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Full text of "Geschichte der byzantinischen Litteratur : von Justinian bis zum Ende des Oströmischen Reiches, 527-1453"

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1 

I 

^1 


HANDBUCH 

DER 

KLASSISCHEN 


ALTEETÜMS-WISSENSCB 

in  systematischer  Darstellung 

mit  besonderer  Rücksicht  auf  Geschichte  und  Methodik  der  ei 

Disziplinen. 


In  Verbindung  mit  Gymn.-Rektor  Dr.  Autenrieth  (Nürnberg),  Prc 
Bauer  (Graz),  Prof.  Dr.  Blass  (Halle),  Prof.  Dr.  Brugmann  (Leipzig) 
Busolt  (Kiel),  Qeh.-Rat.  Dr.  v.  Christ  (München),  Prof.  Dr.  Gleditsc 
Prof.  Dr.  0.  Gruppe  (Berlin),  Prof.  Dr.  Günther  (München),  Prof.  Dr.  Hi 
(Erlangen), Prof.  Dr.  Hommel  (München),  Prof.  Dr.  Hübner  (Berlin),  ] 
Dr.  Judeich  (Marburg),  Prof.  Dr.  Jul.  Jung  (Prag),  Prof.  Dr.  Kru 
(München),  Prof.  Dr.  Larfeld  (Remscheid),  Dr.  LoUingr  t  (Athen), 
Niese  (Marburg),  Geh.  Regierungsrat  Prof.  Dr.  Nissen  (Bonn), 
Oberhummer  (München),  Priv.-Doz.  Dr.  Öhmichen  (München), 
Pöhlmann  (Erlangen),  Gymn.-Dir.  Dr.  0.  Richter  (Berlin),  Prof.  Di 
(Würzburg),   Geh.  Oberschulrat  Prof.  Dr.  Schiller  (Giessen),   G 
Schmalz  (Tauberbischofeheim),  Prof.  Dr.  Sittl  (Würzburg),  Prof.  Dr.  P 
(Berlin),  Prof.  Dr.  Stolz  (Innsbruck),  Priv.-Doz.  Dr.  Traube  (Münch 
Dr.  üngrer  (Würzburg),  Geh.-Rat  Dr.  v.  ürlichs  f  (Würzburg),  Prof.  E 
Voigt  (Leipzig),  Gymn.-Dir.  Dr.  Volkmann  f  (Jauer),  Prof.  Dr.  Win 

(Strassburg),  Prof.  Dr.  Wissowa  (Halle) 

herausgegeben  von 

Dr.  Iwan  von  Müller, 

ord.  Prof.  der  klassischen  Philologie  in  München. 


« <■» 


Neunter  Band,  1.  Abteilung. 

Geschichte  der  byzantinischen  Litteratur 

von  Justinian  bis  zum  Ende  des  oströmischen  Reiches  (5i 


•ocOt^5>K3?ooo. 


MÜNCHEN  1897 
C.  H.  BECK'SCHE  VERLAGSBUCHHANDLUNG 

OSKAR  BECK. 


GESCHICHTE 


DER 


BYZANTINISCHEN  LITTERÄTÜR 


TON  JUSTINIAN  BIS  ZUM  ENDE  DES  OSTRÖMISGHEN  REICHES 

(527—1453) 


VON 

KARL  KRUMBACHER 

A.  O.  PB0FBB80B  AN  DER  UNIVERSITÄT  MÜNCHEN 


Zweite  Auflage 

bearbeitet  unter  Mitwirkang  von 

A.  Ehrhard  H.  Geizer 

0.  u.  ProftiOT  an  der  UniTerait&t  WArsburg  o.  ö.  ProfeMor  an  der  ünlTenität  Jena 


MÜNCHEN  1897 
C.  H.  BECK'SCHE  VERLAGSBUCHHANDLUNG 

OSKAR  BECK 


^^ 


mi 


Alle  Rechte  vorbohalten 

FEB  10  1898 


C.  H.  Beck'aebe  Dnohdrackerei  in  Nördliogen. 


"W  «^         dem  Vorwort  zur  ersten  Auflage. 

beiseite  gesdiobe-xv  "^^rden.     Was   dein  oberfläclilichen  Betr; 
dunkeln  Jahrliunderte  nichtig  und  wertlos  dünkt,  erweist  sich 
liebevollen  Studium  des  gesamten  politischen,  kulturellen  ui 
liehen  Hintergrundes  als  bedeutend.   Diesen  Vorgang  des  A 
der  Teilnahme  und  des  Verständnisses  habe  ich  unzähligem 
selbst  erlebt,  er  wird  sich  auch  in  anderen  vollziehen  und 
lieh  der  byzantinischen  Kulturwelt  in  der  Wissenschaft  ihre  l 
Stellung  erobern.  Homer,  Sophokles  und  Plato  sind  ewig:  di 
Betrachtung  dieser  Geisteshelden  ist  aber  nicht  das  Höchste; 
treten  näher,  gewinnen  an  Leben   und  sprechen  deutlicher, 
sie  auf  der  Biesenfolie  einer  Geschichte  des  griechischen  Gc 
der  griechischen   Sprache   zu   begreifen   und  zu  geniessen   i 
Um  es  kurz  zu  sagen:   soll  sich  die  Philologie   als   eine  ge 
liehe   Wissenschaft    im   vollsten    Sinne    des   Wortes    bewi 
muss  sie   auch   die  Erforschung   der  byzantinischen  Zeit   oh] 
halt  in  ihr  Bereich  ziehen;    dann  müssen  auch  die  gutgemei 
denken   der   sinnenden  Gemüter  verstummen,   die   noch   nich 
haben,  die  Begriffe  des  ästhetischen  Vergnügens  und  der  pädaj 
Brauchbarkeit  von  dem  der  wissenschaftlichen  Forschung  zu 
verstummen  werden  die  Einwände  der  wissenschaftlichen  Buret 
welche  die  philologischen  Studien   auf  einen  durch  höhere  V 
bestimmten  Kreis  anerkannter  Schriftwerke  beschränken  möch 
Erforschung  einer  Wahrheit  im  4.  Jahrhundert  v.  Chr.  wird  ni< 
für  verdienstlicher  gehalten  werden  als  die  Aufdeckung  einer 
aus  dem  14.  Jahrhundert  n.  Chr. 

Alles  das  ist  so  einfach  und  selbstverständlich,  dass  i 
scheuen  müsste  es  öffentlich  auszusprechen,  wenn  es  niclit  da^ 
sal  des  Einfachen  und  Selbstverständlichen  wäre,  dass  es  im 
Streite  erkämpft  werden  muss.  Die  Kraft  der  Thatsachen  w 
auch  hier  zum  Siege  gelangen.  Es  wird  in  der  philologischen 
Schaft  Ähnliches  geschehen  wie  in  der  Landschaftsmalerei.  Dj 
eine  Zeit,  in  der  man  sich  nur  für  himmelblaue  Seen,  füi 
Alpenglühen  oder  üppige  Frühlingsgelände  begeisterte;  seit 
man  gelernt,  in  jedem  Stücke  der  unendlichen  Natur  das 
und  Ewige  zu  finden;  man  hat  entdeckt,  dass  sich  einem  p 
Novemberabend  auf  morastigem  Neubruchland  ebensoviel  Fein 
seelische  Stimmung  entlocken  lässt  als  den  früher  beliebten 


Ana  dem  Vorwort  aar  ersten  Auflage«  yU 


I 

■Gegenden^.  So  wird  auch  der  Litterarhistoriker  der  Zukunft  jeder 
DBpoche,  in  welcher  Menschen  dichteten  und  dachten,  dieselbe  Teilnahme 
0«Btgegenbringen.  Wie  der  beschränkte  ethnographische  Standpunktder 
^^alien  Hellenen  durch  den  weltgemeinschaftlichen  Gedanken  des  Christen- 
Sifiiflis  längst  praktisch  überwunden  ist,  so  wird  auch  die  Wissenschaft 
£bei  aller  Versenkung  in  die  Einzelforschung  gleichzeitig  ihren  Gesichts- 
» kreis  mit  ungeschmälerter  Sorgfalt  über  Zeiten  und  Völker  ausbreiten. 
[*  Was  ich  in  diesem  Sinne  für  das  byzantinische  Zeitalter  zu  thun 

vermochte,   ist  freilich   nur  eine   Arbeit   aus   dem  Kohen.     Die   erste 
Aufgabe   war  hier,   Grundlagen   zu  schaffen   und   ein   Gerüste   aufzu- 
richten.    Kein  Mitforscher  wird   das  Fachwerk,   das  er  sich  zur  Be- 
irbeitong  ausgewählt  hat,   schon  so  vollendet  und  geglättet  Yorfinden, 
dass  ihm  nicht  noch  sehr  viel  zu  thun  übrig  bliebe;  dafür  wird  aber 
jedem  wenigstens  eine  Flanskizze,  ein  roher  Unterbau  und  ein  Schutz- 
dach gegen  Wind  und  Wetter  geboten.    Nur  eine  Gattung,  die  eine 
selbständige    Abteilung    gebieterisch    verlangt   hätte,    ist   vorläufig   in 
fremden  Gemächern  untergebracht  worden,   die   Theologie  und  die 
■it  ihr    verbundene    Hagiographie.      Daran    ist    nicht   Abneigung 
schuld,  sondern  Mangel  an  Zeit  und  Vorarbeiten.    Eine  wissenschaft- 
liche Darstellung  der  theologischen  Litteratur  konnte  ohne  ein  gründ- 
liches   Studium    der   Kirchengeschichte   nicht   gewagt   werden;   hiefür 
fehlt  es  aber  an  geeigneten  Hilfsmitteln;  die  Lehrbücher  der  Patristik 
wie  auch   die  neueren  Spezialuntersuchungen   reichen  kaum   bis   auf 
Johannes  von  Damaskos;  die  spätere  Zeit  ist  nur  an  einzelnen  Funkten 

aufgehellt 

Was   die  übrigen  Fächer  anlangt,   so  ging  mein  Streben  dahin, 

den  gegenwärtigen  Stand  unseres  Wissens  möglichst  klar,  anschaulich 

and  zweckmässig  darzulegen.     Manchmal  befand  ich  mich  freilich  in 

der  peinlichen  Lage  eines  Bichters,  der   das  Urteil  sprechen  soll  und 

nickt   die  Zeit  hatte,   um   die  Frozessakten  genau  und  mit  sorgsamer 

Crberlegung  zu  prüfen.    Oft  musste  ich  gerade  da  abbrechen,  wo  sich 

eine  Stelle  zu  lichten  begann  und  wo  unter  dem  wüsten  Geröll  ein 

Goldkom  durchschimmerte.     Auch  möge  man  bedenken,  dass,  wie  die 

byzantinische  Litteratur  selbst  zu  allen  Teilen   der  altgriechischen  in 

enger  Beziehung  steht,  so  auch  der  Bearbeiter  derselben  die  Doppel- 

lufgabe    übernehmen  musste,    sowohl    den   alten    Originalen    als    den 

mittelgriechischen  Keflexen  seine  Aufmerksamkeit  zuzuwenden.     Unter 


X  Vorwort  snr  zweiten  Auflage. 


Vorwort  zur  zweiten  Auflage. 


Als  in  unerwartet  kurzer  Zeit  die  AuflEbrderung  zu  ein( 
bearbeitung  dieses  Buches   an   mich  gelangte,   war  es  mir  kk 
mit  einzelnen  Besserungen  und  Nachträgen  hier  nicht  genug 
war.     Die   günstige   Aufnahme,    die   der   erste   Entwurf  trotz 
Mängel  gefunden,   machte  es   mir  zur  Pflicht,    ihn  durchgreil 
verbessern  und   zu  vervollständigen.     So  setzte  ich  denn  alles 
um   das  Buch  zu   einem  möglichst  leistungsfähigen  Arbeitsinsi 
zu   einem  zuverlässigen  Führer    durch   den  für  den  Neuling 
schreckenden  Urwald  der  byzantinischen  Litteratur  auszugestalt 
peinlichsten  war  in  der  ersten  Auflage  die  fast  völlige  Abw< 
der  theologischen  Litteratur  empfunden  worden;  dieser  Mangel 
vor  allem  gut  gemacht  werden.     Ich  begann  meine  Studien  i 
theologischen  Litteraturgattung,  zu  der  ich  mich  von  jeher  am 
hingezogen  fühlte,   mit  den  Geschichten   der  Märtyrer  und  H 
Als  erste  Frucht  dieser  Thätigkeit   konnte  ich  schon  im  Jahre 
meine  „Studien   zu  den   Legenden  des  hl.  Theodosios"  vorlegt 
tiefer  ich  mich   aber  in   die  theologische  Litteratur  versenkte 
mehr  wurden  mir  die  grossen  Schwierigkeiten  bewusst,  die  hier,  i 
auf  dem  rein  litterarischen,   als   auf  dem  sachlichen,   besonde 
dogmatischen  Gebiete,  liegen.  Inzwischen  begann  die  für  die  Ee 
der  Byzantinischen  Zeitschrift,  besonders  für  die  Herstellung  der 
graphie  notwendige  Arbeit,  die  ich  bei  der  Gründung  des  Orgs 
deutend   unterschätzt  hntte,   meine  Zeit  und  Kraft  mehr  und  n 
Anspruch  zu  nehmen,   und   ich  musste   einsehen,   dass    mir   zi 
eine  andere   umfassende  Arbeit   unmöglich  wurde.     Da  war  et 
hoch  erfreulich,    dass    sich    Herr  Albert  Ehrhard,   Professo 
Kirchengeschichte    in   Würzburg,    auf  mein   Ersuchen 
finden  Hess,  das  Kapitel  „Theologie"  auszuarbeiten.    Er  hatte 
früher  bei  seinen  handschriftlichen  Studien  auf  einzelne  byzant 
Theologen  geachtet    und   war   hiedurch   besser   als   viele   ande 
seine  Aufgabe  vorbereitet.   Es  ist  ihm  gelungen,  in  dem  kurzer 
räume  von  zwei  Jahren  die  noch  von  niemand  gelichtete  theolc 


Vorwort  zur  iweiten  Auflage.  XI 

Litteratur  der  byzantiniscilen  Zeit  zu  bewältigen.  Doch  bittet  mich 
Ehrhard  um  die  Erklärung,  dass  er  bei  der  Ausarbeitung  mancher 
Partien  durch  die  Kürze  der  zugemessenen  Zeit  wie  auch  durch  die 
von  dem  Verleger  auferlegte  Beschränkung  des  Eaumes  behindert 
worden  sei  und  manches  ohne  diesen  doppelten  Zwang  eingehender 
dargestellt  und  wohl  auch  manche  Frage  besser  ergründet  hätte.  Der 
Ton  £hrhard  bearbeitete  Abschnitt  erstreckt  sich  von  S.  87— 218. 

Wer  je  auf  dem  byzantinischen  Gebiete  gearbeitet  hat,  weiss,  wie 
häufig  man  das  Fehlen  einer  kurzgefassten,  zuverlässigen  und  dem 
neuesten  Stande  der  Forschung  entsprechenden  Einzeldarstellung  der 
byzantinischen  Geschichte  schmerzhaft  empfindet.  Nun  ist  auch 
diesem  Mangel  abgeholfen.  Herr  Hofrat  H.  Geizer,  Professor  der 
Geschichtein  jena,  hat  auf  meine  Bitte  eine  Skizze  der  byzantini- 
schen Geschichte  abgefasst,  die  dem  Buche  als  Anhang  S.  911—1067 
beigegeben  ist. 

Indem  ich  meinen  hochverehrten  Mitarbeitern  auch  an  dieser 
Sielle  für  ihre  liebenswürdige  Mitwirkung  aufrichtig  danke,  betone 
ich  mr  Vermeidung  etwaiger  Missverständnisse  noch  ausdrücklich,  dass 
selbstverständlich  jeder  für  seinen  Beitrag  die  volle  und  aus- 
schliessliche Verantwortlichkeit  trägt. 

Auch  über  meinen  eigenen  Anteil  an  der  neuen  Bearbeitung  bin 

ich  dem   Leser   einige  Erklärungen   schuldig.     Was  mich  bei  meinen 

Stadien    auf   dem   byzantinischen   Gebiete    und   insbesondere   bei   der 

Ausarbeitung   der   ersten  Auflage    dieses   Buches    am   häufigsten  und 

stärksten  gestört  hatte,  war  die  absolute  Unzuverlässigkeit  und  Mangel- 

liaftigkeit  der  Ausgaben  und  Hilfsmittel.  Grobe  Irrtümer,  Missverständ- 

üisse.  Haibrichtigkeiten  und  Halbheiten  begegnen  auf  Schritt  und  Tritt; 

wie  die  Texte  selbst  meist  ganz  elend  veröfltentlicht  sind,  so  wimmelt 

CS  Ton    unrichtigen   oder  ungenauen  Angaben  über  Zeit  und   Person 

der   Verfasser,   über  Titel,  Umfang  und  Einteilung   der  Werke.     Des 

behaglichen  Gefühles,   mit  dem  wir  die  antiken  Schriftwerke  in  ihren 

trefflichen,    bequemen,  oft  luxuriösen  Ausgaben   gemessen,  kann  der 

F^eand    der  byzantinischen   Studien    nur   selten   froh  werden.      Dazu 

kommt,    dass    zahlreiche   byzantinische    Schriftwerke,    darunter   selbst 

manche    für  das  Verständnis   des  litterarhistorischen  Zusammenhanges 

unentbehrliche,   noch  gar  nicht   ans   Licht   gezogen  sind.     Kurz,    die 

cuuige  Rettung  sind  hier  die  Handschriften,  und  ein  möglichst  aus- 


Xll  ^o^^ort  lur  zweiten  Auflage. 

gedehntes  und  gründliches  Studium  dieser  vergilbten  Originah 
schien   mir   daher   die  wichtigste  Forderung   für  eine  Neubea 
des  Buches.     Auf  zwei  grossen  Studienreisen  wurde  es  mir 
mehr  als   tausend  Handschriften  byzantinischen   Inhalts  teils 
zerpieren,   teils   mit  gedruckten  Texten  zu  vergleichen  oder  2 
klärung  bestimmter  Fragen  einzusehen.    Der  wissenschaftliche 
dieser  Arbeit   war   über  Erwarten   reichlich.     Selbst   auf  Li 
gebieten,  wo  genügende  Drucke  vorliegen,  ist  mir  erst  beim 
der  Pergamente  über  den  Charakter  einzelner  Werke  und  ihre 
rischen  Zusammenhang  das  rechte  Licht  aufgegangen.     Wenn 
z.  B.  jetzt  vielleicht  gelungen  ist,  die  Entwickelung  der  byzant 
Profanpoesie  einigermassen  klar  zu  legen,  so  verdanke  ich  das 
lieh  den  Beobachtungen,    die  sich   mir  beim   Studium  einiget 
Schriften  des  Georgios  Pisides,  Theodoros  Studites,  Nikolaos  K 
Theodoros  Prodromos  u.  a.  aufdrängten.    Wie  vielfach  Nachwe 
zelner,  oft  abgelegener  und  verschollener  Handschriften  nun 
wurden,   lehrt   eine   flüchtige  Durchsicht  jeder  Abteilung   der 
Auflage.     Immerhin  konnten,   der  Natur  des  Buches  gemäss,   : 
wichtigsten  Ergebnisse  aufgenommen  werden.   Manche  wertvolle 
des  gesammelten  Materials  hatte  ich  schon  früher  befreundetei 
genossen  überlassen,    die   sie  teils   in   der  Byzantinischen  Zeil 
teils   in   selbständigen  Arbeiten  verwerteten.     In   diesen  Fälle 
ich  es  natürlich  mit  dem  Hinweise  auf  die  betreffenden  Arbeil 
wenden. 

Neben  den  Handschriften,  aus  denen  ich  persönlich  das 
gelernt  habe,  durfte  auch  die  gedruckte  Litteratur  nicht  vernacl 
werden.  Ich  habe  mich  bemüht,  sowohl  die  älteren  Hilfsmiti 
Ausgaben,  von  denen  mir  beim  ersten  Entwurf  manches  ent| 
war,  als  die  seit  dem  Jahre  1890  veröffentlichten  neuen  Beitr 
vollständig  und  gründlich  als  möglich  beizuziehen.  Der  Zufluss 
Arbeiten  von  allen  Seiten  war  so  reichlich,  dass  ihre  Bewäl 
kaum  noch  hätte  gelingen  können,  wenn  nicht  die  rasch  anschwel 
Fluten  noch  rechtzeitig  in  das  Bett  von  Fachzeitschriften  gelenkt  1 
wären.  Zur  Ausfüllung  der  Lücken  des  ersten  Entwurfes  sii 
neues  Kapitel  (Fachwissenschaften)  und  eine  Reihe  neuer  Paragi 
hinzugefügt  worden.  Durch  alle  diese  Zusätze  und  die  Beiträge  ; 
Mitarbeiter   ist   leider    der  Umfang   des  Buches,   trotz  des  eif 


Torwort  mr  iweiten  Auflage.  XIII 

Strebens  nach  Kürze  und  der  ausgiebigsten  Anwendung  des  kleinen 
Druckes,  bedenklich  angeschwollen,  und  kaum  ist  es  noch  gelungen, 
die  for  den  Benutzer  so  unbequeme  Abteilung  in  zwei  Bände  zu  ver- 
meiden. 

Besondere  Liebe  habe  ich  auf  die  Abfassung  der  an  den  Schluss 
des  Buches  gestellten  Realbibliographie  verwendet.    Hier  sind  die 
Summen  langjähriger  Erfahrungen  niedergelegt,  die  positiven  und  nega- 
tiven Ei^bnisse  zeitraubender  und  mühevoller  Nachforschungen;  solche 
Nachforschungen,   durch  welche   der  Fortgang   der  wissenschaftlichen 
Arbeit  so  häufig  aufgehalten   und  so  viel   Zeit  vergeudet  wird,   den 
Mitforschem  mißlichst  zu  ersparen  oder  wenigstens  zu  erleichtern,  das 
war  das  Ziel,  das  ich  bei  der  Sammlung  der  nun  in  17  Abteilungen 
untergebrachten  Litteratur  vornehmlich  im  Auge  hatte.    Vollständigkeit 
>  tonnte   in   manchen  Rubriken   wie   in   der  Kirchengeschichte,   Ethno- 
1  ^phie,  Geographie,  Epigraphik  nicht  angestrebt  werden.    Namentlich 
/  roussten  überall,  wo  reich  bebaute  Nachbargebiete  zum  Besuche  lockten, 
/  praktische  Erwägungen  die  Auswahl  und  Abgrenzung  leiten.    Manche 
/  wirkliche  Lücke  rührt  davon  her,   dass   die  einzelnen  Rubriken  mit 
*    ihren  Unterabteilungen   nicht  von  Anfang   an   fest   standen,   sondern 
erst  im  Laufe  der  Jahre  als  notwendig  erkannt  und  eingestellt  wurden. 
Mir  unerreichbare  Schriften  habe  ich  hier,  wie  auch  in  den  anderen 
Teilen   des  Buches,  meistenteils,  namentlich  wenn  mir  die  Notiz  aus 
irgend  einem  Grunde  verdächtig  vorkam,   als   „mir  unzugänglich"  be- 
zi  lehnet.     Dass  ich  mich  so  oft   zu   diesem   stets   fatalen  Geständnis 
bequemte,  möge  mir  der  Leser  nicht  zum  Vorwurfe  machen.     Wenn 
man  fremde  Bibliotheken  immer  und  immer  wieder  vergeblich  zu  Hilfe 
ruft,  wird  man  schliesslich  des  Briefschreibens  müde ;  ausserdem  setzen 
auch  die  beträchtlichen  materiellen  Opfer,  die  mit  einer  häufigen  Bei- 
Ziehung   auswärtiger  Bibliotheken  verbunden  sind,   einem   mit  Glücks- 
gutem nicht  gesegneten   Extraordinarius  gewisse  Grenzen.     Übrigens 
scheute  ich  selbst  vor  grösseren  Reisen  nicht  zurück,  um  das  Material 
zu  eigänzen.     Das  Journal  des  L  russischen  Ministeriums   der  Volks- 
anfkläning,    das    mir    bei   der   Abfassung    der   ersten   Auflage    ganz 
mangelte,  habe   ich  erst  in  Berlin,  wo   leider  die  ersten  164  Bände 
fehlten,   und  in  der  Wiener  Hofbibliothek,  die  ein  bis  auf  die  ersten 
20  Bände  vollständiges  Exemplar  besitzt,  für  meine  Zwecke  exzerpieren 
können. 


XJY  ^^^irorl  tnr  sweiten  Auflage. 

In  die  Herstellung  des  Registers  haben  Ehrhard  und 
in  der  Weise  geteilt,  dass  Ehrhard  sein  Kapitel  (S.  37 — 2 
den  übrigen  Teil  des  Buches,  auch  Geizers  Abriss  der  G< 
übernahm. 

Bei   der  Wiedergabe   der   zahlreichen  fremden   Nam» 
ich,   soweit  es   möglich  war,   eine  einheitliche  wissenschaftlicl 
scriptionsweise  befolgt.     Völlige  Konsequenz  war  freilich  nich 
reichen.     Daran   hinderte   namentlich   der  Umstand,   dass  di( 
und  Griechen,  wenn  sie  in  fremden  Sprachen  publizieren,  häi 
Namen   nach   verschiedenen   und   zum  Teil   recht  willkürlich! 
zipien  wiedergeben.    Wenn  z.  B.  Stasov,  Veselovskij,  Lam 
französischen   oder  deutschen  Arbeiten  sich   Stassoff,  Wesse 
Lambros  unterzeichnen,  so  durften  diese  seltsamen  Formen  aui 
graphischen   Gründen    nicht   geändert   werden;    wenn    aber   i 
oder  griechische  Schriften  derselben  Verfasser   zitiert  werden, 
scheinen  ihre  Namen  in  den  an  erster  Stelle  angeführten,  dei 
scriptionssystem  des  Buches  entsprechenden  Formen.   Der  von  i 
empfohlene   Ausweg,    bei   solchen   Abweichungen    die   richtige 
scription  in  Klammern  beizusetzen,   z.  B.  „Lambros   (d.  h.  Lai 
erschien  mir  doch  zu  unschön  und  zu  umständlich.    An  manch 
scriptionen  wie  Car   statt   des  altmodischen  Czar  oder  Zar  wi 
der  deutsche  Leser  freilich  erst  gewöhnen  müssen. 

Zahlreiche  Beiträge  und  nützliche  Anregungen  verdankt  d 
Bearbeitung  den  Gelehrten,  welche  sich  der  Mühe  unterzogen 
die   erste  Auflage   ausführlich   zu  besprechen,  besonders   den 

D.  Bikölas,  J.  B.  Bury,  Ch.  Diehl,  J.  Dräseke,  H.  C 
F.  Hirsch,  K.  Rück,  Seb.  Merkle,  Gust.  Meyer,  E.  Ost 
Tacchi  Venturi,  D.  Therianos,  H.  F.  Tozer,  Th.  Uspe 
0.  Weyman  und  C.  A.  Wilkens.  Mehrere  Fachgenossen  i 
Herren  W.  Fischer,  H.  Geizer,  E.  Kuhn,  E.  Kurtz,  C.  Neu 

E.  Patzig,  N.  Politis,  M.  Treu  u.  a.  haben  das  Werk  durch 
düng  von  Berichtigungen  und  Nachträgen  gefördert.  Herr  H.  ] 
hat  die  Zusammenstellung  der  Kegentenlisten  besorgt;  Herr  J.  Si 
maier  ist  beim  Lesen  der  Korrekturen  meinen  öfters  den  Diei 
sagenden  Augen  zu  Hilfe  geeilt;  die  Beamten  der  Münchener  H( 
Staatsbibliothek  und  der  Universitätsbibliothek,  besonders  die 
Direktor  G.  von  Laubmann,  Oberbibliothekar  H.  Schnorr  von  C 


Torwort  Eiir  sweiien  Auflage.  jy 

feld  und  Sekretär  F.  Boll  sind  meinen  oft  weitgehenden  und  lästigen 
Wünscten  stets  liebenswürdig  entgegengekommen.  Ihnen  allen  und 
manchen  ungenannten  Förderern  des  Werkes  sei  hier  aufrichtig  Dank 
gesagt 

Das  drückende  Gefühl  der  Unsicherheit  und  Besorgnis,  mit  dem 
ich  den  ersten  Entwurf  dieses  Buches  in  die  Welt  hinausschickte,  hat 
I  sich  in  festes  Vertrauen  auf  die  Zukunft  der  byzantinischen  Studien 
*  gewandelt  Selten  ist  eine  neue  wissenschaftliche  Disziplin  in  einem 
so  kurzen  Zeiträume  innerlich  und  äusserlich  so  mächtig  gewachsen. 
Von  der  energischen  und  fruchtbaren  Thätigkeit,  die  sich  auf  diesem 
Gebiete  seit  einigen  Jahren  allerorten  entwickelt  hat,  zeugt  fast  jede 
Seite  der  neuen  Bearbeitung.  Noch  mehr  fallen  die  äusseren  Fort- 
schritte der  byzantinischen  Disziplin  ins  Auge.  Das  in  der  Vorrede 
der  ersten  Auflage  dieses  Buches  schüchtern  angedeutete  Verlangen 
nach  einer  Fachzeitschrift  und  einem  kritischen  Jahresberichte  ist  heute 
zweifach  erfiült:  durch  die  Byzantinische  Zeitschrift  und  den  Vi- 
zantijskij  Vremennik  (vgl.  S.  1143).  Eine  weitere  Förderung  erfuhren 
die  byzantinischen  Studien  durch  die  Gründung  eines  k.  russischen 
archäologischen  Instituts  in  Konstantinopel,  das  seine  Haupt- 
aufmerksamkeit naturgemäss  auf  die  byzantinische  Zeit  richtet.  Auf 
den  grossen  nationalen  und  internationalen  Gelehrtenversammlungen, 
die  das  wahre  Kennzeichen  des  gemeinschaftlichen,  Menschen  und 
Völker  verknüpfenden  Zuges  der  heutigen  Wissenschaft  bilden,  war 
Byzanz  früher,  wenn  man  etwa  von  den  archäologischen  Kongressen 
in  Russland  absieht,  nicht  vertreten.  Auch  hier  ist  eine  Besserung 
eingetreten.  Auf  dem  zehnten  internationalen  Orientalisten- 
kongress,  der  im  September  1894  zu  Genf  abgehalten  wurde,  war 
eine  griechisch-byzantinische  Sektion  eingerichtet  und  für  den  näch- 
sten Orientalistenkongress,  der  im  Jahre  1897  zu  Paris  statt- 
finden soll,  ist  eine  Sektion  „Griechenland  in  seinen  Beziehungen  zum 
Orient  vom  Altertum  bis  zur  Gegenwart"  in  Aussicht  genommen,  deren 
Löwenanteil  voraussichtlich  dem  „halborientalischen"  Byzanz  zufallen 
wird.  Endlich  besitzen  die  byzantinischen  Studien  seit  dem  Jahre  1892 
durch  die  hochherzige  und  einsichtige  Entschliessung  der  k.  bayerischen 
Staatsr^erung  einen  Lehrstuhl  an  der  Universität  München,  und  in 
den  folgenden  Jahren  sind  sie  auch  in  Russland,  Holland  und 
Ungarn  in  den  Rahmen  des  Universitätsunterrichtes  gezogen  worden 


XVI  ^^^^ort  «nr  sweiten  Auflage. 

(vgl.  S.  1140).  So  mehren  sich  allenthalben  die  Anzeichen, 
mittel-  und  neugriechische  Philologie  sich  in  kurzem  zu  eil 
ständigen,  neben  der  romanischen,  germanischen  und  slavisch< 
logie  gleichberechtigt  dastehenden  Disziplin  ausgestalten  wir 
dazu  war  es  höchste  Zeit.  Die  grosse  Renaissance  des  lang 
drückten  griechischen  Ostens  gegenüber  dem  lateinischen  Wei 
welche  die  byzantinische  Periode  einem  Forscher  erschien,  di 
rade  heute  von  der  Wissenschaft  nicht  länger  verkannt  und  ; 
werden.  Denn  wenn  nicht  alle  Anzeichen  der  Zeit  betrüge 
eine  ähnliche  Wiedergeburt  und  Neubildung  des  südöstlichen 
dem  Geschlechte  der  Gegenwart  bevor. 


München,  im  Oktober  1896. 


Karl  Krumbachc 


Inhaltsverzeichnis. 


Einleitung. 

arriff  und  allgemeine  Geschichte  der  byz.  Litteratur 

arakteristik 

lomationale  Kulturbeziehungen 

Erste  Abteilung. 

Prosaisehe  liiUeratnr. 

Theologie  (bearbeitet  von  A.  Ehrhard)    . 
Charakter  und  allgemeine  Geschichte   . 

A.  Dogmatik  und  Polemik 

B.  Exegese 

C.  Asketik  und  Mystik    .... 

D.  Geistliche  Beredsamkeit 

E.  Hagiographie 

F.  Katenen       ...... 

«lescbichtschreiber  und  Chronisten    . 
Einleitung 

A.  Die  Geschichtschreiber 

B.  Die  Chronisten 

Geographie 

Philosophie 

Rhetorik,  Sophistik  und  Epistolographie 
Altertumswissenschaft  .... 
Allgemeine  Charakteristik      .... 

A.  Philologische  Polyhistoren  und  Scholiasten 

B.  Wörterbücher 

C.  Grammatik  ..... 

D.  Metrik  und  Musik      .... 

E.  Sammlungen  von  Sentenzen  und  Sprichwörtern 
Fachwissenschaften  .... 

Rechtswissenschaft 

Medizin 

Mathematik  und  Astronomie    . 
Zoologie,  Botanik,  Mineralogie,  Alchemie 
Militärwissenschaft 

Zweite  Abteilung. 
Poelisciie  liiUeralar. 

.Utemeine  Charakteristik,  Einteilung,  metrische  Formen 
.  Kirchenpoesie 

A.  Geschichte  der  rythmischen  Kirchendichtung    . 

B.  Die  Form  der  rythmischen  Kirchendichtung 

.  Profanpoesie 


Seite 

1 

20 
31 


37 
37 
46 
122 
139 
160 
176 
206 
219 
219 
226 
319 
409 
428 
450 
499 
499 
503 
561 
579 
594 
600 
605 
605 
613 
620 
631 
635 


639 
653 
655 
690 
706 


1 


xvin 


Inhaltsverzeiohnia. 


EinleitaDg 


Dritte  Abteilung. 
TnlgArgriechlBClie  liltteralnr. 

Erster  Abschnitt. 
Poetische  Litteratnr. 


1.  Lebr-  nnd  Gelegenbeitsgedichte.    Darstellung  vermischter  Stoffe 

2.  Sagenhafte  nnd  historische  Dichtungen  auf  nationaler  Grundlage 

3.  Romantische  Dichtungen  über  antike  Stoffe 

4.  Romantische  Dichtungen  Über  mittelalterliche,  zum  Teil  abendländische  Sto 

5.  Tiergeschichten    ............ 

Zweiter  Abschnitt. 

Prosaische  Litteratnr. 

Vorbemerkung 

Barlaam  und  Joasaph 

Syntipas    .... 

Stephanites  und  Ichnelates 

Leben  des  Aesop 

Die  Assisen  der  Königreiche  Jerusalem  und  Cypem 

Die  Chroniken  des  Leontios  Machaeras  und  des  Georg  Bustrone 

Hausarzneibücher  

Sprichwörter 

Paraphrasen  und  Übersetzungen 


Anhang. 
Abrisa    der  byzantinischen   KaiBergeBCtaictale   (bearbeitet   v 


H.  Geizer)    . 


Allgemeine  Bibliographie. 

L  Politische  Geschichte  ...... 

2.  Innere  Geschichte 

8.  Kirchengeschichte 

4.  Chronologie 

5.  Internationale  Kulturbeziehungen  .... 

6.  Ethnographie 

7.  Geographie 

8.  Topographie 

9.  Kunstgeschichte 

10.  Numismatik 

11.  Sigiljographie 

12.  Epigraphik 

13.  Sprache 

14.  Sagenkunde,  Volksglaube  u.  s.  w 

15.  Geschichte  der  byzantinischen  Philologie    . 

16.  Byzanz  in  der  schönen  Litteratnr    .... 

17.  Zeitschriften.    Bibliographische  Hilfsmittel 

Regentenlisten 

Register  der  Personen  und  Sachen 


Abküriangen.  XIX 

Abkürzungen. 

Abhandl.  bayer.  Ak.  =  Abhandlangen  der  philos.-philol.  Classe  der  k.  bayer.  Akademie  der 

Wissenschaften. 
An.  Gr.  =  Aneedota  Graeca  (der  Herausgeber  wird  immer  genannt). 
An   Oxon.  =  Aneedota   Graeca  e   codicibus  mannscriptis  bibliothecarum  Oxoniensium  ed. 

J.  A.  Gramer,  4  voll.,  Oxford  1835—1837. 
An.  Paris.  =  Aneedota  Graeca  e  codicibus  mannscriptis  bibliotbecae  regiae  Parisiensis  ed. 

J.  A.  Gramer,  4  voll.,  Oxford  1839—1841. 
Annoaire  de  Tassoc.  ^  Annuaire  de  Tassociation  pour  Fencouragement  des  ^tudes  grecques 

en  France,  Paris  1867  ff. 
Arch.  slav.  Pbil.  =  Archiv  für  slavische  Philologie,  Berlin,  Weidmann  1876  ff. 
,     Bibl.  gr.  vulg.  =  Biblioth^que  grecque  vulgaire  publice  par  E.  Legrand,    7   tomes,  Paris 

(1880-1895. 
Bibb'ogr.  hell.  =  Bibliographie  hellänique  ou   description   raisonnöe   des  ouvrages  publica 
en  grec   par  des  Grecs  aux  XV®  et  XVP  si^cles  par  E.  Legrand,   2  tomes, 
I  Paris  1885. 

j    Bibliogr.  hell,  du  XVIP  si^cle   =  Bibliographie   hell^nique  ou  description  raisonn^e  des 
1  ouvrages  publi^s  par  des  Grecs  au  dix-septi^me  siäcle  par  E.  Legrand,  3  tomes, 

f  Paris  1894-1895. 

Bogosl.  vjestnik  =  Bogoslovskij  yjestnik  d.  h.  Der  theologische  Bote,  Organ  der  Moskauer 

theolog.  Akademie  (erscheint  monatlich). 
B.  Z.  =  Byzantinische  Zeitschrift  herausgegeben  von  E.  Erumbacher,  Leipzig  1892  ff. 
Cannina  =  Carmina  graeca  medii  aevi  ed.  Guil.  Wagner,  Leipzig  1874. 
Christ,  ctenie  =  Christianskoe   £tenie    d.   h.   Christliche  Lektäre,  Organ   der   geistlichen 

Akademie  in  Petersburg  (sechsmal  jährlich). 
Coli,  de  mon.  =  Collection  de  monuments  pour  servir  ä  T^tude  de  la  langue  n^o-hellönique 

par  £.  Legrand,  I.  särie,  19  Bde,  Paris  1869  ff. 
Coli,  de  mon.  N.  S.  =  Collection  de  monuments  etc,  Nouvelle  s^rie,  7  Bde,  Paris  1874  ff. 
Coli,  de  rom.  gr.  =  Collection  de  romans  grecs  publi^s  par  Sp.  P.  Lambros,   Paris  1880. 
JiXiior  =  JeXtlov  ri^c  lirroQix^s  xal  iSroXoyixijg  haiQiag  itjg  *EXkd6og,  Athen  1883  ff. 
TxmX,  'aX,  =  ^ExxXfjaiaaxutfj  'jXijdsia  (Organ  des  griechischen  Patriarchats  in  Epel). 
l^Xoyrj  =  *ExXoyi^   /irtj/iiiiay    r^g   veonigag   iXXrjrixfjg    yXtü00fjs   ix^t&,   vtio   J.   I.   Mavgo- 

(fgvdov,  Athen  1866. 
Fabricius,   Bibl.   Gr.   ed.  Harl.  =  Jo.   Alb.  Fabricii  Bibliotheca  Graeca.     Editio  quarta, 
curante  G.  Chr.  Harles,   12  Bde,  Hamburg  1790—1809.    Die  erste  Ausgabe 
wird  durch  den  Zusatz  der  Jahreszahlen  bezeichnet. 
FHG  =  Fragmenta  Historicorum  Graecorum  ed.  C.  Müller,  5  voll.,  Paris,  Didot  1841—70 

(Neudrucke  1883  u.  s.  w.). 
Gramm.  Gr.  =  Grammatici  Graeci  recogniti  et  apparatu  critico  instructi,  vol.  I  ff.,  Leipzig, 

Teubner  1878  ff. 
Ha  —  Handschrift,  Hss  =  Handschriften. 
Jahns  Jahrb.  =  Neue  Jahrbücher  für  Philologie  und  Pädagogik;  die   <alten>  Jahrbücher 

werden  durch  die  beigesetzten  Jahreszahlen  unterschieden. 
Jahns  Jahrb.  Suppl.  =  Neue  Jahrbücher  n.  s.  w.  Supplementband. 
Jahrb.  prot.  Theol.  -—  Jahrbücher  für  protestantische  Theologie. 

V 

Joom.  Min.  =  Journal  des  (k.  russ.)  Ministeriums  der  Volksaufklärung  (Zumal  ministerstva 

narodnago  prosyjeööen^a),  Petersburg  1803  ff. 
Kpel  =  Konstantinopel. 

Med.  gr.  texts  =  Medieval  greek  texts,  ed.  by  W.  Wagner,  London  1870. 
Mtc.  HtßX,    =    Mecmavunj    BißXio^xij    inwraciif   K.    N,   2dda,^   7   voll.,    Venedig-Paris, 

Maisonneuve  1872-^1894. 
Nessel  =  Catalogus  etc.  manuscriptorum  graecorum  necnon  orientalium  aug.  bibliotbecae 

Caesareae  Vindobonensis  ed.  Daniel  de  Nessel,  2  voll.,  Wien-Nürnberg  1690. 
Not  et  extr.  =  Notices  et  extraits  des  manuscrits  de  la  biblioth^que  nationale  (royale)  et 

d^autres  bibliotheques,  Paris  1787  ff. 


XX  Abkflrztingen. 

Odessaer  Jahrb.  =    Jahrbuch   ^er  bei   der   kaiserl.    neumssischen   Universität 

bestehenden  hVsiorisch-philologischen  Gesellschaft,    Byz.    Äbteiluni 

istoriko-filologi6eskago   ob§6estva  pri  imperatorskom  novorossijskc 

sitetje,  Vizantiskoe  otdjelenie),  2  voll,  Odessa  1892—1894. 
Patr.  Gr.  =  Hatrologiae  corsus  completus  etc     Series  Graeca  curante  J.-P.  Mi 

1857-1866. 
Pravosl.  sobesjednik  =  Pravoslavnyj  sobesjednik  d.  h.  der  orthodoxe  Gesellschaft 

lioh  erscheinende  Zeitschrift  der  geistlichen  Akademie  in  Kazan. 
Rhein.  Mus.  =  Rheinisches  Museum. 

Revue  des  6t  gr.  =  Revue  des  ötudes  grecques,  Paris  1888  ff. 
Pravosl.  Pal.  sbomik  =  Pravoslavnyj  Palestinskij  sbornik  d.  h.  Orthodoxe  Paläfi 

lung  (herausgeg.  von  d.  k.  russ.  orthodoxen  Palästinagesellschaft,  P< 
Rom.  Quartalschr.   =   Rom.   Quartalschrift  für   christliche   Altertumskunde   und 

geschichte  etc.  herausgeg.  von  de  Waal,  Rom  1887  ff. 
Sbornik  blgarsk.  =  Sbornik  za  narodni  umotvorenija,   nauka  i  kniinina,   heraiu 

bulgarischen  Ministerium  der  Volksaufklärung. 
Sitzungsber.  bayer.  (Berlin.,  Wien.)  Akad.  —  Sitzungsberichte  der  k.  bayerischen 

sischen,  k.  k.  österreichischen)  Akademie  der  Wissenschaften,   phil 

philologische  und  historische  (philosophisch-historische)  Classe. 
£vXXoyog  =  '0  iy  KtovciayTtyovTtoXet  'EXXijyixdg  (ptXoXoytxog  cvXXoyog  (Die  ersten 

[sowie  Bd  11  und  12],  die  bekanntlich  seit  dem  grossen  Brande  in 

selten  sind,  blieben  mir  leider  unzugänglich). 
Theol.  Studien  u.  Krit.  =  Theologische  Studien  und  Kritiken,  herausgeg.   von  « 

und  E.  Riehm,  Hamburg,  später  Gotha  1828  ff. 
Trois  po^mes  =  Trois  po^mes  grecs  du   moyen-äge   etc.  par  W.  Wagner,  Berlii 
Trudy  Kievskoj  duch.  ak.   =  Trudy  Kievskoj  duchovnoj  akademij  d.  h.  Arbeiten  i 

liehen  Akademie  in  Kiev,  monatlich  in  Eiev  erscheinend. 
Viz.  Vr.  =  Vizantijskij  Vremennik  izdavaemyj  pri  imp.  akademii  nauk  pod  redakci 

Vasiljevskago  i  V.  E.  Regelja,  Petersburg  1894  ff. 
Wiener  Stud.    =   Wiener  Studien.    Zeitschrift  für  classische   Philologie.    Supple 

Zeitschrift   ftlr  Österreich.  Gymnasien,  herausgeg.  von  W.   von    Hl 

K.  Schenkl,  Wien  1879  ff. 
Zeitschr.  wiss.  Theol.   =   Zeitschrift  fQr   wissenschaftliche  Theologie,   herausgeg. 

Hilgenfeld,  Jena  1858  ff. 


1 


Einleitung. 


Begriff  und  allgemeine  Geschichte  der  byzantinischen 

Litteratur. 

1.  In  der  litterarischen  wie  in  der  poUtisehen  Geschichtsbetrachtung 
ist  es  üblich  geworden,  das  byzantinische  Zeitalter  durch  die  Jahres- 
zahlen 527  und  1453  abzugrenzen,  d.  h.  man  lässt  dasselbe  mit  dem  Re- 
gierungsantritt Justinians  oder  auch  mit  der  von  ihm  veranlassten  Auf- 
hebung  der  Universität   Athen  (529)  beginnen   und  mit  der  Eroberung 
Eonstantinopels  durch  die  Türken  abschliessen.    Über  den  Endpunkt  ist 
nicht  zu  streiten;  denn  die  Aufpflanzung  des  Halbmondes  auf  der  Hagia 
Sophia  hat  durch  die  endgültige  Vernichtung  des  politischen,  litterarischen 
and  kulturellen  Eigenlebens  der  Byzantiner  einen  so  gewaltigen  und  zweifel- 
losen historischen  Einschnitt  hervorgebracht,  wie  er  in  der  Geschichte  der 
Menschheit  selten  zu  finden  ist.    Um  so  grössere  Bedenken  erheben  sich 
gegen  die  Richtigkeit  der  Anschauung,  welche  sich  über  den  Anfang  der 
byzantinischen  Periode  eingebürgert  hat.   Sie  widerstreitet  den  That- 
sachen  und  ist  geschichtlich  ohne  Begründung.  Durch  die  willkürliche 
Annahme  eines  Abschnittes  um  die  Zeit  des  Justinian  ist  das  Verständnis  der 
litterarischen  wie  auch  der  übrigen  kulturellen  Entwickelung  in  wichtigen 
Punkten  getrübt  worden.   Es  ist  höchste  Zeit,  die  Haltlosigkeit  dieser  Ein- 
teilung zu  beweisen  und  ausdrücklieh  festzustellen.    Um  zu  einem  wohl- 
btf gründeten  und  widerstandsfähigen  Urteile   zu  gelangen,   ist   es   nötig, 
ausser  der  litterarischen   auch    die  politische,    kirchliche   und  kulturelle 
Geschichte  des  späteren  römischen  Reiches  kurz  zu  betrachten;   die  erste 
und  wichtigste  Forderung  aber  ist,  dass  man  nicht  am  Einzelnen  haften 
bleibe,  sondern  die  Gesamtentwickelung  auf  allen  Lebensgebieten  von  den 
ersten  Zeiten  des  Kaiserreiches  bis  auf  die  Tage  des  letzten  Paläologen 
von   einem   möglichst  erhabenen   Standpunkte   aus   mit   vorurteilsfreiem, 
darch  keine  alte  Doktrin  getrübtem  Blicke  überschaue.     Dann   kann  die 
Frage,  wo  man  die  Keime  des  neuen  Zeitalters  zu  suchen  hat,  nicht  lange 
zweifelhaft  bleiben :  Es  ist  die  Zeit,  in  welcher  das  alte  Heidentum  offiziell 
durch  die  neue  Weltreligion  ersetzt  wurde,  die  Zeit,  in  welcher  das  Staats- 

Bndboflb  der  Umh  ÄUertamnrtmaucbBfL  IX,    1.  Abtlg.    2.  Anß.  1 


2  B^ta^D^^^^^lie  LitteratargeBohiohte.    Einleitung. 

Wesen  eine  tiefe  nnd  atiÄauernde  Umgestaltung  erfuhr,  die  Zeit, 
im  römischen  Imperium  das  griechische  Element  durch  die  Grund 
im  griechischen  Kulturkreise  gelegenen  neuen  Hauptstadt  : 
politisch  mächtigen  und  schliesslich  herrschenden  Faktor  zu  erst 
gann,  die  Zeit,  in  welcher  sich  in  der  griechischen  Sprache, 
und  Kunst  gründliche  und  folgenreiche  Veränderungen  vollzogen : 
fang  des  4.  Jahrhunderts  oder,  wenn  man  ein  genauei 
wünscht,  das  Jahr  324,  in  welchem  Konstantin  der  6i 
Alleinherrscher  den  römischen  Kaiserthron  bestieg. 

Nachdem  das  Endergebnis  unseres  Forschens  und  Nachdenl 
den  Anfang  der  byzantinischen  Zeit  unter  Verzicht  auf  die  kün 
Wirkung  und  die  zwingende  Überzeugungskraft  eines  aus  wohldii 
Beweisführung  zuletzt  wie  von  selbst  hervorgehenden  Schlusses  i 
lichkeit  zu  liebe  schlicht  und  klar  an  den  Anfang  gestellt  ist,  n 
Gründe  der  vorgetragenen  Anschauung  wenigstens  in  der  Haupts^ 
gelegt  werden. 

Was  in  politischer  Hinsicht   die  byzantinische  Zeit  von  < 
sehen  am  greifbarsten  scheidet,  ist  die  Verlegung  des  Schwerpun 
Westen  nach  dem  Osten  und  die  daraus  entstandene  allmähliche 
gung  der  lateinischen  Sprache  durch  die  griechische.   Der  Ausga 
dieses  Prozesses,  durch  welchen  die  ganze  spätere  Geschichte  des  r 
Reiches  bestinmit  worden  ist,  liegt  zweifellos  in  der  Gründung  d 
Hauptstadt  Konstantinopel  (326)  und  in  der  mit  ihr  ursächlich  zu 
hängenden  definitiven  Teilung  des  Reiches  in  eine  westliche  unci 
Hälfte  (395).    Hiemit  war  die  bleibende  Trennung  des  griechische 
und  des  lateinischen  Westens  besiegelt  und  hier  liegt  auch  eine  de 
Ursachen    der    alsbald    hervortretenden    Entfremdung    der    Griecl 
Lateiner,   die  sich  später  zu  tiefster  Abneigung  und  oflfener  Fei 
steigerte  und  im  Laufe  der  Jahrhunderte  unzähligemal  in  politisc 
kirchlichen  Zwistigkeiten  zum  Ausdrucke  kam.     Der  sprachliche  i 
turelle  Dualismus  hatte  schon  vor  Theodosios  und  vor  Konstantin  be 
aber   erst  durch   die  Gründung  von  Neurom  und  durch  die  Teil 
Reiches  erhielt  er   seine  offizielle  Bestätigung,  auf  deren  Grund 
ungehindert  weiterbilden  konnte.    Der  Gegensatz  wurde  namentlic 
das  schnelle  Anwachsen  der  neuen  Hauptstadt,  welche  der  grie» 
oder  gräzisierten  Reichshälfte  einen  politischen  und  geographische 
auch  einen  religiösen,  gesellschaftlichen,  litterarischen  und  künsti 
Mittelpunkt  verlieh,  gefördert  und  gestärkt. 

Die  centralisierende  Tendenz  und  Kraft  Konstantinopels  ma 
allenthalben  bemerkbar.  Durch  die  Synode  von  Chalkedon  451  siej 
rom  kirchlich  über  Alexandria.  Selbst  auf  dem  politisch  bedeuta 
Gebiete  der  Chronologie  äusserte  sich  die  rücksichtslose  Exklusiv 
neuen  Hauptstadt,  indem  die  älteren  Aren  von  Alexandria  und  A 
später  durch  die  von  Konstantinopel  verdrängt  wurden.  Die  B 
Stadt  war  das  Paris  des  Byzantinerreiches,  ja  der  ganzen  Ostwel 
Auffassung  klingt  uns  aus  zahllosen  panegyrischen  Äusserungen 
nischer  Schriftsteller  entgegen,  welche  vor  den  kühnsten  Vergleich 


PiftiMf  «ad  allgemoiii«  GMohiehie  der  bysantiniflohen  Litteratnr.    (§  1)        3 

rQckscheuen,  um  die  alles  übertrefifende  Grösse  der  bewunderten  Metro- 
le zu  schildern,  und  sie  findet  noch  einen  späten  Nachhall  im  neugrie- 
ischen  Sprichwort:  "OXoq  6  Koaiioq  idiexa  xi  tj  Höh  iexaTievre,^)  Noch 
ehr  als  durch  das  lebenskräftige  Gentrum  Eonstantinopel  wurde  das 
'achsen  und  Obsiegen  des  griechischen  Elements  beschleunigt  durch  den 
ilitischen  Zusammenbruch  der  Westhälfte  des  Reiches.  Durch  die  Er- 
gnisse der  Jahre  455  und  476  wurde  die  Kraft  des  alten  Imperium 
omanum  noch  mehr  als  fiüher  auf  die  orientalischen  Länder  konzentriert, 
I  welchen  von  Alters  her  in  den  breiten  Schichten  des  Volkes,  in  der 
esellschaft  und  in  der  Kirche  das  griechische  Element  das  herrschende 
IT.  Zwar  blieb  der  gesamte  Staatsorganismus  äusserlich  und  innerlich 
ch  römisch;  das  Griechentum  konnte  aber  jetzt  den  Kampf  um  die 
^rrschaft  mit  ganz  anderen  Mitteln  als  fiüher  und  mit  besserer  Aussicht 
f  Erfolg  aufnehmen.  Gewiss  fühlten  sich  die  Griechen  politisch  als 
mer,  and  der  Name  Rhomäer  behauptete  sich  durch  die  Schreckenszeit 
r  Türkenherrschaft  hindurch  bis  auf  den  heutigen  Tag  als  die  wirklich 
«"ndige  und  am  weitesten  verbreitete  Benennung  des  griechischen  Volkes, 
ben  welcher  das  da  und  dort  vorkommende  FQaixoi  eine  geringe  und 
3  durch  die  Regierung  und  die  Schule  künstlich  wieder  eingeführte 
iir^vfg  gar  keine  geschichtliche  Bedeutung  hat.  Aber  gerade  der  üm- 
Lnd,  dass  noch  die  heutigen  Griechen  sich  Rhomäer  nennen,  mahnt  uns 
r  vorsichtigen  Beurteilung  der  Bedeutung  dieses  Namens  im  Mittelalter. 
ist  kein  Zweifel,  dass  der  ursprüngliche  Sinn  desselben  nach  der  voll- 
Lndigen  Gräzisierung  des  Ostreiches  dem  Bewusstsein  des  Volkes  all- 
ihlich  entschwand  und  dass  man  später  unter  einem  Rhomäer  mehr  und 
^hr  den  griechisch  sprechenden  Bürger  des  Römerreiches,  und  schliess- 
h  den  Griechen  überhaupt  verstand.  An  dieser  Thatsache  ändert  es 
cfats,  dass  den  Geschichtschreibem  der  Unterschied  zwischen  Römern 
id  Griechen  genau  bekannt  und  noch  in  den  letzten  Zeiten  des  Reiches 
.  B.  von  Kinnamos  und  Laonikos  Ohalkondyles)  deutlich  ausgesprochen 
tirde;  in  den  breiten  Massen  des  Volkes  verlor  das  Wort  ^P(ofiaTog  nach 
id  nach  seine  ethnographische  und  endlich  auch  seine  politische  Bedeu- 
ng.  Dass  das  also  kam,  war  eine  natürliche  Folge  des  grossen  nume- 
schen  Übergewichts  der  Griechen  über  die  Römer  im  Ostreiche. 

Seit  der  Begründung  Neuroms  und  noch  mehr  seit  der  Teilung  des 
eiches  und  dem  Untergang  seiner  westlichen  Hälfte  fühlen  sich  die 
riechen  wieder  Herr  im  eigenen  Hause  und  beginnen  alsbald  mit  der 
inen  eigenen  Vordringlichkeit  und  Spannkraft  den  Staat  an  Haupt  und 
Gliedern  zu  gräzisieren.  Doch  war  mit  dem  römischen  Reichsgedanken, 
er  unverändert  festgehalten  wurde,  die  lateinische  Sprache  so  fest 
erbunden,  dass  sie  sich  auch  nach  der  Abbröckelung  des  grössten  Teiles 
er  lateinischen  Reichsgebiete  in  der  Rechtspflege  und  Verwaltung  des 
^ns  noch  lange  erhielt,  obschon  hier  nur  das  Griechische  den  prak- 
schen  Anforderungen  genügen  konnte.  Bei  dieser  unnatürlichen  Kon- 
rvienmg  des  lateinischen  Systems  spielte  wohl  auch  der  mit  Zähigkeit 


')  J.  BenixeloB,  naqo^fiiai  &fjfio»diig,    %^  '^fAovnoXBi  1867  S.  196,  268. 

1* 


LitteratnrgeBoliiohie«    Einleitiiiig. 


festgehaltene   Gedanke   mit,    Italien    und   andere   Teile   des 
Westens  wieder  mit  dem  Ostreiche  zu  vereinigen  und  zu  bei 
Abschaffung  der  lateinischen  Regierungssprache  konnte  wie  ( 
auf  die  westlichen  Länder  gedeutet  werden.     Daher  vermocht 
chische  die  einzelnen  Zweige   des  öffentlichen  Lebens  nur  lan$ 
obem.     Die  Vertauschung  der  römischen  Basis  des  Reiches  m 
chischen,  der  Übergang  vom  Römischen  zum  Rhomäischen  odei 
sehen,  vollzog  sich  in  den  verschiedenen  Zweigen  des  staatlichen 
mit  ungleicher  Schnelligkeit.     Zuletzt  musste  das   alte  System 
Kraft  der  natürlichen  Verhältnisse  immer  gründlicher  durchbrocl 
Wenn  in  der  grossen  Sammlung  von  Rechtsbüchern,  welche  < 
des  Justinian  berühmt  gemacht  hat,  die  lateinische  Form  noch 
behalten  ist,  sind  schon  die  meisten  Novellen  dieses  Kaisers,   < 
sich  selbst  noch  völlig  als  Lateiner  fühlte,  0  wie  alle  Gesetze  de 
griechisch  abgefasst. 

Am  langsamsten  verlief  dieser  Sprachenkampf  im  Münzw 
er  gewissermassen  in   figura  demonsbiert  werden  kann.     Zu< 
das   Griechische  in  die   kleine  Scheidemünze  aus  Kupfer,   spä 
Silbermünze,  zuletzt  in  die  aristokratische  Goldmünze.     Als  W< 
nung  erscheinen   griechische  Buchstaben  schon   unter  Kaiser 
(491—518);  doch  erst  Heraklios  (610—641)  führte  die  griechisch 
'Ev  Tov%(Q  vUa  ein,  und  zwar  nur  auf  rohen  Kupfermünzen,  die  w 
lieh  vorzüglich  zum  Gebrauch  der  Truppen  und  Provinzialen  wähl 
persischen  Feldzugs  geprägt  wurden.   Statt  des  lateinischen  Titeli 
erscheinen   die  echt  griechischen  Bezeichnungen  BaaiXevq   und 
erst  während  des  8.  Jahrhunderts.     Erst  in  der  Mitte  des  9.  Jal 
finden  wir  griechische  Legenden  auf  dem  Revers  verschiedene! 
Selbst  unter  der  makedonischen  Dynastie  haben  Goldmünzen  noch 
des   Erlösers   mit  der  Inschrift:   lesus   Christus  rex  regnantiun 
lateinische  Lischriften  dauern  auf  gewissen  Münzen  noch  bis  in  c 
Hälfte  des   11.  Jahrhunderts.*)     Man  würde  nun   aber   sicher  1 
wenn  man  aus  diesem  langsamen  Zurückweichen  des  Lateinische! 
Münzen  Schlüsse  auf  die  wirkliche  Erhaltung  dieser  Sprache  im  i 
Staate  ziehen  wollte.     Im  Münzwesen  wie  in  manchen  anderen 
ragen  alte  Formen  und  Namen  nicht  selten  in  eine  Zeit  hinein,  ii 
sie  längst  keine  praktische  Bedeutung  mehr  haben.     Ebenso  if 
Recht   betont  worden,  dass  die  Fortdauer  heidnischer  Bildnisse 
genden    auf  den  kaiserlichen   Münzen    nach    der  Bekehrung  K< 
keineswegs  als  ein  Zeugnis  für  den  religiösen  Synkretismus  diese 
angesehen  werden  kann.^) 

Ein  verwandter  Gesichtspunkt  ist  die  Nationalität  der  Hc 
Auch  hier  kommt  das  griechische  Element  nur  langsam  und  mi 
Schwankungen  zur  unbestrittenen  Herrschaft.     Vor  Justinian  t 


«)  Vgl.  J.  B.  Bury,  A  history  of  the 
later  Roman  Empire  1  (1889)  348. 

*)  lieber  diese  Seite  des  byzantinischen 
M  Qnzwesens  s.  die  Abhandlongvon  G.  Finlay , 


A  history  of  Greece  1  (1877)  58 
*)  V.  Schnitze,  Geschichte 
gangs  des  griechisch* römischen  \ 
1  (1887)  62. 


Betriff  nnd  aUgemeine  QMchiohte  der  bysaatiniflohen  Litterator.    (§  1)         5 


den  Kaisern  vornehmlich  romanisierte  Barbaren  aus  den  Grenz- 
en, die  ihre  Erhebung  zumeist  militärischer  Tüchtigkeit  verdankten, 
erste  griechische  Kaiser  war  Tiberios,  der  578  nach  dem  Erlöschen 
justinianischen  Hauses  den  Thron  bestieg.  Aber  bald  gewährt  der 
m  in  ethnographischer  Hinsicht  aufs  neue  ein  ziemlich  buntes 
in  welchem  romanische,  gräko-slavische,  armenische  und  andere 
te  Elemente  wechseln.  Erst  die  letzten  Dynastien,  die  Komnenen, 
Angelos,  Paläologen  und  Kantakuzenen  sind  vollständig  Griechen 
f&Uen  sich  als  Griechen,  wie  denn  bezeichnenderweise  gerade  unter 
der  Hellenismus  in  der  Litteratur  am  kräftigsten  auftritt. 
Bezüglich  der  Frage,  wann  die  byzantinische  Zeit  in  politischer 
rht  beginne,  mag  noch  kurz  des  Jahres  800  gedacht  werden.  Da- 
worde  im  Westen  ein  neues  römisches  Reich  gegründet,  das  auf  die 
ite  Erbschaft  des  Imperium  Romanum  Anspruch  erhob  und  von  dem 
ichey  das  sich  bisher  als  einzigen  Inhaber  dieser  Erfolge  betrachtete, 
idlich  verschieden  war.  Nun  hat  ein  Forscher*)  hervorgehoben,  dass  erst 
dieser  Zeit,  als  thatsächlich  dem  römischen  Reiche  im  Osten  ein  römisches 
:h  im  Westen  als  Rivale  gegenüberstand,  der  Ausdruck  „östliches 
oder  »Ostreich*  gerechtfertigt  sei.  Das  ist,  wenn  man  streng  auf 
leit  der  Namen  hält,  ganz  richtig;  denn  auch  nach  395  gab  es 
zwei  Kaiser,  aber  nur  ein  Reich.  Aber  die  innere  Entwickelung 
Reiches  wurde  durch  die  künstliche  Wiederbelebung  des  Imperium 
mm  durch  Karl  den  Grossen  nicht  im  mindesten  berührt;  die  ge- 
itliche  Phase  des  alten  echten  römischen  Reiches,  welche  als  byzan- 
llUKh  oder  rhomäisch  charakterisiert  werden  muss,  beginnt  lange  vor 
km  Jahre  800 ;  als  ihr  Anfangspunkt  können  nur  die  Jahre  395  oder  324 
k  Betracht  kommen;  die  letztere  Zahl  verdient  als  Anfangsdatum  den 
TotXDg,  weil  mit  ihr  auch  die  offizielle  Einführung  des  Christentums  un- 
pBShr  zusammenfallt.  Dass  die  byzantinische  Ära  in  politischer  Hinsicht 
Bit  Konstantin  dem  Grossen  anhebt,  haben  schon  die  Verfasser  byzanti- 
liaeher  Chroniken  gefühlt,  indem  sie  in  der  Aufzählung  der  Kaiser  mit 
Eonstantin  einen  neuen  Abschnitt  begannen  unter  Titeln  wie  ^qx^'  ^^^ 
itap  ri^g  %wv  ÄQictiavSv  ßatftkeiag^^)  oder  ^Bvl^av%(ov  ßatSiXeXq  Ttjg  vvv 
EmnrT€nrrtvovn6lemg^. ') 

Auf  dem  Gegensatze  des  Christentums  zum  Heidentum  beruht 
zum  gr58sten  Teil  der  Gegensatz  des  Byzantinismus  zum  Hellenismus  oder 
nur  Antike  überhaupt.  Daher  muss  beim  Streite  über  die  Grenzlinie 
zwischen  der  griechischen  und  byzantinischen  Litteratur  die  Religions- 
geschichte neben  der  Politik  in  erster  Linie  in  Betracht  gezogen  werden. 
Ja  man  hat  den  Versuch  gemacht,  den  Streit  auf  diesem  Gebiete  zur  Ent- 
scheidung zu  bringen:  man  liess  die  byzantinische  Zeit  in  der  Litteratur 
Bit  Justinian  beginnen,  indem  man  sagte,  dieser  Kaiser  habe  durch  das 
berOhmte  Edikt  des  Jahres  529,  welches  der  hellenischen  Hochschule  in 
Athen  die  Lebensbedingungen  entzog,  den  letzten  Rest  des  alten  Heiden- 


*)  J.  Bnry,  A  histoiy  of  the  later 
m  Empire  1  (London  1889)preface  p.  Vif. 
')  G^OTgioe  Monachosed.  Mar  alt  S.  389. 


»)  *EKXoyij  des  Cod.  Vindob.  theol.  133 
bei  A.  Wirth,  Aus  orientalischen  Chroniken, 
Frankfurt  1894  S.  18. 


^^lAa^ünisch«  Liüeratorgesohiolite.    Binleitmig. 


tums  vernichtet,  und  daher  beginne  in  dieser  Zeit  die  christlii 
nische  Ära.     Allein  abgesehen  von    der  Unsicherheit,   mit   yi 
Thatsache  dieses  Ediktes  und  namentlich  seine  näheren  Umsti 
liefert  sind,^)   erweist  sich   die  Verfügung,    auch   wenn   sie  tl 
erlassen  wurde,   doch  als  ziemlich  bedeutungsarm  für  die  allge 
schichte  der  Kultur  und  Litteratur.    Sie  ist  ein  isolierter  Akl 
heute   wohl   nur  deshalb   so   bedeutend  vorkommt,  weil   er  vo 
Darstellern  mit  Vorliebe  zu  einem  wirksamen,   durch  den  Glanz 
tyrertums  verklärten  Bühnenabgang  des  Hellenismus   verarbeit« 
ist.     In  Wirklichkeit  war  der  Sieg  des  Christentums  über  die  i 
anschauung  schon  früher  entschieden,  und  die  Umwandlung  des  h 
Staates  in  einen  christlichen  war  schon  durch  Konstantin   dei 
und  Theodosios  I  in  den  Hauptpunkten  abgeschlossen  worden, 
platonische  Akademie  zu  Athen  bildete  in  der  grossen  griechische 
Welt  nur  noch  einen  winzigen  Punkt,   dessen  Beseitigung  kein^ 
liehe  Störung  oder  Veränderung  im    Gefüge  des  Ganzen  herv< 
Die  Lehrer  und  Schüler,  welche  direkt  von  dem  Edikte  betroflfei 
waren  gering  an  Zahl  und,  wie  es  scheint,  auch  an  vdssenso 
Bedeutung;   die  Fühlung   mit  den  grossen  Massen  des  Volkes  i 
längst  verloren  gegangen.  Höchstens  empfanden  die  Bewohner  der 
Stadt  den  materiellen  Nachteil  des  Erlasses,   bei  welchem  es  da 
namentlich  auf  die  Konfiskation  des  uralten  Stiftungsvermögens  d 
abgesehen  zu  haben  scheint.    Aber  nicht  einmal  in  der  Gesch 
Stadt  Athen  selbst  machte  die  Verfügung  Epoche;   denn  ihr  aU 
war,  wie  wir  durch  Gregor  von  Nazianz  und  andere  wissen,  schi 
unwiederbringlich  dahingeschwunden.   In  der  Geschichte  des  Übergi 
Heidentum  zum  Christentum  bildet  die  Aufhebung  der  athenischen  i 
keinen  bedeutenderen  Abschnitt  als  etwa  die  Zerstörung  des  letztei 
tempels  auf  Monte  Casino  durch  den  hl.  Benedikt,  die  ebenfalls  im  Jj 
erfolgt  sein  soll.*)    Einerseits  war  der  Sieg  der  neuen  Lehre  sc 
früher  entschieden;  denn  die  wichtigsten  Schritte  zur  Zertrümme] 
Heidentums  und  zur  Christianisierung  der   alten  Welt  sind  von  d 
zwei  Kaisem  ausgegangen,  die  durch  ihre  politischen  Massnahm 
die  Gräzisierung  und  Orientalisierung  des  römischen  Reiches  am  mäi 
befördert  haben,  von  Konstantin  dem  Grossen  und  Theodosios.    . 
seits  lebten  vereinzelte  heidnische  Elemente  noch  lange  nach  Justin 
Die  letzten  Reste  der  Anhänger  des  alten  Glaubens  entschlossen  i 
Konstantin  Porphyrogennetos^)  erzählt,   erst  unter  Basilios  I   (81 


')  Bei  Malalas  B.  18  (S.  451  ed.  Bonn). 
Gegen  die  Glaubwürdigkeit  des  Berichtes 
äusserte  sich  viel  zu  entschieden  der  häufig 
hyperkritische  K. Paparregopulos  'Icrogia 
tov  'EXX,  iayovg  UV  (1887)  174  f.  Eine  That- 
sache liegt  der  Erzählung  des  Chronisten, 
mit  der  sich  einige  Aeusserungen  des  Prokop, 
Geheimgeschichte  Kap.  11  u.  26  S.  73  u.  142 
ed.  Bonn)  und  Agathias  II 30  (S.  131  ed.  Bonn) 
verbinden,  gewiss  zu  Grunde,  wenn  sich 
auch,  wie  Gregorovius,  Geschichte  der  Stadt 
Athen  I  56   bemerkt,    die  Aufhebung   der 


Hochschule  durch  Justinian  als  ei 
geschichtlicher  Akt  nicht  erweisen 
E.v.Lasaulx,  Der  Untergang  des  H< 
München  1854  S.  142  ff.  Eine  obi< 
nüchterne  Darstellung  der  Massnali 
nians  gegen  das  Heidentum  gibt  V.  S 
Geschichte  des  Untergangs  des  j 
römischen  Heidentums  1  (1887)  4 
*)  E.  V.  Lasaulx  a.  a.  0.  S 
')  De  admin.  imp.  Kap.  50  ( 
ed.  Bonn). 


Begriff  und  aUgemein«  Qesohiohie  der  byEantiniflohen  Litieratar.    (§1)         7 

nr  Annahme  des  Christentums.  Der  von  K.  Sathas^)  versuchte  Nachweis, 
tess  während  des  ganzen  Mittelalters  bis  in  die  Zeiten  des  Humanismus 
fline  vom  schärfsten  Gegensatz  zum  christlichen  Byzantinertum  erfüllte 
keidnisch-hellenische  Partei  bestanden  habe,  ist  ebenso  misslungen  wie 
die  Albanesentheorie  und  ähnliche  weittragende  Aufstellungen  desselben 
phantasievollen  Gelehrten.  Hält  man  mithin  als  das  wichtigste  und  ent- 
scheidendste Merkmal  des  Byzantinertums  im  Gegensatz  zur  Antike  das 
CSiristentum  fest,  so  ist  der  Anfang  der  byzantinischen  Ära  in  die  Zeit 
Konstantins  des  Grossen  zu  setzen,  nicht  in  die  des  Justinian,  der  eine 
isolierte  heidnische  Institution  abschaffte  und  gegen  die  Reste  des  Heiden- 
tums wütete,  ohne  sie  gänzlich  vernichten  zu  können. 

Zu  ähnlichen  Ergebnissen  führt  die  Betrachtung  der  inneren  Zu- 
stände des  Staates,  der  allgemeinen  Kulturverhältnisse,  <ler 
nationalen  Bildung  und  gesellschaftlichen  Sitte.  Die  meisten  und 
wichtigsten  Faktoren,  welche  im  Leben  des  Hofes  und  Staates  das  byzan- 
tinische Kolorit  bedingen,  stammen  aus  dem  3.  und  4.  Jahrhundert.  Da- 
mals vollzog  sich  die  Umwandlung  der  römischen  Militärmonarchie  in  jenen 
tareankratisch-höfischen  Organismus,  der  für  die  ganze  byzantinische  Zeit 
charakteristisch  ist.  Diese  Neuordnung  der  Dinge  ist  von  Diokletian  be- 
gründet worden;  er  hat  dem  Staate  eine  Form  gegeben,  deren  hervor- 
stechendste Eigentümlichkeiten,  die  Stufenleiter  der  Hofamter,  Rangklassen 
und  Titulaturen,  das  Zeremonienwesen,  die  Beamtenuniform,  der  Ornat  des 
Kaisers  und  die  asiatische  Form  seiner  Verehrung,  nicht  nur  der  ganzen 
Ofitrömischen  Entwickelung  den  Stempel  aufdrückten,  sondern  auch  für  das 
Abendland  vorbildlich  wurden.  Der  weitere  Ausbau  des  Systems  dauerte 
Ton  Diokletian  bis  in  die  Paläologenzeit  hinein;  aber  weder  Justinian  noch 
ein  späterer  Kaiser  bezeichnen  in  dieser  Entwickelung  einen  besonders 
bemerkenswerten  Höhepunkt;  selbst  die  Thätigkeit  des  Konstantin  Por- 
phyrogennetos  bestand  mehr  in  der  litterarischen  Fixierung  der  herrschen- 
den Kegeln,  als  in  der  Schaffung  neuer  Ordnungen.  Wie  das  byzantinische 
Hof-  und  Staatswesen,  so  lassen  sich  auch  die  geistigen  und  moralischen 
Erscheinungen,  welche  die  übliche  Auffassung  als  Symptome  und  Merkmale 
des  Byzantinismus  bezeichnet,  höfische  Intrigue,  kriechende  Gesinnung, 
rücksichtelose  Grausamkeit  und  Hinterlist,  Mangel  an  Charakter  und  Ori- 
ginalität, breite  Verschwommenheit,  Vermischung  lateinischer,  griechischer 
und  orientalischer  Ellemente  u.  s.  w.  schon  in  den  ersten  Jahrhunderten 
der  Kaiserzeit  nachweisen,  und  manche  dieser  Eigentümlichkeiten  wie  der 
vorher  erwähnten  Erscheinungen  im  Hof-  und  Staatsleben  haben  ihre 
Wurzeln  bekanntlich  in  der  alexandrinischen  Zeit,  aus  welcher  sie  dem 
römischen  Kaisertum  vornehmlich  durch  Ägypten  vermittelt  wurden.  Eine 
schärfere  Abgrenzung  lässt  sich  auf  diesen  psychologischen  Gebieten  des 
nationalen  Lebens,  deren  Veränderung  den  Zeitgenossen  kaum  bemerkbar 
vor  sich  geht,  überhaupt  nur  schwer  durchführen  und  zur  allgemeinen 
Anerkennung  bringen ;  soweit  das  aber  in  unserem  Falle  möglich  ist,  müssen 
die  entscheidenden  Vorgänge  im  3.  und  4.  Jahrhundert   gesucht  werden. 


>)  MwMwuui  B$pho9ijxri  7  (1894)  Eiaaymyti, 


g  B7«aatbiiaohe  Litteratiirg0«oliiohie.    Binleitimg. 

Greifbarer  ist  die  Entwickelung  in  der  bildenden  Runs 
hier  bezeichnet  die  Zeit  des  Justinian  keinen  Abschnitt.     Die  wi 
Eigentümlichkeiten  der  byzantinischen  Kunst,  die  in  der  Verdrän 
Plastik  durch  die  Ornamentik  einen  deutlichen  Ausdruck  finden, 
seit  dem  4.  Jahrhundert.     Ja  man  kann  von  der  altbyzantinisch« 
sagen,   dass  der  Tag  ihrer  Geburt  die  Gründung  Eonstantinopeli 
die  gesamten  Überreste  der  antiken   und  altchristlichen  Kunst  u: 
mächtigen  Einflüsse  syrischer,  alexandrinischer  und  römischer  '. 
neu  durchgebildet  wurden.     Genauere  Nachweise  für  die  Bedeutt 
stantinopels  in  der  Geschichte  der  byzantinischen  Kunst  und  für  < 
Sache  ihres  Beginns  im  4.  und  5.  Jahrhundert  hat  J.  Strzygowi 
geben. 

Ungefähr  in  derselben  Zeit  wie  in  der  Kultur  und  Kunst 
sich  auch  in  der  Sprache  und  in  der  volksmässigen  Metrik  de 
gang  des  antiken  Wesens.   Zwar  hat  man  noch  vor  kurzem  den  Bc 
mittel-  und  neugriechischen  Sprachphase  in  eine  viel  spätere  Zeit, 
10.  Jahrhundert,  gesetzt.     Allein  durch  die  neueren  Forschungen 
vermeintliche  Grenze   immer  weiter  nach   oben  verschoben  word 
jetzt   steht  unwiderleglich  fest,    dass  die  wichtigsten  und  folgeni 
sVeränderungen    der   altgriechischen    Sprache   teils   in    den    erste 
hunderten  n.  Chr.  schon  vollzogen  waren,  teils  sich  damals  vollzog 
dieselbe  Zeit  hatte  mit  dem  Untergange  der  Vokalquantität  auch 
samte  alte  Verstechnik  ihre  Grundlage  verloren  und  es  erscheint  ei 
metrisches  Prinzip,   das  des  Accentes.     In   der  Form  ungleich  ( 
Verse  kam   dieses  Prinzip  in  der   rythmischen  Kirchendichtung  fi 
4.  Jahrhundert  zur  Anwendung,  etwas  später  und  langsamer  gelan 
Prinzip  in  der  Wiederholung  gleichgebauter  Verse,   besonders  de« 
sehen  Fünfzehnsilbers,  zum  Durchbruch.     Das  Alter  dieses  in  der 
tinischen  und   neugriechischen  Poesie   fast  alleinherrschenden  Vea 
neuerdings  durch  unanfechtbare  Zeugnisse  zuerst  vom  11.  in  das  1( 
gar   in  das  6.  Jahrhundert  hinaufgerückt  worden  und  aUer  Wahl 
lichkeit  nach  ist  er  noch  bedeutend  älter  als  seine  zufallig  in  volksm 
Sprichwörtern  enthaltenen  ältesten  litterarischen  Zeugnisse.*)    Wie 
Poesie  so  kommt  das  Prinzip  des  Accents  auch  in  der  Prosa  zur  ( 
indem  seit  dem  4.  Jahrhundert  gewisse  auf  dem  Accent  beruhende 
nische  Regeln  beobachtet  werden.')    Mit  der  Erkenntnis  dieser  Tha 
ist  einer  der  Hauptgründe,  welche  zur  späteren  Ansetzung  des  B 
der  byzantinischen  Ära  geführt  hatten,   endgültig  beseitigt,  und  d 
wickelungsbild,  in  welchem  einst  der  vermeintlich  spätere  Beginn  der 
griechischen  Sprache  und  Metrik   verwirrend   und  störend  gewirk 
ist  auch  nach  dieser  Seite  hin  in  harmonischer  Weise  berichtigt  ' 

Endlich  mag  man  bei  der  Untersuchung  der  Frage  über  die 
zwischen  hellenischer  und  byzantinischer  Zeit  die  allgemeingeschi 
Frage,  wann  der  Beginn  des  Mittelalters  anzusetzen  sei,   in  £ 


')  B.  Z.  1  (1892)  66  flf. 
')  Vgl.  K.  Erumbacher,  Mittelgriechi- 
sche Sprichwörter,  Sitzongsber.   bayer.   Ak. 


1893  Bd.  U  233  f. 

>)  Näheres  s.  unten  S.  29. 


Begriff  und  aUgmndn«  GMchiohie  der  bysantinUiohen  Litteratur.    (§  1) 


hen.  A.  v.  Outschmid,  der  über  dieses  Thema  eine  berühmte  Abhand- 
ig ^  geschrieben  hat,  kommt  auf  Grund  einer  im  allgemeinen  zutreffenden 
Srtemng  za  dem  Ergebnis,  dass  das  Jahr  476,  mit  welchem  in  den 
mpendien  gewöhnlich  das  Altertum  abgeschlossen  wird,  in  Wirklichkeit 
xhaus  keinen  Abschnitt  bilde,  dass  vielmehr  das  6.  Jahrhundert  mit 
1  so  echt  römischen  Gestalten  wie  Boethius,  Cassiodor  und  Priscian 
rh  zum  Altertum  gehöre  und  etwa  das  Jahr  572,  welches  die  Begrün- 
ig der  ersten  eigentlich  nationalen  Herrschaft  in  Italien  bezeichnet,  oder 
rander  Summe  das  Jahr  600  als  Grenzmal  zwischen  Altertum  und 
telalter  anzunehmen  sei,  wie  man  ja  ähnlich  durch  Kombination  ver- 
iedener  wichtiger  Daten  etwa  das  Jahr  1500  als  Beginn  der  neuen  Zeit 
lalten  mag.  Andere  Gelehrte  betonen  andere  Ereignisse.  Felix  Stieve 
st  das  Mittelalter  mit  der  Thronbesteigung  Chlodwigs  (481)  beginnen.^) 
.  Meyer  erblickt  in  den  fQnf  Jahrhunderten  von  Diokletian  bis  auf  Karl  den 
>ssen  eine  Übergangsepoche,  die  eine  Auseinanderreissung  nicht  ver- 
ge.^)  Allein  alle  diese  Abteilungen  beziehen  sich  vornehmlich  auf  die 
schichte  des  Abendlandes ;  zwar  berücksichtigt  Gutschmid  nebenbei  auch 
oströmische  Welt,  aber  schon  die  oben  angeführten  Namen  und  That- 
^hen  zeigen  deutlich,  dass  auch  für  ihn  das  Abendland  den  Ausschlag 
b.  Und  in  der  That  verlief  hier  die  politische  und  kulturelle  Entwicke- 
ig  ganz  anders  als  im  Osten.  Der  grosse  Dualismus,  der  die  europäische 
iker-  und  Staaten  weit  schneidig  durchdringt,  kommt  gerade  bei  der 
örterung  dieser  Grenzfrage  deutlich  zum  Bewusstsein.  Insofern  das 
ort  Mittelalter  einen  rein  zeitlichen  Begriff  ausdrückt,  lässt  es  sich  natür- 
h  auch  auf  Osteuropa  anwenden;  im  kulturhistorischen  Sinne  aber  ist 
s  abendländische  Mittelalter  etwas  ganz  anderes  als  das  osteuropäische 
d  speziell  byzantinische.  Der  gründliche  Bruch  mit  der  alten  Kultur 
d  die  Bildung  neuer  Nationen,  Staaten  und  Gesellschaften,  neuer  Sprachen 
d  Litteratnren,  durch  welche  sich  das  abendländische  Mittelalter  so 
:enartig  gestaltet,  fehlt  im  Osten  fast  vollständig;  hier  sinkt  der  über- 
ferte  Kalturstand  viel  langsamer  darnieder,  und  niemand  zieht  so  tiefe 
rchen  in  den  alten  Boden,  dass  aus  ihm  ganz  neue  Bildungen  hervor- 
iessen  könnten.  Daher  kann  die  Frage,  wann  das  Mittelalter  beginne, 
lau  genommen  nur  für  Mittel-  und  Westeuropa  gestellt  werden,  und 
e  Hereinziehung  würde  bei  der  Untersuchung  der  Grenzscheide  zwischen 
äker  und  byzantinischer  Zeit  nur  Verwirrung  stiften. 

Ohne  die  vorbereitende  und  unterstützende  Erwägung  der  Frage, 
I  welche  Zeit  auf  den  Gebieten  der  Politik,  Religion,  Kultur,  Kunst 
d  Sprache  der  Übergang  vom  Hellenischen  zum  Byzantinischen  stattfindet, 
Ire  das  Grenzmal  in  der  Litteratur  selbst  nicht  leicht  festzustellen.  Denn 
mde  in  dieser  Abteilung  des  nationalen  Lebens  erhält  sich  altes  Wesen  mit 
sonderer  Zähigkeit  und  offenbart  sich  neue  Art  anfangs  nur  schüchtern 
kd  aosserlich  wenig  bemerkbar.   In  keinem  Falle  bildet  in  der  Litteratur 


')  Die  Grenzboten  22  (1863)  1, 330—347. 
rie<ierbolt  in:  Kleine  Schriften  von  Alfred 
OB  Gntaehmid  5  (1894)  393—417. 

*)  Deutsche  Zeitechr.  f.  Ghdechichtswias., 


Sonderheft:  Pestgabe  zur  Vers,  deutscher  Histo- 
riker in  München,  Ostern  1893  S.  XUI. 

»)  Berliner  philol.  Wochenschrift   1895 
S.  333. 


XQ  B7««Alä]ii«ohe  Litteraturgesohichie.    Bmleitmig. 

das  Zeitalter  des  Justinian  einen  wichtigen  Einschnitt.    Einersc 
die  alte  Tradition  weit  über  diese  Zeit  hinaus,  in  einem  gevm 
bis  ins  15.  Jahrhundert,  andererseits  offenbaren  sich  auch  hier  w 
Merkmale  der  neuen  Zeit  lange  vor  Justinian.   Schon  die  eine  gn 
Sache,  dass  seit  dem  4.  Jahrhundert  die  christlich-theologische 
werke  in  der  griechischen  Prosa  und  Poesie  eine  dominierend« 
erlangen,  zeigt,  dass  die  von  uns  auf  den  übrigen  Gebieten  des  ] 
Lebens  angenommene  Zeitgrenze  auch  für  die  Litteratur  zutri 
auch  innerhalb  der  heidnischen  Litteratur  verrät  sich   in  man 
Erscheinungen  der  Form  und  des  Inhalts  das  Hinschwinden  des  am 
sehen  und  die  Ausbildung  eines  auf  veränderten  Voraussetzungen 
den,  durch  römische  und  orientalische  Elemente  beeinflussten  i 
schmackes.    Der  begabteste  und  einflussreichste  Dichter  in  den  Jahr] 
nach  Konstantin,  Nonnos,  illustriert  in  seiner  eigenen  Person  c 
gang  zur  neuen  Zeit  am  deutlichsten  dadurch,  dass  er  in  seinem 
Alter  zum  Christentum  übertrat  und  zu  seinen  Profanwerken  e 
phrase    des  Evangelium  Johannis  hinzufügte.     Unverkennbare 
byzantinischer  Art  sind  die  orientalische  Masslosigkeit  seiner  '. 
und  die  asketische  Strenge  seiner  metrischen  Form.     In  einiger 
Poesien  dieser  Zeit  wie  in  des  Musaeos  Dichtung  Hero  und  Lean 
letzten   Rose   aus    dem   hinwelkenden   Garten    der    griechischen 
(Köchly)  und  in  epigrammatischen  Kleinodien  kommt  der  hellenis 
noch  reiner  zum  Ausdruck;  aber  das  Aufflackern  einzelner  Lieh 
über  die  Thatsache  des  Verlöschens  der  hellenischen  Gesamtbel 
nicht  hinwegtäuschen.     In  der  Litteraturgattung,  welche  in  der  l 
sehen  Zeit  alle  andern  an  Bedeutung  und  Umfang  überragt,  der  G 
Schreibung,  schliesst  das  Altertum  mit  den  Autoren  der  griechis« 
naissance  im  2.   und  3.   Jahrhundert,  mit  Arrian  und  Appian, 
Cassius,  Herodian  und  Dexippos.  In  den  Zeiten  nach  Konstantin 
die  profane  Geschichtschreibung  ersichtlich;  es  ist  kein  Zufall, 
aus  dieser  Zeit  nur  wenige  Namen  wie  Eunapios,  Oljrmpiodor, 
Malchos,  Candidus  und  nur  ein  vollständiges  Werk,  das  des  Zosi 
sitzen.     Neben  diesen  Historikern,   welche  im  grossen  und  gai 
alten  Tradition  folgen,  verbreiteten  sich  in  derselben  Zeit  volk 
Chroniken,  Werke,  die  uns  verloren  gegangen,  aber  von  Malalas  reic 
nützt  worden  sind  und  ihm  zum  Vorbild  gedient  haben.     Dass 
nicht  der  Erfinder  dieser  Gattung  war,   welche  die  Bildung  der 
im  ganzen  Mittelalter  beherrschte  und  auf  die  benachbarten  Vö 
ermessliche  Wirkungen  ausübte,   darf  jetzt  als  sicher  gelten.     Sc 
sich  hier  deutlich  das  neue  Wesen  neben  das  alte:  Eunapios,  Zosii 
setzen  die  ererbte  Technik  fort,  neben  ihnen  aber  ersteht  schon 
eine  früher  unbekannte  Gattung,   die  anfangs  ein  bescheidenes  S 
führte,  bald  aber  die  grösste  Bedeutung  gewann.     Noch  schärft 
sich  der  neue  Geist  auf  dem  Boden  der  Historiographie  dadurch,  df 
die  Barchengeschichte  in  schnellem  Aufschwung  zur  höchsten  Bl 
langt.    Am  kräftigsten  scheint  sich  der  Hellenismus  in  der  Philosc 
erhalten;  aber  der  von  den  mannigfaltigsten  asiatischen  und  afrikt 


Btfriff  «ad  allg«8L«i]i«  Gesohiohie  der  liysaatiiiisolieii  Litteratnr.    (§1)       n 

ementen  beeinflusste  Synkretismus  und  Mystizismus,  in  welchen  die  neu- 
itonische  Weisheit  ausartete,  hat  doch  wenig  Antikhellenisches  an  sich 
d  ist  zum  Teil  nichts  anderes  als  ein  tastender  Versuch,  dem  Bedürfnis 
r  Heiden  ein  Surrogat  für  das  Christentum  zu  gewähren. 

Wenn  nun  feststeht,  dass  als  Anfang  der  byzantinischen  Ära  auf 
Q  Gebieten  der  Politik,  Religion,  Kultur,  Kunst,  Sprache  und  Litteratur 
mlich  übereinstimmend  das  4.  Jahrhundert  und,  verlangt  man  eine  feste 
bl,  etwa  das  Jahr  324  angenommen  werden  kann,  so  ist  ohne  weiteres 
LF,  dass  die  Entwickelung,  betrachte  man  sie  nun  als  Verfall  oder  als 
ite  oder  als  einen  aus  beidem  gemischten  Prozess,  nicht  auf  allen  Qe- 
ten  eine  gleichmässige  war  und  nicht  parallel  verlief.  Regelmässig, 
ne  Stockungen  und  ohne  Sprünge,  vollzog  sich  die  Weiterbildung  nur 
r  dem  Gebiete,  welches  der  bewussten  menschlichen  Einwirkung  am 
•Lst^n  entzogen  ist,  dem  der  lebenden  Sprache.  Auf  allen  übrigen  Ge- 
^ten  aber  bedingte  der  Einfluss  bedeutender  Individuen  und  politischer 
ar  kirchlicher  Ereignisse  eine  gewisse  Unregelmässigkeit  des  Verlaufs, 
Iche  die  Bildung  von  zeitUch  umgrenzten  Gruppen  zur  Folge  hatte. 
es  gilt  namentlich  für  das  Gebiet,  welches  hier  zunächst  in  Betracht 
mmt,  die  Litteraturgeschichte.  Nichts  liegt  uns  femer  als  das  Bestreben, 
ch  berühmten  Mustern  ein  künstliches  System  von  Ober-  und  Unterabtei- 
igen  au&ustellen;  einige  Abschnitte  aber  treten  dem  geschichtlichen  Be- 
lebter so  überwältigend  deutlich  vor  Augen,  dass  sie  ausdrücklich  hervor- 
hoben zu  werden  verdienen. 

Am  schärfsten  scheidet  sich  von  der  vorhergehenden  und  folgenden 
rit  die  erste  Periode,  die  frühbyzantinische  Zeit,  die  vom  Regierungs- 
tritt Konstantins  bis  etwa  auf  den  Tod  des  Heraklios  reicht  (324 — 640). 
.  ist  die  Zeit  der  letzten  Kämpfe  des  antiken  römisch-hellenischen  Geistes 
t  dem  mittelalterlichen  christlich-byzantinischen,  die  Zeit  der  Neugestal- 
tig der  Sprache,  die  Zeit  der  völligen  Ausbildung  des  Byzantinismus, 
e  Litteratur  dieser  Zeit  bietet  im  grossen  und  ganzen  ein  erfreuliches 
Id.  In  der  Poesie  werden  die  auf  die  äusserste  Feinheit  der  Form 
richteten  Bestrebungen,  die  im  5.  Jahrhundert  von  Nonnos  und  seiner 
hole  ausgegangen  waren,  unter  Justinian  von  Paulos  Silentiarios,  von 
^athias  und  anderen  Epigrammatikern,  unter  HerakUos  von  dem  fruchtr 
ren  Georgios  Pisides  mit  glücklichem  Erfolge  fortgesetzt.  Hoch  über- 
gt  wird  diese  Profanpoesie  durch  die  kirchliche  Dichtung,  die  schon 
lier  Anastasios  I  durch  Romanos  zur  herrlichsten  Blüte  gelangt,  von 
üaer  Justinian  selbst  gepflegt  wird  und  im  7.  Jahrhundert  im  Patriarchen 
TgLos  einen  talentvollen  Vertreter  findet.  Die  profane  Geschicht- 
hreibung  nimmt  in  diesem  Zeitraum,  nachdem  sie  in  den  zwei  Jahr- 
mderten  nach  Konstantin  merklich  an  Bedeutung  verloren  und  der  Kirchen- 
schichte den  Vorrang  eingeräumt  hatte,  durch  den  gewaltigen  Prokop, 
Q  feingebildeten  Agathias,  den  diplomatisch  geschulten  Petros  Patrikios, 
o  originellen  Menander  Protektor,  endlich  in  der  ersten  Hälfte  des 
Jahrhunderts  durch  den  in  seiner  Form  affektierten,  aber  inhaltlich 
«h  sehr  wichtigen  Theophylaktos  einen  unerwarteten  Aufschwung.  Neben 
T  Geechichtschreibung  erreichen  die  Fächer  der  Sophistik,  Rhetorik 


12  B7%a!i^^*^niadhe  Litteratargesohiohte.    Einloitimg* 

und  Epistolographiein  diesem  Zeitraum  durch  Männer  wieLibai 
mistios,  Himerios,  Julianos  den  Apostaten,  und  die  Jünger  der  Schule 
unter  denen  der  erst  in  neuester  Zeit  genauer  bekannt  gewordene 
hervorragt,  eine  ansehnliche  Höhe  und  ihre  Erzeugnisse  sind  für  d 
byzantinische  Zeit  von  grösstem,  noch  nicht  hinlänglich  studiei 
flusse  geworden. 

Die   philosophischen  Studien  erreichen  zunächst  durch 
platonismus  eine  wenn  auch  nicht  sehr  erfreuliche  Nachblüte;  nach 
dieses  nebelhafte  und  wenig  lebensfähige  System  durch  den  gewal 
Eingriff  Justinians  seine  letzte  äussere  Stütze  verloren  hatte,  fr. 
Weltweisheit  nur  noch  in  vereinzelten  Kommentaren  zu  Aristoteles 
liches  Dasein.    Auf  dem  scheinbar  geringfügigen,  aber  für  die  Be 
der  allgemeinen  Bildungshöhe  und  der  Studienweise  wichtigen  G 
Philologie  im  engem  Sinne  ist  in  dieser  wie  noch  mehr  in  der 
byzantinischen  Zeit  der  hervorstechendste  Charakterzug  die  Sammli 
arbeitung  und  Kommentierung  des  alten  Materials:  In  der  Lexiko 
ist  es  der  sogenannte  Kyrillos,   der  im  fünften  Jahrhundert  odei 
fang  des  sechsten  ein  altes  rhetorisches  Lexikon  aus  geringfQgi§ 
saren  erweiterte  und  damit  ein  Werk  schuf,  das  in  der  ganze 
tinischen  Zeit  im  Schulbetriebe  und  bei  der  Bearbeitung  neuer  lexi 
Hilfsmittel  die  grösste  Rolle  spielte;  in  der  eigentlichen  Oramma 
den  im   vierten  Jahrhundert  durch  Theodosios  von  Alexandria, 
sechsten  und  siebenten  Jahrhundert  durch  Lehrer  wie  Johannes  PI 
Johannes  Charax  und  Georgios  Choeroboskos  die  alten  Werke  de 
sios  Thrax,  des  ApoUonios  Dyskolos  und  des  Herodianos  exzerp 
erklärt  und  so  im  grossen  und  ganzen  in  jene  Form  gebracht,  in 
sie   die  Lehrmethode  der  byzantinischen  Aera  und  in  verschiedei 
arbeitungen  sogar  der  abendländischen  Humanistenzeit  bis  ins  lets 
hundert  herein  beherrschten. 

Wenn   somit  vom  Anfang  des  4.  bis  gegen  die  Mitte  des 
hunderts   in   der  Litteratur   und   in  der  Fortpflanzung   der  Bildu 
lebhafte  Thätigkeit  besteht  und  wenn  in  dieser  Zeit  unter  dem  ] 
christlicher,   römischer   und   orientalischer  Elemente  und  durch   < 
gehenden  Veränderungen  in  der  lebendigen  Sprache  neue  Gehalte  i 
Formen  kräftig  ausgebildet  werden,  so  überrascht  nach  diesem  2 
im  gesamten  kulturellen  Leben  der  Byzantiner  eine  ungeheuere 
Auf  die  Zeit  einer  reichen  und  häufig  glücklichen  Produktion  fol 
unerwartet  und  fast  unvermittelt  eine  trostlose  Verödung,  die  sich 
Litteraturgattungen  mit  Ausnahme   der  kirchlichen  ziemlich  gleic 
ausdehnt.     Diese  unfruchtbare  Periode  erstreckt  sich,  in  runder  i 
sprechen,  von  650 — 850;  denn  von  einigen  volksmässigen  Chronis 
im  Anfang  des  9.  Jahrhunderts  ihren  Zeitgenossen  wieder  zum  E 
sein  brachten,  dass  es  auf  griechischem  Boden  einmal  etwas  wie  ge 
liches  Interesse  gegeben  hatte,  kann  man  bei  dieser  allgemeinen  Cl 
ristik  fügUch  absehen.    Niemals  ist  der  unermessliche  geistige  Stn 
die   griechische  Litteratur   von  Homer  bis   auf  die  Tage  Mohami 
Eroberers  darstellt,   so  lange  und  so  gründlich  vertrocknet,  wie  in 


Begriff  «nd  allgemtthi«  Ctoiohiehte  der  bysantiniflohen  Litteratur.    (§  1)      13 


>eiden  Jahrhanderten.  Die  profane  Schriftstellerei  schweigt  so  gut  wie 
'oüständig;  Leo  der  Isaurier  schloss  die  Akademie  in  Konstantinopel,  und 
renn  auch  die  Nachricht,  dass  er  sogar  ihre  Bibliothek  verbrannt  habe, 
-ielleicht  auf  Erfindung  oder  Entstellung  beruht,  so  ist  sie  doch  bezeich- 
lend  für  das,  was  ihm  die  Späteren  zutrauten.  Das  Jahrhundert  des 
iflderstunns  (726—842)  war  nicht  bloss  für  die  Bilder,  sondern  auch  för 
lie  Bildung  verhängnisvoll,  und  wenn  die  früher  häufige  radikale  Ver- 
irteQung  der  Bilderstürmer  ungerecht  war,  so  fassen  die  Neueren  wie 
^aparregopolos,  Lampros,  Gregore vius  u.  a.,  welche  den  Bildersturm  zu 
iner  der  grössten  Thaten  der  römischen  Staatsregierung  zu  erheben  suchen, 
de  Erscheinung  doch  zu  ausschliesslich  vom  rein  politischen  Standpunkt 
luf ;  so  sehr  die  wahren  Ursachen  dieser  mächtigen  Bewegung  im  Dunkel 
legen,  so  empfängt  man  doch  aus  manchen  überlieferten  Einzelheiten  den 
leutlichen  Eindruck,  dass  ausser  den  Bildern  und  den  Mönchen  indirekt 
lueh  die  nationale  Bildung  unter  ihr  zu  leiden  hatte.  Was  von  Gelehr- 
amkeit,  Formgefühl  und  dichterischer  Begeisterung  in  diesen  wirklich 
dunkeln'*  Jahrhunderten  noch  übrig  blieb,  diente  vornehmlich  den  Zwecken 
1er  Theologie  und  Erbauung.  Aber  selbst  hier  ist  eine  bedeutende  Er- 
ichlaffüng  der  Schaffensfreude  zu  bemerken.  Die  einzige  wirklich  grosse 
rigur,  Johannes  von  Damaskos,  der  die  Leistungen  der  alten  Theologie 
ibschliessend  zusammenfasst,  vermag  die  Öde  nicht  auszufüllen;  neben  ihm 
ind  seinem  Freunde  Kosmas  von  Jerusalem  sind  in  diesem  Zeitraum  nur 
Qoch  Theodoros  Abukara,  der  Erzbischof  Germanos  (f  740)  und  der  Patriarch 
Tarasios  (784 — 806)  durch  asketische,  moralische  und  hermeneutische 
Schriften,  Andreas  von  Kreta  und  einige  andere  durch  Kirchenpoesien 
von  Bedeutung. 

So  unverkennbar  und  deutlich  springt  die  Thatsache  dieses  lange- 
dauemden  Niederganges  der  Litteratur  und  der  Geistesbildung  dem  geschicht- 
lichen Betrachter  in  die  Augen,  dass  sie  sogar  dazu  verleitet  hat,  den 
ganzen  vorhergehenden  Zeitraum  zum  Altertum  zu  schlagen  und  den  An- 
fang der  byzantinischen  Ära  in  der  unfruchtbaren  Zeit  nach  Heraklios  zu 
Sachen.  So  setzt  Finlay ')  die  Ausbildung  des  byzantinischen  Staatswesens 
in  das  7.  Jahrhundert  (633 — 716)  und  beginnt  die  eigentlich  byzantinische 
Geschichte  mit  den  Isauriem.  Ihm  folgt  Gregore vius,*)  indem  er  bemerkt, 
dass  seit  dem  Ende  des  7.  Jahrhunderts  und  entschiedener  mit  der  isau- 
rischen  Dynastie  jener  kirchliche,  staatUche  und  soziale  Prozess  zum  Durch- 
brach gekommen  sei,  in  welchem  sich  der  rhomäische  Byzantinismus  mit 
dem  jede  andere  Autonomie  aufsaugenden  Mittelpunkt  Konstantinopel  her- 
losgebildet  habe.  Ebenso  betrachtet  Zachariae  von  LingenthaP)  das 
r.  Jahrhundert  als  eine  Zeit  des  Verfalls  und  der  Auflösung  des  griechisch- 
römischen  Kaisertums  und  sieht  im  Zeitalter  der  isaurischen  Kaiser  den 
ieginn  einer  Neugestaltung  von  vielfach  eigentümlichem  Gepräge,  das  sich 
ümählich  zu  dem  entwickelte,  was  man  mit  dem  Ausdruck  Byzantinismus 
n  bezeichnen  pflege.    Ähnlich  hatte  ich  auf  dem  Gebiete  der  Litteratur 

»J  A  history  of  Greece  1  (1877)  351  ff.  »)  Geschichte  des  griechisch-römischen 

')  GeschichtederStadtAÜien  im  Mittel-      Rechts*,  Berlin  1892  S.  XH  (=  S.  IX  der 
iicr  I  108.  2.  Aufl.). 


14  ByiAatinisolie  Litteratargesohiohie.    Einleiinag. 

in  der  ersten  Auflage  dieses  Buches  die  Ansicht  durchgef&hrt, 
Altertum  bis  in  die  Mitte  des  7.  Jahrhunderts  reiche  und  die  byza 
Ära  mit  der  erwähnten  Epoche  der  Verödung  beginne.  Reifliche] 
gungen  und  ein  genaueres  Studium  der  Litteraturwerke  haben  micl 
das  Irrtümliche  dieser  Auffassung  immer  deutlicher  erkennen  las8< 
aber  in  der  früher  beliebten  Abteilung  Wahres  liegt  und  was  de 
erklärt,  das  ist  die  Thatsache,  dass  in  der  Zeit  nach  Heraklios 
sonders  unter  den  isaurischen  Kaisem  das  Byzantinertum  voUstän 
gebildet,  die  Gräzisierung  des  Staates  im  grossen  und  ganzen 
und  die  Neugestaltung  der  politischen,  religiösen,  kulturellen,  sprachli 
litterarischen  Zustände  in  der  Hauptsache  abgeschlossen  ist.  Nun 
das  einheitliche,  durch  keinen  ernstlichen  Konflikt  mit  dem  Alterti 
gestörte  Eigenleben  des  byzantinischen  Geistes.  Die  Periode  von  3 
kann  mithin,  um  das  Verhältnis  durch  ein  abgebrauchtes,  aber  imi 
brauchbares  Bild  zu  illustrieren,  als  die  vorbereitende  und  kä 
Jugend,  die  folgende  Zeit  als  das  Mannes-  und  Greisenalter  des  By 
mus  bezeichnet  werden. 

Am  schwersten  scheint   sich  mit  der  hier  angenommenen  F 
teilung  die  Geschichte  der  christlichen  Kirche  und  ihrer  Littera 
einigen  zu  lassen.    Die  meisten  Kirchen-  und  Dogmenhistoriker  s( 
das  christUche  Altertum  mit  dem  7.  oder  8.  Jahrhundert,  und  aucl 
Litteratur  der  griechischen  Kirche,  welche  im  4.  Jahrhundert  ihre 
punkt  erreicht,  pflegt  man  das  Altertum  bis  auf  Johannes  von  Di 
auszudehnen.     Allein  diese  Abgrenzung  geht  von  einem  Standpua 
den  wir  hier  nicht  einnehmen  dürfen;  die  Darsteller  der  kirchlicl 
schichte  und  Litteratur  berücksichtigen  nur  die  christliche  Zeit;  ii 
derselben  hat  es  eine  gewisse  Berechtigung,  die  Periode  der  gross 
matischen  Kämpfe  und  der  originellen  litterarischen  Thätigkeit  zus 
zufassen  und  als  Altertum  der  Folgezeit  gegenüberzustellen;  diese 
tum  ist  aber  das  christliche  Altertum,  also  ein  ganz  anderer 
als  der  für  die  allgemeine  weltgeschichtliche  Einteilung  geltende 
kommt  es  darauf  an,  die  Grenze  zwischen  der  antik-hellenisch-rö: 
Zeit  und  der  christlich-byzantinischen  zu  finden,   und  diese  fällt  si 
das  4.  Jahrhundert.     Freilich  wird  man  diese  Behauptung  nur  dan 
verstehen,  wenn  man  den  Begriff  byzantinisch  in  einem  etwas  v 
und  höheren  Sinne  auffasst,  als  es  in  der  früheren  Litteratur  übli« 
die  dem  Byzantinismus  meist  feindselig  gegenüberstand  und  ihn  dahe 
auf  Zeiten  und  Zustände  beschränkte,  deren  Gesamtcharakter  zur  1 
genügenden  Anlass  bot.     Aber  auch  in  diesem  weiteren  Sinne  ven 
erscheint  der  Byzantinismus,  wie  schon  oben  angedeutet  wurde,  ni 
fort  völlig  ausgebildet.     Die  Zeit  vom  4. — 7.   Jahrhundert  ist  vi 
eine  Übergangsperiode,  in  welcher  sich  die  alten  und  neuen  El 
noch  vielfach  streiten,  mischen  oder  auch  unvermittelt  nebeneinand 
gehen.     Dadurch  entsteht  ein  buntes    und  verschwommenes   Kolo 
welchem  bald  die  einstige,  bald  die  künftige  Grundfarbe  vorherrscl 
handelt   sich   also  zuletzt   nur   um  die  Frage,    ob  der  Einschnitt 
machen  ist,  wo  die  antiken  Farbenstreifen  im  geschichtlichen  Stn 


Begriff  und  allg«m«ine  Oesdüchte  der  bysantinisohen  Lüteratur.    (§  1)       15 

t  wie  völlig  verschwinden,  oder  da,  wo  die  byzantinisch-mittelalterliche 
rbung  zuerst  an  einer  grösseren  Anzahl  von  Stellen  und  in  einem  er- 
blicheren Umfange  auftritt.  Man  könnte  nun  versuchen  zwei  ganz  ver- 
liedene  Einteilungen  mit  einander  zu  vereinigen  und  die  Antwort  auf 
gestellte  Frage  also  formulieren:  Stellt  man  sich  an  die  Quelle  des 
omes  der  antiken  Entwickelung,  so  wird  man  das  Ende  derselben  erst 
ansetzen,  wo  die  antike  Färbung  wirklich  verschwindet,  also  etwa  im 
fahrhundert;  begibt  man  sich  dagegen  zum  Ende  des  Stromes  d.  h.  auf  den 
ndpunkt  des  ausgehenden  Mittelalters  —  die  letzte  Strecke  des  geschicht- 
len  Stromes,  die  Neuzeit,  bleibt  bei  dieser  Untersuchung  ausser  Betracht 
so  wird  man  naturgemäss  die  Periode,  welche  man  vom  Altertum  abgrenzen 
1,  möglichst  weit  zurückverfolgen  und  ihren  Beginn  da  ansetzen,  wo 
e  wesentlichen  Eigenschaften  zuerst  in  grösserer  Zahl  und  Schärfe  her- 
Ireten,  also  im  4.  Jahrhundert.  Da  nun  eine  Darstellung  der  byzanti- 
chen  Litteratur  die  Erkenntnis  des  mittelalterlichen  Geisteslebens  bezweckt 
1  deshalb  vom  mittelalterlichen  Standpunkt  ausgeht,  so  muss  sie  ohne 
eifel  das  Grenzmal  im  4.  Jahrhundert  aufstellen.  Wer  freilich  aus- 
ilic^sslich  das  Altertum  studieren  will,  mag  sich  immerhin  das  Recht 
rausnehmen,  auch  noch  die  drei  folgenden  Jahrhunderte  mit  ihren  antiken 
sten,  die  ihm  ja  sonst  unterkunftslos  vereinsamten,  unter  das  Schutz- 
ch  des  Altertums  aufzunehmen.  Diesem  Zugeständnis  gegenüber  muss 
er  um  so  ausdrücklicher  betont  werden,  dass  es  für  eine  weltgeschicht- 
he  und  völlig  voraussetzungslose  Betrachtung  richtiger  ist,  innerhalb 
8  streitigen  Gebietes  nicht  da  zu  teilen,  wo  die  letzten  alten  Elemente 
ssterben,  sondern  da,  wo  der  neue  Geist  beginnt.  Denn  die  jungen, 
)enskraftigen,  für  die  Folgezeit  bestimmenden  Elemente  verdienen  mehr 
iachtung  als  die  mit  dem  Keime  des  Todes  behafteten,  in  eine  ihnen 
?md  gewordene  Zeit  hineinragenden  alten  Überreste,  und  für  das  Ver- 
indnis  der  Gesamtentwickelung  ist  es  nützlicher,  das  Emporwachsen 
d  die  Lebensbedingungen  der  ersteren  zu  studieren  als  das  Hinsiechen 
id  Starben  der  letzteren.  Nur  ein  blinder  Anhänger  der  klassischen 
leinherrschaft  wird  in  Abrede  stellen,  dass  in  der  Übergangszeit  vom 
—7.  Jahrhundert  die  neuen  Elemente,  welche  zum  Mittelalter  hinüber- 
bren,  in  weltgeschichtlicher  Hinsicht  interessanter  und  wichtiger  sind 
5  die  kaum  einen  neuen  Ton  hervorbringenden  Fortsetzungen  der  Antike, 
eine  jetzige  Einteilung  unterscheidet  sich  also  von  der  in  der  ersten 
iflage  angenommenen  nur  dadurch,  dass  ich  mich  früher  in  der  Über- 
uigszeit  vom  4. — 7.  Jahrhundert  zu  sehr  durch  die  noch  fortlebenden 
itiken  Elemente  gefangen  nehmen  liess,  während  ich  jetzt  überzeugt  bin, 
ISS  die  durchschlagenden  Momente  dieser  Periode  in  den  Anfängen  und 
orbereitungen  der  neuen  geschichtlichen  Ära  liegen.  Nur  mit  Hilfe  dieser 
uffassong  vermag  ich  den  im  8.  Jahrhundert  zur  vollendeten  Thatsache 
^wordenen  Byzantinismus  zu  begreifen. 

Mit  dem  Anfange  des  9.  Jahrhunderts  regt  sich  wiederum  einiges 
?ben.  Mönchische  Chroniken,  in  deren  Unbeholfenheit  die  Barbarei  der 
^raufgehenden  Zeiten  nur  zu  vernehmbar  nachklingt,  wagen  sich  an  die 
fenüichkeit.    Leo  der  Byzantier  erhält  unter  Kaiser  Theophilos  (829  bis 


X6  ll^A^tiniBche  Litteraturgesohiohte.    Einleitiiiig. 

842)  die  Erlaubnis,  öflfentlich  zu  lehren;*)   unter  dem  Nachfol 
Kaisers,  Caesar  Bardas,  der  in  Wahrheit  im  Namen  Michaels  E 
wird   die  Universität   Konstantinopel   wiederhergestellt.     Ein 
kräftiger  Hauch  kommt  in  die  geistige  Bildung  durch  den  gros 
seiner  Nation,   den  Wiederhersteller   der   alten  Litteratur,   den 
Byzantiner  nach  Charakter  und  Lebensart,  Photios  (um  850). 
winnt  die  Teilnahme  an  dem  alten  Schriftentum,  wie  auch  die 
Bethätigung  an  Ausdehnung  und  Gehalt;  es  ist  eine  aufsteige 
Wickelung  zu  beobachten,  die  im  12.  und  13.  Jahrhundert  ihren  ', 
erreicht.   Auf  das  Zeitalter  des  Photios  folgt  das  weniger  durcli 
Erzeugnisse  als  durch  grossartige  Sammelthätigkeit  hervorragend« 
hundert,  das  man  als  das  Jahrhundert  der  Enzyklopädien 
könnte.    Den  Anfang  macht  Konstantin  Kephalas,  dessen  Thäti 
leicht  schon  am  Ende  des  9.  Jahrhunderts  beginnt,  mit  seiner 
Sammlung  der  alten  Epigramme.     Daran  reihen  sich  die  auf  d 
Gebiete   der  alten  Litteratur  ausgedehnten  Sammelwerke,  weU 
Konstantin  Porphyrogennetos  veranlasste;  dann  rein  philologisch 
wie  die  Scholien  des  Arethas,  das  Lexikon  des  Suidas  und  die  Et] 
endlich  auf  theologischem  Gebiete  die  der  alten  Überlieferung  Si 
liehe  Legendenredaktion  des  Simeon  Metaphrastes. 

Es  war  in  der  That  höchste  Zeit,  dass  dem  Altertum  wie< 
Aufmerksamkeit  zugewandt  wurde.  Wir  verdanken  diesem  Umi 
Erhaltung  eines  grossen  Teiles  der  antiken  Litteratur;  die  ^ 
Handschriften  stammen  aus  der  Zeit  dieses  Wiederauflebens  c 
sehen  Studien,  aus  dem  10.,  11.  und  12.  Jahrhundert.  Hätte  die 
die  in  der  Zeit  des  Bildersturms  am  verderblichsten  wirkte,  n 
fortgedauert,  so  wäre  wahrscheinlich  ein  grosser  Teil  der  w€ 
lesenen  alten  Autoren,  von  denen  schon  in  der  ersten  Hälfte  des 
hunderts  selbst  die  kaiserliche  Allmacht  manche  nicht  mehr  in  um 
Exemplaren  aufzutreiben  vermochte,  vollständig  zu  Grunde  gegai 
der  Studientrieb,  der  unter  den  Komnenen  zu  hoher  Ausbreitung 
hätte  keine  genügenden  Stoffe  mehr  zur  Bethätigung  gefunden. 

Dem  11.  Jahrhundert  verleiht  die  universalistische  Ersehe 
Psellos  ein  rhetorisch-philosophisches  Gepräge.  Gleichzeitig  bi 
Geschichtschreibung,  die  im  9.  und  10.  Jahrhundert  auf  trockene  i 
beschränkt  war,  unter  dem  Einflüsse  der  lebhafter  betriebene] 
einen  höheren  Flug  zu  nehmen.  Die  Palme  des  Jahrhunderts 
zwei  älteren  Zeitgenossen  des  Psellos,  den  Uebenswürdigen  und  ge 
vollen  Epigrammendichtern  Christophoros  von  Mytilene  und 
Mauropus.  Zur  völligen  Entfaltung  gelangt  die  litterarische 
sance  im  12.  Jahrhundert.  Wie  in  der  frühbyzantinischen  Zc 
es  auch  jezt  wiederum  die  Geschichtschreibung,  in  der  sich  di 
Früchte  der  Pflege  geistiger  Bildung  offenbaren.  Nikephoros  B 
Anna  Komnena,  Kinnamos  und  Niketas  Akominatos  schildern  in 
deutenden  Werken  das  letzte  Aufblühen  des  Byzantinertums,   d 


^)  Georgios  Monachos  ed.  M  uralt  S.  713,  25  ff. 


Btgrjg  und  AUsraMine  GeMhiohte  der  byiantinischen  Lüteratnr.     (§  1)       17 

italter  der  Komnenen.  Das  Studium  der  alten  Litteratur  wird  mit  er- 
iter  Regsamkeit  und  nicht  selten  mit  dem  besten  Erfolge  von  Laien 
d  Theologen  betrieben.  Nicht  weniger  als  vier  Metropoliten  treten  im 
.  Jahrhundert  in  den  Dienst  der  profanen  Litteratur,  der  Aristoteliker 
istratios  von  Nikaa,  der  Grammatiker  Gregorios  von  Eorinth,  der  rheto- 
ch  gebildete  und  dichterisch  begabte  Michael  Akominatos  und  der  durch 
\kte  Humanität,  wie  durch  Gelehrsamkeit  ausgezeichnete  Eustathios,  der 
rlit  minder  eifrig  den  Homer  und  Pindar  erklärte,  als  er  das  geistige 
veau  des  f&r  die  byzantinische  Kultur  bedeutungsvollen  Standes  der 
^nche  zu  heben  suchte.  Weniger  erfreulich  offenbart  sich  der  gramma- 
che Eifer  in  Schulhäuptem  vom  Schlage  des  Tzetzes;  doch  legen  auch 
^  wenigstens  von  der  Mannigfaltigkeit  der  gelehrten  Interessen  dieser 
K>che  Zeugnis  ab.  Kaum  ein  Fach  der  alten  Litteratur  bleibt  von  der 
gemeinen  Bewegung  unberührt  Selbst  der  Geschmack  an  erotischer 
xählung  scheint  wieder  zu  erwachen  und  die  Gattung  des  griechischen 
»mans,  die  mehr  als  ein  halbes  Jahrtausend  unfruchtbar  geblieben  war, 
rd  auf  einmal  um  vier  freilich  recht  übel  geratene  Spätgeburten  be- 
ichert.  Mit  grösserem  Glücke  versuchen  sich  die  Zeitgenossen  der  Kreuz- 
lirer  in  der  poetischen  Satire  und  in  Dialogen  nach  dem  Vorbilde  Lukians. 
gar  die  Litteraturgattung,  in  welcher  Byzanz  sich  am  wenigsten  pro- 
ktiv  erweisen  konnte,  das  Drama,  hat  damals  noch  einen  späten  und 
t  völlig  isolierten  Nachzügler  hervorgebracht,  in  welchem  freilich  nichts 
"ongen  ist  als  der  Nachweis,  dass  für  diese  Dichtung  längst  alle  Ver- 
setzungen fehlten.  Besser  glückten  manche  panegyrische  und  epi- 
immatische  Versuche. 

Trotz  aller  äusseren  Erfolge  krankt  die  Bildung  dieser  Blütezeit  an 
e^in  unheilbaren  Übel:  ihr  fehlt  die  Frische  des  Lebens,  die  erhaltende, 
gestaltende  und  stets  Neues  erzeugende  Kraft  der  Natur.  Sie  gleicht  mehr 
er  sorgfältig  hergerichteten  Mumie  als  einem  lebendigen  Organismus. 
inrch^  dass  die  kunstmässige  Litteratur  wiederum  prinzipiell  zur  klassi- 
:en  oder  hellenistischen  Form  zurückkehrte,  entfernte  sie  sich  mehr  als 
von  dem  volksmässigen  Bewusstsein  und  Verständnis.  Die  Kluft  zwi- 
len  Schrift-  und  Umgangssprache  erweiterte  sich  bis  zu  einem 
ide,  der  keine  freundschaftliche  Vermittlung  mehr  zuliess.  Die  Existenz 
i  die  Berechtigung  eines  eigenen  Vulgäridioms  kam  jetzt  deutlicher  zum 
wusstsein  und  seit  dem  Anfang  des  12.  Jahrhunderts  findet  die  neue  Form, 
Q  der  bisher  nur  einzelne  wörtlich  angeführte  Sprichwörter,  Spottverse, 
übersetzbare  Ausdrücke  und  besonders  geläufige  Formen  in  die  Litteratur 
igesickert  waren,  in  grösseren  Schriftdenkmälem  Verwendung.  Die  gut 
imeinte,  aber  mit  den  Thatsachen  der  lebendigen  Sprache  unvereinbare 
arückschraubung  der  litterarischen  Formen  auf  den  Standpunkt  eines 
jigst  entschwundenen  Zeitalters  rief  eine  demokratische  Reaktion  hervor, 
b  deren  Frucht  die  vulgärgriechische  Litteratur  erkannt  wird. 
rtzt  berühren  sich  die  schärfsten  Gegensätze:  auf  der  einen  Seite  der 
dhsam  erlernte.  Übermässig  gekünstelte,  steifleinene  und  innerlich  ver- 
rocknete  Attizismus  und  Hellenismus,  der  durch  die  unüberwindliche  Macht 
\a  Tradition  siegreich  das  Feld  behauptet,  auf  der  andern  Seite  die  lebens- 

dar  Uam.  AUfrhumwimetmcbmft  JX.    1.  ÄbUg.    2.  Änß.  2 


18  BysanÜniiohe  Liiteratiirgeschiohto.    Einleitimg. 

volle,  aber  unbeholfene  Herzenssprache  des  Volkes,  die,  in  der  Orth 
und  Morphologie,  im  Wörterbuch  und  in  der  Syntax  mit  kunstspn 
Elementen  oft  ganz  bizarr  versetzt,  von  den  massgebenden  Erc 
Gebildeten  fast  ängstlich  gemieden  und  zurückgestossen,  sich  e 
langem  Bemühen  zu  einiger  Beweglichkeit,  Reinheit  und  Ausdrucks 
emporarbeitete.  So  entstand  jener  Riss  im  geistigen  Leben  der  ( 
welcher  seit  dem  12.  Jahrhundert  ihrer  Litteratur  mehr  als  irgc 
andern  das  Gepräge  der  Doppelköpfigkeit  verleiht  und  in  ihre  gan 
nale  Bildung  ein  gefahrliches  Element  der  Unwahrheit  hineingebr 
Wahrscheinlich  hätte  diese  aus  vielen  Gründen  beklagenswerte 
vermieden  werden  können,  wenn  die  Schriftsteller  des  11.  und  ] 
hunderts  das  von  Malalas,  Theophanes,  Konstantin  Porphyrogenr 
mit  besonderem  Glück  von  einigen  naiven  Heiligenbiographen  vor 
System  einer  temperierten  Umgangssprache  beibehalten  und  in 
Weise  fortgebildet  hätten,  wie  es  in  den  romanischen  Litteraturen 
In  der  nun  folgenden  Paläologenzeit  scheint  die  Thätigke 
kunstmässigen  Litteratur,  wenn  nicht  an  Gehalt  und  Tiefe,  so 
Mannigfaltigkeit  und  Ausdehnung  fast  noch  zu  gewinnen.  Indem 
lehrte  Attizismus  noch  schärfer  betont  wird  als  selbst  in  der  K( 
zeit  und  bald  jede  Vermittelung  mit  der  Sprache  des  Lebens  und  6 
massigen  Schriftstellerei  zurückweist,  erwachsen  aus  den  Studie 
Epoche  immer  deutlicher  die  Bestrebungen,  welche  die  unmittelb 
schule  des  westeuropäischen  Humanismus  bilden.  So  stehen  die 
dieser  Epoche  zwischen  dem  Mittelalter  und  der  Neuzeit,  zwisc 
letzten  Traditionen  des  Altertums  im  Orient  und  der  Wiedergeburt  ( 
im  Abendlande.  Obschon  der  staatliche  Organismus,  dem  die  la 
Eroberung  den  Lebensnerv  gebrochen  hatte,  langsam,  aber  unau 
seinem  endgültigen  Verfalle  entgegenging,  haben  die  letzten  Jahr 
auf  den  meisten  Gebieten  der  Litteratur,  in  Philosophie  und  1 
Grammatik  und  Exegese,  Epistolographie  und  Geschichtschreibi 
auch  in  der  Poesie  noch  eine  Fülle  an  Wert  ungleicher,  aber  füi 
kenntnis  des  politischen,  religiösen  und  kulturellen  Lebens  dei 
Jahrhunderte  des  byzantinischen  Volkes  wichtiger  Werke  hervor^ 
Ein  hervorstechendes  Gepräge,  das  oft  mit  Unrecht  auf  das  ganz 
tinische  Zeitalter  übertragen  wird,  erhält  dieser  Abschnitt  durch 
der  Leidenschaftlichkeit  südländischer  Naturen  geführten  auf  di< 
bezüglichen  Kämpfe,  die  in  mannigfachen  Nachklängen  noch 
des  Reiches  überdauern.  Merkwürdig  unansehnlich  und  friedfertig  * 
daneben  die  Polemik  gegen  den  Koran,  gerade  als  hätten  die  Bj 
ihren  wahren  Lebensfeind,  den  sie  politisch  lange  unterschätzten,  ; 
religiösem  Gebiete  nicht  erkannt.  Für  die  Mannigfaltigkeit  der 
dieses  Zeitraumes  und  das  immer  stärkere  Überwiegen  des  bloi 
lehrten  Fleisses  ist  namentlich  die  Thatsache  bezeichnend,  dass  die 
tur  jetzt  noch  mehr  als  fiiiher  einen  polyhistorischen  Charal 
winnt.  Rhetorisch-philosophisch  gebildete  Männer  versuchen  sich 
verschiedensten  Feldern,  so  dass  es  zuweilen  schwer  ist,  sie  na 
Eauptleistung  mit  Sicherheit  in  eine  bestimmte  Litteraturgattunj 


Begriff  imd  aUi^emeino  Geadiiolite  der  bysantimschen  Idtteratiir.    (§1)       jg 

ordnen.  Der  bedeutendste  Vertreter  dieser  schriftstellerischen  Vielseitigkeit 
ist  im  13.  Jahrhundert  Georgios  Pachymeres.  Hoch  über  ihm  steht 
Nikephoros  Qregoras,  die  litterarische  Hauptperson  des  14.  Jahrhunderts, 
ein  Mann,  der  an  Gediegenheit  und  Umfang  des  Wissens,  an  Scharfsinn, 
an  Gewandtheit  der  Dialektik  und  an  Festigkeit  des  Charakters  von  keinem 
B3rzantiner  der  Paläologenzeit  übertroflFen  wird.  Die  wichtigsten  Poly- 
historen des  15.  Jahrhunderts  endlich,  ein  Gemistos  Plethon  und  Bes- 
sarion,  führen  schon  in  die  ausserhalb  des  Rahmens  unserer  Darstellung 
hegenden  Kreise  des  Humanismus.  Auf  dem  alten  Kulturboden  von  Byzanz 
selbst  war  mit  der  Eroberung  des  Reiches  durch  die  Osmanen  für  längere 
Zeit  jede  Voraussetzung  einer  höheren  geistigen  und  litterarischen  Bildung 
vernichtet.  Von  der  Barbarei,  die  jetzt  mit  elementarer  Gewalt  herein- 
bricht, legen  unter  anderm  die  in  griechischer  Sprache  abgefassten  diplo- 
matischen Korrespondenzen  der  ersten  Sultane  ^)  ein  merkwürdiges  Zeugnis 
ab;  in  ihrer  wunderlichen  Formlosigkeit  bilden  sie  zu  den  wohlgesetzten 
Aktenstücken  der  byzantinischen  Kanzlei  einen  Gegensatz,  als  wären  sie 
von  ihnen  um  ein  Jahrtausend  getrennt. 

Wenn  die  Litteraturen  wie  die  meisten  menschlichen  Dinge  allmäh- 
lich aufblühen  und  verfallen  und  daher  so  scharfe  Abteilungen,  wie  sie 
das  Kompendiengehim  des  Unerfahrenen  und  Gedankenlosen  sich  zurecht- 
legte in  Wirklichkeit  selten  existieren,  so  gibt  es  doch  im  geistigen  Leben 
d^  einzelnen,  wie  der  Nationen  und  der  ganzen  Menschheit  Zeitpunkte, 
die  ohne  Übertreibung  als  wahrhaftige  Einschnitte  bezeichnet  werden 
können.  Wer  zweifelt  daran,  dass  Aristoteles  den  Grenzpfeiler  zwischen 
der  klassischen  und  alexandrinischen  Litteratur  bildet?  Wer  wollte  be- 
streiten, dass  mit  dem  Jahre  1453  das  geistige  Eigenleben  der  Byzantiner 
tbgelaufen  ist?  Mit  demselben  Rechte  darf  der  litterargeschichtliche  Be- 
obachter versuchen,  den  Endpunkt  des  Altertums  festzustellen.  Von  der 
glQcklichen  Lösung  dieser  Frage  ist  das  geschichtliche  Verständnis  der 
byzantinischen  Litteratur  zu  einem  grossen  Teile  abhängig.  Wenn  ein  so 
gelehrter  Kenner  wie  Bemhardy*)  das  grosse  Wort  gelassen  aussprach, 
dass  auch  die  gewissenhaftesten  Studien  aus  der  weitschichtigen 
Masse  der  byzantinischen  Litteratur  kein  Ganzes  hervorzulocken 
Termöchten,  so  war  es  vornehmlich  seine  falsche  Grenzbestimmung,  die 
ihn  zn  diesem  Irrtum  verleitete.  Indem  er  die  mittelgriechische  Litteratur 
mit  Jnstinian  beginnen  liess,  ergab  sich  dem  unbefangenen  Blicke  zunächst 
«ne  unvorbereitete  und  wenig  verständliche  Höhenreihe  von  Prokop  bis 
auf  Theopbylaktos,  von  Paulos  Silentiarios  bis  auf  Georgios  Pisides,  dann 
eine  klaffende  Lücke,  endlich  eine  allmähliche  Erhebung  über  das  niedrigste 
Niveau.  Aber  auch  sie  wurde  von  Bernhardy  und  seinen  Nachfolgern, 
welche  die  ganze  mittelgriechische  Litteratur  vom  Standpunkte  des  6.  Jahr- 


')  Reiche  Proben  im  8.  Bande  der  Acta 
et  ^iplomata  Oraeca  medii  aevi  heransgegeben 
von  Miklosich  and  Müller.  Ein  rechter- 
fMlicfaea  Beispiel  ist  das  zugleich  historisch 
vidilige  Ulümatum  des  Sultans  Selim  II  an 
im  Ytnftianer  vor  seinem  Angriff  auf  Gypem 


(1570),  Acta  et  dipl.  III  366  f.,  auch  bei 
Sathas,  TovQxoxQarovfA^yrj 'RXXdg  S.  ISO  und 
darnach  bei  A.  A.  Sakeliarios,  T«  Kvngiaxd 
P  (1890)  545. 

*)  Grundriss  der  griechischen  Litteratur 

I*  (1876)  8.  XV. 

2* 


20  ByfintiaiBolie  Xatteratnrgesoliiolite.    Einleitimg. 

hunderts  aus  betrachten,  einer  apriorischen  Doktrin  zu  liebe  ' 
und  geleugnet.  An  die  Stelle  der  unverkennbarsten  Thatsache 
man  eine  luftige,  vom  Geiste  Hegels  getragene  Konstruktion,  ai 
Kernpunkt  die  Idee  eines  unaufhaltsamen,  immer  tieferen  Verfi 
6.  bis  zum  15.  Jahrhundert  erscheint.  Dass  diese  Idee  der  Wir 
völlig  widerspricht,  ist  durch  die  oben  gegebene  allgemeine  Skh 
schon  deuttich  geworden  und  wird  in  der  folgenden  Spezialdarstell 
einzelnen  Litteraturgattungen  noch  klarer  hervortreten.  Nachdem  < 
byzantinische  Periode,  in  welcher  sich  die  alten  und  neuen  Elemei 
mischen  und  streiten,  zum  Abschluss  gelangt  ist,  beginnt  nach  eine] 
Zeit  der  Unfruchtbarkeit  eine  einheitliche,  im  Sinne  des  Zeitalter 
gemäss  aufsteigende  Entwickelung,  die  von  dogmatischen,  asketisc 
moralischen  Schriften,  von  Kirchenliedern,  Legenden  und  mönchisch« 
niken  ausgeht,  dann  allmählich  durch  das  erneute  Studium  der 
Autoren  und  durch  eine  naivere  Auffassung  der  zeitgenössischen  I 
Mannigfaltigkeit  des  Inhalts  und  Reichtum  der  Form  beträchtlich 
und  sich  mehrere  Jahrhunderte  hindurch  auf  einer  beträchtliche 
erhält,  um  endlich  einerseits  im  Humanismus  und  andererseits  in  de 
dichtung  die  letzten  Früchte  zu  reifen. 

Dass  unser  Abriss  trotz  der  gewonnenen  Erkenntnis  noch  na 
Weise  mit  Justinian  beginnt,  geschieht  lediglich  aus  praktischen  C 
welche  einen  unmittelbaren  Anschluss  an  die  Litteraturgeschichte  vo 
erforderten.  Hoffentlich  gelingt  es  später,  bei  einer  abermalige 
bearbeitung  der  beiden  Bücher,  das  Grenzmal  den  beiderseitigen 
ansprüchen  gemäss  zu  verrücken.  Der  Umstand,  dass  die  übliche 
lung  den  wissenschaftlichen  Sprachgebrauch  für  sich  gewonnen  ha 
keine  unüberwindUche  Schwierigkeit;  denn  bekanntlich  sind  in  den 
Jahrzehnten  auch  andere  falsche  Terminologien  in  der  Sprache 
Litteraturgeschichte  mit  Erfolg  bekämpft  und  endgültig  beseitigt 
Übrigens  wird  es  sich  empfehlen,  Erzeugnisse  der  Zeit  von  32 
wenn  man  sich  genau  ausdrücken  will,  im  Gegensatz  zu  den  späi 
«frühbyzantinisch'  zu  bezeichnen. 

Charakteristik. 

2.  Die  byzantinische  Litteratur  ist  der  wichtigste  Ausdn 
geistigen  Lebens  der  griechischen  Nation  und  des  römischen  Staat 
Ausgange  des  Altertums  bis  an  die  Schwelle  der  neueren  Zeit.  Von 
Thatsache  hat  ihre  Wertschätzung  vornehmlich  auszugehen.  Daneb< 
ihre  Bedeutung  in  den  Einflüssen,  welche  von  ihr  auf  die  orienta 
slavischen  und  westeuropäischen  Völker  des  Mittelalters  gewirkt 
endlich  in  ihrem  engen  Zusammenhange  mit  der  klassischen  Phi 
Bis  auf  die  neueste  Zeit  ist  namentlich  der  zuletzt  genannte  Punkt 
worden.  Wenn  die  klassische  Philologie,  wie  Bücheier  i)  bemerkt,  jetz 
Fortschritt  hauptsächlich  darin  sucht,  dass  sie  aus  der  früheren 


<)  Philologische  Kritik,  Bonn  1878  S.  1. 


Charakteristik«    (§  ;)  21 

senheit  heraustritt  und  mit  Vorliebe  dem  Zusammenhange  und  der 
inschaft  nachforscht,  durch  welche  Griechen  und  Römer  in  Sprache, 
und  Kultur  mit  Völkern  vor  ihnen  und  nach  ihnen  verbunden  sind, 
dot  diese  Erweiterung  des  Gesichtskreises  in  der  That  das  reichste 
?rgiebig8te  Arbeitsfeld  in  dem  Schrifttum  der  Byzantiner.     Es  gibt 

ein  Gebiet  der  alten  Philologie  und  Sprachwissenschaft,  welchem  eine 
fte  Untersuchung  der  mittelgriechischen  Litteratur  nicht  irgend  einen 
n  brachte.  Diese  Thatsache  wird  längst  zugestanden  und  bedarf 
>  Beweises.  Die  antike  Tradition  ist  in  Byzanz  niemals  gänzlich  aus- 
*ben,  und  ein  Zeitalter  des  Humanismus  hätte  dort  nicht  im  gleichen 

aufleuchten  können  wie  im  Abendlande.  Der  Zusanmienhang  mit 
Utertum  blieb  bei  den  Mittelgriechen  in  litterarischer  und  politischer 
•ht,  wenn  man  etwa  von  der  Finsternis  des  7.  und  8.  Jahrhunderts 
it,  immer  gewahrt.  Daher  kommt  es,  dass  auch  der  künstlich  ge- 
rte  Klassizismus,  wie  er  seit  der  Komnenenzeit  üblich  wurde,  den 
itinem  keineswegs  als  etwas  Fremdartiges  und  Lebloses  erschien,  ganz 
>gensatz  zu  der  lateinischen  Humanistenlitteratur,  die  nicht  einmal 
ien  Italienern  als  etwas  Nationales  betrachtet  wird.  In  der  neueren 
itteratur  kommen  die  Beziehungen  der  Byzantiner  zum  Altertum  inmier 
hmlicher  zum  Worte.  Wenn  man  die  Gesamtsunmie  der  philologischen 
iktion  in  den  letzten  Jahrzehnten  überblickt,  bemerkt  man  mit  Staunen, 
en  Umfang  fast  unbemerkt  die  Arbeiten  auf  dem  spätgriechisch- 
itinischen  Gebiete  gewonnen  haben.     Eine  Reihe  von  Gelehrten,  die 

dem  Zeichen  der  klassischen  Philologie  arbeiten,  haben  die  Gegen- 
e  ihrer  Untersuchung  in  den  unaussprechlichen  Jahrhunderten  gesucht, 
denke  an  die  grossartigen  Leistungen,  durch  welche  im  Chaos  der 
Ltinischen  Geschichtschreibung,  Grammatik,  Lexikographie,  Metrik, 
egienlitteratur,  Hagiographie  und  Kirchenpoesie  allmählich  Licht  und 
mg  geschaffen  wird.  Die  besten  Erforscher  des  Altertums,  wie 
[ommsen,  H.  Usener,  A.  v.  Gutschmid,  W.  Studemund,  A.  Reifferscheid, 
achsmuth,  C.  Bursian,  W.  Christ,  E.  Rohde,  W.  Meyer,  0.  Crusius,  A. 
,  K.  Reitzenstein,  L.  Cohn  u.  a.,  haben  den  Byzantinern  längere  und 
nisreiche  Besuche  abgestattet.  Wenn  die  innerliche  Begeisterung  für  das 
tum  durch  diese  abgelegenen  Studien  schwerlich  gewonnen  hat,  so  ist 
issenschaftliche  Nutzen  zweifellos,  und  das  muss  uns  genügen.  Wollte 
lie  Berechtigung  jeder  Arbeit  nach  ästhetischen  und  pädagogischen  Rück- 
en abmessen  und  den  Selbstzweck  der  Wissenschaft  negieren,  so  bliebe 
r  Philologie  wie  in  anderen  Disziplinen  für  die  Forschung  herzlich 
:  übrig.  Eine  künstliche  Beschränkung  auf  die  inhaltlich  und  formal  voll- 
en Zeiten  hätte  erst  recht  eine  Ermattung  und  Stagnation  der  Geister 
olge,  in  welcher  sicher  auch  der  vielgepriesene  reine  Enthusiasmus  und 
ädagogische  Kraft  versinken  würden.  Nicht  auf  den  Stoff,  auf  den 
.hen  konmit  es  an.  Wer  hellen  Geistes  und  frischen  Gemütes  arbeitet, 
auch  von  Byzanz  aus  den  Weg  zur  Wahrheit  und  Schönheit  finden. 
Trotzdem  muss  vor  der  übermässigen  Betonung  der  antiken 
lente  in  Ostrom  gewarnt  werden.  Nichts  hat  das  tiefere  Verständnis 
lie  Wertschätzung  der  byzantinischen  Zeit  mehr  beirrt  als  die  Ge- 


22  B7««i3(ik^lÜBoli6  Litieratorgevobiobte,    Emleitung. 

« 

wohnheit,  in  ihr  alles  nur  als  Fortsetzung  und  Ausfluss  des  Altert 
betrachten.     Byzanz  war  den  meisten  Forschem  die  ungeheuere  L 
kammer  des  hellenischen  Hünengeschlechtes,  der  Beachtung  nur 
wegen  der  hier  aufbewahrten  Reste  und  Kleinodien  aus  längst  ents 
dener  Zeit.     Wie  die  prosaische  Litteratur  der  Mittelgriechen  gei 
nur  als  Repertorium  alter  Formen  und  Wörter,  als  eine  Fundstät 
Varianten,   Fragmenten,  mythologischen,   antiquarischen  und  histo 
Notizen  angesehen  wurde,  so  fand  auch  in  der  Poesie  nur  das  Bea< 
was  an  das  Altgriechische  anknüpfte   und  den  Gelehrten  die  erwi 
Gelegenheit  gab,  sofort  den  Quellen  nachzugehen  und  die   „histo 
Brücken"  zu  schlagen.    Dieses  mehr  oder  weniger  bewusst  festge 
Prinzip  leitete  die  Forschung  auf  jene  Schriften,  in  welchen  die  Verw 
alten  Gutes  und  die  Beziehung  zu  den  Vorbildern  am  deutlichsten  z 
lag,  d.  h.  gerade  auf  die  schlimmsten  Machwerke  sklavischer  Im 
So  wurde  4en  Erzeugnissen  dieses  Zeitalters  die  dogmatische  Zem 
Wertlosigkeit  aufgedrückt.      Die    einmal   geprägte    Note   ward  un 
Male  wiederholt,  selten  auch  nur  teilweise  nachgeprüft,   niemals  in 
ganzen  Umfange  untersucht.    Keine  litterarische  Kritik  ruht  auf  ei 
geringen  Masse  thatsächUcher  und  selbsterworbener  Kenntnis  als  ( 
liehen  Verdikte   über  das  byzantinische  Schrifttum.     Trotzdem  laut 
Urteile    meist   hart   und    exklusiv;    denn    die  Halbwissenheit  ist  i 
und  Tadel   stets  kühner  und  massloser  als  die  gewissenhafte  Fors 
Das  entsetzliche  Wort   „Weh  dir,   dass  du  ein  Enkel  bist"   hat  s 
den    Byzantinern    hundertfach    erfüllt.       Selbst    Männer    wie   Ben 
Hessen  sich  durch  die  exklusiv  „philologische"  Betrachtung  der  b^ 
nischen  Litteratur,  dadurch,  dass  sie  jeden  Gedanken,  jedes  Bild,  jedes 
nur  als  Nachklang  aus  dem  Altertume  vernehmen  wollten,  zu  ges( 
lieh  ungerechten  und  verwirrenden  Urteilen  hinreissen.   Wer  sich  n 
dem  klassischen  Standpunkte  wohl  fühlt,  verschliesst  sich  naturgemäß 
Anfang  an  der  Einsicht  in  das  byzantinische  Wesen.   Wer  kann  z.  ] 
gesamten  Persönlichkeit  eines  Eustathios  oder  eines  Niketas  Akom 
gerecht  werden,  wenn  er  keinen  andern  Massstab  für  sie  findet   aL 
starchos  oder  Thukydides?    Wer  kann   die  unvergleichliche  Erhab 
eines  Romanos  empfinden,  wenn  ihm  die  christlich-gläubige  Begeist 
verloren  gegangen  ist  und  wenn  er  nicht  die  Fähigkeit  besitzt,  sich  ii 
sehr  „unklassische"  Sprache   und   eine  fremdartige  Metrik  hineinzul 
Einen  weiteren  Grund  hat  die  fahrlässige  Massenhinrichtung,  v 
die  Kritik  an   den  Byzantinern  zu  vollstrecken  beliebt,  in   der  üblei 
wohnheit,  die  griechische  Litteratur  des  Mittelalters  als  eine  gleichför 
und  gleichfarbige  Masse  zu  betrachten,  als  ob   die  überall  gelt( 
Unterschiede  der  Zeit,  der  Gattungen  und  der  Individuen  hier  ihre  Wii 
versagt  hätten.    Man  kann  zugeben,  dass  der  byzantinische  Ohara 
eine  auffallende  Zähigkeit  besitzt  und  bis  ins  15.  Jahrhundert  ohne  g 
Veränderung  fortdauert;  aber  man  darf  nicht  übersehen,  dass  dieser 
rakter  nicht  so  leicht  zu  bestimmen  ist,  wie  man  gemeiniglich  anni 
und  dass  namentlich  die  jeder  klaren  Anschauung  feindlichen  Schlage 
wie  dogmatische  Starrheit,  religiöser  Fanatismus,  Verschwommenheii 


Charakteristik«    (§  2) 


23 


sklavische  Imitation  ihn  weder  erschöpfen  noch  zutreffend  bezeichnen.    Was 
gar  den  in  der  neueren  und  neuesten  Tageslitteratur  so  sehr  in  Schwang 
gekommenen  Gebrauch   des  Wortes  byzantinisch   zur  Bezeichnung  des 
gemeinen  Servilismus  im  staatUchen   Leben  betrifft,   so  muss   die   unbe- 
fangene Geschichtsbetrachtung  zugeben,  dass  diese  schlimme  Eigenschaft 
durchaus  nicht  den  Byzantinern  eigentümlich  ist,  sondern  sich  immer  und 
überall   findet,  wo  absolute  Herrscher  sind.     Mit  dem   äusserlichen  Hof- 
zeremonieU  kam  der  innerliche   Servilismus  auch    im   Abendlande  zu  so 
grosser  Verbreitung,  dass  das  gebildete  Mitteleuropa  den  Byzantinern  durch- 
aas nichts  mehr  vorzuwerfen  hat.   Niemals  hat  der  Byzantinismus  in  Byzanz 
so  üppig  geblüht  wie  an  den  Höfen  Karls  V,  Philipps  H,  Ludwigs  XIV  und 
mancher  Duodezfürsten  unseres  Vaterlandes.^)    Die  deutschen  Hofpoeten 
der  guten  alten  Zeit  übertreffen  an  hündischer  Kriecherei  alles,  was  die 
mittelgriechische  Litteratur  an  verwandten  Ergüssen  besitzt,  und  der  rjhog 
ßcuTii^vg  des  Psellos  hat  im  roi-soleil   Frankreichs  sein  getreues  Gegen- 
stück gefunden.   In  Wahrheit  ist  Byzanz  weniger  absolutistisch  als  sein  Ruf. 
Trotz   aller  Zentralisation  der  Staatsgewalt   in    der   heiligen  Person  des 
Kaisers  durfte  sich  der  byzantinische  Hof  niemals  jene  grenzenlose  Kor- 
ruption und  Verschwendung  erlauben,   die  im  18.  Jahrhundert  in  Frank- 
reich   und    in    gehorsamer    Nachäffung    des    berühmten    Musters    in    so 
manchen  deutschen  Kleinstaaten  wucherte.   Von  der  fabelhaften  Üppigkeit 
der  endlosen  Vergnügungen,   der  Maskeraden,   der  Aufzüge   und  süssen 
Schäferspiele,  der  Illuminationen  und  Feuerwerke,  von  den  wilden  Zech- 
gelagen, den  berüchtigten  Jagd-  und  Waldfesten,  von  den  als  Pagen  ver- 
kleideten filles  d'honneur  hören  wir  in  Byzanz  wenig.   Die  Steuerschraube 
wurde  dort  nicht  minder  erbarmungslos  angezogen  als  bei  uns;   aber  der 
grösste  Teil  der  gewonnenen  Einkünfte  wurde  durch  die  unvermeidlichen 
Kriege  gegen  die  von  allen  Seiten  herandrängenden  Nachbarvölker  und 
durch  sonstige  Bedürfiiisse  des  Staates,   nicht  durch   die  Üppigkeit  des 
Hofes  verschlungen.    Masslose  Selbstsucht  und  unersättliche  Herrschbegierde 
haben  in  Byzanz  oft  blutige  Verbrechen  geboren;   aber  in  einem  Staats- 
wesen,  wo  so  grosse  Interessen  wider  einander  streiten,  lässt  man  sich 
derartige  Konflikte  wirkUch  noch  besser  gefallen  als  die  „satte  Tugend* 
and  die  ,  zahlungsfähige  MoraP.     Das  harte  Metall,  aus  dem  manche  By- 
xantiner  wie  Nikephoros  Phokas,  Johannes  Tzimiskes  und  Basilios  II  ge- 
schmiedet sind,   ist  uns  sympathischer  als   der  galante  Schmutz  mancher 
mitteleuropäischer  Höfe  der  neueren  Zeit.     Dabei  fehlt  es   auch  nicht  an 
Fürsten,  die  mit  Grossartigkeit  der  Gedanken  und  eiserner  Energie  milde 
Humanität  vereinigen  wie  der  treffliche  Johannes  Eomnenos  und  die  glän- 
zende Rittergestalt  seines  Sohnes  Manuel.    Der  widerliche  Charakter,  der 
thatsächlich  einzelnen  Abschnitten  wie  der  traurigen  Übergangsperiode 
von  1025 — 1081  anhaftet,  wird  mit  Unrecht  auf  das  ganze  byzantinische 
Zeitalter  übertragen.   Ebenso  muss  auch  bei  der  Betrachtung  der  Littera- 
tur zwischen  den  Zeiten,   Gattungen  und  Individuen  unterschieden 


*)  Hierfiber   einige  gute  Bemerktmgen 
km  W.  Fischer,  Ein  Wort  fiber  den  Byzan- 


tinismus, Zeitschriffc  für  allgemeine  Geschichte 
5  (Stuttgart  1888)  989—997. 


24:  B7%*^^^^^ohe  Litteraturgesohiolite.    Einloitnng. 

werden.  Sobald  wir  uns  mit  liebevoller  Sorgfalt  ins  Einzelne  ve 
werden  Abstände  offenbar,  die  uns  den  Mut  benehmen,  der  üblichen 
lisierung  der  Urteile  beizupflichten. 

Die  selbständige  Bedeutung   des  geistigen  Lebens  c 
zantiner  kann  nicht  ausdrücklich  genug  betont  werden.    Was 
schaffen  haben,  ist  mehr  als  ein  blosses  Anhängsel  des  Altertums, 
der  griechischen  und  römischen  Litteratur  steht  das  byzantinische 
tum  als  ein  neues  Gebilde,  in  welchem  sich  griechische,  römische, 
liehe  und  orientalische  Elemente  zu  einem  eigenartigen  Ganzen  versc 
haben.    Das  herrschende  Element  in  diesem  Ganzen  blieb  das  grie 
Zwar  war   das  byzantinische  Reich  nichts  weniger  als  etwas  rei 
chisches  —  eine  Vorstellung,  vor  der  nicht  genug  gewarnt  werden  ! 
sondern  ein  eigenartiges  Amalgam  griechischer  und  fremder  Beste 
unter  denen  ausser  den  römischen  und  orientalischen  namentlich  die 
rischen  (slavischen  und   germanischen)   zur  physischen  und   mor 
Verjüngung  und  zur  materiellen  Kräftigung  des  Staates  beitrüge] 
die  Führung  behaupteten  doch  die  Volksteile,  deren  Sprache  die  gric 
war,  mochte  nun   ein  Tropfen  mehr  oder  weniger  altheUenischen 
in  ihren  Adern  rollen.   Die  geistigen  Äusserungen  im  Staate,  in  der 
und  in  der  hohem,   vielfach  auch  in  der  niederen  Gresellschaft, 
Litteratur  und  in  der  Kunst  geschahen  so  gut  wie  ausschliesslich  i 
chischen  Formen,  und  die  alte  Beobachtung,  dass  die  Kräfte  eines 
auf  der  geistigen  Seite  hegen,  hat  sich  auch  hier  glänzend  bewährt 
unbestritten  das  griechische  Wesen  im  Reiche  dominierte,  beweis 
die  auffallend  schnelle  Gräzisierung  der  slavischen  Einwanderer  in 
griechenland  und  im  Peloponnes.     In  der  That  ist  den  Griechen  i 
eine  so  bedeutende  politische  Rolle  zugefallen  als  während  des 
alters.    Das  antike  Kleinleben  der  Staaten  und  Stämme  erscheint  d 
unansehnlich;   und  noch  weniger  darf  man  sich  verleiten  lassen,   c 
deutung  des  Griechentums  in  der  byzantinischen  Zeit   nach  der  b 
denen  Rolle  abzuschätzen,  welche  die  Griechen  in  den  letzten  viei 
hunderten  spielen  mussten  und  leider  noch  heutigen  Tages  spielen 
gewaltige  reelle  Hintergrund  darf  bei  der  Beurteilung  der  byzantii 
Litteratur  nicht  übersehen  werden.     Etwas  Ähnliches  gibt  es  im  i 
lande  nicht.     Wenn  daher  im  zweiten  Teile  dieses  Bandes  eine  la 
sehe  Litteraturgeschichte  des  Mittelalters  als  Gegenstück  u 
Abrisses   in  Aussicht   genommen   ist,    so  beruht   diese  Zusammensl 
mehr  auf  einer  äusseren  Analogie  als  auf  einer  inneren  Verwandt! 
Wie  im  Westen  an  die  Stelle  des  alten  Imperium  neue  Herrschaften  i 
so  löste  sich  auch  die  unmittelbare  Tradition  der  Sprache  und  Litt 
in  ungleiche  Sonderexistenzen  auf.  Daran  vermochte  die  künstUche  W 
aufrichtung   des  römischen  Kaiserthrons   durch  Karl  den  Grossen 
mehr  zu  ändern.    Der  lateinischen  Litteratur  des  Mittelalters  fei 
geschlossene   Einheit,   ihr   mangelt   die   nationale,    politische   und   t 
Grundlage.     Ihre  Dichter  unternehmen  keinen  bewussten  Wettstre 
den  Alten;  sie  schreiben  private  Schulübungen,  und  das  Streben  nac! 
Lorbeer  der  Unsterblichkeit  ist  ihnen  unbekannt.    Ein  Hauptgrund 


26  B^M^^^^^^ohe  Litteratnrgesohiohte.    Einleitimg. 

punkt  seiner  Leistungen  fallt.  Innerhalb  der  einzelnen  Gruppe 
dann  die  chronologische  Ordnung  streng  beobachtet.  Was  die  Bei 
der  Hauptgattungen  betrifft,  so  verlangte  in  der  kunstmässigen  I 
naturgemäss  die  Prosa,  in  der  volkstümlichen  dagegen  die  Po 
Vorrang.  Die  Durchsichtigkeit,  mit  welcher  in  der  alten  I 
die  Hauptformen  und  Stufen  der  Entwickelung  erkennbar  sind,  kc 
diesem  Mischsystem  unmöglich  erreicht  werden.  Doch  vereinigt 
jedenfalls  vor  der  strengen  Eidologie,  welche  eine  unbarmherzige 
terung  der  einzelnen  Autoren  zur  Folge  hätte,  wie  vor  dem  sj 
stischen  System,  bei  welchem  die  Entwickelung  der  Gattungen  ga 
deutlich  würde,  die  meisten  Vorzüge.  Hier  wie  überall  schien 
gewisse  Zweckmässigkeit  wünschenswerter  als  doktrinäres  Festh 
überlieferten  Schablonen. 

Was  heute  mit  Recht  als  das  Lebenselement  jeder  litterarhis 
Darstellung  betrachtet  wird,  die  Darlegung  der  genetischen 
menhänge,    lässt   sich  in  der   byzantinischen  Litteratur  noch  : 
vollen  Umfange  und  mit  genügender  DeutUchkeit  durchfuhren.     ] 
ob  eine  Entwickelung,   wie  manche  etwas  vorschnell  angenomme 
in  der  byzantinischen   Zeit  mangelte.     Wachstum  und  Verfall  e 
auch  hier,   die  Prozesse  verlaufen  aber  langsam  und  unregelmäs 
eine  so  wunderbare,  dem  Leben  eines  Individuums  vergleichbare  E 
lungsgeschichte,  wie  sie  die  vorchristliche  Litteratur  der  Grieche 
darf  in  dem  mit  Tradition  übersättigten  Zeitalter  der  Byzantin 
gesucht  werden.     Tief  eingreifende  Umwälzungen   des  Geschmac 
prinzipielle  Veränderungen  der  Anschauungsweise  blieben  einem 
fem,  in  welchem  die  konservative  Tendenz  auf  allen  Gebieten  des 
liehen  Lebens   vorherrschte.     Um  die   Unterschiede    des   Alt< 
der  Individuen,  die  hier  feiner  sind  als  in  Epochen  wild  gärend 
kennen  zu  lernen,  muss  unser  Auge  noch   durch  lange  Übung  ( 
werden.     Wenn  wir   uns  freilich    mit  der  Versicherung  Bemhai 
ruhigen,   dass  alle  Byzantiner  eine  gewisse  Familienähnlichkeit 
werden  wir  in  der  Erkenntnis  nicht  weiter  konmien.    Denselben  ] 
der  Verwandtschaft  erhält  der  femer  stehende  Beobachter  auch 
meisten  Autoren  anderer  Litteraturen.    Wie  lang  bedarf  es  z.  B., 
aus  der  scheinbar  ziemlich  gloichmässig  realistisch-erotisch  gefärbte 
der  französischen  Romanschriftsteller   die  Typen  herausgreifen  \ 
einander  so  unterscheiden  lernt,   dass  eine  beliebige   grössere  St 
zur   Bestimmung   des  Autors   hinreicht.     Auch   in   Byzanz   existi 
grundverschiedene  Gestalten  wie  Victor  Hugo,  Daudet,  Zola,  Bourg 
Wer  an  diese  Unterschiede  nicht  zu  glauben  vermag,   sei  daran  < 
welche  Vertiefung  der  Studien  erforderlich  war,  bis  die  Kunstges( 
aus  dem  allgemeinen  Begriff  antiker  Kunst  zur  Unterscheidung  d 
chischen  und  Römischen,  dann  zur  Erkenntnis  einer  attischen,  pe 
sischen    und    nordgriechischen    Schule,    endhch   zur   feineren   Bh 
einzelner   Künstler    gelangte.      Wer    teilt   heute    noch    die   Über 
Friedrich  Schlegels,  dass  in  der  christlichen  Malerei  und  Bildhauerei 
frühesten  Zeiten  bis  zum  14.  Jahrhundert  die  vollkommenste  Ein] 


28  B^ii^^^^'^olie  latteraturgesohichte.    Einleitimg. 

Ansichten  über  die  Entstehungszeit  mancher  umfangreichen  y^ 
viele  Jahrhunderte  auseinander  gehen.     Eine  schärfere  Untersuc 
Zeiten    und   Studienweisen    wird   hier    zweifellos   wichtige   Aufl 
schaffen.     Ebenso   wird   die  Ungewissheit,    die    über    die    Aut( 
einiger  Stücke  herrscht,  durch  eine  genauere  IndividuaUsierung  u 
minutiöse  sprachUche  Untersuchungen,  wie  sie  z.  B.  Tycho  Mom 
dem  wichtigen  Gebiete  der  Präpositionen  unternommen  und  zu 
Glück   auch   auf  die  Byzantiner  ausgedehnt  hat,   sicherlich  da 
gehoben  werden  können.  Bis  jetzt  leidet  das  litterarhistorische  Bild 
Autoren  unter  einem  Wüste  fremder  Arbeiten,  die  einige  berühmt 
wie  mit  chemischer  Anziehungskraft  um  sich  gesammelt  haben, 
bedarf  es  einer  erheblichen  Vereinigung  von  Vorstudien,  um  solcl 
suchungen  mit  Aussicht  auf  Erfolg  fähren  zu  können.    Die  zahllc 
kehrtheiten  und  nutzlosen  Anstrengungen,  die  in  der  auf  Byzanz  be: 
Litteratur  bemerkt  werden,    rühren   namentUch  von  der  Selbstti 
naiver  Gemüter  her,  welche  glauben,  nach  einiger  Bekanntschaft 
wohl   angebauten  Felde   der  klassischen  Litteratur  sich    sofort 
den  byzantinischen  Urwäldern  zurecht  zu  finden.    Auch  die  alte  I 
empfängt  alljährUch  eine  Reihe  völlig  absurder  Beiträge;   sie  ist 
gut  organisiert,  als  dass  solche  Privatsünden  mehr  als  eine  vorübei 
Heiterkeit  anzustiften  vermöchten.    Byzanz  dagegen  ist  von  so 
verlässigen  Truppen  beschützt,  dass  oft  ganz  kindische  Einfalle  fii] 
Zeit  erfolgreich  bleiben.    Es  gibt  in  der  Wissenschaft  kein  Mono] 
einige  Ausrüstung  darf  von  jedem  verlangt  werden,  der  ein  den 
und  dunkles  Gebiet  mit  Nutzen  durchwandern  will.    Wie  viel  geg 
Forderung  auf  byzantinischem  Boden   gesündigt  worden  ist,   mi 
oft  mit  schwerer  Unlust  erfahren.     Wie  häufig  mangelt  die  Kern 
notwendigsten  Hilfsmittel!   Wie  übel  steht  es  mit  der  Kenntnis  de 
griechischen  Sprachgebrauches   selbst  bei  solchen,   die  auf  diesen 
gebrauch  weittragende  Schlüsse  bauen!    Wie  manche  scheinen  zu 
dass  die  überall    geltenden   Grundsätze   der  Kritik   in  Byzanz   ei 
flüssiger  Zierat  seien!     Liessen   sich   doch   selbst  Gelehrte  von  p 
Sorgfalt  zu  lockerer  Schnellfertigkeit  hinreissen,  sobald  sie  mit  Byz 
zu  thun  bekamen;  man  übertrug  mit  einer  seltsamen  Verwirrung 
griffe   die  ästhetische  und  litterarische  Geringschätzung  dieser  i 
auch   auf  ihre  wissenschaftliche  Behandlung.     Noch  in  der  jüngs 
fehlte  es  nicht  an  kecken  Abenteurern,    welche  byzantinische  T( 
Öffentlichkeit    vorzulegen   wagten,    ohne   die   Elemente    der   griei 
Palaeographie  zu  kennen.     Wie  vorlaut  endlich  sind  oft  die  ästh 
Urteile!    Nicht  wenige  scheinen  in  dem  Wahne  befangen,  im  1( 
hundert  nach  Chr.  müsse  sich  in  griechischen  Autoren  noch  alles 
verhalten  wie  15  Jahrhunderte  früher.     Solchen  Irrungen  gegenüb< 
immer  ausdrücklich  betont  werden,   dass  man   die  byzantinische 
wie  jede  andere  aus  sich   selbst  heraus  studiere  und  nament 
zahllosen  Veränderungen  beachte,   die  sich  in  den  reUgiösen,  nat 
politischen,    gesellschaftlichen    und    sprachlichen   Bedingungen    all 
vollzogen  haben. 


80 


B7^^V;l^flohe  Litteratlirgeaohiohte.    Einloitang. 


Erscheinung,  der  sogenannte  Cursus,  ist  in  der  lateinisclien  I 
Mittelalters  beobachtet  worden. 

Das  Hauptmerkmal  der  byzantinischen  Kunstsprache  bes 
der  zweiten  Periode  ist  der  Mangel  des  einheitlichen  Gusses,   < 
Zusammenklebung  verschiedener,  oft  sich  widerstreitender  Elemei 
tische  Blumen  aus  alter  Zeit,  jonische  und  attische  Prosa,  hell 
Neuerungen,   kirchensprachliche  Eigenheiten,  Wendungen   des   1 
sehen  Kanzleistiles,   technische  Ausdrücke  des  römischen  und  m 
Uchen  Lebens  werden  bald  geschickt  zu  einem  gefalligen  Ganzen  v* 
bald  oberflächlich  aufeinander  gepfropft.   Obschon  nun  diese  Sprac 
zum  Ersticken  an  der  Überfülle  von  Tradition  leidet,  kann  sie 
der  zweiten  Periode  nicht  als  völlig  tot  bezeichnet  werden, 
chen  Autoren  fühlt  man  noch  den  Pulsschlag  des  Lebens,  ihre  Di 
ist  frei  von  Verknöcherung,  die  Sätze  gleiten  ihnen  ohne  ersichtli 
aus  der  Feder.    Die  Vorstellung  von  der  absoluten  Mumienhaftigk 
Schriftsprache  ist   ebensowenig  zutreffend   als   die   entgegengesc 
hauptung,    dass  die  gebildeten  Kreise  des  griechischen  Mittelal 
Schriftsprache  auch  wirklich  gesprochen  hätten.   Die  Buntheit  dei 
nischen  Diktion  macht  die  formale  Charakteristik  der  Autoren  s 
Die  isolierte  Vergleichung  mit  irgend  einem  alten  Vorbilde  —  < 
lingsthema  deutscher  Doktordissertationen  —  hilft  nicht  weit;  die 
jedes  einzelnen  muss  als  ein  Ganzes  gefasst  und  gewürdigt  werd 
allerdings  die  bequemen  lexikalischen  Hilfsmittel  nicht  ausreichen, 
lieh  ist  aber  wenigstens  die  Zeit  vorüber,  in  der  man  sich  durcl 
sagende  Kraftausdrücke  wie  gedunsene  Breite,  übler  Wortschwall 
an  Geschmack  u.  s.  w.  der  Notwendigkeit  einer   gerechten   his 
Würdigung  überheben  zu  dürfen  glaubte.     Neben  den  erwähnte 
meinen  Merkmalen  ist  noch   ein  beträchtlicher  Raum  für  indii 
Eigenheit;  die  Schriftsteller  arbeiten  mit  verwandten  Mitteln,  ab 
Verwertung  dieser  Mittel  gehen  sie  gar  sehr  ihre  eigenen  Wege. 

Viel  Missverständnis  ist  aus  der  Sitte  erwachsen,   die  byza: 
Gräzität  als  barbarisch  zu  brandmarken.     Es  ist  ein  Urteil, 
zumeist  auf  die  lateinischen,  itaUenischen,  slavischen  und  sonstigei 
Wörter  stützt.  Schriftsteller,  die  vor  Ausdrücken  wie  yoccorov,  Xt^iog, 
ßovXxokaxag  nicht  zurückscheuten,  hatten  die  Gunst  engherziger  P] 
schnell  verscherzt.     Die  historische  Betrachtung  wird  auch  in  die 
sieht  den  Byzantinern  Recht  widerfahren  lassen.   Da  sie  eine  Meu; 
Ideen   besonders   im   Staats-   und   Militärwesen   auszudrücken   ha 
konnten  sie  sich  unmöglich  auf   das  klassische  Wörterbuch  bescl 
Indem   sie   teils   die   von  den  Römern   geprägten  Bezeichnungen 
Schriftsprache  aufnahmen,  teils  auch  neue  Mittel  des  Ausdrucks 
verfuhren   sie  nicht  anders  als  schon  Polybios,   Dio  Cassius,   He 
und  andere  Historiker  der  römischen  Zeit.     Die  oft  geschmähten 
rismen"  sind  für  das  byzantinische  Wörterbuch  unentbehrlich;  sie 
ihren  Zweck   und    verleihen   der  Gräzität   ein   scharfes  kulturhist 
Gepräge.    Man  wird  sie  daher  von  demselben  Standpunkt  aus  zu  i;i 
haben,  wie  etwa  die  unklassischen,  aber  notwendigen  Neubildun 


Internationale  Knlturbesiehiingen.    (§8)  31 

einisohen  Scholastik  (z.  B.  essentia),  welchen  nur  ein  völlig  Befangener 
innere  Berechtigung  absprechen  kann. 

Seit  dem  12.  Jahrhundert  erscheint  neben  der  byzantinischen  Kunst- 
ache  auch  die  Vulgärsprache  in  grösseren  litterarischen  Denkmälern, 
er  sie  wird  in  der  Einleitung  der  dritten  Abteilung  gehandelt  werden. 

Internationale  Kulturbeziehungen. 

8.  Neben  der  inneren  Bedeutung  der  byzantinischen  Litteratur  und 
*en  Beziehungen  zur  klassischen  Philologie  sind  für  eine  richtige  Wert- 
lätzong  derselben  noch  die  Wirkungen  zu  beachten,  welche  von  ihr  auf  die 
rigen  Völker  des  Mittelalters  ausgegangen  sind,  wie  auch  die  Einflüsse, 
^Iche  sie  selbst  von  auswärts  erfahren  hat.  Wenn  sich  unser  Blick  zunächst 
oh  den  Gebieten  richtet,  welche  im  Altertum  von  den  Schöpfungen  des 
iechischen  Geistes  am  reichsten  und  nachhaltigsten  befruchtet  worden 
id,  so  zeigt  sich,  dass  gerade  sie  von  der  byzantinischen  Kultur  am 
^nigsten  empfangen  haben.  Italien  und  das  übrige  romanische 
id  germanische  Abendland  ist  von  byzantinischen  Kulturelementen 
Mt  weniger  berührt  worden  als  die  orientalischen  und  slavischen 
ichbarvölker.  Die  dem  Einflüsse  zunächst  ausgesetzten  Teile  des  Abend- 
ades hatten  im  Anfange  der  byzantinischen  Periode  noch  überreich  von 
r  eigenen  römischen  Kultur  zu  zehren  und  waren  somit  zur  Aufnahme 
^mder  Kultur  wenig  geeignet;  damit  blieben  auch  die  übrigen  Gebiete 
B  Abendlandes,  für  welche  Italien  die  notwendige  Vermittelung  hätte  über- 
hmen  müssen,  den  Wirkungen  des  byzantinischen  Kulturlebens  ziemlich 
trückt.  Später  wurde  die  trennende  Eluft  zwischen  Orient  und  Occident 
Tch  die  inmier  mehr  verschärfte  Abneigung  der  „Franken**  gegen  das 
ieehisch-byzantinische  Wesen  und  durch  die  zum  Teil  aus  diesem  Rassen- 
£«  hervorgegangenen  kirchlichen  Streitigkeiten  so  erweitert,  dass  schon 
I  10.  Jahrhundert  die  östliche  Welt  der  romanisch-germanischen  als  etwas 
inz  Fremdartiges  und  Feindliches  gegenüberstand.  Eine  nähere  Berüh- 
ng  des  Abendlandes  mit  dem  Morgenlande  brachten  die  Kreuzzüge  mit 
:h;  allein  einerseits  war  diese  Berührung  fast  durchwegs  mehr  eine  feind- 
:he  als  eine  freundliche  und  andererseits  entwickelte  sich  damals  im  Abend- 
Qde  schon  eine  neue,  kräftige  Kultur,  die  aus  den  Bedingungen  des 
^imatUchen  Bodens  hervorwuchs  und  sich  deshalb  gegen  die  fremdartigen 
emente  des  Orients  ablehnend  verhielt.  Jedenfalls  ist  die  Smnme  der 
iltnrelemente,  welche  in  dieser  Zeit  des  lebhaftesten  Wechselverkehrs 
ich  dem  Abendlande  strömten,  geringer  als  die  der  Neuerungen,  welche 
e  Kreuzfahrer  nach  dem  Orient  brachten.  Wenn  nun  die  byzantinische 
iltnr  auf  die  abendländische  nicht  in  weiterem  Umfange  einwirkte  und 
r  Gesamtkolorit  nicht  zu  bestimmen  vermochte,  so  fehlt  es  doch  nicht 
i  einzelnen  lokal  und  zeitlich  beschränkten  Eroberungen.  Am  wirk- 
msten  äusserte  sich  der  orientalische  Einfluss  in  der  christlichen 
itteratur  Und  Kunst.  Die  Beziehungen  der  lateinischen  Kirchenpoesie 
r  griechischen  sind  unzweifelhaft;  aber  selbst  hier  wird  die  Verbindung 
it  dem  7.  Jahrhundert  locker  und  nur  in  der  kirchlichen  Musik  scheint 


32 


BT^^^tiniBohe  Litieratorgesoliichte.    Eiiileitiuig. 


sich  die  byzantinische  Lehre  längere  Zeit  zu  erhalten  (Notker).   . 
dem  Gebiete  der  Prosalitteratur  und  der  Wissenschaft  ist  im  We 
ernsten  griechischen  Studien,  wie  sie  noch  im  6.  Jahrhundert  von 
und  Boethius^)  getrieben  wurden,  alsbald  wenig  mehr  zu  spüren, 
eine  vereinzelte,  aber  wichtige  und  folgenreiche  Thatsache  noch  aus 
zu  verzeichnen,  in  welcher  sich  die  Verbindung  zwischen  der  östlic 
westlichen  Kultur  schon  aufzulösen  begann:  die  von  dem  päpstliche 
thekar  Anastasius  um  870  veranstaltete  lateinische  Übersetzung  der 
des  Theophanes,   die   für  die  lateinische  Annalistik  des  Mittelal 
Bedeutung  wurde.     Im   späteren  Mittelalter  wurden  griechische 
nur  an  wenigen  Orten,  vornehmlich  von  den  Iren,  gepflegt;  doch  1 
die  hiebei  benützten  uns  erhaltenen  Hilfsmittel  und  andere  Zeugnis 
von  der  Erreichung  oder  Anstrebung  tieferer  Kenntnisse  keine  Rec 
In   der  bildenden  Kunst  gehen   bis    etwa  ins   12.   Jahrhunder 
zweifellos  mächtige  Einflüsse  von  Osten  nach  dem  Abendlande,  h 
nach  Italien;  ihre  genauere  zeitliche  und  lokale  Bestimmung,   zu 
der  jüngsten  Zeit  einige  glückliche  Anfange  gemacht  worden  sine 
eine  der  Hauptaufgaben  der  byzantinischen  Kunstforschung.     Wie 
Kunst  so  erscheinen  auch  auf  anderen  Gebieten  (Verwaltung  u.  s. 
meisten  byzantinischen  Einflüsse  naturgemäss  in  jenen  Teilen  It 
welche  längere  Zeit  mit  Ostrom  verbunden  waren.     Ch.  Diehl 
peinlichster  Sorgfalt  alles  zusammengetragen,  was  hierüber  in  d< 
zerstreuten  Quellen  zu  finden  war,  und   die  zahllosen  Stücke  zi 
schönen  Gesamtbilde  vereioigt;  aber  alles  in  aUem  muss  man  sag< 
dieses  Bild  blass  und  unbedeutend  ist.     So  rücksichtslos  das  Griec 
vordrang,   so  lang  es  von  der  Staatsgewalt  unterstützt  wurde,  so 
die  Byzantiner  doch  hier  mehr  als  anderswo  fremd,  und  bald  begi 
Ausbildung  des  unheilbaren  Gegensatzes  zwischen    der   lateinisch 
griechischen  Kirche,  der  die  Trennung  Europas  in  eine  lateinisch- 
nische   und  eine   gräko-slavische  Welt   zur   Folge   hatte.     Eine   i 
grossartige  und  von  unermesslichen  Wirkungen  begleitete  Gabe  < 
das  Abendland  von  Byzanz  erst  gegen  den  Schluss  des  Mittelalte 
Kenntnis  der  griechischen  Sprache   und  die  Überreste  der  griecl 
Litteratur.     Allein   hier   waren   die  Byzantiner   nur  Vermittler,  m 
geistige  Leben,  das  sie  durch  ihre  Lehre  im  Abendlande  erwecken 
trug  nicht  den  christlich-byzantinischen,  sondern  den  heidnisch-hellei 
Charakter.    Immerhin  wurden  damals  mit  den   altgriechischen  Sc 
auch  die  wichtigsten  Werke   der  byzantinischen  Zeit  verbreite 
manche  von  ihnen  äusserten  einen  erheblichen  Einfluss  auf  die  abi 
dische,  besonders  die  italienische  Litteratur. 

Enger  verwandt  als  mit  den  Abendländern  sind  die  Byzanti 


')  Vgl.  H.  üsener,  Anecdoion  Holden. 
Ein  Beitrag  zur  Geschichte  Roms  in  ost- 
gothischer  Zeit.  Festschrift  zur  Begrttssung 
der  32.  deutschen  Philologenvers,  zu  Wies- 
baden 1877  S.  27;  39;  47. 

*)  Zosammenfassung  der  wichtigsten 
Thatsachen  zur  Kenntnis  des  Griechischen  im 


abendländischen  Mittelalter  bei  L.  1 
0  Roma  nobilis.  Abhandl.  bayer.  Ak. 
2.  Abt.  (1891)  353—356;  dortselbs« 
Verzeichnis  der  auf  das  übrigens  no 
erschöpfte  Thema  bezüglichen  neue 
teratur. 


34  Bf^^^tinisohe  Liüeratargeaohiohte.    Einleitung. 

ihrem  allgemeinen  Charakter  wie  in  zahllosen  Einzelheiten  auf  1 
schem  Untergrunde  beruht,  ist  eine  geschichtliche  Thatsache,  di< 
ernstlich  bestritten  und  in  der  jüngsten  Zeit  durch  eine  stattlic 
neuer  Zeugnisse  genauer  nachgewiesen  und  illustriert  worden  ist 
die  ungeheure  Eroberung,  welche  das  Byzantinertum  im  Osten 
gemacht  hat,  ist  in  der  allgemeinen  europäischen  Kulturentwicb 
Dualismus  geschaffen  worden,  der  noch  bis  in  die  neueste  Zeit  fc 
Wenn  auch  der  grosse  Gegensatz  der  gräko-slavischen  und  der  i 
romanischen  Welt  häufig  übertrieben  worden  ist,   so  besteht  die 
doch  thatsächlich  noch  heute,  und  es  ist  nicht  abzusehen,  wann  ( 
fortschreitenden  Mittel  des  geistigen  und  materiellen  Verkehrs  u 
die  Europäisierung  Russlands  der  alte,  tiefgehende  Kontrast  sich  au 
wird.     Die  gegenwärtigen  Strömungen  im  Gebiete  der  schönen  I 
scheinen  keineswegs  dafür  zu  sprechen,   dass  das  „heilige''  Russ! 
orthodox-slavisches  Ausschliesslichkeitsgefühl  so  bald  den  Einflü 
Occidents  preiszugeben  gewillt  sei.     Die  Ideen  des  Dichters  Ch 
die  durch  die  Familie  der  hochbegabten  Aksakov  eine  unermessli- 
breitung  gewonnen  haben,  leben  heute  kräftiger  denn  je.    Der  s 
disch  angekränkelte  Turgenjev  hatte  trotz  seiner  unleugbaren  p< 
Begabung  schon  bei   seinen  Lebzeiten  mit  der  Konkurrenz  von 
steilem,  in  denen  das  Russentum  unverfälschter  zum  Ausdruck  kam 
zu  kämpfen,  und  gegenwärtig  scheint  der  echteste  aller  Russen,  de 
Seelenzergliederer  Dostojevskij,  und  der  ihm  innerlich  verwandte  Le 
über  den  mit  fremden  Elementen  versetzten  Ton  ihres  talentvollen 
in  Russland  wie  bei  uns  den  Sieg  davonzutragen.   Welche  Kluft  j 
dem  slavischen  Osten  und  dem  germanisch-romanischen  Occident  i 
der  wissenschaftlichen  Litteratur  noch  herrscht,   lehrt  eine  oberfl 
Durchsicht  des  Archivs  für  slavische  Philologie,   der  Byzantinisch 
Schrift  und  des  Vizantijskij  Vremennik,  welche  über  eine  Menge  be 
werter,  in  „Europa"*  aber  unbekannter  und  unbenutzter  russischer 
rischer  und  serbischer  Werke  berichten.    So  sicher  nun  die  Thatsc 
byzantinischen  Charakters  der  slavischen  Kultur  feststeht,  so  sehr 
Ansichten  über   die  Frage   geteilt,   ob  der  byzantinische  Einfluss 
slavischen  Völker  ein  Glück  war.     Wenn  so  hervorragende  Geleh 
Pypin   den  Byzantinismus  bekämpften    und    in   ihm    nur   die  chi 
Mauer  erblickten,   durch  welche  Russland  von  aller  Sitten-  und 
bildung  abgeschlossen  wurde,  scheint  Byzanz  in  Lamanskij,  Th.  Us 
Veselovskij,  Vasilevskij  und  anderen  scharfsinnige  und  begeisterte  "V 
gefunden  zu  haben,  wenn  auch  nicht  viele  so  weit  gehen  werden,  m 
jevskij  die  slavische  Philosophie  der  Zukunft  auf  den  byzantinischen  E 
schriftsteilem   aufbauen  zu  wollen.     Uns  steht  die  Teilnahme  an 
Kontroverse  natürlich  fern. 

Die  kulturelle  Eroberung  der  slavischen  Länder  geschah  dm 
Christentum  und  die  ersten  Träger  der  geistigen  Bildung  war© 
chische  oder  gräzisierte  Priester;  auch  nach  Abschluss  der  Bekehn 
hauptete  in  den  geistigen  Einflüssen,  durch  welche  Byzanz  auf  die 
wirkte,  das  kirchliche  Element  die  Oberhand.     Für  das  Gelingen 


36 


Bysantinisohe  litteratargMohlohte.    Einleitung. 


siologus,  orientalische  Volksbücher  wie  Syntipas  und  Stephanites  u 
lates,  endlich  das  rein  byzantinische  Yolksepos  über  das  Leber 
Thaten  des  Digenis  Äkritas.     Selbst  in  dem  nationalrussischen 
ist   man    neuerdings    mit  Erfolg   byzantinischen  Spuren    nachge 
Ebenso  lassen  sich  in  Märchen, 2)  Volksliedern,  Sprichwörtern^)  un 
Sprüchen*)  vielfach  byzantinische  Reflexe   aufdecken.     Grosser  E 
erfreuten  sich  aus  byzantinischen  Quellen  abgeleitete  altslavische 
werke  (Sbomiki)  vermischten  Inhalts,  die  sogenannten  Bienen,   ( 
Mähaaa  des  Antonios,  die  Parallelen  des  Johannes  von  Damaskoi 
Eklogen  des  Maximos  als  Muster   dienten,  (Übertragungen  der  1 
Sprüche    und    anderer    Sentenzensammlungen.     Selbst    gramm. 
Schriften  wurden,   oft  recht  verständnislos,   in  slavische  Form 
gössen.     Für   das  staatliche  und  bürgerliche  Leben   der  slavisch( 
gewann    die    (Übertragung   der    byzantinischen    Rechtsbücher   B 
Umgekehrt  haben  die  slavischen  Bewohner  des  Reiches  schon 
8.  Jahrhundert  auf  die  Ackerbaugesetzgebung  und  die  Ausbildung 
religiöser  Strömungen  Einfluss  geübt.     Ausser  den  Südslaven  un 
waren  infolge  ihrer  geographischen  Lage  auch  die  Rumänen 
Grade  byzantinischen  Einflüssen  ausgesetzt,  und  vieles,  was  hier 
Slaven  gesagt  ist,   gilt  auch  von  ihnen.     Nur  ist  zu  bemerken, 
Rumänen  manches   litterarische  und  sonstige  Kulturgut  nicht   di 
griechischer  Quelle,  sondern  durch  slavische  Vermittelung  erhielt 
Noch  unumschränkter  als  in  der  Litteratur  herrscht  der  B3 
mus  in  der  slavischen  Kunst.    Griechische  Architekten  bauten 
sehen  Kirchen  und  griechische  Maler  schmückten  sie  mit  religiösei 
Bis  auf  den  heutigen  Tag  sind  die  slavischen  wie  die  griechischen 
bilder  rein  byzantinisch.     Schwerer  lässt  sich  nachweisen,  inwi< 
slavische,  besonders  die  russische  Hierokratie  und  Bureaukr: 
sonstige  allgemeine  Charakterzüge  auf  byzantinische  Einflüsse  zun! 
Sicher  aber  ist  die  slavische  Litteratur  und  Kunst  in  ihren  wi 
Teilen  bis  auf  die  neuere  Zeit  ein  Abbild  der  byzantinischen,  und 
nur  durch  das  Studium  ihres  Vorbildes  verstanden  und  gewürdigt 
Hierdurch   sind   die   altslavischen   und   byzantinischen   Studien   i 
Wechselbeziehung    getreten.      Doch  dürfen    auch  wir  Westeuro 
abgelegene   Gebiet  nicht  vernachlässigen;   denn  für  den  Riesenb 
Gesamtgeschichte  der  mittelalterlichen  Kultur  bildet  die  Ostwelt 
entbehrliche  Ergänzung,  das  Gegen-  und  Seitenstück  des  Abendla 


•)  Archiv  slav.  PhUol.  2  (1877)  660. 

')  S.  z.  B.  Veselovekij  u.  G.  Meyer, 
Archiv  slav.  Phüol.  7  (1884)  309-319. 

^)  S.  die  Litteratur  zum  §  .Sprich- 
wörter' am  Schlüsse  des  Ahsehnittes  .  Vul- 


gärgriechische Litteratur'. 

*)  D.  Mansvetov,  Das  hvs 
Material  der  Erzählung  von  den  12' 
Moskau  1881.  Arch.  slav.  Philol.  7  I 


38 


ByunUnittohe  ^^^^^atorgeBohichte.    L  ProsaiBche  Litteratnr. 


und  der  sich  in  den  Arbeiten  der  Scholastiker  auf  Schritt  und  Tritt 
macht.     Von  solchen  Folgen  war  die  Aufnahme  der  Slaven  in  die 
tinische  Kirche  nicht  begleitet,  und  ein  zweiter  Faktor,  der  für  dai 
logische  Geistesleben  von  Byzanz  von  befruchtender  Wirkung  hätte 
können,  die  Berührung  mit  den  Völkern  des  Islam  und  deren  Gott< 
blieb    ebenfalls    ohne   nennenswerten  Einfluss   auf   die  Entwickeln: 
byzantinischen  Theologie. 

In  dieser  Entwickelung  sind  zwei  Perioden  zu  unterscheid 
sich  klar   und   deutlich    von  einander    abheben.     Der  Anfang   der 
Periode  liegt  zwei  Jahrhunderte  früher  als  die  Zeit,  womit  unser 
Stellung  beginnt:  es  ist  die  patristische  Litteraturperiode,  welche 
ersten  Hälfte   des  4.  Jahrhunderts  die  altchristliche  ablöste  unc 
erste  Vertreter  die  arianischen  Schriftsteller  und  ihre  Gegner  warei 
für  das  Gesamtgebiet  der  byzantinischen  Litteratur,  so  besteht  daru 
für  die   Theologie  kein   objektiver  Grund,   mit  der  Regierungszeit 
nians  eine  neue  Entwickelungsperiode  beginnen  zu  lassen.   Die  gros 
gäbe  der  Theologie  ist  noch  wesentUch  dieselbe  wie  seit  dem  Anfai 
4.  Jahrhunderts:   die  Konsolidierung  der  dogmatischen  Lehren  der 
doxen  Kirche,  verbunden  mit  dem  Kampfe  gegen  die  gegnerischen  Meii 
und  diese  Aufgabe  wird  wesentlich  in  derselben  Weise  durchgefül 
früher.     Die  Bekämpfung  der  Monophysiten  und  Monotheleten,  ja 
der  Bilderfeinde    im   8.    und   9.   Jahrhundert   muss   noch   zu  der  j 
dogmatisierendon   Periode   der  griechischen  Theologie   gerechnet  ^ 
Johannes  von  Damaskos,  Theodor  von  Studien  und  Nikephoros  voi 
stantinopel  sind  die  letzten  Vertreter  derselben.     Diese  Periode  ka 
Krumbacher  füglich  die  frühbyzantinische  genannt  werden.   Ihr 
fällt  nicht  bloss  chronologisch  mit  der  Gründung  von  Neurom  zusammei 
Gründung,  verbunden  mit  dem  Umschwung  in  der  äusseren  Lage  der 
war    auch    mitbestinmiend    für   ihren    Charakter.      Mit   dem    chris 
Kaisertum  entstand  eine  neue  thatsächliche  Instanz   in  theologisch 
kirchlichen  Dingen,  welcher  schon  der  Arianismus   und  die   ariai 
Kämpfe  ihren  Umfang  und  zum  guten  Teil   ihre  Bedeutung   verdi 
Der  steigende  Einfluss,  den   dieser  neue  Faktor  vom  Nestorianisr 
bis  zu  den  Bilderstreitigkeiten  gewann,   ist  aber  aus  dem  Verlaufe 
dogmatischen  Kämpfe  zur  Genüge  ersichtlich.    Die  einzelnen  Stadien 
Verlaufes  erscheinen  durch   die  Stellungnahme  der  einzelnen  oströn 
Kaiser  geradezu  in  erster  Linie  bedingt.    Diese  Abgrenzung  würde  i 
die  Herübernahme  der  theologischen  Litteratur  seit  dem  Nikänum  in 
Darstellung  fordern;  mit  Rücksicht  auf  die  Stoflfmasse,   auf  die  lei< 
gänglichen  Patrologien  und   die  Zeitgrenze   der  Litteraturgeschich 
Christ  wurde  davon  Abstand  genommen. 

Seit  der  2.  Hälfte  des  5.  Jahrhunderts  beginnt  bereits  der  F 
welcher  zur  2.  Periode  hinüberleitet.  Kyrillos  von  Alexandrie 
Theodoret  von  Kyrrhos,  die  letzten  Ausläufer  zweier  grosser  theolo. 
Schulen,  der  alexandrinischen  und  antiochenischen,  sind  auch  die  1< 
griechischen  Theologen  grossen  Stiles,  denen  Dogmatik  un< 
logetik,  Exegese  und  Homiletik  gleich  nahe  standen.    Nach  ihnen  I 


1.  Theologie.    (§  4)  qq 

5.  Jahrhundert  keine  hervorragenden  Theologen  mehr  hervor,  und  als 
6.  die  antimonophysitdschen  Polemiker  auftraten,  schrumpfte  der  Um- 
:  der  litterarischen  Thätigkeit  bei  den  einzelnen  Theologen  bedeutend 
kmmen.  Noch  bedeutsamer  ist  aber  der  Umstand,  dass  seit  dem  An- 
:  des  6.  Jahrhunderts  die  aristotelischen  Begriffsbestimmungen  in  die 
ologie  eingeführt  und  in  den  Dienst  der  theologischen  Spekulation  ge- 
lt wurden:  das  Merkmal  des  Ausganges  der  patristischen  Zeit  und  der 
:innenden  Scholastik.    Dies  geschah  durch  Leontios  von  Byzanz. 

diesem    erblicken  wir  auch  die  wachsende  Autorität  der  Eir eben- 
er des  4.  und  5.  Jahrhunderts;  beides,  Dialektik  und  Väterautorität, 
l  aber  die  Elemente  einer  Richtung,  welche  zur  zweiten  Entwickelungs- 
iode   führte,  die  wir  als  die  spätbyzantinische  bezeichnen  werden. 
Ihr  Charakter  ist  wesentlich   Traditionalismus,   der   nicht   bloss 

Festhalten  an  der  Väterlehre  als  Prinzip  proklamierte,  sondern  jedem 
en  Elinfluss,  wie  geartet  er  auch  immer  war,  sich  hermetisch  verschloss 

darum  jede  Neuschöpfung  abwies.  Auf  diesem  Standpunkt  steht 
r>n  Johannes  von  Damaskos:  in  seinem  Hauptwerke  verleugnet  er  von 
Qherein  jede  eigene  Geistesarbeit  „^ß«  totyaQovv  efiov  ot)rf*V"  und  will 

die  Lehre  der  Väter  wiedergeben.  Zur  völligen  Herrschaft  kam 
r  dieser  Traditionalismus,  als  mit  dem  Feste  der  Orthodoxie  der 
te  grosse  dogmatische  Kampf  ausgefochten  war  und  die  griechische 
che  ihre  Aufgabe  darin  erblickte,  das  Erbe  der  Väter  zu  bewahren. 
I  man  daher  —  es  ist  aUerdings  nirgends  schwieriger  Demarkations- 
i>n  zu  ziehen  als  auf  geistigem  Gebiete  —  einen  Grenzpunkt  bestimmen 
sehen  der  patristischen  oder  frühbyzantinischen  und  der  spätbyzanti- 
:hen  Theologie,  so  mag  wohl  das  Fest  der  Orthodoxie  (843)  schon  durch 
len  Namen  diesen  Zeitpunkt  am  besten  bezeichnen. 

