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^/^
GERMANIA.
VIEBTELJAHRSSCHRIFT
fOr
DEUTSCHE ALTERTHUMSKÜNDE.
BEGRÜNDET VON FRANZ PFEIFFER.
HERAUSGEGEBEN
VON
KARL BARTSCH.
ZWANZIGSTER .lAnROANG.
NEUE REIHE ACHTER JAHROANQ.
THE
HILDEBKAND
LISEMIY.
WIEN.
VERLAG VON CARL OEROLD'S SOHN.
1875.
6'>
RS\5>
>R. '^ M \ c|^.
INHALT.
Ben«
Pftlsische Beichte sas Born. Von K. Bartsch 1
Kitteldentsches Magnificat Von demselben 8
Samnel von Lichtenberg. Von W. Crecelins 7
X fOr U. Von F. Latendorf . 8
Ober das Verhftltniss der Klage zom Biterolf. Von A. Ediardi 9
Die lehn Lebensalter. Von Adalbert Jeitteles 80
Spenden zur Altersbestimmung neohochdentscher Wortformen. Von Fedor Bech 81
iSne Beliqnie von Heinrich Aeger ans Calcar. Von Nolte 61
Znr salfrinkischen Eideshilfe. Von K. y. Amira 68
Heinrich Wittenweiler. Von Dr. J. Baechtold 66
Holnnke. Von W. Crecelins 68
Kritische Beitrige. Von Hans Lambel. 1 71
Zn den Mnrbacher Hymnen. Von E. Wilken 81
Abschrift von Hartmanns Iwein. Von K. Bartsch 84
AHhoohdentsche Glossen. Von Nolte 129
Zn Konrads Trojanerkriege. Von K. Bartsch 160
Znr Thidrekssaga. Von Hugo Trentler 161
Die Stuttgarter Oswaltprosa. Von A. Edzardi 190
Obel* isUndisehe Apokrypha. Von K. Maurer 207
BmchstOcke aus Meister Eckhart Von Fedor Bech 228
Zur Heimatfrage Walthers. Von J. Y. Zingerle . 267
Zur Waltherfirage. Von J. Ficker 271
Die Quellen der M^nssaga. Von Hermann Suchier 273
Angelsftehsische Studien. Von Joseph Strobl 292
Zur Textkritik von vier romantischen 8aga*s. Von QosUf Cederschiöld . . . 306
BjnJitaulsches Sigfridsin&rchen. Von A. Edzardi 317
Nachtrigliches zum jünge'fen~ Hildebrandsliede. Von demselben 320
Allerlei ans Zeitser Handschriften. Von Fedor Bech 322
Deutsche Handschriften in Paris. Von J. Baechtold 336
Niedersichsische Fastenandacht. Von H. Martens 341
Volksthflmliches aus Niederösterreich über Thiere. Von C. M. Blaas 349
Zum FiölsrinnsmftL Von Hermann Möller 866
Beitrige zur Kenntniss der Fseröischen Poesie. L Von E. Kölbing 386
Ahd. Glossen zu Sallust. Von Karl Zangemeister 402
Zur Textkritik des Rother. Von A. Edzardi 403
V^mts von Grayenberg Verhftltniss zn seinen Vorbildern. L Von H. Meissner . 421
Die Benutzung des Parzivals durch Wimt von Gravenberg. Von R. Sprenger 432
Mitheilungen aus Grazer Handschriften. Von Adalbert Jeitteles 437
Bruchstücke aus einem Passionale. Von K. Th. Heigel ^^^
LITTERATÜR.
Bichard Heinzel, Geschichte der niedeifränkischen QeschafUsprache. Von H. Panl 86
Karl Mailenhoff, LauriD. Von K. Bartsch 94
Eduard Sievers, Paradigmen zur deutschen Qrammatik. Von H. Paul 104
Friedrich Blohme, die gens Langobardomm. Von Karl Meyer 109
Entgegnung. Von Hermann Fischer 111
Zar Siteren romantischen Litterator im Norden. 1. Von £. K9lbing 226
W. Wihnans, die Entwicklang der Kadrandichtang. Von E. Wilken 249
Znpitsa, Julias, Altenglisches Übongsbuch. Wfilcker, Bichard Paul, Altenglisches
Lesebuch. Von E. Kölbing 360
Dr. Ludwig Sehmid, des Minnes&ngers Hartmann von Aue Stand, Heimat und Qe-
schleeht. Von Hermann Fischer 373
Karl Weinhold, die altdeutschen Bruchstflcke des Tractats des Bischof Isidoros
▼on Sevilla de fide catholica contra Judaeos. Von E. Kölbing 378
BIBLIOGRAPHIE.
Bibliographische Übersicht der Erscheinongen auf dem Gebiete der germanischen
Philologie im Jahre 1874. Von Karl Bartsch 449
MISCELLEN.
Karajans Bibliothek 123
GeseUschaft für Heransgabe altfransSsischer Texte 125
PersonaUiotizen 128 256 383
Nachtrag eu Germania XVHI, 465. Von Dr. Carl Pauli 128
Altdeutsche Freskobilder . 255
Handschriften in Olmütz 256
80. Versammlung deutscher Philologen und Schalmänner 256
Obersicht der germanistischen Vorlesungen an den Universitäten Deutschlands, Öster-
reichs und der Schweiz, sowie in Dorpat im Sonuner 1875 381
X ftlr U. Von R. Köhler 383
Johann von Morßheim, der Dichter des Spiegels des Begiments. Von demselben 383
Zn »lütbrechic". Von Schröer. . . , 384
Bericht über die Sitzungen der deutsch-romanischen Section anf Ci * XXX. Ver-
sammlung deutscher Philologen und Schulm&nner zu Bostock , * äi 28. Sept.
bis 1. Oct. 1874. Von Dr. F. Linduer 496
Der Briefwechsel der Brä der Grimm mit Joseph Görres. Von J. Baechtold . . 502
Nachtrag zu Germania XX, 378. Von E. KSlbing . . 508
PFÄLZISCHE BEICHTE AUS ROM.
(2^) Ih gihu alamahtigen fater inti allen sinen sanctin
inti desen uuihidon inti thir gotesmanne allero minero sunteno, *
thero ih gidahda inti gisprah inti gideda, thaz uuidar gote
uuari, inti daz uuidar minera cristanheiti uuari inti* uuidar (3**)
5 minemo gilouben inti uuidar mineru uuihun doufi inti uuidar
mineru bigihdi. Ih giu nides, abunsteS; bispraha^ sueriennes,
firinlustio^ zitio forlazanero , ubermaodi, geili; sLifheiti,
tragi gotes ambahtes, huorouuilleno, farligero inti mor-
des inti manslahta, ubarazi, ubartrunchi ; thaz ih minan
10 fater inti mina muater bo ni ereda so ih scolda^ inti daz ih
minan hereron 8o ni ereda so ih scolda, inti inan so ni minnoda
so ih scolda, inti mine nahiston so ni minnoda so ih scolda, inti
min uuip inti min kind so ni minnoda inti ni leerda so ih scol-
da, inti mine iungeron so ni leerda inti ni minnoda so ih scolda,
15 indi mine fillola so ni ereda indi ni leerda so ih seolda.
Ih gihu t) ih then uuihon sunnundag inti thia heilagun
missa so ni ereda inti ni marda so ih seolda. Ih gihu daz ih
minan decemon ni fargalt so ih seolda, thaz ih stal inti fer-
stolan fehota. Ih gihu thaz ih siohero ni uuisoda, serege
20 ni gidrosda, gast nintfianc so ih seolda, gisahane nigisuon-
da thie ih gisuenen mohda, thaz ih meer giuuarinti unsipberon
gisageda thanne ih scoldi. Ih gihu thaz ih daz giloupda thaz
ih gilouben ni seolda, thaz ih ni giloupta thaz ih gilouben
scolta. ih gihu unrehtero gisihto, unrehtera gihorida,
25 unrehtero gidaneo, unrehdero uuordo, unrehdero uuerco,
unrehtero sedelo, unrehtero stadalo, unrehtero legere,
unrehtero gango, unrehtes anafanges, imrehtero eosso.
Ih gihu thaz ih minan heit brah, minan heit suuor in uui-
hidon inti bi gotes heilogon. Ih gihü ungihorsami, un-
21 Et me*r. 27 Hg. anafanger (?). 28 2. m^ntta \i^\\. %\xxxQ!t«
OEBMANIA. Nene Beihe Uli. (XI. Jahrg ) V
2 KARL BARTSCH, PFÄLZISCHE BEICHTE AUS ROM.
30 githolti, onf riuaono, abulges zit hielt iD.i strites.
Ih gihu thaz ih heilac ambaht inli mm glbet ruoholoso deda
inti daz ih daz uniba unizzod vnbi2;ibiic inti nnuuvdic
nam inti daz so ni hialt ioti so Di eieda so ih scolla,
(3^) inti daz heilaga cruci so ni ereda noh ni gf'druog so ih scolda,
35 noh ihero gibenni ihero faslooo inti ihero crucilbrahto
so ni erfolta noh ni hiaH so ih scolda. Ih giha thaz ih bis-
scofia inti priesda inti gotesman so ni ereda inti ni min-
noda so ih scolda, meer sprah inti snai<^eda thanne ih
scolti. Ih gihu daz ih mih selbon mit lustin inii mit ar-
40 gen naiUon int mit argen gilhancon biuual int gi-
unsabnda meer tharne 'h scoldi. Thes alles int! an-
deres mana^xes thes ih nui^har gotes unillen giiVamita
inti nnidar minemo rehde, so ih iz un-zzaniheiti dadi
so onuuizzandi. so ih iz in nath dadi so in dag, so ih iz slafandi
45 dadi so unabhandi, so ih iz mit uuilien dadi so ana uaiHon^
so uuaz so ih thes alles unidar g-otes uv'llen gidadi, so gan
ih es in gotes almahvicen mnntburfc inti in sino ginada
inti in lut^rliha bigiht gote almahtigen inti allen si-
nen sanctin inti thir gotesmanne. mit gllouben ini*
50 mit riuuaon inti mit uuilien zi gibuozzanne, inti
bitdiu thih mit otmuodi, tbaz thu ginuerdos gibe-
ton fori mih; thaz drnhdtln thumh sino ginada
giuuerdo mir farlazan allo mino snnda. Inther priast
quede thanne: Dos custodit te ab omni malo
55 Benedicat te ds pat. Custodiat te di filius. Inluminat
te ds spi scs. Indul^at tibi dns omnia peccata tua
et cete^'a.
Vorstehende Beichte findet sich in der ehemals pfi&lzischen aus
Lorsch stammenden Handschrift der Vaticana Nr. 455Ö, Bl. 2^ — .V; cf.
Pertz' Archiv 12, 335. Die Schrift gehört dem 9. bis 10. Jahrhundert
an. Herr Dr. Mau hat die Geälll]3;keit gehabt mir eine Abschrift zu
besor^^en. Ich habe einen wortgetreuen Abdruck gegeben, nur die oft
fehlerhafte Worttrennung habe ich berichtigt und Interpunktion hinzu-
gefügt.
Ihrer Fassung nach steht diese Beichtformel am nächsten der bei
Müllenhoff und Seherer, Denkmäler etc. unter Nr. LXXII gedruckten
sächsischen Beichte. Der Eingang stimmt anfangs wörtlich, weiterhin
B5 L erucitrmhto. 63 l inti ther priast. 54 L costodiat. 65 l, in-
K. BARTSCH, MITTELDEUTSCHES MAONIFICAT. 3
in den Oedanken, zeigt aber gleich eine bemerkenswerthe Abweichung
in dem unmittelbar aus dem Latein herabergenoromeDcn sancUn, das
auch 49 nochmals wiederkehrt, für helagon in S und den andern Beichten
(Nr. LXXin ff.). Das in der sächsischen Beichte auf helagon folgende
uAhethon erhält seine Richtigstellung und Ergänzung durch den römi-
schen Text. Dieser hat dagegen eine Lücke nach gideda 3, indem auf
dieses Wort in der sächsischen Beichte folgt fan thiu the ik erist sundja
werlgan bigonsta. dk iuhu ik sd hvat sd ik thes gideda; der Schreiber
sprang also von dem einen gideda auf das folgende und ließ das da-
zwischcnstehende aus.
Die Übereinstimmimg reicht bis overdrankas S 10 = ubartrunchi 9 ;
was nun in S folgt, fehlt bis ik giuhu S 13 ; das folgende thaz in dem
römischen Texte kann allerdings noch von ih giu (6) abhängig gemacht
werden; indeß ist es leicht möglich, daß auch hier ein Überspringen
von Worten der Vorlage stattgefunden hat. Es fehlen dann die Worte
Thes giuhu — scolda S 16 — 17; die Worte ni ereda indi nach ßüola
scheinen fehlerhaft eingedrungen ^ da von einem Ehren diesen gegen-
über nicht wohl die Rede sein kann. Die Worte S 20 üsaa drohttnas
bis 21 sd ik scolda fehlen in P*, wie wir diesen zweiten vaticanischen
Text nennen wollen , und die folgenden Sätze sind umgestellt; die
Worte thaz ih stal irUi ferstolan fehota P* 18 f. sind aus S 30 heraufge-
genommen, ebenso die Worte P* 22 — 24 ih gihu bis scoüa; sie nehmen
S 29—30 vorweg und geben den Gedanken in vollständigerer Form
durch den Gegensatz des nicht glaubens was zu glauben gewesen
wäre. Ebenso sind ausgeführter die Worte von S 31 meneth sudr an
unethon in P' 28. 29. Im Folgenden ist S 31 ff. anders und weiter aus-
geführt in P* 29 — 36. Eine Umstellung hat nur stattgefunden mit S 38
bis 39 biscopös — scolda, was in P* vor S 34 steht. Gegen das Ende
nähern sich beide Texte wieder mehr; P* allein hat die Schlußanweisung
für den Priester mit der lateinischen Formel.
K. BARTSCH.
MITTELDEUTSCHES MAGNIFICAT.
(1*) wolde
In den homuot stigin:
des muoste siu nidir si^n
Durch ur gerunge der hochvart,
5 al die werlt zu der helle gekar.t.
4 KARL BARTSCH
Diu selbe magit Marie,
von allin sunden yrie,
Des wivis homaot hat vertrevin.
des si wir in din huldin blevin.
10 Diu wolde den homuot krenkin,
sich in de otmuot senkin:
Des sal sin immir gehogit wesin,
von ür otmuot diu werlt genesin.
Nu loven si mit rechte
15 di engele und al gesiechte.
Ex hoc beatam me dicent omnes (generationes).
Dar von sprach diu selige magit
'al ffeslechte mich selich sagit,
Judhin, heidhin^ diu cristeimeit
machit minin namen breit
20 Predigiu; bichtin, lerin,
judhin, heidhin bekerin,
Daz sc gelouvin an minin sun
vnde erin minin magetum.'
Also siv iz inme geiste irsach,
25 daz sprach siu vore imde sint geschach.
Siu is wunne der himilischin irFm,
al engele se lovin imde vlien.
Siu is dhes volkis ein vroude der Ysrahele.
Dhiz ist ein kurz gediute,
30 se lovin engele unde Hute.
Dar umme sprah siu rechte
'mich seligin al geslechte.
Wende her mir groze dhink hat getan.
her ruchte (1^) sich mit mir bevan.
35 Her bewarte mich vor sundin,
her ruchte sich zu mir vrundin^
An mir meinsche werdin.
der himile schuof unde erdin,
Her hat mir groze gnade getan,
40 daz ich ün magit mochte untfan
Vnde magit sin ^enesin
unde vrouwe in himilriche wesin.
Obe engele mich zu vrowin han,
her hat mir groz ere getan.
Qui potens est.
45 Her allir dinge hat gewalt,
al dhink nach sineme willin gestalt
Et sanctum nomen eins.
Unde der heilige name sin
hat g'eheiligit den namin min.
MITTELDEUTSCHES MAGNIFICAT. g;
Heilich daz sprichit sanctus^
50 heilioh daz diutich u alsus :
Stark> reine f an erdhe, .
daz sprichit: heilich 4^r name werdhe.
Qot ia von rechte star^ genanl^
himil nnde erdhe in sinir hant.
55 Heilich daz sprichit ouh reine, ^
wende ne sonde ne warf; so deine
An mannin noh an wivm ...
diu an um mochte b^cUvin.,
Heilich sprichit dhoh w erdhß,
60 wende der vil werdhe
Rechte gar an erdhe was, . .
er sin diu reine magit genas,
Unde al erdis itil ere
ist üme gar ömmeret. ,. ,
65 Her heizit dhoh an ßrdhe,
wende der wil werdhe
Vngemischit zu der erjhin was.
(2') die liuW
Die gerne hochvart tetin^ ^
70 of ses die State hetin.
Swer den homät begat,.
iz si mit willin odir mit tat,
Vnde al dhe in vullin bringin,
die wil got zu sprengin
75 Veme von sime riohci
den tiuvilin geliche,
Dhe tiuvile hat got zu .sprengit,
ovir al die werlt gemengit,
In wazzere und in berge *
80 daz sin nickere unde twerge,
In walde unde bräche,
;ot hat ür deine ruche,
^az sin elve dhorse und wichte,
de der werlde tAgin zä nihte.
85 Ouh viel ir menich dusunt
in der tiefin helle grünt.
Mente oordis suL
AI dar na se gedachtin,
dar na in pine sich brahtin«
. Alsus sint se z& sprengit,
90 ovir al de werlt gemengit,
Gemengit zu den liute.
ich ne kan iz ä niht baz gedhiutin«
K
K. BABT8CH, MITTELDEUTSCHES MAONIFICAT.
DepoBuit potentes de sede.
Der judhin ere ist vergan,
got hat die geweldigin ave getan
95 von deme stflle der gewalt,
durh ihren homuot gevalt
Die judhin sin nntsetzit,
ör eren geletzit,
wen dese zu menigin jarin
100 geweidige kunin^e warin.
Nu sint die hogm gesiechte
wordin eigene knedite;
Daz riche ist un ave gegan,
(2**) or 6 ist hin getan,
105 Ur synagoga zAstort,
ovirseget der ewige mort
Unde andir menich groz gewalt
vonme staole ist gevalt.
Vonme staole mfistin kenn
110 werlichir {L werltlichir) erin.
Qot hat die tiuvile ooh gevalt
von den eren und von der gewalt,
Dhe un zu himilewas gegevin,
do se begundin widirstrevin
115 Durch üren bosin willm.
do möstin si valiin
Von deme himile her nidhir.
daz hat got getan dir widir.
Dhe hir nah sineme wiUin levin,
120 den wil her die selvin ere gevin:
Daz sint de otmfltigen.
die rechtin nnde die dhuldigen.
Swer sich in gotte nidherit|
von gotte wirt gehogit
125 Swer in den homuot stigit,
mit deme tiuvile nidhir sigit
Et exaltavit bumiles.
Die otmüitigin in dher erdhin
in himile gehogit werdhin.
Esurientes implevit bonis.
Got hat die hangerin gevult
130 mit sineme g&te onde mit sinir gedult
Die hungerigin die der rechticheit gerin^
die wU got maniges guotes gewerin
Unde menigir gnaden vuUin
durh Arin gfitin willin.
135 Dar umme is groz selicheit
hange
W. CRECELIUS, SAMUEL VON UCHTENBERO. ^
Zwei Pergamentblätter in Octav, von der hiesigen Universitäts-
bibliothek, in der sie die Bezeichnung cod. Heidelb. 362* tragen, aus dem
Besitz des Antiquars List u. Francke in Lejpz»^ erworben, enthalten vor-
stehende Bruchstücke einer miUeldeutschen gereimten Bearbeitung des
Magnificat. Über die mitteldeutsche Heimat nicht nur der Handschrif);,
sondern des Gedichtes selbst kann kein Zweifel sein ; dafür zeugen die
Reime gekart (: hochvart) 5; vl£n (: Jerv^aUm) 21 ; bev'Jn (ig^'dn) 34; »uad'n :
vrvnd'n 35 f.; walfdn (: getan) 40; e/e : ummire 63 f.; ssutforl (: mort) 105.
Die Handschrift ist im 13. Jahrhundert geschrieben, das Gedicht aber
noch im 12. Jahrh. entstanden; dafUr lässt sich weniger geltend machen
der Reim hringm : znspreng'n^ indem e : i vor ng im Mitteldeutschen,
mehr noch im Niederrheinischen, gebunden zu werden pflegen, als die
Reime wiUin : valUn 115, vulVn : wlUfn 133, und das Reimen auf tief-
tonigen Sflben, d'mü'igen : dhuJdigen 121, nidJieHt : gehdgit 123, und
düsunt : gtißnt 85. InhaltUoh von Interesse ist namentlich die Stelle 77 — 84.
Wahrscheinlich fehlt zwischen den beiden Blättern ein Doppel-
blatt, wie aus dem vollständigen lateinischen Texte ersichtlich, den ich
hier folgen lasse, indem ich das im deutschen Texte nicht wieder-
gegebene in Klammern setze.
[Magnificat anima mea dominum et exultavit Spiritus mens in
deo salutai'i meo], qiiia respexit humilitatem ancillae suae: ecce enim
ex hoc beatam me dicent omnes generationes. Qaia fecit mihi magna
qui potens est et sanctum nomen ejus. [Et misericordia ejus a progenie
in progenies timentibus cum fccit potentiam in brachio suo.J Dispersit
superboB mente cordis sui; deposuit potentes de sede et exaltavit
humiles. Esurientes implevit bonis [et divites dimisit inanes].
K. BARTSCH.
SAMUEL VON LICHTENBERG.
Der lateinische Dichter Samuel, von dessen Dichtereien Watten-
bach in dieser Zeitschrift zwei mitgetheilt hat (XIX, 74 ff. und 297 ff.),
ist ohne Zweifel kein anderer als Samuel von Lichtenberg oder, wie
er sich lateinisch nennt, de monte rutilo. Eine „Barbaralexis Samuelis
ex monte rutilo in discretos procos^ druckt Zamcke, die deutschen
Universitäten im MA. S. 84 wieder ab. In einer Handschrift; der
Oothaer Bibliothek findet sich ein „Dialogus Samuel Hanoch ex monte
rutilo inter virum adolescentem et virginem^, an dessen Ende «t^V^
8 F. LATENDORF X FÜR U.
^Explicit dictamen Samuelis ex Lichtenburck australi.^ Johann Butz-
bach sagt in seinem Auctarium zu Trithemius folgendos über ihn:
Samnel ex monte rntilo, liberalium artium apnd Hejdelbcrgam
Professor insignis, ingenio subtilis et eloquio facetus, ligata oratione [coni]-
p6tenter exercitatus atque soluta, scripsit ntraque nonnulla ingeniosa
Bintagmata; qnibus nomen snum longo lateqne divulgavit. De quibus
nil adhue vidi preter barbaralexim quandam contra indiscretos ama-
tores. Miror hominis petulantiani; quod nobile ingenii donum tam vilibus
levibusque studiis accomodat. Audio cum tarnen nobiliora quedam
scripsisse quibus 'priorem levitatem debita gravitate honestius recom-
penset 1509. (Ich habe diese Biographie bereits in der Zeitschrift des
Bergischen Geschichtsyereines VU 8. 284 abdrucken lassen.)
ELBERFELD. W. CRECELIUS.
X FÜR U.
Mittheilung und Anfrage.
Die älteste deutsche Quelle fUr diese Redensart, und zugleich eine
willkommene Bestätigung der Ausdeutung dieses Spruches auf die Zahlen-
werthe 5 imd 10 ist nach dem Wb. von Dan. Sanders s. v. U
Lauremberg, Scherzged. I 136 ff.
(ik) laet mi nicht verleiden
voer L to schriven C und vor V schriven X,
kan ik den nicht veel mehr, so bin ich darup fix.
In den Niederlanden lässt sich die Wendimg schon ein Jahrhundert
firtiher in den Sprichwörtersammlungen von Campen und Gheurtz nach-
weisen; bei Harrebom^e Spreekw. II 354' in der heutigen Orthographie
Hij kan wel eene X voor eene V schrijven.
Bei diesem Spruche ist Campen von Agricola unabhängig, zu
dessen Vorlage er auch sonst sowohl in Weglassung als — und nament-
lich — in Hinzuftlgung eine specifisch nl. Haltung beobachtet, s. die
überaus schätzbaren Mittheilungen in Suringar's neuester Schrift: Joannes
Glaudospius in sijne Latijnsche Disticha als vertaler van Agricola's
Sprichwörter aangewezen. Gäbe uns der verdiente Forscher doch bald
eine vollständige Ausg. Campens; sie verdiente und ftUide auch wohl
bei uns Deutschen alle Beachtung.
SCHWERIN L M. F. LATENDORF.
A. EDZARDI, KLAGE UND BITEROLF.
. ÜBER DAS VERHÄLTNISS DER KLAGE ZUM
BITEROLF.
Das Verbältuiss der Klage zum Biterolf ist schon mehrfach Gegen-
stand der Erörterung gewesen. W. Grimm (H. S. 150 ff.)*) spricht sich
dafUr aus, daß beide Gedichte von Einern Verfasser herrühren. Diese
Ansicht ist meines Wissens, öffentlich wenigstens, nie bestritten worden,
bis Jänicke in der Einleitung zum Biterolf die Frage einer neuen und
eingehenden Untersuchung unterzog, die ihn zu dem entgegengesetzten
Resultate führte, daß Klage und Biterolf trotz mancher Berührungen
doch nicht von demselben Dichter verfasst seien.
Da ich, mit einer Ausgabe der Klage beschädigt, auch den
Biterolf vielfach heranzuziehen hatte, ward auch ich auf diese Frage
geführt. Es drängte sich mir nämlich die Wahrnehmung auf, daß nicht
nur im Wortschatze sich zwischen beiden Gedichten eine merkwürdige
Übereinstimmung findet, sondern auch im Stil, im häufigen Ge-
brauche der gleichen (nicht eben formelhaften) Wendungen, und, was
am auffallendsten ist, daß ganze, oft mehrere Verse lange Sätze mehr
oder weniger wörtlich übereinstimmen. Manches davon hat Jänicke
angemerkt**), augenscheinlich ist ihm aber das auffallende dieser Er-
scheinung nicht völlig klar geworden ; sonst würde er auf diesen Funkt
gewiß mehr Gewicht gelegt haben.
Ich stelle zunächst objectiv das zusammen, was ich an mehr oder
weniger auffallenden Übereinstimmungen anzufUhren habe, um nachher
meine Bemerkungen daran zu knüpfen.
Da es fUr diese folgende Untersuchung von Wichtigkeit ist, ordne
ich jede der drei Hauptabtheilungen — Übereinstimmungen in ganzen
Sätzen, im Ausdruck (Stil, Wendungen), im Wortschatze — in folgender
Weise: zunächst gebe ich Übereinstimmungen deß Biterolf mit dem
gemeinsamen Texte der ELlage, dann mit Klage *B, endlich mit Klage *C,
indem ich die Stellen, welche in den beiden ersten Aventiuren des
Biterolf, sowie in der ersten Aventiure ***) der Klage sich finden,
mit Sternchen bezeichne. Endlich sei noch bemerkt, daß ich nach
*) dem Lachmatin, za den Nibb. p. 287, beitrat.
**) p. XIII, Anmerkung 2.
***) leb halte die Aventiuren- Eiutheilung übrigens in der Klage nickt für echt,
▼gl. Einl. 56 f.
10
A. EDZARD1
meiner Ausgabe*) der Ela^e und nach Jänickes Ausgabe des Biterolf
eitlere und mich in der Schreibung diesen Texten anschließe.
Übereinstimmung in ganien SAtien von einem oder mehr Versen.
Natürlich beweist nicht jede der hier aufgeführten Stellen an sich
etwas; da ich aber einige Beweisstellen ftlr schlagend halte, so werden
auch die tlbrigen Übereinstimmungen durch ihre Menge den Beweis
wesentlich unterstützen.
1. Biterolf = dem gemeinsamen Texte der Klage.
Biferolf:
*55 iL der selbe recke hete ein wip
daz man sd werder frouwen lip
bt ir beider stunden
unsanfte haste fanden.
•241 Helche so Ist genant ir naroe.
*661 Welsunc sd was daz genant.
. *92 fL das man in allen riehen
sagte Yon im maare
daz er ein degen waere.
12186 daz man Immer saget ze maore,
*I07 f. ich enweiz von wanne ez waere
kernen,
oder w& ez hete der helt ge-
nomen
11621 f. swanne si wären dar komen,
die besten wnrden d6 genomen
8819 SW& si halt heten sich genomen
8100 swft sich der degen habe ge-
nomen
*164 f. si mohten wol Tolbringea
swaz in se taonne geschaeh.
4^5 f. ander krlsten nnde beiden,
in den namen beiden
^311 Sol er des haben dre
S3IS f. eteltche kristen.
genuoge gerne wisten.
Klage:
•97 iL daz er (der knnee *C) Mte [ze
wibe *B] ein wip,
daz tngentlicher yrowen lip
bi ir j&ren niemen yant.
*100 Helche s6 was si genant.
*490 daz man dorch drizec knnege
lant
gCYriesch wol diu maare,
welch sin eilen waere.
*479 daz man daz saget ze maere,
^483 1 von swannen sie dar wären
komen,
oder swft man sie hSt genomen
5867 ff. von wannen sie dar waBren
komen,
oder w& sie haeten genomen
Gkmthßrs ros daz gaote.
1966 f. swaz ich ze taonne ie gewan,
des hülfet ir mir gemeine.
*604 f. ez wart den namen beiden,
helden nnde kristen
1996 sol er des (des lemen *i^) haben
6re
*89ff. . • • kristen.
genuoge, die daz wisten,
*) Die wohl noch Yor diesem Aufisatse erscheint.
KLAGE UND BITEROLF.
11
*3n f. .die durch ir höhez eilen
zuo im rftent in siu lant
*687 den vil liebe dft geschach
*776 und tete yil williclfchen daz.
2660 81 täten williclichen daz,
7164 yH williclichen tete er daz.
»
*928 weder brocken noch die stege
^1169 t • .die besten wftt,
die ieman noch gesehen h&t
8145 f. der hVer beste arzät,
den zer werlde ieman h&t
^1816 der wart 86 schöne war genomen.
8636 ir wart vil vaste war genomen. •
vyl. 12380.
*1408 wie mohlens des getrowen
*li46 f. klagte die grdzen dre
diu an den beiden was gelegen.
*1589 f. Ton Lütringe Irinc,
dem vil höhe sin in dinc
lemanegemstrite wftrenkomen
' ^1783 Ir heile danken si began
2198 daz mohte man for wunder
sogen.
3839 daz manz immer wol mac sagen.
12149 daz manz f&r wunder wol mac
sagen.
2290 dd wolde er des niht haben rät,
2330 f. mit henden manegen brustslac.
frou Dietlint ir selber sluoc.
. 3115 f. da noch ein wazzer nider g&t:
MÖon ez den nftmen h&t.
3025 f. unde ouch G6m6ten
yilsdre verschroten (vgl. 8760)
8188 hffite er aller künege guot
3435 f. Hftwart unde ouch Imfrit,
die zwdne beiden riten mit.
*91 die riten zuo zim in daz (stn
•C; lant.
2173 daz in daz liep geschsshe
(•B, äknlieh *q.
2905 unt tet vil willeeliche daz.
8034 • . beidiu brücke unde stege
4521 f. der aller beste sigel&t,
*B: den niemen in der werlde h&t.
3860 d& wart ir vaste war genomen
2628 f. der wart ouch d& war genomen
mit güetltcfaen dingen.
Sound ähnlich o,i tu der Klage^
z. ß. 567. 994. 1870 u. ö.
8. ElfiL p. 60.
vyl. 967 f., 1491 f.
2211 ist an dir einem gelegen.
*423ff. unt H&wast unt Irino
*B: den recken wftren iriu dinc
von gr6zen schulden alsd komen
ähnlich »O.
906 f. nndanc begunde er sagen
sinem. grdzen unheile.
*458 daz manz ze wunder wol mac
immer sagen.
1058 ie wolt ich des haben r&t,
978 vil manegen swinden brusf sla®
slnogen in diu werden wtp.
8599 f. d& noch ein altin burc stftt:
Pazzowe st den nAmen h&t.
vgl. 2478 f.
2075 f. dd vant man Gtömöten
sd sdre verschroten,
2295 f. swaz tüsent konege möhten hftn,
daz hast er eine wol vertftn
(vgl. 1096).
2623 f. irinc und Imvrit,
die dri wurden ouch dA mit
bestattet c^t^.
12
A. EDZAEDI
8810 D& von wart Hute ril verlorn
8901 f. <3ft 81 dft fnoren üf den wegen,
einen ieslichen degen
gruost er etc.
8618 dk mite ein ieslicher degen
sich loese etc.
8902 f. einen ieslichen degen
4240 wfler iwer witie niht sd kranc
4691 f. sfn vater nnt vrou Dietlint
w&ren zweier bruoder kint.
4716 f. Man sol euch daz niht verdagen,
man sol von Bloedelfne sagen
6271 1 bereitet nftch ir rehte
ritter ande knehte {vyL 9375 f.)
8908 t gmost er nftch sinem rehte
ritter nnde knehte
5675 f. die brfthten dar besundert
ir recken vier hundert
4717 t derfaeretdarbesandert)
dri nnd drizic hundert/
6226 f. des bringens üz gesundert
sibenzehen hundert.
= 4937 f.
6786 der tröst was in nno benomen
6688 die wile und ich daz leben hftn
9969 die wile ichz leben mac gehftn
6236 er bete euch des gedingen
6360 die sint in dem gedingen
7503 f. 8wer in ze koufen bete gegert«
er wsr wol tüsent marke wert.
= 2787 f.
7065 f. Bwer ir ze koufen bete gegert
diu gebe w»r tüsent marke wert
vgl. noch 9168 f.
7680 die ie daz beste tftten (vgl,
10556).
7617 f. Slfiride
dunket, daz er alliu laut
m i t s t n e r k r af t ertwinge wol.
7800 d& haben t si michel reht zuo.
}
*i88 des Hutes wart so vil verlorn
4686 dft sie nü w&ren üf den wegen
2779 ff. muoz hin wider üf den wegen
von dannen ein ieslicher degen
reit zuo dirre hdchzit.
1888*/^ ir Witze wftren dar zuo kranc
*Cvor leide was ir wttze kranc
1706 f. mtn vater und dtn muoter
die wftren eines vater kint.
2899 f. im sult ouch niht verdagen :
min unschulde sult ir sagen
3208 f. *C die riter n&ch ir rehte
mit znhten giengen gegen in
^B aber nftch des hoves rehte
die riter giengen gegen in*)
*463 ff. Sie hdten üz gesundert
driu unt drizec hundert
sie brfthten mit in in daz laut,
2416 f. der wart üz besundert
sibenzehen hundert.
2440 ip was ir trost gar benomen.
{ähnlich *C 2439).
ähnlich Klage 927. 1195 0.
1604 C. 4163, Einl. p. 60.
1880 dd hdt er des gedingen
{der hdt des gedingen*^
der was in dem gedingen *C.
*4688*C . swer es bete gegert,
ez wsBre hundert tüsent marc
wert.
4611*B . . des h^te si gegert,
wol ahzec tüsent marke wert.
2122 die ie daz beste t&ten.
*148 f. wander hset wol el l i u 1 a n t
mit siner kraft verkdret
8960 dane hat ouch niemen reht zuo.
*) Das Original lautete wohl: d6 giengen nftch ir rehte
die ritare (ritasre) gegen in.
KLAGE UND BITEBOLF.
13
7882 f. d& wir die dre unt deu lip
suln wftgen etc.
8454 si habent anders keinen Hat
2662 dar zuo hftn ich keinen list
8352 wes ist iu na ze muote
8663 daz erwägen mohte der palas.
8738 f. man mohte von den kreften
den palas hoeren diezen
8904 wile/du habest ondanc
11934 sd habe diu wile nndanc
8929 f. lougen er des niht mohte,
wan eiB im niht entohte.
6168 f. . . seht, w& der vAlant
hie habet, der • .
9550 her Dietrich bat nnde gebdt
6686 f. s6 sol ouch ich daz wol bewam,
daz in min kraft iht widerstd.
9720 vii maneger muoter kinde
10654 £. dk mohte tU wol der tot
erbonwen sine strÄze.
10658 f. die truogen b6de angespart
diu guoten swert an der hant.
1 0683 nü was oach Herbort dar komen,
der hete dia majre ouch ver-
nomen.
10800 daz michel wander hie geschach
11104 ez was in dar zao na komen
11417 ff. swie halt Wolfhart der mssre
nie wsere komen an die stat,
dft er Tehtens warde sat.
}
1020 f. dune soldest 6re ande lip
durch daz niht gewäget hftn.
1730 sine hdten anders deheinen list.
3262 f. wie ist (nü) sd ze muote
minem vater etc.
724 ff. daz dft Ton erwagete
beide turne unt palas
v^Z.2184f.;2387.M,.Ä2859
»698
•286 t
11390 f. daz in dft niht gelac
der wille • •
4051 f. • . unz an den testen tac,
daz sin wirde nie gelac.
11476 f. des willen unverborgen
man noch vil manegen helt yant.
man sol nndanc der wile sagen
vgl. 906 f.
d6 lie siz gdn als ez mohtei
wan ir niht anders tohte
(jo •JB, ähnlich C*)
1394 t nü sehet wft der vftlant
liget, der . .
4198 Etzel bat unt (ouch) gebdt
*618 ff. daz heiz aber ich vil wol bewam,
daz ich . . . böte wssre
In der Klage 2280. 2375.
3018 II. ö,'y allerdinge auch
eonet ja nicht ungewöhnlieh,
1868 f. wie der tot umbe sich
mit kreften hftt gebowen!
1760 t die helede lutzel sparten
diu scharpfen wftfen an der hant.
4373 f. D5 was ouch Rümolt nü komen,
der hdt diu msre ouch yer-
nomen.
4170 Til michel wunder dft geschach
90 *ß, ähnlich »C.
4571 dar zuo was er nü gedigen
4333 C daz ei mir koeme dar zuo
3809f.*C:er ist doch komen an die «tat,
dft er ist strites worden sat.
3853 f.*^: der künde strits nie werden
sat:
er ist nü komen an die stat,
dft uns etc.
4056 £. wan daz ir klage nie gelac
unze an den dritten tac.
1892 f. die helfe unverborgen
man dd an Etzelen vant.
14
A. EDZARDI
11981 daz es ab ein doner d6s.
12102 ein wunder ist, daz da genas
der dritte Inder under io.
12482 der wirt bete des niht r&t,
12818 d6 sümten si sich niht mdr.
13148 daz er iach gerne welle sehen
18328 unser eilen unde hant
13381 = 13318 8 wie er ein heiden wasre
1678 es d6z alsam von donerslegen.
3662 f. wander ist, daz sf ie genas
den tac an daz ende,
2665 f.*/? daz ez ein michel wander was,
daz er der klage ie genas.
1849 d«r wiit niht h.ele zornes r&t.
so *C; ahalich *B.
2369 sine sdmten sich niht ro^re.
3298 f. daz er iach innere zwelef tagen
wil h«e ze Hechelären sehen.
3360 der kaiiec iuch yiI gerne siht
2760 iwer eilen unt min hant
974 swie sie wsren heiden
Auf den ähnlichen Gedanken Biter. 2346 f. und Klage 2520 f.
(vgl. 1720—1729) macht Jänieke aufmerksam. Ferner ist zu vergleichen
Bit »327 f. mit KL 155 ff.; Bit *1377 mit KL 371 £ und 1471 f.B.
2. Biterolf
*83 ob er noch lebendic wsere
*918 £. (vgl. 7286) . . dise h&t
der tiuTel gesendet in min lant
*1984 dft von er witen was erkant
2040 des lop was s5 wite erkant
12069 daz si witen wftm erkant.
2016 von den er üf den regenbogen
TÜ selten wart gesetzet
8233 wie si k6men in daz lant
}
der starke
4967 f. H&wart
6227 f. Herbort
der hell üz Tenemarke
7680 daz man in an dem willen rant
Klage «Ä
2292 ob er noch lebendec wsre.
vgl. 2048.
1610 f. daz er ie kom in daz lant,
daz schaof des abeln tiavels nit.
8603 f. sin lop, sfn 6re (ant) sin hof
w&ren witen bekant (erkant d)
2436 f. den 6 üfen regenbogen
mit yreuden was gebowen
*216 oder wie sie koemen in daz lant
(*(7: dö sie kdmen in daz lant).
2621 f. Hftwart der starke
der kanec üz Tenemarke
3488 nnt in dem willen er sie rant.
6830 ich r&te, sprach der wigant 2763 j& r&te ich, sprach der wigant.
Endlich wären hier noch die oben gelegentlich angefiihrten Stellen
(Klage ^ß: 285 f. 425 f. 1471 f. 2440. 2565 f. 4170. 4522) zu nennen.
*413 f. wenne daz geschshe
daz er Etzeln sehe
3. Biterolf = Klage »C. *
*166 f. swie dicke daz geschsehe,
daz Kriemhilt Tor ir ssshe
*728 daz kan sd gähes niht ergftn
3346 daz enkan sd gähes niht ge-
schehen.
KLAGE UND BITBEOLF.
15
*1679 ff. der mohte man da schon wen
sehe nnt ahzic froawen
wip unde onch meide
817t die rehten str&zen durch daz
lant
3836 na Iftt in wenen niht ze leit
6916 togentrfch ist si genuoc.
7609 sd ich aller heste kan
9541 f. daz si die helde gnote
suochten üz dem bluote.
9740 nnde gestdt ir alsd bt
102tl den Toget üzer Tenelant
10393 = 13384 sd er beste knnde
13294 d daz sie schieden Ton in dan
12979 f. von bem Dietriches bete,
Hildebrant ez ungeme tete
* 124 ff. in ir kemenftten
mohte st d& sehowen
mdr meide nnde rrowen etc.
3596 die rehten strftze in Beyer lant
3103 daz enwas in niht ze leit.
*39 was si tngentltch gennoc
4647 sd ich aUer verst kan.
1669 f. d& sie die heledei gnote
zagen üz dem blaote* vgL
1609 ß.
3767 daz si im als6 bi gestitn
2622 der kunec 6zer Tenelant,
. 4671 sd s! beste moht nnt kande
3014 d daz sie von im schieden dan.
*203 f. dnrch Kriemhilden bete«
daz der knnec gerne tete.
5192 daz kande nieman wenden
7243 swaz er hete dort yemomen
756 daz enkande niemen wenden C
(nicht a noch Dh\
4470 swaz er hdte dort yemomen
10726 £. dft si an den standen 963 f. d& sie in den standen
Dietleiben yanden« Ortlieben yanden
Endlich wären hier noch die oben gelegentlich angeführten Stellen
(Klage *C: 1840. 1996. 4333. 4588) zu nennen.
IL BerOhrungen Im Ausdruck (Quellenberufungen n. dgl.;
Wendungen; Stil im allgemeinen).
Es kann natürlich nicht meine Absicht sein, hier alles derartige
anzuAlhren: dazu müsste der Umfang dieses Aufsatzes viel größer
werden, als in meiner Absicht liegt. Nur das wichtigere, so weit es mir
aufgefallen ist, möchte ich zusammenstellen*):
1. Biterolf = dem gemeinsamen Texte der Klage.
*6 f. ditze fremde mssre
daz ist sd redcbsere
*1 f. Hie hebet sich ein m^re,
daz wsre yil redebsere
*) Die Grenzen zwischen diesem nnd dem ersten Theil sind kaum scharf zn
ziehen. Es steht daher anch manches anter I, was man nnter II erwarten könnte,
nnd umgekehrt. Auch glaubte ich hierin nicht all zu peinlich yerfahren zu brauchen,
da der Zweck — eine größere Übersichtlichkeit — anch wohl so enreicht wird.
16
A. EDZARDI
*22 ff. des kan ich iu niht ende geben,
der dise rede tihte
der lies uns unberihte
*20 ff. hflßte er iht d& von g^schriben,
das lieze wir lach unverdeit:
uns h&t des nieman niht geseit.
7217 daz hat uns nieman noch
geseit.^
vgl. 13439.
2006 der ditze maere an schreip
10664 der ditze msere ßrste schreip
5726 jft künde in nieman gesagen,
^vie . . • •
= Rother R 394: nü nekan ü
nichien man gcsagen
*1018 ich enkan in daz niht toI ge-
sagen.
*147 f. An einen, den ich in nenne,
daz man in dar bt erkenne.
4724 f. nnt in dort alle nennen,
daz sis mugen eriLennen.
10069 als ich in h&n geseit
und 90 öfter.
2014 waz sol ich sprechen m6re?
6688 Waz mac ich m6re d& von
sagen?
8944 ich sage iu als ichz hän ver-
nomen
4729 ff. uns seit der tilitaere,
der uns tihte diz msere,
ez enwsdre von im niht (sd) be-
libcn,
em hsete ez gerne geschri-
ben etc.
4735 f. wasr ez im inder zuo kernen,
oder bsete erz sus Temomen etc.
4575 daz h&t uns niemen geseit
4440 niemen uns gesaget h&t
2445 wan sie angeschriben sint.
1798 daz lu daz niemen kan gesagcn.
1656 *C iu künde niemen wol gesagen
4706 £. des enkan ich die wftrheit
iu noch niemen gesagen.
2443 f. Ein teil ich iu der nenne,
die ich von sage bekenne.
*33 f. *C, die sol ich iu nennen,
daz ir sie muget erkennen.
2667 als ich iu dicke h&n geseit
4270*^. Als ich iu 6 hän geseit.
4054 waz mac ich sagen mfire?
1803 *C waz mac ich sagen danne?
*439 ich sag iu (man sagt ^B), als
ichz hftn vemomen
Diese WenduDgen sind mehr oder weniger formelhaft, nnd es
ist daher auf die Übereinstimmung einer einzelnen mit ^B oder *C**)
kein ^oßes Gewicht zu legen. Im allgemeinen ist aber doch eine
große Ähnlichkeit in diesen Quellenberufungen unverkennbar^ nament-
lich fidlt die Übereinstimmung in den häufigen Betheuerungen des
Nichtwissens auf. Es mag femer hier vorläufig darauf hingewiesen sein,
daß Quellenberufungen (und Anreden an die Zuhörer) sich ganz un-
*) Ähnlich ist Bit. 56S uns itt mht rthU daz genant; 833 uns iH der mare niht
geseit; *1964 daz buoch hat uns verholn daz; 5645 ich hdn der nuBre niht vemomen;
femer *1968 ff. ein ander mosre ist uns greseit,
möht ich daz wol se ende sagen,
s6 wolde ich inch daz niht rerdagen,
des i«t uns ende niht gegeben etc.
**) Vgl. auch unter 2. und 8.
KLAGE UND BITEROLF.
17
verhältnissmäßig häufig im Anfange des Biterolf zeigen und auch in
der Klage in der ersten Aventiure sowie am Schluße viel häufiger
sind als in den übrigen drei Vierteln des Gedichtes*). Diese Berufungen
nennen ebenfalls daz huoch (125. 179. 188. 1964 u. 0.); daz innere 203.
208. 490. 1458. 9156. 11231 u. ö.) [diu mc^e 4787. 5427. 10397 u. ö.];
und selbst diu rede 23 (wie E^age 81. 84 '*'£), während 173 rede wohl
etwas anders gebraucht ist.
Hieran mag sich eine Reihe mehr oder weniger ungewöhnlicher
Wendungen schließen^ die in beiden Gedichten übereinstimmen:
*280 f. dem sd vil der Zungen
yon gaoten recken wssre bu
*1164 wtzer denne blanc
*460 die besten recken die er vant
2342 t min ungelücke in mtnen tagen
daz muoz stn verw&zen!
7775 mahtu . . dinem gelucke sagen
danc, vgl. 8904.
11934. 12166.
*U52 • • • (die geste)
dcgene aller beste ^ 5694.
8674.
beide aller beste 5668.
«14 daz liehe (siniu lant *229)
bonwen.
4438 ir gememia zange
gab • . den r&t («o ^B^ dhii»
lieh *C).
2940 *C wirs danne wol.**)
2810 diu besten swert, din manvant.
*236 diu wfle si verw&zen.
*698 undanc sol man der wile sagen
906 f. nndanc begande er sagen
stnem grdzen nnbeile.
996 f. • • minen gesten,
degenen aller besten etc.
4653 der mit dir bowet dinia lant.
ze tode slän »1079 Bü. = Klage 779. 833. 1501 B. 4129. — wart freuden
l»re *1500 Bit = Klage 2495. — guote knehte *1454. 7599. 8455.
9362. 10575. 11312. Bü, = Klage 4685. — wider . . ein wint Bit.
3593. 3837. (6514). 10111 u. ö. = KI. *159. 737; ein niht 11057 BÜ. =
Kl. 1821. 2427. — anden rechen im Biterolf häufig (s. Jäw'cke zu 3702),
desgl. in der Klage (Einl. p. 68). —
2427 wol drier sperschefte lanc
vgl. d. Änm.
*746 diu naht gienc in als6 bin
*98 siniu jär dia giengen hin
6918 daz iuch des an mir nibt bevilt
7802 = 8870 zir aller angesihte
6887 güetlicb sehen an
2652 siben sperschefte wtt,
vgl. d. Änm.
680 dem wirte gie sin ztt hin
2294 daz in des nibt berilte
4148 ze siner angesihte
701 vil minneclichez an sehen
*) VgL meine Klage, Einl. p. 75 ff.
♦♦) Der ganze Vera wörtlich = Parz. 149, 10, wie auch die Verse 3493 {.*C
nnd 4417 f. fast wörtlich im Parsival stehn, s. d. Anm. zn 3493.
GERMANIA. Neae Reihe. THL (XX. Jahrg.) ^
18
A. £DZARDI
8186 ab den tu bkeden wfben
#• dm Amm,
7644 das Etzekn golt rdt^
7748 daz Gnnfb^res goltl
vgL 10574.
6668 ir rit fie troogen aDe enein
6963 IBIS «n den jimgesten tee
v^. 11038.
11848 ms an itnen letten tac
1121 als ein bloede «^
vgl. KL 405 £
2869 Die henen wurden des enein
2682 iinsandeDJiingestentaes=3506
8246
*Bftn linen jimgesten tae
I *Ciins an stnen lesten tac.
Schill werden läzen Bit. 7792, vgl. schin werden KL 2143. — ander
wegen Ilzen Bit. 7739. 8994. 10569. 12800 u. ö. = KL 1155. — den
muot troesten BU. 4166 = Kl. [2576*5]. 2735. — Zu Bit. 11631 einem
dem Iihtiftten man vgL Kl. 2145 ein lihter man. — zogen l&zen
Bä. 7339 (vgL du Arm.) = Kl. 3068. — läzen Sne haz 4232. 6731.
7410 = Kl. *15. — 10745 Bä. üz der rede komen, vgL Klage »118
an die rede komen, zno der rede komen 1447 ^Cy an die rede gän
3466. — der bluotige regen Bit. 11046 = JK. SU (EinL 72); der
blnotvarwe back Bä. 12242, der blnotege (keizblnotege 519) back
KL 515. 696.
8076 Dd sprach der Dietm&res siion
10762 f. 81 traogen alle den last
der sorge über rücke
vgl. die Anm.
10699 . . • Rümolt
gröze belfe dö gewan.
13460 mit sinen banden erworben
13436 nicb hiuniscben titen
vgl. 4790 ff.
12794 der gotes sagen
6084 der gotes rät
11488 si griffen ttritlfcben zno
11374 leb wflene oucb immer m6r erg%
10606 mit den wol gesunden
2791 ^C Dd spracb der Dietmires snon.
Dd spracb der Botelanges
snon 2319. 2827.
1710 f. wie Til dn miner 6re
nberrnckebftst getragen!
3060 diu klage ir helfe dd gewan
1629 mit sinen banden germmt
3864 nftch den hioniscben siten
1136 der gotes bas.
1054 der gotes slac = 1468 *B.
1464 *B der Yreisliche gotes zom.
892 dd greif der eilende zuo.
4195 dd griffens al gemeine zuo.
1358 ezy wsenCy onch nimmer werde
t*.d^i.,v^Z.2213f.imdl374*C.
1856 die vil wol gesunden
diu 8werte8 ecke 10558. (651) Bü., vgl. Kl. 2107 des swertes ecke. — in
kurzen stuDden 11665. 11815 Bit. = Kl. 2007 *B. 4251 *S; vgL 4043. —
daz man vil lüte erklingen horte . . und ähnliche Wendungen Bit 10352.
10466. 10553. 11089, vgL Kl. 2294. — künde gewinnen c. gen. der
Person Bit 5172 = KL 2284. — dort unde hie 1621. 6260. 8758. Bä.
KLAGE^UND^BITEROLF. 1 9
Ä= m. 976, jene dort unt dise hie Kl. 4159. ^ e noch bÜ 12362 Bit
(sider noch g 6746) = Kl. 711. — gehorte unde sach Bit. 4818, oft
in der Kl.j 8. Einl 72. — ritter unde (oder) knehte *8. •53. 2094.
2826. 3904. 6724 u. ö., in der Kl. mehrfach, s. Einl. 72.
Es folge nun eine Zosanunenstellung alles dessen, was an Eigen-
thflmliehkeiten des volksthümlichen Stils (speciell der Spielmanns-
poesie) sich im Biterolf findet Auf diesen Punkt hat Jänicke schon
hingewiesen und darauf aufmerksam gemacht, daß diese Eigenheiten
besonders häufig in den ersten beiden Aventiuren vorkommen (XVIII).
Ich komme darauf noch zurück. Für die Klage ist ähnliches, wenn
auch nicht in solchem Maße, von mir in der Einleitung (p. 60 ff.) zu-^
sammengestellL Hier soll nur angeführt werden, daß die bekannten
Zablen*) sich häufig finden, nämlich 8. ofl, z. B. ♦1289. *1350 . . .
4574. 4676. 5208. 5428 . . . 11700 u. ö.; 30. z. B. *725. *1042. . .
4897. 5304. 6718 {drizic Mnege lant — Klage *490), 7676. 7829. 8596.
11687 u. ö.; 6. seltener, z. B. 11645 (11648); 12. ^522. ^582 . . .
2491. 4014. 5240. 5775 {^zwelif). 6703. 7831. 7973. 8951 (zxoelif), 9573.
11621. 11637 {zwdif). 11701. 11726 u. ö.; 86. 11642. — 7. *466. »511.
♦915 . . . 2154. 2421. 2658 . . . 6812. 8652. 8959. 10418 u.ö.; 14.
z. B. 11023. 11219. Daneben finden sich aber auch andere Zahlen nicht
selten (10. 20. 40 u. s. f.); zu beachten ist unter diesen die formelhaft
erscheinende 17. 5226. 5379 = BLl. 2416 sowie deren doppeltes, die 84.
910. 7261. Ganz besonders ist aber das häufige Vorkommen der Zahl
lOOO zu betonen, da dieß nicht allgemein üblich, andererseits aber
grade in der Klage ebenfalls häufig ist: 1(XX) steht im Biterolf *301.
♦352. »554 *1533. *1981. (2303). 2453. 3015. 3795. 5140. 5334. 6196.
6609. 9742. 10247. 10398. 11445. 13168 u. ö.; femer tOsent mark ^Tlb.
2788. 7066. 7504. 9169; in der Klage steht 1000 ebenfalls mehrfach,
nämHch 1026. 1096. 2002. 2295. 2709, vgl. 4512 *B, 4584 »C (80.000
Bit, 4575 = Kl. 4512 *B). EndUch ist die formelhafte 86**) hervor-
zuheben, die Bit. ♦leSO. 11545. 11666. (12420), Kl. 2434 steht
Auch sind folgende Wendungen zu beachten:
7896 daz ratet dir der T&lant 1394 der Tälant, der es allez riet
vgL 7286.
^^1044 sO man noch dicke den gesten *2d38 f. ez möhte noch misselingen
tuot. an solhem dienest einem man
3160 alsd gesten noch geschiht.
♦) Für die Klage vgl. Einl. p. 63 f.
♦♦) s. Klage, Einl. G4. 77 und zu 2434.
c>*
20 A. EDZAßDI
^1802 BÖ fironwen noch in zGhten Germ. XVJJI 425 gibt Parat-
tnont. UUtültn au8 Boiher,
4276 -alt noch kint vor den helden
tuont
7816 als man noch ril dicke tuot
9405 e6 stt vil maneger b&t getftn.
Die gleichen Formeln finden sich häufig, so dö er . . sach, der
. . sprach z. B. *219. 4803. 5441. 6033 u. ö.; er kom da er . . sacb
z. B. 6011; sagen miere; wie ez [ergangen u. dgl.] wsere z. B, *1781 f.
*1895 und viel öfter. Für die Klage ist zu vergleichen EinL p. 60 f. Femer
finden sich die gleichen formelhaften Beiworter j so GtselhSr der güote
6208 u. ö. = Kl. 3586; der guote RüedegSr 4278. 4725. 6199. u. o. =
KL 2601, Rtiedeger der (tugent) riebe 6589, vgl. Kl. 2333: RüedegSr
der (lobes) riebe, femer steht RüedegSr der rfcbe oft im Biterolf in
der Klage 2497. 3023; der starke Gfemöt 3047. 6743 = Kl. 499 [der
recke Gemöt 4971, vgl. Klage 2128 *C: küener recke GemSt]; Helcbe
diu hgre *760. n445 u. ö. = KL *2481. 4540; daz Sigelinde kint Bä.
6403 = KL *160*(7 (Sigemundes *J5;, vgL •163 f.
Femer finden sich vielfach die gleichen Stabreime in beiden Ge-
dichten. Einige sind eben erwähnt, andere sind: des küneges bmoder
Bloedelin 4936 Bü. = Kl. 4126; golt geben 4370 Bü. = Kl 2018;
gerne git sin guot Bit. *1322, gerne gib ich in min guot KL 3935;
langer leben *1644 Bit. = KL »504. *565*B. 1173; lant läzen ♦1932
Bü. = Kl. *36*Ä 2124; (sint) die wege wol erkant *1719. 5621.-Bft.
= KL 2860; wilt du witze walten 9303 Bä.] Kl. 2802 wil Etzel
Witze walten, kranker witze wielt Kl. 4530; wunde wit 3728 Bit. =
Kl. 1506*5. 1564*5/ wunden gewinnen 3584 Bü. = 1316 Kl; wun-
der geworbte 10753 Bit. = Kl. 1601; wäfen unde wfit Bit. 7373,
w&fen unt gewant Bü. *472. 2215, vgL KL 2798 ff. ; Wormez diu wite
8647 Bü. = Kl. 4044 4446; werden wol gewert 978. 5972 Bä, =
Kl. 1042. 3793; riten an den Rin 4429. 5436 Bit = Kl. 2970. 3348.
Es ließ sich in diesem Abschnitte nicht vermeiden, daß vieles
vorweg genommen wurde, was eigentlich unter 2. und 3. zu erwähnen
gewesen wäre. So mögen hier nur noch nachträglich einige Fälle auf-
gefuhrt werden, in denen Biterolf mit der öinen Bearbeitung der Klage
zusammentrifft, und zwar
2. Biterolf = Klage B.
6814 ff. dtLz man waßrliche 2583 verre hr&ht üz beiden lant
zen beiden bt den standen
niht bezzers bete fünden.
P/^ff man tuet uns an dem maere kunt, *96 daz maere tuet uns von im knnt.
KLAGE UND BITEROLF. 21
11188 hie muget ir wunder hoeren 1666 bie moget ir wunder hoeren
sagen. sagen.
11994 man sach bescbeidenlichen daz 3398 sagt mir bescbeidenlfcbe das
Häufig steht im Biterolf eine Zahl mit oder mere (z. B. 86 oder
mere steht 12420) u. dgl. (»440. 12641 u. ö.). drizec oder rnS 1548 u. s. f. ;
ebenso mit oder haz *llb. *1695. 4575 . . . 11637. 12429 u. ö. Diese
Wendung steht neben zweimal (1860. 2030, vgl. 2835) im gemeinsamen
Texte auch zweimal in *B, nämlich zehene unde (oder A) mire *158*B
und vierzec tüsent oder mer 4260*B. — aldhen unde stechen 8733. 9286 Bit.
= Kl. 764 B; mit sticken und mit siegen Bit. 10315.
Die Wendung . . der sprach duo \ dem . . ziLOy welche im Biterolf
häufig vorkommt (s. Jänicke zu 1194) findet sich in der Klage nur
einmal in *B, an einer Stelle, die ich nicht für echt halte, nämlich
2751 f.
Von oben gelegentlich angeführten Stellen wären etwa noch ELI. *B
1464. 1468. 2576. 4438 hier zu nennen.
3. Biterolf = Klage C.
BiU 2847 deist unsin, vgl. Kl. 1454 *C: daz was gar ein unsin. —
si firumten verhouwen 10499 Bit.:= Kl. 1426 *C: gevrumt erslagen. —
dirre wäre gotes degen Bit. *255, vgl. Kl. 1624*C: der wäre degen
(/» den beiden letzten Fällen halte ich übrigens den Text von *G nicht
für echt.) — holden muot (willen 9930) tragen *1175. 9930 Bü. =
KL 3321 *C. — [Üf unt ze tal Bit. 12270 = KL 3554].
Von oben gelegentlich angeführten Stellen wären etwa noch Kl.
♦C *439. 1374. 1803. 2791 hier zu nennen.
Alles dieß wurde schon genügen zum Beweise, daß zwischen
Klage und Biterolf ein nahes Verwandtschaflsverhältniss bestehn muß.
Die Berührungspunkte sind so mannigfach, daß sie nicht in dem einen
aus Kenntniss des andern sich erklären lassen*). Wo möglich noch
schlagender sind die
III. Übereinstimmungen Im Wortschati,
wo an Entlehnung noch weniger zu denken ist.
1. Biterolf = dem gemeinsamen Texte der Klage.
antragen, angetragenBit. 5871 Anmerkung ;**) ; angewinnen Bit 1 3359 5
[bgagen Bit. 7127. 8480. 9695. 10461. 13032 = Kl. *200*B (a); betagen
*) Als ein Beispiel, wie in solchem Falle das Verhältniss sich etwa stellt,
können die Berührungen mit dem Rother (s. nnten p. 28 f.) dienen.
**) Die Belegstelleu aus der Klas:e für die in diesem Verzeichniss auf^C(L\3Lt\ft:c^
Wörter, solem sie nicht angegeben sind, s. Klage, EiViA. ^ %•
22^ A. EDZARDI
9388 Bit; in der Klage ^*200Cby auf dieselbe Thatsache angewendet"^)];
behagen 6922 Bit = Kl. 1636. 3636*3 {missehagen 14); bedimcet 6377
Bit, bediel (: geriet) Kl. 1069; besckeidenliehen 8138. 11676 (unbesch.
8909) Bit = Kl. 2889. 3398 ""B; baüRche 3664. 13004 {haldedtehe *1482)
Bit = Kl. 3995; beneben Bit »1478 (Anm.) = Kl. 1766 (Anm.). 1943;.
dürkel *1149. 2855 Bit = Kl. 793. 3539.
enthalten (Aufenthalt gewähren) Bit ^73 = KL 2245; sieh er-
höh Bit 4459. 10358 = Kl. 1337; ere geimde Bit *35 = KL 2167. 4324;
Jreide (Subat) Bit 11377 (Anm.), freidebiBre Bit 10856, ß-eide (Adj.)
KL 4075; rtfue^r Bit 11401 = KL 3182; vertragen c. dat der Person
(und Acc der Sache) Bit *1073. 10510 = Kl. (*552). 1299. 4273 »B;
uerch häufig in Zusammensetzungen im Bit (s. zu *1624) und in der
Klage (s. EinL 68); fremden (trans.) Bit 2352, Kl. 2263.
goumen Bit *1150. 3212 = Kl. 3152; gehügen Bit 4408 = KL
1677; gestän (beistehn) Bit 9469. 9926 = Kl. 1037; hergeseOen Bit.
3029. 3825 = Kl. 1262; konemäge Bit 10697. 12187 (hmewip *1866J.
= K1. 920; kurzUche 7817. 8422. 11531 Bit = Kl. 1I69»C. 3934; eren
hört Bit 12418, ungeluckes hört Kl. 909, tugende hört KL »65 *C;
Aber hurten s. Bit. zu 8788.
letzen 11900. 11911 Bit = Kl. 2879; lebendic Bit *1562. ♦1583.
6433; misselingen Bit 6474 = Kl. *270. 2338; nttslac Bit 10894 = Kl.
1534; ougenweide Bit 3260, Klage viermal; prüeven in beiden Gedichten
mehrfach belegt (vgl. Bit zu 2785, Klage Einl. p. 70, s. imten p. 28). •
schirmen Bit ^359, ze scherme Kl. 2080 (vgl. schermen 3356);
stgen Bit «736 (u. ö.?) = KI. 950. 2345. 2500 (gesigen 3457 *B)i
sweizen Bit 10485, sweiz (sweizen^B) 2357 Kl.; seine Bit *1030.
♦1180. 9773 = Kl. 990; twalm vgL Bit 12652 Anm., Kl. 4561.
unbescheidenheit Bit *503 = Kl. 735; ungendde (= Unglück) 2348
Bit = Kl. 2398. 2741; wnterdrozzen Bit *1413 (Anm.) = m. 1209; wal
Bit 11436. 11441 (u. ö.?) = KL 2063. 2507; füidencinfnje Bit 10266
(Anm.) = KL 2228, wine 4335 Bit ; wunschUche Bit »67. *286 = Kl.'
2111, VgL 980 [ze wünsche ^46 Bit = KL »97 d]; zam xcerden Bit 12720
= Kl. 2306 (Anm.), machen 10342 Bit, sin 12650 Bit; ziere *1516 Bit
= Kl. 1625*C. 2800*B.
2. Biterolf = Klage B.
bouc rot Bit 6694 = Kl. 3486; erbcßre Bit 3450. 6226. 10860.
13190 = Kl. 4615; mhte Bit *711. 7722 = Kl. *426; zu flinsherU ringe
*) D.imach wäre meine Beurtheilun^ dieser Stelle vielleicht zu ändern.
KLAGE UND BITEROLF. 23l
Klage 1319 vgl. Biter. 5209: stdlherte ringe; gesinde (mse.) Biter.
9701. 11262 = Kl. 1572 (wo *B geändert hat, s. Einl. 16); genendec-
liehe Kl. 1236, genende 12955 (er emaiide *877); küener getelinc Bit.
5698. 6309. (8728). 9095 = Kl. 1320; manltch Bit. *559 = KL 1547;
nahtselde Bit *1247. 2371. 3112. 4972. 5552. u. ö. = Kl. 3629; unge-
laupRch Bit 6289 = Kl. 3637; Üzerweü Bit 5505. 5805 = KL *464;
wider wegen Bit 7018. 8530 = Kl. 3456.
3. Biterolf = Klage C.
degenUche Bit 10213 {undegenUche 9973. 11122) = Kl. 1235; eit-
blanden Bit 2953 (Amn.). 9120. 11354 = Kl. 4010; eroam mit noch
durchschimmernder sinnlicher Bedeutung Bit. *274. 5835 = Kl. 2771;
eigen man Bit 10887 = Kl. 2318; versniden Bit 10842 = Kl. 2083;
gewizzenheä Kl. 2194, ungeurizzenheit Bit 2998; eippe Kl. 3292 = Bit
4582. 5572. 6659, außerdem verehsippe^ sippefriunJt u. dgl. (s. Jan. zu
4165); eich samenen Kl. 1185 = Bit 5265. 7258. 9985. 10086. siMnen
Kl. 1455, geschönen Bit 10450; kemmate Bit '439. *1880. 2267 = KL
*124. 2795; toheliche Bit 8046. 9321 = Kl. 2908; toumen Bit 3600.
11101. 11331 = Kl. 2357; warten (= spähen) Bit 8725 = Kl. 3092;
iwBtßcA Bit 7328. 8088 = Kl. 262. 2758.
Anhangsweise mag hier noch das Wenige folgen^ was ich über
Wortformen imd Reime zu sagen habe. Diesen Punkt hat Jänicke schon
so ausführlich in seiner Einleitung behandelt, daß ich hier nur weniges
hinzusetzen will, einiges auch von dem dort schon erwähnten wieder-
holend. Zu beachten ist:
unstaten : bat en Biter. 9049, vater : bat er Kl, 1323 ; die sine
(mSüe) : Eine Bit. 8953 (9317) = Kl. 2657. 2901. 4489; dehein {nom.
masc.) : stein Bit. 3382, dehein (acc, msc.) : enein HCl. 2869 ; deheine (nom.
sg. masc^ : algemeine 7554 Bit.y deheine (n. sg. f.) : gesteine Kl. 4530^
: kleine 4537 (*C, : algemeine *J5); ich verbir : ir Bit, 8015, ich bit : Si-
frit 7300, ich nim : im Kl. 86; minnist : list Bit. 8453 = KL 1729;
fiure : ungehiure Bü. 10605 =Kl. 1763; süene (d. h. suone) : kttene
Bit. 12371. 12403. 12535, Kl, 1304, vgl. zu 1643 f.; march : starc Bä.
8713. 8871. 9201. 9235, s. Kl. Einl. p, 45; gen&t : stftt Bit. *1157, Kl.
4522 *C : ubemät : sigelät; auffallend ist frouwen : trouwen (= triwen)
Bit. 7019. 7149 = Kl. 4332 C : riwen : getrowen, heachtenswerth sän im
Beim 8101. 9700. 13293 (neben sä, auch im Beim) = Kl. 3224*1?;
3906*1?; albegarwe : varwe Bit. 8132, vgl. Kl, Einl. p. 12.
24 A. EDZARDI
Endlich fiihre ich an heneben mm £11. 1943; neben An Bit. 6109.
10421. (vgL J&nicke zu ^^682); zu Bit 3060: ungruaz der sine, vgl. kunee
der mtne Kl. 1327*). Burgondcere**) habe ich in der Klage aus Reim-
correctur erklärt (Einl. p. 82 £), nämlich an den Stellen 3606 *B und
4460. Auch im Biterolf findet sich diese Form,
nämlich: wo das Original vielleicht lautete:
4703 ü niht die Burffondsre. ander di Bargonden 1 , ^^ iM^r, ^
do hiez ouch sagen ir msre do hiezir sagen kande J '
7743 C den die BargondsBre, den die Burgonden,
die stolzen helde mare die stolxen helede jange
13039 f. die stolzen Borgondsere (die helede jange tteht oft im Bit,)
al ir zit üf werdin msere.
Natürlich sind meine Herstellungsversuche nur Möglichkeiten, die
in Betracht kommen, falls man den Bearbeiter des Biterolf mit dem
ersten Umdichter der EUage in Berührung bringen will, oder wenn man
anninunt, daß auch die unserem Biterolf zu Grunde liegende Dichtung
wieder Umarbeitung eines älteren Werkes war (vgl. unten p. 26 Anm.).
Aus allem angeftihrten erhellt, daß eine nahe Verwandtschaft
zwischen Biterolf nnd Klage besteht, wie auch W. Grimm schon gute
Gründe dafür angeführt hat***). Natürlich hat aber auch Jänicke sich
nicht ohne triftige Gründe dagegen erklärt Er kommt zu folgendem
Resultat (XXVII):
„Becapitulieren wir jetzt, was für und gegen W. Grimms Annahme
gesagt ist, so hat sich oben s. XXTTT £ ergeben, daß die Widersprüche
des Inhalts nicht gegen dinen Dichter entscheiden, wohl aber spricht
der verschiedene Umfang der Sagenkenntnis und ihre Handhabung im
Biterolf nicht dafür. Dasselbe Resultat liefert ungefähr die Betrachtung
des Formellen: manches im Reim und Versbau ist beiden Gedichten
gemeinsam, doch lässt sich dies auch genügend erklären
aus der gleichen Heimat und Zeit des Bit. und der Klage. Da-
gegen finden sich im Bit. manche Freiheiten in viel ausgedehnterem
Maße (wobei man den größeren Umfang des Gedichtes nicht allzu sehr
in Anschlag bringen darf), manche andere auch die in der Klage gar nicht
vorkommen. Dazu treten die vorhin besprochenen Differenzen im Stil
und Sprachgebrauch. Wenn man auch zugibt, daß ein Dichter Sprache,
Reim und Versbau mit der Zeit ändern konnte, wie es fiir Hartmann
*) So nach meiner AufTassiing der Stelle, die ich in der Anm. za 1326 ff. er-
l&atert und in den Nachträgen begründet habe.
**) Im Mhd. ist die Form meines Wissens sonst nicht belegt
*^*) Auf die ich hiermit verweise, da ich sie nicht mit aufgeftihrt^habe.
]
KLAGE UND BITEROLF. 25
die Anm. zu Iwein vielfach darton, so wird man doch auch hier, da
die Annahme äines Verfassers Air Bit und EU. nur auf einer Vermutung
beruht y lieber diese Vermutung wegen der angeführten Verschieden-
heiten fallen lassen als sie trotz dieser Verschiedenheiten aufrecht zu
erhalten suchen.*'
Dieß Urtheil beruht auf sorgfältigen Einzel - Untersuchungen
und lässt sich daher im wesentlichen nicht bestreiten. Hervorzuheben
ist indessen ; daß auch Jänicke vielfach Übereinstimmungen im For-
mellen (in Reim und Versbau u. dgl.) zugibt. Es lässt sich nun wohl
ein Weg finden, auf dem sich die beiden widersprechenden Ansichten
vereinigen lassen, indem die Wahrheit wohl in der Mitte liegt.
Ehe ich zur Entwickelung dieser meiner Ansicht übergehe, will
ich mich aber gegen ^inen Grund wenden, den Jänicke geltend gemacht
hat,*) daß nämlich zwischen der ^dürftigen, unfreien Weise des EUage-
dichters (Lm. zur EUage p. 288)^, die es ^nicht weiter brachte als zu
einer fast mechanischen Umformung eines älteren Werkes^ und der
des Biterolfdichters , der ^sich völlig Herr seines Stoffes fühle*' eine
^innerhalb weniger Jahre unüberwindbare Kluft'' sei. Ich muß hier,
gegen durchaus Einspruch erheben. Allerdings ist dem Biterolf eine
gewisse Gewandtheit in der Handhabung des formellen nicht abzu-
sprechen;^ aber fehlt dieß der Klage? Nattlrlich spreche ich nicht von
einer der Bearbeitungen '^B und *C, sondern von dem Original, das
beiden zu Grunde liegt, wie ich in meiner Einleitung glaube bewiesen
zu haben. Ich meine, man muß sich hüten, das Talent des Dichters
der Klage ebensowohl zu unterschätzen wie zu überschätzen. Man
darf nicht vergessen, daß der Stoff von vornherein gegeben war und
wird daher die Schönheit der ergreifenden Scene in Bechelaren nicht
der Kunst des Dichters allein zuschreiben, eben so wenig aber auch
dieselbe daflir verantwortlich machen, wenn die fortwährend auf ein-
ander folgenden Klagen im ersten Theil uns ermüden. Über die Wahl
des Stoffes lässt sich streiten, darüber aber, meine ich, nicht, daß nur
eui nicht gering begabter Dichter so viel Abwechslung in die ewigen
Wiederholungen hat bringen können, daß uns diese Partie überhaupt
noch erträglich ist.
So viel hierüber. Ich möchte nun die Ansicht aufstellen, daß nicht
das ursprüngliche Gedicht, sondern die Umarbeitimg der Klage, welche
ich in meiner Ausgabe „das Original" nenne, mit dem Biterolf denselben
Verfasser hat. So, scheint mir, lassen die widerstreitenden Ansichten
«) in scüior EüiL XXIV.
2ff A. EDZARDI
sich yereinigen. Es bleiben dann aber noch verschiedene Möglichkeiten {«
es kann nämlich die Bearbeitung des Biterolf, welche uns erhalten ist,
vom Umdichter der Klage herrühren oder das alte dieser zu Grunde
liegende Gedicht. Denn, daß der Biterolf in der uns vorliegenden Ge-
stalt Bearbeitung eines älteren Gedichtes ist, bestreitet wohl niemand«
Jänicke hat in der Einleitung überzeugend nachgewiesen, daß die
beiden ersten Aventiuren von dem Bearbeiter hinzugedichtet sind, oder,
wie ich mich vorsichtiger ausdrücken möchte, daß der Bearbeiter, wenn
er die beiden Aventiuren nicht selbst dichtete, darin doch viel selb-
ständiger verfuhr als in dem großen zweiten Theile. Jänicke hat femer
nachgewiesen, daß dieser Bearbeiter ein Spielmann war (XVIII). Ich
möchte dafür noch auf eine Stelle hinweisen, die dieß sehr deutlich
zeigt. Es heißt nämlich
4054 ff. hete ein künec nu goldes rot
groezer danne waere ein berc,
si tffiten niht als miltiu werc.
der fürsten lop und Sre,
daz swindet leider s^re.
Daß derselbe auch den Rother und andere Spielmannsgedichte
gekannt habe, werde ich am Schluße wahrscheinlich zu machen suchen.
Nun wird diese Bearbeitung von Jänicke ^um 1210 und nicht
viel später^ gesetzt. In der That lassen die Reime und die Behandlung
des Versmaßes dieselbe nicht über 1190 hinaufrücken, sie stimmt viel-
mehr darin ungefähr zu den Bearbeitungen '^B und *^C der Klage. Da-
mit wäre die Wahrscheinlichkeit, daß der Umdichter der Klage und
der Bearbeiter des Biterolf ^ine Person seien, schon gering geworden,
denn die Umdichtung der Klage glaube ich um 1170 (vielleicht 1170
bis 1180) setzen zu müssen. Wir haben also als den wahrscheinlicheren
Fall den ins Auge zu fassen^ daß der Dichter des verlorenen
Originals des Biterolf mit dem Umdichter der Klage iden-
tisch sei. Immerhin will ich aber die Möglichkeit der ersteren
Annahme nicht leugnen. Sehen wir aber von ihr ab, so bleiben nur
folgende Erklärungen für die Übereinstimmungen in den ersten Aven-
tiuren des Biterolf mit der Klage: entweder, und das ist mir das
wahrscheinlichere, haben auch diese ersten Aventiuren mit den andern
den gleichen Verfasser und sind nur stärker umgearbeitet als die übrigen *)t
*) Im Gninde widersprechen Jänickes UntersachuDgen dem auch nicht, denn
neben den Ton ihm aufgezählten sprachlichen Abweichungen finden sich auch wieder
Tiele auffallende Übereinstimmungen (vgl. auch oben meine Zusammenstellungen).
Eine Möglichkeit, für deren Wahrscheinlichkeit ich freilich keine positiven Gründe
anführen kann, wäre auch, daß der Umdichter der Klage ebenfalls den Biterolf aus
KLAGE UND BITEEOLF. 2T
wie wir auoh die Bearbeitungen der Ellage zu Anfang stärker ändernd
sehen; oder es müsste der Bearbeiter die Klage benutzt haben (und
zwar in beiden Bearbeitungen), wofür aber der Übereinstimmungen zu
viele und zu auffallende sind'^).
Aus dem hier entwiokelten Gesichtspunkte erklären sich alle Über-
einstimmungen des gemeinsamen Elagetextes mit dem Bit., und däa
sind weitaus die meisten. Ftlr die Fälle, in denen nur einer der Texte
*B oder *C zum Bit. stimmt, würde aber folgen, daß, sofern auf die
betr. Übereinstimmung, überhaupt Gewicht zu legen ist, der betr. Text
Air echt zu halten wäre.
Nur für *C ist dieß auch zutreffend. Denn in den meisten Fällen
werden dadurch meine auf anderem Wege gewonnenen Resultate be-
stätigt, so Kl. *C *124 ff. 1454. 3103. 3595 u. ö. — femer enblanden,
4010, versmden 2083, sich aamenen 1185, toumen 2357 u. a. In einzelnen
Fällen, wo ich unentschieden war, gibt die Übereinstimmung mit Bit.
die Entscheidung an die Hand oder die hier gewonnenen Resultate
weichen in unwesentlichen Punkten von jenen ab, so KU. *C *39. *155 f.
*203 f. 1659 f. 3321. 3345. 3767 u. ö. — ervam 2771, gewizzenheit 2194
u. a. Nur ganz wenige Fälle bleiben übrig, in denen sie meinen für
die Klage genommenen Ansichten gradezu widersprechen. Darunter ist
aber kein Fall von besonderem Gewicht, so daß ich diese Überein-
stimmungen sehr wohl fär zu&llig zu halten berechtigt bin. Hierher
gehört Kl. *C 756. 963 f. 1426. 1624. 3554. 4470, auch wcetltch 262. 2758.
Bei *B mag die Sache wohl ebenso liegen. Ich war allerdings
eine Zeit lang geneigt zu glauben, daß der Bearbeiter der Klage *^B
Hnd der letzte Bearbeiter des Biterolf identisch seien, weil grade in
Quellenberufungen und an Stellen, wo schwerUch *B das Echte bewahrt
hat, sich mehrfach Übereinstimmungen zwischen Klage '^B und Biterolf
finden, auch die im Biterolf häufige Verbindung von oder vi^e mit einer
Zahl (s. S. 21) neben zwei Fällen im gemeinsamen Text sich auch zwei-
mal in *B (nicht aber in *C) findet, wo ich *C aus anderen Gründen
eioer alten Vorlage nmgedichtet hStte, nnd daß er die ersten Aventioren hinzugefögt^
der letzte Bearbeiter aber sieh anf geringere, im wesentlichen formelle Änderungen
beschränkt hätte, wie die Bearbeiter der Klage *B nnd *G. Wenn sich für diese An-
nahme, die Torläofig durchaus nur eine unerwiesene Yermuthung ist, irgend etwas an-
führen lässt, so ist es die Terhältnissmäßig sehr häufige Übereinstimmung von Stellen
der ersten Klageaventiure mit den beiden ersten Biterolfaventiuren, die beide aus diesem
Grunde mit Sternchen bezeichnet sind.
*) Über einige Übereinstimmungen zwischen Klage *B und den ersten Aventiuren
des Biterolf spreche ich noch unten.
28 A. EDZARDI
fllr echt halte. Theilweise sind aber diese Gründe nicht so zwingend,
theilweise ist auf jene Übereinstimmungen nicht genug Gewicht zu
legen, die angedeutete Ansicht damit zu begründen, die aber immer-
hin möglich bleibt*).
Ziehe ich das Resultat aus dem bisher gesagten, so ist es fllr
die Klage dieß, daß Übereinstimmungen äines Textes mit Bit. bei der
Frage der Echtheit ins Gewicht fallen, und daß somit ein neuer, nicht
unwichtiger Gesichtspunkt fUr die Textkritik gewonnen ist.
Ich hatte in meiner EUage (Einl. 77, Anm. 11) die Vermuthung
aufgestellt, daß der Anfang, etwa die erste Aventiure nach der Ein-
theilung in *C, von dem Umdichter hinzugefügt sei, um eine Einleitung
zu gewinnen. Es sind nun die zahlreichen Übereinstimmungen mit Bit.
und namentlich mit dessen Eingange gerade in der ersten Klageaven-
tiure, auf die ich schon oben hingewiesen habe, zu beachten, welche
diese Ansicht nicht wenig stützen. Femer sei bemerkt, daß auch ein-
zelne Wörter sich nur im Eingange der Klage, häufig aber im Bit.
finden, so pris Kl. *207. *25*C, Bit. oft, s. zu 52; betragen Kl. 222 *B,
Bit oft, s. zu 242; diet *577 Kl. (sonst nur noch *C 2669) = Bit *1677 ;
prüeven *48. »SOö. *561. [4695 C] ; wol gelobt ^240 *B Kl. ; vgl. hochgelabt Bit
♦277 (Anm.); iherkam *364, dzerkard *U\ [üzenvelt *464*B] finden sich
meines Wissens sonst nicht in der Klage; ein wint '*']59. [737], später
ein niht 1821. 2427. Außerdem findet sich eine Reihe von sonst in der
Klage mehrfach vorkommenden Wörtern in der ersten Aventiure nicht,
was natürlich in jedem einzelnen Falle Zufall sein kann.**).
Schließlich sollen noch eine Reihe von Übereinstimmungen des
Biterolf mit dem Rother zusammengestellt werden, die nach meiner
Ansicht auf Benutzung dieses Gedichtes schließen lassen***).
Biterolf: Rotherf):
*300 selbe wolde er got stn {Anm,) 2568 Her wolde selve wesen got
*1906 er ged&hte im eines namen 168 einis zeines her ime gedächte*
*) Dafür konnten außer dem angefahrten die Stellen K). *B 2621. 2761 f.
2764; gemde mse. 1672, üzertoeli 8456 n. a. sprechen.
**) Ich kann mich hier nicht weiter auf diese Frage einlassen, doch möchte
sie wohl eine Untersuchung lohnen. Es wflrde sich dann namentlich fragen, ob Wörter,
die in der ersten Ayentiure der Klage nicht Torkommen, ebenfalls im Bit fehlen. Vgl.
auch Nachtr. su Kl. 4460 ff.
***) Daß die Gudrun im Bit benutit ist, ist bekannt. Auch das Nib.-Lied schehit
darin benutit su sein.
t) Ich eitlere nach einem genau Terglichenen Exemplar des Kaßmannsehen
Abdruckes. Verssahlen aus Partien, die ich für sicher falterpoliert halte, sind fai Klam-
mem gesetiti solche 9 die ieh für vielleieht falterpoliert halte , mit Btemeben Tertehea,
KLAGE UND BITEROLF.
29
2635 daz im gr&we na der bart
4846 als man herren boten sol.
Anderes der Art 9, oben»
4461 der alte man
6685 n&ch wonsche staont in ir dinc
5663 f. br&hten die recken junge
zuo der samenange
5810 f. si w&ren im na sd n&hen,
daz st den roach wol sfthen
vgl. Kl. 8100.
6422 ob mir daz wäfen min gest&t
6440 wil mir dia stange min gest&n.
6039 f. den aller tiaresten man
der ie arbor gewan
8634 ir tüsent ritter wol gar
10698 d& dorften si niht fr&gen
7479 ff. mit golde nnt mit gesteine.
manege perle kleine
Bach man verwieret dar in
9158 f. Stuotfuhs niht mohte tragen
nehein ros einer mtle breit.
11629 wir wellen RSedegdrs gedagen
10622 daz im got gebe leit.
3192 dazheteerfüreinkindesspil
7845 dazwasimgareinkindesspil
8369 Mir nist der bart nie sd grft.
u. dgl. m,
2027 f. So 8al men einir kanin-
g^nne | ir botin minnin.
So heißt Berhter formelhaft.
Über diese Wendung 9. Oerm*
XVIII, 448.
3437 f. Sd YÖT ich helede jange
Z6 der samenunge
2645 f. Die ligetin sich also n&he,
Daz si den rovh gesägen
4246 Biz ime die stange ze brach
1005 mir nezo breche die Stange min.
Orend, 52. 49. 1 mime breche dise stange.
4071 der aller türiste man,
der ie konin[c]nche gewan
8404 Zvelif dasent riture walle gare.
4017 Dft dorfte nieman ar&gan, vgl.
KL 3293.
4581 D& clappende daz gesteine*
Mit den is perlin cleine.
über gewiere, gewieröt 9. Germ.
XVIII, 419.
648 den ne mohte niehein ros ge*
tragen = Orend 33. 3. 4.
*4195 Na willich rotheres gedagin.
1248 daz der got geve göt.
808 iz ni ist niehein kindis spiL
11342 phat treten = Roth. 3685; järiä BU. 7873 {Anm), 11107 = Both.
2856. 3045; jächande Bü. 7483 = Both. 223 u. ö.; recken namen Bit.
11343 = Roth. 1897, flirsten namen Bü. 11622 = Both. [4343]; die schar
breit BU. 11278 = Roth. 722; tiurlich Bü. 5666, im Both. oft; sich
für nemen 5ä. 3566. 5752. 9102 = Both. [4349].
Nach dieser Zusammenstellung scheint im Bit. die uns erhaltene
Bearbeitung benutzt zu sein. Daß der Rother überhaupt benutzt ist,
scheint mir aus der beträchtlichen Zahl der übereinstimmenden [Wörter
und] Wendungen hervorzugehen, wenn schon viele derselben sich sonst
auch hier und da in der Spielmannspoesie wiederfinden. Schließlich
merke ich noch an, daß die besonders im Oswalt häufige Formel . .
hiez er springen^ . . bringen sich im Biterolf zweimal findet, nämlich
30 ADALBERT JEITTELES, DIE ZEHN LEBENSALTER.
6219 f. dar n&ch hiez er springen
tmd Waltheren bringen.
6205 f. D5 bat der kühic springen
und yil balde bringen;
, femer steht *877 f. [der degen] se gähes gar ernande
daz er in an gerande,
eine im Orendel häufige Formel.
ANKLAM im December 1874. A. EDZASDL
DIE ZEHN LEBENSALTER.
•
Zu den von Wilh. Wackemagel in seinem anziehenden Buche
*Die Lebensalter S. 30 £ angefahrten Reimsprüchen, welche die
Theilung des menschlichen Lebens in 10 Altersstufen zum G^enstand
habeU; hat unlängst Karl Bartsch in den ^Germanist. Studien Bd. I, 6
einen Nachtrag geliefert, der aus viel früherer Zeit als die von Wacker-
nagel mitgetheilten Sprüche datiert*). Eine andere nicht sowohl durch
ihr Alter als durch ihre Fassung interessante handschriftliche Lesart steht
in dem der hiesigen Universitätsbibliothek gehörigen und unter Signatur
Theol. 1. 1021 angestellten Mischband auf dem Vorsetzblatt zu der Schrift
von Pamph. Gengenbach 'Die zehen alter der welt\ s. 1. 1534. 8. Nach
den Schriflzügen und Spracheigenthümlichkeiten zu schließen, scheint
sie nicht allzu lange nach dem Erscheinen des genannten Buchs niederge-
schrieben worden zu sein. Sie ist von den von Wackemagel und Bartsch
bekannt gemachten Versionen mehrfach verschieden und lautet:
Die zehen Alter.
Zehen jar ein kint,
zwainzig jar wiz und sin,
dreissig jar ein erwagsener man,
vierzig jar wol gethan,
funfizig jar stille**) stau,
sechzig jar ein weiser man,
sibentzig jar widter abe lan,
achtzig jar an khrokhen gan,
neuntzig jar der khinter spott,
ain hundtert jar genadt dier gott
GRAZ. ADALBEET JEITTELES.
*) Anfgenommen in WAckemagels 'Kleinere Schriften*.
*♦) JB#. »tiler.
F. BECH, SPENDEN ZUR ÄLTEBBBESTIMMUNO NEUHD. WOBTFOBMEN. 31
SPENDEN ZUR ALTERSBESTIMMUNG NEU-
HOCHDEUTSCHER WORTFORMEN.
(Fortsetzung zu dieser Zeitsdir. VI (XVIII) 257 folg.)
VOK
FEDOR BECH.
Försterei^ f. (vergl. Weigand I, 484) findet sich bis jetzt zuerst
erwähnt bei Schäfer, Sachsenchronik I, S. 29: ezwüchen dem brücken"
hof und der forsterye (Dresdener Urk. a. 1413). >
Fourier, m., glaube ich schon vor dem 16. Jahrh. in Deutschland
zu finden bei Bruder Hansen in den Marienl. 907 : ave gotes farir was.
de im hat aitn logiü in dich ghenamen; dasselbe Wort scheint vorere im
Urkundenbuch der Stadt Göttingen ed. Schmidt I, S. 212, 12: WaUher
uppe der reyse eyn hovetman^ eyn anleggSre und vorere wcu (a. 1364);
Ä 397, 30 (a. 1397).
fildem, fodenty swv., mit Auslassung des r flir fördern, fordern
geht noch hinter das 15. Jahrh. zurtlck in österreichischen Quellen,
z. B. bei Zeibig, Urkundeobuch des St. Elostemeuburg S. 86: daz wir
in ßiederleich sulen sein (a. 1303), ebenso S. 117 (a. 1309); bei Raab^
Urkundenb. von Seitenstetten S. 240: zu hdf und zu fuedrung und: cfi
auch ir genäd und ir ßiedrung darzü getan habent (a. 1360) ; filderlichen
auch in Docens Mise. 11, 51 (14. Jahrh.).
förmlichy adv. erscheint am frühesten bei Meister Eckhart 399, 5:
und möchte ez formeUche äne zuoval besten ^ vergl. auch 21, 36 swie daz
lieht si förmelich in deme luftey ez ist dock weselich in der sunne.
forschung, f., mhd. vorschunge in einem Fragmente einer theo-
logischen Abhandlung des 14. Jahrhunderts in den Altd. Bl. II, 98:
dise vorschunge het ouch etteliche bracht in sogetänen wän.
franke j franken^ m. als Bezeichnung einer Münze schon in den
^ichstagsacten von Weizsäcker I, 515, 6: item scd ein franke gelden
zwSne unde zwenzigesten halben wißpennig (a. 1385/86); in einem Münz-
vertrag von 1393 in den Chroniken der deut Städte IX, 998, 27 : item
ein guten aJJten francken niln oder zehen pfenninge höher denne ein guten
rinschen güldin.
freier, m., schon sehr früh vorhanden, so bei Ebemand von Er-
furt 968: er was hierfrigerej diebrüiUmft er zesamene treip; JoL Marien-^
32 FEDOR BECH
Werder im Leben der h« Dorothea III, c. 26: noch irer czvninge freyte
sy der schöne hrewtegam mit vil hotin addir freyei', dy iier czü ir sante^
dy hotin adir freyer wom der heylige geist (um 1400).
freite, f. ^Liebes-, Heiratswerbung^, am frühesteD bis jetzt in den
handsehriftl. Varianten zum Armen Heinrich von Hartmann V. 1453:
umh Slich vriät; im Urkundenbuch des histor. Vereins von Niedersachsen
Yllf 24, 4: ein hrief den her Herman lanfyrave zcu Hessen uns gegeben
hat uff die frihäte frawen Agnes unser liehen hüsfrawen (a. 1409); bei
Johannes Rothe Chron. cap. 422: dise loheltche hof schaß unde fnOte
and cap. 675: uf dem hove wart eine fndte geslagen; bei Konr. Stolle
Chron. 41: von einer frtete] 44 umme dy frtete des alden hem tochter.
frequenttereriy swv., finde ich zuerst bei Ernst von Kirchberg S. 767:
dy schule her frequentirte, mit kirnst her vast sich csnrte,
fresser, m., erscheint mhd. in der Form vrezzer zuerst bei Berthold
von Regensburg 19, 34: die trenker unde die frezzer^ die dicke und oft
und etetiche tac unde naht zem unne ligent] und 190, 36: frezzer und über-
trinker.
frevler, m., ist vor 1469 schon zu finden bei Berthold von Regens-
burg 493, 2: nü sich, freveler an gofe, wä hist du nü mit dinen sünden;
Bechstein im Wörterbuch zu Matthias von Beheims Evangelienbuch
S. 319; Rechtsbuch nach Distinctionen ed. Ortloff S. 116, 50: quSme
auch diese freveWre dovon. Von mitteld. Formen^ in denen nach dem
Anlaut / (t;) oft noch ein Vocal (o oder e) eingeschoben ist, finden
sich außer den in dieser Zeitschrift (X, 402—403; VH, 100; V, 233)
vermerkten noch folgende Beispiele: Fahne, Forschungen I, 2, 23; ti>ere
dat Sache, dat de man dri mäinde in verafude stüende (a. 1260); H, 2, 87:
zu hdissen umbe den vuravil (a. 1330); H, 2, 89: mit vuravelgeide; Diefen-
bach Gloss. 62P inolentus, vorebil; in Urkunden der Wetterau, Weist
V, 246 verebeliehen und so 247 und in Hoefers Auswahl 253 (a. 1332)
virebeUche\ — im Mitteldeutschen Schachbuch ed. Sievers steht nach
ider Handschr. virAilich statt des in den Text gesetzten vrAüich 213, 31;
216, 29; 222, 10; — in einem Zeitzer Manuscr. (Aposteln und Ge-
sügnissbriefe, a. 1422 — 38) vorebeUeh; — in Boehmers Urkundenbuch
von Frankftirt S. 719: der — widder die scheffene virebiü hette (a. 1367).
Mit Ausnahme von Weist. HI, 661, einem Weisthume der Grafschaft
Werdenfels in Baiem vom Jahre 1431 (wo es heißt: mit veräffenUchn
zornigen wordtn) und einem Weistbum von Webenheim u. Minbach
V, 695 (wo sich verebel findet) habe ich derartige Formen nur in md.
Gegenden wahrgenommen. Dort können sie durch die Nachbarschaft
des Niederdeutschen hervorgebracht sein, wo gewöhnlich wrevel ge-
SPENDEN ZUR ALTERSBESTIMMUNG NEUHOCHD. WORTFORMEN. 33
sprochen wurde, vgl. Schröders Anm. zu Reinke de Vos 5676 ; Diefenb.
621^ violentia foretfviUceit Den betreffenden Vocal im Anlaut halte ich
daher nicht ßir ursprünglich , sondern Air einen dunkeln unklaren
Zwischenlauty der in dieser Consonantenverbindung auch anderwärts
zu Tage tritt, z. B, in den Denkm. von Müllenhoff und Scherer 79, 5
virist = vrist'^ in Haupts Zeitschr. III, 519, 3 (= Bekehrung des Paulus,
aus dem 12. Jahrh.) daz ich ntut be»izze die vereislichin [hjizze und so
noch bei Stieler im Teutschen Sprachsch. 32 : vereischliche, das, scahiei
genus; verechter = vrechter, frachier im D. Wörterb. YV j ^1 \ furacht-
wagen = fra>chtwagen ebenda 425; furumb = frumb bei Mich. Beheim
233, 23; vorig == imng bei Ernst v. Kirchberg 764, 45: keisir Ottd, der
wart hegrabin sunder vorig gar keisirlich zu 3i*ünsung (doch v)rtg 766) ;
wahrscheinlich auch voryren = vrieren in Joh. Rothes Chronik cap. 421,
vergl. in dieser Zeitschr. V, 233, und Joh. Rothes Elisabeth S. 2049 C.
fröhlichkeü, f., am frühesten bis jetzt in der Windberger Inter-
linearversion der Psalmen S. 649 : frdlicheit, jocunditas,
frühstück, n., bereits in den Liedern unter Neidharts Namen in
MS. H. in, 309^ und 310*: von dem vruestük süln wir gän sän dan
hinne zuo dem bade.
ßlglich^ adj., findet sich in den Gesta Rom. 172, 5 (Anfang des
15. Jahrb.); die fügUich zu dem streit wären] Diefenb. 31 P jugalis,
filgelich (a. 1470).
fuhrlohn, fuhrmann, fuhrwerk; Zusammensetzungen mit Fuhre
trifft man schon vor dem 15. Jahrhundert; so vuorldn bei Heinrich von
dem Türlin in der Krone 17351: und vuort in äne arebeit äne tntorfön*)
in daz lant; im Freiberger Stadtrecht ed. Schott 270, 10: he gibit wn
vüirUn alse recht ist; vergl. Ott Rulands Handlungsb. 5, 11: das fuGT-
Ion hän ich ausgericht, — Orlamundische Statuten in Walchs Beitr.
n, 74: die selbigen fdrlüte sullin czolles frey sin (14. Jahrb.?). — Stadt-
recht von Heran (14. Jahrh.) bei Haupt Ztschr. VI, 426: die underkaüfel
suüeni nemen — ze Idne — von ie dem vtwrman der die pfert tihet ouch
zwene zweimiger; Freiberger Stadtrecht 270, 8 : sendet he daz silber dar
^ eineme vürman; und S. 18: dem vürmanne sal hS zu rechte keine schult
geben; Wiener Weichbildbuch ed. Schuster Art. 49 (fuorman und fuor-
leut)] — Conrad von Weinsberg, Einnahmen- und Ausgabenregister S. 69:
item ich gäbe einem fUrman von Meintz bies gen Coln H gülden (a. 1437
*) Das Wort ist an dieser Stelle vielleicht nicht echte Überlieferung ftUr verl$n
oder vergenlSfif Tergl. ebenda 20278 nnd 20287; Espe, Bericht Tom J. 1846, 8. 21: »6
ntlUn sie fetlSn geben (a. 1380) und Kalmisches Recht ed. Leroan S. 4.
OERUAKIA. Nene Beüic. YH. (XIX.) Jniag, %
34 FEDOR BECH
bis 38); ebenda S. 70: den fürlüten von Coln gen Och gab ich zU lonne
6 gülden. — Wittenbergieche Urkunden in Espes Bericht vom J. 1845,
S. 21 : sotäne wäre die cssu koufenschacz und csni föfwerc gehöret (a. 1380).
fundieren, bwy.., schon bei Meister Eckhart 39, 15: daz inner be-
kennen ist daz sich vemunftechlich ist fundier ent in unserr sele wesen;
in den Predigten und Tractaten deutscher Mystiker ed. Pfeiffer (Haupts
Ztschr. VIII) 426, 4: diu werk^ diu dar iif dise widertragunge gefun-
dieret sint] Ernst v. Kirchberg 727^ 65: dt/ kirchen hcäie — der
hisehof gefundiret (: gecs^et).
fänfer, m. vor Serranus zu 'finden in Schreibers Urkundenbuch
der St Freiburg I, 524: wie dicke deheiner der vorgenanten fänfer (vor-
her ist die Rede von dem gemeinen fänfiman) abgienge; und weiter:
aUe ding, die zuo der fünf er hant gesetzt sint (a. 1368).
funken, swv., vor Matthesius schon anzutreffen im Lohengrin 3006
(Mhd. Wörterb. III, 436**) und im J. Titurel 36, 4 ed. Hahn (in den
Begensburger Bruchstücken bei E. Roth S. 37: sich venchet Air sich
funket, wie auch 495, 4 ed. Hahn sich venket : ungenket)\ 407, 1: von
golde ein ar geroetet, geßuret und gefunket (: gedunket) ; 3656, 4: der
schuof, daz vil helme nach im functen (: besunden).
fürbitte. f. erscheint, ganz im neuhochd. Sinne, in der md. Form
vorbete schon vor Luther bei Ebemand V. 1812: er seite in wie diz
kamen was^ daz er von der vorbete genas sancti Benedicti; im Urkunden-
buch der St Leipzig I, S. 175: der sal dem rate äne vorbete unde un-
lefielichen 10 nüwe gr. geben (a. 1444 — 46).
fürhang, m. im Sinne von: hervorstehender, ilber die Straße reichen-
der Theil an einem Gebäude, in einem Weisthum von Andernach
(a. 1498) bei Grimm 11, 629: vort so sollen die vurhenge und overhenge
vur den kaufhUseren uf der stede maisse und isen vur den vinstem hangen.
f Ursprache, m., erscheint in der Walkenrieder Urkunde I, S. 230:
Conradus de Bela vorspräche (a. 1260); bei Michelsen, Codex Thuring.
diplom. S. 63: Andreas Begilfüs vorspräche (a. 1400); Pnrgoldts Rechts,
buch (Ortloffs Samml. II) S. 153: die gemitten vorsprachen an den ge-
richten; und an dem geriehte da ist der vorsprachen zcunge veile; S. 158 :
nach unserm stadtrechte nymant vorsprach ist; 166 u. 178; 268: der
valsche vorspräche und so 304.
furzen, swv. bombisare, schon aus dem 14. Jahrhundnrt nachweis-
bar, z. B. in Morolf I, 3484: M. durch sine liste sere forczen began'^ H,
424: czom machet gräe häre, der ars farczet, das ist wäre und 522;
Böhmers Urkundenb. von Frankfurt S. 751 (a. 1377) : wer in des hont-
Werks orten virkom worte dede adir furczte ader anders unhubisch
were u. s. w.
SPENDEN ZUR ALTERSBESTIMMUNG NEUHOCHD. WORTFORMEN. 35
füfienj swv., sich stützen, stoßen, bereits enthalten in den Magde-
bai^r Fragen ed. Behrend B. I, cap. 6, dist 2: dy spaarren synes dachet
füssen nicht uff dy mütoere (14. Jahrh.).
ßitterungj f. mittelhochdeutsch bis jetzt am frühesten in dem Ur-
knndenbuche von Neustift in Tirol S. 419 (a, 1390): mein gut — ist
frey van aller vogtey und futrung (advocacia et pahulacio).
gaUosche, f. Überschuh, auch Tcalosche; aus dem 15. — 16. Jahr-
hundert mit cloczen und calotzchen belegt; aber wohl schon im 13. Jahrh.
in Deutschland bekannt, wie der Name Heinrich genant Kaloze zeigt
im Urkundenbuch von Amsburg S. 168 (a. 1292).
galmei, m., vergl. Lexer s. v. calemine] am frühesten bei Böhmer
Urkundenbuch von Frankfurt S. 505 in einem Zollrodel von 1329 (?):
item ende und cahnei, die ingiebt keinen zol, und sermetdne.
ga9'kach, m., zeigt sich zuerst im Nordhäuser Schultheißenbuch
von Förstemann N. Mitth. (15. — 16. Jahrh.) 11, 16: von garbretem: sen-
det ein brSther adir garkoch eynen unser borger heym ungebe fleisch, der
gebit eyn pfunt deme räthe.
gattung, f., schon vor Luther vorhanden, wie folgende Beispiele
zeigen: Nürnberger Polizeiordnung ed. Baader S. 222: dieselben drey-
erley gattung mag ein t/eder aUe oder eins teils, welche er vnl, pochen, doch
also, das ein yede gattuny ires geUs und anzal wert sey; Niclas von
Wyle, Translat 282, 2; Anthonius Phor, Buch der Beisp. 157, 31 ; Weist
m, 778.
gebäcke, n., vor dem 16. Jahrh. schon vorkommend in der Er-
lösung ed. Bartsch 6493 : mit sieden und gebacke (: gesmacke) ; im Nord-
bäuser Schultheißenbuch II, 53: wer da zu kleine buche, umUin sie den
geback edle lassen nemen unde durch got geben.
^ gebick, n., ist dasselbe, was sonst gebucke oder gebücke lautet, eine
aus niedergebogenen und in einander geflochtenen Büschen gebildete
Hecke, Umfriedigung, abgeleitet von bücken = niederkrtlmmen, incur-
vare, flectere, opprimere, prostemerey vergl. Lexer Handw. I, 763. Das
Wort bringt schon eine Urkunde des Unterelsaß bei Grimm Weist
I, 670: der holzer eines ist das gebucke (a. 1320); femer Graf Wilhelm
von Holland (in v. d. Hagens German. VI, 260) 337: ich slüf durg
busch, durch hecke rüchy Durg hagen inde gebucke; Zu lest ich mit ge-
lucke Zu hoiste up dat gebirge quam; Kehreins Samml. S. 44 aus einer
Mainzer Urkunde vom Jahre 1366: gebucke umh die burgh. Dasselbe
meint auch der Ausdruck: gebickte hege in den Weisthümem V, 319:
item, hauwet iemans und thüt schaden inne der gebickten hege uf der
etraizen und vmrd gerügt, der ist u. s. w.
3ß FEDOU BECH
gAf'äUy n., als dtr gebrütce, braxatura, auf einmal gebrautes, bereits
bei Lambert^ Mohlhaus. S. 113, 115, 156 und 157 (aus dem 14. Jahrii.);
in den Alten Gesetzen von Nordhausen (N. Mitdi. III, 3, 59) : et/n ick-
lieh aal zctcene phenntnge gebe deme rate von deme gehrdwe und sal daz
gtSbrüwe Idze schnbe; bei Oswald von Wolkenstein 119, 2, 8: des sfl
werd dort geschunden mit mangerlai geprew (: rew) ; bei Clara Hätzlerin
S. 291', 64; in den Nürnberger Polizeiordn. 212, 2 gebraw.
gebräude, n., im Programm des Gymnasiums von Zeitz a. 1870
(Die bischöflichen Satzungen) S. 5, 57 : gesehosse von den hofen und
gebrüweden (a. 1457); in Michelsens Rechtsdenkm. aus Thüringen S. 4C9:
zcu fertigung syner gebrihcede (a. 1485); im Urkundenbuch der Stadt
Leipzig no. 474: des vngeldes halben von dem gebrwde (a. 1475).
gebühr, f. zeigt sich schon im 14. Jahrhundert, vergl. Fahne,
Forsch. II, 2, 106: inde wat sus erveüy dat sal man zu dryn mainden
deylen der stede, deme raide inde den andern heirren^ mallige An gebür.
gfhüsch, n., erscheint bis jetzt am frühesten in einer Urkunde bei
Schäfer, Sachsenchronik I, 385, dort werden angegeben iiij huner
vonn einen gepusche und wiesenfleeke bey dem dorffe Steinpach (a. 1375).
. gecken, swv., findet sich schon um 1200, im Karlmeinet 468, 19:
Karüe begunde den bart zo drecken, Hey sprach: tci wenet hey mich zo
geekenf Meynet hey, dat ich sy eyn ddref
^gedecke, als stn., in den Weisthümem IV, 622: und hätt der arm
man nit gedecks, soU der becker alss vil gedecks dar geben, dass der deyk
bewart sy (aus dem 15. Jahrb.); dctt gedecke, die Zimmerdecke, in der
Eronika fan Sassen ed. Scheller S. 283.
X geßissenheitj f., scheint erst im 15. Jahrhundert aufzutreten, vergl.
Nidas von Wyle Translat. 293, 38; 294, 16; 311, 17.
gehaU, m., in der Bedeutung „innerer Werth^, erschien mir am
frühesten in einer Urkunde von 1477 bei Würdtwein Diplom. Magunt.
n, 368 : monzen schlagen uff ein gUehen gehaü und schnyde; und S. 369 :
gwin verstendig redelich wardyn, der einer alle werck, so sie geschickt sin
und zuvor ehe sie üssgien, am gehalt vei^süchen solle.
gehöfte, n., finde ich zuerst in der Chronik Johans von Posilge
ed. Voigt u. Schubert S. 129 (= ed. Strehlke in den Scriptores rer.
Prussic. III, 239): item in desim järe vorbrante Osterode die stat, das
nicht meer bleib wen di kirche unde des pfarrers gehoffte (a. 1400); S. 230
(= ed. Strehlke S. 322) her lies desin alle ir güttir unde gehofte vor-
bümen yn den grünt (a. 1410); femer in Höfers Auswahl S. 79, Z. 8:
auch sulen wir den hof bowechtich halden an gehufie unde an vrede
SPENDEN ZUR ALTERSBESTIMMUNG NEUilOCHD. WORTFORMEN. 37
geifer^ m, am frühesten im Vocab. optimus S. 10,66: saliva,
geifer (Altd. Bl. II, 198).
gelach, n., das Lachen; das von Weigand bis jetzt vermisste ge-
leche finde ich bei Hans von Bühel im Dyocletian V. 2172: dd wart
nit ein gröz gelech (: bech),
gelagy n., ,, Zusammenliefen zu lustigem Trinken oder Speisen^;
von Wichtigkeit fbr die ursprüngliche Bedeutung des Wortes ist jeden-
falls eine Stelle in Fahnes Forsch. I, 2, 97: item dat eyn yecUch broder
und suster körnen sali up St. Sebastianis dach und vertzeren yre qelaich
zosamen, want dan die broderschaft yren oonreit doin und holden saM,
und eyn yeclich sal sjfn gelaich betzalen u. s. w. (= Düsseldorfer Schützen-
urkunde a. 1435); vergl. das Weisthum zu Scheidweiler a. 1506 bei
Grimm II, 388, Z. 9: der keUner — soll ihnen die örter{f) bezahlen,
yedem sein gelach under einem schillingh; damit stimmt die von Yilmar
Idiot 235 aufgestellte Bedeutung ^ Zeche, Pikenik^.
^ gelichter, n., über das Alter dieses Wortes ist noch zu vergleichen
eine Stelle bei Berthold von Begensburg 93, 7: daz du waenest, daz igt
eZf unde dannoch mir alle siniu glihtende (13. Jahrb.); cfr. diehteride bei
Lexer Handwb. und Weist. VI, 96: einee ieden hausgenoez söhn, tochter,
gewichter und gebrüder u. s. w,
^ gelt, Interjection, schon von Jacob Twinger von Königshofen ge-
braucht S. 21 ed. Schilter (= 261 ed. Hegel): wer het dich unsem
i-ikter gemacht f gdte (Exod. U, 14 ed. vulg. == num) du wellest mich er-
slahen also du gestern dete des küniges knechtf
gereuch, n., bereits im 11. Jahrh. vorhanden, vgl. Haupts Ztschr.
III, 445: in dero hello dd ist beches gerouche.
gelzenleichteTy m., tritt bis jetzt am frühesten auf in Job. Rothes
Chronik c 565, wo es nach dem Texte bei Mencken heißt: vnde Hessen
dd manchen vnde gelczen alle mit einander einm^dczenlichter* /^/A /• Ä^*r»/A 7^
genecdogie, f., braucht schon Bruder Hans in den Marienlied. 789 :
die hdghebome, etel maghet vrte, von conindtchen otel was ir gheslecht, yr
genealogie.
geraufCf n., taucht schon um die Mitte des 14. Jahrhunderts auf,
so in dem Mainzer Friedebuch (a. 1335—52) bei Würdtwein Diplom.
Magunt. I, 497: ist daz ieman leuffet gewapent zu einem gereuffe oder zu
einem gestobery dar umb ist er keine bezzerunge schuldig.
gerber, m., mhd. gerwer, schon lange vor 1400 nachweisbar aus
den Stellen in der Germania 15, 268; gerewer in den Stadtrechten von
■ Freiberg S. 276: di schüworchten und d% gerewer haben ouch eine innunge
mit einander hi in der stat] im Slitteld. Schachbuch ed. Sievers 280, 5:
38 FEDOR BECH
pdzeer, gerwer, vleischhauwer {nm 1355); im Urkundenbnch von Seiten-
Btetten ed. Raab S. 132: Dietrich der gerber (a. 1302) und S. 136: von
Dietriche dem gertoer (a. 1304).
geschtidigkeU, f., in der Form geschtdekeit öfter im 15. Jahrhundert,
z. B. in den Osterländischen Novellen in den Altd. Blättern I, 143 und
154; im Buch der Beispiele von Ant. Phor 36, 26; 36, 38; 109, 21; in
Niclas von Wyles Translat 209, 10; bei Johannes von Posilge ed. Voigt
S. 342: tf u)$re eine geschtdikeit und nicht eine vorrichtfinge.
geechlvnge, geschUnk^ n., kömmt in dieser Schreibung nicht erst
bei Frisch^ sondern schon früher, im 15. Jahrh. vor, so in einer Ur-
kunde über die Lästerer oder Landfleischer im Leipziger Urkunden-
buche I, 278 (a. 1462) : cded die fleischhautoer sagen, man habe vor alders
kegn geslingk noch heubt noch ander kleinott herynn zcu marckte brengen
[torenjj dunckt uns soüichs dem gemeinem nucz nicht ^ich seyn\ ebenda
heißt es weiter: als^ unser vorfom — irkanty das di lesterer soüiche
dein&t also heubt geslynckt unde ander Jdeinot heryn haben mögen brengen;
S. 339 (a. 1466) : gesling heubt und andere cUynot mögen die legerer her
in filiiren.
gestrüppe, n., erscheint als gestrüppich und gestreupich um das
Jahr 1508 in den Weist. VI, 43.
gewanthaus, n., findet man bereits im 14. Jahrhundert, und zwar
in einer Nordhäuser Urkunde, in Förstemanns N. Mitth. IQ, 4, 76
(a. 1365): wir — willekom daz nü noch nummerme in der —
nuwenstadt — nichein räthüs edir rite soUen si edder werden, noch gewant-
hüsy wäghüs noch koufhUs.
gewoge, n., hier war wohl auf das mhd. gewaege als CoUectivum
von wdc bei Lexer Handwb. I, 971 zu verweisen; dasselbe in der
Weltchronik Rudolfs von Ems, bei Scherer St Qallische ELandschr. 5^:
dem äne wazzer was gegeben nach genätürter ort sin leben daz
lag in dem gewege tot Mitteldeutsch wtLrde das Wort gewäge gelautet
haben.
gewilrz, n., fand ich bis jetzt am frühesten bei Niclas von Wyle
Translat 279, 3: mit senf geseüz gewürtz und sutze ingemacht und beraitet
und vil ander fremder spysen. (15. Jahrh.)
gichibruchy fem. bei Luther (nicht masc), schon firilher bei Joh.
V. Marienwerder I, cap. 28 : ir ewirt was ein gochczomig man beide von
zcüneigunge einer nätüren und ouch von krancheit der gichtbroch,
gelben^ swv., im Sinne von y,gelb werden^^ wie es fbr die mittel-
hochdeutsche Zeit vermuthet worden ist, findet sich wirklich bei Konrad
von Megenberg 39, 14: daz weiz in den äugen plaichet und gelbet.
SPENDEN ZUR ALTERSBESTIMMUNG NEUHOCHD. WORTFORMEN. 39
gipfelj m,, die älteste Stelle, in welcher dieses Wort erscheint,
bietet bis jetzt Oswald von Wolkenstein 28, 2, 8: hbch auf dem gipfel;
dazn vergl. Griseldis, Apollonius von Tyrus ed. Schröder in den Mit-
theilongen der deutschen Gesellschaft zu Leipzig 5. B. 2. Heft, S. VIII:
ain überhoher berg, des güpfel raicht über alle wölken,
gleichßhTnig, adj., am frühesten bei den Qottesfreunden des 14.
Jahrhunderts ed. Schmidt S. 34: in aolichem gUchem we und gUchfor-
migen übernatürlichen trucken.
gleis, n., Radspur; als Collectiv daz geleise schon in den Weist
I; 761: kumet er zu rehteme geleise (a. 1310).
gleisner und gleisnerei erscheinen schon vor dem 15. Jahrhundert
mit eingebüsstem ch, so. in einem mitteld. Fragment des 14. Jahrh.
in Haupts Ztschr. XTII^ 556, 2: des tünt di gUzen$re nicht (Tgl. 555
glteunge)] in Matthias von Beheim Evangelienbuch, MattL 6; 2; 23^ 13:
wS aber üch — , Pharisei ir gltsnere (a, 1343) und so 15, 16 — 23; 23, 28:
von binnen sU ir vol gUsnerie und ungerechtickeit; dazu geMsen und ge-
lisenheit ebenda S. 258* und ebenso die entsprechenden Stellen in der
mitteld. Evangelienübersetzung, welche Heinrich Heppe herausgegeben
hat, in Haupts Ztschr. IX, 278, 5 und 279, 25 folg. ; endlich in den
Fundgruben I, 153^ 25: daz niden dt glissenaere unde dt scribaere.
gliedmaß, n., erscheint außer bei Luther schon bei Johannes Rothe
in der Chronik cap. 70, wo es nach dem von v. Liliencron zu Grunde
gelegten Texte lautet: das ander (zeichen) ist die üssetzigen, die fiasse
unde mundt unde ander gUdermafi vorlom Mn, zu reynigen von yrer
suche und den die vorlome gledemaß von stundt weder zu brengen: dagegen
in dem Düringischen Gedichte Von der stete ampten ed. Vilmar (= Von
des rdtis czucht) 946: gUch als daz hoiiht mi sinne hai Danne eyn
ander gdydemeszej Also sal auch ein furste me wesze (Cod. wisze), wo
man nach dem Reime zu schließen ein gelidemez anzunehmen ' hat. Auch
ist abweichend der Plural gledemezer in den mitteld. Predigten von
Meister Eckart in Haupts Zschr. XV, 419.
glückselig j adj., hat sich bis jetzt zuerst gefunden bei Ernst von
Kirchberg 719, 29: der markgreve Albrecht, der was geheusin ursus, daz
ist in dütschin bere genant, gelückselig was her bekant.
gnädigen, swv., lässt sich auch aus dem 12. und 14. Jahrhundert
nachweisen; es steht in den Windberger Interlinearversionen der Psal-
men 24, 14: herro, gnädiges du (propitiaberis) — vnrdis du gnädich —
sunte mtner] S. 346: gnädigter, propitiatus; Bruder Hansens Mar. 1736:
itzUch hielt siin reten stiip, Untz got si h hat genedicht.
40 FEDOU BECH
gnätze, gnetz = Schorf, Hautausschlag, am frilhesten bis jetzt nach-
weisbar in der Zusammensetzung gnaizougey vgl. Hennebergisches Ur-
kundenbuch ed. Schöppach I, no. 54 (S. 37): Bertoldus gnazdge (a. 1296).
gnisten, knistern, swv., ,,Funken sprühen und so rauschen^; vgl.
Virginal ed. Zupitza 108, 2 : er kam genistert als ein kidy der vert durch
wilde vluote; femer gnitzem bei Eberhard Zersne in der Minne Regel
4614: sper unde schildir brächen^ daz ez gnyttzirt obirlüL
grachel, f., „die lange spröde Ahrenspitze^ oder „Spreu", scheint^
wenn man nicht eine Zusammenziehung aus gran (vergl. Schröer Vocab.
no. 167) und achel (ahd. ahir^ ahil) annehmen darf, ursprünglich = ge-
raehdy aus rechen = zusammenscharren, harken abgeleitet Dagegen
halte ich die Stelle in Herborts Troj. 6926 (tV ietweder uf den andern
stach, Daz sie vielen uf daz grach) ftlr verdächtig; grach in der Be-
deutung von „Ahrenfeld" ist nicht nachzuweisen. In Gotefrid Hagens
Reimchronik 2842 heißt es: der greve sprach vp gerach ind zomlichen
m ane saich; ähnlich könnte es bei Herbort 1. 1. gelautet haben: daz
sie vielen uf gerach; die Form gerech ist freilich sonst bei letzterem die
übliche; doch cfr. Vilmars Idiot 311.
graduieren f swv., tritt uns bis jetzt zuerst entgegen bei Niclas
von Wyle Translat 353, 16: die gelerten und graduwierten mag man
ziechen nach dem und sy sint weltlich oder gaistlich.
grän, m. = „2y Karat bei Goldgewicht", nach den Mainzer Münz-
Urkunden schon ftlr das 14. Jahrhundert nachzuweisen, vergl. Würdt-
wein Diplom. Magunt II, 184, 2: cb eine rechliche marg goldes odir
Silbers die vermuntzet wird an zweyn green oder da by gebriche an dem
geioichte (a. 1354); dasselbe S. 193, 9; und S. 215, Z. 2 von unten
ebenso: an czwen grenen (a. 1382); und 227, 31: ab eyn marg goldes —
— an zweyn oder dryen green oder da by grebreche (a. 1388); 235, 3:
ein idiche gemischte gewogen margk sal holden XI loid und II gren
konigsilbers und dar under nit, ane geverde, und die andern funff loid
mynner II grein sollen mit kopper zügesatzt werden (a. 1398). In dem
Bischofs- und Dienstmannenrecht zu Basel von Wackemagel §• 8, 10
steht daftlr gersten chom\ vgl. die Anm. zu dieser Stelle.
gravieren, swv., bereits bei Ernst von Kirchberg 730, 46: dn alUr-
hande capittel recht künde her in (^ eum) wol gravieren siecht.
greten, swv., „in weiten Schritten aus einander spreizen^, zuerst
bei Joh. Rothe in den in dieser Zeitschr. VI, 275 vermerkten Stellen;
vergl. auch vergreten bei Ebemand 340 (ähnlich 338 zergen) und Bech-
Steins Anmerkung dazu; außerdem in des Teufels Netz 7669: als tuot
graten hnffartj die an den herren ist ain boesi ort und Schmeller-From-
mann I, 1015 s. v. gi'oten.
SPENDEN ZUR ALTERS BESTIMMUNO NEUHOCHD. WORTFORMEN. 41
groU^ m,, finde ich am frühesten in den von Pfeiffer mitgetheilten
Sprüchen deutscher Mystiker, in dieser Zeit«chr. III, 231': hap keine
mgentschaft noch haz noch grollen gegen dlme ebenmenschen (14. Jahrh.);
vgl. füidergrullen bei Pfeiffer zum Jeroschin 280.
grofimUthig, adj.^ in den Predigten und Sprüchen deutscher My-
stiker ed. Pfeiffer (in Haupts Ztschr. VIII) 257 : ir sile was gt'^zmüetig;
bei Muscatblut 8, 285: der zeente ist grdzmütich,
gültig, adj.y ist als simplex anzutreffen schon bei Zeibig, Urkunden-
buch von Klostemeuburg no. 211 (a. 1324): si wurden zu rät, daz sie
die ainen (batstuhen) ßider liezen gen, s6 vmrd deu ander dester guldiger;
in den Weist IV, 623; Z. 7 von unten: bit guldigeme kom der plüger
sai dienen (15. Jahrb.); Weist 11, 84: die beddeguldien lade (a. 1339).
gurt, m.; kömmt alleinstehend vor bereits bei Nicol. von Jeroschin
12973: wen er si ot gevazzit vor zunicke hatte in den gurt (: durt ^
dort) ; in der Kronika van Sassen ed. Scheller 228, 4 : des ward fil
manges rosses gorde (: worde) an dat hdgeste gespannen.
gürtein, swv., erscheint schon im Anfange des 15. Jahrh. in der
niederdeut. Form gordeln, ghordeln = accingere, in den vier Büchern
der Könige ed. Merzdorf S. 3 und 196.
hcUße, f., dabei war zu verweisen auch auf das althochdeutsche
Wort der halßandd bei Qraff IV, 8D1 := medium, dimidium und Gramm.
11^ 253; noch in den Trierer Interlinearpsalmen aus dem 12. Jahrh.
101, 25: in demo halfnote dage = in dimidio dierum; ja als femininum
noch in den Stadtrechten von Arnstadt aus dem 16. Jahrhundert, vgl.
Kechtsdenkmale von Michelsen I, S. 62, 1 : u)ein der in der halfftnoihen
dieses flürs erwachsen wehre,
halle j f., als „offener Bau mit einem bloß auf Säulen oder Pfosten
ruhenden Dache, von Säulen getragener Vorbau^, ist auch durch Bei-
spiele aus dem 13. und 14. Jahrhundert zu belegen: Urkundenb. von
Quedlinburg no. 54 (a. 1281): stationes que hallen vulgariter nuncu-
pantur; no. 77 (a. 1310) duas domunctUas, que casCj sed vulgariter hallen
seu luden nominanty/r; cfr. Lacomblet Urkundenb. II, 220; Purgoldts
Rechtsb. VIII, 35: darumb sint for den kirchen dye halle ^ X, 54: der
sali vor dy thore treten ader under dy halle, dorumh seyn dy hallen vor
dy kyrchen gemacht; und in diesem Sinne ein hallhaus, da alle kauff-
leuth under feil sollen haben in den Weisthümern U, 152.
händler, m., bis jetzt am irühesten in den WeistL I, 344 (a. 1397):
Henni Hendler, Hanman Hendler.
handwerksmann, m., in Job. Rothes Rittersp. 3422: ein andir hant-
u)ergis man und im Mitteid. Schachbuch 236, 18: ein hantwerkis man;
42 FEDOR BECH
hafäwerkman aus dem 14. JahrL bei Lexer Handw. I, and in den
Chroniken der deutschen Städte IV, 145, 16 n. 26 (a. 1368).
Jiarmonie, f., vgl. von armonie die Beispiele aus dem 14« Jahrh.
bei Lexer Handw. I, 95.
harschen^ swy., tritt am frühesten in der Form horsten auf bei
Kicolaus y. Basel 210, Z. 8 von unten: ich nam daz herin hemmede
und det es über den verwundeten Itchamen, das es in den wunden ge-
horsten soUe; 251, Z. 3 von unten: und dunhet mich, das sü reihte hie
inne gerätent verharsten] Closener 98, 10: doz höht lag vor den porten
und darunter verharstet,
HdrZy m., „das nördlichste Waldgebirge Deutschlands'', ist in
dieser dem alten hart entsprechenden Form nicht erst neuhochdeutsch
vorhanden, sondern schon im Mittelalter vorkommend, z. B. in den
Urkunden des Stiftes Walkenried I, no. 176 (a. 1231): cum foresto
quod Harz didtur und S. 386, no. 13: de silva quae generaliter Hartz
vocatur; Urkundenbuch von Göttingen I, no. 140 (ed. Schmidt): von
deme Hartze biz obir de Wesere (a. 1336) ; Magdeburger Schöppenchron.
96, 18: in dem holte, dat heit de hörst = in silva quae didtur Harz
beim Annal. Saxo ; vergl. die Form haruc bei Schmeller-Fromman s. v.
forst'^ — die harczherren erwähnt im Hennebergischen Urkundenb. I,
S. 99, 2 (a. 1324).
haschen, swv., muß ftir das 14. Jahrh. schon vorausgesetzt werden
nach erhaschen, welches sich in folgenden Stellen findet: Koeditz von
Salfeld 86, 29: der erhaschete di düpinne; Alte Statuten der Stadt
zu ClMigen in den Rechtsdenkmälem von Michelsen I, 195: begriffen
donne dye richtere daz swert bar erhascht in der hont (Anfang des 15.
Jahrb.); Eberhard Zersne in der Minne Regel V. 1741: mit arbet unde
Jromikejfd SaÜü dich da nach stellen , Daz sy erhasche froyden deyd;
Altdeutsche Schauspiele ed. Mone 103, 39 : wol uff min rittere und myn
man, erhaschet dy wäfen und tut sye an! (a. 1391).
hauen; das neuhochd. Präteritum hieb (aus hiu, hiew entstanden)
ist nicht erst im 15. Jahrh. aufgekommen, sondern schon weit älter;
vergL er hieb im Passionale K. 156, 60; er verhieb 267,39; 467,96;
Mb im Nie. von Jeroschin 22933; gehtb 22427; hib (: Hb) in einem
mitteld. Gedichte des 14. Jahrhunderts bei Pfeiffer in der Einleitung
zur Deutschordenschronik des Nie. von Jeroschin S. XXVI; vergL Jwb
und heb in der Minne Regel 4208 und 4234.
hausier, m., bis jetzt am frühesten im Urkundenbuche von Ams-
bürg no. 1095: Contze Hone und Zule Husder, scheffene zu Langisdorf
<a. 1390).
SPENDEN ZÜB ALTERSBESTIMMUNG NEÜHOCHD. WORTFORMEN. 43
heheTf m.^ findet sich schon vor Stieler (S. 805) in Purgoldts
Rechtsb. I; 22: die zwine, der touffer und der heher (= der daz kint
hebü), eint zw$ne geistiiche vetir; in einer Beilage hinter Joh. Posilge ed.
Voigt und Schubert (aus dem 16. Jahrh.) S. 401; Z. 9 und 15: des
öbels heber und Stifter.
heger, m,, ist fiir das 14. Jahrh. schon belegt durch Beispiele bei
Haltaus Qloss. 777.
Heldin, f.; tritt zuerst auf im Passional K. 648, 42: cfö ri quam
Petrd heneben in eime guten sinne, si wcls ein groz heldinnej dd sprach er
u. B« w.; femer noch bei Joh. Marienwerder im Leben der H. Doro-
thea B. I; Cap. 15: welche eyne heldyne sy was ober eren Ucknam ,
mag eyn mensche [vomemen ; tieldinne aber im Pass. K. 622, 39 scheint
auf falscher Lesart zu beruhen.
herlitze, f., ist schon in alter Zeit yorhanden, wie die Erwähnung
in den Weissenauer Qlossen (Ende des 10. Jahrhunderts) in den Altd.
Blättern n, 211 zeigt: camus, harlezboum; das Wort steht auch in den
Leipziger Glossen (aus dem Anfange des 13. Jahrhunderts) im An-
zeiger von Mono IV; S. 94: aptus harlzboum; es wird ohnehin dasselbe
sein was arlizboum oder erlizboumy unter dem auch comus verstanden
wurde, vergl. Qraff III, 118. Daß Spätere die Wörter arlitzber und ar-
lizboum bald als Crataegus, bald als sorbus fassen, spricht durchaus nicht
gegen die Identität von arliz und harliz,
himteuj m.; findet sich auch bei Ernst von Kirchberg 724, 44: si
gäbin da ses maz von kerne , und a^hte maz von havergelde, daz maz in
dUtsehem ich hy melde, hemete ist daz maz genant; und in einer hallischen
Urkunde vom J. 1272 bei Dreyhaupt, Beschr. des Saalkr. I, 815: sex
mensuras tritici et totidem ordei, que heymetzen HaUenses vuigariter ap-
peUantur. In Zeitzer Urkunden des 15. bis 16. Jahrh. lautet das Wort
heimbzen, heimzen, heymitzen, heynitzen, hennitzen'j jetzt hört man^ aber
selten, noch hinzvnofi.
hohle, als femin., ahd. hoU, erscheint md. im 14. Jahrh. als Berg-
mannsausdruck = ^halbrund ausgehauener Baum, Trog von einem
gewissen Maße^ (vergl. Frisch I, 462* und Adelung), in den Alten Ge-
setzen von Nordhausen, N. Mitth. Uly 4, 64: item wer da kalk bomet
am Konsteyne, dt sal ixlichs jär io von der rdsen geben eyne holen kalk\
in den späteren Statuten aus dem 15. — 16. Jahrh. nach dem Sonder-
abdruck S. 65: man sal euch dy kalgk hole püssen (außerhalb) der stat
nicht vorlyen; aber auch in dem von Haupt herausgegebenen Stück aus
Enenkel, Zeitschr. V, 290, 808: ich hän üz einer hole gesehen valken
vUegen und 812: i2z der hole her, wenn hier nicht die Form hole auf
Bechnung des Schreibers zu setzen ist.
^ FEDOR BECH
iU8a, hussa f Interjection, wol dasselbe, was schon das mitteld.
liossd ^®5 Konrad Stolle Chron. 114*^: hossä hossä daz larU ist den
J3o««er-^' vergl. auch das Zeitwort hossen bei Lexer Handw. I, 1345.
iC'^ihrunst, f., am frtlhesten bis jetzt bei Oswald von Wolkenstein
105, 4-^ 2: die weishait gots, vemuß und kunsty OotRcher rät, gots sterk,
inhruri'^ß Gotliche vorcht, gotltche kunsty Grotltch lieb guot nie kande.
incorporieren, swv., schon im 14. Jahrhundert, vergl. die Gottes-
freunde von C. Schmidt S. 37: er incorporierte die sancte Kattennen
capeUe *Vi unserre frouwen munster; bei Dreyhaupt, Beschreibung des
Saalkr. II, 877: dy kirehe zv Amendorf j dy hvr vormals was yn gecar-
pariert u/nd gehörte zu Bodewelle yn (a. 1394).
indigy m.y lautet am Ende des Mittelalters endit, vergl. Lexer
Handwört. s. v.
infehif swv., bereits im Passional EL 580; 75: der bischof, der
sch&ne man. Den er geinfelt körnen sach.
insgemein, adv., vergl. Joh. Marienwerder, Leben der H. Dorothea
II, 31 : einem menschin mögen nicht in daz gemeine uf eine zcU sine ougin
brechin kegin allen dingen (noch vor 1417); dazu in die gematne im J.
Titurel 5233, 1.
inskünftige, adv., vgl. Pass. K. 437, 56 : sin edel müt hiez in nicht
gutes ifdegen und in daz kumftige hegen,
instanz, f., erscheint bereits in der Glosse zum Weichbildrecht
od. Daniels und Gruben S. 191, 23: ir soüit merken, soüichir instancien
hette er wol wäre.
inwohnerinf f., am frühesten bis jetzt bei Meister Eckhart 414, 7:
diu sele vergizzet aüer bilde unde formen unde wirt ein inwonerinne mit gote.
calandj ro., öfter erwähnt in einem Gedichte des Pfaffen Kone-
mann aus dem 13. Jahrb., theilweis herausgegeben von Schatz in dem
Programme des Gymnasiums zu Halberstadt a. 1851 ; in dem Urkundenb.
von Göttingen ed. G. Schmidt I, S. 88, 35 werden de kalandesherren
von Gotingen (a. 1325) und in dem Urkundenbuche von Mtthlhausen ed.
Herquet die kcdendesbrüder und ere metekcdendesbrüder (a. 1343) genannt.
karawane, f., dasselbe Wort, welches schon in dem Ordensbuche
der Brüder vom Deutschen Hause vorkömmt in der Form carvane,
Bwm. (13. Jahrb.) = Elriegsbagage , schweres Gepäck und 2. der Ort
und das Haus, wo solches aufbewahrt wird, nach Hennig im Glossar
zu den Statuten des deutschen Ordens S. 252. Vergl. S. 64, cap. 19
ed. Schönhuth : über daz sol er den earuanen von den pf erden unde mÜlen
unde hamasehes etdieheme [der brüderej die vnder ime eint beveUn zu
bekütmie i^izecliehe; S. 65^ oap. 21: daz er den earvanen (hü Hennig:
SPENDEN ZUR ALTERSBESTIMMUNG NEÜHOCHD. WORTFORMEN. 45
den ccuruenen) unde die anderen dinc die zu deme ambete des marechalkea
gehdrent hezzere unde vurdere; S. 66, cap. 22: müle unt pfert von deme
carvane die mac er Wien: S. 70, cap. 36: der echiüknechte meister mac
van deme carvane geben eime brüdere einen aatel] ferner Job. Marien-
Werder^ Leben der H. Dor. lib. II, cap. 7: das ich küme mochte gien
Ü8 der kirche in im /sc. der Carthüser by OdantzkJ karban in eyn ge-
mach. Außerdem sind zu vergleicben über die danach benannten kar-
wens-, kdrbis , karbs-herren, welche die Aufsicht über den karwan führten,
sowie über die karbishöfe die Anm. zu Johannes Posilge ed. Voigt S. 182
und Scriptores rer. Prussicarum m, 287.
kamöffel, kamilffel, m., als Kartenspiel näher behandelt in einem
Gedichte aus der Mitte des 15. Jahrhunderts : ein süberlich höfflich spruch
von dem spiel kamoffeUn, bei Fichard Frankf. Archiv III, 293 folg.,
wo die Spielkarte wiederholt das karnoffeUn genannt wird (im Reime
auf vnn und Ari).
karthäuser, m.; mit der heutigen Schreibung stimmen Stellen in
dem Urkundenbuche von Freiburg ed. Schreiber I, S. 364: dem prior
und den bruodem der karthüser und des karthüserordens (a. 1346) und
die karüMser S. 372 (a. 1347), sonst die karitOser S. 367 u. 369 u.
374; bei Jacob Tw. von Eönigsh. ed. Schilter S. 228: br&bst Felix der
wart carthüseler.
käsekorb, m.y gehörte schon dem 14. Jahrhundert an, wie aus dem
Eisenachischen Rechtsbuche ed. Ortloff ze ersehen ist, HI, 4 (S. 703) :
ein üxlich ding, dt dd geneilt sint und geuoet, dt enhdren doch zcum hüse
nicht, als$ kesekurbe und kSsebret; Rechtsbuch nach Distinctionen II,
1, 231: alie gehangen dele zcu Msen noch kisekorbe gehdm ouch nicht zu
deme hüse.
kauffahrt, f., aus welchem Worte kauffartei hervorgegangen, findet
sich querst in dem Magdeburg-Qörlitzer Recht bei Gaupp, Das alte
Magdeb. und Hallesche Recht S. 293: Ist daz ein man betevart oder
hoyfvart varen toil büzen landes (a. 1304); ebenso im Sächsischen Weich-
bildrecht ed. Daniels und Gruben 137,21.
kauz, m., fbr das höhere Alter des Wortes spricht der Zuname
Küz in dem ürkundenb. von Arnsburg no. 464 (a. 1316): Conradum
dictum Kuiz und no. 540 (a. 1321): Conrado dicto Küze.
keineswegs, adv., in einer Habsburgischen Urkunde vom Jahre
1387 in den Beiträgen von Kurz und Weissenbach I, 148, Z. 11; Weist.
V, 69, Z. 6; deheines weges in den genannten Beiträgen I, 141, Z. 6
(a. 1364); Weist V, 85, Z. 12 (a. 1343); S. 87, §. 3; S. 88, Z. 6.
46 FEDOR BECH
kdlerei, f., schon in den Weisthümern IV, 196: uf der kdlerige
fotuser (a. 1456); noch ftlter kelnerie im Hennebergischen Urkondenb.
in, 57, 40: üz unsir kdnene (a. 1366) und in der Zeitschr. des Vereins
ftlr thür. Gesch. IV, 317: das zcu Urkunde hohe ich der kebtereye eigil
an disen brieff gehangen (a. 1395).
kerbe, f., wird bereits erwähnt in einem hücJietm daz da rät gibei
wider den brant der gebüwede (aus dem Ende des 14. Jahrhunderts), ab-
gedruckt in Espes Bericht an die Mitglieder der deutschen GeseUschaft
aus dem J. 1839, S. 9: se machen de vnderHen cssigele vnden an deme
dache mit kerben, alsd das eich de czigeUj dy obene legin, gehalden mögen
an den vndersten; S. 11: man mache de bcdken alle daß ei eyn wenigh
langher eyn eynes halben ßiszes da man kerben yn mache umme und umme
dar das gebüwede glich vnd veete uffe ste; vergl. Haupts Zeitschr. XVII,
33, 707, wo vielleicht kerben statt kerbere zu lesen ist Im Mitteid.
Schachbuche 213, 21 (a. 1355) findet sich daßir die Form karp, stm.;
außerdem kerphe in einer Urkunde vom J. 1327 bei Schreiber, ür-
kundenb. von Freiburg I, 277 : wir eüUen in irem wassere enhein
kerpfen noch wuor machen; endlich Kerbholz kömmt bereits im 14. Jahr-
hundert vor bei Lambert, Die Rathsgesetzgebung von Mühlhausen
S. 53: win koufen in geselleschqft yff kerueholze zu trinkene.
kleinmüthig, adj., ist mittelhochd. schon vorhanden, und zwar bei
Konrad v. Megenberg 45, 2 : wer sein augöpfel her für pauzend hat mit
der ganzen groezen der äugen, der ist klatnmiietig; in der Hohenfnrter
Benedictinerregel 48, 17 (vergl. die Var.); im Buch der Beispiele 25, 1;
24, 26; bei Niclas von Wyle Translat 243, 24: 247, 9.
kleinschmied, m., zeigt sich bis jetzt am firühesten in einer Urkunde
von 1215 bei Böhmer, Urkundenb. von Frankf. S. 23, Z. 6 von unten:
Qmradus et Wähelmus confratres dicti Cleinesmide) in einer Jechaburger
Urkunde vom J. 1395 bei Würdtwein Diplom. Magunt. I, 195: dry
ackere kegen deme sükenbom by Frizen deinsmedes ackeren gelegen; im
Anzeiger ftLr Kunde III, Jahrgang 1856, S. 274: hüfsmede, goltsmede,
meßirsmede, kleynsmede, phansmede (düringisch aus dem 14. — 15. Jahrii).
Bei den Brüdern vom deutschen Hause St. Marien gab es im 13. bis
14. Jahrh. auch eine kleine smitte nach dem Ordensbuch ed. Schönhuth
S. 64, 19 (= S. 176, 20 ed. Hennig): under deme marschalke sol euch
sin daz satelhüs unde die deine smitte; S. 67, 26 (= S. 180, 28 ed.
Hennig) : alsd mae auch der commendiir von deme satelhüse unde von der
deinen smiden nemen swes er zu ime selben bedarf; S. 71^ 38 (= S. 187, 40
ed. Hennig): der brüder van der deinen smitten sol den brüdem wider
machen ir zoum oder stegereife oder sporne u. s. w.
SPENDEN ZUR ALTERSBESTIMMUNG NEUHOCHD. WORTFORMEl^. 4T
kltngJdang, m., der Ansatz zu diesem Worte schon in eine» Ge-
dichte des 14. Jahrhunderts, in y. d. Hagens GAbenteuem 11, 619^ 338:
tüsent harpfen klingen klanc (: danc) waeren niht sd süeze (= Altd. Wälder
n, 78, 244).
klotz, m. und n.^ finde ich in der Bedeutung von Kugel, Geschütz-
kugel, und zwar als Neutrum mit dem Pluralis klotzer, nameatlich
bltklotzer, schon in einem Frankfurter Verzeichnisse aus dem Jahre 139t,.
vergL Böhmer ürkundenb. von Frankfurt S. 766 u. 767 u. 768). wo e»
wiederholt heißt /// bussen (Büchsen) , XXX kloczer, oder III tUsaen^
XXX blykloczer.
knicken, sw., als Intransitivum schon in den Liedern Muskatblut9
ed. Groote 75, 8: cristenglaub tmd daz reckt git hnycken uff der 9teäzen^
kotier, n., Pflugmesser, war schon vor dem 17. Jahrhundert in
einigen Gegenden Deutschlands eingebürgert, vergl. Weist. 11^ 538*: äa»
€iekte ey sol der achotiess mit einem kotier von einander hawen; 589: da»
fumfft ey soU der gehöber hart sieden oder broden und uff die kMsaciweüe
legen und mit einem kotier zerschlagen; 587: so weith, als er mä etnem^
kotier von dem schorrenstein von sich werffen kan] 597, Z. 6: man
soü fiki* sein dhür an dem gadder ein heissen kolffier (?) leggem,. und so»
weit damit geworffen kunJt werden , soU man dass gerichJt tU^lsn;^ 726c
dat eckte ei sal si im up den durpeü leggen, dat suUen si mit dem kotier
van ein andern houwen (a. 1413).
köstlichkeit, f., bereits vor dem 15. Jahrh. im Earlmemet 386^ 3&:
hi enldch neit, de ^ geseide de kostdicheit van dem gereide.
kötze, f., „geflochtener Rückentragkorb'' schon in Job. Rothe»
Chron. Cap. 437: so kaufte her einen esil unde vaste den hräm in zwü
kotzen unde treib on von eime lande in das ander.
kribbeln, swv.; erwähnenswerth ist hier noch Eberhard Zersne,.
insofern er am frühesten die niederd. Form des Worte» aufweist,.
y. 4193: her tzetterte myd den backen, Van rechten tzome wart her hieych,,
Ez krebbelte ym in dem nacken.
krüger, m., Bierwirth, als Zuname schon vor dem 15. Jahrh» im
Hennebergischen Urkundenbuch I, 65, 32: bonum Alberti dicti Kribeger
(a. 1316); in einer obersächsischen Urkunde bei Espe, Berieht vom
J. 1845 an die Mitglieder der deutschen Gesellsch. S. 11: euch sulten
al unse richtete und crügere, die in unsem lande gesezzem sint, swere» uff
diesen brieff (a. 1358).
kufer, m., bereits in dem alten Recht der Stadt Strasburg er-
wähnt aus dem 13. Jahrh. bei Gaupp, Deutsche Stadtr. des Mittel-
alters I, 59^: die küfere = qui fadunt v<isa vinaria und 77^: cuparii.
48 FEDOR BECH
die kuafere (Ilndschr. kmiftre)^ und 91: kueffer (a. 1263). Vergl. die
Altd. Dichtungen von Meyer u. Mooyor 46, 140: sin sprach, gS eu dem
hieffer, der leit dir ein reiß dar fymb,
Icwpfpelei, f., dafür bei Hans Folz in Haupts Zeitschr. VIII, 640,
109 kfipplerei.
kftttel, im Plural hiffeln = Eingeweide, lässt sich mitteldeutsch
schon aus dem Jahre 1308 nachweisen, und swar aus den Alten Oe-
setsen von Nordhausen in Förstemanns N. Mitth. III, 2, 13 (61) : waz
büze man vorfoerkit an dem vUische, dt vortoerken dt an den kotden, di
kotelen seilen; femer von den kotelem ■= di kotein seilen IH, 3, 48 (19);
aus dem 14. Jahrh.; — hitelhof im Urkundenbuch von Leipzig I, 38,
DO. 62: vier steine unsleides, die man alle jär geben sal dem dosiere zem
der Celle itz dem kuttelhove zeti Lipczig (a. 1362).
laden^ m., mittelhochd. lade, im Sinne von Kaufladen schon im
Sudtrecht von Meran (a. 1337) bei Haupt Zeitschr. VI, 420: üf dem
laden verkaufen; 414: sme koufmanschaft veile haben hie vor üf ^mem
laden; 416: daz brdt sol man after des niht verkauf en^ swaz des üt, esE
habe der beche df der (? lies dem) loten oder inrehalben des laden; im
Stadtbuch von Augsburg ed. Meyer S. 45: ez sol ouch kain rinisehühsiei
we strtkxe mit tischen stän, wan an dem fntage; in smem hUse unde 4i
sime laden nnde ze gesatzten kristensteten mag er alle tage stän (a. 1276);
bei Konrad von Ammenhausen nach der Zofinger Hndschr. 168^: ihm
stigleder — die henkt er {der sateler) veile ^z für sin gaden, Da er iwH
tcürket an dem laden; — als Femininum steht es in dem Rechtabnel
nach Distinctionen V, 9, 15 ed. Ortloff: von der cremer seüunge rede tcJ
nicht fd, v^en sunderlich in dene steten, do sy von tot'Ueckor ttnde «m
irsaczten rechte oren gemeinen gesiez haben durch eyne gassze, dd mlUm
alle laden eyne kegn der andern sten; inicert vnde nszward an dem
sal kegne lade stän; und in Weist. III, 779: man mach dem
all die weck nemen uß der laden von dem gegadt die da bruchig
(a. 1456). In der Bedeutung von Fensterladen steht es in dem
buch nach Distinct. II, 1, 166: alle laden undefenster, ysem unde
angehangen, gehören zcu deme hüse. Ob der Dativ Plur. leden in dn
Clironiken der D. Städte II, 312, 5 (der gab teglich proi umd apm
m den leden dem rolck hinauß^ von lade und nicht vielmehr Ton dm
Ut = lit abzuleiten ist, scheint mir fraglich. Letzteres bezeichnete mA
blolS den gelenkartig eingefügten Deckel an einem köpf (Becker»
napf (Flore 1579, Schmeller U, 438. Schöpf, Tirol. Id. 389); W<
I, 529 : drei weibecher, der sollen zwen Hede haben und der drii keim ii
vergl. Stieler 1121 kannenliet, kruglieti an einer Truhe, Kelleim En
SPENDEN ZUR ALTERSBESTIMMUNG NEÜHOCHD. WORTFORMEN. 49
889, 12: üf der trühen lit (: mit); an einem Rasten (Kiste, Lade), Sach-
sensp. I, 24, 3: kosten mit upgehavenen leden (gewölbten Deckeln) und
ebenso in den daraus abgeleiteten Rechtsbüchern; man nannte so auch
Klappen, Läden, Ladentische , kleine Thttren, insofern dieselben in
Angeln gehen, sich gliedartig bewegen, auf- und zugeklappt oder hinauf
und heruntergelassen werden können. Ganz besonders heißen in niederd.
und mittel d. Gegenden so die Tische, auf welchen Fleischer, Bäcker
und andere, auch Höker ihre Waaren feil boten, insofern sie in Angeln
giengen und von oben nach unten sich aufklappten, mochten sie nun
am Hause in der Fenstergegend oder an der Krambude angebracht
sein; vergl. Urkundenbuch von Frankf. ed. Böhmer S. 201: in trihu^
tuguriis aeu fenestris quae dicuntur lide (a. 1280) ; Urkundenbuch von
Göttingen ed. G. Schmidt I, S. 285: we &k eyn led ghände hefi üt nneme
hüs eder boden, dtir he veyle wäre uppe heft, schal gheven van deme lede
6 Oott. d, to tinse; deyt he aver sin led td unde neheß dar neyne veyle
wäre cett. (um 1375); Walch, Verm. Beiträge H, 103 (= Alte Geraische
Statuten) : der fleischhaiier mag das finnig fleisch am Sonnabend wol feil
haben, doch also, daß er solch f. fleisch vom auf die lith lege und ein
weis tüch dar under; Zwickauer Kramerordnung vom Jahre 1348 (bei
Espe, Bericht vom J. 1848) S. 31 : daz keiner der hy wassir unde weide
suchet weder uf dem markte noch vor denbrüdem noch zu kirchen sten
sol wen under den cremem, divnle ein cräm oder ein lyt irgent ledic ist'^
und ebenda: ouch ist recht, daz keine lyt mer sullen »in an den ecken
wen ein, daz Hz dem seibin cräme get, der an der ecke lyt, daz sol an
beiden orten sin der cremer; in einer Wittenberger Urk. vom J. 1356
(bei Espe, Bericht von 1845) S. 9: ou^ih sal nymant gewant swden, er
enhab eyn lit in deme koufhüse; ebenda, in einer Urk. von 1354, ist
von einem lettins = liizins, Ladenzins die Rede; die Alten Gesetze
von Nordhausen (Förstem. N. Mitth. IH, 2) 41, 221 : nichein unser borget
eder borgerinne, dt da phMt heringe zu sellene^ sal nicheinen herinc vor-
coufe an der strdze uf tische edir uf banke, wen uf sime eigenen Ute;
Michelsen, ßechtsd. aus Thüringen, 4, 403 (aus dem Gerichtsbuche des
Käthes zu Erfurt, a. 1482—92): nachdem die meistere des hantwerckes
der kannengiesser dem selben Heinzen Beynhüsen syne lede zcügethän und
auch ettliche kannen gephant hatten, sd sollen sie yne syne lede wider vff-
ihün. Eine Thtir oder Klappe an Schweinkoben sowie an Ofen, selbst
an Hosen heißt in Düringen und im sächsischen Osterlande heutiges
Tages noch das led, das sauled, das üfenlM, das hüsenled. Außerdem
ist hierher zu ziehen fensterlet bei Joh. Rothe Chronik Cap. 42: mit
gülden thoren unde vensterleden (so auch Cod. Gothan.) sowie bodenled =3
GEBMANIA. Neu« Reihe Vm. (XX. Jahrg.) V
50 F. BECH, SPENDEN ZUR ALTERSBESTIMMUNG NEUHD. WORTFORMEN.
hölzener, in ADgeln gehender Fensterladen an der Bodenluke bei Vil-
mar Id. 240 und heimlet = Klappe am Visier des Helmes in den
Scriptores rer. Pross. V, 329 (a. 1518). Ganz dieselbe Bedeutung hat
endlich noch lit (Ited) in dem heutigen augenliedy welches mittelhochd.
schon im Gebrauch war, vergl. ougelü bei Lexer Handw. H^ 186. Die
alte Sprache unterschied sonst zwar zwischen hlü = operculum und
Ut (Ud, lidh) = artus; es scheint aber schon früh eine Verwechselung
oder Vermischung beider eingetreten zu sein. Im Neuhochd. ist die
Bedeutung von lit oder let grade zu auf laden übergegangen.
lader, m., bringt in der mitteld. Form ledere schon eine Willkür
vom J. 1454 im Urkundenb. von Leipzig I, 248, Z. 4 : man aal kein
eentener gut nicht abeladen, es sy eins burgirs addir eins gastes, efi ihüa
denne dy gesvDomen led^-e,
lagerbier, n., wird in einem Zeitzer Handelbuche aus der Zeit des
Bischofs Dietrich schon erwähnt, fol. 119*: es sy eyn altherkomen vnd
gewonheit, wer da prütoet in einer andern gassen adir vierteiU dan da er
inne wont, der sali sine lagirbir adir bxr in keines andern mannes hufi
nicht legen lassen an laub und wissen des rätts (a. 1469).
ladstock, m., ist neuhochd. Benennung ftlr das frühere ladeUen,
ladeysen, mehrmals aufgeführt in Böhmers Urkundenb. von Frankf.
S. 766—767 (a. 1391); vergl. lad-tser bei Lexer Handw. I, 1812.
lake, {., am frühesten in Mitteldeutschland bei Hermann von
Bjbera (Eirchhoff, Weist, von Erfurt) 57, 41 : de piseibus gui iacent in
der lake (a. 1332).
längs, als Präposition mit dem Acc, finde ich schon in einer
Kölner Urkunde aus dem J. 1340 bei Höfer, Auswahl 335, Z. 9: lantks
dey gregt zu HenderhoUs Hovewart und Zeile 12: lancks dat bruch ende
ttisehen der santstraesen ; femer in einem Weisthum von Deuz aus dem
J. 1386 bei Grimm lU, 4, Z. 31: längs den stein und S. 5, Z. 3: längs
dat BoechoÜz.
lanktüirig, adj., habe ich in der Form lancwerig gefunden in den
Anmerkungen von Schilter zu Jac. v. Eönigshofen S. 913: ir lanewerige
grofimehüge kriege (15. Jahrh.) und in einem Pfortener Briefe vom J.
1503 bei Schöttgen und Ereysig, Diplom. Nachlese U, 465: geczennke,
darynne sie ettioann langwerig gestanden.
larifari, leeres albernes Gerede, halte ich für eine Entlehnung
aus dem Italienischen; vergl. Fichard, Frankf. Archiv HI, 204: Da
sungen sie die messe terribilis La re fa re ut in excdsis Bisz an das
graduale: Liebe swester habe dir das ssu dieszem male!
NOLTE, EINE RELIQUIE VON HEINRICH AEGER AUS CALCAR. 51
larvsy f.; erscheint Rchon in den Salfeldischen Statuten (14. Jahrh.)
bei Waichy Beitr. I, 22 und 68 als Überschrift: toer in den larfen leuffet
(vergl. Purgoldts Rechtsbach IX, 109: daz man in der kyrchen
nicht mit larffen lawffe).
lässig, adj., schon früh im Mitteid. vorhanden, wie man nun aue
der Hohenfxirter Benedictinerregel ersieht, 48, 43: swer so versümieh
ist und s& lazdc, daz er nit toil oder enmach nit trachte oder lese,
läusekraut, n., findet sich zuerst bei Konrad von Megenberg 420, 16:
Staphisagria haizt perchkicher, und haizent etleich läuskraut mit Urlaub.
verlauibaren, swv., bei Daniels und Gruben in der Glosse zum
Sachs. Weichbildrecht 422, 31 : w$re er aber ynlendisch gewest, und hette
das nicht verlütbart yn jare und yn tage.
laute, f., doch schon im Evangelium Nicodemi, bei Roth, Kl. Bei-
träge IV, Heft 16—17 (a. 1865), S. 53, V. 69: paide zimbel unde irum-
ben, eythara und ouch zitolen, psaüerium, welsche violen daz chobus (? lies
chorus = soffpfxfe nach Diefenb. 153*") mit der lauten y paide tambüren
und die pauken (? lies bauten, büten).
lehne, f., die Bache, am fiilhesten wohl in der Zusammensetzung
lyenenbusch im Urkundenb. von Arnsburg no. 811 (a. 1354); Vilmar
Id. 242.
liederlich, adj., tritt schon vor 1400 auf, im Reinfried V. 4917
und 16381.
EINE RELIQUIE VON HEINRICH AEGER AUS
CALCAR.
Der ehemalige Kölner Karthäuser Codex 3. 133 trägt in der
Darmstädter Hofbibliothek die Nummer 819. Ich theile aus ihm nach-
stehendes Stück mit, welches den Karthäuser Mönch Heinrich Aeger
zum Verfasser hat, über den ich in der Wiener Ztschr. für die ge-
sammte kathol. Theologie 1855 Bd. 7 Heft 2 S. 195 folg. ausführlich
gehandelt habe.
fol. 139 vers. Wan die sele bloesz ist und ledig aller dinge, so
wirket got alle werk in ir. Die sele sal also bloez und ledig sin aller
dinge und also in got vereyniget sin, daz sie sal duncken, daz nit en sy
dan eyn got, und daz er nye me geschuffe dan sye alleyn. Alsus sal die
sele al ir kreffte samen in iren frihen willen^ daz si ongehindert blibe von
52 NOLTE, EINE RELIQUIE VON HEINRICH AEGCR AUS CALCAR.
ir selber und allen dingen. Quanto magis te nndaveris a fantasmatibua et
per bonam volnntatem in intellectu deo nnitus fneris, tanto magis ad sta-
tum innocentiae appropinquas. Quo quid melius^ quid felicius, quid iocun-
dius? Divide inter animam et camem. Cogita animam iam esse in eter-
nitate et hoc quod neseit nee intelb'gere potest, hoc patitur. Qui michi
ministrat, me sequatur et ubi sum ego, illic et minister mens erit.
Ee en geruet die siele nimmer e si gefuret werde ober ir krefite und
mogenheit in den Ursprung und daz stiUe gotlicher naturen. Aldo*) vin-
det sie vol genugede und ewige selikeit Und je lediger usganck, je fii-
her ufganck und naher inganck in die dieffe abgrunde der wysloser got-
heity in die sie versinket und vereinit wirt^ daz sie nit anders mach wullen
wan daz got wil. Secundum Bemardum isto modo homo deifit hoc ex
gratia, quod deus est ex natura. Waz ist daz daz dem hoesten unge-
schaffenen geist allerbeist smacket under allen dingen? Daz ein ist an-
ders nit dan minen willen genück syn in allen dingen. Ja wistehe(?) ich daz
myn lob und wille gelege an neszeln und anderin unkr&t uszbrechen, daz
were ymme daz begerlichste zu volbrengen. Dar (fol. 140) umb so halt
dich ledigclich und lals mich mit dir wirken, so wie ich wil is si susz ader
sär, wan ich bin die ewige wysheit, ich weis allein was dyn bestez ist. We-
res du din selbes also ledig als du des obersten engeis bist, der oberste
engel und alles daz got galeisten mach, ja auch got selber were als gar
din dyn eigen als du dyn selbis eigen bist etc. Videtur mihi quod ista
ledikeit tantum sit in isto silentio. Diewil daz die sele it merket, so en
ist si nit in der stiller heimelichkeit godis. De armen des geistes die gent
uszer in selber und uszer allen creaturen. Si en sint nit, sie en hant nit,
si en wirkent nit etc. Und diese armen, die en sint nit, wan daz sie sint,
daz sint sie von genaden got mit gode und des selben en wissen sie nit.
Wan die siele komet an diese edelkeit daz sie alsus an nicht hanget, so
en vindet sie kein scholt an ire, daz komet von der friheit, da sie
dan in swebet, wan sie eyn mit gode ist So sie danne zo dem lichame
komet und ir selbes nit lebit, so vindet si aber scholt als e. So wirt
si gebunden und get weder in sich selber und gebrüchet des, daz sie
dort befonden hat, so erhebet aber sie sich über sich selber und komet
hin ubir dae sie ym swang und alle yre genugde inne haben mag.
Der Copist ftlgt bei: Hucusque in libello domus argentine.
DARMSTADT. NOLTE.
*) So cod. a Ober o.
KARL V. AMIRA, ZUR SALFRÄMKISCHEN EIDESHILFE. 53
ZUR SALFRÄNKISCHEN EIDESHILFR
Die OrdnuDg innerhalb der nach salfränkischera Recht zur Eidea-
hilfe antretenden Magschaft habe ich in meiner Schrift über die ^Er-
benfolge und Verwandtschaftsgliederung nach den altniederdeutschen
Rechten" p. 29 folg. nur flüchtig berührt, da über das fragliche Rechts-
verhältniss Quellenzeugnisse aus der Zeit vor dem 9. Jahrh. mir nicht
zur Verftlgung standen, die späteren aber dem Plane meiner Arbeit
gemäß zum eigentlichen Beweise nicht verwendet werden sollten. Nur
der 2. Peyron'schen Extravagante wurde gedacht als der einzigen
hier einschlagenden Nachricht, die uns die salft'änkischcn Legalquellen
an die Hand geben. Bekanntlich sind es aber noch drei Formulare
aus karlingischen Formelbüchem, die sich näher darüber auslassen,
welche Blutsfreunde dem Hauptschwörer beim Eide zu helfen haben.
Die Formeln beziehen sich insgesammt wie die 2. Extravagante auf
den Eid im Freiheitsprocess. Die uns hier vor allem interessierenden
Worte sind:
Form. Lindenbr. n. 169 (Rozifere n. 483): Sed ipsi scabini ...ei
[dem Beklagten] visi sunt judicasse ut supra noctes quadraginta cum
duodecim Francis, sex de parte paiema, et sex de matema in ecclesia
illa jurare debuisset, quod de parte paterna aut de matema secundum
legem Salicam ingenuus esse videretur.
Form. Marc. App. n. 2 (Rozi&ren. 479): . • . taliter fuit judicatum,
ut hac causa ajmd praximiores parentes suos octo de parte genitore suo
et octo de parte genitricas suae, si praemortui non sunt, apud dtiodeclm
francos tales, qualem se esse dixit ... in quadraginta noctes in proximo
mallo . • . hoc debeat conjurare.
Form. App. App. n. 5 (Roziire n. 480). Sic ab ipsis personis
taliter ei fuit judicatum, ut apud duodecim homines parentes suos octo
de paJbre et quaJtuor de matre, si praemortui non sunt, et si praemortui
sunt, apud duodecim homines bene Francos Salicos in ipso mallo . . . hoc
conjurare debeat, quod avus suus ille quondam nee genitor suus ille
quondam coloni Sancti illius . . . nunquam fuissent.
Die Formeln stimmen hinsichtlich der geforderten Eideshilfe
weder mit der 2. Peyron'schen Extravagante, noch unter sich völlig
überein. Von der Extravagante weichen sie sämmtlich schon dadurch
ab, daß sie nicht einen selbzwölft, sondern einen selbdreizehnt zu
54 KARL V. AMIRA
schwörenden Eid verlangen. Allerdings ist der mit 12 Helfern zu er-
bringende Eid der dritten Peyron'schen Extravagante bekannt: . . .„prae-
beat ipse . . . duodecim sacramentales et ipse sit tertiusdeeimoi»^. Doch
gilt dieß nicht flir den Freiheitsbeweis, sondern ftlr den Beweis der
Echtheit von Urkunden. Vielleicht ist auch schon in der lex Salica
ein selbdreizehnt geschworener Eid gemeint, wenn im tit LVIII ge-
sagt wird: ^XII juratores donare debet*'; und in tit. LX des He-
rold'schen Textes: „cum XII juratoribus se exinde educat.^ Indeß Cap.
Sal. II c. 4 (ed. Boretius) schreibt zum Beweise im Proceß ^de dote
et de res in hoste praedata et de homine qui in senritio revocatur^
einen Eid vor, den nicht, wie Waitz (d. a. Recht der saL Franken
p. 172) meint, 12 Eidhelfer neben dem Hauptschwörer, sondern den
im Oanzen 12 Männer schwören („In quantas causas thalaptas de-
beant jurare^, wozu Cod. 3: „In quantas causas talentas [L talaptas]
juratores sunt XII^). In der lex Ribuaria ist der Zwölfereid ein selb-
awölft geschworener (vgl. L. Rib. VI, VII, IX, X, 1, XHI, XIV, 2,
LVn, 5, LXVII, 5 mit LXVI, 1), während der Sechsteid ein selbsiebent
geschworener ist (LXVI, 1). In der lex Chamavorum ist der Behaltungs-
eid im Freiheitsproceß selbdreizehnt, der promissorische Eid bei der
Freilassung selbzwölft geschworen (a. a. O. c X u. XI). So ist auch
filr salfränkischen Rechtsbrauch des 6. Jahrh. der Zwölfereid gerade
im Freiheitsbeweis als ein selbdreizehnt zu schwörender beglaubigt
(Form. Andeg. n. 10 bei Roziire n. 482). Vgl. femer ftlr den Unschulds-
eid Gregor. Turon. bist eccl. VCU, 40 und Form. Sirm. n. 30, wonach
der Unschuldseid im Proceß wegen Todschlags „manu sua tertiadecima'^
und verdreifacht „mann sua trigesima septima^, also doch als Zwölfer-
eid geschworen wird (ebenso der Eid im Freiheitsproceß, Rozi^
n. 481). Es ergibt sich, daß der Begriff des Zwölfereides schon im
6. Jahrh. ins Schwanken gerathen war. Die Einen verstanden ihn als
einen mit 12 Helfern, die Andern als einen selbzwölft geschworenen Eid.
Uneinigkeit unter unsem Quellen besteht femer hinsichtlich der
erforderlichen Art der Verwandtschaft zwischen Hauptschwörer und
Eideshelfem. Die letzteren treten nach der zweiten Extravagante in
zwei Gruppen, Vater- und Mutterseite, aus einander. 4 Vater- und 7
Muttermagen sollen schwören^ falls den vftterlichen Vorfahren des Haupt-
schwörers, 4 Mutter- und 7 Vatermagen, falls den mütterlichen Vor-
fahren die Freiheit abgestritten werden will. Denn das Princip ist: „ex
qua parte mundior est, ex ipsa parte plus dabit testes.^ Weiterhin gilt
nach der Extravagante der Grundsatz, daß auf jeder Verwandtschafts-
seite stets die nächsten Blutsfireunde („qui proximiores sunt*') als
ZUR SALFKÄNKISCHEN EIDESHILFE. 55
Eidhelfer aufzutreten haben. Und es ist sogar ein Incidentverfahren vor-
gesehen, über die Frage^ ob die vorgeführten Eidhelfer auch wirklich
die nächsten Magen des Hauptschwörers seien, — ein Incidentver-
fahren, welches möglicher Weise zu Zeugenbeweis und Zweikampf
führen kann. Im Gegensatze zur Extravagante verlangt die Linden-
brog'sche Formel schlechthin den Schwur von 6 Vater- und 6 Mutter-
magen , gleichviel für welche Seite der Verwandtschaft der Eüäger Un-
freiheit behauptet hatte („ . . . advocatus . . . illum interpellabat, dum diceret
eo, quod de capite suo legibus esset servus . . • quod genitor suus vel ge-
nitrix sua aut avus suus aut avia sua [servitium] fecerunt. Sed ipse
vir . . . hanc causam in omnibus denegabat, quod . . . secundum legem
nullum servitium agere deberet eo, quod de parte patema aut de ma-
tema secundum legem ingenuus esse videretur^). Andererseits gedenkt
das Beweisurtheil nicht des Erfordernisses, daß der Schwur von den
nächsten Vater- und Muttermagen zu leisten sei. Von den beiden
Formeln im App. Marc, wahrt n. 2 zwar den letztgedachten Grund-
satz der Extravagante. Hingegen ist, wie dieß schon H. Siegel (Gesch.
des deut. Gerichtsverf. I p. 186) hervorgehoben hat, die Kegel „ex qua
parte^ etc. sowohl in n. 2 wie in n. 5 aufgegeben, nur in anderer Weise
wie in der Lindenbrog'schen Formel. Nach n. 2 nämlich hat der Kläger
behauptet, „quod genitor suus nomine illo colonus Sancti illius . . .
fuisset^, nach n. 5 „quod avu8 suus . . . vel genitor suus coloni Saneti
iliius . . . fuissent^. Obwohl hiemach als Eiaggrund nur Unfreiheit der
väterlidien Vorfahren ang^eben ist, schwören doch beide Male 8
Vater- und 4 Muttermagen. Endlich trennen sich die beiden Formeln,
— was gleichfalls von Siegel betont ist, — auch dadurch von der
Extravagante, daß sie den freundlosen Beweisftihrer nicht sachfkllig
werden, sondern noch einen mit 12 Salfranken zu schwörenden Eid
erbringen lassen.
Hinsichtlich des geschichtlichen Verhältnisses dieser Widersprüche
dürfte Folgendes in Betracht kommen. Die verwandtschaftliche Eides-
faiife beruhte auf dem Gedanken, daß unter allen unbescholtenen
Rechtsgeuossen der Verwandte am besten im Stande sei, sich über
die Eidesreinheit seines Verwandten eine Überzeugung zu bilden (vgl.
K. Maurer in der Münchener krit Überschau V, 1857 p. 206 — 213 und
R. Sohm, Alt&änk. Reichs- und Gerichtsverfassg. p. 582). Andererseits
konnten, wenn man dieser Rücksicht folgend, sämmdiche Eidhelfer
dw nächsten Verwandtschaft des Hauptschwörers entnahm, doch Fälle
eintreten, in denen bestimmte Verwandte eben so sehr am Beweis-
diema wie am Beweisführer ein persönliches Interesse hatten, so daß
56 KARL V. AMIRA
sich gegen ihre Verlä^sigkeit das Mißtrauen regen mußte. Ein solcher
Fall war im Freiheitsproceß gegeben. Hier war von vorne herein zu
erwarten, daß die meisten Eidhelfer auf derjenigen Verwandtschafts-
seite sich würden auftreiben lassen, auf der die unfreien Vorfahren
des Hauptschwörers gesucht wurden. Dem natürlichen Mißtrauen ge^en
sie entsprang, wenn nicht ihr gänzlicher Ausschluß von der Eideshilfe,
so doch ihre Zurücksetzung hinter die unangefochtene Yerwandtschafts-
Seite, also der Grundsatz ^ex qua parte^ etc. In der Lindenbrog*schen
Formel ist dieser Grundsatz verschwunden, in den beiden Formeln
des App. Marc, in sein Gegentheil verkehrt, sofern nicht dort das
Verhältniss der Vater- zur Mutterseite wie 2 : 1 als ein ftbr alle Fälle
gemeinsam gilüges angenommen ist Femer: Mit ihrem absoluten Er-
fordemiss der verwandtschaftlichen Eideshilfe sowie mit ihrem Er-
fordemiss der Eideshilfe der nächsten Verwandten stimmt die Extra-
vagante völlig zu lex Chamavorum X: „Si quis hominem ingenuum
ad servitiuro requirit, cum duodecim hominibus de suis proximis pa-
rentibus in sanctis juret et se ingenuum esse faciat aut in servüium
cadat.^ Der Unterschied in der Zahl der Eidhelfer beweist, daß die
salfränkische und die chamavisch-fränkische Quelle von einander un-
abhängig sind. Um so nachdrucksamer fällt ihre sonstige Einstimmig-
keit in's Gewicht. Es lässt sich hieraus der Schluß ziehen, daß sie die
ursprünglichen Regeln über altfränkischen Freiheitsbeweis treuer be-
wahren als die Formeln. Indem die Formeln nicht nur die altsalische
Eidhelferzahl vermehrt, sondern auch das absolute Erfordemiss der
Verwandtschaft in ein primäres verwandelt oder aber das absolute Er-
fordemiss nächster Verwandtschaft aufgegeben zeigen, überliefern sie
spätere und particulare Besonderheiten des salfränkischen Gerichtsge-
brauches im Gegensatz zum alten Volksrecht Dieß Ergebniss ftigt sich
bestens zu dem vorhin über die Regel „ex qua parte** Bemerkten. Wenn
nun auch die ursprüngliche Gestalt des salfränkischen Freiheitsbeweises am
wenigsten getrübt in der Extravagante vorliegt, so lässt sich doch kaum
annehmen, daß die neu schaffende Rechtsübung durchweg willkürlichen
oder gänzlich unjuristischen Gesichtspunkten gefolgt sei. Bereits wurde
auf die Möglichkeit hingedeutet, es könne das Zahlenverhältniss zwi-
schen Vater- und Mutterseite in App. Marc. n. 2 u. 5 als gemeingiltig
fftr alle Arten der Klagbegründung aufgestellt sein. Das Zahlenver-
hältniss 2 : 1 würde vorliegen, wie es auch im angelsächsischen Recht
zwischen Speer- und Spindelhälfte bei Leistung der Werbürgschaft,
Geben und Nehmen des Wergeides und Schwur des Unschuldseides
durchgefilhrt ist (vgl. „meine Erbenfolge etc." p. 87, 96—98). Über-
ZÜK 8ALFRÄNKISCHEN EIDESHILFE. f,7
haupt widmet das altniederdeutsche Verwandtschaftsrecht und insbe-
sondere die salfränkische Successionsordnung der Speerseite höhere
Werthschätzung als der Spindelseite. Man wird zu der Ansicht geftlhrt,
daß in einzelnen Gerichten unter dem vorwaltenden Einfluße der
nationalen Verwandtschaftsstructur die eigenartigen Regeln des Frei-
heitsbeweises allmälig in Vergessenheit gerathen seien.
Daß die Blutsfreunde im Zusammenhang mit ihrem Recht zum
Nehmen von Erbe und Wergeid und ihrer Pflicht zum Geben von Wergeid
auch verbunden gewesen seien, einander zum Eide zu helfen, war bis
auf H. Siegel gemeine Meinung gewesen. Siegel stellte a. a. O. p. 183 ff.
eine Rechtspflicht der Magschaft zur Eideshilfe in Abrede. Hingegen
haben sich v. Bethmann-Hollweg; Civilproc. IV 1868 p. 509 n. 51 und
O. Gierke, deut. Genossenschaftsr. I, 1868, p. 16 n. 24 auf die Seite
der früher gangbaren Lehre gestellt, der letztere, indem er die Eides-
hilfe aus der gerichtlichen Schutzpflicht der Sippe folgerte, während
der erstere sich auf lex Sal. tit. LX berief. Man wird aus einander
halten müssen einmal die Frage: warum zieht das Beweisrecht in
bestimmten Fällen die Magschaft zum Hilfseide bei? — sodann die
Frage: verpflichtet das Verwandtschaftsrecht die einzelnen
Mitglieder der Sippe in jenen gesetzlichen Fällen zur Eideshilfe? Daß
die das Beweisrecht angehende Frage nicht mit Argumenten des Ver-
wandtschaftsrechts, sondern nur mit processualischen Gründen zu lösen
sei, scheint mir durch K. Maurer a. a. O. p. 206 — 213 zur Genüge
dargethan. Doch ist bezüglich des salfränkischen Beweisrechtes hieran
die Bemerkung zu knüpfen, daß es dem Anscheine nach nur in wenigen
Fällen die Eidesreinheit durch den Beistand der Magschaft bedingt
sein ließ. So war zum selbsiebent geschworenen Behaltungseide Theil-
nahme der Blutsfreunde nicht erforderlich (Urk. a. 680 bei Br^quigny-
Pardessus, diplomata n. 397) ; ebenso wenig zum selbviert geschworenen
Läugnungseide; dieser wird mit Umsassen aus der Hundertschaft ge-
schworen (Form. Andeg. n. 28 bei Rozifere n. 487 ^apud homines tan-
tus vicinis circa manentis de ipsa condita mano suo quarta^) und so
wohl auch der selbsiebent geschworene Läugnungseid (Rozifere n. 453).
Zum selbdreizehnt zu schwörenden Entschuldigungseid wählt der Haupt-
schwörer die Helfer aus (Gregor. Turon. bist eccl. VIII, 40: „electis
duodecim viris, ut hoc scelus pejeraret"). Und daß die Eidhelfer in
diesem Falle aus den Umsassen genommen wurden, ist aus Form.
Andeg. n. 49 (Rozi^re n. 493) ersichtlich : „visum est ad ipsis personis
decrevisse judicio . . . apud homines XII mano sua XHI. vicinus circa
manentes sibi . . . hoc debeat conjurare". Wiederum Jzum Reinigungs-
58 KARL V. AMIRA
«ide werden nach Form. Sirmond. n. 30 §. 2 (Bozifere n. 491) 36 Helfer
▼erlangt; die als „homines viaores et cognitores^ charakterisiert werden.
Wie aus dem zuletzt angeftlhrten Belege erhellt, sah man in der sal-
fränkischen Bechtsübung darauf, daß der Eidhelfer im Stande war,
nicht nur über die Vertrauenswürdigkeit des Hanptschwörers, sondern
auch über den Sachverhalt selbst sich eine Ansicht zu bilden. Es ließe
sich dem gemäß wohl denken, daß verwandtschaftliche Eideshilfe über-
haupt nur in solchen Fällen erforderlich war, in denen es sich um
verwandtschaftliche Angelegenheiten handelte. — In Bezug auf die
zweite Frage nimmt H. Siegel, wenn auch eine Verbindlichkeit zur
Eideshilfe läugnend, doch eine pEidesgemeinschaft^ an im Sinne eines
Rechtes der Blutsfreunde, sich mit dem Eide beizustehen. Nur dtlrfe
man sich zum Beweise dieser in der Sippe begründeten Eidesgemein-
schaft nicht auf das „juramento'' in C. Sal. tit LX berufen, gerade die
Stelle also, die wiederum von Bethmann-Hollweg benützt worden ist,
um die verwandtschaftliche Pflicht zur Eideshilfe darzuthun. Die Stelle
verordnet in §. 1, wer sich aus der Sippe heben wolle („qui se de pa-
rentilla tollere vult'^), habe sich zur Malstätte vor den Hundertschafts-
vorsteher zu begeben und hier drei Erlenzweige über seinem Haupte
zu brechen und nach den vier Windrichtungen zu werfen: „et ibi
dicere debet, quod juramento et de hereditatem et totam rationem
illorum se tollat^ Siegel erklärt ^'uramento^ als Instrumentalis. Gram-
matisch, wegen des erst nachfolgenden et — et würde diese Erklärung
freilich als die annehmbarste erscheinen. Und da überdieß unser tit.
LX in den sog. leges Heinrici I^ c 88 §. 13 wiederkehrt, wobei von
einem „foris jurare^ oder „abjurare^ der Sippe gebrochen wird, so
ist Siegels Deutung nicht ohne quelleimiäßige Stütze. Der letztem
Tragkraft schwindet, sobald sich uns der wahre Charakt^ der U. Heinr.
enthüllt Besten Falls können diese nur eine Übung bezeugen, wie sie
im 11. oder 12. Jahrh. in England bestand. Entweder im Einklänge
mit einer solchen oder nach eigenem subjectiven Ermessen hat der
Compilator des Bechtsbuches die wenigen Stellen umgearbeitet und
umgedeutet, die er auA den Volksrechten der continentalen Stämme
aufgenommen (s. „Erbenfolge etc.'' p. 99 folg.). Frühzeitig schon hat
man das ^uramento^ in tit LX cit. von einer Eidesgemeinschaft und
zwar gerade von der Eideshilfe verstanden. Dieß ergibt der hand-
«chriftlicfae Befund unsers Titels in §. 2. Von einzelnen uns z. Z. nicht
näher berührenden Varianten abgesehen, werden hier in den meisten
Hss. die Consequenzen des Austrittes aus der Sippe in nachstehender
Weise angegeben:
ZUR SALFRÄNKI8CHEN EIDESHILFE. 59
^Et ei poBtea aliquis de suis parentibus aat occidatur aut moria-
tur, nulla ad eum nee hereditas nee compositio perteneat, sed
hereditatem ipsius fiscus adqoirat.^
Der Parallelismus zu „quod juramento — se toUat^ in §. 1 ist
bier nicht vollständig durchgeführt, um ihn herzustellen, schließt der
Herold'sche Text, statt mit ,,sed — adquirat^, mit den Worten:
,,8imili modo si ille moriatur, ad suos parentes non pertinet causa
nee hereditas ejus, sed amodo cum XII juratainbtis se exinde edticaL^
d. h. ^in Gleichem sollen nach des Ausgeschiedenen Tod seine Bluts*
freunde weder Wergeid noch £rbe anzusprechen haben, er aber soll
sich von jetzt an mit 12 Eidhelfem reinigen^; d. h. doch wohl
nicht mehr mit 12 der Magschailt entnommenen, sondern mit 12 Eid-
helfem schlechthin. Wegen ^educere^ in dem angegebenen Sinne s.
tit. LVT, 1: ^ut aut per ineo aut per compositione se aeducat*'; —
Cap. Sal. V (ed. Boretius) c. 6: „in veritatem testimonia . . . unde se
aeducat;^ — c. 7 ibid. „si ibi se non eduxerit . . . culpabilis judicetur".
Man wird sich auch das Bedenken vorlegen müssen^ daß in den Worten
unsers tit. LX §. 1 von einem eidlichen Austritte aus der Sippe eigent-
lich nichts zu finden ist Es ist vorgeschrieben, nicht daß der Aus-
tretende einen Eid zu leisten, sondern nur daß er von einem Eide zu
reden habe. Brechen und Werfen der Zweige gehört natürlich nicht
zum Eide; es versinnbildlicht, daß der aus der Sippe Scheidende seines
Stammbaumes Aste Air sich als gebrochen und abgefallen betrachten
will. Erkenne ich dem Gesagten zufolge in ^uramentum^ gegen Siegel
eine Eidesgemeinschafb der Blutsfreunde, so kann ich doch Bethmann-
Hollweg imd Gierke nicht beitreten, wenn sie aus ihr eine Pflicht zur
Eideshilfe im Rechtssinne entspringen lassen. Siegel hat bereits hervor-
gehoben, daß salisches Recht keinen processualen Zwang, kein „man-
nire'^ des Hauptschwörers gegen seine Anverwandten zur Erlangung
eidlichen Beistandes kennt, wie es einen solchen Zwang gegen die
Geschllftszeugen kennt (a. a. O. p. 183 n. 24). Sollte die Rechtsordnung
in ihrer Eigenschaft als Proceßrecht die Eidesreinheit vom freiwilligen
Gewähren und Versagen verwandtschaftlicher Eideshilfe abhängig ge-
macht, in ihrer Eigenschaft als VerwandtschaftBrecht dem Beweisführer
einen Anspruch und ein Zwangsmittel auf Leistung der Eideshilfe an
die Hand gegeben haben? Daß dem Verwandtschaftsrecht ein solcher
Anspruch entsprungen sei, könnte offenbar nur ftlr jene Fälle an-
genommen werden, in denen das Beweisrecht gerade keine verwandt-
schaftliche Eideshilfe forderte. Dem Ansprüche nachzukommen, würde
aber den widerwilligen Blutsft'eund nichts haben antreiben können, als
60 KARL V. AMIRA
etwa das eigene Interesse am Ausgange des Processes, die Furcht vor
förmlicher Trennung des verlassenen Verwandten von der Sippe , also
vor Verlust der Erbschaft und des Wergeides , dann endlich gesell-
schaftliche RQcksichten.
umstritten ist das Verhältniss zwischen dem mit Helfern zu
schwörenden Eide und dem Gottesurtheil im salfränkischen Recht.
Siegel (a. a. O. p. 270) hat bekanntlich die Ansicht aufgestellt, in der
1. Sal. zeige sich das Bestreben des Gesetzgebers, den Eid der Partei
zu verdrängen und als Ersatzmittel das Feuerordal einzufahren.
R. Sohm hingegen findet in der 1. Sal. das Conjuratorensystem des
fränkischen Rechts noch in seiner Entwickelung; das Oottesurtheil sei
des Beklagten eigentliches Beweismittel; zum Schwur mit Helfern ge-
lange dieser nur in Folge eines Zugeständnisses von Seite des Oegners
(Zeitschr. ftLr Rechtsgesch. V p. 403; vgl« jedoch auch Altfränk. Reichs-
und Gerichtsverfassg. p. 575 — 577, wo der Parteieneid ftlr ^das Be-
weismittel des altdeutschen Processes^ erklärt wird). Auch K. Maurer
in der Münch. krit Überschau V p. 215 n. 2 und v. Bethmann-HoUweg
a. a. O. p. 509 weisen dem mit Helfern geschworenen Eide eine sub-
sidiäre Stellung nicht nur hinter dem Zeugenbeweis, sondern auch
hinter dem Gottesurtheil an, — ersterer nicht ohne hierin eine sal-
fränkische Abnormität zu erkennen. Zunächst ist an den salfränkischen
Grundsatz zu erinnern, daß beim Mangel der gesetzlich geforderten
Eideshilfe dem Beweisftlhrer als letztes Auskunftsmittel das Gottesur-
theil zu Gebot steht. Für bestimmte hier einschlagende Fälle kennt
schon die 1. Sal. und zwar in einer der ältesten Redactionen den
Kesselfang als subsidiäres Beweismittel. S. die Zusätze des Cod. Guel-
ferbyt. zu 1. Sal. tit. XIV §. 2, XVI §. 3. Primär also war der Par-
teieneid erforderlich. In schweren Delictssachen erwähnt seiner die L
Sal. als das Beweismittel des Beklagten (tit. XXXIX §. 2 tit XLH
§. 5), und so sehen wir denn auch den Eid mit Helfern schon im
6. Jahrb. vielfach als alleiniges Beweismittel in Delicts- wie in Civil-
sachen angewandt. Abgesehen von den cit Formeln von Angers und
Sens verweise ich in dieser Hinsicht auf Cap. Sal. I, 9, sodann auf
Gregor. Turon. bist. eccl. VIH, 40, V, 4, 50, VH, 23, VIH, 16, 40, IX,
13, 32, wo es sich flberall um ünschuldseide handelt, und auf VIH, 9
ibid., wo mit 33 Eidhelfem der Beweis der Vaterschaft geflihrt wird.
Neben diesen Thatsachen steht nun die andere, daß, wenigstens in
bestimmten Fällen^ bereits das Beweisurtheil nicht auf Eid, sondern
auf ein Ordal erkennt, so in Eampfsachen auf den Eesselfang schon
nach L Sal. tit LVI §.1, im Proceß wegen Diebstahls auf das Loos-
ZUR SALFRÄNKISCHEN EIDESHILf'E. Gl
ordal nach Cap. Sal. IV, 10 §. 3, wegen anderer Delicte auf Zweikampf^
der bei den Franken Ordal war, nach Gregor. Turon X, 10; in Civil-
sachen, z. B. wegen Verletzung von Grundeigenthum auf das Kreuz-
ordal nach Form. Bign. n. 12, Merkel n. 43 (Rozi^re n. 502). Das
Gottesurtheil trägt keineswegs in allen diesen Fällen den Charakter
eines letzten Auskunftsmittels an sich, als zu welchem man beispiels-
weise in dem Rechtsstreit zwischen dem Bischof von Paris und dem
Abt von S. Denis im J. 775 seine Zuflucht zum Kreuzordal nahm
(Urk. bei Mabillon, de re dipl. p. 498). Schon aus der Klage konnte
unmittelbar die Nothwendigkeit des Gottesurtheils entspringen. Die L
Sal. tit LIII §§. 1, 6 spricht von einem „admallare aliquem ad ineum".
Man konnte einen auf Kesselfang ansprechen.
Aber gerade auf die Exegese des tit. LIII cit. spitzt sich die Frage
nach dem Verhältniss zwischen Parteieneid und Gottesurtheil zu. Der tit.
Lin bespricht folgenden Sachverhalt Der Beklagte gibt dem Kläger
Geld dafbr, damit dieser statt mit dem Kesselfang mit Eidhelfem vorlieb
nehme. Mit Leichtigkeit fahrt dann der Beklagte seinen Unschuldsbeweis^
xmd der öflentlichen Gewalt entgeht ihr Friedensgeld, während der Kläger
seinen Zweck erreicht Denn ihm zahlte aus Scheu vor dem Kesselfang der
Beklagte gerne die ganze verlangte Bußsumme, sofeme er damit über
die Entrichtung des Friedensgeldes hinweg kam. Damit beantwortet
sich die von F. Dahn , Studien über die germ. Gottesurth. p. 48 auf-
geworfene Frage, welchen Vortheil der Kläger wohl von derartigen
Transactionen haben mochte. Es bedarf also auch nicht der Dahn'schen
Hypothese, daß in vorhistorischer Zeit bei den Salfranken an der Stelle
des Kesselfanges ein zweiseitiges Ordal gestanden, daß es daher für
den Kläger vortheilhaft gewesen sei, den Beklagten sich frei kaufen
zu lassen, und daß dieser Loskauf sich noch in die historische Zeit
hinein erhalten habe, nachdem das zweiseitige Ordal durch den Kessel-
fang ersetzt war (a. a. O. p. 49—54). Weiterhin ist darauf hinzuweisen,
daß der in 1. Sal. tit LIII behandelte Fall als nur in demjenigen De-
lictsproceß eintretend gedacht ist, in welchem die Buße des überführten
Beklagten mindestens 15 solidi beträgt Die Bestimmungen des Gesetzes
beschäftigen sich zunächst mit der zu zahlenden Geldsumme. Diese
wird je nach der Bedeutung des Vergehens in der Art normiert, daß
sie niemals einen bestimmten Bruchtheil der Buße übersteigt, welche
der Beklagte, wenn sachfällig, zu zahlen haben würde. Nicht als ob
damit ein Maximum oder Minimum festgesetzt werden wollte, woran
die Parteien schlechthin gebunden sein sollten. Die Absicht geht viel-
mehr dahin, der öffentlichen Gewalt das Friedensgeld zu sichern,
62 KAHL V. AMIBA
welches verfallen würde, wenn der Beklagte zur Führung des Unschuldsr
beweises außer Stand wäre: „Si plus ad manum redemendum dederit
fiituB grafioni solvatur, quantum de causa illa, si convictus fuisset^
(§. 2; ähnl. §§. 4, 7). M. a. W. es soll nicht dem Abkommen der
Parteien überlassen bleiben, ob des Königs Beamter das Friedensgeld
erhalten solle oder nicht (so auch v. Bethmann-HoUweg p. 509). £b
ergibt sich, daß an den überlieferten Principien des Beweisrechts keine
Änderung getroffen wird. Das Princip besagte : Im Delictsproceß schwört
sich der Beklagte mit Helfern nur dann frei, wenn sich dieß der
Kläger gefallen lässt Vorausgesetzt nämlich, daß die Delictsbuße min-
destens 15 solidi beträgt, kann der Kläger Widerspruch gegen den
ünschuldseid erheben, gleich bei Beginn der Klage oder nachdem der
Beklagte sich zum Eide erboten. Der Kläger kann den Unschulds-
eid des Beklagten schelten. 15 solidi beträgt die Meineidbuße
(1. Sal. XLVm. Cap. Sal. VI, 15). Der Kläger kann den Unschulds-
eid des Beklagten nur dann schelten, wenn die Streitsumme die Höhe
der Meineidbuße erreicht. Macht der Kläger yon seiner Befugniss Ge-
brauch, so ist der Beklagte in der nämlichen Lage, wie wenn er der
Eideshilfe entbehrte, d. h. er reinigt sich durch das Gottesurtheil, wie
sich durch das Gottesurtheil der Unfreie reinigt, dessen Eid von Rechts
wegen gescholten ist (Cap. Sal. IV, 5, 6, 8, 11; V, 7). Schelte der Eides-
reinheit liegt in entehrender Klage, z. B. wegen Diebstahls (Cap. Sal.
rV, 10 §. 3). Daher solche Klagen, an der Spitze natiUrlich die Meineid-
klage, den Beklagten ohne weiteres zum Gottesurtheile nöthigen (Cap.
Sal. VI, 16; IV, 10 §. 3).
Daß die hier versuchte Exegese von 1. Sal. tit LHI richtig, be^
legen die späteren Neuerungen im Beweisrecht Sie giengen von jenem
Falle des Delictsprocesses aus, da beide Kläger und Beklagter zur
königlichen Gefolgschaft gehörten (Cap. Sal. U, 8). Einmal sollte der
Antrustio dem Antrustio nicht auf jede Klage ohne weiteres, son-
dern nur auf eine solche Klage zu antworten haben, die der Kläger
mit einem vider^d, d. h. mit einem Angriffseide beschwor (über den
viderSd s. unten). Zweitens: zum Gottesurtheil sollte der Antrustio
vom Antustrio nur in den schwersten DelictsMlen getrieben werden
können, nämlich nur in denjenigen, die StOme mit dem Wergeid
verlangten: „Si vero de leodem cum rogatum habuit, debet, qui
eum rogavit, cum XII videredo jurare et ipsas in XIV noctes aeneo
calefacere debet. Et si... quicumque antrustio ille de causa 9uperiu8
canpraehensa (d. h. die geringeren Bußsachen) per sacramenta absol-
vere non potuerit, aut manum suam in aeneum pro lettde mittere diu-
pexerit ... tunc ille, qui eum rogatum habet, solem illi colliget ...'^
ZUR 8ALFRÄNKI8CHEN EIDESHILFE. 63
In geringeren Bußföllen also war von jetzt ab der Antrnstio dadurch
privilegiert, daü ihm der Unachuldseid nicht durch des Klägers bloßes
Wort verlegt werden konnte. Die erste von diesen beiden Neuerungen
wurde durch den edictus Chilperici auf den gemeinen Delictsproceß
ausgedehnt (Cap. Sal. V, 9). Aus der zweiten erhellt ^ daß nach ge-
meinem salfränkischen Beweisrecht im Delictsproceß der Kläger den
Beklagten den Unschuldseid durch seine Schelte verlegen konnte^ auch
wenn die Streitsumme den Betrag des Wergeides (200 solidi) nicht
erreichte. Primäres Beweismittel war somit auch hier der Eid^ secun-
dftres das Gottesurtheil. Letzteres erscheint motiviert durch die Eides-
schelte. Die Eidesschelte verlangte, wenn dem Kläger keine Zeugen
zu Gebot standen^ das Gottesurtheil. Diesen Satz suchte die spätere
Gesetzgebung nur zu mildem, nicht abzuschaffen. M. s. Cap. Sal.
VI, 15: ^De eo qui alterum imputaverit perjurasse. Si quis alterum
inculpaverit perjurasse et ei potuerit probare, XV solides conponat qui
peijurat; si tamen non potuerit adprobare, cui crimen dixit, XV solides
Bolvat et postea, si ausus fnerit, pugnet.^ Vermag der Kläger seine
Eidesschelte nicht auf Zeugenaussagen zu stützen, so soll er, um auf
dem Kampfordal bestehen zu dürfen, 15 solidi erlegen. Vor dem Cap.
VI cit. war dieß nicht erforderlich. Und bezüglich der Schelte des
Zeugeneides hatte es auch gemäß §. 16 ibid. beim alten Recht sein
Verbleiben, und zwar in dem doppelten Sinne, daß die Eidesschelte
hier ohne weiteres zugelassen blieb und daß sie nach wie vor zum
einseitigen Ordal, dem Kesselfang ^ f^ibrte, während Schelte des Par-
teieneides fortan des zweiseitigen Ordals benöthigte. Außer dem vom
Gesetze aufrecht erhaltenen Anwendungsfalle sollte nach §. 4 ibid.
Provocation zum Kesselfang fortan unzulässig sein. In Cap. Caroli
M. a. 779 c. 10 endlich erscheint als Beweismittel im Meineidsproceß
das Kreuzordal. Die merowingische und karlingische Gesetzgebung
zeigt dem Bisherigen zufolge das Bestreben, nicht den Parteieneid
durch das Gottesurtheil zu ersetzen, sondern umgekehrt die Schranken
des Parteieneides möglichst nieder zu legen. Man erreicht dieß, indem
man die Eidesschelte erschwert und zwar einmal, indem man zur
Eidesschelte Führung eines Zeugenbeweises oder aber Erlag der Pro-
ceßbuße verlangt, sodann indem man an die Stelle des einseitigen
das zweiseitige Ordal setzt H. Brunner, Enstehg. d. Schwurger. p. 178
hat gezeigt, daß im anglonormannischen Recht das Kampfordal von
vorausgehender Eidesschelte abhängig ist. Dem Kampfordal gieng ein
von beiden Parteien geschworener Eid voraus. Ähnliche Gktindsätze
lassen sich im altfränkischen Recht nachweisen« Vor dem einseitigen
64 KARL y. AMIRA
Ordal hatte der Beweisfllhrer einen Unschuldseid zu schwören , 80
Yor dem Eesselfang (Rozi&re n. 595, 597), vor dem Ordal des glühenden
Eisens (ibid. n. 595, 597, 602 und III p. 354), vor dem Ordal der
Wassertaache (ibid. n. 581, 584, 590, 595). Ein Rituale ftlr das Ordal
des kalten Wassers lässt beide Parteien schwören: „Postea jurent sa-
cramenta et accusans et defensor, quasi duellum ingressuri jurent . . .
Deinde vero ... in aquam demittatur*^ (Rozi&re n. 583). Aber bereits
unter E. Hludowic d. Fr. wurde der Eid aus dem Rituale des Gottes-
urtheils entfernt. Von diesem eidlosen Ordal wird gesagt: ,,Hoc Judi-
cium autem petente domino Hludowico imperatore constituit beatus
Eugenius praecipiens, ut omnes episcopi, comites, abbates, onmisque
populus Christianus, qui infra ejus imperium est, hoc judicio defendant
innocentes et examinent nocentes, ne perjuri super reliquicu sanetarum
perdant stuis animcLs in malum consentientes*^ (Rozi&re n. 511; ähnlich
n. 512, 514). Das altfränkische Go ttesurtheil ist Bestärkungs-
mittel des Unschuldseides. Es ist bedingt durch einen geschol-
tenen Unschuldseid. Der nämliche Rechtssatz kehrt in den ältesten Be-
standtheilen der 1. Frisionum wieder. Sind mehrere wegen eines Tod-
schlags alternativ angeschuldigt, so reinigt sich ein jeder mit dem
Zwölfereide; aber die Reinheit dieses Eides bedarf, nachdem ihn die
mehreren Beklagten erbracht, einer Bestärkung durch das Loosordal
(1. Fris. tit XIV). Im altfriesischen Freiheitsproceß können sich die
beiden Parteien den Eid mit Helfern durch Herausforderung zum
Kampfordal verlegen. Dieses findet seine juristische Basis in der Eides-
schelte; der Herausforderer spricht: „ego solus jurare volo, tu si audes
nega sacramentum meum et armis mecum contende.^ Faciant etiam
illud, si hoc eis ita placuerit : juret unus et alius neget et in campum
exeant (1. Fris. tit. XI §. 3). Nach einem späteren Zusätze zu 1. Fris.
tit. in reinigt sich wer eines Diebstahls beschuldigt ist, durch einen
Eid; der Kläger widerlegt ihn durch seinen Eid; beide Eide werden
mit alleiniger Hand geschworen; der Beklagte aber hat hierauf zum
Kesselfang zu schreiten. (1. Fris. tit. lU §. 8). Im Vorbeigehen mag
auch an Isöt erinnert werden, die sich das Gelingen der Eisenprobe
gerade durch den vorausgehenden mit listigem Doppelsinn gestabten
Unschuldseid sichert. Auch in der Dichtung fällt auf das Verhältniss
zwischen Eid und Gottesurtheil das Schwergewicht Es ist altfränkisches
Recht, was hier nachklingt: das Beweismittel des Beklagten ist der
Eid; BeStärkungsmittel des Eides ist das Gottesurtheil. Endlich ist
an dieser Stelle der Ausführung zu gedenken, die ktlrzlich K. Maurer
in dieser Zeitschrift XIX^ 147 über das altnordische Gottesurtheil
ZUR SALFRÄNKISCHEN EIDESHILFE. 65
gegeben. Auch im Recht des norwegischen Stammes sind die Sparen
nachgewiesen, an denen das ursprüngliche Wesen des Oottesurtheils
nicht bloß als eines Ersatzmittels ftlr mangelnde Eide, sondern auch
als eines Bestärkungsmitteis für geschworene Eide erkennbar ist.
An den Wörtern darf ich, nachdem ich von den Sachen gehan-
delt, nicht vorübergehen. Bei Etymologien von Rechtsausdrücken ist
ja der Juristen Laienkenntniss nicht ganz und gar zum Schweigen
verwiesen. Den salfränkischen Namen fiir den mit Helfern geschworenen
Eid glaubte H. Kern in seinem verdienstvollen Buche über die Glossen
der 1. Sal. p. 136 — 138 in videred zu entdecken. Der videred soll im
Wege der Volksetymologie aus vidSd (vithed) entstanden und gleich-
bedeutend sein mit dem friesischen withSth, in welchem Kern wohl
mit Glück einen „Miteid** ( — gegen v. Richthofen — ) ausfindig macht.
Wenn wir uns jedoch an das Quellenmäßige halten, so ist videred
keineswegs jeder „Miteid", jeder mit Helfern geschworene Eid, son-
dern immer nur ein solcher Eid, den der Kläger, der Anschuldiger
zu schwören hat. Schon Zöpfl, ewa Cham. p. 30 u. 32 und Siegel
a. a. 0. p. 269 haben hierauf aufmerksam gemacht. In Gap. Sal. H, 8
ist videred nicht der Eid, den ^Kläger und Beklagter gegeneinander
leisten" (J. Grimm RA. 906), nicht der Eid, womit der Beklagte des
Klägers Eid überbietet, sondern allein der mit Helfern geschworene
Eid des Klägers; so auch in Cap. Sal. V, 9: „Si quis causam mallare
debet et sie ante vicinas causam suam notam faciat et sie ante rachym-
burgiis videredum donet" Der videred ist Angriffs- nicht Vertheidi-
gungseid. Eine Interpretation, die nach Kern's eigenen Worten p. 138
auch mit withed bestehen kann, falls dieß die ursprüngliche Form war.
Ist videred nicht für den mit Helfern zu leistenden Eid technisch, so
fordert ein anderer salfränkischer Kunstausdruck, der für die Eidhelfer
gebraucht wurde, unsere Aufmerksamkeit. J. G. Eccard, leges Fran-
corum Salicae et Ripuariorum (1720) p. 94 hat ihn in einer ahd. Glosse
aufgespürt: f^hamtdn id sunt conjuratores quod geidon dicimus." Gaeidon
ist bekannt; die Glosse versteht hierunter und ebenso unter hamedii
schlechthin die Eidhelfer. Eccard versucht hamedii als identisch mit
samedii zu deuten. Allein h im Anlaut ist sicher beglaubigt. Das Wort
steht genau so zweimal in einer Gerichtsurk. v. K. Theodorich III a. 680
(nach dem Original bei Br^quigny-Pardessus dipl. n. 394): „Sed veniens
antedictus A. ad ipso placito L. in palacio nostro una cum hamedius
8U06 ipso sacramento, quod eidem fuit judecatum . . . ligibus visus fuit
adimplisset et tam ipse quam et hamediae suae diliguas [1. de linguas]
eorum derexissent.^ Bei „cum hamedius suos^ erinnert man sich so-
GEaMAKU. Nene Aeihe. YIU. (XX. Jührg ) b
66 J- DAECHTOLD
gleich an y,cam rachineburgius istos^ in I. Sal. tit. L, 3. Die Form
rachinebnrgios ist salfTänkiseher nom. oder acc. pl. Cum mit dem acc«
begegnet in den romanischen Denkmälern der Merowingerzeit auf
Schritt und Tritt. Zu rachineburgius lautete der sing, rachineburgto
oder rachineburgia. Vgl. recemburgib und herburgto in den Varianten
zu 1. Sal. tit. LXIV (Kern p. 162). Burgio entspricht dem ags. byrgea.
Ebenso entspricht dem goth. sakjis (= causator) salfränk. gasaetb.
Hiemach scheint ein sing, hamedtb anzunehmen, wenn nicht der lati-
nisierte plur. hamediae auf einen sing, hamedta deuten würde. Der
zweite Theil der comp, bam-^dia ist selbstverständlich , nachdem wir
wissen y daß der Eid saliränk. §d hieß ; ^dia ist jurator wie gasacio
causator. ham schreibt der Romane fiir cham, dessen Deutung aus
^Salchamae, Bodochamae, Widochamae im längeren Prolog der 1. Sal.
sich gewinnen ließe. hamSdius wären hiemach begrifflich die juratores
▼icini circa manentes, von denen früher die Rede war. In der That
handelt es sich in der ürk. um einen Behaltungseid, bei dem, wie wir
oben gesehen haben , die Eidhelfer aus den Umsassen genommen
wurden. Aus der Glosse würde sich ein Bedenken hiegegen kaum
ergeben, da ihrem Schreiber der Ausdruck „hamedii*' selbst fremd war.
MÜNCHEN, 20. Oetober 1874. KARL t. AIIIHA.
HEINRICH WITTENWEILER.
Noch immer wird in unsem großem litteraturhistorischen Werken
der Dichter des ^Ring^ als ein Baier aufgeftlhrt Ich habe schon vor
Jahren (Lanzelet p. 16) einen schwachen und ungehörten Protest gegen
diese Annahme eingelegt, und zwar zu Gunsten der Schweiz, speciell
des Thurgau. Seitdem ist mir Hilfe gekommen in den unlängst er-
schienenen ^Kleinen Toggenburger Chroniken von Gustav Scherer**
(St Gallen 1874), der die Heimat des Wittenweilers flir jeden Unbe-
fangenen evident nachgewiesen und zum nämlichen Resultat gelangt
ist, daß der Dichter dem Thurgau, der alten Wiege allemannischer
Cultur, entstammt.
Scherer geht bei seiner Beweisfiihrung ebenfalls von den Orts-
namen des Gedichtes aus. Die Nissinger mit den Lappenhausem in
Streit gerathen und sich nach Hülfe umschauend,
santen überall
Gen Aurach in Sweiczer tal
HEINRICH WITTENWEILER. 67
Und zuo den von Gäygenhofen,
In Gadabri zuo dem ofen
Gen Kenelbach und Leybingen,
Gen Höfen und gen Vettringen^
Gen Raczingen und Füczenswille,
Gen Seurrenstorff und Wattwille etc.
(Ring V. 7038 u. «. p. 186 der Stuttg. Ausg.)
Abgesehen von den fingierten Benennungen liegen die vier Weiler
Kengelbach, Höfen, Libingen und Vettingen in ^iner Reihe westlich von
der Thur bei Lichtensteig in Toggenburg ; ebendort befindet sich Watt-
wyl; Füczenswille dürfte ein Wortspiel aufdas benachbarte Bütschwyl sein.
