Geſetz auf durch den Glauben? Nein: ſondern
wir richten es auf. Es thun uns auch die Papiſten
Gewalt und Unrecht, daß ſie ſchreien, wir verbieten
gute Werke. Wir verbieten ſie nicht, ſondern lehren
nur, Daß uns OOtt für gerecht achte aus Gnaden.
ohne Zuthun unſerer Werke, um des Bluts JEÊſu
056 Bom tugenbreihen Leben
Ebhriſti willen, und ermahnen darnach die Leute zu
rechtſchaffenen guten Werfen, ald zur Zucht und Liebe.
Denn ob wir wohl wiffen, daß die Chriften Tempel
find des heiligen Seiftes, der in: ihnen berrfchet, den⸗
fet, redet und thut alles, was fie denken, reden und
thun follen, und fie treibet durch feine innerliche Ans
segung zu allen guten Werfen, einen jeden in feinem
Stande: fo unterlaffen wir ed. gleichwohl nicht, fons
dern bitten,’ ermahnen und reizen diefelben Chriſten
zu guten Werken und Verhütung der Sünde, damit
der heilige Geiſt in ihnen nicht betrübet, des Gewiſ⸗
fend Friede nicht zeritöret, dad Gebet nicht verhin⸗
dert, und GOtt Bater zu gebührlicher Strafe nicht
‚verurfachet wird. Denn wie Auguſtinus fpricht, Tract.
. 77. in Joh. Zreuberzige Ermahnungen erweden den
Muth, und gehören mit zu der Gnade des Heiligen
Geiſtes. u |
- Die aber ruchlos find, und die vom heiligen Geiſt
nicht getrieben werden, die ftrafen wir, und ermah⸗
‚nen fie hart, ob fie Dadurch koͤnnten im Zaum ges
balten werden, und anders Sinnes werden, wir bit
ten für fie in Langmuͤthigkeit, oder befehlen fie dem
Schwerdt, welches der Obrigkeit von GOtt zu Erbab
- tung guter Difeiplin in die Hand gegeben tft, welche
Obrigkeit venn auch nicht fehlafen, und nur allein
mit Geldſachen fol zu fchaffen haben, fondern frich
um fi feben in alle Winkel, und daß glänzende
Schwerdt zuweilen redlich leuchten und walten laffen.
12. Dringet alfo Luther auf bie guten Werke?
Wir bekennen auch, ſchreibet er in der Kirchenpoſtill
am Himmelfahrtstag, S. 44. und habens allezeit
„gelehret, Daß man ſoll gute Werke lehren und thun.
AUnd daß fie dem Glauben folgen muͤſſen, daß auch,
| wo fie nicht folgen, der Glaube nicht rechtſchaffen
ıfey. Darum fchlieffet Die Lehre vom Glauben gute
Werke nicht aus, ald dürften oder follten fie nicht da
—
ber wahren Chriſten. 459
ſeyn. Und ſie nicht vie Frage hievon, ob man. güte
Merle thun fol oder nicht, fondern.. bier theilet ſichs
und muß mit Unterfhien gelehret werden, was jenes
dieſer beiden Stuͤcke inſonderheit thue und vermöge,
Das U. Capitel.
1. Ich möchte nun wohl gerne vernehmen, warum man J
gute Werke thun fol?
Erſtlich darum, weil uns Ehriftus Dazu alſet bat,
“ wie furz zuvor berichtet,
Zum andern auch Darum, weil wir des heili em
Geiſtes Wohnung find. Denn wen BDtt feine
rechtigkeit und Gnade ſchenket, demfelbigen fhenfet
er auch den. heiligen Geiſt, ‚und machet aus ihnen
“einen lebendigen. Tempel GOttes, wie St, Paulus
1 Cor. 3, ſpricht: Wiſſet ihr nicht, Daß ihr
Tempel GOttes feyd, und der Geiſt GOt⸗
tes in euch wohnet? Dies geſchiehet auch in der
Taufe. Denn fo bafd ein auserwählter glaubiger
Menſch mit vem Taufwaſſer begoffen wird, empfähet
er von GOtt den heili igen Geiſt, und wird des bei
ligen Geiſtes voll, wie St, Paulus bezeuget, Tit. 3,
GOtt bat feinen heiligen Geift über uns
reichlich außgegoffen, durch Das Bad. der
Wiedergeburt, Da ift denn der Menih eine
neue, himmliſche, göttlihe und heilige Ereatur GO
ted, und ift Gottes Luft und Freude, Welches Ger
heimniß ihr, lieben Leute, wohl willen müffet, damit
ihr euch ſolchem eurem neuen Stande und Wefen.
‚gemäß balten möget in eurem ganzen Leben, -Denn
“wer bied wohl weiß und beberziget, der kann nicht _
sülzig noch tölpifch leben, fondern er muß ſich für .
feiner felbft eigenen Majeftät fcheuen,
Zum dritten foll man auch darum gottfelig feben,
weil GOtt der HErr uns fo nahe it, daß wir ihn
‚mit der Hand wohl greifen möcten. Denn er if
‚460 Vom tugendreichen Leben
ein ewiges unermeßliches Licht, in welchem wir wan⸗
deln. Darum ſollen wir ihn ſtets für Augen haben,
und nad feinem ‚Willen leben, Seine Augen find
immer auf unfer Herz gerichtet: derowegen foll unfer
Her; in Furchten feyn, und fich aller Unreinigfeit
und Ungerechtigkeit enthalten,
° Unfer Herr Chriftus ift und auch fehr nahe. Er
wohnet nicht allein mit und in unfern. Häufern, fon
dern auch mitten in unfern Herzen, wie St. Paulus
Ephef. 3. begeuget, da er fpriht: Daß er darum
in die Höhe gefahren fey, auf daß er alles
erfülle.- Derowegen fol! man ſich auch für feiner
boden Majeftät fcheuen und fürfichtiglid wandeln,
nad, feinen heiligen Willen, in dem Geift, der und
gegeben ift, wie. ver Apoftel weitläuftig Ichret Epheſ.
5 Welches die Trunkenbolde, und andere fleifchliche
Leute oft leſen follten, fürnehmlidy, weil wir wiffen,
dag wir alle erſcheinen nrüflen für dem Richterſtuhl
JEſu Ehrifti. Hieher gehöret auch der Spruch 1 Theſſ.
3. Gott ſtaͤrke euer Herz, daß ed unſtraͤſ—
lich ſey in der Herrlichkeit, bis auf Die Zus
Funft JEſu Ehrifti, famt allen feinen Dev.
j ıgen
2. Warum erwähneft du nicht auch der Seligleit? Oder
bit du etwa in der Meinung, daß man durch bie
Werke nicht könne felig werben?
Unſere Manche lehren zwar, daß ein Menſch für GOtt
Bewifen gerecht und felig werde, nicht durch das ‚bloße Ber |
f den dienſt JEſu Ehrifti, fondern auch und fürnemlid
— *3— durch eigne Andacht und gute Werke? Aber es ik
be. „beides aus GOttes Wort und aus eigener Erfahrung
am Tage, daß unfere arme Gewiflen feine Ruhe und
Seligkeit in unfern Werfen finden können. Dens
gleich ala Die arme Zaube No& auf dem Wafler nit
fand, da ihr Fuß ruhen konnte, fondern ſich wieder
30 Den SKaften begeben mußte, Gen. 8. alfo fehen
der mahren Chriſten. a
ſich unfere Gewiſſen aud) wohl um nad) guten Wers
fen und wollten gerne darauf ruhen, aber fie finden .
keine, die den Stich halten wolle, ja es wird nur
immer tiefer und tiefer unter ihnen, daß fie endlich
an allen ihren Werfen verzagen, fi yon Sünden
und Gerechtigkeit kehren, und allein zum Blut Chrifti
fi) halten müffen: Da finden fie denn Ruhe und
uͤberflußige Ruhe. a
Weil aber die Lügner wider die Wahrheit toben,
und wollen laufen, da fie doch nicht gehen koͤnnen,
fo ftechen fie damit dem HErrn Chriſto tiefe Wun⸗
den. Denn nichts thut ihm weher in ſeinem Her⸗
zen, als daß man ihm ſein Blut ſchaͤnden ſoll, wel⸗
ches er zu Abwaſchung unſerer Sünden rein heraus
aus allen ſeinen Gliedern und Adern verſchuüͤttet und
vergofien hat: a, daß man feine Gnade verachten
und der Seelen Seligfeit auf ein Richtiges, wie Jos
“nad im 2 Cap, faget, gründen foll.
- GODtt fey Lob und Dank, daß mir wiſſen, es
dürfe fein Glaubiger aus Furcht der Hölle, noch
aus Liebe: des Himmelreichd Guted thun; fintemalen ' '
uns der. Himmel tbeuer erfaufet, und unfere Seele
aus der tiefen Hölle erlöfet ift: fondern aus Dan |
barkeit, ‚freiwillig. und froͤhlich, ſo lange ein Bluts⸗
tropfen in uns iſt, weil wir nicht ſind unſerer ſelbſt,
ſondern des, der üns erloͤſet hat.
3. Ic halte dies alles für wahr: Aber ich ſiude, daß
zwar dazu der Geift willig, das Fleiſch aber Cleider!) als.
zu ſchwach fey, daher auch die Allerheiligſten gröblich fal⸗
len: Deromegen berichte mich, was un. folchem un zu
thun ſey }.
Weil der Geiſt, (wie du recht ſageſt) pwar willig, zu
das Fleiſch aber Kleider!) allzu ſchwach iſt, daß auch
von deswegen die Allergeiſtreicheſten in ihrem Vor⸗
nehmen nicht fortkommen koͤnnen, ſondern durch ihr
*
7
J "462 Dom tugendreichen Leben
‚ Kleifh verhindert oft vahınten bleiben müffen, je
oft groͤblich dahin fallen, ift allerdings billig und
nöthig,, daß fie ſtraks wiederum aufftehen, ſolche Halle
ertennen, bereuen, und GOtt dem Vater dafür im
hoͤchſter Demuth herzliche Abbitte thun: Mein lieber
bimmlifcher Vater, idy bin aus deinem Gehorfam ge
wichen, ich bin gefallen, ich habe Unrecht gethan, es
ift mir herzlich leid, verzeihe ed mir, um Deiner vaͤ⸗
terlihen Barmherzigkeit willen. Ich will midy durch
beine Hülfe ferner beffer fürfehen, und mehr Gutes
thun. "Denn wie Auguftinus im Serm. de poͤnit.
faget: Es ift nicht ‚genug, DaB man von Sünden
aufſtehe, oder die Sünde nadlafle, fondern man
muß auch die vorigen Sünden bereuen und GOH
um Gnade bitten.
4. So höre ich wohl, daß auch die allerbeften Kinder
GSttes zuweilen fallen: Lieber, warum Täffet
doch GOtt folches zu?
genen Eines Chriſten Fall iſt nichts anders, denn eitel
m
ſt
a ide: Rath GOttes, eitel Demuth, eitel Zuthun zu GOtt,
eitel Seufzen, eitel Pfalter leſen, eitel Aufmerken
und Verſtand, eitel Liebe zu Chriſto, eitel Liebe zum
Naͤchſten, eitel Aufſtehen und eitel neue Kraft. Denn
eö ift -befchloffen, daß alles unfer feyn, 2 Cor. 3.
und und zum Bellen dienen fol. Nimmt er mir
aber hier, fo finde ich dort. Denn alle Welt muß
und den Gegen tragen. Hier Ehre, dort Freude.
Jedoch, dag ſich gleihwohl ein jegliher wahrer SHew
liger in der Furcht GOttes halte, um des Einwohr
nerd Chrifti willen, und feinen Leib nicht beflede,
denn er iſt allzu Heilig und zu herrlich.
. 5. Bas faget hiezu Luther 9
Unter den Chriften (ſchreibet er im Winter » Theil,
Kiirchenpoſtill, S. 323,) müffen etliche gebrechlich
\ PR .
der wahren Chriſten. , 463 Ber
feyn, auf daß die Heuchler etwas zu tabeln haben,
und ärgern mögen an den lieben auserwählten Hei⸗
ligen GOttes; und die rechten Heiligen etwas ha⸗
ben, daran fie ihre Demutb, Sanftmuth und Ges
duld üben: denn ſie find Darum nicht unbeilig, noch
verworfen, die Paulus auderwählte Heilige beiffet,
ob ihnen gleih noch etwad mangelt an chriſtlichen
Tugenden. Allein, daß man nit auf GOttes Gnade
frech und ſicher werde, wie die falfhen flolgen Hei⸗
ligen thun. 0 u
„ Ebendaf. ©. 25%. GOtt leidet und träget wohl.
in feinem Reich folhe Sünver , die da fallen: Aber
da man es gleih für ein Recht und Gewohnheit
“wollte halten, das gilt nicht, das gilt nicht, denn
‚er fpridt, das ift der Wille GOttes eure Heiligung:
fondern GOtt will, daß man es erfenne und darnach
ftrebe, daß man ſich beffere, und immer völliger wers
de, auf daß feine Gnade nicht ein Schandpedel wers .
de, und lofe Leute des Reichs Chriſti mißbrauden, m
zum Behelf ihrer Buͤberei, wie Gt. Paulus faget:
Daß ihr die Freiheit nicht Tafjet einen Raum werden
dem Fieiſch. | ku .e Br
J .} *. [773 Y. 24
PH: — 4 3774 M-t
—
Da u. Gapitel "FR rn
nn fr
u Don der Buſſe der wahren Chriſten.
1. Sch hoͤrte wohl zuvor, daß du den Rath gabeſt, man
ſollte Buſſe thun, wenn man ed verfehen hat. Lieber
füge mir, was hälter du denn von der Bufle ?
Ta halte fie in allen Ehren, bvennefle iſt GOttesgie if dei
Werl, Unfer Sürnehmen ift, nicht fündigen. Suͤn⸗allen Hab
"digen wir aber aus Schwachheit unferö Fleiſches, fo vn.
dürfen wir die Bufje nicht weiter fuchen, fie ift ſchon
m und Wir wollen oder wollen nicht, fo muſſen
wir und betrüben. Denn unfere Herzen find. von
Gtt alfo gefchaffen, daß fie fih an allem, was
un. , ,
„Ye .. r “ “ 2 !- u ,
L dr FL Enger y Er Zr
—vV
*. ”
DER 2.77 7. Er o2
464 Dom tugendreichen Leben
dem Geſetz zuwider iſt, müſſen ſtoſſen, und alſo ver
⸗
zehret werden. Sie müſſen uber aller Ungerechtigkei
Leid tragen und ſich der Gerechtigkeit freuen. Für
nehmlich aber koͤnnen wir uns des Seufzens und Wei
nens über unfere Schwachheit nicht enthalten, weil
wir nun Tempel GDtted, und neue Creaturen in
Chrifto dem Allerheiligften worden find.
2. Was ıft und heiſſet Buſſe thun ?
ain Soi Buſſe thun heiſſet, ſein ganzes gottloſes Weſen er⸗
tes Gnade
fi) verlayfennen, die reine Lehre annehmen, fen Vertrauen auf
ven.
GOttes Gnade fegen, und ein neu evangelifch Leben
führen. Denn wo fih einer mit ganzem Ernit nit
. begiebt auf vie Lehre des Evangelii, auch GOttes
Gnade durd wahren Glauben nidyt annimmt, ned
. Darinnen wandelt, der bebet unredht an, und des
Belehrung iſt falib, wenn er ſich gleih in anvern
Stüden beffert: Der Slaube des Heild muß vorber
“gehen, denn muß Die Beflerung des Lebens folgen.
Sie
freien
immer
ıtber die
Sinde,
Denn die Augen des HErrn ſehen ven Glauben an,
Ser. 5. . |
3. Bie lehren die Catholiken die Buffe?
Sie meinen, ein Chriſt ſey eben ſowohl ein Shm
der, als ein Tuͤrk, und belfe ihm die Taufe gar
nichts. O du liebe Taufe, wie geringe biſt du in
der Welt geachtet, und wie gar ſelten gedenket mas
dein? Derowegen fo reden fie auch nihts anders,
denn nur allein von Sünden, und wollten einen je
den Ehrüten gerne dahin bereden, fih nur alleu
für einen großen Sünder zu halten: Ach! erkennet
ja eure Sünden: Ihr feyd für GOtt große Zuw
der. Fahren darauf zu, und lehren mit großen
Ernft, wie man den Sachen raihen, und wie ME
großen Sünder ihre Sünden follen los werden. Re
find die Lehrer in der Welt? Und wollen doch zart
\
der wahren Chriſten. 465
wohl ihrer gar viel evangelifch feyn. Daher rufen
« fie mit lauter Stimme im Eifer Johannis (mit Urs
”
=
faub,) thut Bulle, thut Buffe, erfennet eure Sun⸗
den, thut genug dafür, mit. berzliher Reue, mit
Falten, mit Wachen und Beten, wie Paulus, Ere⸗
mita, ‚Hilario und Antonius gethan, die fi mit
Faſten, Wachen und Beten faft zu tode geplaget has
ben, und darüber von den Teufeln weinlich geflopfet
find. "Und da ihr den Sachen zu wenig ſeyd, wols
len wir euch um die Gebühr zu Hülfe fommen. Doch
febet eudy für, Daß wenn wir euch einmal in den
Himmel verholfen, ihr nicht hernach wiederum heraus
fallet. Denn fo oft ein Chriſt faͤllet, fo oft fälle
er aus dem Himmel, und ift: nur dies Leben eitel
Himmel fallen. Zudem, wie Clemens Alerandrinus
lehret, fo ziehet ja wohl GOtt die Buͤßiger wieder
zu fid in ven Himmel, wenn fie ed mit der Bufle
nicht zu viel machen. Zweimal büffen gebet bin, aber
Bas virte mal gilt auch nit mehr, Das will ihm
GOtt nicht mehr gefallen laffen.
So ftolpern fie dahin, die armen unfeligen, vers
finfterten und ungewiſſen Leute, die für ihre Perſon
ſelvſt nicht ‚wiffen, wie fie daran fen, ob fie für
GOtt gerecht feyn, oder ob fie ed noch werden fols
len, die es auch ahdere nicht eigentlich berichten Fans
nen, weil fie ſelbſt nicht große Luft zur Buſſe haben,
und auch nicht merken, Daß fi andere follten zu
tode büffen. Iſt mir dad nicht eine feine Theologie
und ein jämmerlicher Zuftand in ver Welt, daß man
die liebe Kirche folches lehren fol?
4. Barum fol man denn eigentlich Buſſe thun?
Niemand ſoll denken, daß man mit der Reue und,
Bulle GOttes Zorn ftillen, und GOtt verfühnen
tönne, wie diefer falſche und ſchaͤdliche Wahn bei
Gelehrten faſt fehr ringeriffen if: fonbern daß die
Las __\ ©.
466 Vom tugendreichen Leben
Buſſe andere Urſachen habe, wie wir. bald Hören
werden, |
Es lehren zwar die Eatholifen, (ſchreibet M. Heinr.
Rothe, S. 233.) daß Reue und Leid der Sünde
muͤſſe volllommen feyn, und Diene zur Vergebung
der Sünde, Das hat ja feinen Grund in der Schrift:
fondern das ift vielmehr aus der Schrift zu erweis
fen,. daß je mehr die Reue und Leid größer und.
vollfommener ift im. Menſchen, je mehr fie zur Vers
zweifelung dringet und treibet, wie das wahrhaftig,
jedoch erfchredlih an dem Erempel Eaind und Judaͤ
zu ſeben iſt, da jener im Zweifel jehrie: Meine Guns
den find größer, denn daß fle mir können vergeben
werden: Judas für Leid ihm ſelbſt den Tod anlegte.
Alſo freilich Teinem menſchlichen Herzen Die Größe
und Schwere der Sünden vollkommlich zu ertragen
möglich feyn würde. Gintemal der Sohn GOties,
JEſus Chriftus, der ſtarke Löwe Zuda, Die Laſt der
Sünven alfo fühlet, daß ihm biutiger Schweiß über
ſeinen heiligen 2eichnam flieflet, und für Jammer
ausruft: Dein GOtt! mein GDtt! wie haft du mich
verlaffen ?
Daß fie aber hiebei auch lehren, ſolche Neue und
“ Leid diene zur Vergebung der Sünden zu erlangen,
das ift ja läfterlih. Denn ed dem Verdienſt, Blut
und Tode JEſu Chrifti zu. nahe geredet if. Hab
teft Du Dir was koͤnnen erwerben, was dürfte ich
wenn für dich ſterben? Koͤmmt die Vergebung als
von unferm Thun, fo tft Chriftus vergeblich geſtor⸗
ben, wie St. Paulus fhlieffet, Sal, 2. v. 5.
5. Warum fol man beun die Sünde bereuen ?
1.901 Got zu Ehren. Denn wir befennen damit, DaB
zu ehten ir GOtt fürdten, und daß es unrecht ſey,
„| Wider GOtt gehandelt haben, BE
Tödtung ,_ Zum andein, auf daß durch folhe Reue Die fünds
vn vötenlichen Lüfte in uns getödier werden, Denn fo lange.
der wahren Chriſten. 4
bee Menſch Feine rechtſchaffene und goͤttliche Reue in
feinem. Herzen fuͤhlet, fo lange bleibet die Sünde in
ihm. Uber wenn dad Herz voller Schmerzen ift, fo
erſticket folder Schmerz die Sünde, und die Sünde
‚höret auf, daß alſo der Menſch nimmer heiliger und
reiner ift, als eben zu der Zeit, wenn er in GOtt
Buſſe tbut und feine Suͤnden ernſtlich bereuet. Denn
daß einer von ihm ſelbſt einen Seufzer aus feinem
. Herzen beraus zmwinget, Dad ift noch Feine wahre
Bufje, fondern GOtt muß dad Herz angreifen, fo
wird eine rechte Bufle Daraus,
Und weil folde Reue GOtt zu Ehren geſchiehet,
und eine Tödtung ift des alten Adams, fo ift fie
aud ein Opfer für GOtt, daran er einen Wohlge⸗
fallen bat, wie Pf. 51. ausdrücklich geſchrieben ſte⸗
bet, Und GDtt will auch folhen feinen lieben Kin⸗
dern, welche Leid in ihren Herzen baben,” und ſich
felbit damit ſtrafen, die mohlverdiente Ruthe dermaſ⸗
fen lindern, Daß fie es ertragen follen. Wenn wir
and. felbft richteten, fo würden wir nicht vom HErrn
gerichtet, ſpricht St. Paulus, 1 Cor. 11.
6. Verdient man denn gar nichts mit ber Buffe ?
Da ſey GOtt fuͤr, daß wir zu dem Ende ſollten
Buſſe thun, daß wir damit neue Gnade verdienen
wollten. Denn damit würden wir unfern lieben Hei⸗
land verläugnen, und fein heilig Blut mit Füſſen
treten: wir würden hiemit begeben und fliften Die
allerfubtilefte und größefte_ Abgötterei und Sünde,
Summa, wir würden biemit verläftern die fünf taus -
fend Blutftriemen, welche das Lämmlein GOttes an
der Heilfäule für und an feinem zarten Leibe em⸗
pfangen hat.
Deromegen follt du wiſſen, daß bie Buſſe feine
neue Gnade oder Vergebung verdiene. Sie fol wohl
da fen, wo Sünde begangen ift, ja fie ift gewißli
da, ehe man ihr Boten ſchicket: aber De verdien
2
— — — — —
266 Wonm tugendreichen Leben
nichts. Denn GOtt ſchenket ven Glaubigen und
©etauften Das Heil aus Gnaden, ohne ihr Verdienſt,
durchs Blut des heiligen Lamms, feines geliebten
Sohns, welher allein ift der wahre Büffer unferer
Sünde, wie St, Paulus bezeuger Tit. 3. da er
foriht: SG Ott hat uns felig gemachet, nicht
durch die Werke, die wir gethban hatten,
Roͤm. 3., fondern durd das Blut feines
Sohns, weldhen er fürgeſtellet hat zum Gna⸗
denthron. Denn fönnten wir uns das Heil oder
die ‚Reinigung. verdienen mit unferer Reue, wozu bes
dürften wir der großen Angſt, des Schmeißes und
Bluts JEſu Chriſti? Es heiſſet ja fo, Ef. 53. Die
Strafe lieget auf ihm, auf daß. wir Friede
hätten | |
Darum ift es ein ‚Schändlicher Irrthum, wenn
man die Sache beim Licht befichet, ſich unterfichen,
feine Suͤnde felbft zu büffen, wie meifterlih auch Das
von die Sopphiften reden koͤnnen. Lutherus fchreibet
über den 51 Pf. Es iſt eine areulihe Gotteslaͤſte⸗
rung, Daß fih ein Menſch auf fein eigen Verdienſt,
und nicht auf das Verdienſt unfers lieben Herrn
JEſu Chrifti verläffet, und folche Laͤſteter und Zers
treter des. theuren Bluts JEſu Ebhrifti wi GOtt
nicht unfhulvdig halten, wie Ct. Paulus Ebr. 10
fhreibet: Wir haben eine Buſſe, welche uns von
ven Sünden geholfen und mit GOtt verfühnet bat,
wuiemlich, die Buffe JEſu Chriſti, in feinem Gehon
fam und Blut gegründet, -Diefe Buffe iſt himmliſch
und göttlich, fie iſt vollftändig, ja übermwichtig. Cie
hat allein die Kraft und Ehre, daß fie binwegnehme
Die. Sünden der Welt, wie Ct. Sohannes fdırebet:
Das Blut JEſu Chriſti machet uns rein voa
allen Suͤnden.
Derowegen follen wir uns folder Buffe des HErra
Ehrifti durch einen feften Glauben zufchreiben, darauf
fiyerlidh beruhen, und und auch gerne daran begnuüͤ⸗
gen lafien. Wir .follen und begnügen laffen an ver
ber wahren Chriften.‘ “ 49
Reinigung, fo durch JEſum Ehriftum gefchehen .ift
einmal am Creuz, zum andernmal in ber heiligen
Taufe, und nicht fuchen, „wie wir und felbft von ums
fern Sünden wollen reinigen. Denn wer gereiniget
ift, der ift rein, und darf nicht rein werben, ohne.
-gllein, daß er fein Gebrechen in Demuth erkenne,
und ſein Lebenlang daran beſſere. Wer in der Taufe
einmal gereiniget iſt, und ſuchet, wie er durch eine
Buſſe taͤglich aufs neue rein werde, der iſt nicht al⸗
lein weit vom rechten Verſtande des Evangelii, ſone
dern er tritt auch die Reinigung JEſu Chriſti mit,
Güffen, Er tritt mit Füflen das Blur JEſu Chriſti,
feinen Glauben, die Taufe und Seligkeit. Und meis
nen doch viele, fie thun recht und wohl daran.
Wenn man hart in und dringet, unfere Sünde
ſelbſt zu büffen, wie denn ſolch Geſchrei wohl bleiben
wird, fo lange die Welt ftebet, follen wir fpredhen: -
Meine Stunde will ic gerne erkennen, und im Bas
ter. Unfer darüber berzlih zu GOtt feufzen: Aber
das Blut JEſu Chriſti hat mich in meiner Taufe
ſchon rein gemachet von allen meinen Sünden. Solh
Sprüdwort gefällete GOtt herzlich wohl. Denn es
iſt die einige Ehre JEſu Chriſti.
Es ift aber eine fonderlihe Kunft, (fagt Luther)
und gehoͤret mit zum chriſtlichen Glauben, daß man
foldes thun könne. Denn Chriſtus ift unfere Buffe,
der für und gebüflet und genug gethan hat, ohne
aller unferer Werke Zutpun. Und gehöret mit zum
@lauben, daß wir wiffen, deß unſere Sünden Chri⸗
ſtus ſelbſt gebüffet hat,
7. Wirſt du nicht auf dieſe Weiſe die Suͤnde zu berenen
widerrathen und verbieten ?
Wein: Es wird biemit feinem verboten, feine Sun⸗
den zu bereuen. Denn wie fönnte Befferung folgen,
wo nicht Reue vorher gienge? Jedoch fol alles bei
ben Ebriſten fein. vernunfüglich augchen daß man
4
870 | Rom tugenbreichen Leben
feiner Sünden halben nicht verzage, noch dem HErrn
JEſu feine Ehre nehme, das ift, Daß man ſich in
Traurigfeit mäßige, und fih auf Die Buſſe IEſu
Chriſti gründe und verlaffe. ‚
Luther im 51 Pfalm: Wenn der Fall gefhehen
und und herzlich leid ift, fo ift e8 Zeit, daß man
ſich auf GOttes Gnade verlaffe, und nidt im Schrek⸗
‚Zen bleibe. Denn alle unfer Leben fol. im: Schooß
goͤttlicher Barmherzigkeit verfchloffen liegen.
Ebendaſ. Sünder follen GOtt nit allzu fehr in
ihren Sunden fürchten, fondern ſich getroft auf feine
Gnade verlaffen. en er ift mit und verfühnet
Burch den Ton feines Sohns. — |
‚Desgl. Ein Chriſt foll aus der Lehre der Gnade
“einen folhen Muth und Herz faffen, dag er fagen
darf: Bin ih ein Sünder fo viel an mir ıft, fo
bin ich doch in meinem fieben HErrn JEſu Chriſto
Tein Sünder. . Denn er iſt mir von GOtt zur Ges
rechtigkeit gemachet.
8. I dem alſo, wie ich es deun auch dafuͤr halte, fo
muͤſſen die Catholiken wahrlich auf dem Irrwege ſeyn,
welche durch die Buſſe neue Gnade verdienen
| wollen,
Es ift der Erzgreuel des leidigen Antichriſts, bamit
er die Chriftenheit erfüllet hat, daß er die Leute von
der Taufe auf unfere Werke geführet, ja mit Gewalt
Davon geriffen, und Diefelbigen an Chrifti und feiner
Taufe Statt gefeßet, Daß fie niemand hat mögen
behalten, ohne was GOtt wunderbarlich dabei erhalı
ten bat. Denn fobald wir die Kinderſchuhe ausge
zogen, und faum aus dem heiligen Bade gefommen
find, haben fie es alled wieder weggenomnten durch
folhe Predigt: O du haft laͤngſt die Taufe verloren
und das MWefters Hemd befchmiflen durd die Sänte,
mußt nun denken, daß du Deine Sünde büffeft, und
genug dafür thuft, bis fo lange du GOtt verſoͤhneſt
LG
der wahren Chriſten. 471
und alfo wiederum zu Gnaden kommeſt. Da iſt es
alles auf einmal verderbet und zunicht gemachet, was
wir durd Die Zaufe befommen hatten. Und iſt lei⸗
I ber erfüllet, wie 2 Petr. 2. von ihnen geweiſſaget,
daß durch ihre Lehre die, fo faum dem Irrthum ent
flohen, und‘ durd Die Taufe gereiniget waren von
Sünden, wiederum in den vorigen Unflath gewidelt
und gefldchten, und darin erfäufet werden, und ihs
nen gehet ed eben, wie dem Schwein, fo ikt aus
: der Schwenme fümmt, und ſich flugs wieder in der
ı näditen Pfübe befubelt, Ä | |
Pan ih bin ſelbſt fünfzehn Jahr ein Mönch ges
welen, ohne was ich zuvor gelebet habe, und fleißig
alle ihre Bücher gelefen, und alles gethan, was ich
konnte, noch babe ich mid) nie fönnen einmal’meiner
Kaufe tröften, fondern immer gedacht: O wenn
willt du einmal fromm werden und genug thun, Daß |
Du einen gnädigen GOtt Friegeft: und bin durch
ſolche Gedanken zur Möndherei getrieben, und babe
mich gemartert und geplaget, mit falten, frieren und
firengem Leben, und doch nichts mehr Damit ausge⸗
richtet, denn Daß ich nur. die liebe Taufe verloren, ja
helfen verläugnen. Das ift Die Frucht und Lohn, fo
wir ihrer Werklehre zu danken haben. Luther Tom
6. im 2 Theil der Predigten yon der Taufe,
9. Woher koͤmmt bei den Gatholiten biefe Umwiffenheit? .
E⸗ koͤmmt alles daher, daß ſie nicht wiſſen, daß bie Melt br
Taufe felig mache, fondern wollen die, fo durch dies unpaeye |
felbe fon vorlängft felig worden find, allererft felig@tandens
machen durch ihre Bufle und Werke. Und da mandulun
ed ihnen gleich faget, fo veriteben fie es nicht, und -
wollen durch den Glauben Ehrifti und durch die Taufe
nicht felig ſeyn. So doc Fein anderer Weg unter
ber Sonne: ift, felig zu werden, ohne allein ber
Glaube Ehrifti und die Taufe. Buſſe hin, Buſſe
ber! Werke hin, Werke ber! Wer an Chriſtum rechte
— ae ._
(7
‚472 om tugendreichen Leben
ſchaffen und von Herzen glaubet, und getaufet iſt,
Der iſt ſelig und bleibet ſelig. Ja, Se wuͤthen und
toben. wider dieſe Lehre, als die unfinnigen Feinde
ihres eigenen Heils, und wollen alles wurgen und
umbringen, was ſie recht lehret und unterrichtet.