Die  Träger  und  Richter  der  Orthodoxie  waren  von  nun  an  die  Väter 

4.  und  5.  Jahrhunderts  und  ihre  Schriften  die  Quellen,  aus  denen 
ner  wieder  geschöpft  wurde.  Unzähligemal  wird  das  Prinzip  der  Ab- 
igigkeit  von  den  Vätern  von  den  byzantinischen  Theologen  ausgesprochen. 
K>rianos  beteuert  im  12.  Jahrhundert  einem  syrischen  Bischof  gegen- 
r,  in  allem  anderen  seien  die  Rhomäer  ^^aviQixciTavoi^^  aber  die  Grenzen 

Väter  zu  überschreiten,  das  wagten  sie  nicht.  Manuel  Ealekas  er- 
rt  am  Schlüsse  seiner  Dogmatik,  er  habe  darin  nicht  das  Resultat 
^ner  Forschungen   niedergelegt,  sondern  das  von   den  Vätern  und  aus 

hl.  Schrift  Erlernte  wiedergegeben.  Symeon  von  Thessalonike  fand  es 
ar  für  notwendig,  dieselbe  Versicherung  im  Titel  seiner  Hauptschrift 
zusprechen.  Die  thatsächliche  Abhängigkeit  von  den  Vätern  ging  aber 
weit,  dass  eine  umfassende  Untersuchung  sämtlicher  spät- 
santinischer  Theologen  auf  ihre  patristischen  Quellen  und 
rlagen  vorgenommen  werden  muss,  bevor  ihr  geistiges  Eigen- 
n  mit  Sicherheit  festgestellt  werden  kann. 

Wenn  die  Väterschriften  nur  ausgeschöpft  worden  wären!  In  der 
christlichen  und  hochpatristischen  Periode  waren  geistige  Schätze  an- 
sammelt worden,  die  auch  einer  fast  auf  ihnen  allein  beruhenden 
tteratur  immer  neue  Nahrung  zuführen  konnten.    Aber  mehr  und  mehr 


40  B^il«&IVd^^  ^  liitteratnrgeachichte.    L  ProBaische  Litteratiir. 

verschwand  das  YetBtändnis  für  die  historische  Würdigung  der  K 
Väter,  und  bald  wurden  sie  auch  für  die  Theologen,  wofür  das  \ 
ansah:  starre  Heiligengestalten  auf  Goldgrund.     Dazu  traten  allerle 
digende  Beschränkungen.     Die  lateinische  Theologie  blieb  für 
ein  versiegeltes  Buch,  und  der  grösste  Theologe  des  Abendlandes, 
stinus,  hat  dort  niemals  Fuss  gefasst.     Im  14.  Jahrhundert  wurdel 
dings  tJbersetzungen   von   Augustinus  veranstaltet  —    viel  zu   sp 
in  einer  viel   zu  leidenschaftlich   gegen  die  Lateiner  erregten  Ze 
einen  wahren  Einfluss   auf  die   byzantinische  Theologie   zu   ermö^ 
Wenn   diese  Oleichgültigkeit,    die  übrigens    in   der  Scholastik   ein 
auch  nicht  volles  Gegenstück  besitzt  in  der  Ignorierung  vieler  griec 
Väter,   sich  aus  sprachlichen,-  kirchlichen  und  allgemein  kulturell 
ständen  erklären  lässt,   so  ist  es  im  höchsten  Masse  auffaUig,   d^ 
griechischen  Theologen   der  drei  ersten  Jahrhunderte  fast  voll 
gössen  wurden.    In  die  dogmatischen  und  exegetischen  Eatenen  ^ 
allerdings  nicht  wenige  Fragmente  der  Vomikäner  aufgenommen; 
eigentliche  theologische  Litteratur  bilden  sie  aber  keine  Instanz  mel 
der  im  Ernste  gerechnet  wurde.     Nur  ganz  sporadisch  treten  die 
der   grossen  Alexandriner  auf;   die  Apologeten   sind  bis  auf  Just: 
übrigens  in  der  Regel  nach  unechten  Schriften  zitiert  wird,    gar 
schollen,  von  der  ältesten  Litteratur  gar   nicht  zu  sprechen.     Der 
des   Sabasklosters   Antiochos   und   Arethas,    Erzbischof   von   Käsa 
Kappadokien,  bilden  fast  die  einzigen  rühmlichen  Ausnahmen  von  c 
gemein  gültigen  Regel.     Ein  namenloses  Unglück  war  aber  die  rü< 
lose  Verketzerung  des  Origenes.    Nach  dem  letzten  Origenistenstrei 
Justinian  wurde  kein  Versuch  mehr  gemacht,  die  Wahrheitselemente 
gewaltigen  Theologie  zu  retten.    Selbst  bei  den  Nachnikänern  wurc 
Auswahl   getrofiFen.     Der  Dreikapitelstreit  eliminierte  die  Antiocl 
und  mit  ihnen  ein  Element  der  Weiterentwickelung  von  hoher  Bede 
In  der  Exegese  wurden  sie  allerdings,  besonders  Theodoret  von  K] 
beibehalten,   aber   ohne   fruchtbare  Einwirkung  auf  den  Qang   der 
logischen  Entwickelung.    So  blieben  nur  wenige  Autoritäten  übri 
immer  wiederkehren,   Athanasios,   der  Vater  der  Orthodoxie,   di 
Kappadokier  Basilioö,  Gregor  von  Nazianz,  der  Theologe  xat'  e^oxijv,  w 
Gregor   von   Nyssa,    namentlich   aber   Kyrillos   von  Alexandrien   fi 
Dogmatik  und  Polemik,  Chrysostomos  für  die  Exegese,  Basilios  1 
Asketik,  Dionysios  der  Pseudoareopagite  und  Maximos  Confessor  f 
Mystik,  selbst  diese  aber  nur,  insoweit  sie  mit  den  Glaubensentscheid 
der  vier  ersten  Synoden  übereinstimmton.    Für  die  byzantinischen 
logen  gilt  vor  allem  das  Wort  Gregors  I,  dass  er  die  vier  ersten  Sy 
den  vier  Evangelien  gleich  verehre.     Die  Kirche  verdankte  diesem 
halten  an  den  Glaubensentscheidungen  ihr  festes  trinitarisches  und  cl 
logisches  Lehrgebäude;  der  Theologie  wurden  aber  infolge  einer  einsc 
Interpretation  derselben   die  Flügel   ein  für  allemal  beschnitten;   de 
dankenflug  eines  Origenes  wurde  nie  mehr  erreicht. 

Die  hl.  Schrift  wurde  allerdings  als  Glaubensregel  festgehalte: 
ihre  Erklärung  durch  die  Exegese  gepflegt.   Die  Exegese  selbst  verloj 


42  By«aiLtiiÜAQ\i«  ^^^raturgesohiohte.    I.  ProMUBohe  Litteratar. 

Litteratur  zum  Stolz  gereichen  könnten.  Die  mächtige  Persönlw 
des  Photios  brach  im  9.  Jahrhundert  den  Zauberbann,  der  auf 
gesamten  litterarischen  Leben  lag;  eine  plötzliche  Blütezeit  der 
logischen  Litteratur  konnte  aber  auch  ein  Photios  nicht  hervor 
Er  selbst  besitzt  als  Eirchenfiirst  und  Wiederhersteller  der  klassi 
Gelehrsamkeit  eine  weit  grössere  Bedeutung  denn  als  Theolog.  In  s 
Zeitalter  erreicht  nur  die  Hagiographie  und  geistliche  Beredsa 
eine  gewisse  Blüte.  Der  Anfang  des  10.  Jahrhunderts  brachte 
fruchtbare  Anregung  mit  der  litterarischen  Richtung  des  Erzbis« 
Arethas  von  Eäsarea  in  Eappadokien,  der  die  Schranken  des  nikäni 
Zeitalters  durchbrach  und  auf  die  Apologetenlitteratur  des  2.  und  3. 
hunderts  zurückging.  Leider  war  jedoch  schon  der  Ort,  aus  dem  di 
regung  kam,  von  dem  Zentrum  des  byzantinischen  Geisteslebens  zu  eni 
um  in  weitere  Kreise  eindringen  zu  können.  Das  10.  Jahrhundert  bliel 
für  die  Theologie  das  Jahrhundert  der  Enzyklopädien  auf  dem  exegetii 
homiletischen  und  hagiographischen  Gebiete.  Eine  didtte  Persönlic 
die  auf  die  Theologie  neubelebend  einwirken  wollte,  war  Michael  Ps< 
der  grosse  Polyhistor  des  11.  Jahrhunderts,  der  wie  Arethas  von  Kl 
profane  und  theologische  Schriftstellerei  verband  und,  während  dies» 
die  älteste  griechische  Litteratur  hingewiesen  hatte,  die  alte  Philosophi- 
besondere  den  Platonismus  in  die  Kirche  zurückzuführen  versuchte, 
theologischen  Schriften  sind  leider  noch  nicht  genügend  bekannt,  um 
philosophisch-theologische  Richtung  genauer  bestinmien  zu  können.  M 
Psellos  drang  mit  seinen  Tendenzen  nicht  durch;  der  gleichzeitige 
arch  von  Konstantinopel,  Johannes  Xiphilinos,  bekämpfte  ihn  troi 
Freundschaft,  die  sie  verknüpfte.  Eine  neue  Anregung  war  ohne  I 
an  der  Theologie  vorübergegangen.  Diese  bewegt  sich  noch  imme 
Vorliebe  auf  den  Gebieten  der  Homiletik  und  Hagiographie,  bis  i 
Mitte  des  11.  Jahrhunderts  die  Polemik  gegen  die  Lateiner  wied( 
wachte,  ohne  jedoch  grosse  Litteraturwerke  nach  sich  zu  ziehen.  B< 
samer  ist  das  Aufblühen  der  Mystik,  die  zwei  hervorragende  Ver 
in  Symeon  dem  Jüngeren  und  seinem  Schüler  Niketas  Stethatos 
Inzwischen  hatte  sich  die  philosophische  Bewegung,  welche  M 
Psellos  ins  Leben  rief  und  die  mit  der  Neuerrichtung  der  Aka 
von  Konstantinopel  innig  zusammenhing,  bei  Johannes  ItaJos  und  in 
Schule  weiterentwickelt.  Sie  bildet  eine  merkwürdige  Parallele  z 
gleichzeitigen  Kämpfen  im  Abendland:  beiderseits  liegen  Nominal 
und  Realismus,  in  letzter  Linie  Aristotelismus  und  Platonismus  miteio 
im  Kampf.  Während  aber  im  Abendland  die  philosophische  Speku 
sich  einer  gewissen  Freiheit  erfreute,  wurde  sie  von  Alexios  I  Kom 
als  kirchen-  und  staatsfeindlich  gewaltsam  unterdrückt.  Trotzdem  n 
sich  ihr  Einfluss  geltend;  der  Aufschwung  der  Theologie  im  Komnene 
alter  steht  mit  ihr  in  nächstem  ursächlichen  Zusammenhang.  Die 
onXta  ioyfxavixij  des  Euthymios  Zigabenos  verdankt  dem  Gegensatze 
die  haeretischen  Tendenzen  der  Zeit  ihre  Entstehung.  Sie  bildete 
dings  auch  den  besten  Beweis  dafür,  dass  die  Theologie  ihren  Fe 
nicht  gewachsen  war;  die  Gewalt  musste  ersetzen,  was  dem  byzantinJ 


44  Bt^a^sa^^    ^^tteratargeschichte,    I.  Prosaische  Litieraiar. 

auf  Seiten  der  Late^tl^r  standen,  während  die  Anhänger  derselbe] 
in  der  letzteren  Kontroverse  die  nationalgriechischen  Interessen  vei 
Jeden  Zweifel  an  der  Richtigkeit  dieser  Auffassung  schliesst  al 
Wahrnehmung  aus,  dass  Akindynos,  der  eifrigste  Anhänger  des  Bi 
die  Freunde  der  Hesychasten  nicht  besser  widerlegen  zu  können  j 
als  durch  die  stillschweigende  Aneignung  und  Geltendmachung  dei 
des  Thomas  von  Aquino  über  das  Verhältnis  des  Wesens  Qottes  zu 
Wirksamkeit  (vgl.  §  31).  Die  Theologie  der  Hesychastenfreunde 
und  dieser  Sieg  war  gleichbedeutend  mit  der  Ablehnung  der  scholaa 
Theologie.  Spuren  ihres  Einflusses  werden  wir  trotz  dieser  ablehnend 
tung  gerade  bei  den  zwei  letzten  Verfassern  von  systematischen  I 
lungen  der  Dogmatik,  bei  Johannes  Kyparissiotes  und  noch  mehr  bei 
Ealekas,  wahrnehmen.  Im  14.  Jahrhundert  nahmen  auch  die  übrigen 
der  theologischen  Litteratur,  Exegese  und  Homiletik,  Mystik  und  Hagiog 
einen  letzten  Aufschwung.  Seit  dem  Anfang  des  15.  Jahrhunder 
die  litterarische  Hauptthätigkeit  der  Polemik  gegen  die  Lateiner,  u 
Interesse  an  dieser  Polemik  hielt  selbst  nach  dem  FaUe  Konstant 
noch  an,  bis  die  byzantinische  Theologie  mit  ihren  nach  dem  Abei 
geflüchteten  Vertretern  zu  Grabe  getragen  wurde. 

1.  Sammelausgaben:  A.  Eine  eigene  Sammelausgabe  der  byzantinischen  T 
isfc  nicht  vorhanden ;  sie  wurden  in  die  sog.  Väterbibliotheken  aufgenommen,  derei 
liebste  folgende  sind  :  1.  Sacra  Bibliotheca  Sanctorum  Patrum  .  .  .  illustraia 
Margarinum  de  laBigne,  Paris  1575  f.  in  8  Bden  mit  einem  Appendix  1579  (nach ! 
geordnet).  3.  Aufl.  1609  f.—  2.  Magna  bibliotheca  veter  um  Patrum  etantiquori 
torum  ecclesiasticorum,  primo  quidem  a  Margarino  de  la  Bigne  .  .  coUecta  et  tertio 
edita,  nunc  vero  plusquam  centum  autoribus .  .  locupletata  . . .  opera  et  studio  . .  in  almi 
sitate  Coloniae  Agrippinae  theologorum,  14  Bde.  Köln  1618  mit  einem  Supplemente  a 
1622.  Hier  ist  die  Anordnung  chronologisch.  Die  Theologen  des  6.  Jahrhunderts  begi: 
dem  6.  Bd.  —  3.  Magna  Bibliotheca  veterum  Patrum  . . .  primo  quidem  a  Marg 
la  Bigne  .  .  .  composita,  postea  studio  .  .  Coloniensium  Theologorum  .  .  aucta,  ni 
additione  ducentorum  circiter  autorum,  tarn  graecorum,  qui  in  editione  Coloniem 
latinorum,  qui  in  Parisiensibus  desiderabantur,  locupletata  .  .  .  .,  17  Bde,  Pai 
Hier  ist  wiederum  die  Einteilung  nach  theologischen  Materien  durchgeführt,  di< 
tiner  sind  daher  in  allen  Bden.  zerstreut.  —  4.  Maxima  bibliotheca  veterum  1 
.  .  .  hac  tan  dem  editione  Lugdunensi  ad  eandem  Colon  iensem  exacta,  novis  supra 
authoribns  et  opuscuL's  hactenus  desideratis  locupletata  ,  ,  .,  27  Bde,  Lyon  1677. 
logisch  geordnet;  die  Byzantiner  beginnen  im  9.  Bd.  —  5.  Bibliotheca  veter 
trum  .  .  .  postrema  Lugdunensi  longo  locupietior  atque  accuratior.  Cura  et  studio 
Gallandii  .  .  .,  14  Bde,  Venedig,  1765—81.  Die  Byzantiner  beginnen  mit  dem 
die  Sammlung  geht  nur  bis  ins  12.  Jahrhundert.  —  6.  Patrologiae  cursus  com 
accurante  J.  P.  Migne.  Series  graeca,  in  qua  prodeunt  Patres,  Doctores  Scriptorei 
clesiae  graecae  a  S.  Bamaba  ad  Photium,  104  Bde,  Paris  1857 — 60;  Series  graec 
rior  ...  ab  aevo  Photiano  ad  Concilii  usque  Florentini  tempora,  Bd  105—161,  Paris 
Die  vollständigste  Sammlung  der  byzantinischen  Theologen  mit  Einschluss  vieler  G* 
Schreiber  und  Chronisten.  Nur  einzelne  Bde  besitzen  selbständigen  Wert,  weil 
weder  den  griechischen  Text  dem  frilher  gedruckten  lateinischen  hinzufügen,  odei 
enthalten.  Der  Nachdruck  ist  im  allgemeinen  korrekt.  —  Ein  Verzeichnis  der  vor 
gebotenen  Schriften  mit  Einschluss  des  Bonner  Corpus  der  Historiker  und  Chronie 
fertigte  DorotheosScholarios,  KXelg  UatQoloylas,  Athen  1879,  sowie  ein  unvolls 
alphabetisches  Sachregister,  TafiBiov  xrjg  JlaxQoXoylag  Athen  1883. 

B.  Kleinere  Sammlungen:  Durch  die  Patrologia  graeca  von  Migne  i 
früheren  kleineren  Sammlungen  ftbr  den  nächsten  Gebrauch  entbehrlich  geworde 
stellt  sich  öfters  die  Notwendigkeit  ein,  auf  dieselben  zurückzugreifen.  Wir  ver 
nur  diejenigen,  welche  für  die  byzantinischen  Theologen  von  besonderer  Bedeutu 
H.  Canisius,  Antiquae  lectiones,  6  Bde,  Ingolstadt  1601 — 1604.  Eine  neue  Au8{ 
sorgte  J.  Bas  nage  unter  dem  Titel  Thesaurus  monumentorum  ecclesiasticorum  et 
corum,  sive  Henrici  Canisii  Lectiones  antiquae,  4  Bde,  Amsterdam  1725,  mit  Herüb 


46  BysantinificSo^^  Litteraturgeachichte.    L  ProsaiBche  Litteratar. 

occideDtalis  atque  orientalis  perpetua  conseDsione  11.  3,  Köln  1648,  De  utriusque 
occidentalis  atque   orientalis  perpetua  in   dogmate  de  purgatorio  consensionei  R« 
Vindiciae  synodi  ephesinae  et  S.  Cjrilli  de   processione   ex   patre   et  filio  Spiii 
Rom  1661,   J.  Henr.  Hottingerus  fraudis   et  imposturae  manifestae  convictus,  Rq 
De  octava  synodo  Photiana,  Rom  1662,  In  Roberti  Creyghtoni  apparatum  .  .  . 
tiones,   Rom    1665.   —    Ueber    die    handschriftlichen    Kollektaneen    des    Allatiiu 
Bibl.   Vallicelliana  s.    H.  Lämmer,   Scriptorum   Graeciae   ortbodoxae   bibliotheca 
Freiburg   1866  S.  VII— XXXVI.      Manches    liegt   auch    in   der    Barberina    in    J 
Gute  Dienste  leisten  auch  für  die  Byzantiner  die  litterarhistorisohen  Nächst 
werke  von  L.  E.  Dupin,  NouveUe  biblioth&que  des  ^crivains  eccldsiastiques,  Pi 
und   öfters  in    verschiedener  Bändezahl,   W.  Cave,  Scriptorum  eoclesiasticorum 
literaria,  London  1688.  Ein  Appendix  von  H.  Wharton,  London  1689,  umfasst  die 
steller  von  1300—1570.    Beide  zusammen  öfters,  am  besten  Oxford  1740-43  in 
C.  Oudin,  Commentarius  de  scriptoribus  ecclesiast.,   3  Bde,    Leipzig  1722,  R.  C 
Histoire  g^närale  des  auteurs  sacrös  et  eccl^astiques,  23  Bde,  Paris  1729—63;  m 
läge  in  16  Bden,  Paris  1858 — 69.  —  Von  besonderem  Wert  ist  J.  A.  Fabricins 
theca  graeca,  14  Bde,  Hamburg  1705 — 28.    Neue  Ausgabe  von  C.  Chr.  Harles, 
Hamburg  1790—1809  (unvollendet).   —   Viele  litterarhistorische  Notizen  bringt   a 
Schrift  des  Nicolaus  Comnenus  Papadopulus,  Praenotationes  mysticae  ex  jure  o 
Padua  1697  (mir  unzugänglich).  —  Die  sogenannten  Patro legi en  erstrecken  sich 
auf  Johannes  von  Damaskos,  wiez.  B.Fe  ssler,  Institutiones  Patrologiae,  2  Bde,  In 
1850  f.;  die  2.  Auflage  besorgt  von  B.  Jungmann,  1.  Bd  (1890)  2,  1  (1892)  stel 
auf  der  Höhe  des  alten  Fessler,   —  J.  Alzog,  Grundriss  der  Patrologie,  4.  Aufl.,  1 
1888.  —  J.  Nirschl,  Lehrbuch  der  Patrologie  und  Patristik,  3  Bde,  Mainz  1881  - 
0.  Bardenhewer,  Patrologie,  Freiburg  1894  (mit  vielen  Litteraturangaben).  —  ] 
8  Jahrhundert  schliesst  auch  das  Lexikon  von  W.  Smith  und   H.  Wace,    Dictio 
Christian  biography,  b'terature,  sects  and  doctrins,  4  Bde,  London  1877 — 87.  —  K 
wähnenswert  ist  0.  Zöcklers  Geschichte  der  theologischen  Litteratur,  Supplementfa 
2.  Aufl.  des  Handbuches   der  theologischen  Wissenschaften,   München    1890  S.    11 
121 — 123.    —    In  den  jüngsten  Jahren  hat  die  Erforschung  der  byzantinischen  Th 
einen  hocherfreulichen  Aufschwung  genommen.    Dem  Stand  der  Forschung  entsp 
wandten  sich  aber  die  Arbeiter  auf  diesem  Gebiete,  deren  Namen  uns  im  folgendes 
begegnen  werden,  Spezialfragen  zu. 

B.  Zur  inneren  Geschichte  der  Theologie:  Die  oben  genannten  Schrill 
Leo  Allatius  sowie  seines  älteren  Zeitgenossen  Petrus  Arcudius  LL  7  de  co 
ecclesiae  orientalis  et  occidentalis  in  Septem  sacramentorum  administratione,  Paris  1 
Summarische  Zeichnungendes  Entwickelungsganges  bei  A.  Harnack,  Lehrbuch  der  D 
geschichte,  3.  Aufl.  2.  Bd  (Freiburg  u.  Leipzig  1894)  461 — 83  und  passim.  Fr.  j 
Dogmengeschichte,  3.  Aufl.  Halle  1893  S.  188—190.  —  Einiges  auch  bei  Gelzi 
politische  und  kirchliche  Stellung  von  Byzanz,  Verhandlungen  der  33.  Versammluni 
scher  Philologen,  Gera  1878  S.  32 — 54  (nur  bis  zum  Bilderstreit).  —  Mesoloraa 
ßoXtxij  xrjq  oQ&odo^ov  ayaxohxij^  ixxXtjaiag  1.  Bd:  Td  avfÄßoXixct  ßißXiaj  Athen  18 
W.  Gass,  Symbolik  der  griechischen  Kirche,  Berlin  1872.  —  F.  Kattenbusch, 
buch  der  vergleichenden  Konfessionskunde  1:  Die  orthodoxe  anatolische  Kirche,  Fl 
1892  (ein  unreifes  Buch).  —  Die  innertheologischen,  philosophischen  und  häretisch 
wegnngen  sind  noch  unvollkommen  bekannt.  Für  diePaulikianer  sind  die  frühei 
handlnngen  von  Schmidt  (1826),  Gieseler  (1829),  A.  Lombard  (1879)  undselbst^ 
linger,  Beiträge  zur  Sektengeschichte  des  Mittelalters  1  (München  1890)  1 — 51  Ü 
durch  Karapet  Ter  Mkrttschian,  Die  Pauiikianer  im  byzantinischen  Kaiserreid 
verwandte  ketzerische  Erscheinungen  in  Armenien,  Leipzig  1893.  —  Sehr  wichtig  : 
Kenntnis  der  philosophischen  und  theologischen  Bewegung  im  11.,  12.  und  14.  Jahrfai 
Th.  Uspenskij,  Skizzen  zur  Geschichte  der  byzantinischen  Kultur,  Petersburg  1891 
B.  Z.  1  (1892)  176—78;  635.  Dazu  ergänzend  Th.  Uspenskij,  Das  Synodikon  für  die 
der  Rechtgläubigkeit,  Odessa  1893.    VgL  B.  Z.  4  (1895)  143—45. 

A.  Dogmatik  und  Polemik. 

5.  Charakteristik.    Die  litterarische  Arbeit  der  byzantinischen 
logen  galt  in  erster  Linie  der  Darstellung,  Begründung  und  Verteid 
der  kirchlich-orthodoxen  Glaubenslehren,   sowie  der  Bekämpfung  dei 
gegengesetzten  Häresien.     Die  häresiologische  Polemik  insbesonder 
herrschte  die  theologische  Litteratur  in  der  ersten  Periode  ihrer  Ent\ 


1.  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§  5)  47 

vom  4.  bis  9.  Jahrhundert  infolge  der  dogmatischen  Kämpfe,  die  sich 
•od  dieser  Zeit  in  der  griechischen  Kirche  abspielten,  und  durch 
e  die  meisten  theologischen  Litteraturwerke  der  Zeitgenossen  angeregt 
inerlich  bestinmit  wurden.  Im  6.  Jahrhundert  wurde  im  Zusammen- 
mit  Justinians  Kirchenpolitik  der  von  Theodoret  von  Kyrrhos  be- 
ne  Kampf  gegen  dieMonophysiten  und  deren  verschiedene  Parteien 
r  aufgenommen  und  von  einer  Reihe  von  Polemikern  geführt,  denen 
•stattliche  Zahl  von  monophysitischen  Schrifststellern  gegenüberstand. 
er\'orragendste  unter  den  Wortführern  der  Orthodoxie  war  Leontios 
Byzanz,  dessen  Werke  verhältnismässig  am  besten  erhalten  sind, 
nd  auffallend  viele  Schriften  der  übrigen  Polemiker  verloren  gingen, 
itterarische  Kampf  gegen  den  Monergismus  und  Monotheletis- 
war  weit  weniger  fruchtbar.  Sophronios  von  Jerusalem  und  Maximos 
•ekenner  traten  als  die  Hauptgegner  der  kaiserlichen  ünionsversuche 
[ercn  theologische  Verteidigungen  bis  auf  geringe  Fragmente  ebenso 
iie  Schriften  der  Monophysiten  zu  Grunde  gingen.  Bei  Anastasios 
es  im  7.  Jahrhundert  waltet  übrigens  das  Interesse  an  der  Be- 
Pung  des  Monophysitismus  noch  bedeutend  vor,  ein  Beweis  für  die 
.  welche  Jahrhunderte  lang  der  populärsten  Häresie  des  christlichen 
ums  innewohnte.  Der  Bilderstreit  rief  Germanos  von  Konstantinopel, 
nes  von  Damaskos,  Theodor  von  Studien  und  Nikephoros  von 
antinopel  auf  die  litterarische  Walstatt  und  brachte  die  letzten  pole- 
en  Schriften  grösseren  Stiles  hervor. 

Mit  der  synodalen  Festlegung  des  Bilderkultes  waren  die  Byzanz 
tümlichen  theologischen  Lehren  zur  vollen  Entfaltung  gelangt.  Das 
sstsein,  im  Besitze  eines  abgeschlossenen  dogmatischen  Lehr- 
ns  zu  sein,  veranlasste  Johannes  von  Damaskos  zur  Abfassung  seiner 
yvwciwg^  eines  dogmatischen  Lehrbuches,  das  in  seiner  weiten  An- 
nicht  mehr  erreicht  wurde.  Die  zwei  bedeutendsten  dogmatischen 
klopadien  der  späteren  Zeit,  von  Euthymios  Zigabenos  und 
tasAkominatos  verfasst,  erweitern  nur  den  zweiten  Teil  der  Dog- 
des  Damaskeners,  während  sie  die  Darlegung  der  philosophischen 
^griffe  sowie  die  systematische  Entwickelung  der  positiven  Glaubens- 
ganz ausser  Acht  liessen.  Letztere  wurde  erst  im  14.  Jahrhundert 
r  von  Johannes  Kyparissiotes  in  Angriff  genommen,  umfasst  aber 
Qur  die  Gotteslehre  im  engsten  Sinne.  Weiter  angelegt  ist  die  byzan- 
he  Dogmatik  des  Patriarchen  von  Konstantinopel  Manuel  Kalekas 
ie  Wende  desselben  Jahrhunderts.  Die  Systematisierung  erstreckt  sich 
auf  die  Gottes-,  Trinitäts-,  Inkamations-,  Sakramentenlehre  und 
itologie.  Keine  von  diesen  dogmatischen  Gesamtdarstellungen  kann 
aber  mit  den  Summae  theologicae  der  abendländisch-scholastischen 
zeit  messen. 

l^hotios  war  kein  Systematiker  und  hatte  für  Dogmatik  und  Polemik 
w'enigsten  Geschmack.  In  einer  Richtung  bestimmte  er  aber  die 
re  Dogmatik,  in  der  Ablehnung  der  Ausbildung,  welche  die  Trinitäts- 
e  im  Abendland  durch  den  Satz  vom  Ausgange  des  hl.  Geistes  von 
r  und  Sohn  gewonnen  hatte.     Die  aus  dieser  ablehnenden  Stellung 


i 


48  By%«ai\xB!A^^     XitterainrgeBohiohte.    L  ProBauohe  Idtieraior. 

erwachsende  PolemiV  gegen  die  Lateiner  zog  sich  durch  dii 
spätbyzantinische  Zeit  hindurch  und  rief  eine  fast  unübersehba 
teratur  hervor.  Seit  dem  11.  Jahrhundert  wurde  sie  auf  eine 
anderer  Differenzpunkte  zwischen  den  beiden  Kirchen  auf  d 
bieten  der  Disziplin,  Liturgie  und  des  praktischen  Kirchenlebei 
gedehnt;  doch  stand  die  Lehre  vom  Ausgang  des  hl.  Geistes  im 
Vordergrunde  des  dogmatisch-polemischen  Interesses,  und  hier  bl 
Erörterung  in  dem  Kreise  der  dialektischen  Argumente  festgebar 
Photios  zum  ersten  Male  entwickelt  hatte.  Die  Verteidiger  des 
nischen  Dogmas,  an  denen  es  in  den  Reihen  der  byzantinischen  Th 
nie  fehlte  —  wir  verweisen  auf  Nikephoros  Blemmides,  Johannes  . 
Demetrios  Kydones,  Manuel  Kalekas,  Manuel  Chrysoloras  u.  a.  — , 
über  Photios  zurück  zu  den  grossen  Kirchenvätern  des  4.  und  J 
hunderts  und  zwangen  dadurch  ihre  Gegner,  ihnen  auf  dasselbe  Gc 
folgen.  Diese  waren  selbstverständlich  viel  zahlreicher;  der  grösi 
ihrer  Schriften  liegt  aber  noch  im  Staub  der  Bibliotheken.  Die  ] 
gegen  die  Lateiner  blieb  übrigens  nicht  auf  die  theologischen  Fac 
beschränkt.  Für  das  Volk  waren  die  vulgärgriechischen  Trakt 
schrieben,  in  denen  in  der  Regel  ein  Grieche  die  byzantinische  Thes 
mehrere  römische  Kardinäle  (regelmässig  xaXSrjvaQioi  genannt)  si 
verteidigt.  Ein  Musterdialog  dieser  Art  steht  z.  B.  in  dem  Cod.  Vi 
theol.  gr.  244  fol.  79— 83\ 

Weitere  Anregung  zur  dogmatisch-polemischen  SchriftsteUerei 
die  Nachklänge  der  alten  dualistischen  Häresien  bei  den  Paulit 
Euchiten  und  Bogomilen,  ohne  jedoch  eine  theologische  Bewegung 
zurufen,   die  sich  mit  der  antimonophysitischen  vergleichen  Uesse. 
logische  Kontroversen  innerhalb  der  orthodoxen  Theologie  entstam 
Komnenenzeit,  besonders  unter  Alexios  I  und  Manuel  Komnenos.    D 
greifen   der  Kaiser  und  die  synodale  Verurteilung  der  neuen  HJ 
verhinderten  jedoch   einen   neuen  Aufschwung  des  Kampfes  auf 
rischem  Boden.     Dieser  entwickelte   sich  zum  letztenmale  im   14 
hundert  aus  Anlass  des  Hesychastenstreites,  der  sich  bald  auf  die 
lehre  konzentrierte  und  mit  Leidenschaft  zwischen  Barlaam,  Akj 
und  Nikephoros  Gregoras  auf  der  einen,  Gregorios  Palamas  auf  der  £ 
Seite  unter  reger  Teilnahme  der  kirchlichen  und  mönchischen  Kre 
führt  wurde. 

Die  Apologetik  gegen  Heidentum  und  Judentum  hati 
als  der  früheste  Litteraturzweig  der  christlichen  Theologie  schon  im  i 
hundert  zu  einer  hohen  Blüte  entwickelt  und  das  Interesse  an  d 
kämpfung  des  hellenischen  Heidentums  blieb  wach  bis  tief  in  das  5 
hundert  hinein,  in  welchem  Kyrillos  von  Alexandrien  noch  eine 
Apologie  gegen  Julian  den  Apostaten  schrieb  und  Theodoret  von  B 
die  letzte  Apologie  gegen  die  Griechen  verfasste.  Mit  dem  Aufhöi 
kulturellen  und  religiösen  Bedeutung  des  Heidentums  in  den  oströn 
Ländern  war  das  Erlöschen  der  antiheidnischen  Apologetik  und  P 
von  selbst  gegeben,  und  auch  das  Wiederaufleben  einer  antikircl 
Philosophie  im  11.  und  12.  Jahrhundert  zog  keine  neue  Phase  dei 


1  TheMogie.    A*  Dogmatik  und  Polomik.    (§  5)  49 

:h  sich.  Aus  der  orthodoxen  Litteratur  erhalten  wir  einige  Kenntnis 
1  dem  Eündringen  altphilosophischer  Tendenzen  namentlich  neuplatonischen 
irakt^rs  nur  durch  Nikolaos  von  Methone.  Die  Zensur  sorgte  aber 
or.  dass  die  kirchenfeindlichen  Schriften  unschädlich  gemacht  wurden; 
*  wenige  davon  haben  sich  erhalten  und  von  diesen  wenigen  ist  noch 
I  meiste  unediert.  Die  Apologetik  gegen  die  Juden  hingegen  blieb 
'  im  Abendlande  so  auch  bei  den  Byzantinern  in  beständiger  Pflege. 
>t  jedes  Jahrhundert  hat  eine  oder  mehrere  antijüdische  Apologien 
zuweisen.  Am  eifrigsten  wurde  im  7.  und  14.  Jahrhundert  gegen  die 
len  geschrieben.  In  jenem  traten  Leontios  von  Neapolis  und  Anastasios 
aites  gegen  sie  auf;  in  dieses  fallen  die  Apologien  von  Theophanes  von 
Läa,  Johannes  Kantakuzenos,  Matthaeos  Blastares,  Johannes  Saites.  Den 
<'hIos8  bildet  die  Apologie  des  Patriarchen  Gennadios  von  Konstan- 
»pel  im  15.  Jahrhundert.  Ausserdem  liegen  noch  mehrere  anonyme 
>logien  gegen  die  Juden,  darunter  einige  grösseren  Umfanges,  in  Hss 
Der  Zusammenhang  mit  der  altchristlichen  Litteratur  ist  bei  diesen 
>logien  besonders  auffallend.  Sie  sind  fast  ohne  Ausnahme  in  die  Form 
Dialoges  gekleidet,  in  welcher  schon  die  älteste  antijüdische  Schrift, 
Dialog  zwischen  Jason  und  Papiskos  des  Ariston  von  Pella,  auftrat. 
ih  inhaltlich  wurde  der  Kreis  der  Argumente,  welche  schon  in  altchrist- 
er  Zeit  gegen  das  Judentum  geltend  gemacht  wurden,  kaum  über- 
ritten. Der  fingierte  Charakter  des  Dialoges  offenbart  sich  in  der  Regel 
trh  die  Bereitwilligkeit,  mit  welcher  der  jüdische  Zwiesprecher  die  Lehre 
»  christlichen  annimmt  und  den  Wunsch  nach  der  Taufe  äussert. 

Mit  den  infolge  der  christologischen  Kämpfe  von  der  byzantinischen 
icfaskirche  abgetrennten  nestorianischen,  syrischen  und  koptischen  Natio- 
kirchen  hörte  allmählich  jeder  litterarische  Verkehr  in  theologischen  Dingen 
L  Der  letzte  Versuch,  sie  wiederzugewinnen,  schlug  fehl  infolge  des  Wider- 
ndes  der  orthodoxen  Kreise  und  der  Eroberung  der  östlichen  Grenz- 
ider  durch  die  Araber.  Nur  die  armenische  Kirche  blieb  in  der 
:eressensphäre  der  byzantinischen,  und  mehrere  Versuche  wurden  im, 
und  12.  Jahrhundert  angestellt,  die  Armenier  zur  Annahme  der  Zwei- 
torenlehre zu  bewegen.  Diese  führten  zu  theologischen  Auseinander- 
tzungen,  an  denen  Photios,  Niketas  von  Byzanz,  Theorianos  sich  betei- 
;ten.  In  den  häresiologischen  Schriften  des  Euthymios  Zigabenos  und 
iketas  Akominatos  wurde  auch  den  Armeniern  eine  spezielle  Berücksich- 
mng  zu  teil.  Um  so  intensiver  gestaltete  sich  der  Verkehr  mit  den 
avischen  Völkern.  Aber  wie  die  Berührung  der  Römer  mit  den  Germanen 
ine  apologetische  Litteratur,  für  die  kein  gemeinsamer  Boden  vorhanden 
'Wesen  wäre,  hervorbrachte,  so  führte  auch  jener  Verkehr  auf  dem  Ge- 
rte der  Litteratur  nicht  zu  Neuschöpfungen,  sondern  zur  Herübemahme 
eologischer  Schriften  der  Byzantiner  seitens  der  Slaven,  deren  sämtliche 
tteraturen,  insofern  sie  wissenschaftlich,  sind,  mit  Übersetzungen  aus 
an  Griechischen  beginnen. 

Der  grOsste  politische  und  religiöse  Gegner  von  Byzanz,  der  Islam, 
if  nicht  ruhte,  bis  er  den  Halbmond  auf  der  Hagia  Sophia  aufgepflanzt 
itte,  wurde  nur  sehr  unwirksam  durch  die  Litteratur  bekämpft.    Niketas 

der  Tüam.  AltertnnMwiMeiucbjif»  IJ.    3.  Abtlg.    2.  AntL  4 


50 


ByzttQlVD^^^  ^\tieratiirge0ohiohte.    L  Prosaiaohe  Litteratnr. 


von  Byzanz  hat  die  einzige  nennenswerte  polemische  Schrift  gej 
Islam  vor  dem  14.  Jahrhundert  verfasst.  Im  14.  und  15.  Jahr 
wurde  die  Polemik  reger:  die  Kaiser  Johannes  Eantakuzenos  und  M 
Paläologos  stehen  in  der  ersten  Reihe  der  Utterarischen  Gegner  dea 
aber  weder  ihre  Schriften,  noch  diejenigen  von  Demetrios  K 
Oennadios  von  Konstantinopel  u.  a.  erheben  sich  zur  Höhe  einei 
gotischen  Schöpfung  ersten  Ranges.  Sprache,  Kultur,  Nationalität, 
Byzantinern  die  Verachtung  der  Moslemin,  die  sie  widerlegt  zu 
glaubten,  wenn  sie  einige  Suren  des  Koran  lächerlich  gemacht 
bildeten  eine  unübersteigbare  Scheidewand  zwischen  den  beiden  ( 
und  ein  dauerndes  Hindernis  gegen  die  Entwickelung  eines  geistig 
Utterarischen  Kampfes.  In  der  letzten  Zeit  vor  dem  Falle  Konstan 
siegte  sogar  die  Abneigung  der  Byzantiner  gegen  das  lateinische 
land  über  den  Hass  gegen  den  Islam:  die  Frage,  ob  es  besser  sei 
Hände  der  Muhammedaner  als  in  die  Gewalt  der  Lateiner  zu  fallen, 
jetzt  in  mehreren  Schriften  nicht  bloss  erörtert,  sondern  sogar  bej 

1.  Für  die  Textausgaben  und  allgemeinen  Hilfsmittel  vgl.  die  Litteratur  z 
Dazu  noch:  K.  Werner,  Geschichte  der  apologetischen  und  polemischen  Littei 
christlichen  Theologie,  2.  u.  3.  Bd,  Schaffhausen  1862—64.  —  Von  den  neuest 
büchern  der  Dogmatik  sucht  das  von  H.  Schell,  Katholische  Dogmatik, 
Paderborn  1889—93,  dem  dogmatischen  Lehrbegriff  der  griechischen  Kirche  a 
quentesten  gerecht  zu  werden.  —  Monographisch  wurde  nur  die  Abendmahlslehre 
chischen  Kirche  behandelt  von  G.  E.  Steitz,  Jahrbücher  für  deutsche  Theolof 
(1864-68). 

2.  Polemik  gegen  die  Lateiner:  £ine  grosse  Anzahl  von  polemischen  i 
gegen  die  Lateiner  ist  noch  unediert.  —  Die  Textsammlungen  lateinfreundlicher  Theo] 
Petrus  Arcudius  und  Allatius,  Graecia  orthodoxa  s.  §4;  letztere  war  auf  3  B 
rechnet.  Vier  Bände  sollte  U.  Lämmers  Scriptorum  Graeciae  orthodoxae  bibb'othec 
umfassen;  davon  ist  nur  der  1.  Bd  erschienen,  Freiburg  1866.  —  In  den  Textsan 
von  Dositheos  (§4)  und  A.  Demetrakopulos  (§4)  sind  die  Polemiker  gegen 
teiner  zahlreich  vertreten.  —  Ein  fast  vollständiges  Verzeichnis  derselben  gab  A. 
trakopulos,   'Og&odo^og  'EXXag,   rjtoi   negl    xdv  'EXkrjptov  rwy   ygatffaytoiy  xatd 
xal  negi  xtav  avyy^tafifAnjoiv  avTcSy,  Leipzig  1872.  Es  fehlen  z.  B.  Michael  von  i 
Epistel,   ad   Sophianum    de   processione  Spiritus  sti.  (cod.   Paris.   949   a.    1581   i 
SophroniosMonachos,  üsgl  dl^vfAOJv  (cod.  Sabait.  415  saec.  14  fol.  17 — 41)  u.  a. 
schriftlich  sind  auch  manche  anonyme  Abhandlungen  gegen  die  Lateiner  vorha 
denen  eine  grosse  Mannigfaltigkeit  zu  herrschen  scheint.  In  den  codd.  Sabait.  415 
Paris.  1335  s.  14,  Bodl.  Barocc.  101  s.  14,  Paris.  1267  s.  15,  Paris.  1612  a.  1492.  Vat 
409  a.  1550,  Monac.  28  saec.  16,  um  nur  einige  zu  nennen,  ist  der  Anfang  des  bet 
Dialoges  jedesmal  verschieden.    Eine  spezielle  Untersuchung  wird  die  Verfasser  ^ 
erkennen  lassen.     Vgl.  für  cod.  Monac.  28  J.  Hergenröther,   Photius  3,  811 
achtung  verdienen  auch  die  Sammelcodices  gegen  die  Lateiner,  die  im  14.  und 
hundert  angelegt  wurden,  wie  z.  B.  codd.  Marcian.  150  a.  1431,  152-53  s.  14,  Paris.  1 
Monac.  256  s.  14,  Vallicell.  B.  53  s.  13.  —  Zur  Geschichte  der  Kontrovers 
Walch,  Historia  controversiae  Graecorum  et  Latinorum  de  processione  Spiritus  i 
1751.  —  J.  G.  Hermann,  Historia  concertationis  de  pane  az^mo  et  fermentato 
Domini,  Leipzig  1737.  —  J.  R.  Kiesling,  Historia  concertaüonis  Graecor.  et  I 
esu  camis,  sanguinis  et  morticinae.  Erlangen  1763.   —  B.  Swete,  On  the  histor 
procession  of  the  holy  spirit,  Cambridge  1876  (bis  zu  Karl  dem  Grossen).  —  J.  Lan| 
trinitarische  Lehrdifferenz  zwischen  der  abendländischen  und  der  morgenländischei 
Bonn  1876  (ebenfalls  nur  bis  zu  Karl  dem  Grossen  und  Papst  Hadrian  1).  Vgl.  ausse 
Litteratur  über  das  Schisma  in  der  allgemeinen  Bibliographie.   —  Popov,  Litte 
rischer  Ueberblick  über  die  altrussischen  polemischen  Werke  gegen  die  Lateiner,  Most 
—  Pavlov,  Kritische  Versuche  zur  Geschichte  der  ältesten  griechisch-russischen 
gegen  die  Lateiner  (russ.),   Petersburg  1878  (mit  griechischen  und   altrussischen 
Vgl.  A.  Harnack,  Theolog.  Litteraturzeitung  3(1878)369—73.  —  Die  übrigen  sl 
Litteraturen  sind  auch  reich  an  solchen  Streitschriften. 

8.  Polemik  gegen  die  Juden:  Von  den  ant^üdischen  Apologien  sind  aaoh 


1  Theologie.    A*  Dogpnaiik  und  Polemik.    (§6)  51 

tb  nnediert  Ein  brauchbares,  aber  unvollständiges  Verzeichnis  der  byzantinischen 
briften  gegen  die  Juden  bei  A.  C.  McGiffert,  Dialogue  between  a  Christian  and  a  Jew, 
dtied  *JttnßQkfrj  Uttnlcnov  xol  ^iXayog  *Iovdaioiv  ngog  f^oya^oy  riya^  Marburg  1889  S.  12 — 20. 
Hgv«  euch  bei  O.  Zö ekler,  Der  Dialog  im  Dienste  der  Apologetik,  Gütersloh  1894  S.  13  fif. 

Die  hmndBchrifUich  erhaltenen  anonymen  Dialoge  zwischen  Juden  und  Christen,  wie  sie 
B.  in  den  codd.  Mosq.  Synod.  26  saec.  10—11,  Coisl.  193  s.  11,  Coisl.  282  s.  12,  Oxon.  Colleg. 
vi  S31  eaec.  12,  Marcian.  498  s.  14,  Marcian.  Class.  2,  90  saec.  15,  Vat.  Ottobon.  266  saec.  16, 
dl.  CromreU.  10  saec.  16  vorliegen,  scheinen  auf  wenige  Typen  zurückgeführt  werden  zu 
Bii«o.  Beeondere  Beachtung  verdienen  die  grösseren  Schriften  gegen  die  Juden  in  codd. 
is).  111  saec.  13  foll.  373  (diese  ist  um  1157  verfasst),  Paris.  2750  A  saec.  13  fol.  109-249^ 

AnfaDg  und  Schluss  eines  umfangreichen  Dialoges  zwischen  dem  Juden  Aquilas  und 
n  Christen  Timotheos  s.  bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  252  f.  Derselbe  Dialog  auch  in  den 
id.  Coisl.  299  saec.  11,  Vatican.  Pii  II  47  saec.  12,  Messan.  132  saec.  14  u.  a.  —  Eine  anonyme 
bandlong  gegen  die  Juden  ans  cod.  Mosq.  Svn.  26  saec.  10 — 11  ed.  Chr.  Fr.  Matthaei, 
tiftia  eodic  graecomm,  Moskau  1776  S.  38 — 48.  —  Es  gibt  auch  Sammelcodices  gegen 

Jaden,  z.  R  cod.  Paris.  778  saec.  16,  cod.  Taurin.  200  saec.  14.  Letzterer  enthält  mehrere 
dita. 

4.  Die  Polemik  gegen  die  Armenier  war  viel  weniger  fruchtbar.  Doch  liegen 
h  einige  anonyme  Abhandlungen  gegen  die  Armenier  in  Hss  vor,  z.  B.  in  cod.  Vatio. 
atin.  367  saec.  13  fol.  56""— 61,  cod.  Vatic.  Palat.  366  saec.  14  fol.  12U— 161,  cod.  Monac. 
saec  16  fol.  82^—86. 

5.  Ein  anonymer  Dialog  gegen  den  Islam,  der  wahrscheinlich  für  weitere  Kreise 
bnunt  war,  ist  erhalten  in  dem  cod.  Vallicell.  B.  15  saec.  13  fol.  241^ — 44^.  —  Der 
fang  eines  vatikanischen  Dialoges  bei  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  4  (Rom  1847)  454. 
mdm  S.  442  der  Nachweis  eines  Dialoges  in  cod.  Ambros.  Q.  2  sup.,  dessen  Verfasser 
innios  grammatikos  nicht  näher  bekannt  ist.  —  umfangreicher  ist  die  polemische 
I  apologetische  Litteratur  in  arabischer  Sprache  zwischen  Muslimen,  Christen  und  Juden. 
L  das  Veixeichnis  von  M.Steinschneider,  Abhandlungen  für  die  Kunde  des  Morgen- 
de« 6  (Leipzig  1877)  3,  16-161. 

6.  Die  monophysitischen  Schriftwerke,  deren  Bekämpfung  die 
>8se  Aufgabe  der  orthodoxen  Polemiker  des  6.  und  7.  Jahrhunderts 
dete,  sind  zum  grössten  Teil  zu  Grunde  gegangen.  Nicht  wenige  von 
D  monophysitischen  Bischöfen  und  Patriarchen,  die  in  bunter  Reihen- 
ge auf  den  Patriarchalstühlen  von  Alexandrien,  Antiochien,  Jerusalem 
id  Eonstantinopel  und  innerhalb  deren  Sprengel  mit  den  Vertretern  der 
mikedonischen  Orthodoxie  abwechselten,  suchten  in  zahlreichen  Schriften 
n  Monophysitismus  als  die  echtchristliche  und  biblische  Lehre  darzu- 
an.  Wie  in  den  früheren  Zeiten,  so  wurden  auch  jetzt  diese  häretischen 
itteraturprodukte  in  ihrer  ursprünglichen  Gestalt  zum  Teil  gewaltsam, 
UDD  Teil  durch  die  Ungunst  der  Zeiten  vernichtet,  und  wir  sind  zur  Kennt- 
is  derselben  auf  gelegentliche  Zitate  bei  anderen  Schriftstellern,  wie  bei 
eontios  von  Byzanz,  Eustathios  Monachos,  Kosmas  Indikopleustes,  Justi- 
iio»  Anastasios  Sinaites,  Photios,  Niketas  Akominatos  u.  a.  angewiesen, 
jveit  sie  sich  nicht  in  syrischen  und  arabischen  Übersetzungen  erhalten 
iben.  Die  Erforschung  der  syrischen  Übersetzungslitteratur  bildet 
lEfadezu  die  unerlässliche  Vorbedingung  für  eine  umfassende  Kenntnis  der 
tterarischen  und  theologischen  Bewegungen  des  6.  Jahrhunderts.  Die 
tterarischen  Hauptpersönlichkeiten  der  Monophysiten  waren  seit  dem  An- 
lag des  6.  Jahrhunderts:  die  Patriarchen  von  Alexandrien  Timotheos  III 
119— 35)  und  Theodosios  (535—36),  Johannes  Philoponos,  Severos,  Patri- 
•ch  von  Antiochien  (512—519),  sein  Gegner  Julian,  Bischof  von  Hali- 
irnftas,  Basilios  Kilix,  Presbyter  von  Antiochien  (um  527),  Anthimos  von 
rapeznnt,  Patriarch  von  Konstantinopel  (535—36),  ein  gewisser  Andreas 
r,  Johannes  Presbyter  6  Alysarrig^  Themistios  Kalonymos,  der  Mönch 


52  B^i^vD.^^^  LitterainrgeBohiohte.    L  Prosaische  liUeratar. 

Theodoros,  das  Haupl  der  Agnoeten  in  Alexandrien,  Stephanos  Goh 
das  Jahr  600,  Zotos  aus  der  Partei  der  Jakobiten,  endlich  Johannes 
arch  der  Theodosianer  (677—686).  Der  fruchtbarste  und  bedeui 
von  ihnen  war  Severos,  gebürtig  aus  Sozopolis  in  Pisidien  und 
seiner  Erhebung  auf  den  Patriarchalstuhl  von  Antiochien  Möi 
Eleutheropolis  in  Palästina.  Severos  huldigte  einem  gemässigtei 
physitismus,  der  bei  den  Theodosianern  weitergepflegt  wurde.  Dies 
stände  ist  es  wohl  zu  verdanken,  dass  sich  in  den  exegetischen  ] 
eine  grosse  Anzahl  von  Fragmenten  aus  Briefen,  apologetischen  j 
lungen  und  Homilien  des  Severos  erhalten  haben.  Der  grösste  Tei 
litterarischen  Nachlasses  liegt  aber  noch  ungehoben  in  syrischen  Hi 
Fragmente  lassen  erkennen,  dass  Severos  die  dialektisch-positive  ] 
seiner  Gegner  anwendete.  Inhaltlich  stützte  er  sich  vornehmlich  auf 
von  Alexandrien.  Da  dieser  aber  auch  die  erste  patristische  Autoi 
Orthodoxen  war,  so  erklärt  sich  die  besondere  Rücksichtnahme  auf 
in  der  gesamten  antimonophysitischen  Polemik  des  6.  und  7.  Jahrh 

1.  Des  Severos  aaeßt]  avyyqcifAfjKtxu  wurden  auf  einer  Synode  von  Epel  u 
Patriarchen  Epiphanios  ausdrücklich  verdammt.  Vgl.  Migne,  Patr.  gr.  86,  1,  78< 
griechischen  Fragmente  sind  noch  nicht  gesammelt.  Manche  sind  in  den  gedm 
egetischen  Katenen  zerstreut.  Neue  Fragmente  aus  ungedruckten  vatikanischen 
ed.  A.  Mai,  Classici  autores  10  (Rom  1838)408—473,  Script,  veter.  nova  collect 
1837)  725—742,  Spicileg.  Roman.  10  (Rom  1844)202—205.  Andere  Hessen  sich  a 
unedierten  Katenen  gewinnen,  z.  B.  aus  cod.  Laurent,  pl.  6,  33,  cod.  Vallicell.  E 
Barherin.  IV  56,  cod.  Marcian.  16.  —  Die  4»t,XaXi^9rjg  betitelte  Schrift  charakteris 
stasios  Sinaites,  Hodegos  Kap.  6,  Migne«  Patr.  gr.  89,  104  ff.  Sie  war  gegen  Joha 
Käsarea  gerichtet,  dem  Severos  u.  a.  vorwarf,  330  Aussprüche  der  Väter  gefl 
haben.  Anastasios  zitiert  noch  andere  Schriften  des  Severos;  vgl.  Migne  a.  a 
105,  276,  280.  Ebenso  Eustathios  monachos  bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  1,  901—941, 
von  Byzanz  (vgl.  §  7),  Euagrios,  Histor.  eccl.  1.  3,  33.  44;  1.  4,  4.  11.  —  Eine  umfi 
Liste  von  Schriften  des  Severos  s.  bei  Montfaucon,  Biblioth.  Coislin.,  Paris  1715 

—  Die  syrischen  Uebersetzungen  wurden  von  Paulos,  Bischof  von  Eallini! 
Jakob,  Bischof  von  Edessa  (f  708),  angefertigt.  Einige  Auszüge  aus  der  Uebi 
der  Homilien  von  Jakob  ed.  Nestle,  Syrische  Grammatik,  2.  Aufl.,  Berlin  1888  S 
In  syrischem  Texte  ist  nur  noch  eine  Taufliturgie  des  Severos  gedruckt,  Antwer] 
Vgl.  A.  Resch,  Agrapha,  Texte  und  Untersuch,  von  A.  Hamack  und  0.  von  G< 
(Leipzig  1889)  361—372.  —  Einige  Schriften  und  Fragmente  aus  dem  Syrischen  1 
bei  A.  Mai.  Script,  veter.  nova  collect.  9,  742 — 760,  Spicileg.  Roman.  10,  169 — 2( 
adversus  Julian.  Halicam.),  212—220  (homilia  de  sta  Maria).  Eine  Liste  der  in  i 
Hss  des  British  Museums  vorliegenden  Schriften  gibt  Wright,  Catalogue  of  ti 
manuscripts  in  the  Brit.  Museum  3  (London  1872)  1322  ff.  Noch  zahlreichere  in  den  i 
Hss  des  Vatikans.  —  Dokumente  zu  seinem  Wirken  bei  Mansi,  Concilia  8,  9f 
1160  etc.  —  Die  Biographie  des  Severos  von  Zacharias  Rhetor  ed.  in  syrische 
Setzung  J.  Spanutb,  Göttingen  1893.  Sie  wurde  noch  bei  Lebzeiten  des  Severos  gi 
geschrieben.  Die  Berliner  syrische  Hs,  die  sie  enthält,  umfasst  15  Schriften  s 
ieidigung  des  Monophysitismus,   die  aus  dem  Griechischen  ins  Syrische  übersetzt 

—  Eine  andere  Vita  des  Severos  von  Johannes  episc.  raßdXwy  ist  zitiert  bei  Man 
cilia  13,  184.  —  Nachrichten  über  sein  Leben  auch  bei  Euagrios,  Johannes  von 
Johannes  von  Nikiu,  Theophanes  u.  a.  —  Einiges  zur  Theologie  des  Severos  bei  Gi 
Commentatio,  qua  Monophysitarum  veterum  variae  de  Christi  persona  opiniones  imp 
ipsorum  effatis  recens  editis  illustrantnr,  Göttinger  Universitätsschriften  1835.  183^ 
eine  vollständige  Aufzählung  des  einschlägigen  Materials  muss  hier  verzichtet  we 
Gute  Vorarbeit  zu  einer  Monographie:  Job.  Eustratios,  levrjQog  6  MoyoqtvaUrjg. 
1894  (nur  die  kirchen politische  Seite  behandelnd). 

2.  Die  übrigen  monophysitischen  Schriftsteller:  1.  Julian,  Bischofs 
karnass  in  Earien,  kam  um  518  nach  Alexandrien,  wo  er  die  Unverweslichkeit  de 
Christi  (Aphthartodoketismus,  Phantasiasmus)  verteidigte.  Einige  griechische  Fragm 
dogmatischen  Schriften  ed.  A.  Mai,  Spicileg.  Roman.  10,206—11.  Ganz  erhalten 
Kommentar  zum  Buche  Job,  der  in  der  Ausgabe  des  Origenes  von  G.  Genebrardu 


1  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§  6)  5^{ 

1&T4,  Uteinisch  vorliegt.  Ueber  den  griechischen  Text  vgl.  Bratke,  Theol.  Litteraturblatt 
255—57,  Preuachen,  Theologische  Litteraturzeitung  1893,  364,  425.  —  A.  Mai, 
Patr.  bibL  6,  2,  544  kannte  auch  eine  vollständige  Hs  dieses  Kommentars.  —  Frag- 
te aus  anderen  Kommentaren  finden  sich  in  gedruckten  und  ungedruckten  Katenen. 
•--  Sdurifien  Julians  wurden  auch  ins  Syrische  übersetzt.  Moses  ßar-Kepha,  Migne, 
gr.  111,551  zitiert  seinen  Kommentar  zum  Johannesevangelium.  —  2  Briefe  Julians 
Severoe  und  dessen  Antworten  bei  Zacharias  von  Mitylene,  ed.  J.  P.  N.  Land,  Anecdota 
I  8  (Leiden  1870)  263-271. 

2.  Timotheos  III  von  Alexandrien  schrieb  Ut^tiQQrjt$xä  in  mehreren  Büchern;  ihm 
nbAren  wohl  auch  die  cvyy^dfAfiata  xatä  t^g  avyodov  XaXxrjdoyog  xal  xov  xofiov  Aioyrog, 
M  Aiiastasioe  Sinaites,  Hodegos  bei  Migne,  Patr.  gr.  89,  101  einem  Timotheos  ohne  nähere 
jhf  ifhnnng  zuschreibt     Griechische  Fragmente  aus  mehreren  Homilien  bei  Kosmas  Indi- 

Migne,  Patr.  gr.  88,437 — 441.   —   Eine  vollständige  Homilie  aus  cod.  Vatic. 
103  lateinisch  bei  A.  Mai,  Spicileg.  Roman.  3  (Rom  1840)  708,  sowie  ein  Bruch- 
ans  einer  ins  Arabische  überse^ten  Homilie,  Script  veter.   nova  coli.  5  (Rom  1831) 
IIL  —  Diese  Homilien  und  einige  Fragmente  bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  265  -277. 

3.  Von  Tbeodosios  von  Alexandrien  (535— 36)  finden  sich  Fragmente  bei  Kos- 
ait  IndikopJeustes,  Migne,  Patr.  gr.  88,  436  f.  und  bei  Mansi,  Concilia  10,  1121;  11,  273, 
4I&.  —  Ans  dem  cod.  Vatic.  arabic.  101  gab  A.  Mai,  Spicileg.  Roman.  3,  710  ff.  Auszüge  aus 
iMfen  des  Tbeodosios  an  Severos  und  an  das  Volk  von  Alexandrien  und  aus  einer  Homilie. 
fiederfaolt  bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  277—286.  —  Vgl.  Anastasios  Sinaites,  Hodegos  Kap.  10, 
ligne,  Patr.  gr.  89.  149,  197.  —  Eines  gewissen  Koluthos  'Ex  rijg  vnig  rov  roftov  Beo- 
Ir«v  ai^eriMw  anokoyiag  und  ein  zweites  Fragment  bei  Mansi,  Concilia  10,  1117  ff. 

4.  Johannes  Philo ponos,  der  auf  dem  theologischen,  philosophischen  und  gram- 

■iHkaliftchen  Gebiete  litterarisch  thätig  war,  blühte  in  der  ersten  Hälfte  des  6.  Jahrhunderts. 

te  theologisches  Hauptwerk  war  Jiaixififjs  betitelt;  Johannes  spielte  darin  die  Rolle  des 

fchiedsrichters    in    der   herrschenden  Kontroverse   und   suchte    den  Monophvsitismus  und 

ftüheiBinas   zu   begründen.      Umfangreiche  Fragmente   dieser   Schrift  bei   Johannes   von 

liusaskoe   und   in  cod.  Athens  1805   s.    13.     17  Kapitel  gegen   die  Akephalen  stehen  in 

md,  Vindob.  theol.  196  f.  99^ — 130^*,   Photios  kannte  noch  2  andere  theologische  Schriften 

im  Philoponos.    Die   eine  war  gegen   das  Konzil  von  Chalkedon  gerichtet  (cod.  55);   die 

sdere    bekftnipfte   den  Patriarchen  Johannes  Scholastikos  von  Kpel  (cod.  75).     Auf  dem 

lUoeophiBchen  Gebiete  bewegen  sich  die  vollständig  erhaltenen  Scnriften  flegl  xoafionouag, 

ed.  Cor  der  ins,  Wien  1630,  und  Kaxa  JJqoxXov  negi  atdiotTjros  xoafiov  in  18  Büchern,  ed. 

TrtBcaTellas,  Venedig  1535.     Eine  dritte  philosophische  Schrift,  UsqI   avaatdaeoig^   ist 

gegangen,  ebenso  eine  Abhandlung  UsqI  ayakfAUTtay  gegen  lamblichos,  die  Photios 


j  «wieg  (cod.  215).  Ausserdem  gehen  mehrere  Aristoteleskommentare  unter  seinem  Namen, 
rl  —  Vgl.  die  orientierenden  Artikel  von  A.  StOckl,  Wetzer  und  Weites  Kirchenlexikon  6" 
I  (Ffeiläirg)  1748—55,  und  Gass,  Realencyklopädie  f.  prot  Theol.  16S  47 — 51.  —  Ueber  seine 
I  Theologie  &  F.  Treschel,  Theol.  Stud.  u.  Kritiken  8  (1835)  95—118,  J.  M.  Schönfelder, 
I  Die  KixxJieiig^hichte  des  Johannes  von  Ephesus,  München  1862  S.  286-297. 
V  5.    Ba 81  lies    Kilix    verfasste  neben    einer  Kirchengeschichte,   die  nach    Photios 

I    (oidL  42)  bis  zum  Tode  Justins  reichte  (527),   eine  Apologie   gegen  Johannes   von  Skytho- 
^    fei»  in  16  Bflchem,  von  der  Photios,  cod.  107,  eine  Inhaltsangabe  gibt. 

6.  Johannes  Presbyter,  o  Alysdxtjg,  ist  uns  nur  durch  Photios  bekannt.  Dieser 
Wifricht  seine  Kirchengeschichte,  welche  die  Zeit  von  Tbeodosios  II  bis  Zeno  in  mono- 
fhjvitiBchem  Sinn  darstellte  (cod.  41),  und  seine  Schrift  gegen  die  Svnode  von  Chalkedon 
leod.  55)  unter  Hervorhebung  der  Klarheit  und  Eleganz  der  Darstellung.  Die  Lebenszeit 
dtt  J<^iiiiuies  ist  noch  näher  zu  bestimmen. 

7.  Für  Themistios  und  den  alexandrin ischen  Mönch  Theodoros  sind  wir  auch 
wd  Photios  angewiesen.  Der  erste  schrieb  eine  'AnoXoyltt  vn^g  xov  iy  dyioig  Seo(poßlov, 
«via  er  Severoe   angriff.    Darauf  antworiete  Theodoros  als  Anhänger  des  Severos,    und 

f  4m  Kontroverse  veranlasste  noch  jeden  von  beiden  zu  einer  Replik  (Photios,  cod.  108).  — 
l'  f  Schriften  des  TliemiBtios  als  Monophysiten  erwähnt  auch  Maximos  Confessor,  Migne, 
J  fte.  §7.  91,  172.  —  Fragmente  anderer  Schriften  bei  Mansi,  Concilia  10,  981,  1117  ff. ; 
I  It440fil  —  Themistios  wird  auch  mit  Konon  und  Eugenios  als  Gegner  des  Johannes 
I    lUoppoBos  in  der  Auferstehungslehre  von  Photios,  cod.  23,  genannt     Photios,  cod.  24,  las 

:  I  arh  die  Akten  einer  Disputation  vor  dem  Patriarchen  Scholastikos  von  Kpel,  in  welcher 
1  fitaoo  and  Eugenios  auf  der  einen,  Paulos  und  Stephanos  auf  der  anderen  Seite  standen. 
I    ^  X-fher  Konon   und  Eugen  näheres  bei  Johannes  von  Ephesos,  Kirchengeschichte,  über- 

>^l   «M  voa  J.  M.  Schönfelder,  München  1862  S.  196  ff.     Ebenda  S.  203    die  Erwähnung 

K  I   mtr  groeaen  tritheistischen  Schrift. 

rl  8.  Tritheist  war  auch  ein  gewisser  Stephanos  Gobaros,  der  eine  Schrift  nach  Art 

'  i  Se  et  non  Abaelards  verfasete.    Ausföhrliche  Inhaltsangabe  bei  Photios,  cod.  231. 


r  H 

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54  Bysantinisohe  Lüteraturgoaohiohte*    !•  Proaaisohe  Li 

9.  Von  Johannes,  dem  Patriarchen  der  Th eo dos ianer  (677—686)  i 
stasios  Sinaites,  Hodegos  Kap.  15,  Migne,  Patr.  gr.  89,  258  2  Festbriefe. 

10.  Ein  TetQttßißXog  Zmtov  *laxwßitov  wird  erwähnt  von  Anastasios,  Bisch 
rinth,  Migne,  Patr.  gr.  106,  1024. 

11.  Die  monophysitischen  ^Aytt&BfAnxuffAoi  des  Anthimos,  Bischofes  von 
und  späteren  Patr.  von  Epel,  sind  erhalten  in  dem  noch  nnedierten  10.  Buche  des 
orthodoxiae  von  Niketas  Akominatos.  Vgl.  Migne,  Patr.  gr.  139,  1096.  Ein  Fn 
Anthimos  ^Ex  xov  nqog  'lovauyiayoy  Xoyov  bei  Mansi,  Concilia  11,  440  f.  —  Nik< 
wohl  noch  weitere  Reste  der  Monophysiten.  —  üeber  die  ,Sammlung  in  Sachen 
physitismusS  welche  unechte  Schreiben  an  Petrus  Fullo  von  Antiochien  enthält,  vgl. 
Gesch.  d.  Quellen  und  d.  Litt,  des  canonischen  Rechts  1  (Graz  1870)  763  ff.,  0. 
Nachrichten  der  Göttinger  Gesellsch.  der  Wiss.  Philol.  Histor.  Kl.  1894  S.  117- 

3.  Ueber  die  syrischen  Monophysiten  und  deren  Litteratur  vgl.  J.S.As 
Bibliotheca  orientalis,  2.  Bd.:  De  scriptoribus  Syris  monopbysitis,  Rom  1721.  —  W 
Striae  Literature,  Encyclopaedia  britannica.  9.  Aufl.  Bd.  22  (Edinburg  1887) 
Em  Abdruck  mit  Zusätzen  erschien  als  A  short  history  of  Syriac  literatore,  Lei 
Vgl.  Theolog.  Litteraturzeit.  20  (1895)  45.  —  An  ihrer  Spitze  steht  Philoxeno 
von  Mabug,  der  Gesinnungsgenosse  des  Severos,  dessen  christologische  Homili« 
A.  Wallis  Budge,  The  discourses  of  Ph.  Bishop  of  Mabbugh,  2  Bde.,  Londoo 
(der  syrische  Text  mit  englischer  Uebersetzimg). 

7.  Leontios  von  Byzanz  {Asovrioq  Bv^dmog).  Unter  diesem 
neben  dem  handschriftlich  auch  die  Bezeichnungen  "^leQotfoXvfiitr^y 
vorkommen,   sind  mehrere  theologische  Schriften  überliefert,   dei 
fasser  sich  als   der  bedeutendste  Theologe  des  6.  Jahrhunderts  l 
Diese  Bedeutung  liegt  in  erster  Linie  darin,  dass  er  zuerst  die  ai 
lischen  Begriffsbestimmungen  in  die  Theologie,  speziell  in  die 
logie  einführte   und  durch  diese  das  chalkedonische  Dogma  mit  c 
chischen  Volksauffassung  von  Christus  zu  versöhnen  suchte.    Man 
mit  Recht  den  ersten  Scholastiker  genannt   und   wir  halten   daf 
damit  ein  Fortschritt  in  der  Erforschung  des  Christusgeheimnisses 
war.    Inhaltlich  fusst  seine  Christologie   auf  derjenigen  des  Kyri 
Alexandrien.   Um  so  auffallender  muss  es  bei  dieser  Bedeutung  des 
sein,  dass  die  Tradition  weder  über  die  Persönlichkeit,   noch  ü 
Umfang  der  litterarischen  Thätigkeit  desselben  Sicheres  h 
Er  selbst  erzählt  nur,   dass  er  in   seiner  Jugend   einer  Gemeinscl 
Nestorianern   angehörte,   bis   er  durch  die  Gnade  Gottes   und    „§ 
Männer,   die  ihm   durch  die  Schriften  wahrer  Gottesgelehrten  Ha 
Herz  reinigten**,  derselben  entrissen  wurde.    Der  älteste  Zeuge  dei 
tion,  Germanos  von  Konstantinopel,  nennt  ihn  6  rijg  iqrjiiov  fioraxo^ 
sowie  des  Johannes  von  Damaskos  und  des  Theodoros  Studites  Angal 
jedoch  zu  unbestimmt,  um  sichere  Folgerungen  zu  erlauben.    Die  Sc 
um  die  es  sich  handelt,  sind:  1.  Contra  Nestorianos  et  Eutyc 
LI.  3,  eine  Widerlegung  der  beiden  christologischen  Systeme,  zugU 
Erstlingsschrift  des  Leontios,  2 — 3.  je  eine  Schrift  gegen  die  Nesta 
und  die   Monophysiten;    von    der   ersten  fehlt  das  8.  Buch,  die 
ist  in  ßS'AnoQiai  eingeteilt.     4.  Scholien,    gewöhnlich  Hb  er  de 
zitiert,  in  10  ÜQu^eig  eingeteilt  und  überarbeitet  von  einem  Abte 
doros.    Auch  diese  wendet  sich  nach  einer  summarischen  Besprecht] 
früheren  Lrlehren  wieder  gegen  die  monophysitischen  Parteien,  Gai 
Agnoeten  und  Origenisten.   5 — 6.  Eine  kurze  Widerlegung  des  Sc 
und  30  Kapitel  gegen  denselben;  7.  eine  Schrift  über  die  Fälschi 
der  Apollinaristen;  8.  ein  Anzahl  von  Fragmenten  arto  tcov  Ai 


1.  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§  7)  55 

Ttiv  axoXifov  Movtiov.  Fr.  Loofs  hat  zuerst  den  Versuch  gemacht, 
\  Problem,  das  sich  an  Leontios'  Namen  knüpft,  zu  lösen.  Sein  End- 
ultat  bezüglich  der  Schriften  des  Leontios  ist,  dass  nur  Nr.  1  noch  in 
prünglicher  Gestalt  vorliegt;  die  übrigen  wären  sämtlich  Fragmente 
'.  5  u.  6)  oder  Bearbeitungen  (Nr.  2 — 4)  einer  ursprünglichen  Schrift, 
che  axoha  betitelt  war.  Nr.  7  schreibt  Loofs  einem  anderen,  aber 
ichzeitigen  Autor  zu.  Gegen  die  Hypothese  jener  Grundschrift  sind  von 
Bchiedenen  Seiten  gewichtige  Bedenken  erhoben  worden,  die  es  nicht 
luben,  Loofs'  Untersuchungen  als  abschliessend  zu  betrachten.  Doch 
damit  das  litterarische  Eigentum  des  Leontios  im  allgemeinen  fest- 
keilt. Die  unter  seinem  Namen  gehenden  Homilien  harren  noch  einer 
en  Untersuchung;  sie  gehören  wohl  einem  anderen  Leontios,  Presbyter 
iConstantinopel. 

Noch  schwieriger  war  die  Fixierung  der  persönlichen  Verhält- 
se  des  Leontios.  Nach  Loofs'  scharfsinnigen  Forschungen  wurde 
»ntios  wahrscheinlich  in  Konstantinopel  um  485  aus  einer  vornehmen 
nilie  geboren,  die  mit  dem  Feldherrn  Vitalian  verwandt  war.  Aus  der 
torianischen  Richtung  wurde  er  durch  den  Anschluss  an  die  sk}rthischen 
nche  gerissen,  an  deren  Spitze  Maxentios  stand.  Nach  einer  Reise 
h  Rom  (519)  zog  er  sich  in  die  neue  Laura  des  hl.  Sabas  in  Palästina 
üek;  531  nahm  er  teil  an  dem  berühmten  Religionsgespräch  in  Kon- 
atinopel  und  verweilte  hier  bis  etwa  539,  wo  er  in  sein  Kloster  zurück- 
irte.  542  trat  er  wieder  in  Konstantinopel  auf  und  starb  hier  wahr- 
einiich  bald  darauf.  Diese  Lebensskizze  kann  auch  nur  als  eine  vor- 
fige  angesehen  werden:  ein  Beweis  dafür,  wie  schwierig  es  ist,  eine 
\  den  Zeitgenossen  vernachlässigte  Persönhchkeit  (Euagrios  nennt  nicht 
mal  seinen  Namen)  auf  dem  Wege  der  litterarischen  Forschung  gleich- 
n  wiederzufinden,  selbst  wenn  es  die  Persönlichkeit  eines  so  gewichtigen 
eologen  und  Polemikers  wie  die  des  Leontios  von  Byzanz  ist.  Jene 
rnachlässigung  erklärt  sich  am  besten  daraus,  dass  der  hochbegabte 
>ntios  sich  nicht  in  die  extremen  Richtungen  hineinreissen  Hess,  die  im 
eikapitel-  und  Origenistenstreit  zur  Geltung  kamen. 

1.  Ausgaben:  Nach  J.  Leunclaviiis,  Basel  1578,  Canisius-Basnage  und 
nsi  hat  A.  Mai  die  Ausgabe  des  Leontios  im  wesentlichen  zum  Abschluss  gebracht, 
em  er  den  griechischen  Text  von  Nr.  1,  5—7  und  die  Nr.  2,  3,  8  zuerst  veröffentlichte; 
«  xusammengestellt  bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  1267—2100.  —  Ebenda  1975-2004  die 
iomilien.  Andere  unter  dem  Namen  eines  Leontios  von  Epel  in  codd.  Vatican.  455, 
0,  Vallicell.  B.  34,  Paris.  1175.  Handschriftlich  werden  Leontios  von  Byzanz,  Leontios 
I  Kpel  und  Leontios  von  Eypem  vielfach  verwechselt. 

2.  Hilfsmittel:  Die  früheren  litterarhistorischen  Angaben  bei  Oudin,  Cave,  Dupin, 
iricins  sind  sehr  unbestimmt  und  einander  widersprechend.  —  Hauptschriften:  Fr.  Loofs, 
i  Leben  und  die  polemischen  Werke  des  Leontius  v.  Byzanz,  Texte  und  Untersuchungen 
1  0.  V.  Gebhardt  und  A.  Hamack  3,1  (Leipzig  1887)  1—317.  Vgl.  dazu  Möller, 
^log.  Litteraturzeitung  1887,  338ff.,Bardenhewer,  Patrologie S. 506- 508,  A.Ehrhard, 
frarischer  Bandweiser  27  (Mtlnster  1888)  505—508.  Die  Ausführungen  von  Loofs 
leo  vielfach  durch  Mangel  an  Klarheit,  Uebersicbtlichkeit  und  strenger  Selbstkontrolle, 
pothesen  werden  auf  Hjrpothesen  aufgebaut;  die  Identifizierungsversuche  gehen  entschieden 
weit.  —  W.  Rügamer,  Leontius  von  Byzanz,  Würzburg  1894,  nimmt  zu  vielen  Auf- 
llongen  von  Loofs  gegensätzliche  Stellung  ein,  ohne  jedoch  positiv  über  Loofs  hinaus- 
ommen.  Das  Hauptverdienst  dieser  Schrift  liegt  in  der  Darstellung  der  Theologie  des 
ntioft. 

3.  Das   nächst«  Bedürfnis   für  die  weitere  Leontiosforschung   ist  eine  sorgfältige 


56  ^^«bsv^^^^      "^   LitteratargeBchiohte.    I.  Prosaische  IdUerator. 

ünterauchimg  aiWeT  eVOB^Shl&gigen  Hss.  Ausser  den  Loofs  bekannten  Godd.  Vatici 
Turrian.  (ob  vom  Na\)\(^an.  verschieden?)  und  Bodl.  Laudian.  92  B.  seien  gena 
Januens.  27  saec.  11  fol.  328—853,  vgl.  Pitra,  Analecta  sacra  et  dassica  5  (B 
44  ff.,  cod.  Escorial.  458  saec.  11,  cod.  Paris.  1335  saec.  14,  Vatican.  Palat  34! 
Zu  beachten  ist  auch  die  anonyme  Schrift  in  cod.  Marc.  575  s.  15,  in  der  Leontios 
wird.  —  Das  unedierte  Stück  in  dem  cod.  Landian.  hat  Rfigamer  a.  a.  0.  S.  ^ 
einem  Athoscodex  wahrgenommen. 

4.  üeber  den  „Abt  und  Philosophen*  Theodoros,  den  Ueberarbeiter  der  Sd 
Leontios  ist  nichts  sichergestellt.  Loofs  a.  a.  0.  S.  149  macht  mit  Recht  auf  die  N 
keit  handschriftlicher  Forschungen  aufmerksam.  Zu  den  ebenda  S.  186  genan 
sind  die  codd.  Mosq.  T3rpogr.  10  saec.  12,  Paris.  1109  saec  14,  Eosinitz.  34  saec. 
zufügen.  Aus  dem  Liber  de  sectis,  Migne  a.  a.  0.  1282,  geht  hervor,  dass  Thec 
üeberarbeitung  zwischen  579—608  vornahm. 

5.  Als  WortfQhrer  der  skythischen  Mönche,  zu  denen  Leontios  gehört  hi 
ist  Johannes  Maxentios  bekannt,  von  dem  mehrere  Schriften  in  lateinische 
nach  der  ed.  pr.  von  J.  Cochlsus  bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  75 — 158  vorliegen, 
in  sehr  schlechtem  Zustand.  Es  bleibt  zu  untersuchen,  ob  sie  griechisch  geschrieben 
oder  ob  nicht  vielmehr  der  lateinische  Text  der  ursprflngliche  ist.  Fabricius, 
10,  540  kannte  keine  griechische  Hs;  eine  solche  ist  auch  neuerdings  nicht  auf 
Vgl.  Loofs  a.  a.  0.  S.  229  ff.,  Bardenhewer,  Patrologie  S.  509  f. 

6.  Ueber  das  Religionsgespräch  des  Jahres  581  gibt  der  Brief  des 
Innokentios  von  Maronäa  bei  Philippi  nähere  Auskunft.  In  lateinischer  Ueh 
und  sehr  korrupter  Textgestalt  ed.  Mansi,  Concilia  8,  817—884. 

7.  Ein  sonst  unbekannter  Mönch  Eustathios  behandelt  in  einem  an  1 
Scholastikos  gerichteten  Briefe  die  Frage  nach  der  Doppelnatur  Christi.  Er  suc 
zuweisen,  dass  Severos  sich  selbst  widerapreche,  und  brmgt  zu  diesem  Zweck  Z 
einer  Reihe  von  Schriften  des  Severos.  Er  wird  wohl  ein  Zeitgenosse  des  Severos 
sein.  Ed.  pr.  A.  Mai,  Script,  veter.  nova  coli.  7  (Rom  1888)  277—292;  abgedr 
Migne,  Patr.  gr.  86,  901—941. 

8.  Verlorene  Polemiker  des  6.  Jahrhunderts:  Das  Los  der  monophy 
Theologen  traf  auch  manche  ihi'er  Gegner,  deren  Schriften  ebenfalls  verloren  ^ 
sind.    Wir  nennen  folgende: 

1.  Der  Mönch  Jobios  verfasste  zwei  Schriften;  die  erste  war  gegen  Se^ 
richtet,  die  zweite  ,Oixoyof4ixij  nQayfÄoteia^  betitelt,  bestand  aus  9  Büchern  und 
Eine  ausführliche  Analyse  derselben  mit  Excerpten  bei  Photios,  cod.  222,  Migne, 
108,  786—829.  Damach  war  diese  Schrift  nicht  polemisch.  Zwei  weitere  Fragm« 
derselben  ed.  A.  Mai,  Classici  auctores  10,  601—604,  Spicileg.  Roman.  10, 182;  ab| 
bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  8,  8813—20. 

2.  Johannes  Grammatikos  von  Käsarea  wird  als  Gegner  des  Severos,  d 
ihn  schrieb,  von  Eustathios  Monachos  und  Anastasios  Sinaites  öfters  erwähnt.  Sei 
logie  der  Synode  von  Chalkedon  ist  in  syrischer  Uebersetzung  erhalten  in  dem  cod. 
syriac.  140.    Vgl.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  2  (Rom  1844)  595. 

^.Johannes,  Bischof  von  Skythopolis  um  die  Mitte  des  6.  Jahrhunderts,  der 
Johannes  Scholastikos  derselben  Stadt  höchst  wahrscheinlich  identisch  ist,  verfasste  ein 
gegen  Severos,  die  wenigstens  aus  8  Büchern  bestand.  Eine  zweite,  Katd  raty  dno 
x^g  ixxXrjalag,  in  12  Büchern  war  nach  Photios,  codd.  95.  107,  gegen  Basilios  Kilix  g 
der  eine  Gegenschrift  schrieb.  Johannes  ist  endlich  der  älteste  Kommentator  des 
areopagiten.  Erbalten  sind  nur  einige  kurze  Fragmente  aus  der  ersten  Schrift  in  l 
akten  bei  Mansi,  Concilia  10,  1107;  11,438  und  in  der  Doctrina  Patrum  bei  . 
Script,  veter.  nova  coli.  7,  21.  —  Vgl.  Loofs,  Leontius  von  Byzanz  S.  269—272. 

4.  Von  dem  Mönche  Nikios  erwähnt  Photios,  cod.  50,  drei  Schriften:  Ki 
Tov  4»iXon6vov  xe(pttXttl<oy  tnxd^  Kaxd  tov  dvaaeßovg  JSetnJQov,  Kaxa  'EXXijyaty  Xoyoi 

5.  Photios,  cod.  22,  las  auch  die  Schrift  eines  Mönches  The  od  osios,  der  ge 
Auferstehungslehre  des  Philoponos  auftrat. 

6.  Ein  gewisser  Maren  von  Edessa  wird  von  Anastasios  Sinaites,  Hodegos  ] 
Migne,  Patr.  gr.  89,  293  als  Gegner  des  Severos  genannt. 

7.  Anastasios  Sinaites  zitiert  auch,  Hodegos  Kap.  18,  14,  Migne  a.  a.  0.  2 
die  Schrift  eines  Ammonios  von  Alexandrien  gegen  Julian  von  Halikamass,  der  v 
früheren  Exegeten  Ammonios  unterschieden  werden  muss.  —  Ein  Fragment  an 
Schrift  gegen  Eutyches  und  Dioskoros  wird  Ammonios  zugeschrieben  in  den  codd. 
Typogr.  10  saec.  12  fol.  189  f.  und  Taurin.  200  saec.  14  fol.  75^-  78. 

8.  Eusebios,  Erzbischof  von  Thessalonike  (590—604),  richtete  eine  Koni 
Schrift  in  10  Büchern  gegen  den  obengenannten  Andreas  Enkleistos,   einen  Anhänj 


A«  Dogmatik  und  Polemik.    (§§  S--^)  57 

thartodokeÜsmus.  VgL  PhoÜos,  cod.  162  —  Gregorios  M.,  Registrum  fipistol.  1.  9,  156. 
(Briefe  an  Ensebios). 

8.  Ephräm  {'E^Qaifji,  'E^Qätfuog),  Patriarch  von  Antiochien  (529—545), 
Amida  in  Mesopotamien  gebürtig  und  Comes  des  Orients  bis  zu 
ler  Bischofsweihe,  müsste  an  die  Seite  des  Leontios  von  Byzanz  ge- 
Jt  werden,  wenn  die  zahlreichen  Schriften,  die  er  zur  Vertei(ügung  der 
lode  von  Chalkedon  verfasste,  erhalten  wären.  Von  seiner  litterarischen 
Itigkeit  erhalten  wir  Kenntnis  durch  Anastasios  Sinaites,  die  Johannes 
i  Damaskos  zugeschriebenen  Sacra  parallela  und  besonders  durch  Photios. 
le  bieten  Zitate  aus  Homilien  und  Schriften  gegen  Severos  u.  a.  Dieser 
mte  3  TofAoi  Ephräms;  der  erste  war  eine  Sammlung  von  Homilien  und 
efen.  Von  dem  zweiten  bekämpften  3  Bücher  die  Severianer,  das 
enthielt  die  Antwort  auf  5  Fragen  über  die  Qenesis,  die  ein  Mönch 
atolios  Ephräm  vorgelegt  hatte.  Aus  den  zahlreichen  Fragmenten, 
Photios  mitteilt  und  A.  Mai  aus  vatikanischen  Hss  nur  unwesentlich 
mehren  konnte,  ist  ersichtlich,  dass  Ephräm,  gleichwie  Leontios,  eine 
gedehnte  Kenntnis  der  früheren  Väterschriften  besass,  und  in  seiner 
istologie  hauptsächlich  auf  Kyrillos  von  Alexandrien  fiisste. 

1.  Fragmente  bei  Photios,  codd.  228  f.,  Migne,  Patr.  gr.  103,  957—1024,  bei  Ana- 
iio6  Sinaites,  Migne,  Patr.  gr.  89,  1185-88  und  bei  Mansi,  Goncilia  10,  1108;  11,433-36. 
Die  Fragmente  in  den  Sacra  Parallela  und  bei  A.  Mai  gesammelt  bei  Migne,  Patr.  gr. 
2,  2104—9.  -  Weitere  Fragmente  in  codd.  Paris.  11  a.  1186  fol.  312  und  320,  Marcian. 
s.  12,  Athous  3709  s.  13  fol.  40,  in  dem  Thes.  orthodox,  des  Niketas  Akominatos  etc. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  10,  750  -753.  Hier  die  Liste  der  48  früheren 
:hen8chriftsteller,  die  in  den  Fragmenten  bei  Photios  genannt  werden.  —  Mehrere  bio- 
[>hische  Einzelheiten  über  Ephräm  bei  Johannes  von  Ephesos,  Commentarii  de  beatis 
ntalibus  et  histor.  eccl.  fragm.  latine  verterunt  W.  T.  van  Douwen  et  J.  P.  N.  Land, 
sterdam  1889  8.  134,  188,  besonders  221—23. 


9.  Jnstmian  I  {^lovauviarog)  527 — 565  eröflfhet  die  Reihe  der  byzan- 
ischen  Kaiser,  welche  das  Beispiel  Sauls  nachahmten,  der  unter  die 
^pheten  ging.  In  den  theologischen  Kontroversen  seiner  Zeit,  mit  denen 
sich  als  Kirchenpolitiker  intensiv  beschäftigte,  trat  der  Kaiser  auch  als 
ologischer  Schriftsteller  auf.  Zeugen  dieser  theologischen  Schriftstellerei 
i  Kaisers  sind  Justinian  selbst,  Liberatus  Diaconus  und  Eustratios;  doch 
g  es  schwierig  sein,  den  persönlichen  Anteil  Justinians  an  den  unter 
aem  Namen  publizierten  theologischen  Abhandlungen  zu  bestimmen, 
lenfalls  nahm  er  die  Mitarbeiterschaft  seiner  Hoftheologen  in  Anspruch ; 
?r  der  einheitliche  litterarische  Charakter,  verbunden  mit  dem  hohen 
eresse  des  Kaisers  für  theologische  Fragen,  stellt  Justinians  Haupt- 
orschaft  ausser  Zweifel.  Wenn  wir  von  den  Briefen  und  kleineren 
ikten  theologischen  Inhalts  absehen,  so  tragen  folgende  Schreiben  und 
ikte  Justinians  einen  theologisch-litterarischen  Charakter:  1.  Der  an  den 
triarchen  Menas  von  Konstantinopel  (543)  gerichtete  Aoyoq  xard 
lyhvovq  dvaaeßovg^  welcher  den  Nachweis  versucht,  dass  Origenes 
ilimmer  sei  als  alle  übrigen  Ketzer.  Die  Abhandlung  ist  reich  an 
aten  aus  früheren  Kirchenvätern,  Petros  von  Alexandrien,  Basilios, 
egor  von  Nyssa,  Theophilos  und  Kyrillos  von  Alexandrien  u.  a.,  sowie 
Stellen  aus  den  Schriften  des  Origenes  selbst.  Ihr  kirchenpolitischer 
reck   ist  aus  der  Aufforderung  ersichtlich,   es  möge  der  Patriarch  eine 


58  Byxaatinisolie  Litteratnrgesoliiohte,    L  Prosaiaolie  Uttoraior. 

Synode  versammeln  und  derselben  die  von  Justinian  aufgestellten  A 
matismen  vorlegen.  2.  Ganz  dieselbe  theologische  Darstellungsweisi 
bunden  mit  derselben  kirchenpolitischen  Tendenz,  zeigt  sich  in  dem  gel 
Edikte»  gegen  die  Drei  Kapitel  (551).  unvollständig  erhalten  h 
Kontroversschrift  gegen  gewisse  Anhänger  der  Drei  Kapitel, 
Justinian  deren  Verwerfung  zu  rechtfertigen  sucht.  3.  Mehrere  A 
lungen  beziehen  sich  auf  die  theologische  Hauptkontroverse  der  Ze 
Monophysitismus.  Die  grösste  derselben,  an  ägjrptische  Möncl 
richtet,  stellt  auch  die  orthodoxe  Lehre  an  der  Hand  der  hl.  Schri 
der  Väter  unter  Bevorzugung  Kyrills  von  Alexandrien  dar  und  sc 
daran  eine  Widerlegung  der  Gegner.  Das  dogmatische  Schreiben  i 
Patriarchen  von  Konstantinopel  Zoilos  (542  bis  c.  550)  ist  bis  a 
kurzes  Fragment  verloren  gegangen.  Justinian  und  seine  Theolog 
reichten  ihren  Zweck,  die  Versöhnung  der  Monophysiten,  nicht;  Ju 
trat  sogar  in  einem  letzten,  verloren  gegangenen  kirchenpolitisch-l 
gischen  Edikte  für  die  extreme  monophysitische  Partei,  die  Aphi 
doketen,  ein.  Zwischen  diesem  Edikte  und  den  früheren  liegt  ein  Ab; 
denn  in  diesen  steht  Justinian  im  wesentlichen  auf  dem  theolog 
Standpunkt  des  Leontios  von  Byzanz,  obgleich  Leontios  auch  von  Jui 
nirgends  erwähnt  wird.  Das  bleibende  Resultat  dieser  kirchenpolii 
Aktion,  die  Justinian  in  ein  theologisches  Gewand  zu  kleiden  verstan< 
die  endgültige  Feststellung  der  kyrillisch-chalkedonischen  Christologie 
halb  des  byzantinischen  Reiches,  das  davon  niemals  mehr  abging. 

1.  Ausgaben:  Die  theologischen  Schriften  Justinians  wurden  in  die  meisten  Ec 
Sammlungen  aufgenommen.  Am  bequemsten  findet  man  sie  bei  Migne,  Patr.  gr 
945—1149.  —  Den  Tractatus  contra  Monophysitas  ed.  pr.  A.  Mai,  Scriptor.  vet€ 
coli.  7  (Rom  1833)  292—313,  sowie  das  Fragment  des  Bnefes  an  Zoilos,  Spicileg.  R< 
(Rom  1840)  468  f.  aus  dem  Thesaurus  orthodoxiae  des  Niketas  Akominatos.  —  13 
theologischen  Inhaltes  an  die  Päpste  Hormisdas,  Johannes  I,  Agapetos  I,  Vigilius 
die  5.  Synode  bei  Migne,  Patr.  lat.  63,  367  ff.;  66,  11-32,  35—80;  69,  15  - 
Mehrere  Edikte  kirchlichen  Inhalts  stehen  in  Justinians'  Codex  und  in  seinen  Ni 
sowie  bei  Migne,  Patr.  lat.  72,  921 — 1110.  —  Eine  Goldbulle  an  den  Abt  des  Sinaü 
ed.  pr.  C.  Tischend orf,  Anecdota  sacra  et  profana,  2.  Aufl.,  Leipzig  1861,  56  f. 

2.  Hilfsmittel:  Ueber  Justinians  theologische  Schriften  und  Lehre  vgl.  H 
Conciliengeschichte  2,  2.  Aufl.  (Freiburg  1875)  786  u.  öfters,  Loofs,  Leontius  von 
S.  303-317.  —  P.  Jörs,  Die  Reichspolitik  Kaiser  Justinians,  Giessen  1893  S.  14—2 
Förderung).  —  Für  seine  theologische  Schriftstellerei:  Justiniani  Novellae,  ed.  Zachari; 
Lingenthal  2,  244,  Liberatus  Diaconus,  Breviarium  Kap.  24  bei  Mansi,  Concilia 
Eustratios,  Vita  Eutychii,  Migne,  Patr.  gr.  86,  2313. 

3.  Von   dem  Patriarchen  Epiphanios  von  Kpel  (520—535)  befinden  sich  4 
an  den  Papst  Hormisdas  und  dessen  Antworten  bei  Migne,  Patr.  lat.  63,  494  ff. 

4.  Schriften  zum  Origenlstenstreit.    1.  Barsanuphios  (f  c.  550),   de 
Euagrios,  Hist.  eccl.  1.  4,  33  ein  Kloster  in  der  Nähe  von  Gaza  in  Palästina  bewohnte, 
liess  eine  kurze  Ji&aaxaXLa  negi  rcHv  ^SlQiye'yovg,  Evaygiov  xal  Jidvf4ov  (fQoytjfÄdtioy, 
sich  scharf  gegen  den  Origenismus  ausspricht  (530—540).  Ed.  pr.  Montfaucon,  B 
Coislin.,  Paris  1715  S.  394—399.   —   Eine  von   der  gedruckten  verschiedene   Jida 
bieten  unter  dem  Namen  des  Barsanuphios  und  Johannes  die  codd.  Sinait.  410  Sf 
und  412  saec.  11.  —  Barsanuphios  und  seinem  Schüler  Johannes  werden  auch  ask 
Schriften  zugeschrieben.    Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  585  f.    Dabei  wird  öfters  be 
dass  Barsanuphios  von  einem  gleichnamigen  Anhänger  des  Severos  zu  unterscheiden 
2,  The  oder  08,  ein  origenistischer  Mönch,   der  durch  den  Einfluss  des  Theodoros  A 
von  Käsarea  Bischof  von  Skythopolis  wurde,  schwor  den  Origenismus  ab  und  richte 
559    eine   scharfe  Erklärung  gegen   denselben    an  Kaiser  Justinian   und   die  Patri 
Eutychios,  ApoUinarios,  Domninos  und  Eustochios,  die  in  der  Hauptsache  aus  12  A 
matismen   gegen   Origenes  besteht.    Ed.  pr.  Montfaucon,  Bibliotn.  Coisl.  S.  94—9 
gedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  1,  231—36. 


t  Theologie.    ▲•  Dogmatik  und  Polemik.    (§  10)  59 

5.  Die  AiifiüÜiluog  und  Charakterimenmg  der  zahlreichen  monophysitischen  Sekten 
lüdet  den  Henptinbalt  einer  litteransch  wertlosen  Schriffc  des  Tim 0 theo s,  Presbyters  der 
1^    Hegim  Sophie,  bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  11-68.    Timotheos  erwähnt  die  5.  Synode  (553) 
^   wmi  edirieb  somit  in  der  2.  Hälfte  des  6.  Jahrhunderts. 

%  6.   Entychios,     der   Nachfolger   des    Monas   auf   dem  Patriarchalstuhl   ip   Epel, 

i  friker  Vorsteher  eines  Klosters  in  Amasea  im  Pontes,  spielte  eine  hervorragende  Rolle  auf 
K  iv  5.  Synode;  565  wurde  er  von  Justinian  verbannt  und  577  unter  Justin  11  wieder  zu- 
tftekkemfen.  Er  starb  582.  Seine  Kontroverse  mit  Gregor  d.  6r.  als  Apokrisiar  in  Kpel 
iber  die  Qualität  des  Auferstehungsleibes  ist  bekannt.  Sein  Biograph  Eustratios  spricht 
Ulms  von  seiner  litterarischen  Thätigkeit  gegen  die  Monopbysiten,  besonders  gegen  die 
Apkthartodokeien,  aber  ohne  näher  darauf  einzugehen.  Erhalten  sind  nur  ein  Brief  an 
Vifet  V^igiliuB  in  Sachen  des  Dreikapitelstreits  und  eine,  wahrscheinlich  fragmentarische, 
Bsmilie  Ober  das  Osterfest.  Beide  bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  2,  2392-2405.  Vgl.  dazu 
8teiti.  Jmhrbflcber  für  deutsche  Theologie  12  (1867)  256—262.  ->  »Schriften  der  Kompi- 
ktion*  des  Eutychios  erwähnt  Johannes  von  Ephesos,  Kirchengeschichte,  übersetzt  von 
J.  M.  Schonfelder,  München  1862  S  76  f.,  89. 

7.  Der  Presbyter  Eustratios  von  Kpel  war  ein  Schüler  des  Eutychios.  Seine 
BMgrmphte  des  letzteren  hat  die  Form  einer  Grabrede  und  muss  bald  nach  dem  Tode  des 
FiiArijunchen  verfasst  worden  sein.  Der  Text  bei  Migne  a.  a.  0.  2273—2390.  —  Eustratios 
lehneb  Mach  3  Abhandlungen  gegen  die  Theorie  des  Seelenschlafes,  worüber  Photios,  cod.  171, 
kcrielitei.  Ed.  pr.  faber  unvollständig)  Leo  Alle tius.  De  purgatorio,  Rom  1655  S.  319—580. 
Die  dmrin  zitierten  Autoren  verzeichnet  bei  Fabricius.  Bibl.  gr.  10,  725 — 27. 

8.  In    die   Zeit   Justinians   gehören    auch   2    Schriften,    Nofioi  rtSy  'OfjLtjQixtov   und 
i(  /u€Ta  iovSalov 'EQßtt¥  rovyofjta,  welche  Gregentios,  Bischof  von  Tapbar  im  Lande 

Hin^ariden  in  Südarabien  zugeschrieben  werden  und   die  Bekehrung  der  Himjariden 

Christentum  zum  Gegenstande  haben.    Die  Gesetzgebung  wird  auf  Gregentios  zurück- 

gelUirt   und  bietet  kulturhistorisches  Interesse;   der  Dialog   will   auf  Aufzeichnungen  des 

Psllftdios,    Scbolastikos   des    Bischofes   Gregentios   beruhen,      ursprüngliche   Gestalt,   Ab- 

fsjMHmgBzeit,    Verfasser  und    Glaubwürdigkeit   dieser   Schriften   müssen   noch    festgestellt 

Verden.     Die  Nofioi  ed.  pr.  Boissonade,  Anecd.  gr.  5  (Paris  1833)  63—117  (der  Anfang 

feblt);  den  Dialog  ed.  pr.  N.  Gulon,  Paris  1586.    Beide  vereinigt  bei  Migne,  Patr.  gr.  86, 

1,  ^3 — 784.     Eine  neue  Ausgabe  ist  die  Vorbedingung  für  die  geforderte  Untersuchung. 

Za   berllcksiebtigen  ist  der  cod.  Sinait.  541  a.  1150,   welcher  eine  Vita  Gregentii  archiep. 

Homeritamm   enthält,  die  vielleicht  die  ursprüngliche  Textesgestalt  darstellt.    Auch  eine 

•brisclie  Cberaetzung  in  einer  Berliner  Hs  gibt  die  2  Schriften  im  Rahmen  einer  Lebens- 

beechreibong  des  Gregentios,  als  deren  Verfasser  sie  einen  ungenannten  Bischof  von  Negran 

besMcliDel     Vgl.  Fabricius,   BibL  gr.   10,  115  f.     In  cod.  Athens  1555  saec.   14  wird 

Johannen,  Bischof  von  Negran,  als  Verfasser  dieser  Vita  genannt.  —  Litteratur  bei  Bar  den - 

hewer,  Patrologie  S.  518.     Dazu  noch:  A.  Dillmann,   Zur  Geschichte  des  axumitischen 

Abb.  BerUner  Ak.  Phil.  Hist.   Kl.  (1878)  177-238,  (1880)  1-51;  Mordtmann, 

\  deutsch.  Morgenl.  GeseU.  35  (1881)  693-710. 


10.  AnastaäoB  (Avaardaiog)  Patriarch  von  Antiochien,  war  aus 
PiULsdna  gebürtig  und  führte  das  Mönchsleben,  bis  er  559  dem  Patriarchen 
Domnos  nachfolgte.  Er  widersetzte  sich,  wie  Euagrios  und  Eustratios 
berichten,  der  monophysitenfreundlichen  Politik  Justinians,  der  jedoch  starb, 
bevor  er  Anastasios  bannen  konnte.  Dies  that  Justin  11  (570)  und  erst 
DAch  23  Jahren  konnte  Anastasios  auf  seinen  Stuhl  zurückkehren,  den  er 
noch  etwa  5  Jahre  innehatte  (t  599).  Während  seines  Exiles  schrieb  er 
3  dogmatische  Abhandlungen  über  die  Trinitäts-  und  Inkamations- 
iehre,  die  nur  in  lateinischer  Übersetzung  vorliegen.  Anastasios  schliesst 
lieh  inhaltlich  eng  an  die  Kirchenväter  an;  in  formeller  Hinsicht  darf  er 
vegen  seines  streng  methodischen  Verfahrens  als  ein  Vorläufer  der 
Scholastik  angesehen  werden.  Von  den  späteren  byzantinischen  Theo- 
logen wurde  er  viel  beachtet  und  zitiert,  wie  z.  B.  von  Maximos  Confessor, 
Miannes  von  Damaskos,  der  7.  allgemeinen  Synode  u.  a.  Sein  littera- 
iBcher  Nachlass  umfasste  ursprünglich  noch  andere  Schriften,  gegen 
Instiiiian,  gegen  Johannes  Philoponos,  eine  Abhandlung  über  den  dogma- 
tischen Brief  Leos  an  Flavian.    Euagrios,  Hist.  Eccl.  4, 40,  bezeugt  ausser- 


60  BysanüniBolie  litteratargeschiohie.    L  Prosaische  Litteraiar. 

dem,  dass  er  schwierige  biblische  Fragen  behandelt  habe.  Vielleichl 
hört  ihm  auch  die  unedierte  Schrift  nsQl  nqovoiaq  zu,  die  eine  Hs 
Rheims  unter  seinem  Namen  enthält.  In  seiner  ersten  dogmatischen 
handlungen  über  die  Trinität  beruft  er  sich  auf  die  Homilien,  die  er 
fasst  habe,  „als  er  noch  ungehindert  schreiben  und  sprechen  konnte', 
solcher  Homilien  sind  unter  seinem  Namen  gedruckt,  aber  ihre  Ecl] 
ist  zweifelhaft.  Eine  4.  ist  sicher  unecht,  da  die  7.  Synode  darin  erw 
wird.  Sicher  echt  ist  nur  seine  Rede  bei  der  Rückkehr  nach  Antio< 
am  25.  März  593.  In  den  Hss  werden  die  verschiedenen  Träger 
Namens  Anastasios  sehr  oft  mit  einander  verwechselt;  es  muss  dahe 
handschriftliche  Material  einer  genauen  Durchforschung  unterzogen 
den,  bevor  das  litterarische  Eigentum  eines  jeden  dieser  Anastasii  besti 
werden  kann. 

1.  Ausgaben:  Die  von  Luk.  Holstein  geplante  Ausgabe  des  Anastasios  kam 
zur  Ausführung.  —  Eine  vorläufige  Gesamtausgabe  bei  Migne,  Patr.  gr.  89,  1309— 
Hier  neben  den  5  dogmatischen  Abhandlungen  und  4  Homilien  noch  eine  unechte  *£ 
avyxofios  niaxewg  und  einige  Fragmente.     -  Die  Rede  am  25.  März  593  ed.  Pitra, 
eccl.  Graecor.  bist,  et  docum.  2  (Rom  1868)  251—257. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  10,  595-600.  —  Gregorius  P.,  R< 
epistol.  1.  1,  7.  24  f.;  5,  41  f.;  8,  2  etc.  stand  mit  Anastasios  in  Korrespondenz  un< 
mühte  sich  eifrig  um  dessen  Restituierung.  ~  Eine  erste  Grundlage  fGü*  weitere 
schungen  bietet  Pitra,  Juris  eccl.  Graecor.  bist,  et  docum.  2,  238—394.  EUer  w 
13  Träger  des  Namens  Anastasios  nachgewiesen,  eine  Liste  von  Hss  aufgestellt  und 
cula  von  verschiedenen  Anastasii  geboten. 

3.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  6,  2,  LIIF  nennt  einen  Theodoros  presbyter  als 
fasser  einer  Isagoge  in  5  sermones  dogmaticos  Anastasii  Antiochem'  ohne  nähere  An§ 
Lateinisch  ed.  Tilmannus,  Paris  1557. 

4.  Den  Patriarchen  Eulogios  von  Alexandrien  (580—607)  traf  dasselbe  Loi 
Ephräm  und  Eutychios.  Von  seinen  zahlreichen  Schriften  haben  sich  nur  Fragment 
halten  (nach  Drucken  von  A.  Mai  zusammengestellt  bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  2,  2937- 
abgesehen  von  einer  Homilie  (bei  Migne  a.  a.  0.  2913 — 37),  deren  Echtheit  nicht  festt 
Die  Fragmente  in  den  codd.  Bodl.  Barocc.  25  saec.  14  fol.  267-  73,  Paris  228  sae 
fol.  19—20^  sind  noch  nicht  untersucht.  Letztere  stammen  aus  s.  Schrift  üegl  rrjg  . 
TQtddos  xai  negl  rrjs  &eitts  oixoyofilag  und  sollen  von  0.  Bardenhewer  publiziert  we 
Nach  den  Titeln  und  Inhaltsangaben  der  Schriften  des  Eulogios,  die  Photios,  codd. 
208.  225—27.  230.  280,  mitteilt,  verfolgte  Eulogios  dieselben  litteranschen  Zwecke  wi< 
Vorgänger  Ephräm,  die  Verteidigung  der  Synode  von  Chalkedon,  des  dogmatischen  B: 
des  Papstes  Leo,  der  Christologie  Eyrills  von  Alexandrien,  und  die  Bekämpfung  der  S 
physiten,  besonders  der  Sektenhäupter  Timotheos,  Theodosios,  Severos,  sowie  der  '. 
dosianer  und  Gaianiten.  Auf  die  kirchliche  Disziplin  bezog  sich  seine  Schrift  Kara  So\ 
xal  negl  tijg  oixoyofjLiag.  Trotz  dieser  fieberhaften  Anstrengungen  konnte  Eulogioi 
Orthodoxie  in  Alexandrien  nicht  zur  Herrschaft  bringen.  -  Biographische  Einzelfa 
bei  Johannes  Moschos,  Pratum  spirituale,  Migne,  Patr.  gr.  87,  3,  3009  f.  —  Briefe 
Papstes  Gregor  an  Eulogios  in  dessen  Registr.  epistol.  1.  5,  41;  7,  31.  37;  8,  28  f.;  9,  17! 

11.  Die  monotheletischen  Schriftsteller  (633—680)  hatten  dass 
Schicksal  wie  die  monophysitischen:  ihre  Werke  wurden  auf  dem  ri 
sehen  Konzil  des  Jahres  649  unter  Papst  Martin  und  auf  der  6.  aJ 
meinen  Synode  in  Konstantinopel  verdammt  und  gingen  infolgedessen  sc 
frühe  zu  Grunde.  Die  Akten  dieser  beiden  Synoden  bilden  auch  m 
den  Schriften  des  Maximos  Confessor  die  einzigen  Quellen,  aus  denen 
einige  Nachrichten  über  die  monotheletische  Schriftstellerei  schöpfen  las 
Die  römische  Synode  erwähnt  mehrere  Briefe  und  Schriften  der  monoth 
tisch  gesinnten  Patriarchen  von  Konstantinopel  Sergios,  Pyrrhos 
Paulos,  des  Patriarchen  Kyros  von  Alexandrien  und  des  Bischof  es  Th 
doros  von  Pharan,  teilt  einige  Briefe  der  genannten  Patriarchen  in  a 


1.  Theologie.    A«  Dogmatik  nnd  Polemik.    (§§  11-12)  gl 

Indigem  Texte  mit  und  gibt  einige  Auszüge  aus  grösseren  dogmatischen 
hriften  des  Theodoros,  des  Pyrrhos  und  aus  den  KsqxiXaia  des  Kyros. 

grösserer  Anzahl  lagen  diese  Schriften  den  Vätern  der  6.  allgemeinen 
node  vor.  Der  Chartophylax  Georgios  verlas  in  der  13.  Sitzung  eine 
inze  Liste  derselben  aus  Hss,  die  in  der  Patriarchalbibliothek  von  Kon- 
mtinopel  aufbewahrt  wurden:  es  waren  Briefsammlungen  von  Sergios, 
Trhos  und  Petros,  dem  Nachfolger  des  letzteren,  mehrere  autographe 
i)handlungen  des  Pyrrhos,  darunter  drei  Tofioi  nQotr^covr/Tixoi  an  den 
iiser,  sowie  ßtßXia  didifoqa  des  Bischofes  Theodoros.  Den  Akten  der 
node  selbst  wurden  nur  einige  Auszüge  aus  denselben  einverleibt  zum 
weise,  dass  sie  in  Wirklichkeit  den  Monotheletismus  lehrten.  In  gleicher 
eise  wurde  einiges  aus  den  Schriften  des  Patriarchen  von  Antiochien 
ikarios,  der  mit  seinem  Schüler  Stephanos  auf  der  Synode  selbst  den 
motheletismus  vertrat,  in  die  Akten  aufgenommen.  Die  Schriften  selbst 
Iten  2  Codices  und  ein  xaqtmov  tsTqadiov.  Makarios  selbst  legte  der 
node    ein  schriftliches  Glaubensbekenntnis  und   drei  xcaiixia  vor,   worin 

die  Aussprüche  der  Kirchenväter  zusammengestellt  hatte,  die  den 
>notheleti8mus  lehren  sollten.  Beim  Vergleich  dieser  Auszüge  mit  den 
s  der  betreffenden  Väter  aus  der  Patriarchalbibliothek,  der  in  der  8. 
d  9.  Sitzung  vorgenommen  wurde,  stellte  sich  aber  heraus,  dass  Makarios 

tendenziöser  Weise  exzerpiert  hatte.  Ausser  einigen  der  genannten 
hnften  erwähnt  Maximos  Gonfessor  eine  längere  Abhandlung,  die  Pyrrhos 
ihn  gerichtet  hatte,  und  eine  Schrift  des  Bischofs  Theodoros  ^UsqI  g>v<f€(og, 
ocraaeoig  te  drj  xal  nQoaoinov^,  Maximos  verdanken  wir  endlich  die  Er- 
Itung  von  zwei  UnoQiai  des  Theodoros,  Diakonos  und  Synodikarios  des 
itriarchen  Paulos.  Diese  spärlichen  Überreste  lassen  jedoch  ein  umfassen- 
s  urteil  über  den  litterarischen  Charakter  und  Wert  der  monotheletischen 
hriftstellerei  nicht  zu. 

Vgl.  die  Akten  der  römischen  Synode  bei  Mansi,  Concilia  10  ^Florenz  1764)  958, 
},  972- 76,  988,  1004  f.,  1020—25  und  dazu  Hefele,  Conciliengeschichte  3*  (Freiburg 
11)  212 — 221.  —  Die  Akten  der  6.  allgemeinen  Synode  bei  Mansi,  Concilia  11  (1765), 
t,  276,  320 — 378  (über  die  xto^xia  des  Makarios),  512—517  (Auszüge  aus  Schriften  des 
karioe),  557-560  (Aufzählung  der  Schriften  der  Monotheleten),  560—573  (2  Briefe  des 
ro8  an  Sergios  und  weitere  Auszüge).  Dazu  Hefele  a.  a.  0.  260 — 279.  —  Für  Maximos 
ofeflsor  vgl.  Migne,  Patr.  gr.  91,  129,  136,  332  f.,  341.  —  Die  'AnogiM  des  Theodoros 
i  der  Widerlegung  des  Maximos  bei  Migne  a.  a.  0.  216—228. 

12.  MazimoB  Gonfessor  {Md^iinog  6  ofioloyr^tTJg)  ist  neben  Sophro- 
os,  dem  Patriarchen  von  Jerusalem  (s.  §  87)  der  Hauptgegner  des 
>notheIetismus  und  der  hervorragendste  Theologe  des  7.  Jahrhun- 
rts.  Er  wurde  um  580  aus  einer  vornehmen  Familie  von  Konstantinopel 
boren  und  war  einige  Zeit  Geheimschreiber  des  Kaisers  Heraklios.  Um 
iO  finden  wir  ihn  als  Abt  des  Klosters  Chrysopolis  bei  Konstantinopel. 
s  der  monotheletische  Streit  ausbrach,  stellte  er  sich  auf  die  Seite  der 
thodoxen  Opposition  und  beschloss  bei  der  Unmöglichkeit,  am  Sitze  des 
äisers  seine  Auffassung  zu  verteidigen,  nach  Rom  zu  wandern.  Auf  der 
inreise  traf  er  in  Afrika,  dessen  Statthalter  Gregorios  aus  politischen 
runden  die  unionsfeindliche  Partei  unterstützte,  mit  dem  Patriarchen  von 
onstantinopel,  Pyrrhos,  zusammen  und  hatte  mit  ihm  die  berühmte  Dis- 
iitation,    die   mit  der  Sinnesänderung  des   Pyrrhos  endigte  (645).     Mit 


62  BysaatiniBoYie  ^^tteratargeschichte.    1  Prosaisohe  titieraiur. 

letzterem  begab  er  sich  nach  Rom,  wo  er  der  Hauptwortfiihrer  der  Chi 
donenser  wurde,  während  Pyrrhos  in  Ravenna  zum  Monotheletismus  zui 
kehrte.  Wie  der  Papst  Martin  I,  so  wurde  auch  Maximos  durch 
kaiserlichen  Exarchen  von  Bavenna,  Ealliopas,  gefangen  genommen 
mit  zwei  Freunden,  die  beide  den  Namen  Anastasios  führten,  nach 
stantinopel  geschleppt  (653).  Nach  einem  langen  Verhör  wurde  er 
seinen  Gefährten  getrennt  und  nach  Bizya  in  Thrazien  verbannt, 
hatte  er  eine  neue  Disputation  mit  Theodosios,  Bischof  von  Käsarea, 
den  beiden  Konsuln  Paulos  und  Theodosios,  welche  den  Anlass  zu  o 
Misshandlungen  bot.  Ein  zweites  Exil  führte  ihn  nach  Lazika,  wo  er 
seinen  Leiden  unterlag,  nachdem  ihm  der  Mönch  Anastasios  im  Tode 
angegangen  war. 

Maximos  pflegte  mit  dem  gleichen  Interesse  Polemik,  Exeg 
Asketik,  Mystik  und  Liturgie  und  erneuerte  die  universaltheologis 
Bestrebungen   der  Kirchenväter   des   4.   und   5.   Jahrhunderts.     1.   l 
seinen  polemischen  Schriften  stehen  die  Abhandlungen  obenan,  die 
auf  die  obschwebende  theologische  Kontroverse  beziehen.    Combefis  h« 
28   an   der  Zahl   zusammengestelt;    diese  Zusammenstellung  bedarf 
einer  kritischen  Revision:   einige  Opuscula  wie  z.  B.  Opusc.  2  und  £ 
hörten  ursprünglich   einer  grösseren  Schrift  an,   andere  sind  Auszüge 
längeren  Schreiben,  die  verloren  sind.    Inhaltlich  beziehen  sie  sich  all 
die  monophysitische  und  monotheletische  Lehre;  es  befindet  sich  auch 
Bericht  über  die  oben  erwähnte  Disputation  mit  Pyrrhos  darunter,  die 
im  wesentlichen  über  die  Aussprüche  der  Schrift  und  der  Väter,  besoi 
Kyrills  von  Alexandrien  erstreckte.     Eine  weitere  polemisch-apologeti 
Schrift,  ein  Dialog  zwischen  einem  Orthodoxen  und  einem  Manichäer, 
von  Georgios  Scholarios  erwähnt,  befindet  sich  aber  nicht  unter  den 
druckten  Werken  des  Maximos.   Philosophischen  Charakters  ist  eine  k 
Abhandlung  über  die  Seele,  ihre  Existenz  und  ihre  Eigenschaften.    2. 
exegetische    Hauptschrift   entstand   auf  die   Anregung    seines   Lei 
Thalassios  (vgl.  §  60),  der  von  ihm  die  Erklärung  schwieriger  Stellen 
der  hl.  Schrift  verlangt  hatte.    Sie  war  ursprünglich  in  mehrere,  w( 
stens  5  Tofioi  eingeteilt.   In  bunter  Reihenfolge  werden  hier  der  Schöpfu 
bericht,  viele  Stellen  aus  dem  Alten  und  Neuen  Testament,  besonders 
dem  Evangelium  des  hl.  Johannes  erörtert    Maximos  huldigte  mit 
hebe  der  mystisch-allegorischen  Erklärung  der  hl.  Schrift,  lässt  jedoch 
historische  Interpretation  bestehen  und  stellt  sehr  oft  zwei  verschie« 
Deutungen  nebeneinander.     Die  früheren  Väter  zog  er  ständig  zu  I 
und  wo  er  bei   diesen  keine  Erklärung  fand,   da  verzichtete  auch  er 
eine  bestimmte  Antwort.    Mehrere  exegetische  Stücke  geringeren  Umfi 
bekunden   das  intensive  Interesse,   das  der  Erforschung  der  hl.  Schrii 
seinen  Freundeskreisen  entgegengebracht  wurde.     3.  Besonders  fruch 
war  Maximos  auf  dem  Gebiete  der  Asketik  und  Mystik.   Hierher  ge 
ein  Dialog  zwischen  einem  Greise  (ye'Qcov)  und  einem  Bruder  über  die  Nor 
des   christlichen  Lebens,   zu    dessen  Ergänzung  400  Sentenzen  über 
Liebe  hinzukommen.     Auch   hier  betont  Maximos,   dass  er  nicht  eig« 
Gewächs  biete,   sondern,    was  er  aus   den  Schriften  der  Väter  xeyak 


1  Theologie.    A.  DogmaMk  und  Polemik.    (§  12)  63 

6taT€Qov  zusammengestellt  habe.  Auch  die  übrigen  asketischen  Schriften  sind 
in  der  Gestalt  von  xstpaXaia  abgefasst;  in  den  5  Zenturien  über  Tugend  und 
Laster  herrscht  grösserer  Zusammenhang  und  eine  fortschreitende  Ent- 
lickelung.    Über  die  asketische  Katene,  die  Maximos  zugeschrieben  wird, 
vgl.  §  94.    4.  Sowohl  in  den  polemischen  als  besonders  in  den  asketischen 
Schriften   schliesst  sich  Maximos  eng  an  Gregorios  von  Nazianz  und 
den  Pseudoareopagiten  an.  Zeugen  dieses  Abhängigkeitsverhältnisses  sind 
ausserdem  zwei  Kommentare  zu  schwierigen  Stellen  der  beiden,  der  eine  an 
einen  gewissen  Thomas,  der  zweite  an  Johannes,  Bischof  von  Kyzikos,  ge- 
richtet.    Für  die  Kenntnis   der  Theologie  und  Mystik  des  Maximos  und 
deren  Quellen  sind  diese  Konmientare  massgebend.     5.  Die  Erklärung  des 
symbolischen  Sinnes  der  Zeremonien  des  liturgischen  Gottesdienstes 
ist    eine    unmittelbare    Frucht    des    Studiums    der    pseudoareopagitischen 
Schriften   und  wurde  selbst  wieder  zur  Quelle    für  die  späteren  byzan- 
tinischen Liturgiker  und  Mystiker.   6.  Diese  weite  schriftstellerische  Thätig- 
keit   spiegelt   sich  wieder   in   den  Briefen   des  Maximos,   wovon   einige 
philosophische  Fragen  über  die  Seele,  andere  dogmatische  Lehrpunkte  be- 
handeln,  die   meisten   aber   asketische   Betrachtungen   bringen.     Mehrere 
sind  auch  reine  Freundschaftsbriefe  und  in  einem  edlen  Ton  abgefasst. 

Die  historische  Bedeutung  des  Maximos  liegt  vor  allem  in  der  Be- 
kämpfung des  Monotheletismus,  wodurch  der  letzte  Versuch,  von  den 
Bahnen  abzuweichen,  welche  die  Synode  von  Chalkedon  der  Christologie 
vorgezeichnet  hatte,  zurückgeschlagen  wurde.  Als  Theologe  ist  er  die 
letzte  Grösse  der  griechischen  Kirche.  In  dem  Anschluss  an  Gregor  von 
Nazianz,  Pseudodionys  und  die  Väter  überhaupt  spricht  sich  auch  bei  ihm 
der  gemeinsame  Charakter  der  theologischen  Arbeit  seiner  Zeit  aus;  trotz- 
dem hat  er  einen  gewissen  Grad  von  Originalität  sich  bewahrt,  wie  ihn 
wenige  Byzantiner  seit  dem  6.  Jahrhundert  besassen.  Dazu  kommt  eine 
hervorragende  dialektische  Bildung  und  die  spekulative  und  mystische 
Geistesanlage,  die  ihn  zu  dem  christlichen  Neuplatoniker  hinzog.  Pseudo- 
dionys ist  durch  Maximos  in  die  griechische  Kirche  eingeführt  worden;  er 
hat  den  Areopagiten  mit  der  traditionellen  Kirchenlehre  in  Einklang  ge- 
bracht und  dadurch  auf  die  griechische  Theologie  mächtiger  eingewirkt 
ils  Johannes  von  Damaskos.  Wenn  er  trotzdem  die  Bedeutung  des  letz- 
teren, der  ihm  sehr  viel  verdankt,  für  die  Folgezeit  nicht  bekam,  so  lag 
dies  daran,  dass  er  seine  Theologie  nicht  in  einem  systematischen  Zu- 
sammenhang zur  Darstellung  brachte.  Durch  die  Vermittelung  des  Scotus 
Erigena  im  9.  Jahrhundert  erstreckte  sich  sein  Einfluss  auch  auf  die 
abendländisch-scholastische  Theologie. 

1.  Aasgaben:  Die  von  Fr.  Scorsus  geplante  Ausgabe  kam  nicht  zu  stände.  — 
Combefis  niubm  den  Plan  auf  (sein  Conspectus  der  Ausgabe  erschien  Paris  1670),  konnte 
iker  Ton  der  auf  3  Bände  berechneten  Ausgabe  nur  die  2  ersten  fertigstellen,  Paris  1675. 
-  Die  Ausgabe  ist  wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  90.  91  (Paris  1860)  mit  Uinzufügung 
ks  nerat  von  Fr.  Oehler,  Anecd.  gr.  1  (Halle  1857)  herausgegebenen  Scholien  zu  Gregor 
««  Naodmiiz  and  Pseudodionys,  welche  Thomas  gewidmet  sind.  Die  an  Johannes  von 
Kviikoe  gerichteten  Scholien  zu  Pseudodionys  stehen  bei  Migne,  Patr.  gr.  4,  15—432, 
Sf7-576.  der  auf  Gregor  v.  Naz.  bezügliche  Teil  bei  Migne  a.  a.  0.  91,  1060—1417.  — 
Ebe  Xaximos  zugeschriebene  Chronologia  succincta  vitae  Christi  ed.  Bratke,  Zeitschr.  f. 
Sk^cngeacbichte  13  (1892)  882—384.  —  Der  Computus  ecclesiasticuB  des  Maximos  steht  bei 


64  Byzantiidsolxe     litieraturgeschichte.    !•  Prosaisohe  liUeratar. 

Migne,  Patr.  gr.  19,  1217—1280.  —  Cod.  Sinait.  385  saec.  13  enthält  Maximi  Conf.  K$ 
xtti*  'j4Q€ioVf  ZaßsXXioVf  NeatoQiov  xal  Evrv/ovc,  die  unediert  zu  sein  scheinen.  S 
gilt  von  den  UsqI  d^BXtifidTtov  xal  iyeQyeuov  xe<pdXaia  dixa  ftsra  natgixtay  änodeii 
dem  cod.  Monac.  25  saec.  16  fol.  238 — 40. 

2.  Hilfsmittel:  Photios,  cod.  192 — 194,  verbreitet  sich  über  einige  Schrift 
Maximos.  lieber  den  Stil  der  Quaestiones  ad  Thalassium  fällt  er  ein  ungünstiges  Ui 
Fabricius,  Bibl.  gr.  9,  635—677.  Die  Liste  der  von  Maximos  mit  Einschluss  d« 
communes  zitierten  Autoren  653  -  666.  —  Von  den  5  Dialogen  de  Trinitate,  weld 
fach  neben  anderen  auch  Maximos  handschriftlich  zugeschrieben  werden,  hat  J.  Dri 
Theol.  Studien  und  Kritiken  63  (1890)  137—171,  Apollin.  v.  Laodic,  Leipzig  1892  S. 
vgl.  den  Text  ebenda  S.  252  ff.,  für  die  3  ersten  Apollinarios  v.  Laodicea  als  Vi 
postuliert.  —  Wagenmann  in  der  Real-Enzvklopädie  f.  protest.  Theologie  9* 
430 — 443.  —  Eine  Monographie  ist  dem  nervorragenden  Theologen  noch  ni< 
widmet  worden.  Vorarbeiten  dazu:  Fr.  Combefis,  S.  Maximi  Conf.  vita  e 
aliaque  prolegomena  ad  ejus  operum  editionem,  Paris  1670.  -  Hefele,  Concüiengeschi« 
189—247.  —  J.  Huber,  Die  Philosophie  der  Kirchenväter,  München  1859  S.  34; 
—  J.  Bach,  Dogmengeschichte  des  Mittelalters  1  (Wien  1873)  15-49.  —  H.  V 
S.  Maximi  Confess.  praecepta  de  incamatione  Dei  et  deificatione  hominis  exponui 
examinantur,  Berlin  1869.  —  K.  F.  A.  Preuss,  Ad  Maximi  Confessoris  de  Deo  hom 
deificatione  doctrinam  adnotationum  pars  I,  Schneeberg  1894.  Untersuchte  die  < 
und  die  Eigentümlichkeiten  seiner  Gotteslehre.  —  Sokr.  Staurides,  'Hodoc  ngog  rc 
17  nsQL  lov  xiXovg  xov  dy^gtanov  xatd  Md^ifAOv  tov  ofioXoyrjtijy,  Kpel  1894  (ohneW< 
lieber  seine  Abendmahlslehre  s.  G.  E.  Steitz,  Jahrbücher  für  deutsche  Theolo 
(1866)  229—238. 

3.  Biographisches:  Die  anonyme,  an  einen  Bischof  Nikolaos  gerichtet 
S.  Maximi  bei  Migne,  Patr.  gr.  90,  67 — 110  ist  in  der  jetzigen  Form  nicht  von  eine 
genossen  verfasst.  —  Hingegen  stammen  die  Berichte  über  das  Verhör  des  Maxi 
Kpel,  die  Disputation  in  Bizya  und  den  Tod  des  Maximos  und  des  Mönches  Anastasi( 
von  dem  Leidensgenossen  Anastasios  Apokrisiarios;  gedruckt  bei  Migne  a 
110—129,  136—195.  Diese  Dokumente  sind  in  der  genannten  Vita  benützt  —  Vg 
Theophanes,  Chronographia,  ed.  de  Boor  2,  331  f.,  347,  351. 

4.  Schollen:  Verschiedene  Schriften  des  Maximos,  besonders  exegetische,  sin« 
schriftlich  und  in  den  Ausgaben  von  Schollen  begleitet.  Einen  Teil  derselben 
Maximos  bei  einer  Durchsicht  seiner  Arbeiten  selbst  hinzugefügt  zu  haben;  die  i 
mögen  wohl  später  hinzugekommen  sein.  —  Den  Prolog  eines  Kommentars  zu  de 
turien  De  caritate  von  dem  Metropoliten  Nikolaos  von  Kerkyra  aus  dem  12.  Jah 
Sp.  P.  Lampros,  KcQxvQatxd  Uy^xdota,  (Athen  1882)  S.  27  f.  publiziert 

5.  Anastasios  Apokrisiarios  f  6ß6  verfasste  ausser  den  vorhin  erwähni 
richten  einen  AlßsXXog  gegen  den  Typos  des  Kaisers  Konstanz  II,  den  er  selbst  in 
ersten  Berichte  erwähnt,  und  einen  Brief  an  die  Mönche  von  Askalon,  wovon  A 
Script,  vet.  nov.  coli.  7,202,  den  Anfang  mitteilte;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr. 
1191.  —  Von  dem  Mönche  Anastasios,  dem  zweiten  Leidensgenossen  des  Maximos,  b 
wir  einen  Brief  über  die  von  beiden  erlittenen  Drangsale  an  die  Mönche  von  1 
Migne,  Patr.  gr.  90,  131-136. 

6.  Von  Theodoros,  Presbyter  des  Klosters  Raithu  auf  der  sinaitischen  Ha 
der  als  ein  Zeitgenosse  von  Maximos  angesehen  wird,  ist  eine  kleine  Schrift  erhalt 
eine  Skizze  der  christologischen  Irrlehren  von  Paul  von  Samosata  an  bis  Severe 
Julian  von  Halikamass  bietet.  Das  Schweigen  des  Verfassers  über  den  Monothele 
und  seine  Bemerkung,  dass  überall  Friede  herrsche,  nötigt  die  Abfassungszeit  der 
vor  das  zweite  Decennium  des  7.  Jahrhunderts  zu  setzen.  Sie  hatte  übrigens  ursprl 
einen  grösseren  Umfang;  denn  das  Erhaltene  gibt  sich  als  Einleitung  zu  den  vnoyi 
fjiiyoi  Xoyoif  die  fehlen.  Gedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  91,  1484 — 1504.  —  Johannes  B 
Patriarch  v.  Kpel,  kannte  eine  weitere  Schrift  Theodors  nsQi  dneqtyqdnxov,  die  wem 
2  Bücher  umfasste  (Epigraph,  c.  8,  Migne,  Patr.  gr.  141,  680  f.).  —  Leo  All 
Diatriba  de  Theodoris  ed.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  6,  2,  149—151  nennt  noch  ander 

13.  Anastasios  Sinaites  {'Avaatdaiog  2ivatTijg)  war  ein  jün 
Zeitgenosse  Maximos  des  Bekenners,  mit  dem  er  in  Schriftsteller] 
Beziehung  manche  Ähnlichkeit  hat.  Von  seinen  Lebensverhältnissen  ^ 
wir  nur,  dass  er  Mönch  des  Sinaiklosters  war  und  nach  Ägypten 
Syrien  grössere  Beisen  unternahm,  um  mit  den  Monophysiten,  Severia 
Theodosianern,  Gaianiten  u.  a.  Religionsgespräche  zu  halten.     Pati 


1  Theologie.    A.  Dogmatik  and  Polemik.    (§  13)  g5 

itiochien  war  er  nicht;  seine  Blütezeit  fallt  zwischen  640 — 700.  Die 
ungen,  welche  er  als  Wanderapostel  der  Orthodoxie  machte,  hegen 
Hauptschrift  ^Odr^yoq  zu  Grunde,  worin  er  seinen  Brüdern  eine 
mg  zur  wirksamen  Bekämpfung  der  Monophysiten  gehen  wollte. 
?h  er  die  Kategorien  des  Aristoteles  als  die  eigentUche  Quelle  des 
hysitismus  ansah,  stellte  er  doch  an  die  Spitze  seines  Führers  eine 

Reihe  von  Begriffshestimmungen,  die  offenbar  Aristoteles  entlehnt 
Als  wahrer  Scholastiker  gibt  er  sich  auch  zu  erkennen,  wenn  er 
eologischen  Beweisführung  ix  ngayfiatixciv  (XTtodei^ecav  ausdrücklich 
orzug  vor  der  biblischen  gibt.  Ein  innerer  Plan  lässt  sich  aber  in 
brift  selbst  nicht  wahrnehmen.  Anastasios  stützt  sich  vorzugsweise 
L^  Synodaldekrete  und  die  früheren  Väter,  unter  denen  Pseudodionys, 
8  und  Kyrillos  von  Alexandrien  die  erste  Stelle  einnehmen.  Der 
pfung  des  Monotheletismus  sind  3  kleinere  Abhandlungen  11€qI  tov 
'x6i*a  gewidmet,  wovon  die  3.  die  Geschichte  desselben  bis  20  Jahre 
ier  6.  Synode  (680)  darstellt.  3  weitere  Schriften,  die  Anastasios 
in  der  Einleitung  zum  Hodegos  erwähnt,  Tofiog  doyfiaTixog,  Tofiog 
njixog,  Shtay^Aa  xard  NecfTOQiov^  sind  verschollen.  Die  exegetische 
tschrift  des  Anastasios  ist  die  Erklärung  des  Hexaemeron  in 
:hern,  von  denen  nur  das  letzte  im  Urtext  publiziert  ist.  Anastasios 
restützt  auf  den  Apostel  Paulus,  das  Hauptgewicht  auf  die  allego- 
Interpretation.  Nach  ihm  zielt  das  ganze  Hexaemeron  auf  Christus 
e  Kirche  ab.  Der  Pseudoareopagite  ist  ihm  auch  hier  Hauptautorität, 
hrift  klingt  aus  in  einer  Verherrlichung  der  Kirche  und  Evas,  ihres 
IS.  Eine  letzte  grössere  Schrift,  die  ganz  in  der  Art  der  Quaestiones 
aximos  exegetische,  dogmatische  und  praktisch-kirchliche  Fragen 
lelt,  gehört  in  der  vorUegenden  Gestalt  Anastasios  sicher  nicht  zu; 
-e  Antworten  stehen  mit  einander  im  Widerspruch,  in  einigen  wer- 
tgar spätere  Schriftsteller  wie  Nikephoros  von  Konstantinopel  ge- 
Auch  die  Hss  weichen  beträchtlich  von  einander  ab,  und  einige 
i  als  Verfasser  einen  Anastasios,  Erzbischof  von  Nikäa.  Doch  scheint 
iindstoek  dieser  Quaestiones  Anastasios  Sinaites  zu  gehören.  Die 
turgattung  der  'EQfovrjcfeig  xal  änoxQicfeig  muss  überhaupt  erst  noch 
erforscht  werden.  Anastasios  bezeugt  selbst,  dass  er  eine  Streit- 
t  gegen  die  Juden  verfasste,  die  wenigstens  2  Bücher  umfasste. 
>e  kann  jedoch  in  den  Dialogen  gegen  die  Juden,  die  A.  Mai  ediert 
cht  erbUckt  werden.  Es  werden  darin  mehr  als  800  Jahre  seit  der 
ning  Jerusalems  gezählt  und  von  dem,  was  Anastasios  als  Inhalt  dieser 

angibt,  findet  sich  keine  Spur.  Der  weitere  litterarische  Nachlass 
astasios,  der  noch  ziemlich  umfangreich  zu  sein  scheint,  kann  erst  um- 
werden,  wenn  die  schon  bei  Anastasios  von  Antiochien  als  notwendig 
meten  handschriftlichen  Untersuchungen  gemacht  sein  werden.  Hiebei 
D  auch  die  Zitate  späterer  Theologen,  wie  des  Johannes  von  Damaskos, 
chael  Glykas,  des  Johannes  Kyparissiotes  berücksichtigt  werden.  Diese 
langen  werden  wohl  das  Urteil  bestätigen,  welches  in  Anastasios  ein 
glied  zwischen  Leontios  von  Byzanz  und  Johannes  von  Damaskos  er- 
,  zugleich  aber  seine  Inferiorität  beiden  gegenüber  zugesteht. 

Ibwk  der  kla«.  AUertmnswiMeiisoluft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aufl.  5 


66  ByzantliuBclx^  Litteraturgeschichte»    L  Prosaische  Litteratnr. 

1.  Ausgaben:  Eine  vorläufige  Gesamtausgabe  nacb  früheren  Drucken  von* 
Dacerius,  Bandini,  Combefis,  Matthaei  und  A.  Mai  bei  Migne,  Patr.  gr.  89,  36 — 1 
Seitdem  sind  einige  kleinere  Stücke  von  Pitra,  Juris  eccl.  Graecor.  histor.  et  de 
257 — 275  und  A.  Papadopulos  Kerameus,  ^JvdXßxt« 'UqocoX,  axttxvoXoyiag  1, 
publiziert  worden.    Das  letztere  Fragment  IIbqI  ßXaag^tjfilas  steht  auch  in  cod.    i 
B  5.  7  saec.  10  fol.  261^.  —  Der  vollständige  Text  der  Hexaemeronerklämng  liegi 
mehreren  Hss  z.  B.  in  cod.  Vatican.  726,  Mutinens.  155,  Matrit.  0  57.  —  Dass  auch 
des  Hodegos  von  dem  Drucke  beträchtlich  abweichen,  zeigt  z.  B.  cod.  Yindob.  theoL 
—  Die  in  Quaestio  95  erwähnte  Schrift  über  die  intellektuellen  und  sittlichen  Untei 
zwischen  den  Menschen  scheint  in  cod.  Ambros.  B.  39  sup.  erhalten  zu  sein.   —  G 
sanat.  G.  V  11  enthält  eine  armenische  Uebersetzung  des  Bodegos  Kap.  1 — 3.  —  A 
arabische  Uebersetzung  der  Homilie  auf  den  6.  Psalm  in  cod.  Vatican.  arab.  71 
A.  Mai,  Script,  vet.  nova  coli.  4  (Rom  1831)  2,  144  aufmerksam. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  10,  571—595.  —  Hauptschrift:  J.  B.  K 
müller,  De  Anastasio  Sinaita,  Würzburg  1865  (ohne  genügende  diplomatische  ünt> 
Von  dem  unedierten  Material  werden  hier  nur  2  Stücke  zu  den  Quaestiones  aus  cod. 
53  mitgeteilt  (S.  174—177).  —  Weitere  Nachweise  von  Hss  bei  Pitra  a.  a.  0.  24. 

3.  Die  Anastasios  Sinaites  oben  abgesprochenen  Disputationen  gegen  die  Jud 
Migne  a.  a.  0.  1203 — 1282)  stammen  aus  dem  9.  Jahrhundert.  Verwandt  mit  ih 
die  'AvxißoXrj  JlttTtiaxov  xai  4>iX(oyog  'lovdaiwy  ngog  fAovaxov  rira,  ed.  pr.  McG 
Marburg  1889,  die  um  das  Jahr  740  geschrieben  wurde,  sowie  der  Dialog  gegen  die 
der  einem  Hieronymos,  Presbyter  in  Jerusalem,  zugeschrieben  wird  (Fragme: 
Migne,  Patr.  gr.  40,  847—866).  Letzterer  soll  nach  P.  Batiffol,  Revue  des  qi 
historiques  39  (1886)  248—255  im  8.  Jahrhundert,  nicht  im  4.,  gelebt  haben.  Die  3  S< 
sind  auf  ihr  gegenseitiges  Verhältnis,  Autorschaft,  Entstehungszeit  u.  s.  w.  noch  ni 
untersuchen.    Für  den  Text  der  ersten  ist  Cod.  Vindob.  theol.  248  wichtig. 

4.  Anastasios  Sinaites  wird  auch  in  manchen  Hss  ein  apokryphes,  mannigfacl 
essantes  Religionsgespräch  am  Hofe  der  Sassaniden  zugeeignet,  das  schon  frSier, 
scheinlich  gegen  Ende  des  6.  Jahrhunderts,  entstand.  Ed.  pr.  A.  Vassiliev,  Ai 
graeco-byzantina  1  (Moskau  1893)  73—125,  fehlerhaft  —  Eine  zweite,  ebenfalls  n 
hafte  Ausgabe  veranstaltete  A.  Wirth,  Aus  orientalischen  Chroniken,  Frankfurt 
S.  143—210.  Vgl.  K.  Krumbacher,  B.  Z.  3  (1894)  621-24.  —  Einiges  darüber  Bi 
Ein  Zeugnis  des  Josephus  über  Christus,  Theolog.  Litteraturblatt  15  (1894)  Sp.  185 

5.  Den  Namen  Anastasios  tragen  3  Erzbischöfe  von  Nikäa  (vom  6.-8.  Jahrha 
Einem  derselben  wird  in  cod.  Coisl.  275  saec.  10 — 11  fol.  1—360  ein  Kommentar  s 
Psalmen  zugeeignet.  —  Ueber  eine  andere  verstümmelte  Hs  desselben  Kommentars  i 
Lauriotes,  'ExxX.  'jXij&,,  12(1892)  134  f. 

14.  Germanos  {FeQfiavog)  war  der  Sohn  eines  Patriziers  Justii 
in  Konstantinopel;  als  Metropolit  von  Kyzikos  huldigte  er  einige  Zeit 
Monotheletismus,  den  er  aber  schon  abgeschworen  hatte,  als  er  den  I 
archalstuhl  von  Konstantinopel  bestieg  (715).    Beim  Ausbruch  des  B 
Streites  unter  Leo  dem  Isaurier  wurde  er  abgesetzt  und  zog  sich  aui 
Landgut  Piatonion  zurück,   wo  er  733  starb.    Auf  der  bilderfeindl 
Synode  unter  Konstantinos  Kopronymos  (754)  wurde  er  nachträglicl 
dem  Bann  belegt,  während  die  7.  Synode  (787)  ihm  wegen  seiner  Ha 
im  Bilderstreit  hohes  Lob  spendete.    Der  Mangel  an  einem  umfangre 
litterarischen  Nachlass  ist  auf  den  Umstand  zurückzuführen,   dass 
manos'  Schriften  auf  Befehl  des  Kaisers  Leo  verbrannt  wurden.    PI 
(cod.  233)  kannte  noch  eine  Streitschrift  des  Germanos  gegen  die  A] 
tastasis  des  Origenes  und  Gregors  von  Nyssa.    Er  ist  voll  des  Lobes 
die  litterarischen  Vorzüge  dieser  Schrift  und  skizziert  den  Gang  dei 
Weisführung,  die  in  der  Behauptung  gipfelt,  es  seien  die  Schriften  Gr< 
von  Nyssa  interpoliert  worden.    Diese  Schrift  ist  verloren;  hingege 
eine  kleinere  Kontroversschrift  in  Dialogform  erhalten,  die  sich  übei 
Ansicht  des  Basilios  von  den  Grenzen  des  Menschenlebens  verbreitet, 
dogmatischer  Brief  an  die  Armenier  stellt  die  Zweinaturenlehre  in  Chr 


t  Theologie.    A.  Dogoiaük  und  Polemik.    (§§  14—15)  g7 

nach  Athanasios,  Gregor  von  Nyssa  und  besonders  Kyrillos  von  Ale- 
drien.  Als  litterarischer  Gegner  der  Bilderfeinde  nimmt  Germanos  eine 
ergeordnete  Stellung  ein.  Die  3  auf  den  Bilderstreit  bezüglichen  Briefe 
en  nur  historisches  Interesse;  ohne  theologische  Tragweite  ist  die  Be- 
dlung  des  herrschenden  Streites  und  der  früheren  Irrlehren  in  einem 
rifichen,  worin  Germanos  selbst  über  den  Mangel  an  litterarischen  Hilfs- 
:elii  klagt.  Eine  rege  Wirksamkeit  entfaltete  Germanos  als  geistlicher 
ner.  Von  seinen  Homilien  sind  jedoch  nur  einige  auf  Feste  des 
m  und  Maria  erhalten.  Die  byzantinische  Rhetorik  zeigt  hier  ihre 
rakteristischen  Merkmale:  Überschwänglichkeit  der  Lobsprüche,  Über- 
fung  mit  rhetorischen  Figuren,  Mangel  an  historischem  Sinn. 

1.  Ausgaben:   Die  genannten  Schriften  nach  den  Drucken  von  Combefis,   Mansi 
A.  Mai,  vereinigt  bei  Migne,  Patr.  gr.  98,  1 — 453.    Hier  auch  eine   zweite,   unechte 

iteUnng  der  6  allgemeinen  Synoden  und  eine,  ebenfalls  unechte,  Erklärung  der  Liturgie, 
lach  Basilios  dem  Grossen  und  Kyrillos  von  Epel  zugeschrieben  wird.  An  Germanos  11, 
iardieii  von  Kpel  (1222—1240)  kann  nicht  gedacht  werden,  da  der  Verfasser  die  An- 
ft  des  Antichnaten  auf  das  Jahr  992  festsetzt.  Diese  Mvstagogie  bildete  übrigens 
et  wahrscheinlich  die  Vorlage  des  Pseudo>Sophronios.  Vgl.  N.  Krasnoseljcev,  Ueber 
ütnrgiscbe  Erklärungen,  Odessaer  Jahrb.  4  (1894)  Byz.  Abt.  S.  178—257.  Bericht  von 
inrtL  B.  Z.  4  (1895)  3;4. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  155—162.  —  Ueber  die  Homilien  vgl. 
)allerini,  Disquisitio  critica  de  homilüs  Germano  inscriptis,  Sylloge  Monumentor.  2 
n  1854)  243-283.  —  Nach  einer  Notiz  bei  A.  Mai,  Spicileg.  Rom.  7  (Rom  1842)  74 
de  ein  Teil  der  Scholien  des  Maximos  Confessor  zu  Pseudodionys  Germanos  zugehören. 

3.  Znm  Leben:  Vgl.  Theophanes,  Ghronographia  ed.  de  Boor  2,  570.  —  Acta  SS. 
i  3,  155  ff.  —  Eine  anonyme  Biographie  des  Germanos  aus  dem  8.  Jahrh.  ed.  Papado- 
oB  Kerameus,  MavgoyoQddre^og  ßißXio&ijxrj,  'Jvix&oxa  iXXijyixä,  Epel  1884  S.  8—17. 
Befeie,  Ck>nciliengeschichte  3,  2.  Aufl.  (Freiburg  1877)  868  ff.,  872  ff. 

4.  Von  Germanos'  unmittelbarem  Vorgänger,  Johannes  (t715),   ist  ein  Brief  an 
Papst  Konstantin  I  (708 — 715)  erhalten,  der  sich  auf  seine  Haltung  gegenüber  der 

jnode  bezieht    Ed.  bei  Migne,  Patr.  gr.  96,  1416—1482. 

15.  Litterarische  Vertreter  des  Xkonoklasmus  kennen  wir  nur  in 
ioger  Anzahl.  In  den  Akten  der  7.  allgemeinen  Synode  werden  keine 
riften  der  Bilderfeinde  genannt  mit  Ausnahme  des  Beschlusses  der 
Qoklastischen  Synode  von  754,  der  vermöge  seines  ümfanges  einen 
.»rarischen  Charakter  besitzt.  Der  Kampf  gegen  die  Bilder  wurde  übri- 
A  bekanntermassen  mehr  mit  den  Waffen  der  Soldaten  als  mit  der 
ler  der  Theologen  geführt.  Da  jedoch  Leo  HI  der  Isaurier  einer  theo- 
ischen  Grandlage  für  sein  Vorgehen  gegen  die  Bilder  nicht  entbehren 
Ite,  so  mögen  wohl  die  ersten  theologischen  Gegner  des  Bilderkultes, 
Bischöfe  Konstantinos  von  Nakolia  in  Phrygien,  Thomas  von  Klaudio- 
L»  ond  Theodoros  von  Ephesos,  zur  Schriftstellerei  angeregt  worden  sein; 
ih  scheint  Johannes  von  Damaskos  Schriften  der  Bilderfeinde  bereits 
kannt  zu  haben.  Unter  dem  Namen  des  Kaisers  Konstantinos  Ko- 
onvmos  (741—75)  erschien  ein  grösseres  Werk  gegen  den  Bilderkult, 
■  dem  Nikephoros  von  Konstantinopel  umfangreiche  Bruchstücke  in 
ine  Gegnerschrift  gegen  den  genannten  Kaiser  aufgenommen  hat.  Im 
v«iten  Bilderstreite  liess  Leo  V  der  Armenier  (813 — 20)  durch  Johannes 
mmatikos  mit  dem  Beinamen  Hylilas  und  Antonios,  der  später  Bischof 
m  Sylion  wurde,  einen  Thesaurus  der  ikonoklastischen  Theologie  aus- 
ihsten,  in  dem  Bibel-  und  Väterstellen  gegen  den  Bilderkult  zusammen- 
lagen wurden.     Eine   ähnliche  Sammlung  war  schon   auf  der  ikono- 


68  BysKA^niaohe  LitteratnrgeBchiohie.    L  Prosaiaohe  Idtteimtar. 

klastischen  Synode  von  754  angelegt  worden;  beide  sind  verloren, 
ikonoklastische  Gedichte  von  Johannes,  Sergios,  Ignatios  und  Sb 
hat  Theodoros  Studites  vor  dem  Untergang  bewahrt.  Der  P; 
Michael  Kerularios  (§  20)  erwähnt  endUch  Schriften  {cfVYYQafificnc 
Ikonoklasten  Qerontios  von  Lampe,  „der  das  6ift  seiner  Häresie  i 
verbreitete**.  Der  Verlust  der  früheren  Schriften  der  Bilderfeinde 
den  9.  Kanon  der  7.  Synode  zurückzuführen,  der  verfügte,  di 
Schriften  gegen  die  Bilder  in  die  bischöfliche  Wohnung  zu  Konstai 
abgeliefert  und  hier  mit  den  übrigen  häretischen  Schriften  beseitig 
den  sollten. 

1.  Der  Beschluas  der  ikonoklastischen  Synode  des  Jahres  754  steht  in  den  A 
7.  allgemeinen  Synode  hei  Mansi,  Concilia  13  (1767)  205—363  mit  einer  mnfai 
Widerlegung,  deren  Verfasser  nicht  genannt  wird.  Vgl.  He  feie,  Conciliengesd 
(Freihurg  1877)  412—17,  470  f.  —  Die  Auszüge  aus  der  Schrift  des  Konstantine 
nymos  hei  Nikephoros  v.  Kpel,  LI.  3  Antirrhetici  adv.  Constantinum  Gopronymn 
Die  Nachrichten  über  den  Thesaurus  des  Johannes  Grammatikos  und  des  Ante 
Syläon  bei  dem  Scriptor  incertus  de  Leone  ed.  Bonn.  S.  350  ff.  und  Theophanes  co 
ed.  Bonn.  S.  82.  —  Die  Gedichte  des  Johannes  etc.  bei  Theodoros  Studites,  Refu 
piorum  poematum,  Migne  a.  a.  0.  436  f.  —  Die  Erwähnung  des  Gerontios  toi 
bei  Michael  Kerularios,  Homilia  in  festum  orthodoxiae,  Migne,  Patr.  gr.  120,  73 

2.  Ueber  die  Theologie  der  Bilderfeinde  einiges  bei  K.  Schwarzlose,  Der  Bü 
Gotha  1890  S.  82-101. 

16.  Johannes  von  Damaskus  {'liodwrig  o  JafAacfxtjvog)  ist  d 
vorragendste  Verteidiger  des  Bilderkultes  in  der  ersten  Periode  des 
Streites;  in  der  Folge  wurde  er  aber  nicht  nur  allen  übrigen  Polemik 
dem  6.  Jahrhundert  vorgezogen,  die  griechische  Kirche  anerkannte  ih 
als  ihren  grössten  Dogmatiker  und  verleiht  ihm  dieses  Ehrenp 
bis  auf  den  heutigen  Tag.  Nach  der  Biographie,  welche  der  Pi 
Johannes  von  Jerusalem  im  10.  Jahrhundert  verfasste,  wurde  J( 
gegen  Ende  des  7.  Jahrhunderts  in  Damaskos  geboren,  als  Spros 
Familie  Mansur,  die  im  erblichen  Besitze  eines  sarazenischen  Staal 
war.  Ein  sizilianischer  Mönch  Namens  Kosmas,  der  als  Kriegsgefc 
nach  Damaskos  gekommen  war,  unterrichtete  Johannes  mit  seinem  A 
bruder  Kosmas  in  den  kirchlichen  und  profanen  Wissenschaften.  Jo 
tibernahm  wahrscheinlich  zuerst  das  Amt  seines  Vaters,  war  abei 
damals  litterarisch  thätig;  bald  nachher,  sicher  vor  736,  zog  er  sich 
Sabaskloster  in  Palästina  zurück  und  setzte  hier  seine  litterarische  ^ 
keit  fort.  Die  Nachricht  seines  Biographen,  dass  er  hier  seine  Sc 
einer  Revision  unterzog,  findet  ihre  Bestätigung  in  dem  Vorhanc 
einer  doppelten  Rezension  einzelner  Stücke.  Während  Kosmas  Bisch 
Majuma  wurde,  verblieb  Johannes  als  Presbyter  in  dem  Sabasklost 
er  sehr  wahrscheinlich  auch  starb.  Sein  Todesjahr  fällt  sicher  vc 
da  in  diesem  Jahre  die  ikonoklastische  Synode  über  ihn  als  über 
bereits  Verstorbenen  das  Anathem  aussprach. 

Der  litterarische  Nachlass  des  Johannes  ist  ziemlich  umfangrei 
umfasst  aber  auch  (gedruckt  und  ungedruckt)  unechte  Stücke,    di 
wegen  seines  theologischen  Rufes  später  untergeschoben  wurden.     ] 
unmittelbarem  polemischen  Interesse  gingen  seine  3  Reden 
die  Bilderfeinde  hervor,  von  726 — 737  verfasst;  drei  weitere  sind  u 


1.  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§  16)  gg 

herrscht  in  denselben  ein  frischer,  von  innerster  Entrüstung  getragener, 
jmischer  Ton.  Johannes  wagt  es  sogar,  das  Prinzip  auszusprechen:  Ov 
nit'wv  iatl  vofiox>sxeTv  ry  fxxXr^tritf,  welches  dem  Käsaropapismus  Leos  des 
oriers  schnurstracks  widersprach.  Die  3.  Rede,  deren  Echtheit  zweifel- 
R  ist,  bringt  bereits  eine  Systematik  der  Bilderlehre,  die  von  Nikephoros 
i  Theodoros  Studites  weiter  ausgebildet  wurde.  Schon  hier  zeigt  sich  auch 
»  we^ntlich  positive  Richtung  des  Damaskeners;  am  Ende  einer  jeden 
de  bringt  er  zahlreiche  Auszüge  aus  den  friiheren  Väterschriften,  zum  Be- 
^  seiner  Lehre.  Von  den  Vornikänern  sind  hier  Klemens  von  Alexandrien 
d  Methodios  von  Olympos  vertreten.  2.  Ein  ähnliches  aktuelles  Literesse 
irie  Jobannes  zur  Abfassung  einiger  kleineren  dogmatischen  Ab- 
ndlangen,  eines  Glaubensbekenntnisses,  das  er  dem  Metropoliten  Petros 
D  Damaskos  überreichte,  einer  Schrift  gegen  die  Jakobiten,  anderer 
gen  Nestorianer,  Monophysiten,  Monotheleten,  Sarazenen  und  Manichäer 
aoHkianer).  Daran  schliessen  sich  kurze  liturgische  und  asketische 
Triften  über  die  Fastenzeit,  den  "Vfivog  rQicfayiog,  die  acht  Geister  der 
Wechtigkeit,  welche  noch  direkter  durch  ihren  Inhalt  und  ihre  Adres- 
en  auf  die  palästinischen  Mönchskreise  hinweisen.  3.  Li  das  Gebiet  der 
egese  gehört  ein  Kommentar  zu  den  paulinischen  Briefen,  der  wahr- 
inlich  Oikumenios  und  Theophylakt  als  Vorbild  diente.  Er  beruht 
»tsächhch  auf  Chrysostomos,  Kyrillos  von  Alexandrien  und  Theodoret; 
nähere  Untersuchung  wird  wohl  noch  weitere  Quellen  feststellen.  4.  Als 
iletiker  ist  Johannes  nicht  hervorragend,  soweit  sich  aus  den  13  Ho- 
3  auf  Feste  des  Herrn,  Maria  und  anderer  Heiligen  schliessen  lässt, 
inter  seinem  Namen  gedruckt,  aber  zum  Teile  unecht  sind.  Das 
rheophanes  erwähnte  Enkomion  auf  den  zeitgenössischen  Märtyrer 
s  Chartularios  befindet  sich  nicht  darunter. 

5.  Über  alle  diese  Schriften  ragt  Johannes'  Hauptschrift,  die 
e  der  Erkenntnis  {nrjij  Y^wtreiog)  hinaus,  die  neben  den  Reden 
die  Bilder  sein  hohes  Ansehen  begründet  hat.  Sie  zerfallt  in  3  Teile: 
rste  (KtifaXauic  ^lAocro^ixa),  der  in  einer  längeren  und  einer  kürzeren 
sion  vorliegt,  besteht  aus  dialektischen  Begriffsbestimmungen  über 
Wesen,  Substanz,  Hypostase  u.  s.  f.,  die  aus  Aristoteles,  Porphyrios 
^jiunonios  geschöpft  sind.  Der  Vorrang  in  der  Heranziehung  der 
telischen  Dialektik  gebührt  aber  nicht  ihm,  sondern  Leontios  von 
iz«  von  dem  Johannes  auch  manches,  insbesondere  den  Begriff  der 
M>stasie,  herübergenommen  hat.  Der  2.  Teil  {HsqI  at^äaetov)  bringt 
Vufzählung  von  100  Häresien,  die  auf  Epiphanios,  Theodoret,  Timo- 
von  Konstantinopel,  Leontios  von  Byzanz  und  Sophronios  von  Jerusa- 
nirückgeht.  Selbständig  scheint  die  Beschreibung  der  3  weiteren 
ien  des  Islam,  der  Ikonoklasten  und  der  Aposchisten  zu  sein.  Der 
fangreichste  Teil  (100  Ks^dXaia  doyiiatixa^  "Exdocfig  äxQißijg  trjg  oqx^o^ 
ntOTfwg)  ist  der  Versuch  einer  vollständigen  Dogmatik  von  der 
slehre  an  bis  zur  Lehre  vom  Antichristen  und  der  Auferstehung.  Die 
Ddlung  ist  im  einzelnen  sehr  ungleich;  fast  die  Hälfte  der  Kapitel 
nt  auf  die  Christologie  (Kap.  45—81).  Die  Systematik  ist  nur  für  die 
en  von  Gott,  von  der  Schöpfung,    dem  Menschen  und  von  Christus 


70  ByzKa^&nlAQ^^     Litteratargeachiohie.    I.  ProMdsche  Litterator. 

durchgefiihrt;  in  den  12  letzten  Kapiteln  fehlt  sie  nahezu  voUständii 
haltlich  hielt  sich  Johannes  streng  an  sein  Versprechen:  ^Eqü  toiyaQov 
oide'v.  Die  Kirchenväter,  aus  deren  Aussprüchen  das  Ganze  gewe 
sind  selten  namhaft  gemacht.  Die  Hauptautorität  ist  Gregor  von  Nf 
neben  ihm  sind  die  2  übrigen  Kappadokier,  Dionys  der  Pseudoareo] 
Kyrill  von  Alexandrien  und  Leontios  von  Byzanz  am  häufigsten  b< 
seltener  Athanasios,  Chrysostomos,  Epiphanios  und  Maximos  Confesso 
vornikänische  Litteratur  ist,  soviel  ich  sehe,  gänzlich  ignoriert;  Oi 
wird  nur  genannt,  um  bekämpft  zu  werden.  Von  den  Abendli 
wird  nur  der  Papst  Leo  zitiert.  Als  Ganzes  betrachtet,  ist  diese  i 
sehr  verdienstvoll.  Abgesehen  von  der  umfassenden  Kenntnis  der 
teUschen  Philosophie,  der  Häresiologen  und  der  Hochpatristik,  die  Jol 
darin  an  den  Tag  legt,  setzt  die  Ausführung  des  Ganzen  ein  nie 
bedeutendes  Talent  der  Systematisierung  voraus,  wenn  auch  Vorbild 
Theodorets  5.  Buch  des  Haereticarum  fabularum  Compendium  vorlagei 
Inhalt  vermittelte  einen  relativ  vollständigen  Überblick  über  die 
logischen  Fragen,  die  in  einer  Unmasse  von  Einzelschriften  bei 
waren.  Diese  Vorzüge,  verbunden  mit  dem  Umstand,  dass  frühere 
pendien  verloren  gingen  oder  zu  unvollständig  waren,  und  gehoben 
die  Gedankenarmut  der  Folgezeit,  erklären  es,  warum  die  Hrjyij  y 
das  dogmatische  Handbuch  des  griechischen  Mittelalters  wurde  und 
Diese  Vorzüge  blieben  selbst  im  Abendlande  nicht  unbeachtet.  Dui 
Übersetzung  des  Burgundio  von  Pisa  im  12.  Jahrhundert  wurde  der  ] 
teil  der  Schrift  dem  Abendlande  zugänglich,  und  bald  gesellte  siel 
der  griechische  Text.  Johannes  erfreute  sich  hohen  Ansehens  bei 
Lombardus,  der  ihn  zum  Muster  seiner  Sentenzenbücher  nahm,  so^ 
Thomas  von  Aquino,  wenn  er  auch  für  die  Ausbildung  der  Scholastil 
von  massgebendem  Einfluss  wurde.  Die  Scholastik  hat  ihre  Idea 
Augustin,  dem  grossen  Denker,  nicht  von  Johannes  von  Damaskos 
Kompilator  einer  späten  Zeit,  empfangen. 

1.  Ausgaben:  Eine  Gesamtausgabe  plante  zuerst  J.  Aubert,  der  su 
Zwecke  viel  Material  von  LeoAllatius,  Catalogus  operum  S.  Joannis  Damasceni  in  ^i 
Köln  1653,2,  448— 453  erhielt.  Nachdem  auch  Combefis  und  Labbe,  Conspecta 
editionis  omnium  operum  S.  Joan.  Damasc,  Paris  1652,  nicht  zum  Ziele  kamen,  verai 
der  Dominikaner  M.  Lequien  die  einzige  Gesamtausgabe  in  2  Bänden,  Paris  1712  : 
fangreichen  Prolegomena  und  Dissertationen  litterar-  und  dogmenhistorischen  Inhalt 
gedruckt  in  Venedig  1748  und  bei  Migne,  Patr.  gr.  94 — 96  mit  den  von  G  all  an 

A.  Mai  neu  veröffentlichten  Schriften.  —  P.  Tann^ry ,  Revue  des  ^tudes  greoques  • 
85 — 91,  273 — 277  veröffentlichte  Proben  aus  einer  unbedeutenden  und  sicher  u 
Sammlung   von   Notizen  über  alte  Philosophen,   Könige,   mythische  Personen  u.  \ 

B.  Z.  2  (1893)  687  f.;  8  (1894)  193.  —  Auch  sonstige  Kleinigkeiten  sind  in  einzeh 
ohne  Grund  mit  dem  Namen  des  Johannes  geschmückt  worden,  z.  B.  der  Traktat  1 
Totenfeiertage,  vgl.  K.  Krumbacher,  Studien  zu  den  Legenden  des  hl.  The 
Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1892  S.  845,  vielleicht  auch  das  Stück  Utql  rtoy  dqttxoyttay^ 
Migne,  Patr.  gr.  94,  1601—4  und  besser  bei  N.  Polites,  Jrjfjuüdeic  fiexetaQoXoyixoi 
Athen  1880  S.  5  f.  ediert  ist.  Ueber  die  Ausgaben  der  einzelnen  Schriften  vgl.  Leqn; 
J.  Langen  (s.  u.).  —  Uebersetzungen  der  Htjyij  yytjaetos:  Die  lateinischen  Ueberse 
von  Burgundio  und  dem  Karmeliter  J.  B.  Panetius  (diese  z.  B.  in  cod.  Ferrar.  198)  sii 
unediert  Die  Uebersetzung  des  Exarchen  Johannes  von  Bulgarien  ed.  A.  Popov,  Mosk 
(russisch).  —  Scholien  zum  dritten  Teil  der  Htjyi]  yytoaeag  enthält  z.  B.  cod.  Vind.  th« 
—  Zahl  und  Anordnung  der  Kapitel  (auch  der  theologischen)  zeigen  in  den  Hss  man 
weichungen. 

2.  Hilfsmittel:  Die  Prolegomena  und  Dissertationen  in  der  Ausgabe  von  Lc 


1.  Theologie.    A«  Dogmatik  und  Polemik.    (§  17)  71 

(?.  Oudin,  Comm.  de  Script  ecd.  1,  1713—83.  —  Fabricius,  Bibl.  gr.  9,  682—744.  — 
>er  die  Spntcbe  des  Johannes  s.  Zotenberg,  Not.  et.  extr.  28  (1886)  1,  18  ff.  —  Barden - 
rer.  Patrologie  S.  540—46.  —  üeber  die  Schrift  von  den  8  Lastergeistem :  0.  Zock  1er, 

Lehrstflck  von  den  sieben  UauptsQnden,  München  1893  S.  53  ff.  Vgl.  B.  Z.  3  (1894)  424.  — 
Dographien:  Apostolides,  Uegi  'loidyyov  rov  Jafdaaxrjyov  1838  (mir  nnzugänglich). 
rL  J.  Gran  dl  ebner,  Jobannes  Damascenus.  Academisch  Proefskrift,  Utrecht  1876,  ver- 
tet  sich  besonders  Aber  seine  dogmengeschichtliche  Stellung.  —  J.  Langen,  Johannes 

Damaskus,  Gotha  1879.  Seine  liUerarhistorischen  Untersuchungen  (S.  15—268)  gehen  in 

üauptsache  Qber  Lequien  nicht  hinaus.  Die  Vita  S.  Artemii,  deren  Unechtheit  von 
gen  nachgewiesen  wurde,  ist  von  Johannes  Rhodios  (vgl.  §  88  n.  5)  verfasst.  —  J.  H. 
>ton,  St.  John  of  Damaskus,  London  1884  (mir  unzugänglich).  —  Zur  Theologie  des  Jo- 
nes: J.  Bach,  Dogmengeschichte  des  Mittelalters  1  (Wien  1873)  49—78;  zur  Bilder- 
«:  K.  Schwarzlose,  Der  Bilderstreit,  Gotha  1890  S.  126—223  im  Zusammenhang  mit 

Theologie  der  Bilderfreunde  überhaupt.  —  Ueber  seine  Abendmahlslehre  vgl.  Steitz, 
rbücher  für  deutsche  Theologie  12  (1867)  275—286. 

3.  Zum  Leben:  Die  älteste  Biographie  des  Johannes  war  arabisch  geschrieben;  sie 
t  der  griechischen  Vita  zu  Grunde,  die  der  Patriarch  Johannes  von  Jerusalem  (f  969), 

sich  aber  auch  stark  von  der  inzwischen  gebildeten  Legende  beeinflussen  liess,  ver- 
t  hat.  Ed.  bei  Migne,  Patr.  gr.  94,  429 — 490.  —  E.  Bouvy,  Anacr^ontiques  toniques 
s  U  vie  de  St  Jean  Damasc^ne,  B.  Z.  2  (1893)  110  f. 

4.  Suidas,  Lexicon,  ed.  G.  Bernhardy  1,  2  (Halle  und  Braunschweig  1852)  481  erwähnt 
>n  ^ioyof  arti^grjuxog  xat*  cixoyoxavraty  des  Bischofes  Epiphanios  von  Selymbria  in 
«xien,   der  wohl  ein  Zeitgenosse  des  Johannes  von  Damaskos  war,  von  dem  sich  aber, 

es  scheint,  nichts  erhalten  hat. 

5.  Handschriftlich  existieren  einige  anonyme  Abhandlungen  über  den  Bilderstreit, 
l  in  cod.  Ambros.  F.  124  sup.  saec.  12fol.  159-170\  cod.  Paris.  1185  Asaec.  14foL  199-210^. 
.  BodL  Mise.  54  saec.  16  fol.  1—73  enthält  einen  Dialog  zwischen  einem  Ikonoklasten 

einem  Orthodoxen.    Ed.  ist  eine  annonyme  Abb.  bei  Migne,  Patr.gr.  109,  501 — 516. 

6.  Tbeodoros  Abukara,  Bischof  von  Kara  jenseits  des  Jordans  oder  Earrhä  in 
(opotainien,  gilt  als  ein  Schüler  des  Johannes  von  Damaskos.    Er  ist  sicher  verschieden 

dem  Bischöfe  Tbeodoros  von  Karien  und  später  von  Laodikea,  dem  Anhänger  und 
teren  Feind  von  Photios,  mit  dem  er  oft  verwechselt  wird.  Unter  seinem  Namen  gehen 
deine  Abhandlungen  bei  Migne,  Patr.  gr.  97, 1468-1609,  gegen  Nestorianer,  Monophysiten 
opaschiten.  Jakobiten,  Tritheisten,  Araber  und  Juden.  Einige  liegen  in  einer  späteren  Re- 
Hon  vor.  Vielleicht  waren  sie  ursprünglich  arabisch  geschrieben,  wie  eine  Notiz  vor  der 
kbhAndlong  andeutet,  die  von  Michael  Synkellos  von  Jerusalem  übersetzt  sein  will.  —  Vgl. 

Ittig,  Conunent.  ad  Theod.  Abuc.  opuscul.  de  baptismo  fidelium . . .,  Leipzig  1698.  — 
>  Allatius,  Diatriba  de  Theodoris  ed.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  6  (Rom  1853)2,  169-171; 
\llatius  besass  eine  Hs  (vielleicht  cod.  Vallicell.  B.  53  s.  13),  welche  die  Opuscula  Theo- 
s  in  grosserer  Anzahl  und  besserem  Texte  enthielt.  —  Nähere  Untersuchungen  fehlen. 

17.  Nikephoros  (Nixrj^oQog),  Patriarch  von  Konstantinopel  (806 — 815), 
neben  Tbeodoros  Studites  (§61)  der  Hauptverteidiger  des  Bilderkultes 
zweiten  Bilderstreit  unter  Leo  dem  Armenier  (813 — 20).  Seine  Familie 
lörte  zu  den  angesehensten  der  Hauptstadt;  sein  Vater  war  kaiser- 
ler  Sekretär  und  wurde  von  Konstantin  Kopronymos  in  die  Verbannung 
schickt.  Nikephoros,  ebenfalls  kaiserlicher  Sekretär  geworden,  wohnte 
r  7.  Synode  bei  (787),  zog  sich  aber  bald  nachher  in  eine  wilde  Einöde  am 
-azisehen  Bosporos  zurück.  Sein  Biograph  rühmt  seinen  Eifer  in  der 
ege  der  weltlichen  und  kirchlichen  Wissenschaften,  denen  er  in  dem 
Q  ihm  erbauten  Kloster  oblag.  Beim  Tode  des  Patriarchen  Tarasios  leitete 
das  grosse  Hospital  in  Konstantinopel  und  wurde  zum  Nachfolger  des 
rs^orbenen  Patriarchen  bestellt.  Die  Mönchspartei,  an  deren  Spitze 
leodor  von  Studien  und  dessen  Oheim  Piaton,  der  frühere  Abt  von  Sakku- 
iMU  standen,  waren  schon  mit  dieser  Erhebung  des  Nikephoros  unzufrie- 
Ht  weil  dieser  bis  dahin  dem  Laienstande  angehörte.  Als  bald  nachher 
BT  neue  Patriarch  dem  Kaiser  Nikephoros  in  Sachen  des  möchianischen 
krates  weit  entgegenkam,  trat  die  Opposition  auch  an  die  Öffentlichkeit. 
Die  mutigen  Mönche  büssten  jedoch  ihr  Vorgehen  mit  der  Verbannung. 


72  ByuiL^JkB&M^^    ^^teratargesoliiohie.    I.  ProsaiBche  Lüteratnr. 

Unter  Michael  I  BliaBg^l)e  kam  die  Versöhnung  zu  stände,  und  alu 
der  Armenier  den  "Bilderstreit  wieder  anfachte,  trat  Nikephoros  mit 
Entschiedenheit  auf,  die  ihn  den  berühmtesten  Verteidigern  der  kirchl 
Freiheit  beigesellt  hat.  Die  Verbannung  (Mitte  Mai  815)  brach  & 
Mut  nicht;  gleich  wie  Theodor  von  Studien  entfaltete  er  eine  fiebei 
Thätigkeit  zu  Gunsten  des  Bilderkultes.  Die  Bedingungen  Michaeli 
Stammlers,  die  ihm  die  Thore  Konstantinopels  um  den  Preis  des  Sc 
gens  öffneten,  verschmähend,  verharrte  er  im  Exil  bis  zu  seinem 
(829).  Neunzehn  Jahre  später  wurde  sein  Leichnam  auf  die  Ann 
des  Patriarchen  Methodios  feierlich  nach  Eonstantinopel  übertragen 
in  der  Apostelkirche  beigesetzt  (847). 

In  die  Zeit  seiner  Verbannung  fallt  die  Abfassung  aller  seiner 
logischen  Schriften,  mit  Ausnahme  der  verlorenen  Schrift  gegen  die  J 
Kataphrygier  und  Manichäer  und  einer  kleineren  Abhandlung,  die  zu  B 
des  Bilderstreites  verfasst  wurde  (Apologeticus   minor).     817    folgte 
grössere  Schrift,  die  von  A.  Mai  mit  Unrecht  in  zwei  zerlegt  wurde :  LI.  3  i 
rhetici  und  Apologeticus  maior  pro  sacris  imaginibus.    Der  erste  Teil  w 
sich  gegen  den  Vorwurf,  dass  der  Bilderkult  Götzendienst  sei,  währer 
zweiten  die  christologischen  Anschauungen  der  Bilderfeinde  bekämpft 
den.      Hier   schliesst   sich   Nikephoros    an    eine   Schrift    des   Ea: 
Eonstantinos  Eopronymos  (er  nennt  ihn  ständig  Maficovag)   an 
welcher   er  viele   wörtliche  Auszüge   seiner  Widerlegung  voraussch 
Drei  weitere  Schriften  beleuchten  die  Aussprüche  von  Makarios  Ma 
Eusebios  von  Eäsarea,  Pseudo-Epiphanios,  Gregor  von  Nazianz,  Nilos, 
lies  von  Seleukia,  auf  welche  die  Bilderfeinde  sich  stützten.    Eine  zv 
Hauptschrift  des  Nikephoros  ist  noch  unediert.     Sie  stellt  sich  al 
Zusammenfassung  alles  dessen  dar,  was  Nikephoros  früher  über  die  1 
geschrieben  hatte.    Ihre  Herausgabe  würde  unsere  Eenntnis  von  dem  lii 
rischen  Streite  sicher  erweitern.   Die  gedruckten,  in  denen  sich  Nikep! 
allerdings  vielfach  wiederholt,  zeichnen  sich  aus  durch  edlen  Freimut, 
gedehnte  Eenntnis  der  Bibel  und  der  patristischen  Litteratur,  Vielseiti 
der  Gesichtspunkte,  Schärfe  der  Dialektik  und  eine  kraftvolle,  fliesi 
Darstellung.    Das  lange  Exil  veranlasste  Nikephoros  gleichwie  Theo« 
von  Studien  sicher   zu    einer  ausgedehnten  Eorrespondenz,    die 
durch    seinen  Biographen   bestätigt    wird.     Ausser   dem  Brief  an   1 
Leo  in  ist  jedoch  nur  ein  Fragment  aus  einem  Brief  an  Leo  den  Arm 
erhalten.  —  Über  Nikephoros  als  Historiker  vgl.  Erumbacher. 

1.  Ausgaben:  Anselmus  Bandarius   bereitete  eine  Gesamtaasgabe  vor: 
spectos  operum  S.  Nicephori,  patr.  Csplt.,   quae  propediem   duobus  tomis  edenda  si 
quorum  pauca  hactenus  edita  füenint,  cum  interpretatione  latina,    notis  et  dissertatic 
criticis»  dogmaticis  et  historicis,  Paris  1705.    Sie  ist  nicht  erschienen.  —  Nachdem 
befis  und  Canisius-Basnage   einiges  herausgegeben  hatten,  veröffentlichte  A.  Mai, 
Patr.  bibl.  5   (Rom    1849)   1,  1—144;   2,  1—142;    3,  1—271   den   griechischen  Tex 
Apologeticus  maior  und  minor;   abgedruckt  bei  Migne,   Patr.  gr.  100,  201—850.  - 
übrigen  gedruckten  Schriften  ed.  pr.  Pitra,  Spicileg.  Solesm.^1  (Paris  1852)  302 — 503;  4  | 
233—380.  —  £inen  weiteren  Band  mit  Schriften  des  Nikephoros  bezeichnete  Pitra, 
lecta  Sacra   et  classica  5  (Rom   1888)   46   als   druckfertig;   derselbe  ist  aber   nicb 
schienen.    —  Ob  zu  seinen  unedierten  Schriften  auch  die  Vita  S.  Andreae  iunioris  g 
die  ihm  in  cod.  Paris.  1547  a.  1286  fol.  158 — 249^  zugeschrieben  wird,  ist  noch  zu  i 
suchen.  —  Zu  notieren  ist  auch  cod.  Coisl.  93  saec.  12  fol.  1 — 603. 


74  'ft'jiKa^öx^^     ^^titteratnrgesohiGhte.    L  Prosaisohe  Litteratnr. 

er  in  erster  L\me  Ä^^^^m  Wirken  als  Patriarch  von  Konstantinopel.  '. 
haltiger  nnd  z\\g\e\c\i  verhängnisvoller  hat  kein  Patriarch  von  Ostrom  die 
seiner  Wirksamkeit  auf  dem  grossen  Bischofsitze  der  griechischen  1 
in  den  Annalen  ihrer  Geschichte  verzeichnet.  Er  führte  den  erstei 
scheidenden  Ausbruch  jener  trennenden  Bewegung  zwischen  dem  M( 
und  Abendlande  herbei,  die  mit  der  Gründung  Konstantinopels  ins 
trat,  durch  die  christologischen  Kämpfe,  noch  intensiver  durch  den  I 
streit,  genährt  wurde  und  zwei  Jahrhunderte  nach  ihm  in  dem  defii 
Riss  zwischen  der  griechischen  und  der  lateinischen  Kirche  ihren  Abs 
fand.  Der  Persönlichkeit  des  Photios,  so  mächtig  sie  war,  darf  alle] 
diese  Wirkung  nicht  allein  zugeschrieben  werden;  die  Geschieh tsbe 
tung  hat  sich  seit  längerer  Zeit  daran  gewöhnt,  die  treibenden  Krä 
den  Kulturzuständen  und  in  den  breiten  Schichten  des  Volkes  zu  si 
aus  dessen  Schoss  die  einzelnen  historischen  Thatsachen  hervorgehen 
Photios  lässt  sich  aber  mit  besonderer  Klarheit  das  doppelte  El 
wahrnehmen,  aus  dessen  gemeinsamer  Thätigkeit  die  Geschichte  gi 
wird,  der  Zeitgeist  und  die  Individualität.  Photios  war  in  seinen  kircb 
Tendenzen  das  Kind  seiner  Zeit,  ein  Spross  der  griechischen  6 
gefalligkeit,  die  sich  über  die  Barbaren  des  Abendlandes  unendlich  er 
wähnte  und  gegen  das  Abendland  in  politischer  wie  kirchlicher  Bezi 
abzuschliessen  bestrebte.  Er  war  aber  auch  Herr  über  seine  Zeit; 
er  wusste  alle  durch  die  beiderseitige  Kulturentwicklung  entstan 
Gegensätze  aus  ihrer  Gebundenheit  hervorzulocken;  er  gab  ihnen  eii 
grififliche  Gestaltung  und  dadurch  erst  ihre  ganze  wirkende  Kraft. 
Ehrgeiz,  der  sich  darauf  steifte,  entgegen  der  Autorität  des  Papste, 
er  zuerst  selbst  angerufen  hatte,  seinen  Patriarchalsitz  zu  behaupten 
band  sich  mit  dem  Stolze  der  ganzen  Nation,  der  schon  durch  die  I 
tung  des  abendländischen  Kaisertums  empfindlich  verletzt  wordei 
und  durch  die  EingHederung  der  neubekehrten  Bulgaren  in  den  römi 
Patriarchalverband  einen  tödlichen  Stoss  erhalten  hatte.  Die  ge 
Stimmung  des  Volkes  ermöglichte  es  Photios,  den  ersten  grossen  J 
gegen  Rom  zu  führen.  Dynastische  Interessen  traten  allerdings  i 
Tendenzen  entgegen;  er  wurde  abgesetzt  (867),  nach  einem  Jah] 
wieder  eingesetzt,  um  abermals  abgesetzt  zu  werden.  Ja,  er  sta] 
Exil;  aber  die  romfeindUche  Bewegung  stieg  nicht  mit  ihm  ins 
der  beste  Beweis  dafür,  dass  er  sich  mehr  in  ihren  Dienst,  als  sie  i 
seinigen  sich  gestellt  hatte.  Die  Art  und  Weise,  wie  er  ihr  diente, 
hart  einen  Charakter,  der  vor  dem  Richterstuhle  unparteiischer  Gescb 
forschung  keine  Gnade  finden  kann.  Gänzlich  verschieden  ist  abe 
Urteil,  welches  die  Nachwelt  dem  streitbaren  Patriarchen  als  dem  GeU 
und  Schriftsteller  schuldet. 

Seine  Bedeutung  als  Theologe  ist  oft  überschätzt  worden. 
Theologie  ist  nicht  das  glänzendste  Blatt  in  dem  Ruhmeskranze  de 
lehrten  Byzantiners.  Seine  theologischen  Gesamtleistungen  stellen  ihn 
Johannes  von  Damaskos  und  lassen  mit  denjenigen  des  Maximos  Con: 
oder  des  Leontios  von  Byzanz  keinen  Vergleich  zu.  1.  Die  umf 
reichste  theologische  Schrift   des  Photios   sind  die  Amphilo 


7  g  "B^iask^ti^^    ^Ktitteratargeschiohie.    I.  Prosaisohe  Litieraiur. 

geklärtes  Pro\Aem.    ^Ve   zerfallt  in  einen  historischen  (Über  1)  und  e; 
polemischen  TeW  p\.  2 — 4).     Dieser  ist  der  Wideriegung  der  wichtig 
manichäischen  und  paulikianischen  Lehren   gewidmet;   er  entspricht  i 
nicht  dem,  was  am  Ende  des  ersten  Buches  als  die  weitere  Aufgabe 
Schrift  angekündigt   wird,  und  bildete  wahrscheinlich   zuerst    eine    c 
ständige  Abhandlung.    Noch  grössere  Schwierigkeiten  knüpfen  sich  an 
erste  Buch.     Ein  erster  Teil  desselben  (N.  1 — 15)  kehrt  fast  wörtlich 
drei  anderen  Autoren  wieder,  bei  Petros  Sikeliotes,  Qeorgios  Monachos 
dem  Hegumenos  Petros,  welch  letzterer  wahrscheinlich  die  Vorlage 
Photios  bildete.     Das  Folgende  (N.  15 — 27)  steht  mit  dem  früherei 
keinem  inneren  Zusammenhang,  kommt  auf  früher  Behandeltes  zurück 
weicht  dann  davon  ab.     Die  neueste  Lösung  dieser  Schwierigkeiten, 
Karapet-Ter-Mkrttschian  vorlegte,  ist  nicht  annehmbar.    4.  Ganz  orig 
ist  die  Hauptschrift  gegen   die  Lateiner:   Hegl  Trjg  xov  äyfov  n 
fiatog  livatayfayiaq,    Sie  behandelt  die  Frage  vom  Ausgang  des  hl.  Gei 
vom  Vater  allein,   die  von  nun  an  der  Gegenstand  unzähliger  Schri 
wurde.     Photios  hat  hier  im  wesentlichen  alle  Gründe  zusammengesi 
welche  sich   aus   der  heiligen  Schrift,   den  Vätern  und  der  theologisc 
Spekulation  für  das  griechische  Dogma  gewinnen  lassen;  doch  treten 
ihm  Schrift  und  Väter  hinter  den  theologischen  Argumenten  zurück.    Gr 
dialektische  Gewandtheit  und   durchdringender  Scharfsinn  treten  hiei 
den  Dienst  heftiger  Leidenschaft,  die  sich  öfters  in  dem  gereizten  Ton 
Darstellung  äussert.    Bemerkenswert  ist  es,  dass  Photios  in  dieser  Sei 
die  römische  Kirche  nicht  direkt  angriff.     Er  rief  darin  sogar  die  Pä 
bis   zu   seiner  Zeit   als  Vertreter    des   unverfälschten    Symbolums    g€ 
Ambrosius,  Hieronymus  und  Augustinus   an.     Von  den  späteren  Gegi 
der  Lateiner  wurde   diese  Schrift  öfters  benutzt,   besonders  von  Nike 
von  Methone,  Andronikos  Kamateros,  Gennadios  von  Bulgarien  u.  a.  Ande 
seits  wurde  ihr  auch   eine  Widerlegung  seitens  des  Johannes  Bekkos 
teil.     Zweifelhaft  ist  Photios'  Autorschaft  für  eine  kleinere  Abhandl 
über  denselben  Gegenstand,  die  Euthymios  Zigabenos  seiner  Panoplia 
verleibt  hat.     Eher  kann  eine  Abhandlung  gegen  den  römischen  Pri 
als  echt  gelten;  sicher  unecht  ist  aber  das  Schriftchen  Ileqi  tm*  (pQoy 
xal  %mv  XoinSv  Aarivtav^  die  28  Anklagen  meistens  disziplinaren 
halt  es  gegen  die  Lateiner  erhebt  und  erst  nach  der  Kirchentrennung 
1054  verfasst  wurde.   Zu  den  dogmatisch-polemischen  Schriften  ist  auch  < 
Reihe  von  Briefen  zu  rechnen;  darunter  sind  die  Enzyklika  und  das  Schrei 
an  den  Patriarchen  von  Aquileia  über  die  Kontroverse  mit  den  Latein« 
sowie  ein  in  armenischer  Übersetzung  erhaltener  Brief  an  den  Katholi 
Zacharias  von  Grossarmenien  hervorzuheben.     Dem  Inhalt  nach  kircb 
geschichtlich,  dient  die  kleine  Schrift  Swaycoyal  xal  änodef^eig  u.  s.  w.  c 
apologetischen  Zweck,  die  Legitimität  der  Wahl  des  Photios  zu  beweisen.  Z 
weitere  polemische  Schriften   gegen  den  Kaiser  Julian  und  den  Häreti 
Leontios  von  Antiochien  sind  verloren  gegangen.   5.  Photios  war  ein  h 
vorragender  Homiletiker.     Von  seinen  geistlichen  Reden  ist  aber 
eine  geringe  Zahl  erhalten  und  diese  liegen  noch  nicht  alle  im  Druck  i 
Sie  beziehen  sich  teils  auf  Feste  des  Herrn  und  Maria,   teils  auf  hie 


1.  Theologie.    A.  Dogmaük  und  Polemik.    (§  18)  77 

e  Ereignisse  seiner  Zeit.    Historisch  wichtig  sind  die  zwei  Homilien 

>slich  des  Überfalls  der  Russen  (860),  die  zu  den  ältesten  Zeugnissen 

den  Unternehmungen  der  Slaven   gegen  das  byzantinische  Reich  ge- 

n.      6.  Von  zweifelhaften  und  unechten  Schriften   theologischen 

Its   ist  eine  ganze  Reihe  nachgewiesen;   keine  davon  kann  aber  ein 

ik.Tes  Interesse  beanspruchen.    Andererseits  ist  nicht  ausgeschlossen, 

noch  einige  Schriften  des  Photios  unter  fremden  Namen,  wie  z.  B.  unter 

des  StyUanos  von  Neokäsarea,  verborgen  sind. 