Bei V. 5379 (p. 142) läuft die Namenreihe sichtlich von Toggenburg
aus nach Glarus, Schwyz, Appenzell und schließt mit den entlegensten
an der Alb und Scheer in Würtemberg.
Der V. 5992 (p. 158) genannte Necker ist das Flüßchen in Tog-
genburgy nicht der schwäbische Neckar. Seh. stützt sich in seiner
weitem Beweisführung auf Schweiz. Sittenzüge und namentlich auf die
speciell Schweiz. Sprachforroen, die sich so vielfach im Ring finden.
Eine Anzahl bairischer Formen (es sind deren nicht so viel, als man
nach Schmeller (H. Aufl.) glauben möchte, der das betreffende Wort
stets bloß aus dem Ring belegt), fallen auf die Rechnung der Sprach-
mengerei, könnten auch darauf hindeuten, daß der Dichter einige Zeit
in Baiem gelebt hat
Das Schloß Wittenwyl im Thurgau steht noch. Seh. führt eine
Reihe der Edlen dieses Geschlechtes auf, die bereits gegen Ende des
XIII. Jhs. als Vasallen der Grafen von Toggenburg erscheinen und
zu Anfang des XIV. Jhs. ihren Wohnsitz nach den St. Gallischen
Städtchen Wyl und Lichtensteig, wo eben auch unser Dichter so hei-
misch ist, verlegten.
Bedeutungsvoll ist namentlich eine St. Galler Urkunde von 1426,
worin ein „Heinrich von Witten wille genant Müller burger zu Liechten-
steig" mit seinem Siegel erscheint. Dasselbe, nur noch theilweise er-
halten, zeigt den Kopf eines Bocks nebst Hals und in der Umschrift
den Namen. Nun beginnt nach A. v. Keller, Vorrede zum Ring p. VIII,
der Text der Meininger Handschrift mit einer Initiale, worin das
Brustbild eines Klerikers dargestellt ist, welcher in der Linken einen
Ring hält und mit der Rechten darauf deutet. Unter diesem Buch-
staben ist ein Wappenschild, worin sich der Oberleib eines ste-
henden, schwarzen Bocks befindet, also das Wappen des thurg. Ge-
schlechts der Wittenwciler.
68 CRECELIU8
Weder über die Abfassungszeit noch über den Dichter selbst
ist bis jetzt etwas bestimmtes eruiert worden; es soll uns aber nicht
wundem, wenn sich der muntere Heinrich Wittenweiler — ganz
nach dem Bild der Meininger Hs. — ebenfalls noch, wie sein lands-
kräftiger Sangesgenosse, der Zatzikhofer, als Geistlicher enthüllt
80L0THURN. Dr. J. BAECHTOLD.
HOLUNKE.
Heyne führt in dem neuesten Hefte des Wörterbuchs Beispiele
des Wortes Halunke an, in denen das ursprüngliche o bewahrt ist (Sp.
1760 Hollunke, Sp. 1763 Holunke und holunken). Er hätte noch hinzu-
fügen können Schottelius, Ausflihrl. Arbeit von der Teutschen Haubt-
Sprache p. 1338: j^Eolunk, nichtswerter loser Kerl, homo semissis.^
Wenn ich das o für das ursprüngliche halte, so denke ich an die Ab-
leitung aus dem Slavischen, welche Heyne mit Recht nach Weigand
für die wahrscheinlichste ansieht Zur Bestätigung derselben weise ich
auf eine gedruckte deutsche Zeitung aus dem Jahre 1541^ die einen
Brand in Prag beschreibt, in welcher Holunke in der Bedeutung des
böhmischen holomek als Bettler vorkommt. Wir haben also in diesen
Stellen genau die deutsche Form des Wortes in dem Sinne des zu
Grunde liegenden slavischen. Den erwähnten Druck beschreibt E. Weller
(die ersten deutschen Zeitungen, 1872, S. 126, unter Nr. 132, andere
Ausgabe); der Titel lautet: „Newe zeytung vonn dem erschrocken-
lichen fewr vnd brunst, so newlich in disem gegenwertigen M.D.XXXXI.
Jar — inn der klaynem statt Prag auff dem Küngklichenn schloß —
geschehen ist"* etc. Unter den umgekommenen Personen werden auf-
gezählt Bij^: „Mer ij Kinder die sind eines Holuncken geweßt, auch
verbrannt worden. Mer ist ein Holunck genant Vicentz der ist ver-
brant gefunden worden." Auf Biij': „Mer einer Jacob Holumeck, dem
seind seine fingere seer verbrant worden;" hier haben wir die böh-
mische Form, wenn auch vielleicht als Eigennamen. — Derselbe Druck
enthält einen Beleg für
Höckin, Höckerin:
(Sp. 1651 f.), „Es war eyn hockin, oder ein huckerinn, diehet ein kleine
kram auff der rechten band, wan einer hat w611en hinab gon von dem
HOLUNKE. G9
sal, das kremle bat auch gebrant, und ein ander kremle auff die lincken
hand gegen des Künigs Weinkeller, vnd neben der andren huckerin,
das ist ein kleins hauß gewesen das hat auch gebrant^ (B^).
Ich benutze diese Gelegenheit, um einige kleine Nachträge zu
dem neuesten Hefte des Wörterbuchs zu liefern. Sehr vollständig sind
in diesem die Zusammensetzungen mit hoch gegeben; allenfalls hätte
noch hochbejahrt sich darunter befinden können. [Für hochsträflich findet
sich ein Beispiel bereits in: Supplication an Kaiserliche Maiestat, Der
Mortbrenner halben, Wittemberg 1541, Fl „solcher hoch strefflichen
Hendel vnd Thaten"]. Ebenso reichlich ist die Hochzeit bedacht; doch
vermisst man ungern den Hochzeitsgott Hymenaeus, die Hochzeitshst
und die Hochzeitsnacht (vgl. Preller Griech. Mythol. U S. 493: Hyme-
naios, das Bild der Hochzeitslust und der Hochzeitsgesänge), sowie
die Bemerkung, daß in der neuern Zeit das s der Composition fast
überall durchgedrungen ist. Leicht entbehrt man den Hochzeitsvestivitäts-
termin aus dem Nutz- und Lustreichen Schauspiel, das unter dem Titel
,jDer Pedantische Irrthum" 1673 in Rappersweil herauskam (daselbst
S- 177); aber für den hochzeitlichen Ruf Talassio wird man wohl am
besten kurzweg Hochzeitsruf anwenden. Daß sich Heyne bei der Höf-
lichkeit vor dem Übermaß gehütet hat, wird ihm niemand verdenken,
wir kommen im ganzen mit dem Höflichkeitsbesuch, der Höflichkeitsbe-
ze^igung, der Höfiichkeitsformel und dem Höflichkeitsworte schon ftirs
erste aus ; die Höflichkeitsphrase dominiert zwar noch stark in der Welt,
das Wort aber ist als Hybridum etwas anrüchig. Für das 17. Jahrh.
freilich hätte die Höflichkeit des Wörterbuchs lange nicht ausgereicht.
Meusebach (Zur Recension der deutschen Grammatik. Unwiderlegt
herausgegeben von Jacob Grimm, Cassel 1826) stellt aus dieser Zeit
weit mehr zur Verfügung, wie Höfflichkeitsrecommendation (Machiavel-
lischer Hocus Pocus 1675 s. 47), Höflichkeitsschranken (Clelia des H.
V. Scuderi, übersetzt durch den ünglückseeligen 1664 S. 290), Höflich-
keitsweehsel (daselbst S. 500), Höflichkeitsgrenzen (das. S. 611), Höflich-
keifsgebrauch (König Demetrius übersetzt durch den Unglückseeligen
1653 S. 82). Die Hoffnung ist bei Heyne recht gut weggekommen.
Doch würden die Hoffnungsseligen sich auf Sp. 1677 vergeblich suchen,
auch die Hoffnungsträume sind verbannt. Bei der Behandlung des
Wortes Hof hätte auf Sp. 1655 (unter 3 a) noch hervorgehoben werden
können, wie Hof in vielen Fällen mit Hufe (mansus) zusammenfällt:
aus den Besitzern der Hufen {Hüben) werden schließlich Hofeserben,
Hofesleute, Hofesmänner; ein Hofesding (Hofgeding) oder Hofesgericht
kann als das Hubengericht oder als ein unter der Autorität des herr-
70 CRECELIU8, HOLÜNKE
Bchaftlichen Hofes stehendes Hofgericht gefasst werdeu. Was die Zu-
sammensetzungen anlangt, so verzeichnet Schottelias noch den Hcf-
fuchsschtßäntzer (aus Moscherosch) und die Hofiikke; Gürder's Novum
Lexicon (Basel 1715) hat Hofhvier (custos atrii). Alle diese sind leicht
zu entbehren; dagegen durfte der HofschuUheifi oder Hof schuhe nicht
fehlen: er spielt auch abgesehen von dem Immermann'schen eine zu
bedeutende Rolle , um so ganz bei Seite geworfen zu werden. Von
Hohlhippen (Sp. 1719) findet sich auch das Substantiv auf ung bei
Jac. Frölinkint (Eyn beschreylich gedieht redeftirung Dreier gebrftder
Ejns Weinsauffers, Hurers vnd Spielers 1535) c': ^in gemeyner ver-
maledeiung vnd holhippung.^ Das aus Stolberg belegte höhnein hat
auch E. M. Arndt (Eriegs-Lieder der Teutschen 1814) S. 34:
Auf deine Wagen setzt er (der Franzose) sich,
Du mußt zu Fuße gehen;
Zu deinen Weihen legt er sich,
Du mußt als Schildwach stehen;
Dein Silber und dein rothes Gold
Er höhnelnd sich ins Fäustchen rollt,
Und willst du zürnend blicken,
So bläut er dir den Rücken.
Auch fllr die Zusammensetzungen mit jETöU^ bieten dieselben Ejrieg»-
Lieder S. 6 das Wort HöUemchein:
Umnebelt waren wir von Dünsten,
Vom gauklisch bunten Höllenschein,
Und spannen uns mit eitlen Künsten
Stets dichter in die Lüge ein,
Das Leben schwankte ohne Ziel,
Und jeder that was ihm gefiel.
Unter den mit Holz zusammengesetzten Wörtern hat Schotteliua
S. 429 noch Holzbrüche (aus Faust ord. 1128), Holzbuß und Holzbörde
(planicies regionis silvestris Meib.). Als technischer Ausdruck hätte
vielleicht Holzgewächs angefahrt zu werden verdient, vgl. Wagner und
Hebig Botan. Forsthandbuch (Gießen 1801) S. 3 j^Holzgewächse sind
Pflanzen mit holzigen Stämmen oder Stengel, die viele Jahre hindurch
dauern^. Auffallend ist das Fehlen des Platonischen, fast sprichwörtlich ge«
wordenen Holddotzpflock. Ohne Beleg steht Hoksmangold (pyrola rotundi-
folia); es kommt schon vor in Bocks Eräuterbuch: „Das Kraut heißt
recht Wintergrün, weil es vor dem Frost unerschrocken bleiben kann,
in etlichen Orten nennet maus holtz Mangelt, Waldt Mangelt^
ELBEKPELD. CKECELIÜS.
HANS LAMBEL, KRITISCHE BEITRÄGE. 71
KRITISCHE BEITRÄGE
VON
HANS LAMBEL.
I.
Zum Grazer Marienleben.
Dieses von Herrn Prof. Anton Schönbach vor kurzem in der
Zeitschrift für deutsches Alterthum, Neue Folge V (XVH) 519—560
herausgegebene Gedicht gehört zu den silbenzählenden: bei solchen
Denkmälern entsteht immer die Frage, ob und innerhalb welcher
Grenzen der Dichter sich Unterdrückung der Senkungen erlaubt
habe. Der Herausgeber beantwortet die Frage S. 521 dahin, daß diese
Freiheit im vorliegenden Gedichte nur in zwei Fällen nachzuweisen
sei und zwar 1. in compositis , 2. bei ursprünglich zweisilbigen Wörtern.
Allein so eng wird man die Schranken doch nicht ziehen dürfen. Nach
meinen Beobachtungen darf die Senkung auch noch fehlen 3. bei stär-
kerer Interpunktion: 282 loirt, nüL tool heim mit mir (doch kann man
auch betonen toirty nü wöl heim nach 2) ; 365 {und was diu siieze doch
da bi) 80 künste rieh : swdz si sach und ebenso 467, auf welchen
Vers ich aber im folgenden noch zurückkommen werde; 4. wohl
auch zur nachdrücklicheren Hervorhebung des Gedankens: so 23
{stDoz er het envoüen) gap er durch got Sin teil (den armen liuten) im
Gegensatz zu 28 und 32; (von der nahe liegenden Ergänzung eines
des wird man absehen können). 208 swaz du mir toöldest geben, (daz
selbe soU du ophem got). Die Gründe Air diese beiden Fälle sind ein-
leuchtend, im ersten füllt die Interpunktionspause die Zeit aus, welche
der Senkung gebührte, im letztem entsteht durch die stärkere Betonung
Überlange (vgl. Brücke : Die physiologischen Grundlagen der neuhoch-
deutschen Verskunst, Wien 1871, besonders S. 58); 5. bei Eigennamen:
Vers 7 von dem geslehte Jüda wird man nicht anders lesen können,
ebenso 290 zehant nante Mdrjä oder wie ich lieber schreiben wtlrde
Mariäy denn beide Formen, die zwei- und dreisilbige, finden sich neben-
einander, vgl. 610. 441. 841. 643; vielleicht auch 709 daz Möyses ge-
schriben hat, wiewohl hier auch die Betonimg Moys^ möglich wäre.
Immerhin bleiben noch einige Verse übrig mit einer imterdrückten
Senkung^ die sich unter keinem der angefahrten Gesichtspunkte ein-
reihen lassen. Am wenigsten anstößig ist es, wenn die zwei neben ein-
ander stehenden Hebungen in dasselbe Wort fallen: so 425 aller
72 HAN8 LÄMBEL
werlde erlcRscsrey oder wie mir Birtsch für das handschriftliche weser
vorschlägt unsaere, 99 er beletp fünf mänode gar, 869 ze hetibhme In hat
muotf welche Verse man allenfalls auch mit Synkope und versetzter
Betonung lesen könnte, um die Auslassung der Senkung zu vermeiden.
Auf zwei Worte fallen die Hebungen zwischen welchen die Senkung
fehlt 74 als ez an der schrift fiV, 296 ervüUet nach der schrift sage, 88 und
gar noch äne kint si't 254 schiere er des enSin kdnij 373 dar nach si an
ir w6rc sdzy auffallend gerade im Versschluß; 397 von in allen da ge-
nant wart ist vom Herausgeber sicher gebessert genennet (vgl. 471);
929 und ersten an dem dritten tage ist leicht zu bessern^ indem man
schreibt am, das 651 überliefert ist; auch 258 tnn gelH sprechen er be-
gan Joachim mit seneder klage lässt sich ohne Schwierigkeit bessern,
indem man entweder bet (s. Lexer I, 233), oder gan (Haupt zu Erec*
S. 329, Jänicke Ztschr. f. d. Phil. V, 112) schreibt, wenn man nicht
noch lieber er streichen will. Die Verse welche der Herausgeber S- 521
als ^unregeknäüig' auffährt, sind zum Theil wie 23. 208. 280 schon durch
das vorstehende erledigt und bedürfen keiner Emendation; auf 750 werde
ich noch zurückkommen; 50 lässt sich aber mit versetzter Betonung so
leicht lesen wie irgend ein anderer ir tcärin vil tvgende bereit oder mit
Sjncope tcdm, und die Umstellung tugende vil war hier so wenig nöthig
wie 43 do nam er ze wtbe Anndm [ze tctbe er], Mie Betonung Anndm
ist hier gewiß ebenso berechtigt wie 643 J/iar/^', 647^ 670 Johdns^ 661
Juddm, 663 Jakop und 180 u. 667 Anna', 261 Annen) und 888 und*) in
werde der sünden buoz [der siinden werde], wo ungrammatische Betonung
nicht einmal nothwendig ist, wenn man den Vers trochäisch liest
Dagegen wird man doch öfter als der Herausgeber will, Kürzung,
namentlich Apokope des tonlosen e annehmen müssen, die in der Zeit,
welcher unser Gedicht angehört, überhaupt nichts Beiremdendes hat
und mehrfach durch die Reime desselben (V. 18. 394. 804) bewiesen
wird. So V. 35 dise vuar fvuore Hs. u. Ausg.] nam er sich an (vgl. 172,
wo die Handschrift selbst überliefert schämen muoz die wil daz ich),
V. 50 kann man schreiben nach rehter minne se sinnete [minne si]),
122 daz ich sd gar an fäne] kint nü bin, 158 dar umb fumbe] diu
frouwe weinte, 866 entweder siner bekorung [bekorunge] der ist vil oder
derst, aber 889 durch die erlaesung ferloesunge] bin ich kamen, wenn man
nicht zu der Form ürlasstinge seine Zuflucht nehmen will, die bekannt-
*) Daß dieses und in dcu ge&ndert werden mfisse, wie der Hermasgeber that,
will mir nicht einleuchten : und mit dem persönlichen Pronomen statt des wiederholten
relatiyen ist doch nichts auffallendes (s. mhd. Wb. I, 183^ in. 436^), so wenig als der
Obeigang Tom collectiyen Singular {da») zum Plural (m).
KRITISCHE BEITRAGE. 73
Kch bei Wolfram Parz. 806, 30 und Willeh. 331, 30 überliefert ist
(auch 42Ö könnte dann die aus dem Rolandslied und der Vorauerhs.
bekannte Form ürtostere aushelfen), 886 über menschtick gesieht [geslektej
daz ich, 953 und vertilg [vertilge] dtn trüren sd, denn Betonungen wie
bikorunge, Srloßsünge, geslekt^, vhiüge sind fllr das 13. Jahrhundert doch
unglaublich.
Erinnern will ich zum Schluß dieser Bemerkungen, daß O. Jänicke
das Princip der Silbenzählung in der Zeitschrift f. deutsche Philologie
y, 112 auch für den Dichter von Mai und Beaflor nachgewiesen hat,
der nach Schönbach (S. 521) von unserm Dichter nachgeahmt wurde.
Was die Reime betrifit, so habe ich zu bemerken, daß die S. 521
erwähnte Bindung t : ie durchaus nur vor r (Brtickes r nvulare) er-
scheint (vgl. Weinhold Bair. Gramm. §. 90. Alem. Gr. §. 63), woraus
aie sich lautphysiologisch leicht erklärt. Zu den rührenden Reimen,
die der Herausgeber \b.. a. O.) verzeichnet, ist hinzuzufilgen mensckeit :
heü 944. Unerwähnt ist femer geblieben die Ausdelinnng desselben
Reimes über zwei Verspaare 529 f. 907 f. und eine Reimfreiheit, die
man freilich in der Ausgabe nicht findet, da sie der Herausgeber an
den drei Stellen, wo sie überliefert ist» wegemendiert hat. Sie ist aber
ohne Bedenken zu restituieren, denn sie ist nicht schlimmer und
stimmt zur Technik der Zeit nicht schlechter als die Bindungen d : g
tmd ht : ft, die nicht weggeschafft wurden. Ich meine den Reim e : en.
Die Stellen sind folgende:
746 mit drin personen wir sin
und doch in einer gotheit
und in eine forme gekleit
mit eicictichem gewalte,
750 mit tilgenden manicvalten u. s. w.
So sind V. 749. 750 überliefert und sicher lesbarer als in der
Fassung die ihnen der Herausgeber aufnöthigt: mit etceclicher gewaUj mit
fugenden mnnicvaü, unbekümmert darum, daß gewaU im ganzen Ge-
dicht nirgends als stf. nachweisbar ist (als stm. steht es deutlich 213.
737. 829; unentschieden ist das Geschlecht 834- 856). Die Betonung
ewicUchhn ist nicht ohne Analogie: vgl. eickgen 765. 840. wilUclichen 833.
werd^keit 468. rehtikeit 835; so wird es nicht nöthig sein die übrigens
leichte Änderung gwake vorzunehmen. Die zweite Stelle lautet nach
der Überlieferung:
Vit der niht vil
515 die du ze junger nceme,
ob si dir gezoemenf
74 HANS LAMBEL
ohne Zweifel dem Gedanken angemessener als ob es dir gezceme, wie
der Herausgeber schreibt, denn darauf kommt es an, ob sie, die er zu
Jüngern annehmen soll, ihm würdig erscheinen. Auch die Änderung
des handschriftlich überlieferten junger in jungem ist hier wie 662 {die
Christ ze junger an sich nam) vom Übel; der Singular ist keineswegs
unstatthaft Vgl. Karl 65 daz was Karl der reine, der alle die gemeine
ze friunde hat gewunnen, die sich versinnen hinnen und Grimms Gramm.
IV, 291; Nachtr. S. 954. Noch im zweiten Decennium des 18. Jhs.
finde ich die Construction bei Gtlnther, Ausg. v. 1764, S. 34: (Der
Heiland) machte durch Gelassenheit die Zöllner sich zum Freunde. Wenn
etwas geändert werden soll, so wäre es niht 514, wofiir ich ikt ver-
muthe.
Nach diesen zwei Stellen wird man auch 483 er hat ir werden
süezen Up im selben erweit ze minnen (: gebietasrinne) die Überlieferung
nicht antasten (Schönbach ze minne).
Schon die bisherigen Erörterungen fährten mich auf das Gebiet
der Textkritik; ich fahre nun fort, einzelne Stellen zu besprechen,
wo ich der Auffassung des Herausgebers eine andere entgegenzu*
setzen habe.
V. 11 der arbeite er sich bewac
daz er wan sines vihes pflac
So die Hs. Die Quelle des Dichters für diesen Theil seiner Erzählung
(vgl. Schönbach S. 529) hat aber ^cui nuÜa erat alia eura nisi greguni
(Tischendorf Evang. apocr. p. 53): das führt auf ander; der Fehler der
Überlieferung erklärt sich leicht aus dem vorhergehenden gewan.
138 f. Anna hat die Botschaft des Engels empfangen:
si gie da si ir kamer vant
und leit sich an ir bette sä
und lac rehte als viir tot aldd
al die naht und al den tac
daz si niht des gebetes pflac
Die letzte Zeile, wie sie überliefert ist, steht nicht im Einklang mit
der Quelle, die vielmehr erzählt 'tota die et nocte in tremore nimio ac
in oratione permansi£ (Tischend, p. 56): also wohl daz si niht wan
gebetes pflac.
163. Der Engel erscheint Jdachime der gar sin dinc
an knehte und an vihe het.
Ist in der letzten Zeile der Accusativ möglich oder nicht viel-
mehr knehten zu schreiben? Derselbe Fehler findet sich in der Hs.
öfter, z. B. 375 iem statt iem. 449 cha statt cAd, 469 nam st nam, 886
KRITISCHE BEITRÄGE. 75
me9ehleich st. mJSschleich and wie ich glaube auch 267 dierme st. diemS,
denn in der Quelle heißt es cum pueüis.
350 überliefert die Hb. : die muot ir Stade volgte mite. Der Heraus-
geber schreibt dafUr dirre muot, aber solcher Änderung bedarf es nicht^
man lese nur diemuot
355 fg. diu künde si wurken alsd wol
daz ez die liute nämen vür vol.
So die Ausgabe. Die Hs. hat nam, vielleicht also daz liute f (doch vgl.
auch meine Anm. zu 163).
374 fg. daz worhte ei danne baz
danne ieman dd tcete.
Die Hs. hat dan iem al due tete. Damach lese ich dan iemen aldä toste.
428 wird lesbarer, wenn man schreibt ir herze j ir Up, und ouch
ir sin: und ouch fehlt der Hs.^ der Herausgeber ergänzt unrund, aber
vgL 661 {Marjä Alphei diu tnioc vier silne) sant Simeonem und ouch
Judam*).
461 f. Der Dichter hat Maria dem weiblichen Geschlechte als
Vorbild vor Augen gestellt und fährt fort:
sich wiplich vnp, nö wis vrd,
daz got dich hat gehmhet sd,
daz er sich durch dich menschlichen lie
hie sehen und alhie emphie
465 die menscheit von vnplicher art.
aldd din name gehashet wart
über aUiu uAp. nü nim war
diner werdekeit und bewar
dinn namen, sU got die muoter sin
470 nach dir und nach dem namen dm
genennet hat. .
Wie Z. 466. 467 hier stehen^ könnten sie nur einen Sinn geben, wenn
man sie von Maria verstehen dürfte. Das verbietet aber der ganze
Zusammenhang, der Dichter redet vielmehr immer noch zum Weibe
im Allgemeinen: dann aber ist es unmöglich zu sagen, daß der Name
*Weib' über alle Weiber erhöht worden sei. Ich fasse demnach wlp
als Anrede wie 451 und 461 und lese
aldd din name gehcßhet wart
über aUe (sc. namen). unp, nü nim war u. s. w.
*) Der Heraas^. schreibt hier Sifnißrif aber die lat Endung wird hier so wenig
wie 816 Tom Schreiber herrühren.
76 HANS LAMBEL
Nachdem der Dichter hierauf das weibliche Geschlecht ermahnt
der Würde des Namens nachzuleben, heißt es bei Schönbach:
480 f. du 80Ü daz wol geUmben mir,
dd got hat 90 liep tm vnp,
er hat ir werden süezen Up
im selben erweÜ ze minnen u. s. w.
Zu Z. 481 theilt der Herausgeber jedoch als handschriftliche Lesart
mit: da got nicht hat u. s. w. Das ftlhrt, wenn man die Gewohnheit
des Schreibers, Endconsonanten zu vernachlässigen (422 enge statt en-
gdj 466 fjoar statt toart, 628 scho statt schot) und den Gedankenzu-
sammenhang berücksichtigt, mit leichter Änderung auf das richtige
daz got niht hat sd Uep sam vnp. Zum Gedanken vgl. 488—491:
dar an er uns machet schin
daz er uHpUch geslehte hat
gehoshet übr al nn hantgetät
und über al sin geslehte.
So lese ich mit der Hs. Der Herausgeber. streicht 490 aL
Seltsam mißverstanden hat der Herausgeher die Verse 707 bis
720, wie seine Interpunktion zeigt, und doch hätte ihn die von ihm
selbst (S. 524 — 529) herausgegebene lateinische Quelle schon auf die
richtige Auffassung ftlhren müssen. Jesus hat 686 gesagt von angenge
was ich b% got ie {eram in principio semper apud deum S. 525 V. 13).
Darauf fragt ihn 693 fg. Maria waz ist daz angenge, daz du bist gewesen
alle dme vrist bi dinem vater und mit im f mit bezeichnender Betonung
(quod est hoc principium quo dicis tefaisse apudpatrem etc. S. 525 V. 17)
und nachdem sie hierauf Antwort erhalten, noch einmal 707 fg.:
daz angenge, waz ist daz,
{daz soltü mir bescheiden baz)
daz Moyses geschriben hat,
da unser geloube noch an stät,
in dem got himel und erde
geschuof wol nach ir werde?
(S. 525 V. 23 quod est hoc principium, Moyses quod scripsit, in quo cdum
€itque terram creasse deum dixitf)
Hierauf antwortet Jesus 713 fg.:
daz ist daz wäre angenge:
dd got an wite an lenge
geschuof die snt den himel Jddr u. s. w.
(S. 625 V. 25 hoc verum est principium, in quo sunt creata tenipus,
eeUmt etc.)
KRITISCHE BEITBÄGE. 77
Es ist deutlich, daU hier zwischen dem uneigentlichen angenge
von Ewigkeit her*) (antiquum prineipium nennt es zum Unterschied
die Vita metrica S. 525 V. 19) und dem wahren angenge in der Zeit,
von dem Moses schrieb, unterschieden wird. Der Herausgeber jedoch
verdunkelt den Gedanken, indem er nach 707(?), nach 708 (.) setzt
und auch die Vs. 709 — 712 schon Jesus zuweist, daher er auch nach
712 (,) statt (?) setzen muß. Wie er 714 sein an wvte an lenge ver-
steht, errathe ich nicht: der Dichter kann doch unmöglich von der
Schöpfung in Raum und Zeit (im Gegensatz zur räum- und zeitlosen
Ewigkeit) sagen wollen, daß sie ohne räumliche und zeitliche Aus-
dehnung (und diese beiden Begriffe zusammen liegen in den Worten
totte und lenge) geschaffen worden sei: soll aber die Unermeßlichkeit
der Schöpfung bezeichnet werden, so wäre der Ausdruck doch sehr
unglücklich gewählt: ich schrieb daher an.
728 kann man der Überlieferung sich enger anschließend schrei-
ben dd wir nü sin, da wdr {bar Hs., iväm Seh.) wir do.
743 f. nö wer ist diu dnvaüekeit
der gotltch magenkraft ist breit f
So die Überlieferung, an welcher der Herausgeber keinen Anstoß
nimmt. Auch ich will nicht läugnen, daß die Stelle zur Noth einen
Sinn gebe, aber wenn man die entsprechende Zeile der Vita metrica
(S. 525 V. 36 que est illa trinitas divine maiestatis f) und der vom Her-
ausgeber selbst angeführten Bearbeitung Walthers von Rheinau (waz
diu dncaltkeit «t, der götlich magenkraß ist M) berücksichtigt, kann
man sich doch nicht der Überzeugung verschließen, daß breit ver-
schrieben sei für bereit, das ebenso Z. 50 steht ir wären vil tugende
bereit,
798 genzltchen hie üf der erden: man braucht der nicht zu streichen;
der Herausgeber hat S. 521 selbst bemerkt, daß der Dichter viermal
gehobene Verse mit klingendem Ausgang auch mit dreimal gehobenen
bindet (nur 451 gehört nicht hieher, da auch 452 vier Hebungen hat).
Der Artikel steht auch 838.
813 f. siieziu muoter, niht krenke
dtnen Up, doch gedenke
der Simednis worte
Die Hs. hat noch; ist vielleicht ji'ocA zu lesen?
*) Ton dem es 697 heißt dd% angenge iat n'ht vürwdr geaneoenget mü iht (hon
tH inceptivum uüiu* tntctt veZ mehoativum S. 626 Z. 19 f.) was der Herausgeber yiel-
leicht doch mit Unrecht in geangenget ändert.
78 HANS LAMBEL
829 f. mit goiRchem gewalte ich wol
erlcBste si, toan daz ich boI
mit rehtikeit si erlcesen.
u)and si sich den vinden bcesen
hänt tciüecUchen gegeben,
in ir gewaU ir vrtez leben,
sich in 832 gehört sicher dem Schreiber und ist ebenso wie die
Interpunktion nach 833 zu tilgen , damit die Construction ihre uner-
trägliche Härte verliere. 831 : 832 ist dann ein gewöhnliches Reimpaar
aus dreihebigen Versen mit klingendem Ausgange und S. 521 za
streichen.
850 f. min Itp dich sunder meü gebar
und äne allen mitewist
da von mir gebom bist.
Die zweite Zeile ist jedenfalls unrichtig überliefert und muß offenbar
ebenso lauten, wie 433 und an aller manne mitewist, vgl. die vita me-
trica S. 526 V. 87 f. sine commixtione virilis contagii . . . te concepi und
Walther 4, 23.
Ich wende mich nunmehr von der Besprechung einzelner Stellen*)
zur Geschichte der Überlieferung unsei*s Gedichts im Allge-
meinen, über welche der Herausgeber S. 521 — 523 eine Ansicht ent-
wickelt, der ich nicht zu folgen vermag.
In der einzigen Handschrift, in der uns das Gedicht erhalten ist,
erscheint der Zusammenhang der Erzählung keineswegs durchaus un*
gestört. Bis Z. 508 liest man ohne.Aihlbaren Anstoß von Joachim und
Anna und dem Jugendleben Mariens bis zur Geburt Jesu, die der
Dichter als bekannt nur kurz erwähnt, um sofort zum Lobe Mariens
und einer Betrachtung über die Würde des weiblichen Geschlechts
überzugehn, worauf nun noch in wenigen Versen erzählt wird, wie be-
reitwillig Jesus oft Fragen seiner Mutter beantwortete. Von .509 bis
580 findet sich dann allerdings ein solches Gespräch zwischen Maria
und Jesus, aber es fügt sich inhaltlich durchaus nicht an 508, indem
es mit einer Antwort Jesu beginnt und sich vielmehr als Schluß der
Fragen und Antworten erweist, an die sich ohne Unterbrechung wieder
eine Betrachtung schließt 581 - 634. Hierauf folgt ohne vermittelnden
Übergang ein Abschnitt über unser vrouwen künne 635 — 670. Dann
*) Nur in einer Anmerkung will ich noch auf eine Stelle hindeuten, die ich freilich
nicht sicher zu heilen vermag: 628 f. heißt es man moI edel ge»ieine niht »tfcte tcerfen under
diu nein; diiCi Hcele hier uupaüseud ist, bedarf wohl keiner Ausciuundersetzung; eiwanfwedef
KRITISCHE BEITRÄGE. 79
folgt wieder ebenso unvermittelt ein Stück Wechselrede zwischen
Maria und Jesus, mit dem die Handschrift schließt. 671 — 958. Dieses
Stück aber ftlgt sich inhaltlich yollkommend passend zwischen 508 und
509 ein und stellt somit an dieser Stelle den zerrissenen Zusanmienhang
wieder her.
Dieß der Thatbestand, aus dem sich jedenfalls zunächst soviel
ergibt, daß der Zusammenhang schon in der Vorlage gestört war.
Was aber folgert der Herausgeber weiter daraus? Er geht von
dem letzten Stück 671 — 958 aus, das 288 Zeilen enthält, also gerade
4 Blätter füllen würde, wenn auf der Seite 36 Zeilen einspaltig standen.
Unter dieser Voraussetzung würde auch der Schluß des Gespräches
509—580 gerade auf ^in Blatt gehen. Bei den übrigen Theilen des
Gedichtes geht aber die Vertheilung auf Seiten zu 36 Zeilen nicht
mehr so leicht. Der Herausgeber sucht zunächst die Einleitung zu dem
mit 671 'ganz ex abrupto' beginnenden Gespräch abzugrenzen, deren
Beginn er, allerdings nur hypothetisch, auf V. 437 fixieren möchte,
^mit dem die Besprechung eines neuen Gegenstandes ausdrücklich er-
öffnet wird, nachdem der früher behandelte Stoff in den Versen 435. 6
ebenso ausdrücklich als erledigt bezeichnet worden war\ So erhält er
'abermals von V. 437—508 ein Stück von 72 = 2X36 Versen, also
4in Blatt. V. 1 — 436 behandelt der Herausgeber in der Weise, daß
er 430—436 fbr einen von späterer Hand angefertigten Vermittlungs-
versuch' erklärt und als 'zweifellos' annimmt, 'daß die Erzählung
wirklich mit einem Verse 432 abschloß, bevor die Einleitung zu dem
Gespräch daran geknüpft wurde'. So gewinnt er abermals 6 Blätter
und es bleibt nur noch V. 581 — 670 übrig, wovon sich der Abschnitt
txm unser vrouwen künne (635—670) leicht wieder als ein Stück von 36
Versen, also Va Blatt heraushebt. Der Rest aber (581 — 634 der Preis
Marias) sei aus dem Lobe Annas (47—64) und Marias (441—508) zu-
sammengearbeitet, und wer solche Wiederholungen nicht auffallend
finde, den mache er aufmerksam, daß das Stück 595— 630= 36 Verse
allerdings fllr sich zusammenhängt. Auf diese Weise ergeben sich ihm
127^ (13?) Blätter einer Handschrift, die Bruchstücke eines Marien-
lebens enthielten, welche dann 'durch eingeschaltete Verse in Zusam-
menhang gebracht wurden . Da aber zwischen den einzelnen Theilen
des Gedichtes durchaus keine sprachliche noch metrische Differenz
wahrnehmbar ist, so wird angenommen, *daß schon in den zu begren-
zenden Theilen eine Überarbeitung vorliege, von deren Autor denn
auch die weniger genau bestimmbaren Stücke stammen . Das ursprüng-
liche Gedicht wird dann in die Mitte des 13. Jhs., die Überarbeitung
'bald darnach' gesetzt.
80 HANS LAMBEL, KRITISCHE BEITRÄGE.
Man wird dieser Methode das Zeugniss energischer Eindringlichkeit
nicht leicht versagen, aber auch eine gewisse Künstlichkeit derselben
"wird niemand entgehen, der sie aufmerksam und unbefangen prtift.
Wie, derselbe Mann, der sich die Aufgabe stellte, die Bruchstücke eines
altem Marienlebens durch Überarbeitung und Interpolation zu einem
Ganzen zusammenzufügen, der wirklich es nöthig fand von 430—436
ein überleitendes Zwischenstück aus eigenen Mitteln beizusteuern,
sollte entweder die klaffende Lücke zwischen 508 und 509 nicht be-
merkt haben, nicht bemerkt haben, daß 671 — 953 diese Lücke aus-
flLllen, oder um eine ausfüllende Interpolation verlegen gewesen sein?
Ihm sollte entgangen sein, daß mit 958 das Gedicht unmöglich schließen
könne oder die Sorge um einen passenden Abschluß so wenig am
Herzen gelegen haben? Er sollte fttr das Stück von unser frawen künne
(635 — 670) keine engere Anknüpfung gefunden haben? Das ist doch
unglaublich !
Oder sollen wir uns denken, daß dasselbe Schicksal der Zer-
trümmerung und Verwirrung, welches das ursprüngliche Gedicht ge-
troffen haben soll, auch wieder das Werk des Überarbeiters und Inter-
polators getroffen habe? Das ist kaum glaublicher!
Und woran soll man bei dem eingestandenen Mangel sprachlicher
und metrischer Differenzen die 'Zwischenstücke' von den ursprüng-
lichen Theilen mit einiger Sicherheit unterscheiden? Es feilt schwer
den Eindruck abzuwehren, als habe nur das Bestreben, Reste einer
Handschrift, welche 36 Zeilen auf der Seite enthielt, zu reconstruieren,
auf die Annahme einer Interpolation zwischen 430 und 436 geführt.
Und wer an den Wiederholungen in 581 — 634 Anstoß nimmt, dem
müssten streng genommen auch die Anklänge in 441 — 508 (vgl. 451 u.
59. 453. u. 57) verdächtig sein. Allein ohne die Annahme solcher
'Zwischenstücke' ist die Vertheilung der gesammten Verszahl auf
Seiten zu 36 Zeilen eben nicht streng durchführbar. Und dabei bleibt
es noch immer seltsam, daß uns ein wunderbar spielender Zufall viel-
leicht gar zweimal (595 — 630 u. 635—670) nur je ein halbes Blatt
erhalten haben sollte.
Sollte sich solchen Schwierigkeiten gegenüber nicht eine ein-
fachere Hypothese als wahrscheinlicher empfehlen? Eine solche wäre
folgende :
Die Vorlage, aus welcher unsere Abschrift des Gedichtes floß,
war am Ende schadhaft: einige Blätter hatten sich losgetrennt und
giengen zum Theil verloren; um weiteren Verlust zu vermeiden, legte
man die noch vorhandenen losgerissenen Blätter xwischen Z. 508 (Schluß
E. WILKEN, ZU DEN MURBACHER HYMNEN. 81
der Rückseite) und 671 (Anfang der Vorderseite eines Blattes) ein und
in dieser Ordnung schrieb der Copist unbekümmert um den Zusammen-
hang die Verse ab. Wenn sich die Gesammtzahl derselben nicht ganz
genau zu 36 auf die Seite vertheilen lässt (und auf diese Ziffer weist
das Stück 671 — 958, von dem bei der Beconstruction der Handschrift
offenbar auszugehn ist, allerdings hin), so erklärt sich das wohl bei
der geringen Zahl überschüssiger Verse aus einem ja auch sonst nicht
unerhörten Schwanken der auf eine Seite fallenden Verszahl, wenn
die Verszeilen überhaupt abgesetzt waren, was nach dem V. 11 be-
merkten Fehler bezweifelt werden darf.
Unter dieser Voraussetzung fallt die Annahme einer Überarbeitung
von selbst weg.
Die bairische Heimat aber unseres Gedichtes (S. 519 f.) ist
möglich, ja sie mag durch die nachgewiesene Benutzung des Mai eine
gewisse Wahrscheinlichkeit gewinnen, aber sicher ist sie nicht: denn
weder sind die aufgeführten Reime ausschließlich bairisch-österreichisch
(ja für ein bairisch-österreichisches Gedicht aus dieser Zeit ist es sogar
auffallend, daß kein ei u. ou f. t, f2 erscheint), noch ist es undenkbar,
daß Mai auch von einem nicht bairisch-öslerreichischen Dichter nach-
geahmt worden sein könne.
PRAG im October 1874.
ZU DEN MURBACHER HYMNEN.
Auch die neue Ausgabe der althochdeutschen Hymnenübersetzung *)
lässt eine von Jacob Grimm in seiner Edition S. 5 nur kurz berührte
merkwürdige Erscheinung ohne genauere Untersuchung. Grimm, der
sich über die Sache bekanntlich so äußerte : interdum monacho
duhitatio hcesisse videtur de vera verbi latini significatione ideoque duobus
illam theoti8ci8 attingere studuit, quorum fosteritia uncis inclusi — hat
die betreffenden Stellen des Textes wenn auch nur in äußerlicher Weise
*) Von Ed. Sievers: Die Mnrbacher Hymnen, Halle 1874. — In Bezng auf den
Text beiläufig folgendes : XV, 6, 4 entspricht dem deutseben Texte und wie mir scheint
auch dem Sinne besser die von Qrimm gegebene Fassung des lat. Textes vigilve tenaus
»amniet, die auch bei Daniel I, 42 als Variante steht. XXVI, 14 war wohl in beiden
Fällen die Lücke der Hs. durch kina auszufüllen, da der Umstand, daß bei kinädSn
der Gen. bisher nicht sicher belegt scheint, wohl nur zufällig ist, für kinädon c. Gen.
OEBMANfA Nene Reih« YIII. (XX.) Juhrg. 6
iiuriiffr:: Si^3i*iu»: JLiBie»«*' Jtafc 'C«rvsL •&» 1\tmwae^itMwmt
Süaüttimiii«. Tnit unr <fi«r fenxaüni» frifr^ suidi; ji^giU^wwrfSW*'
1/4 M, iv wmfcäm tes^rSsiAL WrrrsTvqH 4» Ü%«n«tKiR ä
i?«» tiinn'»i"Ä T.*t^i:iL ■*ni»»i!i»?r Ss^Ssi >iii*ä. sö^ -täii» WcDfeena
kfüra. -Wirt *nj* r«*KP» B«r*i?tt!ro;r Sw ^'rr» ?-i FMIr. <& idk
? I. 4. H i rr* = rÄt iftBsftt — Vji. K. 4 k^ö» =
T FL L4 par-^if = f^räht. «t/indhÜL
KÜl m. «. 4 f f: irsfiai = 'flfoMi. boM^OL — YfL Y. 4. S finiritB =
Jl- rV, 3-4 r*T*:ct4kEf = OJrflF fr«»99*til eiy*ir fmarndL
13 V. 2. 2 t::->r = *»«; "cJfe. VzL ID. 2. 2 Eihope = tamim. cJcne.
14- ^T 3. 2 |>*r = «fer. dMindL
L> VTTI. 5. 2 !i!T2«leamTis ^ «puifSlim*. tastor^H.
1^ XV. 2. 3 «Jam = wusi, demm^,
17^ XVIU. 3. 1 pndicitiae = lMiA/a3f?iti. a^k*\
m XIX. 6.3 in ^alilea = ni gaüilea, » hmcimisae. — VgL 8. 2 in
1|A4 firrtft n, 1030 B<ifpMe. ^ Zu TL C 1 hixte beaMfkt werden B^fca. difi & n
A«|/mf i^nBRcr fllisccfc«!« I>e«ccff adm£or Y^ Duiel I. 6S seh roi^ndct. — Bei
TW. 3. 3 ifft w^frr 4«r Ul ik<Ii der dectfcbe Text pecicl^eTt. letzterer ftkrt aaf «aar
^ Dvffa man^fth S. ^ im Art. «n«« der Hinireif anf £e sa^ 8. 71 n Art.
€4» lelbl«bd« Fora cIce« OIL 2. S-.
*, ViifcllMelrt ift doch apanaf<>?M zn besveriL
*; leb erfim« heOaymi^ das za den renrandten Fonnen keSof^ nnd -flto b«i
Oraff IV, Vm fftnaaien würde. ^ Bez. des zweifelhaften IsWriA .IXIL 1. S), daa
Crrifmn xn iadern rerzneliteiv ma^ an da« gleichlautende Nom. propr. erinnert
da« ITraff woU mit Recht vrter ^«ri pettellt hat: ^mevih alio = lerrve
dann nur fo riel als rtffimm oder frMrMpA«r.
zu DEN MURBACHER HYMNEN. 83
19) XXy 1; 4 probrosa = itunzltcho, unchtiseo.
20) XXIII, 4, 4 hostem = hei% ßant.
21) XXIV, 3, 3 form am = kiUhnüsa, pilidu
22) XXVI, 1, 4 veneratur = wirdü, $rit.
23) XXVI, 7, 1 devicto ^ kefnhtemo, vbartounnomo.
Auch könnte man als 24) aus II, 5, 4 potens = maktiger, ma-
ganttu noch dazu rechnen. — Der Umstand, daß in den ersten Hym-
nen die meisten Doppelversionen begegnen , mag als ein zufUliger
gelten dilrfen, da H. I — XXI von einer Hand geschrieben sind; auch
möchte ich darauf, daß die zweite Glosse mehrfach theils am Rande
(so 11. 15. 17. 23), theils oberhalb der ersten Glosse (14. 19) oder
unter dem lat Worte (IH, 2, 2) nachgetragen ist, kein besonderes
Gewicht legen.
Doch erhellt aus dem Angeführten zur Genüge, daß die Doppel-
versionen nicht etwa auf bloße Schreiberlaune zurttckzuftlhren sind,
Flüchtigkeiten in der Übertragimg sind ganz vereinzelt ^), auch die Fälle
in denen die zweite Version als Berichtigung der frühem erscheinen
könnte, nur Ausnahme*). Vielmehr ist trotz einiger Verstöße, die dem
Latinisten des 19. Jhs. freilich als etwas grobe Soloecismen auffallen
mögen, die Version im Ganzen nicht nur wortgetreu, sondern zeigt
ein Vermögen, das sich als eine wenn auch noch ungewohnte Gewalt
über die Sprache bezeichnen lässt. Es zeigt sich diese namentlich in
dem Bestreben, selbst die biblischen Fremdworte so weit als irgend
möglich in Laut- und Begriffsform der Muttersprache zu übertragen,
und in Bezug auf diesen Patriotismus übertreffen die Hymnen wohl
jedes andere ahd. Denkmal'').
Ein Schwanken in Betreff der wahren Bedeutimg des lat. Wortes
tritt fast nirgend zu Tage®) — sollte auch ein Reichenauer oder Mur-
*) So wenn XVI, 3, 2 nee hotüa durch nee hottit fibersetst wird, vgl Sievers
KU der Stelle.
*) Dieß ist namentlich der Fall mit N. 24, dagegen ist N. 14 die zweite Glosse
nur genauer , nicht eigentlich besser, Über 16 entscheide ich nicht.
^ Es ist darauf zuerst ron Grimm, dann auch von R. v. Ranmer (Einwirkung
des Christenthums auf die ahd. Sprache S. 340 ff.) gelegentlich hingewiesen. Am auf-
fälligsten ist die Obersetzung von otoiwia durch kahaU , vgL auch XIX, 8, 2. Ähn-
lich wie im Tatian (s. Raumer S. 366) wird Jetut mehrfach durch JieUant fibersetst,
(vgL heilant in Sievers Index), und XXIII, 1, 8 ist wohl auch heÜanU ans e te
■u machen.
*) Es ist wohl nur N. 8 hier anzuziehen, wo gemäß der Doppelbedeutung des
lat. radius = Strahl und = Radspeiche sich auch eine Version findet, die zwischen
beiden Bedeutungen die Wahl lässt; aber die entere bleibt wohl vorzuziehen.
84 K. BART8CU, ABSCHRII-T VON HARTMANNS IWEIN.
bacher Mönch des VIII. bis IX. Jh. über den Sinn von hartg, tpiräua,
per n. s. w. im Halbdunkel gewesen sein?
Abgesehen von dem Bestreben, dem Sinne des lat Wortes durch
die zweite Glosse noch näher zu rücken, vgl. 3) 7) 13) 14) 20) — wird
wohl auch die Erwägung, im Veralten begriffene Wortformen durch
geläufigere zu ersetzen, für das Verfahren des Glossators') maßgebend
gewesen sein. Nach dieser Seite hin verdienen 5) 10) 11) 23) — viel-
leicht auch 2) 9) 16) 17) 19) 21) Beachtung. — Was den Wechael
von poto und chundo betrifft (1), so ist zu bedenken, daß poto aich
mit der Zeit als übliche Version von apostolus festsetzte, und so noch
im Mhd. namentlich als Comp, zwelfbote üblich ist, während für angehu
vor dem völligen Durchdringen der entlehnten Form angil, engä neben
dem freilich auch hier giltigen poto sich chundäri (= chundo) z. B. bei
Notker wechselnd gebraucht findet, vgl. Raumer a. a. O. S. 379. —
Von Interesse ist schließlich (12) die doppelte Übersetzung von cb-
peUitur, wie denn überhaupt für den noch nicht fest geregelten Gebrauch
der Hilfsverben weaan und werdan, deren ersteres aber auch ftbr das
lat. manere eintritt *"), die Hymnen sehr lehrreiche Belege bieten, wor-
über man sich nun leicht aus dem Sieverschen Index orientiert, und
die schon von Grimm Gr. IV, 12, 13 gemachte Bemerkung, daß in
den ältesten ahd. Denkmälern wesan vorherrscht, weiter belegt findet
E. WILKEN.
ABSCHRIFT VON HARTMANNS IWEIN.
Eine Abschrift des hartmannischen Iwein vom J. 1521 befindet
sich in der Stadtbibliothek zu Lindau unter der Bezeichnung P U 62;
sie ist citiert in Pertz' Archiv 9, 587 und im Anzeiger ftlr Kunde der
deutschen Vorzeit 1872, Sp. 368. Zu untersuchen wäre ob sie aus einer
der uns erhaltenen älteren Handschriften geflossen ist oder nicht
K. BARTSCH.
*) Ob eine ältere Arbeit ron jüngeren Händen revidiert wurde, oder denalbe
Aator sich selbst corrifi^ierte, ist nebensächlich.
**) Da{c<'gen tritt pilihan fQr remanere im Sinne des fehlerhaften Zurflckbleibent
oder des Nachlassens (un/Alihantich =: tncesaabüü) ein, während das Wort im Behwe-
dischen and Dänischen {bli/va, blifve) den Sinn von toerden angenommen hat, and
also wenn man noch das nhd. bleiben = manere in Anschlag bringt, einen meikwflrdig
verschiedenen Qebranch aufweist.
UTTERATUR: HEINZEL, OESCHICHTE DER NFR GESCHÄFTSSPRACHE. 85
LITTERATÜR.
Oesohiolite der DiederfränkisclieD Oesohäftsspraolie von Richard Heinzel.
Paderborn (Schöningb) 1874. 464 S. 8.
Unter niederfränkischer Gescbäftssprache verstebt der Verf. den Dialekt
der fränkiscben und benachbarten Canzleien von Mainz abwärts bis in die
Niederlande, insofern er mindestens noch v für b oder t für z in Pronominal-
formen anch außer dit aufweist, und andererseits nicht ndl. ist'. Die Urkunden
dieses Gebietes sind mit größerer Vollständigkeit publiciert, als leider die der
meisten übrigen Gegenden Deutschlands, und die darin auftretenden Dialekte
bieten ein hervorragendes Interesse, weil sie verschiedene Zwischenstufen zwischen
hoch- und niederdeutsch repräsentieren. Eine Verarbeitung des vorhandenen
Materials muß daher sehr willkommen sein, und der Verf. hat dieselbe mit
großem Fleiße und großer Genauigkeit unternommen. Er unterscheidet auf dem
Gebiete eilf verschiedene Typen, wie er es nennt, die zum Theil wieder in
Unterabtheilungen zerlegt werden. Für jede Abtheilung gibt er ein Verzeichniss
der Quellen, darauf eine Beschreibung, d. h. eine vollständige Zusammenstellung
der vorkommenden Schreibweisen und aus den ältesten Quellen auch der
Declinationsformen ; dann folgt eine allgemeine Charakteristik und eine Über-
sicht über die geographische Verbreitung. Dazwischen sind größere oder kleinere
Ezcurse über verschiedene Fragen eingestreut. Über das eigentliche Wesen
dieser Typen spricht sieh der Verf. nirgends deutlich aus, aber man erkennt
aus der ganzen Behandlung, daß er sie als etwas von den gesprochenen Mund-
arten verschiedenes, gewissermaßen als Schriftsprachen für ein bestimmtes
kleines Gebiet auffasst. Die Anwendung dieser Typen ist nach H. nicht in be-
stimmte dauernde Gränzen eingeschlossen. Ihr Gebiet kann sich erweitem und
verengen; es kann derselbe Typus auf verschiedenen Gebieten und verschiedene
Typen auf demselben Gebiete auftreten. Diese von der Mundart losgelösten
Canzleisprachen sollen schon bestanden haben, als die ältesten lateinischen Ur-
kunden und Rechtsbücher aufgesetzt wurden. Ihre Existenz wird als selbstver-
ständlich vorausgesetzt. Dieselbe zu erweisen, zu zeigen, durch welche Umstände
sie sich gebildet haben, hat H. nirgends versucht. Seine Anschauungen beruhen
meiner Überzeugung nach auf einer unrichtigen Auffassung des Verhältnisses
von Schriftsprache und Mundart Das Bestehen einer Schriftsprache ist nicht
so selbstverständlich wie das der Mundart. Jede natürliche Sprachentwieklung
führt nur zu einer fortwährenden Steigerung der dialektischen Verschieden-
heiten. Die Schriftsprache entsteht nur durch bewusstes Aufgeben des Natür-
lichen, durch einen gewaltsamen Zwang, den der Einzelne sich nicht zu seinem
Vergnügen auferlegt, sondern wozu ihn nur ein wirkliches Bedürfniss veran-
lasst. Dieß Bedürfniss kann aber nur darauf beruhen, daß er mit der Mund-
art sich nicht verständlich machen kann. Es besteht nur für den großen Ver-
kehr, der über ein weites Gebiet sich erstreckt, aber nicht für kleine Terri-
torien, innerhalb deren die sprachlichen Unterschiede so gering sind, daß das
gegenseitige Verständniss dadurch nicht behindert ist. Aber gerade für solche
86 LITTERATUR : HEINZEL, GESCHICHTE DER NFR. OBSCHi FT8BPRACHB.
nimmt H. besondere Canzleisprachen an. Es gehört ferner doch Zeit nnd Übung
dazn, ehe eine Gemeinsprache sich fixieren nnd über die Mundarten erheboi
kann. Wie soll aber die dQrftige Anwendung ron Eigennamen nnd einigen Ter-
einzelten deutschen Wörtern in lateinischen Urkunden dazu genügen^ wenn man
auch vielleicbt für die spatere Zeit die Möglichkeiten zugeben mag? Wenn nno
wenigstens Heinzeis Typen sich als einheitliche und von einander deutlieh ge-
schiedene Idiome darstellten ! Aber keineswegs. Er muß Unterabtheilungen, Spiel-
arten unterscheiden, die nach einer Seite von ihrem Typus abweichen und die
rerschiedene Typen mit einander Terbindeui und muß schließlich bei der Ein-
reibung der einzelnen Urkunden doch mit einer gewissen Willkür Terfiahren.
Man Tergleiche z. B. die Bemerkung Si 285 unten: 'Sobald ein Denkmal aueh
nur ein uf zeigt, habe ich es zu YI gerechnet. Nur ein upk schien mir, wenn
andere Umstände dafür sprachen, den Charakter Ton IV nicht zu Terindem.
Damit ist also doch zugegeben, daß diese Tjpen mehr oder minder passend,
aber immerhin nicht ohne Willkür unterschieden sind, daß sich recht wohl eine
Eintheilung in mehr oder weniger Typen und anders gezogen denken ließei daß
also in Wirklichkeit in der Canzleisprache dieselbe Continuität, derselbe all-
mähliche Übergang Ton einer Sprachgestaltung in die andere stattfindet wie in
der Volksmundart, was die Vermuthung nahe legt, daß die Canzleisprache nichts
anderes ist als Volksmundart. Jedenfalls ist man berechtigt den Nachweis der
Verschiedenheit zu verlangen. Dazu war es nöthig die neueren Mundarten, da-
neben auch die Reime der älteren Dichter zur Vergleichung heranzuziehen. Da
diese von Heinzel ganz bei Seite gelassen sind, so müssen wir ihm überhaupt
das Recht absprechen über das Verhältniss von Canzleisprache und Mundart an
urtheilen. Mindestens ist das Urtheil unmotiTiert, da die einzigen zu €lebote
stehenden Kriterien nicht benutzt sind. H. konnte überhaupt nach der Be-
schränkung, die er sich auferlegt hatte, wesentlich nur eine Materialiensammlung
liefern. Denn es war auch nicht möglich, ohne neuere Mundart und Reim eine
genügende Feststellung der Aussprache, eine eigentliche Lautlehre au geben.
Ungefähr das nämliche Dialektgebiet wie H. hat gleichzeitig behandelt
W. Braune in den Beiträgen zur Gesch. der deutschen Sprache u. Lit. I, !•
Hier werden neben den Urkunden auch die neueren Mundarten behandelt.
Braune geht dabei von der Voraussetzung aus, daß die Sprache in den Ur-
kunden den heimischen Dialekt der Schreiber darstellt. Er geräth bei dieser
Ansicht in keinen Widerspruch mit den Thatsachen. Vielmehr ergibt sich die
genaueste Übereinstimmung zwischen den heutigen Dialektgränzen und den
Gkänzen der Urkundensprache. Daß H. diese Übereinstimmung verkannt ha^
liegt zum Theil daran, wie Braune in seiner Recension des Buches im Litter.
Centralbl. 1874 no. 25 bemerkt hat, daß ihm nicht klar geworden ist, daß in
der Regel derjenige die Urkunde ausstellen lässt, in dessen Vortheil das be-
treffende Geschäft begründet ist Es hätte überhaupt zunächst von den rein
localen Urkunden ausgegangen werden müssen, bei denen nur Personen der-
selben Mundart betheilig^ sind. Bei diesen würde sich ergeben haben, daß die
Sprache stets zu der betreffenden Mundart stimmt Dann würde sich auch weiter
ergeben haben, daß in Urkunden, die sich auf verschiedenredende Personen be-
ziehen, immer die Sprache der einen Partei erscheint, daß es also keine Ge-
meinsprache für den Verkehr gab.
MTTERATUB : HEINZEL, OESCHICHTE DER NFR. GE8CHÄPT8SPBACHE. 87
H. hat Braunes Arbeit mit Rücksicht auf seine eigene besprochen in
einer Becension der Beiträge Zeitschr. f. d. östr. Gjmn. 1874, S. 163 ff. Er
hat darin manches eingeräumt , sucht aber doch im Wesentlichen seine An-
sichten aufrecht £U erhalten. Bedauerlich scheint mir besonders seine Polemik
g^^n Braunes äußerst zweckmäßige Eintheiiung der fränkischen Dialekte in
Nieder-, Mittel-, Sud- und Ostfränkisch, deren allgemeine Einfuhrung äußerst
wünschenswerth wäre. H. wendet zunächst ein, daß MüUenbofis Eintheiiung
schon zu sehr eingebürgert sei, als daß man sie gegen eine andere Tertauschen
kSnnte. Aber das ist wohl in dem Maße nur in dem engem Schülerkreise der
Fall. Aber wenn man sich auch schon viel mehr in dieselbe eingelebt hätte,
so müsste sie doch aufgegeben werden, weil Müllenhoffs Abgränzung des Süd-
Mnkischen auf einem unwesentlichen und nach kurzer Zeit wieder Terschwin-
denden Unterschiede beruht, während im Rheinfränkischen durch ihren Con-
•onantenstand scharf und dauernd geschiedene Mundarten zusammengeworfen
werden. H. weicht ja selbst von Müllenhoffs Eintheiiung und Terminologie ab.
Sein Niederfränkisch umfasst Müllenhoffs Nieder- und Rheinfränkisch. Es ist
ein ganz haltloser Begriff. Einerseits wird das Niederländische Ton der mit ihm
auf einer Consonantenstufe stehenden Mundart von Geldern, Cleve und Mors
lotgerissen, andererseits beruht auch die Südgränze auf gar keinem klaren
Kriterium. Auffallend ist Heinzels Opposition gegen die Scheidung von Nieder-
und Mittelfränkisch, die er nicht als gleichberechtigt der von Mittel- und Süd-
fränkisch anerkennen will. Die Scheidung muß doch gemacht werden, wenn wir
überhaupt eine Scheidung von Nieder- und Mitteldeutsch machen, mit der sie
xusammeufällt. Die Verschiedenheiten innerhalb des mittelfränkiscben Gebietes,
auf die H. aufmerksam macht, den allmählichen Übergang in das Südfränkische
wird auch Braune zugeben. Aber das kann eben nirgends anders sein. Die Mund-
arten hangen überall continuierlich zusammen. Nie wird ein Sprung gemacht.
Unsere Eintheiiung ist jedesmal willkürlich, aber wir bedürfen einer solchen aus
praktischen Gründen und müssen sie so zweckmäßig als möglich einrichten.
Es hindert ja nichts das Mittelfränkische in weitere Unterabtheilungen, be-
sonders in zwei Hauptgruppen zu sondern, die auch von Braune angezeigt sind.
Unter den von H. eingestreuten Excursen ragen zwei durch Umfang und
Bedeutung des behandelten Gegenstandes hervor: über die westgermanischen
Yocale 46 — 90 und über die Lautverschiebung' 115 — 179. Leider kann ich
seinen Ansichten nur in wenigen Stücken beipflichten. H. leidet an einer Nei-
gung zur Künstelei, die das natürlich sich darbietende verschmäht, überall nach
absonderlicher und gesuchter Deutung hascht. Bei diesen beiden Untersuchungen
folgt er unverkennbar dem Muster Scherers, von dem er indeß mehrfach ab-
weicht. So ist sein Excurs über die Vocale eine Ausführung der von Scherer
z. Gesch. S. 126 ausgesprochenen Ansicht, daß der Hochton die Wirkung habe
den Eigenton des Vocals zu erhöhen, also eine Yeränderung in der Richtung
— u — a — t hervorzubringen. Mit Hülfe dieses Grundsatzes sucht er das Verhält-
niss von i zu t, o zu u, d zu ij auch die Contraction von Diphthongen und
die Diphthongisierung von langen Vocalen zu erklären. Es ist nun zunächst
zweifelhaft, ob für den germanischen Accent eine Erhöhung des Stimmtons und
nicht vielmehr bloß eine größere Energie der Hervorbringung wesentiich ge-
wesen ist. Die vollständige Haltlosigkeit der Hypothese zeigt aber folgende
Überlegung. Erstens finden sich ähnliche Vocalveränderungen auch in den übrigen
88 LITTERATUR : HEIXZEL, GESCHICHTE DER NFR- GESCHÄFTSSPRACHE.
europä'schen Sprachen, olme «laß, abgesehen \oi der Diphthongisienmg, der Ton
auf den betrofffuen Silben ruht. Die Verwandlung des a zu e, die doeh auch
auf Erhöhung des Eigen tons beruht, ist in den meisten Fällen gemeineuropäisch.
Sie findet sich gerade in einer Anrj&hl von Verben, die im litauischen, wo die
ursprünglichen Accentverhältnisse am getreuesten bewahrt sind, den Ton anf
der Endung haben z. B. lesü (= got. lisa), metu (= lat. mitto), vM (^ Ut.
who^ got. viya). Dieses e erhöht sich weiter im lit häufig zu i z. B. iriü
(rüder Cy Würz, ar)^ $kiriü (sondere, Würz. $kar) ; es wechselt e und t im praes.
und praet. z. B. hredü^ brtdaü (wate), kertü, Hrtaü (haue). Ebenso wird im
slaw. e in t verwandelt, welches stats accentlos ist und ausgestossen werden
kann z. B. mirqj tnrq (morior), aürq^ $trq (stemo), und mit Wechsel berq (fero),
blra*hü^ hraehü, inf. blrati^ hrati. Wenn man also einen Einfluß des Accents
annehmen will, so kann dieser nur darin bestehen, daß die Tonlosigkeit das
a zu e und weiter zu t treibt. Zweitens aber finden sich die von Heinzel anf
Rechnung des Accents gebrachten Vocalyeranderungen , wieder mit Ausnahme
der Diphthongisierung, gerade so wie in den Wurzelsilben auch in den Ab-
theilungs- und Flezionssilben, und in proklitischen Partikeln. So geht a durcJi
e zu t über in dageSy dagis, nimUf nimip*), mnjus aus «imtva«, sunive, kiminM^
katiUj agifj aggvipCL, salipva, in, ahd. ga., ge-, gi-, ta-, ze-, zi-. Langes ä wird
zu ^ in diigSj hancmL Vollends die Contraction von ai und au ist gerade in
den Endsilben auch im ahd. und selbst altn. consequent durchgeführt. Was
braucht es also zur Erklärung dieser Erscheinungen des Accentes? Dieß galis
unnöthigc Erklärungsmittel steht aber sogar mit den Thatsachen im Widerspruch,
den U. trotz aller künstlichen Mittel nicht zu beseitigen veimag. Er nimmt an,
um sein Princip zu retten, daß aus a entstandenes o schon gemeingermanisch
durchgängig zu ti geworden sei, nicht ebenso e zu t. Hierfür könnte allerdings
die verschiedene Behandlung von indog. i und u in den nichtgotischen Dia-
lekten sprechen. Aber es finden sich doch auch eine Anzahl von H. selbst S. 46
aufgezählter t, die gerade wie tf dem Einfluß eines folgenden o, (e, o) erliegen
ganz gegen das Princip der Tonerhöhung. Im übrigen widerspricht dieser An-
nahme Ueinzels und überhaupt seinem ganzen Principe das in den germanischen
Sprachen durchgehende analoge Verhalten von f , t zu a und o, ti zu o, welches
sich auch in der ahd. Diphthongisierung von i zu ia, »e und o zu uQj uo ond
in der Verwandlung von ai und au in et und au zeigt. H. müsste ferner den
Übergang des o in ti in eine Zeit zurückschieben, in welcher das germanische
Accentuationsgesets noch nicht durchgedrungen war und annehmen, daß die
Wurzelsilben, in welchen derselbe eintrat, ursprünglich sämmtlich unbetont ge-
wesen seien y wofür man doch wohl einen Beweis fordern dürfte. — Absolut
verfehlt scheint mir femer die Aufstellung einer gotisch-fränkischen Sprach-
gruppe, die in Bezug auf Vocalismus sich von den übrigen Stämmen absondern
Holl (S. 61). Weder sind die verschiedenen Punkte von Übereinstimmung, die
H. auffuhrt, allen zu der Gruppe gerechneten Stämmen gemein, wie er zum
^ Mit Heinzel anzunehmen, daß msu*, nimip aus nimasi, nimapi dnrch
milation an das Schloß-t entstanden seien» verbietet der Umstand, dai> nimip auch in
der H. plar eintritt, wo ein a abgefallen ist. überhanpt wurde das a nicht unmittelbar
zu t, sondern zunächst zu e übereinstimmend in allen indogermanischen Sprachen. Das
lit xet^ allerdings a in der IL plur. und HI. sing. Dieß beruht aber wohl auf späterer
Assimilation an d^e übrigen Personen gerade wie ahd. nemat.
LITTERATÜR: HEINZEL, GESCmCHTE DER NFR. GESCHÄFTSSPRACHE. 89
Thdl selbst zugibt, noch ist erweislich, daß sie sich dadnrch von den übrigen
sondern. Die Gruppe soll sämmtliche mit den Römern in Berührung gekommenen
Völkerschaften umfassen. Wenn dieselbe nun in ihren ältesten Denkmälern, in
Eigennamen und vereinzelten Wörtern bei lateinischen Schriftstellern gemein-
same Eigenthümlichkeiten zeigt, die sich bei den andern Stämmen nicht nach-
weisen lassen, so liegt das einfach daran, daß wir von der Sprache der letzteren
gar keine oder nur höchst spärliche Denkmale haben eben wegen der mangelnden
Berührung mit den Römern. Die aufgeführten Eigenheiten lassen sich aber fast
alle in andern Dialekten wirklich nachweisen. So ist Empfindlichkeit der Vocale
für consonantische Einflüsse doch in viel höherm Grade als dem fränk., dem
ags. (kmd^ eaforoy feallan, svearf^ meaht, ceorl) und altn. (bjarga^ hjäfpa, koniingr)
eigen. Rückkehr von i zu d, die übrigens im got. nicht nachweisbar ist, hat
wahrscheinlich bei allen germanischen Stämmen, die nicht frühzeitig genug
untergegangen sind, stattgefunden. Über die Alamannen vgl. Jacobi, Beitr. 111;
sehen der Name Suevi ist Beweis. Reste des e im alts. sind gSr, uuig, bidi
etc. ef. Hejne, alts. Gramm. §.5; im ags. cvhi^ ven, mict^ cv^man Noch viel
sahlreicher sind sie im altfr. jir^ mfl, jH'on etc. Nur im altn. ist keine Spur
daTon, und für dieses mag es zweifelhaft bleiben, ob jemals das d dem i an-
genähert gewesen ist. Doch ließe sich auch aus der Vergleichung der ver-
wandten Sprachen wahrscheinlich machon, daß i oder wenigstens ein Mittellaut
zwischen d und e gemeingermanisch gewesen ist. Ferner fu, euua, treuua sind
gmos gewöhnlich in der vordem Partie des Hei. im Mon. Noch weniger können
die nnter nr. 1 — 7 (S. 67 ff.) angeführten Erscheinungen als specifische Eigen-
thümlichkeiten der Gruppe angeführt werden, was eigentlich für den Unbefangenen
80 auf der Hand Hegt, daß es Raumverschwendung wäre es noch weiter aus-
raführen. Was soll also die Aufstellung dieser Gruppe?
Nicht so ganz durchgängig, wiewohl auch zum großen Theil verfehlt
scheint mir der Excurs über die Lautverschiebung. Derselbe berührt sich viel-
fach mit den Arbeiten von Braune, ßeitiäge I, 43 ff. und 513 ff. und von mir
ib. 147 ff. H. hat seine Aufstellungen später gegen die abweichenden Ansichten
▼on Braune und mir zu rechtfertigen gesucht in der oben erwähnten Rccension
der Beiträge. Zunächst über einen principiellen Gegensatz der beiderseitigen
Anschanungen spricht er sich dort (S. 178) folgendermaßen aus: Was dem
Aufsatz schadet, scheint mir die physiologische Methode zu sein; Paul vernach-
lässig^ gänzlich die ControUe, unter welcher das Ohr die gesprochene Sprache
hält nnd gegen zugemuthcte Lautändorungen schützt. Allerdings besteht eine
solche Controlle, welche jeden plötzlichen, sofort deutlich ins Gehör fallenden
Lautwandel verhindert. Ich habe von derselben nirgends gesprochen, aber ich
wüsste nicht, wo ich gegen die Gesetze derselben sollte Verstössen haben. Bei
allen von mir angenommenen Lautverändrrungen sind continuierlichc Übergänge
möglich. Die einzige darunter, die nicht auch Heinzel annimmt, ist der Über-
gang von Reibelaut in homorganen Verschlußlaut ohne Vermittel ung einer Af-
fricata. Daß dieser nicht gegen das Gesetz der Continuität verstösst, ist doch
wohl klar. Denn von der größten Weite, bei der noch ein Consonant ertönt,
bis zum völligen Verschluße giebt es unendlich viele Abstufungen, und ebenso
giebt es unendliche viele Grade der Verkürzung des Dauerlautes bis zum Moment.
Und alle diese Zwischenstufen der Articulation sind auch Zwischenstufen für
den akustischen Eindruck. Der Vorwurf, den mir H. machen kann, kann also
90 LTTTERATUB : HEINZEL, GESCHICHTE DER NFR. QESCHiFTSSPRACHS.
nur der sein, daß ich neben der ControUe des Ohres aach noch die physio-
logische Schwierigkeit berücksichtigt habe, daß ich nicht jeden Lantfibergang
för möglich und wahrscheinlich halte, wenn nur der Abstand von dem arsprSng-
liehen Laute nicht lu sehr ins G^hör fällt, gleichviel ob er nach allgemeinen
lautphysiologischen Gesetsen oder nach den sonstigen Beobachtungen, die wir
über die speciellen Eigenthümlichkeiten eines Volkes machen können, wahr-
scheinlich ist oder nicht. Diesen Vorwurf will ich mir gern gefallen lassen.
Kaum begreiflich ist es, wie mir die physiologische Methode , nicht bloß die
falsche Anwendung derselben zum Vorwurf gemacht wird, da doch aller Fort-
schritt, den die Lautlehre in neuerer Zeit gemacht hat, darauf beruht. Dia
Laute unterliegen als physische Erzeugnisse wesentlich nur physischen Gresetzen,
gerade so wie Wortbedeutung, Ableitung, Flexion und Syntax psychologischen.
Es kommen dabei einige psychologische Momente allgemeinster Art in Betracht,
insofern z, B. die nach vorwärts wirkende Assimilation nicht durch den go-
sprochenen Laut selbst, sondern durch die Vorstellung des zu sprechenden
Lautes bewirkt wird, oder insofern Schnelligkeit des Sprechens, die wieder mit
Schnelligkeit des Denkens zusammenhängt, Assimilation und Abschleifung der
Endungen befördert. Aber bewusste Tendenzen, wie sie H. annimmt, wirken
bei der Lautveränderung nicht. Eis ist vor allem in der natürlichen Sprache
keine Vorstellung von dem Lantsysteme vorhanden, wie wir Grammatiker sie
haben.
H. Irifit zusammen mit Braune in der gelungenen Widerlegung von
Scherers Ansicht, daß got. Tenues sich im ahd. unmittelbar zu Reibelauten,
nicht durch Affiricaten hindurch verschoben hätten, mit mir in der Annahme,
daß die got. Medien und im Allgemeinen auch die denselben entsprechenden
Laute in den nicht von der hochdeutschen Verschiebung betroffenen Dialekten
wenigstens im Inlaut einen andern Lautwerth repräsentieren, als wir mit den
Zeichen des lateinischen Alphabetes, durch welche wir sie wiedergeben, sonst
zu verbinden gewohnt sind, und daß in diesen abweichenden Lautwerthen eine
ältere Stufe erhalten ist. Unsere Ansiebten gehen aber darin auseinander, daß
er dafür wenigstens ursprünglich Medialaffricaten annimmt, ich dagegen bereits
gemeingermanisch einfache weiche Reibelaute. H. hält in der Recension an
seiner Ansicht fest und sucht sie genauer zu begründen (S. 180 ff.). Bei ihm
wie früher bei Scherer ist die Annahme von Affricaten wesentlich veranlasst
durch den unläugbaren Übergang der fraglichen Laute in Verschlußlaute, die
sie beide immer nur zunächst aus Affricata, nicht aus Reibelaut entstehen
lassen wollen. Dabei ist maßgebend für sie gewesen die Analogie des engli-
schen thy welches gegenwärtig in der Sprache der Gebildeten offenbar im Über-
gang zum Verschlußlaut begriffen ist, während die Dialekte diesen Übergang
zum großen Theil schon vollständig vollzogen haben. Aber die Auffassung des
Übergangslautes als Affricata ist eben falsch, wie ich Beitr. I, 189 bemerkt
habe. Er ist vielmehr ein durchaus einfacher Reibelaut, sehr kurz und mit
starker Verengung der Articulationsstelle gesprochen, wofür gelegentlich auch
schon wirklicher Verschlußlaut ertönt, fl. geht darüber in der Recension S. 184
etwas leicht hinweg: ^Die englische Analogie soll durch Sievers Beobachtungen
hinweggeschafit sein« In wie fem das richtig ist, kann ich nicht beurtheilen*
Dem muß ich entgegenhalten: es ist richtig, festgestellt durch zuverlässige Be-
obachtungen, deren Greltung dadurch nicht entkräftet wird, daß sie H. gerade
UTTElRkTÜR HEINZBL, GESCHICHTE DER NFB GESCHÄFTSSPRACHE. 91
nicht Dachprnfen kann. Damit wird aber die englische Analogie nicht bloß fQr
Heinsels Annahme beseitigt, sondern für die meinige gewonnen. Es nothigt ans
fiberhaapt nichts mehr Affricaten anzunehmen, wir verwickeln ans im Gegen-
theil dadurch bloß in annöthige Schwierigkeiten. Znm Theil gibt H. selbst ein-
fkche Reibelaute su. Wo er aber Affricaten annimmt, können die dafür vorge-
brachten Gründe mit demselben oder mit besserem Rechte für den soeben be-
•chriebenen Ubergangslaut geltend gemacht werden. So das Schwanken zwischen
6 und V in der Wiedergabe des got. b. Außerdem ist zu beachten, daß lat.
V labiodental war, daß also der labiolabiale got. Reibelaut, auch abgesehen
TOn einer etwaigen Annäherung an den Verschlußlaut, zwischen lat. b und v
in der Mitte stand. Daß durch b ein bloßer Reibelaut bezeichnet werden konnte,
beweift am besten die Wiedergabe des got. Halbvocals v durch üb neben uv.
Wenn H. fragt, wie die Afiricata im lat. anders hätte bezeichnet werden sollen
als durch b oder o, so muß ich einfach antworten durch bv. Vollkommen un-
begreiflich ist mir, wie H. Zeitschr. 182 behaupten kann, daß der Wechsel
Ton Spirans und Media nur bei den Vertretungen von indog. k und t sich
ftnde, während dem indog. p kein solcher Wechsel entspräche. Gerade hier
tritt uns ja der Wechsel am lebendigsten entgegen (cMafrüf, »oMÖa, abuhj ubuh).
Hier dürfen wir am allerwenigsten eine Erweichung von Tenuisaffricata in Me-
dialsffiricata statuieren. Für got. g und d im Inlaut gibt H. reinspirantische
Aassprache zu. Im Anlaut setzt er für alle drei Articulationsstellen Affiricata
an« Er beruft sich dafür Zeitschr. 181 auf das alts. und ags., wo g auf j
allitteriert Daraas zieht er den merkwürdigen Schluß, daß, da g\ g^ und j^
nach Bruches Bezeichnung für das Ohr zu weit abständen, man das alt«, ags.
g als g^j^ ansetzen müsse, als ob es bei der Allitteration auf den zweiten Laut
ankäme und nicht allein auf den ersten. Und da ihm die Verbindung g^^ mit
Recht seltsam vorgekommen sein wird, so meint er, es sei wohl gar nicht die
regelmäßige Aussprache gewesen, vielmehr habe die Aussprache zwischen g^j^
und ^V' geschwankt, zumal da Reime wie gumon : Josepe doch selten wären.
Zanächst bemerke ich, daß, wenn diese Reime seltener sind als manche andere,
dieß natürlich nicht anders sein kann, weil j seltener ist als andere Laute. Es
allitteriert daher noch viel seltener auf ein anderes j als auf g. Ich habe für
den Hei. nach Heynes Glossar die Reime durchgesehen, in welchen andere mit
j beginnende Wöi-ter als Eigennamen und das sehr häufige jungaro vorkommen.
Danach ergeben sich folgende Zahlenverhältnisse: es reimen drei j auf einander
iweimal (1175. 2802), wobei immer der Name Johannes, 1175 auch Jacobus
Torkommt, ein j auf ein anderes zweimal (859. 3258 jung : Jesus) y zwei j
and ein g zweimal (735. 5296), ein j' und zwei oder ein g siebenzehnmal
(80. 148. 949. 1117. 2192. 2466. 3278. 3309. 3469. 3472. 3498. 3613.
4427. 4757. 5916. 5948. 5967). Es muß also unbedingt zugegeben werden,
daß g und j für die Allitteration nicht unterschieden werden. Daraus würde
man folgern, daß auch in der Aussprache gar kein Unterschied gewesen wäre,
wenn nichts anderes dagegen spräche. Für einen Unterschied im alts. spricht
nun allerdings, daß im allgemeinen j und g in der Schrift anterschieden werden.
Aber allerdings findet sich g für j geschrieben vor i and e z. B. gihitj gir
(immer im Mon.). Dagegen vor a, u wird statt dessen gi geschrieben gidmar^
giiudeo and im Inlaut zwischen Vocalen ge uudkogtandü Das beweist unzweifel-
haft| daß g vor dunklen Vocalen anders gesprochen wurde als vor hellen. Denn
92 LITTERATUR : HEINZEL, GESCHICHTE DER NFR. GESCHÄFTSSPRACHE.
e, t sind doch offenbar wie im franz. and ital. aufzufassen als Zeichen, daß
g nicht wie sonst vor dunklen Lauten, sondern wie vor hellen lu sprechen ist.
Wir hätten also drei abweichende Laute, den des alten j^ den des g Yor hellen,
den des g vor dunklen Vocalen. Unter diesen muß der zweite dem ersten näher
stehen als der dritte und dem dritten näher als der erste, und alle zusammwi
dürfen einander nicht zu fem stehen, da sie auf einander allitterieren und auch
durch denselben Buchstaben bezeichnet werden können. Der Unterschied des zweiten
und dritten muß durch die Qualität des nachfolgenden Vocals begründet werden.
Ich wüsste nicht, wie man diese Verhältnisse einfacher deuten wollte als so:
j ist Halbvocal, der aber bereits beginnt sein vocalisches Element einzubüssen
und deßhalb nicht mehr auf Vocal alh'tteriert wie im altn., sondern auf g und
auch in der Schrift durch g, gi, ge ersetzt werden kann; g vor e und % ist
palataler Reibelaut, mit dem j zusammenfallt, sobald es sein vocalisches Element
verliert; g vor a, o, u ist gutturaler Reibelaut, welcher wieder unter allen mög-
lichen Lauten dem palatalen Reibelaut zunächst liegt Noch klarer sind die
Verhältnisse im ags. fl. geht Zeitschr. 181 von der irrigen Ansicht aus, der
ich selber früher verfallen bin, daß das Zeichen ^ erst im neuags. eingeführt
sei. Dasselbe bestand schon im altags., und zwar als einziges Zeichen für den
Laut, der in unseren Ausgaben durch g wiedergegeben wird, neu eingeführt
wird im neuags. vielmehr das g. Im neuags. kann ^ gutturalen und palatalen,
weichen und harten Reibelaut bezeichnen. Im altags. wird ^ außer für goth. g
auch gebraucht für anlautendes got. j vor hellen Vocalen, vor dunklen da-
gegen tritt statt dessen :^e ein. Das heißt also doch wohl: es besteht ein
Unterschied in der Aussprache zwischen ^ vor harten und dem vor weichen
Vocalen, got. j ist mit dem ^ vor welchen Vocalen zusammengefallen; das
letztere ist palatal, das andere guttural. — H. nimmt bei den indogermanischer
Tennis entsprechenden weichen Lauten wenigstens zum Theil Erweichung aus
Tenuisaffricata an. Ich muß an den dagegen und für Erweichung aus einfachem
Reibelaut Beitr. 1, 155 ff. vorgebrachten Gründen entschieden festhalten. Ich
hebe vor allem noch einmal die Analogie der Erweichung des « hervor, die am
schlagendsten ist bei dem grammatischen Wechsel; vgl. Braunes Abhandlung
Beitr. I, 513. Für einen Theil der Fälle giebt H. selbst zu, daß der aus
hartem Reibelaute entstandene weiche sich erst wieder mit dem Vorschlag einet
Verschlußlautes versehen habe. Zu dieser Annahme ist weiter keine Veranlassung
als die irrige Voraussetzung, daß der Übergang von Reibelaut in Verschluß-
laut durch die Affricata hindurch erfolge, welche Voraussetzung wieder nur aof
der falschen Auffassung der heutigen Aussprache des engl, th beruht.
H. nimmt mit Scberer an, daß ursprünglich im indog. Medialaspiraten
bestanden haben, die also nach seiner Ansicht im germ. zum Theil unverändert
erhalten wären, während ich mich Curtius, Ascoli und andern angeschlossen
habe« die wirkliche Aspiraten wie im neuindischen ansetzen. Ich habe besonders
die lautphysiologische Schwierigkeit des von Scherer angenommenen Überganges
von 6t; etc. in bh betont. H. wendet Zeitschr. 179 dagegen ein, der Übergang
von tönender Spirans in h biete gar keine Schwierigkeit. Dabei übersieht er
vollkommen, worauf es ankommt. Nicht an dem Übergang der Spirans in h an
und für sich habe ich Anstoß genommen, sondern an dem Übergang des
tönenden homorganen Lautes in den tonlosen nichthomorganen neben dem tönenden
Verschlußlaut. In den Medialaspiraten hat man noch stets lautphysiologische
UTTERATUR : HEINZEL, GESCHICHTE DER NFR. GESCHÄFTSSPRACHE. 93
Schwierigkeiten gefunden, und ganz besonders auch Brücke. Für das germa-
nische ist meiner Überzeugung nach die Frage von keinem Belang. Auch ich
nehme Medialafiricata als nächste Vorstufe der germanischen weichen Reibelaute
an. Aber H. benutzt den im indischen vorausgesetzten Übergang von Medial-
affiricata in Aspirata als Analogie zur Erklärung des Wandels der Media in
Tennis im ahd. Nämlich bv wurde zu bh, b wurde durch den assimilierenden
Einfluß des h des Stimmtons beraubt wie im griech., und nachdem das h den
gewünschten Dienst geleistet hatte, konnte es nun gehen. — Noch seltsamer
scheint mir die Erklärung der ahd. Affricaten aus Jerierung (Geschäftsspr. 146 ff.)
Es sollen k, t, p zunächst zu kj, tj, pj geworden sein, die sich dann in kx^
Uj pf gewandelt hätten. Um einen in anderer Weise schon ganz befriedigend
erklärten Lautwandel auf eine neue Art zu erklären, wird zunächst ein ganz
anerklärter und unerklärbarer Vorgang statuiert, die Einschiebung eines j ohne
jede Veranlassung, um daraus dann weiter zn erklären. Und auch dabei werden
wieder Vorgänge angenommen, für die jede Analogie fehlt. Es entsteht zwar
häufig s (/«) aus (j, aber niemals kx und pf aus kj und pj. Denn die aus
romanischen Sprachen angeführten Beispiele sind anders zn erklären. Auf die-
selbe Weise will H. die Verschiebung der indog. Tenues durch Jerierung er-
klären und sogar die der indog. Medien. Aus ^, d, b sollen zunächst gjj dj, bj
entstanden sein. Daraus hätte nun nach Analogie der Tenues bv etc. werden
müssen und hieraus hätte Heinzel dann nach Analogie des ahd. öh und weiter
p ableiten können. Das wäre wenigstens consequent gewesen. Aber da hätte
ja das neue bv := indog. b mit dem alten indog. bv zusammenfallen müssen.
Um das zu vermeiden wird hier ein Sprung gemacht: bj geht ohne Vermittlung
Ton bv in hh über. Eine Häufung von Unwahrscheinlichkeiten , ohne daß man
den Grund einsieht, warum der einfachste Weg der Erklärung verlassen wird.
Ganz verfehlt endlich scheint mir die Art, wie H. das Verhältniss des
fränkischen Consonanteustandes zum hochdeutschen auffasst. Braune hat die
Abweichungen des fränkischen und der übrigen mitteldeutschen Dialekte als
Terschiedene Abstufungen der Lautverschiebung aufgefasst, die einen natürlichen,
allmählichen Übergang vom niederdeutschen zum strengoberdeutschen vermitteln,
und er hat auf Grund derselben die Chronologie der verschiedenen Acte der
Lautverschiebung zu bestimmen gesucht. Anders H. in seinem Buche und in der
Becension. Braunes Chronologie lässt sich nicht gut mit seinen Hypothesen ver-
einigen. Nach ihm ist die Verschiebung nur in Oberdeutschland spontan. In das
fränkische, und zwar auch in das südfränkische ist sie durch Culturübertragung
ans Oberdeutschland eingedrungen. Die Franken sollen sich die gebildetere
Sprache der Oberdeutschen theilweise angeeignet haben. Diese Culturübertragung
widerspricht wieder vollkommen den allgemeinen Entwicklungsgesetzen der
Sprache und den besonderen Verbältnissen der Zeit, in der sie stattgefunden
haben müsste. Vergleichen wir die Einwirkung der neuhochdeutschen Schrift-
sprache auf die Dialekte. Dieselbe hat bei den Gebildeten und in den größeren
Städten die eigentliche Mundart meist ganz verdrängt, hat die letztere modi-
ficiert oder ist von ihr modificiert worden, wie wir es nach der Verschiedenheit
des Mischungsverhältnisses bezeichnen mögen, aber in keiner Gegend Deutsch-
lands ist die Mundart auch auf dem Lande ganz von ihr verdrängt oder durch-
gängig entfernt so stark verändert worden, wie es hier die fränkische sein soll.
W^as also unsere fest geregelte Schriftsprache trotz alles Fortschritts der Cultur,
£4 LITTEBATUR: MÜLLENHOFF, LAÜKIN.
trots ihrer Hemchaft, die sie seit wenigstens drei Jahrhonderten in Kirebe^
Sehnle nnd Litteratnr behauptet hat, nicht Termocht hat, das hat das Obei^
deutsche des achten ond nennten Jahrhnnderts ToUbracht. Und wir Miiwea
weiter fragen: inwiefern waren denn die Oberdeutschen der in der CuHur ibft-
geschrittenere, der mächtigere und gebildetere Stanun ? Kein Maisch kann doch
bestreiten, daß au der Zeit, in der die Verschiebung eingetreten sein mnA, die
Franken sowohl mächtiger als gebildeter waren. H. selbst vertheidigt ja Mfillen-
hoffs Annahme einer fränkischen Ho&prache, die auf Oberdeutschland gewirkt
haben soll. Man kann zugeben, daß die Verschiebung in Oberdentschland be-
gonnen hat und sich allmählich weiter über Mitteldeutschland rerbreitet hat, wie
wir dieß an der Veränderung des tk in historischer Zeit wahrnehmen. Aber ein
spontaner Trieb muß dabei immer Torhanden sein, der nur durch den Verkehr
mit den Nachbarn unterstützt wird. Höhere oder geringere Cultnr kommt dabei
gar nicht in Betracht, sondern nur Intensität des Verkehrs. Es liegt eine natSr-
liche Entwicklung vor, ganz verschieden Ton der Einwirkung einer
auf die Mundart.
FBEIBUBO L/Br. Jan. 1876. H. PAUU
Laurill, ein tirolisches Heldenmärchen aus dem Anfange des XHL Jahrhnnderta
herausgegeben von Karl Müllenhof f. Berlin 1874. Weidmannsehe Bucli-
handlung. kL 8. 78 S.
Ein Abdruck des Textes aus dem Deutschen Heldenbnche I (1866)^
ohne Einleitung, Anmerkungen, Lesarten. Man fragt sich, zu welchem Zwecke
soll dieser Abdruck dienen? Soll er bei Vorlesungen an Universitäten zu Grunde
gelegt werden, so ist dabei der kritische Apparat unentbehrlich^ es wird dem-
nach zu dem Texte im Heldenbuch gegriffen werden müssen. Ist aber die Ab-
sicht, damit das Gedicht etwa auf unsem Schulen einzufuhren, so müssen wir
diese Absicht für eine ganz verkehrte halten; die geringe Zeit, die auf Schulen
für altdeutsche Leetüre übrig bleibt, soll man wahrhaftig nicht verwenden, um
Gedichte von so untergeordnetem Werthe zu lesen wie doch im Ganzen dieser
Laurin ist. Jenes scheint aber wirklich die Absicht zu sein, wie man daraus
schließen muß, daß in die eben erschienene neueste Auflage von E. Martins
Glossar zu den Nibelungen nnd zu Walther auch Laurin verarbeitet ist. In der
That eine recht passende Zusammenstellung! Vielleicht gilt dieselbe aber dem
Werthe der kritischen Leistung, vielleicht ist hier in der Herstellung ein ähn-
liches Meisterstück geliefert wie in den Lachmannschen Nibelungen und ihren
zwanzig Liedern! Die kritische Aufgabe war hier in der That keine leichte,
es galt aus der sehr entstellten und überarbeiteten Überlieferung das ursprüng-
liche Gedicht herauszuschälen. Daß dieses noch dem 12. Jahrhundert angehört
ist nach den Reimen unzweifelhaft, dabei allerdings möglich, ja wahrscheinlich,
daß schon an der Gh-enze des 12. und 18. Jahrhs. es eine Umarbeitung er-
fahren hat. Über diese hinaus führen unsere Quellen nicht; es las st also die
*) Auf dem Titel dieses Abdruckes nennt sich MüUenhoff als Herausgeber, im
1. Band des Heldenbachs ist in schrallenhafter Weise auf dem Titel wie hinter der
Einleitung der Name weggelassen; daher der Irrtham Kellers wohl verzeihlich ist, der
die Laurinaosgabe einem andern beilegt (Heldenbach, Stattgart 1867, 8. 776).
LITTERATUE: MÜLLENHOFF, LAUBIN. 95
älteste zn erreichende Gestalt immer noch auf eine ältere Vorlage blicken.
Denn wenn Heldenbnch I, S. XL VII gesagt wird, daß die Ungenanigkeit der
Beime sich neben der strengen Regel ans dem XII. Jahrb. durch das dreizehnte
fortpflanze« so gilt das doch nur von gewissen Ungenauigkeiten, wie daß b : ^,
p i t, h : dy m irif « : s gebunden werden. Aber eine Beihe von Reimen des
Laoiin sind der Art, daß sie schlechterdings nur zu erklären sind als aus einer
älteren Fassung stehen geblieben. Nicht bloß die drei, die M. als 'der alten
Kunst gemäß^ bezeichnet, obene : voyele, bidtrbe : widere^ brünege : menege. Wir
finden den Reim obene : vögele Aneg. 10, 38. Genesis D. 82, 1, und vögele l
hbene Genes. 3, 16; den Reim biderbe : widere Gehüg. 427. Gr. Rud. F 2.
Bol. 173, 10. 276, 5. Maria 156, 12. 174, 14. Anzeig. 6, 157; auf mdere
gereimt steht biderbe Gr. Rud. C 26. K^ 12. Rol. 142, 17. 144, 7. Der dritte
Beim endlich wiederholt sich nur Alex. 1145; ihm entspricht die Bindung
iMnige : kunige Roth. 3053. 3613. 3691. 3855. 3979. 4079. 4185. 4261.
Kaiserchr. 11651. Fondgr. 2, 95. Ezod. D. 161. Diemer 36, 3. Also in keiner
Dichtung, die bis ins letzte Viertel des 12. Jahrhs. hinabreichte. Ist es glaub-
lich, daß noch zwischen 1195 — 1215 (denn in diese Zeit setzt M. die Ab-
fassung des Laurin) solche Reime vorkamen, dann muß man sich wundem, in
den spätem Dichtungen des 12. Jahrhs. sie gar nicht mehr zu finden. Und
dasselbe gilt von andern Reimen. Die Bindung liez : lief hat entsprechendes nur
in Reimen des Anegenge (23, 17. 24, 5), des Alezander (1034), des Rolant
(150, 13. 162, 12. 292, 32), der Kaiserchronik (6911), und der Bücher Mose
(Fundgruben 2, 57. 85). Dem sehr auffallenden Beim füeun : slUege 307 lässt
sich nur vergleichen tmze : liden Fundgruben 2, 28, aluoge : muo9e Fundgr. 2, 28.
Hahn 20, 77, und jdhen : säten Kaiserchr. 1886. Der zweimalige Reim gewelbe
z gesellen 1321. 1329 hat genau entsprechendes nur in selbe: welle Rol. 73, 15;
aber analog sind die Reime erbeigen : wellen Anzeig. 8, 41. gewelde : helle Glaube
1483. : eile 2506. velde : helle Rol. 271, 15. gelden : bewellet Fundgr. 2, 54 ; und
mit andern Vocalen wcUde : gevalle Dietmar von Eist 37, 10. holden : Apollen
Bol. 86, 24. volle : wolde Maria 156, 31. volgent : wollent Glaube 2017. 2680.
htdden : ervullen German. 4, 441 (Margarete). Wie nach solchen Analogien der
Beim friwdschaft : wart 1884 unglaublich' sein soll, begreift man nicht, da
er in den Dichtungen des 12. Jahrhs. keineswegs selten ist*). Hätte der Her-
ausgeber, statt Reime aus Ottacker anzuführen, in denen ein r des einen Reim-
wortes unberücksichtigt bleibt, sich lieber etwas in der doch hier viel näher
liegenden Poesie des 12. Jahrb. umgesehen, so wurde er gefunden haben, daß Wör-
ter Aui Schaft reimen auf : hodtvdrt Rol. 9, 20. : wart 115, 4. 239, 8 ; ferner seaft :
Stchart 281, 9. : wart Kaiserchr. 7149. kraft : wart Rol. 292, 10. sedelhaft : wart
Kais. 5107. unberhaft : wart Genesis D. 57, 13. Was aber wirklich 'unglaublich'
ist, das ist, daß zwischen 1195 — 1215 ein Dichter einen solchen Reim gebraucht
haben soll; und dasselbe gilt von den andern vorher angeführten Reimen. Wir
müssen daher die älteste Gestalt des Laurin spätestens um 1170 setzen, die
*) Daß er mit der Änderung des zweiten Reimwortes terhraeh (statt aerbroehen
wart) * nicht wesentlich besser würde, ist allerdings richtig; vielmehr wäre dieser halt-
lose Einfall von M. eher eine Schlimmbesserung, da eine derartige Reimbindung gar
nicht vorkommt
96 LITTERATUR: MÜLLENHOFF, LAUBIN.
allerdings uds nicht erhalten ist; denn schon die relativ älteste der uns erhal-
tenen Fassungen trägt entschieden das Gepräge der Überarbeitung.
Bei der Herstellung des Textes ist von K im wesentlichen ausgegangen
und auf die Übereinstimmung mit P das entscheidende Gewicht gelegt wordea.
Indeß auch ihre Übereinstimmung beweist nicht, daß wir darin die echte Les-
art haben, sondern diese muß. namentlicji wo alte Assonanzen beseitigt wurden,
erst ermittelt werden, wozu mitunter die jungem Hs. rerhelfen. Ist nun die
Möglichkeit vorhanden , daß hie und da in jeder Hss. oder in einzelnen der
verschiedenen Familien und Gruppen das Echte sich erhalten haben' kum
(S. XLI), so ergab sich daraus für den Herausgeber die Verpflichtung, den go-
sammten Apparat zu geben. Denn erst so ist die Geschichte der Überarbeitungen
auch dem Auge dargelegt, und das ist gerade hier die Aufgabe des hs. Appa-
rates, da schon die besten Hss. Überarbeitungen sind. Mindestens aber mussten
die Lesarten derjenigen Hss., die vorzugsweise zu Grunde gelegt sind, vollständig
mitgetheilt werden. Vor allen also von K. Wenn bemerkt wird, es sei die Lea*
art von K. in V. 34 wer fie angichtigt will werden deßhalb gar nicht angefuhrtp
weil keine Möglichkeit sei daß sie in A gestanden habe, so ist dieß kein aas-
reichender Grund; denn diese Lesart ist für die Beurtheilung von K, der re>
lativ besten Hs., von Bedeutung. Freilich musste der Apparat viel geschickter
eingerichtet sein, um übersichtlich zu werden und die Geschichte des Textes
darzustellen, als es bei M. der Fall ist. Das hätte er doch aus Lachmanns
Ausgaben lernen können. M*s Angabe der Lesarten ist unklar und ungenau
zugleich. Zu V. 65 z. B. küenest edler manne werden die Lesarten folgender-
maßen angegeben : kun r P, und kune w, ain kunig v, gen allen K, und i$t amtk
von konst ein man f, wid ist der kienest s; während eine übersichtlich geordnete
Lesartensammlung schreiben würde krm r P, und kune w, ain kunig v, und iti
der kienest s, und ist auch van konst f, gen K. allen mannen K*), ein man f.
y. 96 lautet birsen ze Tirol ßtr den walt; dazu die Lesarten preysent flLr s»
tyrollez K, fnersen für Tirol an den v, pyrssen zu tyrolf dem walde f, für tird
in den r, cxu tyrolde vor dem walde P w, sti thirol gegen dem walde s. Dadurch
daß bald der ganze Vers, bald nur ein Verstheii angeführt ist, bleibt man su-
iiächst im Unklaren, in welchen Hss. das erste Wort fehlt. Übersichtlich geordnet
würden die Lesarten so lauten : pyrssen f, piersen v, preysent K, fehlt P r s w.
ze] für zu K, für rv. tyrolf f, tyrolde Pw, tyrollez K. für den fehlt K, tior
dem P w, an den v, tu den r, gegen dem s, dem f. walde P f s w. Und solche Un-
klarheiten und Ungenauigkeiten stehen nicht vereinzelt; vgl. die Lesarten aa
130. 180. 454. 478. 532. 670. 1002 etc.
Erschwert die Unvollständigkeit und Ungenauigkcit des Apparates die
kritische Nachprüfung, so reicht das, was gegeben ist, doch hin, um zu zeigen,
daß von einem Abschluß der kritischen Arbeit auch nicht entfernt die Bede
sein kann. Ich will dieß an einer Reihe von Beispielen darthun. V. 24 f. weisen
die Abweichungen der Handschriften nicht auf das von M. gesetzte deheinem
der dn alle schände \ lebe als der edele Dietrich^ sondern auf deheinen der lebe
dn alle schände \ sam der edele herre Dietrich. Schreibt man dehein (vgl. Anm.
zu 4), so fällt jeder metrische Anstoß hinweg , den die Anderer nahmen und
*) M. gibt an gen aUen^ aber nicht mannen ; gen allen manne hat K doch sicher-
lich nicht.
LTTTERATUR: MÜLLEXHOFF, LAURIN. 97
der sa ÄDdemngen fahrte: w setzte lebe an den Anfang der folgenden Zeile
nnd vertanschte deswegen der edele kerre nur mit her] andere lassen dekeimem
fort oder nehmen es in die Torausgehende Zeile^ wieder andere streichen alle^
in y. 25 finden wir der edele oder Aerrf. Daß endlich »am nor in ^iner Hs.
{mom w) sich erhalten hat, während die andern als, also schreiben, ist bei Hss.,
von denen die ältesten dem 14. Jahrh. angehören, nicht zu verwundern. Aach
163 ist das in Pr erhaltene »am für cU» der übrigen sicher das echte; ebenso
181 in P, 215 Pw, 372 Pf; 1138 und 1342 dagegen hat M. «am, das aach
nur einzelne Hss. für aU haben, aafgenommen. — 51 gehen in Bezog aaf das erste
Verbam die Hss. ganz aaseinander; r hat merke ^ and dieser Lesart folgt M.,
da K 327 diese Fassnng des Verses hat, wo alle andern abweichen; allein was
sollte der Grand gewesen sein, daß ein so geläufiges Verbum von K (hier) in
erfertj von P in gekort ^ von wz in weiß, trissr, von f in vemement verwandelt
worden wäre? Ohne Zweifel maß hier ein Verbam gestanden haben, das in
späterer Zeit anüblich war, and das wird vreUehen gewesen sein. Denn dieses
Wort beseitigen in der That jüngere Handschriften, namentlich dnroh Aoer«fi,
verfilmen (vgL NibeL 51, 1. 516, 4. 850, 4. 1627, 2. 1716, 4); es sind demnach
beide Zeilen za lesen ura er vreiscke wie manz kh'e : »6 hdl er tugent und Sre*
unde in der zweiten Zeile bei M. ist falsch, da vor folgendem Vocal unde nicht
Hebung und Senkung bilden kann, namentlich nicht wenn es zwei Subst. ver-
bindet; daher muß unz er als Auftact genommen werden. — 75 er statt Aer, was
doch sicher gegen alle Hss. geschrieben ist, und noch öfter im Laurin, hätte doch
wenigstens einmal bemerkt werden sollen; die Lesarten und Anmerk. schweigen
darüber vollständig. — 104 borten hat M. hier und in den entsprechenden Stellen
(138. 290. 408. 1158) geschrieben, während doch grade das Mißverständniss
parte (Pforte) auf die Schreibung porten weist, die auch iin Nib. und andern öster-
reichischen Gedichten die übliche ist. — 121 ist die Lesart aus v aufgenommen
worden: als verre ick mick kan verstän^ allein das Ursprüngliche war hier un-
zweifelhaft alse ick mick kan ver^tän; da die Schreiber o^ sprachen, änderten
die meisten, als ver v, mick [reckte] Pw, [des nu] mick f, mick [danne] sd. —
130 — 132. Die Herstellung dieser Verse bei M. scheint mir sehr gewagt; viel-
mehr lautete die ursprüngliche Fassung wohl
ick muoz im minner macken
einer kockverte^
diu lU an dem garten.
oder noch näher anschließend ick muoz minner macken im der k6ckverte. Die
Form kdckverte, die drei Hebungen trägt, und die Assonanz waren Anlaß, d%ß
eine Zeile angefügt wurde, um einen genauen Reim zu gewinnen. — 144. Die
Form tren mag in allen Hss. stehen, aber sie wird, wenn man das Österreich.
Gedicht des 12. Jahrhs. herzustellen unternimmt, in ir oder tre zu verändern
sein. — 150 tr, das Rv haben, ist nicht zu tilgen, vielmehr von den Schrei-
bern erst des überladenen Verses wegen getilgt worden ; 1. tr iecltck sins leides
vergaz. Ebenso ist 263 zu schreiben iwer ieclick gebe mir ein pkantj M. schreibt
ietweder ohne iwer, — 200 weichen in der Stellung der Substantiva die Hss.
ab; die im Texte gegebene Stellung isen stahel stein hat, so viel man sehen
kann, keine einzige Quelle; es wird daher nach fs (vd) zu lesen sein stakel
isen stein ez sneit^ wenn man nicht, was ich durchaus für zulässig halte» die
Lesart von KPz stakel stein Uen ez sneit beibehält stein fällt dabei in die
GERMANIA. Neue Beihe. THI. (XX.) Jahrg. 7
98 UTTERATÜR: MÜLLENHOFF, LAURIN.
Senkung I ein ähnlicher Fall, wie wenn so oft die sechs Farben in dinen Vers
gebracht werden; grade das aber konnte zu Änderungen ▼eranlasten. — 202.
Ob die Aofnahme von oueh ans w, das allen Hss. sonst fehlt, das Bichtige
trifft, möchte ich bezweifeln; es wird vielmehr geheissen haben d^ (auf geküze
zu beziehen) hnopf gap Uehten sehtn. Ebenso wie hier oueh, so ist 218 ein Zn-
satz dar zuOj was nur Ry haben. Der Vers hieß tmde der harfunkel; statt tmde^
das erste Hebung und Senkung bildet, schrieb P tmd [oueh], fwid [do &i], ws
do bey, Y und [c/or zu], K und [auch dar zu], s endlich^ für unde der, dar 5y
der Hecht. Nicht minder ist 215 liehte ein Zusatz, der Satz lautete diu naM
wart nie s6 tunkel, ez enlÜhte sam der tac\ zunächst fiel das beschränkende en
aus, wie in jungem Hss. gewöhnlich, und das veranlasste die Zusätze, f [rdeAt]
als, s [fcAofi] also, rwz der \liechte]. Die Übereinstimmung in der Ergänzung
dieses so nahe liegenden Beiwortes kann gar nichts beweisen; daß Uehie in
KPfs fehlt, hätte den Herausgeber doch etwas stutzig machen sollen. Mmiy das
Pw haben, ist auch hier das echte; vgl. zu V. 24. — 226. Der Sing. miU
epere, den Kt haben, ist das ursprüngliche, und es begreift sich leicht, daß
der Plural dafür gesetzt wurde. Der Sing, ist auch das nachdrucksvollere: mit
epere nie, auch nicht mit ^inem Speere. — 280 ist zu schreiben und nach etm
andern toilde etrebete (K einem) ; wenn die Vorlage auch einem hatte, so erklärt
sich, daß in rv andern, in den übrigen Hss. außer K einem wegblieb. — 236
hat wohl r das echte bewahrt: got mSeze unser phlegen, das schien zu kurii
und daher schrieben Pv unsere heiles, Kw unser [beider], s unser [iemer], z unser
[hiute], — .244 ist beiden, das nur K hat, wieder interpoliert; der Vers hieß
nur ieft fürhte er trage uns haz; daher schrieben, weil man ihn leicht mit drei
Hebungen lesen konnte, K uns [beiden], P un«[er], wz [zu] uns, rs änderten er
in der enget, und nur s hat hier das Echte bewahrt Ein analoger Fall in 246,
wo nach K geschrieben ist s6 hat ez guot reht dar an; guot hat nur K, wofür
V auch, d schreibt zwar so hat, die übrigen aber nur s6 hdt ez reht dar an.
Will man nicht betonen dar dn, was sich rechtfertigen ließe, indem dar demon-
strative Bedeutung hat, so ist wohl das ursprüngliche gewesen s6 hat ez rehte dar
cn, indem hdt im Sinne von hat getan zu nehmen ist. — 249 f. sind gewiß nicht
richtig hergestellt; es ist zu lesen d6 gruozt die hdchgebomen Laurin üz zome.
M. schreibt die füraten hdchgebome gruozt ez Hz grözem zome; aber dem wider-
spricht entschieden die Überlieferung, die mit Ausnahme von f das Verbum in
der ersten Zeile hat. Ob grSzem echt ist (es fehlt in Kfr), bezweifle ich auch. —
255 f. liest die Ausgabe den ich hän geheien vor manegem starken leien nach r,
während KPw(f) haben den ich hdn behalten vor manegem twerge starken. Man
begreift nicht, wie, wenn jene Lesart die echte war, Hss., die verschiedene
Gruppen darstellen, übereinstimmend auf eine Änderung kamen, die eine so
auffallende Assonanz {behalten : starken) an Stelle eines genauen Reimes setzen,
an dem kein Anstoß zu nehmen war, denn geheien (st part.) kommt auch sonst
vor, und nahm man wirklich Anstoß daran, dann lag doch sehr nahe die Än-
derung den ich pflac geheien. Ein Dichter aus der Zeit zwischen 1195 — 1215
würde nun und nimmer aus freien Stücken auf einen Reim wie behalten : starken
gekommen sein, wenn er ihn nicht in seiner Vorlage fand, und noch weniger
ein jüngerer Umarbeiter. Jener Reim hat seine vollkommene Analogie nur in
Denemarken : lante Anno 637, und weiter in lanc : gewalt Anno 147. lamp :
tport Diemer 328, 8. gevUde : perge Rol. 183, 17. Er stellt sich mithin zu den
LITTERATUR: MÜLLENHOFF, LAURIN. 99
früher besprocheDen, die eine spätere Zeit als 1170 für das ursprüngliehe Ge-
dicht aasschließen. — 279 ich hdn guotea aU6 vü; giiotea hat nur w, die an-
dern Silber und golt, goldts und silbers^ goldes. Warum hier w gefolgt ist^ be-
greift man nicht, und ebensowenig, warum dann 282, wo w gutta hat, goldea
mit den andern Hss. geschrieben wird. — 286 ist kein Grund von der Les-
art aller Hss. abweichen; M. schreibt ir habt unedeUich getän\ die Quellen haben
ao (K doch) höht »r; sd wird das echte sein, das um der Deutlichkeit willen
von K mit doch Ter tauscht wurde. — 318. auch ^ das nur P hat, ist o£fenbar
eingeschoben; der Vers hieß in iret diu werlt woL — 328 ist nach r gegeben;
die übrigen Hss. aber weisen auf ad hat era frum und ire (: h€6re)j also eine
Assonanz, was gewiß das ursprüngliche ist. Derartige Keime begegnen zu Dut-
zenden in der Poesie des 12. Jahrhunderts. — 330. er, das in rw fehlt, ist zu
streichen; es steht wie gewöhnlich der adhortat. Conjunctiv ohne Pronomeni
darauf weisen auch yb^ welche ich setzen. — 419. Der Reim atozen : vazzen,
den f bietet, ist sehr unwahrscheinlich; allerdings begegnet ein analoger im
Leich von der Samariterin (amalenozzer : wazzer)^ aber das ist ganz ausnahms-
weise und außerdem liegt hier das Tongewicht fast ganz noch auf der letzten
Silbe. E. hat ayachen; an haachen darf man freilich nicht denken, da das Wort
nicht so alt ist. Sollte vielleicht dcu getwerc wolde er reizen das ursprüngliche
sein? Der Reim wäre wie wcuzer : geheizen Diemer 31, 3. 136, 27, wozu sich
die häufigen Reime 'äze : -eise stellen. An Utzen^ wie M. in der Anm. vermuthet,
darf nicht gedacht werden; das würde nicht nur den Reim nicht wesentlich
verbessern , wie M. meint , sondern geradezu zerstören , da ss : fe hochdeutsch
nicht reimen kann. — 435. Die Lesart von Kf sd aold al diu werU an dir
atdn, von dir abhängen, dir unterthänig sein , ist die echte ; dir geatdn^ wie M.
schreibt, würde, wenn es die echte Lesart war, nicht so zahlreiche und mannig-
faltige Änderungen nach sich gezogen haben, sondern einfach in dir beatdn
{b( atdn) geändert worden sein. — 440. an keinea füraten atal geatdn; die
Obereinstimmung zwischen Pw und R weist vielmehr auf die Lesart keinem
(oder dehdnea) füraten atat veratdn, — 460. an mir^ das nur r hat, ist sicher-
lich interpoliert; das echte war nu richd din herzeleit; dafür schrieb r rieh an
mir, die andern rieh, P fügt außerdem grSz ein. — 469 weisen die Abweichungen
der Hss. auf er f^uoc im üf atna achiliea rant-^ M. schreibt er aluoc üf ainea.
Vgl. 1328. — 493 f. daz deme getriuwen man doM bluot durch die brünne ran.
Die Stelle kann nicht von 1371 f. getrennt werden, wo M. schreibt da» deme
jungen man daz bluot durch die ringe ran. Zunächst begreift man nicht, warum
das zweite Mal ringe gesetzt ist, da doch w auch hier bronne hat, und dieser
Hs. bei 494 gefolgt ist. Die Bildung des ersten Verses, an beiden Stellen auf-
fallig und ohne Analogie, führt vielmehr auf daz dem getriwaen (oder jungen)
manne daz bluot ran durch die brünne. Der Reim ist wie manne : toiifine Rother
322. Fundgr. 2,35. : ^nne Rother 3441. 4100. dontie : cAtinne Fundgr. 2, 31.
dannen : aunnen Diemer 344, 21. geumnne : manne 353, 7. mcmnen : entrunnen
Roth er 2845, und hat im Laurin selbst seine Analogie in bränege : menege
(oben S. 95). — 514. aber, das in Erw fehlt, ist zu streichen. Der Vers hieß
rief sinen herren an; daher setzen Rrvw ruofte, um den Vers su verlängern,
was die andern durch aber bewirken. Der gleiche Fall 574, wo zu schreiben
rief Dielleiben an, wo Krvw rief herm, die andern rief do setzen. 630 hatw
das richtige bewahrt ri^ Hildebranden an, M. schreibt ruofte mit K, was
1*
100 LITTERATITR: MClXEXnOFF, LAURIN.
wiedemm metiische Correctur ist, wie der rief in h, rief kern in Px, ruofle
den in r, und ruofle sinen meister an in ▼. — 522. und^ das Kvwsd haben,
ist gestrichen; warum? Anch 859 fehlt und in P, 940 in Ptuiws, and doch
ist es an diesen beiden Stellen beibehalten. — 542. statt «in ist wohl et das
ursprüngliche, das jüngere Hss. mit «€n vertauschen. Hier haben ea oder es
Pwhss. Auch 1262 ist es das ursprüngliche, gar an unserer Stelle ist inter-
poliertes Wort, das Ky haben, dafür r cdl, tere wzs, in den übrigen fehlt es. —
550 ist statt üf die erde vielmehr nider üf d^erde das ursprüngliche. Vgl. 571.
664. — 640 ist denne zu streichen, das die jungem Hss. bei beschr&nkendem
Satse gern hinzufügen. Mit Recht hat es M. 453 gestrichen, aber so ist es
auch 128 und 1312 noch zu tilgen. — 659 weichen in dem adj. die Hss.
aufiallend ab; ich glaube daß keine Hs.' das echte bewahrt hat, sondern daß
der Vers hieß nhet wd die twine man, zunächst fiel wd aus, und das hatte die
Ergänzungen zur Folge. — 673 beider, das Kr(v) haben, ist beizubehalten;
was wäre für ein Grund gewesen es hinzuzufügen? Aber die Weglassung ver-
anlasste der zweisilbige Auftact. — 676 ist unnöthig geändert; diese und die
folgende Zeile müssen heißen n träten in ^erde unz über die 9pom : ire dege
wären gr6t\ die Überladung der ersten Hebung ist so wenig auffallend, wie
der Gebrauch von ire; vgl. 712, wo natürlich auch ire zu schreiben ist. —
724. «6 wil ich dich teim ewdyer ftda*war die echte Lesart; eu einem haben KPy,
aom w, se die übrigen, denen M. folgt; aber es ist bekannt, daß die jungen
Hss. in dieser Verbindung ein gern weglassen, oder, wie hier w, mit bestimmtem
Artikel vertauschen. — 738. Auch hier muß von der Lesart von K ausgegangen
werden. K. hat da ich daz hauff vant Wäre die von M. gesetzte Lesart dd
idk die reinen kiusdiem vant (= Pfd) die echte, so begriffe man nicht die Les-
art von K wie die andern Änderungen. Wahrscheinlich hieß es dd ich dit hooe-
Udken vanty oder dd iche dd ze hüse vant. Das war in der Vorlage von K und
in den übrigen geworden da ich daz hus vant und erklärt die Änderungen, ia
Pfd, die 9ckone reyne w, dy fraun r, dy amencelt v. — 758. warum enweder
statt weder geschrieben? — 794 hieß ursprünglich und wil im mit triwen ge-
&tän\ für gettan setzten die Änderer nach jüngerer Weise ht Mn, &C beMn,
Auch 1518 ist zu schreiben die weint den twergen gestän^ wo die Hss. bi ge-
Mnj b( zfän, bi beztdn haben. Nur 1409 hat auch M. das Richtige getroffen. —
868 hieß ursprünglich d^ friste uneer leben; dieß schien zu kurz, daher r der
mac wol frifUn, wie anch M. schreibt, der behiet s, der friet uns m, der friti
tm« wol V, der friste wol P, der friste uns auch daz lehen Kw. — 872 ist aber^
das Kw haben, sieher nicht das ursprüngliche, sondern wohl joch, das nicht
verstanden wurde; daher die Änderungen aber Kw, groz P, da uch mr, dar
umb V. — 876 hat P mit sus wil betriegen gewiß das echte bewahrt; dafür
schrieb z also irü, r im« al sehol also, alle wil die übrigen, denen M. folgt. —
884. Die Abweichungen der Hss. erklären sich leichter, wenn man ursprüng-
lich rührenden Reim {staeU Uln : an dm triuwe län) annimmt. — 887 ist lu
schreiben s6 wil ick iu mit triwen gestän-^ M. schreibt ohne Hs. ick wil w mit
triwwen 6i gestdn. Vgl. zu 794. — 890. holn hat r nicht, und wenn man als
ursprüngliche Lesart annimmt <7f^eii einem (oder eimt, worauf deme in f d weist)
berg^ so erklärt sich die Kinschiebnng des nahe liegenden holen, wenn aus g^g^f^
wurde gern, gh^ sehr leicht — 892. aüe^ das Pmf haben, ist gewiß echt; der
Vera hat zweisilbigen Auftact, der darch Weglassung von aüe besdtigt werden
LITTERATUR: MÜLLENIIOFF, LAURIN. 101
tollte. — 909 weisen die Lesarten nur auf swaz vögele man haben sol; dieß
sehieO) wenn vogel gesprochen wurde, zu kurz, daher die verschiedenen Ande-
ningen für man : stimme mafi Prz, stimme m, gesanc man ys, dy toerlit w, man
.asushf] K schreibt mit Umstellung und Einschiebung: man folget gesangs. —
954 lantete nreprünglich dar nach treten an einen tanz (vgl. zu 330); die £in-
schiebang von wir beim adhortat. Conjunctiv veranlasste die Auswerfung von an^
wie die Änderungen in den und ein. — 967 zugen ist sicherlich nicht das ur-
sprüngliche, sondern zogtens, zogen hat M., allerdings verkehrt, an einer andern
Stolle (1758) eingeführt. — 969 f. lauteten: dS vuorte lAXurhi daz gehDerc\
si mit im in den berc] M. folgt K, wo 970 lautet mit im die filrsten in den
bere; die andern nehmen st in die vorige Zeile und schreiben daher hier den
holn bere, — 977. gestn ist durchaus nicht mit v in «$n zu verändern; ebenso-
wenig 1016. — 984. Im Hinblick auf 942 ist sicher zu schreiben ja betrüge
un» nie der kleine, oder vielmehr an beiden Stellen nimer für nie, — 990 muß
lauten ich briche an in minr triuwe niht'^ an in lässt f weg und diese Lesart
nimmt M. auf, m schreibt mein für miner, die übrigen lassen mtner triwoe weg. —
991 gegen den ist doch wohl das richtige, wie dfs haben, dafür K gegen die^
V gegen^ die andern für die. — 992. statt der verschiedenen substant. (ritteTf
getwerg, fursten) stand vielleicht ursprünglich kurzen, subst. gebraucht, als Zwerg .
— 1003. Laurm phlac schöne der hirschafl\ statt schone der hat r der, grosser
▼w, der Vers lautete nur Laurin phlac hirschaft, — 1051. an ist ebenso Zu-
satz wie beide \ es hieß si huoben so süezez sanc, — 1063. Die ursprüngliche
Lesart war daz stuont in harte schöne, harte, das auch sonst Anlaß zu Ände-
rungen war, vertauschten r mit allez, Ks mit gar wol, Pd mit uzzer mazzen,
uz der mazzen, m mit alles gar wol an, — 1085. Die Änderung ist unnöthig;
überladene erste Hebung kommt auch sonst im L. vor; vgl. 1295. 1389. 1710.
1779. 1873. 1878. — 1089 den ist mit Pw zu streichen. — 1112 toon, daa
KP übereinstimmend haben, ist nicht zu tilgen; es ist umzustellen wan si an
got geUmbent niht; die jungem Has. setzen gern die prosaische Wortfolge. Um-
stellung ist auch V. 1122. 1187. 1398 und öfter vorgenommen. Die schöne Indi-
cativform gelouben hat bei M. ihre Parallele in getrüwen V. 1348! — 1119.
Gewiß jd nime ick dich; vgl. K und zu 726. — 1136 lautete «In tisch helfen-
beinen; von helfenbeine, wie Pm haben und M. schreibt, ist Reimglättung. — 1167 f.
sind die Reime, mit Rücksicht auf die beiden folgenden Zeilen und auf 1131.
1345 in hir l mir zu verändern. — 1174. Die Ausdrucksweise daz du keime
tuost an sin leben sieht nicht alt und echt aus ; ich halte tuost für entstellt aus
tarst, und der Vers hieß daz du ir keime tarst an dem leben^ daraus machte P
die Lesart M*s., v tuest an, w keinen tuest von, K in tuest kein schaden an, m
in nit werd an, f yn nit schadest an irme, — 1186 ist zu schreiben vüe lieber
swäger min, wie mPz haben (nur natürlich vil). Daher schrieben rv herzen-
lieber, K herzenswager^ trawter swager w, M. schreibt nach letzterer Quelle vil
lieber trütswdger min. Wahrscheinlich ist Jierzen auch 1251. 1276 hinzugefügt. —
1191. die neue Lesart (1874) swaz in geschiht, geschehe ouch mir scheint mir
eine Verschlechterung des früheren sioaz in, daz geschehe otich mir, denn jene
Lesart würde nicht in allen Hss. entstellt überliefert sein; bei der zweiten ist
es natürlich. — 1205 ouch (aus v aufgenommen) ist unecht; K schiebt auch
den ein, aber die Fassung der andern Hss. beide mete unde wtn enthält das
echte. So ist 1213 sament (rm) eingeschoben, wie ^ar in f, am die Senkung
102 LTTTERATUR: MÜLLENHOFF, LAUBIN.
in fallen; Pw n wueren allt verlorn bot das Richtige. Ebenso ist 1243 sa
sebreiben fnm KünehiU giene tehantf rd scbieben nach giene ein da, w clo» K
alf die andern haben das echte; M. schreibt sd uhanL — 1244 hieß et dA
ri ire bruoder vani; P schiebt DietUiben ein, als Glosse oder ans metrischen.
Grfinden; M. nimmt es anf nnd streicht gegen alle Hss. tm dmodar. — 1258
maß interpnngiert nnd geschrieben werden gehabent — minf Gegen die indirecfee
Frage spricht die Wortstellung, anm Conj* ist gar kein Anlaß; aber bei M.
ist gehciben wahrscheinlich ebenso Indic wie an den an 1 1 1 2 bemerkten Stdlenl
— 1298 maß geschrieben werden dd wäpent in diu kßnegin\ in ist nicht pron^
sondern adverb. — 1340. warringen ist an sich nicht schlecht conjidert;
aber hier ist wohl ringen allein das echte; der Vers hieß wme Hehen ringen,
nnd da von geschrieben wnrde , ergänzte man .ringen sn ufappenringen^ Aerse»-
ringen, herten ringen, etalringen, — 1381 die dnogen binden üf den fiian, froher
schrieb M. die eluogen üf den einen man; aber einen wie kindenj femer mtindef
oUey jungen sind Interpolationen, der Vers lautete, ganx richtig gebildet, nnr
die eluogen üf den man, und diese richtige Lesart hat anch K bewahrt. —
1401 hieß wel werte eich der degen; y schrieb vcut woly r da»j d da, außerdem
worde junge^ kling, jtmge man zur Verlängerung eingeschoben. — 1425 ist doM
£U streichen mit Kvs; vgl. 1283. 1485. 1563. — 1462. warum keinen mit Py
während die Überlieferung auf keine», ganz richtig auf getwere bezogen, weist? —
1463 ist zu schreiben cdee wir es hoeren sagen; M. schreibt, mit m als wir es
hoeren von in eagen ; von in hat auch K, aber an anderer Stelle, was fnr Liter-
polation spricht. Vgl. noch 1597. — 1482. statt ereckrae K (= M.), wofür die
andern ^^cA haben, wird wohl erquam das echte gewesen sein. — 1537. an
etriten ist doch wohl nar Rcimglättung (wegen »Uen) für an strUe, — 1542.
auch hier ist toir zu streichen nnd dringen zu schreiben. — 1593 L die rieen
waeren gerne dan, der in der altem Sprache übliche Gebrauch des präter. für
das plusquampf. veranlasste die Hinzufügnng von gewesen, das übrigens rf mit
Recht -nicht haben. — Von 1601 steht aliein R zur Verfügung; auch hier ist
manches anders zu stellen als in der Ausgabe geschieht. 1609 f. hießen sicher-
lich ich hän lip und min leben üf dine gendde ergeben; die Hinzufügnng Ton
mtnen in der ersten Zeile hat die ungeschickte Placierung von hdn im zweiten
Verse nach sich gezogen. — 1616 gewiß bemt statt bl der nt; in der folgenden
Zeile ist die Er^bizung twerge unnöthig; vgl. zu 992. — 1623. die Umstellung
ist unnöthig, wenn man triwe schreibt. — 1625 ist ohne Grund von der Hs.
abgewichen: 1. dS da» erhSri diu schoene meiL — 1630 liest man besser wer
für gewer. Richtig ist so geschrieben 1651. 1708. 1876; aber auch 1659 wird
zu lesen sein unde wert. Ebenso steht gehceret 1621 sicherlich für das ursprüng-
liche hoeret, wodurch du in die Hebung kommt, gern statt begem ist mit Recht
1652. 1662. 1700 gesetzt. — 1634 1. unde daz gesinde sm; die Hs. hat für
gesimde — getwerg gesinde, vielleicht nur ein Schreibfehler, M. schreibt, sehr
unwahrscheinlich, twercgesinde, — 1645 f. lies Ide niht ungewert mich und tuo noch
swes ich bite dich, die Hs. vertauscht in der ersten Zeile niht und mich, und
schreibt in der zweiten ich dich bite, also die prosaische Wortstellung. M. schreibt
Id mich niht ungewert hie mite und tuo noch swes ich dich bite. — 1650 des
%n ergänzen ist ganz überflüssig. — 1708. besser und wert mich aller mtner
hete\ vgL madU in der folgenden Zeile. — 1712. so ist beizubehalten, und mit
da von der vorigen Zeile zu verbinden: 'deßhaib also'. — 1716. Statt jtmo-
LITTERATUR: MÜLLENHOFF, LAURIN. 103
vrouwe zu ergänzen, ergänze man nach 1652. 1662 hdt und schreibe «toet ir
an mir hat gegert (Hs. weyert, wie an jenen beiden Stellen auch). Übrigens fehlt
auch 1652 hö^ in der Hs. — 1733. zam ist ganz onnöthig in gezam geändert;
im Gegentheil setzen die jungem Hss. gezemen statt Memen, gewem statt wem^
begem statt gem^ wo also »am überliefert ist, ist es sicherlich echt. — 1734.
der Vers wird auch durch ad nicht gut; L d6 gie n hin sd uhant* — 1739.
doM enmac ist unnöthig in de» enmac geändert; auch 1752 ist »6 aire beizu-
behalten. — 1759. Ursprünglich gewiß jungiaUz statt lezziatez. — 1758 — 59.
Der Reim zogen : aagen ist ganz unglaublich und hat keine Analogien im Laurin,
denn Reime wie garten : borten unterscheiden sich dadurch wesentlich von diesem,
daß sie den verschiedenen Voeal auf der vorletzten Hebung haben, stehen also
gleich mit menege : brünegCj nur daß die Vocale sich näher berühren. Im
stumpfen Reime begegnet a : o nur ganz spärlich und nur vor r (denn von
jungem Belegen, wie sie I, S. XLIX angeführt sind, ist hier ganz abzusehen).
Ein Reim aber wie varen : aagen , den K hier bietet, hat in Dichtungen des
12. Jahrhs. so massenhafte Analogien, daß eine gänsliche Unkenntniss des
Reimgebrauches jener Zeit dazu gehört, wenn man behauptet, hier musste der
Reim zogen : aagen hergestellt werden (S. XLVIII). Auffällig erscheint auch
der in der Hs. überlieferte Reim tote : tete 1859 f., aber für diesen fehlt es
doch nicht an Analogien im 12. Jahrb.; vgl. beten : geböte Kaiserchr. 47 : ap-
goten 993. atete : apgote 7973. treten : geboten 12393. gtbete : gote Fandgraben
2, 65. Diemer 24, 16; auch gebute : bete Fundgr. 2, 38. Beachten wird man
auch hier, daß es nur sehr alte Dichtungen sind, die entsprechende Reime
zeigen. — 1762 f. sind in der Hs. überliefert Hilprant der weiaz man rufft
herm Dietreich umb den kleinen man. M. schreibt Hildebrant der aprach adn \
herre, umb den kleinen man \ ir auU tuon ala ein wiae man^ ganz willkürlich,
und unwahrscheinlich schon deßbalb, weil, wenn die zweite Zeile schon zur
Rede gehörte, in der dritten Inversion stehen würde. Es ist zu lesen Hildebrant
der weiz adn hem Dietrich um den kleinen man. weiz ist prät. von whBcn^ strafen,
tadeln, vorwerfen; das verstand der Schreiber von K so wenig als der gelehrte
Herausgeber des 19. Jahrhs.; da er glaubte, das Verbum fehle, schob er rvfft
ein. — 1768 ist zu schreiben des diu frouwe Künhilt hdt gebeten; M. daz diu
frou. — 1788 wird geapotea und 1791 apotea ganz grandlos gegen die mhd.
übliche Schreibung und Verwendung im klingenden Reim (apoten als stumpfer
Reim gehört ganz zu den Ausnahmen) mit ^inem t geschrieben. — 1856 ist
das ursprüngliche wohl über allez daz lant, — 1883 — 86 sind überliefert:
dö swuoren si die friuntschaffc
diu stt niemer mdr zebrochen wart.
M. macht daraus vier Zeilen:
dd swuoren si die friuntschaft,
diu Sit hete groze kraft
und niemer mSr zebrochen wart
unz an ir beider hinvart.
Das cursiv gedruckte sind Ergänzungen, das in Z. 2 aus Walberan 1166 entnommen.
Aber wenn der Walberan so manche Verse des Lanrin entlehnt oder nachahmt ,
folgt daraus, daß die Entlehnung sich auf zwei Zeilen erstrecken muß? Er
ahmte 1883 nach, 1884 veränderte er eben um des Reimes willen. Daß aber
der Reim friuntachaft : wart ein ganz unanstößiger ist, wurde bereits oben
104 LITTERATÜR: SIEVERS, PARADIGMEN ZUR DEUTSCHEN GRAMMATIK.
(S. 95) bemerkt. Das Verfahren M.'s hier ist dasselbe, das wir die alten Um-
arbeiter so oft beobachten sehen, daß sie aus einem assonierenden Reimpaare
durch Einflicken zweier Zeilen vier Reimverse machen. Aber so durfte nicht
▼erfahren, wer nicht Überarbeitung des überlieferten geben, sondern ans der
Überlieferung das Urprüngliche herausschälen wollte.
Schon wegen der großen Unsicherheit der Herstellung in vielen einzelnen
Fällen scheint es sehr mißlich, von diesem Gedichte einen bloßen Teztabdruck
zu veranstalten, da man sich doch überall genöthigt sehen wird, das *herge-
stellte mit der Überlieferung zu vergleichen. Somit halte ich diesen Abdruck
für etwas ganz überflüssiges. Was aber jemand unternehmen sollte, das wäre
eine mit dem vollständigen Apparate versehene kritische Ausgabe des Laurin,
die die Geschichte der Überlieferung klar und anschaulich darlegte, und, so
weit es mit einiger Sicherheit geschehen kann, das älteste Gedicht herstellte.
Daß beiden Forderungen die Ausgabe von Müllenhoff durchaus nicht genügt,
denke ich durch diese Kritik erwiesen zu haben.
HEIDELBERG, 23. Janaar 1875. KARL BARTSCH.
Paradigmen zur deutschen Grammatik zum Gebrauche bei Vorlesungen zu-
sammengestellt von Eduard S i e vers. Halle (V^aisenhausbuchhandlung) 1874.
Diese Paradigmen unterscheiden sich von den früher erschienenen derartigen
Hülfe mittein zunächst durch den Umfang, indem sie nicht bloß gotisch und
hochdeutsch, sondern auch altsächsisch, angelsächsisch und altnordisch begreifen.
Sodann ist der Verf., so weit man dieß von einer derartigen Arbeit irgend
verlangen kann, auf die ursprünglichen Quellen zurückgegangen. Er hat die
größte Mühe und Sorgfalt aufgewendet, um überall das wirklich überlieferte
festzustellen, so daß in dieser Beziehung den Paradigmen der Vorzug vor allen
bisherigen Grammatiken gebührt. Es ist streng unterschieden zwischen belegten
und bloß erschlossenen Formen, welche letzteren in Klammer gesetzt sind. Außer-
ordentliche Vortheile gewährt femer die vom Verf. gewählte Tabellenform, bei deren
Einrichtung sich das praktische Geschick desselben in glänzender Weise be-
thätigt. Die dadurch erzielte Übersichtlichkeit erleichtert sowohl das Auffinden
als das Lernen der Formen ungemein. Endlich hat S. den Versuch gemacht,
alle nicht aus den ursprünglichen auf rein lautlichem Wege entwickelten Formen
durch Cursivdruck auszuzeichnen. Dieß Verfahren ist um so mehr zu billigen,
je weniger bis jetzt allgemein anerkannt ist, welche Bedeutung die Neubildungen
nach Analogie vorhandener Formen für die Geschichte der Flexion haben, was
wieder damit zusammenhängt, daß man es mit den Laut-, insbesondere den
Auslautgesetzen nicht sehr scharf genommen hat Freilich ist dieß ein schwie-
riges Gebiet, auf dem die Ansichten leicht auseinandergehen können. Ln all-
gemeinen, glaube ich, hat S. eher zu wenig als zu viel Analogiebildungen an-
genommen. Die hervorgehobenen EigenthQmlichkeiten dieser Paradigmen werden
ihnen gewiß die allgemeinste Anerkennung sichern und eine recht ausgedehnte
Anwendung besonders für Vorlesungen. Allerdings ist der Preis für diesen
Zweck etwas hoch. Es dürfte doch zu bedenken sein, ob es sich nicht für
eine zweite Auflage empfehlen würde, neben der größeren vollständigen eine
kleinere, nur gotisch und hochdeutsch umfassende Ausgabe zu veranstalten.
LITTERATUR: SIE VERS, PARADIGMEN ZUR DEUTSCHEN GRAMMATIK. 105
Etwas hätte vielleicht auch gespart werden können, wenn die allerdings sehr
ansprechende Aasstattang etwas weniger luxariös ausgefallen wäre. Ein kleineres
Format würde auch, besonders für die Benutzung bei Vorlesangen bequemer
■ein. Statt der Einlegung der losen Tabellen in eine Mappe wäre wohl Einband
mit Znsammenfaltung za empfehlen.
Ich knüpfe einige Bemerknngen an über einzelne Punkte. Zu Bl. 1 (Snb-
stantiva, gotisch): Der acc. sing, giba hätte durch Cursivdruck ausgezeichnet
werden sollen, da dieß die Nominativform ist. Die eigentliche Accusativform
würde gihö sein gleich dem gen. pl., da beiden Casus dieselbe Grundform gebdm
SQ Ornnde liegt. Der Unterschied zwischen nom. und acc. ist 'erhalten im ags.
(jgifu — gife) und im ahd. und alts. pron. und adj. ( — tti, — a). Im altn. ist
die Form des nom. in den acc. getreten wie im got., im ahd. und alts. subst
umgekehrt die des acc. in den nom. Der Unterschied ist auch im got. noch
erhalten bei den ^'^- Stämmen mit langer Wurzelsilbe (bandi — band ja). Daß
die Zusammenziehung nur im nom. eingetreten ist, beweist die ursprüngliche
Verschiedenheit beider Formen. Die Verkürzung des d oder 6 im acc. kann
hier allerdings nicht aus Analogie des nom. erklärt werden. Aber daraus folgt
nicht, daß überhaupt die Erklärung des kurzen a ans Analogie des nom. falsch
ist und daß bloß lautliche Verkürzung eingetreten ist gegen die sonst allgemein
geltende Regel, daß ä unverkürzt bleibt, wenn es ursprünglich durch einen
Nasal gestützt war. Bei den wenigen hierher gehörigen Wörtern wird der acc.
der Analogie der übrigen ^-Stämme gefolgt sein, während eine Anlehnung an
den nom durch die zu starke Abweichung verhindert wurde. Ebenso wie der
acc. sing, ist auch der acc. pl. gib68 als Nominativform aufzufassen. Die des
acc. würde gibSm lauten müssen. Ein Verklingen des Nasals vor s findet sonst
nicht statt, wie dagans, anstins, handuns beweisen. Man darf sich nicht auf
das sanskrit berufen, wo das fem. a^*d8y das masc. a^dn lautet. Diese ver-
schiedene Behandlung von m. und fem. ist eine specifisch indische Eigenthüm-
Uchkeit, die keine andere Sprache kennt. Sie lässt sich kaum auch nur als
Analogie herbeiziehen, da sie sich im sanskrit nicht auf die a-Stämme be-
schränkt, sondern sich auf die f- und u-Stämme und die Verwandtschaftsbe-
leichnungen auf (ar erstreckt. Wir haben hier vielmehr eine Ausgleichung
zwischen nom. und acc, wie sie das sanskrit bei consonan tischen Stämmen (a»*)
für beide Casus), das lateinische in der dritten, vierten und fünften Declination,
das griechische z. B. in Tiolng, ßaaiiflg zeigt. Genauer lässt sich das slavische
vergleichen , welches die Ausgleichung gerade auch bei den femininalen d-Stäm-
men^ hat eintreten lassen, nur ^aß hier nicht der acc. durch den nom.,
sondern der nom. durch den acc. verdrängt ist (r^A:^, du^q). Die Ausgleichung
hat femer stattgefunden bei allen consonantischen Stämmen, wahrscheinlich
wenigstens erst auf germanischem Boden, so daß dann auch von diesen die
Aecusative cursiv zu drucken gewesen wären. Weiterhin hat dann allgemein
im BÜdgermanischen im Gegensatz zum altnordischen die Form des nom. pl.
die des acc. verdrängt, welcher Vorgang dadurch begünstigt wurde, daß im
*) Als gemeinindogermanisch dürfen wir die Ausgleichung wohl nicht ansetzen,
da das griechische dagegen spricht. Auch im slavischen und litauischen ist der Unter-
schied aufrecht erlialten, wenn auch nicht mehr in den alten Formen, die zum Theil
durch Aiialogiebildungcn nach vocalischer Declination verdrängt sind.
**) Allerdings auch bei den femininalen t-Stämmen (kosti).
106 LITTERATUB: BIEVEBS, PARADIGMEN ZUB DEUTSCHEN GRAMMATIK.
sing, beide Casan rein lautlich durch Abfall des s zusammenfielen. — CaniT
wäre noch su setzen gewesen der yoc« der Stämme auf an und ar als Nomi-
nativform. Die eigentlichen VocatiYformen harum^ weskw hätten nach Eintritt
der Auslautgesetse kany tvestr ergeben. — Der nom. des substantivierten part
ncujands ist cursiy gesetzt, weil nach der Einleitung die Übereinstimmung des
skr. bharan, gr, (fiQtav^ ksL htry beweist, daß schon in uralter Zeit das als
Endung yorauszusetzende -ts geschwunden war • Aber lat. ferensj auch altbaktr,
bara^ hat doch noch das s. Ein früher Ausfall des t ist allerdings durch die
Übereinstimmung aller Sprachfamilien wahrscheinlich. Wir brauchen daher nur
anzunehmen, daß d in den nom. und yoc. aus den übrigen Casus wieder ein-
gedrungen ist, keine Formenübertragung aus der a-Dedination. Die Curslysetsiing
der nom. mindpSf noMs und haurgs kann ich nicht gerechtfertigt finden. Wie
sollten die Formen nach consonantischer Dedination anders lauten? Ein all-
gemeiner Abfall des $ nach yorausgehendem Consonanten ist doch nicht er-
weislich. — Von dem dat. sing, der masculinen und neutralen a-Declination
ist jetzt yon W. Braune (Beiträge z. Gesch. der deutschen Sprache II, 161)
überzeugend nachgewiesen, daß er als instrum. zu fassen sei (daga == ahd. tagu).
Auf Bl. 2. 3 (subst altn.) sind die Analogiebildungen in der schwachen
Dedination unbezcichnet geblieben. Die rein lautlichen Veränderungen beruhen
hier hauptsächlich auf zwei Auslautgesetzen des altn.: s (r) nach n fällt ab;
darauf yerkling^ auslautendes ti, gleichviel ob es ursprüoglich im Auslaute stand,
oder ob ein s vorher abgefallen ist (vgl. Scherer, Zur Qesch. S. 416). Die
Formen, wdche diesen Regeln zu widersprechen scheinen, sind nach Analogie
der vocalischen Dedination gebildet. Der nom. pl. müsste gleich dem acc. hana^
vüja lauten; das r ist nach Analogie von ülfar angetreten. Ebenso ist der gen.
hana statt des zu erwartenden hanna (cf. gumna) nach Analogie von ülfa ge-
bildet Die Wirkung der Analogie begreift sich leicht, da dat. und acc bereits
lautlich mit den Formen der a-Doclination zusammengefallen waren. Sicher in
etwas anderer Weise nach der a-Declination gebildet sind nom. gumnar and
acc. gumna (gum{n)ar und ebenso kljär sind wohl Druckfehler), indem hier
dersdbe Weg eingeschlagen ist, der im got. schon beim dat. (abnam) betreten
war. Nom. acc. des neutr. hiörtu kann nicht aus hcrtdna entstanden sein, wdches
hiörtun hätte geben müssen, sondern ist nach Analogie des vorauszusetzenden
ardu, Wndu gebildet; der Abfall des ii ist dann verhindert durch Einwirknng
des im ganzen sing, auslautenden Vocals. Im nom. acc des fem. tungur etc
ist das r an die wahrscheinlich zunächst entstandene Form iungu nach Analogie
von gjafar getreten. Man vergleiche hiersiit den unzweifelhaft späteren Antritt
des r in nom. pl. blindir = bUndai und in J/etr, tveir» Der dat. tungum ist
wahrscheinlich an den des masc. und neutr. angeglichen, ebenso wie in der
o-Dedination gjöfum an i^/Wm und ordum. Wenigstens sollte man nach ahd.
gtbSmj amgom und nach gjafar ^ Sl/oA* =^ go^ gibo», gibo erwarten gja/am,
iungam. Allerdings finden wir auch im ags. -um und im alts. -un im fem., aber
wohl gleichfalls in Folge einer Angleichung an masc. und neutr. entstanden.
Dieselbe Ausgleichung hat im gen. stattgefunden (ungna, bylgna nach gumna,
hjarina und gydja nach hamif zugleich wohl nach gjafa. Denn das 6 hätte
nicht ausfallen können. Im ahd. bildet sich umgekehrt gen. und dat. der
schwachen masc. und neutr. nach dem der fem. — Noch bemerke ich, daß
96tt nicht der echte nom. der femininen i-Stämme ist. Die Form desselben
LITTERATUB: SIEVERS, PARADIGMEN ZUR DEUTSCHE N GRAMMATIK. 107
haben wir in heidr. Dagegen ist mtt dem acc. angeglichen mit Anlehnung an
die a-Declination (jsj^f), wo umgekehrt der acc dem nom. aDgeglichen war.
Überhaupt sind die Unterschiede in der Declination der fem. im sing., von ein-
lelnen Wörtern abgesehen, gana verwischt Im acc. pl. »dttir ist die Form des
Dom. eingetreten, wie in der a-Declination schon im gemeingermanischen (gibot).
Auf Bl. 4 (snbst. ags.) weichen die Paradigmen der fem. von den bis-
herigen Aufstellungen ab, indem die a-Stämme mit langer Wurzelsilbe nicht,
wie es früher geschah, mit den i-Stammen zusammengeworfen werden. Näher
begründet hat S. sein Verfahren in den Beitr. z. Cresch. d. deutschen Spr. I, 486 ff.
Danach muß man zugeben, daß die Scheidung für die älteste Zeit berechtigt
ift. Aber die Vermischung beginnt doch, wenn auch der Unterschied sehr über-
wiegend aufrecht erhalten wird, theilweise schon ziemlich früh, wie auch S. ein-
räumen muß, selbst nachdem er einige Beispiele derselben auf etwas gezwungene
Weise wegzuschaffen versucht hat. Daher kann ich die völlige Ausschließung
der acc. auf e in der t-Declination und der ohne e in der a-Declination vom
Paradigma nicht billigen, zumal da auch die jüngere Entwickelung Berücksichti-
gung beanspruchen darf, so gut wie im ahd., wo die Flexionsendungen bis zu
ihrer letzten Abschwächung aufgenommen worden sind. Durch die Anwendung
von Klammer und Cursivdruck konnte ja das Verhältniss der jungem zu den
altem Formen gekennzeichnet werden. — Der dat. sing, gife stimmt lautge-
tetdich nicht zu ahd. gilbu^ altn. giöf. Wir haben darin wohl die Genitivform zu
sehen. Auch im ahd. und alts. werden ja die Formen des gen. und dat. unter-
mischt für beide Casus gebraucht. Das ags. unterscheidet sich nur dadurch,
daß hier die Form des dat. ganz verloren gegangen ist. Der gen. gife würde
sich zu got. gibos, ahd. geba verhalten wie tunge zu tuggS^ zunga, tage zu augOy
(mgOy der acc. sing, gife zu einem ursprünglich vorauszusetzenden got. gibo =
ahd. gebdj der nom. acc. pl. gife neben gifa zu gibösy gehä *) Eine Einwirkung
der »-Declination werden wir nicht anzunehmen haben. Vielmehr ist erst durch
das Zusammenfallen der Formen des gen. und dat. die Ausgleichung der Ac-
eusativformen veranlasst. — Der gen. pl. der t-Dedination hätte eigentlich
nicht cnrsiv gedruckt werden sollen. Denn gästa und bena gehen auf gästia, benia
zurück wie rica auf ricia. Das j ist wie überall im ags. ausgefallen. Ebenso
gehen die dat. gästum, bSnum auf gäatium, binium zurück, die wie alts. gesiiun
nach Analogie der ja-Stämme gebildet sind, wozu die schon übereinstimmende
Bildung des gen. die Veranlassung gab. Ob der nom. acc. pl. gästa» nach
Analogie der ja-Stämme (also ursprünglich gästias) gebildet ist oder erst nach
Ausfall des j im gen. und dat. nach der der a-Stamme, wird sich schwer ent-
scheiden lassen. Im letzteren Falle aber hätte die Analogie näher gelegen, weil
dann schon die Bildung des ganzen sing, übereinstimmte. — In der schwachen
Declination ist zunächst der gen. dat. sing, des neutr. edgen Druckfehler für
edgan. Im gen. pl. ist. -ena im masc. und neutr. wohl aus dem fem. über-
tragen. Das kurze a der Ableitungssilbe hätte sjucopiert werden müssen wie
in fugla, ceaatra. Das e entspricht wie in den oben angeführten Fällen (eage
*) Also gerade das umgekehrte hat stattgefunden von dem, was Scheror (zur
Gesch. 436) annimmt, der gife für die echte Dativform erklärt, die in den gen. über-
getreten sei.
108 LITTERATUR: 81EVEUS, PARADIGMEN ZUR DEUTSCHEN GRAlllfATlK.
etc.) dem gotischen 6, Dieselbe Übertragung haben wir ja im ahd^ wo sie
S. bezeichnet, und im alte., wo sie es nicht ist.
Die Paradigmen der ahd. SnbstantiTe (Bl. 6), ebenso die der Adjeetira
(Bl. 11) und Yerba (61. 22) bedürfen jetzt einer wesentlichen Correetor in Be-
zug auf Quantitätsbezeichnung. Durch Braunes Abhandlung *Ober die Quan-
tität der althochdeutschen Endsilben (Beitrage II, 117) ist nachgewiesen, dafi
alle auslautenden Vocale des ahd. schon in ältester Zeit verkfirst sind mit
Ausnahme der fem. auf C, der I. DI. sing. conj. praet. sw. verb., de« nom. aee.
plur. fem. und wohl auch masc. nach der o-Declination und ▼ielleicht des gea.
sing. fem. der a-Declination. S. hat sich hier noch den früher üblichen Qnao*
ütätsbezeichnungen angeschlossen. Dagegen hat er sich beim alts. aller I^bige-
seichen enthalten. Es konnte fraglich sein, ob er dabei nicht nach der ent-
gegengesetzten Seite das Maß überschritten hat. Doch scheint in der That der
Unterschied yon hoch- und niederdeutsch in der Behandlung der Endsilben
darin zu bestehen, daß dieses die Verkürzung frühzeitig Tor Consonanten wie
im Auslaut hat eintreten lassen, während im hochd. auslautender Consonant die
Verkürzung verhindert. Das fränkische scheint sich dem niederdeutschen naher
anzuschließen. — Das o im gen. plur. masc. und neutr. tago, uuorto entsprieht
nicht unmittelbar lautlich dem got. dage^ vaurde^ sondern ist aus dem fem.
übertragen, wie in der schwachen Declination. EU ist dann auch auf die t-Stiimme
und die sonstigen consonantischen übertragen. Dasselbe wie Tom ahd. gilt
natürlich auch vom alts. — Nach der Art, wie S. die Formen des gen«
und dat. sing. fem. der a-DecIination ansetzt und ordnet (gi^bd^ -6, •-«, -o,-e und
geböf -^ -Uj -o, -o, -e,) scheint er nicht anzunehmen, daß die Formen beider
Casus untermischt für einander gebraucht worden seien, sondern daß die
Formen, die für jeden einzelnen gebraucht werden, alle lautlich aus einander
entwickelt seien. Das ist aber nach den ahd. Lautgesetzen, wie sie von Braune
a. a. 0. entwickelt sind, unmöglich. Die Form des gen. geht auf a aus, welches
vielleicht in der ältesten Zeit noch lang war und keine andere Veränderung er-
leiden kann, als die schließliche Schwächung zu «, die des dat. auf «, o, welches
niemals zu a werden kann. Wir haben also wieder Formübertragung, die durch
Cursivdruck anzuzeigen wäre.
Beim mhd. subst. (Bl. 7) and ebenso beim adj. (Bl. 1 1) folgt S. dem ge«
wohnlichen Schema in der Darstellung des Ausfalles des sogenannten stummen e.
Die Formen sind nach einer abstracten Norm aufgestellt, denen der Schreib-
gebrauch und auch die Aussprache bei weitem nicht immer entspricht. Insbe-
sondere sind gen. pl. wie tdre^ Icunerey holre, eigenre und dat. wie holme, eige*
neme fast nur mitteldeutsch, allerdings nach Lachmanns Vorgang vielfach will-
kürlich in oberdeutsche Texte eingesetzt.
Bei den aöj. (Bl. 8 — 11) hat S. den Cursivdruck zur Unterscheidung
der substantivisch und der pronominal flectierten Formen angewendet, gewiß
sehr angemessen, nur ist ihm dadurch das Mittel genommen einige hier vor-
kommende Analogiebildungen zu bezeichnen, über die er selbst (Beiträge VI, 98 ff.)
gehandelt hat. Auch bei den pron. hat er von der Bezeichnung der Analogie-
bildungen abgesehen, einige vereinzelte Fälle ausgenommen (/>^tV, stn) bei denen
sie dann lieber auch hätte unterbleiben sollen, wenn eine consequente Durch-
führung des Princips bei den hier allerdings sehr complicierten Verhältnissen
unthunlich schien.
LITTERATUR: BLUHME, DIE GENS LANGOBARDORUM. 109
Weniger Anlaß zu Bemerkungen geben die Yerba. Sehr zn loben ist die
Einriclitung, daß nachdem die Bildung der Modi und Personen auf einer be-
tondem Tafel für jeden einzelnen Dialect dargestellt ist (Bl. 18 — 23), die
Bildung der Tempusstämme und des part* praet. durch übersichtliche Neben-
einanderstellung der verschiedenen Dialecte auf demselben Blatte veranschaulicht
wird (Bl. 24 — 29). Die zu letzterem Zwecke verwendeten Beispiele sind sehr
gut gewählt, um alle möglichen Besonderheiten, die dabei eintreten können, dar-
zustellen. Die Auszeichnung durch Cursivdruck ist nur sehr sparsam angewandt^
fast nur wo die Formen von verschiedenen Stämmen abgeleitet sind. Analogie-
bildungen sind beim verb. allerdings nicht so zahlreich als beim subst, doch
fehlen sie auch hier nicht und hätten sich auch wohl bezeichnen lassen. So ist
a in der II. plur. praes. ind. (gBbcU) im sudgermanischen statt des älteren t
nach Analogie der I. und II. pers. eingetreten. Im alts. und ags. ist I. plur.
praes. ind. durch die Form der lautlich zusammengefallenen IL und III., IL
plur. praes. opt. und praet. ind. und opt. durch die Form der I. und III. ver-
drängt. Im opt. praes. und praet. vertritt die Form der III. sing, auch die I.
sing. Im altn. sind neben derselben noch die regelrecht gotischen gibau und
getjau entsprechenden gifa und gcefa erhalten. Im ahd. haben ist das durch
alle Formen durchgehende i (e) gegenüber gotischem Wechsel zwischen cd und
a jüngere Veranalogisierung. Die IL sing, praet. der starken verb. im südger-
manischen (ahd. gäbt) ist aus dem conj. übertragen (cf. Braune , Beiträge 11,
155 ff.), das 8 im Auslaut der secundären Personalendungen vor dem Abfalle
durch Einfluß der primären geschützt (cf. ibid).
FREIBURG i/Br., Januar 1876. H. PAUL.
Die gens Langobardonim. Zweites Heft: Ihre Sprache. Von Friedrich Bluhme.
Bonn 1874. 8. 54 S.
So befriedigend im Allgemeinen der Eindruck war, welchen das erste
Heft von Bluhmes ng^ns Langobardonim^ hervorgerufen hatte, und so sehr
man mit den meisten der dort in Bezug auf Herkunft und Wanderungen des
Langobardenvolkes aufgestellten Behauptungen einverstanden sein konnte, so
ganz anders ist der Eindruck, welchen das zweite Heft auf unbefangene For-
scher machen wird. Schon der Titel des Büchleins ist eigentlich nicht so ge-
wählt, daß er dem Inhalte desselben entspräche. Die Schrift enthält nur zum
kleineren Tbeile Abhandlungen oder Bemerkungen über die wirkliche lange«
bardische Sprache; der größere Theil derselben zeigt vielmehr die Einflüsse,
welche das Langobardische auf die Sprache der unterworfenen Bewohner Italiens
gehabt hat oder vielmehr nach Bluhmes Ansicht gehabt haben soll.
Gewiß ist es allerdings, daß auch die Langobarden an der Wiege der
italienischen Sprache gestanden haben; es fragt sich nur, wie weit in diesem
Falle ihr Einfluß gereicht hat. Bluhme geht in dieser Beziehung jedesfalls viel
zu weit, und wenn er Corssen und Schuchardt neben Pott berücksichtigt hätte»
wäre er ohne Zweifel zu andern und theilweise richtigeren Resultaten gekommen.
Manche Erscheinmigen auf dem Gebiete der romanischen Lautlehre haben sich
durchaus ohne das Zuthun der Langobarden entwickelt und sind auch, wie
man bei Corssen leicht finden kann^ älter als deren Einwanderung in Italien;
110 LITTERATUR: BLUHME, DIE GENS LANGOBABDOBUIC
80 z. B. das Verschwinden des auslautenden t (S. 18), der Ab£all des h (S. 21),
welcher von der Nichtaassprache desselben herrührt (Corssen I, 96 — 113) md
weit älter ist, als Blnhme annimmt. Das Nentmm nnd das Mascnlinnm waieo
nach der ynlgären Aussprache gar nicht zu unterscheiden, und darum sind da
so häufig Tcrwechselt worden, nicht bloß in Folge langobardisclieB Einflnsscü-
Auch in dem Gebrauche der Casus (S. 33) musste die regelmäßige Entwicklmig
der lateinischen Sprache zu Verwechslungen fuhren; da nämlich in der ▼ulgSrea
Aussprache m und s im Auslaut nicht gehört wurden, so mussten Nonu und
Accus, zusammenfallen ; die Schreiber wussten nicht mehr, wo # und wo m am
Platze war. Höchst dankenswerth sind hingegen die Beispielsammlungen anf
S. 33 ff.
Was nun den germanistischen Theil der Schrift betrifft, so hat bekannt«
lieh schon J. Grimm (Gesch. d. deutschen Sprache S. 690) die langobardisehe
Sprache in den Kreis seiner Untersuchungen gezogen. Und wenn auch diese
letztem weder erschöpfend sind noch in allen Punkten zu richtigen Ergebnissen
geführt haben, so sind sie doch wenigstens der Art, daß sie gewissemtafiea
die erste Grundlage späterer Untersuchungen bilden müssen. Bluhme hat leider
nicht nur über Grimm hinaus keine weitem Fortschritte gemacht, sondern er
ist sogar hinter diesem beträchtlich zurückgeblieben. Schon in dem sein» Aus-
gabe jder langobardischen Gesetze angehängten Glossar hat er, behemdit Ton
der irrigen Annahme, die Langobarden seien ein niederdeutscher, den Angel*
Sachsen besonders nahe verwandter Stamm, mancherlei Irrthümer begangen, und
in der vorliegenden Schrift wiederholen sich dieselben. Da soll Pertulo wört-
liche Übertragung von Liutpert sein (S. 49), klein soll bei den Langobarden
^liti^ und ^groß *^hrot^ gelautet haben u. s. w. Und doch beweisen die in den
Denkmälern keineswegs seltenen z, daß die Langobarden die hochdeutsche Laut-
verschiebung mitgemacht haben; vgl. Zangrulfj Zuchilo, tuuai (goth. no/t), t^e-
9ätOy sculdhaiZf marpaiz n. s. w. Vgl. auch lang, toi/an (goth. vetpon), anagrif
(g. greipan), lang, plödraub (g. blSp) u. s. w. Nur die dentale Aspirata p ist häufig
auf der gothisch -germanischen Stufe stehen geblieben: tkinc, tkCngarty Lethu
(zu ahd. leid)', daneben aber doch pl6draup (g. IdSp), canndi (g. dnp9\ gaiäo
= ga^ido (g. aij!>« . Auch die zahlreichen diphthongischen ot und au bestiitigen
im Gegensatze zu den niederdeutschen Verengangen e und 6, daß die Sprache
der Langobarden ein überwiegend oberdeutsches Gepräge hatte i und daß sie
am meisten Ähnlichkeit mit den Mundarten der auch geographisch benachbarten
Baiern und Alamannen hat; nur hat das gemeinsame oberdeutsche Gepräge
hier einen noch alterthümlicheren Anstrich ab in den erhaltenen alamannischen
und bairischen Denkmälern, es fehlt z. B. der Umlaut, und o» und au sind
noch nicht zu ei und ou geworden.
Mit Recht stellt Bluhme (S. 18) gafanf (Roth. 247) zu 'fahen, fangen';
sonst lässt er sich nur selten in Deatungen ein, wie er denn auch die lango-
bardischen Worte meist in der herkömmlichen Form braucht (Bothariy Älboin
statt HrStharity Älbwini), statt Versuche zu einer Wiederherstellung älterer,
richtigerer Formen zu machen.
BASEL, Nov. 1874. KARL METER.
LITTERATUR: FISCHER, ENTGEGNUNO. Hl
Entgegnung
in Sachen meines Baches: ,,Die Forschungen über das Nibelungenlied seit Karl
Lachmann.''
Als im Juni dieses Jahres mein Erstlingswerk der Öffentlichkeit Übergeben
worden war, da dachte ich wohl daran, daß Widersprach nicht fehlen werde, insbe-
sondere dem Anhange der Schrift gegenOber; ich freate mich auf diesen Wider-
spruch, denn, mochte ich im Kampfe gewinnen oder unterliegen, der Sache musste
mit einer lebhaften Discassion gedient sein. Ich war mir bewusst, daß die ganze
Diction meines Baches so vorsichtig als möglich war, daß ich mich bestrebt
hatte, Jedem gerecht zu werden, in einer Weise, daß ich halb und halb be-
fürchtete, des Eklekticismus angeklagt zu werden; ich hatte dabei selbst der
Ansicht, die zu bekämpfen Grrundtendenz bei mir war, der Lachmannischen,
Zugeständnisse gemacht, hatte Lachmanns Sagendeutung neben der feindlichen
W. Müllers gelten lassen, ja bei Lachmanns Liederkritik wenigstens das zuge-
standen, daß er „oftmals mit feinem Geschmack schlechte Strophen herausge-
fühlt habe^y daß „seine Lieder in der That im allgemeinen die schönsten Stro-
phen enthalten^. Was war natürlicher, als daß ich Widerspruch zwar, aber
Widerspruch in sachlich gehaltener Form erwartete? Dabei hatte ich allerdings
mich yerrechnet. Zwei gegnerische Aufsätze sind mir zu Gesichte gekommen«
Auf beide antworte ich bloß, weil meine wissenschaftliche Ehre in dem eineui
meine moralische in dem andern angetastet ist.
In der Ztschr. f. österr. Gymn. hat Anton Schönbach bei Gelegenheit
einer Recension von Vollmöllers „Kürenberg und die Nibelungen'' Anlaß ge-
nommen, über meine Arbeit und vor allem deren Anhang sich lustig zu machen
(a. a. 0. Bd. XXV, Heft 5, Seite 353—358). Ich bin allerdings nicht der Ein-
zige, der dabei schlecht wegkommt; denn gleich S. 353 f. steht zu lesen : „Man
sieht, die Preisrichter hatten das lebhafte Bedürfhiss, sich nach keiner Seite
hin anangenehm zu machen, denn Vollmöller hat gegen den Kürenberger
einen ersten Preis' erhalten, Fischer für den Kürenberger einen Hauptpreis
dayongetragen*'. Da nun Vollmöllers Schrift ausdrücklich und hoch gelobt wird,
die meinige aber sich im Laufe von Schönbachs Besprechung als ein recht
schlechtes Machwerk herausstellt, so kann in den citierten Worten nichts Anderes
gefunden werden , als eine gröbliche Beleidigung der Tübinger philosophischen
Facultät, welche so diplomatisch, sagen wirs frei nach Sch.*s Meinung, so ge-
mein und feig gewesen sein soll, ein vortrefFliches und ein miserables Elaborat
mit demselben Preise zu bedenken. Doch — mir steht die Beantwortung dieser
Anschuldigung eigentlich nicht zu. — Weiter hat Seh. versucht, auch Bartsch
der Theilnehmerschaft an meinen Fehlem zu bezichtigen, indem er davon
redet, daß ich in dem Vorworte zu meinem. Buche dem „Geheimen Hofrath
Professor Dr. Karl Bartsch in Heidelberg'' für seine Unterstützung bei der Ab-
fassung des Anhangs danke. Die Sache verhält sich so* An Pfingsten 1874 suchte
ich Bartsch in Heidelberg auf, um ihm für seine Unterstützung bei der Durchsicht
meines Buches zu danken und zugleich von Vollmöllers und Scherers Aufsatze
mit ihm zu reden. Wir giengen beide mit einander durch, und ich verdanke
einen großen Theil fruchtbarer Gedanken dieser Unterredung. Wenn es aber
gelingt, einen Unsinn, einen unlogischen Schluß bei mir nachzuweisen — meine
Schlüsse für zwingend zu halten, bin ich zu bescheiden — , so ist die Schuld
112 LITTERATÜR: FISCHER, ENTGEGNUNG.
an demselben mein; und vor Allem kann ich versichern, daß Sch/s Spott nur
solche Aasfclhningen getroffen hat, die mein sind.
Gehen wir za den sachlichen Aosstellnngen Sch.*s über. Er sagt S. 354:
,,Fischer weist die — allgemeinen Betrachtungen Scherers [Scherer S. 562] mit
einer einfachen Negation ab [bei mir S. 258]. Sie hätten sich nicht widerlegen
lassen. ** Nicht weiter geredet habe ich von jenen Gründen Scherers — Abge-
sehen davon, daß sie, weil ganz allgemeiner Natar, weder stricte widerlegbar
noch absolnt beweisend sind, — einfach deßhalb, weil sie den Kürenberger
Pfeiffers, nicht den Bartschs, noch weniger den meinigen treffen. Daß Pfeif-
fers Kürenberger, der zwischen 1120 und 1140 gesetzt wnrde, nicht wohl an-
nehmbar ist und daß anf ihn Scherers Gründe passen mögen, das will ich nicht
leugnen, brauche es aber auch nicht zu leugnen. Bartsch setzt des Kürenbergers
Lieder ,,spätestens um 1150** (Untersuchungen S. 355); eine „Kluft von vier
bis fanf Decennien'' existiert also zwischen ihm und Eiihart von Oberg^ oder
dem Verfasser des Grafen Rudolf nicht. Noch weniger trifft Scherers Argument
meine Ansicht vom Kürenberger. Bartsch setzt die Nibelungen in ihrer ersten
Abfassung ebenfalls vor 1150, der erhaltenen Assonanzen wegen. Daß ich die
Beweisführung Bartschs in diesem Punkte nicht annehme, habe ich in meinem
Buche S. 86 f. gesagt und S. 255 »257 näher auseinandergesetzt. Ich sehe
keinen zwingenden Grund, über das Original der Bearbeitungen AB und C,
das Bartsch um 1170 ansetzt, zurückzugehen auf eine noch ältere Textesgestalt.
Ich habe S. 250 gesagt: „Der Dichter, der um oder vor 1150 iTrische Ge-
dichte sang, kann gar wohl um 1170 (vielleicht dürfen wir das Nibelungenlied
etwas früher setzen) im Mannesalter ein großes Epos verfasst haben. '^ Daß ) 170
aber von Eilhart von Oberge und dem Verfasser des Grafen Rudolf nicht so
sehr weit entfernt ist, dürfte die Litteraturgeschichte lehren. — Ich denke,
das Auseinandergesetzte könnte es einfach erklären, warum ich auf dieß betr.
Argument Scherers nicht eingieng. Auch was Scherer am selben Orte gegen
Passau als Brennpunkt romanischer Einwirkung vorgebracht hat, trifft mich nicht,
da ich ausdrücklich erklärt habe (S. 250), daß ich auf die Identification des
Liederdichters Kürenberg mit einem der anderweitig bekannten Kürenberger
verzichte. — Scherers weiterer Grund, daß wir von den Nibelungen kein Frag-
ment einer älteren Gestalt haben, schien mir gegenüber von Bartschs Beweis-
führung (wovon unten mehr) unwesentlich.
Schönbach fahrt fort: „Weiters ist mir in dem Fischerischen Aufsätze
insbesondere die Mangelhaftigkeit der Logik aufgefallen.* Beweise dafür folgen
sogleich. „Schon S. 258 bietet eine kleine Probe« Bei dem Versuch, Scherers
ästhetischen Anschauungen, welche ich nicht vertheidigcn möchte, einen Wider*
sprach nachzuweisen, finden sich folgende Worte: Wenn volksthümlicher , so
doch wohl auch alterthümlicher.' So doch wohl auch alterthümlicher. Es ist
doch schön, daß die deutsche Sprache so viele Partikeln besitzt, welche geeignet
sind, einen Riß in der Schlußfolgerung vor dem unaufmerksamen Leser zu ver-
kleistern.'' Habe ich etwa gesagt, daß ich MF. 3, 17 — 25 für alterthümlicher»
weil für volksthümlicher halte, als die Küren bergsstrophen? Nein, ich wollte mit
jenen Partikeln nur das sagen, daß Scherers Beweisführung auf jene Ansicht
leite; denn ich fuhr unmittelbar nachher fort: „Denn der conventioneile Frauen-
dienst der Nibelungen ist nach Scherer Zeichen jüngerer Zeit und S. 581 sucht
er eben das hohe Alter jenes Liedchens zu erweisen.* Die Auslassung dieser
Worte entstellt meine ganze Beweisführung.
LITTERATUR: FISCHER, ENTGEGNUNG. 113
In ganz unerhörter Weise entstellt sind auch meine Aosfuhrnngen auf
S. 259 — 261, welche dartbun sollten, daß die Beispiele gemeinsamer Strophen-
formen bei mehreren Dichtern, die Wilmanns gegeben hat, das Gesetz der
Nichtentlehnnng nicht umstoßen. Ich muß die ganze Stelle hieher setzen.
„Mit den durch Wilmanns beigebrachten Beispielen yon Strophenent-
lehnungen in der altem Lyrik*', sagt mein Gegner S. 354 f., ,,hat es Fischer
gar leicht genommen. Die meisten erledigen sich nach ihm (S. 259 f.) ^eben
dadurch, daß ganz sicher die betre£Pendcn Dichter unabhängig yon einander auf
die ihnen gemeinsamen Strophenformen gekommen sind. Dieß ist anzunehmen,
wenn diese Strophenformen sehr einfach sind. Ein ähnlicher Fall ist es, wenn
eine von Mehreren gebrauchte Strophe fremdländischen Ursprungs ist; denn
der Dichter, der eine ausländische Form benutzt, ist selbst nicht mehr Original,
hat also auf Wahruug seines Eigentbums keinen Anspruch . Wenn Dichter von
einander unabhängig auf ihnen gemeinsame Strophenformen gekommen sind
und diese Gemeinsamkeit ihrem Rufe nichts geschadet hat, wo bleibt dann das
Gesetz von der Strophenentlehnung?''
Bis hieher habe ich mich noch keineswegs über Entstellung zu beklagen ;
da vielmehr in der ganzen Kritik meiner hieher bezüglichen Ausführung dieß
der einzige sachlich gehaltene Satz Schönbachs ist, so will ich gleich hier
auf ihn antworten.
Daß ein Gesetz der Nichtentlehnnng bestand, daß es für Unkunst, ja
für Verletzung litterarischen Eigentbums galt, fremde Weisen sich anzueignen,
das beweist, um nur von meinen Gegnern selbst beigebrachtes zu verwerthen,
der Ausdruck dcmediep , den Vollmöller S. 10 anführt, das beweist schon der
Umstand, daß unter den zahllosen lyrischen Gedichten der Blüthezeit und des
Minnesangsfrühlings sich nur fünf Strophenformen, welche von Mehreren^ bald
zwei-, bald drei-, bald viermal gebraucht sind, zusammen 14 Fälle, finden; das
ist für das 13. Jahrhundert auch von meinen Gegnern kaum bestritten. Was
für das 13. Jahrhundert gilt, wird man geneigt sein, auch auf das 12. auszu-
dehnen; denn auch dieses weist eine Reihe und zwar gerade der trefiTlichsten
Sänger auf. Nun zeigt sich, daß jene 14 Beispiele (von dem tlvxtliyofjLivov bei
Reinmar und Walther und von dem romanischen Metrum bei Rud. von Fenis,
Bligger von Steinach und Hartwic von Rute abgesehen^ lauter sehr einfache
Strophenformen zeigen; daß sich keine Strophe darunter findet, welche so com-
pliciert wäre (wie es die Mehrzahl aller verwendeten lyrischen Strophen ist),
daß man sagen müsste, sie sei von einem andern entlehnt. Wenn nun dieß der
Fall ist, was ist natürlicher, als anzunehmen: der Dichter A, der ein Lied in
einer solchen einfachen Form sang, wusste einfach nicht, daß ein B dieselbe
schon gebraucht hatte, er hat sie selbst für seinen Gebrauch erfunden. Daß
dieß geschehen, daß solche Gedichte gesungen und hernach erkannt werden
konnte, daß auch ein anderer dieselbe Strophenform schon gebraucht hatte,
ohne daß das dem Rufe des zweiten geschadet hätte, — das anzunehmen,
scheint mir keinen Widerspruch mit der Annahme des Entlehnungsverbots zu
enthalten. Die aufblühende Lyrik schuf sich immer neue Formen; was spätere
Zeiten schon fertig vorfanden, ein festes Gerippe metrischer Formen und Regeln,
wurde damals erst allmählich ausgebildet; dazu die weit größere Strenge jener
Metrik und Reimkunst im Vergleich mit der unsrigen; dazu weiter der musi»
kaiische Vortrag vom lyrischen Gedichte unzertrennlich: ich denke, das sind
GERMANIA. Nene Reihe Y1II. (XX. Jahrg.) %
114 LITTERATIJR: FISCHER, ENTGEGNUNG.
Bfomente, die es begreifen lassen, wie man dazu kam, die BenaUnng einer
fremden Form für sich selbst zu verschmähen, an anderen bitter zu tadeln.
Denn wo die Schaffang neuer Formen ein wirkliches Kunstwerk war, da musste
Jeder stolz darauf sein, Eigenes zu finden; wer es gefunden, auf seine Erfia*
dang eifersüchtig sein. Zugleich aber wird aus jener Motivierung des Entstehungs-
verbots erhellen, warum man aus der Gleichheit ganz simpler Liederformen, auch
wenn man sie entdeckte, nicht viel Aufhebens machte; ich sage, wenn man
sie entdeckte; denn bei der Einfachheit jener Formen hörte man es wohl gar
nicht, daß zweimal dieselbe vorkam; denn wenn jemand ein Glicht von der
Form z.B. 4a4b4a4b4c4d4c gehört oder gelesen hatte, so prägte diese
Form sich ihm nicht so ein, daß es ihm nachher aufgefallen wäre, sie wieder
verwendet zu sehen; so wenig als es uns auffällt, daß G4>thes Fischer das
gleiche Maß hat wie „Im Walde schleich ich stumm und wild*^. Ich hoffe, es
ist denüich geworden, daß ich damit nicht, wie Seh. mir nachher imputiert,
einen Canon geben will, nach welchem einfache Formen hätten entlehnt werden
dürfen, compliciertere nicht; biege gen hätte Seh. mit den Worten ganz Recht,
daß „sehr einfach" ein relativer Begriff sei. Daß die Sehen, schon von andern
gebrauchte Weisen zu verwenden, sich auch auf einfache Maße erstreckt hat,
dafür genügt zum Beweise, wie ich denke, die kleine Zahl der Fälle, wo dieß
doch geschehen ist. Den Satz wird man wohl kaum anfechten können: auch
wenn es ein Entlehnongsverbot gab (dieser Ausdruck, einmal üblich, ist freilich
schief, weil er die Idee eines rechtlichen Instituts erwecken konnte, aber was
ich darunter mir denke, habe ich expliciert), konnte es vorkommen, daß ein
Dichter, einer aus einfachen Elementen componierten Form sich bedienend« nicht
wusste oder nicht merkte, daß er hier nicht erster Erfinder war, und daß das
Publicum es auch nicht merkte. Nun haben wir ein solches Entlehnungsverbot
wirklich vor uns; eine ganz kleine Anzahl von Fällen streitet wider dasselbe;
werden wir um dieser willen jenes Verbot als ein non ens erklären? Nein,
sondern die gegebene Erklärung jener Fälle als die einzig natürliche ansehen.
— Mit dem romanischen Maße bei Rudolf von Fenis, Bligger von Steinach und
Hartwic von Rute verhält sich*s etwas anders. Aber das Gefühl, das wir heut-
zutage haben, daß ein Dichter, der nach Vorgang eines andern ein ansländi*
sches Maß, sei es auch sehr compliciert, benutzt, diesen seinen Vorgänger damit
nicht eines Eigenthums beraubt habe, dieses Grefuhl hatte man im Mittelalter
ganz gewiß auch. — Und vor allem gilt es nochmals im Auge zu behalten,
daß ich mit meiner Beseitigung jener zwölf Fälle unter tausenden einem unan-
fechtbaren kritischen Grundsatze folge, wonach es nicht gestattet ist, ein anders-
woher bekanntes Gesetz um etlicher Ausnahmen willen für nichtig zu erklären,
es vielmehr geboten ist, vorher diese Ausnahmen, wenn möglich, zu erklären
und ihre Beweiskraft damit zu beseitigen. Ja, ich wäre geneigt, nm dessen
willen mit Pfeiffer das Lied junger man^ xoU hohes muote* Reinmarn zuzuschreiben ;
obwohl diese eine Ausnahme das Gesetz nicht erschüttern könnte.
Was ich hier genöthigt war des erfolgten Widerspruchs wegen etwas aus-
führlich, manchem wohl zu breit, darzustellen, das war doch aus den einschlä-
gigen Seiten meines Buches auch ziemlich deutlich zu verstehen, wenn nämlich
der Leser den guten Willen zum Verständnisse mitbrachte. Daß dem so ist,
ersehe ich ans der Recension meines Buches in der Jenaer Litteraturzeitong»
wo H. Paul sagt, daß ich die Giltigkeit des Entlehnungsverbots in der Ljrik
UTTERATÜR: FISCHER, ENTGEGNUNG. 115
yganz gat* bewiesen habe. Hören wir, was Seh. — nun beginnt die Ent-
stellang — dazu sagt. Er fährt da, wo ich seine Worte abbrach, unmittelbar fort :
»Freilich finde ich auch dafür eine Erklärung, wenn ich mir die Vor-
stelluBg, welche Fischer von dem Zustande der deutschen Litteratur im 1 2. Jahr-
hundert hat. aneigne. Die Minnesänger werden wahrscheinlich vor einem zur
Wahrung des geistigen Eigenthums eingesetzten Reichsgerichtshofe einen Pateat-
proceß geführt und ihre Rechte urkundlich nachgewiesen haben.
„Femer — sieht denn Fischer nicht, daß ^sehr einfach ein relativer
Begriff ist, mit dem sich gar nicht so geschwind operieren lässt? Nach ihm
müsste das Gesetz vom Verbote der Strophenentlehnung etwa folgendermaßen
gelautet haben : „Im Allgemeinen dürfen Strophenformen nur von ihren Erfindern
verwendet werden; ausgenommen von diesem Privilegium werden die Formen,
welche so einfach sind, daß jeder sie für sich erfinden kann (zum Beispiel:
4a 3b 4a 3b 4c 4c 8b, welche Albrecht von Johannsdorf und Reinmar ge-
meinsam haben'*'), und diejenigen, welche den von romanischen Dichtem er-
fundenen nachgeahmt sind.'' Vorausgesetzt wird natürlich, daß die ritterlichen'
Minnesänger ganz bestimmte Kriterien für die Beurtheilung der Töne besaßen,
auch dafür, ob dieselben etwa aus Frankreich gekommen waren, und daß sie
über deren Erfindung und Verbreitung gewissenhaft Buch führten. Oder sollte
es vielleicht gelingen, eine alte Liederhandschrift aufzufinden, in welcher die
Strophen mit Taufscheinen pünktlich versehen sind?"
Diese Verdrehung meiner Arg^umente, die mich lächerlich machen soll,
verdient kein weiteres Wort.
Es kommt noch stärker.
„Je^ nun aber, gehört denn die Nibelungenstrophe nicht auch zu den ein-
fachen Strophenformen? Das wäre freilich fatal, und so fühlt Fischer das Be-
dürfniss, ein entsprechendes Schema der Nibelungenstrophe zu geben S. 261,
welches so aussieht:
4a
3b
4c
3b
4d
3e
4f
4e
Er freut sich über dieses Kunststück, indem er ausruft: ^Das ist nun
doch ein weit weniger einfaches Maß . Und wie klug angestellt ; 6 Buchstaben :
abcdef mussten dazu verwendet werden, um diese complicierte Strophe klar
zu machen! Ich möchte wirklich geme wissen, auf was für Leser diese Dar-
stellung berechnet sein mag. Offenbar auf solche, die nicht wissen, daß in
diesen imponierenden 6 Buchstaben nur zwei Reimpaare aa bb stecken. —
Die Sache verurtheilt sich selbst. **
*) Hier ganz im Speciellen eine falsche Darstellung des Maßes und meiner
Darstellung. Das Maß heißt: 4a 3^b 4a 3^b 4c 4c 3^^b; ich sagte darüber 8. 260:
„wir werden alles Recht haben, statt 3 %^ hier 4 zu setzen, indem alsdann die Zeile ge-
nau der viermal gehobenen epischen Reimzeile entspricht. Also einer allgemein ge-
brauchten Form** u. s. w. Das ist wieder einmal von Seh. verschwiegen.
116 UTTERATÜR: FISCHER, ENTGEGNUNG.
Ich will Schonbachs Wunsch gerne erfüllen, indem ich ihm sage, auf
was fSr Leser diese Darstellnng berechnet war. Sie ist berechnet auf solche,
welche sehen, daß anter diesen imponierenden sechs Bachstaben nar xwei je
zweimal vorkommen, b and e, and welche daraus folgern können, daß die
Strophe nar swei Reimpaare hat, daß also da* 4c, 4d, 4f Waisen sein müssen;
aof solche, welche femer wissen, daß die Nibelangenstrophe in jeder Langzeile
eine Cäsar hat, and daß Scherer, dessen Anfsatz ich in meinem Anhange an-
gefochten habe, dessen Aafsatz also der Kritiker des meinigen gelesen haben
masste, S. 569 f. die Nibelungenstrophe sehr schon aus dem Einschab Ton
Waisen erklärt hat, daß man demnach die Strophe gleich acht Kurzzeilen setzen
kann, ja daß dieß früher öfters geschehen ist ; auf solche, welche einsehen, daß
eine siebenmal gehobene Langzeile mit Cäsar anders bezeichnet werden muß
als eine solche ohne Cäsar, welche wissen, daß auch in der modernen Lyrik
Waisen sogar sehr beliebt sind und daß man beispielsweise eine Strophe 4 a
4b 4c 4b (oder, um die Waisen deutlicher za kennzeichnen, 4z 4a 4z 4a)
mebt so schreibt:
4a
4b
4c
4b
and nicht: 4a 4b /4z 4a\
4c 4b \4z 4a/
welche endlich wissen, daß ich die Nibelangenstrophe in Kurzzeilen darstellen
musste, um ein den vorher gegebenen und mit ihr verglichenen Strophen « ent-
sprechendes*' Schema derselben zu geben, daß ich also zum Vergleich mit
4 a 4a
8wb 4b
4 a 4a
3 ^ b oder 4 b
4 c 4c
4 c 4d
3^b 4c
die Nibelangenstrophe nicht so bezeichnen konnte, wie sie gewöhnlich gedruckt
wird, also etwa so:
4z 3a
4z 8a
4z 3b
4z 4b,
da ich sonst im zweiten Beispiele statt des Abgesangs
4c
4d
4c,
wie ihn Haupt gibt, hätte analog schreiben müssen
4c
4d(x) 4c,
was den Bau dieser Strophe aus lauter viermal gehobenen Zeilen hätte alte-
rieren müssen. Ich habe übrigens für Leser, die mein Schema der Nibelungen-
strophe aus irgend welchem Grunde nicht verstehen sollten, beigefügt, daß 4 a
LITTERATUR: FISCHER, ENTGEGNUNO. 117
4 c 4 d 4 f in jenem Schema der N. Str. Waisen seien , was wohl die Sache
klar genng darstellte.
Was „verurtheilt sich nun Ton selbst*, meine Argumente oder Sch.'s
Art, sie dem Gelächter der Vielen preiszugeben, welche seine Kritik lesen
mochten, ohne ihrer Basis weiter nachzufragen?
Leider bin ich mit Sch.'s Ausfällen gegen mich noch nicht lu Ende.
„Auf ähnliche Weise*', fährt Seh« S. 356 fort, „wird die Aufforderung,
auch Ortnit und die Wolfdietriche dem Kürenberger zuzuweisen, weil diese Ge-
dichte ebenfalls in der Nibelungenstrophe geschrieben sind, abgelehnt. Die achte
Halbzeile hat dort nämlich neben vier auch drei Hebungen und zwar viel
häufiger drei als vier. Daraus wird S. 262 f. gefolgert: Also zeigen alle diese
Gedichte eine metrische Verwilderung, welche verbietet , aus ihnen für oder
gegen die Strophenentlehnung einen Schluß zu ziehen, da diese Verwilderung
auf eine Zeit hinweist, der die Strophenform überhaupt nichts mehr galt. Und
sollte aus anderweitigen Gründen die Zeit zwischen 1220 und 1230 nicht als
eine Zeit der Formenverwilderung ' angesehen werden , so werden wir sagen,
Ortnit und die Wolfdietriche stammen aus den niedrigen Kreisen der Fahrenden,
während die Kürenberglieder wie die Nibelungen aus ritterlichen Kreisen stammen,
in welchen der Sinn für die Form rein und fein ausgebildet und so auch das
F^ntlfthnungsyerboCnbekannt und befolgt war; oder — fallen die Gedichte in
spätere Zeit Also drei Erklärungen — man kann von den Gedichten halten,
was man will, immer läuft es ungefährlich für den Kürenberger ab. Zwar finden
sich in den Nibelungen auch Strophen, in welchen die letzte Halbzeile drei
Hebungen hat und ist es bisher Niemanden beigefallen, diese Strophen nicht
für Kibelungenstrophen zu halten — aber das thut nichts.^
Solche Strophen finden sich in den Nibelungen, aber nie in allen Hand-
schriften, meist nur in A; s. Bartsch, Unters. 157 ff. Dieß hat denn auch
außer Lachmann die meisten bewogen, diese Halbzeilen für fehlerhaft zu halten,
und die Ausgaben beseitigen sie. Daß es „niemanden beigefallen'' sei, diese
Strophen nicht für Nibelungenstrophen zu halten, ist also einfach anwahr. Oder
sollte Seh. von dem „Hildebrandston'' nie etwas gehört haben? Nun, wer diesen
Ausdruck gebraucht, der beweist eben damit, daß er Strophen mit drei Hebungen
in der achten Halbzeile nicht für Nibelungenstrophen hält.
„Der erste gefolgerte Satz nimmt an (denn das liegt in den Worten:
eine Zeit, der die Strophenform überhaupt nichts mehr galt*), daß die Ver-
fasser des Ortnit und der Wolfdietriche so feines Gefühl hatten, daß sie wussten,
mit Strophen, deren Mehrzahl in der letzten Halbzeile drei Hebungen hätte,
sündigten sie nicht wider das Entlehnuj^yerbot, der zweite Satz hält dagegen
diese selbigen Verfasser für niedrige Fahrende und muthet ihnen die Bobheit
zu, das Entlehnungsverbot in ihrem Kreise nicht anzuerkennen, während es
neben ihnen in den ritterlichen Kreisen galt. Wie zart und doch wie scharf
muß man sich die Grenzen zwischen den Ständen der Dichter denken! Ich
mache aufmerksam, daß beide Erklärungen von demselben Forscher aufgestellt
worden sind. Aber vielleicht ist die eine von Fischer, die andere von Bartsch
und es wurde in der Eile der Composition nicht weiter darauf geachtet, daß
die beiden Sätze von gänzlich entgegengesetzten Vorstellungen ausgehen."
Also Bartsch hat doch auch eins abkriegen müssen ! Ich versichere übrigens,
daß der betreffende Passus vollständig von mir stammt.
118 UTTEBATUR: FISCHER, ENTGEGNUNG.
Ist es aber nöthig, daß ich Sch/s Verdrehung widerlege? Besser, leh sage
hier etwas umständlicher und pedantischer, was ich gemeint habe.
Wenn ein Dichter ein Gredieht in der Nibelungenstrophe so abfasst, daß
die achte Ebilbzeile bald drei bald vier Hebungen hat, so wird man (nach der
gewöhnlichen Annahme, daß die drei Hebungen, wo sie im Nibelungenliede Tor-
kommen, Fehler seien, welche Annahme Seh. suvor widerlegen muß) sagen:
dieser Dichter hatte kein Gefühl für die Reinheit des Metrums, er Terstand
seine Strophe, die er nach Vorgang benutste, nicht. Daraus wird weiter folgen,
daß er för metrische Feinheiten kein Gefühl hatte; daß also von einer Be-
achtung des Entlehnungsyerbots , selbst wenn es zu seiner Zeit in Kraft war,
bei ihm nicht die Rede sein kann. Dieser Schluß hat nun für mich Kraft in
allen den drei Fällen, die Seh. als einander widersprechend bezeichnet. Mit
jener Argumentation hätte ich die Auseinandersetzung schließen können; denn
ihr Kern ist: mögen die Dichter des Ortnit und der Wolfdietriche gelebt haben,
wann sie wollen, gewesen sein, was sie wollen: sie haben kein Verständniss
ihrer Strophe gehabt, also konnten sie auch von dem Entiehnungsverbote nicht
Notiz nehmen. Nun wollte ich aber doch gerne, obwohl für den Hauptbeweis
unnöthig, yersuchen, zu zeigen, woher denn wohl jener Mangel an Verständ-
niss für die Form bei den betr. Dichtem stamme. Es gibt nun zwei Möglich-
keiten: entweder die Zeit um 1220 — 1240, in welche man jene Gedichte setzt,
war eine Zeit der Formenverwildemng , in der man vom Strophenbau nichts
mehr verstand; dann haben jene Dichter eine unregelmäßige Behandlung der
Strophe eben deßhalb, weil sie in einer solchen Zeit gelebt haben. Die andere
Möglichkeit, die ich für die aus andern Gründen wahrscheinlichere halte, ist, daß um
1220 — 1240 sonst die Form noch ganz gut gewahrt wurde. Wie kamen jene
Dichter dann dazu, so formlos zu dichten? Entweder sie gehören jener Zeit
wirklich an; dann ist anzunehmen, daß sie ihrer Persönlichkeit, ihres ungebil-
deten Standes wegen nicht zu feiner Behandlung der Formen gelangten; oder
aber — sie gehören jener Zeit nicht an, sondern einer späteren, wo die Form-
losigkeit allgemein war.
Aber mag von diesen drei Erklärungen richtig sein welche da will, sie
alle sollen nicht erklären, warum die Dichter das Entlehnungsverbot nicht be-
achteten, sondern warum ihre Form verwahrlost ist; und erst aus der verwahr-
losten Strophenform, die unter allen Umständen vorliegt, folgere ich Mangel
an Formgefühl und aus diesem die Unfähigkeit, die Feinheiten der Metrik zu
wahren.
War das logisch genug? Ich furchte unbefangene Leser zu ermüden, und
diese Blätter sind fast zu gut, um alle seis aus Mangel an Aufmerksamkeit
seis aus Nichtverstehen- wollen enstandenen Verdrehungen in extenso darin zu
besprechen.
So schweige ich von Schönbachs letzten Abschnitten, die sich hauptsäch-
lich gegen Bartschs Handschriftentheorie wenden, für welche ich nicht tenent
bin einzutreten. Die eigentliche Motivierung, warum ich Anhänger von Bartsch
bin, steht bei mir S. 87, u. 88, o. zu lesen.
In der Zeitschr. fär deutsches Alterthum, Band XVITI, Heft 1; hat Wil-
helm Scherer meinen Anhang angegrifien. Über Entstellung meiner Aus-
führungen habe ich hier kaum zu klagen ; wohl aber gilt es, einen moralischen
LITTERATUR: FISCHER, ENTGEGNUNO. 119
Vorwarf, den Seh. mir gemacht hat, zarQckzaweifen and zugleich «inige meiner
Ansstellangen an Scherers „Kürenberger** zu vertheidigen.
Er dtiert die auch von Schönbach berfihrte Stelle meines Anhanges,
S. 258, in welcher ich Tersucht hatte, in Scherers Bemerkungen S. 562, Z. 3.
2 V. u. und S. 581, Z. 8^5 v. o. einen Widerspruch nachzuweisen. Scherer
bemerkt dazu S. 150: „Es ist mir wirklich neu, daß man den Versuch, in die
Geschichte der poetischen Motive einzudringen, als überfeines Asthetisieren be-
zeichnen darf.**
Das thue ich auch nicht, wenn ich auch die Art, wie die Lachmannische
Schule aus ästhetischen Dingen kritische Waffen schmiedet, nicht billigen kann.
Etwas derart ist in der That bei Scherer a. a. 0. vorhanden. Er will aus ästhe-
tischen Verschiedenheiten (denn was er zu Nib. 294. 292, 2 beibringt, sind
doch wohl solche), aus der verschiedenen Auffassung der Minne — einem so
unendlich disceptabeln Punkte ! — den verschiedenen Ursprung der Kürenberg-
Strophen und der Nibelungen beweisen. Das ist meiner Ansicht nach verkehrt.
Was berechtigt uns, zu sagen: weil Nib. 292, 2 mit höfischer Formel steht ai
twanc ghi einander der »enenden minne not (was nur eine Hs. hat, die sich
eben durch den höfischen Charakter der Stelle verdächtig macht), weil Str. 294
gesagt ist, Siegfried hätte im Sommer und selbst im Mai nicht mehr Freude
empfinden können, als ihm durch Kriemhilds Gegenwart zu Theil geworden;
weil aber beiderlei Züge beim Kürenberger fehlen: deßhalb kann er nicht Ver- '
fasser der Nibelungen sein? Ja, wenn das letztere anderswoher bewiesen ist,
dann darf man auf solche Züge als Charakteristica hinweisen, aber zuvor nicht.
Wenn ich demnach Scherers Argumentation für verkehrt halte, wenn ich außer-
dem in derselben einen Widersprach mit der analogen auf S. 581 zu finden
glaubte: konnte ich da nicht mich für berechtigt halten, zu sagen: ein Asthe-
tisieren, das auf Widersprüche führt, zeigt damit, daß es über das Ziel hinaus-
schießt, daß es überfein ist; und war ich nicht berechtigt, das zu sagen,
wenn jener Widerspruch wirklich existiert?
Aber Scherer weist mir nach, daß dieser Widerspruch nicht vorhanden
ist, daß er mit jenen ästhetischen Verschiedenheiten zwischen Kürenberg und
den Nibelungen nicht einen zeitlichen Unterschied habe beweisen wollen, son-
dern nur eine Verschiedenheit der Verfasser. Er fährt fort:
„Daß der Frauendienst etwas verhältnissmäßig spätes, in das deutsche
Leben von außen eingedrungenes sei, ist eine sehr bekannte Thatsache, die
doch wohl niemand bezweifeln wird. Bei der Beurtheilung von MF. 3, 17 — 25
kommt sie gar nicht in Betracht und wird in der citicrten Äußerung ganz un-
gehörig eingemischt. Dieß alles aber ist sehr gleichgiltig , ich bedaure nur,
Hm. Dr. Fischer bemerken zu müssen, daß er seine Polemik mit einer Lüge
führt. Die Stelle auf S. 581 lautet: „Das Gedicht ist nach den Reimen
älter und durch diese Combination von Natur und Liebe volksthümlicher als
irgend eines der dem Kürenberger zugeschriebenen Sammlung." Hr. Dr. Fischer
fälscht den Sinn meiner Äußerung, indem er die hervorgehobenen Worte weg-
lässt. Ich habe die Vei^ettung von Natur- und Liebesgefühl nirgends weder
für ein Zeichen der Alterthümlichkeit noch für ein Zeichen der Jugend erklärt.
Ich hätte sie für das eine oder für das andere nur erklären können, wenn ich
gar nichts von den deutschen Minnesängern wüsste. Das Motiv ist an sich alt
volksthümlich, obgleich nicht specifisch deutsch, kehrt aber in der ganzen mhd.
120 LITTERATUR: FISCHER, ENTGEGNUNG.
Lyrik wieder. Für einzelne Dichter ist es charakterieÜBch, daß sie es ▼erscbmähen,
für andere, daß sie es häufig gebrauchen: über Alter oder Jagend eines Ge-
dichts oder Dichters ist daraas nie das geringste zu schließen. Nar als Argament
für die Verschiedenheit der Autoren, nicht als Argument für die Verschieden-
heit des Alters ,kann und muß (um mit dem Hm. Verf. au reden) diese
Beobachtung verwerthet werden.*
Der Lüge und der Fälschung werde ich hier bezichtigt. Ein schwerer
Vorwurf, der seinem Urheber die Verantwortlichkeit auferlegt, denselben be-
weisen zu können. Ist er denn in der That gerechtfertigt, dieser gegen mich ge-
schleuderte Vorwurf? Wenn ich die Worte ,,nach den Reimen älter" ausließ
(daß etwas fehle, habe ich ja durch einen Strich angedeutet), so that ich es
deßhalb, weil ich gleich hernach sagte: „und S. 581 sucht Scherer eben das
hohe Alter jenes Liedchens zu erweisen **.
Womit dachte ich denn wohl, daß Scherer das hohe Alter von MF. 3, 17
erweisen wolle, als mit den Reimen, von denen er nicht nur in dem betr.
Satze, sondern schon auf S. 580 redet? Scherer wird doch wohl nicht denken,
daß ich mit dem „sucht zu beweisen*' eben das Wort „volksthümlicher* ge-
meint habe? Ich sagte also nichts anderes als dieß: Scherer nennt die Ver-
kettung von Natur* und Liebesgefohl in MF. 3, 17 volksthümlich ; da er nun
für dieses Lied an derselben Stelle, wo er von der Volksthümlichkeit desselben
redet, aus anderen Gründen ein höheres Alter beweisen will, so wird wohl die
Volksthümlichkeit für ihn auch ein Moment sein, das eben auf hohes Alter
hinweist. An das zuletzt gesagte konnte ich recht wohl denken, da auch sonst
Yolksthümlicher Charakter und hohes Alter Hand in Hand gehea.
Wo bleibt nun die Lüge und Fälschung?
Das Materielle meiner Polemik auf S. 258 fallt natürlich mit Scheren
Versich erungy daß er nicht daran gedacht habe, einen Altersunterschied zu er-
weisen, weg. Es dürfte aber gerathen sein, daß ich hier meine Polemik recht-
fertige, indem ich sage, wie ich dazu kam, anzunehmen, daß Scherer vom re-
lativen Alter der Kürenbergstrophen und der Nibelungen handle.
Er spricht (s. o.) S. 581 von dem volksthümlichen Motiv der Combination
von Liebe und Naturgefühl in Verbindung mit Beweisen eines hohen Alters;
S. 562 f. heißt es: „die Str. [Nib.] 295, 4. 736, 4. 1459, 2 kennen den con-
yentionellen Frauendienst als etwas ganz feststehendes und gewöhnliches, das
zum Ritter gehört". Diese Worte, besonders „feststehend ** und „gewöhnlich",
machen doch sehr wahrscheinlich, daß damit eine Beziehung auf die Zeit ge-
geben sein soll; und in Verbindung mit dem conventionellen Frauendienst hat
Scherer auch die Auffassung der Minne in den Nibelungen erwähnt. Ich frage,
ob diese Zusammenhänge auf S. 562 f. und 581 mich nicht berechtigten, beide
Argumentationen auf das Alter der betr. Gedichte zn beziehen?
„Im übrigen glaube ich nicht", fährt Scherer S. 151 fort, »daß ich ver-
pflichtet bin, der oben genannten Schrift Rede zu stehen. Sie erfüllt nicht ein-
mal ihren nächsten Zweck, über den äußern Verlauf der Nibelungenforschungen
zu orientieren. Die Arbeit von Konrad Hof mann Zur Textkritik der Nibelungen
(München 1872) wird nirgends erwähnt: Bartschs Untersuchungen sind nach
S. 72 die letzte über die Handschriftenfrage erschienene Schrift.^
Einen Mangel meines Bucha hat Scherer hier erwähnt, den ich nur da-
mit entschuldigen will, daß Hofmanns Aufsatz zur Zeit der ersten Ausarbeitung
LITTERATÜR: FISCHER, ENTGEGNUNG. 121
meiner Schrift (1871/1872) noch nicht erschienen war, sondern erst 1873 erschien, ^
wo ich durch eine andere wissenschaftliche Arbeit und hernach durch Amts-
geschäfte überlastet war, so daß mir der Aufsatz Hofmanns wohl entgehen
konnte. Übrigens habe ich auf Scherers Tadel hin denselben yerglichen und *
kann hier nachtragen, daß er meine Gesammtanschauung nicht alteriert hat
(warum, habe ich vielleicht ein andermal Gelegenheit auseinanderzusetzen), daß
er mich vielmehr nur in Beziehung auf die BeschafPenheit von A in der Partie <^
Str. 324 — 666 überzeugte. Ich glaube» Hofmanns Ansicht, daß A dort einem
andern Codex folge, unbedenklich acceptieren zu können, ohne deßhalb mit ihm
annehmen zu müssen, daß die kürzere Fassung jenes Codex ihm zugleich ein
höheres Alter, eine ursprünglichere Gestalt des Textes vindiciere.
Aber deßwegen, weil mir hier eine Nachlässigkeit begegnet ist, weil mein
Buch nicht seinem nächsten Zwecke genügt, deßwegen glaubt Scherer sich von
einer Kritik meiner Beweisführungen gegen seinen Aufsatz dispensiert? Holtz-
manns Wort (Untersuchungen VI) » statt der Beweise Schmähungen vorzubringen,
das sollte nie und nirgends, auch dem größten Gelehrten nicht gestattet sein*'
ist mir unwillkürlich dabei eingefallen. — Ein blindes Huhn findet doch manch«
mal auch ein Korn, und mein Buch, das seinen nächsten Zweck nicht erfüllt,
könnte doch am Ende den femerliegenden einer Widerlegung Scherers theilweise
wenigstens erreicht haben. Fast möchte ich das schließen eben aus dem salto
mortale, mit dem Scherer über meine Argumente sich hinwegsetzt.
„Zur Charakteristik des Verfassers und seiner Leistung^ citiert Scherer
die beiden Stellen aus meinem Buche: S. 285, Z. 15—24 und S. 265, Z. 21
bis 27, an welchen beiden ich mich gegen ihn einfach auf Bartschs Hand-
schriftentheorie und Metrik berufen hatte. Die Tendenz jener beiden Citate ist
bei Scherer offenbar keine andere als die, zu zeigen, daß ich, anstatt zu
widerlegen, mich auf Bartsch berufe, daß ich statt mit Gründen mit Autoritäten
kämpfe. Nun wäre dem wirklich so, wenn ich in meinem ganzen Buche sonst
nirgends davon geredet hätte, daß und warum ich Bartschs Anhänger bin. Aber
ich habe das gethan auf mehreren Seiten ; ich habe Bartschs Theorie auf S. 40
bis 72, vielleicht zu ausführlich, dargestellt und auf S. 84 — 92 gesagt, warum
ich sie — und das nicht als blinder Nachbeter, sondern mit Einschränkung —
annehme. Daß ich mich also im Anhang auf diese Exposition berufe und sage,
das Nichtvorhanden- oder besser Nichtgefundensein eines assonierenden Nibe*
luDgenfragments genüge nicht, um Bartschs Theorie zu widerlegen, — daran
fände wohl ein anderer nichts zu tadeln. Mit dem zweiten Fall verhält sichs
auch materiell etwas anders. Scherer hat Bartschs Metrik angegriffen, er will
nicht lieb^ mit leidk, sondern liebe mit leidk lesen (beiläufig: das von Seh. nicht
gebrauchte Beispiel zierten anderiu iotp kam mir in die Feder, weil es öfters l
citiert wird, um den Unterschied von Lachmanns und Bartschs Betonung zu
zeigen). Darauf entgegnete ich: «Ich will davon schweigen, daß Bartsch
— seine metrischen Gesetze — meiner Ansicht nach bewiesen hat. Das aber
ist zu bemerken, daß, wenn wir je jenes Betonungsgesetz Bartschs
fallen ließen, es dann auch für Kürenberg fällt, so daß zwischen
seinen Strophen und dem NL. hierin jedenfalls kein Unterschied
ist.** Mein Argument war also: mögen Bartsch oder Lachmann — Scherer
mit ihrer Betonung Recht haben, die Sache macht nichts aus. War es nun
nicht erlaubt, dem beizufügen: übrigens halte ich an Bartschs Metrik fest? —
322 LTTTERATUR: FISCHER, ENTGEGNUNG.
Ich wäre hier auch in der Lage zu. sagen: ,, Scherer fälscht den Sinn meiner
AoAerung, indem er die heirorgehobenen Worte weglässt.**
Weiterhin beschäftigt sich Scherer mit dem, was ich S. 269 gegen seine
Argumente für die Verschiedenheit der Verfasser in den Kärenbergstrophen
gesagt habe. Zuerst etwas persönliches. Er wirft mir den AusdruciL, , vorsieh tiger-
weise'' habe er MF. 8, 9 — 16 entfernt, als ehrenkränkend vor. Daß eine vor-
hergefasste Ansicht über ein Ganzes auch die einzelnen Argumente mit bestimmt,
das liegt ja so natürlich in der Verfassung menschlichen Denkens; und ich
glaubte und glaube noch sagen zu können, ohne die vorherige Überzeugung
von der Mehrheit der Verfasser wäre Scherer nicht dazu gekommen, MF. 8, 9
bis 16 aus der Sfunmlung auszumerzen. Daß dieß mit bewusster Absicht ge-
schehen, was allerdings in dem Ausdruck , vorsichtigerweise* liegt, will ich
durchaus nicht behaupten, und insofern bedaure ich diesen Aasdruck. Kann
maus einem aber fürwahr verargen, wenn angesichts einer so subjectiven Kritik,
wie die von Scherer an jener Stelle geübte ist, die Mißbilligung einen auch
au solchen Ausdrücken fuhrt?
Was die Sache betrifft, so wirft mir Scherer S. 153 vor, daß ich seine
Auseinandersetzung, in wie fem zwischen Männer- und Frauenstrophen eine
unausfüllbare Kluft bestehe, weder erwähnt noch tu widerlegen versucht habe.