Hoͤret aber ihr Unglaubigen: Wir und alle glau⸗
bige und getaufte Chriſten ſind ſchon ſelig, und
duͤrfen nicht allererſt ſelig werden, und ihr koͤnnet
und auch nicht felig machen. Denn St. Paulus ſa⸗
get ausdruͤcklich, Zit, 3. daß und Chriſtus ſchon felig
gemachet habe in zweierlei Weife: 1. Daß er fein
Blut für und vergoflen bat, und die Seligkeit demit
erworben. 2. In der Taufe, da er und fein beilnes,
hohes Verdienſt appliciret, und die ewige Geli,feit
gefchenfet hat, und daß eines Chriften Leben nad
Der. Taufe Fein Suchen feyn foll neuer Seligfeit, fons
dern nur eine Wartung der Offenbarung. der Selig
Zeit, die fie fhon durch den Glauben und Taufe has
ben: Was machet ihr denn, und was ſuchet ihr?
Shamet euch, daß ihr die wollet felig machen, die
fhon felig find und ſich nicht feliger wünfchen Fönnen.
Oder meynet ihr vielleicht, Da fih die Chriſten nod
nicht befehret haben, ihr wollet fie allererſt befchren?
‚Wer fih von feinem Unglauben und Abgötterer feiner
Merfe zu Chrifto bekehret bat, der iſt befehret, und
ſſchadet ihm nicht an feiner Belehrung, ob er gleich
noch Sünde bat, die er. täglich durch den heiligen
Geiſt in feinem Fleiſch muß toͤdten. Und wer in
folhem Glauben getaufet ift, ver iſt felig, der hat
den Schag gefunden, und foll nun hingehen und dei
Seinen mit Freuden warten. Wer will ven felig
‚oder feliger machen, der. fhon felig iR in Chrifto!
Und wer will dem die Geligleit nehmen, ber felig if
in Chrifto? Wer aber noch nicht ſelig iſt in Chriſto
durch den Glauben und Taufe, den fann fein Menſq
ſelig machen, er thue auch was er wolle.
Darum, ihr armen Leute, laffet alles fahren, und
- glaubet yon Herzen an ven Sohn GOttes, JEſum
der wahren Chriften. 473
Chriſtum, und laſſet euch taufen, ſo ſeyd ihr ſelig.
Dies iſt der rechte einige Weg, den ſollet ihr gehen,
ſonſt weder zur rechten noch zur linken Hand. Wenn
ihr aber ſelig worden, ſo gehet hin und faſtet, damit
euer Leib gezähmet werde, und betet, oder danket
Chriſto für euer Heil, und haltet Mefje zum Ger :
daͤchtniß des Todes JEſu Chrifti, und eurer ewigen
-Erlöfung.
MWollet. ihr aber die allerfchwerefte Buffe Chrifti
verachten, und eure Buſſe zur Stellvertreterin des
Bluts Chriſti und zum Schiff der Seligkeit machen,
fo fahret hin in den Abgrund der Hölle und buffer
‚alles dasjenige, was ihr allbie noch nicht gebäflet -
habet, das koͤnnen wir wohl leiden. Wir bleiben
bei der Buſſe Chrifti, bei dem Glauben und bei der
Taufe, und ereuzigen unfer Fleiſch fo viel wir koͤnz
nen: Aber ale Leute, die nicht allererft wollen felig
werden, fondern die ſchon felig find. Wer felig iſt,
. in dem wohnet Chriftus, und wirket in ihm: hernach
\
|
|
|
or
2
alles, was zu einem chriſtlichen Leben gehoͤret. Ein
Seliger thut Gutes, und hat herzliche Reue und
waͤchſet in der neuen Geburt. Ein Unſeliger aber
bat es und thut ed nicht: Es iſt ihm eitel Lügen
u Heudelei, und ftinfet für GOtt in alle feinem
Thun.
40. So höre ich wohl, daß du die Buſſe gar nicht wilt
ſeyn laſſen ein Schiff der Geligkeit, derer, fo nadı ber
Taufe gefallen find? Weiſſeſt da nicht, daß Hiero⸗
nymus biefer Meinung iſt?
"Ic, weiß es wohl, daß er alfo gelehret hat im 3 Ca⸗
pitel Efaid. Wie auch Zertullian im Bud von der
Buffe. Aber ich Halte’ e8 mit Luiher, welcher frei
bet. in der Kirhenpoftill in der Rede von der Zaufe
Ehrifti, S. 63. Fälleft du in Sünden, fo gevenfe,
daß du wiederum zur Taufe Zuflucht habeſt. Denn
Das iſt das einige Schifflein, das uns hinüber pilft,
Be &> 7000
474 | Dom kugendreichen geben
Darum huͤte dich für denen, die da zwo Tafeln ma
den, Darauf wir über dad Meer der Sunden fihwins
men, die Taufe und die Buffe und fagen: Wenn
wir durh die Sünde Schiffbruch erlitten, und vie
Taufe verloren haben, fo müſſen wir vie Buffe er-
greifen. Glaube ihnen nicht, es iſt eitel Unverſtand
und Berführung,: damit fie fih und andere betrügen.
Died alles faget Luther, und zivar an vielen Ors
ten, da bleiben wir bei. Denn wir fönnen uns dod
auf unfere nichtige Werke nicht verlaffen, fondern wir
“ verlaffen und nur allein auf das theure Blut JEſu
Ehrifti, und Daß wir geraufet find: Weil wir wiſſen,
Daß wir elende MWürmlein eine ewige Gerechtigkeit
und Gnade wider alle unfere Sünden, GOtt gebe,
fie heiffen verzeihliche oder Todfünven, in unferer fo
ligmachenden Zaufe empfangen haben.
11. Wrzähle mic hievon noch ein Zeugniß Luthers?
Alſo ſchreibet er hiewon im 117 Pſalm über dieſen
Vers: Seine Gnade waltet über und ewig
lich. Dies Wort hat nie ‚fein Sophiſt oder Werks
heiliger verftanden, vermag ed auch fo wenig zu ven
— — — —— — nn
ſtehen, als ein Jude oder Tuͤrk. Denn weil fie mit
Werfen wollen zuvor fommen und erlangen, ift e&
nicht möglih, daß fie follten wiffen, mas dad ne
dens oder Himmelreih, ober. Ehrifti Reich heiſſe,
fondern. ihr Herz muß alfo ſtehen, (wie mir es dem
auch ſtund, da ich noch ein Sophift war,) wenn fit
Gutes thun, fo haben fie Gnade, wenn fie fünvigen
oder fallen, fo fället die Gnade auch, und tft verlo⸗
ren, müffen fie wiederum mit eigenen Werken fuchen
und finden, anders. Fönnen fie nicht denfen. Aber
das heiffet nicht ein Gnadenreich, das über die Werte
waltet, ſondern ein Werfreih, das über Die Gnade
waltet: Denn Gabar, Ebraiſch, heiffet bier obliegen,
und die Oberhand haben, und gewaltig feyn.
- — — —
der wahren Chriften. | 475
Mir aber follen wiffen, daß das Reich der Gnade
nicht allein währen und bleiben joll auf Erden, zu
dieſes Lebens Zeit, ſondern auch ewiglich, nach die⸗
ſem Leben dort im Himmel: Und dazu auch in die⸗
ſer Zeit alſo feſt ſeyn, daß es nimmer wanke, oder
falle. Denn ob wir gleich ungewiß ſind, und zuwei⸗
len ſtraucheln und fallen moͤgen, durch Suͤnde und
Irrthum, ſo faͤllet und wanket darum die Gnade
nicht, darf auch keine neue Gnade und andere Reich
| füchen, fondern es ſtehet Da ber Himmel noch vffen,
und daſſelbige Gnadenreich wartet auf mid, wenn
id) wiederfomme, und mic zu ihm halte, daß er
mich tröfte. Und gehet nicht zu, wie etliche Tügen
und trügen, daß Chriftus habe allein für Die voris
gen Sünden, vor der Taufe gefchehen, genug gethan,
aber für die Fünftigen oder folgenden Sünden müfe
fen wir felbft genug thun. Auch nicht, wie St. Hier
ronymus faͤhrlich und übel faget, daß die Buffe fey
das andere Brett, darauf man fahren müfle, wenn
das Schiff der Unfehuld nach der Zaufe zerbrochen _
iſt. Mir ded andern Bretts nicht! Das Schiff zer⸗
bricht nicht, . die Taufe böret nicht auf, das Gnaden⸗
reich faͤllet nicht, ſondern wie hier der Pſalm ſaget,
waͤhret ewiglich über und. Halle id) aber aus dem
Schiff, wohlan, fo fteige ic wieder hinein. Wens
be ich mid) wieder Dazu. Irre id vom Onadens
reich, wohlan, ich komme wiever hinein. Taufe,
Schiff und Gnade bleiben ewiglih, und fallen noch
wanfen nicht durd mein Gallen oder Wanken: Sonft
müßte GOtt felber auch fallen, der ſolche Gnade
ewiglich zu halten verheiſſen hat.
12. Weil-du der Eatholifen Buffe verwirfeſt, ſo ſage mir
auch endlich, wie ich denn recht ſoll Buſſe thun?
Wir ſollen fuͤrſetzlich nicht ſundigen ſpricht der liebe
St. Johannes. So aber jemand ſuͤndiget, der ſoll
Nnicht gedenken: Wohlan, dieſen Gehe will ie mir
476 Dom tugendreiden Leben
ſelbſt büffen, mit diefem und jenem, mit Weinen und
Wohlthun: fondern er fol mitten in feinem Weinen
und Wohlthun den HErrn JEſum laflen feinen Hei
land feyn. Sein Blut fol allein gelten, und auf
feine Genugthuung foll er fi verlafien, fo wird er
ſchmecken, wie füß diefer Name fey, und wird leben
digen Troſt, Friede und Freude wider Sünde, Zora
und Tod Daraus gewinnen.
Sol demnach niemand ihm einbilden, ald wollte
“er durch die Buffe Vergebung feiner Sünden, neue
Gerechtigkeit und GOttes Gnade, melde er fchon
. bat, erlangen: fondern, daß er den Ungehorfam und
die Sünde, ald die größefte Miffethat wider GOttes
Willen in.Demuth erfenne und wiſſe, daß foldye Wip
fethat durch fein Menfhen: Wert bat koͤnnen ausge
tilget werden, denn nur allein durch dad Blut JEſu
Ehrifti. Denn diefe Buſſe fol geſchehen im Namen,
Das ift, im Verdienſt JEſu Chriftk Darum wer
nad der Taufe gefündiget bat; ver fol nicht allen
feine Sünde herzlich und fehmerzlich bereuen, fonders
ſich denn auch des Bluts JEſu Chriſti und der Taufe
am ftärfeften erinnern, und fih damit tröften, und
dem HErrn Chrito dafür danken, mit Fuͤrſtellung,
folhe Sunden hinfort nun und nimmermehr wieder
- um zu thun.
43. Was folen meine Gebanfen feyn, bei wahrer Bufk?
Ay: welh ein jammerlich Wefen (fol man fpreden
iſt es um die Sünde, wie zerbeiffet fie einem dei
Herz, und verdienet eitel Zorn und Strafe? Wer
mich mein GErlöfer ZEfus Chriftus davon nicht W
freiet hatte, fo müßte ich ewiglich dafür geplaget um
von GDtt geftrafet und verbammet werden.
mid denn aber mein lieber HErr Chriſtus davon be
‚ freiet hat, fo ift fie mir zwar wohl herzlich leid, aber
ich verzage Darum nicht, fondern tröfte mich feine
‚Xeidend meiner feligen Zaufe, und danke ihm ver
der wahren Ehrifen 477
Herzen dafür. Siehe, das heiffet Buffe thun im.
Namen unſers HErrn JEſu Ehrifti. Und einem
folhen Bußfertigen vergiebt auh GOtt die Schuld,
und lindert ihm die väterlihe Ruthe, gleichwie ein
frommer. Vater feinem zerknirſchten, demüthigen und
wohlmeinenden Kindern alles vergiebt und linvert.
Der n. ⁊ beit,
Dom Creuz der wahren Chriſten.
Wie reimet ſich das Creuz, Elend and Sammer mit ber -
Seligfeit, Majeftät und Gottfeligfeit der Kinder
— GOttes ?
IJq muß ja bekennen, daß ein wunderlicher Handel
fen, daß, fo bald einer wahrhaftiglich zum HErrn
Chriſto bekehret, und durch die Taufe dem HErrn
Chriſto, und allen himmliſchen Guͤtern einverleibet
iſt, und anfaͤhet gottfelig zu leben, das liebe Creuz—
angehet. Wer von GDtt erfohren und berufen, ges
redhtfertiget, begnadiget, geheiliget und zur ewigen
errlichteit verordnet ift, fü gewiß als wenn er fhon
in dieſem Leben herrlich gemachet wäre, der folge zwar
wohl foldher großer Herrlichkeit genieflen, und vie
allerbeiten Tage auf Erven haben, damit auch andere .
durch das Gluͤck der Kinder GOttes gereizer, moͤch⸗
ten defto williger an Ehriftum glauben: Aber er ift
‚der elendefle Menfh auf Erden. Er bat von feinem Bierränis
erſten Tage an, bis in feine lebte Stunde, fo vielser Ereus
Anftöffe und Leiden, inmwendig und auswendig, dapdet une
fie nicht zu ‚zählen find. Der Xeufel plaget ihn ins
wendig mit Furcht und Traurigkeit; die Welt aus⸗
wendig mit Haß und Verfolgung. Hie ift Armutb,
dort Seuche und Krankheit, Hie ein boͤſes halsſtar⸗
riges Weib, dort gottjelige und muthwillige Kinder,
ı Und führen alfo die lieben Ehriften ein hartes und. . . .
ſchweres Leben, daß es feiner, als haben fie GOtt
| >
478. Dom tugendreichen Leben
nicht für ſich, fondern ganz und gar wider ſich, ım
werden Dazu langfam erhöret, ob fie auch gleich Tag
und Nacht klaͤglich zu ihm winfeln, wie fie im 22
Palm Tagen. | |
Tichenen Sonderlich aber find dieſe die allermühfeligften
Ehrifien welche die hoͤchſten Erleuchtungen haben, und da
Pe te @vangelium rein und treulic predigen. Die geb
Ereuz. im Schlamm tiefer Waffer, ja im Sande bie a
die Ohren, haben aber niemand in Dicfer argen un
treuen Welt, dem fie.ihre Noth und Angft ein ns
nig klagen koͤnnen. Sie find in fletigem Kriege, um
“ ihre Herzen werden täglich ‚mit viel Heerfpiefien vurd
rennet, daß fie oft krank zu Bette geben. Ihre
derwärtigen aber blühen mit aller Luft, und halt
aller Welt Gunft und Freude. Hierüber klaget &
Paulus 1 Cor. 4. daß fie, nemlich die Apoftel u
fers Heilandes JEſu Chrifti, welche lebendige Cr
nen find, die die Welt erleuchten, vie allergerinaftt,
verachteſten, feindfeligften, ärmeften und woblgerlen
teften Menfchen auf Erden. Ya, dag fie ein jied
und Feaopfer feyn. Und 1 Cor. 15. ſpricht er: 3
bin zwar wohl einer von den Reichsfuͤrſten, habe de
Erftlinge des heiligen Geiſtes, und einen grundgaten
Verſtand des Evangelii, ihue auch große Wund:
Aber ich habe. bei unferm Ruhm, den wir in Chrit
haben, nicht viel guter Tage, fondern icy fterbe 9
lich, das ift, ich lebe in fleter Gefahr meiner Ei
Guts, Leibe und Lebens, und. trage meine
feil in meinen Händen.
Dies ift nun ein großes Geheimniß, warum go
ſolches zuläffet, daß feine liebe Kinder, welche et
boch begiadiget, und um: welcher willen. er die B
erhält, die Elenveften auf Erden feyn müflen, ®
welchem Geheimniß ſich viel Heiligen ftoffen, und
darin nicht ſchicken koͤnnen. Darum iſt dies das a
dexre Stüd, welches fromme Chriſten nach der
von der Seligkeit wohl ſtudiren und wiſſen ſolen
damit ſich ihr Glaube am Creuz nicht aͤrgere,
ber wahren Chriften.. LE
| Sqhifbruch leide, wie St. Paulus ſaget Phil. 3.
Das iſt mein Nachjagen und Befleiſſen,
daß ich erkennen moͤge die Kraft der Aufers
ſtehung Chriſti, und die Gemeinſchaft feis
ned Leidend Diefen beiden Stüden jage
ich täglıd nad, ob ich fie ergreifen mögie
D a® L. € apitel
Tom Leiden der Ehriften insgemein.
Ehe du zu den Urfachen des Leidens der wahren Chriſten
ſchreiteſt, berichte mir noch zuvor mehr pon em
Leiden indgemein.
Got, "er da heißet ein wunderbarlicher So.
. fübhret die Seinen feltfam und wunderbarlich,das ift,
er verbirget feine Liebe oft gegen ihnen, und laͤſſet
ihnen nichts anders fühlen und erfahren, denn eitel
Zorn und Strafe. Innerlich im Herzen fühlen fie
Schrecken goͤttlichen Zorns und Gerichte. Aeußerlich
aber find fie allem Jammer unterworfen, und tele
ift oft von Jugend auf. Wie David Maget Pf. 88
daß er folhem Schreden und allem Ungluͤck von
Jugend auf unterworfen: gewefen fen.
Daher fie auch genennet werben die Elenden, über
welche alle Wetter gehen, Ef. 54. und die Allerelens
deften Auf Erden, 1 Cor. 15. wo fie den Troft götts
licher Gnaden und des ewigen Lebens nicht hätten.
Ach aber, mie minfeln denn ſolche hochverſuchte
[4
und hoch betrübte Herzen, daß es die Steine erbars
men. möchte. Bricht ihnen doch der Angftfchweiß auß,
und ed fallen ihnen Schweißtropfen vom Haupt, wie
Bohnen groß, und wollen ipt für großem Leide und
Ohnmacht zur Erde fallen- und fterben.
Die Welt aber hält alövenn ein Freudenfeſt, vers
Dammet die Betrübten, und rechnet auf ven Fingern
aus, womit fie folchen Zorn und Strafe wre
480 Ham tugendreichen Leben
verdienet haben. Da’ fingen jene denn: Sie gaben
mir Galle zu eſſen und Effig zu trinken in meinem
großen Durſt. | |
Indeß laͤſſet GOtt Vater fein väterliches Her
und Liebe gegen und nicht allemege Öffentlich leuchten,
fondern fpielet mit und, und verbirget fie tief für
und, und ftellet ſich fo fremd, als fennete er und
nicht, ja als hätte er uns von feinem Angelicht ver
ſtoßen. Denn da lälfet er einen Teufel nach vem
_ andern, und einen böfen Menſchen nach dem anders
aufwachen und über und fommen. Da müjlen wi
oft von Angft fhwigen, und und zu Tode wuͤnſchen.
Armuth, Krankheit und andere Widerwärtigfeiten und
Unfälle bleiben aud) nicht auffen. Summe, er läffet
ale Wetter über uns geben, und und im Anſehen
fenn, als wären wir die Allerelendeſtenn die von
Gott felbft geitrafet und. geplaget werten. Die
Welt figet in Freude, wir im Leide, und wens
wir anheben zu klagen, fo giebt man und Eſſig zu
ttrinken. Daber faget Miha 4. zur Todter Zion:
Liebe Toter, Du mußt zum Thor hinaus,
und auf dem Felde wohnen, und gen Babel
fommen, dafelbft wird Bir Wehe anlommer
als einer Gebährerin.
W Ddas u. Capitel.
Vom Leiden der Chriſten inſonderheit.
1. Bas muͤſſen GOttes Kinder inſonderheit und fürs
nehmlich leiden?
1. Den &. ua ,
on Kin jeglicher muß feine Sünden, und der Sürnde
ties halben ein verfehret Gewiſſen haben. Ja, die ficken
Erlöfeten, voie frei fie auch feyn, muſſen zuweilen
mit dem Zorn OOttes, als mit feurigen “WDfeiten,
getroffen und durchfchoffen werben. So haben %
Keufeis auch feinen Frieden für dem Teufel. Denn weil ec
—ß 7 — — —
* der wahren Chriſten. | 484
wohl weiß, daß fie gefallen find, und ſich darüber Aufeh⸗
herzlich grämen, und für GOttes Zorn: fi fürchten, Mus
iſt er hinter ihnen ber, und ſchlaͤget dieſe fchrediihe -
Feuers Bligen in ihre Herzen hinein Du haſt go -
fünpdiget, derowegen zürnet GOtt mit dir. Dies thut
er gemeiniglich, wenn es donnert und bliget, oder
wenn fhredliche Zeichen und Zeiten vorhanden find,
oder wenn der Menih vom Schlaf erwachet, oder
fonft das heilfame Gnadenwort ein wenig aus Dem
Augen feßer: Ja, fie find im Anſehen, als feyn fie
von GOtt ihrer Sünden halben ganz und gar vers
fludhet, und ald fen ihnen aller Gegen aberfannt,
‚alles ‚Unglüd aber zuerkannt, und alfo feyn fie zu
Leiden gemachet. Denn der Auserwäblten Glück if,
fat von feinem Gluͤck allhie auf Erden wien, da _
doch die Berworfene in allem Glück leben und I
Endlich, wenn ſie durch allen Jammer gegangen
und ausgebadet, müffen fie noch wohl zuweilen eines
unverfehenen und fchredlihen Todes fterben, damit
ja maͤnniglich fagen möge: Fuͤrwahr, dieſer ift ein
gottlofer und verfluchter Menfch geweſen.
So wunderbarlih fpielet GOtt ver HErr Milz garen,
den Seinen, und fo tief verbirget er feine Gnade Jihen
fuͤr ihnen, und fo ſchaͤndlich laͤſſet er die Fuge Welt Tod
anlaufen. Aber an jenem Tage wird man wohl fes
ben, ob Ehriftus und die Seinen gottlod und vers |
flucht geweſen find. Denn Paulus faget Rom, 8. |
Daß die liebe Auserwählten nichts, es fey
fo boch und tief, als es immer wolle, (hei {
Den koͤnne von der Liebe GOttes. |
2. Bas müflen GOttes Rinder mehr teiben ? i
Der Teufel tritt nicht allein hinzu, und hat fein
Spiel in ihren blöden Herzen, fihredet vie Heiligen
mit feinen heimlichen Flittſchen, oder mit hellen Spruͤ⸗
«en der Schrift von GOttes Zorn und Zericht— ſtuͤr⸗
| | Ä | 1 |
482 Vom tugendreichen Leben
met: ihre Herzen, und nimmt ihnen ihren chriſtlichen
Muth, Da iſt denn eitel Zittern und Jagen für GOt⸗
tees Zorn und Geriht, und geräth die arme Seele
a, Die in die Hölle; dies fage ich, müffen GOttes Kinder
Pa nicht allein vom Xeufel leiden, wie zuvor berühret:
N fondern über das fo lange hier ein Chrift lebet, iſt
er noch Fleiſch, und fühlet die alten.angebornen fleiſch⸗
lichen Affecten, die. wüthen und .toben in ihm, ſaget
St. Paulus, auf Kriegämanier, und wollten ihn
gerne ftürzen: Ya, die Allergeiſtreicheſten, in welchen
GOttes Lebe und Furcht am ftärkiten ift, und bie.
Wiedergeburt am mächtigften, fürdten. dad Böfe am:
beftigften. Ihre innerlihe Neigungen find nicht aus⸗
zureden. Wenn einer alles fähe, ſollte er ſich Dar
über verwundern. Solche lieberbliebene aber thun
den Heiligen herzlich wehe, denn. fie wollten gerne
rein feyn, und koͤnnen doc leider nit. Das Boͤſe
bänget ihnen zu ſehr an, ja es ift ihnen in die Na⸗
tur gepflanzet und tief eingewurzelt.. Sie wollten
gerne eitel Geiſt und Leben feyn: aber Diefe Zeit iſt
,noch nicht kommen. Daher betrüben fie fih, und
- geben gebüdet herein. Sie befeufzen ihr Elend mit
tiefen Seufzen, und vergieffen viel beifle Thraͤnen,
darüber. Biel übermahens mit folden. Thranen,
... denn fie haben die Kraft ihres chriftlihen Glaubens
und der Taufe noch nicht recht: verftanden, noch die
Vergebung. recht ergriffen. Sie find noch nicht gänys
lih in der Vergehung, und find durch dieſelbe noch
nicht gänzlich verfchlungen. a
5. Die Die Welt feiret auch nicht: Denn ſie iſt das rechte
Den Hin Schlangengeref ‚ welches die Heiligen in Die Ferſen
ftiht, Ein gottlofer Menſch ſiehet nicht hierauf, wie -
er fol wandeln, daß er GOtt gefalle, fondern wie
andere wandeln. Findet er an jemand einen Eplits
ter, oder einen geringen Flecken, der muß berbalten.
Ein Gottlofer, welder aus angeborner Feindſeligkeit
alles übel Deuter, machet aus einem jeden Splitter
einen großen Hausballen und aus einem Xröpflein
der wahren Ehriften. 83
ein großes Meer. Er traͤget mit ſeinen Geſellen der
Heiligen Schwachheit aus, er laͤſtert, vernichtet und
verdammet ſie auf das Allergreulichſte. Hoͤret dies
nun. ein frommer Chriſt, fo erſchrickt er Dafür, und
hat in feinem Herzen unfäglihe Schmerzen. Sein
Herz wird ihm. von großer Hige wie zerfhmolzen
Wachs, Daß. er vergiffet fein Brod zu efen. Denn
der Teufel ſchilt und plaget ihn inwendig. Da iſt
er ein armer Schiffmann, uͤber welches Haupt vorne
und hinten alle Wogen und Wellen gehen.
3. Warum verhaͤnget BO dies alles über feine Rinder?
Solches alles laͤſſtt GOtt der HErr feinen lieben Daß fe
Kindern darum wiederfahren, auf daß ſie den Teufel en
und Die Welt lernen deſto befjer erkennen, daß fie Tea
einen Abfcheu für der Welt tragen. Daß fie fih seh ers
creutzigen und_fegnen für der Welt, daß fie ihre Aus jernen,
gen zuthun, fo oft fie einen Menfchen ſehen. Sons
derlich aber, daß ihre Herzen durch fo vielfältige
Magen mürbe und vemüthig werden, und GOtt
um Gnade und Kraft bitten: Daß fie fid) zum Pfals
ter Davids halten, ‘und ihn wohl verftehen lernen,
und ihre Luft Daran. haben mögen, und was dergleis. |
chen Urſachen mehr find. Denn was GOtt in dem
Himmel haben, und mit himmlifchen Troſe und Se
gen überfchatten und erfüllen will, das laͤſſet er fo
tief in vie Hölle finfen, und ſolche Verwundete koͤn⸗
nen aud) andere deſto beſſer verbinden. Es ſterben
und vergeben. aud Die boͤſen Luͤſte in ſolchem Ey⸗
Waſſer des Ereuzes.
4. Wie oepät ſich Ott weiter gegen feine Kinber?
avid antwortet und ſpricht: Er leget und eine Er leget
Bürde und Laft auf. "Denn wie Abraham feinem ende .
lieben Sohn Zfaac eine Bürde Hol } auflegte, daß er auf.
es trug bis auf ven Berg Moria: Alſo at BD er
Are
.
Er Dom tugendreihen Leben
HErr feinem lieben Sohn Chriſto, und insgem
allen feinen lieben Kindern das heilige Ereuz gu
Diefem leget er fehwere Armuch und Schuld auf
einem andern Krankheit und leiblihe Schmerzen, Be
dritten ‚aber gottlofer und grimmiger Leute bittery
Haß und Verfolgung. Ed muß ein jeglicher was zu
. tragen haben, und gehet feiner frei aus. Und was
GStt will, das muß einer tragen, wenn er glei,
dafür aus ver Welt Flöhe, bier hilft fein Scheuen,
noch feine Fuͤrſichtigkeit zu. Es dunket einem jeden
ſein Crenz wohl am ſchwereſten zu ſeyn; aber wenn
alle Creuze auf einem Haufen laͤgen, und man Wahl
haͤtte, ſo wuͤrde doch ein jeglicher nach dem Seinen
greifen. | |
‚ "Dem Ausbunde aber, das ift, den Allerbeiligften
und Liebfien, leget GOit 'gemeiniglich die allerfchwes
reften Bürden auf. Er läffer fie zu Unfall. kommen,
und in Sünden geratben, und wegen folher Suͤn⸗
den in ſolch Schrecken feines göttlichen Zorns um»
Strafe fallen, daß fie kaum mehr Odem darunter
holen und leben können, Ah! wie arbeiten und
wie ängiten fie fih denn unter folder Laſt, daß, ihr
nen der Angſtſchweiß allenthalben ausbrechen mag,
wie winfeln fie alsdenn, wie die Schwalben, und
girren, wie die Zauben! Ezechias, der fromme Rs
nig klagey in feinem Gebet Ef. 38. daß er folde
Zrübfal und Angft wegen feiner Sünden und des
Zorns GOttes in feinem Herzen und in feiner See
len erlitten, daß er ſich Dafür geſchaͤmet habe fein
Leben, Recht, recht, fo muß es zugehen. Wenn
.. 8 alfo gehet, fo gebet es recht zu. Denn GODtt
herzet die Seinen alfo, daß ihnen ber Angftfchweis
audbricht und Die Augen übergeben, und daß fie cd
fühlen ihr Lebenlange |
Und wie es dem Sohn GEOttes zu Bethlehen
ergangen, nemlich, daß er die Herberge hat muſſca
räumen, andern weichen, in einen Stall kriechen,
ſich leiden und drücken: Alſo gehet es noch heutiged
m.
-—
=: u —_\_T
u
- m — —
den: die Verführer aber ſollen genug haben, ja große -
Der mahren Chriſften. A833
Tages allen lieben Kindern GOttes auf Erben, Ans
der? haben Haus und Hof und leben immer in Freu⸗
den: Diefe bringen ihr Leben in Armuth, Berfols'.
gung und Herzeleid zu, und koͤnnen ihred Lebens
nimmer froh werden, müfjen auch noch wohl dazu
-jämmerlih um ihr Leben fommen, und alfo beide im
Leben und Tode für einen Fluch geuchtet werden.
GOtt Lob und Danf, daß wir dies liebe Gluͤck alls
bie: auf Erden haben.