1.  Ausgaben:  1.  Eine  Gesamtansgabe  hat  erst  Migne,  Patr.  gr.  101—104  (1860) 
istjdtet.  —  Eine  kleine  Sammlung  neuer  Schriften  ed.  A.  Papadopulos-Eerameus, 
>r  .  .  .  To  negi  rov  xatpov  lov  Xgiinov  vnofiyrjfidrioy  .  .  .  xal  aXXa  riyd  noptjfjLaxia 
avtov  iXXtjyicri  je  xal  agfieriaii  y^yqafjLfiiya  .  .  .,  Publ.  d.  ross.  Palftstinagesellsch. 
ki.  Petersburg  1892.  Vgl.  B.  Z.  2  (1893)  349  f.  Die  darin  gebotenen  Scholien 
»hannes  Klimax  sind  auf  ihre  Echtheit  noch  zu  untersuchen.  —  2,  Die  Amphi- 
ien  nach  verschiedenen  Ausgaben  einzelner  Gruppen  von  Montfaucon,  Wolf,  Scottus, 
ai  u.  a.  ziemlich  vollständig  von  Malou  u.  J.  Hergenröther  bei  Migne,  101, 
IVMJ,  1277—1296.  —  Dazu  als  wichtige  Ergänzung  die  den  Pariser  Herausgebern 
cannt  gebliebene,  auf  einer  früher  nicht  benutzten  Athoshs  beruhende  Ausgabe 
&.  Oikonomos,  nach  dessen  Tode  herausgegeben  von  seinem  Sohne,  dem  Chirurgen 
lokleaOikonomos,  Athen  1858.  Sie  enthält,  abgesehen  von  Varianten,  elf  bisher 
;  unbekannte  Quaestiones.  Die  ausf&brlichen  Prolegomena  handeln  mit  reichlicher 
tzung  der  abendländischen  Litteratur  über  Leben  und  Schriften  des  Photios,  besonders 

die  Amphilochien  und  die  Hss  derselben.  —    3,  Von  den  neutestament liehen 
mentaren  sind  nur  wenige  Fragmente  gesammelt  bei  Migne  101,  1189—1253.  — 
•re  Fragmente  zerstreut  in  dem  Kommentar  des  Oekumenios  zu  den  Paulusbriefen  und 
ielen  Katenenhss,  z.  B.  codd.  Vatican.  Regin.  9   saec.  10,  Barberin.  VI  1.   —  ^.  Die 
Scher  gegen  die  Paulikianer  ed.  J.  Chr.  Wolf,  Anecd.  gr.,  1—2  Hamburg  1722; 
erholt  bei  Migne  102,  9—264.    Karapet  Ter-Mkrttschian,  Die  Paulikianer  im 
ntinischen  Kaiserreiche  und  verwandte  Ketzerische  Erscheinungen  in  Armenien,  Leipz. 
.  erkennt  als  photianisch  nur  Liber  1  n.  1 — 15  an.     Wenn   er  aber  die  ganze  Schrift 
unter  Alexios  1  Komnenos  verfasst  sein  lässt,  so  steht  dies  schon  in  Widerspruch  mit 
bandschriftlichen  Ueberlieferung,  die  mit  Cod.  Vatican.  Palat.  216  bis  in  daslO.  Jahr- 
ert   zurückreicht    —   5.   Die  Mystagogie  des  hl.  Geistes   ed.  pr.  J.  Hergen- 
er,  Regensburg  1857;  abgedruckt  bei  Migne  102,  264—541.   Vgl.  J.  Hergenröther, 
log.  Quartalschrift  40  (Tübingen  1858)  559-629.   —  Die  Epitome  der  Mystagogie  bei 
senröther  a.  a.  0.  113—120  und  Migne  a.  a.  0.  392—400.  —  Das  unechte  Schriftchen 
D  die  Franken  ed.  pr.  J.  Hergenröther,  Monumenta  graeca  ad   Photium   ejusque 
riam  pertinentia,  Regensburg  1860  S.  62—71.  —  Die  Abhandlung  gegen  den  römischen 
at  edd.  Rhalli  et  Potli,  Syntagma  canonum  4  (Athen  1854)409—415.  —  Die  Zvya- 
i  ed.  pr.  Fontani,  Novae  deliciae  eruditorum  1  (Florenz  1785)  2,  1—80;  einen  besseren 
gab  J.  N.  Balettas,  Epistel.  Photü,  London   1864,  559  ff.  —   6,  Einige  Homilien 
früheren  Drucken  bei  Migne  102,  548—576.  —Die  zwei  auf  den  Einfall  der  Russen 
rlichen  Homilien  ed.  pr.  Porph.  Uspenskij,  Petersburg  1864  (nach  einer  Photioshs 
Kthoe.  die  noch  andere  Homilien  und  Werke  des  Photios  enthält,  recht  fehlerhaft  und 
llst&ndig).    Vollständig  und  genau  nach  demselben  Codex  ed.  A.  Nauck,  Lexicon 
obonense.  Petersburg  1867,  201—232;  vgl.  sein  Proömium  S.  23-30.  Wiederholt  bei 
Uli  er.   Fragm.  historic.  Graecor.  5  (1870)  162— 173.    Hier  und   bei  Nauck  auch  An- 
der älteren  auf  das  Ereignis  bezüglichen  Litteratur.    lieber  die  Chronologie  des  Er- 
S8«s  vgl.  oben  S.  35  Anm.  1.   Eine  Analyse  der  beiden  Homilien  gab  A.  Chassang, 
laire  de  l'assoc.  5  (1871)  75—85.  —  Neue  Homilien  ed.  pr.  S.  Aristarches,  'ExxXtja. 
K  3  (1882-83)  161  ff.,  308-12,  528-31,  667—69,  786-92;  2.  Serie  1  (1885)  481—507; 
<S6)  177—198.    Die  hier  in  Aussicht  gestellte  Ausgabe  der  unedierten  Homilien  ist 
nicht  erschienen.   —  lieber  Fragmente  von   Homilien  des  Photios  im  cod.  Vatican. 
:.  129  8.  K.  K.  Müller,  Zeitschrift  für  Kirchengesch.  4  (1880-81)  130—36.  —  Auch 
sehe  Uebersetzungen  von  Homilien  des  Photios  sind  heranzuziehen.   Vgl.  6.  Z.  2  (1893) 
über  eine  Homüie  in  dem  cod.  Suprasliensis). 

2.  Hilfsmittel:  Die  Einleitungen  zu  den  genannten  Ausgaben  von  K.  Oiko- 
OS,  Balettas  und  Migne.  —  lieber  seine  kirchenpolitische  Bedeutung  vgl.  die 
rator  über  die  morgenländische  Kirchentrennung.  —  lieber  sein  Verhältnis  zu  Ignatios 
[aly&evskij.  Die  HU.  Kyrillos   und  Methodios,  die  ersten  slavischen  Lehrer,  Kiew 

(nisB.).  Vgl.  die  Besprechung  von  V.  Oblak,  Arch.  slav.  Philol.  12(1889)216-221. 


4 


ajeflJ^^^  ^tlatteraturgeBohiobte. 


7  g  ByiiKi^^ä^^      ^^— «itteratargeBohiohte.    L  Prosaisöhe  liiteratiir. 

—  J.  Jäger,  Hiatowe  Aft  TPliotins,  Paria  1844.  —  Hanptschrift:  J.  HergenrSt 
Photius,  Patriarcli  von  IL^el,  sein  Leben,  Beine  Schriften  und  das  griechische  Schi 
B  Bde»  Regensbarg  1867—69.  Eine  weit  angelegte  Monographie,  die  im  Rahmen  > 
Geschichte  der  griechischen  Kirche  vom  4.  Jahrhundert  bis  zur  Befestigung 
Eirchentrennung  im  12.  und  13.  Jahrhundert  mit  Heranziehung  eines  grossen  ungednu 
Quellenmaterials  geboten  wird.  Gründlichkeit,  grosse  Gelehrsamkeit  und  Objektivität 
anerkannte  Vorzüge  dieses  Werkes,  das  den  Standpunkt  des  Verfassers  selten  verrät 
2  ersten  Bände  sind  der  kirchenpolitischen  Wirksamkeit  des  Photios  gewidmet ;  der  c 
behandelt  die  Schriften  (S.  3—260)  und  die  Theologie  des  Photios  (S.  264—652),  en 
die  Fortentwickelung  des  griechischen  Schismas.  —  Th.  Stukov,  Zur  tausendjähi 
Gedächtnisfeier  des  Photius,  Patr.  v.  Kpel,  Pravosl.  sobesjednik  1891,  60—70,  360- 
397—421.  —  A.  Ivancov-Platonov,  Zu  den  Forschungen  über  Photios,  den  Patriaz 
von  Kpel,  Joum,  Min.  Bd  280  (1892)  121-148,  Bd  281  (1892)  1-72,  299-315,  Bd 
(1892)  1—60,  205 — 251;  dann  in  Buchform  erschienen.  —  Beide  vom  orthodoxen  Standpi 

A.  K(ir^efir)  hat  die  Schrift  des  letzteren  in  der  Revue  internationale  de  Theologie  1  (] 
654—669;  2  (1894)  80—107,  253—261  in  abgekürzter  Form  ins  Französische  übertragen. 

B.  Z.  1  (1892)  356  f.,  632  f.;  3  (1894)  210,  425;  4  (1895)  198.  —  V.  Luka6,  Geschieht« 
Patriarchen  Photios,  des  Anstifters  des  griechischen  Schismas,  Baiamare  1893  (ras 
Notiert  in  B.  Z.  4  (1895)  199. 

3.  Litterarische  Zeitgenossen  des  Photios:  i.  Petros  Sikeliotes  gal 
in  die  jüngste  Zeit  als  der  Photios  zeitgenössische  Verfasser  der  4  Bücher  gegen  die 
likianer,  deren  erstes  mit  der  gleichnamigen  Schrift  des  Photios  nahe  verwandt  ist.  \ 
rend  man  früher  darüber  stritt,  ob  Photios  oder  Petros  der  ältere  Autor  sei,  hat  jfl 
Karapet  Ter-Mkrttschian  a.  a.  0.  S.  13 ff.  Petros  nicht  bloss  diese  Schrift,  son 
Überhaupt  die  Existenz  abgesprochen,  und  lässt  die  Schrift  in  derselben  Zeit  wie  die  psc 
photianische  unter  Alexios  Komnenos  (1081—1118)  entstehen.  Die  Existenz  des  P< 
steht  sicher  auf  schwachen  Füssen;  denn  sie  ist  nur  durch  die  Selbstangaben  des  1.  Ba 
gewährleistet.  Die  3  übrigen  Bücher  (ursprünglich  waren  6  beabsichtigt  und  wohl 
vorhanden)  weichen  von  den  entsprechenden  Büchern  des  ,Pseudophotios*  vollständig 
Karapet  hätte  seine  Untersuchungen  auch  auf  die  zweiten  Hälften  der  beiden  Sehr 
ausdehnen  sollen.  Die  späte  Abfassungszeit  des  ,Pseudopetros'  steht  auch  hier  in  W) 
Spruch  mit  der  handschriftlichen  Ueberlieferung  in  cod.  Vatican.  508  (,ab  auctoris  tempoi 

Sarum  distante').  Das  1.  Buch  des  Petros  ed.  pr.  M.  Raderus,  Ingolstadt  1604;  soc 
i eseler,  Göttingen  1845  f.  —  Die  3  übrigen  Bücher  ed.  pr.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bik 
(Rom  1847)  3,  1—79  unter  Wiederholung  des  ersten  Buches.  Abgedruckt  bei  Migne,  I 
gr.  104,  1240 — 1349.  —  Als  Appendix  ad  Petri  Siculi  historiam  Manichaeorum  veröfl 
lichte  Gieseler,  Göttingen  1849,  die  Schrift  eines  Petros  Hegumenos,  dessen  Iden 
mit  Petros  Sikeliotes  er  fär  wahrscheinlich  hielt.  Karapet  hingegen  erklärt  diesen  Hegum< 
Petros  für  die  älteste  unter  den  bekannten  griechischen  Quellen  über  die  Paulikia 
Die  Frage  muss  noch  eindringender  untersucht  werden.  —  Gegen  die  Paulikianer  schei 
auch  die  Disputationen  eines  Paulos  und  eines  Johannes  gerichtet  zu  sein,  die  A.  Mai  a.  a 
80 — 110  herausgegeben  hat.  Sie  stehen  auch  in  cod.  Sinait.  383  saeo.  9.  —  Ueberr 
einer  Sammlung  antimanichäischer  Schriften,  die  Basilios  I  gewidmet  wurde,  liegen  vo 
cod.  Medic.  Laurent,  pl.  9,  23  saec.  9.  Das  (unvollständige)  Dedikationsgedicht  an 
Kaiser  ed.  A.  Brinkmann,  Alexandri  Lycopolit.  contra  Manichaei  opiniones  disputi 
Leipzig  1895  S.  XVI-XXII. 

2,  Ein  dogmatischer  Brief  an  den  Katholikos  von  Grossarmenien,  Zacharias,  i 
Johannes,  einem  sonst  unbekannten  Erz  bis  chofe  von  Nikäa,  zugeschrieben;  die  Echt 
desselben  unterliegt  aber  starken  Bedenken.   Vgl.  J.  Hergenröther,  Photius  1,  497— i 

3,  Als  Zeitgenosse  des  Photios  gilt  auch  Bartholomaeos,  Mönch  in  Ede 
So  nennt  sich  der  Verfasser  einer  polemischen  Schrift  gegen  den  Islam,  die  eine  eingehe 
Kenntnis  der  Schriften  und  Gebräuche  der  Muhammedaner  verrät.  Ed.  pr.  Le  Moy 
Varia  Sacra,  Leiden  1  (1685)  302—428;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  104,  1383— 1^ 
Ebenda  1448  —  1457  ein  anonymes  Schriftchen  Kara  Mmafjiid;  Die  Abfassungszeit 
zwei  Schriften  ist  noch  näher  zu  bestimmen. 

4,  Gegner  des  Photios  waren  Theognostos,  Archimandrit  in  Kpel,  Met 
hau  es,  Metropolit  von  Smjrrna,  Stylianos  Mappa,  Erzbischof  von  Neokäsarea  u.  a.  \ 
'heognostos  besitzen  wir  ein  an  den  Papst  Nikolaus  I  gerichtetes  Referat  über  die  \ 

kommnisse  in  Kpel  von  858—861,  Mansi,  Goncilia  16,  296—801;  abgedruckt  bei  Migi 
Patr.  gr.  105,  856—861.  —  Unter  seinem  Namen  geht  auch  ein  Enkomion  auf  alle  Heilig 
Migne  ebenda  849—855  und  eine  unedierte  Marienhomilie  in  cod.  Paris.  763  saec.  10 
8v_iiv  —  Metrophanes  wurden  schon  früh,  z.  B.  in  dem  cod.  Vatican.  Palat.  216  si 
10,  die  4  Bücher  gegen  die  Paulikianer  und  andere  Schriften  des  Photios  zugeschrieben. 
B.  Georgiades,  'ExxÄ.  UXij».  3  (1882-83)  299—302  edierte  ein  Enkomion  auf  Polykarp  ^ 


I' 


t  Theologie.    A«  Dogmatik  und  Polemik.    (§§  19—20)  79 

ravTna.  Ein  zweites  EnkomioD  anf  die  ErzeDgel  Michael  and  Gabriel  erschien  in  der  'ExxXrjtf. 
iir^.  2.  Serie  4  (1887)  386—393.  —  Ein  Kommentar  zu  den  7  katholischen  Briefen  steht 
Bter  seinem  Namen  in  cod.  Athens  3761  saec.  15  foU.  284.  Einige  Proben  aus  diesem 
oanmeiitar  ed. B.  Georgiades,TExxA.'^;ii7>.3(1882  -  83)513—17,  541-  44.557—61,573—77. 
-  Ueber  seine  Stellung  im  photianischen  Streite  vgl.  J.  Hergenröther,  Photius  2,  76, 
9.  102  ff.  u.  öfters.  —  Von  Stylianos  Mappa  sind  2  Briefe  an  den  Papst  Stephan  VI 
edmckt  bei  Mansi,  Concilia  16,  425—441  mit  den  Antworten  des  Papstes.  —  Seine  kurze 
bhAndlong  n$Qi  ti^^  ayiai  TQuidog  ed.  pr.  Montfaucon,  Biblioth.  Uoisl.  S.  88—90. 

19.  Niketas  von  Byzanz  (NMtjrag  Bv^avTioq),  mit  den  Beinamen 
tloca^og  und  didacxalog,  war  ein  jüngerer  Zeitgenosse  von  Photios  und 
rat  als  Apologet  gegen  die  Armenier,  Muhammedaner  und  Lateiner 
uf.  Die  apologetische  Schrift  gegen  die  Armenier  widerlegt  den  Brief 
esselben  Königs  von  Armenien,  an  den  auch  Photios  geschrieben  hat,  und 
erfolgt  den  Zweck,  die  Armenier  zur  Annahme  der  Zweinaturenlehre  zu 
«wegen.  Sie  lehnt  sich  ganz  an  den  Brief  des  Königs  an,  der  sich  dar- 
us  rekonstruieren  liesse.  Unter  den  Vätern,  die  Niketas  für  seine  These 
.nführt,  nimmt  KyriUos  von  Alexandrien  die  erste  Stelle  ein;  neben  ihm 
rerden  Basilios,  Gregor  von  Nazianz,  Leo  I  und  Ambrosius  von  Mailand 
angefahrt  Auf  die  Bitte  der  Kaiser  Michael  UI  und  Basilios  I  verfasste  er 
i  Schriften  gegen  den  Islam.  Die  ausführlichste  ist  eine  Widerlegung 
kosgewählter  Suren  des  Koran  und  einzelner  Sätze  der  Theologie  des 
slam.  Die  zwei  übrigen  behandeln  zwei  Briefe,  die  von  sarazenischer 
>e!te  an  den  Kaiser  Michael  gerichtet  worden  waren  und  besonders  die 
rrinitätslehre  betrafen.  Niketas  fehlte  es  nicht  an  spekulativer  Begabung; 
iT  schrieb  sich  aber  öfters  selbst  aus,  und  der  Umstand,  dass  Eingang  und 
^hluss  der  4  erwähnten  Schriften  fast  wörtUch  übereinstimmen,  verrät 
e:eringe  schriftstellerische  Gewandtheit.  Die  Schrift  gegen  die  Lateiner 
bespricht  die  Lehre  vom  Ausgang  des  hl.  Geistes.  Niketas  ist  ein  ganzer 
^holastiker,  der  die  Eleganz  der  Darstellung  der  dürren  syllogistischen 
Form  mit  Freuden  opfert. 

1.  Ausgaben:  Die  Schrift  gegen  die  Armenier  ed.  pr.  L.  Allatius,  Graecia  orthod. 
I(Kom  1652)  663—754;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  105,  588—665.  —  Die  3  Schriften 
;egen  den  Islam  ed.  pr.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  4  (Rom  1847)  1,  321-431;  abgedmckt  bei 
iigne  a.  a.  0.669—841.  —  Die  Schrift  gegen  die  Lateiner  ed.  pr.  Seraph.  Pissidios, 
b^'or  xaXovfi€yoy  'Paytuffiov  Stf^Xirevini,  Leipzig  1758  S.  230—248.  Ohne  Kenntnis  von 
iiMcr  Ausgabe  als  Ineditom  ed.  von  J.  Hergenröther,  Monumenta  graeca  ad  Photium 
jnsque  historiam  pertinentia,  Regensborg  1869  S.  84—138. 

2.  Hilfsmittel:  Die  froheren  Litterarhistoriker  setzten  Niketas  in  den  Anfang  des 
2.  Jahrhanderts.  Die  richtige  Zeitbestimmung  mit  Erörtemngen  über  des  Niketas  Schriften 
»ei  J.    Hargenrdther,  Photius,  1,  501  ff.,  601  ff.,  645— 49.    —  A.   Demetrakopulos, 

i^.  Taa«v  s.  3  f. 

20.  Die  Dogmatiker  und  Polemiker  des  10.  und  11.  Jahrhunderts. 
>ogziiatik  und  Polemik  wurden  in  Byzanz  niemals  weniger  gepflegt  als  im 
U.  Jahrhundert,  während  die  Exegese,  Asketik  und  Hagiographie  sich  zu 
iner  gewissen  Blüte  erhoben.  Es  ist  die  Zeit  der  Ruhe  vor  dem  Aus- 
ruch  der  neuen  philosophischen  Bewegung  im  folgenden  Jahrhundert. 
>ie  zwei  einzigen  Polemiker  des  10.  Jahrhunderts,  Demetrios,  Metropolit 
oQ  Kyzikos,  und  Athanasios,  Erzbischof  von  Eorinth,  bestätigen  diese 
Wahrnehmung.  Der  grosse  Litterat  und  Philosoph  des  11.  Jahrhunderts, 
iichael  Psellos  (1018—1079)  bildet  auch  auf  dem  theologischen  Gebiete 
Ke  pi^ce  de  r^sistance.  Er  nahm  den  Kampf  mit  der  eigentümlichen  Sekte 


80  ByMnUniBcliv^  ^tteratnrgeBohiohte.    L  Prosauiche  litterator. 

der  Euchiten,in  der  die  alte  syrische  Gnosis  wiederauflebte,  allein  auf, 
seine  Streitschrift  gegen  sie,  der  Dialog  IIsqI  iveqyeiaq  daifiovan',  bilde! 
einzige  gedruckte  Quelle  für  die  Kenntnis  derselben.  Der  Dialog  ist,  wie 
litterarischen  Erzeugnisse  des  Psellos,  in  eleganter  Sprache  geschriebei 
behandelt  die  Hauptlehren  der  Euchiten  von  einem  höchsten  Gott  und  s< 
beiden  Söhnen,  Satanael  und  Christus,  und  ihre  seltsamen  religiösen  2 
monien.  Ein  Gedicht  in  politischen  Versen,  an  Michael  Dukas  (1071- 
gerichtet,  bietet  eine  kurze  Darstellung  der  Trinitäts-  und  Inkarnationsh 
Die  JiiaaxaXia  navToSanrj  ist  bis  zum  20.  Kapitel  auch  theologischen  Inh 
und  verbreitet  sich  über  die  Begriflfe  oiWa,  (pvaigy  ngocionov,  vn6a% 
ivvnoaTarov  u.  s.  w.  Dasselbe  Thema  behandeln  die  , Theologie 
Kapitel**,  die  Psellos  an  den  Kaiser  Michael  Dukas  richtete.  An 
Kontroverse  mit  den  Lateinern  nahm  er  auch  mit  einer  kleinen  Sc 
gegen  das  lateinische  Dogma  Anteil.  Andere  dogmatisch-polemische  St 
sind  noch  unediert.  Die  Exegese  bildet  ein  weiteres  Feld  seiner  \ 
logischen  Schriftstellerei.  Hierher  gehört  ein  Nikephoros  Botaniates 
widmeter  Kommentar  zum  Hohenliede,  worin  Psellos  an  die  zusanu 
fassenden  Auszüge  aus  den  Kommentaren  des  Gregorios  von  Nyssa,  ] 
und  Maximos,  deren  allegorische  Erklärung  er  annimmt,  seine  eigenei 
merkungen  in  politischen  Versen  anschliesst.  Andere  exegetische  Sehr 
sind  noch  unediert,  z.  B.  Erklärungen  von  schwierigen  Stellen  aus 
A.  u.  N.  Testamente,  eine  Abhandlung  über  den  Sündenbock,  eine  E 
rung  von  72  Psalmen  in  Versen,  Michael  Dukas  gewidmet,  worin 
weitere  Psalmenerklärung  angekündigt  wird.  Von  seinen  geistlic 
Reden  sind  nur  zwei  gedruckt,  ein  Enkomion  auf  Basilios,  die  b( 
Gregore  und  Chrysostomos,  und  eine  Rede  auf  Simeon  Metaphrastes,  d 
welche  er  die  Chronologie  desselben  in  Verwirrung  brachte.  Scholie 
Basilios,  Gregor  von  Nazianz,  Gregor  von  Nyssa  und  Johannes  Kli 
vervollständigen  das  Bild  der  intensiven  theologischen  Schriftstellerei 
Psellos.  Inwieweit  die  antikirchliche  philosophische  Bewegung,  wi 
um  die  Mitte  des  11.  Jahrhunderts  bei  Johannes  Italos,  einem  Schülei 
Michael  Psellos,  zuerst  zum  Vorschein  kommt,  mit  letzterem  selbst  in  Ve: 
düng  gebracht  werden  muss,  bleibt  noch  zu  untersuchen.  Ein  Gegensat: 
Kirche  ist  bei  Psellos  äusserlich  nicht  zu  bemerken;  kein  Byzantiner  wt 
aber  besser  als  er  Tendenzen  mit  einander  zu  vereinigen,  die  sich  ii 
lieh  feind  waren.  Die  Vorliebe  für  Plato  und  die  platonische  Philosc 
erregte  Bedenken  sogar  bei  seinen  Freunden,  wie  bei  Michael  Keruli 
und  Johannes  Xiphilinos;  aber  Psellos  wusste  seine  Orthodoxie  in 
siegreich  zu  verteidigen.  Auf  seine  Bedeutung  für  den  Aufschwung 
Theologie  im  Komnenenzeitalter  wurde  schon  hingewiesen.  Über  seine 
fanen  Schriften  vgl.  Krumbacher. 

Jünger  als  Psellos  ist  Johannes,  Diakon  an  der  Hagia  Sophii 
Konstantinopel,  von  dem  A.  Mai  eine  vom  christologischen  Gesichtspu 
geschriebene  Dogmatik  bekannt  gab.  Eine  nähere  Zeitbestimmung 
sich  aus  dem  einzigen  Kapitel,  das  im  Druck  vorliegt,  nicht  gewinnen, 
der  Mitte  des  11.  Jahrhunderts  führte  der  Gegensatz  zwischen  Alt- 
Neurom,  der  seit  Photios'  Tod  nur  bei  Niketas  David  Paphlagon  (§ 


L  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§  20)  gl 

Wi   dem    Patriarchen  Sisinnios  von  Konstantinopel  (f  999)  und  Leon, 
Xetropoiiten    von    Russland    (f  1008),    zum   Ausdruck    gebracht    worden 
war,   zum    definitiven  Bruch   zwischen   den  beiden  Kirchen.    Eine  grosse 
ftterarische    Thätigkeit   wurde    dabei    nicht   entfaltet.     Der   bulgarische 
Metropolit    Leo  von  Achrida    eröffifiete    den   Kampf    mit   einem   Brief 
10    den    Bischof   Johannes   von    Trani   in   Apulien,    der    fQr    alle    „frän- 
üsehen*    Bischöfe  bestimmt   war.      Er   rügte    darin    den   Gebrauch    des 
angesäuerten  Brotes  und   das  Sabbathfasten ;  beides  solle  man  den  Juden 
flberlassen.     Als  die  päpstliche  Gesandtschaft,  an  deren  Spitze  der  leiden- 
schaftliche Kardinal  Humbert  stand,   nach  Konstantinopel  kam,   trat  der 
asketisch   hochgebildete  Mönch  des  Studionklosters,   Niketas   Stethatos 
<S  64),  mit  einer  Schrift  gegen  die  Lateiner  auf  den  Plan,  welche  dieselben 
«Missbräache''    der   Lateiner   und   die    Priesterehe   behandelte.     Humbert 
stellte  ihr  eine  Widerlegung  entgegen,   deren  beleidigender  und  unfeiner 
Tod  von  dem  des  Mönches  grell  absticht.    Trotzdem  liess  sich  dieser  dazu 
bestimmen,   seine  Schrift  vor  dem  kaiserlichen  Hofe  zu  verwerfen.     Doch 
xeigen    andere  Schriften   des  Niketas  gegen  die  Lateiner,   dass  er  seine 
Gesinnung  nicht   änderte.     Weit  schroffer  war  das  Auftreten  des  Patri- 
ardien  Michael  Kerularios,  der  ebenso  leidenschaftlich  gesinnt  war  als 
Hnmbert.     Nach  der  gegenseitigen  Exkommunikation  (1054)  kam   es  zu 
einer  historisch  wichtigen  Korrespondenz  zwischen  Michael  Kerularios  und 
dem  Patriarchen  Petros   von  Antiochien.     Dieser   hatte  schon   vorher  in 
Briefen  an  den  Papst  Leo  IX  und  an  Dominikus,  den  Patriarchen  von  Venedig, 
fidne  Sympathien  für  die  Lateiner  an  den  Tag  gelegt.    Als  Litteratur- 
denkmäler  haben  diese  Briefe  ebenso  geringen  Wert,  als  die  um  dieselbe 
Zeit  entstandenen  kurzen  Abhandlungen  eines  Niketas,  Chartophylax  von 
Kik&a,  über  die  Azyma  und  über  die  Zahl  und  die  Ursachen  der  Schismen 
xwischen  der  griechischen  und  der  lateinischen  Kirche  von  dem  ersten  unter 
^  biser  Gratian  bis  zu  dem  des  Jahres  1054.    Im  weiteren  Verlaufe   des 
111.  Jahrhunderts  schrieben    noch    Johannes,    Metropolit   von   Russland 
(1Ö80 — 1089),  und  der  von  den  Kreuzfahrern  vertriebene  Patriarch  Symeon 
ff  1105)  von  Jerusalem  gegen  die  Lateiner. 

Die  Polemik  gegen  den  Islam  ist  in  dieser  Zeit  nur  durch  einen 
hnen  Dialog  des  Bischofs  Samonas  von  Gaza  (um  1056)  vertreten.     Er 
fedeht  sieh  auf  die  den  Sarazenen  besonders  anstössige  Abendmahlslehre 
l  md  ist  zum  Teil  identisch  mit  Opusculum  22  des  Theodoros  Abukara. 

i  1.  DemetriosYon  Kyzikos  verfasste  nach  cod.  Athous  927  s.  14-15  fol.  268^  u.  a.  Hss 

f  nf  Geheiss  des  Kaisers  Konstantinos  Porphyrogennetos  eine  TSx&ecig  xar*  initofitjy  tov  rtoy 
I  ycMmßitmt^  doyfÄOTOf.  Ed.  pr.  Fr.  Combefis,  Auctarium  novum  2  (1648)  261-271  anonym.  Bei 
I  Migne,  Patr.  gr.  127,  880  -901  unter  dem  Namen  des  Philippos  Solitarias.  Sie  ist  nochmals 
f  ater  dem  Namen  des  Katholikos  Isaak  gedruckt.  Vgl.  S.  89.  —  Eine  Quaestio  des  Atha- 
■  ■81  OS  Ton  Korinth  bei  Migne,  Patr.  gr.  106,  1024.  —  Eine  andere  Quaestio  ist  in  dem 
t»L  Monac.  551  s.  15  fol.  62  erhalten.  —  Beide  Autoren  polemisieren  gegen  die  Jakobiten. 
2.  Der  Traktat  des  P  sei  los,  De  operatione  daemonum,  mit  seinen  übrigen  ge- 
drackioi  theologischen  Schriften  bei  Migne,  Patr.  gr.  122,  537—920.  —  Die  Schrift: 
l|pc  for  mvtoMQatoga  Jtfijjfai;^  x$(p«Xaia  ^eoXoy$xtt  iy&exa  ed.  Dositheos,  Tofiog  dydnfjg, 
Imj  16Ö8  8.  490-493.    Dazu  vgl.   cod.  Paris.  969  saec.  14  fol.  311^-314^,  cod.  Vatic. 

II&  u  9  saec  15.  —  Einiges  aus  den  UnoxQiaeirg  awonfixal  des  cod.  Monac.  384  ed.  Th. 
tfy«askij.  Das  Synodikon  für  die  Woche  der  Rechtgläubigkeit,  Odessa  1893  S.  49-56. 
Mse  'Ajtaxffi^ttg  scheinen  zur  Ji&aaxaXia  nayzo&oTtij  zu  gehören.  —  Das  handschriftliche 
liritriil  ist  noch  nicht  genügend  durchfoi-scht    Theologische  Schriften  des  Psellos  enth&lt 

'       '    ~*     ~  der  klaai.  AltertnimwtaeiuohAfl  IX.    1.  AMIg.   2.  Anil  Q 


82 


ByivD^^iS!^^       ^itteratargeflohiohte.    L  Prosaisoh«  Idtteratnr. 


besondere  der  cod.  Pans.  \\b^2  saec.  13.  —  Vgl.  C.  E.  Ruelle,  ^iXXos  ayMotog,  Biblia 
Berits  in^dita  de  M.  ^Bellus  suivie  du  texte  de  3  morceaux  in^dits  de  Psellus  l 
psaumea,  IvXXoyog,  naQaQjrjfia  z.  Bd  18  (Kpel  1888)  591—614.  —  Eine  Vita  des  Mi 
Anzentios  wird  in  cod.  Athous  2091  s.  15  Psellos  zugeschrieben.  —  J.  Dräseke,  Zu] 
Psellos,  Zeitschr.  f.  wiss.  Theol.  32  (1889)  303—330.  Dazu  G.  Weyman  ebenda  5: 

3.  Die  Schrift  des  Johannes  Diakonos  ist  betitelt:  Hegl  r^g  i^  ^9XVi  ^^ 
r^Xovs  oixoyofiiag  rov  Bbov  eig  roy  aydQiünoy.  A.  Mai  beabsichtigte  die  Herausga] 
selben,  gab  aber  nur  als  Probe  das  1.  Kapitel  des  1.  Buches,  Nova  Patr.  bibl.  6,  \ 
abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  120,  1292—96.  Das  1.  Buch  stellt  Gottes  gnädig 
rung  des  Menschengeschlechtes  vom  Anfang  der  Welt  bis  auf  Christus  dar.  Das  2. 1 
vom  neuen  Adam,  d.  h.  Christus. 

4.  Den  unedierten  Brief  des  Patriarchen  Sisinnios  erwähnt  A.  Demetrako 
'Ogd-.  *EXX«g  S.  5.  —  Die  Schrift  Uqog  'Poifjiaiovg  tjxoi,  ngog  Aauyovg  nsQi  ztHy  aCi'/u 
Metropoliten  von  ßussland  Leon  ed.  pr.  Pavlov,  Kritische  Versuche  zur  Geschid 
ältesten  griechisch-russischen  Polemik  gegen   die  Lateiner,   Petereburg  1878  S.  111 

5.  Der  1.  Brief  des  Leo  von  Achrida  war  früher  nur  in  der  lateinischen  Ueben 
des  Kardinals  Humbert  bekannt.  J.  Hergenröther  fand  ihn  in  dem  cod.  Moda 
ed.  C.  Will,  Acta  et  scripta,  quae  de  controversiis  ecclesiae  graecae  et  latinae  8e< 
composita  exstant,  Leipzig  und  Marburg  1861  S.  52-64,  und  Hergenröther  bei  Mign« 
gr.  120,  836-844.  —  Ein  2.  Brief  negl  raiy  «Crfnoy  ed.  pr.  Pavlov  a.  a.  0.  146-151. 
Brief  u.  ein  3.  ediert  in  ISxxX,  'JXij»,  2.  Serie  3  (1886)  421  ff.,  4  (1887)  150  ff.  —  5< 
tische  Kapitel  in  cod.  Vindob.  theol.  214.  —  Vgl.  noch  Fabricius,  BibL  gr.  7,  71 

6.  Die  Korrespondenz  des  Michael  Kerularios  und  des  Petros  von  Ant 
ed.  Will  a.  a.  0.  172-228;  auch  bei  Migne,  Patr.  gr.  120,  752—820.  —  Die  überai 
und  verkürzte  Recension  eines  Briefes  des  Michael  Kerularios  an  Petros  ed.  Pavlov 
151 — 157  mit  altrussischer  Uebersetzune.  —  Andere  Briefe  der  beiden  Patriarchen  sir 
unediert.  VgL  A.  Demetrakopulos,  Ogd^.  ^XXag  S.  5— 7.  —  Von  Michael  Kerula 
ausserdem  eine  Abhandlung  gegen  die  Lateiner  handschriftlich  z.  B.  in  cod.  Vindob 
247  vorhanden.  Gedruckt  ist  von  ihm  noch  eine  Homilie  auf  das  Fest  der  Orth< 
ed.  pr.  Montfaucon,  Biblioth.  Coislin.  S.  96—102;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  g 
724 --36.  Der  streitbare  Patriarch  kündigt  darin  einen  Aoyog  xal  XoyoyQatpia  dul 
r^Qa  gegen  die  Bilderfeinde  an. 

7.  Die  Abhandlung  des  Niketas  Chartophylax  über  die  Kirchentrennon^ 
A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  6,  2,  446-448;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  120,  71J 
—  Die  Abhandlungen  üegi  xwy  d^vfjuay  ed.  pr.  Pavlov  a.  a.  0.  135 — 145. 

8.  Den  Brief  des  Metropoliten  Johannes  von  Russland  an  Papst  dem 
ed.  pr.  Sophr.  Oikonomos,  Athen  1868.  VgL  Demetrakopulos,  'Oq^.tlXXdg,  S. 
Griechisch  und  altrussisch  auch  bei  Pavlov  a.  a.  0.  169—186. 

9.  Die  Schrift  des  Patriarchen  Symeon  von  Jerusalem  gegen  die  Azyma  ist  z 
cod.  Bodl.  Canon.  21  erhalten. 

10.  Ein  Dialog  gegen  die  Euchiten  zwischen  einem  Timotheos  und 
Thrakier  ist  erhalten  in  dem  Cod.  Riccard.  63  saec.  13  fol.  1—11.  Auf  eine  weit 
der  Bibl.  Casanat.  hat  Cozza-Luzi,  Nova  Patr.  bibl.  8  (Rom  1871)  8.  XXI  hinge^ 

11.  Den  Dialog  des  Bischofs  Samonas  von  Gaza  ed.  pr.  <Fronto  Ducaea8>, 
theca  vet.  Patrum  graecolatina  2  (Paris  1624)  277—282.  Wiederholt  bei  Migne,  P 
120,  820—833.  Eine  eingehende  Analyse  desselben  gab  Steitz,  Jahrbücher  f.  deutsche 
logie  13  (1868)  17—23. 

21.  Euthymios  Zigabenos  {EiOvfuog  Ziyaßrjvog^  auch  2kyadrj7'6 
zeichnet  als  der  erste  den  Aufschwung,  den  die  Theologie  im  Zeitalt 
Komnenen  nahm.  Von  seinen  Lebensumständen  ist  nur  bekannt,  dt 
Mönch  des  Klosters  Ttjg  nsQißlhmov  bei  Konstantinopel  war.  Beim  1 
Alexios  Komnenos  (1081 — 1118),  der  den  theologischen  Kontroverse 
intensivste  Interesse  entgegenbrachte  und  selbst  als  theologischer  S( 
steiler  auftrat,  stand  er  in  hohem  Ansehen,  und  die  gelehrte  Tocht< 
Kaisers  verschmähte  es  nicht,  Euthymios  in  ihrem  Geschichtswer 
rühmlichster  Weise  zu  nennen.  Der  Kaiser  regte  ihn  zur  Abfassung 
dogmatischen  Hauptwerkes  an,  dessen  Titel  Havonkia  doyfictrixi^ 
Anna  Komnena  von  Alexios  herrührt.   Der  Anregung  des  Kaisers  ge 


1.  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§  21)  g3 

rmios  selbst  in  der  Einleitung  zur  Panoplia,  die  pflichtgemäss  mit 
I  überschwenglichen  Lobe  des  Kaisers  anhebt.  Sie  sollte  eine  Rüst- 
ler  für  die  orthodoxe  Theologie  und  gegen  das  damalige  Sektentum 
eilen;  einige  polemische  Ausführungen  in  der  Einleitung  über  das 
Kische  Heidentum  und  dessen  Polytheismus  scheinen  gegen  die  neue 
sophische  Bewegung  gerichtet  zu  sein,  die  damals  inuner  weitere 
e  erfasste.  Ein  wirksames  Bekämpfungsmittel  dieser  Bewegung  war 
lings  die  Panoplia  nicht;  dazu  bewegte  sie  sich  viel  zu  sehr  in  den 
.  ausgetretenen  Geleisen  der  byzantinischen  Theologie.  Nach  einer 
iven  Darstellung  der  Trinitäts-,  Inkamations-  und  Schöpfungslehre 
[et  sich  Euthymios  alsbald  der  Bekämpfung  der  früheren  Häresien  zu. 

die  ältesten  geht  er  rasch  hinweg,  um  desto  länger  bei  der  langen 

der  trinitarischen  und  christologischen  Irrlehren  von  Sabellios 
IS  zu  den  Monotheleten  und  Ikonoklasten  zu  verweilen.  Die  einzelnen 
M.  in  welche  die  Schrift  eingeteilt  ist,  sind  sehr  verschieden  an  Um- 
Ihren  Inhalt  bilden  die  Zitate  aus  früheren  Kirchenvätern,  welche, 
Euthymios  selbst  bezeugt,  von  , erfahrenen  und  gelehrten  Männern'', 
?nen  z.  B.  Johannes  Phurnes  gehörte,  gesammelt  und  ihm  zur  Vor- 
ig gestellt  worden  waren.  Die  Kirchenschriftsteller,  aus  denen  ge- 
)ft  wurde,  sind  folgende:  Athanasios,  die  3  Kappadokier,  Pseudo- 
jrs,  Chrysostomos,  Kyrillos  von  Alexandrien,  Leontios  von  Byzanz,  Leon- 
von  Cypem,  Maximos  der  Bekenner,  Anastasios  Sinaites,  Johannes 
Damaskos,  und  in  dem  Abschnitte  über  den  Ausgang  des  hl.  Geistes, 
OS.     Von    der  vornikänischen  Litteratur  findet   sich  keine  Spur; 

aber  verrät  Euthymios  eine  genaue  Kenntnis  der  Nachnikäner,  indem 
i  jedem  dogmatischen  Kampfe  mit  Vorliebe  die  litterarischen  Haupt- 
nlichkeiten  heranzieht.  Vom  23. — 28.  Abschnitte  behandelt  Euthymios 
äretiker  seiner  Zeit,  die  Armenier,  Paulikianer,  Messalianer,  Bogomilen 
endlich  die  Sarazenen.  Hier  bietet  er  seine  eigene  Arbeit;  die  Zitate 
D  zurück,  und  wo  er  davon  Gebrauch  macht,  sind  sie  selbständig 
beit^t.  Von  einem  tieferen  spekulativen  Erfassen  der  theologischen 
eme  ist  jedoch  keine  Rede.  Neben  diesem  Hauptwerke  verfasste 
rmios  noch  zwei  kleinere  Schriften  gegen  die  Bogomilen,  Messalianer, 
usiasten  u.  a.,  wovon  die  zweite  ganz  persönlich  gehalten  ist,  und 
lierte  Streitschriften  gegen  die  Lateiner  und  Armenier  zum  Teil 
riefform.  Von  zweifelhafter  Echtheit  ist  ein  Dialog  mit  einem  sara- 
chen  Philosophen  und  eine  Erklärung  des  Symbolum. 

Eine  zweite  Hauptgruppe  bilden  Euthymios'  exegetische  Kommen- 
Der  Psalmenkommentar  besteht  nicht,  wie  die  Panoplia,  aus  an- 
idergereihten  Zitaten;  die  Quellen,  Basilios,  Gregor  von  Nazianz, 
sostomos  u.  a.,  sind  mehr  oder  weniger  selbständig  bearbeitet,  und 
ymios  erlaubt  sich  sogar,  wenn  auch  selten,  eine  eigene  Meinung.  In- 
ich  sucht  er  sowohl  der  Allegorie  als  der  historischen  Interpretation 
cht  zu  werden.  In  dem  Evangelienkommentar,  der  früher  als  der 
menkommentar  verfasst  wurde,  werden  dieselben  Namen  des  Basilios, 
»rs  von  Nazianz  und  des  Chrysostomos  immer  wiederholt.  Der 
ib&oskommentar  bildet  die  Grundlage  des  Ganzen,  so  zwar,  dass  der 

6* 


! 


84  ByzantixuAohe  Litieratiirgesohiohie.    I.  Prosaisohe  litteratiir. 


Kommentar  zu  Markus  fast  nur  aus  Verweisen  auf  jenen  besteht.: 
Lukasevangelium  bot  etwas  mehr  neuen  Stoff;  bei  der  Eigenart  des  Joh| 
evangeliums  ist  auch  dessen  Kommentar  selbständiger  als  die  zwei 
hergehenden.  Von  den  übrigen  Schriften  des  neuen  Testamente 
Euthymios  die  14  Briefe  des  hl.  Paulus  erklärt.  Er  benützt  hie 
selben  Quellen,  besonders  aber  Chrysostomos.  Aus  der  Benützung 
selben  patristischen  Quellen  erklärt  sich  auch  die  nahe  Verwandt 
zwischen  den  neutestamentlichen  Kommentaren  des  Euthymios  und 
des '  Theophylaktos  von  Bulgarien.  Ob  beide  Exegeten  noch  in 
nähere  Beziehung  zu  einander  zu  bringen  sind,  bleibt  zu  untera 
Den  litterarischen  Nachlass  des  Euthymios  vervollständigen  unei 
Briefe  und  einige  Reden  auf  Feste  Maria  und  anderer  Heiligen.  A 
Zahl  der  letzteren  ist  nur  die  Rede  auf  Hieroth eos,  den  vermeini 
Bischof  von  Athen  und  Lehrer  des  Pseudoareopagiten,  gedruckt. 

1.  Ausgaben.    1.  Die  Panoplia  ed.  P.  Fr.  Zinns,  Venedig  1555  in  latein. 
Setzung  ohne  die  Titel  12  u.  13  gegen  die  Lateiner.   Die  griechische  ed.  prinoepe  b 
Metrophanes  hieromonachos  Gregoras,  Tergovist  1710;  aas  Furcht  vor  den 
wurde  aber  der  Titel  gegen  die  Sarazenen  weggelassen.    Dieser  Titel  bei  Fried.  Sy 
Saracenica,  Heidelberg  1595  S.  1—54   und  mit   Titel  19  u.  20  bei  Chr.  Fr.  Matt] 
der  Ausgabe  des  Evangelienkommentars  des  £uthymios.  —  Den  Titel  gegen  die  Boj 
separat  ed.  Gieseler,   Göttingen  1841—42.     Vgl.    auch   J.  Chr.  Wolf,   Historii 
milarum,  Wittenberg  1712.     -  Der  Text  vollständig  bei  Migne,  Patr.  gr.  130,  20 
--   G.   Neumann,    Griechische    Geschichtschreiber  und   Gescbichtsquellen  im   12 
hundert,  Leipzig  1888  8.  31 — 35  beschreibt   den  cod.  Vatic.  666,   eine  mit  schOnen 
turen  versehene,  wahrscheinlich  für  den  Kaiser  bestimmte  Hs  der  Panoplia;  an  de: 
der  Texte  stehen  einige  von  Neumann  mitgeteilte  Widmungsgedichte.  —  Genau  di 
Miniaturen  schmücken   den  cod.  Mosq.  Synod.   387.    Andere  gleichzeitige  Hss   sin* 
gerade  selten.    Handschriftlich  ist  die  Panoplia  öfters  in  2  Bücher  (Tit.  1^11; 
geteilt,   wie  z.  B.  in  cod.  Medic.  Laurent,  pl.  6,   cod.  10.   —  In    cod.  Vatic.  1447 
Scholien  zur  Panoplia  von  einem  gewissen  Pachomios.    In  dem  cod.  Patmiac.  1( 
13  sind  die  Väterzitate  teils  länger,  teils  kürzer  als  ii\  der  gedruckten  Ausgabe: 
weis,  dass  diese  Ausgabe  verbesserungsfähig  und  -bedürftig  ist. 

2.  Die    1.  kleinere  Schrift  gegen    die   Bogomilen  ed.   pr.   J.  Tollins, 
itineris  italici,  Utrecht  1696  S.  106 — 24,  die  2.  ed.  Nicolaus  Foggini,  Anecdota ! 
4  (Rom  1783)  27—46;  beide  beiMigne,  P.  gr.  131,40—57.  —  Den  Dialog  mit  di 
zenen  ed.  pr.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  4,  442  ff.;  wiederholt  bei  Migne  a.  a.  0. 
Die   Erklärung   des  Symbolums   ed.   pr.   Chr.   Fr.   Matthaei,    Lectiones  Mosqu 
(Leipzig  1779)  53-59. 

3.  Exegetische  Schriften:  Den  Psalmenkommentar  ed.  pr.  Ant.  Bongio 
Opera  Theophylacti  4  (Venedig  1763)  1,  329—597,  2, 1-417;  wiederholt  bei  Mign 
gr.  128,  41—1326.   —    Den  Evangelienkommentar  ed.   pr.    Chr.  Fr.  Matthaei, 
1792    mit    der    früher   erschienenen    lateinischen    Uebersetzung   von    Joh.   Heni 
wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  129,  9—1501.    Unzugänglich  ist  mir  die  Ausgs 
Th.  Pharmakides,   Athen   1842.   —   Den  Kommentar  zu  den  Paulusbriefen  ed. 
dem   cod.  Casanaten.  6  Nik.  Kalogeras,  2  Bde,  Athen  1887  mit  einer  Katene 
7  katholischen  Briefen,  die  Euthymios  nicht  zugehört.  —  Die  Rede  auf  Hierotbeos 
logeras  a.  a.  0.  1  S.  ot]' — ga.    Die  Schrift  gegen  die  Lateiner   z.  B.  in    cod.    1 
503  s.  14,  cod.  Paris.  2782  s.  16  fol.  237^—40.  —  Briefe  des  Euthymios  in  codc 
Suppl.  gr.  249  8.  16  fol.  156  ff.,  Taurin.  200  s.  14  fol.  .91  ff.,  174  ff.,  Vindob.  theol.  247 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  bibl.  gr.  8,328—345.  —  C.  Ullmann,  Nicol 
Methone,  Euthymius  Zigabenus  und  Nicolaus  Choniates,  Theolog.  Studien  u.  Kritiken  < 
663—674.  Etwas  einseitig.  —  N.  Kalogeras,  'j4Xi^tog  6  K.,  Ev^vutog  6  Zd^yaßrjvo*, 
a[Q€Ttxoi  BoyofiiXot,  U^ijymoy  9  (1880)  255—284;  ebenda  10  (1881)  331—362  ü) 
Kommentar  zu  den  paulinischen  Briefen.  —  Ueber  Leben  und  Schriften  des  £u 
verbreitet  sich  Kalogeras  auch  in  der  Einleitung  zur  Ausgabe  des  Kommentares 
Paulusbriefen.  —  Die  ersten  Nachrichten  gibt  Anna  Komnena  1.  15,  9. 

3.  Von  den  Schriften  der  gleichzeitigen  Häretiker  hat  sich  nichts  e 
Euthymios  nennt  als  Hauptführer  der  Bogomilen  einen  gewissen  Tychikos  und 

Schüler  Dodoaa,  SabaB,  Adelphios,  Hermas,  Symeon.  Dem  «n^on  «ckc^vV^it  «c  K<niu 


1.  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§  22)  g5 

U.  Schrift  zu.  Contra  Boeomil.  Migne,  P.  gr.  131,  41.  —  Im  Titel  gegen  die  Messa- 
Mr  behauptet  Euthymios,  dass  seine  Darstellung  ihrer  Lehren  auf  einer  messalianischen 
urift  beruhe  (Migne,  Patr.  gr.  130,  1273)  und  illustriert  ihre  Exegese  (ebenda  1321—32), 
m  ihm  Kommentare  der  Messalianer  vorliegen  mussten. 

4.  Von  theologischen  Abhandlungen  des  Kaisers  Alezios  Komnenos  hatte 
n  Kachrichten  durch  die  Alexias,  ed.  Rei  ff  erscheid,  2  (Leipzig  1884)  56  f.,  259  ff. 
ke  solche  ed.  pr.  A.  Papadopulos-Kerameus,  'JyaXsxTa  'leQocoXvfÄHixrjg  axaxvoXoyiaq 
(Petersburg  1891)  116—123.  Sie  wendet  sich  gegen  den  Eutychianismus  und  hat 
ler  den  Häretiker  Neilos,  der  es  mit  den  Armeniern  hielt,  im  Auge.  Sie  ist  in  der 
ichen  positiv-dialektischen  Methode  der  damaligen  Theologie  gehalten.  Auch  an  der 
iputation  mit  Petrus  Ghrysolanus  beteiligte  er  sich  persönlich,  wie  aus  der  Panoplia  des 
toTmios  Zigabenos  erhellt 

5.  Polemik  gegen  die  Lateiner.  Die  Sendung  des  Erzbischofs  von  Mailand, 
trus  CbrysolanuB,  nach  Konstantinopel  1112  veranlasste  mehrere  polemische  Schriften 
ren  die  Lateiner,  i.  Johannes  Phurnes,  Vorstand  eines  Klosters  auf  dem  Berge  Ganos, 
er  der  Mitarbeiter  des  Euthymios  an  der  Panoplia,  antwortete  Petrus,  der  die  Kontro- 
rse  5ber  den  hl.  Oeist  vor  dem  Kaiser  behandelte,  aus  dem  Stegreif.  Diese  'AytiQQrjuxtj 
tiXoyia  ed.  pr.  A.  Demetrakopulos,  "ExxXriü.  BißXio&^xtj  1  (Leipzig  1866)  36—47.  Eine 
inenbomilie  ed.  Gr.  Palamas  in  der  Ausgabe  des  Theophanes  Kerameus,  Jerusalem  1860 
*2T0 — 76.  Ueber  andere  Schriften  des  Job.  Phurnes  vgl.  A.  Demetrakopulos  a.  a.  0. 
7*  f.  Die  Liste  der  Schriften  ist  aber  nicht  vollständig;  wir  verweisen  auf  codd.  Paris. 
^,  11S4,  1263  u.  a.  —  Die  Rede  des  Petrus  v.  Mailand  ed.  pr.  L.  Allatius,  Graecia 
k  1,  379—889;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  127,  912-20.  —  2.  An  der  Kontroverse 
bn  einen  hervorragenderen  Anteil  Eustratios,  Metropolit  von  Nikäa,  durch  mehrere  Ab- 
sdlnn^en  gegen  die  Lateiner,  von  denen  Demetrakopulos  a.  a.  0.  S.  47-127  vier  heraus- 
Keben  hat.  Eustratios  schrieb  ausserdem  Qber  den  Bilderkult  gegen  den  Erzbischof  Leon 
I  Chalkedon  nnd  1  Abhandlung  gegen  die  Armenier  (ebenda  127—  198).  Letztere  brachte  ihn 
den  Verdacht  der  Heterodoxie,  gegen  den  sich  Eustratios  in  einer  xi^o/ioXoytjcig  reinigte 
17).  £d.  Demetrakopulos  a.  a.  0.  S.  i« — is'.  Seine  Beziehungen  zu  Johannes  Italos  sind 
±  nicht  klar  gestellt  Vgl.  B.  Z.  1  (1892)  177.  —  Vgl.  noch  J.  Hergenröther,  Photius  3, 
>-802,  J.  Sakellion,  'J&^yatoy  4  (1875)  211—233,  Dräseke,  Archiv  f.  Gesch.  d.  Philos. 
1891)  247  ff.  —  Für  s.  profanen  Schriften  vgl.  Krumbacher.  —  3.  Andere  Polemiker 
ren  die  Lateiner  aus  derselben  Zeit,  wie  Theodoros  von  Smyma  Kuropalates  und 
rroc  rvr  ifiXoa6<p(oy^  Niketas  Seides  aus  Ikonion,  Johannes  Zonaras,  verzeichnet 
Demetrakopulos,  *0g&.  'EXXtig  S.  12 — 15.  Niketas  Seides  wird  auch  eine  Schrift 
ti    ror   näaxa  zugeschrieben.     Davon   ein  Fragment  bei  A.  Mai,  Nov.   Patr.  bibl.  6,  2, 

f.:  bei  Migne,  Patr.  gr.  127,  1484—87.   —   Eine  seiner  Schriften  gegen  die  Lateiner 
Pavlov  a.  a.  0.  S.  186  ff. 

22.  Nikolaos  {Nixolaoc),  Bischof  von  Methone  im  Peloponnes,  galt  bis 
die  jüngste  Zeit  als  der  hervorragendste  Theologe  des  12.  Jahrhunderts, 
ne  Blütezeit  fallt  in  die  Regierung  des  Kaisers  Manuel  I  Komnenos 
43 —  1 180),  zu  dem  er  in  nahem  Freundschaftsverhältnis  stand  und  dessen 
»ologiseher  Berater  er  war.  Das  Jahr  1165  scheint  er  nicht  mehr  erlebt  zu 
t>en.  Die  Bedeutung  des  Nikolaos  liegt  jetzt  nur  noch  darin,  dass  wir 
»  seiner  Schriftstellerei  die  antikirchlichen  Strömungen  und  einige 
eologische  Kontroversen  seiner  Zeit  kennen  lernen.  Sein  Ruhm  als 
briflsteller  ist  aber  nach  und  nach  ganz  zerstört  worden.  Schon  J.  Hergen- 
Lher  hat  nachgewiesen,  dass  er  die  Syllogismen  des  Photios  gegen  die 
teüier  fast  wortwörtlich  ausschrieb.  Einen  grossen  Teil  der  'EQ(aTi](r€ig 
i  aTToxQicfig,  die  sich  über  die  Gottes-  und  Inkarnationslehre  verbreiten, 
kannte  A.  Demetrakopulos  als  identisch  mit  den  Ausführungen  Theodors 
n  Raitha  in  dessen  Schrift  ITegi  tfjg  vkeiag  ivavd^Qoom^aetag,  Von  noch 
^sserer  Tragweite  war  die  Entdeckung  von  D.  Russos,  dass  Kapitel  146 
IT  'Jvömif^tg  trjg  x^eoloyix^g  ^to^x^ioiaecog  UqoxXov  des  Nikolaos  wortwört- 
h  übereinstimmt  mit  dem  von  A.  Mai  veröffentlichten  Fragment  der 
iratschrift  Prokops  von  Gaza  gegen  Proklos.  Damit  ging  die  Grundlage 
stören,  auf  welcher  die  günstige  Beurteilung  des  Nikolaos  in  erster  Linie 


%&  ^l^voi^  Idtteratiirgeflchichie.    L  Prosaische  Litteratnr. 

beruhte.  ^\r  ViSxv^v^^  Tiinzufilgen,  dass  auch  3  weitere  Abhaudlungei 
Nikolaos  \iheT  öi^  ^ttliche  Vorherbestimmung  der  menschlichen  Le 
grenzen  der  Hauptsache  nach  auf  die  Schrift  des  Patriarchen  Germano 
Konstantinopel  IIsqI  oqov  ^(a^g  zurückgehen.  Grössere  litterarische  Seil 
digkeit  mögen  die  Schriften  des  Nikolaos  besitzen,  die  aus  seiner  Anteiln 
an  den  theologischen  Streitigkeiten  seiner  Zeit  hervorgingen. 
Rechtfertigung  des  Vorgehens  des  Kaisers  gegen  den  Wortführer  der  ] 
milen,  den  Mönch  Nephon,  speziell  die  Ernennung  des  Patriarchen  Nil 
Muzalon  an  Stelle  des  Kosmas,  der  Nephon  begünstigte,  bildet  den  G 
stand  einer  1147  an  den  Kaiser  gerichteten  Abhandlung  Ilegl  rrjg  i 
xttxaatdasi  %ov  natqidqxov  ävTiXoyiag  xal  ticqI  leqaQxCag,  Gfegen  die  ] 
milen  ist  auch  der  Traktat  über  die  Eucharistie  gerichtet,  worin  Nil 
mit  Entschiedenheit  die  fieraßoXi]  lehrt.  Eine  zweite  Kontroverse,  di« 
einem  Prunk  von  Synoden  verhandelt  wurde,  der  zu  dem  Gegenstand 
in  richtigem  Verhältnis  stand,  betraf  den  Empfänger  des  euchai 
sehen  Opfers.  Eine  theologische  Partei,  an  deren  Spitze  der  zum  ] 
archen  von  Antiochien  ernannte  Diakon  Soterichos  Panteugenos  i 
betrachtete  Gott  den  Vater  als  alleinigen  Empfänger.  Soterichos  v 
digte  seine  Ansicht  in  einem  Dialoge,  dessen  Widerlegung  sich  Nil 
zur  Aufgabe  machte.  Drei  weitere  Schriften  richtete  er  in  derselbe! 
gelegenheit  an  Manuel,  wovon  eine  verloren  zu  sein  scheint.  Die  z 
ist  nur  fragmentarisch  ediert,  während  die  dritte  sich  mit  der  Widerk 
des  genannten  Dialoges  deckt,  Einleitung  und  Schluss  abgerechnet 
Manuels  politische  und  kirchliche  Siege  feiern.  Hier  schrieb  sich  also  Nu 
selbst  aus.  Auf  eine  christologische  Kontroverse,  die  ein  Auflebe 
Origenismus  bekundet  und  von  Eustratios  von  Nikäa  angeregt  wurde,  be 
sich  Nikolaos'  Erklärung  des  Apostelwortes  1  Kor.  15,  28.  Er  findet  die  L( 
in  der  Doppelnatur  Christi  und  bleibt  in  der  Verwerfung  der  Apokatai 
des  Origenes  der  herkömmlichen  Auffassung  getreu.  Ohne  polemi 
Interesse  will  eine  letzte  dogmatische  Schrift  den  Grossdomestikos  Job 
Axuchos  über  eine  Stelle  Gregors  von  Nazianz  von  der  wesentl 
Einwohnung  des  hl.  Geistes  in  den  Aposteln  aufklären.  Es  liegt  : 
auch  hier  frühere  Vorlagen  zu  vermuten.  Als  Hagiographen  lemei 
Nikolaos  kennen  durch  eine  Lebensbeschreibung  des  Wunderthäters  Me 
des  Jüngern  (1035 — 1105).  Damit  ist  jedoch  sein  litterarischer  Nac 
nicht  erschöpft;  dieser  bedarf  noch  einer  näheren  Umgrenzung. 

Die  Thatsache,  dass  Nikolaos  im  12.  Jahrhundert  eine  alte  & 
Schrift  gegen  den  Neuplatonismus  auffrischte,  ist  höchst  beachtem 
und  kann  unmöglich  mit  Russos  und  Dräseke  in  dem  Wunsche  des  I 
laos,  „dass  seine  Weisheit  von  seinen  Zeitgenossen  bewundert  wo 
ihre  Erklärung  finden.*  Die  Schrift  des  Proklos  musste  einen  grossen 
auf  die  Gebildeten  seiner  Zeit  ausüben,  wenn  Nikolaos  es  als  ein  Bedü 
empfand,  „die  Widersprüche  gegen  den  hl.  Glauben  in  jedem  einzelnen 
schnitte  dieses  Buches  mit  einer  Widerlegung  sorgfältig  anzuzeigen,  unc 
künstlich  ersonnenen  und  durch  Spitzfindigkeit  verhüllten,  aber  gerade 
durch  den  meisten  sich  entziehenden  Irrtum  aufzudecken '^j  wenn  auc 
der  Hand  eines  fremden  Führers.    Es  musste  auch  damals  Leute  g( 


1.  Theologie«    A.  Dogmaiik  und  PoUmik.    (§  22)  37 

che  die  .Klarheit,  Einfachheit  und  die  Schmucklosigkeit  der  christlichen 
ire  als  etwas  Gemeines  verschmähten,  das  Schimmernde,  Rätselhafte 
l  Gezierte  des  Heidentums  dagegen  als  wahrhaft  ehrwürdig  und  als 
te  Weisheit  vergötterten".  Dies  stimmt  genau  mit  den  übrigen 
[^lirichten  von  dem  Aufleben  der  alten  Philosophie  im  Zeitalter  der 
nanenen. 

1.  Aasgaben:  Die  meisten  der  genannten  Schriften  ed.  pr.  Demetrakopulos, 
ro»  intex,  MB^yfjg  Xoyoi,  dvo  .  .  .  Leipzig  1865,  und  'ExxA.  ßißX.,  Leipzig  1866  S.  199 
^SO.  —  A.  Demetrakopulos  hat  2  andere  Schriften  fiber  die  Kontroverse  mit  den  La- 
em  mit  Unrecht  Nikolaos  von  Methone  zugeschrieben.  Dieselben  gehören  nebst  einer 
ten  einem  unbekannten  Polemiker  aus  dem  Anfang  des  13.  Jahrhunderts.  Ed.  Arsenij, 
ikaa  1892.  Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  370.  —  Die  Widerlegung  des  Proklos  ed.  pr.  J.  Th. 
nel,  Frankfurt  1825;  desgl.  die  ^(onjceig  in  den  Jahresberichten  des  Frankfiuter  6vm- 
fums,  1825—26  S.  1—39.  ~  Die  2  Schriften  gegen  die  Lateiner  ed.  pr.  K.  Simonides, 
«fe'ctt»»'  '^XXijytay  ^€oXoyixai  ygafpal  xiaaaQBg,  2.  Aufl.  London  1865,  S.  1—39,  und  in 
«r  Zeitschrift  Memnon,  1859  Heft  3.  —  Die  zweite  auch  bei  A.  Demetrakopulos, 
JL  ßißX.  a  359—380.  --  Migne,  Patr.  gr.  135,  509—514  enthält  nur  die  schon  1560 
Sffentlichte  Abhandlung  fiber  die  Eucharistie.  —  Die  Biographie  des  hl.  Meletios  mit 
TOD  Theodoros  Prodromos  verfassten  Leichenrede  auf  denselben  Heiligen  ed.  pr.  Va- 
i«vskij,  Pravosl.  Pal.  sporrik  17,  Petersburg  1886  mit  russischer  Einleitung  und  lieber- 
nng.    Vgl.  die  eingehende  Besprechung  von  E.  Kurtz,  B.  Z.  2  (1893)  308—12. 

2.  Hilfsmittel:  Die  Angaben  bei  den  früheren  Litterarhistorikem,  Oudin,  Ceillier, 
ricins  D.  a.  sind  zum  grössten  Teil  unrichtig.  —  Antiquiert  sind  jetzt  auch  die  Abhand- 
!«i  von  Ullmann,  Theolog.  Studien  und  Kritiken  6(1833)  S.  647—743  und  J.  Dräseke, 
Nikolaus  von  Methone,  Zeitschr.  f.  Kirchengesch.  9  (1888)  405-431,  565—590;  ders., 
»Uoe  von  Methone,  B.  Z.  1  (1892)  438—478.  Zur  Abhängigkeit  des  Nikolaos  von  Photios 

J.  Hergenröther,  Photii  liber  de  Spiritus  sti  mystagogia,  Regensburg  1857  8.  XXIV, 
Photios  3,  805  f.  —  Zur  Abhängigkeit  von  Prokop,  deren  Grad  jedoch  noch  nicht  mit 
^^eit  bestimmt  werden  kann,  Demosth.  Russos.  TqbT^  raCatoi,  IvfißoXai  eig  r^y  UnoQiay 
f^iXo4fo<fias  tmy  rtt^aloiy,  Leipzig  1893  S.  57-69  u.  Joh.  Dräseke,  Nikolaos  von  Methone 
Be«treiter  des  Proklos,  Theol.  Studien  u.  Krit.  68  (1895)  589-616.  —  Für  die  Abhängig- 
von  Germ  an  OS  vgl.  z.  B.  Nikolaos,  ed.  A.  Demetrakopulos,  *ExxX.  ßißX.  S.  237  f.  u.  250 
Germanos,  Migne,  Patr.  gr.  98,  113  D,  116  A— G,  und  108  A— B.  -  Handschriftliche 
choDgeii  können  allein  entscheiden,  in  welchem  Grade  die  Listen  von  Schriften  des 
ilaos  bei  Simonides  und  Demetrakopulos  zuverlässig  sind.  Nur  die  kleinere  Zahl  der  Titel 
mt  iu  beiden  Qberein.  Dass  die  unedierten  Schriften  zwischen  zwei  Trägem  desselben 
lens  Terteilt  werden  müssen,  wovon  der  zweite  um  ein  Jahrhundert  jünger  ist,  behauptet, 
I  mit  Unrecht,  Dräseke,  Ztschr.  f.  Kirchengesch.  a.  a.  0.  570  ff.,  Archiv  für  Geschichte 
Philoeopb.  4  (1891)  243 — 250.  —  Sp.  Lampros,  Die  Hss  des  Nikol.  v.  Meth.  im  Dionysios- 
ter,  B.  Z.  4  (1895)  363—65  bespricht  einen  Athoscodex,  welcher  die  Bezeichnung  Nixo- 
rte^  Mi&tSytjg  in  den  Stichen  des  Nikephoros  Philosophos  auf  den  älteren  Nikolaos 
ebt.  —   Unzugänglich  blieb  mir  Arsen ij,  Nik.  Meth.,  Christ,  ötenije  1883,  11  ff.,  308  ff. 

3.  Den  Dialog  des  Soterichos  Panteugenos  ed.  pr.  Tafel,  Annae  Comnenae 
»lementa,  Tübingen  1832  S.  8—17.  —  Eine  zweite  Ausgabe  von  A.  Mai,  Spicileg. 
io.  10  (Rom  1844)  3—15.  —  Einen  besseren  Text  lieferte  J.  Dräseke,  Zeitschr.  f. 
«nacbaftl.  ITieolog.  29  (1886)  224—237.  —  Bei  A.  Mai  a.  a.  0.  S.  16—93  der  Text 
Synodalakten  vom  Jahre  1146  gegen  Soterichos.  —  Die  Apologie  des  Soterichos  gegen 
Synode  d.  J.  1146  ed.  J.  Sakkelion.  naxfjitaxrj  ßißXio».,  Athen  1890  S.  328—331.  — 
Bmente  zu  diesem  Streite  in  cod.  Athous  3102  s.  14.  —  Synodaldekrete  gegen  den  Mönch 
bon  bei  L.  A  Hat  ins,  De  perpetua  consensione  S.  669—685.  Vgl.  Johannes  Einnamos 
Bonn.  S.  64  ff.  —  Ueber  den  doppelten  Abendmahlsstreit  im  12.  Jahrb.  vgl.  Steitz,  Jahr- 
i«T  f.  deutoche  Theol.  13  (1868)  32—45.  Nähere  Aufschlüsse  darüber  sind  von  der  Ver- 
ttüehang  des  Thesaurus  orthodoxiae   des  Niketas  Akorainatos  zu  erwarten  (vgl.  §  26). 

4.  Zeitgenössische  Polemiker  gegen  die  Lateiner:  1.  Theodoros  Prodro- 
»,  ein  äusserst  fruchtbarer  Schriftsteller  (vgl.  Krumbacher)  verfasste  eine  Abhandlung 
m  die  Lateiner,  deren  Anfang  bei  Migne,  Patr.  gr.  133,  1008  steht.  Als  weitere  theo- 
tsche  Prosawerke  Theodors  sind  zu  nennen:  eine  Erklärung  zu  Luk.  1,  17  bei  Migne, 
'  er.  133,  1301—1312,  ein  Kommentar  zu  den  Kirchenliedern  des  Kosmas  und  des  Johannes 

Damaskos,  die  oben  erwähnte  Grabrede  auf  den  hl.  Meletios,  eine  Abhandlung  über 
viel  behandelte  Frage  von  der  Bestimmung  der  Lebensgrenzen  und  andere  Schriften 
Irischen,  homiletischen,  liturgischen  und  kirchenrechtlichen  Inhaltes.   Zu  notieren  ist  ins- 


gg  'ft^i%s^^^^  Idtteraiargesohiohie.    I.  Prosaisohe  Lüierainr. 

besondere  sein  Paa\mc«»^^^^inentar  z.  B.  in  cod.  Basil.  AIII  11  saec.  16  fol.  312—5] 
bis  Ps.  88.  —  V^\.  d\öV>»v^  der  Inedita  bei  Stevenson-Pitra,  Theodori  Prodromi  ca 
tarius  in  carmina  saciQ^  TQelodorum  Gosmae  Hierosolym.  et  Joannis  Damasceni,  Ron 
S.  XVIII  ff.  —  2.  Die  dogmat.  Disputation  zwischen  Niketas,  Erzbischof  von  ! 
medien,  und  Anselm  von  Havelberg  (1185)  erzählt  letzterer  in  s.  Dialogi  1.  2  n.  3,  M 
Patr.  lat.  188,  116H  — 1248.  —  3.  Eine  Schrift  gegen  die  Lateiner  von  dem  oben  gem 
Patriarchen  Nikolaos  Muzalon  von  Epel  ist  z.  B.  in  dem  cod.  Mosq.  Syn.  353  eri 
Vgl.  A.  Demetrakopulos,  'Ogd^.  'EXXds  S.  23  f.  Von  demselben  Nikolaos  bietet  d( 
Vatican.  Palat.  388  saec.  18  fol.  89—59  ein  Carmen  fugae  suae  recusatique  episcopi 
892  lamben.  —  4.  Basilios  von  Achrida,  Erzbischof  von  Thessalonike  schrieb  i 
Papst  Hadrian  IV  (1154—59),  der  den  Erzbischof  Heinrich  von  Benevent  an  Kaiser  Mi 
Komnenos  gesandt  hatte,  einen  sehr  gemässigten  Brief;  gedruckt  bei  Migne,  Patr.  g 
929 — 938.  Ein  Dialog  des  Basilios  mit  dem  genannten  Gesandten  des  Papstes  steht  i 
Vindob.  theol.  218  fol.  215^—220^.  —  Verschieden  davon  ist  Basilios'  Gespräch  mit  i 
von  Havelborg,  nach  den  Aufzeichnungen  eines  Mönches  Niketas  in  Thessalonike  in  dei 
Monac.  28,  66,  256.  Einige  Angaben  darüber  bei  J.  Hergenröther,  Photius  3,  80 
Näheres  über  Basüios gibt  V.  Vasiljevskij,  Viz.  Vremennik  1  (1894)  55—182.  Vgl. 
(1895)  178  f. 

5.  Der  zeitgenössische  Chronist  Michael  Glykas  (vgl.  Erumbacher),  der  a 
seiner  Weltchronik  ein  überwiegend  theologisches  Interesse  an  den  Tag  legte,  behi 
in  einer  grossen  Reihe  von  Briefen  (in  einigen  Hss  sind  es  92)  dogmatische,  ezegc 
moralische  und  liturgische  Fragen,  deren  Besprechung  im  12.  Jahrhundert  belieb 
Mit  Unrecht  werden  diese  Briefe  in  einigen  Hss  dem  Johannes  Zonaras  zugesch 
Gedruckt  sind  nur  29  Briefe  (darunter  8  fragmentarisch)  nach  J.  Pontanus,  Lami,  L 
tius  und  A.  Mai  bei  Migne,  Patr.  gr.  158,  648—957.  Dazu  kommt  noch  ein  Brie 
die  Himmelfahrt  Maria  bei  S.  A.  Morcelli,  Ealendarium  eccl.  Cptanae  2  (1788)  198 
ein  Fragment  «aus  einem  Brief  über  die  Azyma  bei  A.  Demetrakopulos,  'OqS^. 
S.  16 — 21  und  ein  Brief  bei  Erumbacher  a.  unten  a.  0.  —  Eine  zweite  theolog 
Schrift  in  2  Büchern  wird  Michael  Glykas  in  dem  cod.  Paris.  160  saec.  16  zugei 
Nach  Aufzeichnungen  von  E.  Erumbacher  lauten  die  Ueberschriften :  1.  üegl  ^etas  kviaci 
diaxgiijemg,  2.  üegl  rrjs  iy  etdei  xai  iy  ax6(jn^  S^etogovfÄ^ytjg  (pvcBtag  xai  dutfpoQos  iytoct 
aaqxiäcBioq  xai  mäc  ixXrjntioy  tny  filay  €fvciv  tov  S-eov  Xoyov  aeaaQxtofiiyrjy.  Der  Ti 
ganzen  Schrift  lautet:  Eis  ra  anoga  rrjg  yQttfpfjg.  Den  Titel  E4  tng  dnogiag  tiji 
yQafprjg  trägt  allerdings  auch  die  Briefsammlung  Michael  Glvkas  in  den  meisten  B 
E.  Erumbacher,  Michael  Glykas,  Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1894  S.  391— 460  handel 
die  Adressaten  der  Briefe,  ihre  Abfassungszeit,  ihr  Verhältnis  zu  den  anderen  Schrift« 
Glykas,  die  Gründe  gegen  die  Zuteilung  an  Zonaras  u.  s.  w.  und  veröffentlicht  ein« 
unedierten  Briefe  (an  Theodora,  eine  Nichte  des  Eaisers  Manuel). 

23.   Theorianos  {&€(oQmv6g)^  fiatarcoQ  xai  (piXoao^og^  wie  ihn  £ 
Manuel  I  Komnenos  nennt,   wurde  von  letzterem  mit  dem  Vorstam 
armenischen  Klosters  in  Philippopel,   Namens  Atman,  im  Jahre   117 
dem  Katholikos  der  Armenier  Nerses  IV  gesandt,  um  die  kirchliche  1 
mit  Konstantinopel  zu  betreiben.    Er  hinterliess  zwei  Berichte  übe 
zwischen  den  zwei  Parteien  gepflogenen  Religionsgespräche,   die 
somit  als  eine  wertvolle  Quelle  für  die  Kenntnis  der  kirchlichen  Bc 
ungen  zwischen  Byzanz  und  Armenien  im  12.  Jahrhundert  darstellen. 
Grundlage  der  ersten  Unterredung  bildete  der  Brief  des  Kaisers  an  den  K 
likos;  ihr  Hauptgegenstand  war  die  Christologie,  deren  byzantinische  Fai 
Theorianos  als  mit  den  Aussprüchen  von  Athanasios,  Basilios,  Gregoi 
Nazianz,  Kyrillos  von  Alexandrien  übereinstimmend  darzuthun  suchte. 
Justin  Martyr  wurde  zitiert,   aber  nach  der  unterschobenen  Schrift 
TQiddog.    Die  zweite  Abhandlung  berichtet  über  die  Verhandlungei 
Jahres  1172.  Der  Hauptnachdruck  wird  auch  hier  auf  die  Väterausspi 
gelegt.     Des  weiteren  wird  auch   eine  Unterredung  mitgeteilt,  die  T 
rianos    mit   Theodoros,    dem    Gesandten    des    Katholikos   der    syrif 
Jakobiten,  hatte.    Die  Verhandlungen  führten  zu  keinem  Resultat, 
der  zweiten  Abhandlung  erfahren  wir,    dass  der  Bericht  über  das 


L  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik«    (§§  23—24)  g9 

ligionsgespräch  in  mehr  als  hundert  Exemplaren  in  Konstantinopel  ver- 
It  worden  war.  Der  litterarische  Wert  beider  steht  hinter  dem  histo- 
chen  8ehr  zurück.  Auch  letzterer  ist  noch  näher  zu  bestimmen,  da  die 
igaben  des  Theorianos  mit  den  armenischen  Quellen  vielfach  in  Wider- 
ruch  stehen.  Nach  dem  Fragmente  eines  unedierten  Briefes  war  Theo- 
.nos  den  Lateinern  sympathisch  gesinnt. 

1.  Aasgaben:  Den  ersten  Bericht  ed.  pr.  J.  Leunciavius,  Basel  1578;  Ergän- 
Igen  dazQ  gab  A.  Mai,  Script,  vet.  nova  coli.  6  (Rom  1832)  314—415  zugleich  mit  der 

pr.  der  2.  Abhandlung  nach  Vatikanischen  Hss;  beide  bei  Migne,  Patr.  gr.  133, 
)  -297.  —  Von  einem  Briefe  des  Theorianos  Ober  die  lateinische  Kontroverse  stehen 
igmente  bei  Migne»  Patr.  gr.  94,  405. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  281  f. 

3.  Die  Schriften  des  armenischen  Katholikos  Nerses  Klajeii  wurden  von  den 
•chitjiristeD,  Venedig  1830  armenisch  mit  lateinischer  Uebersetzung  herausgegeben.  — 
De  Briefeammlnng,  wovon  A.  Mai,  Script,  vet.  nova  coli.  6,  415 — 424  einige  Exzerpte 
tt^ilte,  eTBchien  in  Edschmiatsin  1865;  ebenda  das  ,Lob  des  Nerses  IV*  von  Nerses 
Dbroneü,  1875.  —  Vgl.  Ardak  Ter-Mikelian,  Die  armenische  Kirche  in  ihren  Be- 
hängen zur  byzantinischen  (vom  4. — 13.  Jahrhundert),  Leipzig  1892  S.  88  ff.  Die  Dar- 
ilnng  stfitzt  sich  aber  einseitig  nur  auf  die  armenischen  Quellen.  —  Vgl.  auch  Assemanni, 
bliothec«  Orientalis  2  (1721)  364  f. 

4.  Einem  vermeintlichen   Katholikos   von   Grossarmenien,    Namens  Isaak,   der  im 
Jahrhondert  zur  byzantinischen  Kirche  Übergegangen  sein   soll,   werden  3  griechisch 

ichriebene  Abhandlungen  gegen  seine  früheren  Glaubensgenossen  zugeschrieben.  Die 
t«  bespricht  den  Hauptpunkt  der  Kontroverse,  die  Lehre  von  einer  Natur  in  Christus, 
der  Verfasser  mit  Aussprfichen  der  Väter  des  4.  und  5.  Jahrhunderts  zu  widerlegen  sucht 
*  zweite  erzählt  seine  Bekehrung;  daraus  ist  aber  ersichtlich,  dass  er  nicht  Katholikos, 
idem  einfacher  Priester  war.  Die  dritte  gibt  einen  Ueberblick  fiber  die  Geschichte  Arme- 
■OS  TOD  Gregor  dem  Erleuchter  bis  zur  Zeit  des  Verfassers  und  ist  identisch  mit  dem 
tasten  Teil  der  Schrift  des  Demetrios  von  Kyzikos.  —  Ed.  Migne,  Patr.  gr.  132,  1153-1257. 
here  Untersuchungen  fehlen. 

24.  Niketas  {Nixr^tag)  aus  Maronäa  in  Thracien,  zuerst  Archiadiakon 
id  Chartophylax  in  Konstantinopel,  nachher  Erzbischof  von  Thessalonike, 
iterstützt«  die  Unionsbestrebungen  des  Kaisers  Manuel  I  Komnenos 
143—1180)  den  Lateinern  gegenüber,  wie  Theorianos  es  bezüglich  der 
rmenier  that.  Zu  diesem  Zwecke  verfasste  er  6  Dialoge  über  den  Aus- 
iDg  des  hl.  Geistes,  die  erste  Schrift  unter  den  unzähligen  Abhand- 
ngen  Ober  diesen  Lehrpunkt,  welche  den  Standpunkt  der  lateinischen 
irche  vertritt.  Sie  erfreute  sich  grosser  Beliebtheit  bei  den  späteren 
:^innungsgenossen  des  Niketas.  Nikephoros  Blemmydes  lobt  sie;  Johannes 
i'kkos  wurde  nach  Pachymeres  durch  ihre  Lektüre  von  der  Richtigkeit  der 
»endländischen  Lehre  überzeugt;  Bekkos  selbst  beruft  sich  auf  sie  und  in 
eicher  Weise  benützten  sie  Hugo  Etherianus  und  Konstantinos  Meliteniotes. 
e  3  ersten  Dialoge  geben  die  Einwände  der  Griechen,  die  von  dem 
iteiner  widerlegt  werden.  Der  4.  handelt  von  der  Erklärungsweise  des 
i;?gange8  des  hl.  Geistes  bei  den  Lateinern  und  von  der  Übereinstimmung 
•s  lateinischen  ex  filio  mit  dem  griechischen  6i'  vtov.  Im  5.  werden  die 
?weise  der  Lateiner  zusammengestellt;  der  6.  endlich  bespricht  die  ein- 
hlagigen  Aussprüche  der  Väter.  Das  Ganze  läuft  auf  ein  Kompromiss 
naus:  der  Grieche  gibt  zu,  dass  die  lateinische  Lehre  richtig  sei,  wäh- 
nd  der  Lateiner  zugesteht,  dass  der  Zusatz  im  Symbolum  wegfallen 
üsse.  Nach  den  bisher  veröffentlichten  Fragmenten  zeichnet  sich  die 
thrift  durch  Klarheit  und  Ruhe  der  Darstellung  aus.  Noch  andere 
chriften  gehen  handschriftlich  unter  seinem  Namen,  z.  B.  ein  Kommentar 


90  Bysaatiniftohe  TäiteratorgeBchiolite.    L  Prosaisohe  Lüieraiur. 

zu  den  Hymnen  des  Johannes  von  Damaskus,  einige  hagiographische 
beiten,  Eirchenhymnen  und  11  Anathematismen  gegen  Johannes  Ita! 
Letztere  verdienen  wohl  am  ehesten  ediert  und  näher  untersucht  zu  wen 

1.  Den  Prolog  zu  den  6  Dialogen  ed.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  6,  2,  445  f.,  i 
druckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  139,  169  ff.  —  Fragmente  aus  den  6  Dialogen  ed.  pr.  J.  Heri 
röther  bei  Migne  a.  a.  0.  165—221.  —  Vollständig  liegen  sie  vor  z.  B.  in  cod.  f 
1115,  Mediceo-Laurent,  pl.  31,  87  u.  a.  —  Fragmente  seiner  Acta  8.  Thomae  ei 
Bonnet,  Acta  Thomae,  Leipzig  1883  S.  VIII  f.  aus  cod.  Paris.  1516.  Vollständig  li 
sie  vor  in  cod.  Sinait.  516.  —  Die  Anathematismen  gegen  Johannes  Italos  in  cod.  Vii 
theol.  77.  —  In  anderen  Hss  z.  B.  in  cod.  Petroburs.  95  saec.  12,  cod.  Bodl.  Seid.  46 
12  wird  ihm  ein  ÜQoXoyog  eig  ras  negiodovg  xai  ngä^eig  'Itoayyov  rov  ^€oX6yo9 
geschrieben.     Damach  hat  er  wohl  auch  Acta  S.  Joannis  verfasst. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  BibL  gr.  7,  756  f.  Hier  wird  wohl  mit  Unrechi 
älterer  Niketas  v.  Thessalonike,  der  um  1131  lebte,  angenommen.  Auch  wird  Niketas 
Unrecht  an  den  Anfang  des  13.  Jahrhunderts  gestellt.  —  Leo  Allati us,  Diatribi 
Nicetis  ed.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  6,  2,  12-14. 

26.  Andronikos  Eamateros  (Avigorixog  KafAaTtjQog),  ein  hoher  Sta 
heamter,  mütterlicherseits  aus  der  Familie  der  Dukas,  verfasste  auf 
Anregung  des  Kaisers  Manuel  Komnenos  eine  noch  ungedruckte  ,hei 
Waffensammlung*  (legd  onkodtjxrj)^  welche  ein  Seitenstück  zu  der  Panc 
des  Euthymios  Zigahenos  bildet.  Wie  dieser  mit  einem  Lobe  auf  Alexis 
so  beginnt  Andronikos  mit  einer  überschwenglichen  Lobpreisung  Man 
und  schreibt  diesem  die  geistige  Urheberschaft  des  ganzen  Werkes 
ihm  selbst  sei  nur  das  Abschreiben  und  die  Abfassung  des  Prologes 
des  Schlusses  zugefallen.  Diese  Beteuerung  braucht  man  wohl  nicht  i 
ernst  zu  nehmen.  Die  Schrift  hat  nicht  denselben  Umfang  wie  die  ] 
oplia;  sie  ist  nur  gegen  die  Lateiner  und  die  Armenier  gerichtet, 
erste  Teil  zerfallt  in  einen  Dialog  des  Kaisers  mit  den  römischen  Kc 
vdhoi  über  den  Ausgang  des  hl.  Geistes,  in  eine  Sanmilung  von  VS 
aussprüchen  zu  Gunsten  des  griechischen  Dogmas,  endlich  in  eine  R 
von  Syllogismen,  welche  den  Schriften  der  früheren  Gegner  der  Latei 
Photios,  Niketas  von  Byzanz,  Eustratios,  Euthymios  Zigabenos,  Nike 
von  Methone,  entnommen  sind.  Ganz  in  derselben  Weise  ist  der  z^ 
Teil  aufgebaut,  nur  mit  dem  Unterschiede,  dass  hier  Andronikos  M 
physitismus,  Monotheletismus,  die  theopaschitische  Lehre  und  den  Apht 
doketismus  unterscheidet,  und  jedem  eine  besondere  Abteilung,  aus  V2 
Zitaten  und  Syllogismen  bestehend,  zur  Widerlegung  widmet.  Der  kai 
liehe  Disputator  ist  natürlich  überall  Sieger;  seine  Verdienste  werden  i 
so  oft  hervorgehoben,  dass  man  sich  dem  Eindruck  nicht  verschlie 
kann,  dass  die  ganze  Schrift  ganz  eigens  zur  Verherrlichung 
kirchlichen  und  theologischen  Wirksamkeit  des  Kaisers  geschrii 
wurde.  Für  eine  nähere  Untersuchung  muss  der  Druck  abgewartet  i 
den.  Die  Abfassung  scheint  in  die  letzte  Zeit  der  Regierung  Man 
etwa  1170—1175  zu  fallen. 

1.  Gedruckt  ist  bisber  nur  die  Sammlung  von  biblischen  und  patristischen  St 
gegen  die  Lateiner  mit  der  Widerlegung  des  Johannes  Bekkos  bei  LeoAllatius,  Gr 
orthodoxa2,  287—521  u.  bei  Migne,  Patr.  gr.  141,  396—613.  —Die  obigen  Angabei 
ruhen  auf  der  Durchsicht  des  cod.  Monac.  229  saec.  13  fol.  1—309.  —  Das  am  Anfang  d 
Hb  befindliche  Epigramm  des  Georgios  Skylitzes  auf  die  '077^0^17x17  ed.  Demetrakopu 
'0^9,  'EXXtig  S.  26-29.  —  Andere  Hss :  cod.  Marcian.  158  (unvollständig),  cod.  Mosq.  Sjnod. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  278  f.  —  J.  Hergenröther,  Photii 


I 


I 


1  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§§  25—26).  91 

Sil -814  gibt  eine  Analyse  des  Dialoges  mit  den  Eardinftlen,  der  auch  separat  und  anonym  in 
Has  steht.  —  Geoigios  Pachymeres  ed.  Bonn.  2,  81  bezeugt  das  hohe  Ansehen  der  'OnXo9ijxij, 

3.  Als  Gegner  derLateiner  in  der  2.  Hälfte  des  12.  Jahrhunderts  sind  bekannt: 
Johannes,  Metropolit  von  Klaudiopolis,  von  dem  in  cod.  Athous  3783  saec.  15  auch  eine 
Schrift  gegen  die  Armenier  steht,  Michael  Anchialos,  Patriarch  von  Kpel  (1169 — 77), 
Johannes,  Patriarch  von  Jerusalem,  Georgios,  Metropolit  von  Kerkyra  Tum  1178), 
Leontios,  Patriarch  von  Jerusalem  (t  1190),  Demetrios  Tornikios  und  Tneodoros 
Balsamen.  —  Gedruckt  sind  nur  drei  Abhandlungen  des  Johannes  von  Jerusalem  über 
die  Azyma  bei  Dositheos,  TofÄog  dyuTiijg,  Jassy  1698  S.  504—538,  eine  Schrift  des  Jo- 
hannes von  Elaudiopolis  bei  Pavlov,  Kritische  Versuche  u.  s.  w.  S.  189—191,  14  K€<paXaia 
9§9Xoytxa  des  Leontios  von  Jerusalem  in  Macarii  Ghrysocephali  Homiliae,  Wien  1793 
und  Fragmente  von  zwei  Schriften  des  Patriarchen  Michael  Anchialos  bei  L.  Alla- 
tiQs,  De  purgatorio,  Rom  1655  S.  871  ff.,  De  eccl.  occid.  et  Orient,  perpetua  consen- 
sione,  Rom  1648  S.  526  u.  öfters.  —  Ueber  die  übrigen  Schriften  vgl.  Demetrakopulos, 
)U^.  'EliaV  S.  29—84.    Die  hier  genannten  Hss  Hessen  sich  unschwer  vermehren. 

4.  Dem  Kaiser  Andronikos  1  Komnenos  (1183 — 85)  wird  ein  Dialog  gegen 
die  Juden  zugeeignet,  in  dem  die  gewöhnlichen  Kontroverspunkte  der  Apologien  gegen 
die  Joden  behandelt  werden.  Abgesehen  von  anderen  Gründen  kann  dieser  Dialog  schon 
deshalb  nicht  von  dem  Kaiser  Andronikos  verfasst  sein,  weil  aus  dem  Kapitel  41  klar 
hervorgeht,  dass  der  Verfasser  frühestens  in  der  2.  Hälfte  des  18.  Jahrhunderts,  nach 
einer  anderen  Zählung  sogar  erst  um  das  Jahr  1810  schrieb.  —  Gedruckt  in  lateinischer 
Uebersetzong  bei  Canisius- Basnage,  Lectiones  antiquae  4,  255 — 881;  wiederholt  bei 
Migne,  Pab*.  gr.  188;  796—924.  —  Der  griechische  Text  ist  in  mehreren  Hss  vorhanden, 
I.  B.  in  cod.  Marcian.  Class.  2,  88  saec.  14,  cod.  Vatic.  Pii  II  13  saec.  15,  cod.  Vindob. 
theol.  255. 


26.  Niketas  Akominatos  {NixrJTag  Uxofmvtkog)  schliesst  die  Reihe 
der  Polemiker  des  Komnenenzeitalters.  Über  seine  Identität  mit  dem 
gleichnamigen  Gesehichtschreiber,  die  von  einigen  geleugnet  wurde,  ist 
nicht  der  mindeste  Zweifel  zulässig.  Das  theologische  Hauptwerk  des 
Niketas,  der  Or^aavQog  oQO-oSo^iag  (die  handschriftlichen  Titel  sind  sehr 
lang  und  weichen  von  einander  ab)  stellt  sich  als  eine  Fortsetzung  der 
Panoplia  des  Euthymios  Zigabenos  dar,  auf  welche  Niketas  in  der  Ein- 
leitung ausdrücklich  Bezug  nimmt:  er  wolle  die  ältesten  Irrlehren,  die 
Euthymios  überging,  an  erster  Stelle  behandeln  und  bezüglich  der  von 
diesem  besprochenen  manches  nachtragen,  was  Euthymios  unerwähnt  ge- 
lassen hatte.  Der  Thesauros  ist  somit  weiter  angelegt  als  die  Panoplia. 
IHe  Anzahl  der  Kirchenschriftsteller,  die  Niketas  heranzieht,  ist  auch  weit 
grösser.  Niketas  kennt  einige  Vomikäner,  Ignatios  von  Antiochien,  Melito 
von  Sardes,  Justinos  Martyr,  Gregorios  Thaumaturgos  und  Julius  von  Rom, 
die  drei  letzten  allerdings  nur  aus  unechten  Schriften.  Neben  den  Kirchen- 
vätern des  4.  und  5.  Jahrhunderts  berücksichtigt  er  auch  spätere  Theologen, 
wie  Anastasios  Sinaites,  Ephräm  von  Antiochien,  Photios  u.  a.  bis  zu  seinen 
unmittelbaren  Vorgängern  Nikolaos  von  Methone,  Theophylaktos  von 
Bulgarien  u.  a.  Auch  einige  Lateiner  wie  Ambrosius  und  Augustinus  wer- 
den erwähnt.  Für  die  Zuverlässigkeit  der  Zitate  bildet  die  Sorgfalt,  mit 
welcher  die  Schriften,  aus  denen  sie  entnommen  sind,  in  der  Regel  ge- 
nannt werden,  ein  günstiges  Zeichen.  Eine  vollständige  Charakteristik 
der  umfangreichen  Schrift  kann  zur  Zeit  nicht  gegeben  werden,  da  nur 
ein  kleiner  Teil  im  Drucke  vorliegt.  Ihre  allgemeine  Anlage  ist  mit 
derjenigen  der  Panoplia  nahe  verwandt.  Sie  beginnt  mit  einer  Polemik 
gegen  Griechen-  und  Judentum.  Buch  2  und  3  verbreiten  sich  weit  aus- 
führlicher als  die  Panoplia  über  die  Trinitäts-  und  Inkarnationslehre.  Das 
i.  Buch  bringt  die  44  ältesten  Häresien  zur  Sprache,   deren  jede  kura; 


92  BysantiniBcU^  IdtteratargeBchiclite.    I.  Prosaische  Litieratiir. 

widerlegt  wird.  Die  Bücher  5 — 16  behandeln  die  grossen  chri 
logischen  Kontroversen  vom  Arianismus  bis  zum  Bilderstreit.  Davoi 
nur  das  5.  gedruckt;  es  zerfällt  in  70  Kapitel  meist  geringen  ümfai 
Buch  17 — 22  verbreiten  sich  über  die  Irrlehren  der  Armenier,  Paulikii 
Bogomilen,  Sarazenen  und  Lateiner.  Die  5  letzten  steUen  die  theologia 
Kontroversen  dar,  welche  unter  den  Komnenen  Alexios  I  und  Mani 
und  unter  Alexios  Angelos  verhandelt  wurden.  In  dieser  zum  Teil 
genössischen  Darstellung  liegt  der  Hauptwert  der  ganzen  Schrift.  Dad 
wird  der  Thesauros  zu  einer  unentbehrlichen  Quelle  für  die  Kenntnis 
häretischen  Bewegungen  des  12.  Jahrhunderts.  Dieser  Wert 
besonders  in  der  Mitteilung  von  Synodalakten  aus  der  Komnenenzeit  ui 
den  Fragmenten  von  verlorenen  Schriften  der  Monophysiten  und  anc 
Häretiker.  Eine  sorgfältige  Quellenuntersuchung  wird  aber  auch  in 
früheren  Büchern  nicht  ohne  Frucht  angestellt  werden.  Dazu  ist  f 
dings  eine  vollständige,  kritische  Ausgabe  von  nöten,  die  man  im  Ii 
esse  der  Geschichte  der  byzantinischen  Theologie  nicht  lebhaft  g 
erwünschen  kann.  Die  Abfassung  des  Thesauros  fällt  wie  die  des 
Schichtswerkes  in  die  Zeit  des  Aufenthaltes  des  Niketas  in  Nikäa  zwis 
1204 — 10.  Niketas  werden  auch  einige  geistliche  Reden  zugeschric 
die  aber  auf  ihre  Echtheit  hin  noch  geprüft  werden  müssen. 

1.  Ausgaben:  Die  5  ersten  Bücher  des  Thesauros  ed.  lat.  P.  Morelli.  Paris 
—   Von  Buch  6,  8—10,  15,  17,  20,  23—25  gab  A.  Mäi  grössere   Abschnitte   im   l 
heraus;   aUes  vereinigt  bei  Migne,  Patr.  gr.  139,  1101—1444,  140,  9-281.     Hier  f 
die  Auszöge  aus  dem  23.  Buche  von  Tafel,  Annae  Gomnenae  Suppl.,  Tübingen  1832. 
längere  Stelle  zu   den  Kontroversen   nach  Manuels  Tod   und   dem   Häretiker  Mio 
Sikidites,  der  den  zweiten  Abendmahlsstreit  hervorrief,  ed.  pr.  Th.  Uspenskij,  Sk 
zur  Geschichte  der  byzantinischen  Kultur,  Petersburg  1892  S.  236—243.  —  Ein  Enk< 
auf  Michael  und  Gabriel  ed.  lat.  Petr.  Possinus,  Toulouse  1637;  abgedruckt  bei  Mi 
Patr.  gr.  140,  1221—1245.     Vielleicht  gehört  es  aber  Niketas  Akominatos,  Erzbischol 
Ghonae,  dem  Oheime  unseres  Niketas,  an.  —  Eine  Uomilie  De  adoratione  crucis  steht  ii 
Paris.  773  saec.  13  fol.  288^-290^;  eine  andere  auf  den  Palmsonntag  in  cod.  Paris.  1186  a. 
fol.  1—4^.     Von  diesen   gilt  vielleicht  dasselbe.  —  Leo  Allatius   erwähnt  einige 
logische   Abhandlungen    des  Niketas,    die    wahrscheinlich    nur  Teile    des  Thesauros 
Letzteres  ist  der  Fall  für  die  Tri^ig  der  Aufnahme  von  Sarazenen  in  die  Kirche,  ed.  Fr. 
bürg,   Saracenica,  Heidelberg  1595  S.  74-90.    Sie  ist  nach  Ausweis  des  cod.  Mona 
saec.  16  fol.  190^  ein  Teil  des  20.  Buches  des  Thesauros  —  Hss  des  Thesauros  sind 
selten;  einige  bieten  den  Thesauros  in  abgekürzter  Gestalt,  wie  z.  B.  cod.  Bodl.  Mise 
s.  16  fol.  1—40.     In  cod.  Paris.  1234  s.  13  steht  ein  Index  zum  Thesauros  von  Theo 
Skutariotes.     Ed.  Montfaucon,  Palaeographia  graeca  S.  327—333. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  7,  742-745.  —  A.  Mai  a.  a.  0.  — 
Bandini,  Fasciculus  rerum  byzantinarum,  Florenz  1764  bei  Migne,  Patr.  gr.  140.  285- 
die  Liste  der  im  Thesauros  angeführten  Schriftsteller.  —  Für  die  Bücher  24-  27  vg 
entsprechenden  Partien  im  Geschichtswerke  dos  Niketas,  Migne,  Patr.  gr.  139,  560- 
893—897.  —  Th.  Uspenskij.  Der  byzant.  Schriftsteller  Niketas  Akominatos  C 
Petersburg  1874  (russ.).  —  J.  R.  Asmus.  B.  Z.  4  (1895)  35  ff.  hat  zur  Rekonstni 
der  Kirchengeschichte  des  Philostorgios  nicht  ohne  Nutzen  zu  Niketas  gegriffen. 

3.  Die  Identität  des  Theologen  und  des  Geschichtschreibers  Niketas  Akominatos  i£ 
vollständiger  Sicherheit  gewährleistet  durch   die  handschriftliche  Ueberlieferung,   die 
leitung  des  Thesauros  und  die  Andeutung  der  unter  Manuel  Komnenos  und  Alexios  An. 
entstandenen   theologischen   Kontroversen  in   dem  Geschichtswerke,  die  in  dem  The» 
weiter  ausgeführt  werden. 

4.  Zeitgenosse  des  Niketas  war  Johannes  Kamateros,  Patriarch  von  Kpel, 
durch  die  Eroberung  der  Lateiner  ins  Exil  getrieben  wurde.  Niketas  erwähnt  in  se 
Geschichtswerke  des  Johannes  Kamateros  Schriften  bei  Anlass  der  Kontroverse  1 
die  Mysterien  unter  Alexios  Angelos  und  seine  katechetischen  Reden  (Mi} 
Patr.  gr.  139,   893  f.).    Von  letzteren  sind  2  vorhanden  in  dem  cod.  Paris.  1302  sae^ 


f 


L  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§  27)  93 


foL  281 — 295.  Ein  Brief  des  Johannes  Eamateros  an  Tnnocenz  III  sieht  in  des  letzteren 
S«fistr.  epistol.  1.  2,  208.  Zwei  Briefe  an  denselben  Papst  in  der  genannten  Pariser  Hs 
foL  270^—275,  nnd  ausserdem  Responsa  theologica  fol.  275  -  281. 

5.  Von  der  h&retischen  Litteratur  des  12.  Jahrhunderts  scheint  sich  ausser  dem 
Dialoge  des  Soterichos  Panteugenos  nichts  erhalten  zu  haben.  Einnamos  erwähnt  in  seiner 
bjzantimflchen  Geschichte  1.  6,  c.  2,  Migne,  Patr.  gr.  133,  617  die  Schrift  des  Demetrios 
aas  Lampe,  die  er  bei  Anlass  der  Kontroverse  über  das  Schriftwort:  ,Der  Vater  ist  grOsser 
ab  i^h*  verfasste.  Des  Kaisers  Manuero^o;  Big  ro  6  IlajtJQ  fjtel^tov  fjtov  iarty  ed.  M.  I.  6 e d  e on 
TmmL  Uliy^.  4  (1888-84)  457  ff.  u.  öfters,  5  (1884—85)  76  ff.,  94  ff.  mit  anderen  Akten- 
stücken.  —  Ein  ovyyQafifjia  neQi  jwy  ^eitoy  fivcrijQiaty  des  Michael  Sikidites  nennt  Niketas 
Akominatoe,  Migne,  Patr.  gr.  139,  492.  —  Drei  Schriften  des  Häretikers  Konstantinos 
Chrjsomalas  werden  in  dem  Sjnodaldekret  charakterisiert,  das  der  Patriarch  von  Kpel 
Leo  Stjpiotes  (1134 — 1143)  gegen  dieselben  erliess.  Ed.  L.  Allatius,  De  perpetua  con- 
seosione,  Köln  1648  S.  644—649.  Ob  das  Opusculnm  Ghrysomalli  de  humilitatis  neces- 
nUt«  in  cod.  Paris.  2087  saec.  14  fol.  122— lz3  diesem  Konstantinos  Chrysomalas  gehört, 
steht  dahin.  —  Den  Widerruf  Michaels  von  Thessalonike,  Protekdikos  der  Hagia  Sophia, 
eines  Anhängers  des  Soterichos  Panteugenos  ed.  L.  Allatius  a.  a.  0.  S.  691. 

6.  Ein  theologischer  Brief  des  Kaisers  Isaak  II  Angelos  (1185-95)  an  den  Katholikos 
von  Armenien  bezieht  sich  auf  einen  Unionsversuch  mit  den  Amieniem,  der  uns  nur  durch 
dieses  Schriftstflck  bekannt  ist  Ed.  pr.  A.  Papadopulos  Kerameus,  MavQoyoQ&dteiog 
^i/ÜL,  Jyexdota  iXXtjy.,  Kpel  1884  S.  59—63. 

27.  Die  Polemik  gegen  die  Lateiner  im  18.  Jahrhundert.     Die 

Eroberung  Konstantinopels  durch  die  Kreuzfahrer  (1204),  welche  dem 
hyzantinischen  Reiche  auf  allen  Oebieten  grossen  Schaden  zufügte,  bUeb 
nicht  ohne  Rückwirkung  auf  die  litterarische  Thätigkeit  in  der  Theologie. 
Der  Kaiser  Theodor  11  Laskaris  ist  der  einzige  Dogmatiker  in  dieser 
traurigen  Zeit.  Um  so  bezeichnender  ist  es  aber,  dass  die  antilateinische 
Polemik  sehr  eifrig  gepflegt  wurde.  Aus  der  Zeit  des  lateinischen  Kaiser- 
reiches in  Konstantinopel  sind  als  Vertreter  derselben  bekannt:  Johannes, 
Bischof  von  Kjrtros  in  Makedonien,  Nikolaos  von  Otranto,  der  auch  eine 
Schrift  gegen  die  Juden  verfasste,  die  Patriarchen  Johannes  Kamateros, 
Maximos,  Germanos,  Methodios  und  Arsenios  von  Konstantinopel, 
Johannes,  Metropolit  von  Naupaktos,  der  Geschichtschreiber  Georgios 
Akropolites,  Basilios,  Metropolit  von  Kerkyra,  Hierotheos  hieromo- 
nachos,  der  Patriarch  Joseph  (1268 — 75)  und  sein  Schüler  Job  Jasites. 
Mit  dieser  Aufzählung  müssen  wir  uns  begnügen;  denn  die  Schriften  dieser 
Polemiker  sind  zum  weitaus  grössten  Teil  noch  unediert. 

Schon  unter  Theodoros  11  Laskaris  (1254 — 58)  machte  sich  eine 
Reaktion  gegen  die  romfeindliche  Theologenpartei  geltend.  Sie  scheint 
das  Werk  des  vielseitigen  Nikephoros  Blemmydes  zu  sein;  jedenfalls 
kommt  sie  zuerst  zum  Vorschein  in  dessen  zwei  Schriften  über  den  Ausgang 
des  hl.  Geistes.  Nikephoros  spricht  sich  darin  für  die  Lehre  der  Lateiner 
aus  unter  Berufung  auf  Athanasios,  Basilios,  Gregor  von  Nazianz  und  Kyrillos 
von  Alexandrien.  Er  war,  abgesehen  von  seiner  profanen  Schriftstellerei 
(vgl.  Krumb  ach  er),  noch  auf  anderen  theologischen  Gebieten  thätig; 
aber  seine  Bedeutung  für  die  byzantinische  Kirchen-  und  Litteratur- 
geschichte  liegt  in  diesem  Eintreten  für  die  Lehre  der  Lateiner, 
welches  nachhaltiger  wirkte  als  das  des  Niketas  von  Maronaea  und  ins- 
besondere den  Patriarchen  Johannes  Bekkos  zu  seiner  Schriftstellerei  an- 
regte.    ÖffentUch  trat  er  allerdings  gegen  die  Lateiner  auf. 

Einen  starken  äusseren  Halt  fand  diese  Richtung  in  den  Unions- 
bestrebungen  des  Kaisers  Michas]  PaVäologoa  (1261—1283),   der  selbst 


94  ByuatisLiBohe  XdtteratnrgeBohiclite.    L  Prosaisohe  litteraiar. 

zu  Gunsten  der  Lateiner  schrieb  und  die  Union  auf  dem  2.  Konzil  von  L31 
vollzog.  Ausser  Johannes  Bekkos  traten  jedoch  nur  wenige  unionsfreui 
liehe  Theologen  auf,  und  als  nach  dem  Tode  Michaels  Andronikos  Palai 
logos  sich  auf  die  Seite  der  nationalen  Partei  stellte,  da  brach  der  GegensR 
mit  voller  Kraft  hervor.  An  der  Spitze  der  unions feindlichen  Pai 
stand  Gregorios  Kyprios,  der  Nachfolger  des  abgesetzten  Johani 
Bekkos.  Um  ihn  scharen  sich  folgende  Namen:  Matthaeos  Angel 
Panaretos,  der  mehr  als  20  Abhandlungen  gegen  die  Lateiner  schri 
Meletios  Homologetes,  GeorgiosMoschampar,  TheodorosMuzalc 
der  Geschichtschreiber  Georgios  Pachymeres,  Athanasios,  Patriai 
von  Alexandrien,  Konstantinos  Akropolites,  Gennadios,  Erzbischof  n 
Bulgarien,  Manuel  Moschopulos,  die  Mönche  Epiphanios,  Hierothe< 
die  Athosmönche  und  andere,  deren  schriftstellerische  Thätigkeit  Georg 
Pachymeres  nur  im  allgemeinen  andeutet.  Alle  diese  Schriften  sind  ge{ 
Johannes  Bekkos,  gegen  Michael  Paläologos  und  besonders  gegen  die  Uni 
auf  dem  Konzil  von  Lyon  gerichtet.  Die  weitaus  grösste  Zahl  ist  nc 
ungedruckt. 

1.  Vgl.  die  Geschichtswerke  von  Georgios  Akropolites,  Georgios  Pachymeres  1 
Nikephoros  Gregoras.  —  Demetrakopulos,  Oq&.  'EXXtig  S.  34—68.  —  Dräseke,  ZeitM 
fQr  wiss.  Theol.  34  (1891)  325—55.  Hier  S.  353  ff.  nach  Simoaides  und  Demetrakopi 
die  Erklärung  der  Eaiserinwitwe  Tbeodora  gegen  die  Union. 

2.  Die  Abhandlungen  des  Nikephoros  Blemmydes  über  den  Ausgang  des 
Geistes  ed.  pr.  Leo  Allati us,  Graecia  orthod.  1  (Rom  1652)  1—60,  abgedruckt  bei  Mig] 
Patr.  gr.  142,  533—84.  -  Eine  revidierte  Ausgabe  des  allatianischen  Textes  ed.  H.  Lftmm 
Scriptorum  Graeciae  orthod.  biblioth.  selecta  1  (Freiburg  1866)  108-186.  —  Andere  Schrift 
üegl  aQerijg  xal  afsxfjaBUig^  IIsqI  aw/iatog,  IleQl  iffvxtjg,  IleQl  nUneatg  und  eine  *EnunoXij 
^oXuc(oTiQa  erschienen  zu  Leipzig  1784  (mir  unzugänglich).  —  Die  2  letzten  Schriften  auch 
Migne  a.  a.  0.  585-612.  Die  Schrift  Uegl  niaretog  aber  fragmentarisch  und  überarbeitet.  —  £ 
Psalmenkommentar  bei  Migne,  Patr.  gr.  142,  1321—1622  ist  nur  zum  geringsten  Tc 
echt.  In  dem  gleichzeitigen  cod.  Monac.  225  saec.  13  fol.  282—352^  steht  nur  die  Erklän 
zu  Ps.  1  —  10,  14,  50,  83.  Der  gedruckte  Kommentar  hat  von  Ps.  11  an  eine  ganz  and 
Gestalt  und  ist  namentlich  viel  kürzer.  Uebrigens  sagt  Nikephoros  selbst:  tffaXfiovg  nt 
.  .  .  i^rjyov/Lie&a.  Er  kommt  handschriftlich  auch  unter  dem  Namen  des  Hesychios  1 
Jerusalem  vor  und  zeigt  mehrere  Rezensionen.  —  Unter  den  unedierten  Schriften  befim 
sich  auch  theologische.  Vgl.  Fabricius,  BibL  gr.  7,  669—673,  Demetrakopul< 
'ExxXfjo.  ßvßX,  1  (Leipzig  1866)  S.  Xa  f.  Die  Vita  Pauli  vom  Berge  Latros  ist  aus  dieS' 
Verzeichnis  zu  streichen.  Ebenda  S.  380—395  Auszüge  über  Disputationen  mit  den 
teinem  aus  der  Autobiographie  des  N.  Bl.,  worin  er  sich  wie  in  der  Schrift  üe^l  niat, 
gegen  die  Lateiner  ausspricht   Vgl.  Haneberg,  Theol.  Litteraturbl.  1  (Bonn  1866)  773— 

3.  Von  den  obengenannten  Polemikern  gegen  die  Lateiner  liegt  folgendes 
Drucke  vor:  1.  eine  Abhandlung  von  Georgios  Akropolites,  ed.  pr.  Demetrakopu! 
a.  a.  0.  S.  395—410.  —  Eine  2.  über  denselben  Gegenstand  ist  noch  ungedruckt;  ebe: 
Scholien  zu  Gregor  von  Nazianz  (in  cod.  Vat.  Pal.  243  saec.  14  fol.  251^-  57^).  —  2.  ] 
Schluss  einer  Selbstapologie  des  Hierotheos  hieromonachos  ed.  Demetrakopul 
a.  a.  0.  S.  54  f.  aus  cod.  Marcian.  153.  —  3.  Die  OUeiox^^'Q^^  6/ioXoyia  des  Patriarchen  Jose 
von  Epel  wurde  mit  der  Antirrhesis  des  Nektarios  von  Jerusalem,  Jassy  1682,  gedruckt. 

4.  Auszüge  aus  der  Apologie  des  Job  Jasites  bei  Demetrakopulos,  'Og&, 'E^ag  S.  b^ 
'laxoQia  tov  axlfff^tatog,  Leipzig  1867  S.  61  f.  und  bei  J.  Hergenröther,  Photius  3,  818  f. 

5,  Die  11.  Abhandlung  des  Matthaeos  Angelos  Panaretos  anonym  ed.  Beveregius,  Sy 
dicum  2  (London  1677)  273  ff.  —  20  Abhandlungen  von  ihm  in  cod.BodL  Seid.  42  s.  16  folL  16i 
in  a.  Hs.  Einige  sind  gegen  Thomas  v.  Aa.  gerichtet.  —  ^.Meletios  schrieb  in  Versen  ge( 
die  Lateiner;  einige  davon  beiArgentos,  Payttofiov  üTfjXiiBvaig  S.  32.  —  7.  Den  Schluss  der 
(fäXata  dyjiQQtjrixa  des  Georgios  Moschampar  ed.  Demetrakopulos,'0^«'>.'^E;UaVS.  6 
—  8.  Eine  in  der  Gesamtausgabe  Athanasios*  des  Grossen  stehende  Abhandlung  über  < 
den  Ausgang  des  hL  Geistes  schreibt  Demetrakopulos  a.  a.  0.  S.  67  dem  jünger 
Äthan asios  v.  Alexandrien  um  1263  zu.  —  9,  Das  ^vyiayfia  negi  r^g  ixnoQBvaetog  « 
Gennadios,  Erzbischofs  v.  Bulgarien  (um  1289),  steht  in  cod.  Monac.  256  saec.  15  fol 
bis  37  und  behandelt  in  der  bekannten  Weise  die  Aussprüche  der  Väter,  die  er  fOr  se 


L  Theologie.    A.  Dogmaiik  und  Polemik.    (§  28)  95 

«*  hennziebt  Eine  zweite  H8  ist  cod.  Bodl.  Barocc.  9  saec.  15  fol.  26—66.  —  10.  Von 
loel  Moschopalos  erwähnt  Demetrakopulos  a.  a.  0.  S.  68  eine  Abhaadlang  gegen 
Lateiuer.  Sie  ist  wohl  identisch  mit  der  kleinen  JuiXe^ig  n^os  Aaxlvovg  in  cod.  Bodl. 
►cc.  68  saec.  15  fol.  94^-98  und  cod.  Paris.  969  saec.  14  fol.  315^—319.  Er  wurde 
impft  von  Georgios  Metochites.  Vgl.  §  29  n.  4.  —  11,  Georgjos  Pachy mores  widmet 
Unionsklmpfen  eine  grosse  Aufmerksamkeit  in  seinem  Geschichtswerk  (vgl.  Krum- 
her).  —  Eine  kurze  Abhandlung  über  den  Ausgang  des  hl.  Geistes,  worin  er  sich  für 
Tonnel  (fc'  vlov  entscheidet,  ed.  Leo  Allatius,  Graecia  orthod.  1,  390—395;  abgedruckt 
lligne,  Patr.  gr.  143,  924 — 929.  —  Andere  theologische  Schriften  sind  unediert.  — 
Die  Schrift  eines  Metropoliten  von  Ephesos,  die  ünionsversuche  in  den  Jahren  1212—13 
äffend,  ed.  Arsenij  1892.    Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  200. 

4.  Auf  das  Arsenianische  Schisma  unter  Michael  Paläologos  bezieht  sich  das  iSchrift- 
1  de«  Meletios  monachos  bei  Migne,  Patr.  gr.  140,  781—805. 

28.  TheodoroB  11  Laskaris  (ßsodioQoq  AaaxaQtg)^  Kaiser  in  Nikäa 
A — 58),  der  Schüler  des  Nikephoros  Blemmides,  fand  während  seiner 
jährigen  unruhigen  Regierungszeit  und  trotz  einer  unheilbaren  Krank- 
,  die  ihn  in  ein  frühes  Grab  brachte,  Zeit  und  Lust,  um  sich  philoso- 
^hen  und  theologischen  Studien  zu  widmen,  für  die  er  mehr  Neigung 
•fand  als  für  kriegerische  Thaten.  Diese  Vorliebe  hat  auf  seinen 
izen  ihren  Ausdruck  gefunden,  auf  denen  er  sich,  das  Kreuz  in  der 
hton,  einen  Codex  in  der  Linken,  darstellen  liess.  Seine  litterarischen 
?häfdgungen  waren  vielfältig.  Eine  erste  Schrift,  die  vollständig 
rt  ist,  hat  den  Zusammenhang,  der  die  ganze  Natur  trotz  der  in  ihr 
-sehenden  Gegensätze  zu  einem  einheitlichen  Ganzen  gestaltet,  zum 
anstand.  Theodoros  ergeht  sich  hier  in  naturwissenschaftlichen,  geome- 
.'ben,   mathematischen  und  philosophischen  Betrachtungen,  die  manch- 

reoht  eigentümlich  sind,  die  aber  eine  reiche  Kenntnis  der  antik- 
sischen  Kultur  verraten.  Die  Abfassungszeit  dieser  Schrift  fällt  vor 
Regierungsantritt  Theodors.  Das  theologische  Hauptwerk,  XQiatut" 
g  O^eoloytag  koyot  dxra,  behandelt  die  Lehre  von  Gott,  von  der  Trinität 

dem  Ausgang  des  hl.  Geistes.  Davon  hat  A.  Mai  die  4.  Rede  ver- 
itlicht,  die  aus  lauter  Namen  besteht,  die  von  der  Gottheit  ausgesagt 
den  können,  und  von  dem  reichen  Wortschatze  des  königlichen  Theo- 
n  beredtes  Zeugnis  gibt.  Der  Frage  vom  Ausgange  des  hl.  Geistes 
mete  er  eine  eigene  Streitschrift  gegen  die  Lateiner,  die  an  den 
hof  von  Korone,  nach  Dräseke  an  den  Bischof  von  Kotrone  in  Ka- 
ien (?),  gerichtet  ist.  Er  spricht  von  seiner  Person  immer  mit  der 
Schreibung:  1^  ßamXeta  ^ov.  Ausserdem  hinterliess  er  Homilien  über 
Trinität,  Reden  auf  die  Verkündigung  und  auf  die  Hll.  Euthymios, 
mas  und  Damian,  den  hl.  Tryphon,  einige  asketische  Abhandlungen 
r  Tugend,  Weisheit,  Fasten,  eine  Epitome  ethicorum,  Gebete  und 
irere  Kanones  auf  die  hl.  Jungfrau.  Der  Umfang  seiner  theologischen 
riftstellerei  ist  noch  näher  zu  bestimmen.  Einige  Schriften  werden 
h,  wohl  mit  Unrecht,  Theodoros  I  Laskaris  (1204—22)  zugeschrieben. 
?r  seine  rhetorische  Schriften  vgl.  Krumbacher. 

1.  Ausgaben:  Do  commanione  naturali  11.  6  lateinisch  ed.  Claad.  Auberios,  Basel 
:.  —  Den  griechischen  Text  ed.  pr.  Migne,  Patr.gr.  140,  1267—1296,  aus  cod.  Paris, 
t  saec.  14.  Auch  in  cod.  Ambros.  D  85  inf.  a.  1566.  —  Das  Buch  Uf.qi  x'heatyvfiiai: 
\.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  6,  2,  258—263;  abgedruckt  bei  Migne  a.  a.  0.  764-770 
ichtig  unter  Theodoros!  Laskaris).  —  Der  griechische  Text  des  Ganzen  in  cod.  Vatic.  1113, 

Bodl.  Barocc.  97  saec.  15  u.  a.  —  Den  Anfang  der  Streitschrift  gegen  die  Lateiner  ed. 

e,  Historia  litteraria,  Genf  1720  8.  634.  —  Der  griechische  Text  vollständig  ediert  von 


96  Bysaniiniflohe  LitteratargeBohiohte.    L  Prosaiflohe  Litteraiur. 

B.  Swete,  Theodöms  Lascaris  iunior,  de  processione  Spiriias  sti  oratio  apologetica,  Lon 
1875.  —  Ein  Kanon  auf  die  hl.  Jungfrau  bei  Migne  a.  a.  0.  777—780.  —  Der  cod.  Pi 
1193  saec.  14  fol.  1 — 137  enthält  die  meisten  fibrigen  theologischen  Schriften  des  Tl 
doros.  —  Cod.  Ambros.  C  308  inf.  saec.  13  mit  Orationes  Theödori  Lascaris  soU  bei  I 
Zeiten  desselben  geschrieben  worden  sein. 

2.  Hilfsmittel:  Leo  Allati us»  Diatriba  de  Theodoris  ed.  A.  Mai  a.  a.  0.  S.  191 
—  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  662—664.  --  Hauptschrift:  Job.  Dräseke,  Theodoros  Laskl 
B.  Z.  3  (1894)  498-515. 

3.  Thaddaeos  Pelusiotes  verfasste  im  Jahre  1265  eine  Schrift  gegen  die  Jui 
die  in  den  codd.  Paris.  887,  1285,  Suppl.  gr.  120  erhalten  ist.  Eine  Ausgabe  dersd 
verspricht  McGiffert,  Dialogue  between  a  Christian  and  e  Jew,  Marburg  1889  S.  18. 

29.  Johannes  Bekkos  {'iwdvvtjg  Räxxog^  auch  Btxog,  Bäxfov)  war  i 
f  äDglich  als  Chartophylax  unter  dem  Patriarchen  Joseph  Oegner  der  Latein 
während  die  Archidiakonen  Eonstantinos  Meliteniotes  und  Oeorgios  Me 
chites  schon  damals  fQr  sie  eintraten.  Die  Politik  des  Kaisers  Michael  Pali 
logos  und  die  Lektüre  der  Schriften  des  Nikephoros  Blemmydes  stimm 
ihn  um,  und  nun  blieb  er  der  Unionssache  treu,  nicht  bloss  als  Patriarch  i 
Konstantinopel  (1275)  unter  dem  genannten  Kaiser,  sondern  auch  nach  d 
Umschwung  der  Kirchenpolitik.  Bekkos  wurde  abgesetzt  und  Joseph  kefa 
auf  seinen  Stuhl  zurück  (1282).  Das  Jahr  darauf  folgte  ihm  Gregoi 
Kyprios  nach,  während  Bekkos  in  die  Verbannung  wanderte.  Er  starb 
Kerker  1293;  in  seinem  Testamente,  worin  er  seine  Habseligkeiten 
Freunde  vermachte,  brachte  er  seine  Überzeugung  nochmals  zum  Ausdru 

Der  Verteidigung  der  Union  und  des  lateinischen  Dogmas  widm 
Bekkos  zahlreiche  Schriften,  die  dasselbe  Thema  in  verschiedener  Wi 
variieren  und  einen  umfassenden  Einblick  in  die  grosse  theologische  Fn 
der  Zeit  gewähren.  1.  Die  umfangreichste  ist  betitelt  IJegi  xfjg  h-wH 
xal  eiQtjvjjg  tüv  r^g  Tiakaiäg  xat  väag  ^Poiinrjg  exxXrjaiav  und  zerfallt 
2  Teile.  Zuerst  sucht  Bekkos  zu  beweisen,  dass  die  alten  griechiscl 
Väter,  Athanasios,  die  Kappadokier,  Chrysostomos,  Epiphanios,  Kyri 
von  Alexandrien,  Maximos  der  Bekenner,  das  lateinische  Dogma  bekanni 
Es  ist  nicht  ein  blosses  Aneinanderreihen  von  Aussprüchen;  Bekkos  weiss 
in  lebendigen  Zusammenhang  mit  den  Einwänden  seiner  Oegner  zu  brinj 
und  demgemäss  zu  verwerten.  Der  2.  Teil  ist  der  Widerlegung  der  s 
teren  griechischen  Theologen  gewidmet,  die  Bekkos  als  die  Schöpfer  i 
Hauptvertreter  der  entgegengesetzten  Lehre  ansah,  an  erster  Stelle  Photi 
dann  Johannes  Phurnes,  Nikolaos  von  Methone  und  Theophylaktos  von  B 
garien.  2.  Dem  ersten  Teile  dieser  grundlegenden  Schrift  sind  die  '£ 
YQatpai  verwandt,  eine  Sammlung  von  Väterzitaten  zum  Erweise,  dass 
hl.  Geist  xal  €x  Tov  viov  hervorgehe,  und  die  Formeln  «J  viov  und  dt'  t 
dasselbe  bedeuten.  Zu  den  vorhin  genannten  treten  hier  noch  and 
Theologen  hinzu,  Sophronios  von  Jerusalem,  Johannes  von  Damask 
Theodoros  von  Raithu,  Tarasios,  Theodoros  Studites  und  Symeon  Me 
phrastes.  Diese  Schrift  rief  später  zwei  andere  hervor,  die  'AvTSTnyQai 
des  Gregorios  Palamas  und  die  dagegen  gerichtete  Verteidigung  der  !£ 
YQUipai  von  Bessarion.  Auch  die  weitere  Schrift  nsQi  rf^g  ixnoQsvaewg 
äyiov  nvBvixatog  gehört  hierher,  da  es  sich  darin  um  einzelne  Stellen  x 
Basilios,  Kyrillos  von  Alexandrien,  Johannes  von  Damaskos  handelt,  weh 
von  den  Gegnern  als  Beweise  herangezogen  wurden.   3.  Als  Weiterföhn 


L  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§  29).  97 

fes  polemischen  Teiles  der  an  erster  SteDe  erwähnten  Schrift  erscheint 
ine  Serie  von  speziellen  Abhandlungen  gegen  die  genannten  Haupt- 
ertreter  des  griechischen  Dogmas,  denen  Bekkos  hier  Georgios 
!osehampar,  Andronikos  Kamateros  und  Gregorios  von  Cypern  hinzufügt. 
ureh  den  Druck  bekannt  sind  davon  nur  die  Apologie  gegen  Photios' 
aaptschrift  über  den  Ausgang  des  hl.  Geistes  und  die  gegen  die  zwei 
tzlen  gerichteten.  Andronikos  Kamateros  hatte  in  dem  entsprechenden  Teile 
rtner  ^i€^a  onkov^rjxij  die  dem  lateinischen  Dogma  günstigen  Väterstellen 
1  entkräften  versucht.  Demgegenüber  bemüht  sich  Bekkos  ihre  Beweis- 
raft  mit  den  Aussprüchen  anderer  Väter,  unter  denen  auch  Hieronymus, 
Lugostinus,  Gregor  der  Grosse  figurieren,  zu  beleuchten.  Die  Widerlegung 
iner  Schrift  seines  persönlichen  Gegners  Gregorios  von  Cypern  ist  der 
'orwurf  der  letzten  dieser  polemischen  Abhandlungen.  4.  Zu  einer 
.  Gruppe  lassen  sich  die  Schriften  vereinigen,  welche  Bekkos  an  Ge- 
innungsgenossen  richtete.  Hierher  gehören  die  3  Bücher  an  Theo- 
loros,  Bischof  von  Sugdaea  in  Moesien,  die  den  Briefen  des  letzteren 
iitsprechen,  worin  Bekkos  um  Belehrung  gebeten  wurde.  An  denselben 
rbeodoros  ist  wohl  die  kurze  Abhandlung  ,,über  alle  seine  Schriften'*  ge- 
khtet,  die  wie  eine  Einleitung  zu  einem  grösseren  Werke  aussieht,  im 
ierker  verfasst  wurde  und  somit  als  die  letzte  Schrift  des  Bekkos  an- 
lesehen  werden  darf.  Einem  gewissen  Konstantinos  sind  4  weitere 
Kcher  gewidmet.  Bekkos  empfand  wohl  das  Unangenehme  des  ewigen 
nederkehrens  derselben  Erörterungen;  aber  die  Bitten  des  Adressaten  be- 
ämmten  ihn  doch  wieder  dazu,  diesem  eine  Zusammenstellung  der  Wider- 
präcfae,  in  die  Gregorios  von  Cypern  sich  verwickle,  zu  bieten.  Ein 
iderer  Anhänger  des  Bekkos,  der  Diakon  Agallianos  Alexios,  ging  zur 
egenpartei  über;  sobald  er  es  erfuhr,  schrieb  er  noch  aus  dem  Kerker 
1  diesen,  um  ihm  seine  Treulosigkeit  vorzuhalten.  5.  Eine  letzte  Eate- 
>rie  umfasst  die  Schriften,  welche  Bekkos  in  eigenen  Angelegenheiten 
nfasste:  eine  Rede  gelegentlich  seiner  Inthronisation,  ein  Glaubensbekennt- 
is  an  Papst  Johann  XXI  aus  dem  Jahre  1277,  drei  Abhandlungen  über 
one  ungerechte  Absetzung  und  eine  Apologie  seiner  Stellungnahme  in 
em  wogenden  Kampfe.  Diese  grosse  Anzahl  von  Schriften  sichern  Bekkos 
en  ersten  Rang  unter  den  Freunden  Roms  in  Byzanz.  Neben  einer 
Tossen  Gelehrsamkeit  legt  er  darin  auch  ein  klares  Verständnis  für  die 
i^achteile  der  Kirchentrennung  und  eine  warme  Begeisterung  für  den 
drchlichen  Frieden  an  den  Tag.  Für  die  späteren  Anhänger  der  Union 
KIT  er  die  Fundgrube,  aus  der  immer  wieder  geschöpft  wurde. 

1.  Ausgaben:  Nachdem  Petras  Arcadius,  Oposcola  aorea  theologica,  Rom  1630» 
aaigea  TerOffentlicht  hatte»  gab  Leo  Allatias,  Graecia  orthodoxa  1,  Rom  (1652)  61—378; 
SnC59)  1—641  die  meisten  Schriften  des  Bekkos  heraus.  Wiederholt  bei  Migne,  Patr. 
Sr.  141,  16—1032.  Einige  Schriften  nach  Hss  revidiert  von  H.  Lämmer,  Scriptomm 
änadae  ortbodoxae  bibUoth.  seleota  1  (Freibnrg  1866)  197—652.  Ebenda  S.  191—193  der 
v^dkUodige  Text  des  Testamentes  des  Johannes  BeUcos.  —  Die  Widerlegung  der  photia- 
mAtn  Schrift  über  den  Ausgang  des  hl.  Geistes  ed.  pr.  HergenrOther  bei  Migne,  Patr. 
fr>  a.  m.  O.  728—864.  -  Ausser  den  genannten  sind  noch  einige  andere  unediert,  wenn 
Ac  Titel  in  den  Hss  nicht  trügen. 

2.  Hilfsmittel:  Ausführliche  Nachrichten  bei  Georgios  Pachymeres.  —L.  Allatius, 
&t  F«petam  consensione  S.  761-^769.  —  Fabricius,  BibL  gr.  11,  344—349. 

%  'KonatmutinoB  Meliteniotea,  Arcbidiakon   und  apäter  Chartophylax  in  K]^\, 

Oer  JtlMm,  Altertanmwimutmshmn  IT,    1.  Abtig,    2,  Anti,  7 


98  Bysanünisohe  LüteraiurgMohiohte.    L  ProMdsehe  litterator. 

dem  Bekkos  vielleicht  die  Schrift  an  Konstantin  widmete,  verfasste  2  Ahhandlongen  fÜH 
Union  und  den  Ausgang  des  hl.  Geistes.  Das  Hauptinteresse  bildet  auch  hier  der  Nacb 
dass  der  Ausgang  des  hl.  Geistes  vom  Sohne  in  den  Schriften  der  grossen  Theologen  dei 
5.  Jahrhunderts  gelehrt  werde.  Inhaltlich  und  formell  ist  Eonst^tinos  von  seinem  li 
rischen  Vorbild»  Bekkos,  abhängig.  Ed.  pr.  L.  Allatius»  Graecia  orthod.  2,  642- 
abgedruckt  bei  Migne»  Patr.  gr.  141,  1032—1273. 

4.  GeorgiosMetochites,  Archidiakon  an  der  Hagia  Sophia,  ein  treuer  Anhl 
des  Bekkos,  der  dessen  Leiden  unter  Andronikos  teilte  und  nach  1308  im  Kerker  starb, 
fasste  in  derselben  Angelegenheit  und  in  demselben  Sinne  wie  Bekkos  und  Konstai 
mehrere  Schriften :  über  den  Ausgang  des  hl.  Geistes  5  Bücher,  über  die  kirchliche  1 
und  Streitschriften  gegen  den  Patriarchen  Gregorios  von  C3rpem,  Maximos  Planudei 
Manuel  Moschopulos.  Die  2  letzteren  ed.  pr.  L.  Allatius,  Graecia  orthod.  2,  922 — 
wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  141,  1276—1405.  Die  Abhängigkeit  von  Bekkos  isl 
noch  grösser  als  bei  Eonstantmos.  —  Fragmente  aus  den  übrigen  Schriften  gesamme! 
Migne  a.  a.  0.  1405—1426.  Handschriftlich  sind  sie  aber  vollständig  erhalten  z. 
cod.  Marcian.  Class.  2,  8  saec.  13,  cod.  Paris.  1260  saec.  15,  Paris.  2751  a.  1541.  — 
Leo  Allatius,  Diatriba  de  Georgiis  S.  345—348.  —  Fabricius,  Bibl.  gr.  10,412.  - 
Treu,  Maximi  monachi  Planudis  epistolae,  Breslau  1890  S.  211  f. 

5.  Aus  derselben  Zeit  stammt  die  griechische  Schrift  {Btjaavgog  xijg  dXtj&eia 
nlaTBtas)  eines  lateinischen  Dominikaners  Bonacursius  von  Bologna,  der  sich  ab  Miai 
viel  in  Griechenland  aufhielt.  Der  Dominikaner  Andreas  Doto  übersetzte  sie  1320  ins  ] 
nische.  Erhalten  ist  sie  in  codd.  Paris.  1251—52  saec.  14.  Vgl.  über  ihren  Inhalt  Quel 
Echard,  Scriptores  ordinis  Praedicator.  1, 156  £f.  Sie  interessiert  uns  hier  nur  abKuri« 
—  Einen  Teil  derselben  ed.  F.  H.  Reusch,  Abh.  bayer.  Ak.  Hist.  El.  18  (1889)  690— 7( 

30.  Gregorios  von  Cypem  {rgrjyoQiog  Kvtvqioc)  war  der  Hauptge 
des  Johannes  Bekkos,  gegen  den  er  zuerst  fdr  die  Lateiner  auftrat. 
Andronikos  II  1283  auf  den  Patriarchalstuhl  von  Konstantinopel  erhc 
bekämpfte  er  fortan  mit  grossem  Eifer,  aber  geringem  Erfolge  das  1 
nische  Dogma.  Nach  dem  Berichte  des  Georgios  Pachymeres  w 
er  in  einer  Disputation  mit  Bekkos,  der  von  Konstantinos  und  Geoi 
Metochites  unterstützt  war,  besiegt.  Als  er  sodann,  um  diese  Niedei 
zu  verbergen,  einen  Tofiog  trjg  matscog  veröffentlichte,  wurde  dieser 
Bekkos  scharf  angegriffen  und  selbst  von  den  Anhängern  des  Patriar 
misstrauisch  aufgenommen,  weil  Gregorios  darin  zwischen  vnaQxjBiv 
vTtaQ^iv  ix^iVy  ixTtoQBvead'at  elq  ätdiov  Ixtpavaiv  und  elg  t6  slvai  unterscl 
Nun  traten  auch  Johannes  Chilas,  Metropolit  von  Ephesos,  Daniel 
Kyzikos,  Theoleptos  von  Philadelphia  und  der  Grosslogothet  Muz; 
als  Gegner  des  Gregorios  auf.  Johannes  Chilas  denunzierte  den  1 
beim  Kaiser;  aber  Gregorios  hielt  in  seiner  ^AnoXoyla  an  jenen  üi 
Scheidungen  fest.  Gegen  den  Vorwurf  des  Theoleptos,  dass  sich  in 
Tomos  Spuren  der  Irrlehren  eines  Mönches  Markos  vorfänden,  richtet 
seine '0/ioAo//'a  und  einen  ACßskXoq  an  den  Kaiser.  Diese  Anfeindui 
und  die  fortgesetzte  Weigerung  des  Patriarchen  Athanasios  von  Ale 
drien,  Gregorios  anzuerkennen,  führten  die  nicht  ganz  freiwillige  AbdanI 
des  letzteren  herbei  (1289).  Er  schrieb  noch  eine  zweite  Erklär 
seines  Tomos  und  eine  Abhandlung  über  den  hl.  Geist,  worii 
wieder  seine  Anschauung  zum  Ausdruck  brachte.  Sein  theologisches  Ha 
werk  ist  die  Streitschrift  gegen  Bekkos,  die  dieser  nicht  ohne  Ant 
liess.  Gregorios  war  als  Dogmatiker  seinen  Gegnern  nicht  gewachsen, 
dieser  Umstand  zwang  ihn  in  erster  Linie  zur  Abdankung.  Höher  £ 
er  als  geistlicher  Rhetor.  Von  seinen  Lobreden  auf  Heilige  sind  die  E 
mien  auf  den  hl.  Georg  und  den  hl.  Euthymios,  Bischof  von  Madyta  (| 
989—996)  gedruckt;  das  erste  ist  mit  rhetorischem  Schwungs  aber  t 


]•  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§  30).  9g 


1 


Jßdes  historische  Verständnis  geschrieben.    Über  Oregorios  als  Profan- 
fichriftsteller  vgl.  Krumbacher. 

1.  Ausgaben:  Die  bisher  veröffentlichten  theologischen  Schriften  des  Gregorios,  der 
Tmft9Q  ni^Ttmg,  die  'JnoXoyia  und  'ÖuoXoyUty  die  Schrift  Uegl  r^g  ixnoQevcetos  xov  dyiov 
mrwrumtoc^  des  Enkomion  aaf  den  hl.  Georg  gesammelt  bei  Migne,  Patr.  gr.  142,  233-345. 
-—  Em  Ungerea  Fragment  der  Schrift  gegen  Bekkos  od.  Bandnri,  Dissertatio  oritico- 
de  prooessione  Spiritos  sancti  a.  unten  a.  0.  S.  942  ff.  Handschriftlich  ist  sie  mehrfach 
.  B.  in  cod.  Paris.  364  s.  14,  and  in  der  Antwort  des  Johannes  Bekkos  bei  Migne , 
gr  141,  864—941  fast  vollständig  wiedergegeben.  —  Das  Enkomion  auf  Enth^rmios, 
.  V.  Madyta,  ed.  pr.  Arsen ij,  Vorlesungen  in  der  Gesellschaft  der  Freunde  rebgiOser 
ÜMiiift,  Moskau  1889  S.  1—70.  Vgl.  die  Anzeige  von  E.  Knrtz  mit  Berichtigungen 
«M  Texte,  B.  Z.  2  (1893)  314—316.  —  Eine  bessere  Ausgabe  veranstaltete  B.  Antoniades, 
JübMr  4  (1892-94)  387-422.  Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  387.  —  Enkomien  auf  HU.  in  codd.  Paris. 
81  a.  1541,  Paris.  2629  saec.  16,  Vatic.  Palat.  59  a.  1541,  Vat  Palat  374  saec.  14. 

2L  Hilfsmittel:  Das  Geschichtswerk  des  Greorgios  Pachjmeres.  —  Banduri,  Impe- 
ÖM  oriwtale  2  (Paris  1711)  939-962  (mit  Texten).  -  Fabricius,  Bibl.  gr.  8,  57—62.  — 
T  Toigtllnder,  Zeitschr.  f.  histor.  Theolog.  43  (1873)449—462  (wenig  Brauchbares). 

3.  Johannes  Chilas,  Metropolit  von  Ephesos  (um  1284),  der  gegen  Gregonos 
Ijtrio«  anllrat,  hinterliess  eine  Schrift  gegen  das  Arsenianische  Schisma,  das  unter  Michael 
hfcologos  ausgebrochen  war  und  bis  1310  fortdauerte.  Inhaltsangabe  und  2  Fragmente  ed. 
IMai,  Spicile^.  Roman.  6  (Rom  1841)  S.  XVI— XXII;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  135, 
SMU  Sie  steht  m  längerer  Rezension  in  dem  cod.  Vat.  Ottobon.  225  fol.  1—50,  in  kürzerer  in 

'  mL  Vat  Ottob.  213  fol.  185—220.  —  Ein  Fragment  aus  einer  Schrift  über  den  Ausgang 
kB  hL  Geistes  ed.  Leo  Allatius,  De  perpetua  consensione  S.  315  f.;  Migne  a.a.O. 
»^508.  — -  Acht  Briefe  von  ihm  in  cod.  Paris.  2022  saec.  14  fol.  150—157.  —  Vgl. 
fibricins,  Bibl.  gr.  11,  655. 

4.  Von  dem  Grosslogotheten  Muzalon  nennt  Fabricius,  Bibl.  gr.  8,  61  eine  Streit- 
tknit  gegen  Bekkos.  —  Andere  Schriften  erwähnt  Georg.  Pachymeres,  ed.  Bonn.  2,  26,  145. 

5.  Von  Theoleptos,  Metropoliten  v.  Philadelphia,  enthalten  die  codd.  Vatic.  Ottobon. 
#5  saec.  13  fol.  6—133,  418  saec.  15-16  fol.  80—112  mehrere  Schriften,  einen  Brief  an 
i»  Kaiserin  Irene,  mehrere  asketische  Abhandlungen,  eine  Streitschrift  gegen  die  Schis- 
Mtiker.  Gredrackt  sind  2  asketische  Abhandlungen,  die  zweite  wohl  nur  ein  Fragment, 
y  Migne,  Patr.  gr.  143,  381—404.  Ebenda  404—408  einige  Hymnen  in  lateinischer 
Mcfseteons.  —  Zu  vergl.  ist  auch  cod.  Taurin.  352  s.  14  fol.  251—269. 

6.  Von  dem  Nachfolger  des  Gregorios,  Anastasios  Makedon,  Patriarchen  von  Kpel 
|UB9 — 93  nnd  1304 — 10)  sind  84  FQdfifjiaxa  nQog  roy  avroxQaroQa  (Andronikos  II  Palaeologos) 
«kshen,  iw'elche  zumeist  Angelegenheiten  der  kirchlichen  Disziplin  und  des  Kultus  be- 
ladefai.  Einige  derselben  nach  Drucken  von  Turrianus  und  Banduri  bei  Jdigne,  Patr. 
fr.  142,  480—518.    Ebenda  471-480  die  Titel  der  übrigen.    Cod.  Paris,  gr.  137  u.  a. 

7.  Maximos  Planudes  (t  um  1310),  MOnch  des  Klosters  rov '^xaraAi^Trrot;  in  Kpel 
{mek  eod.  Marc.  481),  dessen  litterarische  Hauptthfitigkeit  auf  dem  profanen  Gebiete 
fingt  (vgL  Krambacher),  trat  auch  gegen  die  Lateiner  auf  mit  4  IvAkoyiafioi  über  den 
des  hl.  Geistes,  die,  wie  bereits  erwähnt,  von  Georgios  Metochites  und  später  von 
Kydones  und  Bessarion  widerlegt  wurden.  Der  Text  mit  den  Widerlegungen  der 
letzteren  bei  Migne,  Patr.  gr.  161,309—317.  —  Eine  zweite,  unedierte  Schrift  gegen  die 
■er  in  20  Kapiteln  in  cod.  Vindob.  theol.  269  fol.  1 — 77.  —  Die  Angabe  von  Demetrioa 
Efdenes  nnd  Bessarion,  dass  er  zuerst  Anhänger  des  lateinischen  Dogmas  war,  stellt  M. 
frea,  Maximi  Planudis  Epistolae,  Breslau  1890  S.  195,  ohne  genügenden  Grund  in  Ab- 
Dieser  Gegensatz  zu  seinem  späteren  Auftreten  passt  zu  der  gegensätzlichen  Stel- 
__Jine  der  Kaiser  Michael  und  Andronikos  zur  Unionsfrage.  Auf  firühere  Sympathien 
üe  Lateiner  Hart  auch  die  Uebersetzung  von  Augustins  Schrift  De  Trinitate 
I.  15  aclilieaaen,  welche  die  lateinische  Lehre  klar  aussprechen.  —  Die  Uebersetzungsthätig- 
faitdea  Maximoe,  welche  noch  einige  Schriften  des  Boethius,  vielleicht  auch  des  Thomas 
f.  Aqnino  Summa  theologica  umfasste,  weisen  ihm  eine  eigenartige  Stellung  in  der 
If—niiimliim  Litteraturgeschichte  zu.  Er  ist  der  erste  Byzantiner,  der  die  lateinische 
lieelogie  einer  näheren  Aufmerksamkeit  würdigt.  Es  werden  ihm  noch  mehrere  andere 
Utologiache  Schriften  zugeschrieben,  von  der  Wahrheit,  von  der  Kraft  des  Gebetes, 

IM  Lobrede  auf  den  Märtyrer  Diomedes,  eine  Vita  des  Patriarchen  v.  Kpel,  Arsenios 
B^UM),  die  Erklänma  einer  Stelle  des  Matthäusevangeliums  u.  a.  —  Im  Drucke  liegen 
«i;  aMimr  den  erwähnten  Syllogismen,  eine  Rede  auf  die  Grablegung  des  Herrn,  ein 
hii|riBi|j,in  Enkomion  auf  die  Apostel  Petinis  und  Paulus,  einige  Bruchstücke  aus  Augustins 
ItTimtate  (alles  bei  Migne,  Patr.  gr.  147,  985—1130)  und  die  Uebersetzung  von  Boe- 
IW  De  eonaolatjone  phUosophtMa.     Weitere  Litterütaruigaben  s.  bei  Krumb acb er. 

r 


100  ByzanUnUiolie  LiUeraturgesoMohte.    L  Prosauiohe  Lüteratnr. 

8.  Die  griechischen  Uehersetzangen  lateinischer  Schriften  von  Eirchenv 
nnd  späteren  abendländischen  Theologen  sind  noch  nicht  einheitlich  untersucht  wo 
Meistens  handschriftlich  sind  Uebersetzungen  von  Schriften  Cyprians,  Lactantia8\  Ambro 
Hilarius',  Augustinus'»  Cassians,  Gregors  des  Grossen  vorhanden,  die  wenigstens  zum 
vor  Maximos  Planudes,  Demebios  Eydones  und  Gennadios,  Patr.  von  Epel,  verans 
wurden.  A.  Papadopulos  Eerameus,  *Ay(iXexta  legoaoXofiiT.  araxvoXoyiag  1  (P< 
bürg  1891)  27— o8  veröffentlichte  eine  griechische  Uebersetzung  der  Vita  Axnbrosii 
PauUnus,  die  er  zwischen  7.-9.  Jahrhundert  angefertigt  sein  lässt.  Uebersetzungen  spl 
lateinischer  Theologen  sind  in  geringer  Anzahl  vorhanden.  Neben  denen  der  soebei 
nannten  sind  zu  verzeichnen:  Schriften  Anselms  von  Eanterbury,  die  asketischen  Ab] 
lungen  Raimunds  von  Meuillion  in  der  Provence  (cod.  Petroburg.  113  a.  1292),  ein  i 
dem  Grossen  zugeschriebenes  Eompendium  (cod.  Matrit.  0  9),  mehrere  Schriften 
Thomas  v.  Aquino.  Die  Schriften  des  Eardinals  Humbert  wurden  auf  Befehl  des  Ei 
Eonstantinos  Monomachos  ins  Griechische  tibersetzt.  —  Vgl.  Batiffol,  Librairies  b; 
tines  ä  Rome,  M^langes  d'arch^ologie  et  d'histoire  8  (Rome  1887)  419  ff.  —  Die  griechii 
Uebersetzungen  aus  dem  Svrischen,  wie  z.  B.  des  Asketikers  Isaak  und  des  Martyi 
der  60  Märtyrer  von  Jerusalem  aus  dem  8.  Jahrhundert  (§  88  n.  2),  sowie  diejenigen  am 
Arabischen  sind  auch  noch  näher  zu  untersuchen. 

31.  Die  Gegner  der  Hesychasten.  In  der  ersten  Hälfte  des  14.  J 
hunderts  trat  in  der  theologischen  Litteratur  die  Unionsfrage  hinter  € 
neuen  Kontroverse,  dem  sogenannten  Hesychastenstreit,  zurück.  Die 
regung  zu  dieser  neuen  litterarischen  Bewegung  ging  von  dem  Möi 
Bari  a am  aus  Seminaria  in  Kalabrien  aus,  der  unter  Andronikos  III  i 
Konstantinopel  kam  und  hier  als  Feind  der  Lateiner  auftrat.  Andren 
betraute  ihn  1339  mit  einer  Gesandtschaft  nach  Avignon,  aber  die  Üb 
handlungen  mit  dem  Papte  Benedikt  Xu  hatten  kein  Resultat.  Wähl 
seines  Aufenthaltes  in  Konstantinopel  nahm  Barlaam  grossen  Anstoss  an 
Mystik  der  Hesychasten  und  bekämpfte  dieselbe  in  Wort  und  Schrift, 
wurde  aber  auf  einer  Synode  im  Jahre  1341  verurteilt  und  kehrte  nach  lU 
zurück,  wo  er  Bischof  von  Gieraci  in  Kalabrien  wurde  (1348).  Als  sol 
verteidigte  er  in  Briefen  an  die  Unionsfreunde  in  Byzanz  die  abendlä 
sehen  Lehren  vom  Ausgange  des  hl.  Geistes  und  vom  Primate  des  Papi 
die  er  früher  geleugnet  hatte.  Die  lateinische  Kontroverse  bildet 
Gegenstand  der  wenigen  theologischen  Schriften,  die  von  ihm  vorlie 
Von  denen,   die  den  Hesychastenstreit  betreffen,  ist  noch  keine  gedru 

An   Barlaam   schloss  sich   der  Mönch  Gregorios  Akindynos 
der  sich  aber    bald   mit   seinem   Kampfgenossen   entzweite.     Über   s 
Lebensverhältnisse  sind  wir  wenig  unterrichtet.    Die  grösste  Anzahl  se 
Schriften,  5  Bücher  gegen  Barlaam,   6  gegen  Palamas,  von  bedeuten 
Umfang,  Glaubenserklärungen,  ein  Bericht  über  den  Ursprung  des  Stre 
Briefe  u.  m.  a.  liegt  noch  im  Staube  der  BibUotheken.    Wenn  von 
Streitschrift  gegen  Palamas  auf  die  übrigen  geschlossen  werden  darf, 
drehte   sich   die  Kontroverse  auch   hier  im   wesentlichen  um   die  Vä 
stellen,  welche  von  beiden  Parteien  für  sich  in  Anspruch  genommen  i? 
den.    Es  tritt  jedoch  noch  ein  anderes  Moment  hinzu.    Akindynos  wu 
wohl  durch  Barlaam,  mit  der  lateinischen  Scholastik  bekannt ;  das  bew 
seine  Schrift  UsqI  ovaiaq  xal  iveqyeiag  in   6  Büchern,   deren  2  erste 
haltlich  und  formell  ganz  auf  der  scholastischen  Gotteslehre  beruhen 
wörtliche  Übersetzungen  aus  der  Schrift  des  Thomas  von  Aqu 
De  veritate  catholicae  fidei  contra  Gentiles  aufweisen:  ein  Unik 
ii7  der  hyzantiniachen  Litteratur,  zugleich  der  Beweis  für  die  schon  o 


L  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§  31)  XOl 

tsgesprochene  Meinung,  dass  der  Hesychastenstreit  in  letzter  Linie  den 
impf  der  abendländischen,  rationellen  und  nüchternen  Scholastik  mit  der 
»rgenländischen,  extravaganten,  theosophischen  Mystik  darstellt.  Ob  er 
r  Ausführung  seiner  Plagiate  Thomas  selbst  übersetzte  oder  eine  frühere 
Ersetzung  benutzte,  steht  dahin.  Akindynos  stellte  auch  die  Yerskunst 
den  Dienst  seiner  Sache;  ein  Oedicht  in  509  lamben  von  geringem 
«tischen  Wert  stellt  die  vielen  Irrlehren  des  Palamas  dar,  während 
dere  lamben  Nikephoros  Oregoras  zum  Kampfe  aufinuntem  sollten. 
ren  Höhepunkt  erreichte  die  Kontroverse,  als  Nikephoros  Gregoras 
d  Gregorios  Palamas  sich  als  Gegner  gegenübertraten.  Um  beide 
inner  gruppierten  sich  alle  hervorragenden  Zeitgenossen  und  der  Streit 
twickblte  sich  zu  einer  kirchlichen  Angelegenheit  ersten  Ranges. 

Nikephoros  Gregoras,  der  Hauptgegner  der  Hesychasten,  räumte 
lon  in  seinem  Geschichtswerk  der  Darstellung  der  barlaamitischen 
reitigkeiten  einen  grossen  Platz  ein,  indem  er  nicht  nur  Synodalakten, 
ödem  auch  mehrere  theologische  Disputationen  darin  aufnahm,  die  in 
?ser  Sache  unter  seiner  Mitwirkung  gehalten  wurden.  Seine  Hauptschrift 
den  die  10  Aoyoi  ävti^QrjTixoi  xe  xai  atrjknevuxoiy  denen  nach  1347 
eh  8  andere  folgten.  Sie  sind  sämüich  unediert  und  können  daher  nicht 
her  charakterisiert  werden;  gedruckt  liegt  hingegen  der  Dialog  (PXwQävrirog 
TifQi  aoifiaq  vor,  welchem  eine  Disputation,  die  er  1330  oder  1331  mit 
Tlaam  hatte,  zu  Grunde  liegt.  Gregoras  ahmt  darin  die  Dialoge  Piatos 
d  Lukians  nach;  inhaltUch  bezieht  er  sich  aber  nicht  auf  die  schwebende 
•ntroverse,  da  beide  darin  einig  waren,  er  bezweckt  vielmehr  die  ün- 
nntnis  Barlaams  in  der  Astronomie  zu  erweisen.  Gregoras  behandelte 
ch  die  lateinische  Kontroverse  gegen  Palamas  in  unionsfreundlichem 
m.  Ausserdem  hinterliess  er  mehrere  exegetische  Schriften,  über 
?  Frage,  ob  Gott  den  ersten  Menschen  sterblich  oder  unsterblich  er- 
[luf,  in  Form  eines  Dialoges,  eine  Zusammenstellung  von  Aussprüchen  der 
ossen  und  kleinen  Propheten  und  aus  dem  Buche  Job  mit  Erklärungen 
zu,  einen  Prolog  zur  Episode  der  Susanna,  wovon  auch  keine  veröflfent- 
ht  ist.  Im  Drucke  liegt  sein  Kommentar  zu  Synesios'  von  Kyrene 
^^  ivvnviiav  vor.  Darin  knüpft  er  seine  Bemerkungen  an  einzelne 
eilen  und  Ausdrücke  des  Schriftchens  an,  ohne  einen  inneren  Zusammen- 
ng  zwischen  ihnen  herzustellen.  —  Über  Nikephoros  als  Hagiographen 
d  als  Geschichtschreiber  vgl.  §  90  und  Krumbacher. 

Auf  der  Seite  des  Gregoras  standen  Ignatios  und  Isidor,  Patriarchen 
n  Antiochien,  Georgios  Lapithes,  Isaak  Argyros,  Prochoros  Kydones, 
•metrios  Kydones,  ein  gewisser  Petriotes,  Johannes  Kyparissiotes,  der 
triarch  von  Konstantinopel  Johannes  Kalekas  und  Manuel  Kalekas.  Die 
genpartei  mit  Palamas  an  der  Spitze  gewann  aber  immer  mehr  die 
»erhand,  besonders  nachdem  der  Kaiser  Johannes  Kantakuzenos,  die 
itriarchen  von  Konstantinopel  Isidoros,  Philotheos  und  Kallistos,  David 
>nachos,  Theophanes,  Metropolit  von  Nikäa,  Neilos  Kabasilas  und  Nikolaos 
ibasilas,  abgesehen  von  den  späteren,  für  die  Hesychasten  eintraten. 

Wenn  schon  die  Thatsache,  dass  mehrere  Synoden  bald  für,  bald 
gen  die  Hesychasten  eni»chieäen,  recht  unerquicklich  ist,  so  wirft  das  ver- 


102  Byzantinisöhe  LitteratorgeBohichte.    L  Prosaische  litteratur. 

leumderische  und  unedle  gegenseitige  Herunterziehen  der  Kämpen  ein  ^ 
günstiges  Licht  auf  die  beteiligten  Personen.  Gregoras  hatte  am  me 
unter  diesen  Manövern  zu  leiden.  Nach  seiner  definitiven  Besiegung 
fiel  er  beim  Kaiser  in  vollständige  Ungnade,  ohne  jedoch  zum  Abfalle 
seinen  Meinungen  gebracht  werden  zu  können.  Auf  diese  Seite  des  Sti 
würde  eine  vollständige  Ausgabe  seiner  Briefe  wohl  neues  Licht  we 

1.  Von  Barlaam  finden  sich  bei  Migne,  Patr.  gr.  151,  1256—1280  die  rom 
liehe  Schrift  IIbqI  tijg  agxv^  ^^^  nana,  2  Reden  vor  Benedict  XII  ebenda  1332— 
eine  Abhandlung  für  den  Ansgang  des  hl.  Geistes  aus  dem  Sohne  1314—1330  (lateii 
sein  Briefwechsel  mit  Alexios  Ealochetos  und  Demetrios  Eydones  in  Sachen  der 
1256 — 1314  dat.).  —  Unediert  sind  mehr  als  20  Schriften  gegen  die  Lateiner,  deren 
Deraetrakopulos  '0^.  *EXXäg  S.  73 — 75  auff&hrt,  mehrere  Briefe  aber  den  Hesyclu 
streit,  eine  Disputation  mit  Akindynos  über  das  Licht  des  Thabor  n.  a.,  deren  Has 
selten  sind.  —  Vgl.  das  Geschichtswerk  des  Nikephoros  Gregoras.  —  L.  AUiftiai 
perpet.  consensione  S.  825  £f.  —  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  462 — 470.  —  Mazzucl 
Gli  scritton  d'ltalia  2,  1,  (Brescia  1758)  369— 372.  —  G.  Mandolori,  Fra  Barlaamo 
brese,  maestro  del  Petrarca,  Rom  1888.  —  Ueber  seine  nrofanen  Schriften  vgl.  Krumb a 

2.  Gregorios  Akindynos.  Die  2  ersten  Bücner  Jlsgl  ovclas  xal  iye^elag  e 
J.  Gretser,  Ingolstadt  1616  (das  2.  Buch  sehr  unvollständig) ;  wiederholt  bei  Mi gne, 
gr.  151,  1192—1242.  Die  Vorlage  des  Akindynos  sind  mehrere  Schriftendes  Thomas  i 
insbesondere  die  Summa  contra  Gentiles  1.  1,  cap.  7,  22,  16,  44,  72.  —  Die  509  If 
gegen  Palamas  ed.  pr.  L.  Allatius,  Graecia  orthod.  1,  756 — 769;  abgedruckt  bei  M 
a.  a.  0.  844— 861.  —  Einige  Epistolae  et  iambi  an  Nikephor.  Gregoras  bei  Migne, 
gr.  148,  68  ff.,  84  ff.  —  Eine  Haupthandschrift  ist  der  zeitgenossische  cod.  Ü 
223  foll.  363.  Darin  Briefe  an  Lapithes,  Gabras,  Maximos  und  mehrere  Schriften  des 
dynos,  Glaubenserklärungen,  Streitschriften  gegen  Palamas,  insbesondere  die  6  'JytiQg 
gegen  Palamas  fol.  65^—363.  —  Th.  Uspenskij,  Das  Synodikon  für  die  Woch 
Rechtgläubigkeit,  Odessa  1892  S.  75—96  gibt  Auszüge  aus  diesem  Codex.  Vgl.  B 
(1895)  145.  —  Einen  ähnlichen  Wert  für  die  Kenntnis  der  Schrifstellerei  des  Akindynos  l 
cod.  Marcian.  155.  Darin  mehrere  Schriften  (der  Traktat  JleQl  ovciag  umfasst  hier  6  Bt 
und  51  Briefe.  —  Zum  Leben  einiges  in  den  Geschichtswerken  von  Nikephoros  Grc 
und  Johannes  Eantakuzenos.  —  Sein  Enkel  Dionysios  Akindynos  yerfaaste  eine  Hi 
victoriarum  Gregorü  Acindyni.  Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,607.  —  In  cod.  Parle 
saec.  15  fol.  416^—437^  eine  anonyme  Confutatio  eorum,  quae  Acindynus  adv.  Ba 
Bcripsit.  --  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.gr.  11,  507  (dflrftig).  —  C.  Ondin,  Gonu 
Script,  eccl.  3,  915—17. 

3.  Nikephoros  Gregoras.  Den  Dialog  ^Xmg^ynog  ed.  pr.  A.  Jahn, 
Archiv  10  (1844)  485—536;  Emendationen  zum  Texte  ebenda  11  (1845)  387—39! 
Parisot,  Cantacuzene,  homme  d'^tat  et  historien,  Paris  1845  gab  eine  Analyse  und  < 
Auszüge;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  149,  643 — 648.  —  Den  Kommentar  zu  Syi 
ed.  D.  Petavius,  Opera  Synesii,  Paris  1633,  351—429;  auch  bei  Migne,  Patr.  gr. 
643—48.  —  Nikephoros  erwähnt  seine  Aoyoi  ayttQQijrixol  in  s.  Bist.  1.  18  o.  7  bei  Mi 
Patr.  gr.  148,  1161.  Ueber  diese  und  die  übrigen  Schriften  vgl.  Fabricius,  Bibl. 
632 — 669.  —  Briefe  z.  B.  in  cod.  Monac.  10  und  in  cod.  Marc.  445.  —  Die  Abhandlunf 
J.  Boivin  über  Leben,  Schriften  und  Elogia  des  Nikephoros  Gregoras  abgedruck 
Migne,  Patr.  gr.  148,  19-96.    Vgl.  dazu  C.  Oudin,  Comm.  de  Script,  eccl.  3,  770- 

4.  Zu  den  Barlaam  iten  und  Anhängern  des  Nikephoros  Gregoras,  dielet 
öfters  im  allgemeinen  erwähnt,  gehört  1.  Georgios  Lapithes,  der  mit  Barlaam 
Nikephoros  Gregoras  in  Korrespondenz  stand.  Wir  haben  von  ihm  eine  kurze  Juxigeai 
rijs  evaeßeias  niateatg  xstpaXaLtjy  in  cod.  Paris.  2662  saec.  14  fol.  96-97^,  cod.  Paris.  5 
gr.  689  saec.  15  fol.  30^— 3P.    Ueber  Georg.  Lapithes  als  Dichter  vgl.  Krumbach 

2,  Von  Prochoros  Kydones,  dem  Bruder  des  bekannteren  Demetrios  Kydone 
eine  Disputatio  de  lumine  Thaborio  erhalten,  z.  B.  in  cod.  Paris.  1241  a.  1369  fol.  1 
cod.  Paris.  1240  a.  1544  fol.  1 — 23.  —  Der  gegen  ihn  erlassene  Tomus  synodicns  ( 
bei  Migne,  Patr.  gr.  151,  693  ff.  —  Kaiser  Johannes  Kantakuzenos  schneb  gegen 
Vgl.  §  33.  -  Nach  cod.  Athous  2128  s.  16  fol.  185""— 192""  übersetzte  er  auch  eine  S 
des  hl.  Augustinus. 

3,  Demetrios  Kydones  mit  dem  Mönchsnamen  Niphon  beteiligte  sich  mit  Inte 
an  den  zwei  grossen  theologischen  Kontroversen  seiner  Zeit.    Die  Streitschrift  Kara 
naXafdä  ed.   pr.  Petrus  Ar cud ins,  Opusc.  aurea  theolog.  Rom  1630,  Ausgabe  von 
S.  446—580;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  154,  836—864.    Andere  Schriften  zu  c 
Kontroverse  sind  noch  unediert    In  der  lateinischen  Streitfrage  stand  er  mit  Barlaa 


1.  Theologie.    A.  Dogmatlk  und  Polemik.    (§  32)  103 

xweiter  Periode  auf  der  Seite  der  Lateiner.  Er  sprach  diese  Ueberzeugnng  in 
obreren  Schriften  aus,  in  einem  Briefe  an  Barlaam  (Migne,  Patr.  gr.  151,  1283—1301),  in 
«r  Abhandlang  UeQl  t^g  ixnoQcvaBtos  rov  ayiov  nvBvuatog  (Migne,  Patr.  gr.  154, 864-957), 
swei  Streitsohriften  gegen  Neilos  Kabasilas  und  Maximos  Planudes  (ein  Fragment  der 
zieren  bei  Migne,  Patr.  gr.  161,  312).  Mit  Maximos  teilte  er  den  in  Bvzanz  seltenen 
«zog  der  Kenntnis  der  lateinischen  Litteratur,  aus  welcher  er  mehrere  Uebersetzungen 
ranäaliete,  von  Thomas  von  Aquinos  Summa  theologica,  Contra  Gentiles  U.  4  und  kleineren 
briften,  Ton  Augustins  Monologen  (cod.  Sabbait.  379  saec.  15  fol.  16—66),  von  Anselms 
bif t  De  procesfiione  Spiritus  sti,  von  lateinischen  Messen  nach  dem  römischen  und  dem 
ibrosianisGhen  Ritus,  von  Fulgentius'  De  fide  ad  Petrum,  endlich  von  der  um  1300  ge- 
uiebenen  Confiitatio  Alcorani  des  Prediger-MOnches  Ricardus  Florentinus.  Davon  ist 
r  die  letzte  gedruckt  bei  Migne  a.  a.  0.  1037—1152.  Als  weitere  theologische  Schriften 
boren  Demetrios  an:  zwei  Abhandlungen  fiber  die  Menschwerdung  und  die  Gottheit 
risti,  mehrere  Homilien  auf  Feste  des  Herrn  und  der  Heiligen,  die  noch  nicht  untersucht 
d,  endlich  die  oft  edierte  asketische  Abhandlung  über  die  Verachtung  des  Todes,  ed.  pr. 
Seiler,  Basel  1553;  wiederholt  bei  Migne  a.  a.  0.  1169—1212.  —  Ueber  Demetrios' 
etorische  Schriften  vgl.  Erumbacher. 

A.  Konstantinos  Harmenopulos,  dessen  Hauptschrift  auf  dem  juristischen  Gebiete 
eit.  schrieb  nach  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,266  einen  Tomus  gegen  Palamas.  Anonym  ed. 
Allati  US,  Graecia  orth.  1  (1652)780—85.  —  Eine  hftresiologische  Schrift  bei  Migne, 
tr.  gr.  150,  20—32  ist  unbedeutend.  Ein  längerer  Text  steht  in  cod.  Yindob.  jurid.  11. 
«nda  eine  Abhandlung  aber  die  Fastenzeiten. 

83.  GregorioB  Palamas  (TqriyoQi^oq  Ualafiäg).  Geburtsort  und  Ge- 
rtsjahr dieses  Hauptwortflilirers  der  Hesychasten  sind  unbekannt.  Wir 
den  ihn  zuerst  am  kaiserUchen  Hofe  in  Eonstantinopel,  von  wo  er  sich 
ch  dem  Berge  Athos  zurückzog.  Hier  lernte  er  die  Mystik  der  Hesy- 
ast<en  kennen,  und  als  der  Streit  ausbrach,  trat  er  alsbald  als  Vertei- 
ler der  angegriffenen  Mönche  in  Thessalonike  auf.  Auf  Betreiben  des 
lisers  Johannes  Kantakuzenos  weihte  ihn  der  Patriarch  Isidor  von  Kon- 
mtinopel  zum  Erzbischof  von  Thessalonike  (1349);  er  wurde  aber  von 
r  Stadt  nicht  angenommen  und  zog  sich  auf  die  Insel  Lemnos  zurück. 
I  Jahre  1351  wohnte  er  der  Synode  bei,  die  ihm  den  definitiven  Sieg 
er  die  Barlaamiten  sicherte.  Ob  er  nach  dieser  Entscheidung  von  seinem 
schofstuhle  Besitz  ergreifen  konnte,  ist  ungewiss.  Sein  Tod  ereignete  sich 
1  1360,  sicher  längere  Zeit  vor  dem  Jahre  1376,  in  welchem  Philotheos, 
itriarch  von  Konstantinopel,  starb,  der  Palamas'  Leben  in  einer  Lobrede 
rherrlicht  und  ein  Heiligenofficium  auf  ihn  verfasst  hatte.  Wenn  Palamas 
hon  von  Zeitgenossen  als  Heiliger  verehrt  wurde,  so  hörten  seine  Gegner 
:*ht  auf,  ihn  zu  verdächtigen  und  als  Ditheisten  hinzustellen.  Diese  Ver- 
chtigungen  gab  Palamas  in  vollem  Masse  zurück,  indem  er  die  Barlaamiten 
s  Sabellianismus,  Arianismus,  sogar  des  Epikureismus  bezichtigte. 

Seine  Bedeutung  als  Polemiker  liegt  vorab  darin,  dass  er  der 
fstik  der  Hesychasten  eine  dogmatische  Grundlage  zu  geben  ver- 
md.  Die  Unerschaffenheit  des  Lichtes  auf  dem  Thabor,  dessen  die  Hesy- 
asten  teilhaftig  sein  wollten,  stützte  er  durch  den  Hauptgrundsatz,  dass  in 
•tt  nicht  bloss  die  Personen,  sondern  auch  die  Wirksamkeit  Unterschiede 
gründe,  eine  Aufstellung,  welche  der  Gotteslehre  der  abendländischen 
holastik  stracks  zuwiderging.  Diese  hat  übrigens  Palamas  in  einer 
eziellen  Schrift  angegriffen,  die  in  dem  cod.  Taurin.  316  vorliegt.  Er 
rto  auch  grosses  Gewicht  auf  die  Aussprüche  der  Väter,  die  er  in  seinem 
ane  erklärte.  Mehr  als  60  Schriften  hat  er  der  Verteidigung  des  Hesychasten- 
ms  gewidmet  und  alle  litterarischen  Formen,  apologetische  und  po- 


104  BysantiniBCkkie  LitteratargeBohiohte.    I.  Prosaisolie  liUerfttiir. 

lemische  Abhandlung,  Dialog,  Sentenzen,  Sammlung  von  Yäteraussprüc 
Briefe  und  Poesie  angewandt.  Am  häufigsten  wandte  er  sich  g« 
Barlaam  und  Akindynos,  denen  er  einmal  mehr  als  50  Häresien  nac 
weisen  suchte.  Eine  zweite  Serie  von  Streitschriften  ist  gegen  K 
phoros  Gregoras  gerichtet.  Ihre  Tendenz  erheDt  schon  aus  dem  Titel  € 
derselben:  IIsqI  rrjg  zov  FqriyoQa  ip€vdoyQa(p{ag  ofiov  xal  dvaaeßsiag. 
den  übrigen  Gegnern  wurden  noch  Ignatios,  dem  Patriarchen  von  Antiocl 
und  Johannes  Kalekas,  dem  Patriarchen  von  Konstantinopel,  spezielle  Wi 
legungen  gewidmet.  Von  allen  diesen  Schriften  ist  nur  der  Dialog  S€og> 
gedruckt;  er  verbreitet  sich  besonders  über  die  Väteraussprüche,  gew 
aber  nur  eine  unvollkommene  Anschauung  der  Palamitischen  Kam] 
und  Darstellungsweise.  In  nahem  Zusammenhange  mit  diesen  St 
schrift;en  stehen  Palamas'  asketische  Abhandlungen,  worin  er  eine  posi 
Darlegung  der  Hesychast^nmystik  gab,  z.  B.  seine  150  KsifdXcua^  we 
die  Lehre  von  dem  neuerschaflfenen  Lichte  auf  die  Gtottes-  und  Schöpfu 
lehre  gründen.  In  anderen  tritt  jedoch  dieses  Interesse  zurück  und  er| 
sich  Palamas  in  Erörterungen  über  das  geistliche  Leben  überhaupt. 

Diese  intensive  Beschäftigung  mit  dem  Hesychastenstreit  verbind 
Palamas   nicht,   mehrere   Schriften   gegen   die  Lateiner  zu   verfas 
*Avt€niYQa(pai   gegen  Johannes  Bekkos'  'Entyqaffal^  die  selbst  wieder 
Bessarion  widerlegt  wurden,  und  mehrere,  meist  unedierte,  Schriften  i 
den  Ausgang   des  hl.   Geistes.     Wir   besitzen  von   ihm   ausserdem  • 
Sammlung  von  Homilien  auf  die  Sonn-  und  Festtage  des  Kirch 
Jahres,   die  zum   grössten   Teile   gedruckt  ist.     Palamas  vermeidet 
extremen  Fehler  der  byzantinischen  Rhetorik.    In  den  Sonntagspredi{ 
schliesst  er  sich  in  der  Regel  an  den  Text  des  Evangeliums  an.    Die  z 
Homilien   „zur   Erntezeit*    verraten   Naturverständnis,    sowie   andere 
warmes  Interesse  für  Wohl  und  Wehe  des  gemeinen  Volkes.    Auf  < 
Athos  verfasste  er  die  Lebensbeschreibung  des  hl.  Athosmönches  Pet 
worin  er  die  Art  des  Metaphrasten  nachahmt.     Ob  ihm  spezielle  exe 
tische  Schriften  zugehören,  lässt  sich  jetzt  nicht  entscheiden.     Wie  v 
andere   Byzantiner   seiner   Zeit,    hinterliess   er   endlich   eine   Anzahl   ' 
Briefen,  die  an  hervorragende  Zeitgenossen  gerichtet  sind  und  sich  v 
fach  mit  den  barlaamitischen  Streitigkeiten  beschäftigen.     Diese  wür< 
sich  zunächst  zur  Veröffentlichung  empfehlen.   —  Über  eine  rhetori» 
Schrift  des  Palamas  vgl.  Krumbacher. 

1.  Ausgaben.  Den  Dialog  Sso(payijg  ed.  pr.  Chr.  Fr.  Matthaei,  Lectiones  mosq 
Leipzig  1779  S.  7 — 37.  —  Mehrere  asketische  Schriften  zuerst  in  der  ^iXoxaXia  rtöy  le^ 
vfjnpufoy,  Venedig  1782.  —  10  Homilien  ed.  Chr.  Fr.  Matthaei,  Moskau  1776.  —  41  j 
müien  erschienen  in  Jerusalem  1857.    —   Die   Vita  St.  Petri   Athonitae  ed.  pr.   Acta 
Junii  2,  538 — 556.    Diese  Schriften  vereinigt  bei  Migne,  Patr.  gr.  150,  909—1225;  1 
9—549.    —    Bei  Migne  fehlen  2  Abhandlungen  gegen  die  Lateiner,   erschienen  zu  Lon* 
1624,  vgl.  Haneberg,  Theolog.  Litteraturblatt  1  (Bonn  1866)  314  f.,  sowie  22  weitere  ] 
milien,  die  der  ArztSoph.  Oikonomos,  Athen  1861  edierte.  —  Eine  Homilie  IleQlniati 
auch  ed.  von  E.  Simonides,  'Ogd'odo^toy'EXXtjyay&eoXoyMai  yQcupal  riaaaQss,  2.  Aufl.  Lonc 
1865  S.  77  —  84.  —  Die  'AvremyQa(pal  ed.   pr.  Petr.  Arcudius,   Opuscula   aurea  the 
Rom  1670  S.  4-64;   abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.    161,  244—309.   —   Ein   apolo} 
tisches   Gespräch    IlQog   rovs  a&iovs   X^yag   ed.   A.    J.    Sakkelion,    JSfotiJQ    15    (IB 
236—246.  Vgl  B.  Z.  3  (1894)  213.  —  Einen  Brief  an  David  ifiavnaTog  ed.  M.  Treu,  JeXt 
3,  229—34.  —  Hauptfundgruben  der  unedierten  Schriften  des  Palamas  sind  < 


( 


L  Theologie,    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§  33)  105 

codd.  Coiel.  97—100.  Dazu  ednd  noch  manche  andere  heranzuziehen,  z.  B.  codd.  Paris.  970, 
1238—39,   Bodl.  Land.  87,  Athoos  3708  s.  14,  3726  s.  15,  3734  s.  14  u.  a. 

2.  Hilfsmittel:  Fahricias,  Bibl.  gr.  11,494—506.  -  Th.  Uspenskij,  Skizzen 
mr  Geschichte  der  byzantinischen  Knltor,  Petersburg  1892  (russ.).  Vgl.  B.  Z.  1  (1892) 
635,  177  f.  —  Ans  der  älteren  Litteratur  aber  den  Hesychastenstreit  vgl.  besonders  L. 
Allatins,  De  perpetua  consensione  S.  824—40.  —  Fr.  J.  Stein,  Studien  über  die  He- 
sychasten  des  14.  Jahrhunderts,  Wien  1873.  —  Nikodemos  Hagiorites  bereitete  eine 
AoBg.  d.  Palamas  vor.    Sein  ngoXoyog  steht  in  der  *ExxX.  'JX.  4  (1883-84)  93—101. 

3.  Zum  Leben:  Vgl.  die  Geschieb tswerke  von  Nikephoros  Gregoras  und  Johannes 
Kantmkuzenoe.  —  Bei  Migne,  Patr.  gr.  151,  552—774  nach  früheren  Drucken  eine  ganze 
Reihe  von  Schriften  und  Dokumenten,  die  sich  auf  Palamas  und  den  Hesychasten- 
itreit  benehen.  Darunter  die  Vita  Palamae  von  Philotheos,  Patr.  v.  Epel,  das  Enko- 
Bkm  des  Nilos,  Patr.  v.  Kpel,  auf  Palamas.  Vgl.  auch  den  Tomus  hagioriticus  de  quietistis 
bei  Migne,  Patr.  gr.  150,  1225—1236.  —  Eine  2.  Vita  Palamae  von  Hierotheos  Sakel- 
lirios  ist  anediert  Vgl.  Fabricius  a.  a.  0.  519.  —  Die  Dokumente  zum  Hesvchastenstreit 
■nd  noch  nicht  alle  veröffentlicht.  —  Solche  auch  bei  Miklosich  u.  Müller,  Acta  et 
D^lomaU  graeca  medii  aevi  1  (Wien  1860)  201  u.  Öfters,  2  (1862)  267,  295  f. 

4.  Anhänger  des  Palamas:  1,  Von  David  monachos,  der  mit  David  dii<rv;raro; 
iienüscfa  ist,  sind  mehrere  Schriften  handschriftlich  vorhanden:  eine  '^(pQaai^g  raty  tov 
Bm^Xaau  xai  rov  'Jxtr&vrov  in  cod.  Monac.  508  saec.  14  fol.  1—4,  eine  2.  Schrift  in  cod. 
BodL  Mise.  120  saec.  14  fol.  197—205,  ein  Gedicht  in  468  lamben  in  cod.  Bodl.  Land.  87, 
line  4.,  Sehr,  an  Nikolaos  Kabasilas  in  cod.  Marcian.  153  u.  in  cod.  Paris.  1247  saec.  14—15 
feL  1-52.  —  Vsl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  604  f.,  M.  Treu,  JeXrioy  3,  227-29. 

^.  Theophanes,  Metropolit  von  Nikäa  um  1347  war  ein  fruchtbarer  Polemiker.  Ge- 
lnickt sind  von  ihm  nur  3  Briefe  an  Klerus  und  Volk  in  Nikäa,  das  sich  in  den  Händen  der 
Feinde  befand.  Er  warnt  darin  vor  den  Barlaamiten.  Der  3.  Brief  ist  ein  kleines  Kompendium 
der  byzantinischen  Dogmatik.  Ed.  pr.  C.  PoncedeLeon,  Theophanis  archiepiscopi  Nicaeni 

r>  exstant  opera  . . ,  Rom  1590;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  150,  288—350.  —  Auf 
Heeyebastenstreit  beziehen  sich  5  Abhandlungen  IleQi  rov  iy  Saßagito  gxotosy  2  Briefe  an 
den  lateinischen  Patriarchen  von  Kpel  Paulus,  2  Dialoge.  —  Er  schrieb  ausserdem  8  Bücher 
gegen  die  Juden,  3  gegen  die  Lateiner,  eine  Abhandlung  über  die  Trinität,  eine  andere  über  die 
Inknniation,  über  die  Ewigkeit  der  Welt  u.  m.  a.  Diese  Schriften  sind  handschriftlich 
vielfach  vorhanden.  —  Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  221  f.  —  Stellen  aus  der  Schrift  gegen 
die  Juden  bei  L.  Allatius,  Contra  Hottingerum,  Rom  1661  S.  187—191,  De  synodo 
PhoÜann  8.  541.  —  Vgl.  Job.  Kantakuzenos,  Histor.,  Migne,  Patr.  gr.  153,  129,  161. 

5.  Von  dem  Protostrator  Phakrases  enthalten  die  codd.  Monac.  554  saec.  16  fol.  125 
bis  140,  Athous  3728  a.  1363  u.  a.  eine  iRnixofjiog  »ata  x6  dvyaroy  i^ijytjat^  .  .  .  diaXe^eag 
f»r  ^e^^aXopucov  r^yogiov  xal  Fgr^yoga  (p^Xoaotpov,  worin  er  für  Palamas  Partei  nimmt. 

4.  Cod.  Monac.  508  saec.  14  fol.  147 — 173  gibt  die  Abhandlung  eines  Matthaeos  JleQl 
fi^c  Seiaf  /cr^iroc  17  negi  rov  ^eiov  (patjogf  auch  im  Sinne  des  Palamas.  Nach  einem  Scholion 
in  der  Hs  war  dieser  Matthaeos  Münch  in  Thessalonike  und  Schüler  eines  Mönches  Isaak,  in 
desBMi  Kloster  er  starb. 

5.  Ein  Glaubensbekenntnis  im  Sinne  der  Hesycbasten  und  andere  Schriften  (ein 
Enkomion  auf  den  Märtyrer  Phokas,  Gebete,  2  Briefe  etc.)  des  Andreas,  x^Q^^V^^'*^^^ 
tmniiyov  Bv^anlov  tov  yi^ßa^fjyov  enthält  der  gleichalterige  Cod.  Monac.  525  saec.  14 
ftd.  96 — 117.  —  üeber  einen  Reisebericht  desselben  vgl.  Krumbacher. 

6.  In  dem  cod.  Monacens.  554  saec.  16  fol.  140—174^  wird  Konstantinos  hiero- 
mo nach 08  vom  Berge  Athos  als  der  Verfasser  der  Schrift  tlegl  i^g  rov  rqrjyoQä  tffsvdo- 
y^tfiag  genannt,  die  in  cod.  Coisl.  100  als  von  Gregorios  Palamas  tag  dno  x^yog  kxiqov 
nTT'pa^ciC  angegeben  vn'rd. 

7.  Einem  Neophytos  Prodromenos  monachos  wird  in  dem  cod.  Patmiac.  428 
9MC.  15  eine  'ArnXoyla  ngog  toy  BaqXadfjL  xal  'Axlv^vyoy  zugeschrieben.  —  Eine  Reihe 
aderer  Schriften  desselben  gegen  Lateiner  und  Barlaamiten  in  cod.  Athous  3728  a.  1363. 

8.  Ein  sonst  unbekannter  Joseph  Kalothetes,  der  auch  zu  den  Hesycbasten  ge- 
kört, wird  von  Nikodemos  Hagiorites  im  18.  Jahrhundert  zitiert.  Vgl.  Ph.  Meyer,  Die 
Atbookldeter,  Zeitschr.  f.  Kirchengescb.  11  (1890)  426  Anm.  2. 

9.  Es  kursierten  auch  anonyme  Schriftstücke  gegen  die  Barlaamiten.  Solche 
b#^n  vor  in  den  codd.  Paris.  1277  c.  14  fol.  1—9,  Monac.  27  saec.  16  fol.  492—99^, 
Xardno.  162-63,  Athous  2524  s.  14,  3728  a.  1368,  3752  s.  15  u.  a.  —  Ueber  Johannes 
Kantnknzenos,  Philotheos,  NeOos  Kabasilas,  Nikolaos  Kabasilas,  Johannes  Bryennios  vgl.  §§  33, 
SS.  36.  40,  69. 

33.  Johannes  VI  Kantakozenos  {^lojdwrjg  KavtaxovCrivog)  1341 — 1355, 
einer  der  hervorragendsten  kaiserlichen  Theologen  von  Byzanz,  spielte  in 


106  BysantiidBohe  liitteratargeBohiohte.    I.  Prosaisohe  liiteratar. 

dem  Hesychastenstreit  die  ausschlaggebende  Rolle.    Noch  als  Kaiser  1q 
er  dem  lateinischen  Patriarchen  von  Konstantinopel,  Paulus,  die  „Blasp 
mien"  von  Barlaam  und  Akindynos  dar.  Seine  zahlreichen  Streitschrifl 
in  dieser  Angelegenheit  stammen  jedoch  aus  der  Zeit  seiner  klösterlid 
Zurückgezogenheit.    Die  umfangreichste  derselben  in  4  Teilen,  wovon  je 
mehrere  Bücher  umfasst,  wendet  sich  gegen  Barlaam  und  Akindynos  seB 
Mehrere    andere    sind  gegen    ihre  Anhänger   Prochoros   Kydones,    lai 
Argyros  und   den  Patriarchen  von  Konstantinopel  Johannes  Kalekas,  > 
er   1347   absetzte,    gerichtet.     Dieselben   sind   noch   alle    unediert.     I 
zweite  Serie   von  polemischen  Schriften  des  kaiserlichen  Mönc 
Joasaph  Christodulos  kämpft  gegen  Juden  und  Mohammedaner.    Die  Str 
Schrift  gegen   die  Juden    umfasst  9  Abhandlungen;    sie  ist  ebenfalls 
ediert.     Die  Apologie    gegen    den   Islam    schrieb    er   für   seinen   Fre 
Achaemenides,  der  sich  vom  Islam  bekehrt  hatte  und  als  Mönch  Mele 
hiess,   als  Antwort  auf  die  Aufforderung  eines  gewissen  Sampsatines 
Meletios,    die  christliche  Religion   wieder  zu  verleugnen.     Sie  zerfallt 
2   Teile  von  je  4  Abschnitten,  wovon  die  4  ersten  die  Hauptlehren 
Christentums  gegen  den  Islam  verteidigen,  während  die  übrigen  die 
surden  Aufstellungen   des   Korans  und   dessen  Widersprüche  beleuch 
auf  Grund   der  Koranübersetzung  des   Predigermönches  Ricardus,   die 
wahrscheinlich  in  der  griechischen  Ausgabe  des  Demetrios  Kydones 
nützte.     Als  theologischer  Polemiker  kann   Johannes  Kantakuzenos  n 
nicht   in    abschliessender   Weise    gewürdigt   werden.    —    Über   sein 
Schichtswerk  vgl.  Krumbacher.   Unter  seinem  Namen  gehen  auch  eil 
kirchliche  Hymnen. 

1.  Ausgaben:  Von  den  theologischen  Werken  ist  nnr  die  Schrift  gegen  den  I 
nach  der  ed.  pr.  von  Basel  1543  bei  Migne,  Patr.  gr.  154,    372—692  gedruckt.    -~ 
erste  Teil  oder  die  4  'AnoXoyiat,  vulgärgnechisch  von  Meletios  Syrigos  in  cod.  Paris. 
A  a.  1635.    Das  Ganze  vulgärgriechisch  in  cod.  Vindob.  Suppl.  Kolar.  32.  —  Die  g] 
Schrift  gegen  Barlaam  und  Akindynos  in  cod.  Laurent,  pl.  8,  8  saec.  14  foll.  379.   Ban( 
Catalogus  1,  342—349  gibt  daraus  die  Vorrede  und  die  Liste  der  zitierten  Autoren.  — 
Schriften  adv.  Isaac.  Argyrum,   ad  Paulum  adv.  Barlaami  et  Akindyni  blaspbemias, 
Judaeos  11.  9  nebst  der  Apologie  gegen  den  Islam    in  cod.  Paris.  1242  foll.  437,   der 
Joasaph  selbst  1370—75  geschrieben  wurde.  —  Wertvolle,  gleichzeitige  Hss  sind  auch 
Paris.  1241  a.  1369  folL  229,  cod.  Marcian.  151  saec.  14  foll.  373  u.  m.  a. 

2.  Hilfsmittel:  Das  eigene  Geschichtswerk  des  Johannes  Kantakuzenos  (vie 
parteilich).  —  Nikephoros  Gregoras  passim.  —  Fabricius,  Bibl.  gr.  7,  787 — 793. 

3.  Ein  grösseres  Work  gegen  Barlaam  und  Akindynos,  von  einem  Mai 
monachos  verfasst,  ist  erhalten  in  cod.  Coisl.  288  saec.  15  foll.  306,  s.  Montfancon, 
Coisl.  S.  404—406.  Es  findet  sich  darin  ein  Brief  an  den  Patriarchen  von  Kpel  Johu 
Kalekas  (1334—47).  Dieser  Markos  ist  sicher  nicht  identisch  mit  Markos  Eugenikos 
Ephesos.  Vielleicht  ist  er  mit  Markos,  Abbas  der  Laura  des  Athanasios  auf  dem  i 
zu  identifizieren,  dem  eine  kleine  Schrift  in  cod.  Vat.  Palat.  101  a.  1373  fol.  15—2 
geschrieben  wird.  Dafür  spricht  ausser  der  Tendenz  der  Schrift  der  Umstand,  dasi 
Cod.  Coisl.  288  der  genannten  Laura  angehörte. 

4.  Der  Nachfolger  des  abgesetzten  Johannes  Kalekas,  der  Patriarch  Isid 
(1347—50),  bekämpfte  Barlaam  und  Akindynos  in  seinem  Testamente.  Edd.  Miklc 
u.  Müller,  Acta  et  diplomata  graoca  1,  287—294  (lückenhaft). 

3i.   Johannes  Kyparissiotes  {^liadvvrfi  KvnaQiaaKjkrjg)  mit  dem 
namen   „der  Weise"  ist  nach  Nikephoros  Gregoras   der  hervorragen 
Gegner  des  Palamas.     Seine  persönlichen  Verhältnisse  sind  uns  g 
lieh  unbekannt.     Es  steht  jedoch  fest,  dass  er  Nikephoros  Gregoras  i 
lebte,  dessen  Tod  eine  seiner  Schriften  voraussetzt.     Seine  Blütezeit 


t  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§§  34—35)  107 

daher  in  das  letzte  Drittel  des  14.  Jahrhunderts  fallen.  Der  cod.  Paris.  1246 
saec.  15  enthält  folgende  Schriften  gegen  Palamas  und  dessen  Anhänger: 
Palamitamm  transgressionum  U.  4,  Adversus  Palamae  tomum  ejusque  novam 
fidem  U.  8,  De  lumine  increato  adversus  Palamam  II.  8,  Contra  Palami- 
tamm apostasiam  11.  3.  Davon  liegen  nur  die  Bücher  1  und  4  der  ersten 
Schrift  im  Drucke  vor.  Damach  war  er  seinen  Oegnem  an  Scharfsinn  und 
Gelehrsamkeit  durchaus  gewachsen.  In  dem  4.  Buch  erwähnt  er  eine 
weitere  Schrift  IleQi  atQäiX€(ov,  zu  der  noch  5  Bücher  gegen  Neilos  Kabasilas 
hinzukommen.  Letztere  ist  auch  in  cod.  Paris.  1246  erhalten.  Nach 
Fabricius  verfasste  er  noch  eine  Schrift  gegen  Palamas,  welche  chrono- 
logisch vor  die  vorhin  genannten  fallen  und  ihnen  insgesamt  an  Umfang 
^eichkonmien  soH.  Die  einzige  Schrift  des  Johannes,  die  (allerdings  nur 
in  lateinischer  Übersetzung)  vollständig  vorliegt,  seine  ''Ex&etxig  aToi%suodrfi 
flTfisrnv  x^eoXoyumv^  bietet  ein  besonderes  Interesse:  es  ist  der  erste  Ver- 
such einer  systematischen  Dogmatik  nach  dem  Muster  der  abend- 
ländischen Scholastik.  Wie  die  Scholastiker,  so  beginnt  Johannes  mit 
der  Aufstellung  von  Axiomen,  Definitionen  und  Einteilungen  der  Theologie 
im  Sinne  von  Gk)ttesiehre.  Er  unterscheidet  eine  mystische  und  eine 
demonstrative  Theologie;  die  demonstrative  zerfallt  in  eine  affirmative  und 
eine  negative.  Die  affirmative  handelt  von  den  göttlichen  Ausgängen  und 
Namen,  die  negative  von  der  Unendlichkeit  Gottes  in  den  Kreaturen  und 
in  sich  selbst,  endlich  von  Gottes  Einfachheit.  Mittelst  weiterer  Unter- 
abteilungen gewinnt^  Johannes  10  Dekaden,  deren  jede  mehrere  Kapitel 
umfasst.  Auf  diese  Ähnlichkeiten  beschränkt  sich  jedoch  die  Nachahmung 
der  Scholastiker;  inhaltlich  besteht  diese  byzantinische  Sunmia  de  Deo  aus 
lauter  Vaterstellen,  die  unter  die  angedeuteten  Gesichtspunkte  gruppiert 
werden.  Die  Hauptautorität  ist  Dionysios  der  Pseudoareopagite;  neben 
ihm  kehren  Athanasios,  die  3  Kappadokier,  Ghrysostomos,  Kyrillos  von 
Alexandrien  und  Johannes  von  Damaskos  am  häufigsten  wieder.  Die  Grenze 
nach  oben  bilden  unechte  Schriften  Justins,  nach  unten  der  Patriarch  von 
Konstantinopel  Nikephoros,  der  fälschlich  als  Theodoros  Graptos  zitiert 
wird,  und  Euthymios  Zigabenos.  Gleichwie  nun  die  formelle  Seite  dieser 
Schrift  den  Einfluss  der  abendländischen  Theologie  auf  die  byzantinische 
bekundet,  so  lässt  sie  auch  durch  den  Mangel  selbständiger  Forschung, 
durch  das  Sichzufriedengeben  mit  den  Aussprüchen  der  Väter  den  weiten 
Abstand  zwischen  beiden  deutlich  erkennen  und  bildet  somit  ein  wichtiges 
Vergleichungsobjekt  für  die  Geschichte  der  mittelalterlichen  Theologie. 