Ich bin auf dieselbe nicht eingegangen, weil ich erweisen zu können glaubte,
daß jene Kluft nicht existiert. Ich fühlte Stellen an, wo das Weib sich unweib-
lich, der Mann weich zeigt. Das erstere jedenfalls gibt Scherer zu; schon in
dem ersten Aufsatze sagt er S. 577: Das Ende von MF. 8, 1 — 8 sei, was man
heute „unweiblich " nennen würde. Darauf hat er in seiner Entgegnung S. 153
wieder hiogewiesen. Er sagt auch (in Bezug auf 9, 21 — 28): „Über den Ton
wollen wir doch lieber nicht streiten, wo uns greifbare Gedanken vorliegen
und deren scharfe Betrachtung ausreicht." Wenn es sich um Unterschiede des
Gefühls in zwei Liedero handelt, so ist, dächte ich, der Ton, der in ihnen
klingt, ganz wesentlich. In 8, 16 gibt er einen „derben Ausdruck" zu, den ich
somit auch unter die Rubrik „unweiblich" werde stellen dürfen. Scherer sagt
zusammenfassend: „Die Kichtigkeit meiner Behauptung ist nicht davon abhängig,
daß alle Frauen eine den Männern fremde Seelenweichheit bewähren, son-
dern nur davon, daß kein Mann diese frauenhafte Empfindung zeigt." Wo
bleibt denn aber die unausfüllbare Kluft, wenn ein Theil sich an den andern
so weit annähern darf? — Es scheint mir doch, sie ist wenigstens von einer
Seite beinahe überbrückt. Nach diesem Zugeständnisse Scherers wird es meines
Erachtens nicht mehr gestattet sein, kritische Schlüsse auf jene Klaft zu bauen.
Es ist mir im Vorstehenden nur um die Wahrheit zu thun gewesen, um
meine Person nur soweit, als meine Ehre von gegnerischer Seite engagiert war.
Ich wäre wahrhaftig froh gewesen, den wissenschaftlichen Streit ohne alle Per-
sönlichkeiten ausfechten zu können ; meine Gegner selbst haben mir diese Mög-
lichkeit genommen. Sie haben es sich und der Unbetheiligte, der so gerne die
widerwärtigen üändel über der Nibelungen Hort geendigt sehen möchte, hat es
ihnen zuzuschreiben, wenn ich die Angreifer hier mit gleichen Waffen zurück-
zuweisen genöthigt war,
LEIPZIG, den 18. November 1874. HERMANN FISCHER.
MIS€ELLE2^. 123
MI8CELLEN.
Jans Bibliothek.
Am 3. Mai d. J. beginnt in Leipzig io dem AactioniiDstitat der Herren
Lisi nnd Francke die Versteigerung der von Th. G-. von Karajan hinterlassenen
Bibliothek. Der Katalog derselben nm^st in dem ersten bis jetzt erschienenen
Theile anf 258 Seiten 6822 Nummern. Voran geht ein Lebensabriß des Ver-
storbenen und ein Verzeichniss seiner Schriften. Wir rücken beides hier ein,
die Schriften jedoch nicht in alphabetischer, sondern chronologischer Folge
und mit Hinzufügung einiger dort ausgelassenen.
Theodor Georg von Karajan, geboren in Wien am 22. Januar 1810,
erhielt seine erste Bildung auf der griechischen Schule und dem Ojmnasium
zu Wien, beendete 1828 seine philosophischen Studien an der Hochschule da-
selbst «ind trat 1829 in den Staatsdienst und zwar in die Kanzlei des da-
maligen Hofkriegsrathcs , aus welcher er aber schon 1832 in das Archiv des
Finanzministeriums fibergieng. Bei seiner großen Vorliebe für das geschichtliche
Studium, und zwar zunächst aus den Quellen, erfuhr er sehr bald, daß zum
richtigen Verständniss derselben die genaue Kenntniss der altdeutschen Sprache
nöthig sei. Er begann nun mit dem Studium derselben, und der verdiente
Sprachforscher Karl August Hahn war es, der ihn in ihre wissenschaftliche
Behandlung einführte. 1841 an der k. k. Uofbibliothek angestellt, bot sich ihm
reiche Gelegenheit dar, seinen historischen und sprach historischen Neigungen
mit nachhaltigem Erfolge obzulie£^en. Im Mai 1848 wurde Karajan in das Frank-
furter Parlament gewählt, in welchem er seinen Sitz im rechten Centrum hatte.
Im Jahre 1850 übernahm er die Professur der deutschen Sprache und Litte*
ratur an der Wiener Universität; da ihm aber die Vereinigung beider Stellen,
an der Hofbibliothek und der Universität, unzulässig erschien, gab er die
erstere auf und las während dreier Semester bis September 1851 über deutsche
Sprache und Litteratnr. In seiner Stellung als Professor musste Karajan die
eigenthümliche Erfahrung machen, daß das griechisch nicht-unierte Bekenntniss,
welches das seinige war, ihn nicht vor Vezationen sicherte, welche gerade da-
mals, als das Concordat im Entstehen begriffen war, an der Tagesordnung
waren. Karajan mochte keine Verkümmerung in den ihm als k. k. ordent-
lichen Professor zustehenden Rechten ertragen und legte unter solchen Um-
ständen lieber seine Professur nieder, ehe er sich in dem ihm zukommenden
Rechte durch einen Act unverständiger Willkür beeinträcbti^en ließ. Karajan
versah die ihm seit 1851 zu Theil gewordene Stelle eines Vicepräsidenten der
kais. Akademie der Wissenschaften; im übrigen lebte er seinen Forschungen,
bis er im October 1854 zum Custos der k. k. Hofbibliothek befordert wurde.
Von 1866 — 1869 war er Präsident der k. k. Akademie der Wissenschaften,
1867 wurde er zum lebenslänglichen Mitglied des österreichischen Herrenhauses
und 1870 zum k. k. Regicrungsrath und zweiten Vorstand der k. k. Hofbiblio-
thek in Wien ernannt. Seit Anfang November 1872 schwer erkrankt^ erlag er
am 28. April 1873 einem schmerzlichen Leberleiden.
124 MISCELL£N.
1839. Frühliiigsgabe far Freunde alterer Literatur. Wien.
Von den sieben Slafaeren. Gredicht des XIIL Jahrhunderts. Heidelbeig.
1841. Ulrich Yon Lichtenstein mit Anmerkungen von Th. von Karajan heraus-
gegeben von K. Lachmann. Berlin.
1842. Der Schatzgräber herausg. von Th. ▼. Karajan. Leipzig. (Neue Titel-
Ausgabe der i^Fruhlingsgabe".)
1843. Michael Beheims Buch von den Wienern. 1462 — 1465. Herausg. yon
Th. G. V. Karajan. Wien (Neue Titel-Auflage 1867.)
1844. Seifried Uelbling herausg. von Th. G. von EL Leipzig. (Separatabdmck au»
der Zeitschrift für deutsches Alterthum.)
1846. Deutsche Sprachdenkmale des XEL Jahrhs. Bfit 32 Bildern und 1 Fac-
simile. Wien.
1849. W. Schmelzl, ein Lobspruch der Stadt Wien, welche wider den Tyrannen
u. s. w., beschrieben im 1548 Jahr. Nach dem einzigen bekannten Exem-
plar im Besitz Karajans von demselben herausgegeben. Wien.
Quellen und Forschungen zur vaterländischen Geschichte, Literatur und
Kunst, von Th. v. Karajan, Fimhaber, Birk u. s. w. Mit 7 Kunstbei-
lagen. Wien. Darin : Zehn Gedichte M. Beheims zur Geschichte Österreichs
und Ungarns. Herausg. von Th. G. v. Karajan.
Eyn kurtzwejlig Predige Dr. Schmoßmanns herausgeg. v. M. Haupt o. A.
1^50. Mittelhochdeutsche Grammatik. L Laut- und Flezionslehre. Wien.
Hartmann von Aue^ der arme Heinrich. Herausgegeben von Th. G, von
K. Wien.
Gedanken über den Unterricht in der deutschen Sprache und in ihrer
Geschichte an unseren Gjmnasien. Wien. (Separatabdruck.)
Zur Geschichte des Concils von Ljon 1245. Wien (Separatabdruck.)
3851. Über zwei Gedichte Walthers von der Vogel weide. Wien.
Capinianae strenae. Die Erbhuldigung 1520, der Landtag zu Brück 1519.
Aus der Handschr. M. Capinis herausgegeben. Wien.
Fastnacht-Predigt, eine kurtzweilige, vom Doctor Schwärmen zu Hummels-
hagen etc. Wien.
1854. Über zwei Bruchstücke eines deutschen Gedichtes aus dem ynr, Jahrh.
Wien 1854.
Heinrich der Teichner. Ein Vortrag. Wien.
Über eine bisher unerklärte (gothische) Inschrift. Mit Anhang und Nach-
schrift. Wien.
1855. Über Heinrich den Teichner. Wien.
1858. Zwei bisher unbekannte Sprachdenkmale aus heidnischer Zeit Mit 1
Schrifttafel. Wien.
— — Maximilian I geheimes Jagdbuch und von den Zeichen des Hirsches.
Herausgegeben von EL Mit Illustrationen. Wien.
1861. J. Haydn in London 1791 und 1792. Wien.
Aus Metastasio*s Hofleben. Wien.
1863. Die alte Kaiserburg zu Wien vor dem J. 1500. Wien.
1866. Über eine Lebensgeschichte Pater Abrahams a. S. Clara. Vortrag.
1867. Abraham a Sancta Clara. Wien.
1868. Procession, so die Hispanier am 15. Augusti 1554 bei den Barfusem
zu Wien gehalten haben. S. 1. 1554. Wien.
1870. Seifried Helbling und Ottacker von Steiermark. Wien.
MISCELLEN. 125
Den Schloß des Kataloges bilden ^Handschriften*', meist Abschriften mittel-
hochdeutscher Dichtungen. Ich bemerke damnter 'Der werden mjnne 1er, Ge-
dicht aus einer Papierhandschrift der Lobkowitsischen Bibliothek in Prag ans
dem 16. Jahrh. 84 S.', doch wohl das Gedicht Heinzelins von Constanz in
einer Ton Pfeiffer zu seiner Ausgabe nicht benutzten Handschrift; Enenkels
Weltchronik, Copie der Neresheimer Handschrift; Friedrich von Schwaben aus
einer Handschrift der Wiener Hofbibliothek; Gedichte und Erzählungen tob
dem Stricker, Abschrift des Wiener Ck>dex 2705; ebenso der Melker Hand^
Schrift Striekerscher Gedichte; Ottackers Chronik nach der Wiener Hs. 3040 u. a*
OeseUsohaft fftr Herausgabe altfiraiizösisoher Texte.
Das nachstehende Programm einer in Paris in Bildung begriffenen Ge-
sellschaft, die sich die Aufgabe stellt Denkmäler der altfranzösischen Litter atur
in kritischer Weise zu yeröffentlichen , wird für die Leser der Germania von
solchem Interesse sein, daß sie für dessen Yollständige Mittheilung mir Dank
wissen werden. Daß dem Unternehmen, welches unter den günstigsten Auspiden
ins Leben tritt, der beste Erfolg zur Seite stehen möge^ diesen Wunsch wird
mit mir Jeder theilen, der den Werth und die Bedeutung der auch für uns
so wichtigen altfranzösischen Litteratur würdigt.
Soci^t^ des anciens textes fran^ais.
La Soci^t^ que nous fondons se propose de publier des monuments de
notre ancienne langue et de notre ancienne litt^ratnre. Ces monuments, pour
la plupart, gisent encor in^dits, souvent inconnus, dans nos archives et dans
Bos biblioth^ques, expos^s k toutes les chances de destruction. II est rrai que
depnis le si^le demier on a commenc^ k mettre au jour quelques-uns de nos
Tieux textes, et qu'il se passe peu d*ann6es sans qu*il en paraisse encore ; mais
ces publications sont peu de chose si on les compare k limmensit^ du fonds
qui reste k exploiter. D*ailleurs beauconp d*entre eUes, ex^cut^ par des ama-
teurs mal pr^par^, ne r^pondent en aucune fa^on aux exigences de la science.
Enfin, surtout depnis quelques ann^es, la plupart se fönt hors de chez nous,
en Allemagne, en Belgique, en Angleterre. Cet ^tat de choses est regrettable:
nous convions tons ceux qui le pensent comme nous k nous aider dans roßUYre
que nous allons entreprendre.
Les anciens textes fran^ais et proTen^aux ont une triple importance, sui-
Tant qn*on les considöre comme serrant k l'histoire de la langue, de la litt^-
rature, ou de la nation elle-mdme. Ce demier point de vue est peut-dtre celui
qui a le moins attir^ Tattention: on s'est enquis des faits de notre histoire, et
c'est ce qui a fait mettre au jour un nombre consid^rable de nos anciennes
chroniques; mais Thistoire des id^es, des sentiments, des moeurs de nos ancdtres
a ^t^ bien plus n^glig^e. Elle est tont entiöre dans ces innombrables ouvrages
qui, du XII* siöcle au XVI*, ont charm^ toutes les classes de la soci^t^ fran-
^aise, seit qu*ils en exprimassent Tid^al, soit quils en refl^tassent la vie. La
religion, les institutions, le droit, la famille, l'^ducation, la soci^t^, la guerre,
le commerce, Tindustrie, Tart du moyen äge ne redeviendront compr^hensibles
et vivants pour nous que quand les documents de tont genre, mis en grand
126 MISCELLEN.
«ombre k la port^e des trayaiUenn» auront it& rapproch^, analje^ et inter-
prdt^.
Qaant k Thistoire de notre langue, cette expresston ecsentielle de notre
nadonalit^, eile est, faute de teztes, ä peine ^bauchäe. Faire revivre les anciens
dialectes et les rattacher anx patois modernes, suivre dans son Elaboration et
dans son d^veloppement la langae litt^raire, teile est la täcbe immense qui
s*impose au philolo^jcne. II ose ä peine aajonrd'bui en aborder qaelque partie»
sür qae m^me en ne reetreignant il n*att«'indra qne des r^sultats prorisoires.
Et cependant les mojens d'information abondent. A partir du XIII* siMe, d^jk
plus anciennement sur quelques points isolEs, les dialectes vulgaires ont 4t6
employf^s ä la r^daction des actes privEs et publics; les oeavres litt^raires, qai
apparaissetit d^ le IX* si^le, pullalent k partir da XIl*. Un glossaire de la
lange dVii et de la langue d*oc, ane grammaire compar^e des dialectes fran^ais
et proven^auz, eiifin, cette oeuvre magnifique, ane histoire de la langae fran-
^aiiie, ne poarront Stre ez^cut^ dune maniöre satisfaisante qae qaand des
^ditions faltes avec soin et critiqae aaront mis le savant en mesare de con-
naitre et de classer toutes ces richesses dont rezistence ne fait aajourd*hai qae
le d^coarager.
Mais rint^rSt litt^raire domine peat-dtre les deaz aatres. Sans parier da
m^rite et du charme si divers des productions du vieuz g^nie fran^ais, elles
ont ane importance capitale pour l'histoire des littdratnres modernes. Ces littE-
ratures, on le sait maintenant ä n*en pas douter, ont la notre pour möre. Aa
Nord, la grande po^sin dpique, la plus vraiment nationale qae nous ayons Jamals
poss^d^e, pois les compositions romanesques nöes dans ane soci^d d4jk raffinde
et brillante, plus tard les contes, les oeuvres didactiqaes, enfin le drame reli-
gieaz et populaire, ont suscitd tout autoor de noos des imitations d*abord ser-
TÜes, puis de plus en plas libres, grftce aazquelles les peuples Toisins sont
•rriy^s k leur toor k prodoire des oeayres originales. Aa Midi, c'est la podsie
Ijriqae, qai, ^Teillde la premiöre apr^s an silence de siz siMes, a passd de
boache en beuche d*abord k nos troavöres, puis auz poetes de l*Espagne et
da Portugal, auz minnesinffer allemands, auz chantres Italiens, prdcursears de
Dante et de P^trarque. Aussi la litt^ture fran9aise du mojen ftge est eile
en quelqae sort le patrimoine commun de TEarope, car toutes les nations de
l'Earope la retroayent k la base de la lear. Partout on publie les tradaetions,
les imitations de nos poemes, de nos romans, de nos chansons, de nos mys-
t^res; et combien de fois n^avons-nous pas k rougir en lisant dans la prdface
de r^dttear anglais, Italien, allemand, hollandais, sa^ois ou norvdgien, qu*il
n*a pu comparer Toeuvre qa*il imprime k l'original fran^ais, parce que celui-ci
est inddit! Aussi se ddcident-ils k venir auz frais de leurs gouvemements copier
sous nos jeuz, dans nos biblioth^ues, pour les imprimer dans leurs pays, ces
manuserits qne nous gardons, mais que nous semblons mdpriser. A tous ces
ouvriers du dehors qui travaillent dans notre vigne, nous ne devons que des re-
Ofiercfments ; mais il est grandement temps, crojons nous, de les dispenser de
leur obligeant concours et de faire la vendange nons-mtoes.
n est un demier point de vue sur lequel nous appellerons Tattention,
c'est la raleur de notre ancienne littdrature pour T^ducation nationale. Nous
ne parlons pas senlement de Tinstruction qui se donne dans nos coll^es: les
Allemands associent dans leurs gymnases Tdtude de leur podsie da moyen äge
MISCELLEN. 12T
& Celle des oeuvree aotiqnes; ob€z noas aasei, crojons-nous , il y anrait tont
avantage k faire lire k la jeanesse Joinville et la Chansons de Boland k c6t6
d*H^rodote et de Vlliade. Mais pour tout le monde il 7 a un grand intdr6t k
connaitre ce qa*a ^t^ pendant six si^les la vie intellectnelle et raorale de la
France: aassi ne craindrons noas pas, ä cot^ de simples reprodnctions, de joindre
k nos Yolumes des introductions, des commentaires, des glossaires, des traduc-
tions m§me, qui mettront k la port^e de toas le plaisir et le profit qae con-
tiennent ces vieux livres.
Oe sont ces considdrations et ces sentiments qui nous ont d^cid^s k
fonder la SocitU des anciena textea, Noas pensons qa4l n'est pas d*oeavre plas
vraiment nationale qae celle k laquelle noas voulons noas consacrer. Nous
faisons appel poar noas aider non-seulement k toas ceax qui s'intäressent k
Thistoiro des langaes et des littdratares romanes, mais encore k tous ceax qai
aiment la France de toas les temps, k tous ceux qui croient qa*uu peuple qui
ignore son pass^ pr^pare mal son avenir, k tous ceux qui savent que la con-
science nationale n*est pleine et vivante que si eile relie dans un sentiment
profond de solidarit^ les g^n^rations präsentes k Celles qui se sont äteintes.
Pour röussir, notre oeuvre a besoin de puissants encouragements: nous avons
la confiance qu*ils ne nous manqueront pas. Nous avons fixä k une somme peu
^levöe le chiffre de la cotisation; nous avons abaiss^ encore celui de la eoti-
sation perpätuelle, parce que nous ne nous adressons pas seulement aux äru-
dits ou aux riches, parce que nou» voudrions que tous pussent participer k
Dotre entreprise- Mais les cotisations, si nombreuses qu^elles soient, nous per-
mettront difficilement d*atteindre le but que nous visons^ c'est-k-dire de publier
beaucoupy bien et ä bon marchd, Nous espärons que des donations plus impor-
tantes nous aideront k räaliser une pensäe qui, surtout au moment präsent,
doit rencontrer de nombreuses sympathies.
Les pnblications de la Sociätä seront in-octavo; chaque volume sera re-
T^tu d'un ölägant cartonnage. Le nombre des volumes publiäs annuellement
sera däterminä par les ressources de la Sociätä. Les ouvrages dont noas pou-
Yons äks k präsent promettre la publication prochaine sont, entre autres:
Äioly chaDson de gaste; la BaiaüU de Boncevaux (texte rajeuni de la Chanson
de Roland); — Tristan; — OEuvres de Crestien de Troyes; — Le roman de Berinus\
— Le roman des 8ept Sagest — €^rart de Boussiüon; — Chansons du roi de Na-
varre; — Chronique de Jehan le Bei; — Becueil de mystöres ou miracles de la
Vierge ; — Recueil g^neral des farces ; — Le mystöre de la Passion en proven^l ; —
Chansons populaires du XV* siöcle; — Contes de Philippe de Vigpeulles, etc., etc.
La cotisation est fixäe k 25 francs par an. On peut racheter sa coti-
sation annuelle pour la duräe de sa vie en payant une somme de 250 franca.
— On pourra souscrire aux pnblications sur grand papier moyennant 50 franca
par an ou 500 francs une fois payäs. — Les membres qui verseroot une somme
de 500 francs au moins recevront le titre de memhres fondatturs et figureront
en t^te de la liste des membres. — Les membres qui verseront une somme de
250 francs auront le titre de membres perpdtuels et figureront sur la Uste apr^
les membres fondateurs.
Indäpendamment de la cotisation, chaque membre noaveau admis dans la
Sooiätä aura k acquitter un droit d'enträe de 10 francs. Lea trois cents premiera
sooscripteurs seront exemptäa de ce droit. Ce droit est personnel et ne yarie
pas quand un mSme membre souscrit k plusieurs exemplaires.
128 MISCELLEN.
Le bureau de la Sociötä est compos^ de:
MM. PauliD Paris, membre de llnstitat, priiidtnt]
Natalis de Wailly, membre de Tlnstitat, vice-pritident ;
Marquis de Queux de Saint-Hilaire, administrateur ;
Paul Meyer, charg^ du cours de langues romanes k TEcole
des CharteSf seeritaire;
Baron James £. de Rothschild, tr^sorier-^
L*^diteur de la Soci^t^ est M. Ambroise Firmin-Didot.
Les adh^rents sont pri^s d'^crire k M. Paul Meyer, 99, rue de la Tour,
Passy-Paris. D^ que la Soci^tä aura recueilli un nombre süffisant d^adh^ions,
le bureau provoquera une reunion g^n^rale, k laquelle on soumettra les Statuts
de la Soci^t^.
Hachtrag zu Germania XYIII, 456.
[Brief an F. Liebrecht.] Ihre Anfrage in der Germania XYIIIy 456, die
Aschgeberstraße in Stettin betreffend, kann ich dahin beantworten, daß die von
Ihnen ausgesprochene Vermuthung über die Herkunft dieses Namens richtig ist.
Ich selbst habe von 1861 — 67 in amtlicher Stellung in Stettin gelebt und kenne
daher die betreffende Örtlichkeit genau. Die Aschgeberstraße ist in der That
eine enge Straße, wenn auch nicht so eng wie die Breslauer. Die Häuserreihe
der einen Seite hat diese Front: I so daß ersichtlich die Straße früher noch
enger gewesen ist. Die ganze Straße ist zwischen dem Roßmarkt und der großen
(kleinen?) Domstraße, die sie in schräger Richtung verbindet, gleichsam einge-
klemmt. Es ist mir außerdem von einem Stettiner , wenn ich nicht irre, dem
damals schon hochbetagten, jetzt wohl lange verstorbenen Restaurateur Kunowsky,
bei dem ich zu Mittag aß, positiv versichert worden, die Straße habe früher
Arschkerbenstraße geheißen. Dieselbe Bewandtniss wird es jedenfalls auch mit
der Straße in Reval haben.
HANNOVER. Dr. CARL PAÜLL
Personalnotizeii.
Professor Dr. Theodor Aufrecht in Edinburg hat einen Ruf als Pro-
fessor des Sanskrit und der Sprachvergleichung an die Universität Bonn erhalten
und angenommen; ebenso folgt Professor Dr. Ernst Windisch in Heidelberg
zu Michaelis d. J. einem gleichen Rufe an die Universität Straßburg.
Dr. Hermann Suchier, der im Herbste v. J. seine Stellung als außer-
ordentlicher Professor an der Universität Zürich angetreten hatte, geht Ostern
d. J. als Ordinarius nach Münster.
Dr. E. Wülcker, bisher am Stadtarchiv zu Frankfurt a. M., hat die
erste Secretärstelle am Haupt- und Staats- Archive zu Weimar erhalten.
Dr. Erich Schmidt hat sich für neuere deutsche Litteratur an der Uni-
versität Würzburg habilitiert.
Professor Rudolf von Raum er in Erlangen hat vom preußischen Mini-
sterium der Uoterrichtsangelegenheiten die Aufforderung erhalten, zur Anbahnung
einer größeren Gleichmäßigkeit in der deutschen Orthographie zunächst im Be-
reich der höheren Schulen Deutschlands eine grundlegende Schrift auszuarbeiten.
ALTHOCHDEUTSCHE GLOSSEN.
Die nachfolgenden Glossen zu Sedulius Carmen paschale und Pros-
pers epigrammata habe ich einem ursprünglich dem monasterio s.
Jacobi zu Lüttich gehörigen Codex entnommen. Theodor Poelmann hatte
ihn, wie ich vermuthe, von den Mönchen jenes BLlosters entlehnt*).
Er benutzte ihn zu seinen Ausgaben des Statins und des Lucanus, wie
der Ihdez der von ihm benutzten Handschriften zeigt. Die Stücke des
Statins sind im Anfange des XIV. Jahrhunderts geschrieben, die des
Lucanus am Ende des Xu. oder zu Anfange des XIII. Zwischen beiden
stehen Sedulius und Prosper, welche dem Ende des X. oder Anfang
des XI. Jahrhunderts angehören. Prospers Epigrammata imd die Verse
des Andreas orator gab er aus diesem Codex heraus. Leider hat Poel-
mann, wie in anderen Codices, so auch in diesem vielfach die ursprüng-
liche Lesart ausradiert und die anderer Handschriften oder seine eigenen
Conjecturen an deren Stelle gesetzt.
Zu Sedulius hat Hattemer (St. Gallons altdeutsche Sprachschätze
Bd. I. p. 276 — 277 u. p. 282) ein paar Glossen ediert; zu Prosper sind
keine veröffentlicht. In Graffs althochdeutschem Sprachschatze finden
sich hier und da einige aus beiden angeftihrt.
Die deutschen Glossen zu Arator, welche Graff in seiner Diu-
tiska Bd. III p. 435 aus der Handschrift Nr. 17 der Dombibliothek
zu Trier veröffentlicht hat, gebe ich berichtigt und vermehrt.
Zu des Avianus Fabeln waren bisher meines Wissens keine Glossen
bekannt; sie werden daher um so willkommener sein.
Zu Boethius hat Graff im II. Bande seiner Diutiska viele Glossen
veröffentlicht; gleichwohl werden die wenigen, welche ich bieten kann,
von Nutzen sein.
Zu Arator hat Graff Bd. III p. 433 sqq. manche Glossen heraus-
gegeben, die unsrigen sind aber an Umfang wie Werth viel bedeu-
tender.
*) Diese Handschrift ist jetzt Eigenthum des Herrn Moretus und befindet sich
im sogenannten Plantin*schen Hause zu Antwerpen. Man hat sie auf mein Anrathen in
drei zerlegt, da die Miniaturen im Sedulius zu viel litten; SeduUns und Prosper bilden
eine Handschrift; Statins die zweite, Lucanus die dritte.
OXBMAMU. N«a« Reibe Vm. (XX.) Jahrg. ^
190
NOLTE
Zu Prudentius hat Graff I. 1. Bd. 11 sehr umfangreiche Q-lossen
veröffentlicht; indessen findet sich die Mehrzahl der unserigen bei
ihm nicht; auch von den durch E. Steinmeyer (Haupts Zeitschrift XVI)
gesammelten weichen sie vielfach ab.
Die Glossen zu Avianus^ Boethius, Arator und Prudentius habe ich
aus der Handschrift 1393 (Standnummer 1464) der Trierer Stadtbi-
bliothek abgeschrieben^ welche zur Zeit Kaiser Heinrichs HI. copiert
wurde. In dieser Handschrift fol. maxim. steht Prudentius fol. 1 rect.
init — 114 vers. fin., einzelne Blätter sind jedoch zweimal oder drei-
mal mit derselben Ziffer bezeichnet.
I. Zu Sedulius c
Epistel, ad Maced.
obiurges utpote qui. über qui steht
kidfr ').
parvi fomitis nutrimentum, am
äußeren Rande cinselunga.
muti tenacitate silentii, su-agi.
non supervacue sicut didicisti, upiga.
aquila super nubes elevata pervo-
litat^ suueuoft.
saepe, belliger miles armis. cuono.
Prolog.
9 doctorum (philosophorum glos.)
vescere coenis (libris gl.); über
vescere steht commed (e oder
vielmehr ere ist hier ausradiert;
lies: commede.) u. daneben unp,
in dem vermuthlich die hier er-
forderliche Form von inpizan (in-
pis) steckt.
Carm. Pasch. Hb. I.
47 confinia. glmfrkf. ^)
91 marcebant (arebant) uueleche
dun »).
armen Paschale.
94 praecordia. hirz bthrpn.
167 inlaesam. ongedarida^).
217 Camino, dxfntftn.
220 rictusque. gknfzxngb^).
232 caecatis. firphkntfn*).
lib. n,
vs. 7 noxia. scxldkhc.
24 acerbis (acidis, inmaturis,
duris). sfrfo.
58 pannis. Izthrxu.
81 halens''). zelens^).
104 In patriam hfkmb . .
115 stimulatus (instigatus). er-
gremit.
121 nefas (scelus). infkndbt*).
124 secuit. crazota.
227 Sanguis alat (nutrit, lies:
nutriat). furftrfgkt
Üb. ni,
108 Singultu. gischezunga.
110 matura (nubilis). hkbfrkc.
111 occidit (cecidit). fntfkl.
116 inundantem. durahlofente.
') Wohl Terachrieben f&r khdfr » ih der. *) 1 ist Fehler, es maß f oder
k sein. *) n nach d über der Zeile; a ist im Texte ausradiert ^ nach r
Rasar eines Bachstaben; a am Ende ist aneh vom Corrector. ') b kanm sichtbar.
*) h maß 1 sein. ^ aas habens verbessert; h steht anf Basar; lies alens.
^ ob für MÜmti = moliens? *) L mfkndbt = meindat
ALTHOCHDEUTSCHE GLOSSEN.
181
125 Damnavit. fersluog.
127 fidele. gfirxxxl.
165 Sompsisti ^). minis (1. nimis).
— gratis, tbnckfst.
193 progressus. zuarukkent.
202 juges. samanhaft.
Lib. IV,
221 extorsit uzeruuant
294 frementis. brechesendes.
295 equi faleris. osses (rosses?)
thes gereides.
— ostro (purpura). bitthero.
297 lento. baudero.
— gestamiDe. dragongon.
lib. V,
33 Prodidit meldoda.
37 Esuriant sitiantque anim§ sine
labe fideles;
38 Protinus in Judam, sedes ubi
livor habebat. Diesen Versen
gegenüber steht am äußeren
Rande la (der erste Theil des
Wortes ist durch Beschneidung
des Blattes verloren gegangen)
unret.
4 Pactus; am äuüeren Rande
steht kfdkngb.
— grande. magende.
43 numismata. muniza.
62 Praevius. uorovuicgigo.
— comitaris. samansindis.
— über signifer steht gunt; über
enses steht anere, vor a ein
Buchstabe abgeblasst; 1. gunt-
uanere.
65 prodis. roeldos.
68 truculenta. thia grimmon.
— lupus. uuolp.
— porrigit. ne reichod.
103 alapis. handslagoda^.
122 demersa (parata) securis. bnbgf
slbgbn^).
257 liquor. kfluzzida^) lid.
258 (h)orrenduro. sxrfz.
287 violat. aruuarda.
308 armate. vuezzent.
— signate. bisiglint.
310 cardine rer. skfrdrf.
n. Zu Prosperi Aquit. episcopi Rheg. etc. epigrammaton
liber.
Praef.
3 decerpere. aua nuppan.
Epigr.
IV, 4 spacium. Frist.
11 ira. zome.
V, 1 ira, zomi.
Vini, 4 gloria. ru : : ra :^ s = 1.
X delicias fastidire. curlustan.
XI, 3 spemunt. entuucrdont.
XIIII anima. upnhuui.
XVII inlecebrosa (voluptuosa). gi-
lustin.
XXVII eruditus. gizogener.
XXVIIII roalignitatis. ubili uuHigin.
') ■ fDgte eine andere alte Hand am Ende beL ^ Auf Rasur u. go über der
Zeile. ') Zwischen den Endbuchstaben b und n ist a ausradiert; der Abschreiber
dachte nicht daran, daß b fttr a echon von ihm geschrieben war. *) ^ kkfl. = kifl.?
9*
132
NOLTE
XXXVI proficit fram thihiz ').
XXXVU infinitas (interminabili-
tas). unendigi.
incommutabili. unuerauandeli-
chemo.
XXXVIU dimitte nobis. uerlazuns.
ignoscit. fargibit.
— 4 prospiciunt. furiscouont.
— 6 conditione. gisceppi.
XXX Villi quod sibi prosit, daz
mobidersusi^).
quo servns indiget. indedemo.
— 3 augetur. am äußeren Rande :
uuirdit ftirdrit^.
XXXX quae suis (propriis) qui-
buscumque. thie.
XXXXU inpunitas. unengdani.
XXXXVII cupit ex iudicio dei.
gilate.
Un examen. rsu : : ehith : *).
LX. 8 Et t obl. succabuisse bono.
kfxxchbn (= keuoiehan).
(69) LXVm, 3 Devexa (inclinata
deorsum). uöhalder*).
(73) LXXII, 3 Landet louet.
8 Ante. her.
(74) LXXm Remedia. thie leh-
duoma.
(76) LXXV virginitas. magetheit.
(78) LXXVII, 1 dives. richo.
7 damnis. prfstxngpn.
(82) LXXXI dissimilitudo. xngk-
Ikchk.
11 dissimilis. ::ngLch:r.
(86) LXXXV, 5 velit. ui^l=.
(93) LXXXXn, 6 hospes (hospes
dicitur qui suseipit et qui sus-
cipitur glos.). knbxps.
(94) LXXXXm , 1 concretum.
gkuubhsf.
Die römischen Ziffern bezeichnen die Nummer der von Theodorus
Poelmannus besorgten, bei Plantin 1560 zu Antwerpen gedruckten Aus-
gabe des Prosper, in der jedoch die sententiae Augustini nicht abge-
druckt sind. Die vor den römischen stehenden Ziffern beziehen sich
auf die Pariser Ausgabe der Mauriner. Übrigens gab Poelmannus die
Epigrammata aus dieser von uns benutzten Handschrift heraus.
m. Glossen zu Arators Actus apostolorum.
In unserer Handschrift steht Arators Werk auf fol. 198 vers.
init — fol. 231 rect. ante fin.
I. Epistul. ad. Florianum.
8 fluit. trouf.
9 grandiloquos. hohsprachen.
10 modo (secundum modum). sk^
(=r site).
12 studiis. dinemo lesene.
17 virtus. knehtheit
20 gymnasii. spilstat^).
23 im E von ergo sidez.
retinens. beauinde.
24 iuvat (delectari faciat vel dulce
faciat). geliubit.
*) Ob 12 oder ez die Endsilbe geschrieben ist, kann man nicht sehen. ') das
mo biderni si? ') d aus t verbessert. *) L orsnochithi. *) a von der-
selben Hand über o beigefügt ^ i nur u, der erste Strich ist in s verändert
oder durchgestrichen.
ALTHOCHDEUTSCHE GLOSSEN.
133
Am äußeren Rande steht zwischen den Scholien zu documenta
V8. 3 u. natura vs. 11 gegenüber vs. 11 u. 12: Frigo, gis id est herstu,
Preteritum frixi. Infrictula pannecuocho. Prico, cas. Präteritum fricui
ribun.
II. Epistula ad Vigilium.
1 Undosis. uuazarluot ^).
11 caulas (stationes ovium) id est
ixxkst.
12 statione (quiete) soli, daneben
herdes, estriches.
20 historiam. gedanasacha.
m. De actibus apostolorum.
Liber L
27 progreditur. huob steih.
31 commendat. gelebut.
82 negotia. dinc.
87 rctraetans (cogitans). Bedfh-
kindi.
90 elapsus. Neben elapsus am
äußeren Rande Gespoup aller.
93 modo, mitthun.
113 laterum. halbum.
116 circumtulit. umbevareta.
120 stomma (corona). eierada.
150 liquorem (vinum). lid.
157 substantia. xxfsbndk.
184 portitor. tregil.
195 Natur^ percussit iter. fersluog;
am äußeren Rande steht frbm
cunfge.
212 Divitiasque metitlocuples; am
äußeren Rande steht hebit
ongenugaz.
219 fönte (origine). ürsprknge.
225 inexpertum (incognitum). Un-
aruundan u. am inneren Rande
steht neben studio meditemur
inani. daz ernecan.
245 cum strage, neco helcidu. di-
minutione LaMi.
247 Respice. hera sich.
253 Vena. ida.
257 convixere (reuixerunt, solidati
sunt, conqualescebant). erque-
keduni (= erquekedun).
260 incessus. gang.
264 figuram (membrorum; for-
mam). gfschat (= geschafi;).
286 Nee peram. chulon, tascun.
302 Fert (cupit, habere vult). ge-
trupgsih.
305 indice. Sbgfre.
331 oHvas. Oliberi.
332 uva. Uuinberi.
338 animata. selal hafdu (== sela-
hafdu).
351 irapetus (furor). Drati. gahi.
357 queat memorare Uuemumugk.
362 lacrimosa piacula. über lacri-
mosa steht manda.
369 lolio. rathn.
392 damna. Prfstxngp.
401 deterit (ledit; pecores facit).
Nigeuuirserot.
404 mente sagaci. Spurilinemo.
Clouuuemo.
421 quando. Uuane.
428 über cautio verbi (vel voti)
steht institutio. bemenida
') Zwischen a und z ist Rasur von v; nm Ende scheint mir t zu stehen, oder
der erste Zug einet nsi dann folgt eine tchlechte abgeschabte Stelle von 2 BnohBtaben.
134
HOLTE
435 conclusitque. besloz.
439 arma. Uueri.
450 Bacrilega.Uuerdanero(l.aerd.).
453 decorem (deitatem). firambari.
459 O mihi si carsus (oportunitas.
fart) facundior ora moveret;
am äußeren Rande steht: Obe
mir der munt uuola hortk.
481 Ezeute (move), Petre, grados
(gressus tuos) ; tecum medicina
salutisAmbulat Auf dem inne-
ren Rande steht Gang, dann
folgt an, wenn ich recht sehe^
dann sind wohl 6 — 7 — 9 Buch-
staben ganz verwischt; dann
hNgang ist fruma.
484 Si properas. zuogast.
485 simul. samant
486 Im Scholion zu diesem Verse:
Dum saltim primus quilibet
proclamando sanatur etc. steht
über primus der heristo.
493 Aridus (modicus). dünne.
497 figuram (formam). Oedbt. Ge-
scaft.
515 zelo. zome.
n
518 sarcula. Getisart.
519 Volumina (densitates). üuar-
hunga (1. hwarbunga).
524 crepidine (saxo). Uehaldi.
526 fallax. trugenara.
529 vieim. per vices (herton), com-
mutatim.
548 cavemis. hrefte').
552 Jura. Gesecida.
— Ministerii. des dionestes^).
553 ') statuere. sezthon iro ambat.
559 Non patitur mensura vie. Id
est: brevitas, inquit, metri
longam exigit disputationem.
Nam metrum districtior res est
quam prosa. Beduungan.
574 saginf (pmguedini»). Mesti.
579 abstractus (expulsus). uzfer-
stozan^).
586 Emicat Uzserac.
594 limpshata (bachata et insa-
niens). debondiu.
599 fastigia regis (celsa moenia).
hohen selin.
602 acta (iaculata). Geuuorfena .
Getribena.
620 sors. Geburida.
634 perdite. ferdano.
635 venale. feili.
639 quies. requies mammiti (mam-
munti?). Suozi.
652 sequi. Beuuerban.
67 1 innocu^ (simplicis). Unscadeles.
677 rotas (vagationes). Uuarba.
701 iam. dog iu.
702 custodem (thesaurarium). ca-
merari.
— quo pignore. Bidemouuetti.
706 Preuius huic spado est? quo
precedente (crescente^ post
spadonem adveniente^) libido.
daranah chumendero, daranah
farendero.
737 actus (factus). Gedaner.
741 tezi iuncis palmisque; am
äußeren Rande steht texti und
*) steht freilich über lege. ') nach o ist n ansrmdiert. ') Die Glossen
zn 552. 553 aaf d^m inneren Bande. *) s Aber der Zeile von derselben Hand.
^) Also ist procedente sn lesen, wie anch die Ausgaben haben.
ALTHOCHDEUTSCHE GLOSSEN.
13Ö
darüber geflohtan mierdan (I.
anerdan).
747 BÜrns. uuiti.
748 canit BesiDgit').
749 Bignat. ceikhiuit.
751 species. daz bilidi.
757 vivere ; auf dem inneren Rande
ebenso und darüber uiselen
uueaan.
760 compone. fazzo.
775 iugulantia (dolentia). smer-
zanda.
778 discrimine. ungetiiori.
784 poeniB. Bmerzungen.
790 porticibus. Langinnen.
792 modum. deraaois.
— gyro, Unbevangidon.
796 Bolvens. ferbreebende.
812 texuerant. uuabon.
816 oSiciia. Mit gebaridnn.
819 materia. inatrumenta gecuig
und auf dem inneren Rande
ins^uiuenta.gecuig.Maehunga.
— aonora (valde Bonans). clamo-
sa lutreiatih.
830 deSeta. Ferclagot Benueinot
841 gremio. Maromiti.
844 saloB. Ctenist
856 rectiuB. rethlicbor.
878 progreditur (aacendit, proces-
ait). bnobsib.
879 torrente. Uuarindenio.
880 Despiciena. nidarsiente.
904 Quatuor ordinibus (ioicÜB.
ortin), fierscozzen u. auf dem
inneren Rande fierekkeat«.
905 forma (Bubatantia). ketat
acafl.
— emiiiet. framsciuzzit. ebonot
aib.
923 apez. hertuom.
924 victua. ubercoborot
928 ictu. Btihche.
929 macnloBus. atrimilebter.
930 extinctum (perditum, nullam
vim habeoa). creftelos.
933 munere. cegebo (konnte auch
ergebe gelesen werden).
951 Magnammea (fortea). die gno-
ta thegana.
965 Votum (optionem). unnao.
991 fauce profmidi (etibmeraioDe).
gedinunge.
996 famulante (cedente). kenui-
chantemo.
1002 fama (relatione). aaga.
1006 cinxit (circumdedit). Umbi-
uieng,
1027 documenta. kl ein i.
1048 Ludificante (deludente). dri-
gentemo.
1049 doli(frandiB,deluaiflni8).trgidi
(= trugidi?).
1054 cedunt. Geuuiehent **).
1065 pondera (magnitudinem).
frambare.
Liber II.
3 sacravit (benedixit). Segenota.
6 Pergit (cepit) adiro. huopaib.
buritsaib.
8 procaci. fravelemo.
ll Im Soholion nuper. mitthon.
') n aber dar Zril« «OD ilenclbMi Band. ') hHbw dar Z*U«toii danalbm Band.
136
NOLTE
19 viam. uart
— iacalata. gescoz.
— retorquens. widarsciezanten.
27 gressibos. Gengin.
30 didicit uerstuont
37 nuper. miththunt.
38 hostem. Barzeu(?).
45 cedens. Uuichenti.
46 vices. uurhsal (1. uuehsal).
51 Per varios modos. Thie mis-
selichen uueson^).
52 venis. idon.
— apertis. entanen.
56 veterem. frambare.
58 innata. Anaburdig.
— disiuncta. Gesceidan.
59 de. uzar.
73 evolvite. bedenkit.
105 precium. tiari.
120 Linquere. ergeuan.
156 passibus (gressibus). scritin.
158 ferre. Gehaben.
170 persona vetus. Der alto man.
172 Scholion Adhuc insuetos am-
bolandi vacillat 8crandot\
— modo. Mitthat (== mitthunt).
174 serta (coronas iloram). houbi-
bant (1. houbitbant).
180 fusa. gegozzan.
182 Abscisis. erhounuan.
183 Innocuos. Unscadelih.
190 Vulnere. snite.
196 damnosa. scadehafL
203 vieissim. hertlicho.
220 properantibus. zuoilanten.
249 Qu^ (id est tu) thu der.
253 premi. Gehindrit uuerdan.
— opem. froma.
258 juris, herticomes.
— onmia. negotia dinc
274 statuere (decrevere). fointon.
280 lux. sconL
282 progressa. Fergangan.
285 preputia. Fureuuasth.
298 iter (introitum). inuuart
307 laxare. endazan.
308 ligonibus (fossorüs). seh.
328 relatus (dictus). Gesageter. Ge-
zalter.
335 gravati. Pesolotiu.
342 habitum (vestes) nitido com-
ponere (omare) cultu. karuuu
id est auro et lapidibus.
357 redit. xzdfruniribit
376 rea. fertan.
379 natale. Geburte.
— via. fart
381 Conditione (debita lege) caret
Nistmo mannes sculdih.
390 Nudus (ab) amore timor (dia-
boli). Nite dardah durch sine
liubi.
415 ruinam. Anaprast Clafata.
417 vagatur. uueibeta.
424 In iugulum (suum, in suam
necem) vult ferre manum (su-
am)^ sed non licet Uli. heme-
hanotamo.
433 Blandiloquus. Spanaxxprdpn.
435 ad crimina (sua). ce sinen ubi-
litjitin«).
436 predo. heneri.
439 fallit (fakum est), trugidinc.
untriuua.
447 Verborum sator. Callere.
452 lolü. rbthn.
*) e von derselben Hand = streiche e nnd setze i.
rojt deneJbeD JEUmd,
') e in a gebessert
ALTHOCHDEUTSCHE GLOSSEN.
137
456 pr^sidet. heriscot.
460 motionem. Ruorida.
472 materia. Anazimbri.
488 cessit. geuueih.
491 coiere. gehollun.
507 bimarisque Corinthi. Scholion
auf dem inneren Rande: quia
ex utraque parte alluit mare^
ideo bimaris. Über parte alluit
mare steht: uinbezzerit. ana-
sleit (zu alluit).
512 Instrumenta (virtutes). Qeciug.
514 seenifactor (tabemaculorum
compositor). flehtari.
523 argumenta (significationes. da).
Becochinissi ^) (1. bezechinissi).
530 declinatis (infirmis). Gesuue-
chenten.
532 fovet. Brustit.
536 natalis. Geburdich dag.
552 virtute. crefte.
559 imbres (lesiones). ungeuuideri
u. darüber ungeuuore.
562 ictum. slag.
569 Ulteriora (superiora). sumera.
ferrora.
579 Pundere (emittere). vuerfan.
621 damnorum. Brestungan.
631 sudaria. hubitduoch.
644 preponimus« farebieten.
645 Pervasos. Anageuartat.
653 spectaeula (miracula). uundar.
678 distractio. fercoufida.
679 donatur. Ergeban uuart').
680 petit. Uuidareiscot.
— mala debita. Massadati sculti.
681 Creditor. suochenari. Mezor.
705 erimenque foret. Dazu das
Scholion am inneren Rande:
crimen (darüber scult) nobis
deputatur [nobis] ad crimen,
daz uuizat man unsih ze sculdi;
des sulan uuir inkeldan.
710 reposcant. Uuinderreeisken (1.
uuidere eisken).
716 impetus (furor). gfmuoti.
718 vestigia (imaginem) bilide.
728 fusis. Gegozzenen.
737 Materies, anazimbere.
740 timpana. Liuti. Gehelli.
747 Sacrilego. domo heidenemo.
Am inneren Rande steht vs. 750
gegenüber geuuizida (zi über der
Zeile von derselben Hand) imd
vs. 751 calleri, das erstere wird
wohl auf sensu vs. 749 oder rati-
onis 752 sich beziehen^ das letztere
auf nudam (sensu nudatam et va-
cuam) serit ore loquelam gehen.
762 commisit. Beval.
770 Pendula, hangillun.
— celsa sequi, ufclimban.
814 Ingenio (sensu). Geuuizze.
817 ratione (sensu), keuuizze.
829 memorare. Gesprechan.
— vale. Gesundida.
841 discursor (discussor andere
Lesart), suochenere.
— reposcit (discutiet*). ersuochit
') Was da nach significationes bezeichnen soll, ist schwer zn sagen. Ist es nn-
vollBtftndig geschrieben anstatt der hier erforderlichen Form von daht? ') Ob
Er = ar oder Fr = fer ist nicht ganz deutlich; doch fordert der Spraohgebraneh das
Erstere. *) Also wohl reposcet, wie die Ausgaben lesen.
138
NOLTE
1004
1011
1019
1021
860 cedite. Uuichet 1001
861 damnosa. scadehaft. ^^^
871 assaescite. Geuaonet
882 fluxere(peroculo8).flozzedon;
auf dem inneren Rande steht
fluxere (emolliti sunt), er-
uueichedun.
886 mulcet (consolatur). loccot.
894 perfecti. durahnutes.
902 canunt (praedicant). besin-
gunt. _
913 coeperat Geuieng. jq23
915 tumultu. cridime (= cradime).
916 Conclamant. Riefon.
934^cau8a8. geburida.
935 facta, geburida.
947 vivere. erkuekan.
952 para. mahadih.
954 rapuere phalangcs. fiengon
ce den senin uuorton.
956 Ventosa levitate. zome. 1026
960 damosa. rufelino. 1027
971 origo (initium, novitas). ide- 1029
niuui; im Scholion recenter. 1031
ideniuues.
972 malis. ubildadin.
973 creat. machet.
977 gesta. geburida.
981 variat tnistelihit (I. misseli-
hit).
— 8timulatu8(tactus).be vorder. *)
991 fert (dicit). sbgpt. 1Q34
refert (negat). üuidbrsbgpt.
994 causa. Gehurida.
995 dolos. Pisuih.
nefas. meintat 1036
1000 Sacrilega8.(impia8).ferdanon.
1033
Vota. Piheiza.
Imposuere sibi (coniuraue-
runt se; conspiravenmt). Be-
hiezunsih.
pallida (tenebrosa). egislich.
imago. bilide. Getrehte.
de. uzer.
vicissim. herdicho').
monet. luboL
praevenit (intercepit). Under-
nam.
maniplis. scar^n.
de meritis. tiu kuottatin;
Scholion auf dem inneren
Rande: Poeta: Ex bona pro-
ditione tua glorificaris. ketu-
rit bist.
honeste. ersamo. Scholion am
äußeren Rande: quia in illa
proditione honeste. cusco. fe-
cisti.
virtus (fides). triuuua.
facinus. Geubiltetin.
causa (negotium), dinc.
Rhetore. redinare.
fulta (firmata). kesterket. Ge-
uuamot.
dudum (ex multis annis). Auf
dem inneren Rande steht
Giuuom, über diesem Worte
u. unter demselben : Giu mane-
goncidon.
documenta (sapientiam). uuis-
tuom.
modestam (honestam). er-
zama.
dubium. ziuuoligo (1. zuiuo-
ligo).
>) L bwrorder. ') e Aber dar Z«le von derwlben Hand.
ALTHOCHDEUTSCHE GLOSSEN.
139
1038 vago. uppigemo.
— moFimus (concitavimus). pe-
zigan. NergruozooD. (=-toii).
1041 nocentem (obnoxiam). scul-
digan.
1042 discrimina (pericula). Unge-
uori.
1051 morentur. keduaelt uuerden.
1055 proYOco. Gebannon ; am äuße-
ren Rande steht Ferdingpn
in sina helfa, was wohl zu
appello opem v. 1056 gehört.
1065 venustas. fronissci. Cieri.
1067 Solverat. losta.
1069 patentibu8.Certanen.Cer8prei-
ten.
1071 doli. Besuicha.
1072 incanduit eruuizeta.
1073 ficta (fallax). trugilich. vaan-
kelich.
1074 moles (magnitudines). keuuel.
1075 abrept^. ercriftimo.
1077 sequas. folgata.
— artis (gabemandi et navi-
gandi peritia). eunste.
1079 Deponant animos. emiolon
in iro muoton.
1080 Naufragiom. scifsoufe.
1082 clavi. Stiumagele.
1085 temptare (tractare). handelan.
1086 obruat. Beuuerfe.
1092 Indulsere cibis. Anagdierzon.
anageaftonsih.
1093 causis. Geburidon.
1094 Res. Gebarida.
1098 ruina (casus). Misseburi.
1103 Ex precio. diuri.
1105 discrimen. ungeuore.
1107 fida (fidelis, bona), getruwe *)
1111 Jactur^. uzuurfes.
1112 Desperata. Uerouuan.
1113 Votum (optionem). Uunsc.
1114 usus. Nuzzida. fruma.
1 1 18 naufraga. periclitans. pesuofit ;
immersa. sinkonte.
1119 frustrabor(deludMr).Petrogan
uuirdun.
1121 statione. stedi.
1122 solute (fracte). zebrohchenes.
zeruallenes.
1125 noctis (tenebrositatis in man).
Ungeuuideres.
— aperto. entanero.
1127 lateri (plage), halbo.
1129 solvite (frangite) p. P. ieiunia.
puozant den unger.
1131 Memorajida. keuuahcelich ^).
1137 gurgite (profunditate). sine-
vuage.
1138 convivere. (convesci, convi-
vare). Genesan.
1140 Observata legens (ea resig-
nans. imitans). uidarceiche-
nenten.
1141 causis. Geburidon.
1142 Et repetita. widarbilidot.
— levatur. Uferhaban.
1156 nimbis (tempestate). unge-
uuiteren.
1157 Contulerat (collegerat), ce-
samene raspoda.
— sarmenta. spacher.
— fixit. hafta.
1167 agrestia (ferina). wilda.
1172 probant. beuundun.
1175 glacies (algor). cuili*).
') T über der Zeile tod derselben Hand. ^ L kemiahtelich.
dem ersten i ist e ron derselben Hand beigefügt d. b« co!^ ^= t^<^
•)Üb<
140
NOLTE
1179 Natrimenta. cinselunga.
1181 inque vicem (invicem, vicis-
sim). hertlicho.
1203 dolos, bisuihca.
1210 veris. lengicenes.
1211 senio (canitie). Greuue.
1212 cedentibus. forauuichenten.
1215 speciem. Bilide.
— cantat (designat). Meinit
1217 legens (preteriens et transi-
ens). fureuarente.
1223 tendatur (protendatur). Ge-
breidet auerde.
1225 Borrexit (excreait). eruuos.
— corpore, biuange.
1226 circomtalit. Umbiuuarfta.
1228 iiindata. Geuestinot *).
— cacuraina. herinom (= heri-
tom).
1230 habenas. betani.
1232 honor. hertuom.
1234 arce tyranni. Sezze. hetuome
(= hertuome).
1235 iura poli. himel geuaelde.
1236 coDtingeret. zuogeaele, zuo-
getrafe •).
1239 ortus (nativitas). Gebart.
1246 actus (bina actioV Iro guodi.
1248 voluto (evoluto). ümbeker-
demo.
1249 repetitam. Uaidarzalt.
1250 socialis. genozlich.
Glossen zu Arators Act. apostolor. aas der Trier Dom-
handschrift.
Die ehemalige Handschrift sancti Michaelis in Hildesia, welche
1802 Eigentham des Paderbomer Domdechanten, des Grafen Christoph
von Eesselstatty ward und von ihm mit anderen Handschriften der Trierer
Dombibliothek vermacht wurde^ ist ein Codex miscellaneus. Er enthält
unter anderen Stücken auch Arators Act. apostol. Dieser Theil gehört
dem XI saecul. an. Graff Diutiska Bd. 3 pag. 435 hat aus ihm Glossen
mitgetheilty welche wir hier vervollstÄndigen und berichtigen.
Epistul. ad Vigilium. 98 foecundat. vuueherhaft*).
12 statione (portu^ requie littoris). 100 cuius tuba (vox). chela.
stedit
lib. I.
28 qua. thar.
53 quo. thara.
54 statione (congregatione). vuar-
to.
72 piscatio. vueida.
85 stringens. eruurginte.
104 quem, vuenen.
114 vocat. ladota.
117 iubetur. pifolen uuard.
120 quo (loco). thar.
134 nunc. thar.
170 pulsis. hina (i ist aus e ver-
bessert; nach a ist eine kleine
Rasur) tribene.
*) Das erste e aus a verbessert von derselben Hand. *} f ans v ver-
bessert von derselben Hand. ') Graff liest: vuuolierliafti, mir scheint nicht o,
sondern e da za stehen; es ist kaum noch sichtbar; i findet sich nicht, sondern Graff
bat den unteren Zug des p in ponens des vorhergehenden Vers , welcher hinter t endigt,
I gmiommea.
ALTHOCHDEUTSCHE GLOSSEN.
141
173 fu8^. allen (vor a ist Rasur
eines Buchstaben; ob es v ist,
kann nicht bestimmt werden). 257
178 pavidis. peche. 285
180 fuscare chaos (inficere tene- 295
bris), peche. 311
214 sine limite, suntrigi glaube ich 327
dort zu sehen, nach dem letzten —
i ist etwas verwischt. 335
219 fönte. vr8pr(ing ist verwiscnt)e. 340
245 cum strage (diminucione , vel 341
debilitate). mit slahto (nach s
ist h ausgekratzt),
convixere. ebenlebitun.
censuit (iussit). firbot.
agmine. gesemi.
properata. erhurstiu.
sonare. uuird.
condere. uuir.
nata vetusto. errunneniu.
ante uidens. eror saher.
fierent. uuirtin.
IV. Glossen zu den Fabeln des Avianus.
Diese Fabeln des Avianus stehen in der Handschrift auf foL 232
rect. ante med. — 240 vers. fin. Die lateinischen Olossen habe ich in
Klammem beigefügt.
p. 4 ed. Froehner.
vit^ argumenta, cleini.
Fab. I,
1 Rustica (mulier) lantsaza.
7 lustra. legar.
10 consumptis. fersuuieinert *).
14 iurgia. zorn.
Fab. n,
1 testitudo (limax). snegal.
3 conchas (cocleas). Meriselellun
(= meriscellun).
4 precium (mercedem). Mieda.
6 indignum (indignans Froehner).
Ungesislih.
— gressu. üigiu.
13 abhominandQ. Neutrum absolu-
tum. Nahfengida^) exos^. post
indid»
h^c documenta quieti (s aus.
radiert), pigricie.
Frammort
Fab. m,
1 relisit. strekcht
f prosequi
\ procedere gressu.
gan»).
{per transversum
transverso pl. hec devia nate.
transverso. ö uuire gang*). =
duuiregang.
f Gestade
\ siste gradus. gressu (gan wohl
= gang ist ausradiert).
Fab. ira,
1 boreas. norduuint
2 iurgia. strit.
3 inceptum (suum). Beginnunga.
7 circumtonat. chamklot
Fab. V,
5 exuuvias (spolia). hut
*) e^ konnte aach o sein ; nicht wohl v, da v sich nnr am Anfange der Wörter
findet Lies: fersnueinten. ^) n ist etwas andentlich könnte allenfalls ei gelesen
werden. ') r nach f von derselben Hand über der Zeile, der letxte Strich des zweiten
m ist ans o Terbessert. *) ^ ist Zeichen der Verweisung ia£ dä<^ T^^^iSi&fvsi^^ts^.«
142
NOLTE
Fab. VI,
3 recurrens, hoppezente.
4 maIcebat(blandieDdoalloqaitar).
zeqlotiu >) (= zellotia).
Fab. Vn,
15 sensum. Geuuizze.
18 geris. tregist.
Fab. Vni,
14 damna. prestonga.
Fab. Vnil,
2 suscipiebat (ambiebat). began.
6 preceps. draitiu.
15 ieiuna. nuchtemiu.
Fab. X,
1 caluos eques. der calauuouaes-
kiünare •).
5 spiramina. geblasunga.
6 ridiculam. gaman.
7 galeras^. huode.
9 sagax. listiger.
Fab. XI,
1 Eripiens. erlosende.
2 agebat. (inpellebat). Nidertreib.
Fab. Xra,
4 ductor (dox). boeh.
Fab. XVI,
11 stridula (sonora) ruzzantiu.
susurro. dozze.
12 debilitate (fragilitate). Uueichi.
18 motibas. Uuagadon.
ludificata (delusa). Uuiderbillit.
Fab. XVn,
1 torquens. sciezzendo.
2 lustra. legbr.
4 verbere (nervo), senuiin«
8 prestrinxitque. Pemarta.
10 retenta diu. G^tuelitia.
14 ira. zom.
15 nulla q. m. convenit (occurrit)
in aggere (via) forma (nullos
homo). Nebequam.
Fab. XVm,
7 temptare (adgredi). Understan-
dan.
Fab. xvnn,
1 Horrentes. Uuassen.
dumoB. doma.
Fab. XX,
1 seta (amo = hämo). Uurfangol.
8 fadit. Geleicha.
10 ora (finis). ende.
11 depastum (depastus Froehner).
Gemaster.
Fab. XXI,
1 Parvula p. ales. nahtegala.
4 vicinara. Gebürtlicho.
14 petit Amut.
Fab. XXn.
0
11 spem (utilitatem). firuma.
Fab. XXm,
1 referens. tragente.
12 atque eadera retines funera no-
stra manu (tua potestate). De-
fectualiter. Gegangunnissin fru-
ma uuesin.
14 noeuisse. scadaveran.
*) (^ =s q; solche Spielereien mit Buchstaben finden sich oft; Vielfach dienen
sie dazn die leiste Silbe eines Wortes anzaseigen, damit der Leser nicht die letzte
Silbe oder die letsten Silben eines Wortes zu dem folgenden zieht ') ^ = strei-
chen. *) a in o gebessert
ALTHOCHDEUTSCHE GLOSSEN.
143
Fab. XXnil,
9 graves. zomege.
18 sollertia (ingeDium). cleini.
16 rabidis (terribilibus). Fiantli-
chem.
Fab. XXVI,
3 preruptiB(excel8i8).stechchelen.
Fab. XXVII,
2 foindo. bodome.
6 calliditate dolos. Uncusti.
8 potandi. drinchines.
10 explicuisset (peregisset). Gefru-
mete.
Fab. XXVm,
3 succidens. abasegende.
7 themo. Ghrindil.
10 vacua (cavo). holemo.
15 exemplom. homzeichan.
Fab. XXVim,
7 simul (statim). sar.
15 cratera. scala.
19 hospes. de uuirt.
Fab. XXX,
5 rursos in excepti deprehenBos
crimine campi. hiban gedanes.
Fab. XXXn,
1 Herentem. haftenden.
iurgite (= gurgite). lachchun.
axem. Uuagane.
4 rebus (casibas). Missebari,
resideret (hesisset). Qebeidedi.
Oetualti.
Fab. xxxnn,
1 passus. Emaordsenun.
10 propriis laribus. Gesuuasin.
Fab. XXXV,
1 profiindens. Geuuerpende.
13 mox quoque dilecti succedit
(natus) in oscula fratris. in amoris
vicem. liubi.
16 spes. (fors Froehner). GedingL
Fab. XXXVII,
4 toris. Sinnun.
5 post ocia. ferlazunga.
6 cibum Uaintbant.
9 Instra. dier uueida.
14 agit (fecit). Uuorta.
Fab. XXXVin,
4 nobüitate. ruomta.
Fab. XXXVmi,
7 lituus. trumba.
Fab. XXXXI,
6 coqui. Geclit uuart = gecochit
uuart
7 test§. dan.
18 fata. Geburida.
V. Glossen zu Boethius de consolatione philosophiae.
Die Hdsehr. X Saec., welcher wir diese, wie die Avianus'schen
Glossen entnehmen, enthält Boethius Schrift auf fol. 118 rect. init —
168 rect. vers. Graff hat Diutiska Bd. II. p. 302 seqq. Glossen aus einer
St. Galler Hdsch. mitgetheilt.
Lib. I, carm. I, cap. II. in.
3 tendit (laborat). ilid. robur evaseras (ascenderas).
eruuori.
144
NOLTE
carm. lU,
7 boreas. nordostan.
9 emicat (apparet et splendet).
Blacckizod.
carm. V,
19 boreae. nordostan.
20 zephyroB. vuestan.
Lib. II. cap, IV p. 33 ed. Peiper.
abesse, gibrestan^).
ibid. proveniat. bicumit
cap. V,
37 computas. ahtos.
cap. VII,
46 arrogantiae levitate (vanitate).
bacheidi. Gelpheidi.
Lib. UIj carm. I,
nothoB. smidan.
carm. Vmi,
facis zema ab inferioriboB da
pater das cuncta moveri.
cap. XII, p.
83 et hie est veluti qaidam davos.
Auf dem inneren Rande steht
folgende Bemerkung: Clauus
(ein oder zwei Buchstaben
scheinen hier ausradiert) tri-
farium est: clauus i. (= id est)
stiarruoth & clauus nagal et
clauus (1. clauis) sluzzil.
Lib. V, carm. IITT.
6 celeri (veloci) stilo. graf.
VI. Glossen zu Prudentius.
Praefat 14 pertinax (durans, perseverans).
7 crepantibus (sonantibus). bre- einstridie").
stauten. 42 devoveat. geheize.
A Zu dem liber cathemerinon.
I. Hymnus ad galli cantum. 45 lucelli. vuochris.
14 culmine. firste.
89 frivolum (darüber vel fHvola
id est nihil valentia. mendosa).
gebosia.
n. Hymn. matutin.
21 callida. dumiga.
33 seyerum(crudeliter).grimlicho.
34 ludicrum (ludum, voluptuo-
sum). gebose.
35 inepta, darüber in halb aufge-
frischter Schrift incosta (= in-
casta?oder incosti = unkusti ?).
36 colorant derkenent
58 despice^). sih.
72 terge. chisubere.
81 Nutabat. vuichta.
lU. Hymnus ante cibum.
12 appetere (sumere, sapere). ge*
smeckan.
28 serta (coronas). houbitbant.
42 pedicis. uuallon.
— maculis (retibus). stricchin *).
43 glutine (limo). chleibe.
48 calamum (virgam). angul.
63 siliqua (vagina leguminum).
hulis.
') t am Ende ausradiert. ') i zwischen d and e nicht ganz deutlich.
3) Das erste e ist in i von alter Hand ver&ndert. ^) Auf Rasur von derselben Hand.
ALTHOCHDEUTSCHE GLOSSEN.
146
69 coit (coadunatur). girinnit.
70 calatho (coagulam). casiuaz.
74 thymo. binisuga.
76 nemoris. boumgarden.
94 caveam(o8). holi.
95 esto (sit). vuese.
112 ingenium. sin.
148 discidium (discordia). ske-
tonga.
IV. Hymn. post cibum.
3 rependat (solvat). uuergelde.
12 perdomitor. doubare.
22 vapore. thoume.
27 recessu (secreto, in occulto).
chisaase.
30 congeriem (cumulum^ uberas).
zeli.
31 expedita (liberata vel parata).
irlostiu.
37 praecluens (valde splendens,
praepotens). filo guollihhiu.
41 expolita (fabricata, ornata).
giuilode.
44 dicarant (deputaverant). be-
meidon.
45 haustibus. (rictibus, sorbicio-
nibus). sluntin.
49 iubas. mana.
51 rictibus. bizzin.
93 mctunt. arnunt.
V. Hymnus ad incensum lu-
cer na e.
14 lichnis (lucemis). lihotfazzou.
17 seu. unde.
52 calainis (sagittis). cehin.
64 constans. gibaldondi.
— tendere Hre). dan (= gan?).
73 concavo (diviso). holomo.
VI. Hymnus ante somnum.
9 fluxit (defecit). hergiene.
29 feriatum (qiiietum, otiosum).
fironda.
38 Facies (imagines). uuielichi.
68 acervis (granariis, cellulis).
hufon.
VII. Hymnus ieiunantium.
10 obstrangulatQ (suffocat^). er-
uuredes.
13 inverecundum. unscamiliniu.
— lepos (facundia). gisprachi.
15 parcam (sobriam). ginoida.
23 excitato. uferhuridero.
48 retorsit. girihda.
53 clivosa (alta). uuohaldiu.
— confragosa (aspera). stecheliu^).
66 parcus(raodestu8).furiburdiger.
67 indu8triae(diligentiae). gilouui.
115 hauritur (sumitur). uerslundan
uard (= uuard).
116 cassos. unbiderbe.
118 mordicus (adverbium, morda-
citer). bizlicho.
123 per latebras (in ventre ferino).
hulin.
127 singultibus. rihungon.
133 imputans. cellenti.
134 Impendit. analigit.
140 Nato, erunnenero.
142 palpitat. zabeloda.
146 publicis (manifestis). luitbari-
gen.
150 fluentem. uueibondas.
153 Inpexa. ungistraldiu.
') 1 ist ganz verblichen.
OEBMIKU. M«o« BmIi« Tm. (XX.) JtJurg-
\a
146
NOLTB
167 Lenam (pallium imperatorum).
lachan.
158 sutiles. girigene.
164 ciinal^. vuagun.
165 pupill^. tutten.
— parca (avara). argiu.
167 Söllers, giuuariu.
168 strepentes. springendes.
181 laxo. lazzenemo.
— iugo. bidoinge.
208 scabra (aspera). handigiu.
Vm. Hymnus post ieiunium.
3 septos. bivangane.
15 imbaator (saciator^ refoveator).
gilabot anerde.
20 molceat. loco.
27 tinguat (coloret). giunsnbere.
29 tegimoB. decchimes.
33 residem (pigram de culpa Ad^).
irlegenaz.
42 vibrat. vuehsit.
— impexis ( spinosis ; vel implexis,
dieses a manu recentiori). strx-
bfiitfii ').
— lappis. clfttb.
43 Carduus, distil.
51 compensant (equiperant). ni-
vergeldent
59 cratem (corpus terrenum).hurd.
64 enervans (infirmans). giuue-
hendi.
IX. Hymnus omni hora.
15 trin. rerum machina (c^lum,
terra, mare). girustL
35 nectare (sputo). speichelen.
36 orbibus (oculis). oucstallon.
40 Extimum (extremitatem). os-
nechdigi.
— furtim. doueno.
r>3 efferatis. ergremiden.
54 ruitque. ilda.
56 suilli (porcino). snini.
63 lacunam (foveam). htüi.
64 meatus. homissida.
72 (in über der Zeile der zweite
Glossator) dissolubilis. ciloslic.
73 irruentes. zizuoilenden.
— tenax. argiu.
81 Fertur. gisaget ist
98 demum. dohidemon.
X. Hymnus circa exequias
defunctorum.
26 Luteum (terrenum). unsubero.
— captat (elevat, appetit). giden-
kin.
36 collegia (compaginem, consor-
tia). ginossceptdi.
57 provida (dispensatrix). gi-
uuariu.
70 heros (vir fortis, princeps).
gomo.
96 fatiscere (dissolvi vel deficere).
muoden.
102 carpet (corrumpet, auferet).
zugot.
106 populatur ] (devastatur). hosit
(von osjan).
107 resudans. duldendi.
108 Luet (persolvet). vergildit
118 suspendite(retinete).enthabent
125 fovendum (inmittendum). zibi-
sehenne.
') Das letztere f ans e verbessert; der Abschreiber vergalt, daß er in Geheim-
schrift copierte.
ALTHOCHDEUTSCHE GLOSSEN.
147
133 depositum (creditum^ commen-
datum). bivolehennan.
141 cariosa (putrida). uurmazig.
164 ademerat. ginam.
169 fovebimus (omemus). bise-
hemes.
XL Hymnus Vlllkl*. Janaarii.
8 recisa (breviata). gicorder.
13 Emerge (ascende, exi). ozzin-
brist.
16 mediator. medescafdari.
26 digesto (ordinato, disposito).
irracdero.
34 inanes. ubbige.
—* nenias (vanitates). gibosa.
39 mancipatam. bihafdan^ ki-
scalchten.
52 glutinans (ligans, coninngens).
giauogendi.
54 fastidia (tedia). bedunga.
67 harenas. sant
B. über Pe
I. Hymnus sanctorum marti-
rum Hemiteriiet Cheledonis.
7 tinctus (vel unctus). giuaruuit.
47 forum, marcat
55 bipennem. bardun.
66 stipendia (i. alimonie, lucra).
heri stiura, spisa.
69 monstra. gidrog.
73 obsoleta (inveterata, deleta).
giuuahsan.
74 Invidentur. erbunnun uuirtun.
77 tenacibus. festen.
80 paverunt (nutriverunt). zugin.
n. Passio sancti Vincentii.
29 hie. dar.
92 lymphatam (hebriam; insa-
niam. 1. ebriam^ insanam),
uuotinti.
103 irritus. unbiderben.
XU. Hymnus de epiphania
domini.
25 sinu (reeessu^ receptaeulo, re-
gione). biegen.
39 sublime, stuiraz.
55 sulcum. vuruch.
120 Yomit. indigerit.
196 coxerat (fabricaverat, forma-
verat). seht
199 Rasum. giuifodaz.
— dolatum. gisnidonaz.
— sectilem. gihouuenaz.
Auf dem inneren [lande steht
noch: Rasum vel raso und darüber:
heuiltad (d scheint aus t verändert),
bescuorener; femer dola und dar-
über barda.
ristephanon.
41 commotior (magis iratus). er-
bolginora.
56 exere (praepara). kifrume.
70 follibus. balgen.
79 aucupes. nemare und darüber
farare.
96 iactet (loquatur). uuituerpfo.
102 Convitiator. sceldari.
105 ergo, de (= do).
112 crepet. breste.
116 palpiter. zabalo.
120 ungula. furca (= furka).
122 Eviscerando (viscera extra-
hendo). scurfendo.
124 toros (rotunditates). mus^.
131 Gaudet. smieret.
10*
148
NOLTE
139 Respiret. reste.
174 uncis. kraphon.
177 callum (duricia). suil.
199 Bitumen, harz.
201 frendens. gremizzender.
205 Decemat. erdeilda.
217 regula. stap.
218 Dente (clave multiplici). cinde.
221 rogum. saccare.
227 stridulis. strideden.
228 sparsim. vuar unde vuar.
229 Arvina. feizti.
230 cauterem (lectum ferreum, cau-
terium). bolzo.
— lavit. nazza.
232 liquitur. smalz.
252 Divaricati8(8eparatis,exten8is).
zescracten.
268 Commenta. ordanka.
271 morsus. loch.
— stipitis. stocches.
272 dissilit (crepat). zebrast.
311 über manserat. uuas.
315 instar (similitudine; proprie
est in mente). pilidlichero.
318 postibus. toristuodeUn.
32"^ dedecus. honitha.
336 Ille (aliquis). sumilicher.
342 tinguunt. nazdun.
366 auleis (palliis). Scholion : Aulea
proprie est vmbihanka ab aula
Attali regis dicata.
378 irrita. unbiderbiu.
380 efferata. irgremidiu.
— exusserant. brantun.
396 carices. semidaeha.
403 trucis. gremizes.
457 sparteus. suertillin.
458 culleus. corhop.
469 Funale. seillih.
519 auram. chuoli.
531 serram. segun.
551 ungulas. craphen.
552 stipitom (cippum). stoc.
III. Hymnus in honore XVlll
Martjrum Cesaraugustano-
rum.
79 domu8infulata(omata).fantilia.
132 tabidus. eitarlih.
IV. Hymnus in honore bea-
tissimorum martyrum Fruc-
tuosi episcopi etc.
38 commenti (adinventionis). ur-
dankes.
Vin. Ad Valerianum episco-
pum de^passione ipoliti.
167 subterranea. erdhus.
IX. Passio apostolorum.
42 lacunar (domus). himilicin.
61 pontis. brucca.
X. Passio s. Cypriani (in der
Hdschr. fehlt der Titel).
77 calce. calke.
107 instruit. uuamot
XL Passio s. Laurentii.
56 Montes (acervos) monetQ con-
ditoSy über monet^ id est mu-
nizapraecussorum denariorum.
77 predia. eigan.
84 Nudare. gearmen.
89 publicus. frono.
122 minis. pundun.
190 rudera. arizzae.
231 Claudicat, hinchot.
254 prurit chicilot.
255 scalpit. scebit.
258 Strumas. chelca.
281 Pannis. ludron.
ALTHOCHDEUTSCHE GLOSSEN. 149
282 mulcentis. rozzegon. 187 Vervece. uuidere.
283 Mentom. kinne. 239 Fusos. spinila.
VTTT !>«<.<. ;^ .o«.^f^ Ao.«.Af;. 264 sarculatas. gegedenen.
^ ^- - - ... 267 officiDiB. hantuaercun.
108 fasces. facul^). cvq^ . . •*• \ x
^^„ . , 280 tyrso (ramo vitis). stane^e.
117 cnstas. camba. o^. • • -xi.
294 camiDis. smithun.
Xnil. Incipit Romanus aPru- 299 trulla. chella.
dentiuspositus. 303 circulator (deceptor). rizzere.
78 Ventilator perturbator ceu 383 ofellis Cparticulis). bradon.
(=r sea). uuisgclare. 485 pleuresis (passio lateris). ste-
111 apparitores ([ab] apparendo chetho.
dicti). inknehta. 489 papulas (vesicas). blatenin.
— suggerunt (indicant). ander 490 cauteribus. bolzen.
zalton. 495 podagra (passio pedom). fuoz*
156 Lapis, agaht. saht.
— esseda (vehicalum gallicam). 557 caraxat (scribit). crazzot
samboch. 762 testa. g^bel (von derselben
172 supinas. caffander. Hand).
C. Zar Hamartigenia.
291 stamine. naarfe. 329 polimus. cerden.
295 telis. vaebisan. 364 perfarit. uaodit
303 fotibas. vuerminon. 379 suspiria. suftunga.
317 calentis. setten. 386 commendat. keliabit
322 ganeonis (laxuriosi). urazes. 601 excruciata. cro rosa.
D. Zur Psychomachia.
a) praef. 6) carm.
31 equarum. stuote. 131 capulum. heltes.
VII. Die nachfolgenden Pflanzen- und Thieruamen sind einem
in meinem Besitze befindlichen Handschrif^cufragmente aus der Mitte des
Xl.^Jahrhunderts entnommen. Man kann zur Vergleichung nachsehen
GraffsDiutiska Band II, p. 188 .273 und Bd. HI, p. 339 seqq. und 353 seqq.
Hattemers St. Gallens altteusche Sprachschätze Bd. I p. 289 seqq. Ger-
mania XIX, 436.
Robur et quercas. eich. Salix, wida.
Fraxinus. asc. Populus. belzboum. .
Alnus. erla. Platanus. achom.
') Hinter 1 ist jedoch Riumr und da pass. s. Roman, vs. 67 wie praef. apo*^
TB. 89 fax durch facala erklirt wird, lo stand aueh Va«i niq\!\ \«c<q^
\»}
BASnCH, ZT K09SAM TROJAHEBnOEGE.
Fftliamii« ba^i^an.
V«;|]rre«. bremiii«
Main«, ftfaldra.
PinM. pirebouiD.
Ahien, danniu
ViiMmi»« miNtil.
Oftrp<5nuN. bagftn (int wohl bnocha,
buoha ftfii Ende abfj^efallen).
Tremuln», haspa.
Vnmun, ahorn.
Sentif. domna.
Nux« nuzboum.
Rcea. foraba.
UliDU». tnolm (lies: elro).
Ceranas. kiraboam.
Traroanca. mazaldra.
SambucuH. holend (= holender).
Puiarius. spiniliboum.
Banguinarius. . hartnigilin.
Poniieus. p orsichbouni.
LepuB. hazo.
Castor. biuor.
LnstniB. oltar.
Capreoliis. rehoe (^ reboe).
Veiis (= Terres). ber.
Caper. boc
Ibiz. steinboc
Onager. scelo.
Alx. heloho.
Rinocerotos. unicomis geschrieben
als ob es eine deutsche Glosse
wäre.
Ghriphes. griph.
Linx. lohs.
Simia. aphpho.
Cenophalos. hunthobido.
Iricios. igil.
I8tri8 (hystrix). ramus.
Mostela. wisela.
Sorix. mÜB.
Grillo. hfleimo (» = a in e Ter-
bessert.
Scarabeus. vuibil.
Talpa. moluuerp.
zu KONRADS TROJANERKRIEGE.
Ein paar Bomerkungen zur AusftUlung der Seite. V. 96 daz er
Milrfe rätes niht; A (die Straßburger Hs.) hat bedarf e, danach schreibt
Wackenmgol (LB P, 953, 4) bedarf geraetes] aber rätes, wie a (die
St Qallor II».) Host, während A rechtes hat, wird bestätigt durch Lieder
32, 309 (S. 399 moinor Ausgabe) ander fuoge dürfen alle rätee und
geaiugee woL — 689. Was die Ausgabe hat , steht in keiner Hs. Statt
üf der erde losen afg üf erde, cd üf die erde, Ab üf die erde, und
letatere Lesart ist die richtige«
K. B.
TREUTLEB, ZUB THIDREKSSAGA. 151
ZUR THIDREKSSAGA.
I.
Sehr merkwürdig ist das Vorkommen von doppelter Erzählung
gleicher Gegenstände in der ältesten, von Unger*) durch Mmb. (Mem-
bran) hier kurz M bezeichneten Handschrift der Pidrekssaga. Es han-
delt sich hierbei um:
I. Die ausgedehnte Erzählung von Vilcinus, Hertnit, Osantrix und
die Erwerbung der Erka durch Attila.
1. Cap. 22 — 56, S. 28 — 64 bei Unger unter dem Text; in M auf
Lage II und HI von der Hand des ersten Schreibers.
2. Cap. 21—56, S. 27—65 bei Unger als Text, in M erst nach
Cap. 240 (S 220 ff. bei Unger); Lage X und XI. Schreiber IH.
Dann noch um zwei kürzere Stücke:
II. Die Erzählung von Hagens Herkunft.
1. Cap. 169, S. 170 bei Unger, in M von Hand HI auf der
eingenähten Lage, die Cap. 152 — 188 enthält.
2. Cap. 170. 171 in M von Hand II auf Lage VHI (bei Unger
S. 171 als Text); dieselben wiederholt in M von Hand IH auf der ein-
genähten Lage, bei Unger S. 171 ff. unter dem Text.
in. Die Erwerbung von t^idreks Hengst Falka durch Heimir, von
der die Gelehrten bis jetzt annahmen, daß sie in M
1. als Cap. 21,
2. als Cap. 188 (eingenähte Lage Hand III) gestanden habe,
in der ersten Stelle freilich sei sie verloren.
So auffallig die obige Erscheinung ist, so wenig liegt eine irgend
befriedigende Erklärung vor. Unger in seiner Vorrede S. HI, IV meint,
der Verfasser der Saga, keiner schriftlichen Quelle folgend, habe
selbst ihm bei verschiedenen Gelegenheiten mitgetheilte deutsche Sagen
zu einem Ganzen verbunden, und da diese zahlreich und theilweise
stark von einander abweichend gewesen sein mögen, so könne man
sich nicht wundem, daß derselbe mitunter seine Noth gehabt haben
*) 8«ga DiArika konimgf «f Bern. ndg. «f C. B. Unger. KrirtUnia 1868.
152 TREüTLER
möge 9 sie auf die beste Weise zu ordnen^ und daß es ihm passiere
sich zu widersprechen, ja bisweilen auch dieselbe Sache auf zwei ver-
schiedene Weisen zu erzählen, hierzu könne ihn auch die Lust ge-
führt haben, zwei verschiedene Relationen, deren keine er vorziehen
wollte, zu bewahren. Wir unsererseits haben schon leises Bedenken,
ob der Verfasser überhaupt seinen Quellen gegenüber so bedenklich
gewesen, daß er nicht einfach das besser in den Zusammenhang psA-
sende aufgenommen haben sollte. Aber auch wenn wir uns dieses Vor-
ortheils entschlagen, erscheint es uns mehr, als ob der Verfasser den
Leser glauben machen wollte, er bringe etwas neues, als daß er die
Absicht hätte, zwei Relationen zu bewahren, wenn er zwischen dieselben
184 Capitel setzt, wie dieß bei den Sagen von Vilcinus etc. der Fall
ist In Bezug auf die Geschichte von Hagens Herkunflt (Cap. 169. 170)
möchte man solche Erklärung eher gelten lassen.
Ungers Entschuldigung des Verfassers also ist nicht befiriedigend.
Auch was G. Storm in seinem jüngst zu Kristiania erschienenen
Buche: Sagnkredsene om Karl den störe og Didrik af Bern, S. 99
bis 104 vorbringt, entbehrt erwflnschter Schärfe und Deutlichkeit, ob-
gleich vieles darin gegeben wird, was zu weiterer Erkenntniss fbrder-
lich ist.
Ein erneuter Versuch den bisher noch dunkeln Thatbestand auf-
zuhellen erscheint somit gercchtertigt, ein solcher soll im Folgenden
vorgelegt werden. Vielleicht gelingt es, gerade von dunklem Punkte
aus Licht über die Entstehung der ganz^ Pidrekssaga zu verbreiten.
Wir müssen eine kurze Orientienmg vorausschicken über die
handschriftlichen Verhältnisse, von Unger, der hier unsere Quelle ist,
in seiner Vorrede sehr sorgfältig dargestellt.
Drei Handschriften haben wir von der riärekssaga und den Anfang
einer vierten.
1. Der Pergamentcodex nr. 4 fol. in der königl. Bibliothek in
Stockholm ist die Membran, von der schon oben die Rede war, in Nor-
wegen, vielleicht noch Ende des 13. Jahrhunderts geschrieben, bei
weitem die wichtigste der erhaltenen Handschriften.
2. Befinden sich in der Ami Magnussonschen Handschriffcensamm-
lung zu Kopenhagen zwei Papierhandschrifken der Saga aus dem 17.
Jahrhundert, Cod. 178 fol. aus der Mitte desselben, und Cod. 177 fol.
1691 beendet. Der Anfang einer dritten Papierhandschrift aus dem Jahre
1682 ist zu Stockholm.
ZUR THIDREKSSAGA. 153
Endlich besitzen wir eine in vieler Beziehung wichtige altschwe-
diBche Bearbeitung aus dem 15. Jahrhundert.
Der Pergamentcodex M bestand ursprünglich aus 19 Lagen^
zu je 8 Blättern, wenn wir von der achten absehn^ in die früh schon
X Blätter eingeschoben wurden. Jetzt fehlt vieles, vor allem beinahe
die ganze erste Lage, (oder die beiden ersten?), nur Blatt 1, unbe-
schrieben, ist am Deckel klebend erhalten. Weiter mangelt die ganze
18. Lage, von der 19. Blatt 2—7; Blatt 1 und 8, letzteres unbeschrieben,
sind erhalten. Je zwei correspondiereiide Blätter sind weiter verloren
in Lage 2, 7, 11, 13 und 17; im Ganzen also 31, erhalten sind 131, das
erste und letzte unbeschrieben.
Geschrieben ward die Handschrift von flinf Schreibern.
Nr. I schrieb Lage 2 und ein Stück von 3, wohl auch den ver-
lorenen Anfang.
Nr. n die Lagen 3, 4, 5, 6, 7 und 8, abgesehen von der letzten
Seite und alle Überschriften bis dahin.
Nr. III die letzte Seite von Lage 8, die Lagen 9 — 12, das von Lage
19 erhaltene erste Blatt; alle Überschriften von da, wo er ein-
setzt, an bis zum Schluß der Handschrift (abgesehn von zweien);
endlich gehört ihm der Einschub von X Blatt zwischen Blatt 5 und 6
in Lage 8 an.
Nr. IV schrieb Lage 13, 14, fast 7 Blatt von 15 (die letzten
10 Zeilen vom siebenten Blatt und das achte von 15, Lage 16 und 3
Blatt von 17 schrieb Nr. V) und Blatt 4 — 7 von 17, endlich die Über-
schriften von Cap. 293 und 342, die Nr. HI nicht schrieb.
Ob Lage 18 und das von 19 verlorne Nr. III, IV oder V schrieb,
ist zweifelhaft, sicher nicht Nr. I oder II. Bei Blatt 8 in der achten
Lage sehen wir eine Scheidung, bis dahin war Nr. U der Hauptschreiber,
von hier an wird es Nr. III.
Nr. I, II und III sind Norweger gewesen, Nr. IV und V Isländer.
Die beste Orthographie ist die von Nr. U, wunderlich die von IV und V,
norwegische Laute sollen wiedergegeben werden, aber die isländische
Schreibweise verhindert es oft, so entsteht ein buntes Gemisch nor-
wegischer und isländischer Rechtschreibung, und Storm schloß wohl
mit Recht daraus, daÜ Nr. IV imd V nach norwegischem Diktat
schrieben (a. a. O. S. 101).
Als Beweis, daß im Anfang der Handschrift nicht mehr als 7 Blatt
fehlen, ftihrt Unger die unten auf den letzten Seiten von Lage 3 und 4
erhaltenen Numerierungen und Merkzeichen ftir den Buchbinder^ von
154 TREUTLER
Nr. II herrührend, an (z. B. auf Lage 3 hinten: im J)er brodir,
welche Worte Lage 4 beginnen).
Berechnet man aber, was die einzelnen Schreiber auf ein Blatt
brachten, so findet man:
Nr. I etwa 50 der Ungerschen Normaldruckzeilen zu je 19*74
Silben. Berechnung nach Lage 2, (der kleinere Druck ist in den großen
umgerechnet, 41 Druckzeilen zu 23*/, = 963 Silben = 50 zu 1974).
Nr. n 69 Vo Zeilen, Berechnung nach Lage 7^ ^.
Nr. m 73 Zeilen, Berechnung nach Lage 19,.
Nr. IV 64 Zeilen, Berechnung nach Lage 13,.
Nr. V schreibt in ähnlicher Größe wie Nr. II.
Capitel 1—20, die in M fehlen, nach den gewöhnlich kürzenden
isländischen Handschriften gedruckt, fiillen etwa 644 Druckzeilen, gäbe
auf 7 Blatt pro Blatt 92. So hätte nicht nur nicht der Prolog, wie
Ungcr Seite XIII meint, sondern nicht einmal der Text Platz auf den
7 Blättern gehabt. Man wird daher noch eine ganze Lage oder zu-
sammen 15 Blatt als fehlend annehmen müssen. Das gäbe nach obiger
Berechnung 43 Druckzeilen auf das Blatt. Da das Original etwas ausführ-
licher gewesen sein wird, gewinnt man eine noch größere Zahl, die
der oben für Nr. I angeführten ziemlich gleich kommen wird. Überdieß
mag im Anfang Nr. I besonders freigebig mit dem Raum verfahren
sein. — Die IUI lässt sich auch so wohl erklären. Man wird den ersten
Custoden (den zur 2. Lage) mit I bezeichnet haben. Also der Gustos IUI
bezeichnete den zur ftinften Lage.
Die Pidrekssaga kam, wie Storm gegen Hyltfo-Cavallius (der
die Zeit von 1449 — 76 dafür annahm) bewiesen, in den Jahren 1434
bis 1447 nach Schweden, und es ward hier eine Bearbeitung in schwe-
discher Sprache angefertigt (vgl. Storm a. a. 0. S. 139 ff.) und zwar war
es unser Codex der I'idrekssaga, M, der jetzt in Stockholm ist Der-
selbe lag dem Verfasser der Überarbeitung vor (vgl. Unger S. VI). Die
bei Unger angeführten Beweise erscheinen schlagend.
Außerdem erfuhr diese schwedische Überarbeitung aber unmittel-
bare deutsche Einflüsse ; Namen erscheinen in einer Form, mehr ähnlich
der deutschen, als der in der Pidrekssaga erscheinenden, sehr merk-
würdig ist der Zusatz in Cap. 158 (s. W. Grimm, Heldensage S. 76.
Unger S. XIII, XIV) und der von den 4 Ellenbogen Heimirs, Cap. 14
(W. Grimm, Heldensage S. 257. Raßmann, Heldensage, Band II, S. XXXIV.
Storm S. 149).
Storm meint, im 15. Jahrhundert sei das Zuströmen norddeutscher
Kaofleute nach Schweden so groß gewesen^ daß eine Umwechslnzig
ZUR THK>REK8SAGA. 156
der in der I^idrekssaga überliefei'ten Namen in die neuem Formen,
welche jene mitbrachten, natürlich erscheine. Er sucht außerdem, wie
uns dftucht, mit Recht, zu erweisen, daß größere deutsche Gedichte
dem schwedischen Überarbeiter nicht bekannt gewesen sein werden
(vgl S. 148 ff.).
Die schwedische Bearbeitung bietet nun noch vier Schlußcapitel,
383—386 (in M ist der Schluß verloren), deren die isländischen Papier-
handschriften ermangeln. Hylt^n-Cavallius hat diese Capitel als dem
schwedischen Bearbeiter eigenthümlich in Anspruch genommen, doch
erscheinen die von Storm S. 145 ff. dagegen vorgebrachten Ghiinde
tiberwiegend. (Der Berechnung S. 104 vermögen wir freilich keine Zu-
verlässigkeit zuzugestehn, die Kürzungen der isländischen und schwe-
dischen Bearbeitungen sind unberechenbar, und die letzte Lage kann
auch geringer gewesen sein, als 8 Blatt, während bei der ersten viel
mehr Berechtigung vorliegt, sie so stark wie die folgenden anzunehmen.
Vgl. auch Raßmann, Heldensage, Band II, Vorrede, S. XXX.)
Übrigens gewährt die Bearbeitung ein ziemlich treues Bild von
M, vieles freilich hat sie gebessert.
Der Doppeldarstellungen hat sie sich entledigt Die Geschichte
von Vilcinus etc. gibt sie nur nach der ersten Recension, Cap. 22 ff.,
ebenso Hagens Herkunft nur nach Cap. 169, und die Erwerbung Falkas
steht im 16. Capitel, entsprechend dem, was man in dem verlorenen
Capitel*) 21 der Membran vermuthet. (Vgl. aber weiter unten.)
Auch sonst wird versucht, innere Widersprüche zu ebnen; eine
ganze große Episode, Cap. 245—268, 274, Irons und Appollonius Ge-
schichte, auf den Gang des Ganzen ohne Einfluß, wird ausgestossen;
umgestellt wird (wohl ohne Noth) Cap. 174, das hinter 184 gesetzt wird,
absichtlich 185 nach 189; ausgeworfen wird femer 186. 187 und das
leicht entbehrliche Cap. 194. In Lücken der schwedischen Handschrift
fallen: Cap. 367—72 und 431, 432. (Cap. 311 — in. 316, 372, 373 der
schwedischen Recension.)
Die isländischen Handschriften.
Für uns kommen von den drei Papierhandschriften der Saga**)
nur die beiden der Ami Magnussonschen Sammlung in Betracht, da
die Stockholmer von Unger nicht benutzt ist. Er bezeichnete Cod. 178
durch A, Cod. 177 durch B.
^ TgL oben 8. 168.
««) Vgl oben S. 162.
156 TBEUTLEB
Ami Magnusson selbst kannte noch zwei isländische Pergament-
handschriften der |>idreks8aga :
1. Broedratungubäk. 2. Austfiardabök (Eidagis). Beide scheinen
verloren.
Von 1 ist A eine Abschrift, genommen von Jon Erlendsson^ sie
kam durch Tausch in Amis Besitz.
Von 2 besaß er eine Abschrift von |>orberg |)orsteius8on, die er
ab' r gegen A umtauschte. Diese Abschrift Jiorbergs aber ward abge-
schrieben: theilweis 1682 von Jon Eggertson, und diese Copie kam
nach Stockholm, wo sie noch erhalten ist. Femer 1691 von einem Is-
länder ganz, letztere Abschrift kam in Amis Besitz und ist unser
Codex B. (vgl. Storm S. 99. Unger XVm-XXI.)
Broedratungubök. Austfiardab6k.
I I
A. Abschrift }>orberg8.
^ ^— ^—
Abschrift (theilweise) von 1682 vollständige von 1691.
zu Stockholm B.
Verhältniss von AB zu M.
Nach allgemeiner Annahme hat M, wie sie die älteste Handschrift
ist, auch die älteste Gestalt der })idrekssaga treuer bewahrt, als AB,
die eine Bearbeitung derselben enthalten.
Charakteristisch ftir beide, M gegenüber, ist folgendes:
a) Der Stoff erscheint anders geordnet (vgl. Storm S. 1(K), 101).
Sie beginnen zwar, wie es bei M unzweifelhaft auch der Fall gewesen,
mit der Erzählung von Samson Cap. 1 — 13 und |)idreks Jugend 14 bis
20, von der Ironssaga Cap. 245 bis zum Schluß Cap. 438 gehen sie
ebenfalls mit M zusammen; das dazwischen liegende ist sehr ver-
schieden geordnet.
In M folgen auf die Erzählung von })idreks Jugend :
1. Kriege des Osantrix gegen Melias, des Attila gegen Osantrix
und Melias. (Cap. 22—56, S. 28-64 bei Unger unter dem Text.)
2. Die Saga von Velent Cap. 57 79, Vidga, ))idreks Zweikampf
mit letzterem 80—95, daran sich schließend Jiidreks Zug gegen Ecca
und Fasold 96—107.
3. J)ettleifs Abenteuer 108—131, Jiidrekr hilft Attila und Erminrek
132 — 151, Sigurds Jugend 152-168, J)idrekr und seine Kämpen 169
bis 188, Zug nach Bertangaland 189—224, Sigurds und Gunnars Hei-
rat 226-230, Herburt und Hilde 231—240.
ZUR THIDREKSSAGA.
157
4. Kriege des Osantrix gegen Melias und Attilas gegeu Melias
und Osantrix; zweite Redaction Cap. 21 — 56, S. 27 — 65 bei Unger
als Text, endlich Valtari und Hildigunnr 241 — 244.
In AB aber folgt auf die Erzählung von }>idreks ersten Thaten
gleich:
1. Die Velent-Vidgasage und })idrek8 Kampf mit Ecca und Fasold,
um aber Velent einzuflihren, musste das Capitel von Vilcinus und der
Meerfrau voran gestellt werden. Vgl. ünger S. XX. Dasselbe wird
nach all diesem wiederholt, wo es
2. die Geschichte von den Kriegen des Osantrix, Melias und
Attila einleitet. Hierauf folgt Valtari und Hildigunnr. Dieser Theil also
erscheint in derselben Verbindung, wie in M, zweite Redaction, der
sich die Darstellung in A3 auch im einzelnen in dieser Partie am besten
vergleicht.
3. Das übrige folgt in derselben Reihenfolge wie in M, von J)ett-
leifs Abenteuern bis Herburt und Hilde.
Vergleiche folgende Übersicht:
Vorbemerkung. Im Ganzen citieren wir nach den Abschnitten,
wie sie bei Unger in der Inhaltsliste Seite XXV — XL sich angegeben
finden. Nur den dritten, Osantrix's Kriege gegen Melias, haben wir aus
nahe liegenden Gründen weiter zerlegt. Was in M von Schreiber I und
II herrührt, oder wahrscheinlich herrührte, ist vor dem von Nr. HI
aufgezeichneten durch den gesperrten Druck hervorgehoben. (Die Arbeit
von Nr. IV und V beginnt erst in dem in M und AB gleich geordneten
Theil hinter der Ironssaga.)
M.
*) Vilcinus und
Hertnit. (22—26.)
Osantrix gegenMe-
lias. (27—37.)
Attilage gen Melias
u.08antrix.(38— 56.)
(Cap. 22—56, S. 28 bis
64 unter dem Text.)
Gemeinsames.
Samson. (1 — 13.)
})idreks Jugend. (14
bis 20.)
Velentssaga. (57
bis 79.)
Vidgas erste
Schicksale. (80-95;
AB.
ein Capitel vonViltinus
und der Meerfrau ein-
geschaltet, = Cap. 23.
*) Hier wohl unprüsglich.
168
TREÜTLEB
M.
(Schreiber III^ Lage 8^ \
Einschub von X Blatt./
Vilcinas und Hertnit.
(21-26.)
Osantrix gegen Melias.
(27-38.)
Attila gegen Mel. und
Osantrix. (39 — 56.)
Valtari u. Hildigunnr.
(241-244.)
(Cap. 21—56. S. 27 bis
66 Text)
Gemeinsames.
}>idreks Zag gegen
Eceau. Fasold. (96
bis 107.)
AB.
)>ettleifs Abenteu-
er. (108—131.)
}>idrekrhilft Attila
u. Erminrek. (132
bis 161.)
Sigurds Jugend. (162
bis 168.)
}>idrek und seine
KÄmpen. 169—188.)
Zugnach(189— 196.)
Bertangaland. (196 bis
224.)
Sigurds und Gunnars
Heirat (225—230.)
Herburt und Hilde.
(231—240.)
Irons Saga, u. s.
(245— ..438.)
f.
Villtinus und Hert-
nit = Cap. 21 ff.
Osantr. gegen Mel.
Attila gegen MeL
u. Osantrix.
Valtari und Hildi-
gunnr.
I
) Verbindung herge-
stellt, Cap. 189.
*) Hier offenbar nicht richtig gestellt, weil das Capitel von Villtinas and der
Meertea (23) wiederholt werden maß.
ZUR THIDREKSSAGA. 169
&) In AB erscheinen beinah alle Capitel in kürzerer Form als
in M, oft ist die Kürzung eine bedeutende, vgl. Cap. 113, (p. I285),
dem entsprechend Cap. 115 (ISOg). Cap. 123 ist ganz zusammen ge-
zogen, ebenso 134, vgl. schon Unger S. IV.
c) Aus dem unter a) Gesagten folgt, daß AB keine Doppeler-
zählung von den Kriegen Osantrix-Melias-Attila enthalten, nur das
Capitel von Villtinus ist aus besondem Gründen wiederholt. Hagens
Herkunft wird nur Cap. 169, die Erwerbung Falkas Cap. 188 in M
entsprechend erzählt.
d) Innere Widersprüche, die in M sich finden, sind zum Theil
in AB beseitigt. In M wird Osantrix zweimal getödtet, einmal durch
Villdifer Cap. 144, dann durch Ulfraär Cap. 292. In AB entkommt
er das erste Mal (ähnlich wie Cap. 37 Melias). Demgemäß erscheinen
Cap. 145, 146, besonders auch 193, wo sein Tod besprochen wird,
umgestaltet.
e) Im Einzelnen ist besonders der letzte Theil der Velentssaga
anders erzählt, während nach M Velent erst die Söhne des Königs
tödtet (Cap. 73), dann die Tochter entehrt (74), worauf Egill am Hofe
ankommt und von dessen Bogenschuß erzählt wird (75), dann die
letzte Unterredung zwischen Velent und der Königstochter (76), das
Anfertigen des Flügels, dessen Probe durch Egill (77), endlich die Flucht
berichtet wird (78), ist die Ordnung in AB folgende: Egill kommt an
den Hof. Sein Bogenschuß. Velent entehrt die Königstochter. Velent
tödtet die Königssöhne. Hierauf folgt ein kurzes sunmiierendes Capitel.
Dann wird erzählt: die Anfertigung des Flügels, Probe durch Egill.
Letzte Unterredung mit der Königstochter. Velents Flucht.
/) Erweitert erscheint der Text von M selten in AB; besonders
zu erwähnen sind Zusätze, die ein Vorbild in isländischen Litteratur-
erzeugnissen finden, femer solche, die das Wunderbare in einem Vor-
gang mindern sollen, in gleichem Sinn auch Weglassungen, endlich
finden sich in AB auch emige Namen mehr.
S. 181, g zu Sifkas Beschreibung wird in AB zugefügt: hann kalla
Voeringiar Bruna (BikkaB). S. II64 Kampf zwischen Ecca und }>iäreky
haben AB linditre, M olivetre. 117g lassen AB die Kämpfer zu ))iäreks
Hengst kommen, so daß dieser sich nicht loszureissen braucht, wie in
M 121,, wo gleiches in M nochmals erzählt wird, ist Falka in AB gar
nicht angebunden. 143« lassen AB weg, daß Attila bei Erminreks Gast-
mahl ist, ebenso 239,, die wunderbare Bemerkung, Antiocus konungr
fadir Salomon konungs sei Attilas Pflegvater*).
*) Das oben erwähnte Streben zeigt sich ausgebreiteter noch in A: 169,| Sig-
mund« Schwester. Signy fügt A su. 167,, Sigord schlag den Dt«jc]ki«Q.\ «qa^ ^ ^»^ ^sccb&
160 TREÜTLER
S. 1343 nennen AB die Tochter Sigurds des Griechen Ghmnhildr,
137| den Mann, den ))etüein' trifft, Godzvin oder Gaistson, die in H
anbenannt sind; so Aihren sie S. 339,7 Ingram aus dem folgenden ein.
(89j nennt A Vidgas Mutter Heren.)
g) Eine Spur irgend welches deutschen Einflusses könnte man
vielleicht S. 330, g in AB sehen^ wo in dem Satze: Haf mikla gada
})auk firir huersu ))u lezt syngia ))itt suerd i hialmum Huna, den
Högni an Folkher richtet, fiir die gesperrt gedruckten Worte: ,)>inn
horpustreng' steht, eine offenbare Anspielung auf die sonst überall ver-
gessene Spielmannseigenschaft des Helden, und ähnlichen Wortspielen
im Nibelungenliede zu vergleichen.
Aus dem Obigen geht hervor, daß AB, da sie so vieles gemein
haben, und also auch ihre Vorlagen, Broedratungubök und Austfiarda-
bök auf eine ältere, gemeinsame zurückgehen, die schon wesentlich
dieselben charakteristischen Züge gehabt hat, M gegenüber, wie sie
AB zeigten. Diese Züge aber erscheinen zum Theil als durchaus jüngere.
Beachtenswerth ist dabei, wie die Bearbeitung, welche in der Vorgängerin
von AB somit erschiene, oft bis auf die feinsten Kleinigkeiten sich er-
streckt , weßhalb wir imter f) einzelne geringere Abweichungen zu-
sammenstellten: ftlr beides bieten die noch spätem Vorgänge in A er-
wünschte Analogie.
Auf welche Quelle geht nun diese ältere, wohl isländische
Bearbeitung, aus der Broedratungubök und Austf iardabök
entstammen, zurück?
Raßmann ist der Ansicht, — die auch P. E. Müller und W. Grimm
vertraten, denen allein die altem unkritischen Ausgaben der Saga vor-
getr DU eigi eitri blasit ok lytr hofdinu at iordanni, A; wo in BfB nur erzählt ist,
Sigurd habe den Wurm niedergeschlagen. 168, nimmt mir nach A Sigurd das Hers
des Wurmes besonders heraus. 209, , ^ ^ , spricht nur nach A Brynilld sehr deutlich
ihre Rachegedanken aus und spielt auf Sigurds Verzauberung durch Qudnm (dieser
Name auch in A nur fast immer für Grimmilld) an, dieselbe wirft sie dieser aneh
298, vor. 297, in A zu Brynilldi: Budla dottur gefügt. 302,, in A gesagt, Brynilld
sei nach Sigurds Tod bald gestorben. Danach Cap. 427 gelindert.
165, wo von Sigurd gesagt ist, er sei mit einem Jahr so stark gewesen, als
andere vieijährige Kinder, ist dieß in A weggelassen. 200^, wo zu Amlungs Sieg es
heißt, Sigurd habe denselben vorhergesehen, fügt A erklärend hinzu: var sia konnngs
son nsterkastr. 292, heißt es, der Spieß, den )>idrek dem VidgA nachgeschleudert, stehe
noch jetzt sichtbar in der See, in A aber: er habe dort lange gestanden. 823,,, wo
Aldrian (Attilason) Högni schl>, und es war ein kraftiger Hieb, fügt A zu: ok blöd
stekk or nosom Hogna a bordit, offenbar um seinen Zorn noch besser zn motivieren.
7A-K THIOKKKSPAGA,
mn
lagen, — die ('idrekssaga sei auf Island verfaast; er meiat nach zwei ver-
Bchiedeuen ielSadiechen Handschriften sei M auf Island aLgescbrieben,
nach der einen von diesen, derselben, der die zweite Redaction der
Kriege Oaantrix-Meliaa-Attila in M folge, sei die spätere isländische
Bearbeitung gemacht. Er schließt auf eine ältere isländische Quelle,
weil AB manche, im Text von M allerdings verdorbene Stelle klar
und richtig geben.
Unger in seiner Ausgabe betont entschieden, dall die Pidreksaaga
ursprünglich norwegisch, nicht isländisch sei, nach einer norwegischen
Handschrift sei M abgeschrieben. Storm hat dielj weiter zu stutzen
gesucht, und neue Gründe gegen Haßmann vorgebracht, die für uns
aber, so sehr uns von vornherein die Unger'sche Aufstellung wahr-
scheinlich erscheint, nicht zwingend sind, da wir eine andere Stellung
zu dem ,prologus' einnehmen, als Storm, wie sich unten zeigen wird.
Storm nbrigens glaubt, und wohl so auch Ungor, daß die isländische
Bearbeitung (.'^B) nach einer Vorlage, älter als M, gemacht ist, solches
lässt sich wenigstens aus seinen Worten S. 104 oben schließen.
Im Folgenden soll versucht werden, zu erweisen, dall für die is-
ländische Bearbeitung eine ältere Quelle nicht anzunehmen sei, sondern
daß sie nach M, beziehungsweise einem Abkftmmling davon, gefertigt isL
Dem entgegen steht die nicht unbeträchtliche Zahl von Stellen,
wo AB besseres bieten, als M, an denen Unger in seiner Ausgabe die
Lesart jener Handschriften vorgezogen.
Diese Stellen aber sind folgendermaßen einzutheilen:
o) solche, wo Unger ohne Noth von M abgewichen und etwas aus
AB aufgenommen:
1. Eine Menge kleinerer Zusätze, zum Theil einzelne Worte, die
nicht erforderlich sind, z. B. wenn bei einer Aufzählung vor Waffen
AB: oc fagran hialm noch zutllgen (S. 318,), ähnliches S. 31g, 97,,,
98,8, 128,, 169s. 183-., 193^, 2884. ,4, 319,.
2. Einen ganzen Satz von untergeordneter Bedeutung, z. B. oc
toc upp yuir holut ser |badum bondura oc helldr upp (AB zuge-
Rlgt) oUum fingrunum (S. 2275); ähnliches llO^, 160^ (zweimal), 244,^,
251,,, 252g, 317,,, welche Zusätze im allgemeinen gut, und die Er-
zählung glättend, aber entbehrlich sind. Daran schließen sich Stellen,
wie S. Lö8,,: Nidungr konungr oc hans son taka uel vid sendimonnum
En örendi ))eirra Sigmundar honungs (tekr hann (AB zuge-
filgt) a ^easa lund; und S. 280,,.
3. Mitunter aber haben AB die Erzählung weiter ausgeschmückt.
Einmal nach dem vorhergehenden z. B. S. Üö,, (Vidga sagt) : ao mvudi
1 62 TRF-UTLER
sino namni Demna hvcm ydaro ef ec kynna heiti ydor. [Nv mogo )>er
vel tpyria hvat ydr likar af mer eda minom ferdom. )>yi at
ec skal ydr satt segia |>at sem |>er spyrit (zugefügt AB) Nt
mslir Hildibrandr. Unger, Vorrede S. VIII meint, der Sats Nv mego
etc. sei ausgefaUen, weil das Auge des Schreibers auf das folgende
Ny mslir abgeirrt sei; wir möchten das ganze hingegen ftür einen nach
den vorhergehenden Worten : hvi spyrr |>v mec slics ncectan mann, lat
mec fara oc taka vapn min. oc sidan spyr 'mic slics 'sem )>v villt
spvri ha&y nicht so schwer zu machenden, übrigens ganz passenden
Zusatz halten.
Dann auch finden sich Zusätze, dem folgenden entsprechend, so
Seite 224^f (vgl. S. 225, Zeile 1), auch IS?^, wo es im Kampf zwischen
Etgeirr und Vidge heißt: Isetr hann (E.) nv fallaz til iardar. })vi at
hann hygr at Vidga man verda vndir hanom oc drepa hann sva. [En
Vidga leypr aptr i milli fota hanom. })a er hann reidir sie
til fallz. oc sva helt Vidga sinv lifi ftlgen AB zu, fast genau
so, wie es Cap. 433 von Heimir und Aspilian erzählt wird. (Vgl. S. 367
oben.)
Auch der Zusatz 226^. ^^ braucht nicht original zu sein, denn:
Drottning minniz a. at hon hsvir nefnda faranda vif gibt einen ganz
guten Sinn. Auch 1793. 4? ^^ ^^ ^ steht : Herbrandr h»vir skioUd oc alla
hemeskiu. at raudr er allr skioldrinn oc lagdr a skott»ldr er a hans
vapnum. er hardara flygr oc sidr firirfiersk en u. s. £ erscheint leichter
zu bessern, wenn man das a zwischen lagdr und skottsldr streicht,
als wenn man die nicht einmal einstimmige und das Ganze verbreiternde
Lesart von AB aufnimmt
Auch 47$, 221|5, 225,^. war die Lesart von M vielleicht bei-
zubehalten und 264|g ist entbehrlich, wie auch 314| nur weitere Aus-
schmückung des in M gegebenen enthält Und so noch an andern
Stellen.
Auch der 295|s eingeschobenen Worte könnten wir entrathen;
ef }>essi sott tmr })er firirkomit ma mikit spiUaz Hunaland. ef sua dyrlig
kona fier bana, ist mit doppelter Beziehung des ma mikit spillaz Huna-
land zu übersetzen.
b) Es gibt in M eine Menge von Schreibfehlem und leicht zu
ersetzenden Auslassungen, so fehlt mitunter das Pronomen ]>eir, |>tt,
vid etc.; bisweilen auch das Verbum, wo es richtig errathen werden
musste. Z. B. oc sendir menn um allt sitt riki oc samnar (fehlt in M)
saman her etc. (S. 63^), so auch 189|^ 1996, 258g , wo verit durchaus
zu ergänzen war, SOSg (er }>o kann vera) 332s.
ZUR THIDREKS8AGA. 163-
Andere Besserungen finden sich 47^0, 48^ (nur in A), 16*%9 190, ,,
203^, 2068. 211,,, 215^, 22^, 230,., 249,e, 274,«, 282,,, 297,., 325,3.
Vielleicht war auch die Stelle 967, von der ünger Vorrede S. VU
spricht^ in AB gebessert, einen andern Versuch hierzu machte der
schwedische Bearbeiter. Vgl. weiter:
296,5 ^^ ^ engum lut man iamnmikit uhap standa [um })ina
daga (AB) oc )>inna bama sem af }>e8so; auch das Schwedische bessert:
(thust du das) tha komber ther mykith onth äff bodhe tik ok tin bam.
309g. £n med }>yi at ))u farer i Hunaland )>a mantu eigi [aptr
koma (AB) oc engi sa er }>er fylgir. (Auch das Schwedische ergänzt
richtig Cap. 290.)
Sehr geboten war der Zusatz 3285, aus dem vorangehenden
leicht zu ergänzen war die Stelle 331g, auch nicht schwer 338,4 ''^):
(Hilldibrandr) m^llti siäan: Herra menn tvair hins fiorda tigar [rida
))ar (AB) stigum ofan u. b. f.
An einer ganzen Reihe von Stellen fehlt in M: nu suarar N. N.
in Unterredungen, fast scheint es absichtlich; so 192,g, 2038, 230,,,
193g, 196,0, 321,9 (fehlt wenigstens der Name), 339g, 360g, an allen
diesen Stellen von AB, an den f(inf letzten auch schwedisch richtig
eingefügt.
}>a msBllte Hogne 318, g (auch schwed.); sagdi konungr, sagdi
})idrekr konungr 336^, 276,^ (hier auch schwed.) ]>a kallar hon 163^,
eingeschoben.
Auch war S. 173,, oc a markat med gulli leon« oc hans hofud
horfir upp »ptir skiUdinum oc foBtr taka spordenn, hofud nicht schwer
zu finden, ebenso die Ergänzung Cap. 113, S. 128^, die tlbrigens in
A und B verschieden ausfiel.
Das Seite 35g (Cap. 29) und 56, (Cap. 49) zugefügte, obschon
nicht erforderlich^ doch immerhin wünschenswerth, konnte der islän-
dische Bearbeiter, falls M ihm vorlag, aus der Darstellung der ersten
Redaction Osantrix-Melias-Attila entnehmen«
Einige Elritik war erforderlich Cap. 200, S. 190g, das eigi einzu-
schalten, das freilich Cap. 184 verlangt
Cap. 200, S. 190, ist in der Aufrechnung der Kämpfer und ihrer
Schildzeichen Aumlungs Schild, welcher der dritte ist, in M übersprungen,
nach dem zweiten wird gleich der vierte genannt Der schwedische
Bearbeiter machte aus dem vierten den dritten u. s. f.; am Schluß aber
fehlte ihm einer an der Zahl und er machte den nicht gerade glück-
*) Letzte Zeile.
164 TREUTLER
liehen Bedscrungsvcrsneh als 13. Oemholt, Hagens Bruder, zuzaitigen,
der freilich im Folgenden gar nicht vorkommt. Daß etwas fehle, empfand
er also auch; nur war der isländische Bearbeiter glücklicher, der Aum-
lung einfügte, was bei genauer Beachtung der folgenden Zweikämpfe
bald sich darbieten musste.
Aufmerksamkeit bewies er ebenfalls Cap. 263, Seite 235,« oc litla
sidarr Iren jarll oc hann hsevir i taumi [Paron oc Bonikt. })a ridr
drottseti jarls oc hsevir i taumi Bracca oc Porsa. Die hervor-
gehobenen Worte sind eine nothwendige Ergänzung zu'M, die aber
nach den Worten im folgenden: |)a msellti Iron jarll vid drottsstann.
Sla nu lausum }>inum hundum Bracka oc Porsa (S. 235) und: ]>a sl»r
Iron jarl lausum sinum hundum Paron ok Bonikt (S. 236) einem auf-
merksamen Bearbeiter wohl zugetraut werden dürfen. Die Variante 236,
ist nur eine Umstellung des in M gegebenen.
Cap. 325, S. 284,5 steht fiir die Worte: Nu m«llti Hilldibrandr.
Hverr ertu riddari er sua usidlega Isetr oc sua akaflega ridr. ^a suarar
Reinalld in M: Nu suarar Hilldibrandr, welche Worte zur Einleitung
einer Unterredung und femer deßhalb ungeeignet sind, weil gerade
aus der ihnen folgenden Rede hervorgeht, daß der Sprecher nicht
Hilldibrandr sein kann. Die Besserung in Reinalldr also war geboten.
Wollte man suarar stehn lassen, musste man vorher Hilldibrandr
sprechen lassen; daß dieser die Unterhaltung eröfihet, ist auch deßhalb
passend, weil er allein vorher mit Namen eingeführt ist. Das Schwed.
bessert einigermaßen, die Sache klappt doch nicht vollkommen. Hier
f&ngt das Gespräch auch an Cap. 275: Hyllebrand swarade ok sagdhe
til honom, die Reden aber sind ihrem Sprecher angemessen. Ziehen
wir hier die Stelle S. 338,4: Oc nu litr Hilldibrandr aptr. hann ser
ioreyk mikinn oc ^ar undir blickia fagrir skilldir. [Nu keyrir hann
hestinnocridreptir)>idrekikonungiocss6girhonom. Herra
ec se ioreyk mikinn. oc ^ar undir blikia fagrir skilldir (AB)
oc huitar brynior. oc rida huast eptir oss. Nu suarar Herad u. s. f.
noch her und vergleichen, wie auch das Schwedische ganz richtig ge-
bessert hat, Cap. 343: Hser Hillebrandh saa til baka ok sagde til
Didrik konung. jach ser mengen man med hwita brynia ok fagra skiölla
ok rida fasth epther os. Tha grseth drotninghen, — so wird man
wenigstens die Möglichkeit der Besserung durch AB zugestehen müssen,
wie sehr auch gerade diese Stelle hier nach älterem Original gegeben
erscheint, in welchem der Schreiber von M von skilldir zu skilldir
abirrte.
Eine ganz geschickte Ergänzung ist auch die S. 109,4: Nv vill
hann [geraz ))inn madr. tak nv vid hanom vel u. s. f.
r
ZUR THIBKEKSSAGA.
165
Wenn auch die MOgliclikcit, daß ÄH in allen obigen Fällen sollten
gebeaaert haben, bei der schon erprobten, auch bis ins Einzelne gehenden
Aufmerksamkeit dee Bearbeiters eingeräumt werden könnte —• zumal
in vielen Fällen auch das Schwedieche ganz in gleicher Weise das
richtige trifft, fast immer aber bei seiner kürzenden Darstellung den
Fehler in M venneidet*), so mufi doch zugegeben werden, daU ge-
wichtigere Gründe vorgebracht werden müsBen, die dieser Möglichkeit
das Wahrscheinliche verleihen, dessen sie ermangelt. Solche aber sind
noch anzuführen.
Betrachten wir die achte Lage in M. Dieselbe bestand ursprüng-
lich aus 8 Blättern. Beschrieben wurden sie von Hand II. Im Anschluß
an Lage 7 enthielten die ersten 5 Züge })idreks, die er, Attila und
Erminrek zu helfen, unternahm {— Cap. 151J, Blatt 5 unten, oder 6
oben, vielleicht auf beiden, folgten Cap. 170, 171; worin von fiidrek,
daß er ein Gastmahl rüstet und dazu König GunuaiT einladen will,
erzfihlt wird, sowie in Kürze des letztern Familienverhältnisse. Sein
Vater sei Irungr gewesen, u. s. f. — In 171 wird recapituliert , war
alles bei Jiidrek gewesen, daran schloß sich 189, wo er seine und seiner
Gesellen Kraft und Macht rühmt, was Herbrand zum Widerspruch
bewegt, der wieder den Anstoß zu dem Zug nach Bertangaland gibt
Dessen Beschreibung ist von der Hand Nr. II noch bis dahin geführt,
wo Vidga zu Etgeirs Erdhaus kommt, in Cap. 19G; von da, auf der
letzten Seite des achten Blattes, beginnt Hand lU.
Cap, 200 wird Sigurd sveinn zuerst erwähnt, der dann weiter
eine Rolle zu spielen hat. Von seiner Vorgeschichte ist nicht das min-
deste bekannt. Diesen Mangel fUhlto Nr. HI und beschloß ihm abzu-
i
*) DSring in Zachen ZeiUchrift II, S. 70 g. 6 hat darauf hingAwieasn, daL die
Echwed. Bearbeitung mitunter mit B beaaer ttinint als mit M. Wgre eine Einwirkung
VDo B aiizuiBhiDeQ, eo nUrde onser obiges Ar^nieiit eutkrürtot, ja gegen aiu gekehrt.
Die EinsliBinmng ist jedoch nur zufällig. DSring fahrt ao Cap. 373, S. 318,, B und
Bchwed.; laiu dir ihu (Atlila) so lieb »ein, wie Signrit. M; lassen wir un» (Attila)
IL B. f. und Cap. 3TS, S. 3!0,, (Hagen bat im Auge^ allsnart M. aJIsvart B und echwed.
nach Cap. 184: do allr er hann doiklitaitr keine große Entdeckung. Von andern der~
artigen Stellen fand sich noch: B. STG„ no M 40000 liest B 60000, so auub achwed.
Cap. S6S. Wie EufGllig solche Übereinstimmungen sein können, kann man beobachten
Cap. 416, S. 352,, Hilldibrandr t,Iirbt 160 (oder nacb deutschen Liedern 200) Winter
alt in M, B Bteigert die erste Zahl auf einen Durchschnitt: 170, das Schwed. anoh,
aber: 180 (bier in Cap. 367). Sollte der schwed. Bearbeiter, falls er B kannte, nicht
lieber in Cap, 186 Amiung für seinen verfehlten Gernholt eiagefübrt haben, itU lolehe
Kleinigkeiten? Stellen, wo du Suhwed. ebenso bessert, wie AB, sind noch: 97,,,
174,.,,, 176,.,,, 189-,
166 TREUTLER
helfen. (Vgl. Unger S. XV) Er schob also die Geschichte von Sigords
Geburt und Jugend (Cap. 152 — 168) zwischen das 5. und 6. Blatt d«r
8. Lage, und fbgte außerdem noch eine Beschreibung aller der Kämpfer,
die auf })idreks Seite standen, bei, Cap. 172 — 184. Da unter diesen
auch Gunnarr und Hagen vorkamen, musste das Capitel, wo von der
Einladung derselben die Rede war, 170, und das sich dem anschließende
171 vorgestellt, also deren frühere Niederschrift durch Nr. 11 (auf Blatt
5; 6) gestrichen werden. Vor beide aber stellte Nr. III die Ehrzfihlung
von' Gunnarr und seinem Geschlecht, wie er sie kannte, nämlich, daß
Aldrian sein Vater gewesen. Cap. 169.
Eingeschoben also ist: Sigurds Jugendgeschichte (Cap. 152 bis
168), das Capitel von Aldrian 169, — es folgt eine Abschrift der schon
von Nr. 11 geschriebenen Capitel 170, 171. — Wieder neu eingeschoben:
Beschreibung der Helden ))idreks und ihrer Rüstungen und Schildzeichen
Cap. 172—184. Dann stehen aber noch 4 weitere Capitel auf den ein-
geschobenen X Blättern, an die sich erst dann der Zug nach Bertanga-
land, Cap. 189, anschließt. In Cap. 185 wird Sigurds Aussehen und
Rüstung, in 186 Sifkas Aussehen beschrieben, in 187 wird von Hilldi-
brands Schlagfertigkeit, in 188 berichtet, wie ))idrekr zu seinem Hengst
Falka gekommen. DaÜ keines von diesen 4 Capiteln zu den voriier-
gehenden passt, liegt zuerst auf der Hand, Sigurd ist nicht bei })idrek8
Gesellen, Sifka tritt im folgenden gar nicht auf, und auch die 4 Capitel
unter einander erscheinen nur als bunter Mischmasch.
Storm S. 128 sucht den Verfasser zu vertheidigen, er habe eine
Beschreibung der Hauptpersonen aus den folgenden Sagenmassen ge-
zogen und vor den Zug nach Bertangaland gestellt Diese Erklfirung
ist nicht zutreffend. Die einfachste, die sich geben lässt, ist die, iier
Schreiber des Einschubes bekam seine X Blätter nicht voll und suchte
nun nach beliebiger Füllung. Das sieht man auch aus der Folge der
4 Capitel. Das erste ist noch zur Noth erträglich, das zweite viel un-
passender, das dritte ist entsetzlich gehaltlos, Hilldibrand ist vorher
schon ausftihrlich beschrieben ; endlich gelingt dem Schreiber in seiner
Noth ein glücklicher Wurf, er findet in Cap. 188 einen ergiebigeren
Stoff. Ganz vergisst er über der Sorge, nur sein Pergament voll zu
bringen, daß er den Anschluß von Cap. 189 an die vorhergehenden
durch diese 4 verdirbt, erst AB steUen denselben durch eine Wieder-
holung, Cap. 171 entsprechend, her, die sich als erstes Punktum in 189
findet.
Der Bchwed. Bearbeiter ftihlte das Unpassende der 4 Capitel;
186, 187 warf er einfach aus, 185 verflocht er ganz geschickt in sein
ZUR TH1DREKS8AGA. 167
Cap. 178; worin Herbrandr von Isung erzählt StattMaß man nun nach
dieser Analogie hätte schließen sollen, er habe Cap. 188 an die Stelle
Cap. 16 seiner Bearbeitung = Schluß von 20 der t'idrekssaga versetat,
nahm man viel unwahrscheinlicher an, das «itspreohende Cap. *21
sei verloren, und der schwed. Bearbeiter habe später 188 ausgelassen,
weil er schon "^1 als 16 aufgenommen! (Die Erzählung schwed« Cap.
16 und Cap. 188 in M ist allerdings verschieden, aber die Ejrweiterungen,
die in Cap. 16 etwa sich finden, sind ganz nahe lieg^oide.)
In AB finden wir nun Cap. 152 — 189 (abgesehen von 170^ 171,
die sehr verkürzt werden) ganz in derselben Ordnung wie in M. Wir
können nicht annehmen, daß eine ältere Handschrift sie ebenso, ein-
schließlich der vier besprochenen Schlußcapitel, enthalten hätte, wo
die Sachlage, gerade in M, die Entstehung der letzteren aufis Beste
erklärt. Daraus ergibt sichmit Sicherheit, daßAB, beziebungs-
weise die ältere isländische Bearbeitung auf M, nicht auf
ein älteres Original zurückgeht.
Es bleibt uns noch übrig, eine Erklärung fUr die Umordnung des
Stoffes in AB zu versuchen. Storm S. 103 meint, AB sowohl wie
Schreiber Nr. HI hätten es ftlr unpassend gefunden, die Viltmen und
Hunnenkönige so zeitig zu besprechen. Für Nr. III ist diese Erklärung
Wohl nicht ganz befiriedigend, er würde dann vielleicht die Arbeit seines
Vorgängers als ungültig bezeichnet haben; vgl. übrigens noch unten.
In AB aber gieng die Änderung wohl hauptsächlich von dem Grunde
aus, daß es schlecht schien, mit ))iäreks Thaten so bald abzubredien
(was auch Raßmann an der Composition der Saga tadelt, a. a. O.
S. XXV), man wollte erst seine Begegnung mit Viäga noch erzählen
und mit Ecca. Daß hierauf nun die Vilcinenkönige kommen, ist viel-
leicht eine Einwirkung der ursprünglichen Ordnung (bei Nr. II), die
nicht ganz verlassen werden sollte; ihre Geschichte wird aber nach
der Recension von Nr. HI gegeben^ weil die Valtarisaga, die bei diesem
darauf folgt, besser sich anschließt, als fiettleifs Abenteuer es gethan
hätten (die Velent-Yidgasaga fiel ja aus). Vgl. oben die Tabelle auf
S. 158. Die Mängel der Ordnung in AB hat Storm schon (S. 102) ins
Licht gestellt.
Da die einstige Existenz einer altem Vorlage von M zurückge-
wiesen ist, soweit wir aus dem Dasein von AB darauf schließen könnten,
gewinnen wir folgendes:
1. Der norwegische Ursprung der Saga wird nach den sonst
dafür sprechenden Gründen kaum mehr zu bezweifeln sein.
2. Die Echtheit des Prologs wird mindestens zweifelhaft. In M
kann er gestanden haben, da wir 15 Blatt im Anfang fehlend annehmen^
168 TREÜTLER
vielleicht auch Hand II dort schon thätig war. Für das einstige Vor-
handensein desselben in M spricht ebenso stark sein Dasein in AB,
wie dagegen das Fehlen im Schwedischen. Der isländische Bearbeiter
hatte dieselben Gründe eine Anpreisung seinem Werke voranzuschicken,
.wie der norwegische Verfasser. Die Sache ist ganz ansicher; jedes
Falls, wird man gut thun, weitgehende Schlüsse auf Stellen aus dem
.Prolog nicht zu begründen.
3. Das Capitel 188 hat kaum bereits als Capitel ^l in M ge-
standen, denn es hätte wirklich viel Geschmacklosigkeit dazu gehört,
es an dieser passenden Stelle zu streichen und an der unpassenden
(188) beizubehalten.
^ Wie ist aber M entstanden?
Als erste Niederschrift ist M der Auslassungen wegen, die darauf
hinweisen, daß es abgeschrieben ist, nicht zu betrachten. Andererseits
kann man nicht annehmen, daß das Original ebenso ausgesehen habe,
wie M. Erstens wird es die 4 Capitel 185 — 188 kaum enthalten haben,
dann zeigt sich in M ganz deutlich eine Zweiheit des Stoffes, die merk-
würdig auch in zwei Personen ihre Vertretung findet, in den Schreibern
II und in. Von letzterem ist die Wiederholung der Geschichte von
den Vilcinenkönigen geschrieben, seit seinem Eintreten ist Nr. II nicht
mehr thätig, äußere Gründe genug um anzunehmen, daß die ver-
schiedenen Darstellungen sich erst in M nebeneinander, nicht in einer
Vorlage zusammen fanden.
Raßmann (a. a. O. S. XXIV) nahm, wie es scheint, als etwas
selbstverständliches an, M sei aus zwei Handschriften abgeschrieben;
derselben, der Nr. III gefolgt sei, seien auch AB entsprungen. Die An-
nahme verschiedener Herkunft der Theile in M ist durchaus ansprechend,
leider aber hat Raßmann nicht die mindeste Andeutung gegeben, wie
man sich die beiden Vorlagen und ihr genaueres Verhältniss zu denken
habe. Es bietet das noch Schwierigkeiten. Suchen wir uns den Vorgang
bei der Entstehung von M auf rein äußerlichem Wege zu erklären^
60 bleiben, abgesehen von dem complicierten und wenig glaublichen
Fall, daß die Vorlagen verschieden geordnet gewesen seien und der
eine oder beide Abschreiber noch Umstellungen gemacht hätten, —
wären die Erzählungen dann je wieder zusammen gekommen? — drei
Möglichkeiten übrig:
1. Die zwei Vorlagen waren verschieden geordnet.
2. Sie waren gleich geordnet, aber der Schreiber Nr. U ordnete um.
3. Sie waren gleich geordnet, aber der Schreiber Nr. III ordnete um.
r
ZUR THIDHEKSSAOA.
165
In den beiden ersten Fällen würde für die Vorlage von Nr. III
Bich ergeben, daß in ihr auf Sigurds Jugend die Kämpen aiifzfihlung,
der Zug nacli Bertangalan (!, Herburt und HiHe, Oaautrix gegen Melias,
Atliia gegen Osanlrix und Molias, Valtari und Hildigunnr gefolgt
■wären, daß sie aber alles das, was Nr. III von dem, vom Schreiber II
(und I) geschriebenen, nicht wiederholte, auch vorausschickte. Diese
Ordnung möchte eher den Namen einer gründlichen Unordnung ver-
dienen.
Hat aber endlieh Nr. ITI Umstellungen gemacht, ao !ä''8t iich
nicht annehmen, dafi er wegen bloßer verschiedener Lesarten, die seine
Vorlage gegenüber der von Nr. II enthi<^lt, 36 volle Capilel, die dieser
(resp. Nr. I) erzählt, an einer Stelle sollte wiederholt haben , wo sie
Bein Original nicht bot Er muß dazu andere Gründe gehabt haben^
dieß mÜBste man mehr oder weniger selbst dann noch annehmen, wenn
einer der ersten beiden Fälle statt gehabt hätte.
Mit einer Erklärung der Entstehung von M und zumal der Doppel-
partien darin , auf rein mechanischem Wege dürften wir also kaum
zum Ziele gelangen; es bleibt dann nur die MiiglichWeit einer Über-
arbeitung und absichtlicher Wiederholung zu bestimmtem Zweck.
Das, was Nr, II (und I) schrieb, trägt einen sehr verschiedenen
Charakter von dem, was uns Nr. III bewahrte (und seine Helfer IV
und V). Ist auch weder das Eine noch das Andere eine irgendwie
künstlerische Composition, so geht doch die Erzählung bei Nr. II ruhig
«nd sicher vorwärts, neu auftretende Personen werden sachgemäß ein-
geführt, und wenn auch die geographischen Verhältnisse im Ganzen
schwankend sein mögen, so ist doch immer noch eine Spur von Be-
stimmtheit da, und jeder Person wird, wie ein Geschlecht, so auch ein
Vaterland und eine bestimmte Heimstätte beigelegt Dabei gehört alles
Vorgetragene in den engern Kreis der Dietrichssage, mit der Wittich
und Heime auch im deutschen Epos eng verwachsen erscheinen, während
ihr auch Dietleib hier gewiß näher steht als Siegfried. Episoden, die
durchaus nichts mit |>iärekr zu tbun haben, finden sich kaum; die Ver-
wicklungen zwischen Osantrix und Melias spielen durch die ganze
Sage und die Nachkommen des Vilciniis, Vidga und die vier riesischen
Söhne Nordians treten aller Augenblicke auf. Hervorzuheben aber ist,
daß die chronologische Folge durobgebenda gewahrt und der Gang
der Ereignisse ein natürlicher ist
Ganz das Gegentheil ist der Fall im zweiten TheUe der Saga.
Während sich im ersten altein genommen fast gar keine Widersprüche
finden (nur daß von Aspülan Cap. 27 geengt wird, er sei ein Riese
L
170 TREUTLER
gewesen, Cap. 197 er sei geartet wie andere Menschen, Raßmann
S. XIV; einen Widerspruch wird man es nicht nennen dürfen , wenn
}>idrekr Cap. 97 sich für Heimir ausgibt und behauptet , zu seinem
Vater nach Bertangaland zu ziehen , während Studas nach Cap. 18
doch in Svava wohnt) erscheinen hier sowohl im Innern , als im Ver-
gleich zum ersten Theil ziemlich bedeutende. (S. Grimm, Heldensage,
S. 179, Raßmann, S. XIV ff.) Es drängen sich förmlich Episoden, die
den Bück in weite Femen der Sagenwelt eröfinen , die aber auf die
Geschichte von Dietrich nicht den geringsten Einfluß haben und nur
ganz lose und oberflächlich an sie angeknüpft sind. Aber diese fremden
Elemente waren nicht einzuordnen, und überall zerbrechen und ser-
stören sie die einfachen Verhältnisse der Saga, wie sie im ersten Theil
erscheint Da ist zuerst die Geschichte von Herburt und Hilde. Hier
wird Artus mit hereingebracht Für ihn ist absolut kein Land mehr
da; so wird ihm denn Bertangaland zugetheilt, wo wir Cap. 189 £
schon Isung als König gefunden hatten*). Cap. 245 wird daftbr
die Erklärung gegeben, dieser habe den Artus vertrieben. Dann ge-
hörte die Episode zeitlich allerdings an eine frühere Stelle, wo wSre
da aber Raum fUr sie gewesen? Schon W. Grimm Heldensage (s. 179 h.)
macht auf den groben Widerspruch aufmerksam, der so in die örtlichen
und chronologischen Verhältnisse der Saga kommt, die von nun an
nicht mehr wieder herzustellen waren. Ahnliches gilt von der Historie
von Iren und Apollonius.
Es zeigt sich also, daß die Quelle von Nr. H rein, einfach und
einheitlich war, von dem, was Nr. UI schrieb, gilt das nicht Hier
finden sich Erweiterungen. Dieselben kann schon seine Vorlage geh|ibt
haben. Nach der Lage der Dinge erscheint es aber nicht unwahr-
scheinlich, daß Nr. in selbst die Erweiterungen vorgenommen. Da AB
nach unserm DafUrhalten aus M hervorgiengen, so kann die Behaup-
tung vorerst nicht entgegengehalten werden , es müsse ein älteres
Original dagewesen sein, das den vollen Stofi*, den M enthält, geboten
hätte. Für die Ablehnung eines solchen aber spricht Verschiedenes.
*) Artos hat freilich dar übrigen Litteratnr des Mittelalten zufolge ein mehr
begründetes Anrecht auf Bertangmiand als Isungr. Doch ist dieser für die )>d8. ohne
Zweifel der ursprünglichere. Es soll damit nicht behauptet werden, daß alte Sage ihn
als KOnig von Bertangaland gekannt habe, vielmehr ist er, anfänglich wohl eine mythi-
sche Figur, in der ])d8. oder ihren Quellen aus Mangel an einem andern Lande da-
selbst localisiert. Bei der Trennung der Sagenkreise war ein Zusammenstoß mit A. gar
nicht n5thig, erst dem kritiklosen Verfahren von III war es vorbehalten, einen solchen
henronnurufen.
ZUR THIDREKSSAGA. 171
Nr.* III werden wir als den Urheber der Erweiterungen ansehen
dürfen, wenn sich ihm ein besonders ausgesprochener Geschmack und
überhaupt eine in den Gang des Gänsen eingreifende Thätigkeit nach-
weisen läßt
Beides ist möglich.
Ein ganz auffälliger Hauptzug tritt an dem hervor^ was Nr. III
selbst schrieb. Bei weitem der größte Theil davon sind Liebesgeschichten;
er gibt eine wahre Mustersammlung von Entftlhrungen aller Art. Her-
burt entführt Hilde, Osantrix Oda, Rodolfr Erka und Berta, Valtari
Hildigunnr, ApoUonius die Tochter Salomons. Beinahe alle derartigen
Geschichten in der t^idrekssaga finden sich von Nr. lU aufgezeichnet.
Gerade dieß sind aber vielfach Episoden, die sich mit )>idreks Schick-
fialen gar nicht berühren. Sobald wir aber wieder etwas weiter in dessen
eigentliche Geschichte hinein kommen, überträgt Nr. IQ die Arbeit
seinen Gehilfen. Es wird nicht zu kühn sein , wenn wir den eigen-
thnmlichen Zug, den seine Arbeit trägt^ nicht ftlr zufUIig halten. Die
Neigung des Schreibers Nr. lU zog ihn vorzüglich zu solchen roman-
tischen Abenteuern, in denen auch hie und da das höfische Element
mehr hervortritt. Nr. HI^ offenbar der Leiter der Schreibarbeit im
zweiten Theil der Saga, konnte sich recht wohl das zur eigenhändigen
Arbeit auswählen, was ihm besonders anstand. Dort aber, wo er in
die Arbeit von Nr. U eingriff, wo er den Einschub machte, bewies er,
wie gering man es auch anschlagen mag, doch eine selbständige Auf-
fassung der Saga. Der Charakter dieses Einschubes aber ist dem der
spätereren Episoden im Wesentlichen ähnlich. Auch die Geschichte
Sigurds , besonders die seiner Jugend, bleibt ftlr die )>iärekssaga ohne
Folgen; auch hier zeigt sich das Nebelhafte und Verschwommene in
den geographischen Verhältnissen. Sigmund hat ein Königreich in Tar-
lungeland, sein Schwager Drasolf ist König, wovon? Beide unternehmen
«inen Kriegszug austr i Pulinaland, nichts wird davon erzählt, der
Name ist Lückenbüsser. Sigurd treibt in dem Glasgef^ß einen Fluß hinab,
treibt an einer Insel an — weder jener, noch diese trägt einen Namen.
Man wird sonach den Schreiber Nr. II nicht mit Raßmann beschul-
digen dürfen, er habe diese Partie ausgelassen, viehnehr hat sie Nr. HI
eingefügt; und wohl selbständig, wie auch die anderen Episoden, denn,
lassen sich auch nur äußerliche und zufällig scheinende Dinge daf^
anführen , derselbe gewinnt ftir uns eine ausgeprägte Individualität.
Daß diese Erweiterungen hier in M zuerst erscheinen, ist auch der
vielen Widersprüche wegen nicht unwahrscheinlich; der erste Hinein-
arbeiter, der mehr unter der Herrschaft seines Stoffes stand, konnte
172 TREUTLER
sich ihnen schwerer entziehen, die spätem Überarbeiter sehen wir
sogleich ebnen nnd glätten.
Als wir oben erwogen, ob M anf rein mechanischem Wege mm
zwei Vorlagen abfließen konnte, blieb uns die entgegengesetzte llOg-
lichkeit offen , eine Überarbeitung und für die Doppelpartien absicht-
liche Wiederholung anzunehmen. Diese Annahme passt sich dem eben
gewonnenen Resultate vortrefflich an. Wenn Nr. III den abenteuer-
lichen Zug hatte, den wir ihm oben zuschrieben, konnte er wohl, als
er empfand, wie er mit seinen Episoden doch das Ganze zerrüttete,
— und diese Erkenntniß musste er bald gewinnen, — um seiner Lost
an Entführungsgeschichten volle Befriedigung und seiner Sammlung
die möglichste Vollständigkeit zu verschaffen, darauf verfallen, die
Geschichte von Gsantrix-Melias-Attila zu wiederholen, die ihm zwtt
der herrlichsten Vorwürfe gab, und an der er, indem er die Valtarir
saga sich anschließen ließ, dieselbe Begebenheit durch drei Gene-
rationen, von Melias bis Valtari vorfUhren konnte. Vielleicht beruhig^
ihn auch, daß er die Geschichte in seiner Vorlage etwas anders erzählt
fand, — eben wegen gewisser Abweichungen hier werden wir für Nr. III
eine etwas andere Quelle wie für Nr. U annehmen müssen. (Freilich
schrieb er nicht überaus sorgfältig, wie man an einigen Veränderungen
in Cap. 170, 171, die er nach den von ihm durchstrichenen in der
Arbeit von Nr. II abschrieb, sehen kann.) Möglicherweise änderte er
auch hier, den Rodingeirr, Cap. 43, 44, z. B. als Werber der Erka
ftar Attila dürfte er wohl erst eingeschwärzt haben.
Woher entnahm nun Nr. III seine Zusätze? (Dieselbe Frage würden
wir eventuell für seine Vorlage zu stellen haben.) Auch hier — wie
z. B. in der Ironssaga — finden sich Stellen, die darauf hindeuten,
daß diese Episoden abgeschrieben wurden. Sie brauchen deßhalb wohl
kaum in einem Werke gestanden zu haben, sondern man dürfte viel-
leicht kleinere nordische Prosaerzflhlungen annehmen, wie Storm z. B.
für die Carlamagnussaga (a. a. o. S. 53) ein bücherweises Entstehen
zu vermuthen scheint Anderes könnte man vielleicht sogar als in M
zuerst in nordischer Sprache niedergeschrieben, als Original ansprechen,
eine derartige Vermuthung möchten wir am ehesten ftir die schon be-
sprochene Episode von Herburt und Hilde wagen, wo das Schwanken
im Namen des jüngsten Königssohnes von Sintram (so die ersten drei-
mal) zu Tintram, Tistram, Tristram mühsames Zurückerinnern zu ver-
rathen scheint; auch der allerdings gedankenlose Schreibfehler, S. 2]4|0
möchte nicht dagegen sprechen. Sonst aber zeigt gerade diese Geschichte
alle die Kriterien, die wir fUr eigene Zuiilgung des Schreibers auf*
ZUR THIDREKSSxVGA. 173
stellten, in hohem Grade, und vielleicht verleitete ihn gerade hier die
Lust, selbst schriftstellerisch thätig zu sein^ zu dem ersten gänzlichen
aas den Augen lassen des großen Ganzen.
Als erst von Nr. III hineingetragen wäfe selbst die Niflungasaga,
wenigstens so ausgedehnt sie jetzt erscheint ^ zu bezeichnen; dafür
spricht, daß hier Gunnars Vater Aldrian hieß, wie in dem Cap. 169,
das Nr. III vor das geschoben, in welchem Nr. 11 erzählt, es sei Irungr
gewesen. (170.) Ahnlich hätte mit Rücksicht auf die Niflungasaga Nr. III
auch den Rodingeirr in die Geschichte der Werbung, Cap. 43, 44, ein-
geflochten. (Zu einer ähnlichen Ansicht über die Sigurds- und Niflunga-
saga und deren Vorhandensein im Norden in prosaischer Bearbeitung
vor der t^idrt'kssaga gelangte auch Raßmann, aber aus anderen Gründen;
vgl. a. a. O., S. XX, Anm. 1.)
Unsere Ansicht über M und seine Entstehung also ist folgende:
M ist kein einheitliches Ganze und nicht nach dem Werke eines Ver-
fassers abgeschrieben. Dem Anfang liegt vermuthlich eine ältere, ein-
fachere ^idrekssaga zu Grunde, die zwei Norweger abzuschreiben be-
gannen. Dieselbe enthielt außer dem, was Nr. I und II wirklich
Bchrieben, etwa noch den Zug nach Bertangaland, Schluß, Sifka's
Rache, Attila's Kriege gegen Valdemar, }>idreks Zug gegen Erminrek?
und das Stück von })idreks Heimkehr bis zum Schluß. Die Arbeit
jener beiden, unterbrochen, ward fortgesetzt von einem dritten Mann,
der andern Gesichtspunkten folgte. Ihm lag eine etwas andere Hand-
schrift vor, die wir aber der ersten an Einfachheit ähnlich halten
können. Dieser Abschreiber jedoch hatte einen abenteuerlichen Hang
EU romantischen Geschichten, deren er eine Menge einwob; er hatte
sie aus schriftlichen Quellen , zum Theil zeichnete er sie vielleicht
selbst nach Erzählungen zuerst auf. Das Ganze zerstörte er damit von
Grund aus. Zwei Schreiber giengen ihm zur Hand, die wohl nach Dictat
schrieben.
Schon Storm in seinem öfters citierten Buche, d^m wir große
Anregung verdanken, stellt eine, wie es seheint, ähnliche Ansicht auf,
wenn er sagt, M zerfalle in zwei Redactionen, und wenn er femer
Nr. III als den Hauptredacteur bezeichnet. Er spricht sich jedoch nicht
schärfer aus und zieht, wie uns däucht, nicht die genügenden Fol-
gerungen.
Von einem Verfasser der Saga in der vorliegenden Gestalt dürfte
schwerlich weiter die Rede sein können; der der eigentlichen (ein-
facheren) I^idrekssaga tritt hinter dem Überarbeiter in M zurück, und
dieser verdient jenen Namen nicht
174 TREUTLER
Der Prolog, selbst wenn er wirklich in M gestanden hätte, wire
dann doch nur za dem einen Theile der Saga zugehörig und 6nÜ>ehite
fllr den andern jeder Beweiskraft. Überhaupt erscheint es gnmd&lsclv
von einem Theile in M auf den andern irgend welche Schlasse zu
ziehen; die Schreiber Nr. 11 (und I) und Nr. HI (IV, V) sind streng
von einander zu trennen.
Wie man sich das Verhältniss von M bei der geinndenen Sach-
lage zu seinen deutschen Quellen zu denken hat, ist im zweiten Theil
noch besonders erörtert
Kommen wir mit wenigen Worten auf unsem Ausgangspunkt
zurück« Für die Erzählung von })iäreks Hengst Falka glauben wir
wahrscheinlich gemacht zu haben , daß dieselbe in M nur einmal, al»
Cap. 188, nicht zweimal vorkam.
Die anderen beiden Doppelerzählungen verdanken ihre Entstehung
dem Gegensatze zwischen Schreiber Nr. II und III; die erste von
Hagen's Herkunft, Cap. 169, fügte Nr. lU wahrscheinlich der Niflunga-
saga, der die Darstellung von Nr. II, Cap. 170, nicht entsprach, über-
einstimmend zu; für die Wiederholung der Geschichte von den Vil-
cinenkönigen wird sich schwer ein Grund angeben lassen, falls man
sich nicht zu unserer oben aufgestellten Hypothese, der die allgemeinen
Verhältnisse kaum widersprechen, bekennen mag.
IL
Unter allen die I^iärekssaga betreffenden Fragen eine der wich-
tigsten und vielleicht am meisten behandelt, ist die, wie sich dieselbe
zu ihren deutschen Quellen verhält Daß ihr überhaupt solche zu
Grunde liegen, steht außer Zweifel; ebenso, daß es mehrere sind,
nicht blos eine ist, wie P. E. Müller im Anschluß an die Worte de«
Prologes: })e8si saga er ein af })eim stoerstum sogum er gorvar hafa
verit i })yäer8kri tungu, glauben wollte; endlich wird von Niemand
bestritten, dap der Stoff dieser Quellen dem Norden durch Nieder-
deutsche vermittelt ward.
Über alles andere gehen die Ansichten auseinander.
W. Grimm, Heldensage, S. 175 ff. glaubt, der Sagaschreiber habe
geschöpft theils aus schriftlicher, theils aus mündlicher Überlieferung
(alten Geschichten und Erzählungen deutscher Männer) , die er auf
deutschen Burgen empfangen.
A. Raßmann, Heldensage, Band H, S. XXI, glaubte dieß näher
dahin ausführen zu können, daß unter der mündlichen Überlieferung
niederdeutsche, kürzere Lieder, nach Art der Kjaempeviser zu ver*
ZUR THHE)REK8SAGA. 175
stehen seien, schriftlich aber dem Verfasser der Saga hochdeutsche,
längere Heldengedichte vorgelegen h&tten.
• Alledem entgegen erklärte sich Döring in seiner Abhandlang: Die
Quellen der Niflungasaga in der Darstellung der I'idrekssaga und
den von dieser abhängigen Fassungen. (Zeitschrift ftlr deutsche
Philologie, Band II, S. 1—79, 265-292.) Er betonte, daß der Verfasser :
1. nicht in Deutschland seinen Stoff erhielt; — dieß im Anschluß
an P. E. Müller, der das Gleiche annahm, und als den Ort, wo der
nordische Verfasser seinen deutschen Gewährsmännern begegnet, glaubte
Bergen bezeichnen zu könoen;
2. daß er keine schriftlichen deutschen Vorlagen hatte und nur
mtlndlichen Berichten folgte;
3. daß diese hauptsächlich oder nur aus hochdeutschen, umfang-
reichem Epen geschöpft;
4. daß er ein Unterhaltungsbuch liefern wollte, deßhalb sich nicht
so getreu an seine Quellen gebunden glaubte , deren Darstellung er
denn auch, theils um zu besserer Einheit in seiner Geschichte zu ge-
langen, theils um sie nordischem Geschmack angemessen zu machen
und mit nordischen Sagengebilden mehr in Einklang zu setzen, ver-
änderte, was ihm aber zeitweise auch unabsichtlich begegnen konnte,
da er aus dem Gedächtnisse schrieb.
Diese vier Sätze liegen der Ausführung, daß die Niflungasaga
auf unser erhaltenes, hochdeutsches Nibelungenlied zurückgehe, nicht
auf irgend eine unbekannte Vorlage, zu Ghrunde, wie umgekehrt diese
Untersuchung im Einzelnen wiederum sie zu stützen dient.
Zuletzt handelte über die beregte Frage G. Storm. Dieser nahm
die beiden ersten Sätze Döring's unbedingt an^ indem er MüUer's An-
sieht über den Ubermittlungsort Bergen noch näher ausftlhrt; weiter
neigt auch er sich zu der Ansicht, daß nur größere epische Gedichte
den Stoff geliefert hätten, doch sei nicht mehr zu entscheiden, ob die-
selben hoch- oder niederdeutsch (dann wohl Übersetzungen hoch-
deutscher Epen?) gewesen seien. Vgl. S. 107, 108. Bestimmt spricht
er sich aber gegen die vierte Döring'sche Behauptung aus, die Heran-
ziehung des erhaltenen Nibelungenliedes verwirft er ganz: der Ver-
fasser der Saga folgte seinen Quellen treu, weicht er von uns Be-
kanntem ab, so gab es in alter Zeit Epen, die eine andere Fassung
hatten, als die uns bewahrten, oder die Verschiedenheit fällt den nieder-
deutschen Gewährsmännern zu Last; es ist fabch, einen Einfluß nor-
discher Sage und Sitte nachweisen zu wollen.
176 TRF.UTLER
Ähnliches Vertrauen setzte Kaßmann (wohl aach W. Orimm) in
die Zuverlässigkeit des Verfassers.
Nach der oben geführten Untersuchung stellt sich fär uns einiges
anders, als bisher ausgesprochen ward. Nach unserer Ansicht kam die
I^idrekssaga, wie sie in M vorliegt, so zu Stande, daß die unvollendete
Abschrift einer altern , einfacheren I'iärekssaga bei ihrer Fortführung
durch einen andern Schreiber aus mehreren nordischen Prosasaga» er-
weitert wurde. Ist diese Annahme richtig, so wird man kaum bestreiten
können, daß der Verfasser einer von diesen ganz wohl seinen Stoff
selbst in Deutschland erhalten oder eine schriftliche Vorlage gehabt
haben könne, ohne daß sich eine Andeutung hierüber in M erhalten
hat; ohne eine solche können wir jedoch bei den Döring' sehen Sätzen
stehen bleiben.
Wichtiger ist zu entscheiden, ob die Darstellung in M den
deutschen Quellen treu folgte? Diese Frage müssen wir verneinen.
Wenn schon für die ursprüngliche I^idrekssaga schwer ganz getreues
Festhalten an den deutschen Quellen anzunehmen ist^ — diese waren
zahlreich und wichen vielfach von einander ab*); um sie zu einem
Ganzen zu verbinden , musste der Ordner dem Einzelnen bisweilen
Gewalt anthun, — so lässt sich solches noch weniger fbr den Er-
weiterer in M, unsem Schreiber Nr. III, annehmen, der durch rohes
Einschieben fremder Episoden sein eigentliches Original durchaus zer*
störte und auch gegen jene gewiß nicht mehr Rücksicht nahm, wenn
es galt, eine auch noch so oberflächliche Einheit herzustellen. Dabei muß
man bedenken, daß gerade diese Erweiterungen von ihrer deutschen
Heimat bis zu der Aufzeichnung durch Nr. III noch eine Stufe mehr
durchzumachen hatten, als die eigentliche l'idrekssaga. Wie die Um*
änderung des Einzelnen dem Ganzen zu gefallen fortschreitet, lehrt
uns deutlich die Bearbeitung AB; hierin wird gleichwohl, ebenso wie
in M, getreuer Anschluß behauptet und auf erhaltene Denkmale sich
berufen.
Nach diesen Erwägungen können wir der letzten der oben ange-
ftlhrten Döring'schen Thesen nur vollkommen zustimmen , trotzdem
wir die Begründung aus dem Prolog fbr keineswegs sicher halten.
(S. Döring a. a. O. S. 5.) Döring's entsprechendes Verfahren im be-
sondern bei Vergleichung der Niflungasaga mit dem Nibelungenliede
könnte nur dann unerlaubt erscheinen, falls besondere Gründe sich
*) Wie sehr Btreiien nicht unsere erhaltenen Heldenlieder nntereinander, sowdU
in chronologischen als anch in andern Dingen!
ZUR THIDREKSSAGA. 177
noch dagegen vorbringen ließen. Sowohl das, was Raßmann^ wie das,
was Storm Air die Zuverlässigkeit des Verfassers sagen, steht aber
auf schwachen Füßen.
Raßmann meint, S. XXVIII, die einzige Partie, in der man den
Sagaschreiber controlieren könne, sei die Erzählung von })idreks' Kämpen,
das dänische Volkslied, Eong Didrik og Hans Ejsemper, das sich aus
dem sächsischen entwickelt habe , beweise den nahen Anschluß der
Pidrekssaga an das letztere. Storm hat nachgewiesen, daß das dänische
Lied auf die schwedische Didrikschronik zurückgeht, die, wie wir
oben sahen, eine Bearbeituug der l'idrekssaga ist.
Weiter gibt Raßmann S. XV unten, die Widersprüche der Saga
filr einen Beweis großer Gewissenhaftigkeit den Quellen gegenüber
aus, wir können darin nur den Widerstreit zweier verschiedener nor-
discher Bearbeiter finden.
Was Raßmann weiter für den Sagaschreiber aniUhrt, zieht auch
Storm zum großen Theil wieder herbei. Beide berufen sich auf die
Stelle im Prolog: ok })o at })u takir einn mann or hverri borg um
allt Saxland**^. })a munu })essa sogu allir a eina leid segia. Storm
S. 119 meint, fingierte Quellen seien in der classischen Periode nor
wegischer Litteratur etwas unerhörtes.
Wir könnten zuerst entgegenhalten^ daß die Zugehörigkeit des
Prologs für M nicht zu erweisen ist; aber auch diese vorausgesetzt,
— was in der angezogenen Stelle gesagt ist, ist ja gar nicht richtig.
Uns scheint der Unterschied zwischen Jemand, der ftlr etwas eine
Quelle angibt, wofUr er keine hat, und dem, welcher zwar mehrere
Quellen hat, aber gegen besseres Wissen deren Einstimmigkeit ver-
sichert, ein höchst feiner. Daß aber die Quellen nicht einstimmten^
gibt Storm zu, der sogar selbst sich bemüht, eine Reihe eigenartiger
Sagengebilde herauszuschälen. Eehren wir unsere eigenen WaflFen gegen
uns! Gesetzt, der Prolog sei unecht, so bleibt die Stelle Cap. 394,
welche Einstimmigkeit der Quellen nur für einen kleinen Theil der
Sage behauptet; es wäre ja möglich, daß zwar die einzelnen Episoden
untereinander nicht übereinkämen, daß aber gleichwohl jede überall
mit denselben Abweichungen erzählt worden wäre. Wahrscheinlich ist
das fireilich nicht; kleinere Sagengebilde über verwandten Stoff werden
sich immer anziehen und beeinflussen. Döring S. 267 erklärt den Haupt-
theil dieses Capitels geradezu für Erfindung. Die vielen Berufungen
*) Storm nimmt Saxland wieder, wie früher Raßmann für Sachsen, was Döring
S. 78 für unznlässig erklärte.
OERAIANU. Nene Reihe. VIU. (XX.) Jahrg. 12
178 TREUTLER
auf OrtlichkeiteD , die sich in demselben befinden, erwecken kein
Vertrauen, schon Rafimann kamen solche Hinw^sungen auf noiä Tor-
handene Denkmäler verdächtig vor, vgl. S. XXVH; und Döring wiei
treffend hin auf die Aussage über })idreks Spieß (Gap. 336) lind die
wunderliche Localisierung des Irungs v^r in Susfr (Cap. 387.y
Raßmann fand in der I^idrekssaga einen Widerstreit hoch- und
niederdeutscher Quellen. " '^ .
Storm, der an die niederdeutschen kurzem Lieder nicht ^latub^
scheint es sich so vorzustellen, daß die hochdeutschen Epen auf ihrer
Wanderung nach dem Norden über Niederdeutschland durch nieder-
deutsche alte Sagen stark beeinflußt worden. — So wird man das von
ihm S. 110 ff. gesagte wohl erklären dürfen; eine. Localisierung des
süddeutschen Stoffes in Norddeutschland ohne einen solchen äußern
Grund erscheint doch nicht denkbar. —
Döring endlich behauptet, der oberdeutsche Stoff erscheine in TA,
seinem eigentlichen Wesen nach, unverändert; im Einzelnen freÜich
vielfach verdorben, imd mit nordischen (auch niederdeutschen?) An-
sätzen.
Alle drei ziehen die geographischen Verhältnisse in der J^idreks-
saga herbei. Der Kern der Frage ist: liegt Hunaland im Osten, in
Ungarn, oder liegt es in Norddeutschland? (Zweitens, ist Bern Verona
oder Bonn?)
Döring, nachdem er glaubte, hinlänglich erwiese^ 2u haben, d«4
der Niflungasaga das Nibelungenlied zur Grundlage diene, schloA : ein^
fach, liegt in diesem das Hunenreich in Ungarn, muß es in jener
ebenso sein.
Raßmann, fiir den der Schauplatz der alten Heldensage 'über-
haupt am Rheine liegt, setzte deshalb auch das Hunalaad der Ndrdo^
saga hieher. — Storm schloß sich ihm darin an.
Die Annahmen Döring's und Raßmann's sind also im Ghrunde
willkürlich, jener brauchte Hunaland im Osten, dieser im Norden, beide
brachten dann eine Anzahl Gründe Air ihre Meinung vor.
Wo kann Hunaland liegen? Raßmann gesteht zu, daß Bern in
den meisten Fällen Verona sei, nur an einer Stelle will er es filr Bonn
nehmen, weiter muß er für einzelne SteUen zugeben, daß Hunaland
daa Hunnenreich an der Donau ist. Zwischen den einzelnen Schreibern
in M ist zu unterscheiden.
Eine einzige Stelle nur zwingt uns, Hunaland da zu suchen^ wo
Baßmann es finden wilL
ZUR THIDREK8SAGA. 179
Cap. 45 heißt es: Attila will gegen Villcinaland ziehen^ er sammelt
ein Heer und rückt von Sosa aas und reitet mit diesem Heer nord-
wärts nach Villcinaland. Ihm entgegen zieht Aspilian, der aber ge-
schlagen wird« Attila verfolgt die Flüchtigen weiter in's Land hinein.
Nun sammelt Osangtrix ein Heer und zieht ihm entgegen. Ok er
hann kemr sudr i Jotland. })a hefir hann. X« ))a8undir rid-
dara"*") u. s. f. Attila entweicht sudr i Hunaland. Als er in den Wald
kommty der zwischen Hunaland und Dänemark liegt, sehlägt er seine
Zelte auf*
In dieser Stelle ist schwer an das östliche Hunaland zu denken.
Sie findet sich aber nur in AB, die Bedaotion von Nr. III für diesen
Theil ist verloren^ die von Nr. H weicht ab.
Aber ganz deutlich ist das Hunaland an der Donau gemeint:
Cap. 293« Valldemarr von Holmgard zieht gegen Himaland. Attila
rüstet und Valldemarr zieht sich zurück. 294. Attila folgt ihm und zieht
nach Rußland. Als er in das Reich von Vilcinaland und Rußland
kommt, beert er. Valldemarr kommt ihm nun entgegen, sie treffan sich
in Vilcinaland (Pulinaland AB). 395 kommt es zur Schlacht 296
flieht ))idrekr nach derselben in ein Castell. 298 rückt ein Heer Attila's
zum Entsatz heran und es heißt: als die Wächter Valdemar's gewahr
werden^ daß ein unermessliches Heer nach Rußland gekommen war
u. s. f. Diese Stelle ist von Hand IV geschrieben/ also unter der Re-
daction von Nr. IH. Hier grenzen deutlich Vilcinaland, Rußland und
Hunaland zusammen, dann kann Hunaland bei der Ausdehnung, die
den andern Ländern durchweg gegeben wird, nur Ungarn sein^.
Bei Nr. U geht es von Hunaland nördlich nach Vilcinaland, auch
andere Bestimmungen finden sich, die aber keine G-ewissheit geben.
Cap. 35 (Unger S. 42 unter dem Strich) sagt Fridrik, er sei langen
Weg V 85 st an af Spania nach Hunaland gezogen, was auf das östliche
Hunaland besser passt, als auf das nördliche.
Nach dem Osten weist Hunaland eine zwingende Stelle bei Nr. IV,
nach dem Norden nur eine in AB; im Übrigen haben wir zwischen
beiden die. Auswahl , wir werden uns in Hinblick auf das sehr un-
' *) Das gesperrt Gedhickte sogar nar in A.
">*) M^D könnte einwenden, daß in diesem Theil der Saga, den KSmpfen Attilas
mit Valldemarr, Vilcinaland und Baßland eigentlich stets susammengerechnet werden,
nnd behaupten, Vilcinaland sei hier mehr eine Provinz von Rußland, so daß dessen
Name dafür stehe. Dann würde doch das viele Wechseln mit beiden Namen wunderbar
sein; aneh wird PuUnaland Cap. 304 selbständig erwähnt, das dann auch russische
Provins hätte sein raUssen.
12*
180 TUEUTLKR
gleiche Gewicht der beiden erwähnten Stellen und da die Analogie
der Nibelungen immerhin schwer in die Wagschale fällty für den Osten
entscheiden.
Schwierig ist im besondem die Stelle Cap. 363, wo es heißt, die
Niflunge konmien an den Rhein, wo Donau und Rhein zusammen
kommen. Döring meint , der Rhein stehe fOr den Inn, die Stelle be-
weisCf daß die Niflunge von Worms nach Osten gezogen seien. Raß-
mann vermuthet, der Verfasser der Saga habe zwischen norddeutschen
Quellen, von denen die einen Hunaland an den Rhein, die andern an
die Donau verlegten, vermitteln wollen, und so beide Ströme zusammen-
fließen lassen. Storm verwirft beide Erklärungen: die Donau vertrete
den Main. (S. 113.) Ohne die Annahme einer Vertauschung kommen
wir also doch nicht vorwärts, am einfachsten ist es dann, wenn wir
geradezu dem Verfasser der Saga eine Vertauschung zwischen Rhein
und Donau zuschreiben, ersterer war im Norden ofienbar viel mehr
als ein Hauptfluß Deutschlands bekannt, ausserdem spielt er gewiss in
den altnordischen Liedern, die dem Sagaschreiber bekannt waren, eine
Rolle , wie in deren uns in der Edda erhaltenen Verwandten , es lag
deßhalb nahe, ihn hier weiter einzuführen. Dann kann sich der Schreiber
der Saga dunkel einer Stelle, wo von dem Zusammenfluß zweier Ströme
die Rede ist, erinnert (s. Döring, S. 22) und nun die mehrfach er-
wähnte Donau noch haben zu ihrem Rechte kommen lassen wollen«
DerRin wird erwähnt noch: Cap. 345 (Hand HI) Tira, des Apolloniua
Residenz^ liegt nahe am Rhein. 282 (Hand HI) Trelinnborg, die Burg
der Harlungen, steht am Rhein. 289 (Hand IH) })idrek flieht nach
Bakalar am Rhein. 363, 364 (Hand V), die Stellen der Niflungasaga.
399 und 402 (Hand IV, die zweite Stelle nur in AB erhalten), |)idrek
auf seiner Rückreise wird durch Eisung jarl den Jungen angegriffen»
der aber den Rhein gesetzt ist Die Dünä erscheint nur Cap. 363.
Alle Erwähnungen des Rheins finden sich nur bei Nr. HI, IV, V.
Für die erste Charakteristik eines Menschen genügt es zu wissen,
welcher Nationalität er angehört oder etwa welcher größeren Stadt,
da die Vorstellungen, die wir uns von einer Nationalität machen,
wesentlich an die von ihren großem Orten gebunden sind. Wir werden
einen sehr verschiedenen Begriff haben von Jemand, der aus Paris,
Wien oder Petersburg ist, auf die genauere geographische Lage dieser
Orte unter einander kommt es dabei gar nicht an.
Bestimmte geographische Kenntniss eines Landes wird man erst
gewinnen, wenn man sich die Wasserläufe und Stromgebiete desselben
einprägt. Diese Art der Aneignung geographischer Verhältnisse war
■ ; ZUR THK)REK8SAGA. 181
ftLr den Menschen des Mittelalters, der der Eoirten entbehrte, wohl die
einzige. Sie kostete viel Mühe.
Nun kam es dem Schreiber oder den Schreibern unserer Saga
aber hauptsächlich auf die Schilderung des persönlichen und nationalen
Charakters ihrer Helden an, dafltr waren nicht große geographische
Studien nöthig, ganz rohe und einfache Angaben genügten, ob der
Held ein Vilcine, ein Russe oder ein Hunne war, Vilcinaland lag dann
im Norden, Hunaland im Süden, Rußland im Osten; und ob sich der
Schreiber Holmgard am Meere gedacht hätte, oder 20 Meilen davon,
das änderte an Hertnids Schicksalen nicht das mindeste. In den grobem
Umrissen werden auch die beiden Recensionen in M ziemlich über-
einstimmen. — Die feinere Ausführung konnte nach Gutdünken am
passenden Orte zugefUgt werden. Hier finden sich denn auch Ab-
weichungen zwischen Schreiber H und HI, nach Cap. 56 (HI) liegt
das Castell Marcsteinn im Falstrskogr, nach 117 (U) Marsteinn im
Borgarskogr, AB haben beidemal Marsteinn, doch waren am Ende beide
nicht zu identificieren. Ja selbst in derselben Episode ist nicht immer
Klarheit über das Detail vorhanden, vgl. was vom Üngara-Valslöngu-
skogr in der Ironssaga gesagt ist. Bisweilen verstanden die nordischen
Schreiber wohl auch die deutschen Namen nicht als Bezeichnung für
einen Ort, den ihre Sprache anders nannte, und so konnte das Bild,
was sie sich machten, kein vollkommen klares sein, (Ein Beispiel
bietet die Umdeutung von der Harlungenburg Fritila in Fridssala;, Ver-
celli in AB, Cap. 13, die kaum am Platie ist) — Für die sorglose
Art, mit der die einzelnen Länder gruppiert werden, bietet ein gutes
Beispiel Cap. 233 (und 237), wo Herburt von Bern nach Bertangaland
(doch wohl England) zieht, erst A (Seite 214^ und 2178) führt die
Schiffe ein. Femer Cap. 279| , wo Erminrek zwar seinen Sohn zu Schiff
nach England sendet, aber auch die Fahrt zu Lande nicht unmöglich
gedacht wird.
Zumal nach diesen Beispielen werden wir ruhig glauben können,
daß der Sagaschreiber, der wusste, daß das meiste im deutschen Reiche
spiele, dann für vergessene Namen einfach die deutschen Flüsse und
Städte, die er besser kannte, einsetzte. (So auch Döring, S. 4, Anm. 10.)
Was wusste er z. B. wie der Oberrhein lief, ob der nicht von Osten
herumschwenkt, so daß Bakalar ganz wohl im östlichen Hunnenlande
und doch am Rhein liegen konnte; nach nordischer Tradition spielt
nun das ganze Drama an diesem, — also setzte ihn der Schreiber
frisch in seinen Text Solche Annahme scheint immer noch wahrschein-
licher, als das sonst angenommene Umspringen von Süd- nach Nord-
182 TREUTLER
deut8chland , oder von Italien nach der Rheinprovins. Wenn )>id^ek
gegen das Heer des Königs von Romaboi^ zieht, ond sie treffen iieh
in dem dorch diesen dem Vertriebenen abgenommenen Reiche, so kann
das nicht an der Mosel sein; — im letzten Theil ist ))idrek offenbar
in Italien König, gleicher Redaction gehört die oben erwfihnte Ers&hlnng
an, — sondern die Mosel ersetzt hier einen andern Flaß. Hatte der
Verftisser der Saga nur irgend eine Spur von geographischer Kennt»
niss, so roh wie immer, so konnte er doch ein solches Heromspringen
der örtlichkeiten weder selbst beabsichtigen, noch absichtlich — ver*
schiedenen Quellen gemäß — behalten. Nach der Andeutung Raßmanns
S. XI über Brictan scheint dieser es so zu denken, daß der Verfasser
die in Norddeutsehland heimische Sage allerdings habe im Süden loeali-
sieren wollen^ und so aus Wrexen Brictan machte, um den Namen
mehr an Brisen anzugleichen. Damit gäbe aber Baßmann zu, daß
wenigstens der Sagaschreiber sich )>idrek8 Reich nur in Italien denkt
(und so auch Hunaland dann nur an öiner Stelle), dann hätte derselbe
aber gewiß versucht, diese Ausgleichung weiter durchzufilhren. Oder
ist Brictan für R^mann Vermittlung zwischen Wrexen der nieder-
deutschen und Brixen der hochdeutschen Quelle? Und wollte der Ver-
fasser seinem Leser offen halten, sich je nach Belieben nadi Nord-
deutsehland oder Itali^i zu denken?! Wollte man endlich den Ver-
fasser als ganz unwissend und nur seinen Quellen, bald der, bald jener,
nachbetend ansehen, so daß er bald etwas Niederdeutsches, bald etwas
Hochdeutsches, beide gedankenlos vermischend, au&ahm, und so die
niederdeutsche Mosel nach Italien gekommen glauben, so hat unsere
Behauptung, er habe einen bekannten Fluß für einen vergessenen ge-
setzt, dieselbe Berechtigung.
Eine solche Vertauschung von Namen findet sich auch in der
Oeschichte von Eoca^ wo die tirolische durch westfiUische gleichlautende
ersetzt, letztere noch vermehrt wurden.
Femer gibt Ghtmd zu Erörterungen gewühnlieh Vidgas Ausfahrt.
Vidga triflt an der EidisA )>idreks Gesellen, sie ziehen durch den Lura-
vald zum Castell Brictan und über die Visarä nach Bern. Man wird
hier die Eädisi weder fhr Eider noch Eder, sondern die Etscji, und
die Visarä mit Döring (är den Mincio zu nehmen haben ^). Der Luru-
vald aber liegt zwischen )>idrek8 und Attilas Reich, also etwa in Tirol,
wo letzterer, bei der gänzlichen Unbestimmtheit, in der gerade die
*) Entschieden unstatthaft ist es, wenn Storm S. 111 die Lippa ans AB in seine
Beweisföhrong imt hereinueht
ZUR THIDREKSSAGA. 183
ÖsteireichiBcfaen, wie überhaupt die deutschen Gebiete gelassen werden,
gar ikohl noch sein Jagdgebiet haben konnte. Vgl. Cap. 139.
Es ist auch, mit Storm kein innerer Widerspruch zu finden in der
Beiseroute })idrek8y wie sie Döring aufstellte^ S. 265^ 266. Er reitet von
Susa hina vestri leid til Mundiu und kommt über Bakalar zum Luru-
vsldy in die Nähe des Rheins (nach uns = Donau) und Ton hier über
die Alpen. Frmlich dürfen wir dann den Luruvald nicht in Westfalen
suchen. (Wenn hina restri leid für den Norweger und Isländer von
seinem Standpunkte aus auch den Weg durch Westdeutschland be-
zeichnete (Storm S. 112), so kann es von einem andern Ausgangspunkt
gewiß auch ganz einfach den westlichen Weg = den Weg nach Westen
bedeuten.) Übrigens kann der hier erwähnte Luruvald immer noch
ein anderer sein^ als der Cap. 139 und 101 bei Nr. 11 erwähnte.
Wir ktonen also auch in den geographischen Verhältnissen und
der Verschiedenheit der Angaben nicht treuen Anschluß des Saga-
schreibers an sttine Quellen entdecken, wohl aber Willkürlichkeiten und
Ungenauigkeiten genug. So werden wir auch auf die Erwähnung von
Soest/ Cap. 394, nichts geben können. Döring erklärt das Capitel, wie
eiwähnty fOr Erfindung. Die Stellung desselben in der Handschrift ist
▼ielleioht auch nicht gans unverdächtig.
IZwischeh Schreiber I, n und III bestand eine Vertheilung des
Stoffes weder ilach dem Raum, noch dem Inhalt^ jeder nahm die Arbeit
des Vörgängei^ da auf, wo sie gerade abgebrochen war: sie schrieben
nach einander.
f^'^ Ein Abkommen über das zu schreibende ist aber bei Nr. m, IV
rUnd V nachzuweisen: sie schrieben miteinander.
Nri rV beginnt seine Arbeit auf einer frischen Lage Pergament
(Lage Xin) mit einer neuen Geschichte, den Kriegen Valdemars gegen
Attila (Cap. 293). Zu diesen rechnet man freilich noch Cap. 291. 292.
Wir halten dieselben ftlr schlecht beglaubigt Sie sind im wesentlichen
inhaltslos, ihr Hauptinhalt aber ist unsinnig. Osangtrix wird hier zum
zweiten Mal erschlagen, Hertnid, sein Sohn, wird König, im folgenden
wird er nie erwähnt, Valdemar erscheint vielmehr zugleich über Vil-
cinaland gebietend. Cap. 293 schließt sich außerdem ganz gut an 290;
Schluß; ^i^kr (entschließt sich da zu bleiben imd) verweilt nun bei
König Attila lange Zeit. 293 aber, als Attila nicht lange zu Hause ge-
wesen, erfiüirt er u. s. f. Nr. HI, der Nr. IV unterdeß auf der frischen
Lage den Russenkrieg hatte anfangen lassen, bekam seine Lage nicht
ganz voll. Was ließ sich zwischen })idreks Ankunft bei Attila und den
Russenkrieg noch einflicken? Der Vilcinenkrieg hatte den letzteren
184 TREUTLER
veranlasst, also war das einfachste^ ihn nochmals vorzuführen — ob Nr. m
fbr seine Art, ihn zu erzählen, eine Quelle hatte, oder nicht, das bleibe
dahingestellt MüUenhofis Vermuthung, Haupts Ztschr. XTT, S. 350, ist
hiermit durchaus bestätigt^ daü Hertnid fälschlich ein Sohn des Osang-
trix genannt werde, aber nicht nur das ist falsch, sondern daß er hier
überhaupt vorkommt, wo das zunächst folgende von ihm nichts weiß.
Außer diesem Krieg gegen Valdemar schrieb Nr. IV noch })idrekB
Zug gegen Erminrek, Sigurds Ende und Fasolds und ))etleifs Unter-
gang, und follte damit Lage XUI, XIV und 7 Blatt von XV. Die letzten
10 Zeilen des siebenten Blattes sind von Hand V. Es ist kaum zu be-
zweifeln^ daß sie genau Ungers Cap. 355, das den Schluß zu der Ge*
schichte von Fasold und ))etleif bildet, enthalten. Dasselbe ftült 13
knappe Druckzeilen, aus der Vergleichung des Facsimile mit dem
Druck ergiebt sich ein kleiner Überschuß der geschriebenen Zeile bei
Nr. V über die Druckzeile. Eine Überschrift hat das Capitel nicht,
folglich kommen die 13 in den 10 Zeilen genau unten Es mag das
Capitel ein späterer Nachtrag durch Nr. V sein.
Die eigentliche Arbeit von Nr. V war die Abschrift der Niflunga-
saga, die auch von Nr. V zu finde geführt wird; dieselbe ftdlt Lage
XV Blatt 8, Lage XVI, Lage XVH, Blatt 1, 2, 3. Daran schließen sich
die Worte: i Niflungaland, bei Unger Schluß des Capitel 393, und Cap.
394, von Hand IV geschrieben, noch denselben Stoff behandelnd, oben
auf dem vierten Blatt Dann beginnt eine neue Erzählung^ die von
})idreks Heimkehr.
Es ist höchst eigen, daß das Eintreten anderer Schreiber stets
an so merkwflrdigcr Stelle statt hat, wo neue Pergamentblätter anfangen,
imd wo die Geschichte — fast — aus ist"*"). Man wird das nicht fbr
einen Zufall halten, derselbe wirkt allerdings mit, aber in beschränkterem
Maße.
Als Nr. HI merkte, daß er allein nicht fertig werde, theilte er
Nr. IV einen Theil des Abzuschreibenden zu; als dieser schon eine
Zeit lang arbeitete, sahen beide ein, daß das Werk immer noch nicht
genug gefordert wurde, und noch ein dritter wurde angestellt (Zu diesem
Bilde größter Hast passt die Bemerkimg sehr gut, daß Nr. IV und
V auch noch nach Diktat schrieben-, vgl. oben S. 153.) Nr. IV berechnete
nun, wie viel er noch Pergament brauche bis zur Beendigung der tett-
Icifepisode, und es fand sich, daß er dazu 7 Blatt über eine Lage
*) Wo die Arbeit von Nr. III wieder begann, ifit, da die betreffenden Blätter
fehlen, leider nicht festzustellen.
ZUR THH)REKSSAGA. 185
brauchen werdo. Auf dem achten ließ er mittlerweile Nr. V anfangen,
dem die Niflungasaga und das Pergament dazu gegeben wurde, er
schrieb sie fertig ab bis Cap. 393, Variante 22.
Cap. 394 kam erst dazu, als 393, d. h. die Arbeit von. Nr. V be-
endigt war, das beweisen die Worte: i Niflungaland, die ebenfalls von
Hand IV zugefügt wurden.
Nun wird kein Mensch, der eine größere Arbeit nach Abschnitten
an verschiedene Schreiber zum copieren vertheilt, darauf verfallen, von
einem solchen Abschnitt den Schluß von geringer Ausdehnung (14 Druck-
zeilen) wegzuschneiden und dem nächsten Schreiber zu übergeben.
Der Zufall aber müsste ein recht närrisches Spiel getrieben haben,
wenn er in ganz ähnlicher Weise zwei Schreiber, jeden an der Voll-
endung seiner Arbeit verhindert hätte. Der Fall war das allerdings bei
Cap. 355. Dasselbe ist kaum zu entbehren. Es fehlte an der Arbeit
von Nr. IV, Nr. V setzte es zu. fis steht am Ende der letzten Nr. IV
zugetheilten Seite. Hier wird sich aber annähernd erklären lassen, wie
der Zufall eintreten konnte. Nr. IV hatte von der Lage XV das
achte Blatt schon durch V voll schreiben lassen. Es trat jetzt das um-
gekehrte ein, von dem, was wir schon zweimal begegnen sahen. Während
Nr. in immer zu reichlich rechnete, hatte Nr. IV seinen Raum zu eng
bemessen*}. Er sah, daß er den Schluß seiner Vorlage nicht mehr
hin bekäme imd ließ eine Lücke. Die Arbeit kam nun an den Redacteur.
Dieser zog die Geschichte eng zusammen. In der That bildet Cap. 355
einen sehr summarischen Schluß zu der ganzen })etleif-Fa8oldepisode.
Endlich bricht es ab mit den wehmüthigen Worten: oc af faanvm er
allmikil saga. \)o at })ess uerde nu eigi her getet i ))e8Bare frasogn**).
Wenn nun diese 10 Zeilen nicht gegen das vorhergehende und folgende
äußerUch abstechen sollten, musste entweder der vorhergehende oder
folgende Schreiber (Nr. IV oder V) sie schreiben, der erstere war im
Augenblick vielleicht nicht zur Hand, so ward der folgende herbei-
gezogen.
Viel roher hätte der Zufall noch im anderen Falle gewaltet Nicht
am Ende oder mitten in der Thätigkeit seiner Schreibarbeit, wie Nr. V
*) Bei einer Yorherbereclmuiig des Baumes, besonders nach Großqnartseiten,
ist ja das Fehlgehen nach der einen oder andern Seite stets das Wahrscheinliche, fast
nnglanblich wäre einmal sicheres Zutreffen.
**) Bisher fand man in denselben ein Zeugniss dafür, daß der Schreiber noch
über einen bedeutenden Stoff verfQgte, aber in weiser Beschränkung femer abliegendes
wegließ. Wir sehen, daß ihn nur die Noth dazu veranlasste.
186 TREÜTLER
Cap. 355 schrieb, sondern am Anfang derselben hat Nr. IV das Oapitel
394 aufgezeichnet, wo dann seine eigentliche Arbeit mit )>idrekB Bfick*
kehr (Cap. 395 ff.) beginnt Da das Capitel erst geschrieben sein kann,
als 393 schon vorlag, dem vorhergehenden Schreiber es also nicht an
Pergament gefehlt haben kann, so hätte diesen hier eben der roheste
und unwahrscheinlichste Zufall von seiner Arbeit fortgerissen. (Zu er-
innern ist nochmals, daß ja eine Vertheilung des Stoffes vorlag!) Von
einem solchen ist aber keine Spur nachzuweisen, denn Nr. V bricht
nicht etwa im Satze ab, sondern Cap. 393 hat einen grammatisch ge-
nügenden Ausgang. Die Worte i Niflungaland, die Nr. IV an den
Schlußsatz anfügte, sind entbehrlich. Aber nicht nur grammatisch ist
der Schlußsatz in 393 befriedigend, auch der Inhalt des Schloßea ist
ausreichend. Ganz behaglich und breit werden Reflexionen angestellt
über das große Drama, das sich eben abgespielt, auf die Berühmtheit
des Stoffes in Deutschland wird hingewiesen, und daß nun die Pro-
phezeiung der Erka sich erfüllt habe. Cap. 394 war danach ziemlich
überflüssig. Wir möchten glauben, daß es nicht zu der Vorlage gehörte»
die Nr. V vollständig abschrieb^ und daß der Bedacteur es ausetaen
ließ als weitere Ausführung der Hinweisung auf deutsche Quellen im
Schluß von 393 und zur besseren Beglaubigung der ganzen Oeschiichte^
die zwar aus einer nordischen Quelle abgeschrieben sein mag, i^ber
doch mit Veränderungen. Beispielsweise konnte eine selbständige
nordische Niflungasaga, die nach den Nibelungen gearbeitet war, sehr
wohl den Wolfhart haben; da die f^idrekssaga ihn aber bei GhxBnsport
fallen lässt, so musste er hier entfernt werden. Der Bedacteur hat
übrigens sonst schon genügende Beweise eines nicht gerade verständigen
und gewissenhaften Verfahrens gegeben, daß man ihm diese Rinftihrong
von Soest auch zuschreiben darf, dieselbe ist allerdings geradesa
litterarischer Betrug, da er sich sonst Hunaland nicht in Westfalen
dachte.
Wir wollen noch auf einzelne Einwürfe eingehen, die Storm g^egen
Dörings Meinung, und, da wir dieselbe im Grunde annahmen, gegen
die unserige erhoben.
Storm gesteht ein Zusetzen einzelner Sätze durch den ^Verfasser
der Saga in redactionellem Interesse zu, dieselben sind doch aber nicht
so gar unbedeutend, gerade durch die versuchte Ausgleichung zwischen
Isimg und Artus, die Storm S. 127 als solcheu Zusatz bezeichnet, ent-
steht die heilloseste Verwirrung. Seite 116 gibt er ebenso das Aufnehmen
einzelner nordischer Namen (Gram, Grane) zu, verwahrt sich aber gegen
die Annahme eines Einflusses von den eddischeu Gedichten, beziehonga-
r
ZtrR THIDREKSSAGA. 187
weise deren nordischer Verwandten, welchen doch offenbar jene Names
entstammen. Bei diesen wird man aber nicht stehen g'ebliehen sein;
die Einftlhning einer ganz fremden Geschichte unter bekannten Nameu
bei einem sagenlicbendeii Volke masste anf Widerstand stossen nnd
eiue AngleichuDff an die vertrauten Gebilde war durchaus geboten.
Ebenso müssen wir die Ansicht Storma bestreiten, daß nordische
Sitte keinen EinfluÜ geübt habe ; der beste Beweisgrund Dörings blieb
unwiderlegt Aber selbst nordischer Patrlotiamus wirkte bei der Com-
poeition der Saga mit. Wir behaupten nicht, daß Yidga ursprünglich,
und derVolkaüberlieferung gemjtli im Norden localisiert war; der Saga-
schreiber jedoch konnte sehr leicht darauf verfallen, es zu thno. Irgend
wohin muBste er ViÖga setzen j als Sohn Velents aber, der dem Norden
im Gegensatz zu vielen andern Gestalten der Sage altbekannt war,
lag es nahe ihn mit seinem Vater auch dort anzusiedeln. Eine gewisse
Vorliebe zeigt der Verfasser filr diesen Helden dnrchweg. Er Überstrahlt
an Kraft, an mnthiger und edler Gesinnung für den Leser gar oft seinen
König, dessen Größe der Schreiber mehr durch Worte bezeugt, bei
jnnem lässt er die Thaten sprechen. Wenn Storm S, 114 über Müllers
Worte: der nordische , Übersetzer habe Vidgas Kühnheit in besseres
Licht setzen wollen, um des Nordens Ehre aufrecht zu erhalten , spottet,
dann sei es ja dumm gewesen, ihn vor Jiidrek fliehen und durch den-
selben tßdten zu lassen, so verkennt er im Grunde damit ganz den
ethischen Gehalt der Sage; Vidga flieht mehr den inneren Widerstreit,
als den Kampf mit [jidrek, auf ihm lastet die schwere Schuld des ehe-
maligen Herrn Bruder gefällt zu haben, die ihm das Vertrauen raubt
in seine Kraft, welche er sonst mit der fiidreks zu messen nicht ge-
fürchtet. Die Art, wie f>idrek ihn später tödtet, nach Entwendimg
seines Schwertes, gereicht ihm gewiß nicht zur Schande; endlich konnte
doch ein Bearbeiter der Soge Dietrichs seine Sympathie filr einen
andern Helden nicht so weit treiben, dall das Ganze sich verkehrte,
daß l>i(trekr etwa durch Vidga besiegt ward, ihn floh oder durch ihn
fletl Die Vorliebe des Verfassers ftir diesen Helden zeigt sich aber
bei jeder Gelegenheit, man vergleiche nur den ,Zug nach Bertangaland'.
Storm S. 116 wirft ein, ein Norweger habe sich mit den Dänen im
13, Jh. den Deutsehen gegentlber nicht solidarisch gefilhlt. Ob die Leute
der alten dänischen Zunge' nicht doch ihre größere Verwandtschaft
achteten? FUr unsere Saga scheint wenigstens Storms Einwurf die
Stelle zu widersprechen, wo Cap. 215 der Isungssohn zu (lettleifr sagt:
nicht gebe ich so meine Waffen auf, |>ottu ser danskr oc enn ro^esti
ofmajtuadarmadr ; in diesen Worten bricht der ganze Stolz des Schreibora
188 TEEÜTLER
auf seinen nordischen Landsmann durch; man wird sie kaum ironiBeh
fassen dürfen, etwa = wenn du auch ein dänisches Grofinmiil bist',
doch selbst dann spiegeln sie nicht weniger das Hochgefühl des Ver-
fassers über den stammverwandten Helden, wenn man sie mit der
weiteren Erzählung zusammen hält^ wo dieser Spott von Grund aus
widerlegt wird. Bei den Kämpfen in Bertangaland siegen von ]>idrekB
Genossen — er selbst als Hauptperson der Saga durfte ja nicht unter-
liegen — nur die beiden Dänen^ })ettleifr und Vidga^ und noch Aum-
lungr, dem man eine Genugthuung für das Vorhergehende schuldig
war; in A wird später sein Ruhm auch noch geschmälert
Endlich erfährt Döring scharfen Tadel von Storm, S. 118, daß er
die Tödtung der Eoiemhild durch Dietrich ftir zufällige Übereinstinunuiig
zwischen der })iärekssaga und dem Anhang zum Heldenbuch erklärt
Welcher Zufall ist wahrscheinlicher, den Döring hier, oder den Storm
S. 196 annimmt? Wenn ein Mann in schwerem Kampf zwei O^ner
gefangen, und es vergreift sich jemand an ihnen, wer wird da nicht
auf den Gedanken konmien, jenem selbst die Rache zuzoBchreibeiiy
obschon in der ursprünglichen Geschichte dieselbe auf einen andern
zurückgeführt sein mag? Aber werden zwei verschiedene Verfasser,
unabhängig, ebenso leicht auf die Idee verfallen, ihren verschmachtenden
Helden im Kampfgetünmael Blut fbr Wein trinken zu lassen?
Die Ansichten Storms und Raßmanns über das VerhältniBS der
Piärekssaga zu ihren deutschen Quellen ^ vermöge der verschiedenen
Einschränkungen, die nöthig wurden, ziemlich verwickelt, hoffen wir,
so weit sie dennoch den gewissenhaften Anschluß des Verfassers an
seine Originale verfechten wollen, im einzelnen zurückgewiesen zuhaben.
Die Piärekssaga ist leider nicht als die reine und defihalb an-
schätzbare Quelle unserer Heldensage anzusehen, wie es der Brauch
war. Wohl bietet sie manches sonst verlorene, und deßhalb hat sie
immer noch eine ziemliche Bedeutung; aber Treue im Einzelnen kann
man ihren Berichten nicht zuschreiben« Sie ist von einer überaus ge-
mischten Herkunft Der Inhalt der hochdeutschen Epen ward durch
Niederdeutsche dem Norden vermittelt, diese Erzählungen wurden zu-
erst wohl einzeln in nordischer Sprache aufgezeichnet und zu kleineren
Gruppen zusammen gefasst; hierbei mag schon vieles sich verändert
haben, manches verblasste, manches gewann durch nordische Anschauung
andere Farbe, die Motive wurden umgewandelt und die Handlung zu
andern Zielen gewendet; die Hauptverderbniss aber brach erst herein,
als diese kleineren Gruppen in die größere, die sich unterdessen als
Piärekssaga herangebildet hatte, von einem Überarbeiter dieser herein-
gezogen und trotz allem Widerstreben in dieselbe verschlungen wurden.
w
7.1TK THIDKEKSSAGA.
189
Hier trat eine starke Umbildung einzelner Sagencleniente ein, zu litte-
rariachem Zweck eines Einzelnen, also durchaua unorganisch, nicht in
der lebensvollen Wandlung, wie eie das fortschreitende Bewusstsein
der Menge, dea Volkes veranlasst. Hylt^n-Cavallius in der Vorrede zu
seiner Ausgabe der Saga om Didrik &f Bern, Stockholm 1850 — 54,
Seite X stellt den Sagasch reiber, der die einzelnen Theile zum Ganzen
einigte, mit dem Volksleben, das poetische und märchenhafte Züge
trägt, sie trennt und verbindet, geradezu zusftmmen. Gewiü mit Unrecht.
Denn hätten wir in der {"idrekssaga eine genaue Aufzeichnung dessen,
was das nordische Volk sich erzählte — und hätte es immer seinen
Stoff ursprünglich aus deutscheu Liedern erbalten und ihn umgestaltet
— so hätten wir in ihr immer eine Quelle lebendiger, wirklicher Helden-
sage, auch unserer deutschen, freilich in einem späteren Enlwickelun ge-
stände ; so aber geht vieles auf die Erfindung eines Einzelnen zurück,
der, wie Döring richtig sagt, einen Roman schrieb, und das eigeatliche
Leben dieser Gebilde beginnt erst nach der Pidrekssaga, in den Volka-
liedem des Nordens. Das aber, was sie selbst bietet, hat so nie, oder
uur im Kopfe eines oder weniger gelebt.
Die Hauptschuld der Entstellung, im Großen und Ganzen, trifft
den Zusammeuarbeiter, — wenn man bei dessen Zwecken von einer
Schuld reden dürfte — wer im Einzelnen sie veranlasste, das wird
sich nicht ausmachen lassen, es mügeo dabei die deutschen Eauäeute
auch nicht ganz unbetheiligt sein. Aber zu bedauern ist, wenn Slorm
diese Frage gleichsam zu einem Streitpunkt nationalen Stolzes machen,
seinen Landsmann, den Verfasser ganz rein waschen und den ehrbaren'
(hacderlige) Handeleleuten aus Deutschland alles verdrehte und alle
spießbürgerliche Nüchternheit in die Schuhe schieben will, (S. 130, 131.)
Wenn sich Züge von solcher häufig finden, könnte man sie wohl eher
dem einen Verfasser als allen Gewälirsmännern beimessen; und wenn
dieselbe seiner Natur ganz zuwider war, konnte er ja z. B. in der An-
gabe über Hildebrands Alter bloß den Liedern folgen. Aber das ist
die geringere Frage. Wenn wir unsere Saga, die lange filr den theuer-
sten Ersatz vieler verlorener Lieder gebalten wurde, in kritischen
Zweifeln zu der wenig genußreichen Hülle, der der beste Kern fehlt,
zusammenschrumpfen sehen, so werden wir diesen Verlust beklagen,
aber es ist besser ihn nicht zu beschönigen, denn nur wenn wir das
Falsche und Unechte durchschauen, 'werden wir zur Erkenntnias des
Keinen und Echten in unserer gewaltigen Heldensage, die auch zum
großen Thcil gemeinsames Erbgut unserer nordischen Brüder ist, ge-
langen. HUGO TKEUTLER.
190 A. EDZARDI
/
DIE STUTTGARTER OSWALTPROSA.
L
Am Schluße seines Buches ^Die Oswaldlegende etc. 1856'^ machte
Zingerle in Folge einer Notiz Franz Pfeiffers auf eine in Stuttgart
befindliche Prosaauflösung des Gedichtes von St Oswalt aufineibam
und ließ im Anzeiger 1857 p. 38 ff. zwei kurze Stücke daraus nach
Pfeiffers Mittheilung abdrucken. Das eine Stück steht Bl. 258* bis 259*
xmd entspricht den Versen 632 ff. Ettm. ; das andere ist der Schluft
BL 28(y* = Ettm. 3385 ff. Die wenigen einleitenden Worte bringen
kaum etwas neues. Es wird daher eine ausführliche Beschreibung der
Hs., zumal soweit sie unsere Oswaltprosa enthält^ wohl noch am
Platze sein.
Im October vorigen Jahres war es mir durch die G^te des Herrn
Oberstudienrathes Prof. Hejd in Stuttgart, der mir die Benutzung audi
außer den gewöhnlichen Bibliothekstunden gestattete, möglich, auf der
dortigen kgl. öffentlichen Bibliothek in den wenigen Tagen meines
Aufenthaltes eine sorgfältige Abschrift der Prosa zu nehmen, von der
ich den größesten Theil^ darunter die hier gedruckten Partien, einer
nochmaligen sorgsamen Vergleicfaung unterzogen habe*).
Die Hs. (cod. theol. et phil. 81. Papier 4^ zählt 294 Blätter, blatt-
weise paginiert, von denen inmitten und am Schluße mehrere leer ge-
lassen sind. Die Lagen haben -verschiedenen Umfang. — Sie enthält
eine ganze Reihe von (legendarischen) Prosastücken, die im Register
{Die taud difi buchsy steht voran, nicht mit pa^niert) aufgezählt sind.
Darunter ist eine Barlaam- und Josaphatprosa, Bl. 135 ff., die, soweit
mir bekannt, noch nicht benutzt ist. Auf der Rückseite dieses nicht
paginierten Blattes steht : Diß buch gehört in daz closter Ruths pdiger
Ordens**).
Auf Bl. 253** (unten) bis 281* steht die Oswaltprosa (im Register
y^ixm 9€mt OsvxxU^). Sie bricht etwas vor dem Schluße des Gedichtes
*) Die übrigens nur Berichtigangen in unweseiitlicheo Pankten ergab.
**) Mein Freund Dr. N. Beeck m&cbt micb darauf aufmerksam, daß Rente
5 Kilom. W-S-W von Waldsoe im würtembergischen Donaukreise nach Neumann, Das
deutsche Beich u. s. f. 1872 ff. ein Franziskanerkloster und eine Wallfahrtskirehe
gehabt hat. Dieß scheint, soweit ich zur Stunde anzugeben vermag, der einzige Ort
dieses Nameoa m sein, in dem sich ein Kloster nachweisen Ifisst, und da die Hs. in
DIE STUTTGARTER OSWALTPROSA. 191
ab mit Damach weret ir leben nit lang (vgl. Ettm. 3444), obgleich
noch Q Zeilen Raum auf der Seite ist. Die folgende Seite 281^ ist leer.
Dann folgt, enger und zierlicher geschrieben, von einer ähnlichen Hand
(wohl nicht derselben) ein anderes Stück, im Register benannt y^Aher
ein hübsch exempel von de grauen Guido . . .^ Die einzelnen Stücke
sind von verschiedenen Händen geschrieben, doch immer mehrere von
derselben Hand. So hat auch der Schreiber der Os^raltprosa noch
andere Stücke geschrieben«
Der Einband scheint alt zu sein: auf der einen Seite vom ist ein
Pergamentblatt eingeklebt, auf dem sehr sauber lateinische Worte mit
Noten geschrieben stehn. Die Innenseite des Rückdeckels trägt gleich-
falls auf einem eingeklebten Pergamentblatte eine lateinische Notiz
mit der Jahreszahl (in Worten) 1481. Diese Notiz ist offenbar von
jüngerer Hand als die Hs. selbst, so daß diese in den Anfang des
Xy. Jhs. zu setzen sein möchte*). Zwischen Bl. 278 und 279 kommt
ein Pergamentstreifen zum Vorschein, das Ende dieses Pergamentblattes.
Ich lasse hier den Anfang folgen, indem ich die entsprechenden
Verszahlen des Gedichtes nach Ettm. zur Vergleichung von je 10 zu
10 Versen, soweit thunlich, an den Rand setze. Die Orthographie der
Es* ist genau beibehalten mit folgenden Ausnahmen: 1. ^ ist durch z
wiedergegeben, das Zeichen j0 aber beibehalten. 2. e und / gebe ich
gleichmäßig durch s. 3. u und v habe ich nicht streng geschieden.
4. Den Strich über einem Vocal am Ende, wo er unzweifelhaft ab n
zu lesen ist, habe ich mit n wiedergegeben; wo aber ein Zweifel mög-
lich oder sicher m zu lesen ist, lasse ich den Strich. 5. y mit Punkt
darüber gebe ich durch einfaches y wieder« 6. m und n (außer vn)
habe ich. stets in mm und nn au%elöst.
Stattj^art sich befindet, ist es auch deßhalb schon wahrscheinlich, daß die Hs. diesem
nahegelegenen würtembergischen Kloster angehörte. Es müsste dann Predigerordens
hier ausnahmsweise die Minoriten (sonst immer Dominikaner) meinen oder bei Nen-
mann ein Versehen vorliegen. Der Dialekt der Oswaltprosa wfirde in sofern dazu
stimmen, als die 2* pl. (ind. u.) imp. auf -ent ausgeht and % und ü nicht in ei nnd eu
übergegangen sind. Anch die Anfügong des e, namentlich in der (1. und) 3. sing, praet.
(z. B. Harhe, käme, schiede, spräche n. s. f.) nnd in andern Fällen (z. B. dteiute^ aale (?)
n. s. f.) würde dem wohl nicht widersprechen. Dagegen stimmt dnrchans nicht dazu
das anlautende d, entsprechend hochdeutschem ^ welches (z. B. in doff, doehier^ dii
n. 8. f.) nicht selten auftritt. Es müsste sich denn dieß aus dem Dialeete der Vor-
lage erklären (?). Anlautend steht fast durchweg 6, doch auchj»: pügerm neben hilgerm.
•) Pfeiffer gibt nur an „XV. Jh." Das fflr das Alter der Schrift in Betracht
kommende fi findet sich schon Ende des XIV. Jhs, Wattenbach, Lat. Palaeogr. im
Anhang p. 16 führt an: waßer (1387).
192 A. EDZARDI
Auch die Interpunktion der Hs., die z. Th. vom Rubrikator her-
rührt, habe ich genau wiedergegeben. Es ist zu beachten^ daß dieselbe^
nicht selten mit der Verstheilung zusammenfällt.
Roth unterstrichene Worte gebe ich durch cursiven Druck, die
in der Hs. roth durchstrichenen Majuskeln (und Minuskeln) durch
fetten Druck wieder. Wo mir die Lesung eines Wortes zweifelhaft
war, habe ich eine zweite mögliche Lesart in Klammem mit Frage-
zeichen dahinter gesetzt. Die Überschrift ist mit rother Tinte geschriebeD,
desgleichen das erste D des Textes, welches sich über zwei Zeilen
erstreckt.
Von de hoehgelopten muten uii edeln kOnig sant Oswalt vihi
engellant
Der liebe milte h^re Sant Oswalt was ein könig zu engellant
uü was so gewaltig dz er zwelff könig un königrych under
im het Vnd XXIIII' hertzogen un • XXXVI • Grafen vn IX bi-
20 Bchoffe^ Nu sterbe sin yatt' un muott^ do er nümen (sie) XXIIII
jar alt was Do was er in grossen sorgen, wan er noch so jung was
dz er sich nit v^sjnnen kttnt als jm wol not were Doch wie jung
30 er was so v^gaß er gottes nit, er trachtet alleziit wie er got wol
43 gedienen möchte. Eines nachtes lag er un gedacht sin, Dz es
nit gut were dz er on ein irauwe were, Wan stürbestu so würde
52 dz ryche erblose Also gedacht er hyn vn here wo er ein junc-
frauwe möcht finden jn allen sinen königrychen di im gemesse
were, Vn do er entsliefie do kam ein engel zu jm der spräche
60 Ich wil dir raten edeler ftürste Nym dir kein frauwe jn dine lande.
Wann du must über mere faren mit eine großen here nach einer
heidischen königin die wirdestu here bringen, Un must nach ir
70 in die heidenschafft faren vn da cristlichen glauben meren Dz ist
gottes wille un siner lieben mutt^, Do sant OsioaU die rede v^nam
Do fireuwet er sich und sprach O hoher himmelfürste so hilfi* mir
über dz wilde mere, Dar nach lag er in sorgen die lange nacht
biß an den dag Wie er im einen synne erdechte di er die
80 sinen zu samen brechte, Vn hieß jm do brieff schrjben vn sant
hotten jn alle sin lande vn enbote allen sinen landes h^ren , ds
sie balde geyn hoffe kemen, Wan er wolt rat von jn nemem (sie),
Do kamen 'XII' könig (254^) iglicher gekrönet mit einer gülden
cronen, Vier undzwentzig hertzogen vn sehs un dryssige graffen
90 kamen auch mit rittem un knechten un mange werde man. Es
101 kamen auch zu hofe nüne bischoffe mit grossen eren, Do sie nuo
w
DIE STirTTGAKTF.K fiäWA
193
alle geyn hofe waren kommen vri dz saut Oswalt v'nain, Do
llOgicnge [er?] uoder ju ilinb vii enpfing sie gar wirdiglich, Fryen
un grauen, Ritt' an knechte, Vu ain lanäea berren jederman
enpfing er nach aiue gealechte, Darnach lüde er sie zu disclie
122 Vn do man den h'ren waaser über die bende gegabe, Do »atzt
man eie zu disch jglichen nacb siner wirdikeit, Vn böte es im
wol als ea dann wol zarae köuiglicber rycheit, Also hatt der Edel
135 könig wirttschafft mit den h'ren vii weret der hofe wol 'XII" dag.
Do nii die wirtBcbafft ein ende hatt, Do ging sant Ostcalt für den
140 dische vn sprach nu merchet micb alle min landes b'ron was ich uch
babe zu sagen. Waa ich (Ich nit umb HÜst han zu samen bracbt
145 Einen rat wil ich von Ueh nemen, Do ratent mir daa beste als
155 ich üch dann getrftwe Kitnnet ir mir jrget vnder cristen oder
beiden gezeigen ein köningi» edel lyche, schöne tb jung' die mir
lOfi gemease sy, Die hrcn sahen ein ander an vnd gingen dry dag
171 mit einander zu rat vn kunten kein finden, Vn also sprachen sie
zu de h'ren dem könig' (255*) ll're nu rieten wir üch gern daa beste,
so kUnnen wir üch nit geraten waa una joch darilmb geschieht
Wir finden uyerget Üwern genosaen jn zwölff königrychen weder
under üwern früuden noch eigen lüten deU glaubent una edeler
182 könig' Wir wissen niergen kein königin die üch möge geaymen
zu einer frauwen, Do sp'cb könig Oswalt Künnet ir mir danu
nit geraten, so farent wider hey zu lande Got mild üch alle be-
190 waren, Vn also gab er den h'ren vrlaub. Vn sie füren wider
hey' Do was könig OswaÜ triirig' dz jm die h'ren keyn königin
195 mochten gezeigeu die für in were, Nj kam uff sinen hoffe ge-
gangen ein edeler pilgerin woi getane (der hieß Wai-viünt]*) der
203 trüge einen palmen jn siner hant Vn grüst fgrüat?) aant Oftcalf'
Do in der könig an aach Do enpfing er jn früntlich, wann er
hatt vii v'm'imen von siner künate Vu ap'c.h biß mir wilkumen
R^arTnünf lieber bilgerin Aber etliche bücher sagen Ks were
211 ein engel, Do nam sant Ostvalt den bilgerin jn sine arme vn fürt
jn mit jm allein jn eia beste keminat Vn sprach zu jm Edeler
pilgerin aag mir kanstu mir jrget vnder cristen oder beiden ge-
221 zeigen ein kCnigin schöne vnd wol gestalt vn dnrzu jung (jung?)'
die mir gezeme zu einer königin über min Ryche, Do sprach der
pilgerin' Mir sint LXXII. lant bekant' vn ich wil dir sagen
edeler üQrste Einhalbe des meres do weyU ich ci königin die ist
*} Dia ^ngekiavimerlen Worte tiehn o
GEEMANIi. Star Bcibe TIIL (II. J J.bt^-vt— '
Bande.