5, Wie erzeiget ſich GOtt infonderheit gegen feine Legaten
und Diener? "
‘
Erglich muͤſſen fie Chriſti Burde der Armuth unters „1. ee
werfen, bevor, wenn fie als getreue Lehrer nicht
Gunſt fuhen, noh um Bauchs willen dienen. Se
reiner in der Lehre, je frömmer im Leben, je getreuer
im Dienft, je drmer einer if. Man goͤnnet folhen
Leuten kaum das liebe Brod, da man andern vollauf
giebt, und da man felbit täglich im Sauſe lebet.
Denn fo fol e8 auch zugeben in ver Welt, fagt Zus
ther, Daß die rechten Prediger nicht Das -Brod zu
efien haben, allen Mangel, Jammer und Noth lei⸗
Fürftenthümer befißen, auf Daß dieſes wahr bleibe,
Chriſtus müffe Hunger und Noth leiden,
Hernah müſſen fie auch dies Glück Chriſti ersı. Verach
tet,
fahren, daß ſich niemand nad) ihnen umſiehet, nies
mand fordert fie, niemand hilft ihnen auf einen gruͤ⸗
nen Zweig. Große Potentaten willen oft nicht, was
fie für Leute in ihren Landen haben: Und ob fie
es ſchon wiſſen, fo nehmen fie fidy ihrer nicht an,
ſondern laffen fie bleiben und fördern andere. Lieber
GOtt! wie wohl möchte den Lanpfchaften und Ge⸗
bieten geratben feyn, wenn man fidh nad) ‚verftändis
gen und getreuen Leuten ein wenig umfähe und Die.
Fuͤchſe bleiben lieſſe. |
*
a86 Bom tugendreichen Leben
c. Haben Endlich haben alle rechtſchaffene rer, welche
vie Feine pas Evangelium lauter predigen, und ſich den Rezs
zern zuwider feßen, viel Feinde und Verfolger, Sie
haben mehr Feinde, vie jie fchelten und läftern, als
fie Haar auf ihrem Haupt haben. Diefe find ber
Melt Mäbrlein, ja der Welt Wiſchtuch, daran Bie
Gottloſen ihre Schuhe und Fuͤſſe wiihen. Was ein
Maul hat, . das thut ed wider dieſelbigen frei auf,
und fchüttet alles heraus, und fiheuet Fein Arge.
Denn es ift beſchloſſen im Rath der heiligen Drei⸗
foltigfeit, daß alle liebe Auderwäplte, zuförderft aber,
weldye dem HErrn Chriſto helfen fen Reich) bauen,
viel Keinde und Verfolgung haben follen, und alfo
dem Ebenbilde Ehrifti aͤhnlich werden. Können fie
ja vem Herrn Chriſto nicht aͤhnlich werden im Les
ben, fo follten fie ihm doch gleichwohl aͤhnlich ſeyn
im Leiden. Und müflen alfo das Webrige, welches
GEhriftus in diefer Welt noch zu leiden hat, an ihrem
Leibe vollbringen. Wie St. Paulus gar herrlich ſchrei⸗
bet: Eol. 1. Ich -erflatte in meinem Fleiſch
\ was noch mangelt an Trübſalen in Chriſto,
für feinen Leib, welder ift die Gemeine
Denn Chriftus hat noch nicht ausgelitten,
. er mug noh in feinem großen Leibe, nem
th, in feinen Bliedern allhie auf Erden,
leiden bis an ven jüngften Tag.
Das IM. Capitel.
WVon chriſtlicher Geduld der Kinder GOttes in
ihrem Leiden.
8. Wie follen ſich GOttes Kinder in ihr vielfältiges Leiden
recht ſchicken ?
Ds wohl die lieben Epriften in dieſer Welt beide
vom Teufel und Menſchen gro Bedrängniß leiden
müflen, daß fie fich oft für großem Leide den Tod
anwumſchen, fo follen fle fih doch gleichwohl im als
det wahren Chriſten. 487
lem mäßigen, und ihr Creuz in Geduld tragen. Denn 1. Se⸗
GOttes Rath und Wille iſt in allem Leiden, er fur bat
Het feiner Rinder Beſtes. Er tödtet dad Fleiſch umdbuirie aa
machet lebendig ven Geiſt, das iſt, er erwecket den 9.
Glauben und dad Gebet, und machet endlich eitel
Pöftfiche Ehre Daraus. Darum fo follen fie nit fo
ſehr ſchauen auf das Gegenwärtige, welches fie
Bart preffet, als auf das Künftige, welches fie trös
ften, und eine wichtige Herrlichkeit ringen wird.
Sie follen immer unter dem Ereuz eine fröhliche Hofo_ -.
nung zu GOtt tragen, welde in Wahrheit nicht laͤſ⸗
ſet zu Schanden werden. Denn wenn der Teufel
und die Welt auögefpielet haben, fo hebet &Dtt feis
nen Actum an, und machet alles wiederum gut, was
jene verdorben haben,
2. Berichte zievo etwas mehr?
Gi. allen Dingen follen fi GOttes Kinder von, 40
Herzen unter GOttes Hand, welche fie alſo drüdet, SD
demüthigen, und. follen. ſich ald gehorfame Kinder, dan deu
wider GOttes Rath und Willen durch Stolz und wuthigen.
Ungeduld nicht empören.
Denn GOrtes Wille fol nicht allein frei gefches
ben im Himmel und auf Erden, fondern wir follen
auch an dem Willen GOttes herzlid Gefallen tras
gen: Sa, wir -follen uns für GOttes Rath und
illen büden, und denfelbigen mit verbedtem Ans
geidt in hoͤchſter Demuth anbeten. O HErr GOtt!
biſt heilig, und dein Wille iſt heilig und gut,
abe Lob und Dank für deinen heiligen guten Willen,
Und ob es wohl unferm Herzen bitterlich wehe
tut, daß wir des Süffen, welches uns einmal ge⸗
fchenfet, follen entrathen: Dennoch muß man ſich
. biegu gewöhnen, daß man fein Herz und Begierde
brede, und dem Willen GOttes unterwerfe: Alfo
bleibet GOtt in feinem Fuͤrnebmen unverworren, und
Pas gepuluige Herz hat Ruhe, wie Chriſtus ſpricht
y
Ä Bom tugendreichen Leben
th, 11. Nehmet aufeuh mein Jod, und
net von mir: Denn ich bin fanftmäthig,
d von Herzen demüthig, fo werdet ihr
ıbe finden für eure Seele Wenn man GOtt
ben und machen läffet, was er will, fo bat man
he: Wenn man ihn aber viel meiftern will in feis
ı Werken und mit feinem Thun nicht zufrieden
n,. fo vermuthet man fich felbft, und meldyes das
te ift, man erzürnet GOtt, der von feinen Crea⸗
en: kurzum will ungemeiftert ſeyn. Fuͤr folcher
ibefcheidenheit, Hoffart und Ungeduld wolle uns
ver liebe GOtt guädiglich behüten und bewahren.
Der Prophet David giebt den Ereuzträgern und
etrübten vdiefen Rath, Pfalm 37. Habe Deine
uft an dem Herrn, der wird Dir geben dev
es Herzens Wunſch. Das tft: Habe Gefallen
ı allem Rath und Willen GDtte, und an dem
ben Greuz, trage ed in Demuth, in Sanftmuth,
Gehorſam, in der Stille und in großer Geduld,
trage es mit Luft und Freude, fo wirft du GOtt
mit ehren, und es wird ihm wohl thun, und wird
in Leiden mäßigen, und einen Sonnenfchein nad
m andern über dich kommen laffen, und was vu
ie wünfchen und begehren wirft vein Lebenlang, daß
bige wird er dir reichlich geben.
Denn fo fpriht Sara, Tob. 3, Ver GOtt
enet, der wird nah der Anfechtung go
öftet, und aus der Trübſal erldfert, un»
ich Der Züchtigung findet er Gnade. Dens
ı haft niht Zul an unferm Verderben.
enn nad) dem Ungewitter läffett du die
onne wieder [heinen, und nad dem Hew
n und Weinen überfhüttell.du uns mit
renden. on
Ich will hiemit keineswegs verboten haben, des
slide Xrauren, .Seufzen und Weinen, welches
riſtus felber nicht‘ hat enthalten koͤnnen, fonnern
der wahren Chriſten. 2
nur die heimliche Verbitterung wider EOn, und das
ungeftüumme Heulen, Rufen unp Roben
3. Was follen GOttes Kinder mehr thun in chrem
Crenz ?
S. ſollen nicht erſchrecken fuͤr GOtt im Grenz, als, Site en
ſollten fie nun nicht mehr bei ihm in Gnaden feyn, Soate
fondern man bleibe nur feſt in dem Vertrauen der’ balten.
Bnade, und lafie ihn walten, und Die. Seinen wun⸗
derbarlih genug führen. Er weiß doch wohl, was
er thun und laſſen, und wenn er aufhoͤren ſoll. Und
wenn wir das Herz GOttes ſehen koͤnnten, ſo wuͤr⸗
ven wir mit ihm lachen und des Teufels und der .
Welt fpotten. Denn GDtt meinet eö fo nit, wie
er fich ftellet. Es ıft eitel Silber und Sol ‚unter
der ſchwarzen Erde verborgen.
Wenn mir auf meiner Wanderreife, und. auf dem
Wege GOttes ein Unfall begegnet, fo made ih es
fo: Ich ſtehe ftil und leide es, verwundere.mih |
bed Teufels und der Welt Bosheit. Es fehmerzet
mich wohl, daß aus dem Guten ein Böfed geworden
it: aber ic fage und Plage es keinem Menſchen,
ſondern ich ſchweige und klage es GOtt, denn die
Noth iſt oft ſo groß, daß man es feinem Menſchen
Hagen, und fo ſeltſam, daß man ihr nicht rathen
fann. . Dad Garn ift ſo fehr verworren, und.
ver Teufel hat ſich fo mächtig Darin geſetzet. So
koͤmmt denn mein lieber himmliſcher Vater ber, und |
nimmt ſich meiner an,. und tröftet mic, und ftärfet
die Kräfte meines Herzens und giebt mir neue Gas
ven. Denn wenn es wettert, fo grünen bie Bäume
SHdDtted, und fo fchenket er den Seinen voll ein,
Er fübret es auch berrlich hinaus und ‚wendet alles
um Beſten. Denn aus unferer Armuth mache ce .., \
Reichthum, aus unferer Krankheit machet er Gefunds - "
heit, aus unferer Schmach machet er Ehre, und au - :.,
unferer Traurigkeit machet er Freude, Unſere Fein⸗ ö
Be Born Creut |
de, Lügner, Laſterer und Verfolger aber erfüllet e
mit ewigem Herzeleid und Schande, und raffet ſi
aus dieſer Welt hinweg, wie ber Wind die unnüy
en. Stoppeln hinraffet, und wirft fie in die ewig
ut
.. Daher ermahnet St. Paulus die.Chriften, Du
fle ja zur Zeit ihrer Anfechtung nicht forgen wollen,
wie fie derfelben möchten los werden, ſondern daß
fie nur GOtt fein gedultig gelaffen ftehen, und ihm
aushalten, und ibm alles Flagen, und auf fein
Guͤte Hoffen. Denn fo. fpriht er Phil. 4. Der
Herr ift nahe, darum forget nihts: fom
Bern in allen Dingen laffet euer Gebet umd
Sieben mit Danffagung für ihm fund wen
Den. Welche fihöne, und denkwürdige Worte Et.
Pauli Luther in der Kirchenpoftil S. 49. alfo erflö
zer. hat: Hier lehret St. Paulus, wie alle unfer
Sorge auf GOtt foll geworfen werden, und iſt de
Meinung: Sorget nur nichts. Kommt aber etwad,
Das euch Sorge machen will, wie ed denn ſeyn muf,
daß ihr viel Anitöffe haben. müffet auf Erden, f
flellet euch alfo: Unterwindet euch fein gar mit
wmit- eurer Sorge, es fey welcherlei es wolle, ſonden
laſſet die Sorge, und kehret euch mit’ eurem Gehe
und Sieben zu GOtt, und bittet ihn um alles, ve
ihr wollet mit Sorgen haben ausgerichtet, Daß =
ed ausrichte. Und thut das mit Dank, daß: ihr w
nen folhen GOtt babet, der für euch forget, um
dem ihr alle euer Anliegen moͤget Fühnlih heimſtch
Yen. Wer fi aber fo nicht flellet, wenn ihm erwei
kommt, fondern will es zuvor mit Vernunft meſſen,.
und mit eigenem Rath regieren, und nimmt ſich ve
Sorgen an, der menget ſich felbft in viel Janımır,
verlieret Friede und Freude in GOtt, und ſchafa
doch nichts, fondern. gräbet nur den Sand, und few
ket fich weiter hinein, und koͤinmt nit heraus, we
wir täglidy in unferer eigenen und anderer.
ernen.
"der wahren Ehriften. 7
Befiche hievon mehr das dritte Capitel in der
ünften und folgenden Frage dieſer Schaglammer.
» Wie follen fich bie Kinder GOttes in Anfechtung: recht
' fchidten 9 —
Hievon iſt droben im 5 Capitel in ber 5 Frage.
es 5 Buchs Bericht gefcheben, welchen du allbie
viederholen kannſt.
5. Wie follen fie ſich wieder den Tod tröften?
Daniel ſpricht Cap · 5. Gott hat deinen Open Danit
ınd alle deine Wege in feiner Hand. Ein Leben
refflicher ſchoͤner Spruch, welcher da lebret, Daß und en
BO Bater nicht allein das Leben gegeben, fondern Händeg
aß er auch ein fleißiges Auffehen auf sined jeden bat:
teben habe, und vaffelbe in feinen. Händen bewahre.
Erſtlich hat er uns in Mutterleibe bereitet, und
yat und Leib und Seele gegeben, Pf. 139. Denn
vie ‚wir find, alfo hat und GOtt gefhaffen, und
yamit follen wir auch wohl zufrieden feyn und. ihm
yafür danfen. Bu Ä
Darnach hat er und mit feiner Hand aus Mut
terleibe gezogen, und uns von unjerer Mutter ges
yolfen, wie David begeuget, Pf. 22. und 71. Auf .
ich habe ich mid) verlaffen von Mutterleibe an, denn
‚u haft mich aus Mutterleibe gezogen, Troͤſte und
BOtt in Ewigfeit, wenn GOtt der HErr felbft in "
olhen Roͤthen nicht das Beſte thäte, ed wuͤrde fein
Rindfein lebendig zur Welt fommen, und bie Deuts
er würde ihren Mund darüber zutfun, 2
Fuͤrs Dritte erhält und bewahret er ‘auch unſer
Reben, Damit wir nicht umfommen und flerben. Dad
tehen erbält er uns dur Effen, Trinken, gefunde
tuft ꝛc. Sa, durch fein lebendiges und allmaͤchtiges
Bort, wie er fpriht: Der Menſch lebet nihs
llein y Brod, fondern von einem -jegiw
at ._ — — — — — -
Bie ge:
492 : Dom Ereus'
hen Bort, weldhes durdh den Munt GOt
tes gebet. Er bewahret ed und aber durch fein
ſtetes und genaues Auffeben, Wie Job 10. ſpricht:
Leben und Wohlthat Haft du an mir gethan,
und bein Auffehen bewahrer meinen Odem.
Gleichwie ein frommer Hirt vom hohen Berge
herab ſiehet auf feine liebe Schaͤflein, und huͤtet ih⸗
rer mit Fleiß, daß nicht etwa ein Wolf berlaufe und
fie erhafche und! umbringe: Alſo fiebet auch GOtt
Vater vom hohen Himmel herab auf und und be
wahret unfer zartes Leben, daß es nicht verderbe,
ja er bewahret unfern Odem, oder unfer Leben in
feinen Händen, wie Daniel ſpricht, auf Daß wir de
fto fiherer feyn. Er träget feine liebe Kinder im
ee feinen Armen, wie ein Hirt feine Schaͤflein träget,
Eſa. 40. Ya, wie ein Mann feinen Sohn träget,
ht hat. Deut, 1. und bewahret fie in feinen Armen, oder in
feinen. Händen, wie feinen eigenen Augapfel, Zach.
2. Wenn fie in den Krieg ziehen, muß fie fein Schuß
treffen, alle überhin, over bei Seite aus. Wenn fie
ind Waffer fallen, müſſen fie nicht erfaufen. Wenn
fie ind Feuer fallen, müffen fie nicht verbrennen, wie |
Ef. 45. faget, und auch zu erfehen it aus dem Exem⸗
pel der drei: Männer zu Babel, welche im Feuerofen
wunderbarlicher Weiſe durch GOtt find erhalten wors
den, Dan. 3. Koͤmmt aber die fliegende Hitze, nem⸗
lich, die giftige Peſtilenz, ſo muß ſie nicht ſchaden.
Schone, o Peſtilenz, ſchone, dieſen ſollt du mir nicht
anfahren, er ſoll mir und feinem Nädften zu gut
noch eine Zeitlang leben. Web Zeit gelommen, und
wer an der Welt fterben fol, ver muß davon, ob er
gleich auf einer. eifernen Burg, mitten unter allen
Apotheken verfchloffen falle: Weß Zeit aber nody nicht
gelommen, der kann nicht fterben, ob er gleich mib
ten in der Weit wäre, und alle Zage zehn Tauſend
dahin fielen, wie der 1 Pfalm lehret. Denn GOtt
hat einem jeden feine Zeit und Maaß gegeben, vie
muß er ableben, durch füß und fauer, und ehe die⸗
v
der wahren Ehriften. 493 .
felde Zeit nicht im iſt, muß Feiner fterben, wenn
er gleich fäße im Thal des Todes Schatten, in eis
nem folhen Thal, oder an folhem Ort, da eitel
Todeögefahr vorhanden wäre. Denn fo fagt David
aus dem Munde und Herzen des heiligen Geiſtes
Pſ. 31. Meine Zeit, lieber GOtt! fichet in
deinen Händen. "Und Pf. 39. Meine Lage,
die ich leben foll, find in dein Bud ge .
fhrieben. Mittlerweile fitet der fromme GOtt,
und bewahret durch fein Auffehen feiner ‚lieben Kin;
der Knoͤchlein, daß der feines verfehret werde, Pf. 34.
Ya, er erzähle alle ihre Haare, Matth. 10. und
faffet ihre Thränen in einen Schlauch. Diefer Vor⸗
ſehung .tröfte dich, mein lieber Menſch, und glaube,
daß GOtt dein allmädtiger GOtt und Vater fey
Das IV. Eapitel
Bon den Urfahen des Ereuset.
4. Barım verhänget GOtt das Erenz und Leiden Aber
. feine liebe Kinder.
Soolches gefchiehet anfaͤnglich darum, weil es GOtt 1. Damit
‚verordnet, Daß alle wahre Chriften unter dem Ereuzghenbitbe
leben, und Dadurch dem Ebenbilve feines lieben Sohns feines
gleichfoͤrmig werden follen, Röm, 8. Inwendig follen ie |
| fie Schredlen fühlen, ‚wegen ihrer unträglichen Schwach⸗ werden,
heit: Auswendig follen fie von der verdammten Welt
‚übel gehalten und jämmerlidy geplaget werden. Denn
‚weil GOtt die Seinen wunderlich führet, und fie
‚zuvor laͤſſet Mein werben, ebe er fie groß madhet,
‚muß Dies die Welt nicht verftehen, fondern mit dem
Kopf an die Mauer laufen. Ein jeder. Chrift muß
zum erfien einen Teufel, zum andern einen Judam,
‚zum Dritten einem Gaipham, zum vierten einen Pon⸗
tium Pilstum haben, und: muß ſich ftreichen laſſen |
‚bis auf das Blut, Wenn der eine aufgehöret bat,
|
Due EEE SEEN GE. ⏑ —7575— —
. -
\ .
494 Vom Creuz |
müffen zwei wieder anheben, und nad) diefen zweien
viere fommen, und nach den vieren achte, der eine
woch böfer als der andere. Se heiliger Chriſt, je
größer Märtyrer. Je beiliger-Chrift, je ein ſchwerer
Greuz er feinem HErrn Chrifto muß nachtragen:
Sa, ein frommer Chriſt muß alles often, was bit
ter in. der Welt ift, und nicht einen einigen Tröſter
haben. : Died alles aber gefihiehet zum guten und
Föftlihen Ende, wie denn GOtt feinen lieben Ans
erwäbhlten nichts Boͤſes oder Gefährliched wiederfah⸗
ren laͤſſet, daraus. er nicht gedächte etwas Bejonde
red, Gutes. oder Heilfames zu machen. Alles, was
in der weiten Welt ift, Gutes oder Böfed, muß den
Chriften ale ihren Herren, nüßen und dienen,
2. Wozu dienet ihnest deun bad Creuz ®
2.20 Der Int gemein davon zu reden, laͤſſet GOtt feinen lie
ben Kindern das Greuz Darum wiederfahren, "Daß fie
in wahrer. Demuth erhalten werden. Denn nichts
Pränfet und demüthiget und mehr, als Creuz um
5. Ihre Leiden. Zum andern, auf daß die Heiligen ihre
zuertens Augen auf fi wenden, und ihre innerlihe Unreinig
nen. .
4. Das
feit. und Bosheit vefto beffer lernen erkennen um
beſeufzen. Zum- dritten, auf Daß der koſtbare Glaube
Sebet zu mit dem Gebet -in ihnen erwedet, geübet, geläuter,
erweden
. Der
5
Sünde
"geitärfet und vermehret werde. Letztlich, daß fie and
zum geiftlihen Tode bewogen und geſchickt gemache
ebzuftess werben mögen. Denn den Sünven abfterben, be}
it, fliehen, was uns wohl thut, und dem folgen,
was und zumider iſt, das iſt ein bitterer Tod, je
Creuz und Tod. Dieſen geiftlihen Tod fordert GO
von und in feinem Wort; Aber da beat unfer
nicht Luſt dazu, nemlich, daß es ihm felbft Wehe
tbun, ſich creußigen und tödten fol. Da koͤmmt aus
das Creuz und plaget und fo lange, bis wir de
Sünde feind werden und ihr gerne abfterben: As
denn fliehen wir, was und wohl thut, und folge
arm Ten — 77 — J * 5 —
der wahren Chriſten. 488
dem, das uns zuwider iſt, auf daß wir nur Friede
haben, und mit dem lieben Creuz verſoͤhnet werden
mögen. Und das iſt der Nutzen davon, daß uns
das Creuz, welches uns anfänglich verderben wollte, .
dienen muß zu wahrer Zerfnirfhung des Gemüthe,
zum Glauben und neuem Gehorfam,
3, Barum verhänget GOtt ferner bad Grenz über feine
u | Kinder? Bu
E⸗ geſchiehet auch ſolches darum, auf daß die lieben 6, DE e
Auserwaͤhlten GOttes, weldye in dem ewigen Leben. —*8
glänzen ſollen in dem allerherrlichſten Schein feines theilhafı
Sohns, gleichfoͤrmig werden mögen dem Ebenbilde "har"
feines Sohnes, wie ©t. Paulus Roͤm. 8. fchreibet:
Das it GOttes Rath und Wohlgefallen.
Wer will den Rath ergründen oder. meis
ftern? Derowegen, mein lieber Menfh, wenn es
dir übel gehet und dir dein Herz verwundet iſt bis
in den Tod, fo gedenfe, Daß du trägeft das theure
Bild JEſu Ehrifti, und befchwere dich ed ja nicht.
Denn je mißftaltiger du hier bift, je herrlicher du
Dort feyn wirft, wie St. Paulus 2 Cor. A. ſpricht:
Unfere Trübfal, die yeitlih und leicht iſt,
fhaffet eine ewige und über alle Maffe
wichtige Herrlichkeit. . .
‚Darum, ſpricht er, follen wir nicht eins feben
auf dad Sichtbare, das uns hier eine kurze Zeit
angſtet, fondern nur allein auf dad Unfichtbare, das
uns dort in alle Ewigkeit tröften und erfreuen wird.
Deögleihen Roͤm. 8. Ich halte diefer Zeit Lei
men der Herrlichfeit nicht werth, die an
sand foll offenbaret werden. Denn leiden
wir mit Ghrifto, fo werden wir auch mit
ihm zur ewigen Herrlichkeit erhoben wer
‚ven, Dad find ja engliſche und tröftlihe Worte, bie
‚sans alled Leiden follten ſuß und leicht machen,
496 WVom Creuʒ |
4. Gereichet dies nicht den Glaubigen zu. befonbern Ehren,
daß fie durchs Grenz Ehriſto gleichförmig werden ?
es in Freilich iſt dies gleichfoͤrmig ſeyn dem Ebenbilde Chri—⸗
ereliher ſti, und Chriſtum in ſich creutzigen laſſen, und im
Reiter loͤblichen Orden der heiligen Märtyrer ſtehen, eine
tum. ſolche Herrlichkeit und Ehre, daß Fein Fuͤrſtenthum
- und Raiferthbum mit ihr kann verglichen werden, und
wir wollen unter folher Herrlichfeit finfen und fer
ben? a, diefe Steichförmigkeit ift ein gewiſſes Zei
hen der ewigen Borfehung der Gnade GOttes und
des ewigen Lebens, unfern Feinden aber ein Zeichen
ſchrecklichen Zorns GOttes, und unerträglihen Ge
richts, welches einmal über fie ergehen wird. Dens
dafür, daß fie und bier eine kleine Zeit geängflet
baben,. follen fie dort ‚wiederum ewiglich geaͤngſtet
werden. Hier follen fie weniges Glüd haben, nah
dem Vers Davids, Pf. 40. Ein boͤſes Maul wird
Fein Glüd haben auf Erden: fondern GOtt wird
Strahlen über fie ſchuͤten und. wird fie mit Keuer
tief in die Erde fihlagen. Dort aber follen fie mit
den Gerechten nicht gefchrieben werden, fondern hoͤl⸗
liſch Feuer und ewig Herzeleid zu Lohn haben. Uber
die Elenden werden das Land erben, und Luſt Gaben
in großem Friede, Pi. 37. Den Gerechten mu
dad Licht immer wieder aufgeben, und Freude ves
frommen Herzen, Pf. 97. Was wir aber für Xrof
und Freude in jenem Leben erlangen werden, tft ned
der Zeit in feines Menfhen Herz kommen. GOu
ftärfe und durch feinen heiligen Geiſt!
5: Zeige mir an mehr Urfachen dee Creujes.
7. Daß fie Die ‚Glieder unfers lieben HErrn Chrifti, woelde
| Ruh vem ihm durch die heilige Taufe einverleibet ſind, unt
Böfe emaun in ihm haben die Fülle aller Gnavengüter, Ka?
Soften. die allerelendeften Menſchen auf Erven. Denn ſi
.müffen täglich das Creuz Chriſti tragen, täglich den
| as
Eur ber wahren Chriften. 497
an fterben. Es muß ihnen oft an dem Herzen und.
an der Seele fo wehe feyn, daß fie es kaum ertra⸗
gen und ausreden fönnen. Dies hat feine hoben
Urſachen. Denn wer das Gute haben will, der muß
aud dad Böfe leiden. Wer in den Himmel kommen
fol, der muß zuvor von der Hölle auch was koſten.
Der Teufel muß die Himmels: Pflänzlein mit feinen
feurigen. Spieffen durchrennen, und fie am Herzen
fo Angften, daß fie für großem Wehe wohl moͤchten
Den Geiſt aufgeben. Er kann ihm die Alle der Hei⸗
ligen wohl zu nüge machen, und aus einem Fleinen,
ja oft wohl aus einem nichtigen ein großes machen.
Gr kann fie überreden, ihre Sünde fey-größer, denn
Daß fie ihnen koͤnnte vergeben werden. Die Welt
koͤmmt ihm zu Hülfe; wenn dieſe einen Chriften fies
het, fo ift es eben fo viel, ald wenn ein Wolf ein
Lamm fiehet. O wie verachtet Die hoffärtige geiftlofe
Welt die großen Heiligen GOttes, Die ehrwürdigen
Heiligen, und die bochanfehnliden Erben des ewi⸗
gen Lebens! Sie baffet, fie ſticht, fie beiffet, fie vers
wundet bie lieben Gotteslinder bis in den Top: Gie
allein it Mug, heilig und gerecht, Chrifti Glieder
find. e8 nicht. Armuth, Krankheit und das Hauss
ereuz haben fich mit einander verbunden, daß fie die
Chriften wollen überfallen, und ihnen genug zu
Schaffen geben. Wer heute ladet, der ift morgen
eine arme Wittwe, oder ein armes Waifelein, und
; muß in der Afche fißen unter falfchen Tröftern und
bitterlich weinen. Denn das Lachen ift bei den wahr
ren Chriften tbeuer. Aber darum muß man Das
Hochzeitgehen nicht angeben. Denn daß ift, ein ewis
ges Laden, wenn Ehriftus fpriht: Kommet zur
Hochzeit, oder St, Paulus: Freuet euch im
HErrn allewege.
6. Weſſen ſollen wir uns freuen?
Das der HErr Chriftus die ſchwere Laſt der Suͤn⸗
Den von und genommen hat, durch feinen Tod, und
2 .
l
498 Dom Cru - u
bat fie geworfen in die Tiefe des Meers, und dal
er und an Statt einer Sünde zehen Zentner feiner
bimmlifchen Gerechtigkeit geſchenket hat, und daß er
und zu GOttes Kindern gemachet hat, und daß mil
Tempel des heiligen Geiſtes feyn, und ſchoͤne Früdte
tragen, und Daß er bei uns iſt in unfern Roͤthen,
und alles ſo maͤßiget, daß wir es ertragen koͤnnen,
und daß er uns durch Creuz dad heilige Herzwaſſ,
das liebe angenehme GOtteswaſſer aus ven Auzen
drüdet, und zum Worte treibet, und fein andaͤcht
machet, und daß der Welt Veradytung und Chmod
unfere hoͤchſte Ehre iſt, und ihr Haß und Perfob
gung GOttes Liebe iſt, und daß unfere Armut)
Reihthum, und unfere Krankheit in Geſundheit ſol
verwandelt werden, an dem Tage, wenn ef
wird wieder fehen. Denn fo wird fich unfer Hi
rechtfhaffen freuen, und unfer Mund wird ladım,
und niemand wird unfere Freude von ung nehmen.
Das mag wohl beiffen, wie Thren. 3. geſchricben
ftehet, daß GOtt die Menden nicht von Hei
plage, ald wolle er fie martern und tödten, fonderk
daß ſolches gefchehe zur Probe und Webung srl
Glaubens, und daß er fie durchs Creuz zu fih z"
de, und fie lernen beten, und daß er fie troͤſte um
rette, und ihnen fein göttliher Troſt und Ertettun
hernach defto füfler und angenehmer fey. Denn mE
nicht weiß, was bitter ift, der verſtehet aud nik
was füß iſt: Wer nicht in der Hölle gewefen, ud
allda eine Zeitlang mit dem Teufel die Partei
göttlichen Zorns gefreffen, der weiß nicht vom HR
mel und Der Gnade GOttes zu fagen. Die 9
ift des Himmeld Würze, und der Zorn GOtties m
die Gnade GOttes füß machen. Ind ift ein Zeiche
ſonderlicher Gnade und fräftigen Trofted, wenn GL?
Died Felt und Spiel mit einem anhebet.
der wahren Chriſten. | . 499
u | 7. Erzähle mir mehr Urfachen des Greuges?
€; wird auch das Herz der Heiligen durch des Teu⸗8. Das fie
fels und der Welt Scheidewaſſer fein gereiniget von langt
alter heimlichen Unfauberfeit, und böfer Luft, fo noch von böfen
Darinnen ſtecket, wie Chriftus fpricht: Joh. 15. daß irn.
er feine Reben alle reinigen wolle. Es wird ein -
wahrer Chrift in die Länge fo rein, daß er fidy nach
der Welt, ald nad) einem Greuel, nicht mehr ums
fehen mag. Ich gefchweige, daß er etwas Daraus
begehren jollte, ſondern feine einige Luft iſt einfam
zu feyn und GOtt leben, welches das Allerbefte ift. ’
Das heiffer venn: Die GOtt lieben, Denen muß
alles zum Beften dienen. =
‚ . Denn dad liebe Creuz, welches bir dein GOtt Großer
und Vater auferleget, und Deinem Herzen fo Wehe ne ern
thut, Das ift dir nüße und gut. Denn durch fein sch.