1.  Aasgaben:  Bach  1  and  4  rcJy  naXttfiinxiov  nagaßäaetay  ed.  pr.  Fr.  Gombefis, 
AocUriiim  noTiBsimam  2  (1672)  68—105;  wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  152,  664-737. 

-  Die  "Eä^wk  ed.  lat.  Fr.  Tarrianns,  Rom  1581;  wiederholt  bei  Migne  a.  a  0.  741-992. 

—  Seine   Schrift  üegi  algicerny  erwähnt  Johannes  in   den   2  angegebenen  Schriften,   bei 
Migne  a.  a.  0.  721,  785. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricias,  Bibl.  gr.  11,  507-12.  —  Einiges  über  seine  Lehre  von 
der  Kirche  bei  J.  Langen,  Revae  intemat.  de  th^ol.  3  (1895)  300—303. 

36.  Philotheos  {(^do^sog)  mit  dem  Beinamen  Koxxivog,  Patriarch  von 
Konstantinopel,  war  im  Gegensatz  zu  Johannes  Kyparissiotes  ein  eifriger 
Anhänger  des  Gregorios  Palamas,  dem  er  eine  Lebensbeschreibung  widmete. 
&  war   Vorstand  einer  "^Laura   auf  dem  Berge  Athos,    wurde   nachher 


108  BysaaüniBclie  LitteratorgeBohichte.    I.  PrcMiaiMolie  liUeratnr. 

Bischof  von  Heraklea  in  Thrakien  und  bestieg  unter  Johannes  Kantakuzei 
den  Patriarchalstuhl  von  Konstantinopel  (1353).  Vertrieben  durch 
Restauration  der  Paläologen,  wurde  er  1364  in  seine  fiühere  Wtt 
wieder  eingesetzt,  die  er  bis  1375  inne  hatte.  Er  starb  1379.  S€ 
litterarische  Thätigkeit  bewegte  sich  auf  verschiedenen  theologischen  i 
bieten.  Sein  Hauptwerk  ist  eine  Streitschrift  gegen  Nikepho] 
Gregoras  in  12  Büchern,  mit  denen  3  weitere  Abhandlungen,  die  Philoth 
früher  an  einen  Grossdomestikos  gerichtet  hatte,  vereinigt  wurden, 
kehren  hier  die  Ausführungen  über  den  Unterschied  der  göttlichen  Wea 
heit  von  der  göttlichen  Wirksamkeit  und  über  die  ünerschaffenheit 
göttliches  Lichtes  zurück,  welche  die  Schriften  der  Hesychastenfreuj 
füllen.  Philotheos  wiederholt  auch  die  Anklagen  auf  Arianismus  und 
übrigen  Verdächtigungen  gegen  die  Barlaamiten.  Endlich  werden  ai 
dieselben  Väterstellen  besprochen,  welche  den  Zankapfel  zwischen  < 
zwei  Parteien  bildeten.  An  diese  Hauptschrift  reihen  sich  an:  eine  Wii 
legung  von  14  Kapiteln  des  Barlaam  und  des  Akindynos,  zwei  ^oyot  i 
(lanxoC  gegen  Akindynos,  die  er  als  Bischof  von  Heraklea  verfasste,  \ 
die  sich  über  das  göttliche  Licht  auf  dem  Thabor  verbreiten,  eine  läng 
Glaubenserklärung  aus  dem  Jahre  1352,  endlich  eine  Streitschrift  gei 
einen  gewissen  Petriotes,  Anhänger  von  Barlaam.  Ausser  dem  ers 
Werke  sind  alle  diese  Schriften  unediert.  In  mehreren  Hss  wird  ihm  a 
eine  Homiliensammlung  auf  alle  Sonntage  des  Kirchenjahres  zugesch 
ben,  aus  der  nur  einige  veröffentlicht  sind.  Auf  dem  Gebiete  der  Exeg< 
liegt  eine  Abhandlung  über  die  Beschneidung  und  die  Erklärung  ei 
Stelle  des  Buches  der  Weisheit,  auf  dem  der  Liturgik  eine  Anleiti 
über  die  Dienste  des  Diakons  bei  der  hl.  Messe  und  den  Gottesdienst  ül 
haupt,  auf  dem  des  kanonischen  Rechtes  eine  kleine  Abhandlung  gOi 
Harmenopulos  zum  Erweise,  dass  die  Exkommunikation  wegen  politisc 
Empörung  nicht  gültig  sei.  Weitere  unedierte  Schriften  sind:  c 
Rede  über  die  Einnahme  von  Heraklea  durch  die  Genuesen  im  Jahre  1\ 
und  ein  Trostbrief  an  die  Diöcesanen,  als  sie  aus  der  Stadt  flüchtet 
eine  Schrift  gegen  die  Lateiner,  einige  asketische  Schriften  und  ein 
liturgische  Gesänge.     Über  Philotheos  als  Hagiographen  vgl.  §  90. 

1.  Ausgaben:  Die  15  Bücher  gegen  Nikephoros  Gregoras  ed.  pr.  Dositlieos,  7« 
«>o7fiyf,  Jassy  1698  S.  1-239;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  151,  773-1186.  — 
die  übrigen  Streitschriften  gegen  die  Barlaamiten  vgl.  u.  a.  cod.  Monac.  505  saec.  14 
2v_8v,  cod.  Monac.  508  saec.  14  fol.  55-145^,  cod.  Paris.  1276  saec.  15,  cod.  Coisl. 
a.  1445.  —  Eine  Schrift  gegen  die  Lateiner  in  cod.  Taurin.  151  s.  16  fol.  146—49.  —  Ei 
Homilien  nach  früheren  Drucken  bei  Migne,  Patr.  gr.  154,  720—729,  768-820.  —  ] 
grössere  Anzahl  edd.  Eonst.  Triantafillis  u.  Alb.  Grapputo,  Anecd.  gr.  1,  Venedig  1 
—  Die  Jidia^ig  xijq  legodiaxoyiag  bei  Migne  a.  a.  0.  745—765.  Eine  umfangreiche  Jiat 
xfjs  XeiTovgyias  in  cod.  Athous  2175  a.  1545  foll.  162.  —  Die  Vita  Palamae  bei  Mig 
Patr.  gr.  151,  551—656.  —  Eine  vulgärgriechische  Uebersetzung  derselben  in  cod.  Ati 
2120  s.  18.  —  Die  Detestatio  anathematismorum  gegen  Harmenopulos  bei  Migne,  I 
gr.  154,  821-825.  —  Eine  grosse  Anzahl  seiner  Patriarchalerlasse  edd.  Miklosich  u.  Mfll 
Acta  et  diplomata  graeca  medii  aevi  1  (Wien  1860)  295  ff.,  448  ff. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  11.  513  —  518.  —  C.  Oudin,  Comm. 
Script,  ecci.  3,  1049—59.  —  Fr.  J.  Stein,  Studien  über  die  Hesychasten,  Wien  1 
S.  178—183.  —  Einige  Nachrichten  zum  Leben  geben  Nik.  Gregoras  u.  Job.  Eantakuze 

3.  Zu  unterscheiden  von  dem  Patriarchen  Philotheos  ist  ein  gleichnamiger  Mö 
des  Marienklosters  rtjs  Bdtov  auf  der  Sinaihalbinsel,  dem  handschriftlich,  z.  B.  in 


1 

f 


L  Theologie.    A.  Dogmaük  und  Polemik.    (§  36)  109 

Vatic.  650,  cod.  Paris.  1091  saec.  14  u.  a.,  mehrere  asketische  Abhandlungen  zage- 
Mbriebeo  werden.  Gedruckt  ist  davon  nur  eine,  Ilegl  ruiv  ivroXtSv  tov  xvglov  ^fjuov  bei 
P.  PoBsinus,  Thesaurus  asceticus,  Paris  1684  S.  316  ff.;  wiederholt  beiMigne,  Patr.  gr. 
164,  729—745.  Migne,  Patr.  gr.  98,  1369  f.  gibt  auch  den  Anfang  einer  weiteren  aske- 
tisch en  Schrift  —  Dieser  PhiloÜieos  ist  älter  als  der  Patriarch;  denn  er  wird  schon  von 
Oreigorioe  Sinaites  (§  68)  erwähnt.  Da  aber  der  Patriarch  auch  asketische  Schriften  ver- 
ÜMBte,  8o  erklärt  sich  die  Identifizierung  beider  z.  B.  bei  Fr.  J.  Stein,  Studien  über  die 
Hesychasten,  Wien  1873  S.  178.  Auch  dürfte  es  schwierig  sein,  das  Eigentum  beider  fest- 
xistellen.  Doch  gehören  dem  Patriarchen  mit  Sicherheit  z.  B.  3  Abhandlungen  über  die 
8  Seligkeiten  in  codd.  Ambros.  D.  29  sup.  Vindob.  theol.  265  fol.  21—60^,  die  an  Helena, 
die  Tochter  des  Johannes  Kantakuzenos,  gerichtet  sind. 

4.  Anhänger  des  Philotheos  war  Neilos,  Erzbischof  von  Rhodos  (f  nach  1379),  der 
dae  ebenso  fruchtbare  als  vielseitige  schriftstellerische  Thätigkeit  entwickelte  auf  dog- 
■aüschem,  exegetischem,  hagiographischem  und  profanem  Gebiete.  Vier  seiner  theologischen 
Schriften,  ein  Lebensbild  der  hl.  Matrona  von  Ghios  und  3  Homilien  ed.  pr.  Arsenij, 
Meekea  1891.  Vgl.  das  Referat  von  E.  Eurtz,  B.  Z.  4  (1895)  370—73.  Er  verdient 
«Bgehender  gewürdigt  zu  werden.  —  Für  die  profanen  Schriften  vgl.  Krumb  acher. 

36.   Neilos  Eabasilas  {NstXog  Kaßdadaq),  der  Oheim  des  berühmten 
Mystikers  Nikolaos  Eabasilas,  folgte  Gregorios  Palamas  um  das  Jahr  1360 
ils  Metropolit  von  Thessalonike  nach.    Er  stand  im  Hesychastenstreit  auf 
der  Seite  des  Palamas  und  verfasste  nach  dem  Zeugnis  seines  Nachfolgers 
Sjnmeon  gegen  Barlaam  und  Akindynos  eine  Streitschrift,  die  in  einem  cod. 
VaOicell.  erhalten  ist.   Gegen  diese  waren  wohl  die  5  Bücher  des  Johannes 
Ejparissiotes  adv.   Nilum  Eabasilam   gerichtet.     In  erheblicherem  Masse 
beteiligte  sich  Neilos  an  der  Kontroverse  gegen  die  Lateiner  und  wurde 
deshalb  von  den  Gegnern  der  Union  auf  dem  Konzil  von  Florenz  als  eine  ihrer 
Autoritäten  gerühmt.     Drei  Schriften,  über  die  Ursachen  des  Unftiedens 
zwischen  Rom   und  Byzanz,  über  den  Primat  des  Papstes  und  über  das 
Fegfeuer  liegen  von  ihm  im  Drucke  vor.    In  den  zwei  ersten  nimmt  Neilos 
eine  schroffe  Stellung  ein;  die  hauptsächlichste  Ursache  der  Trennung  er- 
blickt er  in  der  Weigerung  des  Papstes,  die  Streitfragen  der  alten  Praxis 
gemäss   durch  eine  ökumenische  Synode  entscheiden  zu  lassen.     Nachher 
streitet  er  aber  dem  Papst  das  Recht  ab,  allgemeine  Synoden  zu  berufen 
und  stützt  sich  dabei  auf  die  Akten  der  6  ersten  Konzilien.    Drei  grössere 
Schriften    speziell   über    den  Ausgang   des  hl.  Geistes   sind  unediert. 
Wie   aus   den  Hss  z.  B.   aus  cod.  Monac.   28   saec.   16  fol.  21 — 266   er- 
sichtlich ist,  hängen  dieselben  innerlich  zusammen  und  stellen  sich  als  ein 
systematisches   Corpus   doctrinae   gegen   die   Lateiner   dar.     Neilos    stellt 
zuerst  die  Prinzipien  auf,  die  in  der  Disputation  mit  den  Lateinern  zu  be- 
obachten  seien,  sucht  dann  die  These  vom  Ausgang  des  hl.  Geistes  aus 
dem  Vater  in  5  Büchern  unter  Zugrundelegung  der  chronologischen  Reihen- 
folge der  allgemeinen  Synoden  zu  beweisen  und  bespricht  endlich  49  Bqo- 
laaug  v(ov  Aavhtov^  denen  er  einer  nach  der  anderen  eine  Xvaiq  entgegen- 
hält.    Dieser  3.  Teil  ist  der  umfangreichste.    Diese  Schrift  wird  auch  den 
Rohm  des  Neilos  bei  seinen  späteren  Gesinnungsgenossen  in  erster  Linie 
begründet  haben.    Sein  Neffe  Nikolaos  Kabasilas  scheint  sie  herausgegeben 
ZQ  haben;    wenigstens   schrieb    dieser   eine  Einleitung    dazu.     Demetrios 
Kydones  trat  für  die  Lateiner  ein  und  nahm  insbesondere  Thomas  von 
Aqoioo  gegen  Neilos  in  Schutz,  während  ein  zweiter  Zeitgenosse,  Demetrios 
Chrysoloras,  einen  Auszug  aus  der  genannten  Schrift  des  Neilos  veranstaltete 
md   die   Gegenschrift  des  Demetrios  Kyäones  seinerseits   zu  widerlegen 


110  BysaniiniBolie  Litteraiurgeaohiohte.    I.  ProMdsohe  litteraiur. 

suchte.  Im  17.  Jahrhundert  wurde  der  Schrift  des  Neilos  über  den  r5i 
sehen  Primat  von  Johannes  Matthaeos  Earyophilles,  Erzbischof  von  Ikon^ 
eine  Widerlegung  in  neugriechischer  Sprache  entgegengesetzt. 

1.  Ausgaben:  Zwei  Schriften  gegen  die  Lateiner  bei  Migne,  Patr.  gr.  149, 684 — ^ 
—  Ueber  frühere  Ausgaben  vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  10,  23  f.  —  Die  Schrift  Aber  das  ] 
feuer  ed.  pr.  B.  Vulcanius,  Leiden  1595.  Sie  fehlt  bei  Migne.  —  Die  Gegenschrift 
Job.  Matthaeos  Earyophilles  erschien  Paris  1626;  wiederholt  bei  Migne  a.  a.  0.  729 — ( 
--  Die  Einleitung  des  Nikolaos  Eabasilas  zu  den  unedierten  Schriften  ed.  A.  Dem  et 
kopulos,  *0q&,  '^Idg  S.  78—80.  —  Demetrakopulos  a.  a.  0.  S.  80  erwähnt  eine  slaviti 
Uebersetzung  der  Schriften  des  Neiloa  —  Einen  Brief  des  Neilos  ed.  Chr.  F.  Matthi 
Dresden  1789  (mir  unzugänglich).  —  Weitere  Briefe  an  Demetrios  Chrysoloras,  Demet 
und  Frochoros  Eydones  liegen  vor  in  cod.  Vatic.  632.  —  Hss  des  Neilos  sind  nicht  aelt 

2.  Hilfsmittel:   Fabricius  a.  a.  0.   20—24.   —   A.   Demetrakopulos  a.  a. 
76—80.  —  L.  Allatiue,  Diatriba  de  Nilis  bei  Fabricius,  Bibl.  gr.  10,  20—35. 

3.  Demetrios  Ghrysoloras,  ein  Vertrauter  des  Kaisers  Manuel  Palaeolo 
(1391—1425),  an  den  er  100  kleine  Briefe  schrieb  (cod.  Paris.  1191  saec.  15  foL  39''-45),  hin 
Hess  ausser  der  oben  angedeuteten  Schrift  noch  zwei  Dialoge  gegen  die  Lateiner,  mehi 
Reden  auf  Feste  des  Herrn,  Maria  und  auf  den  hl.  Demetrios  (8  Reden  in  dem  cod. 
corial.  161  saec.  15  fol.  1—107^;  eine  9.  in  cod.  Laurent,  pl.  10,  31  saec.  15  foL  139-1 
Gedruckt  ist  seine  Disputation  mit  Antonio  von  Ascoli  vor  dem  Kaiser  Manuel  über 
Wort  Christi:  Es  wäre  besser,  wenn  dieser  Mensch  nicht  geboren  wäre,  ed.  lat.  G.  Trom 
Florenz  1618  (mir  unzugänglich).  —  VgL  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  411  —  13.  —  A.  ] 
metrakopulos,  'Oq&,  EXXds  S.  87.  —  Ein  aus  dem  18.  Jahrhundert  herrührendes  } 
zeichnis  von  Schriften  des  Demetrios  ed.  Sp.  Lampros,  B.  Z.  3  (1894)  600  f.  Lami 
selbst  hat  die  Frage  nach  dem  Umfang  der  Schriftstellerei  des  Demetrios  wenig  gefftrtd 

4.  Die  übrigen  gleichzeitigen  Polemiker  gegen  die  Lateiner.  Die  Polei 
gegen  die  Lateiner  wurde  auch  im  14.  Jahrhundert  von  zahlreichen  Theologen  geführt, 
sich  am  Hesychastenstreit  nicht  oder  wenig  beteiligten.  Ausser  dem  Kirchenhistoriker  Ni 
phoros  Kallistos  Xanthopulos,  dem  Rhetor  Nikephoros  Ghumnos,  dem  Ki 
nisten  Matthaeos  ßlastares,  dem  Mystiker  Nikolaos  Kabasilas,  die  durch  i 
anderweitige  litterarische  Thätigkeit  bekannter  sind,  kommen  folgende  Namen  in  Betrai 
Michael  Bryennios,  Gregorios  Strongulos,  Arsenios  Studites,  Anthim 
Erzbischof  von  Bulgarien,  Johannes  Saites  und  Neilos  Damylas,  deren  einschläj 
Schriften  sämtlich  unediert  sind.  Vgl.  A.  Demetrakopulos,  *0q&.  "EXXdg  S.  68— 
Nur  von  der  '^eyx^^  ^^^  nXä^^g  xüiy  Aaxlvtav  betitelten  Schrift  des  Matthaeos  Blasti 
finden  sich  einige  Fragmente  bei  Dositheos,  Tofiog  xarriXkay^g,  Jassy  1698  S.  441 — 455 
Matthaeos  Blastares  gehören  wohl  auch  die  unter  dem  Namen  eines  Matthaeos  Hie 
monachos  überlieferten  5  Bücher  gegen  die  Juden  zu,  eher  als  Matthaeos  Kantakuzei 
In  cod.  Bodl.  Seid.  44  saec.  14  fol.  100  —  197  stehen  sie  bei  den  übrigen  Schriften 
Matthaeos  Blastares  gegen  die  Lateiner.  —  Unter  dem  Namen  eines  Matthaeos  hiero 
nachos  stehen  auch  Schriften  gegen  Barlaam  in  cod.  Athens  3701  s.  15.  —  Mehrere 
genannten  haben  noch  andere  theologische  Schriften  verfasst,  so  Nikephoros  Kallistos  Xan 
pulos,  Nikephoros  Ghumnos  (z.  B.  cod.  Paris.  2105  saec.  14,  wo  ihm  Homilien,  ex« 
tische  und  asketische  Abhandlungen  zugeschrieben  werden,  davon  einiges  bei  Migne,  I 
gr.  140,  1452—1465,  1497—1525),  Arsenios  Studites  (in  cod.  Escor.  320  saec.  15 
103—147  Briefe  und  Opuscula  gegen  Palamas),  Johannes  Saites  (in  cod.  Vindob.  th 
295  zwei  Dialoge  gegen  die  Juden)  und  Neilos  Damylas  (vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  10 
und  B.  Z.  1  (1892)  354).  Auf  eine  vollständige  Aufzählung  dieser  unedierten  Schri 
muss  hier  verzichtet  werden. 

37.  Manuel  Ealekas  {Mavovijl  Kalexag)  stammte  aus  einer  i 
gesehenen  Familie  von  Eonstantinopel,  aus  der  auch  der  frühere  Patria 
Johannes  Kalekas  (1334 — 47)  hervorgegangen  war.  Er  trat  in  < 
Dominikanerkloster  in  Pera  ein  und  starb  1410  in  Mitylene.  Man 
ist  neben  Andreas  von  Eolossos  der  letzte  Theologe,  der  noch  eini 
gegen  Palamas  und  die  Hesychasten  auftrat.  Seine  Schrift  Jlcgi  ovo 
xai  ivsQyeiag  wiederholt  die  Argumente  seiner  Vorgänger,  denen  er 
in  die  einzelnen  Väterzitate  folgt.  In  der  ewigen  Eontroverse  über  ( 
Ausgang  des  hl.  Geistes  gehörte  er  zu  den  Anhängern  der  Lateii 
und  legte  seine  Ansichten  in  einer  grösseren  Schrift  dar,  deren  4  Bücl 


1  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§§  87—88)  Hl 

Nachweis  verfolgen,  dass  die  grossen  Theologen  des  4.  und  5.  Jahr- 
iderts  im  Orient  und  Occident  in  diesem  Lehrpunkte  übereinstinmiten. 
kennt  mehr  lateinische  Väter  als  seine  früheren  Gesinnungsgenossen; 
en  Augustinus  zitiert  er  Hilarius,  Hieronymus,  Leo  I,  Gregor  I  und 
gor  X.  Eine  dritte  HauQtschrift  Manuels  ist  eine  byzantinische 
gmatik  in  10  Abschnitten,  worin  die  Gotteslehre,  Trinität,  Inkarnation, 
ramentenlehre  und  Eschatologie  zur  Darstellung  gelangen.  Von  der 
chartigen  Schrift  des  Johannes  Eyparissiotes  unterscheidet  sie  sich  be- 
ders  durch  selbständigere  Arbeit  und  die  Vermeidung  einer  rein  mecha- 
.'hen  Verknüpfung  der  Lehrsätze.  Der  Einfluss  der  abendländischen 
lolastik  macht  sich  durch  die  ganze  Schrift  geltend,  insbesondere  im 
X  7,  welches  die  Menschwerdung  vom  Standpunkte  der  Vernunft  aus  be- 
.^htet.    hn  wesentlichen  verleugnet  aber  Manuels'  Dogmatik  den  Charakter 

byzantinischen  Theologie  nicht;  die  Väter  stehen  immer  im  Vorder- 
md,  und  am  Schlüsse  erklärt  Manuel  ausdrücklich^  dass  er  keine  eigene 
^kulationen  vorgelegt,  sondern  nur,  was  er  aus  der  hl.  Schrift  und  den 
tem  gelernt  habe.  Die  Darstellung  ist  klar,  einfach,  übersichtlich 
i  zweckentsprechend.  Ausser  diesen  Schriften  werden  Manuel  noch  ein 
»sseres  Werk  JIcqI  tijg  äyfag  TQidSogy  Aoyot  ^eoXoyixofy  eine  Abhandlung 
T  die  Beschneidung,  eine  Rede  auf  den  Erzmärtyrer  Stephanos  und 
brere  Briefe  handschriftlich  beigelegt. 

1.  Ausgaben:  Die  8  veröffentlicbten  Schriften  nach  Drucken  von  P.  Stevarfc  und 
ibefis   bei  Migne,   Patr.  gr.  152,  13—661.   —   Die  vier  Bücher  ^egen   die   Griechen 

in  der  lateinischen  Uebersetzung  des  Ambrosius  Camaldulensis.  Der  griechische 
t  ist  handschriftlich  mehrfach  vorhanden,  z.  B.  in  cod.  Monac.  261.  Hieraus  eine  längere 
le  bei  y.  Loch,  Das  Dogma  der  griechischen  Kirche  vom  Purgatorium,  Regensbui^  1842 
^4— 43.  —  Eine  Uebersetzung  der  Schrift  De  Trinitate  des  Boethius  wird  ihm  in  cod. 
rin.  161  s.  15  fol.  55—61^  beigelegt 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  453—455.  —  L.  Allst ius,  De  perp.  con- 
»ione  S.  855  f.  —  Quetif  et  Echard,  Scriptores  ordinis  Praedicatorum  1  (Paris  1719) 

-720. 

3.  In  dem  cod.  Paris.  1277  saeo.  14  fol.  196^—199  ist  ein  Compendium  dogmatum 
>logioonim  et  philosophicorum  unter  dem  Namen  eines  Mönches  Johannes  Kapos 
alten,  der  vielleicht  in  diese  Zeit  gehört. 

38.  Mannel  11  Palaeologos  {Mavovrjl  JlaXmoXoyog)  1391 — 1425, 
er  der  gewandtesten  Stilisten  und  Dialektiker  des  hinsterbenden  Byzanz, 
ichte  auch  der  Theologie  ein  intensives  Interesse  entgegen  und  verfasste 
hrere  theologische  Schriften.  Auf  seiner  Reise  nach  dem  Abendlande 
rde  ihm  in  Frankreich  eine  Abhandlung  über  den  Ausgang  des  hl.  Geistes 
gebändigt,  die  er  in  157  Kapiteln  beantwortete.  Beide  Schriften  sind 
:'h  unediert.  Umfangreicher  und  bedeutsamer  ist  sein  JidXoyog  neqi  tijg 
(•  XQttmavm'  x^qrflxelag  nqog  uva  üäQtfrjV  in  26  Gesprächen:  die  grösste 
zantinische  Apologie  gegen  den  Islam.  Sie  beruht  auf  den 
ligionsgesprächen,  die  Manuel  mit  einem  türkischen  Muterizis  in 
kyra  pflog,  als  er  mit  einer  Hilfstruppe  an  dem  Kriege  des  Bajazet 
?en  einen  Emir  teilnahm  (1390).  Er  scheint  die  einzelnen  Konferenzen 
ich  schriftlich  fixiert  zu  haben,  da  noch  Andeutungen  über  ganz  spezielle 
istände  in  dem  Dialoge  vorkommen.  Die  Redaktion  der  seinem  Bruder 
eodoros,  Despoten  des  Peloponnesos  (f  1407),  gewidmeten  Schrift  ge- 
lah  jedoch  später:  Manuel  wollte  darin  nur  eine  Auswahl  der  \>ed^\x\r 


112  Bysantinkohe  Lüteraturgeaohichie.    L  Prosaiaohe  Litterattir. 

sameren  Ausführungen  des  Muterizis  und  seiner  eigenen  bieten.  Von  deu 
26  Dialogen  sind  nur  die  2  ersten  veröffentlicht.  Sie  handeln  von  den 
Engeln,  der  Menschenseele,  Himmel  und  Erde,  von  dem  Falle  Adams  und 
dem  Paradiese  Mohammeds.  Die  weiteren  haben  folgenden  Inhalt:  Die 
Tierseele,  die  kriegerischen  Erfolge  des  Islam,  Moses*  Superiorität  übei 
Mohammed,  die  Überlegenheit  der  sittlichen  Vorschriften  des  Christentums, 
Vorsehung  und  Praedestination.  Vom  12.  Dialoge  an  werden  die  Haupt- 
lehren des  Christentums,  Dreifaltigkeit,  Bilderkult,  Erlösung,  Sendung  dei 
Apostel,  Eucharistie  und  die  reale  Gegenwart  Christi  besprochen.  Diese 
Reihenfolge,  die  kein  System  verrät,  ergab  sich  offenbar  aus  dem  leben- 
digen Fluss  der  Rede.  Der  Gegner  ist  dem  Christentum  von  vornherein 
günstig  gesinnt  und  seine  Einwände  sind  nicht  sehr  gefährlich.  Doch  wir^ 
er  nicht  zur  blossen  Kunstfigur,  wie  das  in  so  vielen  Dialogen  der  Byzan- 
tiner der  Fall  ist;  denn  Manuel  gesteht,  dass  er  den  Muterizis  zur  An- 
nahme des  Christentums  nicht  bewegen  konnte.  Die  Entstehungsweis< 
des  Dialoges  Hess  eine  direkte  Abhängigkeit  Manuels  von  seinen  Von 
gängern  nicht  zu;  doch  kannte  er  sie  und  verweist  insbesondere  auf  di< 
Schrift  seines  Grossvaters  Johannes  Eantakuzenos.  Aus  der  Zeit  seinei 
Aufenthaltes  in  dem  Kloster  trjg  JlsQißXtnvov  (nach  1421)  mögen  di< 
geistlichen  Reden  auf  Feste  Christi,  Maria  und  anderer  Heiligen 
2  Morgengebete  und  ein  durch  Einfachheit  und  wahre  Empfindung  her- 
vorragendes Kirchenlied  stanmien.     Vgl.  Krumbacher. 

1.  A  asgaben:  Die  2  Gespräche  des  Dialoges  ed.  pr.  C.  B.  Hase,  Not.  et  extr.  8  (1810 
2»  309—382;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  156,  126-173.  —  Vollständige  Hss:  cod 
Paris.  1253  saec.  16  foU.  514,  cod.  Goisl.  130saec.  16  foll.  216,  cod.  Ambros.  L.  74  snp 
saec.  15  u.  a.  —  Von  den  Homilien  ist  nur  eine,  In  donnitionem  Deiparae,  bei  Mign« 
a.  a.  0.  91—108  gedruckt.  —  Die  2  Morgengebete  und  das  Kirchenlied  ebenda  564 — 573 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  617—620.  —  Berger  de  Xivrey 
Memoire  sur  la  vie  et  les  ouvrages  de  Tempereur  Manuel  Pal^ologue.  M^moires  de  Tln 
stitut  de  France.    Acad^mie  des  inscriptions  et  belles-lettres  19  (1853)  2,  1—201. 

39.  Symeon  {2v(X€(iv),  Erzbischof  von  Thessalonike  (1410 — 1429) 
ist  ein  vollendeter  Typus  jener  Richtung  in  der  byzantinischen  Thea 
logie,  welche  sich  selbst  von  dem  geringen  Masse  von  Forschung  un< 
Spekulation  fernhielt,  das  mit  jeder  Apologetik  und  Polemik  verbunden  ist 
und  sich  auf  die  Erklärung  des  Überlieferten  beschränkte.  Sein  Haupt 
werk  ist  eine  Darstellung  der  Glaubenslehre,  der  mystischen  und  litur 
gischen  Riten  der  griechischen  Kirche  in  der  Form  eines  Dialoges  zwi 
sehen  ihm  als  aQxieQsvg  und  einem  xXrjQixog.  Diese  Form  ist  jedoch  reii 
äusserlich  und  ohne  alles  litterarische  Geschick  nur  zu  dem  Zwecke  an 
gewandt,  um  bei  dem  vielgestaltigen  Inhalt  der  Schrift  den  Übergang  voi 
einem  Punkt  zum  anderen  zu  erleichtern.  Die  Glaubenslehre  wird  an 
kürzesten  behandelt;  es  ist  nur  eine  Zusammenstellung  von  Häresien,  unte 
denen  die  der  Barlaamiten  und  Lateiner  nicht  fehlen  (Kap.  1 — 32).  Um 
fangreicher  ist  der  Abschnitt  über  die  Mysterien  (Kap.  33—293).  Symeoi 
erklärt  hier  den  symbolischen  Sinn  aller  Zeremonien,  welche  der  o^iell 
Gottesdienst  seiner  Zeit  umfasste.  Für  die  Kenntnis  der  historischen  Ent 
Wicklung  bietet  er  aber  sehr  wenig.  Interessant  sind  die  AusfÜhrungei 
über  die  kirclilichen  Gebete,  insbesondere  das  Stundengebet  (Kap.  294  bi 
SSP/    Den  SchluBs  bildet  die  Erklärung  des  BegräLbmsdtua.    Einß  zweit- 


t  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§§  89>-40)  113 

Schrift,  für  fromme  Gläubigen  auf  Kreta  bestimmt,  ist  rein  liturgischen 
Inhaltes  und  ein  Auszug  aus  den  betreffenden  Abschnitten  der  grösseren. 
Drei  kleinere  Abhandlungen  haben  das  nikänische  Olaubenssymbol  zum 
Gegenstand.  Ähnlich  wie  Anastasios  Sinaites,  Maximos,  Photios  schrieb 
Svmeon  auch  Quaestiones  et  responsiones  auf  die  Anregung  des 
Bisehofes  Oabriel  von  Pentapolis.  Die  83  Antworten  bewegen  sich  auf 
dem  exegetischen,  dogmatischen  und  vornehmlich  auf  dem  liturgischen 
ixebiet^.  Eine  letzte  Schrift  an  einen  Mönch,  der  zum  Priester  geweiht 
worden  war,  behandelt  die  Würde  und  die  Pflichten  des  Priestertums. 
Svmeon  stellt  sich  somit  als  der  letzte  Vertreter  der  mystagogischen  Theo- 
logie dar. 

1.  Ausgaben:  Eine  Gesamtausgabe  yeranstaltete  Dositheos,  Jassy  1683;  abge- 
druckt bei  lligne,  Patr.  gr.  155,  25—1004  mit  einem  umfangreichen  Index.  —  Es  fehlen 
darin  Gebete  und  andere  kleinere  Schriften,  z.  B.  2  Briefe  an  die  Kirchen  seines  Sprengeis, 
in  cod.  Athens  3724  s.  15,  die  in  den  Hss  unter  dem  Namen  Sjmeons  gehen.  —  Eine  neu- 
griechische Ausgabe  erschien  in  Venedig  1791  und  ist  wiederholt  nachgedruckt  worden. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  328—334.  -  L.  Allatius,  Diatriba  de 
.^rmeonibus,  Paris  1664  S.  185 — 194.  —  M.  Sokolov,  Symeon,  der  Erzbisch,  v.  Thessalon., 
<'tenija  in  der  Gesellschaft  der  Freunde  religiöser  Bildung  1894,  518—558.  Notiert  in  B. 
Z.  4  (1895)  393. 

40.  Die  Polemik  gegen  die  Lateiner  erreichte  ihren  Höhepunkt  in 
dem  letzten  halben  Jahrhundert,  das  dem  byzantinischen  Reiche  beschie- 
den war.  Je  mehr  die  Kaiser  die  Unmöglichkeit  einsahen,  ihr  Reich  ohne 
die  Hilfe  des  Abendlandes  vor  dem  Halbmond  zu  schützen,  desto  fieber- 
hafter gestaltete  sich  die  litterarische  Thätigkeit  der  byzantinischen  Theo- 
logen zur  Verteidigung  der  Eigentümlichkeiten  ihrer  Kirchenlehre  und 
Kirchendisziplin,  deren  Verlust  sie  von  der  Union  mit  der  lateinischen  Kirche 
befürchteten.  Unter  diesen  Umständen  fand  die  romfreUndliche  Richtung 
am  Anfang  des  15.  Jahrhunderts  nur  noch  wenige  Vertreter.  Neben  Manuel 
Kalekas  kennen  wir  nur  Maximos  Chrysoberges,  Manuel  Chrysoloras 
und  Esaias  Kyprios.  Der  erste,  ein  sonst  unbekannter  Mönch,  beschrieb  die 
Kontroverse  über  den  hl.  Geist  mit  besonderer  Beachtung  der  Vorgänge 
anter  Photios  und  unter  Berufung  auf  einige  Stellen  bei  Athanasios,  Basilios 
und  Kyrillos  von  Alexandrien,  in  denen  er  die  Lehre  der  Lateiner  er- 
blickte. Manuel  Chrysoloras  wurde  von  Johannes  Vlll  Palaeologos  nach  dem 
Abendlande  geschickt,  um  Hilfe  für  Byzanz  zu  erflehen;  er  nahm  bleibenden 
Aufenthalt  in  Italien,  wo  er  als  einer  der  ersten  Vertreter  des  Humanis- 
mus thätig  war.  Seine  2  Abhandlungen  für  die  Lateiner  sind  noch  un- 
ediert.  Esaias  Kyprios  verfolgte  dieselbe  Tendenz  in  einer  kurzen  Ab- 
handlung an  einen  gewissen  Nikolaos  Sklengias.  Alle  übrigen  Theologen 
polemisieren  gegen  die  Lateiner.  Ähnlich  wie  bei  ihren  Vorgängern  liegen 
auch  hier  nur  von  dem  kleineren  Teile  Schriften  im  Druck  vor.  Der  be- 
deutendste unter  ihnen  ist  Joseph  Bryennios,  Mönch  des  Klosters  Studien, 
der  Lehrer  des  Markos  Eugenikos,  der  auch  auf  anderen  theologischen 
liebieten  thätig  war.  Auch  von  Makarios,  dem  Metropoliten  von  Ankyra, 
Xakarios  Makros,  der  zuerst  auf  dem  Athos  und  später  in  dem  Kloster 
tw  nav%oxQcttoQoq  in  Konstantinopel  Mönch  war,  und  einem  anderen  Mönche 
Namens  Lazaros  ist  je  eine  Schrift  durch  den  Druck  bekannt.  Unediert 
änd  hin^e^en  die  polemischen  Schriften  des  oben  genannten  l^iko\ao^ 

der  kiMm.  Altertumgwtmeaacbail  IX,    1,  AbÜg,    9,  AnÜ,  g 


114  Bysantiniflche  Litteratiurgeaohichte.    L  ProsaiBohe  Litterattir. 

Sklengias  von  Kypern,  des  Niketas  Mursiniotes  und  vieler  anden 
wie  Johannes  Kubuklesios,  Nilos  Tarchaniotes,  Joseph  Philagrei 
Leon,  Metropolit  von  Preslaba  an  der  Donau,  Athanasios  Eydonios,  di 
Erzbischöfe  von  Bulgarien  Hadrianos  und  Matthaeos,  Basilios,  Mönc 
des  Klosters  Studien,  die  Mönche  Eyrillos  Petrinos,  Maximos  \m 
Matthaeos,  Andronikos  Dukas  Sguros,  Nikolaos,  Bischof  vo 
Zakynthos,  Angelos  Gregorios,  Nikephoros  Philosophos  und  Thec 
dosios.  Die  Lebenszeit  einer  Anzahl  dieser  Polemiker  ist  noch  näher  i 
bestimmen;  einige  derselben  reichen  wahrscheinlich  noch  in  das  14.  Jahi 
hundert  zurück.  Grössere  Dimensionen  nahm  der  theologische  Gegensai 
innerhalb  der  griechischen  Kirche  nach  dem  Unionskonzil  von  Florenz  aj 
Markos  Eugenikos  und  nach  ihm  Georgios  Scholarios  stellten  sich  an  d 
Spitze  der  nationalgriechischen  Partei,  während  Bessarion,  Gregorios  Man 
mas  und  Joseph  von  Methone  das  Heil  des  Griechentums  in  dem  Anschlui 
an  das  Abendland  und  die  lateinische  Kirche  erblickten. 

1.  Die  Abhandlung  des  Maximos  Chrysoberges  ed.  pr.  L.  Allatius,  Graec 
orthod.  2,  1074-1088;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  154.  1217—1229. 

2.  Manuel  Chrysoloras  übersetzte  auch  liturgische  Gebetsformeln  ins  Griechiscl] 
Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  409—411.  —  Einer  der  beiden  Traktate  für  die  Lateiner  ste 
in  cod.  Paris.  1300  s.  16  foll.  20.  —  Aus  seiner  umfangreichen  Korrespondenz  sind  di 
Briefe  gedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  156,  24—60.  —  Vgl.  über  ihn  E.  Legran 
Bibliographie  hell^nique  1  (Paris  1885)  XIX— XXX.  —  Voigt,  Die  Wiederbelebung  d 
klassischen  Altertums  V  (Berlin  1894)  222—232.  —  R.  Sabbadini,  L*ultimo  ventenz 
della  Tita  di  Manuele  Grisolora,  Giomale  ligurino  17  (1890)  321—336. 

3.  Das  Schriftchen  des  Esaias  Eyprios  ed.  pr.  L.  AUatius,  Graecia  orthodo: 
1,  396—399;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  158,  972-976. 

4.  Die  Abhandlung  des  Makarios,  Metrop.  v.  Ankyra,  ed.  Dositheos,  Tofio^  t 
xatttXXay^g,  Jassy  1692.     Vgl.  A.  Demetrakopulos,  '0^.  'EXkag  S.  88  f. 

5.  Sämtliche  Werke  des  Joseph  Bryennios  ed.  pr.  Eugenios  Bulgari 
3  Bde,  Leipzig  1768 — 84  (mir  unzugänglich).  Im  1.  Bd  eine  längere  Abhandlung  üh 
sein  Leben.  —  Er  war  Zeitgenosse  von  Demetrios  Eydones,  Theodoros  Meliteniotes  u 
Nikolaos  Kabasilas.  Die  Datierung  von  A.  Demetrakopulos,  'Oq&,  *EXXtig  S.  90,  d 
Bryennios  1431—38  starben  lässt,  ist  daher  falsch.  Vgl.  M.  Treu,  B.  Z.  1  (1892)  95— $ 
Den  hier  edierten  Brief  gab  schon  Eug.  Bulgaris;  dazu  E.  Kurtz,  B.  Z.  1,  332.  —  Na 
den  Hss  umfasst  der  litterarische  Nachlass  des  Joseph  Br.  Abhandlungen  gegen  Lateiner  u 
Barlaamiten,  asketische  Schriften,  Homilien  und  Briefe.  —  Nikephoros  Ealogeras, 
ea^ara  tov  iv  BvCayrit^  iXXfjvMov  XQatovg  u.  s.  w.,  'Eraigla  6  *EXkfjviafA6g,  Ta  iy  av 
yiyofisya  ayttyytoafiara  1  (Athen  1894)  5—23  betrachtet  das  Heilmittel  gegen  das  Schisma  c 
beiden  Eirchen,  in  dessen  Besitz  Joseph  Br.  zu  sein  behauptete,  als  einen  diplomatisch 
Eniff,  der  dem  Sultan  Angst  vor  der  leicht  durchführbaren  Union  einflössen  sollte.  Vgl.  d 
deutschen  Auszug  aus  der  Abhandlung  in  der  Revue  intemat.  de  thdol.  2  (1894)  505—5: 

—  Grössere  Untersuchungen  über  Joseph  Br.,  dem  wir  hier  nicht  gerecht  werden  könn< 
wird  Ph.  Meyer  demnächst  in   der  B.  Z.  und  in  den  Theolog.  Studien  und   Eritiken 
scheinen  lassen. 

6.  Die  Schrift  des  Makarios  Makros  Ugog  rovg  yfartVovc  ed.  Dositheos  a.  a. 

—  Ein  Enkomion  auf  die  hl.  Euphemia  in  cod.  Coisl.  307  a.  1552  fol.  437—442''  und  e: 
Ijc^Qaaig  auf  das  Bild  des  Märtyrers  Demetrios  in  einer  Florentiner  Hs  sind  unedic 
A.  Papadopulos  Eerameus,  JeXrioy  3  (1892)  459— 467,  edierte  aus  einer  UxoXov&ia  i 
den  als  Heiligen  gefeierten  Makarios  ein  kurzes  Lebensbild  desselben.  Es  bestätigt  die  Na* 
rieht  des  Georgios  Fhrantzes,  dass  M.  von  Johannes  VIII  Palaeologos  an  den  Papst  Martin 
gesandt  wurde.    Dieselbe  Hs  enthält  auch  eine  längere  Vita  des  Makarios. 

7.  Des  Mönches  und  späteren  Bischofs  Lazaros  Brief  an  den  Metropoliten  von  Larii 
ed.  Simonides,  'OQdod,    'eSUi/v.   dBoXoy,  yga^ai,  2.  Aufl.,    London  1865  S.  215 — 18. 
Er  steht  auch  in  codd.  Paris.  817  u.  1191. 

8.  Die  Liste  der  Übrigen  obengenannten  Polemiker  bei  A.  Demetrakopulos,  '0\ 
'EXXäg  S.  91—98.  Darunter  befindet  sich  ein  Epiphanios,  der  in  mehreren  Hss  mit  l 
recht  als  Patriarch  von  Epel  bezeichnet  wird.  —  Von  einem  Makarios  hieromonach« 
der   mit  den   genannten   vielleicht  nicht  identisch  ist,   steht  eine  Abhandlung  gegen 

Lateiner  in  cod,  Paris.  1218  saec.  15  fol.  490—502^.  —  Nike\ihoroB  Philosophos  w 


L  Theologie.    A.  Dogmatik  und  Polemik.    (§  41)  115 

^d.  Vat  Ottobon.  92  saec.  16  fol.  117—132  ein  'Enixatfiog  ,  ,  ,  elg  tov  fiiyav  iv  naxQi" 
atg  'Jyrtiyioy  zQgeschrieben. 

41.  Markos  Eugenikos  {MccQxog  EvyBnxog),  aus  Eonstantinopel  ge- 
iig.  Mönch  und  später  Metropolit  von  Ephesos,  repräsentiert  nach  der 
I  Johannes  Vm  Palaeologos  auf  dem  Konzil  zu  Florenz  (1439)  vollzogenen 
ion  mit  Rom  jenen  weitaus  grösseren  Teil  des  griechischen  Volkes  und 
•ms,  welcher  aus  Gründen,  die  in  erster  Linie  kultureller  Natur  sind, 

Union  in  unversöhnlicher  Feindschaft  entgegenstand.  Auf  dem 
tizil  in  Ferrara  und  Florenz  suchte  er  als  Vertreter  des  Patri- 
hen  von  Antiochien  seine  Meinung  durch  zahlreiche  Reden  zum  Siege 
bringen  und  verweigerte,  als  die  Union  trotzdem  zu  stände  kam,  die 
Verzeichnung  des  Unionsdekretes.  Nach  seiner  Rückkehr  nach  Ephesos 
rann  die  nationale  Partei,  welche  ihren  Gegnern  vielfach  Bestechung 
warf,  bald  einen  so  grossen  Einfluss,  dass  von  einer  Massregelung  des 
rkos,  wie  sie  Eugen  IV  versprochen  worden  war,  keine  Rede  mehr 
\  konnte.  Er  blieb  der  grösste  Feind  der  Union  bis  zu  seinem  Tode 
thrseheinlich  schon  1443).  Kurz  vorher  bestellte  er  Georgios  Schola- 
s  zum  Fortsetzer  seiner  Polemik  und  noch  in  seinen  letzten  Worten 
chte  er  seinen  Gegensatz  zur  römischen  Kirche  zum  Ausdruck.  Sein 
jhliches  und  politisches  Testament  klingt  aber  zugleich  aus  in  einem 
söhnenden  Hinweis  auf  einen  zukünftigen  Tag,  an  dem  Gott  seiner 
che  Friede  und  wahre  Reform  verleihen  werde. 

Markos'  litterarische  Thätigkeit  galt  in  vorzüglicher  Weise  der  Be- 
iptung  und  Verteidigung  des  nationalgriechischen  Standpunktes  in  der 
ionsfrage.  Zur  Abfassung  einer  grösseren  polemischen  Schrift  kam 
nicht;  wohl  aber  behandelte  er  in  kleineren  Traktaten,  in  Streit- 
iriften  gegen  Bessarion  und  Andreas  von  Kolosses,  in  zahlreichen 
iefen  sämtliche  Abweichungen  in  Lehre  und  Disziplin  zwischen  der 
echischen  und  lateinischen  Kirche.  Davon  ist  nur  ein  Teil  veröffent- 
ht:  ein  Glaubensbekenntnis,  2  Rundschreiben  gegen  das  Konzil  von 
•renz,  wovon  das  eine  von  Gregorios  Mammas,  das  andere  von  Joseph 
1  Methone  bekämpft  wurde,  je  ein  Brief  an  Georgios  Scholarios,  dem  er 
-warf,  zu  den  Lateinern  übergegangen  zu  sein,  an  den  Mönch  Theophanes, 
en  Presbyter  Georgios  und  an  den  Kaiser.  Die  erste  Stelle  unter  den  ge- 
ickten  Schriften  nehmen  die  57  Kapitel  gegen  das  lateinische  Dogma 
,  die  bis  zum  Kap.  18  Georgios  Scholarios  und  von  da  an  Bessarion 
ierlegten.  Ein  kurzer  Dialog  ^uTtvog  handelt  von  dem  Zusatz  im 
inbolum.  Eine  Abhandlung  über  die  Epiklese  verfolgt  den  Nach- 
is,  dass  durch  dieses  Gebet  die  Wesensumwandlung  in  der  Eucharistie 
>ehehe.  Ausser  diesen  antilateinischen  Kontroversschriften  schrieb  Markos 
e  Abhandlung  gegen  die  Barlaamiten,  einen  Traktat  über  die  Gebrech- 
ikeit  des  Menschen  zur  Begründung  der  Lehre  von  der  Ewigkeit  der 
llenstrafen,  die  von  dem  Kaiser  mit  Rücksicht  auf  die  Schwachheit 
•  menschlichen  Natur  und  Gottes  Gerechtigkeit  angezweifelt  worden 
r,  eine  Erklärung  des  kirchlichen  Officiums,  eine  Akoluthia  auf  Symeon 
taphrastes,  mehrere  Poesiestücke,  asketische  Paränesen  u.  dgl.  In  einem 
efe  an  Isidoros  hieromonachoa  beantwortet  er  die  schon  früher  'öftei^ 

8» 


116  BysantiniBche  LitieraturgeBohiohte.    L  ProsaiBohe  Litteratnr. 

erörterte  Frage  über  die  Bestimmung  der  Todesstunde.  Eine  kleine  Schri 
bespricht  eine  philosophische  Frage,  die  der  Kaiser  Johannes  Palaeologi 
an  ihn  gerichtet,  über  die  Unsterblichkeit  der  unvernünftigen  Wes« 
Vieles  andere  ist  noch  unediert. 

In  der  theologischen  Dialektik  lag  die  Stärke  des  Markos  nich 
er  wiederholt  nur  die  Argumente,  welche  schon  hundertmal  gegen  d 
Lateiner  aufgeführt  worden  waren.  Schon  Joseph  von  Methone  mach 
ihm  zum  Vorwurf,  alles  aus  Palamas  und  Nilos  Kabasilas  herübergenof 
men  zu  haben.  In  der  Konsequenz  jedoch,  mit  welcher  er  den  nationi 
griechischen  Standpunkt  festhielt,  legte  er  eine  Ausdauer  und  eine  Kri 
an  den  Tag,  die  ihn  noch  heute  in  den  griechischen  Kreisen  zu  einem  d 
Heroen  des  Hellenismus  stempelt. 

1.  Ausgaben:  Die  meisten  gedruckten  Schriften  stehen  bei  Migne,  Patr.  gr.  1< 
16-204,  529-33,  536  f.,  1080-1111,  1164-1200;  161,  12-244  teils  nach  früheren  Drucken  von  I 
sitheos,  Simonides,  Boissonade,  teils  von  J.  Hergenröther  zuerst  herausgegeben,  mehn 
derselben  zugleich  mit   den  Widerlegungen  von  Gregorios  Mammas^   Georgios  Scholar 
und    Bessarion.     Die   KetpäXaia   cvXXoymrixd  ngog  AtnLvovg  irrtümlich   als  inedita.      ! 
waren  schon  dreimal  herausgegeben  in  Leipzig  1757,  Wien  1784,  Petersburg  1797.    Ai 
ist  Hergenröthers  Ausgabe  derselben  unvollständig.     Die  KBtpaXaia  avXXoyunixd  xatd  - 
ttl^eaeats  riUy  UxiydvyKnuiy  ed.  pr.  W.  Gass,  Die  Mystik  des  Nikolaus  Kabasilas,  Grei 
wald  1849,  Appendix  S.  217-232  (fehlt  bei  Migne).  —  Die  Schrift  De  hominis  imbecillit 
ed.  pr.  A.  Jahn,  Zeitschr.  f.  historische  Theologie  15  (1845)  4,  42 — 73.  —  Einige  Briefe 
Demetrakopulos,  'OgS^,  'EXXdg  S.  102—104,  K.  Simonides,  'üQ&od.  'EXXtjy.  &6oXoy.  ygaq 
London  1865  S.  211—214,  Papadopulos  Kerameus,  MavQoyoQddretog  ßtßX.,   Uyixd 
mrjy.,  Kpel  1884  S.  98-100,  N.  S.  Kaloutses,  //«ycfw^«  6,  450-  52.  —  Ein  Lebensabi 
des  Symeon  Metaphrastes  und  einige  Versstücke  ed.   Papadopulos  Kerameus  a.  a. 
100—105.    Berichtigungen  zu   den  letzteren  im  Jekrioy  (1885-89)  679—681.   —  üu 
gftnglich  sind   mir  einige  Homilien,    die  in  Kpel    erschienen  sind,   ebenso  die  Aosg: 
einiger  Schriften  des  M.  E.  von  A.  Norov,  Paris  1859.   Bemerkungen  dazu  gab  S.  Oil 
nomos,  Bios  FQtjyogiov  f^fjTQ,  EigrjyovTtöXsfog,  Athen  1881,  63 — 71.    —    Avaig  rijs  «tio^ 
rov    ttvjoxQdroQog  'lutdyyov   Tor  IlaXttioXoyov  ed.  M.  Euangelides,   Festschrift  für  P: 
K.  S.  Kontos,  Athen  1893  S.  387-397.     Vgl.  B.  Z.  2  (1893)  639.    —  nagaiyerixu  m 
tatpiUfia  unter  Markos'  Namen  erschienen  im  £(ütijq  15  (1893j.     Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  ^ 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  670—677.  Hier  noch  mehrere  Inedita  ai 
geben.  —  18  Schriften  des  Markos  gegen  die  Lateiner  verzeichnet  A.  Demetrakopn 
a.  a.  0.  S.  98-102.  —  lieber  einen  reichhaltigen  autographen  Codex  des  Markos  mit  54  SchriJ 
vgl.    A.    Papadopulos- Kerameus,  im   UagdgiTjua   des  IvXXoyog   17  (1886)  47  f. 
MavQoyoQd.  ßißX.  a.  a.  0.  S.  95 — 98.  —  Zur  Polemik  des  Markos  gegen  Bessarion  über 
damals  viel  erörterte  Frage,  ob  es  für  die  Griechen  besser  sei,  den  Lateinern  oder  den  Tür 
unterthan  zu  werden,  vgl.  die  Abhandlung  in  der  'EmtpvXXig  der  Zeitung  N^a  *Hfiiga  1 
Nr.  809—812.  —  J.  Dräseke,  Zu  Marcus  Eugenicus,  Zeitschr.  f.  Kirchengesch.  12  (1^ 
91 — 116.    Das  Schriftenverzeichnis  umfasst  hier  41  Nummern.    Er  tritt  für  das  Jahr  1 
als  das  Todesjahr  des  Markos  ein.   —    V.  Loch,  Anteil  des  M.  E.  an  dem  Fortbeste 
des  gr.   Schismas,   Amberg  1844.    —  A.  Demetrakopulos,  'latogia  rov   axlffitttog 
Xariyix^S  ixxXtjaias  dno  r^ff  og&odo^ov  'EXXtjyixi^g,  Leipzig  1867  S.  147  ff.  —  Nikepho 
Kalogeras,  MaQxog  6  Evyeyixog  xal  Brjaaagiuty  6  xaQdiydXig,  Athen  1893.  Von  F.  Lauch 
Revue  intemation.  de  thöolog.  1  (1893)  565—589  dem  Hauptinhalte  nach  übersetzt  and 
einige  Anmerkungen  bereichert.  Vgl.  die  Besprechungen  Dräsekes ,  Neue  kircbl.  Zeitschr 
(1894)  1002  -  1020  u.  B.  Z.  4  (1895)  145—153,  der  bei  diesem  Anlass  seine  Ausführungen  1 
die  Lebenszeit  des  Markos  wiederholt.  —  Kalogeras  wird  manchem  zu  sehr  als  Partein 
erscheinen,  um  das  Urteil  der  Geschichte,  vor  deren  Richterstuhl  er  die  beiden  Gegner  stc 
will,  objektiv  wiederzugeben. 

3.  Zum  Leben:  Vgl.  das  Geschichtswerk  von  Dukas,  ed.  Bonn.  S.  118 — 
—  Ein  kirchliches  Officium  auf  Markos  wird  in  cod.  Paris  1295  saec.  15  fol.  804— 
Johannes  Eugenikos  zugeschrieben.  Dieser  widmete  übrigens  seinem  Bruder  eine  i 
unedierte  Lebensbeschreibung.  Vgl.  A.  Demetrakopulos,  'latoqla  rov  <r/c0/«( 
Leipzig  1867  S.  147.  —  Unediert  ist  auch  eine  Gedächtnisrede  des  Patriarchen  Genna 
auf  Markos  Eugenikos  in  cod.  Mosq.  423.  —  Eine  andere  biographische  Schrift  des  I 

ponnesiers  Manuel  JJs^i  Mdgxov  fitjTQonoXixov  ^Expinov  xal  rtj;  er  #Aft»^i^i^  <rvyoifov 


L  Theologie.    A.  Dogmatik  nnd  Polemik.    (§  42)  117 

gttra  I>fitajov  xal  BtjaaaQittyog  (ed.  Arsenij,  Moskau  1886)  aus  der  1.  Hälfte  des  16.  Jahr- 
hundert»» kenne  ich  nur  dem  Titel  nach. 

4.  Johannes  £ugenikos,  Bruder  des  Markos,  Diakon  und  Chartophylax  an  der 
Uji^ia  Sophia,  kam  mit  Joseph,  dem  Patriarchen  von  Epel,  nach  Italien,  das  er  aber  bald 
wieder  verliess.  Er  schrieb  eine  Abhandlung  gegen  das  Unionsdekret  von  Florenz. 
Ed.  Dositheos,  Tofiog  t^g  xttiaXXayijg,  Jassy  1692.  Vgl.  A.  Demetrakopulos,  'Oq&, 
TlAäs  S.  105.  Eine  längere  Stelle  derselben  aus  cod.  Monac.  256  ed.  V.  Loch,  Das  Dogma 
der  griech.  Kirche  vom  Purgatorinm,  Regensburg  1842  S.  113 — 115.  —  In  dem  autographen 
Codex  Paris.  2075  a.  1489  finden  sich  unter  anderem  auch  mehrere  theologische  Schriften, 
^ei^tliche  Reden,  asketische  Abhandlungen,  Hymnen  und  Gebete,  darunter  auch  eine  Epistola 
ad  Isidomm  de  fatali  vitae  termino  (fol.  237 — 242^).  Ob  letztere  seinem  Bruder  angehört? 
l'eber  seine  rhetorischen  Schriften  vgl.  Erumbacher. 

5.  Ein  Mönch  von  der  Insel  Imbros  richtete  an  Kaiser  Johannes  YIII  Palaeologos 
eine  Schrift,  worin  er  beweisen  wollte,  dass  die  Dekrete  des  Konzils  von  Florenz  dem 
orthodoxen  Glauben  zuwider  seien.  Sie  ist  erhalten  in  dem  cod.  Monac.  256  fol.  143-155\ 
Auf  diese  Schrift  folgt  ein  Brief  des  Markos  Eugenikos  an  den  Verfasser,  worin  er  den 
Empfang  der  Schrift,  die  er  dem  Kaiser  fibermitteln  sollte,  bestätigt.  Den  Brief  ed.  D  emetra- 
kopulos  a.  a.  0.  8.  106  f. 

6.  Andreas  von  Kolosses  wandte  sich  in  einem  Dialog  gegen  den  obenerwähnten 
Brief  des  Markos  Eugenikos  an  den  Presbyter  Georgios  (nach  Simonides  ed.  von  Dräseke, 
Zeitschr.  f.  Kirchengesch.  12,  108-112).  Ein  Fragment  desselben  ed.  L.  Allatius,  De 
hbris  ec«l.  Graecor.  S.  196  f.;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  150,  862  f.  Vgl.  Fr.  J. 
Stein,  Stadien  fiber  die  Hesychasten  S.  202.  —  Eine  2.  Schrift  des  Andreas  ist  betitelt: 
'jrtoXoyia  dnodeixxtxfj  ant  xtav  avyyQaufidxuv  rov  fiaxagiov  Satfid  .  .  .  negl  t^s  ^eiag  ovciag 
m  ir§Qytiag.  Vgl.  Quetif  et  Echard,  Scriptores  ordinis  Praedicatorum  1,  803.  —  Andreas 
wohnte  den  Konzilien  von  Konstanz  und  Basel  als  Freund  der  Union  bei.  Vgl.  Bzorius, 
Annales,  ad  an.  1432  n.  27  ff.,  ad  an.  1438  n.  8  ff. 

43.  Bessarion  (Br^aaaQtcav)^  ein  Mann  von  universaler  Begabung 
and  seltenem  Wissen,  wurde  um  1395  zu  Trapezunt  geboren.  Er  war 
Schüler  des  Gteorgios  Gemistos  und  wurde  kurz  vor  1438  zum  Erzbischof 
von  Nikäa  ernannt.  In  dieser  Eigenschaft  kam  er  mit  Johannes  VIII 
Palaeologos  nach  Italien  und  bewährte  sich  hier  als  ein  vortrefiflich  ge- 
schulter Theologe  und,  im  Gegensatze  zu  seinem  Landsmann  Markos 
Eugenikos,  als  ein  warmer  Freund  der  Union.  Der  Vollzug  derselben  war 
in  erster  Linie  die  Frucht  seiner  im  Dienste  der  Versöhnung  stehenden  Arbeit. 
Nach  dem  Schlüsse  des  Konzils  zog  er  mit  den  übrigen  Griechen  in  seine 
Heimat  zurück,  wurde  aber  bald  nachher  von  Eugen  IV  nach  Rom  be- 
rufen, wo  die  Kardinalswürde  seiner  harrte.  Hier  wurde  sein  Haus  zum 
gastfreundlichen  Sammelorte  der  römischen  Humanisten,  von  denen  keiner 
ihm  fremd  blieb.  Im  Jahre  1463  wurde  er  von  Pius  II  zum  lateinischen 
Patriarchen  von  Konstantinopel  ernannt  und  richtete  als  solcher  ein  um- 
fangreiches Schreiben  nach  Konstantinopel,  worin  er  sich  unbedenklich  den 
Titel  Oixovfjienxog  navQiaQxrjg  beilegte,  ohne  vom  Papste  behelligt  zu  wer- 
den.    Er  starb  1472. 

Von  seinen  zahlreichen  Schriften  kommen  hier  nur  jene  in  Be- 
tracht, die  sich  auf  die  Union  und  die  mit  ihr  verbundenen  theologischen 
Kontroversen  beziehen.  Von  den  auf  dem  Unionskonzil  gehaltenen  Reden 
ist  besonders  die  zweite,  Jlcgl  ivtatrecag,  bemerkenswert.  Mit  dem  Florentiner 
Konzil  beschäftigt  sich  auch  ein  umfangreicher  Brief  an  Alexios  Laskaris 
Philanthropinos.  Mehrere  Schriften  sind  dem  theologischen  Hauptdifferenz- 
ponkte  gewidmet:  die  Antwort  auf  die  4  Syllogismen  des  Maximos  Planudes, 
die  Verteidigung  der  *EniyQttKpai  des  Bekkos  gegen  die  Angriffe  von  Palamas, 
and  besonders  die  Widerlegung  der  Capita  syllogistica  des  Markos  Euge- 
nikos, die  er  auf  die  Bitte  des  Patriarchen  Gregorios  von  dem  18.  Kapitel 


118  BysantiniBohe  LitteratnrgeBoliiohte.    L  Prosaische  Lüteraiur. 

an  als  Fortsetzung  der  von  Georgios  Scholarios  begonnenen  zu  Ende  führt« 
Gegen  eine  zweite  Schrift  des  Markos  ist  seine  Abhandlung  über  da 
Altarsakrament  gerichtet;  doch  nannte  er  darin  Markos  nicht  un 
ignorierte  die  übrigen  Schriften  des  leidenschaftlichen  Gegners  vollständij 
Exegetischer  Natur  ist  eine  Auseinandersetzung  über  Joh.  21,  25,  wori 
er  sich  zu  Gunsten  des  griechischen  Textes  ausspricht.  Auf  dem  aske 
tischen  Gebiete  liegt  sein  Kompendium  der  Mönchsregel  des  hl.  Basilic 
für  die  sicilianischen  und  italienischen  Basilianermönche,  wovon  nur  di 
Einleitung  gedruckt  ist.  Mehrere  theologische  Schriften  Bessarions  sin 
noch  unediort.  Bessarion  erscheint  in  allem  als  der  vollendetste  Gegei 
satz  zu  Markos  Eugenikos.  Die  beiden  Männer  hatten  sich  eben  i 
den  Dienst  ganz  entgegengesetzter  kirchlicher,  politischer  und  litterarischi 
Ideale  gestellt,  und  wenn  die  Urteile  über  beide  Männer  auch  in  unsen 
Zeit  weit  auseinander  gehen,  so  liegt  die  letzte  Erklärung  hiefür  in  dei 
Fortbestehen  jenes  Gegensatzes  der  Ideale  selbst,  den  noch  keine  Macl 
besiegen  konnte. 

1.  Ausgaben:  Eine  Sammelausgabe  nebst  den  historischen  und  rhetorischen  Schrift< 
nach  früheren  Drucken  bei  Migne,  Patr.  gr.  161,  137 — 745.  —  Einige  seiner  Schrifte 
wie  den  Brief  an  Alexios  Laskaris  und  sein  Rundschreiben  nach  Epel,  übersetzte  Bessari« 
selbst  ins  lateinische;  seiner  Rede  über  die  Union  gab  er  auch  einige  lateinische  Erkl 
rungen  beL  —  Einige  theologische  Inedita  in  den  codd.  Vindob.  theol.  250,  Marcian.  533  u. 

2.  Hilfsmittel:  Laonikos  Chalkokondyles,  ed.  Bonn.  S.  155,  228.  —  Georgi 
Phrantzes,  ed.  Bonn.  S.  192.  —  A.  M.  Bandini,  De  Bessarionis  Cardinalis  Nicae 
vita,  rebus  gestis,  scriptis  commentarius,  Rom  1777;  abgedruckt  bei  Migne  a.  a.  0. 1 — Cl 
Ebenda  S.  Glll— GXL  Bapt.  Platinae  Cremen.  Panegyricus  in  laudem  Bessarionis  ui 
die  Grabrede  des  Michael  Apostolios.  —  Aufsätze  von  A.  Sadov,  Christ,  dtenije,  Petei 
bürg  1883  S.  657-668,  G.  P.  Begleres,  'ExxX.  UXij».  2.  Serie  1  (1885)  211-224.  • 
Monographien:  Wolfg.  v.  Goethe,  Studien  und  Forschungen  über  das  Leben  und  die  2^it  d 
Kardinals  Bessarion,  1,  Jena  1871.  —  H.  Vast,  Le  cardind  Bessarion,  Paris  1878.  —  Sado 
Bessarion  de  Nicöe,  son  röle  au  concile  de  Ferarra-Florence,  ses  oeuvres  th^ologiqnes 
sa  place  dans  Thistoire  de  Thumanisme,  Petersburg  1883.  —  Angelos  Eandelos,  Juttg^^ 
TiBQi  Brjaaagltoyos  (6i  (piXoc6(pov,  Athen  1888.  Einiges  Neue  bei  H.  Noiret,  Lettres  in^dit 
de  Michel  Apostolis,  Paris  1889  S.89— 43.  —  Vgl.  auch  die  Litteraturangabenbei  Markos  Euge 

43.  Joseph  (7ft)(ri^^),  Bischof  von  Methone,  der  vor  seiner  Weil 
Johannes  Plusiadenos  hiess  und  in  ICreta  lebte,  war  einer  der  wenige 
geistlichen  Würdenträger  von  Byzanz,  die  der  Union  bleibend  beiträte 
Der  Verteidigung  derselben  und  des  Konzils  von  Florenz  gelten  seil 
meisten  Schriften.  Die  umfangreichste  ist  eine  Apologie  des  Konzi 
und  seiner  5  Entscheidungen  über  den  Ausgang  des  hl.  Qeistes  vom  Sohn 
gesäuertes  und  ungesäuertes  Brot,  Fegfeuer,  Zustand  der  HeiUgen  ui 
Primat  des  Papstes.  Die  Beweisführung  ist  wesentlich  positiv;  das  Haup 
gewicht  liegt  in  den  Aussprüchen  alter  Väter,  die  Joseph  in  grosser  Ai 
zahl  anfährt.  Die  lateinischen  sind  bei  keinem  seiner  Vorgänger  so  zah 
reich  vertreten  wie  bei  ihm;  am  nächsten  kommt  ihm  hierin  Manu 
Ealekas.  Das  Bestreben  des  Johannes  geht  überall  dahin,  die  ursprünj 
Uche  Harmonie  zwischen  Orient  und  Occident  in  den  fraglichen  Lehrsätze 
nachzuweisen.  Den  Schluss  bildet  eine  warme  Aufforderung,  der  Uni( 
beizutreten.  Denselben  Zweck  verfolgt  ein  sehr  lebendig  geschrieben« 
Dialog  zwischen  sieben  Personen  über  dieselben  Lehrdifferenzen.  Wari 
schon  diese  Schriften  indirekt  gegen  Markos  Eugenikos,  den  Führer  d 
Gegenpartei^  gerichtet,  so  griff  er  das  Rundschreiben,  worin  der  Metropo] 


t  Theologie.    A.  Oogmatik  und  Polemik.    (§§  43—45}  119 

von  Ephesos  zur  Verwerfung  der  Synode  aufforderte,  offen  an.  Ein 
weiteres  Zeugnis  seiner  Begeisterung  für  die  vollzogene  Union  ist  der 
schwungvolle  Kanon  auf  das  Konzil  von  Florenz.  Joseph  erweist  sich 
durch  diese  Schriften  als  einer  der  gelehrtesten  Freunde  der  Union,  der 
ein  reiches  Wissen  in  gefälliger,  einfacher  und  volkstümlicher  Sprache  in 
den  Dienst  der  Sache  stellte,  die  er  als  die  richtige  erkannt  hatte.  Sein 
litterarischer  Nachlass  ist  noch  nicht  vollständig  gehoben. 

1.  Ausgaben:  Eine  vorläufige  Gesamtausgabc  nacb  Drucken  von  Zanetti,  L.  Allatius, 
Labbe,  Pasini  bei  Migne,  Patr.  gr.  159,  960—1392.  -  Die  Apologie  des  Konzils  von 
Florenz  vulgftr-griechisch  mit  lateinischer  Uebersetzung  erschien  in  Rom  1628.  —  Einen  Brief 
ans  cod.  Monac.  190  ed.  Hardt,   Catalogus  2,  256.   —  Unedierte  Schriften:  In  Gretenses 

)  scbiamaticos  (cod.  Bonon.  universit  2378),  Epistola  de  caritate  (cod.  Paris.  2500  saec.  15 
fol.  218^ — 220^),  Antirrheticus  2"^  contra  Marcum  Ephesinum,  61  Homilien  auf  die  Fastenzeit 
icod.  Vatic.  670,  cod.  Bonon.  bibl.  commun.  A  T  8). 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  458  f.  —  Der  Bollandist  Cuper,  Acta 
SS.  Angnsti  1,  193  ff.  erwies  die  Apologie  für  das  Konzil  von  Florenz,  die  zuerst  unter 
dem  Namen  des  Georgios  Scholarios  gedruckt  worden  war,  als  Josephs  Werk. 

S.  Von  einem  MOnche  Hilarion,  der  in  Verona  im  Kloster  SS.  Nazarii  et  Gelsi  lebte, 
steht  eine  kurze  Abhandlung  IJegl  agtov  uvauxov  rmv  *EXkrivütv  xal  äCvfiov  rtoy  Aariytay,  die 
gegen  einen  Niketas  gerichtet  ist,  bei  Migne,  Patr.  gr.  158,  977 — 984.  Sie  wurde  nach 
dem  Konzil  von  Florenz  geschrieben. 

44.  Ghregorios  Hammas  {rQrjyoQiog  6  Ttjg  Mafifiijg),  mit  den  Bei- 
namen Melissenos  und  Strategopulos,  führte  längere  Zeit  das  Mönchsleben, 
erhielt  sodann  die  Würde  eines  Protosynkellos  des  Patriarchen  von  Kon- 
stantinopel und  wohnte  als  solcher  der  Synode  von  Florenz  bei,  zugleich 
in  Vertretung  des  Patriarchen  von  Alexandrien.  Nach  seiner  Rückkehr 
blieb  er  der  Union  treu,  und  als  er  1445  zum  Patriarchen  von  Konstan- 
tinopel erhoben  wurde,  suchte  er  mit  grossem  Eifer  dieselbe  durchzusetzen. 
Bald  sah  er  aber  die  Erfolglosigkeit  seiner  Bestrebungen  ein,  entsagte  dem 
Patriarchalstuhl  und  kam  nach  Rom,  wo  er  1459  im  Rufe  der  HeiUgkeit 
starb.  Georgios  von  Trapezunt  pries  ihn  als  Bekenner  und  Märtyrer,  Athlet 
der  Wahrheit  und  Säule  der  Kirche.  Schriftstellerisch  trat  er  als  Gegner 
des  Markos  Eugenikos  auf  und  suchte  das  eine  Rundschreiben  und  das 
Glaubensbekenntnis  desselben  zu  widerlegen.  Den  Hauptinhalt  bildet  wie 
bei  Joseph  von  Methone  der  Nachweis  des  harmonischen  Zusammenhanges 
zwischen  den  Dekreten  von  Florenz  und  den  Lehren  der  alten  Kirchen- 
väter. Die  Väterstellen  sind  dieselben  wie  bei  Bekkos  und  den  übrigen 
Unionsfreunden  und  sind  wohl  von  diesen  herübergenommen.  Eine  an 
den  Kaiser  von  Trapezunt  gerichtete  Abhandlung  über  den  Zusatz  im 
Symbolum  ist  ganz  ähnlichen  Inhalts.  Die  von  Mammas  selbst  erwähnten 
Schriften  über  die  Azyma,  den  Zustand  der  Heiligen  und  den  Primat  des 
Papstes  sind  noch  unediert. 

1.  Ausgaben:  Die  3  gedruckten  Schriften  bei  Migne,  Patr.  gr.  160,  13—248.  Die 
Apologie  gegen  Markos*  Glaubensbekenntnis  hier  zuerst  von  J.  Hergenröther  ediert 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  393  f. 

46.  Georgios  Scholarios  {rsiogyiog  J;foAa^fo^),  als  Mönch  und  Patri- 
arch Oennadios  benannt,  ist  der  letzte  grössere  Polemiker  der  byzan- 
tinischen Kirche  und  der  erste  Patriarch  von  Eonstantinopel  nach  dem 
Falle  des  Reiches.  Er  war  xQtrrjg  Trjg  ßatuhxTjg  xQiaecog  unter  Johannes  Vlil 
Palaeologos  und  begleitete  diesen  nach  dem  Abendlande,  wo  er  in  Ferrara 
md  Florenz  eine  unionsfreundliche  Haltung  einnahm.   Später  war  er  längere 


120  BysaatiniBobe  LitteratiirgeacbiGhte.    L  Prosaisohe  litteratiir. 

Zeit  schwankend,  bis  ihn  Markos  Eugenikos  definitiv  gegen  die  Union  g€ 
wann.  Unter  Konstantin  IX  erlebte  er  als  Mönch  in  dem  Kloster  to 
UavToxTQdTOQog  den  Untergang  des  Reiches  und  wurde  noch  im  Jahr 
1453  von  dem  Eroberer  als  griechischer  Patriarch  anerkannt.  Er  dankt 
aber  nach  5  Jahren  ab  und  zog  sich  in  das  St.  Johanneskloster  bei  Serra 
in  Makedonien  zurück.  Sein  Todesjahr  ist  unbekannt;  er  lebte  noch  ii 
Jahre  1464.     Nach  Papageorgiu  starb  er  im  Jahre  1468. 

Gennadios'  schriftstellerische  Thätigkeit  umfasst  verschiedene  Qe 
biete.  In  der  Kontroverse  mit  den  Lateinern  war  seine  Haltung  dei 
art,  dass  man  früher  zwei  Autoren  für  die  betreffenden  Schriften  postuliert! 
Seine  4  Reden  auf  der  Unionssynode  ermahnen  zur  Versöhnung  und  zwi 
auf  der  Grundlage  dogmatischer  Übereinstimmung.  Dass  er  die  Widei 
legung  der  Syllogismen  des  Markos  begann,  wurde  schon  erwähnt.  Ai 
der  anderen  Seite  stehen  mehrere  Abhandlungen  über  die  dogmatische 
Differenzpunkte,  die  sich  sämtlich  gegen  die  Lateiner  aussprechen.  Neu( 
wird  darin  nicht  geboten.  Andere  sind  noch  unediert,  darunter  ein  längen 
Dialog  gegen  die  Lateiner,  der  auch  auf  Thomas  von  Aquino  und  Dui 
Scotus  Rücksicht  nimmt.  Sein  Interesse  an  der  abendländischen  Scholc 
stik  bezeugen  auch  Übersetzungen  einiger  Schriften  des  Thomas  vc 
Aquino  und  Auseinandersetzungen  zu  seiner  Lehre;  sie  sind  ebenfalls  unediei 
Die  übrigen  Zweige  der  byzantinischen  Polemik  fanden  in  Gennadios  ihn 
letzten  Vertreter.  Gegen  die  Bari aamiten  nahm  er  noch  einmal  Stellunj 
die  Juden  bekämpfte  er  in  einem  Dialoge.  Gegen  sie  ist  auch  die  Samn 
lung  von  Prophezien  über  Christus  gerichtet.  Der  alten  Streitfraj 
über  die  göttliche  Vorbestimmung  der  Lebensgrenze,  die  er  ; 
einem  Briefe  an  den  Mönch  Joseph  in  Thessalonike  behandelte,  widme 
er  5  Bücher  JIcq!  &e(aq  nqovoiag  xai  ngooQiCfAov.  Die  Polemik  gege 
den  Islam  musste  durch  die  unmittelbare  Berührung  mit  den  Türken  n< 
aufleben.  Es  spricht  für  die  geistige  Gelenkigkeit  des  Gennadios,  dass  • 
auch  hier  eingriff.  Er  hielt  eine  Rede  über  den  christlichen  Glauben 
Gegenwart  des  Sultans,  die  dem  Christentum  Duldung  sicherte  und  : 
den  Bekenntnisschriften  der  griechischen  Kirche  gezählt  wird.  Diei 
Disputationen  setzte  er  noch  fort,  als  er  Konstantinopel  verlassen  hatt 
Hierher  gehört  auch  ein  noch  unedierter  Dialog  mit  zwei  vornehm« 
Türken.  Ein  weiterer,  recht  hölzerner  Dialog  mit  einem  muhanmiedanisch< 
Emir  ist  unecht.  Aus  der  Zeit  seines  Hofdienstes  stanmien  mehrere  geis 
liehe  Reden,  die  er  an  den  Freitagen  der  Fastenzeit  vor  Kaiser,  Hofsta 
und  Optimaten  der  Stadt  hielt.  Davon  sind  zwei  veröffentlicht,  worin  • 
die  Eucharistie  behandelt.  Von  seinen  Briefen  sind  nur  einige  gedruch 
Auch  Liturgisches  wird  ihm  beigelegt.  Wir  übergehen  die  Schriften,  welcl 
aus  Gennadios'  Streit  mit  Plethon  über  Aristotelismus  und  Piatonismus  he 
vorgingen  und  daher  ausserhalb  des  Rahmens  dieses  Abrisses  fallen. 

Mit  Gennadios  wurden  die  äusseren  Grenzen  desselben  schon  übe 
schritten;  doch  der  Fall  von  Konstantinopel,  so  sehr  er  alle  kirchliche 
Verhältnisse  von  Byzanz  umwandelte,  brachte  nicht  das  plötzliche  Stiü 
stehen  der  letzten  theologischen  Bewegung  des  untergegangenen  Reich« 
mit  sich.     Die  Unionsfrage   war  allerdings  definitiv   beseitigt;  aber  d 


L  Theologie.    A.  Dogmaük  und  Polemik.    (§  45)  121 

Polemik  gegen  die  Lateiner  wurde  noch  fortgesetzt,  und  zwar  sowohl 
von  Gegnern  als  von  Freunden  Roms.  Zu  den  ersteren  gehören  Gemistos 
Plethon,  Theodoros  Agallianos,  der  Gegner  des  Johannes  Argyropulos, 
Georgios  Amerutzes,  Silvester  Syropulos,  der  parteiliche  Geschicht- 
schreiber der  Unionssynode,  Makarios  von  Nikomedien  und  der  Nomo- 
phylax  Leon,  welche  beide  das  ünionsdekret  unterschrieben,  später  aber 
ihre  Zustimmung  widerriefen,  Matthaeos  Kamariotes,  Lehrer  der  Rhe- 
torik in  Konstantinopel,  Michael  Apostolios,  Rhetor  und  Kopist  auf 
Ivreta.  Johannes  Moschos  aus  Lakedämon  u.  a.  Als  Freunde  der  La- 
teiner traten  einige  griechische  Humanisten,  wie  Johannes  Argyropulos, 
>  öeorgios  von  Trapezunt  und  Theodoros  Gazes  in  Italien  auf. 

1.  Ausgaben:  Eine  Sammlung  theologischer  Schriften  gibt  Migne,  Patr.  gr.  160, 
^20-  773,  nach  früheren  Drucken  mit  Ausnahme  der  LI.  3—5  negl  &eias  ngovoiag  xal  ngo- 
9^€fdov,  die  hier  zuerst  erschienen.  Fttr  den  unechten  Dialog  vgl.  J.  C.  T.  Otto,  Zeitschr. 
f.  bistor.  Tbeol.  20  (1850)  389-417  u.  34  (1864)  111-121.  -  Eine  weitere  Schrift  gegen 
die  Lateiner  mit  2  Briefen  ed.  Simonides,  'Ogß^,  TEXXijy.  l^eoX.  ygatpai  S.  42-72.  —  Den  Dialog 
gecen  die  Juden  ed.  pr.  A.  Jahn,  Anecdota  Graeca  theologica  cum  prolegomenis,  Leipzig  1893 
S.  1-57.  Ebenda  S.  58-68  die  Sammlung  von  Prophezieen.  Darauf  folgen  S.  69-141  Analecta 
miscella  theologica  aus  byzantinischen  Theologen  wie  Niketas  David,  Nikepboros  Gregoras, 
GregorioB  Palamas  u.  a.  Die  Auszflge  sind  aber  zu  kurz  und  zu  unbrauchbar,  um  eigens 
veneichnet  zu  werden.  VgL  die  Rezension  von  K.  Krumbacher,  B.  Z.  3  (1894)  641 — 44.  — 
Auaser  den  oben  genannten  sind  noch  mehrere  Schriften  des  Gennadios  unediert,  die 
z.  B.  in  den  codd.  Athous  1161,  Paris.  1289—1298,  von  denen  die  codd.  1289  und  1294 
Antogrmphe  des  Gennadios  sein  sollen,  vorliegen.  —  Einen  Codex  des  Pantokratorklosters 
aof  dem  Berge  Athos  mit  35  Nummern  erwäint  Sp.  Lampros,  B.  Z.  2  (1893)  609. 

2.  Hilfsmittel:  Dukas,  Histor.  ed.  Bonn.  S.  142,  148.  —  Georgios  Phrantzes, 
Histor.  ed.  Bonn.  S.  305-  8.  —  E.  Renaudot,  Dissertatio  de  Gennadii  vita  et  scriptis,  Paris 
1709;  abgedruckt  bei  Migne  a.  a.  0.  249—308.  Die  Liste  der  Schriften  umfasst  76  Nummern. 

-  Fabricius,  BibL  gr.  11,  349—393  fttgt  noch  einige  hinzu.  —  A.  Dometrakopulos, 
\)^.  'EkXas  S.  110—118  Ober  die  Schriften  gegen  die  Lateiner.  —  E.  Sathas,  Georgios 
ScholarioB,  1865  ist  mir  unzugänglich.  —  W.  Gass,  Gennadiusund  Pletho,  Aristotelismus  und 
Piatonismas  in  der  griechischen  Kirche,  Breslau  1844.  —  A.  Lebedev,  Die  griechisch-östliche 
Kirche  anter  der  oemanischen  Herrschaft  nach  der  Eroberung  von  Kpel,  Bogosl.  V^tnik  1894. 
Notiert  in  B.  Z.  4  (1895)  214,  393.  -  lieber  das  Symbol  des  Gennadios  vgl.  J.  C.  T.  Otto, 
l»es  Patriarchen  Gennadios  v.  Kpel  Confession,  Wien  1864.  —  W.  Gass,  Symbolik  der 
^•chischen  Kirche,  Berlin  1872  S.  34 — 39.  —  Ueber  s.  Abendmahlslehre  vgl.  Steitz, 
Jahrböcher  f.   deutsche  TheoL    13  (1868)  672—77.   —   DrÄseke,   B.   Z.  4  (1895)   3-4 

f    beweist  noch  einmal  die  Einheit  der  schriftstellerischen  Persönlichkeit  des  G.  Seh.        Die 

»     Grabinschrift  d.  G.  Seh.  s.  bei  P.  N.  Papageorgiu,  B.  Z.  3,  315. 

3.  Von  Theophanes,  Metropolit  von  Media  in  Thrazien  um  1453,  sind  Briefe  und 
eine  Abhandlung  über  den  Ursprung  der  Seele  in  cod.  Paris.  1292  saec.  15  erhalten;  dort 

i     uch  ein  Brief  des  Gennadios  an  Theophanes  über  dasselbe  Thema. 

4.  Die  Aasklänge  der  Polemik  gegen  die  Lateiner:  i.  Georgios  Gemistos 
Plethon  gehörte  zur  griechischen  Kommission  auf  der  Synode  von  Florenz.  Einige  Aeusse- 

y  rangen  desselben  teilt  Silvester  Syropulos,  Histor.  conc.  Florent.  S.  155  f.,  197  f.  mit.  Er  ver- 
faaste  mehrere  Schriften  Aber  den  Ausgang  des  hl.  Geistes.  Eine  derselben  ed.  Dositheos, 
Uuog  uyuntji,  Jassy  1698  S.  316—320,  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  160,  975—980.  Eine 

Iudere  noch  anedierte  wurde  von  Gennadios  bekämpft,  weil  Plethon  darin  das  Christentum  als 
Kilches  angriff»  ^gL  Epistola  Gennadii  ad  Plethonem  bei  Migne,  Patr.  gr.  160,  597 — 630. 
I  -  VgL  L.  Allatius,  Diatriba  de  Georgiis  bei  Fabricius,  Bibl.  gr.  12,  85—102.  —  Fr. 
^  Srhultze,  Geschichte  der  Philosophie  der  Renaissance,  1.  Band,  Georgios  Gemistos  Plethon 
3!id  seine  reformatorischen  Bestrebungen,  Jena  1874. 

2.  Die  Streitschrift  des  Diakons  und  Dikaeophylax  an  der  Hagia  Sophia  in  Kpel, 
Theodoros  Agallianos,  gegen  Johannes  Argyropulos  bei  Migne,  Patr.  gr.  158,  1012 
bis  1052.  —  2  andere  Abhandlungen  gegen  die  Lateiner  gab  Dositheos  heraus.  Vgl. 
A.  Demetrakopulos,  19^^.  'EXktig  S.  108.  —  Selbstbiographisches  in  cod.  Bodl.  Canon. 
4»  iaec.  15  foL  106—153. 

5.  Des  Silvester  Syropulos  Geschichte  der  Florentiner  Synode  ed.  Robert  Crey- 
fkton,  Hagen  1660  f.  Gegen  den  Herausgeber  polemisierte  L.  Allatius,  In  Roberti 
Otyghtoni  apparatum  ....  ezercitaiaones,  Uom  1665.  —  Die  unionsfreundlicbe  DarstAUun^ 


122  Bysantinisclie  Litteratiirgeschiohte.    L  Protaiflohe  Lüierainr. 

der  Synode  von  Dorotheos,  Erzbisch,  von  Mytilene,  bei  Harduin,  Concilia  9  (Paris  171 
1—28.  Vgl.  Th.  Frommann,  Kritische  Beiträge  zur  Geschichte  der  Florentiner  Eirchi 
einigung,  HaUe  1872,  S.  63-86. 

4.  GeorgiosAmerutzes  aus  Trapezont  schrieb  üegi  rdSy  av/aßeßt]x6T<oy  iy  rß^Xta^ 
uyß  avyodti».  Vgl.  Dem  etrakopulos,  'Oq&.  'EXXag  S.  119  f.  —  In  cod.  Paris.  3043  s.  16  Sl 
tentia  G.  data  Florentiae  fol.  16^—18.  Bei  Migne,  Patr.  gr.  161,  723  ff.  ein  Brief  an  Bessarif 

5.  Von  Matthaeos  Kamariotes,  der  den  Fall  Epels  beschrieb,  sind  nebst  il 
torischen  und  poetischen  Stücken  mehrere  theologische  Schriften  ttberliefert  z.  B.  in  coi 
Paris.  1191,  1214,  817.    Sie  sind  gegen  Lateiner  und  Barlaamiten  gerichtet. 

6.  Des  Michael  Apostolios  IlQWftpfayrjfia  eig  xoy  ßaatXda  Kfovaxaytiyoy  ed.  A.  D 
m  etrakopulos,  *E&yix6y  'HfitQoXoyioy  1870.  Vgl.  A.  Dem  etrakopulos,  'Oq&.  'Ekl 
S.  121.  —  In  cod.  Bodl.  Barocc.  76  saec.  15  fol.  63-69  eine  Schrift  über  den  Ausga 
des  hl.  Geistes.  —  In  cod.  Laurent,  pl.  10,  25  saec.  1 5  fol.  47 — 51  ein  Dialog  MeyiHyog  ij  m 
Tguidog.  —  In  cod.  Paris.  1744  saec.  15  fol.  37-61  Verse  auf  die  Sonn-  und  Festtage  des  Jahr 
—  Vgl.  E.  Legrand,   Bibliogr.  höllönique  1   (Paris  1885)  LVIII— LXX  u.  Krumbach« 

7.  Von  Johannes  Moschos  steht  eine  Schrift  gegen  die  Lateiner  in  cod.  Escor.  I 
saec.  15  fol.  1—33.  —  Vgl.  über  ihn  die  Notiz  von  H.  Noiret  a.  a.  0.  S.  49. 

8.  Von  den  griechischen  Polemikern  gegen  die  Lateiner  im  16.  Jahrhundert  gn 
Manuel  Peloponnesios  f  1551  auf  Persönlichkeiten  des  15.  Jahrhunderts  zurück.  V 
A.  Demetrakopulos,  'Oq&,  "EXXdg  S.  122  f.  Drei  Schriften  desselben  gab  Arsenij  hera; 
Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  371  Anm.  Eine  derselben,  worin  er  auf  10  Kontroverspunkte  « 
wertet,  die  ihm  ein  Dominikaner  Franziskus  vorgelegt  hatte,  ed.  pr.  Le  Moyne,  Varia  s« 
1  (Leiden  1685)  268—293  (unvollständig);  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  140,  469—4 
(unrichtig  als  Schrift  des  13.  Jahrhunderts).  —  Ueber  weitere  Polemiker  vom  16.  Ja 
hundert  an  vgl.  Demetrakopulos  ebenda  S.  123—201. 

5.  Freunde  der  Lateiner.    1.  Johannes  Argyropulos,  Lehrer  der  Gramma 
in  Kpel,  später  in  Florenz,  wo  er  sich  der  Gunst  der  Medicäer  erfreute,  verfasste  auf 
Anregung  des  Duz  Lukas  Dukaras  eine  Schrift  über  den  Ausgang  des  hl.  Geistes,  wo 
er  sich  auf  die  lateinischen  Väter  stützt.    Ed.  L.  Allatius,  Graecia  orthod.  1,  400—4! 
abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  158,  992—1008.   —    2,  Der   Humanist  Georgios  v 
Trapez unt  nahm  auch  lebhaften  Anteil   an  der  Unionsfrage.    Seine  Schriften  über 
Streitpunkte  bei  Migne,  Patr.  gr.  161,  829—868,  896—903  sind  formell  noch  ganz  byz 
tinisch  gehalten.  —  Hier  mögen  auch  seine  Acta  martyrii  S.  Andreae  Ghii  f  1465  (ed.  in  i 
Acta  SS.  Maii  7,  185-188)  erwähnt  werden.  -   3.  Cod.  Paris.  1287  saec.  16  foll.  133  entl 
eine  Sfammlung  von  Disputationsreden  zwischen  Griechen  und  Lateinern  in  Fem 
die  Theodoros  Gazes  (f  1475)  veranstaltete.   —  Seine  Uebersetzung  eines   Briefes 
Papstes  Nikolaus  V  an  den  Kaiser  Konstantinos  bei  Migne,  Patr.  gr.  160,  1201—12. 

B.  Exegese. 

46.  Charakteristik.  Der  Abstand  der  späteren  byzantinischen  Lit 
ratur  von  der  altchristlichen  und  patristischen  des  4.  und  5.  Jahrhunde 
ist  auf  dem  exegetischen  Gebiete  weit  grösser  als  auf  dem  dogmatis^ 
polemischen.  Während  hier  vom  6. — 9.  Jahrhundert  die  Arbeit  i 
patristischen  Zeitalters  noch  im  Fluss  war,  hörte  nach  Kyrillos  von  A 
xandrien  und  Theodoret  von  K)rrrhos  die  selbständige  exegetisc 
Forschung  mit  einem  Schlage  auf.  Verhängnisvoll  wirkte  der  19.  Kan 
der  Trullanischen  Synode  (692),  welcher  vorschrieb,  dass  man 
der  Erklärung  der  hl.  Schrift  die  Exegese  der  grossen  Kirchenvä 
eigenen  Forschungen  vorziehen  solle.  Doch  darf  dieser  Kanon  ni- 
allein  für  den  Niedergang  der  exegetischen  Litteratiu:  verantwortlich  i 
macht  werden;  denn  er  wäre  nicht  so  einseitig  befolgt  worden,  w( 
nicht  viele  andere  Ursachen  mitgewirkt  hätten.  Am  allerwenigsten  gescl 
für  die  Erweiterung  und  Vertiefung  jener  Kenntnisse,  welche  die  V 
bedingung  zu  einer  fruchtbaren  Exegese  bilden.  Die  Kenntnis  der  1 
bräischen  Sprache  ging  den  Byzantinern  ganz  verloren;  nicht  eini 
Photios  war  des  Hebräischen  mächtig.  Man  hielt  sich  an  den  Text  c 
Septuaginta,  welche  die  übrigen  griechischen  Übersetzungen  des  Tb 


1.  Tlieologie.    B.  Exegese.    (§  46)  X23 

iotion,  Symmachos,  Aquilas  immer  mehr  in  den  Hintergrund  drängte,  und 
i.  B.  von  Georgios  Synkellos  um  806  ausdrücklich  über  den  hebräischen 
Text  gestellt  wurde.  Für  die  biblische  Textkritik  hörte  jedes  Ver- 
ständnis auf.  Das  Originalexemplar  des  grossen  textkritischen  Werkes 
les  Origenes  ging  im  7.  Jahrhundert  zu  Grunde,  ohne  dass  eine  einzige 
rolli>tändige  Abschrift  davon  genommen  worden  wäre.  Fragmente  davon 
laben  sich  jedoch  in  Kommentaren  und  exegetischen  Eatenen  erhalten, 
Lie  von  Montfaucon  und  Field  mit  grosser  Sorgfalt  gesammelt  wurden, 
m  lebendigen  Gebrauch  blieb  nur  die  Hexaplarische  Rezension  der  Septua- 
nnta,  die  aber  immer  mehr  mit  dem  vororigenistischen  Text  (der  sogen. 
oirrj)  und  den  Rezensionen  von  Hesychios  von  Alexandrien  und  Lnkian 
'on  Antiochien  vermischt  wurde.  Auf  diesem  Wege  bildete  sich  seit  dem 
I.  Jahrhundert  eine  neue  xoivtj  heraus,  die  in  den  meisten  griechischen 
Iss  des  A.  Testaments  vorliegt.  Diese  weichen  aber  in  unzähligen  Einzel- 
leit^n  von  einander  ab,  und  es  wurde  kein  einziger  Versuch  gemacht, 
len  Text  zu  reinigen:  ein  Umstand,  wodurch  die  Herstellung  eines  authen- 
ischen  Textes  der  Septuaginta  zu  einer  der  schwierigsten  Aufgaben  der 
Ivritik  geworden  ist.  Nur  eine  einzige  Übersetzung  eines  Teiles  des 
V.  Testamentes  wurde  von  einem  Unbekannten  Ende  des  14.  oder  Anfang 
ies  15.  Jahrhunderts  nach  dem  masorethischen  Texte  hergestellt.  Es 
st  jedoch  fraglich,  ob  es  eine  byzantinische  Arbeit  ist;  jedenfalls  fand  sie 
in  Byzanz  keine  Verbreitung.  Für  das  Neue  Testament  hatten  die 
Byzantiner  den  Vorteil,  den  Urtext  selbst  zu  besitzen.  Dieser  erlitt  aber 
uich  viele  Veränderungen,  und  es  wurde  auch  hier  kein  Versuch  gemacht, 
iie  ursprüngliche  Reinheit  des  Textes  wiederherzustellen. 

Ebenso  fehlte  die  äussere  Anregung  wie  das  innere  Bedürfnis  für 
ihe  Ausbildung  der  höheren  Bibelkritik;  nur  bei  Andreas  von  Käsarea 
in  Kappadokien,  Kosmas  Indikopleustes,  Oekumenios  oder  dessen  Epito- 
mator  finden  sich  gelegentliche  Ausführungen  über  Authentizität  und 
Autorität  einiger  Bücher  der  hl.  Schrift.  An  eine  planmässige  Unter- 
suchung der  Abfassungszeit  und  des  Quellen  Verhältnisses  der  einzelnen 
Bücher  dachte  man  aber  ebensowenig  in  Byzanz  als  im  Abendland.  Für 
die  biblische  Einleitung  und  Hermeneutik  hatten  die  Antiochener 
Diodor  von  Tarsos,  Theodor  von  Mopsuestia  und  zuletzt  Adrianos  (um  440) 
das  Fundament  gelegt.  Auch  hier  wurde  nicht  weitergebaut;  denn  die 
J^chrifl  des  Junilios,  eines  kaiserlichen  Beamten  am  Hofe  Justinians,  die 
Instituta  regularia  divinae  legis,  wurde  lateinisch  geschrieben  und  war  für 
lateinische  Kreise  in  Afrika  berechnet.  Dieselbe  Interesselosigkeit  betraf 
die  biblische  Geographie  und  Archäologie,  obgleich  Origenes,  Eusebios 
von  Käsarea  und  Epiphanios  von  Salamis  vorgearbeitet  hatten.  Auch  für 
die  biblische  Chronologie  haben  die  Chronisten,  welche  die  alttestament- 
liche  Zeitgeschichte  regelmässig  in  ihre  Betrachtung  hineinzogen,  nichts 
Erhebliches  geleistet.  Die  griechische  Kirche  empfand  nicht  einmal  das 
Bedürfnis,  einen  definitiven  Abschluss  des  Kanons  der  hl.  Schrift  zu 
gewinnen.  In  der  Aufzählung  der  zum  Kanon  gehörigen  Bücher  weichen 
Kosmas  Indikopleustes,  Leontios  von  Byzanz,  Anastasios  Sinaites,  Johannes 
Ton  Damaskos^  Nikephoros  vod  Konstantinopel,  Photioö  und  selbst  noch. 


124  Byzantinische  Litteratnrgesohichte.    L  Prosaisohe  liüeratnr. 

spätere,  wie  Johannes  Zonaras,  Matthaeos  Blastares  von  einander  a 
ohne  dass  diese  Abweichungen  zum  Gegenstand  von  litterarischen  B 
sprechungen  oder  synodalen  Entscheidungen  gemacht  worden  wären. 

So  wurde  denn  nur  die  eigentliche  Exegese  weitergepflegt, 
geschah  dies  in  zweifacher  Weise,  durch  exegetische  Katenen  (§  93)  und  dur 
zusammenhängende  Kommentare.  Die  Verfasser  der  letzteren  waren  a 
ohne  Ausnahme  abhängig  von  den  patristischen  Exegeten,  lieferten  jedo 
noch  bis  zu  einem  gewissen  Grade  eigene  Arbeit,  während  in  den  Katen 
Auszüge  aus  den  früheren  Exegeten  lose  und  unabhängig  an  einander  gerei 
wurden.  Eine  dritte  Gattung  von  exegetischen  Schriften  könnte  hina 
gefügt  werden,  die  ^EQiaTtjaetg  xal  ärtoxQiaeig,  wie  wir  sie  bei  Maxin 
Confessor,  Anastasios  Sinaites,  Photios  vorfanden,  und  worin  mit  Vorlic 
schwierige  Stellen  aus  dem  A.  und  N.  Testamente  behandelt  werden.  VS 
die  Interpretationsmethode  angeht,  so  suchten  die  byzantiniscl 
Exegeten  die  Methoden  der  zwei  grossen  theologischen  Schulen  des  chri 
liehen  Altertums,  die  allegorische  der  Alexandriner  und  die  historisi 
grammatikalische  der  Antiochener,  mit  einander  zu  verbinden.  Eini 
huldigen  auch  ausschliesslich  der  einen  oder  der  anderen. 

Am  zahlreichsten  sind  die  Exegeten  im  6.  und  7.  Jahrhundert  v 
treten ;  Prokopios  von  Gaza,  Olympiodoros,  Kosmas  Indikopleustes,  Gregor 
von  Agrigentum,  Maximos  Confessor,  Anastasios  Sinaites  waren  entwe< 
ausschliesslich  auf  dem  exegetischen  Gebiete  thätig,  oder  weisen  in  ihr 
litterarischen  Nachlasse  auch  exegetische  Arbeiten  auf.  Aus  dem  8.  Ja 
hundert  ist  nur  Johannes  von  Damaskos  zu  nennen.  Photios  erneue 
die  Pflege  der  Exegese,  die  nach  ihm  und  wahrscheinlich  unter  sein 
Einflüsse  von  Arethas  von  Kappadokien,  dem  rätselhaften  Oekumenios,  > 
Basilios  von  Neopatra  und  Leon  Patrikios  weitergeführt  wurde.  Ihre  hoch 
Blüte  erlebte  sie  im  Zeitalter  der  Komnenen,  als  Theophylakt  von  I 
garien  und  Euthymios  Zigabenos,  unstreitig  der  bedeutendste  byzantini» 
Exeget,  ihre  umfangreichen  Kommentare  schrieben.  Interessant  ist 
durch  Niketas  Akominatos  (Thesaurus  orthodox.  1.  24)  zu  erfahren,  d 
im  12.  Jahrhundert  Professoren  der  Exegese  in  Konstantinopel  angest 
waren.  Niketas  bezeichnet  nämlich  Michael  von  Thessalonike  und  Ni 
phoros  Basilakes  als  dtdaaxaXog  tov  eiayyekiov  resp.  diddaxaXog  dnoatoX 
Schon  im  13.  Jahrhundert  verschwindet  die  Exegese  fast  vollständig, 
in  der  späteren  Paläologenzeit  noch  einmal  aufzuleuchten.  Manche  Exege 
sind  übrigens  noch  nicht  oder  nur  sehr  fragmentarisch  ediert,  wähn 
bei  anderen  die  Lebenszeit  noch  näher  zu  bestimmen  ist. 

Das  dringendste  Bedürfnis  und  die  notwendigste  Vorbedingu 
um  den  inneren  Wert  der  byzantinischen  Exegese  erkennen  zu  könn 
ist  eine  umfassende  kritische  Untersuchung  ihrer  patristisch 
Quellen.  Diese  Quellenuntersuchung,  die  noch  für  keinen  Exegeten  v 
liegt,  wird  ohne  Zweifel  jenen  AVert  auf  ein  Minimum  reduzieren;  d< 
die  eigene  Erklärungsarbeit  der  Exegeten  steht  zu  dem  Umfange  ih 
Kommentare  in  gar  keinem  Verhältnis.  Aus  Mangel  an  Raum  können 
folgenden  nur  einige  Andeutungen  in  dieser  Richtung  gemacht  werd 
Andererseits  darf  aber  nicht  vergessen  werden,  dass  uns  die  byzantiniscl 


L  Theologie.    B.  Exegese.    (§  47).  12 


K 


i 


Exegeten  viele  Fragmente  aus  verloren  gegangenen  altchristlichen  und 
patristischen  Kommentaren  erhalten  haben.  Darin  liegt  ihr  Hauptverdienst. 
An  die  Exegeten  lassen  sich  die  Scholiasten  patristischer 
Schriften  anreihen,  die  sich  die  Erklärung  von  Kirchenvätern,  besonders 
der  Schriften  Gregors  von  Nazianz  und  des  Pseudoareopagiten,  zur  Auf- 
gabe stellten. 

1.  Für  die  Textsammlungen  vgl.  die  Litteraturangaben  zu  §  4.  —  Die  anonyme 
reberaetzong  der  A.  T.  aus  dem  15.  Jahrhundert  ed.  pr.  0.  Gebhardt,  Leipzig  1875  mit 
einer  Einleitong  von  Fr.  Delitzsch,  der  einen  Juden  Eliss&os,  einen  Zeitgenossen  des  Georgios 
GemistoB  Plethon,  als  Verfasser  erweisen  will.  —  Die  Stichometrie  des  Nikephoros  von 
Kpel  znletzt  ed.  Tb.  Zahn,  Geschichte  des  neutestamentl.  Kanons  2  (Erlangen  u.  Leipzig 
1800)  297—301  u.  E.  Preuschen.  Analecta,  Freiburg  u.  Leipzig  1893  S.  156-58.  Gegen 
die  Echtheit  s.  K.  A.  Credner,  Zur  Geschichte  des  Kanons,  Halle  1847  S.  97—112. 

2.  Hilfsmittel:  Einiges  zur  Geschichte  der  Exegese  und  des  Kanons  bei  R.  Simon, 
Histoire  critique  des  nrincipaux  commentateurs  du  Nouveau  Testament,  Paris  1693  S.  390—468, 
KeiisB,  Rosenmüller,  Cornely,  Knabenbauer,  Holtzmann  und  andere  Lehrbücher 
der  Einleitung  in  die  hl.  Schrift.  —  Ueber  die  Schwankungen  des  Kanons  s.  besonders 
K.  A.  Credner,  Geschichte  des  nentestamentlichen  Kanons,  hrsg.  von  G.  Volkraar, 
Berlin  1860  S.  244—257. 

3.  Etwa  300  Hss  der  Septuaginta  wurden  verglichen  von  Holmes  und  Par- 
sons,  Vetos  testamentum  graecum  cum  variis  lectionibus,  5  Bde,  Oxford  1798 — 1827.  — 
22  weitere  Unzialbss  und  Ussfragmente  beschrieben  von  Tischendorf,  Vetus  testamentum 
graece  inxta  LXX  interpretes,  P,  Leij>zig  1887  S.  44ff.  —  £.  Klostermann,  Analekta  zur  Sep- 
tuaginta, Hexapla  und  Patristik,  Leipzig  1895.  —  Um  eine  kritische  Ausgabe  der  Septuaginta 
bemühte  sich  besonders  P.  de  Lagarde.  —  Einen  sehr  vollständigen  Katalog  der  grie- 
chischen Has  des  N.  T.  mit  Einschluss  der  Lectionarien  verfasste  G.  R.  Gregory  in  dem 
Prolegomenenband  zur  Editio  octava  critica  major  von  C.  Tischendorf,  Leipzig  1884 — 94. 

47.  Prokopios  {IlQoxoniog)  von  Gaza  war  einer  der  Vorsteher  der 
Rhetorenschule  genannter  Stadt,  welche  unter  Anastasios  I,  Justin  I  und 
Juätinian  blühte.  Über  seine  Lebensverhältnisse  und  seine  Lehrthätigkeit 
erfahren  wir  manches  aus  seinen  Briefen.  Er  verbrachte  fast  sein  ganzes 
Leben  in  seiner  Vaterstadt  Gaza;  unbekümmert  um  die  kirchenpolitischen 

(  Bewegungen  seiner  Zeit,  widmete  er  seine  volle  Kraft  dem  Lehramte  und 
der  Abfassung  von  rhetorischen  und  theologischen  Schriften.  Sein  Nach- 
folger Chorikios  feierte  die  Verdienste  des  Prokopios  auf  ersterem  Gebiete 

\    in  überschwenglicher  Weise,   und  Photios   (cod.  206)   rühmte    ihm   nach, 

1  einer  der  besten  Rhetoren  seiner  Zeit  gewesen  zu  sein.  Er  blühte  unter 
Justinian  I;  sein  Todesjahr  ist  unbekannt. 

\  Prokopios'   litterarische  Hauptthätigkeit  galt    der   Erklärung   des 

Alten  Testaments.  Der  litterarische  Nachlass  umfasst  jedoch  nur  fol- 
gende Schriften  des  Alten  Testaments:  sämtliche  historische  Bücher 
von  der  Genesis  an  bis  zum  2.  Buch  der  Chronik,  den  Propheten  Jesaias, 
\  die  Proverbien,  das  Hohelied  und  den  Prediger  Salomos.  Der 
Kommentar  zu  dem  letzten  Buche  ist  noch  unediert.  In  der  Vorrede  zur 
Genesis  unterscheidet  Prokopios  ausdrücklich  2  Kommentare  zu  den  histo- 
rischen Büchern,  die  er  verfasst  habe,  einen  ersten  in  Katenenform, 
den  anderen  als  einheitlichen  und  fortlaufenden  Kommentar,  der  sich  je- 
doch von  dem  ersten  nur  dadurch  unterscheide,  dass  hier  die  überein- 
stimmenden Erklärungen  der  früheren  Exegeten  nur  einmal  dem  Sinne 
nach  mitgeteilt,  sodann  die  abweichenden  Meinungen  derselben  vorgeführt, 
und  endlich  Prokopios'  eigene  Erklärungen  angefligt  wurden.  Damit  ist 
seine  Arbeit  authentisch  charakterisiert:  sie  besteht  in  der  Hauptsache  va 


I 


126  Bysantinische  Idtteratnrgesohiehie    L  Prosaiaohe  Litieratnr. 

der  zusammenfassenden  Wiedergabe  der  grossen  Exegeten  des  3.,  4.  i 
5.  Jahrhunderts  und  stellt  sich  daher  als  Typus  der  byzantinischen  Exeg 
dar.  Jene  Einteilung  der  Konmientare  in  2  Gruppen  ist  von  Prokoj 
nur  für  die  historischen  Bücher  bezeugt;  es  sprechen  aber  manche  j 
zeichen  dafür,  dass  sie  für  alle  Kommentare  Prokops  gilt.  Bevor  jed 
der  ganze  Umfang  der  exegetischen  Arbeit  des  Sophisten  endgültig 
stimmt  werden  kann,  sind  noch  manche  kritische  Fragen  zu  lösen,  wel 
eingehende  handschriftliche  Forschungen  erheischen.  Sichergestellt  fi 
bisher  nur  die  zwei  Kommentare  zu  den  historischen  Büchern  und 
Jesaias,  während  die  Autorschaft  Prokops  für  den  Kommentar  zu  i 
Proverbien  und  die  Katene  zum  Hohenliede  wohl  mit  Unrecht  angezwei 
wird.  Die  Katene  zu  den  historischen  Büchern  ist  jüngst  von  L.  Cc 
und  P.  Wendland  als  die  Grundlage  der  von  Nikephoros  herausgegeboj 
Catena  Lipsiensis  zum  Octateuch  und  den  4  Büchern  der  Könige  na 
gewiesen  worden,  nachdem  schon  in  der  Ausgabe  von  Migne  auf  die  ^ 
wandtschaft  des  Kommentars  mit  der  genannten  Katene  aufmerke 
gemacht  worden  war. 

Prokopios  trat  auch  als  theologischer  Polemiker  auf  gegen  i 
Neuplatoniker  Proklos.  Ein  Fragment  ix  tcSv  elg  xd  UqoxXov  d^eoXoyixd  xsi 
Xaia  ävuQQT^aeiov  hatte  A.  Mai  veröffentlicht.  Durch  die  Wahrnehmt 
von  D.  Russos,  dass  diese  Streitschrift  derjenigen  des  Nikolaos  von  1 
thone  gegen  Proklos  zu  Grunde  liegt,  ist  sie  in  ihrem  ganzen  Umft 
wiedergeftinden,  wenn  auch  nicht  feststeht,  bis  zu  welchem  Grade  Nikoli 
ihre  ursprüngliche  Gestalt  beibehalten  hat.  Auf  Grund  eines  Scholic 
zu  Lukianos  vermutet  Russos,  dass  Prokopios  noch  andere  apologetisc 
Schriften  verfasste. 

1.  Ausgaben:  Eine  Gesamtausgabo   der  Kommentare  wollte   0.   Oiearius 
sorgen.  —  Die  Kommentare  zu  den  historischen  Büchern  und  zu  Jesaias  nach  < 
Drucken  von  Andreas  Gessner  (1555),  J.  Meursius  (1620)  und   J.   Curterius  (U 
bei  Migne,  Patr.  gr.  87,  1,  21—1220;  2,  1803—2717.    Den  griechischen  Text  des  K« 
mentars  zu  Genesis  1  —  18  ed.  pr.  A.  Mai,  Classici  auctores  6  (Rom  1834)  1—347.    Er 
abgedruckt  bei  Migne,  und   hier  wurde  von  Genes.  18  an  bis  zum  Ende  die  Catena  1 
siensis  benützt.  —  Eine  vollständige,  wichtige  Hs  des  ganzen  Kommentars  zu  den  hii 
rischen  Büchern  ist   der  cod.  Monac.    358  (saec.  9—10).    Sie   kann  zur  Grundlage  ei 
künftigen  Ausgabe  gemacht  werden,  die  wir  mit  P.  Wendland  sehnlichst  erwarten.    Ni 
wichtiger  wäre  die  Wiedergewinnung   der  Katene  Prokops  zu  den  historischen  Buch 
aus  den  zahlreichen  Uss,    in  denen   eine    und  dieselbe  Katene   zum  Octateuch  überliel 
ist,   nach   den   leitenden  Gesichtspunkten  Wendlands.  —  Den  Kommentar  zu  den  P] 
verbien  ed.  pr.  A.  Mai,  Classici  auctores  9  (Rom  1837)  1—256;   abgedruckt  bei    Mi( 
a.  a.  0.  1,  1221—1544.     Migne  fügte  als  Supplementum  aus  den  Codd.  Bruxell.  3895 
Fragmente   hinzu,    die  vielleicht   aus   der  Katene  zu  den  Proverbien  stammen.    In  c 
Monac.   131  saec.  16  fol.  172—269  wird  eine  Katene  zu  den  Proverbien  Prokop  zu^ 
schrieben.  —  Die  Katene  zum  Hohenlied  ed.  pr.  A.  Mai,   Class.   auct.  9,  257 — 41 
abgedruckt  bei  Migne   a.   a.   0.    2,    1545—1754.    —    Ebenda   1756—1780  als  fragmei 
alia  aus  A.  Mai,  Class.  auct.  6,  348—378  wahrscheinlich  Fragmente  aus  Prokops  Ko 
mentar  zum  Hohenlied.    —   Der  Kommentar   resp.   die   Katene  zu  dem  Prediger 
cod.   Monac.    131  saec.  16  fol.  172—270,   cod.  Mutin.  155  saec.  15,  cod.  Marcian.  22. 
Eine   unbestimmte  Nachricht  von  einem  Kommentar  Prokops  zu   den  12  kleinen  Pi 
pheten  bei  Cave,  Histor.  Litteraria,  Genf  1740  S.  327.  —  Das  Fragment  aus  der  apo 
getischen  Schrift  ed.   pr.  A.  Mai,   Classici   auctores  4  (Rom  1831)  274;    abgedruckt  ] 
Migne  a.  a,  0.  2,  2792.    Vgl.  S.  87  Anm.  2. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  7,  563—565.  -  -  J.  Ch.  G.  Ernesti,  DeProco 
Gazaei  commentarüs  graecis  in  heptateuchum  et  canticum  ineditis  commentatio,  Leipzig  17) 
—  Zum  Kommentar  über  den  Octateuch  vgl.  P.  Wendland,  Neu  entdeckte  Fragmente  Phil 


1.  Theologie.    B.  Exegese.    (§  4S) 


127 


lin  1891  S.  29-105,  109—124.  Hier  wird  eine  ausgiebige  Benutzung  der  Schriften  Philos 
I  des  Ongenes  bei  Prokop  nachgewiesen.  Auf  die  Benutzung  Philos  durch  Prokop  war 
rat  R.  Harris,  Fragments  of  Philo,  Cambridge  1886,  aufmerksam  geworden.  —  Zu.  der 
rene  Prokops  in  Octateuchum  und  der  Catena  Lipsiensis  s.  L.  Cohn,  Zur  indirekten 
>er]iefenmg  Philos  und  der  älteren  Kirchenschriftsteller,  Jahrb.  f.  protest.  Theologie  18 
92)  475—92  mit  einem  Nachtrag  von  P.  Wen  dl  and.  Vgl.  §§  91  u.  93.  —  Eine  noch 
bt  gedruckte  Quellenuntersnchung  fiber  sämtliche  Kommentare  Prokops  von  L.  Ei  sen- 
fer, erwähnt  bei  Bardenhewer,  Patrologie  S.  504,  hat  die  grossen  Exegeten  des  4.  und 
Tahrhanderts  als  Hauptquellen  Prokops  nachgewiesen.  In  den  Prokopios  zugeschriebenen 
tenen  werden  sie  nebst  Philo  schon  in  der  Ueberschrift  genannt.  —  Th.  Zahn,  For- 
ungen  zur  Geschichte  des  neutestamentl.  Kanons  und  der  altkirchl.  Litteratur  2  (Er- 
gen  1883)  8.  239—253  verbreitet  sich  über  die  Quellenverhältnisse  der  Katene  zum 
henlied.  —  £.  Klostermann,  Griechische  Excerpt«  aus  Homilien  des  Origenes,  Texte 
i  Untersuchungen  von  Gebhardt  und  Harnack  12,  3  (1894)  S.  1—12  hat,  den  Spuren 
'Ödlands  folgend,  die  Benützung  der  Homilien  des  Origenes  über  das  Buch  Josuah  in 
1  eotsprechenden  Kommentar  Prokops  nachgewiesen. 

3.  Zum  Leben:  Die  Lobrede  des  Sophisten  Chorikios  über  Prokopios  ed.  pr.  Fa- 
icios,  Bibl.  gr.  1.  Aufl.  8,  841  ff.  —  K.  Seitz,  Die  Schule  von  Gaza,  Heidelberg  1892 
>  -21.  Die  exegetische  Thätigkeit  Prokops  ist  sehr  oberflächlich  behandelt.  Seitz  kennt 
it  einmal  alles  Gedruckte.  —  C.  Kirsten,  Quaestiones  Choricianae,  Breslau  1894  S.  8  ff. 

48.  Olympiodoros  (OXvfi7ii66o)Qog),  Diakon  zu  Alexandrien,  wurde  von 
n  Patriarchen  Johannes  Nikiotes  von  Alexandrien  (505 — 516)  geweiht, 
i  war  somit  ein  Zeitgenosse  des  Prokopios  von  Gaza.  Über  seine 
iteren  persönlichen  Verhältnisse  sind  wir  ohne  jede  Nachricht.  Anastasios 
aites  erwähnt  ihn  zuerst,  bezeugt  aber  nur  seine  Eigenschaft  als  Diakon 
Alexandrien.^)    Vollständig  liegt  sein  umfangreicher  Kommentar 

dem  Prediger  im  Drucke  vor.  Olympiodor  verbindet  darin  die  histo- 
•he  mit  der  allegorischen  Interpretationsmethode.  Frühere  Exegeten 
nt  er  nicht;  ein  Umstand,  der  die  Quellenuntersuchung  sehr  erschwert. 
*  Kommentar  zu  Jeremias  mit  Einschluss  des  Buches  Baruch 
1  der  Klagelieder  ist  fast  vollständig  erhalten  in  dem  Codex  Barbe- 
anus V  45.    Der  Schrifttext  ist  hier  in  Kapitel  eingeteilt,  denen  jedes- 

eine  IJ^t^ewQia  vorangeht,  die  über  den  Inhalt  kurz  orientiert ;  er  ist 
serdem  von  Lesarten  aus  den  Übersetzungen  von  Aquilas,  Theodotion 
1  Symmachos  begleitet,  die  den  Hexaplen  des  Origenes  entnommen 
1.  Der  Kommentar  selbst  besteht  aus  kurzen  Scholien,  in  welchen  die 
gorische  und  historische  Erklärungsweise  gleichmässig  zur  Anwendung 
imt.  Die  übrigen  Kommentare  scheinen  nur  in  gedruckten  und  un- 
rackten  Katenen  fragmentarisch  vorzuliegen.    In  umfangreichem  Masse 

der  Katenenschreiber  Niketas  von  Heraklea  (vgl.  §  93)  Olympiodors 
omentar  zu  Job  benutzt.    Aus  den  gedruckten  Fragmenten  lässt  sich 

Sicherheit  erkennen,  dass  dieser  Kommentar  dieselbe  Anlage  wie  der 
.^miaskommentar  hatte.  Insbesondere  hat  Olympiodor  auch  hier  den 
:elnen  Kapiteln  IJQoi^siOQiM  vorangestellt,  von  denen  Niketas  die  meisten 
ibemahm.  Von  einem  Kommentar  zu  den  Proverbien  liegen  nur 
lige  Fragmente  gedruckt  vor.  Ganz  verschollen  ist  eine  Erklärung 
i  Buche  Esdras,  die  Olympiodor  in  dem  Predigerkommentar  selbst 
ahnt.*)  Die  Vorrede  zu  diesem  Konmientar  scheint  anzudeuten,  dass 
mpiodor  auch  das  Hohelied  erklärt  hat.   Ob  er  auch  das  Neue  Testa- 


^)  In  Hexaemeron  1.  6,  Migne,  Patr. 
?V,  937. 


2)  Migne,  Patr.  gr.  93,  532. 


128  BysantiniBche  Lüieratnrgesohiolite.    L  ProMdsche  Litteratiir. 

ment  erklärt  hat,  kann  aus  dem  einzigen  Fragment  aus  einem  Luk 
kommentar,  das  A.  Mai  ans  Licht  gezogen  hat,  offenbar  nicht  mit  Sicherl 
gefolgert  werden.  A.  Mai  hat  ausserdem  ein  Zitat  aus  einer  polemisc] 
Schrift  Olympiodors  gegen  Severos  bekannt  gegeben.  In  höherem  Ma 
noch  als  bei  Prokopios  von  Gaza  werden  wir  hier  auf  die  Notwendigl 
handschriftlicher  Forschungen  hingewiesen. 

1.  Ausgaben:  Den  Kommentar  zum  Prediger  ed.  pr.  <Fronto  Ducaeus>,  Bibl. 
Patr.  graecolat.  2  (Paris  1624)  692  ff.;  abgedruckt  bei  Migne.  Patr.  gr.  93,  477-628.  — 
Fragmente  der  Kommentare  zu  Jeremias,  den  Proverbien  und  dem  Bucbe  Job  aus  gedrucl 
Katenen  zusammengestellt  bei  Migne  a.  a.  0.  13—477,  628—780.  —  Ob  der  Kommei 
zu  Job  in  den  codd.  Ambros.  M  65  sup.,  D  473  inf.,  cod.  Vatic.  338,  cod.  Sinai 
vollständig  vorliegt,  bleibt  zu  untersucben.  In  der  Psalmenkatene  des  cod.  Bodl.  Mi» 
saec.  9  wird  auch  Olympiodor  genannt.  --  Das  Fragment  aus  dem  Lukaskommentar 
A.  Mai,  Script,  vet.  nova  coli.  9,  666;  bei  Migne  a.  a.  0.  780.  —  Das  Zitat  ix  rov  < 
xiqov  Xoyov  xard  Seß^Qov  aus  A.  Mai  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  89,  1189. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  10,  627  f.  und  andere  Litteraturbistor 
schwankten  in  der  Zeitbestimmung  Olympiodors  zwischen  dem  5.— 11.  Jahrhundert, 
richtige  Sieitangabe  ergibt  sich  aus  dem  cod.  Barber.  V  45.  Die  betreffende  Notiz  be 
de  Magistris,  Acta  martyrum  ad  Ostia  Tiberina,  Rom  1795  S.  285  f.  —  Ueber  die 
nannte  Hs  vgl.  A.  Ehrhard,  Die  griechische  Patriarchalbibliothek  von  Jerusal 
Römische  Quartalschr.  5  (1891)  237—239. 

3.  Ein  Zeitgenosse  Olympiodors  war  der  sinaitische  MOnch  Kosmas  Indi 
pleustes,  welcher  sich  mit  der  Elrklärung  der  hl.  Schrift  viel  beschäftigte.  Das  erl 
schon  aus  seinem  geographischen  Werk,  das  darum  von  Photios  (cod.  36)  als  eine 
klärung  zu  dem  Octateuch  aufgefasst  wurde.  -  Ein  vollständiger  Psalmen  kommen 
steht  unter  seinem  Namen  in  dem  cod.  Paris.  169  saec.  14  foll.  207.  Der  Prolog  i 
steht  am  Anfang  vieler  handschriftlichen  Katenen  zu  den  Psalmen  z.  B.  in  codd.  Vi 
342,  711,  cod.  Vallicell.  G  4  und  wurde  von  Montfaucon,  Opera  S.  Joannis  Chryaost 
3,  539  gedruckt.  Einen  Zusatz  dazu  ed.  Cirillo,  Codices  graeci  Mss  regiae  bibliothc 
Borbonicae,  Neapel  1826  S.  33  f.  —  Ein  Kommentar  zu  den  Cantica  desA.  undN.  Tei 
mentes  wird  ihm  in  cod.  Paris.  2743  saoc.  16  fol.  199—207^  zugeschrieben.  —  Auch  *1 
^iaeig  zu  den  4  Evangelien  figurieren  in  manchen  Hss  unter  seinem  Namen  z.  B 
dem  Wiener  cod.  suppl.  Kollar.  50  (letzteres  nach  Aufzeichnungen  von  K.  Krumbacl 
—  Ueber  das  topographische  Werk  des  Kosmas  vgl.  Krumbacher. 

4.  Der  Grammatiker  Georgios  Choiroboskos  schrieb  im  6.  Jahrhundert  > 
rein  grammatikalische  Erklärung  der  Psalmen  mit  Einschluss  der  Oden  (ed.  Th.  Gaisfc 
3.  Bd,  Oxford  1842),  die  wir  als  ein  Unikum  in  der  byzantinischen  Exegese  hier  verzeich 
Vgl.  Krumbacher. 

49.  Ghregorios^  Bischof  von  Agrigentum  in  Sizilien,  wurde  nach  sein 
Biographen  Leontios,  einem  Mönche  des  Sabasklosters  in  Rom,  um  die  M 
des  6.  Jahrhunderts  in  Praetorium  bei  Agrigentum  geboren.  Im  Alter  ' 
18  Jahren  reiste  er  über  Karthago  und  Tripolis  nach  dem  hl.  Lande, 
er  sich  einige  Jahre  aufhielt  und  zum  Diakon  geweiht  wurde.  Ü 
Antiochien  kam  er  nach  Konstantinopel  und  von  da  nach  Rom.  E 
wurde  er  zum  Bischof  von  Agrigentum  bestellt.  Infolge  verleumderisc 
Anklagen  wurde  er  nach  Rom  zitiert;  als  aber  seine  Unschuld  erka 
war,  kam  er  im  Triumphe  in  seine  Bischofstadt  zurück.  Die  Best 
mung  seiner  Lebenszeit  ist  von  der  Frage  abhängig,  ob  er  identisch 
mit  dem  Bischof  von  Girgenti,  den  Papst  Gregor  I  im  Jahr  603  erwäl 
Jedenfalls  darf  sie  nicht  über  das  7.  Jahrhundert  heruntergesetzt  werc 
Leontios  erwähnt  mehrere  Schriften  Gregors,  dogmatische  und  pi 
egyrische  Reden,  die  er  in  Antiochien  und  Konstantinopel  hielt,  € 
Abhandlung  über  das  Fasten,  ein  Enkomion  auf  den  Apostelfürsten  Pet 
und  aXla  noXXd,  Davon  hat  sich  nur  ein  Kommentar  zum  Ecciesias 
erhalten,   eine  Frucht  des  Studiums  der  hl.  Schrift,   das  Gregor  in  A 


1.  Theologie.    B.  Exegese.    (§§  49—50)  129 

I  ochien  und  in  Agrigentum  betrieb.  Dem  Kommentar  liegt  ein  Text  zu 
j  fironde,  der  von  der  xoivi;  der  Septuaginta  abweicht  und  daher  dem  Kom- 
mentar selbst  einen  hohen  kritischen  Wert  gibt.  Er  zerfällt  in  10  Bücher, 
ist  sehr  breit  angelegt  und  leidet  an  häufigen  Wiederholungen.  Seine  Haupt- 
.  tendenz  ist  die  Feststellung  des  Litteralsinnes;  doch  sucht  Gregor 
auch  den  höheren  Sinn  {^ivaxixcireQoVy  avaywyixwTeQov)  zu  erforschen.  Die 
früheren  Exegeten  sind  fleissig  benützt,  manchmal  auch  bekämpft;  ihre 
Namen  werden  aber  nie  ausdrücklich  genannt.  Morcelli  konnte  jedoch  mit 
Hilfe  von  Namensangaben  in  der  von  ihm  benützten  Hs  mehrere  Stellen 
anderer  Exegeten  identifizieren,  die  Gregor  im  Auge  hatte.  Einen  Beweis, 
dass  Oregor  in  den  Profanwissenschaften  nicht  unerfahren  war,  bildet 
die  gelegentlich  eingeflochtene  Darstellung  der  damaUgen  kosmographi- 
schen  Vorstellungen.  Seine  Sprache  zeigt  aussergewöhnliche  Bildungen, 
deren  nähere  Untersuchung  für  die  byzantinische  Philologie  nicht  ohne 
Nutzen  wäre. 

1.  Ausgabe:  Ed.  pr.  St.  Ant.  Morcelli,  Venedig  1791;  wiederholt  bei  Migne, 
Patr.  gr.  98,  741—1181.  Die  diplomatische  Grundlage  ist  ungenügend;  Morcellis  Anmer- 
kungen geben  ihr  jedoch  einen  dauernden  Wert.  —  Hss  sind  selten. 

2.  Hilfsmittel:  Smith  and  Wace,  Dictionary  of  Christian  biography  2,  776  f.  — 
M.  Mirm,  Bibliogr.  Siciliana  1  (Palermo  1875)  458.  —  Ueber  seine  Reise  nach  Palästina 
Molioier  et  Tobler,  Itinera  hierosolym.  latma  2,  1,  243.  —  Lancia  di  Brolo,  Storia 
della  Chiesa  in  Sicilia,  2  (Palermo  1884)  38—57  leugnet  die  Identität  des  Gregorios  mit 
dem  TOD  Gregor  I  erwähnten  Bischöfe. 

3.  Zum  Leben:  Die  Vita  Gregorii  von  Leontios  ed.  Morcelli  a.  a.  0.;  bei 
Migoe  a.  m.  0.  549— 7 IG.  Sie  ist  um  688  verfasst  und  enthält  viele  Ausschmückungen 
onhistonscher  Natur.  In  einem  wichtigen  Punkte,  die  Anklage  und  Freisprechung  in  Rom 
betreffend,  wird  sie  durch  Briefe  des  beteiligten  Papstes  Gregor  bestätigt,  vorausgesetzt, 
dass  hier  die  Rede  von  Gregorios  ist.  —  Ein  Unzialfragment  dieser  Vita  steht  in  cod.  Petro- 
polit.  30  saec.  8—9.  —  Auf  der  Vita  des  Leontios  beruht  eine  andere,  unedierte  Lebens- 
Wschreibung  des  Gregorios  von  Markos,  Abte  desselben  römischen  Sabbasklosters,  sowie 
die  Recension  des  Metaphrasten.  Erstere  z.  B.  in  cod.  Vatic.  Palat.  17,  saec.  10—11  fol. 
1-39.  Letztere  bei  Migne,  Patr.  gr.  116.  189-260.  —  Eine  4.  Vita  des  Gregorios  ver- 
ttichnet  Fabricius,  Bibl.  gr.  10,  232. 

50.  Die  Kommentare  zur  Apokalypse  der  zwei  Erzbischöfe  von 
Käsarea  in  Kappadokien  Andreas  und  Arethas  sind  innerlich  einander 
Bähe  verwandt.  1.  Der  erste  entstand  wahrscheinlich  in  der  ersten  Hälfte 
de.*^  ß.  Jahrhunderts  und  wurde  von  Andreas  auf  die  Bitte  eines  gewissen 
Xakarios  hin  niedergeschrieben  als  der  erste  eigentliche  Kommentar  über 
diede»  Buch  in  griechischer  Sprache.  Er  ist  in  24  ^oyoi  und  72  Ks(pdXaia 
eingeteilt,  mit  Rücksicht  auf  die  24  Ältesten  der  Apokalypse  und  die 
Dreiteilung  der  menschlichen  Natur  in  Körper,  Seele  und  Geist.   Der  pla- 

I  tonischen  Trichotomie  entnahm  Andreas  auch  die  Aufstellung  eines  drei- 
fachen Sinnes  der  hl.  Schrift,  wovon  der  dritte  in  der  Apokalypse  vor- 
^  herrsche.  In  der  Durchführung  seiner  Arbeit  schliesst  sich  Andreas,  wie 
alle  späteren  Exegeten,  an  die  Kirchenväter  an,  deren  Ansichten  er  als 
die  Norm  erklärt,  von  der  er  sich  nicht  entfernen  wolle.  Einen  bedeut- 
samen Unterschied  zwischen  ihm  und  der  grossen  Mehrzahl  der  byzanti- 
mschen  Exegeten  begründet  aber  die  Kenntnis  der  frühchristlichen 
Litterat  ur,  welche  Andreas  an  den  Tag  legt.  Ausser  Kyrillos  von 
Alexandrien,  Dionysios  Pseudoareopagites,  Eusebios,  Gregorios  von  Nazianz 
ond  Epiphanios  kennt  er  Papias  von  Hierapolis,  Irenaeos,  Jusünos,  Hvppo- 

der  Jciam  AltertunuwlmenBclMn  IX,    1.  Abiig,    2,  Anfl,  9 


1 


130  BysantinlBolEio  Litteraturgesohiehte.    I.  Prosaisohe  Litterainr. 


lytos  und  Methodios  von  Olympos.  Die  Zitate  aus  den  letzteren  zeig| 
zugleich,  dass  er  diese  Schriftsteller  selbst  in  der  Hand  hatte.  Mit  Hilj 
dieser  Autoritäten  sucht  er  den  Sinn  des  versiegelten  Buches  zu  durcj 
dringen.  In  richtiger  Würdigung  der  Schwierigkeiten  des  Textes  verzichlj 
er  aber  ausdrücklich  auf  eine  vollständige  Kenntnis  der  darin  niedergelegbi 
Geheimnisse.  t 

2.  Dieser  Kommentar  bildete  die  Grundlage  des  Kommentars,  dl 
der  Erzbischof  Arethas  um  das  Jahr  895  verfasste.  Er  sprach  das  Abhängi| 
keitsverhältnis  schon  in  dem  Titel  aus  und  nahm  manche  Stelle  wörtlk 
herüber.  Trotzdem  wahrte  Arethas  seine  Selbständigkeit  in  manch« 
Punkten,  Die  Einteilung  in  24  Aoyoi  Hess  er,  wie  es  scheint,  fallen  ui 
gab  den  72  Kapiteln  zum  Teil  einen  anderen  Umfang.  Einigemal  en 
scheidet  er  sich  in  seiner  Erklärung  gegen  Andreas,  wie  z.  B.  zu  Apo 
16,  19,  das  er  nicht  auf  Babylon,  sondern  auf  Konstantinopel  deutet.  B 
deutende  Abweichungen  zeigen  sich  in  der  Benutzung  der  älteren  Kirch« 
Schriftsteller.  Arethas  führt  ihre  Namen  seltener  an  als  Andreas;  wo 
sie  aber  anführt,  bestimmt  er  die  Schriften  näher,  aus  denen  er  schöpfl 
besonders  bei  Eusebios  und  Epiphanios.  Bei  Arethas  treten  hinwiedem 
neue  Namen  auf:  Philo,  Klemens  v.  Alexandrien,  Athanasios,  Basili( 
Gregor  von  Nyssa,  Td  ndvQia  Bid^vvtov^  selbst  Homer  und  Aristoteles.  1 
Gegensatz  zu  seiner  Vorlage  nimmt  er  endlich  öfters  Bezug  auf  den  Ari 
nismus  und  die  christologischen  Irrlehren. 

Ob  Arethas  noch  weiteren  exegetischen  Studien  oblag,  kai 
ohne  handschriftliche  Forschungen  nicht  entsclüeden  werden.  Günstij 
Anzeichen  dafür  sind:  ein  Scholion  zu  2  Kor.  5,  4,  das  Gramer  unter  d 
Aufschrift  'ÄQäO^a  Siaxovov  herausgegeben  hat,  und  der  Umstand,  dasß 
in  PsaJmenkatenen  z.  B.  in  codd.  Vatic.  744,  752,  1422  genannt  wii 
Es  werden  ihm  noch  mehrere  theologische  Schriften  zugeeignet,  € 
Enkomion  auf  die  Märtyrer  Samona,  Guria  und  Abibo  von  Edessa,  ei 
Grabrede  auf  den  verbannten  Patriarchen  Euthymios  von  Konstantinop 
der  in  Käsarea  starb  (917)  u.  a.  m.  Über  die  Bedeutung  eines  Fac 
exegeten  erhebt  er  sich  namentlich  durch  das  Interesse,  welches  er  d 
frühchristlichen  Litteratur,  besonders  den  griechischen  Apologetf 
entgegenbrachte  und  durch  die  Sorge  für  ihre  Erhaltung  sowie  durch  A 
fassung  von  Scholien  zu  denselben  äusserte.  Der  Dank,  der  ihm  neueste 
dafür  ausgesprochen  wurde,  muss  sich  aber  auch  auf  Andreas  von  Käsar 
erstrecken.  Dieser  hat  vor  ihm  die  älteste  christliche  Litteratur  beachfa 
und  vielleicht  hat  gerade  der  Kommentar  des  Andreas  dasselbe  Interes 
bei  Arethas  geweckt.  —  Über  die  profane  Schriftstellerei  des  Arethas  v| 
Krumbacher. 

1.  Den  Eommeniar  des  Andreas  ed.  pr.  Fr.  Sylbnrg,  Heidelberg  1596  i 
einem  ausfOhrlichen  Index  verborum  et  phraseon  notabiliorum,  der  über  seine  Spiac 
orientiert.  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  106,  207—458,  1387—1394.  —  In  cod.  Mon; 
318  fol.  151—54  Fragmente  des  Andreas  ix  rijg  &€Qansvux^g  ^evt^gag  ßlßXov,  Desgl. 
cod.  Paris.  2314  saec.  14—15  fol.  345^—354.  —  Die  älteste  Andreashandschrift  ist  wohl  < 
codex  Athous  129  (S.  Pauli  2)  a.  800  von  der  Hand  der  Kaiserin  Maria  geschrieben.  Er  e; 
h&lt  ausser  der  Apokalypse  die  Apostelgeschichte  und  die  Apostelbriefe  mit  Scholien,  « 
nach  Sd.  Lampros  vielleicht  auch  Andreas  angehören.  Am  Anfang  steht  eine  Biograpl 
dea  Anareas,  wovon  Lampros  leider  gar  nichts  Näheres  sagt.  —  lieber  die  Bedeutung  c 


L  Theologie.    B.  Exegese.    (§  51)  X31 

mmentan  ffSür  die  Textkritik  der  Apokalypse  s.  Fr.  Delitzsch,  Handschriftliche  Funde, 
Heft,  Leipzig  1862. 

2.  Die  Zeit  des  Andreas  wird  noch  immer  zwischen  dem  5. — 9.  Jahrhundert  an- 
letzt  Der  Versuch  von  A.  Hamack,  ihn  zum  Zeitgenossen  des  Arethas  zu  machen,  stützt 
b  auf  die  Notiz  hei  dem  letzteren :  o  rijg  xat'  ifii  Kamagelag  tijg  Kannadoxlas  a^iiog  %rjv 
i^fiar  Xa^foy,  Migne,  Patr.  gr.  106,  616,  und  ist,  wie  aus  dieser  Notiz  selbst  hervor- 
lt.  missglückt.  Die  Umarheitimg  eines  kurz  vorher  geschriebenen  Kommentars  ist  auch 

sich  h^^hst  unwahrscheinlich.  —  Gegen  das  5.  Jahrhundert  und  für  die  obige  Zeit- 
Stimmung  (6.  Jahrb.)  spricht  folgendes:  Die  Benützung  von  Eyrillos  v.  Alexandrien  und 
3nvsios  Psendoareopagites,  die  Anlage  des  Kommentars  in  der  Art  der  Byzantiner  mit 
oserwährender  Bezugnahme  auf  die  Väter,  die  Bemerkung,  dass  der  kirchliche  Rang  von 
hesos  an  Kpel  übergegangen  sei,  der  Mangel  eines  jeden  polemischen  Interesses,  die  Art 
i  Weise,  wie  Andreas  einmal  von  den  arianischen  Zeiten  als  weit  zurückliegenden  spricht, 
«ooders  aber  die  Notiz  des  Theophanes,  ed.  de  Boor  1,  161,  über  eine  Verwüstung  Eappa- 
iLieos  durch  die  Hunnen  im  Jahre  508;  darauf  bezieht  man  am  natürlichsten  die  Er- 
hnung  der  Hunnen  in  dem  Eommentar  des  Andreas. 

3.  Den  Eommentar  des  Arethas  ed.  pr.  Donatus  in  der  Ausgabe  des  Oekumenios, 
rona  1532.  —  Eine  neue  Ausgabe  aus  dem  cod.  Bodl.  Barocc.  8  saec.  11  besorgte  J. 

Gramer,  Catenae  in  Nov.  Testament.  8  (1840)  176 — 496.  Der  von  Arethas  selbst  her- 
irende  Titel  lautet:  *Ex  taiv  'Jydg^tt  r^  (jtaxaQitatdti^  aQx^^^^oni^  KmaaQeiag  Kcmn«" 
tiug  €iV  tijy  anoxaXviffiv  nenot^fiivaty  &eaQ^ar<ag  avyoifftc  oxoXixtj,  naqajB&Bica  vno 
f'^a  aya^ov  imaxonov  Kaiaageiag  Kannadoxiag,  —  Abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr. 
5.  493—785.  —  Eine  ganz  gleiche  Hs  wie  der  cod.  Bodl.  ist  cod.  Vatic.  Pii  II  50 
KT.  10.  —  Die  Reden  auf  die  Märtyrer  von  Edessa  und  die  Grabrede  auf  Euthymios 
rh  frQheren  Drucken  bei  Migne  a.  a.  0.  787 — 806.  —  In  dem  cod.  Laurent,  pl.  5,  24 
k;.  11  fol.  12  ff.  ein  langes  Scholion  zu  Clemens  von  Alexandrien.  Vgl.  Bandini,  Cata- 
:UÄ  1,  49  f.  —  In  cod.  Monac.  66  saec.  16  fol.  62  ein  Scholium  de  Deo.  —  Rettig, 
i  Zeugnisse  des  Andreas  und  Arethas  von  Cäsarea  in  Eappadocien  über  die  Apokalypse, 
eolog.  Stud.  u.  Kritiken  4  (1831)  734—776.  —  Fr.  Delitzsch,  Wann  lebte  Arethas, 
r  Ausleger  der  Apokalypse?,  Zeitachr.  f.  lutber.  Theolog.  24  (1863)  1,  12—16.  —  Th.  v. 
to,  Ueber  das  Zeitalter  des  Erzbischofs  Arethas,  Zeitschr.  f.  wiss.  Theol.  21  (1878) 
J  f .  —  Weitere  Litteratur  bei  Krumbacher. 

4.  Unter  Leo  dem  Weisen  (886— 911)  blühte  auch  Leon  Magister,  Anthypatos  und 
trikios,  von  dem  ein  umfangreiches  Schollen  werk  zu  den  historischen  Büchern  des  Alten 
staments,  zu  3  Evangelien  (Matthäus,  Lukas  und  Johannes),  zu  der  Apostelgeschichte 
1  den  7  katholischen  Briefen  handschriftlich  erhalten  ist.  Einige  Auszüge  aus  dem- 
ben  ed.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  6  (Rom  1853)  541  f;   abgedruckt  bei  Migne,   Patr. 

106,  1020  f.  —  Andere  Auszüge  aus  dem  cod.  Patmiac.  177  saec.  10  ed.  J.  Sakkelion, 
tfAtaxij  ßißXtoSijxrj,  Athen  1890  S.  97  f.  —  Die  Scholien  zum  A.  Testamente  sind  auch 
dem  codex  Pabniac.  178  saec.  10 — 11  enthalten,  sowie  mehrere  Briefe  des  Leon.  Letztere 
.  J.  Sakkelion,  JeXtloy  1  (1883-85)  377—410  mit  Briefen  des  Bulgarenkönigs 
meon  u.  a.  —  Die  Scholien  zum  A.  T.  sind  durchweg  aus  Theodoret  von  Kyrrhos  ex- 
ptert.  —  Andere  Hss  z.  B.  codd.  Vindob.  theol.  157  und  230.  A.  Mai  a.  a.  0.  539  er- 
hnt  eine  Vatikanische  Hs  der  Septuaginta,  welche  neben  anderen  Miniaturen  das  Porträt 
»  Leon  Patrikios  und  seines  Bruders  Konstantinos  bietet. 

5.  Ein  zweiter  Zeitgenosse  des  Arethas  war  nach  A.  Mai  der  Bischof  Basilios  von 
opatrae  in  Thessalien.  Dieser  verfasste  einen  Kommentar  zu  sämtlichen  Propheten, 
r  auch  unediert  ist.  Den  Prolog  desselben  ed.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  6,  540  f.  Dar- 
db  woUte  Basilios  die  Arbeit  der  Väter  in  der  Erklärung  der  Propheten  fortsetzen  und 
besondere  die  Messianität  des  Herrn  den  Juden  gegenüber  erweisen.  Einige  Exzerpte 
t  der  Vorrede  eines  Anonymen  ed.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibL  7  (Rom  1854)  1,  VII— All; 
redrackt  bei  Migne,  Patr.  gr.  111,  412—416.  —  Der  cod.  Patmiac.  31  saec.  12  enthält 
I  Basüioe  ausser  dem  Kommentar  zu  den  Propheten  eine  unvollständige  y^x&ecig  negl 
tfö^aty  anogtißy  xal  ^rjnjasijoy  r^g  ^elag  ygagf^g  in  96  Fragen  und  Antworten. 

51.  Oekmnenios  (Otxovfjienog) ,  Bischof  von  Trikka  in  Thessalien, 
eser  Name  stellt  uns  vor  ein  wahres  Rätsel.  Er  steht  in  dem  Codex 
isL  224  saec.  10—11  fol.  330^  in  einer  Überschrift,  welche  mit  derjenigen 
*  Kommentars  des  Arethas  zu  der  Apokalypse  eine  grosse  Ähnlichkeit 
t :  *Ex  Twv  OixoviĀVi(i}  T<jj5  fxaxaQifp  imaxonri)  TQUxrjg  Q8aaaX(ag  xhsoifiXSq 
TTovT^fjitVüov  fig  Tijv  anoxdXvipiv  'liodvvov  tov  OeoXoyov  avvoipig  axoXixrj,  .  . 
derselben  Weise  kehrt  diese  Überschrift   wieder  in  dem  Cod.  Yatic, 

9* 


132  Bysantiniflohe  Litteraturgesoliiohte.    I.  Prosaiaohe  Lüteratur. 

Pü  n  50  saec.  10  fol.  288.  Auf  die  Überschrift  folgt  in  beiden  Hss  eil 
Prolog,  dessen  Autor  sich  über  die  Echtheit  und  Kanonizität  der  Apd 
kalypse  verbreitet  und  versichert,  dass  er  den  ursprünglichen  Komment! 
im  folgenden  ohne  wesentliche  Lücken  wiedergeben  wolle.  Nun  ist  ab€ 
der  darauffolgende  Text,  stilistische  Änderungen  und  Auslassungen,  dene 
einige  Zusätze  gegenüberstehen,  abgerechnet,  identisch  mit  dem  Kom 
mentar  zur  Apokalypse  des  Andreas  von  Käsarea.  Die  Abwei 
chungen  sind  besonders  durch  die  Weglassung  der  Zitate  der  frühere 
Exegeten,  sowie  der  paränetischen  Schlussstellen  am  Ende  der  24  Aixf 
bedingt.  Da  die  Autorschaft  des  Andreas  durch  Arethas  verbürgt  wir( 
und  die  Vergleichung  der  beiden  Texte  ergibt,  dass  der  Text  des  Andrei 
der  ursprünghche  ist,  so  kann  von  der  Abfassung  dieses  Kommentars  zi 
Apokaljrpse  durch  Oekumenios  keine  Rede  sein. 

Unter  demselben  Namen  liegen  seit  dem  16.  Jahrhundert  3  Kon 
mentare  zu  der  Apostelgeschichte,  den  katholischen  Briefe 
und  den  Paulusbriefen  vor.  Davon  sind  die  zwei  ersten,  wie  sehe 
früher  wahrgenommen  wurde,  identisch  mit  den  entsprechenden  Kommei 
taren  des  Theophylaktos,  bis  auf  geringfügige  Umstellungen,  Auslassungi 
und  Erweiterungen.  Euer  ist  aber  ,Oekumenios*  im  Vorteil;  denn  d 
handschriftliche  Überlieferung  dieser  Kommentare  reicht  fast  ein  halb 
Jahrhundert  über  die  Lebenszeit  des  Theophylaktos  hinauf.  Der  Kob 
mentar  zu  den  Paulusbriefen  weist  auch  viele  Parallelstellen  zu  dei 
jenigen  des  Theophylaktos  auf;  doch  hat  er  bei  Oekumenios  eine  wesen 
lieh  abweichende  Qestalt.  Es  ist  ein  Mittelding  zwischen  einer  exeg 
tischen  Katene  und  einem  selbständigen  Kommentar.  Die  meisten  Au 
führungen  tragen  keinen  Namen;  sehr  viele  sind  aber  als  Exzerpte  ai 
früheren  Exegeten  und  Kirchenschriftstellern,  Clemens  von  Alexandrie 
Methodios  von  Olympos,  Eusebios,  Akakios,  Chrysostomos,  Severianc 
Kyrillos  von  Alexandrien,  Theodoret  und  am  häufigsten  Photios  bezeichne 
Die  Sachlage  wird  noch  schwieriger,  wenn  man  unter  diesen  Namen  au« 
denjenigen  des  Oekumenios  selbst  sehr  oft  antrifft.  Auch  dieser  Komment 
ist  schon  nach  der  handschriftlichen  Überlieferung  älter  als  Theophylaktc 
Die  Frage  nach  seinem  wahren  Verfasser  wird  aber  noch  dadurch  € 
Schwert,  dass  in  einer  ganzen  Reihe  von  Hss  der  Text  wiederum  sowo 
von  dem  gedruckten  Oekumenios  als  von  Theophylaktos  abweicht,  und  c 
Hss  unter  sich  selbst  verschiedene  Rezensionen  darstellen.  Der  Komment 
zu  den  katholischen  Briefen  muss  insbesondere  verglichen  werden  mit  de 
des  Metrophanes  von  Smyrna.  Damit  ist  wohl  zur  Genüge  begründet,  dass  d 
Name  Oekumenios  bei  dem  jetzigen  Stand  der  Forschung  ein  Rätsel  bild 
das  nur  durch  eingehende  handschriftliche  und  kritische  Studien  und  im  Z 
sammenhang  mit  der  ganzen  Frage  der  Katenenlitteratur  gelöst  werden  kai 

1.  Ausgaben:  Den  Prologus   zu  dem  Kommentar  zur  Apokalypse  ed.  pr.  Moi 
fancon,  Bibliotli.  Goisl.  S.  277—279.   —   Den  Kommentar  selbst  ed.  pr.  J.  A.  Gram« 
Catenae  in  Nov.  Testam.  8  (Oxford  1840)  497—582.   —  Die  3   übrigen  Kommentare 
pr.  Donatns,   Verona  1532.  —   Bei  Migne,  Patr.  gr.   118  und  119  wiederholt  aus  < 
Ausgabe  von  F.  Morellus,  Paris  1631. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius:  Bibl.  gr.  8,  692—696.  —  Ein  gut  orientierender  Artil 
von  0.  Bardenhewer,  Wetzer  und  Weites  Kirchenlexikon  9*  (Freiburg  1894)  708—7 
—  Fr.  Overbeck^  Die  sog.  Scholien  des  Oekumenios  zur  Apokalypse,  Zeitschr.  f.  wi 


1.  Theologie.    B.  Exegese.    (§  52)  J33 

Tbeol.  7  (1864)  192—201  bat,  wie  ich  nachträglich  sehe,   das  Verhältnis   dieser  Scholien 

zü  denen    des  Andreas   richtig  erkannt.    Er   vermutet,  dass  der   wahre  Kommentar  des 

/  Ofkomenioe  zur  Apokalypse  noch  ungedruckt  ist.  Das  muss  die  handschriftliche  Forschung 

'    feststellen.     Wahrecheinlich  ist  es  nicht.     Eher  kann   Oekumenios   der  Epitomator  des 

Kommentars  von  Andreas  sein. 

3.  In  dem  cod.  Vatican.  1650  a.  1037  ist  ein  Kommentar  zu  den  Paulusbriefen  von 
Nikolaos,  Erzbischof  von  Reggio  inKalabrien,  enthalten,  der  mit  den  entsprechenden 
Kommentaren  des  Oeknmenios  nnd  Theophylaktos  verglichen  werden  müsste,  da  er  viel- 
leicht ein  Zwischenglied  zwischen  beiden  letzteren  bildet.  Die  Hs  wurde  von  einem  Theodoros 
anter  der  Anfsicht  des  Autors  selbst  geschrieben.  Vgl.  P.  Batiffol,  L'abbaye  de  Rossano, 
Paria  1S91  S.  87,  155. 

4.  Einem  Theodosios  Grammatikos  werden  in  dem  cod.  Vatican.  Pii  11  22  saec. 
II  fol.  66^ — 68  Scbolia  in  Danielis  visiones  zugeschrieben.  Ob  dieser  Autor  aber  nicht 
ilter  ist  als  die  Vatikanische  Hs,  bleibt  dahingestellt. 

52.  Theophylaktos  {&€o^vXttxTog),  Erzbischof  von  Achrida  in  Bulgarien, 
wunle  auf  der  Insel  Euboea  geboren.  Er  fungierte  als  Diakon  an  der  Hagia 
Sophia  in  Konstantinopel,  als  ihm  der  Kaiser  Michael  Dukas  (1071-78) 
die  Erziehung  seines  Sohnes  Konstantin  anvertraute.  Vor  1078  wurde  er 
Erzbisehof  von  Bulgarien.  Dem  feingebildeten  Byzantiner  waren  die  bar- 
barischen Sitten  und  die  Bildungsarmut  der  Bulgaren  höchst  zuwider; 
er  klagt  häufig  darüber  in  seinen  Briefen  und  sehnt  sich  nach  Konstanti- 
nopel zurQck.   Doch  scheint  es  ihm  nicht  gelungen  zu  sein,  das  verhasste 

'  Balgarien  verlassen  zu  können.  In  Konstantinopel  hatte  er  einflussreiche 
Feinde;  musste  er  sich  doch  einmal  in  Konstantinopel  wegen  Geldmacherei 

\   verantworten.    Sein  Todesjahr  ist  unbekannt. 

Das  Hauptgebiet  der  schriftstellerischen  Thätigkeit  des  Theophylaktos 
ist  das  exegetische;  es  umfasste  mehrere  Bücher  des  Alten  Testa- 
ments und  fast  das  ganze  Neue.  Noch  unediert  ist  ein  Kommentar  zu 
den  Psalmen,  der  z.  B.  in  dem  cod.  Paris.  147  saec.  15  vorliegt.  Den  (un- 
vollendet<^n)  Kommentar  zu  den  12  kleinen  Propheten  begann  er  auf  die 
Bitte  der  Kaiserin  Maria,  die  ihn  aufforderte,  aus  den  früheren  Kommen- 
taren eine  kompendiöse  und  klare  Erklärung  zu  schreiben  mit  Berücksich- 
tigung des  dreifachen  Sinnes  der  hl.  Schrift,  des  litteralen,  moralischen 
md  anagogischen.  Theophylaktos  nennt  seine  Quellen  nicht;  die  vorzüg- 
lichste derselben  war  Theodoret  von  Kyrrhos. 

Von  den  neutestamentlichen  Kommentaren  ist  nur  die  Erklärung  zu 
den  4  Evangelien  Theophylaktos  eigen.  Der  Kommentar  zu  Matthaeus 
▼urde  auch  auf  die  Veranlassung  der  Kaiserin  Maria  verfasst,  und  es  liegt 
nahe,  dasselbe  von  den  übrigen  anzunehmen.  Die  Abhängigkeit  von  Chry- 
^eistomos  wird  schon  in  den  Überschriften  dieser  Kommentare  ausgesprochen. 
Neben  Chrysostomos  hat  Theophylaktos  auch  andere  Väter  herangezogen; 
mit  Namen  nennt  er  fast  nur  Gregorios  von  Nazianz.  Die  allegorische 
Interpretation  kommt  sehr  oft  zur  Anwendung,  besonders  bei  den  Parabeln 
de»  Herrn.  In  den  drei  übrigen  Kommentaren  verweist  er  oft  auf  den 
Kommentar  zum  Matthäusevangelium  und  sucht  dieselben  überhaupt  unter- 
einander in  Einklang  zu  bringen;  doch  hat  er  auch  Widersprechendes  aus 
««inen  Vorlagen  herübergenommen.  Im  Johanneskommentar  kommen 
Manichäismus,  Arianismus  und  Nestorianismus  häufig  zur  Sprache;  ge- 
legentlich werden  auch  die  Messalianer,  Armenier  und  Lateiner  bekämpft. 


/ 


134  ByzantiniBobe  Litteraturgesohiehte.    I.  Protaiaohe  Litteratur. 

Die  paränetischen  Anwendungen  sind  selten,  und  dann  nur  andeutungi 
weise  ausgesprochen. 

Eine  gewisse  Selbständigkeit  bewahrt  Theophylaktos  auch  in  de 
umfangreichen  Kommentar  zu  den  Paulusbriefen.  Hier  nennt  er  vi 
mehr  Namen  früherer  Väter  als  in  seinen  übrigen  Kommentaren,  Clem« 
V.  Alexandrien,  Methodios,  die  drei  Kappadokier,  Kyrillos  v.  Alexandrie 
Dionysios  Pseudoareopagites.  Die  Hauptinstanz  bildet  indes  auch  hier  Chrys 
stomos,  bei  dem  er  sogar  die  abweichenden  Lesarten  des  Schrifttext 
berücksichtigt.  In  der  Regel  zählt  er  aber  die  verschiedenen  Erklärung^ 
auf,  ohne  deren  Urheber  zu  nennen,  und  entscheidet  sich  bald  für  die« 
bald  für  jene.  Mit  Euthymios  Zigabenos  stimmt  Theophylakt  in  diese 
Kommentar  manchmal  wörtlich  überein.  Ganz  unselbständig  ist  Theoph 
laktos  in  den  Kommentaren  über  die  Apostelgeschichte,  der  in  3  R 
zensionen  vorliegt,  und  die  katholischen  Briefe.  Dieselben  sii 
im  wesentlichen  identisch  mit  den  Oekumenioskommentare 
Durch  diese  Wahrnehmung  wird  das  Ansehen,  das  Theophylaktos  bish 
als  Exeget  genossen  hat,  bedeutend  geschmälert;  denn  sie  legt  die  V€ 
mutung  nahe,  dass  Theophylaktos  auch  für  die  übrigen  Komments 
nicht  direkt  aus  den  alten  Exegeten  schöpfte,  sondern  fertige  Vorlag 
nur  mittels  unwesentlicher  Abänderungen  för  seine  Zwecke  zurichtete. 

Der  litterarische  Nachlass  umfasst  ausser  Briefen  und  anderen  pr 
fanen  Schriften  (vgl.  Krumbacher)  noch  mehrere  theologische:  eineStrei 
Schrift  gegen  die  Lateiner,  die  aber  sehr  versöhnlich  gehalten  ist  und  v 
Demetrios  Chomatianos  sowie  den  späteren  Unionsfreunden,  z.  B.  von  Johann 
Bekkos,  benutzt  wurde,  eine  Homiliensammlung,  aus  welcher  nur  zy 
auf  das  hl.  Kreuz  und  die  Vorstellung  Maria  im  Tempel  gedruckt  sii 
Elf  Homilien  auf  die  Auferstehung  des  Herrn  sind  lediglich  Auszüge  a 
den  Evangelienkommentaren.  Echt  ist  wohl  auch  eine  Rede  auf  15  MI 
tyrer,  die  unter  Julian  in  Tiberiopolis,  dem  bulgarischen  Stroumitze,  d 
Martertod  erlitten.  Dagegen  hat  Fr.  Miklosich  die  Lebensbeschreibu 
des  ersten  Erzbischof  es  von  Bulgarien  Clemens  (t  916)  Theophylaktos  n 
Recht  abgesprochen.  Ihr  Verfasser  gibt  sich  als  Zeitgenossen  kund;  au 
passt  die  darin  zu  Tage  tretende  Liebe  zu  den  Bulgaren  schlecht  zu  d 
Äusserungen  des  Theophylaktos  über  Bulgariens  Land  und  Volk.  Andei 
scheint  noch  unediert  zu  sein,  wie  De  Trinitate,  Contra  Judaeos;  do 
müssen  diese  Angaben  erst  noch  kontrolliert  werden. 

1.  Ausgaben:  Eine  Gesamtausgabe  der  Schriften  Theophylakts  veranstalt 
Fr.  Foscari  mit  Hilfe  von  Bon.  Finetti  und  Ant.  Bongiovanni,  4  Bde,  Venedig  1754—1 
Darin  erschienen  zum  erstenmale  die  Kommentare  zu  5  kleinen  Propheten,  Hoseas,  Habaki 
Jonas,  Nahum  u.  lülichäas,  zu  den  katholischen  Briefen  und  2  neue  Textrezensionen  des  Ko 
mentars  zur  Apostelgeschichte,  dio  jedoch  mit  dem  ersten  Texte  wesentlich  übereinstimm« 
—  Alles  wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  123 — 126.  —  Die  Schrift  gegen  die  Latein 
auch  bei  C.  Wil  1,  Acta  et  scripta  quae  de  controversiis  Ecclesiae  graecae  et  lat.  saec.  undecii 
composita  exstant,  Leipzig  1861  S.  229  ff.  —  Eine  von  J.  H.  Lederlin  (f  1737)  vorbereit 
Ausgabe  des  Kommentars  zu  den  12  Propheten  ist  nicht  erschienen.  Echte  Kommentare  zu  d 
7  übrigen  kleinen  Propheten  sind  übrigens  nicht  bekannt.  Vgl.  B.  Georgiades,  'ExxX,  'Jh 
4  (1883-84)  109-116,  135-138,  141—143;  5  (1884-85)  10-14.  ffier  der  Anfang  c 
Hoseaskommentars  und  einige  ^rixoi  des  Theophylaktos. 

2.  Hilfsmittel:  B.  M.  deRubeis,  Dissertatio  de  Theophylacti  Bulgar.  archiep.  gesi 
Bcriptis  et  doctrina  deque  veneta  operum  ejus  omnium  editione,  im  1.  Band  der  Gesaii 
aofiigabe  von  Foscari  und  bei  Migne,  Patr.  gr.  123,  9—137.  —  J.  G.  Hagen  buch,  i 


t  Theologie.    B.  Exegese.    (§  53)  X35 

corsus  iheologico-litterarias  de  Theopbylacto,  Turici  1760—61.  —  Fabricius,  Bibl.  gr.  7, 
5^598.  —  Einige  ältere  Litteratur  verzeicbnet  Ho  ff  mann,  Lexicon  bibliograph.  3  (Leipzig 
1S36)  741.  —  Zu  dem  Komm,  der  Apostelgesch.  vgl.  G5tt  Gelehrte  Anzeigen  1762  S.  1059  ff. 

3.  Die  Abhängigkeit  der  Kommentare  des  Theophylaktos  zur  Apostelgeschichte  und 
za  den  katholischen  Briefen  von  denen  des  sogenannten  Oekumenios  erhellt  ohne  weiteres 
bei  dem  Vergleich  der  beiden  Text«.  An  der  Priorität  des  Textes,  der  Oekumenios  zu- 
geschrieben wird,  kann  aber  nicht  gezweifelt  werden.  Seine  handschriftliche  Ueberliefe- 
nmg  reicht  mit  dem  codex  Paris.  223  bis  zum  Jahre  1045,  während  Theopbvlakt  erst  1071 
in  der  Geschichte  auftritt.  Nach  einer  dankenswerten  Mitteilung  von  P.  Batiffol  bezieht 
sich  die  Datierung  allerdings  nur  auf  einen  Teil  des  Codex;  aber  der  übrige  Teil  zeigt 
Doch  ältere  Schriftformen.  —  Trotz  eifrigen  Suchens  ist  es  mir  aber  nicht  gelungen,  Hss 
anafindig  zu  machen,  in  denen  Oekumenios  als  Verfasser  dieser  Kommentare  genannt  wäre. 
Die  HsB  des  Donatus  boten  den  Namen  auch  nicht.  Die  Hsskataloge  trügen,  weil  die 
anon^-men  Texte  nach  dem  Vorgange  des  Donatus  unbedenklich  Oekumenios  zugeschrieben 
werden.  —  Letzteres  gilt  auch  von  dem  Kommentar  zu  den  Paulusbriefen.  Hier  reicht 
die  handschriflliche  Ueberlieferung  noch  höher  hinauf;  die  codd.  Paris.  222  imd  Coisl.  27,  die 
Dach  einer  freundlichen  Mitteilung  von  P.  Batiffol  den  Kommentar  enthalten,  stammen  aus 
dem  10.  Jahrhundert  Der  Kommentar  von  Theophjrlakt  enthält  viele  Stellen,  welche 
wörtlich  mit  diesem  Texte  übereinstimmen.  An  zahlreichen  Stellen  aber  entfernt  er  sich 
von  «Oekumenios'.  Was  die  Verschiedenheit  in  den  Hss  angeht,  so  ist  der  Kommentar  zu  den 
Paolosbriefen  z.  B.  in  dem  cod.  Monac.  375  saec.  10  fol.  116  ff.  verwandt  mit  Oekumenios 
rad  Theophylaktos,  stimmt  aber  mit  keinem  von  beiden  überein. 

4.  Johannes  v.  Chalkedon  mit  dem  Beinamen  Hieromnemon,  Patriarch  von  Kpel 
(1111—1134),  schrieb  eine  Vorrede  zu  dem  Evangelienkommentar  des  Theophylaktos,  die 
lA  cod.  Paris.  234  a.  1318  erhalten  ist.  Demselben  Johannes  werden  auch  Commentarii 
iB  28  evangelia  anniversaria  in  cod.  Paris.  214  a.  1316  fol.  1—236  und  eine  grosse  Samm- 
IttDg  von  Sonntagshomilien  in  dem  cod.  S.  Sepulcri  133  saec.  14  fol.  1 — 495  zugeschrieben. 
-  Von  ihm  ist  Johannes  Kastamonites,  Metropolit  von  Chalkedon  unter  Manuel  1 
Komnenos,  wohl  zu  unterscheiden,  von  dem  cod.  Escor.  262  s.  13  fol.  224^-  243  sechs  un- 
edierte  Jidacxallai  ini  it^  evayy^Xuo  enthält. 

5.  Zu  den  älteren  Ausschreibem  des  Theophylaktos  gehOrt  ein  gewisser  Niketas 
S^ionopuloe,  dessen  T^fATjt^ela  ix  xfov  igfifjyBKÖy  tov  BovXyagiag  cJc  iy  cvvoipBV  sig  rag 
if  intet oXag  tov  dyiov  anoaroXov  TlavXov  in  dem  cod.  Paris.  228  s.  13  fol.  12 — 17^  vor- 
begt.  Nach  dem  Inhalt  dieser  Hs  gehört  dieser  Niketas  ins  12.  Jahrb.  Vgl.  K.  Krum- 
bacher,  Michael  Glykas,  Sitzb.  bayer.  Ak.  1894  S.  409. 

6.  Dem  Chronisten  Johannes  Zonaras  ^vgl.  Krumbacher)  schreibt  der  cod.  S. 
Sepulcri  370  saec.  16  fol.  193—196'^  ein  kurzes  EyxtofAioy  eig  toy  ^f/aXt^ga  zu.  Vgl.  §  54 
^nm.  4.  -  Nach  cod.  Vatican.  618  scheint  Theodoros  Balsamen,  Patriarch  v.  Antiochien 
nn  1190,  Schollen  zu  den  Propheten  verfasst  zu  haben. 

53.   Die  letzten  Ezegeten.     Nach  Michael  Psellos  (s.  §  20),  Theo- 
phylaktos, Euthymios  Zigabenos  (s.  §  21),  Johannes  von  Chalkedon,  Theodoros 
Prodromos  (s.  §  22  Anm.  4),  Michael  Glykas  (s.  §  22  Anm.  5),  fristete  die 
Exegese    nur  noch    ein   kümmerliches   Dasein.     Man    gab    sich   offenbar 
zufrieden  mit  den  exegetischen  Katenen,   von  denen  immer   wieder   neue 
angelegt   wurden.     Erst  Nikephoros  Blemmydes    erklärte    wieder    einige 
Psalmen    um   die  Mitte  des    13.   Jahrhunderts   (s.   §  27).     Ein   Psalmen- 
kommentar wird  auch   dem  Geschichtschreiber   Nikephoros    Eallistos 
handschriftlich  zugeeignet.     Um   die  Mitte   des   14.   Jahrhunderts  schrieb 
Xikephoros    Gregoras    mehrere    exegetische   Abhandlungen   (s.   §  31). 
Tm  dieselbe  Zeit  verfasste  Theodoros  Meliteniotes,  Sakellarios,  Archi- 
diakon    und  JiddaxaXog  %(ov  JidaaxdXiov,  einen  Konmientar   zu   den  vier 
Evangelien,   die  er  zu   einem  Diatessaron  verschmolzen  hatte.     Er  zer- 
fiJIt  in  9  Bücher  und  jedes  Buch   in  9  diaXe^eig.     Aus  den  von  A.  Mai 
publizierten  paranetischen  Schlussstellen  der  9  Abhandlungen  des  4.  Buches 
Mast  sich  kein  Urteil  über  die  Anlage  des  Kommentars  und  die  darin  be- 
B&tzten  Quellen  gewinnen.   Ein  Verwandter  des  Theodoros  war  Johannes 
Meliteniotes,  dem  in  Cod.  Ambros.  H.  17  inf.  ebenfalls  ein  Evangelien- 


136  Bysantinisdhe  LitieratargeBchichte.    I.  Prosaische  Litteratnr. 

kommentai-  zugeschrieben  wird.  Der  letzte  der  Zeit  nach  bestimmbar« 
byzantinische  Exeget  ist  der  Kaiser  Matthaeos  Kantakuzenos,  dei 
Johannes  Palaeologos  mit  seinem  Vater  Johannes  Kantakuzenos  stürzte 
In  seiner  klösterlichen  Einsamkeit  auf  dem  Berge  Athos  widmete  er  siel 
dem  Studium  der  hl.  Schrift,  dessen  Früchte  in  2  Kommentaren  zun 
Hohenlied  und  zum  Buche  der  Weisheit  vorliegen.  Die  erste  ist  eini 
Scholiensammlung  mit  allegorisch-mystischer  Tendenz.  Von  dem  zweitei 
sind  nur  einige  Fragmente  gedruckt. 

Zum  Schlüsse  machen  wir  noch  einige  exegetische  Schriften  namhaft 
deren  nähere  Zeitbestimmung  nicht  erreicht  werden  konnte.  Von  den 
Evangelienkommentar  eines  nicht  näher  bekannten  Petros  von  Laodikei 
liegen  nur  einige  Fragmente  im  Druck  vor;  darnach  lässt  sich  nicht  be 
stimmen,  ob  er  in  das  7.  Jahrhundert  gehört.  Niketas,  dem  Bischöfe  voi 
Naupaktos,  werden  Kommentare  zu  den  4  Evangelien,  zur  Apostel 
geschichte  und  zu  den  Paulusbriefen  handschriftlich  zugeeignet,  worii 
er  Johannes  Chrysostomos  und  Theophylaktos  benutzt  haben  soll.  Jol 
Hamartolos  nennt  sich  der  Verfasser  von  Scholien  zu  den  Psalmen  ii 
einer  Turiner  Hs.  Ein  Mönch  namens  Pachomios  verbreitet  sich  übe 
den  Nutzen  der  hl.  Schrift  und  behandelt  sogar  die  Frage,  warum  di« 
Schrift  nicht  in  der  Volkssprache  geschrieben  wurde.  Ganz  vereinzel 
kommt  der  Name  eines  Niketas  Anthypatios  Patrikios  als  des  Verfassers  voi 
Hypotheses  in  Psalmos  in  der  Psalmenkatene  des  Cod.  Barber.  III  59  s.  9  voi 
A.  Mai  hat  endlich  anonyme  Scholien  zu  den  4  Evangelien  aus  einem  cod 
Vaticano-Palatinus  herausgegeben,  die  noch  nicht  näher  untersucht  wurder 

1.  Der  Psalmenkommentar  des  Nikephoros  Kallistos  Xanthopulos  steht  z.  £ 
in  cod.  Paris.  149  a.  1560.  Vielleicht  liegt  aber  in  der  jungen  Hs  eine  Verwechsluni 
mit  Nikephoros  Bleromydes  vor.  Unter  dem  ersten  Namen  gehen  noch  andere  theologisch 
Schriften:  verschiedene  Homilien,  von  denen  eine  auf  Maria  Magdalena  gedruckt  is 
(bei  Migne,  Patr.  gr.  147,  540-576),  eine  Vita  S.  Andreae  Junioris,  mehrere  Kirchen 
hymnon  auf  die  hl.  Jungfrau  und  andere  Heiligen,  eine  theoretische  Schrift  übe 
die  Hymnendichtung.  Nikephoros  Tvird  auch  mit  dem  Triodium  und  Synaxarium  in  Vei 
bindung  gebracht.  Nach  cod.  Escor.  829  saec.  14  ist  aber  eher  an  Nikephoros  vo 
Mitylene  zu  denken.  —  Vgl.  A.  Ehrhard,  Wetzer  und  Weites  Kirchenlexikon  9*  (Frei 
bürg  1893)  259—262.  —  Eine  Hs  der  Florentiner  Nationalbibliothek  (früher  Gamaldoli  1214 
saec.  12  schreibt  einem  Nikephoros  Kallistos  Xanthopulos  eine  Vita  S.  Euphrosynae  juniori 
von  Kpel  zu.  Der  Cod.  Bodl.  Mise.  79  saec.  13  enthält  Opuscula  liturgica  unter  demsclbe: 
Namen.    Darnach  wäre  ein  älterer  Namensvetter  des  Kirchenhistorikers  anzunehmen. 

2.  Die  Auszüge  aus  dem  Kommentar  des  Theodor os  Meliteniotos  aus  cod 
Vatic.  684  ed.  A.  Mai.  Nova  Patr.  bibl.  6  (Rom  1853)  2,  451-509;  abgedruckt  b< 
Migne,  Patr.  gr.  149,  881—988.  In  einem  derselben  erwähnt  Theodoros  eine  von  ihi 
geschriebene  Vita  Konstantins  des  Grossen.  —  Er  verfasste  auch  mehrere  astronomisch 
Schriften,  darunter  eine  UarQoyofiixfj  tgißißXog.  Davon  die  Vorrede  und  der  Anfang  de 
ersten  Kapitels  bei  Migne  a.  a.  0.  988-1001.  —  Vgl.  Leo  AUatius,  Diatriba  de  Theodori 
bei  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  6,  2,  191—93. 

3.  Den  Kommentar  zum  Hohenlied  des  Matthaeos  Kantakuzenos  ed.  V.  Ric 
cardi,  Rom  1624;  wiederholt  bei  Migne,  Pati*.  gr.  152,  997—1084.  —  Die  Fragment 
aus  dem  Kommentar  zum  Buche  der  Weisheit  in  den  Anmerkungen  zu  Nikephoros,  Anti 
rrhetic.  adv.  Constant  Copronym.  bei  Migne,  Patr.  gr.  100,  395,  411,  418,  447,  48( 
Ganz  erhalten  ist  er  z.  B.  in  dem  cod.  Taurin.  181  s.  16  foll.  58.  —  Matthaeos  wird  auc 
als  asketischer  Schriftsteller  in  den  Hss  genannt.  —  Vgl.  auch  Krumbacher. 

4.  Die  Fragmente  aus  dem  Evangelienkommentar  des  Petros  v.  Laodikea  ec 
Mai,  Nova  Patr.  bibl.  6,  543  f.;  abgedruckt  bei  Migne,  Pati-.  gr.  86,  3,  3324—36.  —  Di 
anonyme  Erklärung  zum  Gebete  des  Herrn  in  der  Maurinerausgabo  des  Origenes  erkannt 
A.  Mai  als  Petros  zugehörig.  —  Der  ganze  Kommentar  steht  in  3  vatikanischen  Hcn 
ausserdem  in  codd.  Ambros.  D  282  inf.,  D  298  inf .  —  In  cod.  Paris.  Suppl.  gr.  407  sae« 


I 

i 


1.  Theologie.    6.  Exegese.    (§  54)  X37 

16  fol.  107 — 114:  Petri  Laodic.  orationes  3.  —  In  mehreren   Evangelicnkatenen  bildet  er 
dvo  Gnmdsiock,  z.  B.   in  cod.  Bonon.  bibl.  commun.  AIS  saec.  13-14. 
/  5.  Die  Abhandlung  des  Mönches  Fach omios  bei  Mi gne,  Patr.  gr.  98,  1333—1360. 

—  D«r  Verfasser  nennt  einmal  Johannes  von  Damaskos  und  scheint  kein  Spätbyzantiner 
lu  sein,  er  mQsste  denn  mit  Pachomios  Rusanos  identisch  sein,  von  dem  im  cod.  S.  Se- 
{volcri  344  s.  15  mehrere  dogmatische  Schriften  nebst  einer  Akoluthia  ei^  tovg  oaiovg  na- 
I  t^g  fa^  ZfQO€ftxaiv  enthalten  sind.  Vgl.  A.  Papadopulos  Kerameus,  'IsQoaoXvfi.  ßirßXto&, 
1 1  Petersburg  1891)  380  f.,  wo  einige  mir  unzugängliche  Litteratur  genannt  wird. 

6.  Die  neutestamentlichen  Kommentare  desNiketas,  Bisch,  von  Naupaktos,  stehen 
I.  B.  in  cod.  Marcian.  26,  in  cod.  Vatic.  Regin.  6  saec.  14  foll.  336.  —  Eine  andere  Hs  nennt 

7     Fabricios,  Bibl.  gr.  7,  753.  —  Niketas  ist  abhängig  von  Theophylaktos. 

7.  Die  Einleitung  zum  Psalmenkommentar  des  Mönches  Job  ist  aus  Pasini  abgedruckt 
Wi  Migne,  Patr.  gr.  158,  1056  f.  —  Der  cod.  Taurin.  178  saec.  16  foll.  70  umfasst  nur 
15  Psalmen. 

8.  Die  anonymen  Schollen  zu  den  4  Evangelien  ed.  A.  Mai,  Classici  auctores  6 
<Rcm  1834)  379—500,  9  (Rom  1837)  431—511;  zusammengestellt  bei  Migne,  Patr.  gr. 
1«J6,  1077 — 1289.  —  Anonyme  Kommentare  und  Scholien  kommen  öfters  in  Hss  vor,  z.  B. 
u  codd.  Paris.  165—168  saec.  11—14  (in  Psalmos),  176  saec.  16  (in  Ecclesiasten),  231—32 
saec.  12  (Evangelienkommentare),  codd.  Patmiac.  61,  65  und  66  (Kommentare  zu  den  Paulus- 
briefen  ond  zu  den  Psalmen),  Vindob.  theo!.  1  (Scholien  z.  A.  T.). 

64.     Die  Erklftmngen   von    Yäterschrifken.     Es    entsprach    dem 
Ansehen,  welches   die  Schriften  der  älteren  Kirchenväter  bei  den  Byzan- 
tinern genossen,  wenn  auch  diese  zum  Gegenstand  der  exegetischen  Arbeit 
gemacht  wurden.   Der  grösste  Teil  dieser  patristischen  Scholien  wurde  den 
Schriften  des  Gregorios  von  Nazianz  gewidmet.    Die  ältesten  derselben 
werden  einem  Abte  Nonnos  zugeschrieben;  sie  entstanden  zu  Anfang  des 
6.  Jahrhunderts  und  wurden  von  den  späteren  Scholiasten  vielfach  benutzt. 
An  das  Ende  desselben  Jahrhunderts  verlegt  E.  Piccolomini   die  von  ihm 
veröffentlichten  anonymen  Scholien.   Andere  wurden  von  Maximos  dem 
Bekenner,  Elias,  Metropoliten  von  Kreta  (zwischen  825 — 960),  Basilios 
0  vfog^    Metropoliten  von  Käsarea  in  Kappadokien  (912 — 959),   Niketas 
von  Serrae,  Metropoliten  von  Heraklea  am  Ende   des  11.  Jahrhunderts, 
üeorgios  Akropolites  im  13.  verfasst.     Noch   ganz  im  Dunkeln  liegen 
(fie  Scholien   von  Gregorios  Presbyter,   Gregorios  Mokios  oder  Mo- 
kenos,   Nikephoros  Kallistos  Xanthopulos,  Eumolpos  Philes   und 
von  einem  ungenannten  Erzbischof  von  Bulgarien.    Bei  dem  jetzigen 
Stand  der  Forschung  ist  es  unmöglich,   diese   weitläufige  Interpretations- 
I  irbeit  in  ihrer  Entwicklung  und  gegenseitigen  Abhängigkeit  zu  erkennen. 
'  Ihr  Reichtum  an  mythologischen  Notizen  ist  schon  wiederholt  im  Interesse 
I  der  klassischen  Philologie   ausgebeutet  worden.     Sie  verdienen  aber  auch 
_  I  in  ihrer  litterarischen  Eigenart  studiert  zu  werden ;   dieses  Studium   setzt 
allerdings  die  kritische  Herausgabe  des  gesamten  handschriftlichen  Materials 

/vüraas. 
Neben  Gregorios  Theologos  wurde  Dionysios  Pseudoareopagites 
im  häufigsten  erklärt.  Die  ältesten  Scholien  des  Johannes,  Bischof  es 
[  vrto  Skythopolis,  sind  verloren  gegangen.  Maximos  der  Bekenner  begründete 
f  durch  seinen  Konmientar  das  hohe  Ansehen  des  Pseudoareopagiten  in  der 
griechischen  Kirche,  das  sich  durch  Johannes  Scotus  Erigena  und 
Hugo  von  St.  Victor  auf  die  abendländische  verpflanzte.  Der  cod.  Laurent. 
S,  26  saec.  14  enthält  die  Scholien  eines  gewissen  Andreas,  die  mit 
4nyenigen  des  Maximos  grosse  Ähnlichkeit  haben  sollen.  Die  Scholien 
4b8  letzteren   scheint  auch  Germanos  I,  Patriarch  von   Eonstautiuopel^ 


138  BysantiniBohe  LitteratorgeBchiohte.    I.  ProsaiBohe  Liiieratar. 

weitergeführt  zu  haben.  Maximos  folgt  auch  der  Geschichtschreiba 
GeorgiosPachymeres  in  seiner  Paraphrase  zu  Dionysios.  Endlich  soll« 
auch  Germanos  II,  Patriarch  von  Konstantinopel,  und  ein  gewisse 
Georgios  Hieromnemon  die  areopagitischen  Schriften  erklärt  habei 
was  jedoch  noch  einer  näheren  Untersuchung  bedarf. 

Als  weitere  Scholiasten  sind  hier  noch  zu  nennen:  Thomas  Ma 
gister,  als  Mönch  Theodulos  genannt,  zu  den  Briefen  des  Synesios  va 
Kyrene  (f  413)  und  Nikephoros  Gregoras  zu  der  Schrift  IIsQi  ivvnvim 
desselben,  Johannes  Zonaras,  Alexios  Aristenos  und  Theodoros  Balsamon  2 
den  sog.  kanonischen  Briefen  der  Kirchenväter  von  Dionysios  von  Alexai 
drien  an.  —  Für  die  Scholien  zu  Maximos  Confessor  und  Johannes  Klima 
vgl.  §§  12  u.  56.  —  Für  die  Kommentare  zu  den  Gedichten  des  Gregoric 
Theologos  und  den  byzantinischen  Hymnographen  vgl.  Krumbacher. 

1.  Zu  don  Scholiaston  dos  Gregorios  y.  Nazianz  im  allgomeinen:  Fabricia 
Bibl.  gr.  8,  429—434.  —  E.  Piccolomini  in  der  Einleitung  zu  der  unten  genannten  Aq 
gäbe  von  anonymen  Scholien  S.  I-  XLII.  —  E.  Norden,  Scholia  in  Gregorii  Nazianzei 
orationes  inedita,  Hermes  27  (1892)  606—642.  Vgl.  B.  Z.  2  (1893)  164  f.  Norden  gil 
hier  auch  unedierte  Scholien  profanen  Inhaltes.  Einige  neue  Scholien  theologischen  Chi 
rakters  gab  er  in  d.  Zeitschr.  f.  wiss.  Theol.  36  (1893)  2,  441—447.  —  1.  Die  Scholle 
des  Abtes  Nonnos  zu  4  Reden  des  Gregorios  beabsichtigt  £.  Patzig  bei  Teubner  herao 
zugeben.  Vgl.  E.  Patzig,  De  Nonnianis  in  4  orationes  Gregor.  Naz  commentarii 
Leipzig  1890.  —  2.  Anonyme  Scholien  ed.  E.  Piccolomini,  Estratti  inediti  dai  codici  gre 
della  Bibliot.  Mediceo.  Laurenziana,  Annali  dolle  Universita  toscane  16  (1879)  231 — 27< 
auch  separat  Pisa  1879.  Korrekturen  dazu  gab  E.  Norden,  Hermes  a.  a.  0.  —  ^.  D 
Scholien  zu  19  Reden  des  Gregorios  von  Elias  v.  Kreta  griechisch  ed.  pr.  A.  Jahn  b 
Migne,  Patr.  gr.  36,  757-902  (auszugsweise);  lateinisch  schon  in  früheren  Ausgaben  Gregoi 
Weitere  Scholien  des  Elias  v.  Kreta  sind  noch  unediert.  —  Ausser  dem  kanonischen  Brie 
an  einen  Mönch  Dionysios  bei  Migne,  Patr.  gr.  119,  985 — 997  werden  ihm  in  Hss  mehre 
asketische  Schriften  zugeeignet.  —  4.  Von  Basilios  0  viog  sind  nur  zu  4  Reden  die  Scholü 
nach  früheren  Drucken  bei  Migne,  Patr.  gr.  36,  903 -916,  1080-1205  vollständig  herau 
gegeben.  —  Einige  ausgewählte  Scholien  aus  cod.  Laurent,  pl.  4,  13  ed.  Puntoni,  Sta 
di  filologia  greca,  Turin  1882,  133  ff.,  207  ff.,  auch  separat,  Turin  1884.  —  Eine  vol 
ständige  Hs  der  Scholien  des  Basilios  ist  cod.  Paris.  573  saec.  11  foll.  279;  daneben  sii 
noch  mehrere  andere  Hss,  u.  a.  codd.  Vatican.  409,  469,  Laurent.  Conv.  soppr.  688,  Coü 
240—242,  zu  vergleichen.  —  Das  Widmungsschreiben  des  Basilios  an  Konstantin  VII  Pc 
phyrogennetos  bei  Migne  a.  a.  0.  1073—1080.  —  5.  Von  Niketasv.  Serrae  stehen  Scholl« 
zu  2  Reden  griechisch  bei  Migne,  Patr.  gr.  36,  933--985,  lateinisch  zu  mehreren  ander« 
bei  Migne,  Patr.  gr.  127,  1177—1480  und  in  der  Ausgabe  Gregors  von  Billius,  Paris  156 
—  Scholien  zu  16  Reden  in  den  codd.  Coisl.  54  saec.  12,  Sinaitic.  351 — 354  u.  m.  a.  —  6*.  EL 
kurze  Erklärung  von  GeorgiosAkropoliteszu2  Aussprüchen  des  Nazianzeners  .steht  in  co 
Vaticano-Palat.  243 saec.  14  fol.  251^—257^'.  —  7.  Georgios  Mokenos  wird  als  Scholiast  d 
Gregorios  gewöhnlich  in  den  Hss  der  Basiliosscholien  genannt,  z.  B.  in  den  codd.  Lauren tia 
4,  13  saec.  10.  Neapel.  II  A  22  saec.  12,  S.  Sepulcri  44  saec.  10 — 11.  Darnach  scheint  Basili 
dessen  Scholienwerk  benutzt  zu  haben.  Ob  er  mit  dem  von  Elias  Cretensis  genannt 
Georgios  identisch  ist,  steht  dahin.  —  Zu  einer  Rede  des  Gregorios  auf  Ostern  stehen  d 
Scholien  des  Georgios  Mokios  für  sich  in  cod.  Coisl.  236  saec.  11  fol.  208—212.  —  8.  D 
Scholien  des  Nikephoros  Kallistos  Xanthopulos  zu  30  Reden  des  Gregorios  steh« 
in  den  codd.  Marcian.  76  und  77.  —  9.  Expositiones  archiepisc.  Bulgariao  cujusda 
sind  in  cod.  Caesenat.  pl.  28,  6  nach  Muccioli,  Catalog.  1,  103  vorhanden.  —  10,  \ 
Eumolpos  Philes  vgL  Fabricius,  Bibl.  gr.  8,432.  —  Ausserdem  wären  noch  mand 
Hss  des  Nazianzeners,  in  denen  der  Text  von  Scholien  begleitet  ist,  wie  z.  B.  codd.  Vin 
theol.  79,  80,  Marcian.  78  s.  12,  Patmiac.  2  s.  11,  näher  zu  untersuchen.  —  Zu  den  K01 
mentatoren   der  Gedichte  des  Gregorios  von  Nazianz  vgl.  Krumbacher. 

2.  Zu  den  Scholiasten  des  Dionysios  Pseudoaroopagites:  Die  Scholien  v< 
Maximos  und  Georgios  Pachymeres  zusammen  bei  Migne,  Patr.  gr.  4,  15—577.  —  Gk 
manos  II,  Patriarch  von  Kpel,  und  Georgios  Hieromnemon  werden  als  Scholiasten  des  Di 
nysios  genannt  von  Fabricius,  Bibl.  gr.  7,  10.  —  Zu  dem  Scholiasten  Andreas  v| 
Bandini,  Catalogus  1,  50—52.  —  Dieselben  Scholien  bietet  cod.  Taurin.  369  s.  14. 
Die  verlorene   Schrift  des  Presbyters  Theodoros,  welche  für  die  Echtheit  der  psend 


/ 


1.  Theologie.    C.  Aaketik  und  Mystik.    (§  b5)  139 

inopegittscben  Schriften  eintrat,  lag  noch  Photios  vor  (cod.  1).  —  Anonyme  Scholien  stehen 
I.  B.  in  codd.  Vindob.  theol.  49,  Marcian.  142  s.  13,  Athous  3597  s.  14. 

3.  Die  Scholien  des  Theodoros  monachos  oder  Thomas  Magister  stehen  z.  B. 
in  cod.  Ambros.  L.  44  sup.     Seine  Rede   auf  Gregorios  von  Nazianz  (ed.  L.  Normannas, 

I  TpsalA  1693;  abgedruckt  bei  Migne  145,  216—353)  schmücken  Zitate  aus  Homer,  Pindar, 
rUton,  Demosthenes  und  Euripidcs.   —   Seine  übrigen  theologischen  Schriften    sind    noch 

\  nnediert,  z.  B.  ein  Enkoroion  auf  Johannes  den  Täufer  (cod.  Vatican.  Palat.  374  saec.  14  fol. 
1ij6^ — IIS),  auf  Euthymios,  Bischof  von  Madyta,  eine  Schrift  De  miraculis  veteris  et  novi 
testamenti  (cod.  Ambros.  H  21  sup.)  —  Ob  cod.  Coisl.  208  a.  1656  ihm  mit  Recht 
Scholien  zum  Römerbrief  zuschreibt,  ist  bei  dem  geringen  Alter  der  Us  zweifelhaft.  — 
Ueber  seine  profanen  Schriften  vgl.  Erumbacher. 