194 A. KnZAKDI
230 80 schone dz ich nye [kei] *) schöner gesach^ Sie (255^) ist dann
jang fmm vn tügentlich vii zimmet dir wol zu einer kdnigin
240 Vnd heisset dfe schöne Frawe jPauge**). Ir vatt* sitzet jn de
lande Araon (sie) vfi ist ein heyden vfi sie ein heidische königin
vn sie yfi ir juncfranwen glaubet an got vü an sin matter tu
248 habgt cristen glauben hejlich vor de heldische könig' West er es
aber Er neme jn ir leben . vn sie weiten gern gedaufft w^den,
so habet sie nieman der in darzu helffe, Do sp^ch der edel könig
254 sant OswdU' Nu muß ich über dz [wilde] ***) mere^ jch wü jn zu
der dauffe helffen vn solt es mir an min leben gene' Darnach
sprach er Nu solt ich einen botten haben über dz wilde mere zu
260 der werden königin' der mir erftbre weß ir zu mAte were, weit
sie cristen glauben han dz sie mich daß ließ wissen ^ so breoht
265 ich zu samen ein michel here vfi Aire über mere nach ir ' Do
268 sp'ch der bilgerin h're ich sag üch das ftbr war dz ir aie mit
allen üwem sjnnen nymmerme gewinnen möget Es tfie dann got
281 selber sin stüre darzu ' Sant OswcJt sp^ch jch tue es jn sinS namS
vn getrttwe jm er helffe mir zu der edeln königin ' Damach fraget
er den bilgerin vn sp'ch Sag mir Warm&nt ' sinen rechten namen
290 wann er dir doch wol ist bekant Der bilgerin sp'ch Dz wil ich
gern däne Er heisset der Ryche könig von Appion (sie) 'Do
sprach sant Oswatt Nu soltu min bot dar sin Dz er mir die june-
299 frawe (256*) gebe, Der ümb gib ich dir Rychen solt Ein herzog-
tume wil ich dir geben. Wann du magst mir die botschaffi mit
eren wol töne, Do sprach der pilgerin Deß überhebe mich
309 lieber h're, Deß beiden gewalt ist so groß es kam nye kein botte
dar, er habe jm dz leben genömen Vnd wer in bete tlmb die
künigin (sie) dem slüge er das haubt abe ' Er hat auch geswoni
er wolle die docht^ nieman geben alle die wyle er dz leben hat^
wann er hat dz jn sine m&te dz sin got wolle vnderstene, sterbe
320 jm die alte königin so wolle er sin docht^ nemmen, Do sp^ch sant
OfwaU, Dz sol got got selber understonef) dz der beide sin docht*
nit selber neme 'sie sol werden zu einer cristenin, Nu habe ich
mangen stoltzenff) dienstman die fUr ich über mere vfi filr sie mit
331 gewalt danne, Do sprach der bilgerin Er hat feste ufi gute bürge, die
*) kel Übergetchrieben,
**) Nicht ganz deutlich, aber schwerlich Pia, toie im Anzeiger o. a. 0. tmgegebtm
vyird, tooAZ Pan^ = paiinf; (oder pain^) 8; vgl. Germ, V, 165 Anm,
**•) vrilde iibergeichriAen.
f ) Sic, toohl nur verschrieben fiir ondersteDe.
ff) Hinter stoltzen ist man durchstrichen.
DIE STUTTGAUTEK OSWALTPROSA. 195
vor schaden wol behut sin ' dz cristen vll beiden • vli alle die weit
din eigen were vfi bettest dicb fUr sin bfirge gelegit da möcbtest
ir doeb nit gescbaden, du müstest dar vor ligen * XXX * jar
340 dannocb würdestu nit balde jnnen wie die juncfrauwe ist gestalt '
Damacb spraeb der bilgerin H're nun folget miner lere jcb wil
ücb raten als ein getrttwer man, Du bast uff dine boffe einen
350 edeln raben erzogen. Den soltu zu eine botten baben der Rabe
sol dir es baß werben dann kein wyser man, Er ist dir nützer
dann santestu ein gantz bere über mere Wann got bat es jm ge-
botten vn er ist redende worden, Do spraeb sant Oswalt: leb
360 ban jn erzogen wol zwelff jar dz icb keinerleye stimme oder wort
nie von jm v^nam ' Do spraeb der bilgerin , könig (256^) Oswalt
dir wirt nocb wol kuat, scbick balde nacb dem Raben ' sy er nit
370 redende worden so slag mir min baubt abe ' ISant Oswalt biefi
jm balde den raben bringen Nu was der Rabe uß geflogen vfi
uff einen beben bau gesessen. Deß truret der könig gar fast Dz
er den raben nit mocht gebaben, Vn spraeb zu de bilgerin Nu
380 rat wie wir den raben von dem bau bringen, Do spraeb der pil-
gerin HVe jr soUent iucb wol gebaben wann got sendet ucb üwem
lieben raben sebier bere zu bant scbieket es got, dz der Rabe
käme ber abe geflogen für den milten könig sant Oswalt ' vn gab
390 im [got]*) die gnade das er alle sprachen reden kunt, Do der
401 Rabe nu uff den disch was kummen, Dz erst wort das er je ge-
400 spraeb do cnpfiug **) er den bilgerin vn sp*cb Bis mir got wil-
kume {sie) warmünt edeler bilgerin, Do das der Edel könig sant
Oswalt bort, wart er über die masse erfreüwet vn sprach zu de
410 pilgerin Warmiint du solt mir v*geben dz icb dinen werten nit
glauben weit' Du solt fürwar wissen dz icb jn zwelff jar erzogen
ban vn ist das dz erst wort dz icb je von jm gebort. Darnach
sprach der Rabe [zu sant Oswalt]***) H're merke was icb dir sage,
420 Du bettest kein meschlich stymme von mir nymmerme v*nomen
Dann dz dir die gnade von got ist vUichen, Du wirbest vmb ein
edel königin zu der wil ich din bot sin vli wil dir die botschafft
werben, solt es mir joch dz leben kosten. Ich er-(257*)wirbe dir
die königin, oder du gesibest mich nymmermer jn engellant, Sant
429 OswaU kust den raben vn sprach jcb ¥ril got imer dancken dz
*) got iiberguehneken,
**) WdrÜieh so; ea sehekU eluxu su fehlen. Auch in M tmd 8 (I kommt an dieser
Stelle nie?U m Betracht) »ehaint der Text verderbt.
♦*♦) übergeschrieben.
13*
19G A. EDZARDI
ich dich han erzogen, Do sprach der Rnbe, li're folge minc rat
vn heiß dir balde einen goltsmilt bringen tb beiß mir alles min
437 gefider mit rote ^olde beslagen vn el gülden crone nff min baubt
wircken wenn ich dann kumjne under die heidenschaffle'ao mag
451 ich deate baß fride han für fahen uü schiessen vn werde schöne
enpfangen von frauwen Rittern uü knechten, Vn mag deate baß
gereden wann ich also mit eren kumrae gefaren, vnd mich jeder-
man gern sieht ' Man hat den man als man jn sieht vfl achtet
nit gnter witze. So ich dann komme zu de Rychen ktinig Araon
460 vn zu ainer lieben docht', so sag ich in die botachaffte ^ii der
jungen (jungen?) könjgin dinen dienste, Sant OawaU. folget des
464 rahen lere vn sant balde sinen kemmerer nach eine goltsmit,*)
Do der goltamitt kam {Ettm, 481—507)**) va jn der könig an
509 sach Do griist er jn vn sprach zu jm , Meister ich han nit umh
allst nach Uch gesant Ir sollet mir mine rabe schöne bealagen mit
520 golde sin gefider vn jm ein gülden crone iifF sin haubt wircken
618 Wann ich wil jn z« hotten senden. Dz so er kumme under die
beiden dz man aehe dz er eines rychen h'ren borte ay. Der meist'
8p"ch h're was ir wollet vn gebieteiit dz dune (257°) ich gerne
No was der meister ein kUnsterycher man vn nam den Raben zu
529 jm vn trug jn jn sin smitte vfl halt jn bi im dry dag vn dry
nacht vn wircket an jm***) nacht vn dag, An de vierden mor^n
541, 549 do het er den raben schöne bereit Va nam jn uff ein hant vn
550 ging do mit zu hoffe, Do er den konig fant vn sprach Edeler
fUrate ich han getan nach Uwerm willen vR han zwelff marck
goldes wol v'dienet Der hochgelopt könig sprach Meister die wil
560 ich Uch gerne geben vnd hieß do den kemerer balde bringen zwelff
marck rotes goldeaf) die gab er de meist' vn er schiede fröUch
von dannen, Darnach sprach der Rabe H're nu folget miner lere
570 vn heißet [uchlff) brieffe scbryben zu der werden königin
•) Eier »ehtini die Hi. "M, Vorlage von Ml und «, eine Reihe von Vernn tm-
abiiclulick üherfprangen lu hcJiea, da dU abbrechende Sletle in M eotUUindig
**) Die Verie 483— fi06 fehlen >n M durch Abirren de* Schreibert von Ellm. 483
aa iJein gleiehen Ver»e 503 fl iPcicA/ bed^tUtnd ab und kxnnmt daher nickt in
***) Ifach jm üt dag autffeilriehen.
t) In M lauten die Fotm 561—664: Zwelf mark von gol
De maüt' er do gepot
D«r kmigk den loKut' idioii beriet
FroUch er von dannen schied.
f t) Ofiti om Bandf.
^
lEllm. 483
'BttroeW^^
DIE STUTTGAKTER OSWALTPßOSi.
197
sUmet mich (tic) nit lenper, Ir fertiget mich hio*) Der milt
584 köDig sant Osit'ott Heß zu haut brieff si^hiyben vn v'Gigelt die mit
sine jngesigel vH stricket dz de raben vnder ein gefider, vD darzu
ein gülden Jiog'Iin mit einer syden snüre Vn sprach do Nu wol
591 bin min lieber rabe, Der hiramel filrate got, geleit dicL über dz
wilde niere zu der edeln königin, Der sage minen getrUwen dienste
vn dz mir nn got nit üebera sy daun sie mir iet' sie sol ob (50t
wil min fraiiwe werden, wolle aie {258') cristcn glauben an eich
600 nemmen, so sol sie mich es lassen wissen, so wil ich ein michol
here zu samen bringen vfl über mere faren, Der Kabe sprach
Was ir jr eubietent, dz wil ich ir gern sagen vn ir nichtes v'awygen,
Bittent die himmelsche königin dz sie mir voq hynnen helffe vil
610 auch herwider von de heidischen könig dz er mir nit min leben
nemrae, Sant Oawalt gab jm sant Johannes mynne vli enpfaich
jn der himelachen königin, Der Rabe spracli Min lieber h're Icli
enplilbo dich auch vri alle din dienstman got vn ainer lieben mutt'
vn do mit schiede der rabe von dannen von der bürge Der liebe
sant Oswalt sach im fast nach vn sprach Himmelsche königtu
620 jch enpülhe dir den botten,
Hieran schUeJjl sich das im Anzeiger 1857 mitgetkeilie Slikk, be-
ginnend mit Do floch der rabe bili an den zebeuden dag etc., wo iihrti/ens
p. 259' der H». Iiiebe frawe min {nicht nun) zu lesmi ist, wie auch das
Gedicht an der enlsprechendeji Stelle {.Etlm. 711) liebe vrouwe miu (: din)
liest. Ferrici- ist am Ende zu lesen das jn der Rabe {nicht vogel) eut-
runneu was, wie auch im Gedickte [Ettm. 741 = MI) steht.
Für die Beurtheilung des Werthea der Hb., ihres Dialectes**), der
ungel^bren Zeit ihrer Niederschrift mag das bisher raitgetheilte ge-
nügen. Ich wende mich nun zu der Untersuchung, welche Stellung
dieser Oswaltprosa zu den andern Prosabearbeitungeu, besonders aber
zu den Hss. des Gedichtes zuzuweisen ist. Die erstore Frage ist leicht
beantwortet: sie steht keiner andern Prosa nahe, weder der Berliner
(H. Z. Xnr, 466—491), die im Anfange und am Schlaße mehr hat und
auch sonst abweicht***), noch der Prosa im Leben der Heiligen, deren
Vertpaar wi M. welcha in S fehlt nach 676:
Fertig mich von hinn
Za d' edet kUDgin.
nehr zu dem aolautendeD d in dsg u
,.;e OcdklitliB. zariick, welche luil ■
ÜiigiDil zurllck);i^l>[.
r l^iidlt: vuu S und
198 A. EDZARDI
Innsbracker Fassung Zingcrle in seinem angeführten Buche veröflcnt-
licht hat, eben so wenig der altnordischen Osvaldssaga (Annaler 1854)^).
Vielmehr schließt sie sich eng an die Hss. des Gedichtes an, hier
wieder am engsten an die Münchener (M) und die Innsbrucker (I)**)-
ünsere Prosa entspricht dem Gedichte viele Verse lang wörtlich genau,
nur daß die prosaische Wortfolge hergestellt ist Ja, es ist sogar wahr-
scheinlich, daß sie direct aus einer Hs. des Gedichtes als Prosa
abgeschrieben ist Dieß scheint mir nämlich aus mehreren Stellen
hervorzugehen, wo der Schreiber zuerst die Wortfolge des Gedichtes
geschrieben hatte, dann aber in die prosaische umänderte. So steht an
der Stelle, die Ettm. 1547 entspricht : Nu het sant OswaÜ einen schonen
hirtze uff sine hoffe erzogen. Dieß erzogen ist aber durchstrichen, und
es folgt wol achizeken jar erzogen. Im Gedichte aber lautet die Stelle '^**%i
1547 ff. Nu het er auf seine hof erc zogen,
Des begund er got vast loben,
Ainen hirsch [wol S\ achzehen jar.
Im Gedichte steht 1984: Hat er p rächt über des wildes mores
fluot; in der Prosa steht: die er hat herbracht Dieses herbraeht ist
durchstrichen, und es folgt über mere kerhracht.
Im Gedichte steht 2180 ff.: Die seinen zogten im wirdichleich nach,
Ir fünfhundert zogten schon
Mit dem reichen kunig aron;
in der Prosa steht: vll zugen jrem h'ren nach. Dieses nach ist durch-
strichen, und es folgt ds Rychen könig Aron nach.
Im Gedichte steht: 2422. [nu IS] duo es durch die trew dein;
in der Prosa aber steht: tue es durch miner trUwe willen, und vor tue
sind zwei Buchstaben roth durchstrichen, doch wohl nuy welches in die
prosaische Wortfügung wohl nicht gut passte.
Im Gedichte steht: 3383. den stolczen fursfen her; in der Pkt>8a
aber: den eddn forsten. Dieß fürsten ist durchstrichen, und es folgt
*) Über das Verh<niss aller Überliefemngen des Oswalt, proitischer wis
poetbcher, xa einander bin ich zur Zeit mit umfassenden Untersuchungen bescli&ftis;^
die zugleich als Vorarbeiten für eine Ausgabe des Gedichtes dienen sollen.
**) Ich besitze von M ein'k sorgfältige, noch einmal genau revidierte Coüatioii,
die ich im October 1874 auf der Leipziger Universitütsbibliothek durch gQtige Y«r-
mittelung des Herrn Oberbibliothekar Prof. Krehl nehmen konnte. Von I hat mir Herr
Zingerle mit dankenswerthester Zuvorkommenheit seine eigene Abschrift zur VerfQ^foog
gestellt Von S besitze ich vorläufig noch keine Collation, bin also auf Ettmüllers Aus-
gabe und die wenigen von ihm angegebenen Lesarten der Hs. angewiesen.
***) Ich eitlere Überall nach M, die sich als die relativ beste Hs. «oaweiBt^
ioweit sich darüber ohne Einsicht in die Hs. S urtheilen lässt.
DIE STUTTGARTER OSWALTPROSA. JQQ
vik mtlten ßlrsten (wobei das eingeschobene ufi miüen wohl durch das
nachfolgende her des Gedichtes veranlasst ward).
Im Ghedichte steht: 1013 f. die knngin mit ir selb^ hant
erlöste dem Raben alle seine pant;
in der Prosa ist D durchstrichen^ dann folgt: Vli sie erlost den fogel
selber mit irer hant
Im Gedichte steht: 417. Da sprach der edel Rab:
Herr merk waz ich dir sag;
in der Prosa aber heißt es: Damach sprach der Rabe [zu sant Ottocdt]
H're mercke was ich dir sage^ wo die eingeklapunerten Worte über-
geschrieben, also nachträglich eingeschoben sind.
806 im Gedichte steht leben benomen, in der Prosa leben genumen\
▼or genumen ist aber ein Bachstabe ausgestrichen: es war zum b an-
gesetzt.
538 im Gedichte steht: tcig und av>ch die nacht, in der Prosa nacht
vfi dag; vor nacht ist aber dag durchstrichen.
Auch die beiden folgenden Stellen mögen hierher zu ziehen sein.
An der Stelle die 1609 Ettm. entspricht hat die Prosa zwen berge {berge
durchstrichen) gar hoch berge. Stand hier in der Vorlage berge [gar]
hochf Die Gruppen *M und *S weichen hier bedeutend ab. — 3121
steht im Gedichte . . . auf den subentag (eunnentag S, VII tag I), daz
ieder . . . S (wo M und I auoh unter einander) abweichen; Prosa:
. , . an den sibenden dag, Und er gab . • •, vor Und ist D durch-
strichen (von Dazf).
Es fragt sich nun, aus welcher Hs. des Gedichtes die Stutt-
garter Prosa abgeschrieben ward. Da sie häufig noch die Reime
unseres Gedichtes deutlich erkennen lässt, so ist die Vermuthung sehr
verlockend, daß sie auch da, wo sie voni Gedichte (d. h. von allen
drei Hss.) abweicht, noch alte Reimwörter erhalte, mit andern Worten,
daß sie auf die gemeinsame Quelle von S und MI zurtlckgehe und
die Reime dieser verlorenen Hs. noch erkennen lasse. Diese Vermuthung
ist aber abzuweisen. Vielmehr ergiebt sich, daß die benutzte Hs.
der Gruppe *M angehörte. Die Prnsa bat nämlich einerseits die
in S nach Ettm. 840 fehlende, in MI erhaltene längere Stelle gleichfalls
erhalten, ebenso stimmt sie mit den nach 720 erhaltenen sechs und den
nach 576 erhaltenen »wei Plusversen und noch in manchem andern
überein; andererseits fehlen ihr die in S erhaltenen, in M und I fehlenden
Partien Ettm. 483--506 (durch Abirren des Schreibers ausgefallen) und
745—798. Außerdem stimmt die Prosa in größeren Abweichungen und
200
A. EDZÄRDI
in einzelnen Lesarten in der Regel genauer zu M I als zu S, was nach*
her an einem Stücke beispielsweise gezeigt werden soll.
Es bleibt also nur noch die Frage übrige ob unsere Prosa —
ich nenne sie von jetzt ab s — auf M oder I direct oder auf deren
gemeinsame Quelle zurflckgeht. Aus I kann sie schon wegen des gans
abweichenden Anfangs diese? Hs. nicht abgeschrieben sein; und audi
für M ist dieß an sich nicht wahrscheinlich, da die Hs. M mit der
Stuttgarter etwa gleichzeitige und, wenn ich richtig urtheile, die Stutt-
garter eher älter als jünger ist. Wie dem aber auch sei, so folgt aus
der Übereinstimmung in einzelnen Lesarten mit S gegen M oder I,
beziehungsweise beide^ daß s auf die gemeinsame Quelle beider
zurückgeht, aber nicht direct, denn gemeinsame Lesarten von M imd I,
denen gegenüber die Prosa zu s stimmt, müssen auf eine Abschrift
jenes Originals der Gruppe *M zurückgehe Derartige Übereinstim-
mungen sind beispielsweise 804 pringen inne MI gegen S und s, in
denen inne fehlt, womit auch 803 der S {ir s) gegen die ULI zusammen-
hängt, femer 820 eben Ss gegen guot MI und 849 eine Hitnime MI
gegen mit einer stimme Ss. Übrigens zeigt das folgende Probestück,
daß s, wo es von S abweicht, bald mit M, bald mit I übereinstimmt*).
Es wird in diesen Fällen immer der Hs. zu folgen sein, welche su s
stimmt, sofern diese Übereinstimmung nicht eine zTif&llige sein kann«
Das Verhältniss der hier in Betracht kommenden Überlieferungen , wie
es nach obigen Erörterungen sich gestaltet, wird also schematisch so
darzustellen sein:
M
*) ZaMreichQ Beiego bringen meine „Untersuchungen**.
DIE STUTTGARTER OS WALTPROSA. ' 201
b geht auf eine vollständigere, von X^ unabhängige Hs. zurück^
mnd hat mehrmals gegen alle andern Überlieferungen das echte be-
wahrt (vgl. meine „Untersuchungen^). — Aus dem dargelegten Ver-
hältnisse der Hss. folgt, daß da, wo MI und S wörtlich überein-
stimmen und diese Übereinstimmung nicht wohl eine zufällige sein
kann, s nicht in Betracht kommt Wo aber beide von ein-
ander abweichen, hat s fast denWerth einer Hs. Wo S fehlt,
muß das sonst im Gedichte zu beachtende Verhältniss der Prosa zu
den Qedichthss. den Maßstab für den Werth der Lesarten von s an
die Hand geben.
Um nun sowohl von der Übereinstimmung der Prosa mit dem
Gedichte eine Probe zu geben als auch anzudeuten, in wiefern dieselbe
ftb- die Herstellung des Textes zu verwerthen ist, stelle ich hier ein
Stück der Prosa dem (zuweilen nach IS berichtigten) Texte von M
gegenüber, indem ich die in Betracht kommenden Varianten von I und
S unter dem Texte gebe^ die daran zu knüpfenden Bemerkungen aber
erst dem ganzen Stücke folgen lasse. Ich wähle hierzu die an das im
Anzeiger gedruckte Stück sich anschließende Partie, so daß nun-
mehr der ganze Anfang der Prosa bis zu Vers 870 Ettm. gedruckt
vorliegt. Die großen Buchstaben, die M fast durchgehends am Anfange
der Verse bietet, habe ich nur im Anfange der von mir angenommenen
ursprünglichen Strophen gesetzt In Betreff der Schreibung gilt das
oben von s Gesagte auch für M, außerdem gebe ich ü der Hs« durch
uo und ein w-ähnliches b, welches sich anlautend häufig findet, durch
b wieder. Fetter Druck hebt die für die Textkritik wichtigen Lesarten
hervor; gesperrter Druck in den Varianten bezeichnet die Worte,
welche in einer Hs. mehr stehn, also keinem Worte des Textes ent-
sprechen; ein Wort in eckigen Klammem fehlt in der betreffenden Hs.
— Nach der Ettm. 745—798 entsprechenden Lücke setzen M und s
folgendermaßen wieder ein:
M 8
Der edel Rab das d'sach : Daniach gedacht sin der Rabe jn
hört, wie er wid' sich selb' 800 sich selber,
sprach:
Werleich, dew kungin guot Werlich die kOnigin zu der ich
gesant bin
ist vor mir recht wol behuot; die ist vor mir so wol behüte
die stolczen kungin
803 die MI] der S,
202 A. EDZARDI
mag ich d' potschaft nimm' das ich ir die botschafit nit mag
pringen imi. bringeB
Wolt ichinderftchtzneirchomen, 809 knme ich in der nacht zu Iti
80 ward mich lewcht mein villycht wirt mir min leben ge-
leben benomen. nnmen,
ich muoB es clagen jmm' mer^
daz ich ye pin chomen her:
ez sei meine herren laid od* zorn^ ©« due mine^h'ren wol oder we
so han ich all mein arbeit v*lom. ^^ »o han ich min arbeit v*lom
Also redt wid* sich selben d* rab
fflüg ich nu fdr den kunigk in Flüge ich filr den kOnig in den
den sali, sale,
so fest er noch vfl ist ein grim- so ®r iioch fastet ^ so ist er ein
mig* man; grimmiger man,
er gebun mir lewcht mein vünymmet mir villycht min leben,
leben an.
Ich wil paiten, pis [daz] er gess ^^ Ich wil beiten biß er hat gesaen
vü getrinck vn getnincken,
so mnos im ungemüt sincken so v^sincket jm lycht derunmute,
ez ward chain Cristen nie so gnot^
wen in hangert| erseiungemuot.
Daz essen truog man auf den Do man nu den köm*g das essen
tisch dar; uff den disch (209^) trage
dez nam d' rab vil guot war. gso ^^ ^^^™ ^^^ ^^^® eben war
do man die lest rieht dar truog, Vn do man die leste richte uf den
der Rab sich auf den tisch huob. disch trüge, Do flog er auch uff den
disch
804 inne auch I, fekii 8. 802 Echt M, acht /, nahe S. 806 lewcht If,
fekii IS. genament, daioor iHemh durchstrichen, vgl S. 199. 809 laid MI, llep 8,
Der Vere üt toahrseheitdich aui den drei ersten Versen einer Strophe mtsasMoengmogmu
811 Der ganxe Vers fehlt L 812 Ylüege 8, mag /. in den sal /Sf] ich venaget I;
dahinter noch her ahe 8, 813 vast er [noch M\ MI\ yahet er mich 8. [vn] 7.
grimmer 8, somig /. 814 gewinn /, gewinnet 8. leicht /, fehii 8, 816 piß
das (das Obergesckrithen) M\ hints /. uns aie gessent nnde trinkent 8, eu^ und
trinche /. 816 im] der 8, oninnt J. von in 8, Tersinchken /. 817 swar es
wart nie . . . [nie] 8, 818 er sey MI] erst vil 8, ungemuot 18] zomigs muot M
819 dar] gar 8, 820 gut /] eben 8. 821 auf den tisch die leste richte I.
die lesten rieht 8 (Hs,). 822 auf den tisch] dar /.
DIE STUTTGARTER 0SWALTPR08A. 208
Doerauf den tisch wazbechomen, vn do er uff den disch kam
alz wir es seid' haben y'nonen,
do sprach d' Rah : ^der den 8S5 do sprach er Der den himmel hat
himel hat besessen (13')| besessen
der gesegen euch haiden ewr der gesogen uch dz trincken un
essen, dz essen
Da mit begund er naigen schon Hier irrte dir Schreiber zu den
dem reichen kunigk aron etc. gleichen Worten essen vn zu trin-
ken [M 35] ab.
Die zwischenliegenden Verse bis 840 enthalten alle drei Hss. des
Gedichtes^ von da ab nur MI. Diese Verse zähle ich ab [Ml] u. s. f.
d' kamr säumet sich nicht mer [ü 83]
vn begund czuo essen vn czu
trinken tragen her.
Do man czuo essen vn zu trinken [n 353
pracht,
der Rab sich ain' frag bedacht;
an der selben stund,
er den kung fragen begund.
Er fragt in also schon: vll fraget do den könig
^sag mir, reicher kung aron, [m 40] Sag mir rycher kOnig von Araon
wer isset dein prot un drinket wer din brot isset vfi dinen wyne
dein wein, drincket
dem tustu doch nicht an de de dustu nit an sine leben^
leben sein?'
Der kung sprach unu^porgen: Der könig spräche
^Rab; leb mir an sorgen: Rabe lebe on sorge
wer trinkt mein wein vn ist [ii45]Wer min brot isset uHminenwyne
mein prot, trincket
der chumpt in chain Schlacht der kttmt von mir in kein not,
not.
Hie an dem hof mein
soltu an alle sorgen sein:
824 Do sprach der Rab MI] er sprach 8. 826 ewr M8] das I. trinkeo
oode ezzen 8. 827 sich naigen 8,
[36] czao fehU L [38] er M, der rab /. [41] praten Z. [42] sein M,
dein /. [43] chanig /. [44] crabe Mff («o BarUch), mir] BarUch Uut in M
nur, in I lautet der ganxe Ver» rab du tarst nicht sorgen. [45] izzet /. prat /.
[47] hoffe 1.
204 A. EDZARDI
dein leib ufi dein guot din lybe vll din gut -
ist] pei mir Recht wol be-[ii90]8ol bj mir wol behate sin,
huot' (14*)
Do der Rab die red v^mam, Do der Rabe die rede T^nam.
wie hart er sich frawen began do begunde er sich ser freflwen
aller not begond er vergessen vü vergaÜ aller not
und begund frolich trincken vn begunde frölich essen v&
vn essen. drincken,
Als cf rab gas vü getrank, [M Ml Do der Rabe nn gaü vn getranck,
erst gwan er mangen gedank, Do trachtet er
wie er mit seine getracht wie er
den haiden der potschaft innen de beiden sin botschaffte ftlr ge-
pringen mächt leget
Er sprach also schon: 841 Vn sprach
„O Edler kungk aron, O Rycher könig,
du dunkest mich ain yest^ man, du dttnkest mich so herlich
daz ich dir mein potzschaft da ich dir min botschafil nit ge-
nicht gesagen chan« sagen kan.
Du wellest mir dan deinen frid 845 Du wollest mir dann einen fride
geben, geben,
Paidew meine leib un meine beide mine lybe vn mine leben.
leben^
so wolt ich dir sagen drat, so wolt ich dir sagen
was man dir enpoten hat* was man dir enbotten hat.
Der heidem sprach ein stimm groß, Der beide sprach mit einer grossen
stymmen
daz ez in dem haws er doß; 850 dz es jn de sale erhalle.
[49] deiD Uib 7, den leib M. [60] pey 1, pein iL [Recht] /. [61] d* Hab Jf]
er 7. wol veniam 7. [62] Wie hart M\ zehant 7. pegan 7, do begaoä M, [65]
tranch und gas 7. [66] Der gamase Veni alles laides er gar vergas 7. [67] Dv
gana» Yen: er gedacht in seinem gedecht 7. [68] 7>er ganze Fert: wie er den
chonige die potschaft in precht 7. 842 O If] o dn 8, fehU 7. Aaron 18.
843 7>0r Vert fekU in 8. 844 nit 7. mine botschaft an nn niht lenger Terdagen
kan 8. 846 du weitest 7] und ir wellet 8. danne dein 7] den S (&.) frid
alle. 846 peyde I, fehli 8. mein — mein 7. und ouch 8, 847 wil icli
iu 8. 848 dir man 7, man iu 8. gepoten 7. b49 ein stimme 7] lult einrr
stimme 8. 860 daz] so 7,
DIE STUTTGARTER OS WALTPROSA. 205
jdo pist gar ein Iistig[er] vogel Da bist ein listiger fogel
ich fiirehty ich werd mit dir be- ich vörcht ich werde mit dir be-
trogen, trogen
Dannoch kan ich dir sein nicht vn kan dir sin dennoch nit ver-
' versagen, sagen,
du mnst mein staten frid haben Habe minen steten iride,
dein leib und auch das leben dein 855
sol haben den staten frid mein .
Tf haiden sprach unv'pargen: Die Verse 857 — 864 Übersprang
„rab leb mir an sargen; tookl der Schreiber^ indem er von
da mit wil ich em 857 zu dem ähnlichen Verse 867
Machmeten y meinen lieben »60 abirrte.
herren :
user got ist Machmet genant;
durch dez willen hab ein frid
auz disem land.^
Do sprach d' listig vogel:
^mit Machmeten wurd ich hart
betrogen ;
der chund mir nicht pei ge- 805
stan (14**)
ich muoss ain pessern frid han.
[Er sprach] „Edler furste her, Der Rabe sprach Edeler ftlrste
duo es durch deines landes er tue es durch dines landes ere
vligib mir ainen frid von hinnen vn gib mir einen (260*) friden von
hynnen
als lieb dir sei die alt küngin^. 870 als liep dir die alt künigin sj.
Ich muß hier kurz erwähnen, daß ich die Moroltstrophe fUr die
ursprüngliche Form des Gedichtes*) halte, die, vielfach verkannt und
verwischt, dennoch sehr deutlich erkennbar ist. Ich gedenke diese An*
sieht sowie meine Meinung über den diese Strophe schließenden Lang-
vers in oben erwähnter Abhandlung ausführlich darzulegen und zu
861 listig nur M, 853 dennoch /, dennoclit 8 (Et.). sein M, fehlt 18.
gesagen M. 867 er sprach 18 fehU M, here 18. 868 taoz 8^ ta L 869 ein
(einen S) fride 18. hinne M^ hinne /. 870 alte knnig^inne 18.
*) Sowohl in der onsem Überlieferungen (vielleicht außer der hei Zingerle ge-
druckten Prosa) zu Grunde liegenden Gestalt, die ich X nenne, als auch in dem X sa
Grunde liegenden älteren Gedichte, über dessen Alter ich mich noch jeder Vermuthung
enthalte. Ich stimme hierbei in den wesentlichsten Punkten mit den Ton Strobl (Über
das Spielmannsgedicht von St. Oswald, Wien 1870) entwickelten la\s\^\i\«ci ^Ü^v^^xa..
206 A. EDZARDI, DIE 8TIITTGAKTER OSWALTPROSA.
begründen. Die unter den vierzeiligen Strophen in unseren Überliefe-
rungen offenbar sich findenden sechszeiligen halte ich ftr verderbt ans
einer oder zwei vierzeiligen (denn als solche betrachte ich die Morolt-
Strophe) 9 was auch dadurch bestätigt wird^ daß mehrfach statt der
sechszeiligen in S vierzeilige Strophen in M stehen.
803 zeigt die Übereinstimmung von s mit S^ daß die Assonanz
inne : bringen echt und von MI beseitigt ist. Die Strophe wird gelautet
haben :
W»rlich diu künigin guot
ist v6r mir rehte wol behuot:
der stolzen kttniginne
mag ich die botschaft nfmmir [gejbringen*
Vielleicht ist aber 802 und 806 Strophenschluß anzunehmen.
805 scheint s mit in der nticht die richtige Lesart zu haben, der
S mit inder nahe noch am nächsten steht, während daraus in I aehi
und in M acht geworden ist.
809 spricht wol oder we in s fllr die an sich schon wahrschein-
lichere Lesart von S liep oder zom,
812 zeigt 8, daß S her abe der Reimcorrectnr halber einschob.
826. s bestätigt den schließenden Langvers, den S bewahrt, MI
beseitigt hat. Er lautete wohl:
d^r gesogen iu beiden daz trinken unt daz ezzen.
M41] von Araonfe : schone] in s ist wenigstens zu beachten.
M 46] von mir (s) hat wohl ursprünglich mit in dem schließenden
Langverse gestanden.
[M55— 58], wo M und I bedeutend abweichen, spricht s ftlr M.
843 f. Hier, wo MI und S (letzteres offenbar verderbt) bedeutend
von einander abweichen, ist die Lesart von s in Betracht zu ziehen;
ich möchte darnach herstellen:
du dunkest mich so lussam^
daz ich dir min botschaft nicht gesagen kan,
wobei s lusMom durch herlich wiedergegeben hätte.
Für die Beurtheilung des Wesens und der Bedeutung dieser
Prosa wird die hier gegebene kurze Probe genügen, und ich darf midi
in meinen „Untersuchungen über das Gedicht von St. Oswalt" auf
diesen kleinen voraufgeschickten Aufsatz beziehen. Bei ihrer Wichtig-
keit verdient aber die Prosa s wohl noch eine weitere Veröffentlichong,
und es liegt daher in meinem Plane, in kurzem wiederum ein großes
Stück, vielleicht alles noch fehlende, drucken zu lassen.
ANKLAM im Febr. 1876. A. EDZARDI.
iV
MAURER, ÜBER ISLANDISCHE APOKRYPHA. 207
ÜBER ISLÄNDISCHE APOKRYPHA.
n.
Meine vor mehreren Jahren begonnene Berichterstattang über
isländische Apokrypha wieder aufzunehmen ^), veranlasst mioh eine neuere
Veröffentlichung; nämlich })orleif J6ns8on's Ausgabe der Hrana
hrings saga und des })ittr af })öri hast ok Birdi birtu
(Kopenhagen, Druck von S. L. Möller, 1874; 34 und 19 S. 12®). Doch
will ich für dießmal nur die erstere Saga besprechen, um welche ich
mich seinerzeit selbst schon, und nicht ohne Erfolg, mehrfach be-
mtlht hatte.
Im Herbste 1857 war ich während eines längeren Aufenthaltes
in Kopenhagen von isländischen Freunden auf die Existenz einer Hrana
hiings saga aufmerksam gemacht worden, welche sich auf die Ge-
schichte des B&rdardals beziehen, jedoch nur in sehr wenigen Hand-
schriften erhalten sein sollte. Freilich musste von Vornherein ver-
dächtig erscheinen, daß weder die amamagnssanische noch die große
königliche Bibliothek in Kopenhagen, noch auch die königliche Bib-
liothek in Stockholm eine ältere Hs. der Saga enthält ^ und daß diese
auch in keinem der älteren Sagenverzeichnisse genannt wird; bei
Torfseus in seiner Series Dynastarum et Regum DanisB (1702), in Jon
Eiriksson^s einschlägigem Briefe an Lttxdorph (1760), in Hälfdan
Einarsson's Sciagraphia (1777) und Uno von TroiPs Bref rörande en
resa til Island (1777), bei Bischof Finn J6nsson (1778), Suhm (1781)
und P. E. MttUer (1817 — 20) ist ganz gleichmäßig keine Spur von
derselben zu finden. Indessen bestand doch immerhin die Möglichkeit
eines höheren Alters der Saga, imd da wenigstens einzelne unter meinen
isländischen Gewährsmännern geneigt waren ihr solches zuzugestehen,
schien es sich allerdings der Mtthe zu verlohnen, ihr auf Island selbst
nachzuspüren. Als ich nun im Frühjahr 1858 nach Island hinübergieng.
«) Vgl. Bd. XIII der Germania S. 59—76.
') In der Amama^seana soll sich nach einer Mittheilnng, die ich meinem
Frennde Gndbrandr Yigfusson verdanke, allerdings eine Hs. der Saga befinden, welche
mit Additam. 59, 6 in 4* bezeichnet sei ; allein sie soll die Copie einer Abschrift sein,
welche Gfsli Brynjülfsson im Jahre/ 1821 genommen habe. Da ich Weiteres Ton dieser
Ha. nicht weiß, muß ich im Folgenden Ton ihr absehen.
208 MAURER
blieben zwar in Reykjavik eingezogene Erkundigungen ohne Erfolg;
im Nordlande aber gelang es mir, der Saga auf die Spur zu kommen.
Als ich nach einem beschwerlichen Ritt über den Sprengisand zu dem
trefflichen Pfarrherm, s^ra Jon Austmann, nach Hald6rstadir im TUr-
dardale kam, wusste dieser guten Bescheid über die Sage; er hatte
selber eine Hs. derselben in Händen gehabt, welche dem })orBteinn
hreppstjöri Gislason von Stokkahlaäir im EyjaQörde gehört hatte,
einem eifrigen Sammler isländischer Handschriften. Nun war fireilieh
})orsteinn bereits im Jahre 1839 gestorben ^) ; aber sein Schwiegersohn,
der als Dichter weit herum bekannte Zimmermeister Olafr Briem,
wohnte noch zu Gnmd im Eyjafjörde, und bei ihm war somit Auskauft
über den Verbleib der Handschriften seines Schwiegervaters zu erhoffen.
Die Hoffnung betrog mich nicht; aber der Bescheid gieng dahin^ daß
}>orsteins sftmmtliche Handschriften an den bekannten )>orgeir Gud-
roundsson gelangt seien, einen geborenen Isländer, welcher damals als
Pfarrer in Nysted auf Laaland lebte. Inzwischen ist })orgeirr vor
wenigen Jahren auf dieser seiner Pfarrei verstorben, und da er seine
Bücher der Stiftsbibliothek in Reykjavik ^ vermachte, so mag es sein,
daß die beiden Hss. unserer Saga, welche deren neuester Katalog auf-
weist^)! aus seinem Nachlasse stammen; ftir mich aber waren die<e
Hss. durch die Überßihrung nach Dänemark unzugänglich gewordeOi
und da der hochbegabte Olaf Briem nur wenige Monate, nachdem ich
ihn gesprochen hatte, starb ^), blieb auch sein Versprechen, mir eine
Abschrift der Saga zu verschaffen, unerfüllt. Bald that sich inzwischen
eine neue Spur auf. In Akurejri erfuhr ich von Sveinn Skdlason, dem
jetzigen Pfarrherm zu Stadarbakki, welcher damals die Redaction der
Zeitschrift Nordri führte, daß der Buchbinder J6n Borgfirdingr eino
Abschrift der Saga besitze. Freilich war der in der Geschichte und
Litteratur seiner Heimat sehr bewanderte Mann, welcher zur Zeit den
Posten eines Polizeidieners in Reykjavik bekleidet, damals verreist
und seine Hs. somit ftir mich ebenfalls nicht erreichbar; indessen hatte
derselbe die Güte, unmittelbar nach seiner Heimkunft mir eine eigen-
händige Abschrift derselben anzufertigen, welche ich noch vor meiner
Abfahrt von Island erhielt, so daß der Entgang ftir mich wenigstens
kein bleibender war. — Noch ehe ich in den Besitz der eben bespro-
«) Vgl. Skfrnir, 18S9, 8. 101.
*) Skvrslar og reikningar hins fslenzka Bökmentofölags, 1870, 71, 8. XIIL
*) Skri jfir prentadar Islenzkar baekur oghandrit i Stiptis b6ka*
• afninn i Reykjavik (Reykjavik, 1874), 8. 140, Nr. 137, und 8. 177, Nr. 87, e.
*) Vergl. Korüii, VII, S. 15.
ÜBER ISLÄNDISCHE APOKRYPH A. 209
ebenen Abschrift gelangte, hatte ich inzwischen einen zweiten Text der
Saga aufgespürt, und zwar zu Ytri-ej auf den Skagaströnd. Hier saß da-
zumal der im Sommer 1859 verstorbene Kammerrath und Sjsselmann
Amörr Ämason '), und als Amtsschreiber diente ihm der inzwischen
gleichfalls verstorbene Gudmundr Einarsson^). Ein Sohn des sagen-
kundigen Einarr Bjarnason, besaü dieser aus dem Nachlasse dieses
seines Vaters eine reiche Sammlung von Sagenhandschriften, und unter
diesen insbesondere auch ein von der Hand dieses letzteren ge-
schriebenes Exemplar der Hrana hrings saga; da der Mann sich
schlechterdings nicht entschlieüen konnte, von seinen Hss. sich zu trennen,
kam ich mit ihm dahin überein, daß er mir im Laufe des nächsten
Winters die genannte und eine Reihe anderer Sagen abschreiben sollte.
Die Zusage wurde getreulich gehalten, und durch des Hm. Kammer-
rathes freundliche Vermittlung gelangten die bestellten Abschriften
wirklich in meine Hand; Qudmundr aber vermachte seine Hss. an die
isländische gelehrte Gesellschaft, deren gedruckter Handschriftencatalog
denn auch richtig unter den von ihm hinterlassenen Hss. eine Ebrana
hrings saga aufführt^). — Im weiteren Verlaufe meiner Reise glückte
mir endlich noch die Auffindung einer weiteren Hs. der Saga. Auf der
Insel Flatey im Breiäifjördr fand ich nämlich den alten Gisli Kon-
rädsson vor, den Vater des Kopenhagener Professors Konrää Gislason.
Von Haus aus ein schlichter Bauer, hatte derselbe doch durch fleissige
Arbeit ein ungewöhnliches Maß von Kenntnissen sich erworben, zufolge
deren er sich bei seinen Landsleuten eines hohen Ansehens erfreute.
Eine Reihe von Werken hatte er verfasst, oder doch aus dem Dänischen
übersetzt oder nach dänischen Vorlagen bearbeitet; er hatte aber auch
über isländische Geschichte, Stammtafeln, Volkssagen u. dgl. Vieles
gesammelt, und zumal eine große Zahl von Sagen und anderen Quellen-
schriften eigenhändig abgeschrieben. Seine häusliche Wirthschaft war
darüber allerdings bedenklich zurückgegangen; aber daftlr hatten im
Herbste 1851 zehn angesehene Männer aus Flatey und der Umgegend
ihm fQr sich, seine Frau und seine Kinder lebenslänglichen Unterhalt
zugesichert) gegen die Verpflichtung, bei seinem Tode der Flatey er
Fortschrittsgesellschaft alle seine Handschriften und Bücher zuzu-
') Vgl Nordri, VII, S. 63.
') Vgl. tslendfngnr, IV, S. 64; dann Skyrslur og reikningar, 1864—66,
8. IX, und 1865-66, 8. IX.
') Signrdr J6na88on, Sk^la um handritasafn hins Islenzka b6kmentafilag^,
(Kopenh. 1869), S. 226, Nr. 8.
QEBMANU. Neue Rmhe. Vm. (XX. Jahrg.) 14
BIO MAURER
wenden'). Qisli mm besali aucIi ein Exemplar der Hr.inti hnngs eaga,
welches er selbst um 40 Jalire frtlher, also in den Jaliren 1818
von einem Originale abgeschrieben hatte, welches dem gelehrten Probst
»fera J6n Konnidsson zu Mffilifell (geb. 1770, f 1850) aus dem Barilai
dale zugekommen war; im Auftrage des inzwischen verstorbenen Kauf-
mannes Brynjölfr Benediktsen von Flatey fertigte er HHt mich eine
Abscbrifl der Saga an, welche mir kurz nach meiner Rückkehr in die
Heimat nachgeschickt wurde.
So bin ich demnach im Besitze von drei verschiedenen Abschriften
der Saga, welche mir von drei verschiedenen Seiten zugiengen. Als I.
bezeichne ich unter ihnen das von Gudmnnd Einarsson geschriebene
Exemplar, bezilglich dessen dieser mich veraicherte, nur in Bezug auf
die Orthographie und die Fiesionsformen sich Abweichungen von
seiner Vorlage erlaubt zu haben, weil diese selbst in beiden Beziehungen
keine GleichmäUigkeit gezeigt habe, wogegen er die Worte selbst und
deren Reihenfolge niemals verändert, sondern höchstens in unter dem
Texte beigesetzten Anmerkungen das ihm AufHlllige bemerkt habe.
Als n, fahre ich die Abschrift an, welche Jon Borgfirdingr mir
schenkte; er erklärte mir übrigens brieflich, datS die Orthographie dieser
Abschrift theilweiae ihm zur Last falle, und dali er auch wohl einzelne
Worte in derselben „berichtigt" habe. Als III. endlich bezeichne ich
die Abschrift Gisli Konrädsson's; über sein Verfahren bei deren
Anfertigung hat dieser keinen Aufschluß gegeben, ich kann indessen
nach der ganzen Art des Mannes nicht bezweifeln. daU auch er eich
mit seinem Texte manche Freiheiten genommen haben werde. Berück-
sichtige Ich, daU Gudmunds Vater, von dessen Hand das Original von I
geschrieben war, längere Zeit eben jenem s^ra J6n Eonrädsson zu
Mselifell als Verwalter gedient halte, in dessen Besitz die für III be-
nätzte Vorlage sich befunden hatte, so liegt von Vornherein die Ver-
mnthung nahe, daß I und III aus derselben Quelle geflossen sein
möchten; ftir II dagegen fehlt mir jeder Anhaltspunkt zu einer ähn-
iichen Annahme, und da Gudmundr mich bestimmt versicherte, die
Saga sei so selten, daß er von Niemanden außer dem bereits genannten
Porsteinn & Stockkahlädum wisse, der sie besitze, wäre zunächst auch
die Möglichkeit im Auge zu behalten, daß in II eine Copie dieses
weiteren Originales vorliegen könnte. Der Herausgeber der Saga be-
schränkt sich dem gegeuUber darauf, in einem kurzen Nachworte za
') Sk^riU am Ö. S. ogl. F. FlaleyJHr Framfara-Stofni
18S8), a. 8— <i >j.ii(olfr XU. S. *1.
n,IU(n.j4^|
ÜBER ISLÄNDISCHE APOKRYPHA. 211
erklären, daü er seinen Text (hier als Ed. bezeichnet) einer jungen
Papierhs. entnommen habe, ohne daß er weitere Hss. zur Vergleichung
hätte benutzen können, und es wird sich demnach vor Allem darum
handeln, durch Vergleichung das Verhältniss festzustellen, in welchem
diese verschiedenen Texte zu einander stehen. Die große Willktlrlich-
keit,^ mit welcher die isländischen Abschreiber bekanntlich ihre Vor-
lagen zu behandeln pflegen, und von welchen nach dem soeben Be-
merkten auch meine Gewährsmänner sich keineswegs frei hielten, be-
reitet einer solchen Vergleichung allerdings nicht geringe Schwierig-
keiten.
Von Vornherein scheide ich eine Reihe von Fällen aus, in welchen,
sei es nun der Herausgeber der Saga oder der Schreiber der von ihm
benützten Hss. oder aber umgekehrt der eine oder andere von meinen
Gewährsmännern sich eine willkürliche Änderung oder auch ein bloßes
Versehen zu Schulden kommen ließ. Wenn z. B. Ed. 2/4 steht: ^hann
var skyldr Agli ä Lundarbrekku. J)eir fedgar toku vel vid honum",
wogegen I, II und HI lesen : „hann var skyldr Egli & Lundarbrekku
ok ))orsteini i Reykjahlid. Helgi reid frd skipi sinu at Lundarbrekku ;
|>eir fedgar t6ku vel vid honum", so ist klar, daß der Herausgeber
oder seine Vorlage sich durch die Wiederkehr des Namens Lundar-
brekka zu einer Auslassung haben verleiten lassen, und wenn Ed. 6/15:
^gengr hann J)ä heim 1 setit" steht, statt wie in I, TL und UI „i selit",
so mag dabei vielleicht sogar nur ein Druckfehler zu Grunde liegen.
Wenn ferner Ed. 9/21 „framvegis" steht anstatt des sehr modernen
^i eptirtid, welches I, H und HI übereinstimmend geben, oder Ed. 11/23
„i kaupferdum jafnan" statt „gjarnan", dann Ed. 12/24: „i m6t ydr"
statt „til mötparta^, so ist hierin wohl nur eine, an sich gar nicht üble,
Correctur eines anstößigen Ausdruckes zu finden, und auch darin
wird man kaum ähnliche Conjecturen verkennen können, wenn man
in Ed. 6/14 ^um hana midja" statt „um hana undir höndum^ liest,
wie I, II und HI übereinstimmend lesen, oder in Ed. 9/19 „fyrir uppi-
stödutima**, wo I „fyrir uppistödur", dagegen H und HI „fyrir uppi-
stödu** bieten, oder wenn in Ed. 10/22 steht ,,födurarf J)inn edr arf eftir
okkr mödur J)ina", während I, II und III lesen: „arfhlut eptir okkr
m6dur J)lna". Wenn femer umgekehrt HI „heimamadr** liest, wo Ed.
3/4j dann I und II „saudamadr^ lesen, oder wenn in III die Worte:
^^raellinn f6r ok vard var um, at Hrani vseri eigi heima", fehlen,
während sie in Ed. 5/9, dann I und II stehen, — wenn sodann in III
„fyrir austan Lagarfljöt^ steht, wo Ed. 6/12, dann I und II, „fyrir austan
Skjälfandafljöt" lesen, oder „Dy8Jam)rar(Ske8sumyrar)" genannt werden,
14*
212 MAURER
WO Ed. 8/18, dann I und II, übereinstimmend ^^Skessudysjar'' nennen,
— wenn endlich in III ^^skaldmaeli^ steht, wo Ed. S/20, dann I nnd 11
das unpassende „Ijod^ haben, so ist auch hierin eine Unachtsamkeit,
oder wieder eine willkürliche Verbesserung durch den Schreiber der
ersteren Hs. nicht zu verkennen. Sieht man nun von derartigen, völlig
werthlosen Abweichungen ab, so stellt sich zweifellos heraus,, daß
einerseits zwischen meinen Texten I und III, andererseits aber zwischen
meinem Texte U und der Ausgabe ein engerer Zusammenhang besteht.
So lesen z. B. Ed. 5/8 und II: „sem })at vaeri einkis vert^, dagegen I
und II: „J)vi er ei neins si vert", pj)vl er neins sje vert". Während
Ed. 5/9 liest: „muntu nü fara sömu fbr sem hann^, und gleich darauf
„eftir ättu at leiäa mik })ann veg^, II aber dieser Lesart mit der Maß-
gabe folgt, daß ursprünglich „leid^ geschrieben stand, und dafür „fbr'^
eincorrigiert wurde, lauten beide Sätze in I und HI: „muntd nü & aöma
laun sem hann'', und: „eptir dttü at afgreida m^r })au^ (n^^^ ^ ^f*
greida"). In Ed. 7/16, dann II, steht: „i Kröksdal", wofür I und DI
besser lesen „i Eroksseli^; in Ed. 8/17 und 11: „nd beljadi bl6dit npp
um hann^, dagegen in I und III richtiger: „nii belgdi blödit npp om
hann^; in Ed. 8/18 und II: „hversu gekk ykkr ferdin^, dagegen in I
und III: „hversu gekk ykkr reisan^, wobei also ein dem Deutschen
entlehntes Wort, welches nach Gudbrand Vigfussön's Zengniss zwar
vor dem Ende des 15. Jhdts. auf Island nicht auftritt, aber auch
im modernen Sprachgebrauche daselbst nur wenig üblich ist, in
den beiden ersteren Texten durch ein nationaleres ersetzt erscheint
So steht femer in Ed. 14/28 und U: „höfdu })eir ok ordit varir%
während I und III lesen: „höfdu ^eir ei ordit varir^; in Ed. 14/30
und II : „laut eftir högginu^, während I und III geben: „laut eptir
})e8su jötunliga höggi^, u. dgL m. — Vielleicht lässt sich aber noch
näher an die Sache herankommen. Der Hof, auf welchem Gauti saß,
wird in Ed. 3/5, 4/6, 5/7 und 5/9 ganz consequent Gautlönd genannt,
wogegen I, II und III ebenso consequent die Singularform Gautland
für ihn brauchen. Die Pluralform de£f Namens scheint heutzutage die
allein übliche zu sein, und daß sie dieß auch schon in der Vorzeit
war, lässt sich aus der Vigaskdtu saga, 24/302 ersehen; dagegen ist
die Singularform, weil für die oftgenannte schwedische Landschaft ge-
bräuchlicher, die viel bekanntere, und mochte sie daium in unsere Texte
eingedrungen sein. Nun enthält U an der Stelle, an welcher der Name
,.ä Gautlandi^ zuerst vorkommt, die Einschaltung („Gautlöndum^) und
möchte man annehmen, daß die Ausgabe aus dieser Einschaltung ge-
schöpft habe, möge sie nun auf der Variante einer anderen Hs. oder
auf einer bloßen Conjectur beruhen. Ebenso liest Ed. 14/28: „var hann
ÜBER ISLÄNDISCHE APOKRYPHA. 213
Dal-J)ördr kalladr", während I und III geben : „var hann J)vl DalJ)6rdr
kalladr.^ Die letztere Lesart ist die richtige, soferne der Zusammen-
hang zeigt, daß der in Frage stehende Mann seinen Beinamen wegen
seines Geschickes im Bogenschießen erhalten hatte; aber dalr als Be-
zeichnung des Bogens ist ein veraltetes Wort, und mochte wohl dem
Abschreiber nicht mehr verständlich sein, — in II steht hiemach ge-
schrieben: „var hann (})vi) DalJ)ördr kalladr", und gerade diese Ein-
klammerung dürfte das Streichen des Wortes „})vl" in dem gedruckten
Texte veranlasst haben. Keinenfalls kann indessen II die unmittelbare
Vorlage dieser Ausgabe gebildet haben; denn jener erstere Text zeigt
mehrfach falsche Lesarten, von welchen diese letztere nichts weiß, und
die sich sämmtlich auf das irrige Lesen eines undeutlich geschriebenen
Originales zurückführen lassen. So steht z. B. in Ed. 2/4^ dann in I
und III richtig „Godlaugs", wo II „Modlaugs^ liest; femer in Ed. 4/7,
dann I und III „Audur", woftlr II, und zwar aiweimal, „Heidur" giebt.
Es liest femer Ed. 14/29 mit I und III übereinstimmend : y,^eir Hrani
og Einar gengu ])& fyrir gardsendann, alla götu at ^eim brsedrura.
Vid mega menn skiftaz, J)6t l»gra (in Ed. h«gra) Uti, segir Hrani«,
dagegen II: „^eir Hrani og Einar gengu ^ar fyrir gardsendan alla
götu at ^eim braedrum med marga menn. Skipast ^6 Isegra läti, segir
Hrani", was völlig sinnlos ist. Wiederum liest Ed. 1^29 mit I und HI :
^vid gestum", wo H: „vid (gossum)" hat^ also einen Ausdruck zweifelnd
setzt, welcher zweifellos aus dem Schwedischen dem moderneren Is-
ländischen zugekommen ist; wenn aber Ed. 5/7 mit I „hrodamadr^
liest, woftlr III „üjafnadarmadr" und H „hdvadamadr" giebt, so mag
dabei in II doch wohl auch eine falsche Lesung, und nicht wie in III,
eine willkürliche Vertauschung eines ungewöhnlicheren Ausdruckes
mit einem gewöhnlicheren vorliegen. Sogar die Lesart „med mörgum
ok godum heillaöskum^ in H gegenüber den Worten „med mörgum
godum hjartansöskum'^ in Ed. 11/24 sowie I und III, lässt sich ebenso
erklären, obwohl hier allerdings die Annahme einer bewussten Correctur
des allzu modern scheinenden Ausdruckes vielleicht näher liegen dürfte.
Ist hiernach der engere, zwischen Ed. und II bestehende Zusammenhang
aus der Benützung eines gemeinsamen Originales zu erklären, so dürften
andererseits auch I und lU einer gemeinsamen Vorlage entsprossen
sein. Bedeutsam möchte bereits sein, daß I mit Ed. 6/13, dann H über-
einstimmend liest: „tröllkona ferleg; stigr hiin ä 1 fyrir, enn J)j6hnapp-
amir berir", wogegen III giebt: „tröUskjessa ferleg i skinnstakki^ ok
stigr hün ä f fyrir** u. s. w. ; indessen ist doch die Stelle nicht entschei-
dend, denn, wenn zwar die letztere Lesart den Vorzug zu verdienen
214 MAURER
scheint^ li^gt sie doch nahe genug, um allenfalls auch auf einer bloßen
Conjectur beruhen zu können. Wenn ferner Ed. 10/31, dann I und II
haben: „sein hugr Karls s^ vel til ))in^, dagegen III: „sem hugarkast
s^ vel til \)iTi^j 80 mag auch hierin sei es nun eine falsche Lesung
oder eine schlechte Conjectur zu erkennen sein. Aber wenn zwar in
Ed. 13/26 und II Grimr den Beinamen jamkarl ftlhrt, und dieselbe
Form des Beinamens zunächst auch in I wiederkehrt, dagegen III con-
sequent jämskalli liest, und auch I bei einer zweiten Nennung des
Namens diese letztere Namensform bietet, so dürfte doch kein Zweifel
sein, daß in diesem Falle III die Lesart der gemeinsamen Vorlage besser
bewahrt hat als I. Wir werden übrigens kaum fehlgehen, wenn wir
die für I und III vorauszusetzende gemeinsame Vorlage gerade in jenem
Exemplare der Saga suchen, welches wie oben bemerkt s^ra Jon Kon-
räässon bereits im zweiten Jahrzehnte dieses Jahrhunderts in seinem
Besitze gehabt hatte. Mit minderer Bestimmtheit Iftsst sich dagegen die
gemeinsame Quelle ermitteln, aus welcher Ed. und II geschöpft haben,
und dürfte dieserhalb eine zweifache Möglichkeit ins Auge zu fassen
sein. Einerseits nämlich hat Jon Borgfirdingr nicht wenige isländische
Hss. an das B6kmentaf&lag geschickt, und wenn zwar in dem oben
angeführten gedruckten Verzeichnisse der Hss. dieser Gesellschaft
unter den von ihm gelieferten noch keine Hrana hrings saga genannt
wird, so hat derselbe doch nach dem Zeugnisse der Skyrslur seine
Einsendungen auch später noch fortgesetzt; es wäre demnach recht
wohl möglich, daß unter diesen nachträglich von ihm geschenkten
Hss. auch jenes Exemplar der Hrana hrings s. sich befunden hätte,
nach welchem meine Copie genommen ist. Andererseits konnte aber
auch während der Zeit, da der handschriftliche Nachlass des ))orsteinn
.Gislason sich im Besitze des Pfarrers Jjorgeirr zu Nysted befand, recht
wohl von irgend einem der in Kopenhagen studierenden Isländer eine
Abschrift der Saga genommen worden sein, und im einen wie im an-
deren Falle konnte diese dem in Kopenhagen studierenden fierans-
geber leicht zugänglich werden. Immerhin erweist sich das Ergebnisa
der Textvergleichung der Vermuthung günstig, daß Ed. und II auf
die seinerzeit dem J)orsteinn gehörige Hs. zurückgehen möchten.
Das Bisherige habe ich nicht etwa zu dem Zwecke ausgeftlhrt^
darzuthun, daß die Ausgabe der Saga auf ungenügendes handschrift-
liches Material gebaut sei. Wenn nämlich zwar die eine, durch I und
III vertretene, Recension derselben von dem Herausgeber unbenutzt
gelassen wurde, so sind doch deren Abweichungen von der von ihm
veröffentlichten Recension von sehr geringer Bedeutung; der Heraus-
OBEH ISLÄNDiSCHK ArOKRYl-HA. 215
geber will UberdieU oSeubar niclit eiue kritisube Ausgabt;, sondern nur
einen Beitrag zur UnterhaltULgslectüre seiner Landsleute liefern, welchem
beBcheidcnen Zwecke seine Arbeit auch vollständig genügt; endlich
lässt sieb auch mit gutem Grunde behaupten, daß die Haga eine soi^
aaraere Behandlung, als die, welche ihr zu Theil geworden. Überhaupt
nicht verdiene. Lediglich um diesen letzteren Punkt feststellen, und
damit über Älter und Werth der Saga zu einem hestimmten SchluÜa
gelangen zu können, wurde auf den handschriftlichen Befund bezüghch
derselben des Näheren eingetreten.
Es ist oben bereits bemerkt worden, daß die Hrana hrings 8. in
keinem der bekannten älteren Sagenverzeiehnisse aufgeführt
wird; flbercIieU wurde soeben dargethan, daß die handschriftliche
Gewühl- für dieselbe, soviel bekannt, nicht über das laufende Jahr-
himdert hinauü'eicht, und wenn zwar zwei Hauptrecensionen ihres Textes
unterschieden werden konnten, so sind doch deren Abweichungen von
einander allzu unbedeutende, als daii sie auf ein längeres Umlaufen
derselben zu scblieüen erlauben würden. Auf innere Merkmale sind
wir demnach angewiesen, wenn wir dem gegenüber für die Saga ein
lifiheres Alter beanspruchen wollen; auch diese erweisen sich aber
einem solchen Ansprüche keineswegs günstig. Die DarsteUungs-
weise der Saga zunächst will zwar augenscheinlich den Charakter
der alteren Saga tragen; es fehlt in ihr nicht an al t er tbümli eben Worten
und zumal die in Cap. 9 ein geflochtenen Verse zeigen manche seltene
und dunkle Wendungen. Aber der Vortrag ist sichtlich ein erkünstelter
und eine Menge von ziemhch modernen Auedrücken lässt sich in dem-
selben nachweisen, die in einer alten und echten Quelle vergeblich
gesucht werden würden. Einer Reihe derartiger Vorkommnisse wurde
bereits oben gelegentlich der Erörterung der Classiücation der Haa.
erwähnt, wie z. B. der Ausdrücke: i eptirtid, gjarnan, med niörgum
gödum hjartans öskum, jötuniigr, lj6d für eine einzelne visa, til m6t-
parta u. dgl. m.; einige weitere mögen hier noch zusammengestellt
werden. Der Beiname Kriina, welchen Gestr Höskutdarson iUhrt (8/16),
ist aus dem lateinischen corona abgeleitet, in keiner älteren Quelle
als solcher nachweisbar, und überdieU ganz im Widerspruche mit dem
Sagenstile nicht motiviert. Worte wie bogskytta (14/28), vel Ijstugt
(1^31), uppä vist (15/32) sind entschieden modern, und wenn zwar
Ausdrücke wie skelmir (14/30), plaas (10/22), u. dgl. hin und wieder
Bchon in Quellen des 14. Jhdts. vorkommen, so werden sie doch erst
in weit späterer Zeit einigermaßen häufiger gebrauclit. Ebenso ist die
Bezeichnung eines Schwertes als hid bezta (»ing (2/4), der Ausdruck
1
216 MAURER
krytr (3/16), das widersinDig zusammengesetzte Scheltwort merbikkja
(5/9 — 10), der Ausdruck { samstseäum (13/25) u. dgl. m. der alten
Sagensprache durchaus fremd. Im Einzelnen mag gegen diese Be-
merkungen Manches sich einwenden lassen, da weder die Geschichte
der einzelnen Worte und Redewendungen zur Zeit mit vollster Ge-
nauigkeit festgestellt, noch auch die Möglichkeit zu bestreiten ist, daß
durch spätere Abschreiber in einen älteren Text hin und wieder mo-
derne Ausdrtlcke hineingebracht werden konnten; die vergleichsweise
große Zahl aber solcher neuerer Vorkommnisse in unserer Sage muß
im Großen und Ganzen den Schluß auf deren späte Entstehung immer-
hin gesichert erscheinen lassen. — Auch der Inhalt der Saga führt
zu keinem anderen Ergebnisse. Dieselbe berichtet, wie Birdr, des
Hersen HejjAngrs-Bjöm von Sogn Sohn, nach Island auswandert^ den
nach ihm benannten Bärdardal in Besitz nimmt, dann aber südwärts
wandert und sich zu Gnüpar niederlässt; wie femer dessen Sohn Egill
zu Lundarbrekka im Bärdardale zurtlckbleibt, und hier mit seiner Frau
Salgerdr, des ))örir snepill Tochter, einen Sohn Namens Hräni hringr
gewinnt. Weiterhin erfahren wir, wie ein Verwandter Egils, Helgi kr6kr,
nach Island kommt, und hier von diesem Land angewiesen erhält,
dann dem Kröksdale sowohl als dem von ihm erbauten Hofe Helga-
stadir seinen Namen verleiht, endlich mit Hrani bring sich befreundet
und diesem ein gutes Schwert schenkt. Eines Herbstes, als man das
Galtvieh von den Hochweiden herabtreibt, kommt Vakr, ein Schaf-
knecht Helgi*s, mit einem Dienstknechte des Gauti A Gautiöndum
Namens Sigfus in Streit, und wird von diesem ohne alle eigene Schuld
erschlagen; Hrani aber erschlägt dafür sofort den Sigfus, nicht ohne
selbst eine schwere Wunde davonzutragen. Er wendet sich sofort an
seinen Verwandten, ])orsteinn zu Reykjahlid, damit er ihn mit Gauti
aussöhne; dieß gelingt, und Hrani wird sogar von Gauti's arzneikun-
diger Frau geheilt. Nun erfahrt aber ein Bruder des Sigfus, Hr6aldr galti
von Torfastadiri Vopnafirdi, von dem Todschlage ; er stellt zunächst den
Gauti zur Rede, und da dieser ihm nicht zur Blutrache verhelfen will,
greift er ihn an, erschlägt ihn und einen seiner Dienstleute, und zwingt
zwei andere, ihm den Weg nach Lundarbrekka zu weisen. Da sie hier
den Ilrani nicht zu Hause finden, beschließen sie ihn sofort bei Helgi
aufzusuchen, treffen ihn aber, nachdem sie a Hrafnabjörgum das Skil-
fandafljöt überschritten haben, weiter oben im Rroksdale mit zwei Be-
gleitern. Hröaldr greift ihn selbneunt an, und Hrani's beide Begleiter
fallen; aber auch Hröaldr wird mit allen seinen Genossen erschlagen,
bis auf einen, dem Ilrani das Leben schenkt, und im Galtaholl liegen
ÜBER ISLÄNDISCHE APOKBYPHA. 217
die Gefallenen yerscharrt. Nun bleibt Hrani eine Weile bei Helgi. Da
geschieht es, daü ein Schafkneeht des letzteren auf dessen Sennhütte
spurlos verschwindet, und ebenso ein zweiter, der an dessen Stelle
getreten ist; da bezieht Hrani seinerseits die Alpe. Er wird von einer
Unholdin Namens Nypa angegriffen, die im FIjötsdale wohnt, und ihm
erzählt, daß sie die beiden Knechte sich und ihren Angehörigen zur
Nahrung geholt habe ; nach hartem Kampfe gelingt es ihm, sie zu über-
wältigen und zu tödten, aber jetzt wagt vollends niemand mehr den
Dienst zu übernehmen, so daß das Vieh heruntergetrieben und die
Sennhütte leer gelassen werden muß. Im nächsten Herbste leisten Einarr,
des Sölvi zu Störuvellir Sohn^ und Gestr Knina, der Sohn des Hös-
kuldr halti zu Hofgaräar im Elingärdale, zwei sehr streitbare junge
Männer, dem Hrani bei der Bergbegehnng Gesellschaft. Sie gehen mit
einander dem Fljötsdale zu, werden aber von einem schweren Schnee-
sturme heimgesucht, und sowie dieser etwas nachgelassen hat, von
zwei Riesinnen überfallen. Nach hartem Kampfe erlegt Hrani die eine,
dann Einarr die zweite, doch nicht ehe sie dem Gest die Kehle durch-
gebissen hat; die Unholdinnen wurden in den Skessudysjar verscharrt,
worauf Hrani und Einarr deren Höhle aufsuchen, auch noch den alten
Riesen glücklich tödten und dessen reiche Schätze sich aneignen. Im
folgenden Frühjahre trägt sich Hrani viel mit Reiseplänen, und wird
in diesen durch seinen mütterlichen Großvater ^örir bestärkt, der ihm
im Traume erscheint und ein paar Strophen an ihn richtet. Er bespricht
sofort das Project mit seinem Vater sowohl als mit Helgi, welche dem-
selben Beide zustimmen, obwohl sie voraussehen, daß er in die Heimat
nicht mehr zurückkehren werde, und er bewegt den oben genannten
Einar zum Mitreisen. Zufällig lagen damals gerade mehrere Kaufschiffe
in der Nähe, nämlich zwei im EjjaQördr und eines im SkjdlfandaQörär;
das letztere war von einem hebridischen Manne Namens Kaupa-Raudr
geführt, und wurde von den Leuten aus der Umgegend ganz besonders
gerne besucht. Mit diesem letzteren Schiffe verlassen Hrani und Einarr
Island; obwohl sie von dem Neide und der Bosheit des übrigen Schiffs-
volkes viel zu leiden haben^ werden sie doch von Raud selbst erfolg-
reich in Schutz genommen und erreichen glücklich die Sudreyjar. Bei
einem Manne Namens Högni hänefr und dessen Frau Geir^rüdr nehmen
die Bundbrüder sofort Wohnung und Hrani macht bald Bekanntschaft
mit dessen schöner Tochter, Signy; sie finden hier aber auch zwei
Engländerinnen vor, die Ölriin nämlich und deren Mutter Sunnefa,
welche während der Abwesenheit des Gautr st6rhenti, des Mannes der
letzteren, von dem Vikingr Grimr järnkarl geraubt, dann aber vor
218 MAURER
andern Seeräubern ihm abgejagt , und aus Mitleid auf den Hebriden
ans Land gesetzt worden waren, und Einarr verliebt sich sofort in die
Ölrün. Während nun einmal Kaupa-Raudr, im Begriffe eine neue
Keise anzutreten^ ein feierliches Abschiedsmahl hält, zu welchem auch
Hrani und Einarr geladen sind, wird die ganze Gesellschaft Ton zwei
Vikingem und Berserkern, Hildir und Amhöfdi, überfallen. Von den
beiden Isländern angefeuert, entschließt man sich zu energischer Gegen-
wehr, und da deren Tapferkeit durch die Geschicklichkeit einiger
gewandter Bogenschützen kräftig unterstützt wird, gelingt es die beiden
Vikinger zu erlegen und auch über deren Schiffsvolk den Sieg zu er-
ringen. An der gemachten Beute erhalten die beiden Bnndbrüder, wie
billig, ihren reichlichen Antheil; da aber nach kurzer Frist Gautr er-
fahrt, wohin seine Frau und Tochter gekommen waren, und sich auf-
macht um Beide heim zu holen, fährt Einarr mit ihm nach England
hinüber, und weiß die Saga von ihm weiter Nichts mehr zu berichten.
Hrani dagegen bleibt auf den Hebriden und heirathet seine Signy.
Durch die Vertheidigung der Inseln gegen fremde Vikinger verschafft
er sich hier reichliche Ehre und Vermögen, wobei er von Björn breid-
skeggr und )>6rirfimr kräftig unterstüzt wird, zwei schiffbrüchigen Is-
ländem, deren er sich hülfreich angenommen hatte. Mit der Signy ge-
wann er eine Tochter Namens Hallveig, und starb in hohem Alter eines
friedlichen Todes, ohne jemals wieder nach Island heim gekommen zu
sein. Damit endigt die Saga. Überblicken wir aber diese ganze Er-
zählung, so wird uns auch sofort klar werden, daß dieselbe in keiner
Beziehung einen alterthümlichen Charakter an sich trägt Die That-
Sachen, von welchen sie berichtet, die erste Niederlassung also im
Lande, der Streit der Knechte bei der Bergbegehung und die an ihn
sich knüpfende Rache, Versöhnung und nochmalige kämpfliche Be-
gegnung, die Conflicte mit der Riesenfamilie und deren Ausgang, die
Ausfahrt aus der Heimath endlich sammt den mehrfachen Kämpfen
mit Vikingem im Auslande sind ganz gewöhnliche Vorkommnisse in
den älteren Sagen, entbehren aller jener individuellen Züge, durch
welche die älteren Quellen die reichste Abwechslung in jene so ein-
fbrmipjen Vorwürfe zu bringen verstehen, und die Art, in welcher jene
Gr^schichten vorgetragen werden, ist überdieß ganz diejenige, welche
wir von einem Verfasser zu erwarten haben, der mit einiger Belesen-
heit in den alten Sagen einen durch und durch modernen Geschmack
oder Ungeschmack verbindet. Augenscheinlich hat derselbe den Inhalt
seiner Erzählung theils aus älteren Quellen, zumal der Landnäma, ge-
ticliöptt, theilweise aber frei eomponierl, wobei mündlich umlaufende
ÜBER ISLÄNDISCHE APOKRYPHA. 219
Volkssagen benützt zu sein Bcheinen, welche an bestimmte Ortsnamen
sich anknüpfend, diese auf geschichtlichem Wege zu erklären suchen.
Was über die Einwanderung des Bdrdr, dessen Niederlassungen im
Birdardale und dessen späteren Umzug nach dem Südlande erzählt
wird, ist aus der Landn. III, 18/225 — 6 genommen; die Bezeichnung
seines Vaters als eines hersir or Sogni stammt ebendaher, IV, 10/264;
die Namen seiner Söhne aber sind aus IV, 10/265 ergänzt. Allerdings
kehrt der Bericht über Bär äs doppelte Niederlassung auch in der
Bäräar s. Snsefellsdss. 3/4 — 7 ziemlich gleichlautend wieder; daU ihn
aber unsere Saga nicht aus dieser entlehnt hat, ergiebt sich mit Be-
stimmtheit daraus, daß in der Bärdar s. der Vater Bdrd's „hiileyskr
at ffitt" heißt, und daß in ihr ein paar seiner Söhne unerwähnt bleiben^
deren Namen doch unsere Saga nennt Ein paar der in der Landndma
genannten Söhne hat freilich unser Verfasser weggelassen, weil er ihrer
für den weiteren Verlauf seiner Erzählung nicht bedurfte; ein rein
willkürliches Verfahren, da er doch anderer gedenkt, welche hinterher
in dieser ebensowenig eine Rolle zu spielen haben. Schlimmer noch
ist, daß er den ])orsteinn Bdrdarson zwar nennt, aber ohne seinen, in
der Landnäma ebenfalls nicht genannten, Wohnort anzugeben, so daß
man nur errathen kann, daß der hinterher als ein Verwandter Hrani's
genannte J)orsteinn i Reykjahlid etwa mit ihm dieselbe Person sein
dürfte; ja man könnte sogar statt seiner an jenen ])orsteinn Sigmund-
arson^ einen Enkel Bards, denken, welcher nach Landn. III, 20/232
„zuerst" zu Myvatn wohnte, dessen Enkel aber Amorr zu Reykjalilid
war, imd welcher somit recht wohl selber schon dahin gezogen sein
könnte, — indessen würde auch bei solcher Annahme, die mit der
Chronologie ganz wohl verträglich wäre, derselbe Übelstand obwalten, daß
nämlich des Mannes selber und seiner Niederlassung zuvor nicht ge-
dacht worden wäre. Auch )>6rir snepill at Lundi, der mütterliche Groß-
vater Hrani's, wird in der Landn. III, 17/223 — 4 genannt; dagegen
wird aber weder seiner Tochter Salgerdr noch ihres Sohnes Hrani Er-
wähnung gethan. Zweifelhaft mag erscheinen, woher unsere Saga ihren
Gauti d Gautlöndum hat. Mag sein, daß er aus der Vigaskütu s.,
24/302 entlehnt ist, welche, wie oben bereits angedeutet wurde, einen
Gautr i Gautlöndum kennt; mag aber auch sein, daß dabei an jenen
Hjälmun-Gaut gedacht wurde, welchen die Landn. III, 17/223 als einen
Schiffsgenossen des })6rir snepill nennt, oder daß der Name gar nur
aus dem Hofnamen Gautlönd construiert ist. Ahnlich steht es auch
mit dem Hroaldr galti at Torfastödum i Vopnafirdi; derselbe scheint
aus jenem Hröaldr bjola hervorgegangen zu sein, welchen die Landn.
220 MAURER
IV, 1/239 zu Torfastadir im VopnaQördr wohnen lässt, obwohl aller-
dings der dem Manne gegebene Beiname nicht stimmt. Endlich lässt
sich auch noch Helgi krökr, der Verwandte Egils, insoweit heranziehen,
als ihm Godlaugr Asbjarnarson or Sogni als Vater zugewiesen wird,
den die Landn. IV, 10/264 als einen Enkel des Heyängrsbjöm be-
zeichnet. Helgi selbst wird allerdings in der Landnäma nicht genannt^
und scheint sein Name und Beiname, wie sich gleich zeigen wird,
lediglich aus Ortsnamen heraus construiert worden zu Pein, analog
jenem, übrigens hieher nicht gehörigen, Helgi & Helgastödum, welchen
die Vigaskütu s. 1/232 nennt; indessen ist die Benützung der alten
Quelle insofern immerhin eine ganz geschickte, als sie den Helgi in
verwandtschaftliche Beziehungen zu Hrani bringt, und als überdieß
der Name Helgi im Hause Asbjöm's heimisch war, wogegen freilich
die Angaben der Landndma über Gudlaugs Wohnort im Südlande zu
denen unserer Saga nicht stimmen. Zeigt sich nun in den bisher be-
sprochenen Angaben unserer Saga sehr deutlich deren Bestreben, ihre
Erzählung soweit möglich in den Rahmen der alten Überlieferungen
zu bringen, und zumal eine sehr ausgiebige Ausnützung der Landnäma
zu solchem Ende, welche freilich zu einem derartigen Gebrauche unter
allen Quellen die bequemste war, so spricht sich anderwärts nicht
minder entschieden die Neigung des Verfassers, in bestimmten Orts-
namen (ömefiii) eine Stütze ftlr dieselbe zu finden, wobei er aber frei-
lich nicht, wie dieß in den alten Sagen zu geschehen pflegt, den Orts-
namen nur gelegentlich bei Besprechung der Person oder des Vorganges
erwähnt, denen er seine Entstehung verdankt haben soll, sondern um-
gekehrt sichtlich erst aus dem Namen der Ortlichkeit die Person oder
den Vorgang sich abstrahiert hat, welcher zu der Erklärung jenes
Namens von ihm verwerthet werden will. Einen schlagenden Beleg
ftlr dieses Verfahren bietet der soeben besprochene Helgi krökr. Eine
Strecke des Thaies, welches das Skjälfandafljot in seinem oberen Laufe
durchströmt, heißt der Krokdalr oder Kroksdalr. Die erstere Form des
Namens, welche auch die Karte Björn 6unnIaugsson*s festhält, ist wohl
die richtigere, und die Bezeichnung dürfte wohl von der scharfen
Krümmung hergenommen sein, welche der Fluß gerade auf dieser
Strecke in seinem Laufe macht. Da aber krokr, d. h. Krummnase, oft
genug auch als Beiname von Personen vorkommt, wie denn z. B. nach
Landn. H, 22/128 ein J)6rarinn krokr dem KroksQördr im Wcstlande
seinen Namen gab, und ein Ketill krokr in der Haralds s. hanlr^da,
123/428 (FMS., VI), ein Jon prestr kr6kr in der Sturlunga V, 9/120,
dann ein Hr. Ivarr krokr in den isländitschcn Auualen a 1385 genannt
ÜBER ISLÄNDISCHE APOKRYPDA. 221
wird, lag es immerhin nahe, von einem derartigen Beinamen den Orts-
namen abzuleiten, wogegen den Hauptnamen der betreffenden Person,
Helgi, der nunmehr längst verödete Hof zu Helgastadir lieferte, welchen
Ami Magnussen in seinem Grundbuche noch aufzuführen gewusst
hatte ^), und dessen Stelle sicherlich auch jetzt noch in der Oegend
bekannt genug sein wird. So wird femer der Beiname galti, welcher
dem aus der Landndma entlehnten Hr6ald anstatt des ihm in dieser
beigelegten gegeben wird, wohl nur aus dem Ortsnamen GaltahöU ge-
flossen sein, während doch dieser Ortsname in Wahrheit von göltr
abzuleiten und als Schweinehügel zu deuten sein dtlrfte, so daÜ er
sich der langen Reihe derjenigen Benennungen anzuschließen hätte,
welche von der vordem so schwunghaft betriebenen, nunmehr aber
schon längst völlig abgekommenen Schweinezucht auf Island Zeugniss
geben. So mag femer die Begegnung mit den Riesinnen aus dem Namen
Skessudysjar erwachsen sein, obwohl allerdings in diesem Falle der
Verf. recht wohl auch aus dem Volksmunde geschöpft haben konnte,
in welchem gerade in der hier fraglichen Oegend, dem Birdardale
sowohl als der Myvatnssveit , Riesensagen noch gegenwärtig in Hülle
und Fülle umlaufen^). Genaue Kenntniss der Umgegend scheint dem
Verfasser der Saga überhaupt eigen gewesen zu sein. Er kennt das
Land zwischen dem Skjälfandaflj6t und der Mj6adalsä bis zu den
Sandar, d. h. dem Sprengisande hinauf; er weiß femer von den Qall-
göngur, welche die Barädselingar mit den Myvetningar gemeinsam ab-
zumachen haben, und er kennt auch jene Fürth, welche „ä Hrafiaa-
björgum'' über das Skjälfandaflj6t führt. Unklar bleibt mir freilich die
Erwähnung des Hofes at Hofgördum i Ringdrdali, sowie des Flj6tsdales,
in welchem die Riesenfamilie wohnt. Dem Zusammenhange nach, in
welchem beide Namen erwähnt werden, sollte man vermuthen, daß
der Rängdrdalr entweder im Bdrdardale oder in der Myvatnssveit, und
daß der Fljötsdalr in irgend einem Seitenthale am Oberlaufe des Skjdlf-
andafljöts zu suchen sei, da der Fljötsdalr, welcher von dem Lagar-
fljöt im Ostlande seinen Namen hat, und die in dieses letztere mün-
dende Rängä doch viel zu weit abliegen; indessen weiß ich mit den
mir zugänglichen Hülfsmitteln diese Localnamen nicht aufzuklären,
und muß somit deren Feststellung landeskundigeren Männern anheim
geben. Zum Schluße muß ich aber noch darauf aufmerksam machen,
*) Vgl. J<Sn Johnson, Jurdatal & fslandi, S. 322, Not 14.
') Vgl. z. B. meine Isländischen Volkssagen, 8, 47,61; J6n Arnason, Is-
lenzkar )>j6dsögar, I, S. 186 und öfter.
222 MAURER, ÜBER ISLÄNDISCHE APOKRYPHA.
wie wenig die Ökonomie der Erzählung den Regeln entspricht
welche die alten Sagen in dieser Beziehung zu befolgen pflegen. Nicht
leicht pflegt in diesen eine Person oder Sache eingeführt zu werden,
welche nicht im Verlaufe der Erzählung irgend welche Rolle zu spielen
berufen ist; unser Verfasser aber verstösst gegen diesen Grandsatz
wiederholt und in der aufi^lligsten Weise. Das vortreffliche Schwert,
welches Helgi kr6kr dem Hrani schenkt, wird zwar später bei den
Kämpfen mit Sigiiis und Hröald erwähnt, aber in ganz gleichgültiger
Weise, ohne daß dasselbe irgend etwas zu leisten hätte, was nicht
jedes andere Schwert auch zu leisten vermocht hätte; bei den späteren
Kämpfen aber wird desselben gar nicht einmal mehr gedacht, obwohl
gerade die Bekämpfung der Riesenfamilie und wieder der Berserker
den günstigsten Anlaß geboten hätte, dasselbe übernatürliche Eigen-
schaften zeigen zu lassen. Wozu femer der beiden in den EjjaQOrd
eingelaufenen Schiffe gedacht wird^ nachdem doch selbst das dritte,
von Kaupa-Raud geführte nur dem Zwecke dient, den Hrani und Einarr
aus dem Lande zu bringen, ist ebensowenig ersichtlich als der Grund,
um dessentwillen die Streitigkeiten der beiden Bundbrüder mit Rands
Schiffsleuten erwähnt werden, an die sich doch ebensowenig irgend
welche weitere Folgen knüpfen, als sie dazu dienen, den Charakter
der Hauptpersonen der Saga in ein helleres Licht zu stellen. Wiederum
werden zwar Hildir und Amhöfdi als berserkir bezeichnet; aber bei
dem Kampfe mit ihnen tritt diese ihre Eigenschaft in keiner Weise
hervor, und zumal zeigen sie keine Spur von jener Unverwundbarkeit,
welche sonst für solche Leute bezeichnend zu sein scheint. Endlich
die beiden schiffbrüchigen Isländer, welche am Ende der Saga erwähnt
werden, erscheinen vollkommen unmotiviert, da weder ihre Herkunft
noch ihr Schifibruch, noch ihre späteren kriegerischen Leistungen des
Näheren besprochen werden wollen, und dieselben ganz im Wider-
spruche mit dem sonstigen Sagenstile nur erscheinen, um sofort wieder
spurlos zu verschwinden. Auch das ist ganz und gar nicht im Stile
der echten Sagen, daß einerseits auf die Nachkommenschaft des Helden
eingegangen, und andererseits von ihr doch nichts weiter als der Name
einer einzigen Tochter berichtet wird. Die gegenseitigen Schimpfereien,
mit welchen Hrani und Hröaldr, dann wieder Hrani und Ämhöfdi
einander begrüßen, ehe sie mit den Waffen einander angreifen, sind
ganz und gar nicht im Geschmacke der alten Sagen, und niemals hätte
eine solche die Riesin Nypa einen Gegner, den sie zu fressen gedachte,
mit den Worten anreden lassen: „heill )>ü, Hrani hringr", u. dgl. m.
BECH, BRUCHSTÜCKE VON MEISTER ECKHART. 223
Nach allein Bisherigen wird keinem Zweifel unterliegen können,
daß unsere Saga ein durchaus neues Erzeugniss ist. Von wem dieselbe
verfasst sein möge, überlasse ich Änderen zu bestimmen; man möchte
an Jon Espölin denken, welcher im Jahre 1769 als Sohn des Syssel-
manns Jon Jakobsson zu Espihöll im EyjaQördr geboren wurde, im
Jahre 1836 starb, eine Menge gedruckter und ungedruckter Schriften,
und auch jene früher besprochene Hälfdanar saga gamla verfasste^)
und durch seinen Geburtsort dem Bärdardale sowohl als dem Hofe
zu Stokkahladir, durch sein Amt als Sysselmann im Skagafjördr (1802
bis 1825) dem Propste desselben Bezirkes, endlich als Halbbruder des
Amtmannes Stefan ])örarinsson dem Gisli Brynj6Ifsson nahe gerückt
war, der in den Jahren 1812 — 15 bei eben diesem Amtmanne Schreiber-
dienste that*). — Vielleicht wird manchem Leser die Weitläufigkeit
übertrieben scheinen, mit welcher ich die so wenig bedeutende Saga
behandelt habe; mir will indessen vorkommen, als ob gerade das ge-
nauere Eingehen in das Einzelne der hier einschlägigen Fragen ge-
eignet sei, ein lebendiges Bild von den Schwierigkeiten zu geben, mit
welchen eine kritische Behandlung der isländischen Litteraturgeschichte
zu kämpfen hat.
MÜNCHEN, den 18. März 1876. KONRAD MAURER.
BRÜCHSTÜCKE AUS MEISTER ECKHART,
(Fol. I') man me muge pruue. ab mä ganze mifie
habe, dan an getruvnge. wan wer den andeiii
sere vQ genczlich minet. daz sachit
Allis des man gote tar getruwe. da
5 I d* warheit i ome. vn tvsint me. Also alse got
nie M. zu vil mochte gemlne. also mocht[e om]
nie M. zu vel getruwe. Alle dink di mä ge . .
mak. di sint nicht also zemelich. also groz tru
we zu gote. wä alle die i groze zuvirsicht
10 zu ome gewüne die geliz he nie. h* worchte
groze dink m ome. daz hat h^ wol bewist am
*) Vgl. Germania, XIII, S. 75-76.
*) vgl. Pbtr P^trsson, Bist, cecles. Island. S. 426— 27; Erslew, Forfatter-
Lexicon I, S. 239 nnd 388.
224
BECH
(Fol. P)
manige M. Dise getruvnge komt vö mine
* wä mine hat nicht alleine getruwe^ m^ sie
hat ein war wizzen. vli eine vnzwiueliche
15 V zu yirsicht. vü sichirkeit
Iz ist zweirleye wizzen i diseme lebene. des
ewigen lebens. vn d^ yrütschaft gotis. daz
eine daz iz got eime meschl sage edir enpite.
bi eime engele. ed^ em sundirlich liecht gibit.
20 vn daz geschet seiden yfi wenik lut . . . . iz ist
and^ wizze. daz vil vn ynglich bezz[ir] . . vli nu[z]
zer. Daz geschet dicke allen gn[ten] vn . . . .
komene lute. daz ist daz d^ M. vö mine vli vö
eimlikeit. die h^ hat zu sime gote daz h^ ome so
. . getruwe. vn so sicher an om sie. daz h^ nicht
wiuele möge vn wr^t da von. daz h^ en m!
sich^ selb^ vor s . . ten om alle c^ature. vn
. • vorseite om got selb^ h^ mochte
misse truwe wä mine kan nicht
. . sie getruwet allis gutis vü ist
. mä den mineden vn gemine
. sagen wä m deme daz h^ gevulet
10 ... . vrüt ist da mite weiz h^ gnuk
. . . ist vn sin* (?) selikeit ge
ome. des bis du
dir vn lib*
. . . vngelich me getruwe. wan
15 ... . getruwe vn ...ge truwe. dar
. . . ge . . . . sichir sin
alle . . mine. Dise sichirkeit ist
re g . zir vn warir d . . die erste vn mak
lichte ein vnrecht
20 . . . . ge . . . mä i alle den crefte
. nicht getrige . . i den di da w*
. . zwivelt iz also wenik alse d*
gote zwivelt. Wan mine virtriet
(Fol. II*) vindi den grüt. daz din gemute sal v*re dar vb*
irhabin sie. vn iz sal din gemute nicht ruren
zu mugene. noch zu minene. v^re sal din ge
nate dar vb* irhabin sie. wan daz w^e ein kräc
[ newendikoit di daz vzz^e cleit sal berichten
Dm I nere sal daz vzzere berichten, alse iz . •
BRUCHSTÜCKE AUS MEISTER ECKAKT.
ue an dir Btnt. Mer aUe iz dir alBus zu ve
mact tu iz vz dime grüde gut ncme. d&z du d.
da Ino vindest. Gevile iz andire. daz du iz ouch
10 g'ne vn willichlichen wold. . me. vn also ouch
mit d' Bpise vü m deu vnmd . . mage vQ m.
alle deme daz dir got gebe . . - me vfl al . .
Ich iz bezz' allin dinge iz si smaheit iz si er..
iz si waz iidens iz si
15 zu gote
dan daz sieb d' M. eelbir drin . .
I V recht, tk i deme bo mak mä wol
ab smaheit geuÜe. vn vngemaeh. vn '
vi den M. daz niä die oucli tragin mochte vnde
(Foi n") g'ne wolde tragen, vn m alleme rechte, vn vrtei
le. mak di wol ezzen di also gerech gereite w'e
zu d' vaste. alse zu dem ezzene. vQ daz ist wol
di Bache daz gol vb' eine vrüt grozea vD vü
5 Iidens virbengit. daz sin vmezige truwe andtrs
nicht v'mochte wan daz so vil vD so groz vrome
an deme lidene lit. vH her di sine nicht wil noch
enzemt. virsumen i Icbeiue gute, dan daz
si quit list m deme grozen gerciten wille. vn
L 10 d&z ome da mite wol gnvgo. andirs om en dike
in leit laze virgan. vme de vmeziichin vroin
. eme lidene lit. Die wile also gote gnvgit
. zu vride. wan om ein andir bebagtt. eo
. ch zu ganzen vride. Wan d' M. Bai i newe
. anz gote gelazen si I alle sime willen.
. nicht vel bew're wed' m d', noch m d'
. ir werkin vH svnd'hcbin saltu vlien
. . ndirlikeit iz si an cleidem. an spiBC. vn
. orte, alse hoer wort vil zu rcdeue od' Bun
' dirliche stete zu wisene. da I keiu nutz an lit.
Doch aalt du wizen. daz dir nicht virboten ist
alte sundirlikeit. Iz ist vil suudirlikeit. di mä
Die vorstehen den Zeilen bilden den Inhalt eines Pergament-
fpelblattes in Duodezformat, das auf der StiftsbibUothck ia i
'Hl. [)ii.) .t^rg. 15
226 L.1TTERATUR: ZUR ÄLTERKN KOMAXTISCIIEN LITT. IM NORDEN.
aufbewahrt wird. Da das Blatt früher als Einband diente, so hat die
Schrift durch Abreiben stark gelitten und ist trotz der angewandten
Reagentien an manchen Stellen unleserlich geblieben. Auf jeder Seite
sind mit Tinte 23 Linien gezogen; die letzte Linie auf Bl. 11* wie auf
IP ist unbeschrieben geblieben; die großen Anfangsbuchstaben sind
durch rothe Nebenstriche gekennzeichnet; Z. 16 auf Bl. P deutet ein
rother Buchstabe zu Anfang auf den Beginn eines neuen Abschnittes.
Den Sohriftzügen nach gehört das Bruchstück in das 14. Jahrhundert,
und zwar wahrscheinlich noch in die erste Hälfte desselben. Es ent-
hält ein Stück aus dem XVII Tractat Meister Eckharts, der in der
Ausgabe Pfeiffers S. 543 folgenden Titel ftihrt: Daz sint die rede der
underscheidunge, die der vicarius v(m Düringen, der prior von Erfortj
bruoder Eckehart predier ordens mit eolichen kinden hete, diu in dirre
rede frdgeten vil dinges, dd sie sdzen in coUationibue mit einander. Es
decken sich Bl. I* imd P unseres Fragmentes mit Pfeiffers Ausgabe
558, 31 bis 559, 27; Bl. n^ und IP mit 563, 13 bis 564, 9. Aus den
Sprachformen geht deutlich hervor, daß die verlorne Handschrift in
Düringen, vielleicht in Erfurt selbst entstanden, und daß sie mithin
nahe verwandt war mit jenen mitteldeutschen Handschriften Eckharts,
aus denen E. Sievers im 15. Bande der Zeitschrift ftlr deutsches
Alterthum S. 373 folg. mehrere Predigten veröffentlicht hat
ZEITZ, April 1876. F. BECH.
LITTERATÜR.
Zur älteren romantischen Litterator im Norden. L
Gustav Storm. Ona Enfemia viserne. (In: Nord. Tidskr. for PiL og P«d.
N. R. 1 S. 28—48.)
Derselbe. Sagnkredsene om Karl den Store og Didrik af Bern hos
de nordiske Folk. Et Bidrag til Middelalderens littersere Historie. Ud-
givet af den norske historiske Forening. Kristiania. Mallings Bogtiykkeri.
1874. 8«.
Der durch seine Studien über norwegische Greschicbtsscbreibang bereifla
rfibmlicb bekannte junge Gelehrte liefert in diesen Arbeiten schätsbare Beitrige
cur Geschichte der romantischen Poesie und Prosa im Norden.
In der ersten dieser Abhandlungen wird, gestützt auf das für diese Unter-
suchung nothige, endlich vollständig vorliegende Material, die Frage nach den
Quellen der sogenannten Eufcmiayiser in übersichtlicher Darsteliong eiditeit
LITTERATUR: ZUR ÄLTEREN ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN. 227
Es darf jetzt als feststehen^ gelten, daß Herra Iwan und Flores och Blanzeflor
zn betrachten sind als Übertragungen aus den entsprechenden altnorwegiscben,
noch jetzt vorhandenen Prosasagas in altnorwegische Verse, während Hertng
Fredrik mit seinen unverkennbaren deutschen Eigen thnmlichkeiten direet auf
eine deutsche Vorlage schließen lässt. Alle drei Umdichtungen wurden unter-
nommen auf Anregung der Konigin Enfemia, der deutschen Gemahlin des Hakon
Magnusson von Norwegen. Ihre Umsetzung ins Schwedische fallt erst einer be-
deutend späteren Zeit zu, vgl. u.
Dagegen wird sich schwerlich definitiv abmachen lassen, ob der von der
frz. uns erhaltenen Fassung ganz abweichende Schluß der Floressaga ok Blan-
kiflür^ den das schwedische Gedicht natürlich theilt, dem norwegischen Über-
setzer zuzuschreiben ist, wie Storm will (S. 35), oder seiner Vorlage schon an-
gehört hat. Wenn man erwägt, wie wenig selbständig die Gelehrten am Hofe
Hakons zu arbeiten pflegten — der selbständige Schluß der Parcevalssaga, auf
den St. verweist, war durch das unvollständige Original bedingt und ebenso
wenig können die etwaigen Änderungen in der Thidrekssaga , vorgenommen
zu Gunsten des Zusammenhanges, beweisen — und zugleich bedenkt, wie oft
in der altfrz. Litteratur der Fall eintritt, daß, um einer verballhornisierenden
Fortsetzung Raum zu schaffen , der echte Schluß eines Epos gestrichen wurde
(vgl. Fierabras, Perceval le vieil, Partonopeus de Blois u. a.), so wird die
Originalität dieses Stückes der Saga mindestens unwahrscheinlich.
Eine sehr willkommene Zugabe ist der Abdruck eines im norwegischen
Reichsarchiv bewahrten, leider etwas defecten Pergamentblattes au^ der Flores-
saga, seiner Schreibweise nach wohl in den Anfang des 14. Jahrhs. gehörig,
und wichtig, weil sein Text fast durchgängig vollständiger ist, als die ent-
sprechende Stelle der Handschrift M (gedr. in Annaler f. n. 0. 1850). Die bessere
Hdschr. N reicht nicht so weit. Die defecten Stellen sind durch Prof. Unger
ergänzt. Eine eingehende Vergleichung dieses Fragmentes [A] mit M und dem
schwed. Gedichte [S], sowie den anderen Versionen, bestätigt wieder den Satz,
daß diese Sagas fortlaufenden Kürzungen durch die Hand der Abschreiber unter-
worfen waren, indem selbst in dieser rel. alten Hdschr. Spuren von Kürzungen,
aufweisbar sind, wo z. Th. M sogar noch die vollständigere Lesart bietet
woraus zugleich erhellt, daß M nicht aus A geflossen sein kann; z. B. A S. 25^ f.
munn ?Mnn pa taka at pdkka per ok bidia [pik koma aptr etc. vgl. M S. 44 ^'r
mun hann pd taka at eUka p%k ok mun bidja pik etc. Dag. S v. 1194 f. : hon
fJiakkar thik ok hafuer kcer^ bidher thik ater koma ther. In A ist eUka^ in M
Pakka ausgefallen. Ferner AS. 27^ f., wo es sich um das Schachspiel handelt:
En pcet vor fioirtB er iLann [en jamakiott gaf hann duruerdenom /et ait etc.
M S. 46**: ... ok Ut dyravördr ok var pd mjök reidr, En Flort8 gerdi sem
hushöndi baudj gaf honum aptr etc. Vom Zorn des Wächters ist in A nicht
die Rede, freilich ebenso wenig in S v. 1252 ff., wo diese ganze Erzählung in
wenige Verse zusammen gefasst ist und im frz. Texte v. 1952 ff., wo . ohne
Zweifel mehrere Verse ausgefallen sind. Dag. heißt es mhd. v. 5104 f.: d6 ge-
atilte er tinen zom, also man mit gäbe tuot. Die Beziehung auf die Weisung
des Daries aber haben alle übrigen Texte; vgl. frz. v. 1954: comme sei otte$
li loa. = mhd. v. 5107 = ndl. v. 2706 = engl. (edd. Lumby. Lond. 1866)
¥. 404. Beides wird also in A ausgefallen sein.
\5>*
228 [.ITTEßATlTR: ZUR ÄLTEREN ROMANTItiCHEN UTT. IM SORDEW.
L'ogerfl Ergänzungen sind sorgiüllig mit Herb eis ii'hung des fr», u. scbwcd.
ansgeföhrt. An einigen Stellen kano man Zweifel hegen. S. 34, heißt et: En
pu haf med [per i pus Jiinum c. aura gulh ea\ firir utlann ft lirik p« tri.
War der Raum fit die Ergänzung nicht peinlich genau berechnet, was der Ab-
kUnwngen wegen kaum thunliub ist, bo möchte ich nach giilh UDBchieben : ok
legg vid, vgl. M S. 44* = fri. v. 1876: qu'a U metra =i mhd. t. 4666 = ndl.
V. 3614. S. 3T* scheiot ea mir richliger, anstatt; grrdiil hardla glaär utd ok etc.
zn ergUnzen; vndra'tUl hardla pelfa ok etc. In M nnd S ist etwas ausgefallen,
dag. vgl. frB. T. 1955 f.; moulc t'cn merveilla, et por It don Vtn mercia ^ ndl.
Tl. 2709 f.: den portwerdfr teondtrdc harde daer om«, ende dancte heri von der
g roter have. Endlieb S. 27* heißt es: J^n hin uard [enn gregri gladr . . . .j indem
dai letzte Stückchen der Zeile nnerganzt bleibt. Ich möchte: ok ordlauta snp-
pieren. Daranf deutet nämlich das folgende: ok tidfremi*) fek han pakkat Amtun;
und es wird bestätigt durch ndl. t. 2720 ff.: (Joe wo* dit man to blide, daC hi
t'n diere ttonde een icoort ghaprelctn ni«t en condt. daer na eprat hi over Itute
mde leide htm der ghichtert dane etc.
So sind jetzt die Bearbeitungen und Überaetzungen des frz. £poa Floire
et BlancefloT sämmtlich gedruckt, mit Ausnahme diner englischen Bedaction, die
sich in der Bibliothek von Bridgtwater House befindet und nach Lumbj's An*
gabö vorerst unzugänglich zu sein scheint, nnd der sog. Eschenburg'schen Hdscbr.
der niederdeutschen Fassung (vgl. Hoffm. Uorae Belg. III S. XU), mir nur in-
gänglich geworden in Büschings, wie mir scheint, nicht allzu Borgsamer Abschrift
(Mscr. Germ. 786. 4" der ßcrl. Kgl. Bibl.). welche von der »ou Bmns edierte»
(Berl. und Stettin 1798» bedeutend abweicht. Nur mit Hülfe dieser aämmtlicheu
Bearbeitungen dürfte es möglich sein , die ursprüngliche Gestalt des. frz. Ge-
dichtes einigermaßen genau festzustellen, was namentlich auch für die ästhetische
Würdigung desselben von Bedeutung wäre. Durch sorgfältige Berücksichtigung
derselben erst würde ein Urtheil gewonnen werden über das Verbältniss der
beiden frz. Redaclionen zu einander, es würde sich vor allem herausstellen,
daß die kürzere, welche den ursprünglicheren Text enthält, dem Ofiginal gegen-
über eine Menge von Kürzungen eifahren hat , wo die Vorlagen der verschie-
denen Übertragungen — die, wie sich leicht zeigen lässt, von einander unab-
hängig, alle auf das frz. zurückweisen — noch das Vollständigere boten**). Zn
einer solchen detaillierten Vergleichang habe ich selbst schon das Materi»!
ziemlich vollständig gesummeil und hoffe seiner Zeit genaueres dar
liehen in können.
•) Das Wort tldjrani ,spSt erst' ist seiner Seltenheit wegen bemerk enswerth. lefc
finde es in keinem Wörterbuch. G. Vigf, bemerkt i. v. /remi nur: Chily in the phraie:
nä /rtlai : Wji to far.
**) Wie wichtig f3r das VentSndniaa dines Teitaa die Vergleichung aller Bear-
beitungen dieses Epos ist, lehrt u. a. eine Stelle des mbd. Gedichtes, an dtfr iwar
wohl noch niemand Anstoß genommen hat. Flore ist an das Grabmal geführt worden.
Da heißt es v. SSOTff. : til unmderi gr6i an im gemhaeh: van aU er diu bilde geiaeh
tä te tfimf belamder dax nie nach in gemachel mären etc. In diesem und dem
Folgenden liegt aber, wie mir scheint, absolut nichts von einem Wunder, das an Flore
geschehen wfire. Der erste Vers ist nlso an verstand lieh. Dagegen sieht im mederdeut-
tcben Gedichte v. 463 ff,: DS Fl6t den tlein attghaach, grot tmtider dar ghenach; Flu»
>flai^H
LITTERATUK; ZUH ÄLTEREN KOMA.NTISCHEN LITT. IM NOEDEN. 229
Das oben an itwoitt-r Stelle «uf^efdbrte Buch bietut ciue liclitrolle Über-
sicht über die Verbreitung der Sageiikreise von Karl dem Großen und Dietrich
von Bern im skaDdinavischen Norden. Je mehr dieser Theil der altnord. Litte-
ratur ron Interesse ist für eine Jtünftig ab^ufagsende Geschicbte der „großec
Ssgeiikreise des Mittelalters", um so nützlicber ersehien mir eine etnas ous-
fühjlichcrc Besprecbung der fleißigen Arbeit in dieser Zcitscbrift.
Das Buch behandelt luerst lahnlt, Oberlieferaog und Quellen der Karls-
tnagnus Saga sowie ihre spätere Umarbeitung (bis 8. 69), wendet si«h dann
zur Entstehung nnd Wanderang der deutschen Heldensage nach dem Norden
(bis S. 83), kuilpft daran die Besprechung der Hdscbr. und Quellen der Thidreks-
Eaga (bis lü. 131); dann folgt eine Erörterung über Älter und Quellen der
Buhved. und dan. Chroniken, die dieselben Stoffe bebandeln (bis S. 168); weiter
werden die hiehergchorigen dänischen Folkevlser untersucht (bis S.Sil) und
endlich die an diese Sagenkreise sich anschließenden norweg., istand. und fsroi-
sehen Dichtnngon (bis S. SS5). Eine dankenswerthe Zugabe ist der Abdruck
des Biucbstückes „om Jorsataferden" nach der schwed. und dän. Karlamagom-
chrouik und einiger Verse aus den ron Thord. Magnusaou c. 1570 verfassten
Rollantsrirnnr.
Über einzelne, etwas breite Ausführungen and Inhaltsangaben, wo viel-
leicht ein Hinweis auf Ungers Vorreden genügt hätte, will ich mit dem Verf.
nicht rechten. Es lag das Tielleicbt in der Fassang der ihm gestellten Auf-
gabe. Ich werde mich im Folgenden darauf beschränken, die wichtigsten von
Storms neuen Ücsultaten lu besprechen, nach einigen Seiten auch Ergänzung
>u versuchen.
Bei der Besprechnng der Quelle des Sagascbreibers für die dem ßolands-
liede entsprechende Partie der Karlam. Saga weist Storm sehr hübsch nach,
daß die Hdechr., die ihm vom &z. Liede vorlag, zwar nicht so alt und rein ist
wie das Oiforder Mscr., aber auch nirht so entstellt wie die späte Veraailler
Hdschr., insofern in ihr oft schon die Assonanz in Reim verwandelt war {3. 26 f.),
ferner daß die Saga auf diese Weise manche Züge erhalten hat, die wir in
frz. Teiten nicht mehr nachweisen können, die sie aber einmal enthalten haben
müssen (S. SO). Es ergibt sich aus allem, daß dieser Abschnitt der Saga und
— um das gleich vorauf eq nehmen — der entsprechende Theil der schwed.
Karlamagnus-Chronik, die auf älteren nord. Hachr. ruht, leider aber sehr un-
genügend gedruckt ist — für die kritische Behandlung des Bolandsliedes nicht
ohne Werth ist.
Mit Recht acheint mir Storm ferner (S.38 ff.) gegen Unger und G. Pari«
sn behaupten, daß der Sagaschreiber für das erste Buch nicht mehrere Quellen
ausgezogen hat, sondern treu seiner dinen Vorlage, einer cyelischeu Darstellung,
gefolgt ist, die freilieh verloren scheint.
lep devendich teyte wm dan. dar he jmule iooioan lUtn. Er springt dann »n den
bOwen hinein, diese verletzen ihn aber nicht. Darin liegt wirklich ein Wundor. Da
nnn sogar die Beimworte in beiden Texten stimmen, so werden wir billig annebman
dürfen, da& in beiden dasselbe Wnnder gameint ist. Daffir spricht mm auch die xwoite
fn. Fatsang bei du M6ril, wo es bei derselben 8cenc beißt v. 1699: La putl Von
:Ut viair. Flecbs Vortage scheint also die Episode mit den LSwen noch vorge-
m, sie aber gestrichen lu haben, so daß nur etwas von der Einleitung derselben
stehen geblieben ist, das nnu auch Fleck herüber geuonuneu bat.
L
230 LITTERATÜB: ZUR ÄLTEREN ROMAKTISCHEN UTT. IM NORDEN.
BetrefiBi des Abschnittes aber Oddgeir danski [das «weite Buch der Saga,
ergänzt durch ein spateres Stack der dänischen Keyser Karlls Ejrönike (Chr.
Pedersens Danske Skrifter. Y Bind ndg. af 0. J. Brandt Kjob. 1856 S. ISO ff.)]
mochte ich hinweisen aof eine treffliche Abhandlang von Pio Bajna, die Storm
noch nicht kennen konnte: Uggeri il Danese nella ietteratora romaniesca degl*
Italiani, in: Romania 1874 S. 31 — 77. Hierher speciell gehört folgendes aas
derselben. In dem frz.-itaL Gedichte über Og^er sowohl wie in der dänischen
Fassung (vgl Ped. 8. 121) wird als Grand für Carlotto*s Haß gegen Ogier
angegeben, dieser habe ihm den Rahm weggenommen, zwei bedeutende Feinde
zu tödten, obwohl jener nur beabsichtigt hatte, Carlotto zu Hülfe zu kommen.
Dieses Zusammentreffen hielt G. Paris (Bist. po^t. de CharL S. 311) für zu-
fällig: Bajna will es (S. 61) — wie mir scheint, mit mehr Recht — auf eine
gemeinsame Quelle zurückführen, um so mehr, als sich auch sonst noch ver-
wandte Züge finden dürften. Im dän. Texte durchbricht Og^er mit Gewalt die
Kerkermauern, um zu zeigen, daß er sich auch selbst habe befreien können;
ähnliches wird in einer der ital. Fassungen berichtet.
Über das Yerhältniss der ^Jorsalaferd*" zu ihrem Original: Charle-
magno (ed. Fr. Michel. Lond. 1836) macht St S. 60 ff. einige treffende Be-
merkungen. Fälschlich aber wird dem nordischen Bearbeiter die Yertauschung
der i))r6ttir des Turpin und Bemard zur Last gelegt (S. 62); denn auch in
dem frz. Yolksbuche: Galien Rhetor^, dessen erste Capitel direct auf den Charle-
magno zurückgehen, mit der nordischen Prosa aber nichts gemein haben, wird
Turpin das Uberschwemmongswunder zugewiesen. Weiche Anordnung die ur-
sprüngliche ist, wage ich hier nicht zu entscheiden. Dagegen übergeht St. ^n
paar andere Eigenthümlichkeiten des nord. Textes, die der Beachtung werth
erscheinen.
Die Tochter des Königs Hugo sagt zu Olirier, als er, um sein Wort au
lösen, mit ihr allein gelassen ist, frz. y. 712:
Sire, eissistis de France, pur nus femes ocire?
Die Saga bietet S. 479^^ f.:
Herra, segir hon, komtu til pess af Frakklandi, at ikemma konur i Mik-
lagardi?
Der Ausdruck Mtödten** passt gar nicht in den Zusammenhang, jlremnia
vertrefflich. Die Quelle muß also ein ähnliches Wort gehabt haben, wenn auch
nicht hunire^ das schon v. 721 wiederkehrt, und auch aus metrischen Gründen
unmöglich ist.
Interessanter ist folgende Abweichung. Im Charl. y. 488 hat Oliver ge-
lobt, der Königstochter hundertmal in einer Nacht zu Willen zu sein. Als es
zur Sache kommt^ küsst er sie dreimal (v. 715); verspricht, sie zu seiner Ge-
mahlin zu machen, wenn sie ihn nicht verrathe, und der Dichter fügt hinzu
V. 726:
Li quens ne li fist la nuit m^ que XXX feiz.
Am nächsten Morgen fragt der König v. 729 f.:
„Dites-mei, bele fille, ad le vus fait c feiz?
Cele li respunt: Oil, sire reis."
So läge eine directe Lüge und ein sehr mittelmäßiger Scherz vor. Das hat
ELeller bei seiner Inhaltsangabe des frz. Gedichtes: Altfranz. Sagen Bd. I S. 53
sehr wohl gefühlt und die Stelle deßhalb so wiedergegeben: „Aber er beruhigte
LITTERATUR : ZUK ÄLTEREN ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN. 231
das Mägdelein und küsBle and herzte sie vielfach bis an den Morgen. Davon
war sie so erfreut, daß sie seine Küsse zu zählen vergaß und als des andern
Tages ihr Vater sie zu sich rief und nach der Zahl derselben fragte, antwor«
tete, daß er ihr deren wohl hundert gegeben.'' Das ist aber Keller'sche Dichtung.
In der Saga heißt es dag. S. 479^^: Oliver Id i hvau kjd keisaraddUur ok
tnerUt tu hennar ok ky$H hana 100 tinnum. Auf die Frage des Königs: tf
Oliver hefdi drygt pat er kann »agdiy heißt es: En hon mxxradi ok koad kann
drygt kafa. Das dreimalige Küssen fehlt hier ebenso wie eine Parallele tot. 726.
Dag. haben wir hier ein reizendes Wortspiel, besonders wenn wir annehmen
dürften, daß heiaer hier schon in dem bekannten Doppelsinne au&ufassen sei.
Die bessere Lesart ist das also ohne Zweifel. Ob das Original, lasse ich hier
un erörtert.
Die Zeit der Einwanderung deutscher Sage im Norden verlegt St. frühe-
stens in das 6., wahrscheinlich in das 7. oder 8. Jahrh. (S. 76 ff.). Die Gründe
sind einleuchtend.
Die Quelle der Thidrekssaga angehend, so weicht Storm namentlich darin
von Döring (Die Quellen der Niflunga-saga in der Darstellung der Thidreks-
saga etc. in: Ztschr. für d. Phil. II S. 1 ff.) ab, daß während nach diesem dem
Sagaschreiber nur Berichte nach dem Nibelungenliede, Eckenliede, Hiidebrands-
liede vorlagen, und etwaige Abweichungen ihm zur Last zu legen sind, Storm
für letztere eine andere Quelle vermuthet. Die Sache ist schwierig zu entscheiden.
Indessen muß ich betreffs der von St. S. 118 besprochenen Stelle über Krim-
hilts Tod Storm gegen Döring darin unbedingt Recht geben, daß es sich nicht
um eine zufällige Übereinstimmung zwischen der Saga und dem prosaischen
Anbange des Heldenbuches handeln kann, um so mehr, als auch in der Partie
von Ecke manche Züge genauer zu letzterem stimmen, als zu den Eckeliedern.
Auch darin will ich Storm nicht widersprechen, daß das Anzünden von Feuern
im Garten *) durchaus kein nordischer Brauch sei, als welchoi Döring (a. a. 0.
S. 33) ihn vom Sagaverfasser eingeführt wissen wollte. Aber wie steht es mit
der wichtigen Stelle vom Überwältigen der Feinde mit Hülfe der ausge-
breiteten, glatten Rinderhäute (Döring a. a. 0. S. 55 und 74), die Storm todt-
schweigt? Die Parallele aus de» Eyrbjggja ist doch sehr treffend. Zu der Un-
selbständigkeit, die Storm sonst — meist wohl mit Recht — dem Sagaschreiber
vindiciert, stimmt auch nicht so ganz, daß er denselben in dem Abschnitt von
Isung und den Söhnen des König Artus von Bertangaland (S. 127) ziemlich
eigenmächtig schalten lässt. Über den Abschnitt von Hildebrand und Alebrand,
den St S. 128 kurz bespricht, vergleiche man jetzt auch die Abhandlung £d-
zardi's: Zum jüngeren HiidebrandsUede (Germ. XIX S. 815—326)**).
*) Unrichtig ist es, wenn Zamcke, Nibelungenl. 4. Aufl. S. LXXXIII sagt, der
Norweger lasse seine Helden in der Halle ein Fener anzünden. Damit wäre die
Schwierigkeit freilich gehoben. Aber abgesehen davon, daß auch sonst gardr unserm
Galten entspricht, vgl. Vigf. s. v., so heißt es gleich darauf: En peir er firir voru fylgia
margrei/a tmi i hoUitna, ok »kipar kann peim d paütL
**) Das. S. 316 heißt es: Auch bleibt es doch wohl zweifelhaft, ob er [Hildebrand]
seinen Sohn in dem Gegner erkennt; nach der genauen Beschreibang , die ihm von
Alebrand cap. 406 gegeben ist, mflsste er es wohl; aber cap. 408 heißt es: ok kenneut
nu vid, wo Äreilich B hamuut hat „sich mustern**. Aber Aaonnast heißt ebenso oft:
sich erkennen, vgl. Bp. I p. 228 *' Fms. I p. 186. vgl. Cleasby-Vigf., Möbiiis s. v.,
232 LITTEBATDR: ZUR ÄLTEREN ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN.
Über d«n Prolog der Thidretssag-a aad seine Eclitheit sind die Acten
nocb nicht gc»cb1oMea, denn auch naa Storm (S. 104) dafür vorbringt, ist nichts
weniger aU ziringend. Ein inlereisanteB Oegenatück lu derselben bildet die noch
ungedniekte Einleitung Knr Adonius Saga ok ConstantiuB (A M. 593 A. 4") and
da» SchloGcapitel der Bragda-U&gus Saga (S. 175 ff.), die Übrigens für die
Sache selbst als Beweis material kaum braachbar wären, da es sehr fraglich ist,
ob ihnen ein hohes Alter zu vindicieren ist.
Was endlich noch einmal die Quellen der Saga angebt, so behaupten
Storm (S. 107 f.) wie Döring (a. a. O. S. 71) energisch, es seien das nicht
handschriftliche Quellen, sondern nur Erzählungen deutscher Eanflcute ge-
wesen. Sollte die Wahrheit nicht in der Mitte liegen? Sollten die Gewähra-
männer des Sagaverfassers nicht oft genug ihre Erzählung durch Recitation von
einzelnen Versen oder Versreihen nnterbrbchen haben, und auf diese Weise
die Ton Döring «war bestrittenen (S. 3), aber von ihm selbst mannigfach auf-
gezeigten wörtlichen Übereinstimmungen EU erklären sein? Weist er doch selbst
öfters aof )>f dersk kvsdi hin. Ob die Kauflente aus Soest, Bremen und Münster
die Epen in mhd. und mnd. Mundart gekannt haben, lässt Storm (S. 107) ab-
sichtlich unberührt (vgl. jedoch S. 129 n.). Döring deutet S, 78 f. vornher-
gehend auf letzteres hin, und ich glaube er hätte diese H7potbeee kuhner vor-
bringen dürfen.
In m erweist Storm u. a., daß die Thidr. nnd Earlam. Saga c. 1430,
znr gleichen Zeit wie die Eufomi aviser nach Schweden gekommen und hier
übersetzt worden sind, ferner daÜ die schwedische [jetzt bis auf das Rolanda-
lied und Jorsalaferd verlorene) Karlschronik auf einem sehr alten Terto der
Saga ruht, nnd ihrerseits die Quelle der wesentlich gekürzten dänischen Fassung
ist, die deOhalb nicht selten fiir kritische UnlersucbaDgen von Bedeutnng wird*);
endlich daß die Hvenscbe Chronik, die Döring auf die Thidrekssaga zurück-
führte, aus dem schwediacben Teite abzuleiten isl-
Iq IV wird, gestützt darauf, daß die dänischen Viser, die Saio benutzte,
offenbar stahreimend waren, gezeigt, daß die dänischen Folkcviser, wie sie ans
jetzt vorliegen, späte Umarbeitungen sind, die auch die historische Wahrheit
oft genug verstört haben, während Grundtvig si« viel früher ansetzt; ihr Metrara
ist von Deutschland gekommen, zu Ende des 13. oder im 14. Jabrbnndert.
Die meisten speciell hierher gehörigen Viser sind auf die achwediscben Prosa-
fassnngen zurückzuführen.
Abschnitt V, der sieb, wie oben erwähnt, mit den an diesen Sagenkreisen
sich anschließenden norwegischen, ieländischen und fxröischen Beimgedichteo
hescbnfligt. konnte der Natur der Sache nach nicht so vollständig ausfallen,
wie die früheren, da dem Verfasser nur wenig handschriftliches Material zu
Gebote stand. Ausführlich wird nur die norweg. Bolandsvise und das fnr. Lied:
so daQ also Sbei den Sinn der Stelle kein Zweifel ontstehon kann. Trot« der
Beschreibung erkennt der Vater den Sohn nichL
S. 321 Lätt Ediardi den schwedischen Test an einer Stelle für urspränglichsr,
als die Hdschr. der pg. Aber wie ist das möglich, wenn, wie Ung er {S. VIU) erweist,
der schwed, Cbertragimg gerade A su Grunde lag? Vgl. auch u.
*) Leider ist sie nns nar mgänglich in Pedeisens Übuiarb eilung von IL.
Schon eine genaue Angabe aller sachlichen Varianten der Hdschr. und GelunenaAi
gäbe von letzlerer würe für kritische Uutersucb nagen r<>n Interesse.
1
LTTTERATUR: ZUR ÄLTEREN ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN. 233
BtinsevalBstrnj besprochen (S. 217 ff.). Kurz erwähnt werden S. 215 die Grtiplur^
die den oben besprochenen Abschnitt der Karlamagnussaga: Um Jorsalaferd
snm Stoffe haben, zum größten Theil enthalten in der Wolfenbättier Rimnrhs.
(vgl. Ant. Tidskr. 1849 — 51 S. 7 ff.), zu ergänzen durch AM 603. 4®*),
Daß diese Rimur auf die Saga zurückgehen, war a priori wahrscheinlich. Eine
genauere Prüfung bestätigt es; nur hat keine der uns erhaltenen Hdschr. die
Vorlage gebildet, sondern eine z. Th. bessere. Ich darf mich hier um so eher
kurz fassen, als ich einer neuen kritischen Ausgabe des Charlemagne, die einer
meiner Zuhörer gegenwärtig vorbereitet, die Rfmur wie das gleich zu erwähnende
£Br. Lied anhangsweise beizugeben gedenke.
Der Name Geiplur stimmt zu der Überschrift des 8aga])4ttr in B: Gei-
pnnar ])4ttr (Unger S. XXXI). Die Namen der Ritter, die um König Karl sind,
weichen z. Th. von der Saga ab, woraus man sieht, daß der Dichter die ganze
Karlamagnussaga ziemlich genau studiert hatte. Es sind in R (^ Rfmur) folgende:
Bollant, Oliver, Oddgeir, Turpin, Nemus, Namlum, Otuel, Villifer, Ivorias, Ingiler,
Bemard, Boering, Reinald, Geirard, Bertram, Angilas, Berard, Gumilum, und
zwar werden dieselben, etwa in der Art, wie in der ersten Aventinre des Nibe-
lungenliedes, der Erzählung vorausgeschickt, nicht erst bei Gelegenheit der
von Karl berufenen Rathsversammlung genannt, im Sinne des Dichters sehr
passend.
An ein paar Stellen schließt sich R genauer an frz. an als S (Saga).
BI ▼. 24 sagt Karl:
£k skal leita at lofdung peim,
listin hefir so unmat,
koma ei fyrr i Frakkland heim,
enn foeg bann s^t ok kunnat.
= frz. V. 57 : Ja nen prenderai maia fin tretque Vaxtrti veuz, S entspricht
8. 467^^: Pd s6r K, k, at kann skyldi p<U reyna.
Vor den Pflug des K. Hugon sind Maulthiere gespannt R II ▼. 63^ f. :
rar var gerr af gulli ardr
ok gengu mülar undir.
= frz. V. 287: Mais de chascune part un fori mul amblant. In 8. S. 471^ ist
von öxn die Rede.
Dagegen finden sich eine Anzahl Stellen in R, für die weder in frz. noch
S. Parallelen aufzeigbar sind.
Nachdem der Patriarch Karl aufgefordert hat, gegen die Heiden zu kämpfen,
beißt es R V. 50:
Hilmir f6r at heija framr
hvatt & spenska drengi;
Massihus enn mikli gramr
mönnum r^d p&r lengi.
Marsilius wird in der Saga hier nicht genannt. Die obige Notiz von der
Belesenheit des Dichters wird dadurch bestätigt.
Hinter jeder iprött wiederholt in R der betreffende, daß er sterben wolle,
wenn er das Gelobte nicht ausfuhren könne. S. und frz. haben dieß bloß an
"*) Vollständig, mit Ausnahme des Mansöngr, auch erhalten in Cod. AM chart.
616. J. 4«.
234 LITTERATUR: ZUR ÄLTEREN ROMANTISCHEN UTT. IM NORDEN.
zwei Stellen. Auch die Bemerkungen des njösnarmadr sind selten dieselben ia
S nnd R. G^z eigenthümlich ist R t. 69:
Bidenciana yar borgin sii
af brögnum köllud olim;
p6 er hon kend af köppnm nü
Constantinopolim.
Constantinopel wird aach in der dftnischen Fassang (Storm S. 239**) genami.
Wie R zu dem Namen Bidenciana konmit, weiß ich nicht Doch wohl eine
Entstellung ans Bjzanz?
Ab man sich zn der Abendmahlzeit im Pallaste Hngons niedersetat^
nennt der Dichter nnter ELarls Helden mit Namen Roland, Olirer, Torpin ond
Oddgeir danski (r. 87 f.). In schw. St. S. 23 3| f.: roland oe olifemuB oe ihß
folff icBmpnunga, in S S. 472'* f.: En RoUant ok tölf jafmngjar sdtu mtmt k. 1u
Ich rermnthe, daß das Original von S Oliyer auch erwähnte. Fra. gibt Ireilteb
keinen Anhalt, t. 400: Carle» »*anH e tis ruUU barruM. T. «nd O. mag R
hinzugefügt haben.
Über die Gemahlin Hugos sagt R t. 90:
Listug kunni lauka ey
IsBkna drengja s^ttir.
Die andern Texte wissen nichts davon; aber es ist das ein Zug, der m
der romantischen Litteratur oft genug wiederkehrt, z. B. bei der Ceeilia, der
späteren Oemahlin des Minnann (Ridd. S. 174^j; es wird das also eine ander>
weitige Reminiscenz des Dichters sein.
R ▼. 94: Mildings sonr ä meyna drakk,
mjuk er )>eirra blida,
gefr hon jarli g6da )>akk. . . .
wohl eine Ausschmückung ron der Hand des Dichters.
Bertram will durch sein Geschrei alle Thiere im Wald und alle Fische
zusammenlocken: R t. 89:
retta gjönrallt )>egar { stad
preyngiBt y6rum fötum at,
en fyr afli anda mfuR
aptr fari til heima eins.
Die Notiz in den letzten zwei Zeilen findet sieh nirgends soDst; auch
ist sie nicht ungeschickt.
Noch interessanter ist folgende Stelle. Karl der Große erzählt am fol*
genden Morgen angstvoll seinen Helden, was Hugo fordere. Da heißt es in R
weiter t. 118 f.:
RoUant svarar med reidi hätt:
„Raesi vildi ek bj6da f4tt;
,,kuggum hann med kapp ok m4tt,
,,kTi8tum fölkit sundr i smitt.*'
,,HÖgg ek aldri", er keisarinn kvad,
„kristit fölk { ))essum stad.
„margr drifr mugrinn at,
„megu Ycr ekki efla psit,**
An dieser Stelle findet sich obiger sehr passende Zug nirgends; Tergleichen
ließe sich ein Passus aus dem schon citicrtcii Galicn Rbctore. Auf dem Zuge nach
LITTERATÜR: ZUR ÄLTEREN ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN. 235
Griechenland wird K. d. G. von Saracenen überfallen, unter Anfübrung eines
Heiden Braimont Boland und Naimee rathen, man solle den Kampf mit ihnen
aufnehmen; Karl weist auf die Übermacht der Feinde hin und sucht vielmehr
Hülfe bei den Reliquien. Während er dieselben anbetet, sind jene zwei auf die
Feinde losgegangen, erstaunen aber nicht wenig, als sie das ganze Saracenen-
heer plötzlich in Felsen verwandelt sehen, was natürlich der Wunderkraft der
Beliquien zugeschrieben wird.
Hier entsteht nun die Frage, ob diese wie die vorige Einschaltung der
Erfindung des Dichters zuzumuthen ist, oder nicht. Ahnliche Stellen aus der
Karlamagnussaga sind mir nicht erinnerlich. Es würde da zu entscheiden sein,
ob den Dichtem von Bimur überhaupt selbständige Ideen zuzutrauen, oder ob
sie bloß als sklavische Nachahmer zu betrachten sind. Dänische Gelehrte haben
mir mit Bestimmtheit das letztere versichert. Ladessen schon die Einfügung
anders woher entnommener Reminiscenzen, die wir sicher nachweisen konnten,
sowie der Mansöngr, in dem die Dichter gar gern mit ihrer Gelehrsamkeit und
Belesenheit prunken, bilden den Übergang zu selbständigem Scha£Fen. Ich ge-
denke an anderem Orte darauf zurück zu kommen«
Selbständig ausgeschmückt sind vom Dichter endlich die Vorbereitungen
SU dem Beilager Olivers und der Königstochter, B v. 134 ff.:
Höffölk allt med herrum gengr,
hörpu )>aut hinn sseti strengr.
kurteise ferr af klsadum drengr
ok kvelr sik ei i )>essu lengr.
rar er hinn mesti ssBmdarsidr,
sjÄlfir kongar standa vidr,
aldri lengr leyÜB bidr,
leggst bann par hjä mejju nidr.
Pegar var skenkt hit skfra vfn
skj&lda bij6t ok silkihUn.
Jungfrü gret med angr ok pfn,
Oliver hugdi gott til sin«
L&sar geymdu loptit ))at,
lydrinn vfkr burt £ stad
Wir werden es hier, wie oben^ mit Beminiscenzen des Dichters aus ander-
weitiger Leetüre zu thun haben. Besonders interessant ist v. 136 ; eine Erinnerung
an die bekannte Sitte, die uns aus dem Tristan am geläufigsten ist? Hier frei-
lieh vor der Vollziehung der Ehe. Von einer wirklichen Umarmung sagt übrigens
S gar nichts (vgl. oben S. 231), wohl aber B v. 141^ iL:
Ssetan vafdi silki(>r4d
soemdarmanns um vizkul&d.
Biddarinn fadmar refla nipt,
r^tt SV& vseri eigingipt.
holdit spenti bann sv& dript:
hraBdilig mundi peirra skript.
Diese Notiz wird in S ungern vermisst, im frz. nach dem früher be-
merkten freilich nicht.
Alles in Allem genommen werden wir zugeben müssen, daß wenn der
Dichter die sonst nicht nachweisbaren Stellen erfunden hat, was ich für v. 118 ff.
w<^.
236 UTTERATUR: ZUR ÄLT£R£N ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN.
noch nicht gern zugeben möchte, diese ein f&r diese Zeit aod DiehtnngBart
nicht gewöhnliches Geschick und Verständniss verrathen.
An die Besprechung dieser Rimar schließt sich am besten an eine Er-
örterung des entsprechenden feröischen Liedes, das Storm nicht za kennen
scheint. Es findet sich in Svabo's bekannter, freilich nur z. Th. gedruckter
Handschrift: Farsiske kydair eller gamle kjempe-sange samt Rujmur, samlede
og optegnede i aarene 1781 og 1782 af Jens Chr. Syabo. Heft UI S. 1 ff.
[kgL Bibl. in Kop. Gaml. kgl. Saml. 2894], unter dem Titel: Gtipa Tdhur
(vgl. Lyngbye: Fseröieke Qvaeder S. 11). Eingehender beschäftigt bat sich mit
diesem Gedichte wohl eben so wenig jemand als mit den Rfmnr. Die Frage
nach der Quelle des ersteren ist nicht bloß litterarhistorisch interessant: et geben
uns solche Untersuchungen auch Fingerzeige darüber, woher die F»rör im MA.
ihre Bildungselemente gewonnen haben, ob bloß von Island, oder avch rom
Festlande oder von letzterem ausschließlich. Hier werde ich aus dem oben be-
zeichneten Grunde mich mit einer kurzen Übersicht über das Gedicht begnügen
können*), mit besonderer Rücksicht auf die Quellen. Die Schreibweiae ist in
den Citaten natürlich normalisiert.
Karl fragt nicht die Königin, sondern seine Helden, ob sie jemanden
wüssten, der ihm überlegen sei. Alle senken die Häupter und wagen nicht an
antworten, bis auf die Königin. Dieser Anfang ist wohl herübergenommen aus
einem anderen fser. Liede, auf das ich unten zurückkommen werde: Tidrik»
kappar (Syabo I, S. 329 ff.), das fast mit denselben Worten beginnt, and dem
Sinne nach ziemlich genau zu der dänischen Fassung (Grundtrig D. Foiker.
I S. 94) stimmt. Daß solche ähnliche Situationen bei Liedern, die nur im Volks-
munde fortleben, sich allmählich ausgleichen, ist selbstverständlich.
Karl droht seiner Gemahlin mit dem Scheiterhaufen, wenn ihr Wort sieh
nicht bestätige. Mit dem Tode wird ihr auch in den anderen Versionen gedroht.
Jene sucht ihn milder zu stimmen mit den Worten v. 6: Ek eri tin eigin
kona = frz. == S = schw. In DP fehlen diese Worte.
Der Zug nach Jerusalem, das übrigens gar nicht genannt wird, schließt
sich hier ganz unvermittelt an. Jer. wird umschrieben durch: eine Stadt, wo
ein Verwandter (!) Karls war. Er hört Glocken läuten, Turpin singt eine Messe,
der Patriarch, der hier Poul heißt, waffnet sich(!), um K. anzureden, lauter
dieser Fassung eigene Ideen. K. sagt (v. 10), er wolle die Reliquien sehen
(= S S. 469^ = schw., fehlt in DP). Nun erst nehmen die 13 die Stühle
in der Kirche ein, wohin sie der Patriarch selbst leitet. So außer F nur DP:
Patriarchen leddha hartem % t<gmpaslin etc. Es folgt die Aufzählung der Reliquien,
betreffs deren sich F fast ganz an DP anschließt. Der Arm des heil. Simon
wird überall genannt. F fügt hinzu v. 15: Sjdlvur Jesus Id tar d, td kam vor
eitt litii harn = D: som wor herre sat pa köndilmesse dag tha han offrcedes %
monsteret. In frz. S. schw.**) fehlt dieser Zusatz. Weiter wird in F (v. 16) ein
Tuch erwähnt, mit dem sich Jesus die Hände trocknete, in D ein Schweißtuch,
mit dem er sich das Antlitz trocknet; in S schw. trägt er das Tuch nur am
*) Frz. = Charlema^o. 8 = Saga. Schw. = schwedische Fassung (bei Storm
S. 228 ff.). D = Dänische Krönike nach der jüt. Ildschr. und Ghemens Ausgabe (bei
Storm a. a. O.). P = Pedersens Keyscr Karlls Kr. (bei Brandt S. 09 ff). F = fter. Lied.
**) R übergeht die Aufzählung der Reliquien ganz.
r
UTrERATUR; ZUli ALTEIiEN ROMANTlSCIiEN LITT. IM NORDEN. 237
B Haupt gebunden. Ferner fimiet eicli in F (v. 1 7j «in Rcchcr, aas dem
Jesus trank, als er gen Himmel fuhr, was zurückführt nnf S S. 469'^: kaiek
panrt er dröllinn bhzadi = schw.; fehlt in DP. Statt der Mitcb der Jungfrau
Maria wird hier ibre Brust genannt (t. 14). Neu ist in F eine Locke Tom
Haare der Maria. Die andern Reliquien fehlen.
Nun folgt ein ganz selbständiger Zug, fBr den ein belesenerer Forscher
vielleicht die Quelle findet Vor dem Zuge nach Gardariki [wie hier MiklagarS
^ Griechenland genannt wird; vgl. Cleasby-Vigf. s. v,j wird Karl durch den
Patriarchen gewarnt: große Gefahren drohten ihm da; zwei weiße Büren stünden
am Burgthor, doch beim Anblick seines Schwertes würden sie von den ätein-
thiiren herabfallen ; ferner an den Pforten der inneren Halle »wölf Wolfshunde,
die aber dasselbe Schicksal haben würden. In der Halle sprudele vom Boden
eine Giflquelle auf, Feuer brenne auf den Bänken. Als Karl sich durch alle
diese Schrecknisse, die nach unserem Geschmack frcilirh mehr als kindlich er-
fanden sind, nicht abhalten lässt, gibt ihm der Patriarch seinen Segen. Beim
Eintritt in das Land findet K. zunächst 3000 JuDgft'aaen, die mit ihren Ge-
liebten einen Tanz aurühren (v, 34 f.), ähnlich wie in frz. i^ S S. 470^; fehlt
in Bchw. DP., dann auch die ihm prophezeiten Fatalitäten, die er nach
des Patriarchen Wort üherwindet. Eine weitere Beschreibung der Halle fehlt-
Doch hestätigt Karl den Ausspruch seiner Gemahlin (v. 48). Die Abendmahl-
Bcit, die Bekanntschaft Olivers mit der Tochter Hugos etc. werden ganz über-
sprangen. Im folgenden Vers fordert K. zu den ^rdttir auf. Roland entgegnet:
ei ikat nidur falla. Ber niJ upp td fysiu trryl, tl lir ervt ötiir oll allar =^ D :
roland tagde thrt bSSr elhrr /Ural herre =i P. In S S. 473" = R v. 104 =
■chw.: peir lidilu hann fyrilan leyja tlna Ijir/ill. Fr«, wird vor v. 453 etwa*
ausgefallen sein. Mit Karls i'tirött ist diejenige Eimera [:= schw. Äemer ^
dSn. Rymer] vermengt worden, allerdings nach ihrer dänischen Fassung. F v. 51
kriiarinn ikal ek d Mlainn ald etc. = D 8. 236""*: mit iey tlaa hattd [sc.
kongen] paa haUtn etc. Die anderen Redactionen weichen ab. Der Mann in
der Steinsüule [tliese letztere ist auswendig von Ziegelstein (!) inwendig hohl]
schreibt (v. 53 ff.) seine Urtheilc auf. auch in D wird Cr serifuerin genannt,
und binzogefiigt ; S. 234''" f.; lom »kulU mer^ke oeh acriffum hval frankes jnen
Mit Rolands Abenteuer (schw. D =: iprött) ist dasjenige ßertrams
zusammengeworfen, und zwar steht letzteres zuerst. Dann will er das Haar vom
Uanpte des Kaisers blasen (v. 56); bert tkiü rplir ilanda. Dazu stimmt nur
acbw. S. 235'": oc ekal keysaren ata aler nakudher. Kein anderer Text hat
diesen Zusatz; doch hat er ursprunglich gewiß auch in 8 gestanden. Der
Schreiber bemerkt dam in F. v. 57; Ger lü id eum dl rigur, lä htvnr dl *(er-
kan and = D S. 235"^" ff. = P: tha hafmr Ihn m ilark andhe aadhe icrtffue-
rin*). 3 weicht ab.
Des Hchreibers Antwort auf Olivers gabb v. 60: Ger tu td aum tä ligur,
td er tu av rpurru ilei/t, finde ich nur in P S. 101** wieder: Du trirttit en
für, liden du rat äff apurye shcli. D hat nur: lu IröllliFr cen för. = S.
die BemerkuDgen des Schreibers durchweg, außer nach
238 LITTERATUR: ZUR ÄLTEREN ROMANTISCHEN LITT. DI NORDEN.
E« folgt Gttillaume dCOrtnge, der aber in F ¥.61: VitUeormu geoaimt
wird = DP williem eormt» = schw. wilicelm; dagegen S: VilUfer af Oremgtj
ich möchte fast glauben, Vilhjälmr Komas habe in der Originalhdschr. tob
S gestanden; vgl. Storms Bemerkung S. 62. Der Schreiber sagt zu seinem gabb
Y. 67: Ger H td tum tu gigur, td ger tu kang Huggan Höran Mkada, = P:
Da gör du hang Hugen ator skade »agde teriffueren. Nach Storms Angabe muß
dieser Satz in A und B des dän. Textes fehlen. S und R weichen ab.
An Emaldrs Stelle tritt hier EingübreU, ein Name, der sich nahe be-
rührt mit D S. 236^9 = P: Engeler. Es heißt t. 66: Ek ekal tUga i UyfeerU,
td tad heitast südwr = D S. 236*^7 : . . . nar hwn sywdher tka wiU jeg Miyge
iher wtj P S. 102^^ fugt nach euider ein: hardist^ dem F heitcut entspricht;
S schw. weichen im Wortlaute ganz ab. Der Späher sagt t. 67: tA hevur td
eaja{f) h^d :^ D S. 236^2 = P: ^« hafuer en hord kudh.
Es folgt Turpin, zu dessen Rede nichts zu bemerken ist. Antwort des
Schreibers r. 72: td mundi honum illa hehaga; ger tu td tum td ngwr gud
forbjödi tad = FS. 102'®: Qud farbiude det. Dagegen DS. 236***: gud lade
thet aXdrigh akee., S weicht noch mehr ab.
Die übrigen gabbs fehlen. Am Morgen greift der Spion zu seinen Kleidern,
lost den Brief von seinem Gürtel und wirft ihn auf den Tisch des König*.
Das ist natürlich nur eine Weiterbildung der Idee vom Schreiben.
Dagegen ganz selbständig erfunden scheint der Zug, daß dem Konig Karl
seine Gemahlin im Traum erscheint mit der AufPorderung, sich das Gesprochene
noch einmal zu überdenken. Als er aber am Morgen, ängstlich geworden durch
diese Erscheinung, mit seinen Helden zur Kirche geht, kommt, anstatt eines
Engels, eine Taube, setzt sich auf seinen Arm, spricht aber etwa dasselbe,
wie jener. Diese letztere Änderung könnte leicht heryorgerufen sein durch eine
Reminiscenz aus dem VI. Buche der Saga: Af Otuel, dem (Cap. 8) wiUireud
des Zweikampfes mit Roland ebenfaUs der heilige Geist in Gestalt einer Taube
zufliegt, um ihn anderen Sinnes zu machen. Dann springt F r. 82 gleich zur
Ausführung der i)>r6ttir über und bricht mit der Flucht des Königs Hugo auf
den Thurm ab.
Zunächst ist hervorzuheben, daß die den Zusammenhang wesentlich sehE-
digenden Auslassungen in der Erzählung schwerlich dem Dichter zur Last
zu legen sind, sondern auf der Lückenhaftigkeit der mündlichen Überliefenuig
beruhen dürften.
Etwas bedenklicher ist die Frage nach der Quelle von F. Aus der obigm
Übersicht erhellt erstens, daß F sich am nächsten — oft wörtlich — anlehnt mn
die dänische Bearbeitung, und zwar an einer Anzahl Stellen augenscheinlieb
Zusätze von Chr. Pedersen aufnimmt*). Daneben muß aber, wie einige Stellen
zeigten, auch ein ausführlicherer Text, jedenfalls die isländische Prosa, benutzt
worden sein. Mit R zeigt F nirgends nähere Berührung. Dieser Umstand ist
lehrreich gegenüber der Neigung Storms, die faar. Gedichte, z. B.'die Sjurdar
*) Es wäre, nebenbei bemerkt, recht zweckmäßig gewesen, wenn Storm die ver-
hältnissmäßig geringen sachlichen Zasätze Pedersens in die Yariantensammlung auf-
genommen hätte. Man hätte dann eine Art Überblick darüber gewonnen, wie häufig
und welcher Art dieselben sind. Brandt (&. a. O. S. 525 ff.) hat sie gar nicht betonte
LITTERATUR: ZUR ÄLTEREN ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN. 239
kvsßdi, nicht direct von Sagas, sondern von nach diesen yerfansten isländischen
Rimnr abzuleiten (vgl. a. a. 0. S. 224 f.)» von denen keine Spur nachweisbar
wäre. Eine solche Annahme mehrerer Quellen für ein faar. Lied hat gar nichts
Auffallendes. Für das Högnilied hat Döring (a. a. 0. S. 283 ff.) ebenfalls ver-
schiedene Vorlagen aufgezeigt > und Storm erwähnt (S. 223), daß auf Svabos
Aufzeichnung des y^Runsevalsstruj^ die dänische Karischronik Einfluß geübt hat.
Pedersens Redaction der Karls Krönicke ist in erster Auflage 1534 er-
schienen: Geipa t4tur muß also später gedichtet sein. Auch das kann nicht
befremden, wenn wir bedenken, daß auch Vedels gedruckte Viser für ältere
faer. Gedichte benutzt worden sind.
S. 215 spricht Storm von Ohielt rimur in Kopenhagen, die ebenso alt
sein sollen als die Geiplur. In einer Membrane existieren dieselben wenigstens
nicht und ich habe sie überhaupt nie gesehen; doch wird J6n Sigurdsson da-
mit natürlich Recht haben. Dagegen findet sich in Svabos Sammlung Heft TII
ein fseroisches Lied über Otuel, der hier freilich Otvald heißt. Ich will das-
selbe hier kurz besprechen und wenigstens einige Verse anführen.
Am Morgen bei Sonnenaufgang erscheint ein großer Mann aus der Halle
Garsia*8, Namens Otvald, beim Kaiser, erfasst denselben bei seinem weißen
Barte und hebt ihn so aus dem Sitze. Von dieser Gewaltthat weiß S nichts,
obwohl der Bart des Kaisers auch dort erwähnt wird. Keiner von den Franken
wagt ihn anzublicken, außer Roland. Dieser droht^ ihn durch sein Schwert Dirin-
dal zu einer Beute der Wölfe zu machen. Karl fragt Otvald, an welchen Gott
er glaube. Es heißt v. 8:
Ek trygvi paa mitt skjöld og svord,
og ringabrynju frfda,
hesin sami büni brandur
prisar mik s6 vida.
[Ein Zug, der sich hier nicht in S, aber sonst oft genug in S. findet, hier
also anders woher eingeflochten ist.] Karl prophezeit ihm übles bei solchem
Schutz. Auf die weitere Frage Karls, welche Botschaft er bringe, eröfinet jener,
der König Garsia sende ihn, um Tribut von des Kaisers Land zu erheben.
[Nach S soll K. ihm sogar ganz Frankreich abtreten]. Das möge Gott ver-
hüten, versetzt K. Ferner sagt 0. er sei gekommen um sich mit Roland zu
messen. Die Jungfrau, welche 0. wappnet, heißt Dalita, was zu keinem Namen
in S passt. Bei Tagesanbruch wird der Zweikampf begonnen. Rolands ersten
Hieb wehrt 0. mit seinem Schilde ab; bei den nächsten Schlägen verwunden
beide sich gegenseitig. Auch diese Scene schließt sich nicht enger an S an.
Die Gebete Karls sind in F in dines zusammen gezogen v. 24, wie in P:
T& er keisarinn Karlamagnus,
til bönar hann g4r.
Harra gud gevi f4r sigor i dag,
Roland frandi v&r.
Da erfolgt das Wunder, ähnlich wie in S; v. 25ff. :
Lj6sit kom av himli nidur,
t& f6r eptir vonum:
Vid tad er Odvald högga mundi
alt dr6 megin frä honum.
240 LITTERATUR: ZUR ÄLTEREN ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN.
Ljösit kom ay himli nidur,
jynr heidins herar.
Yid ))ad er Odvald bögga mandi,
t& vildi av angnn vera.
Tu tort ikki, Roland jaU
efla tek so stinnaD,
Hevdi ec havt slika tru sum td,
tii skuldi mec ikki vinna.
Wir finden auch hier nirgends directen AnBchlnß an S oder P^ an die
Stelle der Tanbe ist ein Licht getreten, das dem Heiden seine Rorperkrmft
nimmt, und Otuels Worte sind viel weniger zahm gehalten, als dort.
Der Kaiser verspricht ihm, wenn er Christ werden wolle, seine Schwester
zn geben [in SP seine Tochter]; mit einer beistimmenden Rede ron Odrald«
Leuten schließt das Gedicht. Nach welcher Vorlage es verfasst ist, lässt sich
nicht mehr erweisen: vielleicht nur nach mündlicher UberlieferoDg. Sonst würde
sich wohl — wie in Geipa tatnr — irgendwo wörtliche Ubereinstimmang mit
einem Texte finden.
An diese drei Lieder aas der Karlamagnnssaga (RonsivaH strid, Geipa
tätur, Otvalds rima) schließt sich ein viertes, das Svabo Edmunds Rima nennt.
Es handelt von dem Abenteuer, welches K. d. G. mit Jamund an der Quelle
zu bestehen hat: Karlamagnnssaga VII, Cap. 55 S. 199. P S. 47. Daß man
diese Lieder auch beim Volke für zusammengehörig hielt, lehrt die Bemerkung
des Sammlers „Denne rujma synges af nogle for sig selv, som en taatur
af Runsivals bölk, men efter andre er den eet med RoL kv. eller Runsivals
struj".
Das Gedicht beginnt:
Emund kvittar ur strfdinum,
skuldi rida hajm,
T& var keisarinn Karlamagnus,
bann vann honum mein.
Emund eigir ein fljötan best,
tflfkur eingin i landi.
So leypur han yvur dalar og i^öU
sum adrir k slöttum sandi.
Von der Schnelligkeit von Edmunds Roß ist nur in S, nicht in P die
Rede. Edmund legt sich an der Quelle nieder, um zu trinken«
Karl d. Gr. sagt v. 4:
Ec B& kjempu i strfd i dag,
vanari ec ikki s&.
Givi t4 gud av himmirfki,
ec hevdi henni n&d.
Er kommt zur Quelle und heißt Emund aufstehen und sein Leben ver-
theidigen, nennt auch auf E. Verlangen seinen Namen (v. 9). Emund wünscht
des Kaisers Helm zu besitzen, jener verweigert ihn und sie kämpfen dämm.
Bis hierhin schließt F sich so ziemlich genau an die Saga an. Jetzt aber folgt
ein Stück, welches wohl der Erfindung des Dichters zuzuschreiben ist; wenigstens
ist dieser Zug von anders woher übertragen, ohne daß ich jedoch die Quelle
anzugeben wüsste. Ich hebe die ganze Episode aus v. 16 ff.:
LITTEKATÜRr ZUR ÄLTEREN ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN. 24j
i
BarduBt teir um hjalmin tann,
tk var meat af siit. —
Henda eama fagra dag
t4 alap mUod lU.
Svarftdi keiaarinn Karlamagnus ,
atöd iL »kamt i fr4:
„Gevi tk gud ■' hiuimiriki,
Olgar he»di sWitid hjÄ.
EeiBariDo eigir eia ajsturson ,
baon vil bann ikki glo^ma,
Selur haoo i Glaatriborg
viJ Beitan «veioa goyma.
K61aud leikar 1 borginni,
hann higgur at ringinam reyda:
„T4 Bier eg & ringinum ,
at frandi min er i ncyd.
Roland talar til Hveinanar
tÄgva ella Iriggjar;
„Lovi niÄr af hallinni At,
frftuda min at Biggja.
Svaradi ein af sveinunnra,
Bum hinar hevdi i valdi:
Tu fert ikki af haliinni rit,
tu ert aö ungur af uldri.
Svaraili aunarr af Bvpinanum ,
hann heldiir & bünum knM:
Tu fert ikki af haliinni üt,
tii ert S(i ungur & li'vi.
Rölaud reikar i borginni ,
tk geriii lian trejtr,
Tök bann ein af Bveinunnm ,
og alÖri liinar deylar.
R61and Blap af haliinni itt
i ti ijTBta sinni ,
Hbdu fekk a4r ein fljötan heat,
hann legdi s^r i minnt.
So reitet Boland in den Wald hinaus. In S heißt es onr S. SOI,
at fram Roüant etc. Intereaaant ist diese Episode immerhin fiir die KeDntniw
der Art und Weise, wie man die überkommeuen Stoffe ausputzte, resp.
weiterbildete. Glaatriborg findet sich übrigens in den Sjiirdar kvxdi, z. B.
D»örgamoy IV v. 18.
Roland, von K. mit Freude begTÜsst, der schon ganz ermattet iat, kämpft
mit Emuod und tödtet ihn mit Durindal. Dann bringt er dem Kaiser, der in-
EHtBcben die Besinnung vorlorea und von dem Kumpfu nichts geaehen zu haben
scheint, Wasser im Hörn Eulufu und stärkt ihn so. Hörn und Schwert dea
Oefalleoen nehmen sie uiit und reiten zur Halle zurück. Olgar danski sagt,
K. verdanke Roland sein Leben und K. bestdtigt es. Damit subließt das Ge-
dicht, das allerdings ^ich nur im A.]lgcmeiiien au S ansehließt, ao daQ ea, ebenso
t Brihn Vlll (XX.I Jahn?. 16
242 LITTERATUR: ZUR ÄLTEREN ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN.
wellig "ie beim vorigen, su eot^cbeiden ist, welcUer Teit tu Gründe liegt.
Aasfall voD einzeloen Veraen RDzunehmea, scheint hier unnStbig, da der Zu-
■ummeDbaDg nirgends gcwalUsoi uuterbrochen ist.
Damit ht die Reihe der fsaröiBchen Lieder, welche sich an den Karle-
B8genkreis anlefaaen, abgcBchiofscn, falls wir nicht die PlovinB rima (Srabo III),
welche eincia Tbeil der Flovenlagaga entspricht, mit hteher recbucn will, auf
die ich an auderer Stelle bei Bespreehuag der letzteren zurückkommeD werde.
Ehe ich diesen Abschnitt schtiel^e, mochte ich noch eine Vermuthung be-
trefis der Karlamagnuasaga aUBsprechen. Im frz, ßolandsliede wird erzählt,
daß Olivers Schwester Aide, weiche mit Roland verlobt ist, in AI» vor Schmers
entseelt zusammensinkt, als sie von dessen Tod Kande erhält. Id der Saga wird
■ie zwar auch an anderem Orte erwähnt (vgl. Storm S. 42 f.), aber die obige
Erzählnng von ihrem Tode wird au der betreffenden Stelle ganz übergangeD,
wie auch Storm hervorhebt (S. 29). Doch aber möchte ich glauben, daß sie
ursprünglich auch in der Saga voihanden war und durch irgend einen Zufall
ausgefallen ist. In dem Mansöngr nämlich, der die vierte rima der Geirants
rfinur einleitet, v. 16 f. wird direct auf diesen Zug hingewiesen. Es heiQt d&i
Bardist modr, fimr ok friidr
fyrr i hjdil,
rikr ok ddr, riddari gädr,
Rollant jall.
HriDg}>ölJ sksr var honum so kxr
til hjartans pioga:
festarmsr pat(?) feil s6 dst,
hun i6t at springa.
Aus dem franz. Texte kann der Isländer diese Notiz unmöglich wissen,
und woher aonet soll er sie ge.schöpfl haben?
Der Vollsländigkeit halber will ich endlich noch bemerken, daß der Ver-
fasser von kappakecfM [in Cod. Holm, perg. 22, 4", aus dem ersten Viertel dea
16. Jahrb.], der zwar keine grolle dichterische Begabung, aber um so um-
faeeendere Belesenheil an den Tag legt, indem er c. 50 ieländiache und ana-
Undische Helden knrz bespricht, auch in der Karlamagnussaga ganz heimisch
ist ; er nennt Karl, Rollant, Oddgeir danski, Otael, Balldin, Balan und Älkaen.
Die Thtdreks Saga ist, was spätere dichterische Bearbeitungen wenigstens
auf Island anlangt, gegen die Karlamagiinsaaga sehr dürftig weggekommen,
obwohl ihre vielen Episoden sich sehr gut zu Stoffen für Rimar geeignet hätten.
Storni fährt gar keine hierher gehörigen an, und auch mir sind nur Herburta
rlmnr (Cod. Guelf. und AM 604) bekannt geworden. Über diese heißt es Ant.
Tidsikr. 1849—51, S. 12: ^Sagaen härer til den brittiske Cj-clus om kong
Artus og hans Kj^mper, men findca ikke, saavidt vides. i nogen Sämling." Daß
man 1849 in Kopenhagen nicht gewusst hat, daß diese RJmur ihren Stoff ans Cap.
ßSI ff. der Thidreks Saga hergenommen haben, muß billig Wunder nehmen,
nm so mehr, als die Abweichungen der Rfmur sehr unbedeutend sind und alle
Memen übereinstimmen. Freiliuh, während der schwedischen Dietrichschronik
vielleicht nur dieselbe Stockh. Hdschr.. nach der die Saga jetzt von Uoger ediert
ist, als Quelle gedient hat, hat der Dichter vorliegender Bimur offenbar eine
andere Hdschr. benatzt. Daher wohl z. Th., vorwiegend aber vielleicht — die
r.U
I
UTTERATÜR: ZUR ÄLTEREN ROMANTISCHEN LITT. IM NOBDEN. 243
Entscheidung ist anmöglich, weil wir über die Vorlage jenes Sagaabschnittes
absolut nichts wissen — aus der Willkür des Dichters schreiben sich die
Varianten, die, meist sachlicher Natur, för die Qeechichte der Thidrekssaga
nicht ohne Interesse sind und deßhalb im Folgenden mitgetheilt werden sollen.
Für die Stellen aus den Rimur (= R) ist Cod. Guelf. zu Grunde gelegt.
Thidrek sucht eine ebenbürtige Gemahlin. Es heißt in R:
Fjlkir heldr fr^ttum nü,
fimr i eli vigra,
hvar sd vsBri hoeversk My
at honum so yegr at bidja.
= A: Pidrekr konunffr leidir at frdUumt hvar tu kana ntr, at honum
pikkir sir söma. B ähnlich. Mbr.: Nu hcpvir Pidrekr konungr oenga konu 8er Hl
ceignar konu. ßrir pvi at hvergi hmvir hann ut oc eigi hcBuir. kann frett til siui
fridrar konu gern hann vill on^a; also wesentlich im Wortlaute abweichend.
Die Werbung (S S. 214' ff.) fehlt in R gans. Statt dessen heißt es:
tekkr ok pfdr JjengUl bydr
Pidreks mönnum öUum:
Seztigir manns er sigldu or Franz
sitja i Artiis höllum.
H&lfa yetr ok heldr betr
ristir sat })ar rfta,
Enga stund m& 4gflBtt sprond
afreksgarpa lita.
S6 hefig spurt, hann sendi i bort
sfna garpa dyra,
peiT skulu br4tt 4 penna h&tt
ridrek kongi skyra.
Holdar )>eir med hvassan geir
heim til ridreks renda,
fleiri menn rill fylkir enn
frünni ekki senda.
Nach der Saga schickt Herburt seine Begleiter erst zurück (Cap. 237),
nachdem er die Prinzessin gesehen. Zuzugeben ist übrigens, daß in der Dar-
stellung von S die Werbung (Cap. 234) ganz im Sande verläuft, ohne daß
damit etwas über die Ursprünglichkeit der ^inen Lesart präsumiert werden soll.
Es wird dann in R noch einmal wiederholt: \
Nu er hann einn ok engl sveinu
eptir ridreks manna«
Die Botschaft der Kammerfrau (S. Cap. 236) ist, wohl um zu kürzen,
in R weggelassen. Dagegen ist nach R Herburt etwas weniger brutal gegen
den störrigen Mönch:
Garprinn talar vid gamla segg,
Grfpr { munksins sfda skegg:
Ek skal kömpum kippa af )>dr,
ef keifar J)u neitt til 6Iids m^r.
Vgl. S S. 2I64 ff.
16*
244 LITTERATUR: ZUR ÄLTEREN ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN.
Im Folgenden hat R eine wesentlich andere Darstellung als S, weßhalb
ich diese Stelle complet aasschreibe. Man rgl. S Cap. 237. R bietet:
Herbnrt nü fyrir hilmi st^
hflsversklega ok f^II & kn^;
sfdan berr hann kongi ker:
karteis veizla stofnad er.
Peingill talar vid )>oma land:
„Pü skalt ganga k vffa fand,
„))j6na app k )>eirra bord,
^)>egninn gledst vid peasi ord.
«Nu er s& dagr, at d6ttir min
„drekkr i holl med mejjam s£n;
,y)>eim er haldinn heidrinn vant,
„haf nü fram )>at er )>ü kantt^
Heilsar app k haBversk Wf
Herbart med sitt anga lif ,
piggr sh'kt af ))eim { gen,
p9T m& heita veizlan klen.
Bjrlar hann hit bezta vin
hkm gl6dar seskih'n;
hyort til annars longum leit,
lifit spennir elskan heit.
Penna dag sem drykkjan lidr^
dögling sitt ok ristiil fridr,
hilmir talar vid Hildi ksBrr,
Herburt sfttr farda nser.
,,Ljüfa dottir", ))engill krad,
„lejstu pat er ek fr^tti at:
yyHyersu konni hofimanns plag
„herra )>ann sem 8kenk[t]i i dag?"
Svanni yard i SYÖranam IMr:
»SA mA )>ikkja hofmann rdttr!
„slika kanni alla art,
jieinnhvem tüna Isardi mart.^
«Hardla yitr er hristir fleins,
ifhann skal verda jdr til sveins,
„standa frammi ok pjdnsk ))^r,
„)>ess i milli hann skenkir m6r.^
Kappinn gekk i kvenna lid,
kAtar arda mejjar vid
Par rar hofmanns heidrinn vendr
hvem )>ann dag hann frammi stendr.
Nach S erbittet sich Hilde von ihrem Vater, daß Herbart ihr Schenke
sein darf and dieser willigt nar widerstrebend ein. An das Obige schließt sich
nun der Inhalt von S Cap. 238 genau an.
Endlich sind noch in R die Verse henrorzaheben , in denen dem König
von der Flucht seiner Tochter Anzeige gemacht wird. Man vgL den Schloß
von S Cap. 238.
LITTEEATUll: ZUR iLTEREN ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN,
Biddari eiDii fyri ra;si gengr,
mdir svk med tiggja:
^Samir Jieim ei at sitja leogr,
„er siemdir vitja (i'SgJ"-
.RieBir gaftu riddara einn
„rikri ddtiDr |imni:
.ydr inun eigi l)eBsi Bveinn
„liarfr at lellun mlnni.
„ß^tt I dag, aeoi rann upp b6\,
„rödulliuii tdk at ski'na,
„bjo Bik [letta bölvat föl
„bort tneil dottur )ii'Da.
„Lstr ))ii ekki kita at lieim
,ok lifi riddarann fletta,
,koma )>au aldri hingat heim,
„hafi pir BÖ gjott petta.
Dieser Pasaiia ist viel auBflihrlicher , ala der entaprecbende in der Saga,
mit d^m er sieh dtm Sinne nach übrigens deckt. Eier wie oben lilast sich
au« inneren Gründen gar kein Schluß ziehen aul' die Anthenticitüt äincr Fassung.
Ob die folgenden Zeilen aus Kappakrxtti (b. o.) v. 3 hierher geboren
mögen?
Triatratn frA ek med brandinn bl4
brytjar fiiSnr «Ins raengi-
Mit der Erzählung der Saga (die hier mit R stimmt) wollen die Worte
sieb nicht recht in Einklang bringen lassen, denn dort (Cap. 331) hat es
Trialram nur mit seinem Bruder Her)>egn, nicht mit den Leuten seines Vate»
EU tbun. Vielleicht bfraht die Abveicbung auf unsiebBrer Rtminiacenz.
ä. 73 ff. weist Storm, wie mir scheint, unwiderleglich nach, daß die
dänischen und schwedischen Fassungen der Vise von „König Dietrich und
seinen Helden" nicht, wie St. Grundtvig meinte, auf einen deutschen Urtext,
sondern auf die achwedische Dietrichschrouik zurückgehen. Die nngedruckte
fteröische Faaaung, die Grundtvig (DgF. I, S. 65) in zwei ßedactionen TOrlag,
scheint St. nicht genauer geprüft zu haben, da er sie nur nach Gr. citiert. Waa
mir eine genaue Vergleicbuug von STabos Niederschrift, die mir allein zu Ge-
bote stani), mit den übrigen Formationen des Liedes, sowie mit der Saga und
der schw. Chr. bemerkenswerthes ergeben hat, will ieh daher zur VerrolU
etandigung von Storms Notizen hier anfügen.
Bei der Vergleiebung der verschiedenen Fassungen dieser Folkeviser wird
man höchst selten zu dem Resultat gelangen, daß eine als die absolut älteste
anzusehen und die übrigen aammtlich davon abzuleiten sind. Oft kann gerade
eine verhSItuissmäßig alte Fassung einzelne späte Interpolationen aufgenommea
und umgekehrt eine späte alte Züge bewahrt haben , wie das ja bei der Eut-
I stehung und Fortpflanzung solcher Lieder ganz natürlich ist. Diesen Umstand
. werden wir im Folgenden nicht übersehen dürfen ).
") Kr := schwed. Dietrichschronik ; 8 ^^ ^idrekssaga. F := far. Lied, Ärw. :=
L Arwidsson: Svenska fomsänger L
246 UTTERATÜB: ZUB ÄLTEREN ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN.
Der König Visin (== Isaogr) hat nach F elf Söhne, die seine Banner-
tr&ger sind; der zwölfte iet Sinrdr, Sigmunds Sohn; vgL r. 3 ff. :
Visin kongar borgina eigir,
hon stendur & h6um Qalli,
Ellevu eigir hann sinir sAr,
og tolvti er Sjdmr snjalli.
EUeva eigir hann sinir sir ,
tolvti er riddarinn bestii
em so allir Visans sinir ,
sita 86 vel ä hesti.
Ellevu eigir hann sinir sir,
teir bera sitt ailit merki.
TolYti er Sjümr Sigmondason ,
Fevnisbanin sterki.
Diese Angaben stimmen genau zu Kr. and S« während nach den dän*
Fassangen Sjiirar der Sohn des Königs ist (Storm S. 200).
Daß Brandr [hier hinn yiferi genannt; vgl. CSrundtv. S. 67 f.], seinem
Beinamen entsprechend, schon weit herumgekommen ist, hebt Eüt. and S nicht
besonders hervor; dagegen F v. 6: ti hann hevdi farit Wda = dän. A. r. 8^:
menn du haffuer vanndritt saa yiide.
Wenigstens erwähnt muß werden, daß die Form Bertingaland und Ber-
tingaskog in F (y. 8) = dän. A ▼. 4, 9 einfacher von Bertangaland und Ber-
tangaskog in S, als von Bretanea oder Britania in Kr. abzuleiten ist, während
freilich Bratinsborg (F ▼. 6) zur zweiten Form stimmt.
Der Riese heißt in F Aggi (nicht Agi, Grdty. S. 84. die Doppelconso-
nanz ist durch Assimilation des d entstanden) = Edgeirr (S) oder Edger (Kr).
Das Abenteuer Widga's (Wideke's), F: Virgar Yalindson, mit dem Riesen
bietet in F keinen abweichenden Zug. Dagegen fehlt der Scherz, durch den
jener seine Gefährten schreckt. Nach Aggi's Tode fährt das Lied fort r. 23:
Virgar röpar vid h&rri röst,
hann bidur teir koma bratt,
at brenna ir.ni Visans sinir
a teirri sömu n&tt.
woraus herrorzugehen scheint, daß der Dichter diese Scene absichtlich über-
gangen hat, dieser Ausfall also nicht auf lückenhafter Überlieferung basiert.
Interessant ist die folgende Stelle. ViTährend einige Fassungen gar nichts
davon wissen, daß Sigurd dem König die erste Kunde von dem Fremden bringt,
andere wenigstens die Reihenfolge der Handlungen umgekehrt haben , heißt es
in F V. 24f.:
Sjdrur stöd i Wsgördum,
bann heldr 4 gyltum hödni,
Hann sser gull ok glitra merki,
& fogrum sumars modni.
Sjürur gekk ur visgörum
og inn & hallargolv:
H^ eru komnir i vort land
Tidriks kappar tolv.
1
UTTERATUK; ZUR ALTEHEN ROMANTISCHEN LITT. IM NOBDEN. 247
V. 24 BchlieÜt sich eng an Kr. tta Cap. 184'': Sigord iwen glod i vigt-
kalen og tag Ihtnne lidende, hon gik tn fore konungen oc satidf, tili ftanam etc.,
während eich in S S. 189'* nur findet: oe rat keatr lU fieirra Sigur^r iiieinn
oc mfnUti lÜ koamtgK etc. Diese Stelle beireist wieder klur die Äbbiingigkeit
der Viae von der achw. Chronik, nod zugleich, daß F hier wie oben dw Ur-
sprüugliebe bewahrt hat*}.
Sigurd reitet allein den Fremden entgegen. F?. 30:
Sjiirur g^kk i hellina inn ,
einginn er bann kendi ,
ütiin Virgar Valindeoa,
hann einni at faonum veiidi.
Dieser Zag ist F eigenthümlicb. Sigurd fordert von Dietrich und seinen
Helden Tribut; F v. 73:
Gangur b^r nakar sk&ttnr av
eptur fornum vanda.
^ Er. Cap. 186'': Sigurd sporde: wilia i nokon skatt wtg^ra som her ar ea
gamall sidwania. In S entspricht 3. 19l": sem ber ero log til. F scblicQt sieb
also diri^ct an Kr an. Die andern Texte Reichen ab.
Wenn Storm (S. äOI) bemerkt, nur im ftor. Liede würfen die Kämpfer
das Leos darum, wer sein Roß ausliefern solle, so ist das nicht gans genau.
Es hcilJt V. 35:
Teir kastavu sterning & breida bord,
teir runnu vel niikid ridn ;
Teir fdllu strai unga Humla til,
bau akuldi möt Sjdri rJda.
Also fast wörtlich ^= Arw. 4 A v. 9, wo ebeuso wie im Dan. die Meinung
ist, daß Sigurd mit ihm um ihre Rosse kämpfen soll (vgL Arw. t. 8), ohne daß
dieser Kampf jedoeb zum Auatrag kommt. Dagegen fährt allerdings P fort:
Sjilrur sat k Or4na baki,
anärliga bann sÄr vendi,
reid g6 burtur fra Tidriks koppnm,
og Humlinga best i hendi
Tk hann for af ganti bnrt ,
t& hevdi hann hestar ivi.
Hier sind also offenbar die beiden Lesarten mit einander vermengL
In dem Gespräche Humliugs mit Virgar**) finden sich alle die späten Zu-
sätse wieder, die Storm (S. 201 f,) zuaamm enge stellt bat Daß aber in F Sigurd
*) Nebenbei sei bemerkt, daD in dieser Bede Si^rds einmal die sohw. Prosa
sich an die Leaarteo vuu A und B der Suga anecbliellt . nicht an Hmb ; Cnp. ISö":
oe rwa bogTnodwje are. oe vtaii ider lailia are koiapne i tcorl land. Sagn A: ok nia
diarßr haja gort, al firir tiian raS ydart, kerra, h<^fa komit i gdvart land ulofal. B : diarf-
lega lala ok ma mUeit firir «er at peir kafa konit ol«fol i ydart land. Dangen Mmb,
... at firir ydari rAd kava komit i ydart land. Zwei Hbulicbs BeoliachtODgeD hat
DSring gemacht (a. a. 0. S. 70). Es lohnte der Mühe, daraufhin die beiden Texte
einmal vollstündig ta veigleichen.
**) Hier ist eine Stelle im scbwcd. Texte in grammatikalischer Beziehung in-
teressant; Cap. IBT' f.: Mein gaff nik myii Jader ob Iib »kalt leom hana arffuAng» oe
ekke iak oc fiur la tkke tfn hol igen = wenn du dein Boß nicht wioder be-
kommst. Also oc im Sinne toii „wenn". Vgl. Saga S. IW,: ef ti^i fx ek Jörn hol
per ap/r. Vgl. Tobier, Genn. XUl S. 101.
248 LTTTERATUR' ZUR ÄLTEHEN ROMANTISCHEN LITT. IM NORDEN.
I Moment
und Hmnling nnr zveimnl auf eioander stoeaen, wie in Kr., ist darum nii'ht
bemerkeuKwerth , weil, was Storm übersieht, auch eioiga dan. FH3«ang«n data
Btimmen (D t. 16 ff.; H v, 4S ff.; G sogar nur einmal (v. 13), wo natürlich
mehrere Verse ausgefallen sind. Beim eratea Z UBsmmeQ treffe d : mndurgfkk llumla
tadihjjoTit = dän. E ». 21. G ». 13 gegen Kr. S.
Wie in Kr weigert sich in F der besiegte Humliog, seinen Namen znerrt
EU nennen ; seine Ocnoisen wurden ihn der Feigheit bezichtigen. In allen an-
deren Versionen der Vise nennt er ihn ohne 2Ögem. Nur in F ^ Kr. S nennt
Sigard sich direct, v. 52:
Sjiirur skal til nevna mik, h
Sigmunda svein , ^H
Kj'^rdnjr drältning ^H
bon bar mik I heim. ^
Die beiden letzten Zeilen sind freilich Zusatz des Dichter«
wohl HiördWi Kr Cap. 188^" hat nur: Jak heter Si-iord t
Tejctun nennt Sigurd sieh überhaupt nicht, nur Hnmiung in
(Arw. 4 Y. 28) und tyntenann (das. v. 29); vgl. dän. A. i
». 53:
Er hetfa sitt, tu sigur mir,
I tu skalt min frandi vera,
I ähnlich wie in Kr., wo das aber Amlung sagt.
I Endlich bemerke ich noch, daß am SchluQe F i
I teaten Fusaung aufgenommen hat; t. 60 f, :
I H^r gangur ein dans tüI Bratinsborg,
I h^r danaa kempnr og heltir,
k Här dansar Sjürur Sigmunduson
^^^^■^ vid eikinni & belti.
^^^^^^ Uiv danaaiti Sjürur Sigmnndaaou ;
^^^^^B lika kan ikki si^a.
^^^^* Tan minsta kenipa i dansinum ,
r var fjra &lin til kniggjar,
also ganz wie dän. F t, 36. Den Schlußrera fügt F selbständig hinEO.
Es ergiebt sich aus dieser Erörterung, daQ das fser. Lied in SvaboV
Fassung, trotzdem es manche späte Zuge aufnahm, den Stoff am reinste« er-
halten hat, indem es mehrmaU gegen alle übrigen mit der schwedischen Proea
geht. Dadurch erliingt aber auch Storms Ansicht, daC letztere die Quelle der Viie
gewesen, nicht aber ein deutsches Lied, eine schlagende Bestätigung. Es ver-
lohnte sich deßhalb wohl, daD die verschiedenen Aufzeichnungen dieses Liede«
volUtiindig gedruckt würden, wie es denn überhaupt sehr zu bedauern, daß die
L Sammlung der fteroischen Lieder von Hammershaimb unvollendet geblieben ist.
.wie freilich in neuerer Zeit anch so manches andere litterarischc Unternehmen .
in Dänemnrk.
Indem ich hiermit von Storms sorgsam gearbeitetem Buche Abschied nehme,
dessen Thema sich mit meinen eigenen Studien nahe berührt und dessen Be-
tprechung mich in Folge davon unwillkürlich weit über die sonat einer Becen-
^ion gesteckten Grenzen hinaus geführt hat, sage ich dt.'m Verfüssur fax dio
rUTTEHATURT WTLMANS, DIE ENTWICKLUNG DER KUDRUNDICHTUNG. 249 ^^|
mir nnd ceiriß auch auderen cevordene AareeuDG* meiueu Dank . snii knÜDfe
4
iriß auch auderen gewordene Aaregung meiueu Dank , snii knüpfe
daran den Wooscb , Herrn Stonn recht bald nieder auf venrandten) Gebiete
za begegnen, ein Gebiet, deuen Bearbeitang ja für Skandinavier mit bei weitem
nicht so großen Scbwierigkeitea und Umständen verknüpft ist, als für uns in
den Süd landen.
BRESLAU, im Nov, 1874. E. KÖLBING.
L
Die Entwicklnng der Kndnmdichtniig untersucbt von W. Wilmana. Halle,
Verlag der Bnchbandlnng des Waisenbauaes, 1873. Vm und 275 S. 8.
Diese Arbeit achtießt sich an die vor einigen Jahren erschienene Kudrun-
ttOBgabe von E. Martin an, deren Verdienste Hr. Wilm. -S. VI sehr hervorhebt,
jedoch mit dem Zusatz, .,aber die Einsicht in die Zusammensetzung und Entwick-
lung der Dichtung, woran mir vor Allem gelegen war und worin der Schwer-
punkt der Kritik und Erklärung liegt, fand ich dnrch sie nur wenig gefördert.
— So entschloD ich mich dann eelbst die Untersuchung zu füliren" u. 8. w.
Von den vier dann bingeBtcütca Hauptresultaten dieser Untersuchungen kann
ich mir freilich nur den letzten Satz: „An eine Wiederherstellung der ursprüng-
lichen Dichtung ist gar nicht zu denken', aneignen, und es i«t bedeutsam
genug, daß ein derartiges Urtheil über die Herstell ungsv ersuche Ettmüllers und
MüUenhofi's, das indirect auch eine Abweisung der Lach mann 'sehen NJbelnngcn-
kritik iu sich schließt, jetzt auch in Berlin von einem der tüchtigsten Vertreter
der Schule ab(;egeben ist. Wenn ich gleichwohl mit den positiven Resultateu
der Wilmans'schen Untersuchung nur in Einzelheiten und mitunter fast zufällig
zusammentreffe, so liegt dipQ einerseits in der sehr großen Schwierigkeit des
Stoffes; audercrseits aber auch wohl darin, daß Wilmans bei allem Bestreben
unbefangen an die Sache heranzutreten, sich doch von falschen Voraussetsungea
noch nicht völlig frei zu machen wusste.
Dahin gehört namentlich, daß Hr. Wm. (S. 1) als „feststehend vorausBetzl,
daß Cäsurreime und Nibelungenstropben einer jüngeren Entwicklnngsepoche der
Dichtung angehören". Aber wenn auch Ettmüller und Müllen hoff in dieser Ao-
aicbt übereinstimmen, so zeigen sich Beide in dieser Auffassung metrischer Ter-
hältnisse doch nur von Lachmanns Nib. Kritik abhängig; wir können diese
Prämissen durchaus nicht einräumen , und können hier sogar auf Marlin ver-
weisen, der (S. X) bekennt: -Indessen lasst diese mehrmalige Wahrnehmung,
daß der Cäsurreim öfter erst von den Abachreibem eingeführt ist, sich nicht
zu einem allgemeinen Princip erbeben, wonach alle Cäsurreime anf diese Art
entstanden sein müastcn.'^ — Noch bedenklicher ist es, die Nibelungenstropben
als Kriterinm der Unechtheit verwenden zn wollen; ihr Vorkommen iu der Gudrun
(bekanntlich in 9S Str.) ist bisher nicht genügend erklärt. Von drei Möglich-
keiten, die sich darbieten, ist die gewöhnliche Annahme, wonach diese Strophen
Interpolationen der Abschreiber entliiülten, wohl die am wenigsten wahrschein-
liche; mau mÜsste hier einen reactionären Geschmack der Schreiber annehmen,
die von der jüngeren Gudrun- auf die ältere Kib. -Strophe hätten zurückgreifen
vollen — oiar-^i "eu "b;^,ucm Alles anf das Ungeschick dieser Leute schieben.
Tbeöii-iisch plausibler dürfte es schon sein, wenn man eine ältere Redaction des
Gedichtes durchgängig iu Nib.-Strophea «ich vorstellte, da die Wiederholung
4
r
250 LITTEBÄTUKtIVILMANS, DIF.EKTWICKLUNO der KUDRUKDICHTDl
^«
derselben Strophen form im epiacben Volkigesauge gnnx unbedenklich erschemt
Eine dritte Möglichkeit wäre die , daß die älteste Gadmndichtung oeben der
ecbten Nib. -Strophe eioeVaristicin derselben mit klingenden Beimen in der 3. tmd
4. Langzeile eingeführt habe, und daQ diese in der Hb. Tielfiich ericheinende, Ton
den Brgb. allerdingn verpönte Form — vgl, z. B. Martina Ausgabe 8. VII — den
Übergang zu der eigentllcheo Gudrunetr. (mit 5 Behängen in der letzten Haibzcile)
gebildet habe, die bei den späteren Abfassungen a.ltmilh lieh das Übergewicht
erhalten, ohne die früheren Formen ganz zu verdrängen. Bei einer Dichtong, die
■ich nicht an die festen Normen höfischer Poesie anschloß, ist ein solches Ver-
haltniss wohl denkbar, und jene äußeren Kriterien, die Ur. Wm. als feststeht^nd
bezeichnet, erweisen sich für ihn als sehr zweideutige Stützen. Nicht viel besaer ist
es mit den inneren Argumenten bestellt. Gerade weil unser G«dicbt in der vor-
liegenden Gestalt nicht als Geiateakind einet einzelnen poetischen Genius, sondern
&Ib ein solches erscheint ,an dem zu verschiedenen Zeiten verschiedene Verfasser
gearbeitet haben", frägt ea sich sehr, ob von der Kritik „nicht nur das Anstößige,
sondern auch das ÜberflOsaige und Entbehrliche bei Seite geschoben werden mnG*,
«inmal angenommen, daß man lich über die Erthcilung einer derartigen Censur
wirklich verständigen könnte. Aber was erregt wohlgea ehalten Kritikern nicht Alles
lAnEtoCI So bemerkt E. Martin zu Str. 1600, 2 — 3, wo vom Baden und Kleiden
flutmnot« die Rede ist: „Diese Schönheitspflege kennzeichnet hier, wo sie bei den
Männern hervorgehoben wird, die weichliche Sinnesart der Zudichter." Bekanntlich
i war nicht bloß im MA. daa Badea der Männer ganz gewöhnlich (vgl, z. B. abd.
Wb. I, 76, 77), Boodem schon Tacitua (Germ. Cap. XXII) weiß von warmen
Bädern der alten Üentschen.
Die BD begreiOicheList Gudruns, sich (Str. I24S) zunächst für eine andere
Person auszugeben, um die Gemütbsstimmung der Ihrigen zu erforschen; ein Zag,
den such W. Grimm ala poetisch berechtigt gewürdigt zu haben scheint, be-
zeichnet Martin als „n^nütze Flunkerei' der Heldin, und meint, daß die ähn-
lithe echt weibliche List, die Str. 1312 ihr beigelegl wird, „weder dem Herzen
noch dem Verstände der Kudrun besondere Ebre mache". Es ist wahr, daß
Wm, von derartigen Randglossen, die oft genug störend zwischen die wirklich
bnachbaren Erläuterungen der Martin'schen Ausgabe gerathen sind, sieh fera-
EOhalten gesucht hat, wohl fühlend, daß auf solche Weise nur der tn eigenem
Urth eile Unfähige verwirrt werden könne; aber auch Wm. nimmt öfter da An-
stoß, wo bei längerer unbefangener Betrachtung sich die vorhandenen Schwierig-
keiten denn doch noch selbst anfiÖscn können. Von äathetiaeben Ilrlhfilen, diti
ao. leicht den Kritiker irre führen können , macht Wm. *um Glück nur eioen
sparsamen Gebrauch, desto mehr Scharfsinn wird aufgewandt, um ajeden An-
stoß in der Verbindung der Theile sorgfältig zu beachten" und aus dem scbeio-
i baren Wirrwarr der Überlieferung einen fortlaufenden Faden älterer Vortage
heranseufinden ; so sehr wir aber auch diesem Streben unsere aufrichtige An-
erkennung zollen, ist es uns doch nicht möglich geworden, dem Ariadnefaden
des Herrn Wm. folgend uns wirklich in dein Labyrinth zurechtzutind^. Dain
kommt, daß auch die Anlage des Burhes nicht allzn bcqnem nnd der Gebrauch
des sotg<ig gearbeiteten Kfgist£rs durch allzugroßen Laconismus erschwert ist*).
■) Die Unterscheidung der cnrsiv gedruckten Ziffern von den gewöhnlichen ist
hei der groQen Menge der Zahlzeichen änDerat lästig, und wäre üd beigesetstea Str.
rigj praktiacber gewesen.
LITTEKATUR: WILMAN8, DIE ENTWrCKLUNG DER KUDKUSDICnTtlSQ . 251
Zar Dilbern Beleuchtung des Wilm aus' sehen Verfahrens muG ich mich anf
einielne Abschaitte seinea Buchs beschrünken, und ich wähle hier namentlich
in (5. — S. Aventiure), weil man hier vielleicht am ehesten ?ersucbt sein könnte,
mit Herrn Wm. tibereia zustimmen. Wenn auch der SatE, daß „im MÄ. edle
G«bart mit bürgerlichem Grewetbc nQ^erträglicher «chien als beute", nicht ab-
Bolnt feststeht (vgl. Zacber's Zusatz in Martins Ausgabe S. XXIII), so lasst sich
doch wohl nicht leugnen, daß die Art, in der die Hegelingenboten , zugleich
lila Kaufleute und vertriebene Landesherren auftreten" etwas AufTälüges und
sich fast^ Widersprechen des hat. Aber der rasche Schloß, daß es zwei Gestal-
tungen der Sage gab , je nachdem sich die Boten für KauSeute oder Fürsten
HUigaben, ist dämm noch keineswegs gerechtfertigt; vielmehr iat es ganis natür-
lich, daß Hagens und seiner Tochter Interesse für die Fremdlinge auf ver-
schiedene Art, zuerst durch Geschenke, dann durch ihre Kunst- und Kampf-
fertigkeit,^schließlich durch ihre edle Abkunft und König Heteln Machtverhältnisse
erregt und festgehalten wird. So zeigt auch die Thidrekaaage iu ihrem Bericht
TOD der Entfuhrung Hilde 's — mag man diesen als Quelle unseres Gedichtes
anerkennen oder nicht — iiUDÜchst die goldenen Kleinode als Lockmittel, während
den eigentlichen Anaschlag die männliche Schönheit des Boten, der hier daa
Interesse seines Herrn verleugnet, giebt ; und sollte, wie in unserem Gedicht —
eine schließliche Aussöhnung der Familie Hilde's mit ihren Entführern stattfinden,
so war die ebenbürtige Stellung Helcls nnd der fürstliche Rang seiner Boten
dafür die fast nothwendige Voraussetzung. Ohne also eine Wandrlnng der llber-
liefemng ganz zu beatreiten, sehen wir in den scheinbaren Widersprüchen doch
zunächst nur eine Ungewandtheit der Redaction , die — vielleicht nach ver-
schiedenen litterarischen Vorbildern — verschiedene Motive in die Dichtung
einführte, und diese nicht — wie so leicht aogieng — in kÜnatk-rischer Weise
wieder vereinigte. — Und wenn auch Wate aicli selbst als wenig gewandt im
Handel und ungeübt im Verkehr mit Frauen bezeichnet (Str. 253, 255), so
darf man darum noch nicht gleich annehmen, daß er in einer früheren Fassnng
«ich bis znr gewaltsamen Eulseheidiing im Schiffe verborgen hielt. Dicß wGrdo
seinem Charakter doch wohl noch mehr widersprechen, während sein Auftreten
in unserem Texte zu keinem Bedenken Anlaß giebt. Daß Frnote in unserer
Red. „mit den Waaren seine Bedeutung verloren, und ala Hauptperson neben
Wate (nun) der ritterliche Sänger Horaot getreten", läast sieh einfach dadurch
widerlegen, daß Fruotn, welcher der Sage ursprünglich fremd war, mit Fug
und Secht nur eine Nebenrolle anch im Gedichte spielt, während bei Horant
das Umgekehrte der Fall iat; wenngleich die Art und Weise seines Auftretens
in tmaerem Gedichte allerdings Zweifel aulasat, wie weit diese anf sagenmäßiger
Qmndlage beruhe. — Wenn wir so mit den „im Allgemeinen orientierenden
Bemerkungen'' (S. 44) keineswegs übereinstimmen können, kann es nicht viel
helfen, in Einzelheiten bisweilen beizustimmen. Str. 356 mag sich an Str. 354
vraprtinglich anscblieOen, aber ist Str. 355 ganz unecht oder vielleicht
•n falscher Stelle stehend? — Im Folgenden geht Wilmans nun auf die Scene
mit dem Fechtmeister ein, nnd nimmt hier eine InlerpolulioD an, mit der Ab-
weichung von Müllenhoff, Str. 363 m verwerfen, aber St. 368 beinu beb alten.
Die Gründe, welche Tür spätere Einfügung der Bolle des Fechtmeisteri '
die fBnfte Aventiure sprechen könnten, hat Martin zu Str. S59 vorgeführt.
I Sm heiieht sich auch Wilmans. Aber zunächst ist klar, daß duKh blotL«
252 LITTERATUR: WILMANS, DIE ENTWICKLUNG DER KUDRUNDICHTUNG.
BcheidoDg der bctreScoden Strophen unmoglicb ein echter Bestand geironnen
vird, denn die vier Schlüge in Str. 362 lind jedenfalls nor Steigerung der drei
Sdiwänlie in Str. 35_9, wobei es vSlUg gleichgilttg ist, ob man ein solebes Ver-
fahren der Red. nganz abgeschmaekt" findet oder nicht. Durch dgr^ftiKea äathe-
]!tj tiaches Raigonpement wird überall weniger als nichts bewiesen; und ich iaa& '^T
gestehen, daß mir bei längerer Betrachtung die Bolle des Fechtmeiaten immer ~'
minder anstüAig wurde. Denn ist es nicht ganz natürlich ftir Hagen, einen
angeblichen Neuling im Fechten zunächst an den Mchirmmeiifer zu weiten, dann
aber, da sich Jener wider Erwarten tüchtig seigt, selbst sich mit ihm zn messen?
Ob das dne vride Fechten |3tr. 3G6} nicht eine ganz gewöhnliche Steigeruog
der sonst flblicheii Fechtweiae war, witsen wir nicht. Aber völlig fehl zn gehen
acheinen mir die Erklürer, veun sie die Stellen 358, 4; 363, 4; 366, 3 — 4
direct auf den späteren Kampf Hagens mit Wate in der achten ATentiore be-
liehen, was nur bei der letzten Stelle allenfalls möglich näre , obgleich anch
hier nichts bindert, das ttt (366, i) auf das zunächst Folgende (367) zu be-
siehen. In der achten Aventiure findet sich auch bei passender Gelegenheit
(Str. 517, 3 — 4.1 keinerlei Zurückdeatnng auf die frühere Fechtscene, die viel-
leicht nur In der rbantasie unserer Kritiker als ein Vorspiel zu dem erosten
Kampfe aufgefasst wurde. Der Entschcidungs kämpf zwischen Hagen and Wate
war, wenn auch nicht in der ältesten Sage, doch schon ror Lamptechts Alexander
(vgl. V. 1830 fg. M.) in dor Überlieferung begründet; jenes in der fünften
Aventiure geschilderte Fechten schloß sich wohl nur als Ausschmückung leicht
an vine ältere Darstellung an. Daß es Sitte für Fremdlinge war sich in den
Kampfspielen zd versnchen, ist bekannt — vgl. Martin zu Str. 371, i — ond
daß diese Spiele in nnserm Gedicht einen faumorietiscben Eindruck machen, Ist
aus der Individualität Wate's vollkommen zu begreifen.
Auf den Getang Horanls in der sechsten Aventiure möchte ich noch
etwas genauer eingehen. Wilmans versucht — einige echte Strophen MQIten-
bofis kühn streichend — Str. 3T2 unmittelbar mit Str. 389 und dann 391 in
verbinden. Dieser Vorschlag hat etwas sehr Ansprechende», die wiederholten
Angaben Über das Singen Horants schwächen den Eindruck und fordern die
Handlung nichtj eine Ausscheidung von Str. 373 — 388 icheiot der Dichtnng
au statten xu kommen, nur einzelne Wendungen wie Fruote'a Scherz Str. 382,
der dann Str. 406 von Horant selbst ähnlicb geäußert wird, verrathen denn
doch auch hier poetisches Leben. Auch würde die Athetese immer nur ästhe-
tische, nicht philologisch-kritische Berechtigung haben, denn zwiugende Gründe,
Str. 3T3 — 388 anezuscheiden, findeich nicht. Auch ist der Entschluß Uilde's,
Horant heimlich zn sich zu entbieten, doch auch wieder verständlicher, wenu
■Je den Sänger bereits mehrfach gehört und seine Kunst am ganzen Hofe Bei-
fall gefunden hat, ihr Versuch aber, mit Einwilligung des Vaters ihren Wunsch
SU erreichen, gescheitert ist, wie Str. 387 ausflilirL Die hier gegebene Antwort
Hagena bezeichnet Wilmans S. 53 als TÖUig an verständlich, und im Einzelnen
mag der Text auch gelitten haben, aber in der Hauptsache ist doch klar, was
Hagen nieinl. Wohl hat Horant schon mehrfach gesungen, aber dieG geschah
ror der Burg^ wie Str. 380 ausdrücklich bezeugt, in der Kemenate der Königin
Hilde war er nur zu einer Visite gewesen, vgl. Str. 375 — 378. Die junge Hilde
wünscht Horant nun am Hofe selbst, d. h. in der Hofburg (oder auf ihrem
Zimmer) au hören, was namentlich aas Str. 387, 4 hervorgeht. Hienu aber
LITTERATUR; WILMAN3, DIE ENTWICKLUNG DER KUDRUNDICHTUSG. 253
die Gü«te durch Bitten oder GeBcliciike ssii vermögen, lehnt Hugen ab, und
Dachdem die folg. Strophen noch einmal die Macht des GesiiDgei in aller Stürka
geschildert haben, entschließt sich nun Bilde selbst zu dem kühnen Schritt. —
So reducieren sich doch auch hier bei eorgfältig-rahiger Betrachtung die kri-
tischen Bedenken nicht anerhehlich, noch mehr ist dieö in dem lunUchst Fol-
genden der Fall. Allerdings wären Str. 392 — 94 beinahe ohn« Verlust za ent-
behren, aber an der Erwähnung Morancs 394, 4 ist nicht AnstoC za nehmen,
der freilich nur als Begleiter Horants auftritt und daher 395, 1 nieht aua-
di-ücklich zum Sitzen genöthigl wird. Es scheint bisher nicht bemerkt zu sein,
daß Momnc wiederholt in nähere Beziehung zu Hilde gesetzt wird; Str. 211, I
ist er es, der zuerst den König Hetel auf den Gedanken bringt, um sie zn
werben; bei dem Empfang der Boten in Hagene Hofburg tritt von den jüngeren
Helden Momnc sowohl Str. 332 als Str. 345 folg. entschieden hervor — einen
Grund hierfür giebt das Gedicht allerding» nicht an, aber es ist nun nicht auf-
fiillig, ihn auch in Hilde's Kemenate als Begleiter Horants Str. 394, 4 erwiihnt
zu finden. — Str. 395 und 396 bleiben vor der Berliner Kritik bestehen,
wenngleich die Furcht vor Hagen, die in der letzteren ausgedrückt ist, nach
dem bisherigen Verhalten deaselbeu aufiäilen könnte, Man hat es vorgezogen,
Str. 897 — 400 als unecht zu verwerfen, and also directen Anschloß von Sir.
401 an 396 zu behaupten. Auf den ersten Blick hat auch dieser Vorschlag
etwas für sich, aber der Wunsch Hilde's, den sie Str. 395 deutlich ausdrückt,
Roranis Gesang zu hören, bliebe dann unerfüllt, und es würde nur eine
Unterredung zwischen Hilde und Horunt stattfinden. Lässt man die angefochlenen
Strophen stehen, so ist auch das erst Str. 40t erfolgende nähere Eingehen
Hildes auf die Anspielung Ilorants auf aeinen Herrn (396, 4) nicht nonntürlich :
ihr Interesse wendet sich zunäohst dem Boten und seinem Gesänge zu , erst
die Zurückhaltung desselben und die erneute Hinweiaung auf seinen Herrn
(400, 4) erregt nun die Aufmerksamkeit der Prinzessin. — Während Wm,
Str. 409 mit Recht gegen den Ohelos Müllenbofis in Schntz nimmt, scheint mir
auch Str. 4Ü8 unentbehrlich, da eine Beruhigung der jungen Fürstin nach 407, 4
nicht überflüßig war*). — Bei der Scene mit dem Oberkämmerer (Str. 411
bis 425**X die schon von Ettmüller gestrichen wurde, ist eine jener Partien
unseres Gedichtes, no der Verdacht späterer Interpolation nicht als völlig un-
gegründet erscheint, aber ein philologischer Beweis hierfür ist doch auch bis-
her nicht erbracht worden. Vielmehr erscheint erst durch die Bedrohung Str.
412, 2 — 4 die frühere Befürchtung Horants (Str. 396) verständlich, und die
Ansicht, daß hier wie dort dieselbe Hand an unserem Gedichte gearbeitet habe,
scheint unabweisbar. Die Weichlichkeit der Scene (namentlich Str. 416, 3) mag
unser Gefühl überraschen, unser Urtheil verstimmen darf sie darum nicht;
ähnliche Beschreibungen weicher Gemüthsstimmung finden sieb auch sonst, z. B.
Str. 284 und 43S — freilich wohl nur in „unechten" Strophen! — In Bezug auf
Str. 342 bemerkt Wilmans S. öS, daß sie den Zusammenhang unterbreche, und
*) Auffallen kGnnt« nur das unbestimmt« Er ipraeh Sir. 409, t: doch ist eine
tümliehe Epanaphora von Wilmims selbst S. 65 Anm. 1 veiiheidigt. Man braucht
Str. 400 uluhl Hoiant als Redner zu denken, schon 409, 4 spiicht Momne entschlossen
för sich selbäl.
■■) DaQ diese Str. nicht wohl „echt" sein kann, wenn das Torhergehende un-
echt ist, bemerkte selbst Martin.
1
r
"^Bj
254 UTTEKATL'R:M"II,MÄNS, DIE RNTWtCKLUXG DERKUHRUKDICHTI
Tersuclit atc zwischen 335 und 336 zu plauieren, nber dort würde die WeuduDg
vor iV getidele ttutniden die tettllcken man unverBtändlich lein, da aie eben erst
in den Saal getreten sind nnd eine Aufforderang znm Sitzen überhaupt noch
nicht erhalten haben, die erst Str. 336 erfolgt. Dagegen erklärt «ich die über-
Ueferle Stellung vollkomcDcn, nur wird man Str. 342. 1 nhd. so fasnen dürfen:
ea standen (nämlieh) vor ihrem Sibse die Btattlicben Männer, die sieh auf feiue
Sitte veratanden a. b. w. Nach der Aufforderung der Fürstin nehmen sie nun
ällmShlich Flate, wobei man sich an andere Stellen, wo gleichfalls daa Stehen-
bleiben oder Aufstehen von dbgenandten als der feineren Sitte entsprec^bend
hervorgehoben wird, erinnern muii, so Str. 768, 1 — 3, wo von Martin einige
weitere Belege beigebracht sind. — Ebenso leretrenen sich die Bedenken gegen
den doppelten Empfang der Gäste, zuerst von Hagen und Hilde (Str. 334 fg.),
dann im Frauengemach von Hilde und ihrer Tochter. Daß diese die Gäste
nicht bestimmt erwartet hatte selbst zu sehen, zeigt Str. 337 die gegen Hagen
geäußerte Bitte der Mutter — man darf sich also nicht wundern , wenn nun
erst von den jungen Damen Toilette gemacht wird. Der erste Empfang ist ein
offieieller, an den» — nach der Sitte der Zeit — anch die Königin sich be-
tbeiligte, der zweite ein confidenti eller im Frauengemacb, zn dem die Einladung
erst ergeht, nachdem die Gäste sich sowohl artig (Str. 336, 1) als unterhaltend
(Str. 337, 1) gezeigt haben. — Wie Str. 342 wäre auch 348 allenfalls ent-
behrlich, aber einen zwingenden Orund sie zu streichen finden wir doch niuhl.
Meinem Vorschlag Str. 351 auf 353 folgen zn lassen schließt sich WÜmans
na; zur Begründung sei hier noch erwäbat, daß Str. 352 den Abschied der
Gäste von den Frauen, 853 ihre Rückkehr zum König schildert, und von diesem
ist auch 351 die Kede. Doch ist auch diese Transtation nicht völlig gesichert
und überhaupt daa von der höheren Kritik in der Gudrun Erreichbare nicht
bedeutend, wenn man darauf verzichtet, geistreiche Entdeckungen oder acharf-
sinnige Experimente machen in wollen.
Nur für die HauptsÜge der Eutwickelung wird man aus einer unbefangenen
Prüfung der zu Grunde liegenden Sagenstoffe einige Anhaltspunkte gewinnen
j. können, und verweise ich hier noch auf meine Auafiibrnngen in den Göltinger
y^QA. Ani. 1873 S. 202B fg.. 1875 8. 303 fg. Im Oegensati gegen MQIIenboff
and Wilmans — Martin weicht einer bestimmten Darstellung seiner Ansicht
aU8_ — und im theilwerscn Anschluß an Ändere habe ich zu begründen ver-
bucht, daü man nur von einer oder mehreren Hildesagen als Quellen der
Gudrun reden könne, bei deren Bedaction zn einem einheitlichen Gedicht auch
andere Sagenstoffe , e. B, die Hildburgauge , das Gedicht von König Rolher
-^^ oud wohl noch andere Spielmannsdichtungen benutzt seien, während nach der
formellen Seite namentlich die Nibelungen als Vorbild gedient haben werden,
I was eich bezüglich einzelner Charaktere noch weiter ausführen ließe. Für eine
Gudrunsage in dem sonst wohl angenommenea Sinne fehlt es uns aber nicht
I bloß an jedem unverdächtigen Zengniss , sondern es bleibt auch in unserem
I Gedicht kein fiaiim für dieeelbo übrig, wenn wir die einzelnen Theilc desselben
atf die verschiedenen Hildesagen und ihre natürliche Fortsetzung richtig zuriick-
gefuhrt haben^ der Name Gudrun scheint durch bloßen Zufall in die Über-
lieferung gekommen su sein, ähnlich wie Dancrflt in die Ntbel., den Bit«(ri|^
und die Klage. E.,WILKEN.
lel., den aaaaa^t M
WILKEN. ^H
MISCELLEN. 255
MISCELLEN.
Altdeutsche Freskobilder.
Im einstigen Hause der Margaretha Mauitascb .£Q_ Merajo, welches lange
Zeit als Magazin benutzt wurde, sind, wie die Kunstchronik 1874, Nr. 51 berichtet,
Fresken entdeckt worden, die an künstlerischem Wertbe die bekannten Fresken /
des Schlosses Runkelstein bedeutend übertrefPen sollen. Man verdankt diesen
Fund dem Oberbanrath Fr. Schmidt in Wien, der auf einer Studienreise mit
seinen Schülern das Haus näher untersuchte.
fiandschriften in Olmiltz.
Herrn A. Müller in Olmütz verdanke ich die nachstehenden Notizen über
folgende altdeutsche Handschriften.
1. Pergamentbandschrift in 4^ von etwa 60 Blättern. Das puch das do
geheissen ist ein_ stäche! der lyb. das mag man pillichen in den süssen und
den guten herzen Jesu unsem heiler sprechen, und das teilet sich in dreu teiL
2. Pergamentblatt in 8., zweispaltig. Aus Bruder Philipps Marienleben
(V. 9062—9202).
Anfang: Wi heilig und auch wi gut si wer
ir rat wer suze und auch sin 1er
Daz alle di leut di zu ir quamen
groz genade si von ir namen
Ignatius der bat do des
sinen maister iohannes.
Schluß: Do di zeit nu chomen solte
daz iesus sein muter wol. .
In daz himelrich enphan
und si niht langer wolte lan
Uf erbrich bleiben zu ir sante
ein engel von sines vater lant
Der praht ir eine palme gm. .
3. Papierhandscbrift in 4^ von etwa 106 Blättern. Hie hebt sich an das
puch der ewigen weishait (von Suso). Anfang: Es stund ein prediger ze einer
czeit nach einer metten vor eine crucifiz Vud dagt got innichleichii. Das er
nicht chunt betrachten nach seiner marter und nach seinem lejden.
4. Papierhandschrift in 4^ von 20 Blättern. Dicz ist das pAchelein des
heilige ^abstes innocentii von menschilicher dArftikeit (Innocentii III de miseria
conditionis humanae).
5. Papier handschrift in foL von starkem Umfange. Ein vorred des puchleins
der himelstroß.
Die himelstrafi die all menschen geen müssen die gen himel komen wellen
ist so verporgen das der wenig sind die die vinden.
/
256 MISCELLEN.
6. Papierhandschrift in fol. von 4 Blättern. Wye cristos der herr ge-
waltigklich Erstnend. In der czeit an dem dritten tag das was an dem hey-
ligisten esterlichen tag früe Do für dj seil onsers lieben herrfi J. eh. wider
czu dem leichoam jn das heylig grab do kam von hymel ein liecht als ein
plics and ein grossez erpide.
7. Interlinearübersetzung der Psalmen. Der selig man der niht inget in
den rat der posen und in den weg der sonter nicht enstaend Vnd in dem ge-
sesse dea gespottes nicht ensas.
8. Ebenfalls Interlinearübersetzung der Psalmen. Der selig man der niht
hingangen ist in den rat der boezen und in dem weg der sonder niht gestanden
ist und auf dem stuel der suchtichait niht gesessen ist.