Miitel kann das Fleiih und Herz beffer -gefränfet,
gedemäthiget und gereiniget werden, denn eben durchs "
Ereuz Ach! was ift ein Menfd ohne Ereuz? Ein
Bild voller Thorheit, Lüfternheit und Hoffart. Wenn
' ed dem. Herzen wohl gebet, fo ift es voll Unfrauts,
und laͤſſet ihm nicht fagen. Wenn ed aber unter dad
' Ereuz gefeßet, and ziemlich hart gepreffet wird, fo
wird es. matt, und das ſchaͤdliche Unfraut erſticket,
| gerdirbet und vergehet darin. Sünden müffen unter
dem Ereuz aufhören, "wie fie unter Wäpltagen wach
Ifen. Daher fpriht GOtt der HErr im Propheten
Eſaia Cap. 48: Ich will dich laͤutern und auser⸗
waͤhlt machen im Ofen des Elends. Gleichwie ein
Goldſchmied fein theures Silber und Gold laͤutert
und auserwaͤhlt machet im Feuerofen: alſo laͤutert
zund machet auserwaͤhlt unfer Herz GOtt der HErr
im Ofen des Elendes. Das iſt mir ein auserwaͤhl⸗
es Herz, ſpricht alsdenn GOtt, denn es iſt von
llem Schlamm gereiniget und gelaͤutert, wie Silber
nd Gold. Das Herz liebe ich, und an dieſem Her⸗
000g
500 WVom Era
zen habe und tgage ich groß Gefallen. Und je länger
ein armes Herz, in der Hiße des Creuzes gehalten,
je reiner e8 wird, und je angenehmer es GOtt wird,
8. Fahre fort im Erzählung der Urſachen bes Erenzes.
0. Der Snfonverheit lAutert GOtt, und machet audermäßt
Slanbigeund rechtfhaffen den theuren Glauben in und durd
| De rc DA8 Greuz. . Er will zufehen, was du für ein Abre
bewäprt. ham fenft, und was du. für einen Glauben haft, wei
er dir fo plöglich wegnimmt das Allerliebfte, welche
er dir jemald gegeben hat.
Er will erfahren, ob du aud) feinen bloßen Bor
ten traueft, und wider alles Fühlen wahrhaftig gie
beft, Daß er Dir gnaͤdig und wohl zugethan fen. u,
er will Durch dies wunderliche Spiel deinen Glaube
recht ermuntern, und in Dir lebendig, feurig, groß,
Sauter und rechtfhaffen machen. Nicht allein aber
dad, fondern du wirt nun lernen recht feufzen,
und dein Seufzen wird durd) die Wolfen dringen,
und GOtt wird fidy deiner annehmen und deinem
Herzen feine Gnade zu often ‚geben, und alfe
dadurch die Bitterfeit Deines Ereuzes lindern. Dean
wo Bitterfeit im Herzen ift, da ſchicket GOtt feiner
. Gnade Süßigkeit bin, daß alfo dad Herz nimm
füffer ift, denn chen zu der Zeit, wenn es am «lm
bitterſten ift. | . |
Daß man aber unter dem Ereuz lerne beten, giet
bie Erfahrung, und Eſaias bezeuget es Cap. %
Herr! wenn Trübſal da ift, fo ſuchet mas
dich, wenn Du fie züchtigeſt, fo rufen ſie
Angftiglih. Sie gieffen heraus die Redefunft, ve
alles, was fie vom Gebet wiffen. Zn Röthen lerne
ſie beten, und werden trefflihe Anrufer und Redat-
Denn wenn die liebe Gotteskinder mir" ibrem Go
bet nicht fortwollen, fo.nimmt fie der heilige
zwifchen die Sporen, und reitet oder treibet fir p
GOtt, durch das Heilige Ereuz, wie Eſaias Gap. 23
‚alle fein Thun iſt lauter Heuchelei: aber wer Noch -
"ber wahren Chriften. 501
ſaget: WVenn Trübſal da iſt, ſo fiepet man '
fid nach Dir um, HErr! und fo lernet man be
ten, ohne Ereuz ift ein Menfc ein Heuchler, und
bat, der fann fo laut rufen, daß es die Engel im
Himmel hören. Denn warum follte mir GOtt Vers
folgung, die Armuth, einem andern Krankpeit zus
ſchicken, wenn er ed nicht thäte um des Gebets wil⸗
len? Welches ihm fo lieb ift, ald ein liebes Toͤchter⸗
fein, das er herzet und füfle. Denn Gebet und
Gnade begegnen fih, umfahen fih, herzen und kuͤſ⸗
fen fih. Und GOtt fpricht zu feinem Anrufer: Ich
habe dein Gebet erhöret, es fol zu feiner Zeit wohl
fommen. Darauf gehet denn der Menſch zu Haufe,
ift fröhlih und luftig, und bat etwas Heimliches in
feinem Herzen, dad er einem andern nicht fo bald
ſagen wird.
9. Zahre noch ferner fort in diefer Erzählung.
E⸗ ſendet auch GOtt darum den Seinen das Creuz 10. Die
zu, auf daß er mit ihnen durch das Ereuz fpielen,
den Glauben und ihre Beſtaͤndigkeit erfahren möge.
Beſtaͤn⸗
digkeit im
Glauben
Denn in ſchweren Zügen ſiehet man erſt, was einer wird bes
für ein Mann fey, was für einen Verſtand und Olaus
ä
Buche
ben er hat. Denn das ift wahrer Glaube, wenn Es.
man fih nicht allein auf GOttes Gnade verläffet,
wenn ed gut Wetter ift, fondern auch, wenn alle
Winde und Wellen daher raufchen und auf uns ſtoſ⸗
fen. Daher fchreibet St. Petrus 1 Petr. 1. Daß,
gleihwie das Gold im Feuer erfannt wird,
alfo werde auch unfer Glaube in Trübſal
erfannt, ob er wahrhaftig und rechtſchaffen
fey, oder aber nicht. Darum, lieber Menſch,
laß ja deinen Glauben an GDtt nicht fahren, wenn
Dir es übel gehet, fondern alsdenn feße allererft bein
Bertrauen recht auf ihn, und fprich mit dem lieben
Job⸗ Wenn er mich gleich zerſpaltete, fo
502 Rom Creuz
wollte ih mid doch zu ihm aller Liebe u
Freundſchaft verfehen. Denn zu dem Endes
dad Spiel der Verfuchung mit dir angefangen.
ob du glei nody Sünde fühle, fo laß dir d
Diefelbe die Gnade und deinen Muth aus dent.
. zen nicht nehmen, gerade, ald wäre dein Creuz mi
anders, ‚denn eitel GOttes Zürnen und S©täupı
Kein. Denn bie Sünde, die du noch fühleft
bereueft, ift in der Taufe von Dir genommen, u
feine andere, und diefe rechnet dir GOtt nidyt m
zu, .. fondern ift dir von Herzen gewogen um fei
lieben Sohns willen, wie St. Paulus 1 Eor.
zeuget. |
10. Sind noch mehr Urfachen des Ereuzed übrig ?
110 Endlich ift auch Died eine vornehme Urfady des La
Hoffnung dens der lieben Rinder GOttes, daß ihr Glaube,
ee Sebet und Hoffnung in folhem Kampf geübet, un
Grenz. defto Föftliher werde Denn dad Vertrauen der
Gnade und der Hülfe GOttes kann nicht beſſer m
muntert und gehbet werden, denn Durch Roth. Da}
Gebet aud) nicht, und die Hoffnüng aud nicht. Team
in Noͤthen erbeber fi der Glaube, dad Gebet und
die Hoffnung zu GOtt. Sa, ein Menſch iſt in Ri
- then nichtö anders, denn eitel Glaube, Gebet um
Hoffnung. Da iſt er ein rechter Hoherpriefter in
dem allerheiligiten Schmud, und: opfert GOet die
aflerheiligften Opfer, ver Glaube über fi im Gebe
und dad Gebet im Glauben: Se heftiger man betet,
je ftärler ver Glaube wird, und je ftärfer Der Glaube
gebet, je feuriger das Gebet wird. Je größer aber
Diefe beide find, je größer und angenebmer der Got
tesdienſt iſt. Denn ver Glaube, das Gebet und wu
Hoffnung im Ereuz find die Gottesvienfte der Prie
fter im Neuen Teſtament. Und zu ſolchem Got
Dienft neiget fi GOtt, und riechet fie als eimen
füffen Geruch, und iſt ihnen fehr gnaͤdig.
za
der wahren Chriften. \ 505 °
Denn niemand hat noch jemals GOtt umfonft
vertrauet, ihn angerufen und auf feine Güte gehofs -
fet. Diefe Arbeit ift wohl belohnet, es ift ſtets ets
was Gutes mehr al3 man veritanden, darauf erfols
get. Darum follten wir unferm bimmlifhen Bater
von Herzen banfen, daß er uns durchs Creuz in
folhe Schule führet, in. welder der Glaube, Das
Gebet und die Hoffnung geübet, und der allerhödhfte
Gottesdienſt verrichtet wird. Die aber GOtt fons
derlich lieb hat, und derer Stimme er für anderer
höret, die machet er aud) für allen andern zu ſolchen
heiligen und lieblihen Prieftern,
’ |
41. Lieber, fage mir noch eines, warum nemlich bie
Heiligen gemeiniglich das ſchwereſte Crenz trifft? -
Das die fürnehmften Heiligen, welche die größeften Deieit Re
Gaben haben, am härteften gehalten, und die ſchwe⸗Sicherbeit
reften Anfehtungen von ihrem Sleifh, Teufel und seraiben,
Welt haben, gefchiehet darum, auf daß fie nicht in
Hoffart und Sicherheit gerathen, 2 Corinth. 3. fons - '
dern fich immer zum Wort halten, und feine Suͤßig⸗
keit und Kraft recht erfahren. Denn der wird recht‘
gevemütbiget, welcher. des Teufels Schmach und Balls
Tenftreiche Frieget, und dem ſchmecket der Pfalter, wel⸗
der das Leiden hat, davon die Pfalmen reden: Da
fpriht man: Stehe ich doch bier im Pſalmen abges
malet in allen meinen Karben. Diefer ift mein Pſalm.
David felber hat das Leiden nicht gehabt, Davon Dies
fer Pſalm klinget. O wie Zuderfüß find denn einem
die Verbeiffungen, die man darinnen findet. Go iſt
es mit den andern Propheten auch, aus melden man
denn alfo gewaltig gelehrt und verftändig wird, dap
es zu verwundern.
Die Polfters Herren aber leſen wohl viel, aber es
fhmedet ihnen niht, und fie werden auch wenig
durch alles ihr Studiren gebeffert, nur allein, daß
fie ſich auf unnöthige Fragen begeben, welches beffer
5. Dom Cry
iſt, nicht wiflen, denn wiffen. Die mühfeligen (
aber, wie ber Patriarch) Jacob fpriht, Sen. 49. ſuc
sie edlen Trauben von den Reben GOttes, und n
den von denſelben trunfen und übertrunfen.
Das V. Capitel.
Von dem Troſt wider das Creuz insgemein.
1. Ich habe wohl vernommen, was GDtted Kinder leit
müffen, wie und warum fie alles gebultig ertragen
ſollen: Berichte mich nun ferner, wie man fidy
im Grenz tröften fol?
Weit das Erenz mandherlei, und ber Troft eine Ar,
nei dawider ift, muß bievon insgemein und infonder
heit Bericht gethan werden,
2. Was fol ich indgemein wider das Grenz zum Trof
0 merfen ?
Da wir Der allerhoͤchſte Xroft, den wir arme Dienfchen ir
einengnäyungern vielfältigen Trübſalen allpier auf Erden We
Digen
@Stt imben, ift,. Daß. wir seinen verföhnten und gmädigen
ei GOtt im Himmel baben. Denn ob wir wohl vor
Paten
Natur arme Sünder, und von deswegen Kinder dei
Zorns find, fo zurnet doch GOtt der HErr nicht
mit und, wie er billig koͤnnte, ſondern er if mi
nädig, um feines lieben Sohnes willen. ein alt
iebfter Sohn Chriſtus, der Glanz feiner Herhit
keit, ift für und ein Menſch worden, und bat fi
heiliges Blut vergoffen am Creuz, damit bat er ww,
. fere Sünde gebüffet, und den Zora feines Vater
geftilfet. |
Dies bezeuget St. Paulus mit einem fehr mib
üben Spruch Röm 5. Wir find mir BüDt
verföhnet durch den Tod feines Sohns
de wahren Chriften. 808
nd 2 Cor. 5. GOtt war in Chrifto, und vers
Öhnete die Welt mit ihm felber, und red:
vete ihnen ihre Sünden nicht zu. Ä
"Daher führen wir diefen Föftlihen Namen, daß
bir GOttes liebe Freunde genennet werden, Pfalm
103. Erhebe dich, GOtt! über den. Himmel, und
rhebe deine Ehre über alle Lande, auf Daß beine
ieben Freunde erlediget werden. Höreit du wohl,
vas allhie der heilige Geift faget?! Er ſpricht: Wir
ind GOttes liebe Sreunde Das bilde dir wohl ein:
Ya, wir find und heiffen nicht allein GOttes liche
kreunde, fondern auch GOttes liebe Kinder, nad,
yem herrlihen Spruh Pauli Eph. 1. GOtt hat
ınd verordnet zur Kindfhaft gegen ihm
elbſt, durch IJEſum Chriftum, nah dem
Bohlgefallen feines Willens, zu Lob
einer berrlihden Gnade, durch welde
:r und hat angenehm gemadet in dem
Beliebten. |
Damit wir aber diefer feligen Kinpfchaft gewiß
eyn, hat er uns derfelben ein theures Pfand, nen.
ich, feinen heiligen Geiſt in unfer Herz gegeben, daß
x ſtets ın und wohne und feufe, wie St. Paulus
ſchreibet Gal. a. Weil ihr denn Kinder ſeyd,
bat GOtt gefandt den Geiſt ſeines
Sohns in euer Herz, der ſchreiet: Abba,
lieber Vater! |
Diefer Freundſchaft und Kindſchaft Gottes tröfte
ich in deinem Ereuz, und fprih mit David: GOt⸗
Ie8 Gnade ift mein Troft.
Darnach fpridh auch mit Paulo Nom. 8 Wer
will uns fheiden von ver Liebe GOt⸗
tes? Trübſal oder Angfi? Denn ih bin
zewiß, Daß weder Top nodh Leben, we
er Hohes noh Tiefes uns fheiden
!önne von der Liebe GOttes. Das it:
Beil GOtt unfer Vater und wir.-feine Kinder find,
o folget nothwendig , daß er und recht herzlich lieb
506 Dom Ereus
haben muß. Denn natürlicher Weife hat ja ein V
ter fein Sind lieb, und man hoͤret felten, Daß ei
Vater fein Kindlein baffen follte. Lieben wir nu
unfere Kinder, die wir doch von Natur böfe, un
zur Bitterfeit geneigt find; mie vielmehr wird un
GOtt kieb haben, ver eitel Güte und eitel Liebe ii
Es kennet GOtt der Vater feine Kinder von fıı
ne, und weiß ein jegliches bei feinem Ramen ;
nennen, und bat fie fo lieb, daß er fie wie gülven
Pettſchaftringe auf feinen Fingern träget, wie zu er
ſehen ift, Haggai Cap. 2, Denn dafelbit ſpricht GOt
der HErr mit fonderlichen Worten zu Serubabel d
fo: Serubabel, du Sohn Geelthiel, id will did
nehmen, und wie einen Pettfchaftring halten. Sob
he Freude und Wonne hat und- träget unfer lichen
GOtt an den Seinen, welches wir body, weil wi
unter dem Creuz find, nicht glauben: venn wir mer
nen, GOtt müfle ſtets mit und im Roſengarten tam
zen, oder er koͤnne nicht Vater feyn.
Joachim Mörlin in feinem Catechismus, ©. 2%
fhreibet hievon aljo: GOtt meynet es mit und vaͤ⸗
terlicher und viel freundlidyer, um feines Tieben Sobns
willen, denn alles, fo fann Vater genennet werden,
im Himmel und auf Erden. Will uns verohalten,
Dieweil wir feinen "Sohn lieben, als feinen lieben
Kindern, Erben- und Miterben Chrijti, nichts verfe
gen, fondern alles gnaͤdiglich, reichlih und uber
fhwenglid geben, mehr denn wir bitten oder ver
fieben. |
Und ob wir wohl leider täglich, fo fange wir "8
dieſem Leben find, unfere Fuͤſſe befuneln, und
. viele Wege ſchwerlich fündigen, fo will ung doch fob
ches GOtt, unfer lieber Vater, nicht zurechnen, uw
und derenthalben, aus feiner Gnade verftoffen, w
Daulus faget: Was will und [heiden von Mt
Liebe GDties? Und Ef. 54.88 follen wohl
Berge weihen und Hügel binfallen, abt
"meine Gnade foll niht von dir weiden
dee wahren Chriften. 507
und der Bund meines Friedens foll nicht
fallen, fpriht der Herr, dein Erbärmer.
‚Es fcheinet wohl, als li bete uns GOtt nicht,
veil er und fo manchen fauren Wind läffet unter Die
Hugen ftoffen, und alle Wetter über uns geben: Aber
vw liebet und in Wahrheit, und foldhe Auftöffe find
jeroiffe Zeichen berzlicher und feuriger Liebe gegen
ınd, weil er durch viefelden ven edlen Glauben in
nd erwedet, über, erleuchtet und ftärfet: Denn fos
yald ein Anſtoß koͤmmt, erwachet der Glaube, und
rgreifet GOttes Gnade und Hülfe, und troͤſtet ſich
zamit. Iſt dies nicht eine fonderliche Liebe und Gnade
DOttes, darüber man ja' ſoll fröhlih feyn? Ueber
as fißet der Sohn GOttes zur Rechten feined Bas
ed und bittet für uns, Rom. 8 Er bitter aber
nichts anders, denn dag GOtt Vater feine vaͤterliche
:iebe Yon feinen Rindern, ihrer hinterftelligen Sünde
yalben, nicht wenden wolle, fondern daß er dieſelbige
„iebe gegen fie beſtaͤndiglich und ewiglich wolle ber
yalten. | | |
Des tröfte did zum andern, mein lieber Freund,
n wahrem Glauben, und fo du Sünde haft wider
yein Gewiſſen, das ift, die Dir dein Gewiffen vers
ehren, fo laß dir e8 leid feyn, und bitte Deinen lies
ven himmlifchen Vater, daß er es dir gnädiglich vers
weihe, und die väterlihe Strafe lindere |
3. Thut auch GOtt der Herr ſolches I
Freilich, denn daher nennet ihn David die Sonne arm,
m 48 Palm, nicht allein feiner Klarheit und Err Sonne
leuchtung halben, damit er unfern Berftand täglich genennet
erleuchtet, fondern auch und fürnehmlich feined Tro⸗ ’
ſtes halben, damit er der Seinen Herz wiederum
troͤſtet. Er’ führer nicht allein in die Höfe hinein,
iondern er führer auch wiederum heraus, er ſchrecket
ınd betrübet feine Geliebte nicht allein, ſondern er
ziebet ihnen, auch feiner Gnade Troft reichlich wieder
\
508 Wom Ereus .
um .zu often. Er ſenket nicht allein in Armuth,
Krankheit und Berfolgung hinein, fondern er hilft
auch wieder heraus, und bringet alles fein wiederum
zurecht. Denn er ift und. heiffet ein Nothhelfer, Dan.
B. Und zwar zu rechter und bequemer Zeit, Pf. 9.
Died bezeuget Ezechiad, der fromme König, Ef.
38. mit diefen Worten: Sch winfelte für Angſt
meiner Seele und für Schmerzen meine
Leibes, wie ein Kranih und Schwalbe, und
um Troſt war mir ſehr bange, aber du,
Herr! Haft dih meiner angenommen. Um
er felbit, der HErr fpriht alfo Ef. 54. Du Ele
de, über die alle Wetter geben, und du
Xroftlofe, gieb dich zufrieden, denn du follt
von allem Schreden und Trübſal erlöfe
feyn, Gewalt und Unrecht foll fih nidt
mehr dir nahen. Behaltet ven denkwuͤrdigen Sprud
Saraͤ, des frommen Weibed Tobiaͤ, Tob. 3. Das
weiß ih fürwahr, daß, wer GOtt dienet, der wird
nach der Anfechtung getröftet und aus der Truͤbſal
erlöfet, Denn nad dem lingewitter läffeft du die
Sonne: wieder fcheinen, und nad dem Heulen und
Meinen überfchütteft du uns mit Freuden. Deinem
Namen fey ewiglic Lob und Ehre, vu GOtt Fire‘
David finget auch alfo Pf. 71. Du läffek mid
erfahren viele und große Angſt, und macheſt mid
wieder lebendig, und holeſt mic, wieder aus der Tiek
Ber Erde heraus.
4 Beffen fol man fich zur Peſtzeit wiber die Dept trößet
Solches findeſt du nad ber Länge ausfuͤhrlich a
dem 53 Zractätlein | '
5. Weſſen follen ſich die Sittwen tröfen®
Solches findeft du auch nad) der Länge im 54
55 Zractätlein.
der wahren Ehriften. 9
6. Was Habe ich für Troſt wider Krankheit und Auf
tung Y
Solches kannſt du aus des Verfaſſers Krankentroſt,
welchen er ſelbſt in Klage und Antwort geſtellet, und
weil ſich bei der Krankheit gemeiniglich geiſtliche An⸗
fechtungen finden, zugleich von den Anfechtungen darin
Bericht thut, zum Beſten vernehmen.
Das ViI. Capitel
Dom Troſt wider Anfechtung und Krankheit
infonderheif.
Die IL. Klage.
Ich erfeune meine Sänden und fühle von wegen berieben
groß Herzelcid?
Antwort. So gehet es zu, wenn ein Menſch krank
wird, oder fonft in ein ſchweres Unglüd geräth, fo
errvadhen in ihm die Sünden, und richten groß Her
zeleiv an: Ach, dies Leiden habe ich mit meinen
Sünden verurfahet! Hätte ich jened nicht gethan,
fo trüge ich dieſes niht am Halſe. Und ob wohl
die Seuche und Schmerz dem Leibe fehr wehe thut,
fo beiffet doch die Stunde im Gewiſſen viel heftiger.
Wie Sirah Cap. 21, fpriht: Mein Kind, fleuch
für der Stunde, wie für einer Schlan
ge, denn fo fie dir zu nahe fömmt, —E
ſticht fie dich Ihre Zahne find wie Loͤ—
wen⸗Zaͤhne, und toͤdten den Menſchen.
Eine jegliche Suͤnde iſt wie ein hart Schwerdt, und
verwundet, das niemand heilen fann. Und zwar dar
um ſchicket auh GOtt feinen Heiligen und Lieben
- Ereuz und Leiden zu, auf Daß fie fih dadurch ihrer
Sünden etwas erinnern: Und it der Sünde ihre
510 Vom Crau
Kraft, daß fie muß ſchmerzen und beiſſen, auf daß
ſie derſelben feind werden, und ſich nachmals deſto
fleißiger dafür hüten. Denn was Schmerzen bringet,
daſſelbe, es fen fo luftig wie ed immer wolle, meidet
man- gerne, wo anders die Binnen nicht bezaubert |
find.
Es if aber zu erbarmen, daß auch die lieben
Heiligen, welche das Ebenbild GOttes und den heis
ligen Geiſt dur Chriftum wiederum erlanget haben,
der Sünden Gewalt noch müffen unterworfen feyn,
und darob mancherlei Leiden ım Herzen fühlen, wie
St. Paulus jelber klaget Roͤm. 7., daß er noch nie
fo ſtark geworden fey, daß er der reizenden Luft und
andern feiner verderbten Natur: Sünden gänzlich; koͤnnte
wideritreben, und fie mit. aller feiner Bernunft, Kräfs
ten und Gebeten "überwinden,
Troft wis Aber höre, lieber Bruder, alle deine Sünden,
Sinde. weldhe Dich itzt im Gewiſſen quaͤlen, ſind dir ſchon
laͤngſt von GOtt durch Chriſtum vergeben. Und
wenn derſelben tauſend mal mehr waͤren, ſo ſind ſie
dir doch ſchon vergeben. Denn ſo bald das erſte
Fuͤnklein wahrhaftigen Glaubens an Chriſtum in dir
angegangen iſt, und du getaufet biſt, iſt die ganze
Laſt aller deiner Sünden von dir genommen, und
du bift eine neue, felige Creatur worden. Zeit ber
‚ deiner Taufe bift du ganz. rein gewefen von allen
deinen Sünden, Denn wo, Glaube und Taufe ut,
da it feine Sünde mehr, fondern. eitel und ewige
Gerechtigkeit. Die Sünde mag da wohl fryn, und
ſich täglich am Menſchen häufen, aber fie wird ıbm
von GDOtt nicht zugerechnet. Es iſt eben jo ala
fündigte er nidye mehr. Wie St. Paulus 2 Cor. %
ſpricht: GOtt bat und mit ihm felber verjöbnet
durch Chriſtum, und rechnet uns unfere Sünden nicht
zu. Daß aber die Glaubigen in ihrer Taufe fihon
gereiniget find von allen ihren Sünden, it aus dem
lar, daß Chriftus ſpricht, Matth. 16. Wer da. alaus
bet und getaufet wird, ‚der wird felig, das iſt, rei
der wahren Chriften. 541
von allen Sünden, Denn felig werben. ift nichts
anders, denn rein werden, und Dazu die uͤberſchweng⸗
lichen Güter des Verdienſtes JEſu Chrifti erlangen.
- Deögleihen aus dem, das St. Paulus fpriht Eph.
5. Chriftus bat und gereiniget von allen Suͤnden,
durch das Waſſerbad im Wort, auf daß er ihm ſelbſt
darſtellete eine Gemeine, die herrlich ſey, die nicht
babe einen Flecken. Desgleichen ſagt er Tit. 3. GOtt
hat uns ſelig gemachet durch das Bad der Wieder⸗
geburt. Dies ſind, lieben Bruͤder, wahrhaftige Zeug⸗
niſſo, denen du gaͤnzlich trauen ſollt. Sie ſollen dir
ſo neu ſeyn, als wenn ſie heute erſt aus dem Him⸗
mel erſchollen, und ſo theuer, daß ſie dir nimmer
aus deinem Herzen verſchwinden ſollen.
Dieſe Worte ſollen dir mit gülvenen, lebendigen
und ewigen Budhftaben in: Deinem Herzen gefchrieben
fiehen: GOtt hat mich durd feinen lieben Sohn
Ehriftum JEſum felig gemadhet in meiner Taufe.
Und je heftiger ter Teufel durch feine Läftermäuler
dawider bellet, je licher und fefter fie dir feyn follen.
Denn dies iſt der einige wahre chriſtliche Glaube,
welcher zum Chriften machet: Ich glaube Vergebung
ver Sünden. Ob du auch nad) deiner Taufe wies
perum in Sünden gefallen wäreft, wie du leider zum
öftern gefallen biſt, das laffe dich nicht irren, Die
&ünde ift darum nicht wieder zu dir fommen. : Denn
wo der Glaube ift, da ift der Taufe Kraft, und dar
bin kann Feine Sünde gelangen. Der Glaube: vers
zehret die Sünde, wie ein verzehrendes Feuer, und
gebieret eitel Reinigfeit und Gerechtigkeit.
. Daß did) aber vie Sünde noch etwas beiſſet, das
leide, denn Died ıft dir gefund. O wie nüße ift dir
Dies Salz! Es dienet zur Fürfichtigleit und Beſſe⸗
rung des Lebens. Und da tu gleich öffentlihe Schande
ſollteſt dazu haben, fo wäre dir es unſchaͤdlich. Denn
durch ſolche ſtarke Oſtwinde hoͤret die Sünde auf,
wie GOtt ſpricht Eſaia 27. Es wird aber wohl
beſſer werden. GOtt wird. dir nicht mehr Reue und
512 Vom Creus
... Herzeleid zuſchicken, als dir noth thut. Wenn ber
gute Füuͤrſatz da iſt, ſo wird dein Leid aufhoͤren, und
| in große freude verwandelt werden. Du wirft aus
der Hölle in den Himmel kommen, fürnemlich, wo
du wirft beten, und dich der Worte in feſtem lau
ben tıöften, Die Du von mir gehöret haft, wie vie
GOttes ernfter Wille if. Denn dies ift GOttes
Wille, daß du Vergebung deiner Sünden glauben,
und dein Haupt in feinen Schooß legen, und vid
aller Linderung und Hülfe zu ihm verfehen follek.
Durch folhen Glauben wird Die Taufe und Dad Evam
gelium maͤchtiglich gelehret, und der Menſch wird
GOtt gefalliger.
Die U. Kla g € | ⸗
Ich fürchte mich für GOttes Zorn, denn ich leide feine
Strafe.
Batdie Furchteſ du dich für GOttes Zorn, fo biſt du nmoch
Furhtan.Knedht, nicht Kind. Denn GOtt hat feinen lieben
zeige. auderwählten Kindern gegeben, nicht zwar eineR
knechtiſchen Geift, daß fie fih immer für ihm fürd«
ten, fondern einen Findlichen, daß fte fih aller Gna⸗
den und alles Gutes zu ihm verfehen follen, wie Et.
Paulus theuer ſchreibet Roͤm. 8. Sich ſtets für STH
fuͤrchten, fürnehmlid) in Widerwaͤrtigkeit, iſt ein Jen
hen, nicht allein eines geringen Lichtd und Geifed,
fondern auch eines ſchwachen Glaubens. Wo abe
ein völliged Erfenntnig GOttes und ein reicher Slam
bends Geift iſt, da ift die Furcht ſchoͤn ausgetrieben
‚ Ein Freudiger und Großmüthiger bat einen ftarfen
Geiſt und gewaltigen Glauben. |
Base Über warum fürdteft vu dih für GOtt? Be
vertreibe. ſeſt du nicht, daß Du und alle glaubige Chriſten mt
GOtt verföhnet find, Durch das Blut feines Sopsi‘
Denn dies find ja des heiligen und wah
Apoſtels Pauli Worte, Roͤm. 3. GOtt hat Pen
TI TTT I — — m 4 us — — ” mn Du ⏑⏑ —— ——777 Da. —— — —
*
der wahren Chriſten. | 515
Sohn gefeßet zu einem Gnadenſtuhl, durch den Slau⸗ Zu
en. in feinem Blur. Das if: OGDtt iſt uüber alle
Raffe gnädig denen, fo an Ehrifiun glauben, um
eines geliebten Sohns willen, welcher ſich ſelbſt für
ie dahin gegeben hat zum Opfer und ſuͤſſen Geruch;
Das Opfer des gehorſamen und gedultigen Lamm '
eins JEſu Chrüti am Grenz ift dem Water eine
üffe Qsiole und Roſe gewefen, Daß er um vefjelben
pillen flugs von Herzen- fi: gnädig worden dem
janzen nmenfchlihen Geſchlecht, fürnehmlich - aber
en Glaubigen, von welchen Chriſtus fpricht, - Jos
annes 17: Ich heilige und opfere mich ſelb ſt
ar fie
‘Nasıjgov heiſſet ein Gnadenſtuht, auf welchem ® * die
weis,
SHOrtes Gnade ruhet, und um welches willen er ee
jem Menfchen gnädig it. Oper’ es heiffet ſchlecht Sones
ine Verfühnung, oder ein Verſoͤhner. Roͤm. 5. Gnade
Wir find mit GOtt verſoͤhnet durch Den Tod feis
ned Sohns, da wir noch Feinde waren. Des⸗
jleihen GOttes Gnade ıft vielen reichlich wieder⸗
feyu,
fahren,. durch die Önade des einigen JEſu Chris .
ti. Und wir haben empfangen einen Ueberfluß und
die Fülle der Gnade, zur Gerechtigfeit und zum -
Reben, durch einen, JEſum Chrift. Eph. 1. GOtt
hat uns ihm ſelbſt durch feine berrlihe Gnade ans
genehm gemadıt, in dem Geliebten. Daher ſtehet
der gnädige und freundliche GOtt fir der Pforte -
des Hımmels, und rufer zu und mit voller und laus
ter Stimme herab: Bei mir ift fein Horn, Ef. 27.
und 43. Sch. bin euer GOtt und ihr ſeyd mein.