4.  Die  Scholien  von  Johannes  Zonaras,  Alexios  Aristenos  und  Theodoros 
Balsmmon  zu  den  kanonischen  Briefen  von  Kirchenvätern  zusammen  bei  Migne,  Patr.  gr. 
138.456 — 987.  —  Vgl.  J.  Dräseke,  Zonaras*  Kommentar  zum  kanon.  Briefe  des  Gregorios 
von  Neokisarea,  Zeitschr.  f.  wiss.  Theol.  37  (1894)  246—60.  —  Von  Johannes  Zonaras 
sind  aoanerdem  mehrere  theologische  Schriften  unediert,  2  Homilien  zu  Festen 
■ies  Herrn,  2  Vitae  des  hl.  Silvester  und  dos  hl.  Sophronios  v.  Jerusalem,  Poemata  de 
prooeseione  Spir.  sti  et  alia  adversus  Latinos.  Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  222 — 228. 
VgL  auch  Krumbacher.  —  Von  Theodoros  Balsamen,  dem  Patriarchen  von  Antiochien 
am  1190,  erwähnt  Fabricius,  Bibl.  gr.  10,  382  ausser  kirchenrechtlichen  Schriften  ein 
MaitTrinm  Theodori  et  Claudii. 

5.  Anonyme  Scholien  zu  Basilios  d.  Gr.  und  Gregor  von  Nyssa  bietet  der  cod.  Mitylen. 
1&.10. — Solche  zu  5  Homilien  des  Job.  Chrysostomos  ed.  A.  Papadopulos  Kerameus, 
jr««e-  ß*ß^>  'Arixe.  IAA.,  Kpel  1884  S.  86>  93. 

I  G.  Asketik  nnd  Mystik. 

65.  Charakteristik.  Erfreulicher  gestaltet  sich  das  Bild  der  byzan- 
tinischen Theologie  auf  dem  asketischen  und  mystischen  Gebiete,  auf 
welchem  ihr  ein  freierer  Spielraum  als  auf  dem  dogmatischen  und  exege- 
tischen gewahrt  blieb.  Allerdings  tritt  auch  in  der  Asketik  die  Ab- 
hingigkeit  von  den  Vätern  des  4.  und  5.  Jahrhunderts  bedeutsam  genug 
hervor,  aber  das  praktische  Christenleben  und  die  Normen  desselben  waren 
in  der  patristischen  Zeit  nicht  der  Gegenstand  synodaler  Behandlung  ge- 
worden, und  dieser  Umstand  war  für  die  weitere  Ausbildung  der  asketi- 
schen Litteratur  von  günstiger  Wirkung.  Eine  fortgesetzte  Anregung  dazu 
badete  das  Mönchtum,  welches  während  des  ganzen  byzantinischen  Zeit- 
alters in  unzähligen  Klöstern  und  Einsiedeleien  blühte.  Die  asketischen 
Sehriften  sind  daher  auch  fast  ohne  Ausnahme  von  Mönchen  verfasst, 
während  die  dogmatischen  und  exegetischen  zum  grösseren  Teile  geistliche 
«nd  weltliche  Würdenträger  zu  Verfassern  haben.  Unsere  Kenntnis  von 
den  konkreten  Zuständen  in  der  byzantinischen  Klosterwelt  ist  nun  leider 
noch  zu  lückenhaft,  um  den  historischen  Hintergrund,  von  dem  sich  die 
ganze  Litteraturgattung  abhebt,  genau  erkennen  zu  können. 

Am  besten  sind  wir  über  die  palästinischen  Klöster  und  Lauren 
des  6.  Jahrhunderts  unterrichtet  durch  die  Biographien  des  Kyrillos  von 
Skythopolis.  Infolge  der  Eroberung  von  Ägypten,  Palästina  und  Syrien 
durch  die  Araber  wurden  die  Klöster  dieser  Länder  empfindlich  geschädigt; 
doch  erhielten  sich  manche  derselben,  wie  z.  B.  das  berühmte  Kloster  des 
kL  Sabbas  bei  Jerusalem,  während  des  ganzen  Mittelalters.  In  Kleinasien 
erhielt  sich  das  Klosterwesen  am  längsten  in  voller  Blüte,  deren  Kenntnis 
durch  die  Publikationen  hervorragender  Mönchsbiographien  in  jüngster 
Zeit  gefördert  wurde.  Die  Reichshauptstadt  selbst  besass  eine  Menge 
von  Klöstern,  an  deren  Spitze  das  berühmte  Kloster  von  Studien  stand, 
dtfi  eine  Reihe  von  hervorragenden  kirchlichen  Persönlichkeiten  und  aakQ- 


140  BysantiniBche  Utieratargesohichte.    L  Prosaüiche  litteratar. 

tischen  Schriftstellern  wie  Theodoros,  Symeon,  Niketas  Stethatos,  hervor 
brachte.  Seit  dem  11.  Jahrhundert  treten  die  zahlreichen  Klöster  um 
Einsiedeleien  auf  dem  Berge  Athos  in  den  Vordergrund.  Hier  bildet 
sich  die  Mystik  der  Hesychasten  aus;  der  grosse  Kampf,  dessen  Gegen 
stand  sie  im  14.  Jahrhundert  wurde,  verpflanzte  sich  aber  gleich  von 
mystischen  auf  das  dogmatische  Gebiet.  Ohne  Bedeutung  für  die  Asketü 
sind  die  Basilianerklöster  in  Sicilien  und  Kalabrien  geblieben. 

Das  byzantinische  Klosterwesen  erlobte  auch  Perioden  des  Verfallei 
die  noch  nicht  genügend  bekannt  sind.  Von  hohem  Interesse  ist  in  diese 
Beziehung  eine  Reformschrift  des  trefflichen  Erzbischofes  Eustathios  vo 
Thessalonike  aus  dem  12.  Jahrhundert  (§  66  n.  3).  Sie  ist  mit  grossei 
Freimut  geschrieben  und  richtet  ernste  Ermahnungen  an  die  Mönche  vo 
Thessalonike.  Der  Erzbischof  musste  sogar  ihren  Mangel  an  Interesse  für  di 
Väterschriften  rügen  und  erzählt  mit  schmerzlicher  Entrüstung,  wie  ei 
Klostervorsteher  ihm  auf  die  Frage  nach  einer  Schrift  des  Gregorios  vo 
Nazianz  geantwortet  habe:  ,Was  brauchen  wir  solche  Schriften*!  Solch 
Zustände  mögen  wohl  nicht  in  Thessalonike  allein  geherrscht  haben.  Zeug 
dessen  ist  das  etwas  frühere  Gedicht  Kaid  ijyovfihvwv  des  Theodore 
Prodromos,  welches  denselben  Verfall  in  der  Klosterwelt  bei  Konstant 
nopel  voraussetzt  (vgl.  Krumbacher).  Eine  Ursache  dieses  Niedergange 
sicher  nicht  die  unwirksamste,  wurde  besonders  von  dem  Patriarchen  vo 
Antiochien  Johannes  zur  Zeit  des  Alexios  Komnenos  bekämpft:  das  dei 
Karolingischen  Benefizialwesen  entsprechende  Institut  der  Charisti 
karier,  d.  h.  die  Schenkung  von  Klöstern  an  Laienpersonen,  von  welche 
sie  nur  allzu  oft  zur  Besserung  ihrer  Finanzen  ausgebeutet  wurden.  Diese 
Brauch  geht  bis  ins  10.  Jahrhundert  zurück  und  erreichte  seinen  Höli< 
punkt  unter  Alexios  Komnenos.  Die  durch  diese  und  andere  Ursache 
hervorgerufenen  Misstände  können  jedoch  die  hohen  Verdienste,  welcl 
die  byzantinischen  Klöster  sich  um  das  Kirchen-  und  Kulturleben  erworbe 
haben,  nicht  schmälern.  In  litterarischer  Beziehung  beschränken  sie 
diese  Verdienste  nicht  auf  das  asketische  Gebiet.  Die  byzantinische 
Mönche  stehen  nicht  nur  in  der  ersten  Iteihe  der  theologischen  Schrif 
steller;  ohne  sie  würde  auch  die  Zahl  der  profanen  Litteraten  nicht  ui 
wesentlich  zusammenschrumpfen,  namentlich  wenn  man  beachtet,  dai 
viele  derselben  erst  dann  Zeit  und  Lust  zu  litterarischem  Schaffen  fände 
als  sie  sich  in  ein  Kloster  zurückgezogen  hatten. 

Die  Asketik  und  Mystik  blieb  indes  das  Lieblingsgebiet  d< 
mönchischen  Litteraten  von  Byzanz.  Dieser  Umstand  sowie  die  darai 
folgende  Beschränkung  des  Leserkreises  der  asketischen  Schriften  bedinj 
die  beim  ersten  Blick  auffallende  Einseitigkeit  dieses  Litteraturzweige 
Zu  einem  einheitlichen,  alle  Verhältnisse  und  alle  Thätigkeitsgebiete  d( 
christlichen  Lebens  umfassenden  System  der  Sittenlehre,  wie  es  z.  B. 
der  Summa  theologica  des  Thomas  von  Aquino  vorliegt,  brachte  es  d 
byzantinische  Theologie  nicht.  Das  Mönchtum  mit  seinen  spezifisch( 
Verpflichtungen  und  Anforderungen  an  das  sittliche  Handeln,  dieses  Ide 
des  christlichen  Lebens  in  der  griechischen  Kirche,  bildet  fast  den  einzige 
immer  wiederkehrenden  Gegenstand  der  asketischen  Schriften,  und  zwi 


1.  Theologie.    C.  Aaketik  und  Mystik.    (§  55)  141 

meistens  nicht  in  streng  systematischer,  sondern  in  populärer  Behandlung. 
We  der  Asketik  eigentündiche  litterarische  Form  ist  die  der  KsffaXaia^ 
kurzer,  aphoristischer  Abschnitte,  welche  gewöhnlich  zu  einer  Zenturie 
(Exccrovxag)  vereinigt  wurden.  Je  nach  dem  Inhalte  wurden  sie  näherhin 
als  KfifaXma  ngoxTuca,  p'wartxd^  y^eoXoyixa  bezeichnet;  selten  sind  aber 
die  einzelnen  Sätze  innerlich  zu  einem  Ganzen  verkettet.  Auch  die 
Litteraturgattung  der  'EgwTjjasig  xat  änoxQfaeig  wird  für  asketische  Zwecke 
angewandt.  Eine  spezielle  Gattung  bilden  sodann  die  Typika,  Samm- 
lungen der  in  bestimmten  Klöstern  geltenden  Regeln,  die  sich  alle  an  die 
Regeln  des  Begründers  des  byzantinischen  Mönchslebens,  des  hl.  Basilios, 
anschlössen,  und  wovon  die  Typika  des  Sabbasklosters  in  Palästina  und 
des  Studionklosters  in  Konstantinopel  die  verbreitetsten  waren.  Eine 
Würdigung  dieser  Typika  ist  noch  nicht  vorhanden;  dieselben  bieten 
auch  besondere  Schwierigkeiten,  weil  sie  in  der  Regel  bestimmten  Persön- 
lichkeiten zugeschrieben  werden,  während  sie  doch  in  Wirklichkeit  das 
Werk  zahlreicher  Generationen  sind. 

Der  Unterschied  zwischen  Asketik  und  Mystik  ist  oft  unklar  oder 
sogar  falsch  bestimmt  worden.  Im  einzelnen  ist  es  auch  oft  schwierig 
\  m  entscheiden,  wo  die  Asketik  aufhört  und  die  Mystik  beginnt;  im  all- 
'^  gemeinen  aber  behandelt  die  Asketik  die  äusseren,  vielfältigen  Pflichten 
t  des  christlichen  Lebens  und  zerfällt  in  die  Lehre  von  den  Tugenden  und 
'  den  entgegenstehenden  Lastern,  während  die  Mystik  die  innersten  Seiten 
[  des  religiösen  Seelenlebens  betrachtet  in  seinen  unmittelbaren,  über  jede 
bestimmte  Form  erhabenen,  eminent  geistigen  Beziehungen  zu  Gott.  Weit- 
aus die  grösste  Anzahl  der  moralischen  Schriften  der  Byzantiner  fällt  in 
das  Gebiet  der  Asketik.  Die  massgebende  Autorität  ist  hier  Basilios  und 
neben  ihm  die  Meister  des  geistUchen  Lebens  aus  dem  4.  und  5.  Jahr- 
hundert. So  nennt  z.  B.  Theodor  von  Studien  als  seine  Meister  die  früheren 
Asketik  er  Markos  und  Esaias;  andere  sind  abhängig  von  Makarios,  Nilos, 
Diadoehos,  Isidoros  von  Pelusion  u.  a.  Dieses  Abhängigkeitsverhältnis 
muss  erst  noch  genau  bestimmt  werden,  bevor  die  Arbeit  der  byzantini- 
schen Asketiker  in  ihrem  eigentUchen  Wert  gewürdigt  werden  kann.  Ein 
wesentlicher  Fortschritt  über  die  patristische  Asketik  hinaus  wird  sich 
dabei  kaum  herausstellen.  Das  Ideal  des  Mönchtums  und  im  Zusammenhange 
damit  die  Auffassung  der  Sittlichkeit  blieb  unverändert,  und  von  den 
Sittliehkeitsproblemen,  welche  das  Abendland  auch  im  Mittelalter  beschäf- 
tigten, ist  keines  in  der  byzantinischen  Kirche  behandelt  worden.  Doch 
müssen  zu  einer  vollständigen  Charakteristik  die  Resultate  der  geforderten 
Quellenuntersuchung  abgewartet  werden. 

Höher  steht  die  byzantinische  Mystik.  Den  Ausgangspunkt  derselben 
bilden  die  mystischen  Schriften  des  Dionysios  Pseudoareopagites, 
von  denen  sie  ihre  Eigenart,  ihre  kultisch-symbolische  Richtung, 
empfangen  hat.  Maximos  Confessor  gebührt  aber  das  Verdienst,  die  Mystik 
des  Pseudoareopagiten  von  ihrem  neuplatonischen  Hintergrunde  losgelöst 
nnd  innerlich  mit  der  orthodoxen  Lehre  in  harmonischen  Einklang  gebracht 
zo  haben.  Maximos  ist  daher  auch  der  eigentliche  Schöpfer  der 
byzantinischen  Mystik.    Ihr  bekanntester  Vertreter  in  der  spätbyzaiv- 


142  Bysantinisohe  Litteratargeaohiohte.    L  Prosaüiohe  Litter atnr. 

tinischen  Zeit  ist  infolge  der  Monographie  von  W.  Gass  der  Erzbischo 
von  Thessaloniko  Nikolaos  Kabasilas.  Dieser  hatte  jedoch  im  11.  Jahr 
hundert  einen  Vorläufer,  Symeon,  den  Vorsteher  des  Mamasklosters  ii 
Konstantinopel,  der  jenen  an  Tiefe  der  mystischen  Spekulation  zu  über 
treffen  scheint.  Dank  diesen  beiden  Mystikern,  an  die  sich  Niketa 
Stethatos  und  Kallistos  Kataphugiotes  anreihen  lassen,  braucht  di 
byzantinische  Mystik  den  Vergleich  mit  der  abendländisch-romanischen  in 
13.  und  mit  der  germanischen  im  14.  und  15.  Jahrhundert  nicht  zu  scheuet 
obgleich  sie  die  letztere  nicht  erreicht  hat,  und  auch  inhaltlich  wesentlich 
Verschiedenheiten  zwischen  beiden  obwalten.  Charakteristisch  für  die  by 
zantinische  ist  der  innige  Anschluss  an  das  Kultleben  der  Kirche,  da 
schon  dadurch  zum  Ausdruck  kommt,  dass  die  byzantinischen  Mystike 
ihre  Theorien  vielfach  in  der  Gestalt  von  Erklärungen  der  tieferen 
symbolischen  Bedeutung  der  äusseren  kirchlichen  Zeremonien  darlegtei 
Sie  kämpften  gegen  die  Veräusserlichung  des  christlichen  Lebens,  gege 
das  Aufgehen  desselben  in  stereotypen  Formeln  und  mechanischen  Hand 
lungen;  sie  leugneten  aber  die  relative  Bedeutung  äusserer  Formen  nichi 
die  eine  kirchliche  Organisation  nicht  entbehren  kann  und  deren  Berecli 
tigung  in  letzter  Linie  auf  der  sinnlich-geistigen  Natur  des  Menschen  selbt 
beruht.  Sie  suchten  vielmehr  das  Wesen  hinter  der  äusseren  Erscheinun{ 
das  nicht  in  Gegensatz  zu  dieser  steht,  sondern  darin  zum  Vorschein  konmi^ 
Es  muss  aber  auch  hier  auf  die  Notwendigkeit  von  Einzeluntersuchunge 
aufoierksam  gemacht  werden. 

1.  Textsammlungen:  Petr.  Possinua  Thesaurus  asceticus,  Paris  1684  (enthft! 
nur  einige  byzantinische  Schriften).  —  Umfangreicher  ist  die  von  Johannes  Maure 
kordatos  veranlasste  Sammlung:  ^tXoxaXia  xcSy  Ibqiüv  ytjnTuciüyf  Venedig  1782.  —  Beic 
Sammlungen  blieben  mir  unzugänglich,  sie  wurden  aber  Mignes  Patr.  gr.  einverleibt. 

2.  Hilfsmittel:  Die  Byzantiner  fanden  bisher  in  den  Darstellungen  der  Geschichl 
der  christlichen  Ethik  wenig  Beachtung.  Chr.  E.  Luthardt,  Geschichte  der  christliche 
Ethik  1,  Leipzig  1888  S.  139—152  nennt  nicht  einmal  Nikolaos  Kabasilas.  —  Ueber  di 
Richtungen  der  griechischen  Mystik  s.  W.  Gass,  Die  Mystik  des  Nikolaus  Cabasila 
Greifswald  1849  S.  31—63.  —  In  der  Geschichte  der  chrisÜichen  Ethik  von  W.  Gass 
(Berlin  1881)  437—457  ist  die  auf  Byzanz  bezügliche  Darstellung  auffallend  unvollständij 

—  0.  Zock  1er,  Geschichte  der  Askese,  Frankfurt  1863,  war  mir  unzugänglich. 

3.  Schon  früher  wurden  die  griechischen  Asketen  in  Sammelcodices  vereinig 
Photios,  cod.  201,  beschreibt  eine  Hs,  die  Markos,  Neilos  und  Karpathios  enthielt.  Nebe 
diesen  Sammlungen,  von  denen  es  alte  Hss  gibt,  wie  z.  B.  cod.  Angelic.  B  5.  7  saec.  V 
cod.  Paris.  913  saec.  10,  cod.  Mutin.  12  saec.  11,  cod.  Vindob.  theol.  238,  cod.  Athoi 
3076  s.  11,  3081  s.  11  u.  m.  a.,  wurden  Auszüge  aus  verschiedenen  Asketikem  hergestell 
wie  z.  B.  cod.  Monac.  318  saec.  13  zeigt,  in  handlichem  Format,  augenscheinlich  zu  pral 
tichen  Zwecken. 

4.  Für  die  byzantinische  Monasteriologie,  die  noch  ein  weites  Arbeitsfeld  biete 
vgl.  Sp.  Lampros,  B.  Z.  1  (1892)  197  (ganz  allgemein  gehaltene  Betrachtungen).  —  . 
Sokolov,  Die  äussere  und  innere  Lage  des  byzant.  Mönchtums  von  der  Mitte  des  9.  Jah 
hunderte  bis  zum  13.,  Pravosl.  sobesjednik  1892—94.   Vgl.  B.  Z.  2,  350;  3,  209  f.;  4,  199 

—  Weitere  Litteraturangaben  in  §  88  und  bei  Krumb  ach  er. 

5.  Ueber  das  Charisti  karierwesen  vgl.  Th.  Uspenskij,  Das  Typikon  d< 
Klosters  des  hl.  Mamas  in  Kpel,  Odessaer  Jahrb.  2,  1  (Odessa  1892)  72,  75—78.  Vgl.  B.  : 
2  (1893)  137  f.  ~-  W.  Nissen,  Die  Diatazis  des  Michael  Attaleiates  von  1077,  Jena  18S 
S.  52 — 58  (etwas  einseitig). 

6.  Das  Typikon  des  hl.  Sabbas  ed.  pr.  A.  Dmitrijevski,  Die  Klosterregel 
des  hl.  Sabbas,  Trudy  Kievskoj  duch.  ak.  1890  1.  Heft  S.  170—192  (russisch).  Vgl.  I 
Kurtz,  B.  Z.  3  (1894)  167—170,  der  einen  verbesserten  Neudruck  des  Textes  venu 
staltete.  —  Diese  Textesrezension  ist  sicher  nicht  die  ursprüngliche.  Auch  ist  es  fra| 
lieh,  ob  der  kurze  Text  vollständig  ist.  Ein  weit  längeres  Typikon  steht  in  dem  co< 
CoisL  295  saec.   14  foL  218—252  anter  dem  Titel:  Jiaitt^tg  rtSy  fjiaxa^ifay  xal  a/c« 


1.  Theologie.    C.  Aaketik  und  Mystik.    (§  56)  143 

rtaTi^my  JSaßa  TB  Tov  fiByaXov  xal  BeoSoaiov  rov  xot.9foßu(QXov  negi  ßiov  juoya^iSy  .... 
D«r  Anfang  Btimmt  nicht  mit  dem  karzen  Text  überein.  —  Das  Typikon  des  Studion- 
klosters  geht  auf  Theodoros  Studites  zurück  (vgl.  §  61).  —  Durch  Athanasios,  den  Gründer 
der  Laurm  auf  dem  Athos,  wurde  es  zum  Gemeingut  der  Athosklöster.  Die  drei  darauf 
WGglichen  Schriften  des  Athanaaios  (c.  970—1020)  ed.  Ph.  Meyer,  Die  Haupturkunden 
für  die  Geschichte  der  Athosklöster,  Leipzig  1894,  S.  102—140.  —  Einige  andere  Typika 
dieser  Art  verzeichnet  W.  Nissen  a.  a.  0.  S.  3  f.  —  Sie  sind  nicht  zu  verwechseln  mit 
dem  litm^ischen  Typikon,  wovon  L.  Allatius,  De  libris  eccles.  Graecorum,  Paris  1645 
S.  4  16  handelt,  noch  mit  den  Tvmxd  xrtixoqixtt^  die  übrigens  manchmal  auch  einen  aske- 
tischen Teil  bieten.    Vgl.  Nissen  a.  a.  0.  5 — 21. 

7.  Es  gibt  einige  bestimmte  Themata  asketischer  Natur,  die  nicht  nur  von  den  By- 
zantinern verschiedentlich  behandelt  wurden,  sondern  ihr  Gegenstück  auch  in  anderen 
litteratnren  besitzen.  Vgl.  die  Studien  von  Th.  Batjuskov,  Die  Erzählungen  über  den 
Streit  zwischen  der  Seele  und  dem  Körper  in  der  mittelalterlichen  Litteratur,  Petersburg 
15^1  (B.  Z.  1  (1892)  175  f.),  E.  S.  Shuckburgh,  The  soul  and  the  body,  Cambridge  1894 

iB.  Z.  4,  172  f)  und  J.  Zdanov,  Das  Gespräch  der  drei  heiligen  Väter  und  die  ioca  mona- 
rhonun.  Jonm.  Min.  Bd.  279  (1892)  157-194  (B.  Z.  1,  355  f ). 

8.  Von  Interesse  ist  die  von  Jul.  Nicole,  Un  trait^  de  morale  payenne  christianisä, 
<ienf  1892,  in  dem  cod.  Genev.  41  s.  15  wahrgenommene,  für  die  Jugend  bestimmte,  christ- 
liche Bearbeitung  des  Kommentars  des  Hierokles  zu  den  goldenen  Sprüchen  des  Pythagoras. 
Vg;l.  B.  Z.  1  (1892)  352.    Die  Entstehungszoit  dieser  Bearbeitung   ist  noch  zu  bestimmen. 

56.  Johannes  KlimaT  (Iwdwr^g  KXi/na^),  Nach  einer  von  Daniel, 
(inem  Mönch  des  Klosters  Raithu  am  roten  Meer,  verfassten  Biographie 
wurde  Johannes,  der  die  Beinamen  Scholastikos,  Sinaites  und  nach  seinem 
Hauptwerke  Klimax  fuhrt,  um  525  geboren  und  trat  im  Alter  von  16  Jahren 
in  das  Sinaikloster,  wo  Martyrios  und  Anastasios,  der  spätere  Patriarch 
von  Antiochien,  ihn  in  das  Mönchsleben  einführten.  Nach  dem  Tode  des 
Martyrios  wählte  er  das  Anachoretenleben  und  verbrachte  40  Jahre  in  einer 
Höhle  am  Fusse  des  Sinai,  viel  besucht  von  Asketen,  die  seinen  Rat  er- 
holten. Der  Ruf  der  Mönche  vom  Sinai,  die  ihn  zu  ihrem  Abt  erwählten, 
führte  ihn  in  das  Kloster  zurück,  wo  er  das  Vorsteheramt  einige  Jahre 
verwaltete,  um  bald  wieder  in  die  Einsamkeit  zurückzukehren.  Er  starb 
\  am  das  Jahr  600. 

Sein  asketisches  Werk,   das  er  auf  die  Bitten  des  Johannes  von 
Raithu  niederschrieb,  nannte  er  KXt/na^  mit  Bezug   auf  die  Jakobsleiter 
and  teilte  es  in  30  Abschnitte  ein,  entsprechend  den  30  Jahren  des  ver- 
borgenen Lebens  des  Herrn.   Inhaltlich  zerfaUt  es  in  zwei  Teile,  wovon 
der  erste  die  dem  christlichen  Leben  entgegenstehenden  Laster  behandelt 
(Kap.  1  — 23),  während  sich  der  zweite  über  die  moralischen  und  theologischen 
Tugenden  verbreitet  (Kap.  24 — 30).     Der  genetische  Zusammenhang,  den 
Johannes  überaU  herzustellen  sucht,  ist  oft  rein  äusserlich.    Seine  Quellen 
rind   die  hl.  Schrift   und  seine  persönlichen  Erfahrungen  im  Geistesleben. 
IHe  DarsteHung  derselben,   die  auf  unbedingte  Wahrhaftigkeit  Anspruch 
macht,  unterbricht  öfters  den  Gang  seiner  Ausführungen.   Ausserdem  zog 
er  frühere  Asketen  herbei,  von  denen  er  aber  nur  Euagrios,  Kassian,  Papst 
Gregor  I  und  einen  gewissen  Georgios  Arsilaites  nennt.    Die  DarsteUung  ist 
öinfach  und  entbehrt  jeden  rhetorischen  Prunkes.     Der  volkstümliche  Ton 
gibt  sich   auch  durch  die  häufige  Anwendung  von  Sprichwörtern  kund. 
Das  jetzt  selbständige  ,Buch  an  den  Hirten*  bildete  ursprünglich  den  letzten 
Abschnitt  der  Klimax   und   ist  an  Johannes  von  Raithu  selbst  gerichtet. 
Ein  Beweis  für  die  Beliebtheit  der  Klimax  in  den  byzantinischen  Mönchs- 
kreisen ist  die  reiche  Anzahl  von  Hss,  in  denen  sie  überliefert  ist. 


l 


144  Byzantiiivichd  Litteratorgeaohichte.    I.  Prosaisohe  Litterainr. 

1.  Aasgaben:  Ed.  pr.  Matthäus  Raderus,  Paris  1633,  mit  einer  ausführliche 
Einleitung,  der  Vita  des  Daniel  und  Scholien;  wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  88,  596-120! 

—  Eine  neue  Ausgabe  besorgte  Sophr.  Eremites,  Kpel  1883  (mir  unzugänglich). 

2.  Hilfsmittel:  C.  Oudin,  Comm.  de  Script,  eccl.  1,  1437—39.  —  J.  Fessle] 
Institut.  Patrol.  2,  890—897.  —  Fabricius,  Bibl.  gr.  9,  522—528  hat  viele  Hss  verzeichne 

—  Die  von  Johannes  Klimax  angeführten  Sprichwörter  zusammengestellt  bei  K.  Krua 
bacher,  Mittelgriechische  Sprichwörter,  München  1893  S.  229—232.  Ebenda  8.  232 
einige  Sprichwörter  aus  dem  Pratum  spirituale  des  Johannes  Moschos  (vgl.  §  84).  —  Hss  dl 
Klimax  mit  Miniaturen  behandelt  J.  J.  Tikkanen,  Acta  soc.  scientiar.  Fennicae,  1 
(Helsingfors  1893)  Nr.  2.  Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  225.  —  Eine  Uncialhs  der  Klimax  ist  coi 
Vatican.  2059  saec.  10;  älter  ist  cod.  Paris.  1069  saec.  9.  —  Einiges  bei  0.  Zöcklei 
Das  Lehrstück  von  den  7  Hauptsünden,  München  1893  S.  47  ff. 

3.  Zum  Leben:  Die  Abfassungszeit  der  Biographie  des  Johannes  von  Daniel  vo 
Raithu  (bei  Migne  a.  a.  0.  596—608)  ist  noch  näher  zu  bestimmen.  Bei  Migne  ebeni 
608  —  609  andere  biographische  Fragmente.  —  Eine  vulgärgriechische  Uebersetzung  dieei 
Vita  von  Sophronios  Hieromonachos  steht  in  cod.  Athens  3678  s.  16. 

4.  Scholien:  Solche  werden  schon  Johannes,  dem  Abte  von  Raithu,  zugeschriebei 
lateinisch  bei  Migne  a.  a.  0.  1211-1248.  —  Das  grosse  Scholienwerk  des  Elias  v.  Kre 
steht  z.  B.  in  codd.  Marcian.  128—130.  Einiges  davon  mit  Scheuen  von  Pbotios  u.  Aa 
Zügen  aus  anderen  Asketikem  steht  bei  Migne  am  Schlüsse  eines  jeden  Kapitels.  —  Fra^ 
mente  von  Scholien  des  Photios  ed.  A.  Papadopulos  Kerameus;  vgl.  S.  77.  —  Co 
Sabbatt.  407  saec.  12—13  enthält  ein  langes  Scholion  von  Michael  Psellos.  —  Tn  co 
Ambros.  0  8  sup.  saec.  11 — 12  stehen  Scholia  Diadochi  zur  Klimax.  —  Cod.  Vindo 
theol.  180  enthält  Einleitungsstücke  zur  Klimax  von  einem  Mönche  Hieroth eos.  —  Mehre 
Hss,  z.  B.  cod.  Vatic.  410,  codd.  Paris.  863,  864,  865,  867,  cod.  Marcian.  CL  2,  195  sac 
16  etc.  enthalten  unbekannte  Scholien. 

5.  Uebersetzungen  der  Klimax  sind  in  verschiedenen  Sprachen  vorbände 
eine  lateinische  von  Angelus  de  Cingulo  1294  wurde  von  Ambrosius  Camaldulensis  rei 
diert  und  erschien  Venedig  1531  u.  öfters,  eine  vulgärgriechische  besorgte  Maxim« 
Margunios,  Venedig  1590,  eine  altitalienische  hegt  vor  in  der  Collezione  di  opere  inedi 
o  rare,  31,  Bologna  1875,  sogar  eine  arabische  in  cod.  Panorm.  bibL  nation.  111  D  2.  Ei 
slavische  erwähnt  Fabricius  a.  a.  0.  527. 

6.  Zeitgenosse  des  Johannes  Klimax  war  Johannes  der  Faster  (o  tnjatBvrrjs 
Patriarch  von  Kpel  582—595,  bekannt  durch  seinen  Streit  mit  Gregor  1  wegen  des  Tite 
JlargittQxv^  oixov/4€yix6g.  Er  galt  früher  als  Verfasser  einer  Anleitung  zur  Verwaltung  d 
Busssakramentes,  die  in  zwei  Recensionen  bei  Migne,  Patr.  gr.  88,  1889—1932  vorue( 
J.  A.  Binterim,  Die  vorzüglichsten  Denkwürdigkeiten  der  christl.-kathol.  Kirche  5, 
(Mainz  1829)  383—390  wies  ihren  späteren  Ursprung  nach.  Sie  wird  zuerst  von  Ko 
stantinos  Harmenopulos  und  Matthaeos  Blastares  benutzt.  —  Pitra,  Spicilegium  Sol( 
mense  4  (Paris  1858)  416—444,  und  Juris  eccles.  Graecorum  historia  et  dooumenta 
(Rom  1868)  222-  237,  hat  indessen  neue  Poenitentialschriften  unter  seinem  Namen  v( 
öffentlicht,  so  dass  die  Frage  neu  zu  untersuchen  ist.  Eine  Homilie  flegi  fÄerayoiag  l 
Migne  a.  a.  0.  1937—1977,  die  auch  Johannes  dem  Faster  zugeschrieben  wird,  bewe 
sich  auf  demselben  Gebiet.  —  Isidor  von  Sevilla,  De  viris  illustribus  cap.  39,  bericht 
dass  Johannes  der  Faster  eine  Schrift  über  die  Taufe  an  Leander  von  Sevilla  schickte.  Sie  i 
ganz  verschollen.  —  Ein  Aoyog  negi  i^odov  xijg  ^vxtjg  «no  rov  ctafjiaxog  wird  ihm 
dem  cod.  Taurin.  148  s.  15  fol.  106—116  beigelegt.  —  Von  der  Biographie  des  Johann 
Nesteutes,  die  der  Presbyter  Photinos  in  Kpel  bald  nach  dessen  Tod  verfasste,  hab 
die  Akten  des  7.  Konzils  ein  Fragment  erhalten  (Mansi,  Conciiia  13,  80—85). 

7.  Johannes  Klimax  nennt  einmal  den  lateinischen  Abt  Kassian  (Migne  a.  a.  0.  71^ 
dessen  Schriften  somit  schon  im  6.  Jahrhundert  in  griechischer  Uebersetzung  vorläge 
nicht  erst  zur  Zeit  des  Photios,  der  in  dem  Myriobiblion  cod.  197  drei  Opuscula  desselb 
erwähnt.  M.  Petschenig,  Johannis  Cassiani  opera  1  (Wien  1888)  XCVI— CIIII  biel 
einiges  zur  Kenntnis  dieser  Uebersetzungen,  die  noch  näher  zu  untersuchen  sind. 

8.  Anastasios  II,  Patriarch  v.  Antiochien  (599—602),  übersetzte  um  diese  Zeit  d 
Regula  pastoraiis  des  Papstes  Gregors  I.  Vgl.  Gregorius  I,  Registr.  epistol.  1.  9,  135;  1.  12, 2 
Diese  Uebersetzung  ist  noch  nicht  wiedergefunden  worden. 

57.  Symeon  Stylites  der  Jüngere  {Sviiswv  6  väog  atvlizifi)^  so  b 
nannt  zum  Unterschiede  von  dem  grossen  Styliten  des  5.  Jahrhundert 
ist  einer  der  hervorragendsten  Vertreter  der  griechischen  Säulenheilige 
Seine  Blütezeit  fallt  zwischen  521 — 596;  er  war  ein  Zeitgenosse  und  pe 
sönlicher  Bekaimter  des  Kirchenhistorikers  Euagrios,  der  ihn  wiederhc 


1  Theologie.    C.  AskeUk  und  Mystik.    (§§  57—58)  145 

erwähnt  Von  seinem  frühesten  Jugendalter  an  führte  er  das  Styliten- 
leben auf  einem  Hügel  in  der  Nähe  von  Antiochien,  der  von  den  wunder- 
baren Begebenheiten  im  Leben  des  Heiligen  „der  wunderbare  Berg"  ge- 
nannt wurde.  Unter  seinem  Namen  sind  30  asketische  Abhandlungen  er- 
halten« welche  sich  über  verschiedene  Punkte  des  christlichen  Tugendlebens 
verbreiten  mit  spezifisch  mönchischer  Färbung.  Symeon  wäre  aufrichtig  zu 
bedauern,  wenn  die  Ansicht  von  Antonio  Rocchi  zuträfe,  dass  er  diese  Ab- 
handlungen im  Alter  von  etwa  14  Jahren  niedergeschrieben  habe.  Diese,  an- 
gesichts des  manchmal  bedenkUchen  Inhalts  der  Abhandlungen,  wahrhaft 
exorbitante  Aufstellung  beruht  auf  einer  falschen  Vorstellung  des  Styliten- 
lebens. Von  dem  Interesse  Symeons  an  den  gleichzeitigen  theolo- 
gischen Kontroversen  und  kirchlichen  Wirren  zeugen  Fragmente 
von  Briefen  an  Justinian  und  Justin  11,  die  sich  auf  die  Nestorianer, 
Monophysiten  und  die  Sekte  der  Samaritaner  beziehen  und  von  Sophronios 
V.  Jerusalem  und  Johannes  von  Damaskos  benutzt  wurden.  Es  wird  ihm 
auch  eine  Apokalypse  zugeschrieben,  die  das  beliebte  Thema  vom  Ausgang 
der  Seele  aus  dem  Körper  behandelt.  Ausserdem  gehen  liturgische  Gebete, 
Hymnen  und  Troparien  unter  seinem  Namen. 

1.  Ansgaben;  Die  30  asketischen  Abhandlungen  ed.  pr.  J.  Gozza-Luzi,  Nova  Patr. 
.  Bibl.  8  (Rom  1871)  3,  4—156.  —  Fragmente  aus  den  Briefen  bei  Migne,  Patr.  gr.  86, 
(  l  3216—20.  —  Die  Apocalypsis  lateinisch  in  Bibl.  maxima  Patr.  Lugd.  7  (1687)  1228  ff. 
j  2.  Hilfsmittel:  L.  Allatius,  De  Symeonum  scriptis  diatriba,  Paris  1664  S.  17-22. 

—  Antonio  Rocchi,  De  authenticis  sermonibus  S.  Symeonis  Stylitae  in  der  Ausgabe  von 
Cozza-Lazi  S.  XVII — XXI.  —  A.  Papadopulos  Kerameus,  £v/4B(üy  6  GavfAactooQeirtjg 
mi  vfiroy^äipo^  Mal  ^«AycfoV,  Viz.  Vr.  1  (1894)  141—150.  Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  195.  —  üeber 
die  Styliten  überhaupt  s.  die  interessante  Studie  von  H.  Delehave,  Les  Stylites,  St.  Simöon 
et  ses  imitateurs,  Rievue  d.  questions  histor.,  Nouv.  S^rie,  13  (1895)  52—103. 

3.  Zum  Leben:  Ausser  den  Nachrichten  von  Euagrios  Hist.  eccl.  5,  21;  6,  23  be- 
sitzen wir  3  Biographien  Symeons.  Die  älteste  wurde  von  seinem  Schaler  Arkadios, 
Ezzbischof  von  Konstantia  auf  Gypem,  verfasst  und  von  Johannes  von  Damaskos  und 
auf  der  7.  Synode  zitiert.  Auszüge  aus  derselben  ed.  A.  Papadopulos  Kerameus 
a.  A.  O.  145—148,  601—604.  Ganz  erhalten  in  codd.  Sabbait.  108  s.  11,  cod.  Bodl.  Barocc. 
240  B.  12,  Monac.  366  s.  11.  Eine  vollst&ndige  Ausgabe  wäre  sehr  wünschenswert.  Vgl. 
B. Z.4  (1895)  386.  —  Die  zweite,  von  Nikephoroso  OvQayog,  Magister  in  Antiochien, 
verfasst  (ed.  pr.  Acta  SS.  Maii  5,  307—401;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  2, 
S987— 3216)  ist  eine  rhetorische  Ueberarbeitung  der  ersten.  Diese  besteht  aus  vielen 
Einselerzählangen  von  Wunderthaten  des  Heiligen  und  bietet  in  manchen  Partien  kultur- 
liibtorisches  Interesse.  Die  Lebenszeit  des  Nikephoros  Uranos  fällt  in  die  Regierung  Basi- 
Hos*  II  (976—1025).  Beachtung  verdienen  auch  die  ^W/o*  rov  Ov^avov  ngog  toy  IvfjiBitiya 
ror  M§taipQaifTijr  in  cod.  Vatican.  Ottob.  324  saec.  15  fol.  193.  —  Die  dritte,  von  einem 
Johannes  Petrinos  verfasst,  ist  noch  unediert  und  steht  in  dem  cod.  Monac.  3  saec. 
10  foL  137 — 143.  —  Auszüge  aus  der  ersten  Vita  bei  Mansi,  Concilia  13,  73 — 80. 

4.  Als  Zeitgenosse  Symeons  gilt  Isaak  der  Syrer,  dessen  asketische  Abhandlungen 
von  den  München  des  Sabbasklosters  Patrikios  und  Abramios  ins  Griechische  über- 
s«stzt  wurden.  Ed.  pr.  Nikephoros  Theotokes,  Leipzig  1770  (mir  unzugänglich).  Einen 
Brief  an  Symeon  (Stylites?)  ed.  Cozza-Luzi,  Nova  Patr.  bibl.  8  (Rom  1871)  3,  157.  In 
den  Hss  ist  die  Anzahl  dieser  Abhandlungen  verschieden.  Vgl.  A.  Ehrhard,  Das  Kloster 
Mir  Saba  in  Palästina,  Rom.  Quartalschr.  7  (1893)  56  f.  Der  älteste  Zeuge  der  Ueber- 
»etzong  ist  der  Unzialcod.  Paris.  Suppl.  gr.  693  saec.  8-  9  foll.  78. 

5.  Eine  asketische  Abhandlung  eines  Symeon  RUconotafAlag  ed.  Oozza-Luzi,  Nova 
Patr.  bibl.  8  (Rom  1871)  3,  1—3.    Näheres  ist  über  diese  Persönlichkeit  nicht  bekannt. 

58.  Dorotheos  (JdHQo&sog)^  Archimandrit  in  Palästina,  war  ein  Schüler 
des  Abtes  Johannes  tov  SegHov,  der  selbst  Barsanuphios  zum  Meister  ge- 
habt hatte.  Damit  ist  seine  Lebenszeit  am  Ende  des  6.  und  am  Anfang 
d«s  7.  Jahrhunderts  festgestellt.   Wir  besitzen  von  ihm  ausser  8  kurzen 

^tndbueh  der  kUm.  Aitertumawimtmacbatt  IX,    1,  AbUg.    2,  AuO,  IQ 


146  BysantixiUoliQ  LitieraturgMohiohte.    L  ProMdsohe  litieratiir. 

Briefen  asketischen  Inhaltes  eine  längere  asketische  Schrift  Jiim 
xaXiai  xpvxcotp^XsTg  iiä^oQoi  in  24  Abschnitten.  Sie  ist  ausschliesslich  fl 
Mönchskreise  bestimmt  und  behandelt  in  zwangloser  Reihenfolge  d 
Pflichtverhältnisse  des  Klosterlebens,  von  der  Weltentsagung,  Dem« 
Oottesfurcht  an  bis  zu  dem  Amte  des  Speisemeisters  und  der  Gestalt  di 
Mönchskleides.  Wie  bei  der  Klimax  so  bilden  auch  hier  die  eigenen  B 
fahrungen  des  Asketen  und  seine  Unterredungen  mit  anderen  räQovxeg  d 
Hauptquelle.  Von  schriftlichen  Quellen  benutzte  er  das  r€Qo%'tim 
Basilios,  Gregor  v.  Nazianz,  Chrysostomos  und  Euagrios.  Die  Darstellui 
ist  sehr  einfach,  nüchtern  und  ohne  rhetorischen  Schmuck.  Theodon 
Studites  zählte  ihn  zu  den  hervorragendsten  Asketen. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  Basel  1569.    Nach  der  Ausgabe  von   Fronto  Ducaeus  n 
Gallandi  bei  Migne,  Patr.  gr.  88,  1609—1844.    Der  24.  Abschnitt  nur  lateinisch. 

2.  Hilfsmittel:   C.   Oudin,   Commentarius   de   scriptor.   eccl.  1,    1623—1636. 
Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  103 — 108.    Hier  das  Verzeichnis  der  von  Dorotheos  genannt 
Mönche  und  von  Hss  der  Doctrinae.    Die  Zahl  der  letzteren  liesse  sich  leicht  vermehren. 
In  die  jetzige  Gestalt  scheinen  die  Doctrinae  erst  durch  einen  Mönch  des  Klosters  Studi« 
unter  dem  Patriarchen  Tarasios  v.  Kpel  gebracht  worden  zu  sein.     Dieser  veranstalte 
jedenfalls  eine  Ausgabe  derselbe  mit  einem  Vorwort,  das  einiges  Biographische  enthält. 
Eine  Untersuchung  über  die  verschiedenen  Träger  des  Namens  Dorotheos  fehlt.    Oudi; 
Aufstellungen  müssen  nachgeprüft  und  namentlich  muss  der  Umfang  der  Doctrinae  noch  ei 
umgrenzt  werden. 

59.  Antiochos  (Avxioxoq)^  Mönch  des  Sabbasklosters  in  Palästin 
wurde  nach  einer  Notiz  in  einer  Wiener  Hs  in  Medosaga  unwc 
Ankyra  in  Galatien  geboren.  Auf  die  Bitte  seines  Landsmannes  Eust 
thios,  Abtes  des  Klosters  Attaline  in  Ankyra,  der  auf  die  Schwieri, 
keit  hinwies,  bei  den  damaligen  Kriegswirren  viele  Bücher  mit  sich  : 
schleppen,  verfasste  er  um  620  den  naviexTrjg  Trjg  äyiag  yQag>!jg 
130  Kapiteln.  Dieser  Abriss  der  Schriftlehre  umfasst  nur  die  Sittei 
lehren,  welche  die  Mönche  interessieren  konnten;  nur  das  erste  und  d 
letzte  Kapitel  berühren  die  Glaubenslehre  mit  unverkennbarem  Seitenbli^ 
auf  die  Monophysiten.  Alle  übrigen  verbreiten  sich  über  die  Laster  ui 
die  Tugenden  des  praktisch-religiösen  Lebens.  Wie  Johannes  Klim^ 
so  sucht  auch  Antiochos  die  einzelnen  Kapitel  logisch  untereinander  : 
verknüpfen.  Neben  der  hl.  Schrift,  auf  welche  der  Hauptinhalt  der  Schri 
zurückgeht,  benützte  er  auch  Väterschriften,  die  aber  nur  selten  mit  Nam^ 
genannt  werden.  Dass  darunter  Ignatios  v.  Antiochien  und  frenaeos  au 
drücklich  erwähnt,  die  zwei  Bremens  von  Rom  zugeschriebenen  Brie 
über  die  Jungfrauschaft  ausgiebig  verwertet  werden  und  der  Brief  Pol 
karps  an  die  Philipper  Antiochos  augenscheinlich  vorlag,  das  alles  ist  e 
Beweis  für  das  Interesse  des  Kompilators  an  der  ältesten  christlich« 
Litteratur  und  verleiht  seiner  Arbeit  einen  neuen  Wert.  Das  d 
Schrift  angehängte  Gebet,  eine  ergreifende  Klage  über  das  grosse  Elen 
welches  über  Jerusalem  und  das  hl.  Land  hereingebrochen  war,  rührt  am 
von  Antiochos  her. 

1.  Ausgaben:  Nach  einer  lateinischen  Ausgabe  von  Gottfr.  Tilmann,  Paris  15^ 
ed.  pr.  <Fronto  Ducaeus>,  Biblioth.  veterum  Patr.  graeco-latina  1  (Paris  1624)  1019— 12^ 
abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  89,  1415-1849. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricins,  Bibl.  gr.  10,  499—504.  —  Duchesne,  Mission  i 
mont  Athos,  Archiv  des  missions  scientifiques  3,  3  (Paris  1876)  438  hat  Fragmente  ein 
ÜJuäalhB  saec.  7—8  wahrgenommen,  —   Die  Benutzung  der  pseudoklementinischen  Brie 


1.  Theologie.    C.  Aekeiik  xmd  Mysük.    (§§  59-61)  147 

J  dte  Polykarpbriefes  wnrde  zuerst  nachgewiesen  von  J.  M.  Gotterill,  Modern  Criticism 
i  Clements  Epistles  to  Virgins  (first  printed  1752)  or  their  Greek  Version  newly  discovered 
Antiocbos  Palaestinensis,  Edinburg  1884;  derselbe,  The  Epistle  of  Polycarp  to  the 
ilippians  and  the  Homilies  of  Antiocbns  Palaestinensis,  The  Journal  of  Philology  19 
'91)  241—285.  —  Der  Ansicht,  welche  Cotterill  zugleich  äusserte,  Antiocbos  sei  der 
-kliche  Verfasser  des  Polykarpbriefes,  hat  C.  Ta^^lor,  St.  Policarp  to  the  Phillppians, 
e  Journal  of  Philology  20  (1892)  65— 110.  zu  viel  Ehre  erwiesen.  —  Der  Brief  des 
tiochoe  an  Eustathios  enthält  einige  wertwolle  Nachrichten  zur  Geschichte  des  Sabbas- 
•sters.  Vgl.  A.  Ehrhard,  Das  griechische  Kloster  Mar-Sabain  Palästina,  Rom.  Quartal- 
trift  7  (1893)  36.  —  Die  kurze  Notiz  Qber  das  Leben  des  Antiocbos  nebst  Versen  eines 
»nstantinos  Tarsites  auf  den  Pandektes  ed.  aus  dem  cod.  Vindob.  theol.  73  a.  1129 
mbecins  Kollar.,  Commeni  de  bibl.  Caesar.  3,  350,  354  f.    Vgl.  auch  §  65  Anm.  1. 

3.  Zwei  Zentnrien  asketischer  Aussprüche  an  einen  gewissen  Theodulos  sind  ge- 
ickt  unter  dem  Namen  des  Presbyters  Hesychios  von  Jerusalem  (5.  Jahrb.),  bei 
gne,  Patr.  gr.  93,  1480—1544.  Sie  gehören  aber  einem  Hesychios  an,  der  Kathegu- 
nos  des  Klosters  r^c  Bdtov  auf  der  Sinaihalbinsel  war  (so  nach  Ueberschrift  in  cod. 
llicell.  £  21  saec.  14  fol.  260^,  Bodl.  Cromw.  5  saec.  15)  nnd  wohl  in  das  6.-7.  Jahr- 
ndert  gehört  Das  litterarische  Material,  welches  unter  dem  Namen  Hesychios  geht,  ist 
:h  ZQ  sichten.  Die  von  A.  Mai,  Classici  auctores  10  (Rom  1838)  S.  XXXl  angekfindigte 
sgabe  ist  nicht  zu  stände  gekommen.  Die  Erklärung  des  Buches  Leviticus  bei  Migne 
iL  O.  787—1180  (nur  lateinisch)  ist  sicher  weder  von  Hesychios  noch  von  einem  anderen 
iecben  verfasst,  da  sie  den  Vulgatatext  zu  Grunde  legt. 

60.  Thalassios  {Oakdaciog),  Priester  und  Vorsteher  eines  Klosters  in 
r  libyschen  Wüste  um  650,  war  ein  Zeitgenosse  des  Maximos  Homo- 
2:etes,  der  ihm  seine  'EQwttjasig  zur  hl.  Schrift  widmete  und  in  Korre- 
»ondenz  mit  ihm  stand.  Er  hinterliess  4  Zenturien  UeQi  aydnrfi  xal 
xQaT€{ag  xal  rrjg  xaxd  vovv  noXixeiag,  die  an  einen  Presbyter  Paulos  ge- 
•htet  sind.  Die  Anfangsbuchstaben  einer  jeden  Zenturie  bilden  ein 
krostichon.  Inhaltlich  sind  es  kurze  Aphorismen  über  das  asketische 
.'ben,  ohne  weiteren  Zusammenhang,  als  den  durch  den  Gegenstand  selbst 
'gebenen.  Gegen  Ende  der  4.  Zenturie  geht  Thalassios  auf  dogmatische 
ehren  über,  aber  ohne  ausgesprochene  polemische  Tendenz. 

1.  Ausgaben;  Ed.  pr.  <Fronto  Ducaeus>,  Bibliotheca  Patr.  graeco-latina  2  (Paris 
24)  1179  ff. ;  wiederholt  bei  Gallandi,  Veter.  Patr. biblioth.  13  (1779)  3—21  und  hieraus  bei 
igne,  Patr.  gr.  91,  1428—1469.  —  Ebenda  1472—1480  ein  libellus  ad  Theodosium  impe- 
torem,  welcher  einem  Zeitgenossen  Kyrills  von  Alexandrien  namens  Thalassios  zugehört. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  112 — 114.  —  Aelber  als  die  hier  er- 
khoten  Hse  ist  cod.  Petropolit.  58  saec.  9 — 10.  Hier  fol.  21  Tot;  avxov  SaXaaaiov  dcxrjrov 
'«  ^rjftttfTov  n^Xoyo^  iif  xrjy  rsiraagaxoCTfjy, 

3.  Wenig  bekannt  ist  Johannes,  Bischof  der  Insel  Karpathos,  der  wahrschein- 
'k  in  das  7.-8.  Jahrhundert  gehört.  Unter  seinem  Namen  gehen  Capita  hortatoria  ad 
onachos  in  Tndia,  lateinisch  bei  Migne,  Patr.  gr.  85,  791 — 827,  griechisch  in  der  ^iXo- 
2ia  xtär  UQtuv  rtpixiKiöv,  Venedig  1782  S.  241 — 257,  die  Photios  in  seiner  Bibliotheca,  cod. 
1.  bespricht  —  Eine  zweite  asketische  Schrift,  117  K$(fdXMa  &eoXoyixH  xai  yvtocttxd 
atesend,  steht  in  cod.  Sabbait  408  saec.  9—10  fol.  12—34,  cod.  Sabbait.  66  saec.  12 
L  139^ — 162,  cod.  Angelic.  B  5.  7  saec.  10  fol.  245  ff.  Noch  weitere  KBffdXma  in  cod. 
ndob.  theol.  207.  —  Die  Hss  nennen  ihn  durchweg  Bischof  von  Karpathos.  —  Vgl. 
ibricius,  Bibl.  gr.  10,  738  f.;  11,  173.  Sein  Zweifel  an  der  Eigenschaft  des  Johannes 
i  Biaebof  ist  ungerechtfertigt;  wohl  aber  muss  die  Lebenszeit  desselben  noch  näher  be- 
immt  werden. 

61.  Theodoros  {&€6ia)Qog)^  Abt  des  Klosters  Studien  in  Eonstanti- 
Dpel,  ist  eine  der  edelsten  Gestalten  der  ganzen  byzantinischen  Kirchen- 
ad  Litteraturgeschichte.  Er  wurde  geboren  zu  Konstantinopel  im  Jahre 
59 ;  sein  Vater  Photinos  war  kaiserlicher  Zolleinnehmer,  seine  Mutter  hiess 
lieoktiste.  Theodoros  hat  ihr  in  einer  Grabrede  ein  schönes  Denkmal 
indlicher  Liebe  gesetzt.  Hier  erzählt  er  von  seiner  ersten  Erziehung, 
nelcfae  das  Werlr  seiner  Mutter  war;  später  wurde  er  einem  Lehrer  atv.- 

10* 


148  Byzantinische  Litteratargeaohiohte.    L  ProMusohe  litterator. 

vertraut,  der  ihn  in  der  Grammatik,  Rhetorik,  Dialektik  mid  Philosopl 
unterrichtete.  Bestimmend  für  seine  Berufswahl  war  der  Einfluss  seil 
mütterlichen  Oheims  Piaton,  des  Abtes  von  Sakkudion,  der  auch  die  gai 
Familie,  die  noch  aus  2  Söhnen,  Joseph,  dem  späteren  Erzbischof  vcl 
Thessalonike  und  Hymnographen ,  und  Euthymios  sowie  einer  Tochl 
bestand,  zum  Eintritt  in  das  Kloster  bewog  (781).  Hier  genoss  Theo< 
seine  klösterliche  Erziehung,  worüber  er  Einzelheiten  in  der  Grabrede 
Piaton  erzählt.  Um  787  wurde  er  zum  Priester  geweiht  und  folgte  71 
seinem  Oheim  noch  bei  dessen  Lebzeiten  als  Abt  nach.  Jetzt  entfall 
Theodor  in  Sakkudion  und  von  798  an  in  dem  Kloster  Studien,  wohin 
mit  seinen  Mönchen  übersiedelte,  eine  rege  reformatorisch-asketiscl 
Thätigkeit,  von  der  seine  asketischen  Schriften  ein  beredtes  Zeuj 
ablegen.  Dieses  stille  Wirken  wurde  mehrmals  durch  die  kirchlichen 
kirchenpolitischen  Wirren  unterbrochen,  in  die  Theodoros  mächtig  ein| 
und  die  ihm  ein  dreimaliges  Exil  zuzogen.  Die  erste  Verbannung  war 
Folge  seines  mutigen  Widerstandes  gegen  Kaiser  und  Patriarch  in  dd 
Eheangelegenheit  Konstantins  VI  (795).  Infolge  des  Thronwechsels  könnt 
aber  Theodoros  schon  797  zurückkehren.  Der  möchianische  Streit  kehrfi 
unter  dem  Kaiser  Nikephoros  und  dem  gleichnamigen  Patriarchen  wied^ 
(806).  Die  Weigerung  des  Abtes,  die  kirchliche  Rehabilitation  des  Oekd 
nomos  Joseph,  der  die  zweite  Ehe  Konstantins  eingesegnet  hatte,  anzd 
erkennen,  führte  zu  seiner  zweijährigen  Verbannung  auf  die  Prinzeninselj 
bei  Konstantinopel  (809 — 811).  Nach  dem  Tode  des  Nikephoros  kehrt 
Theodor  als  Sieger  in  sein  Kloster  zurück.  Als  drei  Jahre  nachher  Le 
der  Isaurier  den  Bilderstreit  erneuerte,  fand  der  Kaiser  keinen  mutigerai 
Gegner,  der  Bilderkult  keinen  energischeren  Verteidiger  als  den  Abt  vd 
Studien.  Ein  drittes  Exil  in  Metopa,  Boneta  und  Smyma  konnte  jedod 
Theodors  Mut  nicht  brechen.  Auch  jetzt  überlebte  er  seinen  Gegner ;  infolg 
der  schwankenden  Haltung  Michaels  11  verliess  er  bald  wieder  Konstant! 
nopel,  dessen  Thore  ihm  geöffnet  worden  waren,  konnte  jedoch  keinen  ruhige 
Aufenthaltsort  mehr  finden,  bis  ihn  der  Tod  am  11.  November  826  ereilte 
1.  Die  schriftstellerische  Thätigkeit  Theodors,  dessen  kirchen 
politische  Bedeutung  über  die  wissenschaftlich-theologische  hinausragte 
bewegte  sich  in  erster  Linie  auf  dem  asketischen  Gebiete.  Die  Haupi 
masse  der  asketischen  Schriften  bilden  die  zwei  Sammlungen  von  Kate 
chesen,  die  schon  Theodors  Biograph  Michael  als  fiixQcc  und  fieyäX 
xatTJxrjffig  unterscheidet.  Die  erste  umfasst  134  Ansprachen  an  die  Mönch« 
wohl  eine  Auswahl  aus  den  Anreden,  die  Theodor  dreimal  in  der  Woch 
hielt.  Sie  haben  alle  die  Pflichten  des  Mönchslebens  zum  Gegenstände 
Theodor  legt  aber  eine  grosse  Fähigkeit  an  den  Tag,  demselben  Them 
immer  neue  Seiten  abzugewinnen.  Er  knüpft  an  seine  eigenen  Erlebnisse 
an  die  Tagesereignisse  innerhalb  und  ausserhalb  des  Klosters,  kirchen 
politische  Wirren,  Abfall  von  Mönchen,  Tod  von  Brüdern  an,  sogar  a 
den  Wechsel  der  Jahreszeiten,  um  bald  in  schwungsvoll  poetischer,  bal 
in  einfacher,  aber  von  innerer  Begeisterung  getragener,  bald  in  väterlic 
ermahnender  Sprache  seine  Mönche  auf  die  Ideale  christlicher  Vollkommen 
heit  hinzuweisen.    Massgebende  Autorität  für  das  geistliche  Leben  ist  ftl 


1.  Theologie.    C.  Aaketik  und  Mystik.    (§  61) 


149 


ihn  Basilios,  nicht  der  Pseudoareopagite.  Er  schöpft  aber  meistens 
direkt  aus  der  hl.  Schrift  und  aus  seiner  persönlichen  Erfahrung.  Die 
grosse  Katechese  war  ursprünglich  in  3  TfitjfiaTa  geteilt;  diese  Eintei- 
lung hat  sich  aber  nicht  erhalten.  Auch  liegen  nur  77  Katechesen  aus 
dieser  2.  Sammlung  vor.  Inhaltlich  unterscheiden  sie  sich  nicht  wesent- 
lich von  der  kleinen  Katechese;  doch  haben  einzelne  einen  grösseren  Um- 
fang und  macht  sich  hier  das  Streben  nach  grösserer  Systematik  geltend. 
Beide  Sammlungen  waren  ursprünglich  nach  dem  Kirchenjahre  geordnet. 
Von  der  Hochschätzung  und  häufigen  Benutzung  besonders  der  kleinen 
Katechesen  zeugt  die  rühmende  Erwähnung  derselben  in  den  liturgischen 
Büchern  und  die  grosse  Anzahl  von  Hss,  in  denen  sie  überliefert  sind. 
Nahe  verwandt  mit  Theodoros'  Katechesen  sind  seine  geistlichen  Reden. 
Diese  waren  ursprünglich  in  einer  navr]YVQix7J  ßißXog  vereinigt,  welche 
nach  Michael  Reden  auf  die  Feste  des  Herrn,  Maria  und  anderer  Heiligen, 
besonders  aber  auf  die  des  Patrons  von  Studien,  des  Johannes  Baptistes, 
enthielt.  Mit  dieser  Andeutung  stimmt  der  Gegenstand  der  unter  Theo- 
dors Namen  gedruckten  12  Reden  überein.  Darunter  befinden  sich  auch 
die  2  Grabreden  auf  Theodors  Mutter  und  den  Abt  Piaton,  deren  histo- 
rische Bedeutung  schon  hervorgehoben  wurde.  Unter  den  kleineren  as- 
ketischen, liturgischen  und  kanonistischen  Schriften  bieten  jene 
das  meiste  Interesse,  die  uns,  wie  besonders  die  JiSaaxalia  xQov^xij  und 
die  ^VTtotvnfoatg  rrjq  xataatdaswg  rijg  fiovrjg  rov  JSTovitov,  einen  Einblick 
in  das  innere  Klosterleben  von  Studien  gewähren,  und  damit  auch  in  die 
Klostetrdisziplin  der  zahlreichen  griechischen  Klöster,  welche  die  Regel  von 
Studion  annahmen.  Asketischen  Inhaltes  ist  auch  Theodors  Testament, 
das  lange  Zeit  an  seinem  Feste  vorgelesen  wurde.  2.  Gegen  die  Möchianer 
richtete  Theodor  zwei  Schriften,  die  verloren  gegangen  sind.  Die  eine, 
von  ihm  selbst  unter  der  Bezeichnung  TergdSeg,  2vvrayfia  erwähnt,  enthielt 
die  Aussprüche  der  Väter,  die  in  diesem  Streite  für  Theodor  massgebend 
waren.')  Die  zweite  war  betitelt:  Ilegl  Trjg  xad-oXov  otxovofi{agJ)  Es  ist 
jedoch  nicht  ausgeschlossen,  dass  beide  Bezeichnungen  einer  einzigen 
Schrift  gelten.  3.  Auf  den  Bilderstreit  bezieht  sich  eine  grössere  An- 
zahl von  Schriften.  Auch  davon  sind  zwei  verloren,  der  ^oyog  aTTjkiTev- 
fixog^)  und  die  TetQaSfg,^)  vorausgesetzt,  dass  nicht  auch  hier  bloss  eine 
Schrift  gemeint  ist.  Die  grösste  unter  den  erhaltenen  zerfällt  in  3  Bücher,  die 
Theodor  wie  sein  Zeitgenosse,  der  Patriarch  Nikephoros,  ^oyoi  ävtiqQrjrtxoC 
betitelte.  Die  2  ersten  sind  in  dialogischer  Form  geschrieben.  Von  den 
kleineren  Schriften  über  dieselbe  Streitfrage  ist  die  Widerlegung  bilder- 
feindlicher Gedichte  wegen  der  Erhaltung  dieser  Proben  der  bilderfeind- 
lichen Dichtung  interessant.  Theodors  dogmatische  Auffassung  gipfelt 
in  dem  Satze,  dass  die  Bilderfeinde  christologische  Häretiker  sind,  weil 
>ie  die  Darstellbarkeit  (eigentlich  Umschreibbarkeit)  Christi  und  damit 
'•ine    notwendige  Eigenschaft   seiner  menschlichen   Natur   leugneten.     Er 


lti64. 


')  Epist  I.  1,  43,Migne,  Patr.  gr.  99, 


>)  Epist.  1.  1,  49,  Migne  ebenda  1085. 


')  Antirrhet.  1.  1,  Migne  ebenda  329. 
*)  Epist.  I.  1,  14—17,   Migne   ebenda 
1160  ff. 


150  Byzantinisclie  Litter atorgeschichte.    I.  Prosaische  Litterator. 

ist  vielleicht  der  scharfsinnigste  unter  den  Verteidigern  des  Bilderkultsj 
doch  muss  seine  Bildertheologie  auf  ihr  Verhältnis  zu  derjenigen  dei 
Johannes  von  Damaskos  und  des  Patriarchen  Nikephoros  noch  naher  unter^ 
sucht  werden.  4.  Einen  umfassenden  Einblick  in  die  gesamte  asketische^ 
pastorale,  kirchenpolitische  Wirksamkeit  Theodors  vermittelt  seine  umr 
fangreiche  Brief  Sammlung,  die  auch  vom  litterarischen  Gesichtspunkt 
sehr  wertvoll  ist.  Ursprünglich  waren  seine  Briefe  in  5  Büchern  gesammelt! 
Davon  scheinen  nur  die  2  ersten  ganz  erhalten  zu  zein;  bei  weitere!^ 
277  Briefen  fehlt  die  Büchereinteilung.  Es  kann  daher  nicht  entschiedei| 
werden,  ob  in  diesen  550  Briefen  etwa  die  ganze  Korrespondenz  Theo^ 
dors  vorliegt.  Inhaltlich  bezieht  sich  ein  grosser  Teil  auf  den  möchianischel 
Konflikt  und  den  Bilderstreit.  Letztere  sind  historisch  sehr  wichtig;  si^ 
bezeugen,  mit  welcher  Energie  und  in  welch  grossartigem  Umfang  Theodo^ 
den  Kampf  um  die  Bilder  mitten  unter  Verfolgungen  und  Drangsalen  jede^ 
Art  aufnahm  und  durchfocht.  Anderen  theologischen  Fragen  sind  nui 
wenige  gewidmet,  ein  Beweis,  wie  jener  Kampf  das  gesamte  religiöse  un^ 
kirchliche  Interesse  der  Zeitgenossen  beherrschte.  Um  so  zahlreicher  sin^ 
die  Pastoralbriefe  Theodors.  Mit  feinstem  psychologischem  Takte  weia^ 
hier  Theodor  einem  weiten  Kreise  Worte  des  Trostes,  der  Aufrichtung  in 
Leid,  der  Mitfi-eude  im  Glück  zu  spenden.  Unter  diesen  Trost-,  Empfehlungsn 
und  Freundschaftsbriefen  finden  sich  wahre  Perlen  der  byzantinischei 
Epistolographie ;  alle  aber  erweisen  sich  als  der  Niederschlag  eines  voi 
Gottesliebe  und  wahrer  Humanität  beherrschten,  reichen  Geistes-  und! 
Gemütslebens.  Zugleich  offenbaren  sie  die  zwei  grossen  Triebfedern  seinei 
Thätigkeit:  eine  leidenschaftliche  Liebe  für  die  Freiheit  der  Kirche  und 
einen  selbstlosen  Eifer  für  die  Erhaltung  der  kirchlichen  Einheit  zwischen 
Morgen-  und  Abendland.  Dadurch  wurde  Theodor  einer  der  letzten  grossen 
Gegner  des  byzantinischen  Caesaropapismus;  das  führte  ihn  auch  zui 
energischen  Behauptung  des  römischen  Primates,  die  seinem  Ansehen  in 
der  griechischen  Kirche  keinen  Eintrag  gethan  hat.  —  Über  Theodor  alc 
Dichter  vgl.  Krumbacher. 

1.  Ausgaben:  An  der  Heraasgabe  der  Schriften  Theodors  haben  Baronius.  Sir* 
mond,  die  Mauriner,  Antonius  Arcudius,  A.  Mai  und  J.  Cozza-Luzi  gearbeitet, 
ohne  dass  sie  abgeschlossen  wäre.  Die  Vorarbeiten  der  Mauriner  in  codd.  Paris.  Suppl 
gr.  276,  287  f.,  394,  402  f.,  408  f.,  412-416.  Diejenigen  des  Antonius  Arcudius  in  cod.  Barber, 
VI  22.  —  1.  Die  Parva  Catechesis  gab  Joh.  Livineius,  Antwerpen  1602,  zuerst  la* 
teinisch  heraus;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  99,  509—688  mit  dem  griechischen  Text 
einiger  Katechesen.  Den  griechischen  Text  ed.  pr.  Cozza-Luzi,  Nova  Patr.  bibl.  9 
(Rom  1888)  1,  1 — 318  auf  ungenügender  hsschriftlicher  Grundlage.  Eine  weitere  Ausgab€ 
des  Mönches  Zacharias,  Hermupolis  (auf  Syra)  1887,  ist  mir  unzugänglich.  —  Eine  kritisdie 
Ausgabe  besorgte  endlich  E.  Auvray,  Theodori  parva  catechesis,  Paris  1891.  Der  Text 
nach  13  Hss,  die  Auvray  in  2  Familien  gruppiert  (1  -471);  noch  manche  andere  Hss  hätten 
Beachtung  verdient.  S.  472—634  folgt  der  kritische  Apparat,  und  um  die  Ausgabe  vollends 
unpraktisch  zu  machen  S.  635—654  Adnotationes  historicae.  Die  Einleitung  S.  1 — CX 11  be- 
spricht die  benutzten  Hss  und  verbreitet  sich  über  Theodors  Leben  und  Schriften  (dieser  Teil 
ist  von  A.  Tougard  bearbeitet).  -  2,  11  Sermones  der  Magna  Catechesis  ed.  pr.  J. 
Cozza-Luzi  a.  a.  0.  2,  1—217.  Die  übrigen  sind  für  den  10.  Bd  der  Nova  Patr.  bibL 
bestimmt,  der  noch  nicht  erschienen  ist.  E.  Auvrav  kennt  173  grosse  Katechesen  und 
scheint  auch  diese  herausgeben  zu  wollen.  Die  vollständigste  Hs  der  Magna  Catechesis 
ist  cod.  Paris.  891  a.  1136.  Zu  vergl.  sind  auch  cod.  Paris.  1104  saec.  11,  cod.  Mesaan. 
83  a.  1105,  cod.  Matrit.  4  saec.  12,  cod.  Ambros.  £  101  sup.  —  3,  Die  geistlichen  Reden  nach 
Mheren  Drucken  bei  Migne  a.  a.  0.  688—901.  Es  sind  deren  13;  die  erste  gehört  aber 


t  Theologie.    C.  Aeketik  nnd  Mystik.    (§  62)  151 

offenbar  zu  den  Eatecliesen.  Eine  in  den  Acta  SS.  Junii  5,  631  ff.  anonym  stehende  Rede 
auf  Johannes  den  Tfiufer  wird  in  cod.  S.  Sepulcri  134  a.  1580  fol.  STS""— 382""  Theodoros 
ugeschrieben.  —  Kleinere  asketische  Schriften  zusanunengestellt  bei  Mi gne  ebenda 
168M757,  1813-1824.  ^  4.  Die  dogmatischen  Schriften  bei  Migne  ebenda  328-505. 
-  5.  Epistolarum  1.  1  u.  2  ed.  pr.  J.  de  la  Beaune,  Sirmondi  Opera  5  (Venedig  1728) 
177-596;  abgedruckt  bei  Migne  ebd.  904—1669.  —  Weitere  277  Briefe  ed.  pr.  J.  Cozza- 
Luii,  Nova  Patr.  bibl.  8  (Rom  1871)  1,  1-244. 

2.  Hilfsmittel:  L.  AUatias,  Diatriba  de  Theodoris  bei  A.  Mai,  Nov.  Patr.  bibl. 
6.  2,  158 — 168.  —  Fabricius,  Bibl.  gr.  10,  434—474.  —  Die  Prolegomena  der  genannten 
Ausgaben.  ~  J.  Im.  Mftller  et.  J.  V.  Beumelling,  Studiom  coenobium  Cplt.,  Leipzig 
1?21  S.  21 — 44  (mager).  —  C.  Thomas,  Theodor  von  Stadion  und  sein  Zeitalter,  Osna* 
fefrikk  1892,  schildert  Theodor  besonders  als  Kirchenpolitiker.  Die  Ausgaben  der  kleinen 
Katechese  von  E.  Auvray,  der  grossen  Katechese  und  der  zweiten  Briefsammlung  von 
Cocza-Lazi,  wovon  letztere  durchweg  neue  Adressaten  aufweist,  sind  Thomas  unbekannt 
geblieben!  —  J.  Richter,  Ueber  die  Lehre  Theodors  vom  Primat  des  römischen  Bischofs, 
Katholik  54  (1874)  2,  385-414.  —  Ueber  Theodors  Bildertheologie  mehreres  bei  K.  Schwarz- 
lose, Der  Bilderstreit,  Gotha  1890,  123  ff.  —  A.  Tougard,  La  persäcution  iconoclaste 
d'apres  la  correspondance  de  St.  Theodore  Studite,  Revue  des  questions  historiques  50 
(1891)  80—118  (recht  mager)  und  separat  Paris  1891. 

3.  Zum  Leben:  Wir  besitzen  zwei  Lebensbeschreibungen  Theodors,  die 
ente  (A)  ed.  de  la  Beaune,  Opera  Sirmondi  5,  1 — 88,  die  zweite  (B)  ed.  A.  Mai,  Nova 
Patr.  bibl.  6  (Rom  1853)  292—363;  beide  abgedruckt  bei  Migne  a.  a.  0.  113—328.  Vita  B 
ist  die  ältere;  sie  wird  einem  Mönch  Michael  zugeschrieben.  Jedenfalls  wurde  sie  im 
Kloster  Studien  geschrieben,  aber  nicht  vor  868,  dem  Todesjahre  des  Nikolaos,  eines 
Schfilers  Theodors,  den  der  Biograph  noch  kannte  (Migne  293).  Sie  steht  vielfach  in 
Wldereprach  mit  den  Ausgaben  Theodors  selbst  in  seinen  Briefen.  —  Die  Vita  A  wird 
wohl  mit  Unrecht  auch  einem  Mönche  Michael  zugeschrieben.  In  Hss,  z.  B.  in  cod.  Monac. 
467  saec.  11  fol.  191  wird  auch  Theodoros  Daphnopates  als  Autor  genannt.  Erheiternd 
wirkt  der  Versuch  von  C.  Thomas  a.  a.  0.  o.  22,  dies  aus  der  allbekannten  und  viel- 
bcnotzten  ünterschriftsformel  der  griechischen  Hssschreiber  Seov  ro  dtS^oy  nachzuweisen. 
Die  Vita  A  beruht  im  wesentlichen  auf  Vita  B  und  ist,  abgesehen  von  einem  eingehen- 
deren Bericht  fiber  Theodors  Klosterleben,  nicht  viel  mehr  als  eine  jüngere  Rezension 
der  Vita  B.  —  Die  zwei  ältesten  Biographien  Theodors,  eine  poetische  und  eine  prosaische 
in  der  Form  eines  Enkomions,  die  schon  in  der  Vita  B,  Migne  223,  erwähnt  werden,  sind 
verloren  gegangen. 

4.  Naukratios,  der  Lieblingsschüler  Theodors  und  sein  Nachfolger  in  der  Abts- 
wfkrde,  zeigte  den  Tod  des  Meisters  den  zerstreuten  Mönchen  von  Studien  durch  ein  Zirkular- 
«fkreiben  an.  Gedruckt  bei  Migne  a.  a.  0.  1825—1849.  —  In  cod.  Paris.  1018  saec.  10 
foL  314^ — 315  Anonymi  versus  elegiaci  in  laudem  Naucratii. 

5.  Der  zweite  Nachfolger  Theodors  war  Nikolaos,  dessen  Theodor  öfters  Erwäh- 
Dimg  thut.  Wir  besitzen  eine  anonyme  Biographie  desselben,  die  sich  besonders  über 
die  Leiden  verbreitet,  die  Nikolaos  mit  Theodor  im  Bilderstreite  zu  ertragen  hatte.  Nikolaos 
klebte  noch  die  Ignatianischen  Wirren  und  stand  auf  der  Seite  des  Ignatios.  Er  starb  868. 
^ine  nächsten  Nachfolger  waren  Klemens  und  Hilarion.  Diese  Vita  ist  nicht  zeitgenössisch ; 
sie  wurde  41ber  vor  der  Vertreibung  der  Sarazenen  aus  Kreta  unter  Nikephoros  Phokas 
geachrieben.  Ed.  pr.  Gombefis,  Novum  auctar.  2,  889—953;  abgedruckt  bei  Migne, 
Patr.  gr.  105,  864  -925. 

6.  Eine  umfassende  Monographie  über  die  Geschichte  des  Klosters  Studien, 
dcflsen  erste  Grösse  Theodor  ist,  hat  E.  Marin,  Professor  am  College  de  la  Malgrange 
in  Janrille,  abgefasst,  aber  noch  nicht  veröffentlicht.  Die  hohe  Bedeutung  des  EQosters  in 
kirchlicher,  kirchenpolitischer  und  litterarischer  Beziehung  macht  eine  Spezialschrift  in 
der  That  sehr  wünschenswert.  Auch  für  die  griechische  Paläographie  ist  Studien  mit  seiner 
S^iireiberschnle  von  Wichtigkeit.  Im  Kloster  Studien  geschriebene  Codices  sind  in  manchen 
Bibliotheken  vorhanden.  Als  Beleg  dafür  seien  genannt:  cod.  Paris.  724  a.  974,  codd. 
Vatican.  1660  a.  916,  1669,  1671,  1675,  cod.  S.  Sepulcr.  13  saec.  10,  cod.  Sinait.  319  a. 
1*>48.  cod.  Athens  103  a.  1582. 

62.  Theodoros,  Bischof  von  Edessa,  lebte,  wie  jetzt  durch  seine 
Biographie  von  Basilios  von  Emesa  feststeht,  in  der  1.  Hälfte  des  9.  Jahr- 
hunderts. Geboren  in  Edessa,  trat  er  in  das  Kloster  des  hl.  Sabbas  bei 
Jemsalero  ein,  erlangte  hier  in  seinem  32.  Jahre  die  Abtswürde,  wurde 
später  zum  Bischof  seiner  Vaterstadt  ernannt  und  fand  sein  Grab  in  dem 
Sabbaskloster,  nachdem  er  im  Auftrage  des  Sultans  der  Perser  in  Eon- 


152  Byzantinische  Litteratargeflohiohte.    L  Proaaisohe  IdHeratur. 

stantinopcl  gewesen  war.    Unter  seinem  Namen  liegt  eine  kurze  aske« 
tische  Schrift  in  100  KetfccXaia  vor,    die  er  wohl  als  Abt  des  Sabbi 
klosters  verfasste.    Ihr  Inhalt  bewegt  sich  auf  dem  gewöhnlichen  (Jebiel 
der  Theorie  des  asketischen  Lebens.     Anderes  ist  noch  unediert.  1 

1.  Ausgaben:  Die  100  K€(pdXaia  nQaxtixd  ed.  pr.  P.  Possinus,  Thesaurus  ascei 
ticus»  Paris  1684  S.  345  fif.  (fehlt  bei  Migne).  —  Inedita:  JiöaoxaXia  tebqI  niateiog  ögd^^t 
do^ov  in  cod.  Mosq.  Typogr.  6  in  4°  saec.  16,  Aoyog  niareatg  xai  diaxQiaetos  alQsrtxtiy  ig 
cod.  Sabbait.  409  saec.  13  fol.  318—332.  —  In  Hss,  z.  ß.  in  cod.  Athen.  831,  wird  d 
auch  OeodwQog  6  laßßrcittjg  genannt.  I 

2.  Hilfsmittel:  Die  Angaben  bei  Fabricius,  Cave  u.  a.  sind  durch  die  Publiij 
kation  der  Biographie  des  Theodoros  gänzlich  überholt.  —  Assemann i,  Biblioth.  orientalii 
2,  231,  370;  3,  1,  143  unterscheidet  verschiedene  Theodori  Edesseni,  die  noch  nicht  gß* 
nügend  identifiziert  sind. 

3.  Die  Lebensbeschreibung  des  Theodoros  wurde  von  seinem  Schwestersohfl 
Basilios,  Bischof  von  Emesa  in  Syrien,  verfasst,  der  Theodor  in  der  2.  Hälfte  seines  Lebeni 
sehr  nahe  stand.  Sie  ist  auch  wertvoll  fdr  die  Kirchengeschichte  des  9.  Jahrhundert 
besonders  für  die  Kenntnis  des  Verhältnisses  der  Christen  zu  den  muhammedanischai 
Herrschern  in  Edessa.  Ed.  pr.  J.  Pomjalovskij,  Petersburg  1892.  Vgl.  B.  Z.  1  (1892)63% 
Hier  wird  auch  eine  slavische  Uebersetzung  erwähnt,  zu  welcher  V.  J(agid),  Arch.  slairs 
Phil.  15  (1893)  610  f.  Hss  und  Litteratur  notierte.  —  Pomjalovskij  benutzte  die  codd| 
Mosq.  Synod.  15  u.  18,  eine  Hs  des  Klosters  der  hl.  Jungfrau  auf  Chalkis.  Er  kanntaj 
auch  cod.  Paris.  776.  —  Andere  Hss:  cod.  Angelic.  B  1.  8  saec.  11  fol.  219— 265,  co^ 
Taurin.  147  saec.  16  fol.  194-  284,  cod.  Paris.  Suppl.  gr.  441  saec.  17  (Vorarbeit  zu  eind 
Ausgabe).  —  V.  Vasiljev,  Joum.  Min.  Bd  286  (1893)  201— 210  macht  auf  eine  arabische 
Uebersetzung  in  der  Pariser  Nationalbibliothek  aufmerksam  und  verbreitet  sich  über  dei 
in  der  Vita  erwähnten  Khalifen  von  Bagdad  MavTag,    Vgl.  B.  Z.  2  (1893)  349. 

63.  Symeon  {Ivfieoiv)  mit  dem  Beinamen  Nhog  &€oX6yog,  Vorstehei 
des  Mamasklosters  in  Konstantinopel,  wurde  in  Paphlagonien  um  das  Jahi 
1025  geboren.  Durch  die  Vermittelung  eines  einflussreichen  Verwandtet 
kam  er  an  den  Hof  und  bekleidete  noch  in  jungen  Jahren  das  Amt  eine^ 
Spatharokubikularios.  Nach  dem  Tode  seines  Gönners  ging  er  in  dal 
Kloster  Studion  und  legte  hier  bald  ein  ausserordentliches  asketischei 
Streben  an  den  Tag.  Dem  Abte  gefiel  sein  Wesen  nicht,  er  musste  aus- 
treten, wurde  aber  auf  die  Empfehlung  des  Symeon  Studites,  den  er  all 
seinen  Meister  verehrte,  in  das  Mamaskloster  aufgenommen.  Hier  gelangte 
er  bald  zur  Abtswtirde  und  brachte  das  Kloster  zu  neuer  Blüte ;  hier  bildete 
er  auch,  ohne  in  der  schulmässigen  Theologie  bewandert  zu  sein,  seine  mysti- 
schen Theorien  aus,  welche  ihn  neben  Nikolaos  Kabasilas  als  denf;rös8teii 
Mystiker  der  griechischen  Kirche  erscheinen  lassen.  Nikolaos  über- 
trifft er  an  Originalität,  an  Kraft  der  Empfindung  und,  soviel  sich  jetzt  ur- 
teilen lässt,  an  Darstellungsgabe.  Seine  mystische  Richtung  zog  ihm  viele 
Feinde  zu,  zuerst  aus  der  Mitte  seiner  Mönche,  die  aber  durch  den  Symeoi 
günstigen  Patriarchen  zurückgewiesen  wurden.  Den  Anlass  zu  neuen 
Feindseligkeiten  gab  der  Tod  des  Symeon  Studites,  dem  Symeon  der  Jüngere 
Hymnen  widmete  und  öffentliche  Verehrung  erwies.  Patriarch  Sergios 
billigte  das  Geschehene,  aber  der  Synkellos  des  Patriarchen,  Stephanos. 
früher  Bischof  von  Nikomedien,  erhob  sich  gegen  die  Verehrung  des  Studiten 
und  führte  die  Verbannung  Symeons  nach  Chrysopolis  herbei.  Symoou 
wurde  jedoch  bald  zurückgerufen,  zog  aber  den  angebotenen  Würden  die 
Einsamkeit  vor,  erbaute  das  Kloster  der  hl.  Marina  und  blieb  fortan  untei 
Sergios  und  dessen  Nachfolgern  Eustathios  und  Alexios  unbehelligt.  Untei 
seinen  Zeitgenossen  zählte  Symeon  auch  viele  Anhänger,  wie  HierotheoSj 


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L  Theologie.    G.  Asketik  und  Mystik.    (§  63)  I53 

den  Vorsteher  des  Klosters  r^g  ^'/X^^»  ^^^  Grossmeister  Alexios  Philo- 
sophos,  Basilios  Protoasekretis,  den  Gründer  des  Klosters  t^$  EvsQyhvidoq  u.  a. 
Besonders  zugethan  war  ihm  Niketas  Stethatos,  der  ihn  in  einer  eigenen 
Schrift  verteidigte  und  sein  Leben  beschrieb.  Sein  Todesjahr  ist  unbekannt; 
sicher  erlebte  er  noch  das  Jahr  1092.  Im  Hesychastenstreit  wurde  er 
von  den  Barlaamiten  z.  B.  von  Demetrios  Kydones  als  der  geistige  Ur- 
heber des  Hesychastentums  bezeichnet.  Demetrios^)  stützt  sich  auf  eine 
Stelle  in  Symeons  Rede  IleQi  vtjxpecog  xal  nQoaox^g,  welche  die  Gebetsweise 
der  Hesychasten  ausdrücklich  lehrt,  in  Symeons  gedruckten  Schriften  aber 
nicht  zu  finden  ist. 

Symeons  zahlreiche  Schriften  sind  noch  sehr  unvollständig  bekannt. 
Leo  Allatius  gibt  die  Titel  von  79  Abhandlungen,  von  denen  sich  nur  12 
JB  der  lateinischen  Sammlung  von  Symeons  Schriften  befinden,  die  J.  Pon- 
tanos  veranstaltete.  Diese  bringt  zunächst  33  Reden,  welche  Symeon, 
ähnlich  wie  Theodor  von  Studien,  vor  seinen  Mönchen  hielt.  Darin  wird 
ein  hohes  Ideal  sittlicher  Vollkommenheit  entwickelt  und  dessen  Erstre- 
hang  von  den  Zuhörern  verlangt.  Symeon  stellt  hier  auch  eine  Reihe  von 
eigentümlichen  Lehren  auf,  die  J.  Pontanus  durch  willkürliche  Interpretation 
vergebens  zu  eliminieren  sucht.  Auf  die  Gabe  der  Thränen  wird  grosses 
Gewicht  gelegt.  Dabei  stützt  sich  Symeon  immer  wieder  auf  die  grossen 
Asketen  der  Vergangenheit,  Antonios,  Euthymios,  Sabbas,  Arsenios;  er 
ritiert  mit  Vorliebe  Gregor  von  Nazianz  und  Johannes  Chrysostomos  und 
beruft  sich  mehrmals  auf  seinen  Meister,  Symeon  Studites.  Die  beliebte 
(.Tattung  der  Ks^dXma  yvwatixa^  d^hoXoyixd  xal  n^axiixa  hat  Symeon  auch 

gepflegt.  In  kurzen  Sätzen  werden  hier  die  Pflichten  des  Mönchtums 
formuliert;  interessant  ist  hiebei  die  Wahrnehmung,  dass  Symeon  die 
Frommigkeitsäusserungen,  Gebet,  Liturgie,  Fasten,  nicht  verschmäht,  son- 
dern in  ihnen  Mittel  erblickt,  um  zur  wahren  Vollkommenheit,  die  in  der 
Liebe  zu  Gott  und  zu  dem  Nächsten  gipfelt,  zu  gelangen.  Der  Feier  der 
liturgischen  Feste  und  dem  Bilderkult  widmete  er  sogar  spezielle  Abhand- 
longen. Der  Gottesliebo  gilt  sein  Hauptwerk:  Ol  iqiüteg  tmv  ^eiwv 
rurwvy  eine  nur  in  lateinischer  Übersetzung  gedruckte  Sammlung  von 
Proeastücken  imd  Hymnen  über  dieses  Grundthema  aller  Mystiker.  Das 
hohe  Ansehen,  welches  diese  Schrift  genoss,  gibt  sich  kund  in  der  Vor- 
rede, welche  Niketas  Stethatos  dazu  schrieb,  und  in  den  Gedichten,  womit 
Hierotheos,  Alexios  Philosophos,  Niketas  Diakonos,  Basilios  Protoasecretis, 
Xikolaos  von  Kerkyra  und  Theophylaktos  von  Bulgarien  dasselbe  verherr- 
lichten. Durch  den  Schleier  der  Übersetzung  leuchtet  die  Glut  der  mysti- 
'  sehen  £Impfindung  hindurch,  die  Symeon  ebenbürtig  an  die  Seite  der  besten 
»  Mystiker  des  abendländischen  Mittelalters  stellt.  Beiderseits  die- 
selbe Weltflucht,  dasselbe  Bewusstsein  der  eigenen  Schwäche  verbunden 
mit  dem  Ringen  nach  Geistesfreiheit,  dieselben  Ergüsse  mystischer  Liebe 
I  im  intimen  Verkehr  mit  der  Gottheit.  Mit  den  originellsten  unter  den 
deutschen  Mystikern  hat  Symeon  die  pantheisierende  Tendenz  gemeinsam, 
die  bei  ihm  öfters  hervortritt,  obgleich  J.  Pontanus  viele  anstössige  Stellen 


«)  Migne,  Patr.  gr.  154,  840. 


154  Bysantinisohe  Litteratnrgeaohiohte.    L  ProMUsohe  Litteratar. 

nicht  in  seine  Übersetzung  aufnahm.  Auffallend  ist  es  auch,  dass, 
die  deutsche  Mystik  in  einer  Zeit  erblühte,  als  der  äussere  Glanz  v< 
Reich  und  Kirche  immer  mehr  erbleichte,  Symeons  Leben  in  die  trauri 
Periode  des  byzantinischen  Reiches  fällt  Beiderseits  regte  der  Verfiil 
des  Irdischen  zur  Betrachtung  des  Ewigen  an,  das  durch  die  Einkehr  ^ 
sich  selbst  gefunden  wird:  ein  Beweis  für  das  Walten  eines  grossd 
Analogiegesetzes  und  für  die  Verwandtschaft  der  gotterfüllten  Seelen  dj 
allen  Zeiten.  Symeon  ist  unzweifelhaft  einer  der  edelsten  in  dieser  Gemeii 
Schaft  der  Liebhaber  Gottes.  Wie  sein  ganzes  System,  so  bleibt  aad 
sein  Verhältnis  zu  dem  Pseudoareopagiten  noch   näher  zu  untersuchen.  : 

1.  Ausgaben:  Die  Sammlung  von  J.  Pontanus,  Ingolstadt  1603,  enthält  in  laM 
nischer  Uoborsetzung :  Orationes  33,  Divinorum  amorum  liber  singularis,  Capita  practica  i 
theologica  228,  De  alterationibus  mentis  et  corporis;  alles  abgedruckt  bei  Migne,  Pai 
gr.  120,  321 — 694.  Hier  aus  der  4»iXoxttXia  ttoy  Ugtjy  yrjntixaiy  der  griechische  Tezt^ 
158  Gapita,  sowie  eine  vulgärgriochische  Recension  der  Abhandlungen  HeQi  nlaretag  sä 
didttaxttXitt^y  n$Ql  rmv  rguay  tQonoiv  xrjg  riQoaevxtjg  697  —709,  endlich  Scholastici  cujusdij 
dialogus  de  Deo  ad  Symeonem  Theologum  709 — 712.  —  Eine  griechische  Ausgabe,  die  1^ 
in  Smynia  erschien,  ist  mir  nicht  zugänglich  geworden.  ] 

2.  Hilfsmittel:  Die  Titel  der  Inedita  bei  L.  Aliatius,  Diatriba  de  Symeon.  scripÜ 
Paris  1664  S.  151  —  178  mit  Betrachtungen  über  Symeons  Zusammenhang  mit  den  Heq 
chasten;  abgedruckt  bei  Migne  a.  a.  0.  287—317.  —  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  302—^1 
Hier  einige  Hss,  deren  Zahl  leicht  vermehrt  werden  kann.  —  Am  wünschenswertesten  ii 
die  Herausgabe  der  "Egtoreg  xiav  9emv  vfivüiy,  welche  z.  B.  in  codd.  Monac.  177  a.  154^ 
526  saec.  15,  Paris.  Suppl.  gr.  103  saec.  14,  cod.  Patmiac.  427  saec.  14,  Marcian.  494  s.  t) 
Paris.  242  saec.  12,  hier  ,curc  notis  musicis^  vorliegen. 

3.  Zum  Leben:  Eine  Inhaltsangabe  der  unedierten  Vita  Symeonis  von  Nikeil 
Stethatos  gab  Fr.  Combofis  in  der  Vorrede  zur  Ausgabe  des  Manuel  Kalekas  (bei  Mignl 
Patr.  gr.  152,  260—270).  —  Ob  die  anonyme  Vita  Symeons,  z.  B.  in  cod.  Paris.  161 
saec.  14  fol.  l-69^  cod.  Coisl.  292  saec.  14  fol.  180—209  mit  jener  identisch  ist,  blefl 
dahingestellt. 

4.  Svmeon  Studites,  der  Meister  Symeons  des  Jüngeren,  schrieb  nach  Niketi 
Stethatos  ßißXov  oXrjv  totpeXetag  ovaav  Ttysvfittuxrjg  dy^dfifiatog  cui^  (Migne,  Patr.gr.  152,261 
Diese  Schrift,  welche  das  Verhältnis  Symeons  zu  seinem  Geisteslehrer  erkennen  lies« 
scheint  verschollen  zu  sein;  sie  müsste  denn  identisch  sein  mit  den  32  Sermon  es  ascetii 
eines  Symeon  Monachos,  die  in  cod.  Januens.  30  saec.  12,  cod.  Bodl.  Barocc.  197  a.  134 
cod.  Paris.  1138  saec.  14  u.  a.  erhalten  sind.  Hier  müsste  zunächst  feststehen,  ob  di 
paläographische  Ueberlieferung  dieser  Sermones  nicht  über  die  Zeit  Symeons  hinausreich 

5.  In  der  1.  Hälft«  des  11.  Jahrhunderts  schrieb  Markos,  der  Vorsteher  der  grosse 
Laura  des  hl.  Sabbas  in  Palästina,  einen  Kommentar  zu  dem  Typikum  des  hl.  Sabbas,  woij 
die  schwierigen  Stellen  des  vielbenutzten  Buches  erklärt  werden.  Dieser  Kommentar  ii 
vielfach  dem  Typicum  Graecorum  angehängt,  z.  B.  in  der  Ausgabe  von  Venedig  1545.  - 
Von  einem  Markos  mit  dem  Beinamen  Makreinos,  der  auch  als  Vorsteher  der  Laui 
des  hl.  Sabbas  bezeichnet  wird,  enthält  der  Cod.  Vatican.  703  mehrere  Abhandlungen  aaki 
tischen  Inhaltes.  Es  ist  z.  Z.  nicht  möglich  zu  unterscheiden,  ob  beide  Autoren  identisc 
sind  oder  nicht.  Der  Name  Markos  kommt  noch  öfters  handschriftlich  vor,  ohne  m 
Sicherheit  identifiziert  werden  zu  können. 

64.  Niketas  Stethatos  {Nixrjrag  STtjO^aiog)^  bei  den  Lateinern  Niceta 
Pectoratus,  war  um  die  Mitte  des  11.  Jahrhunderts  Mönch  des  Klostei 
Studien  und  ein  eifriger  Anhänger  Symeons  des  Jüngeren.  Aus  de 
Stille  seines  Klosters  wurde  er  durch  das  Wiederaufleben  der  Kontrovers 
mit  den  Lateinern  herausgerissen.  Diese  Episode  seines  Lebens  ist  b€ 
zeichnet  durch  mehrere  Schriften  gegen  die  Lateiner  (vgl.  §  20).  Polemische 
Natur  sind  auch  einige  unedierte  Abhandlungen  gegen  die  Irrlehre  de 
Armenier.  Niketas'  litterarische  Hauptthätigkeit  liegt  jedoch  auf  dei 
Gebiete  der  Asketik  und  Mystik.  Von  den  zahlreichen  Schriften,  i 
denen  er  seine  Anschauungen  niederlegte,  sind  nur  eine  kleine  Abhandluii; 


L  Theologie.    C.  Askeiik  und  Mysük.    (§§  64>  65)  155 

Hi^  Tov  6id  x^'Q^  aisnaaiiov  und  drei  Zenturien  von  Ks^fccXaia  nQaxTixä, 
qvctxd  xal  yrtocrixa  im  Drucke  vorhanden.  Diesen  liegt  die  Einteilung 
der  drei  Stufen  des  asketischen  Lebens  zu  Grunde,  rd^ig  xa&aqxixiq^  9>(oti- 
oTixi;,  iivctixv,  deren  Inhalt  und  innerer  Zusammenhang  in  kurzen,  präg- 
Danten  Sätzen  dargelegt  wird.  Den  Anfang  bildet  die  praktische  Askese, 
von  da  erhebt  sich  die  Seele  zur  Betrachtung  der  Werke  Gottes  in  der 
^  Schöpfung  (<f vcrixi;  ^siOQia),  um  sich  dann  aufzuschwingen  zur  ftvatixt]  tov 
Jüyov  ^soloytay  in  welcher  sie  ihre  Ruhe  findet.  Überall  bewährt  er  sich 
'  als  SchQler  Symeons  des  Jüngeren;  er  hat  jedoch  den  Pantheismus,  an  den 
Symeon  vielfach  streift,  überwunden  und  den  Begriflf  der  d-etoaig  der  Men- 
sehen bestimmter  gefasst.  Diese  Vorzüge  sichern  ihm  eine  hervorragende 
»Stelle  unter  den  byzantinischen  Mystikern.  Die  Titel  der  handschriftlich 
erhaltenen  Schriften:  nsql  xpvxijgy  Ilegi  naQadsiaov^  Elg  trjv  oiqaviav  xai 
fxxXr^auiCtixf^v  teqagxiav^  Aoyoq  nqoTQsmixog  slg  tjjv  fASTCcvoiaVy  IIsqI  %ov 
Ittn  Hxova  u.  s.  w.  lassen  deren  Inhalt  mehr  oder  weniger  erkennen. 
Hieraus  geht  auch  hervor,  dass  Niketas  unmittelbarer  als  Symeon  der 
Jüngere  an  den  Pseudoareopagiten  sich  anlehnt. 
1.  Ausgaben:  Die  3  Zentarien  ed.  pr.  4'iXoxaXin  xtav  U^toy  yrjnTixtuy,  Venedig  1782; 
•  t^iednickt  bei  Migne,  Patr.  gr.  120,  852- -1009.  —  Die  Abhandlung  tlegl  tov  dia  x^^Qog 
mmtuov  ed.  pr.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  5  (Rom  1849)  4,  118  fif.;  wiederholt  bei  Migne 
- 1  1.  ».  0.  1009—1012.  —  Einige  Fragmente  aus  seiner  Vorrede  zu  Symeons  Hymnen- 
sanunloog  bei  L.  Allatius,  Diatriba  de  Symeonum  scriptis  8.  152.  Diese  Vorrede 
roOstandig  e.  B.  m  cod.  Paris.  Suppl.  gr.  103  saec.  14  fol.  1—14^.  —  Die  Schrift  zur  Ver- 
tcidtgUDg  Symeons  scheint  verloren  zu  sein.  —  Ueber  die  Vita  Symeonis  vgl.  §  63  Anm.  3.  — 
Die  Schritt  gegen  die  Lateiner  in  der  Uebersetzung  des  Kardinals  Humbert  und  mit 
deaMD  Widerlegung  bei  C.  Will,  Acta  et  scripta,  Berlin  1861  S.  126—150;  auch  bei  Migne 
a.a.  O.  1011  —  1022.  Den  griechischen  Text  ed.  pr.  A.  Demetrakopulos,  'ExxXtjü,  Bißho&,  1 
(Leipzig  1866)  18-36.  —  Eine  zweite  Schrift  gegen  die  Lateiner  und  Armenier  ed.  pr. 
J.  Hergenröther,  Monumenta  graeca,  Regensburg  1869  S.  139—153.  Eine  andere  Ab- 
ktadlung  gegen  die  Armenier  steht  in  cod.  Vindob.  theoL  283  fol.  119^—124^. 

2.  Hilfsmittel:  L.  Allatius,  Diatriba  de  Nicetis  ed.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  6 
tRom  1853)  2.  10—12.  —  Einige  Hss  verzeichnet  Fabricius,  Bibl.gr.  7,  753  f.  —  Eine 
Liste  der  Schriften  des  Niketas  mit  27  Nummern  bei  A.  Demetrakopulos,  'ExxX.  ßißXiod^,  1, 
f'— 17'.    Mehrere  derselben  wollte  Demetrakopulos  in  seinem  2.  Bande  herausgeben. 

65.  Nikon  (iV/Vwi),  Mönch  des  Klosters  Raithu   auf  der  sinaitischen 
UiTbinsel,  verfasste  eine  noch  unedierte  umfangreiche  asketische  Schrift, 
►    deren  handschriftliche  Titel   verschieden  sind.     Der  kürzeste  lautet:  ^Eg- 
nt^viia  Tfor  d-smv  ivtoXtav  tov  KvQtov.    Nach  einer  Vorrede,  die  Montfaucon 
veröflFentlicht  hat,   lebte  Nikon   unter  Konstantinos  Dukas   (1059 — 1067). 
I    Der  Zweck  seiner  Schrift  war,  ein  Kompendium  der  Asketik  zu  schaffen, 
das  die  vielen  Bücher  ersetzen  sollte,   welche  bei   den   durch   die  Einfalle 
I    der  Sarazenen  verursachten  Wanderungen  der  Mönche  nicht  mitgenommen 
f  Verden   konnten.     Nach   jener  Vorrede   befolgte  Nikon   das  Beispiel   des 
^    Mönches  Antiochos  (vgl.  §  59).    Im  Unterschiede  von  der  Schrift  des  letz- 
teren  bestehen   die   63  Kapitel  der  "^EQiirjveia  des  Nikon   vornehmlich  aus 
Vaterstellen,  an  die  Nikon  seine  Bemerkungen  anknüpft,  während  die  hl. 
Schrift   bei   ihm   in   den   Hintergrund  tritt.     Seine  Hauptautorität   ist 
Johannes  Chrysostomos,  dann  Basilios,  Gregor  von  Nazianz,  Athanasios 
von  Alexandrien  und  alle  früheren  Asketen;   von  den  Vornikänern  kennt 
fr   wenigstens   Clemens    von   Rom   und   Ignatios   von   Antiochien.     Auch 
Heiligenleben  und  Synodalbestimmungen  werden  hier  in  grösserer  Anzahl 


156  Byzantiniaohe  Litteratiirgeaohiohte.    L  Proaaiaohe  Litteratnr« 

herbeigezogen.  Die  Zitate  sind  in  der  Regel  sehr  genau  bestimmt.  Ij 
haltlich  kommen  die  verschiedensten  Verhältnisse  des  praktisch-religiöd 
Lebens  ohne  systematische  Ordnung  zur  Darstellung.  Demselben  Vj 
fasser  wird  auch  eine  kurze  Abhandlung  über  das  Fasten  Maria  ul 
eine  Streitschrift  gegen  die  Armenier  zugeschrieben.  ' 

1.  Den  Prolog  mit  Nachrichten  üher  Nikon  aus  cod.  Coisl.  117  a.  1332  ed.  Mos 
faucon,  ßibl.  Coisl.  S.  189  f.;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  127,  513—516.  —  fl 
Kapitelüberschriften  und  eine  Liste  der  darin  angeführten  Väter  aus  cod.  Laur.  pl.  6,  4  saj 
U  bei  Bandini.  Catalogus  1,  93—100;  wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  106,  1360—1381.  • 
Andere  Hss:  Cod.  Paris.  1077  saec.  13,  codd.  Coisl.  122  saec.  14,  297  saec.  12,  298  saec.  ] 
cod.  Taurin.  204  saec.  12,  cod.  Monac.  444  saec.  13  u.  m.  a.  Diese  Hss  scheinen  bedeute 
von  einander  abzuweichen;  sehr  oft  fehlt  auch  der  Name  des  Verfassers.  —  Das  Opuscoli 
de  jejunio  Deiparae  in  cod.  Paris.  1370  a.  1297  fol.  66—70.  Hier  beruft  sich  NiJcon  ai 
drflcklich  auf  sein  Buch  tiiüy  iQfitjyemy  ttüy  iyroXtSy  tov  xvqIov.  Vgl.  Cotelerius,  Eccled 
graecae  monum.  3,  644  f.  Hier  wird  er  auch  als  Mönch  des  Klosters  Raithu  bezeichor 
während  im  cod.  Coisl.  122  ein  Berg  im  Libanongebiet  als  sein  Aufenthaltsort  angegel 
wird:  iy  r(ß  6q€i  Mkvqm  i^  Xsyofiiyta  Tlnyxocfiioy. 

2.  VonAnastasios,  Bischof  von  Käsarea  in  Palästina  am  Ende  des  11.  Jahrhundei 
gab  Cotelerius,  Eccl.  gr.  monumenta  3,  432—37  (bei  Migne,  Patr.  gr.  127,  520—525),  i 
Schriftchen  IIbqI  yrjateiag  r^g  ^eotoxov  heraus,  das  mit  dem  soeben  erwähnten  von  Nik 
sehr  nahe  verwandt  sein  soll.  —  Eine  Wiener  Hs  enthält  von  Anastasios  eine  Abhandln 
über  die  7  Fastenwochen.  —  Cod.  Chisian.  R.  IV  11  saec.  12  bringt  von  ihm  Fragmenta 
libro  therapeutico  de  resurrectione. 

66.  Johannes,  Patriarch  von  Antiochien  unter  Alexios  I  Komnen 
(1081 — 1118),  früher  Mönch  iv  rf]  'OJ*/'^  ^'»;<^<l>5  erhob  sich  in  einer  scharf! 
Schrift  gegen  den  Missbrauch  des  Charistikiarierwesens,  das  unter  de 
genannten  Kaiser  besonders  im  Schwünge  war.  Er  erblickt  darin  ei 
Anfeindung  des  wahren  Zwecks  der  Klöster,  die  er  wie  alle  übrigen 
den  früheren  Jahrhunderten  auf  die  Machinationen  des  Teufels  zurüc 
führen  zu  müssen  glaubt.  Es  herrscht  in  der  Schrift  ein  Ton  edler  Eb 
rüstung,  wie  man  ihn  in  Byzanz  nur  selten  hört.  Johannes  zeichnet  si< 
darin  auch  als  ein  guter  Kenner  der  asketischen  Litteratur  aus,  deren  Erzeu 
nisso  er  bis  auf  die  Katechesen  Theodors  von  Studien  fast  alle  aufzäh 
Theodor  Balsamen,  einer  seiner  Nachfolger,  erinnerte  an  diese  Schrift 
seinem  Kommentar  zu  den  Konzilien;  wir  kennen  aber  das  Klosterleb< 
von  Byzanz  noch  zu  wenig,  um  sagen  zu  können,  ob  dieser  Protest  ein< 
Erfolg  hatte.  Die  übrigen  Schriften  des  Johannes,  —  darunter  auch  eil 
Streitschrift  gegen  die  Lateiner,  —  sind  noch-  unediert. 

1.  Ausgaben:  Die  Schrift  Hegl  fiovaatix^g  öirdaaxaXiag  ed.  pr.  J.  B.  Coteleriu 
Eccl.  gr.  monumenta  1  (1677)  159—191;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  132,  1117—11^ 
—  Eine  Stelle  aus  dem  Brief  an  den  Erzbischof  Theodoros  von  Ephesos  ed.  L.  Allatia 
De  aetato  et  interstitiis  in  collatione  ordinum  etiam  apud  Graecos  servandis,  Rom  16 
S.  215.  —  Unedierte  Schriften:  Uegl  dCvfdtjy  in  codd.  Mosq.  Syn.  208,  353,  355,  cc 
Bonon.  bibl.  univcrs.  2412,  Vatican.  540,  Vallicell.  B  43  saec.  13  fol.  183,  De  myster 
corporis  et  sanguinis  Christi  in  codd.  Paris.  901  saec.  14  fol.  232^—40,  Paris.  1133  sai 
13  fol.  292-314,  "ExXoyal  aaxT]rixaL  in  cod.  Vindob.  theol.  241  fol.  1— 136^ 

2.  Hilfsmittel:   Oudin,  Commentar.  de  scriptor.  eccl.  2,  842  — 850. 

3.  Reformatorische  Bestrebungen  treten  noch  kräftiger  bei  Eustathios,  dem  k 
rühmten  Metropoliten  von  Thessalonike  (1175 — c.  1194),  hervor,  besonders  in  der  Sehr 
*Enlaxe\pig  ßlov  fioya^ixor  iTii  diog^^oiaec  rtSy  nsgl  aihoy,  auf  deren  Tendenz  schon  ob 
(§  55)  hingewiesen  wurde.  Ed.  pr.  L.  Fr.  Tafel,  Frankfurt  1832;  abgedruckt  bei  Migi 
Patr.  gr.  135,  729—909.  Von  Tafel  auch  ins  Deutsche  übersetzt:  Betrachtungen  über  d 
Mönchsstand.  Aus  dem  Griechischen  des  Eustathius  von  Thessalonich,  Berlin  1847.  —  i 
Migne,  Patr.  gr.  136,  217—264  ein  Brief  des  Eustathios  an  einen  Styliten  von  Theai 
lonike,  worin  dieser  eindringlich  an  seine  Pflichten  erinnert  wird.  —  Einen  irefüicli 
Beweis   für  den  Ernst,  mit  welchem  Eustathios  das  christliche  Leben  seinen  Diöcesaii' 


L  Theologie.    C.  Aaketik  und  Mystik.    (§§  66—67)  157 

läch&rfte,  ergeben  seine  4  Fastenpredigten,  bei  Migne  135,  561—728.  Ebenda  520— 560 
titere  Ueberreste  einer  fruchtbaren  homiletischen  Schriftstellerei,  darunter  eine  Rede 
f  den  Beginn  des  Jahres,  welche  auf  die  Fabeln  der  Sphinx  und  der  Skylla  anspielt.  Als 
Jiegynker  lernen  wir  ihn  kennen  durch  seine  Lobreden  auf  den  hl.  Alpheos  und  seine 
üossen,  zu  der  er  eine  BtßXtaxi^  avyyQatfrj  benutzte,  auf  Demetrios,  den  Schutzheiligen 
D  Thessalonike,  und  auf  Philotheos  Opsikianos,  die  sich  alle  von  der  schematischen  Be- 
ichtnng  des  Metaphrasten  wesentlich  entfernen;   bei  Migne,  Patr.  gr.  136,  141—301.  — 

cod.  Escorial.  262  saec.  13  fol.  56^—60^  eine  Abhandlung  des  Eustathios  Eig  to  Kvqu 
(r^coy.  —  üeber  Eustathios  als  Profanschriftsteller  vgl.  Krumbacher. 

4.    Weitere    asketische   Schriftsteller    des    12.  und   13.   Jahrhunderts: 

In  das  12.,  vielleicht  noch  in  das  11.  Jahrb.,  fällt  die  Lebenszeit  des  Bischofes  Theo- 
»roa  von  Andida  in  Kappadokien,  der  in  anderen  Hss  z.  B.  codd.  Vatic.  430,  640, 1157,  Paris. 
63  saec.   14,  Athen.  360  s.  12Nikolaos  genannt  wird.    Unter  dem  ersteren  Namen  gab 

Mai.  Nova  Patr.  bibl.  6,  2,  547 — 584  eine  ngo^etjQitt  negl  xtov  iv  rp  &6i(f  Xeixovqyitf 
füfiirmy  avfAj^oXtov  »ai  fivmtjgiwp  heraus,  welche  den  asketischen  Zweck  verfolgt,  den 
iestem  die  Svmbolisierung  des  ganzen  irdischen  Lebens  des  Heilandes  durch  die  Liturgie 
tzuprägen.  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  140,  417—468.  Auf  diese  Schrift  geht  nach  N. 
-asnoselicev  der  grösste  Teil  der  Mystagogie  des  Pseudo-Sophronios  zurück.  Vgl.  S.  67  u. 
^o.  —  2.  Line  kleine  Abhandlung  IleQi  aaxrjrixijs  vnotvinuasfog  von  einem  Klostervorsteher 
silioB  aus  dem  12.  Jahrhundert  steht  lateinisch  in  der  Bibl.  maxim.  Patr.  Lugdun.  22,  750 

752.  Griechisch  ist  sie  in  mehreren  Hss  vorhanden,  z.  B.  in  cod.  Vatican.  Palat.  91  saec.  13. 
.  177—182,  cod.  Paris.  1630  saec.  14  fol.  74-76.  In  cod.  Escor.  494  s.  14  fol.  19  lautet  der 
el:  BxxciXmv  f^oya^ov  ngsaßvrfQov  xal  ^yovfiiyov  Xatigas  tcSy  MaXrjiytoy,  während  die 
raasgeber  ihn  zum  Vorstand  des  Sabbasklosters  bei  Jerusalem  machten.  Zeit  und  Aufenthalts- 

des  Basilios  sind  noch  näher  zu  bestimmen.  —  3.  Mehrere  asketische  Schriften  des  Petros 
n  Dmmaskos,  auch  Petros  Mansur  genannt,  der  um  1158  gelebt  haben  soll,  sind  vor- 
iden  z.  B.  in  den  codd.  Monac.  318  saec.  13  fol.  288-291,  Paris.  1134—37.  Vgl.  Fabri- 
is.  Bibl.  gr.  9,  718;  11.  336.  —  Dieser  Petros  wird  auch  als  Verfasser  von  zwei  Schrift- 
cken  Gber  das  Abendmahl  betrachtet.  Vgl.  Steitz,  Jahrbücher  für  deutsche  Theo- 
ie  13  (1868)  23—31.  —  4.  Mehrere  Schriften  eines  Theodor os,  Bischofs  von  Alania  in 
inissland  zur  SiOit  des  lateinischen  Kaiserreiches  in  Kpel,  bewahrt  ein  cod.  Vaticanus, 
1  A.  Mai,  wie  gewöhnlich,  nicht  näher  bezeichnet  hat.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  6,  2, 
)— 397,  entnahm  demselben  nur  einen  Bericht  Theodors  über  seine  pastorale  Thätigkeit 

Lande  der  Alanen  an  die  cvyodog  iydrjf^ovaa  in  Kpel,  die  historisches  Interesse  bietet, 
ederholt  bei  Migne,   Patr.  gr.  140,  388—413.    Eine  dieser  Schriften  in  10  Abschnitten 

"^H^txa  betitelt  und  wohl  asketischen  Inhaltes. 

67.  Gregorios  Sinaites  {rgrjyoQiog  Sivatir^g),  geboren  in  Eukulos  bei 
azomenae  als  Sohn  einer  reichen  und  vornehmen  Familie,  fiel  in  die 
fangenschaft  der  Türken,  aus  der  er  aber  durch  die  Hilfe  einiger 
aubensgenossen  befreit  wurde.  Von  Cypern  kam  er  nach  dem  Berge 
lai,  wo  er  Mönch  wurde.  Von  dem  Sinaikloster  siedelte  er  nach  dem 
rge  Athos  über  und  trat  hier  unter  Andronikos  II  Palaeologos  (1282 
i  1328)  reformatorisch  auf.  Er  gilt  als  der  Begründer  des  Hesy- 
astentums  auf  dem  Berge  Athos.  Sein  Schüler  Kallistos,  der  spätere 
triarch  von  Kpel,  widmete  ihm  ein  Lebensbild,  das  reiche  Nachrichten 
er  sein  unstetes  Wandern  von  Kloster  zu  Kloster,  von  Land  zu  Land 
»t.  Unter  diesen  Umständen  konnte  Gregorios  keine  bedeutende  littera- 
che  Thätigkeit  entwickeln;  doch  hinterliess  er  einige  kurze  asketische 
hriften,  von  denen  eine  Sammlung  von  137  KstfaXctia  die  umfang- 
chste  ist.  Das  durch  die  Anfangsbuchstaben  gebildete  Akrostichon  ^oyoi 
'tq.oQ<H  tisqI  ivxoXwY^  dayfiaTcov,  ansiXdv  xal  inayyehwr  •  Hi  d^  nsgl  loyiif" 
r  xal  naiydv  xal  ägezm'  '  ivi  d^  nsgl  rj^vx^ag  xal  nQoaevxrjg  gibt  den 
lalt  dieser  lose  aneinander  gereihten  Sentenzen  zur  Genüge  an.  In  zwei 
deren  kurzen  Abhandlungen  spricht  Gregorios  im  Sinne  der  hesychas- 
ehen  Mystik  von  der  ^Havxia  xal  nqoaevxr}^  ohne  jedoch  die  Theorie  vom 
erschaffenen  Lichte  vorzutragen.    Er  empfiehlt  nur  einige  Asketen,  wie 


158  Byzantinisohe  Idttemtiurgesohichte.    I«  Prosaiaohe  Litieratnr. 

Johannes  Klimax,  Maximos  Confessor,  Symeon  den  Jüngeren  und  dess^ 
Schüler  Niketas  Stethatos,  endlich  Philotheos  Sinaites,  zur  Lektüre,  all 
anderen  solle  der  Asketenschüler  bei  Seite  lassen.  Einige  andere  Schrifta 
des  Gregorios  scheinen  noch  unediert  zu  sein. 

1.  Ausgabe:  4  Schriften  des  Gregorios  ed.  pr.  in  '^tXoxaXla  ttuy  leQviy  ytjn rixm 
Venedig  1782;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  150,  1240—1336. 

2.  Hil  fsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  632  verzeichnet  einige  Hss.  —  Dazu  oo 
Paris.  Suppl.  gr.  64  saec.  15  fol.  119 — 134:  Epistola  ad  Niphonem  de  modis  orandi,  cot 
Sabbait.  378  s.  18  fol.  117^>-125^:  ÜBgi  iqavxttaxtav  etc.  —  Das  Leben  des  Gregorios  SinaitI 
vonKallistos,  Patriarchen  von  Kpel  (1350— 54, 1355— 1363),  ed.  pr.Pomjalovskij,  Petes 
bürg  1894.    Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  200-202  u.  §  81  Anm.  4. 

3.  Der  cod.  Vatican.  736  bewahrt  30  Aoym  rjavxttffttxijg  nagaxXijaeiog  von  einei 
Eallistos  Meliteniotes,  der  wahrscheinlich  zu  der  im  14.  Jahrhundert  blühenden  Famili 
der  Melitenioten  gehört 

68.  Nikephoros  {NixrjtpoQog),  Mönch  auf  dem  Berge  Athos,  ist  nebö 
Georgios  Sinaites  der  erste  Utterarische  Vertreter  des  Hesychastentum 
im  14.  Jahrhundert.  Er  gilt  als  der  geistliche  Lehrer  des  Gregorio 
Palamas  und  als  der  Verfasser  einer  Abhandlung  IleQi  vr^ipecag  xal  (pvlax^ 
xaqdiag^  welche  aus  Exzerpten  der  Biographien  verschiedener  Asketei 
von  Antonios  und  Theodosios  Könobiarchos  bis  Symeon  dem  Jüngeres 
besteht  mit  einer  jeweiligen  Erklärung  der  darin  enthaltenen  Lehr« 
Zum  Schlüsse  empfiehlt  er  das  hesychastische  Gebet. 

Ed.  pr.  P.  Possinus,  Thesaurus  asceticus  S.  404  ff.;  aus  der  4'iXoxaXltt  ttS 
IcQcSy  yfjnjixtuy  wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  147,  945—965. 

69.  Nikolaus  Eabasilas  (NixoXaog  KaßaaiXag)^  der  in  einigen  Hand 
Schriften  den  Beinamen  Xaiiastog  führt,  ist  der  letzte  hervorragend 
Mystiker  von  Byzanz.  Die  erste  Würde,  die  er  nachweisbar  bekleidete 
war  die  eines  Sakellarios.  Während  des  Bürgerkrieges  zwischen  Johannes  1 
Palaeologos  und  Johannes  VI  Kantakuzenos  nahm  er  Teil  an  den  Ereig 
nissen  durch  mehrere  Gesandtschaften,  die  ihm  von  Johannes,  dem  Patri 
archen  von  Kontantinopel,  und  Johannes  Kantakuzenos  selbst  aufgetragei 
wurden.  Letzteren  begleitete  er  mit  Demetrios  Kydones  in  das  Kloste 
%fav  Mayyavcov,  wohin  der  Kaiser  sich  zeitweilig  zurückzog,  und  erfreut« 
sich  daher  der  besonderen  kaiserlichen  Gunst.  Nach  der  definitiven  Ab 
dankung  des  Johannes  Kantakuzenos  bestieg  er  den  erzbischöflichen  Stub 
von  Thessalonike  als  Nachfolger  seines  Oheims  Neilos  Kabasilas  (vgl.  §  36 
und  starb  im  Jahre  1371. 

Den  Ruhm  des  Nikolaos  Kabasilas  als  Mystikers  begründet  in  erstei 
Linie  seine  Schrift  UsqI  rijg  iv  Xqiaxfi^  C^rjg  in  7  Büchern.  Er  geh 
von  dem  Grundsatze  aus,  dass  der  Christ  das  Leben,  das  im  Jenseits  sein« 
Vollendung  findet,  schon  hienieden  beginnen  müsse.  Dieses  Leben  besteh' 
aber  in  der  Vereinigung  mit  Christus  und  wird  durch  die  3  grossen  Myste- 
rien bewirkt:  Die  Taufe  teilt  es  mit,  die  Firmung  verleiht  Bewegung  unc 
Wachstum,  die  Eucharistie  verbindet  die  Seele  mit  dem  auferstandenei 
Christus  (1.  1 — 4).  Der  Gedanke,  dass  der  Altar  die  Wurzel  der  Mysteriei 
sei,  leitet  über  zur  Betrachtung  desselben,  seiner  Weihe,  seiner  verschie- 
denen Teile  und  seiner  Symbolik.  Durch  die  Übung  der  Tugenden,  d« 
Gebetes  und  der  Betrachtung  wird  das  Leben  erhalten;  es  findet  seiner 
Abscliluss  hienieden  im  Genüsse  Gottes  durch  Liebesschmerz  und  Liebes* 


l  Theologie.    C.  Asketik  und  Mystik.    (§§  68-69)  159 

freude  (L  5 — 7).     In  dieser  Anlage  seiner  Schrift,  zu  welcher  sich  in  der 
byzantinischen  Asketik  kein  Gegenstück  findet,  ist  Nikolaos  durchaus  selb- 
ständig.   Inhaltlich  ist  er  abhängig  von  den  Schriften  des  Pseudoareopagiten, 
des  einzigen  Schriftstellers,  den  er  einmal  anführt.    Mystischen  Inhaltes  ist 
auch  seine  'EQfiijveia  t^$  x^eiag  Xeitovqyiaq,  welche  die  innere,  symbolische 
Bedeutung  der  liturgischen  Handlungen  und  Gebete   ausführlich  darstellt. 
Andere  litirrgische  Schriften   sind  noch  unediert;   ebenso  eine  Abhandlung 
über    die    Menschwerdung,    die    jedenfalls    auch    zu    seinen    mystischen 
Schriften   gehört.     Nikolaos  beteiligte  sich  auch   an   den  theologischen 
Kontroversen  seiner  Zeit.     In  dem  Hesychastenstreit   stand  er  auf 
der  Seite  des  Palamas,  wie  die  Unterredung  zeigt,  die  er  mit  Nikephoros 
Gregoras  hatte,  ohne  sich  jedoch  auf  die  Theorie  des  unerschaffenen  Lichtes 
einzulassen.     Näheres  über  seine   Stellung  in    diesem  Streite  würde  die 
Veröffentlichung  seiner  Schrift  Adversus  Gregorae  delirantis  somnia  er- 
kennen lassen.     Sein  Standpunkt  in  der  lateinischen  Kontroverse  er- 
hellt aus  der  schon  früher  erwähnten  Vorrede  zu  der  grossen  Streitschrift 
seines  Oheims  Neilos.   Auch  in  der  ^Egfir^veia  rr^g  O^eiag  XsitovQyiag  spricht 
er  sich  gegen  die  Lateiner  aus  (Kap.  29  u.  30).    Eine  weitere  Gruppe  von 
Schriften  besteht  aus  Homilien  auf  Feste  des  Herrn  und  der  hl.  Jungfrau 
und  aus  Reden  auf  Heilige.    Davon  sind  die  Enkomien  auf  Demetrios  und 
Theodora  von  Thessalonike  gedruckt,  nebst  einer  Rede  gegen  die  Wucherer. 
Nikolaos  zeigt  darin  rhetorische  Gewandtheit.    Handschriftlich  gehen  auch 
rhetorische,    philosophische    und   logische   Schriften    unter   seinem 
Namen.    Gedruckt  liegt  davon  ein  Fragment  seines  Kommentars  zu  Ptole- 
maeos   vor.     Historisches  Interesse  dürften  seine  Briefe  bieten,  welche 
ihn   in    Korrespondenz  mit  der    Kaiserin  Anna,   Demetrios  Kydones  und 
anderen  hervorragenden  Zeitgenossen  zeigen. 

1.  Ausgaben:  De  Vita  in  Christo  11.  7  ed.  pr.  W.  Gass,  Die  Mystik  des  Nikolaus 
Kahaailas  Tom  Leben  in  Christo,  Greifswald  1849,  2,  1—209;  abgedruckt  bei  Migne, 
Patr.  gr.  150,  493—725.  Einige  Auszüge  schon  früher  von  F.  Arcudius,  LI.  7  de  concordia 
ectL  occident.  et  oriental.,  Paris  1626  S.  180—189  und  von  A.Jahn,  Theolog.  Studien  u. 
Kritiken  16  (1843)  729-746.  —  Die'E^/ui/ma  t^c  aeinq  Xurov^ylaq  ed.  pr.  <FrontoDu- 
ca6a8>,  Bibl.  vetPatr.  graecolat.  2(Pari8l624)  200  ff. ;  abgedruckt  bei  Migne  a.  a.  0.  368-492. 
—  Die  Festreden  auf  die  hl.  Theodora  in  Acta  SS.  April.  1  S.  LV— LIX;  bei  Migne  a.  a.  0. 
7o3— 772.  —  Das  Enkomion  auf  Demetrios  ed.  pr.  Theophilos  Joannu,  Myfjfi€ia  dyio^ 
loyua,  Venedig  1884  S.  67— 147.  —  Der -^dyof  xctt«  ToxtCo*^wi' vervollständigt  nach  codd. 
Paris.  970,  1213  bei  Migne  a.  a.  0.  728—749.  —  2  Briefe  ed.  A.  Papadopulos  Eera- 
meos,  £vlXoyosj  ^aXtt^oyQag).  deXtloy,  2.  Beilage  zu  Bd  16  (Epel  1885)  14,  47  f.  aus  cod. 
Ckalk.  157,  der  10  autographe  Briefe  des  N.  Eab.  an  seinen  Vater  und  an  (Demetrios?) 
Ejdoties  enthält.  —  Hauptfundgruben  für  die  unedierten  Schriften  sind  u.  a.  cod.  Paris. 
1213  saec.  15  fol.  1—309  (enthiüt  besonders  homiletische  und  rhetorische  Schriften,  auch 
■ekrere  Epigramme  u.  16  Briefe),  cod.  Coisl.  315  saec.  17,  wahrscheinlich  die  Abschrift 
der  genannten  Hs,  cod.  Vindob.  theol.  267  fol.  1—408  (Inhalt  u.  Anordnung  genau  wie 
in  c^.  Paris.  1213),  cod.  Paris.  1248  saec.  15  fol.  119 — 193  (mehrere  Homilien),  cod. 
Paris.  2398  saec.  15  fol.  78—139^  (Commentar.  in  Ptolemaei  constructionis  1.  3),  cod. 
Lanreot.  pl.  74,  13  (Briefe). 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  10,  25—30.  —  Mehreres  zu  seinem  Leben 
hä  Johannes  Kantakuzenos,  Historiae  1.  3,  Migne,  Patr.  gr.  153,  1131,  1260,  1293;  1.  4, 
Migne  154,  125.  285.  —  Die  Unterredung  mit  Nikephoros  Gregoras  ausführlich  erzählt 
nm  letzterem  in  seiner  Histor.  1.  22  c.  4—1.  24  c.  1,  Migne,  Patr.  gr.  148,  1328—1433.  — 
Eine  ansffihrliche  Darstellung  seiner  Mystik  gab  W.  Gass  als  Einleitung  zu  der  oben- 
gesannten  Ausgabe  (a  63—210). 

3.  Gegen  Ende  des  14.  Jahrhunderts  verfassten  Kallistos  und  Ignatios,  beide  mit 
Familiennamen  Xanthopalos,.  zwei  Mönche  auf  dem  Berge  Atbos,  eine  Schrift  uat«c 


160  Byzantiniaohe  Litteratnrgeschiohie.    L  Prosaiaohe  Litteratnr.  ( 

dem  Titel  Me&odog  xai  xavtav  avv  9ew  dxgißijg,  worin  sie  den  Versuch  machten,  ein 
tisches  Lehr  System  herzustellen.  Dieser  Versuch,  den  Symeon  von  Thessalonike 
lohte,  ist  nicht  gelungen;  die  einzelnen  Kapitel  reihen  sich  nur  änsserlich  aneinander 
der  Fortschritt  in  der  Erörterung  wird  nur  durch  schwerfällige  Uehergänge  erzielt 
einzelnen  enthält  aher  die  Schrift  manches  Wertvolle.  Aus  der  ^iXoxaXia  rtoy  U^y 
rixüiy  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  147,  636 — 812.  Ein  Prachtexemplar  dk 
Schrift  ist  der  codex  Taurin.  352  saec.  14.  —  Eallistos  wurde  später  Patriarch  von  " 
(1397;  und  verfasste  wahrscheinlich  die  K€(pttXaia  negl  ngooevx^s,  welche  einem  Ei~ 
zugeschrieben  werden  (bei  Migne  ebenda  813—817),  sowie  die  Gebete,  welche  Nikepl 
Eallistos  zugeteilt  wurden.  Sein  Glaubensbekenntnis,  das  besonders  auf  Soterichos 
eugenos  und  Barlaam  Bezug  nimmt,  und  2  Erlasse  edd.  Miklosichu.  Müller,  Acta  et 
mata  graeca  2  (Wien  1862)  293—95,  347—352.  Homilien  auf  Eirchenfeste  verzeii 
Fabricius,  Bibl.  gr.  10,  247,  259,  283.  Diese  gehören  aber  eher  seinem  gleichm 
Vorgänger  Eallistos  1.  Vgl.  §§67  u.  81.  —  Eine  kleine  Abhandlung  unter  dem  Nad 
jov  xvQov  KttXXiarov  rov  TrjXixovdrj  negi  i^v^aciuc^g  XQißrjg  bei  Migne  ebenda  81 7-| 
hat  Aehnlichkeit  mit  der  Schrift  des  Eallistos  und  Ignatios  und  geht  wohl  aus  denseO 
Ereisen  hervor.  Mit  dem  Patriarchen  Eallistos  ist  nicht  zu  verwechseln  Eallial 
Eataphugiotes,  von  dem  92  K6<paXat-a  negi  S^eiag  iytüceiog  xal  ßiov  SetoQtjtixov  ] 
Migne  a.  a.  0.  836—941  abgedruckt  sind.  Der  Stil  dieser  KefpaXaia  ist  ganz  abweiche! 
sie  stehen  inhaltlich  viel  höher  und  können  den  besten  Erzeugnissen  der  byzantinisol 
Mystik  zugezählt  werden.  Dieser  Eallistos  ist  ganz  unbekannt;  eine  nähere  Zeitbestimmi 
ist  aus  der  Schrift  selbst  nicht  zu  gewinnen.  Sie  zitiert  selten  frühere  Asketen  und  d| 
alte,  wie  Basilios,  Dionysios  Pseudoareopagites  und  Maximos.  , 

4.  Von  AlexiosMakrembolites  aus  dem  14.  Jahrhundert  bewahrt  der  cod.  Sabin 
417  zwölf  Schriften  meist  asketischen  Inhaltes.  Vgl.  A.  Papadopulos  Eerameus,  'leqm 
Xvfi.  ßi.ßXio».  2  (Petersburg  1894)  532-536.  Derselbe  Gelehrte  hat  ein  historisches  Sü 
von  Alexios  herausgegeben,  und  verspricht  noch  weiteres  zu  publizieren,  'AyäX,  'iBQocoki 
IiaxvoXoy,  1  (Petersburg  1891)  144—159. 

5.  Ausser  den  im  Vorstehenden  wiederholt  namhaft  gemachten  unedierten  Aal 
tikem  verzeichnen    wir   hier   eine    Reihe   anderer,   deren  Lebenszeit  sich  nicht  b 
stimmen  liess:  Daniel  monachos  scholastikos,  JidaaxaXia  ngog  aQ)[aQiovg  (jLoyaxovg 
cod.  Athous  4118  saec.  16,  Dionysios  monachos,  Organum  sapientiae  spiritualis  in  coi 
Paris.  350  s.  15  u.  Paris.  359  a.  1389,  Eusebios,  Presbyter  und  Mönch,  Opusculum  adven 
astronomos  in  cod.  Paris.  1098  saec.  11  fol.  89^—94,  Esaias,  Mönch  und  Priester  in  NU 
medien,  Sermo  de  liturgiis   in  cod.   Coisl.  301  saec.  14  fol.  2 — 3,   andere  asketische  i 
handlungen  unter  dem  Namen  eines  Esaias  presbyter  in  cod.  Paris.  Suppl.  gr.  28  saec. 
fol.   96^—101   gehören  vielleicht   dem  Abte  Esaias  aus  dem  4.  Jahrhundert  an,   desi 
Schriften  noch  unvollkommen  bekannt  sind,   Georgios  Nomophylax,  De  origine  na 
et  tentationibus  in   cod.   Paris.   Suppl.  gr.  64  saec.  15  fol.  36—44,   Hermaeos,   Möm 
ein  Brief  an  den  Abt  Dulas  und  dessen  Antwort  in  cod.  Paris.  1181  saec.  13  fol.  161  -IT 
Johannes  Eostometros,   Metropolit  v.  Chalkedon,  Opuscula  3  de  oblationibus  mysti 
in  cod.  Paris.  Suppl.  gr.  1089   saec.  16  fol.  20 — 24,  Jonannes,  Abt  auf  dem  Sinai. 
Abhandlungen   in  dem  cod.  Ambros.  M.  45  sup.,  Isakios  Eonstantinos,  De   statu  pi 
focti    hominis  11.  3  in  einer  Vatikanischen  Hs,    Eosmas  6    T^iyt^iXovxtogy   flegi  4 
yyoiaeiog  twy  oxjtu  Xoymfjuüy  in  cod.   Vatican.  Ottob.  459  saec.  15  fol.  67 — 108,   Luka 
Mönch  und  Presbyter,  Aoyog  Ttagaiystixog  ngog  nagS^iyovg  in  cod.  Vindob.  theol.  238  I 
221 — 235,  Michael,  Metropolit  von  Euchaita,  ein  Brief  asketischen  Inhalts  an  einen  MOa 
Johannes  in  cod.  Vallicell.  E  21  s.  14  fol.  162—169,  Nathanael,  Mönch,  asketische  Red 
in  codd.  Vatican.  Palatin.  364  saec.  14  foL  149-156^,  Marcian.  Class.  2,  87  saec.  14,  Sidrao 
Jlsgi  aydntjg  etc.  in  cod.  Bodl.  Miscell.  56  saec.  15  fol.  92—100,  Tfaeophanes  6  yiog  a 
€piX6ao(pog,  Aoyoi  didaxtixol  eig  tfjy  dexnXcyoy  in  cod.  Bonon.  bibl.  univers.  3642  a.  151 
vulgärgriechisch,   vielleicht  nicht  mehr   aus  der  byzantinischen  Zeit.    Aus  dieser  stanu 
die  anonyme  Erklärung  des  Dekaloges  in  cod.  Vindob.  theol.  188  fol.  15—24.  —  Anonya 
Sammlungen   sind   in   vielen    Hss  vorhanden,  z.   B.  in  codd.  Paris.   1137   A  saec.    1 
1138  saec.  14,  Coisl.  119  s.  15,  Vatican.  Reg.  48  s.  14,  Patmiac.  1  s.  11  und  302  saec.  1 

D.  Geistliche  Beredsamkeit. 
70.  Charakteristik.  Auf  keinem  Gebiete  der  Theologie  hat  d 
byzantinische  Kirche  so  viele  einzelne  Litteraturdenkmäler  hervorgebrad 
wie  auf  dem  der  geistlichen  Beredsamkeit ;  keines  hängt  ja  auch  so  inn 
mit  dem  praktischen  Eirchenleben  zusammen.  Die  Erinnerung  dara 
dass  die  Predigt  das  ordentliche  Verbreitungsmittel  der  christlichen  Leh 


L  Theologie.    D.  Qeisiliche  Beredsamkeit    (§  70}  161 

war.  bevor  die  ersten  theologischen  Schriften  geschrieben  wurden,  erhielt 
flch  in  der  griechischen  Kirche  immer  wach.     Die  hervorragende  Stelle, 
irelche  die  Predigt  in  der  ältesten  griechischen  Liturgie  inne  hatte,  wurde 
allerdings  später  eingeschränkt;  gepredigt  wurde  aber  auch  in  der  byzan- 
timsehen  Zeit  sehr  viel,  an  Sonn-  und  Festtagen  wohl  regelmässig,  und  be- 
sonders in  der  Fastenzeit.     Die  Trullanische  Synode  (692)  verpflichtete  die 
Bischöfe  ausdrücklich  dazu.   Religiöse  Vorträge  wurden  übrigens  nicht  bloss 
in  den  Kirchen  und  Klöstern  gehalten;  selbst  am  kaiserlichen  Hofe  hatte  sich 
die  Gewohnheit  herausgebildet,  die  nach  Eusebios  von  Käsarea  bis  auf  Kon- 
stantin den  Grossen  zurückginge,  dass  ein  religiöser  Vortrag  an  Sonn-  und 
Festtagen  vor  dem  Hofstaat  gehalten  wurde.   Dadurch  erklärt  sich  die  auf 
den  ersten  Blick  auffallende  Erscheinung,  dass  sich  Kaiser  und  hohe  Staats- 
beamten unter  den  byzantinischen  Homiletikern  und  Panegyrikern  vorfinden. 
VTie  die  byzantinische  Rhetorik  überhaupt,  so  ist  auch  die  geistliche 
Beredsamkeit  in  formeller  Hinsicht  abhängig  von    der  altgriechischen 
Rhetorik,  die  von  unübertroffenen  Meistern  des  Stiles  und  der  Rede  aus- 
gebildet worden  war.    Diese  Abhängigkeit  tritt  besonders  bei  den  Kanzel- 
rednem  des  9.  Jahrhunderts  und   der  Paläologenzeit  hervor,  die  sich  be- 
mühten,  ihre  Reden  mit  Zitaten  aus  den  Klassikern,   mit  mythologischen 
Anspielungen  u.  dgl.  auszuschmücken.     Noch  näher  lag  aber  für  die  Ge- 
samtheit der  byzantinischen  Homiletiker  der  Anschluss  an  die  grossen 
kirchlichen  Redner  des  4.  und  5.  Jahrhunderts,   die  auch   hier  die 
massgebenden  Vorbilder  wurden.     Als  solche  wurden  sie  auf  der  Trulla- 
nischen   Synode   (692)   ausdrücklich  proklamiert   durch    die  Bestimmung, 
dass  man  sich  bei  der  Unterweisung  des  Volkes  mehr  an  die  Väter  halten, 
als  eigene  Reden  vortragen  solle.    Jetzt  fing  man  an,  Homilien  von  früheren 
Kirchenvätern  zu  überarbeiten  und  dem  Geschmack  der  Zeit  anzupassen, 
gerade  wie  es  auch  im  Abendlande  üblich  geworden  war.     Ein  treffendes 
Beispiel  hiefÜr  ist  die  9.  Homilie  des  Kyrillos  von  Alexandrien,  die  nichts 
anderes  ist  als  die  Umarbeitung  seiner  4.  ephesinischen  Homilie.    Zugleich 
wurden  den  Kirchenvätern   des   4.  und  5.  Jahrhunderts  Homilien   unter- 
schoben, entweder  weil  sich  bei  diesen  keine  Homilien  gleichen  Inhaltes 
vorfanden,  oder  weil  man  den  neuen  Homilien  grössere  Autorität  verschaffen 
wollte.    Daher  die  grosse  Anzahl  von  unechten  Homilien  der  Kirchenväter, 
besonders  des  hl.  Chrysostomos,  der  ersten  rhetorischen  Grösse  des  christ- 
lichen Altertums,    dessen  Lob   zu  verkünden   die  Byzantiner   nicht  müde 
wurden.     Eine    weitere  Ausnützung  der  früheren  Redner  bestand  darin, 
I  dass  die  Stellen  aus  deren  Schriften,  die  denselben  Gegenstand  behandelten, 
f  gesammelt  und  zu  einheitlichen  HomiUen  verarbeitet  wurden.   Dazu  waren 
I  besonders  die  exegetischen  Kommentare  des  Johannes  Chiysostomos  mit 
j  ihren   umfangreichen  Paränesen    geeignet.      Neben    den    ^AnavO-iaiiaxa^ 
die  Theodoros  Daphnopates  im  10.  Jahrhundert  veranstaltete,  gibt  es  noch 
mehrere  anonyme  'ExXoyat  dieser  Art. 

Diese  Verhältnisse  brachten  es  mit  sich,  dass  dieselben  Reden  sowohl 
patristischen  als  byzantinischen  Autoren  und  selbst  wiederum  verschiedenen 
byzantinischen  Schriftstellern  zugeschrieben  werden,  und  daher  noch  manche 
Echtheitsfragen  zu  lösen  sind.     Wenn  nun  auch  die  Abhängigkeit  det 

<ta-  JJShr  AJiertaamwimenßcbM/t  IX,    /.  AbtJg.    2,  AvdL  11 


162  Byzantiniaohe  Litteratnrgeachiohie.    L  ProaaiBohe  Littenitiir. 

Homiletiker  von  der  patristisehen  Litteratur    nicht  so   weit   ging  als 
den  Exegeten,  so  ergibt  sieh  doch  aus  dem  Gesagten  die  Notwendig! 
einer  eingehenden  Quellenuntersuehung  als  der  unerlässliehen  Vorbedinj 
zu  einer  abschliessenden  litterarischen  Würdigung  der  byzantinischen 
miletik  und  Panegyrik.  Ob  sie  einen  inneren  Entwickeln ngsgang  dui 
gemacht  hat,  und  welches  dessen   einzelne  Stadien   sind,  lässt  sich 
Abschluss  jener  Voruntersuchungen  nicht  ermessen;    vorläufig    sind 
zwei  relative  Blüteperioden  im  9.  Jahrhundert  und  unter  den  Paläoloj 
wahrzunehmen.  j 

Im  grossen  und  ganzen  übertrifft  die  byzantinische  geistliche  !Bj 
redsamkeit  die  Predigtlitteratur  des  abendländischen  Mittelalters  vf 
möge  ihres  engen  Zusammenhangs  mit  der  griechischen  Klassizität  und  i 
folge  der  natürlichen  Rednergabe  der  Griechen.  Auf  die  Höhe  der  kirchlich^ 
Beredsamkeit  des  4.  Jahrhunderts  hat  sie  sich  aber  niemals  mehr  hinan 
geschwungen.  Vielmehr  haften  ihr  in  litterarischer  Beziehung  bedeute« 
Mängel  an,  Überschwenglichkeit  der  Lobsprüche,  allzugrosse  Häufung  vi 
rhetorischen  Figuren,  Tropen,  Antithesen,  Prosopopöien,  geschmackla 
Anwendung  des  Dialoges,  ermüdender  Gebrauch  der  Assonanz  und  Isokoli 
Langatmigkeit  und  Breite  der  einzelnen  Ausführungen,  Unebenheiten 
der  Anlage  des  Ganzen.  Dazu  kommt  ein  empfindlicher  Mangel  anhisti 
rischem  Sinn,  infolgedessen  Vorgänge  geschildert  und  den  gefeiert 
Persönlichkeiten  Reden  in  den  Mund  gelegt  werden,  die  zu  den  betreffend! 
Zeiten  und  Personen  durchaus  nicht  passen.  Über  die  Regeln  der  geü 
liehen  Beredsamkeit  scheint  man  wenig  reflektiert  zu  haben,  da  keil 
einzige  Theorie  derselben  aufgestellt  wurde.  Der  Inhalt  der  geistliche 
Reden  spiegelt  besser  als  irgend  welche  andere  Litteraturdenkmäler  i 
Eigentümlichkeiten  der  griechischen  Kirche  wieder,  ihre  Vorliebe  für  do, 
matische  Erörterungen  gegenüber  den  praktisch-kirchlichen  Tendenzen  d 
Abendlandes,  ihre  heitere  Auffassung  des  Christentums  gegenüber  d 
ernsten  Religiosität  der  germanischen  Völker,  aber  auch  ihre  starre  Eil 
zwängung  in  dieselben  Bahnen  und  ihren  Mangel  an  Verständnis  für  d 
Bedürfnisse  des  Volkes  gegenüber  dem  frisch  pulsierenden  Leben  und  d 
innigen  Verbindung  der  lateinischen  Kirche  mit  dem  Volke  und  sein« 
vielgestaltigen  Lebensformen. 

Als  litterarische  Hauptgattungen  können  unterschieden  werdei 
Festpredigten,  Panegyriken  auf  Märtyrer  und  Heilige,  Epitaphien  od< 
Grabreden  und  Homilien  im  engsten  Sinne  des  Wortes,  d.  h.  Erklärunge 
der  Evangelienperikopen  an  den  Sonntagen  des  Kirchenjahres.  Am  zah 
reichsten  sind  die  2  ersten  Gattungen  vertreten;  sie  entstanden  im  Ai 
Schlüsse  an  die  Feste  des  Herrn,  Maria  und  der  übrigen  Heiligen.  Di 
Festpredigten  auf  den  Herrn  und  die  hl.  Jungfrau  sind  in  der  Regel  dogmt 
tischen  Inhaltes.  Die  Panegyriken  auf  ,die  Märtyrer  und  Heiligen  sin 
nahe  verwandt  mit  den  Denkmälern  der  Hagiographie.  Abstrakt  genommei 
verfolgt  die  panegyrische  Rede  paränetische,  das  Heiligenleben  historisch 
Zwecke;  beide  Gesichtspunkte  sind  aber  bei  den  Byzantinern  meistei 
miteinander  vereinigt,  und  nur  das  Vorwalten  des  einen  gegenüber  dei 
anderen  kann   die  Zugehörigkeit   zu   der    einen  oder  anderen  Litteratui 


1  Theologie.    B.  Geistliche  Beredaamkeit.    (§  71)  163 

:tung  begrOnden,  die  im  einzelnen  oft  zweifelhaft  bleibt.  Am  spätesten 
tt  die  eigentliche  Homilie,  die  zur  patristischen  Zeit  beliebteste  Gattung, 
Hier  auf.  Das  Kirchenjahr  fand  in  der  griechischen  Kirche  nie  die 
heitliche  und  lebendige  Ausgestaltung,  welche  es  im  Abendland  durch 
1  engen  Anschluss  an  das  Naturjahr  empfing.  Die  einzelnen  Festkreise 
d  nur  lose  aneinander  gereiht,  und  die  dazwischen  liegenden  Sonntage 
rden  nicht  nach  den  Festen  benannt,  denen  sie  vorausgehen  oder  folgen, 
dem  nach  den  Evangelien,  die  an  denselben  verlesen  wurden.  Die 
"ste  Sammlung  von  Sonntagspredigten,  die  sich  über  das  ganze  Kirchen- 
r  erstreckt,  ist  die  des  Patriarchen  Johannes  Xiphilinos  von  Konstanti- 
•el  (t  1075),  während  sich  aus  der  früheren  Zeit  wenigstens  keine  er- 
ten  haben.  In  der  Folgezeit  mehrten  sie  sich;  die  meisten  derselben 
1  aber  entweder  ganz  oder  wenigstens  zum  grössten  Teil  noch  unediert. 

Katechese  verschwindet  mit  dem  Katechumenat  schon  vor  dem  Be- 
tt der  byzantinischen  Zeit.  Es  gibt  wenige  byzantinische  Theologen, 
er  deren  Schriften  keine  Homilien  oder  Panegyriken  vorhanden  sind, 
folgenden  werden  nur  jene  Schriftsteller  behandelt,  von  denen  uns  nur 
stliche  Reden  überliefert  sind,   oder  bei  denen  diese    die  Hauptmasse 

litterarischen  Nachlasses  bilden. 

1.  Sammelansgaben:  Bibliotheca  homiliarum  et  sermonum  priscorum  Ecelesiae  Pa- 
n.  in  4  Bden,  begonnen  von  Laur.  Cundius,  vollendet  von  Ger.  Mosanus,  Lyon  1588, 
b  mir  unzugänglich.  —  Homiliae  graeconun  Patram  ed.  Th.  Peltanns»  Ingolstadt  1579. 
F.  Greiser,  De  cmce  Christi,  2  (Ingolstadt  1600)  und  in  den  Opera  omnia  2,  Regensburg 
4  (zahlreiche  Homilien  auf  verschiedene  Feste  des  hl.  Kreuzes).  —  Petr.  Pantinus,  Gen- 
ies grmecorum  Patrum,  Antwerpen  1604.  —  Die  umfangreichste  Sammlung  ist  die  von  Fr. 
nbefis,  Bibliotheca  Patrum  concionatoria,  8  Bde,  Paris  1662  (nach  dem  Kirchenjahr 
rdnet;  die  griechischen  Homilien  nur  lateinisch ;  vgl.  Combefis,  RecensitiauctoresBiblioth. 
rom  concionator.,  Paris  1662).  —  A.  Ballerini,  Sylloge  monumentorum  ad  mysterium 
ceptionis  immaculatae  Virginis  illustrandum,  2  Bde,  Rom  1854—56  (viele  griechische 
rienbomilien).  —  Die  neugriechische  Hauptsammlung  ist  der  Stjoavqog  des  Studiten 
maskenos,  Venedig  1570  u.  öfters.  Sie  enthält  auch  6 Predigten  des  Presbyters  Albertos 
Hnos  aus  Chios.  Vgl.  £.  Legrand,  Bibliogr.  h^U^n.  2,  12  ff.  und  die  Notizen  von  Pb. 
yer,  B.  Z.  2  (1893)  358  f.  —  Jidaxai  des  Presbyters  Alexios  Rharturos  aus  Korkyra 
ehienen  1560.     Vgl.  Legrand,  Bibliogr.  h^ll^n.  1,  308  ff.;  2,  356  ff. 

2.  Hilfsmittel:  R.  Rotbe,  Geschichte  der  Predigt,  hersg.  von  A.  Trümpelmann, 
>men  1887  S.  158—171,  202—209  (sehr  unvollständig).  —  N.  Katajev,  Geschichte  der 
lijgt  iB  der  russischen  Kirche,  deutsch  von  A.  M  ar k  o  v ,  Stuttgart  1890  (mir  unzugänglich).  — 
R  Zusammenhang  der  christlichen  Beredsamkeit  mit  der  antiken  Rhetorik  vgl.  Job.  Bauer, 
>  Trostreden  des  Gregorios  von  Nyssa  in  ihrem  Verhältnis  zur  antiken  Rhetorik,  Mar- 
f  1S92.  Dazu  die  Bemerkungen  von  Job.  Dräseke,  Wochenschrift  f.  klass.  Philol.  1892 
1176  ff.  —  B.  Tb.  P^vnickij,  Die  Bildung  der  hl.  Predigerväter  im  4.  Jahrhundert, 
idy  Kievskoj  duch.  ak.  1892,  3-61,  261-304.     Vgl.  B.  Z.  2  (1893)  347. 

'  3  L.  Allati  US,  De  libris  eccles.  Graecorum,  Paris  1645  S.  93 — 95  verzeichnet  unter 
I  griechischen  Kirchenbüchern  das  Jlayrjyvgixov,  als  Sammlung  von  Reden  auf  die 
ie  des  Herrn  und  der  Heiligen.  —  Sammelcodices  von  geistlichen  Reden  sind  sehr  zahl- 
fh  ond  reichen  bis  ins  9.  Jahrhundert  zurück,  wie  z.  B.  cod.  Paris.  766.  Die  Anord- 
lg  der  Homilien  ist  verschieden:  nach  Monaten  und  Tagen  oder  ohne  bestimmtes  Ord- 
ig«prinzip,  teils  mit  untermischten  Heiligenleben,  teils  ohne  dieselben.  Eine  Unter- 
bong  des  ausgedehnten  Hssmaterials  fehlt.  Manche  dieser  Hss  müssen  bei  der  Erfor- 
ang  der  Legendenmenäen  mitberücksichtigt  werden. 

71.   Ckregorios  irgrjYOQiog),  Patriarch  von  Antiochien,  war  nach  dem 

agnisse   des  Johannes  Moschos  Vorsteher  des  Boosters  rwv  Bv^mtiiov 

Syrien,  der  Laura  Pharan  und  zuletzt  des  Sinaiklosters,  als   er  von 

tstinns  IT   an   Stelle   des  vertriebenen  Anastasios    (vgl.  §  10)    auf   den 

itriarchalstuhl  von  Antiochien  erhöhen  wurde  (570 — 93).   Der  GeachicYAr 

11* 


164  Byzantinisohe  Litieratnrgeachiehte.    L  Prosaische  Litieratiir. 

Schreiber  Euagrios  stand  ihm  sehr  nahe;  als  Gregorios  sich  in  Konstadl 
nopel  verantworten  musste,  begleitete  er  ihn  als  Anwalt.  In  seiner  Eirchi 
geschieh  te  gibt  er  eine  Reihe  von  biographischen  Angaben  über  seifli 
Gönner,  mit  dessen  Tod  er  sein  Geschichtswerk  abschliesst.  Er  teilt  dal 
den  Wortlaut  der  Rede  mit,  welche  Gregor  an  das  aufständische  Heer  • 
Litarba  hielt  und  die  von  Erfolg  gekrönt  wurde.  Gregor  weiss  geschic 
an  den  Ruhm  des  römischen  Heeres  und  an  einen  Soldaten  wie  Manu 
Torquatus  zu  erinnern.  Von  den  eigentlichen  Homilien  Gregors  hak 
sich  nur  wenige  erhalten,  eine  auf  das  Leiden  und  die  Auferstehung  q 
zwei  auf  die  Taufe  des  Herrn,  die  Gregor  an  zwei  aufeinander  folgend 
Sonntagen  hielt.  Gregor  schliesst  sich  streng  an  die  Berichte  der  Evi 
gehen  an. 

1.  Ausgab  od:  Die  Anrede  an  das  rOmische  Heer  bei  Euagrios,  Histor.  eccl.  1.  6, 
—  Diese  und  die  3  anderen  nach  den  Drucken  von  Combefis  und  A.  Mai  bei  Migt 
Patr.  gr.  88,  1845—1886.  —  Die  Homilia  in  sanctum  Pascha  in  cod.  Paris.  1174  saec.  12 
225 — 231^  scheint  davon  verschieden  zu  sein.   —   Eine  Homilie   Eis  roy  imatpiacfiov 
KvQiov  steht  in  cod.  Athous  3605  s.  10. 

2.  Hilfsmittel:  Biographisches  bei  Euagrios,  Hist.  eccl.  1.  5,  6,  9;  1.  6,  7,  11— 
19,  20,  24,  bei  Johannes  Moschos,  Pratum  spirituale  c.  139  u.  140.  —  Gregor  der  Qro 
Registr.  epistol.  1.  5,  18;  1.  9,  68,  richtete  2  Briefe  an  ihn. 

3.  Dem  6.  Jahrhundert  gehört  auch  der  Mönch  Alexander  an,  von  dem  wir  ei 
umfangreichen  Aoyog  elg  rijy  evgsaiy  tov  rtfiiov  xai  C(*i(moiov  aravgov  besitzen.  Auf 
Erzählung  von  der  Auffindung  des  Kreuzes,  die  weit  ausholt  und  bis  zur  Schöpfung  a 
Dinge  durch  den  Logos  zurückgeht,  folgt  ein  Enkomion  auf  das  Kreuz  in  der  fibUo 
byzantinischen  Rhetorüc,  die  es  wahrscheinlich  macht,  dass  das  Ganze  eine  Rede  bei  An 
des  Kreuzauffindungsfestes  ist.  Ed.  pr.  J.  Gretser,  Opera  omnia  2  (Regensburg  1' 
1—30;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  87,  3,  4015  - 4076.  Ebenda  4077 -4087  ein  ku 
Auszug.  Demselben  Alexander  wird  ein  Enkomion  auf  den  Apostel  Barnabas  xi 
schrieben,  das  allem  Anscheine  nach  in  der  Bamabaskirche  auf  Cypern  gehalten  wa 
Damach  wird  Cypern,  speziell  Salamis,  als  die  Heimat  Alexanders  angenommen.  Ffir 
Identität  des  Verfassers  kann  die  Gleichheit  der  Anlage  und  der  Rhetorik  in  den  bei 
Reden  geltend  gemacht  werden.  Eine  nähere  Untersuchung  fehlt.  Die  Rede  auf  den 
Barnabas  latein.  bei  Migne  a.  a.  0.  4087—4106.  Vgl.  dazu  R.  Lipsius,  Die  apokiyp 
Apostelgeschichten  und  Apostellegenden  2  (Braunschweig  1884)  2,  298—804.  —  Von  < 
Presbyter  Timotheos  in  Antiochien,  der  um  535  lebte,  ist  eine  Homilie  auf  die  Ver 
rung  des  Herrn  gedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  1,  256—265.  —  Ebenda  237—252 
einem  anderen  zeitgenössischen  Timotheos,  Presbyter  von  Jerusalem,  eine  Hon 
auf  den  hl.  Symeon.  —  Abramios,  Bischof  von  Ephesos  im  6.  Jahrhundert,  hinterl 
eine  Homilie  auf  die  Vorstellung  des  Herrn  im  Tempel,  die  noch  unediert  ist  (codd.  Fi 
1174  saec.  12  fol.  102—106  u.  1190  a.  1568  fol.  108^—110,  Taurin.  1488.  15  fol.  33^— 

72.  Modestos  (Md(ff(Xroc),  Abt  des  Theodosiosklosters  in  der  Wfl 
Juda,  dann  Stellvertreter  und  Nachfolger  des  Patriarchen  von  Jerusal 
Zacharias  631 — 634,  zog  schon  die  Aufmerksamkeit  des  Photios  auf  si 
Dieser  gibt  Auszüge  aus  zwei  Homihen  Elg  Tag  invQog^ogovg^  Elg  ttjv  w 
navxrjv^  die  wir  nur  dadurch  kennen,  und  erwähnt  eine  dritte,  die  im  Dnit 
vollständig  vorliegt.  Sie  verbreitet  sich  in  überschwenglicher  Rheto 
über  den  Tod  und  die  leibliche  Aufnahme  der  hl.  Jungfrau  in  den  Himn 

14  Sätze  beginnen  mit  'i2  na/xfiaxagfa  xoipLrflig  rr^g  vnegevdo^ov  ^etno^ 

15  mit  XaiQoig,  11  mit  Q  tsQOifOQe  axffiTiov.  Photios  hat  den  Unterseh 
zwischen  dieser  Rede  und  den  beiden  anderen  nicht  übersehen;  doch  sehe 
er  die  Echtheit  nicht  in  Frage  gestellt  zu  haben. 

1.  Die  von  Photios  erhaltenen  Fragmente  stehen  in  seiner  Biblioth.  cod.  275,  Mig 
Patr.  gr.  104,  244  f.  —  Die  Homilie  Eis  rtjv  xoifdrjaiy  jrjg  Gbotoxov  bei  Migne,  Patr. 
86.  2,  3277—3312.  —  Ebenda  3238—3268  ein  Opusculum  De  persica  captivitate,   das  i 
vielleicht  den  Patr.  Zacharias  zum  Verfasser  hat.   —   Fragmente  des  Modestos  bietet 
PaahnenkateDe  im  coä,  Taur.  342  s.  7—8  fol.  207,  208^,  209^  216,  246^  u.  s.  w. 


t  Theologie.    D.  Oeiatliche  Beredsamkeit.    (§§  72—73)  165 

2.  Die  ganz  legendäre  und  apokryphe  Lebensbeschreibung  des  Modestos  in  zwei 
Fusionen,  ed.  pr.  Chr.  Loparev,  "J&Xtjing  rov  dylov  Mo&iatov  dqxiBnia*.  'hqovoX,^ 
akmaler  des  alten   Schrifttums  Heft  91  (Petersburg  1892)  15—55,   bezieht  sich  nicht 

den  historischen  Patriarchen,  sondern  gehört  zu  der  Gattung  der  apokryphen  Legenden. 

3.  Ein  £nkoniion  des  £rzbischofs  Plotinos  von  Thessalonike  auf  den  Märtyrer 
metrios  ed.  pr.  Theoph.  Joannu,  MyfjfdeTa  dytoXoy.^  S.  40 — 53.  Nach  dem  Heraus- 
^r  lebte  der  sonst  unbekannte  Plotinos  zur  Zeit  des  Kaisers  Phokas  (602—10). 

73.  Andreas  {Uvdgeag),  Erzbischof  von  Kreta,  wurde  um  die  Mitte 
s  7.  Jahrhunderts  in  Damaskos  geboren  und  lebte  lange  Jahre  als  Mönch 
Jenisalem,  daher  auch  sein  Beiname  Hierosolymites.  Theodor,  Patriarch 
n  Jenisalem,  schickte  ihn  als  seinen  Vertreter  auf  das  6.  Konzil  (680), 
dessen  Akten  er  als  ToTroTr^grjtrjg  zov  ajioaicXixov  O-Qivov  ^hgoaoXvfjiüov 
zeichnet  wird.  Unter  Philippikos  Bardanes  (711 — 713),  der  den  Mono- 
eletismus  noch  einmal  zur  Geltung  bringen  wollte,  trat  er  mit  anderen 
schüfen  auf  dessen  Seite,  kehrte  aber  nach  dem  Sturze  des  Kaisers  ziu* 
thodoxen  Lehre  zurück.  Nach  einem  Fragment  über  die  Verehrung 
r  Bilder,  das  ihm  in  cod.  Paris.  1630  zugeschrieben  wird,  erlebte  er 
ch  den  Ausbruch  des  Bilderstreites  unter  Leo  dem  Isaurier.  Unter  dieser 
)raussetzung  fällt  sein  Todesjahr  nicht  vor  726. 

Der  grösste  Teil  des  Utterarischen  Nachlasses  des  Andreas  besteht 
5  Reden  auf  Feste  des  Herrn,  Maria  und  anderer  Heiligen,  und  aus 
)nntag8homilien.  Dieselben  scheinen  alle  aus  der  Zeit  seiner  Wirk- 
mkeit  als  Erzbischof  von  Kreta  zu  stammen;  von  einigen  wie  von  der 
ü8trede  auf  Titos,  auf  die  Enthauptung  des  Johannes  Baptistes  steht  das 
9t.  Andreas  gibt  die  Disposition  seiner  Reden  immer  genau  an  und  be- 
üirt  sich  überall  als  dogmatisch  geschulten  Rhetoriker.  Bei  den  Fest- 
den  auf  Heilige  benutzte  er  wahrscheinUch   ältere  Vorlagen,   wie  z.  B. 

der  Rede  auf  den  hl.  Nikolaos  von  Myra,  wo  er  dies  ausdrücklich  be- 
?rkt.  Bei  den  übrigen  schliesst  er  sich  meistens  an  die  Perikope  des 
rangeliums  an.  Ausser  den  22  gedruckten  Reden  geht  noch  eine  Zahl 
edierter,  welche  derjenigen  der  gedruckten  fast  gleich  kommt,  unter 
inem  Namen.  Nicht  selten  werden  dieselben  Reden  aber  auch  anderen 
imiletikem  zugeschrieben:  ein  Umstand,  der  eine  bestimmte  Umgrenzung 
nes  litterarischen  Eigentums  schwierig  macht.  Andreas  darf  wohl  als 
r  beste   kirchliche  Redner  der  byzantinischen  Zeit  bezeichnet  werden. 

Über  Andreas  als  Dichter  vgl.  Krumbacher. 

1.  Ausgaben:  21  Reden  nach  Fr.  Gombefis'  Ausgaben  bei  Migne,  Patr.  gr.  97, 
»-  1301.  —  Die  Rede  auf  den  Apostel  Jakobus  ed.  pr.  A.  Papadopulos-Kerameus, 
ikginn  UgoaoX.  ciaxvoXoylas  1  (Petersburg  1891)  1 — 14.  Vgl.  dazu  J.  Haussleiter, 
:8cbr.  f.  Kircfaengesch.  14  (1893)  73 — 76.  —  Ein  weiteres  Uomilienfragment  ed.  Sak- 
ioD,  BtßUodijxrj  Jlatf^taxtj,  Athen  1890  S.  330  f.  —  Das  Fragment  De  imaginum  sanc- 
im  Teneratione  aus  cod.  Paris.  1630  saec.  14  ed.  Boissonade,  Anecd.  gr.  4,  471; 
Higne  a.  a.  0.  1301—1304. 

2.  Hilfsmittel:  Eine  Liste  von  18  unedierten  Homilien  bei  Fabricius,  Bibl.  gr. 
^  f .  Es  fehlen  in  dieser  Liste  z.  B.  Enkomiura  in  martyres  Gretenses  (cod.  Taurin.  80 
.  13  fol.  21 — 28^),  Homilia  in  silentium  S.  Zachariae  et  nativitatem  S.  Joannis  (cod. 
L  304  saec.  14),  eine  2.  Homilie  in  Lazarum  (cod.  S.  Sepulcr.  133  a.  1592  fol.  432^  bis 
..  -  -  Die  handschriftliche  Zueignung  von  Kommentaren  zur  hl.  Schrift  beruht  auf 
rechslnog  mit  Andreas  von  Käsarea  in  Kappadokien.  —  3  Programme  über  Leben  u. 
xften   des  A.  v.  K.  von  6.  Wall  in,  Upsala  1730—32,  blieben  mir  unzugänglich. 

8.  Zum  Leben:  Einige  Nachrichten  fiber  Andreas'  Leben  stehen  in  einer  späteren 
iDsioo  seiner  Rede  auf  den  hl.  Patapios,  bei  Migne  a.  a.  0.  1232—1153.  —  Eine  Vita 


166  Byzantinische  LitteratorgeBohiohte.    L  Prosaische  Litieratnr. 

Andreae  Cretcnsis  in  cod.  Escorial.  319  saec.  12  fol.  199—209.   Eine  Vita  Andreae  Cretei 
von  Niketas  Patrikios  in  den  codd.  Athoi  48  s.  15»  1565  s.  14,  3682  s.  16.  —  Biographi 
Angaben  aus  dem  Triodion  stehen  in  Gretsers  Ausgabe  des  Georgios  Kodinos  bei  Migni 
Pah^.  gr.  157,  355  f.    —   Eine  griechische  Vita  mit  italienischer  Uebersetzung  ed.  Nik( 
phoros  Pasch ale,  Venedig  1673  (mir  unzugänglich). 

4.  Eine  Stelle  aus  einer  Rede  auf  alle  Märtyrer  von  Eonstantinos,  Diakon  ai 
Chartophylax  an  der  Hagia  Sophia  in  Epel,  wurde  in  der  7.  allgemeinen  Synode  vorgeles 
(787).  Die  ganze  Rede  ed.  pr.  A.  Mai,  Snicileg.  Roman.  10  (Rom  1844)  94—168;  abt 
druckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  88,  480—528.  Aus  dem  Texte  ist  eine  nähere  Zeitbestii 
mung  zwischen  6.-8.  Jahrhundert  nicht  zu  gewinnen.  Früher  als  das  6. --7.  Jabrhand< 
darf  sie  jedenfalls  nicht  angesetzt  werden :  der  historische  Hintergrund  ist  völlig  ver8chwund< 
die  Märtyrer  sprechen  wie  die  byzantinischen  Theologen. 

5.  Johannes,  Presbyter  (um  744)  und   nachher  Bischof  von   Euböa,   hinterli< 
einige  Homilien,  von  den  2  ediert  sind,  bei  Migne,  Patr.  gr.  96,  1460—1506.   Sie  fei« 
die  Empfängnis  Maria  und   das  Martyrium   der  unschuldigen  Kinder  zu  Betlehem.     Eil 
Homilie  auf  die  Geburt  des  Herrn  steht  in  cod.  Paris.  1179  saec.  11  foL  95—103. 

74.  Georgios  {reoiQyiog),  Metropolit  von  Nikomedien  in  Bithynien,  wj 
als  Chartophylax  an  der  Hagia  Sophia  mit  Photios  eng  befreundet  und  wur< 
von  diesem  um  860  zum  Metropoliten  von  Nikomedien  geweiht, 
solcher  stand  er  in  reger  Korrespondenz  mit  Photios,  dem  er  auch  im  üi 
glück  treu  blieb.  Von  seinen  vielen  geistlichen  Reden,  deren  Zahl  auf  17d 
angegeben  wird,  sind  nur  9  im  Urtexte  veröffentlicht.  Die  meisten  deiJ 
selben  beziehen  sich  auf  Marien  feste  und  offenbaren  einen  gänzlicheq 
Mangel  an  historischem  Sinn.  Er  beruft  sich  in  der  Regel  auf  apokryph^ 
Schriften ;  in  der  Ausmalung  der  Situationen  im  Leben  Maria  legt  er  eini 
unbeschränkte  Phantasie  an  den  Tag.  Die  hl.  Schrift  tritt  ganz  in  den 
Hintergrund;  um  so  breiter  sind  die  theologischen  Erörterungen.  Übrigeni 
ist  sein  litterarisches  Eigentum  von  dem  anderer  Träger  des  beliebteij 
Namens  Georgios  sowie  anderer  Homiletiker  abzugrenzen. 

1.  Ausgaben:  Ippolito  Maracci  wollte  seine  Marienhomilien  unter  dem  Tita! 
Mariale  Georgii  Nicomediensis  herausgeben.  —  Die  gedruckten  Homilien  gesammelt  bei 
Migne,  Patr.  gr.  100,  1336—1528  (10  Homilien,  wovon  eine  nur  lateinisch).  —  Unedieiii 
finden  sich  in  manchen  Hss.  Mehrere  kommen  auch  unter  anderen  Namen  vor;  so  wir! 
z.  B.  in  cod.  Monac.  146  a.  1012  fol.  369—383  eine  seiner  Homilien  einem  Theodorofl^ 
Presbyter  und  Sjnkellos  in  Epel,  zugeschrieben. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  12,  9—14.  —  Ueber  seinen  Anteil  an  del 
Ignatianischen  Wirren  s.  J.  Hergenröther,  Photius  2,  212,  218,  267  u.  s.  f. 

3.  Andere  Homiletiker  des  9.  Jahrhunderts:  1.  Christophoros,  Patriareli 
von  Alexandrien  (f  836),  hinterliess  eine  kurze  Homilie,  worin  er  das  Gleichnis  von  den 
Hausbesitzer  und  der  Schlange  entwickelt,  bei  Migne,  Patr.  gr.  100,  1216-1232.  Eis 
Brief,  den  er  mit  Job  von  Antiochien  und  Basilios  von  Jerusalem  in  Sachen  des  Bilder- 
streites an  Kaiser  Theopbilos  richtete,  steht  unter  den  Schriften  des  Johannes  v.  Damaskoi 
bei  Migne,  Patr.  gr.  95,  343-385.  —  2.  Von  Prokopios,  Diakon  und  Chartophylax,  iai 
nur  eine  Lobrede  auf  den  Evangelisten  Markos,  die  sich  als  Bestandteil  einer  grösseren 
Sammlung  kundgibt,  gedruckt  in  den  Acta  SS.  April.  3  S.  XLVlll  — L;  wiederholt  bei  Migne, 
Patr.  gr.  100,  1188-1200.  Prokopios  vergleicht  darin  Markos  mit  Pythagoras,  Demokritoi^ 
Orpheus  und  macht  Anspielungen  auf  die  griechische  Mythologie.  Eine  grössere  Anzahl 
von  Reden  auf  andere  Apostel,  den  Märtyrer  Prokopios,  die  Erzengel  Michael  and  Gabriel  u.  m. 
ist  in  Hss  erhalten.  Eine  derselben  feiert  das  Fest  der  Orthodoxie  (843);  andererseits  geht 
die  paläographische  Ueberlieferung  bis  in  das  10.  Jahrhundert  zurück.  —  3.  Michael  Syn« 
k  eil  OS  von  Jerusalem,  ein  Zeit-  und  Leidensgenosse  des  Theodoros  Studites,  verfasste  ein  En* 
komion  auf  Dionysios  den  Pseudoareopagiten.  Ed.  pr.  Paris  1547  S.  9-35;  bei  Migne,  Patr, 
gr.  4,  617—668.  Ein  Fragment  aus  seinem  Enkomion  auf  Ignatios,  Patriarchen  von  Kpel,  ed. 
Raderus,  Acta  Concilii  octavi,  Ingolstadt  1604  S.  196-200;  volLstftndig  erhalten  z.  B.  in 
cod.  Escorial.  344  saec.  16  fol.  84—158.  —  Sein  Glaubensbekenntnis,  AißsXXog  rtegi  rfi 
oQ&o&o^ov  niarettis,  ed.  pr.  Montfaucon,  Bibl.  Coisl.  S.  90 — 93  aus  cod.  Coisl.  34  saec.  12. 
—  Handschriftlich  sind  noch  andere  Enkomien  des  Michael  Synkellos  erhalten,  s.  B.  eim 
Rede  auf  Johannes  den  Täufer  (cod.  Paris.  1521  saec.  12  fol.  53—61),  auf  die  Erzengel 
Michael  und  Gabriel  (cod.  Coisl.  146  saec.  14  foL  217—233).  —  Eine  unedierte  anoayiii€ 


1  Theologie.    D.  OeiBÜiche  Beredsamkeit.    (§§  74—75).  167 

Biographie  des  Michael  Synkellos  steht  in  cod.  Januens.  38  saec.  10  fol.  7—44.  —  4,  Von 
Methodios,  Patr.  von  Epel  (842— 46),  gebürtig  aus  Syrakus,  sind  nur  einige  Homilien 
und  Briefe  gedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  100,  1272*1325.  Dazu  kommen  das  Martyrium 
des  Paeudoareopagiten  bei  Migne,  Patr.  gr.  4,  669 — 684,  und  2  Reden  auf  den  hl.  Nikolaos 
roD  Myra,  ed.  pr.  N.  C.  Falconius,  Sancti  Nicolai  acta  primigenia,  Neapel  1751  S.  39—74. 

—  Eine  weitere  Rede  auf  den  Märtyrer  Agathonikos  in  cod.  Vallicell.  B  34  saec.  12 
fo).  129^  ff.  —  Nach  dem  Bdenaeum  schrieb  er  gegen  die  Bilderfeinde,  und  sein  Biograph 
erwähnt  Tofiovi  doyfiarixovg  rjioi,  öqovg  oQ&oäo^iagy  die  Methodios  dem  Kaiser  Michael  II 
&b«rreichte.  Ein  Myog  negi  xuiv  liyibiv  eixöytjy  wurde  in  der  That  von  E.  A.,  1893  veröffent- 
licht. Vgl.  B.  Z.  4  (1895)198.  —  Seine  Biographie  des  Chronisten  Tb eophanes  Confessor 
and  der  Gemahlin  desselben  Megalo  ist  lückenhaft  erhalten  in  dem  cod.  Mosq.  Synod.  160. 
Vgl.  B.  Z.  2  (1893)  312.  ~  Scholien  zu  dem  Martyrium  der  hl.  Marina  ed.  pr.  H.  Usener, 
Acta  S.  Marinae  et  S.  ChristoDhori,  Bonn  1886  S.  48—53.  Vgl.  §  82  Anm.  1.  Diese 
Scholien  sind  von  Interesse,  weil  sie  zeigen,  wie  Methodios  die  wunderbaren  Begebenheiten 
dorch  AUegonsierung  umzudeuten  suchte.  —  Die  anonyme  Biographie  des  Methodios 
&  bei  Migne,  Patr.  gr.  1244 — 1261.  -  Vgl.  J.  Logoteta,  Commentarius  critico-theologicus 
de  Methodio  Syracusano,  Catania  1786.  —  5.  Pantaleon,  Diakon  in  Kpel,  wurde  ins 
13.  Jahrhundert  gesetzt;  diese  Zeitbestimmung  wird  schon  durch  die  handschriftliche 
Ueberliefenmg  widerlegt,  die  mit  cod.  Marcian.  Cl.  2,  17  bis  in  das  9.  Jahrhundert  zurück- 
reicht, vorausgesetzt,  dass  Pantaleon  Diakonos  mit  Pantaleon,  Presbyter  des  Klosters  tuiy 
Br^ctrrcwy,  identisch  ist.  Unter  beiden  Namen  geht  eine  Anzahl  von  Homilien,  aus  der 
6  veröffentlicht  sind.  Nach  früheren  Drucken,  2  davon  nur  lateinisch,  bei  Migne,  Patr. 
p-.  98,  1244—1269;  140,  573—592.  Sie  beziehen  sich  auf  verschiedene  Feste  des  Herrn, 
«od  geringen  Umfanges  und  rein  theologischen  Inhaltes.  —  Eine  Schrift  De  erroribus 
liraeconun,  die  zur  späten  Datierung  Pantaleons  den  Anlass  gab,  stammt  aus  lateinischen 
Kreisen;  gedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  140,  487—574.  —  6.  Petros,  Bischof  von  Argos 
(t  nach  920),  geboren  um  850,  verfasste  nach  dem  Zeugnis  seines  Biographen  viele  Enko- 
mien  auf  Märtyrer  und  Heilige,  von  denen  nur  4  bisher  ediert  wurden;  2  davon 
feiern  die  hL  Anna,  ein  drittes  die  Hll.  Kosmas  und  Damian,  das  vierte  ist  eine  Grabrede 
auf  Athanasios,  Bischof  von  Methone.  Obgleich  Petros  wiederholt  sein  rhetorisches  Un- 
vermögen ausspricht,  bewährt  er  sich  in  allen  4  Reden  als  ein  üppiger  byzantinischer 
Rhetoriker.  In  der  Grabrede  auf  Athanasios  findet  er  die  Gelegenheit  Lykurg,  Homer, 
Solon,  Klisthenes,  Sokrates  u.  a.  zu  erwähnen;  diese  klassischen  Erinnerungen  sind  ihm 
ebenso  geläufig  als  die  biblischen  Namen  Isaac,  Jakob,  Joseph,  Job,  Moses,  Aaron,  Phinees, 
David,  Daniel,  Johannes  der  Täufer  und  die  Apostel,  mit  denen  er  den  Bischof  von  Methone 
in  Ver|;leich  bringt.  Der  Aoyog  negl  q>vyrjqy  den  er  verfasste,  als  er  das  Erzbistum  Korinth 
aasBchlag,  ist  noch  nicht  wiedergefunden  worden.  Die  4  Reden  nebst  der  Vita  ed.  zum 
Teil  zum  erstenmal  J.  Cozza-Luzi,  Nova  Patr.  bibl.  9  (Rom  1888)  3,  1—80,  mit  einer  Ein- 
leitung ebenda  S.  XXII— XLIV.  Vgl.  auch  Daniel,  Bischof  von  Argos,  UxoXov&ia  tov  natg, 
rfi.  SJeTQov  aQx^f^'i  Athen  1870.  —  2andere  Reden  stehen  in  cod.  Lesb.  S.  Joan.  7  s.  13  fol.  137^  ff. 
7.  Von  Theophanes,  Metropoliten  von  Käsarea  in  Kappadokien  um  886,  ist  eine  Rede  auf 
die  Märtyrer  Menas,  Hermogenes  und  Eugraphos  erhalten  in  cod.  Paris.  1458  saec.  11  fol. 
V7— 107^.  —  6,  Arscnios,  Bischof  von  Kerkyra  im  9.  Jahrhundert,  hinterliess  3  Enkomien 
laf  die  Hll.  Andreas,  Barbara  und  Therinos.  Die  2  ersten  ed.  Mustoxidi,  Delle  cose 
Corcireai,  Corfu  1848  S.  XXIII— XXXIV,  das  3.  ed.  Sp.  Lampros,  KegxvQatxd  'Ayixdoxa^ 
.4theD  1882  S.  9—22.  —  9.  Mehrere  Homilien  sind  von  dem  Erzbischof  Joseph  von  Thes- 
falonike,  dem  bekannten  Hymnendichter  (f  um  830),  erhalten.  Das  Enkomion  auf  De- 
■etrios  von  Thessalouike  ed.  Arsenij,  Moskau  1889.   Vgl.  E.  Kurtz,  B.  Z.  2  (1893)  631  f. 

-  Ein  weiteres  auf  den  Apostel  Bartholomaeos  lateinisch  bei  Migne,  Patr.  gr.  105,  1421 
lö  1427.  Andere  sind  noch  unediert,  z.  B.  eine  Homilie  auf  den  hl.  Lazaros  in  cod.  Athous 
1U37  8.  13. 

75.  Niketas  David  {Nixr^rag  Javfd),  Bischof  von  Dadybra  in  Paphla- 
gonien  (+  um  890),  mit  den  Beinamen  Philosophos,  Rhetor  und  Paphlagon, 
die  von  einigen  auf  zwei  Personen  verteilt  wurden,  ist  neben  Photios  der 
hervorragendste  Panegyriker  des  9.  Jahrhunderts.  Er  ist  der  Verfasser 
einer  Reihe  von  geistlichen  Reden,  von  denen  20  im  Druck  vorliegen. 
Darunter  sind  die  Lobreden  auf  die  Apostel  interessant,  weil  sie  den  voll- 
ständigen Mangel  an  historischem  Verständnis  für  die  apostolischen  Zeiten 
aof  das  klarste  darthun.  Wie  in  dieser  Kritiklosigkeit,  so  zeigt  er  auch 
in  seiner  Rhetorik  grosse  Ähnlichkeit  mit  Georgios  von  Nikomedien.     So 


168  Byzantinische  Idtteratnrgescliiohie.    L  ProMdsohe  litteratnr. 

besteht  die  Festrede  auf  Petrus  und  Paulus  aus  einer  einzigen  Apostrophe 
Fast  regelmässig  kehrt  am  Schlüsse   das  endlose  XaTgs  wieder.     Für 
Apostelreden  hat Niketas  die  apokryphen  Apostelgeschichten  als Haupl 
quelle  benutzt;   für  die  übrigen  frühere  Märtyrerakten  und  Heilige 
legenden.     Die  Rede  auf  die  Märtyrer  Eustathios  und  Theopiste  bei 
auf  Akten,  die  Niketas  im  wesentlichen  wiedergab,  aber  bis  zur  Unkenni 
lichkeit  mit  rhetorischen  Floskeln  ausschmückte.   Er  ist  ein  Vorläufer  di 
Symeon  Metaphrastes.     Von    historischem  Wert  ist  nur  die  Biographie 
des   Ignatios  von  Eonstantinopel,  worin  Niketas  sich  scharf  geg< 
Photios  wendet. 

1.  Ausgaben:  20  Festreden  nach  den  Drucken  von  Fr.  Combefis,   besonders 
Auctarium  novissim.  1  (Paris  1672)  327—477,  gesammelt  bei  Migne,  Patr.  gr.  105,  16—^ 
Die  Lobrede  auf  Gregor  von  Nazianz  nur  lateinisch.    Der  griechische  Text  z.  B.  in 
Paris.  133  saec.   11  fol.  167—189.    —   Weitere  Panegyriken  auf  die  drei  Jünglinge 
Feuerofen,  die  Märtyrer  Stephanos,  Kosmas  und  Damian,  Johannes  Chrjsostomos,  Prokoptc 
Panteleemon,  Theodoros  u.  a.  in  mehreren  Hss,  besonders  in  cod.  Paris.  1180  saec.  10. 
Die  Vita  Ignatii  Cpolit.  ed.  pr.  M.  Raderus,  Acta  Concilii  octavi,  Ingolstadt  1604  8.  78*191 
wiederholt  bei  Migne  a.  a.  0.  488—573.  --  Ebenda  576  f.  nach  Drucken  von  A.  Mai 
mente  aus  einem  Lukaskommentar,   die  aber  wohl  nur  Auszüge  sind  aus  Reden, 
Niketas  das  Lukasevangelium  heranzog. 

2.  Hilfsmittel:  L.  Allatius,  Diatriba  de  Nicetis  ed.  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl. 
2,  3—8.  —  Fabricius,  Bibl.  gr.  7,  747— 749.  —  Ueber  eine  Schrift;  gegen  das  ungesänei 
Brot  der  Lateiner,  die  ihm  handschriftlich  zugeschrieben  wird  und  sicher  falsch  unl 
Johannes  Philoponos'  Namen  herauskam,  vgl.  A.  Demetrakopulos,  'Oq^.  'EXkdg  8.  4. 

3.  Von  Eonstantinos,   Bischof  von  Tion  im   Pontes  um  879,  ist  eine  Fee 
auf  die  Auffindung  der  Reliquien  der  hl.  Euphemia  in  den  Acta  SS.  Septembr.  5,  274  — ! 
gedruckt.  ^ 

76.  Leo  der  Weise  {Mtüv  6  aotpog),  Kaiser  (886 — 911),  verdienl 
eine  Erwähnung  unter  den  byzantinischen  Panegyrikern  wegen  der  Homilie^ 
und  Festreden,  die  er  in  kirchlichen  Versammlungen  selbst  vortrug.   Ihnj 

^ 

Zahl  beträgt  in  einigen  Hss,  z.  B.  in  dem  Codex  Veronensis  121  saec.  16; 
nicht  weniger  als  33  Nunmiern,  wovon  19  gedruckt  sind.  Ihren  Gegen- 
stand bilden  Feste  des  Herrn  und  von  Heiligen.  Unter  den  letzteren  iel 
die  Rede  auf  Johannes  Chrysostomos  die  umfangreichste;  sie  beruht  abef 
im  wesentlichen  auf  der  Biographie  dieses  Heiligen  von  öregorios,  Patri- 
archen von Älexandrien.  Dogmatische  Ausführungen,  meist  christologischet 
Natur,  nehmen  darin  einen  breiten  Kaum  ein;  Leo  bekämpft  auch  öfters 
die  Juden  und  in  der  13.  Homilie  die  Lateiner.  Die  Anlage  der  einzelnen 
Reden  ist  fast  inmier  die  gleiche;  von  der  hl.  Schrift  macht  der  könig? 
liehe  Prediger  einen  sehr  massigen  Gebrauch  und  liebt  es,  klassische 
Reminiscenzen  anzubringen.  Er  verfasste  auch  liturgische  Gebete  und 
schrieb  einen  dogmatischen  Brief  an  den  Kalifen  Omar,  der  verschiedene 
Kontroverspunkte  behandelt.  Dieser  theologischen  Schriftstellerei  hat  er 
wohl  den  Beinamen  6  ao(p6g  zu  verdanken.  —  Über  seine  übrigen  Schriften 
vgl.  Krumbacher. 

1.  Ausgaben:  Die  19  Homilien  nach  früheren  Drucken  von  Combefis,  I.  Ma- 
racci  (Leonis  Mariale,  Rom  1651),  Greiser,  Sc.  Maffei  gesammelt  bei  Migne,  Patr. 
gr.  107,  9—298.  Eigentlich  sind  es  nur  18;  denn  die  6.  Homilie  ist  nur  eine  Recension 
der  4.  Bei  Migne  a.  a.  0.  300—324  auch  die  übrigen  theologischen  Stücke.  —  Unedierl 
sind  ausser  den  14  Homilien  (diese  z.  B.  in  cod.  Vatican.  803,  Veronens.  121,  Marcian. 
Gl.  2,  190)  noch  einige  asketische  Abhandlungen,  z.  B.  in  cod.  Laurent.  Conv.  soppr.  698 
fol.  821^ — 328:  n$Ql  äaxijtixijs  xaraardaefog  nqog  tiva  f^oyd^ovra,  in  cod.  Paris.  396  s.  18 
fol.  688—675:  Capita  190  de  monachis  instituendis. 


1  Theologie.    D.  Geistliche  Beredsamkeit.    (§  76)  169 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  7,693  —  713.  —  Ondin,  Comm.  de  script.  eccl. 
2,  394  flf.  —  In  cod.  Veron.  121  findet  sich  nach  der  15.  Homilie  die  Nctiz:  'O^iXla  di' 
iaojr^fpämg  ixnsfpwyrjfiirtj  r^  Xat^  iy  rtp  avu^  yato  xard  rtjy  Ugdy  rrjg  reiienacetog  xov 
9{iov  fdit99jtov  i^fA^Qtty,  xijq  ßaaihxi^s  naqovalag  xtaXvdeiarjg  did  uyas  nqayudxtoy  aaxoXovg 
irSeXxrem,  woraus  hervorgeht,  dass  Leo  seine  Homilien  in  der  Regel  selbst  vortrug.  — 
K.  Popov,  Kaiser  Leo  VI  und  seine  Regierung  in  kirchengeschichtlicber  Hinsicht,  Moskau 
1892.  YgL  die  Besprechung  von  Th.  Uspenskij,  B.  Z.  2  (1893)  632—34.  >  -  J.  Hergen- 
rdther,  Photius  2,  668—691  über  sein  Verbfiltnis  zu  Photios. 

3.  Von  NikolaosMjstikos.  Patriarchen  von  Konstantinopel  (895  -906,  911—925), 
4er  als  Epistolograph  von  Bedeutung  ist  (vgl.  Krumbacber),  gab  A.  Mai,  Spicileg.  Roman. 
Im  (Rom  1844)  S.  XXVI  f.  ein  Fragment  aus  einer  Homilie,  die  er  bei  Anlass  des  Falles  von 
TheaMdonike  (904)  an  das  Volk  bielt,  und  deren  Anfang  auf  eine  weitere  homiletische 
Tb&tigkeit  schliessen  Iftsst.  Die  Pflichten  des  Mönchslebens  behandelt  er  in  einer  Unter- 
weisung an  den  Klostervorstand  des  Athosberges.  £d.  pr.  A.  Mai,  Scriptor.  veter.  nova 
coUect  9  (Rom  1837)  611—619.  —  Vielleicht  gehört  auch  ihm  der  Traktat  über  die  drei 
Fastenzeiten  zu  in  cod.  Paria.  1133  saec.  13  fol.  314—332^.  Andere  Responsa  ad  inter- 
rogationes  monachorum  Hagioritarum  von  Nikolaos  stehen  in  cod.  Paris.  1321  saec.  16  fol. 
4^7^ — 461^'.  —  Seine  Abdankungsurkunde  ed.  Sp.  Lampros,  B.  Z.  1  (1892)  553. 

4.  Johannes  Kyriotes,  mit  dem  Beinamen  Geometres,  Protospatharios  und  nach- 
her Mönch,  wahrscheinlich  im  Kloster  Studien  in  der  2.  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts, 
dessen  Hauptbedeutung  auf  dem  Gebiete  der  byzantinischen  Poesie  liegt,  hinterliess 
laelirere  geistliche  Reden  auf  das  Leiden  Christi,  auf  Maria  Verkündigung  und  Maria 
Tod,  Scholien  zu  Gregor  von  Nazianz  und  Johannes  von  Damaskos  u.  a.  Ediert  ist  davon 
eine  Dankrede  auf  Maria  Verkündigung  (ed.  A.  Bai  1  er  in  i,  Sylloge  monnmentorum  2 
(Rom  1856)  141-206;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  106,  812-848)  und  Fragmente 
aas  einem  Enkomion  auf  Gregor  v.  Nazianz.  Der  Herausgeber,  P.  Tacchi- Venturi,  De 
Joanne  Geometra  ejusque  in  S.  Gregorium  inedita  laudatione,  Studi  et  documenti  di  Storia 
t  Diritto  14  (1893)  132—162,  hat  nachgewiesen,  dass  Johannes  die  Biographie  des  Gre- 
jeorios  von  Nazianz  von  Gregorios  Presbyter  als  Grundlage  nahm,  im  Stile  aber  Gregor  v. 
Nazianz  selbst  nachahmte.  Vgl.  B.  Z.  3  (1894)  211—13.  —  Die  Rede  vollständig  in  cod. 
Vatic.  Palai.  402  saec.  11  fol.  323  —  352^.  Hier  auch  Selbstbiographisches:  In  se  ipsum, 
cum  electos  esset  presbyter,  fol.  360^—363. 