30. Venammliug deutscher Philologen nnd Schulmänner.
Den Herrn CoUegen und Fachgenossen geben die gehorsamst Unterzeich-
neten sich die Ehre anzuzeigen, daß die
30. Versammlung deutscher Philologen und Schulmänner in Rostock vom 28.
September bis 1. October
stattfinden wird, und sprechen die dringende Bitte aus, die weiteren Mittheilungen
uns vorbehaltend, beabsichtigte Vorträge für die allgemeine und Sections-Ver-
handlungen, sowie Thesen, besonders für die pädagogische Section^ uns thun-
liehst bis Ende Bfai einsenden zu wollen.
Zugleich erbitten wir die möglichst genaue Angabe der Zeitdauer dcrr
gemeldeten Vorträge, indem wir uns zu bemerken erlauben, daß wir, um nicht
nachfolgende Redner zu schädigen, den Vorträgen nur die im Voraus geforderte
Zeit^ glauben gewähren zu dürfen.
Rostock, am 10. März 1875.
' F. V. Pritsche. K. E. H. Krause.
PersonalnotizeQ.
Dr. Karl Elze, Gymnasiallehrer in Dessau , ist als Professor der eng-
lischen Sprache und Litteratur an die Universität Halle berufen worden.
An Stelle von E. Windisch wurde der Privatdocent Dr. Ernst Kuhn
in Leipzig als ordentlicher Professor des Sanskrit und der Linguistik an die
Universität Heidelberg berufen, und wird seine Lehrthätigkeit daselbst im Winter-
semester beginnen.
Dr. August Lübben in Oldenburg hat zur Vollendung des mittelnieder-
deutschen Wörterbuches einen dreijährigen Urlaub erhalten.
Professor Dr. Wilhelm Scherer in Straßburg ist von der Akademie der
Wissenschaften in Berlin zu deren correspondierendem Mitgliede gewählt worden.
Am 17. April d. J. starb in Halle Dr. Karl Hildebrand, Privatdocent
an der dortigen Universität, ein tüchtiger Kenner des Altnordischen^ seit mehreren
Jahren mit einer Ausgabe der Edda beschäftigt.
f^f^, ÄJ.«. »^. % r^
ZUR HEIMATFRAGE WALTHERS. »7» *«j
Als Fr, Pfeiffer in dieser Zeitschrift 5, 14 Franken als die Hei-
mat unsers Dichters angenommen hatte*), bemerkte H. Kurz in der
Schrift: „Über Walthers von der Vogelweide Herkunft und Heimat".
Aarau 1863, S. 17: „Walther sagt, er habe das Land seiner Geburt
seit einer so großen Reihe von Jahren nicht gesehen, daß er weder
Land noch Leute mehr kenne. Diese Äußerung kann sich nun eben
so wenig auf Franken als auf Österreich beziehen, denn
auf seinen Wanderungen von Österreich nach Thüringen u. s. w. lag
Franken auf seinem Weg, und es ist kaum anzunehmen, daß er bei
solchen öfters wiederkehrenden Gelegenheiten nicht in seine nächste
Heimat gegangen wäre, wenn er auch einen Umweg von einer oder
zwei Tagreisen hätte machen müssen, um in dieselbe zu gelangen,
insbesondere wenn man erwägt, daß er gewiß nicht auf einen be-
stimmten Tag an dem Ort erscheinen musste**), nach welchem er sich
begab" etc. „Weil Walther zu wiederholten Malen in Franken ge-
wesen, konnte dieß Land, wie gesagt, nicht seine Heimat sein.
Dieselbe muß von den Wegen, auf denen ihn seine viel-
fachen Wanderungen führten, nothwendig abgelegen sein,
so daß es ihm nicht leicht war, auch mit Aufopferung
einiger Tage in dieselbe zu gelangen." Diese Bemerkung mochte
außer der Stelle im Meinhard'schen Urbar: „datz Vogelweide an dem
herbiste driu pfunt", Pfeiffer bewogen haben, seine frühere Annahme
aufzugeben und AVippthal in Tirol als die Heimat Walthers anzunehmen.
Herrn Professor Th. Mairhofer in Brixen gelang es, in der Gemeinde
Telfes, (eine Stunde westlich von Sterzing) einen Wald zu entdecken,
der, in zwei TheiJe getheilt. Vorder- und Hintervogelweide genannt
wird. (4 Aufl. S. XXV.) So sehr mich als Tiroler freute, Walther
meinem Heimatslande zugewiesen zu sehen, wollte mir diese Wiege
//
*) Gegen Franken spricht schon Walthers Sprache, die von frinkischem Dia-
lecte keine Spur zeigt. W&re Walther ein Franke gewesen, so wäre er wohl ver- ^y
mathlich nach dem näheren Thüringen gesogen, um dort sich zn bilden.
♦*) So berichtet Walther ja selbst (L. 104, 25. Pf. Nr. 166, 8), daß er mehr
als eine Meile von der Straße abgebogen habe, um Tegemsee su besuchen.
GERMANIA. Neue Keibe VIII. (XX. Jahrg.) 17
r
WaltlierB iiicht zusagen. Dns alte Slerzing und dessen Umgebung Lat
mit Ausnahme des TonkUnstlers Job. Gänsbacher werfer einen Dichter
noch einen andern Darahaften Sctiriftsteller oder Ktlnstler aufzuweisen.
Und hier in dieser in geistiger Beziehung sterilsten Gegend soll der
größte Lyriker des Mittelalters geboren sein? — Der Dichter nimmt
die Jugendeindrltcke der Natur mit durchs Leben, der Charakter dieser
Gegend passt aber gar nicht zu Walthere Aumnth. Der Dichter nennt
bei seiner Heimat ein flieliendes Wasser — ich nehme die Stelle nicht
■KIb bloße Phrase — , dieß fehlt bei Telfes. Ich glaube nicht, daß er
damit den fernen, die Thalsohle verheerenden Mareiler Bach gemeint
haben könnte. Das Hauptbedenken war aber dieß, daß der Edelsitz
oder das Gehöfte spurlos verschwunden sein sollte. Ich habe mich mit
alten Urbaren Tirols, namentlich mit den Meinhard' sehen, die ich zur
Veröffentlichung vorbereite, vielfach beschäftigt und daraus gelernt,
daß alle in denselben genannten Höfe noch und meist unter denselben
Namen fortbestehen. Es wäre deßhalb doppelt merkwürdig, wenn ein
Herrensitz im TelPaer Walde ganz zerstört worden sei, ohne daß die
zähe Volkstradition die leiseste Erinnerung daran erhalten hätte.
Da machte im Tiroler Volksblatte 1867 Nr. 90 der damalige
Pfarrer von Laien, Job. Hailer, auf die zwei Vogelweider Höfe am
Ldeper Ried aufmerksam. Als ich diesen Aufsatz las, schien mir diese
Ansicht einer näheren Untersuchung werth. Ich hatte das Laiener Ried
nur einmal 1847 gesehen, erinnerte mich aber oft an die Reize dieser
Gegend, an diesen Wechsel zwischen Wald und Feld, an die alten
Burgen und die wunderbare Aussicht Es liegt ein eigenthUmlicher
Zauber tlber diesen von dem Eisack und dem Grüdnerhache um-
schlossenen Gelände. Hier von Brixen südwärts blühte im Mittelalter
reiches künstlerisches Leben. Die alten Burgen und Edelsitze, Kirchen
und Gemälde geben Zeugniss dafür. In der Nähe liegt Sähen, der ~.M
Vogelweide gegenüber die Trostburg, das Schloß der Wolken stein er.
In der dortigen Gegend waren zahlreiche Burgen und Adelageschlechter
und der Name Walther war gerade dort 1140 — 1230 einer der be-
liebtesten, während er im obern Wippthale bei Sterzing, im nahen
PuBterthale und im Etschthale nicht oder höchst vereinzelt vorkam.
Ich gebe hier einige'Belege aus dem Neustifter Urkundenbuche heraus-
gegeben von Theod, Mairbofer, Wien 1871. Da begegnen uns:
S. 3 Walther 1142. — S. 4, 5, 11, 12 Waltherus de Brixina 1142.
1147. 1148. — S. 6, 51 Witigus et frater ejtis Waltherus 1142. 1179.—
S, 9 Quidam minJsterialis de Brixinn, nomine W^ahherus 1145. — S. 10
cuidam libero homini Walthero de Maleotin 1145. — S. 15 Wftltherus
ZUR HEIMATFRAGE WALTHERS. 2
de Gredena 1151. — S. 18, 19, 21 Waltherua, filins domtni Megenhardi
de Monte 1153. 1155, 1156 etc. — S. 19 wird ein Waltherua cognatus
des Regiobert von Sähen genannt und ein Walther kommt als Zeuge
vor 1155. — S. 31 Waltherua cocus 1161. - S. 32 Waltherua do Selua
1162. — S. 42 Waltherua 1173. — S. 52 Hartwigus et Waltherua 1181.
— S. Ö6 Ekkehardua Garrinua et frater ejus Balthenis, Waltherua et
frater ejua Hartwicua de Rischone 1182. — S. 57 Ekkehardo Garre et
fratre auo Walthero. — Walthero dapifero de Monte 1183. — S. 57
Heinricua Augenaia prepoaitua et Waltherus frater ejua 1184. — S. Gl
Waltherua 1187. — S. 62 Waltherua dapifer 1187. — S. 68 Heinricua,
eiiua domini Waltheri 1192. — S. 78 Waltherua de Bradelle 1211.—
S. 86 Waltherua, presbyter 1226. — S. 92 Waltherua, carpentarius 1231.
— S. 99 Waltherinua, camerarius 1235. — Daß bei den Edlen von
Laien dieaer Name vorkam, beatätigt eine Urkunde vom 16. Mai 12<!)3
in welcher die Brtider Qumpert und Walther von Lajan, Söhne
Walthers, flir 140 Pfund Bemer ein ihnen gehörigea Gut zn Lajan
dem Quarfo von Velea verpfänden. (Archiv Gandegg. s. Ladurner, Bei-
tritge zur Geschichte der Pfarrkirche in Bozen. Bozen 1851 S. 6).
Die Brixncr Gegend ist die Region der Walthemamen , aas der
auch das Geacblecht der Edlen von Walther stammt; allein auch hier
tritt der Name Wallher in der Regel nur ala Herreoname auf.
Am 8. September 1873 besuchte ich zum ersten Male die Vogel-
weide uud in meinem Berichte Über diesen Ausflug theilte ich mit, daß '
der jetzige Besitzer Über die ehemalige Bedeutung dieaes Gehöftes
und dessen Reste gesprochen habe. Ahnlich äußerte sich derselbe gegen
Itartin Qreif. Dieser berichtet (Wiener Fremdenblatt 1874 Nr. 276),
daß der alte Schrott ihm geeagt habe, sein Vater, der 90 Jahre alt
geworden, habe ihm oft erzählt, daß Laien dem Hofe zinspflichtig ge-
wesen sei. „Das Gleiche habe er (Schrott) in seiner Jugend noch von
vielen anderen Leuten behaupten hören, trotz seiner 85 Jahre könne
er sich auf Allea recht wohl besinnen."
Man hätte mir gerne nachgesagt, daß dieß nur eine Erfindung
Bei, ich weise jedoch aolche Zumuthung zur Unehre der Gegner
entschieden zurück. Was der alte Schrott mir und ein Jahr später
Herrn Martin Greif und auch anderen erzählte, ist thatsächlich
wahr und urkundlich belegt. Denn noch im Cataster vom Jahre 1774
werden als Grund- uud Zehentsolden des Inner-Vogclweidehofea auf-
gefllhrt: 1. Aus dem Fechterhof an Wein und Getreide zwei Theile.
2. Beim Xorgler an Wein und Getreide zwei Theile. 3. Zu Ranzfron
von allen Äckern auch je zwei Theile. 4. Aus dem Kerspamhof von
" VI*
260 ZINQEBLE
allen Äckern au^h je zwei Tbeile vom ganzen Jahresertrsg. Von den
eigenen Äckern und Weingärten unter dem Wege und in Schürf ge-
nannt mochte der Vogelweidhofbesitzer vom Zehent zwei Theile für
sich behalten, ebenso bezog er aus dem Langacker zwei Theile vom
Zehent an Wein und Getreide aus einem Grundstück in Ritsch , dann
aus einem Weingarten am Bach gelegen, welchen Hofer baut, dann
aus einem Weingarten, ebenfalls im Bach genannt, so der Hurlacher
baut und inne hat, je zwei Theile vom EIrtrfigniss. Aus diesem ergibt
sich doch klar, daß unsere Vogelweide nicht ein gewöhnlicher Bauern-
hof, sondern ein Herrensitz gewesen ist Dazu stimmt die Tradition,
daß beide Vogelweidehöfe ehemals ein geschlossenes Gehöfte bildeten ^)
und dieß das älteste im Ried gewesen sei. Wir sind somit vollstän-
dig berechtigt, die Vogelweide als Edelsitz anzunehmen.
Den Namen V^gdw^der kann ich in der Bozner Gegend schon
1S02 nachweisen. Eine Paiersbergische Urkunde, in P. Justinian La-
durners Sammlung Nr. 620, beginnt: Anno domini HCCC secundo.
Indicione XV die dominico XXVy exeunte Octobii in domo fratnun
Theotonicorum apud aquam Ysarci inxta Bozanom. In presencia
fratris Chonradi de Aychach, sacerdotis, et fratris Dlrici de Monaco,
layci de domo et ordine fratrum Theotunicorom predictorom^ Hainiici
laici, Chrophonis de Eppiano et Volchonis de sancto Michahele in plebe
de Eppiano et Chonradi Vogelwaiderii de Eppiano et Laurencü,
filii quondam Petri de Rinne de Eppiano et testium aliorom etc^
*) In tmer Papierluuidsclirift ans dem Ende des 15. Jahrlmiideiti „Yennca-kt
die satsf^eter des pfontschilling:» beider geriebt Gufidawi und TiUmden" b^fit «b
. , noeb Bl. ^^: JTrem to bof Vogelwmid gibt sn Liecbtaet IX Xr, ra Jaeobi IX Xr ^
^yi ' f «ad der Tasten aier X'*r(Cam. ArcbiT CÖd, Nr. 5. tit. n. 12). In der Papierbandscbiüt :
^Tertabong etlieber obrigkait, berriicbait, stuck und gneter, rent, bbs und gtit m
de» sata und pbantscbaft des scbloß Sumer^perg and baider gericbt Gvfidaan und
Tillanden gebSrig und besebriben anno Cr. 1S47 (Statdialteraarcbir Lade Kr. 5 Ht.
a. IS) b^idt es BL 50^: Wgmdl Tc^iwaider im Kied als innbaber des ündeifogiwmder-
bofitj duBsne ain bansong, stadl, gartn, zwo jaacb acker und ron acbtondEwainog
bawem Weingarten geb^rt, dient cnpl 5 Xr. Bl. 51' Wo1%ang VogNraider als inn-
baber des Ober£(»g)iraideTbo{s darme ain bansang. stadl, garten, Tier jaacb acker und
T<«i dreissig bawem weingartm gt^Srt, raicbt cnpl 5 Xr. Im Jabie 1562 ^nden mir
dieselben Besitver. Im Jahre 1589 saS Micbael Toglwaider auf dem antere, Audi«
VikgtwaidfT anf dem obera Hofe. — Die Tbeilxmg des alteo gef<'blosMnen GebSftes |re-
»cbab Mimit xwiDcbeB circa 150D nnd 1547. — Da£ das Laiener Ried cor HerrsebaA G^daim
peblSrt»^ «o-seiien wir ancb ans des Urbaren des Grafen Meanbart ans den Jabren ISS^
bis 129a. Unter der 1«. Rabrik: ,J>er i^t der geh ae Qafdoim*' BL 50 ff. werdco»
BL 52 aack H5fe ,,ae Kede^ an%eAbrt und BL 5« beäf>t ec: ^Umb das Sied und
sa Laian gil man minem beiren Ton cänsSjeattea inmääcb scbiliiage pbcBm."
ZUR HEIMATFRAGE WALTHER8. 261
Dieser Conrad Vogelwaider stammte aber vermuthlich aus dem Laiener
Riede, da weder ein Hof Vogelweide noch der Name Vogelweider
sonst im untern Eisackthale nachzuweisen ist*).
Nach diesen Vorbemerkungen darf ich wohl nicht unwahrschein-
lich finden, daß die Vogelweide die Heimat unsers Dichters sein könnte,
da die beiden im Sanderviertel zu Wtlrzburg gelegenen Vogelweider-
höfe aus früher genanntem Ghrunde nicht in Betracht kommen können **).
Ich nehme an, daÜ Walther auf dem Edelsitze am Laiener Ried
geboren seij daß er den Ereuzzug mit Friedrich H. mitgemacht***),
und auf dem Wege nach Italien zum Ereuzzuge seine Heimat am
Riede nach vielen Jahren wieder zum ersten Male gesehen habef).
Ich lege nun meine Orttnde vor, die ftU* meine Annahme sprechen
könnten.
Unser Dichter hat sich längere Zeit, vermuthlich öfters, inEämthen
aufgehalten. Er sagt selbst:
Ich hän des Eemdferes gäbe dicke enpfangen L. 32, 17
und: edel Eemdensere, ich sol dir klagen s^re,
milter ftlrste und marterer umb @re,
ichn weiz wer mir in dinem hove verk^ret mtnen sanc L. 32, 31.
Es ist hier Herzog Bernhard von Eärnthen, der von 1202 — 1256
regierte, gemeint Walthers Aufenthalt dort lässt sich ganz gut er-
klären, wenn wir ihn als Norithaler annehmen, denn wie heute der ^ik
Verkehr zwischen den zwei angränzenden Ländern ein großer ist, so
*) In einem RaitbQch vom J. 1477 (Statthaltereiarchiv) kommt ein „Meister
Thomas Ton der Vogelwaid" als Arst vor.
**) VergL Schrott, Walther Ton der Vogelweide in seiner Bedentang fOr die
Gegenwart (München 1876) 8. 6.
^^) Daß das Oedicht:
Allererst lebe ich mir werde L. 14, 88.
nicht Fiction, sondern „im gelobten Lande" selbst entstanden sei, davon bin ich fest
überzeugt Meine Ansicht theilen Bimrock : Übersetzung 2, 197, Ausgabe S. 241. Bieger,
das Leben Walthers S. 41. Lexer (Über Walther von der Vogelweide. Würzburg 1873),
der 8. 7 sagt: „Die vielfach ausgesprochene Behauptung, Walthers Kreuzlieder seien
in Deutschland abgefasst und nur das Product einer gesteigerten Einbildungskraft,
muß entschieden zurückgewie»^ werden, denn wir haben keinen Grund, an seinen
Aussagen und an seiner Schilderung des Erlebten zu zweifeln.**
t) Über das Gedicht:
Owd war sint verswunden alliu miniu jlir
bemerkt li^«r 8. 27, daß dieß prachtvolle, wehmttthige Lied, das man häufig als
Walthers letztes und als seinen Schwanengesang bezeichnen wolle, jedenfalls, wie ans
den Schlußzeilen sich ergibt, vor dem Kreuzzug gedichtet sei. Wackemagel S. 74,
Pfeiffer S. 306 seUen es 1227 au.
\
y)
262 ZJNGERLE
waren die Verbindungen des Norithals mit ELämthen damals schon
bedeutend*).
Und wenn Walther in einem am Eämther Hofe gedichteten
Sprache sagt:
singe ich minen höveschen sanc^ s6 klagent siz Stollen L. 32, 11^
so ist es nicht unwahrscheinlich, daß dieser Stolle auch aus dem Eisack-
thal war. Denn in einer Neustifter Urkunde v. J. 1191 kommt als
Zeuge neben „Heinricus, plebanus de Lejan, Gebehardus de
Sehen u. a. ein Heinricus Stollo vor (Neustifter Urkundenbuch
Nr. 171 S. 66) und in einer Brixner Urkunde vom 9. December 1323
begegnet uns ein Christan der Stolle (Bartsch, Liederdichter S. LV)**).
Auch in Aquileja war unser Dichter und preist dessen Patriar-
chen Berthold von Andechs:
Die wile ich weiz dri hove s$ lobeltcher manne,
s5 ist min win gelesen unde süset wol mtn pfanne.
der btderbe pairiarke miseewende fri,
der ist ir einer. L. 34, 34.
Aquileja stand aber mit Brixen in den nächsten Beziehungen,
denn das Bisthum Brixen war in ältesten Zeiten der Metropole von
Aquileja untergeordnet und wurde von diesem Verbände erst 798 ge-
trennt (Tinkhanser, Beschreibung der Diöcese Brixen I, 4. 5.) Seitdem
waren lange Aquileja und Brixen Nachbardiöcesen***). — (Über die
engen Beziehungen zwischen Aquileja und Neustift bei Brixen vergl.
die Urkunden Nr. 109 v. J. 1165, Nr. 131 v. J. 1177 u. Nr. 225 v. J. 1235
im Neustifter Urkundenbuche S. 36, 44, 97.) Walther hatte aber nicht
nur dem Patriarchen Berthold von Andechs Gastfreundschaft zu danken,
sondern stand auch sonst den Andechsem nahe. Job. Schrott betonte
zuerst das Verhältniss unsers Dichters zu den Andechsern (Beilage
zur AUg. Zeit. 1874 Nr. 186) und besprach es dann in seiner Schrift:
„Walther von der Vogelweide in seiner Bedeutung filr die Gegenwart"
S. 4, 5. Hier schreibt er: „Die falsche Deutung des Waltherschen
Spruches auf den Nürnberger Hoftag hat zu dem langährigen Irrthum
*) Bei dem Turnier zu Freisach 1224 waren Graf Albrecht von Tirol, Hugo
▼on Taufers, ein Wolkensteiner und Bischof Heinrich von Brixen anwesend. U« ▼•
Lichtenstein, Frauendienst S. 66, 67, 78 ff.
♦*) Vergl. Bote fftr Tirol 1876 Nr. 113.
***) „Karl cTer Große entschied: ut Dravus fluvius terminus ambarum dioeeesium
esset. Dalham ConciL Salisb. p. 28. Wirklich gehSrten bis auf die neuere Zeit seibat
die in Tirol unter der Drau liegenden Pfarren Ampezzo, Tristach und Larant aar
Diöcese Aquileja. Tinkhauser I, 6.
ZUU HEIMATFKÄGE WALTUEBS. 263
1
Veranlaasang gegeben, als ob Waltlier von Geburt ein Frauke wäre.
Daselbst ist narnJich von seinen (unsem) heimischen Fürsten
und von Leopold von Österreich als Gast die Rede. Die heimisc
Fürsten deutete man kurzweg auf den fränkischen Adel, ohne zu
bedenken, dali Fürst ein staatsrechtlicher Titel ist und kleinen Herren
nicht zukam. Leopold ferner konnte nur durch einen au üerord entliehen
Fall Gast sein, da er sonst als ReichsfOrst bei einer curia aolemnie zu
erscheinen die Pflicht hatte. Zufälliger Gast konnte er nur 1219 sein,
als er vom Kreuzzug zurückkam und unvermuthet und freiwillig auf
jenem Reichstag erschien. Die für Waltlier heimischen Fürsten —
da die anwesenden geistlichen ReichsfUrstcn sicherlich nicht in Betracht
kommen — sind alsdann die Herzoge Ludwig von Baiern, Bernhard
von Kärnthen und Otto von Meranicn, der Bruder Bertholdfl von An-
dechs, Patriarchen von Aquileja. Sagt man, der Ton Jenes äpruchei
komme vor 1220 nicht vor, so ist zu erwägen, daÜ der November
von 1219 vom Januar 1220 denn doch nicht so weit entfernt istl"*^
Es befremdet, daß Walther den Herzog Friedrich von < )sterreich,
Reiomar den Alten, Engelbert von Köln ehrende Nachrufe widmete,
aber für den ermordeten Künig Philipp, den er so hoch gehalten, kein J^
Wort fand. Schrott scheint mir diel! Räthscl glücklich gelöst zu haben.
Er sagt: „Mit wie hoher sittlicher Entrüstung Walther jede rohe Ge-
waltthat verdammte, wissen wir aus dem Spruch auf des Erzbischofs
Engelbert Ermordung, worin er sich in Ausdrücken des Zornes förm-
lich erschöpfL Man kann also Gleichgütigkeit gegen jene That gewiß ^M
nicht annehmen, noch auch voraussetzen, daß uns ein solcher Spruch ^M
nicht erhalten worden wäre. Wenn er alio schwieg, so muß er einen ^M
Grund gehabt haben, der ebenfalls in einer sittlichen Empfindung an-
derer Art lag. Der Mörder König Philipps war des Baiem-Herzogs
nächster Verwandter, und des wilden Pfalzgrafen Mitschuldiger war ,
der Markgraf Heinrich von Istrien, Bruder des Patriarchen Bertholds
von Aglei und des Herzogs Otto von Meran. Können wir nun dem )
zarten und höfischen Sinne Walthers zumuthen, daß er jene Unthat,
die zwei seiner Gönner und seinen Landesherm so schmerzlich berührte,
durch einen in ganz Deutschland verbreiteten Spruch hätte in fort-
währender Erinnerung erhalten sollen? Ist es denkbar, daß er dem
gepriesenen Patriarchen von Aquileja ein infandum renovare dolorem
hatte bereiten und vorsingen sollen? Nein, aus zarter Schonung und
schuldiger Rücksicht für seine „heimischen Fürsten" aus den durch jenes
I
■) Böhiners Kaiser- llegcatei
264 ZINQERLE
EreigniBB bo hart betroffenen EÜLasem Wittelsbach und AndechB wollte
und muBste Walther Bchweigen.** (Beil. zur Allgem. Zeit 1874 Nr. 186). *)
Wie stellt Bich nun das Verhältniss Walthers zu den Andechsem
bei der von uns angenommenen Heimat? — War Walther am Riede
zu Hause, so war er ein gebomer Dienstmann der Andechser. Nach
Hormeyer hatten die andechsischen Rapotos den gräflichen Ambacht
des Norithales*) oder Eisackthales um Brixen schon firühe verwaltet.
(Goldene Chronik v. Schwangau S. 43.)
Im Jahre 1165 wurde vom Bischof von Brixen die Vogtei des
HochstifteB dem Hause Andechs übertragen. (Sinnacher, Beiträge 3, 641,
Tinkhauser I, 37.) Seitdem begegnen wir Andechsem oft in Brixner
Urkunden. Ich verweise nur auf folgende im Neustifier Urkunden-
buche: Nr. 123. 1169 Ortolfus de Andechs. Nr. 127. 1174 Gotefrit et
frater ejus Grife de Andechs^ Nr. 149. 1182 Bertholdus^ marchio Histrie
ac brixinensis ecclesie advocatus. — Gotschalcus de Andechs Nr. 159.
1187 Gotfrid de Andechs, purcgravius de Brixina**). In Folge der
Theilnahme am Morde Philipps verloren sie die Vogtei von Brixen
1214 ♦**) und ihre Güter, aber 1232 erhält Otto von Andechs wieder^
Lehen vom Brixner Bischöfe, in Beziehung auf die Vogtei wurde aber
1241 beschlossen, daß die Grafen von Andechs und die von Tirol
dieselbe wechselseitig und erblich besitzen sollen f). Im Jahre 1239
finden wir Otto II. von Andechs auf dem Schloße Gufedaun, wo er
dem Kloster Neustift eine Schenkung bestätigt ff). Von dort aus be-
fehdete er 1240 den Bischof Egno von Brixen. Zum Gerichte Gufe-
daun, das die Andechser besaßen, gehörte aber auch Laien mit
dem^iede. War Walther hier geboren, so läßt sich sein Verhältniss
j zu den Andechsem leicht erklären.
Ich erlaube mir hier auch den Spruch von Tegemsee heranzu-
ziehen. Walther sagt:
Man seit mir ie von TegersS,
wie wol daz hüs mit dren st§.
dar k^rte ich m§r dan eine mile von der str&ze. L. 104, 23.
fffcijL *) Die Grafschaft Norith^. welche KaiBer Konrad IL im J. 1027 dem Hoch-
stifte Brixen schenkte, reichte auf der linken Seite des Eisakes vom Preibach bei
Bloman, auf der rechten vom Tinnebach bei Claosen beginnend durch das ganse Wipp-
thal zu den Marken des Inn- und Pnsterthals, Tinkhauser I, 34.
•*) Über die Andechser s. J. Egger, Geschichte Tirols I, 197. 207. 214. 224 ff.
♦♦♦) Sinnacher, Beiträge 4, 170. Tinkhauser 1, 37.
t) Tinkhauser 1, 37.
ff) Facta sunt hec in castroCufedun anno dominice incamacionisM.CC.XXX.yiIII.
Neust Urkundenbuch 8. 108.
zur;heimatfrage waltüers.
265
Walther hat atäts von dieBem GotteBliauBe geh»rt nod sacht es
seitab von der Straße auf, was ein besonderes Interesse an diesem
GotteshauBe voraussetzt. Er beklagt sich bitter, dali er dort keinen
Wein erhielt und mit Wasser fllrlieb nehmen musste. Lag Walther»
Heimat im Eisakthaie, so gewinnt das „te" Beine volle Bedeutung. Danu
hat er sicher schon als Knabe von Tegerasee sagen gehört. Denn
Tegemsee hatte bei Bozen grolie Besitzungen*) und bezog den im
Mittelalter berühmten Bozensere**) von seinen eigenen Weinbergen.
*) In den moii. Boic. 6, 15 ist von Erwerbung von QäUm .in tribns loais, Stit-
via, Poxa|n», Loina Duncupatis" die Bede. Ebendort B. 31. „Noverint onmu fidel«»
Criiti preseutes alqne faturi, quod quidam hocoa nobilis nomine Uiiüo babitans ii
tiIIb Bozana dimidiam ceUsrii sui, quod habott in caalello eiosdem Tillae contigoo,
pateiUtiva manu pro pecunia delegavit in manua Sififridi Abb. et advooti pui Per-
toldi," — S. Sä. „Fideliiim Christi pluralitoa preeens et fuluri non ignoret, qaaliter
:stas S. Quir. Pertholt Domiue pateslatiTa manu ad alt. ejusd. s. Mart.
auorumque parenlum per m&nuni Sigibotonis nOBtri advacsti presenti abb.
auis fratribna in nanm ipsorum vincam propriHio in Bainnensi villa
in optimo loco eiuadem Tille Hitam" etc. S. 61. „Fidelinm Cliristi plura-
ret, qaaliter advocalaB S. Qniiyni PernLnrdus ie Snsein-
ledto aai parenluTDque suorum dnfts Tinea« pTopriaa aS
Tills douavit, qnas Tinitores coluenmt Aribo et Vitalia."
quid am adTc
Sigifrido cum aui
donavit acil. in o
litat presens et F
oheim potealativa
alt. pred.*Mart b
Vergl, noch S. 126. 163. — Nach einer gfltiRen Mittbeilang des Hrn. Prof. Ur.
Boubinger enthllt die Hb.: „Anno domini MCCXLn aiibnolantur redditua predioruni
iu montibua monaalerü Sli. Qnirini martyris in Tegemsee, qui uobia jare proprietario
Bttinent" (k. allg. Reichaarchiv in MBnchen. Kloater Tegenuee Nr. 6i] folgendes anf
die B 0 zu eri Gegend BezUglicbe:
Ze Potsen Wiltteyuerni i vm 1 ff pemer malphenninK- Tun der Blaem Ton.
der mntaw vnder der Spitz von den drein Weingarten.
Ibidem Hanna Zumpf von den powDt balbeo wain.
„ Freuntsporger in der Memm J fneder wein.
„ örtel 2 Trn. 2 galloa.
„ IQ Kchlinn tod des Kramera Weingarten bei den TalTcren 1 vm weini. '
„ Niederhauaerin 2 vm weins.
ZU Potzen do Dumimco 4 W pemer.
Plaaici weiuhof administrat nohia medium vinum Ton den zwain t^len dea hoft, die
KÜ den Weingärten ligen auUen, und von dem andern drittaü, der lU anderm psw ligen
mag, 7 Sr Teroneü, und boI daa gutzbaua anwalt, die weil ay in dem wymat uind, mit
malen, mit tuetar, mit hew nnd mit alleo sachen jerleich besorgen und ausrichlen.
Pemstich Ton einem Weingarten 14 g'. Eppan in der Romei von einem Weingarten am.
phund pemer," Vergl. Überdieß B. Weber, Boaen nnd seine Umgebuiigen B. 12. Tiro-
liaclie Weisthümer I. 6. T.
") Mon. Germ. »er. 2. 108. Gottr. de Vilerbo Carmen de rebna gestis Friderici'
priini in Ilalia ■», 862. Otto v. Freisiupen da geat. Frid. 2, 26. Wolfram i
Willülialm 136, 6. Von dem Abelen Weibe 553. Ottokara licimchronik ei
266 ZIKGEKLE
Wenn Walther im Eisackthale zu Hauae war konnte er seine
Heimat auf seinem Krcuzeuge berühren? Gteug die Fahrt der damals
nach Italien ziehenden Kreuzträger über den Brenner und durch das
Kisackthal? — Wir könnten dies aus Antecedeutien annehmen, da sich
das Kreuzbeer in Italien sammelte. Denn die Züge nach Italien giengea
häutig über den Brenner und durch das Eieacktbal, was urkundlich
durch den Aufenthalt der deutschen Kaiser und Könige im Eisaek-
thale festgestellt ist*). Aber für den in Rede stehenden Zuzug aus
Deutschland haben wir sichere Nachricht. In dem Spruche:
„Swer an des edeln lantgrSven rate sl"
L, 85, 17 fordert unser Dichter den Landgrafen Ludwig von Thüringen,
den Gemahl der heiligen Elisabeth, auf, den Kreuzzug zu beschleunigen.
Der Landgraf unternahm im Juni 1227 mit dem Hauptzuzuge aus
Deutschland die Fahrt nach Italien. Walther befand sich in seiner
Schaar oder in einem Nachzuge, der wohl den nämlichen Weg, wie
das Hanplheer, einschlug. Welchen Weg nahm nun Landgraf Ludwig?
Darüber sind wir genau unterrichtet. In den Annalee Rein bar dsbru n-
ncnses (ed. Wegele) S. 205 beißt es; „Omnibus istis ad iter bene dis-
positis cum gaudio et jocunditate maxima profectua est Ludewjcus,
Thuringorum lantgravius, princeps Haseie et Saxonie comes palatinus,
de terra sna eligen^ pro amore Jhesu Christi exulare, ut in celesti
patria ab ipso recipi mereretur. Cum trunquillitate ergo pacis transiens
Franconiam, Sweviam atque Bavariamct trans Alpes Italiam, Longo-
bardiam Tusciamque venit in Ceciliam, ubi imperator Fridericus ipsum
cum inestimabili gaudio suscepit in civitate, que Troya nuncupatur,
in inventioue St. Stephan! (3. August) et ibi commorabatur per tri-
duum." Der Landgraf zog also per Bavariam d. h. durch Altbaiem,
nämlich von Schwaben Über Partenkircheo und Mittewald nach Zirl —
und von dort über den Brenner. Denn wäre er Über Füßen und den
Fernstein nach Imst und gegen Chur gezogen, stünde nicht „per Ba-
variam"**). Simrock bat eingewendet (Ausgabe S. 23) Tirol könne
*) Vergl. .BeitrKge lor Geographie Tirols im Mittelalter" im Archiv fDr Geschieht«
Tirols I, 333 ff. W«a den Aofenthalt (isotocher Könige im Eisaektfaale beliiffl, ist mir
folgendes bekannt: Otto IL Oclober 967 in Briien. Conrad U. Mai 1057 in Brixen.
Heiarieh IV. Juni 1079 in Brn«D. Beinrieb V. Sept. 1130 in Brixen. Friedrieb I. im
J. 1155 in Baien und BriieD. Heiarich VI. Jänner 1191 in BoEen, Heinrich Vit. April
1236 in Brixen. FrieJricli II. im Ang. 1330 in Briien. im Sept. 1337 bei KUosen.
••) Die meisten Tiroler, die das KreuB uciun«n wollten, acbloßen Bicb dem
Kreuunge ISIS an l Ferdinandeums Zeitschrift 1B69 S. 37. 3B), aber auch 1327 be-
theiligten iiivh mauclie an der Kreuifahrt. {iüiDHcber Bcilrägc IV. 314 S.
ZUR HEIMATFRAfiE WALTHKRS. 267
auch deßwegen nicht Walthers Heimat sein, weil, aU der Dichter seine
Heimat wiedersah, er die 'liebe reise' noch nicht angetreten hatte.
Aber Simrock bemerkt eelbat, Walther habe die ihm fehlenden Mittel A
zu der Fahrt wohl in seinem Geburtslande aufzutreiben gehofft. Also
er begab sich in seine Heimat, und zu diesem Zwecke; das Lied Ow6
war siut verswundeo ist unter dem ersten mächtigen Eindruck des
Wiedersehens entstanden, ehe der Dichter noch sicher war, seinen
Zweck zu erreichen. Ea gelang ihm aber und er schloß sich dem durch
Tirol gehenden Zuzug an, dem er zu jenem Zwecke vorangeeilt war.
Auf dem Wege nach Italien sah Waither seine Heimat nach langen
Jahren wieder und die Veree:
bereitet ist daz velt, verhouwen ist der walt:
wan daz daz wazzer fliuzet als ez wilent äöz
passen trefflich auf unsere Vogelweide.
Nach allgemeiner Sage stund von den Höfen bei St. Kathrein bis
Laien dichter Wald und alter Tradition eingedenk wollen nun die
Laiener die Heide von Caaaerol wieder anpflanzen. Nach den Mein-
hardschen Urbaren circa 1280 war aber Casserol nicht mehr Wald,
denn es heißt dort Bl. 55': „In Casiral von der voitai git man zwei
schSf."
Nach Tirol weisen aber auch, was Pfeiffer ausführlich betonte ^^
XXVI ff., die Handschriften. In der Weingartner Handschrift tinden ^
wir die Folge Her Liutolt von Savene, Herre Rubin, Her Walther von
der Vogelweide, im Anhange der Heidelberger Handschrift: Kubin,
Friderich von Sunburg, Walther von der Vogelweide. Es ist dieß wohl
nicht blinder Zufall, daß Walther hier gerade neben Dichtern, die
dem „jetzigen Tirol" angehören, erscheint. Über das Verhältniss Walthers
zu Liutolt von Sähen haben Wackemagel XX ff. und Pfeiffer S. XXVII
ausführlich gesprochen. Ein nahes Verhättniss zwischen ihnen dürfte
nicht zu leugnen sein. Nehmen wir nun Walthers Heimat am Riede an,
80 waren sie Landsleute in engster Bedeutung des Wortes, ihre Ge- ZSS.
burtsstäften waren höchstens zwei Stunden von einander entfernt und der
Verkehr zwischen hüben und drüben, zwischen Laien- Qufedaun und
Säben-Vi 11 anders war der belebteste*), Wechsel heiraten zwischen den zahl-
reichen Adels gesohl echtem am linken und rechten Eisackufei
sehr häufig. Die Bekanntschaft mit den Säbnem Hefert aber auch ftlr
Beine Fahrt nach Wien eine passende Erklärung. Allgemein wird an-
•) Im Nenitift^r Urkimdeiibacbe awoheinen c. B. Zeugsn
nebeneinander Nr. 151. 153, 155. 171 172. 173, 176 ff.
«
268 ZINGERLE
genommen, daß unser Dichter circa 1190 dorthin gekonmien sei. Im
Jahre 1189 reiste aber Ortulf 11 von Sähen*) Domherr zu Brixen,
Probst zu Innichen, Hofcaplan Friedrich L, nach Wien^ um den Kaiser
auf dem Kreuzzuge zu begleiten^ und erscheint in der dort 1189; 18. Mai
ausgestellten Kaiserurkunde als Zeuge: Ortolfus Iticensis prepositus.
Fontes rerum Austriacarum XXXI. Nr. 122. S. 121. — Ortulf kehrte
' vom Kreuzzuge zurück und lebte seitdem als Probst des weltlichen
CoUegiatstiftes in dem früheren Benedictinerkloster zu Linichen.
Sein Todesjahr soll circa 1210 fallen**), es scheint aber zu fiüh an-
gesetzt, da sein Nachfolger Conrad von Tölz erst 1224 frühestens
diese Würde bekleidete***). Ortulf hatte das Reich in seinem Glänze
gesehen und nach des großen Kaisers Tode die Wirren und Drangsale,
den unseligen Streit zwischen Kaiser und Reich noch erlebt. Nach
seiner Heimkehr lebte er so zurückgezogen, daß er in keiner Urkunde
mehr erscheint. Würden auf unsem Ortulf nicht Walthers Stellen, in
denen der Kldsenaere vorkommt f), passen? Wenn Ortulf darunter ge-
meint ist, so haben wir ein sinnreiches Wortspiel, dergleichen
uns bei Walther öfter begegnen. Auf dem niedrigen Vorsprunge des
Säbner Berges, unmittelbar über der Stadt Klausen (Clüsa, Clüse,
Clüsna) hatten sich die Säbner eine eigene Burg, nun Branzol ge-
nannt, gebaut Diese Burg war die Veste Klausens. Ein Säbner konnte
deßhalb mit Recht ein Bewohner Klausens (Clüsenaere, Clösenaere) ff)
genannt werden. Clösenaere enthält somit, wenn Ortulf gemeint ist,
eine Anspielung auf dessen Geburtsort; Klausner, Eremit, konnte Walther
ihn mit vollem Rechte wegen seiner Zurückgezogenheit im alten Kloster
zu Innichen nennen.
Der Annahme, daß Walther im andechsischen Gerichte Gufedaun
auf dem Laiener Ried geboren sei, stehen ihr vielleicht sprachliche
Gründe entgegen? — Ich glaube nicht Der Reim „verwarren" L.
34, 18 ist nicht entscheidend, es kommt a fhr o in der bairischen Mund-
{ art ungemein häufig vor (Weinhold, bair. Gramm. §. 6), die häufigen Reime
a : o bei Vintler und Oswald von Wolkenstein, sowie die Schreibung
a für 0 in Urkunden beweisen dieß Vorkommniss auch für Tirol. Die
*) Ober ihn vergleiche Sinnachers Beiträge S, 465. Tinkhaiuer 1, 465. TiroL
Geschichtsfremid 1, 2S.
**) SixmAcher 3, 467. Nach Tinkhaoser 1. c 1200.
***) Sinnacher 3,*468. Tinkhaiwer 1. c
t) L. 9, 37. 10, 33. 34, 33. 62, 10.
tt) Heinrich der ClAaenaere 1192. Neost Urkb. 8. 67. Ulreich der Chlosner
1329. Ebendort S. 240.
ZL'K HEIMATFIIAGE WALTHKRä. 269
Reime lieht : nielii L. 88, 12. 18 und 26. 27 begegnen uns gerade aucti
bei dem tiroITTSichter Liutolt von Sähen, der nieht : lieht : ieht bindet.
Wackernagel 2(>5, 1. 4. 7. Walther erfreiit sich sonst der reinsten höfi-
schen Form und Sprache, ober ungeachtet deseen deuten einige Aus-
drücke auf seine alpine Abkunft, Weuu er sagt: der kalc waer abe
getragen L- 28, 30. so kommt fealc in der Bedeutung von „Weiße,
Tünche" im Eisackthale und Etschlaude noch heutzutage allgemein
vor. Die Phrasen: „der kalk geht ab", „der kalk wird abgerieben"
sind überall dort gebräuchlich. In der Stelle; „ez ist ze wich und
ofte hiEne" L. 35, 28 ist ze wich durch A und C verbürgt. Lachmanu
möchte S. 163 „ze weich" oder „ze wiz" vorschlagen. Wich, wiech
ist aber ein jenseits des Brenners allgemein verbreitetes Wort Es be-
deutet: fett, üppig, ausgelassen und abgeschmackt. Schöpf 815*).
Als Walther sein Lehen erhalten, jubelt er:
Ich hän min leben, al die werlt, ich bän min leben.
nft enfürhte ich nibt den hornunc an die zehen. L. 28, 31.
Nun was eöII das, ich fürchte den Hornung (Februar) nicht an den
Zehen? — Es ist zu beachten, daß Wallher das Wort ' .homunc" nur
an dieser Stelle gebraucht. In Pfeiffers Ausgabe 4. Aufl. S. 260 finden
wir die Erklärung „der hornunc, Februar, bildlich hier Frost, Frost-
beulen". Ganz richtig, aber dafiir hätte Walther wohl das ihm sonst
geläufige winter besser gebraucht, denn Frost, Frostbeulen bringt
nicht der Februar allein. Ein unerwartet Licht ftlllt auf diese Stelle,
wenn wir das horniglen, das im innern Eisackthate gebräuchlich ist,
heranziehen. „Huruiglen, horniglen vor Kälte prickeln, brennen;
den hurnigl an den Fingern haben" Schöpf 283. Vgl. Schmeller II,
1165. Hornigg'n heißen dort geradezu die Frostbeulen. — Wir haben
in „hornunc" also ein Wortspiel, das eich aus dem hornigg'n erklären lässt.
Bemerken swerth ist, dali der Name Walther auf unserer Vogel-
weidenoch im 16- Jahrhundert vorkommt. Das älteste Taufbuch von
Laien beginnt 1571. Seite 36 heißt es vom Jahre 1575: Die 20. Martii
aln kindt getaufft dem Walter^Voglwaider in Riedt, palrinus W'thei:
Prantschurer alhie, infans W'ther'*). Im 16. Jahrhundert war in Tirol
der Name Walther ebenso vergessen, als Wallher von der Vogelweide.
Wie läsfit sich dieß Vorkommuisa, daß der Name Walther gerade auf
') Ea möge hier au SchJipf bemerkt werden, daß „ein wiecher menaoh" »urh
in der Bedeutung: „ein aungelusener, frivuler. widerlii:her" gebraacbt wird.
••) Ich gebe diese Stelle nuch einer gütigen Mittheilung des Hm. Pfarrer« In
Laien, Jacob Tappeiner. Leider konnte ich ins Taufbuch nicht selbst Einsicht nehmen)
um die Ktlriungen >u varfleicbeD; da* erste „Walter" iteht fest
/
270 ZINOEHLE, ZUR nEtMATFKAGE WALTHEKS
der Vogel weide ersclieint, erkläre», als damit, dali hier dieser Name
BUS früheren Zeiten fortlebte? Das Bild am Hanse, das an ßgumen
j ^- ,1'J- sieb hinanachlingeDde Reben darstellt, an deren Früchten Vögel uaachen,
^Jk^ti-tn zeichnet dieß Gehöfte vor andern aus. Aus welcher Zeit dasselbe
stammt, zu bestiinroen, überlasse ich Fachmännern. Jedenfalls datiert
es nicht aus neuester Zeit.
Nach dem bisher Gesagten sprechen viele Wahracheinlicbkeite-
grilnde dafür, daC Walthers Heimat am Latener Ried zu suchen sei, und
so lange für eine anderwSrtige Vogelweide nicht kräftigere Stützpunkte,
als bisher beigebracht werden, bin ich in gutem Rechte, die Vogelweide
als muthmaßliche, ja höchst wahrscheinliche Wiege Walthers anzunehmen.
Weiter bin ich anch nie weder schriftlich noch mündlich
r "'" gegangen.
Damals erfreute sich Tirol des reichsten geistigen Lebens und
[ Strebens, was uns die hiesigen Dichter der damaligen Zeit, die zahl-
I reichen Handschriften und die Bauten und alten Freskea gerade in
' der Eisack- und Etechgegend beweisen. Wenn später das Eisackthal
noch einen Oswald von Wolkenstein und einen Fallmereier unter viel
ungünstigem Verhältnissen erzeugte, sollte es nicht würdig sein, die
Wiege eines Walther zu sein? — Urkundlicher Beweis dafür wird
I eich nicht beibringen lassen. Aber könnteo wir den Oswald von Wolken-
ateiji, der einem der mächtigsten Adelsgeschlechter angehörte und 200
Jahre später als Walther lebte, nachweisen, wenn er 1396 nicht wieder
heimgekehrt wäre, um hier seine große politische Rolle zuspielen? —
Und ungeachtet der Archive und Familien auf Zeichnungen, die dieses
gräfl. Geschlecht besitzt, wurde allgemein augenommen, daß Oswalds
hochgefeierte Margaretha vor ihm gestorben und er sich zum zweiten
Male mit Anna v. Ems verehlicht habe, bis in einem ganz fremden
Archive P. Just, Ladurner zufällig eine Urkunde fand, die das Gegen-
theil bestätigte. Wenn solche Dinge bei einem der mächtigsten Ge-
, echl echter aus späterer Zeit begegnen, so ist bei Walther, der aU
7jij. Inaehgebomer Sohn aus niederem Adelsgeschlechte frühe seine Heimat
iverlassen und dieselbe nur einmal wieder gesehen hat, an einen ur-
jkundLicheu Beweis nicht zu denken.
J. T- ZINGERLE.
*) Zur Note 8. SSO kann ich nun berichtigen, daß in einem Tom Archivar Dr.
D. Sehönherr aufgafundenen Urbare Ton Qufcdaun «os dem Beginne des 16. Jh. achcm
beide Vogelweidar Höfe vorkoininen:
Item baid Vögeln eider IX gr. (Fol. 22).
S. Tiroler Bot« 1875 Nr. Iö6.
FICKEB, ZtlR WÄLTnEEFRAQE,
ZUR WALTHERFRAGE.
Von eolchen, welche die für die Herkunft Walthera von der Vogel-
weide aus dem Laiener Riede geltend gemachten Gründe für unzu-
reichend halten, ist unter andenn geltend gemacht, daß die Frage be-
friedigend nur durch den urkundlichen Nachweis eines Geschlechtes
der Herren von der Vogelweide gelöst werden könne. Dero gegenüber
dürfte doch daran zu erinnern Bein, daü der ganzen Sachlnge nach
ein solcher Nachweis nie zu erwarten sein wird, daß inabesondere auch
die Annahme, Walther stamme aus dem südlichen Tirol, in keiner
Weise dadurch als unrichtig oder unwahrscheinlich erwiesen werden
kann, daß sich eine Herrenfamilie dieses Namens in jener Zeit in Tirol
allerdings nicht findet,
Die Forderung solchen Nachweises ist natürlich nur dann be-
rechtigt, wenn nnzunebmen ist, daß Walther einem Geschlechte ange-
hörte, welches zu seiner Zeit bereits einen Qeschlecb tan amen filhrte.
Diese Annahme aber ist in keiner Weise zu begründen. Allerdings war
Walther zweifellos ritterlicher Abkunft. Aber gegen Ende des zwölften
Jghrhundcrts hatten noch keineswegs alle ritterlichen Familien einen
Geschlechtsnamen; insbesondere nicht in der Gegend, in welche jetzt
Walthers Heimat überwiegend gesetzt wird.
Die ritterlichen Personen zerfallen hier in drei Classen, nämlich
freie Herren, Dienstmannen oder Ministerialen und einfache Ritter.
Freie Herrenge schlechter gab es hier, außer den Grafen, sehr wenige;
es wären aus nicht zu großer Entfernung nur etwa die Herren von
Wangen und von Taufers zu nennen, Alle übrigen Rittergeschlechter
waren unfrei. Diese zerfallen aber wieder in zwei Classen, welche hier
und in manchen andern Gegenden des südlichen Deutachlands scharf 1
geschieden sind, während sich in andern Ländern der Unterschied]
mehr verwischt. Dienstmannen und Ministerialen sind hier eine bevor-
zugte Classe ritterlicher Unfreien; der Titel sollte eigentlich nur den
Mannen der Reich sfürsten, wie der Bischöfe von Brixen oder der an-
dechsischen Herzoge von Meran zukommen; er wurde dann aber auch i
wohl den Mannen der Grafen oder angesehener Prälaten, wie etwa !
der Äbtissin von Sonneuburg, zugelegt. Einer solchen Familie, wie ea J
etwa die brixueriscben Ministerialen von Velthurns, Sehen, Rodeneck,
I
I
I
272 FICKER, ZUR WALTHERFRAGE.
Eastelruth oder die andechsischen von Gufidaun waren, gehörte
Walther sicher nicht an. Denn diese Familien, in den früheren Zeiten
des Jahrhunderts vielfach noch namenlos, fiihren gegen Ende desselben
durchwegs Oeschlechtsnamen, wenn auch noch vielfach nach_den Be-
sitzungen wechselnd» In der Zeit Walthers werden diese Ministerialen-
geschlechter nun aber hier, wie in andern Theilen Deutschlands, zu
häufig in den Urkunden erwähnt, um nicht den Schluß durchaus be-
rechtigt erscheinen zu lassen, daß, wenn eine solche Familie sich von
der Vogelweide genannt hätte ^ wir den Namen in den Urkunden be-
1 gegnen müssten.
Es gab nun aber noch eine dritte Classe von Rittern, welche
nicht Mannen der Fürsten oder Grafen, sondern Mannen der freieg
Herren uBd insbesondere auch der Dienstmannen waren. Werden die
Dienstmannen noch häufig als Herren bezeichnet, so ist das bei diesen
Jv). einfachen Rittern nicht der Fall. Sie ftlhren weiter zu Walthers Zeit
durchweg keinen Geschlechtsnamen.
In den fürstlichen Urkunden werden sie überhaupt ihres geringen
Ansehens wegen selten genannt; und das ist wohl der Hauptgrund,
daß map bei solchen , _ÜJXtfirsuchungen diese anscheinend ziemlich
zahlreiche_Cla88e_vqn^ Rittern gewöhnlich ganz vergisst. In andern Auf-
zeichnungen dieser Gegend, z. B. im Schenkungsbuche von Neustiflt,
werden sie nicht selten erwähnt. Und zwar in der Regel nur als Be-
gleiter ihres Herrn, der meist selbst nur den flirstlichen Ministerialien
angehörte. Es heißt etwa: Reginbert von Sehen und seine Ritter Her-
mann und Hartmann, der Arnold von Rodeneck und seine Ritter
Herman und Werner.
Von dieser Seite her widerspricht also nichts der Annahme, daß
Walthers Geburtsstätte im Laiener Ried war; eher ergibt sich daraus
y"^ eine gewisse Unterstützung. Der dortige Vogelweidhof hat vor allen
andern bekannten Örtlichkeiten dieses Namens das voraus^ daß die an
^. ihn geknüpften Giebigkeiten ihn als alten Rittersitz zu kennzeichnen
scheinen. Wird dagegen nun geltend gemacht, daß in diesem Falle
sich ein Rittergeschlecht nach ihm benannt haben müsse, so verliert
dieser Einwand mit dem Gesagten seine Berechtigung. Gab der Hof
aber noch keinem Geschlechte den Namen, so kann es trotzdem wieder
X in keiner Weise auffallen, daß eine einzelne, von ihm stammende
/. ' Person nach ihr benannt wurde. War Walther, wie wohl zu vermuthen,
ipj ein jüngerer Sohn, der schon früh sein Glück an fremden Herrenhöfen
versuchte, weil ihm sein gebomer Dienstherr, der etwa ein Ritter von
Gufidaun gewesen sein könnte, kein Gut zuwenden konnte, so bedurfte
SlICHIER, DIE Ql"ELLEN DER MÄGIISSAGA.
273
es einer bestimmteren Bezeichnung, um ihn von so manchem andern
Walther zu unterscheiden; nichts lag da näher, ab ihn nach dem Hofe
zu bezeichnen, auf dem er das Licht der Welt erblickte.
Wenn ich mit dem Gesagten einen einzelnen Einwand filr be-
seitigt halte, der gegen die Annahme, daß Tirol Wallhera Heimat sei,
erhoben wurde, ao weiß ich recht wohl, daß wir in dieser Richtung
Ton einem unumatößlicheu Beweise noch weit entfernt sind. Aber das
wird man nach dem jetzigen Staude der Forschung wohl sagen dllrfen,
daß der Annahme, Waltbere Wiege habe im Lande am Eisack ge-
standen, bis jetzt nicht allein kein maßgebender Grund widerspricht,
sondern auch mancher gewichtige Umstand sie in hohem Grade wahr*
sehe inl ich macht.
(„T. B.") J. FICKER.
DIE QUELLEN DER MÄGUSSAGA.
Zu den isländischen Sagas, welche altfranzösischen Chansons de
geste nacherzählt sind, gebort auch die Mägussaga. Mit Beziehung auf
die altfranzösische Litteratur wurde sie zuerst von Geffroy erwähnt
in seinem Berichte über die französischen und auf Frankreich bezüg-
lichen Handschriften schwedischer Bibliotheken (Archives des missions
acientifiques 1856 IV 222, 223). Geffroy führt auch die Rubriken zweier
pcettir der M:lgussaga aus den Stockholmer Handschriften an (Laea
Jlinrikssonar ok Hrolfs Skuggaßfls saga. Getrards jarls ok Vilhjalma
Geirarilaganar saga).
Zwar erschien dann die Saga im Jahre 1858 im Druck u. d. T.
Bragda-Mdgus Saga med tilheyrandi päHtim. Skrifud vpp epiir gömlum
hnndritum af Giinnlaugi PörtTarsyni. Kaupmanna höfn. 1858. kl. 8°., wurde
aber in dieser übrigens sehr mangelhaften Ausgabe auf dem Continente
fast gar nicht bekannt, so daß die Gelehrten, welchen wir die um-
fassenden Werke über die Chansons de geste verdanken, auch später
noch über den eigentlichen Inhalt der Saga in Ungewiasbeit bleiben
mussten. (K. Maurer gedenkt unserer Saga Germ. XH, 480,)
Nun hat kürzlich F. A. Wulff versucht, uns über die Quellen
der Mäguasaga aufzuklären in seiner Abhandlung: Notices sur les
Sagas de Mägns et de Geirard et leura rapports aux 4popdes frangaises,
Lund 1874. 4". Wulff erw.'ihnt Beziehungen der Saga zu den (ranzö-
UEBUUiU. Neue &tiic. Vln. <XI. l:iirt ) , B«|h*^
r
n ihm ^
Lu
;3V4 SUCHIER
aischen Gedichten von Karls Reise nacli CoDSIftntinopel und von den
Hsimonskindern , bat aber, wold aue Mangel an Hülfe mitte In, nicht
die französischen Gedichte selbat. floadern nur litterarbistoriBcbe Werke
herangezogen. LT^rigens gibt er S. 14 ff, eine vollständige Analyse der
Saga nach den beiden Stockholmer Handschriften (die eine Nummer 58
in Folio auf Papier im Jahre 1690 in Stockholm geschrieben, die
andere Nummer 6 in Quarto, gleichfalls Papierhandschrift) und einige
schätzbare Bemerkungen Qber die im 79. Capitel erwähnten histori-
echen Ereignisse.
Leider glaube auch ich nicht im Stande zu sein, die Frage nach
den Quellen der Mdgussaga erschöpfend zu behandeln. Immerhin aber
wird das, was ich bestimmter als Wulff zu fassen oder dem
gesagten hinzuzuiUgen vermag, die Frage in ein beseerea Licht st
Ich greife sie daher von neuem auf.
Gnnnlaug"*) })6rdarson kennt sieben Handschriften unserer Saga
auf der Ama-Magnussonischen Bibliothek in Kopenhagen: 1, N. 152 fol.
Pg. Diese Handschrift liegt der Ausgabe zu Grunde. — 2, N. 187 fol.
Pap. (ist Abschrift von N. 152). — 3, N. 535. 4". Pap. — 4, N. 590.
A. 4". Pap. — 5, N. 533. 4". Pg. — 6, N. 536. 4". Pap. — 7. N. 188 fol.
In der leUten Handschrift bricht bei Ubbis Tode (Cap. 56) die Er-
zählung ah. Daß zwei weitere Handschriften in Stockholm sind, habe
ich schon erwähnt.
Die Saga kann als Ganzes nicht vor der Mitte des 13. Jahr-
hunderts entstanden sein, da zahlreiche Anspielungen an die Pidreks-
saga vorkommen. Sie ist eine Compilation aus mindestens drei vorher
getrennten Stücken, die ursprünglich nichts mit einander zu thun haben
und so roh an einander geftigt sind, dali sich die Nähte ebenso leicht
als sicher erkennen lassen. Müglich ist, daß die Vereinigung der beiden
ersten Theile vor Anfügnng des dritten geschah und die Handschrift
A. M. 188 fol. diese ältere Gestalt der Saga repräsentiert
Von den drei Theilen der Saga zeigt der dritte einen wesentlich
andern Charakter als die beiden ersten. Der Inhalt der beiden ersten
ist ein durchaus einheitlicher, und wenn sich auch der erste Theil
in zwei Abschnitte sondern lässt, so sind diese doch in der vorliegen-
dcn Gestalt in innem Zusammenhang gebracht. Dagegen besteht der
*) E* icbeinl mir berecbti^t, nordische NameD in der Seiionslosen Form dfia
AccnsBliva, als id der Seotierten des NominatiTB ins Dentscbe herüberEuaehmeD. So
werde icb aacb im folgenden statt RHgnvaldr, VidfSnül n. ». vi. dio Formen BQgnvald,
Vidfönil a. 1. n. rerwenden.
DIR QUELLEN DER mAgUSSAGA.
275
dritte Theil aus mindostena fünf ErzShlungen, von denen jede fUr sich
die Aufmerksamkeit spannt und befriedigt. Im ersten und ZTreiten
Thcilo bleiben ferner die handelnden Personen bis zum Schluße die-
selben, wogegen im dritten Theile, der uns das Geschlecht seiner
Helden durch neun Generationen kennen lehrt, der Reihe nach Lais,
sein Enkel Hr61f, sein Sohn Vilhjalm, sein Enkel Geirard und sein
Urenkel Vilbjalm in den Vordergrund treten.
Da die Ausgabe der Saga so selten ist, wird eine kurze Wieder-
gabe ihres Inhaltes hier am Platze sein, an welche sich zudem meine
Bemerkungen leichter ansehließen lassen*),
I (Cap. 1 — 12.) Hlödver ist König von Saxland und wohnt in
Verminzuborg. Er ist KarlamagnÜB Enkel. Sein Vater ist Hlö<tver;
seine Brüder sind Lotharius, Karulus, Pippin. Eines Tages fragt er
seinen Rathgeber Sigurd, ob wohl ein König auf Erden ihm an Macht
gleichkomme. Sigurd sagt: 'So lange dir Weib und Kind fehlt, ist
deine Macht noch nicht vollkommen (1) und macht ihn auf Ermenga,
die Tochter König Hdgons von Miklagard**), aufmerksam. Sigurd geht
als Brautwerber hin und bringt zusagende Antwort. Dann kömmt
Hlödver selbst die Braut zu holen (2), Hügon zeigt große Pracht (3).
Ermenga schminkt sich mit Kalkwasser bleich, ehe sie in den Saal
tritt. Dann bringt sie Klödver einen gebrateneu Hahn und bittet ihn
den Hahn zwischen ihr und ihm, ihrem Vater und ihren beiden Brü-
dern (Hrölf und Hälfdan) zu theilen. Hlödver, der sich anfangs über
die Zumuthung beleidigt fühlt, weist dann dem Vater, der allor Haupt
ist, den Kopf, den Brüdern, die im Begriffe sind, flügge zu werden,
die Flügel, die Ftisse und Beine ihr, welche die Stütze des Vaters
und der Brüder sein soll, die Brust sich selber zu, der aller Brust
und Panzer ist. Hlödver EUhrt mit ihr in sein Land, bleibt aber der
Kränkung eingedenk (4 ).
Ein dänisches Heer belagert Treviris. Der König zieht zu Felde.
Ehe er abreist, stellt er seiner Frau aus Rache für die Kränkung, die
er erlitten zu haben glaubt, drei Aufgaben, welche bis zum Ende des
Feldzuges, d. h. nach drei Jahren, gelöst sein sollen: Ermenga soll
eine Halle bauen, die an Pracht der Halle ihres Vaters gleichkömmt;
sie soll drei Gegenstände beschaffen, so kostbar als die, welche Hlöd-
ver besitzt, Hengst, Schwert, Habicht; sie soll ihm einen Sohn zeigen,
*) Herr Or. KOlbmg ia Breslau hatte die Freundlichkeit n
AoBgibe EU leibeD, wofttr ich ihm liiei hcralioben Dauk lage!
**) =: CoDfltBntinopel.
lein Exemplar der
276 SITCHIER
dessen rechter Vater er, dessen rechte Matter sie ist (5). Sie beginnt
zunilchst den Saalbau. Dann übergibt sie Sigunt die Regienmg von
Saxland und reist nach Miklagard (6). Nachdem sie Männerrüstong
angelegt hat, bricht sie mit sechzig Rittern nach Treviris auf, welches
sich im Besitze der Dänen befindet. Sie gibt sich für den Jarl Iring
von Alimannia (nach andern Handschriften Hirting von Alimannia oder
Albania) aus (7) und tritt in das Heer des dänischen Königs ein. Nun
muß ihr Bruder Hrölf Hlödver erzählen, in dessen Lager er weilt, er
habe ein schönes Mädchen aus einem Thurm der Burg herausschauen
sehen. Der König reitet hin, erblickt Ermenga, ohne sie zu kennen,
und redet sie an. Sie sagt, sie sei Jarl Irings Kriegsgefangene, eine
Königstochter aus der Burg Sobrie in Frigia, und bittet ihn dringend,
ihr zur Freiheit zu verhelfen. Hlödver lässt Iring rufen, und dieser
ist bereit, ihm die Gefangene abzutreten, wenn er sich daftlr drei
Kleinode ausbitten darf. Hlödver geht den Handel ein und muß Hengst,
Schwert und Habicht herausgeben (8). Dann legt sie die Verkleidung
ab, legt Frauenkleider an und lässt sich von Hrölf zum Könige fbhren.
Dieser behält sie in der Meinung, es sei die Phrygische Königstochter,
drei Nächte bei sich, und so gelingt es ihr die Lösung der dritten und
schwersten Aufgabe zu ermöglichen. Heimlich eignet sie sich dabei
den Ring des Königs an (9). Dann entkommt sie mit Hrölfs Hülfe
nach Saxland (10) und gebiert einen Sohn, der Karl genannt wird (11).
Nun folgt die Einnahme von Treviris, die Rückkehr des Königs. Alles
weitere versteht sich von selbst (12).
n (Cap. 13—46, 48—57, 61—62). Hlödver regiert noch über
Saxland. Amund ist Jarl von Buslaraborg. Er hat vier Söhne: Vig-
vard, Rögnvald, Markvard, Adalvard und eine Tochter Matthild. Die
Söhne sind 18, 15, 12, 9, die Tochter ist 14 Winter alt Des Königs
Rathgeber ist Ulf, der Rögnvald freundlich gesinnt ist Beide, Rögnvald
und Ulf, sind bei der Königin gut angeschrieben. Des Königs Sohn
Karl wird mit Erling und Erlend, den Söhnen des reichen, aber ver-
hassten Jjurls Ubbi, in Spiransborg erzogen (13). Matthild wird die
Gattin des zauberkundigen Jarls Mägus*) von Strausberg**) (14).
Auf des Königs Wunsch soll in Verminzuborg sich Rögnvald mit
ihm im Brettspiel messen (15). Der König setzt drei Ringe ein und
will, daß von Rögnvalds Seiten dessen Kopf als Einsatz gelte. Der
Königin, die filr ihn zu bitten wagt, wird die Antwort: ^Ich weiß seit
*) Nach einei Anmerkimg Ama Magniissons, die Gtmnlaug ])6r^araon mittheUt,
lautet der Name in den Handschriften auch Mdfiis oder Mdits.
♦♦) = Straßburg?
DIE QUELLEN DER MAGUSSAGA.
277
lauge, daß er dir lieber ist als icli: scliou deßhalb sollte er den Kopf
einbüßen.' Der König verliert drei Spiple nach einander. Ergrimmt
steckt er das Spiel in den Beutel und scbtägt Rögnvald damit ins
Gesicht. Da eilt Vigvard herzu und tödtet den König mit einem Axt-
hieb. Die Brüder entfliehen in des Vaters Haus. Karl (18 Jahre alt)
wird Kaiser (16).
Amund fllhrt die Söhne in den Wald. Er würde meineidig, wollte
er des Könige Feinden mit Rath behulflich sein. Daher beschreibt er,
mit vier Eichenstämmen redend, ein Versteck, in das sieh die Söhne
begeben. Drei Winter wohnen sie hier (17). Vergebens suchen Karl
und Ubbi die Brüder bei Amund (18). Der Zufall will, daß ein Mann,
Namens Aki, mit seiner Frau Helga, die ihm Grund zur Eifersucht
gegeben, sich im Walde niederlässt, nicht weit vom Verstecke der
Ämuudssöhne (19). Nun stirbt Amund. Ulf bekömmt Buslaraborg zu
Lehen (20). Als die Brüder beginnen Noth zu leiden, schicken sie
Bögnvald auf seinem treSlichen Rosse Flugar zu M^us. Dieser hat
seinen Schwägern bei Stransborg eine Feste erbauen lassen (ül). Nun
verräth Aki dem Könige das Versteck der Brüder. Der Kaiser reitet
zu ihrer Verfolgung aus und triSl sie auf dem Wege nach Stransborg
an. Im Kampfe wird Adalvard gefangen, die anderen entkommen zu
Mdguß (22).
MAguB macht sich auf, den Schwager zu befreien (23). Sein
Mantel ist mit klirrenden Muscheln und Humraerklauen besetzt. Dem ■
Skeljakarl, dessen Aufzug der ganze Hof bewundert, reicht der König
selber Speise und Trank (24) und lauscht den MRren, die der Fremde
von Hr<jlf Kraki, von Harald Hilditönn berichtet. Dem König Agillan-
dus und Jämuud, seinem Sohne, hatte er ihren Fall vorausgesagt. Als
Rollant durch Verrath fiel, war er an Karlamagnüa Hof gewesen (25).
Dann wahrsagt Skeljakarl den KoSeuten und schmäht dabei auf
Ubbi (26). Zuletzt zaubert er aus der Wand einen Wasserstrom hervor,
der den Saal überschwemmt. Alles entflieht (27), zuletzt der König,
der schlafen geht (28). M^us befreit dann Aäslvard aus dem GefUng-
niaa und kehrt mit ihm nach Stransborg zurück (29).
Ubbi erfährt, daß Mägus ein Hom besitzt, auf dessen Klang die
AmundsBöhno ihr Schloß verlassen, um ihm zu Hülfe zu eilen (30).
Ubbi lässt ein gleiches Hom anfertigen (31), rückt vor das Schloß
und bläst darauf. Vigvard und Markvard lassen sich täuschen, eilen
hinaus und stoßen auf Ubbis Krieger. M&rkvard fUllt den Feinden in
die Hände (32), Da eilt Rögnvald in den Kampf and nimmt Erlend
gefangen (33).
278^ SUCHIER
Auf MatthUde Bitten (34) zieht Mi-lgus aufs neue an den Hof, dieÜ-
mal als uralter riesengroßer Mann, Namens Vidiorul (35). Er erzählt dem
König von den Helden der Pidrekssaga, die er gekannt hatte; von
Erraenrek (36), Gunnar, Högni (37), J)idrek (38), Vidga u. a. und vei-
epricht sogar, die Helden dem König vorzuBthren (39). Doch muß er
sich zuvor verjüngen, da seine Zeit gekommen ist, wie Bchon zweimal
im Leben (40) Dann errichtet er im Freien fUuf Säulen, darüber einen
Glashimmel. Die Helden erscheinen; zuletzt die vier Riesen des Osanc-
trix, vor welchen alles entflieht. Im Tumulte wird der Gefangene
Uarkvard zurUckgelaBsen (41) und geht mit Magus nach Stransborg (42).
Drei Winter vergehen in Ruhe. Da erkrankt Mägus; der König
schickt Ulf ao des Sterbenden Lager (43). Nun hören wir vom König
Eystein von Dänemark, den zwei berserkir, Gjrdi und Atli, belästigen.
H^lfliti-mann, der äine Seite seines Gesichtes mit rother Salbe entstellt
hat (44), tödtet den einen, die Dänen den andern. Dann fährt er nach
Saxland (45). Unterwegs schließen sich ihm Tosti und Ligimar mit
ihren Schiffen an (46). Hlödver macht den Hälfliti-mann zum Jarl von
Baslaraborg. Als Rögnvald kommt, um mit ihm zu kämpfen, erkennt
er in ihm den Schwager Mdgus (48). Den andern Tag wird Rögnvald
von des Königs Mannen umstellt, entk'iramt aber auf Flugar und gibt
Framar, Ubbis Neffen, seine Waffen, Erlend hält daher diesen ftlr
Rögnvald und tödtet ihn, legt selbst die Waffen an und fällt in Folge
der gleichen Verwechslung von Ubbis Hand.
Nun läast Mägus vor dem Kaiser Haufen feindlicher Krieger er-
scheinen, wirft flieh aber, als dieser sich zum Kampf bereitet, ihm zu
Füßen und bittet um Frieden und Straflosigkeit ftar die Ämunds-
kinder. Ulf, der an Mägus Sterbelager gewesen war, hatte sieh täuschen
lassen; MAgus lebt. Der König bewilligt alles (49). Rögnvald heirathet
Karls Mutter Ermenga und bekömmt Buslaraborg, Klarkvard Spirans-
borg; Adalvard wird des Kaisers Rath. Ubbi wird verbrannt. Vigvard
gewinnt mit der Hand von Eysteins Tochter Helga Dänemark (50).
Nun wird der Angriff zurückgeschlagen, den von Ubbi aufge-
Btachelt Hrölf und Edlfdan, Ermengas Brüder, unternehmen (51 — 55).
Ubbi wird gefangen und von Pferden todt geschleift (56). Kaiser KafI
heirathet Konatantia, die Tochter des Königs Konrids von Frankreich,
der in Reimsborg wohnt, und wird dessen Nachfolger. Rögnvald be-
kommt Verminzuborg, Mägus Paris (57). Nach zwanzig Jahren folgt
ein siegreicher Krieg gegen König Osanctrix von Gallicia (61), in
welchem die Amundssöhne fallen, außer Rögnrald, der an einer Krank-
DIE QUELLEN DEK MAGUSSAGA. 279
heit stirbt und einen Sohn Hlödver hinterlässt, welcher bald nach ihm
gestorben ist. Magna Sohn heißt Hiivard, Karls Tochter Elinborg (62).
III. 1 (Cap. 47, 58—60, 63). Heinrek ist König von England,
Ädalräde Sobn, VUhjalras Enkel, Er hat einen Sohn Lais, was wir
Lo^urr nennen •), und eine Tochter Pora, Der Sohn wird in Frankreich
vom Bischof Trajanus erzogen. Nach filuf Wintern kehrt er zn seinem
Vater zuritck. Da er den Hirten Björn erschlägt, verbannt ihn der
Vater aus England. Auf den Wik ings fahrte n , die Laia nunmehr mit
des Bischofs SehifTen unternimmt, hat er zunächst Unglück, bis er
dem Juden Barus begegnet, der ihm einen dem Besitzer Reichthum
verschaffenden Wunderstein F^g»fa gibt (47). Nach Verabredung sucht
Lais den Barus wieder auf und fährt mit ihm zu Schiffe nach emem
frischen Grabe. Lais muß die Leiche herausgraben, ihr die Eingeweide
herausnebmeo, und dann seinen Kopf unter den Brustknochen haltend
Barusens Fragen beantworten. 'Wie lange wird dein Vater leben?
— '19 Winter'. — 'Und töra deine Schwester'? — '10". — 'Trajanus'?
~'27'. — 'Du selbst'? —'5'. — 'Und ich'? —'Nicht bis Morgen'. In der
That bricht Barus unmittelbar darauf den Hals; Lais begrabt ihn und
segelt nach Dänemark zu dem Ämundssobne Vigvard, der jetzt Val-
dimar heißt (58).
Während Laieens Abwesenheit hat Trajanus filr ihn um die Hand
der FIdrentIa, der Tochter des Jarla Sergius von Schottland, angehalten.
Lais erzengt mit ihr den Vilhjalm, den Mägus erzieht (59). Lais filhrt
mit Flörentia nach Dänemark, trifft daselbst den Norweger Ingjald
aus Skugga und verabredet mit ihm auf ihren Wikingsfahrteu gemein-
same Sache zu machen. Sie gewinnen Reichthtimer und fahren den
vierten Sommer nach Rüduland, yro Harald und Töki berrschen. Im
Kampfe mit ihnen &llt Lais. FI6rentia stirbt bald, nachdem sie ihm
eine Tochter ri^ra geboren. Diese wird Ingjalds Gattin und Mutter des
Hrölf Sfluggafia (60).
Hr61f wird von Kan£eaten nach England mitgenommen, kauft
dort ein geraubtes Mädchen und lebt mit ihr den Winter auf
Burg. Eines Tages wird das Mädchen von ihm vermisst (63).
2 (Cap. 64 — 65). Auf einmal gibt sich der Burgherr als Laisena
Sohn Vilhjalm, Hrölfs Oheim mütterlicher Seils, au erkennen und fordert
Hröif auf, mit ihm nach Valland zu fahren. Sie wollen sich für die
Brüder Kaupabriii und Helgi ausgeben. Sie fahren hin. König Hring
*) Hsn lallta eher Mdr erwarten ; doch vergliicbe n
Tilis. BjBm Ualdonen.
1
nimmt sie auf und wird von ihnen in seiner Halle, die er dazu ber-
leiht, drei Tage lang bewirthet. Den erttten Tag ist die Halle ärmlich,
den zweiten fllrstlicb, den dritten mit wahrhaft königlicher Pracht aus-
gestattet. Als der König und seine Begleiter entschlafen sind, bereitet
Villijalm Hrölf eine große Überraschung, indem er ihm das ver-
schwundene Mädchen wiedergibt. Er schickt HroIf mit ihr, die nun Sigrid,
die Tochter König Hrings von Valland, genannt wird, nach England.
Vilhjalm geht in Bettlertracbt zu Jarl Ulf nach Marsü, wohin auch
Hrings Sohn Sigurd gekommen war. Als König Hring erwacht, ist
Kaupabröi verschwunden. Jetzt glaubt er Vilhjalm und Hrolf in den
Kau&euten zu erkennen (64). Während sich in Marsil Ulf und Sigurd
mit dem Bettler unterhalten, erlöschen plötzlich alle Lichter und der
Bettler ist verschwunden. Sigurd heißt die ThUren der Burg schließen,
aber der Bettler erschlagt den Wächter Hermüd, wechselt mit ihm
die Kleider und berichtet dann Sigurd, der ihn flir Hermöd hält, er
habe den Bettler getödtet. Nun geht Sigurd heim und will sich gegen
Hrölf rüsten. Zuvor jedoch beräth er sich mit Hermöd. Dieser gibt
sich plötzlich als Vilhjalm zu erkennen und inift durch einen Stoll ins
Hom Beine Krieger herbei. Von den beiden Möglichkeiten, die er
Sigurd läast: zu kämpfen oder das Königreich abzutreten und Vilbjalms
Jarl zu werden, wählt Sigurd die letztere. Dann geht man in die Halle,
wo Hring Vilhjalm den Königstitel, Sigurd aber die JarlswUrde ver-
leiht. Hrölf wird König von England (65).
3 (Cap. 6U— 68). In Smälönd herrschen Rodulgeir und Galifrey,
zwei Brüder. Er (welcher von beiden?) hat zwei Söhne Frankus und
Niceta, Kodulgeir hat eine schöne Tochter Oktavia. Vilhjalm will um
ihre Hand anhalten, und Sigurd soll Brautwerber sein. Sigurd bringt
von Rodulgeir abschlägige Antwort zurttck. Üktavfa gibt ihm ihr Bild-
nisB mit, auf welchem sie mit halb abgewandtem Gesichte dargestellt ist.
Daran erkennt Vilhjalm, sie schlägt ihn nicht aus, wagt aber nicht
dem Willen des Vaters entgegen zu handeln (66),
Vilhjalm belagert nun mit Hrölf Rodulgeir» Hauptstadt. In Bettler-
tracht begibt er sich hinein. Oktavia droht dem Bettler, die Kühnheit
sich in die Burg zu wagen könne ihn leicht das Lehen kosten. Der
Bettler entgegnet, wenn sie ihn vertreibe, könne es ihr selbst thener
zu stehen kommen. Vilhjalm Laisson, der berühmt sei in WaSenthaten,
werde ihr keinen Dank dafür wissen, Sie erlaubt ihm, sich auf dea
Fußboden ihres Zimmers niederzulegen, und als sie entschlafea ist,
enteilt er mit den Burgschlüxseln. Erwacht bemerkt sie das Fehlen der
Schlüssel und läsat die ThUreu mit neuen verschiicßen.
DrE QUELLEN DEB MAGUSSAGA. 281
Villijalm setzt die Belagerung fort. Eines Tages sieht er Batun-
Btäinme oberhalb der Stadt den FluÜ hernbäieÜen , die er auffangen
läast und mit Speisen und Getränken gefüllt findet (67). Vilhjalm steckt
sich und eeine Kriefcer hinein und flberftült so die Stadt. Rodulgeir
wird gezwungen, Vilhjalm seine Tochter zu geben.
In Valland gebiert sie ihm einen Sohn, der Lais getauft (akirdr),
aber mit Ro^ulgeirs Geschlechtsnamen Geirard confirraiert {fermdr)
wird. Als Rodulgeir stirbt, setzt er Geirarä zum Erben von SmdlSnd
ein (68).
4 (Cap. 69—75). Nach Karls Tode folgt ihm Elinborg auf dem
Throne und wird von Milgus Sohne HÄvarä in der Regierung unter-
Bttltzt (69). Geirard bewirbt eich um Eünborgs Hand und bekömmt
abschlägigen Bescheid. Er entgegnet: 'Die Zeit ist nicht ferne, wo du
dieses Wort ungesagt wünschen wirst, und wo du mir dasselbe An-
gebot stellen wirst als ich dir jetzt' und kehrt nach Snullönd zurUck.
Elinborg aber bereut bald die Antwort, die sie Geirarfl gegeben (70).
Der heidnische König Priams von Afrika und Serkland kommt
mit großem Heere nach Frakkland. Die tapfersten Helden seines
Heeres sind Baldvini der starke und Baldvini der berühmte. Blan-
kandln heißt des Königs Fahnenträger, Osvip der des starken, Kabin
der des berühmten Baldvini. Zehn Meilen von Reimsborg, wo die
Königin wohnt, macht er Halt und schickt Baldvini zu ihr. Will sie
nn P6r und Odin glauben, so ist Priams gewillt sie zu heiratben and
Frakkland zu regieren. Will sie nicht, so nimmt er ihr das Reich mit
Gewalt ab imd gibt sie selbst den Knechten Preis. Die Königin ent-
gegnet, sie bilte um zwei Monat Bedenkzeit (71).
AJb die Königin mit ihren Mannen Rath hält, erklären alle ein-
stimmig: 'Wolltet ihr Geirard zum Gatten nehmen, so brauchtet ihr
PrJams nicht zu fürchten.' Daher soll HAvard zu Geirard gehen und
ihn um seine Hülfe bitten. Die Königin gibt ihm drei Briefe. Sagt
Geirard auf den ersten nicht zu, so soll Havard ihm den zweiten über-
reichen^ wirkt auch dieser nicht, den dritten mit ihres Vaters Siegel-
ring. Hivard reitet nach Srndlönd. Den ersten Brief, den er vorzeigt,
lllBst Geirard einfach verbrennen. Den andern Tag überreicht Hävard
den zweiten Brief und erzählt, Priams sei mit Heeresmacht in Frank-
reich eingefallen. Geirard thut, als höre er nichts und reitet in den
Wald. Da endlich tritt Hdvard vor ihn hin mit den Worten: 'Die
Königin will ihr Reich in deine Gewalt geben, wofern du sie von
Priams befreist' und übergibt ihm zur Bestätigung den Brief mit dcB
L
Kaisers Siegelring. GeJrartt liest den Brief und schickt Hävsrd mit
dem Versprechen seiner Hülfe heim (72).
Geirarä reitet mit seinen Knappen Frankus nnd Niceta nach
Reimsborg. Sie Übernachten dort, ohne daÜ sie sieb zu erkennen geben.
Am andern Tage beginnt die Schlacht; sie dauert vier Tage. Am
zweiten schickt Priame den starken Baldvini Geirard entgegen; er
fällt von Geirards Hand. Am Morgen des dritten bemerkt Geirards
Wirtin an seinem Finger des Kaisers King und berichtet dieses der
Königin. Baldvini der berühmte kämpfit mit Geirard und theilt das
Schicksal seines Bnidera (73). Am vierten Tage ordnet Geirard die
Franzosen vom Fchmal und hinten breit, vras man avinfylkf nennt.
Als Priams Geirard erblickt, ruft er aus: 'Bei Mnümet, nie sah ich
einen so schönen Mann! Zwar hast du meine Brüder erschlagen, aber
wenn du mir dienen willst, will ich dir Frakkland und Eünborg geben.
Dann wollen wir beide den Jarl Geirard ersehlagen.' Geirard ver-
schmäht das Anerbieten, und Priams reitet auf seinem Elefanten auf
ihn zu. Sie kämpfen. Priams fKlIl. Der Sieg ist entschieden. Vilhjalm
und Galifrey erscheinen auf dem Schlachtfelde (74). Die Heiden er-
geben sich, die Christen ziehen feierlich in Reimsborg ein. Geirard
wird König von Frakkland und Eünborgs Gemahl. Vilhjalm tritt ihm
auch die Regierung von Valland ab und geht ins Kloster (75).
Aus dem 76. Capitel erfalu^n wir, daß Geirard und Elinborg
sieben Söhne haben: Vilhjalm, Karl, Laia, Konstantinus, Rodulgeir,
Rögnvald, Mägus.
5 (Cap. 76—78). Bevor die Königin diese Söhne gebiert, trSomt
ihr, sie verzehre Apfel, der König gebe ihr aus einem Brunnen zu
trinken, und sieben Feuerbrände gehen aus ihrem Munde ; sechs fallen
in ihrem Erbland nieder; der siebente fliegt in weile Feme. Der König
deutet den Traum auf sieben Söhne, deren einer in ein fernes Land
fahren wird. Die Söhne werden geboren und wachsen auf. Mit Vil-
hjalm, der unbändig ist und alles Geld verbringt, Athrt Geirard nach
Griechenland (76).
Kaiser Kirialax hat mit seiner Gattin Maxenda eine schöne
Tochter Margareta. Auf Pfingsten hält er ein grolies Fest, wo nach
seinem Gebote niemand das erste Gericht, wenn es ein Lachs ist, um-
wenden, das Messer laut auf den Tisch legen, noch so laut reden darf,
daß man es durch das Zimmer hört. Der Zuwiderhandelnde soll die
Erfüllung dreier Bitten beanspruchen dürfen, aber nach der siebenten
Nacht der Todesstrafe verfallen. Vilhjalm verletzt die drei Gebote mit
Eclat und soll seine drei letzten Biticn üuUem (77). Er will die letztea
DIE QUELLEN DEB MÄGU8SAGA. 283
sieben Nächte König Bein, die Eaiserstochter Margarets sogleich hei-
rathen, die oberste Gerichtsbarkeit f^ das ganze Land ausüben. Der
Kaiser muß darauf eingehen, und als Vilhjalm im })ing einen nach
dem andern fragt: 'Sahst du mich den Lachs wenden oder hörtest
mich das Meeacr hinwerfen oder laut reden'? will es keiner, selbst
der Kaiser nicht, bemerkt haben. Im Gegeutheile gibt dieser zu, daU
Vilhjalm die Regierung behält und gekrönt wird.
Als Creirard stirbt, folgt ihm sein Sohn Konstantinus , und von
dessen Sähneu gibt es viele Sngea, die hier nicht geschrieben sind.
Elinborg geht ins Kloster. Villijalm hat mit Margarets einen Sohn
Karl und eine Tochter Konstantia (78).
Das 79. und letzte Capilel gibt verschiedene Ereignisse der is-
ländischen Geschichte an, welche in die Jahre 900 — 933 fallen und
als gleichzeitig bezeichnet werden mit dem, was in der Saga erzählt
ist. Aus weitern Angaben ergibt sich, daß der Compilator den Kaiser
der Milgussaga mit Karl dem Eini^tigen identificierte. (Vgl. Wulff
S. 4-5.)
Wenn wir uns nun nach den Quellen dieser Corapilation um-
' sehen, so kommen wir zunächst an die Einleitung des ersten Theiles,
Hlödvers Reise nach Constautinopel. Die Angaben über Hlödver zeigen,
daß Ludwig der Deutsche gemeint ist. Seine Brantfahrt erinnert an
die in dem bekannten altfranzösischen Gedichte dargestellte Reise Karls
des Großen nach Jerusalem und Constantinopel. Freilich ist von der
Reise nach Jerusalem, dem unzweifelhaft ältesten Theile des französi-
schen Gedichtes, keine Rede; Hlödver reist nach Miklagard direct
über Greta und Cjpern. Mit dem Französischen stimmt außer dem
Namen des Königs Hugo und dem Umstände, daß er zwei Söhne und
eine Tochter hat, nur die Motivierung der Fahrt überein. Auch dort
fragt Karl, ob wohl auf Erden ein Mensch sei, dem Schwert und Krone
so wohl anstehe als ihm, worauf die Gattin antwortet: 'König Hugo
von Constantinüpel'. Alles Übrige weicht vollständig ab.
Daß die List, mit welcher Ermenga ihres Gatten Liebe wieder zu
gewinnen weiß, auch in der Fabel von Shaksperes Ende gut AlUt gut
wiederkehrt, ist schon von Wulff hervorgehoben*). Kölbing (Riddara-
1
■
I
*) leb verweiia noch auf Gräise, S&genkreiie 377. Dunlop-Liebrecht
239. *39. Simrock, Quellen de« Shakspere 3, 2«. Ferdinand Wolf. Über eine Sainm-
luag spnniBcber BomNuzen in fliegenden Blättern S. 42 — 14. Les fsc^tieuaea nnlts de
StraparoU tradnitea par Jean Loa*esn et Pierre de Larivey. T. I. PaKs. Jannet 1867.
Pr^faoe sn 7, I, wo Shnlicbe Stoffe nacbgowieien tind. Landau, Quellen desDeca-
merone 8. 60.
284 SLXHrtK
sögur S. 218) hat auf die CbereinatimnuiDg dieser Erzählung mit einem
Theile der MirmaDSsaga aufmerksam gemacht.
Der zweite Tbeil erziihlt die Geschichte der vier Haimons-
kinder. Nach Sachsen sind auch hier die Ereignisse verlegt. Nach
Hlödvers Tode folgt gleich zu Anfang der Geschichte sein Sohn Karl,
alao Karl der Dicke, während er im 79. Capitel ftlr Karl den Einftlltigen
gehalten wird. Im FraazOsischen empören sich die Haimonskinder
gegen Karl den Großen. Mit den erhaltenen französischen Gedichten
zeigt dieser Theil der Saga die vorhultnissmäßig größte Ühercin-
elimmung. Der Eingang von Beuve d'Aigremont fehlt. Im übrigen
finden sich alle Hauptsachen wieder: die Schachscene, das Leben im
Walde, der Kampf um die Burg, die zweimalige Reise Mägus an Karls
Hof zur Befreiung der Schwäger (im Französischen ist Maugis das
zweite Mal seihst der Gefangene). In allen Einzelheiten sind die Ab-
weichungen freihch bedeutend. Von Magus (so ist der Name Mmigi*
latinieiert und verBtändllch gemacht) hat die ganze Compilation ihren
Kamen bezogen. Docii ist die im Französischen Maufjis genannte
Chanson (der niederländische oder deutsche Malawis) nicht henutzt
worden. Der Friede mit dem König macht den natürlichen SchluU
(Cap. 50). Alles was folgt (Cap. 51—57. 61—62) ist offenbar Machwerk
der Compilatoren.
Auch das niederlfindiachc Volksbuch von den Haimonskin dem
(analysiert von Gödeke, Deutache Dichtung im Mittelalter S. 705>
weicht von der französischen Darstellung oft weit ab, doch lange nicht
soweit als die nordische Fassung. Letztere entfernt sich fast Überall
ebensoweit von jenem als von dieser. Doch stimmt sie in der That
in einigen Punkten mit dem Niederländischen (iberein, Heinrek, VU-
hjalms Großvater, wird RögnTalde Oheim mütterlicher Seits genannt
(Cap. 61). Ahnlich nennt Hugo von Dordoen im niederländischen Texte
den Grafen Aymyn von Dordoen seinen Mutterbruder und den Aymeryn
von Narboen seinen Oheim. — Im Französischen findet sich nichts
davon. — Im Isländischen schlägt Vigvard dem regierenden Könige
Hlödver das Haupt ab, als dieser Rögavald mit dem Brettspiel schlug.
Im Niedertändischen tödtet Reinout den König Lodewyk, weil er
Adelaert mit dem Spielbrett geschlagen. Im Französischen findet erst
Karls Sohn Lohier durch Beuve d'Aigremont, dann Karls Neffe Ber
tolai durch Renaut, der ihn mit dem Schachspiele trifft, seinen Tod.
Diese Übereinstimmungen sind gewiß beachtenswerth , zumal die
letztere, die wir nicht für zufallig hatten können. Der Beweis, daß die
Mägussaga aus der niederländischen und nicht aus der tranzösiscben
DIE QUELLEN DER MAGU8SAGA. 285
Darstellung geflossen sei, ist damit freilich nicht geAihrt, um so weniger,
als einige französische Gedichte unserer Sage erst theilweise heraus-
gegeben sind. Übrigens scheint die niederländische Darstellung in der
EiDgangsscene wie auch in andern Zügen die französische; die Miche-
lant und Bekker (im Fierabras) bekannt machten, an Alterthtlmlich-
keit zu übertreffen.
Aus einem andern Grunde glaubte Wulff S. 12 schließen zu dürfen,
der Inhalt der beiden ersten Sagen wäre nicht direct, sondern erst
durch deutsche Vermittlung nach Island gekommen. Dieser Grund ist,
daß statt Frankreich und S. Denis oder Paris vielmehr Sachsen und
Worms, die Hauptstadt von Sachsen, den Schauplatz dieser Sagen bilden.
Möglich ist das gewiß ; aber ebenso wohl konnten in der Überlieferung
die Namen der französischen Localitäten vergessen oder entstellt worden
und deßhalb von einem Erzähler oder dem Compilator, dem die Namen
der t^idrekssaga so geläufig sind, durch das in der I^idrekssaga oft ge-
nannte Worms und Sachsen ersetzt werden. Daß sich nach der franzö-
sischen Darstellung der Schluß des Kampfes um Tremoigne (Dort-
mund) bewegt und hier der Friede geschlossen wird, konnte schon
den Anlaß zu dieser Übertragung gegeben haben.
Übrigens scheint es auch in Deutschland einheimische Sagen auf
die Haimonskinder gegeben zu haben. Ich folgere dieß aus den An-
gaben des niederländischen Volksbuchs über die Person des Adelaert.
Ich kann die Angaben nur aus Gödekes Analyse des Volksbuchs
entnehmen (Deutsche Dichtung im Mittelalter 705, 706). Karl belehnt
die vier Brüder: Ritsaert mit Spanien, Writsaert mit dem besten Lehen
zwischen Loewen und Paris, Reinout mit Angers, Artois und Boulogne,
Adelaert, der zum Truchsess geordnet wird, mit Apulien. Dann heißt
es am Schluße des Volksbuchs: Reinouts Brüder seien in Neapd be-
graben.
In dem niederrheinischen Auszuge aus dem Volksbuche, welchen
Reifferscheid in der Zeitschrift für deutsche Philologie V, 274 abdruckte,
findet sich nichts entsprechendes. Dagegen stimmt zum Volksbuche
die hochdeutsche Übertragung des niederländischen Gedichts, welches
die Quelle des Volksbuches bildete und nur in Bruchstücken erhalten
ist. Herr Prof. Ettmüller stellte mir gütigst eine Abschrift der Heidel-
berger Handschrift 340, welche diese Übersetzimg enthält, zur Ver-
fügung. Hier finden sich folgende Stellen über Adelharts Beziehungen
zu Apulien:
1, S. 41 (V. 1353-6), wo Karl sagt:
286 8UCHIEB
'Adelhart stolczer wygant.
Ich geben nch Polgen das riche lant
Darüber zu bliben ummermer
Marggraff und herr*.
2, S. 387 (V. 13083—5), wo Adelhart sagt:
TEe wir Beyart verloren,
£e selten wir faren in Tabren,
In Polegen und in Calabren'.
3, S. 454 am Schluße, wo es nach Reynolts Begräbniss heißt:
Reynolt fär wider allzuhant.
Das sy uch allen wol bekant.
Mit sinen brudem in die hagedocht.
Ich sagen uch auch wer des geröcht,
Das er den herren wollte sehen.
Zu Napels mocht es jm beschehen.
Die letztere Stelle gibt auch Mone im Anzeiger für Kunde des
deutschen Mittelalters 6, 200 nach der Heidelberger Handschnft 399
und bemerkt dazu: 'Daß der Leichnam Reinolds zu Dortmund ver-
schwand und er mit seinen Brüdern und dem Malagis geisterhaft in
Neapel fortlebte, scheint einestheils eine Nachwirkung der Zaubersage
des Malagis, andemtheils eine Anknüpiung an die Zauberer Klingsor
und Virgilius zu Neapel. Ob und wie aber dieser Zug mit dem eigent-
lichen Inhalt der Reinoldssage zusammenhänge, das weiß ich vor der
Hand nicht zu erklären/
In der That bleiben Adelharts Beziehungen zu Apulien in Dunkel
gehüllt. Daß er sich wirklich nach der Versöhnung mit dem Kaiser
nach Apulien begeben hat, können wir nur daraus entnehmen, daß
seiner Person fortan mit keiner Silbe gedacht wird. Einiges Licht, wenn
auch nur einen schwachen Schimmer, verbreitet über diesen Punkt
eine Stelle der Kaiserchronik. Es ist höchst aufiallend, daß auch die
Kaiserchronik in ihrem sagenhaften Berichte von Karl dem Großen
einen Ftlrsten Addhart von Apulien nennt, der auf Befehl des Kaisers,
gegen den er sich empört hat, enthauptet wird. Die Stelle lautet
(V. 14843 ff.):
D6 er ze Röme gevestende sine phahte
unde er alle reht betrahte
umbe eigen unde umbe I^hen,
umbe man unde umbe harren,
do karte er zuo Appuliä.
ein vurste was da.
DTE QUELLEN DER MAGUS8AGA.
287
peheizen was er Ädelharl,
ein gotia widerwart,
durch des richea not
der vurste wart gchoubetdt.
die ßtne wurden gevaDgen.
der keiser karte dannen.
Karl zieht darauf nach Pavia (Sisinniä),
Beiläufig bemerke ich, daß Maßmann in diesem Adelhart den
historischen Adalhard Aht von Corbie vermuthet, daß mit dem letztem
aber auch Michelant Aalart den Haimonssobn identificiert. Auf jeden
Fall seheint mir die Identität zwischen dem Adelhai-t der Kaiserchionik
und Adelhart dem HaimonsBohne unbestreitbar.
Nun aber entsteht die Frage, deren Beantwortung von großem
Interesse wäre: 'Ist die Quelle des niederländischen Volksbuches nur
eine ß-anzOeische Chanson, auf die es offenbar seinem Gesammtinhalte
nach zurückgeht, oder benutzte es ftlr die erwähnten Angaben deutsche
Sagen, dieselben, die schon vor der Mitte des 12. Jahrhunderts dem
Compüator der Kaiserchronik bekannt waren? In dem französischen
von Michelant (in der Bibl. des Stuttg. lit, V. 1862) herausgegebenen
Texte finde ich nichts Über Aalarts Beziehung zu Apuhen. Leider sind
die beiden andern Reeensionen ron Hippeau (Arch. des missions
V. 1856. 157) und Bekker (vor dem Fierabras), zumal die erstere nur
io spärlichen Auszügen bekannt gemacht. Ist sie deutsch, so dürfen
wir die Sage von Adelhart von Apulien mit der von 'Karl und Elegast
zusammenhalten, deren Vorhandensein in ursprünglich deutscher Fassung
Bartsch in der Qermania (IX, 224 ff.) wahrscheinlich gemacht hat.
Ich komme zu den fUnf Abschnitten des dritten Theils der
Mdgus-Saga.
Die Quellen des ersten und fünften dieser Abschnitte sind
mir unbekannt. Der im letzten Abschnitte vorkommende Name des
Kaisers Kirialax (kvqioq jiXi^ing) erinnert an die Kirjalassnga, Über
welche ich durch Konrad Hofmann (Münchener SitzungEberichte 1867.
II. 218—219) und durch Dr. Kölbings Güte aufgeklärt bin. Danach
glaube ich annehmen zu können, daß keinerlei Zusammenhang mit
dieser Saga stattfindet.
Was den zweiten, dritten und vierten Abschnitt (die Fahrt nach
Valland, die Fahrt nach Smdlünd, die Schlacht bei Reimsborg) betrifft,
so scheinen dieselben ein Gemisch entstellter Traditionen und neuer-
fundener Züge zu sein, die Traditionen aber, von denen der Compi-^
288 SUCHIEB
lator oder eher sein Gewährsmann eine dunkle Eenntniss verräth,
verschiedenen Chansons von Guillaume d'Orange anzugehören.
Der zweite Abschnitt, die Fahrt nach Valland, erinnert
lebhaft an das Charroi de Nimes, wo Guillaume und sein Neffe
Bertran (= Hr61f) in Eaufmannstracht die Stadt gewinnen. Wenn
England hier als Vilhjalms Heimat gilt, von welcher aus die Fahrt
unternommen wird, so ist V. 1107 des Charroi vergleichbar, wo Guil-
laume mit den Worten: Nos somes d'Angleterre sich und Bertram ftlr
Engländer ausgibt Die Bewirthung König Hrings entspricht dem Be-
suche Harpins und Otrants (Charroi 1097 ff.). In der Entftlhrung der
Sigrid mag ebenso wie in Vilhjalms Aufenthalt in Marsil ein Nachklang
an die Prise d'Orange vorhanden sein, wo sich GuiUaume in ähnlicher
Verkleidung in Orange einftlhrt Sicherer ist wieder die Scene, in
welcher Hring Vilhjalm mit Hintansetzung seines eigenen Sohnes zum
König von Valland macht, auf den Eingang des Charroi de Nimes
zurückzuführen, wo sich Ludwig erbietet, ehe er Guillaume mit der
südfranzösischen Mark belehnt, ihm die Hälfte seines Reiches abzu-
treten, was Guillaume ausschlägt*}.
Nicht minder auffallend gleicht der dritte Abschnitt, die Fahrt
nach Smdlönd, der Prise d'O ränge. In dieser geht Ghiillaume in
Sarazenentracht in die Stadt hinein, wird vor Orable geführt und
rühmt Guillaumes treflfliche Eigenschaften, ganz wie im 67. Capitel
der Mägussaga. Wenn Vilhjalm und seine Krieger in hohlen Baum-
stämmen in die SUtdt hineinkommen, so liegt vielleicht eine Combination
der Prise d' Orange, wo Bertran auf einem unterirdischen Gange dem
in Orange gefangenen Guillaume zu Hülfe eilt, mit dem Charroi de
Nimes vor, wo Guillaume seine Krieger in Fässer versteckt in die
Stadt hineinfahrt. Wenn Rodulgeirs Bruder, Oktavias Oheim, Galifrey
heißt, so vergleiche ich das Coronement Looys, wo Guillaume das
Heer König Galafr^ besiegt und sich mit König Gaifiers von Apulien
Tochter verlobt
Der vierte Abschnitt, die Schlacht bei Reimaborg, scheint
eine Verbindung des Eingangs von Girard de Viane mit der
Schlacht von Aliscans zu sein. Freilich sind die Anklänge dürftig
*) Beil&nfig erw&hne ich, daß in Saga af pjalatr-J6ni gefin i&t af Gtmnlaugi p6r^
danynL Beykjavik 1857, König Vilhjalm über Frakkland herrscht. Er wohnt in
R^daborg. Seine Gattin Elinborga ist die Tochter Hiödyers von Frakkland. ViU
hjalms Nachfolger wird sein Sohn Eirik, der J6ns Schwester Marsilia zur Gattin ge-
winnt. Weitere Bezüge dieser Saga za Chansons de geste scheinen zu fehlen. Aueh
diese Saga ward mir durch Dr. KOlbings Güte zugänglich.
DIE QUELLEN DER MAGUS8AGA. 289
genug. Der eigentliche Hauptinhalt von Girard de Viane wird ganz
übergangen. An die Schlacht von Aliscans erinnert nur^ daß Priams
zwei Riesen, Baldvini den starken und Baldvini den tapfem mitbringt,
wie Desramä den Baudüc oder Baudin (in Ulrichs von Türheim Wille-
halm: Baldewin). Daß Priams Sarrazene ist können wir nur aus seinem
Schwüre bei Maümet (Cap. 74) erschließen. Die Königin Elinborg ist
an die Stelle von Guillaumes Gattin Guiborc getreten. Priams droht,
er wolle sie den Knechten preisgeben, wie Desram^ (Aliscans S. 120),
er wolle Guiborc von Pferden schleifen lassen. Mir fällt auf, daß Priams
Botschaft, durch welche er Ermenga auffordern lässt, das Christenthum
abzuschwören und Heidin zu werden, vielmehr an Wolframs Willehalm
217, 9 ff. als an die erwähnte Stelle der Schlacht von Aliscans er-
innert Vilhjalm gilt als Geirards Vater, was iu der That eher eine
historische Möglichkeit hätte als Großneffe. Geirard scheint die Stelle
Renoarts einzunehmen, wenn Priams ihn auffordert, Heide zu werden
(vgl. Aliscans S. 199), und wenn er beide Baldvini besiegt (vgl. Alis-
cans S. 215). Auch scheint die nach der Schlacht stattfindende Ver-
heiratung Elinborgs mit Geirard durch Renoarts Verheiratung mit Alice
hervorgerufen zu sein. In Elinborg aber sind die beiden Guiborc der
französischen Chansons de geste, von denen die eine Geirards, die
andere Guillaumes Gattin ist, in eine Person zusammengeflossen. Geirard
hat mit Elinborg (wie Aimeri mit Ermengart) sieben Söhne, deren ältester
gleich seinem Großvater Vilhjalm heißt. Der ältere Vilhjalm und Elin-
borg sterben wie Guillaume und Guiborc im Kloster.
Ich gestehe gern zu, daß mehrere der angeführten Züge nur
geringe Übereinstimmungen zeigen und nicht ausreichen würden den
Zusammenhang mit den französischen Gedichten zu beweisen. Doch
glaube ich soviel festhalten zu dürfen, daß den drei besprochenen
Abschnitten der Mägussaga Erinnerungen aus dem Charroi de
Nimes^ der Prise d'Orange, aus Girard de Viane und der
Schlacht von Aliscans zu Grunde liegen.
Zwei der besprochenen Sagen finden sich auch außerhalb der
Mägussaga in isländischer Fassung: Girard de Viane und Karls Reise
nach Constantinopel, beide als Theile der Karlamagnussaga. Doch kann
man sich leicht überzeugen, daß zwischen diesen Darstellungen und
denen der Mdgussaga keinerlei Beziehungen obwalten.
Über die Art, auf welche die Mdgussaga aus ihren Quellen ent-
stand, kann kaum ein Zweifel herrschen. Gewiß gehen alle Theile der-
selben, deren Quelle ich angeben konnte, auf mündliche Überlieferung
zurück. Isländer, die im zwölften bis vierzehnten Jahrhundert den
GERMANIA. Neue Reihe YlII. (XI.) Jalurg. 19
Jß
290 SUCHIEK
Contineot bereiateD, fanden oft genug Oelegeobeit, französischen Spiel-
leuten zu lauschen und gewannen an ihrem Vortrage solclies Interesse,
daß sie nach ihrer Heimkehr nicht versäumen mochten, das vielleicht
von vom herein nur h&lbveretandene , auf dem Heimwef;e halbver-
geseene ihren Laudsleuten wiederz übe richten. Dabei wurde mancher
Name vergesBen und durch einen nordischen oder im Norden bekanntem
ersetzt. Mancher ureprllnglicbe Zug gieng auf der weiten Reise ver-
loren. So wird das Zerhackte der Darstellung, das Ungenügende der
Motivierung, das Fehlen jeglicher Pointe in den betreffenden Erzälilungen
des dritten T heil es erklärlich.
Im grölitea Theile der ersten Sage aber sowie im ersten und
ftlnften Abschnitte der dritten dürfen wir neue Schötihnge erkennen,
welche der tlberallhin wuchernde und ttberall gedeihende Baum des
irauzosischen Epos auf isländischem Boden angesetzt, wenn auch nicht
aus sich selbst hervorgetrieben hat HERMANN SUCHIER
Nachtrag zu 285 ff.
Meine Vermuthung über das Dasein einer deutschen Sage
Adelharts Tod in Äpulien muß ich zurflcknehmen. Auch dieser Theil
der Sage ist ursprünglich französisch und ist sogar noch in poetischer
und prosaischer Form erhalten. In jener bildet die Sage den Schluß
der Pariser Handschrift 764, aus welcher Immanuel Bekker im Fiera-
bras S. II— XII Auszüge gab. Zwar bat Bekker diesen Schluß über-
gangen, dagegen wird er von Mone in seinem Anzeiger 6, 202 mitge-
theilt. Hier wird erzählt, wie Alart. Guichart, Richart und Maugis durch
Ganelons Verrath in einer Höhle bei Neapel ihren Tod finden. Daraus
ergiebt sich mit Sicherheit, daß auch das Original der niederländischen
Haimonskinder am Schlüsse dieselbe Erzählung enthielt. Denn das
seltene Wort hagedockt, welches der Niederländer hier anwendet (vgl,
S. 286), bedeutet nichts anderes als eine Höhle. {Haghedocht. Äpogeum
[gemeint ist offenbar Hypogeuvi] dicitur aedlßcium sub terra quod antrum
vel gpelunca dicilur. Vocab. bei Uofiünann Oloss, belg.) Das niederlän-
dische Gedicht gehört dem 13. Jahrhtmdert an, die Sage von Aalart
muß also mindestens to alt sein. Ich trage kein Bedeoken, ihre Esistenx
schon im 12. Jahrhundert vorauszusetzen und die angeführte Stelle der
Kaiaerchronik daraus zu erklären, daß der Compilator der Chronik die
französische Tradition gekannt hat.
In Prosa findet sich Aalarts Tod in dem Volksbuche: Leg Prou-
e»»e» et Vaitlanees du redoute Mabrian (Troyes. 1625) erzählt Durch
den Umstand, daß Alard hier sein Leben verliert, weil er imd seine
.4
DIE QUELLEN DEH mAguSSAGA. 291
Verwandten sich gegen den in Neapel anwesenden Karl
empören, wird dae, waa wir aus den Angaben der Hs. 764 und dea
niederländisclien Gedichtes erfahren, dem Berichte dor Eaiserchronih
noch um einen Schritt näher gerückt. Den Inhalt dieses Volkabuchra
erzfthlt auch eine dem 15. Jahrhundert angehftrige Handschrift der
Arsenal- Bibliothek am Schlüsse eines langen Prosaroroans von den
Haimonskindern, von welchem die HisL litt. XXII, 705 ff. nähere Kunde
giebt. Schon die älteste Ausgabe des Mabrian vom Jahre 1530 enthält
gleich der erwähnten vom Jahre 1625 die Angabe: reduit du vieillan-
gage en bon vulgaire franpn/s, die sich vermuthlich auch in der Arsenal-
Handschrift wiederfindet. Diese Angabe würde kaum Glauben verdienen,
wenn sich nicht zeigen ließe, daß eine altfranzöa lache Chanson Mabrian
noch im 18, Jahrhundert existierte. Es wird dieses nämlich bezeugt
durch eine Notiz der BibHoth^que des Romans par M. le c. Gnrdon
de Percel (= Lenglet du Fresnoy). 1734. 2, 247, wo unter der Rubrik
Anciens romans maniacrits en vers et en prose depuig Fan 12.50 jusqu'en
1450 auch Le Roman de Mabi-ian en vers, in 4. manuscrit aufgeführt wird.
Die verschiedenen Spuren dieser Sage scheinen von ^inem Punkte
auszugehen und zwar, wie mich dünkt, in der folgenden Weise. Im
12. Jahrhundert existierte eine Chanson de geste [Ui Mort Aalarl?),
welche Aalarts Tod in Apulien erzählte, und an deren Inhalt der Vf.
der Kaiserchronik anspielt. Eine kurze Inhalts iingabe dieser Chanson
wurde einer Version des Renaut de Montaubau angehängt und ist uni
in Übersetzung des 13. Jahrhunderts am Schlüsse des niederländischen
Gedichts, in vei^'Ungter Gestalt des 15. Jahrhunderts am Schlüsse der
Pariser Hs. 764 erhalten. Durch eine Umarbeitung und Fortsetzung
der alten Chanson des 12. Jahrhunderts wurde die Chanson Mahrian
hergestellt, deren handschriftliche Existenz im 18. Jahrhundert Lenglet
du Fresnoy bezeugt. Gegenwärtig scheint von der poetischen Fassung
dea Mabrian keine Handschrift bekannt zu sein, dagegen liegt ihre
Prosaauflösuug in einer Hb. und zahlreichen Drucken vor.
Zweifel hege ich nur (iber einen Punkt. Wahrscheinlich existierte
die Chanson Mabrian schon im 13. Jahrhundert, und vielleicht l.ig sie,
und nicht die Chaneon des 12. Jahrhunderts, dem Redactor vor, welcher
den Tod von Renauta ßrtldern seiner Version des Renaut de Montauban
angehängt hat. In diesem Falle wäre die alte Chanson nur für die Angaben
der Kaiserchronik und für die Chanson Mabrian unmittelbare Quelle
gewesen. HERMANN 8UCHIER
1
I
2<)2 STROBL
ANGELSÄCHSISCHE STUDIEN.
VOK
JOSEPH STROBL.
I. Zur sogenannten Cädmonschen Exodus.
Vers 12 He väs
freom folctoga
Das Wort folctoga erscheint noch änmal in der Exodus Vers 254,
wo es von Moses heißt
heht pd folctogan Jyrde gestyUan.
Vers 14 wurde Moses folctoga genannt, hier sind es die Führer
der cigte 229, die so bezeichnet werden. Und diesen, die ungefähr den
principes des Tacitus entsprechen mögen, gebührt wohl zunächst der
Ausdruck. In der ersten Fortsetzung des Beövulfsliedes 839 erscheint
das Wort wieder in gleicher Verwendung. In der Judith heißt Holo-
femes folctoga 47; folctogan 194 werden die f^hrer der Juden genannt.
Im Andreas 8 bezeichnet folctogan die Apostel, 1458 die Heidenftlhrer.
Jul. 225 heißt Helisaeus folctoga. Nirgend finden wir also folgtoga im
engeren und zugleich im weiteren Sinne verwendet, daß etwa einem
Hauptftlhrer, der folctoga genannt würde, andere Unterftlhrer als fole-
togan untergeordnet seien.
Dem widerspricht nicht der Gebrauch von folctoga im Daniel.
Folctoga wechselt im Daniel mit cyning^ so heißt Nabuchodonosor z. B.
108 folctoga, 100 cyning u. s. w. Wenn es daher Vers 527 heißt:
H^t ^a tdsomne sine leöde^
folctogan, frägn ofer ealle
svidmod cyning
so steht der Plural folctogan so bestimmt dem Singular in seiner engen
Bedeutung cyning gegenüber, wie der Plural cyningaa in Exodus 185
dem cyning 175. Wie um eine unliebsame Doppel Verwendung zu corri-
gieren steht Dan. 529 noch ausdrücklich cyning.
Das Wort folctoga kommt in der Genesis nicht vor.
55 mddig magurcesva
Das Wort magurcesva kommt bis zum Vers 102 dreimal vor, in den
späteren Theilen sucht man das Wort vergebens; nur sein Simplex
rassva erscheint 234 rcesvan herges.
ANGELSÄCHSISCHE STUDIEN.
293
1 der Oeoeeie z. B. Rliif-
,□ dieser Stelle.
16 »igara valdmdy
eine im ags, sehr häufige Verbindung, die i
mal gelesen wird, steht in der Exodus nur
25 vitig driktett.
Das Adjectivum vitig (nicht in der Genesis) findet sich in der
Exodus nur noch 80 vitig god.
102 mtere magurasva.
Es ist bekannt wie im mhd, gewisse Worte des Volksepos der b
sehen Sprauhe gegenüber zurückweichen ; das Wort mcere gehört zu ihr
vgl. Jänicke de dicendi usu Seite 6. Das ags. Epos verwendet das Wort
wie das deutsche: man-e peöden Beöv. 129. seo mnre burh Dan. 609.
viwre apelt Gen. 2566. se mcera Beöv. 762. se vupra mago Beöv. 2011.
Moyse pSm vtceran Pe. 102' u. s. w. Im epischen Gebrauche und
zwar attributiv steht das Wort nur an angeführter Stelle, Vers 47
u. 349 steht es prHdicativ, so häu6g der attributive Gebrauch in an-
deren Gedichten z. B. der Genesis ist.
125 acyldas lixton.
Schild heißt in der Exodus 253 bord [oder 160. 2.36. 320 bordhreöda]
ein Wort, das die Genesis nur in der Bedeutung Scbiffsbord kennt, in
welchem Sinne es binwiderum in der Exodus keine Verwendung findet
gcyld bat Gen. einmal 2062, Exodus auch nur an obiger Stelle. Die
Wörter lind rand kennen beide Gedichte, bordhreöda kennt Genesis
ebenfalls nicht, jedoch guihord 2693, wie Exodus 466 mgbord,
170 vlance pegna»
ist ein Ausdruck, der genau so Byrhtnoth 205 wieder erscheint. Das
altepische pegn, das kaum ein ags. Gedicht nicht öfter darbieten dürfte,
erscheint in der Exodus nur hier. Von den vielen Compoaitis bietet
Exodus 131 nur metepegn.
406 cnUU,
häufig in der Genesis und im Daniel, nur an dieser Stelle. Beövulf
kennt das Wort nur Einmal 1219 in den Versen eines Interpolators.
419 stmu mit aveorde.
sveord ist ein Lieblingswort der Genesis. In der Exodus steht es
nur hier. Diese VI. Fytte enthält noch zwei Wörter fltr Schwert, das
altcpische mece 413 und ecg 408. Sonst gedenkt die Exodus dieser
Waffe nur mehr 491, wo mece steht.
Solchen Erscheinungen gegenüber wird es erlaubt sein, den Blick
ti<'fer in das Denkmal zu versenken und den Gründen dieser Ver-
schiedenheit im Sprachgebrauche nacbzuspUreu. Ich habe absichtlich
294
diese Beobacbtungen vorangeatelit, weil auch sie 68 sind, die mich
dieser Arbeit veranlasst haben.
Die Exodus hebt an mit hvät, ein Sprachgebrauch, den J. Grinmi
in seinen Erlänterungen zum Andreas Vers 1 und in der Grammatik.
4, 448 ff. abgehandelt hat. Irren würde aber wer in solchem typischen
Beginne das Zeichen besonderer AlterthUmlichkeit suchte; gerade eo
aufiälhges hält der Nachahmer fQr das AVesentlicbe. In der mit Recht
beanstandeten Einleitung zum BeÖTulf derselbe Gebrauch.
Bis V. 19 best sich alles ohne Anstand, Bis 7' beherrscht ve ge-
frigen habhad die Construction. Die Verse bilden eine allgemeine Ein-
leitung zu dem folgenden, von der aus die Erzählung auf die Einzel-
heiten weiterschreitet. Ganz ähnlich im Beövulf, wo von den Versen,
welche den Sagenstoff bezeichnen, dem die Erzählung entlehnt ist,
übergegangen wird auf Skyld Scefing. Vers 8 tritt aus dem Abhängigkeits-
verhältniss heraus und knUpft mit pon» an Moses an. Gott begabt ihn
in der Wüste mit seiner eigenen Gewalt, verleiht ihm Wunder. Er war
Gott lieb, ein tüchtiger Volksführer. Nun wird erzählt wie er Pharaos
Geschlecht strafte, als ihm der Herr seiner Magc Leben und Erbsitz
den Söhnen Abrahams verlieh.
Vers 19 dagegen bringt uns nicht weiter. Was handledn sein soll
ist unklar, 19" wiederholt das 10* bereits Gesagte. Ebenso ist pä vä»
forma sid pät htne veroda god vordum neegde im Widerspruch zu Vers
8 flf, und bringen V. 25 ff. ganz zur unrechten Zeit eine Erinnerung
an die Genesis. Mit 30, welcher Vers sich an 29 nicht im geringsten
anschlieUt, kehrt die Erzählung auf einmal wieder zu Pharao zurück.
Die Verse 31. 32 sagen wieder nichts anderes als 9 und 10 und sind dazu
da. den Eiuschub 19—29 an die folgenden Verse anzuschließen, denn
echt sind erst wieder 33 ff., welche die gyrdv'ite weiter ausführen:
Faraones cyn
godes andsacan gyrdvite band
]ner him gesealde sigora valdend
mödgum magursesvan his mäga feorh
onvist €dles Ahrahames sunum.
J)ä väs iugere ealdum vituin
dedde [gedrenced] drihtfoica masst.
Das pä in Vers 30 hat erst jetzt seine Bedeutung, in der Übi
lieferung ist es unverstäadlich und nicht am Platze. Der Einschub
auch ein seltsames MiOveretäadnisa hervorgerufen, der Ausdruck an
fordvegaa ließ einen Correetor offenbar jetzt schon, also sehr zur Un-
zeit, an den Untergang der Ägypter im rothen Mccrc denken, doiui
I
F
ANGELSACHSISCHE STUDIEN.
29ß
das Verbum gedreneed steht auf Rasur von späterer Hand (Sievers in
der Ztsohr. f. D. A. 15, 459} und ist offenbar auf die angedeutete
Weise an die Stelle gerathen. Gut schließt sich an, als Folge der
Strafen und des Todes der Erstgeborenen
eifkd lädsid le^de gr&tan.
Vers 45 wiederholt unpassend schon Gesagtes. Vers 49 ist in
diesem Zusammenhange unverständlich, 51 trägt einen Gedanken nach,
der fllglicb frllher besser am Platze gewesen wäre. Die Erzählung
schreitet erat fort Vers 54, der sich wieder an Vers 44 anschließt.
Das Folgende gehört aber kaum noch dem ausgehobenen StUcke
an. In Vera 59 ist der Ausdruck gearve bteron entlehnt von Vers 193,
Dieser lautet
gfiä]iTe&l gumeua gearve bseron
Also auch das alhtterierende Wortjild ist in dem nachgedichteten
Verse verwendet, und dieser Nachahmuno; verdankt auch gewiß der
Volksnaroe GuiTmyrce seine Entstehung. Nachgebildet ist er dem Äl-
myrcan des Andreas. Die mit gädf heado zusammengesetzten angel-
iftchsiscbeD Volksnamen zeigen sämmtHch in ihrem zweiten Theil den
vollen sonst gebräuchlichen Namen des Volkes und treten g(td u. s. f.
nur wie ehrende Attribute vor [vgl. Aracildinga Beöv. 464]. Güdgeäta
Be6v. 1638 neben dem häufigen einfachen Gedtas, GiidscUßngaB Ee6v.
2927 neben Scylfinga» u. s. f. Myrce erscheint aber nirgend fUr dieses
Volk; im Gegentheil muß nach dem Bildungsgesetze dieser zusammen-
gesetzten Volksnamen jeder Angelsachse an die Bewohner von Mercia
gedacht haben. (Vgl. Jac. Grimm Andreas und Elene XIX, wo dieselbe
Besorgniss mit Rücksicht aut' Älmyrcan ausgesprochen wird. Mit Un-
recht wie ich glaube. Mit äl tntt kein Volksname zusammen, es ist
in dem gegebenen Falle nur an das Adjeclivum myrce getreten und
Almyrcan muü bedeuten ^ die ganz schwarzen", von einer Verwechslung
mit Myrce, Bewohner von Mercia, kann also nicht die Rede sein.)
Vers 60 ist unverständlich und ist offenbar gedichtet mit Hinblick
auf die folgende Fytte; es kann nur die Wolke gemeint sein, von der
Vers 73 redet- Ebenso verräth Vers 63, dali er seine Entstehung der
Absicht verdankt, die Einleitung mit der zweiten Fytte zu verbinden.
Diese erzählt Vers 87 von einem dritien Nachtlager der Israeliten, da
schien es nothwendig der zwei friiheren zu erwähnen, was freilich
in der mögliebst ungeschickten Weise geschah. Ich halte übrigens
pridda in Vers 87 filr einen alten Fehler, der dann den Einschub der
in Rede stehenden Verse veranlaaste. Drei Tagweiden bis zum reihen
Meere kennt auch die Vorauer Exodus 43, V2, und das wird einer
296 STROBL
altkirchlichen Quelle entsprechen. In unserer Exodus gelangen die Is-
raeliten jedoch erst am 4. Abend ans rothe Meer 134, man sieht nicht,
wohin sie am dritten gekommen sind.
Zunächst hebt sich also aus der ersten Fytte als zusammengehörig
heraus: 1 — 18. 33 — 44. 54. 55. Die Einschübe sind theils gesprächige
Ausführungen; wie 19 — 32. 45 — 53, theils sollen sie den Übergang
vermitteln.
Was von der ersten Fytte echt ist, ist eine Einleitung zu einer
Geschichte des Zuges der Israeliten zu dem rothen Meer. Alle dem
Auszuge vorhergehenden Begebenheiten sind kurz zusammengefasst,
verständig dargestellt.
Haben wir aber die Einleitung desselben Dichters, der die fol-
genden Haupttheile dichtete? Ich glaube nein. Ganz abgesehen von
der Verschiedenheit des Tones in beiden Theilen, gehören die Haupt-
unterschiede in dem Wortgebrauche gerade der ausgeschiedenen Ein-
leitung an. Weiters zeigt sich, daß der Dichter der folgenden Theile
nur einen ganz bestimmten Theil der Exodus hervorhebt und behandelt.
Ein nach bestimmtem Plane arbeitender Dichter hätte auch schon in
der Einleitung davon Kunde geben müssen. Und dieser Theil der
Exodus ist die Erzählung von dem Durchzuge der Israeliten durch
das rothe Meer. Der Dichter hat seiner Erzählung auch in einem
Grundgedanken eine große innere Einheit zu geben gewusst.
Zu Anfang und Ende der Erzählung wird auf Joseph hingewiesen
Vers 140 ff.:
vsere ne g^mdon
})eäh \>e se yldra cyning ser getidode
|)4 he veard yrfeveard in gefolca
manna äfter mädmum \>ät he svä miceles ge))äh,
bei welcher Stelle Grein mit Recht auf I. Mos. 47, 18 — 20 hinge-
wiesen hat.
Dazu halte man 584 ff. :
ongunnon sssläfe segnum dselan
on ^dläfe, ealde mädmas,
reäf*) and randas: heom on riht sceode
gold and goldveb. Josephes gestreon
Vera vuldorgesteald
*) Man wird nicht mit Grein «Roben* oder Boaterwek (Cädmon I 259) «Raub
(Gewand)* fibersetzen dürfen, sondern redf wird wie im ags. Walther brürme bedeuten.
Bord und byrne bilden die Stäbe in Be^vulf 2673, Byrhtnoth 284, bym and hyrdu-
ierüil Be6v. 2660 bord . . . byrnhomaa Jud. 192.
ANGELSACHSISCHE STUDIEN 297
Also an beiden Stellen ist von den Schätzen Josephs die Rede,
einmal, wie der Ägypterkönig sie gewann, das andere Mal, wie die
Israeliten sie wieder zurück erhielten. Erinnern wir uns, daß in II Mosia
der Gedanke schon vorbereitet ist, so werden wir als den Grundge-
danken der Ex<jduB erkennen die Wiedergewinnung der Schätze Josephs.
Bei der Bedeutung, welche der Schatz in Leben ttnd Sage der alten
Germanen hatte, wird man es trefflich linden, wie der Dichter die
attbiblische Geschichte unter diesen Gesichtspunkt brachte. Der Kampf
am den Schatz ist der nationale Gedanke der alten Erzfililung einge-
gossen. Bei der Naivität, mit welcher die Angelsachsen biblische 6u-
Bcbichte iu ihren Gedichten behandeln, darf ea uns nicht wundem, einen
Dichter zu treffen, der bei der Wahl, Anordnung und Ausdehnung des
Stoffes sich von einem nationalen Gedanken leiten läset. Der Dichter,
der aber so arbeitete, mußte aber entweder ein Volksdiehter gewesen
seiu oder an die Stelle eines Volksdiehter« haben treten, die alten
Heldenlieder durch andern Stoff in ihre Form gebracht haben Ter-
drängen wollen.
Eine fortgesetzte aufmerksame Betrachtung des Gedichtes wird
die Frage beantworten. Man wird bemerkt haben, daß ich die zweite
Fytte vor der Hand übergehe, ich bitte dieserhalben um Nachsicht, sie
wird an richliger Stelle ihre Würdigung finden.
Die Einleitung hatte mit den Versen geschlossen 1
fyrd väs gef^sed, from se ^e Imdda
mödig magortesva mfe.gburh heora.
Wie wir den Dichter kennen gelernt haben, der vieles nnr an-
deutungsweise behandelt, so genügen ihm diese Verse, uro die F.ihrt
der Israeliten bis zum rothen Meere zu schildern und mögen sie gleich
vor 135 gestanden haben:
J)£er on fyrd hyra feerspell becvom etc.
Die Verse 145 und 151 geben die Motive an, wamm die Ägypter
den Juden feind wurden und sie nun verfolgen. Vers 145 ist, wie Grein
richtig vermuthet, änoig zu lesen, es wird gemeint sein, was 2 Mos. 2, IS
erzählt wird. Die anderen Verse lauten 150
voldon hie [>ät feorhiedn fäcne gyldan
jjätle he })ät dägveorc dreäre gehöhte
Moyaes leAde.
Das he 151 muß sich auf Moses beziehen und dentcn die Verse
auf den Tod der Erstgeborenen, wie Vers 199, wenn auch hier brddor-
gyld immerhin auffallen muß. Das letztere Motiv kennt die Bibel eben-
sowenig, aU sie aus dem von Moses veiUbtcn Todechlage die obigo
298 STROBL
FolgeniDg zieht. Der Oedanlce liegt zw&r sehr nahe und die Milsl
KsoduB Diem. 169, 21 verwendet ihn ebenfalls:
div chint ligent uns tot. nii habent si uns beroabot,
ohne ihn jedoch wie unaer ags. Gedicht als Motiv in den Vordi
zu stellen.
Gieng unserem Gedichte etwas voran, das die vorhergehendeö
Theile der Exodus behandelte, so wäre eine solche Wiederholung der
ThatsacheD unerträglich. In unserem Falle ist aber die Exposition
votlkommeD tadellos. „Qef^irlicbe Kunde kam den Flüchtigen, sie
harren des Feindes, der längst alte Versprechen vei^essen, die Israe-
liten bedrängt hatte, seit er um einen Einzelkampf ihnen gram wurde.
Kon wollen die Feinde Rache nehmen, dafUr, daU die Israeliten das
Tagwerk vergalten mit Blut."
Wir stehen also am Beginne eines Gedichtes, das nach Art des
epischen Volksliedes auf die Bekanntschaft der Hfirer mit dem Stoffe
rechnen kann. In einigen kräftigen Zügen wird die Situation gezeichnet
Die Worte tyräanon und Mslveard rufen ganz bestimmte Vorstellungen
hervor, um wen es sich handelt wird Vers 141 klar, sc yldra cyning
setzt bei dem Httrer dasselbe voraus, wie
Hygeläces Jiegn
göd mid Geätum.
Nur wenn wir dem Gedichte gegenüber diesen Standpunkt eil
nehmen wird der Ausdruck «e yldra cyning verständlich, jeder Dichter
einer vollständigen Genesis und Exodus hätte sich dieses Ausdruckes
nur bedienen kOnnen, wenn er innerhalb seines Gedichtes hätte Er-
klärung finden können. Vergebens suchen wir nach einer solchen. Es
bleibt nun also nur unsere Annahme. Steht diese fest, so darf uns,
daß der Dichter auch weiters an seine Hörer dieselben Voraussetzungen
stellt wie der eines epischen Volksliedes, nicht mehr Wunder nehmen.
Zu ändern wird daher sein hyra, diese Beziehung hat der Dichter
der Einleitung hergestellt. Etwa
})£er on ijtA frecoe fterspell becvom.
Die Verse 161 — 171 erregen Bedenken. An formelhaftem reiche
Poesien wie die angelsächsischen fordern verschärfte Beobachtung, ob
gewisse, geläufige epische Ausdrucke, Schilderungen auch am Platze
sind. Wir haben es hier mit den Ausflthrungen zu thun, wie sie aga.
Dichter bei Erzählungen von Kampfztigen lieben.
Ich führe, um zu prüfen, nur drei Stellen an. Aus der Genesis
die äine. Es bandelt sich um den Krieg der Elamiter u. a. gegen die
Könige von Sodoma und Gomorrha. Da heißt es 1993 f.
ter t ■
ANGEIiSÄCHSISCHE STUDIEN. 299
sang se vanna fugl
under deoredsceaftum de&vigfedera
hr»8 on v8nan
Eine Schilderung, die dort ganz am Platze ist. Unsere, die es, wie sich
zeigen wird, nicht ist, die auch über das Formelhafte hinaus zur Stelle
aus der Genesis stimmt, muß aus dieser entlehnt sein. Man vergleiche
de&vigfedere 163 (nur hier und an der betr. Stelle der Genesis), vonn 164,
»tes on y^nan 165. Daß aber die Schilderung in der Exodus nicht
am Platze ist, zeigt deutlichst der Ausdruck ofer driktneum, denn es
gibt noch gar keine Leichen, zu dem ist atol »fenleöd aus Vers 201
entlehnt Unwahr ist filr unsere Stelle fledh faege gast foU vä$ gehnceged.
Wie trotz des Formelhaft;en Dichter diese Formeln nur am pas-
senden Platze mit den durch die Situation bedingten Verftnderungen ver-
wenden, zeigen zwei weitere Stellen, die ich anfahren will Byrhtnoth 106 f.
})ft veard hreAm fihafen, hremmas vimdon
eam »ses geom : väs on eordan cyrm.
Maßvoll ist auch der Dichter der Judith, wo er diese Formel
gebraucht
Die Juden ziehen gegen die Ässyrer 204 f.
djnedan scildas,
hlQde hlummon; })ä8 se hlanca gefeah
vulf in valde and se vanna hrefn,
välglfre fugel : vestan bogen,
})ät him })ä })eödguman })ohton tilian
fyUe on f«gum; ac him fleÄh on Iftste
eam »tes geom ürigfedera
salovigpäda, sang hildeleöd
hymednebba.
Trotz der breiten Ausführlichkeit geht der Dichter nicht mit einem
Zuge ttber das hinaus, was in seiner Darstellung volle Begründung
findet
Die Verse 170. 71 haben offenbar die Aufgabe den Übergang
von der Interpolation zum alten zu vermitteln, außerdem ist mir das
Wort pegn verdächtig. Dieses, ein Lieblingswort der Genesis, in der
es als Simplex zwölfmal erscheint, trifft man in der Exodus nur hier
und außerdem das Compositum metepegn in der nach den bisherigen
Erörterungen schon nicht zum Liede gehörigen zweiten Fytte. Es findet
sich wiederholt in jedem größeren ags. Gedichte, als Sna^ elQOfi. nur
noch in der Cynevulfischen Juliana. Cynevulf bedient sich des Ausdmckes
298 STROBL
Folgerung zieht. Der Gtidank« liegt zwar sehr nahe und die Miletfl
ExoduB Diem. 159, 31 verwendet ihn ebcnfalle:
div chint hgent uns tot. nu habent ai uhü beroubot,
ohne ihn jedoch wie unser aga. Gedicht als MotJr in den Vorder
zu Btellen.
Oieng unserem Gedichte etwas voran, das die vorhergehenden
Theile der Exodus behandelte, so wäre eine solche Wiederholung der
Thatsachen unerträglich. In unserem Falle ist aber die Exposition
vollkommen tadellos. „Gefährliche Kunde kam den Flüchtigen, sie
harren des Feindes, der längst alte Versprechen vergessen, die Israe-
liten bedrängt hatte, seit er um einen Einzelkampf ihnen gram wurde.
Nun wollen die Feinde Rache nehmen, dafdr, daU die Israeliten das
Tagwerk vergalten mit Blut."
Wir stehen also am Beginne eines Gedichtes, das nach Art des
epischen Volksliedes auf die Bekanntschaft der Hörer mit dem Stoffe
rechnen kann. In einigen kräftigen Zugen wird die Situation gezeichnet.
Die Worte vräcmon und lättveard rufen ganz bestimmte Vorstellungen
hervor, um wen es sich handelt wird Vers 141 klar, »e yldra c^ntirij
setzt bei dem Hörer dasselbe voraus, wie
göd mid Gedtum.
Nur wenn wir dem Gedichte gegenüber diesen Standpunkt täai
nehmen wird der Ausdruck *e yldra cyning verständlich, jeder Dicht
einer vollständigen Genesis und Exodus hatte sich dieses Ausdm
nur bedienen können, wenn er innerhalb seines Gedichtes hätte 1
kifirung finden können. Vergebens suchen wir nach einer solchen.
bleibt nun also nur unsere Annahme. Steht diese fest, so darf n
daß der Dichter auch weiters an seine HUrer dieselben Vorauseetzui
stellt wie der eines epischen Volksliedes, nicht mehr Wunder nehm
Zu ändern wird daher sein hyra, diese Beziehung hat der DIcl
der Einleitung hergestellt. Etwa
))8er on fjrd frecne fterspell becvom.
Die Verse 161 — 171 erregen Bedenken. An formelhaftem i
Poesien wie die angelsächsischen fordern verschärfte Beobachtung, I
gewisse, geläufige epische Ausdrucke, Schilderungen auch i
sind. Wir haben es hier mit den Ausfuhrungen zu tbun,
Dichter bei Erzählungen von KampfzUgen lieben.
Ich fiihre, um zu prüfen, nur drei Stellen an. Aus d-
die äine. Es handelt sich um den Krieg der Elamiter u. a.
Könige von Sodoma und Gomorrha. Da heißt es 19Ö3 f.
ANÜKLSÄCHSISCHK STUUIEN.
301
die Antitliese durch die dazwischen stehenden Verse ziemlich abge-
schwächt ist, geradezu läppisch.
Äutechluß über den Sachverhalt giebt das zweite Bach Mosis.
Cap. 14, 13 beruhigt Moses das Volk, Vers 15 folgt die Aufforderung
Gs}ttee an Moses den Stab zu erheben und das Meer zu theilen.
Die Verse 2ö9— 275 enthalten so ziemlich eine Paraphrase der
BibdvBTse 13 und 14 in 11 Mos. Cap. 14. Die Verse 278 ff. sind aber
nicbt entsprechend Vers 15 der Bibel im Munde Gottes zu denken,
sondern Moses spricht sie. Vgl. 280:
hü ic silfa sloh and ]tei's svidre band
greoe täne gärsecges de6p.
Die Verse 259—277 sind zu streichen. Die Aufforderung ne beiSd
ge p§ forhtran 259 ne vittaJ eöv ondrtedan 266 ist unpassend und über-
äUsiiig nach Vers 218, nach dem Verbalten der" Israeliten, wie es sich
der Dichter der vierten Fytte vorstellt. Und dieses Verhalten ist aller-
dings ziemlich unbibliscb.
Moses eiit vor das Heer sowie es versammelt ist und verrichtet
vor dessen Augen das Wunder. Ein Interpolator sucht die Erzählung
der Bibel näher zu bringen. Er schaltet nach 258 eine Paraphrase von
II Mos. 14, 13 und 14 ein. In dem Worte 278 ff. glaubt er eine Über-
setzung von II Mos. 16 zu finden. Da in der Bibel der Herr die Worte
spricht, so schiebt er zur Verbindung 276. 277 ein.
Vers 353 — 361 müchte ich wieder für eingeschoben halten. Sie
fuhren von dem sonst so strenge eingehaltenen Gedankengange ab.
Doch lässt sich das wegen der LUcke vor 446 nicht sicher darlegen.
Gewili ist aber die sechste Fytte unecht
Wir haben oben schon Bedeuklicbea im Sprach gebrauche gefunden,
daß sie die Erzählung der Vorgänge am rothen Meere gewaltsam un-
terbricht, liegt zu Tage.
Zu Vers 446 {3375 Bou.) bemerkt Bouterwek: „Hier knüpft die
meisterhafi auch künstlerisch ausgearbeitete Darstellung von des ägyp-
tischen Heeres Untergang an 3259 (.S30 Grein) an." Es ist dieü un-
möglich, vor 446 muü etwas fehlen, solche Sprünge sind unserem
Dichter nicbt zuzutrauen. Auch was das Loh künstlerischer Ausfühning
anlangt, so wird dasselbe auf die vorliegende Überlieferung kaum
Anwendung finden können.
Vers 447 geofon de/ide hveöp sagt dasselbe wie Vers 477 brlm-
heratende bWdegsan hveöp; wie 447 das Verbum, so entlehnt 446 dem
sptltercn Verse das Wort hlSdegm, dem ßödegsa nachgebildet ist. Vers
448 vip.ron beorhklidu blodi bestemed sagt dasselbe wie 476 väa seo heevene
lyft heolfre gt^landen. Vers 455 heißt es ne pter <snig becvom hergea W
häme, daeeelbe wird 507 noch einmal gesagt for päm päs herige» häm
eft ne com eenig l3 läfe. Vers 463 sagt randbyHg vwrim rofene, doch
hinwiderum 467 heäh ofer käledwn hohnveall äatäh und hobnveall meint
doch dasselbe wie randbyrg, die Wellenberge. Vers 466 steht mitten
iD der Schilderung der Noth so unpassend als möglich vigbord scinon.
Die Verse 446 — 466 sinl zu streichen, sie enthalten Wieder-
holungen dessen, was an späterer Stelle passend gesagt ist, verwirreo
die durchdachte geordnete Erzählung. Denn während die Interpolation
die Noth der Ägypter malt, ist 467 ff. erst von der Bedrängniss der
Israeliten die Rede, der Ägypter Untergang wird erst später abge-
handelt.
„Hoch über den Helden stieg der Flutwall in die Höhe, die
Schaar war in Todesndth, ihr Fortgang behindert durch Nachstell ungen,
der Sand wartete wann die Woge käme, die die Feinde ergriff"...
das ist doch nur die Schilderung der Situation der durch das
Meer ziehenden Israeliten. Unheimlich geßlrhiich ist da durch zu
wandern, es dreuen die MeereswSnde, die den Sand suchen, den ge-
wohnten Pfad, der Fortgang ist gehindert, offenbar durch die an-
greifenden Ägypter. Das sagen deutlich die zusammenfassenden Verse:
„Es war die blaue Luft mit Blut erfüllt, das Meer drohte Schrecken,
der Seemänner Weg, bis Moses Hand die Muthige entfesselte" und
so die Israeliten befreite. Der Dichter muß also geschildert haben,
wie die Ägypter die Juden erreichten, sie im Kampfe bedrängten,
während die Wellenberge mit andern Schrecken drohten, bis Moses
dem Kampfe ein Ende macht*).
Nun rechtfertigt sich auch, warum der Dichter der Schilderung
der kampfbereiten Heere so bedeutenden Platz eimäumt, die betreffenden
Verse erscheinen nun nicht mehr müßig.
Mit 481 erst beginnt die Erzählung des Unterganges der Ägypter.
Grein und Bouterwek haben sich durch den Interpolator irre
machen lassen und beziehen die Verse 467 — 478 auf die Ägypter.
*) Dem Dichter acbwebt bei dieser Stelle offenbar BeAv. 2270 vor:
hordTj-nno fond
eald nbticeaita opene atandaD,
ta pe b^meode biurgu »icvS
nacod niddr&ca.
Wie ein naeud njiBioda lucbt die See die alten StSttcn wieder aaf. Es i
liugnen, daß unser Dichter sein Vorbild achfln und solbstKndig benuliL Keine 1
wandtachafl trotz des Shnlich klingenden Ausdracka zei^ mit unserer Stelle Dam«!
63S nacod n^ilgenga, womit Nabucbodonosor bexeichnet isL
■ »^1
ANGELSSCHSISCHK STUDIEN.
303
VerB 519- 530 berufen sich auf die h. Schrift, eine BerufuDg,
die, Bo häuäg sie in der age. Oenesis sich Budet, in UDeerem Gedichte
nur au dieser SteUe erscheint. Die frommen BetrachtuugeD, welche der
Anfang der VIII. Fytte enthält, verbreiten sich über die beliebten
Themen Himmel, Hölle, jüngstes Gericht und sind hier gar nicht am
Platze. Die Worte 551" f. vundor ongeton, madiges müdhwl (vt. m. fasse
ich als Apposition zu wndor) dUrfen von dem durch Moses Worte
hervoi^enifenera Wunder Vers 478 ff. nicht so weit getrennt werden.
Die Verse 555—563 bringen unpassend die VerheiÜUDg Canaans^ woftlr
in der Ökonomie unseres Gedichtes kein Platz ist. Vers 567 ist inso-
ferne verdächtig, als ja nicht der vuldrea bedm, der in den echten
Theilen keine besondere Rolle spielt, sondern des Moses Wunder die
Juden gereitet hat. Die Verse 570—573 sind inhaltlich unbedeutend
und ungefüge gebaut. Ich streiche daher 515—547. 555 — 563*). 567
bis 573, wodurch wir einen wohlgefUgten planmäßigen Schluß erhalten.
Ich lasse den kurzen Gedankengang des von mir aas der Über-
lieferung ausgehobenen Gedichtes folgen.
135 — 153. Gefahr verkündende Maere kommt den Wanderern.
Es erwartet der Vertriebene den leiden Verfolger, der das Volk schon
längst bedrängt, vergessen hatte, was der alte König einst versprochen,
als er Erbe ward der Völker, An all das dachten sie nicht, seit gram
wurden die Ägypter um eines Faustkampfes willen. Nun wollen sie
Rache nehmen dafür, daß Moses die Frohnarbeit mit Blut zahlte. 154 — 160.
172—199. Aufzug dos ägypt, Heeres. 200-207. Schutz der Israeliten
während der Nacht 208— 215. Nachtwache. 215-246. Aufruf des Moses.
Aufzug der Israeliten. 252—258. 278—360 Anrede des Moses. Wunder.
Das Israel. Heer zieht in das Meerbett. — Lücke. — 467—514. Die
Israeliten überfallen durch die Ägypter. Wunder Moses. Untergang der
Ägypter. 548 — 554. Anrede Moses angesichts des Wunders. Groß ist
die Menge, aber der Heerführer stark, der Hilfen größte die dieses
Heer fortleitet. 564 — 566. 574—578. Freude, Jubel des Volkes, das nun
erst am Lande ist. 578 bis Ende. Schlachtbeute. Wiedergewinn der
Schätze Josephs. Schluß.
Schon aus dieser kurzen Inhaltsangabe wird klar, daß wir eB mit
einem einheitlichen, künstlerisch aufgebauten Gedichte zu thun haben.
Wer die von mir ausgehobenen Stellen im Zusammenhange liest, wird
') Die Eiodai kennt noust (6
erballenem Reduplicalionevucal hehl,
aetne die Bemerkung in die Kote, weil ii
wechseln u. i. U. im Daniel neben 16 hit
177. 26*) V
häUm nur die Form mit
contrahierte gthH. Ich
■□ch sonst die Formen
3 VeiH 701 erscheint.
304 STROBL, ANGELSÄCHSISCHE STUDIEN.
dieß noch deutlicher erkennen. Die Lücke muß, das können wir bei
dem symmetrischen Bau schließen, den Zug der Ägypter in das Meeiv
bett enthalten haben, dem der Angriff auf die Israeliten gefolgt sein muß.
Wenn der gesammten geistlichen Litteratur der Angelsachsen der
Stempel des Volkstlittmlichen aufgedrückt ist, so geht unser Dichter
weiter. Er wählt aus der bei den Deutschen so beliebten Exodus den
ihm und seinen Hörern zusagenden Stoff, legt ihm einen Grundgedanken
unter und behandelt ihn auf seine Weise. Der Bibel gegenüber ver-
hält er sich vollkommen frei, er hat sie wohl nicht vor Augen gehabt,
dichtet aus Erinnerung. Denn nichts deutet auf eine unmittelbare Be-
nutzung der Bibel durch unseren Dichter.
Ebenderselbe Umstand erschien einem späteren Interpolator ein
Mangel. Ihm verdanken wir alle jene Stellen in welchen eine Vermitte-
lung mit dem Bibeltexte gesucht wird, die oft unglücklich genug (Vers
259 — 277) ausfällt. Demselben Streben verdankt auch die ganze zweite
Fytte ihre Entstehung. Der Interpolator, ein ziemlich nüchterner Kopf,
sucht seiner Interpolation durch Verwendung formelhafter Ausdrücke
den Schein des echten zu geben. Wie unglücklich er dabei ist haben
wir gesehen, die zweite Fytte verdankt ihm ihren unerträglichen Schwulst.
Wo er aus dem ersten Grunde keinen Anlaß zu Interpolationen hat,
bringt er dieselben oft bloß aus Liebe zum Pathos an. Von solchem
Schwulste ist freilich die Interpolation 259—277 frei und könnte man
daher zwei Interpolatoren annehmen. Doch da die zweite Fytte den
Schwulst zeigt, wie das Bestreben, aus der Bibel die vergessene Wolken-
säule und die Feuerzeichen zur Nacht nachzutragen, so werden wir
wohl sagen müssen^ in den Versen 259 ff. habe der Interpolator dem
Bibeltexte gegenüber in der Paraphrase der Rede seiner Gewohnheit
Zwang angethan.
Von diesem Interpolator ist aber jener verständige Kopf, dem
wir die Einleitung verdanken, zu trennen.
Erst bekam das Qedicht die Einleitung, dann folgten die Inter-
polationen, endlich wurde die Einleitung wieder interpoliert
In der Halle Heort
väs hearpan sveg,
svutol sang scopes. sägde se })e cüde
frumsceaft fira feorran reccan,
cväd {)ät se älmihtiga eordan vorhte
vlitnebeorhtne vang u. s. f.
Beöv. 89 ff.
STROBL, ANGELSÄCHSISCHE STUDIEN. 306
Wenn auch die Einleitung dem ursprünglichen Beövtdfliede nicht
angehört, so darf sie doch hier angezogen werden, um nachzuweisen,
daß schon früh an Höfen die alten Heldenlieder durch Lieder von
geistlichem Inhalte verdrängt wurden. Wenn mir also der Nachweis
gelungen sein sollte, daß in der ags. Exodus ein besonderes Gedicht
von den Schicksalen der Juden am rothen Meer sich erkennen lässt, so
wäre das keine ftlr die ags. Litteratur unerhörte Thatsache. Dem-
selben Jahrhundert — E. Müllenhoff setzt die Zusätze zu den Be6vulfs-
liedem wohl mit Recht ins achte Jahrhundert — gehört ein anderes
Zeugniss an.
Beda erzählt in seiner Earchengeschichte von dem Northumbrier
Cädmon. Dieser, ein Dienstmann des Klosters HeorteA^ des Sanges un-
kundig, flieht, als er einst durch die Aufforderung zu singen beschämt
war, in die Einsamkeit Im Schlafe erhält er die Qabe des Gesanges
und die Aufforderung die Schöpfung zu singen.
Eine Handschrift des Beda theilt eine Strophe northumbrisch mit.
Auch hier geistlicher Stoff, in jenen Kreisen, die einst das natio-
nale Heldenlied gesungen hatten.
Wir haben auch für die echten Theile unseres Liedes Benutzung
des Be6vulf nachgewiesen. Eine Benutzung der unechten Partien des
B. dagegen ist nicht nachzuweisen, denn eine gleich richtige Ver-
wendung des Wortes folctoga^ die imser Gedicht übrigens mit anderen
theilt, lässt noch auf keine Benutzung schließen. In die Zeit zwischeu
die Entstehung der echten Theile des Beövulf und die der Zusätze
wird also wohl unser Gedicht zu setzen sein.
Die echten Theile des Beövulf setzt es voraus.
Die Zusätze des Beövulf hinwiederum kennen schon die That-
sache der Verdrängung altnationalen Stoffes im Liede durch geistlichen.
MÖDLING, im Jani 1876.
GERMANIA. Neue Reibe YIII. (XX. Jahrg.) 20
CEDERSCHIÖLD
rE^^
ZDE TEXTKRITIK VON VIER ROMANTISCH
SAGA'S.
RiddaraaSgnr: PBrceTaUsaga , VAlvera)>fttr. IvEDtssaga, Mirmanasaga. Bermwg«geben
TOD Dr. Eugen Kstbuig. 8traDburg 1872.
A!a ich vor einigeri Wochen den Cod. Holm. 6, 4" — um einen
Theil desselben abzuschreiben — hieher nach Lund entlehnt hatte und
auf der hiesigen Universitfttsbibliothek benutzte, fiel es mir ein, za
vergleichen, wie Eölbing diese Handschrift, auf welche er seine Ao»-
gabe jener vier Riddarasägur gebaut, wiedergegeben hätte. Die Unter-
suchung wurde sehr bald von größerem Interesse, als ich es erwartet
hatte; ich habe sie deßhalb zu Ende: geftihrt und alles, was sich von
jenen Saga's in der Membrane befindet (nur mit Ansnahme einiger
schwer leserlichen Stellen) — also bis p. 165 Z. 16 bei Eölbing — mit
der Ausgabe verglichen. Was ich dabei aufgezeichnet, theile ich hier
meietentheils mit; nur bedaure ich, daß mir die Zeit nicht erlaubt hat
die Handschrift mehr als einmal zu durchgeben; es sind gewiß viele
Dingo meiner Aufmerksamkeit entgangen und VolIstKndigkeit kann
nicht erreicht sein; doch für die Richtigkeit meiner Angaben darf ich
einstehen, da ich die betreffeudeD Stellen mehrmals nachgeschlagen
und geprüft habe.
Th. MöbiuB hat in der „Zeitschrift flir deutsche Philologie" Bd. V
p. 217 — 25, eine sehr interessante und inhaltsreiche Anzeige der „Ridd-
araaögur"' geliefert. In der Regel werde ich die von ihm schon be-
sprochenen Punkte nicht berühren ; eine erste, allgemeinere Bemerkung
aber will ich an eine Autierung des hochverdienten Mannes ankntlpfeu.
Er sagt (a.a.O. p. 218): „Übersicht des Inhalts und Columnenflber-
Bchriften werden ungern vermisst. " Gewißt und Kölbing hat flberdieß
noch die Capiteltiberscbriften der Handschrift gänzlich aus-
gelassen. Diese sind mit rother Tinte geschrieben, zwar zum Theil ein
wenig verwischt, jedenfalls aber nicht undeutlicher als die zwei ersten
(ebenfalls rothen) Zeilen der Parcevalssaga , die Kölbing doch hat
lesen können. Die Überschriften der ersten Capitel der Parc. e. gebe
ich hier (meistens normalisiert) als eine Probe:
|Cap. n] Parceval kom fil Artus konungs.
[Cap. III] Parceval drap ratida riddara.
[Cap. IV] loTtet aegir konungi frä Parceval.
A
r
ZUR TEXTKKITIK VON VtER ROMANTISCHEN SAGAS- 30 7
[Cap. V] (Parceval) .... (p)rotta gada manni [= Rirceval
nam tpröttir af hinum göda mannt.'l.
[Cap. VII Äf gada manni oft Parceval.
[Cap. VII] Hai-nüölur jungfrüinnar [Ende nicht ganz Bichev].
[Cap. VIII] Parceval lalar mS meyna [Ende etwas undeutlich].
[Cap. IX] Frd Klamadlo konunffi ok hans mönnum.
[Cap, X] Parceval vann yfir Klamndiuvi konung.
[Cap. XIj Parceval k«m [ergänze: ti(\ konuiiga ok ßskimanns.
[Cap. XIIJ Pjrceval fretti [elwaa undeutlich] dauda nuSdur sinnar.
[Cap. XIII] Frd Parceval ok drambldta riddara.
[Cap. XIV] Kcei feldr af balä.
U. 8, W.
Diese Überschriften, die, wie man eieht, nicht alles Interesse ent-
behren, würden die Übers ichtlichkeit des StoSes erleichtert haben.
Kölbing hat sie nicht einmal erwfthnt.
Bevor wir zu unseren specielleren Bemerkungen übergehen,
sehiuken wir die Erinnerung voraus, daß wir für die richtige Classi-
fication der hierunten angeführten Fehler gar nicht verantwortlich sein
wollen; wenn wir einen Fehler, vereinzelt oder wiederholt, fanden, war
es uns oft unmäglich zu schließen, ob er vom Heraungrber oder vom
Setzer herrührte — - besonders da die Druckfehler so zahlreich sind,
was in einem Buche, das der Verfasser selbst zur „Leetüre für An-
fänger" (s. Vorrede S. I) empfiehlt, nicht wenig befremden muß.
Für Druckfehler also halten wir erstlich die folgenden ent-
weder mangelnden oder irrigen Längezeichen : 4" nalWiran (vgl. 64'*,
103", 108* 140*, ]45«J; — 13'* i; — 17'"';»« (auch 77'^ 79«. 131'");
— 18^» mer (ebenso 67^"); — 20^ folkü (vgl. 22"*, 23', 147'*, 154");
— 32' pär; — 57* halfdauda; — 66" hmkavad (vgl. 121'); — 77*
viUUi; — Tg" Ogn; — 80'* nand; — 84' Garit; — 86* Hvarrgi; —
lOe'UjÄTi;— 108*faima;— 108" «v«; — 108'* 6o^i"(,- — lOä" svik/a;
— 115' 6k; — nV^mltt (auch 118');— U8" fridley»i; — U»*" pinn;
— Ui*" jarngtafnum (vgl. 122'«, 128«); — 122"* »kdlf; — 125» intr0-
in; — 125'* pät; — 131'* rMr; — 146" akoe^inn; — 153* midti; —
157" eiUfrar (vgl. 157'»); - lfi4* pys; — 164'* Ifß.
Ferner 5'* raneaka lies rannaaka; — 9'* rinti I. hriiAi; — 32"
paU 1. pat\ — 38" (17/ 1. til; — 69* hvdra- \. hvärra-; — 69* Hin
1. Hinn-, — 69»" tjedi I. te-di; — 99* hefr 1. hefir\ — 104' pdra 1.
peirra\ — 107" afsetr 1. afsettr; — 110'" kwmi 1. keemi oder kvWmi;
— 115' värar 1. vdrrar; — 131" Öttadist 1. ÖttaStst; — 132" syst-
urr 1. ii/stur; — 140' giördist I. gjöriitt {vgl. 145'" ", 146'''" '",
20*
308 CEDERSCHIÖLD
156», 157'); — 161* gjäri 1. fl/ör*; — 162" os I. oss', — 165'** spahara I.
psaüara.
Soweit die Druckfehler. Obgleich zum Theil störend und viel-
leicht den Anfänger irre machend, könnten sie fast alle ohne Benutzung*
der Handschrift berichtigt werden. Schlimmer sind diejenigen, dem
Herausgeber zur Last zu legenden Fehler, die durch ein Zusammenhalten
des Textes mit der Hs. sich ergeben. Ehe wir dazu übergehen, theilen
wir, der Übersicht wegen, unsere Bemerkungen in folgende ftlnf
Rubriken ein: I. Die Orthographie; II. Stillschweigendes Corrigieren;
ni. Die Noten; IV. unsichere Stellen; V. Unnöthige oder unrichtige,
vom Hrsgb. nicht angemerkte Veränderungen.
I. Was die Orthographie der „Riddarasögur^ betrifft, hat Möbius
(cit Schrift p. 221) nachgewiesen, daß sie zum Theil allzu alte, zum
Theil allzu junge Formen darbietet. Wir wollen nur nachsehen, in wie
fem die Pflichten gegen die Handschrift erftlllt sind.
Daß man zuweilen im Texte ein Wort entweder auf eine von
der normalen Bechtschreibung abweichende Weise geschrieben oder
in zwei verschiedenen Formen findet, kann — wenn es auch mit der
von Eölbing (p. IL) ausgesprochenen Absicht, er wolle die Orthographie
normalisieren und durchaus einheitlich machen, nicht recht wohl stimmt
— doch gar keinen Anstoß erregen. Nur möchte man in solchen Fällen
gern glauben, ja, man hat das Recht zu fordern, daß sich der Hrsgb.
dem handschriftlichen Gebrauch jedesmal näher angeschlossen habe.
Dieß ist aber sehr oft nicht geschehen, wie wir es durch einige Bei-
spiele zeigen werden.
Die Präposition dr wird in A*) fast immer or geschrieben; ur
finde ich nur bei 40* und 112'* (vr hudkinü), vielleicht auch 12", wo
der Vocal imdentlich ist ; an diesen Stellen schreibt EL, wie billig, Ur.
Das handschriftliche Or behält er anfangs, wie 5', 6®, 8'*, 9', 14®, dann
beginnt er es in ur abzuändern, wie 18'*, 19', 22", 29«', 30«*, 34'',
50'*, bl^ «•, 52««, 58*, 59*, 60', 62^ 63'* '♦ (dreimal), 68'*, 70«^ 81*,
84'*, 85'*, 98^ u. s. w.; wieder lässt er das or erscheinen 116'*, darauf
ur 117", 119«*, und endlich ikr 142* {prlaum\ 147* (orÄfairdTar), 147*',
149", 155^' '*' '»u. s. w. Welche Verwirrung!
ei ftJr e, wenn ng folgt, ist in A die Regel; eng kommt — For-
men wie fengi 107'" (wo K. feingi schreibt; vgl. 68«*, 119'*, 126««,
150'), die wohl eigentlich e haben oder wenigstens gehabt haben, aus-
genommen — meines Wissens nur zweimal vor, in Mnga 20'* und
*) Mit diesem BucbsUben beseichnen wir mit Kölbing den Cod. Holm. 6, 4^.
ZUR TEXTKRITIK VON VIER ROMANTISCHEN SAGA'S. 309
lengi 110®; auch hat sich K. (s. p. L) entschlossen eing zu schreiben.
Wider die Hs. und seine eigenen Worte schreibt er doch eng 11**,
14*», lö**' **, 18«*, 23«*, 31* ifengü] das vorangehende gengit ist in A
verkürzt), ir\ 82«, 86«* ", 94", 106«, 114«*
A hat 6' beisl und 135«® brigzli-^ Ersteres, in dem s zu behalten
wäre, wird von E. beizly Letzteres, in dem z allein berechtigt ist,
hrigsli geschrieben.
Als Neutr. Part. Prät. des Verb, skilja braucht A skiU 11>«, 14»*, 26«*,
115««; diese Form ändert E. an den beiden erstgenannten Stellen in skilUy
lässt sie aber an den beiden letzteren stehen. (132« schreibt er mit A skäü.)
Die 2 Sg. Imperat des Verb, halda kommt in A in der Form
halt vor, 4^ und 58^; am letzteren Orte hat sie E. ganz unnöthig in
hald abgeändert
A lässt sehr oft die Endungen der 1 Sg. (Präs. Ind. und Conj.
nebst dem Prät Conj. sämmtlicher und dem Prät Ind. schwacher Verba)
mit denen der 3 Sg. zusammenfallen; statt diese (ziemlich jungen)
Endungen an den betreffenden SteUen entweder gar nicht oder überaU
zu behalten, hat sie E. zwar in einer Menge von Fällen stehen lassen,
die handschriftlichen Formen aber ek bidr 67', 95^®, 131*, geft* ek 113«
ek 86r 92", ek hefir 68", 81", 96", 103 '^ heyrdi ek 81«*, ek hefdi
82*®, ek vüH 126" gegen die gewöhnlichen normalen vertauscht.
Die Form bädi (statt des mehr tlblichen bcBdi) kommt in A 7«^,
109«», 123", 131«^, 147««, 149«, 151»«, 154" vor; nur zweimal, 149«
und 151^, hat es E. behalten.
E. scheint, wenn man aus der Note p. 63 schließen soll, die-
jenigen Formen in A, denen der u-Umlaut fehlt, behalten zu wollen;
warum also 28^ akömm (A: aka) schreiben? Skamm kommt tlbrigens
auch als Neutr. vor, s. Cleasby-Vigfüsson's Dictionary p. 565.
A hat 119' godziy 130«*» *« godz-, auf p. 130 schreibt E. göSz,
auf p. 119 aber gazi. (131«^, wo A gozinu hat, schreibt er gözinu,)
Die verschiedenen Formen des Wortes h^ott pflegt E. genau
wiederzugeben ; warum nicht auch mit A 154*, 158« i hraut und 64**
i broftu schreiben?
A hat femer: 146«« einshverjum eben so gut wie 151** einshverja,
— 147« eyi-endi wie 146**, 147». — 42", 43^ «• Saibaz wie 42*^ ",
43*«* "; — 126«* riokkiu, das nicht wie die andern Formen des Wortes
rekkja (64*^ ♦, 67«^ «», 70««) angeführt wird.
Das Obige mag genügen um zu zeigen, daß E. beim Normali-
sieren nicht selten mit einer Willkür verfahren ist, die ebensosehr den
310 CEDERSCHIÖLD
SachverBtändigen über die haudBchriftliche als den Anfänger aber
norniaJe Form in Ungewißheit lässt.
Über die Schreibart einzelner Wörter bemerken wir äberdie^.
Folgendes: A hat 25** ■pitiltiadögum, 75* pikiadögum, K. schreibt (wj
scheinlich nach Fritzner) pilcisd.; es scheint doch ziemlich sicher,
man (mit Vigfüßson, Dict p. 476) pihtcit- zu schreiben hat, denn
dem schwedischen „piHjst" (vgl. Pfingsten, pentacoste) erhellt, daß
in pikkis- eine der im Altn. tiberaus gewöhnlichen ABsirailationen aus
nk oder ng in kk vorliegt. — 77* hat A klokku-, von K. in klukku-
geändert; Vigfüason (Dict. p. 344) filhrt auch die Form klokka, und
zwar als die ältere, an. — 85" achreibt K, vag/all; warum sollte das
handschriftliche vatxfaU nicht eben so gut sein? — 103'* Vrient (_auch
96"), wie K, schreibt (A hat urient, 96" allerdings vrient), ist in nor-
malisiertem Altn. ein Unding. — 134* hat K. den kürzeren Dativ peaai
(A) ganz uunöthig in pessari verlängert — 136' 'völkurn (K.) ist eine
Form, die wohl nie existiert hat, denn die Dehnung des o vor l mit
nachfolgendem m, f, p, g oder k scheint von gleichem Alter zu sein
wie der «-Umlaut des a in ö (s, K. Gialitson: Forandringer af Qvan-
titet' i OldnordiBk-Islandsk, in den „Aarböger for Nurd, Oldk. og Hist."
1866, p. 24S); man hat also das volkfi (A) mit välkum wiederzugeben
(uo steht ftlr vd, wie gewöhnlich; vgl. Rölb. p. L).
IL Offenbare, leicht zu berichtigende Fehler der Hb. hat K. bei
corrigiertem Texte manchmal in den Noten angeführt, ebenso oft aber
nicht. So bat er 27 *), 100*), 140=), 150") u. ö. mitgetheilt, dali ei-
Wörter von A gestrichen hat; er hat aber vergesaen zu sagen, daß A.
32" at sönitu zweimal (erstes Mal am Ende der p. 49b, letztes Mali
im Anfange der p. 50a) hat, 61** porir zweimal, 95" pin zweimal,.
102^ gü /umn hin frida. Dali in A Wörter übersprungen sind,
3"), 5')'), 6'), 8'), 14';, 15'), 16^), 17 ') u. ö. bemerkt, aber nicl
betreffend 62"* pd gikk hann, 66' kerra Valver, 106' pviat han\
hafdi sagt. Sonstige kleinere Fehler werden angeführt z. B. 14
30*), S.-)"), 36«), 44 '), 66 •), 123-''), 141 '), 145 ») *), 155 ') •); nichi
bemerkt wird, daß A hat: 3"* Bvinnin für meitininn, 13' Aueren
hvernin, ll"' fngur f. fagrt, 23" synyz f. synial, 2A^ j gudt fnd £
guda fridl(7), 24« hafthafa, ZV undarlik i. undarligt, 38"» Aönui
f. kottungsinS, 49' heimnum oder heminum f. Aefminum, 57" hino t. hü
63* ok gkildinum f. oT ikildinum, 86 ' akildinnir f. skildirttir, 9!
f. kifik, 95' ef ef f. e/ ek. 95'* ath pu 'fyrtr laief f. fyrirJätir
janfmiok f. jafnmßk, 112" mer «er f. med ser, IW lyrbd f. byrfft
124»» gtfiRi f. slfUi d. i. starrt, 125" ««■ f. var, 141* Uuig f. ianj
die4^|
dad^l
Lv
ZUR TEXTKRITIK VON VIER ROMANTISCHEN SAQÄ'S. 3U
\ib'* jaß>eli. jajnvel, 146'* komirriar f. konunaar, lÖö'" fftodi i.gjürdi,
161'* hejfri f. hfyra.
Es dürfte nicht ohne Bedeutung «ein, wenn Fehler wie diese —
man könnte sie „lapBus calami" der alten Schreiber nennen — in den
Ausgaben exact belegt werden. Denn, auch davon abgesehen, daÜ
ein Bolcher Fehler dann und wann auf mehr als eine Weise (und zwar
auf eine besaere als diejenige, welche sich zuerst darbietet) berichtigt
werden kann, oder daii er bisweilen von einer wirklichen, wenn auch
irrigen Aussprache herkommt (dieli ist vielleicht der Fall 86' und 146'*,
s. oben) — haben diese lapsus fiSr die Textkritik ein ganz besonderes
Gewicht dadurch, daß sie oft bei der Behandlung von Stellen, die
weniger leicht zu corrigieren sind, als ein trefTIicher Leitfaden dienen
können*). Um hier nur ein Paar Beispiele anzuführen, w&ren die Schreib-
art byrbd für hyrgd (s. oben) zu brauU ftlr grauü (30"; h. K. Berich-
tigungen p. 219) und das janfmiok (s. oben) nicht nur zu daulizat f.
dvalizt (s. 123'* und Note 3), Bondem auch zu ofranad f. iSfarnad
(159"; 8. MöbiuB p. 223) gute Seitenstilcke gewesen.
III. Bei denjenigen Änderungen des Textes, die nicht zu den oben
bcBprochenen gezählt werden können, hat K. meietentheils in den FuU-
noten die handschriftlichen Lesarten angegeben; in so fem diese richtig
mitgetheilt sind, brauchen wir uns dabei nicht aufzuhalten, denn in
Bolchen Fällen kann der Leser ohne die Hb. selbst zu sehen über die
BefugnisB der Änderungen urtheilen; auch hat Möbius schon bezüglich
mehrerer Stellen erwiesen, dali die Lesarten von A zu behalten sind**).
Was wir zu zeigen haben, ist, daß K. einigmale in den Noten die Les-
arten falsch oder ungenau angegeben hat.
*) Eine geecbickt EDSunmengeBtellte Statistik der lapsos cklflmi der sHinmt-
lichea situ- Hacdacbriflen wOrde in det Hsnd des Teitkrilibera ein sehr nQtElicheB
HilfabQch aetn. Wir zweifeln Dicht, daß das BedUriniu in der Zukunft eine Arbeit
dieser Art veranlaasen «erde.
•*) Wir köDUBD nicht umhin nebenher noch ffir die folgeoden Stclleo dio Les-
arten der Hs. lu vindiciereD xn Buchen. 6" Hann kytti hana p6 at 'namlga (K. iadert
in nari^H), vgl. Clea^by-Vigfiisson's Diet. p6 B III, 2, wo das Beispinl g^ pA mir pö
Ol üveräagri (da miM qaamvis indignte) ans Scjäm iDgeHIhrt wird. — 63' dfirile wähl
das peim riclitig sein, nur muß uwu so interpuagieren : ok man ^«m ikmilan piklcji
Ol, Ainum /offTum mtipum, er elo. 79'-' kann man sehr wohl mit Aleaen: Etpv hajdi
kann apiti ok itman hart vaxin n& o<itr mwnnr letn d leini; ein solchei
Wechsel der Casus ist gar nicht selten; vgl. z. R. Njila (Kphfo. 18T6) Cap. 31 Z. 34
bis 26: kenaingr gaf tiämm ti^narkladi itn ok gld/a gtäl/jaUada ok i/tarfiand — ek ffutl-
knätar A — ok katt genkan, Bandamanna saga (Land 18T4) T" haf-1i bipu tvarta o~
tbi «mr A, 12" ' par t«l tk f^tt »omt Snarra go/Ca tSa «,yn<r porgilt Artuanar ete.
1
I
312 CEDER8CHIÖLD
So finden wir an vier Stellen, daß die Hs. eben das in den Text
aufgenommene bietet, E. aber ihr Anderes beilegt 42*^ hat A kauper^
das -er durch einen Querstrich unten am p angegeben; diese nicht
seltene Verkürzung des (lateinischen) Wortes oder der Silbe per kommt
auch 165" vor, wo es von K. richtig gelesen wird. — 131* steht in
Afaair] das r ist ganz wie in ifiddarar (131') geschrieben. — 152**
wird kann nicht von A ausgelassen (das ok aber, das E. dem Aann
vorangehen lässt, findet sich nicht in A). — 154* schreibt A ^yrir
f^yCmduni] das r ist also nur erst vergessen, später hinzugesetzt; von
dem *far ist keine Spur.
12*® hat A mikil amrrekendr; E. hat das erstere Wort ausgelassen.
— 14** hat A nicht nam sondern ndm; ich leugne nicht, daß die Hs.
d (cia, da) sehr oft statt a braucht; doch scheint d {aa, da) mit der
Geltung d bei weitem vorwiegender zu sein; so gefasst giebt es auch
hier eine gute Lesart: ok ndmfdss alikt at nema, — 32*' hat A nicht
hvar sondern hvor d. i hvär. — 68* giebt E. Jur als die Lesart der
Hs. an; A hat doch JuRy was wohl zunächst Jurr repräsentieren
muß. — 130* hat A mcytaj />eirra; der Schreiber hat also erst Plur.
gemeint, dann das erstere Wort zu Sing, berichtigt, bei dem letzteren
aber die Berichtigung vergessen. — 162^ schreibt A annat hvort, nicht
annathvdi4h.
IV. In den Fußnoten wäre der Platz gewesen auch solche Stellen,
die zu mehr als einer Deutung veranlassen, näher zu besprechen,
und zwar die in jedem Falle möglichen Erklärungen anzugeben, damit
der Leser selbst wählen könnte. Besonders an den folgenden Stellen»
die wir zum Theil anders als E. auffassen, hätte^ glauben wir, dieß
geschehen soUen.
4^ 'Fcer pü sigrat E.; A hat Faer, ae statt ce (f, e) habe ich an
keinem Orte in dieser Hs. gesehen ; dagegen bedeutet das faer fair
(wie auch E. schreibt) 23** (Adj.), 34«« (Verb), 146*« (Verb). Man
könnte hier Bedenklichkeiten gegen den Conjunctiv hegen; ganz un-
passend wäre er doch nicht: die Mutter will vielleicht die Un Wahr-
scheinlichkeit der Bedingung hervorheben (vgl. Z. 14, 15 ofveykr
verdr pü i vdpnaskipti] s. übrigens Lund, Oldnordisk Ordfbjningslsere
§. 118, p. 306). — 12* rann 'yfirmikluni straumi E.; mir scheint es, A
habe vielmehr mz, d. i. med, miklum; doch sind die Züge allzu ver-
wischt, um die Lesart sicher festzustellen. — 14*' fyllandi E.; ich kann
nicht anders sehen, als daß in A fuUandi steht. — 15« Etgi hersC svd
at gera E.; das Wort kann auch (vgl. E. p. LH, 2) berr (= oportet;
vgl. Vigfiisson's Dict bera C III) gelesen werden, was gut passt; was
ZUR TEXTKRITIK VON VIER ROMANTISCHEN SAGA 'S. 313
die reflexive Form hier bedeuten soll^ ist mir nicht klar. — 32*^ Hai
K.; das Wort ist in A undeutlich, scheint aber Ho (d. i. H6) zu sein
(das H ziemlich breit geschrieben). — 35^'' P^or hon'kemr i karlmanm
leik E. ; man kann auch kernst lesen. — 84^ giebt K. an, daß in A stehe
*e1c vcenttr mik, und will statt dessen ek vcenti lesen; mir dünkt es,
daß A ok vcenttr mik habe; das o ist jedoch nicht ganz wie gewöhnlich
geschrieben. — 114** at eingi riddari 'stendr hdnum K.; das Wort kann
ebenso gut stendst gelesen werden, wie es B hat und die Bedeutung
fordert (vgl. 131«* und Vigf. Dict standa C, 2). — 149" Bceringr K. ;
A hat Boemigr] doch kann der das t bezeichnende ,,broddr^ etwas ver-
rückt sein (wie 25^, wo A jungfrxxin statt jungfrnni schreibt). Der Name
des Jarls kommt in A sonst nicht unverkürzt vor. — 162* 'Hverr er
sd madr hSr med os [d. i. oaa] er petta hefir gj&rt E.; zwar scheint in
A zuerst hu (d. i. hverr) geschrieben zu sein^ dann ist aber über der
Zeile ein t zugesetzt (dessen Platz durch ein Komma nach dem u an-
gedeutet wird) und das Eürzungszeichen ^ rechts mit einer Erümme
versehen^ wodurch es wohl in o verändert sein soll ; man hat also hu*t
(= huorty hvdrt) zu lesen.
V. Wir kommen jetzt zu der wichtigsten, wie auch der letzten
Classe unserer Bemerkungen. Denn das Folgende ist eine Sammlung
von Stellen, wo der Text der „Riddarasögur^, ohne daß dieß nur mit
einem Worte angedeutet wird, von der Handschrift ganz unbefugt und
unrichtig abweicht Es scheint uns genügend die Lesarten der Hs. in
der Regel normalisiert anzuftihren.
8** ** afla aSr üpokka ok ''svivirdiru/' E.; A hat gvivirdingar (Ge-
nit.). — 17* vid 'framferdar pinar E.; A hat framferdlr. — 31'° Hann
reid pd *af stadnum E. ; A hat hrctt af etadnum. — 31 *• Pd var ^trygi
Pat er nü er ^hryg( E. ; A hat trygd und hrygd (Substantiva). — iW
*LX^ mÜna E.; XL A. — 35«* fingrguU "eii£ E.; mUt A. — 38" Parc-
eval ^leii sem hann heyrdi ekki hvat hann eagdi E.; in A steht lett,
d. i. let {Ut sem = er that wie); dieses lett kommt auch 35* '^ 63*,
97», 102", 103', 106»«, 112», 136», 142»^ " vor, wo E. es richtig durch
ist wiedergiebt. — 38^ at hinn kom nidr E. ; A hat am Elande fjarri^
dessen Platz in der Zeile durch ein Zeichen nach kom bezeichnet wird.
— 48 *• meyjar ok konur gingu i vigskörd ^borginnar (\) E.; A hat 6or-
garinnar. — 57* Nü hefr upp E.; Nü hefr hir upp A. — 64*' • hjö mar-
liga til leöntinß ok af hdnum ^höfu^ ok ^foetmar (!) E. ; A hat höfudit
ok foetma, — 65* hat A vor Aldri die (von E. übersprungenen) Wörter
drottning mceüü — 65*' at sönnu vdrum vSr ^heimskar er letum hann
brott faraK.'^ A hat pä heimskar er. — 68^ schreibt E. hjd 'okkar
314 CEDER8CHIÖLD
einvigi, die Hb. hat aber oek° (= ochro = okkru); ebenso hat K, 131'^ ',
fyrir 'okkar' skyld, wogegen in A okk' steht, was nach der gewöhD-
lichen Schreibweiee okkra bedeuten muß. Bei diesen Fehlern imd t'ei
den Sehreibarten K.'b 133' dimandi 'ykkar (A: ykk, wie auch 133%
wo doch K. ykkarr schreibt) ok allra 'j/dvar (A: ydu'), 135'"'yJ«nr*
(A: ydu') hiisböndi und 145" hvdrr 'okkar' (A: okc'\ vgl. auch 184*
«>m 'yd<iir, von Möbiue, cit. Schrift p. 223, zu t/darr berichtigt), —
kann man nicht umhin zu glauben, daß K. doch auf das. was er vom
Gebrauche des Genitiva des Personalpronomens statt des Possessivs
(s. Kölb. p. LH, LIII) in zwei ziemlich unzuverlässigen Ausgaben ge-
funden hat, allzu großes Gewicht legt*) und von seinem Versprechen
(a. a. 0.) das Possessiv beizubehalten abgegangen ist. — 70'*" " kefir
m'dr hrotil »vd 'lägt' pina angrteii K. ; A hat langt. — 79'6-'s kxikendi
er »vd vdru 'oiin ( .') ok vidras K. ; A hat oüm d. i. 6lm. — 83* *
at aldri 'kaemt madr fyrr padan K. ; A hat kvcBmist; — 85""" nvxUutt
jfveir med'miklum ok opinbenim fjdndakap [richtiger jjandafoip], sem hvdrr
cetti ödrum danda sök at gefa K.\ A hat svä miklum. — S?"" " ¥ßr
pvi klidi var di-egin ein fellikurd K,; dregin upp A. — 94' vildt hon
K. ; A: vtldi hon pä (zuerst p6 geschrieben). — 95""* Mterin vialli:
Nu ef tveir riddarar hurkleedast lil hardaga ok matael, hvdn- fieirra hyggr
pü at vildari se, ef einn väp»M(ekir annan ok sigrar? Sd synist. mer vil-
dari, aagdi früin, 'm kinn «■ yfir verdr kominn K.; A hat aber'er «nn\
wodurch es leicht ersichtlich wird, daß das Wort sigrast ausgefallen ist;
man hat also (mit B) Sä .... er sigratt enn himi er etc. zu lesen. —
96'*— 97' samir yfr at spyr/'a pd [d, L „Eure Mannen"] rdda um konung-
inn er hingat er d ferd, hvar (falsch; A hat hu d. i. huerr] til er at
halda indum [sie! statt itidum\ ydrvm ok verja kelduna; ok seg peim lU
einn riddari fragr ok eettgödr 'bidr ydar ok viü ydr püsa K.; A hat
hf/dr ydr [sc. petta oder at halda tidum ydrum ok verja keldunaj. Hier
ist die Stelle zu bemerken, daß K. auch 49'' und ü2^ gegen die Hb.
htit statt 6|/J achreibt. — 97'* vied svd 'margkdttudum (l) starß. K.; marg-
hdttudu A. — 97* tjär 'pat' n«. ekki leingr at legnast K. ; A hat pe^i: —
104'' * Vor nü pangaf lodit bükupum ok haninum 'ok jörlum ok riddarum**)
K.; in A kann ich das ok (vor jörlum) nicht finden; der Wohlklang
L.
<) Daß in&n jeneo Oebraaeb in den Papierhs. des 17. nnd dea 18. J&hrh. findet
(wie in der Thai der Fall ütl , kann natllrlich fQr die Kritik diwer Teste Keiug Be-
deatnng haben.
•*) Diese incorrecte Form, statt riddnrum. begegnet nnafancb 4", 5", 18", 24'".
36". «", «'• (Eweimall, iZ'' '" ". 51", 101'*, 108'*, lOB'' ', 134'^j rüUwrun aohreibt
K. l&l", 15!", tea") A hat du Wort Überall verkamt (A*-).
ZUR TEXTKRITIK VON VIKK ROMANTISCHEN eAGA'S. 315
gewinnt aucb, wenn es wegbleibt und die allitterierenden Wörter bük-
uptim ok barünum ein Glied bilden; vgl. übrigens Lund, Oldnordiek
OrdftijningBlffire §. 156 p. 404-405. — 104'* '* gvd vandh'na föru 'par
mud kdntim hana riddarar, at eingi tat eptir K,; A bat peiu: — lOJ)"' "
Nu sendi hon pi-r pau ord (U pü oüir henmtr aldri 'eptir K.; A hat
Oplar. — 113*' ^ pd var kann vordinn svd 'matkais», at kann gat äui
gengk K. ; mättlnuss A; vpi. 179* 'tnatUiill', von MöbiuB (p. 223) zu
mättlilill berichtigt. — 11418-1B p^ f^j^ kann spjdtit ok /traut svd morg
fyrir simint livinum at 'fiU tiu hundrud' [das Verbum in Sing. !] fyrir
fttv;WK. ; A bat vel XC; hiernach ist wabrecheinlich vdru (das ge-
wöhnlich v' geschrieben wird) aasgefallen. — 129*' " 'pa var aem peir
heiddust K. ; A hat nicht pd, sondern p, d. i. pat, das jedoch von einer,
wie scheint, späteren Hand in p', d. i. par geändert ist. — 134"'- ™
gangari ..... st4 hon upp d Kann ok reid Hl er kann kom til keldunnor
K.; A hat Aon. — 140* fdr ir vamma 'vam K.; A hat vanr. — 142'' *
ok vari 'mikif betra al pü ka-mir ekki i heim K. ; obgleich in A der obere
Theil der beiden letzten Buchstaben (das Wort steht am Ende der
ersten Zeile der Seite) abgeschnitten ist, kann man sehr wohl sehen,
daß der letzte O iet; hieraus ist leicht zu folgern, daß man myklo, d. !.
miklu, zu lesen hat. — 143*' ' ok var kann pd 'XIII' vetra gamallK.-.
A hat XIIII (da.B dritte / ist um ein wenig kürzer und das vierte er-
mangelt des „brodd"); vgl. 142'^ er nü sveinn XIII vetra und 143"' ■
miidir hang Ut kann fiö vera heima um vetrtnn. — 144** 'Udu fram nökk-
itrar Hundir K.; A hat Udi, d, i liddi, hier unpersönlich gebrancht;
8. Vigf. Dict. lida B I, 2. — 145" ' Mikili pokki' er m4r ä gddvilja konangs
K.; A hat mikÜ pake, d. i. mikil pökk. — 146" pesau K.; pvisa A. —
147 "■ '" Svd lidr nü fram at peirrt stiindu «■ til var 'eetla^ K, ; A hat
alht, d. i. eetlud. — 147**-» ,,j,j. p^j, p^ dyrlig veizla, er Hlödver konungr
vettti bruUaup sitt ok stdd ' Vllf daga K. ; A hat VII. — 148* 'vdnum'
brddara K. ; A hat vonu, d. i. vdnti; ein dunkler Fleck des Pergaments
über dem u hat wahrscheinlich den Irrthum K.'s herbeigeftlhrt. —
148'= um hinar amceri 'iprdttar K.; ipröttir A. — 152»*- ^ setÜtit Mir-
mann ncer jarli ok 'Brigidu mddur hon» K.; A hat Bg' mod\ d. 1. Brig-
ida mödir. — 155' add. A nach pik: s. JH., d. i. »egir [oder gagdi]
Mirmann. — 156* 'er kann drap K. ; A hat pä er. — 158 "'' " a^ti kjdlm-
inn '»"(.') h^ßid aer K.; ä A. ~ 160'*— 161' En peir gdfu aüir eitt rdtt
til, at kann kaüadi üt her ainn ok fcei'i i mdti Baering jarl, ok 'hardigC
vid kann ok yrdi etc. K.; herdist A. — 163' hvdrkln K.; kuorki, d. i.
hvilrki A. — 163*^ /.o( Ugg ek d miakvnnarddm allrndttiga |9ic!J g^tda
'er ek vil pjona K.; Ä hat pesa (zuerst vielleicht pelm geschrieben) er.
316 CEDERSCHIÖLD, ZUR TEXTKRITIK VON VIER ROMANTISCHEN SAGAS.
Was nun die Schreibart allmdäigs betrifit, hat K. augenscheinlich nicht
gewusst, daß man (wie bereits Rask, ^Vejledning til det Islandske eller
gamle Nordiske Sprog", Ebhvn. 1811, p. 153 bemerkt) zwischen den Prär
fixen al' und all- so unterscheidet, daß al- ^^all-^, vollkommen^, all- aber
^sehr** bezeichnet. Auch in A kann man diesen Unterschied wahr-
nehmen, denn die Hs. hat hier und 164'® (wo das Wort doch zu alM
verkürzt wird) almdtttgs („des allmächtigen") und dagegen 30** oW-
margir („sehr viele"), 145* allvel („sehr wohl"), 146*® allvitr („sehr
klug**), 146*' allfdr („sehr wenige"), 151** allnaudigr („sehr ungern");
daß aber A 142*^ almikit statt all- und 143^ almargir statt all- hat,
kann in einer Hs., die so häufig einfachen Consonant ftlr doppelten
braucht (vgl. Eölb. p. LII), nicht auffallend sein. Obwohl also aus der
Hs. selbst die verschiedenen Formen der beiden Wörter ziemlich er-
sichtlich sind, hat K. 163^ (vgl. oben) und 164" allmdttig8y 30'* und 143^
almargir, 142''' almikä, 145l^alvel, 146« aJvÄr, 146*» ai/ar und 151** ajnau*-
igr, also überall unrichtig geschrieben. — 163** at svd 'hüif K. ; A hat
buno, d. i. bünu. — 164*'» ** er pü porir at 'berjd vid mik K. ; A hat berjasi.
Wir enden hier. Zwar wäre noch hie und da etwas hinzuzufügen
und wir sind überzeugt, daß eine wiederholte Vergleichung der Hand-
schrift mit dem Texte der Ausgabe zu nicht wenigen neuen Bemer-
kungen Anlaß geben würde. Das schon mitgetheilte mag indessen ge-
nügen um zu zeigen, mit welcher Unachtsamkeit der Herausgeber beim
Benutzen der Handschrift zu Werke gegangen ist Daß ein solches
Verfahren höchst tadelhaft und schädlich ist, braucht hier keine weit-
läufige Beweisführung. Die Handschriften bilden ja die wichtigste und
fast einzige Grundlage der ganzen Sprachforschung und da dazu
kommt, daß nur sehr wenige Personen die Gelegenheit haben dieselben
zu benutzen, die meisten aber auf die auf die Handschriften gebauten
Ausgaben verwiesen sind, so kann man mit allem Recht fordern, daß
diese mit der äußersten Sorgfalt und Genauigkeit ausgearbeitet werden.
Ja, da es einerseits unmöglich ist vorauszusehen, ftlr welche — jetzt über-
sehene — Punkte eine künftige Sprachforschung Beweisstellen suchen
werde, und da andererseits die Handschriften gegen eine Vernichtung,
wie sie die Eopenhagener Bibliotheken im vorigen Jahrhundert betraf,
keineswegs gesichert sind, so wäre es wahrlich zu wünschen, daß von jeder
werthvolleren Handschrift neben einer normalisierten Handausgabe ent-
weder eine photographische Abbildung oder doch ein recht genauer Ab-
druck besorgt wäre. Man setze nur den Fall voraus, daß der Cod. Holm.
6, 4*" gleich nachdem die Ausgabe von K. erschien, auf irgend eine Weise
A. EDZÄRDI, EIN LITAUISCHES SIGFRIDSMÄUCHEN. 317
der Zerstörung heimgefallen wärel Könnte wohl die Ausgabe einem Gram-
matiker, Lexikographen, Textkritiker für die verloren gegangene Hand-
schrift vollen Ersatz gewähren? Und wenn ein Sprachforscher dann
z. B. in den Formen 'borginnar 48** und ^hvdrkin 163^ neue Anschlüsse
an*s Altschwedische zu sehen geneigt wäre; oder in ^okJcar 68^ und
131^ eine Ausnahme von einer syntaktischen Regel oder in *olin 79^® ein
wirkliches, sonst nicht gekanntes Wort u. s. w., wer wäre im Stande ihm
dieses zu wiederlegen? — Wohin auch ein Verfahren, wie es K. in
„Riddarasögur" zeigt, immer leiten mag, wissenschaftliche Wahrheit
bleibt dabei ein unerreichtes Ziel, Es soll die Absicht des Herausgebers
sein , der romantischen Sagen noch mehr herauszugeben. Zweifelsohne
ist es von großem Gewicht, daß sie allgemein zugänglich gemacht
werden ; aber wenn sie in derselben unzuverlässigen Form erscheinen,
wie das eben besprochene Werk, so wird der Nutzen im mindesten
ein sehr zweifelhafter werden.
LUND, Mai 1876. GUSTAF CEDER8CHIÖLD,
EIN LITAUISCHES SIGFRIDSMARCHEN.
So weit mir bekannt, ist noch nicht darauf hingewiesen worden,
daß von dem bei Grimm unter Nr. 60 gedruckten Märchen „Die zwei
Brtlder^ eine in manchen Pimkten ältere Gestalt sich im Litauischen *)
erhalten hat, welche in Schleichers Lit. Lesebuch S. 118 abgedruckt ist.
Von dem hörnenen**) menschen (Aus Eurschen).
Von den beiden Sagen, die in dem deutschen Märchen zusammen-
gewachsen sind***) — der Sage von Sigfrid und der von den Blutsbrüdern
— enthält das Litauische aber nur die erstere, und auch diese nur
theil weise; sie berührt sich hierin und in andern Punkten am nächsten
mit der bei Grimm III, 104 angeführten Erzählung aus Zwehrn, die
ich mit Z bezeichne. Das litauische Märchen, welches ich in Über-
setzung gebe, beginnt also:
*) Grimm, Mftrehen III, 106 weist eine weite Verbreitung dieses Märchens in
andern Sprachen (indisch, dänisch, schwedisch, flämisch, walaehiseh u. s. w.) nach»
der litauischen Gestalt erwähnt er aber nicht.
•♦) raginis.
♦♦*) Grimm, Märchen HI, 104.
318 A. EDZARDI
Es war einmal ein Mensch, der hatte drei ELälber [Z drei Ziegen],
und er gieng durch einen Wald mit den Kälbern nnd traf einen andern
Menschen, welcher drei Hunde hatte, der sagte: „Wir beide wollen
tauschen; ich will dir diese drei Hunde geben und du sollst mir die
drei Kälber geben; die Hunde werden dir aus jeder Noth helfen'',
und da tauschten sie [$o auch Z]. Damach gieng der mit den
Hunden und kam zu einem Hause, und er gieng hinein, fand aber
keinen Menschen, und als er sich umsah, da bemerkte er in der Stube
eine Flinte (puczka), einen Säbel und eine Flasche (pl^zka).
In Z giebt ihm der Jäger^ van dem er die Hunde ertauechJt, Büchse^
Hirschfänger, Pulverhorn und Ranzen. Donneret geht er, die ver-
schiedenen Thtere werden seine Diener und er findet dann ein Haus tm
Walde, too er ein weder im deutschen noch m litauischen Märchen er-
zähäes Abenteuer mit zwölf Spitzbuben besteht. Darauf kommt er in die
Stadt, und von hier ab stimmt Z im Wesentlichen zum Märehen Nr. 60,
bis auf den Schluß, s. Orimm.
Als er die Flasche erblickte, versuchte er auf den Finger zu
gießen, um zu erfahren, was darin sei; sowie er [aber] auf den Finger
goß, da tiberzog sich der Finger mit dem öl, und der Finger
ward wie Hörn, und er konnte weder mit dem Messer noch mit
dem Säbel das Hom abschneiden (abschaben). Darauf nahm (goß, eme)
er das Öl aus der Flasche und wusch mit demselben seinen
ganzen Leib, und er ward am ganzen Leibe wie Hom. Und
darauf nahm er Flasche, Flinte und Säbel (zusammen) und gieng in
eine Stadt, die war ganz mit schwarzem Tuch (Scharlach, sz^rlokas)
ausgeschlagen fj^mit schwarzem Flor überzogen^ heißt es im Märchen
p. 247].
Er geht hinein, fragt nach dem Gh^nde und erfährt, es sei deßhalb
geschehen, weil der König jedes Jahr eine seiner Töchter einem Drachen
geben müsse und jetzt werde der Drache wieder eine Tochter erhalten.
Sie ist schon gebunden und soll ihm am Morgen zugeführt werden. Der
Hömene erbietet sich, dem Könige seine Tochter vom Drachen zu befreien^
der König verspricht in diesem Falle sie ihm zur Gattin zu geben*).
Darauf gieng er auf den Berg, wohin der Drache zu kommen
pflegte (ateidavo); dort war aber ein großer Stein; den Stein bestrich
er mit dem Ole. Wenn aber der Drache heranflog, pflegte er sich auf
den Stein zu setzen und des Wagens zu warten, auf dem des Königs
*) «Der Könige hat dem, der den Drachen besiegt, seine Tochter cor Fraa Ter-
sprechen** Qrimm, p. 247.
EIN UTAUISCHE8 SIGFRIDSMÄRCHEN. 319
Tochter heranfuhr. Und als dießmal der Wagen heranfuhr und schon
nicht fem von ihm war, da konnte er nicht aufstehn, sondern hob
den ganzen Stein mit in die Höhe.
Zornig atkmet der Drache Feuer (wie im Märehen, im lAL zwölf
Ma/ierlange F%arnmen). Der Hömene sdUägt ihm mit vier Hieben aUe
ooölfKöpfe ab.*).
Darauf band der Mann das Fräulein los und fuhr heim; aber auf
der Fahrt schlief er ein, denn er war sehr mtlde geworden von der
großen Anstrengung.
Als er eingeschlafen, will der Kutscher ihn tödten und droht dem
Fräulein, welches schreien will, mit dem Säbel. Er wirft den Hömenen
aus dem Wagen, vergräbt ihn und droht das Fräulein zu tödten, wenn
sie nicht schwöre, daß er sie be/xißit habe. Da schvnhi sie es. (== Grimm
60, p. 250; nur schläft dort der Jäger auf dem Berge ein und der Mar-
schall tödtet dort den Schlafenden. Offenbar liegt in der litauischen
Überlieferung an dieser Stelle eine Vergröberung vor.) Durch die Hunde
aufmerksam gemacht** )y gräbt ein Mensch den Vergrabenen wieder aus und
findet ihn schlafend. Und er wusste da nicht, wo er war. [Ahnlich
Grrimm 60, p. 251]
Er geht in die Stadt und schickt einen Brief in einem Schnupf
tu che (sznüptuks)^*), durch einen der Hunde, welc?iem er dasselbe um
den Hals bindet^ zum Könige. Da häU gerade der Kutscher Hochzeit mit
der Königstochter. (Bei Grimm ist inzwischen ein Jahr vergangen.)
Der Hund gieng hinein zum Fräulein und legte (uzsideda) den
Kopf auf ihr Enief), und sogleich erkannte sie ihr Schnupftuch und
fand den Brief, und so erfuhr sie, daß jener Mensch noch lebte.
Sie schickt auf demselben Wege einen Brief zuiiick. {Bei Grimm
werden die verschiedenen Thiere einzeln geschickt.) Der Hömene bemerkt^
daß die Stadt nun mit rothem Scharlach ausgeschlagen ist ff), erfragt
den Grund, geht zum Könige und fragt das Fräulein: ^Wer hat dich
*) Mit den beiden enten Hieben je fQnl Bei Grimm hat der Drache sieben
Köpfe; mit den beiden ersten Hieben werden je drei Köpfe, mit dem dritten der
Schweif abgehauen. (Letzteres ist ein echter Zug.)
^*) Auch bei Grimm wird der Getödtete durch die Hülfe seiner Thiere wieder
lebendig. Im Litauischen ist nicht ausdrfiklich gesagt, daß er getödtet seL
***) Hierin findet sich der Zug des Grimmischen Märchens wieder, daD die Königs-
tochter ihr Taschentueh mit dem Namenszuge dem Jftger schenkt, der die Drachen-
sungen in dasselbe wickelt (p. 249). Daran wird er sp&ter als ihr Befreier erkannt
t) Hübscher oad wohl Alter als „kratzte sie am Fuße" bei Grimm.
ff) Ebenso bei Grimm p. 261 unten.
320 A. EDZARDI
befreit, ich oder der Kutscher?^ Sie antwortete: ;,Da^ und erzählte
ihm alles etc. Uie Königstochter geht hinein und sagt: „Ich verlor ein-
mal von meinem Schreibschranke (kont6ra) den Schltlssel und ließ
einen neuen machen , da aber fand ich den alten Schlüssel wieder.
Welcher wird der bessere sein, der alte oder der neue?^ Da sagten
alle: „Der alte ist besser^, und so sagte auch der Kutscher. Darauf
führt sie den Hömenen hinein und sagt: „Das ist mein alter Schlüssel,
den ich verloren hatte. ^ Der Kutscher wird getödtet [wie hei Orimm
p. 257].
So das litauische Mftrchen. Es liegt auf der Hand, daß hier eine
in vielen Punkten ältere Gestalt des Märchenstofies vorliegt Nament-
lich ist aber das von der Erwerbung der Hornhaut Gesagte wichtig
und die Übereinstimmung mit der Sigfridsage in diesem Punkte am
auffallendsten. Die drei Hunde sind, wie mir scheinen will, ursprüng-
licher*) als die verschiedenen Thiere, die wohl eine märchenhafte Aus-
schmückung sind. Überhaupt fehlen die besonders märchenhaften Züge
— das Sprechen der Thiere, das Anheilen des abgehauenen Kopfes
durch ein Zauberkraut und damit die Wiederbelebung des Todten u. a. —
im Litauischen. Die Benachrichtigung durch den Brief und Taschentuch
überbringenden Hund ist viel natürlicher und hübscher als die Spaltung
in die einzelnen Abenteuer der verschiedenen Thiere. Und so kann auch
das Gleichniss vom wiedergefundenen Schlüssel dem Märchen ursprüng-
lich angehört haben. A. EDZARDI.
NACHTRÄGLICHES ZUM JÜNGEREN HILDE
BRANDSLIEDE,
Vgl. diese Zeitschr. XIX, 316 ff.
Die Wörtliche Übereinstimmung des jüngeren Hildebrandsliedes
mit andern mhd. Gedichten an zwei Stellen ist wohl erwähnenswerth :
1) Hbl. 14, 1 (bei Uhland) :
Du sagst mir yil van woLfen^ die laufen in dem holz.
Ich bin ein edler degen auß Eriechenlanden stolz.
*) Zonm^hst war es wobl nur iin Hund, DSmlich der, welchen bei Grimm p. S46
der Jä|^er dem Austiebenden mitgiobt. Aucb wird ja nur iin Hund zur Königstocbter
geschickt.
NACHTRÄGLICHES ZUM JÜNGEREN HILDEBRANDSLIEDE. 321
Wolfd. B 279, 1 <v>r/. ^. i, ^rf.
Waz saget ir mir von wolven die loufen da ze holz?
er ist ein degen kttene und ouch ein ritter stolz.
Die Übereinstimmung, die übrigens in Jänicke's Anmerkungen
nicht erwähnt wird, ist so auffallend, daß Entlehnung angenommen
werden muß. Betrachtet man an beiden Stellen den Zusammenhang
unbefangen, so wird man sicher finden, daß die Verse im Hildebrands-
liede an der ursprünglichen Stelle stehn und im Wolfd. daraus entlehnt
sind. Da, wie ich an oben citierter Stelle nachgewiesen habe, das Hbl.
dem Verfasser der t^idrekssaga schon im Wesentlichen in der heutigen
Qestalt vorgelegen haben muß, ist auch in dieser Beziehung die Priorität
des Hbl.*8 wahrscheinlicher. Hat es hiermit seine Richtigkeit, so wird
an dieser Stelle die Lesart H-ND-W durch den Wolfd. bestätigt, gegen
AE, denn die Strophe beginnt
in A: Wolven dat sijn wolven
in K: Wülffin das sein wolffe.
2. Hbl. 11,4:
und was ich nicht gelernet hab, daz lern ich aber noch.
Oswalt, Ettm. 994.
swaz ich hiute niht kan, daz lerne ich morgen.
Hier kann die sprichwörtliche Wendung in beiden unabhängig
von einander Verwendung gefunden haben. Sollte indessen Entlehnung
vorliegen, so wäre auch hier die Priorität auf Seiten des Hbl.'s, da
die IMS zu Grunde liegende Recension des Oswalt wahrscheinlich
erst im XIH/XIV Jh. entstanden ist.
Es sei schließlich noch die Entlehnung im Vulksliede Uhlaud Nr.
104 erwähnt, wo es heißt:
Vers 2 Wat bejegende em up der beide? (Hbl. 2, 2)
Vers 4 He nam se in der midde,
he schwank se hinder sick torügge
wol in dat gröne gras (= Hbl. 12, 1 und 2)
A. EDZAKDI.
GERMANIA. Neae Reihe. VIII. (XX. Jahr^. 21
322 BECH
ALLERLEI AUS ZEITZER HANDSCHRIFTEN.
L
Ein Naumburger Nachlaßverzeichniss aus dem Jahre 1453.
(foL 238') Dia sint myn schulde czüsprach ynde gerechtickeit,
die ich Stefflln Hondorff burger cza Nüenborg habe secze ynde thü
kegen ynde wider Hans Vogel ynde Telen bSh swester ynde Ber-
told Sleifen iren rechten yormonden u. s. w.
5 (foL 239**) Ich schuldige sie semptlichen ynde sunderlichen
ynde gebe en schult , daß sie mir gar mit grossem ynrecht yor-
halden sulch erbe ynde gute, daß Niclauß Hondorff eczwan richter
czu Nüenborg seliger myn über yettir noch em gelossen ynde uff
mich sinen nSsten erben geerbit hat Nemlichen hat her noch em
10 gelassen ynde yn siner gewere ynder em yorstorben ist büß ynde
hoff ynde euch eyn forwergk, daß do yor Nickel Eils gewest ist,
allis bynnen der stad Nüenborg gelegen.
Item XXin art ackers erpgüt ym wichbilde ymbe die stad
Nüenborg gelegen.
15 Item krütgarten ynde hoppenberge.
Item VH yngarische gülden ringe, die ich achte uff LXXX
gülden , ynder den waß eyn ringk, der waß Merten yon Heringen
gewest, der dö eynen (fol. 240") steyn hatte, den man uff XXX
gülden achtet.
20 Item XXn leffU mit silber beslän.
Item tüsent gülden gereitschafil, czweie hundert schog getreidis,
drissig mallir getreidis weiße yade kom, sechczig mallir hafir, die her
uff den bodemen noch sinem tdde liß, gekoufft ynde gewachssen.
Item eyn bire ynde drte yirteil biris, yirczen yaß wins, XXVI
25 stten fleysch, czwine bachen.
Her hat euch nach em gel&ssen hüßger^the, daß her mit syner
eigen band angeczeichent hat, die ich bitte yor czu legen, ap ynde
wanne sichs geboret im rechten, bte namen
XU pflümen fedirbette,
30 LI gemeyne bette,
XXV heubtpfole,
XXX genäte kossen,
LXX wiße kosseu,
ALLERLEI AUS ZEITZER HANDSCHRIFTEN.
323
LX kleyne Ijlachen,
XX grobe lilachen,
XXVI tuechlachen, czwelich vnde aynlich, oblr eckecMe tiBche,
VI tiBchelachen obir lange tuBche,
VI gesinde tielachen,
XXVII hantqufjlen,
VTI hantquelen vor daß gesinde,
XTTT 6ren tigel, der sint drie fllefin, ein Bchertichen,
XV feren toppe cleyn vnde groß, vir meBaingen becken, eynen
groß margkkesBÜ,
V grÖBae czenene beeben,
VIII czenene becken nSst den grdßen,
diie fiacb czenene becken,
vir ebenrnSsBige czenene becken,
Y czenen becken, dö man alle tage fiß äß,
Vin czenen becken vor den BenffschuBaelin,
Item IX czenen ingeberschusseliD, XX czenen teler,
Item drie atobieben czenen kanne,
Item Biben balpstobgcnkanne, der ist eyne sleyffen,
Item XI czenen nössil kajine,
Item XII virtel czenen kannon, der ist czwö aleyden,
Item III czenen tiscbkanne,
Item III balpnösBeikanne.
SulcbobingoschribenbfißgerStbebat myn vetter aSÜger mit syner
eigen haut yn eyne czedel geachriben, die bitte ich vor czu legen,
ap vnde wanne aicha geboret im recbtenj daU sie mir danne allis
60 vorbalden mit grossem vnrecht; vnde dörczö allirleye recbtbücbir,
die ich achte uff II hundei-t gülden.
Her bat oucb nach eioh geläeaen eynen fochasen mantel vnde
eynen swarczen mecheliascben mantel vnde ejmen swarczen buokisB
eben nüwe vnder gescbuben, eynen röten barrisrock, eynen swarczen
6ö rock mit lemmer gefutert, eynen langen pelcz, 1 i grosse kisten yn ayner
kammem vnde 1 1 kleyne, VII eckicbte tisache vnde vir lange tisBcbe.