Das ift: Alles, was ich Bin, Das bin ich euch. Meine
Weisheit, Gütigkeit, Allmacht ift euer, daß ihr euch
deffen alles annehmen una gebraudgen möger, als
euer eigen Gutes. Und ich habe eud darum anges
nommen für mein Eigenthum, auf Daß id) euch meine
ganze Liebe und Herrlichkeit mittheile, und euch fo
reich made, wie ich felber bin, Deögl, Cap. 54:
-
514 Wom Creuʒ
Ich babe geſchworen, daß ich über Dich nicht will
zürnen, "Ueber weldyen? "Dich, der Du glaubeft an
meinen Sohn, und fteurſt dich feines Bluts. Was
fol nun GOtt mehr thun feiner Gnade dich zu vers
ſichern? Fürnemlidy, weil er dir noch dazu ſchenket
[2
Die Lang
Das Pfand feiner Gnade, nemlich, den heiligen Geiſt,
‚welcher ift der Thau des Lebens, wie bald am Ende
wWierigteit dieſes Troſtes folgen fol.6 Daß Du aber anficheft
kisrank peine langwierige und: befhwerliche Krankheit und
die Guadewillt Daraus ſchlieſſen, GOtt zürne mit dir, und er
nicht auf. zuchtige Dich in feinem Zorn, das ift unredit. Denn
ob er wohl die Seinen für allen andern in Die Zucht⸗
Schule führet, und fie ſcharf züchtiget, fo thut er doch
ſolches nicht aus verbitiertem Herzen, fondern aus
fonderlicher auserlefener, füffer und geneigter Liebe,
ihrem boͤfen Fuͤrnehmen damit zu wehren, und ihren
Glauben und Gebet damit zu üben. Denn fo bald
GOtt merfet, daß einer den Sünden nachſchleichet,
ft er Hinter. ihm her mit einer ſcharfen Ruthe und
ftäupet ihn weiolih, auf Daß er ihn aljo von feinem
böfen Zürnehmen abhalte. Wie das 6 Kapitel des
andern Buchs der Maccabaͤer ausweifet, Da dieſe
Worte ftehen: Das ift eine große Gnade, daß GOtt
den Sündern fleuret, daß fie nicht fortfahren, und
ift bald hinter ihnen ber mit ver Strafe. Denn uns
fer Herr GOtt fiehet und nidyt lange zu, ala den
andern Heiden, die er läffet hingehen, bis ſie ihr
Maaß der Sünde erfüllet haben, daß er fie darnach
firafe: ſondern wehret und, daß wir ed nicht zunucl
machen, und er ſich zulekt an und raͤchen muͤſſe. Der
halben hat er feine Barmberzigfeit nody nie von uni
genommen. Und ob et uns wohl mit cinem lm
glück gezuchtiget hat, jo bar er vennod fein Boll
nicht gar verlaffen. So viel des Orte. 5a, GOtt
unfer lieber bimmlifcher Vater fpricht felber alſo ım
85 Palm: Wo meine Kinder mein Gejeg verlaffen,
ſo wid ih ihre Sünde mit der Ruthe beimfucen,
und ihre Mifjechat mit lagen, aber meine Gnade
EEE GE — 1a a u - — TE a En. Zus 1 — » PR —
der wahren Ehriflen. . : 543 ö
will ich nicht von ihnen ‚wenden. Und war dies
Tann auh GOtt nicht thun. Denn wWeil der Angfts
ſchweiß JEſu Eprifti und feine heilige Blutstroͤpflein,
welche eine götılihe, uͤberſchwengliche, unausforfde
liche und unausſprechliche Kraft haben, Suͤnde zu
tilgen, Dich ganz rein, gemachet haben von ‘allen det
nen Sünden, und bift dazu ganz herrlich für GOtt,
in ver allervolllommenften Herrlichkeit und Gerech⸗
tigfeit JEſu Ehrifti, in welcher du auch die Engel
übertriffit, wie follte GOtt mit dir, feinem lieben
Kinde zurnen können? Sein Zorn ruhet auf den
Unglaubigen, uf Dir aber feine Gnade.
* Daß auh OGOODit. durchs Ereuz unfern Glauben.
and Gebet. übet, und ganz gülvden bewähret, oder
rechtſchaffen mache, giebt die Erfahrung, und St.
Petrus bezeuget ed in feiner 1 Epiſtel Cap. 1: Ga,
Das ganze Reich JEſu Chriſti mächfet unter dem
Ereu; in ven Glaubigen, und ſtehet in feiner voͤlli⸗
gen Blürhe, Majeftät und Herrlichkeit. Denn in
den Schwachen ift Chriftus am thätigften. Daſelbſt
wird der Menſch gegründet, gebauet und vollendet.
Das Zeichen aber ded Gnadenbundes zwifchen
GOtt und dir it JEſus Chriſtus am Creuz, und.
dein Glaube an Chriftum und die Taufe, und das
Wort und der beilige Geift mit feinen Seufzern:
denn GOtt verfiegelt feine Gnade an und durch feis
nen beiligen Geift, welcher ift das Pfand feiner Gnade
und unfers ganzen Erbtheild im Himmel, Epheſ. 1
und 2 Gorinth, 1. B |
Die IE. Klage
O wie ik meine Hipe und der Schmerz fo groß?
Sen ſtark im HErrn, und leide ſolches in ritterli⸗ *
cher Geduld. Denn je ſchwerer das Leiden iſt, je Srogarda
s Wärfer das Herz, und je größer die Geduld eines thigkkit.
chriſtlichen Ritters feyn fol; furnchmlich, weil aud)
| 33 * u.
MI. Dom Ereus
pie Heiden dies für eine Tugend halten, welche fe
Friedens⸗-Tapferkeit genennet, und fi tapfer darins
nen geübet haben. Will bier nichtd von den Stoicis
fagen, welche fonderliche Ueberwinder der Schmerzen
waren, fondern nur ein wenig vom Alexandro Mags
no. Da Ddiefer König -mit einem Pfeil durchſchoſſen
war, ließ er ihm ven. Pfeil mit_einem Scheermeſſer
aus dem Schenkel fchneiven, und zifchete nicht eins
mal, ſondern fahe frifh und froͤhlich aus, als wies
- verführe folches einem andern. Gleichwie auch fen
—
Edelknabe die feurige Kohle fein muthig auf ſeiner
Hand liegen ließ, da er, der König, den Goͤttern
Die
Schmer⸗
räucherte. Denn Alexander war von Matur eines
ſtarken Herzens, darum konnte er allerlei Schmerzen
und Widerwaͤrtigkeit durch ſolche innerliche Kraft
keichtlich überwinden. Du aber ſey ſtark in der Kraft
GOttes, wie die heilinen Märtyrer gewefen fepn,
von welchen aud fönnten viel Hiftorien angeführet
werden. Denn ohne GOttes Hülfe vermag Dein
armes Herz überall nichts, ed weichet und ſchreiet.
Sprich: Ad mein frommer GOtt und Bater! HErr
meines Lebens! fende mir Hülfe von deinem Seilias
thum, fende mix deinen heiligen Geift, Daß er mem
Herz Harfe, oder die Schmerzen lindere. O du has
liger Geiſt! ver du deine Nuheftätte in mir Hall,
wache auf, ermanne Dich, werde in mir groß, und |
erzeige dich in mir herrlich und gewaltiglich.
Daß du aber, lieber Bruvder, folhe Hitze und
- zentom: Schmerzen an deinem Leibe haft, ‚das koͤmmt vaher,
men and
DOties
Liehe.
denn GOtt aus uͤbermaͤßiger Liebe herzet und küſſet
dich. Wenn er ſeine Gegenwaͤrtigkeit einmal recht
beweiſen, und ſich gegen einem ſeinem Lüjtlein, das
ift, feinem Gnadenkinde, ganz lieblich und freundlich
erzeigen will, fo greifet er es alfo an, daß er es
fühlet an Leib und Seele. Gold ein wunderlicher
GOtt ift er. Die Ullerliebiten drüdet er am ale
haͤrteſten. Die allerfehwereften Tage find Zeichen ver
allergeößeften Liebe, Und folches thut er Darum, wie
) e
u en nn — ⏑... ⏑— 8 um 2 Bd | —
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WEGE © VCH , . ⏑ — —— ——— TE
— 7 a — —
| ber wahren Chriſten. 317
ſchon oben beruͤhret, und nicht kann fo oft wieder⸗ Urſachen
holet werden, auf daß er durch ſolche bittere Schmer⸗ chen...
zen die ſuͤſſen Wollüfte vertreibe. Denn ſiehe, nun zen.
ſtinken dir ja alle deine vorigen Sünden zu, wie ein abe
Greuel, und. bift ihnen von Herzen feind, begehreft Wotüne -
auch Feine mehr zu begehen. Se .mehr vu itzt Durch verireibe,
GOttes gnädigen Rath und Willen darum leiden |
. mußt, je feinder du ihnen wirft. Du gedenkeſt fo:
Ach Herr GOtt Vater! verſchone mich mit ber ewi⸗
gen Hitze. Sollte ih Narr um einer geringen Hand
voll ſchaͤndlicher Wollüfte willen meine bimmlifche
Kleinopien verfcherzen, und mich muthwillig in die -
ewige Glut und Hitze ſtuͤrzen? Mir iſt es Molluft
- genug, und fol mir auch Wolluſt genug feyn und '
‚bleiben ewiglich, daß ic durch das Blut deines fies
ben Sohns von der ewigen Hiße und Schmerzen
des böllifhen Feuers befreiet bin. Denn: wo ein
Ehrift, von wegen feiner hinterftelligen Suͤnde, und
feines böfen Fuͤrnehmens, nicht würde von GOtt
zuweilen ind Capitelhaus und Zuchtſchule genommen,
fo follte er wohl fein babyloniſch werben, und der
Gnade ſchaͤndlich mißbrauden. ...
Zum andern leideſt du folhe-Iangwierige Hitze 2 Das
und Schmerzen darum, auf daß dein fchläferiger., jaber Staus
eiskalter und todter Glaube durch ſolche Stachel in
Dir ermuntert, geuͤbet, gelaͤutert, bewaͤhret, rechtſchaf⸗ de.
fener und koͤſtlicher werde, als das Silber und Gold,
welches durchs Feuer bewaͤhret wird. Dem was
will der glauben, und ſich Gutes zu GOtt verſehen,
welcher in feiner Noth ſtecket? Wer aber: in Noth,
und bülflos.ift, ver erhebet fi zu GOtt, und traue
ihm. Und fol Vertrauen ift das hoͤchſte Opfer, =
welches man GOtt thun Tann. Se länger dies Bers
trauen Wwähret, je füfler und angenehmer es ihm if.
Warum er denn auch zuweilen. etliche feiner Allerliebs
ften unter ewigem Greuz liegen’ laͤſſet, auf daß fie
fein goͤttlich Herz mit einem ewigen Bertrauen ergoͤ⸗
tzen. Wahrlih, einen ſolchen beftändigen Glauben
sicht laffen zu Schanden. werden,
5. Da
das Gebet
erwed
| et
werbe.
518 Wonm Creuʒ
gewinnet GOtt der HErr lieb, daß er ſich uͤber ihn
anz ausbreitet, ja rein ausſchuttet, mit allen feinen
imnfircen. Gütern, wie St. Paulus Röm. 5. bes
zeugett Die Liebe GOttes if ausgegoffen
über und, Die wir unter dem Ereuy glauben
und hoffen, darum wird un folder lieber
und angenehmer Glaube und Hoffnung
Ein Lichtlein blicket im Winde, der Glaube aber
in den Berfuchungen.
Die dritte Urfache ift, nemlich, daß er das beilige
Feuer des Gebets in Dir erwecke. Ein gnadenreicher
Chriſt ſollte billig fein Herz aus dem Schlamm die
fer Welt: zu GOtt erheben, und ſtets mit ihm reden,
wie ein. Kind mit feinem Väter redet, fintemal Dies
die allerfüllefte und furchtbarefte Arbeit if, die ein
Menfch verrichten kann. Denn durchs Beten nahet
fih der Menſch zu GOtt, ja, er koͤmmt in GOt,
wird GOttes gewohnt, wird von ihm erleuchtet, wie
Moſes auf dem Berge, und erlanget feinen beiligen
Geiſt, und alle Güter von ihm, Aber dad thun die
Leute nicht, fürnehmlih, wenn es ihnen wohl gehe.
Derowegen koͤmmt der getreue GOtt ber, und bolet
fie zu fih, Durch eine große gülvene Kette, daß fu
es fühlen, nemlih, durch ein flarfes unverbofftes
Ereuz, und lehret fie alfo beten, mie Eſaias Cap. 26.
faget: Herr! wenn Trübfal da ift, fo fudet
‚man did, wenn Du fie zuͤchtigeſt, fo ruffen
gie ein
anker
fie 40 gſtiglich.
Darum, lieber Bruder, erhebe dich itzt, und m
ſcheine mit deinem Gebet für: GOtt. Laß dein Be
bet für ibm fund werden, und du mit deinem Ge
bet: Darfft aber hicht viel mit dem Munde ylapı
gern, weil du ohne das ſchwach bift, auch fein Ger
betlein aus fremden Büchern recitiren, Denn as
Nerenfog, fremder Arbeit betet ſichs übel. Selten iſt geiſtlice
Andacht bei folhem Recitiren. Es ift mehr. Buchſtabe
Denn Geil, GOtt aber will nit aus dem Buchſta⸗
ber wahren Chriften. 319
ben angerufen ſeyn, fondern aus dem Geift und
Wahrheit. Darum rede mit GOtt heimlich in Deis -
nem Herzen, ja feufze nur zu ihm oft und Fürzlich,
er verfichet ed gar wohl, Sprich mit dem Könige
Hisfia: Ah HErr GDtt, lieber himmlifcher Vater!
ich Teide große Pein, kann ed kaum’ länger extragen,
darum lindere- mir es, wenn dir es gefällig ift, um-
Deines lieben Sohns willen, welcher mic Unwuͤrdi⸗
gen deiner Eihörung würdig gemadjet, und mid) von
allen meinen Sünden erlöfet. Denn errettit GOtt
pft die, welche ihn nicht fonderlich anrufen, wie folk
er denn nicht vielmehr die erretten, welche Tag und
Nacht von Herzen, im: heiligen Geift, und im wah⸗
ren Glauben zu ihm minfeln, wie der HErr Chris
ſtus fpriht Luc. 18. Sollte aber GOtt nit
retten feine Auserwählten, die zu ibm Tag
und Naht rufen?! Ich fage euch, er wird
fir retten in einer Kürze.
⁊
Die VI. Klage
- Ich bin von GDtt verlaſſen und verfioffen: Denn ich wis
felte in meinen Noͤthen, uud werde doch nicht erhöret,
©; Magen alle liebe Heiligen, wenn es lange -mit
ihnen währet, Und zwar es feheinet auch fo, wenn
ein Dienfch in Nöthen alles thut, und bilft ihm doch
Beines, ald habe. GOtt fein Herz von abgewandt, . .
ja ihn gänzlich von ſich verftoffen. Aber höre, mein.
Bruder, was ih dir fagen will, GOtt verläffet und
verftöffet feinen nicht, welchen er eimmal aus Gna⸗
Den von Herzen angenommen, und mit’ welchem er
fih einmal redhtichaffen verbunden hat: Denn das
wäre ja gewißlich wider den Bund, und wider bie
Mahrheit GOttes. Wie follte dich Dein frommer
GOtt verlaffen koͤnnen, fintemal du ihm in feiner
Hand, ja in feinem Herzen liegeft? Nach dem theu⸗
zen Spruch Mofi, Deut. 33. Alle Heiligen find
[8
520 Dom ren
in feiner Hand. Wie lieblich und zärtlih aber
Die Seinen in feiner Hand halte und bege, wird
- einer ver beften Redner, ob er glei einen göttlichen
Verſtand, und englifher Zungen Beredtfamfeit bätte,
fo leichtlich ausreden koͤnnen. Kein frommer Menſch
‘ Tann fein franfes Schaͤflein oder Hünplein fo berzlid
- und wehmüchig gefaflet haben, als dich GOtt gefaflet
bat: Und da du gleich von aller Welt verlaſſen wäreft,
wie die Heiligen feyn müllen, jo bift du dennoch von
SD nicht verlaffen, ſondern du RRebeft ihm gelaffen,
wie David im 9 Pfalm fpriht: Der HErr iſt der
Armen Zufludt, er gedenfet und fraget
nah ihrem Blut Er vergiffet nicht ihres
Schreiens. Er hilfet ihnen aus aller Roth.
Darum hoffen auf dich, die Deinen Namen
- Tennen. Das iſt: GDtr ıft ein folder HErr, zu
welchem alle Rothleivende ihre Zufluht haben, und
auf welhen fie fich kuͤhnlich verlaſſen follen. Des—
gleichen im 10 Pfalm: Der Arme und Elenve
ift dir verlaffen, das ift, alle Menſchen baten
ihn verlaffen, zu dem Ende, auf daß Du Dich feiner
annehmeit und ihm heifelt. Denn fo lange ein Menſch
“ in den Armen eines Menſchen bänget, kann ihn GOtt
nicht faſſen. Je elender aber einer it, je näber ihm
GOtt if, wie ver heilige König David finget im
27 Palm: Mein Bater und Mutter verlafr
fen mid, aber der HErr nimmt mich auf.
Hier gilt es Feines Verlaſſens, ſondern Haltens, Troͤ⸗
ſtens und Helfens. Was ſageſt du viel von verlaß
fen? Der fiebet und fihauet deine Schmerzen, ww
im 10 Pſalm ſtehet: Zur ihm iſt alle deine Begier⸗
"de, und Dein Seufzen it ihm nicht verborgen. Er |
weiß ed wohl, daß dein Herz bebet, und dich veime
Kräfte verlaffen haben, und. das Licht deiner Augen
nicht mehr bei dir fen, nad) dem 38. Palm: Ja,
er böret auch vein Verlangen, wie der 10 Pfalm
faget: Das Verlangen der Elenden höre du HErr!
Ihr Herz iſt gewiß, daß dein Ohr darauf merfet,
—s — ⏑— 755 — —
der wahren Chriſten. 621
r. Daß er dir aber fo bald nicht hilft, das: geſchier Warum
het dir zum Beten, Denn weil du fein liebes und OK,cn
. theured Gold bift, aus welchem er ein koͤſtlich Trink, pi.
gefhirr, zu Labung feiner Kirchen, und zu Lobe fej-
nes berrlihen Namens gebrauchen will, fo behäft er
Dich darum defto länger im euer, damit er Dich
‚ defte .lauterer oder berrliher mache. Wie er felber
befennet und fpriht Ef. 4%: Ich will fie lau
tern und ausderwählt mahen im Ofen des
Elended Denn je länger dad Ereuz waͤhret, je
mehr das Fleiſch gefchwächet, und je reiner ver Menſch
von dem alten- Schlamm der Sünde wird, fuͤrnehm⸗
lich vom Stolz und Unzuht, er. wird den Laftern - -
fo feind, als dem Teufel ſelbſt. Er gewinnet einen
neuen unüberwindliden Fuͤrſatz. Er hänget fih ganz *
und gar an das theure Blut JEſu Chrifti. Er ers
greifet mit gewaltiger Hand feiner Taufe Heil. Er
nimmt zu im Ölauben der Gnade und Huͤlfe GOt—
tes. Er erinnert fi des Wortö,. beluftiget und ftärs
ket'ſich damit, er betet in der Wahrheit. Er boffet
von Herzenögrund. Er wird mürbe, gelinde und
gütig. Sonderli aber redet GOtt der HErr mit
ihm fehr freundlich und offenbaret ihm feine Geheim;
niffe, die er nicht wußte. Wie er Hofen 2 fpridt: . ”
Ich will fie in eine. Wüfte führen, und da—⸗
felbR freundlih mit ihnen reden. Ich fenne
einen, welcher in feiner ſchweren langwierigen Krank
heit dies gelernet hat, nemlich, Daß er in feiner Taufe
ſchon felig, Das ift, von Sünden, Zorn und Tod
befreiet fey, welches er zuvor nicht gewußt, ja wel
es ‚heute viele und große Theologen in der Kirche
nicht wiffen, ob fie gleich täglich vie Bibel und alle
. Bücher leſen. Denn das Creuz it GOttes Schule,
“und die Erleuhtung GOttes iſt bei den Kranken und
zeiget ihnen große unerbörte und unausſprechliche Dins
ge. Die Ereuzen find die heilige Pfokten, durch welche
man in daß Paradies gebet, zu den luſtigen, ſuͤſſen,
heilſamen und freudenreichen Bruͤnnlein der Weishec
| ——
=
m
322 Wom Ereik
GOttes: "Died alles meynet St. Petrus, wenn a
in feiner 1 Epiſtel Cap. 5. alfo fehreibet: Der GOtt
aller Gnaden, der uns berufen hat zu fei
ner ewigen Herrlichfeit in Chrifto JEſa,
berfelbe wird euch, die ihr eine fleane Zeit
leidet, vollbereiten, färfen, kraftigen um
gründen. Siehe, das find der Urfachen etliche,
. warum did GHOrt laͤſſet fo lange im Schmelzofm
liegen, wiewohl derfelben noch mehr könnten angezo—
den werden, wenn, wir der Schärfe JEſu Chrifti in
uns wollten gebraudien, und und mit ven tollen
Heiligen im ‚Schreiben nicht mäßigen.
Hat dich nun GOtt nüht verlafien, fo hat er
bich viel weniger verftoffen, denn der HErr verftöfft
fein Bol nicht, welches er ihm aus allen Geſchlech
tern erfohren. hat zum Eiyenthum, wie St. Paulus
Roͤm. 11. bezeuget: GOttt hat fein Volk nid
"verftoffen, welches er zuvor verfeben
bat. Und Gap. 8. Was will- uns fheiden
. von der Liebe GOttes? Ah! ed handelt GOtt
‚nicht mit uns leichtfertig, ſondern ganz’ treulich und
ernſtlich. Er nimmt nicht heute einen zum Kinde an,
rund verwirft ihn bald morgen wiederum. D nem,
das ift ferne von feiner göstlihen Ernſthaftigkeit un?
Beftändigfeit. Er ift fein Wetterhahn und banteli
ı mit und nicht betrüglid. Und da gleih einer aller
Welt Sünde hätte, winfelt aber darüber und glaube
an Chriftum, fo wäre er body darum von Dt
nicht .verftoffen. Denn die Suͤnden der Menſchen,
ob fie mohl müßten mit dem Schwerdt gefirafet wer
ben, find nunmehr nicht fo Abicheulih für Den Au
gen GOttes, wie fie waren für der Zeit des Pfati
JEſu Ehrifti, fürnemlih in den Glaubigen, Goflte
er dich verftoffen? Hat er dich doch für feinen Go
ben angenommen, ehe der Welt Grund iſt geleget
worden, und hat dir alle deine Suͤnden vergeben,
und bat dich mit neuer bimmlifcher Gerechtigkeit be
Seidet, und mit feiner Kinpfhaft gekroͤnet, und mit
De nn ne J Rn ee 4 nn — 77— — — —
der wahren Chriſten. 323
ſeinem heiligen Geiſt geſalbet, und alſo aus dir ge⸗
machet einen koͤniglichen Prieſter, welches Wuͤrde weit
abertrifft Himmel und Erde. Denn die lieben Chri⸗
ten find in eine foche Würde gefeget, welche höher. ift
yenn alle Vernunft, und find umjchranft mit einem
süldenen Zaun, ja mit einem güldenen Bollwerf,
aß Vie Daraus night fallen können , fle wollten denn -
elbit nicht darin bleiben. Darum verzeihe vich fols
ber fremden Gedanken, und hoffe auf GOtt, ver
wird dir bald helfen, wie Dapio im 9O Pfalm gar
röftlih fpriht; Er wird des Armen nicht fo
janz vergeffen, und die Hoffnung der Elen⸗
ven wird nicht verloren feyn ewiglid. Und
ver Engel zum alten Tobia Cap. 4, Habe Ge
‚uld, GOtt wird dir bald. helfen. Es müflen
‚ie Heiligen GOttes ein wohl gewogen, voͤlliges und
ıberfläffiges Creuz haben, follen fie anders völlige
Märtyrer ſeyn, und völlige überflüffige Ehre und
Freude in jenem Leben erlangen.
Die V. Klage
Ich werde angebultig ‚ und babe an GO heimlich zu
haffen und zu laͤſtern. |
Dies it das gemeine Uebel aller feiner Heiligen, Gemeine
urnehmlich der größeften, daß te in Ungedulo GOtt Fra
yeimlich haffen, fluchen und läftern, auf daß fie ja beften
ich den andern gleich halten, und ſich über diefelben Ebriſten.
siht erheben muͤſen. Denn hiezu muß es mit allen
teben Sotteöfreunden fommen, daß fie fih nicht al⸗
ein für ſchlechte Sünder, fondern für vornehme
Dünder, das ift, für die allergroͤßeſten erkennen una
agen: Ich habe das getban, welches fonft niemand
jethan bat, follen fie anderd von ihnen felbit rein
rbfallen, und die fremde Gerechtigkeit JEſu Ehrüti
urch wahren Glauben rechtſchaffen ergreifen. Denn
ver noch Mk feinen gelben Haaren hänget, der hans
324 WVom Cr
belt für GOtt faͤlſchlich, und ergreifet niht den guͤl⸗
benen Zweig der ‚einigen wahren Gerechtigkeit JEſe
Ehrifti mit aufrihrigem Herzen. Darum läffee GOn
feine theure Heiligen tief fallen, und übergiebt fr
den Sünden, wo nicht andern, jedoch der lUngeduls
und feiner göttlihen Majeftät Berläfterung, und läk
fet die kluge Welt wider foldie feine Weisheit wein
lich laufen. Er läffet fie pahin fommen, daß wena
fie an ihre Gedanken und Werke gedenken, fie dafür
alfo erfchredien, als göfle man ihnen kalt Waſſer über
‚ven Rüden, oder ald rennete man fie mit einer gli
‚ benden Stange durchs Herg, und wo fie ſo naͤrriſch
wären, daß: fie nach der Sophiſten Lehre fich ftet
an folhen traurigen Gedanken hielten, fo follten fe
- wohl die elendeften Creaturen auf Erden feyn. Gt
Paulus nennet folche jämmerliche Einfälle des Teu—
feld Maulſchellen und Feuerflitzen. Die Papiſten
heiffen ed Buſſe. ch kenne einen frommen gelehr
ten Dann, welcher .ed mit der Läfterung Ehrifti um
feines heiligen Geiſtes ſo grob machet, daß ihn vum
ket, der Teufel made es felber fo grob nicht, und
GOtt werde ihn Dafür mit einem gewaltigen herrli⸗
hen Donnerfchlag in den Abgrund der Hölle ſchmeiſ⸗
fen. Er verfluchet auch heimlich feine Rinder, welde
’ ihm lieber find, als feine Seele, welches er mir mil
Heulen_und Thränen gellaget hat und foridt: Er
wifje nicht, wo alle foldhe hoͤlliſche Greuel hen
fommen.
Tro Aber verzage darum nicht, lieber Bruder, denn
dawider. ſolche Gottesläfterungen find nicht dein, fondern dei:
leivigen Teufels. Es find ‚nicht menfchliche Verf
Hungen, fondern fatanifche Anläufe. Er treibet vurd
Zulafjung GOttes fein Spiel mit dir, und will ;
fehen, ob:du auch für ſolchem Weſen wolleft erbiai
fen, und darob an deiner Seligkeit verzagen. Es
: find nicht Verrichtungen, welche Du tu, ſonder
Leiden, welche du wider allen deinen Willen lei
Wie St. Paulus Roͤm. 7. ſpricht Das Bei
‘
der wahren Chriſten. 53235
ad. ih niht will, thue ih. So ih aber
bue, Daß ih nicht will, fo thue ich Daffels
ve nicht, fondern bie Sünde, die in mir
vohnet. Sa, nicht allein die Sünde, lieber Pau⸗
e, die in dir wohnet, fondern auch. der Teufel, wels
her dein abgefagter Feind ift, und nit. leiden Tann,
aß dein Gewiſſen GOttes Frieden: habe, und von
yeöwegen zuficehet,. wie er Raum in.deinem Herzen
inde, dahin er feine Pfeile ſchieſſe. GOtt aber, der
‚ich ſonſt ganz und gar eingenommen und gnaͤdiglich
vefeffen hat, läffet folched zu, auf Daß Du dich Deiner
‚hen Erleuchtung nicht erhebeſt. Deſſen tröfte dich,
ieber Daule, und wälze folhe Sünde oder Läfterung
BOttes frei auf einen: andern.
Und, da bu gleich, lieber Bruder, ſolche jüms
nerlihe. Sünde von dir.felber begiengeft, ohne einis
ed Teufeld Anreizung, fo verzage Barum nicht, fons
yern fey ‚ganz freimuͤthig. Stehe hier wie ein dhrifts
icher Ritter, und überwinde ſolche Sünde, durch
nen. allerfeiteften Glauben ver Vergebung, Verachte
mit beidenmäßigem und tapferem Muth folche deine
Räfterung wider den Sohn GOttes, oder auch wider
pen heiligen -Geift, wenn du durch Diefelbe verändert,
oder vielmehr übereilet und beläftiget worden: Dies
weil du nicht bift ein verdammlicher Jude, ſondern
ein gerechtfertigter Chrift, Hier iſt es Zeit, daß ſich
dein Glaube aufrichte, und ſteh in feiner Bluͤthe,
und brenne wie eine neue Fackel, ja leuchte wie der
Morgenſtern, und die Helle Sonne. Wollteft ou
dich Durch Deine Sünde. vom Troſt deined Heils abs
wenden lafien? Mußt du doch das ganze Meer und
Sünpfluth aller deiner Sünden überwinden, willt
du anders ein wahrer Chrift fern. Ein Eprift hat
daher feinen Namen, daß er ein Wundermann if,
und das verachten kann, nemlich, vie allergrenlichiten
Sünden, durd den Glauben JEſu Chriſti. Wiffe,
fieber Bruder, wiſſe, mider die Menge und- Fülle
veiner Sünden, daß du nicht mit vergänglichem Sil⸗
|
4.
BE. Som Ereul, "
ber oder Sol, fondern "mit dem theuren Blut IE
Chriſti erlöfer. von allen Deinen Sunden: Wiffe, daß
. im Meer ver heiligen Taufe an dir erfäufet nicht
allein die geringe Reuter Pharaonis, fondern audı
der..König Pharao, das iſt, der Teufel felber mit
feinen fürnehmften Hauptleuten aller Zopfünden, um
da fie gleich übertöptlih wären. Du kannſt es jo
grob nicht machen, Der HErr Chriſtus hat es viel
groͤßer gemachet. Er hat deine groben Sünden bei
den Füſſen genommen, und hat fie überhaupt ins
Waſſer getauchet, und fie alfo gaͤnzlich erſaͤufet. Ich
verſtehe bier das Waſſer feines Bluts, und das Wafı
fer ner heiligen Taufe. Die groben Laſter find die
erften gewefen, welche haben müſſen herhalten, auf
daß Du Durd) dein ganzes Leben fihern Frieden hät
teſt. Denn hiezu iſt Chriſtus erſchienen, und hat
viel erlitten, auf daß du ein Friedefuͤrſt waͤreſt, und
in Häufern des Friedens wohneft, ‚und wider Sün
‚ Welt, Teufel und Tod ewigen Frieden haͤtteſt.