5.  In  das  10.  Jahrhundert  spätestens  fällt  auch  ein  sonst  ganz  unbekannter  Kosmas 
Vestitor  {Koafidg  Btaiiji(üQ\  von  dem  handschriftlich  mehrere  Reden  erhalten  sind,  auf 
die  Ucbertragung  der  Reliquien  des  hl.  Chrysostomos  (cod.  Casinens.  277  saec.  10  fol. 
119—127,  cod.  Paris.  559  saec.  14  fol.  67""— 74),  auf  den  Propheten  Zacharias  (cod.  Sabbait. 
60  saec.  12  fol.  1—3),  auf  Zacharias  pontifex  (cod.  Paris.  760  saec.  14  fol.  14—16),  auf 
Joachim  und  Anna.  Letztere  ed.  pr.  Ballerini,  Sylloge  monumentor.  2  (Rom  1856) 
t6U— 685;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  106,  1005—1012.  Von  der  zuerst  genannten 
«intge  Fragmente  bei  Migne,  Patr.  gr.  65,  829—831.  —  Die  Homilia  de  S.  Joanne  Chryso- 
etomo  et  de  ejus  persecutione  in  cod.  Paris.  1454  saec.  10  fol.  168  -171  scheint  davon 
Tcraehieden  zu  sein. 

6.  Georgios  oder  Gregorios,  Presbyter  in  Käsarea  in  Kappadokien,  der  um  940 
celebt  haben  soll,  ist  der  Verfasser  einer  panegyrischen  Rede  auf  die  Väter  des  Nikänischen 
Konzils.  Ed.  pr.  Fr.  Combefis,  Novum  Auctarium  2,  548  -568;  abgedruckt  bei  Migne ,  Patr. 
gr.  111,  420—440.  —  Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  627.  Die  Lebenszeit  dieses  Gregorios 
bedarf  einer  näheren  Untersuchung,  sowie  die  Frage,  ob  er  identisch  ist  mit  dem  oben- 
Koannten  Gregorios,  von  dem  ein  langes  Enkomion  auf  Gregorios  v.  Nazianz  gedruckt  ist 
Migne.  Patr.  gr.  35,  244—304).  Dieses  wird  meistens  in  das  8.-  10.  Jahrhundert  verlegt. 
IHe  letztere  Zeit  ist  sicher  zu  spät;  denn  das  Enkomion  ist  schon  in  dem  Pariser  Unzial- 
cttdex  des  Gregorios  von  Nazianz  (cod.  510  saec.  9  fol.  452^—65)  vorhanden. 

7.  Selbst  der  grosse  Enzyklopädist  des  10.  Jahrhunderts,  Konstantinos  Por- 
)kbyrogennetos  (vgl.  Krumbacber),  ist  hier  zu  nennen  wegen  seiner  Rede  über  das  nach 
K'pel  gebrachte  Christusbild  von  Edessa.  Ed.  pr.  Fr.  Combefis,  Originum  rerumquo 
( bolitanamm  manipulus,  Paris  1664  S.  75—101;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  113, 
4'i4-  453.  —  Eine  zweite  geistliche  Rede,  über  die  Uebertragung  der  Reliquien  des  Johannes 
Chrysostomos,  wird  Konstantinos  in  cod.  Barberin.  V  10  fol.  63  ff.  zugeschrieben. 

8.  Von  einem  Leon,  Diakon  in  Kpel,  der  vielleicht  mit  dem  Geschichtschreiber 
Leen  Diakonos  zu  identifizieren  ist,  enthält  cod.  Paris.  1485  saec.  10  fol.  81 — 84^  eine 
R«4e  aof  den  Erzengel  Michael.  —  Einem  Leon  Presbyter  in  Kpel  wird  in  cod.  Paris. 
Soppl.  gr.  1031  saec.  14  fol.  32  -  40  eine  Homilie  zugeeignet. 

9.  Theodoros,  Metropolit  von  Kyzikos  im  10.  Jahrhundert,  verfasste  ein  Enkomion 
uf  den  faL  Blasios,  das  z.  B.  in  cod.  Vallicell.  B  34  saec.  12  fol.  132  ff.  erhalten  ist. 


170  Byzantinische  Litieratnrgeechiohte.    I.  Prosaische  Litieratnr. 

10.  Eine   kirchliche  Rede   über  die   bulgarisch-byzantinischen  Beziehungen   in 
ersten  Hälfte  d^  10.  Jahrh.  ed.  Th.  J.  Uspcnskij,  Odessaer  Jahrb.  4,  2  (1894)  48  - 1 

77.  TheodorOS  Daphnopates  {OeodwQogoJa^'onarrjg,  auch  Mayurti 

Protosekretär  und  Patrikios  in  Konstantinopel  um  die  Mitte  des  10.  J 

hunderts,  vervollständigt  durch  seine  Exzerptensammlung  aus  den  Homili 

des  Johannes  Chrysostomos  das  Bild  des  enzyklopädischen  Zeitalters  d< 

Kaisers  Konstantinos  VIT.    Von  den  48  'ExXoyaf,  die  anonym  in  den  Au 

gaben  des  Chrysostomos  stehen,  wird  ihm  handschriftlich  der  grösste  Te 

zugeschrieben.    Nicht  ohne  Geschick  sind  hier  die  Stellen,  welche  in  ve 

schiedenen  Homilien  des  Chrysostomos  dasselbe  Thema,  wie  z.  B.  die  Lieb< 

das  Gebet,  die  Busse  behandeln,  zusammengetragen  und  zu  einem  Ganze 

vereinigt.    Die  besseren  Hss  geben  jedesmal  die  Schrift  des  Chrysostomc 

an,    aus   der   die  betreffende  Stelle   entliehen  ist.     Indessen   weichen  d 

einzelnen  Hss  so  bedeutend  von  einander  ab,   dass   eine  Umgrenzung 

von  Theodoros  angelegten  Exzerptensammlung  nur  auf  Grund  sorgfalti 

Untersuchungen  vorgenommen  werden  kann.     Von  den  eigenen  Homili^ 

des  Theodoros  ist  nur  diejenige   auf  die  Übertragung  der  Reliquien  d 

hl.  Johannes  Baptistes  von  Antiochien  nach  Konstantinopel  gedruckt.    Si 

wurde  am  ersten  Jahrestag  der  Übertragung  gehalten  (957).    Bei  ande 

unedierten  Homilien  streiten  verschiedene  Verfasser,  die  den  Namen  Thed 

doros  trugen,  um  die  Autorschaft.  ' 

1.  Ausgaben:  48  ^ExXoyai  dno  dtag)6Qtay  Xoytov  xov  ^Iiaavvov  XQvaoaxofiov  bei  Mign^ 
Patr.  gr.  63,  567—902.  Davon  werden  nur  die  30.  und  48.  Theodoros  ausdrücklich  zag^ 
schrieben.  Die  Hss,  die  seinen  Namen  nennen,  wie  die  codd.  Vatican.  581  u.  583,  Vindob.  tbed 
153  u.  154  (in  beiden  33  Homilien),  sind  selten.  —  In  dem  cod.  Paris.  1539  s.  12  fol.  184—  20« 
steht  ein  Martyrium  S.  Georgii  unter  seinem  Namen.  —  Die  Rede  auf  Johannes  Baptistes  ni| 
lateinisch  bei  Migne,  Patr.  gr.  111,  611—620.  Der  griechische  Text  steht  z.  B.  in  cod.  Vindol 
theol.  111  fol.  87  -  98,  cod.  S.  Sepulcr.  18  saec.  11  fol.  50^-59^.  —  Vgl.  auch  §  61  Anm.  | 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius:  Bibl.  gr.  10,  385  f.  —  L.  Allatius,  Diatriba  d« 
Symeonum  scriptis  S.  87,  schreibt  ihm  eine  Rede  auf  die  Geburt  des  Johannes  Baptistci 
zu,  die  unter  den  Werken  Theodorets  von  Kyrrhos  (Migne,  Patr.  gr.  84,  33  ff.)  steht. 


3.  Sisinnios,   Patriarch  von  Kpel  (996—999),   hinterliess  ein  Enkomiuni    auf  dij 
41 — 47.  —  Zwei  Darstellungen  desselben  Wunders,   die  eine  von  Symeon  Metaphrastes,  d^ 


_  _       — _  —  _     __     _y        — _  __ 4  >  /»  _^_ 

Märtyrer  Kerykos  und  Julitta  (cod.  Paris.  501  saec.  12  fol.  76^—86)  und  eine  Rede 
ein  Wunder  des  hl.  Michael  in  Chonae.   Letztere  ist  gedruckt  in  den  Acta  SS.  Septembi 


andere  von  dem  Prosmonarios  der  Michaelskircho  in  Chonae  Archippos,  ed.  pr.  M.  Bonnet 
Analect.  Holland.  8  (1889)  289—316  u.  separat,  Paris  1890.  Letztere  bildete  die  Vorlage  dd 
Sisinnios  u.  des  Metaphrasten.   Bonnet  leugnet  die  wirkliche  Existenz  des  Archippos. 

78.  Johannes  Xiphilinos  (Iwcn^vrfi  o  Sixpiltrog),  geboren  in  Trapezuxd 
um  1010 — 12,  kam  als  wissbegieriger  Jüngling  nach  Konstantinopel  nai 
schloss  hier  bald  einen  innigen  Freundschaftsbund  mit  dem  grosse! 
Polyhistor  Michael  Psellos.  Nachdem  er  in  Eonstantinopel  als  Recht» 
anwalt,  kaiserlicher  Richter  und  Nomophylax,  d.  h.  Vorsteher  der  recht»* 
wissenschaftlichen  Abteilung  der  neu  erstandenen  Akademie,  thätig  gewesen 
war,  zog  er  sich  im  besten  Mannesalter  infolge  niedriger  Angriffe  auf  seine 
Person  in  ein  Kloster  des  berühmten  Berges  Olympos  in  Bithynien  zurück^ 
wohin  Michael  Psellos  bald  nachkam.  Während  Psellos  das  Kloster  bald 
wieder  verliess,  kam  Xiphilinos  erst  nach  Konstantinopel  zurück,  als  ei 
auf  den  Patriarchalstuhl  der  Hauptstadt  berufen  wurde  (1064).  Als  solchei 
entfaltete  er  eine  rege  asketisch-reformatorische  Thätigkeit,  besonders 
auf  dem  Gebiete  der  Gesetzgebung  und  der  Klerikaldisziplin.  Mit  dem 
Interesse  für  die  Armenpflege  verband  er  die  Liebe  zur  Kunst,  die  er  in 


1.  Theologie.    D.  Geistliche  Beredaamkeit.    (§§  77—78)  171 

kirchlichen  Restaurationsarbeiten  bethätigte.  Bei  seinem  Tode  (2.  August 
1075)  hielt  ihm  Michael  Psellos  eine  Leichenrede,  worin  er  ein  anschau- 
liches Bild  von  der  Wirksamkeit  des  bedeutendsten  Patriarchen  von  Kon- 
stantinopel im  11.  Jahrhundert  entwarf. 

Aus  der  Zeit  seines  Patriarchates  stammt  eine  umfangreiche  Homi- 
liensammlung  auf  das  ganze  Kirchenjahr,  aus  der  bis  jetzt  nur  6  Homilien 
vorliegen.  Nach  diesen  Proben  zu  urteilen,  zeichnet  sich  diese  Sammlung 
aus  durch  Einfachheit  und  massigen  Gebrauch  rhetorischer  Sprachkünste, 
sowie  durch  eine  eingehende  Kenntnis  der  hl.  Schrift,  an  deren  Sonntags- 
perikopen  Xiphilinos  sich  anschliesst.  In  seiner  früheren  Lebensstellung 
verfasste  er  juristische  Schriften,  von  denen  sich  nur  Randscholien 
zu  den  Basiliken  erhalten  haben.  Ganz  verloren  sind  seine  philosophischen 
Schriften,  von  denen  Psellos  einige  Titel  nennt:  /Zf^l  ysväaswq  xal  ^x^ogag, 
Ufgi  xQoqfjgy  IlsQi  dv&QW7ra)v  (pvaewg,  Ileqi  ^(rmv.  Er  war  Aristoteliker 
und  bekämpfte  den  Piatonismus  seines  Freundes  Psellos,  dem  er  hart  zu- 
setzte. Der  Gegensatz  zwischen  diesen  zwei  hervorragenden  Persönlichkeiten 
des  11.  Jahrhunderts  ist  ein  deutlicher  Beweis  für  das  Leben  —  denn 
dieses  offenbart  sich  mehr  durch  Gegensätze,  als  durch  Harmonien  — , 
welches  in  wissenschaftlichen  Kreisen  wieder  pulsierte.  Dass  dieser  Gegen- 
satz auf  theologischem  Gebiete  zum  Ausbruch  kam,  ist  ein  Beweis  für  die 
{uhrende  Stelle,  welche  die  Theologie  einnahm.  Johannes  Xiphilinos  scheint 
auf  philosophischem  und  theologischem  Gebiete  Psellos  weit  nachgestanden 
zu  haben ;  seine  Stärke  lag  in  der  Richtung  des  praktisch-kirchlichen,  aske- 
tischen und  kirchenrechtlichen  Geistes,  der  eine  sichere  Basis  braucht  und 
daher  allen  Spekulationen  abhold  ist:  es  war  ein  Glück  für  die  Theologie, 
dass  seine  Tendenzen  nicht  allein  das  Feld  behaupteten. 

1.  Ausgaben:  Die  6  Homilien  und  der  Anfang  einer  7.  nach  Drucken  von  Chr. 
Fr.  Matthaei,  Gretser  und  Mingarelli  bei  Migne,  Patr.  gr.  120,  1201—1292.  — 
Ganz  erhalten  in  verschiedenen  Hss,  z.  B.  in  cod.  Vatic.  Palat.  221  saec.  13,  cod.  Marcian. 
Cl.  2.  87  saec.  14,  cod.  Veron.  125  saec.  14—15,  cod.  Mutin.  188  saec.  15,  cod.  Monac. 
ISi6  aaec.  16  (hier  im  ganzen  54  Homilien).  —  Die  Scholia  in  £vangelia  in  cod.  Sinait. 
ifi2  saec.  14  sind  wohl  identisch  mit  den  Homilien.  —  £ine  Legende  der  trapezun tischen 
M&rtyrer  Eugenios,  Kanidios,  Valerianos  und  Akvlas  wird  ihm  in  einer  Hs  von  Chalko 
ngettchrieben.  Vgl.  B.  Z.  2  (1893)  631.  Sie  steht  auch  in  den  codd.  Paris.  1467  saec. 
\1-U  fo).  334—346  und  Athous  3688  s.  15  fol.  39^— 45^ 

2.  Hilfsmittel:  W.  Fischer:  Studien  zur  byzantinischen  Geschichte  des  11.  Jahrb., 
Osterprogramm  von  Plauen  1883  S.  1-49.  —  Fischer  a.  a.  0.  S.  27  erklärt  die  Homilien  für  das 
Machwerk  eines  Mönches  aus  dem  15.  Jahrhundert:  ein  sehr  radikales  Vorgehen,  das  indessen 
dcbon  durch  die  handschriftliche  üeberlieferung  widerlegt  wird!  —  Die  Grabrede  des 
Vichael  Psellos  auf  Johannes  Xiphilinos  ed.  pr.  K.  N.  Sathas,  Mec.  ßißX.  4  (1874)  421-462. 
—  Ein  von  Metrophanes  i.  J.  1531  auf  die  Predigten  des  Johannes  Xiphilinos  ge- 
^irhtetes  Tetrastichon  steht  in  einer  Hs  der  theologischen  Schule  von  Chalki.  Vgl.  B.  Z. 
i  (1893)  631. 

3.  Ein  alterer  Zeitgenosse  des  Johannes  Xiphilinos,  Johannes  Mauropus,  von 
winem  Metropolitansitz  Euchaites  zubenannt  (um  die  Mitte  des  11.  Jahrhunderts),  eine 
der  interessantesten  Persönlichkeiten  der  byzantinischen  Zeit  und  ein  hervorragender  Dichter 
iTgL  Krnmbacher),  hinterliess  mehrere  geistliche  Reden«  die  inhaltlich  und  formell  höher 
stehen  als  die  Homilien  des  Xiphilinos.  Die  meisten  wurden  an  Festen  Maria,  der  Engel, 
ie^  hL  Georgios,  an  dem  von  ihm  gestifteten  gemeinsamen  Feste  des  hl.  Basilios,  Gre- 
gorioa  Tbeologos  und  Chrysostomos,  und  dreier  Märtyrer  namens  Theodoros  gehalten  und 
tragen  ein  stark  rhetorisches  Gepräge.  Zwei  derselben  sind  bei  wichtigen  historischen 
Ereigniaaen  an  die  Diözesanen  des  Johannes  gerichtet  Es  sind  wohl  nur  Ueberreste  einer 
fnicfatbaren  homiletischen  Thätigkeit.  Dazu  kommen  zwei  Biographien  des  Dorotheos  des 
iiageren,   des  Gr&nders   des  Klosters  Ghiliokomon   in  Pontes,   seines  Zeitgenossen,    und 


1 

172  Byzantinische  Litteratnrgeschichte.    L  Prosaische  Litieraiar. 

des  Mönches  ßaras,  der  am  Ende  des  5.  Jahrhunderts  das  Petrakloster  in  Kpel  gröndeivb 
Hauptausgabc:  Paul  de  Lagarde,  Johannis  fiuchaitarum  metropolitae  quae  in  codioi 
vaticano  graeco  676  supersunt,  Abhandlungen  der  Göttinger  Gesellsch.  d.  Wiss.  28 
(1882)  95—218.  —  Die  Biographie  des  Mönches  Baras  ed.  pr.  Papadopulos  KeramenSi 
MavQoyogdttieioi  BißXioßrjxr],  'Jyexdora  iXXrjvixd,  Kpel  1884  S.  38—45.  —  Cod.  Vat  Palafe 
138  a.  1299  fol.  214^—216^  enthält  ein  liturgisches  Officium  und  einen  Kanon  auf  Johanne! 
Mauropus  von  seinem  Neffen  Theodoros,  Kubikularios  und  kaiserlichem  Notar.  —  Zur  Bi0^ 
graphie  vgl.  Krumbacher. 

4.  Als  ein  Uomiletiker  des  11.  Jahrhunderts  gilt  auch  Jakob,  Mönch  des  Klosteiv 
Kokkiuobaphos,  von  dem  6  Reden  auf  Marienfeste  im  Drucke  vorliegen.  Er  zeigt  grosse 
Aehnlichkeit  mit  Georgios  von  Nikomedien  und  Niketas  David  sowohl  in  rhetorische^ 
Beziehung  als  durch  seinen  Mangel  an  historischem  Sinne  und  die  Benutzung  der  Apo« 
kryphenlitteratur.  Georgios  zitiert  er  in  der  Rede  auf  die  Vorstellung  Maria  int 
Tempel,  und  die  Rede  auf  Marift  Geburt  besteht  wie  die  des  Niketas  aus  einem  Zwie* 
gespräch  zwischen  Joachim  und  Anna.  —  Die  eben  erwähnte  Rede  ed.  pr.  Fr.  CombefiSi 
Novum  Auctarium  1  (Paris  1648)  1248—85;  die  5  anderen,  wovon  die  letzte  nur  frag- 
mentarisch, ed.  pr.  A.  Ballerini,  Svlloge  monumentor.  1  (Rom  1854)  163 — 193  u.  s.  w, 
aus  dem  cod.  Vatic.  1162,  der  durch  den  neulich  an  seinen  Miniaturen  verübten  Dielh 
stahl  weltbekannt  geworden  ist.  Alle  6  zusammen  bei  Migne,  Patr.  gr.  127,  544 — 700, 
—  Eine  grössere  Anzahl  von  Marienhomilien  des  Jakob  enthält  der  cod.  Paris.  1208  saee^ 
12  foll.  260.  —  Die  Miniaturen  der  beiden  Hss  wurden  besprochen  und  zum  Teil  reproduziert 
von  A.  Kirpiönikov,  Zur  byzantinischen  Miniaturmalerei,  B.  Z.  4  (1895)  109 — 124.  -^ 
A.  Kirpiönikov,  Der  Briefwechsel  des  Mönches  Jakobos  mit  der  Kaiserin,  Odessaer 
Jahrb.  2,  1  (1892)  255 — 280  (russisch),  schreibt  demselben  Jakob  die  43  Briefe  an  eine 
Kaiserin  Irene  zu,  die  in  dem  cod.  Paris.  3039  saec.  12  einem  Mönche  Jakob  za* 
geeignet  werden.  Die  Kaiserin  identifiziert  er  mit  der  berühmten  Gegnerin  der  Bilder- 
feinde. Wenn  diese  Identifizierungen  zutreffen,  müsste  Jakob  in  das  Ende  des  8.  Jahr- 
hunderts versetzt  werden.  Die  Frage  ist  vor  der  Publikation  der  Briefe,  von  denen  A.  Kir- 
piinikov  nur  Auszüge  mitteilt,  nicht  spruchreif.  Vgl.  B.  Z.  2  (1893)  140  f.  und  352  f.  zur 
Polemik  zwischen  Kirpiönikov  und  Vasiljevskij. 

79.  Theophanes  Eerameus  {&€o<pcivrjg  6  KcQajuisvg),  Unter  diesem 
Namen  und  mit  der  Bezeichnung  seines  Inhabers  als  Erzbischofs  von 
Taormina  in  Sizilien  edierte  Fr.  Scorso,  Paris  1644,  die  umfangreichste 
Sammlung  von  Sonntagshomilien  und  Festreden,  die  uns  aus  der  byzan- 
tinischen Zeit  im  Drucke  vorliegt.  Leider  liegen  aber  die  Verhältnisse 
dieser  interessanten  Sammlung  nicht  so  einfach,  wie  der  erste  und  noch 
der  zweite  Herausgeber  derselben,  Gregorios  Palamas,  Mönch  des  hl.  Grab- 
klosters in  Jerusalem  (1860),  sich  dieselben  dachten.  Handschriftlich  geht 
die  Sammlung  in  verschiedenem  Umfange  unter  6 — 7  Namen:  Theophanes, 
Johannes,  Philippos,  Gregorios  resp.  Georgios,  Nikephoros,  alle  mit  dem 
Beinamen  Kerameus.  Dazu  kommt  Codex  Matritens.  16  resp.  33,  der  dieselbe 
Sammlung,  die  hier  91  Homilien  umfasst  (wovon  nur  62  gedruckt  sind) 
einem  Philagathos  Philosophos  zuschreibt.  Scorso  identifizierte  kurzer 
Hand  Gregorios  und  Theophanes,  wogegen  Montfaucon  sich  aussprach; 
Iriarte  erklärte  Philagathos  für  den  Mönchsnamen  von  Theophanes,  was 
wiederum  von  Villoison  in  Abrede  gestellt  wurde.  Trotzdem  blieb  die 
Meinung  vorherrschend,  dass  der  Erzbischof  von  Taormina  Theophanes 
Kerameus  der  Verfasser  dieser  Homilien  sei,  bis  neuerdings  Lancia  dl 
Brolo  den  Erweis  erbrachte,  dass  sie  von  einem  gleichnamigen  Erzbischof 
von  Rossano  in  Kalabrien  im  12.  Jahrhundert  herrühren.  Seitdem  hat 
P.  Batiflfol  noch  einmal  die  Aufmerksamkeit  auf  eine  zweite  Hs  des  Johannes 
,  Philagathos,  Mönches  und  Philosophen,  eines  Schülers  des  Kalabrischen 
Abtes  Bartholomaeos,  in  dem  Codex  Vatican.  2006  gelenkt  und  die  Ver- 
mutung ausgesprochen,  dass  die  Sammlung  unter  diese  beiden  Verfasser, 
Theophanes  Eerameus  von  Rossano  und  Johannes  Philagathos  zu  teilen 


1  Theologie.    D.  CtoiBÜiche  Beredsamkeit.    (§  79}  I73 

sei.  Bei  dieser  Sachlage  ist  eine  methodische  Untersuchung  des  umfang- 
reichen Hssmaterials  das  erste  Bedürfnis,  um  sicheren  Boden  zu  gewinnen. 
Die  nächste  Forschung  muss  von  den  codd.  Vatican.  2006  und  Matritens. 
16  u.  33  ausgehen  und  feststellen,  ob  nur  eine  Ausscheidung  der  Homilien 
des  Mönches  Philagathos  und  des  Theophanes  Kerameus  vorgenommen 
werden  muss,  oder  ob  die  übrigen  Namen  auch  in  Betracht  zu  ziehen  sind. 
Die  grösste  Zahl  der  gedruckten  HomiUen  offenbart  sich  als  das  Werk  eines 
und  desselben  Verfassers  durch  die  Ähnlichkeit  in  ihrer  Anlage,  die 
stilistische  Verwandtschaft  in  den  stehenden  Übergangsformeln,  die  Be- 
nutzung derselben  Kirchenväter,  des  Maximos,  der  3  Eappadokier,  des 
Kyrillos  von  Alexandrien,  des  Eusebios  von  Käsarea,  einiger  Asketen  und, 
als  jüngsten  Schriftstellers,  des  Symeon  Metaphrastes.  Nach  Inhalt  und 
Form  sind  sie  aber  dieser  Bemühungen  um  ihre  endgültige  wissen- 
schaftliche Identifizierung  nicht  unwert.  Eine  derselben  (die  55.)  wurde 
vor  König  Rogerius  (1129 — 1152)  gehalten  und  gibt  eine  ansprechende 
Beschreibung  der  Cappella  Palatina  von  Palermo  und  ihrer  berühmten 
Mosaiken. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  Fr.  Scorso,  Paris  1644;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr. 
13-^,  136—1077.  —  Eine  2.  Ausgabe  besorgte  Gr.  Palamas,  Tov  coq)u}tarov  .  .  .  S€oq>a- 
rovf  .  .  .  uQx^^^'  TavQOfitviov  trjg  £ixfXiaq  ofAiXim,  Jerusalem  1860,  nach  2  Hss  aus  Kpel 
and  Chalke.     Die  diplomatische  Grundlage  ist  in  beiden  Ausgaben  ungenügend. 

2.  Hilfsmittel:  Die  umfangreiche  Einleitung  von  Fr.  Soor  so  ist  zum  Teil  un- 
brauchbar, weil  sie  sich  in  ganz  verfehlter  Weise  mit  dem  Erweise  abmüht,  dass  die  Homilien 
in  Kp«l  vor  dem  byzantinischen  Kaiser  gehalten  wurden!  —  L.  Allatius,  Diatriba  de 
Georgiis  S.  414—416.  —  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  208-218.  -  Eine  ausführliche  Be- 
schreibung der  codd.  Matritenses  16  und  33  (der  ursprünglich  einen  Teil  des  cod.  16 
bildete;  gibt  J.  Iriarte,  Bibl.  Matntensis  Codices  graeci  1  (Madrid  1769)  S.  55-70,  133  f. 
Sehr  wertvoll  sind  hier  die  Angaben  der  Tage  und  öfters  auch  der  Orte,  Reggio 
in  Kalabrien,  Messina,  Taormina,  Palermo,  an  denen  einzelne  Homilien  gehalten  wurden.  — 
Lancia  di  Brolo,  Storia  della  Chiesa  in  Sicilia  2  (Palermo  1884)  459-492.  Die  Haupt- 
resultata  seiner  Untersuchung  sind  durch  die  treffliche  Beweisführung  gesichert.  Sie  stützt 
sich  auf  die  lliatsache,  dass  Taormina  im  12.  Jahrhundert  gar  keinen  Bischof  besass,  auf 
die  Angaben  des  cod.  Vatican.  2006  über  den  Ort,  wo  die  Homilien  gehalten  wurden,  auf 
die  Gftere  Erwähnung  einer  W/ct^oTro/i/roc  Btxuiy  der  hl.  Jungfrau^  die  in  Rossano  ver- 
ehrt wurde.  Auf  die  Einzelheiten  kann  hier  nicht  eingegangen  werden.  Zum  Schluss 
pobliziert  Lancia  di  Brolo  a.  a.  0.  493—499  eine  der  unedierten  Reden,  De  laudibus  Sti 
P.  N.  Bartholomaei,  in  lateinischer  Uebersetzung.  —  P.  Batiffol,  L'abbaye  de  Rossano, 
Paris  1891  S.  XXXI,  36,  56.  —  J.  Langen,  Römische  Fälschungen  griechischer  Schrift- 
steller, Revue  intemat.  de  th^ol.  3(1895)  122—27  will  den  Erweis  erbringen,  dass  die  55.  Ho- 
milie  gegen  die  Griechen  interpoliert  sei!  Langen  hätte  gut  daran  gethan,  die  Vorfragen  zu 
beachten.  —  Chr.  Fr.  Matthaei,  Progr.  de  Theoph.  Cerameo,  Dresden  1788  (über  einige  Hss). 

3.  Ausser  Theophanes  Kerameus  sind  als  geistliche  Redner  des  12.  Jahrhunderts 
noch  Eustathios,  Bischof  von  Thessalonike  (vgl.  §  66),  Neophytos  Enkleistos  (vgl. 
Krnmbacher)und  Michael  Akominatos,  Erzbischof  von  Athen  (vgl.  Krumb  ach  er),  zu 
erwähnen.  Von  Neophytos  Enkleistos  enthält  der  cod.  Paris.  1189  s.  13—14  foll.  235  dreissig 
Homilien.  von  denen  nur  10  gedruckt  sind.  Mehrere  derselben  beziehen  sich  auf  byzantinische 
Heilige.  Zu  beachten  ist  auch  der  cod.  Lesb.  2  saec.  15.  Wahrscheinlich  gehört  ihm  auch 
der  von  K.  Sathas,  Mbg,  Bißk,  1,  274  erwähnte,  auch  in  dem  cod.  Athous  3628  a.  1322  vor- 
liegende Psalmenkommentar  zu.  Vgl.  §  93.  —  Zu  den  Panegyrikem  kann  auch  Leon 
Balianites  gerechnet  werden,  von  dem  einige  Reden  in  cod.  Escorial.  262  saec.  13  fol. 
139—147,  182""— 196"",  541  f.,  542—46  erhalten  sind.  Leon  war  Zeitgenosse  des  Patriarchen 
von  Kpel  Basilios  II  (1183—1186).  Die  genannte  Hs  ist  sehr  wertvoll  für  die  Kenntnis  der 
b^-zantin lachen  Rhetorik  im  12  Jahrhundert.  VgL  W.  Regel,  Fontes  rerum  byzantinarum 
1.  1  (Petersburg  1892)  S.  IH  f.  -  Dem  Patriarchen  von  Kpel  Leon  (1134-1143)  wird  in 
dem  cod.  Marcian.  Class.  2,  101  ein  Sermo  de  fine  mundi  zugeschrieben.  —  Eine  Rede  des 
Metropoliten  von  Athen  Georgios  Burtzes  Ei^  rijy  ayiav  xal  ficydXrjy  nefinttjy  ed. 
B.  iieorgiades,  Athen  1882.  Nach  einer  Inschrift  im  Parthenon  starb  Burtzes  im 
Jahre  1190.    VgL  B.  Z.  2  (1893)  589  f.  und  Gregorovius,  Gesch.  der  Stadt  Athen  1,  208. 


174  Bysaiitiniaohe  Lüteratnrgeechiohie.    L  Prosaische  Litteratnr. 

80.  Oermanos  n  (reQfiavog),  Patriarch  von  Eonstantinopel  zur  Zei 
des  lateinischen  Kaiserreiches  (1222 — 40),  wurde  zu  Anaplus  in  der 
pontis  geboren.  Er  war  Diakon  an  der  Hagia  Sophia,  als  Konstantino] 
von  den  Lateinern  erobert  wurde,  und  zog  sich  in  das  Kloster  des 
Georgios  Paneumorphos  zu  Ächyrenae  zurück,  bis  er  zum  orthodoxei 
Patriarchen  bestellt  wurde  mit  der  Residenz  in  Nikäa.  Von  zwei  Synodei 
die  er  1232  und  1234  abhielt,  sind  die  Akten  noch  vorhanden.  Die  letzte] 
wurde  durch  die  Ankunft  von  vier  Legaten  des  Papstes  Gregor  IX  veivj 
anlasst,  die  in  Sachen  der  Union  verhandeln  sollten.  Die  Verhandlungen! 
verliefen  ohne  Resultat;  der  Zeitpunkt  war  nach  den  jüngsten  Ereigni88en| 
schlecht  gewählt,  und  Germanos  selbst  liess  sich  an  Abneigung  gegen  di« 
Lateiner  von  niemandem  tibertreflfen.  Diese  Abneigung  tritt  in  mehreren] 
Briefen  an  den  Papst  Gregor,  den  lateinischen  Patriarchen  von  Konstanti-J 
nopel,  an  die  Griechen  auf  Cypern  zu  Tage,  sowie  in  mehreren  unedierten 
Abhandlungen  über  die  Differenzpunkte,  Jleqi  Tfjg  ixnoQcvaecog  rov  dyiam 
nvevfAarogy  Ilegl  twv  d^vfiwv  u.  a.  Sein  litterarischer  Hauptnachlass  bei 
steht  aber  aus  geistlichen  Reden  und  Homilien.  In  dem  Cod.  Cois-« 
linianus  278  umfasst  seine  Homiliensammlung  46  Homilien  und  6  Kate^ 
chesen.  Nur  8  Homilien  sind  gedruckt  und  davon  werden  mehrere  auch 
dem  älteren  Germanos  I  von  Konstantinopel  zugeschrieben.  Eine  Charakte»' 
ristik  des  Germanos  H  als  Homiletikers  setzt  daher  ausser  der  Veröffent« 
lichung  einer  grösseren  Anzahl  von  seinen  Homilien  auch  eine  sichere 
Ausscheidung  der  dem  älteren  Germanos  zugehörigen  geistlichen  Reden 
voraus.  Anhaltspunkte  dafür  bilden  auf  der  einen  Seite  der  Cod.  Coisl.  278, 
auf  der  anderen  die  Germanoshss,  welche  älter  als  das  13.  Jahrhundert  sind. 

1.  Ausgaben:  8  Homilien  des  Germanos  nach  den  Drucken  von  D.  Höschel, 
Greiser  und  A.  Ballerini  zusammengestellt  bei  Migne,  Patr.  gr.  140,  621—757.  Eine 
der  von  A.  ßallerini,  Sylloge  monumentor.  2  (Rom  1856)  293-876  edierten  Homilien  ist  dem 
cod.  Monac.  393  entnommen,  der  aus  dem  11.  Jahrh.  stammt.  —  Ob  einige  von  den  Homilien, 
die  unter  dem  Namen  Germanos*  I  bei  Migne,  Patr.  gr.  98,  221  ff.,  243  ff.,  319  ff.  stehen» 
Germanos  II  zugehören,  bleibt  noch  zu  untersuchen.  —  Briefe  an  die  Kyprioten  und  an 
Papst  Gregor  IX  zuletzt  ed.  K.  N.  Sathas,  Mec.  ßtßX,  2  (Venedig  1873)  4—20,  39—46. 
Ein  Fragment  des  Briefes  an  den  lateinischen  Patriarchen  von  Kpel  ed.  pr.  A.  Demetra- 
kopulos,  'Oq&,  '^EXXag  8.  40—43.  —  Einen  Erlass  des  Germanos  aus  dem  Jahre  1230  ed. 
J.  Nicole,  Revue  des  6t  gr.  7  (1894)  68-80.    Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  234  f. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  162—171.  —  Schriften  gegen  die  Lateiner 
verzeichnet  A.  Demetrakopulos,  *0q&,  *£AAfrV,  S.  38—40.  —  In  cod.  Bodl.  Barocc.  131 
saec.  14  fol.  185-186^:  Theodori  Alaniensis  episcopi  oratio  in  S.  Germanum  patr.  Gpolitannm, 
quando  primum  in  thronum  patriarchalem  ascendebat.    Vgl.  §  66  Anm.  4. 

81.  Die  letzten  Homiletiker.  Johannes  Glykys,  der  den  Patri- 
archalstuhl  von  Konstantinopel  in  den  Jahren  1316 — 20  inne  hatte,  wird 
in  einer  Pariser  Hs  als  Verfasser  von  Sonntagshomilien  genannt,  von  denen 
indessen  keine  bis  jetzt  gedruckt  worden  ist.  Besser  bekannt  sind  Johannes 
Qlykys'  profane  Schriften  (vgl.  Krumbacher).  Unediert  sind  auch  einige 
Predigten  eines  Kyrillos  von  Kyzikos,  der  um  1330  lebte,  eine  grössere 
Anzahl  von  Homilien,  die  Makarios  Chrysokephalos,  Metropolit  von 
Philadelphia  um  die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts,  zum  Verfasser  haben, 
und  die  Homiliensammlungen  der  Patriarchen  von  Konstantinopel  Kal- 
listos  (1350—54, 1355—1363)  und  Neilos  (1379—87).  Der  schon  genannte 
Patriarch  von  Konstantinopel  Johannes  Kalekas  (1333 — 47)  scheint  nur 


1  Theologie.    D.  Geistliclie  Beredsamkeit    (§§  80—81)  I75 

luf  dem  homiletischen  Gebiete  litterarisch  thätig  gewesen  zu  sein.  Im 
flesychastenstreit  stand  er  auf  der  Seite  des  Barlaam  und  Akindynos 
gegen  Palamas  und  dessen  Anhänger.  Diese  Stellungnahme  kostete  ihm  seine 
Würde.  Er  wurde  zuerst  von  7  Erzbischöfen  bei  der  Kaiserin  Anna  verklagt, 
wie  es  scheint,  ohne  Erfolg.  Aber  als  Johannes  Kantakuzenos  an  das  Ruder 
kam,  wurde  eine  Synode  gegen  den  Patriarchen  abgehalten,  deren  Absetzungs- 
urteil der  Kaiser  bestätigte  (1347).  Seine  Sammlung  von  60  Sonntags- 
homilien  mit  Ausschluss  der  Heiligenfeste  ist  in  dem  Cod.  Coisl.  286  saec. 
14  am  besten  erhalten.  Gedruckt  sind  davon  nur  zwei  auf  das  hl.  Kreuz, 
die  sich  streng  an  die  Sonntagsperikope  halten  und  durch  Einfachheit  aus- 
zeichnen. Die  byzantinische  Rhetorik  kommt  mehr  zur  Geltung  in  den 
4  gedruckten  Marienreden  des  Erzbischofes  von  Thessalonike  Isidoros, 
der  am  Ende  des  14.  Jahrhunderts  blühte.  Hier  tritt  auch  wieder  die 
Äpokryphenlitteratur  an  die  Stelle  des  Evangeliums,  wie  das  bei  den 
Marienrednern  nicht  selten  der  Fall  ist.  Eugenios  Nomophylax  spendet 
io  seinem  Synodikon  der  Kirche  von  Thessalonike  Isidoros  das  Lob,  dass 
er  täglich  durch  Wort  und  Schrift  seine  Herde  zum  christlichen  Leben 
ermahnt  habe.  In  der  That  ist  eine  weit  grössere  Anzahl  von  Homilien 
des  Isidoros  noch  ungedruckt.  Nach  dem  Zeugnisse  seines  Nachfolgers 
Symeon  hat  sich  Isidoros  auch  am  Hesychastenstreit  im  Sinne  des  Palamas 
litterarisch  beteiligt. 

1.  HomilJae  variae  doxninicales  des  Jobannes  Glykjs  sind  erhalten  in  dem  cod. 
I»tria.  1210  saec.  16  fol.  1-72^.  Ob  das  darauffolgende  KvqiaxoSqofiiov  (fol.  72^—314^) 
auch  ihm  angehört,  steht  dahin. 

2.  Predigten  des  Kyrillos  von  Kyzikos  enthält  der  cod.  Bodl.  Barocc.  25  saec. 
14  fol.  275-80,  295  f. 

3.  Homilien  des  Makarios  Cbrysokepbalos  finden  sich  z.  B.  in  den  codd.  Coisl. 
106  B.  15,  137  a.  1422,  Ambros.  H  23  inf.  s.  16,  Athous  1563  s.  14.  Gedruckt  wurden  14  in 
Wien  (1793  oder  1794)  unter  dem  Titel:  Aoyoi  nayrjyvQixoi  id*  rov  .  .  .  (igxi'Bnurxonov  #(Aa- 
SfXifiitg  .  .  .  MttxaQiov  rov  XQVffox6(paXov  (mir  unzugänglich).  Bei  Migne,  Patr.  gr.  150, 
173  -  232  steht  nur  eine  Homilie  auf  die  Kreuzauffindung.  Fragmente  einer  anderen  Homilie 
bei  Migne,  Patr.  gr.  100,  231,  235  etc.  —  Vgl.  auch  §  93  und  Krunibacher. 

4.  Eine  Sammlung  von  52  Homilien  und  JidaaxaXiai  des  Patriarchen  Kallistos  steht 
io  dem  cod.  Athous  229  s.  15.  Davon  ist  nur  eine  Homilie  auf  das  Fest  der  Kreuzerhöhung 
ed.  TOD  Gretser ,  De  cruce  Christi,  Opera  omnia  2  (Regensburg  1734)  187-97.  Kallistos  wendet 
sich  oft  gegen  die  Lfateiner  und   die  Barlaamiten,   besonders  gegen  Nikephoros  Gregoras. 

.    Dieser  Hess  sich  wohl  durch   diese   Feindschaft  leiten,   als  er  Kallistos  Roheit,   Gewalt- 
I   diitigkeit  und  Mangel  an  Bildung  vorwarf.    Vgl.  dessen  Geschichtswerk  ed.  Bonn.  2,  873, 

(^76.  —  Von  Kallistos  besitzen  wir  ausserdem  ein  Lebensbild  des  Gregorios  Sinaites  (vgl.  §  67) 
ood  ein  Enkomion  auf  Johannes  Nesteutes,  den  Wiederhersteller  des  Petraklosters  in  Kpel 
im  11.  Jahrhundert  Letztere  ed.  pr.  H.  Geizer,  Zeitschr.  f.  wiss.  Theol.  29  (1886)  59—89. 
'  -  Bei  anderen  Homilien  und  asketischen  Abhandlungen  ist  es  zweifelhaft,  ob  sie  diesem 
Kallistos  oder  seinem  gleichnamigen  Nachfolger  (1397)  zugehören.    Vgl.  §  69  Anm.  3. 

5.  43  Homilien  des  Patriarchen  v.  Kpel  Neilos  (1379— 87)  sind  in  dem  cod.  Coisl. 
243  saec.  15  fol.  1—191  erhalten.   Ausserdem  eine  Rede  auf  den  hl.  Anthimos,  Erzbischof 

.  Too  Athen,  und  eine  asketische  Abhandlung  (ebenda  fol.  191—205,  253—260).    Gedruckt 
I  Ht  nur    das  Enkomion  des   Neilos  auf  Gregorios   Palamas,   bei  Migne,   Patr.  gr.  151, 

^>6 — 679,  und  eine  Anzahl  seiner  Patriarchalerlasse  bei  Miklosich  u.  Müller,  Acta  et 

(iiplomata  gr.  2  (Wien  1862)  1--111. 

6.  Die  2  Homilien  des  Johannes  Kalekas  sind  gedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr. 
150.  253—280.  Die  2.  wurde  von  Gretser  unter  dem  Namen  des  Philotheos,  Patr.  v. 
Kpel.  ediert.  —  Die  Titel  der  60  Sonntagshomilien  aus  cod.  Coisl.  286  bei  Montf  aucon,  BibL 
Coisl.  8.  402-404.  —  Andere  Hss:  codd.  Vindob.  theol.  263  mit  56  Homilien,  Vindob.  theol. 
'2&4  mit  21  Homilien,  Marcian.  604  s.  15,  Athous  2123  s.  14,  Smyrn.  A  38  s.  15.  u.  a.  — 
Cber  seine  Stellung  im  Hesychastenstreit  s.  Johannes  Kantakuzenos,  Histor.  1.  3,  21.  — 
Mehrere  Patriarchalerlasse  edd.  Miklosich  u.  Müller,  Acta  et  diplom.  gr.  2,  168—243. 


176  ByzAiitinische  LitteratargeBcliiohte.    L  ProMdsoho  Litterainr. 

—    Einiges  Aktenmaterial   bezüglich  seiner  Absetzung    steht  bei  Migne,  Patr.  gr.   IS 
768—774.     Anderes  ist  noch  anediert 

7.  Von  Johannes  Gabras  steht  eine  Oratio  in  fngressnm  B.  Mariae  in  sancta  8an< 
mm  im  cod.  Paris.  3010  s.  15  fol.  300—324.  —  Ein  Brief  des  Gregorios  Palamas  an  ihn 
in  cod.  Bodl.  Land.  87  fol.  397^'. 

8.  Die  4  Marienreden   des  Isidoros  von  Thessalonike   ed.   pr.   A.  Balleri 
Sylloge  monumentorum  1,  205  ff.,  418  ff.,  2,  377  ff.,  597  ff.;  zusammengestellt  bei  Mign 
Patr.  gr.  139,  12—164.  —  Hss:  cod.  Yatican.  651  enthält  16  Homilien  und  4  Aoyoi, 
Paris.  1192  saec.  15  fol.  1—322   eine  Sammlung    von  29  Sonntagshomilien,   cod.  Am 
J  91  inf.  Homiliae  et  alia  scripta.   —   Eugenios  Nomophylax  wird  zitiert  bei  L.  Allati 
De  Symeonum  scriptis  S.  186.  —  Symeon  von  Thessalonike,  Contra  haereses  c.  31,  Mign 
Patr.  gr.  155,  145.  i 

9.  Von  Manuel  Christony  mos,  der  eine  Monodie  Ober  den  Fall  Kpels  schrii 
(Fabricius,  Bibl.  gr.  11,  669),  ist  eine  Marienrede  erhalten  in  cod.  Paria.  2135  saec  1 
fol.  75—91.  —  Eine  Predigt  auf  den  Palmsonntag  von  Angelos,  Abt  in  Kalabrien  m 
1470,  steht  in  dem  cod.  Paris.  3067  s.  16  fol.  79—85.  | 

10.  Zum  Schlüsse  verzeichnen   wir  in  alphabetischer  Reihenfolge  die  (meistens  o^ 
edierten)  Homiletiker  und  Panegyriker,  deren  Zeitbestimmung  nicht  erzielt  werden  konnti 
Anatolios,    Erzbischof  von    Thessalonike,    einige    Homilien   in    cod.    Vatic.   Ottob.   19i 
Antonios  Studites,    eine  geistliche  Rede    in   cod.   Vindob.    theol.   65  fol.   263—270* 
Elias  monachos,   eine  Sonntagshomilie  in   cod.   Smym.  A  14  s.  16,   Georgios  Hagia 
polites,   ein  Encomium    in  angelos  in  cod.  Escor.  511  saec.  13,  Gregorios,    Diakon^ 
und  Referendarios.  Enkomion   auf  den   hl.  Demetrios  ed.  Theophilos  Joannu,  Mtnjfid 
nyioXoytxd  S.  b4—Q6y  Joasaph,   Hieromonachos  und  Protosynkellos,    Homilia  in  hymnitf 
4*i5g    IXaQoy   in    cod.  Vatic.  Kegin.  45  saec.  16,   Johannes  Monachos,   eine    Rede   ^ 
den  Propheten  Elias  in  cod.  Athous  2030  s.  11,  Joseph,  Hierodiakonos  und  Saknstan  M 
Hagia  Sophia,  mehrere  Homilien,  wovon  eine  lateinisch  bei  Migne,  Patr.  gr.  105,  940 — 971 
Lukas,  episc.  Bosiensis,  Orationes  6,  im  cod.  Paris.  Suppl.  gr.  407  a.  1592  fol.  158—171 
Maximos  monachos  Mazaris,  in  Dominic.  11.  Matthaei,  im  cod.  Bodl.  Barocc.  216  ftl 
317  f.,    Michael,    einer  der   Patriarchen  von   Kpel  dieses  Namens,   35  Sonntagshomilie 
in  cod.  Monac.  262  saec.  13  foll.  152,  Michael  monachos,  vielleicht  identisch  mit  dci 
Biographen  des  Theodoros  Studites,   mehrere  Heiligenreden   in  codd.  Paris.  548  s.  11  fd 
279^—296^',   Paris.    1180  s.   10  fol.  322-32^,   Paris.   1454  s.  10  fol.  18-24\   Niketai 
Skutariotes,    3  Sonntagshomilien  in  cod.  Vindob.  theol.  263  fol.  169""— 198,   Nikola« 
Pepagomenos,  ein  Enkomion  auf  den  Märtyrer  Isidoros  in  cod.  Athous  3762  a.  1421  fsl 
258-276^,  Paisios,  Metropolit  von  Rhodos,  30  Homilien   in  cod.  Marcian.  Claas.  2,  101 
saec,  16,  Philippos  Keramites,  35  Homilien  in  cod.  Vatican.  1267  (ob  identisch  mit  Thet 
phanes  Kerameus?),   Photios,   Diakon  und  Skeuophylax   an   der  Apostelkirche   in  Kpal 
ein  Enkomion   auf  die  Märtyrer  Luzillianos  u.  Genossen  ed.  in  den  Acta  SS.  Junii  1,  271 
bis  286,  ein  Enkomion  auf  den  hl.  Lukas  in  cod.  Ambros.  A  63  inf.,  Symeon  von  Chi oa 
Homilien  in   cod.    Vatican.  2021  saec.  12,  Theodoros  o  Biaioq,   Enkomion   anf  die  U 
Euphemia  in  cod.  Sabbait.  105  saec.  14  fol.  208—226,  Theodoros  Monachos,  Homilia 
in   cod.   Ambros.  F  132  sup.   saec.   11  —  12,  Theodoros  Quaestor,   eine  Rede  auf  d« 
hl.    Georg   in   cod.    Lugdun.   542  saec.  12,  Theodoros  moneremites,  eine  Homilie  aa 
die  Verkündigung  ed.   A.   Ballerini,    Sylloge  monumentor.   2,  211—236,  Theodoroi 
Protothronos,  ein  Enkomion  auf  den  Propheten  Elias  in  cod.  Athous  1040  s.  14,  Theophiloi 
Kalekas  von  Epel,  33  Sonntagshomilien  in  cod.  Monac.  275  saec.  16  foll.  211;  anfknglid 
stimmen  die  Homilien  mit  denen  des  Patriarchen  Philotheos  von  Kpel  Qberein,  von  der  l 
an  aber  nicht  mehr.  —  Von  dieser  Liste  blieben  die  anonymen  Homiliensammlungea 
wie  sie  z.  B.  in  den  codd.  Paris.  1221—23,  Vindob.  theol.  14  u.  43  vorliegen,  ausgeschlossei 
Bei  einer  planmässigen  Durchforschung  des  gesamten  handschriftlichen  Materials  wird  sio] 
wohl  noch  ein  reicher  Zuwachs  ergeben. 

E.  Hagiographie. 

82.  Stand  der  Forschung  und  Charakteristik.  Kein  Gebiet  de 
byzantinischen  Litteratur  liegt  noch  so  dunkel  und  so  verworren  vor  dei 
Augen  des  Forschers  wie  das  hagiographische.  Es  gleicht  einem  dichtei 
Urwalde,  der  sich  endlos  und  lichtlos  ins  Ungemessene  ausdehnt  und  ii 
dessen  Inneres  kein  Pfad  führt.  Auf  Schritt  und  Tritt  läuft  man  Gefahi 
sich  in  dem  Dickicht  zu  verlieren,  während  schon  die  Schatten  der  Nach 


t  Theologie.    E.  Hagiographie.    (§  82)  I77 

am  Horizonte  heraufziehen.  Und  doch  haben  Theologen  und  Philologen, 
Profan-,  Kirchen-  und  Kulturhistoriker  ein  gleiches  Interesse  an  der  Er- 
forschung der  Hagiographie,  die  an  Vielseitigkeit  vielleicht  alle  anderen 
byzantinischen  Litteraturgattungen  übertrifft.  Sie  bietet  wertvolle  Ergän- 
zungen zu  den  Geschieh tschreibem  und  Chronisten;  sie  gewährt  einen 
Einblick  in  das  Kulturleben  der  Volkskreise,  das  von  den  übrigen  Litteraten 
nur  zu  oft  vernachlässigt  wurde;  sie  offenbart  eine  Frische  der  Religiosität, 
deren  Spuren  man  in  den  Kreisen  der  Zunfttheologen  vergebens  sucht; 
sie  spricht  in  vielen  ihrer  Erzeugnisse  eine  echte  Volkssprache,  die  von 
der  Klassizität  der  Gelehrten  nicht  angekränkelt  ist.  Ihre  Kenntnis  ist 
daher  für  eine  wahre  Geschichte  der  byzantinischen  Zeit  unentbehrlich. 
Wir  sind  von  diesem  Ziele  noch  weit  entfernt.  Im  folgenden  kann  nur 
der  Versuch  gemacht  werden,  im  Lichte  der  jüngsten  Forschungen  einen 
ersten  Pfad  in  das  dunkle  Gebiet  zu  bahnen. 

Um  den  jetzigen  Stand  der  Forschung  klar  zu  erkennen,  müssen  von 
vornherein  2  Kategorien  von  hagiographischen  Denkmälern  unterschieden 
werden:  Die  Märtyrerakten  und  die  Heiligenleben. 

1.  Die  Märtyrerakten  verdanken  ihre  Abfassung  dem  Interesse, 
welches  die  altchristlichen  Gemeinden  den  Helden  unter  ihren  Mitgliedern 
entgegenbrachten,  die  ihr  Leben  für  den  Glauben  hingaben.  Ihre  Gestalt 
sollte  fixiert,  ihre  Heldenthaten  aufgezeichnet  werden,  zunächst  zur  Mit- 
teilung an  andere  Gemeinden,  dann  aber  auch  zur  Ermahnung  an  die  zu- 
künftigen Geschlechter,  ihrer  vorausgegangenen  Brüder  nicht  unwert  zu 
sein.  Auf  die  Märtyrerakten,  welche  die  Hauptmasse  der  hagiographischen 
Denkmäler  bilden,  passt  in  erster  Linie  der  Vergleich  mit  einem  Urwald. 
Die  Publikation  derselben,  an  der  seit  Jahrhunderten  gearbeitet  wird,  ist 
noch  nicht  abgeschlossen,  geschweige  denn,  dass  die  einzelnen  Texte  und 
Textesrezensionen  in  befriedigender  Weise  untersucht  wären.  Die  bis- 
kengen  Forschungen  erlauben  es  jedoch,  in  dieser  Masse  mehrere  Klassen 
ZQ  unterscheiden.  Die  wichtigste  Klasse  bilden  die  echten  Märtyrer- 
ikten  aus  der  Verfolgungsperiode  bis  zum  Frieden  der  Kirche,  die  in 
der  Zeit  Julians  des  Apostaten  und  aus  Anlass  der  späteren  Verfolgungen 
noch  einigen  Zuwachs  erhielten.  Eine  Sammlung  der  echten  Märtyrer- 
ikten  bis  gegen  Ende  des  4.  Jahrhunderts  hat  D.  Ruinart  1689  veran- 
staltet, und  die  neueren  Forschungen  haben  ihren  Umfang  eher  verringert 
als  vergrössert.  Diese  Klasse  gehört,  abgesehen  von  einigen  Texten  aus 
der  späteren  Zeit,  nicht  in  den  Rahmen  dieses  Buches.  Eine  zweite 
amfasst  die  apokryphen  Apostelgeschichten,  welche  aus  einem  ähn- 
'  liehen  Interesse  an  den  Personen  und  Erlebnissen  der  hervorragendsten 
Apostel  hervorgingen.  Sie  zerfallen  in  zwei  Serien,  eine  gnostische  und 
eine  katholische.  Diese  besteht  aus  Umarbeitungen  jener,  die  in  der 
2.  Hälfte  des  4.  Jahrhunderts  begonnen  wurden  und  der  Hauptsache  nach 
vor  dem  6.  Jahrhundert  vorlagen.  Neben  den  Aposteln  bilden  auch  andere 
biblische  Persönlichkeiten  aus  dem  Alten  und  Neuen  Testamente  den 
Gegenstand  der  Apokryphenlitteratur,  deren  Ausläufer  sich  in  dem  9. — 10. 
Jahrhundert  verlieren.  Auf  die  dritte  Klasse,  die  Umarbeitungen 
heidnischer  Mythen  und  Legenden,  hat  H.  Usener  zuerst  mit  Nach- 

BMdlMieb  der  Jüam.  AJtertanmwimeoaaiun  I3L    h  Abllg,    2,  Auü.  12 


178  Byzantinische  Litteratnrgeeoliichte.    L  Prosaische  Lüteratnr. 

druck  die  Aufmerksamkeit  gelenkt.  Diese  Umarbeitungen  wurden  v< 
nehmlich  im  4.  und  5.  Jahrhundert  vorgenommen  und  zwar  mit  eint 
solchen  Erfolge,  dass  das  heidnische  Vorbild  ganz  vergessen  und  die 
geschaffenen  Gestalten  als  christliche  Heilige  verehrt  wurden.  Die  F< 
Stellung  derartiger  Umdeutungen  ist  im  einzelnen  sehr  schwierig  und  sei 
eine  hervorragende  kritische  Gabe  und  philologisch-historische  Schului 
voraus.  Das  Beispiel  von  Ä.  Wirth  hat  gezeigt,  dass  man  sich  hier  leit 
dazu  verleiten  lassen  kann,  Phantomen  nachzujagen.  Diese  Klasse  geh< 
streng  genommen  gar  nicht  zur  Hagiographie;  es  ist  die  geistliche  Q\ 
tung  der  byzantinischen  Sagen-,  Visionen-,  Novellen-  und  Romanlittei 
tur,  deren  Musterstück  die  Erzählung  von  Barlaam  und  Joasaph  bildet  (vj 
Krumbacher).  Auch  dürfte  sie  unter  den  vielen  Denkmälern  der  Hagii 
graphie  nicht  so  zahlreich  vertreten  sein,  als  man  neuerdings  anzunehmt 
geneigt  ist.  Wenn  diese  Klasse  hier  nicht  näher  behandelt  wird,  so  möj 
hievon  nicht  auf  die  Verkennung  ihres  hohen  religions-  und  kulturgeschicl 
liehen  Wertes  geschlossen  werden.  Bei  dem  heutigen  Stand  der  Forschui 
kann  an  eine  zusammenfassende  Darstellung  noch  nicht  gedacht  werd< 
So  bleiben  nur  die  unechten  Märtyrerakten  für  unsere  Betracl 
tung  übrig.  Diese  bilden  die  umfangreichste  Klasse,  in  der  aber  wiedei 
innerlich  sehr  Verschiedenartiges  vereinigt  ist.  Die  einen  sind  Über 
arbeitungen  echter  Märtyrerakten,  die  dem  litterarischen  Geschmacke  ein6| 
späteren  Zeit  angepasst  werden  sollen;  andere  beruhen  auf  älteren  NacU 
richten,  die  zu  Erzählungen  ausgearbeitet  und  rhetorisch  erweitert  wurden 
Viele  sind  auch  reine  Erfindungen,  die  irgend  einem  erbaulichen  oder  anderei 
praktischen  Zwecke  dienen  sollten.  Die  grosse  Masse  dieser  Akten  lie^ 
in  Bezug  auf  Entstehungszeit,  Quellenverhältnis,  Glaubwürdigkeit  u.  dg^ 
noch  in  dichtes  Dunkel  gehüllt.  Den  Abschluss  der  byzantinischen  Arbeil 
auf  diesem  Gebiete  bezeichnet  die  Legendensammlung  des  Symeon  Meta 
phrastes  in  der  2.  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts.  Symeon  fand  allerding| 
Nachfolger  im  14.  Jahrhundert,  die  auch  herangezogen  werden  müssen 
ihre  Bedeutung  ist  jedoch  weit  geringer,  weil  Symeon  ihnen  mit  einei 
weitgreifenden  Revision  des  früheren  Materials  vorausgegangen  war 
Symeons  Arbeit  war  von  warmer  Begeisterung  für  die  Helden  der  Hagio- 
graphie getragen;  ohne  es  zu  wollen,  hat  er  aber  die  byzantinische  Hagio* 
graphie  gänzlich  desorganisiert,  weil  seine  Sammlung  —  und  diese  bestam 
hauptsächlich  aus  Märtyrerakten  —  die  früheren  Texte,  die  für  uns  un? 
endlich  wertvoller  wären,  zum  grössten  Teil  verdrängt  hat.  Methodia 
von  Konstantinopel  hatte  auch  eine  Sammlung  von  Legenden  veranstaltet 
aber  er  änderte  nichts  am  Texte,  sondern  brachte  seine  Bemerkungei 
in  die  Form  von  Scholien.  Dieses  Verfahren  scheint  keine  Nachahmung 
gefunden  zu  haben.  Dazu  konmit,  dass  Symeons  Sammlung  selbst  keinei 
festen  Ausgangspunkt  bietet,  von  dem  aus  weiter  zurückgeschritten  werdei 
kann.  Dies  fällt  allerdings  nicht  Symeon  selbst  zur  Last,  sondern  dei 
späteren  Abschreibern,  die  Symeons  Legenden  mit  anderen,  älteren  Textei 
vermischten.  Das  erste  Bedürfnis  ist  daher  eine  reinliche  Scheidung 
der  metaphrastischen  und  nichtmetaphrastischen  Märtyrer- 
akten.    Ob  der  Weg  der  inneren  Kritik  dazu  führen  kann,  ist  zweifei- 


ie.    E.  Hagiographie.    (§  82)  179 

ift ;  jedenfalls  wird  die  Scheidung  auf  Grund  innerer  Kriterien  durch  den 
larakter  der  symeonischen  Arbeit  sehr  erschwert.  Es  muss  daher  zu- 
Ichst  der  Weg  der  handschriftlichen  Forschung  beschritten  werden,  mit 
^sonderer  Berücksichtigung  der  Hss  und  Hssfragmente,  die  älter  sind 
s  Metaphrastes  oder  wenigstens  Texte  bieten,  die  von  der  Überarbeitung 
;s  Metaphrastes  unberührt  blieben.  Dies  fuhrt  aber  zur  Forderung  eines 
esamtkataloges  aller  griechischer  Hss  mit  hagiographischen  Texten 
s  der  notwendigsten  Vorarbeit,  um  für  die  textkritischen  Forschungen 
ne  feste  Grundlage  zu  gewinnen.  Zu  berücksichtigen  sind  sodann 
ach  die  Zitate  aus  Märtyrerakten,  die  sich  bei  früheren  Schriftstellern, 
le  bei  Photios,  Niketas  David  Paphlagon  u.  a.  vorfinden,  sowie  die 
iteinischen  Übersetzungen,  die  von  Anastasius  Bibliothecarius,  Paulus  Dia- 
>nus  u.  a.  vor  dem  10.  Jahrhundert  veranstaltet  wurden,  der  orientalischen 
nd  slavischen  Übersetzungen  nicht  zu  vergessen.  Nur  das  Vorgehen  auf 
Ben  diesen  Wegen  lässt  für  die  Erforschung  der  Märtyrerakten  seit  dem 
.  Jahrhundert  wahre  Fortschritte  erhoffen.  Keiner  davon  ist  bisher  kon- 
equent  eingeschlagen  worden.  Für  eine  zusanmienfassende  Darstellung 
eUt  daher  jede  Vorarbeit;  Einzeluntersuchungen  können  aber  hier  nicht 
•orgelegt  werden. 

2.  Weniger  ungünstig  liegen  die  Verhältnisse  für  die  Heiligenleben. 
>iese  treten  seit  der  Mitte  des  4.  Jahrhunderts  auf,  als  die  Hagiographie 
ich  den  durch  Tugend  und  Wissenschaft,  heiligmässigen  Lebenswandel 
cnd  erfolgreiche  Wirksamkeit  ausgezeichneten  Persönlichkeiten  zuwandte, 
DD  auch  diese  Gestalten  gleich  denen  der  früheren  Märtyrer  historisch 
m  fixieren.  Die  Publikationsarbeit  ist  für  die  Heiligenleben  auch  noch 
ncht  abgeschlossen;  sie  wurde  aber  in  den  letzten  Jahren  noch  intensiver 
betrieben  als  für  die  Märtyrerakten.  Wir  erinnern  an  die  Ausgaben  ein- 
ichlägiger  Texte  von  den  Bollandisten  und  vielen  einzelnen  Forschem, 
m'e  H.  üsener,  A.  Papadopulos  Kerameus,  Theophilos  Joannu,  A.  Vassiliev, 
S.  Seraphimos,  Kyrillos  BoYne,  Cozza-Luzi,  V.  Rose,  Arsenij,  Pomjalovskij, 
E  Geizer,  P.  Kremos,  Vasiljevskij,  M.  J.  Gedeon,  Ch.  Loparev,  J.  A.  Heikel, 
V.  Regel,  K.  Wessely,  Sp.  Lampros  u.  a.  Die  Arbeit  der  Kritik  ist  aber 
lier  wesentlich  leichter  als  bei  den  Märtyrerakten.  Die  Heiligen  selbst, 
eren  Leben  beschrieben  wird,  sind  historisch  fassbarer  als  die  Märtyrer, 
?ren  thatsächliche  Existenz  vielfach  in  Frage  steht.  Sodann  tragen  die 
eiligenleben  im  Unterschiede  von  den  Märtyrerakten,  die  fast  alle  anonym 
od,  meistens  den  Namen  ihrer  Verfasser,  und  diese  Verfasser  sind  in 
?r  Regel  Zeitgenossen,  die  als  Schüler,  Nachfolger  oder  jüngere 
rüder  desselben  Klosters  mit  dem  Heiligen,  dessen  Leben  sie  be- 
hreiben,  in  näherer  Beziehung  standen.  Bei  anonymen  Heiligenleben 
Idet  die  Persönlichkeit  des  Heiligen  gewöhnlich  einen  sicheren  Terminus 
quo,  vor  welchem  die  Biographie  nicht  verfasst  sein  kann.  Aus  inneren 
riterien  lässt  sich  aber  in  der  Regel  feststellen,  ob  der  Verfasser  zeit- 
Miossisch  ist  oder  nicht.  In  letzterem  Falle  kann  die  nähere  Zeitbestim- 
nng,  das  Quellenverhältnis,  die  Glaubwürdigkeitsfrage  Schwierigkeiten 
ereiten,  die  aber  selten  unüberwindlich  sind.  Endlich  hatte  die  Redaktions- 
rt>eit  des  Symeon  Metaphrastes  weniger  nachteilige  Folgen  für  die  Heiligeu'- 


1 

1 


180  Byzantinische  Litteratargeschiobte.    I.  Prosaische  Litteratnr. 


leben  als  für  die  Märtyrerakten.  Für  jene  haben  sich  Symeons  Vorli 
in  grösserer  Anzahl  erhalten,  und  wo  diese  Vorlage  fehlt,  unterliegt 
Legende  selbst  nicht  denselben  historischen  Schwierigkeiten.  Es  ist  dt 
schon  jetzt  möglich,  einen  orientierenden  Überblick  über  den  äusseri 
Entwickelungsgang  der  Hagiographie  im  engeren  Sinne  des  Woi 
zu  geben  und  eine  litterarische  Charakteristik  derselben  zu  vi 
suchen. 

3.  Von  Anfang  an  bekundet   die  Hagiographie   eine  grosse  Vorlii 
für  die  Mönchswelt.    Schon  im  4.  und  5.  Jahrhundert  wurde  ihren  Vi 
tretern   eine  grössere  Aufmerksamkeit  geschenkt  als  den  hervorragen 
Gestalten  aus  dem  Weltklerus,  während  mit  Ausnahme  des  ,allerchristlicl 
Kaisers,  Konstantins  des  Grossen,  der  bald  von  einem  reichen  Sagen] 
umgeben  wurde,   die  Heiligen   aus   dem  Laienstande  ganz  zurücktrel 
Schon  Timotheos  von  Alexandrion  (380 — 384)  soll  nach  Sozomenos, 
eccl.  6,  29  eine  Sammlung  von  Mönchsbiographien  angelegt  haben; 
solche  benutzte  sicher  Palladios  um  420  in   seiner  Historia  Lausi( 
Einzelne  Biographien  von  Mönchen  und  Bischöfen  aus  dem  4.  und  5.  Ji 
hundert  sind  in  nicht  geringer  Anzahl  vorhanden,  aber  noch  wenig  unl 
sucht.   An  der  Spitze  der  Mönchsbiographien  steht  das  berühmte  Lebei 
bild  des  hl.  Antonios  von  Athanasios  von  Aloxandrien.   Sehr  intere« 
ist  Batiffols  Wahrnehmung  von  Spuren  einer  ausgedehnten  arianischj 
Hagiographie  im  4.  Jahrhundert,  die  ein  Mittel  arianischer  Propaganü) 
bildete.     Die  Bevorzugung  der  Mönche  tritt  auch  bei  den  Biograplii 
des  6.  Jahrhunderts  hervor,   mit  denen  unsere  Darstellung  anhebt.     V{ 
hohem   historischen   Wert   sind  die    Lebensbilder  aus  der  palästinisclii 
Mönchswelt    des  Kyrillos  von  Skythopolis.     Johannes   Moschos   verfaai 
im  folgenden   Jahrhundert  ein   Gegenstück   zur  Sammlung   von   Mond 
biographien    des   Palladios.     Noch  interessanter  sind    die   volkstümlich 
Biographien,  mit  denen  Leontios,  Bischof  von  Neapolis  auf  Cypem,  etw 
später  auftrat.     Die  Blütezeit  der  Hagiographie  beginnt  im  8.  Jal 
hundert  mit   den  Lebensbildern    der  Märtyrer   und  Bekenner  des  Bild« 
kultes  und  erstreckt  sich  bis  in  das  11.  Jahrhundert  hinein.   Zahlreid 
zum  Teil   noch   unedierte  Mönchsleben    entstanden   in   dieser  Zeit  in  d 
grossen  asketischen  Zentren  in  Konstantinopel,  Kleinasien,  auf  dem  Ath( 
berge,  in  Palästina,  Kalabrien  und  anderswo,    als  Denkmäler  begeistert 
Liebe  und  Anhänglichkeit,  welche  die  zurückgebliebenen  Brüder  den  gross 
,Vätern*   ihres  Klosters   treu  bewahrten.     Die    Brüder   sind    den   Vätc 
schon  längst  ins  Grab  nachgefolgt;   ihre  Biographien    sind  aber  wertvo 
Quellen  für  die  Kloster-,  Kirchen-  und  Kulturgeschichte  der  byzantinisch 
Zeit  geworden,  mit  denen  sich  die  gleichzeitigen  Biographien  von  Bischof 
und  Patriarchen  nicht  messen  können.   Symeon  Metaphrastes  steht  hinl 
diesen   Biographen   weit   zurück;    er   war   kein  produktiver  Hagiogra] 
sondern  ein  Redaktor  und  Kompilator,  wie  das  10.  Jahrhundert  dei 
auf  allen  Gebieten  der  Litteratur  besass.     Mit   dem  11.  Jahrhundert  1 
ginnt,  mit  Ausnahme  der  kalabrischen  Mönchskreise,  das  Ermatten  d 
Hagiographie,   das  sich  in  dem  geringen  Zuwachs  an  neuen  Heilig< 
Jeben  offenbart.    In  der  Paläologenzeit  erlebte  sie  noch  eine  Nachblü 


1.  Theologie.    E.  Hagiograpliie.    (§  82)  Igj 

•  diese  wuchs  nicht  aus  dem  Leben  heraus.  Die  Hagiographen  des  14.  und 
Jahrhunderts  sind  gelehrte  Rhetoriker,  welche  nicht  oder  selten  in 
ndigem   Zusammenhang  mit   den   Heiligen   stehen,   die  sie  schildern. 

Kunstlitteratur  verbleibt  auch  in  der  Hagiographie  das  letzte  Wort. 
In  litterarischer  Beziehung  lassen  schon  die  stehenden  Überschriften 
len  Codices:  ^Eyxoifuov  und  Biog  xal  noXtreia^  zwei  Gattungen,  die 
eg>'rischen  und  rein  erzählenden  Heiligenleben,  erkennen.  Das  'Eyxdpuov 
bestimmt  in  kirchlichen  Versammlungen,  insbesondere,  am  Festtag  des 
effenden  Heiligen,   vorgetragen  zu  werden,  während  die  Bioi^  zunächst 

Gegenstand  erbaulicher  Lektüre  bilden  sollten.  Formell  gehört  das 
omion  zur  geistlichen  Beredsamkeit  und  wurde  demgemäss  im 
immenhang  mit  dieser  behandelt.  Die  Bio^  lassen  sich  ihrerseits  in 
nippen  einteilen:  die  rhetorischen,  volkstümlichen  und  litur- 
3hen.  Die  rhetorischen  tragen  den  Charakter  der  Kunstlitteratur 
sieh ;  sie  sind  von  rhetorisch  und  stilistisch  geschulten  Autoren  verfasst 

richten  sich  an  das  gebildete  Publikum  der  höheren  Stände.  Er- 
bsen ihnen  hieraus  einige  litterarische  Vorzüge,  so  büssten  sie  anderer- 
$  an  Originalität,  Natürlichkeit  und  daher  auch  an  kulturhistorischem 
rt  weit  mehr  ein.  Die  Legenden  des  Symeon  Metaphrastes  sind  klassische 
ter  derselben.  Die  volkstümlichen  Heiligenleben  waren  für  die  weiten 
vskreise  bestimmt;  sie  sind  einfach  und  schlicht  geschrieben  und  ge- 
n  sich  besonders  in  der  Erzählung  von  Wundergeschichten,  die  zu  jeder 

vom  Volke  mit  Vorliebe  gelesen  wurden.  In  der  Regel  stammen  sie 
ch  nicht  aus  den  Volkskreisen  selbst;  sie  wurden  auch  von  Gebildeten  ge- 
ieben,  die  aber  einen  offenen  Sinn  für  die  Bedürfnisse  des  Volkes  hatten, 
ter  dieser  Gattung  sind  die  Heiligenbilder  des  Leontios  von  Neapolis 
Cypern.  Allmählich  füllte  das  immer  anwachsende  hagiographische 
erial  eine  Reihe  von  Bänden  und  drohte  unübersehbar  zu  werden.  Das 
te  zur  Herstellung  stark  verkürzter  Texte,  die  in  den  Menologien 
inigt  wurden.  Diese  Exzerpte  gingen  dann  in  die  liturgischen  Menäen 
*.  wo  sie  unter  die  übrigen  Bestandteile  der  liturgischen  Festfeier  zu 
en  kamen.  Vielleicht  war  der  Vorgang  auch  der  umgekehrte.  Die 
:*rpte  wurden  für  die  liturgischen  Menäen  gemacht  und  wanderten  von 
?n  in  die  nackten  Legendenmenäen  oder  Synaxarien  hinüber.  Diese 
?rpte  nennen  wir  die  liturgischen  Heiligenleben.  Für  die  Ge- 
übte der  Hagiographie  und  ihre  Entwickelung  sind  sie  ohne  Bedeutung, 
de  älteren  Texten  entnommen  wurden;  wo  jedoch  dieser  ältere  Text 
)ren  gegangen  ist,  sind  sie  als  Überreste  umfangreicherer  Biographien 
Wert. 

Hinsichtlich  der  Behandlung  des  Stoffes  treten  bei  den  Hagio- 
hen  Unterschiede  hervor,  die  besonders  für  die  Beurteilung  ihres 
»rischen  Wertes  wichtig  sind.  Die  Heiligengestalten  erscheinen  in 
r  Kategorie  von  Legenden,  die  besonders  aus  unechten  Märtyrerakten 

rhetorischen  Heiligenleben  besteht,  aus  dem  natürlichen  Zusammen- 
:e  der  Dinge  zu  einer  Höhe  gehoben,  die  das  Auge  nicht  mehr  er- 
it.  Sie  erstrahlen  in  einem  himmlischen  Glänze,  der  den  historischen 
ergrund  nicht  bloss  verklärt,  sondern  sogar  ganz  verwischt.   Als  Nach- 


182  ByzantiiÜBohe  Lüteratargesohiohte.    L  Prosaiaohe  Lüieratur, 

teile    dieser   Betrachtungsweise    stellen    sich    aber    Schematisierung 
Schabionisierung  ein.    Es  ist  nicht  mehr  Geschichte,  sondern  in  geschii 
liches  Gewand  gekleidete  Dogmatik  oder  Moral,  die  hier  geschrieben 
Jedes  psychologische  Interesse  an  der  historischen  Person  selbst,  an 
Kämpfen,  Leiden  und  Freuden  hat  aufgehört;  das  Thatsächliche  dient 
der  Einkleidung  von  Ideen  und  moralischen  Vorschriften,   die   dem  Im 
eingeprägt  werden  sollen.   Diese  Betrachtungsweise  war  besonders  häi 
wenn    der     Hagiograph    alten    Heiligengestalten    gegenüberstand, 
historische  Wert  dieser  Heiligenbilder  ist  darum  auch  sehr  gering, 
gleich  höher  ist  er  dort,  wo  der  Heilige  noch  als  lebendige  Persönlicl 
empfunden  wurde.    Dann  wird  der  Heilige  in  seiner  Individualität  ei 
und  in  lebensvoller  Wechselwirkung  mit  seiner  Umgebung  und  der  Ki 
seiner  Zeit  gezeigt.      Diese  Gattung  von  Heiligenbildern,    die  besonn 
aus  den  zeitgenössischen  Mönchsbiographien  besteht,  besitzt  den  kircU 
und  kulturhistorischen  Wert,  von  dem  oben  die  Rede  war. 

Allen  Gattungen  der  byzantinischen  Hagiographie  ist  übrigens 
Charakter  gemeinsam,  von  dem  nur  wenige  einzelne  Biographien  frei 
die  Kritiklosigkeit.  War  dies  die  notwendige  Folge  des  im  Morgäj 
wie  im  Abendlande  während  des  ganzen  Mittelalters  herrschenden  Man{| 
an  historischem  Sinne,  so  brachte  der  Gegenstand  und  der  Zweck  ^ 
Hagiographie  diese  Gefahr  in  erhöhtem  Masse  mit  sich.  Den  GegenstM 
bildeten  hochverehrte  Persönlichkeiten,  für  deren  Mängel  und  Unvc) 
konmienheiten  der  begeisterte  Biograph  kein  Auge  hatte;  ihr  Zweck  lü 
aber  zumeist  die  Vermehrung  des  Ansehens  der  geschilderten  Heroen,  i 
Mitteilung  der  eigenen  Begeisterung  an  andere,  die  Erbauung  des  Lesejj 
den  das  untadelhafte  Leben  des  Heiligen  zur  gleichen  Bethätigung  d 
orthodoxen  Glaubens  und  der  kirchlichen  oder  mönchischen  Sitten  anfeue 
sollte.  Kein  Wunder,  wenn  die  meisten  Heiligenbiographien  die  reinsb 
Freilichtmalereien  sind,  ohne  jeden  Schatten,  mit  dick  aufgetragenen  Färb 
und  ungetrübten  Lichteffekten. 

1.  Textsammlungen:  Die  älteste  Sammlung  griechischer  Märtyrerakten  n 
Eusebios  (Hist.  eccl.  4,  15,  47;  5,  4,  3;  5,  23,  5)  ist  fast  völlig  verloren:  ein  unerai 
lieber  Verlost.  —  Die  Sammlung,  welche  von  Methodios  von  Epel  angelegt  und  von  fl 
selbst  niedergescbrieben  wurde,  ist  auch  verloren.  Sie  wurde  benutzt  von  dem  Schreil 
des  cod.  Paris.  1470  a.  890,  der  aus  ihr  die  Acta  S.  Marinae  herfibemahm  samt  i 
Scholien  des  Methodios.  Es  würde  sich  lohnen,  den  Spuren  dieser  Sammlung  nachzugelM 
Wie  die  Acta  Marinae  beweisen,  hatte  die  Sammlung  auch  unechte  Texte  und  kann  daher  i 
der  Eusebianischen  nicht  verglichen  werden.  Vgl.  H.  Usener,  Acta  S.  Marinae  et  8.  Chris 

Shori,  Bonn  1886  S.  47  ff.,  Jahrb.  f.  protest.  Theol.  13  (1887) 247 ff.  —  Vür  die  griechisch 
[ärtyrerakten  und  Legenden  kommen  von  den  Sammlungen,  die  altes,  mittelalterliches  u 
jüngeres  Textmaterial  umfassen,  besonders  folgende  in  Betracht:  B.  M  ombritius,  Sanctuarh 
s.  Vitae  Sanctorum,  2  Bde,  o.  J.  u.  0.  (Rom  1497?).  Enthält  nur  lateinische  Texte,  al 
darunter  genaue  Uebersetzungen  aus  guten  griechischen  Hss.  —  A.  Lippomanus,  Sancton 
priscorum  Patrum  Vitae,  4  Bde,  Venedig  1551-— 54;  Historiae  de  vitis  sanctorum,  LOn 
1565  (ein  Auszug  aus  der  grösseren  Sammlung;  nur  lateinisch).  —  L.  Surius,  De  probi 
Sanctorum  vitis,  6  Bde,  Köln  1570—75,  nachgedruckt  Köhi  1617  f.,  Turin  1875—181 
13  Bde.  Enthält  auch  lateinische  Uebersetzungen,  aber  in  willkürlicher  Bearbeitung. 
Fr.  Combefis,  Illustrium  Christi  martyrum  lecti  triumphi,  Paris  1660  (auch  *  griechisc 
Texte).  —  Tb.  Ruinart,  Acta  primorum  martyrum  sincera  et  selecta,  Paris  1689,  edi 
secunda  ab  ipso  auctore  recognita,  Amsterdam  1713,  neuer  Abdruck  mit  einem  Nachti 
besorgt  von  Galura,  Augsburg  1802,  letzte  Ausgabe  Regensburg  1859  (die  wichtigi 
Sammlung  der  Märtyrerakten).  —  Das  umfangreichste  Material  griechischer  Akten  n 
Legenden  teils  in  lateinischer  Uebersetzong,  teils  im  griechischen  Urtext  enthalten  < 


L  Theologie.    E.  Hagiographie.    (§82)  lg3 

Acta  Sanctorum  der  Bollandisten.    Der  erste  Januarband  erschien  in  Antwerpen  1643, 

4er  2.  Novemberband,  1.  Hälfte,  in  Brflssel  1894.   Dazu  seit  1882  Analecta  Bollandiana, 

fMt  nur  Textpublikationen,  darunter  viele  griechische.  Zu  den  Acta  SS.  vgl.  PapjBbrooh, 

Acta  SS.  Bollandiana  apologeticis  libris  vindicata,  Antwerpen  1755.    —  Pitra,   £tude  sur 

les  BoUandistes,  Paris  1850.  ~  A.  Tougard,  Quid  ad  profanes  mores  dignoscendos  augenda- 

qne  lexica  conferant  Acta  SS.  graeca  Bollandiana,  Paris  1874,  gibt  S.  1—44  eine  Liste  der 

bb  nun  6.  Oktoberband  gebotenen  184  griechischen  Vitae.  —  A.  Tougard,  De  Fhistoire 

profane  dans  les  Actes  grecs  des  Bollandistes,  Paris  1874.   —  Dehaisnes,   Les   Origines 

4ce  Acta  SS.  et  les  protectenrs  des  Bollandistes  dans  le  nord  de  la  France,  1870.  —  Nur 

griechische  Texte  enthält  die  Sammlung  von  Theophilos  Joannu,  Mvrifjieia  uyioXoyixa, 

Venedig  1884.  —  Dazu  kommt  eine  Menge  von  Einzelausgaben,  die  sich  besonders  in  den 

letzten  Jahren  gemehrt  haben.    Erst  in  jüngster  Zeit  hat  man  nach  dem  Vorgange  von  H. 

Usener  begonnen,  den  hagiographischen  Texten  eine  sorgfältige  philologisch-kritische  Be- 

handloDg  zu  widmen.  —  Für  die  apokryphen  Apostelgeschichten:  J.  A.  Fabricius, 

Codex  apocryphus  Novi  Testamenti,  2.  Bd,  Hamburg  1703.  —  C.  Tischendorf,  Acta  Apostel. 

apokrjpna,  Leipzig  1851.  —  M.  Bonnet,  Supplementum  codicis  apocryphi,    1 — 2,   Leipzig 

1883  —  1895  (Acta  Thomae  und  A.  Andreae).  —  Acta  apostolorum  apocrypha  edd.  R.  A.  Lipsius 

etM.  Bonnet,  1,  Leipzig  1891.  —  Montague  Rhodos  James,  Apocrjpha anecdota.   Acol- 

ledion  of  tbirteen  apocryphal  books  and  ^agments  now  first  edited  from  manuscripts,  Texts 

ind  Stndies  by  Armitage  Robinson,  2,  3,  Cambridge  1893.    Vgl.  C.  Weyman,  B.  Z.  3 

(1894)   422  f.     Dazu   M.   Bonnet,   Sur  les   Actes  de   Xanthippe   et    Polyx^ne,   Classioal 

review  8  (1894)  336-341  (textkritische  Bemerkungen).  —  A.  Vassiliev,  Anecd.  graeco-byzant. 

1,  Moskau  1893  enthält  mehrere  apokryphe  Texte.   Dazu  kommen  zahlreiche  Einzelausgaben 

Ton  Lipsius,  Bonnet,  Montague  Rhodes  James,  Batiffol,  Usener,  Zahn  u.  a. 

2.  Hilfsmittel:  A.  Allgemeine:  Ein  vollständiges  Verzeichnis  der  bis  Oktober 
1894  erschienenen  griechischen  Texte  von  Märtyrerakten,  apokryphen  Apostelgeschichten  und 
Heiligenlegenden  enthält  die  höchst  dankenswerte  Publikation  der  Bollandisten:  Bibliotheca 
liagiograpbica  graeca,  Brüssel  1895.  —  Nachträge  dazu  von  H.  Usener,  Deutsche 
litteraturzeitong  1894,  Sp.  1443  -46,  Ph.  Meyer,  Theolog.  Litteraturzeitung  20  (1895) 
108  ff.,  K.  Krumbacher,  B.  Z.  4  (1895)  191.  Hinzuzufügen:  Callinici  De  Vita  S.  Hypatii 
über,  edd.  seminarii  Philolog.  Bonnens.  sodales,  Leipzig  1895  und  das  Leben  des  Atha- 
aasios  vom  Athos.  —  Der  Wert  dieses  unentbehrlichen  Hilfsmittels  hätte  noch  gewonnen,  wenn 
ias  bekannte  oder  mutmassliche  Todesjahr  der  Heiligen  oder  wenigstens  ihrer  Biographen 
hinzugefügt  worden  wäre.  —  Für  die  Erforschung  des  massenhaften  handschriftlichen  Materials 
liat  K.  Krumbacher,  Studien  zu  den  Legenden  des  H.  Theodostos,  Sitzungsber.  bayer. 
Akad.  1892  S.  256—260  leitende  Prinzipien  aufgestellt.  --  F.  Görres,  Beiträge  zur 
Hagiographie  der  griechischen  Kirche,  Zeitschr.  f.  wiss.  Theol.  28  (1885)  491 — 504 
(verbreitet  sich  in  einseitiger  Weise  über  den  historischen  Wert  der  Menologien).  —  H. 
Csener,  Beiträge  zur  Geschichte  der  Legendenlitteratur,  Jahrb.  f.  protest.  Theol.  13  (1887) 
219—259  handelt  besonders  über  den  Legendenaustausch  der  griechischen  u.  römischen 
Kirche.  —  Veselovskij,  Essays  zur  Entwicklungsgeschichte  der  christl.  Legende,  Journ. 
Min.  1876  (mir  unzugänglich).  —  Tryphon  E.  Euangelides,  Ol  ßloi  rdiy  ttyitoy,  Athen 
1895.  gibt  einen  kurzen  Lebensabriss  mit  neuen  Texten.  —  Ein  Bvl^ayityoy  ioQioXoyioy 
beabsichtigt  auch  M.  J.  Gedeon  zu  publizieren.    Vgl.  B.  Z.  4,  236. 

B.  Spezialschriften:  1.  Zu  den  Märtyrerakten:  Le  Nain  de  Tillemont,  Mä- 

Doirea  poor  servir  ä  Fhistoire  ^cclös.  des  six  premiers  si^cles,  Paris  1693  ff.  Bd  4  u.  5.  —  Le 

Blant,  Les  actes  des  Martyrs.    Supplements  aux  Acta  sincera  de  Dom  Ruinart,  Mämoires 

de    rinstitut   national    de  France.     Acadömie    des   Inscriptions   et  des   Belles-Lettres  30 

(Paris  1883)  2,  57—347.  Vertritt  die  Anschauung,  dass  manche  Märtyrerakten,  die  Ruinart 

als   unecht  ausgeschieden  hat,   ihrem  Kerne  nach  echt  seien.    Er  stiess  auf  vielfachen 

Widersprach.    Vgl.  u.  a.  Fr.  Görres,  Neue  hagiographische  Forschungen  unter  besonderer 

Berficksichtigung  von  Le  Blant  und  Aub^,  Jahrb.  f.  prot.  Theolog.  18  (1892)  108—126.  — 

Le  Blant  hält  auch  in  s.  jüngsten  Werk,  Les  pers^cuteurs  et  les  martyrs  aux  premiers 

ai^clee  de  notre  ^re,  Paris  1893,  fest  an  seinen  Aufstellungen.  —  K.  J.  Neumann,  Der 

römische  Staat  und   die  allgemeine  Kirche  bis  auf  Diokletian,   1  (Leipzig  1890)  274 — 331 

(antersacbt  die  Martyrien  von  Commodus  bis  auf  Decius).  —  E.  Preuschen  in  Hamacks 

(j<«chichte  der  altchristlichen  Litteratur  bis  auf  Eusebius  1  (Leipzig  1893)  807—834.  —  G. 

Krflger,  Geschichte  der  altchristlichen  Litteratur  in  den  ersten  drei  Jahrhunderten,  Freiburg 

oad  Leipzig  1895  S.  236—245.  —  Für  einzelne  Märtyrerakten  vgl.  die  Untersuchungen  zur  Ge- 

^diicbie  der  Verfolgungsperiode  von  B.  Aub^,  P.  Allard,  Fr.  Görres  (in  zahlreichen  Abhand- 

longen,  z.  B.  Kritische  Untersuchungen  über  die  Licinianische  Christen  Verfolgung,  ein  Beitrag 

cor  Kritik  der  Märtyrerakten,  Jena  1875),  C.  Arnold,  E.  LeBlant,  sowie  hagiographische 

Einselatodien.    Eine  vollständige  Bibliographie  derselben  ist  hier  nicht  durchführbar.  Man 

TgL   das  Bulletin  des  publications  hagiographiques,   das  die  Anal.  Bolland.  seit  einigen 


184  BysantiiÜBohe  Litteratnrgesohiolite.    I.  Prosaische  Lüieratnr. 

Jahren  bringen.  —  Bei  Harnack,  Geschiebte  der  altchristl.  Litteratur  S.  813—815  siel 
einiges  über  die  ältesten  Martyrologien.     Für  das  Martyrologiom  Hieronymianum   ist  j< 
die  Ausgabe  von   J.  B.  de  Rossi  und  L.  Duchesne,  Acta  SS.  Novembr.   2,   1   (18i 
[1 — 195]  massgebend. 

2.  Zu  den  apokryphen  Apostelgeschichten:  Hauptschrift  ist  die  verdienstvol 
Arbeit  von  R.  A.  Lipsius,  Die  apokryphen  Apostelgeschichten  und  Apostellegenden,  3 
und  Ergänzungsheft,   Braunschweig   1883—90.   —   Ph.  Meyer,   Nachrichten  über  eil 
bisher  unbenutzte,  teils  auch  unbekannte  griechische  Hss  zur  biblisch-apokryphen  Littet 
Jahrb.  f.  prot.  Theol.  12  (1886)  373-397.  —  E.  Preuschen  in  Hamacks  Geschichte 
altchristlichen  Litteratur  1,  116 — 139  (stellt  den  jetztigen  Bestand  und  die  Ueberliefei 
dar).  —  G.  Krüger  a.  a.  0.  S.  54—59,  227 — 29.  —  Reich  an  Ueberseizungen  von  grii 
sehen  Apokryphen   sind   die   slavischen  Litteraturen,   die  daher  genaue  Berflcksü 
tigung   neben   den    lateinischen   und    orientalischen    Uebersetzungen    verdienen.      Vgl. 
Tichonravov,  Denkmäler   der  russischen  Apokryphenlitteratur,   Petersburg    1863.  — 
Kozak,   Bibliographische   Uebersicht  der   biblisch-apokryphen  Litteratur  bei  den  Slav« 
Jahrbücher  f.  Protestant.  Theol.  18  (1892)  127-158.  —  V.  Jagifc,  Slavische  Betträge 
den  biblischen   Apokryphen    1,    Die   altkirchensla vischen    Texte  des  Adambuches,   Dei 
Schriften  der  k.  Akad.  d.  Wiss.  zu  Wien,  Philos.  bist.  Kl.  42  (1893)  104  S.    VgL  B. 
2  (1893)  641.   —   R.  Abicht,  Quellennachweise  zum  Codex  Suprasliensis  (slavische 
lung  von  Heiligenleben  und  Homilien,   die  aus  dem  Griechischen   übersetzt  sind), 
slav.  Philol.  15  (1893)  321—337;  16  (1894)  140—153.    -  Bonwetsch,   Die  christl.  v< 
nicänische  Litteratur  in  altslavischen  Uebersetzungen  in  Harnacks  Geschichte  der  altchrif 
Litteratur  1  (Leipzig  1893)902—917.  —  Notiert  sei  auch  M.  Speranskij,  Slavische  ap< 
kryphe  Evangelien,  Allgemeine  Uebersicht,  Moskau  1895. 

3.Zn  den  Ueberarbeitungen  heidnischer  Legenden:  v.  Gutschmid,  Uel 
die  Sage  vom  hl.  Georg  als  Beitrag  zur  iranischen  Mythengeschichte,  Berichte  über 
Verhandl.  der  kgl.  sächs.  Gesellschaft  der  Wissensch.  Philol.  Hist.  Kl.  13  (1861)  175— 2( 
Wiederholt  in  A.  v.  Gutschmids  Kleine  Schriften,  hrsg.  von  F.  Rühl,  3  (Leipzig  1) 
173—204  (antiquiert).  —  H.  Usener,  Legenden  der  Pelagia,  Bonn  1879  S.  111— XXIV. 
Ders.,  Uebersehenes,  Rhein.  Museum  50  (1895)  144—148.  —  A.  Wirth,  Danae  in  chnslii 
liehen  Legenden,  Wien  1892  (phantastisch).  Vgl.  C.  Schmidt,  Göttinger  Gelehrte  Aa* 
zeigen  1892,  867 — 89.  —  Verbesserungen  zum  Texte  der  darin  edierten  Legenden  der  HIL 
Barbara  und  Irene  brachte  C.  Wevman,  B.  Z.  2  (1893)  298.  —  A.  Wirth,  Aus  orientali- 
schen Chroniken,  Frankfurt  1894  S.  211—252.  —  Dieterich,  Abraxas,  Studien  zur  Religion«« 
geschichte  des  späteren  Altertums,  Leipzig  1891.   —  Vgl.  auch  Krumbacher. 

4.  Zur  arianischen  Hagiographie:  P.  Batiffol,  Etüde  d'hagiographie  arienne. 
La  passion  de  St.  Lucien  d*Antioche,  Comptes  rendus  du  congr^  scientif.  internation.  dea 
Catholiques.  2.  Section  (1891)  181—186;  ders.,  Parth^nius  de  Lampsaque,  Römisch« 
Quartalschrift  6  (1892)  35—51.  Vgl.  dazu  Anal.  Rolland.  12  (1893)  75  und  die  Antwozt 
von  Batiffol,  Rom.  Quartalschr.  7  (1893)  298—301; 

3.  Uebersetzungen:  Die  vulgärgriechische  Hagiographie  beruht,  wie  es  scheintg 
im  wesentlichen  auf  der  Uebertragung  von  Texten  aus  der  Schriftsprache  in  das  Vulgär- 
griechische. Die  Hauptsammlungen  von  vulgärgriechischen  Legenden  sind:  Maximos  Mar- 
gunios,  Biot  ayiojy  ix  X'^g  iXXijyixrjg  yXurttjg  ^toi  ix  ttöv  cvya^aQltav  fAetaq^QMf&eyTsg, 
Venedig  1656.  —  Agapios  Landes,  'ExXoyiotf  ijtoi,  ol  taqaiotato^  ßioi  ttay  dyiti>y,  Ve* 
nedig  1755;  Niog  nagtiasujog  ijtoi,  Xoyot  dtdipoQoi,  xal  ßioi  ayltoy  ix  rov  MBxatpqaiSxov  Iv* 
fietüvog  elg  xtjv  xoivtjv  iqfjtexiqciv  dueXcxroy  /jtsjayXtutTia&eyTeg,  neuer  Abdruck,  Venedig  1853; 
KtiXoxaiQiyijj  Venedig  1657.  —  Nikodemos  Hagiorites,  Nioy  *ExX6y^oy,  Venedig  1808 
und  eine  Reihe  anderer  hagiographischer  Arbeiten.  Vgl.  K.  Sathas,  NBoBXXtjytxtj  fpiXo^ 
Xoyltt,  Athen  1868  S.  624  ff.  —  Eine  vollständige  Aufzeichnung  der  neugriechischen  Samm- 
lungen ist  hier  nicht  bezweckt.  —  In  den  Hss  werden  Maximos  hieromonachos  (cod.  Smym. 
B  63  s.  17),  Ignatios  hieromonachos  (cod.  Paris.  1632  s.  16),  Sophronios  (s.  §  56  Anm.  3), 
Germanos  (cod.  Athens  3696  s.  17)  u.  a.  als  Uebersetzer  genannt  -  Die  syrischen  Ueber- 
setzungen griechischer  Heiligenleben  sind  noch  nicht  im  Zusammenhang  untersucht.  —  Die 
Sammlung  von  P.  Bedjan,  Acta  martjrrum  et  sanctorum  syriaoe,  bisher  5  Bde,  Paris 
1890—95,  geht  meist  auf  griech.  Originale  zurück.  —  Vgl.  §  6  Anm.  1.  Dazu  ein  weiterer 
Text,  hersg.  von  B.  Raabe,  Petrus  der  Iberer,  .  .  syrische  Uebersetzung  einer  um  das  Jahr 
500  verfassten  griechischen  Biographie,  Leipzig  1895.  —  Zwei  russische  Bearbeitungen 
einer  Georgioslegende  ed.  Chr.  Loparev,  Denkmäler  des  alten  Schrifttums,  Heft  100, 
Petersburg  1894.  Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  199.  Zu  vollständigen  Litteraturangaben  fehlt  hier 
der  Raum.  —  Die  Untersuchung;  der  aus  dem  Griechischen  ins  Lateinische  übersetzten 
Heiligenleben  bis  zum  10.  Jahrhundert  stellte  die  Pariser  Acad^mie  des  Inscriptions  als 
Preisaufgabe  ftlr  das  Jahr  1896.  —  Die  ganze  orientalisch-abendländische  Uebersetzongs- 
litteratur  kommt  hier  in  Betracht 


L  Theologie.    E.  Hagiographie.    (§  83)  X35 

4.  Die  Hss  und  Hssfragmente  mit  alten,  von  der  überarbeitenden  Thätigkeit  des 
^raeon  Metaphrastes  anberührten  Legenden  sind  noch  nicht  einheitlich  verzeichnet 
vorden.  K.  Krnmbacher,  Stadien  zu  den  Legenden  des  hl.  Theodosios  S.  258,  hat  zuerst 
eine  Liste  aufgestellt  und  zugleich  auf  die  Unzulänglichkeit  der  Hsskataloge  aufmerksam 
cemacfat.  Wir  fügen  folgende  Hss  hinzu:  codd.  Monac.  3  saec.  10,  Ambros.  B  3  inf.  saec.  9, 
Binaitic  494  saec.  9  unzial,  Januens.  33  saec.  10,  34  saec.  11,  35  saec.  11,  ßerolin.  Phillipp. 
ie23  s.9-10,  Vatic.  1669— 71,  Mosq.  Synod.  159.  Dazu  eine  vorläufige  Liste  von  üss- 
fragmenten,  die  paläographisch  älter  sind  als  Symeon  Metaphrastes  und  daher  besondere 
Beaebtang  verdienen:  Codd.  Goisl.  26  Fragm.  vitae  Longini  saec.  9  fol.  380—81,  Coisl.  261 
Uszialfragmente  fol.  1  u.  304,  Monac.  262  Palimpsestblätter  (fol.  106—109)  mit  Märtyrerakten, 
Laurent.  Gonv.  soppr.  770  Palimpsest,  untere  Schrift  Martyrium  Clementis  u.  a.,  Angelic. 
D  2,  27  Unzialfragment  einer  Theodorosbiographie  saec.  9,  Paris.  Suppl.  gr.  824  Unzialfrag. 
einer  Vita  S.  Barbarae  saec.  9  foU.  10,  in  codd.  Paris.  Suppl.  gr.  480  und  Gamet.  40  zu- 
sammengehörige Unzialfragmente  von  Vitae  Johannis  Bapt.,  Tliomae,  Pachomii,  Paris.  Suppl. 
gr.  6^6  Unzialfragmente  über  Johannes  Bapt.  saec.  9  fol.  35—38,  Petropol.  28  ein  Unzial- 
folfum  saec.  8  einer  Vita  Johannis  vom  Sabbaskloster,  Petropolit.  47  ein  Unzialfolium  saec.  9 
eioer  Vita  S.  Antiochi,  in  der  Achmimhandschrift  des  Petrusevangeliums  ein  Unzialfragment 
des  Martyriums  eines  Julianos,  Messin.  37  (Palimpsest)  Martyrium  des  hl.  Artemios  in  der 
ooteren  Unzialscfarift,  Veron.  134  (Palimpsest)  Martyrium  des  hl.  Eleutherios  n.  a.,  Monac. 
443,  8  Folien  in  Unzialschrift  mit  Mönchsbiographien,  Paris.  497  a.  970  Fragmente  von 
Märtyrerakten  (fol.  327—29). 

5.  Ueber  die  Menäen,  Menologien  und  Synaxarien  s.  LeoAllatius,  De  libris  eccl. 
firaecoram,  Paris  1645  S.  78—93.  Eine  neue  Ausgabe  der  Menäen  in  12  Bden  er- 
schien in  Venedig  1884.  —  Das  bekannteste  Menologium  ist  das  von  Basilios  II  (976-1025). 
Ed.  Gard.  Albani,  Urbino  1727,  3  Bde;  wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  117.  —  Zur  Orien- 
tierung vgl.  J.  £.  Martine V,  Annus  ecclesiasticus  graeco-slavicus.  Acta  SS.  Octobr.  11 
11864)  1—385,  Sergios,  Polnyj  Mösjacoslov  Vostoka,  2  Bde,  Moskau  1875—76,  N.  Nilles, 
Kalendarinm  manuide  utriusque  eccl.,  Orient,  et  occid.,  Innsbruck  1879.  -  Entstehungszeit, 
Quellen,  historische  Autorität  dieser  Bücher  sind  noch  nicht  untersucht.  —  V.  Bolotov, 
Sparen  der  alten  Menologien  einzelner  Kirchen,  Ghrist.  ötenije  1893,  177—210  (russ.).  VgL 
B.  Z.  3  (1894)  208  f. 

83.  Eyrillos  von  Skythopolis  ist  der  hervorragendste  Hagio- 
graph  des  6.  Jahrhunderts.  In  seine  Lebensbilder  hat  er  eine  Reihe  von 
selbstbiographischen  Angaben  eingeflochten,  aus  denen  hervorgeht,  dass 
er  um  514  in  Skythopolis  in  Galiläa  geboren  wurde  und  als  angehender 
Dreissiger  in  das  Kloster  des  hl.  Euthymios  eintrat  (543).  Hier  verbrachte 
er  die  10 — 11  ersten  Jahre  seines  Mönchslebens;  nach  einem  vorüber- 
gehenden Aufenthalt  in  der  von  den  Origenisten  gesäuberten  ,Neuen  Laura* 
bezog  er  das  Kloster  des  hl.  Sabbas  in  der  Wüste  Juda  (seit  557),  wo  er 
sein  Büsserleben  beschloss.  Sein  Todesjahr  ist  unbekannt,  kann  aber  über 
557  nicht  weit  hinausliegen. 

Ein  warmes  Interesse  für  die  grossen  Gestalten  der  Büsserwelt 
Palastinas  bewog  Kyrillos  schon  bald  nach  seinem  Eintritte  in  das  Kloster 
genaue  Nachrichten  über  das  Leben  des  Gründers  seines  Klosters  (f  473) 
und  des  hl.  Sabbas  (f  531),  der  zwei  vornehmsten  Persönlichkeiten  unter 
den  vielen  Klostergründem  Palästinas,  einzusammeln.  Trotz  des  Mangels 
an  rhetorischer  Bildung,  den  Kyrillos  öfters  beklagt,  der  aber  ein  wahres 
Glück  für  ihn  war,  konnte  er  neben  den  Biographien  der  zwei  genannten 
noch  mehrere  Lebensbilder  von  palästinischen  Mönchen  fertigstellen,  die 
von  ausserordentlichem  Quellenwerte  für  die  Kirchen-  und  Mönchs- 
geschichte Palästinas  sind.  Die  zwei  ersten  grossen  Biographien  wurden  556 
herausgegeben;  es  folgten  vier  kleinere  Lebensbilder  der  Heiligen  Johannes 
Uesychastes,  Kyriakos,  des  Könobiarchen  Theodosios  und  des  Bischofes 
Theognios  von  Betelia.  Bei  den  zwei  letzten  lehnte  er  sich  an  die  früheren 
panegyrischen  Lebensbilder  des  Theodosios  von  Theodoros,  dem  Bischöfe  von 


186  Byzantinisohe  Litteratnrgesohiohte.    I.  Prosaische  Lüteratnr. 

Petrae  (um  530)   und  des  Theognios  von  Paulos  Helladikos  (um  526) 
die   er  jedoch   mit  kritischem  Sinn  benutzte.     Seine  Absicht  ging  da 
eine  grosse  Sammlung  von  Mönchsbiographien  anzulegen;   er  wurde  a 
wahrscheinlich    durch   einen  frühen   Tod   an  der  Ausführung  dieses  Vo: 
habens  verhindert.     Dies  ist  um  so  beklagenswerter,  als  die  von  Kyrill 
verfassten  Lebensbilder   sich   durch  Zuverlässigkeit  der  berichteten  Thai 
Sachen,  ungewöhnliche  Sorgfalt  in  den  chronologischen  Bestimmungen,  ein 
für  seine  Zeit  auffallend  nüchternen   historischen  Sinn    (obgleich  Kyrill( 
dem  Wunderglauben  der  ihn  umgebenden  Mönchswelt  zugethan  war),  Ve 
ständnis  für  asketisches  Leben  und  asketische  Frömmigkeit,  endlich  dur< 
eine  einfache,   jeder  rhetorischen   Ausschmückung  abholde    Darstellun 
weise  auszeichnen:  lauter  Vorzüge,  die  Kyrillos  eine  Ehrenstelle  unter  d 
byzantinischen  Hagiographen  sichern. 

1.  Ausgaben:  Eine  Gesamtausgabe  des  Kyrillos  feblt  und  ist  ein  dringendes 
dürfnis.  —  Die  Vita  Enthymii  ed.  pr.  Montfaucon,  Anal.  gr.  1  (Paris  1688)  1 — 99j 
Vitae  Sabae  ed.  pr.  Cotelerius,  Eccl.  gr.  monumenta  3  (Paris  1686)  220—376;  Vi 
Johannis  Silentiarii  ed.  pr.  Acta  SS.  Mai.  3,  16—21;  Vita  des  hl.  Eyriakos  ed. 
Acta  SS.  Septembr.  8,  147—128;  Vita  des  hl.  Theodosios  ed.  pr.  Usener,  lnd~ 
Scholarum  fOr  das  Sommersemester  1890,  Bonn  1890  S.  IV — VI  und  nach  einer  emeutoäi 
genauen  Kollation  in  s.  Sehr.  Der  hl.  Theodosios,  Schriften  des  Theodoros  und  Kyrilloü 
Leipzig  1890  S.  103—113  mit  wertvollen  Anmerkungen  S.  190—197.  K.  Krumbache^ 
Studien  zu  den  Legenden  des  H.  Theodosios,  Siizungsber.  bayer.  Ak.,  München  1891 
S.  251 — 255  gab  Varianten  aus  zwei  neuen  Hss  und  kritische  Bemerkungen  zum  Teztin 
Useners.  —  Vita  des  hl.  Theognios  ed.  pr.  <P.  J.  van  den  6heyn>,  Anal.  BollandL 

10  (1891)  113—118  und  zugleich  A.  Papadopulos  Kerameus,  Pravosl.  Pal.  Sbomik  2$: 
(Petersburg  1891)  mit  russischer  Uebersetzung  von  G.  S.  Destunes.     Vgl.  Anal.  BollandL 

11  (1892)  477;  B.  Z.  1  (1892)  173  f.  —  Eine  altslavische  Uebersetzung  der  Vita  Sabbae  ed. 
Pomjalovskij,  Petersburg  1890.  Mit  Beifügung  des  griechischen  Originals  und  einer  Ein- 
leitung (russ.). 

2.  Hilfsmittel:  H.  Usener,  Der  hl.  Theodosios  S.  XI— XXIII.  —  Anal.  BoUand« 
10  (1891)  73—78.  —  Fr.  Loofs,  Leontius  von  Byzanz,  Leipzig  1887  S.  274—297  ver- 
breitet sich  eingehend  über  die  Chronologie  des  Euthymios  und  des  Sabbas  und  über 
den  Origenisten  Leontios  der  Vita  Sabbae.  —  A.  Ehrbar d,  Das  griechische  Kloster  Mar 
Sabba,  Römische  Quartalschr.  7  (1893)  43—45,  63.  Es  bleibt,  wie  hier  angedeutet,  zu 
untersuchen,  ob  die  Vita  eines  Schülers  des  hl.  Sabbas,  Abramios,  die  in  dem  cod.  Lips. 
Tischend.  2  (aus  dem  Sabbaskloster)  in  arabischer  Uebersetzung  mit  anderen  Schriften  des 
Kyrillos  steht,  von  Kyrillos  verfasst  ist.  Diese  Hypothese  gewinnt  an  Wahrscheinlichkeit 
durch  den  Umstand,  dass  die  Vita  'JßQuafiiov  imcxonov  Kgateiag  auch  in  dem  Unzialcodex 
Sinaitic.  494  saec.  9  mit  anderen  Lebensbildern  des  Kyrillos  zusammensteht.  —  Zu  be- 
achten ist  auch  der  cod.  Petropol.  28  s.  8  mit  der  Vita  des  Johannes  aus  der  Laura  des 
hl.  Sabbas,  die  wohl  mit  der  von  Kyrillos  verfassten  identisch  ist. 

3.  Andere  Hagiographen  des  6.  Jahrhunderts:  1,  Paulos  o  rtj^  'EXovffijg 
noXeoig  iqavxnoiTJg  wird  von  den  Bollandisten  mit  Paulos  Helladikos,  den  Johannes 
Moschos  erwähnt,  identifiziert  und  als  Verfasser  eines  historischen  Enkomiums  auf  Theo- 
gnios, Bischof  von  Betelia,  angesehen.  Paulos  hat  die  Rede  wahrscheinlich  i.  J.  526  im 
Kloster  des  hl.  Theognios  gehalten.  Kyrillos  hat  sie  vielfach  benützt.  Ed.  pr.  in  den  Anal.  Bell. 

10  (1891)  78-  113,  und  von  A.  Papadopulos  Kerameus  a.  a.  0.  S.  2—21.  —  Anal.  Bell. 

11  (1892)  477  brachten  einige  Korrekturen  zum  Texte  und  einen  Brief  des  Paulos  Hella- 
dikos. —  Ueber  den  hl.  Theognios  vgl.  Van  den  Gheyn,  St.  Thöognius,  ^v6que  de  Bätälie 
en  Palestine,  Revue  des  questions  histor.  1891  Octobr.  S.  397—429. 

2.  Theodoros,  der  in  der  Schule  von  Gaza  seine  rhetorische  Bildung  genoss, 
später  Bischof  von  Petrae,  hielt  wahrscheinlich  an  der  ersten  Jahresfeier  des  Todes  des 
hl.  Theodosios  (f  529)  die  Gedächtnisrede,  welche  Kyrillos  ebenfalb,  aber  mit  kritischem 
Sinn,  benutzt  hat.  Die  Rede  sticht  durch  ihren  rhetorischen  Schwulst  und  ihre  Wundersucht 
unvorteilhaft  von  der  kurzen  Biographie  des  Kyrillos  ab.  —  Nach  cod.  Laur.  11,  9  ed. 
pr.  H.  Usener,  Universitätsprogramm  von  Bonn  1890  S.  4—42,  Der  hl.  Theodosios, 
Schriften  des  Theodoros  und  Kyrillos,  Leipzig  1890  S.  1 — 101  mit  wertvollen  Anmerkungen 
S.  114 — 189.  —  K.  Krumbacher,  Studien  zu  den  Legenden  des  hl.  Theodosios  S.  238-250, 
278—321,  hat  den  Text  nach  5  neuen  Hss  revidiert,  verschiedene  Nachträge  und  Berich- 


1.  Theologie.    E.  Hagiographie.    (§  84)  187 

tigungen  zum  Kommentar  Usenera  geliefert,  darunter  eine  neue  poetische  Bearbeitung  der 
Tlieodoeioelegende  und  einen  Traktat  über  die  Totenfeiertage.  Bibliographische  und  band- 
achriftliche  Nachträge  zu  diesem  Traktate  von  E.  E.,  B.  Z.  1  (1892)  631,  und  G.  Yitelli, 
Stadi  Hai.  di  filol.  class.  2  (1893)  138.  Vgl.  B.  Z.  3  (1894)  194.  -  Zu  den  9  bei  Krum- 
baeber  genannten  Hss  des  £nkomions  von  Theodoros  kommt  noch  eine  in  Genua  (cod. 
Mission,  urban.  33  s.  10  fol.  142—195'')  und  eine  in  Lesbos.  G.  Vitelli,  Studi  ital.  di  filol. 
daas.  2  (1893J  138  und  374.    Vgl.  B.  Z.  2  (1893)  643  und  3  (1894)  194. 

3.  Die  von  einem  Zeitgenossen  des  palästinischen  Mönches  Dositheos  (f  um  530) 
verfassie  Biographie  steht  in  lateinischer  Uebersetzung  in  den  Acta  SS.  Februar.  3,  382—84. 

4.  Von  drei  Patriarchen  von  Kpel  im  6.  Jahrhundert  liegen  die  Biographien  im 
Drucke  vor,  die  des  Monas  (t  552)  in  den  Acta  SS.  August.  5,  169  f.,  die  des  Euty- 
chios  (t  582)  von  seinem  Schüler  Eustratios  (vgl.  §  9  Anm.  6);  die  des  Johannes 
Nesteutes  von  dem  zeitgenössischen  Priester  Photinos  ist  nur  fragmentarisch  erhalten 
bei  Mansi,  Concilia  13,  80—85. 

5.  Von  der  Vita  des  Theophilos  von  Adana  in  Cilicien  (f  538),  die  Eutychianos, 
ein  Zeitgenosse,  verfasste,  ist  die  Uebersetzung  des  Paulus  Diaconus  gedruckt  in  den 
AcU  SS.  Februar.  1,  483  ff. 

6.  Die  Biographie  der  Mutter  Symeons  Stylites  des  Jüngeren,  Martha  (t  551),  wird 
in  den  Acta  SS.  Mai.  5,  403—431  ebenfalls  einem  Zeitgenossen  zugeschrieben. 

7.  Euagrios  H.  E.  1.  3,  33  erwähnt  eine  Biographie  des  Severos  v.  Antiochien 
and  nennt  (1.  6,  20)  Stepbanos,  Bischof  von  Hierapolis,  als  den  Verfasser  einer  Vita  der  hl. 
Golanduch,  die  zu  Euagrios'  Zeiten  den  Martertod  erlitt. 

8.  Ein  Beispiel  fQr  die  späte  Abfassung  von  Märtyrerakten  bieten  die  Acta  der 
hU.  Eerykos  und  Julitta  von  Theodoros,  Bischof  von  Ikonion  z.  Zeit  Justinians.  Zu- 
letzt ed.  Anal.  Bolland.  1  (1882)  192—207  mit  einem  Brief  des  Theodoros  an  den  Bischof 
Zoflimoe,  der  ihn  dazu  aufgefordert  hatte.  Aus  diesem  Briefe  ist  ersichtlich,  dass  damals 
noch  häretische  Märtyrerakten  im  Umlauf  waren.  —  Dasselbe  erhellt  aus  dem  Eanon  63 
der  Trullanischen  Synode  (692),  worin  deren  Entfernung  aus  dem  kirchlichen  Gebrauch 
ofld  deren  Verbrennung  gefordert  wurde. 

9.  Das  aus  dem  6.  Jahrb.  stammende  Leben  des  Bischofs  und  Märtyrers  Auto- 
nomes ed.  pr.  in  den  Acta  SS.  Sept.  4,  16—  19;  auch  bei  Migne,  Patr.  gr.  115,  692—698. 

10.  Die  Märtyrerakten  der  hl.  Sira,  die  558  in  Persien  gemartert  wurde,  stehen 
in  den  Acta  SS.  Mai.  4,  172 — 183.    Die  Bollandisten  sehen  sie  für  gleichzeitig  an. 

84.   Johannes  Moschos  {'Iwawrig  Moaxog),   mit  dem  Beinamen  Ei- 
x^opTo^,  war  einer  jener  von  Begeisterung  für  das  Asketenleben  ergriffenen 
Mönche,  welche  die  Klöster  des  Orients  bereisten   und  ihre  Erfahrungen 
in  Schriften  niederlegten,  die  allerdings  in  erster  Linie  asketische  Zwecke 
j    verfolgten,  die  aber  wegen  ihres  Reichtums  an  biographischen  Angaben 
zur  Hagiographie  gezählt  werden  können.    Johannes  lebte  unter  Tiberios 
and  Maurikios  (578 — 602)  in  dem  Theodosios-  und  später  in  dem  Sabbas- 
kloster   in    Palästina.     Zumeist   von    dem   Sophisten  Sophronios,    dem 
späteren  Patriarchen  von   Jerusalem,   begleitet,    unternahm   er   mehrere 
Reisen,  die  sich  auf  Palästina,  Ägypten  mit  Einschluss  der  Sinaihalbinsel, 
Syrien,  Eleinasien  und  verschiedene  griechische  Inseln,  Cypem,  Samos  u.  a. 
erstreckten.     Nach  dem  Persereinfall  begab  er  sich  nach  Antiochien  und 
Alexandrien,  wo  er  in  nahe  Beziehung  zu  dem  Patriarchen  Johannes  dem 
Barmherzigen  trat,  zuletzt  nach  Rom,  wo  er  619  starb.   Die  Erfahrungen 
des  vielgereisten  Mönches  liegen   in  der  Schrift  vor,   die   Johannes  selbst 
AnfAfiv  betitelte  und   seinem  Begleiter  Sophronios   widmete.     In  bunter 
Mischung   und   Anordnung,    den    Blumen  auf  einer  Wiese   vergleichbar, 
werden  darin  Erlebnisse,   Gharakterzüge,  Aussprüche  zahlreicher  Mönche 
mitgeteilt,  teils  aus  eigener  Erfahrung,  teils  auf  Grund  von  Berichterstattern, 
die  Johannes  für  glaubwürdig  hielt,  oder  von  früheren  Darstellungen  ähn- 
lichen  Inhalts.     Viele   dieser  Notizen  haben  kulturhistorisches  Interesse. 
Der  Wert  des  Qanzen  liegt  für  uns  in  der  Zeichnung  des  Klosterlebens 


188  Byzantinische  LitteratnrgeBchiohte.    L  Prosaisohe  Lüterator. 

und  in  den  vielen  Namen  von  Klöstern,  die  Johannes  nennt.  Die  Schrift 
erfreute  sich  grosser  Beliebtheit,  wurde  aber  auch  infolgedessen  vielfach 
überarbeitet  und  erweitert.  Schon  zu  Photios'  Zeiten  boten  die  Hss  bald 
304,  bald  342  Abschnitte.  Die  ursprüngliche  Gestalt  derselben  muss  noch 
auf  Grund  handschriftlicher  und  kritischer  Untersuchungen  festgestellt 
werden.  Vom  sprachlichen  Gesichtspunkte  bietet  die  volkstümliche  Aus- 
drucks- und  Darstellungsweise  Interesse.  Über  das  Leben  des  Johannes 
des  Barmherzigen,  das  er  gemeinschaftlich  mit  Sophronios  verfasste,  vgl. 
§  86  Anm.  1. 

1.  Ausgaben:  Die  Schrift,  welche  auch  die  Titel  AeifÄtoydgioy,  Neog  naQa^BUfog^  Moy 
nagadeiaioy,  lat.Pratum  spirituale,  führt,  ed.  pr.  <Fronto  Ducaeu8>,  Bibliotheca  graecolatioa 
(Paris  1624)  1057—1159.  -  SapplemeDte  dazu  ed.  Cotelerins,  Eccl.  gr.  monum.  2, 341—456. 

—  Alles  zusammen  bei  Migne,  Patr.  gr.  87,  3,  2852—3112  in  219  Kapiteln.  —  Die  Hss 
weichen  von  einander  beträchtlich  ab.  Cod.  Marcian.  Class.  2,  21  saec.  10  hat  165  Ab- 
schnitte und  muss  bei  einer  kritischen  Ausgabe  berücksichtigt  werden.  £r  enthält  auch 
die  Mönchsbiographien  von  Theodoret  und  Palladios. 

2.  Hilfsmittel:  Ein  anonymer  Prolog  in  der  Ausgabe  von  Fronto  Ducaens  a.  a.  O. 
1054 — 1057  enthält  biographische  Notizen  und  ist  wahrscheinlich  schon  bei  der  ersten  Aus- 
gabe der  Schrift  des  Johannes,  die  Sophronios  besorgte,  hinzugefügt  worden.  —  Photios, 
cod.  199,  gibt  diesen  Prolog  inhaltlich  wieder.  Sein  Urteil  über  den  Stil  des  Johannes 
lautet:  'H  di  tov  Xöyov  igfjitjyeia  e£g  to  ta-neiyoregoy  .  .  xctl  dfAa&iaxeQoy  dnoxXlyei,  — 
H.  Geiz  er,  Leontios'  von  Neapolis  Leben  des  hl.  Johannes  des  Barmherzigen,  Freiburg  u. 
Leipzig  1893  S.  117  f.  —  üeber  Nachwirkung  des  Pratum  s.  Max  Hoferer,  loannis 
Monachi  Liber  de  Miraculis,  Gymnasialprogr.,  Würzburg  1884  S.  48  ff. 

3.  Von  der  Abfassungszeit  und  den  Quellen  Verhältnissen  der  'Anotfd^iy- 
fiata,  regoyjixd^  UaTeQixd,  die  in  einer  grossen  Anzahl  von  Bss  vorliegen,  haben 
wir  noch  keine  klare  Vorstellung.  Im  wesentlichen  beruhen  sie  wohl  auf  den  Mönchs- 
biographien, die  schon  im  4.  und  5.  Jahrhundert  gesammelt  wurden.  Schon  Johannes 
Moschos  nennt  ein  BtßXioy  yegoyrixoy  (Pratum  spirit.  Kap.  55  u.  56),  sowie  ^Anotp^iyfjLata  ttäy 
dyiuiy  IlatiQfay  (ebenda  Kap.  112).  Eine  ähnliche  Sammlung  beschreibt  Photios,  cod.  198, 
unter  dem  Titel  BlßXog  oymy  IlaxiQ(oy.  —  Gedruckt  sind  zwei  anonyme  Sammlungen 
unter  dem  Titel  Apophthegmata  Patrum  und  Aegyptiorum  monachorum  historia 
sive  Paradisus  bei  Migne,  Patr.  gr.  65,  71—442,  442—450.  —  Eine  grosse  Sammlung  (oft 
IlarsQMoy  BVEQyejivöv^  EvsQyeriyoimdien  Hss  betitelt)  wird  Paulos,  dem  Gründer  des  Klosters 
T^C  ^eotoxov  tijg  evegysndog,  zugeschrieben  und  ist  in  Venedig  1783  erschienen  (mir  un- 
zugänglich); erwähnt  von  Ph.  Meyer,  Zeitschr.  f.  Kirchengesch.  11(1890)408.  -  Andere 
Texte  in  lateinischer  Uebersetzung  sammelte  Her.  Rosweyd,  Vitae  Sanctorum,  Ant- 
werpen 1615.  —  Um  zur  Klarheit  zu  kommen,  muss  zu  den  Hss  zurückgegriffen  werden, 
in  denen  auch  ein  gewisser  Heraklides  und  ein  Daniel  Sketiotes(z.  B.  in  codd.  Coisl. 
282  s.  11,  Laurent.  10,  3  s.  12)  als  Veranstalter  solcher  Sammlungen  genannt  werden.  Einige 
wertvolle  Winke  für  die  handschriftlichen  Forschungen  gab  Floss  in  der  Einleitung  zu  den 
Homilien  des  Makarios  bei  Migne,  Patr.  gr.  34,  15  ff.  Das  nächste  Bedürfnis  ist  eine 
kritische  Ausgabe  der  Historia  lausiaca  von  Palladios  (bei  Migne,  Patr.  gr.  34,  995—1278), 
worin  schon  eine  frühere  Schrift  benützt  ist.  Vgl.  P.  E.  Lucius,  Die  Quellen  der  älteren 
Geschichte  des  ägyptischen  Mönchtums,  Zeitschr.  f.  Kirchengesch.  7  (1884-85)  163—198, 
E.  Am^lineau,  De  historia  Lausiaca,  Paris  1887  (darin  koptische  Fragmente  des  Palladios). 

—  Die  späteren  Bearbeitungen,  die  in  unzähligen  Hss  vorkommen,  liegen  noch  ganz  im 
Dunkeln.  Die  mühsame  Arbeit  würde  sich,  abgesehen  von  ihren  Resultaten  für  die  byzan- 
tinische Monasteriologie,  auch  vom  kulturhistorischen  Standpunkte  aus  lohnen,  da  wir  es 
hier  mit  Volksbüchern  von  weitgreifendem  Einflüsse  zu  thun  haben.  —  Andere  'Anofp^iy- 
f^aTtty  wie  deren  Boissonade,  Anecd.  gr.  1,  109  ff.  (abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  108, 
1384—88)  ediert  hat,   sind   ohne  hagiographischen  Wert     Vgl.  §  94. 

86.  Sophronios  {2(o(pQ6vtog) ,  Patriarch  von  Jerusalem,  wurde  in 
Damaskos  geboren  und  fuhrt  deshalb  auch  öfters  den  Beinamen  Jafiaaxrjvog. 
Er  war  lange  Jahre  Mönch  des  Theodosiosklosters  bei  Jerusalem  und  be- 
gleitete als  solcher  Johannes  Moschos  auf  seinen  Reisen.  In  Alexandrien 
gehörte  er  auch  zu  dem  Freundeskreise  des  Johannes  Eleemon  und  folgte 
i.  J.  634  Modestos   als  Patriarch  von  Jerusalem  nach.     Seine  erste  That 


1.  Theologie.    E.  Hagiographie.    (§  85)  189 

in  dieser  Stellung  war  der  Erlass  eines  Synodalsehreibens,  welches  in 
längeren,  weitausgreifenden  Ausführungen  die  Unverträglichkeit  des  Moner- 
gismus  mit  der  chalkedonischen  Christologie  darlegte.  An  dem  weiteren 
Verlauf  des  Streites  nahm  er  keinen  Anteil  mehr;  schon  636  kamen  die 
Araber,  und  Sophronios  tiberlebte  die  Übergabe  der  hl.  Stadt  kaum  ein 
Jahr  (t  638).  Von  Maximos  dem  Bekenner  und  Johannes  von  Damaskos 
wurde  er  hoch  gefeiert,  und  das  6.  Konzil  erklärte  sein  Synodalschreiben 
ausdrücklich  als  dogmatische  Autorität. 

Seine  litterarische  Bedeutung  liegt  auf  dem  Gebiete  der  Poesie 
(vgl.  Krumbacher),  der  Hagiographie  und  Homiletik.   Das  biographische 
Hauptwerk  ist  eine  umfangreiche  Darstellung  des  Martyriums  und  der 
Wunderthätigkeit  der  ägyptischen  Nationalheiligen  Kyros  und  Johannes. 
In  7  Dekaden  erzählt  Sophronios  eine  Auswahl  von  Wundern,  welche  die 
Heiligen    an  Bewohnern  von  Alexandrien,  dann  von   ganz  Ägypten  und 
Libyen,  endlich  an  Fremden  aus  allen  Himmelsgegenden  gewirkt  hatten.  Den 
Schluss    der  Qavixaxa  bildet  die  Heilung  von  einem  Augenleiden,  die  So- 
phronios selbst  erfuhr  und  den  Heiligen  zuschrieb.     Diese  Schrift  besitzt 
jetzt  noch  historischen  und  kulturgeschichtlichen  Wert  infolge  der   vielen 
Angaben  von  Örtlichkeiten  in  Ägypten  und  der  eingehenden  Schilderungen 
der  persönlichen  Verhältnisse   der  Kranken  und  ihrer  Krankheiten.     Die 
Schüler  von  Hippokrates  und  Galenos,  die  öfters  erwähnt  werden,  konmien 
aDerdings   schlecht    dabei    weg.      Das    in    einigen    Punkten    bedenkliche 
Heiligenleben  der  Maria  Aegyptiaca,    einer  öffentlichen   Sünderin  von 
Alexandrien,    die  48  Jahre  in  strengster  Busse   in  Palästina   lebte,  wird 
Sophronios  schon  von  Johannes  von  Damaskos   zugeschrieben   und   offen- 
bart eine  grosse  Lokalkenntnis  des  hl.  Landes.    Es  darf  daher  Sophronios 
nicht  abgesprochen  werden,  obgleich  es  in  vielen  Hss  anonym  geht.     Die 
rhetorische  Gewandtheit  des  Sophronios   konrnit   noch  mehr  zur  Geltung 
in  seinen  Homilien.   Davon  sind  einige  Reden  auf  Feste  des  Herrn  und 
einiger  Heiligen  gedruckt.     Historischen  Wert  besitzt  besonders  die  Rede 
auf  das  Weihnachtsfest  des  Jahres  634.     Theologisch  die  wichtigste  ist 
diejenige  auf  das  Yerkündigungsfest.   Andere  sind  noch  unediert.   Weitere 
prosaische  Stticke  des  litterarischen  Nachlasses  von  Sophronios  sind  auf 
ihre  Echtheit  hin  noch  näher  zu  untersuchen.     Die  ünechtheit  der  frag- 
mentarischen Mystagogie  ist  jüngst  von  N.  Krasnoseljcev  nachgewiesen 
worden. 

1.  Ausgaben:  Das  Sjnodalschreiben ,  das  in  den  grossen  Eonziliensammlungen 
steht,  am  bequemsten  bei  Migne,  Patr.  gr.  87,  3,  3148—3200.  —  Das  'EyxtL/nt.oy  Bi^  tovg 
uyiorq  KvQoy  xai  ^Itjäyyrjy  ed.  pr.  A.  Mai,  Spicileg.  Roman.  3  (Rom  1840)  1--670;  abge- 
druckt bei  Migne  a.  a.  0.  3380—3696.  A.  Mai  veröffentlichte  aus  derselben  Es  (cod. 
Tatic.  1607)  noch  2  andere  Biographien  dieser  Heiligen,  die  sich  mit  Sophronios  nahe  be- 
rühren, aber  wohl  mit  Unrecht  von  A.  Mai  Sophronios  selbst  zugeschrieben  werden.  Eine 
lateinische  Uebersetzung  der  grossen  Biographie  veranstalteten  Bonifacius  Consiliarius  und 
Anastasius  Bibliothecarius.  Im  12.  Jahrhundert  machte  Petrus  Parthenopensis  einen  Aus- 
zug daraus.  Noch  andere  griechische  und  lateinische  Texte  beruhen  auf  dem  von  Sophronios. 
—  Die  Homilien  nach  früheren  Drucken  von  Gretser,  A.  Mai,  A.  BaUerini,  darunter  mehrere 
nur  lateinisch,  zusammengestellt  bei  Migne  a.  a.  0.  3217 — 3364.  —  Den  griechischen  Text 
der  2  Homilien  auf  das  Weihnachtsfest  und  die  Darstellung  des  Herrn  ed.  pr.  H.  Usener, 
Rheinisches  Museum  41  (1886)  500—516,  Universitfttsprogr.  von  Bonn  1889  S.  8—18  (mit 
Bemerkungen  zu  Sophronios'  Graezität).  —  Die  kleineren  Stücke  bei  Migne  a.  a.  0. 
3365—72,  3981- -4012.    Das  hier  zuletzt  mitgeteilte  lateinische  Bruchstück  aus  einer  ala 


190  Byzantinisohe  Litieraturgesohichte.    L  ProsaiBohe  Litteratur. 

unecht  betrachteten  Apostellegende  steht  in  dem  Palimpsestcodex  Athens  3625  als  untei 
Schrift  und  in  längerer  Fassung  unter  seinem  Namen.  —  Die  Gesamtausgabe,  die  A.  M 
veranstalten  wollte,  kam  nicht  zu  stände.  —  Das  Leben  der  Maria  Aegyptiaca,  vulgär»^ 
griechisch  von  Damaskenos,  erschien  in  Athen  1877.  —  lieber  abendländische  Ueber*^ 
Setzungen  dieser  Vita  vgl.  H.  Knust,  Geschichte  der  Legenden  der  hl.  Katharina  Y<m\ 
Alexandrien  und  der  hl.  Maria  Aegyptiaca,  Halle  1890  S.  193—228. 

2.  Hilfsmittel:  Fabrioius,  Bibl.  gr.  9,  162—169.  —  A.  Mai,  Spicileg.  Roi 
3  S.  V— XX.  —  L.  de  St.  A ig n an,  Vie  de  St.  Sophrone,  patriarche  de  Jerusalem,  Orläi 
1884.  —  Ueber  die  Weihnachtsrede  vgl.  H.  Usener,  Religionsgeschichtliche  Untei 
Buchungen  1  (Bonn  1889)  326—330.  —  H.  Geizer,  Leontios*  von  Neapolis  Leben  des  ~ 
Johannes  des  Barmherzigen  S.  118 — 120  nimmt  die  frühere  Anzweiflung  der  Identität  d< 
Sophisten  und  des  Patriarchen  Sophronios  zurtlck.  -  £.  Popoviö,  Sopbronios,  Patr»^ 
von  Jerusalem  als  Theolog  und  Verfasser  von  Predigten  und  Kirchengesängen,  Tmd|fj 
Kievskoj  duch.  ak.  1889—90.  Vgl.  B.  Z.  2  (1893)  348.  —  H.  Usener,  Acta  M.  Ajiaw 
stasii  Persae,  Universitätsschrift  von  Bonn  1894  S.  IV  f.  hat  eine  Rede  auf  den  Märtyrer^ 
Anastasios,  die  bisher  dem  Dichter  Georgios  Pisides  zugeschrieben  wurde  und  unter-^ 
dessen  Namen  bei  Migne,  Patr.  gr.  92,  1680—1729  gedruckt  ist,  durch  innere  und  äussere 
Kriterien  als  ein  Werk  des  Sophronios  festgestellt.  Sie  beruht  auf  den  Akten  des  Märtyrers 
(§  86  Anm.  3),  die  sie  rhetorisch  aufputzt.  —  Nach  N.  Krasnoseljcev,  Odessaer  Jahrb.  4,  3J 
(1894)  178—257,  geht  die  unechte  Mystagogie  auf  die'  Schrift  des  Bischofs  Theodoros  von? 
Andida  (vgl.  §  66  Anm.  4)  und  auf  eine  Rezension  der  *ExxXtjat.a(nixij  laioQia,  die  audiv^ 
Germanos  von  Kpel  u.  a.  zugeschrieben  wird,  als  auf  ihre  Quellen  zurück.  Auf  die  Unter*  J 
suchung  folgt  ein  Abdruck  des  Pseudo-Sophronios  mit  einer  russischen  Uebersetzung  8owi#^ 
der  Text  der  Kyrillos  von  Kpel  zugeschriebenen  ältesten  und  reinsten  Redaktion  der  *E»^^ 
xXtjfftaffjMtj  UstoQla,  Diese  gab  Milles,  Oxford  1703,  zuerst  heraus.  —  Noch  unediert  ial 
das  historische  Enkomion  des  Johannes  Zonaras  auf  Sophronios.  Es  steht  z.  B.  in  dem 
cod.  Athous  1848  s.  15. 

86.  Leontios  {Aeovriog)^  Bischof  von  Neapolis  auf  Cypern,  gehörte 
mit  Johannes  Moschos  und  Sophronios  von  Jerusalem  zu  dem  Freundes- 
kreise des  Erzbischofs  von  Alexandrien,  Johannes  des  Barmherzigen 
(611 — 619).  Seine  Lebenszeit  fällt  zwischen  590 — 668.  Er  hinterUess 
zahlreiche  Schriften,  unter  denen  auf  der  7.  Synode  Uolld  iyxcifAia  tuxI 
navrjyvQixot  loyoi  erwähnt  werden.  Seine  litterarische  Hauptbedeu- 
tung liegt  auf  dem  Gebiete  der  volkstümlichen  Hagiographie.  In  den 
zwei  erhaltenen  Lebensbildern  des  genannten  Erzbischofes  und  des  Symeon 
Salos  bewährt  er  sich  als  vortrefflicher  Volksschriftsteller,  der  ,den  naiven, 
kindlichen  Volkston  aufs  glücklichste  zu  treffen  wusste*  (Geizer).  Die 
erstere  besitzt  dazu  einen  streng  historischen  Charakter.  Leontios  be- 
nutzte das  biographische  Enkomion,  das  Johannes  Moschos  und  Sophronios 
gemeinschaftlich  für  die  gebildeten  Kreise  verfasst  hatten,  und  das  durch 
Leontios'  Lebensbild  in  den  Volkskreisen  ersetzt  werden  sollte.  Ausser- 
dem schöpfte  er  aus  den  Mitteilungen  ,gläubiger  und  frommer  Männer* 
aus  Johannes'  Umgebung  und  aus  seiner  eigenen  Erfahrung.  Dadurch 
bekommt  diese  Biographie  eine  hohe  Bedeutung  für  die  Kulturgeschichte 
der  ausgehenden  griechischen  Herrschaft  in  Ägypten.  Geringer  ist  der 
kulturhistorische  Wert  der  Biographie  des  schon  von  Euagrios,  Hist.  eccl. 
4,  33,  erwähnten  Symeon  Salos,  einer  jener  ,Narren  um  Christi  willen*, 
die  eine  spezielle  Gattung  griechischer  Mönche  bilden.  Die  Sprache  ist  in 
beiden  Lebensbildern  ein  eigentümliches  Gemisch  von  Schrift-  und  Volks- 
sprache, wodurch  Leontios  seiner  Erzählung  den  Charakter  der  Popularität 
aufprägen  wollte.  Eine  dritte  Biographie  des  Bischofs  Spyridon  von 
Trimithus,  dessen  Leben  um  dieselbe  Zeit  von  Theodoros,  Bischof  von 
Paphos,  dargestellt  wurde,  liegt  in  der  Überarbeitung  des  Symeon  Meta- 


L' 


L  Theologie.    E.  Hagiographie.    (g  86)  191 

jhrastes  vor,  hat  sich   aber  vielleicht  unter  den  handschriftlichen   Vitae 
iieses  Bischofs  in  ihrer  ursprünglichen  Gestalt  erhalten. 

Leontios  verfasste  ausserdem  eine  Schrift  gegen  die  Juden  in 
>  Büchern,  die  von  Johannes  von  Damaskos  und  Euthymios  Zigabenos 
erwähnt  wird  und  aus  der  ein  längerer  Abschnitt  auf  der  7.  Synode  vor- 
gelesen wurde.  Sie  entstand  auf  die  Anregung  eines  alexandrinischen 
Mönches  Kosmas  Scholastikos  und  weist  somit  auch  auf  den  ägyptischen 
Freundeskreis  des  Leontios  hin.  Gedruckt  sind  endlich  unter  Leontios' 
!famen  zwei  geistliche  Reden,  die  aber  mit  einer  grösseren  Anzahl 
inedierter  teils  Leontios  von  Neapolis,  teils  Leontios  von  Byzanz,  teils 
inem  Leontios  von  Eonstantinopel  resp.  von  Jerusalem  zugeschrieben 
wrerden.  Der  wahre  Verfasser  dieser  Homilien  muss  erst  noch  festgestellt 
werden. 

1.  Ausgaben:  Die  Vita  Symeonis  Sali  ed.  jpr.  Acta  SS.  Julii  1,  136—169;  ab- 
cedrackt  bei  Migne,  Patr.  gr.  93,  1669—1748.  —  Den  griechischen  Text  der  zweiten 
Biographie  ed.  pr.  H.  Geiz  er,  Leontios'  von  Neapolis  Leben  des  Heiligen  Johannes  des 
Barmherzigen,  Erzbischofs  von  Alexandrien,  Sammlung  ausgewählter  kirchen-  und  dogmen- 
geschichtlicher Quellenschriften  von  G.  Krüger,  5.  Heft  (Freiburg  und  Leipzig  1893) 
mit  einem  sorgfältigen  kritischen  Apparat,  inhaltreichen  Anmerkungen  und  einem  aus- 
fahrlichen  Wörterverzeichnis.  Anhangsweise  folgt  auf  den  Text  eine  Probe  der  Para- 
phrase des  Leontiostextes  aus  dem  cod.  Berolin.  fol.  57  und  das  von  Symeon  Meta- 
phrastes  erhaltene  Bruchstück  des  von  Johannes  Moschos  und  dem  Sophisten  Sophronios 
Terfassten  Lebensbildes  des  Johannes.  —  2  Fragmente  aus  den  5  Büchern  gegen  die  Juden 
bei  Migne  a.  a.  0.  1597—1612.  Das  zweite  fVagment  nur  lateinisch;  griechisch  in  codd. 
Vatican.  717,  840,  Vatican.  Ottobon.  360  u.  a.  Ein  drittes  Fragment  in  cod.  Taurin.  200 
5.  14  foL  294—296;  ein  viertes  in  cod.  Ambros.  C  257  s.  13  fol.  143.  —  Die  2  Homilien 
bei  Migne  a,  a,  0.  1565-1597. 

2.  Hilfsmittel:  H.  Geiz  er,  Ein  griechischer  Volksschriftsteller  des  7.  Jahr- 
hnnderts,  Histor.  Zeitschrift  N.  F.  25  (1889)  1 — 38  und  die  Einleitung  von  Geizers  Ausgabe 
iS.  VlI — XLV).  Hier  die  Beschreibung  der  10  Hss,  auf  denen  der  Text  beruht,  und  der 
Nachweis  einer  kürzeren  und  einer  längeren  Rezension.  Die  Zahl  der  Hss  der  Vita  des 
Johannes  von  Alexandrien  lässt  sich  leicht  vermehren. 

3.  Andere  zeitgenössische  Hagiographen:  i.  Ueber  Arkadios,  Bischof  von 
Konstantia  auf  Cypem  (am  630—38),  den  Verfasser  der  Vita  Symeonis  Stylitae  (f  596),  vgl. 
i  57  Anm.  3.  —  In  den  codd.  Coislin.  146  u.  306  steht  von  ihm  ein  Enkomion  auf  den 
hl.  Georg.  —  Vgl.  über  die  Vitae  des  Johannes  Klimax,  des  Maximos  Homo- 
logetes,  des  Gregorios  v.  Agrigent  die  betreffenden  §§. 

2.  Von  grossem  Wert  für  die  byzantinische  Klostergeschichte  ist  das  Leben  des 
ijeorgios,  Mönches  von  Choziba  in  Palästina,  von  seinem  Schüler  Antonios.  Ed.  pr. 
Analect.  Bolland.  7  (1888)  95—144,  336-359.  Ebenda  360— 370  Miracula  B.  Mariae  Virg. 
n  Choziba  von  demselben  Antonios.  Varianten  zu  beiden  Texten  aus  cod.  Coisl.  303  in 
len  Anal.  Bolland.  8  (1889)  209  f. 

3.  Greeorios  beschrieb  das  Leben  seines  Lehrers  Theodoros  Sykeotes,  eines 
«rühmten  Archimandriten  in  Galazien  und  früheren  Bischofes  von  Anastasiopolis  (590—613). 
!d.  pr.  Theoph.  Joannu,  Mytjjuieia  aytoX,  S.  361—495.  Einige  Stellen  wurden  in  die 
^kten  der  7.  Synode  aufgenommen.  Vgl.  Mansi,  Concilia  13,  89—92.  —  Der  Verfasser 
rird  aoch  Eleusios  genannt.  —  Ein  Enkomion  auf  denselben  Theodoros  mit  der  Erzählung 
er  Translation  seiner  Reliquien  nach  Kpel  von  Nikephoros,  Mönch  und  Skeuophylax 
er  Blacfaemenkirche,  der  auch  ein  Lebensbild  des  Theophanes  Confessor  verfasste,  ist  er- 
alten in  cod.  Monac.  3  saec.  10  foL  65^ — 80. 

4.  Eine  Biographie  des  Bischofs  Spyridon  von  Trimithus  auf  Cypem  verlas  deren 
erfasser,  Theodoros,  Bischof  von  Paphos,  am  Gedenktage  des  Heiligen,  12.  Dezember 
.>5,  in  der  Kirche  von  Trimithus.    Einige  Fragmente  derselben  ed.  pr.  H.  Usener,  Jahrb. 

Protest  Theol.  13  (1887)  222—232.     Sie  ist   ganz  erhalten  in  den  codd.  Paris.  1451  fol. 
2*- 87,  Vindob.  histor.  28  fol.  136^—161^,  Sabbait  18  s.  10  fol.  305-27  u.  a. 

5.  Georgios,  Patriarch  von  Alexandrien  (f  630),  schrieb  eine  Biographie  des  hl. 
Johannes  Chrysostomos,  die  geringen  Wert  besitzt.  Ed.  pr.  H.  Savilius,  Opera  s.  Joan. 
.hrysost.  8,  157—265;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  114,  1045—1210. 

0.    Von   Theodoros,   Bischof  von  Trimithus  auf  Cypem  um  680,  besitzen   wir 


192  Byzantinische  LüteratnrgeBchlohte.    L  Prosauiche  litteratar. 

eine  bessere  Biographie  des  Johannes  Chrysostomos.     Ed.  pr.  A.  Mai,  Nova  Patr.  biU 
6  (1853)  2,  265—290;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  47.  LI— LXXXVIH.  * 

7.  Um  diesselbe  Zeit  veranstaltete  Johannes,  Erzbischof  von  Thessalonike,  ei 
erste  Sammlung  von  Wundem  des  grossen  und  vielgepriesenen  Stadtpatrones  Demetrio 
Ed.  Acta  SS.  Octobr.  4,  104—160.    Supplemente   dazu   edd.   C.  B.  Hase,  Leonis  dia 
historia,  Paris  1819  S.  260—262  und  A.  Tougard,  De  l'histoire  profane  dans  les  Ad 
grecs   des   BoUandistes,  Paris  1874  S.  80,  82.    —    Von   einem  Aoyog  nsQi  t»;c  xoifjiijire 
SeoToxoVf    den    schon  Epiphanios  Presbyter  Johannes  zuschreibt,  haben  C.  Tischende 
und  M.  Bonnet  Fragmente  herausgegeben.    Vgl.  Biblioth.  Hagiogr.  S.  80.    Ganz  erhalt 
in  codd.  Paris.  683  saec.  12  fol.  213—219,  1174  saec.  12  fol.  321—338.  —  Eine  Abha» 
lung  De  consonantia  evangelistarum  wird  Johannes  zugeschrieben  z.  B.  in  ood.  Paris.  724 
974  fol.  321—335.  —  Zwei  andere  Sammlungen  von  Wunderthaten  des  Demetrios  sind  v 
zeichnet  in  der  Biblioth.  hagiogr.  S.  35.  —  Noch  unediert  ist  die  des  Johannes  Staurakio 
Diakonos  und  Chartophylax  in  Thessalonike,  dessen  Lebenszeit   noch   zu   bestimmen   i 
Sie  ist  in  mehreren  Hss  vorhanden,  z.  B.  in  cod.  Bodl.  Seid.  46  saec.  12  foL  95^' — 135^ 
Demselben   Johannes  wird   auch   eine  Biographie   der  Nationalheiligen   von  Thessalonik 
der  hl.  Theodora,  zugeeignet,  z.  B.  in  einer  Hs  der  Nationalbibliothek  von  Florenz  (frühaf; 
Camaldoli  1214  saec.  12),  die  Enkomien  ausschliesslich  auf  weibliche  Heiligen  enth&lt. 

8.  Dem  7.  Jahrhundert  gehören  auch  die  zwei  Passions-  und  Translationserzählang 
des  Märtyrers  AnastasiosPersa(t  628)  an,  die  von  einem  Mönche  des  Anastasioskl 
bei  Jerusalem  unmittelbar  nach  dem  Martyrium  (628)  und  nach  der  Translation  (631)  v 
fasst  wurden.  Ed.  pr.  H.  Usener,  Bonner  Universitätsschrift,  Bonn  1894  S.  1—14.  EbendÄ] 
S.  14—28  ein  Bericht  über  ein  von  Anastasios  in  Rom  gewirktes  Wunder  und  Bruchstüc' 
einer  umfangreicheren  Wundersammlung.  Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  196  (eine  Korrektur  zum 
Texte  des  Martyriums  von  C.  Weyman).  —  Eine  lateinische  Uebersetzung  des  Berichtet 
über  das  römische  Wunder  ist  in  einem  cod.  Vallicell.  vorhanden.  Usener,  a.  a.  (X 
S.  VI — VIII,  gibt  einige  Proben  davon.  —  Fragmente  aus  der  Passion  und  der  Wunder» 
Sammlung  stehen  auch  in  den  Akten  der  7.  Synode  bei  Mansi,  Concilia  13,  21-24. 

9.  Notiert  seien  auch  das  Enkomion  auf  Antonios  den  Einsiedler  und  ein  Wunder 
desselben  (in  cod.  Athous  574  s.  14)  von  Georgios,  Bischof  von  Naxos,  und  des  Ana« 
stasios,  Bischofs  von  Nikopolis,  Historia  rerum  in  Perside  gestarum  (in  cod.  Paris.  1538 
s.  11  fol.  7—28^).  Ob  die  beiden  Autoren  mit  gleichnamigen  Persönlichkeiten  identisch 
sind,  die  der  6.  Synode  (680)  beiwohnten,  steht  dahin. 

87.  Epiphanios  (Emtpdviog).  Die  Lebenszeit  dieses  Presbyters  und 
Mönches  des  Klosters  t(ov  KaXXiaTqavüav  in  Konstantinopel,  der  mit  Epi- 
phanios Hagiopolites  verwechselt  wurde,  ist  noch  nicht  mit  Sicherheit 
bestimmt;  einige  Äusserungen  in  seinem  Leben  des  hl.  Apostels  Andreas 
deuten  jedoch  an,  dass  sie  in  die  letzte  Zeit  des  ersten  Bilderstreites 
um  780  fallt.  Diese  Lebensbeschreibung  und  eine  Darstellung  des 
Lebens  Maria  weisen  ihm  eine  eigenartige  Stellung  in  der  Hagio- 
graphie  zu:  Epiphanios  treibt  unbewusster  Weise  eine  Pseudokritik,  wie 
sie  nicht  schlimmer  gedacht  werden  kann.  In  der  Einleitung  zur  Vita 
S.  Andreae  beklagt  er  den  Mangel  pragmatisch-historischer  Biographien 
der  Apostel  und  berichtet  umständlich  über  seine  Vorarbeiten:  er  habe 
sich  nicht  mit  der  Benutzung  des  Clemens  von  Rom,  des  Euagrios  SikuIoB 
und  Epiphanios  von  Cypern  begnügt,  sondern  den  Schauplatz  der  Thätig- 
keit  des  hl.  Andreas  mit  dem  Mönche  Jakob  bereist  und  sich  von 
Augenzeugen  unterrichten  lassen  über  die  Örtlichkeiten,  wohin  er  nicht 
selbst  kam.  Dem  gegenüber  bietet  die  Vita  das  Bild  reinster  Kritiklosig- 
keit. Die  Rede,  welche  er  Andreas  in  den  Mund  legt,  ist  eine  Muster- 
leistung von  Naivität  und  historischer  Verständnislosigkeit.  Ähnlich  ver- 
hält es  sich  mit  dem  Leben  Maria:  auch  hier  die  Hage,  dass  eine  oQ&tog 
xal  €va7iodtxT(og  geschriebene  Biographie  fehle.  Seine  Vorgänger,  Jakob  den 
Hebräer,  Aphrodisianos  den  Perser  (gemeint  ist  das  Religionsgespräch  am 
Hofe  der  Sassaniden,  s.  §  13  Anm.  3),  Johannes,  den  Erzbischof  von  Thessa- 


1.  Theologie.    E.  Hagiographie.    (§§  87—88)  193 

lonike  und  Andreas  von  Kreta,  behandelt  er  geringschätzig.  Als  seine 
Quellen  nennt  er  Eusebios  von  Käsarea  und  die  übrigen  2vyyQa^Hg;  aus 
der  Apokryphenlitteratur  werde  er  nur  evniaTa  xai  ßäßaia  xal  aXtj&rj  auf- 
nehmen und  die  Quelle  jedesmal  am  Rande  angeben.  Trotzdem  ist  das 
Lebensbild  historisch  gänzlich  unbrauchbar  und  gibt  nur  die  Erzählungen 
der  Apokryphenlitteratur  über  Leben  und  Tod  Maria  wieder.  Die  Namen  am 
Rande  sind  verloren  gegangen;  im  Texte  selbst  nennt  er  die  Apokryphen 
der  Apostel  Jakob  und  Bartholomäos,  Dionys  den  Pseudoareopagiten,  den 
fraglichen  Hippolytos  Thebanos,  Athanasios  von  Alexandrien,  Leo  von  Rom 
und  Andreas  von  Kreta:  eine  Zusammenstellung,  welche  beweist,  dass 
Epiphanios  in  der  Auswahl   seiner  Gewährsmänner  prinziplos  verfuhr. 

1.  AusgAben:  Das   Leben  Maria   ed.  pr.  J.  A.  Mingarelli,   Anecd.  litteraria  3 
I     iRom  1783)  89  —  83.  —  Beide  Heiligenleben  ed.  A.  Dressel,  Epiphanii  monachi  et  pres- 

byteri  scripta  edita  et  inedita,  Paris  a.  Leipzig  1843  S.  13—82;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr. 
gr.  120,  185—216.  Ebenda  273—286  ein  Libellos  de  religione  christiana  ex  Epiphanio  in 
laünum  a  Petro  de  Monte  traductus,  die  Erzählung  eines  Vorganges  in  einer  Kirche  von 
Jenualem,  die  wahrscheinlich  von  Epiphanios,  dem  Verfasser  der  Beschreibung  des  hl. 
Landes,  herrOhrt 

2.  Hilfsmittel:  Die  Einleitung  der  Ausgabe  von  A.  Drossel  ist  z.T.  unbrauchbar. 
—  Die  Angabe  des  Klosters,  zu  dem  Epiphanios  gehörte,  enthält  die  Ueberschrift  seiner  Vita 
der  hl.  Maria  in  cod.  Vatican.  Ottobon.  415  saec.  14 — 15  fol.  291.  Darnach  ist  die  Identität 
zwischen  diesem  Epiphanios  und  dem  gleichnamigen  Verfasser  einer  Beschreibung  des  hl. 
Landes  unhaltbar.  —  J.  Dräseke,  B.  Z.  4(1895)  346—362,  hat  dies  aus  einem  Vergleich 
zwischen  dem  Leben  Maria  und  dem  Wallfahrerbuch  mit  Recht  erschlossen.  Für  die 
Identifizierung  des  Mönches  Epiphanios  mit  dem  Bischöfe  Epiphanios  von  Selymbria  liegt 
aber  kein  Grund  vor. 

3.  Die  Dialoge  Gregors  des  Grossen,  die  sich  über  das  Wunderleben  und  die 
Wonderthaten  frommer  Männer  Italiens,  besonders  des  hl.  Benedictus  von  Nursia,  ver- 
breiten, wurden  von  dem  Papste  Zacharias  (741—52)  ins  Griechische  übersetzt  und  er- 
freuten sich  bei  den  Byzantinern,  die  Gregor  mit  dem  Beinamen  o  JiaXoyog  schmückten, 
einer  grossen  Beliebtheit.  Bei  Migne,  Patr.  lat.  77,  149—430,  steht  diese  Uebersetzung 
dem  lateinischen  Text  gegenüber.  Die  Hss  derselben  sind  sehr  zahlreich  und  darunter 
befinden  sich  sehr  alte,  wie  die  codd.  Rossan.  (vgl.  P.  Batiffol,  Mölanges  d'arch^ologie 
et  dliistoire  8  (1888)  297-308),  Vindob.  theol.  189,  Athens  3120  u.  a. 

88.  Die  Blüteperiode  der  Hagiographie  vom  8.— 11.  Jahrhundert 
bezeichnen  zunächst  die  Biographien  von  Märtyrern  des  Bilderkultes, 
wie  des  hl.  Gregorios  Spatharios  mit  12  Genossen  (f  730),  des  hl.  Andreas 
iv  Kgiasi  (f  767),  des  hl.  Paulos  des  Jüngeren  (f  771),  des  hl.  Stephanos 
vom  Berge  des  hl.  Auxentios  bei  Nikomedien  (t  767).    Die  Biographie  des 
letzteren,    der  den  Ehrennamen  o  vtog  jiQWTOfidQTvg  erhielt,  wurde  von 
Stephanos,  Diakonos  an  der  Hagia  Sophia  in  Eonstantinopel,  im  Jahre 
808  verfasst  auf  Grund  älterer  Berichte.    Das  Haschen  nach  rhetorischem 
Effekt  und  die  häufigen  Wortspiele  verunzieren  die  umfangreiche  Lebens- 
^   beschreibung;    die  ausführliche  Erzählung  des  Bilderstreites  unter  Kon- 
I     iftantinos  Kopronymos  gibt  ihr  aber  historischen  Wert.   Eine  Reihe  anderer 
Persönlichkeiten  aus   dem   8.  und   9.  Jahrhundert,    der   Chronist  Theo- 
'  phanes  Confessor  (f  817),   Gregorios  Dekapolites  (f  um  817),  Jo- 
y    hannes,  Bischof  von  Gotthia,  Niketas,  Hegumenos  des  Klosters  Medikion 
in  Bithynien  (f  824),  die  Brüder  Theodoros  und  Theophanes,  Mönche 
des  Sabbasklosters  in  Palaestina,  die  von  ihrer  Stigmatisierung  den  Bei- 
namen /l^TTTo/ erhielten,  Stephanos,  Bischof  von  Surozia,  Michael  Syn- 
kellos  von  Jerusalem,  Theodoros,  der  berühmte  Abt  des  Klosters  Studien, 

Hudbaeh  der  Umh  AJUrkuagwimenmfbM/L  ZX.    h  Abtlg,    2.  And.  \% 


194  ByzantiniBohe.Litteratiirgesohiohie.    L  Prosaiache  Litteratur. 

Euthymios,  Erzbischof  von  Sardes,  Johannes,  Vorsteher  des  Mari( 
klosters   Tov  ^ixS,  Jakob  der  Jüngere  (t  um  824),  Michael,  Erzbiscl 
von  Synnada  in  Phrygien  (f  um  820),  die  Patriarchen  von  Eonstantin( 
Germanos  (f  733),  Tarasios  (f  806),  Nikephoros  (f  828),  Metho 
(t  848),   die   Kaiserin  Theodora,   der  Hymnograph  Josephos   (f  81 
verdanken   die   Fixierung    ihrer  Lebensgeschichte  in    erster  Linie 
Auftreten  im  Bilderstreite.     Diese  Biographien,  von   denen    einige  n< 
unediert   sind,    verleugnen  allerdings    den    panegyrischen    Charakter 
byzantinischen  Hagiographie  nicht;  sie  besitzen  aber  dennoch,  weil  meisl 
von  Zeitgenossen  geschrieben,  einen  grossen  historischen  Wert. 

Einige  neue  Märtyrerakten  wurden  veranlasst  durch  den  Mäi 
tod  der  60  Märtyrer  von  Jerusalem  (um  724),  der  20  Mönche  des  Sabbi 
klosters  in  Palaestina,   die  787  von  Araberhorden  überfallen  wurden,  dl 
42  Märtyrer,  Theodoros  Protospatharios  und  Genossen,   in  Syrien  um 
Jahr  841.     Das  Hauptinteresse  wandte  sich  aber  mehr  und  mehr  d< 
hervorragenden    Mönchsgestalten    zu,    deren    Lebensbeschreibungi 
ausserordentlich   wichtige   Quellen    für  die  byzantinische  Monasteriologi^ 
Kirchen-  und  Kulturgeschichte  bilden.     Diese  Heiligenlegenden  verteile 
sich  auf  hervorragende  Klöster  in  Konstantinopel,   Palaestina,  Kleinasii 
auf  dem   Berge  Athos,  in  Sizilien  und   Kalabrien  und  lassen   sich   bei] 
jetzigen  Stand  der  Forschung  in  fünf  Gruppen  bringen.  I 

Zur  konstantinopolitanischen  Gruppe  gehören  ausser  vielen  Bioi 
graphien  aus  den  Bilderstreitigkeiten  die  Lebensbilder  des  Piaton,  Hegw 
menos  des  Sakkudionklosters,  von  Theodoros  Studites  (s.  §  61),  des  Niko-j 
laos  Studites  (868)  von  einem  zeitgenössischen  Mönche  des  Klosten 
Studien  (s.  §  61  Anm.  5),  des  jüngeren  Hilarion  (f  845),  der  Klostew 
Vorsteherin  Irene  aus  dem  9. — 10.  Jahrhundert,  des  Andreas  SalosvoB 
Nikephoros,  Presbyter  der  Sophienkirche  um  die  Mitte  des  10.  Jahr- 
hunderts,  des  Anachoreten  Basilios  (f  um  952)  von  seinem  Schüler 
Gregorios. 

Palaestina  ist  bis  jetzt  nur  vertreten  durch  die  Biographie  dea 
Stephanos  Thaumaturgos  aus  dem  Sabbaskloster  von  einem  Mönche  Leontios 
zu  Beginn  des  9.  Jahrhunderts,  und  diejenige  des  Johannes  von  Damaskos, 
welche  der  Patriarch  von  Jerusalem  Johannes  um  969  verfasste. 

Li  Kleinasien  bildeten  um  dieselbe  Zeit  die  Berge  Latros  oder 
Latmos  am  Maeander  und  Olympos  in  Bithynien  zwei  grosse  Zentren 
asketischen  Lebens.  Von  einem  Mönche  des  ersteren  Berges,  Paulos  dem 
Jüngeren  (um  946),  liegt  eine  Biographie  vor,  die  von  einem  etwas  jüngeren 
Zeitgenossen  und  Mitbruder  um  das  Jahr  969  verfasst  wurde  und  einen 
interessanten  Einblick  in  das  Mönchsleben  des  10.  Jahrhunderts  gewährt. 
Die  Biographie  eines  zweiten  Mönches  vom  Latrosberg,  Nikephoros,  der 
früher  Bischof  von  Milet  war,  wurde  bald  nach  dessen  Tode  verfasst,  ist 
aber  nur  unvollständig  erhalten.  Von  den  übrigen  Latrosmönchen,  wie 
Abraham,  Arsenios,  Demetrios,  Athanasios,  Pachomios,  sind  noch  keine 
Lebensbeschreibungen  aufgefunden  worden.  Dieselbe  Bedeutung  wie  die 
vorhin  genannten  besitzen  für  den  Olympos  die  zwei  Biographien  des  hL 
Johannikios,  eines  Zeitgenossen  des  Theodoros  Studites,  von  den  Möncheii 


1  Theologie.    E.  Hagiographie.    (§  88)  195 

f^tros  und  Sabas.  Andere  Biographien  von  Mönchen  am  Berge 
liympos,  wie  die  Konstantinos  des  Juden,  Antonios  des  Jüngeren,  des 
^itros  von  Atros,  sind  noch  unediert. 

Vom  Berge  Olympos  führt  uns  die  Biographie  des  Euthymios  auf 
l/BSk  Athos,  zu  dessen  ersten  Bewohnern  dieser  gehörte.  Er  kam  vom 
Mympos  und  erbaute  im  Jahre  869  ein  Kloster  auf  dem  Berge  hinter 
rbessalonike.  Die  von  seinem  Schüler  Basilios  geschriebene  Biographie 
mft  nur  in  Bruchstücken  gedruckt.  Noch  bedeutsamer  war  aber  das  Wirken 
fes  Athanasios  (Ende  des  10.  Jahrhunderts)  für  die  Entwickelung  der 
uigioritischen  Mönchsgemeinde.  Darüber  berichtet  die  Biographie  des 
Ikthanasios,  die  ein  gleichnamiger  Hagiorite  unter  dem  Nachfolger  des 
R^thanasios,  dem  Hegumenos  Eustratios,  verfasste.  An  weiteren  Heiligen- 
leben ist  der  Berg  Athos,  wenigstens  nach  den  bisherigen  Drucken,  auf- 
EUlend  arm.  Mehrere  scheinen  aber  noch  unediert  zu  sein,  wie  z.  B.  die 
Biographien  der  Athosmönche  Dionysios  und  Johannes  Kukuzelis. 

Sizilien  war  schon  seit  dem  Beginn  des  7.  Jahrhunderts  in  das 
byzantinische  Kulturleben  hineingezogen  worden  infolge  der  massenhaften 
länwanderungen  von  Griechen,   die  vor  dem  siegreichen  Halbmond  nach 
dem  Abendlande  flohen.    Als  Sizilien  selbst  am  Anfang  des  9.  Jahrhunderts 
Ton   den  Arabern  erobert  wurde,   da  wanderten  die  Griechen  und  unter 
ihnen  viele  Basilianermönche  nach  Kalabrien.    Diese  wurden  die  Träger 
der  Kultur  Kalabriens  im   10.  und   11.  Jahrhundert,  und  dieser  Umstand 
verleiht  den  griechischen  Mönchsbiographien  aus  Kalabrien  einen 
besonderen  Wert.    Die  älteste  derselben  ist  die  des  Elias  des  Jüngeren 
(t  903),  welche  dessen  Auswanderung  aus  Sizilien  und  Ansiedelung  in 
Kalabrien    umständlich    erzählt.     Auf  Elias   den  Jüngeren   folgte   Elias 
Spelaeotes  (f  um  960),   der  sich  in  der  Nähe  von  Reggio  festsetzte, 
ond  seine  Zeitgenossen  Lukas  von   Corleone,   Lukas   von  Armento, 
Vitalis  von  Rapolla  (f  994).    Jeder  von  ihnen  erhielt  seine  Biographie, 
worin  neben  wertvollem  historischen  Material  auch  jene  wunderbaren  Er- 
eignisse einen  weiten  Platz  einnehmen,  die  ihnen  einen  eigenartigen  Reiz 
verleihen.     Zu  ihnen  gehört  auch  das  Lebensbild  Sabas  des  Jüngeren, 
der  zuerst  in  Sizilien  Abt  des  Hosters  des  hl.  Philippos  von  Argyra  war, 
wie   die   genannten  Mönche  nach  Kalabrien  floh  und  990  in  dem  Kloster 
,  des  hl.  Caesarius  in  Rom  starb,  sowie  dasjenige  seines  Vaters  Christo- 
phoros  und  seines  Bruders  Makarios.   Beide  sind  verfasst  von  ihrem  kala- 
brischen  Mitbruder  Orestes,   der  später  Patriarch  von  Jerusalem  wurde 
It  1012).     Eine  zweite  kultiviertere   Generation  beginnt  mit  Fantinos 
auf  dem   Merkurberg,   dessen  Leben  von  Petros  JvTixog  aus  Tauriano 
geschrieben  wurde,  aber  noch  unediert  ist.     Ihr  bedeutendster  Vertreter 
ist  Nilos  von  Rossano,  der  Gründer  von  Grottaferrata  (t  1005),  dessen 
Lebensbeschreibung  für  die  zeitgenössische  Kirchen-  und  Kulturgeschichte 
Italiens  und  für  die  Charakteristik  Ottos  IQ  Wert  besitzt.     Ihr  Verfasser 
ist  wahrscheinlich    der    hl.  Bartholomaeos,    Nilos'   dritter  Nachfolger 
(t  1065).     Dieser  fand  seinen  Biographen  in  Lukas,    dem  7.  Abte  von 
Qrottaferrata  (um  1085).     In  Kalabrien  setzte  sich   die  hagiographische 
Tliitigkeit  noch  bis  ins   12.  Jahrhundert   fort:    Zeuge   dessen    sind   die 


196  Bysanimisohe  Lüteratargesohiobte.    L  Prosaische  Litieratar. 

Lebensbilder  der  kalabrischen  Mönche  Philaretos  (t  1070)  von  seinem  Zöj 
genossen  Nilos,  des  Johannes  Theristes  (f  um  1129)  und  des  GrüncÜ 
des  Patirklosters,  Bartholomaeos  (f  1130);  letzteres  wurde  etwa  um  ll] 
verfasst. 

Ausser  diesen  Gruppen  gibt  es  noch  manche  erwähnenswerte  Möndi 
und  Nonnenbiographien  aus  derselben  Zeit,  wie  die  Biographien  d 
Mönches  David  von  Thessalonike  aus  dem  Anfang  des  8.  Jahrhundei^ 
der  Elostervorsteherin  Athanasia  auf  der  Insel  Aegina  aus  dem  9.  Jah 
hundert,  der  Theoktiste  von  Lesbos,  verfasst  von  Niketas  Mjj 
gister  am  Anfang  des  10.  Jahrhunderts,  der  hl.  Theodora  von  Theai 
lonike  aus  derselben  Zeit.  In  der  zweiten  Hälfte  desselben  Jahrhundev 
wurde  die  Legende  Lukas  des  Jüngeren,  eines  Thaumaturgen  i 
Attika,  verfasst,  die  an  Notizen  individueller  Natur  reich  ist  und  hial 
risches  Material  zu  den  Beziehungen  zwischen  Byzantinern  und  Bulgan 
enthält.  Dem  Anfang  des  11.  Jahrhunderts  mag  die  Biographie  der  | 
Paraskeue,  der  Schwester  des  Bischofes  Euthymios  von  Madyta  (f  zw.  H 
und  996)  angehören.  Nicht  zeitgenössisch  und  daher  von  geringerem  hisb 
rischen  Wert  ist  das  Leben  des  Germanos,  der  gegen  Ende  des  9.  Jali 
hunderts  das  Kloster  Eosinitzes  gründete.  Michael  Maleinos,  Hegumen 
des  Eyminasberges,  der  Lehrmeister  des  Athanasios  vom  Athos,  fand  aiM 
einen  Biographen,  der  viele  geschichtliche  Ereignisse  aufnahm.  Nicht  m 
erwähnt  darf  Christodulos  bleiben,  der  Gründer  des  Johannesklost« 
auf  der  Insel  Patmos  (1079),  dessen  Leben  von  Johannes,  dem  Metan 
politen  von  Rhodos,  geschrieben  wurde,  und  der  noch  mehrere  andere  hag« 
graphische  Schriften  veranlasste.  Paulos,  Bischof  von  Monembasia  i 
Beginn  des  10.  Jahrhunderts,  der  Bruder  des  Bischofs  Petros  von  Argo 
hinterliess  einen  kurzen  Bericht  über  einige  kleinasiatische  Einsiedlerinnc 
und  über  Martha,  die  Vorsteherin  eines  Marienklosters  in  seiner  Bischo 
Stadt.  Zur  Mönchswelt  des  10.  Jahrhunderts  gehör};  auch  Nikon  Meti 
noites  (f  um  998),  der  im  Peloponnes  und  auf  der  Insel  Kreta  wirkt 
Seine  Biographie  ist  im  Urtext  noch  unediert. 

Weit  geringer  ist  die  Anzahl  von  Biographien  einzelner  Bischöf< 
die  vom  8. — 10.  Jahrhundert  verfasst  wurden:  offenbar  standen  sie  $ 
Popularität  hinter  den  Vertretern  des  Mönchslebens  weit  zurück.  Ausa 
den  oben  genannten  Bischöfen  und  Patriarchen  aus  dem  Bilderstreite  sin 
zu  nennen:  Leon  Thaumaturgos,  Bischof  von  Katania  (f  um  780 
dessen  Leben  von  Leon  Kenturipinos  dargestellt  wurde,  Theodoros,  Biscb 
von  Edessa,  dem  Basilios,  Bischof  von  Emesa,  sein  Neffe,  eine  Biograph: 
widmete  (s.  §  62),  die  Patriarchen  von  Konstantinopel  Ignatios  (f  87' 
und  Antonios  Kauleas  (893 — 95),  als  deren  Biographen  Niketas  Davi 
(s.  §  75)  und  Nikephoros  Philosophos  zu  nennen  sind.  Dazu  komm< 
die  Lebensbilder  der  Bischöfe  Georgios  von  Amastris  in  Paphlagonie: 
Clemens  von  Bulgarien  (f  916),  Athanasios  von  Methone.  Letzteres  h 
Petros,  Bischof  von  Argos,  zum  Verfasser  (f  nach  920),  der  selbst  wiedi 
einen  Biographen  in  einem  seiner  Nachfolger  fand  (s.  §  74  Anm.  3).  Wer 
auch  diese  Lebensbilder  vielfach  kulturhistorisch  nicht  so  wertvoll  sii 
^ie  die  Mönchsbiographien,  so  kommt  doch  manchen  für  die  Staats-  ui 


I  1.  Theologie«    E.  Hagiographie.    (§88)  I97 

--^lirchengescluchte  eine  weit  grössere  Bedeutung  zu;  so  sind  z.  B.  die  Bio- 
-Jgraphien  des  Bischofes  Georgios  von  Amastris  und  des  schon  oben  ge- 
'•(Bannten  Bischofes  Stephanos  von  Suroz  höchst  wichtige  Quellen  für  die 
älteste  russische  Geschichte. 

1.  Heiligenleben  aus  dem  Bilderstreit:  Die  Acta  S.  Georgii  Spatharii 
md  seiner  Genossen  ed.  Acta  SS.  Augast  2,  434—47.    Sie  wurden  nicht  vor  870  verfasst. 

Die  Vita  8.  Andre ae   in    Crisi  ed.  Acta  SS.  Octobr.  8,  135—142.    Ebenda  142-149 

-•  die  RexeoBion  des  Metapbrasten,  die  aber  nicht  auf  die  genannte  Vita  zurückgeht.  —  Die 

rl  Vita  Pauli  novi  nur  lateinisch  in  Acta  SS.  Juli  2,  635—639.  Da  der  Patriarch  Antonios 

I  Kaaleas  darin  erwähnt  wird,  so  fällt  die  Abfassungszeit  frühestens  in  das  Ende  des  9.  Jahr- 

"^  hnnderts.  —  Die  Vita  Stephani  junioris  von  Stephanos,  Diakon  in  Epel,   ed.  Analeota 

gpraeca.    Paris  1688  S.  396-531;   abgedruckt  bei  Migne,   Patr.  gr.  100,  1069—1186.  >- 

Von    dem  Chronisten  Theophanes  gibt  es  4  Biographien,   eine   anonyme   ed.  de  Boor, 

Theophanis  Chronographia  2  (Leipzig  1885)  3 — 12,   eine   zweite  von  Nikephoros,   Skeuo- 

phylaz  an  der  Blachemenkirche  in  Kpel,  ed.  de  Boor  a.  a.  0,  S.  13 — 27.   Die  dritte  von 

Theodoros  Protoasekretis  in  codd.  Monac.  3  saec.  10  u.  Basil.  F  V  29  s.  14,  ed.  E.  Krum- 

bacher,  Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1895  (wird  demnächst  erscheinen),  üeber  die  vierte  (von 

Methodioe)  vgl.  §  74  n.  3.  —  Die  Vita  des  Niketas,  Hegumenos  von  Medikion,  verfasst 

TOB  seinem  Schüler  Theosteriktos,  ed.  Acta  SS.  April.  1,  Appendix  XX— XXXII.  —  Eine 

{andere  Vita  dieses  Niketas,  verfasst  von  Johannes  Hagioelites,  ed.  Tryphon  E.  Eu- 
angelides,  Ol  ßloi  ttSr  ayitoy^  Athen  1895  S.  286—313  aus  dem  cod.  Monac.  3  saec.  10 
foL  51 — 65^,  der  demselben  Verfasser  auch  eine  Vita  Basilii  presbyteri  Ancyran.  zuschreibt, 
fol.  26 — 32^.  Eine  dritte  Vita  des  Niketas  steht  in  dem  cod.  Bruxell.  gr.  108.  Es  wurden  ihm 
noch  andere  Biographien  gewidmet.  —  Die  Vita  des  Johannes,  Bischofs  von  Gotthia,  ed.  Acta 
^     SS.  Junii  5, 190 — 194,  stammt  von  einem  Zeitgenossen.  —  Die  Vita  des  Stephanos,  Bischofs 

Ivon  Snrozia  in  der  Krim,  ed.  V.  Vasilievskij,  Petersburg  1893.  Vgl.  Anal.  BoUand.  13 
(1894)  181  und  B.  Z.  2  (1893)  348;  4  (1895)  211.  —  Mehrere  biographische  Texte  über 
f  die  Kaiserin  Theodors  verzeichnet  die  Biblioth.  hagiogr.  graeca  S.  126.  —  Die  Vita  Josephi 
Hymnographi  von  Johannes  Diakonos  ed.  Acta  SS.  April.  1,  Append.  XXXIV — XLI; 
abgedmckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  105,  940—976.  Johannes  erwähnt  eine  von  einem  Theo- 
phanes niedergeschriebene  Vita,  deren  Lücken  er  ausfüllen  wolle.  —  Einem  Johannes 
Diakonos,  der  vielleicht  mit  dem  Biographen  Josephs  identisch  ist,  schreibt  cod.  Paris. 
SappL  gr.  690  saec.  12  fol.  255^ — 58  ein  Opusculum  contra  eos,  qui  de  cultu  sanctorum 
dobitant,  zu.  —  Das  Leben  des  Johannes  Psichaites  steht  in  den  codd.  Monac.  366  s. 
11  fol.  214-224,  Bodl.  Barocc.  240  s.  12.  Vgl.  über  diesen  Heiligen  Acta  SS.  Maii  6,  100. 
—  Ein  Enkomion  des  Mönches  Theophanes  Anastasiotes  auf  Jakob  den  Jüngeren 
{%'gL  Acta  SS.  Mart.  3,  357—59)  bietet  der  cod.  Athous  3294  s.  17.  —  Die  Biographie 
des  Euthymios,  Erzbischofs  von  Sardes,  verfasst  von  einem  Mönche  Metrophanes,  steht 
in  dem  cod.  Bodl.  Land.  69  s.  11  (unvollständig).  —  Die  Vita  des  Erzbischofs  Michael 
von  Synnada  steht  in  dem  cod.  Athous  1184  s.  19  (Kopie  einer  alten  Hs). 

2.  Märtyrerakten:  Die  Akten  der  60  Märtyrer  von  Jerusalem  ed.  A.  Papado- 
pnlos  Kerameus,  Pravosl.  Pal.  Sbomik  34  (Petersburg  1892)  1—7  aus  dem  cod.  Coisl. 
303.  Vgl.  B.  Z.  2  (1893)  316  f.  -  Aus  derselben  Hs  stammt  der  Bericht  des  Stephanos 
aber  die  20  Märtyrer  des  Sabbasklosters  aus  dem  Jahre  787.  Ed.  Acta  SS.  Mart.  3, 
Appendix  S.  2—14  (der  Anfang  fehlt).  —  Die  Acten  der  42  Märtyrer  in  Syrien  von 
Eoodios,  einem  Zeitgenossen,  ed.  Acta  SS.  Mart.  1,  887—893. 

3.  Mönchsbiographien:  A.  Aus  Konstantin  opel:  Die  Biographie  der  Kloster- 
rorsteherin  Irene  ed.  Acta  SS.  Julii  6,  602—634.  —  Die  Vita  Andreae  Sali  von  Nike- 
phoroe,  Presbyter  der  Hagia  Sophia,  ed.  Acta  SS.  Mai  6,  Append.  S.  4—111;  abgedruckt 
bei  Migne,  Patr.  gr.  111,  625—888.  —  Den  Text  der  Kap.  25  u.  26  ergänzte  A.  Vassi- 
liev,  Anecd.  graeco-byzantina.  1  (Moskau  1893)  50—58.  Sie  enthält  viele  wunderbare 
Begebenheiten,  Visionen,  Offenbarungen,  Prophezeiungen,  auch  Sittenbilder  jener  Zeit.  Ein 
gewisser  Epiphanios,  Vertrauter  des  Andreas,  spielt  darin  eine  grosse  Rolle.  Ein  Dialog 
zwischen  diesem  Epiphanios  und  Andreas  steht  in  cod.  Sabbait.  415  saec.  14  fol.  148—189, 
und  vulglrgriechiscn  in  cod.  Paris.  1771  saec.  15  fol.  160—180^.  —  In  dem  genannten  cod. 
Sabbait.  fol.  189—242  und  in  cod.  Monac.  552  saec.  14  eine  Vita  des  Andreas,  deren  An- 
fang von  dem  der  gedruckten  abweicht.  —  Die  Vita  Basilii  junioris  von  dessen  Schüler 
Gregorioe  in  kürzerer  Rezension  ed.  Acta  SS.  Mart.  3,  Append.  24—37.  Ein  Fragment 
tus  einer  längeren  Rezension  ed.  Veselovskij,  Schriften  der  Petersburger  Akademie 
t  46  (1890)  2,  10—82.  Vgl.  Anal.  BoUand.  10  (1891)  487.  Vollständig  z.  B.  in  cod.  Paris. 
1547  a.  1286  foL  1—129.  Ein  südslavischer  Text  wird  demnächst  von  Skoj.  Novako vi  d 
eiieit  werden. 


r 


198  Byzantinische  LitteratargeBchichte.    L  Prosaische  litterator. 

B.  Aus  Palästina:  Die  Vita  Stephani  Thaumatargi  von  dem  Mönche  Leoi 
ed.  Acta  SS.   Juli    3,   531—613  aus   dem   cod.   Coisl.  303  (Anfang   fehlt).     Sie  ist 
wertvolle  Urkunde  für  die  Geschichte  des  Sabbasklosters  und   die  Kenntnis  der  Zi 
des  hl.  Landes. 

C.  Aus  Eleinasien:  Die  Vita  Pauli  junioris  in  monte  Latro  ed.  <H.  Delehay< 
Anal.  Bolland.   11  (1892)  19— 74,    136— 183;   auch  separat.    Vgl.  B.  Z.  1  (1892)  634. 
Fragmente  derselben  hatte  Vasiljevskij  in  s.  Schrift  über  Symeon  Metaphrastes,  Pe< 
bürg  1880,  publiziert.  —  Vgl.  H.  Delehaye,  La  vie  de  St.  Paul  le  jeune  et  la  chronoh 
de  M^taphraste,  Revue   des  questions  historiques,  Nouvelle   s^rie   10  (1893)  49—86. 
Diplome  zur  Geschichte   des  Paulosklosters  auf  dem  Berge  Latros  gaben  Miklosich 
Müller,  Acta  et  Diplomata  graeca  medii  aevi  4  (Wien  1871)  290-329.  —  Die  Biograf 
des  Mönches  Nikephoros  ed.  pr.  <H.  Delehaye>,   Anal.  Bolland.  14  (1895)  130— 1( 
—  Die  Biographien  des  Johannikios  von  den  Mönchen  Petros  und  Sabas  ed.  Van  d( 
Gheyn,  Acta  SS.  Novembr.  2  (Brüssel  1894)  1,  311—435  mit  Einleitung  und  wertvol' 
Angaben  über  die  Klöster  und  unedierte  Biographien  anderer  Mönche  des  Olympoa. 
Sabas  hat  auch  das  Leben  des  Mönches  Petros  von   Atros  am  Fusse   des  Olympos  {\ 
Acta  SS.  a.  a.  0.  825  f.,  371)  verfasst,  das  noch  nicht  aufgetaucht  ist.    Vielleicht  ist  ai 
Sabas,  der  Verfasser  der  Biographie  eines  Archimandriten  Makarios  (cod.  Paris.  548  sai) 
11  fol.  136—154^)  mit  dem  genannten  Sabas  identisch. 

D.  Vom  Berge  Athos:  Die  Vita  Euthymii  von  Basilios  in  Bruchstücken  bi 
Sophr.  Kalligas,  U&(oylag,  1863  S.  22  ff.  —  Die  Biographie  des  Athanasios,  des  Stifte^ 
der  Laura  auf  dem  Athos,  ed.  pr.  J.  Pomjalovskij,  Petersburg  1895  (aus  cod.  Mofl| 
Synod.  Nr.  398  nach  der  Zählung  Vladimirs).  Vgl.  Anal.  BoU.  14(1895)  213.  Eine  vulg« 
griechische  Bearbeitung  bei  Agapios  Landes,  KaXoxaigiyij  Venedig  1657  S.  ^/ior' ff.  V||j 
auch  cod.  Coisl.  223  a.  1301,  Montfaucon,  Bibl.  Coisl.  S.  274.  —  Eine  Oratio  in  6.  Psala 
in  cod.  Taurin.  320  scheint  Athanasios  zu  gehören.  Vgl.  §  55  Anm.  6.  —  Alex.  £.  Lai 
riotes,  Aoytoi  'JyioQsijai,  HxxX,  UXijS',  13  (1893)  229  ff.  verbreitet  sich  besonders  über  di 
gelehrte  Bildung  des  Athanasios.  —  Fragmente  von  Erzählungen  aus  der  Komnenenzeit  ei 
Ph.  Meyer,  Die  Haupturkunden  für  die  Geschichte  der  Athosklöster,  Leipzig  1894  S.  19 
bis  184.  Eingangs  derselben  werden  IIoXXoi  roJv  dyltoy  naxiqoiy  und  insbesondere  ife 
Leontios  als  Geschichtschreiber  des  Klosters  genannt.  —  Noch  unediert  ist  das  Leben  di 
Athosmöncbes  Johannes  Knkuzelis.  Davon  gab  P.  Syrku,  Joum.  Min.  Bd  282  (188S 
130 — 141  den  Anfang  in  russischer  Uebersetzung.  Vgl.  B.  Z.  1,  639.  —  Eine  BiograpU 
des  Dionysios,  des  Gründers  des  gleichnamigen  Klosters  auf  dem  Athos,  erwähnt  Dräseac 
B.  Z.  2  (1893)  92. 

E.  Aus  Kalabrien:  Die  Vita  Eliae  junioris  nur  lateinisch  in  Acta  SS.  Auguil 
3,  489—509.  —  Die  Vita  Eliae  Spelaeotis  ed.  Acta  SS.  Septembr.  3,  848—887.  VgL  das 
G.  Minasi,  Lo  Speleota  ovvero  S.  Elia  di  Reggio  di  Calabria,  monaco  basiliano  m 
9.  e  10.  secolo,  Neapel  1893.  Vgl.  B.  Z.  3  (1894)  211.  —  Die  Biographien  des  Luka 
von  Corleone  und  des  Lukas  von  Armento  nur  latein.  in  Acta  SS.  Mart.  1,  98 — 10! 
u.  Octobr.  6,  332 ff.  -  Die  Vita  Vitalis  Siculi  ebenfalls  nur  lat.  in  Acta  SS.  Mart.  f 
26 — 34.  —  Die  Vita  Sabae  junioris  von  Orestes  ed.  J.  Cozza-Luzi,  Studt  e  documenl 
di  storio  e  diritto  12  (1891)  33-56,  135-168,  312— 32a  Die  Textausgabe  ist  schlechi 
Vgl.  B.  Z.  1  (1892)  635.  Varianten  dazu  aus  cod.  Bruxell.  8229  in  den  Anal.  Bolland.  1 
(1892)  184.  —  Die  Vita  Christophori  et  Macarii  von  demselben  Verfasser  ed.  Cozza 
Luzi,  Studi  e  documenti  13  (1892)  375—400.  VgL  B.  Z.  3  (1894)  211.  Dazu  Variante 
aus  cod.  Bruxell.  8368  in  den  Anal.  Bolland.  12  (1893)  317  f.  —  Die  Biographie  des  Nile 
von  Grottaferrata  ed.  M.  Caryophilles,  Rom  1624;  wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gl 
120,  16 — 165.  —  Vgl.  G.  Minasi,  S.  Nile  di  Calabria,  monaco  basiliano  nel  decimo  secol 
con  annotazioni  storiche,  Neapel  1892.  Dazu  Historisch.  Jahrbuch  13  (1892)  894  f.  —  i 
Rocchi,  De  coenobio  Cryptoferratensi  etc.,  Tivoli  1893  S.  9—16.  —  Zu  beiden  Schrifte 
VgL  B.  Z.  2  (1893)  644  f.  —  Die  Vita  Bartholomaei  Cryptoferrat.  ed.  P.  Possinui 
Thesaurus  asceticus,  Paris  1684  S.  429 — 55;  nach  einer  Ausgabe  von  A.  Mai  wiederho] 
bei  Migne,  Patr.  gr.  127,  476—497.  Ebenda  500—516  ein  Enkomion  auf  den  hl.  Barthc 
lomaeos  von  einem  seiner  Schüler.  —  Die  Vita  Philareti  von  Nilos  nur  lat.  in  den  Act 
SS.  April.  1,  606 — 618.  Ein  Compendium  derselben  von  Presb3rter  Josaphat  in  der  Un 
versitätsbibl.  von  Messina.  —  Die  Vita  Joannis  Theristae  nur  lat.  in  Acta  SS.  Februai 
3,  481—83.  —  Die  Vita  Bartholomaei  aus  Kalabrien  ed.  Acta  SS.  Sept.  8,  810—826. 

F.  Verschiedene:  Die  Vita  des  David  von  Thessalonike  (f  527—535)  ed.  pi 
Val.  Rose,  Berlin  1887.  Kritische  Bemerkungen  zum  Texte  von  P.  Papageorgio 
B.  Z.  2  (1893)  287—290.  Varianten  aus  dem  cod.  Escorial.  V  11.  3  u.  einer  Hs  des  Klostei 
auf  der  Insel  Chalki  gab  Uspenskij,  Odessaer  Jahrb.  4,  Byz.  Abt.  (1894)  81-83.  VgL  di 
Bemerkungen  zu  dieser  Variantensammlung  von  E.  Kurtz,  B.  Z.  4  (1895)  8 — 4.  Heft.  - 
Als  4.  Hs  ist  hinzuzufügen:  cod.  Athous  3586  s.  13.  —  Die  Vita  Athanasiae  von  einem  2ieii 


t  Theologie.    E.  Hagiographie.    (§  88)  I99 

ifmoaBen  nur  lat  in  den  Acta  SS.  August.  3, 170—175.  —  Die  Vita  Theoctistae  Lesbiae  von 


der  Moskauer  Synodalbiblioth.,  Joum.  Min.  Bd  248  (1886).  Vgl.  B.  Z.  2  (1893)  312  f.  —  Der- 
selbe cod.  Moeq.  159  enthält  das  Leben  eines  Lokal  heiligen  von  Thessalonike,  Photios,  der 
anter  Basilios  II  (976—1025)  lebte.  —  Die  Vita  Lucae  junioris  ed.  P.  Eremos,  *iaxixd, 
1  (Athen  1874)  25—62.  Fragmente  hatte  Combefis  herausgegeben  (abgedruckt  bei  Migne, 
Patr.  gr.  111,  441—480),  die  E.  Martini,  Anal.  Bolland.  13  (1894)  81—121  vervollständigte. 

—  VgL  Ch.  Diehl,  L'^glise  et  les  mosatques  du  couvent  de  St.  Luc  en  Phocide,  Biblio- 

(tlieque  des  ^coles  fran9.  d' Äthanes  et  de  Rome,  55,  Paris  188D.  —  Die  Vita  des  Michael 
M  aleinos  nur  vulgärgriechisch  bei  Agapios  Landes.  Sie  ist  wichtig  wegen  vieler  geschicht- 
licher Daten.  Vgl.  Ph.  Meyer,  Die  Haupturkunden  des  Athos  S.  ^,  Schlumberger,  Un 
emperenr  bjzantin  au  10.  si^cle,  Nic^phore  Phokas,  Paris  1890  S.  314—24,  der  nach  einer 
mir  nnzagänglichen  Schrift  von  M.  P.  Syrku,  Petersburg  1883,  sich  über  Michael  und 
seine  B^ehungen  zu  seinem  kaiserlichen  Neffen  verbreitet.  —  Die  Vita  Christo- 
dali  ed.  J.  Sakkelion,  *J»oXov&ia  Ugd  rov  oaiov  .  .  .  XQicTodovXov,  3.  Aufl.  besorgt  von 
Kyrillos  Bolne,  Athen  1884  S.  109—133.  -•  Ebenda  S.  134—225  Berichte  über  die 
Translation  des  Christodulos  von  Athanasios,  Patriarchen  von  Antiochien,  und  Wunder- 
erxahlongen  von  einem  Mönche  Theodos ios.  —  Das  Typikon,  das  Testament  des 
Christodulos  und  andere  Urkunden  über  ihn  edd.  Miklosich  et  Müller,  Acta 
et  Diplomata  graeca  6  (Wien  1890)  21  -90.  —  Verschieden  von  dem  eben  erwähnten 
Lokas  ist  der  Stylite  Lukas  der  Jüngere,  der  auch  um  die  Mitte  des  10.  Jahrhunderts 
lebte,  nnd  von  dem  eine  unedierte  Vita  in  dem  cod.  Paris.  1458  vorliegt.  Vgl.  Delehaye, 
Les  Stylites,  Revue  des  quest.  bist.  13  (1895)  67  f.  —  Die  Vita  der  hl.  Paraskeue  ed. 
A.  Papadopulos  Kerameus,  'JydXBxta  UgoaoX,  ataxvoX.  1  (Petersburg  1891)  438 — 453. 