Oucb bat her nöcb em gelassen k&fen vnde eichene vnde
tbennene ledige vaß, uff XL gülden geachtet, vnde vir waynpfert
vnde gescbirre waß dorczü gehöret, daß icb allis achte uff 11 hun-
70 dert gülden;
Item XXXIII lebende awjne, IIÜ küe, II Sren löcbter, der
eyne bingk yn der kemenäd, der ander yn der dorncze;
Item II enczelc Srcn lüchter, keäaele, banckpfoln, kuaseni
35
40
45
50
55
324 «ECH
Item hulczen schussel, benck, stüle, gleser, cUen, haw vnde
75 yngethüme m^hr, daß ich achte uff XXX gülden; taschen, nSser,
messer, »wert, panczer vnde andern hämische, daß ich achte uff XL
gülden. Solche oben geschriben erpgüter, vamde vnde vnvamde,
bewegelich vnde vnbewegelich, vnde sust dorczü alle ander guter,
cleyne ader groß, wie die namen gehaben mögen, die myn obge-
80 nanter vetter seliger noch em gelassen hat, halden sie mir vor &n
mynen 3^en czu sanderlichem hdne smäheit vnde trefilichem scha-
den, nö ich den schaden obir die heubtsumme achte vnde wirder
uff Xin hundert linische gute gülden u. s. w.
n.
Ein Streit um die Gerade vor dem Bischof von Merseburg
um das Jahr 1455.
(fol. 62^) Gnädiger herre von Merßeborg, ewer gnäde mercket
wol, daß sich fraw Agnes, Ciriax von Czweim eliche h&siraw, czü
mir nötiget wider recht, wan sie von mir czü der gerade vordert
gelt, nemlichen XXX gülden; item radkasten, tegel vnde schaffen,
5 morsir, %m topfe, funff czinen kanne, schussil, ledige vnde vnbe-
Seite pfert, küe vnde kelber, hunre^ swtnsmutter, vaß vnde tröge,
brechen vnde reffein, stüle vnde bencke, eynen h&lrincken, lich(?)
butter vnde k^e, brätspiß, diifüß, rost vnde komsecke noch Iftte
der czedeln die sie ewem gnaden hat genntwert.
10 Nu ist daß ^vissentlich , das sulche vamde habe czü der ge-
rade nicht enthöret; daß ist wol war, daß eyne kanne vnde eyn
tusche vnde eyn stüle gehöret czü der gerade, alßö das wol stehlt
geschriben Wfchb. ar. XXIII in gl.; das gibt der man der nifftel
von sunderlicher beheiliekeit. Dö muß jo ye euch eczwas yn dem
15 hüß pliben. Küe, kelber vnde pfert vnde alle ander habe obene
benant gehören euch nicht czü der habe Wichb. ar. XXIII; vnde
dörvmbe, ap ich myn wtp bette sulche habe noch ir geslagen, den.
noch muchte sie sulche habe nicht gevordern, alßö ich mich l&Ü
beduncken.
20 Gnödiger herre, sie macht euch mancherley stucke namhafftig
yn irer czedeln, dy dö czü der gerade gehören. Sunder myn wip
hat sulche ger&de in sulchir czal alßö sie seczet noch ir nicht ge*
lassen. Sunder alßö vil alßö sie gelassen hat. das habe ich der
selbigen Ilsen gereyt gegeben. Ich habe ir geantwert alle ir cleyder;
25 sie hat den silbern gortil von czwen margk silber vnde euch die
XVIII gülden vnde silberin ringe uff dem crancz vnde czwen sil-
ALLERLEI AUS ZEITZER HANDSCHRIFTEN. 325
bern setickel, die an dem crancz sulden geweet sin, »der eyu korela
patornoster, das fiinff gülden wert were, spangen von zweien mnrgk
BJlbero noch ir nicht gelassen. Was sie ron sleyem. baren, lilachen,
30 pfoln, kuBsen, thuachtücher, hanttücher, bangkpfoln (fol. 63*) vnde
puBten, badecappen vnde badefücher, liwant, game, kessel, bant-
becken, schöff, gense, flache, lyn vnde hanff deckelachen noch ir ge-
läsein hat, das hat sie gar weg, fkß gcsloBsen czwoi böß tnßtftctier
vndö eyn böü knechtbette, daß hat sie mir selbir gerne gelassen.
35 Itein sß Ühet dör noch eyn böse banokpfoel vnde eyn böli
puste. Ouch habe ich acht elen liwant gefunden yn dem casten
vnde nicht mehr, die halie ich vorthfin. DC> wären ouch acht czal
gesotten gam. Du ist eyn keasel, der ist myns vattirs gewest. Ich
habo eynen schapfen domSch selbir gekaufft. Dör wären XV schaff,
40 d6r von habe ich ir XII beczalt vnde habe ir gegeben io vor eyn
schaff VI grl.; dy andern wflren menliche tyr, dy gehören czä der
gerade nicht. DÖ ist öch noch eyn cleyn bücheltn, vnde mich
duncket is sie aente Marien btlchelin. Do was eyu halb hempzen
lyn vnde eyn clobe gebrechts hanffis. Dör obir ist mir keynis mehr
45 wider wissentlich, das sage ich bie mynen wären trowen. Wolde sie
mir abir das nicht glauben, so kan ich mich wider daß recht nicht ge-
secze. Wurde dann ewer gnäd , gnediger bcrre , im rechten ir-
kcnnen, daß ich eyn sulchs begriffen euUe mit mym eide, so schcmo
ich mich des nicht czu thün vnde seczo daß mit ir gancz an das
50 recht was birumbe recht ist,
in.
Ein Segen wider die MKase, von Georgias Law, Laien-
priester zu PrBssdorf bei Zeitz, um 1471 aufgezeichnet.
(fol. 218') Item czum ersten secze denn rechten fuss uf dy
swelle vii sprich: ich setcze mynen fuss uf dyße swelie vnd myne
rechte band bie gote dem liben heylant.
Vnd ich finde vngetvrae yn dießem huße. das ist vngenant
5 koning vnd konigynn vnd alles daß boss von meysin hynne finde.
Zo beswere ich ich ore om fuße, das ay nynder keyne na-
runge hynne snllen spyße snllen finden (so!).
Ich beswere ore ougen bie vnsir liben frawon, das sy nynder
kcyne narungc hynne geschawen, das helfe mir got vnd vnae übe fraw,
]U Ich beswere or hercz bie gote vnd syner groschen (so!)
'T^
Ich beswere or czunge bie gote vnd bie synen heyligen fünf
wunden.
Ich beswere ore leber, alzo war alzo got an dem fronen crutz
I 16 hat genomen seyn ende.
Ich beswere ore leber, als war als got an dem fronen crutz
starp vü wart an dem drytten tage widder lebendig.
Ich beswere ore oren, abso war alzo got ist von eyner re;
mait geboren.
20 Ich beswere on or bar bie der sonnen by dem monden, du
sy nynder mehir yn dise hawsz weaeiiB komen.
Ich beswere oren leib vnd or leben, das wir on nynder
trincken dorfFen geben, das belff mir der vater der BOn vfi der
heilige geist.
25 Älzo gut sy der aeya hüte, alzo dy lawna di stunde was do,
do vnli liber herre also got ynne gebom wart
Sy sinl gross adder cleyn. zo beswere ich or gebeyne.
Alzo vor war wil ich alle dyße myse usz diessen gebewde mit
dieszem seyne spreche.
30 Alzo vor war als got mit svnen XII boten jüngeren an dem
grünen dornstsge hat das abeatessen gessen vn hat sie alle geBpeyst
vn hat on seynen heyligin waren lichnam gegebin vn gewyst vD
hat sy geest mi synem fleische vnde getrencket mit aynem blute.
Alzo vor war als ir esset niyn fleisch vnde trincket myn blat,
35 alzo vor war sey der seyn vor dy bosin mewae gut.
Mit dyszem sej-n ich sy vorspreche, das sy hy hynne nynder
keyne spysze essin nach trincken.
Das ey müssen vorswinden, das helfe mir Maria mit <
liben kJnde,
40 Alzo der man vorswant, der den ersten nagel smitte vnd dy
want, do man got mit fing vn bant.
Der seyn den ich hewte hab gesprochen, got gebe da« ich
r nicht habe geoSeut syne heiligen V wunden vH hab sy om nicht
vorsprachen.
45 Do mit gee der seyu uß. Nw Bteh(?) do vtos(?) uf vnd gang
mit czu dem huss vs, eyn was es sey eyn sie addir eyn her, das
nynder keyn schade musze gescheen.
Nw hat disser seyn eyn ende, got gebe das nynder keyne
I mawsa kome yn dysze vir wende, yn dem namen des vaters des
SO sons vnd des heiligen geistes amen.
ader .
ALLERLEI AUS ZEITZEE HANDSCHRIFTEN. 327
IV.
Eine Fredigt auf daa Fest Aller Heiligen um 1400.
(fol. 369") Laudem dicite deo nostro et non simulacrls den
aptgoten, omnes saDcti eius, qui timetis deutn, puaeilli et magni,
quia regnabit dominus deus noater omnipotens. Gaudeamus et ex-
ultemus cett. Alle heiligen vnde alle die god BQchen, die cleynen
5 mit den grÖBzen, ir sollet vnßfeme] gote lob sprechin, quia re^na-
bit, darumme daz vnü herre mechticlich berschet obir die aptgote
der bösen geiste. De hoc gaudeamus et exultemus^ wir soIn vns
dez frowen vnd verhebe vnd valime gote die ghere gebin vnde
irbJten, darumme daß vnß loen gröcz ist in den hymmeln. Dille
10 wort beschrtbet Johannes in den bQohe der heymlichkeit, die gli-
chin sich deßni keynwerdigiu tage hQthe, alz wir begShin den tag
der hocbcztt ailir heyligin, die vnUen god 4n vnderlaß yn den
hymmelo loben. Daz ist nicht wundir, wan sie yn sehin von ant-
litKce czu antlitze, vnde sie von der gewalt dez bösen geistia irlüst
15 hat vnde sie ufgenomen von deme beträpniBze deszir keynwerdigin
werlde vnde sie gecrönet yn der wonnuge daz §wigin riches. Sed
hodie canitur: Sancti estis sancti dei cett. In der lobelichin stad
dez herru lütheo die orgeln ewiglich. Dö ist der allir sueßste beste
geroch dez balsamus zinamömen, daz sint die kunste der heiligin
20 vtide die schrifte der Engeie mit den Erzengeln. Sie singen noch
den noten vor gotcs throne den lobesang allelnia. AIbub haben die
heiligin in gotis riebe alle froyde yn eyner gnüge. Dö ist lebin
äne töd, tag äne nacht, wysheit 4ne czwifel, froyde äne jämir,
Btillikeit äne störtn, schönde &ne missestalt, stergke äne crangheit,
25 recht Sne vorkeninge, liehe &ne hacz, aoliche froyde die dyne oygin
nye gesehin haben, dyne ören nicht verhört noch dyn mund nicht
volsprechen kan , noch dyn berzce nicht voldeogkin noch geacbtin
kan. Westü da nicht enwilt, dez bistü vorhabin, ailir sorge bistfi änig.
{fol. 270*) Fulgenciua. Die heiligin beschouwen die gotlichin
30 clärheit in drierleye wlse, alßö vns der apTgel dynet, mit drio an-
geeichten, daz do kegin ist. Wir sehin got, vns selbir vnde vnße
war andächt. Alßö ist daz vmme den sptgel gotlichir clärheit. Eoyn
sptgel ist BÖ clSr alzö daz froydinriche antlitzce gotes. Wan yn
cyme sptgel sehit man daz keynwerdig ist, ahir yn deme anthtzce
35 gotis sehit man nicht alleyne das keynwerdige, sundem oucfa die
dinge die von femne sint. O wye lobeÜche wertschafti O wye
edele trugseßin! die Engel mit den Erczengilu dynen czu tysche,
die Seraphtn seczcn die tabeln addir tyache vnde brcytin die
328 BKCH
tflchir, Potentes die furstin gewaliligin vortnbin die fynstimiBze,
40 Virtütea die wandiln daz bröd yn fleysch dcz Inmines, sundin) die
Seraphin wandiln daz blued dez fayoimeiztrübil yn den allir klSri-
aten wyn, da vone alle, die czu der wertechaft sint, werdin ge-
Beuget vnd mit froydin getrungken. Ilen wir, lieben brfldere, daz
wir an die eichir stad bomiuen, an den Fruchtigin agkir, in dies
45 Büßen weyde, du wir &ne forchte leben, da vna genüg wert äne gl^d
brechin md nymmer müde werdin. ^1
Zcu dem eretin mael aehin die heiligin daz antlitzce gotiB
clSrlich, daz vol gnädin ist, daz jre begermige irfrowit. Dez sehins
werdin sie nummer müde, eundirn sie fruwin sich därrone &ne
50 vndirläcz, daz so gar lustig ist. daz sie nummer gebungirt, gedurst,
gcfrÜBt, getrüren, crang werdin noch nummer von gote gescheidin
werdin, O mensche, wiltü dö hene komme von deme betrüpnisze
deßir werlde, dö du gesehen magiat daz clärc antlitzce gotis, b6
reynige hüthe dln herzce von allen sundin. Math. V, beati mundo
55 corde, quum ipsi deum videbunt contra luxuriam. Die heiligin sebin
in der clärbeit gotia alle güde wergko, die eyn iglich mensche yn
hie uf ertrlche zcu Sren tued vud irbüted mit almüsen [vnd] an-
dirn wergkin. Die schtnen in deme antUtzce gotis also in eyme
sptgel, also betin sie danne got vor dich. Johannis XVII, pater,
t50 quofl dedisti mihi. O vatir, ich wel wo ich ben dastö ouch sint myne
dyner.
Zcu deme andern maol lobin die heiligin god inniclicbm.
Ysaia LII, levaverunt vocem eimul. Sie hüben alle met eynander
an eyne stymme: Ach waz froyde der schepphir yn hymmelriche
65 hat! Bchowin wir, wie die eüiie vnßs berrin ist! so wii- die zclrde
syner Sbere sehin. die gewall ayner koninglichin ewigkeit, wer ir-
kennit da die gewalt dez vatira. des aonee wisheit, die güthe dez
heiligin geistisl Älsus irkennen wir die böe der heiligin dryvaldi-
keit. Eyn iglicber herschil mit Byner ordenunge. AlUü die seytea
70 an der harffen iglich n6ch eirae döne ist geczogin, die langen mit
den körten gebin glichin süßen dön, alßö habin sie in gotisiicbe
alle froyde yn eyner gnüge. Die stad endarf der sonnen noch dez
münden addir gestemis nicht, wan die irlüchlit wirt von gotis clfir-
beit Wann dö fz deme grundeldsin obiräoßigin bome achepphin
75 alle wlaheit, daz sie alle ding irkennen, die vorgangin keynwerdi-
gin vnd czühunftigin sache wieszen. Sie irkenuen die zcael des
gestttrnis, dez meris die tropphen die daz graiz fruchtigin, die wj-tbe
die breyte die lenge dez hymmelz des meris vn der erdin aptgrunde.
ALLERLEI AUSi ZEITZEB HANDSCHRIFTEN. 329
sie wiUen ouch alle kuuBte vnd schrift. Dd endorf nymand uöch
80 dem andern frägin, kösc noch rede, Sie swigen immmer, aie lobin god
von gnindelÖBir liebe mit deme gesaage sanctus eanctus. Oucb
aehit eyn igÜclier syne vyende lyden in der helle, die en betrübet
hAn uff dem ertrtche. Die aeligin aehin die vorthöraeten yn der
helle därumroe daz sie sich daete mSr gefrowen, daz sie der pyne
85 siot eDtgangln. Die vorthümetm in der helle sehin die Beligen in
der froyde, daz yre pyne deste mfer zcfl neme.
(fol. 270') Zcu dem dirtten maei lobin sie got vollin koninc-
lich. Ysaia LI: sie soln kommen czu Syon mit lobe vnde die 6wi-
gin froyde Clß yrme honpte haben; sie aulleu den «öffzcen flilieo;
90 ich wel sie selbir trÖBten. 0 wie grölJe froyde dö ist, dö got sel-
bir trfiatet ayne heiligin ! dö ist volkommen froyde, keyn vngemach,
O meneche, wez machstü dich vinme dyne crangheit betrübin, di»
dich in deüir werlde aneficht, die korcz vnde vorgenlich ist! Sün-
dern du sah geduldiglichen llden die anefechtunge , därume daatö
95 daz Swige leben irwerbist.
Wir begShin allir heiligen tag, wan wir von vnßo herzcin
iizwerfin den aptgot der aunde vnd daz ge stelle n i lle der eynfeldi-
keyt der dem&t do hene malen, dö vormälcz geweet ist der aptgot
der höchfnrt, Dö gestandin hat daz geBtelteniUe dez bösen geistes,
100 dö hene boIq wir setzccn daz gestelteniße dez heiligin crQcis,
vnde vor den haes sollen wir habin die demfitikeit, Ibi beati mites,
quum ibi possidebunt terram. Bist (so!) dSmÜtig yn der wande-
runge, schcmede hab in den worten, czuchtig yn den seten. Eyn
philosophus lärte ein eon vnd sprach: eich, daz die ameisze icht
105 wlser sie dan du, duz der hane icht wachtnder sie d^a dö, daa
der band icht getrflmr sie dan du. Also lemo togind bl den cröa-
tfiren vnd bist (so!) vorsichtig vor allin dingen. Wan also sich
daz tier vnd der boiim von den fruchten neygin, alllö neygit sich
der dSmötige mensche, wan her vol toginde ist. Vor den aeom
110 saltü haben die fredsamkeit. Ibi beati paciüci, quum tili! dei
vocabuntur. Vor die anefechtunge die innykeit. Ibi beati, quum
pcrsecucionem patiuntur propterju stiel am, quum ipsorum est regnura
celorum. Vor die gyrheit soln wir haben den hunger vnde dorst
nach der gerechtikeit yn den Worten. Ibi beati, qui esuriunt et
1)5 siciunt justiciam, quum ipsi saturabuntur, Ir eolt barmherzcig
stn yn den wergken, Ibi beati misericordes , quum ipsi mieericor-
diam consequentur, contra Inxiiriam castitntem. Ibi beati pauperes
Bpiritu, quum ipsorum est regnum celorum. Hirmete soln wir obir-
330 BECH
winde alle vnße vyende der bösen geiete vad soln nflrichtin die
120 phancn allir heiligm.
Die Handschrift, welcher die unter I und 11 gegebenen Stücks
angehören, ist ein altes Copiatbuch der Zeitzer Capitularbibliothek,
563 Bl. in folio enthaltend, in welchem theils Anklage- und Vertheidi-
gungsBchriften, theils Rechtsgutachten von Leipziger Juristen und Ur-
theile von Schiedsrichtern (»cheidisrichteren) eingetragen sind. Die dort
mitgetbeilten Rechtsfalle fallen alle in die Zeit von 1449 bis 1459 und
beschränken sich nicht blotS auf die nächste Umgebung von Zeitz, wie
Naumburg, Pegau, Mersebnrg, Halle, Querfurt. Gera, Altenburg, Plauen,
sondern beziehen sich auch auf Meißen, die Xiederlausitz, auf Barby,
Magdeburg, Halberstadt, Quedlinburg, Schwarzburg u. s. w. Fllr die
Geschichte gewisser Adelsfamilien, noch mehr fiir die Culturge schichte
überhaupt sind die zahlreichen hier gelegentlich faUenden Mittheilungea
von nicht geringem Werthe.
I, Z. 1 die Worte schulde czüspraeh (oder auch ez&spraehe) unde
gerechfickeit kehren in den Anklagen formelhaft wieder, ebenso oft wie
fchulde cletge unde g. oder clnge ach. u. g.; nicht minder formelhaft be-
ginnen die meisten Vertheidigungen mit die sinl myn were tchvcz vncU
anlwort. Unter schulde ist, wie der Zusammenhang lehrt, hier accusaiio
friminatio Anschuldigung Anklage zu verstehen. Statt cB&sprach oder
az&sprache erwartete man csüsproch oder adsproehe, entsprechend dem
auf den ersten Seiten einige Male vorkommenden ezüspruch, czäspruche,
welches hier den rechtlichen Anspruch, die Forderung ausdi-ftckt. Ob
der Schreiber czägpräcke gemeint habe, oder ob eine Form csäsprach
anzunehmen sei, die sich dialectisch aus czäaproch = zcüsprueh ent-
wickelt habe, lässt sich schwer entscheiden ; im Volke hört man hier
allerdings ia betonten Silben öfter a statt des hochdeutschen u, wie in
banger (fames), holanger {sambucus}, Jane (juvenia), ranger (deoraum),
alahe (conclave), zange {lingtia), vei^l. namentlich Schroeder zur Griseldis
S, LXXXI, der unter anderm auch hadeatabe und untagent nus dem
15. Jahrhundert für diesen Dialect nachweist. — Z, 21 gereitachaft,
Baarschaft, vergl. mhd. Wörterb. IP, 672". — Z. 22 maHir mhd. moWer;
im Dialect heute noch so, wie der alle (aide), balle {balde), gelle (^Ö«),
■melle {jnelde) u. s. w. — Z. 23 gmi-achaeit hier im Gegensätze von ge-
Icouft, Bo viel als : selbst erbaut. — Z. 24 bier hier = gebrüwede wie in
der gleichzeitigen Satzung des Bischofs Petrus von Naumburg, vergl.
das Programm von Zeitz a. 1870. 11, 37; Michelsens Rcchtsdenkm. 271
und 272; in Erfurt ehemals ^ 200 Eimer nach der Anmerkung in
Kirchhoffs Weist, von Erfurt S. 52—53. — Z. 29 pßünienfedirbette^
ALLERLEI AUS ZEITZER HANDSCHRIFTEN.
331
vergl. pßämvedenibetU in der GriBeldia ed. Schroeder 6, 18; in des Teufels
Netz 4042. — 31 Heubtpfol, ao in den Görlitzer Annalen 392. 11 und in
dem RecLtsb. nach DistiDct. ed. OrtiotF I, 8, 1. — Z. 34 Heyne, fein.
— Z. 36 czwelick vnde eynlieh, dazu vergl. das Stadtbach von Augsburg
hrsg. von Meyer S. 315: si wellent daz man ztinlich und einlich aines
gewanUtahes brait sol machen zwifachez; ai wellent daz man snoilich und
einlich vail habe mit ainem bände üf kern Sibotes banke; 316 man gol
mexzen den rohen zwilich und einlich vierßach. — Z. 39 hantquele, vergl.
Deut, Wörtb. IV, 411; um Zeitz und Naumburg heute noch qu^le,
qaaele üblich. — Z. 41 defin ist hier wie Z. .52 und 54 skiffen wohl
dasselbe Wort, das uns in dem md. gchleißcanne näher bekannt ist
Dieses gleife führt Weigand III, 592 gewili richtig zurflck auf das alte
eloufa, sltmfe, sloife (neben der slouf) ^ ansa, ansula und versteht unter
Schleifkanne eine Kanne mit Handhaben oder oben übergehendem
Bügel, vergl. auch Adelung unter d. W. In unserer Stelle wird man
bei aleife demnach an einen Tiegel denken , der mit Henkeln oder
vielmehr mit einem Bügel versehen war. an dem man ihn tragen oder
an den Kesselhaken {hiilvinkea) hängen konnte. In Z. 52 und 54 ist
sleife kaum etwas anderes als unser Schleifkanne. Dasselbe Gefäß
scheinen gleichzeitige Quellen aus Meißen und Düringen mit boymkanne
oder bömkanne zu bezeichnen, so Schotts Sammlungen III, 295; wo es von
den bffndern heiUt: was mich von deinem gefesge wochelichen her in die stadt
bracht wirdet czu dem mart/kte, als kübeln, botfmkannen , das sullen dit
bender ezu geben dart/n nickt halden nach itprechen\ und Michelsens Rechts-
denkmnle aus Thüringen 8. 122 {== die alte Erfurtische Wasserord-
nung) : der ■probist -phliget den möllern ei/ne gude soppen esu gebene in
den g^-aben, dar uffe fleisch, kese nnde brot und eine boumkannmt vol oder
aoßu ires closterbirs; vorausgesetzt, daß boinkanne verlesen, verschrieben
oder durch die Aussprache verderbt ist aus boin- oder boienkanne d. i.
bogenkanne. Der Übergang von oge in oie oder oi ist in dem betreffen-
den Dialect nicht selten, vergl. außer andern Beispielen Schroeder
«ur Öriseldia Einl. S. LXXXVI; boie (Ür böge auch schon in den alten
Gesetzen von Nordhausen bei Förstemann N. M. III, 1, 65 (157):
achiezin mit armhnrsten oder mit boin. Sonst habe ich sleife noch ge-
funden in einer Familienchronik des hiesigen Osterlandes aus dem
18. Jahrb., in der Verbindung schleißen und deeßen (cfr. Diefenb. 189"
s. V. dolium) und in den Weist. V, 265 (a. 1740 aus der Wetterau):
hei der sckläufkanle uf des schuldigen kosten im wirthshatis zehren; vergl.
auch Com. Kil. ed. Hasselt 594* sleepken, minoria poculi aut mensura«
gi-nits, ci/nthiis. — Z. 41 scherlichen ist das Deminutiv von scharte ^
332 BECK
■pfäella, frixorium, eieh darüber Lexer Handwb, II, 670 und Aclelang
unter echarta. — Z. 43 viarghk^»»il, dasselbe Wort in Schmidts LTrkun-
dcnb. von Göttingen I, 241, 69 : tinum ealdarium dictum marlutketeL —
Z. 49 scnßschusaelin, bei Lcxer Uandwb. II, 816 und in den Fastnachtsp.
1216: »enff und aaUetuckwtselein cUin. — Z. 51 ist wolil j;omeint drie
tsenmi stobichenkannen; vergl. die ähnliche Verbindung in Z. 53. — Z. 53
zu noanl (=; nSzil) in nSgailknnne und halpnoagelkanne Z. 513 vgl. Conrad
Stolle Chron. 293' a/n gancz ald noßeln und Urkundcnb. von Leipzig
I, S.341 nSsßü (a. 1466) und S. 351 das nosseü (a. 1469). — Z. 63
mecheiüch, ebenso im Ofener Stadtrecht 213 ilem von Meeklhek unUr
1 Uuiki mechenUich, meeheleneie bei Sobm eller- Fromm ann I, 1561 ; O. Rtl-
land 13; ■mächlich in Wcatenrieders Beitr. III, 121; ein (iicÄ van Meekel
in dem Stadtrecht von ErUnn 389 u. 40ö; in den Chroniken der D. St.
IV, 31; bei Fahne Forsch. I, 2, 59. — Z. 63 buekisek, von buckerantf
vergl. Schmellcr-Fromnmnn I, 207 vrm icj/ssen bjigjeitsckiH, 381 bisatK
pockenachin; C. Stolic, Chron, 211" bockeehi»; Urkundenb. von Leipzig
S. 312 bucJuin (a. 1464). — Z. 64 und^vckiebea, ftltt«ni, vergl. Renner
4495 untriuwe — einhaVi mit eiden, einhalb mit lugen hol »w iV »eteek
underacholien (: lohen); Sfadtbuch von Augsburg ed. Meyer S. 200 0
aol niemen ekeinen riadeapüek mit chtime gtro undersckiebai. — Z. 64
harrisrock, Rock von on'oz oder harris. Rasch, vergl. Lexer Handwb. —
Z, 73 enczelne lächler, Leuchter, welche nur ein Licht zu tragen bestimmt
waren. — Z. 73 liauckpfol, mhd. bankpfnlwe, a. 1525 banhpftikte in Schott-
gen und Kreysig Diplom. Nachlese I, 309 und 310. — Z. 75 yngethiime,
Hausrath, Lexer Handvrb. I, 1434- — Z. 75 nSser, Speiseeack zum üm-
hilugen ^ üer, Lexer Handwb- 1, 711 und Glossar zu J. Rothes Chron.
S. 700. — Z. 82 »«Wim, würdem, schlttzen, oft in der Handflchrift, im
Sachsenspiegel werderen.
U, Z. 4 radkatte, Räder- oder Rollenkaslen? sonst nur in der
Hohle vorkommend, vergleiche Vilmar Id. s, v. gfint; noch in Zeitzer
Handelbtichern a. 1603 bis 1609. — schaffe, sonst sehape. schöpft, vgl.
Dicfenb. s. v. ld>es, patetla. — Z. 5 tinheselt, wenn vom Cnpisten richtig
geschrieben, bedeutet nach meiner Aufassung: noch nicht mit seien
d. h. sil&t, Zugricmen oder Süenzeug (wie es heute noch hier im
Osterlande genannt wird) versehen, vergl. Lexer Handwb. 11, 921 s. v.
aiV; dazu das Verbum in der Wiener Handsclir. der Heiligen Magda-
lena fol. 80*: «■ hni dur got üf gehen Steerl sper linde schiU Vnd Itat
TU JesS- sich gesili. Dem Zusammenhange nach kJinnle man aber aach
&n unbeackelt, etjuae non inüae denken, vergl. D. Wörterb. I. 1544 6. v.
heaehälen. — Z. 6 »winsmulter, dasselbe was sonst im Mhd. vei-herrnuaterf
ALLERLEI AUS ZEITZEE HANDSCHRIFTEN.
333
varhmuoter, ziicktmnoter heißt. — Z. 7 brixke, Flachsbreche, findet aicli
in dem NordhSiiser Zollrodel (aus dem Anfange des 14. Jhrh.) in
Förstemanns N. M. III, 1, 23 = Senkenbergs Visiones 319. — refel,
mhd. riffel, rifel, die Reffe oder der RefTkamm, vergl. Weigaiid b, v.
reffen und Teffel. —- kälrincke, cremacuhi, Keeselhaken- oder Kettenrink,
vergl. kSlrinc bei Lexer Handwb. I, 1154 ^= kähelrinc; dazu das Eiaen-
acbiBche Rechtsbuch bei Ortloff I, S. 676: czu erbe geMrt kesteU,
hö-ringen, hotoettocke U. S. w. ; ebenso in dem Rechtsb. nach Distinct.
I, 7, 1; II, 1, 19: guWe dy kob-ivge (Var. kokinge) cm, deme hüse gehdt-n,
ao mtiste der kessel ouch dorctü gehdrn, unde des tat nicht; Ken dy hol-
ringe ist deme kessele gehangen czu nöidmff unde nicht deme hüse. —
Z. 17 ich oft in der Handschr. = icht, wie nich ^ nicht; so auch in
den oBterl&ndiachen Novellen bei Haupt Altd. ßl. I, 354, Z. 9 daz ich
= JF« forte und nicht minder in dem md. Schachbuch ed. Sievers
260,29 (nach der Handschr.); 338, 4; 339, 2b; 370, 30 (nach der
Handschr.l und sonst in oster! an di sehen Quellen nicht Bellen. — Z. 17
jiScfi iV geslagen sieht fast aus als hätte der Schreiber in seiner Vor-
lage n8ch »■ geiän gehabt und dieses fllr nSch ir geslan augesehen ;
shhen scheint hier aber nicht passend; ohnehin steht das richtigere
in Z. 23 und 28. — Z. 27 korebt, adj., vergl, Hildebrand im D. Wöit.
V, 1795; ferner Ürkundenbueh v. Leipzig I, S. 293 (a. 1463): die hüre
unde icitde framce uff dem fryhen kUße sollen nicht tragen kwellen tnnrc
auch kein korellen patemoeter. — Z. 29 baren jedenfalls ivieder
vom Abschreiber verlesen fflr harten = borten ; diese Form bei Diefcnb.
61* s. v. aiireola, harten und 6:;" anr^phrygium, goltbart, goUbarde-, femer
in einer Urkunde von Speyer (a. 1365) im Anzeiger f K. Neue Folge
IIT, 201: dehein gutdin oder silherin harte nnd 175 keinen b/irthenrock.
— Z. 30 -puaie (ebenso Z. 36), vergl. Diefenb. 473" pufwim«, \mste.
— Z. 35 fiArf, liegt, wie IM in der Griseldis ed. Schroedei- 41, 28 und
la {: czW) in Rnthes RSpieget 1376. — Z. 38 gesi^en gam, vergl. das
Sachs. Weichbildrecht ed. Daniels und Gruben 97,47 Hen unde ßaehz,
garn, r3e nnd gesolen ^ linum, ßlnm omne nervatum (Hs, nei-etttum),
aive sü dealbatum sive non; SchöHgen u. Kr. Diplom. Nachlese I, 308
garn gesoHen und ungesoUen; Weist. III, 630; IV. 274. — Z. 43 hemjise,
ein Getreidemaß, vergl. Dreyhaupt Beschr. des Saalkreyses I, 815:
sex mensurae (rt'lici «! iotidem ordei, ijuae heymetzen Hallenset vitlgariler
appetlantur (a. 1272); in einem Lehnbucbe des ehemaligen Zeitzer
„Jungfruuenklosters" (16. Jahrh). 128'': er gibt dem Hirten 1 heynüzen
körn; 136': vier hei/mitzen vharhnffer und 2 hei/mitxen scherhaffer; 138"
2 heyni'tzen feit; 140* ein gehaufft heimitzen feit; drey heimbzen^hopffen
334 RECH. ALLERLEI AUS ZEITZER HANDSCHRIFTEN.
in einer osterländischeu Urk, von 1616; etilen beimfien czwihleln hörl
man heute noch; im Mud. lautete ea keraete, vergl. Gmot von Kirch-
berg 724: von yeder hiifen, dy geswame gäbin da ses wi/iz v<m körne und
achte mäz von kavergelde, das mnz yn düUehem ich hy inelde, kemete ixt
das mäx getiaid\ dazu Diefenb. 201" emina, hempte und Adelung s, v.
heimzen und himten, Löbben Mnd. Wort II, 238'. — Z. 44 tlber brechen
8WV. vergl. Grimm D. W. II, 351.
Der dritte und der vierte der oben mitgetbeilten Absclmitte
stammen ebeofalle ans einer Handschrift der hieeigen Capitnlarbiblio-
thek. Ihrem Hauptinhalte nach bildet dieselbe eine Sammlung latei-
nischer Sermonen auf die verschiedenen Sonn- und Festtage des Jahres;
hie und da sind längere oder kürzere deutsche Stellen eingeflochten.
Die ältesten Bestandtheile scheinen gegen 1400 geschrieben. Der
frühere Besitzer derselben, der sich als Laienpriester zu „Preatorf" bei
Zeitz, Namens Georgius Law, wiederholt darin verewigt hat, nicht nur
durch Einachreibung seines Namens, sondern auch durch lateinische
Ran d bemerk UD gen und durch mehrere theils lat. tbeils deutsche Zu-
sätze, besaß sie nngefkhr vom Jahre 1470 ab. Zu den Zuthaten von
Law'e eigener Hand gehört auch der oben mitgetbeilte Segen wider
die Mäuse, während die Predigt auf das All erh ei ti genfest nach Schrift
und Sprache noch zu den älteren Theilen zu zählen ist. Die Stelle,
welche dem ersteren dieser Stücke mitten unter den Sermonen ein-
geräumt ward, läast vermuthen, daÜ dasselbe gleich den Predigten zu
geistlichen Zwecken von Law verwendet wurde, wahrscbeinUch also
Äum Besten der Parochianen, so oft sie in ihren Vorrntbskammem oder
Scheunen von leidigen Gästen heimgesucht wurden und zur Besprechung
derselben sich an ihren geistlichen Hirten wandten. Mit Rücksicht
auf diese Bestimmung ist es wohl gekommen, daß der Segensspruch
im Munde des Geistlichen vieles von seiner uraprüuglich unkirchlichen
Form eingebüßt bat, namentlich durch die Einstreuung biblischer
Ausdrücke in seinen Reim Verbindungen gestört worden ist, abgesehen
davon, daß seine Aufzeichnung auch sonst eine sehr fluchtige und in-
correcte war.
III, Z. 4 — 5 sind offenbar verderbt; vielleicht allea u»u von mey
«in hinne (: koniginne) oder alleg was man m«y»e kinne ßnde, statt aUe»-
das böge von meysin hynne ßnde. — Merkwürdig sind die Ausdrücke
ungenant, konitig u. konigynn, mit denen sicherlich verschiedene Unge-
ziefer bezeichnet werden; über ungenant lese man nach, was die Ver-
fasser des Mhd. Wörterb. II', 312 und Schmeller-Frommann I. 1747
darüber zusammengestellt haben; über konhig oder könig findet sieb
1
BÄCHTOLD, DEUTSCHE HANDSCHRIFTEN IN PARIS. 335
einiges bei Hildebrand im D. W. V, 1700, das hierher gehört. — Z. 6
muß es heißen on ore fuße für ore am fuße; auch das Folgende ist
entstellt, etwa : das sy nynder keyne narunge hynne suUen ßnden noch
9pyße. — Z. 14 ist Uher aufikUig, da es in dem gleich darauf folgenden
Abschnitte Z. 16 noch einmal vorkömmt An der einen oder der andern
Stelle muß ursprünglich ein anderes Wort gestanden haben. Auffallend
ist ohnehin, daß der zagel oder zeZ, der köpf die zende der Mäuse un-
erwähnt geblieben sind. Oder war vielleicht das letzte, die zende^ der
hier übersehene Ausdruck? Dieß würde wenigstens passen als Reim
zu ende, mit dem die Periode schließt.
IV, Z. 10 buch der heymlicheit^ vergl. Diefenb. 40^ apocalypsie^
— Z. 24 missestalt, deformitasy fehlt bis jetzt im mhd. Wörterbuche. —
Z. 41 hymmeUtnihil ist bis jetzt unbelegt gewesen. — Z. 5t gefrüst, md.
Form = mhd. gefriuset, friert, Mhd. Wörterb. HI, 413\
ZEITZ, Janaar 1876. FEDOB BECH.
DEUTSCHE HANDSCHRIFTEN IN PARIS.
Es dürfte nicht ohne Interesse sein, eine kurze Nachricht über
die deutschen Handschriften der Pariser National-Bibliothek zu
vernehmen, zumal der von Michelant verfasste Katalog nicht gedruckt
ist. Derselbe enthält 242 Nummern, zu denen übrigens noch andere
hinzugekommen sein mögen. Im Winter 1872 legte ich mir die folgen-
den Notizen an über diejenigen Manuscripte, die ich ftir bemerkens-
werth hielt, aber nur flüchtig gesehen habe^.
Ms. all. 33. (7832^) Legende von den hl. drei Königen.
Pphs. aus dem Ende des XV. Jh. Wohl nach dem Lateinischen des
Johann von Hildesheim. Andere Prosaverdeutschungen derselben Le-
gende: in Heidelberg und Basel. Vgl. Wackemagel, die altd. Hss.
der Basler Un. Bibl. p. 58, und eine Probe im Lesebuch 1. Aufl. Sp. 727.
In München: cgm 5134 f. 90—160, von latin zu tutsche braht 1405;
in der Stiftsbibl. St. Gallen sind nicht weniger als vier Hss. Nr. 594,
628, 985 und 987.
*} Die Handschriften tragen neue Signaturen, so muß man Ms. 7266, den
Minnesingercodex, ak Ms. all. 32 verlangen. Das Vergnügen, das sein Anblick er-
wecket, ist immer noch wie sn Bodmer's und Breitingers Tagen «tob den empfind-
lichsten".
336 BÄCHTOLD
Ms. all. 35. (2947) HeiligenlegendcD; niederdeutsch.
Ms. all. 108(7834) Schachzabelbach des Konrad v. Ammen-
hausen. Schöne Pphs. (Schluß daraus mitgetheilt in Gra£Fis Diutiska
m, 450 ff.) Die vielen Hss. dieses Reimwerkes zum Theil in v. d.
Hagens Grundriß p. 426 verzeichnet. Auch die ArsenalbibL besitzt es
imd das Brit. Mus. in add. ms. 16616. (Bilderhs.)
Ms. all. 113. (5551) Das gegenwürttig Püechel wird genant
splendor solis oder sonnenglanntz, Tajltt sich Inn siben Tractat, Durch
wellich beschrieben würdt die künstlich Würckhung des Verporgenen
Steins der altten Wejsen etc. Pghs. mit schönen Miniaturen.
Ms. all. 114. (7267) Chronica antiqua rhythmis germanicis,
quam auctor dicit se ex libro latino Gotfridi Bittemiensis (sie !) deprom-
sisse ; ab erbe condito usque ad tempora Josuae, in versus germ. trans-
lata jussu Henrici Lantgrauii Thuring. Pphs. 153 Bl. in fol. Es ist dieß
eine unvollendete Abschrift der Weltchronik von Rudolf von Ems nach
Gottfried von Viterbo. (Siehe Graff Diutiska I, 75.)
Ms. all. 115. (1060^) Hartmanns Iwein, der Ritter mit dem
Löwen 187 Bl. in gr. Quart. Pphs. des XV. Jh. Das erste Blatt zer-
rissen. Schluß : Hie hat der ritter mit dem lewen eyn ende | Gott uns
sinen gnade sende. Diese leider nur oberflächlich gesehene Hs. ist
von Benecke-Lachmann nicht benutzt worden und scheint unbekannt^
wenigBtens ist sie bei Schade, Altd. Lesebuch p. 196 nicht verzeichnet.
Ms. all. 116. (1198) Der Renner des Hugo von Trimberg;
beendigt den 7. April 1439. Auch im Brit Mus. add. Ms. Nr. 24280
(15. Jh. Pphs.) vorhanden.
Ms. all. 118. Fragmente deutscher Hss. des XHI. u. XIV. Jh.
gesammelt von Oberlin. a) 2 Perg. Bl. in gr. Oct. Anf.: Er bot den
snabel an das gevider | Da ane was daz spcngelin | Er sprach vil liebe
frowen min | Nu sist der warheit ermant etc.
h) 2 Pg. Bl. des XIV Jh. Sttlcke aus Megenbergs Buch der Natur
enthaltend, sie beginnen mit 39, 9 Pfeifler.
c) 4 Pg. Bl. aus Strickers Karl v. 2525 B. an:
Und sollen uf uns ritten
Genelun sprach ich wil iuch bitten.
Ms. all. 134. Güldenes Tugendtbuch und Trutznachtigal
von Friedrich Spee. Schöne Pphs.; geschrieben 1640 von Leonardas
Gülichius Benedictinus Brauweilerensis. Die erste Ausgabe der bd.
Sammlungen erschien erst Cöhi 1649.
Ms. all. 135. Das ]\[uniiscript von Fulda-Reinwald-Zahns Aus-
gabe des Ulfila 1805.
DEUTSCHE HANDSCHRIFTEN IN PARIS. 337
Ms. all. 140. Schwabenspiegel. Anmerkung Oberlins : ^Diesen
Schw. Sp. hab ich im Jahre 1783 in einer Kiste voll alten Pergaments
gefunden, welches wirklich sollte zu Leim gekocht werden und also
vom Tode gerettet." Die Hs. gedr. bei Schilter Thes. 11. (Eine andere
Pariser Hs. bei Graff Diut. III, 464 u. ff.)
Ms. all. 155. Cölner Chronik in Versen.
Ms. all. 192 — 204. Die literar. Correspondenz Oberlins, die wahr-
scheinlich des Interessanten noch viel enthält
Ms. all. 206. Bruder Philipps Marienleben. Pghs. des
XIV. Jh. 80 Bl, jede Seite zu 2 Colonnen mit abgesetzten Versen. Ohne
Tite|. Vor dem Anfang des Gedichtes: Dye gnade des heilgin geistis
si mit vns amen.
Maria müder kuneginnen
Aller der werlde loserinnen
Verlieh mir soliche synne
Daz ich dissis bnchelinis beginne etc.
Schluß : Alle die an diseme buche
Lesent der gnade ich suche
Daz si wellen haldin stedo
Durch got mich an irme gebede
Vn biedin Jhesum daz er sich
Welle erbarmen über mich.
Peder scKber bin ich genant
Got ist mir leider vnbekant.
Geschriben han ich iz mit minre haut
Dez habe got vn sin lie(be) milder da(nc)
Daz er mir die sinne hat uerluwen
Dez danke ich yn myt truwen
Nu sat diz selbe büchelin
Santo iosep was maner myn
Der marien huder was
Die ihs. godis sun genas
Der selbe ihesus muz vns gebin
Trost durch sin müder lebin
Marien lebin get hie vz
Nö helfe vns ir kint Jhesus. Amen.
Qui schripsit scribat et longo tpe viuat. Amen.
Dieser Epilog ist deüwegen nicht uninteressant , weil sich darin
der Abschreiber Peter Schreiber an Stelle des Dichters: brüder Philipp
bin ich genant, verewigt. Zu diesem Zweck mussten dann einige un-
OERMINU. Nene Beihe YIII. (XX. Jahrg.) 22
338 BACHTOLl)
geschickte Verse cingeBchoben und V. 10126 (bei Rttckert): ze Seitz
ditz selbe büechelin in das unverständliche: nu sat etc. geändert
werden. — Hier sei noch auf eine Londoner Hs. desselben Oedichts
add. Ms. 10, 432 (XIV. Jh.) hingewiesen. Anfang und Schluß fehlen. Die
Hs. beginnt mit v. 1242 und schließt mit v. 9632.
Ms. all. 214 — 18. Sammlung von 204 deutschen Urkunden
des Xm. bis XVHI. Jahrb. v. Oberlin.
Ms. alL 219. Correspondenz v. Faulhaber.
Daneben liegen unter den deutschen Hss. der Nat BibL die
Papiere von Winkelmann, (Nr. 56 — 76. Darunter eine Sammlung
italienischer sprichwörtL Redensarten und Idiotismen etc. etc.), die
wohl schon benützt sind, und — um mit einem noch moderneren
Manuscript abzuschließen — der Kosmos v. Humboldt (siehe Allg.
Ztg. Jahi^. 1872, Nr. 182).
In Ghraffs Diutiska HI, 450 u. ff. sind 12 deutsche Handschriften
aus der jetzigen NaL BibL verzeichnet
In der Arsenalbibliothek zu Paris befinden sich ebenfalls
deutsche Handschriften, aber nur in kleiner Zahl; sie tragen noch die
Nummer von Haeners Katalog. Unter denselben wäre Ms. allem. 7
der große Prosaroman von Lanzelot hervorzuheben:
Historien und Be^chicht-Buch des hoch- und Weytberfiembten
Ritters Herren Lannzelots vom Lac. Darinnen vermeldet wirdet, was
Er inn Zeytt seins Lebenns beneben andemn Ritterlicher Thaten und
Abenthewemn geendet und vollbracht hat. 4 Bde. in gr. Fol. Pphs. Im
ganzen 925 Bl. Am Schluß : scriptum et finitum per me Christophorqm
Crispinum 12 Sept. ann. sal. 1576.
Daselbst befindet sich als Ms. all. 6 eine Pphs. aus dem Anfang
des XV. Jh., das so häufig vorkommende Schachzabelbuch des
K. V. Ammenhausen. Der Schreiber des Gedichts, Michel Scherer von
Straßburg, erlaubt sich, von seiner Arbeit mit Recht gelangweilt, zahl-
reiche Randglossen, die oft recht ergötzlich sind, er flicht Volksreime
ein, übt sich mitunter wohl selbst in der Poeterei. Manches, wie z. B.
die Bemerkimgen über den Raubzug der Armagnaken unter dem
Dauphin Ludwig, wurde erst später eingetragen. Eine Blumenlese möge
hier folgen:
Michel Scherer schreip die buch noch gottes gebart 1418, bittent got
für iD, gesessen of sant Steffens plen zu Strosburg.
O Mensch höre diese wort! Hette ich die Wissheit Salomonis, und die
Sterke Samsonis, und die schöne Absolonis, und daz lange leben Enoch, und
den richtum Cresj, und die frumkeit Alexanders: Was hilffe mich das nu alles,
DEUTSCHE HANDSCHRIFTEN IN PARIS. 339
80 myn sele würde gepinget in der hellen von den tüfeln ynde der lip wurde
den warmen geben?
We, we, we allen den menschen, die durch einen kurzen gelust des libes
verlierend verlierend die ewige fröude I — Sprüche aus Salomon, Cbrysostomus,
Paulus, St. Bernhard etc.
Wer zehen wurste wol bereit
Und zu jeder wurst ein wecken gekeit,*)
Und darzü eine flesche mit win:
Do mohte daz kuntzilium zu Kostanz sin.
Mir ist nach der zarten we,
Das machet f. v. t. (d. h. fut, cunnus).
So liep zu liebe nit mag kommen,
Do wurt fröiden vil benomen.
0 hl. Sant Sebastianus, bit fdr mich den allmehtigen got für den jemer-
lichen gepresten der bülen vnd der bleter durh diner hig. martel cre.
Unmut düt we,
Armut noch vil me,
Doch geselle nit verzage:
Glücke kumet alle tage!
Ich hat einen bulen, daz wente ich.
Die hat ein andern, daz weis ich:
Nu hüt der selbe geselle sich^
Daz si in nit beschisse also mich**).
Die ich in meinem hertzen trage.
Die sehe ich gerne alle tage.
Den besten frinnt, den iemant hat
Daz ist der pfenning an fründes stat.
Ein gut geselle ist ein slitte an dem wt*ge.
Menger lachet den andern an,
Er wolt sin herze gesseu hau.
0 edele maria, gottes mülter vnd reine maget vber alle megede, vnd ein
gebererin des lebenden gottes sun vnd ein trost aller armen menschen ! bit für
mich armen schriber dis buches, edele maget maria, durch dines lieben suues
♦) Wohl zu allemsDnisch : gbeien, werfen.
**) Dieser Spruch auch im Liedersaal 111. 205.
2-i'
340 BÄCHTOLD, DEUTSCHE HANDSCHRIFTEN IN PARIS.
willen, mjnes gottes luid myne« berren jeso Christi willen und bis mir belffende
an mjnem ende, so min sele von mynem libe scheiden sol. Das bitte ich dich,
sarte, edele und reine Maria. — Im herbeste. M. Scherer.
Es wil nit her
Dai ich beger;
Und was ich nit mag,
Das beg^^t mir allen tag.
Ich wollte, dai der telfiin mit sinen gesellen were in der hellen und
onch der kong von franklich!
Salomon sprichet: Es ist besser wonende mit dem löwen vnde mit dem
scherpione nnd mit den slangen vnde mit den vergifitigen wurmen, daii mit
einem bösen wibe.
Wer mit eren wil wesen, der sol mit sinen nachgebnren in friden weseo.
Klein ist min gut,
Hoch ist mir der mut;
EJein ist min gewin.
Krank sint min sin;
Von wem ich niht enhan.
Der sol mich yngehrt lan.
Küng Karl von frankreich vnd din son Ladewig, daz iuch der tofel neme,
wie hant ir so tu Ifites verderbet an übe nnd an gute!
Da man zalte von gottes gebarte 1443 jor in dem ogeste, do kam der
telfin, der snöde man, in erlsaz mit grossem volk der mörder and der Schacher
▼nwiderseit.
LfCtztes Blatt zerrissen. Am Schloß:
Das Tolk das schrej,
Der pfaffe sang.
Man begrup den man,
Die glocke klang.
80L0THURN. J. BÄCHTOLD.
HÄRTENS, NIEOEBS&CHSISCHE FASTENANOACHT. 341
NIEDERSÄCHSISCHE FASTEN AN DACHT.
Das hier zum theilweisen Abdruck gebrachte niedersächsische
Schriftwerk findet sich in einem Gebet- und Andachtsbuche aus dem
Ende des 14. oder Anfang des 15. Jahrhunderts. Es hat Sedezformat,
besteht aus 270 Blättern und ist von mehreren Händen geschrieben.
Es enthält Gebete an Gott, Christus und den heil. Geist, an die Jung-
frau Maria, auch „en gud bed jegen de pestilencien'', in welchem ,,de
hilghe ridder sunte Jürgen*', dann Sebastianus, Antonius, Christophorus
und Rochus zur „bescharminghe vor den hastigen snellen doth'^ an-
gerufen werden, und Gebete an St Mauritius und Maria Magdalena.
Neben diesen Gebeten enthält es zunächst von p. 56 — 234 eine Fasten-
andacht, dann die Passionsgeschichte nach dem Evangelium Johannis
und eine Anzahl geistlicher Betrachtungen, in denen namentlich „sunte
Augustinus, de sote lerer sunte Bemardus*' und „byscop Albert, de
wise meyster^ genannt werden. Unter diesen Betrachtungen kommt
p. 447—450 auch die Beschreibung der Person Christi vor, welche ich
in der Germania Xu, 103 veröfientlicht habe.
Die schwarze Schrift ist vielfach mit rother unterbrochen. Die
Initialen sind sämmtlich roth.
Das Buch ist für ein Nonnenkloster geschrieben worden.
Was die Fastenandacht selbst betrifft, so bemerke ich nur kurz,
daß sie vollständig die Zeit vom Sonntage Septuagesimae bis zum
stillen Freitage incl. umfasst. Betrachtungen, die an die Pericopen oder
an Institutionen der Kirche sich anschließen, wechseln mit Gebeten.
Das ganze Werk kann in dieser Zeitschrift nicht wohl mitgetheilt
werden; es sind deßhalb drei Stücke ausgewählt, die als Proben dienen
mögen. '
Die Abschrift stimmt genau mit dem Originale. Die Interpunction
habe ich eingefügt.
Pag. 59-63:
AUeluia !
Dat is de alder soteste vn vrolikeste sangh
Vn alle des hemmeis seyden klangh.
Des ersten sondaghes*), wan dat Alleluia locht is, so bedenke,
Icue mynske, dat in desser tyd de hilghe korke begheyt^ wo Adam
*) SeptuagesimAe .
342 MAKTEXS
vth dem paradyse worpen wart, darvmrae singhet me nu nicht mer
dat Älleluia vn Gloria in excelsis vD allen vroliken sangk. Ok leth
me de orgelen st-^n, dat dar nicht mer vp ghespelet wert; men wy
scholt vns bedrouen vn hewenen vnse elende. Wente alle, dat wy dat
ghanse jar vorsumet hebben, schole wy an dessen daghen beruwen vH
bewenen, dat wy an dem vroljken Paschendaghe vns myt gode moghen
vTouwen vü dat vrolyke Älleluia sotlyken singhen vn moten vnse vader-
lanth vroliken anghan. Darvmme ghif dy tho gode an desser hilghen
tyd vn nim tho sinne de wort, de ghelesen werden in dem hilghen
Ewangelio, dar gheesket werden tho gande in den wingarden, de dar
leddich stan. O leue mynsche, hestu dy vorsumet an der ersten eskinghe,
dat is an dyner kyntheyt in dyner dope vn vermynghe, do du den
cristenlouen entfenghest, edder in der anderen eskynghe an dyner
joghet, do du myt gode vorenyghet werdest in der entfanghinghe des
hilghen sacramentes, effte in der drudden eschinghe, do du tredest in den
ghestlyken orden: Hestu*) an alle dessen vorsumich ghewesen wente
an dessen dach, so gha nu snelliken in den wyngarden, dar du hüte
in gheladen werst. God de vorsmadet nemende, wente de lösten ent-
fanghet van eme lyke Ion also de ersten. Darvmme snelle dy in den
kor, wan du hörst, dat me myssen luth, also eSte du tho der staut
hörest de stempne godes, de dy segghe: Gha in mynen wyngharden,
vn wad recht is, dat wyl ik dy gheuen. Wan du in den kor kumpst,
so rop an den hilghen ghest, dat he dyn herte vorluchte myt syner
^ade vn lis: Veni, sce bps. vn dyt naghescreuen beth myd innycheyt
dynes herten:
(Hier folgt ein Gebet).
Pag. 110—118:
An dem sondaghe tho mytvasten**) scholtu dy openbarlyken
vrouwen, wente de vasten is ouer de helfte vn id nalet sick dem
vroliken Paschen, alse me list in dem Ewangelio: Erat proximum
Pascha. Dar vmme sprik jeghen dy sulues : Lat vns werdelken snellen,
tho beghande de Paschelken vroude.
To der vroliken nissen: Letare iherusalem, lichte vp de oghen
dynes herten in den hemmel tho der ouersten stad iherusalem vn sprik
in groter vrolicheyt : O du ouerste iherusalem, du segheuechtelke kerke,
alle ghi vterkoren dei' hemmclschen stad iherusalem, de gy juwen
vacht hebbot vuUenbrocht, vrouwet jw nu vn denket vnser in juwer
*) Hier setzt der Schreiber mit einem großen Anfangsbachstaben wieder ein.
♦♦) Laetaro.
NIEDEKSÄCIISISCHE FASTEN ANDACHT. 343
vroude vis helpet vns vn alle der cristenheyt mjt juwem bede, dat
wy vnsen vacht ok tho enem salighen ende bringhen. Tho haut wert
dy en antwart van em vll segghet: Gy loueghen mynsken, de gy
vormiddelst guden werken wandert tho der ouersten stad iherusalem^
maket ene samelinghe alle gy de de stad lef hebben vll dar begheret
in tho kamende, vrouwet jw myt groter vroude vll blideschup; de gy
wesen hebbet in groter drofnisse der waren ruwe edder juwer eghen
swarmodicheyt, de de god allene bekant iß, vppe dat gy jw noch mer
rooghen vrouwen vn ghesadighet werden van den brüsten syner trostinghe ;
legghet jw tho synen rosenvaren wunden vfl sughet dar vth honnich
vll melk, dar gy van ghetrostet vn sterket werden.
Wan du desse trostliken wort hörst, so mochstu segghen in groter
vroude de wort, de me singhet an dem vreske*) tho der missen:
Letatus sum, dat is so vele: Ik byn ghevrouwet in den worden, de
my secht syn. In dat hus des heren wil wy ghan.
Dat Ewangelium in der missen bescrifit sunte Johannes vn secht:
Id naiet sik deme vroliken Paschen, vn secht ok vordan, wo god sede:
Ik wil my vorbarmen ouer de schare.
O leue mynsche, hefstu sus langhe wesen in bittercheyt dyner
eghenen samwitticheyt, nym nu trost tho dy. Höre, wo mylde dyn vader
is, deme du denest, he enbeydet dar nicht na, dat du de vasten vor-
vullet hebbest, men he kumpt an deme middele der vasten vn wil dy i
trösten vn lauen vn secht : Ik vorbarme my auer de schare, de myner
gnade dre weken ouer beydet hebben, eft ik se nu hungherigh ghan
late sunder myne gnade, so vorwerdet se in dem weghe. So bidde
god vmme syne gnade vn sprik dit beth:
(Gebet).
Desse dach wert gheheten en dach des brodes vmme des groten
wundertekens, dat god dede myt den vif broden, dar he vif dusent
lüde mede sadede, so dat Ewangelium vtwiset, dat hüte lesen wert
Ok wert desse dach gheheten de dach der rosen**), wente an desseme
daghe dricht de Pawes dor de stad tho Rome twe rosen***) van desem
vn balseme, vn dama offert he de enen der hemmelschen koninghinne,
den juncvrowen marien, de andere ghift he enem landes hereUi de dar
jeghenwardich is. Offer du ok dyne rosen, dat is dyn innighe beth,
der juncvrowen Marien vn sprik:
•) = verske.
♦•) Laetare, Rosensonntag.
***) Die Einfubrong der Rosen weihe wird dem Papste Urban V, sngescbrieben.
Derselbe soll sie euerst 1366 vollzogen babcn.
344 MARTENS
(Gebet).
Pag. 129—135:
An deme heylsameghen sondaghe*) wan dat lydent godes be-
ghunt wert, so steyt moyses, de dener godes, vp deme stillen der nacht
vn ladet myt syner bassonen alle eristenheyt tho samende in gheyst-
licher vroude vfi secht de wort, de me tho der motten singhet: Isti
sunt dies. Dit sint de daghe, de gy holden scholt tho ewighen tyden.
An deme verteynden daghe**) des ersten manen, de myt vns de Oster-
mane wert gheheten, tho deme auende is de hochtyd de de Pasche
wert gheheten, vn in deme vofteynden daghe***) desses manen schole
gy beghan de hochtyd des alder hoghesten heren, efte he segghen
schole : Nu steyt vns an de begherlike hochtyd, de god an der figoren
der olden ee des Paschelammes heft ghebaden tho beghande tho ewy-
ghen tyden in groter werdicheyt, vfi nu bauen alle de dechtnisse syner
vTolyken vpstandinghe der eristenheyt heft ghebaden tho virende vll
tho erende. Wente xpc vnse wäre Paschelam, de sick vor vns in deme
ghalghen des cruces gheoffert heft vfi vns vorloset heft vth dem hei-
schen egyptenlande vfi heft vns gheopenet an syner segheuechtelken
vpstandinghe den wech des ewighen leuendes vfi heft vns ghebrocht
an dat loue laut, dar de melk syner hilghen mynecheyt vfi dat sote
honnich syner godheyt vlut, dar alle vterkoren van ghesadighet werden.
Dar vmme vorhardet nicht juwe herte, men beredet jw desse verteyn
daghe vfi beghat nu de tyd synes hilghen bitteren lydendes in groter
innicheyt vn danknamicheyt, dat gy dar na den hochghelaueden vre-
lyken Paschen in groter vroude moghen beghan.
Tho der myssen wert ghelesen de £pistolen: Xpc assistens pon-
tifex. Dessen hoghen werden bischop sette vor de oghen dynes herten,
eft du jw thom sestf), wo he sta an enem schonen Roden gharwe
vor deme altare, dat is vor deme angesichte synes hemmelschen vaders,
sik suluen tho oflFemde vor vns, myt synem duren eddelen blöde vor
vnse sunde. Tho dessem groten bischope trid sekerken vn offere eme
dat bemende offer des loueff vfi der dancksegginghe; klage eme alle
*) Jadica.
**) Der 14. Nisan, der Abend vor den jüdischen Ostern, ist gemeint, die, wie
die christlichen Ostern, meistens in den April fallen, der daher der Ostermonat
genannt wird. Die ganze Stelle ist in Betreff der Zeitbestimmung übrigens sehr
wenig präcis.
***) Der 15. Nisan. der erste Tag der jüdischen Ostern,
f ) Diese jedenfalls fehlerhafte Stelle ist mir unverständlich.
NIEDERSÄCHSISCHE FASTEN ANDACHT. 345
dyne noth, he is wol vorsocht myt lydende, dar vmme kan he dy
vorlichten vn sote maken alle, dat dy swar wert. He steyt myt vt-
reckeden armen vn secht lefliken: Kämet tho my alle, de de arbey-
det vll bes wäret sin myt sunden, vQ ik wil jw vorquicken vn van
jwwen Sunden losen. Höre ok^ wo sotliken he vns an der communien
desser missen tho syner werschop*) ladet vn secht: Hoc corpus, dyt
is myn lycham, de vor jw vorraden werden schal vn enes smeliken
dodes Sternen. Dyt is de kelk des nyen testamentes in mynem blöde.
Dyt dot in myne dechtnisse. So sprik myt innicheyt dynes herten:
(Gebet).
Aus den übrigen Stücken der „Fastenandacht^ sind einige be-
merkenswerthe Wörter ausgewählt und zusammengestellt, die hier noch
einen Platz finden mögen. Nicht meine ich, damit das mittelnieder-
deutsche Wörterbuch in seinem Wortschatze zu vervollständigen. Aber
das vorliegende Schriftstück gehört zu den älteren seiner Art; eben
deßhalb erhält das folgende Verzeichniss einigen Werth, und dürften
die ausgehobenen Citate als ein Beitrag zum Wörterbuche erscheinen.
Anname, angenehm. Ecce, nunc tempus acceptabile. Seth, nu
is de anname tyd, p. 85.
arstedie, Arzenei. Vasten, ... der menen cristenheyt tho ar-
stedye der sele ghesettet, p. 80. Myn vastent sy dy anname vn myner
sele nutte arstedye jeghen alle suke myner sunde, p. 83.
behaluet, umgeben. He was behaluet van synen vy enden, p. 222.
beruet, barfuss. Sine leuen jungheren, .. . myt berueden voten
volghet se eme, p. 146.
beuinghe. Beben. Eällinghe vn beuinghe dyner hilghen lede,
p. 218.
b igraft , Begräbniss. AI dyne leuen vrunde bewenden dyne alder-
hilghesten bygrafit, p. 232.
bisproke, Gleichniss. Des sondaghes vor vastelauende so wert
ghclesen in dem hilghen ewangelio de bysproke: Exiit, qui seminat,
p. 68.
boren, gebühren. Nos autem gloriari oportet in cruce domini
nostri etc. Vns boret to beghende in deme cruce vnses heren etc., p. 171.
dunkelgude, Pharisäer, Heuchler. Alle dult vn sachtmodycheyt,
de du had best in allen honspraken, de dy de quaden joden vn de
dunkelguden tholeden p. 107.
^) Cf. werschuppen, in dem folgenden Verz eichniis.
346 MARTENS
EgeDboren^ eigengeboren. Hute heft de hemmelscbe vader
sjnen eghenboren sone nicht geschont, p. 231.
enenboren, eingeboren. Du willest anseen dynen enenbomen
sone, p. 195.
entwiden, erhören. An ropet my, vü ik wil juv entwyden, p. 79.
(F) Vaken, oft. Ik hebbe vaken jeghen dyne bode vü myne
ouersten ghebellet also en hunt, p. 101. Dit is myn blot, wo vaken gy
dyt entfangen, so dot dat in myne dechtnisse, p. 173.
y astel au end, Fastnacht Des sondaghes tho groten vastelauende
(= Sonntag Este mihi oder Quinquagesimae) desse dach wert gbe-
heten de veftigheste dach, wente van dessem daghe an beth an den
hogheloueden Paschedach rekenstu veftich daghe, p. 72.
vegevtlr, Fegfeuer. Myn naturlike dot mote wesen myn veghe-
vür, p. 234.
vetticheit; Fettigkeit. So behouestu de bitte der sunne, de
vetticheyt vfi de vruchtbaricheyt des ertrikes van binnen, den reghea
vn den hemmelschen dow van bouen, p. 76.
vordere haut, rechte Hand. Dextera domini fecit etc. De vor-
dere hant des heren heft gewerket etc., p. 179.
vordomenisse Verdammniss. Nu sint de daghe des heyles, we
de vorsumet, de moth na dessem leuende hebben de daghe der vor-
domenisse, dar god vor sy, p. 85.
vordunckern, verdunkehi; zu sehen aufhören. Syne oghen vor-
dunckerty p. 225.
vorbeuge, Vorhang. Des sunnauendes *), wan de hilghe korke
begint tho beghande dat lydent godes, so behenghet me de altare myt
rodem vorhenghe, p. 125.
vorsaken, verleugnen. Sunte Peter, de dy vorsaket hadde, p. 93.
We na my kamen wil, de vorsake sik suluest, p. 190.
vorsoren, verdorren. Dat ik nich envalle vppe den sten vü
vorsore, p. 70.
vorspel, Vorspiel. Du scult dy en vorspel maken der vroude,
de du an deme thokumpstighen veftighesten daghe hebben schult,
p. 73. — S. Paschendag.
vorstornisse, Störung. Sunder vorstomisse an der gnade des
hilghen ghestes, p. 58.
vridach, de stille = stiller Freitag, Charfreitag. De allerbedrof-
likeste nacht des stillen vrichdaghes, p. 204.
*) Sonnabcud vor Judica.
NIEDERSÄCHSISCHE FASTEN AN DACHT. 347
vrowesname, Frau. Du hordest ene van dem cruce to dy
«prekende : vrowesname, see dyn sone, p. 230. — O, vrawesname, dyn
loue is grot, dy sehe alse da wult, p. 103.
Geiseln, geissein. Du droghestan dynem vorwundeden thoghey-
Beiden rugghen dyn sware cruce, p. 126.
halsslagen, an den Hals schlagen. Do du tho der sexten tyd
bist halsslaghet, gestot vü slagen, p. 223.
homisse, Hochamt. Dyt naghescreuen beth lys vnder der ho-
myssen, p. 155.
honsprake, Hohnrede. S. dunkelgude.
honspreken, verhöhnen. Syne vyende, de quaden joden, (de)
ene honsprakeden vn eme vele vnere boden, p. 220. He wart ghe-
brocht van enem richtere to dem anderen, bespottet vn bespiget vfi
honspraket, p. 203.
Jammerdal, Jammerthal. Dat wy in dessem jammerdale ichtes
wat smecken mochten van deme trostliken wort vll der hemmelschen
vroude, p. 57.
jum = iis. Vorgiff id jum, wente se en weten nicht, wat se don,
p. 222.
Eillinge, anhaltender Schmerz. S. beuinge.
klenad, Kleinod. Merke, wo groten klenade demoder der hilghen
korken vphud, p. 56.
krepen, kriechen. De klenen wormeken des ertrikes krepet
dar in, p. 76.
kromeken, Krümchen. Men ik bidde, dat ik mote wolpes wyse,
vn alse en klene hundeken vplesen de kromeken, de dar vallen van
der tafelen dyner gnade, so dat ik arme wolpeken, ik vnwerdighe
creature, dor wäre ruwe vfl othmodicheyt van den kromeken dyner
gnade wedder werde dyn dochter vü dyn kynt, p. 102.
leueken, Liebchen. Myt dynem leueken xpö jhü in siner vro-
liken vpstandinghe, de beter is wen ienich vastelauendes leueken, p. 73.
1 eggen, beilegen, d. h. aufhören lassen. An dem sunnauende*);
wan me dat AUeluia locht, p. 56.
luchtere haut, linke Hand. De wunde der luchteren band, des
luchteren votes, p. 92. 94.
Mancket, zwischen, unter. Dat valt by den wech, mancket de
dorne, p. 68.
*) Sonnabend vor Septuagesimae.
348 MARTEN8, NIEDEB8ÄCHSISCHE FASTENANDACHT.
Nachtsang, der klösterliche cantus noctumus. To dem nacht-
sangh betrachte nu de bedroffnisse jhü x, p. 189.
Pal mentw ig, Palmenzweig. De joden, de eme thomote ghinghen
myt denTgronen palmentwyghen, p. 141.
Paschendach, de lutke = Sonntag Palmaram. Desse dach wert
ok gheheten de latke Paschendach, wente he is en vorspel des groten
Paschedaghes, p. 149.
percessien, Procession. Gha de percessyen myt groter innicheyt,
p. 147. De percessyen kompt wedder in den kor, p. 150.
predekinge, Predigt. Na der predekinghe des propheten, p. 89.
porteken, Pförtchen. Tho iherusalem is en dick, vmmedan
myt viff porteken, p. 90.
Ranke, Ranke. Ik byn de wäre wynraaen v& gy synt myne
ranken, p. 190.
Salichmaker, Seligmacher. Denke, wo dyn salichmaker in deme
cruce ghehanghen heft myt vtreckeden armen, lop sekerken tho eme,
p. 151.
sekerken, Adv. sicher. S. salichmaker. — Opene na xpö dyn
herte, trit sekerken to, p. 170.
Staltenisse, Gestalt He hefit de staltenisse enes knechtes tha
sik ghenamen, p. 152.
Twigeken, Zweiglein. Dat lemmeken speiet cntjeghen deme,
de id doden wil, wan he eme de gronen twygheken wyset, p. 141.
Ummekring, Umkreis, Umfang. An deme vmmekringhe des
dysches, p. 164.
vphuden, aafbewahren. AUelaia, dat in der hilghen korken na
wert beslaten vn vpgehud, p. 50. — S. klenad.
Werschuppen, wirthschaften, walten. Myt dy werschappen an
dyner Paschelken vroude, p. 82. Du moghest myt my werschappen vtt
ik myt dj, p. 84. — Ik bidde dy, dat du willest myt myner sele wer-
schappen, p. 163. Werschuppe du vn sprik mit dynen vnmden, p. 164.
winpersen, Weinpresse. Do du vp dynen vorwundeden schul-
deren dyn sware cruce droghest vn de wynpersen allcne tredest, p. 126»
winraue, Weinrebe, Weinstock. S. ranken.
wolp, wolpeken, junger Hund. S. kromeken.
BBEMEN, im März 1875. H. MARXENS.
BLAAS, VOLKSTHOMIICHES AUS NIEDERÖSTERBEICH ÜBER TRIEBE. 349
VOLKSTHÜMLICHES AUS NIEDERÖSTERRETCH
ÜBER THIERE.
▼OH
C. M. BLAAS,
1. Wenn ein Hund heult, geschieht ein Unglück*) (Wien).
2. Wenn der Haushund heult, so stirbt Jemand aus dem Hause ^)
(GöUersdorf). 3. Wenn ein Hund heult und schaut nach oben, so bricht
ein Feuer in dem Hause aus, wo er ist; sieht er aber nach unten, so
stirbt Jemand aus demselben^) (Stockerau). 4. Wenn die Hunde GtrsLS
fressen, so regnet es bald^). 5. Hundeschmalz hilft gegen die Aus-
zehrung (Siemdorf bei Stockerau).
• 6. Wenn sich die Katze putzt, so wird schönes Wetter oder
es kommt ein seltener Gast^) (Stockerau). 7. Wenn die Katze Qtm
frisst, so wird es bald regnen*) (Stockerau). 8. Wenn in einem Hause
eine dreifarbige Katze ist, so bewahrt sie dasselbe vor Feuersgefahr ^)
(Stockerau). 9. Im Hause soll man keine Katze umbringen, sonst ist
kein Glück in demselben®) (Höbersdorf). 10. Wenn ein Mädchen keine
Katze leiden kann, so kann sie auch keinen Mann leiden (GöUers-
dorf.) 11. Die schwarzen Katzen können kein heiliges Lied singen
hören (Deinzendorf). 12. Aus einer schwarzen Katze wird, sobald sie
älter wird, eine Hexe •) (Deinzendorf). 13. Wenn eine Katze neun Jahre
alt ist, so wird sie eine Hexe *®) (Höbersdorf). 14. Katzenschmalz hilft
gegen die Auszehrung (Siemdorf bei Stockerau).
15. Damit ein Kind leicht zahne, soll eines der Angehörigen des
Kindes einer lebendigen Maus den Kopf abbeissen, und dieser muß
dann dem Kinde um den Hals gehängt werden**) (Wien). 16. Indem
die Elinder einen ihnen ausgebrochenen Zahn nach rückwärts über
den Kopf werfen, sagen sie : „Maus, Maus^ i schenk da an banan Zahn,
schenk ma an eisan Zahn!^ *^) (Stockerau).
«) VgL Grimm, Myth. I. Auag., Anhg. LXXIV. ») Vgl. Lütolf, Sagen der
fünf Orte 663. ») Vgl. Grimm , Myth. L Ansg., Anhg. CLV. *) Vgl. Wolf,
Beitr. s. dent. Myth. I, 231. ^) Vgl. Schönwerth, Aiu der Oberpfalz I, 358.
*) Vgl. Birlinger, Volksth. a. Schw. I, 117. ^) Vgl. Grohmann, Abergl. a. Böhmen 66.
^ Vgl. Grimm, Myth. L AuBg., Anhg. LXX. ») Vgl Zingerie, Tirol. Sitt. 94.
'•) Vgl. Schönwerth, Aus der Oberpfalz I, 367. ") Vgl. Grimm, Myth. I. Ausg.,
Anhg. XC. «*) Vgl. Simrock, Deut. Myth. 446.
350 BLAAS
17. Wenn man ausgeht und es läuft einem ein Hase über den
Weg, so hat man Unglück ^).
18. Man glaubt, wenn man unter das Bett eines GKcbtkranken
ein Meerfadl gebe, so ziehe dasselbe die Gicht an sich und der
Kranke genese*) (Siemdorf bei Stockerau).
19. Wenn man Schweinen begegnet, so hat man Unglück*)
(Stockerau). 20. Wenn einem auf dem Wege zu einem Besuche Schweine
begegnen, so ist dieß ein Zeichen, daß man dort nicht gerne gesehen
wird*) (Siemdorf bei Stockerau). 21. Isst man am Neujahrstage einen
Schweinsrüssel, so hat man das ganze Jahr Glück ^) (Wien).
22. Bei festlichen Gelagen, z. B. nach Jagden, durfte in Lätschau
(Waldviertel) ein Wilds chweinkopf nicht fehlen, welcher mit Ros-
marin, Bändern und Blumen geschmückt auf die Tafel gestellt wurde*).
23. In dem Hause, vor welchem ein Pf er d wiehert, ist eine Braut
(Wien). 24. Ein gefundenes Hufeisen bedeutet Glück ^) (Wien).
25. Wenn einem Schafe begegnen, so hat man Glück ^ (Siem-
dorf bei Stockerau). 26. Wenn man Jemanden besuchen will und es
begegnen einem Schafe, so ist man dort gerne gesehen') (Siemdorf
bei Stockerau).
27. Wenn ein junger Stier zum ersten Male auf die Weide ge-
führt wird, so bekommt er einen Kranz zwischen die Homer. (Strona-
dorf bei Ernstbrunn). 28. Zum Stier sagen die Kinder:
^Stiarjodl bum, bum,
steß's Hefarl ned um,
steß's aufi, steÜ's abi,
stoß' 8 nur ned in Brunn!**
[steß's rundumadum!] (Spillem).
29. Wenn eine Kuh oder Kalbin aus dem Hause gegeben wird,
so reicht man derselben Brod, mit Weihwasser besprengt, zum fressen^;
zuweilen erhält sie außerdem zugleich drei geweihte „Palmkatzln^
(Siemdorf bei Stockerau). 30. Wenn das Kalbl von der Kuh verkauft
wird, so bekommt die alte Brod mit Weihwasser besprengt zum finessen
(Siemdorf bei Stockerau). 31. Die erste Milch von einer Kuh, welcher ihr
Kalbl verkauft wurde, heißt die „Blazmilch'', und wird, nachdem sie
vorher mit Weihwasser besprengt wurde, den Armen gegeben (Siem-
>) Vgl. Grimm, Myth. 1079—1080. ') Vgl. Grohmann, Abergl. a. BQhm. 58.
') Vgl. Schönwerth, Aus der Oberpfalz III, 273. *) Vgl. Grimm, Myth. 1081.
*) Vgl. Vemaleken, Alpensag. 343. «) Vgl. Grimm Myth. 196. ') Vgl. Grimm,
Myth.., I. Ausg., Anh. LXXII. ») Vgl. Kuhn, Mark. Sag. 387. •) VgL
Myth. 1081. ") Vgl. Birlinger, Ans Schwaben, Neue Sammig. I, 403.
V0LK8THÜML1CHES AUS NIEDEROSTERREICH ÜBER THIERE. 351
dorf bei Stockerau). 32. Wenn eine Kuh aufhört Milch zu geben oder
rothe Milch giebt, so sagt man^ sie sei „verhext^ und man soll im
ersten Falle die paar Tropfen, die sie noch giebt, im zweiten Falle
die rothe Milch in einem Rein dl aufs Feuer stellen und mit einer
Doadistl peitschen; das gspürt die Hex und muß kommen, bittet ab
und macht, daß die Euh wieder Milch giebt, wie früher^) (Deinzendorf).
33. Wenn man ein Rothschwanzl fängt oder umbringt, oder
ihm das Nest ausnimmt, so schlägt der Blitz ein^) (Spillem). 34. Wenn
man einem Rothschwanzl das Nest ausnimmt, so bricht Feuer aus
(Spillem) oder es wird eine Kuh hin®) (Pfösing). 35. Wenn man ein
Rothschwafl umbringt, so geben die Kühe Blut statt Milch *) (Döllers-
heim).
36. Die Schwalben sind heilige Thiere *), und man darf weder
ihnen noch ihren Nestern etwas anthun^). 37. Wo eine Schwalbe
nistet, ist Segen Gottes'') (Wien). 38. Wo Schwalben zufliegen, ist
Glück ®) (Stockerau). 39. Man soll die Schwalben nicht verjagen, weil
sie einem das Glück ins Haus bringen (Langenlois). 40. Im Hause wo
Schwalben sind, schlägt's nicht ein') (Waldviertel). 41. Das Haus wo
Schwalben ihr Nest bauen, ist vor Feuer sicher^®) (Waldviertel),
42. Wenn in einem Hause eine Gotteslästerung oder eine andere
Frevelthat geschieht, so kommen die Schwalben nicht mehr, um zu
nisten ^^) (Wien). 43. Die Schwalben sind Muttergottesvögerln , daher
darf man sie nicht umbringen ^*) (Hippersdorf). 44. Wenn Jemand eine
Schwalbe umbringt, so weint Unsere liebe Frau, weil das ihre Vögel
sind (Stockerau). 45. Wenn man eine Schwalbe umbringt, so kommt
Unglück über das Haus ^^) (Wolkersdorf im Gerichtsbez. Wolkersdorf).
46. Wenn man ein Schwalbennest ausnimmt oder eine Schwalbe um-
bringt, so bricht Feuer aus '*) (Spillem). 47. Wenn man ein Schwalben-
nest zerstört oder eine Schwalbe umbringt, so geben die Kühe Blut
statt Milch **) (DöUersheim). 48. Wenn man im Frühjahre die ersten
Schwalben einzeln sieht, so verlässt man den Ort, wo man ist; sieht
man aber mehrere zugleich, so bleibt man dort (Hadersdorf am Kamp).
49. Sieht man im Frühjahre die ersten Schwalben paarweise, so hei-
•) Vgl. Grimm, Myth. 1026. ') Vgl. Wolf, Beitr. z. d. M. I, 232.
') Vgl. Zingerle, Tirol. Sitt 77 u. 78. *) Vgl. Ebenda 78. *) Vgl. Meier,
Schwab. Sag. 221. •) Vgl. Grimm, Myth. 638. ') Vgl. Zingerle, Tirol. Sitten 88.
•) Vgl. Grimm, Myth. 1087. »; Vgl. Birlinger, Volksth. a. Schwab. I, 194.
'•) Vgl. Kuhn, WeatfÄl. Sagen. I, 72. ") Vgl. Grohmann, Abergl a, Böhm. 70.
") Vgl. Zingerie, Tirol. Sitten 88. ") Vgl. Grimm, Myth. 638. '') Vgl. Zingerie,
Tirol. Sitten 88. «») Vgl. Grimm, Myth., I. Anag., Anhg. XCVIII.
352 BLAAS
rathet man in demselben Jahre ^) (Wald viertel). 50. Wenn man die
ersten Schwalben sieht, so soll man sich am Boden „kngeln'' (wftlzen),
dann bekommt man kein Ereozweh (Unter- Zögetsdorf). 51. Wenn die
Schwalben niedrig fliegen, so nimmt man an, daß Regenwetter eintritt*)
(Siemdorf bei Stockerau). 52. Wenn Jemand sehr stark das Abftlhren
oder eine starke Geschwulst hat, ^o soll man von einem Schwalben-
neste etwas nehmen, auf eine Glut legen und ttber dem Rauche ein
Tuch abwärmen und dieses dem Kranken auflegen, so hilft es') (Höbers-
dorf). 53. Um Mciria Geburt
fliegen die Schwalben fürt;
um Maria Verkündigung
kommen die Schwalben wiederum*).
54. Die Schwalben singen: Vorigs Jahr, vorigs Jahr
Kidl gflickt, Eidl gflickt,
heuer hab i koan Fleck (Spillem).
oder: Soll i Kidl flieka,
soll i Kidl flicka,
i hab koan Fleck*) (Ober-Zögersdorf).
55. Wenn man zu einem Menschen, der an einem bösartigen
Rothlauf leidet, einen Gimpel in's Krankenzimmer giebt, so zieht
derselbe den Rothlauf an sich, der Kranke aber genest*) (Stockerau).
56. Wenn man einen Kreuzschnabel im Käfige zum Bette
eines Gicht- oder Rothlaufkranken hängt, so bekommt der Vogel die
Krankheit und stirbt, der Kranke aber wird gesund '') (Wien). 57. Die
Leute halten die Kreuzschnäbel, daß die Kinder die Zähne leichter
bekommen (Vitis und Wien); wenn dieselben dann die Zähne haben,
so stirbt der Vogel ®) (Vitis). 58. Man soll einem Kinde mit dem Wasser,
aus welchem ein Kreuzschnabel getrunken hat, die sog. Zahnpillen
einreiben, damit dasselbe leichter zahne ^ (Wien).
59. Wenn sich die Elster vor einem Hause sehen lässt, so
deutet sie kommendes Unglück an ^^ (Groß-Engersdorf). 60. Wenn sich
die Elster auf einem Hause, oder in dessen Nähe mehrere Tage zeigt,
so stirbt daselbst Jemand ") (Waldviertel).
») Vgl. Wuttke, VolksabergL 190. *) Vgl. Zingerle, Tirol. Sitt. 89.
») Vgl. Geßner, Vogelbuch, Zürich (Froschouer) 1667, f. CCXVU, a. *) Vgl
Leoprechting, Ans dem Lechrain 167 nnd 194. ^) Vgl. Landsteiner, Programm d.
Josefstädter Gymn. in Wien (▼. J. 1872) 84. «) Vgl. Zingerle, Tirol. Sitten 79.
') Vgl. Zapf, Sagenkreis des Fichtelgeb. 47. •) Vgl. Alpenburg, Tirol. Myth. 387.
•) Vgl. Vonbun, Beitr. z. d. Myth. 110. '") VgL Lütolf, Sagen der fünf Orte 367.
'*) Vgl. Woeste, Volksüberl. a. d. Mark 64.
VOLKSTHÜMLICHES AUS NrEDEHÖSTEKREILTT CBEB THIERE. 363
61. Die Krähe bringt die kleiaen Kinder in Reingers ').
62. Man soll, wenn man den Kukuk zum ersten Male im Frilh-
jatire vor Georgi schreien hört, denselben zuerst aiiBSchreien lassea
und dann zu ihm dreimal sagen: „Kukuk, wie lang leb' ich?'' —
So oft er dann schreit, so viele Jahre lebt mau noch") (Stockerau).
Übardieö fragen ihn die Mftdchen: «Wie lange bleib' ich noch ledig"?*)
63. Wenn man im Frühjahre den Kukuk das erste Mal Bclireicn hört.
soll man den Geldbeutel schütteln, so hat man das ganze Jahr Geld ^)
fSi<!mdorf bei Stockerau), 64. Hßrt man den Kukuk das erste Mal
im Frühjahre vor Georgi echreien und hat dabei Geld in der Tasche,
so hat man das ganze Jahr keinen Mangel an Geld ^} (Stockerau).
65. Hört man im Frühjahre den Kukuk das erste Mal schreien und hat
dabei kein Geld im Sacke, so hat man das ganze Jahr keines^)
(Stockerau). 66. Wenn man den Kukuk, da er scbreit, nachspottet,
so bekommt man „Gugascbeggn" {Somoiersprossen} (St'hilterri).
67. Wenn das Wichtl sich auf's Dach setzt und schreit, so stirbt
Jemand') (Ernstbrunn). 68. Wenn das Wichtl vor das Fenster eines
Kranken geflogen kommt, so muÜ derselbe sterben; der Ruf des U'ichtls:
„kliwittl kliwitt!" heißt bei den Leuten; „komm mit! komm mit!"*}.
69. So oft man das erste Mal im Frühjahre die Wachtel schlagen
hört, eo viel Gulden kostet der Metzen Korn") (Reingers). 70. Dia
Wachtel sagt: „Wau-wau-waul findst mi ned,
hintern Stroh bin i ned,
hintern Heu a no ned,
Wau-wau-wau! findst mi ned". (Hatzenbach.)
71. Wenn der Hahn bei regnerischem AVetter auf der Höhe,
z. B. auf dem Dache oder Zaune, kräht, so sagt man: es wird schönes
Wetter; wenn er aber auf der Erde kräht, ao glaubt man, es komme
Kegen '"). 72. Wenn der Hahn nach dem Mittagessen kräht, so regnet
es noch an demselben Tage (Bromberg),
73. KrHht eine schwarze Henne, so bedeutet dieß Tod im Hause ") ;
eine gelbe: Feuer; eine weiße: Glück (Reingers). 74 Wenn eine Henne
kräht, so soll man sie abstechen, detm sie bringt Unglück ") (Gsllers-
') Vgl. F«if«lik, in Wolf. Ztochr. f. d. Myth. IV, 333. ') Vgl. Grimm,
Mylb. 6*1. ') Vgl. Ebenda Ml. ') Vgl. Grimm, Mytli. 1. Ausg., Anh. XCIV.
') Vgl. Grimn, Mjth. C43. *) Vgl, Ebenda 049. ') Vgl. Wnrth in Wolf]
Zlacbf, f. d. M/th. IV, 80. ') Vgl. ItochboU, Deutach. Glaabe und Brauch 1, 16S.
') Vgl. Birlinger, Vütketh. a. Schwab, t. 12b. ") Vgl. Birlinger, Aob Schwaben,
Nene fiammig., I, 108. "] Vgl. Landateiner, Kremser Gyma. Progr. (v. J. 1869) 30.
") Vgl. KcbönwerUi, Aus der Oberpfnli, I, 3U.
OEHKAHIA. Star Heili« VIU. (IX.) Jiliq. 23_
354 HLAAS
dorf). 75. Schwarze Hühner bringen dem Hause kein Glück (Stockerau).
76. Jene Eier, welche die Hühner am sog. Antlaßpfinztag (grflnen
Donnerstag) legen, werden von .der Hausfrau aufgesammelt, am Char-
Samstage roth gefärbt und Antlaß- oder AnlaOeier genannt. Diese Euer
lässt die Hausfrau am Ostersonntage in der Kirche weihen und nach
einem alten Herkommen werden drei derselben nach der Weihe eu
einem gemeinsamen Mahle hergerichtet, und zwar in so viele Theile
der Lftnge nach geschnitten, als Glieder in der Familie sind^). Man
glaubt: Jenes Familienglied, welches bei diesem Mahle sich nicht ein-
finde und das ftbr dasselbe bestimmte Stückchen nicht verzehre, gehe
in demselben Jahre für die Familie verloren, sei es durch den Tod,
oder eine Heirath, oder daß es aus was immer für einer Ursache die
Familie verlasse (Gerasdorf im Marchfeld). 77. Isst man Eier, möge
man die Schalen ja eindrücken, sonst gerathen die Eier im nächsten
Jahre nicht') (Wien). 78. Wenn man Eierschalen dort hinlegt, wo die
Dachtropfen darauf niederfallen können, werden diejenigen, welche
darüber hinwegschreiten, krank (Stockerau). 79. Wer gut lügen kann,
der kann gut Eier sieden (Emstbrunn).
80. Zum Indian (Truthahn) sagen die Kinder:
„Roth und blau is ned schön,
pfui, pfiii, pfui! schneuz da!***) (Ober-Zögersdorf).
81. Damit die Stubenvögel nicht „beschrieen '^ werden, hängt man
ihnen ein Stückchen rothes Tuch in den Käfig.
82. Wenn man die Haare, die einem ausgehen, wegwirft und es
erwischt sie ein Vogel und nimmt sie zum Nestbaue, so bekommt man
Kopfweh*) (Göllersdorf).
83. Die Hausader (Coluber natrix) bringt dem Hause Seg^n")
(Bromberg).' 84. So lange die Hausader im Hause ist, bringt sie den
Hausbewohnern Glück®) (Groß-Engersdorf). 85. Wenn dem Hause
ein freudiges Ereigniss, z. B. eine Taufe, Hochzeit oder Erbschaft
bevorsteht, so erscheint die Hausader mit einer Krone auf dem Kopfe ^
(Groß-Engersdorf). 86. Wenn die Hausadem „schlagen**, so stirbt
Jemand aus der Freundschaft;, oder es zeigt dieß Schlagen an, dalS
man zu Geld kommt ^) (Stockerau).
») Vgl. Panzer, Bcitr. «. d. Mjth. II, 211 u. 213. ») Vgl. Wolf, Beitr. «.
d. Myth. I, 221. ') Vgl. Vernaleken u. Branky, Spiele u. Reime 119. *) VgL
Orimm, Mjth. I. Ausg., Anhg. CLY. ^) Vgl. Alpenbnrg, Tirol. Myth. 388.
•) Vgl. Eisel, Sagenbuch 0. Voigtl. 149. ') Vgl. Alpenburg, Tirol. Myth. 888.
') Vgl. Leoprecbting, Aus dem Lechrain 77 u. 89.
VOLKSTHÜMLICHES AUS NIEDERÖSTERREICH ÜBER THIERE. 355
87. Die Kinder sagen, wenn sie eine Eidechse sehen, zu der-
selben: ^Adraxl, Adraxl, wünsch ma a Glück , daß i heut oder morgn
was find!" (Laa an der Thaya).
88. Um sich das Schwitzen der Hände zu vertreiben, hält man
einen lebendigen Laubfrosch so lange in den über ihn geschlossenen
Händen, bis er todt ist*) (Wien).
89. Aus dem Brunnen oder Keller soll man die Kröte nicht ver-
treiben, denn sie zieht die Gifte an sich') (Groß-Engersdorf).
90. Wespennester können Geschwülste bei Menschen und
Thieren vertreiben, wenn man sie anzündet imd den Rauch auf den
geschwollenen Theil kommen lässt (Ober^Mallebem).
91. Es ist sowohl unter den älteren als auch unter den neueren
Bienenzüchtern die Meinung, daß, wenn nach dem Tode eines Bienen-
vaters den ^Bienenvölkern" der Tod desselben nicht angezeigt wird
— durch*s Anklopfen an die Bienenstöcke mit den Worten: „Der Bein-
vater ist gstorbn!)" — dieselben absterben^). 92. In den drei ^Rauch-
nächten", und zwar in der Nacht vor dem Thomastage (21. December),
sowie in den Nächten vor Weihnachten und Dreikönig, werden die
Bienenhütten mit geweihtem Weihrauche durchräuchert und mit Weih-
wasser besprengt (Siemdorf bei Stockerau). 93. Während man bei den
übrigen Thieren, wenn dieselben verenden, sagt: ^sie sind hingeworden^,
sagt man von den Bienenstöcken, wenn sie zu Grunde gegangen sind:
„sie sind abgestorben"^). 94. Wenn sich Jemand Bienen einschaffen
will, so soll er den ersten Bienenstock nicht kaufen, sondern trachten,
daß er ihn geschenkt bekomme, weil er dann in der Bienenzucht viel
Glück hat^); und jeder Bienenvater ist gern bereit, einem Bienenzucht-
anfänger einen „Bienenschwarm" unentgeltlich zu überlassen (Siemdorf
bei Stockerau).
95. Diejenige Fliege, welche man über Neujahr im Zimmer er-
hält; bedeutet Glück (Litschau).
96. Wer Spinnen tödtet, zerstört sein Glück; findet man in der
Frühe eine Spinne^ so ist es von übler Vorbedeutung, denn:
Spinne am Morgen
bringt Kummer und Sorgen.
Am Abende aber deutet es auf Freude^) (Stockerau).
*) Vgl Geßner, Thierbuch, Zürich (Froschower) 1668, f. CLXVIII, b. «) Vgl.
Leoprechting, Aus dem Lechrain 83. ') Vgl. Simrock, Deat. Myth. 577.
*) Vgl. Rochholz, Deut. Glaube und Brauch I, 147. *) Vgl. Schönwerth, Ans der
Oberpfalz I, 355. *) Vgl. Lausitzer Neues Mag. N. F. VllI, 334.
23*
356 MÖLLER
97. Spinnerin am Morgen
bringt Kammer und Sorgen;
Spinnerin am Abend
bringt Wohlstand und Gaben ^) (Stockerau).
98. Wenn über dem Bette eines Mädchens ein Spinnengewebe
ist, so wird dasselbe bald heirathen, und man nennt dieß Spinnenge-
webe den „Heirathsbrief" *) (Deinzendorf).
99. Man soll keiner Kreuzspinne etwas zu Leid thun, und sie
auch nicht aus dem Zimmer geben, weil sie in dem Gemache, wo sie
sich aufhält, alle Krankheitsstoffe an sich zieht ^) (Deinzendorjp).
100. Wenn man einen lebendigen Krebs im Hause einmauert
so ziehen die Wanzen fort (Wien).
STOCKERAU in Niederösterreich, Juni 1875.
ZUM FIÖLSVINNSMAL.
In der Gestalt, in welcher das Fiölsvinnsmäl vor uns liegt^
begegnet uns an zwei Stellen ein auffaUender Sprung des Gedankens,
während an einer dritten der logische Zusammenhang arg gestört ist.
Jenes geschieht in den Uebergängen von v. 18 zu 19 und von v. 24
zu 25, dieses ist der Fall in v. 23.
Nachdem in y. 15 — 18 die Frage verhandelt worden ist, wie man
den Hunden zum Trotz sich den Eingang erwirken könne, wird in
Y. 19 dieser Gegenstand ganz abgebrochen durch die wie vom Zaune
gebrochene Frage des Svipdagr, wie der Baum heiße, der seine Zweige
über alle Lande ausbreitet. Zur Erklärung dieses Ueberganges bieten
sich zf^ei Annahmen dar: die eine die, daß eine Ideenassociation den
Svipdagr von dem in v. 18 genannten Hahn Vidofnir, den Svipdagr
also kennen muß, auf den Baum Mimameidr bringt, auf dem der
Hahn sich befindet; die andre die, daß Fiölsviclr in v. 18 indem er
den Vidofnir nennt zugleich mit der Hand auf den Hahn hinweist, so
daß Svipdagr indem er den Hahn erblickt zugleich den Baum sieht,
nach dessen Namen er dann fragt — Wie vom Zaun gebrochen
erscheint femer im Zusammenhang der Verse von 23 an die Frage
des Svipdagr in v. 25, ob es eine Waffe gebe, den Vidofiiir zur Hei
') Vgl. LauBitzer Neues Mag. N. F. VIII, 334. «) Vgl. GrohmÄim, AbergU
a. Böhmen 85. ') Vgl. Birlinger, Aus Schwaben, Nene Samml. I, 400.
ZUM FIÖLSVINNSMAL. 357
ZU schicken. Im Folgenden bis v. 30 dreht sich dann alles um die
Erlangung dieser Waffe. Es handelt sich aber gar nicht um die Tödtung
des Vidofhir^ sondern um die Erlangung des Eingangs in die Burg
der Menglöd: wir erwarten daher diese Frage gleich nach v. 18.
Zwischen v. 18 imd 19 kommt der logische Zusammenhang zu
Stande durch einen künstlich angeknüpften Faden, in y. 25 wird der
Faden nachdem er einen Elreis beschrieben wieder an derselben Stelle
angeknüpft, wo schon der Knoten zwischen 18 und 19 sich befindet.
Die beiden Knoten wären zu ertragen, wenn wir ohne sie auf allen
Zusammenhang verzichten müssten, unerträglich aber ist der Kreis-
lauf, den zwischen ihnen der Gedanke macht
Nachdem Svipdagr in v. 19 vom Vidofnir auf den Baum gekom-
men und in v. 20 — 22 dessen Namen und Eigenschaften erfahren hat,
wird er in v. 23 vom Baume wieder zurück auf den Hahn geiUhrt:
er fragt nach dem Namen des Hahns und erfahrt ihn in v. 24, nach-
dem ihm doch schon in v. 18 der Name des Hahns genannt worden
ist. Hieraus ergibt sich, dass beide Annahmen, durch welche wir oben
den Gedankensprung von v. 18 zu 19 zu erklären versuchten, unrichtig
waren: Svipdagr kann weder den Vidofnir schon gekannt, noch ihn
in V. 18 kennen gelernt haben, er dürfte sonst nicht in v. 23 wieder
nach dessen Namen fragen. — Wie der Text des Fiölsvinnsmäl uns
vorliegt versteht Svipdagr also in v. 18 nicht, daß Vidofnir der Hahn
auf dem Mimameidr sei, statt nun aber sich näher nach dem ihm
wichtigen Vidofnir zu erkundigen bricht er in nunmehr ganz unerklär-
licher Weise das Gespräch über die Möglichkeit des Eintritts in die
Menglödsburg ab und kommt auf den Mimameidr, ganz unabhängig
von der Vorstellung des Vidofnir, erf^rt aber glücklicherweise im
Laufe des daran sich knüpfenden Gesprächs in v. 24, daß der Hahn
auf dem Baum eben jener Vidofnir sei, entsinnt sich nun, daß ihm
nach V. 18 die Bezwingung des Vidofnir erwünscht sein müsse, und
thut endlich in v. 25 die Frage, die er schon in v. 19 hätte thun müssen,
wie diese Bezwingung möglich sei.
Alle Schwierigkeiten, ja Unmöglichkeiten, die der Text in dieser
Gestalt bietet, können mit einem Schlage beseitigt werden durch eine
sehr einfache Operation. Das oben bezeichnete Stück, in welchem der
Faden zwischen den beiden Eaioten einen Kreis beschreibt, schneiden
wir heraus und setzen dasselbe an einer andern Stelle wieder an, um
so einen einfachen und ununterbrochenen Faden des Gedankens zu
gewinnen. — Die Verse 19 — 24 müssen ursprünglich an einem andern
Oitc und zwar nothwendig vor 18 und 25 gestanden haben, da Vidofnir,
358 MÖLLER
der in v. 24 zum ersten Male genannt werden muß, in y. 18 und 25
als schon bekannt vorausgesetzt wird. Vor v. 18 ist nur an zwei
Stellen eine Einfhgung der Verse möglich, zwischen v. 8 und 9 und
zwischen v. 12 nnd 13: an dem letzteren Orte erscheint sie geeigneten
Die Verse 19 — 2A sind demnach zwischen die Verse 12 und
13 zu setzen.
Nachdem Svipdagr in v. 9 nach dem Namen der grind, in y. 11
nach dem des gardr gefragt, erblickt er ^) den Baum Münameidr und
fragt in dem anf v. 12 folgenden y. 19 nach dessen Namen. Durch
den Baum auf den Hahn geftihrt, den er auf demselben sieht, fragt
er in v. 23 nach dessen Namen und er&hrt in y. 24 der Hahn heiße
Vidofhir. Dann folgen die Verse 13 — 18: Svipdagr fragt nach den
Hunden und erfthrt, daß die vtengbrädir tv»r t Vidofiiis lidom, den
Hunden vorgelegt, das einzige Mittel seien, das den Eingang mögUch
mache. Ganz natürlich schließen sich nun hieran die Verse 25 — 30, in
welchen Svipdagr fragt und er&hrt, wie Vido&ir zu bezwingen sei.
Wir erlangen auf diese Weise in v. 13 — 30 nach Ausscheidung von
19 — 24 eine schöne ununterbrochene Reihe schwieriger, ja, wie sich
in V. 30 herausstellt, unmöglicher Erfordernisse') zur Erlang^ung des
Eingangs. In v. 30, der fUr die Bezwingung des Vidofnir eine Vor-
bedingung stellt, welche nur nach Bezwingung des Vidofnir za erfllllen
ist, findet die Verhandlung über den Eintritt in die Menglödsborg
ihren naturgemässen Abschluss, und Svipdagr kann in v. 31 eine neue
Frage aufwerfen.
Daß die Besserung, wie ich sie vornehmen will, nothwendig ist,
kann, glaube ich, nicht zweifelhaft sein, es fragt sich nur, wie wir
das Entstehen des Verderbnisses uns zu denken haben.
*) Denn daß Svipda^ den Banm sieht macht die dlnisehe STeidalariae notk-
wendigTt deren Zusjunmenhang, wenn nicht mit Grdgaldr (s. £. Kölbing, Genn. XIX, 359 M\
obwohl ich glanbe, daiS auch an diesem festzuhalten ist, so doch mit dem FiölsriiiB»»
mal mir nnabweishar xu sein scheint.
*) Ähnlich wie sie, doch hier in sehr ungeordneter nnd abgeeehmaekter Wom
(hier aa>!:erdem nicht snr Erlangong desselben Zweckes, sondern nnmittelbar mar Er-
reiehong des Zieles), in der kjmrisehen Erslhlnng Kiihwch nnd Olwen gestellt weid— .
Von dem Znsammenhang dieser kymrischen Erslhlnng mit dem Grftgaldr und FiSla-
Tinnsniai nnd der Sreidalsriae vermag ich mich indessen nicht in ftberaerngtai: wdk
dieser hat sie einige gans untergeordnete Züge, wie ich gUnbe gans xnfUlig^ gcflMm»
mit dem Fiölsvinnsmil , so viel ich sehe, nichts weiter, als daG in beiden der Hrid
das Midchen schließlich bekommt, woraus, da so bekanntlich die meisten Ermlhhmgta
schließen, sich gar nichts folgern llsst. Ist dieses richtig, so würde damit l>w>ftiK|^
werden, was (a. a. 0.> ans der Übereinstimroang der Sveidalsrise mit Kühircli
Olvea im Gegeasata sa Grögaldr und Fiölsrinnsm&l gefolgert worden ist.
ZUM fiölsvinnsmAl. 359
Das Verderbniss besteht in einer Vertanschnng der je sechs
Verse 13 — 18 und 19 — 24. Diese zwölf Verse folgen unmittelbar auf
eben so viele andere, mit denen der überlieferte Text des Fiölsyinns-
mal beginnt. Dem, der diese Bemerkung gemacht hat, wird sofort als
erster Gedanke der aufsteigen, ob nicht die Membrane, aus welcher
Grdgaldr und Fiölsvinnsmdl in die Papierhandschriften übergiengen, auf
jeder Seite sechs Verse enthalten haben sollte: auf fol. la des Fiölsvinnsmftl
hätten 1—6, auf Ib 7—12, auf fol. 2a 19-24, auf 2b 18— 18 gestanden,
das Verderbniss wäre durch die verkehrte Lage des fol. 2 geschehen.
Dagegen erhebt sich der Einwand: die Membranen kannten keine
Versabtheilung. Aber eine solche anzunehmen ist gar nicht nöthig:
es braucht nur auf je eine Seite im Durchschnitt der Inhalt von je
sechs Versen in fortlaufenden Zeilen seine Stelle gehabt zu haben
und zufällig haben beide Seiten von fol. 2 mit demselben Wort aus
der jede Frage Svipdags einleitenden Vershälfte begonnen, z. B. mit
^})at Fiölsvidr", oder auch nur die eine begann: „})at F.", die andre:
„mer })at F.*', und die Schreiber, denen foL 2 in verkehrter Lage
vorlag, schrieben doch den ihnen schon geläufigen Satz richtig: segdu
mer ]3at Fiölsvidr. Doch es erhebt sich ein zweiter Einwand: auf der
Seite einer Membrane steht unvergleichlich viel mehr, als der Inhalt
von sechs Li6dahättr- Versen. Dagegen lässt sich nur sagen, daß wir
von der Beschaffenheit der Membrane, die Qrögaldr und Fiölsvinns-
mäl enthielt, gar nichts mehr wissen, als das, was wir aus der Gestalt
der Ueberlieferung dieser Lieder in den Papierhandschriften erschließen
können. Die Membrane wird nur Grdgaldr und Fiölsvinnsm4I, jeden-
falls kann sie außer diesen keine Eddalieder enthalten haben, denn
sonst wäre der von Bugge gelieferte Beweis, daß alle Papierhand-
schriften der Eddalieder auf keine andern als die uns erhaltenen Mem-
branen zurückgehn, falsch. Es wurden manche Lieder einzeln abge-
schrieben: solche Einzelabschriften schrieb man gewiss nicht immer
auf ganzen Foliobogen, und sicherlich sorgfältiger und also weniger
enge. — Ist die oben aufgestellte Seitentheorie haltbar, so würde nicht
allein die Vertauschung der Verse 13 — 18 und 19 — 24, sondern auch
der abgebrochene Anfang des Fiölsvinnsm&l eine sehr einfache Erklä-
rung finden: vor v. 1 würden ein oder mehrere Blätter ausgefallen
sein, auf denen der Anfang des Fiölsvinnsmäl oder die Verbindung
mit Grdgaldr gestanden hätte.
Ist sie es nicht, so müssen wir zur Erkärung des Verderbnisses
diesen mechanischen Weg verlassen und einen ganz andern ein-
schlagen.
360 LITTERATUB: J. ZUPITZA, ALTEMQLISCHES OBUNGSBUCH.
Die Schreiber der Membranen sehrieben aus dem Gedächtnisse,
wie die Verschiedenheit der Gestalt, Reihenfolge und Zahl der Verse
bei verschiedenen Aufzeichnungen beweist. Daß auch in unserm Liede
als eine Folge dieser Art der Aufzeichnung Versetzungen von Versen
und Verstheilen stattgefunden haben können, zeigt die von Bogge an
ihren richtigen Ort zurückversetzte zweite Hälfte von v. 2« Die oben
vermuthete Ideenassociation , die von dem Vidofnir in v. 18 sn dem
Baum in v. 19 fUhrte, gieng also nicht in dem Svipdagr, sondern in dem
Schreiber vor^ und nicht Svipdagr, sondern der Schreiber ward dureh
die Nennung des Vidofnir in v. 24 zur logischen Folge der Gedanken
von V. 25 an zurückgeftlhrt.
BRESLAU, den 13. M&ra 1875. HEBIIANN MÖLLER.
LITTERATÜR.
Znpitza, Julius, AlteDglisches Übungsbuch zum Gebrauche bei UniTertitätsTor-
lesungen. Mit einem Wörterbuche. Wien 1874. Braumuller.
Wüleker, Richard Paul, Altenglisches Lesebuch. Zum Gebrauche bei Yor-
lesungcn und £um Selbstunterricht. 1. Teil, die Zeit von 1250 — 1S50
umfassend. Halle a./S. Lippert*sche Buchhandlung (Max Niemeyer^ 1874.
Das Studium der älteren englischen Sprache und ihrer Litteratordenk-
mäler hat bis vor kurzer Zeit an unseren Universitäten bei weitem nicht die
Beachtung und Pflege gefunden, wie sie z. B. dem Altfranzösischen und Pio-
venzalischen zu Theil geworden ist. Nicht dem Mangel an Interesse an und
für sich ist die Schuld davon beizumessen, sondern in der Hauptsache äußeren
Umständen, zunächst den geringen Ansprüchen, die man betreff des Englischen
an Candidaten des höheren Schulamtes stellte: während für die classiscben
Sprachen Renntniss der historischen Grammatik und Übung in kritiseher Text-
behandlung gefordert wurde, begnügte man sich hier mit einer ästhetiachen
Abhandlung, bei der das Hauptgewicht auf den Stil gelegt wurde, and einigen
Kenntnissen in neuenglischer Litteratur und Grammatik. Dazu kam, daß man
das Englische mit den romanischen Sprachen unter den Begriff: „neuere Sprachen'
zusammenzufassen und dem Vertreter dieser letzteren an der UniTersitiU sn-
zutheilen pflegte, wodurch ^ine Kraft un verhältnissmäßig belastet wurde. Und
endlich fehlte es in der That auch an geeigneten und leicht zugänglichen Halft-
mittein für Übung von Sprache und Textkritik, wie sie z. B. für Französiach
und Proveuzalisch durch Bartschs treffliche Chrestomathien geboten sind, deren
Zweckmäßigkeit durch die mehrfach nöthig gewordenen neuen Auflagen aar
Genüge erwiesen ist. Für das Altenglische existieren nur Mätznera Alt-
eugUsche Sprachproben, ein zwar werthvolles, aber theures ond umfibigliehes
UTTfaiATUK: J. ZUFITKA, ALTENGLISCHES ÜBUNGSBUCH. 361
"Werk. Mit um so größerer Prende sbd also die Bücher von ZupiUa qnd
Wülcker, epi-cielleo Verlretcm der engliBcheo Philologie in Wien und LeipEig,
zu begrüßen , welche diesem Mangel iibhelff d sollen. Übrigens finde ich ganz
and gar nicht, daß die beiden Arbeiten als mit einander rivalisierend Eioiuaehea
sind. Sie lassen sich vielmehr sehr wohl neben einunder gebrauchen.
Zupitza neimt seine Sammlang ein „Übungsbuch zum äebrauche bei
Universitatsvorlesungen", bei dessen Zusammenstellung ^überwiegend sprach-
liche Grunde maßgebend waren* (Vorwort). Man darf also auch nur diesen
Maßstab an dasselbe legen, nicht verlangen, daß es die Stelle eines vollatündigea
Lesebuches vertrete. So ist z. B. wohl niehta aus der Ancren riwle aufgenommen,
weil in Mortons Ausgabe leider die älteste Cambridgerhandachrift ganz onbe-
nutzt geblieben ist. Ebenso ist es begreiflich, daß Robert von Gloucester und
Bobert Manning übergangen wurden, von denen nur die unzureichenden Aus-
gaben von Heame vorliegen. Warum Layamon nicht vertreten ist, sieht man
weniger ein. Und wird man wirklich oft dazu kommen, den Piers the plowmaa
in einer Vorlesung zu behandeln? Ich möchte es bezweifeln. Im Übrigen ist
das Buch für akademische Übungen nach sprachlicher und exegetischer Seite
hin durchaus praktisch angelegt. Je mehr dieß der Fall ist, um so weniger
erschien es mir überflüssig, hier alles das einzeln aufzuführen, was mir bei ge-
wissenhafter Lee tu re aufgefallen war, und seien es auch Kleinigkeiten: vielleicht
darf ich auch holFen, daß diese oder jene Bemerkung sieb der Zustimmung
des durch seinen Antheil an der Herausgabe des Heldenbucbes rühmlich be-
kannten Autors erfreuen und so einer doch gewiß tu erwartenden zweiten Auf-
lage zu Gute kommen wird.
Eignet sich, wie bemerkt, Zupitza'a Buch vorwiegend für akademische
Zwecke, so diirfte dagegen Wülckers altenglischea Lesebuch, von welchem bis
jetrt Theil I vorliegt, sich vorzüglich für das Privatstudium solcher schicken,
welche ersteres mit Hülfe eines Lehrers ausführlich durchgenommen haben. Die
reichhaltigen Anmerkungen werden dem Anfänger über manche schwierige Stelle
weghelfen. Für den Gebrauch bei Vorlesungen dürfte das Werk, dessen Er-
gänzung nach vorn hin uns durch den Recenseiiten im Centralblatt (Jahrg.
1875 p. 148 ff.) in Aussicht gestellt ist, doch schon etwas zu umfänglich an-
gelegt sein. Ich kann mich über dasselbe weiter nnten um so eher kurz fassen,
als ich meine Anzeige nur als eine Nachlese betrachte zu der nach meinem
Uttheil, was das Sachliche angebt, ganz vortrefflichen Bcceneion von Zupitza:
Zeitschr. für österr. Gymnasien 1875, p, 118—141, die manche meiner Be-
merkungen schon voraus genommen hat, deren Studium ich jedem Leser des
Wülcker 'sehen Buches empfehle.
Ehe ich aber auf Einzelnes eingehe, muß ich kurz einen Punkt erwähnen,
In dem die Verfasser beider Bücher differieren, der überhaupt jetzt zu einer
Art von Frincipien frage geworden ist, nämlich die Eintheilung der englischen
Sprache. Während Wülcker (vgl. Beiträge von Faul und Braune I p. 57 ff. und
das Vorwort zum Lesebache) bis 1250 den Namen angelsächsisch festhält, dieß
wieder in alt- und neuangelsüchsisth theilt, und daun mit Entfernung des Aus-
drucks „roittelenglisch" die Sprache von 1S50 — 1500 attenglisch nennt, be-
zeichnet Zapitza, wie Sweet, die bisher altan gel sächsisch genannte Zeit mit dem
Ausdruck attenglisch und lägst mit der sonst neu angelsächsisch oder holbsäch-
sisch genannten das Mitte I engt i sehe eintreten. Diese seine Eintheilung hat Zuji.
362 LITTERATUK: J. ZUPITZA, ALTENGLISCHES OBUNOSBUCH«
▼ertheidigt kurz im Vorwort zum Übungsbuche, ausführlicher Ztschr. f. ostem
Gymn. a. a. O. Seiuen Granden stimme ich Tollständig bei and habe dieselbe
Ansicht schon vor dem Erscheinen von Zup. Buche mehrfach in meinen Vor-
lesungen vorgetragen. Weder Zup. noch Wülcker wissen übrigens oder halte»
es der Erwähnung für werth, daß Stephens, der Herausgeber der Oldnorthem
runic monuments, der erste gewesen ist, der in Gentleman's Magazine 1852,
April- und Maiheft, gegen den Ausdruck: angelsächsisch auftrat. Diesen Aof-
satz ins Dänische übersetzt und erweitert veröffentlichte G. Brynjulfsson o. d. T. :
Oldengelsk og Oldnordisk in: Antiq. Tidskr. 1852—54, p. 81— 143. Trots
mancher Sonderbarkeiten, z. B. seiner wunderlichen Theorie über die nähere
Verwandtschaft der Engländer mit den skandinavischen Stämmen als mit den
übrigen niederdeutschen, hat Stephens doch hier schon schlagend bewiesen,
daß die Bezeichnung: „angelsächsisch*' von keinem Gesichtspunkte ans gereebt-
fertigt erscheint. Seine Einth eilung unterscheidet sich nur darin von derjenigCB
Zupitzas, daß er Zupitzas mittelenglisch noch in zwei Abtheilnngen aertrenntr
gammelengelsk bis 1350, mellemengelsk bis 1550*).
Ich wende mich jetzt zu Zupitzas Übungsbuch und gehe LesestOcke Jod
Glossar der Reibe nach durch.
I. Csdmons hymnus. „Hier mit Benutzung einer neuen Collation
von Prof. Schipper*^ Schon genau ebenso gedruckt bei Bouterwek, Caedmons
bibl. Dichtungen p, CCXXIV.
IV. Die Zeilen der Überschrift sind unpassender Weise wie allitterierende
Verszeilen gedruckt, wozu höchstens Zeile 2 einen entfernten Anlaß bieten
konnte. Z. 24: pd he pät pd sumerettde dyde. Im Glossar findet sich
p. 124*: sumreäd^ sumeretidf me, somertide^ sL f, Bommenteit, Da dieß Wert
sonst im Übungs buche nicht vorkommt, so muß man obigen Artikel des Glossars
doch sicherlich auf diese Stelle beziehen. Diese Erklärung ist aber ans swei
Gründen unrichtig; erstens müsste Sommerszeit ae. sumor- oder sumerttd beiGen,
ebenso wie sumorhdty sumurhat, oder sumerseld etc. Woher Zupitza die beiden
andern Formen hat, weiß ich nicht. Zweitens aber lehrt die lat. Vorlage (The
complete works of Venerable Bede, edd. Giles. Vol. III p. 112), daß snsters
tide Übersetzung von quodam tempore ist (quod cum tempore quodam faeereiX
vgl. . . et 8ume time XIV, 9. on sumum däge X, 65. Es ist also getrennt: mh-
mere ttde zu schreiben. — Das. pd hüs. Hier war doch wohl pät hÜ9 ans BD
aufzunehmen. Vgl. lat : relicia domo conviviL — Das. Z. 29 hwäthw^gu» leb
glaube nicht, daß § anzusetzen ist, obwohl eine befriedigende Erklärung des
Suffixes weder bei Grimm Gr. ITC p. 30 noch bei Koch, Gr. III, 1. §. 54 n
finden ist. — Das. Z. 70 ist eodercende aus CD für odercende in A aofatinebmen.
d ist unmöglich. Vielleicht bei Zup. nur Druckfehler?
*) Es mag mir verstattet sein, als Probe den ersten Satz von Stephens Aofsats
hier anzufügen (bei Brjnj. p. 90): Vi spörge et tjdsk bam, .,hvad sprog tnlte dine
Forfttdre?** nGldtydsk*' lyder svaret. „Og hvad er eders gamle Modersmaal?^ sige vi
til en Dansk, en Nordmand, en Svensker, an Franj^kinand eller en Spanier; „Olddiinsk''
„Oldnorsk**, „Oldsvensk*', „Oldfransk*^ „Oldspansk" svarer han. Vi spörge vort eget
Bam, „og hvilket Sprog tatte dine Forfsedre, min Dreng ?*' og man bar Isert ham ai
svare: Angel-Saxisk. Var der negensinde noget mere absurd, mere barbarisk ^er
usandere?
UTTEBATÜB: J. ZUPITZA, ALTENGLISCHES ÜBUNGSBUCH. 363
V, 2854 behält Zup., wie mir scheint mit Recht, dat hrieg mit der Hdschr.
und Bout. bei, während Grein in hrincg ändert; besonders spricht für diese
Beibehaltung v. 2898: pät he on hrofe gestöd hedn lande» ^ wo hr6f diesem
hricg ganz parallel steht. — Das. V. 2856 ist dos Comma nach hmlfyr zu
streicheji und nach pinwm einzusetzen. — Zu r. 2861 konnte die Conjeotur
Bouterwek's: hue» waldendesy Csedm. UI, 317 in den Anm. citiert werden.
V. 2906^ f. fyre »encan masge» dreöre, Zup. bemerkt nichts zu dem Verse. Bout.
8. y. sencan schlägt vor: f^ d»encan'j aber in p. 317: /jr gesencan. Grein
bibL I p. 75 weiß keinen andern Bath. Ich glaube, man hat eher den Sinn
au erwarten: in das Feuer an tauchen, zu senken des Sohnes Blut;
also etwa: on fyre sencan mcege» dreör'^ vgL Beda edd. Smith 631, 22: hine
on pam stredme sende. Der Versuch EttmüUers, Lex. Angl. p. 639 f., die über-
lieferte Lesart zu erklären durch: voluit ,ßium neeare manibus suis ignemque
eaUinguere consanguinei sangtdne^ geht deßhalb nicht an, weil der acc. ron fyr
nicht fyre heißt.
VII, 6 : Zup. in der Anm. : gym die herausgeber] grenne. Greins Sprach-
schatz s. ▼. grine lehrt, daß, wie es auch wahrscheinlich war, die Hdschr. grenne
nicht für gym, sondern für gr^e liest.
VIII, 105. 6n dinges mere. Zup. gloss. p. 86^ dinges mere'i Hier hätte es
sich doch wohl gelohnt, Ettm. Erklärung, Lex. Anglos. p. 561 in fimi iriare,
«. e. in mare algosum anzuführen. Es ist wenigstens die einzige, die jemand
versucht hat, und sprachlich zu rechtfertigen.
IX, 13. pät ic macige meU pinum fäder pUr o/, and he yU liuütce (vgl.
Vulg.: ut fadam ex eis eseas patri tuo, quibus lihenter vescitur) scheint mir
ein treffendes Beispiel für die Vertretung des pron. rel. durch and zu bieten
(vgl. Tobler: KZ. VI, p. 853 ff. Germ. XIII, p. 91 ff., wo ich ags. Stellen nicht
angeführt finde). Gegen eine andere Auffassung spricht schon der Wechsel der
modi, vgl. Wülcker 18, 3886 ff.: Ther nys non so slow unthinne and he wiste
to have muche ufynne^ that he no wolde^ for gret tresour , don kirn seolf in an-
toure. Das. Z. 68 ist mindestens auffiUlig die Ausdrucksweise: häfdest pu git
dne bletsunge*i gegenüber dem lat.: Num tmam, inquit^ tantum benedicHonem
habes, pater'i
X, 39: gif hwd pises ne geli^d. gelyfan c gen. Grimm Gr. IV p. 661
führt kein ags. Beispiel an. — Das. Z. 43 ist nach hwät kein Comma,
sondern ein Ausrufungszeichen zu setzen, wie es auch Grein gethan hat Das.
ist cememergen^ wie bei Grein, in zwei Worte zu trennen. Ebenso ist das.
Z. 68 aweg nicht in einem Worte zu schreiben, trotz des ne. away, — Warum
das. Z. 58 swa swa durch Comma getrennt ist, an den anderen Stellen (Z. 46,
67, 69) nicht, sieht man nieht ein: aufzufassen sind sie alle gleich.
XI, 68 neira. Wie der gen. plnr. von net netra heißen kann^ weiß ich
nicht. Ist etwa schon bei Bout. netna zu lesen?
XII, 22. Glossar p. 81^ sagt Zup.: bryniges übersetzt Thorpe mit
fires: ich weiß damit nichts rechtes anzufangen. Da hätte doch wenig-
stens die Übersetzung der Stelle durch Ingram: The Saxon Chronicle. Lond.
1823, p. 366 mit angeführt werden müssen, der bryniges durch coats of mail wieder-
gibt. Ganz befriedigend ist diese Erklärung freilich auch nicht: aber sie kommt
doch dem geforderten Sinne «eiserne Gewichte^ am nächsten. Das. Z. 34
Anm. wundes bei Thorpe ist wohl Druckfehler. Daß diese Vermuthung
364 UTTERATUK: J. ZUPITZA, ALTENGLISCHES OBUNGSBUCH.
•
unrichtig ist, beweist einfach der Umstand, daß Gibson (Chron. Sax. Oxonii 1692)
p. 239 and Ingntm p. 366 ebenso lesen. Auch dem Sinne nach passt wände«
ganz leidlich.
XIII. Aus dem poema morale. Dieß Stück soll, ebenso wie no« VIII,
Gelegenheit bieten zur Übung in der kritischen Behandlung eines Textes (Vor-
wort). Unter diesem Gesichtspunkte kann ich die Ausgabe dieses Abschnittes
nicht für genügend halten. Zup. legt die bei Morris: Old engl. Hom. I p. 159 £
abgedruckte Fassung (A) zu Grunde, und gibt die Lesarten der übrige Ha.
in den Anmerkungen, in der Regel nur an Stellen, wo A unverständlich ist
oder verderbt scheint. So hat also im Voraus schon der Herausgeber darüber
entschieden, wo der Text der Besserung bedarf, und dem Schüler ist dadnit^
ein wesentlicher Theil eigener Arbeit entzogen. Sollte der obige Zweck erfüllt
werden, so mussten alle Lesarten aufgeführt sein, was das Buch doch ancb
nicht ungebührlich angeschwellt haben würde. Wie wichtig das gerade hier ge-
wesen wäre, will ich im Folgenden kurz zu begründen suchen.
Es lässt sich vor allem aus Zup. Text die wichtige Frage gar nicht ent-
scheiden — eine genauere Prüfung derselben ist mir wenigstens noch nicht ss
Gesicht gekommen — ob wir in diesen und gleichzeitigen Dichtungen, die de»
Übergang vom ae. zum me. vermitteln, eine durchgehende Vernachlässigung
des germ. Wortaccentes zu constatieren haben oder nicht. Wenn ein odw
mehrere Hdschr. an allen oder den meisten Stellen, wo wir in A den Wort-
accent verletzt finden, denselben wahren, so spricht das offenbar sehr sn Gonsteii
einer Verderbniss in A. Denn der umgekehrte Fall, daß die Abschreiber überall
geändert haben sollten, um den germ. Acceut mühsam herzustellen, während
der Dichter das Gefühl dafür schon verloren hatte, ist doch unglaublich. Der
Grundcharakter des Metrums ist der jamb. catal. tetrameter, bestehend ans
zwei Hälften, deren erste vier, deren zweite drei Hebungen hat. Der Auftaet
beider Vershälften darf fehlen. Die erste Hälfte pflegt männlichen Ausgang xii
haben, die zweite weiblichen. Ob Senkungen fehlen dürfen, muß vorerst
entschieden bleiben. Das Metrum ist also im Wesentlichen dasselbe wie
Ormulum: daß Orm nie (vgl. Koch Gr. I §. 204), der Dichter des poema nioral»
wenigstens meist auf den Wortaccent Rücksicht genommen hat, lehrt ein flSeb-
tiger Blick, woraus wieder wenigstens zu schließen ist, daß Orm sich seinem
Vorbilde, der lat. Hjmoenpoesie, sklavisch angeschlossen hat, der andere freier.
Ich wende mich nun zu einzelnen Stellen des Gedichtes, um sie naeb
dieser und anderer Seite hin zu besprechen.*)
V. 2^: nd reit ahti hon mdre AC mi wU ah t6 hen m6rf, BE. ogkit to D»
Die Lesart von D wohl die richtige; e von oght ist stumm. V. 7^ hifeali kk
childhade A. Es fehlt eine Senkung. Die andern Texte weichen hier gans ab^
aber A ist sehr leicht zu bessern, ja verlangt dieß geradezu, hifeali nämlich
wäre formell nur richtig, wenn es auf bifealdep zurückgienge , also wenn der
Stamm mit einer Dentale auslautete (vgl. Koch, Gr. I p. 338 f.), was dem Sinne
nach unmöglich ist. Von hifeallan aber muß die Form hifecUlep lauten. Dadurch
wird aber auch die fehlende Senkung gewonnen: hifedlUp t6 chüdhdde, V. 15\
4r ich hü wiitt A. Es fehlt eine Senkung, er ich hit a. xmisie B. er pan ü
♦) Der Abdruck von E bei Morris» Cid eii\;\. Uom. II. 1873, p. 220 ff. stand mir
fOr das Folgende leider nicht zu Gebote.
LITTERATUIt: J. ZUPITZA, ÄLTENGLESCHES ÜBUNGSnUCH. 365
Alt iDisfe C. V. lü* iat nacb A lesbar, wenn man ]iä xox ha elidiert, nie öfters;
ebeoEO iat 19" mit retileudem Auftacte xu lesen, iloch wird hier ein Dativ Ter-
inisBt, wir hätten also, da die erste VershSIfte im plur. steht, kern zu ergänzen.
BC lesen: fit hmilt he mti und setzen dann him ein. In V. 20" fehlt nach A
und C eine Senkung; }>er pe hi ar itowni B. V. 21" ist mit BC pft zu etreichen.
V. 33 pi him tältie fikgä ABC; sehr hartes Fehlen einer Senkung; etwa: pe
mon pe »olve him forgelt vgl. V. 39. V. 25'' pe hwile J'Ct ye miiyoi, lo Äuuewe;
sicherlich verderbt, prt ist mit C zu streichen nie V. 21'' und das SchluU-e von
Aowne und aovtnt fiir utumm anzusehen. B weicht ganz ab. V. 32' lies mit
B afrech fflr ee*. V. 32" ist pet zu alreiehen wie 31, 35. V. 30: monie* .nontiM
aare iitcinc habbed ofl unholde. Morris übersetzt 0. G. Uom. I p. 160; Many
kinda of tore Irouble have often Ihe infirra. naholde soll = anliale sein. Aber
rnonnet :^= kindst Dag. p. 316 schlägt M. vor, nach walde ein Comma ta setzen
and beide Zeilen so tu verbinden: He icho dot» not tutll white he may , thall
not be ahte, tphen he wovld , foT many a man* hard affliclion [i. e. grieooua
tickneis] haut \betn] o/len in/avourable. [i. t. ha» pT^uenttd him from. ameTiding
his tvil life]. Daß habbed sich sprachlich so auffassen lüsat, kann ich nnmüg-
lich glanben. Die einfacliate nnd ungezwungenste Auslegung scheint Zup.
im Glossar vor Augen gehabt zu haben, p. 97': iWinfe, Arbeit, Erarbeitetes,
Gewinn. Der Zusammenhang ist demnach : Weise ist der, welcher , so
lange er lebt, an sich selbst denkt (V. 33) [d. h. sich Schlitze im Himmel
gammelt (V. 39 lf.)|: Fremde und Verwandte werden ibn bald vergessen. Wer
nicht zur rechten Zeit woLltbut, bat spüter nicht mehr Oeiegenbeit: so ge-
schieht es, daß manches Mannes mühsam zusammengescbarrles
Gut schließlich nur seinen Feinden [d. b. den lachenden Erben, die
auf seinen Tod gelauert haben] au Theil wird. V. ST acal A. lolde BC.
Der Betonung wegen ist tetiteres besser. V. 40 hviie päC he mai A. pe hwUe BC;
Tgl. V. 32 etc. V. 41* pe» riche min wm6d bon t^ker AB. ptos rieht min wenep
lö beon »yker. Ich halte fiir die ursprüngliche Stellung: pa rieht men wened
slier hdti, wie in V. 39. Y. 46* and tolf bered AC, B abweichend miuel and
bred. Ich möchte danach in A lesen: lolf and bered. Noch besser wäre: Pider
lie sint and birrd tiUf. V. 63 f. wechselt sing, und plur. in A; ebenso C. B:
pe pe her del oni god. Das ist doch woM das richtige, und hier hatte Zup.,
abgesehen von der Accentf rage, dieVaiianten angeben müssen, wenn er seinem
Principe folgen wollte. V. 54* in A richtig, dl hi schal vi'/nde per C verderbt.
54" hundred/aid tnare A, Es fehlt eine Senkung, hundred feide B. hundred-
folde C. V. bb'' htnitt pe A. pe wile BC. Metrisch gebt beides an; aber für hmiU
pe weiß ich keine Parallelst eilen. V. 63" biforan /)« hevenking A. hewnekinge BC.
Letiteres ist das richtige, da stumpfer Vcrsausgang gefordert wird, V. 66' Erh
mäu tnid pil, >ie hdvet A.; es fehlt eine Senkung; eure Uc B. e^-emych C. tuwieh D.
aipich E, Also alle übiigen Hdschr. gegen A. V. 69 f. Zup. Anm. do hit] buU B,
fehlt B, ded hilf Ich halte eine Änderung für unnötbig. Der Sinn ist: Joder
soll nacb seinen Kräften für das Himmelreich thun (V. 65). Der, welcher nicht
mehr thun kann, thne das wenigstens mit aufrichtigem Herzen, so gut wie das
der Reiche nöthig hat [auf die Gesinnung kommt es bei beiden an] ; denn oft
weiß Gott dem mehr Dank, der ihm weniger gibt. Zup. verlangt den Sinn: der,
welcher nicht mehr thun kann, tbut mit seiner guten Gesinnung ebenso wohl,
als wie der Beiche [der viel gibl[. Das wäre an sich auch nicht verkehrt, aber
366 LITTERATÜR: J ZUPITZA, ALTENQLI8CHE8 ÜBUNGSBUCH.
einmal erwartete mau dann einfach ded, nicht ded hit, und femer wurde daim
y. 78 f. nur eine Wiederholung von demselben Gedanken sein. — 82*: pet ki»
wil is A fehlt eine Senkung wilUs B. wille C. Y. 85* hord hüten korde A fehlt
eine Senkung; abuten B£. Sollte Zup. an dieser Form Anstoft nehmen (vergL
Ztschr. für österr. Gjmn. a. a. O. p. 139 f.), so kann man mit D alhuien lesen.
AI dient dann sur Verstärkung der präp., wie nach Zup. richtiger Erklämng
a. a. 0. p. 130 vor wit, Wülcker VII, 7. V. 88' pe pe d^d godds wilU K. pe
pe godes wilU de BE. pt pcU — dod C. pe man pe — ded D. Auch hier steht
betrefis der Wortstellung die Autorität aller Hdschr. gegen A. V. 93^ lif Mim
die Hdschr. fehlt die letzte Senkung. iUdenl vgl. V. 5. Zu V. 93 f. fShrt Zup.
einige Varianten an wegen des unreinen Reimes: leden — ofdred in A; warom
nicht die Lesart von D? /S<6 man neure nele don god \ ne neure god lif leden \
Ef ded and dorn come to his dure \ he mai Mm sore adreden, V. 97 : p^r 9cüUn
bdn dovU iwa f6U A. BC haben dieselbe Wortstellung. Etwa : />er §culen dmole
ben twa fole, V. 103* Hw^ 9cuUn ordlingee dön ABC. Hwet ordlinghes Mculen dan^
Aus der Betrachtung dieser Stellen g^ht hervor, daß, wo A den Wort-
accent verletzt, dieß oft gegen alle andern Hdschr. geschieht, häufig gegen
eine oder zwei. Ebenso nun, wie, wenn eine der andern Hdschr. im Gegensatz
zu A den Wortaccent verletzt, wir sie für verderbt halten werden, wie Zop.
für eine ganze Anzahl von Stellen selbst jenen vor A den Vorrang einger&uint
hat, so werden wir hier dasselbe Princip befolgen dürfen. Diese Unterauchong,
sowie die über die Möglichkeit des Fehlens der Senkungen würde uos hier im
weit fahren. Vielleicht nimmt Zup. selbst bei der neuerdings versprochenen Aus-
gabe von D Gelegenheit, auf diese Fragen genauer einzugehen. Die Richtigkeit
meiner obigen Behauptung, daß der von ihm hier gegebene Apparat sur Übung
in der Textkritik nicht genügt, dürften meine Bemerkungen erwiesen haben.
XIV, 79 from non on saterdei, Zup. Gloss. p. 112^ erklärt nofi durch
Mittag. Wegen des speciell kirchlichen Stoffes glaube ich eher, daß hier von
der hora nachmittags um 3 Uhr die Rede ist.
XVI, 37 f.: per blowed inne blt9te blostmen hwite and recuie, | per kam
neuer ne mei tnou ne vorst ivreden, Zup. bemerkt Gloss. 95* : gefriian^ me. ifreden^
ivreden, wahrnehmen, merken, fühlen: aber XVI, 38 übersetst es
Morris ohne Bemerkung mit hurt: diese Stelle ist wohl verderbt.
— In der Anm. z* d. St. schlägt er deßhalb vor, für ham, non zu schreiben. Znp.
hat offenbar gar nicht verstanden, welches Wort Morris mit hurt übersetsi. Die
Hdschr. hat zureden'^ das u steht hier nicht für t; =/, sondern für tr, wie in
peoudam ; iwreden steht mit Metathesis (vgl. vrim = vyrm) für iwerden ^ Atirf.
Einen schlagenden Beweis für die Richtigkeit dieser Erklärung liefert der Um-
stand, daß gewerden in genau demselben Zusammenhang schon ae. voricommt;
vgl. Phönix V. 1 4 ff. : Ne mag pctr ren ne snäv, ne foretee fneeet ffikie
gevgrdan is pät adele lond blostmum gebloven, V. 45 per me itckal kern
Mteoren mid güldene chelle, Zup. Gloss. p. 123* s. v. steoren bemerkt im Blick nof
diese Stelle: ob me. aussteuern, versehen? So übersetzt nämlich Morris
p. 192: There ehall they be presented with golden cups. Diese Bedeutung Ton
*teoran ist aber sonst nirgends nachzuweisen. Ders. bemerkt p. 322: J%U line
might be mare lilercUly rendered as follows: There ehall one Hir up (mix) for
them tite golden cup. Bei dieser Übersetzang bekenne ich mid nicht recht zu
verstehen. Mir scheint die ebendas. citierte Vermuthung Stratmanns (Diet
LITTERATUR: J. ZÜPITZA, ALTENGUBCHES ÜBUNGSBUCH. 367
p. 469") den Vorzug za verdienen, der »teoren = »Uren thurificare von stör
thun ansetzt; vgl. ahd. raukhelle (Graff lY, 385). Der Einwand von Morris a. a. 0.:
hfU 9chenehen in the next line %9 rather againJtt this view^ ist nicht stichhaltig;
vgl. z. B. Gen. und Exod. Y. 321 ff.: [der Satan] toente in to a ufirme, and
tolde eue a tale^ and aenkede hire hurt aldrt bale^ und schenkte ihr unser
aller Ühel ein, wo auch vorher nicht von einem Becher die Rede war. —
V. 82 ist wohl zu lesen: pauh he habbe aumde agult and de idreaved «ore;
Metrum und Satzconstruetion empfehlen diese Umstellung, denn de gehört nur
SU idreaved,
XVII. Auch hier liUst sich der Vers oft sehr leicht glätten; s. B. V. 1308
lies chtlde für child^ wie 1305. V. 1826 lies: holocaustum, wie V. 1319.
Ebenso in XVIIl. Z. B. V. 19 möchte ich lesen: hwart ariu^ pat me drynke
hyst, V. 25: Loverd po pe vjymmcn seyde; vgl. V. 36, wo seyde an derselben
Stelle steht. V. 43 ist vielleicht nach pHke^ men einzusetzen. V. 47: pat ne
never beö pe mon, V. 72: and wmen of the bureuh ut. Wie sehr die einzelnen
Hdschr. des poema morale von einander abweichen, sahen wir oben, auch hier,
wo wir nur öine Hdschr. haben, ist also das Vorhandensein von Fehlem sehr
wohl möglich: aber ich bin natürlich weit entfernt, meine Anderungsvorschläge
für sichere Emendationen zu halten. — Daß nach V. 69 ein oder mehrere
Verse ausgefallen sein müssen, hat Morris wunderbarer Weise nicht angemerkt ;
Zup. notiert es richtig.
XX. Aus der Sage von Gregorius. Eine interessante, bis jetzt, wenn auch
in den Legendae catholicae Edinb. 1840 gedruckt, fast unbekannte Fassung
der Gregoriuslegende, deren Veihältniss zu Hartmanns Gregor und zum franz.
Text noch niemand genauer geprüft hat. Lippold: Über die Quelle des Gre-
gorius etc. kennt sie nur aus einer Anführung in Scotts Tnstrem*), und Paul
(Greg, von Hartm. v. Aue. Halle 1873) erwähnt sie gar nicht. Die hier gedruckten
60 Verse hat Zup. neu mit dem Mscr. verglichen. V. 11 lies des Metrums
wegen: walde für wald, V. 33*" lies: wip gode hert, V. 34^ lies: goven htut
and lent. V. 36^: Zup. Gloss. p. 86* sagt: dent Gregor (XX) 86 ist mir
unverständlich. Jedenfalls von dunten, dinten^ denten =■ ferire abzuleiten =
altn. dynta; das ne. dint erklärt Lucas mit: durch einen Schlag oder
Druck einzeichnen, eine Spur auf einen festen Körper machen.
Diese Bedeutung passt hier vortrefflich: Der Abt wollte sehen, was in den
Elfenbeintitfeln geschrieben und eingegraben war. — Das Gedicht ist in vier«
zeiligen Stiophen abgefasst, die durch gemeinsamen Reim gebunden sind und
mit denen stets der Satz schließt. Zup. hat dieselben durch große Anfangs-
buchstaben markiert. Bis V. 42 ist alles in Ordnung; dann aber scheinen zwei
Zeilen ausgefallen zu sein, die mit stofi und nan reimten ; dem Sinne nach wird
die ausdrückliche Erwähnung zu ergänzen sein, daß der Abt dem Armen den
Findling mitgibt (vgl. Hartm. V. 899 ff.); so gehören dann zusammen V. 43
bis 46, 47 — 50. 51 — 54, 55 — 58. Zup. hat diesen Ausfall übersehen und lässt
deßhalb erstens bei V. 45 mitten im Satze eine neue Strophe beginnen. Dadurch
geratheu aber auch alle folgenden Reime in Unordnung und der Abschnitt
schließt mitten in der Strophe. — V. 50* ist nach ladde wegen Vers und Sinn
*) Ebenso Bieling: Ein Beitrag zur Überliefenuig der Gregorinslegende. Bcrl.
1874, p. 7.
368 LITTERATÜB: J. ZUPITZA, ALTENQLI8CHE8 ÜBUNGSBUCH.
0
her eiiuasetzen. V. 56': prest and cUrk per stodt bit V. 59**: pe dop ke wtU
tok to hold'i
XXI, 75: to pe faderUa wan he rath. Zup. Gloss. p. 116**: rath beraier^
Das müsste räd heißen, rath ist vielmehr = hrad^ ae. hradf isi. krddr schnell«
mit Wegfall des A. Der Sinn ist also : Zu den Vaterlosen war er schnell,
sc. ihnen za helfen; rgl. V. 78: he dede htm sone to kaven ricik, Y. 163:
and aveden the hing igretl
XXIV, 8 1 f. pU is a mervayl message a man for to precke amonge «nasyt.
Wie Znp. diesen Vers aufgefasst hat, ist nicht ersichtlich. Er gibt im Gloat.
für mervayl die Bedeutung: Wunder, für message: Botschaft. Morris er-
klärt im Glossarial index mervayl für diese Stelle durch merveUougf also ab
adj., übersetzt also doch wohl: das ist eine wunderbare Sendung f&r einen Mann,
SU predigen: aber müsste das nicht heißen: for a man to preehe^ Auch ist
marvel als adj. sonst nicht nachgewiesen. Es gibt nur zwei Möglichkeiten : ent-
weder man fasst mervayl als subst. und meseage als Verbum (wofür ich fireilich
auch nicht äine Parallelstelle beibringen kann) und übersetzt: Das ist ein Wnnder,
einen Mann zum Predigen abzuordnen, oder man fasst mervayl-meesage als Com-
positum und nimmt die oben angedeutete Umstellung vor. Das letztere mochte
ich vorziehen. V. 92 pay pe fader, pat hym formed, were fale of hie hele. Das
Verständniss dieser Zeile erscheint nicht ohne Schwierigkeit, fale erklärt Znp.
Gloss. p. 90*: treu, lieb, gut. Morris: good, Soll das etwa heißen: wenn
auch der Vater, der ihn schuf, für seine Sicherheit gut sagte?
XXV*), 4. Nach end ist der Punkt zu streichen, denn off auniert ist direet
von pis werke abhängig. Dag. mdchte ich nach V. 10 statt des Commas einen
Punkt setzen, denn mit V. 11 beginnt ein ganz neuer Satz. V. 18 seheint mir
Zup. mit Recht o fere zu übersetzen durch: mit Geschick; vgl. Orm. V. 1251:
ay after pine fere, = isl. fceri. Die Herausgeber übersetzen : out and oiU, oosi-
pUtely (Index p. 532''). V. 35 pau hom maieter were. In der Ausgabe p. 46S
wird übersetzt: than they had authority for : maieter has here the eame meamimg
OS in the phrcue : he was matter of hie eubject. Gegen diese Erklärung scheint
mir das in diesem Falle reflexiv zu fassende hom zu sprechen. Mit Znp. werden
wir maUter hiermit: Noth wendigkeit übersetzen, in welchem Sinne es anch
V. 11815 vorkommt. V. 61. Im Glossar der engl. Ausgabe wird dew f&r diese
Stelle erklärt durch: related, bound, allied. Bei dieser Erklärung ist aber die
Heziehung von füll dere zu vag. Zup. trifit das richtige, wenn er p. 86^ dem
als adv. fasst = duly : gebührender Weise. Dag. ist es gewiß falsch V. 98
shene für das adj. „schön'' zu halten (Zup. p. 118^); es ist part. pr&t. von
sehen: was für Schiffe da gesehen wurden.
XXVII, 17. Nach personie ist ein Comma zu setzen.
Ich wende mich nun zum Wörterbuche, indem ich im voraus bemerke,
daß ich an ein solches zumal bei so geringem Umfang der Texte, die Forde-
rung stelle, daß es nicht nur alle in den Lesestücken enthaltenen Worte und
zwar mit der geforderten Bedeutung aufweise, sondern auch alle grammatischen
Formationen jedes Wortes, soweit sie sich dort finden, falls sich nicht die be*
*) Bei Zup. wird die Ausgabe von: The Gest Hystoriale als 1869 erschienen
anj^geben. Mir ist nur die von 1874 bekannt, die sich nicht als zweiter Abdruck
bckuudet
LITTEEATUR; J. ZUPITZA, ALTENGLISCHES ÜBUNGSBUCH. 369
gtimmte Tendenz bund gibt, die etwa aas dem ne. oder fn. leicht «rechließ-
barea Worte wegzulnsnen. Daa Ist aber bei Zap. iiieht der Fall.
p. 75* fehlt iu an die me. Form o XVin, 14, XX, 41. Das. fehlt; an-
hondredvald einhundeilf &I tig XXIII, 69. p. 75" fohlt: rcrdirmde bevor
EU, 30. Das. fehlt zu arat die Bedentiing bleiben. XXIV, 144: >* teauia
— dural nowhere foT roy artet at Ihe botliem: die Wogen fragten nicht
anf dem Grund eu bleiben, p. 76*: zu äl fehlt; al pei bis XIV, 76 f.
p. 77*: bäTgynnig : eehi snndig; vielmehr : publice peccant; vgl. pablicanu»,
p. 79' fehlt berrhUi : Rettung XV A V. 103. p. 79" zn Oiddan : auch refl.
gebraucht XVIll, 42. Das. fehlt hiUiiynge Lebensunterhalt XVIII, 9.
p. 82' fehlt byrlk Geburt XXVII, 23. Das. fehlt zu byeig die Form beeye,
XXVn, 37. Da», fehlt caneelcr XII, 8. p. 82" fehlt za etorfan die Bed. kappen.
XXIV, 153 : yeC corvett pay pe eordes: sie kappten die Taue. Da», fehlt
kepe halten XXII, 6. p. 84* fehlt creopa«, me. crcpen, kriechen XXI, 68.
p. 84° fehlt chriiteneman, cAmtemon XIX, 33, 35. Das. fehlt bei cnman die
nordh. Form cyma XI, 20; ebenso das VerbalBobst. cumming XXVI, 92. cumyne
XXVII, 3G. p. 85" fehlt äricend tedtsituUctu XI, 97. Das. fehlt zu däg: to
doy heute XIX, 3. p. 86'' fehlt zu dragan die me. sehr gewöhnliche Bedeutung
„foltern". XXIII, 93. p. 88' fehlt taUniwB ganz neu X, 60. Das. fehlt bei
ealited me. aUe-te so wie Xm, 70. p. 88'' fehlt ejnegea>yrean eondere XI, 41.
p. 91* fehlt zu > die Form fyn XXI, 22. p. 91" fehlt zu ßane die Form vtetih.
XXVIII, 64, 7. Das. fehlt zu foh die Bedeutung: Menschen XXV, 45 im
Gegensatz zu goddea. p. 92'' zu foigrowan fehlt die Bed. sich entstellen,
Terstetlen XXVIII, 63,2. Dos. fehlt za forgyltan die Bed. schuldig wor-
den XIV, 2rf f. p. 93" fehlt zn fyllan die Bed. erfüllen X, 89. p. 94'' gtar-
wian, me. gere. „Ebenso nordh. II, 1, a"; p. 95'' fehlt zu gehealdan die Bed.
zarückbohalten XIX, 26. Das. gdäccan, me. Hauchen, pritt. gdähCe, schw.
V. Ib, fasaen, ergreifen, fangen. Ich glaube trotz Ettm. a. a. 0. p. IÖ7
und 184, daß fiir dieß Vcrbum langer Vocal anzuactzen ist, also: gelacaa, aad
daß es durchaus zu trennen ist Ton liCccan, öläccan, ludert, /allere, p. 96'' fehlt
zu geong jtatg die Bed. jugendlich, kindisch. XUI, 10: yungn dedt. Das.
' fehlt zu gerymaii die Bed. ausbreiten III, 8 f., wo nicht etwa von einem
Verlassen der früheren Wohnsitze, sondern von der Ausbreitung der Herrschaft
die Bede ist. Sweet: enlarged. p. 97' fehlt zu gntrienan die Bed. gewinnen
III, 92: er gewann einen großen Theil des Menschengeschlechtes dem Walter
der Himmel, p. 99" fehlt zn pi/iyon.- auch refl. gebraucht XXIII, 55. p. 100"
fehlen zu hedh die Formen: he!h XVI, 25: hei 70. p. 101' fehlt hehangtl Erz-
engel XIV, 49. Das. fehlt: A«i/'"''A'o«ie, Himmelskönigiu XVI, 83. p. lOl"
heom, hiw, me. heowj kete , ae. kue st. n. me. ist es fetnin. XIV, 18: of »ttil-
cudre heoiet. Älinl. p. 109*:meoA( ... me. nihte ... ne. mSght. st. f.; me. auch
neotr. XIV, 101: det forme mihU. Ebenso p. 134' f.: mnnon däg, me. «inn«
dei, ne. suaday at. m. me. auch fem. XIV, 95. Hatte Ziip. nur das ae. Genus
angeben wollen, so hatte er diese Angabe nicht an den Schluß setzen dürfen,
p. 101" fehlt kärcummyng Ankunft XXVI, 82. p. 102'" fehlt die Form holo-
cautlum XVII, 1319. p. 103" fehlt tuaC in der Bed. bis XIX, 26: wat mt.
Da», fehlt zu hwH die Form hiiT/Um XIX, 43. p. 104" fehlt iangelitdan intm-
dBcere XI, 23. p. 106" ia^an? m. lavf. »chw. v. Ib. laben, erleichtern,
aber Bord werfen. Ich glaube nicht, dwß diese BcdeutnugaentwickelODg
OERHANEA. Ken« Boili» TUt. (XX. | JsUr«. V
370 LITTKRATUR: J. ZVVITA.K, ALTEKG LISCH ES CnVNfi^bUCH. ^H
[ siolitie; »t. EreleDe findet Bitli äna Wort schon ae. Bl'i^v. V. 2TS2: IJt/nt }i4
J mid handa — viiicdryMeu hii vfflere gdafede. Ebenso wie diese lauen
■Ich alle bei Slratmann p. 30T* für mc. faoc ciDgcfÜbrten Stellen bo erklären,
dsJJ schütten, gießen, benetzen die Gnmdbeileutuiig des Wortes ist.
Aach mhd, lap (Lexer I p. 1S33) kotnmt aU: Spülicht Tor. Vielleicht
ist schoD ae. lafian mit laiart rerwnndt, oder wenigstens ist ein urspr. germ.
laßan :^ laibeu mit dem aua lavare entstandenen lavt znssmmcn geflossen.
Bo aber, daß das letztere überwog. XXIT, 151 pnsit die Bedeatung: «chatten
gana gut p. 107* fehlt UMing Dämmetang XIV, 79. p. 110' fehlt za mim
die Plnralfonn mene XXII, 9. p. 113'' oftTTtccan übersetzen. Da» Wort beißt
nnr darcheehcn, re-e:tamine XXV, 69; von dem eigentlichen uhersetiCR ist
erst das. V. 71 die Rede. Das. fehlt oftrifon übersehen XIU. 75. Das, fehlt
pffputyng, das Ablegen XXVII, 18. Das- fehlt zq oft die Form äffte XXVIII.
60, 5. Das. fehlt Aläeung biandimentum X, 54. Das. fehlt za on die Form aniipp-
tm XIV, 5]. p. 114' fehlt zu o7>d die Form andc XXVII, 6, 14, 21. Das. fehlt
lu ong^n das Wort: agautcttmynge das Entgegenkommen XXVII, 20. p. 114°
fehlt ongemang ungeachtet III, 68. Das. fehlt amreald poinlai X, 15; IS.
p. 116* fehlt zu payt die Bed. Bezahlung XXIV, 99. p. 115" fehlt su fxn^f
I die Form peryl XXIV, 85. p. 117" fehlt zu riht die Form rilh XXI, 123.
' p, 117'' rttdtnjag Blitz? wohl schwerlich crweisbar; vieUeicht gleich ist. mrf-
itbig, dän. radnwj wühlen XXIV, 139. p. 118^ »etädan, me. ichide, ne. ^rd
etc. ae. ÄfÄeirfe», me. (auch, zuletzt nur) BUBflcheidcn, BUB werf en, rer-
'len. Schon ae. ist toeddan scheiden, yaa tceddan vergießen, zu tren-
vgl. Ettm. p. C74i Müller, Etjm. engl. Wtb. a. v. «htd. Das. fehlt in
tceäaian die Form scAeiren XXII, 9. p. 119°. Die unter se aufgezählten Formen
aind ganz onToilttändig, e. B. fehlt nom. pt ]-y nordh. me. dat. plur. Ihaym
XXII, 9, paim XXVI, 102. pame das., 12 ete. Orms Formen und die übrigen
norde nglis eben fehlen ganz. p. 120'' fehlen zu eiddan die Formen toddtn XIII, 9.
riden XVU, 1295. p. 122" fehlt zu «Öno die Form «.yti XXVI, 90. p. 122»
fehlt zu fpcdan: auch refl. gebraucht XXVI, 27. Das. fohlt zu »tondan die
"" ' " liehen, inttart, incumhert XIII, 18. p. 126'' fehlt töbiddan adorart
XI, 86. Das. tötyma venire XI, 94. p. 127' Irahtert Überselzor. Vielmehr:
Ausleger, inlfrpres XI, 84. Das. fehlt zu Iraint die Form iragte XXV. 9«.
p. 127^ littke mann Bitter. Wie tulke = altn. tulkr Dolmetscher jcv der
Bcd. Ritter kommen soll, verstehe ich nicht, p. 128* fehlt undfrcj/ma »acv*-
dere XI. 33. p. 129' fehlt idtornati ditcurrert XI, 83. Dsa. fehlt zu vüati^ di«
Form viifynye XXIII, 3. p. 130* fehlt zu Kalle die Bezeichnung des Geaiu.
E» ist fem. XVIII, 12. p. 130" fehlt teylle, »w«« XXIV. 130. p. 131" fehlt ni
toidtuct die Form wtdue XXII, 79. p. 132'' fehlt zu tettian die Form tryt^t
XXV, 4. p. 133*. loonn heißt nicht „dunkel", aoudem bleich, farbloa (oft
in Verbindung mit pale gebraucht), was XXIV, 141 sehr wohl Tom Moere m-
sagt werden kann. p. 135* fehlt par/ort. perforr, parfor XXVII, 22; 3. XIV, 82.
Ptr/ram, perc/rcm XXI, 66, parof XXVI, 84. paroul XXVI, 48. ponoit XXI. 100.
tharKylh XXVII. 29. petvntliXXV, 97. p. 136" fehlt pMiwtdere at tarnen XV,
16623. p, 1 36* fehlt 2u (hing Act AMAArwk »ma ping tomivhat XVIII, 7. p. 136*
pn4ii, me. proU, ne. Ikroal «t. f. Hals. Vielmehr bedeutet das Wort a«, and
nc. Kehle. So natürlich auch XII. 31. wo es auch noch dazu neben „Hals'
«K-ht, p. 137" fehlt nu purh die Form pvtrrt ut IVorsua XV, 105, Da«. f«UL
sa fiifacan die Form //lyntan XXIl, 8.
LITTERATÜR: R. WÜLCKER, ALTENGLISCHES LESEBUCH. 371
Endlich folge noch die Verbesserung einiger Druckfehler. I, 9 streiche
das Comma nach firum. III, 93 rodra^ lies rödra» IV, 6 sceopgereorcle, lies sceöp'
gereorde. VI, 192 bordy lies bord. X, 37 })dty lies pät. XI, 39 de, lies de.
p. 363 mid Bf lies C, XVI, 111 jbtns, lies jdne. XVIII, 37 hwart, lies hwaL
XIX, 17 tue, lies ine. XXII, 83 streiche das Comma nach and. XXIII, 54
norryssep^ lies norysaep. XXIV, 97 paesie, lies pcuiee. XXV, 50 dampredj lies
(fam|mec/.
Da die Besprechung von Zupitzas Sammlung schon ungebührlich lang
geworden ist, so begnüge ich mich, was Wülckers Lesebuch anlangt, mit einigen
kürzeren Nachträgen zu der oben besprochenen ausführlichen Anzeige in der
Ztschr. für österr. Gjmn. Auch lässt sich ja wohl die eine oder andere Be-
merkung noch bei einer Besprechung des hoffentlich bald nachfolgenden zweiten
Theiles leicht nachholen. Hier also nur folgendes wenige. — 1, 60 in werld wid,
werlde'^ vgl. on werlde V. 38. Femer ist gewiß das. V. 75 wegen des Metrums
und der Parallelstellen V. 113, 156 etc. zu lesen: Ford glod dat firme dais
ligt. Daß Morris GE. p. XXXIX schon diese Änderung vorschlug, scheint
Wülcker übersehen zu haben. Daß W. nur mit Vorsicht Änderungen in den
Text selbst aufnimmt, wird man nur billigen, aber zuweilen wird darin doch
etwas zu weit gegangen; so war V. 167 cam in den Text einzusetzen: aus der
Anm. z. d. St. erhellt nicht, ob man das darf oder ob man cam nur In Ge-
danken ergänzen soll. Das. V. 295 ff. heißt es: hu mal it den, Adam hen hing
and Eue hen quuen, Of alle de dinge in werlde hen. Dazu wird p. 124 bemerkt:
Morris fügt hier nach dinge ein de ein, doch ist dieß unnöthig,
wenn wir verbinden: Adam hen hing and Eue hen quuen of aUe de dinge
in werlde. Erstens ist bei dieser Auffassung Wülckers Comma nach V. 296
sinnlos, wenn beide hen sich parallel stehen. Zweitens aber ist dieß doppelte
5en, wenn auch sprachlich erträglich, so durchaus nicht schön. Morris hat bei
seiner Einfügung von de dieß zweite hen meiner Überzeugung nach ganz richtig
bezogen; er würde übersetzen: von allen Dingen, welche in der Welt
sind, de in den Text zu setzen, war aber trotzdem überflüßig. Es ist vielmehr
hier einfach Ausfall des Relativpronomens zu constatieren. Das ist um so
glaubhafter, als das Subst. im Hauptsatze auf welches der rel. Satz sich be-
zieht, durch alle verstärkt ist (vgl. meine Untersuchungen über den Ausfall
des Relativpr. Straßb. 1872). Die ganz analoge Satzfügung gleich darauf V. 300:
of alle dingef de wunen her bestätigt es. Dazu kommt, daß Ausfall des Relativ-
pron. sich in GE. sich auch sonst noch, wenn auch vereinzelt, findet. Ich führe
dicj^Stellen hier auf. Zweifelhaft ist V. 737 f.: Ahram du fare ut of land and
hin I to a lond ic de aal bringen hin, V. 788 lässt sich allenfalls übersetzen:
zu einem Lande werde ich dich hinbringen. Dem Sinne entspricht
weit besser: in ein Land, wo ich dich hinbringen werde. Ebenso
V. 1289 f.: and dor du aalt him offren me\on a hil^ dor ic aal taunen de.
Das zweite dor lässt sich relativisch auffassen: auf einem Hügel, den ich dir
zeigen werde. Aber auch hier ist wohl zu übersetzen: auf einem Hügel,
den ich dir dort zeigen werde. Sicher sind folgende Stellen: V. 751 wird vom
todten Meere gesagt: llc ding deied dorinneia dritten. Jedes Ding stirbt,
welches da hinein getrieben wird. (Vgl. GE. p 135.) V. 2187: Nu hi
äe feid ie ag to hing pharaon: bei dor Treue, die ich König Pharao
schulde. Vgl. Wükker 3, 203; endl. V. 3672: and ehea do men god made
24*
372 UTTERATÜR: R WCLCKER, ALTENGUSCHE8 LESEBUCH.
wüz und las da Leute aus, welche Gott weise gemacht hatte. Aoeb
hier setzt Morris ohne Noth vor god, de ein. Sonst vgl. man noch : W. 6, 4856 ;
12, 388; das. V. 437 f.; 17, 2090; 18, 3603.
12, 341 ist nicht nach salle, sondern nach iraytourt das Comma sa setzen,
so daß also 9alU ye unten zusammengehört; vgl. Y. 460: ye may wiien^
18, 3935 ist nach aerjauuM das Comma zu streichen.
Anm. zu 12, 87 yole. Unter julfest ist hier das Winterjnlfest
gemeint: la teynie feste de nowel. Hat man in England jemals den 24. Juni
Sonuneijulfest genannt?
Anm. zu 18, 3678. Daß lepen nicht reiten heißt, sondern an Stellen
wie hier: leopon apon Uedu durch: «sie sprangen auf die Pferde* zu
übersetzen ist, hat schon Zup. a. a. 0. p. 140 bemerkt. Hinzufugen will ich,
daß sich der ganz analoge Sprachgebrauch im Altnordischen findet: kjdlpm peir
pd d kesta Hna. Nj41ss p. 263 u. oft.
Anm. zu 19, 6704. Manchmal geht tynen geradezu in den Be-
griff des Yerlierens fiber etc. Bier lag es sehr nahe, das altn. tjpui zu
vergleichen, dessen Hauptbedeutung: verlieren ist.
* Anm. zu 19, 6815. Wie im Niederdeutschen wird aucb im Eng-
lischen oft lere statt lernen gebraucht. Hier konnte auch der analoge
Gebrauch im Schwedischen und Dänischen erwähnt werden. IsL findet sieh leara
erst vom 15. Jahrh. an so gebraucht.
In den Anmerkungen wird Einzelnes vermisst. Während z. B. zwar über
den Kent-Dialect eingehend gehandelt wird, erfahrt der Leser gleich zu Stack 1
nicht, was es mit dem qu für engl, wh auf sich hat; vgl. Mätzner sa GE.
V. 1908.
Zu 12, 455: c^tion, monk and frere wünschte man den üntersehied
zwischen numk und /r«rf angegeben, der ja u. a. auch für Chaucers Prol<^ zu
den C. T. zu wissen nöthig ist. (Vgl. Herzberg: Geoffirej Chaucer*s Caaierburj-
geschichten. Hildburgh. 1866. p. 581 f.)
Auf die Anmerkungen folgt p. 181 f. eine Erklärung der in denselben
gebrauchten Abkürzungen, die jedoch nicht ganz vollständig ist. So weiß man
z. B. nicht, welches Werk W. in der Anm. zu 17, 2184 durch By, abkürzt,
oder in der Anm. zu 4, 14 durch Sümn.
Weiter fuge ich eine Anzahl Bemerkungen zum Worterbuche bei, übergehe
aber auch hier natürlich alles, was sich schon bei Zup. a. a. O. notiert findet»
p. 185* fehlt ahate niederschlagen 6, 5011. p. 186^ fehlt angtr Zorn
19, 6855. p. 188* fehlt haldehed, holdehed Kühnheit 12, 474. p. 188^ fehlt
meti, herey strike 19, 7056. p. 189^ fehlt hiten, hyte beissen 12, 348;
19, 6918. p. 191'* fehlt zu buk Bauch die Form houk 18, 3946. Das. fehlt
hucke Bock 20, 10. Das. fehlt huüuc Böckchen 20, 9. Das. fehlt eaaUÜH
19, 7010. p. 192t> fehlt conten count 6, 4908. p. 193* fehlt criHesnmen II,
I, 162. Das. fehlt zu dcele die Form dal 1, 142. p. 193^ fehlt eure ob acht
18, 4016. Das. fehlt bei dede^ daß dieß Wort auch direct für misdede stehen
kann 11, 464, 466; vgl. dedhoU Stratm. p. 118*. p. 195* fehlt zu drmchtn die
Bed. ertränken, in tcater drenche aqua mergere IS, 3721. Das. fehlt an egre
heftig die Form egyr 19, 6840. p. 196* fehlt zu endyng die Form eyndyng
18, 4033. p. 197* fehlt zu feith Treue die Form fei 3, 203. p. 197^* fehlt
/est sb. fest 12, 393. Das. fehlt fikel dolosu» 12, 82. p. 201^ fehlt gritüdke
LITTER ATÜR: L. SCHMID, HARTMANN VON AUE. 373
horribile 11, II, 193. p. 201' fehlt hantelet Dörfchen 12, 494. p. 204' fehlt
zu kepen die Bed. erwarten 6, 5029; 31; vgl. mete V. 5051. So sehr oft
gebraucht in Verbindung mit copnien, vgl. Stratm. s. y. eopnien nnd 8. t. kepen,
p. 205' leckour ab. Wollüstling. Daß lechaur auch die allgemeinere Bedeutung
Schurke haben kann, zeigt 18, 3916. So findet sich leeheor auch sfn. zu-
weilen, p. 205^ fehlt Us falsch 19, 6895; vgl. Lay. V. 28150. [Zu V. 6940
Anm. ygl. Zup. a. a. O. p. 136.] p. 206* fehlt zu ligtU, licüy die Form lygl-
liehe Jl, II, 285. p. 208* fehlt zu meke die Form meoke 10, 15. p. 208*" fehlt
myre Sumpf 19, 6942. Das. fehlt myehUeued falschgläubig 11, U, 44.
p. 210' fehlt offring Opfer 5, 339. p. 211' fehlt zu oeU Heer die Form
hoost 19, 6791. Das. heißt es s. t. otheri auch findet sich ein unor-
ganisches t eingeschoben: Jbe ioper. Diese Form ist vielmehr entstanden
aus pet oder^ ygl. Mätzner Gr. l' p. 338^ p. 211^ fehlt ouerhie zu hoch 12,
228. Das. fehlt zu pari sb. die Form party 12, 506. p. 213* fehlt prouince
Provinz 12, 268. p. 216' fehlt echeme = echame'i 12, 362. p. 218' fehlt zu
slagen die Form sie 3, 287; 18, 3937. p. 219^ fehlt zu eüren^ daß es auch
refl. gebraucht wird 11, II, 284; dem entsprechend activ: bewegen 6, 4710.
Das. fehlt streitly 12, 405. Das. fehlt etreon Gewinn, Nachkomme, Sohn
18, 3750. p. 220' somersUde lies: eamereetide 12, 1. p. 220^ swere s. «tmre;
letzteres = cervix fehlt. Das. fehlt euyn^ kent. zuyn Schwein 27, 11. p. 221**
fehlt zn peofpe die Form theft 12, 449. p. 222^ fehlt zu proU Kehle die Form
proUe 28, 17. Das. fehlt timing Erfolg 1, 31. Das. fehlt Hmlich zeitlich
27, 65. p. 223' fehlt towhile zuweilen 12, 373. p. 225^ fehlt waterside
Wasserseite 18, 3702: they beon bystt on uxiierside d. h. sie werden an-
gesichts des Wassers umringt [so daß auf der einen Seite das Wasser
sie bedroht, auf der andern die Feinde]. Das. fehlt wcUerward nach dem
Wasser zu 18, 3686. p. 226' fehlt zu werre sb. die Form wearre 18, 3851.
p. 226^ fehlt whoeo whoever 19, 6925. p. 228' fehlt fjorelch elend 27, 183.
Das. fehlt zu wrethe Zorn die Form wrappe 3, 242. — Dabei habe ich noch
die Worte unerwähnt gelassen, die W. in den Anm. erklärt und vielleicht deß-
halb im Glossar übergangen hat.
Ich schließe wie oben mit den Druckfehlern. 6, 5305 ist das Comma nach
ehew zu streichen. 11, I, 161 Pynkep lies Pynkep. Das. II, 135 ist nach ywia
statt des Commas ein Punkt zu setzen. Anm. zu 2, ps. VII, 28 rihtwlse lies
rihtwise. Anm. zu 5, 26 aUo lies aU, Anm. zn 6, 4798 ergänze e nach „ob^.
Anm. zu 7*: pag. 97 — 99 lies 197—99. p. 148^ V. i08 lies 118. Anm. zu
12, 2 zwischen V. 2 und Es ist toild zn ergänzen. Gloss. p. 208^ mihtig lies
mihting.
BRESLAU, den 17. März 1875. EUGEN KÖLBING.
Dr. Ludwig Sohmid, des Minnesängers Hartmann von Aue Stand, Heimat
und Geschlecht. Eine kritisch- historische Untersuchung. Mit einem Wappen-
bilde. Tübingen, Fues, 1874. — XH, 200 S. 8®.
„Wir wissen von Hartmanns äußerem Leben überhaupt fast nichts, als
was er uns in seinen Kreuzliedem mittheilt, " sagt H. Paul nicht lange vor dem
Erscheinen dieses Buches (Paul-Braune, Bcitr. I 539), und es zeigt sich auch
374 LTTTERATUK: L. SCHMID, HARTMANN VON AUE.
in Schmids gründlicher Monographie deutlich, wie alles, was darüber Tennathet
werden kann, als mehr oder minder sichere Hypothese auf ein paar Stell«ii
des Dichters basiert. Soweit aber überhaupt mit annähernder Wahrseheinlteh-
keit etwas conjiciert werden kann, dürfen wir nicht anstehen, Schmids Werke
das volle Lob gründlicher und nüchterner Forschung, redlicher Abwägung aller
gegnerischen Einwände und genauer Benutzung aller etwaigen Hilfisbeweise xa
geben; und auch eine breite Weitschweifigkeit und Umständlichkeit dieses
Buches — soweit dieselbe nicht überhaupt gefordert war — darf ans darin
nicht irre machen, obwohl sie dem Fachmanne den Genuß des Werkes stören
könnte. So möchte es sich lohnen, von der auch typographisch gut ausgestatteten
und mit den diplomatischen Belegen (in einem Anhang) versehenen Schrift hier
einen kurzen Auszug zu geben, an den sich dieser oder jener beiläofige Ein-
wurf anschließen kann.
Von den drei Abschnitten, in welche die Schrift zerfällt, gibt der erste
eine ausführliche Darstellung des Ministerialcnwcsens nach seiner geschichtlichen
Entwicklung und nach den Eigenthümiichkeiten der Diestmannenpflicbten nnd
Rechte. Es wird diese Darlegung, klar und wohlgeordnet wie sie ist, gar
Manchen, der größere Werke darüber nicht zu Gesicht zu bekommen vermag,
recht willkommen sein. In engem Zusammenhang mit dem Hanptgegenstand des
Werkes steht allerdings dieser Thcil nicht, und es ist für die Frage nach Hart*
manns Stande, resp. nach dem der urkundlich erweisbaren Ower, wesentlich
nur der Nachweis von Wichtigkeit, daß schon um 1250 die Ministerialen die
Pradicate nobilis nnd dominus erhalten, nicht aber das Prädicat über. Wichtig
ist dieser Punkt deßhalb, weil nach Schmids weiterer Auseinandersetzang (s. n.)
von allen diplomatisch belegten Herrn von Ow nach dem 12. Jahrhundert keiner
nothwcndig als Freiherr anzusehen ist; ein Punkt, welcher die Hauptsache
an Schmids Opposition gegen H. C. v. Ow's Aufsatz in dieser Zeitschrift
XVI, 162 ff. bildet. Diese Opposition durchzieht überhaupt das ganze Buch,
und es scheint dasselbe ihr nicht zum kleinsten Theile seine Entstehnng an
verdanken. Persönlichen Hader zwischen beiden Parteien zu benrtheilcn, kann
hier nicht die Sache des Ref. sein; dagegen ist es, um dieß zu anticipieren,
dem Verf. meist gelungen v. Ows auf den ersten Blick anziehende, aber kritisch
wenig gestützte Ansichten mit Glück zu widerlegen.
Im zweiten Abschnitt, der sich ganz mit Hartmann beschäftigt, weist der
Verf. zunächst mit Glück nach, daß von den beiden Behauptungen ▼. Ows:
Ilartmann habe zu demselben Geschlecht gehört wie der ,arme" Heinrich von
Aue, sei also frei gewesen, und: beide haben zu den Ahnen der henisgen
V. Ow gehört, die erste vollstUndig grundlos und durch positive Beweise wider-
legbar ist. In der That, wer wird (Arm. Heinr. 4/5) die Worte dienatman trat
er ze Ouwe*) anders auffassen, als: Hartmann sei Ministerial eines Herrn von
Aue oder doch als Ministerial eines andern Herrn auf Aue ansäßig gewesen?
Aber mit der Construction Schmids a. a. 0. kann sich Ref. nicht einverstanden
erklären, umsoweniger, als sie ganz werthlos ist. Schmid liest nämlich mit Bech:
der was Hartman genant
{dienstman was er) ze {von) Oiurey
*) Wenn v. Ow und Schmid sich über die LA. von Ouice oder ze Ouwe streiten
und jeder die von ihm bevorzugte als) ßewcismltrel benutzen, so scheint uns diese
ganze Sache ziemlich banausisch zu sein.
LITTKKATUK: h. SClIllIlt, IIART-MANN VON AUE. 375
eiiM Bnnötbig gewaltanine Coiiatriiclion , «rdcbo noch härter ist nU die unten
xa cmähDeDÜe: unt lebt Fiiht kerre, Salatin etc.; wührend aber Bcch gowiQ so
lesen will; „der wHr HartmuDQ vod Aue genannt" ao fügt Schmid zu der HäTte
der nngegebeaen Constraction uoch eina Unmöglichkeit hinzu, indem er bo be-
zieht: der ICO» Harlnaii, genant (d. w. e.) vvn {ze) Oiane. Welcher Leaer oder
Hörer des A. H. konnte v. 4 f. so recatehen? Ref kunn ea nicht über aich
gowinneu, eine andere Conatroction der einfachen Folge der Worlc nach über-
liaupt für möglich zu halten, als diese: „er nar Hartmann geoannt; er war
Dicnatmann su (von) Aue". Wenn Bech (s. Hcliniid S. 3G) aagl, eine solche
Parenthese, wie er aie annimmt. Bei hei Hurtmann häußg, ao ipit zu entgeguen,
daß hier gar kein Anliiß daxu ist, eine Härte anzunehmen, die Hartmann
zu Anfang cinea Gedichts vollends gewiß nicht beabsichtigt hat. — Daß, was
aonat über Hartmann aich in aeinen Werken findet, mit seinem Stande ala
Ministorial durchaus nicht streitet, hat Sebm. hinlänglich gezeigt. Ob A. H.
8— lö, I». 23—25, II. Büchl. 715 den Schluß anf Hartmaniis Dienstbarkcit
wesentlich verstärken, sei dahingestellt, Aber vollständig Recht hat Schni., wenn
er eben aus der Nebeneinanderitellung des Dichters und des Heinrich von Aue
iin Armen Heinrich den Schluß zieht, dsG die ganz verschiedene Einführung
und Prädicicrung beider jeden Gedanken an Oeschlechtsgcmeinachaft aasachüeßc,
ja daß Hnrtmann aeinc Dienstbarkcit, von der er sonst nicht redet, im A. lt.
gerade deßhalb erwähnt habe, «m sich von dem freien Herrn »on Aue zu nnter-
Bcheideu. Weiter wendet sich der Verf. gegen die Behauptung v. Ows, daß
Hnrtmann als freiwilliger Miniaterial im Dienste dea Herzoga Kourad von Schwaben
geatandcn habe, welcher 1189 Herzog von Rothenburg war. v. Ow sucht da-
durch den Aufenthalt Hartmanna in Franken, der durch MF. 218, 20 bezeugt
ist, zu erklären. Schmid wendet dagegen mit Recht ein , daß diese Änualimo
ganz in der Luft steht. Daß sie gar unmöglich aei, aucht er dadurch zu er-
weisen, dali Harlmann, der Haun voll edlen, keuschen Sinns, bei dem rohen
Wüsthng Konrad sicherlich nicht freiwillig in Dienst getreten sein würde.
Freiwillig that or'a ohnehin nicht, da er ein gcborner Dienstmann war; ea durfte
aber sehr bedenklich sein, an unsere Minnesinger mit solcher Moral heranzu-
treten, und dieser Beweis gegeu ». Ows Aufstellung scheint dem Ref. aller
Kraft zu entbehren. Dagegen ist ganz richtig, daß Jene Aufstellung überhaupt
fundamentlos ist, und wir worden sehen, daß Schin. selbst eine wenigstens besser
begründete Erklärung für Hartmanna Aufenthalt in Franken (wenn wir über-
haupt eine solche brauchen) vorgetragen hat. — Jener Anlaß gibt dem Verfasser
KUgleich Gelegenheit, Ton Hartmanns Minnepoeaio eine Barstellung zu geben.
Den Cardinalpunkt der ganzen Untersuchung über Hartmanna Dichtung
bilden seine Kreuzlieder, und Schmid hat mit viel Fleiß versucht, in das
LabTrinlh von Schwierigkeiten und Widersprüchen, welche die Frage über den
Krenxr.ng Hartmanna verwirren, Klarheit und Ordnung zu bringen. Die Haupt-
punkte in dieser Frage sind ja die Erwäbnung des Meere* an mehreren Stellen
des Erec und des ersten Büchleins und die Erwähnung Sniadina als eines Ge-
storbenen in dem Lied idi var mit iiiwem hiilden. Da der Erec nicht nach
1197 geschrieben sein kann*), so wird angenommen, daß Hartman» das Meer
•) S. noch mtotit Germ. XIX, 373. Wir können nicht alle eriShleuden Werke
II.sJu deu Zeitraum twisehon IIUS und I!(H EusammendrUngon.
I
iM
376 LITTEBATUR: L. SCBMID- HARTMANN TOS AUE.
bei dem Krenxzuge von 1 IS9 gesehEn habe, und da Dun nach dem angefSIiii«M
Liede Saladin (1193) gestorben ist, wie Uartmann sich anf die Krem&brt
begibt, so werden hinsicbtiich diesPS Liedes von den Foncbem dreierlei A.a-
•tehteD aufgestellt: entweder iat Hartmana gar nicht VerfasBer dewelbeo, odoc
iat (HF. 318, 19. 20) za lesen:
und Übt rnCn herre, Salatin und al ritt htr
die enbrahUn mich r<m Franken niemer etnen nwis;
oder endlich hat Httrtnuuia aowobl den Kreiuiiig von 1189 aJa den TOn 1197
mitgemacbt. Das Ente wäre doch nur bei ganz zwingeoden Gründen und, wtaut
sonst gar kein Äasweg obrig bliebe. aoKUiielimen- Das Zweite ist nicht gwu
unmöglich, aber hart (s. Germ. XIX, 372). Das Dritte ist die Ansicht, *q der
sich Srbmid bekennt. Bef. muH gestehen. da£ ihm eine zweimalige Theiloafame
an einer Kreuzfahrt nicht sehr wahrscli ein lieh aaseieht und jedenfalls nur airf
Ewingende Gründe hin nngenoinmen werden sollte, obwohl Ton einer ünmöglidi-
keit hier nicht diu Rede sein kann. Daber wird es besser »ein. mit Schrej^
ancnnehnien, daJl die Beziehungen auf dos Ueer in den älteren Werken B«t-
■lanns nicht auf die Theilnnbrne an einem Kreuzzuge tarückioführen sind, ja
daß H. gar nicht einmal das Heer gesehen zu haben braucht. Uit Schilien
Teil, den Sehr, snrübrt, rerbält es sich allcrdinge anders; Schiller brauchte
Localscbilderungen , Hartmann hat jene Stellen (a. Scbmid S. 65) selbstuidig
und ohne NÖlhigung eingefugt, Allein Erec 7790 — 7796 beweist gar nichts,
es ist ja daselbst eicht ausdrücklich vom Meere die Rede. Erec 7062 — 706&
ließ sich auch ohne Autopsie sagen. Es bleiben nur die Verse 351 — 366 im
ersten Büchlein; Kumal der 1. 1. tflpwfge legt hier nahe, an Autopsie in denken.
Wir w&ren da«n genötbigt, wenn selpafge als Übersetzung eines rtrnianisebeB
oder grieebischen Wortes anzasehen wäre; allein auch die Xanter Glossen
iGraff I &tiO| haben ein lellucfgi. das lie mit aqaae motut übersetzen; der Aus-
druck ist also echt deutsch, und ao wird ihn Hartmann wohl eher in Deutsch-
lard als im Mittetmeer vernommen haben. Und bietet sich für den Schwaben
H. nicht der Bodensee als Stätte dar, wo er solche Anschaanngen gewonnen,
solche Ausdrücke vernooimen haben wird? Denn der Bodensee ist ein sliirmtscbe*
Wasser, wie jeder weiß, der ihn beim Föhn gesehen hat. Hartmann bat Greg-
987— 102G, worauf aueb Sebmid S. 133 f. hindeutet, eine Klosteracbnle lebeaiÜg
beschrieben, und es steht bei ihm, der gti^rei icas, nichts im Wege, eine klöster-
liche Schulbildung anzunehmen, die er, wie Scbmid a. a. 0. wahrscfaeinlich in
machen sucht, leicht auf der Reichenau genossen haben kann, wo er den See
in freundlichen und stürmischen Tagen zur Genüge kennen lernen m<icht«.
Oall er seine Anschauungen davon auf das Meer übertrug, ist ganz naturlicb;
denn wer wird zum Zweck einer ganz allgemein gehaltenen Vergleicbung einen
Binnensee nennen? Durch diese Erklärung wurde auch deutlich, warum H.
gerade in seinen frühesten Werken, dieser Erinnerungen noch roll, jene Gleich-
nisse eingewoben hat.
Bleiben wir also bei der Annahme einer einmaligen Betbeitigunc H.s »in
Krenzzuge, natürlich dem von 1197 (denn Pauls Einwurf. Beilr. I 536, dkß
dieser weit unbedeutender gewesen als der vod 11S9, wiegt nicht scbwer).
Freilich hat Schmid S. 66 ff. darzulegen gesucht, daß die Lieder dtm t-ruue
amt etc. und tcA var etc. nicht aus derselben Zeit stauimen können ; aber seine
Beweise recorrieren bloß auf Gerühtsmomente , deren Beneiskraft nicht stark
LITTERATUR: L. SCHMID, IIARTMANN VON AUE. 377
ist. Und — wenn die beiden Lieder sich auf zwei verschiedene Kreuzzüge be-
zögen, so hätte wohl der begeisterte Kreuzfahrer in dem ttpäteren Liede die
Hindeutung auf seine erste Fahrt kaum unterlassen.
In dem zweiten jener Lieder spricht H. von Franken als seinem Auf-
enthaltsorte. Daß dieser deßhalb nicht seine Heimat zu sein braucht, ist klar
und ist wiederholt betont worden. Auch, wie H. dorthin gekommen sein mag,
sucht Schmid S. 73 nicht ohne Wahrscheinlichkeit zu erklären; die Grafen von
Zollein-Hohenberg, unter denen (s. n.) die Ower standen, waren Vasallen vom
Bamberg.
Hartmann selbst aber war ein Schwabe. Dafür gibt es zu viele Beweise
als daß man daran hätte zweifeln sollen, und Schmid hat dieselben S. 74 ff.
schon und überzeugend dargelegt. Fragt man aber, welchem schwäbischen Aue
Hartmann angehört habe, so ist von jeher nur an das jetzige Obeman bei
Eottenburg a/N., an das Zähringische Aue und an den Thurgau (an das Ge-
schlecht derer von Wesperspül) gedacht worden. Daß an das zweite nicht zu
denken ist, hat F. Bauer Germ. XVI, 155 ff. dargethan. Daß man auch an
den Thurgau nicht zu denken hat, zeigt Schmid (im fünften Abschnitt seines
Buches) mit großer Wahrscheinlichkeit. Dagegen findet sich in Obemau im
zwölften Jahrhundert eine Freiherrschaft, und dieser hat wohl der Jierre Hein-
rich von Ouwe gehom des armen Heinrich angehört. Daß mit diesem Heinrich
der Dichter von demselben Aue stammt, dürfte doch wohl der Eingang des
Gedichts unumgänglich sicher stellen; wie lächerlich wäre es, hätte Hartmann
erst sich selbst einen Dienstmann von Aue genannt, und dann einen Freiherm
von Aue eingeführt, ohne beidemale dasselbe Aue zu meinen! Also — auch
Hartmann gehörte als Dienstmann zu Obernau; und, da die freien Auer daselbst
im 13. Jahrhundert nicht mehr zu finden sind, vielmehr alle folgenden Obem-
Auer, die Ahnen der heutigen v. Ow, Ministerialen sind, so kann Hartmann ent-
weder Dienstmann des letzten Freiherm von. Aue gewesen sein oder nach Aus-
sterben der Freiherrschaft das Gut als Ministerial der Grafen von Zollem-
Hohenberg, denen die Auer unterstanden, besessen haben. Diese Nachweise und
Belege für die Verbreitung und Besitzungen des Geschlechtes sowie dessen Zu-
gehörigkeit zu den Zollem bilden bei Schmid den vierten Abschnitt, dessen
gründliche Forschung alle uneingeschränkte Anerkennung verdient. Der fünfte
Abschnitt gibt eine Recapitulation der Resultate nebst Widerlegung einiger Ein-
wände.
Ref. musste sich versagen auf manche disceptable Einzelheit, sowie auf
manche schöne Beweisführung im Einzelnen näher einzugehen, und kann das
Buch nur der genauen Kenntnissnahme und Würdigung aller derer warm
empfehlen, die in dem Dunkel, das über des herrlichen Sängers Leben ver-
breitet ist, sichere Stützpunkte zu finden wünschen.
SKUTTGART, im Juni 1875. HERMANN FISCHER.
y
378 LITTERATÜB: K. WEINHOLD, ISIDOa
Die altdentfchen Braohitüoke des TracUts des Bischof Isidonis tob SeTÜk
de £de catholica contra Jadaeos. Nach der Pariser trad Wiener Hand-
schrift mit Abhandlang ond Glossar herausgegeben Ton Karl Weinbold.
A. n. d. T.: Bibliothek der ältesten deutschen Li tteratur- Denkmäler. YL Band.
Paderborn. F. Schöningh 1874.
Eine bequeme handliche Ausgabe der althochdeutschen IsidcMr-Fragmente
war ein offenbares Bedürfniss, besonders da Holtzmanns Text anfieng selten zn
werden und auch Graffs Abdruck in t. d. Hagens Germania nicht separat er-
schienen ist. Ohne die Bescheidenheit zu verletzen, die der Anfanger einem so
bewährten Meister wie K. Wcinhold gegenüber stets zu beobachten hat, glaube
ich indessen als meine Überzeugung aussprechen zu dürfen, daß diese neue
Ausgabe ohne yorhergehende CoUation der Pariser Handschrift nicht hätte aoUea
unternommen werden. Man wird bei der Benutzung eines Rolchen Textes mos
den dreißiger Jahren sich nie des unbehaglichen Gefühls der Unsicherheit er-
wehren können. Daß mein Bedenken nicht ganz unbegründet war, zeigte mir
eine gelegentlich eines neulichen Aufenthaltes in Paris unternommene Nach-
collation, deren Resultate ich hier kurz mittheilen will. Anmerken darf ich noch,
daß mir von Anzeigen des Weinhold*schen Buches nur diejenige von E. Sierert
Jen. Literaturz. 1874 p. 382 f. zu Gesicht gekommen ist: das dort über Ab-
weichungen von Holtzmanns Text angeführte übergehe ich im Folgenden« Er-
schöpfend war Sievers Vergleichung der Drucke übrigens nicht*).
Ich beginne mit dem deutschen Texte, p. 3, 2. Die Worte WBßhUmakga —
trdka sind verblichen und mit anderer Tinte später aufgefrischt, das. mitUn»
Das i vor n, das G. bezweifelte, ist noch wohl erkennbar , davor ein kleines
Loch im Pergament und vor demselben der Anfang des zweiten t p. S, 3. Ich
lese himilo. Das. zu garauuida bemerkte H: „inter syllabas gar et uut littera
a fortasse restituenda^. Die Form von a bt als dunklerer Fleck ganz deutlich
erhalten, p. 3, 6. „So nach R. H. undeutlich, nach G. sicher*'. Es ist ganz
sicher, nur etwas dunkler, p. 3^ 8. Das h in uuctrdh ist gänzlich verschwanden,
vielleicht darch die Schuld des Stempels der Bibl. regia, welcher auch über
den unteren Theil des d geht. p. 5, 1. Zu himÜM bemerke ich, daß et über
ü geschrieben und wohl zu erkennen ist. p. 5, 18. dhcuu» Das schließende «
sehe ich nicht. Was man bisher wohl als den Rest davon ansah, ist nur ein
kleines Loch im Perg. Doch wäre für s noch Baum auf der Zeile, p. 7^ 14.
dhich W. Die Hdschr. hat dhih-^ ebenso Gr., was in den Anmerkungen fehlt.
H = W. p. 7, 26 z» firttandanne dhanney W. mit der Anm. danne Us. dhamn&
steht weder in der Hs., noch bei Gr. H. Das zu firetanr gehörende ifaitne be-
ginnt eine neue Zeile, p. 9, 8 chiscuof, i ist nicht mehr vorhanden, p. 9, 21.
himile H. W. H. bemerkt, daß himila geschrieben zu sein scheine. Man unter-
scheidet wirklich ganz deutlich zwei Striche nach l vor dem Anfang des nadisten
Wortes, p. 9, 24 dauid mscr. p. 9, 25 : Quhad mscr. Ebenso Gr. H ^^ W:
Qhuad, p. 9, 30 l. adhaUangheri für adkaUangeri. p. 9, 31. Israhtlo. Das o
ist verschwunden, p. 9, 32 mina ist deutlich zu erkennen, p. 11, 2 uuerodkeoda
druhtin ist mit der Handschrift in zwei Worten zu drucken. 11,5 dhem* Das
*) Etwaige Bemerkungen in Braunes ahd. Lcscbuchc konnte ich hier leider
nicht nachsehen.
LITTERATÜR: K. WEINHOLD, ISIDOR. 379
m ist ganz deutlich, p. 11, 7. dheonodom Gr. Das m ist vielmehr n. p* 11, 2(X.
dazs Dach W. die Hdschr. Diese liest aber deutlich dhaza, p. 13, 1. h uuiza-
sodeä für toizssodes, p. 13, 18 f. Die Worte: endi Hin uuort ferit dhurah mih
haben weder das Mscr. noch 6r. H. p. 13, 32. Ich lese dherct, obwohl die Ge-
stalt des r sich hier wie oft der des s so nähert, daß sie sehr schwer zu unter-
scheiden sind. p. 15, 5. quhidhit Mscr. = Gr. H. = W: quidhü, p. 16, 6.
Der Punkt an der Spitze des 4 in ehiteda kann kaum von einer beabsichtigten
Correctur herrühren, p. 15, 7 uuazzerü die Hdschr. p. 15, 8 nemine las H.
Was er für e hielt, steht ganz getrennt von nemin und scheint nur ein Colon
zu sein. p. 15, 13. heilegan sicher. Ebenso dhar^ was H. als non mazime certnm
bezeichnet, p. 15, 16 bauh nunc. Vom \ ist am Schluße der Zeile gar nichts
zu erkennen und das u steht so nahe am Rande, daß es fraglich ist, ob h je
in der Hdschr. gestanden hat. p. 15, 24 quhedhendi Mscr. = Gr. H = W.
p. 15, 28 dher sdho Mscr. = Gr. H = W. p. 17, 1 lies quhedhendemu =
Mscr. = Gr. H. p. 17, 21 lies aerdhuitasun* a und e sind nicht verschlungen,
p. 17, 30 angila ist sicher, p. 17, 33 dhaz8 Msc. = Gr. H = W. p. 21, 12
dhea Mscr. = Gr. H. p. 21, 15. imu ganz deutlich Mscr. p. 23, 8 dheonandiu
ganz deutlich Mscr. p. 23, 6 lies eouuihd, p. 23, 7 lies widhar = Mscr. =
Gr. H. p. 23, 9 langhe Mscr. = Gr. H = W. p. 23, 14. anelidiu. Was H für
<te hielt, ist nur eine besondere Form des e. p. 25, 21 moMun, u ist etwas ab-
geblasst, aber sicher, p. 27, 3 uza Mscr. p. 27, 14 drugidha Mscr. = Gr. H«
= W. p. 27, 19 uuardh Mscr. = Gr. H = W. p. 29, 10 ghtba Mscr. = Gr.
H. p. 29, 12. lantscafy so Mscr«, denn das / ist deutlich erkennbar, p. 29^ 14
lies uwdaaehtu ce verschlungen. Ebenso p. 29, 24 hebroßischin, p. 31, 5. kitni'
liachun. Das h nach c ist ziemlich verlöscht, aber offenbar vorhanden gewesen.
p. 33, 3 uzs eonondem Mscr. p. 33, 6 Anm. 1. tero Hs., nicht dero, p. 33, 20
chifarabodot. do ist von anderer Hand schlecht darüber geschrieben, p. 33, 21
lies dauite für davite. Das. Von dem von H. vermutheten fona erkennt man
noch na und die zweite Hälfte des o. p. 33, 25 1. cBumn, es verschlungen,
p. 37, 6. 8. 39, 16 lies dauides, p. 39, 16 fona ganz deutlich Mscr. = Gr.
H== W.
Ich wende mich nun zum lateinischen Texte, der bei Grr. H. und W. so
ungenau abgedruckt ist, daß man öfters in Zweifel geräth, ob die Herausgeber
wirklich die Lesarten der Pariser Hdschr. oder irgend einen anderen Text haben
wiedergeben wollen. Schon H. zeigt sich öfters als von Graffs Texte abhängig,
und W. hat, ohne es anzugeben, nicht selten die Lesart anderer gedruckter
Isidortexte eingesetzt, wie meine Aufzählung ergeben wird. Und doch verdiente
gerade auch der lat. Urtext eine sorgfältige Behandlung, da er an vielen Stellen
zu Rathe gezogen werden muß, um das Verhältniss der Übersetzung zum Ori-
ginale festzustellen. Auch ist selten richtig angegeben, mit welchem Worte eine
Seite der Handschrift schließt. Auch dieß wird unten zu berichtigen sein.
p. 2, 2 non f teerat et flumina hat Mscr. vor Beginn der übersetzten Worte.
Fol. 1* schließt Z. 1 1 mit BcivU. p. 4, 1 absconaa Mscr- abscondita Gr. H. W.
p. 4, 9 lies filius für filtum, p. 4, 14 splendo Mscr. das. e lumine Mscr. = Gr.
a W = A. p. 4, 20 et deus Mscr. p. 4, 21 scribturarum Mscr. p. 4, 24 »edis
Mscr. p. 4, 27 laefitiae = A. Gr. H. W. jiutitiae. Schon der Übersetzung: freu--
uuidha wegen hätte diese scheinbare Variante angegeben werden sollen, p. 6, 5
sublctam Mscr. p. 6, 17. Israel Mscr. Fol. Iir schließt mit et p. 6, 20, das
'380 LITTERATUR: K. WEINHOLD. ISIDOR.
am Anfang von 4* wiederhoit ist. Fol. IV' schließt mit crtaait p.
p. 8, 14 fehlt ignem im Msur, was Auch Gr. H. ohne Beinerkang; i ~
Fol. IV'' Hcbließt das. mit dotnino. p. 8, IR gaphur Hscr. p. 8, 36 ad dejctrU
Mdcr. p. 8, 31 ptalta Mscr. pttdmifta H. Gr. W. Die Worte Itrahtl tpiritta
domim Bind fast nDleabar, doch glaube ich IrraJiel domini tpirititt za erkenneu.
p. 10, 5 qui enim tetigerit vos, tanijet Mscr. Auch H. läa.nt q\ii — voa weg, Aa
Bie übereetct sind, mUBBteo sie als Var. notiert lein. Mit langet »cblieOt Fol. V^
p. 10, 13 obadienx Macr. p. 10, 14 rtiam Micr. = Mona. Fr., nicht H. Gr.
H = Mscr. Fol. VI* sebÜeßt p. 10, 16 mit habUabo. p, lO 17 adplieiAimtar
Macr. p. 10, 19 tciea. W. iat hier A gefolgt, das znm Mscr. atimut. H. Gr.
acbreiben eciatt. Im übrigen ist Fol. V!'', was die eratcn 1 1 Zeilen angebt,
aebr verloscht im Macr. Doch glaabe ich überall aonst dem Drucke entsprechend
lesen zd dürfen, p. 10, 38 d^tm. dö Mscr. p. 12, 6 ifn W = A ^= Mscr. (rff)
domini Gr. H. Fol. VII" HchlieGt mit »omin p. 12, 10. p. 12, 13; 15 Knhturu,
tcrihtum Macr. p. 19, 20 domiaafor fortii laraktl Mscr. W = Gr. H. Fol. VII*
•chlieCt mit psalmit p. IS, 2.^. p. 12, 30 intdhgimaa Mscr. p. 14, 2 vnttit Haer.
= Gr. H. W = A mUUt. p. 14, 3 fiat Mscr. U. Gr. = W. p. 14, G; 28 iWu«
Mscr. p. 14, 8 inUlltgituT Mscr. p. 14, II dos erste qai fpblt im Mscr. das.
in tum Macr. für: in to. Fol. VIII" schließt mit anitatem p. 14, 17. p. 14. 30 f.
cuique -peTtona Macr. = Gr. H. W = A. Hit pertoiia schließt Bl. IX'. p. IG, 3
destra Mscr. p. Ic, 8 perimnc Mscr. Fol. IX" sclitießt mit vocat. p. 16, 13.
p. 16, 18 predical Mscr. p. 16, 19 rrlo* Mscr. Fol. X* schließt mit IrimHatit
p. 16, 27. p. 16, 30 leraphin Mscr. Ebenso p. 18. 7. p. 18, 4 cdutit Hscr. das.
wia für unora. p. 18, 9 deilnttvt Macr. p. 18, 12 Moyti Macr, p, 18, 14 d< = dm*
Macr. dominu* G. H. W. p. 18, 21 leribtura. Nach dieaem Worte beginnt Fol. XI*.
das. autoritate Macr. p, 18, 30 ejitt fehlt im Mscr.; ebenso bei Gr. H. W. bat
es nach A eingesetzt, p, 20, 1 parvoltu Mscr. p. 20, 2 cti fehlt im Mscr. und
bei Gr. E. Fol. XI" schließt nach filiut p. 20, 4. p. 20, 1 1 adsumpHonem Msu.
p. 20, 20 adtäiieenlie Macr. Das. nach viUm schließt Fol. XII*. p. 20, 23 dki-
tur (dr) Mscr. didtwr Gr. H, dicetwr A. p. 20, 30 et( vor iite fehlt im User.
und bei Gr. H; von W nach A eingefügt, p. 20, 32 celi Mscr. Fol. XUP be-
ginnt nach prophftiam p. 22, 5. p. 22, 10 Danihrlo Mscr. p. 22, 19 inUtUgt
Mscr, p. 22, 20 ebdomadai Maer. p. *22, 22 eoneummtlar Mscr. Gr. A. coont-
mtturE. p. 22, 24 angualur Mscr. p. 22, 26 niimereniur Macr. Gr. H. = W.
p. 23, 31 hebdomada Macr. p. 22, 32 lerminatur Mscr. = A. Urminanlur Gt.
U. W. p. 24, 3 Danihelit Mscr. Fol. Xlll" schließt nach ebdomadac p, 24, b.
Fol. XIV schließt nach laaifida p. 24, IG. p. 24, 26 adicit Macr. p. 24, 30
r( fehlt im Macr. p. 26, 11 mundat Macr. Ebenso Gr. und A. mundanU R.
p. 26, 17 «icuf fehlt im Mscr. p. 28, 3 Moyii Mscr. Das. oblenuü Macr, p. 3S, 9
gentibu« Macr. generibui Gr. H. A. W. Fol. XVI" beginnt nach vti p. 38, 10.
p. 28, 11 tdenCem Mscr- mananUm Gr. H. A. W. p. 28, 18 scriUutn at. [)i« Air
kürzang für ett steht über der Zeile, Gr. H. ließen es weg. p. 28. 23 cjmitevil
Mscr. = H. p, 28, 30 luam fehlt im Mscr. und bei Gr. H. W. selste es nach
A. und der Übersetzung ein, p. 30, 1 cdi Macr. p. 30, 3 dm --^ deum Hter.
ämnintm Gr. H. W. p. 30, 3 inUllegitur Mscr. p. 30, 4 Abrahe .Macr. p. 30, 12
inquid Mscr. p. 30, 13 poaedntlem Slacr. p. 30, 18 expectandus. Ebenso p. 30, SS
txpeetütio and p. 30, 29 fj:pectabant. p. 30, 23 Jadeomm. p. 32, G mtndatia
User, meadaeium Gr. H. W. A. Daß p. 32, 10 f. «nf principe — allari ta 4ff
MISCELLEN. 381
Pariser Hs. fehlen boII, ist unrichtig, p. 32, 12. Zwischen nunc and ipsis ist
in einzusetzen mit Mscr. Gr. H. A. Fol. XVIU^ schließt mit ejus p. 32, 24.
p. 32, 26 eelo Mscr. p. 34, 5 edificiaü Mscr. Fol. XIX* schließt mit fuit p. 34, 9.
p. 34, 13; 15 Salomine Mscr. p. 34, 15 inpleta, p. 34, 15 intellegendum, p. 34, 18
iUius Mscr. = A. ejus Gr. H. p. 34, 22 intellegüur. p. 34, 22. Daß David —
ejus die Par. Hs. weglassen soll, ist falsch ; Gr. hat es auch ; H. ist vom ersten
mortem auf das zweite abgeirrt. Fol. XIX^ schließt das. nach quia. p. 34, 29
fehlt ebenso wenig datnd, es ist wie gewohnlich durch dd gekürzt. Das. reg-
navii Mscr. Ebenso hahitauit p. 34, 32. p. 36, 2 nach etiam ist et einzusetzen.
p. 36, 4 aecendü Mscr. H. Gr. Fol. XX* schließt nach radiee p. 36, 6. p. 36, 14
adeo Mscr. p. 36, 15 fehlt ctd im Mscr. p. 36, 20 hahiicU Mscr. Nach diesem
Worte schließt Fol. XX^ p. 36, 24 ovüe Mscr. = H. Gr. = A. = W. p. 38, 1
principea Mscr. = A. Gr. H. = W. Fol. XXI* schließt mit ubere p. 38, 5.
p. 38, 16 c sequentibus Mscr. = A. seguentilms Gr. H. p. 38, 19 sepulchtum
Mscr. Das. nach gloriosum schließt Fol. XXl^, p. 38, 24 redempti Mscr. = Gr.
Bis auf die Vertretung von ce durch geschwänztes e hofiPe ich auch im
lat. Texte alle orthographischen Abweichungen genau angegeben zu haben,
namentlich im Blick auf eine zweite Auflage der praktisch angelegten Ausgabe,
für deren übersichtliche Grammatik und Glossar wir dem Verfasser sehr dank-
bar sein müssen.
LONDON, Mai 1876. £. KÖLBING.
MISCELLEN.
Oermanistisohe Vorlesnngen
an den Universitäten Deutschlands, Österreichs und der Schweiz so wie in Dorpat
im Sommersemester 1875.
Encyklopädie: Encjklopädie und Geschichte der germanischen Philo-
logie: Heidelberg- Bartsch ; Einführung in das Studium der deutschen Philologie:
Basel-Heyne.
'Vergleichende Grammatik: Einleitung in das Studium der ver-
gleichenden Sprachwissenschaft : Göttingen-Bezzen berger ; Encyklopädie der Sprach-
wissenschaft: Zürich-Tobler ; Wortbildungslehre der indogermanischen Sprachen:
Marburg-Justi.
Deutsche Grammatik: Berlin-Müllenhoff; Begemann (Ak. f. m. Ph.
2. Theil); Gießen- Weigand ; Göttingen- W. Müller; Leipzig-Braune; Prag-Keile;
Laute und Flexionen des Gothischen u. Hochdeutschen : Zürich-Schweizer-Sidler ;
ausgewählte Capitel: Kiel- Weinhold ; Marburg-Lucae; Syntax: Breslau-Rückert ;
Kiel-Groth.
Gothische Grammatik: Bonn-Birlinger; Münster-Storck ; Zürich-Tobler.
Althochdeutsche Grammatik: Bonn-Diez.
Mittelhochdeutsche Grammatik: Bonn-Andresen.
Altsächsische Grammatik: Basel-Heyne; Rostock -Bechstein.
Angelsächsische Grammatik: Göttingen-Wilken; Jena-Sievers; Kiel-
Möbius.
382 MIßCELLEN.
Englische Grammatik: Berlin (Ak. f. m. Ph.)*Schmidt; Brealaa-Kol-
bing; Münster-Snchier : alten gliscbe : Göttingen-Th. Müller.
Altnordische Grammatik: Breslaa-Pfeiffer ; GreiÜBwald- Vogt ; Leipsig^
Braune; Marbnrg-Grein.
Deutsche Mythologie: Prag-Kelle; vergleichende Mythologie: Heidd-
berg-Lefmann.
Deutsche Alterthümer: Staatsalterthümer der Germanen in der mefo-
ringischen Zeit: Leipzig- Brandes; Tacitus' Germania: Basel-Maehly; Innabmck-
A« Zingerle; Münster-Parmet ; Rostock-Fritzsche.
Deutsche Rechtsquellen: Basel -Heusler; Erlangen-Yogel ; Fieiborg-
Büß; Göttingcn-Frensdorff; Lex Salica: Heidelberg -Scherrer; Sachsenspiegel:
Bonn-Löisch; Leipzig - Hock ; München- Amira.
Deutsche Litteraturgeschichte: Tübingen-Keller; im Mittelalter:
Bonn-Reifferscheid ; Freiburg-Paul ; Zürich-Stiefel; mittelhochdeutsche: Ben-
Schöni; Prag-Kelle; 13. — 16. Jahrb.: Straßburg-Steinmeyer; 13., 14., 15., Jahrb.:
Wien-Heinzel ; Geschichte der Litteratur und -Sprache: Bonn-Birlinger; Konigs-
berg-Schade; bis auf Luther: Zürich-Honegger; vom Ende des 15. Jahrb. bis auf
Opitz: Breslau-Bobertag; des 16. Jahrb.: Göttingen-Tittmann; des 16. und 17.
Jahrb.: Dorpat-Masing ; der neueren Zeit: Greifswald-Wilmanns; seit der Reform
mation: Würzburg-Lezer; des 18. Jabrh.: Gießen-Zimmermann; Mnnchen-Ber-
nays; seit Gottsched: Halle-Haym; seit Lessing: Erlangen-Raumer; in der Zeit
Goethes und Schillers: Wien-Tomaschck. — Deutsche Heldensage: Göttingen-
Wilken; Volkslied: Leipzig-Hildebrand; Lessing: Bonn-Reifferscheid ; Gottingen-
Goedeke; Kiel-Groth; Goethe: Berlin-Grimm'; Tübingen-Köstlin ; Goethes Faust:
Freiburg -Sengler; Heidelberg -Fischer; Innsbruck - Zingerle ; Tübingen-Keller;
Schiller und Goethe in der Zeit ihres gemeinsamen Wirkens: Straßburg- Scherer;
Schiller: Bonn-Birlinger; Schillers Dramen: Zürich- Stiefel; Schillers Teil : Leipzig-
Hildebrand; die deutschen Tristandichtungen der Neuzeit: Rostock-Bechstein.