"Und ob du gleich deinen frommen HErrn ZEfum
zuweilen in die Hölle, und andere fremde Derter
verweifeft, dazu verfuchelt, wie ed zugehe, wenn mar
den heiligen Geiſt ſchmaͤhet, jo fennet er doch dein
‚ Der Er weiß, wie lieb du ihn ohne das haben,
amd wie mädhtiglid du ihn ehreit, ja wie leid vr
Dies Wefen fen, und wie wehe Dir es thut. Er fen
net das Brüllen deines Herzend, und das Knirſchen
deiner Zähne, und den harten Streit dawider.
Wie man Willt du aber folder Anfechtung los ſeyn, fo kete
der Un: und fprih: Herr JEſu! führe mich nicht in Ber
fehtung fahung, fondern erlöfe mich voni Teufel. Wie oft
d dein Herz oder der Teufel noͤthiget, den Hörer
| Shriftum zu ſchmaͤhen, fo oft "fehre Das Blatt um
und preife ihn mit lauter Stimme, und mit ve
allerbeften Worten, die dus jemals gelernet haſt. Err.d
‚unter dem Tumult des Streit alfo: Herr JEju!
du hochgebenedeieter GOttes Sohn, du BD aller
Ehren, dir fey ewig Lob und Dank 'gefaget für ak
"der wahren Chriſten. 527
heine Wohlthaten. Es müflen dich, lohen und Preis -
en alle Engel im Himmel und alle Ereaturen auf
Erden. Durch foldye Kartaunen wird der Teufel
yerjaget, und Du bebältft den Plag. . Aber. wie ges
get, laß indeß die Suͤnde, den ‚Zorn und das Ges
ride GDtted in dir. ganz todt ſeyn, Die Gerechtigkeit
aber und Die Gnade, und den Himmel in Dir leben.
kaß das Neid GOttes in dir ganz völlig feyn, mit
allen feinen zugehörigen Regalien. Es mäfle in dir
blühen, wie der Libanon und das Paradies, Wiffe
fo viel von Sünde, Zorn und Verdammniß, «ls
bein Fleined Kindlein davon. weiß, weldyed im feinem
Miegelein lieget, und mit feinen Singerlein fpielet,
Denn du bift im Reich der. Gnaden, aus weldem
alle Sünde, Zorn und. Verdammnip ausgeſchloſſen
find, und um folcher. deiner Freiheit willen iſt der
Sohn GOttes geſtorben. |
" Die VE Klage
Ich bin arm und habe. meinen lieben Sander wenig zu
a biinterlaſſen. | u
Das iſt faſt aller Chriſten Gluͤck: Je reicher ing. beifer
GOtt, je armer in der Welt." Und ob fi ed man: Ehrik,
cher merken laͤſſet, fo iſt ers doch. Kin ehrlider!!
Mann halt ſich viel beſſer, ald ihm ift: Kür den
Leuten muthig und fröhlich, im Herzen aber betrübs
bis in den Tod, Denn weil ſich Die wahren Heilis
gen mehr auf dad Wort, Denn auf den Geiz und
Wucher begeben, warten auch nur allein ihres ein«
gen Berufs, weicher oft fehr geringe ift, und koͤn⸗
nen darinnen niemand ubervortheilen, um ihres zarten
Gewiſſens willen, in GÖttesfurdt: gefangen, ſind
Dazu fein milde und koſtfrei, fo haben fie nicht viel
übrig: Ya, fie mufjen oft von Feinden und Freun⸗
den Unrecht leiden. Wer ihnen nicht.abbrechen fann,
der kann nicht mirfommen. Ja, in ihren Krankheis
⸗
en.
- — — — — ⸗
Pr Wom Creuʒz
ten verthun fie auch nicht wenig, und haben dazr
den Segen, daß fie viel Delpflänzlein um ihren Tiſch
Zrorba:figen haben. Aber wie dem allen, fo verzage darun
wider. nicht. Denn der GOtt, welcher mit dir einen er
gen Bund aller Gnaden und Gegend gemachet hat,
und ‘hat dir denfelben feit gehalten bis auf diefe Stun
de, der hat audy mit deinen Kindern eben einen fob
hen Bund gemadhet, und wird "denfelben ihnen auch
feſt halten: Der dich dein Lebenlang ernähret hat,
wird die Deinen nachmals ernähren. Der dich bis
daher durd feinen heiligen Geift 'regieret bat, daß
du für deinen Feinden und Aufmerfern nicht bift zu
Schanden worden, der wird die Deinen nah dir
auch alfo regieren. Der vi für allem lUebel behütet
"und daraus errettet bat, wird Die Deinen nady dir
auch bebhüten und erretten, wie er zu allen feines
. Glaubigen und den Ihrigen Eſ. 41. fpriht: Hürde
dich nicht, denn ih bin dein GOtt, ich babt
dich erwahlet. Du biſt mein, ich bis
mit pin Ich ftäarfe dich, ih helfe din
&iebe, fie follen zu ſchanden werden,
alle,.die dir gram find: Und die Leute,
fo mit dir hadern, follen umfommen
Und Cap. 30. Ih der Herr will eud ia
Trübſal Brod, und in Aengften Baffer
geben. , Sonvderlich aber ift der liebe David foldes
Zroftes voll, im 37 Pſalm, da er unter andern alfo
fpriht: 3h din jung gewefen, und elt
geworden, und babe noch nie gefehen
ven Gerehten verlaffen, und feinen
Saamen nah Brod geben. Den gortloier
Kindern muß ed endlich übel gehen, denn fie, DW
Sottlofen find Heudjler gewefen, und haben vu#
' &odngelium nicht mit Treue gemeynet, noch ibreb
Heild Erfenntnig mit brünftigem Geiſt daraus &
fhöpfet. Cie haben GOtt nicht getrauet, nod km
Wort befördert, noch dem Naͤchſten gedienet: fontere®
alles ihr Thun ift nur geißen und fcharren, faufer
un?
. der wahren Chriſten. 839 |
und prangen.geweien. Bevoraus haben fie den rech⸗
ten wahren Heiligen manchen fauren Trank: einge '
ihenfet, und baben darüber gefrohlodet. - Soellten
deſſen ihre Kinder nicht einmal entgeltend Aber Die
Zweiglein ver Gerechten müffen auffommen, arten,
wnd biüben, fürnemlich aber, wo fle ſelbſtglaubig
and fromm bleiben. Wie David ſpricht: Blerbe.
fromm, und halte dich recht, dennſobchen⸗
wird es zulegt wohl geben Es ift nihtrzw
jagen, wie herzlich lieb GOtt die armen Kinder hat,:
welche ſich auf nichts, denn nur allein: nuf-.feine
Hu und Gegen wiflen zu verlaffen: Welche fich
intmer auf der güldenen Aue feines heiligen Worte:
weinen, und ihr Heil daraus getreulich lernen erfen«
nen: Welche in ihrem Heil fröhlich feyn, und ihrem
lieben Heilande von Herzen dafür danken: Welche
ihren*<ern und Herren gehorchen, und in. der Des.
muth und Keufchheit wandeln, auch. gerne. eiwad
Ueber diefe bat ſich GOtt ausgebreitet: und ber
tauet, ja Durchgieffet und überfüllet fie mit feinem; -
Segen, wie der 36 Pfalm bezeuget, der Da fprichte:
Er breitet feine Güte aus über die, ſo ihn
Eennen, er madhet fie trunfen von den reis
hen Gütern feines. Haufes, und. tränfet
fie mit Wolluſt, als mit einem Strom O
wie theuer ift feine Güte denen, die ihm trauen? .
Höre, ‚lieber Bruder, hat GOtt der HEre deinem:
Kindern feinen ganzen Sohn, und mit ihm bie ganze
Macht aller feiner himmliſchen Schäge gefchenfet, wie
follte ex ihnen das. andere auch nicht ſchenken? Und
ob wohl GOttes tiefer Rath und Borfehung feinen
auserwählten lieben Reichskindern fo viel nicht giebt,- -
ald den Gottlofen zu ihrem Trotz und DBerderben, ſo
giebt er ihnen dody gleichwohl das tägliche Brod,
und was fie fonften mehr bevürfen. Ihre Schwache
Dferplein gehen wohl kuͤmmerlich fort im Schlamm
tiefer Waſſer, aber fie erhalten doch Jerhwaßl einen.
550 Wom re
Sieg na dem andern. Und folches iſt ihnen vie
beſſer, ald ver größelie Mammon ver Gottloſen, wie
St. Paulus 1 Tim. 6. fpriht: daß die, welche
das ewige. Leben dur wahren Glauben ew
griffen. haben, mit einem Geringen ſich
germefollen begnügen laffen. Denn fie ſeyn
ohne das reich genug, und GOtt Tann fie Durdy cin
Geringes eben fo wohl.erhalten, ald durch ein Lieber
fluͤſſtges. Derowegen gieb Dich deiner Kinder balben
wohl zufrieven. Befehl fie GOtt mit frifchem Glaus
ben, und hoffe, daß, weil er fie gefchaffen, und durch
"feinen. lieben Sohn erlöfet hat, er fie wohl werde
ernähren. Denn fie find ja beffer, ‚denn alle Voͤgel
in der Luft, und alle Fiſche im Wafler, und alle
Lilien auf dem Felde, 0
Bitte aber, fo lange du lebeft, daß es ihnen edge
wohl ergeben, und fegne fie, gleich wie die lieben
Patriarchen ihre Kinder gefegnet haben, und ermahne
fie zum Bellen: So werden fie erfahren, dag fit
nicht umfonft GOttes Kinder, GOttes Herz, GOn
tes Seelen, GOttes Augapfel und GOttes Waifelein
genennet ‚werden, fondern daß es wahr fey, was
David im 68 Pfalm richt: Er-if ein Bater
der Waiſem Was aber hier von den Waifelein
geredet ift, fol aud von den verftorbenen Wittwen
.verftanden -werden, von weldhen wir ohne Das eis
fonderlihes Büchlein gefchrieben baben, iſt anders
fo viel gottfeliger Zuft bei ihnen, daß fie es Lefen.
Selig aber iſt der Menſch, welcher fi) der armen
Waiſen und Wittwen treulihd annimmt, fein Lohn
wird groß im Himmel feyn. Denn GHOtt läffet vie
Geinen darum elend werden, und nimmt ihnen allen
Vorrath hinweg, auf daß fie ihm lernen traugm, und
die Reichen Urſach haben, ihre Liebe und Barmhber
zägfeit an ihnen zu beweiſen, bis er fie felber einmal
aus dem Roth erhebt und zu Ehren bringe, wie et
dem lieben Joſeph, David, Eſther und ihres giew
chen gethan hat. |
N
dev wahren Chriſten. 55
Die VE. Rage
Sch muß llerben.
Man kanns nicht fagen, GOtt iſt wunberfam, er
laffet die Seinen tief kammen, bis an den Det de
oft fein Grund ift, und erhält fie doch: Er führer
fie bis an die Pforte des Todes, auf daß fie von
dieſem füflen Kräuclein, durch welches fie erlöfet find,
auch ein wenig koſten. Aber che fie zufehen, wendet
er den Wagen um, wie Hanna fang, 1 Sam. 2.
Der HErr tödtet und machet lebendig. Desgl.
David im 68 Palm: Wir haben einen HErrn,
der vom Tode errettet, Ich Fenne Leute, wels
che über. fünf Stunden todt gemwefen und wiederum
lebendig geworden find, Denn bei GOtt ift fein Ding
unmoͤglich. Da es aber, lieber Bruder, an dem wärs
te, daß du. fterden follteft, fo begieb dich in GOttes
Willen, und fey für dem Tode unerfchroden, ' Denn
es gehoͤret mit zur chriftlichen Nitterfchaft, für dem
Tode unerfhroden feyn, weil wir willen, daß er
nicht fey unfer Berderben, fondern nur unfere Errets
tung und Schlaf. Ein. Ehrift fol vorlängit, ehe er
noch ftirbet, die Sünde, den Zorn und den Tod in
feinem ‘Herzen überwunden haben, und foll von bies
- fen Feinden ungefangen feyn, wie die Epiftel an die
Ebraͤer am 2. lehret und ermahnet. Wer fih für
Sünde, Zorn und Tod noch fürchtet, Der iſt ihr
Knecht: Wer es aber nicht thut; ber ift Herr, und
iſt ein rechter freier Mann, wie alle Chriften ſeyn
follen. Ein folder it in dem Stande, welcher an
ihm der hoͤchſte iſt, und GOtt am meiften gefället,
Stirbeſt du, fo ftirbeft du dem HErrn, das ift, feis
nem Rath und Willen, und dein Leben bat bier ein
Ziel. Bis daher haft du follen leben, und in biefer
möühfeligften Welt peinlih wahdeln, länger nicht.
Und ob du gleidy das gemeine Alter nicht erreichet
haft, was ſchadet Dad} Es find vie jangere Rrute
.-
532 om Creuz
geſtorben. Wie haͤtteſt du ihm muͤſſen thun, wen
du von deiner Mutter Bruͤſten waͤreſt hinweg gera:
fet, und bätteft ven ſchoͤnen Glanz des Evangel
nicht gefehen ? ———
Und ob du: gleich zur vollkommenen Weishen:
Glauben, Herzen, Himmelreich- und andern dhriftliche
Zugenden nicht gekommen, noch Das verrichtet haft
was du gerne wollten, fo fey damit zufrieden. Dem
dies iſt auch eine Tugend, laß did) begnügen an dem
guten Vorſatz. Hätteft du mehr thun follen, fo hätte
es GOtt wohl fünnen fchaffen. Ed wirds doch Fein
chriſtlicher Held zu Ende führen, wad er ibm wohl
- im Reich GOttes fürgenommen hatte. a, es wird
in diefer Welt nicht alle& verrichtet werden, was ds
"hätte gefcheben follen. Was du nicht gethan haft,
Dad wird ein anderer thun, und was ein anderer
nit thun Tann, das wird Chriftus, die Weisbeit
und Kraft GOttes, felber thun. Ah, licher Bru
der! erfreue Dich deines Sterbend. "Denn nun koͤmmſt
du durch GOttes gnädige Erlöfung aus dem Ang
hauſe diefer Welt zur ewigen Ruhe, nun wird de
Sünde nicht mehr über dich berrfchen, und bein Ge
wiſſen verwüften. Du wirft liegen und fanft fchlafen
‚ und weder SOlnde noh Schmerzen fühlen. Die har
ten Spruͤche der Schrift werden dein weiches Hm
nicht mehr fihreden. Nun wirft du recht fromm um
frievfam ſeyn, ver Zeufel wird überbin fliehen, und
feine feurige Pfeile mehr in dich ſchieſſen. Er wird
dich in guter und böfer Sache nicht Mehr zu Schan⸗
ben machen. Die Welt wird auch deine fromme und
ftile Seele, weldye immer Ruhe geſuchet, Durch ih⸗
ren ungünftigen bittern Haß und vielfältige unver
boffte Läfterungen nicht mehr beunruhigen. ir wird
beiner wohl begehren, aber dich nicht finden. Ds
wirft den Blinden und Undanfbaren nicht mehr die
nen, Du wirft nicht mehr Sorge tragen für bat
Haus und Kinder. Du wirft did nicht mehr vurd
ſhwere Arbeit ermuͤden. Du wirft nicht mehr kraul
”
tyn, noch manche beträßte ſchlafloſe Nacht haben.
Vom Tüuürken und anderm Unglück wirſt du nicht
mehr hoͤren. Das Eitele dieſer Welt wirſt du nicht
mehr ſehen, und die feiſten ſtolzen Teufel werden
der wahren Chriſten. *
dich auch mit ihren weiten Spottaugen nicht mehr.
jeben. Bu wirft unter den Sottlofen, Falſchen und
Boͤſen nit mehr leben, noch mit ihnen umgeben,
Dein fchäbichter Leib wird wohl zu Pulver werden,
wie er anfänglich geweſen ift, aber deine rothe Seele .
wird in den Luflgarten GOttes kommen. Du wirft
m GOtt kommen, fage ich, denn GOtt iſt das Pas
:adied, und Wonne feiner glaubigen Seele, wer in
BOtt koͤmmt, der koͤmmt in Die ewige jzreude, Die
Freude GOttes aber iſt höher, denn alle Vernunft.
Mller Welt; $reude iſt nichte'gegen dem geringiten Troͤpf⸗
ein der Freude GOttes. . Wer GStt lebet, der ftirbet
auch GOtt. Du haſt GOtt gelebet, denn dein ganzes
keben iſt gemefen, wie du EOtt moͤchteſt in feinen
Wohlthaten erkennen, dich derſelben anmaſſen, di
ver troͤſten und erfreuen, ihm ‚dafür danken, und
ihn öffentlich preifen.- Deromwegen fo wirft du auch
terben, das ift,. nicht allein nach feinem Rath und
Willen, wie vor gefaget, fondern auch zu feinen Häns
den. Er wird dich mit hoͤchſter Reverenz, als fein
köftiches Kleinod, auf» und annehmen. Cr wird
in deiner Seele wohnen, leben, herrſchen und herrs
ich feyn. Er wird das güldene Meer feiner göttlis
hen Freude und aller feiner himmliſchen Magniftcenz
Süter in dich giefien, und wird Dir faufend Jahr fo - |
furz machen, als ein Tag if. Am, jüngften Tage
aber wird er deinen Leib auch nachholen, und ihn fo
belle machen, wie die Sonne ift, und ihn zugleich.
mit der Seele in den Himmel nehmen, wie der Herr
Chriftus ſpricht Joh. 6. Das tft der Wille des
Vaters, der mich gefandt hat, daß ih nicht&
verliere von allem, das er mir gegeben bat,
fondern Daß ich ed auferwede am jüngiten
Tage, Und St, Paulus 1 Corinth. 15., Ein
I 2 W
—
. gr
| Stern übertrifft ven andern, nad der RI
alles iſt gewiplih wahr. In diefem Bertrau
ſtirb, lieber Bruder, und da dir es fauer wird,
wir alle eingehen müffen zur ewigen Herrlichkeit.
554 Wom Creußz
heit, alſo die Auferſtehung der Todten. 4
wird gefäet verweslih, und wird aufer
den in Herrlidhleit. Es wird gefäet
Schwachheit, und wird auferftieden in Kra
Es wird gefäet ein natürfiher Leib, u
wird auferfiehen ein geiftliher Leib, Di
leide es männlih, in chriftliher Geduld, und wi
baß dies die enge Schweißs Pforte fey, durch wel
"Die VIL Klage
IH muß fürd Gericht GOttes kommen, auf daß alle meine
Gedanfen, Worte und Werke der ganzen Welt bes
fannt werben, und ich dafuͤr meinen Lohn
— empfabe.
Das ift ja wahr. Denn am jüngften Tage werben
freilich alle vernünftige Creaturen erfcheinen wülles
vor dem Nichterftuhl JEſu Chrifti, von den Engeln
an bis auf die Könige, und von den Königen au
bis auf die leinenen Kittelträger. Da werden auch
gewißlich aller Menfchen Herzen Angelmeit offen fe
ben, und alle heimlihe Gedanken, Worte und Ber
Fe, gute und- böfe, and Licht: kommen und
ınd geruhtet
werben, wie &t. Paulus Röm. 2, fchreibet: GOtt
wird reht rihten auf den Tag der Of
fenbarung. Desgl. GOtt wirn das Ber
borgene der Menſchen richten durch JE:
ſum Chriſt, welcher geben wird einen
jeglichen nah feinen Werten Da wen
es den Die frommen Herzen, welche für nichts fo febr,
rom:al8 für das Evangelium geforget haben, eröffnet wer
‚ewigen
Sehen. ihre edle Worte hören, welde fie bier im Wiakel
den, und ihr Seufzen herfuͤrleuchten. Da wirb man
Der wahren: Ehriften. | u:
geredet haben, Denn fein heiliges theures Wort: ift
auf ihrer Zunge gewefen,; welches der HErr Chriftus
nicht wiederholen und: herzlich rühmen follte, - Da
werden ihre koͤſtliche Schriften, melde hie der Sau⸗
welt geftunfen. haben, allen Heiligen fürgelefen, und
mit großer Berwunderung angeböret werden. :Denn,
jollen alle Werfe den Heiligen nachfolgen/ wie St.
Johannes bezeuget, fo werden aud ihre Bücher nach⸗
folgen müflen. Da werden aud) ihre Gebete erneuert®
werden, man wird aud ihren geiftlichen Kampf wis
ver die Suͤnde, desgleichen ihre Demuth und große
Bedult im Creuz ſchauen. | 0
Ach! ach! wie werden die lieben Seligen an’ bemnfeliger
Lage in ihrer fo fhönen und mannigfaltigen Herr Zugand
ich eit blühen? Wer fie, feben wird ‚ve wird ſich in jenem
drer von. Herzen freuen, Ein Heiliger wird ſich Leben.
ber den andern freuen: Dahingegen werben Die .
Tainiſchen Herzen, weldhe dem Evangelio und feinen
Befennern fpinnefeind gemwefen, auch offen ftehen, und
hre ſchmaͤhliche Heuchelei an ven Tag kommen. De
wird man ihren Stolz, Berachtung, Spotten, wels
bes fie ohne Gottesfurcht unter einander getrieben,
klaͤrlich ſchauen. . Richt ein einiges Wort it auf ih⸗
per Zunge gewefen, weldes der. Herr Chriſtus nicht
ſollte mit Bermaleveiung ans Licht bringen. Da
wird man ihre Rathſchlaͤge und Bubenſtucke, mit wels
hen fie das gute Kürnehmen der Heiligen: und ven
Bauf des Evangelii gehindert, anfpeien. - Ihr Geiz,
Wucher, Unbarmperzigftit, Hoffart, Freſſen, Sau⸗
fen, neue Zeitungen, Narrentheivungen, Schandworte
und Schandthaten werden für ihnen ſtehen und fie
befhuldigen: Sonderlich aber werden fie ihre Laltes
rung, mit weldyen fie die Tugendreichen geſchaͤndet
haben, fehr haͤßlich machen. Denn der Herr Chris
Rus wird überlaut rufen und fprechen: Sebet, welche
Teufelölöpfe und große Lügner find mir Diefe gewes '
fen? Wie haben fie fo falſch aus ihrem abgünftigen
und mörberiichen Herzen geredet? Ja, der HErr
.
— — — Lin. —
536 Vom re
EChriſtus wird alle dad Harte, welches bie Gottlofen
-wiber. Die wahren ‚Heiligen geredet, und das Böfe,
‚welches; fie: ifnuen gethan haben, auf fi) deuten und
ſprechen: Solches alles habet ihr mir getban, ihr
verfluchten Uebelthaͤter. Ob nun aber wohl Die lie
ben Auserwählten, welhe dem HErrn Chrifto in der
Liebe feines Worts, und im Glauben. feiner Wohl
Der Slau⸗thaten, ſamt andern Glaubensfrüchten getreulich ſind
bigen, nachgefolget, nicht ohne Sünde geweſen, ſondern auch
Zunden manches Unkraͤutlein in ihrem Herzen gefühlet, und
nicht auf⸗ manchen unbeſonnenen Mißtritt gethan haben, den⸗
sededt. noch werden fie darum nicht verdammet noch geftras
fet: werden. ‚Denn weil ihnen bier alle Sünden vers
geben find, mie follten ‚fie ihnen dort zugerechnet wer |
ben? Was bier zugedecket iſt, wird dort nicht eröffı
‚net werden. J J
er Da wird man eine große Dede finden, unter
entfputs welcher alle ver Slaubigen Sünden werden zugedel—⸗
digen. ket ſeyn. Ja, der Here Ehriftus wird fie ganz hoͤf⸗
lih entfhuldigen, und Urſache anzeigen, warum er
fie habe irren, firaucheln und. fallen lafien.
- Died alles bezeugen nachfolgende Sprüche, beide
des HErrn Chrifti und feiner Apoftel. und Prophe⸗
ten, melde. fromme Chriften follen auswendig lernen,
Joh. 3. Wer an den Sohn GOttes glau
bet, der wird niht gerihtet: Wer aber
nicht glaubet, der iſt ſchon gerichtet. Desgl.
Der Vater hat den Sohn lieb, und hat
ibm alles in feine. Hond gegeben. Beran
- den Sohn glaubet, der bat dad ewige Zw
ben. Röm. % Wer will die Auderwahl
ten GOttes befhuldigen?! GOtt iſt bie,
der gerecht madet. Wer will verdam—
men?! Chriftus ift bie, ver geſtorben iſt,
ja vielmehr, der gubh auferweder ıW,
weldher ift- zur Rechten GOttes, un
vertritt und." Dedsl. So ift nun nichts
Verdammliches an Denen, fo in Chrifte
der wahren Chriften. u 557
FEfu find faik 11. Der HEerr-wird nit
sihten, nachdem feine Augen feben, noch
frafen, nahdem feine Ohren hören
Die Gottloſen wird er verdammen, und ins «höb.
iſche Feuer verwweifen, mit Diefem Gerihtöflang: Web
het von mir, ihr Uebelthäter, ins hoͤlliſche Feuer,
“ih babe euch. noch nie für meine Schaafe erfannt.
Und foldyes wird .er thum nicht fo fehr darum, daß
fie gegeizet, geſtolziret, gefreflen, gefoffen, geburet has
ben, fondern daß fie fein liebes Gnadenwort gebaffet
‚und feine Diener gefchändet und betrübet haben. Denn
wer die Seligfeit in diefem Leben in den Wind ſchlaͤ⸗
. get, und nicht haben will, fondern dur Unglauben,
mit geſuchtem Fleiß difputirlicherweife von fich ftöflet,
and fi derfelben nicht würdig achtet, der wird fie
in jenem Leben nicht überfommen, wie St. Paulus
Dürre fpriht Ebr. 2. Wie wollen wir entflie
ben, fo wir eine foldhe Geligfeit nicht ach
ten? Hier muß Oeligfeit in rechtem Verſtande ans
genommen feyn, ſoll fie in jenem Leben haften. Was
ſich hier felbft geplündert und beraubet, das wird dort
nadend ſeyn und bleiben. Und ob fi wohl die Vers
Dammten wider fol Gericht des HErrn Chrifti wer;
den firduben, und ihre pbilofophifche Weisheit, und
Dap fie die Bibel gelefen, und fonften große Herren
gewefen und zuweilen ehrbare Thaten gethan haben,
fürwenden werden, ff wird ihnen doch folches alles
"nicht helfen. Der Zeufel wird fie doch bezwingen,
— — — — | — ⸗ —— 22 — h Dr —— —
und an feinen Ort führen. Ihre muthwillige Blind;
heit, und ihre verftodte Hoffart, welche fie von ber
einfältigen Wahrheit abgehalten hat, wird fie vers
dammen. Denn fo feridht Chriftus Joh. 3. Das
ift das Seriht, Daß das Liht in die Welt
kommen ift, upd die Menſchen liebeten bic
Finſterniß mehr, denn das Lid. Und Gt,
Maulus 2 Theſſ. 1. Der HErr Chriftus wird kom⸗
wien vom Himmel’ mit Feuerflammen, Rache zu de
ben denen, fo nicht gehorfam gewejen’ find dem Cyan:
BB Dom Cream
gelio, Da werben fie die Wahrheit erfennen. De
werden fie über ihre Blinnheit und Verftodung rufen.
Da werden ihre Baſiliske und Schlangen nicht ſter⸗
ben, noch ihr Feuer ausgelöfcher werden, Die Slam
bigen aber werden alle ihres Verftandes, Glaubens
Bekenntniß, Thuns und Leidens halben freudenreicye
Thriumphs⸗Ehre, herrlichen ſchoͤnen Leib, königliche
errſchaft und ewiges Leben erlangen, wie St. Pau⸗
us Roͤm. 2, geweiſſaget hat. Und an ſolcher Selig
keit wird. fie feine Suͤnde hindern, denn davon find
fie entlediget. Deffen nimm dich auch an, licher Bru⸗
ber, und verlafle did) fo Darauf, ald wenn Chriftus
felber mit dir geredet hätte. Denn du bift ja einer
von denen, welden dad Wort ded Evangelü lieb ge
mweien, und bem geglaubet, und fih in Chrikum
gefleivet, und fih von ihm haben führen laſſen.
‚ber wahren Chriften. 539
‚Der m. und letzte Theil. |
Dom ewigen geben der Kinder GOttes,
4. Gieb mir doch vom ewigen Leben ber Kinder GOttes,
zu meinem Troſt in meinem Elend, damit ich bei mei⸗
ner Gottfeligkeit überfchüttet bin, auch guten
u Bericht.
Jq wollte ſolches zur Staͤrkung deiner Seele, und
zur Erweckung beharrlicher Gedult, lebendigen Tro⸗
ſtes, freudiger Hoffnung und ſtarken Olaubens gerne
thun: aber es iſt mit dem ewigen Leben alſo be⸗
ſchaffen, daß niemand davon mehr reden kann, ale
ihm geoffenbaret if. Ein wenig fehen wir "davon,
als im Traum und von ferne. Gleichwie einer ein
Fleines Sternlein von. ferne fiehet, der nicht wohl
feben kann. Was wollen wir denn it viel reven
von der Herrlichkeit, und von der Wonne, fo uns
ferm Leibe und Seele wiederfahren wird am jüngften
Tage, wenn Chriſtus um unferer Herrlichkeit und
Wonne willen, und daß er und von unfern Feinden,
und allem Uebel erldfe, erſcheinen wird? Beſſer iſt
ed, feine Gedanken hievon im Herzen und in der
Feder behalten, venn Chriſto vorgreifen, und es doch
nicht erreichen, Ä
2. Ich muß befennen, daß dem alfo ſey, wie du ſageſt7
Aber weil gleichwohl etwas vom ewigen Leben offen
baret ift, berichte mir, wie mancherlei es ſey?
E⸗ iſt zweierlei ewiges Leben. Eines, wenn GOtt Fweierlet
unſere Seele lebendig machet, durch ſein Wort und ge
Seift, welches gefcjiehet in dieſem Leben. Denn wer.
ih aufs Wort des Evangelii begiebt, und ed wohl
yeherziget, und den heiligen Geift anrufet, der wird
durch denſelben Geiſt inwendig alfo erleuchtet und
—
—— — — ——— — — — — tl ———— nn — — — —
zad Wonm Era
erfreuet, daß er feine freude nicht wohl außreben
kann. Ein folder Menſch bat aus dem Erkenntnij
und Glauben feines Heild göttlihe Freude. Sein
Herz Iebet und huͤpft in GOtt feinem himmlifchen
VPater. Gold eine Freude ift der Anfang Des ewi
gen Lebens: Aber fie wird durch den Teufel um
Welt in und weidlich zerftöret. : Denn dies berrlict
Reich GOttes kamn ver Teufel: in und nicht lecẽden.
Das andere Leben wird: angeben am jüngiten
Tage in der Auferftebung der Todten. Denn in der
ſelben werden wir einen neuen verflärten Leib gewin
nen, der Sonne glei. Und der HErr Chriftus
wird nicht allein’ leibhaftig, fondern au ſcheindarlich
in und wohnen, - und aus uns leuchten, wie ein
himmliſcher Glanz aus einem ernftallenen Leuchter.
Da wird denn ganz und gar feine Sünde nod
Ztaurigfeit, noch Furcht mehr an uns. feyn. Denn
ver Teufel und vie Welt, die uns in dieſem Leben
meiſterlich geängftet haben, werden für unfern Auges
im Schwefelpfuhl liegen, und lichter Xohe brennen.