—  Die  Vita  des  Klostergründers  Germanos  ed.  Acta  SS.  Maii  3,  7—12  (unvollständig). 

—  Die  Jlijytjirtg  negi  iyaQeroiy  ayd^aty  xai  yvyaixtoy  des  Paulos  von  Monembasia  ed. 
(fragm.)  M.  Gedeon,  "ExxX.  UXt}&.  4  (1883—84)  S.  225  f.  Die  kurze  Notiz  über  die  Kloster- 
vorsteherin  Martha  steht  in  den  Acta  SS.  Maii  5,482.  —  Hss:  codd.  Sabbait.  265  s.  14 
foL  223—236,  Paris,  suppl.  gr.  28  s.  15  fol.  340^—45  u.  a.  —  Die  Vita  des  Niketas 
Metanoites  ed.  lat.  Martene  et  Durand,  Veter.  script.  ampliss.  collectio  6  (Paris  1729) 
^7  -887.  Griechisch  in  dem  cod.  Athous  3283.  —  Ein  lateinischer  Text  aus  Surius  bei 
Migne,  Patr.gr.  113,  975-988. 

4.  Biographien  von  Bischöfen:  Das  Leben  des  Leon  Thaumaturgos  von  Leon 
TOD  Centorbi  nur  lat.  (und  anonym)  in  Acta  SS.  Februar.  3, 223—25.  —  Demselben  Leon  Kentu- 
ripinoe,  der  auch  Leon  Sikulos  genannt  wird,  werden  Enkomien  auf  den  hl.  Nektarios  von 
Kpel  und  den  Apostel  Jakob  handschriftlich  zugeeignet.  —  Die  griechisch  noch  unedierte 
Vita  des  Antonios  Kauloas,  Patriarchen  von  Kpel,  steht  lateinisch  in  den  Acta  SS.  Febr.  2, 

4     622—629  und  bei  Migne,  Patr.  gr.,  106,  181—200.  Der  sonst  nicht  bekannte  Verfasser,  Nike- 

t      phoroB  Philosophos,  war  Zeitgenosse  des  Antonios  und  blühte  unter  Leo  dem  Weisen.    Er 

t      liebt  klassische  Anspielungen  und  huldigt  der  überschwenglichen  Rhetorik  seiner  Zeit.  —  Nicht 

ra  verwechseln  damit  ist  eine  zweite  Vita  des  Antonios  von  Nikephoros  Gregoras. — 

Die    Biographie   des  Bischofs  Georgios  von   Amastris  ed.   Vasilj  evskij,   Russisch- 

1      byzantinische  Forschungen  2,   Petersburg  1893.    Sie  erwähnt  einen   Raubzug  der  Russen 

gegen  Kpel,  der  von  £.  Kunik,  Bulletin  historico-philologique  de  Tacad^mie  de  St.  Peters- 

buurg  3  (1847)  36—39  als  der  865  (bezw.  860)  erfolgte  angesehen  wurde,  während  W.  v. 

;     Gutzeit,  Bulletin  etc.  27  (1881)  338  sich  für  den  des  Jahres  941  aussprach.  —  Vgl.  die 

f     Anzeige  von  V.  Jagi£,  Arch.  slav.  Philol.  16(1894)216—224.  —  Gegen  Vasiljevskij  pole- 

misierie  neuerdings  W.  von  Gutzeit,  Die  Legenden  von  Amastris  uud  Ssuros%  Riga  1893. 

—  Die  Biographie  des  Erzbischof  es  Klemens  von  Bulgarien  wurde  früher  mit  Unrecht 
Theophylakt  zugeschrieben;  Fr.  Miklosich,  der  sie  neu  herausgab,  Wien  1847,  erkannte 

^     sie  als  das  Werk  eines  Zeitgenossen  aus  dem  10.  Jahrhundert. 

5.  Als  Hagiographen,  die  das  Leben  früherer  Märtyrer  und  Heiligen  beschrieben, 
«'ind  m  nennen:  Gregor  ios,  Presbyter  von  Käsarea  (s.  §  76  Anm.  6),  Johannes,  Mönch  von 
Hhodoe  im  9.  Jahrb.,  von  dem  uns  eine  Biographie  des  Märtyrers  Artemios  überliefert  ist, 

'  welche  früher  Johannes  von  Damaskos  zugeschrieben  wurde.  Ed.  A.  Mai,  Spicileg.  Roman. 
4.  340—397;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  96,  1251  —  1320.  —  Die  darin  befindlichen 
bmchatficke  aus  Philostorgios'  Histor.  eccl.  besprach  P.  Batiffol,  Römische  Quartalschr. 
3  (1889)  252-259.  Dieser  Johannes  von  Rhodos  ist  von  dem  Biographen  des  hl.  Christo- 
daloe  zu  unterscheiden.  —  Von  Johannes,  Bischof  von  Sardes  um  die  Wende  des 
9.  Jahrhunderts,  sind  auch  Akten  des  Märtyrers  Nikephoros  erhalten,  welche  die 
früheren  Märtyrerakten  desselben  rhetorisch  aufputzen  (latein.  in  Acta  SS.  Febr.  2,  285—288) 
nad  eine  unedierte  Vita  SS.  Barbarae  et  Julianae  in  cod.  Paris.  1458  saec.  1 1  toi.  46—49. 


200  Byzantinische  Litteratargeschichte.    L  Prosaische  Liiteratar. 

—  Ein  anonymes  Enkomion  auf  den  Märtyrer  Therapon,   das  dessen  Translation 
Kpel  i.  J.  806  feiert,  ist  gedruckt  in  den  Acta  SS.  Mail  6,  682—692.  -  Arsenios,  Bif 
von  Kerkyra  (um  800),  verfasste  ein  historisches  Enkomion  aof  den  Märtyrer  Therim 
Ed.  Sp.  Lampros,   KeQxvgaixa  avix&ota,   Athen  1882  S.  9 — 22.    Textkorrekturen  daza 
der  ExxA.  '^Äjy^.  4  (1883—84)  612  f.  —  Für  Nikephoros  üranos  vgl.  §  57  Anm.  3. 

6.  Das  einzige  bis  jetzt  bekannt«  Lebensbild    eines  Laienheiligen  ans  di< 
Periode  ist  die  Vita  des  hl.  Eudokimos,   der  vom  Kaiser  Theophilos  zum  Stratopedard 
ernannt   wurde   und    33  Jahre   alt   um   840  in  Charsianon  starb.    Ed.  pr.  Chr.  Loparei 
Petersburg  1893.  ,Die  Vita  gehört  zu  den  unerquicklichsten  Erzeugnissen  der  Hagiograpl ' 
K.  K.  in  B.  Z.  3  (1894)  424  f. 

89.  Symeon  Metaphrastes  (Svi^utov  6  fieragfQMTrjg)  ist  der  bei 
teste  unter  den  byzantinischen  Hagiographen,  zugleich  aber  der  Ni 
an  den  sich  die  meisten  ungelösten  Fragen  der  byzantinischen  Hagic 
grapbie  knüpfen.  Seine  Lebenszeit  kann  nunmehr  mit  annähernde 
Sicherheit  in  die  zweite  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts  angesel 
werden.  Der  frühere  Ausgangspunkt  zur  Bestimmung  derselben,  die 
graphischen  Angaben  in  dem  Lebensbild  der  hl.  Theoktiste  von  Lesl 
wodurch  sich  schon  Michael  Psellos  irreführen  liess,  muss  definitiv  falli 
gelassen  werden,  nachdem  der  wahre  Verfasser  dieser  Vita,  Nikel 
Magister,  bekannt  worden  ist.  Auf  diesen,  nicht  auf  den  Metaphrasteqj 
beziehen  sich  jene  autobiographischen  Angaben,  wonach  Niketas  an  dei 
Expedition  des  Admirals  Himerios  nach  Kreta  als  Legat  des  Kaisers  teih 
nahm  (902).  Schon  vor  der  Klarstellung  dieser  Verhältnisse  hatte  Gfi; 
Vasiljevskij  die  neue  Datierung  vorgenommen  auf  Grund  eines  sehr  be» 
stimmten  Zeugnisses  aus  der  Chronik  des  Jahiä  von  Antiochien  und  dec 
Annahme,  die  allerdings  nicht  zutrifft,  dass  Symeon  Metaphrastes  dei 
Verfasser  der  Vita  des  hl.  Paulos  vom  Latrosberge  sei.  Weiteres  Bewei»- 
material  bietet  dafür  die  Vita  Samsonis  unter  den  Legenden  des  Meti^ 
phrasten,  deren  zweiter  Teil  die  Wunderthaten  des  Heiligen  bis  auf  di« 
Zeit  ihres  Verfassers  erzählt  und  hiebei  die  Kaiser  Romanos  H  (959 — 63) 
und  Johannes  I  Tzimiskes  (969 — 976)  erwähnt.  Dieses  Lebensbild  ist 
aber  echt  metaphrastisch;  der  Prolog  weist  sogar  auf  die  ganze  Redaktions- 
thätigkeit  des  Metaphrasten  auf  dem  hagiographischen  Gebiete  hin.  Wenn 
Michael  Psellos  des  weiteren  in  seinem  Enkomion  und  Kanon  auf  Symeon 
diesem  den  Titel  Logothetes  gibt,  dessen  hohe  Vertrauensstellung  bei  ,den 
Kaisern'  erwähnt  und  ausdrücklich  berichtet,  dass  er  seine  hagiographische 
Sammlung  auf  Geheiss  ,des  Kaisers'  angelegt  habe,  so  besteht  kein  ge- 
nügender Grund,  die  Substanz  dieser  Nachrichten  anzuzweifeln.  Dieser 
Kaiser  war  wohl  kein  anderer  als  Konstantin  Porphyrogennetos  (912  biß 
959),  und  so  erscheint  Symeons  Sammlung  als  ein  Glied  der  umfassenden 
Kompilationsarbeit,  die  der  genannte  Kaiser  anregte.  Mit  Gr.  Vasi- 
ljevskij halten  wir  auch  die  Identität  des  Hagiographen  mit  dem  Chro- 
nisten Symeon  Magister  und  Logothetes  für  sehr  wahrscheinlich. 
Für  diese  Identität  sprechen  die  Benennung  als  Logothet,  die  Michael 
Psellos  dem  Hagiographen  gibt,  die  wahrscheinliche  Abfassung  der  Chronik 
unter  Nikephoros  Phokas  (963 — 69),  die  mit  der  Lebenszeit  des  Meta- 
phrasten trefflich  stimmt,  endlich  der  Charakter  der  Chronik  Symeon« 
selbst,  die  sich  wie  die  hagiographische  Sammlung  des  Metaphrasten  all 
Kompilationsarbeit  darstellt  und  ausdrücklich  bekennt. 


1«  Theologie.    E.  Hagiographie.    (§  89)  201 

Weit  schwieriger  ist  es,  den  Charakter  der  Arbeit  des  Meta- 
»brasten  zu  bestimmen.    Aufschlüsse  darüber  enthält  nur  das  Enkomium 
les  Michael  Psellos.    Dieser  berichtet,  dass  die  alten  Märtyrerakten  und 
Seiligenlegenden  infolge  des  Neuerwachens  altgriechischer  Gelehrsamkeit 
lern  Gteschmacke  der  Gelehrtenkreise  von  Byzanz  nicht  mehr  entsprachen, 
und  dass  Symeon  Metaphrastes  es  unternahm,  dieselben  durch  rhetorischen 
und  stilistischen  Aufputz  seinen  Zeitgenossen  wieder  geniessbar  zu  machen. 
Michael  Psellos  gibt  jedoch  die  Mittel  nicht  an,  wodurch  Symeon  seinen 
Zweck  zu  erreichen  suchte.    Der  einzig  sichere  Weg,  um  diese  zu  er- 
kennen, ist  der  Vergleich  zwischen  den  metaphrastischen  Legenden  und 
ihren  älteren  Vorlagen.    Derartige  Vorlagen  sind  jetzt  in  genügender  Anzahl 
bekannt,  um  eine  solche  vergleichende  Studie  zu  ermöglichen,  die  leider 
noch  nicht  unternommen  wurde.    Die  Vorstellung  einer  absoluten  Scha- 
blone scheint  uns  auf  jeden  Fall  unzutreffend;   Symeon   gewährte  sich 
selbst  einen  grösseren  Spielraum  bei  seiner  Redaktionsthätigkeit.    Nach 
Wahrnehmungen,  die  hier  nicht  näher  dargelegt  werden  können,  wären 
wir   versucht,    drei    Kategorien   von   metaphrastischen   Heiligen- 
leben aufzustellen,  wovon  die  erste  jene  umfasst,  die  Metaphrastes  in 
ihrer    ursprünglichen    Gestalt   fast   ohne   Änderung    in    seine    Sammlung 
herübemahm.     Der  Zweck  seiner  Arbeit  selbst  bedingt  den  geringen  Um- 
fang dieser  Kategorie.    Die  zweite,  umfangreichste,  besteht  aus  den  Le- 
genden,   bei    denen    eine    gänzliche   stilistische   Umarbeitung  vorge- 
nommen wurde.    Die  Feststellung  der  Art  und  Weise  dieser  Umarbeitung 
ist  die  Aufgabe  jener  vergleichenden  Untersuchung,  die  vom  litterarischen 
Gesichtspunkte    manches  Interesse  bieten  wird.     Als  Eigentümlichkeiten 
der  metaphrastischen  Umarbeitung  stellen  sich  schon  jetzt  dar  das  Bei- 
behalten von  chronologischen  Bestimmungen,    von  Wendungen  und  An- 
gaben, die  nur  für  den  ersten  Autor  passten  (das  klassische  Beispiel  dafür 
bietet  das  Leben  der  Theoktiste  von  Lesbos),  sodann  Abänderungen  von 
liturgischen  und  kirchenrechtlichen  Bestimmungen  nach   den  Gebräuchen 
des  10.  Jahrhunderts.    Sehr  oft  kehrt  auch  die  Bemerkung  wieder,  dass 
bei  der  Auswahl  des  Stoffes  aus  den  früheren  Legenden  der  Gesichtspunkt 
des  praktischen  Nutzens  und  der  Nachahmung  der  Heiligen  massgebend 
gewesen  sei,  dass  also  das  historische  Interesse  dem  ethischen  unterge- 
ordnet wurde.     Eine  dritte  Kategorie   scheint  solche  Legenden  zu  um- 
fassen, bei  denen  die  Redaktionsarbeit  einer  neuen  Abfassung  gleich- 
kommt.    Der    Fall    der  Lebensbeschreibung    der  Theoktiste  von   Lesbos 
mahnt  allerdings  zur  äussersten  Vorsicht;  die  Arbeit  eines  früheren  Ver- 
fassers kann  beim  Mangel  des  betreffenden  Textes  leicht  Symeon  selbst 
zugeschrieben  werden. 

Die  Frage  kann  nicht  vollständig  gelöst  werden,  weil  eine  weitere 
noch  der  Lösung  harrt.  Diese  bezieht  sich  auf  den  ursprünglichen 
Umfang  der  metaphrastischen  Legendensammlung.  Mit  dem 
Mangel  an  ausschliesslich  metaphrastischen  Hss  kommt  ein  erstes  Mittel 
zur  Feststellung  desselben  in  Wegfall.  Die  Zusätze,  die  sicher  schon  früh 
aus  praktischen  Gründen  hinzukamen,  wurden  von  dem  Eigentum  des 
Metaphrasten  äusserlich  nicht  unterschieden,  so  dass  die  jetzigen  Hss  von 


202  BysantiniBche  Litteratnrgeschichte.    I.  Prosaiache  Litteratnr. 

Heiligenlegenden  keinen  Aufschluss  darüber  gewähren.  Auf  die  Hsskataloge 
kann  man  sich  nicht  verlassen ;  denn  hier  ist  vielfach  der  Missbrauch  ein- 
gerissen, sämtliche  anonymen  Heiligenlegenden  mit  dem  Namen  des  Meta-  ! 
phrasten  zu  behaften.  Die  bisherigen  Drucke  bilden  erst  recht  keine 
Autorität.  Nach  inneren  Kriterien  lassen  sich  am  ehesten  jene  Le- 
genden als  echt  metaphrastisch  ansehen,  welche  eine  schematische  Ein- 
leitung an  der  Stirne  tragen,  welche  sich  über  die  ethisch-pädagogische 
Bedeutung  der  Heiligen  und  den  entsprechenden  Zweck  der  Heiligen- 
legenden verbreiten.  Es  wäre  aber  verfehlt,  die  Zugehörigkeit  zur  ur- 
sprünglichen Sanmilung  bei  den  übrigen  von  vornherein  zu  leugnen,  sowie 
andererseits  nicht  vergessen  werden  darf,  dass  auch  andere  Hagiographen 
jene  Einleitung  häufig  brauchen.  Paläographische  Forschungen  und  litterär-  \ 
kritische  Untersuchungen  müssen  daher  den  Weg  zu  einer  Bestimmung 
der  ursprünglichen  Legendensammlung  des  Metaphrasten  noch  erst  ebnen. 

Was  die  historische  Glaubwürdigkeit  Symeons  angeht,  so  sind 
die  Anklagen  über  Erfindung  von  Martyrien  und  Legenden,  die  früher 
gegen  ihn  erhoben  wurden,  gegenstandslos.  Symeon  hielt  sich  an  seine 
Vorlagen  und  gab  diese  ohne  Kritik  dem  Inhalte  nach  wieder.  Wo  daher 
unhistorische  Persönlichkeiten  und  Begebenheiten  vorgeführt  werden,  da 
müssen  diese  Verstösse  gegen  die  historische  Wahrheit  seinen  Quellen 
zur  Last  gelegt  werden.  Die  wenigen  inhaltlichen  Zusätze,  die  auf  Symeon 
zurückgeführt  werden  können,  bestehen  in  der  Regel  aus  Wundererzäh- 
lungen aus  der  späteren  Zeit,  und  hier  erweist  sich  Symeon  als  Kind 
seiner  Zeit.  Es  ist  bekannt,  wie  die  Vita  Abercii  des  Metaphrasten  durch 
die  Auffindung  des  ursprünglichen  Steines,  auf  dem  die  in  der  Vita  mit- 
geteilte berühmte  Inschrift  des  Aberkios  eingegraben  war,  glänzend  ge- 
rechtfertigt wurde.  Weise  Zurückhaltung  ist  auch  Legenden  gegenüber 
die  erste  Pflicht  der  wahren  Geschichtsforschung. 

Mit  der  grossen  Legendensammlung  ist  der  litterarische  Nachlass 
Symeons  nicht  erschöpft.  Unter  seinem  Namen  gehen  zwei  Sammlungen 
von  ethischen  Aussprüchen  aus  den  Werken  des  Basilios  des  Grossen 
und  aus  den  Homilien  des  ägyptischen  Makarios.  Handschriftlich,  z.  B.  in 
cod.  Paris.  509  saec.  14  fol.  83—229,  wird  ihm  auch  eine  ähnliche  Sammlung 
aus  den  Schriften  des  Johannes  Chrysostomos,  sowie  eine  Sammlung 
von  131  KsifdXaia  yvoa^iixa  zugeeignet.  Dazu  kommen  zwei  Keden 
auf  die  hl.  Jungfrau,  9  Briefe  an  verschiedene  Freunde,  mehrere  Gebete 
und  geistliche  Lieder,  die  allerdings  auf  ihre  Echtheit  noch  zu  unter- 
suchen sind.  Wenn  ihm  auch  die  Chronik  des  Symeon  Magister  angehört, 
so  ergibt  sich  aus  dem  Ganzen  ein  Bild  des  litterarischen  Schaffens  des 
Metaphrasten,  das  ihm  eine  hervorragende  Stelle  im  kompilatorischen  Zeit- 
alter des  Konstantinos  Porphyrogennetos  zusichert. 

1.  Ausgaben:  Legenden  des  Metaphrasten  erschienen  zuerst  lateinisch  in  Bd  5— ^7 
der  Vita  sanctorum  prisconim  Patrum  von  Lippomanus,  Venedig  1556—58,  sodann  in 
der  Sammlung  von  Surius,  De  probatis  Sanctorum  vitis,  Venedig  1770— 75.  —  Der  grie- 
chische Text  erschien  zuerst  in  der  vulgärgriechischen  Umarbeitung  des  kretischen 
Priesters  Agapios  Landes  unter  den  Titeln  AVo?  Tirr^ef (feurof,  Venedig  1641  und  I^ioy 
'ExXoyioy,  Venedig  1679.  -—  Die  vollständigste  Ausgabe  im  griechischen  Urtext  ist  die 
von  Migne,  Patr.  gr.  114  —  116.  Sie  hat  aber  keinen  selbständigen  ViTert;  es  wurde  nur 
der  in  Pariser  Hss  vorliegende  griechische  Text  der  Legenden  geboten,  welche  bei  Surius 


1«  Theologie.    E.  Hagiographie.    (§  90)  203 

und  in  den  Acta  SS.  Metaphrastes  zugeschrieben  werden.  Sie  umfasst  136  Legenden;  da- 
von einige  nur  lateinisch.  —  Andere  Schriften  des  Metaphrasten  vereinigt  bei  Migne, 
Patr.  gr.  114,  209 — 292.  —  Die  Sammlung  der 'H^ixoi  Xoyoi,  des  Basilios  steht  bei  M ig ne, 
Patr.  gr.  32,  1116-1381.  Vgl.  Fr.  Diekamp,  Theol.  Quartalschr.  77  (1895)  284  f.  —  Die 
Sammlung  aus  den  Homilien  des  Makarios  bei  Migne.  Patr.  gr.  34,  841-965. 

2.  Hilfsmittel:  Das  Enkomion  und  das  Offizium  auf  Symeon  Metaphrastes  von 
Michael  Psellos,  bei  Migne,  Patr.  gr.  114,  184—205.  —  L.  Allatius,  De  Symeonum 
seriptis  diatriba,  Paris  1664  S.  24 — 151.  L.  Allatius  gibt  hier  eine  Liste  von  122  Legenden, 
die  er  als  echt  metaphrastisch  ansah  (S.  124—130),  und  denen  er  zwei  andere  Listen  von 
oichtmetapbrastiscben  Legenden  gegenfiberstellte  (S.  80—124).  —  Eine  zweite  Liste  von 
,echt'  metaphrastischen  Legenden  von  Hancke  umfasst  87  Nummern,  eine  3.  von  Dan.  Nessel 
139  Nummern;  beide  bei  Migne  a.  a.  0.  293 — 304.  —  F.  Hirsch,  Byzantinische  Studien, 
Leipzig  1876  S.  308—311  und  A.  Rambaud,  L'empire  grec  au  10.  sidcle,  Paris  1870 
S.  92  ff.  sind  fiberholt.  —  Gr.  Yasiljevskij,  Ueber  aas  Leben  und  die  Werke  des  Symeon 
Metaphrastes,  Joum.  Min.  Bd.  212,  Nov.  Dez.  1880,  379  -437  (mir  imzugänglich).  Vgl. 
die  Anzeige  von  V.  Jagiö,  Archiv  slav.  PhiloL  5  (1881)  487  f.  —  Theophilos  Joannu, 
Mnjfdeia  uyiol.,  Venedig  1884  S.  11  ff.  behauptet  die  Identität  des  Metaphrasten  mit  dem 
Chronisten  Symeon  und  sogar  mit  Niketas  David  Paphlagon!  —  H.  Delehaye,  La  vie 
de  Saint  Paul  le  jeune  et  la  Chronologie  de  Mötaphraste,  Revue  des  questions  historiques, 
Nouvelle  säne  10  (1893)  49—85,  spricht  gegen  Yasiljevskij  dem  Metaphrasten  die  Autor- 
schaft der  Vita  Pauli  vom  Latrosberg  mit  Recht  ab,  nimmt  aber  die  neue  Datierung  unter 
Vorbehalt  an.  —  Der  Umstand,  dass  auch  Nikephoros  Gregoras  in  seinem  Lebensbild  der 
Kaiserin  Theophano,  ed.  HergenrOther,  Monumenta  graeca  ad  Photium  .  .  spectantia, 
Regenaburg  lo69  S.  80,  den  Metaphrasten  in  die  Zeit  Leos  des  Weisen  setzt,  scheint 
gegen  die  neue  Datierung  nicht  besonders  ins  Gewicht  zu  fallen.  Vielleicht  bieten  die 
schon  erwähnten  Ztixoi  tov  Ovgayov  ngos  roy  £vfjtetüya  xoy  Msxafpgaaiijy  (s.  §  57  Anm.  3) 
einen  neuen  Anhaltspunkt  für  die  Bestimmung  der  Lebenszeit  des  Metaphrasten. 

3.  Aeltere  Vorlagen  des  Metaphrasten:  Als  solche  sind  folgende  erkannt,  die 
wir  in  alphabetischer  Reihenfolge  verzeichnen:  Die  Akten  des  Märtyrers  Akindynos  und  s. 
Genoesen  (vgl.  Acta  SS.  Nov.  1,  461),  die  Akten  des  Märtyrers  Anastasios  des  Persers, 
die  Vita  des  Daniel  Stylites  in  cod.  Vindob.  histor.  28,  die  Vita  Euthymii  von  Kyrillos 
von  Skythopolis,  die  Vita  Gregors  von  Agrigent  von  Leontios  von  Rom,  das  Enkomion 
des  Andreas  von  Kreta  auf  den  Apostel  Jakob,  die  Biographie  des  Mönches  Johannikios 
von  Sabas,  die  Vita  Martiniani  Eremitae  (vgl.  Acta  SS.  Februar.  2,  667),  die  Akten  des 
Märtyrers  Nikephoros  (vgl.  Acta  SS.  Februar  2,  283),  die  Vita  der  Bttsserin  Pelagia  von 
Jakobos  Diakonos,  die  Biographie  des  Bischofes  Spyridon  von  Trimithus  von  Leontios  von 
Neapolia,  das  Martyrium  des  Theodoros  Dux  von  Augaros,  das  Enkomion  des  Theodoros 
von  Peirae  auf  den  Kdnobiarchen  Theodosios,  die  Akten  des  ApostelschUlers  Timotheos 
(ed.  H.  Usener,  Bonner  Universitätsschrift  1877  S.  30)  u.  a.  —  Zum  Vergleiche  sind  auch 
frühere  Panegyriker,  wie  Georgios  von  Nikomedien,  Niketas  David  Paphlagon  u.  a.  heran- 
zuziehen. 

90.  Die  Hagiographie  seit  dem  11.  Jahrhundert«  Die  Legenden- 
redaktion des  Symeon  Metaphrastes  entsprach  dem  Geschmacke  der  By- 
zantiner in  hohem  Masse.  Nicht  bloss  Michael  Psellos,  auch  Theophanes 
Kerameus,  Michael  Glykas,  Theodoros  Balsamon,  Nikephoros  Eallistos, 
Matthaeos  Blastares  u.  a.  spendeten  ihm  begeistertes  Lob.  Seine  Samm- 
lung wurde  unzähligemal  abgeschrieben,  und  in  kurzer  Zeit  waren  die  alten 
Legenden  aus  dem  liturgischen  Gebrauche  verschwunden.  Der  Zuwachs 
an  originalen  Heiligenleben  war  in  den  folgenden  Jahrhunderten 
gering:  eine  Erscheinung,  die  sicher  nicht  bloss  auf  die  unvollständige 
Hebung  des  noch  unedierten  Materials  zurückzuführen  ist,  sondern  mit 
der  Entwickelung  der  byzantinischen  Kultur  selbst  zusanmienhängt.  Neue 
Heiligengestalten  lernen  wir  im  11.  Jahrhundert  ausserhalb  Kalabrien 
nur  wenige  kennen,  z.  B.  Dorotheos  den  Jüngeren,  dessen  Lebens- 
bild Johannes  Mauropus  verfasste,  Symeon  den  Jüngeren, 
als  dessen  Biograph  Niketas  Stethatos  schon  genannt  wurde  (s.  §  64). 
Im  12.  Jahrhundert  fand  der  Wunderthäter  Meletios  der  Jüngere 
zwei    Biographen   in  Nikolaos  von  Methone   und    Theodoros   Prodromos, 


204  ByxantiniBche  IdtteratargeBchichte.    L  Prosaische  Litteratnr. 

In  dasselbe  Jahrhundert  gehören  auch  Heiligenleben  von  Johannes  Zo- 
naras,  Theodoros  Balsamen,  neue  Akten  des  Apostels  Thomas  von  Niketas, 
Erzbischof  von  Thessalonike,  die  Lebensbeschreibung  des  hl.  Philotheos 
Opsikianos  von  dem  berühmten  Erzbischofe  Eustathios  von  Thessalonike, 
vielleicht  auch  das  Leben  des  Bischofes  Leontios  von  Jerusalem  (f  1190) 
von  Theodosios  von  Konstantinopel.  Gegen  Ende  des  13.  Jahrhunderts 
wandte  der  Patriarch  von  Konstantinopel  Gregorios  Kyprios  der  Hagio- 
graphie  wieder  ein  intensiveres  Interesse  zu.  Sein  Zeitgenosse,  der  Historiker 
Georgios  Akropolites,  und  bald  nachher  Nikephoros  Chumnos,  Theo- 
doros Metochites,  Theodoros  Meliteniotes  versuchten  sich  auch  auf 
diesem  Gebiete.  Erst  Konstantinos  Akropolites  entfaltete  aber  wieder 
eine  grössere  Thätigkeit  auf  demselben  und  erwarb  sich  dadurch  den  Ehren- 
namen Neog  M£xa(fqcc<s%rig,  Er  war  der  Sohn  des  genannten  Historikers, 
bekleidete  hohe  Staatsämter  in  Konstantinopel  und  stand  mit  Georgios 
Kyprios,  Manuel  Moschopulos  und  anderen  hervorragenden  Persönlichkeiten 
seiner  Zeit  in  Korrespondenz.  Er  lebte  noch  im  Jahre  1321.  Aus  der  Zahl 
seiner  Heiligenlegenden,  die  den  grössten  Teil  seines  umfangreichen  littera- 
rischen Nachlasses  bilden,  sind  nur  vier  gedruckt.  Sie  beziehen  sich  auf  die 
Märtyrer  Demetrios  von  Thessalonike  und  Barbaros  von  Bulgarien,  die  j 
hl.  Theodosia,  welche  unter  Leo  dem  Isaurier  für  den  Bilderkult  starb 
(726),  und  Johannes  von  Damaskos.  Die  Rhetorik  der  Paläologenzeit 
zeigt  sich  hier  in  ihrer  ganzen  Üppigkeit,  obgleich  Konstantinos  mit 
Redensarten  über  seine  rhetorische  Unfähigkeit  fast  alle  seine  Vorgänger 
tibertriflft. 

Den  Namen  eines  neuen  Metaphrasten  würde  auch  der  Geschicht- 
schreiber und  Polemiker  Nikephoros  Gregoras  (§31  und  Krumbacher), 
ein  jüngerer  Zeitgenosse  des  Konstantinos  Akropolites,  verdienen.  Hand- 
schriftlich ist  von  ihm  eine  ganze  Reihe  von  Heiligenlegenden  erhalten,  und 
in  einer  derselben,  in  dem  Lebensbild  der  Kaiserin  Theophano,  bezeugt 
Gregoras  selbst,  dass  er  deren  viele  verfasst  habe.  Diese  scheinen  sogar 
die  Legenden  des  Metaphrasten  zum  Teil  wenigstens  aus  dem  Gottesdienste 
verdrängt  zu  haben;  denn,  wie  Gregoras  selbst  berichtet  (Histor.  1.  24 
Kap.  2),  bedrohten  ihn  Nikolaos  Kabasilas  und  dessen  Mitsprecher  bei 
einer  theologischen  Disputation,  der  Kaiser  würde  seine  Heiligenleben, 
oaoi  in*  ixxXr^aiccg  iv  xalq  rwv  dyicov  dvayivoiffxovtai  fivrjfiaigy  verbrennen 
lassen.  Mehrere  derselben  beziehen  sich  auf  historische  Persönlichkeiten 
der  byzantinischen  Zeit,  wie  auf  Antonios  Kauleas,  Patriarchen  von  Kon- 
stantinopel, Michael  Synkellos  von  Jerusalem,  Johannes,  Erzbischof  von 
Heraklea  im  Pontes,  den  Oheim  des  Gregoras,  die  eben  erwähnte  Kaiserin 
Theophano  u.  a.  Gedruckt  sind  davon  nur  zwei  Stücke,  das  Martyrium 
des  hl.  Kodratos  von  Korinth  und  das  Lebensbild  der  Kaiserin  Theophano, 
der  Gemahlin  Leos  VI.  Eine  Quellenuntersuchung  kann  daher  hier  noch 
weniger  als  bei  Konstantinos  Akropolites  vorgenommen  werden. 

Der  dritte  grössere  Hagiograph  des  14.  Jahrhunderts  ist  Philotheos, 
Patriarch  von  Konstantinopel  f  1379  (vgl.  §  35).  Im  Drucke  liegen  von 
ihm  vor  zwei  Lobreden  auf  die  Märtyrin  Anysia  von  Thessalonike  und 
auf  die  3  Kirchenväter  Basilios,  Gregorios  Theologos  und  Chrysostomos, 


t  Theologie.    £.  Hagiographie.    (§  90)  205 

wie  das  Leben  seines  Zeitgenossen  Palamas,  der  bald  nach  seinem  Tode 
s  Heiliger  verehrt  wurde ;  handschriftlich,  z.  B.  im  cod.  Marcian.  582,  ist 
>er  eine  grössere  Anzahl  erhalten.  Vielleicht  sollten  sie  die  Heiligen- 
ben seines  Gegners  Nikephoros  Gregoras  verdrängen. 

Als  weitere  Hagiographen  des  14.  und  15.  Jahrhunderts  sind  zu 
'nnen:   Maximos   Planudes    (s.  §  30  Anm.  7),    Gregorios   Palamas 

32),  Kallistos  Xanthopulos,  Patriarch  von  Konstantinopel  (§  69 
im.  3),   Johannes   von   Nikomedien,    Neilos,    Metropolit   von   Rhodos 

36),  der  um  1366  die  hl.  Matrona  von  Chios  verherrlichte,  Philotheos, 
^bischof  von  Selymbria  in  Thrakien  (um  1365),  der  Lebensbilder  des 
schofs  Agathonikos  und  des  Mönches  Makarios  von  Konstantinopel  ver- 
sste,  deren  Khetorik  deutlich  auf  die  Paläologenzeit  hinweist.  Einem 
iurentios  Rutiensis,  Mönche  eines  kalabrischen  Klosters,  schreiben 
e  BoUandisten  verschiedene  Heiligenleben  zu,  die  in  einem  von  Laurentios 
Ibst  geschriebenen  cod.  Ambrosianus  des  14.  Jahrhunderts  enthalten 
id.  Als  die  jüngsten  byzantinischen  Märtyrerakten  sind  endlich  die 
s  Johannes  Epirotes  und  des  Andreas  Chios  (f  1465)  zu  ver- 
ichnen,  wovon  letztere  von  Georgios  von  Trapezunt  in  Rom  verfasst 
irden. 

1.  Die  Biographie  des  Leontios  von  Jerusalem  von  Theodosios  wurde  ge- 
ickt  mit  den  Homilien  des  Makarios  Chrysokephalos  in  Wien  (1793?)  S.  380—434. 

2.  Die  Biographien  der  Tbeodosia  und  des  Johannes  von  Damaskos  von  Eons  tan- 
108  Akropolites  stehen  bei  Migne,  Patar.  gr.  140,  812—885,  893—896.  —  Die  Lobreden 
f  die  Märtyrer  Demetrios  und  Barbaros  ed.  A.  Papadopulos  Kerameus,  'JydXexta 
oifoXru.  ojaxvokoyias  1  (Petersburg  1891)  160—205,405-420.  —  Der  dem  Autor  gleich- 
tige  cod.  S.  Sepulcri  40  enthält  noch  20  weitere  Schriften  desselben.  Vgl.  A.  Papa- 
pulos  Kerameus,  'legoaoXv/ji.  ßißXio&ijxtj  1  (Petersburg  1891)  120—126;  JbXxLop  3 
•<90  -  1892)  445  f.  — -  Den  zweiten  Teil  seiner  Schriften  enthält  cod.  Ambros.  H  81  sup., 
er  den  M.  Treu,  JeXrioy  4  (1892)  35-50  berichtet.  Er  enthält  meistens  Heiligen- 
Lenden,  auch  einige  Briefe,  Dichtungen  und  Gebete.  Einige  kleinere  Stücke  ed.  Treu 
a.  0.  S.  42-50.  Vgl.  B.  Z.  1  (1892)  622  f.  —  Einen  Brief  des  Konstantinos  Akro- 
lites,  der  eine  höchst  einseitige  Kritik  des  Timarion  enthält,  ed.  M.  Treu,  B.  Z.  1  (1892) 
4  f.  —  Vgl.  auch  M.  Treu,  Maximi  monachi  Planudis  epistelae,   Breslau  1890  S.  248  f. 

3.  Das  Martyrium  des  Kodratos  von  Korinth  von  Nikephoros  Gregoras  aus 
n  Acta  SS.  Mart  2,  696-700  bei  Migne,  Patr.  gr.  149,  504—521.  —  Die  Vita  der  Kaiserin 
leophano  auszugsweise  ed.  J.  Hergenröther,  Monuments  graeca  ad  Photium  ejusque 
storiam  pertinentia,  Regensburg  1869  S.  72—83.  —  Andere  Legenden  verzeichnet  L. 
llatiuR,  De  Symeonum  scriptis  diatriba,  Paris  1664  S.  267.  —  Handschriftlich  sind 
ren  vorhanden   in  cod.  Vatican.  1086,   cod.  Monac.  10  saec.  16  u.  a. 

4.  Die  Vita  des  Bischofs  Agathonikos  von  Philotheos,  dem  Erzbiscbof  von  Selymbria, 
ht  bei  Migne,  Patr.  gr.  154,  1229 — 1240.  —  Das  Enkomion  auf  Makarios  v.  Kpel  ed.  A. 
ipadopulos  Kerameus,  MavQoyoqddtHOi  ßißXio9ijxtj,  'Jyexd.  iXXtjy,^  Kpel  1884  S.  46-59. 
n  Verdammungsurteil  des  Philotheos  gegen  Nikephoros  Gregoras  (1368)  edd.  Miklo- 
ch  u.  Müller,  Acta  et  diplomata  graeca  1, 490.  —  Einem  anderen  Bischof  von  Selymbria, 
natios  (um  1431),  wird  in  dem  cod.  Vatic.  Ottob.  441  a.  1477  eine  Vita  Constantini  et 
lenae  zugeschrieben,  die  Theophilos  Joannu,  Myrjfisia  äyioXoy.  S.  164—229  als 
aoyme  Schrift  ediert  hat. 

5.  Eine  Vita  des  Bischofs  von  Amasea,  Basilios,  von  Johannes  von  Nikomedien 
n  1322),  ed.  Acta  SS.  April.  3.  L— LV. 

6.  Von  den  Legenden  des  Laurentios  Rutiensis  in  dem  cod.  Ambros.  N  152 
id  8  in  den  Acta  SS.  gedruckt.  Vgl.  Bibliotheca  hagiogr.  graeca  S.  143.  Sie  feiern 
irtyrer  und  ältere  Heiligen. 

7.  Die  Märtyrerakten  des  Johannes   Epirotes   stehen  in   den  Acta  SS.  April. 
610  f.  (latein.   aus  einem  griech.   Original),   diejenigen   des   Andreas   Chios   von 

K>rgios  von  Trapezunt  in  den  Acta  SS.  Mai  7,  185 — 188  (lateinisch;  ob  Original  grie- 
jsch?). 


206  Byzantiniache  Litteratnrgeschiohte.    I.  Prosaisohe  Litteratnr. 

F.  EatenexL 
91.  Allgemeines.  Catenae,  2€iQaC  nannte  man  schon  im  Mittelalter 
die  Sammlungen  von  Auszügen  aus  den  Schriften  der  Kirchenschriftsteller, 
die  von  einem  einheitlichen  Gesichtspunkte  aus  angelegt  wurden  und  ver- 
möge der  Gleichartigkeit  des  Themas,  auf  das  sie  sich  beziehen,  wie  die 
Glieder  einer  Kette  zusammenhängen.  An  solchen  Sammlungen  ist  die 
theologische  Litteratur  der  Byzantiner  ausserordentlich  reich;  sie  liegen 
aber  noch  zum  grössten  Teil  zerstreut  in  den  Bibliotheken  des  Morgen- 
und  Abendlandes,  und  ihre  Erforschung  steht  noch  in  den  ersten  An- 
fängen. Entstehungszeit,  Verfasser,  Quellen,  innere  Anlage,  gegenseitiges 
Verhältnis  der  zahlreichen  gleichartigen  Katenen,  Wert  und  Bedeutung 
dieses  letzten  Zweiges  der  theologischen  Litteratur,  alle  diese  Fragen 
können  daher  jetzt  nur  eine  allgemeine  Beantwortung  finden.  Auf  ihre 
Bedeutung  fQr  die  Gesamtcharakteristik  der  byzantinischen  Theologie 
wurde  schon  oben  hingewiesen  (s.  §  4):  schon  ihre  blosse  Existenz  offen- 
bart das  Ermatten  der  selbständigen  Geistesthätigkeit,  von  welcher  die 
griechische  Theologie  in  der  zweiten  Hälfte  des  5.  Jahrhunderts  ergriffen 
wurde,  und  die  sie  niemals  ganz  überwunden  hat.  Damit  ist  auch  die 
Entstehungszeit  dieser  Litteraturgattung  im  allgemeinen  bestimmt.  Begriff 
und  wesentlicher  Charakter  derselben  lässt  auch  darüber  keinen  Zweifel, 
dass  der  litterarisch-ästhetische  Wert  dieser  Kompilationslitteratur  ein 
sehr  geringer  ist;  dem  Katenenschreiber  gehört  nur  die  Anlage  und  die 
Wahl  der  Auszüge  als  geistiges  Eigentum  an,  und  selbst  hierin  schlössen 
sich  die  Späteren  mit  wenigen  Ausnahmen  ihren  Vorgängern  in  der  Weise 
an,  dass  sie  deren  Sammlungen,  nicht  die  Werke  der  Kirchenschriftsteller 
selbst,  als  Quellen  ihrer  Kompilationen  benützten.  Damit  hörte  die  letzte 
Geistesarbeit  auf;  ohne  Geistesarbeit  aber  kein  Litteraturprodukt.  Käme 
daher  für  die  Katenen  nur  der  litterarische  Gesichtspunkt  in  Betracht,  so 
wären  der  ihnen  gewidmeten  Worte  schon  zu  viel.  Eine  höhere  Bedeutung 
besitzen  sie  für  die  Überlieferungsgeschichte  der  älteren  theo- 
logischen und,  wenn  auch  in  geringerem  Masse,  der  antiken  klas- 
sischen Litteratur.  Für  die  letztere  vgl.  Krumbacher.  Was  die 
erstere  angeht,  so  ist  bekannt,  dass  viele  Schriften  von  Arianern  und 
Semiarianern,  wie  Theodoros  von  Heraklea,  Eusebios  von  Emesa,  Eudoxios 
von  Konstantinopel,  Eusebios  und  Akakios  von  Käsarea,  uns  fast  nur  durch 
die  Katenen  in  Bruchstücken  erhalten  sind.  Dasselbe  gilt  fQr  mehrere  Ex- 
egeten  der  antiochenischen  Schule,  wie  Eustathios  von  Antiochien,  Dio- 
doros  von  Tarsos,  Theodoros  von  Mopsuestia,  Polychromes  von  Apamea, 
Victor  und  Nikolaos  Presbyter,  sowie  für  Apollinarios  von  Laodikea  und 
für  die  Monophysiten  des  6.  und  7.  Jahrhunderts.  Selbst  für  Athanasios 
von  Alexandrien,  ,den  Vater  der  Orthodoxie',  Didymos  den  Blinden, 
Asterios  von  Amasea,  Hesychios  von  Jerusalem,  Theophilos  und  Kyrillos 
von  Alexandrien,  Theodotos  von  Ankyra,  Ammonios  von  Alexandrien,  Gen- 
nadios  von  Konstantinopel,  um  von  den  Späteren,  wie  Olympiodoros, 
Kosmas  Indikopleustes,  Maximos  Confessor,  Photios  und  anderen  abzusehen, 
sind  wir  bezüglich  mehr  oder  weniger  Schriften  auf  die  Katenen  ange- 
wiesen.   Noch  wichtiger  sind  diese  für  die  vornikänischen   und   ältesten 


1.  Theologie.    F.  Katenen.    (§  91).  207 

kirchlichen  wie  häretischen  Litteraturwerke.  Sie  haben  manche  Fragmente 
von  Klemens,  Demetrios,  Dionysios  und  Petros  von  Alexandrien,  Hippolytos 
von  Rom,  Origenes,  Gregorios  Thaumaturgos,  Methodios  von  Olympos  u.  a. 
vor  einem  sicheren  Untergang  bewahrt.  Der  Prozentsatz  dieser  Fragmente 
ist  im  Vergleich  mit  den  Auszügen  aus  den  Kirchenvätern  des  4.  und 
5.  Jahrhunderts,  auf  die,  und  unter  ihnen  vor  allem  auf  Johannes  Chry- 
sostomos,  der  Löwenteil  in  allen  Katenen  entfallt,  allerdings  sehr  gering 
und  wird  immer  geringer,  je  näher  wir  den  ältesten  Zeiten  kommen.  Ire- 
naeos von  Lyon,  Melito  von  Sardes,  der  echte  Justinos  der  Märtyrer  und  die 
übrigen  Apologeten  des  2.  Jahrhunderts,  Ignatios  von  Antiochien,  Hermas, 
Papias  von  Hierapolis,  treten  in  den  Katenen  nur  vereinzelt  auf;  noch 
seltener  begegnen  wir  den  Namen  der  ältesten  Häretiker,  wie  Kerinthos, 
Basilides,  Saturninos,  Montanus,  Markion,  Sabellios,  Paulos  von  Samosata 
u.  a.  Bei  dem  traurigen  Los,  das  die  älteste  christliche  Litteratur  traf, 
ist  aber  auch  das  Wenige,  das  die  Katenen  gerettet,  wertvoll  genug,  um 
deren  Wertschätzung  zu  rechtfertigen  und  zu  begründen.  Aus  den  Gründen, 
die  bei  der  Gesamtcharakteristik  der  byzantinischen  Theologie  entwickelt 
wurden,  ist  eine  wesentliche  Vermehrung  des  ältesten  christlichen  Litteratur- 
bestandes  nach  einer  umfassenden  Erforschung  der  Katenenhandschriften  mit 
Bestimmtheit  nicht  zu  erwarten.  Aber  auch  ein  geringer  Zuwachs  an 
Fragmenten  dieser  Art  wird  der  Forscherarbeit  genügenden  Lohn  bringen; 
für  die  spätere  Zeit  verspricht  sie  aber  auch  jetzt  noch  reiche  Ernte. 

Die  Erntefreude  wird  freilich  öfters  getrübt  durch  die  Befürchtung, 
unechte  Frucht  einzuheimsen.  Das  Misstrauen  gegen  die  Zuverlässigkeit 
der  Katenen  in  den  Namenangaben,  das  wiederholt  ausgesprochen  wurde, 
ist  den  Drucken,  den  jüngeren  Hss  sowie  den  jüngeren  Rezensionen  älterer 
Katenen  gegenüber  ohne  Zweifel  berechtigt.  Das  wiederholte  Abschreiben 
derselben  Katene,  die  Anwendung  von  Namensiglen,  die  Nachlässigkeit 
der  Kopisten  u.  dgl.  konnten  leicht  zur  Verwechslung  der  Namen  führen. 
Neben  Katenen,  die  jeder  philologischen  Akribie  entbehren,  gibt  es  aber 
auch  solche,  in  denen  die  Automamen  sehr  sorgfältig  angebracht  sind, 
manchmal  sogar  mit  der  Bezeichnung  der  Schriften,  aus  welchen  die  Stellen 
entnommen  sind.  Die  Vergleichung  verschiedener  Katenen  gleichartigen 
Inhalts,  das  Heranziehen  des  gedruckten,  bereits  als  echt  anerkannten 
Materials,  die  Einsicht  in  die  Arbeitsweise  des  Katenenschreibers,  die  einer 
besonnenen  Kritik  entliehenen  inneren  Kriterien  sind  ebensoviele  Mittel,  um 
die  Fehler  zu  verbessern  und,  abgesehen  von  besonders  schwierigen  Fällen, 
die  peinlichste  Sorgfalt  erheischen,  den  wahren  Eigentümer  eines  bestimmten 
Fragmentes  zu  erkennen.  Die  somit  gut  begründete  Aussicht,  neben  den 
Fragmenten,  die  bisher  durch  das  Finderglück  einzelner  Forscher,  unter 
denen  Chr.  Fr.  Matthäi,  J.  B.  Pitra  und  besonders  A.  Mai  hervorragen,  aus 
den  Katenen  gewonnen  wurden,  weiteres  Material  zu  heben,  die  Not- 
wendigkeit überdies,  in  diesem  Punkte  zu  völliger  Klarheit  zu  gelangen, 
machen  es  den  Freunden  der  altchristlichen  und  patristischen  Studien  zur 
gebieterischen  Pflicht,  endlich  an  eine  planmässige,  von  gesunden  kritischen 
Grundsätzen  und  der  bei  der  Langwierigkeit  der  Arbeit  unerlässlichen  Be- 
geisterung für   die  Sache   getragene  Durchforschung  der   byzantinischen 


208 


BysantiniBche  Litteratargeschichte.    L  Prosaische  Litterator« 


Katenenlitteratur  energisch    und   zielbewusst    heranzutreten.     Hier  kai 
nur  eine  allgemeine  Orientierung  über  das  weite  Forschungsgebiet  Plat 
greifen.     Zu  diesem  Zwecke  und  dem  Inhalt  der  Eatenen  entspreche] 
unterscheiden  wir  drei  Arten  von  Katenen,  die  dogmatischen,  die  exej 
tischen  und  die  asketischen  oder  die  christlichen  Florilegien. 

Für  die  allgemeinen  Hilfsmittel  vgl.  §  93. 

92.    Dogmatische  EateneiL     Diese  Sammlungen  von  Ausspruch 
der  Kirchenväter  über   eine  bestimmte  theologische  Lehre  sind  aus  deni] 
praktischen  Bedürfnisse  hervorgegangen,   bei   den  christologischen  Dis] 
tationen  sowohl  auf  den  grossen  Eirchenversammlungen   als   in  Privat-] 
kreisen  bequeme  Übersichten  über  die  Lehre  der  bedeutendsten  Theologen] 
zu  besitzen.     Schon  Kyrillos  von  Alexandrien  hat  auf  der  Synode  voi 
Ephesos  Auszüge  aus  Schriften  der  Väter  und  des  Nestorios  gesammeil 
um  die  Jo^at  rm'   ayiiav  Uatägiov   den  Kaivo<p(ovfai  seines   Gegners   enl 
gegenzustellen.  ^)    Eine  ähnliche  Sanmilung  steht  in  den  Akten  der  Syn< 
von    Chalkedon  *)    und    auf   der   5.   Synode    bildeten    in    gleicher    Weü 
Sammlungen  von  dogmatischen  Exzerpten  den  Gegenstand  der  Erörtenmg.*)^] 
Dogmatische  Katenen  in  ausgebildeter  Form  wurden  zuerst  auf  der  6.  all-j 
gemeinen  Synode  vorgelegt,  und  zwar  eine*)  von  dem  Patriarchen  Ma- 
karios  von  Antiochien  zu   Gunsten  des  Monotheletismus   (in   3   Codices),] 
eine  andere  ^)  von  den  Vertretern  des  Papstes  mit  entgegengesetzter  Ten*  j 
denz.     Beide  wurden  in  mehreren  Sitzimgen  geprüft,  und  deren  Exzerpte' 
mit    den   vollständigen   Schriften    der   zitierten   Kirchenväter   verglichen. 
Aus  Anlass  des  Bilderstreites  wurden    auch  Katenen  angelegt;   in  dem' 
anonymen  Lebensbild  des  Bischofs  Johannes  von  Gotthia  (vgl.  §  88  Anm.  1) 
wird  berichtet,  dass  eine  Synode  von  Jerusalem  (um  760)  dem  genannten 
Bischof  eine  Katene  mit  Aussprüchen  der  hl.  Schrift  und  der  Kirchenväter 
über  Bilder-,  Reliquienkult  und  die  Anrufung  der  Heiligen  zuschickte.    In 
die  Akten  der  7.  Synode  selbst  wurden  zahlreiche  Auszüge  aus  den  früheren 
Kirchenschriftstellern  aufgenommen.     Die   von  Feinden   des   Bilderkultes 
angelegte  Katene  wurde  schon  oben  (§  15)  erwähnt. 

Die  älteste  erhaltene  Katene  dieser  Art  ist  die  von  A.  Mai  aus  dem 
Codex  Vatican.  2200  teilweise  edierte  Antiquorum  Patrum  doctrina  de 
Verbi  incarnatione,  welche  Aussprüche  von  mehr  als  70  Schriftstellern  über 
die  Zweiheit  der  Naturen  in  Christus  enthält.  Der  jüngste  zitierte  Theo- 
loge ist  Maximos  der  Bekenner.  Loofs  lässt  sie  zwischen  662 — 679  ent- 
standen sein.  Dies  führt  in  die  unmittelbare  Nähe  der  6.  Synode  und 
lässt  die  Vermutung  aufkommen,  dass  die  Doctrina  Patrum  mit  der  ortho- 
doxen Katene,  die  auf  der  6.  Synode  vorgelegt  wurde,  zusammenhängt. 
Diese  Frage,  sowie  die  weiteren  über  die  QueUenverhältnisse  und  die  Re- 


>)  Vgl.  Kyrillos  v.  Alex.,  Epist.  55  bei 
Migne,  Patr.  gr.  77,296.  —  Mansi,  Con- 
cilia  4,  1184  ff. 

*)  Vgl.  Mansi,  Concilia,  7,467-474. 

«)  Vgl.  Mansi,  Concüia,  9,202—230, 
230-254,  289-297. 

')  Vgl.  Mansi,  Concilia  11,  320.     Der 


Titel  lautete:  Xgijaei^  dyltay  UatiQtay  iy  to 
tov  xvqLov  'Itjaov  Xquivov  &iXTjfia  didaC" 
xoyttoy, 

^)  Mansi  a.  a.  0.  S.  329.  Diese  war 
überschrieben:  X^ijaBis  ayitay  xal  iyxoUofy 
Uaiigtay  nagurrtiffM  dvo  &$Xij/4ttTa  xai  dvo 
iye^yBtas  int  tov  KvqIov  . . .  iijaov  Xgtarov, 


1.  Theologie.    F.  Katenen.    (§  92)  209 

Pensionen  der  Doctrina  Patrum  setzen  eine  kritische  Ausgabe  der  in  meh- 
eren  Hss  vorliegenden  Katene  voraus.  Mit  ihr  ist  eine  Katene  ganz 
thnlichen  Inhaltes  verwandt,  die  Photios  in  seiner  Bibliotheca,  cod.  231,*) 
beschreibt,  die  aber  ganz  verschollen  zu  sein  scheint.  Sie  verfolgte  auch 
len  Zweck,  die  Zweinaturenlehre  durch  die  Aussprüche  der  Väter  zu  be- 
u-äftigen  und  das  Autorenverzeichnis  des  Photios  weist  auch  auf  dieselben 
l^ellen  hin.  Photios  nennt  den  Kompilator  dieser  Katene  nicht;  aus  dem 
rmstande,  dass  sie  mit  dem  Synodalschreiben  des  Patriarchen  Sophronios 
von  Jerusalem  in  einem  Codex  vereinigt  war,  kann  auf  die  Autorschaft 
des  letzteren  nicht  ohne  weiteres  geschlossen  werden. 

Als  Autor  einer  katenenartigen  Gesamtdarstellung  der  Theologie 
nennt  der  Codex  Matritensis  0  1  saee.  16  einen  Mönch  Doxopatres,  der 
vielleicht  mit  Johannes  Doxopatres  aus  dem  11.  Jahrhundert  (vgl.  Krum- 
bacher) identisch  ist.  Sie  umfasste  5  Bücher,  von  denen  in  der  genannten 
Hs  noch  die  2  ersten,  über  Adam  und  Christus,  vorliegen.  Das  3.  be- 
handelte die  Evangelien  und  die  christlichen  Dogmen,  das  4.  hatte  die 
Apostel  und  deren  Thätigkeit  zum  Gegenstand.  In  dem  5.  endlich  kamen 
die  Häresien  und  die  allgemeinen  Synoden  zur  Sprache.  Der  jüngste 
Autor,  der  zitiert  wird,  ist  der  Patriarch  Sergios  von  Konstantinopel 
(t  1019).  Übrigens  stimmt  die  Überschrift  des  1.  Kapitels  mit  demjenigen 
der  Schrift  wörtlich  überein,  von  der  A.  Mai  unter  dem  Namen  eines 
Johannes  Diakonos  eine  Probe  herausgegeben  hat  (s.  §  20).  Doxopatres 
ist  abhängig  von  Johannes  von  Damaskos  und  wurde  selbst  wiederum  von 
Euthymios  Zigabenos  für  seine  Panoplia  dogmatica  benützt,  die  ja  selbst, 
besonders  in  ihren  früheren  Partien,  eigentlich  nur  eine  Katene  ist.  Das- 
selbe gilt  von  dem  Thesauros  des  Niketas  Akominatos. 

Die  übrigen  dogmatischen  Katenen,  die  in  verschiedenen  Hss  vorliegen 
und  noch  nicht  näher  untersucht  wurden,  sind  sämtlich  anonym.  Die 
grösste  derselben  ist  wohl  die  des  Codex  Vindobon.  theol.  47,  die  auf  539 
Folien  in  Quartformat  die  Dogmen  des  Christentums  durch  Aussprüche 
der  Schritt  und  der  Kirchenväter  gegen  Juden  und  Häretiker  zu  verteidigen 
sacht,  unter  den  zitierten  Autoren  befinden  sich  neben  Justin  dem  Mär- 
tyrer und  Origenes  auch  Augustinus  und  Beda  Venerabilis.  Nicht  ohne 
Interösse  ist  auch  die  Katene  in  dem  Codex  Vindob.  theol.  284  fol.  1 — 310, 
worin  Schrifttexte,  Synodalbeschlüsse  und  Auszüge  aus  griechischen  und 
lateinischen  Kirchenvätern  sowie  späteren  Theologen  zu  Gunsten  der 
Lateiner  aufgeführt  werden.  Die  jüngste  unter  diesen  Katenen  wurde 
unter  dem  Kaiser  Johannes  Vin  Palaeologos  (f  1448)  und  dem  Patri- 
archen Joseph  von  Konstantinopel  (f  1439)  verfasst.  Sie  ist  auch  in  der 
Wiener  Hofbibliothek  erhalten  (cod.  Vindob.  theol.  288  fol.  1 — 240)  unter 
dem  Titel  Eijnog  und  zerfällt  in  30  dogmatische  und  200  philosophische 
Kapitel. 

1.  Die  Antiquomm  Patnim  doctrina  de  Verbi  incarnatione  ed.  pr.  A.  Mai,  Scriptor. 
vet  nova  collectio  7,  1,  1—73.  Die  Haupths  von  Mai  war  der  cod.  Vatican.  2200  s.  8.  Vgl. 
Pitra,  Anal,  sacra  et  classica  5  (Rom  1888)  S.  XXXIIl  ff.  Pitra  gibt  ein  phototypisches 
Ficsimile    der    auch   palftographisch    sehr   interessanten   Papierhs,    deren   nähere    Unter 


')  Vgl.  Migne,  Patr.  gr.  103,  1089—1092. 
BftDdbacb  der  klM.  A1tertiiiiwwl«n)»cbaft  T2.    1.  Abtly.    2.  Anfl,  H 


210  Bysantmische  Litter atnrgesohichte.    L  Prosaische  Litteratnr. 

aucliung    und   vollständige    Herausgabe    sehr   wünschenswert   erscheint.      Die    Nr. 
2.  Vaticanischen  Hs  ist  mir  unbekannt.     Eine  3.  fis  ist  der  cod.  Bodl.  Miscell.  184 
13  fol.  33—191.    Sie  ist  identisch  mit  dem   cod.   Claromontan.,  aus  dem  Labbe, 
spectus  novae  editionis  omnium  operum    S.  Joannis  Damasceni,   Paris   1652   S.   40 — 1 
die  Kapitelüberschriften    mit    einem  Verzeichnis    der    darin    zitierten  Schriftsteller 
teilte.    Sie  enthält  ein  Kapitel  mehr  als  der  cod.  Vatican.  2200  mit  der  üeberscl 
JuxtpoQoi  anodel^eis  xal  fiaQTvglat  ttay  dylttv  llaxiqtop  nagl  Bixoptoy,      Vgl.   auch    Pitri 
Archives  des  missions  scientifiques,   1.  Serie  4  (1856)  99.  —  Aus  dieser  Hs  stammen  ai 
höchst  wahrscheinlich  die  Gollectanea  incerti  Auctoris  contra  Severianos  et  Acephaloe, 
Canisius-Basnage,  Thesaurus  monumentorum  2,  1,  250—260,   die  nur  ein  Auszug 
Doctrina  Patrum  sind.   —   Vgl.   die  Untersuchung  von  Fr.  Loofs,   Leontius  von  Byzi 
Leipzig  1887  S.  92—108,  die  indes  nicht  abschliessend  ist. 

2.  ¥^x  die  Schrift  des  Mönches  (Johannes?)  Doxopatres  vgl.  E.  Miller,  Not 
extr.  31,  2  (Paris  1886)  29—56.  Hier  die  Kapitelüberschriften  der  zwei  ersten  Bücher.  Nc 
festzustellen  ist  das  Verhältnis  dieser  Schrift  zur  Panoplia  dogmatica  des  Euthymioe  Zi| 
bonos  sowie  zu  einer  anderen  Panoplia,  aus  der  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  2  (Rom  ir 
597 — 662  nach  dem  cod.  Vatic.  1904  einiges  ediert  hat. 

3.  Ünedierte  dogmatische  Katenen  sind  ausser  den  oben  genannten  in  folgenden 
vorhanden :  codd.  Marcian.  573  saec.  12  (verschiedene  Sammlungen  von  Aussprüchen  fli 
den  Bilderkult,  die  Menschwerdung  und  die  zwei  Naturen  in  Christus),  Goislin.  294  saec. 
foll.  221  (vgl.  L.  Cohn,  Jahrb.  f.  protest.  Theol.  18(1892)482—85),  Athous  3718  saec 
(ExXtyyij  xard  'JgBtaytoy  xai  'lovdaitoy),  Paris.  854  s.  13  fol.  121—131  (Definitiones  tili 
logicae  e  S.  Clementis  Stromai  et  aliorum  Patr.  operib.  collectae),  Paris.  1115  a.  1276 
4^ — 307  (Anonymi  summa  fidei  christianae  ex  conciliis,  SS.  Patribus  et  scriptoribns 
logicis  ezcerpta),  Paris.  1555  A  saec.  14  fol.  179—186^  (christologischen  Inhaltes),  eine 
der  jetzigen  Strassburger  Universitätsbibliothek  aus  d.  J.  1286  (der  Anfang  wie  in  di 
cod.  Coislin.  294),  cod.  Vatican.  1431  (erwähnt  von  A.  Mai,  Nova  Patr.  bibl.  2,  595), 
Vindob.  theol.  48  fol.  1 — 51^  (in  ^  Aoyoi  eingeteilt,  deren  erster  überschrieben  ist:  Ui 
t^s  XQiüvnoaiaxov  &B6Tt]jog\  Vindob.  theol.  155  fol.  71^ — 91^  fO^o*  diätpogoi  aus  KlemeiN 
von  Alexandrien  u.  a.),  Athous  498  s.  14,  Laurent.  60,  11  s.  15  fol.  6^—85  (AussprfidM 
über  die  Lehre  von  der  Trinität  und  dem  hl.  Geiste,  auch  solche  von  Niketas  von  Heraklea] 
unvollständig),  cod.  Vallicell.  F  30  saec.  15  fol.  1—66  (gegen  Gregorios  Palamas),  Mona« 
194  8.  14  fol.  199—203  (Collectio  dogmat.  necessarior.  ex  diversis  Patribus).  Diese  Lish 
erhebt  keinen  Anspruch  auf  Vollständigkeit. 

93.  Die  exegetischen  Eatenen  bilden  die  Hauptmasse  des  byzan« 
tinischen  Katenenbestandes  und  bestätigen  durch  ihre  grosse  Anzahl  d^i 
Urteil,  das  oben  (§  46)  über  die  Leistungen  der  Byzantiner  in  der  Exe« 
gese  gefällt  wurde.  Sie  sind  zum  weitaus  grössten  Teil  anonym  und 
bieten  daher  fiir  die  Bestimmung  ihrer  Abfassungszeit  und  ihrer  Indi- 
vidualität keinen  anderen  Anhaltspunkt  als  die  Handschriften,  in  denei 
sie  vorliegen.  Dieser  Umstand  hat  die  Vorstellung  hervorgerufen,  als  ent- 
spreche jeder  Handschrift  eine  eigene,  selbständige  Katene,  und  als  stehi 
man  daher  einer  unabsehbaren  Anzahl  von  verschiedenen  Eatenen  gegen- 
über. Dem  ist  nicht  so.  Wendland  und  Cohn  haben  die  Wahmehmunj 
gemacht,  dass  die  Katenen  zum  Oktateuch  und  zu  Teilen  desselben,  die 
sie  in  Hss  verschiedener  Bibliotheken  untersuchten,  nur  Exemplare  dei 
gedruckten  Catena  Lipsiensis  sind,  und  dass  diese  mit  der  Katene  des 
Prokopios  von  Gaza  im  wesentlichen  identisch  ist.  Diese  Wahrnehmung 
hat  sich  uns  bei  der  Durchforschimg  vieler  Katenenhandschriften  bestätigt; 
sie  hängt  übrigens  zusammen  mit  dem  wesentlich  traditionellen  Charaktei 
der  byzantinischen  Theologie  überhaupt.  Doch  liegen  für  andere  Katenen 
die  Verhältnisse  nicht  immer  so  einfach.  Die  handschriftlichen  Katenen 
zu  manchen  Büchern  des  Alten  und  des  Neuen  Testamentes  stellen  sich 
auf  den  ersten  Blick  als  ganz  verschieden  dar  und  können  nicht  auf  einen 
einzigen  Typus  zurückgeführt  werden.  Wie  viele  Katenentypen  für  die 
einzelnen  Bücher  anzunehmen  sind,    welches  Verhältnis  zwischen   ihnen 


1.  Theologie.    F.  Katenen.    (§  93)  211 

^waltet,    diese  Fragen  können  nur  durch  die  Durchforschung    des  ge- 
Amten  handschriftlichen  Materials  ihre  genügende  Lösung  finden. 

Neben  den  anonymen  exegetischen  Katenen  liegt  eine  zweite  Oruppe 
^on  solchen  vor,  die  bestimmten  Verfassern  zugeschrieben  werden.  Als 
1er  älteste  bekannte  Eatenenschreiber  gilt  Prokopios  von  Gaza  (s.  §  47), 
der  sich  selbst  als  den  Verfasser  der  nunmehr  wiedergefundenen  Eatene 
zum  Octateuch  und  zu  den  übrigen  historischen  Büchern  des  Alten  Testa- 
mentes bekennt,  und  auf  den  wahrscheinlich  auch  Katenen  zu  Jesaias,  zu 
den  Sprüchen,  zum  Prediger  und  zum  Hohenlied  zurückgehen.  Prokopios 
darf  jedoch  nicht  als  der  Schöpfer  der  exegetischen  Katenen  betrachtet 
werden.  Dieser  ist  kein  geringerer  als  Eusebios  von  Käsarea.  Das 
erhellt  ans  den  Unterschriften  in  Hss  des  hexaplarischen  Septuagintatextes, 
die  uns  z.  B.  der  Codex  Marchalianus  (jetzt  Vaticanus  2125)  erbalten  hat, 
und  wovon  eine  lautet:  Evasßiog  iyd  axoX^a  nagä^xa.  Nach  einer 
anderen  wurden  dabei  die  Kommentare  des  Origenes  und  des  Eusebios 
selbst  berücksichtigt.  >)  Damit  war  der  Anstoss  zur  Ausbildung  der  ex- 
egetischen Katenen  gegeben;  denn  es  lag  nahe,  in  weiteren  Abschriften 
des  biblischen  Textes  die  Scholien  zu  vermehren,  um  neben  dem  Texte 
auch  eine  Erklärung  desselben  zur  Hand  zu  haben,  besonders  als  die  ex- 
egetische Litteratur  stark  angeschwollen  war  und  die  eigene  Geisteskraft 
zu  verkümmern  anfing. 

Nach  Prokopios  ist  ein  gewisser  Andreas  Presbyter  zu  nennen, 
von  dem  Katenen  zu  den  Sprüchen,  zu  Jesaias,  zur  Apostelgeschichte  und 
zu  den  katholischen  Briefen  handschriftlich  erhalten  sind.  Die  Lebenszeit 
des  Andreas  fällt  zwischen  das  7. — 10.  Jahrhundert;  denn  er  zitiert 
Maximos  den  Bekenner  (f  662),  und  der  Codex  Coislinianus  25,  der  eine 
seiner  Katenen  enthält,  stammt  aus  deiQ  10.  Jahrhundert.  Ob  er  mit 
Andreas,  dem  Scholiasten  des  Dionysios  Areopagites,  und  mit  Andreas 
Hamartalos,  welchem  in  dem  cod.  Paris.  771  s.  14  fol.  107^  flf.  eine  Homilie 
auf  den  Palmsonntag  zugeeignet  wird,  identisch  ist,  muss  noch  untersucht 
werden.  Vor  dem  10.  Jahrhundert  oder  spätestens  in  demselben  schrieb 
auch  ein  gewisser  Johannes  Drungarios  eine  Katene  zu  Jesaias,  die  in 
Pariser  Hss  vorliegt.  Die  Aufnahme  von  Erklärungen  der  ,Häretiker' 
Origenes,  Eusebios  von  Käsarea,  Theodoros  von  Heraklea,  Eusebios  von 
,  Emesa,  Apollinarios  und  Theodoret  von  Kyrrhos  entschuldigt  er  in  seiner 
Vorrede  mit  einem  Ausspruche  des  Kyrillos  von  Alexandrien,  der  nicht 
alles,  was  von  Häretikern  herrühre,  verworfen  wissen  wollte. 

Bekannter  als  die  soeben  genannten  ist  Niketas,  der  Freund  des 
Theophylaktos,  der  schon  unter  den  Scholiasten  des  Gregorios  von  Nazianz 
erwähnt  wurde  (s.  §  54).  Niketas  war  zuerst  Diakon  an  der  Hagia  Sophia 
in  Konstantinopel;  später  wurde  er  Bischof  von  Serrae  in  Makedonien  und 
endlich  Metropolit  von  Heraklea  in  Thrakien;  seine  Blütezeit  fällt  in  das 
letzte  Drittel  des  11.  Jahrhunderts.  Unter  seinem  Namen  gehen  umfang- 


')  VgL  meine  früheren  Andeutungen  in 
der  Rom.  Quartalschrift  5  (1891)  231.  —  Vgl. 
loch    Field,  Hexaplorum   quae  anpersunt, 


1  (Oxford  1875)  S.  C  f.  (die  Anbringung  von 
Scholien  durch  Eusebios). 


212  BysantiniBche  Litteratnrgeschichi«    I.  Prosaiaohe  Litteratnr. 

reiche  Katenen  zu  den  Psalmen,  zu  Job,  zu  den  vier  grossen  Prophel 
zu  den  Evangelien  von  Matthaeus,  Lukas  und  Johannes  und  zu  den  Pauli 
briefen.  Davon  liegen  die  Katenen  zu  Job,  Matthaeus,  dem  1.  Eorinth< 
brief,  ein  Auszug  aus  der  Eatene  zu  Lukas  und  die  Einleitung  zur  Psalm< 
katene  im  Drucke  vor.  Dass  er  auch  Katenen  zum  Pentateuch,  zum  Hohei 
lied,  zum  Prediger  und  zum  Matthaeusevangelium  schrieb,  ist  behaupt 
worden,  lässt  sich  aber  aus  Hsskatalogen  nicht  nachweisen.  Sein  Nachli 
umfasst  noch  einige  profane  Stücke  (vgl.  Krumbacher).  Des  NiketasEatei 
sind  von  Th.  E.  Pusey,  Th.  Zahn,  Pitra  und  besonders  von  A.  Mai  als  wal 
Goldgruben  benutzt  worden;  eine  Untersuchung  über  die  Katenen  seil 
fehlt  aber  ganz.  Doch  hat  Th.  Zahn  festgestellt,  dass  Niketas  die  v< 
schiedenartigsten  Quellen  benützte  und  die  Exzerpte  durch  stilistische  Ali| 
änderungen  am  Anfang  derselben  in  einen  gewissen  Zusammenhang 
einander  zu  bringen  suchte.  Die  Katenen  des  Niketas  wurden  vielff 
gekürzt  und  umgearbeitet,  und  manche  der  anonymen  Katenen  mög< 
auf  sie  zurückgehen.  Die  mit  dem  Namen  des  Niketas  versehenen  und  ii 
ihrer  ursprünglichen  Gestalt  vorliegenden  Katenen  bilden  daher  ein< 
festen  Anlialtspunkt,  von  dem  die  Erforschung  der  Katenen  vorwärts  ui 
rückwärts  schreiten  kann.  Der  nächste  Katenenschreiber  ist  Nikolaoi 
Muzalon,  der  schon  früher  genannte  Zeitgenosse  des  Nikolaos  von  M< 
thone  (s.  §  22).  Er  war  zuerst  Erzbischof  von  Cypern,  entsagte  aber  di< 
Würde  und  zog  sich  in  das  Kloster  Kosmidion  zurück,  bis  er  auf  des 
Patriarchalstuhl  von  Konstantinopel  erhoben  wurde  (1147 — 1151).  Wil| 
besitzen  von  ihm  eine  grosse  Katene  zu  Jesaias,  von  der  nur  die  Einlefe^ 
tung  gedruckt  ist,  und  die  mit  dem  Jesaiaskommentar  von  Prokopios  ooH 
wie  der  entsprechenden  Katene  des  Niketas  von  Heraklea  verglicht 
werden  müsste.  Hier  ist  auch  Neophytos  Enkleistos,  der  Zeitgenosse 
des  Eustathios  von  Thessalonike  und  des  Michael  Akominatos  im  12.  Jahr- 
hundert, zu  nennen.  Er  verfasste  eine  unedierte  Katene  zum  Hohenlied, 
deren  Prolog  kritisches  Verständnis  verrät.  Darnach  mag  auch  sein 
Psalmenkommentar  (s.  §  79  Anm.  3)  eher  eine  Katene  sein.  Im  13.  Jahr- 
hundert schrieb  der  Protostrator  Michael  Dukas  Glabas  eine  exege- 
tische Katene,  die  Manuel  Philes^)  in  einem  seiner  Gedichte  beschreibt 
unter  Angabe  der  darin  zitierten  alten  Kommentatoren.  Sie  scheint  ver- 
loren zu  sein. 

Der  letzte  bekannte  Katenenschreiber  ist  Makarios  Chryso- 
kephalos,  Metropolit  von  Philadelphia  um  die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts. 
Er  nahm  Anteil  an  dem  Hesychastenstreit  und  unterschrieb  als  „T/r^^ri/uo^  xäl 
i^ccQxog  ndarfi  Av6(aq  xal  xad-olixog  xQiTjjg  rm*  ^Pwfiaiior'^  das  Yerdammungs- 
urteil,  das  auf  der  Synode  von  1351  gegen  Barlaam  und  Akindynos  aus- 
gesprochen wurde.  Er  verfasste  3  Katenen  zur  Genesis,  zum  Matthaeus^ 
und  zum  Lukasevangelium.  Die  erste  zerfiel  nach  seinen  eigenen  Angaben 
in  zwei  Teile,  die  er  Koafioyeveia  und  üatQidQxai  betitelte;  wir  kennen 
keine  Hs  derselben.  Sehr  gross  angelegt  ist  die  Katene  zum  Matthaeus- 
evangelium.  Nach  der  gedruckten  Vorrede  ist  sie  in  drei  Bücher  eingeteilt, 


')  Ed.  E.  Miller,  2,  230-33. 


1.  Theologie.    F.  Eatenen.    (§  93)  213 

wovon  jedes  20  Traktate  umfasst.    In  der  Eatene  zum  Lukasevangelium 
behandelte  er  nur  die  diesem  eigentümlichen  Partien,  teilte  sie  in  24  Trak- 
tate   ein  und  nannte   sie,   weil  jeder    Traktat   mit   einem  fortlaufenden 
Buchstaben  des  Alphabetes  begann,  Meyalrj  Uk^dßrjrog.  Neben  mehreren  alt- 
christlichen  Schriftstellern  wie  Ignatiosvon  Antioehien,  Justinos  demMärtjrrer, 
Irenaeos,  Hippolytos,  Gregorios  Thaumaturgos  und  den  grossen  Exegeten 
des  4.  und  5.  Jahrhunderts,  sind  in  den  Katenen  des  Makarios  auch  spätere 
Theologen,   wie  Johannes  Klimax,  Eosmas  Indikopleustes,  Maximos  Gon- 
fessor,  Niketas  (David?),  Symeon  Metaphrastes,  Michael  Psellos  und  Theo- 
phylaktos  vertreten.    Er  zog  ausser  den  exegetischen  Kommentaren  auch 
die  polemischen  Schriften  der  Genannten   gegen  die  Heiden,   Juden  und 
Häretiker  heran  und  fügte  eigene  Bemerkungen  hinzu,    die   er  mit  seiner 
Namenssigle  versah.   Nach  seinen  Vorreden  ist  die  Ansicht  begründet,  dass 
er  auf  die  Schriften,  aus   denen   er  Auszüge  gibt,   selbst  zurückging.  — 
Über  sein  Florilegium  vgl.  Krumbacher. 

Eine  vollständige  Kenntnis  der  exegetischen  Katenenlitteratur  erfordert 
auch  die  Erforschung  der  syrischen  und  anderen  orientalischen  Ka- 
tenen. Die  aus  dem  7. — 8.  Jahrhundert  stammenden  Hss  der  syrisch- 
hexaplarischen  Bibelübersetzung  in  Mailand,  Paris  und  London  enthalten 
eine  noch  nicht  untersuchte  Katene.  Als  syrische  Katenenschreiber  sind 
Severos  von  Edessa  (um  861)  und  Dionysios  Bar-Salibi  (f  1171)  bekannt; 
die  meisten  syrischen  Katenen  sind  aber  auch  anonym.  Paul  de  Lagarde 
hat  Fragmente  einer  Katene  zu  den  Evangelien  in  koptischer  Sprache  publi- 
ziert Von  geringerem  Belang  sind  die  lateinischen  Katenen,  deren  erste  von 
Primasius,  Bischof  von  Hadrumetum,  im  6.  Jahrhundert  angelegt  wurde.  Sie 
gibt  nur  Auszüge  aus  lateinischen  Kirchenschriftstellem.  Die  bekannteste 
aus  der  späteren  Zeit  ist  die  Gatena  aurea  des  Thomas  von  Aquino  zu  den 
vier  Evangelien,  welche  zahlreiche  Exzerpte  aus  griechischen  Kirchen- 
vätern enthält. 

1.    Ausgaben   anonymer  Katenen:  Zur  Genesis  und  zur  Exodus,   ed.   AI. 

Lippomanns,  2  Bde,  Paris  1546  u.  1550  (lateinisch;  in  beiden  benutzte  Lippomanus  grie- 

ebische  Katenen;  das  ganze  ist  aber   eine  von  ihm  selbst  verfasste  Kompilation  aus  grie- 

ciiiseheD  und  lateinischen,   alten  und  modernen  Schrifterklärem).   —   Zum   Pentateuch, 

ed.  Fr.  Zephyrus,  Florenz  1547;  abgedruckt  in  Köln  1597  (latein.  mit  einer  von  A.  Ga- 

rtffa  abersetzten  Katene  zu  den  Oden  des  A.  n.  N.  T.).  —  Zum  Octateuch  und  den  Bttchem 

der  Könige,   ed.  Nikephoros  hieromonachos,  2  Bde,  Leipzig  1772  (Gatena  Lipsiensis; 

benotzt  sind  2  Katenen  aus  Kpel,  cod  Monac.  358  und  Väterausgaben,  s.  §  47).  —  Zu  den 

Psalmen,  ed.  Dan.  Barbarus,  Venedig  1569   (latein.   Uebersetzung    einer  griechischen 

Katene;  umfasst  nur  die  50  ersten  Psalmen.    Die  übrigen  Psalmen   sollten  2  andere  Bde 

ftülen;   das  Ms  derselben  kam  an  Fr.  Barbarus).  ed.  B.  Gorderius,   3  Bde,   Antwerpen 

1643  (benfitzt  sind  5  Wiener  und  2  Münchener  Hss,  ausserdem  ein  anonymer  Kommentar 

in  einer  Wiener  Hs,   den  Gorderius  für  den   Kommentar  des  Theodoros  von  Heraklea 

liAlt).  —  Zu  den  Sprüchen,  ed.  Th.  Peltanus,  Antwerpen  1606  (latein.;  nach  des  Peltanus 

Tod  herausgegeben  wahrscheinlich  von  Hier.  Verdussius  junior,  der  die  Widmung  an  Joh. 

Miraeos,  den  Bischof  von  Antwerpen,  schrieb.   Damach  benutzte  Peltanus  besonders  einen 

cod.  Monac    Eine   2.  Ausgabe   der  Uebersetzung  von   Peltanus  besorgte  And.  Schott, 

Antwerpen  1614).  —  Zu  dem  Bohenliede,  ed.  Johannes  Meursius,  Leiden  1617,  als 

Kommentar  des  Eusebios  von  Kftsarea.     Vgl.  Th.  Zahn,  Forschungen  zur  Geschichte  des 

neutestam.  Kanons  und  der  altchristl.   Litteratur  2  (Erlangen  1883)  238  —56.    Nach  Zahn 

wire  diese  Katene  eine  der  ältesten ;  seine  Untersuchung  ist  aber  nicht  abschliessend,  weil 

ihr  die  handschriftliche  Grundlage  fehlt.  —  Zu  Jeremias,  ed.  Ghislerius,  3  Bde,  Lyon 

1623  (mit  Threni  und  Baruch).   Nur  ein  Teil  der  Erklärungen  ist  3  vatikanischen  Katenen, 

einer  noch  reicheren  aus  der  Bibliothek  des  Kardinals  Sforza  und  einer  Hs  aus  der  Biblio- 


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214  BysantiniBche  Litteratnrgeschiohte.    I.  Prosaische  Litteratnr. 

theca  Altaempsiana  entnommen.  —  Zu  Ezecbiel,  edd.  Hier.  Pradus  et  J.  B.  Villal 
p  and  US,  3  Bde,  Rom  1596.  In  dieser  Kompilation  der  beiden  Herausgeber  aus  hebräiscte 
(nach  einer  römischen  Gatena  hebraica),  lateinischen  und  griechischen  Exegeten  ist  ein 
Katene  aus  der  Bibliothek  des  Kardinals  Sforza  benutzt,  die  mit  einer  Vatikanischen  id«a 
tisch  sein  soll.  Die  Auszüge  aus  der  Katene  sind  bloss  lateinisch  wiedergegeben.  —  Zov 
Matthaeusevangelium,  edd.  B.  Gorderius  u.  Petr.  Possinus,  Symbolae  graeooi 
Patrum  1.  Bd  (hrsg.  von  P.  Possinus),  Toulouse  1646  (Wiedergabe  einer  Katene  aus  dl 
Bibliothek  des  Erzbischofes  von  Toulouse  Gh.  de  Montchal  mit  Ausnahme  der  Vorrede  dlj 
Niketas  von  Heraklea,  die  aus  cod.  Monac.  86  entnommen  wurde;  vgl.  unten).  —  Zoi 
Markusevangelium,  ed.  Petr.  Possinus,  Rom  1673  (besteht  aus  der  Vereinigung  vm 
3  Katenen  aus  der  Bibliothek  des  Erzbischofs  Gh.  de  Montchal,  aus  einer  deutscmen  (col 
Monac?)  und  aus  der  Vatikanischen  Bibliothek).  —  Zum  Lukasevangelium,  ed.  B.  Gor 
derius,  Antwerpen  1628  (latein.  aus  einem  cod.  Marcianus.  Gorderius  fQgt  SupplemenAl 
aus  griechischen  und  lateinischen  Exegeten  hinzu,  die  er  aber  vom  Texte  der  Kateoi 
äusserlich  unterschied).  Die  Katene  nennt  auch  Symeon  Metaphrastes  und  (Johanneef 
Geometres.  —  Eine  andere  Katene,  die  mit  Unrecht  Titos  von  Öostra  zugeschrieben  wix% 
ed.  Th.  Peltanus,  Ingolstadt  1580  (latein.):  griech.  ed.  pr.  <Fronto  Ducaeus>,  Bil| 
veter.  Patr.  graecolat.  2  (Paris  1624)  762—836;  abgedruckt  in  der  Magna  bibl.  vet.  Patm 
13  (Paris  1644)  762—836.  —  Zum  Johannesevangelium,  ed.  B.  Gorderius,  All 
werpen  1630  (nach  einer  Hs  des  Kardinals  Nikolaus  von  Gusa,  die  jetzt  verschollen  ist.)  — Ein 
Sammlung  von  Katenen  zum  Neuen  Testamente  ed.  J.  A.  Gramer,  8  Bde,  Oxfori 
1840—44.  Ausser  Katenen  zu  den  einzelnen  4  Evangelien  (Bd  1 — 2),  die  von  den  frQbM 
gedruckten  verschieden  sind,  enthält  sie  die  ersten  Drucke  von  Katenen  zur  Apostel 
geschichte  (Bd  3,  aus  cod.  Oxon.  Golleg.  novi  58  s.  13  u.  cod.  Goislin.  25  s.  10;  vgl.  Änm.  3),  si 
den  Paulinen  (Bd  4—7  nach  verschiedenen,  von  Gramer  angegebenen  Hss;  eine  Katene  zu 
Römerbrief  hatte  Job.  Lonicerus,  Basel  1628,  lateinisch  ediert),  endlich  zu  den  katho 
lischen  Briefen  (Bd  8,  mit  Einschluss  der  Kommentare  des  Oekumenios  und  Arethas  n 
Apokalypse).  —  Alle  diese  Ausgaben,  diejenigen  von  Gramer  nicht  ausgenommen,  bietei 
keinen  sicheren  Ausgangspunkt  för  die  Erforschung  des  gesamten  exegetischen  Katenen 
bestandes.  Die  Herausgeber  warfen  in  der  Regel  Katenen  verschiedener  Typen  durch 
einander,  um  grossere  Kompilationen  zu  erreichen,  und,  wo  nur  eine  Katenenns  wiedef 
gegeben  ist,  entschied  der  Zufall,  nicht  die  Güte  der  Hs,  über  die  Grundlage  der  Ausgabe 

2.  Hilfsmittel:  Die  ältere  Litteratur  ist  ziemlich  belanglos  gegenüber  der  Aufgabe 
welche  die  Erforschung  der  Katenen  bedeutet.  Wir  verweisen  auf  R.  Simon,  Histoir 
critique  des  principaux  commentateurs  du  Nouveau  Testament,  Paris  1693  S.  422  ff.,  Jol 
Ghr.  Wolf,  De  catenis  graecor.  Patrum  iisquepotissimum  mss,  Wittenberg  1712  (z.  T.  ab 
gedruckt  bei  J.  A.  Gramer,  Gatenae  in  Nov.  Testament.  1  S.  V  ff.),  J.  Ghr.  Wolf,  Aneod 
gr.  3,  92— 194;  4,  1 — 113  (Exzerpte  aus  den  Katenen  zur  Äpostelgesch.  und  zu  den  katho 
lischen  Briefen  nach  dem  cod.  Oxon.  Golleg.  novi  58,  der  von  Gramer  ganz  ediert  wurde) 

—  J.  A.  NOsselt,  De  catenis  graecor.  Patrum  in  Nov.  Testam.  observationes,  Halle  176i 

—  Eine  gute  Uebersicht  über  die  gedruckten  Katenen  unter  Angabe  von  Hss  gibt  Fabriciue 
Bibl.  gr.  8,  639—700.  Vgl.  auch  J.  G.  Welch,  Biblioth.  patristica,  2.  Aufl.  besorgt  voi 
Danz,  Jena  1834  S.  247-254,  und  den  allerdings  ungenügend  orientierenden  Artikel  voi 
0.  Fr.  Fritzsche,  Realencyklopädie  für  prot.  TTieol.  4*,  449—453.  —  Listen  von  vati 
kanischen  Katenen  finden  sich  bei  Pitra,  Anal,  sacra  2,  350  ff.,  359  ff.,  405  ff.  —  Es 
Verzeichnis  von  Katenen  in  den  Biblioth.  von  Mailand,  Verona  und  Venedig  gab  H.  i 
Redpath,  The  Academy,  Octobr.  1892  S.  362 — 64.  —  Die  umfangreichste  Liste  von  Katen« 
ist  zusammengestellt  von  Preuschen  bei  A.  Harnack,  Geschichte  der  altchristlichei 
Litteratur  1  (Leipzig  1893)  835-842.  Der  Mangel  an  Raum  verbietet  uns,  diese  Liste  hie 
fortzuführen.  Notiert  seien  nur:  God.  Marchalianus  (Vatican.  2125  s.  6—7),  phototynio 
editus  curante  J.  Gozza-Luzi,  Rom  1890.  Die  oben  angezogenen  Unterschriften  stehe! 
auf  den  pag.  171  f.  u.  568.  Scholien  stehen  öfters  am  Rand  und  scheinen  nicht  von  de 
ersten  Hand  herzurühren;  ausserdem  läuft  den  ganzen  Godex  hindurch  rund  um  den  Rani 
eine  Katene,  die  im  13. — 14.  Jahrhundert  hineingeschrieben  wurde.  Ein  solcher  katenen 
artiger  Kommentar  wurde  etwa  im  13.  Jahrhundert  auch  in  dem  Godex  B  (Vatican.  120S 
angebracht.  —  God.  Ev.  H  s.  8  in  London  enthält  eine  reichhaltige  Katene  zu  Lukas  an 
Origenes,  Ghrysostomos,  Kyrillos  u.  a.  Vgl.  Tregelles,  Godex  Zacynthius,  London  186] 
G.  R.  Gregory,  Prolegomena  1,  406  ff.  —  God.  Ev.  X  bibl.  univers.  Monac.  s.  9  enthäl 
auch  eine  Katene;  vgl.  G.  R.  Gregory  a.  a.  0.  S.  397  f.  —  God.  Taurin.  342  saec.  8  biete 
eine  eigenartige  Katene  zu  den  Psalmen,  worin  neben  Basilios,  Gregorios  von  Nyssi 
Johannes  Ghrysostomos,  Germanos  von  Kpel,  Modestos  und  Hesyohios  von  Jemsaleii 
Öfters  auch  der  griechische  Hieronymos  vorkommt.  —  Für  die  neutestamentliohen  Katene 
vgL  auch  G.  R.  Gregory,  Prolegomena  zu  Tischendorf,  Novum  Testamentum  graeo 
ed.  8,  3,  1—3  (Leipzig  1884—94),  der  die  Gegenwart  von  Katenen  in  den  von  ihm  bf 


1.  Theologie.    F.  Katenen.    (§93)  215 

sebriebenen  Haa  angibt.  —  Benatzt  worden  die  Eatenen  zur  Herausgabe  neuer  Fragmente 
der  Kirchen vftter  besonders  von  A.  Mai  und  J.  B.  Pitra,  in  deren  Publikationen  oft  Hin- 
weise auf  Katenen  stehen.  Neben  ihnen  sind  als  Benutzer  von  Katenen  zu  nennen 
Th.  Zahn  (f&r  Klemens  von  Alexandrien),  Bonwetsch  (für  Methodios  von  Olympos), 
J.  Rendel  Harris  und  P.  Wendland  (für  Philo  von  Alexandrien),  A.  Papadopulos 
Keramens,  A.  Thenn  (fOr  Origenes),  A.  £.  Brooke  (fOr  Origenes  und  Herakleon), 
H.  Achelis  (fOr  Hippolvtos  von  Rom)  u.  a.  —  P.  Wendland,  Neu  entdeckte  Fragmente 
Philoe,  Berlin  1891  (in  der  Vorrede),  L.  tohn,  Jahrb.  f.  protest.  Theol.  18  (1892)  474  ff., 
Drftseke,  Zeitschr.  f.  wiss.  Theol.  35  (1892)  376  ff.,  Loofs,  Studien  über  die  dem  Jobannes 
y.  Damask.  zugeschrieb.  Parallelen ,  Leipzig  1 892,  PreuschenbeiA.  Harnaok,  Geschichte 
der  altchnstl.  Litteratur  1  (Leipzig  1893)  835  u.  a.  haben  in  jQ^gster  Zeit  auf  die  Not- 
wendigkeit der  Erforschung  der  Katenen  und  der  christiiohen  Florilegien  mit  Nachdruck 
hingewiesen. 

3.  Fflr  den  Presbyter  Andreas  kommen  folgende  Hss  in  Betracht:  Codd.  Coisl. 
25  saec.  10  (Katene  zur  Apostelgescb.  und  zu  den  kathol.  Briefen),  Vindob.  theol.  26  a. 
1236  (zu  den  Sprficben  und  zu  Jesaias),  Monac.  32  s.  16  fol.  1—87  (zu  den  Sprüchen), 
Vatican.  Ottobon.  7  und  Monac.  38  fol.  224—305^  (zu  Jesaias).  Diese  Katene  war  in  drei 
Bflcher  eingeteilt,  von  denen  in  dem  cod.  Monac.  38  das  erste  vorliegt.  —  Da  cod.  Coisl.  25 
identisch  ist  mit  dem  cod.  Oxon.  Colleg.  novi  58  saec.  13,  aus  dem  Gramer  seine  Katenen 
zur  Apostelgescb.  und  zu  den  kathol.  Briefen  anonym  herausgab,  so  haben  wir,  nlüiere 
Untersuchung  vorbehalten,  in  diesen  Drucken  die  Katenen  des  Andreas  zu  erblicken. 

4.  Den  Prolog  des  Johannes  Drungarios  zur  Jesäiaskatene  ed.  pr.  Montfauoon, 
Collectio  nova  Patr.  2  (Paris  1706)  350;  abgedruckt  von  Fabricius,  Bibl.  gr.  8,  663  f. 
Da  dieser  Prolog  auch  in  dem  cod.  Vindob.  theol.  26  geboten  wird  (s.  Anm.  3),  so  erhebt 
sich  die  Frage,  in  welchem  Verhältnis  Johannes  Drungarios  und  der  Presbyter  Andreas 
ab  Katenenschreiber  zu  einander  stehen. 

5.  Von  den  Katenen  des  Niketas  von  Serrae  oder  Heraklea  sind  folgende  gedruckt: 

1.  Catena  in  Job  lat  ed.  PauL  Gomitolus,  Lyon  1585;  2.  Aufl.,  Venedig  1587  (nach  Hss 
des  Cardinais  Caraffa,  des  Jo.  Vinc.  Pinellus  u.  a.).  Gomitolus  sah  Olympiodor  als  den 
Verfasser  an.  —  Den  griech.  Text  ed.  pr.  Patr.  Junius,  London  1637.  Dieser  Text  ist 
nicht  dem  cod.  Alexandr.  saec.  5  entnommen  (so  Fabricius  und  nach  ihm  £.  Preuschen!), 
sondern  Junius  liess  auf  die  Katene  den  Text  des  Job  aus  dieser  Hs  folgen.  Abgedruckt 
bei  Migne,  Patr.  gr.  93,  13—470  (unter  dem  Namen  des  Olympiodoros).  —  Hss:  Paris. 
SuppL  gr.  153  s.  12  foll.  404,  Vindob.  theol.  gr.  231  foll.  241,  Taurin.  22  a.  1562  foll.  285, 
Bonon.  bibl.  comm.  A  I  2.  —  Eine  viel  filtere  Katene  zu  Job  steht  in  den  codd.  Vatican. 
749  saec  8,  Patmens.  171  s.  7 — 8  u.  in  manchen  anderen  Hss.  —  2,  Gatena  in  Matthaeum, 
ed.  B.  Gorderius,  Symbolae  graecor.  Patrum  in  Matth.  2,  Toulouse  1647  (aus  cod.  Monac.  36, 
aber  ohne  die  hier  ebbende  Vorrede).  —  3.  Die  Katene  zum  1.  Korintherbrief  ed.  J.  Lami, 
Deh'ciae  emditorum,  4  (Florenz  1738)  1 — 68  ans  cod.  Laur.  9,  10.  Ein  Vergleich  mit  dem  Kom- 
mentar des  Oekumenios  zeigt,  dass  dieser  Kommentar  in  jener  Katene  ausgiebig  benutzt  wurde. 

—  ün ediert  sind:  i.  Die  grosse  Katene  zum  Lukasevangelium,  die  in  4  Bücher  ein- 
geteilt ist.  A.  Mai,  Scriptor.  veter.  nova  coli.  9,  626—724  gibt  mehrere  Proben  und 
die  liste  der  darin  genannten  Autoren  und  entnahm  ihr  viele  seiner  unedierten  Väter- 
fragmente. Sie  liegt  vor  z.  B.  in  folgenden  Hss:  Godd.  Vatican.  1611,  Monac.  473  s.  13 
(das  2.  Buch),  Goiol.  201  s.  15  fol.  3—605,  und  in  anderen  anonymen  Hss.  —  Die  von 
B.  Gorderius  edierte  anonyme  Lukaskatene  soll  ein  Auszug  aus   dieser  Katene  sein.  — 

2.  Die  Katene  zum  Johannesevangelium,  z.  B.  in  codd.  Taurin.  4  a.  1214  (auch  zu  Matth.), 
Paris.  Snppl.  gr.  159  s.  14  fol.  57—406,  Patmens.  203  saec.  13,  Monac.  37  s.  16  u.  427  s. 
11—12  nur  bis  Kapitel  8,  14.  Vgl.  zu  den  2  letzten  Hss  A.  E.  Brooke,  Texts  and  studies 
1.  4  (Cambridge  lo91)  19-30  (über  2  Origenesfragmente  aus  denselben,)  und  Bratke, 
Die  vomicftnischen  Kirchenväter  in  der  ungedruckten  Katene  des  Nicetas  zum  Evangelium 
Johannis,  Theolog.  Stud.  u.  Kritiken  1895,  361 — 372  (bespricht  besonders  Origenesfragmente, 
wie  sie  in  den  codd.  Monac.  37  u.  427  vorliegen.  Beide  Hss  sind  für  die  Textftberliefe- 
nmg  des  Niketas  interessant;  cod.  37  zerlegt  manchmal  einen  einheitlichen  Text  des 
rod.  427  und  gibt  dafür  zwei  verschiedene  Autoren  an,  auch  fehlen  in  cod.  37  manche 
Texte,  die  cod.  427  bietet,   während   er  die  Namen  anonymer  Texte  des  cod.  427  angibt. 

—  Vgl.  auch  P  h.  E.  P  u  s  e  y ,  Gyrilli  Alexandr.  comment.  in  Johannis  evangelium, 
1  (Oxford  1872)  VIII  f.;  2,  243  (fOr  eine  Moskauer  und  Pariser  Hss).  —  3.  Die  Katene  zu 
den  Panlusbriefen  steht  z.  B.  in  den  codd.  Ambros.  E  2  inf.,  A.  241  inf.  (zum  Hebräerbrief), 
Laorent.  9, 10;  vgL  oben.  —  4,  Die  Katene  zu  den  Psalmen  findet  sich  z.B.  in  den  codd. 
CoisL  190  s.  UfoU.  259  (Ps.  80-150),  Vatic.  Palat.  247  s.  12  (daraus  hat  J.  B.  Pitra, 
Analecta  sacra  et  classica  5  (Rom  1888)  3—20  Exzerpte  aus  Athanasios,  75—103  aus 
Basilios  geschöpft),  Taurin.  7  s.  13,  Mosq.  Synod.  198  saec.  13  n.  a.  Die  Einleitung  zu 
dieser  Katene  steht  nach  A.  Mai  bei  Migne,  Patr.  gr.  69,  700—715.   —   5.  Eine  Katene 


216  ByzantiniBche  Litteratargeachichte.    I«  Proaaiaohe  Litteratnr« 

za  den  4  grossen  Propheten  wird  in  dem  cod.  Laurent.  5,  9  saec.  11  Niketaa,  allerdin^ 
ohne  nähere  Bezeichnung,  zugeeignet.  —  Ueber  Niketas  im  allgemeinen  vgl.  G.  Oudin 
Gomm.  de  Script,  eccl.  2,  714  ff.,  Fabricius,  Bibl.  gr.  7,  750-52. 

6.  Der  Prolog  zu  der  Jesaiaskatene   des  Patriarchen   Nikolaos   Muzalon   istge^j 
druckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  106,  1060  f.  Er  verbreitet  sich  über  die  Gründe  der  U 
heit  der  hl.  Schrift.    —   Die   Katene   selbst  steht  z.  B.  in  den  codd.  Laurent.  5,  8  s.  l 
(bis  Kapitel  17),  Bodl.  Ganonic.   59  s.  16,  Monac.,14  s.  16  foll.  460  (bis  Kapitel  16,  14). 

7.  Die  Neophytos  Enkleistos  zugeschriebene  Katene  zum  Hohenlied  steht  z.  B, 
in  den   codd.  Mutin.  155  s.  15,  Matrit.  0  18  a.  1556  u.  0  63  s.  16,  Monac.  131  s.  16 
72—168^.  —  Nach  Ausweis  des  cod.  Mon  ac.  369  ist  sie  mit  der  Prokopios  von  Gaza  za- 
geschriebenen  Katene  nahezu  identisch. 

8.  Die  Vorreden  der  Katenen  des   Makarios  Ghrysokephalos   ed.  pr.  Jo.  Ghr« 
Wolf,  De  catenis  graecor.  Patr.  S.  24  ff.;   abgedruckt  bei  Fabricius,   BibL  gr.  8,  677  f.,. 
682  f.  und  bei  Migne,  Patr.  gr.  150,  240  ff.  —  Die  Katene  zum  Matthäusevangelinm  steht 
in  den  codd.  Bodl.  Barocc.  156  a.  1345  (das  1.  Buch,  vgl.  Wolf  a.  a.  0.  S.  25  ff.),  Patmena.' 
381  s.  1349  (enthält  das  2.  Buch  von  Matth.  8,  5—17,  13;  vgl.  Robinson,   The  claasicdf' 
review  1887,  281),  Paris.  Suppl.  gr.  28  s.  15  (Fragmente).   —  Die  Katene  zu  Lukas  liegt 
vor  in  den  codd.  Vatican.  1437  u.  1610,   Bodl.    Barocc.  211  s.  15  foll.  233  (16  Aoym,  v^: 
Wolf  a.  a.  0.  S.  30  ff.),  Taurin.  101  s.  16  foll.  191  (unvollständig),  Sinait.  314  s.  17-ia  ' 
foll.  246.  —  Eine  Evxv  ^^^  imdgofÄrjs  i&yvSy  bei  Migne,  Patr.  gr.  150,  237—240.  —  Eina'^ 
Expositio  in  canones  Apostolor.  et  conciL  erwähnt  L.  Allatius,  Gontra  Greyghtonem  S.  680.' 
—  VgL  Villoison,  Anecd.  gr.  2,  5  ff. 

9.  Die  syrische  Katene  des  Severus  von  Edessa  befindet  sich  in  dem  cod.  syriac 
853  des  British  Museum,  die  von  Dionysios  Bar-Salibi  in  cod.  Rieh.  7184.  Wright,  Gata* 
logue  of  the  syriac  mss  etc ,  erwähnt  noch  einige  andere  S3msche  Katenen  (codd.  syr.  852, 
855,  cod.  carsh.  1).  —  Der  cod.  Bodl.  carsh.  143  enthält  Fragmente  einer  Katene.  —  Be- 
nutzt wurden  die  syrischen  Katenen  von  Gureton,  Martin  (für  Pitra,  Analecta  sacra 
Bd  4),  de  Lagarde,  Gowper  u.  a.,  doch  vornehmlich  nur  für  die  älteren  Kirchenschrift* 
steller  und  ohne  systematische  Durchführung.  —  De  Lagarde,  Gatenae  in  evangelia 
aegyptiacae  quae  supersunt,  Göttingen  1886.  —  Für  einen  arabischen  Kommentar  zur  Genesis» 
in  dem  griechische  Exegeten  zitiert  werden,  vgl.  P.  de  Lagarde,  Materialien  zur  Kritik 
und  Geschichte  des  Pentateuchs  1 — 2,  Leipzig  1867.  —  Die  Gatena  aurea  des  Thomas  v. 
Aquino  ed.  u.  a.  J.  Nicolai,  neue  Ausgabe,  Paris  1869,  3  Bde. 

94.  Asketische  Katenen  oder  christliche  Florilegien  sind  Samm- 
lungen von  Aussprüchen  aus  der  hl.  Schrift  und  den  Kirchenschriftstellern 
über  Tugenden  und  Laster,  Pflichten  und  Übungen  des  reUgiösen  Lebens. 
Sie  bilden  das  Seitenstück  zu  den  asketischen  Abhandlungen  und  stehen 
zur  asketischen  Litteratur  in  demselben  Verhältnisse  wie  die  Ketten- 
kommentare zur  exegetischen;  nur  sind  sie  weit  weniger  zahlreich.  Die 
einfachsten  Florilegien  sind  diejenigen,  welche  sich  auf  einen  Autor  be- 
schränken und  dessen  zerstreute  Aussprüche  über  moralische  Vorwürfe 
sammeln.  Gregor  von  Nazianz,  Basilios  d.  Gr.  und  besonders  Johannes 
Chrysostomos  wurden  bei  der  Herstellung  solcher  Katenen  bevorzugt.  Sie 
lassen  sieb  bis  in  das  10.  Jahrhundert  zurückverfolgen  und  sind  meistens 
anonym.  Viel  älter  ist  ein  weit  angelegtes  christliches  Florilegium,  das 
wahrscheinlich  im  6.  Jahrhundert  entstand,  ursprünglich  in  3  Bücher  zer- 
fiel und  Td  IsQce  betitelt  war.  Das  erste  handelte  über  Gott  und  gött- 
liche Dinge,  das  zweite  über  den  Menschen,  das  dritte  über  Tugenden  und 
Laster.  Später  wurde  die  Dreiteilung  verlassen  und  das  Ganze  nach  Stich- 
wörtern in  alphabetisch  geordnete  Kapitel  oder  Tftloi  gebracht.  Die  be- 
kannteste Rezension  in  alphabetischer  Anordnung  ist  Td  tegd  naqdXkr^Xa 
betitelt  imd  wird  ohne  ersichtUchen  Grund  Johannes  von  Damaskos  zu- 
geschrieben. Diese  heiligen  Parallelen  sind  selbst  wieder  in  verschiedenen 
Rezensionen  handschriftlich  vorhanden,  und  von  den  zwei  ersten  ursprüng- 
Uchen  Büchern  sind  neuerdings  auch  Bearbeitungen  in  Hss  nachgewiesen 


t  Theologie.    F.  Eatenen.    (§94)  217 

worden.  Eine  Rezension  des  ursprünglichen  ersten  Buches  liegt  vor  in 
dem  Codex  Coislinianus  276  saec.  10.  Eine  Rezension  des  zweiten  hatte 
schon  früher  A.  Mai  auszugsweise  veröffentlicht  aus  dem  Codex  Vaticanus 
1553,  der  es  unter  dem  Titel:  Asovxiov  nQstsßvxsQov  xai  'loodvvov  ttav 
'IfQüiv  ßißKov  isvvsQov  enthält.  Loofs,  Wendland  und  Cohn  haben  unsere 
Kenntnis  des  »christlichen  Urflorilegiums*  in  neuester  Zeit  gefördert;  aber, 
wie  der  erste  selbst  bemerkt,  die  Zeit  für  abschliessende  Untersuchungen 
wird  erst  kommen,  wenn  die  Haupthandschriften  übersehbar  geworden 
sind.  Die  handschriftlichen  Forschungen  werden  sich  auch  über  die 
übrigen  christlichen  Florilegien  erstrecken  und  deren  Verhältnis  zu  den 
^Uqo,  naqalXr^Xa  feststellen  müssen.  Die  Erforschung  dieses  ganzen 
Litteraturzweiges  ist  auf  jeden  Fall  eine  der  vielen  wichtigen  Aufgaben, 
welche  die  byzantinische  Theologie  an  die  nächste  Zukunft  stellt. 

Eine  dritte  Gruppe  von  Florilegien  bringt  neben  Auszügen  aus  der 
hl.  Schrift  und  aus  den  Kirchenvätern  solche  aus  den  klassischen  Schrift- 
steilem. Inhaltlich  unterscheiden  sie  sich  von  den  christlichen  Florilegien 
nach  Art  der  hl.  Parallelen  durch  den  Wegfall  der  spezifisch  christlichen 
Ausführungen  und  die  Beschränkung  auf  das  Gebiet  der  allgemein  mensch- 
h'chen  Moral.  Eine  solche  Katene  ist  unter  dem  Namen  des  Maximos 
Confessor  gedruckt  und  trägt  den  soeben  bestimmten  Charakter  an  sich. 
Die  Autorschaft  des  Maximos  ist  aber  sehr  zweifelhaft  und  entbehrt  vor- 
läufig jeder  inneren  Begründung.  Von  den  Kirchenvätern  werden  Basilios, 
Gregor  von  Nazianz  und  Johannes  Chrysostomos  am  meisten  zitiert,  neben 
ihnen  eine  Reihe  von  älteren  Asketen.  Viel  zahlreicher,  aber  in  der 
Regel  viel  kürzer  sind  die  Auszüge  aus  den  klassischen  Schriftstellern. 
Verwandt  mit  dem  Florilegium  des  Maximos  sind  die  der  Mönche  Johannes 
Georgides  und  Antonios  und  andere  anonyme  Exzerptensammlungen  (vgl. 
Krumbacher).  Die  Forschung  wird  beide  Florilegienarten  berücksichtigen 
müssen,  um  das  Verhältnis  beider  und  deren  gegenseitige  Beeinflussung 
näher  zu  bestimmen. 

1.  Katenenartige  Sammlungen  von  ethischen  Aussprüchen  einzelner  Eirchenschrift- 
gteller  liegen  vor  in  folgenden  Hss:  1.  Aus  Johannes  Chrysostomos  in  den  oodd. 
Athoos  2127  8.  10  (in  100  Kapiteln),  Vaücan.  Palat.  377  s.  10—11  (in  82  HomUien),  Angelio. 
B  1.  8  8.  11»  Marcian.  119  s.  11  (in  32  Homil.),  Marcian.  120  s.  11  (in  5  Zenturien),  Oxon. 
Colleg.  novi  83  s.  11  (in  30  Homil.).  Paris.  1028  s.  13  (in  14  Homil.),  Paris.  1029  a.  1542  (in 
44  Homil.),  Paris.  1080  s.  16  (in  33  Homil.).  Vgl.  auch  g  77  aber  Theodoros  Daphnopates. 
—  2.  Aus  Basilios  d.  Grossen  in  den  codd.  Paris.  973  a.  1045  (in  24  Sermones;  ver- 
schieden von  der  Sammlung  des  Symeon  Metaphrastes),  Goisl.  114  s.  14  (in  22  Homil.), 
ValliceU.  F  57  a.  1475  (in  81  Homilien,  zusammen  mit  Johannes  Chrysostomos).  —  3.  Aus 
(vregor  von  Nazianz  in  dem  cod.  Mosq.  synod.  213  s.  12.  —  4,  Aus  Johannes  Klimax 
m  dem  cod.  Paris.  1140  A  s.  14  fol.  26—88. 

2.  Die  Johannes  von  Damaskos  zugeschriebenen  Sacra  Parallela  ed.  pr.  M.  Lequien, 
S.  Joannis  Damasc.  Opera  2  (Paris  1712)  274—790  aus  dem  cod.  Vatic.  1236  s.  15  (aus  dem 
eine  latein.  Uebersetzung  von  J.  Billius  1577  besorgt  worden  war)  mit  Proben  aus  dem 
cod.  Rupefucaldus  (jetzt  Berolin.  Phillipp.  1450);  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  95, 
1040  -1586,  96,  9—544.  —  Eine  filtere  Rezension  des  2.  Buches  der  ursprünglichen  'Uqa 
i*d.  pr.  Mai,  Script,  veter.  nova  coli.  1  (Rom  1825)  3,  43—90  u.  7  (Rom  1833)  74-109 
auszugsweise  aus  cod.  Vatic.  1553;  abgedruckt  bei  Migne,  Patr.  gr.  86,  2,  2016—2100. 
Loofs  hftlt  es  für  wahrscheinlich,  dass  Leontios  von  Byzanz  an  der  Abfassung  desselben 
beteiligt  war.  Dasselbe  Buch  als  untere  Schrift  in  dem  Palimpsestcodex  Vatic.  1456  s.  8 
ivgl.  P.  Batiffol,  L*abbaye  de  Rossano,  Paris  1891  S.  65),  bei  dem  die  weitere  Forschung 
für  das  2.  Buch  einsetzen  muss.  —  Hauptschrift:  F.  Loofs,  Studien  über  die  Johannes 
voo    Damaskos  zugeschriebenen  Parallelen,   Halle  1892  (S.  1-31   auch   separat  o.  d.  T. : 


218  Bysantinische  Litteratnrgesohiohte«    I«  Prosaisohe  Litterator. 

Ueber  die  ursprüngliche  Form  der  Sacra  Parallela,  Halle  1892).    Loofs  bespricht  die  bi»>| 
her    bekannt    gewordenen  Hss   der   Parallelen   (hinzuzufügen  ist  neben   dem  von  Loof 
nachträglich  genannten  cod.  Matrit.  0  5  noch  der  cod.  Ambros.  H  26  inf.)  und    erOrterll 
sodann  die  Quellen  und  Grundsätze  zur  Rekonstruktion  der  8  Bücher   der  'lega  mit  be- 
sonderer Berücksichtigung  der  codd.  Vatic.  1558  und  Coisl.  276.   —  Zu  denselben  Resal*^ 
taten  gelangte  L.  Cohn,  Zur  indirekten  üeberliefemng  Philos  und   der  älteren  Kirchen-' 
Väter,  Jahrb.  f.  prot.  Theol.  (18)  1892,  480—90.  Vgl.  dazu  P.  Wendland,  B.  Z.  1  (1892)- 
604—609,  Neu  entdeckte  Fragmente  Philos,  Berlin  1891  S.  18—20.  —  G.  Wachsmuth/ 
Studien  zu  den  griechischen  Florilegien,    Berlin   1882  S.  1—44  hatte  eine  genaue   Be- 
schreibung  des   cod.   Laurent.  8>  22   gegeben.   —  Vgl.  auch  J.  Rendel  Harris,   Frag- 
ments of  Philo  Judaeus,  Cambridge  1886  S.  VII — XXVII  (über  die  codd.  Rupefuc,  Paris. 
923  u.  Coisl.  20). 

8.  Noch  nicht  untersucht  sind  folgende  Hss,   die  christliche  Florilegien  enthalten: 
codd.  Paris.  924  s.  10  foll.  370  (Loci  communes  theologici  245  ex  SS.    Patmm  operibn« 
excerpti),  Taurin.  843  fol.  82 — 271  saec.   11—12  (wahrscheinlich   eine  selbständige,   nicht 
alphabetische  Rezension  der  Sacra  Parallela;   das  nämliche  Florilegium  steht  in  einer  Hi< 
in  Athen,  aus  der  J.  Sakkelion,  JeXxlov  2  (1885)  681—85  die  Ueberschriften  der  100  Ka- ' 

§itel  mitteilte),  Vatic.  Palat.  388  s.  13  fol.  1—39  (Apophthegmata  christiana  in  IL  3  distincta; 
as  1.  Buch  fehlt),  Paris.  1143  s.  13  fol.  1—210  (Collectanea  82  ascetica),  Bodl.  Barocc.  5 
s.  14  foL  1-158,  Paris.  901  saec.  14  foL  96-282''  (Excerpta  seu  sermones  14  e  SS.  Patri- 
bus  ad  mores  informandos  pertinentia),  Patmens.  56  saec.  14,  Paris.  1141  s.  15  fol.  1—63 
(Florilegium  de  virtutibus  et  vitiis  ex  scriptorib.  sacrls  et  ecclesiasticis  collectum),  Paria. 
1144  s.  15  foll.  227  (Collectanea  ex  scriptor.  eccl.  cap.  8—35),  Vatic.  Ottob.  436  a.  1485 
fol.  7-301\ 

4.  Zu  den  asketischen  Eatenen  ist  auch  das  Uy&oXoyiov  yytafxixoy  des  Elias  Ek* 
dikos  aus  Kreta  (aus  dem  12.  Jahrhundert)  zu  rechnen,  das  bei  Migne,  Patr.  gr.  127, 
1128—1148  unvollständig  ediert  ist.  Migne  ebenda  S.  1148—1176  gibt  140  Kegwhxim 
yytDürixä  von  demselben.  Hss:  Vatic.  Palat.  91  s.  13,  Escorial.  269  s.  14,  Paris.  362  n. 
858,  Vindob.  theol.  237  u.  284  u.  a.  (die  Anzahl  der  Kapitel  ist  in  den  einzelnen  Hss  ver- 
schieden). —  Für  die  * Jnofp^iyfJLvta  ayltoy  dBOffoqtav  Uaxigtoy  vgl.  §  84  Anm.  8. 

5.  Ueber  die  sacroprofanen  Florilegien  des  Maximos  Confessor,  Johannes  Georgidea 
Antonios  u.  a.  vgL  Krumbacher. 


2.  Geschichtschreiber  und  Chronisten. 

95.  Einteilimg.  Kein  Volk,  die  Chinesen  vielleicht  ausgenommen, 
besitzt  eine  so  reiche  historische  Litteratur  wie  die  Griechen.  In  ununter- 
brochener Reihenfolge  geht  die  Überlieferung  von  Herodot  bis  auf  Laonikos 
Chalkondyles.  Die  Griechen  und  Byzantiner  haben  die  Chronik  des  Ostens 
über  zwei  Jahrtausende  mit  gewissenhafter  Treue  fortgeführt.  Bei  allen 
Schwankungen,  die  sich  aus  der  Empfänglichkeit  und  dem  Vermögen  der 
Zeitalter,  aus  dem  Wechsel  der  Stoffe  und  der  individuellen  Fähigkeiten 
ergaben,  hat  sich  die  historische  Litteraturgattung  bei  den  Griechen  bis 
zur  Vernichtung  ihrer  nationalen  Selbständigkeit  durch  die  Osmanen  stets 
auf  einer  ansehnlichen  Höhe  behauptet. 

In  der  byzantinischen  Zeit  zerfallt  alle  Darstellung  geschichtlicher 
Ereignisse  in  zwei  stark  verschiedene  Gruppen:  in  Geschichtswerke 
im  antiken  Sinne  und  in  Chroniken.    Der  unterschied  beider  Gattungen 
erstreckt  sich   auf  Stoff  und  Form  und  demgemäss  auch  auf  das  voraus- 
gesetzte Publikum.     Die  Verfasser  der  Geschichtswerke,  die  wir  schlecht- 
hin als  Historiker  bezeichnen,  behandeln  einen  massigen,  von  ihnen  selbst 
erlebten  oder  ihrer  Zeit  kurz  vorausgehenden  Abschnitt  der  byzantinischen 
Geschichte;   sie   schreiben    also   Zeitgeschichte.     Zuweilen   ziehen   sie 
ihrem    Thema  auch  örtliche   Grenzen.     In   ihrer    Technik  und   Sprache 
folgen  sie  alten  Vorbildern  wie  Herodot,  Thukydides,  Polybios  oder  solchen 
Byzantinern,  die    sich  an   diesen    alten    Mustern  gebildet  haben.     Ihre 
Diktion  ist  daher,  wenn  sich  auch  nach  Zeit  und  Individuen  bedeutende 
Abweichungen  ergeben,  im  Prinzip  altertümlich  und  puristisch;  sie  streben 
nach  attischer  oder  wenigstens  hellenischer  Vollkommenheit.     Das  Publi- 
kum, für  welches  sie  schreiben,  ist  der  auserlesene  Kreis  der  Gebildeten, 
des  Hofes,  der  höheren  Geistlichkeit  und  Beamtenwelt,  ein  Kreis,  der  nach 
dem   allgemeinen  Stande   der  byzantinischen  Kultur   bald   grösser,   bald 
kleiner  wird. 

Neben  den  Historikern  stehen  die  Chronisten,  die,  wenn  sie  auch 
nicht  ausschliesslich  der  byzantinischen  Epoche  angehören,  doch  erst  in 
dieser  Zeit  zu  einer  grösseren  litterarischen  Bedeutung  gelangten.  Ihr 
Stoff  ist  die  Weltgeschichte,  die  sie  von  der  Schöpfung  bis  auf  ihre 
eigene  Zeit  oder  einen  kurz  vorhergehenden  Abschnitt  herunterführen;  mit 
Vorliebe  schliessen  sie  mit  der  Thronbesteigung  des  zu  ihrer  Zeit  re^e- 


220 


ByzantiniBohe  LitieratnrgeBchichte.    I.  Prosaiflohe  litteratiir. 


renden  Kaisers.  Sie  fassen  ihr  grosses  Thema  jedoch  nicht  im  Sinne 
einer  pragmatischen  Darstellung  der  für  alle  Zeit  bedeutsamen  Thaten, 
Ereignisse  und  Personen,  der  Aufklärung  des  inneren  Zusammenhanges  in 
der  Entwicklungsgeschichte  der  Menschheit;  ihre  Absicht  ist  vielmehr 
volksmässig,  spiessbürgerlich ;  sie  richtet  sich  auf  die  naive  Aufzählung 
einer  möglichst  ausgiebigen  Summe  von  geschichtlichen  Einzelheiten,  deren 
Kenntnis  dem  gemeinen  Verständnis  merkwürdig  erscheinen  mochte. 
Grosser  Wert  wird  auf  die  genaue  Beschreibung  der  körperlichen  und 
geistigen  Eigenschaften  hervorragender  Personen  gelegt,  eine  Eigentüm- 
lichkeit, deren  Ursprünge  teils  in  Werken  wie  Varros  Imagines,  teils  im 
griechischen  Romane  und  in  Schwindelbüchem  wie  Dares  und  Sisjrphos 
zu  suchen  sind.  Zuweilen  waren  die  volkstümlichen  Chroniken,  wie  die 
sogenannten  Excerpta  Barbara  und  eine  Zonarashandschrift  (Cod. 
Mutin.  m  D.  3  s.  14)  zeigen,  wirklich  illustriert.  Und  so  gehen  die  Be- 
schreibungen der  Kaiser  vielleicht  direkt  auf  eine  Bilderchronik  zurück, 
wie  ganz  ähnlich  H am za  von  Ispahan  seine  ausführlichen  Schilderungen 
der  Kostüme  der  säsänidischen  Grosskönige  dem  „Buche  der  Bildnisse''  ent- 
lehnt hat.  *)  Mit  besonderer  Aufmerksamkeit  werden  Teuerungen,  Seuchen, 
Kometen  und  sonstige  Wunderzeichen,  Erdbeben,  Bauten  und  die  Ange- 
legenheiten der  Rennbahn  behandelt.  Der  leitende  Gesichtspunkt  ist  das 
kirchliche  Interesse;  daher  wird  der  chronologische  Aufbau  der  Bibel  an- 
gepasst  und  die  alte  Mythengeschichte  zu  christlich-apologetischen  Zwecken 
ausgebeutet.  Eine  wahrhaft  kritische  Forschung,  ja  nur  eine  oberflächliche 
Abwägung  der  Quellen  ist  bei  den  Chronisten  nur  selten  zu  bemerken. 
Ihre  Thätigkeit  bleibt  meist  rein  kompilatorisch.  Der  äusserlichen  und 
beschränkten  Auffassung  des  geschichtlichen  Stoffes  entspricht  die  Form. 
Der  schöne  Periodenbau  eines  Thukydides  ist  den  Chronisten  gleichgültig; 
sie  schreiben  eine  gemeinverständliche  Sprache,  die  als  ein  temperiertes 
Umgangsidiom  bezeichnet  werden  kann.  Da  aber  alle  feiner  gebildeten 
Schriftsteller  wie  auch  der  Staat  und  die  Kirche  fortfuhren,  die  traditio- 
nelle Kunstsprache  als  das  einzig  Mögliche  anzusehen,  so  gelang  es  den 
schwachen  und  vereinzelten  Kräften  der  Chronisten  nicht,  die  volksmässige 
Diktion  phraseologisch  und  syntaktisch  zu  veredeln;  sie  blieb  unter  ihren 
Händen  ein  ziemlich  ungefüges  und  plumpes  Werkzeug.  Schon  die  Wahl 
eines  von  den  Führern  der  Litteratur  so  gründlich  verachteten  Mittels  der 
Verständigung  beweist,  dass  die  Chronisten  sich  nicht  an  denselben  Leser- 
kreis wenden,  wie  die  Historiker,  sondern  an  die  grosse  Masse  des  Volkes, 
in  erster  Linie  an  die  Tausende  schwachgebildeter,  aber  nach  frommer  Be- 
lehrung über  den  Gang  der  Weltbegebenheiten  begieriger  Klosterbewohner. ») 


»)  Vgl.  H.  Geizer,  Berl.  philol.  Wochen- 
schrift 1891  Nr.  28  S.  872.  —  Wie  sehr 
solche  steckbriefartigen  Personalbeschreibun- 
gen dem  Geschmacke  des  Volkes  entsprachen, 
beweist  die  Thatsache,  dass  sie  auch  in  die 
apokryphen  Apostelgeschichten  ein- 
drangen. Vgl.  R.  A.  Lipsius,  Die  apo- 
kryphen Apostelgeschichten  und  Apostel- 
legenden 11  2  (1884)  229;  335  und  allent- 
halben.   Die  Entwicklungsgeschichte  dieser 


Eigentümlichkeit  verdiente  einmal  im  grossen 
Zusammenhange  untersucht  zu  werden,  wo- 
bei auch  die  Kunstgeschichte  (Athosmal- 
buch  u.  s.  w.)  zu  berücksichtigen  wäre. 

')  Ein  hübsches  Gegenstück  zur  Diffe- 
renzierung der  Historiker  und  Chronisten 
in  der  byzantinischen  Litteratur  bilden  die 
Bemerkungen  desSempronius  Asellio  über  den 
Unterschied  von  Annales  und  Historia, 
bei  GeUius  B.  5,  18  (I  317-320  ed.  M.  Hertz). 


2.  QesohichtBohreiber  nnd  Chronisten.    (§  95)  221 

Sowohl  die  Geschichtswerke  höheren  Stils  als  die  populären  Chroniken 
wurden  im   späteren   Mittelalter,   als    infolge    der  stetig  fortschreitenden 
Veränderungen  der  lebenden  Sprache  selbst  die  einfache  Darstellung  der 
Chronisten  den  weiteren  Kreisen  nicht  mehr  völlig  verständlich  war,  viel- 
fach in  die  zeitgenössische  Volkssprache  übertragen;  häufig  blieb  es  nicht 
bei   der  blossen   Übertragung,    sondern   es  wurde   aus   mehreren  älteren 
Werken  ein  neues  zusammengefügt.   Dabei  wurden  nicht  bloss  die  Formen 
und    Wörter,   sondern  auch  der  ganze    Ton    der  Erzählung  popularisiert, 
und   selbst  der  Inhalt  wurde   durch  Einflechtung  sagenhafter  Züge   dem 
Geschmacke    des   Volkes    näher   gebracht.     Die   Bearbeiter   hüllen    sich, 
wohl  ohne  Ausnahme,  ins   Dunkel   der  Anonymität;    dass   ein  Historiker 
selbst  eine  Volksausgabe  seines  Werks  veranstaltet  habe,  wie  man  geglaubt 
hat,*)  ist  durch  nichts  bezeugt    und    völlig    unwahrscheinlich.      Die  Zahl 
solcher  Umarbeitungen  ist  erheblich;  doch  hat  man  sie  erst  in  der  jüngsten 
Zeit  richtig  gewürdigt,  und  nur  wenige  Exemplare  sind  genauer  bekannt 
geworden.   In  dieser  volkstümlichen  Geschichtslitteratur,  welche  den  Dualis-, 
mus  in  der  mittelalterlichen  griechischen  Sprache  deutlich  illustriert,  treffen 
wir  von   alten  Autoren  Josephus  Flavius,   von  Byzantinern  Theophanes, 
Georgios  Monachos,  Eedrenos,  Zonaras,  Manasses,  Anna  Komnena,  Niketas 
Akominatos    u.    a.      Ihren   volksbuchartigen    Charakter    verraten  manche 
dieser  Werke  schon  durch  das  Format  der  Handschriften;   z.  B.   hat  der 
Cod.  Marc.  VH  20,  der  ein   mit  Manasses  verwandtes  vulgärgriechisches 
Geschichtsbuch   enthält,    dasselbe   kleine    Quartformat,    das   wir   bei    den 
meisten  Handschriften  der  Vulgärromane  und  dann  auch  bei  den  Venezianer 
Drucken  derselben  bemerken.     Eine  zusammenfassende  Untersuchung  und 
Darstellung  dieser  ganzen  für  die  Geschichte  der  Bildung  und  Sprache  des 
griechischen  Volkes   im  Mittelalter  ungemein   wichtigen   Litteraturgruppe 
wäre  erwünscht.   Über  einige  Vorarbeiten  und  Handschriften  wird  in  der 
Spezialdarstellung  berichtet  werden. 

Natürlich  ist  mit  diesen  zwei  Gruppen  die  Gesamtmasse  der  auf  Ge- 
schichte bezüglichen  Schriftwerke  der  byzantinischen  Zeit  nicht  erschöpft. 
Es  kommen  zu  den  Historikern  und  Chronisten  noch  vor  allem  die  Heiligen- 
leben, von  denen  manche  als  Quellen  ersten  Ranges  für  Geschichte,  Geo- 
graphie und  Topographie  gelten  dürfen,  dann  sonstige  Biographien,  mono- 
graphische Schilderungen  wichtiger  Ereignisse,  Elosterstiftungsurkunden, 
Reden,  Briefe  und  Gelegenheitsgedichte,  endlich  die  unübersehbare  Zahl 
von  staatlichen,  kirchlichen  und  privaten  Urkunden  jeder  Art.  Näheres 
über  diese  historische  Neben-  und  Kleinlitteratur  findet  man  teils  in  eigenen 
Paragraphen  am  Schlüsse  des  Kapitels  über  die  Historiker,  teils  in  den 
Abschnitten  über  Rhetorik  und  Poesie,  teils  in  Anmerkungen.  Für  die 
grosse  Masse  der  Urkunden,  die  für  die  Geschichtsforschung  wichtig  sind, 
ohne  eine  selbständige  litterarische  Bedeutung  zu  beanspruchen,  kann  nur 
auf  die  unten  angeführten  Kollektiv-  und  Einzelausgaben  verwiesen  werden. 

I.   Sammelausgaben    der    Historiker   und    Chronisten:    A.  Das  Pariser 
Corpus  wurde,  nachdem  durch  frtlhere  Ausgaben  einzelner  Autoren  der  Boden  vorbereitet 
',  ins  Auftrage  des  Königs  Ludwig  XIV  unter  der  Leitung  des  Jesuiten  Philipp  Labbe 

')  Salmasius  bei  Fabricius,  BibL  gr.  ed.  Harl.  7,  739, 


222  BysantiniBclie  LitieratnrgeBohichte,    L  Prosaisöhe  Litteratnr. 

(lateinisch :  Labbaens  oder  Labbeus)  bearbeitet.  Durch  die  Mitwirktmg  der  hervorragen 
Philologen  des  17.  Jahrhunderts,  eines  Fabrot,  Goar,  Du  Gange,  Leo  AUatius,  Maltrui^' 
Combefis,  Banduri  u.  a.  wurde  diese  Sammlung  zu  einem  für  seine  Zeit  staunenswertea 
und  heute  noch  nicht  ersetzten  Werke.  In  42  Teilen  schritt  das  1648  begonnene  UnftflT' 
nehmen  bis  1711  in  ungleichen  Zwischenräumen  vorwärts  und  erhielt  noch  1819  eiam 
verspäteten  Nachtrag  im  Leon  Diakonos  von  B.  Hase. 

B.  Der  Venezianer  Nachdruck.  Das  bald  selten  gewordene  Pariser  Cofp« 
wurde  zu  Venedig  1729—1733  mit  unglaublicher  Hast  ohne  Verbesserungen,  dagegen 
einer  reichlichen  Zugabe  von  Druckfehlem  in  schlechterer  Ausstattung  nachgedruckt.  Nes 
hinzu  kamen  hier  nur  Malalas,  Genesios  und  einige  kleinere  Stftcke. 

G.  Das  Bonner  Gorpus,  auf  Anregung  B.  G.  Niebuhrs  unternommen,  später  rcn 
der  Berliner  Akademie  fortgesetzt,  erschien  in  49  Bänden,  Bonn  1828—1878.  Gegenwirt% 
wird  für  das  Gorpus  noch  der  Schlussband  des  Zonaras  von  Th.  Büttner- Wobst  vorbereitoi 
Die  grossen  Hoffnungen,  die  sich  an  dieses  Unternehmen  geknüpft  hatten,  wurden  dank 
den  Mangel  einer  sachkundigen  und  energischen  Oberleiining  und  mehr  noch  durch  im 
Gleichgültigkeit  und  Abneigung  der  meisten  Mitarbeiter  (bes.  I.  Bekkers  und  W.  Dindorfe) 
fast  völlig  vereitelt.  Von  den  seit  dem  Erscheinen  des  Venezianer  Nachdruckes  zum 
erstenmal  veröffentlichten  Autoren  wie  Konst.  Porphyrogennetos,  Georgios  Pisides,  Phrantzes 
u.  s.  w.  abgesehen,  ist  das  Bonner  Gorpus  mit  wenigen  Ausnahmen  nichts  als  ein  schlecht  i 
revidierter  Abdruck  der  Pariser  Sammlung.  Wie  die  Texte  wenig  gefördert  worden,  so 
unterblieb  auch  die  Umarbeitung  oder  Neugestaltung  der  Kommentare  und  Indices.  Man 
begnügte  sich  meist  mit  dem  Abdrucke  der  alten,  oft  weitschweifigen  und  'der  Verbeese* 
rung  bedürftigen  Anmerkungen  der  Pariser  Ausgaben ;  die  Indices  wurden  teils  völlig  un* 
verändert  belassen,  so  dass  die  Stellen  nach  den  am  Rande  beigefügten  Seitenzahlen  der 
Pariser  Ausgabe  zu  suchen  sind,  teils  auch  der  neuen  Paginierung  angepasst,  eine  In- 
konsequenz, die  jedem  Leser  ärgerliche  Stunden  bereitet.  So  ist  das  Bonner  Gorpas 
durchaus  nicht  zu  einem  «für  die  Philologie  und  Geschichte  höchst  erheblichen,  für 
unsere  Nation  ruhmvollen*  Werke  geworden,  wie  es  Niebuhr  in  Aussicht  gestellt  hatte; 
übrigens  hat  er  selbst  kurz  vor  seinem  Tode  das  ganze  Unternehmen  ids  unüberlegt 
bezeichnet.  Man  zitiert  in  Frankreich  noch  meist  nach  der  Pariser  Sammlung,  bei 
uns  gewöhnlich  nach  dem  Bonner  Gorpus;  das  letzere  ist  aus  praktischen  Gründen  empf^- 
lenswert,  da  die  etwas  seltene  Pariser  Sammlung  manchem  unzugänglich  bleibt  and 
zudem  in  ihr  mehrere  im  Bonner  Gorpus  aufgenommene  Autoren  fehlen.  Beurteilungen 
des  Bonner  Gorpus  von  E.  Hopf,  Jahns  Jahrb.  75  (1857)  769  ff.;  von  G.  L.  F.  Tafel, 
Eomnenen  und  Normannen  S.  XX  ff.,  Sitzungsber.  Wien.  Akad.,  phil.-hist.  Gl.  1852,  31  ff. 
und  Münchener  Gelehrte  Anzeigen,  bist.  Gl.  1854,  2,  150  f.,  181  f.;  von  G.  de  Boor,  Theo- 
phanes  2  (1885)  352  f.  Vgl.  auch  den  Bericht  Niebuhrs  über  den  Fortgang  des  Bonner 
Gorpus,  Rhein.  Mus.  1  (1833)  359. 

D.  Endlich  wurden  die  meisten  Teile  des  Bonner  Gorpus  mit  Kommentaren  und 
Indices  ohne  kritische  Verbesserungen,  aber  auch  ohne  allzu  reichliche  Druckfehler  wieder- 
holt in  der  Patrologia  graeca  von  Migne  (161  Bände,  Paris  1857 — 1866),  die  sich 
zum  Bonner  Gorpus  ähnlich  verhält  wie  der  Venezianer  Nachdruck  zur  Pariser  Sammlung. 
Von  den  griechischen  Texten  des  Bonner  Gorpus  fehlen  hier  Johannes  Lydos,  Zosimos, 
Prokopios,  Theophylaktos  Simokattes,  Georgios  Synkellos,  Michael  Attaliates  und  die  Stücke 
aus  der  Turcograecia  des  Martin  Grusius.  Der  von  Migne  veranstaltete  Abdruck  hat  für 
die  byzantinischen  Studien  wenigstens  die  Bedeutung  eines  Notbehelfes,  weil  sich  in 
manchen,  besonders  theologischen  Bibliotheken  keine  der  drei  früheren  Sammlungen,  wohl 
aber  die  gesamte  Patrologie  befindet.  Wer  sich  eingehender  mit  den  Byzantinern  be- 
schäftigen will,  wird  immer  auf  das  Pariser  bzw.  das  Bonner  Gorpus  zurückgreifen,  so- 
weit nicht  völlig  neue  Bearbeitungen  vorliegen  wie  für  Theophanes  u.  a. 

E.  Zuletzt  muss  noch  erwähnt  werden,  dass  die  Verlagshandlung  B.  G.  Teubner 
in  Leipzig  begonnen  hat,  auch  die  byzantinischen  Historiker  und  Ghronisten  in  kritischen 
Bearbeitungen  der  weltbekannten  Bibliotheca  Teubneriana  einzuverleiben.  Bis  jetzt 
sind  die  Fragmente  der  kleinen  Historiker,  Agathias,  Theophylaktos,  Nikephoros  P.,  Zonaras 
und  Anna  Komnena  erschienen.  —  Einige  auf  die  Ereuzzüge  bezüglichen  Stücke  wurden, 
zum  Teil  mit  wertvollen  neuen  Eommentaren,  aufgenommen  in  den  Recueil  des  histo- 
riens  des  croisades.    Historiens  grecs,  2  voll.,  Paris  1875—81. 

2.  Fragmente  der  Historiker:  Fragmente  spätgriechischer  und  byzantinischer 
Historiker  (Dexippos  u.  s.  w.)  ed.  B.  G.  Niebuhr  im  ersten  Bande  des  Bonner  Gorpus, 
Bonn  1829.  —  Uistorici  Graeci  minores  ed.  L.  Dindorf,  2  voll.,  Leipzig,  bibl.  Teub- 
neriana 1870—71;  der  erste  Band  enthält  vornehmlich  die  von  Niebuhr  a.  a.  0.  heraus- 
gegebenen Fragmente,  der  zweite  Menander  Protektor  und  Agathias.  —  Fragmenta 
Eistoricorum  Graecorum  ed.  Gar.  Müller,  voL  4  und  5,  Paris,  Didot  1868— 70;  Neu- 


8.  Geschichtschreiber  und  ChroniBien,    (§  95)  223 

1883  (Bd.  5)  und  1885  (Bd.  4);  enthält  aaoh  armenische,  anf  griechischen  und  83rri- 
Quellen  beruhende  Historiker  in  französischer  Uebersetzung. 

3.  Kollektivausgaben  von  teilweise  historischem  Inhalt:  E.  N.  Sathas, 
mrunj  ßißhodijxti,  7  B&nde,  Venedig  1872-1894.  Enthält  meist  unedierte  Werke 
lie  Geschichte,  Reden  und  Briefe  des  Psellos,  Nachträge  zu  Attaliates,  Chroniken, 
ichriftenkataloge,  Briefe,  Gesetzsammlungen,  Urkunden  u.  s.  w.  Zum  7.  Bande  vgl. 
ngehende  Besprechung  von  A.  Heisenberg,  B.  Z.  5  (1896).  —  W.  Regel,  Analecta 
ttino-Russica,  Petersburg  1891.  Vgl.  die  Besprechung  von  S.  R-skij,  Joum.  Min.  1892 
80  April  S.  420—431.  —  Fontes  rerum  Byzantinarum  accur.  W.  Regel.  Tomus  I, 
1.  Rhetorum  saeculi  XII  orationes  politicae.  Ediderunt  W.  Regel  et  N.  Novos- 
ty,  Petersburg  1892.  —  Historische  Texte,  Chrysobdlen,  Synodalfäten  u.  s.  w.  bringt 
ipadopulosKerameus,  'AvdXBJcrtt'UQoaokvfxixixrjgaxaxvoXoyiag,  bis  jetzt  voll.  1 — 2, 
»borg  1891  —  1894.  Vgl.  die  Besprechungen  von  G.  Destunis,  Joum.  Min.  1892  Bd.  282 
itheft  S.  385-400,  K.  K.,  B.  Z.  1,  623  f.,  4,  180  f.,  und  E.  Kurtz,  Viz.  Vr.  1  (1894) 
697.  —  Grösstenteils  theologischen  Inhalts  ist:  A.  Vassiliev,  Anecdota  Graeco- 
tina  I.  Moskau  1893.  Vgl.  die  Besprechungen  von  A.  Eirpiönikov  und  E.  Kurtz,  Viz. 
(1894)  180-207.    Inhaltsangabe  B.  Z.  3  (1894)  190  f. 

4.  Urkunden.  A.  Allgemeine  Sammlungen:  Acta  et  diplomata  graeca  roedii 
idd.  Fr.  Miklosich  et  J.  Müller,  6  voll.,  Vindobonae  1860—1890.  Dieses  für  die 
aitorliche  Geschichte  und  Geographie  |des  Ostens  unschätzbare  Werk,  dessen  VoÜ- 
g  hoffentlich  durch  den  Tod  der  beiden  hochverdienten  Herausgeber  nicht  verhindert 
enthält  Erlasse  der  Kaiser  und  Patriarchen,  politische  Verträge  und  Korrespondenzen, 
Dgs-,  Kauf-  und  Schenkungsurkunden,  Prozessakten,  Klosterregeln  u.  s.  w.  aus  dem 
19.  Jiüirhundert.  Einige  Beiträge  zum  5.  Bande  bringt  die  Besprechung  von  Bezo- 
jv,  Joum.  Min.  1888  Bd.  257  Juni  S.  410-417.  —  August  Theiner  et  Fr.  Mi- 
ch, Monumenta  spectantia  ad  unionem  ecclesiarum,  Vindobonae  1872.  Enthält  auf 
nion  bezügliche  Aktenstücke  von  1124—1582.  —  K.  N.  Sathas,  Mytjueia 'EXXrjyucijs 
ag,  Documents  inödits  relatifs  ä  l'histoire  de  la  Gröce  au  moyen-äge.  Premiere  s^rie : 
nents  tir^s  des  archives  de  V^mse  (1400—1500),   9  Bände,   Paris  1880—1890.     Hier 

man  lateinische  und  italienische  auf  die  venezianische  Herrschaft  im  Orient  bezüg- 
Urkunden,  Karten  u.  s.  w.,  die  zu  den  letzten  byzantinischen  Historikern  wertvolle 
izungen  bilden.  —  Ebenfalls  auf  die  lateinischen  Herrschaften  im  Orient  und  die  letzte 
les  byzantinischen  Reiches  bezieht  sich  das  letzte  Werk  des  grossen  Forschers  Karl 
.  Chroniques  Gröco-Romanes  inödites  ou  peu  connues,  Berlin  1873.  Von  unschätz- 
1  Werte  sind  die  beigefügten  genealogischen  Tafeln  der  lateinischen  Geschlechter  des 
ts.  —  Zur  sachlichen  Ergänzung  dienen  bes.  die  , Urkunden  zur  älteren  Handels-  und 
beschichte  der  Republik  Venedig  mit  besonderer  Beziehung  auf  Byzanz  und  die  Le- 
vom  neunten  bis  zum  Ausgang  des  fünfzehnten  Jahrhunderts*  herausgegeben  von 
Fr.  Tafel  und  G.  M.  Thomas,  3  Teile,  Wien  1856-1857  (=  Fontes  rerum  Austria- 

1  II  12 — 14).  —  Ueber  die  Ausgaben  von  Urkunden  des  Athos  vgl.  die  Litteratur  zum 
(8.  den  Index),  über  Klosterregeln  s.  §  136. 

B.  Bvzantinische  Urkunden  aus  Sizilien  und  Unteritalien  enthalten 
tde  Werke  und  Abhandlungen:  Sp.  Zampelios,  'ITttXoBXXrJy^xa  ^roi  xQiuxij  ngay/xareia 
ftov  iy  Toig  ttQx^'*-^^  NeanoXsüig  ayexdoTOty  iXXtjy.  TteQyttfitjytayy  ^y  'jl&rjyaig  1864  (Ur- 
in aus  der  Zeit  von  983—1281).  —  G.  Spata,  Le  pergamene  Greche  esistenti  nel  grande 
io  di  Palermo,  Palermo  1862—64  (Urkunden  von  1091—1280).  —  G.  Spata,  Diplomi 
Siciliani  inediti,  in  den  Miscellanea  di  storia  Italiana,  tomo  9  (Torino  1870)  373—507 

2  (1871)  1  -112  (Urkunden  von  1084—1243).  -  Vgl.  G.  Spata,  Sul  cimelio  diplomatico 
uomo  di  Monretde.  Palermo  1865  (kurzer,  allgemein  gehaltener  Bericht  mit  Bespre- 
;  einer  Urkunde  vom  J.  1151).  —  Gius.  Müller,  Tre  carte  Greche  delFItalia  meri- 
le,  Archivio  storico  Italiano,  Serie  terza  7  (1868)  1—27  (griechischer  Text  mit  italie- 
;r  Uebersetzung).  —  Fr.  Trinchera,  Syllabus  Graecarum  membranarum  etc.,  Neapoli 
(Urkunden  aus  der  Zeit  von  885 — 1331;  im  Anhange  noch   drei  Stücke   von  1427, 

1450).  —  Ueber  die  Publikation  von  Trinchera  handelt:  Gius.  de  Blasiis,  Le  perga- 
bizantine  degli  archivi  di  Napoli  e  di  Palermo,  Archivio  storico  Italiano,  Serie  terza, 
36)  78-102.  —  Salv.  Cusa,  I  diplomi  Greci  ed  Arabi  di  Sicilia,  2  voll,  Palermo 
-82  (aus  der  Zeit  von  1079—1335).  —  A.  Salinas,  Di  un  diploma  greco  del  monastero 
Pancrazio  di  Scilla  in  Calabria,  Archivio  storico  Siciliano  1882  (mir  unzugänglich), 
rei  Nachträge  zu  Trinchera  gab  N.  Parisio,  Archivio  storico  per  le  provincie  Napole- 
1  (1886)  855-860  und  13  (1888)  772—781.  —  N.  Parisio,  Due  Documenti  greci 
i  della  Certosa  di  S.  Stefano  di  Bosco,  Neapel  1891  (mir  unzugänglich).  —  Raff, 
rabba,  Diplomi  Greci  con  le  versioni  Latine  del  secolo  XVII,  in:  Documenti  per  servire 
toria  di  Sicilia.  Prima  serie  —  Tabulari,  vol.  I  fasc.  6  (Palermo  1887)  335—523 
nden  von  1096—1218).   —   Von   griechischen   Urkunden  in   Messina  und  Rom  gibt 


224  Bysantinische  Litteratnrgeschiohte.    I.  ProsaiBohe  Litterator. 

Kenntnis  P.  Batiffol,  L'archive  du  Saint-Sauveor  de  Messine  d*aprös  an  registre  in 
Revue  des  questions  histor.  42  (1887)  555—567,  und:  Das  Archiv  des  griechischen  Co^ 
in  Rom,  Rom.  Quartalschr.  2  (1888)  217-221.  —  Zwei  Stöcke  aus  dem  Archiv  des 
chischen  Kollegs  in  Rom  ed.  P.  Batif  fol,  Chartes  byzantines  in^dites  de  Grande  Gr^ce.  UA 
d'archöologie  et  d'histoire  10  (1890)  98—111.  —  Einige  der  schon  von  Trinchera  henw- 
gegebenen  Urkunden  (des  11.  Jahrh.)  sind  wiederholt  und  zum  Teil  facsimiliert  in:  Codex 
diplomaticus  Cavensis  nunc  primum  in  lucem  editus  cur.  DD.  Michaele  MorcaMi, 
Mauro  Schiani,  Sylvano  de  Stephane  0.  S.  B.  Tom.  4.  5.  7.  (Neapoli  1877—79—88).  — 
Vgl.  auch  die  griechischen  Subskriptionen  und  die  älteren  (lateinischen)  Dokumente  bei 
Cam.  Minieri  Riccio,  Saggio  di  Codice  diplomatico  1  (Napoli  1878)  1  ff.,  nnd  die  auf 
die  byzantinische  Periode  (809 — 1072j  bezüglichen  Dokumente  in  der  Publikation  vea 
Dom.  Morea,  11  chartularium  del  monastero  di  S.  Benedetto  di  Conversano.  VoL  L 
Byzantina,  Normanna,  Sueva.  Montecassino  1892.  —  Die  zur  Erläuterung  aller  dieser  Ur* 
künden  dienenden  Schriften  über  byzantinische  Herrschaft,  byzantinische  Ein- 
flüsse und  griechische  Sprache  in  Unteritalien  und  Sizilien  sind  im  bibliographi- 
schen Anhange  am  Schlüsse  des  Buchs  (Rubriken :  ,Historische  Monographien'  nnd  ,KimBt- 
geschichte')  aufgezählt. 

C.  Einzelausgaben:  Einige  ChrysobuUen  ed.  E.  Miller,  Catalogue  des  mm, 
grecs  de  la  bibliothäque  de  TEscurial,  Paris  1848  S.  59—66.  —  Th.  Uspenskij,  Neu 
historische  Dokumente,  gesammelt  auf  einer  ausländischen  Reise,  Publikation  der  arohio* 
logischen  Kommission,  Petersburg  1881  (nur  2  byzantinische  Urkunden).  —  Zwei  Argyxo* 
btQlen  des  Despoten  Thomas  Palaeologos  ed.  aus  dem  Cod.  Athens  3298  Sp.  Lampros, 
naQua<Fc6s  7  (1883)  472  ff.  —  Eine  Chrysobulle  des  Andronikos  Palaeologos  von  1289  ed. 
Sp.  Lampros,  JeXtioy  1  (1883 — 1885)  113—119.  —  Einige  aus  der  Türkenzeit  stammende 
griechische  Urkunden  im  Archive  von  Venedig  ed.  Sp.  Lampros,  JeXrioy  4  (1895)  634 
bis  652.  —  Eine  im  Jahre  1365  ausgefertigte  lateinische  Urkunde  des  Fürsien  von  Tarent 
Philipps  II  von  Anjou,  welche  die  Tat.  Uebersetzung  einer  Chrysobulle  Michaels  II,  Dee- 
poten  von  Epirus,  enthält,  ed.  J.A.Romanos,  ^cArtW  2  (1885-1889)  587— 608.  —  Eine 
Chrysobulle  Johannes  V  (von  1363)  und  eine  Argyrobulle  Johannes  VIII  (von  1437)  nebet 
einem  Patriarchalakt  ed.  J.  Sakkelion,  JeXuoy  2  (1885—1889)  609-621.  —  Eine 
Fälschung  einer  kaiserlichen  Bulle  wies  nach  J.  Sakkellion,  JeXtioy  2  (1885—1889) 
265—275.  —  Eine  Privaturkunde  aus  dem  Jabr  1359  ed.  J.  Sakkelion,  JeXxlov  2 
(1885—1889)  468—475.  —  H.  Omont,  Lettre  grecque  sur  papyrus,  Revue  arch^log. 
IIP  särie  19  (1692)  384—393  (der  berühmte  Papyrusbrief,  der  wahrscheinlich  von  Michael  JI 
an  Ludwig  den  Frommen  gerichtet  wurde).  —  Konst.  Jireöek,  Eine  Urkunde  von  1288 
bis  1240  zur  Geschichte  von  Korfu,  B.  Z.  1  (1892)  336  f.  —  Einige  als  Wandinsohriften 
in  einem  Kloster  zu  Mystras  erhaltene  kaiserliche  Goldbullen  ed.  K.  G.  Zesiu,  *A9fiya 
3  (1891)  461  ff.,  wiederholt  in  seinen  lifxfjuxta,  Athen  1892  S.  43  ff.  —  K.  E.  Zachariae 
vonLingenthal,  Einige  ungedruckte  Chrysobullen,  M^moires  de  Tacad.  imp.  des  sciences 
de  St.  Pötersbourg  VIl^  s^rie,  tome  41,  Nr.  4,  Petersburg  1893  (mit  Bemerkungen  über  den 
Zweck,  die  Datierungsweise  und  die  Unterschriften  der  byzantinischen  Bullen).  —  W.  Regel, 
Ein  ChnrsobuU  des  Kaisers  Andreas  Palaiologos  vom  13.  April  1483,  Viz.  Vr.  1  (1894) 
151—158.  —  M.  Gedeon,  BvCaytiya  avfAßoXava,  B.  Z.  5  (1896)  Heft  1.  —  Zu  einer  er- 
schöpfenden  Aufzählung  der  Einzelausgaben  müssten  die  nur  in  Athen  vollständig  vor 
handenen  älteren  griechischen  Zeitschriften,  Zeitungen  u.  s.  w.  beigezogen  werden. 

D.  Hilfsmittel:  Ueber  die  Technik  der  griechischen  Kaiserurkunden  und  die  früher 
übersehene  Thatsache,  dass  uns  eine  Reihe  venezianischer  Gegenurkunden  fehlen,  handelt 
die  ergebnisreiche  Studie  von  C.  Neumann,  Ueber  die  urkundlichen  Quellen  zur  Ge- 
schichte  der  byzantinisch-venetianischen  Beziehungen  vornehmlich  im  Zeitalter  der  Komnenen, 
B.  Z.  1  (1892)  366—378.  —  Die  Form  der  Urkunden  über  private  Rechtsgeschäfte  und  die 
Stellung  der  zwei  Klassen  von  Urkundenschreibern,  der  ra(iovXdoi(n  und  der  yofÄtxoi,  be- 
spricht K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,  Beiträge  zur  Geschichte  des  byzantinischen 
Urkundenwesens,  B.  Z.  2  (1893)  177—186.  —  Eine  Sammlung  und  chronologische  Bestim- 
mung aller  byzantinischen  Urkunden,  Briefe  und  sonstigen  Akten  als  Vorarbeit  zu  den 
projektierten  ,Regesten  des  byzantinischen  Reichs'  ist  von  der  k.  russischen  Akademie  der 
Wissenschaften  auf  Antrag  der  Akademiker  A.  A.  Kunik  und  V.  Vasiljevskij  beschlossen 
und  die  Ausführung  der  Vorarbeiten  dem  Magistranten  B.  Melioranskij  übertragen 
worden.     Viz.  Vr.  1  (1894)  249-252. 

5.  Uebersetzungen:  Ohne  Bedeutung  sind  jetzt  die  seit  dem  16.  Jahrhundert  ver- 
anstalteten, oft  wiederholten  lateinischen  Uebersetzungen  einzelner  Historiker,  aus  deren 
Vereinigung  sich  ein  vielgelesenes  Handbuch  der  byzantinischen  Geschichte  ergab :  Corpus 
universae  historiae,  praesertim  Byzantinae  .  .  .  .  Jo.  2^narae  annales.  Nie.  Acominati,  Nie. 
Gregorae,  Laonici  Chalcondylae,  Lutetiae  1567;  Francofurti  ad  Moenum  1568  und  öfter 
wiederholt.  —  Ein  ähnliches  Handbuch  erschien  auch  französisch:  Histoire  de  Constan* 


2.  OesohiohtBchreiber  nnd  Chronisteii.    (§  95)  225 

ople  depnis  le  r^gne  de  Justin  josqu'ä  la  fin  de  rempire,  tradroite  sur  les  originaux  grecs 
r  L.  Cousin,  8  voll.,  Paris  1671—74;  wiederholt  Paris  1685.  —  Noch  die  Histoire  du 
a-£mpire  von  Le  Beau  mit  ihren  Fortsetzungen  besteht  zum  grossen  Teil  aus  lieber- 
Zungen  byzantinischer  Texte.  —  Eine  zum  Teil  recht  ungenaue  und  mehr  als  freie 
teinische  Uebersetzung  ist  dem  Pariser  Corpus  (auch  dem  Venez.  Nachdruck)  beigegeben 
d  im  Bonner  Corpus  wiederholt,  aber  leider  nur  für  einzelne  Autoren  revidiert.  Dadurch 
n  manche  Forscher  nach  dem  Satze  «Qraeca  sunt,  non  leguntur*  sich  mehr  an  die  oft 
HZ  verdrehte  lateinische  üebertragung  statt  an  die  Originale  hielten,  ist  viel  Verwirrung 
d  Missverst&ndnis  entstanden.  —  Eine  russische  Uebersetzung  einiger  byzantinischer 
storiker  wie  des  Nikephoros  Bryennios,  der  Anna  Komnena,  des  Kinnamos  und  Niketas 
ominatos  veranstaltete  die  geistliche  Akademie  in  Petersburg,  4  Bände,  Petersburg  1860 — 68 
ir  unzugänglich).  —  Uebersetzungen  einzelner  Werke  sind  in  den  betreffenden  Para- 
iphen  notiert 

6.  Allgemeine  Hilfsmittel.  A.  Fast  nutzlos  ist  jetzt  das  fOr  seine  Zeit  be- 
itende  Werk  von  Ger.  J.  Vossius,  De  historicis  Graecis,  Lngduni  Bat.  1624;  wieder- 
It  Lugd.  Bat.  1651;  Francofurti  ad  M.  1677;  Amstelodami  1699;  endlich  notdürftig  um- 
arbeitet von  Ant.  Westermann,  Lipsiae  1838.  —  Grundlegende  und  heut«  noch  nicht 
etzte  Hilfsmittel  zum  Studium  der  byzantinischen  Geschichtslitteratur  hat  Du  Gange 
schaffen;  es  sind  ausser  seinen  Kommentaren  zu  Nikephoros  Bryennios,  Anna  Komnena 
i  Kinnamos  bes.  die  im  bibliographischen  Anhang  notierten  Geschichtswerke.  —  Eine 
mlich  oberflächliche  litteraturgeschichtliche  Kompilation  machte  der  Breslauer  Professor 
Hanke,  De  Byzantinarum  rerum  scriptoribus  Graecis,  Lipsiae  1677.  —  Weniger  wichtig 

Du  Gange,  aber  für  Einzelheiten  noch  immer  brauchbar  ist  A.  Banduri,  Imperium 
entale,  2  tomi,  Paris  1711  (wiederholt  Venedig  1729).  —  Für  die  kirchlichen  Verhält- 
se  (Geschichte  der  Patriarchen,  Bischöfe  u.  s.  w.)  bleibt  das  Hauptwerk  Le  Quien, 
iens  christianus,  Paris  1740.  —  Nachträge  und  Ergänzungen  zu  Le  Quien  bei  E.  Golu- 
Qskij,  Kurze  Skizze  der  orthodoxen  bulgarischen,  serbischen  und  moldau-walachischen 
rchen,  Moskau  1871  (russ.).  —  Dazu  die  im  bibliographischen  Anhange  (Rubrik  ,  Kirchen- 
schichte")  angeführte  Litteratur.  —  Ftbr  das  Bibliographische  ist  natürlich  auch  hier  die 
bliotheca  Graeca  von  Fabricius  beizuziehen.  —  Recht  vernünftige  allgemeine  An- 
gungen gab  Karl  Morgenstern,  Ueber  das  Studium  der  byzantinischen  Gescbicht- 
hreiber,  M^moires  pr^sentto  k  Tacad.  imp.  des  sciences  de  St.  P^tersbourg  4  (1845)  169 
3  202.  —  Gänzlich  wertlos  ist:  Raymond  Fran^ois,  Les  demiers  jours  d'un  empire. 
udes  sur  les  historiens  Byzantins,  Paris  1870;  es  sind  keine  , Studien*,  sondern  geistlose, 
f  sekundären  QueUen  beruhende  Salbadereien.  —  üebersicht  der  wichtigsten  byzant. 
lellen  für  griechische  und  römische  Geschichte  bei  Arn.  Schäfer,  Abriss  der  Quellen - 
mde  der  griech.  und  rüm.  Geschichte,  2.  Abt.  Leipzig  1881  S.  186 — 196.  —  Unentbehrlich 

tieferen  Studien  ist  das  schöne  Werk  von  G.  Schlumberger,  SigiUographie  de  l'empire 
rzantin,  Paris  1884;  darüber  ein  orientierender  Bericht  im  Journal  des  savants  1885 
213  ff.,  323  ff. 

B.  In  neuester  Zeit  hat  man  auch  angefangen,  die  Quellenverhältnisse  kritisch 
untersuchen ;  doch  sind  erst  einzelne  Abschnitte  aufgehellt.  Den  ersten  Versuch  machten 
Indliker  und  Müller,  Untersuchungen  zur  mittleren  Geschichte  herausgeg.  von  Max 
Qdinger  1  (1871)  268-  289;  die  Arbeit  betrifft  die  Quellen  für  die  Zeit  von  888—967.  — 
nen  mächtigen  Anstoss  gab  Ferd.  Hirsch  durch  sein  grundlegendes  Werk:  Byzantinische 
ndien,  Leipzig  1876;  es  umfasst  die  auf  die  Zeit  von  813 — 963  bezüglichen  Geschichts- 
?rke  und  C*hroniken.  Vgl.  die  Besprechung  von  A.  v.  Gutschmid,  Lit.  Centralbl. 
77  8.  521  =  Kleine  Schriften  5  (1894)  439-446.  —  Hauptwerk  für  die  Quellenverhält- 
sse der  speziell  chronologischen  Werke  ist:  H.  Geiz  er,  Sextus  Julius  Africanus,  bis 
fczt  I  und  II 1.  Leipzig,  Teubner  1880—1885.  -  Das  Verhältnis  des  Skylitzes,  Attaliates, 
»ellos  und  der  übrigen  Quellen  für  die  Zeit  von  976—1076  stellt  in  den  Hauptzügen  fest 
Röckl,  Studien  zu  byzantinischen  Geschichtschreibem,  Blätter  für  das  bayer.  Gym- 
isialschulwesen  20  (1884)  277—282  und  21  (1885)  4—19.  —  Dann  versprach  J.  Seger 
e  Quellen  der  zweiten  Hälfte  des  10.. und  die  des  11.  Jahrh.  zu  prüfen;  erschienen  ist: 
Seger,  Byzantinische  Geschichtschreiber  des  10.  und  11.  Jahrhunderts.  1.  Nikephoros 
r^ennioB,  München  1888.  —  Daran  schliesst  sich  das  geistvolle  Buch  von  C.  Neumann, 
neohische  Geschichtschreiber  und  Geschichtsquellen  im  12.  Jahrhundert,  Leipzig  1888  (über 
nna  Komnena,  Theodoros  Prodromos,  Kinnamos).  —  Kurze  und  unzuverlässige  Üebersicht 
ber  die  byzantinischen  Historiker  des  6.  Jahrh.  und  über  die  auf  ihnen  beruhenden  Chronisten 
rheophanes,  Georgios  Monachos,  Glykas,  Zonaras  u.  a.),  sowie  über  einige  orientalische 
gellen  bei  Kurt  Grob,  Geschichte  des  oströmischen  Kaisers  Justin  II,  Leipzig  1889 
.1  —  32.  —  Das  Verhältnis  der  griechischen  Quellen  für  Kaiser  Maurikios,  also  des  Eua- 
no6,  Theophylaktos,  der  Osterchronik,  des  Theophanes,  Georgios  Monachos  u.  s.  w.  unter- 
ickt  OttoAdamek,  Beiträge  zur  Geschichte  des  byzantinischen  Kaisers  Maurikios.   I.  II« 

Haadtmcfa  der  kUa.  AlterhmnwftBeDschaft  IX,    1.  Abtlg.    2.  Anil,  15 


226  ByzantiniBche  Litteraturgesohichte.    I.  ProMdache  Liiteratiir. 

Gymnasialprogramme,  Graz  1890—91.  —  Nur  zum  Teil  auf  die  byzantinische  Zeit  (Eui  ^ 
Tneophanes  u.  a.)  bezieht  sich  die  gründliche  Monographie  von  L.  Jeep,  Quellenunl 
suchungen  zu  den  griechischen  Eirchenhistorikem,  Jahns  Jahrbücher,  Snpplementb.  14  (ir 
53—178.  —  umfassende  Untersuchungen  über  die  Quellenverhältnisse  der  bvzantinii 
Weltchroniken  von  C.  de  Boor,  Römische  Eaisergeschichte  in  byzantinischer  Fi 
B.  Z.  1  (1892)  13—33;  2  (1893)  1-21:  195-211,  und  von  E.  Patzig,  Die  HjjoÜm 
in  Dindorfs  Ausgabe  der  Odysseescholien,  B.  Z.  2  (1893)  413—440;  Johannes  Antiochei 
Fr.  200  Salm,  und  Prokop,  B.  Z.  2  (1893)  591—598;  Leo  Grammaticus  und  seine  ^pi 
B.  Z.  8  (1894)  470—497.  —  Für  die  älteren  Teile  der  byzantinischen  Ghronikenlittera' 
(Malalas,  Osterchronik  u.  a.)  kommen  auch  in  Betracht  die  Texte  und  Quellenuntersuchnnj 
in  den  Chronica  minora  ed.  Th.  Mommsen,  Monuments  Germaniae  historica,  Aa( 
ant.  t.  IX  1,  Berlin  1892,  und  in  den  Chronica  minora  ed.  C.  Frick,  vol.  I,  Leipzig,  Bü 
Teubneriana  1893.  Vgl.  die  Besprechungen  der  letzteren  Publikation  von  H.  Geizer,  Berlin 
philol.  Wochenschrift  1894  Nr.  40  Sp.  1255-1261,  und  E.  J.  Neumann,  Deutsche 
teraturzeit.  1894  Nr.  18  Sp.  552 — 558.  —  Eine  allgemeine  Darstellung  der  orientaiischeti 
(ägyptischen,  babylonischen  und  persischen),  jüdischen  und  griechischen  Geschichtschrdbi 
im  Altertum,  dann  der  christlichen  Chronographie  bei  den  Griechen,  Syrern,  Arabenjj 
Armeniern  und  Slaven,  endlich  der  islamitischen  Annalistik  bei  den  Arabern,  Türken  a.  s.  w. 
nebst  Texten  byzantinischer  Chroniken  und  Auszügen  aus  orientalischen  Chroniken  gak 
Albr.  Wirth,  Aus  orientalischen  Chroniken,  Frankfurt  a.  M.,  in  Eommission  bei  Moriti 
Diesterweg  1894.  Allein  dieses  Buch  ist  mit  so  beispielloser  Oberflächlichkeit,  Ud-i 
kenntnis  und  Phantastik  gearbeitet,  dass  nicht  die  übliche  Mahnung  zu  , vorsichtiger  Be- 
nützung*, sondern  eine  absolute  Warnung  vor  demselben  am  Piatee  ist;  den  Anfänger 
kann  es  nur  verwirren,  den  erfahrenen  Forscher  kann  es  wenig  lehren.  Vgl.  die  Be- 
sprechung von  E.  Erumbacher,  B.  Z.  3  (1894)  607—625.  —  Etwas  brauchbarer  ist  die 
emigen  Spezialthemen  gewidmete  Schrift  von  Albr.  Wirth,  Chronographische  Späna 
Frankfurt  a.  M.  1894.  —  Eine  Reihe  byzantinischer  Quellen  für  die  alte  Geschichte  wie 
Photios  und  die  Eonstantinischen  Exzerpte,  Hesychios  von  Milet  und  Zonaras,  die  christ» 
liehen  Chronographen  wie  Sextus  Julius  Africanus  u.  s.  w.,  Malalas,  Johannes  Antiochenoa^ 
die  Osterchronik,  Nikephoros,  Georgios  Monachos,  Eedrenos  u.  a.  charakterisiert  nach  ihrem 
Wert  und  gegenseitigen  Verhältnis  Curt  Wachsmuth,  Einleitung  in  das  Studium  der 
alten  Geschichte,  Leipzig  1895  S.  67-77;  122—124;  155—198.  -  Die  auf  die  Südslavea 
bezüglichen  Nächrichten  der  letzten  byzantinischen  Historiker  und  Chronisten  (Nikephoroi 
Gregoras,  Johannes  Eantakuzenos,  Eomnenos  und  Proklos,  Phrantzes,  Dukas,  Johannes 
Anagnostes,  Chalkondvles  und  Eritobulos)  prüft  im  Zusammenhang  VI.  Ea6anovskii, 
Die  byz.  Chronisten  als  Quelle  für  die  Geschichte  der  Südelaven  in  der  Zeit  des  Verfalls 
ihrer  Selbständigkeit,  Joum.  Min.  1878  Bd.  198  Juli  S.  63—112.  —  Ein  zusammenfassendes 
Werk  über  slavische  Reflexe  der  byzantinischen  Chronistik  gab  A.  Popov,  Uebersiohi 
über  die  russischen  Chronographen,  2  Bde.,  Petersburg  1866  (russ.);  vgl.  auch  die  n 
Malalas  u.  a.  zitierten  neueren  Monographien.  —  Die  speziellere  Litteratur  s.  bei  den  ein- 
zelnen Autoren.  —  Ausser  den  hier  genannten  Hilfsmitteln  sind  die  im  bibliographischen 
Anhang  genannten  allgemeinen  historischen  und  chronologischen  Werke  beizuziehen. 

A.  Die  QeBchichtschreiber. 

96.  Allgemeine  Charakteristik.  Die  byzantinischen  Darsteller  zeit- 
genössischer Ereignisse  folgen  ohne  Ausnahme  der  altgriechischen  Tradi- 
tion. Bei  den  Historikern  aus  dem  6.  und  dem  Anfang  des  7.  Jahrhunderts 
wie  Prokop,  Agathias,  Menander,  Theophylaktos  ist  das  ziemlich  selbst- 
verständlich; denn  sie  stehen  in  der  Übergangsepoche  vom  heidnischen 
Altertum  zum  christlichen  Mittelalter  und  knüpfen  unmittelbar  an  die  vor- 
ausgehende Historiographie  an.  Aber  auch  die  Autoren,  welche  nach  der 
verhängnisvollen,  von  der  Mitte  des  7.  bis  in  die  Mitte  des  9.  Jahrhunderts 
reichenden  litterarischen  Lücke  die  Geschichtschreibung  von  neuem  ins  Leben 
rufen,  wenden  sich  alsbald  wieder  alten  Vorbildern  zu,  und  in  der  Zeit  der 
Eomnenen  und  Paläologen  ist  in  der  Anlehnung  an  das  Altertum  sogar 
noch  eine  bedeutende  Steigerung  zu  bemerken.  Von  den  (Jeschichtschrei- 
bern  des  6.  und  7.  Jahrhunderts  unterscheiden  sich  die  des  11. — 15.  Jahr- 
hunderts im  grossen  und  ganzen  nur  dadurch,  dass  die  äusseren  Mittel 


8.  Geaekiolitsohreibar  und  Chronisten.    A.  Geflohiohtsohreiber.    (§  96)        227 

irer  Darstellung  in  einem  viel  höheren  Grade  künstliche,  schulmässig  er- 
•mte  geworden  sind.  Prokop,  Agathias,  Menander,  Euagrios,  Theophy- 
ktos  verbleiben  bei  all  ihrer  verschiedenartigen  Künstelei  und  bei  aller 
nitation  doch  noch  einigermassen  auf  dem  Boden  der  feineren  Umgangs- 
)rache  ihrer  Zeit;  eine  Anna  Eomnena  dagegen  studiert  das  Altgriechische 
ie  eine  fremde  Sprache,  und  in  der  gleichen  Notlage  befinden  sich  alle 
istoriker  des  12.  und  der  folgenden  Jahrhunderte.  Zu  ihrer  Zeit  hatte 
ch  die  lebendige  Sprache  vom  Altgriechischen  morphologisch,  lexikalisch 
id  syntaktisch  so  weit  entfernt,  dass  die  herkömmliche  Kunstsprache 
me  gründliche  Vorbereitung  nicht  einmal  mehr  verstanden  wurde.  Das 
:  der  einzige  wirklich  durchgreifende  formale  Unterschied,  welcher  die 
ätgriechischen  und  die  eigentlich  byzantinischen  Historiker  trennt.  Es 
:  aber  zu  betonen,  dass  dieser  Unterschied  nicht  aus  der  Individualität 
id  freien  Absicht  der  Schriftsteller,  sondern  aus  der  unabhängig  von  ihrem 
illen  vollzogenen  natürlichen  Umgestaltung  der  Sprache  selbst  er- 
ichsen  ist. 

In  aUen  übrigen  Dingen  bieten  die  Historiker  von  Prokop  bis  auf 
ionikos  Chalkondyles  herab  ein  ziemlich  gleichförmiges  Bild.  Verschieden 
od  die  Stoffe,  indem  ein  Darsteller  meist  da  anknüpft,  wo  sein  Vor- 
Lnger  aufgehört  hat,  verschieden  ist  nach  der  Bildungsbasis  der  Zeit 
id  nach  der  persönlichen  Stimmung  und  Fähigkeit  die  Erzählungsweise, 
e  psychologische  Charakteristik,  die  Gründlichkeit  der  Information,  die 
etonung  des  kirchlichen  oder  staatlichen  Lebens:  aber  keine  neue 
echnik,  keine  neue  kritische  Methode,  keine  prinzipiell  neue 
uffassung  verändert  erkennbar  den  Gesamtcharakter  der  geschichtlichen 
orschung  und  Darstellung. 

Wie  im  Leben  des  byzantinischen  Staates  die  alte  römische  Idee 
irch  alle  Stürme  der  Jahrhunderte  ungebrochen  fortdauerte,  so  herrschte 
ie  Tradition  auch  in  der  Darstellung  dieses  Lebens.  Die  ungeheuere 
rirksamkeit  der  uralten  Schulung  wird  sofort  klar,  wenn  man  sich  die 
'übe  ninmit,  einen  Psellos,  einen  Kinnamos,  einen  Niketas  Akominatos 
it  gleichzeitigen  Erzählern  des  Abendlandes,  mit  italienischen,  franzö- 
schen  und  deutschen  Chronisten  zu  vergleichen.  Wie  unbeholfen  und 
ie  barbarisch  erscheinen  die  Abendländer  in  der  Komposition,  in  der 
sychologischen  Charakteristik,  im  Verständnis  politischer  Absichten  und 
baten!  Die  byzantinischen  Historiker  haben  sich  niemals  bei  der  trockenen 
u&ählung  von  Ereignissen,  bei  der  Verfertigung  nutzbarer  Handbücher 
IT  Belehrung  über  vergangene  Zeiten  beruhigt.  In  ihnen  blieb  stets  die 
berzeugung  lebendig,  dass  ein  Geschichtswerk  eine  geschlossene,  wohl- 
[>erlegte  und  sorgfältig  durchgearbeitete  Kunstschöpfung,  nicht  ein  zur 
ausbackenen  Unterweisung  dienender  Bilderbogen,  sondern  ein  die  Jahr- 
underte  überdauerndes  Gemälde  sein  müsse.  Die  Grundsätze  und  Hilfs- 
dttel  dieser  künstlerischen  Bethätigung  übernahmen  sie  voll  und  ganz 
on  den  Vorfahren;  sie  haben  nichts  hinzugefügt  und  nur  wenig  hinweg- 
enommen.  Selbst  die  bedenklichste  Seite  der  antiken  Geschichtschreibung, 
ie  heidnische  Form,  wirkte  wenigstens  bei  einzelnen  kräftig  fort. 

Wie  die  allgemeine  Tektonik^  so  ruht  auch  die  sprachliche  Dar- 
io* 


228 


BysantiniBclie  LitierainrgeBohiohte.    I.  Proftaisolie  litioratiir. 


Stellung  der  Historiker  auf  antiken  Mustern.  In  keiner  anderen  Litteratui 
gattung  hat  die  sprachliche  Tradition  so  nachhaltig  fortgewirkt  wie  in 
Geschichte.  Das  ist  aber  keineswegs  so  zu  verstehen,  als  ob  alle  Vi 
treter  der  Gattung  über  denselben  Leisten  gearbeitet  hätten.  Wenn 
Prokop  vornehmlich  an  Thukydides  anschliesst,  so  glaubt  Agathias  des 
Ideale  einer  kunstmässigen  Form  durch  reichliche  Anleihen  bei  den  altej 
Dichtern  näher  zu  konmien;  Theophylaktos  hält  sich  mehr  an  die  bildo^ 
reiche  Sprache  der  heiligen  Schriften  und  des  Romans,  die  er  durdj 
Schnörkel  eigener  Erfindung  zu  bereichern  sucht.  Menander  Protektit 
und  Leon  Diakonos  folgen  dem  Agathias,  Einnamos  dem  Prokop;  der  ad 
datische  Nikephoros  Bryennios  greift  auf  den  einfachen  Xenophon  zurücij 
dagegen  wetteifert  seine  gelehrte  Gemahlin  Anna  mit  Thukydides  udi 
Polybios;  Niketas  Akominatos  fühlt  sich  zu  den  alten  Eirchenschriftstellen 
hingezogen.  Chalkondyles  und  Kritobulos  endlich,  die  letzten  Vertretti 
der  Gattung,  vollenden  den  Kreislauf,  indem  sie  sich  wiederum  aufs  engst 
an  die  ersten  Historiker,  an  Herodot  und  Thukydides,  anschliessen.  Zi 
den  klassischen  Mustern  kommt  natürlich  auch  bei  den  Geschichtschreiben 
wie  bei  fast  allen  Autoren  von  Byzanz  der  mächtige  Einfluss  der  kirch 
liehen  Diktion. 

Einzelne  Historiker  gingen  in  der  Bewunderung  ihrer  Vorbilder  ai 
weit,  dass  sie  ihnen  nicht  bloss  in  der  Auswahl  der  Formen,  Wörter  um 
Ausdrücke,  sondern  auch  in  der  Anordnung  des  Stoffes  und  in  der  Schilde 
rung  bestimmter  Ereignisse  und  Zustände  folgten,  wodurch  die  Elarhei 
und  Treue  der  Erzählung  zuweilen  stark  beeinträchtigt  wurden.  Ähnlid 
verfuhren  übrigens  auch  die  jüngeren  römischen  Annalisten  und  die  Qe 
Schichtschreiber  der  karolingischen  Zeit.^) 

Von  der  Mannigfaltigkeit  der  Vorbilder  abgesehen,  ergaben  sich  nod 
bedeutende  Schwankungen  durch  die  Verschiedenheit  der  individuelle] 
Bildung,  der  stilistischen  Befähigung  und  des  künstlerischen  Geschmacks 
nicht  zum  wenigsten  endlich  durch  die  Wandelungen,  die  sich  unabhängi| 
von  der  blossen  Imitation  im  Innern  der  offiziellen  Kunstsprache  selbg 
vollzogen.  Nichts  wäre  daher  unrichtiger  als  aus  der  Thatsache  der  all 
gemeinen  Nachahmungslust  auf  eine  rein  mechanische,  schablonenartig« 
Form  zu  schliessen.  Die  byzantinischen  Historiker  traten  hinter  ihrei 
Vorbildern  keineswegs  völlig  selbstlos  zurück.  Sie  besassen  meist  so  vie 
allgemeine  Bildung  und  künstlerisches  Empfinden,  dass  sie  die  reichei 
Schätze  der  Vorfahren  bis  zu  einem  gewissen  Grade  mit  selbständige: 
Kraft  für  ihre  eigenen  Zwecke  zu  verarbeiten  wussten.  Eine  genauen 
Erforschung  der  tausendjährigen  Geschichte  des  historischen  Stils  bei  dei 
Byzantinern  fehlt  noch;  sicher  ist  aber  schon  jetzt,  dass  mit  der  land 
läufigen  Vorstellung  von  der  chinesischen  Starrheit  desselben  durchaus  ge- 
brechen  werden  muss. 

Wie  die  Form  der  byzantinischen  Geschichtschreibung  durch  di< 
antike  Tradition  bedingt  ist,  so  beherrscht  der  alte  Geist  auch  die  Auf 


0  Vgl.  Ed.  Zarncke,  Der  Eiofluss  der 
griech.  Litt,  auf  die  Entwicklung  der  rOm. 


Prosa,  Commentat.  philol.  für  0.  Ribbecl 
Leipzig  1888  S.  282  ff.,  817  ff. 


8.  CkMhiohtsohreiber  und  ChroniBien.    A.  GeBchiolitachreiber.    (§  96)        229 

fassung  des  inneren  Wesens  und  Berufes  der  Geschichte.  Die 
meisten  Historiker  von  Byzänz  besitzen  ohne  Zweifel  geschichtlichen  Sinn 
und  üben  an  der  Überlieferung  Kritik.  Dass  sie  hinter  der  modernen 
Genauigkeit  weit  zurückbleiben,  ist  kein  Vorwurf;  denn  diese  ist  erst  durch 
die  gesteigerten  Mittel  der  Veröffentlichung  und  Vervielfältigung  möglich 
geworden.  Soweit  es  aber  die  persönlichen  Kräfte  und  die  Bedingungen 
des  Zeitalters  gestatten,  streben  die  Geschichtschreiber  in  Byzanz  nach 
Information  und  bemühen  sich  von  wohlunterrichteten  Personen  ausführ- 
liche Nachrichten  zu  erhalten.  Sie  verschmähen  es  nicht,  zu  diesem  Be- 
hufe  rohe  Kriegsleute,  die  wichtigen  Ereignissen  beiwohnten,  gründlich 
auszufi*agen;  sie  verstehen  sich  sogar  dazu,  fremde,  von  „  Barbaren '^  wie 
Persem  und  Armeniern  abgefasste  Schriftwerke  zu  benützen.  Grosse  Sorg- 
falt verwenden  manche  auf  die  Beschreibung  der  Lokalitäten,  in  denen 
die  Begebenheiten  spielen;  mit  Vorliebe  werden  geographische  und  sogar 
ethnographische  Skizzen  eingeschaltet.  Sehr  bemerkenswert  ist  auch  das 
Streben,  der  Erzählung  durch  Einreihung  von  Aktenstücken  und  Briefen 
einen  möglichst  urkundlichen  Charakter  zu  verleihen.  Nicht  allen  gelingt 
es  freilich  zur  richtigen  Erkenntnis  der  Thatsachen  vorzudringen;  am  besten 
erreichen  dieses  Ziel  die  Darsteller,  welche  in  hohen  Ämtern  des  Staates 
oder  der  Kirche  an  den  politischen  Dingen  selbstthätig  Anteil  nehmen; 
die  Zahl  dieser  Bevorzugten  ist  recht  stattlich.  Schwieriger  wird  die  In- 
formation in  den  letzten  Jahrhunderten,  als  die  Leitung  der  Angelegen- 
heiten den  Händen  der  Byzantiner  entschlüpfte  und  von  fremden  Völkern 
wie  den  Türken  übernommen  wurde.  So  konnte  es  namentlich  dem 
Laonikos  Chalkondyles  beim  besten  Willen  nicht  mehr  gelingen,  den  Schau- 
platz der  politischen  und  kriegerischen  Verwickelungen  zu  übersehen. 
Charakteristisch  für  den  theoretischen  Grundzug  des  ganzen  Byzantiner- 
tums  ist  das  grosse  Gewicht,  welches  die  meisten  Historiker  auf  diplo- 
matische und  theologische  Konflikte  legen.  Bei  aller  Wichtigkeit, 
welche  seit  der  Komnenenzeit  die  dogmatischen  Streitigkeiten  für  die 
Lebensinteressen  des  Staates  besassen,  scheint  der  Raum,  den  die  Erzäh- 
lung dieser  Kämpfe  beansprucht,  doch  allzu  reichlich  bemessen.  Übrigens 
ist  diese  Richtung  erst  in  der  Paläologenzeit,  die  man  als  die  theologische 
Epoche  der  byzantinischen  Geschichtschreibung  bezeichnen  könnte,  un- 
gebührlich stark  hervorgetreten. 

Kein  Grundsatz  der  alten  historischen  Schule  hat  sich  den  Byzan- 
tinern treuer  vererbt  als  die  Objektivität;  dass  der  Historiker  unpar- 
teiisch und  wahrheitsgetreu  verfahren  müsse,  ist  allen  ohne  Ausnahme 
bewusst  und  wird  von  vielen  ausdrücklich  hervorgehoben.  Dass  trotzdem 
die  konventionelle  Neutralität  häufig  durchbrochen  wird,  erklärt  sich  teils 
aus  dem  despotischen  Drucke,  unter  dem  die  meisten  schrieben,  teils  aus 
persönlichen  Antipathien  und  Sympathien.  Am  bedenklichsten  wird  die 
Objektivität  getrübt  bei  den  eigentlichen  Hofgeschichtschreibern  wie 
Psellos.  Aber  auch  wenn  diese  Erzähler  parteiisch  sind,  bemühen  sie  sich, 
«orgfaltigst  ihre  Empfindungen  zurückzuhalten  und  sprechen  mit  der  Miene 
des  Gleichmutes  über  Freunde  und  Feinde,  über  Glück  und  Unglück. 

Zuletzt  ist  bei  der  Beurteilung  der  Gesamtleistung  der  byzantinischen 


230  Bysaniinisohe  litieratorgesphicliie.    I.  Prosaisohe  Litieratnr. 

Historiker  wohl  zu  bedenken,  dass  die  wichtigsten  Vorbedingungen  für  die  . 
Ausbildung  einer  durch  erzieherische  Kraft  und  künstlerische  Form  ausge*  ^ 
zeichneten  Geschichtschreibung,  auf  Freiheit  begründete  Vaterlands-" 
liebe  und  politische  Überzeugung,  in  Byzanz  in  einem  weit  ge*  ' 
ringeren  Masse  vorhanden  waren  als  in  den  Ländern,  wo  sich  die  Gte- 
schichtschreibung  in  alter  und  neuer  Zeit  zur  höchsten  Blüte  entfaltet  hat. 
Zweifellos  aber  stehen  die  Historiker  an  der  Spitze  der  byzantinischen 
Prosa.  In  keiner  anderen  Litteraturgattung  ausser  in  der  Kirchenpoesie 
hat  das  byzantinische  Vermögen  so  reiche  und  so  gediegene  Früchte  her- 
vorgebracht. Bei  aller  formalen  Abhängigkeit  mussten  die  Geschicht- 
schreiber doch  etwas  Neues  schaffen;  denn  sie  hatten  durchaus  neue 
Stoffe  vor  sich.  Diese  Stoffe  waren,  namentlich  bis  zum  13.  Jahrhundert, 
keineswegs  unbedeutend.  Die  mächtigen  Figuren  eines  Justinian,  Belisar 
und  Narses,  eines  Heraklios,  die  ungeheuere  Kraftbethätigung  unter  den 
Kaisem  des  makedonischen  Hauses,  der  politische  und  litterarische  Auf- 
schwung unter  den  Komnenen,  endlich  die  Überflutung  des  Ostens  durch 
die  fränkischen  Eroberer  gehören  zum  grossartigsten  Material,  das  die 
Weltgeschichte  kennt.  Ein  tausendjähriges  Ringen,  furchtbare  auswärtige 
Kriege  und  blutige  innere  Konflikte,  staunenswerte  Heldenthaten  und  das 
unheimliche  Spiel  der  feinsten  Diplomatie,  die  edelsten  und  die  ver- 
worfensten Züge  der  menschlichen  Natur  waren  hier  zu  schildern  und  sind 
häufig  mit  bestem  Erfolg  geschildert  worden. 

Zur  Charakteristik  der  byzantinischen  Historiker:  A.  v.  Gutschmid,  Die  Grenz- 
boten 22  (1863)  1,  344  f.  =  Kleine  Schriften  5  (1894)  412  ff.  —  G.  Neumann,  Griechische 
Geschichtschreiber  und  Geschichtsquellen  im  zwölften  Jahrhundert,  Leipzig  1888  S.  1 — 16. 
—  lieber  byzantinische  Hofhistoriographie  vgl.  W.  Fischer,  Mitteilungen  des  Instituts 
für  österr.  Geschichtsforschung  7  (1886)  374  ff. 

97.  Prokopios  {Ugoxomog),  der  bedeutendste  Geschichtschreiber  der 
spätgriechisch-byzantinischen  Epoche,  wurde  gegen  das  Ende  des  5.  Jahr- 
hunderts zu  Kaesarea  in  Palästina  geboren.  Er  wandte  sich  der  juridischen 
Laufbahn  zu  und  suchte  das  Feld  seiner  Thätigkeit,  wie  es  schon  damals 
und  noch  mehr  später  die  fähigen  Köpfe  zu  thun  pflegten,  in  der  Haupt- 
stadt des  Reiches.  In  Konstantinopel  muss  er  sich  bald  bekannt  gemacht 
haben;  denn  schon  im  Jahre  527,  kurz  vor  dem  Tode  des  Kaisers  Justin, 
wurde  er  aufgefordert  dem  General  Belisar  als  rechtskundiger  Rat  und 
Sekretär  (als  ^v/ußovXog^  ndqsdQog  und  vnoyQafpevg)  zu  dienen.  In  dieser 
wichtigen  und  verantwortungsvollen  Stellung  begleitete  Prokop  den  Belisar 
auf  den  meisten  seiner  Kriegszüge.  Im  Jahre  533  zog  er  mit  Belisar 
gegen  die  Vandalen  nach  Afrika,  wo  er  nach  dem  Abzüge  Belisars  noch 
einige  Zeit  verblieb;  536  ging  er  nach  Italien,  wo  Belisar  gegen  die  Goten 
kämpfte;  dann  folgte  er  ihm  nach  dem  fernen  Osten  zum  Feldzuge  gegen 
die  Perser ;  542  treffen  wir  ihn  wieder  in  Konstantinopel.  Nach  Nikephoros 
P.  und  Suidas  wurde  er  zum  Range  eines  Dlustrios  erhoben.  Die  Zeit 
seines  Todes  ist  nicht  genau  bekannt;  doch  hat  er  wahrscheinlich  das 
Jahr  562  noch  erlebt.  Prokop  hat  die  Zeit  des  Justinian  durch  drei  nach 
Inhalt  und  Zweck  sehr  verschiedene,  sich  gegenseitig  ergänzende  Werke 
bekannt  gemacht. 