Englische Litteratur: Berlin (Ak. f. m. Pb.)-BoyIe; Halle-Goaehe;
Leipzig-Wülcker ; Rostock -Lindn er.
Deutsche Metrik: Berlin-Müllenhoff; Graz-Schönbach; Halle- Zacher;
Königsberg-Schade ; Straßburg-Scherer.
Sprachdenkmäler:
Gothische: Bonn-Birlinger; Erlangen-Raumer; Greifswal d-Hoefer; Inns-
bmck-Ziugerle ; Leipzig-Zamcke, Braune; Tübingen * Holland; Würzburg -Lexer
(goth. ahd. mhd).
Althochdeutsche: Basel- Meyer; Breslau-Rückert ; Erlangen- Ranmcr;
Freiburg-Paul; Greifswald-Hoefer ; Heidelberg-Bartsch; Innsbruck- Zingerle ; Jena-
Sievers; Leipzig-Zamcke; Otfrid: Bonn-Reifferscheid.
Altdeutsche: Greifswald-Wilmanns.
Mittelhochdeutsche: des 1?. Jahrhs.: Leipzig-Zamcke.
Gottfrieds Tristan: Freiburg-Paul; Göltingen- Wilken.
Hartmanns G reg orius: Rostock-Bechstein; armer Heinrich : Straß-
burg-Scherer; Iwein: Berlin (Ak. f. m. Ph.)-Begemann.
Helmbrecbt: Leipzig-Hildebrand.
Laurin: Bonn-Reifferscheid.
Minnesänger: Greifswald-Vogt ; des 12. Jahrhs.: Berlin-Müllenhoff;
Königsberg-Schade.
MISCELLEN. 383
Nibelungenliod: Bonn-Simrock ; Dorpat-Mejer ; Halle-Zncber ; Jena-
Sievers ; Kiel- Weinhold ; Zürich- Vetter (mit Einleitung in die deutsche Helden-
sage).
Walther von der Vogelweide: Basel-Meyer; Berlin (Ak. f. m. Ph.)-
Begeroann; Freiburg-Paul; Gießen-Weigand ; Göttingen-Muller; Graz-Schön-
bach; Innsbruck-Zingerle ; Leipzig-Zamcke; Münster- Storck; Prag-Martin;
Straßborg- Scherer; Wien-Heinzel.
Wolframs Parzival: Heidelberg-Bartsch; Marburg-Lucae; München-
Hofmann; Zürich-Ettmuller; über Wolft*am : Gießen-Zimmermann.
Altsächsische: Heliand : Basel-Heyne ; Leipzig- Zamcke ; Marburg-Grein ;
Rostock-Bechstein ; Zürich- Vetter.
Mittelniederländische: Reinaert: Breslau-KÖlbing ; Zürich-Ettmüllcr.
Angelsächsische: Berlin (Ak. f. m. Ph.)-Zernial; Beowulf: Göttiugen-
Wilken; Greifswald- Hoefer; Jena-Sievers; Kiel-Möbius.
Altenglische: Marburg-Grein; Chaucer's Canterbury Tales: Göttingen-
Th. Müller; Prag-Martin; Straßburg-ten Brink; Einleitung in das Studium
Chaucers: Berlin (Ak. f. m. Ph.)-Vatke.
Altnordische: Riel-Möbius; Leipzig-Braune; Wien-Zupitza ; Hrafnagaldr
Odins: Straßburg-Bergmann.
Germanistische Übungen in Seminarien» Gesellschaften^ Societäten, Kränz-
chen wurden gehalten in Basel, Berlin, Bonn, Breslau, Freiburg, Gießen, Göttingen,
Graz, Halle, Heidelberg, Kiel, Leipzig, Marburg, Prag /Rostock, Straßburg,
Tübingen, Wien, Würzbnrg und Zürich.
Z für IT.
Zu F. Latendorfs Anfrage oben S. 8 verweise ich auf eine Stelle in dem
1435 verfassten Namenbuch von Konrad Dankrotsheim (A. W. Strobel, Beiträge
zur deutschen Literatur und Literärgeschichte, Paris und Straßburg 1827,
S. 124):
do mache ein ickis für ein v [: suj —
und auf eine in Nikodemus Frischlins St. Christoffel (Fris^hlins Deutsche Dich-
tungen. Hgs:* von D. F. Strauß — Bibliothek des litterarischen Vereins in
Stuttgart. XLI (1857) — S. 184):
Schreibe alles seinem Herren zu
Oft zwey X für ein einigs v.
WEIMAR, Juni 1875. R. KÖHLER.
Johann von Morßheim, der Dichter des Spiegels des Regiments.
Christoph von Thein berichtet in seiner 'Selbstbiographie'*), daß im
Jahre 1509 auf Simonis und JudÜ sein herr pfalzgraf* — oder, wie es ein paar
Zeilen vorher heißt: mein gnediger herr pfalzgraf Ludwig churfürst — wegen
Streitigkeiten mit der Krone Böhmen seinen 'hoffmeister herm Johann von
*) Die Selbstbiographie Christophs von Thein 1453—1616. Heransgegeben von
Adam Wolf. Wien 1875, in Commission bei K. Gerold's Sohn. [Ans dem Archive für
österreichische Geschichte, (LIII. Bd. I. Hälfte, 8. 103) besonders abgedruckt] S. 17.
384 MISCELLEN.
Morfiheimb *) mit ihm and anderen nach Prag gesendet habe. Wir haben hier
zweifelsohne den Ritter Johann yon Morßheim, den Dichter des im Jahre 1497
verfassten Spiegels des Regiments, vor uns, den Johann Agricola in seinen
Sprichwörtern zweimal hofmeister in der Pfalz^ nennt (s. Gödekes Ausgabe
des 'Spiegels , S. 40), über dessen Leben aber sonst gar nichts bekannt ist.
Beiläufig sei bemerkt, daß Morßheim wohl das heutige Morschheim, Dorf
im Bezirksamt Kirchheimbslanden in der Rheinpfalz, ist.
WEIMAR, August 1876. REINHOLD KÖHLER.
Zu „Ifttbrechic" (XIX, 433).
Wenn es heißt vü stet latUbrechig wurden^ so ist das: viele Städte wurden
berfihmt, kamen in der Leute Mund (wegen ihres Unglücks). LatUbrechig ist
gleich mhd. IdtmcBrej lütbcere kundbar, famosus. So ist das Wort gewiß nicht
aufzu&ssen, wie J. meint, daß — viele Städte mächtig erdröhnten und in
Trümmer fielen', sondern: viele Städte wurden vielgenannt (latUbreehig)^ weil
sie in Trümmer fielen. Da aber die Worte prüchig wurden und se häufen
fielen (wie es eigentlich im Text heißt) so trefflich zusammenpassen, so ist zu
erwägen, ob denn laut und prüchig zusammengehören und nicht in Hinblick auf
lautbrechig nur so geschrieben sind? Es hieße dann ml stet laut (d. i. tumultuose)
prüchig wurdeny d. L fielen in Trümmer. SCHRÖER.
PerBonalnotuen.
Dr. V. Amira in München geht Michaelis 1875 als ordentl. Professor
nach Freiburg in Br.
Prof. Joseph Strobl in Mödling ist als außerord. Professor der deutschen
Sprache und Litteratur an die neugegründete Universität Czemowitz berufen.
Der außerordentl. Professor Dr. H. Suchierin Münster ist zum ordentl.
Professor daselbst ernannt worden.
/.
Der Verein für niederdeutsche Sprachforschung, welcher am 24. Sept. 1874
in Hamburg sich gebildet, hat in einer am 20. Mai 1875 daselbst abgehaltenen
Versammlung folgende Statuten aufgestellt : §. 1 . Der Verein setzt sich zum Ziel
die Erforschung der niederdeutschen Sprache in Litteratur und Dialect. §. 2.
Der Verein sucht seinen Zweck zu erreichen: 1. durch Herausgabe einer Zeit-
schrift; 2. durch Veröffentlichung von niederd. Sprachdenkmälern. §. 3. Der
Sitz des Vereins ist vorläufig in Hamburg. §. 4. Den Vorstand bilden 7 Mit-
glieder. — Als solche wurden erwählt: Dr. Koppmann in Hamburg, Senator
Kulemann in Hannover, Bürgermeister Francke in Stralsund, Dr. Lübben in
Oldenburg, Dr. Meyer in Bremen, Dr. Mielck in Hamburg, Dr. Nerger Iq
Rostock.
*) Der unmittelbar hinter Johann von Morßbeimb — offenbar nur aus Ver^
sehen ohne durch ein Comma getrennt zu sein — (genannte 'Taringer ritter und Stadt-
hsher 23t doch wohl dieselbe Person wie der S. 18 genannte herr Adam Turinger*.
BEITRÄGE ZUR KENNTNISS DER F^RÖISCHEN
POESIE.
I.
In Folge der Auflösung von „det nordiske Literätur-Samfund"
in Kopenhagen ist außer anderen wichtigen litterarischen Unter-
nehmungen*) auch die von Hammershaimb. herausgegebene Sammlung
fseröischer Lieder nach Erscheinen des zweiten Heftes unvollendet
liegen geblieben, zum großen Bedauern aller derer, die dieser in ihrer
Art so originellen Volkspoesie ein warmes Interesse entgegengebracht
hatten. Und ein solches verdient sie in der That nach verschiedenen
Seiten hin, obwohl jwir nicht verkennen dürfen, daß viele dieser Lieder tM»*^^
in ihrer jetzigen Gestalt nicht vor Mitte des 16. Jahrh. entstanden sein
können, z. Th. sogar in noch spätere Zeit fallen. Ob die merkwürdigen
Inseln nach dieser Seite hin vollständig abgesucht sind, oder ob eines
oder das andere Lied sich etwa jetzt noch im Volksmunde treuer be-
wahrt hat, als in Hammershaimbs Druck oder den Niederschriften aus
dem letzten Viertel des vorigen Jahrhunderts, lässt sich natürlich aus
der Entfernung gar nicht sagen. Ich beschränke mich im Folgenden
auf das Material, welches die Aufzeichnungen von Svabo; Fseroeske
kvSair eller gamle kjempe-sange samt Rujmur, samlede og optegnede
i aarene 1781 og 1782 af Jens Chr. Svabo. Heft I— IH**) und Hentze:
Fseroeske sauge 1783 bieten, das aber bis jetzt durchaus nicht hin-
reichend ausgenutzt war. Schröters Hdschr. (ny kgl. saml. 346. 8®.) ^. ^i
lag mir nicht vor. Am meisten Beachtung haben, wie leicht zu be-
greifen, die sog. Sjiirdar kvsedi, die Stoffe der Siegfriedssage be-
handeln, geftmden; über Runsivals struj handelt Ghistav Storm: Sagn-
kredsene om Karl den Store og Didrik af Bern hos de nordiske
*) Z. B. der trefflichen Oldnordisk FormUere yod K. Qislasoiii die nicht dber
das erste Heft yon 96 Seiten hinaas gediehen ist
**) Der Inhalt findet sieh kurs angegeben bei hjngbje: For^iske Qyeder etc.
Banders 1822, p. 10 1
OEBMANU. Nene BeUie. Vm. (XX. Jahrg). 1S%
386 KÖLBING
Folk. Erist 1874. p. 218 ff. ; die übrigen dem Earlssagenkreise ange-
hörigen: Geipa tdttur, Emunds rima, Odvalds rfma, sowie Tiriks kappar
habe ich Germ. XX p. 236 ff. zum ersten Male besprochen. Trotzdem
bleiben außer den im zweiten Theile der Fseroßske kvseder mitgetheilten
Liedern noch eine große Anzahl übrig, deren Einfiihrung in die Litte-
raturgeschichte sich sehr wohl lohnen dürfte*). Indem ich von den
Dichtungen modernen Inhaltes, welche meist auf Verspottung einzelner
Fälle von Dummheit oder Feigheit hinauslaufen, ganz absehe, will
ich im Folgenden auf die romantischen Lieder, soweit ihr Stoff ander-
weitig bekannt und von Interesse ist, etwas specieller eingehen. Ich
zerlege sie in zwei Gruppen:
A. solche Lieder, welche direct oder indirect auf eine noch vor-
handene altnordische Prosasaga zurückgehen. An ihnen interessiert
uns nur, zu sehen, welche Gestalt der Stoff nach und nach im Volks-
munde gewonnen hat; zur kritischen Herstellung eines etwa schlecht
überlieferten Sagatextes werden sie sich schon darum viel weniger
eignen, als z. B. die isländischen Rimur [wohl zu unterscheiden von
den sog. Fomkva^di], weil die letzteren, viel irtlher aufgezeichnet|
treuer ihre ursprüngliche Fassung gewahrt haben.
B. solche Lieder, welche dem Stoffe nach verwandt sind mit nor-
wegischen Folkevisem, herausgeg. von Landstad: Norske Folkeviseri
samlede og udgivne. Christiania 1853, oder mit isländischen Fomkvsedi,
herausgeg. von Sv. Grundtvig und J. Sigurdsson. 1. 2. Ejöbenh. 1854
bis 1858. Hier steht Volksüberlieferung gegen Volksüberlieferung, und
es wird deßhalb, wo sich Unterschiede herausstellen, in jedem einzelnen
Falle zu prüfen sein, auf welcher Seite die ursprüngliche Fassung liegt
Vorerst aber sei der Verwaltung der königl. Bibliothek zu Eopen-
hagen, welche mit bekannter Liberalität mir die Benutzung von Svabo's
und Hentze's Handschriften auf hiesiger Universitätsbibliothek erlaubt
hat, dafiir der wärmste Dank abgestattet.
A.
Die mit noch vorhandenen Prosasagas verwandten Lieder.
1. Snjölfs kvsedi, verwandt mit der Asmunda saga kappabana^
herausgeg. in FAS. II p. 463—87 ; Inhaltsangabe in P. E. Müllers Saga-
bibliothek II p. 590 ff. Es folgt hier der Inhalt des fseröischen Liedes :
*) Man vergleiche über die fseröischen nnd isländischen Volkslieder die in-
teressanten Bemerkungen Manrers Qenn. XIV p. 97 ff., wo man auch die sonstige,
emacblägige Ldtteratur angeführt findet.
BEITRiQE ZUR KENNTNIS8 DER F^RÖISCHEN POESIE. 387
^Mibrand, König von Gantarvlk, will um Silkieik, die Tochter
Olafs^ des Hochlandskönigs und der Königin Ingebjörg, werben. Rani
aus Isansland, ein als sehr häßlich, aber übermenschlich stark ge-
schildeter Recke, kommt ihm zuvor und hält um die Jungfrau an.
Selbst um ihre Meinung gefragt, lehnt sie die Werbung ab, und bittet
ihren Bruder Snjölfur, gegen den lästigen Freier zu kämpfen.
Am nächsten Morgen langt Hildibrand an, und ihm wird nun
dieser Kampf zunächst aufgegeben. Als er diesen besiegt und erschlagen;
und sich auch Snjölf gegenüber als tüchtiger Held bewährt hat,
nimmt ihn Silkieik als Gemahl an und zieht mit ihm nach Gantarvlk.
Hild. ladet drei Nonnen zum Julschmause ein. Die zwei ersten
prophezeien^ er werde einen Sohn bekommen, der alle Altersgenossen
übertreffe an KrsSt und Muth; die dritte jedoch fügt hinzu, derselbe
werde durch Hild. seines Vaters Schwert fallen. Dann entfernen sie
sich. Hild. erschrickt. Silk. räth ihm, das Schwert zu vernichten; er
kann sich dazu nicht entschließen, weil es ihn schon in so viele Kämpfe
begleitet habe, schleudert es aber in das Meer. Bald darauf schenkt
ihm seine Gemahlin einen Sohn, den er Grim nennt und der früh-
zeitig ein tüchtiger Held wird.
Eine Jungfrau sagt einem Ritter, Namens Asmund, von Hilde-
brands versenktem Schwerte. Er kehrt in Gantarvlk bei einem Herzoge
Namens Golmar, ein, entfernt ihn mit Waffengewalt aus der Halle und
entehrt seine Frau Ingebjörg. Dann zwingt er Golmar mit ihm auf das
Meer hinaus zu fahren und ihm die Stelle zu zeigen, wo Hild. Schwert
versenkt worden sei. Hierauf taucht er unter und bringt dasselbe glück-
lich herauf, tödtet dann aber doch noch Golmar und nimmt Ingebjörg
mit sich in sein Land.
Snj61f in den üpplanden hält um Adalin (H. Adal6s), Tochter
des Herzogs von Braunschweig, an, und erhält sie, die ihn schon ge-
liebt hat, ohne ihn zu kennen. Eines Nachts träumt ihr, ein Ritter habe
ihren Gemahl zu Boden geschlagen. Jener meint aber, als sie ihm den
Traum erzählt, sie möge nichts fürchten : es finde sich nirgends auf der
Welt Seinesgleichen. Adalin warnt ihn.
Asmund bricht in den Üpplanden ein, tödtet 100 von Snjölfs
Leuten und will Adalin entehren. Da bietet ihm Snj61f den Kampf
an. Nachdem derselbe lange unentschieden geblieben, täUt endlich Snj61f.
Asm. bindet sein Haupt an seinen Sattelbogen und rühmt sich gegen
Frau Adalin, die außen vor der Halle ihren Gemahl erwartet, seiner
Heldenthat. Jene versetzt, er könne nur durch Zauberkünste gesiegt
haben. Er will sie zu seiner Geliebten machen: da auf einmal erblickt
3g8 KÖLBING
sie Snjölfs Haupt: da riß ihr Gürtel und ihr Herz zersprang vor
Schmerz tlber ihres Gatten Tod.
Asmund verrichtet weitere Heldenthaten auf Vikingerztlgen und
wird deßhalb Eappabani genannt Er erfährt von einem Ritter, Namens
Ghrim, der in der Nähe haust. Dieser weist Asmunds Aufforderung
zum Eiunpfe aus dem Grunde zurück^ weil jener schon seinen Oheim,
Snj61f, durch Zauberkünste besiegt habe. Asmund solle aber filnf seiner
Leute gegen ihn schicken. Es geschieht und er tödtet sie alle. Asm.
lässt Odd von Isansland holen und Ivint, den Starken , um gegen
Otrim zu kämpfen. Aber beide fallen. Da begibt sich Asm. zu Hilde-
brand. Dieser ist eben erwacht und hat geträumt, sein Schwert sei
wieder aus der Meerestiefe herauf geholt worden, und er sei dann
seinem Sohne Grfm begegnet und habe ihn erschlagen. Silkieik beruhigt
ihn. [Nach H. hat sie den Traum.]
Es erscheint ein fremder Ritter mit Hildebrands Schwerte in der
Halle, der diesen bittet, gegen Grim [dessen Namen er jedoch nicht
nennt] fUr ihn zu kämpfen , da jener seine Herausforderung nicht an-
nehmen wolle. Da leiht sich Hild. Asmunds Schwert, das er nicht wieder-
erkennt, und reitet zu Grim hinaus, den ebenfalls böse Träume be-
unruhigt haben ; nachdem sie eine Weile gestritten, spaltet Hild. Grims
Haupt mi| seinem Schwerte. Nun erst fragt er nach des Getödteten
Namen, und erfährt, daß er seinen eigenen Sohn getödtet hat. Bei
dieser Nachricht zerspringt Hild. vor Kummer. Damit schließt das
Gedicht.
Vergleicht man den Inhalt des Liedes mit dem Auszug der As-
mundarsaga Eappabana bei Müller — der übrigens sonderbarer Weise
den wichtigen Zug von der Wiedergewinnung des Schwertes durch
Asmund (Saga p. 472) ganz übergeht — so ergibt sich unzweifelhaft
eine nahe Verwandtschaft zwischen beiden Erzählungen. Freilich fehlt
es auch nicht an Unterschieden, deren aufiUligster der ist, daß in der
Saga Asmund seinen Halbbruder Hildibrand, im Liede Hild. seinen
Sohn Grim tödtet. Ganz selbständig ist in F, was von Snjolf und Adalin
berichtet wird, sowie Hild. Kampf mit Rdni. Auch die auf das Schwert
bezügliche Prophezeiung ist wesentlich anders angelegt Trotz alledem
werden wir die Saga als Quelle des Liedes annehmen, und schon deß-
halb ihre Fassung als die ursprüngliche anerkennen müssen, weil zu
ihr eine bekannte Erzählung bei Saxo bis auf die Namen recht wohl
stimmt Original werth hat also das Lied durchaus nicht: dagegen
bietet es ein interessantes Beispiel dafür, wie aus dem alten Sagenstofle
9jch etwas verhältnissmäßig neues entwickelt, wie das alte Thema neu
BEITRÄQE ZUR KENNTNISS DER F.£RÖI8CHEN POESIE. 389
und selbständig behandelt worden ist, auch nicht ohne Geschick^ zu-
mal wenn wir dazu nehmen, daß die Dichtung in noch früherer Zeit,
als sie aufgezeichnet wurde, gewiß in sich geschlossener und vollstän-
diger im Volksmunde existiert hat und gesungen wurde.
2. Asmund Adaiso n. Die Quelle dieses Liedes ist ohne Zweifel
die noch ungedruckte Saga: Sigurdar saga fötar ok Asmundar Hüna-
konungs, von mir excerpiert nach Cod. Holm. perg. 7 fol. Da sich aber
einzelne Stellen nicht wohl vergleichen lassen, so gebe ich hier zunächst
den Inhalt der Saga kurz an, dann den des Gedichtes.
Der Inhalt der Saga, die der Verfasser auf einer Steinmauer in
Cöln aufgezeichnet gefunden haben will, ist folgender:
Asmund ist König von Hunnenland. Von Olaf, seinem ersten Rath-
geber und steten Begleiter, dazu ermuntert, reist er nach Seeland, um
um Signy, die Tochter des Königs Knut, zu werben. Knut ist auf einem
Vikingerzuge abwesend, Signy will nicht allein über sich verAigen, und
fordert ihn deßhalb auf, im kommenden Herbste noch einmal anzufragen.
Inzwischen hat Knut auf seinem Zuge den König Sigurd von Valland
kennen gelernt und ihm seine Tochter verlobt. Die Hochzeit wird ihr
den Herbst angesetzt, und Signy, die nach seiner Rtlckkehr Asmunds
Werbung vorträgt und beftlrwortet, wird abgewiesen. Asmund jedoch
hat alles erfahren, erscheint mit Olaf in verhüllenden großen Mänteln
im Hochzeitssaale und schwingt seinen Speer mehrmals über den
ganzen Saal, worauf ein gewaltiger Windstoß erfolgt und alle Lichter
erlöschen. Ehe man sie wieder anzünden kann, verschwinden die
beiden Fremden und mit ihnen die Braut, die man nun überall ver-
gebens sucht Asm. segelt mit der Jungfrau nach Hunaland zurück,
schickt aber dann Olaf zu dem inzwischen nach Valland zurück ge-
kehrten Sigurd und lässt ihm die Wahl zwischen dreierlei Anbieten:
entweder er (sc. Asm.) behalte Signy und entschädige Sig. in Geld,
oder zweitens, er überlasse ihm dafür die Herrschaft über Hünaland,
oder endlich Sig. trete Valland ab, erhalte aber daftür die Prinzessin.
Sig. ist aber mit keinem dieser Vorschläge einverstanden, sondern dringt
auf Entscheidung durch Kampf und erscheint auch bald mit einem
Heere in Hiinaland. Asmund besiegt ihn nun im Zweikampfe, ist aber
großmüthig genug, ihm trotzdem die Signy zu verloben. Sie schließen
darauf Waffenbrüderschaft.
Hrolf, der König von Irland, hat eine schöne Tochter, Namens
Helena. Asm. wirbt um sie, wird aber schnöde abgewiesen. Auch im
Kampfe muß er der Übermacht weichen, sein Heer wird vernichtet,
er und Olaf gefangen.
390 KÖLBINQ
Signy träumt schwer: Asm. sei von einer Heerde Wölfe tiber-
wältigt und bei ihnen festgehalten; und veranlasst Sig. ihm zu helfen.
Es folgt ein Kampf zwischen Sigurd und Hrolf, letzterer^ besiegt und
gefangen, soll hingerichtet werden , erhält jedoch auf Helenas Bitten,
die schon vor Sigurds Eintreffen die Gefangenen befreit hatte, sein
Reich wieder. Asm. vermählt sich mit Helena; ihr Sohn Hrölfr; dessen
Söhne Asmund und Hildibrand.
Der Inhalt des fseroischen Liedes:
Asmund herrscht über Hiinaland. Olaf sein Knappe. Asm. reitet
eines Morgens aus. Die Prinzessin Ingebjörg steht am Fenster, der
Ritter gefällt ihr und sie erklärt ihrer Mama, ihn und keinen anderen
wolle sie als Gemahl, erhält aber dafür eine Ohrfeige und die Notiz,
daß sie für Sigurd Föt bestimmt sei. Die Hochzeit wird zugerüstet,
Asm. aber nicht eingeladen. Trotzdem will er hinreisen. Ein Geier
[gammr, etwa wie dreki, vom Schiffe gebraucht?] trägt ihn und Olaf über
das Meer. Die Scene im Hochzeitssaale verläuft wie in der Saga.
Mit seinem Herrn nach Hiinaland zurück gekehrt, fragt Olaf diesen,
warum er von der geraubten Jungfrau nicht Besitz ergreife. Jener
versetzt, er werde sich nie die Braut eines andern aneignen, und
behandelt Olaf, der ähnliche Wünsche kund gibt, sehr schrofil Sigurd,
der inzwischen erfahren hat, wo seine Braut sich befindet, eilt ihr
nach, begleitet von einem Riesen, Namens R&ni. Diesem stellt sich
Olaf zum Zweikampfe, wird aber endlich von ihm überwältigt Da-
gegen siegt Asmund jetzt über die Feinde, sucht dann den schwer
verwimdeten Sigurd auf und lässt ihn heilen. Er heirathet dann Sigurds
Schwester Randars61, während dieser Ingebjörg erhält und mit ihr in
sein Land zurückkehrt
Diese Analysen dürften genügen, um die oben behauptete Iden-
tität beider Stoffe zu erweisen. Auch hier hat die Tradition einzelnes
umgeformt, zumal nach dem Schlüsse hin, wo F ja viel kürzer ist Ob
freilich die Saga als directe Quelle ftlr das Lied anzusehen ist, muß
unentschieden bleiben: es wäre wohl denkbar, daß ein entsprechendes
isländisches Reimgedicht oder eine norwegische Vise, die jetzt verloren
ist^ die unmittelbare Vorlage war.
3. Mirmans kvsedi. Die Erzählung stimmt, abgesehen von ein-
zelnen Kürzungen, genau zu der von mir (Riddarasögiur. Straßburg
1872, S. 137 ff.) zum ersten Male herausgegebenen Mirmans saga. Die
Abweichungen sind gering. So bringt Brita (= Brigida) ihren Sohn
selbst zu Lotar von Frankreich (= Hlödver), der schon mit Katrin
vermählt ist. Mirm. erschlägt seinen Vater^ als er mit ihm über Tische
BEITRiOE iim KENNTNI8S DER F.£RÖISCH£N POESIE. 391
sitzt Komisch nimmt es sich aus, daß die Heidin Brita Gott bittet,
die christliche Seele ihres Mannes bei sich aufzunehmen, und liefert
zugleich einen Beweis fUr das mangelhafte Verständniss der Situation.
Mirman erhält Sissala, die sicilische Königstochter, zur Gemahlin, ehe
er den Kampf mit Lundar (= Ludarius) besteht. Interessant ist die
Motivierung seiner Untreue gegen Sissala. Katrin hat, um ihn fiir sich
zu gewinnen, ihm einen Vergessenheitstrank eingegeben. Diesen Um-
stand fUhrt er dann auch Sissala selbst gegenüber zur Entschuldigung an.
Endlich würden noch unter diese Rubrik gehören: 5. Koralds-
kvaedi (Svabo III), eine stofflich treue Versificierung der Konräds
saga Keisarasonar (edd. Gunnlaugr I^ordarson. Kaupmannahöfh 1859),
über die ich nichts specielles zu bemerken wüsste, und 6. Flövins rima
über die ich an anderer Stelle bei näherer Besprechung ihrer Quelle
der Floventssaga Frakkakonungs, ausftlhrlicher handeln werde.
B.
Die mit norwegischen Folkevisern oder isl. Fornkv»di
verwandten Lieder.
Diese sind^ wenn auch nicht zahlreich, so doch von weit größerem
Interesse als die obigen Dichtungen, imd müssen deßhalb auch ein-
gehender besprochen werden.
1. Hermundur illi (bei Svabo 11), dem Stoffe nach zu ver-
gleichen mit der norwegischen Vise: Hermod Die, bei Landstad a. a. O.
S. 196 — 222 in zwei verschiedenen Fassungen (A und B) mitgetheilt.
Der Inhalt des letzteren ist kurz folgender:
Der Jarl Hjadde hat zwei Söhne Hermod Ille und Holgeir (B:
Eirik). Ersterer wird vom König von Serkland, dessen Tochter Hsege
er liebt, verbannt, weil er durch Raubzüge seine Unterthanen schädigt.
Als H»ge an Holgeir verheirathet werden soll, zwingt sie durch Zauber-
runen einen Schiffer, Hermod nach Serkland zu bringen, wo er an
Hsege's Hochzeitstage eintrifil, in Verkleidung dem Festmahle beiwohnt,
im Brautgemache seinen Bruder und Nebenbuhler erschlägt und sich
so endlich die Hand der Prinzessin erzwingt.
Ich gehe nun zur Einzelvergleichung über. Nach dem fseröischen
Liede (F), sind Atli und Sigurd zwei Brüder, die über Saxland *) herr-
schen. Atli unternimmt Vikingerfahrten auf der Ostsee und vermählt sich
*) Sollte Serkland in beiden norwegischen Fassungen nicht vielleicht ans Sax-
land entstellt sein? Da aach von der Ostsee die Rede ist, so liegt diese Vermathong
sehr nahe.
392 KÖLBING
mit der Tochter des Königs von Miklagard. Sin Jarl hat zwei Söhne:
Hermund (= Hermod) und Eirik, was zu B stimmt In A fehlt die
wichtige Notiz über den verschiedenen Charakter der beiden Brttder,
der B V. 3 angedeutet wird; viel ausftkhrlicher darüber ist F v. 4 ff.:
tad er m^r av sanni sagt:
& sundur bar teirra lind«
Eirikur situr i h6galofti^
öm flygur yvir hans eyga;
hann er s6 i hjarta raddur,
torur ei siggja mann reidan.
Han er so i hiarta raddur,
t6nxr ei sfggja mann bleyda;
i ti vigi vil hann ei vera^
sum hj6rtur verdur skotin tU deyda.
Hermundur vox i fadir hans gardi,
vid tad för hann fram:
honum tökti ei tan dag vera heilan,
hann blödgadi ikki mann.
Die Königstochter^ welche Hermund liebt, während er ihren Vater
hasst^ heißt in F Halga = Helga = Hoege in AB.
Herm. trifft dreimal im Walde Berserker, erst 8, dann 15, dann 50,
[ob sie der König direct gegen ihn ausgeschickt hat, ist nicht er-
sichtlich], und tödtet sie jedesmal alle. (v. 9 — 13.) Das ist in A bloß
angedeutet v. 3^ (vgl. B v. 6^): han bite folk i fotann, offenbar nur
eine Reminiscenz an den ausführlicheren Bericht in F. B hat hier un-
richtig schon den Tod Eiriks hineingebracht (v. 4 imd 7, vgl. Land-
stad z. d. St.).
Von einem J)ing (A v. 3^) ist in F an der entsprechenden Stelle
nicht die Rede. Aber das Gespräch des Königs mit dem Jarl und dessen
Unterredung mit seinem Sohne stimmen zu AB. — Mit zwölf Jahren
verlangt Herm. ein Schwert und ein Schiff^ und verheert Atlis Grenzen
(F V. 18 f.). Das Gespräch des letzteren mit seiner Tochter, das in A
fehlt, hat F v. 20 ff., stimmend zu B v. 8 ff., z. Th. wörtlich; man vgl. :
Bv. 8: F. V. 20:
Ded var Serklands kongin, Hoyr tad, min ssela döttir,
han dömer d6men den verste: gera skal vid hann tad vesta:
anten skal de no Hermod hengje, annathvort & galgan foera,
ella slite med beste. ella slita millum hestar.
BEITRiGE ZUR KENNTNI88 DER F.£RÖISCHEN POESIE. 398
Der Ratli Helgas ist ebenfalls derselbe F v. 23 = B v. 9 f. Nach
F beruft nun der König ein }>ing^ durch welches Hermunds Verban-
nung beschlossen wird. Herrn, ist selbst anwesend und antwortet dem
König sehr muthig^ er werde ihm dieß Urtheil ttbel lohnen. So aus-
fbhrlich ist weder A noch B. '
Daß Herm. nach gesprochenem Verbannungsurtheil noch eine
Nacht bei Helga zubringt (so B v. 15), erzählt F nicht; das passt auch
schlecht zu den folgenden abweisenden Worten Helgas, die beide Texte
ähnlich bieten, nur A deutlicher. Man vgl.
F V 29:
Hermundur g^kk 1 salinn inn,
jumfini Halgu i finna:
Sitt vel, jumfird Halga,
tu mist vel & mik minnast
Bv. 17: Fv. 30:
Tjövanne og trselanne Tad er biedi konur og trslur,
dei hava i lande fred, ikki f&r frid i landi;
feruttan du Hie Hermod, firi hvat skal ek minnast i })ik,
du fser inki notte-gred. er ütlagdur er firi sanni?
Diese sehr passenden Abweisungsworte F v. 30^ f. werden in B
vermisst In Herm. Drohung gegen Helga treffen beide Texte zusammen :
B V. 18 ff. = F V. 31 f. Der lange Abschied am Schiffe B v. 21 ff. fehlt
in F. Doch vgl.
B V. 21» f. F V. 33.
No gjorde meg Hseges ordi verr, Meiri beit honum Halgu ord,
hell alle mine löynde sorgir. enn öU bans önnur sorg.
Selbständig ist in F v. 34:
Jallinn gir for sfna tri,
tad var av tungari treit:
Gud n&di mik, min ssela s»ta,
nü eru vit soualeys.
In der Schilderung von Herm. Vikingerzügen stimmt B zu F.
Nur fehlt hier die Erwähnung des Ttlrken oder Deutschen in der Ost-
see (A V. 13 f. B V. 30 f.), was gewiß auch als späterer Einschub zu
betrachten ist Dagegen dttrfte die Notiz, daß Helga verheirathet werden
soll (A V. 15, B V. 32)*) in F ausgefallen sein. Denn erst dieser Um-
stand motiviert Helgas Entschluß, sich an den Schiffer zu wenden.
*) Wie kann B y. 32 and 45 yon Holgeir die Rede sein, als Herm. Bruder,
wie in A, w&hrend doch v. 1 Eirik als dessen Name angegeben wurde? Landstad b^*
merkt kein Wort Aber diesen auffallenden Widerspruch,
394 KÖLBING
Selbbtändig erscheint in F Helgas Gespräch mit ihrer Dienerini
V, 39 £:
Halga talar vid sina temu:
siga skal tu mdr sitt:
hvat vinnur bann Häki jaU,
som minom fadir byr n»st?
Häki byr firi handan ä,
eina eigir hann kyg^
litils vert tad vinnur hanui
hann rar s^r üt ä sj6gy.
Diese fser. Namensform Häki; (auch sonst häufig genug, vgL den
Index zu FAS. HI) beweist, daß Landstad*8 Vermuthung (Anm. zu A
V. 16^): „I var. B kaldes han hava kallen, hvilket vistnok er det
rette : Haymanden" unrichtig ist. Hagakallen (A v. 16) steht der ur-
sprünglichen, in F erhaltenen Form näher. Übrigens würde für jall
F V. 39^ natürlich richtiger kall gelesen werden.
Die Worte, die Helga an Häki richtet, und seine Antwort (A
y. 16 f. B V. 35 f.) fehlen in F; sicher fanden sie sich früher auch hier;
das Runenwerfen haben alle Texte, aber nur F motiviert es v. 42:
Rämar risti hon runumar
nidur i Häka bat:
„Aldri kom tu til landanar,
firi Hermundur er ä".
Noch sendet Helga nach F durch ihre Dienerin Häki ihren Gold-
ring, ohne daß dieser weiß, was er damit anfangen soll (v. 44).
Nach A v. 20 = B V. 41 sieht Hermod zuerst Häki's kleines Boot,
nach F umgekehrt Häki den Schifiszug Hermunds^ der ihr Furcht ein-
flößt (y. 48). Im folgenden stimmen die Texte in der Aufnahme Häki's
in Herrn. Schiff und dessen Frage nach Helga. Die Antwort lautet
(v. 58), sie sei an den Herzog Geirard verlobt worden : der Name kann
nicht verschrieben sein, denn er steht im Keim v. 58; ebenso wenig
ist er aber mit Hermunds Bruder identisch, wie der weitere Verlauf
der Erzählung noch deutlicher zeigt. Häki fiigt hinzu v. 59:
Grätur hon jumfrü Halga
vid so mikla villu:
alla sina sefina
sirgir hon Hermund illa.
Eigenthümlich ist F auch die Furcht Häki's, der in Herrn.
Schiffe keinen Wein annimmt und sich die ganze Nacht nicht schlafen
legt (v. 61 f.).
BEITBAGE ZUB KENNTNISS DER F^BÖISCHEN f'OESIE. 3%
Ab Herrn, landet, wird Geirard gerade mit Helga getraut: aUaa
ist in der Elircbe. Auf dem Rückweg sieht Herrn, seinen Nebenbuhler
und schwört, jener solle die Jongfrau nicht genießen , wenn er sein
Leben behalte (F v. 72). Dieser Zog fehlt in A and B.
Nach allen Fassungen erscheint Herrn, in Frauenkleidem beim
Hochzeitsmahl. Der Königstochter Kari (B v. 61) entspricht in F Beja»
die hier Grirards Schwester ist (v. 79). Nicht Herm. ferner^ wie in B
(v. 60), sondern Helga (F v. 77) wirft den Ring in den Becher. Ich
glaube, daß nur, wenn man beide Fassungen zusammennimmt, die eigent-
liche Bedeutung des Ringes sich feststellen lässt Es ist nämlich sicherlich
ein und derselbe Ring, den Helga dem HÜd gesandt hat, und der, den
Hermund Jetzt als Erkennungszeichen in den Becher wirft. Das erste
Moment war in A und B weggefallen, die Übergabe des Ringes an
Herm. in A, B und F, während der letzte Zug in F verwischt ist
In B fällt Herm. durch sein vieles Trinken (v. 60 f.), in F v. 78
durch seine tiefe Stimme der Prinzessin Kari (= Beja) auf. Es bedarf
kaum der Erwähnung^ daß wir hier es mit einem ganz ähnlichen Motiv
zu thun haben, wie in Hamarsheimt Nur F hat folgenden Zug. Helga
ist traurig und denkt nicht an Essen und Trinken. Da heißt es v. 81 f.:
Kongurinn so til orda tök:
hetta er mikil villa:
man min d6ttir hugsa ä,
at sirgja Hermund illa.
Hefdi hann Hermundur sjit seg,
tad siggi ek for sann,
einginn madur i Saxlandi
hefdi verit hans ovurmann.
Hefdi hann Hermundur sjät seg,
hefdi hann gjort tad svä,
86 vel var hann til tess borin,
mina d6ttir at fä.
Kari begleitet Helga in das Brautgemach; als sie geht, schleicht
sich Herm. ein; Geirardr erkennt ihn, kommt aber (nach F) seiner
Aufforderung, aus dem Brautbette zu weichen, nicht nach; Herm. er-
sticht ihn. Entsprechend A v. 47 = B v. 74 bemerkt Beja auch F v. 95
zuerst den Mord. Von nun an aber entfernt F sich ganz von A
und B. Dort liegt erstens kein Brudermord vor, der in der That im
norwegischen Liede das Gefühl verletzt imd im Ganzen wenig moti-
viert erscheint, sondern der eines fremden, dem Gelegenheit gegeben
war, sich zu retten. Während femer in A und B Herm» den König
396 KÖLBIN6
durch Gewalt Ewingt^ ihm Helga zur Gemahlin sa geben , wird hier
die ErBählang viel weiter auBgesponnen. Herrn, muß, als der Mord
ttitdeckt wird, der Übermacht weichen und sich gefangen geben. Auf
Helgas Rath lässt ihn der König nicht tödten, sondern ins Geflüngniss
werfen. Nun schreibt sie heimlich einen Brief an den Jarl, Herrn. Vater:
es solle ihm übel ergehen, wenn er seinen Sohn nicht befreie. Da geht
dieser zu seinem AlteroD Sohne, wirft ihm seine Feigheit vor und droht
ihm sein Haus in Brand zu stecken, wenn er seinen Bruder nicht rette.
Dieser rafiik sich auf, greift zu seinem Schwerte und befreit den Bruder
aus dem Geftbigniss. Dieser nimmt Rache, indem er den König erschlägt:
Helga achtet ihres Vaters Tod nicht, wenn nur Herm. lebt. Auch Eirik
zeigt sich tapfer; nach geschlossenem Frieden wilnscht er Beja zur
Braut; sie weigert sich dessen anfänglich, weil Herm. ihren Bruder
erschlagen habe, willigt aber doch endlich ein, und es folgt die Doppel-
hochzeit.
Diese Fassung des Schlusses bat vor der norwegischen mehreres
voraus. Vor allem erscheint hier Herm. Bruder Eirik viel bestimmter
charakterisiert Was in B v. 3 die Schilderung seiner Feigheit soll,
begreift man nicht; hier konmit sie wieder zur Sprache, freilich
nur um energisch überwunden zu werden, wo es die Freiheit des Bruders
gilt Femer wird auch durch die Vermählung Bejas die Handlung ab-
gerundet.
Aus dieser ganzen Vergleichung erhellt erstens, datt B, obwohl
dem Sammler der Lieder nicht einheitlich mitgetheilt, sondern aus
mehreren Berichten zusammengesetzt (vgl. die Schlußbemerkungen
Landstad's S. 221), von den norw. Fassungen die ursprünglichste,
vollständigste Gestalt am treuesten bewahrt hat, während A als eine
sehr gekürzte Redaction anzusehen ist Die vollständigste aller Auf-
zeichnungen dieses Stoffes ist aber F, und als solche verdiente sie wohl
gedruckt zu werden.
2. Galianskvsedi. Dieß Lied ist verwandt mit der norwegischen
Vise: Ivan Emingen og Galite Riddarsonen (bei Landstad a. a. O.
p. 157 ff.). Auch hier muß eine nähere Vergleichung vorgenonmien
werden. Storm bemerkt (a. a. O. p. 217) zu dem Stoffe: „en nu viatnok
tabt Saga, hörende til Artuskredeen^. Diese betreffs der norw^ischen
Fassung durch nichts direct gestützte Vermnthung — denn es ist in
derselben immer vom dänischen König die Rede (z. B. v. 16, 18), wird
schlagend bestätigt durch die fseröische Gestaltung des Liedes, die
Storm schwerlich gekannt und deßhalb auch unerwähnt gelassen hat.
Dil hebt das Lied nämlich so an:
BEITRAGE ZUB KENNTNISS DER F.£RÖISCHEN POESIE. SSfT
Ti var sigur I rtkinum ,
tä Artans dagar v&ra:
Ut skuldi einginn genga tU bords,
litan Biim rrf tiäindi bäru.
Das ist auch bekanntlich an Artus Hofe die stehende Sitte, vgl.
Pareevalssaga^ Ridd. p. 26® ff. : Hann (sc. Eiei) g^kk fyrir konttng ok
mffilti: Ef yili ydvarr Vieri« er timi til bords. Eiei, saffdi konunsr, bal
skal at eingum koBti fyrr v^ra, enn nökkur n^ tidindi koma til^^-
Ich schreibe auch die folgenden Verse aus, da sie in der norw. Fassünl^
(== A) fehlen und auch sonst von Interesse sind^
Eongurinn eierur eihn nserskildan frienda,
roynduri%frek8ve?ki,
Vel er hann af ättum kominn,
hann heitur Ivin sterki.
Einn kern madur i haDina inn^
vekur teim öllum sorg:
£k B^r eina villa bind
sp»la & kongins borg.
Ti svaradi Artan kongur,
talar til drangir teita:
Tar skulja hindina vid höndum taka^
ikki vid hundum beita.
Teir settu sn^r i hvom tänn sti,
hindin skuldi fram genga,
hon var sec 86 veidivan
hon vildi ikki Uta sec fenga*). l
Ridu teir um borgina,
riddarar og so jallar;
tad var m^r af sanni sagt,
hindin festi hallar.
Ivin sterkiy Herintson, wie er später genannt wird, ist zweifels-
ohne identisch mit dem Iwein der Artusdichtungen. Die Erzählung von
der Jagd auf die Hindin erinnert sehr an den Anfang von Cresti^is
Erec, wo ebenfalls ein weißer Hirsch gejagt werden soll; vgl v. 36 ff.
Dem entsprechend heißt es in der Erexsaga: Ydr er kunnigt, at h^r
& sk6ginum er einn hjörtr er v^r f&um aldri veiddan. (Vgl. Germ. XVI
p. 384.)
*) Es fol{^ derselbe Vers, nur daß die Reimworte genga-fenga in renna — kennt
verKndert sind, eine sehr beliebte Erweiterung der Lieder.
398 KÖLBING.
Hier setzt nun auch das norw. Lied ein. Ein Knappe, der später
Gulbrand Getisson genannt wird, fragt Ivin am Abend, wo er sein
Nachtquartier nehmen wolle. Jener versetzt, bei einer reichen Witwe,
die in Artus Lande wohnt und 15 Jahre hindurch keinen Mann bei
■ich gehabt hat
Der Verlauf der Erzählung ist im Folgenden der gleiche; aber
nach A V. 8 sind gewiß mehrere Verse ausgefallen: aus Sittlichkeits-
rftcksichten pflegen diese Viser sonst nicht etwas wegzulä&sen. Zudem
finden sich diese Verse noch in F; v. 17 ff.:
T& var Ivint Herintson,
hann för ikki vid ti hitt,
h^r svaf hann hjä enkjini
alla hesa n&tt
Am Morgen steht er auf, weckt auch seinen Ejiappen, und will
wieder zu Artus Halle reiten. Da heißt es:
Enkjan stendur i hallar golvi,
klapper undir riddarans kinn:
Nser skal ek tec attur vanta,
ivin scBti minn?
Ek fer m^ til hallar heim,
sum drangir drekka vin:
skemta t^r vid gull ok f^,
tu t6rir ikki vanta min.
Dag. vgl.:
Av. 9f. Pv.24f.:
Duskalminnastded,Ivar Erlingen, Ivint td t6kt vid neydum mec
at du meg med valde t6k, tad g^kk mär vid sprangd:
du skal liggje femten är, firi tad ligg tu fimtan vetr,
alt 1 sä Sterke s6tt ^likur & tinni sang.
Du skal liggje femtan är ivin tu t6kt vid neydum mec,
alt i sA Sterke s6tt, tad g^kk mär i möti,
der skal ingin liekjar koma, einginn komi tann Isekjarinn,
som deg kan vita b6t sum sär kann rida b6t.
Das folgende hat F wieder allein, v. 27 f. :
Hon bar honum reglur tvser,
allt iiriütan ekka:
Heyr ti, Ivint Herintson,
tu skalt af badum drekka.
Hann drakk af teim reglum tveimun,
tad var mikil villa;
BEFTBlGE ZUR KENNTNI8S DER FJBRÖISCHEN POESIE. 399
t& hann kom & borgar arm,
ti t6k hang hold at spilla.
Beachtet man, daß in derselben Weise^ wie Ivin hier vergiftet
ist 9 später seine Heilung bewirkt wird, nämlich durch einen Tmnk|
daß dazu die in manchen Punkten ähnliche Erzählung von Mirman
(vgl. oben p. 391) stimmt, so leuchtet ein, daß dieser Zug acht, in A
also nach v. 10 ausgefallen ist.
Daß Ivint seiner Geliebten sein Schwert gibt und es fOr seinen
Sohn bestimmt (A y. 12 ff.), fehlt in F. Weiterhin stimmen aber beide
Texte z. Th. wörtlich überein, weßhalb ich das Einzelne nicht spe-
cieller anftihre; nur der Zug, wie Galian zu seinem Kamen kommt,
sei hervorgehoben:
Av. 30»ff.: Pv.49»ff.:
ded kallar eg guten galen vera, ek kalli tec yera einn galinn mamk,
som slssr no til mödir sf. regir td m6dir tina.
Ded yar j6nkar riddarson, Kallar td mec galinn mann,
han yar snegge til herme. nü skal nayni yenda,
No ma hine garpegUpanne riddarir og s6 hceyiskir syeinar
meg fer Galidr nemne. skulu mec Galian neyna.
Darauf hin gibt ihm seine Mutter nach F die oben besprochenen
zwei Becher, nach A y. 36 ein Hom. Der Sinn ist derselbe. Vor Artus
Halle trifil Galian einen Ritter, Namens Raudenn (A y. 41* = P y. 60),
den er besiegt und tödtet. Diese Figur erinnert an den rothen Ritter
in der Parceyalssaga (Ridd. p. 6*^ und in der Blömst. (p. 16* etc; ygl.
Mob. das. p. XI).
Von der Heilung lyints an gehen die Traditionen sehr ausein-
ander. Nach A kämpft lyint mit Galian, endlich gibt sich letzterer sa
erkennen und droht seinem Vater mit dem Tode, wenn er sich nicht
mit seiner [sc. Gal.] Mutter yerraähle. Damit bricht das Gedicht ab.
Anders in F. König Artus hat die eigenthOmliche Gewohnheit
jeden Julabend einen Ritter nach einem Rotten auf Abenteuer zu
schicken; i botnar nordur, heißt es y. 80. Damit wird das sonst Haft-
botnar, troUabotnar genannte Meer gemeint sein, zwischen Grönland und
Norwegen; vgl. Cleasby-Vigf. s. y. botn: the ancients fancied that these
bays were the abode of the giants. — Galian erbietet sich zu dieser
Fahrt, möge er nun Aussicht auf Rückkehr haben oder nicht An dem
ersten Tage seiner Fahrt fesselt er 15 Trolle. Am zweiten ebenso.
Am dritten Tage gelangt er in einen dichten Wald und sieht, wie da
ein grimmer Riese des Königs Helden knebelt. Galian bekämpft ihn,
raubt dann aus einer Halle ein schönes Weib (des Riesen Tochter?)
^aS3 KÖLBDIG
vid Abelgibt sie semem Torbo- fibrigens nidit genannten Eüiappen
Hanld zur Bewachnng. Er selbst kimpft mit einem ungeheuren
Dndieo: dies«' FerschUngt ihn mit Boß mid Sattel; dodi ist ihm der
Bisseo sa sdiwer, Galian gelingt es mit seinem Schwerte den Drachen
SB Iheflen; er ist mit GKftbhit bedeckt mid nicht im Stande sich fort-
snbew^iea. Da gedenkt er eines Versprechens seiner Matter, vor seiner
'^^l'rase g^peben, daß sie ihm in allen Veilq;enheiten helfen wolle:
er fleht sie um Hcdfe an, und sogleich erscheint sie, des Drachen Haupt
in der Hand tragmd, und ein Boß mit Zaum und Sattel mit sich
ftthreod. Sie fordert ihn auf, heimzukehrai: noch s^en seine Mühen
nicht beeidet Das geschieht, und nun erst folgt der Zweikampf Galians
mit seinem Vater, und zwar über den Besitz der Jungfrau, die Galian
erbeutet hat Letzterer, absichtlich laß kämpfend, wird von Ivint ver-
spottet Da gibt er sich zu erkennen und filgt dieselbe Drohung bei,
wie oben, welcher Ivint hier nachgibt und sich mit Chdians Mutter ver-
söhnt, und eine fröhliche Doppelhochzeit beschließt das Godicht
F ist also wesentlich ausfähriicher als A. Daß um die zuletzt
angefahrten Momente A zu kurz gekonmien ist, bedarf keines Beweises.
Ob dagegen der abenteuerliche Nordlandszug integrierender Theil der
Vise ist, oder erst spftter eingeflochten, ist ebenso schwer zu entscheiden,
als die Heimat des Sagenstoffes festzustellen ist Zu erwägen ist nur,
daß in A der Kampf Galians mit seinem Vater, den er eben geheilt
hat (v. 54 fil), ganz unmotiviert erscheint, während es in F an einem
Kampfobjecte nicht fehlt — Vielleicht gelingt es einem Kundigeren,
fbr diesen Stoff aus dem Artuskreise eine altfranzösische Vorlage oder
wenigstens Spuren ihres früheren Vorhandenseins ausfindig zu machen.
Auf nordischer Erfindung beruht er, mit Ausnahme vielleicht der oben
gekennzeichneten Episode, gewiß nicht
Sowohl in Betreff des vorigen Liedes, wie des Ghdianskvaedi darf
also fllr bewiesen gelten, daß die frsröische Fassung den besten Text
bietet Die Vermuthung G. Storms (a. a. O. p. 224) , daß diese und
andere Lieder von Norwegen aus nach den Fierör übergewandert
seien, wird also durch die angestellte Vergleichung durchaus nicht als
richtig nachgewiesen, es erheilt daraus vielmehr, daß die norw. Viser
in den auf uns gekommenen und von Landstad veröffentlichten Ge-
staltungen nicht die Quelle jener gewesen sein können, ob in älterer
Form, diese Frage wird man vorläufig offen lassen müssen. Daß jedoch
beide Formationen unter sich eng verwandt, und nicht etwa separate
Bearbeitungen einer jetzt verlorenen Prosa sind, geht aus viel&cher
wörtlicher Übereinstimmung zur Genüge hervor.
BEITRÄGE ZUR KENNTNISS DER F^RÖISCHEN POESIE. 401
3. Kvikils bragä. Verwandt mit der norw. Vise: Kvikisprakk
Hermodson^ bei Landstad a. a. 0. p. 146 ff. (= A).
Die fser. Vise (= F) beginnt damit, daß Kvlkil spraki sich in
Gesellschaft einer Jungfrau befindet. Plötzlich wird er von hinten aus
dem Sessel gehoben und auf den Boden geworfen. Ein Ritter erscheint,
mit dem er kämpft. Sein Schwert zerspringt und ihm bleibt nur noch
ein kleines Messer zur Vertheidigung. 50 seiner Gegner werden schwer
verwundet; ehe es gelingt, ihn zu fesseln und ins Ge&ngniss zu schaffen.
Es fehlt also die Werbung (A v. 1 ff.), die Tödtung des Löwen
(v. 25), die Weinbetäubung, in Folge deren es gilt ihn zu tiberwältigen
(v. 26 ff.). Dag. hat F den Zug selbständig, daß die Jungfrau, trotzdem
daß sie selbst Kvikil so tibel mitgespielt hat, vor ihren Vater geht
und ihn bittet, ihr den Ritter zur Bewahrung zu geben. Sie wird schnöde
abgewiesen, droht aber, nach Ivint sterki Herintsson zu schicken, der
Kvikils Bruder ist, und ftihrt diese Drohung auch aus. Nach A schickt
Kvikil selbst, der hier Hermodson genannt wird, seinen Knappen,
um seinen Bruder Eivind zur Htilfe herbei zu holen. In der einen
Fassung scheint also eine Anknüpfung an Hermod illi, in der anderen
an Galians kvsedi beabsichtigt.
Nach beiden Texten befreit Kvikils Bruder diesen ; beide kämpfen
nun gegen den König [von Griechenland F, wie in Ragnarlikkja v. 90 ff.],
bis nach F dieser endlich um Gnade bittet und Kvikil Rosina (= Rosen-
lunde in A) zur Gemahlin erhält und mit ihr das halbe Reich, während
nach A Kvikil sämmtliche Feinde erschlagen hat (v. 60).
Schon aus den Namensformen erhellt, daß trotz einzelner Ab-
weichungen in der Behandlung des übrigens sehr einfachen und abge-
brauchten Stoffes, dieser selbst in beiden Dichtungen identisch ist.
Dagegen Ist die Verwandtschaft beider mit Ragnarlikkja, die Landstad
p. 146 geltend macht, doch sehr oberflächlicher Art.
4. Sveinn i Vallalid. Von diesem. Liede finden sich außer
der feeröischen (Svabo p. 899 ff.) noch eine isländische (Xsl. Fomkv.
p. 235 ff.) und dänische (Udv. danske Viser. edd. Nyerup og Rahbek.
III. 1. p. 135 ff.) Fassung; die schwedische (Helleman Unge: Arwidsson:
Fomsänger I. p. 132) ist zu fragmentarisch, um in Betracht zu kommen.
Die fseröische steht etwa in der Mitte zwischen den beiden ersteren,
schließt sich an einzelnen Stellen fast wörtlich an den isl. Text an,
an anderen an den dän. fser. Sveinn I Vallalid = schw.: Svenn uthi
Wallanzö = dän. Svend af Voldislev = isl. Logi i Vallarhlid. Also
völlige Übereinstimmung nirgends, faer. Adalus oder Elin = isl. Adal-
list = dän. Lisbet. Der Name des Helden lautet in allen Texten Wilhelr
GEKMANIA. Nene Beihe VUL (XX.) Jahrg. 26
402 K. ZANQEMEISTER, AHD. GLOSSEN ZU SALLUST.
Im ersten Tfaeile der Ballade wird in F ausführlicher von Sveins durch
die Jungfrau selbst abgewiesener Werbung gehandelt; ganz eigenthüm-
lieh ist F der Umstand , daß Wilh. außer dem Mörder seines Vaters
auch dessen Schwestersohn tödtet, was an die Besiegung von Herr
Nielus, Svends Bruder (dän. v. 46 flF.) erinnert. Freilich findet auch dieser
zweite Theil der dän. Ballade, der der isl. Fassung abhanden gekommen
ist, eine Parallele in F. Während Wilh. dort Svends Schwester Qjar-
trud sich mit Gewalt aneignet (v. 45), Herr Nielus besiegt, sich mit
ihm versöhnt und mit jener sich verlobt, reitet er in F nach ge-
wonnenem Siege zu Jungfrau Hermintrü, die ihn freundlich emp&ngt
und ihm ihre Liebe gewährt, obwohl er offen bekennt, Svein und dessen
Schwestersohn erschlagen zu haben. Daß Hermintrü mit Sveinn ver-
wandt ist, wird nicht ausdrücklich gesagt, geht aber aus dem Zusam-
menhange hervor. Beides erfahrt der König von Dänemark, er erscheint
mit 15 Kriegsschiffen, aber Vilhj. tödtet alle seine Mannen : der König
selbst bittet um sein Leben und bewilligt Wilh. Hermintrü's Hand und
18 Burgen als Mitgift. In welchem Verhältniss der König zu der Jung-
frau steht, erfahren wir nicht
Der dän. Text dürfte also der verhältnissmäßig beste sein, dann
folgt F, wo sich freilich noch beide Hälften der Ballade wiederfinden,
aber nicht ohne einige Trübung der Beziehungen; im isl. Liede end-
lich ist Theil II ganz vergessen, Theil I aber dafür sehr sauber er-
halten und ausführlicher als in den beiden übrigen Versionen.
Soweit ftir dießmal. In einem zweiten Abschnitte gedenke ich im
Laufe der Zeit unter Benutzung von Schröters Hdschr. über die noch ^tCi
ganz unbekannten fseröischen Lieder, zu denen wenigstens in den
nordischen Litteraturen sich keine Parallelen finden, Auskunft'zu geben.
An Material dazu würde es nicht fehlen.
BRESLAU, im M&n 1876. EUGEN KÖLBING.
AHD. GLOSSEN ZU SALLUST,
In dem aus Lorsch stammenden Sallust-Codex der Bibl. Palatina
im Vatican n. 889 finden sich auf fol. 1 — 15 viele Interlinearglossen
und darunter auch einige deutsche. Nach Dr. Heinrich Dressejj welcher
die Qüte hatte diese Handschrift für mich zu anderem Zwecke zu
A. EDZARDI, ZUR TEXTKRITIK DES ROTHER. 408
untersuchen, gehört dieselbe dem Anfang des 11. Jahrhunderts, die
Glossen theils demselben Jahrhundert, theils (so sämmtliche von f. 15^
an) späterer Zeit an. Von den deutschen Glossen des 11. Jahrh. theilt
er mir folgende Proben mit:
insolens malarü artium, darüber: inpatiens ungeuuon.
ferox grimmer.
proximi familiaresq; holdim.
hortabatur schimta«
uectigales zolgödiga.
familiärem gesuasen.
hortentur sehandan.
confodere erstechcan.
domi militiaeq; heime und in hiäre.
HEIDELBERG, Jani 1876. KARL ZANGEBiEISTER.
ZUR TEXTKRITIK DES ROTHER
1. Die Heidelberger Handschrift.
Die Heidelberger Hs. (Cod. Vat 390, perg. [XH Jh.?J, 73 Bl. 8«)
des ^König Rother^ ist bekanntlich außer kleinen Fragmenten die
einzige uns erhaltene und verdient daher wohl eine genaue Beschrei-
bung, die sie bisher noch nicht gefanden hat*). Auch Maßmanns Ab-
druck^ auf den man noch immer für textkritische Fragen angewiesen
ist, so sorgfältig er auch im Ganzen ist, weist doch im Einzelnen
manche kleine Versehen auf, die wohl verdienen einmal zusammenge-
stellt zu werden. Da ich nun im October 1874 die Hs. in Heidelberg
sorgfältig vergleichen konnte , theile ich meine Resultate an dieser
Stelle mit.
Die Hs. enthält nur den Rother, und zwar auf 73 BL in Lagen
von je vier Doppelblättem, die letzte Lage enthält 9 Blätter, von denen
eines eingeheftet ist, dergestalt, daß der Falzstreifen zwischen 67 und
68 sich findet; ist also 70 eingeheftet? Der Schluß fehlt, wie das
Hannoversche Fragm. zeigt, wohl nur ein Blatt, welches angeheftet
*) Zu vgl. Bind die ans jetzt etwas wunderlich erscheinenden Angaben Adelungs,
Nachrichten von altdeutschen Gedichten etc. 1796, p. 212 — 216: „Sie scheint durch
Fouer(!) sehr gelitten su haben, fast alle Blätter sind schwarz [eigentlich nur das
erste und letzte] und einige Seiten ganz verlöscht" [nur die erste und z. T. die letzte].
26*
404 A. EDZARDI
gewesen sein muß und sicher schon lange gefehlt hat, da 73^ dunkler
als die andern Seiten und mehrfach abgegriffen ist. Weit mehr gilt
dieß aber von der ersten Seite*). Diese ist tlbrigens durch angewen-
dete Reagentien noch viel unleserlicher geworden**) als sie offenbar
früher war. So ist vieles von dem, was Maßmann und Hoffmann noch
gelesen haben^ jetzt total unleserlich; ebenso natürlich das, was schon
jene gar nicht mehr oder doch nur undeutlich lesen konnten.
Die Hs. ist liniiert; die Verse sind nicht abgesetzt, sondern nur
durch Punkte geschieden. In Bezug auf die Schrift sei bemerkt, daß
c und t oft gar nicht von einander zu unterscheiden sind. Dieß kommt
besonders bei den Zahlen auf -zic in Betracht, wo Mm. -zit schreibt ;
auch mögen die Formen goch^ zieh sich auf diese Weise erklären, in-
dem goth, zith zu lesen sein wird. Das r hat die von Wattenbach (Lat.
Paläogr. Anhg. p. 13, Z. 3 v. u.) angegebene v-artige Form***), so daß
es leicht mit diesem verwechselt werden kann. Andererseits findet sich
aber auch die ebenda (p. 14, Z. 3 v. o.) erwähnte i-ähnliche Gestalt,
so daß in diesen Fällen r mit z verwechselt werden kann. Femer sind
t und i oft schwer zu unterscheiden, v und e sind zuweilen einander
ähnlich, so steht ein v-ähnliches e z. B. 161 vile, 216 gegeben u. ö.
Abkürzungen finden sich abgesehen von vn, w ^ wu und einigen
durch Striche angedeuteten n (und m) gar nicht. Im Ganzen ist die
Schrift sauber und deutlich f)^ aber keineswegs elegant. Es war offen-
bar kein für höfische Ejreise bestimmtes Exemplar, sondern mag wohl
im Besitze eines Fahrenden gewesen sein. Buchstaben, die nicht gelten
sollen, sind nie durchstrichen und nur vereinzelt durch imtergesetzte
Punkte kenntlich gemacht; sie sind vielmehr regelmäßig radiert und
zwar so, daß in der Regel die Formen noch deutlich zu erkennen
sind. Auch sind Buchstaben in die schon vorhandenen hineincorrigiert,
namentlich e; selten sind Buchstaben oder kleine Wörtchen überge-
schrieben. Für s findet sich nur die Form des langen f (auch am
Schlüsse). Dieß lange s im Drucke beizubehalten hatte Schwierigkeiten,
daher ist s gesetzt worden.
*) Die Hs. maß also lange ohne Einband benutzt worden sein.
**) Nach der Notiz von Mm. p. Iö7 muß dieß zwischen seiner ersten (1825)
und zweiten (1836) Lesung geschehen sein, wenn nicht nachher noch mehr auf diese
Art verdorben ist.
***) Die nach Wattenbach erst im XIII. Jh. erscheinen soll.
t) Die Schriftzüge gehören nach meinem hierin freilich sehr wenig maßgebenden
Urtheile, dem aber das allgemeine Urtheil zur Seite steht, eher dem XII. als dem
XHL Jh. an.
ZUR TEXTKRITIK DES ROTHER. 405
Ist von eiuera Werke nur ^ine Hs. und namentlich; wie in diesem
Falle^ eine alte erhalten ^ so ist es Pflicht, auch auf sonst unwichtige
Kleinigkeiten aufmerksam zu machen; denn einerseits gewinnt man
dadurch über die Sorgfalt des Schreibers ein ürtheil — und dieses ist
im vorliegenden Falle ein recht günstiges, denn wir sehen den Schreiber
sehr häufig nachträglich bessern^ oft in geringftlgigen Dingen, so daß
er offenbar niedergeschriebene Worte mit der Vorlage verglich*):
andererseits erfahren wir aber aus einer Zusammenstellung der Stellen,
in denen der Schreiber die Vorsilbe ge^ und die Negation ne ausließ
und später nachtrug, daß diese dem Schreiber nicht geläufig waren
(vgl. Germ. XIX, 387 Z. 5 f.). Er wird sie also auch an anderen
Stellen ausgelassen haben, wo er ea nicht bemerkte und sie
daher nicht nachtrug, ne ist ausgelassen und später nachgetragen: 814.
829. 879. (vgl. 965.) 1005. 1397, dsgl. ge- 2055. 2183. 3152. 3531. 360a
3608. 4054. 4928. 5175 (?). — Mehrfach hat der Schreiber z nachträg-
lieh in t corrigiert (2253. 2262. 2362. 3867. 4918), wobei die Priorität
des z nur an ^iner Stelle (4918) fraglich ist. Nach Analogie der vor-
erwähnten Fälle ist anzunehmen, daß in diesen Fällen in der Vorlage
t stand, während dem Schreiber z geläufig war. Übrigens bemerkte
schon Mm., daß nach der Randbemerkung bei 3420 die Hs. früher am
Niederrhein gewesen zu sein scheint.
Der Punkt am Ende der Verse fehlt in seltenen Fällen, wo Mm.
ihn setzt; ich gebe diese Fälle nicht an.
Nunmehr lasse ich die Berichtigung der bei Mm. falsch oder un-
genau angegebenen Lesarten folgen, von denen übrigens einige augen-
scheinlich nur auf Druckfehlem beruhen. H. Rückert, der die Hs. für
seine Ausgabe verglichen hat, hat manche Fehler stillschweigend be-
richtigt. Da er dieß aber in keinem Falle angegeben hat, wird auch
in diesen Fällen eine bestimmte Angabe wünschenswerth sein.
Auf der ersten Seite lese ich noch folgendes**):
westeren mere | saz ein kuninc der heiz .... er | in der stat
zu bare | da lebete er . . .are | mit vil grozin erin***) | ime dietin an-
de I . . .ne vnde si. . .ciA kuninge | biderve .... t?*r:mgef) |
*) Es wird also Ton den yielen yerderbten Lesarten ein großer Theil wohl
auf die Vorlage znrückgehen.
**) Undeutliche Buchstaben gebe ich durch cursiven Druck. Die Punkte deuten
die Zahl der Buchstaben an, die Mm. gelesen hat; die Endpunkte der Verse sind
durch I wiedergegeben.
***) 80, nicht eren,
t) Das Wort scheint auf radiertem Grunde zu stehen, so daß mi fast wie an aussieht.
406 A. EDZARDI
die war. . . .e al vnder tan | . . was der aller heriste m. . (.) der da zv
rome (•) ^ intfinc die cronen | ( ) vther was ein h.re | sine dinc Btvnden
mit erin | vü mit grozen zuht en hove | . . ne haben die böche
gilogen*) I .a. ... da htea nege brach | {Vers 18 ist ganz
unleserlich) \ Do rededen die iungen . . . .en | (Vers 20 und 21 unleserlich^
doch schien mir das erste Wort von 20 suvax zu lauten^ ar ist deutlich) \
22 . . .rbe s buwen | do dachte sie | suvar . . .ar
ein gut I wer tan | YJide
(27) ... . ein wip {dann unleserlich) (30) . . waneden [se
irsterben?] | dan d. cronen | solden geben zo rome | ( )bu8
redete**) d. . herre (34) . . v^r. . . uil sere | kt;. .nges ... .er
. . .ige I unde hiz tan uvele ge | Dat .er e che .ne minen
liph (.) gerne hetich . .n en wiph \ die uan alle: adele \ . .ze. .
{Dann folgt Seite V, die schon vollständig leserlich ist).
41. urowen] uroven. — 45. heter verbunden. — 82. wände] vande.
— 94 wiphc] oder wiphe. — 98, Anm. 23 botbe] in dem Bogen des zweiten
e ein Querstrich, also b in e corrigiert, {oder umgekehrt). — 120. bode-
scaft] am Ende eher st als ft. — 124. nn] Druckfehler statt nu. — 135.
wrsten] wohl vnrsten. — 144. swören] " nicht zu sehen, scheint aber zwischen
w und 0 fortgekraizt. — 147. vor golt sind zwei Buchstaben radiert. —
151 nam] nicht mehr ganz deutlich. — 157 uazeten] uazetin. — 159 in-
me] eher innie« — 164 gevozzot] gevazzot. — 180 hohen] hvhen. —
181. woren. — 190. nemen] memen. — 217. triven] oder trwen? — 227.
manegerslahte verbunden. — 268 wunnentliche. — 297. snellej suelle steht.
— 303. ir lovben getrennt. — 30i) su|az***). — willest] wilies. — 310.
wetlicher] oder werlicher. — Nach 389 sind durch Abirren zum gleichen
Reim bei Mafimann 6 Verse ausgefallen; v. d. Hagen hat sie, ebenso
Rüekert] sie lauten in der Hs.i
Do giengen die iuncvrowin f ).
dirreft) wnder schowen.
mit in zo den schiffen,
da sie daz got wistin.
nv nekan y nichien man gesagen.
die wunder die inden kielen lagen.
400. uehe] nehe. — 408. „von [. . .] ausgekratzt silver?" lfm.] Es steht
*) 8o Heht eher aU g«* logen.
♦♦) 8o eher aU redte.
***) Im VariantenverzeichniBS deatet | das Ende einer Zeile an.
f ) CY ne?U fcut au9 wie w.
ff) Et sieht eher aus wie diire, doch ist der leinte Buchslabe sicher e (nicht c).
ZUR TEXTKRITIK DES ROTHER. 407
auf radiertem Gmnde von und ein undeutliches Wort, von dem sc . . e
deutlich ist, an dtntter Stelle scheint ein I gestanden zu haben ^ jetzt wohl
a, an vierter Stelle z oder t (vgL 590). — 420 leben] liben. — 446.
wene] we°*; der Schreiber hatte wohl das we des folgenden Verses im
Auge. — 468. herlich] herliA. — 476. godes] dahinter ist t und noch ein
Buchstabe (e oder i) radiert. — 478. an desse getrennt. — 492. getruwe]
getruve. — 495. so wer.
523. Anm. 73: j^eingeschrieben^] Übergeschrieben. — 524. dine] wohl
aus die gemacht, — 528. ka'n] kin deutlich, — 529. ruv|vent. — 535.
wei] wor? — dingin. — 537. schadejafin. — 546 manigin. — 553. er
Bolde] er fehlt {Lücke oder ausgekratzt ?). — 554. mere] mer. — 558. ir
wenden getrennt — 581. tvn oder ton? So ist häufig schwer zu entscheiden,
ob o oder v steht, namentlich in got, gvt. Da aber der fragliche Buch-
stabe immer oben geschlossen ist und in derselben Form auch in got (deus)
erscheint (1248. 1375), wird doch wohl o zu lesen sein. — 584 wer die
kriechln. — 629. zware] zvare. — 656. döre] diirt (oder därc?) Dahinter
ist ein Buchstabe (h?) ausradiert. — 662. si] Si. — 666. vor intwichet
ist ein Buchstabe {wohl w von wichet) ausradiert. — 674. muze] eher
moze. — 677. dir] e in i corrigiert\ dahinter h {yon helfe) radiert. —
696. scal] an dritter Stelle ist a ai« h gemacht oder umgekehrt. — 697.
über al getrennt. — 698. stormtegierin {das cursive ie ist radiert). —
700. ßvle] hinter e noch der Ansatz zu einem Buchstaben (n?). — 703.
vor zo ist si radiert. — 706. Wol] Vol. — 713. vor ich ist \z radiert
— 723. cirete] circrte. — 741. tengelingen. — 747. tarlichin.
752. holte] hefte. — 756. bam auf radiertem Chrunde {vielleicht stand
erst kint?). — 767. got] s. zu 581; dsgl. 777. — 814. vor ne ist ein
Buchstabe (w?) aufgekratzt^ also wohl ne zuerst ausgelassen. — 840. vor
teil ist etwas ausradiert; dsgl. 841 ein Buchstabe (r?) nach de. — 850.
dar ane getrennt. — 855. plege] statt 1 steht eigentlich s. — 862. giengen]
urspr. stand gin dann e hineincorrigiert. — 866. So | war. — 873. ge-
schein] aus n ist t gemacht durch radieren des letzten Grundstriches. —
899 wille käme getrennt. — 905. heibe] kaum i, der Buchstabe sieht aus
wie r, kann aber auch t sein {vielleicht ist es ein y, welches nicht gelten
soU, so daß ursprünglich heve gestanden hätte?). — 910. Rnten] ich lese
deutlich knien. — 965. en uirsagete auf radiertem Grunde^ darunter ist
deutlich noch y..8.g. zu lesen, also war vneder en ausgelassen. — 972.
did] kaum so, eher dit oder die (div?). — 980. daz] auf radiertem Grrunde. —
992. uirman steht. — 995. unz hi getrennt. — 996. der Punkt nach herren
scheint radiert zu sein.
4D8 A. EDZARDI
1005. vor ne ist radiert ; anscheinend stand zo^ also war en ausge-
lassen. — 1009 hich hi] buch hi. — 1015. Geantwarten] Geaiiwarten.
— 1018. umbe] unbe. — 1022. ir gan getrennt. — 1039. stribete] kann
ebensowohl strebete sein. — ande verbunden. — 1061. vor leit zwei Buch-
stoben radiert, auch leit auf radiertem Grunde. — 1063. hieiTe gote {oder
gvte?). — 1064 van] v aus w gemacht. — 1067. vorehtin] vorchtin. -7-
1074. kumln. — 1086. In e] In er. — 1091. wert] eher werc. — 1099.
Beben] 8 aus einem andern Buchstaben corrigiert. — 1 108. zwo] erst stand
zowo. — 1126. vor Der ist De und noch ein Buchstabe radiert. — was]
vas. — 1129. zo] ZV. — 1142. der bant] der übergeschrieben. — 1143.
andes verbunden. — 1144. vor her ist d radiert. — 1149. ber] bir. —
1150. den] d auf radiertem Grunde^ — 1168. hinter erzogen ist t weg-
gekratzt. — 1170. min vor min schon einmal radiert. — 1177. vazzete]
vazzede. — 1193. se doppelt, — 1196. lebete gen] so steht deutlich*). —
1198. wnderisj über w scheint ein * ausgekratzt zu sein. — 1205. vvorit]
w'^rit. — 1211 sic\ — 1214. Siu] so steht sicher nicht\ ich lese svle
oder 8va. — 1227. neebein ne] neebein n (radieii:) ne. — 1242. dinc] dine.
1280 aspriam. — 1281 vor iz ist te {Anfang von tete) radiert. — 1285.
verzennacbt vet'^wnden. — 1299. gerocbten verbunden. — 1313. virstont]
oder virstvnt? — 1321. de scbenken getrennt. — 1329. die (auf radiertem
Grunde, dicht dahinter noch ein radierter Buchstabe [n?]) berren . Qezam
{sie). — 1336. n*e] nd. — 1344. liere] lieve. — 1366. gebare] auf radier-
tem Gründe^ darunter stand ein anderes Wort, dessen erster Buchstabe b
war. — 1376. godis] wohl gvdis, dahinter ein oder zwei radierte Buch-
staben. — 1.379. vor nestund ist st radiert, also war ne ausgelassen. —
1380 .er] Her, H aber schwächer^ wohl radiert. — 1392. trorande] oder
trvrande. — 1396. vor ie ist d {von dechein?) radiert. — 1397. berren.
wole. — 1407. wir {w radiert) sonaebit. — 1422. got] «. zu 581. — 1437*
geplegen. — 1444. iiinen] sie! — 1446. vazen] v aus w gemacht. — 1448.
trvcb. — 1454. lake] laie. — 1455. zwischen de und edile ein d radiert
{stand urspr. dedile?). — 1461. vrumicblicbe] v aus w gemacht. — 1474.
thietberches] dietberches ; das i ist so dicht an das d getreten, daß man
fast tbet. lesen könnte, aber nie tbieth.
1512. trin] der letzte Buchstabe ist wohl ein w, dessen letzter Aufstrich
zu kurz gerathen ist^ vgl. 3336. — 1527. wezei] so sieht es aus, vgl. unten.
— 1530 Sic' — 1537. woldir er] sie, statt woldit er. — 1538. pinkejten.
*) Wo ich nichts angebe , habe ich allemal Mm^s. Angaben mit der Hs. aach
in geringfügigen Dingen übereinstimmend gefunden. Nur in wenigen Fällen habe ich
dieß speciell angemerkt.
ZUR TEXTKRITIK DES ROTHER. 409
1544. helte] hette oder heite {ein 1 ist der fragliche Buchstabe nicht).
— 1546. sprach] spach. — 1547. leris] levis. — 1548. vor den ist er
radiert. — 1595. gesidele] statt des d stand zuerst ein anderer Buchstabe
(I?). _- 1601 sie! — 1639 einln. — 1649. michilicher] sie! - 1663 vragit]
Vragit. — 1668. dicht] oder dichc {oder diche?). — 1683. vor slan schon
einmal s radiert. — 1693. vor herzogen schon einmai he radiert, — 1694.
crozitime] crazitime. — 1721. vor stont zwei Buchstaben (so?) radiert. —
1729. dietherichis.kemerere. — 1733. mir] mer. — 1749. nein' & getrennt.
1759. geclagit] ebensowohl ist gedagit zu lesen, wie auch 1752^ vgl.
3259. — 1781. hove] höre, r deutlich, nicht v. — 1812. vor lossam ist
ein Buchstabe {anscheinend s) radiert. — 1830. se en] dazwischen ist Raum
genug für ein h, doch nichts radiert. — 1847. wole. — gelovit {oder ge-
lovet) steht auf radiertem Chrunde; darunter stand m. .tg, dahinter radiert
lant (manig lant?). — 1846. virdructe] sie!— 1848. Obin an] Ob
man. — 1901. hoftich] icjoäZ hofcicL — 1911. vor slachte ein Buchstabe
radiert, — 1916. trübe] ru verwischt^ aber noch lesbar. — 1927, Anm, 194:
cmochte] das erste e scheint nicht geben zu sollen, da es halb radiert ist.
Der Schreiber hatte wohl schon ein geschrieben: der i- Aufstrich ist unten
noch sichtbar. — 1949. uruntshefte. — 1959. eilenden] das zioeite 1 aus e
corrigiert. — 1960. kemenatin.
2028. ir. botin. — 2051. vndankis. — 2055. gesehen] unter dem g
ist noch der Ansatz zum s {von sehen) zu erkennen. — 2062. gine] gino.
— 2065. schocn] mit diesem Worte beginnt eine Zeile; in der vorher-
gehenden Zeile steht am Rinde ^ anscheinend von derselben Hand, aber
blasser schone. — 2070. harte] harde. — 2088. vromeliche] vromlch-
liche. — 2101. schonch] sie! — 2107. Niesic] Niesie. —2119. wolda]
wolde. — 2124. getän[ a ohne Strich. — 2135. got] s. zu 581. — 2137.
• den] sie! — 2142. mere] mare. — 2155. iungelino, wie 2176 inginc, s.
die einleitenden Bemerkungen oben. — 2174. vor ginc scheint nicht en,
sondern in ausgekratzt zu sein. — 2182. Ich] I aus H gemacht. — 2183.
gesen] g wie 2055. — 2188. vor genichit ist an ausgekratzt. — 2194.
vrowe] V aus w gemacht. — 2196. wollis] der zweite Buchstabe verwischt,
ich lese wellis. — 2201. sagit] wohl sagic. — 2217. einen {aiLs einin ge-
macht). — gvt] s. zu 581. — 2218. in diz getrennt. — 2219. ligin. —
2225. Diederich] eher Dioderech. — 2229. nichein] niehein. — 2238.
mir] r deutlich {statt c?). — 2239. ioncge] eher iunege. — 2240. vir-
stanuch] virstamich.
2253. voze] t aus z corrigiertj also steht vote. — 2255 ir scricte
getrennt. — 2257. zo übergeschrieben {gleiche Tinte und gleiche Hand). —
2258. bcltliche] sieht aus wie boltliche. — 2262. saztc] t aus z gemacht.
410 A. EDZARDI
abo steht satte. — 2272. getrünwen] tnc, aber kein Strick über n. —
2290. De] Die. — 2300. se] sie. — 2307. kemenatin. — 2327. he blasser.
— 2329. uatlr. — 2339. mimir] immir. — 2362. moz} z in t eorrigiert.
— 2400. Sin] es ist vieUeicht Svi zu lesen, wobei der tmtere Bogen des
V etwas verwischt wäre, — 2430. arm] eigentlich steht arin. — 2434. vor-
svarz sind zwei oder drei Buchstaben ausradiert. — 2461. Siedu] «tof^ d
dand wrspr. ein anderer Buchstabe.
2535. gegegin] gegegin. — 2550. sanftin. — 2555 hub] hob, o gcsnz
deutlich. — 2560. gerin] verwischt, soll vielleicht gar nicht gelten^ —
2575. dem] deme. — 2578. svchte] sochte deutlich. — 2596. vor siniu
steht wo le am Bande {an richtiger Steüe). — 2668. werdiu] werdin. — 2706^
Sprach, Anm. Isprach, vo^* s ein Zeichen y welches schwerlich ein I, viel-
leicht aber ein Ansatz zu D ist. — 2711. riet] reit. — 2726. QevanginJ
Gewangin (wie die Hs. in diesem Worte mehrfach w ha£). — Vor 2732
ist keine Lücke in der Hs, — 2744. au] Druckfehler statt an.
2751. Swas] Swaz. — 2769. untruwin. — 2772. irhanete] ir ist nicht
deutlich, man könnte auch n (oder u) lesen. — 2777. ymelot] e ctus o
corrigiert, wie 3760. — 2779. mitir] mittir. — 2801. mannin] manini. —
2822. vor der zwei Buchstaben radiert (de? oder dn?). — 2911. ü^vol-
Uwol, innerhalb des U steht ein t. — 2944. rijche, dazwischen zweiBuch[
Stäben ausgehratzt. — 2963. gerithe] oder geriche. — 2967. gerech] eher
gereth oder gereih. — 2969. ingegin. — 2970. berge, Anm. birge] er
steht allerdings so, aber unter u ist ein Punkt, so daß also nicht u, son-
dern das iibergesehriehene e gelten soü. — 2988. Ge alt, Baum dazwischen,
aber nicht radiert, statt alt kann man ebensowohl abt {vielleicht auch abe}
lesen. — 2999. rechte] schwerlich i^] es ist fast dieselbe Figur, die oben
1474 bei dietherches besprochen und cds di gedeutet ward. Es steht deut-
lich redie, aUenfaüs redte.
3007. weimin] weiiiim. — 3049. godin] s. zu 581. — 3050. reethin
steht, — 3070. liehe] eher lithe. — 3086. hinter Alse ist r radiert. —
3132. entrowen, vgl. unten das über die Buchstaben am Bande gesagte^ —
3141. be| strichin] in der neuen Zeile be noch einmal, radiert. — 3147.
disme] oder disine. — 3148. sie! — 3152. der Schreiber hatts erst ge-
ausgdassen, vgl. 2055 u. s.f. — 3156. Der] De. — 3219. ue'sagen] r steht
über e. — 3227. ualandas. — 3243. der] die. — 3248. mit] trat.
3259. dagin] es ist wohl ciagin zu lesen, vgl. 1759. — 3319. rocther?
— 3332. Quelle] ouele, das letzte e ist aus 1 corrigiert. — 3333. mit] oder
mie? — 3336. ungeuar] der zweifelhafte Buchstabe ist kein u, sondern
ein aus v corrigiertes n, richtiger u>ohl w, dessen letzter Aufstrich etwa»
kurz gerathen isty vgl. 1512. — 3337. vor riter ist erlich ausgekratzL —
ZUR TEXTKRITIK DES ROTHER. 411
3350. lace] c verwischt. — 3367 gemeee] sieht wie genieze mis. — 3372.
Mints. — 3373. got] verhlassty nur noch g leserlich. — gafej der letzte
Buchstabe sieht eher wie c oder t aus. — 3376. gote] s. zu 581. — Nach
3377 ist keine Lücke in der Hs. — 3379. herven] so sieht es aus. —
3384. meden] es steht rieden, doch ist das Wai*t vervnscht. — 3389.
willen] villin. — 3396. michelen. louf. — Die Anm. 322 angeführte Band-
bemerkungj von ungeübter Hand und mit schwärzerer Tinte geschrieben^
steht nach 3419 (nicht nach 3420). In derselben ist zu lesen rocger
(eher rotger) leve (v sieht eher dus wie n) fmt {oder frut) got sibich. —
3428. daz] so steht deutlich.! — 3429. (D)ar] w am Rande, s. u. die Bemer-
kung über di£ Buckstaben am Rande. — 3443. dach] fach. — 3463. lies
(D)ie. — 3477. deme] de auf radiertem Grunde.
3506. Entfinc] Entfienc {das zweite e ist hineincorrigiert). — 3531.
vor getrue sind Buchstaben ausgehratzt, wie es scheint tru {vgl. 3608 u.
oben 3152 u. s.f.) — 3544. min] din. — 3548. nach wole am Ende der
Zeile ist gv aufgekratzt {weil gönnen nicht mehr Platz fand). — 3555.
luf ten getrennt — 3576. Sime, Anm. y^Es steht sinue**] nicht deutlich. —
3600. ßtestellit] gestellit; erst war zu stellit angesetzt, wie der Schreiber
häufig ge ausließ und dann coiirigieren musste. Über st ist g geschrieben. —
3603. Am Ende der Seite schon einmal tom radiert. — 3608. vor getra-
uen ist tru radiert. — 3651. werde] das r ist dem z ähnlich {s. oben). —
3669. here] herre. — 3670. Behalden] zwischen e und h scheint ein
halbradierter Buchstabe (c?) zu stehn, vgl. 4356. — 3671. Dan] sie! —
3703. uare] e ist radiert, also uar. — 3712. dir] d«?r. — 3726. vnde]
darunter stand ande {vgl. Anm. 351; ande auch sonst in der Es.). —
3745. leret] levet. — 3750. tiek, Anm. „tisz stehf^] urspr. stand z, daraus
ist k gemacht, also steht tisk.
3760. ymelotin] e aus o gemacht, vxie 2777. — 3800. stite] sie! —
3803. De] e oder o. — 3839. constantanis steht. — 3839. nach bi steht
der sun {eher sim). — 3852. war"*] ne über war. — 3854. gestiche] sie! —
3855. heideniskin. — 3864. werde] worcte? s. unten. — 3867. saz] z ist
in t corrigiert. — 3868. Es steht voischemil. — 3884. gerorte] wohl ge-
zorte {auch das zweite r ist z-ähnlich). — 3929. beide] ei verwischt. —
3930. sin] übergeschrieben. — 3933. theiz] t steht nicht vor heiz. — 3940.
Svonner] statt r eher z. — 3949. da]do. — 3950. hie] deutlich hir. — 3959.
uergist] deutlich uengist — 3962. wilt] walt. — 3970. dene] denie. —
3973. heffen] helfen. — 3977. Svowaz verbunden. — 3981. dar] dir, {deutlich
4004. liete] licte. — 4012. uirwandelote. — Nach 4015 ist keine
Lücke in der Hs. — 4504. gesagen] ge urspr. weggelassen. — 4057. der]
d aus b corrigiert. — 4059. ( )rnarj n am Rande, vnar in der Zeile, also
412 A. EDZARDI
Nvnar. — 4062. himilriche. — 4084. basilistiü. — 4085. Boctere] sicl —
4088. vordin] v aics w gemacht. — 4119. sin] sint. — 4126. daz] oder
dar (eher daz). — 4127. Dar] r deutlich. — 4141. uorze deutlich. — 4152.
zeichen] zerchen steht. — 4153. zvoch] sie ! — suert, Änm. suret] oder
suvet {eher r). — 4156. breste. — 4177 sie! — 4188. dalcj c deutlich. —
4207. tengelere] sie! — 4245. sprach] ch scheint radiert und darüber ck
(tk ?) geschrieben zu sein.
4256. hande. — 4258. vor orkunde ist der erste Strich des k (von
künde) radiert. — 4284. ir sclagin getrennt. — 4303. geuet] verwischt,
aber noch leserlich. — 4331. ger wnnin getrennt. — 4345. (D)eginc] o steht
deutlich statt e. — 4356. vor h ist c ausgekratztj vgl. 3670. — 4363. vor
he ist radiert, wahrscheinlich stand Ge (von Geuort 4365?). — 4402. ge-
biledot, bei Mm. undeutlich. — 4423. gebom] geborln. — 4435. Gesezzit
den unrechten. — 4444. allin. — 4447. sant] hant steht deutlich (Mm..
hatte wohl ein sog. deutsches f^ geschrieben, und dieses später als f gelesen).
4478. icht] wohl ichc. — 4494. ane] das fragliche WoH sieht dem 4498
stehenden ime sehr ähnlich und überhaupt erklären die Züge der Hs. die
Möglichkeit des Verlesens eines an aus im, denn wenn der Ansatzstrick
des m etwas weit von links aufholt, so daß darunter i steht (wie 4498),
sieht im dem an sehr ähnlich, es ist also wohl unziceifelhaft ime zu lesen.
4501. in me] es stand imme, wovon der letzte Strich des ersten m radiert
ist: in:me. — 4506. urowe] uroue. — 4509. ic] oder it. — 4523. we-
dichet] ich lese wetlichet (oder werlichet?). — 4533. werohaft] der frag-
liche Buchstabe ist doch wohl o oder v, kaum c. — 4535. ge | tan. — 4539*
koninge, Anm. „konine ^ e ausgekratzt"^^ e scheint es zu sein, darunter
verblaust ein anderer Buchstabe; bis zum Punkte, der nicht fehlt, ist Baum
für zwei Buchstaben (ge?). — 4542. du in] du verwischt, dahinter ein
brauner Fleck, unter dem ich in zu erkennen glaube, dazwischen scheint
mir s zu stehn\ es ist wohl dvsin zu lesen. — 4544. dir ze nie] sie! —
4543. over] o durch einen kleinen dunklen Fleck verdeckt. — 4545. uer-
smadis. — 4562. giuer is] ziemlich dicht an einander. — 4567. vor thoter
steht schon einmal tho radiert. — Von hier ab ist der rechte Theil der
Seite bis unten hin, nach unten sich bis zur halben Breite der Seite er-
weiternd, frei gelassen; vxirum, ist nicht ersichtlich. — 4594. newart] ne-
warit. — 4596, Alciz] oder Aleiz. — 4600. intgegene] schon radiert, aber
noch leserlich. — 4600*. Hier sind ein und eine halbe Zeile so stark radiert,
daß nur noch weniges undeutlich durchscheint. Daz hieß das erste Wort
nicht, es scheint Sv und noch ein Buchstabe gestanden zu haben. Was
vor ie stand, ist nicht zu sehen, ein s kann ich nicht erkennen. Es steht:
Sv. . ie deme | es . .v (r radiert) Sie(?)] das weitere ist gänzlich
ZUR TEXTKRITIK DES BOTHER. 413
unleserlich, — 4662. hantwerke] sie! — 4673. fiiir] uir steht — 4677.
weder (fehlt bei Mm,) luete (so eher als lucte). — 4687. maniger. —
4693. irkennis] irkenins steht. — 4721. Inde] verwischt^ aber leserlich, —
leuete. — 4725. eclich] oder edich. — 4726. Iz ni] Iz in. — 4728. ecliclie]
oder ediche. — 4737. vil] vile.
4775. Hie] wie Hic. — buuen] sie! — 4779. quamen] qua. — 4805.
vart] der erste Strich des v ist sehr dick: zusammengelaufenes w? — 4809.
Hintei' Jenich ist ein kleiner sich nach unten ziehender Tintenfleck, —
4811. wezgot] z deutlich. — 4838. dectte. Anm. fast dedte**] deilte,
der dritte Buchstabe ist ehei' \ als i. — 4842. Plisnm] sie! — 4849. me-
diet] der dritte Buchstabe könnte d gelesen werden, ebensowohl aber el, tl
und selbst rl (s. unten); der letzte Buchstabe ist t. — 4853. richtere] r
deutlich. — 4867. Done gews getrennt. — 4883. ime] sie! — 4886. mit]
it auf radiertem Grunde. — Nach 4908 und 4925 ist keine Lücke in
der Hs. — 4913. ne übergeschrieben. — 4918. Daz] z in t corrigiert. —
hiet] liet. — 4928. geserwe] urspr. ge ausgelassen. — 4932. edilime. —
4933. zvo] eigentl, zro? — 4955. claugestian] cl könnte au^h d gelesen werden.
5005. lant | sprage. — 5007. urome] oder urvme. — 5012. Sujvert.
— 5021. frenkise] e deutlich. — 5070. lant, Anm. y^es steht laur**] sant
steht! — 5090. hom] horin. — 5094. der] sieht so aus. — 5132. nichtein]
niehte in. — 5145. got] s, zu 581. — wate] es sieht aus wie Wort, ver-
wischt und durch Eeagentien fast unleserlich geworden; dahinter ist wohl
e ausgekratzt (Bückert liest auch wort). — 5152. Du] wohl Nu, une es
eher aussieht. — 5175. vor gemochte ist etwas ausgekratzt (m?)*).
Noch ein Punkt ist zu besprechen, die Absätze und die Buch-
staben am Rande. Die bei Mm. eingeklammerten großen Buchstaben
fehlen^ obwohl Raum für sie gelassen ist, ohne Absatz in der Hs. 33.
45. 116. 134. u. s. f. (auch 3521 fehlt R), mit Absatz 100; der leere
Raum erstreckt sich über zwei Zeilen 100. 3005. 3229. 3371. 3485. Offen-
bar sollte der Rubricator die Initialen eintragen, was aber unterblieb.
Von 342 ab stehn statt dessen folgende Buchstaben am Rande**):
342 d; 364 n; 408 n; 3005 c; 3035 a; 3077 G; 3101 d; 3109 d; 3132 e
(Mm.' Introwen!) vgl. 4389; 3155 d; 3177 d; 3207 N; 3229 d; 3241 d;
3261 d; 3285 v; 3343 d; 3371 w; 3429 w (Mm. schrieb (l>)ar.O; 3463
*) Dieß Verzeichni88,i8tibei der Correctur noch einmal genau mit meiner
Collation verglichen undjdarf daher^al s zuverlässig bezeichnet werden.
**) Ich wage nicht zu beurtheilen, ob von derselben Hand oder nicht Übrigens
sind lange nicht Überall, wo die Anfangsbuchstaben fehlen, diese am Rande angegeben.
Sie können vom Schreiber zur Anweisung für den Rubricator an den Rand ge-
setzt sein.
414 A. EDZARDI
d (iVin der Zeile); 3485 rf; 3579 a; 3631 L(?); 3653 a; 3737 i2; 3765 d;
3787 JB; 3879 d; 3955 d; 4079 d; 4107 d; 4135 d; 4183 d; 4199 tr;
4241 d (eine Zeile zu tief); 4261 5; 4285 d; 4325 d; 4345 d; 4377 S;
4475 d; 4493 d; 4579 d; 4603 ti? (zwei Zeilen zu hoch); 4663 v (nicht
tr); 4705 d; 4729 d; 4829 d; 4921 JB; 4955 d; 5021 d. — Kein Absatz,
aber große Initiale findet sich 442. 466. 492. 654. u. s. f., wo nichts
bemerkt ist; dagegen macht die Hs. einen Absatz 100. 788. 796. 1120.
1347. 4921. — Kein Absatz noch die Andeutung eines solchen findet
sich 2017. 2803. — 3319 is^ in einer Zeile für die Majuskel Raum ge-
lassen^ es ist aber nur ein kleines n{?) eingetragen.
2. Vorschläge zur Herstellung und Erklärung des Textes.
Nachdem im ersten Theil für viele Stellen die Lesarten der Hs.
festgestellt sind^ sollen jetzt an einige dieser Stellen Bemerkungen in
Betreff des Ergebnisses ftlr die Textkritik geknüpft werden. Auch will
ich bei dieser Oelegenheit einige andere Besserungs- und Erklärungs-
versuche vorbringen, die mir während meiner Beschäftigung mit dem
Rother einfielen*). Den Text Rückerts ftlge ich in [ ] bei.
159. iz quam in nie in chein [Hs. cheim] lant^ wobei das erste
in Rother und die Seinen meinen muß : „^on ihnen wurde nie in irgend
ein Land geschickt..^ [qtuim nie in nihein R].
389^ UrsprtLnglich stand doch wohl durch fdurej wunder^ vgl. 3022
[durc wunder R.].
454 f. Des sune waren ir sibene.
der ne legitiz ovh nie[r]gin nidere.
Die Vergleichung mit 468 ff. und 478 zeigt , daß hier der Text ver-
derbt ist. Wahrscheinlich ist durch Abirren des Schreibers eine Lücke
entstanden. Es mag gestanden haben:
Des sune waren ir [zweleve.
heledef
zer verte (an die vart) waren ir] sibene etc.**)
Wie dem auch sei, so ist zu nider legen doch wohl nicht rät zu er-
gänzen [R so: „vernachlässigte], sondern: das Riagen um seine Söhne.
Dieß ist an sich natürlicher (vgl. mhd. Wb. H* 334**, wo übrigens Klage
2727 B [meiner Ausgabe] nachzutragen ist) und, weil die Erwähnung
*) Andere sind in meiner Dissertation (Oerm. XYIII 429—446) gelegentlich
bemerkt, nämlich 2973 riete] reite. — 3671 I>an] Den, — 3648. urovcht] vorhL — 4883
ime] m. — Vgl. aach den Hentellnngsversnch von 4817 — 4878 p. 440 ff.
**) So daß wohl grade eine Zeile der Vorlage ausgefallen sein wird.
ZUR TEXTKRITIK DES ROTHER. 415
der Söhne vorhergeht wahrscheinlicher: „nie ruhte auch seine Klage";
auch, wie Rothers, wovon eben die Rede war.
480. von scaze (scatef) vn uan golde; dieselbe Wendung steht
590: goü vnde schaz» Der Schreiber hatte wohl die gewöhnlichere
Wendung silber unde golt im Sinne, corrigierte aber später nach der
Hs. [van silver und van golde R.].
656. durtj urspr. stand wohl durch, daraus ward dort gemacht,
indem o übergeschrieben (vgl. oben 2970) und h radiert ward, [dort R.]
873. gescheU (aus geschein gemacht), also war die letztere Form
dem Schreiber geläufig, und er corrigierte sie nach der Hs. zu gescheit
So wurde oben gezeigt, daß er in satte, mote, vote, dat t nach der
Vorlage herstellte, nachdem er zuvor z geschrieben hatte.
So steht femer 2201 sagit, aus sagic verlesen, 2238 muß mir aus
mtc verlesen sein; 4245 scheint sprach in sprach corrigiert zu sein.
Dieß alles scheint mir darauf zu deuten, daß die Vorlage ein mehr
niederdeutsches Gepräge trug, welches vom Schreiber herrühren, aber
auch aus dem ursprünglichen Gedichte stammen kann (vgl. Germ.
XVllI, 419 f.). Es würde sich^ soweit man überhaupt in dieser immer
noch dunkeln Frage urtheilen kann^ etwa folgendes Verhältniss der
Überlieferungen herausstellen:
Original (um 1130—1140 an der niederdeut-
schen Grenze entstanden).
Umarbeitung [in Baiem?] anscheinend von einem
: Nieder- oder Mitteldeutschen verfasst.
Vorlage von H M
Ob die Bearbeitungen A und B auf H, auf dessen Vorlage, oder
direct auf die erste Umarbeitung zurückgehen, ist schwer zu entscheiden.
963. en uirsagetSy so las nach dem oben gesagten der Schreiber
in der Vorlage. R. erklärt en = in, d. h. doch „meinen Mannen", also
„hätten sie abgerathen, wie ungeme hätte ich ihnen versagt". Con-
stantin will aber offenbar im Gegentheil sagen: „hätten sie mir abge-
rathen^ so hätte ich es bedauert [eure Bitte] versagen zu müssen."
Da nun in der Vorlage oder deren Quelle wohl nicht gut ev (= iv)
gestanden haben kann, wird en wohl aus ez verlesen sein.
416 A. EDZARDI
1091 ff. Silbe trogen sie die suert:
vnder in ne hette nigen werc [wert y^Werthschätzung,
Bedeutunj"^ R.]
der unwizende hone man,
noch ne dorfte niergen zo in gan.
^Hatte bei ihnen nichts zu schaffen (nicht die Schwerter zu tragen?)"
passt offenbar besser in den Zusammenhang.
Nach 1212 ist etwa zu ergänzen
Er mochte dick [alles f\ biten (: mite),
1213. er iz dir [der J3i.] ane danc were,
svie schiere [schere Hs,] er iz verbere!
,,Er würde dich um alles bitten können, ehe du etwas dagegen hättest,
wie bald er es auch unterließe!" d. h. „Um was der dich auch bitten
möchte, du würdest ihm nichts abschlagen, er brauchte darum gar
nicht lange zu bitten" (vgl. 1066 f. 1077 ff.). Das Fehlen des Verses
wäre dann durch Abirren von «r zu er zu erklären. [1214 svi R.].
1294. vnde andere dietJierichts man. Die Wendung erinnert an den
Interpolator, der sie 4986 braucht Vielleicht stand: die herren täten
ouch cdsam (: A»priän)f
1527. wezeij d. h. wez et? Doch erwartet man nach der Negation
ein anderes Verb: Herlint weiß ja grade Rath und sagt ihn unmittel-
bar darauf, [wetz R.J.
1399. irlande (Irlande R.], Elfenbein aus Irland? Ist vielleicht ir
lande zu lesen?
1661 muß GWmme's Rede schließen, und die Verse 1662 — 1665
schildern die Befolgung des Rathes durch Asprian. Sollte 6r. wohl zu
A. sagen: Mit listigeme mote
Vragit dene grimmigen man etc.?
Dieß sind doch wohl Worte des erzählenden Dichters; es ist also
Vragit er dene etc. zu lesen. Daß Asprian vorher als redend genannt
sein muß, folgt aus der Antwort Widolts y^herre min^.
1667. Do sprach Hs.] Do ist zu streichen [sprach do R.].
1759. her wurde des rovfens gedagit [gedegitB^y s. d. Anm.].
1780 f. her stiez [sie] mit der vust nider,
Daz sie indeme höre*) lagen [hove Mm. Ä].
Die Überlieferung der Hs. (^im Eote^) ist augenscheinlich passender.
hör findet sich noch einmal im Rother, übrigens an einer Stelle (5147),
die wahrscheinlich dem Bearbeiter angehört.
*) nicht harwe wie auch garCj «ore im Reim steht.
ZUR TEXTKRITIK DES ROTHER. 417
2209. der dm gegnoz mochte sin [genozR,]] ye gji&zf Dann würde
man aber dir erwarten.
2298. boltUche statt blötUche oder bldcliche (vgl. blolicke 1393);
ähnliche Umstellungen des l und r sind nicht selten in der Hs. (vgl.
Germ. XVIII, 407 f.). [R. beüliche „fast in der heutigen Bedeutung des
Wortes bald, eifrig, rasch".] Der Zusammenhang erfordert die Be-
deutung „beschämt, verlegen" :
Die urowe harte ir scricte,
Den uoz sie vf züchte
Vnde sprach zo dietherfche
Harde blocliche:
Nu newart ich nee so ungezogin:
mich hat min vber mot bedrogen etc.
2400. Sin Mm. [sint R.]; Svi giebt auch genügenden Sinn.
2560. gerin] Wenn das Wort nicht gelten sollte, würde der Vers
allerdings zu kurz, was aber auch sonst in der Hs. sich findet (Germ.
XVIII, 393); geriten stellt R. her, eher wäre noch an ge[va]rin zu denken.
2933 ff. Des kvningis amelgeres sune;
Izne quam van eineme sinin kunne
Also manich ture wigant.
Iz bequam ist natürlich zu lesen (mhd. Wb. I, 904**); R liest: izne
qtiam,
2999. Her hat uns redte getan. Diese Lesart der Hs. darf nicht
ohne weiteres durch rechte ersetzt werden, so lange die Möglichkeit
einer Erklärung sich bietet. Ein Erklärungsversuch soll wenigstens
gemacht werden. Es ist an die im mhd. Wb. H* 594* unter b) be-
sprochenen beiden Stellen zu erinnern, in denen rede noch die alte
Bedeutung ^das Gebührende, was sich gehört hat. Im mhd. (auch im
mnd.?) findet sich das Ableitungs-i (j) nicht mehr, wohl aber im ahd.
Hätten wir hier eine alterthümliche Form des Wortes mit alterthüm-
licher Bedeutung erhalten, so stände der Fall im Rother wenigstens
nicht allein. Die Bedeutung fiele mit rechte ziemlich zusammen [rechte R.].
3105. Vere [R vele], doch wohl = viere.
3253 ff. Swaz die moder redde,
Die tocheriz alliz dolete.
Constantine was wil lief;
Her inhatte (?) uf ir sprechen nit:
He liez si svigin unde clagin,
Biz si is gnoh [guoh Hs.] mohten [mothe Hs.] hauin.
GklRMANr.V Xtiue Keihe VIII. (XI. Jahrg.) 27
418 A. EDZARDI
hohen üf =• „geben auf, sich kümmern um^» das naheliegendste, weiß
ich nicht zu belegen. Mm.'s Vermuthung liorte, harte ist zu beachten-
R's Erklärung: „<2/ enthoben c. acc. aufhalten: er hielt ihre, d. h. der
Mutter Rede nicht auf, scheint mir gezwungener. [Bartsch vermuthet
enahtte]. svigin (die Tochter), clogin (die Mutter), daher mohten (in der
Vorlage wohl mohte). [dagin R.].
3864. ioorcte (Hs. werde) „täte" [worte statt worhte R.].
3884. gezorte statt gezomte [gezomte R.].
3940. SvonneZj nämlich ouil unde guot [svannez R.].
3981. dir] dar ^ wie Mm. und R. schreiben, scheint nothw endig
zu sein; doch ist zu beachten, daß die ganze Stelle bis 3983 (wenigstens
3984) verderbt ist*). Soll 3981 kumin conj. sein, so ist es die über-
lieferte Form hant doch nicht, was freilich wenig sagen will.
4493 f. Des koningis gekose
Was ime uals lose.
[R. hat noch das sinnlose äne vals löse] vgl. 18 einis zeines her ime
gedachte' 1145 toe leide ime der kunine da saz (Germ. XVIII, 417).
4323. So iz aUir wetliehet (werlichetf) ist. Jedenfalls liegt 6in
Superlativ vor, also wohl wetlichegt [so R. „kleidsam, angemessen, in
sofern auch Wahrscheinlich', und in dieser Bedeutung hier"].
4542. waz of du sin noch gevahis [Fragezeichen R., muß wohl
fortfallen, denn sin nimmt den von scaden**) abhängigen Genetiv vorweg.]
4775. Hie buuen capeüone] Sic huuen [= R.] ist herzustellen.
4779. qua der Hs. ist aufzulösen quam (nicht quomen) vil manich
amme [EL quam].
4837 f. Rother saz bit voller hant
unde deilte widene die laut [Mm. dectte, 22. decte].
Da es sich hier um die Ländervertheilung handelt, ist deilte wohl
zweifellos.
4849. Da ne was nehen scoz mer (niet?) liet. Das letzte t ist wohl
aus / verlesen [mer liep R.].
3094. sprach der koningin. Kann dev in der Vorlage gestanden
haben, wie Mm. vermuthet? Vgl. zu 965.
3143. Nu covfe dir selve got wort. Diese Lesart ist wohl herzu-
stellen und dafür die Erklärung R.'s zu acceptieren.
*) Übrigens stehen die Verse 3984 f. genau so in der Hs.
**) Wie doch wohl statt 9C€inden der Hs. zu lesen ist.
ZUR TEXTKRITIK DES ROTHER. 419
3. Das Badener Fragment.
Das Badener Frgm. B, jetzt in Nürnberg auf der Bibliothek des
Oerm. Mus. (Nr. 27744), hat Mm. anscheinend nach dem Abdrucke
Graffs (Diut. 11, 376 — 378) wieder abdrucken lassen, aber mit argen
Fehlem. Doch auch Graffs Abdruck ist, wie mir eine Vergleichung
des Bruchstücks in Nürnberg zeigte, in folgenden Einzelheiten zu be-
richtigen*):
995**. h'ren. — 999. erwinden] i vet^löscht^ sieht aber tote e aus. —
1000. zu vru ist nachgeschrieben {^j (her vor entrunnen .Qt; fehlt Mm.)
— 1001. wir übergeschrieben^ aber atisgeh*atzt. — w'den. — Punkt vor
nv(!). — 1002. d\ — 1004. D*. — 1007. ostantin. — 1008. h're. — zor-
net] zvmet. — 1014. enchan verbunden. — 1017. frvm^ — 1019. entwelet-
hat (== Qr.) Ende der Seite. — 1020. wid* iw's h'ren. — 1022. Aspria-
nes] A roth. — zom was] zon waz steht, — 1026. kam^ man. — 1035.
vngeb'de. — 1036. 37 in einer Zeile. — 1037. Imm*. — 1039. d*. —
1041. d\ — (1042* gnoten = Gr.). — 1044. wid* saz. — 1046. vV Ivt
Auf der ersten Seite am linken, auf der zweiten am rechten
Rande ist die zweite Spalte scharf abgeschnitten, doch sind noch einige
Buchstaben und Buchstabentheile stehen geblieben:
p. I ch links neben 1010,
, . . .ch yj „ 1011.
Da auf jeder Seite 28 Verszeilen stehn (1 : 994-1019, 2 : 1020-1045,
indem, wie angegeben, Vers 1036 f. in öiner Zeile stehn), so ent-
sprechen jene . . cä, , .ch in der 9. und 10. Zeile von unten den Versen
984 f , welche lauten :
Den hanich ie doch bedwungin.
sine botin sin hiere gebunden.
Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß, nach Analogie der sonstigen
Keimcorrectui*en in B, in dieser Hs. stand:
[Den hanich bedwungin] doch
[sine boten sin hiere gebunden] noch
Femer scheint 974 mit . .r (FL groz) geendigt zu haben, weil • .r
links neben 1000 steht; richtiger ist wohl . r zu 975 zu ziehen; vgl.
unten.
p. 2. neben 1046 steht rechts o oder der untere Theil eines d.
, 1045 „ „8
*) Da es bei einem so kleinen Brachstücke unter Umständen auf jeden Buch-
staben ankommen kann, so gebe ich auch die dort aufgelösten Abkürzungen an.
27*
420 A. KDZARDT, ZUR TEXTKRITIK DES ROTHER.
neben 1044 steht rechts ein halber Buchstabe; es kann
der vordere Theil des H sein.
^ 1043 „ n ^j ziemlich deutlich.
Diese Buchstaben mttssten den Versen 1074, 1073 u. s. f. entsprechen,
und in der That sind deren Anfangsbuchstaben D, S, 27, D.
Neben 1042^ steht rechts ein Grundstrich, der zu o, h, l, vielleicht
auch zu 8 gehören kann^ neben 1042* steht deutlich d, neben 1042
nichts, neben 1041 ein Grundstrich, der zu 0 gehören kann, eher wie
J aussieht, aber auch zu anderen Buchstaben gehören kann; neben
1040 und 1039 steht nichts; neben 1038 scheint der obere Ansatz zu
D oder der untere zu N zu stehn. Hieraus ist wenig zu gewinnen, da
die Buchstabenreste zu vieldeutig sind. Immerhin können auch hier
die Verszeilen den Versen von H entsprochen haben, so daß neben
1038 JVtt von 1064, neben 1041 Do« von 1067, neben 1042' d (von
dazf)^ neben 1042^* s (von so oder sief) gestanden haben mag. Man
könnte annehmen, daß 1069 f. etwa lauteten:
d[az sie hetten min gemote] ) ^
8[ie hiezen etc. i
Als Resultat scheint mir wenigstens das bezeichnet werden zu
dürfen, daß auch auf den beiden abgeschnittenen Spalten der Text
B mit H ziemlich genau übereingestimmt haben muß. Da femer an
der Stelle der langen Verse 970. 971. 980 keine Buchstaben derselben
auf der erhaltenen Spalte stehen, ist daraus zu folgern, daß 970 f.
kürzer und 980 richtiger in zwei Zeilen geschrieben war, so daß das
links neben 1000 erhaltene End-r zu 975 gehört
Die Vorlage von B muß gelautet haben:
1000 f. Nu sin wir her entrunnen.
Vn suln [wir] werden hie gebunden,
1024. Zu der porten nahen.
Da die alle sampt waren (?)
1028 f. vn gewunnin zwelf wagene,
die siben naht ze samene. etc.
Es ist möglich, daß diese Es. besser als H war. Wenigstens
scheint B 1042:
Daz sie gnaistoten
Vil wnderlichen gnoten (vgl. 2464: Wunderen note)
H gegenüber das echte erhalten zu haben.
Vielleicht ist anzunehmen, daß an den Stellen, wo H und •B*)
verschiedene Assonanzen haben, ein beiden gemeinsames Original noch
V Mit *B bezeichne ich die VorUge von B.
MEISNER, WIRNT VON GRA VENBERG. 421
größere Reimungenauigkeiten hatte, welche H und *B in verschiedener
Weise beseitigten, so
1000 f. H handen : geuangin; *B entrvnnen : gebunden. Original
vielleicht entrvnnen : geuangen.
Auch 1028 f. (H wagine : geladene, *B wagene : samene) kann sich die
Abweichung so erklären. Wahrscheinlicher ist aber, daß hier H das
echte hat, während *B aus metrischen Grtlnden änderte.
4. Das Hannoverische Fragment.
Das Fragment A befindet sich auf der Amswaldischen Bibliothek
in Hannover. Auf eine Anfrage wegen etwaiger Versendung desselben
erhielt ich vom Freiherm Walter von Waltheim die gütige Mittheilung,
daß nach Herrn Dr. AI. Reifferscheids Vergleichung „der Abdruck des
Fragments bei Maßmann bis auf wenige unbedeutende, allein die
Wortschreibung betrefifende Abweichungen, ganz genau ist^.
ANKLAM, im Febraar 1876. A. EDZABDI.
WIRNTS VON GRA VENBERG VERHÄLTNISS ZU
SEINEN VORBILDERN-
I.
** «
Überall, wo von der Stellung Wimts in der mhd. Litteratur ge-
sprochen wird, finden wir auch sein Verhältniss zu den Heroen des
höfischen Epos berührt Man weist im Wigalois Anklänge an den Iwein
und Parzival nach, ja man stellt sogar die Meinung auf, daß Wimt
einzelne Stellen aus Gottfrieds Tristan benutzt habe. — Die Sache
verdient eine nähere Untersuchung, da alle diese Urtheile zwar, wie
wir annehmen müssen, auf eine Vergleichung beider Theile basiert sind,
jedoch der Weg, auf welchem man sie fand, sich unserer Verfolgung
entzieht. Ich meine damit, daß wir noch keine speciellere Auseinander-
setzung haben, in welchem Verhältnisse Wimt zu seinen Vorbildern
steht; wenn eine solche nun in dem Nachfolgenden gewagt wird, so
verwahre ich mich freilich im Voraus dagegen^ daß ich die Untersuchung
darüber zum Abschluß bringen will. Es soll und kann nur ein Beitrag
sein, weil die Beurtheilung der Abhängigkeit eines Dichters von einem
andern nur zu sehr Sache der subjectiven Anschauung ist; denn das
eine Element, welches bei solcher Beurtheilung in Betracht kommt.
422 MEISSEB
nämlich dasjenige , in wie weit der Ton des Ganzen in beiden über-
einstimmt y liegt mehr im Gefühle, als in anzufahrenden Thatsachen.
Das andere Element aber, das Auffinden der Abhängigkeit des einen
vom andern in Einzelheiten, kann Gegenstand einer streng sachlichen
Untersuchung sein; und auf dieses habe ich mich im Nachfolgenden
beschränkt.
Man hat allgemein erkannt, daß Wimt keinesfalls Gottfrieds Tristan
benutzt und nicht einmal ihn gelesen hat; ich könnte deßhalb wohl
hier Vilmars Urtheil übergehn, der eine Copierang einzelner Gott-
friedischer Stellen im Wigalois gefunden haben will. Allein^ weil mich
diese hingeworfene Äußerung veranlasste, den Tristan auf diesen Zweck
hin eigens durchzusehen, so will ich auf das Resultat dieser Durch-
sicht hier zurückkommen. — Zwar vermag man zu einer Anzahl von
Versen des Tristan Parallelstellen aus dem Wigalois anzufahren, allein
es sind dieß meistentheils Ausdrücke und Wendungen, welche der
Sprache des höfischen Epos überhaupt angehören, oft sogar Phrasen,
welche, wie es mir scheint, durch allseitigen Gebrauch zur Versaus-
fllllung, oder, um einen Reim zu erlangen, gleichsam privilegiert sind.
Es mögen Beispiele daflir folgen. Wig. 14,28 und ähnlich 213,25:
^dö tet er sam die wtsen tuont" ist parallel mit Tristan 17677, doch
ebenfalls mit Gregor 24. Erec 8632. 10084; Wig. 16, 27: „wä nu schilt
unde sper, hamasch unde ors her" mit den ähnlichen Stellen Wig.
34, 34. 51, 1. 217, 34 parallel Trist. 13388, aber besser noch mit Iw. 4625.
Die bei Wimt beliebte Schilderung Wig. 23, 31 :
wan da was schoene unde jugent,
gewizzen unde ganziu tugent,
geburt unde sinne,
die sich Wig. 30, 9. 36, 20. 40, 8. 98, 30. 99, 25 variiert findet, treffen
wir auch im Trist. 1149; sie ist jedoch in Hartmanns Dichtungen so
zahlreich, daß Wimt sie jedenfalls von ihm entlehnt hat Ich merke
sie an Iwein 339. 1925. 2089. 2423. 3137. 3517. 6465; Erec 5899.
Greg. 693. Ebenso geht es der ähnlichen Exposition im Wig. 77, 29:
da was kunst unde kraft,
ssBlde unde manheit
diu het got an in geleit,
wozu Trist 9725, aber besonders Erec 338. 2436. Iw. 1385 zu ver-
gleichen ist Der Lieblingsvergleich Wirnts „wie ein Spiegelglas" (Wig.
29, 5. 42, 20. 108, 31. 182, 8. 192, 2), der bei Gottfried (Trist 1905.
6617. 11008. 11730), wie bei Hartmann (Erec 2290. 4642. AH. 61) sich
findet, ist, wie MaÜmann (zu Eracl. p. 375) nachweist, so allgemein in
WIRNTS VON GRA VENBERG VERHÄLTNISS ZU SEINEN VORBILDERN. 423
mhd. Gedichten, daß man Wimten nicht anschuldigen kann, ihn von
einem Dichter speciell herübergenommen zu haben. — Im weiteren
finden wir zu Wig. 110, 24 u. 148, 21: „swaz ir weit, daz tuen ich**
Belege im Trist. 3372. 13938. 15960. 16251, wie im Iwein 243. 2290.
3622; zu Wig. 207, 30: „nu wil ich an die rede min wider giifen da
ich die lie** Trist. 7235 und Erec 1837; schließlich dürfen wir Aus-
drücke, wie Wig. 146, 29: „sol daz in iuwern hulden sin" oder Wig.
296, 36 „daz ich in wise üf ir zil" u. a., die freilich im Tristan (5118.
378. 12460 u. oft), aber auch in fast allen andern höfischen Dichtungen
wiederkehren, nicht als Entlehnungen betrachten. — Mehr oder weniger
sind alle diese angeführten Ausdrücke und Verse geradezu dem höfi-
schen Epos conventionell , ebenso wie es jene zahlreichen Berufungen
auf die Quelle oder Vorlage sind, die uns in den mannigfachsten
Variationen in allen epischen Dichtungen jener Zeit entgegentreten.
Man ist längst schon darüber hinaus, auf solche Verweisungen Gewicht
zu legen und hat sie für weiter nichts zu halten, als für eine Art Aus-
hilfe, wo ein Reim oder ein Versstflck fehlt Diese Ansicht ist dadurch
zu belegen, daß man in besseren Dichtungen, so besonders also im
Iwein, wenig solche Ausfüllungen antrifft, hingegen bei Gedichten
zweiten Ranges sie oft unangenehm, noch öfter aber gradezu naiy
hervortreten. Daraus folgt aber nicht, daß man den Tristan, in welchem
solche Wendungen verhältnissmäßig nicht selten sind, nicht unter die
hervorragendsten Dichtungen zu rechnen habe; denn die Vorzüge dieses
Werkes liegen nicht in einem exacten Stile. DerWigalois nähert sich
in Anbetracht solcher aushelfenden Berufungen auf die Vorlage mehr
dem Tristan, als dem Iwein, aber Abhängigkeit darin von ersterem
zeigt er nicht. — Eine Stelle im Wigalois ist es, in welcher wir Nach-
ahmung Gottfrieds anzunehmen hätten^ wenn wir nicht aus einer Parallel-
stelle im Iwein ersähen, daß diese Dichtung an dem betreffenden Ort-
gemeinschaftliche Quelle ftir Wimt und Gottfried gewesen; das Ver-
bal tniss wird sich am klarsten durch eine Gegenübersteilung zeigen.
Iwein 1014: Trist. 6863:
ir ietweder sin sper daz st diu sper zestUchen
durch des andern schilt stach daz si in den schilten brächen
üf den Itp daz ez zebrach wol ze tüsent stucken,
wol zc hundert stücken. d5 gieng ez an ein zucken
do muosen si beide zücken der swerte von den sften.
diu swert von den siten; si giengen z'orse striten...
hie huop sich ein striten . . .
424 MEISNER
Wigal. 19,8:
wan ir ietweders schaft
brast ze manegen stücken.
d6 maosen si zücken
diu swert von den siten:
do huop sich schoenez striten
en zwischen in beiden.
Die Verse im Wigalois stehen ersichtlich denen im Iwein viel
näher, als denen Gottfrieds; man mag sogar sagen, daß in Bezug auf
rhythmische Malerei die Wimtische Steile den Vorrang vor den beiden
andern behauptet. — Es wäre möglich, noch andere Vergleiche zwischen
einzelnen Stellen des Tristan und des Wigalois anzustellen und Ab-
hängigkeit des einen vom andern darin nachzuweisen, wie beispiels-
weise, daß die Beschreibung des Hündchens, welches Wigalois für
Nereja fingt (60, 24 ff.). Anklänge habe an die des Petitcriu im Tristan,
daß Wimt die sprichwörtliche Redensart „mit Karies lote wegen"
(Wigal. 256, 13) von Gottfried (Trist. 275) entlehnt; doch auf diese
Möglichkeiten hin darf man einen Einfluß des Tristan auf Wirnts Ge-
dicht nicht annehmen. — So ergiebt sich mir kein Zeugniss für Vilmars
Ansicht, und ich stehe nicht an, sie zu verwerfen.
Wir wenden uns nun zu dem Verhältnisse Wirnts zu den Hart-
mannischen Dichtungen. Es ist wohl etwas viel gesagt, wenn Pfeiffer
behauptet, die, wie wir sehen werden, gar nicht so geringe Anzahl
von Versen des Wigalois, welche solchen aus Erec und Iwein nach-
gebildet sind, seien „eine unwillkürliche Erinnerung" oder „eine
Folge des mächtigen Eindrucks'', den diese Werke beim Lesen auf
ihn machten. Freilich hatte die Leetüre Hartmanns auf Wimt mächtig
gewirkt, allein wir dürfen dieß nicht aus den herübergenommenen
Stellen schließen, sondern aus der Anlage des ganzen Gedichtes, aus
dem Sprachgebrauche im aUgemeinen darin und, wir möchten sagen,
aus dem Leben und Treiben, aus der ganzen Welt, die uns Wimt ent-
faltet und die eine echt Hartmannische ist Öftere wörtliche Citate hin-
wiederum können nicht unwillkürliche Erinnerungen aus der Leetüre
sein; sonst erschienen sie gewissermaßen verarbeitet und offenbarten
sich nicht ftlr den aufmerksamen Leser sofort als von fremdher Ge-
nommenes. Das Beispiel eines anderen Dichters, auf welchen Hartmanns
Werke tiefen Eindruck gemacht, liegt nahe, das Gottfrieds, dessen
feines Urtheil über jenen, auf welches getrost noch jeder Litterar-
historiker das seinige begründen kann, der beste Beweis dafür ist.
Wir sind oben bereits einer unwillkürlichen Erinnerung Gottfrieds an
WIRNTS VON GRAVENBERG VERHÄLTNISS ZU SEINEN VORBILDERN. 425
Hartmann auf die Spur gekommen; daraus ersehen wir, wie eine solche
aussehn muß und wie sie sich umgestaltet; aber wörtliche Citate aus
dem Iwein oder Erec finden wir im Tristan nicht — Wenn nun also
Pfeiffers obige Ansicht etwas zu modificieren ist, so bleibt — um dieß
hier vorwegzunehmen — dennoch sein Wort bestehn, daß solche Citate
aus fremden Schriftstellern nicht eine Armuth an eigenen Gedanken
und einen Mangel an Selbständigkeit bekunden. Wimt wollte vielmehr
grade dadurch seine ihn nach damaliger Sitte ehrende Belesenheit
kund geben, sein Werk, wie es zu seiner Zeit ein beliebter Schmuck
war, durch Entlehnungen aus allgemeiner bekannten Gedichten ver-
edeln und — denn auch dieser praktische Zweck kommt sicher hinzu
— diejenigen zur Leetüre seines Werkes verleiten, welche die Hart-
mannische Poesie schon kennen und achten gelernt hatten. Was man
jetzt als litterarischen Diebstahl betrachten würde, war zu damaliger
Zeit allgemeine Sitte, nicht anders, wie es jener sonderbare Umstand
war, daß die besseren Dichter des höfischen Epos selbst sich nicht
scheuten, mehr oder weniger zu Übersetzern zu werden, ohne nur irgend
daran zu denken, den Namen ihres Gewährsmannes und sein Werk
zu nennen.
Ehe wir nun zu der Gegenüberstellung von Stellen und Situationen
aus dem Wigalois und aus Hartmanns Werken übergehn, müssen wir
erst klar sehn, was alles bei einer solchen Vergleichung auszuschließen
ist. Ich meine, dieß muß zunächst mit den Stellen geschehen, die, wie
wir oben schon bemerkt, allgemein in der höfischen Sprache übliche
Redensarten enthalten, als da sind: stehende Höfiichkeitsphrasen (z. B.
sol daz in iuwem hulden sin Wigal. 146, 29; swaz ir gebietet, daz
tuen ich u. a.), femer die Berufungen auf die Vorlage und alle Wen-
dungen, wobei die Subjectivität des Dichters hervortritt, endlich die
öfter sich wiederholenden Ausdrücke bei Schilderung von Ritterkämpfen,
bei Beschreibung von Menschen, Thieren etc. Nachdem wir alles dieß
abgesondert, bleibt ein kleiner Vorrath übrig, den wir als aus Hart-
mann entlehnt anerkennen müssen.
Wimt hat sowohl auf den Erec, als auf den Iwein directe An-
spielungen, so daß wir verleitet werden könnten, zu glauben, daß nur
diese beiden ihm bekannt wären; allein er hat bestimmt auch den
armen Heinrich gelesen. Ob ihm der Gregor bekannt, bleibt sehr frag-
lich und ist besser zu verneinen, denn alle Parallelstellen aus dem-
selben zum Wigalois sind auch mit anderen aus dem Erec und Iwein
zu belegen mit Ausnahme des Verses Wigal. 14, 29: eine wlle er swi-
gende saz, der wörtlich im Gregor 315 wiederkehrt. Daß „pfelle von
426 MEISNER
Alexandrie^ (Wigal. 264, 6) im Mittelalter überhaupt allgemein bekannt
und berühmt waren, ist wahrscheinlich; jedenfalls darf daraus, daß diese
Bezeichnung im Oregor (880), aber nicht im Iwein und Erec vorkommt,
nicht geschlossen werden, daß sie Wirnt aus ersterem entlehnt habe. —
Die Kenntniss des Armen Heinrich bekundet sich bei dem Dichter
des Wigalois besonders durch zwei Stellen, die wir m beiden Versionen
einander gegenüberstellen.
AH 9flF. Wigal. 8, 26 ff.:
Ob er iht des funde Ob ich mit minem munde
da mite er swsere stunde möhte swere stunde
möhte senfter machen den liuten senfte machen
und von so gewanten Sachen und von solhen sachen
daz gotes ^ren töhte .... daz guot ze hoerene wsere ....
und:
AH 1363 ff. WigaL 59, 15 ff.
Nu hete sich diu guote maget Nu h^t sich diu reine maget
so verweinet unde verklaget beidiu verweinet und verklaget
vil nShe hin unz an den tot daz si vil küme mohte leben*
dö erkande .... do wart ....
Bei weitem mehrfach berührt sich der Wigalois mit Hartmanns
Erec. Hier haben wir zunächst eine directe Anspielung auf Erec 1605 ff.
in den Versen Wigal. 163, 4 ff., wobei Wirnt selbst den Namen seines
Oewährsmannes Hartmann nennt Man hat dieß bei unserem Dichter
nicht mit Unrecht lobend hervorgehoben, daß er gerade die Namen
seiner beiden Vorbilder — denn auch Wolframs ist im Wigalois ge-
dacht — angiebt. Vielleicht liegt auch in den Versen Wigal. 77, 11 ff.,
wo von dem „verligen** gesprochen wird und davon, daß ohne Kampf
und Mühsal kein Ruhm zu erlangen ist, eine directe Anspielung auf
Erecs Vorliegen; doch müssen wir auch die Stelle Iwein 2790 ff. hierher
ziehen, wo Hartmann ebenfalls über das Vorliegen spricht und als Beispiel
dafür den Crec anführt. Es kann also Wirnt ebensogut durch diese Stelle
zu seiner Reflexion veranlasst worden sein. — Wir finden im Wigalois
ganze Situationen dem Erec nachgebildet, von denen wir annehmen
können, daß sie nicht etwa bereits in den beiderseitigen französischen
Quellen standen. Zu der Schilderung des Reitpferdes der Enite im
Erec .7263 ff. hat man als Parallelstellen ähnliche ebenso wunder-
bare Beschreibungen von ausgezeichneten Rossen in der Eneide Vel-
deckes 148, 15 ff. Flore 2736 und Wigalois 68, 10 ff. herangezogen. Auf
das Verhältniss der einzelnen zu einander ist hier nur so weit einzu-
gehen, als wir zu zeigen haben, daß Wirnts Detailschilderung der im
WIRNTS VON GRAVENBERO VERHÄLTNISS ZU SEINEN VORBILDERN. 427
Erec näher kommt^ als derjenigen Veldeckes. Dieser letztere giebt das
ausAihrlichste Material; jeder Eörpertheil des Rosses und jedes Stück
des Zaumzeugs ist mit betreffenden Eigenschaftsausdrücken angeführt,
wobei wir, wenn wir alles dieß jetzt lesen , nicht umhin können, über
solch sonderbare Begriffe von Pferdeschönheit zu lächeln. Alle Farben
sind in wunderlicher Mischung vertreten: ein Ohr und die Mähne weiß,
das andere Ohr, der Hals und der Schwanz schwarz, Kopf, ein Vorder-
bein und ein Theil des Leibes roth, die andere Seite falb, die ,,gouffen^
endlich apfelgrau ; — das ist doch etwas zu viel ftlr unser Vorstellungs-
vermögen. Und doch ist Vel decke noch von Hartmann auffallender-
weise überboten worden, welcher zwar nicht eine so glänzende Farben-
pracht entfaltet, hingegen einem Streifen längs des Rückgrates eine
grüne Färbung giebt. Dieß war unserem Wimt auch zu arg; denn er
lässt zwar solchen Streif in seiner Schilderung bestehen, giebt ihm aber
wenigstens schwarze Farbe, wodurch sein edles Roß zu einem drei-
farbigen wird, das man sich wohl vorstellen kann, mit weißem Grunde
und rothen und schwarzen Flecken. Nur die Farben sind also im
Wigalois andere, als im Erec, sonst ist die Zahl derselben und die
Vertheilung übereinstimmend. — Weiter finden wir noch den Einfluß
von Hartmanns Erec auf Wimt in der Schilderung des Kampfes, den
Wigalois mit zwei Riesen besteht (56, 11 ff.). Im Erec wird ein solcher
Kampf V. 5287 ff. geschildert und wir können mit fast unbezweifelbarer
Sicherheit nachweisen, daß Wimt diesen zum Muster genommen und
nicht allein nach einer etwaigen detaillierten Beschreibung seiner Quelle
gearbeitet hat. Dazu müssen wir auf die Einzelheiten eingehen. Daß
zwei Ries^i^ stets zusammen als Gefährten auftreten und daß man
gegen solche nicht nach ritterlicher Art kämpfen kann, da sie kein©
Ritterwaffen tragen, das sind allgemeinere Sagenzüge, die ein Dichter
dem andern nicht erst zu entlehnen braucht; aber vergleichen wir nur
Stellen, wie folgende:
Erec 5295: mit Wigal. 56, 17:
do horter eine stimme do hörtens eine stimme
jsßmerlichen grimme — klägelich und grimme —
femer
Erec 5503: nait Wigal. 58, 5:
daz ros nam er mit den sporn — sin ros nam er mit den sporn —
und die ganze Art und Weise, wie es zum Kampfe kommt und wie
der Kampf vor sich geht: da reiten beide eine lange Strecke — Wimts
Ritter eine Meile weit, welcher Ausdruck sich auch an der betreffenden
Stelle Ilartmanns findet, nur daß Erec hier schon eine Meile geritten
428 MEISNER
ist, ehe er den Klageruf hört, — beide auf unwegsamen Pfaden durch
„ruhen walt" und durch „gedrenge", ohne einen anderen Wegweiser
zu haben, als den EJageruf der Frau; beiden gelingt e^, den einen der
Riesen mit dem Speere zu tödten, dann springen beide vom Rosse zu
Boden und obgleich es nun einen harten Kampf setzt, gehen unsere
Helden doch beide als Sieger aus demselben hervor. — Wir stellen
endlich noch gegenüber: Erec 8128 ff. mit Wigalois 159, 37 ff., wo an
den beiderseitigen Helden hervorgehoben wird, daß sie nicht aber-
gläubisch sind, und femer Erec 5924 ff. mit Wigalois 290, 3 ff., welche
Stellen beide eine Klage über die Ungerechtigkeit des Todes enthalten,
der rücksichtslos jung und alt, schön und häßlich dahinrafflL — Andere
übereinstimmende Züge und Situationen, wie z. B. das Vorkommen
von rothen Rittern in beiden Dichtungen (Erec 9018; (W^igalois 12, 5
und 74, 11), der wunderbare Stein an Artus Hofe (Erec 1198; Wiga-
lois 42, 13); femer die Sitte, vor dem Zweikampfe eine Messe zu
hören (Erec 662 ff. 8636; Iwein 4821. 6588; Gregor 1909 und oft;
Wigalois 79, 29. 114, 31) und schließlich die beliebte Wendung bei
der Schilderung der Schönheit einer Frau, daß ihres Gleichen auf
Erden nicht gefunden werde (Erec 8929; Wigalois 23, 24. 67, 5. 108, 12)
— dieß ist wohl alles allgemeinerer Art und braucht wenigstens nicht
von Wirnt aus Hartmanns Erec entlehnt zu sein. Anders aber ist es
bei den folgenden Stellen, die ich nur citiere, da die Gegenüberstellung
des Textes zu viel Raum einnehmen würde.
Wigal 15, 33 und 29 = Erec 8961.
28, 35 = 328.
35, 23 und 56, 6 = 6230 (Büchl. 2, 479).
44, 8 = 297.
52, 17 = 750.
58, 28 (252, 39. 258, 5.
274, 3. 280, 7) = 867.
60, 32 = 707. 6677. 8471.
72, 15 = 3196.
77, 29. 107, 28 = 338. 2436. (Iw. 1385).
81, 19 = 862. 9253.
97, 16 = 7769.
103, 32 = 131.
116, 15 = 2363 (Iw. 2993. Greg. 481).
127, 35 = 8826 (Iw. 1326).
129, 34 = 6900.
167, 0 = 5i0.
WIRNTS VON GRAVENBERG VERHÄLTNIS« ZU SEINEN VORBILDERN. 429
173, 17 = 169.
185, 9 = 4553 (2733).
Auch hierbei dürfen Ausdrücke, die sonst in mhd. höfischen Epen
wiederkehren, wie pden schilt ze halse nemen" (Wigal. 16,31; Erec
798. 3215; Greg. 1425), „als diu Sicherheit was get&n" (Wigal. 19,38;
Erec 1017. 3905), „her guot kneht" (Wigal. 75, 23; Erec 699), .diu
sper under die arme slahen'' (Wigal. 171,6; Erec 808. 2791. 5501;
Gregor 1948; Iwein 5025) oder gar die einfachen Vergleiche: weiß,
wie ein Schwan (Wigal. 68, 39; Erec 329), grün, wie Gras (Wigal.
15, 21 und oft; Erec 740. 7314), hart, wie ein Stein (Wigal. 158, 33.
179, 2; Erec 433), lüter, als ein glas (Wigal. 120, 22. 144, 23. 213, 11;
Erec 4642) u. a. m. nicht als Entlehnungen angenommen werden. —
Schließlich erübrigt es, noch anzudeuten, daß vielleicht die Leydener
Hs. (B) des Wigalois oder vielmehr deren Vorlage dem Erec am
nächsten steht Dieser Gedanke kam mir auf bei der Stelle Wigal.
257, 7, wo die erwähnte Hs. schreibt: Lanzelet von Arlach im Gegen-
satz zu der gewöhnlichen Lesart: Lanzelet der Arlac; erstere Schreibung
findet sich Erec 1630 wieder. Freilich kann ich zu meiner Vermuthung
vorläufig nur ein Beispiel anführen, nämlich Wigal. 284, 8, wo B mit
der ursprünglichen Lesart zu Erec 422 „überbaut^ statt „oberhant*^
schreibt.
Die Erörterung geht nun über zu dem Einflüsse, welchen Hart-
manns Iwein im Einzelnen auf den Wigalois gehabt hat. Auch hier
finden wir 'außer der directen Anspielung auf Iwein 1229 ff. in den
Versen Wigal. 165, 12 Entlehnung ganzer Situationen von Seiten Wirnts.
Eine solche ist zunächst der Kampf der Artusritter mit dem Fremden
(Wigal. 16, 25 ff.), welcher sein Muster entschieden im Iwein (4611 ff.)
hat. Zwar findet sich die Art und Weise, wie ein solcher Kampf vor
sich geht, daß nämlich die Artusritter und an ihrer Spitze gewöhnlich
der übermüthige Kai von dem fremden Helden besiegt werden, auch
sonst in Artusromanen wieder, wie in des Strickers Daniel von Blumen-
thal und im Gauriel von Muntavel, und es kann also dieß ein Zug
der allgemeinen Sage sein, wenn wir nicht vielmehr anzunehmen haben,
daß auch für die Schilderungen des Kampfes in diesen beiden Dich-
tungen Hartmann das Vorbild ist; — jedoch ergeben Übereinstimmungen
im Einzelnen zwischen den Stellen im Iwein und Wigalois, daß der
Verfasser der letzteren nach der ersteren gearbeitet hat. Nicht wenige
Verse sind nämlich aus dieser Stelle Hartmanns von Wirnt wörtlich
herübergenommen worden, so:
...sprächen mit einem munde Wigal. 16,26. Iw. 4568.
430 M£ISNER
hamascfa unde ors (ros) her Wigal. 16, 28. Iw. 4625.
. . .was der ^rste an die vart Wigal 16; 30 = was der erste
an in Iw. 4665.
Segremors erreit in d5 Wigal. 17, 3. Iw. 4701.
Gäwein, der ie in riters ^ren schein Wigal. 18, 17. Iw. 4718.
Daraus ergiebt sich nicht bloß, daß Wimten etwa bei seiner
Schilderang die Stelle aus dem Iwein vorgeschwebt, sondern daß er in
der That nach ihr gearbeitet hat — Mit der Beschreibung der starken
Rüel im Wigal. 162, 23 ist die des Waldmenschen im Iwein 425 ff.
zu vergleichen; zwar sind die Ausdrücke beiWimt abgeblasster, doch
ist eine solche Übereinstimmung da, daß auch hier dieser als Nach-
ahmer erscheint. Beide Ungetüme haben dunkle Farbe, ungeflochtene
wirre Haare, großes Haupt, finster blickende Augen, lange graue
Brauen, große Zähne, weiten Mund und buckelige Gestalt. — Das Ge-
spräch, welches Hartmann zur Belebung der Erzählung im Iwein
(2962 ff.) einflicht, wobei er selbst und vrou Minne die ünterredner
sind, kehrt im Wigalois (149, 9 ff.) wieder, nur daß hier der Dichter
sich mit seinem „kranken sin" unterhält Der erschöpfte Iwein, welcher,
als er aus seiner Schmach erwacht, sich fragt:
bistuz Iwein, ode wer?
hän ich geslafen unze her? (3509)
hat sein Pendant bekommen im Wigalois, der in ähnlichem Selbst-
gespräch ausruft (150, 18):
Wigalois, mäht du mir sagen,
waz Wunders hat dich her getragen
allez min leben ist ein troum. . .
und ihre beiderseitige Rettung aus solch hilflosem Zustande geschieht
durch edele Frauen und zwar in höfischer feiner Zucht, damit den
Helden ihre „schemelichiu schände" (Iwein 3490; ähnlich WigaL 152, 13)
nicht wehe thun solle. Endlich ist vielleicht noch die Erzählung, wie
Iwein sich zu dem Abenteuer am Brunnen heimlich aufmacht, unbe-
waffiiet auf seinem Pferde ausreitend, und dem getreuen Knappen be-
fiehlt, die Rüstung ihm in den Wald nachzubringen, mit der Stelle bei
Wimt zu vergleichen, wo Oawein von Liebe zu seiner Gemahlin Florie
getrieben, heimlich von Artus Hofe sich wegbegiebt, wobei die ange*
gebenen einzelnen Züge aus dem Iwein auch wiederkehren. — Wir
schließen hieran die Entlehnungen einzelner Verse und Wendungen
aus Iwein, die sich im Wigalois finden:
WIRNT8 VON GRA VENBERG VEKHÄLTNISS ZU SEINEN VORBILDERN. 43I
Wigal. 18, 17
— r-
Iwein 4718.
18,26
;
4393.
19,8
1014.
19,18
=
7124.
23,31.30,10.36 20.40,9
.
98, 30.
99,26
—
339.1926.2089.2422.3137
»
3517.
35,1
^
7790.
55,3
__
1263.
61,32
5012.
67,8
—
1683.
68,2
=
2959 (554 u. oft).
77,29
—
1385 (Erec 338).
78,39
—
6751.
93,18
=
5311.
116,34
=:
5351 (5204).
127,34
—
1326 (Erec 8826).
131,2
=s
1136.
152, 13
^^
3490.
152, 26
=
6309.
171,6
=
5025.
171, 14
=
479.
175,1
^z
6724.
185,2
=
7563.
192, 25
— ^
2230.
238,1
=
8065.
239, 37 (55, 25)
:=
6686.
244,33
^
6200.
Durch diese Aufstellung der von Wimt aus Hartmanns Werken
entlehnten Stellen ergeben sich mir einige Vermuthungen, die schließ-
lich hier ihren Platz finden mögen. Sicher ist^ daß aus dem Iwein viel
mehr Verse wörtlich hertlbergenommen sind, als aus dem Erec, und
wenn man solche wörtliche Benutzungen, wie es kaum möglich ist, als
bloße Reminiscenzen nicht ansehen kann, so erglebt sich daraus, daß
Wimt eine Hs. des Iwein vor sich gehabt hat Die aus dem Erec ent-
lehnten Stellen erscheinen im Wigalois viel mehr verarbeitet, woraus
man also eher auf unwillkürliche Erinnerungen schließen kann. Allein
ein anderer Punkt drängt sich uns bei Durchsicht der obigen Zusam-
menstellung noch auf, daß nämlich nach dem Ende des Wigalois zu
die Entlehnungen aus Hartmann abnehmen und zwar so bedeutend,
432 SPRENGER
daß in dem zweiten Drittel von Wirnts Dichtung nur etwa die Hälfte
der Parallelstellen aus Hartmann nachzuweisen ist, die wir zu dem
ersten Drittel fanden ; im letzten Theile zeigen sich kaum noch Spuren
von Entlehnungen aus Iwein und Erec. Diese Thatsache wird zunächst
dadurch erklärt, daß während des Dichtens Wirnts ^kranke kunst"
gestärkt ward, so daß er überhaupt in der letzten Partie seines Werkes
eine freiere Entfaltung seines Taleotes zeigt; der Hauptgrund zu obiger
Erscheinung aber ist der Einfluß Wolframs, welcher, wie später gezeigt
werden wird, in der zweiten Hälfte des Wigalois schnell wachsend
zunimmt.
BERLIN. Dr. HEINRICH BiEISNER,
DIE BENUTZUNG DES PARZIVALS DURCH
WIRNT VON GRAVENBERG.
Bekanntlich hat Wirnt von G^ravenberg in seinem Wigalois, nach-
dem er sein Werk etwa bis zur Mitte in der Stilart Hartmanns von
Aue verfasst, dann Stücke des Parzival erhalten und von da an sich
durch Wolframs Stil beeinflussen lassen. Wie viel ihm von demselben
zugekommen, ist noch nicht ausgemacht Lachmann handelt darüber
an zwei Stellen. Zum Iwein S. 479 bezeichnet er die Frage als offene.
Sichere Beispiele der Entlehnung von Wolfram weiß er nur aus den
drei ersten Büchern des Wigalois aufzui\ihren , ob Wirnt bei Z. 11569
(munt von wibe nie gelas) schon den Anfang des 5. Buches vor Augen
gehabt, scheint ihm zweifelhaft. Zu Wolfram S. XIX unten spricht er
sich dagegen so aus: * Wirnt v. Gr. kennt (Wig. 8244) das zweite,
(Wig. 6325) das dritte, nicht das sechste (Buch des Parzival), aus dem
ihm in seinem Zusammenhang sonst Kundrie hätte einfallen müssen*.
Bei einer genauen Vergleichung des Parzival und Wigalois in dieser
Beziehimg hat sich mir ergeben, daß sich Entlehnungen aus sämmt-
liehen sechs ersten Büchern des Parz. bei Wirnt nachweisen lassen.
Ich werde dieselben nach der Reihenfolge der Bücher des Parz. in
Folgendem aufitlhren. Doch betrachten wir vorher den Einwand Lach-
manns, den er gegen die Bekanntschaft Wirnts mit dem sechsten
Buche macht Es ist allerdings Wirnts Art an geeigneten Stellen seines
Gedichtes an ähnliche Personen und Situationen im Parzival zu er-
innern. So erwähnt er 8242 die Bestattung des Qahmur^t zu Baldac
DIE BENÜTZUNG DES PARZIVAL8 DURCH WIßNT VON GRAYENBERG. 433
ans dem zweiten Bache und stellt 6325 die Schönheit der Jeschnte in
Gegensatz zu der Abschenlichkeit Rüels und erinnert dabei an eine
Situation im dritten Buche des ParzivaL An gleicher Stelle , fordert
L., hätte ihm die Cundrie einfallen sollen. Es lässt sich aber erweisen,
daß Wimt die Cundrie gekannt hat^ da er viele Ztlge zu seiner Rüel
der Beschreibung der ersteren bei Wolfram entlehnt hat Ich setze
die ähnlichen Stellen aus der Schilderung beider her.
Wig. 6292 heißt es von Rüel:
ir här enphlohten unde lanc
ze tal in ir buoge ez swanc.
Parz. 313, 17 von Cundrie
über den huot ein zopf ir swanc
unz üf den mül: der was s6 lanc.
Femer Wig. 6297.
groze zenc; witen munt
si het; ören als ein hunt.
diu hiengen nider spanne breit
Vergl. mit Parz. 313, 21
si was genaset als ein hunt
zw^n ebers zeue ir für den munt
giengen wol spannen lanc.
Dazu vergl. auch Wig. 6394:
si het ho übet als ein hunt^
lange zene, witen munt
Rüel hat Wig. 6323 ballen herte als einem bem. Vergl. Parz.
313, 29 Cundri truoc ören als ein ber.
Demnach scheint die Annahme zulässig, daß Wimt die Cundrie
hier deßhalb zu erwähnen vermeidet, weil jedem seiner Leser, der mit
dem Parzival bekannt war, diese bei der Ähnlichkeit der Schilderung
von selbst einfallen musste. Auch wäre die Schilderung zu lang ge*
worden, die schon dnrch die Erwähnung der Jeschute an derselben
Stelle breiter geworden war.
Ich zähle nun die einzelnen Entlehnungen nach der Reihenfolge
der Bücher des Parzival auf.
Parz. I.
9, 11 din manheit ist üz erkorn
vergl. Wig. 11290 ritter wol gebora,
der manheit was üz erkorn.
56, 3 sd wirt ab er an strite ein schür,
den vinden herter nächgebür.
GERMANIA. Neae Reihe. YIU. (XX. Jshrg). 28
434 SPRENGER
Vgl. Wig. 9417 herzeliebe ist ein schür,
dem libe ein herter nächgebür.
vgl. auch 10987 vil herte n&chgebüre
wären in die sarjante.
Auch Wig. 11552
traget schäm ob allen iuwem siten
lässt sich vergleichen^ mit Parz. 3; 5:
schäm ist ein sldz ob allen siten.
In diesem Buche des Parz. (27, 29) erscheint auch zuerst das
goU von Azagouc, das Wimt daher entlehnt hat (s. Lachmann z. Nib.
417, 6).
Parz. II.
69, 11 dft sich die ponder wurren
Wig. 8453. s6 sich der poinder wirret.
Dazu vergleiche noch
106, 2. die poynder sich Ol flähten.
mit Wig. 8449. s5 sich die poynder flsshten.
73, 7. d4 wart verswendet der wa]t.
vgl. Wig. 11105. den walt si verswanden.
Dieselbe Wendung findet sich noch 79, 22; 81, 9 und Wig. 10998.
78, 7 hejnlich geyaterschaft
wart da zefuort mit zomes kraft,
vgl. Wig. 8848. da wurde gevaterschaft zertrant
und 10966. dft was dehein gevaterschaft.
103, 18. dö brast ir freuden klinge.
Wig. 10123. diner freuden klinge.
muoz bresten von der meintät
An die Bestattung Gahmurlts zu Baldac wird, wie schon erwähnt,
8244 erinnert Hier hat Wimt auch die Schilderung des Sarges von
Wolfi*am entlehnt Vergleiche
Parz. 107, 1. mit golde wart gehiret,
groz riheit dran gekeret
mit edelem gesteine,
da inne lac der reine
mit Wig. 8300.
sus wart der sarc geheret,
grdz richeit dran gekSret.
Vielleicht ist hier auch zu vergleichen
109, 11. der aller ritter bluome wirt
mit Wig. 10218. der ir herzen bluome was.
DIE BENUTZUNG DES PARZIVAL8 DUfiCU WIRNT VON ORAVENBERG. 435
Doch findet sich bltiame schon bei Hartmann bildlich gebraucht:
a. H. 60.
Parz. in.
Es ist zu vergleichen
108, 28. ein stam der diemttete
mit Wig. 9297. her Wigalois, der triuwen stam.
denn stam in metaphorischer Bedeutung ist Wolfram eigenthttmlich.
Ferner 116, 13. wipheit, din ordenlicher site
dem vert und fuor ie triwe mite,
und Wig. 8268. mit zühteclichem sinne
lebt si nach wiplichem site:
dem volgte ganziu triuwe mite.
Zu vergleichen ist auch
131, 20. ir was sin kraft ein ganzez her
und Wig. 6364. ir einer Sterke was im ein her
wegen der Personification von kraft und sterke. Die Redensart
^einem ein her sin' selbst ist sprichwörtlich und findet sich bei Wirnt
auch V. 6609. In diesem Buche findet sich auch zuerst die Form
taveli'under, die Wirnt am Ende seines Oedichtes anwendet, obgleich
er vorher mit Hartmann tavelrunde sagt [s. Lachmann z. Iw. 4530].
Vielleicht ist noch hierher zu rechnen: ^här üzer swarten brechen\
Parz. 138, 17 — 19. Wig. 7711, da wenigstens Hartmann das Wort swarte
vermeidet. Dann ist noch zu vergleichen 141, 3 sin triwe er nie ver-
scherte mit Wig. 10263. diu triutve ist verschertet und 11502. triuwe
äne valsches scharten und zuletzt
178, 3. des ist mir dUrkel als ein zfin
min herze von jämers sniten.
mit Wig. 7740:
mit so jiemerlicher klage,
da von ir herze dtlrkel wart
Daß Oumamanzen's Rath dem 3. Buche des Parz. nachgebildet,
bemerkte schon L. z. Iw., S. 479.
Parz. mi.
Vielleicht ist es nicht zufällig, dass, wie 181, 13, so auch Wig. 6547
gerade 60 Ritter erwähnt werden. Sonst bietet dieses Buch weniger.
Zu vergleichen ist etwa noch
197, 8. ietweder ors üf hähsen saz
und Wig. 6656. diu ors geliehen wanc
ftf die hähsen täten nider.
28*
436 SPRENGER. DIE BENUTZUNG DES PARZIVALS etc.
203, 9. der alte und der niuwe site
findet sich auch Wig. 10817.
Parz. V
ist wenig benatzt. Ausser dem schon von L. bemerkten ^munt von
wibe nie gelas' 224, 12, das Wig. 11569 wiederkehrt, ist nur noch zu
bemerken , daß der zwölfsilbige Vers Wig. 10506 uns enhabe diu
äventiure gelogen in der Handschrift B ganz gleichlautend mit Parz.
224, 26 überliefert wird. Man kann zweifeln, ob hier Reminiscenz des
Schreibers vorliegt, oder ob der Dichter selbst so geschrieben hat Doch
scheint mir letzteres wahrscheinlich und die Lesart von B in den
Text aufzunehmen. Gerade
Parz* VI
ist von Wimt reichlich benutzt. Es ist neben den oben erwähnten
Ähnlichkeiten in der Beschreibung der Rüel und der Cundrie des
Parz. noch folgendes anzumerken:
V. 281, 21. diz msere ist hie vast undersniten
kehrt fast wörtlich wieder
Wig. 10815. diz msere ist hie mit undersniten.
Femer ist zu vergleichen
297, 11. er was ir fuore ein strenger hagel,
noch scherpfer dan der bin ir zagel.
mit Wig. 7790. ow^ dir, T5t! du bist ein hagel.
vil bitter riuwe treit dln zagel.
313, 6 wird Cundrie genannt *der freuden schürf ebenso Lion
Wig. 9820, 10718.
Zusammenzustellen ist auch
313, 8. ein kappe wol gesniten
al nach der Franzoiser siten.
mit Wig. 10548. ir rok und ir mantel lanc,
wol bezogen unde gesniten
nach der Franzoiser siten.
315, 3 heißt es von Artus :
din stignder pris nü sinket,
din snelliu wirde hinket,
damit ist zu vergleichen
Wig. 11681. daz der werlt freude sinket
und ir ere hinket.
hinken auf ein Abstractum angewendet, findet sich im Parz. vorher
nur noch 115, 6 sin top hinket ame spat.
JEITTELES, MITTHEILUNGEN AUS GßAZER HANDSCHRIFTEN. 437
318; 29 wird die Burg Munsalvaesche ^jämers zit genannt. Dem
ist nachgebildet bei Wimt die Benennung der Burg Eomtin als *der
fr'&uden zit Wig. 9238, 11615. — Parz. 327, 12 wird der Ausdruck
Mer fröuden zil von Condwiramurs gebraucht; Wig. 8359 wird Larie
so bezeichnet Zu vergleichen ist auch Wig. 9699 minneclicher frou-
wen vil, der schoene ist gar der fröuden zil.
Ueber das sechste Buch hinaus findet sich keine Stelle, die von
Wimt nachgeahmt wäre. Es ist also anzunehmen, daß er nur die
ersten sechs Bücher gekannt hat. Überschauen wir aber die gesammelten
Stellen, so ergibt sich zugleich, daß der Dichter diese sechs Btlcher
nicht nach und nach, sondern zugleich hat kennen lernen. Das gibt
zu der Vermuthung Anlaß, daß auch Wolfram sein Werk nicht Buch
für Buch habe ausgehen lassen, sondern erst nachdem die ersten sechs
Bücher, die einen gewissen Abschluß der Erzählung geben, vollendet
waren, Abschrift und Verbreitung gestattet habe.
GÖTTINGEN. R. SPRENGER.
MITTHEILUNGEN AUS GRAZER HAND-
SCHRIFTEN.
1. SegenssprOche.
a) Hirtensegen.
Der in Orimms Mythologie 1. Ausg. S. CXXXVII mitgetheilte
Spruch findet sich in folgender fast wörtlich übereinstimmender Form
auf dem letzten Blatte eines lateinischen Papiercodex aus dem 15. Jahrb.,
welcher der k. k. Universitätsbibliothek in Graz gehört und daselbst
unter Sign. 38/31 4^. aufgestellt ist
Ich treib hewt aus in unser lieben frawn haws in Abrahams
garten, der lieber herr sand Mertein schol heut meinis fich phlegen ^) und
warten und der lieber herr sand wolffgangus, der lieb herr sand
peter der hat den hymelischen slussel; dy versperrent dem wolff
und der wulpin yren drussel, das sew weder plutt lassen noch pain
schroten, des helff mir der man^ der chain übel nye hat getan vnd
dye heyligen v wunden pehüten mein fich von allen holzhunden.
V pater und v Ae Maria.
') H«, phelhen; davor ateJien dU durchstrichenen Worte: phleger sein.
438 JEITTELES
Die gereimte Beschaffenheit des Spruches ist deutlich; ich will
sie durch folgende metrische Reconstruction, die natürlich nur auf
Wahrscheinlichkeit Anspruch macht^ dem Auge und Ohre erkennbarer
werden lassen.
Ich treib heut aus
in unser lieben frauen haus,
in Abrahames garten.
der liebe herr sant Märten
schol heute meines fihes
phleger sein und warten
und der liebe herr Wolfgangus,
der liebe herr sant Petrus
mit dem himelischen slüßel
die versperrent dem woIfe
und der wulpin iren drttttel,
daß seu w^der blüt Idßen
noch bdin schroten.
des helf mir der man,
der chain übel nie hat getan,
und die heiligen ftlnf wunden
behüten mein fich vor allen holzhunden.
Neben dem Endreim schlägt zugleich die AUitteration noch in
wahrnehmbaren Tönen ans Ohr, so in Vers 10. 11 wolf und tmdpin^
12. 13 hlvJt und bain und endlich in dem Schlußverse behüten and
holzhunden. Die Verse 12. 13 erinnern unwillkürlich an die anklingende
Stelle des 2. Merseburger Zauberspruches: söse b^nrenkf, sdse bluo-
trenkt, sdse lidirenkt. Kein Zweifel nach alledem, daß in obigem
Spruch trotz arger Entstellung die ursprüngliche Form noch theil-
weise erhalten vorliegt.
Denselben Segensspruch kennt nun auch noch <[er lebendige
Volksmund. Es dürfte nicht uninteressant sein seine heutige Gestalt,
wie sie z. B. in Obersteiermark erscheint, mit jenem altem Texte zu
Tergleichen. Ich yerdanke dieselbe der gütigen Mittheilung der Freiin
Fanni von Thinnfeld in Deutsch-Feistritz, die den Spruch in der
Mitte der Ainfziger Jahre um Neujahr von einem alten Manne in feier-
licher, halb singender Weise vortragen hörte. Wie mir die Freiin
schreibt, scheint der Vortragende *ein Almhalter gewesen zu sein, der
zu Neujahr heraus ins Thal gekommen war, um seine Vorräthe zu
ergänzen, indem er auf seinen Haltersegen hin betteln gieng'.
MITTHEILUNGEN AUS OBAZER HANDSCHRIFTEN. 439
Haltersegen.
Olttck herein und Glück heraus!
es trittet ein alter Almhalter in euer Haus,
im stlßen Namen Jesu trittet er herein,
und alles soll gesegnet sein:
euer Rinder, Schof und Schwein
sowie der wahre Kelch und Opferwein!
Kommt der heilige Petrus mit dem Himmelsschlüßel,
spirrt allen wilden Thieren er den Rüßel,
dem Bären seine Pratzen,
dem Wolfen seine Zung'
und dem Luchsen seinen Mund,
daÜ er kein Häutl nit zerreißt,
kein Beinl nit zerbeißt
und kein Blutstropfen nit saufen kann.
Wer diesen Segen spricht, wird selten krank. —
Der Haltersegen ist gesprochen
auf ein Jahr mit zwei und ftlnfzig Wochen.
b) Waffensegen«
Swer den segen all tag spricht, der sol daz sicherleichen ^) ge-
lauben, daz in chain waffen') nicht verbunden mag. Herr, ich enphilch
mich hiut in al dein macht und in des heiligen chreuzes') chraft und
in die cheusch meiner frawen sand Marien^). Vor allen meinen veinden^)
sichtigen und imsichtigen gesogen mich der segen, den der priester
tut mit unserm herm über sein heiligez^) plät, daz unserm herm auz
seinen heiligen fünf wunden wut''). Daz sei uns hiut und ze allen
Zeiten vor allen wuntwaffen gut Und vor allen unsem veinden^) unser
sei und unser losten zeit, vor den posen gaisten müzen wir hiut imd
ze allen zeiten als wol gesegent sein als der chelch und als der wein
und als daz lebentig') prot, daz unser herre seinen heiligen jungem
pot, vor allem ungelüche , daz uns schedleich sei an leib oder an sei.
Dar zfi sprich v pr. nr. und v ave maria.
Papierhs. 41/85 in klein 4^ der Grazer Universitätsbibliothek.
Mitten unter lateinischen Tractaten, Interlinearglossen und Gedichten
befindet sich ein Blatt mit deutschem Text, an dessen Ende obiger
^) Siecherleichen. *) waffen fehlt, *) chrentz. *) Marim. *) veite.
') heiliges. ^ wut *) yeiden. *) lemtig.
440 J£ITT£LES
Waffensegen steht Die ursprttnglich poetische Form desselben ist aus
den noch erhaltenen Reimen unschwer zu erkennen. Unmittelbar voran
geht in der Handschrift folgendes Gebet: Hwan ein mensche an dem
tot leit, so sol man im daz pet vor sprechen: herr, durchgenz [mich] mit
der gab des heiligen gaist (sie); herr, trench mich auz dem Ursprung
deiner gruntlosen parmherzichait^ herr^ durchleuchte) mich mit dem
Spiegel deiner chlaren') gothait und ain pater noster, ave Maria.
Es ist dieselbe Handschrift, aus welcher Anton Schönbach in der
Zeitschr. f. d. Alterthum XYIH, 80 — 81 einen Wundsegen imd eine
Traumdeutung mittheüte.
2. Von den vier Temperamenten').
1. Wildu menschen art
ganz auf erden werden*),
weiser man, gelart,
daz du in derchennest am gesiebte,
Der sangwineus*)
gerne*) lachet, wachet''),
singet und auch m&z^)
g&tig sein dem g&ten, arg dem wichte,
Menleich und zürnet seiden'),
sein antlutz rot und offenwar gefr&tet i®);
wirt^^) zomes flamm sich melden,
in im sein müt mit grimmes räche wAtet;
wild und *') cheusch, rechtleibig,
von adel seines pMtes,
an rechter stat peleibig
und ist getreues gemfltes.
art der luft der selbig hat,
feucht und warm^') nach aller maister richte.
2. Der colericus
ist geformet, normet
und gesittet sus**):
rauch sein prust und lutzel mag vertragen,
Trugehaft er ist,
*) durch laicht *) chlam. *) TUel fehlt, *) #. mhd. Wortb, JU, 60&
*) sangwiner. *) gem. ') nemlich er ist munter, ■) singet feJUt,
•) vn« zürnet selten. ••) #. mhd, Wtb. HI, 390. H: geferwet. •') weit.
")und/«Ätt. »») warmb. »•) suft.
MITTHEILUNGEN AUS GRAZER HANDSCHRIFTEN. 441
sneller spräche, räche
und auch hoher list,
&ezz]g, als die alten maister sagen ,
Freidig, geraines leibes;
er geit auch mer durch*) rAmes den durch*) milde;
auch gert er manigs weibes
und doch lutzel mag; gelvar [ist] sein pilde;
gar raid ist sein gemfite,
als oft sein har pezaiget,
zu zom und auch zu gfite
sein herz sich pal de naiget
feuers art der selbig hat,
trucken heiz den steiz, die maister sagen').
3. Von der chünste ainfluzz')
ich wol chenne, nenne
den flegmaticus. ^)
er*) ist vaizt*) und ungeraines '') leibes,
Weiz sein aneblick®),
gar zu plunsen') dunsen,
und auch slseferig ^^) ;
er mag vil und gert doch lutzel weibes;
Faul, frezzig unde trsege**);
er spirzet*') vil und wirt auch leichte suchtigi
unsauber albege*^
von feuchte groz, zu der geptlrde tüchtig;
die wazzersucht in irret
yil mer den ander leute;
von wizzen er sich verret,
daz ich sein lob treute '^).
wages art der selbig hat,
feucht und ehalt, daz du peweret *') schreibest
4. Melancolicus
hat vil tadel, adel,
doch ich sagen muz
von im: er ist dechtig*^ und ist weise.
*) durich. >) iagn. *) chünst ain flüzz. *) flemnatic^ ') es.
•) vaist ') ungeray (sie). ») antlntz. ») vgl SchmelUr hayer, Wtb. P, 469.
*•) sleffrig. Cod, pal. schlaffet dick. ") vnd tregS. ") #. nihd. Wib. n/2, 614,
SchmüUr H», 685. «») albcg. ") nicht treute. •*) pewert. '•) = bedwchtig.
442 JEITT£L£8
Freuden [er] lutzel acht;
zu getichte phlichte
hat er onde^) lacht
selten, an dem selben ich in preise;
Neidisch*) und grozer cherge,
zu allen zeiten er sorget onde tr&bet *),
der geitichait ain verge;
chtlnst und schetz er pirget*) und vergribet^);
sein antlutz plaich geschicket*)
und selten lang ze sehen,
oft auf die erden er plicket,
pl6d ist er, hör ich jehen.
Irdisch '') art der selbig hat,
trucken chalty sagen uns die maister greise^.
Seit wir an gestalt
daz gemAte, gAte
des menschen chennen*), pald
lieb dem ain'^, hazz wir dem andern tragen,
Merch**) du weiser lai:
wie gar freundig ptLndig *•)
sint durch liebe ^*) zwai,
häzzig zwai die er sich nie gesagen^^.
Gleich freut sich seins geleichen,
so sprichet der nature maister lere^^),
daz niemant chan verstreichen:
zwo gleiche**) art, stat*^) gunst, zu sammen^ cheren '•).
Papierhs. 40/11 in 8° der Universitätsbibliothek in Graz. Zeilen
unabgesetzt. Der Text dieses Heinrich von Mügeln angehörigen Ge-
dichtes (vgl. Schröer S. 485) ist vielfach verderbt*). In demselben Codex
steht von derselben Hand geschrieben ein deutscher Cisiojanus, den ich
demnächst in diesen Blättern zu veröffentlichen mir vorbehalte.
*) Tnd. *) neides. *) sarget Tnd trabet ^ porget. *) yer-
grebet. *) geschichet. ^ In dise. *) weisen. *) chennet
>*) lieb dein. ^^) merich. >*) fferhündet, #. Lexer Eandw. I, 38S.
•*) dnrich Uebew. »«) gesahen. **) ler. "•) gleichew. •') sart.
>•) sarome. **) der Schluß der Strophe fehlt.
*) [Ich habe die Heidelb. Hs. 39S, Bl. 115 sor Berichtigung herangemogen. K.B.]
MITTH£ILUNG£N AUS GRAZER HANDSCHRIFTEN. 443
Gereimte Oebete des 15. Jahrb.
O almächtiger vater herr Jesa Cbrist,
die leibnarung du uns geben pist;
die sei gesegent und perait
uns allen mit aller sseligkeit,
daz uns darinne beruer kain wee:
daz welle got, sprechet benedicite,
0 herr, haiz daz ez gesegent sei.
got won uns und dem ezzen pei
und auch dem getrank,
daz ain iegleich mensch got also dank,
daz er sich über uns erparm.
Gelobt sei got, sprechet reich und arm,
die drivalt in dem höchsten thron,
die loben wir mit dem kyrieleison:
got vater von himelreich,
weschirm uns hie und dort ewigleich
durch ^) deinen vil heiligen namen
vor allem übel. Amen.
Groz lob sagen wir dem herm*),
alle menschen sollen in loben gern;
mit uns ist sein parmherzigkait,
ewig ist sein weishait.
Der drivalt sagen wir lob und ere,
die ie was und ist immermere,
darumb sagen wir dank') dir, herre gott,
umb alle die speise, der uns ist not,
und wir loben dich mit verebte und mit schalle^)
umb die gab und guettat alle,
die du uns geist auf erdreich.
Also hilf uns, herr, in dem himeh-eich;
des namen gesegent ist an ende,
sein hilf uns allez laid wende.
Got, ain loner aller gueten sache,
gib uns hie und dort gemache
') durich. *) herren. ') dank fehlt, *) mit reichem schalle.
444 K. TH. HEIGEL
mit ganzen freuden und immermer ^)
und von wem die speise ist komen her. Amen.
Da unser lieber herr zu tische saz
unt gar tugentleich zu seinen jungem^ sprach:
*ir niezet^) mein fleisch und trinket mein pluet,
daz soll eu allen wesen guet'^
herr, des mach uns weise;
dein kreuz sei unser speise,
dein dumen krön«) sei unser tisch,
dein scharfez sper sei unser visch,
dein rosenvarbez pluet sei unser trank,
deine wort und deine werch^) sein*) unser gedank.
O menschait ploz,
o marter groz,
o wunden tie^
o pluetes chraft,
o todes pitterkait^,
o gotleiche stlezigkait,
hilf uns zu der ewigen sseligkeit Amen.
Papierhs. 38/37 in 4^. der Grazer Universitätsbibliothek. Mitten
unter lateinischen Tractaten stehen diese und andere deutsche Gedichte
imd Gebete.
INNSBRUCK. ADALBEBT JEITTELES.
BRÜCHSTÜCKE AUS EINEM PASSIONALE,
Die nachstehend mitgetheilten Bruchstücke fand ich auf der £in-
banddecke eines Einnahmenbüchleins des Gotteshauses St Silvester zu
Pfaffenhofen, das unter den Codices des Stiftes St Stephan zu Augs-
burg im Mtlnchner Reichsarchiv verwahrt ist Die beiden Pergament-
blätter in Folio sind zweispaltig beschrieben^ jede Spalte zählt 38 Zeilen.
Die überaus deutliche imd gleichmäßige Schrift gehört der zweiten
Hälfte des 14. Jahrhunderts an, wie auch die Sprache auf diese Zeit
*) ymmemer. *) za seinen lieben jnngern. ") nysset *) dwme krön.
^ werich. *) sei. ^) pitterichkaitt.
BRUCHSTÜCKE AUS EINEM PASSIONALE.
445
verweist. Wie der Inhalt ergiebt, gehörten die Bruchstücke ohne
Zweifel zu einem andern Passionale als dem bekannten. Die Mundart
deutet auf Schwaben.
Die 154 Verszeilen auf dem vorderen Deckblatt enthalten Bruch-
stücke aus der Legende der hl. Maria Magdalena. Auch hier ist die
Einheit der Personen der Maria Magdalena, der Maria von Bethanien
und der Sünderin, von welcher St. Lucas spricht, festgehalten, wie
dieß unangefochten im ganzen Mittelalter geglaubt wurde, bis Jaques
Lefevre, auf die Autorität des Origenes und Johannes Chrysostomus
gestützt, 1516 die Annahme einer Verwechslung dieser Personen be-
gründete. Die Scene im Hause des Pharisäers ist völlig übereinstim-
mend mit Lucas, Cap. 7. Die Erzählung von der Krankheit des Lazarus
und von dem Zögern des Herrn ihn zu besuchen, stimmt wörtlich mit
der dem Hrabanus Maurus zugeschriebenen Lebensgeschichte der hl.
Maria Magdalena überein. (Clarus, Geschichte des Lebens, der Reli-
quien und des Cultus der hl. Geschwister Magdalena, Martha und
Lazarus, S. 144 ff.)
Die ersten 80 Verszeilen des zweiten Pergamentblattes behandeln,
wie aus den Zeilen 26 — 37 hervorzugehen scheint, den Tod der hl.
Maria von Ägypten, obgleich diese Darstellung von der gewöhnlich zu
Grunde gelegten Erzählung des Zosimas abweicht.
unmittelbar daran reiht sich die Legende des hl. Stephan. Die
Überschrift ist in größeren Buchstaben von rother Farbe ausgeftthrt.
Das Mitgetheilte stimmt mit der Darstellung in den von Zainer 1572
gedruckten Vitae Sanctorum überein.
MÜNCHEN, Juni 1876. Dr. K. Th. HEIGEL.
L Maria Magdalena.
Darnah si di salben nam.
Di 81 gechavffc het avz der chram.
Vnd salbt im daz havbt schon.
Solih smach gie da Ton.
Daz dem smach niht waz gelich.
Si waz tiwer vnd rieh.
Do daz der wirt ersah alhie.
Wie iz di vraw mit im begie.
Er gedaht im an der stet.
War daz ein warer prophet.
So wess er wol weih si wsare.
Wan si svndet offenbsBre.
Do er dez gedaht ze hant.
Jesvs sinen gedanch erchant.
Symonem er de an sach.
Gutlich er zv im sprach.
Wan er vor im saz.
Ich han ze sagen dir etteswaz.
Symon dez hdr mich.
Symon sprach, maister sprich.
Jesvs sprach der ssDldenbaer.
Iz wseren zwen gelts&r.
Di svlten gelten einem man.
Der ein im seid svnder wan.
Fvmfzich phenning.
Di er ab im niht chvnd gewinn.
Darnah der ander gelter sin.
Fvmfhvndert phenning seit im.
446
K. TH. HEIGEL
Der moht avh im Tergelten niht.
Das yil manigem noh geschiht.
Daz begvnd der herr wegen.
Daz si niht hieten im ze geben.
Ein guter do ge vie.
Die gvlt er in beden lie.
Lieber yremt Symon.
Sag di warhait mir da Ton.
Wser dvncht mer ynder den zwain.
Dem min di grozz oder di cblain.
Gvlt hat Terlazzen.
Daz horten di da sazzen.
Daz Symon sprach ane wan.
Der daz grozz hat verlan.
Der dancht mer daz ist reht.
JesvB sprach. dT hast sieht.
Wan di red Ton warhait get.
Sihst dv daz weip. di da stet.
Ich chom in din havs her in.
Dy twvg niht di f&zz min.
Seit ich her in chom gegan.
Seit hat daz weip mein füzz getwan.
Wan mit zsehem synder loYgen.
Von ir herzen ynd von ovgen.
Dy hast ovh niht gechovsset mich,
Daz weip hevt gelovbt sich.
Chvssens wan di füzz miri.
Seit ich bin chomen her in.
Dv salbest mir niht min hbvbt.
Daz weip sich hevt gelovbt.
Salben havbt vnd Mzz mir.
Da von ich sage dir.
Den man Ivtzel vergeit.
Der dancht Ivtzel svnder streit.
Wserlich ich dir das sag.
Iz machent ir grozz chlag.
Daz man ir ir svnt verlat.
Er sprach zdem weih an der stat.
Weip dir sint din svnd vergeben«
Di levt begvnden mit in reden.
Wer ist der der di svnt verlat.
Der gewalt an got wan stat.
Ir haimlich red waz im chvnt.
Er sprach zv ir an der stvnt.
Ginch mit vride hin.
Dich hat erlöst der gelavb din.
Da mit di vraw haim gie.
Ir leben nah got si an vie.
Vnd t»t das nimmer mere.
Daz si het getan e.
Ir leben sich so gar verchari.
Daz si so raines lebens wart.
Daz ir dienst waz got gensm.
Das im e waz wider zsem.
Und swa si in moht er lang.
Da chom si niht dann.
Vnd gie auh im allez nah.
Sin antlvtz si so gern sah.
Daz ir da von niht en waz.
Vor blang sie chavm genas.
So er chom verr von ir.
Lr lieb waz von herzen gir.
Als si waz e wider zseme.
Sam wart si gensme.
Si dient im mit trewen gar.
Ir rew waz von herzen war.
An allen dingen naigt si sich.
Vnd ir swester tvgentlich.
Di rain vraw Martha.
Si waren im berait dort vnd da«
Vnd ir brvder Lazarvs.
Vnd swenn ouh iz chom alsvs.
Daz er mit den ivngem cham.
In ir castel Bethaniam.
So enphieng si in erlich.
Mit gemdem mvt erbaten si sich.
In moht avh niht lieber sin.
Swenn er wolt sin bei in.
Doch iz von siner 1er qvam.
Daz im di ivden wurden gram.
Vnd im daz lant verboten wart.
Daz dis vrawen ser beswart.
Doch mvst er schaiden dan.
Dar nah chom Lazarvam an.
Ein totlich siechtvm.
Dhain erznej waz im frvm.
Doch taten si Jesv chvnt.
Daz ir brvder wart vngesvnt.
Do er die botschaft erhört.
Er antwvrt an dem wort.
Ez ist nicht totlicher siechtvm.
Er ist wan gottes namen frvm.
Daz got sol da von werden.
Hie gelobt avf der erden.
Jesvs het lieb Mariam.
Vnd Lazarvm und Martham.
ÖRUCHSTOCKE aus einem PASSIONALE.
447
Dez er an der selben stet doch.
Belaib zwen tag noch.
An dem dritten tag damah.
Jesvs ZV einen iyngem sprach.
Oen in Jvdeam wider.
Di imger sprachen, di ivden sider.
Wolten dich verstaint haben.
JesvB sprach, ir h6rt doch sagen.
Daz zwelif weil des tages sint.
Iz sint niht di rehten chint.
Di da gent bei der naht.
Di brvdent schaden manichslaht.
Swer aber bei dem tag get.
Dhain schad von im niht enstet.
Do er daz yol gesprach.
Er sait in dar nach.
Vnd iah gen in sas.
Vnser vrevnt Lazarvs.
Slaffet vnd wil ich dar.
Wecchen anz sinem slaff swar.
Di ivnger sprachen ze haut.
Herr dir ist wol bechant
Slsffet er so wirt er gail.
JesTs der svnder hail.
Het Ton sinem tot geret.
Do wanden si daz er het.
Von sinem slaff gesagt in.
Avf sinen tot waz niht ir sin.
n. Maria Ton Ägypten.
Und gesach menschen dhain.
An dich hevt alain.
Dez hat mich got behut her.
Nt tu durh di gottes er.
Vnd chvm an dem ostertag.
Und mit dir ein tvch trag.
Da dv mich bedechst mit.
Wan dez tages han ich min zit.
Auf der erd volendct gar.
Dy vindest mich hie tot fvrwar.
Vnd brinch mich zv dem chloster din.
Alda sol min rv sin.
Vntz an das vrtail.
Ny yar baim mit hail.
Vnd chym als ich dir gesagt han.
Jvdas der munich schied dan.
Sin sammang nam er mit im.
An dem ostertag chom er hin.
Als si in gebeten het.
Vnd vant si tot an der stet.
Di vrawen do mit grozzer chlage.
Brahten si zv ir grabe.
Vnd bestattens wol nah ir reht
Da manich siech wart sieht.
Von aller band siechtvm.
Got hat den Christentum.
Mit Maria gestercht wol.
So daz niemen verzagen sol.
Swaz er svnden hab began.
Er sol geding han.
Zv gottes gvt mit barmchait
Daz bild si ms vor trait.
Vnd Maria egjptiaca.
Und di höh vraw Affira,
Die bei ir iaren«
Höh synderinn waren.
Die got enphie doch.
Vnd biet si gesvndet noh.
Mer dann si hab getan.
Iz w8Br in gar verlan.
Do si genaden gerten.
Vnd sich von svnden cherten.
Da von niemen verzagen sol.
Got ist giit also vol.
Daz sin gut niemen mach.
Er denchen vntz an den lösten tach.
Wellen wir niht wider cheren.
Vnd niht gnaden an ir geren.
Wan svnden vrsBvelich.
Fvr war so ist billeich.
Daz er vnser sich verweg.
Vnd daz er vnser dann phleg.
Dem wir vns haben ergeben.
Mit vnserm vr9)velichem leben.
Manich mensch hat versvndet sich.
Vil tief. Daz doch daz himelrich.
Mit got besezzen hat.
Dez oah noh vil ergat.
Da von svll wir den vrawen.
Vnd den heiligen getrawen.
Die avf der erd bei ir leben.
Vnd oah svnden haben gephlegen.
Daz sie dvrh ir heilichait.
Bedenchen vnser chrsLfvc.Vv^\\.%
448 ^ '^B- HEI6EL, BEUCH8TÜCKC AUS EINEM PASSIONALE.
Di an in ist gelegen.
Hie ayf erd bei ir leben.
Daz si ms ir helf geben.
Ynd dann gen got vns wegen.
Daz wir ouh bei ynsem tagen.
Wider oberen als sie baben.
Daz vns der gaist werd gegeben.
Der in chom bei ir leben.
Daz wir die Trevde vinden.
Di got sinen chinden.
Hat bebalten ewicblich.
Daz wir cbomen in daz rieb.
(Dez) belf uns Magdalena.
(Vnd go)tes mvter Maria« Amen.
ni. Von babst Stephan.
Do di Christen an allen seiten.
Not Uten bei den leiten.
Was der babst Stephan.
Got ein yU nvtzer man.
Der samt zv im sin pfafhait.
Mit gvter 1er er in vor sait.
Daz si iht Torhten dhain not.
Das si liten dyrch got den tot.
Si mvsten doch sterben.
Daz in ir tot mvst werben.
Di ewig vreyd vor got.
Dann daz in ir tot
Bneht dez tivels gesellschaft.
Mit aller weitz vber chrafL
Svs vnd so von svzzer 1er.
Wart der Christen ie mer vnd mer.
Wan got mit sinem gaist.
Waz siner 1er vollaist.
So daz vil haiden qvamen.
Vnd di tovf von in namen.
Da herren waren vnder.
NemesivR besvnder.
Der ein Tribvnvs waz.
Daz bedevt als ichs laz.
Der tovsent man het ze aller zit.
Dem rieh ze dienst nah ir sit.
Der tovft sich mit sin gesinde.
Mit weib vnd mit chinde.
Sin tohter Lvcilla di waz blint.
Stephanvs mäht daz selb chint.
Gesehent vnd wol gesvnt.
Di tovft sich an der stvnt.
Vnd tovft sich Oljmpivs.
Der ooh waz ein tribvnvs.
Mit sinem weib Exvpcria.
Mit sinem gesind vber alda.
Mit sinem svn Theodolo.
Di YTolichen do.
Liten di marter dvrh got.
Daz himelrich braht in ir tot.
Svs mit siner pfafhait.
Macht er den gelovben brait.
Er het drei briester da.
Geweiht vnd sehs dyacen dar na.
Vnd sehzehen phaffen da mit.
Di im hvlfen da mit ze aller sit.
Di haiden becheren.
Vnd den gelovben leren.
Nv wart Valeriano gesait.
Ynd Grallieno sin 1er brait.
Wie er den gelovben lert
Vnd biet daz lant nah bechert.
Di sanden ir gesinde hin.
Vnd hiezzen Stephan bringen in.
Mit aller siner phafhait.
Vnd swer Christen in ward gesait.
Di boten waren vn langen.
Biz sie brahten gevangen.
Di Christen vnd sant Stephan.
Zv im sprach Valerian.
Dv bist der selb Stephanvs.
Von dem man mir sagt svs.
Dv seist ein verchaerer.
Der alten e vnd ein lerser.
Der newen chetzrei.
Vnd mit 1er manigerlei.
Wendest opphem ze aller zit.
Dem abgot nah dem altem sit.
Do antwort im sant Stephan.
Du solt wizzen Valerian.
Ich hin dhain vercheraar.
Ich bin ein leraer.
Daz di vnversvnnen haiden.
In di abgot liezzen laiden
BIBLIOGRAPHISCHE ÜBERSICHT
DES
ERSCHEINUNGEN AUF DEM GEBIETE DER GERMANISCHEN
PHILOLOGIE IM JAHRE 1874.
VON
KARL BARTSCH*).
I. Begriff and Geschichte der germaniBchen Philologie.
1. Meyer, £. H., die Begründer der Sprachwissenschaft.
Westermanns illustrirte Monatohefte 1874, Novemb. 8. 146—169. Wilh. y. Hum-
boldt, Bopp, J. Grimm. Mit Porträts, wobei aber statt J. Grimms Bild das von
W. Grimm gegeben ist!
2. Amelnng. — K öl hing, E., Artbar Amelang.
Germania 19, 244—247.
3. Martin, E., Arthar Amelang. Nekrolog.
Zeitschrift f. dentsche Philologie 6, 99—102.
4. Baemeister. — Holland, H., Adolf Bacmeister.
Westermanns illnstrirte Monatshefte, Sept. 1874. Mit Portr&t.
5. Oabelentz. — Rost, R., Hans Conen v. d. Gabelentz.
Athenaenm 1874, 12. December.
6. Lebens abriß Sr. Excellenz des Herrn Geh. Rathes Dr. H. C. v. d.
Gabelentz. Altenbarg 1874. Bonde. 5 gr.
7. Odrres. — Joseph von Görres gesammelte Briefe. 2. 3. Band.
Freandesbriefe (1802 — 1845). Heraosgegeben von Franz Binder. 8. Manchen
1874. Literar. artist Anstalt.
Gesanmielte Schriften 8. 9. Band. Darin viele Briefe der Brflder Ghrimm, Uhlands,
LaGbergs, Lachmanns, MaGmanns etc. Vgl. Bächtold in diesem Hefte der Zeitschrift;
Theolog. Literatoiblatt 1875, Nr. 5 (Radioff); Literar. Rondschaa I, 4.
8. Grimm. — Deatsche Lehr- and Wanderjahre. Selbstschilderangen be-
rühmter Männer und Frauen. 2. Band. Berlin 1874. 8.
Enthält S. 141—161 und 162—189 die Autobiographien von J. und W. Grimm
aus Justins hessischem Gelehrten-Lexicon.
9. Helm, Gast. Martin, J. Grimm and seine Verdienste um die deatsche
Sprache. 8. (46 S.) Bensheim 1874. 6 gr.
10. Reifferscheid, Alex., das Lycealzeagniss Jacob Grimms.
Zeitschrift für deatsche Philologie 6, 103.
11. Crecelius, W., Briefe von Jacob Grimm an K. W. Boaterwek.
Germania 19, 247—263.
*) Mit Unterstfitiung von K. Gislason in Kopenhagen, Th. MObius in Kiel,
SOdervall in Lund.
OEBMANIA. Nene Beäe Ym. (XI.) Jtlug. %^
450 BIBUOGRAPHIE VON 1874.
12. Jacob Grimm an Adelbert von Keller.
Gemumia 19, 604--605.
13. Haapt. — Bartsch, Karl, Moritz Haupt.
Germania 19, 238—242.
14. Zacber, J., Moriz Haupt. Nekrolog.
Zeitschrift fQr deutsche Philologie 5, 446—456.
15. Sc her er, W., Moriz Haupt.
DenUche Zeitung 1874, Nr. 766. 768.
16. Steinmeyer, £., Moriz Haupt.
lUnstrirte Zeitung 1874, Nr. 1602. Mit BUdniss.
17. Frey tag, G., Moriz Haupt.
Im neuen Reich 1874, Nr. 9.
18. Prantl, K. v., G^dächtnissreden auf M. Haupt, £. v. Kausler, Tlu
Ton Karajan.
Sitzungsberichte der bayerischen Akademie yom 28. März 1874.
19. Ignatius, F., Übersicht der germanbtischen Thätigkeit M. Haupts.
Germania 19, 373—377. VgL auch Nr. 29.
20. Hoffmann. — Bartsch, Karl, Hoffinann von Fallersieben.
Geimania 19, 236—238.
21. Wagner, J. M., Hoffmann Ton Fallersleben. Mit dem Bildnisse des
Dichters und zwei Ansichten (seinem Geburthause und Schloß Correy).
Illustrirte Frauenzeitnng I. Jahrgang (1874) Nr. 10.
22. Gottschall, R., Hoffmann von Fallersleben.
Unsere Zeit 1874, 6. Heft.
23. Gottschall, R., Erinnerungen an Hoffinann von Fallersleben.
Die Gartenlaube 1874, Nr. 10.
24« Hei big, K. G., Erinnerungen an Hoffinann von Fallersleben.
Im neuen Reich 1874, Nr. 6.
25. Jaqnet, G., Hoffinann von Fallersleben.
Sonntagsblatt von Liebetreu 1874, Nr. 9.
26. Lindau, Paul, eine Erinnerung an Hoffmann von Fallersleben.
Die Gegenwart 1874, Nr. 6 (aus dem Jahre 1868, in Elberfeld).
27. Zabel, E., Hoffmann von Fallersleben.
Die Literatur 1874, Nr. 9.
28. Aus der Schriftstellerwelt.
Bl&tter f: literar. Unterhaltung 1874, Nr. 6.
29. Briefe von Hoffinann von Fallersleben und Moriz Haupt an Fer-
dinand Wolf. Herausgegeben von Adolf Wolf. 8. (92 S.) Wien 1874. K. Gerold's
Sohn in Comm.
Aus den Sitzungsberichten der Akademie Bd. LXXVH, 97 iL VgL Literar. Cen-
tralbUtt 1874, Nr. 46.
30. Jänicke. — Strobl, Joseph, Oscar Jänicke.
Germania 19, 603—604.
31. Gombert, Dr., Oskar Jänicke. Nekrolog.
Zeitschrift für deutsche Philologie. 6, 467—468.
32. Wilmanns, W., Nekrolog för Oscar Jänicke.
Zeitschrift ftlr das Gymnasialwesen 1874, S. 474-477.
83. Kansler. — Keller, A. y., Eduard von Kausler.
Germania 19, 242—244. VgL auch Nr. 18.
34. Kohler. — Kölbing, Eugen, Arthur Köhler.
Germania 19, 126—128.
36. Kon. — Keller, A. v., Hermann Kurz.
Germania 19, 124-126.
1. BEGRIFF UND GESCHICBTE DER GERMANISCHEN pniLOLOGlE. 451
86. Hagimann. — Bartacli, Karl, Haas Ferdintind Mae
Genuania 19,377— SBO.
37. Bocker, N,, H. F. Uaaamaiin.
Itluatrirte Zeitung 1874, Nr. 1634.
38. Dürre, E., Hans Ferd. MaBsmana.
Neue Jahrbücher für Tumkunst ÜO, Band (IST-l), 5. Heft
30. Maurer. — Hertzberg, Ebbe, Konrad Maurer. In: HiBtorisk Tids-
skrift udgi». af den norske histor. Forsning 111. Chriatiania 1874, S. 867 — 384,
40. Mensel. — Holland, H., Wolfgang Menjel.
WeBtetmanoB iUuatrirt^ MonaUbefte, Juni I8T1. 8, 354—261.
41. Petersen. — Zor Erinnerung iLn Professor Christian Petersen.
Zeitschrift des Verointi für liamburgische Geschichte N. F. S. Band, 3. Heft,
Hamburg ISTl.
43. Bask. — Nogle Raskiana ineddelte af Karl Verncr.
Tirlskrift for Philologi og Paedagogik N. R. 1,284-30*.
43. Tb
atykfae meddelte.
Ebenda S. 304—
44. Schiller. -
Vilb,, Nogle
> Raskiana, som tillfeg til foregaende
Ger
» 1*1,
Lübbei
-^124.
. A., Karl BchÜler.
45. Schmeller. — Andreas Schmeller und sein baieriscbea Wörterbuch.
Nene freie Presse 1S74, 9. Ootober
46. Brunnbofer, E., Ein Brief Schmellers.
Germania 19, 263—254.
47. IThlaDd. — Ludwig Ublanda Leben. Ans dessen Nachlass und
eigener Erinnerung eus ammengestellt von seiner Wittwe. 8. (179 S.) Stuttgart
1874. Cotte. 1 Hthlr. 6 gr.
Vgl. Lilerar. CentralhUtt 187G, Nr. 31; BlHlter f. liter. Unterhaltung 1874, Nr. 46;
Magaiin f. d. Liter, d. Analandee 1876, Nr. 10; Wisaeniichaftl. Beilage der Leipziger
Zeitung 1874, Nr. 72; Natiunal-Zeitnng 1876, Nr. 9; Wiener Zeitschrift 1. 14; Saturdaj
Review 1874, IT. Octüber; N. PreuD, Zeituug IIS7&, Nr. 44; Kuener Zeitung 1874,
Nr. 172.
48. 5!tudien zu Ludwig llhland.
AllgemeilJ(^ Zeitung 1874, Beilage 213.
4!). Vilmar. — Lothholz, Gymnaeialdirector Dr.,
Würdigung A.
n Brief Vilmsrs J
Karl Heinrich Wilhelm |
Deutsche Blatter 1874, 1. Heft, Seite 5G— 64. Darin auch i
von 1860 Aber den Stand der Nibelungenfrage.
50. Wackernagel. — Hooegger, Di
Wackernagel.
Die itluatrirte Schweiz, Januar 1874, S. 17—26.
51. W. Wackernagel als Gelehrter und Dichter.
AUgemdne Zeitung 1871, Reilage 107.
&9- Egger, Dr. J., Bericht über die Sitzungen der deutecb-romauiBChen
und der Section für neuere Sprachen auf der XXIX, Versammlung deulscher
Philologen und SehulmÜnner au Innsbruck, vom 28. Sept. bis 1. Oct. 1874.
Germania 19, 492— GOO.
S3. Cberaicbt dt^r germanistischen Vorlesungen an den UniversitäteB 1
(l:ttBchlandB . Österreichs, ilür äehneiz, Hollands und in Dorpat im Wtnt«|
'74, Sommer 1874, Winter 1874/75.
452 BIBUOORAPHIE VON 1874.
n. Handschriftenkande and Bibliographie.
54. CodiceBManascripti, Ecclesiae metropolitanae Coloniensis, descrip-
senmt Philippos Jaffi^ et Gaileimas Wattenbach. gr. 8. (X, 166 S.) Berolini
1874. Weidmann.
Vgl. Literar. Centralblatt 1875, Nr. 14; Jenaer Literator-Zeitnng Nr. 34.
55. Müller, Hermann, die mannscripta Grermanica der üniTersitiUB-
bibliothek zu Greifswald.
Zeitschrift für deatsche Philologie 6, 104—119.
56. Schröder, Carl, deutsche Handschriften im britischen Maseom.
Archiy für Litteraturgeschichte 4, 266—268. An BSchtold anknüpfend.
57. Catalogns codicnm latinomm bibliothecae Regiae Monacensis.
Secnndnm A. Schmelleri indices composaerunt C. EUdm et G. Mejer. Tom. IL
pars L Codices nnm. 8101 — 10930 complectens. 8. (386 S.) Monachii 1874.
Pahn. 2 Bthlr.
58. Bartsch, Karl, bibliographische Übersicht der Erscheinung^ auf
dem Gebiete der germanischen Philologie im Jahre 1873.
Germania 19, 449—492. Vgl. Petzholds Anzeiger 1876, Nr. 3.
59. Bibliotheca philologica, oder geordnete Übersicht aller auf dem
Gebiete der classischen Alterthumswissenschaft wie der älteren und neueren
Sprachwissenschaft in Deutschland und dem Ausland neu erschienenen Bacher.
Herausgegeben von Dr. Müldener. 26. Jahrgang, 2. Heft und 27. Jahrgang.
1. Heft. 8. G^ttingen 1874. Vandenhoeck n. Ruprecht.
60. Weiler, E., Repertorium typographicum. Die deutsche Literatur
im ersten Viertel des 16. Jahrhunderts. Supplement. 8. (70 S.) Nördlingen 1874.
Beck. 16 gr.
61. Maltzahn, W. t.^ deutscher Bucherschatz des 16., 17. und 18.
bis um die Mitte des 19. Jahrhunderts. 1. Abtheilung. 8. Jena 1874.
Vgl. Jen. Liter. Zeitong 1876, Nr. 33.
62. Haupts, Moriz, und Karl Schillers Bibliotheken. Abtheilung I:
Deutsche Philologie. 8. Berlin (1874). Majer u. Hüller.
in. Sprachwissenschaft und SprachTergleichung.
63. Müller, Max, Vorlesungen über die Wissenschaft der Sprache.
Deutsch von Carl Böttiger. 1. Serie, 3. Auflage. 8. (XII, 500 S.) Leipzig 1874.
Klinckhardt. 2 Rthlr.
Vgl. Wissenschaft]. Beilage der Leipziger Zeitung 1876, Nr. 28.
64. Whitney, W. D., die Sprachwissenschaft. Vorlesungen über die
Principien der vergleichenden Sprachforschung für das deutsche Publicum be-
arbeitet und erweitert von Julius Jollj. 8. (XXVIII, 713 S.) München 1874.
Ackermann. S^/^ Rthlr.
Vgl Liter. Centralblatt 1874, Nr. 31 ; Zeitschrift f. deutsche PhUologie 6, 844 ff.
(Bezzenberger) ; Gotting. Gelehrte Anzeigen 1874, Nr. 21; Zeitschrift f. d. Gymnasial-
wesen 1874, Aogost; Jenaer Lit. Zeitung 1875, Nr. 6; Ifagazin f. d. Liter, des Ana-
landes 1874, Nr. 39; Pädagog. Archiy 16, 9; Preußische Jahrbücher 1876, Januar;
Allgem. Zeitung 1874, Nr. 342; Gegenwart Nr. 36 (Carriöre).
65. Sayce, A. H., the principles of comparatiye philology. London 1874.
Trfibner. 10 s. 6 d.
m. SPRACHWISSENSCHAFT UND SPRACHVERGLEICHUNG. 453
66. J0II7, J.y Völkerkunde und Sprachforschung.
Im neuen Reich 1874, Nr. 12.
67. Gabelentz, Georg v. d., Sprachwissenschaftliches.
Globus Yon Andree 1874, Nr. 6 ff.
68. Darwin, G. H., Whitney on the origin of language.
Contemporary Review 1874, Oetober S. 894—904.
69. Key, T. Hewitt, Language: its origin and development. 8. (562 S.)
London 1874. Bell and Sons. 14 sh.
Vgl. Athenaeum 1874, 25. Juli.
70. The origin of language.
Westminster Review 1874, Oetober S. 381—418.
71. Alsleben, über Entwicklung der Sprache und Bedeutung einiger
Pflanzennamen.
Programm des Gymnasiums zu Dessau 1873. 4.
72. Grün, K., die Entwickelung der Sprache. 1. 2.
Wiener Abendpost 1874, Nr. 124 f.
73. Raumer, R. y., die Urverwandtschaft der semitischen und indo-
germanischen Sprachen.
Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung 22 (1874), 235—249.
74. Raabe, Andreas, gemeinschaftliche Grammatik der arischen und
semitischen Sprachen. Voran eine Darlegung der Entstehung des Alfabets.
8. (Vn, 132 S.) Leipzig 1874. RUnkhardt. 1 Rthlr.
75. Curtius, G., zur Chronologie der indogermanischen Sprachforschung.
2. hie und da erweiterte Ausgabe. 4. (83 S.) Leipzig 1873. Hirzel. % Rthlr.
Aus den Abhandlungen der k. sSchs. Gesellsch. d. Wissenschaften.
76. Jelly, J., noch einmal der Stammbaum der indogermanischen
Sprachen.
Zeitschrift für Völkerpsychologie 8. Bd. 2. Heft (1874).
77. Boppy FrauQois, Grammaire comparde des langues indo-europ^ennes.
Traduite par M. Br^. T. 5. Registre ddtaillö rddigd par F. Meunier. 8.
(235 S.) Paris 1874. Hachette. 6 fr.
78. Pott^ Prof. Dr. Aug. Friedr., Etymologische Forschungen auf dem
Gebiete der indogermanischen Sprachen unter Berücksichtigung ihrer Hauptformen,
Sanskrit, Zend-Persisch, Griechisch -Lateinisch etc. 2. Aufl. in völlig neuer Um-
arbeitung. 5. Bd. Wurzeln auf labiale Mutae. 8. (LXXIX, 432 S.) Detmold 1873.
Meyer. 373 Rthb:.
79. Fick, Aug., vergleichendes Wörterbuch der indogermanischen Spra-
chen sprachgeschichtlich angeordnet. 1. Band, enthaltend den Wortschatz der
indogermanischen Grundsprache, der arischen und europäischen Spracheinheit.
3. umgearb. Auflage. 8. (843 S.) Göttingen 1874. Vandenhoeck u. Ruprecht
473 Rthlr.
Vgl Jen. Liter. Zeitung 1875, Nr. 21 (Delbrück) ; Zeitschr. f. deutsch. Alt. 19, 1.
80. Kilian, Prof., Theorie der Halbvocale nebst einem sprachlichen
Curiosum über die Racenfrage der semitischen und arischen Sprachbände.
Sendschreiben aus dem Elsaß an Prof. F. Max Müller in Oxford. 8. (18 S.)
Straßburg 1874. Trübner. 8 gr.
81. Leffler, L. F., nigra Ijudfysiologiska undersokningar rörande
konsonantljnden. Afdel. L De klusila konsonantljuden. 8. (120 S.) Upsala 1874.
1 kr. 75 Ö. o
Aus: Upsala Univ. Arsskrift 1874. Vgl. Liter. Centr. 1875, Nr. 40.
454 BIBLIOGRAPHIE VON 1874.
*
82. Uavet, L., Tnnit^ lingaUtiqae europ^enne, la qnestion des deux k
arioeorop^eos.
Bllmoires de la Soci^t^ de lingaistique de Paris II, 4 (1874).
83. Ficky etymologische Beiträge.
Zeitschrift für vergleichende Sprachforschang 22, 871 ff. Darin got dnlga, genn.
rdva (Buhe), got. blaggv (blan), behagen, augö, mers (m&ri), altn. ausa, schöpfen.
84. Fick, A., iat. lacas and altir. loch See; germanisch lagu naß
und kirchensl. lokya Regen.
Ebenda 22, 653 f.
85. Bezzenberger, A., Miscellen.
Ebenda 22, 478—480.
86. Benfey, Th., vedisch midh4 oder miiha, n. (- mizhda, n. in der
Sprache des Avesta, gr. fXiO^o^ m., altsl. mizda, f., got. mizdo f.), yediach
midhv&ms u. Verwandte.
Nachrichten von der kgl. Gesellschaft derWissenschaften zn Göttingen 1874, Nr. 15.
87. Benfey, Th., über die indogermanischen Endungen des Genetiy
Singul. lans, las, ia. 4. (61 S.) Göttingen 1874. Dieterich. 24 gr.
Aus den Abhaudl. der k. Gesellschaft der Wissenschaften.
88. Weise, Oscar, de linguarum indogermanicarum suffixis primariis.
Sectio I. De adjectivis suffixo u formatis. 8. (75 S.) Göttingen 1874. Dissertation.
89. Jolly, J., zur Lehre vom Particip.
In: Sprachwissenschaftliche Abhandinngen hervorgegangen ans G. CurtiuB gram-
matischer Gesellschaft. Leipzig 1874. Hirzel. S. 78—94.
90. Meyer, Gustav, zur Dvandva- Zusammensetzung.
Zeitschrift für vergleichende Sprachforschung 22, 477 f.
IV. Grammatik.
91. Förötemaun, Ernst, Geschichte des deutschen Spracfastammes.
1. Band. 8. (VII, 618 S.) Nordhausen 1874. Förstemann. 4 Rthlr.
Vgl. Liter. Centralblatt 1874, Nr. 31; Jen. Liter. Zeitung Nr. 31 (Sievers);
Saturday Review 17. October; National- Zeitung Nr. 261.
92. Schleicher, August, die deutsche Sprache. 3. Aufl. 8. (XI, 348 S.)
Stuttgart 1874. Cotta. 2V3 Rthlr.
Unveränderter, von Johann Schmidt besorgter Abdruck.
93. Heyne, Moritz, kurze Laut- und Flexionslehrc der altgermanischeo
Dialecte. 3. verbesserte Auflage. 8. (X, 354 S.) Paderborn 1874. Schöningh.
Vgl. Revue critique 1875, Nr. 3.
94. Sievers, Ed., Paradigmen zur deutschen Grammatik. Gotisch,
Altnordisch, Angelsächsisch, Altsächsisch, Althochdeutsch, Mittelhochdeutsch.
Zum Gebrauch bei Vorlesungen zusammengestellt, hoch 4. (5 S. m. 30 Tau)
Halle 1874. Waisenhaus. 1 Rthlr.
Vgl. Germania 20, 104—109 (Paul); Literar. Centralblatt 1874, Nr. 21; Jen.
Liter. Zeitung Nr. 31 (Braune).
95. Meyer, Karl, Beiträge zur Keuntniss der langobardischen Sprache.
Germania 19, 129—139.
96. Bluhme, F., die gens Langobardorum. 2. Heft Ihre Sprache. 8.
(54 S.) Bonn 1874. Marcus. V, Rthlr.
Vgl. Germania 20, 109 (K. Meyer); Revue critique 1876, Nr. 30; Nuova Anlo-
logia 29, 6 ; AUgem. Zeitung 1874, Nr. 351.
97. Birlinger, A., grammatische Versuche eines Kölners aus dem
XVI. Jahrhundert.
OermADiM 79, 94—97.
IV. GRAMMATIK. 455
98. Arndt, Ad«, Versuch einer Zasammensteilung der alts&chsischen
Declination, Conjugation und der wichtigsten Regehi der Syntax. 4. (24 8.)
Programm des Gymnasiums zu Frankfurt a. O. 1874.
Vgl. Zeitschrift för deutsche Philologie 6, 120 ff. (Erdmann).