Da wird aud fein böfes Weib, noch böfe Kinder,
noch Krankheit, noch ander Ungläd und Ungemach
mehr feyn, fondern eitel göttliche und beftändige Freude
und Laden. Da wird man ein ewig Triumphfeſt
halten, Da wird man fingen und fpringen: Da
werden die herrlichen Leiden der Heiligen gewaltiglid
gerühmet werden. GOtt wird den Glanz feiner
Herrlichkeit und feiner Gnaden über. feine Kinder aus
breiten, und fie damit durchleuchten. Er wird fie
: Irönen und an feinen Tiſch feßen, und mit ihnen
freundlich reden, und ihnen bimmliihen Wein zu
trinfen geben, aus feinem guͤldenen Troſt-Becher,
ja aus feinem güldenen Freuden⸗Becher. Uno fie
werben nicht mehr fterben, fondern in folder Freude
: mit den heiligen Engeln ewiglich leben, und foldes
Leben nicht fatt nöd) müde werden, wie die lieken
Apoſtel ſolchen herrlichen Anblick des ewigen Lebens
an dem HErrn Chriſto, und ſeinen lieben Heiligen
der wahren Chriften. j 54
uf dem Berge Tabor gefehen haben, Denn St.
Daulus Hat nicht vergeblich, gefprochen, 2 Theſſ. 1.
3Ott iſt ein rechter Richter, welcher Trüb⸗
al vergelten wird denen, die euch Trubſal
nlegen: Euch aber, die ihr Trübſal leidet,
tube mit und, wenn der HErr Ehriſtus
ommen wird, daß er herrlich erſcheine in.
einen Heiligen und wunderbar in allen
Slaubigen. Ä
D 1
5 Wenn wird dieſe Freude angepen
Am jungſten Tage. Denn alsdenn wird der Sohn .
HOttes, der Fuͤrſt des Lebens, kommen, und wird
inſere vermoderte Leiber wiederum erneuern, und
vird ihnen feinen Geift wieder geben, und wird und
yerufen ind ewige Leben: Kommet her, ihr meine
Beliebten,, ind ewige Leben, und ererbet dad, was
ad. bis hieher iſt geſparet worden. Nun ſollet ihr
nir vollkommen ſeyn, und keinen Mangel haben.
Run gebe ich euch eures Herzens Wunſch, Joh. 6.
nd 10, Ich will meine Schaafe auferweden ans
fingiten Tage, und will ihnen geben Das ewige Les
ven, und ob fie wohl ber Teufel bart verklagen wird,
o ſoll er fie mir doch aus meinen Haͤnden nicht reiſ⸗
en. Denn was mir gegeben it, und ich einmal
recht gefaſſet babe, das will ich wohl bewahren.
3. Sir, lieber Son! bat wir) ein froͤhlicher Tag ſeyn.
Freilich wird es ein froͤblicher Tag ſeyn. Welch ein
Frohlocken und Jubiliren wird ſich allda erheben.
Welche ſchoͤne Lilien werden wir ſeyn, wie werden
wir und kennen und grüßen. Wie werden wir und -
umfahen und Füffen? Wie tröflli wird und ver
Sohn GOttes zuſprechen und wird uns ald eine
berrlihe Ausbeute mit ſich in fein ewiges Neich fühs
sen? Da werden wir und weit umfchen und ung
582 = - Dom Erxen
der Klarheit GOttes und feines Himmel! vermun
vern. Da werden wir die Engel GOttes ſehen um
hören. Es wird einem jeglichen fein gülden Kraͤnz
lein auf fein Haupt gejeßet, und feine Harfe in feine
Hand gegeben werden, Und wenn wir taufendb Zahr
im Himmel gewefen, wird es und feyn, als wäre
wir geftern erit hinein gekommen.
Die Lehrer aber in Kirchen und Schulen, welde
allhier erleuchtet find gewefen, und ihrer Vernunft
nicht gefolget, fondern dad Evangelium lauter gepre
Diget, und viel zum wahren Erkenntniß Eprifti ge
bracht, und nicht wenig Darüber gelitten haben, dx
werden leudıten wie die Sonne, und ihr Licht wir
nicht ausgehen, und wer es ſehen wird, der win
fi ihrer’ freuen, und fie werden über ihrer Zuhörer
Herrlichkeit und Freude auch wiederum fröhlich feye
und GOtt von Herzen danken.
5. Bas wird wohl im Leben die hoͤchſte Gluͤckſeligkeit a
Freude feyn ?
Dis wir GOtt fehauen werden, wie er iſt von Um
geficht zu Angeſicht. Denn ed ift fol ein ſchoͤner
und berrliher GOtt, daß fih feines ſchoͤnen und
berrlihen Weſens und Glanzes die heiligen Engl
nicht - fatt fhauen, noch fi genuafam darüber ven
wundern Tonnen, Se länger fie GOtt anfchauen, je
berrliher ihnen der Glanz feiner Majeſtaͤt für’ ibren
Augen aufgehet, und je größere-Luft und rende fü
zu ihm haben. Denn fo fohreibet Paulus, der hei
erleuchtete Apoftel, 1 Tin, 6. GOtt wohnet it
‚einem ſolchen Licht, dazu niemand kommer
kann. Das ift: OOtt iſt an ihm felbft ein lichtel
‘and berrliches Wefen, und wohnet dazu in einem io
hen lichten und herrlichen Himmel, daß Tein fürd
licher und fterblicher Menſch da hinein blicken, and
für ſolchem Licht und Herrlichkeit bleiben kann. Tu
liebe Sonne vermag dem Licht und der Herrlichker
| !
der wahren Chriſten. 845 u |
Bitte das Wafler nicht zu reichen, ihr Licht iſt
nur ein Schatten der Klarheit. GOttes. Doch wer |
pen wir fündliche und fterblihe Menſchen einmal an
biefen Ort fommen, nemlih, wenn Suͤnde and Tod
"und ausgezogen. Alddenn werden wir GOtt ſchauen, ——
und ſeine große Herrlichkeit, und werden ſeiner Gnade m
Geruch riechen. Denn er iſt eitel Gnade, und alles,
was von ihm gehet, iſt ein Gerlich ewiger Gnade. |
Unter folder GnadensRofe werben wir wohnen, und “
ihres füflen und lebendigmachenden Geruchs genieffen, |
und davon in Freuden leben, |
6. Wie wirb ed doch an beinfelben Tage mit uns zugehen,
wenn wir GOttes Angeficht fchanen werden ? |
Dies lehret St. Paulus gar tapfer, Phil, 3. IE
fs Chriſtus wird unfere -elende Rörper umfchmelzen,
und wirb neue Leiber daraus machen, und wird fie
verflären, daß fie feinem verflärten Leibe ähnlich ſeyn
werden. Dein armer, alter, magerer, kranker Leib
fol wiederum fung und fon werden, daß du an .
dem Tage ausfehen ſollſt, wie ein heiliger Engel, ja
wie der HErr Chriſtus felbit. Dein Leib fol fo hell
und Mar werden, daß ein herrliher Glanz von ihm
feuchten und fiheinen fol, und je elender du allhier
gewefen, je herrlicher du dort feyn wirft, Denn da
wirft du recht an das Licht fommen, und an ver
Bnade GOttes deine Luft haben. In unferm vers
Härten Leibe aber wird ein gerechter und fröhlicher
Seiſt wohnen, der Feiner Sünde und Traurigkeit
mehr wird unterworfen feyn. Alles, alles, was an
uns ift, wird leben, wie David faget, Palm. 16.
Du thuft mir Fund den Weg des Lebens, für dir if
Kreude die Füuͤlle, und lieblich Wefen zu deiner Rech⸗
en ewiglich. Denn biewal wir im ewigen Leben
BD unfern lieben Vater, - und fein gnädiges Herz
verden ftetd für unfern Augen haben, . wie follten -
vir Boch traurig feyn Tonnen? Es erfreuet ſich je
544 Dom. Ereus
ein Hofdiener uͤber dem gnaͤdigen und fröhlichen An;
gefidht feines Fuͤrſten, ſaget Salomon: .Wie follte
fich denn einer nicht erfreuen über -dem gnädigen und
fröhlichen Angefi ht GOttes ſeines himmliſchen Va⸗
ters
Alsdenn werden wir ſatt ſeyn, und keinen Man⸗
gel haben an irgend einem But. Was wir wunſchen
werben, das werden wir haben, wie im 18 Pſalm
gefchrieben ftebet: Ich will fhauen dein. Antlis in
Gerechtigkeit, fürs erſte: Zum andern, will id) ſatt
werden, wenn ich erwache nad) Deinem Bilde. Und
wir werden an dem Tage nicht mehr fterben, Der Tod
wird nicht mehr über uns herrſchen.
Sn dieſes Leben laſſet und hindurch fehen aus
biefem Leben, wie einer durch Dornheden fiehet in
“einen fhönen Rojengarten, und laffet und durch fob
Grad d
ewigen
Lebens.
welch ein ſtattlich Privilegium iſt mir dies, ſichet un)
hen Blick alles, was für uns lieget, und unſer Her
| befümmert, in Kraft des beiligen Geiſteo überwinden,
7. Giebt auch GOtt in dieſen muͤhſeligen Leben feinen
Glaubigen einen Vorſchmack des ewigen: freunden
reichen Kebend ?
Freilich überſchuͤttet unſer lieber GOtt mit der Wonne
des ewigen Lebens auch in dieſem Leben die Herzen
ſeiner Glaubigen, wie er ſpricht, Joh. 10. IH gede
meinen Smaflein das ewige Leben.
8. Wie gehet das zur
Der orte 2Benn ich ſeines hohen Verdienſtes Erkenntniß bo
be, und weiß aufs gewifjefte, Daß ich Durch fein But
für dem allmädıtigen GOtt ewig gerecht, und Tas
in ewigen Gnaden bei ihm fen, wie denn ja ein X
der Chriſt aufs veftefte glauben foll, fo bin ich »
meinem Blut ficher für des. Teufeld Tyrannti, #
fıberwinde durch das Blut des Lammes. O .:
be
— | GE
-
| der wahren Chriften. 845
befriediget feyn. für dem Teufel und feiner Macht,
Das ift, für feinem hoͤlliſchen Radyen, und hoͤlliſchen
Heuer „in weldyes er leichtlich unerfahrne und ſchlaͤfe⸗
rige Herzen fann hinein ftärzen. nn
Wie es Gregorius Spalatin ergangen, fo würde
es uns allen ergeben, wo wir nicht Dad Licht unferer
ewigen Gerechtigkeit für Augen Hatten. Welche Bes
zechtigfeit man ihm nur allein follte. fürbälten, fo
wäre er feiner ‚Anfechtung bald los, worden. Nun
aber wohnen wir durch Ehrifti Blut in fihern Woh⸗
nungen und in flolgem Frieden, wie der Prophet
Efaiad faget, und willen von des Teufels Rädern,
und der Höllen Angit wenig zu fagen. Das ift ner
erfte Grad des ewigen Lebens, und eine große Ges
figfeit, dafür wir vem HErrn JEſu nicht genugfam
Kanten Fönnen. Ä
| 9 Wie geſchiehet ſolches mehr ẽ
verſtaͤndigen Chriſten fein troͤſtlich und freudenreich
davon reden, oder ſinget ein ſchoͤnes Liedlein davon,
da empfaͤnget mein Herz den heiligen Geiſt und wird
ſchwanger von ihm, und gebieret eitel Freude. Es
wird denn. mein Herz fo voll Freuden, daß id) fie
nicht länger aufhalten kann, fondern fie ald einen
gewaltigen Strom berauslaufen, und alles übergeben
laffen muß. Denn wie Luther faget: Das Evangelium -
ift der Art, daß es den heiligen: Geiſt und feine
Freude mit ſich bringet, im Lefen, Hören und Sins
gen, gleichwie die Sonne natürlich die Hiße mit ſich
pringet, Das iſt der andere Grad des ewigen Le
n6,
Endlich nimmt uns der HErr JEſus aus dieſem
X
#
⸗
— \ era m _ -
Der dritte
em Grad des
Leben gar hinweg, und verſetzet uns in Paradies, ende, |
u. _ j
BD —
®
546 Dom Ereus der wahren Cheiften.
und fihenfet und vol ein, und machet und trunfen
von Wonne und Freude des cwigen Lebend. Denn
eö that ihm wehe, dem-frommen Herzen, daß wir
feine Bruͤder und fein ererbted Gut, an unferer Freude
und Geligfeit durch Sünde, eigne Gedanken, welts
‚verkehrte Klugheit, Teufelsliſt und Xyrannei, Ars
“muth, Krankheit, Untreue und Berfolgung in Diefem
Leben follen verhindert werden.
Darum nimmt er und gar zu ſich, und madhet
dort ein Vollkommenes daraus, und foll niemand
anders gedenken, wenn einer jtirbet, jung oder alt,
denn daß es eine fonderliche Liebe und Wohlthat
Chriſti fey; welcher feinen lieben Bruder oder feine’
liebe Schweſter nicht will und kann in fo großer und
vielfältiger Unruhe ſtecken laſſen.
Wie freundlich aber ver Herr JEſus die gebenes
beieten Seelen empfaͤnget, wie er fie herzet, tröftet
und erfreuet, wenn fie durch die enge Schweißpforte
des Todes zu ihm in das Paradies kommen, davon
Tann niemand mehr reden, als ihm geoffenbaret if.
GOtt gebe, Daß wir ed mit Freuden an uns
felbft erfahren. “
$
‚: Bum Befhluß
folgen nad
wei trarftä Atteim
. in welchen
der Berfaffer ſelbſt den Kern dieſer S Schatfammer
in Stage und Antwort verfeßet und eins
geſchloſſen hat. u
Wer Luſt bat, kann baneben fein Geſprach mit zweien geiſtlichen
Jungfrauen, wie auch ſein Traktaͤtlein, zwanzig Tauſendſchon⸗
lein genannt, leſen, in welchen gleichfaus ber Kern dieſer
Schatzkammer yon Verfaffer ſelbſt kürzlich verfaffet if,
Das erſte Tractaͤtlein.
1.. Mein liches Kind, was bit du?
Jo bin ein Ebriſt.
2. Warum biſt du ein Erin?
Denn ich glaube an JEſum Chriftum, Marien
- Sohn, daß er mein lieber GOtt und Heiland fey,.
‚und bin auf folchen Glauben getaufet, und babe Ge⸗
meinſchaft mit Chriſto.
3. Bas für Gemeinſchaft haſt du mit Ehrifto 2
ch bin in ihm, und er in mir, und befige ihn mit
alien feinen bimmlifchen Gütern, wie er felber des
fennet und ſpricht Joh. 14. Ich bin in meinem Bas
ter, und ihr in mir, und ic in euch. Weldes fo
ein groß Geheimniß und Würde iſt, daß es feines
Menfhen Zunge ausreden Tann. Deögleihen St.
Sohannes, 1 Joh. 5. Wir fm in dem zerhrhaftigen
35
’
|
3 : Das erfie Tractätlein.
JEſu Chriſto. Diefer ift der währhaftige GOtt au
Das ewige Leben. Denn fo tft ed: Wer an ISſum
Chriſtum glaubet und getaufet iſt, der iſt fein theil⸗
haftig, der hat ihn angezogen, der iſt in ihm und
- befiget ihn mit alle.dem, was er ift und hat, wel
ches die hoͤchſte Oemeinſchaft aller lieben Heiligen iſt.
4. Was find nun das für Güter Ehriſti?
Er ſtlich habe ich in ihm und von ſeiner Fuͤlle die
Herrlichkeit, die ihm GOtt gegeben hat, wie er ſpricht
Joh. 17. Vater! die Herrlichkeit, die du mir gege⸗
ben haſt, habe ich meinen Glaubigen gegeben, auf
va fie für dir ſeyn herrliche Creaturen, und in ver
Liebe eins, gleichwie id) und du eins find, das ıfl,
ich. habe Die heilige Gerechtigkeit JEſu Ehrifti. Denn
gleihwie er, gezieret iſt mit heiliger göttlicher Gerech⸗
tigfeit vom Vater: Alfo ich auch fein liebes Pflänzs
lein und feine liebe Braut, von ihm. Ich gebe im
feinem Schmud, und habe das aus Gnaden, was
. er bat von Natur. Ich babe nicht allein Bergebung
. meiner Sünden dur fein Blut, fondern aud die
Gerechtigkeit GOttes durch feine Auferfichung. I
- bin nun ein neues Gewaͤchs; und wie er ift, nad
ſeiner fröhlichen Auferftehung, alfo bin ich auch. Denn
"sch bin in ihm und er in mir, feine dußerfte Schoͤn⸗
heit ift nun mein. Dies bezeuget Paulus Phil 3.
Mein hoͤchſter Schatz und Freude it, daß ih im
. Ehrifto mag erfunden werden, und An ibm babe
nicht möine Geredtigfeit, aus dem Geſetz, fondern
"Die, ip aus GOtt ift, nemlich, des DBarerg und des
Sohns. Deögleihen 2 Cor. 5. Ehriftus iR für uns
„zur Sünde gemadet, auf dag wir wirden in ibm
‚die Gerechtigkeit GOttes. Welche Gerechtigkeit GO
sein und die hoͤchſte Herrlichkeit und Zierde if,
"um welher willen und alle Teufel neiden.
\
N
Das erfte Tractätlein. 549
4 3 5. Du haft aber gleichwohl noch Suͤnde?
Ar ob ich gleich noch Sünde fühle, dennoch, ‚weil
ich in Ehrifto, dem Allerheiligften bin, und er wie
Derum in mir, fo werden mir Feine mehr zugerechnet,
um feines Bluts willen, fondern feine, Heiligkeit und
Gerechtigkeit wird mir zugerechnet. Sch bin nun in
\
dem herrlichften Anfeben bei GOtt, in welchem — —
lieber Sohn .felber iſt, und bin priviſegirt, daß mir
binfort feine Sünde mehr ſchaden, mich auch feine
Ereatur um deflelben willen mehr beſchaͤdigen, noch
yerdammen muß. | |
- a nit allein zugerechnet, fondern die Gerechtig⸗
Seit Eprifti, welhe GOttes ift, wird mir allerdings
eingegofjen und mitgetheilet, wie ein heiliger Fluß, oder
wie ein heiliger Glanz aus vem Himmel: Weil ich Ehriftt
Leib bin, und er wahrhaftig in mir if. Denn habe ich
den ganzen Chriſtum in mir, wie follte ich auch in mir
feine Gerechtigkeit nicht haben? Habe ich die ganze
Sonne, fo habe ich auch ihren Glanz, wie der Apos
fiel St. Paulus gar meiſterlich fchlieffet,. Roͤm. 8.
%
3
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Pi
Dr
8, .
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da er alfa fchreibet: Hat und GOtt feinen Sohn -
gefhentet, wie follte er und nicht alles mit ihm ges
fchenfet haben, Chriftus hat mich mit feiner Gerech⸗
“tigkeit erfüllet und durchleuchtet, Und ob fle wohl
in mir noch verborgen iſt, fo wird fie dennoch am
Tage der Offenbarung Eprifti berfürleuchten, in: der
hoͤchſten Kraft der Liebe und des Gehorſams GOt⸗
ted, und mit ihrem Glanz den Himmel erfüllen,
Heiſſe demnach ſchon ein Geheiligter Chrifli, denn
Ehriftus Hat mich mit feiner Gerechtigkeit gehelliget:
"Sa, die Heiligkeit GOttes, denn ich bin gesieret mit
der Gerechtigkeit GOttes in 'Chrifto JEſu. Diefen
hoben und herrlichen Titel trage ich itzt m meiner
Krone, wie der HErr fpriht, Off. 3. Daß er"alle ,
— — — — — —— —
feine Glaubigen wolle zu ſchoͤnen Pfeilern machen,
| und auf fie führeiben den heiligen Namen GOites.
rl Eap.’id, Ich ſahe fieben Hundert uns vier
‘
Pi
540 Mon Ereug
erfreuet, daß er feine Freude hicht wohl ausreden
ann. Ein folder Menſch bat aus dem Erfenntnig
und Glauben feines Heild göttlihe Freude. Sein
Herz Iebet und huͤpft in GOtt feinem himmliſchen
Vater. Gold eine Freude ift der Anfang des ewi⸗
gen Lebens: Aber fie wird durch den Zeufel und
‚Welt in uns weidlich zeritöret. - Denn bied Herrliche
Reich GOttes kann der Teufel in und nicht leiven.
Das andere Leben wird angehen am jüngſten
Tage in ver Auferftehung der Todten. Denn im ders
felben werden wir einen neuen verflärten Leib gewim
nen, der Sonne aleih. Und ver HErr Chriftud
wird nicht allein leibhaftig, fondern auch ſcheinbarlich
in und wohnen, “und aus uns leuchten, wie ein
himmliſcher Glanz aus einem eryſtallenen Leuchter.
Da wird denn ganz und gar feine Sünde nod
Traurigkeit, noch Furt mehr an uns: ſeyn. Denn
ber Teufel und vie Welt, vie und in diefem Leben
meiſterlich geängftet haben, werden für unfern Augen
im Schwefelpfuhl liegen, und Tichter Lohe brennen,
Da wird aud fein böfes Weib, noch böfe Kinder,
noh Krankheit, noch ander Unglüd und Ungemach
mehr feyn, fondern eitel göttliche und beftändige Freude
und Lachen. Da wird man ein ewig Triumphfeſt
halten, Da wird man fingen und fpringen: De
werden die herrlichen Leiden der Heiligen gewaltiglid
gerühmet werden. GOtt wird den Glanz feine
Herrlichkeit und feiner Gnaden über. feine Kinder and
breiten, und fie Damit durchleuchten. Er wird fie
kroͤnen und an feinen Tiſch feßen, und mit ihnen
. freundlih reden, und ihnen bimmlifhen Wein zu
trinken geben, aus feinem güldenen Trofts Bedyer,
ja ‚aus feinem gülvdenen Freuden: Beer. Uno fie
- werden nicht mehr fterben, fondern in folder Freude
mit den heiligen Engeln ewiglic leben, und foldes
Leben nicht fatt nöd) müde werden, wie die lichen
Apoftel folden herrlichen Anblid des ewigen Lebens
an dem HErrn Chriſto, und feinen lieben Heiligen
[2
der wahren Chriften. j 5.4
auf dem Berge Tabor gefehen haben. Denn St.
Paulus hat nicht vergeblich. gefprochen, 2 Theſſ. 1.
GOtt iſt ein rechter Richter, welcher Trüb⸗
ſal vergelten wird denen, die euch Trübſal
anlegen: Euch aber, die ihr Trübſal leidet,
Ruhe mit und, wenn der HErr Ehriftus
fommen wird, daß er berrlih erfheine im.
feinen Heiligen und wunderbar in allen
Glaubigen. u |
5. Bent wird dieſe Freude angehen?
Am jüngſten Tage. Denn alsdenn wird der Sohn
GSttes, der Fürft. des Lebens, kommen, und wird
unfere vermoderte Leiber wiederum erneuern, und
wird ihnen feinen Geift wieder geben, und wird und
berufen ins ewige Leben: Kommet ber, ihr meine
Geliebten, ind ewige Leben, und ererbet dad, was
ench bis hieher ift.gefparer worden. Nun follet ihr
mir vollfommen feyn, und feinen Mangel haben.
Nun gebe ich eud) eures Herzens Wunfh, ob. 6.
und 10, Jh will meine Schaafe auferweden am
jüngften Tage, und will ihnen geben Das ewige Les
ben, und ob fie wohl der Zeufel hart verklagen wird,
fo fol er fie mir doch aus meinen Händen nicht reifs
fen. Denn was mir gegeben ift, und ich einmal
recht gefaflet habe, das will ih wohl bewahren,
3. Hilf, lieber GOtt! das wird ein fröflider Tag ſeyn.
Freilich wird es ein froͤhlicher Tag ſeyn. Welch ein
Frohlocken und Jubiliren wird ſich allda erheben.
|
Welche ſchoͤne Lilien werden. wir ſeyn, wie werden
| wir uns kennen und grüßen. Wie werden wir und -
|
|
umfahen und: füffen?. Wie tröftlih wird uns ver
Sohn GOttes zufprechen und wird und als eine
| herrliche Ausbeute mit ſich in-fein ewiges Reich führ
ven? Da werden. wir und weit umfehen und und
‚582 u - Vom Erg
der Klarheit GOttes und feines Himmeld vermum
dern. Da werden wir die Engel GOttes ſehen um
hören. Es wird einem jeglichen fein gülden Kräny
lein auf fein Haupt gefeget, und feine Harfe im feine
Hand gegeben werden, Und wenn wir taufend Syabr
im Himmel gewefen, wird ed und feyn, als wärer
wir geftern erit hinein gekommen. |
Die Lehrer aber in Kirchen und Schulen, welde
allhier erleuchtet find gewefen, und ihrer Vernunft
.. nicht gefolget, fondern dad Foangelium lauter gepres
Diget, und viel zum wahren Erkenntniß Chrifti ge
bracht, und nicht wenig darüber gelitten haben, Die
werden leuchten wie die Sonne, und ihr Licht wird
nicht ausgehen, und wer eö ſehen wird, Der wird
fi ihrer" freuen, und fie werden über ihrer Zuhörer
Herrlichkeit und Freude auch wiederum fröhlich feyn
und GOtt von Herzen danken.
5. Bad wird wohl im Leben die hoͤchſte Gluͤckſeligkeit um
Freude ſeyn ?
Das wir GOtt [hauen werden, wie er ift von An
geficht zu Angeſicht. Denn ed ift folch ein ſchoͤnet
und herrliher GOtt, daß fih feines fchönen und
berrlihen Weſens und Glanzes die heiligen Engd
nicht fatt ſchauen, noch fi genuafam darüber vrri
wundern koͤnnen. Je länger fie GOtt anfhauen, je
berrlicher ihnen der Glanz feiner Majeſtaͤt für’ ibren
Augen aufgehet, und je groͤßere Luſt und Freude ſie
zu ihm haben. Denn fo fchreibet Paulus, der hoch⸗
erleuchtete Apoftel, 1 Tim.6. GOtt wohnet in
einem ſolchen Licht, Dazu niemand Fommen
kann. Das iſt: GOtt iſt an ihm felbft ein lichtes
x... amd berrlices Wefen, und wohnet dazu in einem job
hen lichten und berrlihen Himmel, daß Fein fünds
licher und ſterblicher Menſch da hinein blidien, und
für folchem Licht und Herrlichkeit bleiben Tann. Die
liebe Sonne vermag dem Licht und ber Herrlichlen
Der wahren Chriſten. 845
BOttes das Waſſer nicht zu reihen, ihr Licht iſt
nur ein Schatten der Klarheit GOttes. Doch wer⸗
pen wir fündliche und fterblihe Menſchen einmal an
biefen Ort kommen, nemlich, wenn Sünde und Tod
und ausgezogen. Alsdenn werden wir GOtt fhauen,
und feine. große Herrlichfeit, und werben: feiner Gnade
Geruch riechen. ' Denn er ift eitel Gnade, und alles,
was von ihm. gehet, iſt ein Gerlich ewiger Gnade.
Unter folder Gnaden⸗Roſe werden wir wohnen, und
ihres füflen und lebendigmachenden Geruchs genieflen,
und Davon in Freuden leben, E
5. Wie wird «8 doch an beinfelben Tage mit uns ugehen, |
wenn wir GOttes Angefict. fchanen werden? |
Dies lehret St. Paulus gar tayfer, Phil, 3. JE⸗
fus Chriftus wird unfere elende Körper umfchmelzgen,
und wird neue Leiber Daraus maden, und wird fie
verflären, daß fie feinem verflärten Leibe. ähnlich ſeyn
werden. Dein armer, alter, magerer, kranker Leib
fol wiederum jung und ſchön werden, Daß. du an
dem Tage ausſehen ſollſt, wie ein heiliger Engel, ja
wie der HErr Chriſtus ſelbſt. Dein Leib ſoll ſo hell
und klar werden, daß ein herrlicher Glanz von ihm
leuchten und ſcheinen ſoll, und je elender du allhier
geweſen, je herrlicher du dort ſeyn wirſt. Denn da
wirſt du recht an das Licht kommen, und an der
Gnade GOttes deine Luft haben. Yu unſerm vers
Härten Leibe aber wird ein gerechter und froͤhlicher
Geift wohnen, der feiner Sünde und Traurigkeit
mehr wird unterworfen feyn. Alles, alles, was an
uns ift, wird leben, wie David faget, Palm: 16.
Du thuft mir fund den Weg des Lebens, für dir iſt
Freude die Fülle, und lieblich Wefen zu deiner Rech⸗
sen ewiglih. Denn dieweil wir im ewigen Leben
GOtt unfern lieben Vater, - und fein gnädiges Herz
werden ſtets für unfern Augen haben, - wie follten
wir doch traurig feyn können? Es erfreuet fih je
44 Vom Era
ein Hofdiener über-dem gnädigen und fröhlichen Ans
geſicht ſeines Fuͤrſten, ſaget Salomon: Wie ſollte
ſich denn einer nicht erfreuen über dem gnaͤdigen und
fröbligen Angefi icht GOttes ſeines himmliſchen Va⸗
ee benn werden wir ſatt ſeyn, und keinen Man⸗
gel gaben an irgend einem But. Was wir wünſchen
werben, Das werden wir haben, ‚wie im 18 Palm
geſchrieben flehet: Ich will fehauen dein Antlig in
Gerechtigkeit, fürs erſte: Zum andern, will ich fatt
werden, wenn ich erwache nach Deinem, Bilde. Und
wir werden an dem Tage nicht mehr flerben, Der Tod
wird. nicht mehr über uns berrfchen.
In diefes Leben laſſet und hindurch fehen aus
| dieſem Leben, wie einer durch Dornhecken ſiehet in
einen ſchoͤnen Roſengarten, und laſſet und durch fols
chen Blick alles, was für uns lieget, und unſer Herz
Ä belümmert, in Kraft des heiligen Geiſtes überwinden,
7. Giebt auch GOtt in dieſen mühfeligen Leben feinen
Granbigen einer Vorſchmack des ewigen: frendens
-,. reisen Lebens?
Freilich uberſchuͤttet unſer lieber GOit mit der Wonne
bed ewigen Lebens auch in dieſem Leben Die Herzen
ſeiner Glaubigen, wie er ſpricht, Joh. 10. SH gebe
meinen Smäflein dat ewige Leben.
8. Wie gehet das Mr
Der orte Denn ih feines hoben Verdienſtes Erkenntniß bar
alden ®be, und weiß aufs gewiflelte, Daß ich durch fein Blu
; . febens. für dem allmädıtigen. GOtt ewig gerecht, und *
in ewigen Gnaden bei ihm ſey, wie denn ja ein je:
‚ver Chriſt aufs veftefte glauben foll, fo bin ih w
meinem Blut ficher für des. Teufeld Tyrannei, 1d
.berwinde durch das Blut ded Lammes. O .oer,
. wel ein ftattlich Privilegium ift mir dies, ſicher und
| bes
Der wahren Chriſten. 345
befriediget ſeyn fur dem Teufel und feiner Macht,
Das iſt, für feinem hoͤlliſchen Rachen, und hoͤlliſchen
Heuer „ in welches er leichtlich unerfahrne und ſchlaͤfe⸗
rige Herzen kann hinein ſtuͤrzen. |
Wie es Gregorius Spalatin ergangen, fo wurde . «
es und allen ergeben, wo wir nicht das Licht unferer |
ewigen Gerechtigkeit für Augen hätten. Welche Bes
rechtigfeit mar ihm nur allein follte. fürbälten, fo
wäre er feiner Anfechtung bald los. worden. Nun |
aber wohnen wir durch Ehrifti Blut in ſichern Woh⸗ ‚
nungen und in ſtolzem Frieden, wie der Prophet .
Eſaias faget, und willen von des Teufel Raͤdern,
und der Höllen Angit wenig zu fagen. Das ift ver:
erite Grad des ewigen Lebens, und eine große Ges
ligkeit, dafur wir dem HErrn JEſu nicht genugfam
danken koͤnnen.
9 Wie geſchiehet ſolches mehr? |
U ber das giebt uns auch der liebe GOtt zum oͤf⸗ Derans
ternmale einen Borfhmad ewiger Freuden und ewi⸗der Brad
ges Leben durch feinen Geiſt zu koſten. Denn wenn gen Les
td fiße und leſe von feinem Blut, oder höre einen bens.
verftändigen Ehriften Tein tröftlich und freudenreich
Davon reden, oder finget ein fchöned Liaplein Davon,
da empfänget mein Herz den heiligen Geift und wird
fhwanger von ihm, und gebieret eitel Freude, Es
- wird denn. mein Herz fo voll Freuden, daß id) fie
nicht länger aufhalten kann, fondern fie als einen
gewaltigen Strom berauslaufen, und alles übergeben
laffen muß. Denn wie Luther faget: Das Evangelium Ä
ift der Art, daB es Den heiligen: Geiſt und feine |
Freude mit ſich bringet, im Leſen, Hoͤren und Sin⸗
gen, gleichwie die Sonne natürlidy die Hitze mit ſich
bringet. Das iſt der andere Grad dei. ewigen Les
bens. Der dritte
Endlich nimmt und der HErr JEſus aus dieſem Grad des
Eeben gar hinweg, und verfeßet und ins Paradies, Gehen
| 35 *
⸗⸗
ii
— rer
546 Dom GEreus ber wahren Chriften,
und fchenfet und voll ein, und madhet und trunfen
von Wonne und Freude- ded ewigen Lebens. Denn
eö that ihm wehe, dem -frommen Herzen, daß wir
feine Brüpder und fein ererbtes Gut, an unferer Freude
und Geligfeit durch Sünde, eigne Gedanken, welts
‚verkehrte Klugheit, Zeufelölift und Zyrannei, Urs
muth, Krankheit, Untreue und Berfolgung in dieſem
Leben follen verhindert werden.
Darum nimmt er und gar zu ſich, und machet
dort ein Vollkommenes daraus, und foll nientanp
anders gedenken, wenn einer jlirbet, jung oder alt,
denn daß es eine fonderliche Liebe und Wohlthat
Ehrifti ſey, welcher feinen lichen Bruder oder feine
liebe Schweiter nicht will und fann in fo großer und
vielfältiger Unruhe ſtecken laſſen.
Wie freundli aber ver Herr JEſus die gebenes
beieten Seelen empfänget, wie er fie herzet, tröftet
und erfreuet, wenn fie Durch die enge Schweißpforte
ded Todes zu ihm in das Paradies kommen, davon
Tann niemand mehr reden, als ihm geoffenbarer iſt.
GOtt gebe, Daß wir ed mit Freuden an uns
ſelbſt erfahren.
Zr 3um Befhluß
| folgen nad
Zwei Drattauttein,“
e in welchen
der Verfaſſer ſelbſt den Kern dieſer Echallammer
in Frage und Antwort verſetzet und ein⸗
geſchloſſen hat. u
Wer Luft bat, kann daneben fein Sefpräh mit jweien geiftichen
Jungfrauen, wie auch fein Zraktätlein, zwanzig Zaufenbfhöns
lein genannt, lefen, in welchen gleichfahd der Kern diefer a
Schatzkammer vom Verfaffer ſelbſt kürzlich verfaffet if, *
Das erſte Traetaͤtlein.
1. Mein liebes Kind, was biſt du?
Jo bin ein Chriſt.
2. Warum biſt du ein Chriſt? |
Dem ich glaube an JEſum Chriftum, Marien
. Sohn, daß er mein lieber GOtt und Heiland fey;-
‚und bin auf folhen Glauben getaufer, und babe Ge⸗
meinſchaft mit Chriſto.
3. Was für Geweinſchaft haſt du mit Chriſto?
ch bin in ihm, und er in mir, und beſitze ihn mit |
Alen "feinen bimmlifchen Gütern, wie er felber bes |
fennet und foricht Top. 14, Ih bin in meinem Bas
ter, und ihr in mir, und ich in euch: Welches fo
ein groß Geheimniß und Würde iſt, daß es keines
Menfchen Zunge ausreden kann. Desgleihen St.
Johannes, 1 Joh. 5. Wir find in dem wahrhaftigen
*
|
HB Das erfle Tractätlein.
JEſu Chriſto. Dieſer iſt der wahrhaftige SO urf®
das ewige Leben. Denn fo ift ed: Wer an IEfuem
Chriſtum glaubet und getaufet iſt, der iſt fein theils
haftig, der hat ihn angezugen, ver ift in ihm und
beſitzet ihn mit alle dem, was er iſt und hat, wel⸗
ches die hoͤchſte Gemeinſchaft aller lieben Heiligen iſt.
4. Was ſind nun das für Güter Ehriſti?
Erſlich habe ich in ihm und von ſeiner Fuͤlle die
Herrlichkeit, die ihm GOtt gegeben hat, wie er ſpricht
Joh. 17. Vater! die Herrlichkeit, die du mir gege⸗
ben haſt, habe ich meinen Glaubigen gegeben, auf
Daß fie für dir ſeyn herrliche Ereaturen, und in der
Liebe eins, gleichwie ich und du eins find, das iſt,
ich habe die heilige Gerechtigkeit JEſu Chriſti. Denn
gleichwie er, gegieret iſt mit heiliger goͤttlicher Gerech⸗
tigkeit vom Bater: Alfo ich aud) fein liebes Pflänzs
lein und feine liebe Braut, von ihm. Ich gebe im
feinem Schmud, und habe das aus Gnaden, was
er bat von Natur. Ich babe nicht allein Vergebung
meiner Sünden durch fein Blut, fondern auch bie
Gerechtigkeit GOttes durch ſeine Auferſtehung. Ich
bin nun ein neues Gewaͤchs; und wie er iſt, nad
0 feiner fröhlichen Auferftehung, alfo bin ih auch. Denn
74h bin in ihm und er in mir, feine aͤußerſte Schön
heit ift nun mein. Died bezeuget Paulus Phil. 3.
Mein hoͤchſter Schatz und Freude ift; daß ich im
Chriſto mag erfunden werden, und An ihm babe
nigt meine Gerechtigkeit, aus dem Gefeß, ſondern
Die, fp. aus GOtt ift, nemlich, des Vaters und des
—2 Desgleichen 2 Cor. 5 Chriſtus it für uns
‚zur Sünde gemachet, anf daß wir werden in ihm
. die. Gerechtigkeit GOttes. Welche Gerechtigkeit GOt⸗
—xes* in und Die hoͤchſte Herrlichkeit und Zierde iſt,
"um welder willen und alle zeufel neiden.
N
y
Das erfle Tractätlein. 549
5. Du haft aber gleichwohl noch Sünder“
37 ob ich gleich noch Sünde fühle, dennoch, weil
ih in Ehrifto, dem Allerheiligiten bin, und er wies
Derum in mir, fo werden mir Feine mehr zugerechnet,
um feined Bluts willen, ſondern feine Heiligkeit und
Gerechtigkeit wird mir zugerechnet. Sch bin nun im ‘
dem herrlichſten Anfeben bei GOtt, in welhem feine," x.
lieber Sohn ‚felber ift, und: bin privifegirt, daß mir"
Dinfort Feine Sünde mehr fhaden, mich aud Feine
Kreatur um defielben willen mehr beſchaͤdigen, noch
yerdammen muß. u | |
Ja nicht aflein zugerechnet, fondern die Gerechtig⸗ u
keit Eprifti, welche GOttes iſt, wird mir allerdings 8
eingegoſſen und mitgetheilet, wie ein heiliger Fluß, ode 5 ,
wie ein heiliger Glanz aus dem Himmel: Weil ich Chriſti >
Leib bin, und er mahrhaftig in mir ift. Denn babeih
den ganze Chrifftum in mir, wie follte ich auch in: mir
feine ®erechtigfeit nicht haben? Habe ich die ganze
Sonne, fo habe ich aud) ihren Glanz, wie der Apos
ſtel St. Paulus gar meiſterlich fchlieffet, Roͤm & -
da er alfo fchreibet:- Hat uns GOtt feinen Sohn -
gefchenfet, wie follte er und nicht alles mit ihm. ge -
ſchenket haben. Chriftus bat mic, mit feiner Gerech⸗
tigkeit erfüllet und durchleuchtet, Und ob fie wohl |
in mir noch verborgen iſt, fo wird fie dennoch am „
Tage der Offenbarung Eprifti herfürleuchten, in: der |
hoͤchſten Kraft der Liebe und des Gehorſams GOt⸗
ted, und mit ihrem Glanz den Himmel erfüllen,
Heiffe demnach ſchon ein ©eheiligter Chrifli, denn |
Ehriftus hat mic mit feiner Gerechtigkeit gehelliget: |
Ya, die Heiligkeit GOttes, denn ich bin gezieret mit «+ |
‚ber Gerechtigkeit GOttes in Chrifto yefu. Diefen |
Hohen und herrlihen Titel trage ih itzt im meiner
Krone, wie der HErr fpriht, Of. 3. daß er"alle
ſeine Olaubigen wolle zu fhönen Pfeilern machen, .
"und auf fie fchreiben den heiligen Namen GOites.
| aeg Gap. 14. Ih fahe fieben hundert un vier
-
e
ut 5 zu
550 Das erfte Tractaͤtlein.
und vierzig taufend, die hatten alle den Namen pet
_.
tes gefchrieben an: ihren Stirnen. *
6. Hilf GOtt: das hoͤre ich gerne. Was haſt du aber
mehr
Zum andern habe ih aud) in meinem lieben Haupt
und Heiland JEſu Chrifto die hochgebenedeiete Kinds
© Schaft GOttes. Denn gleihwie er Kind ift, alfo bin
*3)
ih auch, nad) dem Spruch St. Pauli Bal. 3. Ihr
feyd alle GOttes Kinder, durch den Glauben an
Ehrifto: Denn wie viel euer getaufet find, die haben
Chriftum angezogen. Bin id aber GOttes Kind, fo
bin ich auch GOttes Erbe, nemlih, ein Erbe feiner
gnadenreichen Liebe, wie die Wahrheit bezeuget, ob,
16. Ich fage nicht, Daß ich den Vater für eudy bits
ten will: Denn er felbit der Vater hat euch lich,
darum, Daß ihr an mich glauber und mich licher.
Mo aber Liebe ift, da hoͤret auf aller Zorn, alle
Slüche und alle Strafen.
Und ob ich gleich noch täglich viel fündige, wel
es mir zwar herzlich Teid ft, auch dazu vielem Jam⸗
mer ‚unterworfen bin: Dennoch fo kann mich nichts
ſcheiden von der Liebe GOttes: denn fie iſt gegrüns
det in dem Alferliebften, in weldyem id; auch gegrün:
det bin. Und GOtt hat gefchworen, daß er wider
mid) nicht zürnen, noch mic, fchelten wolle. Denk
St. Johannes fchreibet an vie auserwaͤhlte Frau:
Die Gnade GOttes ift und bleibet bei und in Ewig—⸗
Teit, in der Wahrheit und in der Liebe,
7. Dies iſt ein großer Glaube 7
Ta, ich wollte aber, daß er noch größer wäre. Denn
ift mir GOtt durch Ehriftum verföhnet, da ich auch
fein Feind war: Wie vielmehr wird er mir nun gnaͤ⸗
dig fen, weil ich ihm verföhnet, und fein Kin»
worden bin? Die Liebe GOttes gegen’ mir iſt nidt
zu. ermeflen, und man kann fid itzt in dieſer ange
Das erſte Tractaͤtlein. "554 |
4 ven zu dem frommen GOtt nicht. zu viel .
nerſchen. Der ganze Himmel ift voller Liebe;
olten Arjefen von Gegen. Wer GOtt recht
ie
u
preifen will, -ver preife ihn mit vollem ſtarkem Olaus
ben feiner überfchwenglichen Liebe. |
5. Was biſt du mehr liebes Kind?’ 12
u Fars dritte Bin ich auch ein lebendiger Tempel DE «u
beiligen Geiſtes, welcher 'nimmer fol zerftöree wer %
den. Serufalem ift zwar zerflöret, darum, daß m MP
‚in Ehrifto nicht felig feyn, noch zu feiner fanften Ruhe EN
eingehen wollte, fondern immer neue Ausflüchte und. &
Wege zur Seligkeit ſuchte: Aber ich fol bleiben in N ©.
Ewigkeit. Denn gleich) wie mein Haupt Chriſtus em (. oa
lebendiger und ewiger Tempel GOttes iſt, gezieret 52 f
mit lauterm Golde, nemlih, mit der Herrlichkeit 3 5
des heiligen Geiſtes: alfo ich auch, weil ich fein lies
bes Glied und Mitgenog bin, Died bezeuget St.
Metrus in feiner andern Epiftel Cap. 4. Mit diefen
. fürtrefflihen Worten: Laffet euch die Hibe, fo euch
begegnet, nicht befremden, fondern freuet euh, Da
ihr mit Chrifto leidet, auf daß ihr auch zur Zeit der
Dffenbarung feiner Herrlichkeit Sreude und Wonne
haben möget, Selig feyd ihr, wenn thr geſchmaͤhet
werbet über dem Samen Chriſti. Denn ver Geiſt,
ber ein Geiſt der Herrlicfeit GOttes üt, ruhet auf
euch. Das inag wohl beilfen, das Reich GOttes iſt
nahe bei, I, ‘ss iſt miften in und. Desgl. St.
}
4
Paulus 1 Kor. 3. Wiſſet ihr nicht, daß ihr GOt⸗
tes Te ſeyd, und der Geiſt Gottes in euch woh⸗
net? Wie er ſich denn in uns, durch ſeine kraͤftige
Wirkung und mancherlel Gaben taͤglich genugſam
erzeiget. 8 J.
9. Was thut der heilige Geiſt bei bir? - .
Er iſt mir das hoͤchſte Pfand meiner Erwaͤhlung
‚ und meiner Erbſchaft, nemlich, meiner unverwelkten
2,7.
H
?
552 , Das erfle Tractaͤtlein.
. F
und ewigen Seligkeit, welche id; allbereits in ¶o
JEſu habe: Und er bauet in mir dasReich t⸗
tes, das iſt, er führet mic in die evangeliſche bes
heit, aus einem Licht ind andere. Er zeiget mir
meine Schäge: Er erhält" und ftärfet meinen Glaus
ben; wider die Gewals der Teufel, und fehret mich
meine Güter mit voller Macht befiten. Er befriedis
jet und erfreuet mein Gewiſſen: Er leitet mich mit
inen Augen auf feinem heiligen Wege: Er lehret
mich getroft beten: Er lehret mid Gedult haben
and hoffen: Er tröftet meine Secle und erretter fie
aus aller Roth. Denn alle das Gute, meldes im
mir iſt, inwendig und auswendig, das wirket in mir
mein HErr Chriltus durch feinen heiligen Geift, auf
daß meine Werke rechtſchaffen, göttlich und Gott wohls
gefällig fern. Wie er felber fpricht Joh. 15. Ich
bin der Weinſtock, ihr ſeyd Die Reben, wer in mir
bleibet, und id in ihm, der bringet viel Früchte,
‚Denn ohne mich koͤnnet ihr nichts thun. Desgleichen
Hof. 14. Ich will dich erhören, und. will dich führ
ren, und will dir ſeyn wie eine grüne Tanne. An
mir foll man deine grüne Früchte finden. Das iſt:
Ich will dein hülfreiher GOtt feyn, und alles in dir
ſchaffen und wirfen.
10. Haft
Ja noch eins, nemlich
ich den Sohn GOttes
ihm, ſo habe ich auch
maleins muß einſchlafen
beit ruben. Ich bin m
rechtigkeit, und mit di
wie ein Sauerteig. U _
ob ich glei muß fterben. Der Saame des Lebens
ift und bleibet in mir. Ja, id) ſitze ſchon mit meeis
nem lieben Haupt Chrifto,. in welchem ich bin, und
welcher in mir if, im Himmel, zur Redten ver
Herrligkeit und Kraft @Ottes, und habe alles umter
Das erſte Tractaͤtlein. 553
Füffen. Denn Ehriftus hat mir feine Herr
PL k To wohl, als fein Leben und Unſterblichkeit mit?
getheilet. Dies redet er ſelbſt, Joh. 6. Wahrlich,
wahrlich, ich fage euch, wer an mich glaubet, ver
bat das ewige Leben. Ich bin das lebendige Brod
vom Himmel: Mer von diefem Brod eſſen wird, der
wird leben in Ewigkeit. Desgl. Joh, 5, Das iſt
daB Zeugniß, daß und GOtt das ewige Leben hat
gegeben, und ſolches Leben iſt in feinem Sohn. Wer
den Sohn GOttes nicht hat, ver hat das Leben.
niht. Solches babe ich euch gefchrieben, daß ihr
glaubet an den Namen des Sohns GOttes, auf daß
Ye — 2* daß ihr dag ewige a habet.
7 So ee. du ſchon felig, hoͤre ich —— weil du in
Chriſto allbereits ſolche himmliſche Guͤter ba?
7 freilich ich bin ſchon ſelig. Denn weit ih an
Ehriftum glaube und auf feinen Namen gaetaufet bin,.
und ihn angezogen babe, mit feiner Gerechtigkeit,
Kindihaft und Leben, fo muß ich ja traun felig feyn.
Beil Seligfeit nichtd anders ift, denn Chriftum inne
haben und befigen mit allen feinen Gütern. Es wäre
Denn Sache, Daß mein Glaube und meine Taufe
ich” wären. Nun aber ift mein Glaube und Taufe
nicht falfch, fondern recht: Derowegen ſo bin ich ge⸗
wißlich ſelig.
Hoͤre, was ich dir ſagen will: Bin ich noch nicht
ſelig, ſondern erwarte erſt meiner Seligkeit mit fo
vielen hundert taufenden in meinem legten Stündfein,
wos iſt denn Epriftus ? Was iſt mein hriftlicher
Glaube? Was it meine Taufe und Wiedergeburt ?
Mas ift das Evangelium? Warum hat mein GDit
das Pfand meines Heils ſeinen heiligen Geiſt gege⸗
ben? Warnm giebt er mir feinen Leib zu effen- und
——— 1 W
.—
trete Die Teufel mit Säffen? Barum nenne ich So
\
EEE. Ge Wu — in
fein Blut zu trinfen? Warum danke ih ihm? Wars |
um bin id fröhlih? Warum überwinde ich, und
\
54. Das erfle Tractatlein.
meinen Vater? Warum werde ih erhöret? Warum
trage ich das Bild Chrifti? Diefe Stücke find mir
ja alle miteinander gewiffe Zeichen und Pfand ver
gegenwärtigen Seligkeit. Ä |
42. Beweife dies.
Paulus ſpricht Epheſer 2. GOtt, der da reich iſt
von Barmherzigkeit, durch ſeine große Liebe, damit
er uns geliebet hat, da wir todt waren in Suͤnden,
hat er uns ſamt Chriſto lebendig gemachet. Denn
aus Gnaden ſeyd ihr ſelig worden. Und bat uns
famt ihm auferwedet, und famt ihm in das himm⸗
liſche Weſen geſetzehai
mals: Aus Gnaden ſoyb
c feũg wörden Durd ben
‚Glauben, und daffelbe nicht aus euh, GOttes Go.
ift ed, nicht aus den Werfen, auf daß ſich nicht je
mand rühme Desgk 2 Timoth. 1. Schäme did
nicht des Zeugniffes unferd HErrn JEſu Chrifti, few
dern halte feſt am Fürbild der heilfamen Worte, ve
Du von mir. gehöret haft. Dies ift aber das Zeugs
niß und Fürbild: GOtt bat uns felig gemacher und
. berufen mit einem beiligen Ruf, nicht nach unfern
Merken, fondern nach feinem Fürfag und Gnade,
Die uns gegeben ift in Chriſto JEſu, vor der Jet
der Welt, ist aber offenbaret durch die Predigt des
Evangelii. Um welcher Sache willen ich alles leide,
aber ich ſchaͤme mid) es nicht, Du aber, Timothee,
bewahre diefe gute Beilage, durch den beiligen Geiſt,
der in und wohnet. Und noch einmal, Kit. 3. GOtt
bat ung felig geniachet, nicht um der Werke willen
ber Gerechtigkeit, Die wir getdan batten, ſondern nad
feiner Barmberzigkeit, dur dad Bad der Wieder⸗
geburt und Erneuerung des heiligen Geiſtes. Wels
den er auögegofien hat über uns reihlih, vurd
JEſum Chriſtum, unſern. Heiland.
Zn —— E32 GE | 2 ” — nn En EEE GE — 9 57 575 7555 V——, — — — — 7—*
Das erſte Tractaͤtlein. 558
- 13. & mangelt uns nun nichts mehr?
| Nichts mehr, als das die unausſprechliche herrliche
Seligkeit, welche wir itzt in dieſer Welt haben, in
uns helle leuchtend und offenbar werde, und die be⸗
fleckte Sterblichkeit in die reine Unſterblichkeit verwan⸗
delt werde. Welches geſchehen wird am juͤngſten Tage.
An welchem Tage der HErr Chriſtus nicht allein in
den Wolken, und auf dem Regenbogen, ſondern auch
in ſeinen Glaubigen und Heiligen wunderſam leuch⸗
alles, was wir ſeyn ſollen, nemlich gerecht, GOttes
liebe Kinder und. Erben, wie wit dort ih jenem Les
"hen feyn werden: Aber ud und ſcheinet noch
nicht, Der Schatz ift no verborgen, wiewohl dem
Glauben befannt. Wir wiffen aber, daß,’ wenn ver’
Herr Chriftus erſcheinen wird in feiner’ hohen Mas
..jeität und Herrlichleit er aud in und, mit alle dent,
woas er und ißt gegeben hat, erfcheinen werde, und.
daß wir ihm gleich feyn werden. An dem Tage wei⸗
Eryſtallen ſeyn. An dem Zage werben wir fiheins
wird unfere Seligkeit eine offenbarlide Seligfeit feyn.
. Da wird unfere chriftlihe Gerechtigkeit, Kindſchaft
und Leben berfür leuchten, und den Himmel erfüls
| Ien. Unfere: Herzen werden fih darob erfreuen, uns
; fere Feinde aber, welche der gegenwärtigen Seligkeit
i nicht geachtet, fondern fie verläftert haben, werden
| in Betrübniß ihres Herzend mit großem Schaden: bes
’ ftehen. Denn diefem ift dad Heil nicht gegeben, ver
— — — — — — *
es nicht annimmt, wenn ed ihm angeboten wird, far
get der liebe Hilarius über den 52 Pfalm. Und
weil wir alfo die Offenbarung der Seligfeit und des
Lebens noch zu gewarten haben: Derohalben ſpricht
St. Paulus anderswo, daß wir ſelig ſeyn nach der
Hoffnung und Erben des ewigen Lebens nach Hoff⸗
nung. Sonſten iſt alles ſchon bereit und gegenwaͤrtig.
A re ' \ .
a
‚ten und fcheinen wird. < Denn wir find nun wohh
den wir ein glühended Erz, helle Ehpphiren und
barlicher Weife ee feyn. Un vem Tage
10 Das erfle Tractaͤtlein.
14. Barum find wir felig worden ? F
Ar daß wir daraus einen beftändigen Muth faſſen
wider Sünde, Zorn, Tod und alles Unglüd in dä
fer ‘gefährlichen betrübten Zeit, und in Häufern di
Friedens wohnen mögen unfer Lebenlang. Sa, ba
wir nun hingehen, triumphiren und jaudızen mi
Ruhm, und ein ewiged Freudenfeſt und Gaſtgebot
halten, Deögleihen, daß wir unferm lieben Heilant
für das gegebene Heil ein neues Lied und Hallelui
fingen. Denn fein Cyrus, Fein Alerander, Fein Pow
yejus, Fein Zulius, kein Zitus Befpaftanus hat I
viel Gutes gewonnen, ald wir in unſerm lieben HEm
JEſu Chriſto. , Alle Güter, diefer Welt find ein RAN
gegen unſere herrlichen um Tiebliche - Schäge ' DM
naͤchſt, Daß wir und auch ſaͤmtlich in der neuen Dri
nerfchaft herzlich lieben, Sünden wider das Gewilkn
meiden, und GOtt freiwillig gehorfam feyn in alt
Gedult, wie St. Paulus Eph. 2. fpricht: Wir in
in Shrifto JEſu gefhaffen zu guten Werfen, welch
GOtt ſchon in uns bereitet hat, durch ſeinen heiligen
Geiſt, daß wir darinnen wandeln ſollen. Und
tum. 3. Solches will ich, Daß du feſt lehreſt, new
lich, daß uns GOtt in der Taufe ſelig gem
habe, auf daß Die, fo nun glaubig und ſelig worden
find, in einem Stande guter Werke erfunden werd®
‚Denn es iſt unmöglih, daß ein ſtarker fröhlihr
Muth, vesgleihen. Danffagung und ein freiwiliget
neuer Gehorſam follte koͤnnen folgen, mo nicht de
Seligkeit früher gehet, und der Geift Chriſti vor
den ıft. Diefer Grund muß da feyn, ehe gute Werte
in und koͤnnen aufgerichtet und erbauet werden. *
aber ein folder Schatz ift, da gebühret fich ein pol |
der Dank. | |
— — —— —-
Das andere Tractäglein.
Mein liches Kind, was bift bu? Antwort,
Jqq bin, ein ſeliger Chriſt: denn ich glaube an meis
nen ‚lieben HErrn und Heiland JEſum Chriftum,
nemlih, daß er für mich armen Suͤnder geftorben
und vom Tode auferftanden fey, und ich bin detaus
fet, und bin von deswegen bed HErrn Chriſti und
ſeiner Güter theilhaftig. ©
/
2. Beweiſe das
St. Paulus ſpricht Galat. 3.: Wie viel euer ge⸗
taufet find, die haben Chriftum angezogen. Und
Ebr. 3. Wir find ChHrifti theilhaftig worden, fo wir
anders den Glauben bis ans Ende feit behalten,
3. Was für. Güter haſt du denn von Epriflo?
Die ganze Seligkeit, nemlich, die Vergebung al⸗
ler meiner Sunden, die neue Gerechtigkeit, die Kind⸗
Schaft GOttes, den heiligen Geiſt, das ewige Leben.
Denn alles, was den ® aubigen im alten Teftament
durch die Propheten verheiſſen iſt, das wird ihnen
im Neuen. Teſtament in‘ der Taufe gegeben, das
ganze Reich JEſu Chriſti koͤmmt zu den Glaubigen
in der Taufe.
4. Beweife das?
2 Petr. 1. Durch Chriſtum find ſuns bie aller»
größeften und theureſten Werheiffungen geſchenket.
a
658 Das andere Trartätlein,
zit. 3. GOtt hat uns felig gemachet durch dat
Bad der Wiedergeburt,
Sol. 1. SOtt hat und verſehet in das Reich
ſeines lieben Sohns, in welchem wir haben die En
Iöfung durch fein Blut, nemlich die Vergebung der
Suͤnden.
Roͤm. 10. Chriſtus iſt des Geſches Ende, wer
an den glaubet der iſt gerecht.
Gal. 3. und Rom. 6 Wir ſind alle GOttes
Kinder durch den Glauben. Sind wir aber Kinder,
fo find wir auch Erben, gemlich GOttes Erben und
Miterben Chrifti, jedoch, daß wir mit leiden, auf
daß wir auch mit zur Herrlichkeit erhaben werden.
Gal. 4 Weil wir denn Kinder find, fo hat
GOtt gefandt ven Geift feine® Sohns in unfere dm
zen, ber. fehreiet: Abba, lieber Vater! Das if, a
giebt unferm Geift Zeugniß, Bf wir GOttes Kim
der ſeyn.
Tit. 3, Wir find nicht allein gereht und GO
- ted Kinder in diefem Leben, über weiche der heilige
Geiſt reichlich ausgegoſſen iſt, ſondern wir ſind auch
Erben des ewigen Lebens, nach der Hoffnung, das
iſt gewißlich wahr.
5. Die bebienft du dich ſolcher Seligkeit?
$, nehme fie an durch wahren Slauben, und ven
laſſe mich kuͤhnlich darauf, und troͤſte mich derſelben
in meinen Anfechtungen and Noͤthen, wider meine
Sünden,-wider den Zorn GOttes, wider alles Auf
ferliche Leiden, und wider den ewigen Tod, ja i
erfreue mich ſolcher herrlichen Guͤter, als ins ger
— 0. — — —
—
EEE 2 — — M — — — nn m — — Pa — —
Das andere Tractaͤtlein. 569
waltigen Koͤnigreichs, und. danke meinem lieben GOtt
von Herzen dafür, und hüte mid für Sünden in
der Liebe und Furcht GOttes. Ich thue, was mir
in meinem Amt befohlen ift, und diene meinem Naͤch⸗
ſten. Irre idy aber etwa worinnen, fo ift mir es
bald von Herzen leid, und bitte GOtt um Gnade,
und trage mein Creuz in’ Gedult, und breite mich
zur fröhlichen -Zufunft meines Erloͤſers JEſu Chriſti.
— —
560 Inhaltsanzeige. |
Das. erfie Regiſter
\
ber vornehmiten Hauptartikel des chriſtlichen St
bens, welche in dieſer Schaglammer abgehans
- delt werden.
|
Bon Chriſti Menſchwerdung. Buch 2. Car.
Von Chriſti Leiden and Sterben. Buch 2. Ear. 2
Bon Chriſti Auferſtehung. Buch 2. Eap. 4
Von der heiligen Taufe. Buch 3. Cap. 1.
Bon dem heiligen Evangelio. Boch 3. Ep
Bon dem Glauben. Bub 5. Cap. 4.
Bon dem heiligen Geiſt. Buch k. Cap. J.
Von dem heiligen Abendmahl. VBuſch 4. Car.
Von der Vereinigung einer glaubigen Seele
mit Chriſto. Buch 5. C. 1.2
. Ron der wahren Gottſeligkeit.
Bub 6. C. 9. uud Beh 7. Cap. 1.
Bon der Buſſe.
Don dem Crane, -
Bon dem ewigen Leben.
VBuch 7. 3. 3. Theil 1.
Bub 7. heil 2.
Buch 7. Theil s.
Snfaltsanpeige.
561
Das andere Reegiſter
des Inhalts aller Buͤcher und Capitel dieſer Schatz⸗
kammer.
Das J. Buch.
Vom Schatz der Seligkeit der Glaubigen.
Das 1. Capitel.
Kon gnäbiger Vergebung aller Sünden. ®, 13
Das 2. Kapitel,
Don vonlommener und ewiger Gerechtigkeit,
. Das 3. Eapitel,
Bon GHttes Guade. .
Das 4. Capitel.
Bon der aindſchaft GOltes.
Das 5. Capitel.
Von Sqenkuns bes geiligen Geiftes,
Das 6. Capitek
Von der Erbſchaft des ewigen Lebens.
Das 7. Capitel.
9
Bon ber geit, barin der Schaß der Seligkeit auögetpeiket wird, 94
Das 8, Capitel.
Bon dem feligen Gebrauch diefer tröftreichen Lehre. .
Das 9. Cupitel.
Bon Miberfegun etlicher Cinreben ber Sophbiſten und
wachglaubigen.
Das II, Buch
Vom Erwerber des Schatzes der Seligtei,
Das 1. Capitel.
Von chriti Menſchwerdung. |
- Das 2. Capitel.
Bon Chriſti Leiden and Sterben.
Das 3. Capitel.
Mon dem Nupen bes Leidend Eprif,
Das 4, Eapitel.
Bon Chriſti feäplicher Auferfiehung von ben Todten,
3%
7"
2110
uf
132
— — — —
2.
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Ma.