99. March, Fr. A., a comparative grammar of the Anglo-Saxon lan-
guage, in which its forms are illustrated by those of the Sanskrit, Greek,
Latin, Gothic, Cid Saxon, Old Friesic, Old Norse and Old High German. 8.
(Xn, 253 8.) New- York 1873. 10 sh.
100. Mätzner, Ed., englische Grammatik. 2. Theil. Die Lehre yon der
Satzfngung. 1. Hälfte. 2. Auflage. 8. (IV, 529 S.) BerUn 1874. Weidmann.
3V3 Rthlr.
101. Mätzner, Ed., an english grammar, methodical, analjtical and
historical. Wiih a treatise on the orthography, prosody, inflections and syntax
of the english tongue, and numerous authorities, citied in order of historical
development Translated from the German, with the sanction of the anthor, by
Clair James Grece. 3 vols. 8. (1580 S.) London 1874. Murray. 36 sh.
Vgl. Athenaenm 1876, 27. März.
102. Shepherd, H. E., the history of the English language, from the
Tcutonic inyasion of Britain to the close of the G^orgian era. 12. (227 S.)
New-York 1874. 7 sh. 6 d.
103. Kington-OIiphanty T. L., the sources of Standard English. 1873.
104. Ludorff, Franz, über die Sprache der altenglischen Lay Hauelok
pe Dane. Ein Beitrag zur Kenntniss der altenglischen Grammatik. 8. (31 S.)
Münster 1874. Aschendorff. % Rthlr.
Dissertation. Vgl. Zeitschrift f. d. österr. Gymnasien 1874, 8. Heft
105. Bernard, Emil, William Langland. A grammatical treatise. 8.
(94 S.) Bonn 1874. Strauss. ^ Rthhr.
DisserUtion. Vgl. Liter. Centralblatt 1876, Nr. 13 (R. WOlcker); Jen. Liter.
Zeitung Nr. 20 (derselbe).
106. Weymouth, R. F., on early english pronunciation with especial
reference to Chaucer in Opposition to the views maintained by A. J. Ellia in
his work «On early English pronunciation^. 8. (158 S.) London 1874. Asher.
10 s. 6 d.
VgL Academy^ 24. Octob. 1874 (Sweet); femer eh. 31. October und 7. Not.
(Sweet, EUis).
107. Wimmer, L. F. A., Fomnordisk formlära. Syensk, omarbetad npp-
laga. 8. (179 S.) Lund 1874. Gleerup. 2 kr.
108. Thorkelsson, J6n^ Athugasemdir um fslenzkar m41myndir. 8.
(28 S.) Reykjavik 1874.
Bemerkungen über isländische Grammatiken.
109. Petersen, N. M., Nogle uddrag of forelsBsninger vedkommende
de nordiske sprog.
Petersens samlade afhandlinger. 4. del. Kopenhagen 1874.
110. Storm, Joh., om Tonefaldet (Tonelaget) i de skandinaviscke sprog.
8. (14 S.)
Aus: Christiania Videnskabs-Selskabs Forhandlinger for 1874, S. 286—297.
111. Rydqyist, J. E., Svenska sprikets lagar. Kritisk Afhandling.
5. Bd. Ordbildning. 8. (269 S.) Stockholm 1874. Klemming. 5 kr.
112. Bidrag tili svenska spräkets qvantitetslära af J. A. A. 8. (190 S.)
Stockholm 1874. Norstedt 2 rd. 25 ö.
456 BIBUOGRAPHIE VON 1874.
113. Amelung, der Ursprung der deutschen a-Vocale.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 18, 161—220.
114. Bezzenberger, A., über die A -Reihe der gotischen Sprache.
Eine grammatische Studie. 8. (72 S.) Göttingen 1874. Peppmfiller. 20 gr.
YgL Zeitschrift f. deutsche Philologie 6, 232 ff. (Bernhardt); Jen. Liter. Zeitong
1874, Nr. 43 (Sievers).
115. Braune, W., die altslovenischen Freisinger Denkmäler in ihrem
Verhältnisse zur ahd. Orthographie.
Paul und Braune, Beitr^e I, 627—534.
116. Wilken, £., zur deutschen Declination.
Germania 19, 18—34.
117. Sieyers, £., zur angelsächsischen Declination.
Paul u. Braune, Beiträge, I, 486—504.
118. Lichtenheld, das schwache Adjectiy im Gotischen.
Zeitschrift t deutsches Alterthum 18, 17—43.
119. Bernhardt, der Artikel im Gotischen. 4. (19 S.)
Progranun des Gymnasiums zu Erfurt 1874.
120. Braune, W., über den grammatischen Wechsel in der deutschen
Verbalflexion.
Paul u. Braune, Beiträge I, 513—527.
121. Pokorny, Ign., über die reduplicierten Präterita der germanischen
Sprachen und ihre Umwandlung in ablautende. 4. (29 S.) Programm des Gym-
nasiums in Landskron (Böhmen) 1874 (Prag, Tempsky).
122. Sievers, E., die reduplicierten Präterita.
Paul und Braune, Beiträge I, 504—512.
123. Begemann, Wilh., zur Bedeutung des schwachen Präteritums der
germanischen Sprachen. Ergänzung zu des Verf. Schrift: Das schwache Präteritum
der germanischen Sprachen. 8. (192 S.) Berlin 1874. Weidmann. Vs ^^^i'*
Vgl. Zeitschrift f. deutsche Philologie 6, 230 ff. (Delbrück) ; Jen. lAier. Zeitung
1874, Nr. 45 (Sievers); Götüng. Gel. Anzeigen 1875, Nr. 13 (Jelly); Revue critique
Nr. 27.
124. Schlueter, Woifg., die mit dem Suffixe ja gebildeten deutschen
Nomina. Theil I. 8. (65 S.) Göttingen 1874. Dissertation.
125. Koch, F., linguistische Allotria. Laut -^ Ablaut- und Reimbildnngen
der englischen Sprache. 8. (94 S.) Eisenach 1874. Bacmeister. 20 gr.
Vgl. Liter. CentralblaU 1875, Nr. 14 (Wülcker); Herrigs Archiv 53. Bd. 1. Heft.
126. Erdmann, Oskar, Untersuchungen über die Syntax der Sprache
Otfrids. Gekrönte Preisschrift der kaiserl. Akademie der Wissenschaften. 1. TheiL
Die Formationen des Verbums in einfachen und zusammeng^etzten Sätzen. 8.
(XVIII, 234 S.) Halle 1874. Waisenhaus. 2 Rthlr.
Vgl. Germania 19, 437—443 (Piper); Zeitschrift C deuUche Philologie 6,243 81
(Tobler); Jen. Liter. Zeitung 1874, Nr. 45 (Windisch); Liter. CeutralbL 1875, Nr. 20
(E. Kuhn).
127. Knabe, C, zur Syntax der mhd. Klassiker. A. Die Prapositioneiu
4. (40 S.) Magdeburger Gymnasialprogramm yon 1874.
128. Gricnberger, A., die Anwendung der Präpositionen im Mittel-
hochdeutschen. 8. (38 S.) Programm des Real- und Obergymnasioms an Nikols-
burg 1874.
129. Reifferscheid, Alex., Lexioalisch - syntaktische Untersuchongen
über die Partikel ge-.
Zeitschrift f. deutsche Philologie, Ergäniungsband S. 319—446.
V. LEXICOGRAPHIE. 457
130. Skeat, W. W., on the prefix A- in Englbh.
Joornal of philology VoL 6 (1874) Nr. 9.
131. Vadstein, Alb., Kafiusläran i äldre Vestgötalagen. 8. (44 S.)
Land 1874. Dissertation.
132. Piper, P., über den Gebrauch des Dativs im Ulfilas, üeliand und
Otfrid. 4. (30 8.) Osterprogramm der Kealschule zu Altona 1874.
Vgl. Zeitschrift f. deutsche Philologie 6, 120 (Erdmann).
133. Moller, A., über den Instrumentalis im Heliand und das homerische
Suffix (pi {(piv)' 4. (24 S.) Osterprogramm des Gymnasiums in Danzig 1874.
Vgl. Zeitschrift f. deutsche Philologie 6, 120 (Erdmann) und den Nachtrag des
Verf. im Liter. Centralblatt 1874, Sp. 1190.
134. Schirm er, Carl, über den syntaktischen Gebrauch des Optatiyus im
Gotischen. 8. (47 S.) Marburg 1874. Dissertation.
Vgl. Zeitschrift f. deutsche Philologie 6, 485 (Bernhardt).
135. Holtheuer, R., der deutsche Conjunctiv nach seinem Gebrauche
in Hartmanns Iwein.
Zeitschrift f. deutsche Philologie, Ergänzungsband S. 140—182.
136. Kasten, William, an inquiry into the use of the subjunctiye mood
in the English of the Elizabethan period. 4. Hannover 1874.
Rostocker Dissertation.
137. Dittmar, H., über die altdeutsche Negation ne in abhangigen
Sätzen.
Zeitschrift f. deutsche Philologie, Ergänzungsband S. 183—318.
138. Apelt, Otto, über den Accusativus cum Infinitivo im Gothischen.
Germania 19, 280—297.
139. Gering, H.^ über den syntaktischen Gebrauch der Participia im
Gotischen.
Zeitschrift f. deutsche PhUologie 6, 294—324. 393-433. Vgl. Bibliogr.* 1873,
Nr. 89. Vgl. Wissenschaftl. Monatsblätter 1875, Nr. 2.
140. Rusteberg, F. G. A., historical development of the Gerund in the
English language. 8. (23 S.) Göttingen 1874. Dissertation.
V. Lexi cographie.
141. Grimm, Jacob, und Wilhelm Grimm, deutsches Wörterbuch. Fort-
gesetzt von Rud. Hildebrand und K. Weigand.. 4. Bd. 1. Abth. 6. Lief. Be-
arbeitet von Rud. Hildebmnd. (Sp. 1201—1392). 4. Bd. 2. Abth. 7. u. 8. Lief.
Bearbeitet von Mor. Heyne. (Sp. 1393—1776). Lex. 8. Leipzig 1874. Hirzel.
k Va Rthlr.
142. Helten, W. L. van, fünfzig Bemerkungen zum Grimm*schen Wörter-
buche. 8. (VIII, 86 S.) Leipzig 1874. Richter und Harrassowitz. 20 gr.
Vgl. Liter. Centralblatt 1874, Nr. 30; Jen. Liter. Zeitung Nr. 24 (Sievers).
143. Diefenbach, Lorenz, und Ernst Wülcker, hoch- und nieder-
deutsches Wörterbuch der mittleren und neueren Zeit. Zur Ergänzung der vor-
handenen Wörterbücher, insbesondere des der Brüder Grimm. 1.2. Lief. Lex. 8.
(X, 288 S.) Frankfurt a. M. 1874. Winter, k 24 gr.
Vgl. Germania 19, 370—371 (Bartsch); Liter. Centralblatt 1874, Nr. 4; Revue
critique Nr. 13; Trflbners Literary Record Nr. 102.
144. Weigand, Fr. L. Karl, deutsches Wörterbuch. 2. verb. und ver-
mehrte Auflage. (4. Aufl. von Fr. Schmitthenner^s kurzem deutschem Wörter-
buch.) 8. Halbband. (2. Bd. S. 1—480.) Gießen 1374. Ricker. 27, Rthlr.
468 BIBUOORAPHIE VON 1874.
145. Schiller, Karl, and Aug. Lübben, mittelniederdentsches Wörter-
buch. 5. und 6. Heft. gr. 8. (S. 513—756). Bremen 1874. Kähtmanii a. Co.
k 7« ßthlr.
Vgl. HansUche Geschichtsblätter für 1873 'Walter).
146. Oudemans, CA., Bijdrage tot een Middel- en Oodnederlandsche
Woordenboek. Uit vele glosaaria en andere brennen bijeenverzameld. 5. deeL
O— R. 8. Amhem 1874. Marie. 4 Rthlr. 12 gr.
147. Tamm, Friedr. Aug., Bidrag tili en Svensk etymologisk ordbok.
A. 8. Upsala 1874. Dissertation.
148. Ordlista öfver svenska sprdket. Utgiv. af svenska akademien.
1. und 2. Aufl. 8. (334 S.) Stockholm 1874.
149. Rech, F., zerstreute Beiträge.
Germania 19, 46 — 68,
150. Woeste, F., Beiträge aus dem Niederdeutschen.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 6, 84—94.
151. Magnussen, Eirikr, on the etymology of certain words in Eng-
lish terminating in sk and sh.
Journal of philology Vol. 6, Nr. 10.
152. Fritz sehe, R., die Namen der Farben.
Deutscher Sprachwart 9. Band.
153. Crecelius, W., also bar.
Germania 19, 99-101.
154. Wilken, E., mhd. bsehen.
Germania 19, 69—6*2.
155. Zingerle, J., Christi Blumen.
• Germania 19, 182-183.
156. Jeitteles, A., Dienstag — Zinstag.
Germania 19, 428-430.
157. Müllenhoff, K., Fiur.
Zeitschrift f. deutsches AUerthum 18, 136.
158. Wilken, E., Mhd. iener, niener, uiuwan, niuwene und niene.
Germania 19, 346-348.
159. Woeste, Fr., jodüte, to jodüte.
Zeitschrift des Bergischen Geschichtsvereins 10. Bd. 1874.
160. Jeitteles, Ad., lütbrechic.
Germania 19, 433—434.
161. Zingerle, J., N6ne.
Germania 19, 349.
162. Burda, W., zur Etymologie des Wortes Thier.
Zeitschrift f. vergleichende Sprachforschung N. F. 2. Band, 2. Heft
163. Mick, über deutsche Orts- und Flußnamen.
Deutscher Sprach wart 8. Band (1874).
164. Birlinger, A., die hohenzollerischen Orts-, Flur- und Waldnameo.
Fortsetzung.
Alemannia II, 78-82.
165. Bück, hohenzollerische Ortsnamen.
Mittheilungen des Geschichtsvereines in HohenzoUem 6. und 7. Jahrgang.
166. Mehlis, Dr. Chr., Flurnamen aus Mittelfranken.
Anzeiger f. Kunde der deutschen Vorzeit 1874, Sp. 73—78. 114—116.
167. Regel, K., zur Endung -a in thüringischen Ortsnamen.
Zeitsobrift f. deutsche Philologie 5, ^U— SS7.
YL MUNDARTEN. 459
168. Dunger, H., über die Ortsnamen des Voigtlandes.
MittheiloDgen aus dem Archive des voigtl&ndischen alterthumsforschenden
Vereins 1874.
169. Beyersdorf, Dr., über die slavischen Städtenamen Pommerns.
Baltische Studien 25. Jahrg. 1. Heft (1874).
170. Mieck, Dr., über die Verbreitung des Wortes „rath^ in Ortsnamen
des Reg. Bez. Trier und den angrenzenden Landestheilen.
Jahresbericht der Gesellschaft für nützliche Forschungen in Trier für 1872—73.
Trier 1874.
171. Cassel, P., Berlin, sein Name und sein Ruf. 8. (62 S.) Berlin
1874. Gülker u. Co. V5 Rthlr.
172. Rieger, M., Melibokus.
Archiv f. hessische Geschichte u. Alterthumskunde 13. Band 1874.
173. Linder, N., Svenska ortnamn och eganderätten tili sädana.
Svensk Tidskrift 1874.
174. Sidenbladh, K., Sveriges härads- och sockennamn. 2. uppl. 8.
(196 S.) Stockholm 1873.
175. Kern, H., noms germaniques dans des inscriptions du Rhin in-
f^rieur.
Revue celtique 1874, Nr. 2.
176. Rohleder, F., über deutsche Personennamen und ihre lautliche
Veränderung. 8. (43 S.) Landsberg 1874. Schäffer u. Co. Va Rt^lr.
Auch als Programm des Gymnasiums zu Friedeberg i. N.
177. Gislason, Konr., om navnet Ymir. 4. (23 S.) Kjöbenhavn 1874.
Aus: Yidensk. Selskabs Skrifter 5. Rsekke, 4. Bd. S. 436-455.
178. Andresen, deutsche Geschlechtsnamen.
Neue Jahrbücher für Philologie u. Pädagogik 110 Bd. 1. Heft (1874).
179. Bück, M., über Geschlechtsnamen auf -eisen, -Isen.
Germania 19, 62—67.
180. Andresen, Dr. Ludwig Steub und die deutschen Familiennamen.
Neue Jahrbücher für Philologie und Pädagogik 110. Bd. 5. und 6. Heft (1874).
181. Schenk, Dr. Gustav v., Familiennamen als Vornamen.
Correspondenzblatt des Gesammtvereins der deutschen Geschichts- und Alter-
thurasvereine 1874.
182. Bardsley, Ch. W., our english surnames: their sources and signi-
fications. 8. (550 S.) London 1874. Chatte and Windus. 9 sh.
Vgl. Atbenaeum 1874, Nr. 2436.
VI. Mundarten.
183. Riecke, C. F., Beiträge zur Kenntniss Deutschlands, seines Volkes
und seiner Sprache. 1. Heft. 8. Gera 1874. Griesbach. '^ Rthlr.
184. Erscheinungen, die interessantesten, im Schweizerdeutschen.
Archiv für das Studium der neueren Sprachen 53. Bd. (1874) S. 171—184.
185. Oosting, J., Bericht omtrent het Gymnasium te Devcnter voor
den Cursus 1874/75.
Enthält eine Abhandlung über Hebels alemannische Gedichte nach ihrer sprach-
lichen Seite. Vgl. Magazin f. d. Literatur d. Auslandes 1875, Nr. 1.
186. Winter, F., die Volkssprache in der Landschaft am Zusammen-
fluße von Bode, Saale und Elbe.
Gesohiohtsblätter fllr Sudt und Land Magdeburg. 9. Jahrg. (1874) 2. HefU
460 BmUOGRAPHIE VON 1874.
187. Heinzerling, Dr. J., die Siegerländer Mundart. 4. (17 8. und
eine lithogr. Karte.) Programm der Realschale zu. Siegen 1874.
Vgl. Archiv f. d. Studium der neueren Sprachen 54, 101.
188. Nolet, J., de Brauwere van Steeland, Notice aar le particnlariame
linguistique flamand de la Flandre occidentale.
Bulletins de Tacad^mie de Belgique T. 37.
189. Bihliographicaliist of Works illostrating English Dialects. PartL
Pnblication der English Dialect Society 1873.
190. Kj ellin, Moradialekten.
Dalames Fomminnesförenings Tidskrift 1873.
191. Leffler, L. F., Anteckningar om Västmanlands folkspräk.
Svenska Fomminnesförenings Tidskrift 1873 — 74.
192. Proben ans dem für das schweizerdentsche Idioticon gesammelten
Materiale. 4. (32 S.) Zürich 1874.
193. Jahresbericht über das schweizerdeutsche Idioticon, umfiuseod
'den Zeitraum vom Weinmonat 1873 bis Ende Herbstmonat 1874. 8. (9 8.)
Zürich 1874.
194. Hintner, VaL, Beiträge zur tirolischen Dialektforschong. IL 8.
Wien 1874. Beck.
Vgl. Alemannia 3. Bd. 1. Heft (Birlinger).
195. Halt rieh, J., Bericht an den Ausschuß des Vereins für sieben-
bürgische Landeskunde über den Stand der Vorarbeiten zu einem siebenbürgiach-
deutschen Wörterbuch.
Archiv des Vereins f. siebenbürg. Landeskunde 12. Bd. 1. Heft (1874).
196. Schnitze, Dr. Martin, Idioticon der nordthüringischen Mundart.
8. (Vn, 69 S.) Nordhausen 1874. Förstemann. 10 gr.
Vgl. Liter. CentralblaU 1876, Nr. 4 ; Jen. Liter. Zeitung 1874, Nr. 27 (Sieyers).
197. Latendorf, F., zu Laurembergs Scherzgedichten.
Germania 19, 351.
198. Walt her, Dr. C. H. F., zur Geschichte des Wortes priölken.
Bremisches Jahrbuch 7. Bd. 1874.
199. Gutzeit, W. y.^ Wörterschatz der deutschen Sprache Liylands.
2. Theil. 1. Lief. 8. (127 S.) Riga 1874. Kymmel. 1 Rthlr.
200. Hettema, Mr. Montanus de Haan, Idioticon Frisicum. Friesch-
latijnsch-nederlandsch woordenboek uit oude handschriften bijeenyerzameld. 8.
(XII, 596 S.) Leenwarden 1874. Suringar. 8 f. 40 c.
201. Reprints of scarce Glossarics. Part I. containing seyen Glosaaries.
Pnblication der English Dialect Society 1874.
202. Ordbog, Bomholmsk, udgivet af Lerere. 8. (88 S.) 1874. 80 ak.
203. Blumenberg, Förteckning öfyer egendomliga ord och nttryckaaitt
i Norbergsmälet.
Vestmanlands Fomminnesförenings arskrift 1874.
204. Die deutschen Dialectdichter.
Beilage zum deutschen Reichs-Anzeiger 1874, Nr. 30.
205. Mundartliche Sprachproben.
Alemannia II, 159—174.
206. Stüürhandel, de. Es G'spräch vo zwee Nachbere. In Truck g*geh Ton
£im wo gloset und nahgschriebe häd. 8. Zürich 1874. Zürcher vu Fairer. 40 c
VI. MUNDARTEN.
461 ■
307. Siber, L., der Kasper vo Binzc. E hatmelig Guchichtli ,
Franz vo Kobell z' Minehe orauone nnd der Boslerbeppi am Kbisprung (0r. L.
Siber) US em OberbairiacbeD jdb Baaelditscb ibers<:tEt hat. 8. (15 S.) Baael
1874. Schwighuseri.
208. Blueme-Strülili üb im Vereinhua-aSrtli im Bsselbiet ab Bazar-
OrfiesH. 8. (80 S,) Basel 1874. Spittler. '/^ Rtblr.
309. Arnold, J. O. D., der Pfingetmontag. Lnstepiel in Straßburger
Mnndart. Neue revidierte Ausgabe mit einer literarhiBtoriacben EiuleJtnng von
L. Spach. 8. (XXXIX, 249 S.) Straßburg 1874. Scbultz u. Co. 1 Stblr. G gr.
310. Keller, F., ctle Hegabutza. Eine Sammlung von Gedit^hlen iu
Bchwäbiscber Mundart. 16. (l59 S.) Kempten 1874. Kösel. '/j Rthlr.
211. Knapp, Herrn, (ieorg, Hellauf und glattaweg! Gedichte in Bchwä-
biBcher Mnndart. IG. (Vm, 91 S.) Stuttgart 1873. Kupfer. 7 gr.
312. Weitzmann'a, C, sammtli che Gedichte ia sc hnäbis ober Mnndart.
le. (IV, 212 S.) Stuttgart 1874. Gutzkow. '/, Ethb.
313. Lingg, M-, Gemiithle. Gedichte in der Mundart des Östlichen ood
mittleren Ältgäu. 8. (124 S.) Kempten 1874. KöhdI. 8 gr.
214. Hagen, Ca«p., Dichtungen in alemannischer Mundart aus Vorarl-
berg. 8, (511 S.) Innsbruck 1874. Wagner. iVj Rthlr.
215. Kram, Jos., Kraut und Arbes. UnterfranUische Gedichte, den
lieben Unterfranken gewidmet. 2. unverüod. Auflage. 16. Kaiserslautem 1874,
Muschi. 85 d.
216. ßosegger, F. K., Zither und Hackbrett. Gedichte in öster-
reichiecher Mundart. Mit einem Vorwort von Rob. Hamerling. 3. Auflage. 16.
(XVI, 214 S.) Graz 1874. 1 Rthlr.
217. Röhricht, R., der Jirmirt, didaktisches jobsiadisches Epoa in Bunz-
laner Mnndart mit Worterklärung.
RObezahl 1874, I. Heft.
218. Palm, H., zwei Sonette in schlesiscber Mundart von Chr. Jae.
Salicen Contesta, mitgetheilt.
Hilbeiabl 187*, 1 . Haft.
219. Ich binn gauE niolidig ufi' de Breiten. EibärjeesesI Scheenes Lied
für 'ne BardikulBristen-Stimme. 4, Aufl. 8. Leipzig 1874. Siegiamund u. Volkening.
220. Schnozeln, Erfurter. Auswahl. In Erfurter Mundart. 1—3. Heft.
16. Erfnrt 1874, KÖmer. h. 1 '/g gr.
221. Sommer, A., Bilder und Kläugo aus Rudolstadt in Volksmundart.
I- V. 7. Aufl. Rudolstadt 1874, Fröbel. i V^ Rthlr.
222. Rottmaon, ?. J., Gedichte in Hunarücker Mundart. 4. Auü. 8,
(VII, 286 S.) Kreuznach 1874. Voigtländer. % Rthlr.
223. Ahrene, J. F., Feldblom. Plattdeutsche Gedichte. 8. (133 S.)
Homburg 1874. Richter. 12 gr.
t2S4. Schacht, H., plattdeutsche Gedichte zum
n. 8. (86 S.) Hamburg 1874. Richter. '/» R"ilr.
^25. Semrau, Aogusl, Plattdeutsche Gedichte.
74. Wollsdorf. '/„ Rthlr.
Danne, Auguste, De lütt Heckci
■ DUottantRii-Haluir
. nt
dm 1874. Lasaac. '/^ Rthlr.
Vortrag in geselligen
. Auflage. 8. (42 S.)
gemüthlichen plntt- '
462 BIBLIOORAPHIE VON 1874.
227. Giese, Franz, Franz Essink, sin Liäwen nn Driwen as aolt Mon-
stersk Kind. Met Hölpe yan ne gelährde mönsterske Aowend-Gretelschnpp Ter-
tellt un heratgiewen. 2. Aosg. 8. (216 S.) Münster 1874. Coppenrath. '/^ Rthlr.
228. Grain Tuig, Schwanke und Gedichte in sauerländischer Mundart.
3. Aufl. 8. (96 S.) Munster 1874. Nasse. 8 gr.
229. Piening, Tb., Hans un Grethen. 8. (123 S.) Altona 1874. Veriaga-
bureau. Ya Rthlr.
230. Piening, Th., de annere Reis na*n Hamborger Dom. 1. DeeL 8.
(140 S.) Hamburg 1874. Richter. V3 Rthlr.
231. Geschichte, de, von de goUen Weig, vermengelirt mit allerhand
hüsliche Taustänn un Begewnisse Ton Mi. 8. (126 S.) Wismar 1874. Hinatorff.
7, Rthlr.
232. Keller, E. 0., de Peerlotterie! En lustig Stückschen y. 011 Bohl-
mann ut Groot Zimpelhoagen. Plattdütsch verteilt. 16. (31 S.) Pyritz 1874.
Backe. 3 gr.
233. Swanneblummen. Jierbokje for it jier 1874. 8. Herrenyen 1874.
Hingst.
234. De Bijekoer, frisk jierbokje for 1874. 28. Jiergong. 8. Frentsjer
1874. Telenga.
235. Mahl, Joachim, Biddel-Maryke. In print üt it folkslibben. Nei*t
holsteinsk platdütsk. ForMske tröch Waling Dykstra. 8. (97 S.) Leauerd 1874.
Schierbeek. 75 c.
236. Holm ström, L. P., Prof pa folksprlket i Färs härad.
Samlingar tili Skanes historia, fomskundskap och beskrifhing. Lund 1874.
VU. Mythologie.
237. Simrock, Karl, Handbuch der deutschen Mythologie mit Einschlofi
der nordischen. 4. yermehrte Aufl. 8. (XII, 644 S.) Bonn 1874. Marcus. 3 Rtblr.
Vgl. Reusch, theolog. Literatnrblatt 1874, Nr. 25 (Budloff); Neue Preuß. Zeitung
1875, Nr. 90.
238. Holtzmann, Adolf, Deutsche Mythologie. Vorlesungen herausge-
geben yon A. Holder. 8. (VIII, 308 S.) Leipzig 1874. Teubner. 8 Mk.
Vgl Liter. Centralblatt Nr. 46 (E. Kuhn); Blätter f. literar. Unterhaitang 1876,
Nr. 37.
239. Wolf, J. W., die deutsche Götterlehre. Ein Hand- und Lesebocb
für Schule und Haus. 2. Abdruck. 8. (XVm, 148 S.) Göttiugen 1874. Dietericb.
24 gr.
240. Wagner, Wilhelm, Unsere Vorzeit. Nordisch-germanische Götter
und Helden. In Schilderungen für Jugend und Volk. 2. Ausg. 1. Göttersagen.
2. Heldensagen. Mit 140 Abbildungen. 8. (XIX, 483 S.) Leipzig 1874. Spamer.
2V3 Rthk.
Neue Jugend- und Haasbibliothek. 4. Serie. N. F. 5. und 6. Band.
241 . Vollmer, W., Wörterbuch der Mythologie aller Völker. In 1 0 Lie£rgn.
3. Aufl. 2—11. (Schluß-)Liefg. 8. Stuttgart 1874. Hofimann. k % Rthbr.
242. Tydemann, P. H., oostersche, westersche en noordsche mythologie.
Met 10 afbeldningen. 4' herziene druk. 8. (4 und 307 S.) Zutphen 1874.
T. Someren. 1 f. 75 c.
w
vn. aiYTHOLOorE. vui, marchen und sagek.
463
243. Vetter, Perd., Preyr und Baldr und die deutBchen Sageu vom
veracti winde Dden und wiedurkebreodeu Gott.
Oennania 19, 196— KU.
244. Lütolf, AI., Kleine Beiträge zur Mytbologie.
Oennania 19, 314—215.
240. Mfiblhauee. E., die aus dem deutsclien GöttergUuben herriihreuden
Bilder an den Häusern in der ehemaligen X'roTiue Oberliesseu. 8, KuuBcben-
herg 1874.
246. Schwebel. Oskar, MytbologiBchcfl aus der Mark Brandenburg.
Woobaoblatt der Johanniter Ordens Baüey Brandenburg laT4.
S4T. Hildebrand, K. H., Folkens tro om siua döda. 8. (142 S.) Stock-
holm 1874. 3 kr. 25 ö.
S48. Regel, Karl, mitteldeutscher Fieberaegcn aus dem zni>lfteD Jahrhunderte
Zeitachnft f. deutaohe Pliilologia 6. 94—96.
249. Schönbach, Segen au» Orazer Handscliriftea.
EeiWchrift filr deutsches Altarthum 18, 78—81.
260. Steinmeyer. ein Segen.
Zeitschrift fOr deutsches Alterthum 17, &60,
S5I. Schröer, Sonnenuntergang, Grellste, GustrAte u. a, Gott folgen gehn.
Germania 19, 430—432.
252. Gericht und BekantnuU einer Winzenbeimer Hexe 1572. Mitgetheilt
von P. A. H.
Älsatia 1873-74.
253. Müller, Mai, Einleitung in die vergleichende Religionen isaenschaft.
Zwei Easaya. I.Hälfte. 8. Straßburg 1874. Trübuer. pro compl. S'/g Rtblr.
Vgl. das Ausland 1874, Nr. 88.
254. Max Hüller''s Science of Religion.
Edinburgh Review 1S74, Apiil.
25Ö. Kuhn, Ad., Ober Entwieklungsstufen der Mjthenbil düng. 4. (SOS.)
Berlin 1814. Dümmlcr in Comm. '/a Bthlr.
Ans den Abbandlungen der Akademie. S. Abdruck, ebd. 1874. Tgl. Magaxin f.
d. Liter, d. Auslandes 1S74, Nr. 20.
256. Schwarts, W., zur Methode der Mythen forschnng.
Neue Jsbrbüober f. Philologie u. Pädagogik 109. Bd. 3. Hofi (1874).
Vm. Märchen und Sagen.
267. Grimm, de gebroedera, Sprookjes en Verteilingen. Naur
voUedige nilgave uit bet Hoogduitsch door A. van der Veldc. Met
woord van M. P. Linde. 1' Aflev. 8. (2 und S. 1—48). s'Gruvenhuge
Cleef. 35 c. 2* deel- (2 u. 238 8.) 1 f. 75 c.
258. Grimms fairy talea. Tranaiated by Mrs, H. B. Pauel.
259. Bechatein, L., neues dcuUchea Märcbenbucb. 26. Aull.
Wien 1874. HarÜeben. 12 gr.
260. Deutsche Märchon. Dresden 1874. Meinhold u. Söhne,
Vgl. NatioiuÜEeitimg 1873, Nr. 596; Nene PruuQ. Zvltung Nr S99.
261. Braut, Gustav, deutsche Mythen- und Sogenmärcheu für
ind. 2. Aufl. 16. (78 8.) Wien 1874. Perlcs. 18 gr.
>t2. Hoffmana, F, deutsche Volksmärchen. C. Aufl. 16. (lli
ääm. 1 M. 75 d.
de tiende,
1874. van
1874.
B. (276 S.)
die reifere
< S.) Stutt'
464 BIBLIOGRAPHIE VON 1874.
263. Villamaria, Elfenreigen. Deutsche und nordische ICSrchen. 2. Aufl.
8. Leipzig 1873. Spamer. 273 Rthlr.
264. Mulden er, R., nordisches Märchenbuch. 4. Aufl. 8. Langenaaka
1874. Greßler.
VgL Thüringische Zeitung, Liter. Anzeiger 138.
265. Mal den er, R., Märchen aas Sad and Nord. 3. Aofl. 8. Braun-
schweig 1874. Schulbuchhandlnng. 12 gr.
266. Dahn, Felix, die deutsche Sage.
Allgemeioe Zeitung 1874, Beilage 17 ff. Anknapfend an Schöppner (Nr. 280).
267. Henne-am-Rhyu, Otto, die deutsche Volkssage. Beitrag rar
yergleichenden Mythologie mit 1000 Originalsagen. 8. (XXII, 538 S.) Leipsig
1874. Krüger. 2Va Rthlr.
Vgl. Jen. Liter. Zeitung 1875, Nr. 29; Westminster Review, Januar; TrIllmefB
literary Record Nr. 104. 105; Deutsche allgemeine Zeitung Nr. 159; Europa 1874, Nr. S4.
268. Schanz, P., deutsche Sagen. 8. Dresden 1874. Memhold o. Söhne.
1 Rthlr.
Vgl. Schlesische Zeitung 1873, Nr. 691; Nationalseitung Nr. 595; Nene Prea5.
Zeitung Nr. 299; Deutsche Romanzeitung Nr. 12.
269. Hoffmann, F., deutsche Sagen. 6. Auflage. 16. Stuttgart 1874.
Chelins. (IV, 404 S.) 4 Mk.
270. Aus Schutt und Ruinen. Illustrirter romantischer Sagenwart im
Gewände unserer Zeit. 1—4. Liefg. 8. Wien 1874. Wenedikt. & 4 gr.
271. Rolf US, K., Klänge aus der Vorzeit Fromme Sagen und Legenden.
2. und 3. Bändchen. Aus Bayern und Salzburg. 8. (VIII, 166; VII, 169 S.)
Mainz 1874. Kupferberg, h}/^ Rthlr.
272. Ploennies, L. v.. Sagen und Legenden nebst einem Anhang yer-
mischter Gedichte. 8. (179 S.) Heidelberg 1874. Winter. 1 RtUr.
273. Jecklin, D., Volksthümliches aus Graubünden, gesammelt und
herausgegeben. I. Theil: Sagen mit Anhang: Märchen aus dem Bundner Ober-
lande, gesammelt und nach dem Räto -Romanischen erzählt von C. Decortiiia. 8.
(140 S.) Chur 1874. Gsell. 2 fr.
274. Lenggenhager, G. H., Volkssagen aus dem Canton Baselland.
8. (180 S.) Basel 1874. Schneider in Comm. 24 gr.
275. Stoffel, Lau und Stöber, Oberelsassische Sagen und Volks-
märchen.
Abatia 1873^74.
276. Birlinger, A., Schwarzwaldsagen.
Alemannia 2, 146—159.
277. Mal leb rein, Franz, Murgthal-Sagcn und Geschichten in Reime
gebracht. 8. (78 S.) Rastatt 1874. Hanemann. 2 Mk.
278. Birlinger, A., Aus Schwaben. Sagen, Sitten und Gebrauche. (Des
„Volksthümlichen*' Neue Sammlung.) 2. Bd. 8. (535 S.) Wiesbaden 1874.
Killinger. 3 Rthlr.
Vgl Jen. Liter. Zeitang 1874, Nr. 25; 1875, Nr. 12 (Schottmüller); Grensboten
Nr. 19 (Rückert); Theolog. Literaturblau X, 2 (Norrenberg) ; Schwäbischer Merkur
1875, Nr. 62; Nene Preuß. Zeitung Nr. 73.
279. Luib, K, Oberscbwaben , seine Sage, seine Geschichte nnd seine
Alterthümer. 1. Lieferung. Die Gelten und die Römerzeit. 8. (48 S.) Tübingen
1874. Fues. 1 M. 40 Pf. (Mit 3 Tafeln.)
VIIL BiÄRCH£N UND SAGEN. 465
280. Schöppner, A., Sagenbuch der bayerischen Lande. 3 Bde. gr. 8.
(XIV, 496; VI, 471; 470 S.) München 1874. Rieger. 3 Rthlr. 18 gr.
Vgl. Nr. 266; Illustr. Zeitung Nr. 1607; Süddeutsche Presse Nr. 168; Landshuter
Zeitung Nr. 162; Tageblatt für Kempten Nr. 161.
281. Zapf, Ludwig, der Sagenkreis des Fichtelgebirges. Mythe und Ge-
schichte. 8. (186 S.) Dresden 1874. Birkner. V« ^thh.
Vgl. Jenaer Liter. Zeitung 1876, Nr. 12.
282. Kusk, Miss R. H., The Valleys of Tirol, their traditions and customs,
and how to visit them. London 1874. Longmans.
Vgl. Academy 6. Sept. 1874.
283. Günther, Madame la comtesse A. von, Tales and Legends of the
Tyrol. Collected and arranged. London 1874. Chapman and Hall.
Vgl. Academy 5. Sept 1874.
284. Hör mann, L. v., zwei Sagenbilder ans Tirol.
Wiener Abendpost 1874, Nr. 218 ff.
285. Kämtncrische, Straßburger, Lavanthaler Sagen.
Carinthia 64. Jahrgang (1874).
286. Bernau, Friedrich, Sagen aus dem Erzgebirge.
^ittheilungen des Vereins für Geschichte der Deutschen in Böhmen 12. Jahrg.
(1874), 6. Heft.
287. Knoblauch, Hugo, Von den Bergmännlein und Rübezahls Über-
siedelung aus dem Harz ins Riesengebirge. Mitgetheilt ans einer alten Hand-
schrift.
Rübezahl 1874, Nr. 2.
288. Pritsche, H., der Junker von Eben. Kynsbnrgsage.
Rübezahl 1874, 1. Heft.
289. Gräße, Job. Georg Theodor, der Sagenschatz des Königreichs
Sachsen. Zum ersten Male in der ursprünglichen Form aus Chroniken, münd-
lichen und schriftlichen Überlieferungen und andern Quellen gesammelt und
herausgegeben. 2. verbesserte und sehr vermehrte Auflage. 1. — 21. Liefg. gr. 8.
2 Bde. Dresden 1874. Schönfeld, ä Ve ^^hlr.
Vgl. Wissenschaftl. Beilage der Leipziger Zeitung 1873, Nr. 97; 1875, Nr. 36.
290. Pessc; Otto, thüringische Sagen.
Sybels historische Zeitschrift 16 (1874), 1, 33—72.
291. Mühlhause, £., die auf urgermanische Culturzustände hinweisenden
Sagen in der Umgegend von Ranschenberg.
Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte. N. F, 5. Band (1874).
292. Simrock, K., Rheinsagen. Aus dem Munde des Volkes und deut-
scher Dichter. Für Schule, Haus und Wanderschaft. 7. Aufl. 8. (XU, 495 S.)
Bonn 1874. Weber. 2 Rthlr.
293. Hörn, W. 0. v., der Rhein, Geschichte und Sagen seiner Burgen,
Abteien, Klöster und Städte. 2. Auflage. 8. (552 S.) Wiesbaden 1874. Niedner.
4 Va Rthlr.
294. Djurklou, G., Svenska sagor i Svenskt landsmal.
Svenska Fornminnesforeningens tidskrift 1873 — 74. Stockholm 1874.
295. Heller, Prof. Ambros, Rüdiger von Pechlam. Ein kritiacher Ver-
such zur Aufhellung dieses Namens.
BläUer des Vereins fQr Landeskunde f%r Niederösterreich. N. F. 2. Jahrg. (1873).
296. Elze, K., Tirol und die Eggensage.
Allgemeine Zeitung 1874, Beilage 261.
GfiSMAMU. Nene Bdhe ym. (XX.) Jahrg. 30
466 BIBLIOGRAPHIE VON 1874.
297. Scherer, W., der Wasgenstein in der Sage. Vortrag am 6. Dec.
1873.
MittheiluDgen aus dem Vogesenclnb 1874, Kr. 2.
298. Bezzenberger, A., der Faden am die Rosengärten.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 6, 42—44.
299. Müllenhoff, K., über Reinhart Fuchs.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 18, 1—9.
300. Zacher, J., Reinhart Fuchs im KanzleibriefiBteller.
Zeitschrift f. deutsche Philologie 6, 3—12.
301. Körting, 6., Dictys und Dares. Ein Beifrag zur Geschichte der
Troja-Sage in ihrem Übergange aus der antiken in die romantische Form. 8.
(rV, 119 S.) Halle 1874. Lippert. 28 gr.
Vgl. Literar. Centralblatt 1874, Nr. 23; Revue critique Nr. 19; Wissenschaftl.
Monatsblätter Nr. 9; Saturday Review 17. October 1874; Allgemeine Zeitung Nr. 134.
302. Gidel, la legende d'Aristote au mojen ftge.
Annuaire de P Association pour V encouragement des ätudes grecques en France 1874.
303. Studemund, zu Johannes de Alta Silva De rege et Septem sa-
pientibus. Zweiter Artikel.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 18, 221—249.
304. Creizenach, Theodor, die Dollinger-Sage.
Im neuen Reich 1874, Nr. 40.
305. Riezler, Sigmund, zur deutschen Kaisersage.
Sybels historische Zeitschrift 1874, 3. Heft. S. 63—76.
306. Die Kaiser*Friedrich-Sage.
Beilage zum deutschen Reichsanzeiger 1874, Nr. 34 f.
307. Die Kiffhäusersage.
Augsburger Postzeitung 1874, Beilage 24.
308. Die Winkctjriedsage.
Beilage zur Allgemeinen Zeitung 1874, Nr. 255.
309. Bieling, Hugo, ein Beitrag zur Überlieferung der Gregorlegende.
4. (26 S.) BerHn 1874. Götz. ^^ Rthlr.
Vgl. Jahrbuch f. roman. Literatur N. F. 2, 245 f. (Mangold) ; Reusch theolog.
Literaturblau IX, 26 (Birlinger) ; Herrigs Archiv 53, 458—460 (Sachse). Eine Besprechung
von Kölbing wird die Germania denmäcbst bringen.
310. BiVssafia, A., zur Katharinenlegende. I. 8. Wien 1874. Gerold.
Aus den Sitzungsberichten LXXV. Band.
311. Horst, V. d., de legende van de h. Ursula en haar elfduizend
maagden.
Onze Wächter 1874, Nr. 3.
312. Heibig, F., dieSage vom „Ewigen Juden*, ihre poetische Wanderung
und Portbildung. 8. Berlin 1874. Lüderitz. V3 ßthlr.
Sammlung. ji^em^inverstindlicher wissenschaftlicher Vorträge, 196. Heft. Vgl. Jen.
Liter. Zeitung 1874, Nr. 44 (SchottmüUer).
313. Die Sage vom ewigen Juden.
Magazin f. d. Literatur des Auslandes 1874, Nr. 81.
314. Gorius, zur Ahasversage. 4. (16 S.)
Programm des Marcellen-Gymnasiums in Köhi 1874.
315. Die kriechenden Thiere in der Sage.
Europa 1874, Nr. 34.
316. Bodin, Th., die Nachtigall in der Volkssage und dem Volksglauben.
Sonntagsblatt von Liebetreu 1874, Nr. 47.
IX. VOLKS- UND KINDEKUEDER, SPRICHWÖRTER e
317. Stracberj&n, ist die Eiche oder die Linde der Baum des deut-
achen Volkes? 8. Olduuburg 1874.
318. Kreuzdorn und WeiÜdorn in Sago und Dichtung.
Europa 1ST4, Nr. 2S.
319. Moaea, Hcroi., die dentachen PflaotenuameD in ihrer Bedeutung
für die Geaufaichte und Alterthum stunde.
MltlheiluDgen aus dem Archive dea voigtlftndivuben altertliunufDracb enden
Vereins 1874.
IX. Volko-
nd Kii
rlii
und Gebr&uche.
L deutschen Volks-
350, Scbei'er, Georg, Jungbriuinen. Die schönsten
lieder. Gesammelt. 3. Ana. IS. (XH, 3äl 8.) Berliu 1674. Besser, l'/^ ßthlr.
Vgl. Jenier Liter. Zeituug 187S Nr. 2 (Scliattmüller) ; Wisse na chaftl. Honata-
blSUer 1)174 Nr. i; Lebcianna MMgazin Nr. 41; Greiuboten Nr, &Q; Im neuen Beicb
Nr. 4! ; Deuticbe Wai'te VU, Vi ; NatioualzeiCuug Nr. 479 : N. PrenlS. Zeitung; Nr. 280 ;
EUlniscbe Zeitung Nr. 329. — Eine illustrirte PrscbUusgabe eracbiBn in Leipaig bei Dörr.
321. Arnim, Ä. L. von, und CI. Brentano, dea Knabe» Wunderbora.
Alte deuteuLe Lieder. Geaammelt. 6.— 10. Lieferung. S. Wiesbaden 1874. Eil-
lioger. k 12 gr.
322. Arnim, A, L. von. und Cl. Brentano, des Knaben """ " "
Alte deutsche Lieder. Mit Holzschnitten nach Zeichnungen voti
und Alei. Zick und einer Einleitung »on Gust. Wendt. 8. 8.-9.
Berlin 1874. Grote. k '/^ Bthlr.
323. Crecelius und Birlinger, EU dea Knaben Wunderhoro.
Alemannia 2, 181—1.91.
3S4. Jäger, Hermann, das Volkslied iu Thünugen.
Der Salon 187*, 11, Heft, S. 139B-t408.
335. Schmolkc, U., die Kümpfe der Schweizer gegen Burguud im Lichte
seitgenÖBsiaeher Dichtung.
Die GreniboWn 1874, Nr. 38— Sa.
336. Scbmolke, H., Proben gleichzeitiger Volkalieder über die Seh lachten
bei Hemmingatcdt (1404 und 1500). In ueubochdcutacher Übersetzung mit-
gotbeilt.
Die Greuzboten 1871. Nr. 40.
327. Scbmolke, H., Proben gleichzeitiger Volkslieder über die Sem-
pHCher Schlacht. In neuhochdeutscher Übersetzung mitgetheilt.
Dia Oreaiboten 1874. Nr, 17, B. 131-142.
328. 110 Volks- und Gesellschaftslieder des IB., 17. und 18. Jabr-
hunderte herausgegeben von F. W. Freiherrn von Ditfurtb. 8. Stuttgart 1874.
Göschen. 1 RtbJr. ÜG gr.
329. 5'iJ ungedruckle Balladen des Iti., 17. und 18. Jahrbundorts. Aus
fliegenden BDLttern. handHchriftlichen Quellen und mündlicher Übertiaferung ge-
aammell und berauFgegeben vo« F, W^. Freiherr« v. Ditforlb. 8. (XU, 196 S.)
Stuttgart 1874. Göacbea. 1 B. 36 kr.
VgL Anzeiger f. Kunde d, deutschen Vonieit 1S74 Nr. 6;^Lebinanns Maguin
Die histoHscheD Volkslieder des Österreich Ischen Heeres von 1638
fliegenden Blattern , bandschriftlichen Quellen und dem Volks-
-on F. W. Freiherrn v. PiUurlb. 8. (IV, 115 S.) Wien 1874.
468 BIBUOORAPHIB VON 1M74.
881. J&oobs, £., Soldatenlied &af die verscli&iisten scfatrediMli-kBwe
liehen Feldlager bei Saalfcld vom Mai bis Juni 1640.
Anxci^Gr l Kunde der deutHohen Vorzeit 1874, Sp. 307—312.
332. Bauman, Luding, Ain Lied van demEelbeii Kriege darTnnei
liehe stött Schinen, SchrotEborg nnd anudere vösstinen verstört habon.
Anieiger f. Kunde der deutschen Vorzeit 1S74, Sp. 44—48.
333. Vetter, Ferd., Kleine Beiträge.
Qerm&Dis 19, 211—214.
334. Vlämiiche Volkslieder des Uittelultera. Von H. Scb.
ha neuen SeicL 1871, Nr. 4t.
336. Böddeker, B.. engliselie Lieder und Bnlladen ans dem 16."! ^^
hundert nach einer Ha. der CnttoniauiBchen BibUothek des Brittischen Mnsetuna.
Jahrbuch für romaiusche und englische LiCterstur 14, älfl— S39.
S36. Harland, J.. Ballads mid songs of Luncashiro. S'' edilion. '
'', 337. Mnrray, J. CI., the baliadfl and eonga of Scotland, in rtewjf
tlieir inflncnce od the cbiracter of the people. 8. (320 S.) 6 ah.
338. EristensBD, E. T., gatnle jydske Folkeviser, aamlcde
miinde isacr i Hauwerum Herred, l.—Ü. Hft. 8. (ll2S.] 18T4.
339. Eichorn, C, äldre Svenaka folfcvisor.
Svenika FonunintiesfQreniiigens tidskrift 1873 — 74
< Kiii^J
840. Hörmann, L. v., Kirci Kinderepiele ans Tirol.
Wiener Abecdpost 1S74 Nr. 210.
341. Blaa», C. M., der Marienkäfer iro niederÖsterreichiBche
Spruch.
Germania 19, 67— 72.
342. Dünger, Uermanu, Kinderlieder und Kinderagnele ana dena Vogt-
hade. 16. (X, 207 S.} Plauen 1874. Neupert. 19 gr.
Vgl. Liter. Centratblatt IS75 Nr. -1; Jeu. Liter. Zeitui« 1S71 Nr. 43 ffieholt-
minier); Deulaube allgem. Zeitung Nr. 209; Deutscher Spraahwait VUl, 80. ^^^
I' 343. Heier, H>, da« Kind und die Volkireime der Ostfriesen.
.11 Der Globus von Audree 36. Bd. Nr. 17^18.
344. Heicr, U., 2ur ostft-iee Ischen Neck- und Spottlust.
Der Globus von Andrea 26, Bd. Nr. 6—7.
345. Baker- en Kinder rijmeu, Nedorlau dache, verzameld en medege-
deeld door Dr. J. »an Vl.ten. 3. drnk. Leiden 1874. Sijthoff. .'"
" . Halliivell, J. 0., Nnrtery rhymes and Nursery Tales of Enj
collected. New edition. 1 ab.
4
347. Wander, K. F. W., DeutBcha« Sprich wörterleiicon. 46-51
'toch 4. (Bd. 4, Sp. 129—763), Leipiig 1874. Brockhnu». i 7^ Htbir.
348. Schröder, W, . de plattdüdache Spriickwörderscbati d. i, dusend
I V^attdHdacbe Spruckw Orders i od A — '£. Ostfrcsische. Oldeuburgiache, Hannoversche,
Hec klen borg! B che u. A. Eo spaBIg un lehrrick Bok für lütge un groote Lähde.
" Reclami Üuiver8:kl -Bibliothek Nr. 493. Leipzig. 16. (70 S.) 2 gr.
349. Schröder, W.. Jan Peck de norddütachc Spaßmacher. Sammlung
I plattdeutscher Unmoresken, Schnurren, Gedichte, Spriehtrörter etc.
* ■ Mnsenm komischer Vortrilife 7. Bd. (VlIL 316 8.) Berlin 1874. Jauke. ■/, Rihlp.
350. Schulze, Carl, die sprichwörtlichen Formeln der deutschen Sprache.
Aiohiv fUr das Studium der neueren Sprachen 53, 375-892.
r
DI. VOLKS- um) KINDERLIEDEB, SPRICHWÖRTER clc. 469
351. Sprichirörtliche Formeln der denUchen Sprache.
Deotsche Monatshefts {BaiUga «um Reichs- Anzeiger) 1874, Jnll (2. Jahrg. 4. Bd.
1, Heft).
353. Sprichwörter und sprich wörtliche Bedensart^D au» Job. Pauli'a
Schimpf und EmBt, geiammelt von A. Stüber.
Aleatia 1873—71.
3f>3. Meyer, Jürgen Bona, Erziehunga Weisheit im Sprichwort. I.
Die Gogeuwart ISI4, Nr. 36.
354. Das Recht im Sprichwort.
Das neoe BEatI 1871, Nr, 37.
a.'JÖ. Snringnr, Dr. W. H. D,, Disticborum pi'overbinlium senlealiariim
eleganttsEimus hbcr auctore Joan. Olandorpio Monastevlcnai. Cotlatis germiiniciH
Agricolaa proverbiia cd. S. (153 S.) Logduni Batar. 18T4> BHll.
Vgl Litorar. Centralhlatt 1874 Nr. 31 ; Revue critiqua Nr. 38.
35G. Proverbial Polk-Lore by tlie Autbor of 'Soüg« of Soiacc' 12.
(160 3.) 1874. 1 B. Gd.
367. Simrock, Karl, das deutsche Rätfaselbucb. 8. Aufl. 8. (188 S.)
Frankfurt a. M. 1874. Winter. '/„ Rthlr.
Vgl. Kölnische Zeitnng 1S74 Nr. 180.
358. SchöDhnth, 0. F. fl., Oregoriiu auf dem Stein. 8. Beutlingon 1874.
FleiEcbhaupr u. Spohn. 2 gl.
359. Schönhuth, O. F. H., Historie von den vier Heymonakiudern.
Ebd. 5 gr.
360. Schönhuth, 0. F. H., Hifltorle von der edlon und schönen Melu-
sine. Ehd. 4 gr.
3G1. Schönhnth, 0. P. H., die zwölf Sibyllen auä ihre Weissagungen.
Ebd. 2 gr.
363. Schönhuth, 0. F, H., Historie von den Ritter von Stanfenberg
und der WBldfeye. Ebd. 1 gr.
363. FortunatuB und seine Sühoe mit dem Glücksseckel und Wunacbl-
hütlein. 8. Reutilngen 1B71. Enüliu und Laiblin. 2 gr.
Ebenda: Wenng Ernst. 2 gr, Hirlandc. 1 gr. Faust. *2 gr. Melnsina. S. ÄuSage.
3 gr. Dio Schildbürger. 2 gr. Der gehörnte Siegfried. 1 gr. Tyll Enlenspiogel. fi. Aufl. 3 gr.
864. Osterwald. K. W., alte deutBche Volksbücher. 1. Bttnd. Reineke
Fuchi. 8. (157 S-) Halle 1874. Waisenhaus. '/, Rthlr.
866. Ostorwald, K. W., Ersählangen aus der alten deutschen Welt.
9. Thcil. ßoineke Fuchs. 8. Halle 1874. Waisenhaus, '/g Rthb. — 10. Theil.
Herrog Ernst. Heinrich von Kempten. HeiDrich der Löwe. 8. Halle 1875.
Waisenhans. V<j Rthlr.
3G6. Schmidt, F., Reineke Fuchs. 7. Anfluge. 8. Berlin 1674. BJistner.
V, Rthlr.
3ß7. Fröhlich, Carl, Tytl Gulenspiegels wunderbare und selttaine
Mit vielen Figuren. Neue Auflage. 8. (151 8.) Eentlingeii 1878.
. Spohn. 4 gr.
botet, Dr. 0. D, J., vnderliindsche Volksboekenen Volkfisptookjes
1 ^jden tot het eiude der 18* eeuw. 2. dln. Roy. 8. {XV, 804;
t A_bbil.(l. Haatlam 1874. 11 f. 10 ..
470 BIBLIOGRAPHIE VON 1874.
369. Brunnhof er, H., znr Ethnologie und Geschichte des Aberglaubens.
Der Olobus von Andree 28. Bd. Nr. 4 f. V
370. Stöber, A., drei Sätze aus dem elsässischen Volksaberglauben.
AlsatU 1873—74.
371. Birlinger, A., Volksthümliches aus der Baar,
Alemannia II, 119-139.
372. Haager, über Sitten und Gebräuche am Bodensee.
Schriften des Vereins für Geschichte des Bodensees 4. 5. Heft. 1874.
373. Reinsberg-Düringsfeld, 0. Freih. y., culturhistorische Studien
aus Meran. 8. (lY, 192 S.) Leipzig 1874. List und Franke. 24 gr.
Vgl Literar. CentralblaU 1874 Nr. 84.
374. Zwanziger, G. A., Mittheilungen aus dem Görtschitzthale.
I. Bäuerliches Gespräeh in Görtschitzthaler Mundart. IL Burg Reinek bei
Brücke. HL Feste und Gebräuche. IV. Altdeutsche Götter und Göttinnen.
Carinthla 63. Jahrg. (1873).
375. Meyer, H., Aberglaube in Ostfriesland.
Der Globus von K. Andree 26. Bd. Nr. 10 (1874).
376. Heinsberg'Düringsfeld, 0. ▼., Volksgebräuche in den Kempen.
(Belgien.)
Das Ausland 1874, Nr. 24—26.
377. Köhler, Aug. Ernst, Nachklänge der altgermanischen Frühlings-
und Sommerfeier im Voigtlande.
Mittheilungen aus dem Archiye des voigtländischen alterthumsforschenden
Vereins 1874.
378. Hörmann, L. y., altgormanische Weihnachten.
Wiener Abendpost 1874, Beilage 296.
379. Per g er, Anton Ritter ▼., zu Weihnachten. Vortrag.
Berichte und Mittheilungen des Alterthumsvereines zu Wien. 14. Bd (1874). 4,
380. Waizer, K., der Lieserthaler und seine Hochzeitsgebräuche.
Carinthia, Jahrgang 1874 Nr. 11.
381. Hagen, G., das Stephansreiten in Oberdeutschland.
Allgemeine Familien-Zeitung 1874, Nr. 32.
382. Djurklou, G., Unnarsboerncs seder och lif efter Lasses i Lassa-
berg anteckningar. 8. (76 S.) Stockholm 1874. 2 k. 25 ö.
383. Krummel, das Oberammergauer Passionsspiel.
Zeitschrift für die gesammte lutherische Theologie, 35. Jahrgang (1874), 4. Helt
384. Ein Weihuachtsspiel im Erzgebirge. Von Dr. C. von Weber.
Mittheilnngen des kgl. sächs. Alterthumsvereins, 24. Heft. Dresden 1874«
385. Das Umer Spiel vom Wilhelm Teil. Nach der Originalausgabe neu
herausgegeben von Wilh. Vischer. 8. (XI, 33 S.) Basel 1874. Georg. 12 gr.
Publication der historischen und antiquarischen Gesellschaft in Basel.
X. Alterthümer und Culturgeschichte.
386. Hellwald, F. v., Gült Urgeschichte in ihrer natürlichen Entwicklung
bis zur Gegenwart 8. Augsburg 1874. Lampert u. Co.
Vgl. Liter. Centralblatt 1874 Nr. 43; 1875 Nr. 19; Zeitschrift f. deutsche Kultur-
geschichte 1874, 9. Heft; Saturdaj Review, 19. Sept 1874; Deutsche Rundschau I, 6;
Archiv f. Anthropologie VIII, 2; Lehmanns Magazin Nr. 21; Deutsche Allgem. Zeitung
Nr. 126; Europa Nr. 1^; Neue evang. Kirchenzeitung Nr. 26; Kölnische Zeitung
X. ALTERTHÜM£R UND CULTUROESCHICHTE. 471
Nr. 112; Allgem. Zeitung 1875 Nr. 3; Spenersche Zeitung 1874 Nr. 487; Die Lite-
ratur Nr. 40; Süddeutsche Presse Nr. 163; Gaea Nr. 8; Deutsche Warte VIII, 1.
387. Wright, Thomas, A history of English cultare from the earliest
known period to modern times. With numerous woodeut illustrations. New Edition«
8. (XVI, 602 S.) Straßburg 1874. Trübner. 6 Rthlr.
388. Lubbock, Sir John, die vorgeschichtliche Zeit, erläutert durch
die Überreste des Alterthums und die Sitten und Gebräuche der jetaigen Wilden.
Autorisierte Ausgabe für Deutschland. Nach der dritten Auflage aus dem Eng-
lischen von A. Passow. Mit einleitendem Vorwort von R. Virchow. 1. Bd. 8.
(XXXII, 303 S.) Jena 1874. Costenoble. 3% Rthk. 2. Bd. (XI, 317 S.) 2 Rthb-.
10 gr.
Vgl. Liter. Centralbl. 1874 Nr. 19, Nr. 51; Wissenschaftl. Monatsblätter Nr. 4;
Zeitschrift für die gesammto Nat. Wissenschaft IX, 2. 3; Neue evang. Kirchenzoitung
Nr. 41; Mittheilungen d. Vereins f. Geschichte der Deutschen in B6hmen XIII, 1.
389. Hildebrand, H. H., de forhistoriska folken i Europa. 1. Heft. 8.
(80 S.) Stockholm 1874. 2.-4. Heft. (224 S.) 1874. ä 1 k. 25 ö.
390. Taciti, C, Germania. Erläutert von Dr. Schweizer- Sidler. 2. ver-
mehrte u. verbesserte Aufl. 8. (VII, 87 S.) Halle 1874. Waisenhans. % K^^*
Vgl. Literar. Rundschau I, 4.
391. Taciti, C, libri qui supersunt. Tertinm recognovit C« Halm«
2 Tomi. 8. Leipzig 1874. Teubner. ä 1 M. 20 Pf.
Vgl. Rivista di filologia II, 12.
392. Waitz, G., zur Kritik des Textes von Tacitus' Gkrmania.
Nachrichten von der kgl. Gesellschaft der Wissenschaften in Göttingen 1874 Nr. 18
393. Meyer, Leo, zur Germania des Tacitus.
Zeitschrift für deutsche Philologie 5, 251—271.
394. Bachmann, Disputatio qua antiquitatis Germaniae antiquias, qnae
Wemigerodae asservantur, ad illustrandam Taciti Germaniam adhibere conatur.
Programm des Gymnasiums zu Wernigerode.
395. Geffroy, A. , Rome et les Barbares. Etüde sur la Germania de
Tacite. 8. (XII, 439 S.) Paris 1874. Didier. 7 f. 50 c.
396. Nebelthau, Chatten, Cherusker und Fosen und der sächaiache
Hessengau.
Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte, N. F. 6. Bd. Cassel 1874.
397. Die A Itert hü m er unserer heidnischen Vorwelt. Nach den in öffent-
lichen und Privatsammlungen beflndlichen Originalien zusammengestellt und herans-
gegeben von dem römisch-germanischen Centralmuseum in Mainz durch dessen
Conservator L. Lindenschmit. 3. Bd. 4. Heft. gr. 4. (10 S. mit 12 Steintafeln.)
Mainz 1874. v. Zabem. Ve K*^^-
398. Müller, Dr. H. A., und Bau-Rath Dr. Osk. Mothes, illustrirtes
archäologisches Wörterbuch der Kunst des germanischen Alterthums, des Mittel-
alters sowie der Renaissance. 1. und 2. Lief. 8. (S. 1 — 80 mit eingedr« HoLe-
schnitten.) Leipzig 1874. Spamer. ä Yg Rthlr.
Vgl. Die Literatur 1874 Nr. 86 (Knorr).
399. Blell^ Th., Ergänzungen zu dem Aufsatz ^Reconstruction einet
germanischen Rundschildes' etc.
Altpreußiscbe Monatschrift 1874, 7. Heft. Vgl. Bibliographie 1878 Nr. 374.
400. Wiberg, C. F., vära forfäders stridsvapen, efter fynd i Gestrik-
lands fomgraf^ar.
Svenska fomminn^fSreningens tidskrift 1873—74. Stockholm 1873.
472 BIBUOGRAPHIE VON 1874.
401. Maarer, K., Island von seiner ersten Entdeckung bis zum Unter-
gange des Freistaates. 8. (X, 480 S.) Manchen 1874. Kaiser.
402. Montelias, 0., Sreriges fomtid. Forsök tili framstallning af den
sTenska fomforskningens resaltat. Text. I. Stenaldem. 8. (S. 1 — 162). Stock-
holm 1874. 1 Rthlr. 10 gr.
403. Montelias, 0., Sveriges fomtid. Atlas. I. Stenlldem och brons-
Üdem. 8. (IV, 80 S.) II. Jemaldem. 8, (102 S.) Stockbohn 1872—74. 10 kr.
404. Montelius, 0., la SaMe pr^storiqae. 8. (172 S.) Stockhohn 1874.
405. Schweden, das heidnische. Ethnologie der alten Schweden.
Das Aasland 1874, Nr. 8—9.
406. Bidrag tili kännedom om Göteborgs och Bohos läns fornminnen
och historia* Utg. pl foranstaltande af länets hushäUnings sällskap. 8. (126 S.)
Stockhobn 1874.
407. Brunias, G.y ovanligt kummel vid Forstheim.
AarbOger for nordisk Oldkyndighed 1874, 4. Heft
408. Montelius, 0., Bohosländska fomsaker frin hednatiden. 1. Heft.
8. (S. 1—76) Stockhohn 1874.
409. Stolpe, H., BjörkÖfyndet. Beskrifhing öfeer fomsaker frln nordens
TDgre jemalder fanna pl BjÖrkö i Mälaren. I. Stockholm 1874.
410. Sträle, 6. H., Grafkärl fanna i srensk jord. 4. (163 S. mit 12
Tafehi). Stockbohn 1874.
411. Ulfsparre, S. B., svenska fomsaker, samlade och ritade pS sten.
8. (8 8. and 15 Tafehi.) Stockhohn 1874.
412. Westipaalftncls fomminnesforenings ärsskrift. Utg. af J. £. Modin.
1. Heft. 8. (68 S. und 10 Tafehi.) Westeräs 1874.
413. Wittlock, J. A., Jordfjnd frän Wärends for-historiska tid. Ett
bidrag tili Sveriges antiqvariska topografi. 8. (102 S. mit einer Klarte^ und 13
Tafehi.) Stockhohn 1874.
414. Dybeck, R., Rana. £n skrift for nordens fomvänner. Andra sam-
lingans 1. Heft. (18 S.) Stockhohn 1874.
415. Müller, Sophas, en tidsadskillelse mellem ftmdene fra den aeldre
jemalder i Danmark.
Aarböger for nordisk Oldkyndlghed 1874, 4. Heft.
416. Madsen, A. P., Afbildninger af danske Oldsager og Mindesmaerker.
Heft XXVIL Kjöbenhavn 1874.
417. Blame, Ladw., das Ideal des Helden and des Weibes bei Homer
mit Bücksicht aaf das deatsche Altertham. 8. (51 S.) Wien 1874. 12 gr.
Programm des akademischen Gymnasioms. Vgl. Liter. CentralbL 1875 Nr. S4;
Blätter f. d. bajer. Gynmasial-Schulwcsen XI, 3; Nordd. Allg. Zeitung 1874 Nr. 273.
418. Müllen hoff, K., zam Schwerttanz.
Zeitschrift f. deutsches Altertham 18, 9—13.
419. Angerstein, W., Volkstänze im deatschen Mittelalter. 2. Aufl.
8. (32 S.) Berün 1874. Lüderitz. 6 gr.
Sammlang gemeinverständlicher wissenschaftlicher Vorträge 58. Heft.
420. Schöber, Beiträge zar Geschichte der Jagd and der Jagdwaffen
in Osterreich.
Jagd-Zeitang 1874, Nr. 6^8.
421. Perger, A. Bitter ▼., Stadien über die mittelalterliche Hirschjagd.
Jagd-Zeitang 1874, Nr. 2 f.
X. ALTERTHÜMER UND CULTURGE8CHICHTE. 473
422. Frey tag, G., Bilder aus der deutschen Vergangenheit, 2. Band.
1. Abth. 8. Aufl. 8, (Vra, 468 S.) Leipzig 1874. Hirzel. 1^4 Rthlr.
423. Birlinger, Sittengeschichtliches aus Elsaß-Lothringen.
Alemannia U, 139—146.
424* Birlinger, A., aus dem Buch Weinsberg.
Germania 19, 78—96.
425. Ennen, L., aus dem Gedenkbuch des Hermann Weinsberg.
Zeitschrift für deutsche Kulturgeschichte, Jahrg. 1874.
426. Liliencron, K. Frh. y., Mittheilungen aus dem Gebiete der öffent-
lichen Meinung in Deutschland während der 2. Hälfte des 16. Jahrhs. 4. (66 S.)
München 1874. Franz in Comm. 1 M. 90 Pf.
Ans den Abhandlungen der Akademie. Vgl. Liter. Centralbl. 1875, Nr. 34.
427. Köhler, R., mittelalterliche Ansichten über die Träger des Namens
Petrus.
Germania 19, 426-428.
428. Köhler, R., das Schicksalsrad und der Spruch vom Frieden.
Germania 19, 189—194.
429. Zingerle, J., u. R. Köhler, Nachträge zu Lemckes Jahrbuch
VI, 350.
Germania 19, 349—350.
430. Bodin, K., Kartenspiel und Würfellnst in der guten alten Zeit,
Sonntagsblatt 1874, Nr. 12.
431. Linde, A. van der, Geschichte und Litteratur des Schachspiels.
1. Band, (mit 416 Diagrammen). 8. (XU, 422, 34, 50 S.) Berlin 1874. Sprin-
ger. 6 Rthlr. 20 gr. — 2. Bd. (125 Diagramme). 8. (XV, 524 S.) Ebd. 6 Rthhr.
20 gr.
Vgl. Uter. Centralbl. 1874, Nr. 26; 1875, Nr. 15; Jen. Liter. Zeitung 1874,
Nr. 51 (Schaarschmidt) ; Allgem. Zeitung Nr. 315; Petzholds Anzeiger Nr. 10.
432. Müller v. Fürstenwalde, £., häusliches und Öffentliches Leben der
alten Deutschen.
Sonntagsblau 1874.
433. Cori, K. R. J. N., Bau und Einrichtung der deutschen Burgen im
Mittelalter mit Beziehung auf Oberösterreich. Mit 104 Abbildungen. (184 S.)
Linz 1874. Haslinger. 2 Rthhr.
434. Zeller-Wertmüller, H., die heraldische Ausschmückung einer
sürcherischen Ritterwohnung. Gezeichnet und erklärt. 4. (18 S. und 4 Tafeln.)
Zürich 1874.
Mittheilungen der antiquar. Gesellschaft in Zürich Bd. 18, Heft 4.
435. Eye, ▼., ein Maigellein vom 16. Jahrhundert.
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1870, Sp. 270—272. Ist ein Trinkgefäß.
436. Birlinger, Sigmaringische Inschriften auf Gläsern, Thon- und Metall-
Arbeiten.
Alemannia II, 195—196.
437. Ilwof, Dr. F., über Haus- und Hofmarken besonders in den öster-
reichischen Alpenländem.
Mittheilungen der k. k. Centralcommission 1874, Supplementband 3. 4. Heft.
438. Jacobs, E., Anschafiungen für die gräfliche Küche zu Stolberg
bei herrschaftlichem Besuch; 17. und 18. März 1499.
Anzeiger f Kunde d. deutschen Vorzeit 1874, Sp. 280.
439. Jeaffreson, John Cordj, a book aboat the table« 2 vols. I^^V^^
Vgl. Athenaeum 1875, Nr. 2459.
474 BIBLIOGRAPinE VON 1874.
440. Der Hopfen. Seine Herkunft und Benennung. Zar vergleichenden
Sprachforseti ung. 8. (XII, 24 S.) Homburg 1874. Steinhäuser.
Vgl. Liter. Ccntralbl. 1876, Nr. 12.
441. Hehn, Victor, Culturpflanzeu und Hausthiere in ihrem Übergang
aus Asien nach Griechenland und Italien so wie in das übrige Europa. Histo-
risch-linguistische Skizzen. 2. unigearb. Auflage. 8. (XII, 553 S.) Berlin 1874.
Boruträger. 27, Rthlr.
Vjjl. Liter. Centralbl. 1874 Nr. 62; Revue criUque 1875 Nr. 16; BlStter f. d.
bayer. Gymnasialscbulwesen XI, 4; Zeitschi ift f. d. österr. Gymnasien 26, 7.
442. Häser, H., Lehrbuch der Geschichte der Medicin und der epi-
demischen Rrankheiton. 3. Auflage. Geschiebte der Medicin. 1. Bd. 1. 2. Lief.
Jena 1874. Maukt*.
443. Scheins, Heilsbroun als Kurort.
Zeitschrift für deutsches AUerthmn 18, 153— 166.
444. Richter, Albert, Lesen und Schreiben im Mittelalter.
Westennanns illnstrirte Monatshefte 1874. Mai, 8. 161 — 171.
445. ViTimmer, L. F. A., Runeskriftens oprindelse og ndvikling i Norden.
Med 3 Tavler og Afbildinger i Teksten. 8. (270 S.) Köbenhavn 1874. Prior.
Aus: Aarböger for nordisk Oldkyndighed 1874, p. 1-270. Vgl. Liter. CentralbL
1874 Nr. 46; Revue critique 1876 Nr. 15.
446. Bugge, Sophus, om Runeskriftens Oprindelse.
Christiania Videnskab Selskabs Forhandlinger for 1873, S. 1 — 3.
447. Schmoll er, Gustav, Straßburgs Blüte und die volkswirthschaftliche
Revolution im XHI. Jahrhundert. Rede. 8. (35 S.) Straßburg 1875. Trfibner.
Quellen und Foi*schun{i^en zur Sprach- und Cnlturgeschichte der germanischen
Völker von B. ten Brink und W. Scherer. VI. Vgl Wissenschaftl. Beilage der Leip-
ziger Zeitung 1876 Nr. 16.
448. Boßler, die Straßennamen zu Weißenbarg. 8.
Programm des CoUegiums zu Weißenburg 1873.
449. Ehrsam, N., älteste Feuerordnung der Stadt Mülhauscn 1449.
Alsatia 1873—74.
XI. Kunst.
450. Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des
Mittelalters und der Renaissance, herausgeg. von R. Eitelberger v. Edelberg.
7. Bdchen. Schedula diversarum artium des Mönches Theopbilus. Übersetzt tod
A. Hg. 1. Theil. — Anonymus Bernensis über die Bindemittel und das Coloriren
von Initialen. Zum ersten Male aus der Bemer Hs. herausg. und mit einer
Übersetzung versehen von H. Hagen. 8. (XLVU, 400 S.) Wien 1874. Brau-
müller. 2V3 Rthlr.
Vgl. Literarischer Handweiser Nr. 168.
451. Otte, Heinrieb, Geschichte der deutschen Baukunst von der Rönaer-
zeit bis zur Gegenwart. Mit über 300 Holzschn. u. mehreren Tafeln. 5. (Schloß-)
Liefg. hoch 4. (VHI, 135 S.) Leipzig 1874. T. 0. ViTeigel. 24 gr.
Vgl. Liter. Centralbl. 1874 Nr. 60; Jen. Liter. Zeitung 1876 Nr. 2; Lehmanns
Magazin Nr. 10: Jahrbücher d. Vereins v. Alterthumsfreunden im Rheinlande 66. 66. Heft;
Nene evang. Kirchenzeitung 1874 Nr. 33.
452. Danske Mindesm^erk er. 2* Raekke. 1. Hfte. Roeskilde Domkirke,
beskreven af A. Kornemp. 5. Afdeling. Kopenhagen 1874.
45o. Stephens, G., Lindormen, der flöi fort med kämpen og bans hest.
lUustreret Tidende 1874 Nr. 762.
r
XI. KUNST. XIT. RECHTSGESCmCHTE U. KFX'IIT.SALTEKTHÜMER. 475
454. Weasely, J. E., luonograpbio Gottcn miü dor Hciligpn. 8, (XVI,
458 S.) Leipzig 1874. T. O. Weigcl. 3*/, Rtlilr.
Vgl. Liter. Centralbl. 18T4 Nr. 50.
465. 11g, Alb., die Bedeutung der St. Eligius -Legen de fiir die Kunst-
geschichte.
Miltheilungen >Ut k. k. CentrnloominiaBion, SupplementbaDd, 0. lieft, Wien II
45G. Schaepmiin, Dr. H. J. A. M., Hevrad von Lüodiperg en li
HortuB deliciaruDi.
Het Gildebook. Tijdakrift voor korkelyka kiuistcn elc, 1, Jubrg, Utrecht 1873. 4.
4ö7. Müller. H., altdeutache Schnitznerke.
ZcitBObrtft {üt deutsche KuUurgeichichte 1874, Heft 2 ff,
453. Fröhlich, F. J., Beiträge mt Geitiliichte der Musik der älteren
und iieuereu Zeit. 3. Band. MuBikalische Dofumente. Iiocli 4. Würzhurg 1874.
Stahet. -2Rtblr. 12 gr.
459. Eitner, B.. das Waltberache Liederbuch.
MonnlEherie Htr MuaJk- Geschichte 1874 Nr. 10.
4)iO. FriedtäDder, Dr. Ernst, eine Liederbandecbrift des kgl. Staats-
archivs m Anrieh aus dem Anfange des 1 7. Jahrhunderts.
Monatshefte für Musik-ücsehicLta 1874 Nr. 1.
XU. Re
lachichlE
461. Waitz, 0-, ilcuteche Verfaiisungsgeschicbte. 5, Bd. Di« deutscbo
ReichsrerfasBung im 9 — 12. Jahrhundert. 1. Ud. 8. (IX, 447 S.) Kiel 1874.
Vgl. Uötling. Gel, Aneei^en 1874 Nr. 44 ISelhBtanzeige); Liter. CentralbL I87ft
Nr. 16.
46S. Rive. F., Geschichte der doutschen Vormundschaft. 3. Bd. 2. Ab-
theilg. 8. (VI, 177 S.) Braunschweig 1874. Schnetschke. 4. M. (compl. 12 M.)
Vgl. Liter. Centralbl. 1874 Nr. 11.
463. Bluhmc, F., die Mundechaft uacli Langob&rdeurecbt.
Zeitsohrift für KechUgesc hielte 11 Bd. B. Heft (1874).
464. Arnim, K. v.. Erbenfolge und Vcrwandtscbafts- Gliederung nach
den altniederdeutschen Rechten, 8. (X, 225 S.) München 1874. Ackermanu.
Vgl. Jen. Liter. Zeitung 1874 Nr. 48; Krilischo Vierte Ijalirsschrift XVII, 3.
465. Schröder, Rieh., das eheliche GSterrecbt und die Wanderungen
der deutschen Stämme im Mittelalter.
IlUturischc Zeitschrift 16, Jahrg. 2. lieft (1874) S. =St)— 311.
4(16. Sperling, IL. nur Getcbichte ron BuUe und Gewette im Mittel-
alter. 8. Strasburg 1874. Schmidt. 8 gr.
467. Boos, H., Die LJten und Aldionen nnch den Volksrecbten.
(70 8.) Göttingen 1874. Peppmüller, 16 gr.
Vgl. Bevuo critiquo 1875 Nr. 38.
468. Deloche, Maxiniu, La Trustis et rAutruetion royal sous Ige dem
U«, nwei. 8. (XVI, 397 S.) Paris 1873.
Hlatorisehe Zeilsabrift 1874. 4. Beft S, 314 ff.
urer, K., Freimarkt.
-6.
ergi Ebbe, Gnindtrsekhene i den eeldste
pro c es.
476 BIBLIOGRAPHIE VON 1874.
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Germania 19, 139—148.
472. Mnnrer, R., Schuldknechtschaft nach altnordischem Rechte.
Sitzungsberichte der k. bayerischen Akademie der Wissenschaften 1874, 1. Heft.
Vgl Kritische Viertcljahrsschrift 1874, 4. Heft (Brunner).
473. Maurer, R., über den Hauptzehnt einiger nordgermanischer Rechte.
4. (91 S.) München 1874. Franz in Comm.
Aus den Abhandlungen der Akademie. Vgl. Liter. Centralbl. 1875 Nr. 16; Kri-
tische Vierteljahrsschrift XVII, 2.
474. Steffenhagen, Dr. Emil, deutsche Rechtsquellen in Preußen vom
XIIL bis zum XVI. Jahrhundert. 8. (VIH, 248 S.) Leipzig 1875. Duncker
n. Humblot.
Vgl. Gtötting. Gel. ADzeigen 1874 Nr. 47 (Selbstanzeige); Jen. Liter. Zeitung
1875 Nr. 1 (Behrend); Altprenßische Monatschrift 1874, Heft 8 (Toppen); Kritische
Vierteljahrsschrift XVII, 2 (Stobbe); Lit. Centralbl. 1875 Nr. 37.
475. Friedrich, über die Zeit der Abfassung des Tit. I, 10 der L*ez
Baiuwariorum.
Sitzungsberichte der Münchener Akademie 1874, 3. Heft.
476. Lex Salica herausgegeben von J. Fr. Behrend nebst den Capitu-
larien der Lex Salica bearbeitet von A. Boretius. 8. (XXIV, 168 S.) Berlin
1874. Guttentag. 1 Rthlr. 15 gr.
Vgl. Liter. Centralbl. 1874 Nr. 44; Jen. Liter. Zeitung Nr. 19 (Sohm).
477. Boretius. Alfr., Beiträge zur Capitularienkritik. 8. (X, 169 S.)
Leipzig 1974. Duncker u. Humblot. 1 Rthlr. 6 gr.
Vgl. Literar. Centralblatt 1874 Nr. 33 (Dtimmler); Jen. Liter. Zeitung Nr. 31
(Sohm).
478. Winter, F., Eiko von Repgow und der Sachsenspiegel.
Forschungen zur deutschen Geschichte 14. Band (1874), S. 305 — 345.
479. Rockinger, gelegentliche Bemerkungen zu den Hss. des kleinen
Kaiserrechtes, insbesondere über eine Rechtsbücherhandschrift in Münster ver-
meintlich vom J. 1449.
Sitzungsberichte der k. bayer. Akademie 1874, 4. Heft.
480. Y. Martitz, die Magdeburger Fragen kritisch untersucht.
Zeitschrift für Rechtsgeschichte 11. Band, 3. Heft (1874).
481. Die Verbreitung des Magdeburger Stadtrechts im Gebiete des
alten polnischen Reichs ostwärts der Weichsel.
Deutsche Monatshefte 2. Jahrg. (1874) 4. Bd. 2. Heft.
482. Kelle, J., Magdeburger Schöfienurteilc.
Zeitschrift für deutsches Alterthum 18, 309—314.
483. Dun gel, Adalb., Banntaidinge von Ober-Wölbling und Ober-Loiben.
Aus dem Stiftsarchive von Göttweig mitgetheilt.
Blätter des Vereins f. Landeskunde f. Niederösterreich, N. F. 2. Jahrg. Wien 187S.
484. Riezler, Weisthum von Wolterdingen.
Alemannia U, 179—181.
XIII. Litteraturgeschichte und Sprachdenkmäler.
485. Gervinus, G. G., Geschichte der deutschen Dichtung. 5. Band«
5. Auflage. Herausgeg. v. K. Bartsch. 8. (VI, 887 S.) Leipzig 1874. Engel-
mann. 37, Rthlr.
r
Xlir. LITTEKATirBGKSCninHTE UND SPKACHDENKMAl.KIt.
4771
4S6. Vilmar, A. F. C, Oeacfaiebte der deuteche» Nation al-Literator.f
le. verm. Aufl. 8. (VUI, 632 S.) Marbui-g 1874. Elwert. 2 Bthlr.
48T. firugicr, G., Genchichte der dentEchen Nntiotial- Literatur. Neba
knrzgefasater Poetik, Für Schale nnd Sclbstbelefarnng. Mit vii'Ien Proben i
einem Glossar. 4. verb. Aufl. 8. (LXSlV, G55 S.) Prciburg i. B. 1874. HerdarJ
ly, Ethlr.
Vgl. Liter. HanaweiBBr Nr. IG*; BIBlter Rlr liter. ünterhaltnng 1875 Nr. 2
488. Kluge, Herrn., Gesebichte der deatschen National-Litcralur. Ziu
Gebrauch an höheren UntcrrichtaaDatalten und xnm Selbstatudium bearbeitet. |
5. verb. Aufl. S. (Vlll, 234 S.J Allenburg 18T4. Bondp. % Rthlr.
Vgl. Wisseoschaftl, Beilage der Letpelger Zeitung lg74 Nr. 5R; N. Jafarbfichtt J
f. Philol. 1874, 5. 6. Heft; Archiv f. d. Studinm dpr neueren Spiacheo 62, 415 (Nie- J
mejer): Liter. HaDdweiacr Nr. 165.
489. Piichon, P.A., Leitfaden zur Geschichte der dentscheu Literatur. J
14. verm. u. verb. Aufl, bearb. v. H. Palm. 8. (VI, 262 S.) Leipuig 1874.[
Duncker u. Humblot. S8 gr.
Vgl. N, Prculi. Zeitvmg 1K74, BeiUge 244.
490. Rumpelt, Dr. H. B., Grundzüge der dcutauben Literaturgescbicfate I
zaui Gebrauche für Schuleti. 3. stark Term. o. vei'b. Auflage. 8. Breslau 1878, <
Gosohorskj. Sa'/a gr.
Vgl, Litorar. HaudHeiuer Nr. 166,
4!tl. Oredj, F. M., Gescbichte der deutschen Literatur für höhere Lehr- ■
anatalten, zum Privat- und Selbstunterricht. Neu bearbeitet von AI. Denk. J
5. verb. Aufl. 8. (Xn, 159 S.) Maini 1874. Kirchheim. '/, Rthlr.
Vgl. Liter. HandweUer Nr. 164.
492. Leitfaden für die Geschichte der deutschen Literatur, il.
hang: von der Dichtkunat. Herausg. von einem Verein von Lehrern. I. und3, J
Aufl. 8. Potsdam 1874. Rentel. 5 gr.
Vgl. Litar. Handwaiser Nr- 1fi5.
493. Literatur-Merkbüchlein. Kleines Lexlcon für Freuudo d«r.|
deutschen Literatur. 2. verm. Ani 8. Breslau 1874. Hirt. 10 gr.
494. Mai CT, E., Leitfaden zur Geschichte der deutschen Literatur. J
5. Aufl. 8. (.KIV, 173 S.) Dresden 1874, EUlermann. '/^ Kthlr.
495. ühorn, A., Gnindziige der deutschen Literaturgeschichte. Eiu Leit-J
fiiiien fOr die Oberclasaen der höheren Töclterschulnn, Mittclachulen und
wundter Anstalten. Mit einem biogruphi sehen Anhang. 8. (VII, 90 S.) I
feld 1874. Bacmeister. 8 gr.
Vgl. BliEtter f. literar. Üntorhaltuug 1876, Nr. 25.
490. Obcrmiiller, L., Leitfaden beim LInterricbt in der deutscbenJ
Literuturgeschichte, zugleich Repetitionsbucb. S. verm. Auflage. 8. (4 u. 176 8.) I
Haarleni 1874. Bohn. 1 f. 25 e.
49T. Ol tr<i;<K<^'. ('''I <-!eschichte der deutschen Dichtung von den ältesten I
Zeiten bis mil i m kurzer, Qbersicbtiicher Darstellung für Scbuleal
und cur Sdl.H i. 8. (XVI, ß38 S.) Leipzig 1874. 0. WiguDd.!
tiirltuiide, enthaltend Abriß der Poetik undl
höhere Leliranstalten itc. 6. Auflage. 8. j
■der. 14 gr.
478 BIBLIOGRAPHIE VON 1874.
499. Schwarz, C.W. G. £., Geschichte der deatschen Literatur. 2. Aufl.
8. (XXXI, 421 S.) Amsterdam 1874. Binger. 2 Rthlr.
500. Weber, G., Geschichte der deutschen Literatur von ihren An-
fangen bis zur Gegenwart. 10. völlig umgearb. Aufl. 8. (IV, 249 S.) Leipzig
1874. Engelmann. ^4 Kthlr.
501. Wolff, Emil, Leitfaden zur Geschichte der deutschen Dichtung.
Nach unterrichtlichen Grundsätzen in drei Kursen bearbeitet. 8. Leipzig 1874.
Siegismund u. Volkening. k 8 gr.
502. Lange, Otto, Literaturgeschichtliche Lebensbilder und Charakteri-
stiken. Biographisches Repertorium der Geschichte der deutschen Literatur.
2. verm. u. verb. Auflage. 8. (VlII, 378 S.) Berlin 1875. Gärtner. iVjßthlr.
Vgl. Literar. Handweiser Nr. 164; National-Zeitung 1874 Nr. 539; Kölniache
Zeitung Nr. 319.
503. Wolff, Emil, Umrisse und Bilder aus der Literaturkunde. 1. Buch.
8. (96 S.) Leipzig 1874. Schäfer. V3 Rthr.
504. Sonnenburg, Ferd., die Heroen dtr deutschen Literatur. In
lebensgeschichtlicher Form. Zum Gebrauche auf Gymnasien, Real- und Töchter-
schulen, sowie für Lehrer und zum Privatstudium. 3 Bde. 8. (VII, 326; 583;
729 S.) Braunschweig 1874. Vieweg. 5*/« Rthlr.
505. Wyß, Fr., die deutsche Poesie der neueren Zeit mit einleitenden
Literaturbildem aus früheren Perioden. 2. Auflage. 8. (X, 211 S.) Bern 1874.
Dalp. 1 M. 60 Pf.
506. Jonckbloet, W.J. A., Geschiedenis der nederlandsche letterkunde.
2* deel. 2^ geheel omgewerkte uitgave. 8. (8 und 505 S.) Groningen 1874.
Wolters. 6 f. 25 c.
507. Brink, Jan ten. Letterkundige Schetsen. 1* Aflev., 8. (S. 1 — 64).
Haarlem 1874. Bohn. 55 c. (Etwa 14 Liefg.)
508. Taine, A. H., Histoire de la litt^rature anglaise. 3* Edition, revue
et augment^e. T. 5' et compl^mentaire. Les Contemporains. 18. (m, 484 S.)
Paris 1874. Hacbette. 3 f. 50 c.
509. Taine' 8, H., Historj of English Literature. Translated from the
French bj H« van Laun. 4 vols. Edinburgh 1874. k 7 s. 6 d.
Vgl. Dublin Review Januar 1874; Fortnightlj Review Decemb. 1873 S. 693—714.
510. Taine, H. A., den engelske Literaturs Historie. ReDaisaancen i
England. Oversat af U. S. Yodskov. 3—5. Heft. 8. (& 80 S.) Kopenhagen 1874.
Gyldendal. k 36 sk.
511. Scherr, Job., Geschichte der englischen Literatur. 2. verm. und
verb. Aufl. 8. (VH, 267 S.) Leipzig 1874. O. Wigand. l*/, Rthk.
Vgl. Blätter f. liter. Unterhaltung 1875 Nr. 20 (Asher); Allgem. Zeitung 1874,
Nr. 301; N. freie Presse Nr. 3670; Hamburgischor Correspondent 1875 Nr. 63.
512. Gätschenberger, Stephan, Geschichte der englischen Dichtkunst
und Skizze der wissenschaftlioben Literatur Englands. 2. Aufl. 8. London 1874.
Wohlauer. 7 Mk.
Vgl. Bl&tter f*. liter. Unterhaltung 1875 Nr. 20 (Asher) : Hamburg. Correspondent
1874 Nr, 263; N. freie Presse Nr. 3620; Thüring. Zeitung Nr. 136; Zeitschrift t weib-
liche Büdung III, 3; Saturday Review 21. Aug. 1875.
513. Craik, George L., a mannal of English literature and of the hisioiy
of english language. 2 vols. 12. Leipzig 1874. Tauchnitz. k Ys Rthlr.
Vgl. Liter. Centralbl 1875 Nr. 22; Lebmanns Magazin Nr. 27.
XTII. LITTEBATUR6KSCHICHTE UNll SPRACHDENKMÄLEK.
479
l for
514. Collier's Hiatory of cngli'ab literature, nbiidgeil cind adapted
uBO in DutBch achooU by P. H. van Moerkorkmi. 2'' editioo corrected and re-
viaed. 8. (9. 231 S.) Aoisterd&m 1874. Äkketinga. 2 f.
51Ö. Raggeri, Cbarlea, a. manual of the biitory r>f Eogliah liteniture.
8. (32 8.) McMiua läT4.
A16. Minto, William, CbumiiterUtiu« of Engliah poets froin Cbaucer to
Shirlcy, Landon aad Edinburgh 1874. Qlacfcwood.
Vgl. Aoaderay 24. Uclob. ISH.
517. ClaeaoD, G., Ofversigt af Svcnska sprÜkuU odi literaturcus iiistoria.
Lärobok. 3. nppl. 8. (214 S.) Sloukholm 1874. 1 k, 75 ö.
518. Winket-Horo, F., OlVersigt af daiuka ocli uoreka liteiaturHUS
bisioria. Pnr aveuska akolor utsrbetad aador medverkan af G. Upinaok. 8. (VIII,
152 S.) Stockholm 1874. I k. 25 Ö.
519. Eben, Adolf, ungemeine Geschichte der Literatur de« Hitlelaltera
IUI Aliendlandc. 1. Rd. Geschichte der chmtlich-latsiniBchvD Literatur von ihren
Anfängen bia zum Zeitalter Kavla des Großen. 8. (XIL 024 8.) Leipzig 1874.
F. C. W. Vogel. 4 Rihlr.
Tgl. LitBT. Centralbl. 18T4, Nr. 29; Satnrday Review 15. Auguat; Liter. Anzeiger
XIV, i; Theolog. LiteratnrblaK 1875, Nr, 1; Archiv f. Liter. Geschichte 4. 618—622
(TeDlfel):ZeiUcbriflf. wiasenacbaM. Theologie XVlIl. 1; AUgem. evang. luth. Kiruhen-
zeilnng Nr. 4; Revne crili(|ue 18TS Nr. S3; Liter. Handweiser Mr. 16.
520. Scherr, J., almindelig Literaturhistone. Overaat og bearbeidet med
f»rligt Heniyii lil Norden af Fr. Winkel Hörn. 1 — 5. Levering. 8. (k 64 8.)
1874. k 48 »k.
b2\. Morell, J. lt., a hittory of Europtiuu literature iu the middle sgea
aud modern timea. 12. (214 S.) 2 i. I> d.
522. Stern, A., Katcuhiamiu der allgeueiDen Lilerftturgeacbichte.
Leipzig 1874. Weber. 24 gr.
Vgl. Im neuen Reich 1874 Nr. W; Das neue BUtt Nr. 43,
523. Quellen und Forschungen zur Sprach- und Culturgeacbichte der
germanischen Völker. Herausg. von B. ten Brink und W. Scherer. 1, 2. lieft,
8. Straßburg 1874. Trübner.
594. Springer, Ä-, die Weltliteratur in. Mittelalter.
Im neuen Reich 1S74, Nr. 40.
525. Kuhn, P. Alb., die ideale und äathetiaubi: Bedeutung der roittel-
hochdeutscbcu Poesie. 4. (30 S.).
Programm von Maria-Ei n sied ein IST4,
526. Hackel, die Uraacbeu des VcHalles der deutachen Literatur tin
Mittelalter. 8.
Programm der Oberrealauhule io Lin» 1874.
537. Wattenbach, Wilb., Deultcblanda Geschieht« quellen im Mittel-
alUr bia enr Mitt« des 13. Jhdts. 2. Bd. 3. ÄuH. 8. (412 S.) Berlin 1874. Hert«.
528. Kurz, Hviuiich, die dcuUche Literatur im Elsaß. 1. u. 3. AuHage.
B Wi ^l^ «-.u„ 1874. Heiiiersdorff. '/j Rthlr.
ir 18T4 Nr. 36 (Kaorr); Über Land und Meer Nr. 2
'Vilh,, Votträge und Aofnütze anr Gaschichte de» geiatigeu
Deutschland. 8. (VI, 431 S.) Berlin 1874, Weidmann.
47;
I Press <
480 BIBLIOGRAPHIE VON 1874.
Deutsche Rundschau I, 4; Nordd. Allg. Zeitung Nr. 273; KöUiiflche Zeitung 1875,
Nr. 25; Preußische Jahrbücher 3. Heft; Saturday Review 16. Januar; Weser Zeitung
Nr. 10197; Zeitschrift für deutsches Alterthum XIX, 1.
530. Gelbe, Tb., das deutsche Volksepos. Vortrag.
Deutscher Sprachwart 8. Bd. (1874) Nr. 23.
531. Storm, Gust., Sagnkredsene om Karl den Store og Didiik &f
Bern hos de nordiske Folk. Et Bidrag til Middelalderens littersere Historie.
Udgivet af den norske historiske Forening. 8. (IV, 247 S.) Kristiaiiia 1874.
Vgl. Germania 20, 226 ff. (Kölbing).
532* Hammerich, Fr., älteste christliche Epik der Angelsachsen^ Deut-
schen und Nordländer. Ein Beitrag zur Kirchengeschichte. Aus dem Dänischen
von A. Michelsen. 8. (VU, 280 S.) Gütersloh 1874. Bertelsmann. iVs Hthlr.
Vgl. Bibliographie 1873 Nr. 512; Liter. CentralbL 1875 Nr. 9.
533. Zittel, Emil, die epischen Dichtungen des Lebens Jesu. Vortrag.
8. Mannheim 1874. LöfiFler. 4 gr.
534. Scher er, W.^ Rolandslied, Kaiserchronik, Rother.
Zeitschrift für deutsches Alterthum 18, 298—306.
535. Scher er, W., Geistliche Poeten der deutschen Kaiserzeit. Stadien.
1. Heft. Zu Genesis und Exodus. 8. (VIU, 77 S.) Straßburg 1874. Trübner.
Vg Rthb-.
VgL Blätter f. liter. Unterhaltung 1875, Nr. 11 (Rückert).
536. Scher er, W., Deutsche Stadien. 11. 8. Wien 1874. Gerold in
Comm.
Aus den Sitzungsberichten der Akademie. Behandelt den Minnegesang des 12.
Jahrhs.
537. Sauter, Franz, Ästhetische Excursionen. Leipzig 1874. Günther.
Enthält S. 161 — 176: Tannhäuser und Genossen.
538. Mossmann, die von Meister und Bath der Stadt Colmar am
10. Sept. 1549 bewilDgte Ordnung der Meistersängerschule.
Alsatia 1873—74.
539. Schönbach, Dr. Anton, über die Marienklagen. Ein Beitrag zur
Geschichte der geistlichen Dichtung in Deutschland. Festschrift der UniversitiU
in Graz. 4. Graz 1874. Leuschner. l73Rthlr.
Vgl. Literar. Centralbl. 1875 Nr. 16; Jen. Liter. Zeitung Nr. 8 (Steinmeyer);
Revue critique Nr. 8.
540. Wackernagel, Philipp, das deutsche Kirchenlied von der ältesten
Zeit bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts. 43. 44. Liefg. (Bd. 4, XXTV S. und
S. 1041— 1184). Leipzig 1874. Teubner. k % Rthlr.
541. Kehrein, Jos., das deutsche katholische Kirchenlied in seiner
Entwickelung von den ersten Anfängen bis zur Gegenwart. 8. Neubarg a. D. 1874.
12 gr.
Vgl. Der Katholik 1874, November.
542. Neubauer, J., die katholische Dichtung in der deutschen Literatur
seit der Reformation bis zur Gegenwart. 8. Prag 1874. Calve. 12 gr.
Vgl. Liter. Handweiser Nr. 152.
543. Reißmann, A., Geschichte des deutschen Liedes. 8. (VI, 284 S.)
Berlin 1874. Guttentag. 2 Rthlr.
Vgl. Liter. Centralbl. 1874 Nr. 51.
544. Dannehl, L., Beiträge zur Geschichte des deutschen geistlichen
Liedes. 4. (27 S.)
Programm des Progymnasiums zu Sangerhausen 1874.
Sni. LITTEßiTÜBGEScmCHTE UNt) BPRACH1>RNKMÄLEH.
481'
546. WeiUnd, Tli., dt« Zeit Karle V. im Lichte der politischen Volks-
dichtung. 8. (42 S.).
Programm des Gjmuaalunia zu CoiistniiB ISTl,
646. Uaueis, Emil, das deutsche Fastnachtspiel im 15. Jahrb. 8.
Pragramm des Real gymnasj ums EU Baden (Uei Wien) 1874. '
547. Hellwald, Ferd. v., Geschichte des liolläDdischen Theaters. 8.
(VIII, 15Ü S.) Rotterdam 1874. 2 f. 75 c.
Vgl. Literar. CeutralbUtt 1875 Nr. 3; Ätheuaeum Nr. 21U; Deutsche Bond-
flchaii I, 10.
548. Preger, Wüh., Geschichte der deutschen Mystik im Mittelalter.
I. Thcil. 8. (VIII, 4Ö8 S.) Leipzig 1874. Dörfflinger u. Fraucke. 3 Rthlr.
Vgl, Liter. C«utralbl. 1675 Nr. 31; Literar. Kimilschau I, 7; Allgem. Zeitung
1874 Nr. 343 (Scherer); Ällgem. evang. Inther. Kirchen zpitmig 1875 Nr. 7; Theolo^.
Literitturbl. Nr. 8; Tlieolog. Jabresbericbt S, 4; llistor. ]iuUt. til&ner Bd. 76 Nr. 9 ff.;
Zeitacttritt f. d. gesammte Inther. Theologie 3t>, 4.
549- Weinhold, K., mittelhocb deutsch es Lesebuch. Mit einer korzea j
Grammatik de* Mittelhochdeutschen und einem Glossar. 3. duruhgeaeheDe Anfl. 1
8. (VI, 277 S.) Wien 3875. BrEuniüUer.
550. Wackeroagel, Ph., EdeUteioe deutscher Dichtung und Weisheit
im 13. Jahrhundart. 4. Aofl. 8, (XSXVl, 312 8.) Frankfurt a, M. 1874. Hej-der
n. Zimmer. 2 Rthlr. ' J
551. Schauenburg, Ed., und Kich. Hoche, deutsches Lesebuch fiir die I
Oherclnsaen höherer Schulen. 1. Theil. (13., 14., 15. und 16. Jafarh.) 2, Aufl. |
8. (Vni, 307 S.l Essen 1874. Baedecker. 1 Rthlr. 2 gr. '
Vgl. N. Preuli. Zeitong 187* Nr. 288.
552. Pütz, Wilhelm, altdeutsches Lesebuch mit Sprach- und Sach-Er>j
kläningeD für höbere Lehranstalten und zum Selbstunterricht. 4. rerb. Auflage/
8. (VI, 141 8.1 Leipzig 1874. Baedeker. 12 gr.
553. Dittmar, G., Lesebuch zu den clasaischen Periodeu der cleutschen
Literatur. 2 Abtbeilangen. 8. (XII, 226; X, 375 S.) Neuwied 1874, Heuser,'
Va u. V, Rlhir.
554. Gnde, C, Auswahl deutscher Dichtungen aus dem Mittelalter, gr. 8,,.
(VI, 18G S.) Leipzig 1874. Braodetetter. 12 gr.
Vgl. Würtembcrg. Schulnocbenblatt 1874 \t, 40; Liter. Anzoiger XIV, 4} All- '
gern. Scbulblatt [l, 4.
555. Lindemann, W., BlumenstrauQ von geistlichen Gedichten de>
deutschen Mittelalters. Den Freunden religii^ser Dichtung gewidmet. 8. (XV,
529 S.) Freiburg i. B. 1874. Herder. 1 Rthlr. 24 gr.
Vgl. Jen, Uter. Zeitung 1874 Mr, 61 (Sievere) ; Liter. Handweiser Nr. 182; Liter.
Hondsobau I, 2; Soontagablatt der N. Preuß. Zeitung lS7(i Nr. 21; Stimmen aut)'
Maria-LaaoU Nr. 1.
G66. Goatwick, German poets and their times. 1874. * J
fthl Wfi|>.hf,r. B. P., alteugliacbcB Lesebuch. Zum Gebrauche bai Vor- I
«irichl. 1. Teil, die Zeit von 1250—1350 um- 1
^^^^^^^^^^H '"74. Lipport. l'/g Rthlr.
^^^^^^^^^^^^^^B '■iugj; Liter. Contralblstt 1875 Nr. fi (Bcbippsr);
^^^^^^^^^^^^H (Zupitica); Reviic 1876 Nr. 23; Herrigs
482 BIBLIOGRAPHIE VON 1874.
658. Zupitza, Julias, altenglisches Übongsbuch zum Gebrauche bei
UiUTersitatsTorlesmigen. Mit einem Wörterbuche. 8. (VI, 137 S.) Wien 1874.
Braumüller. IV3 Bthlr.
Vgl. Germania 20, 360 ff. (KOlbing); Liter. Centralblatt 1874 Nr. 22 ; Revue critique
1876 Nr. 23; Lehmanns Magasin Nr. 6.
659. Wolzogen, H. v., Beitrag zur Sammlung deutscher Stabreime.
Deutscher Sprachwart, 8. Bd. (1874) Nr. 22.
560. Gemoll, W., der Vers von vier Hebungen und die Langzeile.
Germania 19, 85-44.
561. Seyd, Beitrag zur Charakteristik und Würdigung der deutschen
Strophen. 8. Berlin 1874. Moeser. Va R^hbr.
562. Haller, G., über Lai, Virelai und Leich.
Die Literatur 1874 Nr. 9; mit einem Nachtrag: Deutsche Virelais in Nr. 28.
563. Hildebrand, Karl, die Versthcilung in den Eddaliedern.
Zeitschrift für deutsche Philologie, Ergänzungsband S. 74 — 139. Berichtigungen
und Nachträge S. 617<-622. Vgl. BibKogr. 1873 Nr. 529.
664. Gislason, K. , en anm»rkning (zu Nogle Bemssrkntnger om
Skjaldedigtenes Beskaffenhed i formet Henseende. 1872).
In: VidenskabSelskabs Sknfter 5. Raekke, 4. Bd., S. 457—461.
565. Kraemer, R. von, Svensk metrik pa grundvalen af moBikenz
rjrtmik och med beljsning hemtad fran andra spraks versbyggnad. 1. Heft.
(107 S.) Stockhohn 1874. 1 kr.
A. Gothisch.
566. Friedr. Stammes Ulfilas oder die uns erhaltenen Denkmäler dei
goihisehen Sprache. Text, Grammatik und Wörterbuch. Neu herausg. von
M. Heyne. 6. Aufl. 8. (XH, 442 S.) Paderborn 1874. Schöningh. l'/, BMr.
Vgl. Revue critique 1874 Nr. 47; Deutscher Sprachwart VIII, 21.
567. Bosworth, Joseph, The Gothic and Anglo-Saxon Grospels, in
parallel columns, with the versions of Wycliffe and Tjndale. 2*' edition. 8.
(616 S.) London 1874. Smith. 12 sh.
568. Uppström, A., Aivaggeljo ))airh Mat))aiu eller fragmentema af
Matthaei evangclium pa götiska jemte ordfirklaring och ordböjningslara. 2. uppL
ombesöijd af V. Uppström. 8. (120 S.) Stockholm 1874. 2 kr-
569. Gering, Hugo, zwei Parallelstellen aus Vulfila und Tatian.
Zeitschrift für deutsche Philologie 6, 1 — 3.
B. Althochdeutsch.
570. Henning, Rud., über die sanctgallischen Sprachdenkmäler bis zum
Tode Karls des Grossen. 8. (XVI, 159 S.) Straßburg 1874. Trubner. IV3 Rthlr.
Vgl Liter. Centralblatt 1875 Nr. 8; Jen. Liter. Zeitung Nr. 14 (Steinmeyer);
Götting. (}el. Anzeigen Nr. 21 (Bessenberger).
571. Dümmler, £., zur Lorsdier Beichte.
Zeitschrift für deutsches Alterthum 18, 308.
572. Seiler, Fr., die ahd. Übersetzung der Benediktinerregel.
Paul und Braune, Beiträge 1, 402^486. S. 1—36 auch als Hallesche Dissertation.
573. Scherer, W., Litterarhistorische Gespenster. I. Kero.
Zeitschrift feir deutsches Alterthum 18, 145—149.
r
Xm. B, ALTHOCHDEUTSCH, C. MITTELHOCHDEUTSCH,
483
574. FriedUudcr, E.. und J. Zacher, ein deuUches Bibel&agment
3 dem achten JahrLuadert.
Zeilsobrift für a«iitsch« Philologie 6, 381-3'Jä.
5TS. RÖdiger, die Wiener GeseEis.
Zeitichrift für doulsches Ältertbuin 18, S6S— 280.
576. ZarDcke, über den slthocb deutsch cd Gesang vom heil. Gaorg.
Berichte der k. Eüchs. GeselUchaft der WisBeiuchiften 1874 , 33. April (40 S.).
677. Bartsch, K., ahd. Glossen aun Scbeftlarn und Tegernsce.
Germania 19, 4S4-43T.
578. Bartsch, K., Berichtigungen zur Zeitschrift lär deutsches Alter- I
jm. (16, 94 ff.)
Germania IS, 388—384. Zu den Pnidenüusglossen.
579. Bartsch, K., Bruchstücke einer Handichrift von Ueinrici Sa
Ger
i 19, Sic
-216.
580. Hymnea, die Hurbacher, nach den Bandachriftoa herausgegeben .
von Ed. Sie Vera. 8. (VI, 10.5 S.) Halle 1874. Waisenhall». 1 Rtbir.
Tgl. Germanitt20, 81 ff.; Lii. Centrniblalt 1874 Nr. 36; Zeitschrift fllr dentscha I
Philologie 6, 236 ff. (Erdmann) und dsjtu »ievers ubd. S. STe.
581. Fertacb, Otfrid der WeiUenbarger Mönch. 6.
Programm des Collagiums in WeiTjenbrn^ i. E. 1874.
58S. Efdmann, 0., zur Erklärung Otfrids.
Zeilschrift für deulsche Philelogis 5, 338—349. — Vgl. such oben Nr. 126.
583. Rieger, Max, eine neue Runeninschrift.
Zeitschrift für deutsche Plulolugie 6, 376 — 381.
584. Albert, Dr. <f. H., ein Ruiienetein ii
Der Globus 1874, Bd. 86 Nr. 33.
585. Stephens, G., en Runesten i Tjrol
niustreret Tidende 1874 Nr. TB6.
586. Steinmeyer, E., SongalleDGia.
Zeitschrift filr deutsches Alterthum 17, 431 — G04.
587. Hailenboff, K., ein Vers aus Sangatlet
Zeitschrift fllr deutsches Alterthum 18, 261—262.
I Tyrol.
C. Uittelbocbdeutsch.
588. Zupitza, Jul., Bruchstücke mbd. Dichtungen. II. III.
Zeitschrift fUr denlsches Alterthum 17, 688— G90. 18. 89— 1B4.
589. Birlinger, A., und W. Crecelius, altdeulschc Neujahrsblätter 1
nir 1874. Mittel' und niederdeutsche Dialectproben. 4. (VI, 147 S.) Wiei
baden 1874. Kiltinger. 1 Rthlr. 6 gr.
Vgl. Rensch. theolog, Literatnrblstt 1874 Nr. 92 (Norreuberg).
690. SchÖDbuch, A., zu Zeitecbrift 17, 84.
Keitschrirt fOr deutsches Alterthum 18, 81-82.
591. Alexins. — Sebonbaoh, A.. über Sant Aleiius.
Zeitschrift fOr deubcbea Alterthum 18. 82—89.
. AlDhaits Tod in erneuter Gestalt von K. J. ScbrÖer. 1(
Hr. 646.
«. —
PropbUias
4S4 BIBUOGRAPHIE TON 1874.
594. Ave Maria. Von A. Schonbach.
Zeitschrift für deutsches Alterthnm 18, 160.
595. Berthold. — Ahlfeld, Bruder Berthold von Begensbiirgy der
größte deutsche Prediger des Mittelalters. £iii Vortrag am 21. Jan. 1874
gehalten. 8. (31 S.) Halle 1874. MQhhnann. 6 gr.
YgL Wissenschaft! Beilage der Leipziger Zeitung 1874 Nr. 27; Jen. liter. Zei-
tung Nr. 47 (Graue); theolog. Jahresbericht IX, 8; Evang. luth. Kirchenseitung Nr. 32;
N. Preu5. Zeitung Nr. 80.
596. Bibel. — Gemoll, W., Bruchstucke einer gereimten Bibelüber-
setsung.
Germania 19, 339—343.
597. Boner. — Gercke, die dialectischen Eigenheiten von Ulrich
Boner. 8. (21 S.)
Programm der hohem Bürgerschule zu Northeim 1874. YgL Zeitschrift t dentsehe
Philologie 6, 251.
598. Chroniken, die, der deutschen Städte. 11. Bd. Die Chroniken
der frankischen Städte. Nürnberg. 5. Band. 8. (X, S. 441—888.) Leipzig 1874.
HirzeL 4 Rthbr.
Vgl Ldter. Centralblatt 1875 Nr. 22; Allgem. Zeitung 1874, Beilage 298.
599. Eggenlied. — Tirol und das Eggenlied.
Wiener Abendpost 1874 Nr. 206.
600. Eilhart. — Jacob, G., Bruchstücke aus Eilharts Tristan.
Verhandluiigen des historischen Vereines von Oberpfalz und Segensbnrg.
29. Bd. (1874) = German. 18, 274 ff.
601. Ernst. — Bartsch, K., Bruchstücke Ton Herzog Ernst A«
Germania 19, 195—196.
602. Erzählungen. — Die altdeutsche Erzählung Tom rothen Monde
herausg. von A. v. Keller. 4. Tubingen 1874. (Universitäts-Programm. >
603. Reifferscheid, Alex., der Schlegel. ^
Zeitschrift für deutsche Philologie 6, 38-41.
604. Freidank. — Bacmeister, A«, Freidanks Bescheidenheit. Spmch-
Sammlung aus dem 13. Jahrb. 16. Stuttgart 1874. Neff. 16 gr.
605. Gedichte, zwei geistliche, aus Schlesien. Von H. RQckert.
Germania 19, 75-77.
606. Zwei Achener historische Gedichte des 15. und 16. Jahrhunderts.
Herausgeg. von H. Loersch und A. Reifferscheid. 8. (98 S.) Aachen
1874. Kaatzer.
Vgl. Liter. Centralblatt 1875 Nr. 15; Götting. GeL Anseigen 1874 Nr. 35;
Kölnische Zeitung Nr. 201 ; Zeitschrift fßr deutsche Kulturgeschichte III, 11.
607. Birlinger, A., Spruche im Kölner Dialect.
Germania 19, 97-98.
608. Nolte, Dr., niederrheinische Sprüche und Priameln.
Germania 19, 303—305.
609. Birlinger, A., Ein alter guter Spruch.
Alemannia II, 100.
610. Müllen hoff, K., Inschrift aus Limburg an der Lahn.
Zeitschrift für deutsches Alterthum 18, 156—157.
611« Müllenhoff, K., die Limburger Inschrift.
Ebenda 18, 258—259.
612. Scheins, Achener Kerkerinschrift.
Ebenda 18, 260.
613. Steinmeyer, E., Notiz.
Zeitochrift fOr deutsches Alterthum 18, 317.
Xin. C. MITTELIIOCHDEUTSCH.
r>\i. OloBien, zwei, &iu dorn XIV. Jahrh. von Ä. Lütolf.
Alemannia II, 28— 33.
615. Harlmaiiii. — Scbrejer, Dr. H., Unterauebungen über
Leben nnd die Dichtungen Uattmanu» von Aue. 4. (56 S.) Nnumburg 1874i
Programm der Landeucbule Pfarta 18T4. Vgl. Uemiiuiia 19, SIT f. [K. Bartsch^'
S16. Schniid, Ludwig, des Minueiiängers Uartmann von Aue Stand,
Heimat und OcBchlechl. Eine kritisch -historiache Untersucbung. Mit einem
Wappenbilde. 8. (XII, 200 8.) Tübingen 1875. Fqub.
Vi;l. Germania !0, 373—378 (H. Fischer); Zeitschrift flLr denlache Philologie Q,
485 ff. (Kineel); Jen. Liter. Zeilang IST6 Nr 39 (SohreTer); Alemannia lU, 1; Mit-
Iheilungen für Geschiclile der DeuUclisn in Bühmen XllI, 6 (Berger); Scbwiibiscbs
Cbronik I8T4 Nr. SS6; CorreapomlenEblalt f. d. gelebrteD Schulen WUrtembergs £2, S.
ei7. Paul, zuai Leben Hartmanns von Aue.
Paul und Branue, Beiträge I, Ö3ä— 639.
61ä. I'aul, H., über das gegenseitige VerbÜltniss der Handschrinen Ton
Hartoiaons Iwein.
Paul und BrauDG, Beiträge I, aS8— 401.
619. Benecke, G. F., Wörterbuch zu Hartmanns Iwein. 2. Auflage, \t^
sorgt von E. Wilken. 1. 2. Liefg. 8. (S. 1 — 256.) Göttingen 1874. Dieterich.
i. 24 er.
Vgl. Gütling. 0»t. Anzeigen I8TÖ, ll> (SelbstHnzeige)t Lil. CeDtralblall 18711
Kr. 13 (Paal); Jen. Lit. Zeitung Nr, Sl (Harciyk); fievue critique Mr. 33.
620. Heinricll von Freiberg. — Bech, F., urkundliche Nachricht
iiber das Qeachlecht und die Heimat der Dichter Heinrich und Johannes voD
Freiberg.
Germania 19, 420—424.
621. Heinricb von Honutgen. Von Fedor Bech.
Germania 19. 419.
622. Zurborg, die Heimat Heinrichs von Morungen.
Zeitschrift fBr deutöchea AUerihum 18, 319—321).
623. Heinrich von Ffolipeundt. — Häser, nachträgliche Bemerkung^
zu den Untersuchungen des Uorm MufRit in Betreff der „Bündt-Ertzney" Hein-
richs von Pfolapoundt.
Sit iungflbp richte der k. bnyer. Akademie der Wissensohafien 1874. Bd. IL
624. Heinricll der Vogter. — Wegencr, die Entstehung von Dietriche-'
Flucht zu den Heunen und der Rabunschlacht.
Zeitachnft Kr deutsche Philologie, ErgÜDKUngsband 8. 417— 581.
625. Heldenbnch, das klebe, von K. Sirarock. 3. Auflage. 8. (XIT,
550 S.) Stuttgart 1874. Cotta. 3 Rthir.
620. Hildebr&ndsliede, zum jüngeren, von
Germania 19, 316- 32fi.
627. Hugo von Trimberg. — Schüfer,
ratnrgesehichto des 16. Jahrhunderts, 8. (28 S.)
Handelt Über die Rcnnerbearbeilnng von 1549.
B28. Johannes von Freiberg s. Nr. 6-20.
629. Kaiaerchronik. — Müllenhoff, K.,
Zeitschrift für deatachea Alterthiun 18, 157 — 1ä
630. Welzhofer, Heinrich, Untersuch an gen
Chronik des 12. Jahrhonderts. 8. HUnchen 1874. Ackermann. 10 gr.
Vgl. Jen. LiUratni-Z^tiKv 187& Sz. b (Bentbard),
. Edzardi.
zur deutschen Lite-|l
874. Dissertation.
1] Lied in der Kniserchronik.
: die deutsche Kaise
486 BIBUOGHAPHIE VON 1874.
631. Konrad von Würzburg. — Scheibler« G«, su den iTrischen
G^edichten Konrads von Würzburg. I. Der Strofenbao. 8. Breslau 1874.
DiMeitation.
632. Kudrun. — Gudrun, übersetzt Ton K. Simroek. 9. Auflage. 8.
Stuttgart 1874. Cotta. IV2 Rthlr.
y 633. Bacmeister, A., Gudrun, altdeutsches Heldengedicht neudentsch
bearbeitet. 2. Auflage. 8. Stuttgart 1874. Neff. % R^^^*
634. Bacmei fiter, A., die Königstochter Gudrun oder die schone
Wäscherin. 8. (64 S.) Reutlingen 1874. Fleischhauer und Spohn. 3 gr.
635. Kfirenberg. — Vollmöller, K., Kfirenberg und die Nibelungen.
Eine gekrönte Preisscbrift. Nebst einem Anbang: Der von Kümberc. Heraus-
gegeben von K. Simroek. 8. (48 S.) Stuttgart 1874. Meyer und Zeller. 12 gr.
Vgl. Germania 19, 352 ff. (Bartsch); Jen. Liter. - Zeitung 1874 Nr. 12 (Sie-
vers); Ldter. Centralblatt Nr. 20; Wissenschaftl. Monatsbl&tter II, 7; Zeitschrift t d.
Ssterr. Gymnasien XXV, 5 (Schönbach); Archiv f. Liit.-Ge8chichte V, 1 (SchrGder);
Schwabische Chronik 1874 Nr. 63; Allgem. Zeitung Nr. 132; National-Zeitnng Nr. 159;
Staats -Anzeiger f. Wörtemberg Nr. 34; BlftUer f. liter. Unterhaltung 1876 Nr. 11
(Bfickert).
636. Sc her er, W., der Kürenberger.
Zeitschrift für deutsches Alterthum 17, 561—681. Vgl. Germania 19, 866 ff.
(Bartsch).
637. Scherer, W., Noch einmal der Kürenberger.
Zeitschrift für deutsches Alterthum 18, 150—153.
638. Laurin. Ein tirolisches Heldenmärchen aus dem Anfange des
Xin. Jahrhunderts, herausg. von K. Müllenhoff. 8. (78 S.) Berlin 1874.
Weidmann. V3 R*^!»'-
Vgl Germania 20, 94—194 (K. Bartsch); Jen. Liter. Zeitung 1875 Nr. 4 (Stein-
meyer) ; Zeitschrift f. d. österr. Gymnasien 26, 5 ; Blätter f. d. bayer. Gymnasien XI, 8 ;
Lehmanns Magazin 1875 Nr. 18.
639. Legende. — Leben des heil. Dominions. Prosalegende aoa dem
Anfang des 14. Jahrhunderts. Herausg. von Dr. J. Kon ig.
Freiburger DiSeesan-Archiv VIU (1874), 331—359.
640. Margarete. — Vogt, F., über die Margaretenlegenden.
Paul und Braune, Beiträge I, 263—287.
641. Mariengrüssen, zu den. Von E. Steinmeyer.
Zeitschrift f. deutsches Alterthum 18, 13—16.
642. Marien Himmelfahrt. Von A. Schönbach.
Archiv für das Studium der neueren Sprachen 53, 121—123. Gedicht des 14. Jh.
aus einer Hs. in Seitenstetten.
643. Marienlebeiiy Grazer. Von A. Schönbach.
Zeitschrift ftlr deutsches Alterthum 17, 519—560.
644. Mamer. — Meyer, Fei., über Leben und Dichten des Mamer« 8.
(55 S.) Berlin 1873.
Gießener Dissertation.
645 Schneider, B., de vita et carminibns Mameri poetae medii aevi.
8. (89 S.)
Leipziger Dissertation 1873.
646. Mystiker. — Haupt, Jos., Beiträge zur Literatur der deutschen
Mystiker. 8. (56 S.) Wien 1874. Gerold in Comm. 8 gr.
Aus den Sitzungsberichten der Akademie. Vgl. Zeitschrift fUr deutsche Philo-
logie 6, 248 ff. (Schönhach).
XnL C. MITTELHOCHDEUTSCH. 487
647. Hibelnngenlied , das. Schulausgabe mit einem Wörterbuch tod
Karl Bartsch. 8. (IV, 299 S.) Leipzig 1874. Brockhaus. ^/^Bthlt.
VgL Jen. Liter. Zeitung 1875 Nr. 12 (Sievers); CorrespondenzbUtt für die ge-
lehrten Schulen Würtembergs XXH, 2; Hamburg. Schulbl. 1874 Nr. 690.
648. Nibelungenlied in der ältesten Gkstalt. Schulansgabe. Heraosg.
und mit einem Wörterbuch yersehen von Adolf Holtzmann. 3. umgearb«
Auflage besorgt durch Alfred Holder. 8. (XVI, 376 S.) Stuttgart 1874. Metaler.
1 Rthhr.
Vgl. über diese und die folgende Nummer Jen. Liter. Zeitung 1875 Nr. 12
(Sievers); Satnrday Review 19. Sept. 1874; Schwäbischer Merkur Nr. 241; Trübners
Literary Becord Nr. 104 f.; Allgem. Zeitung 1875 Beilage 6; über Land und Meer
Nr. 8; Europa 1874 Nr. 42; Literaturfreund II, 13.
649. Dasselbe. Volks- Ausgabe. 8. (IV, 282 S.) Stuttgart 1874. Metzler.
V, Rthb.
650. Nibelunge Noth, der, und die Klage. Nach der ältesten Über-
lieferung herausgegeben von Karl Lachmann. 8. Abdruck des Textes. 8.
(297 S.) Berlin 1874. Reimer. 7, Rthhr.
651. Das Nibelungenlied. Schulausgabe. Mit Einleitung und Wörter-
buch von Karl Simrock. 16. (XII, 210 S.) Stuttgart 1874. Cotta. % Rthlr.
Vgl. Jen. Liter. Zeitung 1875 Nr. 12 (Sievers); Kölnische Zeitung 1875 Nr. 298.
652. Das Nibelungenlied. Aus dem Mittelhochdeutschen volksthüm-
lieh übersetzt von L. Gerlach. 3. Auflage. 2 Theile. 8. (124 und 131 S.)
Dresden 1874. Kaufmann. 12 gr.
653. Bacmeister, A., das Nibelungenlied für die Jugend bearbeitet.
2. Auflage. 8. Stuttgart 1874. Neff. % Rthlr.
654. Körtge, H., das Nibelungenlied nebst der Klage. Für die Jugend
erzählt. 8. (112 S.) Braunschweig 1874. Zweier. 10 gr.
655. Schmidt, F., die Nibelungen. 5. Auflage. 16. (208 S.) Berlin
1874. Kastner. '/^ Rthlr.
656. Rossesy het Nevelingen-Lied un de Heldenliedern der Oude Edda.
8. (36 S.) Amsterdam 1873. Loman.
657. Fischer, Hermann, die Forschungen über das Nibelungenlied seit
Karl Lachmann. Gekrönte Preisschrift. 8. (272 S.) Leipzig. 1874. F. C. W.
Vogel. 1% Rthlr.
Vgl. Germania 19, 352 ff. (Bartsch); 20, 111—122 (Fischer); Jen. Liter. Zeitung
1874 Nr. 44 (Paul); Revue critique 1875 Nr. 33; Archiv fSr Litt. Geschichte V, 1
(Schröder); Saturday Review 19. Dech. 1874; Schwäbischer Merkur Nr. 193; Petaholds
Anzeiger Nr. 8, 9; Zeitschrift f. d. österr. Gymnasien XXV, 5 (Schönbach).
658. Schultz, A. H., der gegenwärtige Stand der Nibelungenfrage.
Programm des Gymnasiums zu Schleiz 1874, S. 5 — 27. 4.
659. Meyer, ELarl, die Nibelungensage. 4. (40 S.) Basel 1873. Piro-
gramm des Pädagogiums.
660. Task, Mil., zur Vergleichung der Iliade und des Nibelungenliedes.
Programm des Gymnasiums zu Kronstadt 1873.
Vgl. Herrigs Archiv 54, 219.
661. Lexicalisches zu den Nibelungen.
Correspondenzblatt für die gelehrten Schulen Würtembergs 1874 Nr. 2.
662. Knöpf 1er, Alois, die Stadt Wien im Nibelungenliede.
Germania 19, 343—346.
663. S auter, Franz, der Nibelungen Not und Klage. Ein Abstecher zu^s^
Bayrenther Festbanqnet. In: Sauter, Aesthetische Excursionen, Leipzig. 181 ^
S. 1 — 42. Verlegt die Heimath des Liedes in den Nibe\^w\ \\\ ^\sx\«aiö!e^^
488 BIBLIOGRAPHIE VON 1874.
664. Keller, A. v., Bodmers Einleitung zu den Nibelungen.
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1874, 300—302.
665. Oswald von Wolkenstein. — Rasch, Gustav, das Stammschloß
des Minnesängers Oswald yon Wolkenstein.
Die LiUratur 1874 Nr. 22—23.
666. Passional. — Zingerle, J. V., über zwei TiroUsche Handschriften.
I. Altes Passional,
Zeitschrift f. deutsche Philologie 6, 13—33.
667. Philipp. — Walderdorff, Hugo Graf t., Regensbnrger Brach-
atöcke der Weltchronik des Rudolf von Ems und des Marienlebens von Bruder
Philipp. 8. (68 S.) Stadtamhof o. J.
Sonderabdmck aus dem 30. Bd. der Verhandlungen des historischen Vereines
für Oberpfalz und Regensburg.
668. Pienarien, die deutschen, (Handpostillen) des 15. und zn Anfang
des 16. Jahrh. (1470 — 1522). Ein Beitrag zur Geschichte der religiösen Volks-
bildung in jener Zeit, besonders in Snddeutschland. Von Prof. Dr. J. Alsog.
8. (74 S.) Freiburg i. B. 1874. Herder. 6 gr.
Aus dem Freiburger Diöcesan-Arohiv abgedrpckt.
669. Predigten, elsässische. Von A. Birlinger.
Alemania II, 1—28, 101—119.
670. Diefenbach, L., mitteldeutsche Predigtbruchstücke.
Germania 19, 306—314.
671. Reinfrid von Braanschweig , zur Kritik des. Von 0. Jänicke.
Zeitschrift für deutsches Alterthum 17, 505—518.
672. Eeinmar von Hagenau, zu. Von E. Regel.
Germania 19, 149—182.
673. Schmidt, E., Reinmar von Hagenau und Heinrich Ton Rugge. 8.
Straßburg 1874. TrGbner. 1 Rthhr. 6 gr.
Quellen und Forschungen von B. ten Brink und W. Scherer. 4. Heft. VgL
Uter. CentralblaU 1875 Nr. 13 (R. L.); Jen. Liter. Zeitung Nr. 22 (Paul); BUttter ffSa
literar. Unterhaltung Nr. 34.
674. Reinolt, Historie von Sent. Von A. Bei ff er sehe id.
Zeitschrift fOr deutsche Philologie 5, 271—293.
675. Rolandslied, das. Herausgegeben von Karl Bartsch. 8. (XXn,
382 S.) Leipzig 1874. Broekhans. 1 Rthlr.
Dichtungen, deutsche, des Mittelalters. Herausgef^. von K. Bartsch. 3. Bd. VgL
Liter. Oentralblatt 1874 Nr. 20; Revue critique 1875 Nr. 7; Blätter f. Ikerar. Untei^
baltung Nr. 11 (Rüekert): Blätter f. d. bayer. Gymeasialschulwesen X. 6; Allgem. Zei-
tung 1874, Beilage 198; N. freie Presse Nr. 3515.
676. Bartsch, Karl, zum Rolandsliede.
Germania 19, 385—418.
677. Rothe. — Witzschel, A., Beiträge zur Textkritik der thnringi.
sehen Chronik des Johannes Rothe. 4. (14 S.) Programm des Gymnasiums su
Eisenach 1874.
678. Witzschel, A., zu Joh. Rothe's thüringischer Chronik.
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1874, Sp. 261—264.
679. Rudolf von Ems s. Nr. 667.
680. Rudolf von Penis. Von Pf äff.
Zeitschrift für deutsches Alterthum 18, 44—68.
681. Salomon und Morolt. — Schaumberg, W. , Untersachuogen
über das deutsche Spmchgedicht Salomon und Morolt. 8. (29 S.)
Leipziger Dissertation.
Xm. C. BflTTELHOCHDEüTSCH. 489
682. Sündenklage. Von £. Steinmeyer.
Zeitschrift für deutscheB Altertham 18, 137—144.
683. Süsskind. — Krätzinge r, Pfarrer Dr. 6., ein Jude unter den
deutschen Minnesängern.
Deutsche Blätter 1874, S. 619—626.
684. Tanler. — Bitthom, 0., Tanleri vita et doctrina. 8. (34 S.)
Jena 1874. Dissertation.
685. Todtentanz, der jüngere. Von Max Rieger.
Germania 19, 267—280.
686. Ulrich yon Zatzikhoven. Von J. Baechtold.
Germania 19, 424-426.
687. Vatemnser. — Schönbach, A., mystische Auslegung des Va-
terunsers.
Zeitschrift fBr deutsches Alterthum 18, 71—78.
688. Vintler, Hans, die pluemen der tugent. Herausgegeben von J. V.
Zingerle. 8. (XXXIII, 403 S.) Innsbruck 1874. Wagner. 2 Rthlr. 24 gr.
Vgl. Liter. Centralblatt 1876 Nr. 17; Allgem. Zeitung 1874 Nr. 248 f.
689. Pich 1er, die pluemen der Tugent von Hans Vintler.
Wiener Abendpost 1874 Kr. 89.
690. Walther von der Vogelweide. — Zingerle, J. V., ein Gang zur »y. )^.
Vogelweide.
Im neuen Reich 1874 Nr. 12.
691. Zingerle, J. V., Walther von der Vogelweidc.
Wiener Abendpost 1874 Nr. 226.
692. Eberty, J., über Walther von der Vogelweide. 4. (17 S.) Pro-
gramm der Städtischen Realschule 1. Ordnung in Potsdam 1874.
693. Reissenberger, Dr. Karl, über Walther von der Vogelweide. 8.
(20 S.) Hermannstadt 1874.
Vgl. Liter. Centralblatt 1874 Nr. 34.
694. Schrott^ J., die Heimath Walthers von der Vogelweide.
Allgemeine Zeitung 1874, Beilage 186.
695. Schwebel, Oskar, der Sänger für Kaiser und Reich: Walther von
der Vogelweide.
Daheim 1874 Nr. 23.
696. Walther von der Vogelweidc.
Europa 1874 Nr. 44, 8. 1377—84.
697. The greatest of the Minnesingers.
Westminster Review 1S74, April, S. 406—430.
698. Bezzenberger, H. E., zu Walther von der Vogelweide.
Zeitschrift für deutsche Philologie 6, 33—37.
699. Stieb Iberger, M., die Heimstätte Walthers von der Vogelweide,
niustrirte Zeitung 1874 Nr. 1632.
700. Das Fest Walthers von der Vogelweide. (J. J.)
Im neuen Reich 1874 Nr. 44.
701. Das Fest auf der Vogelweidc. ^
Wiener Abendpost 1874 Nr. 236.
^ 702. Bartsch, Karl, Hern Walthers sanc.
Germama 19, 606—607.
' T08. Wiznt von Oravenberg. — Meissner, Heinrich, Wimt von
BdMge snr Benrtheilung seiner literarhistorischen Bedeutung. I.
idiMi 1874. Di9«ertatioii.
490 BIBUOORAPHIE VON 1874.
704. Wolfram's Titarel. Von Herforth.
Zeitschrift für deutsches Alterthom 18, 281—897.
705. Förster, Paolos Traogott, rar Sprache ond Poene Wolfhums toh
Eschenbach. 8. (76 S.) Leipzig 1874. Dissertation.
706. Wolframs von Eschenbach Wappen.
Allgemeine Zeitong 1874, Beilage 70.
707. Dichtongen des 16. Jahrhonderts nach Originaldrocken heraiu-
gegeben von Emil Weller. 8. (126 S.) Stottgart 1874.
119. Pablication des litterarischen Vereins.
708. Gedichte, swei, ans dem 16. und 17. Jahrhond^rt. Mitgetheilt
▼OD R. Reoß.
Alsatia 1873—74.
709. Ilg, aas einem Nonnengebetboch des 16. Jahrhonderts.
Anzeiger fOr Kunde der deutschen Vorzeit 1874, 298 — 300.
710. Brant. — Einige deutsche Gedichte von Sebastian Brant Mitge-
theilt von K. Schmidt.
Alsatia 1873—74.
711. Ship of Pools translated bj A. Barclay. 2 toU. 4. Londos 1874.
Sotheran.
712. Schmidt, C, notice sur Sebastien Brandt.
Revue d'Alsace 1874, April ff.
713. Fitchart. — Wackernagel, W., Johann Fischart von Straßburg.
2. Ausgabe. 8. (VIII, 214 S.) Basel 1874. Schweighaoser. iVa Rthlr.
Vgl Theolog. Literaturfolatt X, 19.
714. Franck, Sebastian. Vom J. Rnpp.
Religiöse Reform herausg. von L. Ulrich 1874 Nr. 10.
715. Holtzman. — Prantl, v. , Daniel Holzman's Fronleichnamsspiel
Tom J. 1574.
Allgemeine Zeitung 1874, Beilage 94.
716. Klage, eine brüderliche. 1521 oder 1522. Mitgetheilt Ton J. K.
Seidemann.
Archiv für Litteraturgeschichte 4, 277—280.
717. König. — Baechtold, J., der Minorit H. König von Solotbam
ond seine Reisebesehreibongen. Nebst einem Überblick über den Antheil Solo-
thoms an der deutschen Literatur. 8. Solothum 1874.
Vgl. Liter. Centralblatt 1875 Nr. 4.
718. Lother, Dr. Martin, Passional Christi ond AntichristL Mit BUdem
▼on Lucas Cranach dem Alteren. Aufs Neue aufgelegt. 8. (47 S.) Leipzig 1874.
Hoffmann.
Vgl. Liter. Centralblatt 1874 Nr. 13.
719. Murner. — Wimphelingii, J., Germania ad rempoblicam Argen*
tinensem et Th. Morneri ad rempublicam Argentinam Grermania noTa. 4.
StralSbarg 1874. Schmidt. 1 Rthlr.
720. Sachs, Hans, herausgegeben von Ad. von Keller. 8. Band. 8.
(769 S.) Stuttgart 1874.
121. PublicatioD des litterarieichen Verein».
721. Lützelberger, £. K. J., Hans Sachs. Sein Leben ond seine
Dichtung. Eine Festgabe zur Errichtung des Denkmals in Nürnberg am 24. Jimi
1874. Mit dem Bildniss von H. Sachs nach einem alten Holaschnitt. 8. (IV,
204 S. ond 46 S. Anhang.) Nürnberg 1874. Ebner. % Rthk-.
XIII. D, MITTELNIEDERDEUTSCH, E, MITTELN I ED ERLlN DI SC H. 491
722. Hana Sachg. Ein Lebensbild aus dar Reformatio oszeit. 8. Nürn-
berg 1874, Lohe.
723. Westermayer, Htuia Sachs, der Vorkämpfer der neueren Zeit,
e. NSmberg 1874. Soldan.
734. Schulthciss, Huits S^chs und dio Mei^tereünger ta Niiniberg. 8.
Nämberg 1874. Kecknagel.
73Ö. Waldia', Barchaid, Leben und Dbbteu. Von C. Sallmann.
B«lt»clia Hoiiatuclmft N. F. G. Bd. (1874).
D. Mit
elniederde
y
726- Lübbon, August, Mitthcituogen aus uiedcrdeittacbeu Handscbriften
4. (25 S.) Oldenburg 1874.
Programm des Gymnasiums.
727. Meyer, Leo, über eine niederdcutathc Handachrift des lü. Jabr-
hnnriertfl, Vortrag. B. Dorpat 1874.
728. Keile, J., mittelniederdeutsclje Glossen.
Zeitschrift f. deuUchea Altertbum 17, 589—638.
729. Josefs Qedicht von den sieben Todsünden in fortlaufenden Aus-
zügen nebst Inbaltsausgabe sam ersten Male nikch der Handschrift bebannt
gemacht von Dr. Babuckc, Bector des kgL Progymnasiums eu Norden. 8.
(38 S.) Norden 1874. Braams. 10 gr.
Miederd, Qedicht das IG. Jahrh. . 79G8 Vene, Hk. im BetiitE des Vereines za
Emden. Vgl. Archiv f, Lit. -Geschichte IV. 3 (Hchrfidor); Theolog. Literatur bUtt X. 4.
730. Freybe, A,, das Mecklenburger Osterspiel vollendet im J. 1464
£U Redentin, übertragen nnd bebandelt. 8. (XIV, 425 S.) Bremen 1874. Kübt-
maun, 6 M.
Vgl. Liter. Centraiblatt 1876 Nr. 16i Gött. Gel Anitoigen Nr. 14; Zeitschrift f.
dsuUche Kulturgeschichte 18TG Mi, 3; Allgsm. Ev. lalh. Kirchen leitu Dg Nr. 13; ftlStter
f. Ijter. Unterbsltuag Nr. 11 (ßUckert); Europa Nr. 12; NationalieltuDg Nr. 141; N.
PreuGiscbe Zeitung Nr. 62.
731. Sommer, G., mittelniederdeutBCbea Bruchstück von Olto's von Fassau
Scbrift: die 24 Alten.
Anzeiger filr Kunde der dänischen Vorzeit 1874, 8p. 40 - 44.
732. Froramann, isu dem mud. Bruchstücke von Ottos von Passau
'24 Alten'.
Ehonda 8p. 80.
733. Weiland, L., die Bachsennhrnnik und ihr Verfasser.
Forschungen zur deatschen Geschichte 13 (1ST4), 4GT-'610.
734. Roth, K., die Schlacht von Alischauz (la bataille d'Aliscans).
Kitzinger Bruchstücke. Niederdeutsches Gedicbt vom Anfange des 14. Jahrhs.,
abermal aus der Urschrift herausgegeben, er^ntt und erläutert. 8. (8l) S.)
Ptulorborti 1874. Scböningh. 12 gr.
E. Mil
'ländi!
■ -dboff, Maerlants Merlin.
"100-802.
n Haerlant's Spieghcl historiael, 2° Partie. Uitgegeven
.der medewerkiiig van Dr. M. de Vries en Dr. F.
I 1S74. f. Doesbnrgh. 1 £tUr,
492 BIBUOGRAPHIE VON 187i.
737. V er dam, J., Aankoopen Toor de Bibliothek der Ifaatschappij (een
fragment oit de 2® partie yan den Spieghel historiael, twee fragmenten xät
Maerlants historie Tan Troyen etc.)* Handelingen en Mededeelingen yan de
Maatschappij der nedeil. Letterkunde 1874.
738. Budding, D., Mijn laatste woord OTer den Dietscher Jacob ¥an
Blaerlant en zijne so genoemde vlamingschap. (Ter beantwoording yao de ge-
leerde beeren Leendertz, Wzn. en E. Verwijs. 8. (41 S.) Utrecht 1874. 50 c
739. Reinaert. Willems Gredicbt van den tos Reinaerde und die Um-
arbeitung und Fortsetzung Reinaerts Historie. Herausgeg. und erläutert von
Ernst Martin. 8. (LH, 521 S.) Paderborn 1874. Schoningh. 3 Rthhr.
Vgl. Jen. Liter. Zeitung 1874 Nr. 33 (Steimnejer) ; Gott Gel Anzeigen Nr. 42
(Wilken); Deutsche AUgem. Zeitung Nr. 174.
F. Angelsächsisch.
740. Wülcker, R.^ über die neuangelsächsiBchen Spruche des Königs
Alfred.
Paul und Braune, Beiträge I, 240—262.
741. Bosworthy Joseph, the Gothic and Anglo-Sazon Gospela, in pa-
rallel colomns, with the yersions of Wycliffe and Tyndale. 2nd editioii. 8.
(616 S.) London 1874. J. R. Smith. 12 sh.
742. Schipper, J., zum Codex Ezoniensis.
Germania 19, 327—338.
743. Murray, J. A. H., on the Rushworth Glosses or Yersions of tiie
Anglo-Sazon Gospels.
Philological society 6. Nov. 1874, Vgl Academy 21. Novemh. 1874, 8. 561 — 662.
744. The Bückling H o m i 1 i e s of the 10. Century. Edited by R. Morris.
Part L 8. London 1874. Trübner.
Publication der Early Engllsh Text Society.
G. Mittelenglisch.
745. Wülcker, R., über die Sprache der Ancren Riwle und die der
Homilie Hali Meidenhad.
Paul und Braune, Beiträge I, 209—239.
746. Essays on Chaucer, bis Words and Works. Part n. London 1874.
Der erste Theil erschien 1868.
747. Haies, The name of „Palamon** in Chaucer*s Elnights Tale.
Academy 1874, 17. Junuar, 8. 65 f.
748. Cursor Mundi (The Cursor of the World). A northumbrian poem
of the 14. Century. Edited by R. Morris. Part. I. 8. London 1874. Trubner.
Publication der Early English Text Society. Vgl. Athenaeum vom 31. Juli 1875.
749. Evangelium Nicodemi in altschottischer Mundart aus Ms. HaiL
4196. fol. 206 (14. Jahrb.) von Dr. Carl Horstmann.
Archiv für das Studium der neueren Sprachen 53, 389 — 424.
750. Ziepel, C, the reign of Richard H. and comments upon an alli*
terative poem on the deposition of that monarch. 4. (42 S.) Berlin 1874.
Vgl. Liter. Centralblatt 1874 Nr. 32 (Wülcker).
751. The 6est Historiale of the destruction of Troy, an aDHeratiTe
romance. Edited by D. Donaldson. Part. II. 8. London 1874. Trübner.
Publication der Early English Text Society.
XIIT. II. ALTNORDISCH.
752. The historj of thu holy Grail, engliaht, about 1450 by H. Lo-
nelich. Edited by F. J. Furnivull. Port. I. B. London 1811. Trübner.
Esrly EngUsb To« Snclcty.
753. The dwIogUBB of St. Gregory tbe Oreat and Old Engt iah VereioD.
Edited by H. J. Coleridge. 8. London 1874. Buras n. Co.
753', 753'' vgl. Nr. 104, 105.
754. Die altengliache Legende von St. Braudan ilub Ms. Aslunol 43,
fol. 71", herausgegeben von C. IIorBtmaiiQ.
Archiv Rli das Stud[um der neueren Sprsclien 53, 17—48.
755. Die Legenden von St. Duustan und St Criatoplier. Aus Ms.
Land 108. Von C. Horstmann.
Jahrbnch für romanische und englische Literatur 14, 33 — 41.
H. Altnordisch.
756. Saomundar Edda hins fröda. Kritiek handudgave ved Svend Grundt-
vig. Anden pl ny gennemarbejdede udgave. 8. (270 S.) Kjöbenburn 1874.
Vgl. Liter. Centralblatl 1874 Nt. 21 (K. Hildobrand),
757. Edda, die altere und die jüngere, nebst den mythiscbcn Ersah'
lungen der Skalda, übersetzt und mit Erläutemngen begleitet von Karl Sim-
rock. 5. verb. Anflage. 8. (VII, 525 8.) Stuttgart 1874. Cotta. 2Va Rthlr.
Vgl. Kninische Zeitung 1874 Nr. 139.
758. Holm, R. J., Mundsmag af den aoldre Edda. (Völvens Spaadom,
Vcjtamg-kvide, Vavtrndnes-Haal og vers af Havamaal). Trykt aom Manuakript.
8. (38 S.) Odense 1874. 24 ek.
759. Schierenberg, G. A. B-, Völnspfi, der Vala Wahrschau. 8. 1874.
760. Vielgenandts Sprüche nnd Groa's Zaubersang (Fiölsvinnsm&l-
Gr6ugaldr), kritisch hergestellt, übersetzt und erklärt von F. W. Bergmann.
8. (in, 186 S.) Straßburg 1874. Triibner. T/g Kthlr.
Vgl. Qermania 19, 359—369 [Eülbing); Gotting. Gel. Anzeigen 1S74 Nr. S6
(Liebrecbt); BlStter f. liter. Unterhaltung 1875 Nr. 37.
761. Ettmüller, Ludwig, Beiträge zur Kritik der Eddalieder.
Oennania 19, 6—1«.
762. Grundtvig, Svend, til Saemnndar Edda (2. udg.).
Nordiak Tidakrift for Philologi og Paedagogik N. R I, 182-188.
763. Die deutsche üeiinath der Edda-Lieder.
Eurupa 1871 Nr. 10.
164. Kölbing, E., m Ondnbarkvidha II.
Oennania 19, 351— 36 ä.
165. Runen. — Stephens, G., den aeldste »kundinuvisk cbristelige
Basrelief- Steu med Kuucr.
lUustreret Tidende 1874 Nr. 752.
766. Mullenhoff, K.. Runen in Berlin.
Zeitschrift fflr ientsuhe.^ Altertbnui 18. SSO— 257.
167. Ltndal, f. J., Granskade rnuinskrister.
o_ — i- T- TiinnesfÖreningens tidskrift 1873—74. Btocklioira 1B74.
1, V., Till tolkoningen of Nordens iL'ldsle runcinskriftcr.
^^^^^^^^H V., om Tunumstenen.
^^^^^^^^■^^^ om Oninbur)^ neh Rohmlüna fomminnfn och historia. 1.
494 BIBLIOGRAPHIfi VON 1874.
770. Brazelias, N. 6., U1£b runsten i Tolestorpekyrkoglreltimir«
SamUngar tili Skanes historia, fornkonskap och beskriTiiiiig 1878. Land 1874.
771. Dybecky R., Närikes runstenar.
Bona. £n skiift för Nordens fornvänner. I. 6. Stockholm 1878.
772. Dybeck, R., Böketadsstenen i Upland.
Ebenda II. 1. Stockholm 1874.
773. Bugge, Sopbos, Tolkning' af runeindskriften pl R5kstenen i Öater-
gotland. Et bidrag til kundskab om srensk sprog, skrift og skaldeknnat i
oldetiden. I.
AntiqTarisk Tidskrift fÖr Sverige ntgifVen af kg]. Vitterfaets Historie och Antiq-
▼itets Akademien. V. Stockholm 1873.
774. SkaldeiL — Geisli eda Olafs dripa ens helga. Efter »Berg»-
boken'' utgifven af G. Cederscbiöld. 4. (XVI, 30 S.) Lund 1874.
Lands Univ. Ärsskrift L X. 1873.
775. Wennberg, Lars, Geisli. Einarr Skdlason orti. Ofreraättniiig
med Anmärkningar. 8. (75 S.) Land 1874. Dissertation.
776. Islendingadr&pa Haoks Valdidarsonar, ein isländisches Gedicht
des Xm. Jahrhanderts. Herausg. von Th. Möbias. 4. (65 S.) Ki^ 1874.
Programm der Universität.
777. M&lsh&ttakvaedi (Sprichwörtergedicht), ein isländiaches GMicht
des xm. Jahrhanderts. Heraasgeg. von Th. Möbias. 8. (74 S.)
Aus: Zeitschrift für deutsche Philologie, Ergänaongsband S. 3—73. Nachträge
und Berichtigangen S. 616 — 616.
778. }>&ttr af \)6ri hast ok Bardi birtu. G^efin dt af )>orleifi Jönasym.
8. (11 S.) ELaapmannahöfh 1874.
779. Sagas. — Billeder af Livet paa Island. Islandske Sagaer. Paa
Dansk ved F. W. Hom. 2. Sämling. 8. (364 S.) Kjöbenhaven 1874.
Band 1 erschien 1871.
780. Kölbing, £., Brachstacke einer Amicas ok Amilfas Saga*
Germania 19, 184--189.
781. Bandamanna saga efter skinnboken No. 2845« 4** i kongl.
Biblioteket i Köpenhamn. Utg. af G. J. Chr. Cederschiöld. 4. (XIV, 24 S.)
Land 1874. Akademische Abhandlung.
Vgl. Germania 19, 443—448 (Maurer).
782. Sagan af Hrana bring. Grcfin üt afThorleifi Jdnssjni. 8. (34 S.)
Kanpmannah. 1874.
783. Wulff, F. A., Notices snr les Sagas de Bfägas et de Qeirard et
leurs rapports aux öpop^es fran9ai8es. 4. (44 S.) Land 1874. Akademiacbe
Abhandlang.
784. Storm, Gustav, om Ynglingatal og de Norske Yuglingekonger i
Danmark.
In: Historisk Tidskrift 3. Bd., auch separat Christiania 1873. V^^ HIsloriadie
Zeitschrift 1874, 4. Heft, S. 400 ff.
785. Arnason, J., Islenzkar f^iodsögur og Aefintyri. Deotschea Sack-
und Namen-Register. 8. (S. 583—604). Leipzig 1874. Hinrichs Va Rthlr.
786. Biskop Ejsteins Jordebog (den rode Bog). Fortegnelse OTer de
geistlige Gods i Oslo Bispedömme omkring Aar 1400. Efter offenlig Foraa-
staltning udgivet ved H. S. Hvitfeldt 1. Uft. (S. 1—192.) Christiana 1873. 8.
Xin. I. ALTSCHWEDIBCH, K. MITTK^LATEINISCHE POE-ilK,
I. ÄltBcliwedisch.
787. Själinoa TrÖBt. Utg. af G. E. Kleramiug. ». Uft. i. Stock-
holm 1873.
Samluigar nfgiüia sf STsruka Fonukrift-SitllBkapet H&ft fiO.
788. Legendarium, ett fornsvenakt. Utg. af F. A. Dallgreu. Bd. 3.
Hft. 4. Stockholm 1873.
Ebenda Bft. 61.
789. Heliga Birgitt«« UppeDbureUa. Utg. af ii. E. Kleuiming. Bd. 4.
Hft. 2. Stockholm 1874.
Ebenda Hft. 62.
790. Fragment af äldrt- Veatgöta- lagen. Utg. af G. E. Klemming. 8.
Stockholm 1874.
Biloga tili. : Svenska Foniskrirt-SällskapetB Allmi(DaH Aisnlite 18T1.
791. Stadga fdr St. GSrans gille vid Kopparberget. Utg. af G. E. Klem-
ming. 8. Stockholm 1874.
Ebenda.
K. MittelUte
I Poei
792. Voigt, Oberlehrer Dr., Untersuchungen über den Uraprung der Ec-
basis Captivi. 4. (29 S.) Berlin 1874. Progroinm dei FHedrichB-GjmiiBsiumB.
793. Bernheim, Dr. E., der Glossator der Gesta Berengarii imperatoria.
Forschunfcn eut deutachea Geachichte 14 (1874), 13% ff.
794. Pannenborg. Dr. A., noch einmal Magister Guntherua.
Forachung'en zur deutuclien Geschichte 14 (1674}, 185 S.
795. Wulderdorff, Hago Graf von, Urotsuit von Ganderaheim,
Verhandlungeo des historischen Vereines von Uberpfalx und Regeniburg 39. Bd.
(1874).
796. Baudonin, Ad., Parophilus du amore. ComMe latine du 10''
siäcle. 8, (162 S.) Touloase 1874.
Vgl. Revue crititiue 1874 Nr. 39.
797. Des Hagiatera Petrus de Ebulo über ad honorem An gustj. Nach
der Originalhan da chrift für akademische Übungen herauag. von E. W i n k e I in a n n.
». (XII, 96 S.) Leipzig 1874. Dunker und Uumblot 2 Mk.
Vgl, Liter- CentralbUtt 1875 Nr. 8 (Peiper).
79B. Waltharius. Latelniachea Gedicht dea 10. JabrhundcrU. Nach
der handichriftlicheu Überlieferung berichtigt, mit deutscher Übertragung und
ErlitutQTangen von J. V. Scheffel and A. Holder. 8. (VI, 180 S.) Stutt-
gart 1874. Metzler. l'/j Rthlr.
Vgl. Jen. Lit. Zeitong 1876 Nr. 36; Zeitschrift f. d. Baten". Gymnasien XXVI, 3
(Keller); OStüng. Gel. Anzeigen Nr. 5 {Pannenborg); BlKtter für liter. Unter ha! tong
Nr. 3 (Brambach); Saturday Bcview 39. Dbc. 1874; Theolog. Lileraturblatt I87S Nr. 1
iBirlinger) ; Sohwib. Merkur 11. Oot. 1874; AJIgem. Zeitung, Beilage 386; TrUbner's
Lltonu7 Becord Nr. lOB.
" " ■ " Grabachrift dea Grafen Sendebad.
Ofthum 18. 306-308.
*e des Naao.
• 8. 880.
iTined und Helena.
496 lOSCELLEN.
802. Wattenbach; W., Lateinisches Liebesgedicht.
Germania 19, 297—300.
803. Wattenbach y W., Arenga de commendatione stadii.
Crermania 19, 72—74.
804. Wattenbach, W., ans einer Homanistenhandschrift.
Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit 1874, 8p. 212-216, 244—261,
272—278.
805. Wattenbach, W., zu den lateinischen Reimen des Mittelalters.
Ebenda Sp. 148 f.
806. Hertzberg, W., das Gedicht fiber den Mongoleneinfall.
Forschnngen zur deutschen Geschichte 14 (1874), 599 — 612.
807. Nolte, Dr., eine Handschrift der Stadtbibliothek zu Verduu
Anzeiger fQr Kunde der deutschen Vorzeit 1874, 8p. 373 f.
808. Nolte, Dr., Grabschrift auf den Erzbbchof Rainald Ton Dassel.
Ebenda 8p. 374 f.
809. Nolte, Dr., Nicolans Abt des Klosters Sigeberg.
Ebenda 8p. 375 f.
810. Peiper, R., europäischer Völkerspiegel.
Ebenda 8p. 101—106.
811. Peiper, Lamentatio missae.
Ebenda Sp. 145—148.
812. Peiper, R., zur Geschichte der lateinischen Comodie des 15. Jahr-
hunderts.
Neue Jahrbücher för Philologie u. Pädagogik 110 Bd. 3. Heft (1874).
MISCELLEN.
B e r i e h t
über die Sitzungen der deutsch-romanischen Section auf der XXX. Veraftmm-
lung deutscher Philologen und Schulmänner zu Rostock, vom 28. September
bis 1. October 1875.
1. Sitzung. Dienstag den 28. September, Nachmittag iV« Uhr. Die
Section wird, nachdem sie sich im Auditorium YIII hiesiger UniTersitit con-
stituiert hat, von Professor R. Rechst ein aus Rostock mit einer Begrtftangs*
rede eröffnet, in welcher er zunächst die Fachgenossen in Rostock wiDkoaimeQ
heißt. Er gedenkt sodann der Verluste, welche seit der letzten Philologen-Ver-
sammlung in Innsbruck unsere Wissenschaft in ihren Vertretern betioilen bat.
Zuerst wird genannt Dr. Karl Hildebrand, welcher am 17. Apiü dieses
Jahres nach kurzer Krankheit zu Halle verschied. Im Jahre 1878 habilitierte
er sich daselbst als Docent für Germanistik, besonders für das Nordische. Er wmr
mit einer Ausgabe der Edda beschäftigt, die er unvollendet hinterließ. Ein
weiterer Verlust ist der am 11. September ersolgte Tod von Prof. Dr. Henrich
Rückert in Breslau, von welchem Prof. Dr. Bartsch in einer der nächsten
Sitzungen einen Lebensabriss und eine Charakteristik geben wird. Darauf wendet
sich Redner zu den erfreulichen Ereignissen des abgelaufenen Philologenjahres.
Mit Freude begrüsst er die Wiederaufnahme der Michaelis 1859 eingegangenen
BUSGELLEN. 497
Zeitschrift far deatsche Mandarten tod Frommann, deren erstes Heft vor
nicht langer Zeit erschienen ist. Auch die Gründang eines Vereines für nd.
Sprachforschung! über den Dr. N erger aas Rostock berichten wird (ygL
4.Sitzang), ist Ton Wichtigkeit Dann wird mitgetheilt, daß Dr. A. Lübben
in Oldenburg TOn seinen Stunden am Gymnasium auf 3 Jahre bei Tollem Ge-
halt entbunden sei, um sich der Herausgabe des mnd. Wörterbuches ganz
widmen zu können. Die hierauf bezügliche Correspondenz des Vorsitzenden
mit dem Reichskanzleramt und der oldenburgischen Regierung wird Torgelesen,
and Redner von der Section ermächtigt und beauftragt beiden Behörden den
Dank der Section auszudrücken.
Bei der nun folgenden Wahl wird Prof. Bartsch zum Vicepräsidenten,
Dr. Karl Nerger und Privatdocent Dr. Felix Lindner zu Schriftführern
erwählt. (Stud. phiL Wiegandt hatte die Güte die Verhandlungen zu steno-
graphieren.) Darauf schrieben sich folgende 43 Mitglieder in das Album ein:
Professor Karl Bartsch aus Heidelberg; Director Baue rme ister aus
Ribnitz; Oberlehrer Dr. Fedor Bech aus Zeitz; Professor Reinhold Bechstein
aus Rostock ; Dr. Wilh. B eg e m an n aus Berlin ; Dr. Böddeker aus Schwerin ;
Dr. A. Edzardi aus Anklam; Gymnasiallehrer Dr. Eggert aus Schwerin:
Cand. phil. Fritz sc he aus Rostock; Oberlehrer Dr. W. Geber ding aus
Berlin; Director Giseke aus Schwerin; Professor Imelmann aus Berlin; Di-
rector Keck aus Husum; Director K. £. H. Krause aus Rostock; Dr.
Friedrich Latendorf aus Schwerin; Professor Adolf Laun aus Oldenburg;
Privatdocent Dr. F. Lindner aus Rostock^ Dr. August Lübben aus Olden-
burg; Oberlehrer Dr. Lücking aus Berlin; Professor Dr. Mahn aus Steglitz
bei Berlin; Oberlehrer Dr. Meyer aus Cottbus; Dr. ELarl Nerger aus Rostock;
Stud. phil. Neumann aus Heidelberg; Oberlehrer Dr. Pfundheller aus
Stettin; RealschuUehrer P. Piper aus Altena; Geh. Hofrath Bürgermeister
Pohle aus Schwerin; Oberlehrer Dr. Ch. Rauch aus Berlin; Dr. F. Rosiger
aas Altena; Professor Karl Sachs aus Brandenburg; Realschullehrer Dr. F.
Schildt aus Schwerin; Dr. C. Schirmer aus Altona; Gyomasiallehrer Dr.
Schmolling aus Stettin; Dr. Schneider aus Segeberg; Rector Dr. Seitz
aus Marne; Gymnasiallehrer Starck aus Schwerin: Privatdocent Dr. Stim-
ming aus ELiel; Dr. A. Theo bald aus Hamburg; Dr. Thünen aus Stral-
sund; Privatdocent Dr. F. Vogt aus Greifswald; Bibliothekssecretär Dr. C.
Walther aus Hamburg; Oberlehrer Dr. Werner aus Schwerin; Cand. phil.
Westphal aus Schwerin; Stud. phil. Wiegandt aus Rostock.
Folgende Schriften waren eingesandt: 1. in einem Exemplar, welches den
Acten einzuverleiben ist, die dem „Verzeichiiiss der Doctoren, welche die philoso-
phische Facultät in Tübingen im Decanatsjahre 1873 — 1874 ernannt hat**, bei-
gefügte Publication von Prof. Adelbert von Keller „die altdeutsche Erzählung
vom rothen Munde** durch den Herausgeber; 2. in vielen Exemplaren „Vortrag
über das encyklopädische Wörterbuch der französischen und deutschen Sprache
von Prof. Dr. C. Sachs, gehalten in der Gesellschaft für neuere Sprachen in
Freiburg im Breisgau von Prof. T. Merkel" (Berlin 1875) durch die Langen-
schddt'sche Verlags- Buchhandlung. Prof. Bechstein stellte mehrere Exemplare
seiner jüngsten Schrift zur Verfügung „Aus dem ELalendertagebuch des Wittenberger
Magisters und Marburger Professors Victorin Schöofeld 1555— 1563** (Rostock
1875), und Prof. Bartsch legte in einigen Exemplaren ^e Schrift vor «Due
a£RICANU. Nene ReilM TUL (XJL) Jahi«. ^
498 MISCELLEN.
antichi testi dialettali pnblicati da K. Bartsch e A. Mnisafia^ (Roma 1875),
Separatabdrack aas der Rivista di Filologia Romanza.
Nach Festsetzung der Tagesordnung for die nächste Sitzung, macht Prof.
Sachs auf das neu erschienene orthographische Wörterbuch Ton Sanders auf-
merksam, welches zur Ansicht aufgelegt wird. Schluß der Sitzung um 2 Uhr.
2. Sitzung. Mittwoch den 29. September früh 87^ Uhr. Dr. A. Lab-
ben eröffiiet die Sitzung mit seinem Vortrage: Zur Charakteristik der mnd.
Literatur.
Die Angaben des Ton Albrecht Ton Bardewik verfaßten ältesten Lübecker
Rechts vom Jahre 1294 und der von demselben begonnenen ältesten Lübecker
Chronik vom Jahre 1298, welche leider Fragment geblieben ist und nur bis
1301 reicht, zeigen uns zunächst, daß erst in dieser Zeit das Mnd. zur lite-
rarischen Verwendung kam, da bb dahin nur wenige Urkunden von geringem
Belange in mnd. Sprache erschienen. Das Lateinische hatte bb zum Jahre 1300
die Oberhand, von da an finden wir einige nd. Urkunden mit lateinischen
vermischt, bis gegen 1400 das Nd. die lateinbche Sprache verdrängte. Man
kann also etwa um 1300 den Anfang der mnd. Literatur ansetzen. Dann aber
zeigen uns diese ältesten grösseren mnd. Schriftdenkmäler, daß die Sprache,
besonders in RechtsdarstelluDg und (xeschichte, überhaupt auf dem Gebiete der
Prosa zuerst etwas geleistet hat. Der Vortragende geht nun die verschiedenen Qe^
biete der Poesie und Prosa durch und vergleicht sie mit der mhd. Die Ndentschen
des 12. und 13. Jhdts dichteten mebt hochdeutsch. Erst im 14. und 15. Jhdt.
finden wir der Poesie eine Stelle in der mnd. Literatur eingeräumt. Minne-
lieder und weltliche Lyrik begegnet uns zwar selten, dagegen eine Fülle von
geistlicher Lyrik, die jedoch für ihren eintönigen Lihalt selten durch Schönheit
der Form entschädigt.
Redner hebt nun besonders die nd. Bearbeitung des Reineke Voe her-
vor, welcher die Ehre der nd. Poesie gerettet hat. Der Erfolg dieses G^
dichtes ist unzweifelhaft auch der nd. Sprache selbst zuzuschreiben, welche in
ihrem Verhältniss zum Hochdeutschen als Sprache der Naivetät gegenüber der
Sprache der Reflexion bezeichnet werden kann. Darauf vergleicht der Vor-
tragende das Drama im Und. und Mhd. Er findet, daß das mnd. Drama sich
wohl mit dem mhd. messen kann, ja daß es zuweilen das letztere überflügelt.
Leider kommt das nd. Drama erst zur Ausbildung, ab der literarische Verfiall
des Nd. schon begonnen hatte.
Von dem Gebiete der Poesie wendet sich nun der Vortrag zu dem der
Prosa, auf dem die nd. Literatur die gleichzeitige hd. weit übertriflt. Lüiah
und Form der mnd. Prosa tritt uns gewissermaßen gleich zu Anfang ausge-
bildet entgegen. Vollständig systematbch ausgebildete Rechtsdarstellungen, Frie-
densschlüsse und Documente sind fast ebenso häufig ab Chroniken , doen
hbtorischer Werth freilich den sprachlichen oft nicht erreicht. Von mnd. Pron
auf dem Gebiete der kirchlich-theologischen Literatur wird besonders hervor-
gehoben der Seelentrost von 1407 und das Lübecker Passionale von 147 !•
Daneben findet sich noch eine Menge sogenannter Arznei- und Kräuterbücher.
Die Glanzperiode der mnd. Literatur fällt zusammen mit der Glanzperiode der
Hansa, Mit ihr wuchs und sank das Mnd. Diese Periode umfaßt etwa die
Zeit von 1300—1500.
r
MI8CELLEN. 409" ]
Nacih dieser Zeit zeigt sich in allen Schriften, welche in nd. Sprachi
gedracbt siad *), eiu merklicher Rackgang in Orthographie, wie Flexion und
SjDtai, Bo daU iohti mit dem Jabro 1600 das Ende dea Hnd. ansetzen kann.
Da« Nnd. verlor und verliert täglich an seiner Ueinlieit durch das Vordringen
des Hochdealachen ; es gleicht jetzt einer ungeheuren Eiclie , die zwar von
der Wurzel aus noch mächtige Schößlinge treibt, aber ihre majestfitiscbe Krone
verloren hat.
Eine Diacusiion knüpfte sich an diesen Tortrag tilcht und DBcbdem der
Vorsitzende dem Redner seinen Dank ausgesprochen, hält Prof. Sachs einen
Vortrag über das Thema: Wie hat falsche Gelehrsamkeit und Volkaweiaheit
die Sprache beeinflußt?
Dor Vortragende gab zunächst eine gedrängte Übersicht über die Haupt-
momente, welche im Mittelalter die halbe Gelehraamkeit vieler Autnren und
die Volksweisbeit bednfluMeo. Er g:ib ein Bild von der Entstellung der alten
Autoren in mittelalterlichen Gedichten, handelte von den EinfluBseo der Ereut-
züge auf die Vorstellungen und Sprache des Occidents , von den fränkischen
und bretonischen Sagenkreisen, die neben den religiösen nnd abergläubischen
Vorstell ungi'n wesentlich auf die Uemüther wirktun und sprachumgestaltend sieb
geltend machten. Der specielleren Besprechung worden dunn unterzogen Aue-
driicke am dem Gebiete der Religion , besonders die aus Scheu vor dem Ge-
brauche dea Namens Gottes und des Teufels entstandenen Verdrehnngen von
Schwurform ein, die Namen der Heiligen und der zum Theil nach ihnen genannten
Kalendertage und Feste. Es folgt eine Besprechung einzelner Namen von Sternen,
wie Bär, Sept^nlriones, Polarstern, Tremuntane, darauf wird eine größere Zahl von
geographischen, besonders Städtenamen, besprochen, welche aus dem Keltischen,
Lateinidcben, Slavischen, den romanischen und orientalischen Sprachen und selbst
aus der eigenen SprHche des betreffenden Volkes durch Missverständnisa oder
das Bestreben, sich unter dem fremdartigen Laut etwas Bestimmtes vorateUeo
zu können, verderbt sind. Eine Anzahl umgedeuteter historischer Namen ichloß
diesen Abachnitl-
Die falsche Gelehrsamkeit, welche beaonders im Dictionnaire de l'Acad^mi«
sich vielfach geltend macht und gegen die das Volk mit oft feinem Tacte
protestiert, wird darauf besprochen und dies Tührte zu einer Untersuchung ähn-
licher Fälle , wo im Dontschen Wörter von Halb- oder Ungebildeten missver-
atanden und corrumpierl sind und zwar wiederum nicht nur Fremdworter,
sondern auch gute einheimische, deren wahre Bedeutung aber in Vergessenheit
gerathen ist. Dieser letzte Gesichtspunkt wurde weiter verfolgt in den ver-
schiedenen Gebieten der Mineralogie, Botanik und Zoologie, Physik, Chemie
und Medicin, in Namen von Krankheiten und einigen in der Apotheke ge-
bräuchlichen Medicamenten. Auf dem Felde der Grammatik, welche seit der
Bildung der romanischen Sprachen, wie des Englischen, zu manchem Missver-
atändnisB Verunlaesung gegeben hat, der Arithmetik, Musik nnd Architektur,
der schönen Literatur wie des Handelslebcns , der Namen von Speisen und
Kl^diiBgsstücken , der Gewerbe und besonders des Kriegshandwerks nnd der
■rurd« an einzelnen charaktcriati sehen Beispielen, deren Zahl hei IHngerei
I
Jfeckleobnrg's sltniederBächsischs Litaralur. Schwerin,
32'
500 MISCELLEN.
Zeit bedeutend ans dem reichhaltigen Mannscript hätte Termehrt werden können,
geieigt, wie überall das oben nachgewiesene Bestreben nmbfldend und die
Sprache corrompierend gewirkt hat.
Nach diesem Vortrage entspann sich eine knrse Debatte zwischen PmL
Sachs und Dr. Theobald and es wurde die Sitzung nm 10 ühr geschlossen.
3. Sitzung. Donnerstag 'den 30. September froh 8 Uhr. FtofesBor Mahn
beginnt mit seinem Vortrage über die celtischen Sprachen und deren Binflnfi
auf die deutsche, englische, französische und die übrigen romanischen Sprachen.
Da dieser Vortrag nächstens in Druck erscheint, soll hier nur ein oberflSeh-
lieber Auszug gegeben werden. Aus der Einwanderung der Kelten in Europa
▼or den Qermanen erklärt der Vortragende die zahlreichen Überreste besonders
geographischer Namen, welche sich aus dem Celtischen bis jetzt erhalten haben.
Außerdem wurden von den nachdrängenden Völkerschaften eine Menge Wörter
ans dem Celtbchen aufgenommen, welche zur Bezeichnung ihnen bis dahin
fremder Qegenstände dienten. Die einzelnen Behauptungen werden mit einer
Fülle von Beispielen belegt.
Die Discussion, welche sich über diesen Vortrag erheben zu wollen schieoi
mußte abgebrochen werden, da wegen der allgemeinen Sitzung die Sections-
Sitzung um 9 Uhr auf 2 Stunden unterbrochen wurde.
Um 11 Uhr wurde die Sitzung wieder begonnen. Prof. Bartsch hielt
zunächst den versprochenen Nekrolog auf Heinrich Rück er t (cf. 1. Sitzung),
welcher in dieser Zeitschrift abgedruckt werden wird.
Darauf wurde die Wahl des Präsidenten für die Section bei der im
nächsten Jahre in Tübingen stattfindenden Philologen- Versammlung vorgenommeo.
Als Präsident wird gewählt Prof. Dr. Adelbert v. Keller und als Vieepril-
sident Prof. Dr. Ludwig Holland. Nachdem die Tagesordnung für die 4. Sitsnng
festgestellt ist, berichtet Dr. Theobald über den XIV. Nederlandsche Taal- en
Letterkundig Congres te Maastricht*). Die Versammlung, welche ursprüng-
lich in Leyden abgehalten werden sollte, kam in liaastricht zusammen. An^
an den nd. Verein waren Einladungen ergangen und ihnen auch Folge gelttstet
worden. Da die Bestrebungen des nd. und nl. Vereins eng verwandt sind, ist
ein kurzer Bericht über die Versammlung zu Maastricht gerechtfertigt. Redner
gibt nun einen kurzen Überblick über die Verhandlungen in den 3 Sectionen,
die sich dort gebildet hatten. Er beginnt in umgekehrter Reihenfolge bei der
dritten, welche sich mit Schauspielkunst, Kunstgeschichte und Buchhandel be-
schäftigte. Es wird hingewiesen auf die Förderung alles Volksthümlichen in
den Niederlanden, auf die entwickelte Volksliteratur und die aUenthalben yck^
breiteten Liebhabertheater. In der zweiten, der historischen Section trat der
Gregensatz zwischen Protestantismus und Katholicismus ziemlich schroff hervor.
Die erste Section war die für Literatur. Verschiedene Vorschläge wurden dort
eingebracht. Es sollten die vlämischen Eigenthümlichkeiten mehr und melir
faUen gelassen werden ^ um eine möglichst enge Verschmelzung zwischen dem
katholischen Belgien und dem protestantbchen Holland zu erreichen« Einige
verlangten auch politische Einheit, Andere eine Vereinigung der wissenschaft-
lichen Bestrebungen mit Niederdeutschland, welche für die Niederländer wie fdst
*) Dr. Theobald gab die den Congreß betreffende Schrift „XI V^« Nederlandsdi
Taal- en Letterkundig Congres te Maastricht Programma*' zu den Acten.
MteCELLEN.
die NorddflutBchen gleich vortheilhaft Hein nird. BeBtimmte BeichlfiBBe wnrdoD
jedoch Dicbt gefallt.
Nach dieflem Bericbt wird die Sitzung um 13 lihr geschlosseD.
4. SiUnng. Frcitsg den 1. Oclohei- früh 8 Uhr. Dr. Begem
ginnt die Sitiong mit seinem Vortrage über daa Annolied. Eb werden zuerst
die Aneichten der verschiedenen Herausgeber beeondera über die Zeit der Ab-
faMung de» Anooliede« und der Kaiseicbronik , sowie die Entlehnungen des
AnooUedes aus der Vita und umgekehrt auBfuhrlich vorgeführt. Der Vortragende
will Lacbmann'a Ansicht, daß das Qedicbt von einem kölniscbea Geülb'chen
um die Zeit der Aufhebung der Gebeine des Heiligen, also etwa um 1183
verfaßt sei . mit Modifiuationen wieder aufnehmen. Ausführlich wird nun ein-
gegangen auf die lo oft vorkoDimende Bezeichnung »ante Anno. Dies sante
unmittelbar vor dem Namen ist die officielle Bezeichnung ofFiciell heilig ge-
sprochener Personen. Die Canonisation Anno's aber erfolgte erat 11S3. Der
Dichter hatte vor dieser Zeit deo Titel snnctus nicht anwenden dürfen. Diea
deutet darauf bin, daß das Gedicht erst nach 1183 verfaßt sein könne. Dieser
Ansicht steht gegenüber: 1. die vielen alterthUml leben Wörter und Redewen-
dungen, die neben neueren Formen iui AnnoUede vorkommen; 2. die Verse;
diz vunfti ist Sigeberg sin vili liebi stat
dar uffe steit nn afn graf,
welche deutlich darauf hinweisen, daJl das Gedicht vor der Uberfuhmng der
Gebeine des Heiligen verfaßt ist.
Der Vortragende findet folgenden Ausweg aus diesem Dilemma. Das uns
vorliegende Annolied ist die Umarbeitung eiuea älteren Gedichtes , die älteren
Sprachformen sind vielfach stehen geblieben, die Bezeichnung seinte aber ist
überalt vor dem Namen erat später eingefügt. Auf eine Umarbeilnng eines
früher einheitlichen Stoffes, der Lebensbeschreibung des Bischofs Anno deuten
auch die vielen unbegründeten Abschweifungen, die sieh der Dichter erlaubt,
nm sein Werk in stattlicherer Form erscheinen zu lassen. Das führt zur Be-
sprechung des Verhältnisses der Kaiserchronik zum Annolied. Der Vortragende
nimmt hierbei an, daß beide auf eine gemeinsame Quelle zurückgeben, da ja die
Existenz einer älteren Chronik im Eingange der Kaisercbronik schon ausdrücklich
bezeugt wird. Dadurch wird aber die Ureprünglichkeit des Anuoliedcs gewaltig
erschüttert. Um nun den Inhalt des ursprünglichen Liedes zu erhalten, werden
alle die Abschnitte, die nicht unmitlelbar zur Lebensbeschreibung des Anno
geboren oder Wiederholungen enthalten, auBgeschieden werden müssen. Diese
Ansicht wird unterstützt durch die Veröffeotlichung eines Theiles des Anno-
liedes in der kleinen Schrift von Bonaventura Vulcanius, De literis et lingua
Getanun sive Gothorum, welche darthut, daß dem Vulcanius ein kürzeres Ge>
dicht, welches nur den Anno zum Gegenstande hatte, vorlag. Nach der Ansicht
des Vortragenden werden also nur stehen bleiben können Vers 19 — 92, resp,
116 und Vers 575 bis zum Ende. Diese enthalten den oft recht poetischen
Kern des Liedes, alles Übrige ist wahrscheinlich spätere Znthat.
Darauf wird ein von Dr. Theobald und Prof. Sachs eingebrachter
Antrag einstimmig angenommen, welcher dahin zielt, die Sympathie der deutsch'
romanischen Abtheilung der deutschen Philologen - Versammlung mit den Be-
strebungen des niederländischen Vereins in wissenschaftlicher Beziehung durch
.,_... . B^;|,||-Q(},g^g, p,. jj^gggg j„ Antwerpen darzuthun. Prof.
rdoD^^^H
hl,. '
I
4
502 WSCEUUW.
Bechstein wird mit Absendaog derselben, welche folgenden Inhalt hat» be-
auftragt: ^Die dentsch-romanbche Abtheilung der XXX. Versammlang deutMlier
Philologen und Schulmänner spricht Ihnen und Ihren Freunden ihre lebendige
Sympathie ans f8r Ihr auf Anbahnung näherer Besiehungen xwischen der nieder-
ländischen und volksthumlich niederdeutschen Literatur gerichtetes Streben und
gibt sich der Hoffnung hin, daß es gelingen werde ; die nahe Verwandtschaft
der Sprachen durch eine übereinstimmende Schreibweise klarer als bisher in's
Licht zu stellen. **
Hierauf berichtet Dr. N erger über den Verein für niederdeutsche Sprach-
forschung. Er gibt eine kurze Greschichte desselben, sowie einen Uberbück
über die Ziele und die nächsten Publicationen des Vereines, worüber in der
Zeitschrift für deutsche Philologie von Hopfner und Zacher, Bd. VI, Heft 4,
p. 471 — 477 ausführlich gehandelt ist. Der Berichterstatter fügt hinzu, daß
für das erste Jahrbuch, welches Ostern 1876 erscheinen wird. Sagen und
Bräuche aus dem Sachsenwalde, sowie ein Wörterverzeichniss des Tischler-
handwerks in Aussicht genommen ist. An letzteres sollen sich dann auch die
anderen Gewerbe in gleicher Behandlung anschliessen. Auch die Schriften des
Nicolaus Buss sollen von dem Berichterstatter im Auftrage des Vereines heraus-
gegeben werden.
Der Aufforderung zum Beitritt in den niederdeutschen Verein entsprachen
7 der Anwesenden.
Damach hält Dr. T h e o b a 1 d einen Vortrag über eine Vereinbaning
über phonetische Schreibweise für Dialectforschung. Der Vortragende macht
zunächst aufmerksam auf den großen Nutzen, welchen eine neue phonetische
Schreibweise für die Dialectforschung haben würde. Er stellt drei Glesichts-
punkte für die Ausarbeitung eines neuen Schreibsystems auf:
1. Jeder einfache Laut muß durch ein einfaches Zeichen,
2. jeder zusammengesetzte Laut muß durch ein zusammengesetztes Zeichen ,
3. verschiedene Laute müssen durch verschiedene Zeichen ausgedruckt
werden.
Der Vortragende macht einige Vorschläge zu einer entsprechenden Schreib-
art sowohl der Consonanten ab auch der Vocale. Darauf wurde eine Cocn-
mission, bestehend aus den Herren Prof. Sachs, Dr. Theobald, Dr. Nerger
und Dr, Begemann erwählt, welche mit bestimmten Vorschlägen für ein
neues phonetisches Schreibsystem vor die deutsch-romanische Section der näch-
sten PhilologenversammluDg treten soll.
Prof. Bechstein gibt zum Schluß einen kurzen Überblick über das,
was in der Section während der diesjährigen Sitzungen vorgekommen und schließt
die Sections Verhandlungen bald nach 10 Uhr.
ROSTOCK, im October 1876. Dr. F. LINDN£R.
Der Briefvrechsel der Brüder Grimm mit Joseph Görres.
Nachdem schon vor vierzehn Jahren die Familienbriefe des gewaltigen
Streiters von Koblenz erschienen sind, liegen nun als 8. und 9. Band der ge-
sammelten Schriften von Joseph von Görres die Freund es briefe desselben
in sorgfaltiger Ausgabe durch Franz Binder, Mitredacteur der historisch - poli-
tischen Blätter, vor (München 1874). Der Qrundstock der ganzen Sammlung
MISCELLEM,
6ÖS1
ist die reichhaltige Correepoiidcnz mit Mäiinern nie Achim von Amitu, BreolAno,
Creuzer, Diepenbrock. GioTaaelli, Dietz, Groner, Perthes, Räß, Stein, Windisch-
r fesselt vor allem die unvergäii gliche 2iord« der SHftimlnag,
der Briefwechsel zwischen Görres und den Brüdem Grimm. Ein schönes Stück
Geschichte der deutBchen I'hilologic in ihrer Jugendzeit zielit hier an nna
voriiber und „es mucht einen rührend crfTenlichen Eindruck — schreibt Böhmer,
der lehon 1863 die Abschriften der Gurres'schen Briefe nn Jscob und Wilhelm
Grimm besorgte — zu sehen, wie die ersten Begründer sieh in den Anfilngen
ftbmiihteD. Die Wissenschaft ist gewachsen seitdem, aber nicht die Liebe".
Zugleich ist mit diesen Briefen eine längst gefühlte Lücke im Äußeren Leben
der Brüder und ihrer Entwickeinngsgeicbichte ftusgerüllt. Fast ein halbes
Hundert Episteln sind es, die das Brüderpaar an Görres richtet (Jacob 30,
Witbeltn 19) und beinahe auf jedes Schreiben liegt die Antwort vor. Den
ersten Brief achreiht Jacob 1810, den letzten Wilhelm 18S8, die achreihselige
Zeit fiir die Freunde sind die Jahre 1810 — 15; Görres lüßt sieh hie und da
noch bis in das dritte DecennJum hinein in seiner geisireichen Weise Temehmen,
aber l&ugst hat es ihn vom friedlichen Port der Forschung weggerissen tu
die ttürmische See der politischen und kirchlichen Polemik. Daneben bieti^u
die prächtigen Briefe von Arnim, die von Crenzer u. A. eine Fülle von Auf-
schluß iiber die Grtmm, deren dritter Bruder Ludwig Emil, der Maler and
Kupferstecher, ebenfalU dem Görres'sehen FTeondesk reise angehört.
Fiir Görres war die Zeit, während welcher er mit den Meistern der
deutschen Philologie verkehrte und in der auch seine eigenen Schriften über
altdeutsche Literatur entstanden sind, die schönste seines sturmbeweKten Lebens.
.Den onklaren, kosmopolitischen Schwindel seiner Jugendjahre hat er hinter
sich gelassen und obwohl wir die Keime der späteren römisch • katholischen
Bichtnng sich bereits bilden sehen, treten sie doch noch zurück gegen die
warme deutsche Gesinnung, die ihn beseelt" (Räumer, Geschichte di^r germ.
Phil. p. aSfi). Es ist die Zeit, wo die Romantiker — wenn auch noch in un-
klarer Weiie — die Begeistirung für die alte Literatur und Kunst des ilnutschen
Volkes wecken und Heidelberg anf eine Weile der blühende Mittelpunkt dieser
Bestrebungen irird. Achim von Arnim beündet sich seit 1805 daselbst und
mit ihm Clemens Breutsno ; das „Wunderhuru" war erschienen; die „Zeitung für
Einsiedler", die sich swar nur ein halbjähriges Dasein fristen konnte, wurde
gpgriiodft; Hitiirbeitei derselben waren: Grimm, Görres, Ubiand, Docen, Tieck,
Hölderlin etc., auch bildeten die Heidelberger Jahrbücher eiue Zeit lang da«
Centralorgan der romantis<-faen Chorführer. In dieses Heidelberg siedelte nun
Görres im Jahre 180li über, zwei Jahre lang war er Privatdncent und be-
schäftigte sich namentlich mit Mythedgeechichle. Am 2i. Juni 1806 beginnt
Görres seine Vorlesungen über altdeotsche Literatur (s. Familienbr. p. 506),
nachdem er schon 1807 seiner Schwieg er mutter die ,.Progresgon'' vermeldet
hatte, welche er und seine Frau Im Altdeutscheu gemacht, daß sie Gedichte
bis lum XII. Jahrb. hin biild ohue Anstand lesen könnten wie ncudeutscb
IIb. 483). In demselben Jahr er-cheiuen Görres' „Volksbücher" und 1808 die
AbhaJidlnngen über den „gehörnten Siegfried und die NihulunKen"
siedlencitung. Während des Heidelberger Aufenthaltes nun vermilli'ln die Freunde
und BrentHUü den freundschaftlichen Verkehr mit de
'. Bwtaa»! 8iihwaKer, namentlich mit Arnim befreundet
1
4
504 lOSCELLEN.
waren. Übrigens war Jacob Grimm schon 1805 auf der Heimreiie von
. Gorres in Coblenz eingekehrt (dehe unten). 1808 im September wendet eich
Gtörres wieder nach Koblenz lornck. Die Brüder Grimm weilen bei Anfang
ihres Briefwechsels mit Grorres in Cassel» Jacob , der Bibliothekar, ist eben
Staatsrathsauditor geworden. So berichtet der Symboliker Grenzer ans Heidel-
berg im März 1808 an GrÖrres: „Die Gkimm's schreiben fleißig und haben
diese Woche eine lange grandliche Becension der ▼. d. Ebigen'schen großen
Sammlang deutscher Gedichte des Mittelalters geliefert (Heidelb. Jahrb. 1809,
Creuzer war mit Daub Herausgeber derselben). Der älteste ist neben dem
Bibliothekariat Auditeur des Staatsrathes geworden '^ (Freundesbr. Nr. 24).
Jacob Ghrimm wendet sich in seinem ersten Brief (Nr. 36 der Samminng)
▼om 20. März 1810 mit einer Bitte an Gorres, er ersucht ihn um ein Cob-
lenzer Mannscript des Tristan, das — wie ans der Antwort (Nr. 41) herroigeht
— gar nicht existiert. Gorres rückt sogleich mit seinen literarischen Plänen
heraus, mit Lohengrin und der nicht zu Stande gekommenen Bibliotheea Ya-
ticana, die er mit Glöckle zu veröffentlichen beabsichtigte. Auf Ferdinand
Glöckle, der sich damab in Rom aufhielt, faUt wenig günstiges Licht ans den
Briefen. Gförres charakterisiert ihn nach seiner drastischen Art f olgendermassen :
„Glöckle ist von Geburt ein Schwein und von Erziehung ein Bruder Luderlich
und Sanffitus** (Freundesbr. Nr. 170), oder er nennt ihn anderswo „einen KetL
der ohne Zweifel immer halb besoffen geschrieben" (ib. Nr. 178). Über seine
eigenen Pläne läßt sich Gorres so aus: „Glöckle schreibt mir eben von Rom,
er habe den Tristan von Gottfried von Straßburg ergänzt, mit zwanzig in zwei
Spalten geschriebenen Pergamentblättem mehr als in der Müller*schen Samm-
lung. Dazu könnte ich Ihnen allenfalls verhelfen, wenn Sie noch Gfreld zu Direr
Arbeit geben wollen; einen Louisdor für 1000 Verse nämlich. Glöckle hat nun
binnen 3 Jahren in Rom seinem Vater 5000 Florin rheinisch dnrchfiltrirt und
weiß dafür nichts au&uzeigen, als einen Pack alter unverständlicher Reime, tob
denen der gute Mann glaubt, daß sie recht gut, wenigstens von seinem
Sohne und auf seine Kosten , ungeschrieben hätten bleiben können. Er weigert
sich daher halsstarrig, künftig noch etwas weiter herauszugeben und der Herr
Sohn muß daher mit eigenen Flügeln, das ist mit eigener Feder, fliegen. Damm
ist ihm denn nicht zuzumuthen, das er ohne Entgelt immerfort copiere. Er ist
indessen die Zeit über sehr fleißig gewesen und wir hätten Stoff zu einer Bi-
bliotheea Vaticana in vielen Bänden, wenn ich nur einen Verleger finden wollte.
Indessen lasse ich hier den Lohengrin des Wolfram von Eschilbach drucken,
ein recht gutes und recht sehr historisch interessantes Gedicht von 8000 Versen,
dabei ganz national, indem Heinrich der Vogler darin die kaiserliche BMe
spielt. Von des Dichters — der mich sehr interessiert — Leben weiß ich so
gut wie gar nichts. Die Haymonskinder, ein ganz vortreffliches Gedicht von
10,000 Versen, wird wahrscheinlich Perthes übernehmen. Dietriches Flucht wn
den Hunnen habe ich von der Hagen für seine Samminng überlassen.^ Die
Antwort Grimmas auf diesen Brief, ist — wie so manche andere — veriorea
gegangen. Noch im selbigen Monat Juli bietet Gtörres dem Freund in Caseel
seine Vermittlnng an zu Allem, was er aus der Vaticana bedürfe (Nr. 42). In
diesem Briefe finden sich zwei Urtheile über Mitforschende: ^Aus von der
Hagen wird, besonders wenn die gute Aufsicht seiner Recensenten fortdanearti
wohl ein tüchtiger Gelehrter werden; Büsching aber ist ein aUzu£zder Prin
MISCELLEN,
505
gulmuüiigtui, wiederkäue od OD Art, «io sie in DcuUchlaud gar zu
häufig »ind.*
ScboB in diaser Zeit trägst sicli Jacob Grimm mit der Idee, dtto Bein-
hart Fucbe herHOEzu geben, do ebes im Vatican die deutsche Handschrift auf-
gefunden war und Görrea bietet hülfreiche Hand sur Erlangung dersclban
(Nr. 46). Jat'ob antwortet hocherfreut (Nr. 47), auch Wilhelm legt »um eisten
Mal ein Blatt bei. Keiche gegenseitige Belehrung, Beurtheilung ihrer eigenen
Arbeiten, Austausch literar. Hülfsmittel. Endlich am 1. Mitrz 1811 kann Goires
die Glöckle'scbe Abschrift des Reiuhait Fuchs, wofür 4 Louisdor bezahlt werden,
an Jacob äberscnden (Nr. &T), zugleich berichtet er von neucrhaltenon Denk-
mäJem: Hartmann's Gregorius und Konrad'a Roland. Aus dem gleichen Briefe
erfahren wir, daß die eben erwähnte, bei Perthes in Hamburg augekündigte
Ausgabe der Heymonsk Inder unterbleiben wird, da Otto Runge, der die Zeich-
nungen dazu liefern sollte, unterdessen gestorben. Auch an Wilhelm werden
frenndliche Worte gerichtet: „Wenn ich bisher — schreibt Görrea — Ihrem
Bruder geschrieben, dann wür das Wort auch immer an Sie mitgerichtet; über
dem Haupte jedes der beiden Dioscureii steht ein Stern und ich muß mich
immer wieder von neuem bei meiner Frau, die dergleichen besser behält, er-
kundigen, welchen von Ihnen beiden ich eigentlich hier (1805) gesehen und
ich weiß es auch in diesem Augenblick wieder nicht. Darauf paßt nun gut,
waa Sie am Anfang ihres Briefes über die Gemeinschaft] ichkeit Ihrer Arbeiten
bemerken, und es entschuldigt meinen Irrthum , daß ich Ihren Bmdcr für den
Verfasser des Aufsatzes in den Studien gehalten oder angeredet" (W. Grimm,
fiber die Enistebung der altd. Poesie in den Studien von Daub und Creueer,
Jahrg. 1808). Beide Brüder antworten (Nr. «0). Jacob achreibt am 17. Mai
1811: .Ich habe ans der gleichfolgenden Ursache noch nicht recht auf Ihren
lieben Brief vom 1. März geantwortet nnd will es jetzt nachholen. Sie glauben
nicht, wie nns diese Correapondeuz freut nnd wie gern wir Ihnen schreiben,
wir haben alles xusammen und theilen auch hier nichts; wen Sie vor einigen
Jahren (1805) von uns gesehen haben, das bin ich; ich hatte Sie aber nur
so kuTB gesehen, nur bei einem Mittagessen und weiß blos noch, daß ich Sie
über den damals crachienenen Lotber und Maller fragte und wue Sie darauf
antworteten nnd dann noch unbedeutende Kleinigkeiten , x. B. die Suppe weiß
ich noch genau, die wir aßen und wie Sie vorschöpflen. Es war mir damals
so warm und fremd in Coblenz, ich kam gern nach Hans, wo ich wußte, daß
vieles anders geworden war, der Krieg war eben ausgebrochen und ich fuhr
alle Augenbücke in 's Thal, um die Zeitungen in lesen und die Naasauer Sol-
daten trommeln und pfeifen zu hören. Von Ihnen wußte ich damals wenig, nachher
aber bat uns der Clemens (Brentano) desto mehr erzählt nnd dadurch und
nach und nach ist es so geworden , daß es zu meinen liebsten Wünschen ge-
bort, daß Sie uns ferner gut und freundschaftlich bleiben, was ich hier ganz
aufnchtig hinschreibe." Femer: ,Wir haben in der Literaturzeitung vorläufig
angezeigt, daß wir den uogedroekten Theii der alten Edda, welcher gar vor-
trefflich ist, und den Rcinhart Fucha herausgeben werden j außerdem soll eine
Sammlung altspauischer Romanzen, meislena aus dem Kreise Karls des Großen
beinen , wo sich ein Verleger findet ; des Druck» sind sie höchst würdig,
heint es wirklich übel zu nehmen , wenn ein anderer etwas galea
I b^t, «aa ihm dazu ein Recht gibt, so ist nicht*
«
«
506 MI8CELLEN.
zu antworten, als daß er ein paar Gedichte fleißig hat abgedruckt und andere
einfaltig erneut, dabei mit literarischem Fleiß ausgestattet, dies erkenne ich
▼on Herzen gerne an, nur muß er sich dessen nicht überheben, um so mehr,
da er viel Oeld hineinstecken kann, was andere müssen bleiben lassen. Seine
Falschheit und mancherlei Wege, die er braucht, um sich und seine Unter-
nehmungen auszuposaunen, sind mir zuwider, ich fange aber an, ernstlich Har^«
zu glauben. Docen ist mir viel lieber, dieser schreibt mir freundschaftlich und
auf alle Art gefallig. Hagen hatte uns auf eine merkwürdige Weise eine far
ihn und uns bestimmte Abschrift obiger Edda Torenthalten, nun haben wir
durch eine sehr glückliche Connexion, durch unseren Gresandten (Hammerstein)
in Copenhagen alles viel besser wie er und sind ihm in vielem zuvor. An
Fleiß wollen wir auch nicht sparen und unsere Sagensammlung ist schon so
glücklich fortgeschritten, daß wir in diesem Stück vermuthlich jedem die Spitse
bieten dürfen, so wenig sie uns selbst genügt, um schon jetzt oder in den nächsten
Jahren dem Publicum vorgelegt werden zu können. An dem äußerlichen Ruf
ist uns nicht vierteis so viel gelegen, als an der Sache und an Ihrem freand-
liehen Rath. Ich weiß nicht, ob Ihnen schon meine Abhandlung über den
Meistergesang zugekommen ist, sonst will ich sie Ihnen zuschicken. Ich habe
Unrecht gehabt, sie so einzeln drucken zu lassen, ohne alles genauer und all*
gemein verständlicher abzuhandeln. Ohne die besondere Veranlassung wäre es
auch nie geschehen und das Bessere bleibt mir ein andermal unbenommen* etc.
Wilhelm berichtet, daß sein erstes Werk „Altdänische Heldenlieder'' fertig ge-
druckt sei und am 12. Juni 1811 übersendet er dem Freunde ein Exemplar
(Nr. 63). Zugleich wird die Übersetzung des ersten Gesanges der Edda bei-
gelegt und um ein Urtheil gebeten. Durchaus neu scheint folgende Bemerkimg
zu sein: „Wir haben uns mit dem Isländer Rask ^ der Herausgabe der Edda
verbunden; er wird einen kritisch benchtigten Text liefern und wir die Über-
setzung, historische und mythische Betrachtung. Das ist dem Buche gewiA
vortheilhaft ; wenn sich nur ein Verleger finden wollte, jetzt nach der Messe
schreien sie sämmtlich über Schreckenszeiten. Mein Bruder ist auf einer kleinen
Reise nach Dresden, die dortigen Manuscripte einmal genauer zu nntersachen;
vor dem anderen Monat wird er nicht zurückkonunen."
Brief Nr. 67 von Jacob bringt ebenfalls neues Detail herbei; aus dem-
selben geht hervor, daß die Brüder an einer Ausgabe und Commentierung der
Schildbürger sammelten, die ihnen von der Hagen, dem Wilhelm davon
gesprochen, vorweggeschnappt mit seinem Narrenbuch. Nach den folgenden
Briefen zu urthcilen, haben die Brüder große Noth wegen eines Verlegers für die
Edda ; Cotta, der sich des Buches annehmen will, stellt ungünstige Bedingungen,
auch Perthes in Hamburg will nicht anbeißen ; dazu tritt nun der böse Hagen d^
zwischen, „der sich wie jener Esser von jeder Speise anf einen Teller legen Itnocm
wiU, ohne zu wissen, ob er sie essen und verdauen kann" (Nr. 91). Hagen kündigt
einen bloßen Abdruck der eddischen Lieder an, der noch im nämlichen Jahr
erschien. Grörres, dem von der Hagen auch in die Sonne tritt, indem er ilw
,das Boß Bajard aus dem Stalle führen will**, ärgert sich schwer über diese
Betriebsamkeit: ^Hagen's Ankündigung des bloßes Textes ist ja abgeschmackte
Vielfresserei ; es ist eine wahre Besessenheit in dem Menschen, herauszugeben.
Gäbe er nur erst einmal eine verbesserte Auflage von sich selbst heraus'" (Nr.9S).
Über Jacob's Beortheilung von Bask's isländischer Grammatik schreibt Gnnes
MISCELLEN. 507
im gleichen Brief an Wilhelm: „Ihre oder Ihres Bruders Recension der islän-
dischen Grammatik in der Hallischen Literaturzeitong hat mir recht wohl ge-
fallen. Es ist ein eigener scharfer Blick in den Mechanismus der Sprache darin,
den ich bewundere, weil ich ihn nicht habe, da ich Sprachen immer unge-
bührlich sehr als Werkzeuge angesehen habe, ohne zu bedenken, daß das
Werkzeug selbst wieder eine Wissenschaft ist und hat. Nur das Ende der
Becension ist mir im Ausdruck zu mild, ich hätte es nicht eben schneidend;
aber unwilliger gewollt."
Aus Nr. 104, Wilhelm G. an Görres, vom 3. September 1812 ist zu
entnehmen, daß schon um diese Zeit an die deutsche Heldensage Hand
gelegt worden: ^Wir sind Willens, die testimonia, die sich hin und wieder in
den anderen altdeutschen Gedichten, bei den Chronikschreibem und sonst
über den Fabelkreis der Nibelungen gefunden, besonders abdrucken zu lassen,
es wird bei der Geschichte desselben gute Dienste leisten." — Am 14. No-
vember übersenden die Brüder ihre Ausgabe des Hildebrandliedes; Wilhelm
berichtet von dem Plan der Gründung „altdeutscher Wälder": „Wir haben
auch daran gedacht, ein Journal für altdeutsche Literatur herauszugeben, etwa
alle Monat ein Heft von 2 — 3 Bogen, für viele kleinere , merkwürdige Quellen,
deren wir eine Menge besitzen, für specielle Untersuchungen, doch müßte alles
einen bleibenden Werth haben, da uns solche Lumpereien wie in Gräter's
Alterthumszeitung verhaßt sind. Sie erlauben wohl, daß wir in der Ankündigung
der Hoffnung Ihrer Theilnahme gedenken. Die Edda — versteht sich — bleibt
unsere Hauptsache, wir arbeiten eben das Glossarium zum dritten Mal durch,
eine unglaublich mühsame Arbeit, wobei einen der Gedanke an das Ganze nur
frisch erhält ; der Druck könnte jetzt anfangen , wenn wir nur von den Buch-
händlern nicht auf eine so lästige Weise abhingen." — Treffend charaktisiert
Görres die Eigenart der beiden Brüder, wenn er (Nr. 109) an Wilhelm schreibt:
„Ob ich gleich Ihren Bruder in seiner Weise, die die Kehrseite Ihres eigenen
Wesens ist, nicht minder ehre und liebe, bin ich doch auch Ihnen in eigen-
thümlicher Neigung zugethan, die bei allem, was ich von Ihnen lese, sich mehr
und mehr rechtfertigt. Man triffst so selten auf etwas, was Einen nicht auf
irgend eine Weise verletzt und da das nie bei Ihnen der Fall ist, so darf man
ohne Bedenken der Natur vertrauen, da ohnehin das Gegentheil, die Grimasse,
bei aller Schönschwätzerei sich leicht verräth. Ihre Bed^n erscheinen mir immer
wie vom guten Geist in mir geredet. Ihr Accent ist milder, der Ihres Bruders
etwas schärfer und seine Weise ernster; sonst ist*s derselbe Geist."
Zum Neujahr 1813 übermachen die Grimm em Exemplar der eben er-
schienenen Kinder- und Hausmärchen. Jacob hätte gewünscht, noch eine
andere Arbeit beilegen zu können, seine Sammlung altspanischer Romanzen,
die der Verleger schon seit einem Jahr als Manuscript zurückhalte. Wie man
weiß, verzögerte sich der Druck der „al sennor Jacobo Görres" gewidmeten Silva
de romances bis 1815. Zugleich wird gemeldet, daß das erste Heft der
„Altdeutschen Wälder" erschienen sei. Wilhelm fügt folgendes bei: „Lassen
Sie sich unser Märchenbuch wohl gefallen; wollen Sie es recensieren, so
wird es mich sehr freuen, Sie werden gewiß etwas sehr schönes darüber sagen«
Es ist ganz eigentlich Absicht, daß es ein Erziehungsbaoh werden ioll imd
wenn Sie von dieser Seite einige Bemerkungen darüber maeheB v
es mir besonders lieb. Man wird es leieht bemerken, daß et k
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arbeitet, die sich in poetischen , zierlichen Ehuvtellangen geübt, dergleichen in
unserer Zeit nicht selten sind, es ist im Qegetheil lieber jeder «urtC; süße und
holde Ansdrack vermieden, der verweichlicht and verallgemeinert und der €re-
danke so viel als möglich an der Worzel gefaßt worden. Meine Hoffiinng ist,
daß das Bach bei Kindern, wo man es nar versacht, gleich seine Kraft be-
währen wird« Mögen Sie auch über die altdanischen Lieder etwas sagen , so
ist mir das nicht weniger lieb; Arnim wollte vor Jahren einmal eine Recension
schreiben, ich glaabe aber, er hat es vergessen and ich mag ihn nicht besonders
daran erinnern. Mehrere haben mir gesagt, daß sie Frende daran gehabt, also
ist doch das Bach nicht amsonst aof der Welt gewesen; Gröthe hat mir durch
seinen Secretar sehr höflich mit einigen ihm nachgeschlagenen^ inwendig kopfemen
Perioden danken lassen, was mir nicht znlieb gewesen; so viel ich weiß, f&rchtet
er sich, bei dem Wanderhom zu. viel gesagt za haben, so daß man ihn eines
zn großen Antheiles an dergleichen Dingen bescholdigen könnte.'' — Den Ein-
druck, den die Märchen auf seine Kinder ausgeübt, schildert Grörres gar hübsch
in seinem Antwortschreiben vom Januar 1813 (Nr. 112): „Die Kindermärcben,
von meinen Kindern mit Verlangen erwartet, sind nachgekommen und seither
nicht aus den Händen zu bringen. Mein jüngstes Mädchen, Amim's Patheben,
weiß schon viele der Erzählungen und besonders die mit Reimen zu erzählen.
Mein älteres hat sie schon in die Stadt unter die Kinder gebracht und schon
drei Tage nach der Ankunft des Buches kam ein Bube, um das Buch, wo vom
Blutwürstchen und Bratwürstchen stände, zu leihen. Abends mußte meine Frau
immer sieben vorlesen und nach dem Eindruck zu urtheilen und der immer
anhaltenden Aufmerksamkeit hat sich Alles, wie auch natürlich, gar wohl be-
währt. Sie haben Ihren Zweck vollkommen erreicht und in der Kinderwelt sich
einen Denkstein gelegt, der nicht zu verrücken sein wird.* Die Dedication
der spanischen Romanzen macht Görres mit Lohengrin, „den Brüdern Grimm
in Cassel zugeeignet**, zum voraus wett. Im August verspricht er als Beitrag
zu den „Wäldern*' „ein altes Volksgedicht von Herzog Ernst, älter als das
Epos" (Nr. 120).
Im folgenden Briefe (Nr. 121) weiß Wilhelm von einer kleinen literarischen
Streiferei zu berichten: „Ich war im vorigen Monat (Juli 1813) ein wenig im
Paderbomischen und Corveiischen, wo schöne Gegenden, hohe Berge und alte
Erinnerungen sind. Ich habe da für unsere Märchen und Volkssagen gesammelt,
jene Sage vom Kaiser Rothbart mit seinen Reichthümem besitzt fast jeder
große Berg und ein Hirte hat sie mir auf der Spitze des alten Köter-Berg
wieder gut und eigenthümlich erzählt; auch alte Hunensagen gibts da noch,
wie sie sich von ihren meilenweit auseinanderstehenden Burgen ihre Hämmer
zuwerfen."
(Schloß im nächsten Heft.)
SOLOTHUEN, im JuU 1876. JACOB BAECHTOLD.
Nachtrag zu Oermania XX, 378.
Bei der Besprechung des lat. Isidorteztes nach Weinholds Aosgmbe
(p. 379 ff.) verstehe ich unter A: Isid. EUspal. opera omnia. Romae 1803.
Vol. VI. E. KÖLBINO.
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