1.  An  der  Spitze  steht  sowohl  chronologisch  als  nach  seinem  inneren 


8.  Oesohiohtsohreiber  und  Chronisten.    A.  Geschiohtaohreiber.    (§  97).     231 


Werte  das  grosse  Geschichtswerk  in  8  Büchern  (^ItfroQixov  iv  ßißXioiq 
oxTfo.    Photios,   cod.  63).     Prokop   erzählt  in   demselben   die  Kriege   der 

I  Byzantiner  gegen  die  Perser  (2  Bücher),  gegen  die  Vandalen  (2  Bücher) 
und  gegen  die  Goten  (3  Bücher);  im   8.  Buche  gibt  er  noch  eine  über- 

}  sichtliche  Darstellung  der  Ereignisse  bis  zum  Jahre  554.  Da  jedoch  ausser 
diesen  Kriegen  auch  andere  Begebenheiten  erwähnt  werden,  kann  man 
das  Werk  geradezu  als  eine  Geschichte  der  Zeit  Justinians  bezeichnen. 
Daher  bemerkt  Agathias  in  seinem  Proömion,  Prokop  habe  die  meisten 
Ereignisse  zur  Zeit  des  Justinian  {rd  nXeXaxa  rwv  xaxd  tovg  'lovaunavov 

'  XQovot^g  yfyBvrinäviav)  beschrieben.  Dass  bei  späteren  Historikern  das 
Werk   häufig  als  Geschichte  der  Kriegsthaten  BeUsars  aufgefasst  wird, 

I  erklärt  sich  aus  der  dominierenden  Stellung,  die  Belisar  als  Lenker 
der  flreignisse  einnimmt,  und  aus  der  grossen  Popularität,   die  der  selbst 

(zum  Helden  einer  Volkssage  erhobene  Feldherr  im  Mittelalter  genoss.  Die 
Anordnung  des  Stoffes  ist  in  den  ersten  sieben  Büchern  wie  bei  Appian 
\  eine  lokale,  wodurch  freilich  der  geschichtliche  Zusammenhang  häufig 
^  unterbrochen  wird;  nur  im  achten  Buche  ist  Prokop  von  diesem  Prinzipe 
!  abgegangen,  weshalb  er  seine  Darstellung  hier  buntscheckig  {jroixiXrj)  nennt. 
Der  grOsste  Teil  der  Historien  war  wohl  schon  im  Jahre  545  vollendet, 
einzelne  Partien  wurden  in  den  folgenden  Jahren  geschrieben.  Die  ersten 
,  sieben  Bücher  sind  von  dem  Verfasser  selbst  im  Jahre  550  oder  551  heraus- 
gegeben worden;  das  achte  Buch,  das  eine  Art  Supplement  bildet,  erschien 
nicht  vor  554.  Für  den  Bericht  über  die  seiner  Zeit  vorausgehenden 
Thatsachen  hat  Prokop  umfassende  Quellenstudien  >)  gemacht.  Er  erwähnt 
Spezialhistoriker,*)  zitiert  den  Herodot,  Aeschylos,  Aristoteles,  Arrian  und 
Strabo;  doch  nennt  er  seine  Quellen  meist  nur,  wenn  er  von  ihnen  ab- 
weicht. Für  armenische  Dinge  benützte  er  das  Geschichtswerk  des  Faustus 
von  Byzanz.  Die  Darstellung  der  zeitgenössischen  Ereignisse  beruht 
grösstenteils  auf  seinen  eigenen  Erlebnissen,  Beobachtungen  und  persön- 
lichen Erkundigungen.  Daher  rührt  die  grosse  Menge  spezieller  Züge  und 
charakteristischer  Anekdoten,  die  das  Werk  beleben. 

2.  Nach  den  ersten  sieben  Büchern  der  Kriegsgeschichte  verfasste 
Prokop,  im  Jahre  550,  das  merkwürdige  Memoirenwerk,  das  von  Suidas  •) 
als  Anekdota,  in  der  neueren  Zeit  gewöhnlich  als  Geheimgeschichte 
(Historia  arcana)  bezeichnet  wird.  Die  Schrift  schliesst  unmittelbar  an  die 
ersten  sieben  Bücher  der  Kriegsgeschichte  an;  sie  bildet  zu  diesem  Werke 
eine  Berichtigung  und  Ergänzung,  indem  sie  alles  nachträgt,  was  dort 
aus  Furcht  vor  dem  Kaiser  und  seiner  Gemahlin  Theodora  entweder  gar 
nicht  oder  nicht  wahrheitsgetreu  gesagt  werden  konnte.  So  wird  die  Ge- 
heimgeschichte zu  einer  beispiellos  bitteren  Anklageschrift  gegen  die 
despotische  Regierung  des  Justinian  und  der  Theodora,  zum  Teil  auch  gegen 


')  Agathias  IV  26  (S.  264, 19  ed.  Bonn.) : 
d»(  TtXticta  fiefitidfjxota  xai  ndcay  tug  eineiy 
iatoglttr  dyaXe^afieyoy, 

*)  Z.  B.  Vandal.  II 10  (S.  449, 20  ed.  Bonn.), 
Fers.  II  12  (S.  208,  17  ed.  Bonn.). 

*)  Soidas  8.  V.  Bgoxontog:  fyQ€np$  xal 
kxfQoy    ßißXioy,    xä    xaXwfjtWtt    Avix^oxa 


xtHy  avxov  (so.  'lovaxiyiayov)  ngä^etay,  tag 
eiyai,  tt/Ä<p6xeoa  xd  ßißXla  ivvia  .  x6  ßißXioy 
Ugoxoniov,  xo  xaXov/Äcyoy  'Ayixdoxa  tf/oyovg 
xal  xtofAtfidiag  'lovaxiviayov  xov  ßaciX^tag  nBQi' 
^/e»  xal  xijg  avxov  yvvaixog  Seodoigag,  dXXd 
finy  xal  avxov  BeXuragiov  xal  xrjg  yafiexijg 
avxov. 


232 


Byzantinische  Litteratargesohicliie.    I.  Prosaische  Litteratnr. 


Belisar  und  seine  Gemahlin.  Trotzdem  finden  sich  zwischen  den  Anekdota 
und  der  Kriegsgeschichte  wenig  sachliche  Widersprüche.  Dort  hatte  er 
die  Thatsachen  objektiv  angeführt  und  dem  verständigen  Leser  überlassen 
zwischen  den  Zeilen  zu  lesen:  hier  zieht  er  die  Moral  selbst  und  zwar 
mit  einer  rücksichtslosen  Strenge,  die  manchmal  ungerecht  und  kurz- 
sichtig wird.  Justinian  ist  nach  Prokop  an  allem  schuld,  sogar  an  elemen- 
taren Ereignissen  wie  Gewittern  und  Feuersbrünsten.  Bei  der  Schilderung 
der  Verworfenheit  Theodoras  scheut  der  Geschichtschreiber  im  Feuer  seiner 
Entrüstung  selbst  vor  bedenklichen  Obscönitäten  nicht  zurück.  Es  ist  zu 
vermuten,  dass  Prokop  die  Anekdota  als  eine  Art  geheimes  Tagebuch 
stetig  ausarbeitete  und  als  Vermächtnis  seiner  Wahrheitsliebe  einem 
Freunde  zur  Veröffentlichung  nach  Justinians  Tode  übergab.  Sucht  man 
für  dieses  eigenartige  Werk  ein  antikes  Vorbild,  so  mag  man  an  Theo- 
pomps Geschichte  des  Königs  Philipp  denken,  in  der  ja  auch  die  geheime 
Geschichte  eine  grosse,  von  Dionysios  von  Halikamass  ^)  besonders  hervor- 
gehobene Rolle  spielte. 

Wegen  der  unerhörten  Angriffe  auf  Justinian  ist  die  Echtheit  der 
Anekdota  häufig  bestritten  worden,  und  die  überreiche,  zum  Teil  recht 
unkritische  Litteratur  über  diese  Frage  steht  im  Mittelpunkt  aller  auf 
Prokop  gerichteten  gelehrten  Bestrebungen.  Die  Erkenntnis  des  Richtigen 
wurde  früher  namentlich  durch  die  unsinnige  Manie  getrübt,  die  Frage 
als  Parteisache  zu  behandeln.  Die  Juristen  kämpften  gegen  die  Echtheit, 
weil  sie  auf  ihren  geliebten  Justinian  nichts  Böses  kommen  lassen  wollten; 
katholische  Theologen  glaubten  durch  Erweisung  der  Echtheit,  protestan- 
tische durch  Behauptung  der  ünechtheit  dem  Interesse  ihrer  Kirche  zu 
dienen.  Gegenwärtig  ist  die  Autorschaft  des  Prokop  durch  sachliche  und 
stilistische^)  Gründe,  wenn  nicht  evident  erwiesen,  so  doch  höchst  wahr- 
scheinlich gemacht. 

3.  Zuletzt  schrieb  Prokop  das  Werk  über  die  Bauten  Justinians 
(IIsqI  xriCjitar«!',  De  aedificiis),  das,  wenn  Theophanes  den  Bau  der  von 
Prokop  erwähnten  Brücke  über  den  Sangarios  mit  Recht  ins  Jahr  560 
setzt,  erst  nach  diesem  Jahre,  in  keinem  Falle  vor  558,  vollendet  und 
herausgegeben  worden  ist.  Während  Prokop  in  der  Kriegsgeschichte 
manche  bittere  Wahrheit  ausgesprochen  hatte,  erscheint  die  Schrift  über 
die  Gebäude  als  ein  echt  byzantinischer  Panegyrikus  auf  den  Kaiser, 
als  ein  Musterstück  und  Vorbild  jener  unerquicklichen  Gattung,  welche  in 
der  Zeit  der  Komnenen  und  Paläologen  ihre  höchste  Ausbildung  erreichte. 
Die  Veranlassung  des  Werkes  ist  nicht  bekannt;  wahrscheinlich  hatte 
Prokop  dringenden  Grund,  die  Verstimmung,  die  seine  ziemlich  unver- 
hohlene Kritik  in  der  Kriegsgeschichte  hervorgerufen  haben  mochte,  durch 
eine  duftige  Lobrede  zu  beseitigen;  vielleicht  handelte  er  auch  geradezu 
im  Auftrage  des  Kaisers.  Er  rühmt  alle  guten  Eigenschaften  Justinians, 
seine  Milde,  seine  gesetzgeberische  und  politische  Thätigkeit;  dann  wendet 
er   sich    zum  Hauptgegenstande    seiner    Schrift,   einer   Beschreibung  von 


')  De  imitatione  librorum  reliquiae  ed. 
H.  Usener,  Bonn  1889  S.  26. 

>)  S.  Dahns  Werk  über  Prokop  S.  416 


bis  447  und  H.  Braun,  Procopius  C.  quaienus 
imit.  Sit  Thucyd.  S.  54  ff. 


8.  QaMhiohtsdireiber  und  Chronisten.    A.  GeBohichtsclireiber.    (§  97)      233 


istinians  Bauten  in  allen  Teilen  des  weiten  Reiches.  Um  diesem  Thema 
ne  panegyrische  Seite  abzugewinnen,  stellt  er  alles,  was  unter  Justinians 
ogierung  irgendwo  aus  Staatsmitteln  gebaut  wurde,  als  selbsteigenes 
Terk  des  Kaisers  hin.  Trotz  der  rhetorischen  Übertreibung  und  des  un- 
lässigen  Lobes,  das  zuweilen  fast  wie  Ironie  klingt,  gehört  die  Schrift 
urch  das  in  ihr  angehäufte  geographische,  topographische  und  finanz- 
rirtschaftliche  Material  zu  den  wichtigsten  Quellen  der  inneren  Geschichte 
es  byzantinischen  Reiches.  Aus  verschiedenen  Hinweisen  geht  hervor, 
ass  Prokop  beabsichtigte,  auch  die  kirchlichen  Verhältnisse  des 
5mischen  Staates  in  einem  Werke  zu  behandeln;  doch  kam  er  nicht  zur 
LUsfQhrung  dieses  Planes. 

Prokop  steht  als  Historiker  wie  als  Schriftsteller  bedeutend  da.  Er 
esass  einen  hohen  Grad  litterarischer  Bildung  und  erwarb  sich  durch 
nne  Stellung  als  Begleiter  Belisars  eine  zuverlässige  Sunmie  von  staats- 
lännischen,  militärischen,  geographischen  und  ethnographischen  Kennt- 
issen;  so  konnte  er  seine  Werke  auf  einer  sicheren  Grundlage  aufbauen 
le  wenig  andere.  Wie  Polybios  legte  er  besonders  grossen  Wert  darauf, 
ie  Leser  durch  geographische  Exkurse  über  die  fremden  Völker  und  die 
ehauplätze  der  geschilderten  Thaten  zu  unterrichten,  damit  sie,  wie  er 
inmal  bemerkt,^)  nicht  Leuten  glichen,  die  mit  unsichtbaren  Schatten 
ämpfen,  sondern  wüssten,  mit  was  für  einer  Menschenart  sie  zu  thun 
aben.  Selbst  die  Mirabilien  verschiedener  Landschaften  verwertete  er  zur 
harakteristik  und  zur  Erregung  der  Teihiahme.  Seine  nahe  Verbindung 
lit  den  leitenden  Kreisen  machte  es  ihm  möglich,  sein  Zeitalter  von  einem 
rhabenen  Standpunkt  aus  zu  überschauen.  Mit  diesen  Vorzügen  ver- 
indet  er  eine  achtungswerte  Wahrheitsliebe.  Das  devote  Verhalten  gegen 
ustinian  in  der  Kriegsgeschichte  und  noch  mehr  in  der  Schrift  über  die 
tauten  wird  durch  den  despotischen  Druck  entschuldigt,  unter  dem  er 
chrieb;  trotz  aller  scheinbaren  Anerkennung  gibt  Prokop  dem  verständigen 
«eser  immerhin  noch  genug  Mittel  an  die  Hand,  um  die  verschleierte 
Vahrheit  zu  erkennen.  In  Komposition  und  Darstellung  folgt  Prokop 
Iten  Vorbildern,  vor  allem  dem  Herodot  und  Thukydides.  Ihnen  ent- 
?hnt  er  zahlreiche  Lieblingswörter  und  Wendungen  und  zuweilen  scheint 
r  sogar  die  genaue  Wahrheit  der  aus  Thukydides  entnommenen  Phrase 
eopfert  zu  haben.  Im  schwierigsten  Teil  der  Sprache,  der  sich  am 
renigsten  nachahmen  lässt,  in  der  Syntax  verrät  sich  freilich  auch  bei 
^okop  das  Schwinden  des  altgriechischen  Sprachgefühls;  Symptome  hiefür 
ind  der  unpassende  Gebrauch  des  Optativs  und  die  Verwirrung  in  der 
Konstruktion  der  Präpositionen.  Inmierhin  schreibt  Prokop  im  ganzen 
inen  klaren,  anschaulichen  und  kräftigen  Stil,  der  sich  von  der  blumigen 
H?hnörkelei  des  Agathias  und  dem  dunkeln  Marinismus  des  Theophylaktos 
orteilhaft    unterscheidet.     Wie   sehr   Prokop   von    der   alten   Geschieht- 


>)  Goth.  IV  1  (S.  462, 2  ed.  Bonn.) :  ÖTiüif 

la^tM^^  X^q'^^  lirra«,  oca  te  yi^ti  dy^gtanaty 
iutf*  avxtjy  IdgvytMf  xal  fjLtj  vnig  ruty  dtpa- 
xiy  atpLöiP  winsQ  ol  cxmfjiaxovvTes  diaXfyec^ 


^ai  dytiyxdCfat^m,  ov  fJtoi  dno  xaiQov  edo^ey 
€iyM  dyaygdipaa&ai  iyzavSa  rov  Xoyov  oytiya 
Srj  TQonoy  dySgtonoi  oixovüi  roy  Ev^etyoy 
xaXovfÄßyoy  noytoy. 


234  Bysantinische  Litteratargesohioliie.    L  Prosaisolie  Litteratnr. 

Schreibung  abhängig  ist,  beweist  am  deutlichsten  die  seltsame  Verwirrung, 
die  in  seinem  Werke  durch  die  Verquickung  antiker  Weltanschauung  und 
christlicher  Lehre  entstanden  ist.  Von  der  höheren  Macht,  die  über  den 
menschlichen  Angelegenheiten  waltet,  spricht  Prokop  bald  wie  ein  Christ, 
bald  wie  ein  alter  Hellene;  sie  erscheint  bei  ihm  bald  als  vA^og,  bald  als 
xheXov^  dai'iKüv^  dmiioviov  oder  gar  als  ti/x?^.  Die  aus  den  antiken  Autoren 
übernommene  Schicksalsidee  durchkreuzt  sich  mit  der  theistischen  Vor- 
stellung des  Christen;  zu  einer  Vermittelung  kann  dieser  Gegensatz  aus 
dem  einfachen  Grunde  nicht  gelangen,  weil  bei  Prokop  die  Eonzession 
an  die  alten  Vorstellungen  nicht  aus  philosophischer  Überlegung  und  Über- 
zeugung, sondern  aus  rein  tektonischen  Absichten  entspringt.  Wie  er 
seinen  alten  Vorbildern  Wörter,  Phrasen  und  Bilder  entnahm,  so  folgte 
er  ihnen  auch  in  der  Art,  wie  sie  sich  über  die  letzten  Gründe  der  mensch- 
lichen Begebenheiten  äussern.  Dass  die  antike  Tyche  sich  mit  dem 
Christentum  nicht  verträgt,  liess  er  unbemerkt  oder  wenigstens  unbeachtet 

Wenn  man  das  Bild  des  Prokop  durch  einen  Vergleich  mit  alten 
Historikern  noch  deutlicher  machen  will,  so  fällt  die  Ähnlichkeit  mit 
Polybios  in  die  Augen.  Beide  stehen  am  Wendepunkt  zweier  Perioden 
der  griechischen  Geschichtschreibung.  Polybios  vermittelt  den  Übergang 
von  der  klassischen  Zeit  zum  Hellenismus,  Prokop  blickt  aus  dem  sinkenden 
Altertum  ins  byzantinische  Mittelalter.  Polybios  und  Prokop  haben  im 
Gegensatz  zu  den  zahlreichen  Stubenhistorikem  der  hellenistischen  und 
byzantinischen  Zeit  den  Vorzug  gemeinsam,  dass  sie  als  Begleiter  und 
Berater  eines  grossen  Feldherm  an  den  politischen  und  militärischen  Er- 
eignissen als  Augen-  und  Ohrenzeugen  lebendigen  Anteil  nahmen  und  die 
weit  ausgedehnten  Schauplätze  der  geschilderten  Thaten  meist  durch  eigene 
Anschauung  kennen  lernten. 

1.  Ausgaben:  Die  ältesten  Ausgaben  einzelner  Werke  von  Beatus  Rhenanus, 
David  Hoeschelius  u.  a.  haben  nur  antiquarischen  Wert.  Wichtiger  sind:  Anecdota  ed. 
pr.  N.  Alemann  US,  Lugduni  1623,  mit  einem  gelehrten  Kommentar,  der  in  der  Bonner 
Ausgabe  wiederholt  ist,  und  Anecdota  ed.  Job.  Eichelius,  Helmstadi  1654.  Beide 
Ausgaben  sind  charakteristisch  für  die  Art,  wie  Prokop  in  die  politischen  und  religiösen 
Streitigkeiten  der  Reformation  hineingezogen  wurde.  —  Neuere  Ausgaben  der  Anecdota 
von  Orelli,  Turici  1827,  und  von  Isambert,  Paris  1856  (ein  oberflächliches  Machwerk). 
—  Gesamtausgabe  zuerst  im  Pariser  Corpus  von  dem  Jesuiten  Gl.  Maltretus,  2  voll., 
Paris  1662—63  (auf  ungenügender  Grundlage).  —  Wiederholt  Venedig  1729.  —  Im  Bonner 
Corpus  ex  rec.  (>.  Dindorfii,  3  voll.,  Bonnae  1833—38,  ohne  nennenswerte  Förderung 
des  noch  immer  stark  verdorbenen  Textes.  Vgl.  van  Her  wer  den,  Mnemosyne  9  (1881) 
151,  und  E.  Schenkl,  Bursians  Jahresbericht  38,  255.  —  Ausgewählte  Kapitel  aus  Prokops 
Vandalenkrieg  1119—28  sind  kritisch  hergestellt  von  W.  Meyer  aus  Speier  bei  Jos. 
Partsch,  Corippus  (=  Monumenta  Germ.  Hist.,  Auct.  antiquissimi  III  2)  Berlin  1879 
S.  XXXVIII — XLIII.  —  Kritische  Ausgabe  des  Gotenkrieges  mit  ital.  Uebersetzung  von 
D.  Comparetti,  bis  jetzt  vol.  primo,  Rom  1895  (=  Fonti  per  la  storia  d'Italia,  Scrittori, 
secolo  VI).  —  Eine  luitische  Gesamtausgabe  wird  fßr  die  Bibliotheca  Teubneriana  vorbe- 
reitet von  J.  Haury. 

2.  Uebersetzungen:  Lateinisch:  Noch  vor  der  Veröffentlichung  des  griechischen 
Textes  gab  eine  freie  Bearbeitung  des  Gotenkrieges  mit  Verschweigung  des  Automamens 
als  sein  eigenes  Werk  Leonardo  Aretino  ,De  hello  Italico  ad  versus  Gothos*,  Fuligno 
1470.  —  Die  letzten  4  Bücher  der  Kriegsgeschichte  lat.  von  Cristoforo  Persona,  Rom 
1506;  die  ersten  4  von  Raffaele  Volaterrano,  Rom  1509.  —  Weitere  lat.  lieber- 
tragungen  in  den  ersten  Ausgaben  des  griech.  Textes.  —  Vier  Bücher  der  Kriegsgeschichte 
mit  Exzerpten  aus  Agathias  übertrug  ins  Lateinische  kein  Geringerer  als  Hugo  Gro- 
tius:  Htstoria  Gothorum  etc.  ab  H.  Grotio  partim  versa,  partim  in  ordinem  digesta,  Amste- 


8.  Oesohiolitsohreiber  nnd  ChroniBten.    A.  Gesohiclitsclireiber.    (§  97)      235 

lodami  1655.  —  Lateinisclie  Uebersetzung  sfimtlicher  Werke  von  dem  Pariser  Herausgeber 

Maltretus,  die  aucb  in  der  Bonner  Ausgabe  wiederholt  ist. 

{  Italienisch:    Zuerst  wnide   der  Gotenkrieg  im  Auftrage   des  Hercules  von  Este, 

\   HenEogs  von  Ferrara  (Miser  Uercule  Duca  de  Ferrara;  reg.  1471  —  1505)  ital.  übersetzt  von 

f   Nicolo    di   Lonigo.     Das   Widmungsexemplar   dieser   ungedruckten    Uebersetzung,    ein 

schöner,  mit  goldenen  und  kolorierten  Initialen  geschmückter  Pergamentband,  s.  15,  ist  uns 

im  Cod.  Ambros.  A.  272.   in  f.  erhalten.  —  Dann  übertrug   den  Gotenkrieg,  auf  Grund 

der  fehlerhaften  lat.  Uebersetzung  des  Persona,   Benedetto  Egio  aus  Spoleto,   Venedig 

1544;    von  demselben   der  Perser-  und  Vandalenkrieg,    Venedig  1547,   und  De   aedificiis, 

Venedig  1547.  —  Endlich  erschien  der  ganze  Prokop  ital.,  die  Kriegsgeschichte  von  Gius. 

Rossi,  die  zwei  anderen  Werke  von  Compagnoni  in  der  ,Collana  degli  antichi  scrittori 

greci  Tolganzzati',  Mailand  1828—1830.  —  Zuletzt  gab  eine  musterhafte  Uebersetzung  des 

Gotenkrieges  D.  Comparetti  in  der  oben  erwähnten  Ausgabe. 

Französisch:  Gotenkrieg  von  Gn.  Paradin,  Lyon  1578.  —  Vandalen- und  Goten- 
krieg  von  Fumör  Sieur  de  Genill^,  Paris  1587.  —  Perser-  und  Vandalenkrieg  von 
L.  de  Mauger,  Paris  1669—1670.  —  Anecdota  in  der  Ausgabe  von  Isambert. 

Englisch:  Kriegsgeschichte  von  Henry  Holcroft,  London  1653.  —  Anekdota 
von  einem  Ungenannten,  London  1674.  —  De  aedificiis  von  Aubrey  Stewart  mit  Kom- 
mentar von  C.  W.  Wilson  und  Hayter  Lewis  als  Nr.  3  der  ,Palestine  Pilgrims  Text 
Society^  London  1888  (mit  Plänen  und  Karten). 

Deutsch:  Kriegsgeschichte  von  Fr.  Kanngiesser,  4  Bde.,  Greifswalde  1827—31.  — 
Gotenkrieg.  Nebst  Auszügen  aus  Agathias  sowie  Fragmenten  des  Anonymus  Valesianus 
und  des  Johannes  von  Antiochia  übersetzt  von  D.  Coste,  Leipzig  1885.  —  Vandalenkrieg, 
fibersetzt  von  D.  Coste,  Leipzig  1885.  (Beide  =  Die  Geschichtschreiber  der  deutschen 
Vorzeit  in  deutscher  Bearbeitung,  6.  Jahrb.,  Band  III  und  II.)  —  Geheimgeschichte  von 
J.  P.  Reinhard,  Erlangen-Leipzig  1753. 

Russisch:  Prokopios  von  Kaesarea,  Geschichte  der  Kriege  mit  den  Persem,  Van- 
dalen  und  Goten,  übersetzt  von  Spyr.  Destunis  und  kommentiert  von  Gabriel  Des- 
to nis.  Geschichte  der  Kriege  mit  den  Vandalen,  Buch  I,  Petersburg  1891.  Besprochen 
von  D.  Beljajev,  Joum.  Min.  1892  Bd.  284,  Novemberheft  S.  163—176. 

3.  Hilfsmittel:  Drei  allgemeine  Darstellungen:  W.  S.  Teuffels  Abhandl.  in 
Schmids  Zeitschrift  für  Geschichtswissenschaft  8  (1847)  38-79,  wiederholt  in  W.  S.  TeuffeU 
Stndien  und  Charakteristiken,  Leipzig  1871  (in  2.  Aufl.  Leipz.  1889  S.  248  £f.),  Felix 
Dahns  Procopius  von  Cäsarea,  Berlin  1865,  ein  ausführliches  Werk,  das  den  Prokop 
vornehmlich  vom  Standpunkt  des  Historikers  aus  behandelt,  und  die  nicht  ganz  glückliche 
Monographie  von  L.  v.  Ranke,  Weltgeschichte  IV  2  (1883)  285—312  (Die  Geheim- 
peschichte  hält  Ranke  (B.  300  £f.]  für  eine  Kompilation  aus  drei  Stücken,  von  denen  nur 
data  eine  dem  Prokop  gehören  könne.) 

Eine  Erläuterung  und  Erklärung  von  Prokops  Nachrichten   über  die  nordischen 
Länder  versucht  E.  C.  Werlauff,  Det  Kong.    Danske  Videnskabemes  Selskabs  historiske 
og  philoeophiake  Afhandlinger  1845  S.  41—104.  —  Hauptschrift  über  die   Herkunft  und 
den  Charakter  der  geographischen  Nachrichten   des  Prokop:    Julius  Jung,    Geo- 
graphisch-Historisches  bei  Procopius  von  Caesarea,  Wiener  Studien  5  (1883)  85—115.  — 
Zar  Dlostration  der  Nachrichten  Prokops  über  Afrika  bietet  reiches  Material  Ch.  Die  hl, 
Rapport  sur  deux  missions  arch^ologiques  dans  l'Afrique   du  Nord.     Extrait    des  «Nou- 
velles  Archives  des,  Missions  scientifiques  et  litt^raires*,   Paris  1894  (vgl.  B.  Z.  4,  139  £f.); 
dazu   Ch.  Diehl,   Etndes  sur  Thistoire   de  la   domination   byzantine  en  Afrique,   B.  Z.  4 
(1895)  67 — 91;   endlich  Diehls  zusammenfassendes  Werk  über  die  byzant.  Herrschaft  in 
Afrika,  das  sich  unter  der  Presse   befindet.  —  Gute  Bemerkungen  von  K.  Hopf  in  einer 
Besprechung   der  Ausgabe  Isambert  s,   Jahns  Jahrbücher  75  (1857)  769—777.    —  Ueber 
Glaubwürdigkeit  und  Quellen  s.  ausser  den  einschlägigen  Geschichtswerken  folgende 
Monographien:  H.  Reinkens,  Anecdota  sintne  scripta  a  Procopio  Caesariensi,  Vratislaviae 
1858,  gibt  schwache  Argumente   gegen  die  Echtheit  der  Anecdota.  —  W.  Gundlach, 
Quaestiones  Prokopianae,   Progr.  Hanau  1861   (auch  als  Dissert.  Marburg  1861),  eine  be- 
sonnene Arbeit  über  die  Glaubwürdigkeit  der  An.  mit  guter  Uebersicht  über  die  ganze 
Frage  nnd  die  auf  sie  bezügliche  Litteratur.  —  H.  Eckhardt,  De  Anecdotis  Prokopii,  Diss. 
Königsberg  1861,  und:  Zur  Charakteristik  des  Prok.  und  Agathias  als  Quellenschriftsteller 
(Er  den  Gotenkrieg  in  Italien,  Progr.  Königsberg  1864.  —  Aug.  Aul  er.  De  fide  Procopii 
Caes.  in  secundo  hello  Persico  Justiniani  imp.  enarrando,  Diss.  Bonn.  1876.  —  Karl  Hof- 
mann,  Zur  Kritik  der  byzant.  Quellen  für  die  Römerkriege  Kobads  I,  Progr.  Schweinfurt 
1877.  —  Zur  Beurteilung  des  Vandalenkrieges:  J.  von  Pflugk-Hartung,  Belisars  Van- 
dalenkriege.     IvXXoyo^,   EixoaineyraeTtjglf  {nagagr,  %ov  ttf   rouov,    1886)  S.  258—293.  — 
Ueber  Prokop  (Vandalenkrieg  II  10)  als  direkte  oder  indirexte   Quelle   des  Moses  von 
iÜKn«n  8.  A.  Carriere,  Noavelles  soorces  de  MoXse  de  Khoren,  Wien  1894.  —  Kirchneri 


236  Bysantinisohe  Litterainrgescliiolite.    I.  ProMdaclie  Litteraiar. 

Bemerkungen  zu  Prokops  Darstellung  der  Perserkriege  des  Anastasios,  Justin  und  Josti- 
nian,  Progr.  Wismar  1887.  —  Zu  den  Perserkriegen  vgl.  auch  H.  Usener,  Der  hl.  Theo- 
dosios,  Leipzig  1890  S.  180  f.  —  Ueber  Faustus  als  Quelle  des  Prokop  im  Perserkriege 
vgl.  H.  Geizer,  Die  Anfänge  der  armenischen  Kirche,  Ber.  d.  k.  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  1895 
S.  115.  —  Gegen  die  Glaubwürdigkeit  der  'Jyixdora,  auf  die  sich  durch  Sardous  Theodora 
neuerdings  ein  allgemeineres  Interesse  gerichtet  hat,  spricht  ausser  L.  y.  Ranke  a.  a.  0. 
noch  Debidour,  L'imp^ratrice  Theodora,  Paris  1885,  und  Mallet,  The  empress  Theodora, 
The  English  hist.  review  2  (1887)  1-21.  -  J.  B.  Bury,  A  history  of  the  later  Roman 
empire  1  (1889)  359—364,  schliesst  sich  bez.  der  Echtheitsfrage  der  Anecdota  der  Ansicht 
L.  V.  Rankes  an.  —  J.  Haury,  Procopiana,  Progr.  Augsburg  1891  (Untersuchung  der  Ab- 
fassungszeit der  Werke  Prokops  und  Verteidigung  der  Echtheit  der  Anecdota  gegen  Ranke). 

—  Rud.  Hirzel,  Zur  Charakteristik  Theopomps,  Rhein.  Mus.  47  (1892)  370—374,  be- 
obachtet gewisse  allgemeine  Uebereinstimmungen  Prokops  mit  Theopomp,  geht  aber  m.  £. 
zu  weit,  wenn  er  eine  direkte  Anlehnung  an  Theopomp  erweisen  will.  —  A.  Dimitriu, 
Zur  Frage  über  die  Uistoria  Arcana,  Odessaer  Jahrb.  4  (1894)  Byz.  Abt.  S.  258-301  (be- 
trachtet die  Geheimgeschichte  als  ein  dem  Prokop  fremdes  politisches  Pamphlet,  bestehend 
aus  zwei  Teilen,  von  welchen  der  erste,  den  Belisar  betreffende,  i.  J.  549  wohl  hauptsäch- 
lich unter  dem  Einflüsse  des  Narses  entstand,  der  zweite,  wesentlich  auf  Justinian  and 
Theodora  bezügliche,  i.  J.  559  mit  dem  ersten  ursprünglich  selbständigen  Schriftstücke 
ganz  äusserlich  verbunden  wurde).  —  B.  Pan6en  ko,  Ueber  die  Geheimgescbichte  des  Prokop, 
Viz.  Vr.  2  (1895)  24—57;  340-371  (Fortsetzung  folgt).  In  dem  bis  jetzt  vorliegenden  Teile 
seiner  Abb.  gibt  der  Verf.  eine  dankenswerte  Uebersicht  über  die  Geschichte  der  auf  die 
Anekdota  bezüglichen  Fragen  und  untersucht  die  Entstehungszeit  und  Echtheit  des  Werkes. 

—  Ueber  die  taktischen  und  strategischen  Kenntnisse  des  Prokop  s.  Max  Jahns,  Geschichte 
der  Kriegswissenschaften  I  (München  1889)  143  ff. 

4.  Sprache:  Ueber  die  Nachahmung  des  Thukydides  sprach  schon  Poppe  in  seiner 
Ausgabe  des  Thukydides,  Pars  IT  1  8.  77  ff.  —  Felix  Dahn-,  Procopius  S.  416-447,  und: 
Die  Könige  der  Goten  (1861)  2.  Abt.  S.  260-268.  —  A.  Duwe,  Quatenus  Procopius  Thu- 
cydidem  imitatus  sit,  Progr.,  Jever  1885,  eine  magere  und  fast  wertlose  lexikalische  Zu- 
sammenstellung. —  Methodischer  und  fruchtbarer  behandelte  dasselbe  Thema  H.  Braun, 
Procopius  Caes.  quatenus  imitatus  sit  Thucydidem,  Diss.,  Erlangen  1885  =  Acta  seminarii 
Erlangensis  4  (1886)  161—221.  —  H.  Braun,  Die  Nachahmung  Herodots  durch  Prokop, 
Progr.,  Nürnberg  1894.     Vgl.  die  Besprechung  von  A.  Heisenberg,  B.  Z.  5  (1896)  Heft  2. 

—  Job.  Sehe ft lein.  De  praepositionum  usu  Procopiano,  Erlanger  Diss.,  auch  als  Progr., 
Regensburg  1893. 

5.  Textkritik:  K.  L.  Struve,  Opuscula  selecta  vol.  1  (Lipsiae  1854)  243  ff.  — 
Van  Herwerden,  Mnemosyne  9  (1881)  104—112;  149—166.  —Nachtrag  dazu  von  J.  C. 
Volgraff,  Mnemosyne  10  (1882)  422  f.  —  Th.  Gomperz,  Wiener  Studien  2  (1880)  6  f. 

—  J.  Haury,  Kritisches  zu  Prokop,  Philologus  48  (1889)  756—760.  —  J.  Haury,  Pro- 
copiana, II.  Teil,  Progr.  d.  k.  Realgymn.,  München  1893.  Vgl.  die  Besprechungen  von 
H.  Braun,  B.  Z.  2,  621  f.,  und  K.  Krumbacher,  Beri.  phil.  Wochenschr.  1893  N.  43  S.  1357  ff. 

—  J.  Haury,  Zu  Prokop,  B.  Z.  2  (1893)  290.  -  H.  Braun,  Zum  Texte  des  Prokop, 
B.  Z.  2  (1893)  106-109.  -  G.  Vitelli,  Rivista  di  filologia  1895  S.  404-408. 

6.  Ueberlieferung:  Carl  Bauer,  Handschriftliches  zu  Prokop,  Abhandlungen 
etc.  W.  V.  Christ  dargebracht,  München  1891  S.  418—421,  ergänzt  aus  Cod.  Monac.  gr.  267, 
der  Exzerpte  De  Romanorum  legationibus  ad  gentes  enthält,  eine  kleine  Lücke  bei  Prokop 
I  282,9  ed.  Bonn.  Seine  Lesefehler  verbesserte  K.  K.,  B.  Z.  2,  165.  —  Hauptschriften: 
J.  Haury,  Ueber  Prokophandschriften,  Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1895  S.  129—176  (Ueber- 
sicht und  Klassifizierung).  —  M.  Kraöeninnikov,  Ueber  die  handschriftliche  Ueberliefe- 
rung der  Geheimgeschichte  des  Prokop,  Viz.  Vr.  2  (1895)  416—425. 

7.  Zur  Ergänzung  der  ersten  Kapitel  von  Prokops  Perserkrieg  dient  die  i.  J.  507 
(oder  kurz  vorher)  von  JosuaStylites  in  syrischer  Sprache  verfasste,  aber  wohl  erst 
nach  dem  Tode  des  Kaisers  Anastasios  I  veröffentlichte  Chronik,  die  durch  Anschaulichkeit 
und  Treue  der  Erzählung  ausgezeiclmet  ist.  Erste  Ausgabe :  Chronique  de  Josu^  le  Stylite. 
Texte  et  traduction  par  M.  Tabb^  P.  Martin,  Leipzig  1876  (=  Abhandl.  für  die  Kunde 
des  Morgenlandes,  herausgegeben  von  der  deutschen  morgenländ.  Ges.  VI  1).  Vgl.  die 
Besprechung  von  A.  v.  Gutschmid.  Kleine  Schriften  2  (1890)  559—567.  —  Neue  Aus- 
gabe von  W.  Wright,  The  chronicle  of  Joshua  the  Stylite,  Cambridge  1882  (syrischer 
Text  mit  englischer  Uebersetzung  und  Kommentar).  —  Ueber  die  vermittelnde  Stellung 
des  Josua  in  den  monophysitischen  Streitigkeiten  handelt  H.  Geizer,  Josua  Stylites  und  die 
damaligen  kirchlichen  Parteien  des  Ostens,  B.  Z.  1  (1892)  34-49.  —  Dazu  Th.  Nöldeke, 
Die  Synoden  von  Sidon  und  Tyrus,  B.  Z.  1  (1892)  333 — 335.  —  Dass  Josua  seine  Chronik 
dem  Archiatros  und  Presbyter  Sergios  von  Resaina  gewidmet  habe,  vermutet  Ant. 
Baumstark,  Lucubrationes  Syro-graecae,  Jahns  Jahrb.,  Supplementb.  21  (1894)  878  f. 


2.  Qasohiohtsohreiber  nnd  Chronisteii.    A.  Geschiolitschreiber.    (§  98)     237 


8.   Eine  recht  dunkle  Existenz  ist  der  Presbyter  Bogomilus  d.h.  Theophilos, 
angeblich  Zeitgenosse  nnd  Lehrer  Justinians  I,   der  eine  Biographie   dieses  Kaisers  ver- 
fust  haben  soll.    Dieses  sonst  nirgends  bezeugte  Werk  will  der  als  Vielwisser,  aber  anch 
.   ÜB  phantastischer  Genealogist  bekannte  Johannes  Marnavich,  der  Kanonikus  in  Sebenico, 
'-  f   spiter  Bischof  von  Bosnien  war  (f  1639),  in  einer  mit  ,, illyrischen "  Zeichen  geschriebenen 
Athoehandachrift  fOr  die  von  ihm  in  lateinischer  Sprache  abgefasste  Lebensbeschreibung 
des  Josünian  bentttzt  haben.    Bryce,   der  Herausgeber  des  Stückes,   hat  gezeigt,   dass  die 
-      Enfthlong  des  Mamavich  einen  ganz  romanhaften  Charakter  trägt,  und  vermutet,  dass  seine 
Quelle  einem  Sagenkreis  angehöre,  welcher  sich  bei  den  Slavoniem  um  die  Persönlichkeit 
des  Jnstinian  gebildet  habe.    Aber  selbst  diese  Annahme  wird  noch  zu  günstig  sein.    Da 
.    selbst  K.  Jiredek   die  yorkommenden  slavischen  Namen,   welche  angeblich  Justinian  und 
seine  Verwandten  geführt  haben,  für  verdächtig  h&lt,  dürfte  sich  die  ganze  Arbeit  als  eine 
'    im  aUvophilen  Sinne  unternommene  Fälschung  herausstellen.    Die  Erkenntnis  dieser  Sach- 
lage ist  nicht  ohne  Wichtigkeit;   denn  das  Schwindelwerk  dieses  angeblichen  Bogomil  ist 
I    die  einzige  Quelle,  in  welcher  die  zuerst  von  Alemannus  in  seiner  Ausgabe  der  Anek- 
dota  des  Prokop  mitgeteilten  und  daraus  in  die  ganze  historische  Litteratur  Übergegangenen 
Notizen  über  die  slavische  Abkunft  des  JustTnian,  seinen  Namen  Upravda  und  andere  sonst 
j    unbekannte  Züge  überliefert  sind.    James  Bryce,  Life  of  Justinian   by  Theophilus,  The 
English  historical  review  2  (1887)  657—686  mit  den  Bemerkungen  von  K.  Jire6ek  über  die 
'    in  der   Biographie  vorkommenden  slavischen  Namen.  —  Vgl.  Jagi6,  Ärch.  slav.  Phil.  11 
I     (1888)  300 — 304.  —  Ein  ausführliches  Referat  über  die  Arbeiten  von  Bryce  und  Jagiö  gab 
A.  Vasiljev,  Die  Frage  über  die  slavische  Herkunft  des  Justinian,  Viz.  Vr.  1  (1894)469—492. 

f  98.  Petros^  gewöhnlich  nach  seiner  Würde  Patrikios,  auch  Ma- 

gister {UäTQog  UazQixiog  xal  MdyiazQog)  genannt,  wurde  um  das  Jahr  500 
in  Thessalonike  geboren.  Prokop  *)  nennt  ihn  Illyrier,  was  vielleicht  nicht 
von  der  Nationalität  zu  verstehen,  sondern  daraus  zu  erklären  ist,  dass 
die  Diözese  Makedonien  zur  Jurisdiktion  des  Praefectus^  praetorio  von 
niyrien  gehörte.    Sein  äusserer  Lebensgäng  hat  manche  Ähnlichkeit  mit 

r  dem  seines  Zeitgenossen  Prokop.  Durch  ausgezeichnete  Beredsamkeit  als 
Anwalt  in  Eonstantinopel  schnell  bekannt  geworden,  wurde  er  vom  Kaiser 
Justinian  534  als  Gesandter  an  die  Ostgotin  Amalasuntha  geschickt,  die 
nach  dem  Tode  ihres  Vaters  Theodorich  des  Grossen  im  Namen  ihres 
unmündigen  Sohnes  regierte.  Infolge  der  politischen  Verwickelungen  in 
Italien  wurde  Petros  lange  gefangen  gehalten;  erst  538  erhielt  er  durch 
Vitiges  die  Freiheit.  Für  seine  Verdienste  wurde  er  vom  Kaiser  zum 
Magister  officiorum^)  und  später  zur  Würde  eines  Patrikios^)  erhoben. 
Um  das  Jahr  550  ging  er  als  Gesandter  des  byzantinischen  Hofes  zum 
Perserkönig  Chosroes,  ohne  jedoch  wesentliche  Erfolge  zu  erzielen.  552 
führte  er  zu  Ghalkedon  dogmatische  Unterhandlungen  mit  dem  Papste 
Vigilius.  Zehn  Jahre  später  reiste  er  abermals  als  Gesandter  nach  Persien 
und  brachte  einen  Frieden  auf  50  Jahre  zu  stände.  Bald  darauf  starb  er 
mit  Hinterlassung  eines  Sohnes  Theodoros,  der  576  ebenfalls  als  Gesandter 

'     nach  Persien  geschickt  wurde. 

Johannes  Lydos,  Cassiodor,  Menander  Protektor  u.  a.  be- 
zeugen übereinstimmend,  dass  Petros  sich  durch  eine  unwiderstehliche  Be- 
redsamkeit, durch  Gewandtheit,  genaue  Kenntnis  der  Gesetze  und  einen 

.     hohen   Grad  aUgemeiner  Bildung  auszeichnete;  mit  diesen  Eigenschaften 


<)  Goth.  I  8  (21,  7  ed.  Bonn.). 

')  Ein  Amt,  das  etwa  dem  Minister  der 
answirtigen  Angelegenheiten  entspricht,  mit 
dem  aber  noch  andere  Obliegenneiten  wie 
das  Hofmarschallamt  yerbnnden  waren. 

')  Ein  Rangtitel,  den  Personen  in  ver- 


schiedenen Aemtem  erhalten  konnten.  Vgl. 
die  Praefatio  der  Bonner  Aasgabe  des  Petros 
S.  21 ;  Ch.  Diehl,  i^itudes  sur  Tadministration 
Bvzantine  dans  Texarchat  de  Ravenne,  Paris 
1888  S.  173;  E.  A.  Stückelberg.  Der  Konstan- 
tinische Patriciaty  Basel  und  Genf  1891. 


238 


BysantiniBohe  LüteratnrgeBcliioliie.    I.  Prosaisohe  Litioratiir. 


verband  er  einen  liebenswürdigen,  heiteren,  weltmännischen  Charakter,  der 
ihm  bei  der  Ausübung  seines  diplomatischen  Berufes  wohl  zu  statten  kam« 
Nur  Prokop^)  ist  nicht  gut  auf  ihn  zu  sprechen  und  wirft  ihm  vor,  er^ 
habe  im  Auftrage  der  Theodora  den  Theodat  zur  Ermordung  der  Amala- 
suntha  angestiftet;  auch  beschuldigt  er  ihn  einer  unersättlichen  Habsucht 
Allein  seine  Schilderung  ist  mit  grosser  Vorsicht  aufzunehmen;  schon  der 
eine  Umstand,  dass  Petros  sich  bei  Justinian  und  Theodora  in  steter  Gunst 
zu  erhalten  wusste,  reichte  für  Prokop  hin,  ihm  das  Schlimmste  zur  Last 
zu  legen  und  nur  die  dunkeln  oder  zweifelhaften  Seiten  seines  Charakters 
zu  betonen.  Der  grosse  Reichtum  des  Petros  wird  allerdings  sicher  be- 
zeugt; er  besass  nämlich  nach  Stephanos  Byz.  (s.  v.  Uxovm)  die  gegenüber 
von  Chalkedon  liegende  Insel  Akonitis,  auf  der  sich  bedeutende  Wetzstein- 
lager befanden.  Diese  Thatsache  ist  aber  zum  Erweise  einer  übermässig 
materiellen  Gesinnung  nicht  ausreichend. 

Von  der  schriftstellerischen  Thätigkeit  des  Petros  zeugen  2  Weike, 
von  denen  umfangreiche  Bruchstücke  erhalten  sind. 

1.  '^latoqiai^  die  von  Suidas  s.  v.  üärQog  ohne  nähere  Angabe  des 
Inhalts  genannt  werden.*)  Wir  haben  von  diesem  Geschichtswerke  19  Frag- 
mente, von  denen  17  in  den  beiden  Titeln  Delegationibus  der  Eonstan- 
tinischen  Exzerpte  stehen.  Das  erste  derselben  bezieht  sich  auf  eine 
Gesandtschaft  der  Parther  an  Kaiser  Tiberius  im  Jahre  35  n.  Chr.,  die 
folgenden  auf  Ereignisse  aus  der  Zeit  des  Claudius,  Domitian,  Trajan  und 
mehrerer  der  folgenden  Kaiser;  das  letzte  Bruchstück  berichtet  über  den 
Oberbefehl,  welchen  Julianus  Apostata  als  Cäsar  im  Jahre  358  n.  Chr. 
in  Gallien  führte.  Ausserdem  stehen  noch  zwei  kleine  Fragmente  in  einem 
syntaktischen  Lexikon,^)  wo  IläxQog  elg  xd  nf.ql  'Avxfaviov  und  elg  %d  %rig 
fiovuQxiag  KmauQog  zitiert  wird.  Daraus  lässt  sich  schliessen,  dass  die 
^IctoQCai  die  Geschichte  vom  zweiten  Triumvirat  bis  auf  Kaiser  Julian 
behandelten  d.  h.  bis  auf  den  Zeitpunkt,  von  welchem  an  Eunapios  die 
Ereignisse  ausführlicher  darstellt.  Ausser  diesen  ausdrücklich  unter  dem 
Namen  des  Petros  überlieferten  Fragmenten  stanmien  aus  seinem  Werke, 
wie  C.  de  Boor  meines  Erachtens  überzeugend  dargethan  hat,  auch  die 
auf  die  Kaisergeschichte  bezüglichen,  bis  auf  Konstantin  den  Grossen 
reichenden  Exzerpte  De  sententiis,  deren  Schlussteil  (von  Valerian  bis 
auf  Konstantin  den  Grossen)  in  der  neueren  Litteratur  gewöhnlich  als 
9 Anonymus  post  Dionem*"  oder  als  „anonyme  Fortsetzung  des  Dio  Cassius' 
angeführt  wird.  Unter  den  Quellen  des  Petros  können  wir  vor  allem  den 
Dio  Cassius  nachweisen,  dem  er  vielfach  mit  wörtlicher  Anlehnung  folgt 
Für  die  spätere  Zeit  (Dio  schliesst  mit  dem  Jahre  229)  benützte  Petros 
den  Herodian  und  wahrscheinlich  den  Dexippos,  ausserdem  für  den 
Schluss  den  Eunapios,  aus  dem  das  letzte  der  erwähnten  Fragmente 
De  legationibus  exzerpiert  scheint.  Aus  den  Zitaten  und  Fragmenten  geht 
deutlich  hervor,  dass  das  Werk  des  Petros  nicht  in  Bücher,  sondern  nach 
den  Regierungen  der  Kaiser  eingeteilt  war. 


1)  Anecdota  c.  16  (96,  17  ed.  Bonn.)  und 
c.  24  (136,  17  ed.  Bonn.). 

')  Quelle  des  Suidas  ist  vielleioht  He- 


sychios  von  Milet.    S.  Hesych.  Mües.  Ono- 
matol.  ed.  Flach,  Leipzig  1882  S.  167. 
'J  I.  Bekker,  Anecd.  Gr.  I  laO;  149. 


8.  Gesohielitschreiber  und  Chronisten.    A«  Geschiohtschreiber.    (§  98)     239 


2.  Uefl  T^oXiTixrjg  xata<fTd(f€(og  d.  h.  über  Staatswesen,  staatliche 
Einrichtung.  Aus  diesem  von  Suidas  bezeugten  Werke  des  Petros  stammen 
wahrscheinlich  das  84.  und  85.  Kapitel  des  ersten  Buches  des  von  Kon- 
stantin Porphyrogennetos  veranlassten  Sammelwerkes  De  caerimonüs 
aulae  Byzantinae,  die  dort  mit  dem  Vermerke  *Ex  rmv  tov  fiayfazQov  IJärgov 
und  Tov  avtov  UixQov  ausdrücklich  auf  Petros  zurückgeführt  werden; 
vielleicht  gehören  ihm  auch  noch  das  86. — 95.  Kapitel  desselben  Buches.^) 
A.  Mai  versuchte  mit  dem  Werke  Ilsql  noXiTixf^g  xaataaraaswg  ein  in 
einem  vatikanischen  Palimpseste  fragmentarisch  erhaltenes  anonymes  Werk 
zu  identifizieren,  welches  üegl  jtoXitixrjg  iniatr^iirjg  betitelt  ist.*)  Allein 
seine  Hypothese  hat  gewichtige  Gründe  gegen  und  sehr  wenig  für  sich.*) 
Noch  weniger  geht  es  natürlich  an,  die  Schrift  als  ein  selbständiges  drittes 
Werk  des  Petros  aufzuführen. 

Mit  grösserem  Rechte  kann  man  den  Petros  als  Verfasser  eines 
anderen,  freilich  nicht  erhaltenen  Schriftstückes  bezeichnen.  Menander 
Protektor  erwähnt  bei  der  Schilderung  der  Friedensgesandtschaft  an  Ohos- 
roes,  dass  er  die  von  Petros  mit  Chosroes  geführten  Unterhandlungen  nicht  in 
attischer  Sprache  wiedergebe,  sondern  mit  authentischer  Treue  und  in  der- 
selben Form,  die  Petros  selbst  gebraucht  habe.  ^)  Daraus  folgt,  dass  Petros  über 
seine  Gesandtschaft  einen  ausführlichen  Bericht  erstattete.  Wo  und  wie  das 
geschah,  wissen  wir  nicht.  In  dem  Werke  IIsqi  noXmx^g  xatactdaecog  hätte 
dergleichen  wohl  Platz  gehabt;  aber  ebenso  leicht  ist  es  denkbar,  dass  Menan- 
der einen  oMziellen  Bericht  des  Petros  an  die  Regierung  vor  Augen  hatte. 

1.  Ausgaben:  Die  an  erster  Stelle  genannten  Fragmente  (aus  den  Excerpta  De 
legationibos  und  aus  dem  Lexikon)  ed.  B.  G.  Niebuh r  im  Bonner  Corpus  mit  Dexippos  etc., 
Bonn  1829  S.  121—132.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  113,  663-676.  —  Ed.  L. 
Dindorf,  Histor.  gr.  min.  1,  425 — 437.  —  Diese  Fragmente  und  den  sogenannten  , Ano- 
nymus poet  Dionem'  ed.  C.  Müller,  FHG  4,  184—199.  —  Die  gesamten  erst  von  de  Boor 
als  Eigentum  des  Petros  erwiesenen  Excerpta  De  legationibus,  die  in  einem  vatikanischen 
Palimpeest  Qberliefert  sind,  ed.  A.  Mai,  Scriptorum  veterum  nova  collectio  2  (Rom  1827) 
197—246.  —  Wiederholt  von  L.  Dindorf,  Dio  Cassius  5  (1865)  181-232. 

2.  Hilfsmittel:  Niebuhr  in  seiner  Ausgabe  S.  XXI — XXVI.  —  Wiederholt  in 
den  Ausgaben  von  Migne,  Dindorf  und  Müller.  —  H.  Wäschke,  üeber  das  von 
Reiske  vermutete  Fragment  der  Exzerpte  Konstantins  JJeQi  ayayoQevtrewg,  Progr.,  Dessau  1878. 

—  üeber  den  Autor  der  vaticanischen  Exzerpte  De  legationibus  handeln  ausser  Nie- 
bahr und  Müller  a.  a.  0.:  Tb.  Mommsen,  Hermes  6(1872)  82—89.  —  Franz  Görres, 
Zur  Kritik  des  Anonymus  post  Dionem,  Jahns  Jahrb.  111  (1875)  212—219.  —  Ph.  Bois- 
sevain,  De  Excerptis  Pianudeis  et  Constantinianis ,  Progr. ,  Rotterdam  1884  —  G. 
Sotiriadis,  Zur  Kritik  des  Johannes  von  Antiochia,  Jahns  Jahrb.  Supplementbd.  16 
(1888)  29  ff.  —  L.  Mendelssohn  in  seiner  Ausgabe  des  Zosimos,  Leipzig  1887  S.  XXXIV  ff. 

—  Hauptschrift:  G.  de  Boor,  Römische  Kaisergeschichte  in  byzantinischer  Fassung.  I.  Der 
Anonymus  post  Dionem.    B.  Z.  1  (1892)  13—33. 


*)  Reiske  wollte  die  ganze  Partie  von 
Kap.  84 — 95  dem  Petros  zuteilen,  was  von 
Wäschke  zurückgewiesen,  von  E.  Patzig,  B. 
Z.  2,  486  f.,  gebilligt  wurde. 

')  Ed.  von  A.  Mai,  Scriptorum  veterum 
sova  collectio  2  (Romae  1827)  571—609.  Die 
erhaltenen  Teile  handeln  über  militärische 
Disziplin,  über  den  Vorzug  des  Fussvolks 
TOT  der  Reiterei,  die  Verwendung  der  Reiterei, 
das  Verhalten  der  Soldaten  gegen  die  Bürger; 
zaletzt  über  das  Königtum  und  die  richtige 
Regierung. 

')  Dagegen  hat  A.  Mai  recht,  wenn  er  die 


von  ihm  gefundene  Schrift  mit  dem  von 
Photios  cod.  37  analysierten  anonvmen  Werke 
JJeQl  noXiux^g  für  identisch  erklärt;  damit 
hätte  er  sich  begnügen  sollen. 

*)  FHG  ed.  C.  Müller  4,  217  =  Bist.  gr. 
min.  ed.  Dindorf  2,  32.  Wichtig  ist  die  Be- 
merkung des  Menander  über  die  Sprache 
jener  Verhandlungen;  sie  wurden  offenbar 
im  allgemein  verständlichen  Vulgäridiom 
geführt.  Wäre  uns  dieser  Bericht  erhalten, 
so  wollten  wir  gerne  auf  alle  übrigen  Frag- 
mente des  Petroi^  verzichten. 


240  Bysantinische  Litteratargesohiohte.    I.  Prosaische  Littenttnr« 

3.  Bei  Kodinos,  De  aedificiis  Cpolis  114,  10  ed.  Bonn.,  heiast  es  von  einem  unter 
Justinian  lebenden  JlixQoq  JltctQUiog^  der  mit  dem  nnsrigen  jedenfalls  identisch  sein  soll, 
man  habe  ihn  auch  BaQüvfiiayoy  toy  Svqoy  geheissen.  Diese  Notiz  beruht  offenbar  anf 
dem  Missverständnis  einer  Nachricht,  die  bei  Soidas  s.  ▼.  Je^iog  steht;  dort  wird  nlmliek 
erwähnt,  dass  unter  Justinian  ein  gewisser  üetgog  BaQavfitjs  als  gewandter  Taschendieb  be- 
kannt war.  Eine  auf  diesen  n^xQog  BaQcvfitjg  bezflgliche  Bemerkung  muss  Eodinos  bzw.  der 
Verfasser  seiner  Quelle  irgendwo  (nicht  bei  Suidas  selbst,  wo  der  Zusatz  J?t^o(  fehlt)  ge* 
funden  haben  und  er  verwechselte  diesen  Petros  mit  dem  Petros  Patrikios.  Uebrigens  er* 
wähnt  Prokop  selbst,  Anecd.  c.  22  (123,  15  ed.  Bonn.),  als  Liebling  der  Theodors  eiiuni 
Geldwechsler  syrischer  Abkunft  namens  Ilhgog  BagcvfAtjg^  den  er  offenbar  von  dem  Pstrimr 
unterscheidet.  Man  darf  also  nicht  daran  denken,  mit  C.  Maller,  FHO  4,  670  den  Prokof 
nach  Eodinos  zu  emendieren.    Vgl.  Wäschke  S.  9  der  oben  zitierten  Schrift. 

99.  Nonnosos  {Nowoaog)  stammto  aus  einer  Familie,  in  welcher,  j^ 
wie  in  der  des  Petros,  der  diplomatische  Dienst  erblich  war.  Sein  Gross-  p 
vater  wurde  von  Kaiser  Anastasios  an  einen  sarazenischen  Fürsten  ge-  ^ 
schickt;  sein  Vater  Abram  diente  in  der  gleichen  Eigenschaft  dem  Kaiser  i 
Justin  I;  Nonnosos  selbst  führte  unter  Justinian  um  533  eine  Gesandt-  m 
Schaft  zu  den  Sarazenen  und  anderen  Völkern  des  Orients.  Aus  dem  Namen  m 
seines  Vaters,  den  Photios  überliefert,  lässt  sich  schliessen,  dass  Nonnosoi  ;a 
semitischer  Abkunft  war.  Vermutlich  war  es  die  in  der  Familie  vererbte  ja 
Kenntnis  orientalischer  Sprachen,  welche  den  Grossvater,  Vater  und  Sohn  l. 
zu  diplomatischen  Missionen  gelangen  Hess.  Seine  Stelle  in  der  griechi-  is 
sehen  Litteraturgeschichte  verdankt  Nonnosos  einer  Schrift,  in  welcher  er  f- 
seine  Gesandtschaftsreise  schilderte.  Wir  besitzen  daraus  ein  Stück  bm  i 
Photios  (cod.  3),  der  uns  auch  einiges  über  den  Verfasser  mitteilt.  Das  a 
geographisch  und  ethnographisch  nicht  unwichtige  Fragment  enthält  ausser  g 
Bemerkungen  über  die  natürliche  Beschaffenheit  der  auf  der  Reise  berührte  ji 
Gegenden  Nachrichten  über  ein  von  Nonnosos  getroffenes  Volk,  das  von  c 
kleiner  Statur,  von  schwarzer  Hautfarbe  und  am  ganzen  Körper  behaart  :. 
war.  Ausser  Photios  benützten  den  Nonnosos  die  Chronisten  Malalas 
(S.  465  ff.  ed.  Bonn.)  und  Theophanes  Confessor  (vol.  I  377  ff.  ed.  Bonn.),  : 
ohne  jedoch  ihren  Gewährsmann  zu  nennen. 

1.  Ausgaben:  £d.  B.  6.  Niebuhr  im  Bonner  Corpus  mit  Dexippos  etc.,  Bonn  1829  : 
S.  478-482.  -  Ed.  C.  Müller,  FHG  4,  178-180.  —  Ed.  L.  Dindorf,  Eist,  graec.  min.  : 
1,  473—478. 

2.  Hilfsmittel:  Dillmann,   Zur   Geschichte  des  axumitischen  Reiches,   Abb.  d.    ] 
Berbner  Akad.  d.  Wiss.,  philos.-hist.  Kl.  1878  S.  177-238  und  1880  S.  1-51.  —  Zur  Erlän-    j 
terung  mag  man  die  im  Homeritenlande  zur  Zeit  des  Kaisers  Justin  I  spielende  Legende    " 
des  hl.  Arethas  und  seiner  Genossen   beiziehen.     Ed.  Fr.  Boissonade,  An.gr.  5 
(1833)  1—62.    Ed.  in  Acta  SS.,   Octob.  X   721—759.    Eine  andere  Version  bei  Migne, 
Patr.  gr.  115,  1249-1290.  —  Vgl.  auch  die  Gesetze  der  Homeriten  (s.  S.  59.) 

100.  Agathias  {'Aya^iag)  wurde  um  das  Jahr  536  zu  Myrina  in  der 
kleinasiatischen  AeoUs  geboren.  Als  Knabe  folgte  er  seinem  Vater  Mem- 
nonios,  der  Lehrer  der  Beredsamkeit  war,  nach  Eonstantinopel.  Im 
Jahre  554  weilte  er  zu  seiner  juridischen  Ausbildung  in  Alexandria.  Nach- 
dem er  in  Byzanz  seinen  Kursus  vollendet  hatte,  wurde  er  Advokat;  da- 
her sein  Beiname  axoXaartxog.  Er  starb,  etwa  46  Jahre  alt,  im  Jahre  582. 
Agathias  gehört  zu  jenen  Byzantinern,  welche  dem  antiken  Prinzipe  zu- 
wider in  völlig  verschiedenen  Litteraturgattungen  thätig  waren.  In  seiner 
Jugend  widmete  er  sich  der  Poesie,  später  der  Geschichtschreibung.  In 
seine  erste  Periode  gehören  1)  Neun  Bücher  Ja(pviaxa  im  epischen 
Masse,  die  kurze  Darstellungen   erotischer  Mythen  enthielten;  Überreste 


Q«schielitaolireib«r  und  ChroniBien.    A.  Geaohiclitsolireiber« 


-100)    241 


hen  in  der  griechischen  Anthologie.  2)  Eine  Sammlung  von  Epi- 
ammen  zeitgenössischer  Dichter,  untermischt  mit  eigenen,  nach  den 
)flFen  in  7  Bücher  geteilt  {KvxXog  rdv  väwv  SmyQa/nfiarwv).^)  Durch 
se  Sammlung  sind  in  der  Anthologie  mehr  als  100  Epigramme  des 
:athias  erhalten.  3)  Andere  kleinere  Gedichte  und  Prosaisches.^) 
n  diesen  Prosaschriften  ist  bis  jetzt  nichts  Näheres  bekannt;  nur  einige 
iz  interessante  Randbemerkungen  zum  Periegeten  Pausanias 
d  dem  Agathias  jüngst  mit  guten  Gründen  zugeteilt  worden.  In  seinen 
igrammen  erscheint  Agathias  als  ein  glücklicher  Nachahmer  der  Alten; 
nenüich  sind  unter  den^Erotika  tre£fliche  Stücke,  die  sein  poetisches 
lent  ausser  Zweifel  setzen.     „Er  zeigt  mehr  dichterischen  Schwung  als 

meisten  Epigrammatiker  auch  der  früheren  Eaiserzeif  (Reitzenstein). 
Erst  nach  dem  Tode  des  Justinian  liess  sich  Agathias  von  seinen 
runden  bewegen,  geschichtliche  Studien  zu  unternehmen.  Als  Frucht 
rselben  besitzen  wir  das  Werk  lleQl  tijg  'lovtfrtviavov  ßatfiXelag, 
s  in  5  Büchern  die  Jahre  552  —  558  umfasst;  den  Inhalt  bilden 
rnehmlich  die  Kämpfe,  welche  die  Byzantiner  unter  Narses  gegen  die 
ten,  Vandalen,  Franken  und  Perser  führten.  So  schliesst  Agathias 
mittelbar  an  die  Kriegsgeschichten  des  Prokop  an  und  übergeht  daher 
ch  alles,  was  jener  schon  erzählt  hatte,  mit  ausdrücklicher  Beziehung 
f  denselben.*)  An  der  Vollendung  des  Werkes  wurde  er  durch  seinen 
Lhen  Tod  verhindert;  seine  bestimmte  Absicht  auch  die  folgende  Zeit 

behandeln  erhellt  aus  vielen  Hinweisen  auf  später  zu  Erzählendes  und 
sonders  aus  dem  letzten  Kapitel,  wo  er  deutlich  eine  Darstellung  der 
eignisse  nach  558  verspricht.  Wie  Agathias  den  Prokop  stofflich  fort- 
Lzt,  so  folgt  er  ihm  auch  in  der  Form,  in  dem  episodenreichen  Gange 
id  in  vielen  einzelnen  Wendungen.*)    Doch  erreicht  er  sein  Vorbild  nur 

äusserlichen  Dingen.  Bei  ihm  überwuchert  die  dichterische  Neigung 
e  Freiheit  und  Schärfe  des  historischen  Blickes;  Phantasie  und  Reflexion 
Ibt  die  Zuverlässigkeit  der  Erzählung;  die  Sprache  ist  über  Gebühr  mit 
Idem  und  pretiösen,  altertümlichen  Ausdrücken  beladen.  ^)  Richtig  cha- 
kterisiert  ihn  Gibbon  als  den  Dichter  und  Rhetoriker  im  Gegensatze  zu 
-okop,  dem  Staatsmann  und  Soldaten.  Während  sich  Prokop  vermöge  seiner 
ellung  militärische,  politische  und  geographische  Detailkenntnisse  er- 
irb,  scheint  sich  Agathias  vorzugsweise  an  die  mündlichen  Berichte  von 
igenzeugen  gehalten  zu  haben.  Für  gelegentliche  Exkurse  und  Bemer- 
mgen  über  die  Vergangenheit  verwertet  er  die  Alten;  ausdrücklich  zitiert 

den  Alexander  Polyhistor,  Aristoteles,  Asinius  Quadratus,  Athenokles, 


*)  Agathias  im  Vorworte  seines  Ge- 
hichtswerkes  S.  6,  10,  ed.  Bonn. :  xtöy  inir- 
tofAfuhtty  xd  d^iyerrj  xal  yetiteQa,  Suidas 
T.  ror  KvxXoy  ttSy  yitoy  iniyQafi/juiTayy 
r  avTos  cvv^^ey  ix  xcSy  xaxd  »M^oy  not- 
:»K.  In  der  Anth.  Pal.  IV  3  wird  das 
'erk  als  IvXXoytj  yitay  imyQa/ÄfAaxtoy  zitiert. 
IT  ErklAning  des  Ausdrucks  xaxd  xaiqoy 
gl  Leo  Sternbach,  Meletemata  Oraeca 
.  21 1,  dem  jedoch  Reitzenstein  in  Paulys 
«aknoydopftdie   1   (1894)  744  mit   Recht 


nicht  beistimmt. 

')  Suidas  s.  y.  h^qa  ßißXia  i/AfÄexQd  re 
xal  xctxaXoyddijy, 

»)  Z.  B.  II  19;  IV  15  (S.  105,  6  und 
237,  6  ed.  Bonn.). 

*)  Wie  in  dem  häufigen  Jstfo^i  fioh  ovx 
dno  XQonov  iiyai» 

^)  Diese  Manier  war  im  Qeschmack  der 
Zeit,  und  Agathias  fand  eifrige  Bewunderer 
und  Nachahmer  wie  den  Menander  Protektor 
und  noch  sp&t  den  Leon  Diakonos. 


PtrlV**^  der  kkM.  Altwtamiwlweaicbaft  IX.    1.  AbUg.    2.  Aufl. 


16 


1 


242  ByEantiniflohe  Litteratnrgeaohiohte.    I.  ProMdsohe  Litteratur. 


Berosos,  Bion  (Historiker),  Diodor,  Herodot,  Ktesias,  Nonnos  {Jiovvaiaxa)^ 
Paulos  Silentiarios,  Pindar,  Plato,  Prokop  von  Kaesarea,  Simakos  und  Xeno- 
phon.  Bemerkenswert  ist,  dass  er  auch  persische  Chroniken  benützte, 
aus  denen  ihm  sein  Freund,  der  Dolmetscher  Sergios,  Auszüge  machte 
und  ins  Griechische  übersetzte.  Fortsetzer  des  Agathias  wurde  Menander 
Protektor;  als  Quelle  diente  er  dem  Theophanes  Gonfessor,  und  ein* 
zelne  Teile  seines  Werkes  gingen  in  die  konstantinische  Exzerpten- 
sammlung über. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  des  griechischen  Textes  von  B.  Vulcanius,  Lugd.  Batav« 
1594.  —  Wiederholt  Paris  1660  (am  Schlüsse  aber:  1658).  —  Venedig  1729.  —  Im  Bonner 
Corpus  ed.  B.  G.  Niebuh r,  Bonn  1828,  mit  der  lat.  Uebersetzung  des  Persona,  den  Noten 
des  Vulcanius,  den  Epigrammen,  einem  Sachindex  und  einem  ungenügenden  Verzeichnis 
der  sprachlichen  Eigentümlichkeiten.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  88,  1248 — 1608. 

—  Ea.  L.  Dindorf,  Bist,  graeo.  min.  vol.  2  (1871)  132—453.  —  Die  Epigramme  stehen 
ausser  in  den  Ausgaben  der  Geschichte  von  Vulcanius,  Niebuhr  und  Dindorf  auch  bei  Ph. 
Brunok,  Analecta  III  33—68,  Fr.  Jacobs,  Anthologia  Graeca  IV  3—39;  XIII  617,  und 
in  der  Anthol.  Palatina  ed.  Dübner.  —  Die  Randnotizen  zu  Pausanias  ed.  Fr.  Spiro, 
Hermes  29  (1894)  143—149. 

2.  Uebersetzungen:  Lateinisch:  Vor  dem  griechischen  Texte  erschien:  Aga- 
thius  (!)  de  hello  Gothorum  et  aliis  peregrinis  historiis  temporum  suomm  per  Chr.  Persona 
Romanum  e  Graeco  in  Latinum  traductus,  Rom  1516.  —  Wiederholt  Augsburg  1518  (am 
Schlüsse  des  Bandes  1519).  —  Wiederholt  mit  Prokop,  Basel  1531;  mit  Zosimos  etc.  Basel 
1576  u.  öfter.  —  Excerpta  ex  Agathia  fl.  Grotio  interprete  in  seiner  ,Hi8toria  Gothorum^ 
Amsterdam  1655  S.  529—573.  —  Wiederholt  bei  Ant.  Muratori,  Rerum  Italicarum 
scriptores  1  (Mailand  1723)  379  ff.  —  Ausserdem  in  den  Ausgaben  des  griechischen  Textes. 

Französisch:  Von  Fumäe  Sieur  de  GenilU  ^mit  Prokop),  Paris  1587.  —  Von 
M.  Cousin,  in  der  Histoire  de  Cple,  Paris  1674.  —  Wiederholt  Amsterdam  1685. 

Deutsch:  Auszüge  aus  AgaÜiias  (Buch  I  1 — 11  13),  deutsch  von  D.  Coste,  in 
,Prokop,  GothenkriegS  Leipzig  1885  S.  327 — 371  (=  Die  Geschichtschreiber  der  deutschen 
Vorzeit  in  deutscher  Bearbeitung,  6.  Jahrb.,  Band  III).  —  Epigramme  deutsch  von 
W.  E.  Weber,  Elegische  Dichter  der  Hellenen,  Frankfurt  1822  S.  396—402;  784—786. 

—  Ein  Teil  der  Epigramme  von  G.  Thudichum,  Griech.  Anthologie,  Stuttgart  1838—1870 
S.  1084—1102. 

8.  Hilfsmittel:  Bemerkungen  von  E.  0.  Müller,  Rhein.  Mus.  3  (1829)  22  ff.  = 
Kleine  deutsche  Schriften  2  (Breslau  1848)  100  ff.  —  Einige  Emendationen  von  A.  Meineke, 
Philologus  14  (1859)  15  ff.  —  L.  Dindorf,  Jahns  Jahrb.  99  (1869)  457—465,  gibt  nach 
einer  imaginären  Einheitsschablone  gearbeitete  und  daher  zum  Teil  verfehlte  Korrekturen 
des  Textes.  —  H.  Eckhardt,  Agathiaa  und  Prokop  als  Quellenschriftsteller  für  den 
Gothenkrieg.  Progr.  Königsberg  1864.  —  Fr.  Bücheier,  Coniectanea,  Rhein.  Mus.  37 
(1882)  331  f.  (zu  Agathiaa  II  17  =  S.  100  ff.  ed.  Bonn.).  —  Emendationen  und  Bemerkungen 
über  den  Stil  gibt  H.  van  Herwerden,  Varia  ad  varios,  Mnemosyne  N.  S.  17  (1889) 
16—23.  —  Schwach  und  vielfach  ganz  verfehlt  ist  G.  Spyropulos,  Kata  xl  fUficiTa$ 
'Jytt9iag  'Hgodoroy  xal  Ilgoxomoy;  Diss.,  Athen,  Paraskeuas  Leones  1892.  Vgl.  B.  Z.  4, 
165  f.  —  Heinr.  Reffel,  Ueber  den  Sprachgebrauch  des  Agathias,  Gymnasialprogr., 
Kempten  1894  (gibt  auch  kritische  Bemerkungen  zum  Texte).  —  Hanptschrift :  W.  S.  Teuf  fei, 
Philologus  1  (1846)  495—511  =  Studien  und  Charakteristiken,  Leipzig  1871  S.  237  ff.  (in 
zweiter  Aufl.  Leipz.  1889  S.  296  ff.). 

Zu  den  Epigrammen:  J.  Corn.  de  Pauw,  Diatribe  de  alea  veterum  ad  epigramma 
Agathiae  schol.,  Trajecti  ad  Rhenum  1726.  —  Kritische  und  exegetische  Beiträge  gab  Leo 
Sternbach,  Meletemata  Graeca,  P.  I,  Wien  1886  S.  20  ff.  und  sonst;  dann  in  seiner 
Schrift:  Anthologiae  Planudeae  appendix  Barberino-Vaticana,  Leipzig  1890  S.  64  ff.  und 
sonst.  —  PaulSakolowski,  De  Anthologia  Palatina  quaestiones,  Diss.,  Leipzig  1898  S.  59 
bis  64  (über  die  Abfassungszeit  der  Daphniaca  u.  s.  w.).  —  H.  Stadtmüller,  Zur  grie- 
chischen Anthologie,  in :  Festschrift  zur  Einweihung  des  neuen  Gebäudes  für  das  Grossherz. 
Gymnasium  in  Heidelberg,  Leipzig  1894  S.  36  f.  (macht  wahrscheinlich,  dass  die  Braut 
des  Agathias  eine  Tochter  des  Paulos  Silentiarios  war).  —  Th.  Korfi,  De  Anthologiae 
quibusdam  locis,  Filolog.  Obozijenie  (Moskau)  4,  83  ff.  —  Gute  Charakteristik  der  Dich- 
tungen von  R.  Reitzenstein,  Paulys  Realeucyclopädie,  Neue  Bearbeii  1  (1894)  744. 

Zu  den  Pausaniasglossen:  R.  Reitzenstein,  Hermes  29  (1894)  231—239.  — 
U.  V.  Wilamowitz-Moellendorff,  Hermes  29  (1894)  240—248. 

i.  Die  Selbstvorstellnng  des  Agathias  im  Eingange  seines  GeschichtewMrkM  (8,  18 


2.  OMohieliteolireiber  und  Chronisten.    A.  Gesohiohtsohreiber.    (§§  101—102)     243 

ed.  Bonn.):  ifiol  'Jya^iag  (Akv  oyo/ia,  Mvmva  6k  nttTgU,  Msfiyoyiog  dk  nariJQ,  rix^^tj  di  t« 
'hafiai&ty  yofiifia  xai  ol  jwy  dixaattjQiwy  aytiyBg  ist  eine  Nachahmung  des  herühmten  y^Upog 
des  Thrasj machos:  Tovyo/nt  ^Qaav/iaxog-  naiQls  XaXxrjdeuy  .  ij  di  "^^X^V  «^o^ptf/.  R. 
Reitxenstein,  Hermes  29  (1894)  287  Anm. 

5.  In  manchen  Hss  z.  B.  in  den  Codd.  Vatic.  29  fol.  484,  Vatic.  regin.  Suec.  166 
foL  207  und  Vindob.  phil.  gr.  165  fol.  89^  wird  dem  Agathias  das  berühmte  Epigramm  auf 
Kaiser  Maurikios  und  seine  Familie  zugeschrieben,  das  ihm  schon  aus  chronologi- 
schen Grflnden  nicht  gehören  kann.  Vgl.  die  treffliche  Ausgabe  und  Erklärung  dieses  Epi- 
gramms von  C.  Dilthey,  Symbolae  criticae  ad  anthologiam  graecam  ex  libris  mss 
peiitae.    Index  lect.,  Göttingen  1891  S.  18—23. 

6.  Der  mit  Agathias  befreundete  persische  Dolmetsch  Sergios  {li^yiog  6  <f»e^- 
fir,v€vq)  wurde  frfiher  irrtümlich  mit  dem  durch  seine  ausgedehnte  Uebersetzerthätigkeit 
berühmten  Archiatros  und  Priester  Sergios  von  Resaina  (f  536)  identifiziert;  vgl. 
z.  B.  E.  Meyer,  Geschichte  der  Botanik  3  (Königsberg  1856)  38  ff.  Er  muss  aber  schon 
aus  chronologischen  Gründen  von  ihm  geschieden  werden;  das  bemerkte  Ant.  Baumstark, 
Lncnbrationes  Sjro-Graecae,  Jahns  Jahrb.,  Supplementb.  21  (1894)  368  f. 

101.  Theophanes  aus  Byzanz  (&€0(favriq  Bv^druog)  schrieb  ein  Ge- 
schichtswerk in  10  Büchern,  das  nach  Photios  (cod.  64)  die  Ereignisse 
von  566 — 581  behandelte.  Er  begann  mit  der  Erzählung  der  Begeben- 
heiten, welche  nach  dem  Bruche  des  562  von  Petros  Patrikios  auf  50  Jahre 
abgeschlossenen  Friedens  mit  den  Persem  erfolgten.  Ausserdem  beschrieb 
Theophanes  nach  der  nicht  ganz  klaren  Angabe  des  Photios  auch  Dinge 
ans  der  Regierungszeit  des  Justinian  und  fügte  zu  den  erwähnten  10 
Büchern  noch  eine  Fortsetzung,  die  Photios  nicht  gesehen  zu  haben  scheint. 
Vermutlich  hat  Theophanes  in  derselben  noch  einen  Teil  der  Regierung 
des  Maurikios  dargestellt  und  demnach  wohl  gegen  das  Ende  des  6.  Jahr- 
hunderts geschrieben.  Das  bei  Photios  erhaltene  Fragment  ist  wichtig 
durch  die  auch  von  Prokop  und  Theophylaktos  bestätigte  Nachricht  von 
der  Einf&hrung  der  Seidenzucht  in  Byzanz  unter  Justinian  und  durch 
die  erste  Erwähnung  der  Türken,  die  seitdem  aus  der  byzantinischen 
Geschichte  nicht  mehr  verschwinden. 

Fragment:  Ed.  6.  G.  Nie  buh  r  im  Bonner  Corpus  mit  Dexippos  etc.  S.  483—486; 
S.  589—600  der  gelehrte  Kommentar  des  Phil.  Labbäus.  —  Ed.  C.  Müller,  FflG  4,  270  f. 
—  Ed.  L.  Dindorf,  Hist  graec.  min.  1,  446  ff. 

102.  Henander,  als  Mitglied  der  kaiserlichen  Leibwache  Protektor 
genannt  (Mivaviqoq  llQOTixTfüQ),  wurde  um  die  Mitte  des  6.  Jahrhunderts 
in  Byzanz  geboren.  Über  sein  Leben  macht  er  selbst  in  der  merk- 
würdigen und  durch  den  in  Byzanz  seltenen  Charakter  der  Ursprünglich- 
keit und  Lebenswahrheit  ausgezeichneten  Vorrede  mit  anerkennenswerter 
Aufrichtigkeit  genauere  Mitteilungen.  In  seiner  Jugend  widmete  er  sich 
dem  Studium  der  Jurisprudenz,  nahm  es  jedoch  damit  wenig  ernst,  und 
noch  weniger  fand  er  nach  Beendigung  seines  Kurses  an  der  gerichtlichen 
Praxis  Gefallen.  Um  so  eifriger  folgte  er  den  Reizen  des  Hippodroms  und 
der  Pantomime.  Erst  als  er  durch  sein  leichtfertiges  Leben  in  die  äusserste 
Not  geriet,  wurde  er  aus  einem  Saulus  ein  Paulus ;  es  war  zu  der  Zeit,  da 
Maurikios,  ein  Freund  der  Künste  und  Wissenschaften,  zur  Herrschaft  ge- 
langte (582).  Menander  beschloss  sich  einer  ernsteren  und  durch  die 
kaiserliche  Munifizenz  nun  auch  materiell  lohnenden  Thätigkeit  zuzuwenden. 
Zum  Vorbild  nahm  er  sich  den  Agathias.  Wie  jener  wurde  er  vom  Juristen 
zum  Historiker ;  wie  jener  versuchte  er  sich  daneben  in  poetischen  Kleinig- 
keiten; Agathias  ist  auch  für  die  sprachliche  Form  das  Muster,  dem  er 


244 


BTsaniinische  LitteratnrgescHichte.    I.  Protaische  Litterainr. 


unermüdlich  nachstrebte.  Das  Geschichtswerk,  welches  Menander  nach 
seiner  Sinnesänderung  abfasste,  schliesst  unmittelbar  an  das  des  Agathias 
an  und  behandelt  dieZeit  von  558  —  582.  Wir  besitzen  von  demselben 
bei  Suidas  und  in  konstantinischen  Exzerpten  zahlreiche  und  sachlich  hoch- 
wichtige Fragmente.  Durch  den  Reichtum  und  die  Verlässigkeit  der  Nach- 
richten, besonders  durch  ihre  geographischen  und  ethnographischen  An- 
gaben gehören  sie  zu  den  bedeutendsten  Oeschichtsquellen  des  6.  Jahr- 
hunderts. Ausser  diesen  sicher  bezeugten  Bruchstücken  sind  die  politischen 
Nachrichten  im  5.  Buche  der  Eirchengeschichte  des  Euagrios,  die  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  direkt  oder  indirekt  auf  Menander  zurückgehen, 
und  ein  Exkurs  des  Theophylaktos  beizuziehen.  In  Verlegenheit  sind 
wir  bezüglich  der  Quellen,  nach  denen  Menander  eine  so  ereignisreiche 
Periode  ausführlich  darstellen  konnte.  Einen  Teil  der  Begebenheiten  hat 
er  selbst  erlebt;  aber  seine  Erzählung  beginnt  mit  einer  Zeit,  in  welcher 
er  nach  seinen  eigenen  Andeutungen  doch  noch  recht  jugendlich  gewesen 
sein  muss.  Für  die  persischen  Angelegenheiten  diente  ihm  vielleicht  Theo- 
phanes  von  Byzanz. 

1.  Ausgaben:  Die  Fragmente  in  den  Exzerpten  De  sententiis  ed.  zuerst  aas  einem 
vatikanischen  Palimpsest  A.  Mai,  Scriptor.  vet.  nova  collectio  2  (Romae  1827)  352—366.— 
Ed.  B.  G.  Niebahr  im  Bonner  Corpus  mit  Dexippos  etc.  S.  282—444.  —  Wiederholt  bei 
Migne,  Patr.gr.  113,  791-928.  -  Ed.  C.  Müller,  FflG  4,  200— 269.  —  Ed.L.Dindorf, 
Hist.  graec.  min.  2,  1—131  (mit  neuer  Kollation  zweier  codd.  Monac). 

2.  Hilfsmittel:  Eine  Nachkollation  des  vatik.  Palimpsestes  mit  Emendationen  gab 
van  Herwerden,  Spicilegium  Vaticanum,  Lugduni  Batavorum  1860  S.  216—221.  —  Einige 
Emendationen  von  Meineke,  Hermes  3  (1869)  162  f.  —  lieber  das  Verhältnis  zu  Euagrios: 
Guido  Hertz  seh,  De  scriptoribus  rerum  imperatoris  Tiberii  Constantini,  Gomment  phil. 
Jenenses  3  (1884)  21  ff.,  und  L.  Jeep,  Jahns  Jahrb.,  Supplementb.  14  (1885)  162  ff.  — 
Ueber  die  geographischen  Nachrichten  des  Menander:  G.  Marinelli,  Die  Erdkunde  bei 
den  Kirchenvätern,  Leipzig  1884  S.  6  f.  —  Zur  Darstellung:  M.  Apostolopulos,  MiyaydQog 
JlQotixxüiQ  fiififjTijs  *Jya&iov,  Diss.,  Athen  1894  (zu  wenig  gesichtete  Steliensammlung). 

8.  Von  den  poetischen  Versuchen  des  Menander  scheint  sich  nur  das  Epigramm 
auf  den  persischen  Magier,  der  sich  zum  Christentum  bekehrte  und  den  Märtyrertod  erlitt, 
erhalten  zu  haben.    Anthol.  Pal.  I  101. 

4.  Zweifellos  mit  Unrecht  wird  dem  Menander  Protektor  in  den  Codd.  Paris. 
Coisl.  285  fol.  414— 424""  und  Athen.  343  eine  Redaktion  der  Erzählung  von  der  Auf- 
findung des  hl.  Kreuzes  zugeschrieben.  Titel  und  Anfang  lauten  im  Coisl.:  Mbvuv&qov 
nQotlxioQog  dnjyrjtns  ne^l  trjg  aya^rjrrjaetog  xai  evgdaetog  xov  rifiiov  xal  ^tjonoiov  ciavgov 
T^f  yBvofjiiprjg  inl  Ktoycrayrlyov  xal  'EXeyrjs  twy  BvceßeaTarioy  fAsydXtay  xal  nqwxfoy  iy 
Xi^iariayoTg  ßaaiXitay,  'Ey  hei  ißd6fi(^  rrjg  ßaaiXeiag  Ktoyarayxlyov  tov  fieydXov  ßaailetog 
f^fjyi  (so)  layyovaqlta  ißdofin  trvyijj^&ijaay  7ikijx*^i]  ßaQßdgtoy  im  xoy  noxafjioy  xoy  xaXovfisyoy 
Jdyovßtjy,  Wie  diese  Zuteilung  zu  erklären  ist,  konnte  ich  nicht  feststellen.  Von  den 
drei  gedruckten  Texten  der  Inventio  scheint  dem  des  Coisl.  der  von  E.  Nestle,  B.  Z.  4 
(1895)  819 — 345,  besprochene  und  edierte  am  nächsten  zu  kommen. 

103.  Johannes  von  Epiphania  in  Syrien  (Icoawrjg  'Em(pav€vg)  ver- 
fasste  gegen  Ende  des  6.  Jahrhunderts  ein  Geschichtswerk  über  die  Zeit 
von  572 — 592/93  (bis  zur  Wiedereinsetzung  Chosroes  II).  Eine  (wohl  die 
einzige)  Nachricht  über  dasselbe  verdanken  wir  seinem  Landsmanne  und 
Zeitgenossen,  dem  Eirchenhistoriker  Euagrios:  Kai  vd  ixofieva  d^  rovrav 
*Aya\}^i(f  (!)  Ty  ^7]tOQi  xai  'Ifüdvvrj  ifi^  ve  noXltri  xai  avyy€V€i  xa&'  eiffiiv 
tifTOQrjTai  fie'xQi  Ttjg  Xocqoov  xov  väov  ngog  ^Poofxaiovg  (fvyvfi  xai  Tr^g  elg  tfjv 
avrov  ßatfiXeiav  dnoxataatMecüg.  ^)    Wir  haben  von  Johannes  ein  ziemlich 


^)  Historia  eccles.  ed.  H.  Valesius,  Paris 
1678,  V  24  (S.  443)  =  Migne,  Patr.  gr.  86, 2, 


2841 A.    Die  Bemerkung,  dass  Johannes  an 
Agathias  ansohliesse  {xttS*  el^fioy),  ist  an- 


8.  OeMhiohtBohreiber  und  Chronisten.    A.  Oeschiolitflolireiber.   (§§  103—104)    245 


umfangreiches  Fragment,  welches  die  Vorrede  und  den  Anfang  des  ersten 
Buches  enthält.  Der  Titel  lautet  in  der  Handschrift,  einem  Yatic.  des 
13.  Jahrhunderts:  'loodwov  (SxoXaatixov  xccl  äno  inaqxiov  'Eni(pav€(og  neql 
%rfi  %oi  vs'ov  Xoaqoov  nqo<Sx(OQria€(og  ngog  MavQfxiov  xov  ^Poofiaitov  avtoxQd" 
Toga  itTTOQiwv  rofjiog  a\  Nach  dieser  Überschrift,  die  jedoch  schwerlich 
vom  Verfasser  selbst  herrührt,  hätten  den  Hauptgegenstand  der  Schrift  die 
Ereignisse  gebildet,  welche  die  Beendigung  des  zwanzigjährigen  Krieges 
zwischen  den  Rhomäem  und  Persem  herbeiführten;  doch  beginnt  die  Dar- 
stellung in  dem  erhaltenen  Anfange  des  ersten  Buches  mit  den  Ursachen 
und  dem  Ausbruche  des  Krieges  (571/72).  Die  Gründe,  welche  den  Johannes 
zur  Wahl  seines  Stoffes  bewogen,  erzählt  er  selbst  in  seiner  Vorrede.  Als 
Rat  und  Sekretär  des  Metropoliten  von  Antiochia  hatte  er  Gelegenheit, 
mit  König  Chosroes  und  vielen  anderen  hervorragenden  Persern  persön- 
hch  zu  verkehren;  nach  Beendigung  des  Krieges  ging  er  selbst  nach 
Persien  und  lernte  den  Schauplatz  des  Krieges  kennen.  Seine  Schilderung 
beruht  demnach  auf  eigener  Anschauung  und  auf  Berichten  von  Personen, 
die  an  den  Ereignissen  beteiligt  waren.  Der  Verlust  des  wichtigen  Werkes 
wird  teilweise  ersetzt  durch  Theophylaktos,  der  seine  ausführliche  Er- 
zählung der  Flucht  und  Wiedereinsetzung  des  Chosroes  im  4.  und  5.  Buche 
höchst  wahrscheinlich  dem  Johannes  von  Epiphania  entnommen  hat.  Die 
einfache  und  klare  Sprache  des  Johannes,  der  offenbar  den  Spuren  des 
Thukydides  folgte,  ist  freilich  bei  Theophylaktos  nicht  wieder  zu  erkennen ; 
er  hat  seine  Quelle  in  die  ihm  eigene  schwülstige  Diktion  umgegossen. 
Auch  Euagrios  hat  im  6.  Buche  seiner  Kirchengeschichte  den  Johannes 
benützt.  Endlich  fand  Johannes  eine  späte  Bewunderin  in  der  kaiserlichen 
Geschieh tschreiberin  Anna  Komnena,  welche  für  die  mosaikartige  Vor- 
rede ihrer  Alexias  auch  dem  Proömion  des  Johannes  einige  Phrasen  wört- 
lich entlehnte.  Vielleicht  hat  sie  ihm  auch  ihre  Manier  im  Tone  des  Thu- 
kydides zu  reden  abgelauscht. 

Das  Fragment  des  Joh.  ed.  zuerst  B.  Hase  mit  Leo  Diaconus,  Paris  1819 
8.  169 — 176;  vgl.  seine  Vorrede  S.  XIII,  seine  Prolegom.  zum  Joh.  Lvdus  8.  X  (=8.  XIV 
ed.  Bonn.)  und  Not.  et  extr.  8  (1810)  2,  259.  —  Ed.  C.  Müller.  FeG4,  272—276.  —  Ed. 
L.  Dindorf,  Eist,  graec.  min.  1,  871—382.  —  Vgl.  L.  Jeep,  Jahns  Jahrb.  8upplementb.  14 
(1885)  178,  und  die  zu  §  102  genannte  Schrift  von  G.  Hertzsch  8.  21  ff. 

104.  Euagrios  {Evayqiog),  der  bedeutendste  Fortsetzer  des  Euse- 
bios,  wurde  um  536  zu  Epiphania  in  Syrien  geboren.  Er  lebte  meist  in 
Antiochia  und  bekleidete  dort  das  Amt  eines  Advokaten,  weshalb  er  wie 
Agathias  den  Beinamen  axoXatfxixog  fährt.  Als  der  Patriarch  Gregorios 
von  Antiochia  sich  wegen  einer  gegen  ihn  erhobenen  Anklage  in  Eon- 
stantinope]  zu  verantworten  hatte,  folgte  ihm  Euagrios  als  Rechtsbeistand; 
hiedurch  wurde  er  am  kaiserlichen  Hofe  bekannt  und  erhielt  von  Kaiser 
Tiberios  die  Würde  der  Quästur,  später  von  Maurikios  die  eines  Ehren- 
prafekten.  Sein  Todesjahr  ist  nicht  genau  bekannt;  doch  lebte  er  jeden- 
falls bis  gegen  das  Ende  des  6.  Jahrhunderts.  Wir  besitzen  von  Euagrios 
eine  umfangreiche  Eirchengeschichte  in  6  Büchern,  welche  im  An- 


gttiaa  und  wohl  aus  einer  missverstftndlichen 
AuffiMSong  der  SteUe  im  Proömion  zu  er- 


klAren,  wo  Johannes  den  Prokop  und  Agathias 
als  seine  Vorgänger  nennt. 


246 


ByzantiniBohe  Litteratargesohiohte.    L  Prodaiflohe  Lüieratnr. 


Schlüsse   an  Sokrates,   Sozomenos  und  Theodoretos  mit  der  Synode  von 
Ephesos  i.  J.  431  beginnt  und  bis  zum  Jahre  593  fortgeführt  ist.   Euagrios 
ist   der   wichtigste  Gewährsmann  für   die  Dogmengeschichte  des  5.  und    { 
6.  Jahrhunderts  und  diente  hiefür  dem  Chronisten  Theophanes,  dem  Kirchen-    j 
historiker  Nikephoros   Kallistos  Xanthopulos  u.  a.  als  Quelle.    Auch  die    , 
litterarische  Bedeutung  des  Werkes  ist  zu  beachten.   Während  im  Abend- 
lande die  Eirchengeschichte,  soweit  man  sich  nicht  mit  der  Übersetzung 
griechischer  Werke  begnügte,  bald  die  dürre  Form  der  Chronik  annahm, 
lebte  in  Euagrios  nicht  minder  als  in  den  Profanhistorikem  seiner  Zeit 
die  mächtige  Tradition  der  altgriechischen  Geschichtschreibung  wirksam 
fort.     Seine  Darstellung  charakterisiert  Photios^)  mit  Recht  als  anmutig, 
wenn  auch  etwas  breit. 

Neben  der  kirchlichen  Entwickelung  berücksichtigt  Euagrios  auch  die 
Profangeschichte.  Die  auf  sie  bezüglichen  Partien  seines  Werkes  sind 
trotz  mancher  Oberflächlichkeit  und  Parteilichkeit  von  erheblichem  Werte, 
weil  sie  auf  gute,  zum  Teil  verlorene  Quellen  zurückgehen.  Im  2.  und 
3.  Buche  benützte  er  die  bis  zum  Jahre  502  reichende  Chronik  seines 
Landsmannes  Eustathios,  dem  er  auch  seine  Zitate  aus  Priskos  ver- 
dankt. Für  das  4.  Buch  diente  ihm  Prokopios,  und  zwar  nicht  bloss  die 
Kriegsgeschichten,  sondern  auch  die  Anekdota  und  wahrscheinlich  auch 
das    Buch    De    aedificiis.*)     Die    profangeschichtlichen    Nachrichten    des 

5.  Buches  gehen  direkt  oder  indirekt  auf  Menander  Protektor  zurück. 
Die  im  5.  Buche  bemerkbare  Verwandtschaft  des  Euagrios  mit  Johannes 
von  Epiphania  erklärt  sich  nicht  aus  direkter  Benützung  des  Johannes, 
sondern   daraus,   dass  auch  Johannes  von  Menander   abhängt.     Erst  im 

6.  Buche,  das  vornehmlich  der  Erzählung  des  persischen  Krieges  gewidmet 
ist,  schöpfte  Euagrios  aus  Johannes  von  Epiphania,  der  ihm  sein  da- 
mals noch  nicht  veröffentlichtes  Werk  privatim  zur  Verfügung  stellte. 

Ein  zweites  Werk  des  Euagrios,  welches  nach  seiner  eigenen  Angabe 
Relationen,  Briefe,  Erlasse,  Reden,  Dialoge  u.  a.  enthielt,  scheint 
verloren.  Euagrios  VI  24:  JIsTtovr/iai  il  rjfiTv  xai  i'reQov  tevxog,  dvafpoQccg, 
iniatoXag^  xprjtpitf/xazay  Xoyovg  re  xai  iiaXe^sig  xai  Stsqa  axta  ixov.  Von 
den  avaifoqai  bemerkt  er  noch,  dass  er  sie  im  Namen  des  Patriarchen 
Gregorios  abfasste. 

1.  Ausgaben:  Nach  früheren  Drucken  am  besten  ed.  von  H.  Valesius,  Paris 
1673.  —  Neu  aufgelegt  von  Reading,  Cambridge  1720  (mit  einigen  Zusätzen  und  vielen 
Stompereien).  —  Wertloser  Abdruck  ohne  laiein.  Uebersetzung  und  ohne  Noten,  Oxford 
1844.  —  Zuletzt  wiederholt  von  Migne.  Patr.  gr.  86,  2,  2405—2906.  —  Da  Valesius  nur 
zwei  Handschriften  einer  getrübten  Redaktion  benützte,  ist  eine  kritische  Neubearbeitung, 
die  sich  vornehmlich  auf  cod.  Laurent.  70,  23  stützen  müsste,  ein  Bedürfnis. 

2.  Hilfsmittel:  C.  Fr.  Stäudlin,  Geschichte  und  Literatur  der  Kirchengeschichte, 
Hannover  1827  S.  79-85  (unbedeutend).  —  F.  Chr.  Baur,  Die  Epochen  der  kirchlichen 
Geschichtslitteratur,  Tübingen  1852  8.  29—32  charakterisiert,  ohne  auf  Einzelheiten  ein- 
zugehen, sehr  treffend  die  Stellung  des  E.  in  der  Reihe  der  griechischen  Eirchenhistoriker. 
—  Einen  guten  Ueberblick  über  den  dogmengeschichtlichen  Inhalt  des  E.  gibt  W.  Gass, 
Realenzyklopädie  für  prot.  Theologie  4  (1879)  420  f.  —  Zur  Verbesserung  des  Textes: 
Nolte,  Tübinger  theologische  Quartalschrift  43  (1861)674-706.  —  Zur  handschrifÜichen 
üeberlieferung:  Carl  de  Boor,  Zeitschrift  fftr  Kirchengeschichte  5  (1881—82)  315—322 


*)  Cod.  29. 'E(rr»  cf*^  rij*'  ^^daiy  ovx  axagiff 
ti  xai  n<ü^  neQittevea&at  iyiote  dox$t. 


*)  Vgl  G.  Dangers  a.  unten  a.  0.  S.  42 
und  L.  Jeep  a.  a.  0.  S.  161. 


2.  OeMhiohtsohreiber  nnd  Chronisten.    A,  Oeschlohtsohreiber.    (§  105)    247 

ond  6  (1883 — 84)  482—485.  —  Quellenforsohang:  Die  Grandlinien  zog  Gast.  Dangers 
in  seiner  fiist  verschollenen  Preisschrift:  De  fontibas,  indole  et  dignitate  librorom  quos  de 
bistoria  ecclesiastica  scripserant  Theodorus  Lector  et  Evagrius,  Göttingen  1841.  —  Genauer 
Ludw.  Jeep,  Jahns  Jahrb.,  Snpplementb.  14  (1885)  159 — 178.  —  Ueber  die  Benützang 
des  Johannes  Rhetor  (=  Malalas!)  darch  Eaagrios  vgl.  £.  Patzig,  Unerkannt  und  un- 
l>ekannt  gebliebene  Malalas-Fragmente,  Progr.  der  Thomasschule,  Leipzig  1891  S.  17  ff., 
C.  W.  Brooks,  The  date  of  the  historian  John  Malala,  The  Engl.  Eist.  Review  7  (1892) 

291—301,  und  S.  Sestakov,  Der  Johannes  Rhetor  der  Eirchengeschichte  des  Eaagrios, 
>.  Heft  der  gelehrten  Denkschriften  d.  Univ.  Eazan  1890  (russ.).   Vgl.  die  Besprechung  von 

:.  E.  Gleye,  B.  Z.  3(1894)  625-630,  und   die   Erwiderung  von  Sestakov,   Viz.  Vr.   2 

1895)  243—245.  —  Vgl.  C.  E.  Gleye,  Beiträge  zur  Johannesfrage.  B.  Z.  5  (1896).  — 
^gl.  die  S.  225  zitierten  Programme  von  Otto  Adamek,  die  zu  §  102  zitierte  Schrift  von 
j.  Hertxsch  S.  22  ff.  und  A.  GClldenpenning,  Die  Kirchengeschichte  des  Theodoret  von 
Cyrrhos,  Halle  1889. 

3.  Von  einer  kurzgefassten  Eirchengeschichte,  welche,  da  sie  einerseits  den 
V aiser  Phokas  noch  erwähnt,  andrerseits  von  Theophanes  in  ausgedehntem  Masse  benfitzt 
rorde,  zwischen  600  und  800  abgefasst  sein  muss,  sind  uns  verschiedene  Exzerpte  erhalten 
.  in  den  von  Gramer,  An.  Paris.  2  (1839)  87—114,  herausgegebenen  'ExXoyai  ano  rtjs  ixxXtj' 
nacTunjg  Unogiag,  2.  im  Cod.  Bodl.  Barocc.  142,  3.  in  den  von  Valesius  herausgegebenen 
KuszQgen  aus  Theodoros  Anagnostes,  4.  in  den  Exzerpten,  welche  E.  Miller,  Fragments 
Dedits  de  Theodore  le  lecteur  et  de  Jean  d'  Egöe,  Revue  archöol.  26  (1873)  273—288; 
196 — 403,  ediert  hat.  Die  Darstellung  in  diesem  Werke  war  dürftig.  Als  Quellen  dienten 
Ür  die  ersten  drei  Jahrhunderte  Eusebios  und  die  um  430  verfasste  X^unMyixtj  Urrogla 
lea  Philippos  von  Side,  f&r  die  spätere  Zeit  Theodoros  Anagnostes  und  Johannes 
)imkrinomenos.  Vgl.  C.  de  Boor,  Zur  Eenntnis  der  Hss  der  griech.  Eirchenhistoriker, 
^eitschr.  f.  Eirchengesch.  6  (1883—1884)  478—494.  —  G.  de  Boor,  Neue  Fragmente  des 
i^apias,  Hegesippus  und  Pierius  in  bisher  unbekannten  Excerpten  aus  der  Eirchengeschichte 
lee  Philippus  Sidetes,  Texte  und  Untersuchungen  zur  (beschichte  der  altchristlichen 
itteratur  5(1889)2,  167—184.  —  C.  de  Boor,  Zur  kirohenhistorischen  Litteratur,  B.  Z.  5 

1896)  23. 

4.  Noch  von  einer  anderen  Eirchengeschichte,  die,  im  Anfang  des  10.  Jahr- 
lunderts  geschrieben,  wohl  mit  der  SchOpfung  begann  und  in  zwei  Teilen  bis  zum  Jahre 
^20  reichte,  haben  wir  Eunde  durch  Notizen  im  Cod.  Bodl.  Barocc.  142.  Sie  ist  wahr- 
cheinlich  identisch  mit  einem  im  Eataloge  der  Bibliothek  des  Patmosklosters  vom  Jahre 
355  (bei  A.  Mai,  Nova  bibl.  patr.  6,  539)  erwähnten  Werke,  und  ein  Teil  von  ihr  steckt 
rielleicht,  wenigstens  dem  Inhalte  nach,  in  der  Eirchengeschichte  des  Nikephoros  Eallistos 
Canthopulos.    C.  de  Boor,  Zur  kirchenhistorischen  Litteratur,  B.  Z.  5  (1896)  16—23. 

105.  Theophylaktos  Simokattes  (weniger  beglaubigt  Simokatos) 
BeoqtfXaxTog  Sifxoxdtrr^g  oder  2iß6xaTog)  aus  Ägypten  gebürtig,  nach 
Photios  kaiserlicher  Sekretär  und  Präfekt,  lebte  unter  Kaiser  Heraklios 
610 — 640).  Wir  haben  von  ihm  ein  naturwissenschaftliches  Schriftchen, 
.'ine  Briefsammlung  und  ein  Geschichtswerk.  Die  beiden  ersten  sind 
»rahrscheinlich  Jugendschriften.  Wie  Agathias  versuchte  er  sich  zuerst  in 
eicht^ren  Litteraturgattungen,  ehe  er  sich  den  ernsteren  Aufgaben  der 
Jeschichtschreibung  zuwandte. 

1.  Seine  Schrift  Uegl  3ia(fOQ<av  (pvaixdSv  änoQrjuaxdnv  xal  ini' 
iv<f€iag  avxtSv  (gewöhnlich  kurz  zitiert:  Quaestiones  physicae)  gehört 
n  die  reiche  Gattung  der  Hagädo^a  und  @avfia(fia,  die  sich  als  wunder- 
icher  Euriositätenkram  schon  früh  von  den  umfassenden  naturwissenschaft- 
ichen  Leistungen  der  Alten  ablösten,  bis  tief  ins  Mittelalter  hinein  eifrig 
)earbeitet  wurden  und  ihre  Wirkung  bis  in  die  neuere  Zeit  fortpflanzten. 
Dem  Werke  geht  ein  kleines  Proömion  voraus,  eine  wahre  Mustersamm- 
ong  geschraubter  und  geschnörkelter  Redewendungen,  aus  denen  es  oft 
schwer  wird,  die  Gedanken  herauszuschälen.  Theophylaktos  scheint  sein 
Werk  als  eine  öffentliche  Vorlesung  anzukündigen.  Zuerst  bittet  er  um 
S^achsicht,  dann  aber  schöpft  er  Mut:  «Ich  werde  siegreich  sein,  ich  weiss 


248 


Byzantinisohe  Litteraturgeschichte.    I.  ProBaisohe  Litteratnr. 


es,  obschon  ich  kein  Barbarenland  betrete;  wenn  ich  auch  kein  Sohn  der 
Kunst  bin,  so  habe  ich  doch  Vernunft  wie  ihr;  die  Rede  ist  mein  Vater- 
land, und  was  Griechenland  gehört,  gehört  auch  mir/  Die  Schrift  selbst 
handelt  in  Form  eines  platonischen  Dialogs  zwischen  Antisthenes  und 
Polykrates  über  alchimistische  und  andere  geheimwissenschaftliche  Pro- 
bleme, z.  B.  Warum  wird  der  Diamant  vom  Feuer  nicht  angegriffen? 
Warum  erweicht  Bocksblut  Diamanten?  Warum  trinken  die  Raben  im 
Sommer  nicht?  Warum  setzt  sich  auf  den  attischen  Honig  keine  Fliege? 
Es  sind  meist  die  aus  Aelians  Tiergeschichtenbuch  bekannten  Probleme. 
Trotzdem  lauscht  Polykrates  den  Belehrungen  des  Antisthenes  mit  stei- 
gender Bewunderung  und  fragt  ihn  zuletzt  ganz  ausser  sich,  woher  all 
diese  Weisheit  stamme.  Darauf  nennt  ihm  dieser  eine  imponierende  Reihe 
von  Schriftstellern,  gleichsam  ein  Quellenverzeichnis,  das  sich  freilich  bei 
näherer  Betrachtung  als  eitel  Humbug  erweist. 

2.  'ErtiatoXal  rj&ixai^  aygoixtxal^  ivaiQixai,  eine  der  zahllosen 
Sammlungen  rhetorisch-sophistischer  Übungsstücke  in  Briefform,  die  uns 
in  der  griechischen  Litteratur  bis  zum  letzten  Tage  des  byzantinischen 
Reiches  begleiten.  Einzelne  Stücke  sind  dem  Theophylaktos  nicht  übel 
geraten;  in  den  meisten  fehlt  aber  das  Studium  der  Natur,  die  naive  Auf- 
fassung der  wirklichen  Verhältnisse  des  Lebens,  die  malerische  Treue  in 
der  Schilderung  der  Empfindungen  und  Erlebnisse  der  fingierten  Personen. 
Komisch  wirkt  der  gespreizte  Schwulst  des  Briefschreibers,  wenn  er  harm- 
lose Personen  von  gemeinen  und  alltäglichen  Dingen  sprechen  lässt  z.  B. 
N.  74,  wo  ein  Bauer  von  seinem  Nachbarn  „den  Mist  des  Herdenviehs "* 
{tcSv  d^QE^iixoTiov  TTJv  xoTTQov)  erbittet.  Das  Landleben  erscheint  im  falschen 
Spiegelbilde  einer  süsslichen  Schönrednerei.  Am  erträglichsten  sind  die 
moralischen  Briefe;  sie  enthalten  Charakterschilderungen  mit  berühmten 
Namen  an  der  Spitze ;  bezeichnend  für  diese  Phantasiestücke  ist  die  Shake- 
speare'sche  Missachtung  der  Chronologie;  Antisthenes  richtet  z.  B.  an 
Perikles  einen  Brief  über  König  Alexander.  Wir  wissen  nicht,  ob  diese 
zwei  Jugendarbeiten  den  Ruhm  des  Theophylaktos  begründeten;  jedenfalls 
aber  wurden  sie,  wie  die  grosse  Zahl  der  Handschriften  beweist,  später 
viel  häufiger  gelesen  als  das  für  weitere  Kreise  zu  ernste  und  zu  spezielle 
Geschichtswerk.  Naturwissenschaftliche  Kuriositäten  haben  dem  6e- 
schmacke  des  Mittelalters  immer  zugesagt  und  rhetorische  Briefsamndungen 
waren  das  beliebteste  Mittel  zur  Ausbildung  des  Stils. 

3.  Die  'l(fvoQ{ai^)  des  Theophylaktos  erzählen  in  8  Büchern  die 
Regierungszeit  des  Kaisers  Maurikios  (582  —  602).  Wir  besitzen 
ausser  dem  Werke  selbst  einen  umfangreichen  Auszug  bei  Photios.  Die 
rhetorische  Richtung  des  Autors  verrät  sich  sofort  in  dem  künstlich  ge- 
schraubten Proömion,  das  durch  einen  Dialog  zwisclien  Philosophie  und 
Geschichte  eingeleitet  wird.  Sie  herrscht  aber  auch  im  ganzen  Werke, 
während  die  für  einen  Historiker  notwendigen  Eigenschaften  sehr  vermisst 
werden.     Theophylaktos  war  nicht  in  der  glücklichen  Lage  eines  Prokop, 


')  So  wird  das  Werk  von  Photios  (cod. 
65)  bezeichnet;  in  den  Handschriften  lautet 
der  Titel:    SeotpvXdxtov    ano    ina^x^y   xal 


avTi>Yqaq>eüig  oixovfievix^s  Icxoqiag  ßi- 
ßXioy  ff',  ß*  etc. 


S.  GeflohiolitMlireiber  und  Chronisten.    A.  Qesohiohtsolireiber.    (§  105)     249 

r  die  Personen,  Schauplätze  und  Begebenheiten  selbst  beobachten  konnte ; 

fehlt  ihm  an  politischer,  militärischer  und  geographischer  Sachkenntnis, 
'shalb  er,  wie  Gibbon  sehr  richtig  bemerkt,  in  kleinlichen  Dingen  weit- 
bweifig,  in  wesentlichen  dagegen  schweigsam  ist.  Freilich  gebricht  es 
n  auch  an  einem  bedeutenden  Stoffe;  die  Zeit  des  Maurikios  ist  ohne 
le  grossen,  heroisch  durchgekämpften  Kriegszüge,  die  das  Zeitalter  »des 
stinian  auszeichnen.  Bei  allen  Mängeln  der  historischen  Auffassung  kann 
}  Wahrheitsliebe  des  Theophylaktos  kaum  verdächtigt  werden.  Er  ist 
?ht  nur  für  die  Zeit  des  Maurikios  der  älteste  und  beste  Gewährsmann, 
idem  einer  der  wichtigsten  Historiker  der  ganzen  spätgriechischen  Lit- 
•atur.  Prokop,  Agathias,  Menander,  Euagrios  und  Theophylaktos  lernen 
r  als  Quellenschriftsteller  des  6.  Jahrhunderts  hochschätzen,  wenn  wir 

die  trostlose  Leere  der  folgenden  Periode  blicken;  für  mehrere  Jahr- 
nderte  nach  Maurikios  müssen  wir  uns  in  Ermangelung  zeitgenössischer 
d  direkter  Nachrichten  mit  der  unkritischen  und  dürren  Auslese  späterer 
ronisten  begnügen.  Als  Quelle  diente  dem  Theophylaktos  für  einen 
:kurs  über  die  Perserkriege  unter  Justin  und  Tiberios  das  Werk  des 
enander,^)  für  das  4.  und  5.  Buch  Johannes  von  Epiphania.  Eine 
gänzung  findet  man  in  der  sechsbändigen  Eirchengeschichte  des 
tagrios,  der  die  ersten  11  Regierungsjahre  des  Maurikios  noch  zu 
ssen  Lebzeiten  beschrieb,  aber  freilich  gerade  hiedurch  in  der  Unbe- 
igenheit  seiner  Darstellung  stark  beeinträchtigt  wurde. 

Die  Bedeutung  des  Theophylaktos  zeigt  sich  auch  in  der  Benützung 
rch  die  Späteren.  Photios  (cod.  65)  widmete  ihm  einen  ungewöhnlich 
sführlichen  Artikel;  Theophanes  Confessor  exzerpierte  ihn;  er  fand 
ifnahme  in  die  historische  Enzyklopädie  des  Konstantin  Porphyro- 
nnetos.  Inwieweit  die  aus  Theophylaktos  stammenden  Berichte  bei 
)naras,  Kedrenos  und  Nikephoros  Kallistos  Xanthopulos  auf  ihn 
Ibt  oder  auf  konstantinische  Exzerpte  oder  andere  Kompilationen  zurück- 
hen,  muss  noch  untersucht  werden. 

Eine  besondere  Beachtung  verdient  die  Darstellung  des  Theophy- 
ktos.  Photios  spricht  über  sie  das  überraschend  scharfe  und  treffende 
rteil  aus,  sie  sei  nicht  ohne  Anmut,  aber  der  unmässige  Gebrauch  bild- 
her  Ausdrücke  und  allegorischer  Gedanken  erzeuge  einen  frostigen  Ton 
id  verrate  jugendliche  Geschmacklosigkeit;  auch  sei  sein  unzeitiges  Ein- 
ischen  von  Sentenzen  ein  Beweis  von  überschwänglicher  und  ungezügelter 
telkeit.  In  anderen  Dingen  könne  man  ihn  weniger  tadeln.  Mit  Prokop 
td  Agathias  verglichen  bildet  er  den  Gipfelpunkt  einer  steil  ansteigenden 
nie.  Der  Geschichtschreiber  Belisars  ist  bei  aller  Fülle  noch  einfach 
id  natürlich ;  weit  freigebiger  mit  Blumen  und  poetischen  Ausdrücken  ist 
T  Dichter  Agathias;  aber  beide  erscheinen  harmlos  neben  Theophylaktos; 

überrascht  jeden  Augenblick  durch  ein  Magazinfeuer  gesuchter  Bilder, 
llegorien,  Sentenzen,  mythologischer  und  sonstiger  Raritäten.  Dabei  ist 
erkwürdig,  dass  der  aus  der  hellenistischen  Litteratur  bekannte  phanta- 
ischo  Stil  der  ägyptischen  Heimat  sich  noch  bei  einem  so  späten  Nach- 


>}  To  (T   OTTO);  MevdydQtp  t(^  nsgifpayet  aa^ptag  difjyoQBvxM,  I  3  (S.  38,  16  ed.  Bonn.). 


250 


Byzantinische  Litteratnrgeschichte,    I.  Prosaische  Litteratnr. 


ztigler  bemerklich  macht.  Die  Erfindsamkeit  des  Theophylaktos  in  blu- 
migen Wendungen  ist  erstaunlich.  John  Lilly  hätte  für  seinen  berühmten 
Euphues  keine  reichere  Fundstätte  entdecken  können,  als  die  drei  Werke 
unseres  Byzantiners.  Sowohl  die  duftige,  gefallige  Schnörkelmanier  als 
der  auf  Stelzen  gaukelnde  Bramarbaston  Pistols  haben  hier  ihre  Vorbilder. , 
Glaubt  man  nicht  in  einem  Shakespeare'schen  Jugenddrama  zu  lesen,  wenn 
ein' Soldat  einen  lästigen  Gegner  »die  Drohne  seiner  Tapferkeit*; 
nennt?  Tov  xrj^^va  t^$  iavtov  äQevrjg  ixttvov  avtov  %dv  IJt'QcrrjV  anäx^sivB 
(108,  13  ed.  Bonn.).  In  den  Naturproblemen  will  er  den  Polykrates  sagen  . 
lassen:  ^Die  Leute  sprechen  über  einen  wichtigen  Gegenstand,  über  den 
Diamanten,  und  suchen  in  die  Geheimnisse  der  Natur  einzudringen"*;  das 
lautet  bei  ihm:  „Kein  geringer  Vorwurf  ist  es,  für  den  Zungen  und  Reden 
und  Theorien  schlagen  und  geschlagen  werden;  zu  einem  Diamantenkrieg 
hat  man  sich  gewappnet  und  entrollt  uns  den  geheimnisvollen  Gottesdienst 
der  Natur".  Zu  diesem  Marinismus  stimmen  die  seltsame  Vornehmheit, 
welche  allbekannte  Dinge  behutsam  erklärt,  die  breitspurige  Umschreibung 
gewöhnlicher  Thatsachen,  auch  tektonische  Mittel  wie  die  Häufung  kleiner, 
stetig  anwachsender  Satzteile.  Das  letztere  Kunststück  mag  er  den  be- 
kannten Kirchenhymnen  eines  Romanos  oder  Sergios  abgelauscht  haben, 
obschon  die  rythmische  Verbindung  kleiner  Satzglieder  sich  schon  früher 
in  der  Prosa  nachweisen  lässt.  Übrigens  scheint  die  Kirchendichtung  und 
Kirchenprosa  auch  für  sein  Wörterbuch  mehr  Anregungen  geliefert  zu 
haben,  als  sein  gespreiztes  Wesen  christlichen  Dingen  gegenüber')  er- 
warten Hesse.  Ein  anderes  zum  überdruss  wiederholtes  Kunstmittel  des 
Theophylaktos  besteht  in  der  Stellung  des  Verbums  zwischen  Adjektiv 
und  Substantiv.')  Zu  den  Mustern,  denen  er  gerne  folgt,  gehören  die 
landschaftlichen  Schilderungen,  die  aus  den  Rhetorenschulen  und  den  Ro- 
manen jedem  Byzantiner  geläufig  waren.  Man  sehe  z.  B.,  mit  welchem 
Aufwände  von  Bildern  er  den  geschlängelten  Lauf  des  Tigris  vor  Augen 
stellt  (S.  86,  2  flf.  ed.  Bonn.).  Dagegen  hat  er,  im  Gegensatz  zu  dem  klas- 
sisch gezierten  Agathias,  von  den  übrigen  alten  Autoren  ausser  Homer 
nur  wenig  gelesen.  Klassische  Reminiszenzen  sind  bei  ihm  selten.  Was 
er  nicht  aus  der  Sprache  der  Kirche  in  Prosa  und  Poesie,  aus  der  des 
Romanos  und  des  Lebens  schöpfte,  darf  als  seine  eigene  Erfindung  gelten. 
Daher  ist  der  Wortschatz  des  Ägypters  neu  und  fremdartig;  er  hat  die 
griechischen  Wörterbücher,  zuletzt  noch  das  Supplement  des  Thesaurus 
H.  Stephani  von  Kumanudes,  mit  einer  Masse  von  seltsamen  Eindring- 
lingen bereichert,  die  nur  seiner  überquellenden  Phantastik  ihre  Ent- 
stehung verdanken.  Die  Abnormität  dieser  Diktion  erstreckt  sich  jedoch 
nur  auf  das  Wörterbuch  und  den  Stil;  in  der  Formenlehre  und  Syntax  ist 
er  auch   nach   den  Vorstellungen  der  Schulgrammatik    ziemlich  korrekt. 


')  Er  ist  Christ  und  lebt  in  einem  völlig 
christlichen  Zeitalter,  schreibt  aber  von  christ- 
lichen Dingen  wie  ein  Heide.  Von  einem 
Kloster  z.  B.  sagt  er  (S.  62,  11  ed.  Bonn.): 
, Dortselbst  befindet  sich  auch  eine  Pflanz- 
schule von  Männern,  die  ein  philosophisches 
Leben  fuhren.    Mönche  nennt  man  diese 


Leute.*    Der  Mönch  als  .Philosoph*  hat  sich 
durch  das  ganze  Mittelalter  erhalten. 

*)  Z.  B.  Eig  xrjv  xoiktjy  a(pucy$iTtti  Sv- 
Qiay.  Dieses  Schema  ist  ein  altes  Lieblings- 
stück  der  rythmischen  Prosa  und  verdiente 
wohl  eine  historische  Untersuchung. 


S.  GesohioliUohreiber  nnd  Chronisten.    A.  Geschiohtflolireiber.    (§  105)     251 

eophylaktos  hat  durch  seine  geblähte  Rhetorik  der  späteren  Entwicke- 
g  der  byzantinischen  Kunstsprache  wahrscheinlich  viel  geschadet,  ob- 
lou  ein  pretiöser  Stil,  wie  das  Shakespeare'sche  Zeitalter  beweist,  nicht 
mer  zum  Verderben  ausschlägt;  es  muss  aber  wenigstens  betont  werden, 
is  durch  ihn  wie  noch  durch  manche  andere  die  stereotype  Vorstellung, 
lehe  in  aller  byzantinischen  Produktion  Unselbständigkeit  und  blosses 
itationstalent  erblickt,  eine  sehr  wesentliche  Beschränkung  erleidet. 
?ilich  ist  Theophylaktos  gerade  durch  sein  Streben  nach  Neuheit  und 
iginalität  aus  der  Charybdis  der  Nachahmung  in  die  Skylla  der  Manieriert- 
t  geraten. 

1.  Ausgaben:  Naturprobleme:  Ed.  pr.  B.  Vulcanius,  Logd.  Batav.  1596  (bzw. 
7).  —  Ed.  Fr.  Boissonade,  Paris  1835  (mit  den  Briefen).  —  Ed.  J.  Ideler,  Scriptores 
'sici  et  medici  1  (1841)  168—183.  —  Eine  französische  Uebersetzung  von  F.  Morel, 
is  1603;  wiederholt  1608. 

Briefe:  Ed.  pr.  in  der  grossen  Sammlung  griechischer  Briefe,  Venedig,  Aldus  1499. 
Edd.  Vulcanius  und  Boissonade  mit  den  Naturproblemen.  —  Ed.  R.  Horcher, 
:»tolographi  Graeci,  Paris  1873  S.  763—786  (mit  Benützung  zahlreicher  Handschriften). 
Vgl.  Ant  W estermann.  De  epistolarum  scriptoribus  Graecis,  pars  VIII,  Lipsiae 
>5  S.  7.  —  Eine  lateinische  Uebersetzung  der  Briefe  des  Theophylaktos  ist  die 
ilologische  Erstlingsarbeit  des  grossen  Astronomen  Nikolaus  Eopernikus.  Sie  be- 
it  auf  der  oben  erwähnten  Aidina  und  erschien  zu  Krakau  1509  unter  dem  Titel:  Theo- 
ilacti  Scolastici  Simocati  Epistole  morales,  rurales  et  amatorie,  interpretatione  latina, 
ftcovie  in  domo  Domini  Johannis  Haller,  anno  salutis  nostre  MDIX.  Einen  Neudruck 
)  seltenen  Büchleins  veranstaltete  Franz  Hipler,  Spicilegium  Gopemicanum,  Brauns- 
•g  1873  S.  72-102. 

Geschichte:  Ed.  pr.  (aus  einem  schlechten  Cod.  Bavaricus  des  16.  Jahrh.  =  Monac. 
.  48)  Ton  dem  Ingolstidter  Jesuiten  Jac.  Pontanus,  Ingolstadt  1604.  —  Im  Pariser 
rpud  ed.  A.  Fabrottus,  Paris  1647  (mit  den  Fehlem  der  Ingolstädter  Ausgabe  und  einer 
gäbe  von  neuen).  —  Wiederholt  Venedig  1729.  —  Rec.  I.  Bekker,  Bonnae  1834  (wieder 
r  Abdruck  der  Ausgabe  des  Pontanus  mit  unwesentlichen  Korrekturen).  —  Erste  und 
izige  kritische  Ausgabe  auf  Grund  des  alten  Cod.  Vatic.  977  von  Carl  de  Boor,  Leipzig, 
»1.  Teubneriana,  1887  (mit  einem  sorgfältigen  Wort-  und  Sachindex). 

2.  Hilfsmittel:  Treffende,  nur  etwas  zu  sehr  im  Standpunkt  der  Klassizit&t  be- 
Dgene  Beurteilung  von  G.  Bernhardy  in  Form  einer  Rezension  der  Ausgaben  von 
ikker  und  Boissonade,  Berliner  Jahrb.  für  wissensch.  Kritik  1836,  Nr.  56—59.  —  Zur 
itik:  Aug.  Nauck,  M Klanges  Gr^co-Romaines  III  59  f.  —  Zur  Beurteilung  der  Nach- 
hteo  des  Theophylaktos  über  China:  Ferd.  von  Richthofen,  C^ina  1  (1877)  551  ff.,  und 
V.  Gutschmid,  Kleine  Schriften  3  (1892)  607  f.  —  Ueber  die  Quellen  des  Geschichts- 

»rkes:  L.  Jeep,  Rhein.  Mus.  36  (1881)  357  ff.  und  Jahns  Jahrb.  Supplementb.  14  (1885) 
4 — 178.  —  Gegen  Jeep  sucht  G.  Hertz  seh  in  seiner  zu  §  102  genannten  Schrift  S.  25  ff. 

erweisen,  dass  Theophylaktos  den  Johannes  von  Epiphania  schon  vom  9.  Kapitel  des 
Buches  an  benützt  habe.  —  Ueber  chronologische  Scnwierigkeiten  in  der  zweiten  Hälfte 
r  Regierung  des  Maurikios,  namentlich  über  eine  Lücke  von  593—597  handelt  J.  B. 
arv.  The  chronology  of  Theonh.  Simokatta,  The  English  Histor.  Review  3  (1888)  310—315. 

Emendationen  zum  Geschicntswerke  ed.  de  Boor  gab  H.  van  Herwerden,  Varia  ad 
rios,  Mnemosyne  N.  S.  17  (1889)  24—43.  —  Ueber  ein  Koroikerfragment  in  einem  Briefe 
8  Theophylaktos  s.  Leo  Sternbach,  Curae  Menandreae,  Dissert.  classis  philol.  acad. 
t  Cracoviensis  t  17  (1892)  171. 

3.  Sprache:  Zu  den  auffallendsten  Dingen  gehören  die  Form  iQtS  als  Präsens  (von 
frkker  S.  265,  6  mit  Unrecht  angegriffen)  und  die  häufige  Verbindung  eines  Partizips  im 
ask.  mit  einem  Femininum  z.  B.  avQgevaÜvttov  dvyduttoy.  Allein  dieser  Vulgarismus, 
it  dem  die  Konstruktion  eines  Superl.  im  Mask.  mit  einem  Femininum  verwandt  ist, 
niesst  seit  Diodor  eine  Art  von  Bürgerrecht.  S.  Lob  eck,  Aglaophamus,  Königsberg  1829 
216  ff.    Zu  iQiö  vgl.  K.  Krumbacher,  Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1886  S.  417. 

4.  Hier  möge  noch  der  aus  unbestimmter  Zeit  stammende  anonyme  Bericht  über 
e  Belagerung  von  Konstantinopel  unter  Heraklios  erwähnt  werden,  der  im 
)d.  Vatic.  1572  (10.  Jahrh.)  und  anderen  Handschriften  erhalten  ist:  Ilegi  roHy  a&itoy 
^'pwr  JB  xal  ÜBQaoiv  xard  rrjg  &€oq>vXdxTov  noXetig  fAayuidovg  xiyijuetas  ^^  ^0  (piXav^ 
Mtniif  rov  diov  iid  rijg  Sbotoxov  /4Bt*  ala/vyijg  a;TO/ai^aeaic.  Die  legendenhafte  Er- 
ihlnng  ist  mit  den  Monographien  des  Kameniates,  Kananos  und  Anagnostes  zu  ver- 
leichen.    Ed.  A.  Mai,  Nova  patnim  bibliotheoa  vol.  6  (Romae  1858)  2,  898—416. 


252  Byiantinisohe  LitteratnrgoBohichte.    L  Prosaisohe  Littoratar. 

106.  Theodosios,  ein  griechischer  Mönch  in  Syrakus,  wurde,  m 
dem  diese  Stadt  im  Mai  880   dm*ch   die  Sarazenen  erobert  worden  wi 
von  den  Feinden  nach  Panormos  geführt.    Dort  schrieb  er  im  Gefäi 
an  einen  gewissen  Diakon  Leo  einen  Brief  über  die  ihm  noch   frisch 
Gedächtnis  stehende  Katastrophe:   &eodoaiov  fiovaxov  tov  xal  ygafifiau 
iniaxoXri   ngog  Adovra    iidxovov   negi   xrjg   äXdasfog   Svgaxovffrfi.      Er   gil 
freilich  weniger  eine  objektive  Erzählung  als  eine  an  wichtigen  Thatsachi 
ziemlich  arme  Deklamation  über  die  lange  Not  der  Belagerung  und  s< 
eigenes  Schicksal.     Verwandte  Stücke  sind  die  kleinen  Monographien  d< 
Eameniates  und  Anagnostes  über  die  Eroberung  von  Thessalonike  di 
die  Araber  904  und  durch  die  Türken  1430. 

Ed.  B.  Hase  mit  Leo  Diaconus,  Paris  1819  S.  177—182;  vgl.  die  Praef.  S.  XV. 

Konstantin  Porphyrogennetos. 

107.  Leben.  Konstantin  VII,  Sohn  Leo's  des  Weisen,  Enkel 
lies  I,  des  Begründers  der  makedonischen  Dynastie,  war  dem  Namen 
Kaiser  von  912 — 959;  doch  blieb  er  durch  die  Ränke  seines  Schwiegi 
vaters  und  seines  Schwagers  lange  von  der  Regierung  ausgeschlossen, 
er  945  durch  die  Gunst  der  Verhältnisse  zur  Alleinherrschaft  gelangta^ 
Damals  waren  die  schwierigsten  Kämpfe  gegen  die  von  ver8chiedenei| 
Seiten  drohenden  Feinde  ausgefochten  und  das  rhomäische  Reich  erfreute 
sich  längere  Zeit  hindurch  verhältnismässiger  Ruhe.  So  hatte  Konstantin 
reichliche  Gelegenheit,  die  litterarischen  und  wissenschaftlichen  Bestre- 
bungen, welchen  er  seit  früher  Jugend  ergeben  war,  auch  als  AlleiiH 
herrscher  fortzusetzen  und  im  grösseren  Massstabe  durchzufuhren.  Bt 
that  es,  indem  er  mit  kaiserlicher  Macht  und  kaiserlichen  Mitteln  grossf 
Sammelwerke  veranstalten  Hess,  welche  die  nicht  mehr  übersichtlichen, 
oft  schwer  zugänglichen  und  zum  Teil  schon  vom  Untergang  bedrohtei 
Schätze  der  alten  Litteratur  für  die  Zwecke  des  Staates  und  der  Kirchi 
nutzbar  machen  sollten.  Für  die  Heranbildung  der  jungen  Generation 
sorgte  er  durch  die  glänzende  Erneuerung  der  grossen  BardasuniversitSt 
in  Konstantinopel,  die  für  das  Wiederaufblühen  der  höheren  Bildung  in 
Byzanz  von  nachhaltiger  Bedeutung  war.  EndUch  versuchte  er  sich  selbst 
als  Schriftsteller.  Wir  können  die  mächtigen  Litteraturmassen,  die  mit 
dem  Namen  Konstantins  zusammenhängen,  in  zwei  grosse  Gruppen  teilen, 
1.  in  die  von  ihm  selbst  oder  unter  seiner  persönhchen  Mitwirkung  ver- 
fassten  Werke,  2.  in  die  durch  den  Kaiser  veranlassten  Sammlungen 
älterer  Texte  und  die  aus  Exzerpten  bestehenden  Enzyklopädien.  Die 
Werke  der  zweiten  Gruppe  werden  hier  nur  summarisch  behandelt,  weil  sie 
bei  aller  Wichtigkeit  doch  nur  Ergebnisse  eines  mechanischen  Sammel* 
fleisses  sind  und  weniger  in  die  Geschichte  der  Litteratur  als  der  Textes- 
überlieferung gehören.  Eine  erschöpfende  Darstellung  des  verwickelten 
philologischen  Details,  das  sich  an  die  konstantinischen  Sanmilungen 
knüpft,  würde  die  Grenzen  unseres  Abrisses  überschreiten. 

Leben  und  Werke:  Eine  panegyrisch  gehaltene  Biographie  Konstantins  steht  in 
der  Fortsetzung  des  Tbeophanes  ed.  Bonn.  S.  381—469.  —  Eine  kritische  üebersicht 
der  biographischen  Thatsachen  gibt  Ferd.  Hirsch,  Konstantin  VII  Porphyrogennetoe. 
Programm  der  Königstftdtischen  Realschule,  Berlin  1873.  —  Hauptschrift:  Alfr.  Ram- 


i.  O^sohiohtsohreiber  und  Chronisten.    A.  Gesohichisohreiber.    (§§  106—108)    253 

band,  L*empire  grec  aa  dixi^me  siäcle.  Constantin  Porphyrog^näte,  Paris  1870;  dortselbst 
■nch  reichlicbe  Nachweise  der  zerstreuten  Hilfslitteratur.  Vgl.  die  inhaltsreiche  Besprechung 
▼OD  Ferd.  Hirsch,  Götting.  Gelehrte  Anzeigen  1873  S.  490—505.  —  Zur  üebersicht  der  Lei- 
Btnngen  des  Kaisers  dient  die  im  einzelnen  freilich  recht  mangelhafte  Gesamtausgabe 
bei  Migne,  Patr.  gr.  109,  225—369,  112  und  113. 

106.  Konstantins  schrifbstellerisclie  Thätigkeit.  Wenn  wir  von 
selbsteigenen  Werken  des  Kaisers  sprechen,  so  muss  ausdrücklich  be- 
merkt werden,  dass  bei  ihm  wie  bei  vielen  anderen  fürstlichen  Schrift- 
stellern die  Grenze  zwischen  eigener  Geistesarbeit  und  blosser  Anregung 
oder  Überwachung  schwer  zu  ziehen  ist.  Inwieweit  die  Werke,  welche 
jetzt  unter  dem  Namen  Konstantins  gehen,  auf  seinem  Schreibtische  oder 
in  der  Nähe  desselben  entstanden  sind,  lässt  sich  heute  kaum  mehr  fest- 
stellen. 

1.  Am  meisten  Anspruch  auf  den  Namen  des  Kaisers  hat  ohne 
Zweifel  die  Geschichte  seines  Grossvaters  Basilios  I:  '^latoQiitq 
itfffr^ag  %ov  ßiov  xal  t(Öv  ngd^ecov  BaaiXsiov  tov  äoidifiov  ßaaikädug,  ^v 
Emvczai^rTvog  ßaaiXevg  iv  ^f<^  '^P^fiaicov^  6  tovtov  vtfovog^  (piXoTtovfag  and  dia' 
qi^v  dx^QoiiTag  dirjyrjfxdtcov  t^  yQUifovTi  Ttgotfavä^eto,  Die  hauptsächlich  auf 
Genesios  beruhende  Schrift,  welche  jetzt  das  5.  Buch  der  Fortsetzung  des 
Theophanes  bildet,  ist  von  Konstantin  während  seiner  Alleinherrschaft 
(945 — 959)  abgefasst.  Der  Bericht,  in  welchem  Basilios  natürlich  im  reinsten 
Lichte  erscheint,  muss  mit  ziemlicher  Vorsicht  benützt  werden. 

2.  An  seinen  Sohn  Romanos  richtet  er  das  Werk  über  die  Staats- 
verwaltung, das  gewöhnlich  unter  dem  Titel:  De  administrando  im- 
perio  angeführt  wird.  Die  Originalüberschrift  lautet:  KiovaxavxCvov  tov  iv 
XQtaTi^  ßa<SiX€i  al(avi(p  ßaaiXäcog  *^P(üixa((av  nqog  tov  idiov  viov  '^Pwfxavov  tov 
^taare^  xal  noQ(pvqoyävvr]fiov  ßaaiXäcc.  Konstantin  oder  sein  gelehrter 
Berater  behandelt  hier  die  auswärtige  Geographie  des   10.  Jahrhunderts 

^  mit  Digressionen  über  die  Methode,  nach  welcher  man  mit  den  Nachbar- 
yölkem  verkehren  solle.  Der  Hauptwert  der  Schrift  besteht  in  den 
Nacbrichten  über  die  Völker,  welche  das  byzantinische  Reich  im  Norden, 
Osten  und  Westen  umgaben.  Wie  Konstantin,  der  in  sprachlichen  Dingen 
einen  gesunden  Sinn  besass,  eine  volkstümliche  Ausdrucksweise  schon  in 
der  G^chichte  des  Basilios  wegen  der  Ignoranz  der  Menge  empfohlen 
batte,  so  verzichtet  er  auch  hier  aus  praktischen  Gründen  auf  den  sonst 
in  Byzanz  herrschenden  Pseudoattizismus  und  verwendet  nach  Bedarf 
vulgare,  ja  selbst  slavische  und  andere  fremde  Wörter. 

3.  Ein  Werk  über  die  militärische  und  administrative  Ein- 
teilung des  Reiches,  die  zwei  Bücher  De  thematibus  (De  praefecturis): 
Tw  ffoq^tordrov  ßatfiXäcoc  KwvtftavtCvov  tov  noqfpvQoysvvTjTov  neqi  Tciv 
^ifidztov    Tciv    ävrjxovTfov    tj   ßaaiXeiif    ttav  ^PtofiaCtov    no^ev     iaxov   tag 

I  irofiaaiag  xal  %C  (ftjfxaivovatv  ai  tovxodv  nQotfrjyoqfai  xal  ovi  vd  fi^v  avvßv 
*  i^ttt^ovai,  %d  dh  väav  ixvrjüavto  tijv  TtQOifrjyoQiav.  Wie  die  vorhergenannte 
Schrift  die  auswärtige  Geographie  des  10.  Jahrhunderts  behandelt,  so  er- 
wartet man  hier  für  denselben  Zeitraum  eine  Geographie  des  Reiches 
selbst,  authentische  Mitteilungen  über  Grösse,  Bevölkerungszahl  und  Ver- 
waltung der  einzelnen  Städte  und  Bezirke  zu  finden;  statt  dessen  ent- 
Ikilt  das  Werk  im  grossen  und  ganzen  die  Geographie  des  Reiches  unter 


i 


254 


ByzantiniBohe  litteraiiirgesohichte,    I.  Prosaisohe  Litteratur. 


Justinian  nebst  allerlei  fabelhaften  Erzählungen  über  den  Ursprung  d 
Städte  und  boshaften  Epigrammen  über  ihre  Einwohner,  während 
dem  10.  Jahrhundert  nur  die  neue  Benennung  und  Einteilung  der  Pro- 
vinzen vermerkt  wird.  Statt  ein  getreues,  auf  selbständigen  Studien  be- 
ruhendes Bild  der  zeitgenössischen  Verhältnisse  zu  geben,  hat  der  Ver- 
fasser die  zwei  wichtigsten  geographischen  Hilfsmittel  einer  längst  ent- 
schwundenen Periode,  die  Werke  des  Stephanos  von  Byzanx 
(wahrscheinlich  im  5.  Jahrhundert)  und  des  Hierokles  (unter  Justinian) 
exzerpiert  und  zum  Teil  wörtlich  ausgeschrieben. 

4.  Ein  Werk  über  das  Zeremonienwesen  des  byzantinische 
Hofes,   das  in  der  ersten  Ausgabe  mit  dem  Titel:  ^'Exd^scig  vf^g  ßatn 
Xsiov  ra^ecog  De  cerimoniis   aulae   byzantinae  versehen  worden  ist 
und  so  zitiert  wird.     Der   handschriftliche  Titel  lautet:  Kcovtftavrfvov  toi 
(piXoxQ((Stov    xal    iv    avt(p   t(^    XQi(fT(p    rrp    cdbuvuQ    ßaaiXst  ßaaiXäatg    vloi 
Aäovfog  Tov  (foqxotaxov  xal  äeifivrjtrrov  ßaciXämg  ^ivrayiid  xi  xcu  ßaffiXftan 
(tnovdrjg  ovt(og   ii^iov  Ttoirjfxa.    Die  bis  ins   Feinste   ausgebildete   Etikette 
des  oströmischen  Kaiserhofes  nebst  den  Gegenständen,  welche  die  modernen 
Staatshandbücher    enthalten,     wird    hier    in   umständlicher    Breite    (auf 
800  Seiten  der  Bonner  Ausgabe)  verhandelt.     So  seltsam  uns   jetzt  das! 
ungeheuere  Gerüste  von  Vorschriften  für  die  Feierlichkeiten  des  Hofeal 
bei  einer  Taufe,  Vermählung,  Krönung  und  Beerdigung,  bei  Beförderungen, ! 
beim   Empfange   und  Abschiede    auswärtiger  Gesandten,    bei  Triumphen 
u.  s.  w.  anmutet,  so  hat  dieser  riesige  Haus-,  Hof-  und  Staatskalender, 
doch  eine  unverächtliche   kulturhistorische  Bedeutung,  indem  wir   durch 
ihn  einen  Faktor  kennen  lernen,  durch  welchen  Byzanz  im  diplomatischen; 
und  sonstigen  Verkehr  den  barbarischen  Nationalitäten  lange  als  das  erste  < 
Reich  der  Welt  zu  imponieren  wusste.    Das  starre,  mit  Volk  und  Staat 
fest  verwachsene  Formenwesen  hat  der  Stabilität  der  oströmischen  Herr^ 
Schaft  viel  genützt;  es  hat  einen  grossen,  leider  noch  zu  wenig  unter- 
suchten Einfluss  auf  die  Höfe  des  Abendlandes  und  des  slavischen  Ostens 
ausgeübt,  und  lebt  in  manchen  Ausläufern  noch  heute  an  der  hohen  Pforte, 
der  unmittelbaren  Erbfolgerin  der  oströmischen  Herrlichkeit.  An  fesselndem 
Detail  ist  diese  Sammlung  byzantinischer  Hof-  und  Staatsaltertümer  uner- 
wartet reich.    Zu  den  für  die  Litteraturgeschichte  wichtigsten  Teilen  ge- 
hören die  poetischen  Akklamationen,  die  dem  Kaiser  bei  verschiedenen 
Gelegenheiten   dargebracht  wurden.     Die  Faktionen  hatten  ihre  eigenen 
Poeten  und  Musiker,  welche  für  die  Festlichkeiten  Lieder  verfassten  und 
komponierten;  für  ihre  Mitwirkung  erhielten  sie  Geldspenden,  deren  Höhe 
geregelt  war.     Im  Texte  des  Werkes,  wie  er  in  den  Ausgaben  gedruckt 
ist,   sind  die  metrischen  Partien  freilich  schwer  als  solche  zu  erkennen. 
Ihre  Form  ist  bald  jambisch,  bald  trochäisch;  auch  finden  sich  kunstvoll 
gegliederte  Gedichte  in  der  Art  christlicher  Hynmen,  z.  B.  ein  in  Oden 
und  Troparien  geteiltes  Alphabetarion.^)  Die  grösste  Beachtung  verdient 


>)  De  cer.  S.  383,  4  ff.  ed.  Bonn.  Ueber 
erbauliche  und  lehrhafte  Alphabete,  die  in 
der  mittelgriechiachen  Litteratnr  eine  grosse 
Bolle  spielten,  vgl.  die  betreffenden  Para- 


graphen in  den  Abschnitten  »E^ofanpoesie* 
und  yVulgftrgriechische  litteratur';  s.  den 
Index  s.  V.  Alphabete. 


It.  Oesehiolitsohreiber  and  Chronisten,    A.  Gesohiohtsohreiber.    (§  108)     255 

ein   volksmässiges  Frühlingslied  in  politischen  Versen,  vielleicht  das 
ilteste  grössere  Beispiel  dieses  Metrums.     S.  367,  19  ed.  Bonn.: 

*Mf  to  euQ  t6  ykvxv  ndhy  inaynreXXeif 
Xaqdy,  i^yeiay  xal  ^wrjy  xal  Xfjy  evtjfiegiayf 
aydQayad^iay  ix  &tov  rotg  ßturikcvai  {ttp  ßaaiXsi'i)  'Ptofialtoy 
xal  yixijy  d-eodwQtjroy  xard  ttay  noXBfinay, 

In  germanistischen  Kreisen  wurde  das  Zeremonienbuch  viel  genannt 
wegen  der  darin  enthaltenen  Beschreibung  des  gotischen  Weihnachts- 
spieles, in  welchem  man  früher  alle  möglichen  germanischen  üralter- 
tümer  zu  finden  glaubte.  Gegenwärtig  steht  aber  völlig  sicher,  dass  der 
gotische  Hymnus  weder  germanische  Sprachelemente  noch  germanische 
Götter  enthält,  sondern  aus  lateinischen  und  griechischen  Wörtern  besteht 
and  sich  in  keiner  Weise  von  den  sonstigen  byzantinischen  Akklamationen 
unterscheidet.  Die  Diktion  ist  im  Zeremonienbuch  ebenso  harmlos  volks- 
mässig  wie  in  der  Schrift  über  die  Verwaltung  des  Reiches.  Die  Quellen, 
nach  denen  das  ganze  Werk  bearbeitet  ist,  bedürfen  noch  der  genaueren 
Untersuchung.  Einzelne  ältere  Schriften  fanden  so  gut  wie  unverändert 
Aufnahme.  So  stanmien  das  84.  und  85.,  vielleicht  auch  noch  das  86. 
bis  95.  Kapitel  des  ersten  Buches  aus  einer  Schrift  des  Petros  Pa- 
trikios  (s.  S.  239).  Den  Schluss  des  zweiten  Buches  (Kapitel  52 — 57) 
bildet  ein  von  dem  Protospathar  Philotheos  unter  Kaiser  Leo  dem 
Weisen  im  Jahre  900  abgefasstes  Buch  über  die  Rangfolge  der  Beamten 
und  fremden  Gäste  bei  den  kaiserlichen  Hoftafeln:  UxQißoXoyicc  trjg  %mv 
ßaCiJUxäv  xXr]T(OQi(ov  xavaCTaüstüg  xal  kxMxov  xdv  ä^KOfidtcov  ngocxlrjüig 
Mcd  TifAf}  Cvv%axd'eT<sa  i^  aqxamv  xXrjTWQoXoYioDV  inl  Aäovtoq  %ov  ^iXoxq(0%ov 

'  wai  ffoyittnavov  rjfioSv  ßacikätag  firjvl  2€7t%€nßQ((ff  tvdixr,  y  Ivovg  and  xTijtfeoog 
(L  xtiüewg)  xocfiov  ,q;vr]'  vno  ^iXo&bov  ßaaiXixov  nQiOToana^aQiov  xal 
atQixiivov.  Diesem  Buch  ist  die  Schrift  des  Erzbischofs  Epiphanios 
von  Cypern  über  die  Reihenfolge  der  Patriarchen  und  Metropoliten  (als 
Kap.  54)  einverleibt.  Das  Zeremonienbuch  bildete  offenbar  ein  unentbehr- 
lichee  Inventarstück  im  kaiserlichen  Hofhalt  und  wurde  später  gelegent- 
lich durch  Zusätze  vermehrt;  am  deutlichsten  ist  das  im  96.  Kapitel  des 
1.  Bachs  (S.  433  ff.  ed.  Bonn.),  wo  die  Proklamation  des  Nikephoros 
Phokas  zum  Kaiser  (963 — 969)  beschrieben  ist.  Das  Werk  ist  in  einem 
einzigen  Exemplare  auf  uns  gekommen,   das  jetzt   eine  Sehenswürdigkeit 

I  der  Leipziger  Stadtbibliothek  (Rep.  I.  17)  bildet.  Es  ist  eine  schöne 
Pergamenthandschrift  in  gross  Quart,  saec.  11 — 12,  mit  roten  Über- 
schriften and  Inhaltslisten  (mvaxeg),  hübsch  kolorierten  Initialen  und  de- 

I    korativen  Randleisten. 

Ausgaben  und  Hilfsmittel:  1.  Leben  des  Basilios:  Ed.  pr.  Leo  Allatius, 
i  SrfifAtxta.  Colon.  Agripp.  1658.  —  Ed.  £.  Combefis  in  den  Scriptores  post  Theophanem, 
-  Paris  1685  S.  132  ff.  —  Ed.  I.  Bekker,  Tbeophanes  continuatus,  Bonn  1838  S.  211—353. 
I  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  109,  225—369.  —  Hauptschriften :  A.  Rambaud, 
I  L'empire  grec  au  dizi^me  si^cle  S.  137—164,  und  F.  Hirsch,  Byzantinische  Stadien 
\    a  225-267. 

2.  De  administr.  imperio:  Ed.  J.  Meursius,  Lugd.  Bat.  1611;  wiederholt  1617. 
—  Ed.  A.  Bandari,  Imperium  Orientale,  Tom.  I.  Paris  1711.  —  Zur  historischen  und 
ftknographiscben  Erlftuterung :  N.  Lavrovskij,  Bemerkung  über  Gyron  bei  Konst.  Porph., 
(d.  k.  Aber  De  Admin.  79,  15:  ra  noXvdia  ä  XdyezM  yv^tt),  Joum.  Min.  1873  Bd.  166 
Min- April  8.  118—121.  —  C.  J.  Grot,  Die  Nachrichten  des  Konst.  Porph.  Ober  die 
Sirbeo  und  C&orwaten,  Petersbnrg  1880  (russ.);  einen  Auszug  seiner  Schrift  gibt  Grot^ 


256  Byzaniinisohe  Litteratargesohiohte.    I.  Prosaisohe  Lüterator. 

Archiv  slav.  Philol.  5  (1881)  390-397.  Vgl.  auch  die  BesprechuDg  von  T.  Florinskij, 
Journ.  Min.  1881,  Bd.  214  März  S.  139—170;  Bd.  215  Juni  S.  300-322.  —  üeber  eint; 
demselben  Gegenstand  gewidmete  Schrift  von  Fr.  Raöki  (in  Agram)  berichtet  Y.  Jagi6| 
Arch.  slav.  Philol.  5  (1881)  178  ff.  —  Zahlreiche  andere  Schriften  zur  Geschichte  deriSfi 
slaven,  z.  B.  die  Arbeiten  von  Novakoviö;  s.  Archiv  slav.  Philol.  4  (1880)  546.  —  G.  Krek^ 
Einleitung  in  die  slavische  Litteraturgeschichte,  2.  Aufl.  Graz  1887  S.  340  und  sonst.  — 
Zur  Erläuterung  dient  auch  P.  Hunfalvy ,  Magyarors^ag  ethnographiäja  (mir  unzugänglich), 

—  Noch   unbenutzt  sind  die  Fragmente  des  Werkes  im  Cod.  Mutin.  111.  F.  1  saec.  15. 

3.  De  thematibus:  Das  erste  Buch  ed.  Bon.  Vulcanius,  Lugd.  Bat.  1588.  —  Das, 
zweite  Buch  ed.  F.  Morellus.  Paris  1609.  —    Beide  Bücher  mit  De  admin.  imp.  ed.  J. 
Meursius,  Lugd.  Bat.  1617.  —  Ed.  A.  Banduri,  Imperium  Orientale,  Paris  1711,  voL  1.' 

—  Das  zweite  Buch  edierte  mit  einer  Einleitung,  die  zu  den  besten  Leistungen  über  by- 
zantinische  Geographie  gehört,  L.  Fr.  Tafel,  Const.  Porph.  De  provinciis  regni  Byz.  Über 
secundus,  Tubingae  1847. 

Die  Einteilung  des  Reiches  in  Themen  war  eine  rein  militärische.  Der  Orie; 
umfasste  17,  der  Occident  12  Themen.  Vgl.  A.  Rambaud  a.  a.  0.  S.  175  ff.    -  Ch.  Diehl,| 
lätudes  sur  Tadministration  byzantine  dans  Texarchat   de  Ravenne,  Paris  1888  S.  31  ff. 
85  ff.  —  L.  M.  Hartmann,  Untersuchungen  zur  Geschichte  der  byz.  Verwaltung  in  Itali< 
Leipzig  1889  S.  69  ff.,   103  f.  —  Die  genauesten  Aufschlüsse  gibt    G.  Schlumberger,j 
Sigillographie  de  l'empire  byzantin  S.  97—320. 

4.  De  cerimoniis:  Ed.  pr.  Henr.  Leichius  et  J.  Reiske,  2  voll.  Lipsiae  1751—54. 

—  Zur  Erläuterung:  G.  Bernhardy,  Berliner  Jahrbücher  für  wissenschaftliche  Kritik 
1832,  2  S.  144  ff.  —  A.  Rambaud  a.  a.  0.  S.  128-136.  —  H.  Wäschke,  Studien  zu 
den  Ceremonien  des  Eonst.  Porphyrogennetos,  Festschrift  des  herzogl.  Francisceums  in  J 
Zerbst  zur  37.  Versammlung  deutscher  Philologen  und  Schulmänner  in  Dessau,  Zerbst  1884 
S.  6—14.  —  Vgl.  auch  den  Aufsatz  von  W.  Fischer,  Eine  Kaiserkrönung  in  Byzantion, 
Zeitschr.  f.  allgemeine  Geschichte  4  (1887)  81 — 102.  —  Üeber  eine  Handschrift  des  18.  Jahrb.,, . 
die  ein  Fragment  des  Buches  De  cer.  enthält,  handelt  K.  E.  Zachariae  von  Lingen*  I 
thal,  Monatsber.  Berl.  Akademie  1880  S.  79  ff.  —  Grösstenteils  auf  das  Zeremonien*'! 
buch  beziehen  sich  die  tüchtigen  Untersuchungen  von  D.  Beljajev,  Byzantina.  Skizzen^iJ 
Materialien  und  Notizen  über  byzantinische  Altertümer.  2  Bde,  Petersburg  1891 — 98j 
(S.  A.  aus  den  Abhandlungen  der  k.  russ.  archäologischen  Gesellschaft  in  Petersbar^Äl 
(russ.).  Vgl.  die  Besprechungen  des  1.  Bandes  von  G.  Destunis,  Journ.  Min.  1891^ 
Bd.  277  Oktoberheft  S.  532-547  und  B.  Z.  1  (1892)  344—347  und  des  zweiten  von  Tluj 
Uspenskij ,  Journ.  Min.  1893  Bd.  290  Dezemberheft  S.  364  -379,  und  B.  Z.  3  (1894)  184—186» 

Ueber  das  merkwtlrdige  gotische  Weihnachtsspiel,  welches  in  dem  Buche  De  cer. 
I  83  ausführlich  beschrieben  ist,  vgl.  folgende  Arbeiten:  Massmann,  Haupts  Zeitschr.  f. 
deutsches  Altertum  1  (1841)  366—373.  —  J.  Grimm,  Geschichte  der  deutschen  Sprache, 
Leipzig  1848  S.  451.  —  K.  N.  Sathas,  *IatoQix6y  doxlfnoy  negi  rov  d^eargov  xal  xrjg  fiov' 
üixrjg  Ttoy  Bv^ayriyeSy,  Venedig  1878  8.  189  ff.  —  Conr.  Müller,  Zeitschr.  f.  deutsche 
Philologie  14  (1882)  442—460.  —  A.  N.  Veselovskij,  Januarrusalien  und  Gotenspiele  in* 
Byzanz,  Journ.  Min.  1885  Bd.  241  Sept.  S.  1—18,  und  ,Untersuchungen  auf  dem  Gebiete 
der  geistlichen  Poesie',  Petersburg  1889,  5.  Teil,  Nr.  14  S.  281—286  (letzteres  mir  unzugäng- 
lich). —  Rud.  Kögel,  Geschichte  der  deutschen  Litteratur  I  1  (Strassburg  1894)  34 — 89.' 

—  Carl  Kraus,  Das  gotische  Weihnachtsspiel,  Beiträge  zur  Geschichte  der  deutschen  Sprache 
und  Litteratur  20  (1895)  224—257  (erledigt  die  Hauptfragen  in  völlig  überzeugender  Weise). 

Höchst  interessante  Parallelen  zum  Zeremonienbuch  enthält  der  im  Cod.  512  der- 
Munizipal bibliothek  von  Cambrai,  saec.  12,  enthaltene  Liber  censuum  des  Canonicua 
Benedict,  über  den  Paul  Fahre,  Le  polyptyque  du  chanoin  Benoit,  Travaux  et  mömoirea 
des  facultas  de  Lille,  Tome  1,  mäm.  3,  Lille  1889,  nähere  Mitteilungen  gemacht  hat.  In . 
griechischen  Akklamationen  an  den  Papst,  die  der  Liber  censuum  in  lateinischer 
Transkription  aufbewahrt,  findet  man,  wie  im  Zeremonienbuch,  ein  Alphabetarion 
(S.  29  und  32): 

Alpha.  Archios,  ton  apanto  d.  h.  "JXfpa.  'Aqxvy^  ^^^  aTiäyttoy 

Bitabisileu  y  curios  Btjra,  BaaiXevB^  KvQ^og, 

Respondent  Romaniamen  (Respondent  Romani :  Amen) 

Gamma  gennate  o  christos  rdgxfia,  TByyäxM  6  Xgiatog 

Deetaddialogu  Theicu  Jikra,  Juc  Xoyov  &s1lxov, 

R.  Ro.  (Respondent  Romani:  <Amen>) 

Eichete,  epistisgis  <£>  E^/erai  ini  %ijg  y^^, 

Zithasion,  ferito  cosmu  Z^ta,  Zw^y  tpigei  tt^  x6ajn(^, 

R.  Ro.  (Respondent  Romani  :< Amen» 

Ita  ilos  Eichete.  Keselin  ^Bra,  "Bho^  [l^jifera»]  xai  aeXijyyj 

Tethateon,  Proacinumen.  9^ta,  9i6y  nQocxvyovftty» 


8.  GMohiolitsehreiber  nnd  Chronisten.    A.  Gesohichtaclireiber.    (§  109)     257 

Leider  bricht  das  Alphabet  hier  ab.    Aber  schon  die  wenigen  erhaltenen  Zeilen  ge- 

en,  um  zn  zeigen,  dass  wir  es  mit  einem  echt  griechischen  und  zwar  mit  einem  alten, 

cstümlicben  Liede  zu  thun  haben.    Denn   ein  ganz  ähnliches  kurzzeiliges  Alphabet  ist 

lem  fOr  die  Ynlgärgriecbische  Litteratur  so  wichtigen  Cod.  Yindob.  theol.  gr.  244 

103  aberliefert: 

*JqXV  *®*^  xoöfAov  yiyoyiy  6  jctiatijg  twy  änäyiiay. 

BaatXBvei  y  Magia, 

reyyätai  o  XQiaxog, 

JC  dyydXov  {diayy^XX$i^)  to  Xatgs, 

l5^/€T<v»  6  KvQiog, 

ZtjTovy  toy  *Iowfai(Hf 

"Hya  (so)  toy  iTudüovaiy  u.  s.  w. 

irigens  besteht  hier  ofifenbar  eine  Verderbnis.    Der  politische  Fünfzehnsilber,  mit  dem 

Alphabet  beginnt,  passt  nicht  zu  den  folgenden  Eurzzeilen;  er  ist  hieher  geraten 

einem  anderen  z.  ß.  im  Cod.  Paris.  426  fol.  164 — 166^  erhaltenen  Alphabet,  das  aus 

tichen  in  politischen  Langzeilen  besteht.  Noch  heutigen  Tages  wird  in  Griechenland  in 

Osterwocne  ein  ganz  ähnliches  alphabetisches  Liedchen  gesungen.    Eine  von  Karysti- 

is  in  der  'Eatia  1889  Nr.  693  S.  835  f.  mitgeteilte  Variante  aus  Andres  beginnt  ganz 

lieh  wie  der  Text  des  Wiener  Codex: 

*Aqxv  ^^  Koü/Äov 

BaciXevg  Hqx^^^^ 

reyyäxai  6  X^iCTog 

Jvo  ayysXoi  x6  Xatge 

'Effi]fi€u6&tj  i(p*  tjfAäg 

Zijtei  roy  'lov^atoy 

'^Hxoy  (ag  a^dyatog, 

'  die  Verbesserung  der  in  diesem  wie  im  Wiener  Texte  vorliegenden  EntsteUungen 
mgehen,  ist  hier  nicht  der  Ort.  Dagegen  sei  noch  auf  eine  andere  Stelle  hingewiesen, 
■reicher  die  zwei  erwähnten  Werke  wiederum  eine  höchst  merkwQrdige  Uebereinstimmung 
[;en.  Es  ist  das  oben  erwähnte  Frühlingslied  der  byzantinischen  Akklamation,  das 
liber  censuum  in  einem  hübsch  ausgeführten  Schwalbenliede  (xß^^yur/Äa)  sein 
^enstflck  hat  (S.  28  f.  lateinisch;  S.  30  —  32  griechisch).  Diese  von  niemand  be- 
teten Zusammenhänge  verdienten  weiter  verfolgt  und  auf  ihren  Ursprung  zurückgeführt 
werden.  Auch  die  Herstellung  der  griechischen  Texte  kann  noch  weiter  gefördert 
den,  als  es  P.  Fahre  gelungen  ist. 

5.  Gesamtausgabe  der  drei  Schriften  De  admin.  imp.,  De  them.,  De  cerim.  im 
iner  Corpus  voll.  I — II  ex  rec.  lo.  lac.  Reiskii,  vol.  III  recogn.  I.  Bekkerus,  Bonnae 
19—40.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  112—113. 

109.  Die  BasUiken.  Von  den  litterarischen  Unternehmungen,  welche 
Qstantin  Porphyrogennetos  veranlasste  oder  unterstützte,  ohne  persönlich 

einzelnen  mitzuwirken,  nennen  wir  zuerst  ein  Werk,  welches  in  seinen 
luptbestandteilen  noch  unter  die  Regierung  Leos  des  Weisen  gehört,  die 
siliken  (tot  Baaihxa).  Dieses  grosse  Gesetzbuch  des  byzantinischen 
lates  ist  eine  Kompilation  aus  den  Indices  der  Digesten  und  des  Codex 
jtinianus  und  aus  den  Novellen;  sie  wurde  unter  Basilios  begonnen, 
i  sich  aus  den  Vorreden  der  unter  diesem  Kaiser  entstandenen  Rechts- 
rher Prochiron  und  Epanagoge  ergibt,  und  unter  Leo  dem  Weisen 
lendet.  Unter  Konstantin  Porphyrogennetos  wurde  der  Text  der 
«iliken  durch  Auszüge  aus  Bearbeitungen  der  Digesten,  des  Codex  und 

Novellen  erweitert.  Auch  später  wurden  die  Basiliken  noch  vielfach 
erpiert,  erklärt  und  durch  Novellen  bereichert.  Für  die  Sprachgeschichte 
[et  die  Gräzität  dieser  zum  grossen  Teil  aus  dem  Lateinischen  über- 
genen  Texte  manches  gute  Material. 

Letzte  Ausgabe  der  Basiliken  von  W.  Ernst  Hei mb ach,  6  voll.,  Lipsiae  1833—70, 
Werk  ehernen  Fleisses,  das  trotz  des  Mangels  an  philologischer  Methode  für  die  Ge- 
chte  des  byzantinischen  Rechtes  noch  immer  die  Grundlage  bildet;  dem  Texte  sind  eine 
iniBcfae  Ueoersetzung  und  kritische  Bemerkungen  beigegeben,  der  6.  Band  enthält  Pro- 
Mnena  Aber  die  Qesdiichte  des  byzantinischen  Rechtes  von  534—867,  Notizen  Qber  die 

F*«*'«*«*»»  An  kiMt.  AliertniiMWteeiiKbaft  IX.    1.  AbUg.    2.  Aufl,  11 


258  BysanUnische  Litteratargesohiohte.    L  Prosaisohe  Litteraiiir. 

üeberlieferung  der  Basiliken  und  die  neuere  Litteratur.  —  Verzeichnis  sonstiger  Texi 
gaben  und  Hilfsmittel  zur  byzantinischen  Rechtsgeschichte  s.  im  Kapitel  ^FachT-^' 
Schäften*. 

110.  Eriegswissenetcliaft.    Ohne  Bedeutung  ist  die  fragmeni 
erhaltene  kriegswissenschaftliche  Kompilation,  die  unter  dem  Namen  Eoi 
stantins    geht,    ein    STQarrjyixov    n€Qi    id-civ  SiatpoQtov  iö-vSv^    das    äJi 
Nachrichten  über  die  verschiedenen  Kampfesarten  fremder  Völker  zu« 
menstellt.    Inhaltlich  verwandt  sind  einige  Titel  der  von  dem  Kaiser  vi 
anlassten  historischen  Enzyklopädie.     Die  gewöhnlich  ebenfalls  dem  Ko] 
stantin  Porphyrogennetos  beigelegte   Taktik,  eine   ganz  unselbständi( 
fast  wörtliche  Wiederholung  der  Taktik  des  Kaisers  Leo  (wohl  des 
riers),  trägt  in  der  Überschrift  den  Vermerk:  oneQ  ^vväyQatpe  KtüV(f%av%T% 
ßaaiXevq^  o  rov  *Pa)fiavov  vtog,  und  gehört  also  nicht  unserem  Kaiser,  sond< 
Konstantin  Vm,  dem  Sohne  Romanos  n  (1025—1028) 

Beide  Schriften  sind  ed.   von  J.   Meursins,  Lugduni  Bat.  1617   (mit  De 
De  them.);  auch  in  J.  Meursii  opera  ex  rec.   J.  Lami,  vol.  6  (Florentiae  1745)  1211 
1418.  —  Vgl.  C.  Müller,  FHG  5  Praef.  8.  13.  —  Perd.  Hirsch,  Götting.  Gel.  Ancei( 
1873  S.  496  fif.  —  Vgl.  das  Kapitel  ,Fachwissenschaften'. 

111.  Exzerptensammlnngen.  Unter  den  Sammlungen  aus  der  Zi 
Konstantins  stehen  an  litterarhistorischer  Bedeutung  obenan  die  E: 
zerptenenzyklopädien.  Der  Gedanke,  die  zu  ungeheuren  Massen 
geschwollenen  Geisteserzeugnisse  der  Vergangenheit  in  methodisch  an| 
legten  Auszügen  dem  bequemeren  Bedürfnis  der  Zeitgenossen  und 
Nachwelt  zu  vermitteln,  war  im  10.  Jahrhundert  nicht  mehr  neu;  für 
Geschichtschreibung  waren  längst  Johannes  von  Antiochia  und  and« 
Chronisten,  für  ein  umfassenderes  Gebiet  der  Patriarch  Photios  voi 
gegangen,  der  in  seiner  Bibliothek  fast  alle  Zweige  der  alten  Litteral 
berücksichtigte.  Neu  scheint  aber  die  Idee,  die  Exzerpte  in  handbucl 
artigen  Sammlungen  nach  Fächern  und  Materien  in  Abschnitte  oder  Kapil 
zu  zerlegen.  Die  römischen  Enzyklopädien  des  M.  Terentius  Varro,  d< 
älteren  Plinius,  des  Apuleius  u.  a.^)  waren  doch  im  Grundplane  von  d< 
Konstantinischen  Unternehmungen  wesentUch  verschieden.  Die  Frage, 
durch  diese  Sammlungen  die  Tradition  der  alten  Texte  gewonnen  odi 
verloren  hat,  ist  schwer  zu  beantworten.  Dadurch,  dass  man  statt  dei 
vollständigen  Werke  bequeme  Auszüge  erhielt,  mag  der  Untergang  manche| 
Originale  beschleunigt  worden  sein;  mehr  aber  muss  wohl  die  konser^ 
vierendeBedeutung  des  Unternehmens  betont  werden;  viele  Texte,  dijj 
schon  damals  nur  noch  in  spärlichen  und  verstümmelten  Exemplaren  vor) 
banden  waren,  wären  ohne  die  durchgreifende  Operation  Konstantins  gaiuj 
verloren  gegangen. 

112.  Enzyklopädie  der  Geschichte.  Den  ersten  Rang  unter  dea 
durch  Konstantin  veranlassten  Exzerptenwerken  beansprucht  die  grosse 
Enzyklopädie  der  Geschichte  und  Staatswissenschaft.  Im  ProömioQ 
der  Exzerpte  De  virtutibus  et  vitiis  ist  das  Motiv  des  Unternehmens  an-^ 
gegeben:  „Ins  Unendhche  und  nicht  mehr  zu  Bewältigende  ist  der  Umfang 
der  Geschichte  angewachsen '^  {in'  ansiqov  %€  xal  afirjxavov  ij  irjq  iaxo^aq 


^)  Vgl.  0.  Jahn,  Berichte  der  säohs.  Gesellsch.  d.  Wiss.  1850  S.  263  ff« 


MchichtMlirtiber  und  Cluroiiisien.    A.  Oesohiohtsohreiber.  (^  110—112)     259 

rero  avfinXoxfj),  Dem  wollte  Konstantin  durch  eine  methodische  Blumen- 
aus den  alten  Historikern  abhelfen.  Zur  AusfÜhnmg  des  Planes 
ten  jedenfalls  zahlreiche  in  litterarischen  Dingen  bewanderte  Zeit- 
)ssen;  doch  ist  von  den  Namen  dieser  Redaktoren  nur  OeoSoaiog  6 
^  gesichert.  Berücksichtigung  fand  fast  die  gesamte  historische  Lit- 
tur  der  Griechen  und  zwar  aus  der  klassischen  Zeit  Herodot,  Thuky- 
s  und  Xenophon,  aus  der  alexandrinischen,  römischen  und  byzanti- 
hen  Periode  Polybios,  Diodoros,  Dionysios  von  Halikamass,  Nikolaos 
Damaskos,  Josephos  (jüdische  Archäologie),  Appianos,  Arrianos  (Ana- 
s),  Dio  Cassius,  Herodianos,  Eusebios,  Dexippos,  Eunapios,  Zosimos,- 
kos,  Malchos,  Malalas,  Johannes  Antiochenus,  Prokopios,  Agathias, 
lander  Protektor,  Theophylaktos,  Theophanes,  Nikephoros  Patriarches 
Georgios  Monachos.  Völlig  isoliert  steht  der  in  den  gnomischen  Ex- 
oten benützte  Roman  des  lamblichos.  Bemerkenswert  ist,  dass  dief 
idschriften  der  alten  Geschichtschreiber,  welche  den  Redaktoren  zur 
fügung  standen,  nachweislich  schon  zum  Teil  unvollständig  waren.  Dass 
Ausführung  des  Planes  nicht  exakt  und  gleichmässig  vor  sich  ging, 
r  bei  der  Ausdehnung  des  Unternehmens,  bei  dem  wahrscheinlich  sehr 
baren  Mangel  wirklich  gelehrter  Mitarbeiter  und  bei  den  lockeren 
senschaftlichen  Grundsätzen  der  Zeit  nicht  im  mindesten  verwundem, 
i  grössten  Teil  der  mechanischen  Arbeit  vollzogen  oflfenbar  unter- 
rdnete  Schreiber,  die  nicht  genügend  kontrolliert  wurden  und  aus 
Igel  an  Sorgfalt  und  Verständnis  viel  Verwirrung  anrichteten.  Das  für 
Arbeit  aufgestellte  Programm  ist  ziemlich  mechanisch  und  nüchtern; 
e  Rücksicht  auf  den  litterarischen  und  ästhetischen  Wert  der  Schrift- 
ler sollte  das  gesamte  Material  nach  sachlichen  Gesichtspunkten  in 
Abschnitten  untergebracht  werden.  Man  berücksichtigte  dabei  ver- 
edene  Gebiete  des  Hofes  und  Staates  z.  B.  das  Gesandtschaftswesen, 
onbesteigung  und  Thronfolge,  Verwaltung,  Kolonialpolitik,  Kriegsfuh- 
?,  sogar  die  Attentate,  der  Litteratur  z.  B.  Beschreibungen,  Reden, 
jfe  und  Sentenzen,  der  Kirche,  der  Moral  und  der  Kuriosität.  Mit  Sicher- 
.  können  wir  in  den  überlieferten  Bruchteilen  4  Titel  erkennen.  1.  Die 
loyal  TT€Qi  riQeaßsiwv^  Excerpta  de  legationibus,  also  eine  Mono- 
phje,  in  der  die  Nachrichten  der  Historiker  über  das  Gesandtschafts- 
ten  zusanunengestellt  wurden.  Das  Ganze  zerfällt  in  einen  Abschnitt 
r  die  Gesandtschaften  fremder  Völker  an  die  Römer  und  einen  zweiteii 
r  die  Gesandtschaften  der  Römer  an  fremde  Völker.  Die  spezielle 
€htang  dieses  Gegenstandes  wird  verständlich,  wenn  man  sich  er- 
irt,  welche  Bedeutung  für  das  durch  endlose  Kriege  beunruhigte 
eh  der  diplomatische  Verkehr  mit  den  mehr  oder  weniger  wilden 
ihbarvölkem  besass.  Man  vergleiche  z.  B.  die  ausführlichen  Vor- 
iften  über  den  Verkehr  mit  Gesandten,  die  in  dem  Werke  De  cerimon. 
87 — 90,  n  c.  47  niedergelegt  sind.  2.  Exzerpte  UcqI  aQerrjq  xcci 
tag.  De  virtutibus  et  vitiis,  eine  Sammlung  von  merkwürdigen 
an  aus  dem  Gebiete  der  Moral.  3.  Exzerpte  JleQi  yvfafnwvj  De 
tentiis.  4.  Exzerpte  Uegi  imßovXwv  xarä  ßatfiläcov  yeyovvicov, 
insidiis,  ein  Tltel^  der  deutlich  z^igt,  dass  auf  die  speziellsten  Zw^ecke 

17* 


260  Bysanüxiische  Litterainrgesohiohte«    L  Prosaische  Li 

des  Hofes   und   der  Regierung  Rücksicht  genommen  wurde.')     Ganz  ei 
halten  ist  uns  nur  die  Sammlung  De  legationibus,  zur  Hälfte  die  J}\ 
virtutibus,  in  bedeutenden  Resten  die  De  sententiis,  in  geringeren 
De  insidiis.     Weniger   sicher  ist  unsere  Kenntnis   bezüglich  der  zwi 
folgenden  Titel  5.  lleQi  aTQaTrjyrjfidraoVy  De  strategematis.   Das  sin^ 
Auszüge  aus  der  historischen  Litteratur  in  einer  von  Minoides  Minas  g< 
fundenen  Athoshandschrift,  deren  Zusammenhang  mit  Konstantins  Ei 
klopädie  jedoch  nicht   sicher   erwiesen  ist.^)     6.  Hegt  drjfitjyoQiciv^  D( 
contionibus  militaribus.   Solche  Ansprachen  an  das  Heer,  die  zur  Tapfei 
keit   anfeuern   sollen,    drjiirffOQim  nQorQemixai  ngog  avÖQBiav  ix  diaff6{ 
a^oQimv  Xafißdvovaai   rag   vnod-hasig^  stehen   zwar  in    einer  Florentini 
Handschrift  des  10.  Jahrhunderts;  doch  ist  diese  Schrift  nicht  eine  Si 
lung  von  Reden  aus  alten  Autoren,  sondern  eine  militärische   Rhetoi 
d.  h.   eine  mit  kleinen  Beispielen  aus  ungenannten  Quellen  untermischl 
schulmässige  Anweisung  zur  Abfassung  von  Feldhermreden.     Ob  das  Macl 
werk  den  Konstantinischen  Titel  neql  SrjfirjYOQioiv  vorstellt  oder  wenigste] 
in  einem  näheren  Zusammenhange  mit  ihm  steht,  ist  bis  jetzt  nicht  fc 
gestellt.    Alle  übrigen  Teile  der  historischen  Enzyklopädie  scheinen  y< 
loren;  doch  können  wir  aus  Randbemerkungen  zu  den  erhaltenen  Stücki 
von  einer  Anzahl  der  verlorenen  Kapitel  wenigstens  den  Inhalt  vermuten] 
so  werden  Titel  IleQi  ßatfikäwv  drayogevcsfagy  üegii  Siaiox^g  ßaa^Xt-tov,  Jl€{ 
yccfKov,  UcqI  xvvrjyeaiag  u.  s.  w.  genannt.   Eine  Aufzählung  der  Titel  findi 
man  in  der  unten  zitierten  Schrift  von  Wäschke  S.  4. 

1.  Ausgaben  und  Hilfsmittel: 

Jls^i  ngsaßsitüy.  Ex  libris  t'olybii  Megalop.  selecta  de  legationibus  etc.  ex  bibli« 
theca  Fulvii  Ursini,  Antverpiae  1582.  Die  hier  fehlenden  Fragmente  veröffentlicht 
Hoeschel  (Excerpta  Hoescheliana),  Aug.  Vindel.  1603.  —  Vgl.  Bistorici  Graeci  min. 
L.  Dindorf  I  Praef.  S.  27  ff.,  58  ff.  —  Mit  dem  einen  der  zwei  ProOmien  dieser 
ist  das  43.  Kapitel  der  Ton  Köchly,  Griech.  Eriegschriftsteller  U  2,  herausgegeben«., 
anonymen  Taktik  identisch.  --  Ueber  die  i.  J.  1671  verbrannte  alte  EscuriaJhs  dieser  Eitr. 
zerpte  und  ihre  Kopien  vgl.  die  unten  zitierte  Dissertation  von  E.  Schulze  S.  19  ff.  nam 
Ch.  Graux,  Essai  sur  les  origines  du  fonds  grec  de  TEscurial  (=  Bibl.  de  T^cole  dec 
hautes  ^tudes  46.  fascic.)  Paris  1880  S.  93—97.  —  Heber  den  wichtigen  Cod.  Ambros.  v^ 
L.  Mendelssohn,  Rhein.  Mus.  31  (1876)  204  Anm.  2.  ^ 

JleQi  dgerijc  xal  xaxLag,    Ed.  H.  Valesius,  Paris  1634  (aus  einem  cod.  Peireac 
cianus,  daher  Excerpta  Peiresciana  genannt).  —  Vgl.  Dio  Gassius  ed.  E.  Gros  vol.  1  (1845J 
Introd.  S.  57-84.  —  L.  Dindorf,  Bist.  Gr.  min.  1  Praef.  S.  7,  55  ff.  —  J.  WollenbergJ 
Excerpta  ex  Joanne  Antiocheno  ad  librum  Peirescianum  a  se  excussum  emend.,  Progr.  i 
französ.  Gymnasiums,  Berlin  1861.  —  J.  Wollenberg,  LXllI  locos  ex  Berodoto  excerpi 
qui  ex  conlectaneis  Constantini  Aug.  Porph.  neQi  aQerijg  xal  xaxiag  in  codice  Peirem 
exstant,   rec,  Progr.    des  franzOs.  Gymnasiums,  Berlin  1862.    —   J.  Wollenberg, 
censentur  LXXVll  loci  ex  Flavi  Josephi  scriptis  excerpti  oui  ex  conlectaneis  ConstanI 
Augusti  Porphyrogennetae  nsgl  aqsiijg  xai  xaxlag  in  codice  Peiresciano  extant.  Gymnasial«^ 
progr.,  Berlin  1871  (mir  unzugänglich).   —   Vgl.   C.  de  Boor,  Zu   Johannes  Antiochennaij 
Hermes  20  (1885)  327—329.   —   Fr.  Hultsch,  Polybii  Historiae,  ed.  11.  1  (1888)  Ulf.  -Si 
Einen  erschöpfenden  Bericht  über  die  Geschichte  und  den  Bestand  des  von  Nicolas  Claudi( 
Fabri  de  Peiresc  (1580 — 1637)  in  Cypem  erworbenen  und  von  H.  Valesius  zuerst  ediertet: 
Exzerptenkodex   gab  im  Auftrage   der  k.  sächs.  Gesellsch.  d.  Wiss.   als  Vorläufer  einer 
vollständigen   Ausgabe  Tb.  Büttner- Wob  st.   Der  codex  Peirescianus.    Ein  Beitrag  zur 
Kenntnis  der  Exzerpte  des  Konstantinos  Porpbyrogennetos,  Ber.  d.  k.  sächs.  Gesellsch.  d« 
Wiss.  1893  S.  261-352. 

n€Ql  yvtautüy.    Ed.  A.  Mai,  Scriptor.  vet.  nova  coUectio  v.  II  (Bomae  1827).  — 
Die  Exzerpte  Tiegi  yviofjLwv  aus  Polybios  gab  neu  heraus  Theod.  Heyse,  Berlin  1846.  — 


»)  Vgl.  Müller,  FHG  5  S.  XIV.  |  »)  Ibid.  5  S.  XIL 


2.  Geflehichtaohreiber  nnd  Chronisten.  ^A.  Gesohichtaohreiber.    (§  113)     261 

Dazu  Yerbessemiigeii  nach  einer  neuen  Kollation  von  H.  van  Herwerden,  Spicilegiom 
Vaticanum,  Lngd.  Batav.  1860.  —  Eine  NeuTergleichung  der  den  Dio  Cassius  betreffenden 
Ezcerpte  tfB^l  yyiofAtSy  lieferte  U.  Pb.  Boissevain,  Progr.  Rotterdam  1884.  —  Vgl. 
Tb.  Mommsen,  Hermes  6  (1871)  89  f.  —  C.  de  Boor,  Die  y^a  ^xdwns  des  Eunapios, 
Bbein.  Mos.  47  (1892)  321—323  (über  das  ProOmion  der  Eunapiosexzerpte  im  Titel  De 
•enientiis). 

Jlff^c  inißovXtay,  E  cod.  Escnrialiensi  ed.  G.  Aug.  L.  Feder,  3  yoII.  Darmstadii 
1848—55.  —  Ergänzungen  gaben  Tb.  Mommsen,  Hermes  6  (1871)  323  ff.  und  G.  Müller, 
FEG  5  (1870)  27  ff 

UfQi  OT^ai^y^fiättjy.  Vgl.  C.  Müller,  FHG  2,31—42,  und  5  Proleg.  S.  VII  f. 
vnd  S.  21  ff.  —  Ed.  G.  Wescber,  Poliorc^tique  des  Grecs,  Paris  1867  S.  195—279. 

n$Ql  dfjfÄtjyoQituy,  Anonymi  Byzantini  rbetorica  militaris  ed.  A.  Koeoblj,  zwei 
bidicee  lectionum,  Zürich  1855—56. 

Df^l  aytcyoQ€va€(og,  H.  Wäscbke,  üeber  das  von  Reiske  vermutete  Fragment 
ier  Exzerpte  Konstantins  rtegl  dya/o^evaeotg.    Progr.,  Dessau  1878. 

Ausserdem  vgl.  G.  Bernbardy,  Berliner  Jabrbücber  für  wissenscbaftlicbe  Kritik 
1831,  2,  330  ff.  —  Heinr.  Nissen,  Kritiscbe  üntersucbungen  über  die  Quellen  der  4. 
nd  5.  Dekade  des  Livius,  Berlin  1863  S.  313-  323  (über  die  Gesandtschaftsexzeipte).  — 
E.  Schulze,  De  excerptis  Gonstant.  quaest.  criticae,  Diss.  Bonn  1866.  —  L.  Dindorf, 
Jahns  Jahrb.  99  (1869)  114.  —  Eine  sachliche  Gruppierung  der  Titel  und  Herstellung  der 
ssprfinglichen  Ordnung  versucht  H.  Wäscbke,  Ueber  die  Reihenfolge  der  Exzerpte  Kon- 
itantins,  Philologus  41  (1882)  270—283.  —  Ueber  Doppelexzerpte,  d.  h.  über  solche,  die 
lufOhrlich  nnd  daneben  in  einer  Epitome  vorkommen,  handelt  G.  de  Boor,  Hermes  19 
(1884)  123 — 148.  —  Sp.  Lampros,  nXovxitQxeia  anay&icfÄtcra  iy  'Ayi,OQBiXiiiti^  xtod^xi  trjg 
uoy^s  Jioyvciov,  Jubiläumsschrift  der  Universität  Athen,  Athen  1888  S.  315—337,  versucht 
Eizerpte  aus  den  Biographien  des  Plutarcb  mit  Konstantin  in  Zusammenhang  zu  bringen. 
—  Zo  den  Exzerpten  aus  Dio  Gassius  vgl.  auch  Gust.  Nordmeyer,  De  Octavia  fabula,  jäma 
Jahrb.  Snpplementb.  19  (1892)  257—263.  —  Ueber  die  Grundsätze  der  Redaktoren  in  der 
Wiedergabe  der  Texte  vgl.  G.  de  Boor,  B.  Z.  1  (1892)  32  f.  —  Sprachliche  Abweichungen 
hnstanttnischer  Exzerpte  vom  Originaltext  notiert  L.  Radermacher,  Grammatisches  zu 
Diodor,  Rhein.  Mus.  49  (1894)  166  f.  —  G.  Wachsmuth,  Einleitung  in  das  Studium  der 
aken  Geschichte,  Ijeipzig  1895  S.  69—77.  —  Weitere  Litteratur  s.  in  der  Abhandlung  von 
Schulze  S.  6.  Ausserdem  sind  für  einzelne  Fragen  natürlich  die  Ausgaben  und  kriti- 
lehen  Hilfsmittel  der  einzelnen  exzerpierten  Historiker,  besonders  die  Vorreden 
ii  den  Ausgaben  des  Polybios  von  Hultscn  und  Büttner- Wobst ,  des  Dio  Gassius  von 
Melber,  des  Appianos  und  Zosimos  von  Mendelssohn,  des  Suidas  von  Bernbardy  heran- 
■aehen. 

2.  Ausser  den  hier  aufgezählten  teils  in  Originalhss  aus  der  Zeit  Konstantins  (z.  B. 

eod.  Peirescianus)  teils  in  späteren  Abschriften  erhaltenen  Bruchstücken  kommen  für  die 

Heratellong    der  Enzyklopädie  noch  einige   andere  Werke  in    Betracht:    vor  allem   das 

Lexikon  des  Suidas,  der  den  grössten  Teil  seiner  historischen  Artikel  aus  konstaatini- 

lebeo  Exzerpten  geschöpft  hat;   dann  wahrscheinlich  eine  im  10.  Jahrb.   entstandene  Be- 

ffbeitong  des  christlich-profanen  Florilegiums  nagäXXijXa;  endlich  zwei  grosse  Exzerpten- 

nmmlougen  ans  Polybios  und  Diodoros,    die  vielleicht  aus  Vorarbeiten  für  das  Kon- 

MMifinmche  Unternehmen  erwachsen  sind,  jedenfalls  eng  mit  ihm  zusammenhängen.    Die 

,  iaallge  ans  Polybios  ed.  pr.  aus  einem  cod.  Urbinas  Hervagen,   Basel   1549,   die  aus 

DMor  ans  einem  Godex  des  Florentiners  Lud.  Alemannus  D.  Hoeschel  im  Anhange  der 

£seerpia  De  legationibus  S.  150—172.    Wiederholt  von  Dindorf  in   der  grossen  Ausgabe 

im  Diodoroe  II  2,  1  ff.  (Excerpta  Hoescheliana).  —  Ueber  die  Benützung  Konstantinisoher 

Eizerpte    durch  Suidas  vgl.  bes.   G.  de  Boor,   Die  Ghronik   des  Georgius  Monachus    als 

(taeOe  dee  Suidas,  Hermes  21  (1886)  1—26.  —  Wie  aus  den  obigen   Litteraturangaben 

ha  IUI  geht«  ist  das  Material   der  Konstantinischen  Exzerpte  sehr  zerstreut  und  sehr  un- 

^Indiartig  veröffentlicht,  so  dass  eine  abschliessende  Verwertung  und  bes.  eine  systema- 

iacfae  Vergleichung  mit  der  sonstigen  Ueberlieferung  der  Historiker  zur  Zeit  nicht  möglich 

lt.    Eine  nach  einbeitlichen  Grundsätzen  gearbeitete  Gesamtausgabe  ist  daher  ein  drin- 

raades  Bedürfnis. 

113.  Landwirtschaftliche  Sammlang  (rewnovixd).  Das  vorzüglich 
roD  den  Römern  gepflegte  Gebiet  der  Landwirtschaft  hatte  auch  bei  den 
Sriechen  besonders  seit  der  alexandrinischen  Zeit  wissenschaftliche  Dar- 
steDungen  hervorgerufen.  Das  praktische  Bedürfiiis  musste  hier  noch  mehr 
ils  in  der  Geschichtslitteratur  Kompilationen  und  Auszüge  veranlassen. 
So  trog  ein  gewisser  Vindanios  Anatolios,   den  man  mit  dem   von 


262  Bysantinische  Litteratnrgeschichte.    L  Prosaisclie  Lüieratur« 

Libanios  öfter  erwähnten  gleichnamigen  Juristen  aus  Berytos  identifizi< 
hat,  aus  älteren  Werken  eine  Swaytoyt]  yetoQyixwv  imtr^dsvfiatoDv  zusammc 
welche  Photios  (cod.  163)  gelesen  hat.  Etwas  später  (im  4.  oder  5.  Ji 
hundert)  verfasste  ein  gewisser  Didymos  rswQyixä  in  15  Büchern. 
Hilfe  dieser  Vorarbeiten  veranstaltete  ein  sonst  nicht  bekannter  Scholastiki 
Cassianus  Bassus  eine  grosse  landwirtschaftliche  Sammlung.  Das 
schah,  wie  der  nach  Kaiser  Heraklios  nicht  mehr  übliche  Titel  axoXaati 
(Rechtsanwalt)  beweist,  noch  im  6.  Jahrhundert,  spätestens  im  Anfanj 
des  7.  Jahrhunderts.  Im  Anfang  des  6.  Jahrhunderts  wurde  das  landi 
schaftliche  Werk  des  Vindanios  Anatolios  von  dem  Archiatros  und  Priesl 
Sergios  von  Resaina  in  die  syrische  Sprache  übersetzt;  aus  der  syrischi 
Übersetzung  floss  die  sehr  freie  arabische  Bearbeitung  des  Eosta  il 
L u k a.  Die  Sammlung  des  Cassianus  Bassus  wurde  unter  Kaiser  Konstant!] 
Porphyrogennetos,  dem  man,  durch  das  Widmungsschreiben  verleil 
früher  die  Geoponica  schlechthin  zugeschrieben  hatte,  von  einem  unl 
kannten  Bearbeiter  um  das  Jahr  950  in  einer  neuen  Ausgabe  vorgelei 
die  so  schlecht  ist,  dass  die  alten  Exemplare  damals  gewiss  bedeutend  ii 
Preise  gestiegen  sind.  Das  früher  hoch  gepriesene  Verdienst  des  Kais( 
um  die  Erhaltung  der  geoponischen  Litteratur  und  die  praktische  Förd( 
rung  des  Landbaues  schrumpft  durch  diesen  erst  neuerdings  festgestellteil 
Thatbestand  auf  ein  sehr  bescheidenes  Mass  zusammen.  Die  zahlreiche^ 
Zitate  aus  alten  Autoren  über  Landwirtschaft  stammen  natürlich  niclq 
von  dem  konstantinischen  Redaktor  und  auch  nicht  von  Cassianus  Bassui^ 
sondern  aus  seinen  Quellen  wie  Didymos  und  Anatolios.  Ihr  Werk  i8| 
sicher  auch  die  Umgiessung  der  ursprünglich  jonisch  geschriebenen  Stücki 
in  die  attische  Form  der  xoivrj;  dagegen  sind  manche  volkstümliche  Wörtfll 
und  Formen  erst  durch  die  Redaktion  des  10.  Jahrhunderts,  die  hieril 
ganz  im  Geiste  Konstantins  handelte,  in  den  Text  gekommen. 

1.  Ausgaben:  Zuerst  vollständig  ed.  von  P.  Needbam,  Cambridge  1704.  —  Besä« 
von  N.  Niclas,  4  voll.,  Leipzig  1781,  mit  den  Präfationen  der  früberen  Ausgaben,  einefli 
spärlichen  kritiscben  Apparat,  Register  der  zitierten  Autoren,  historiscbem,  geograpbischeni 
grammatischem  und  sachlichem  Index,  doch  ohne   genügende   handschriftliche  Grundlag« 

—  Kritische  Ausgabe  (auf  Grund  von  6  griechischen  Uss  und  mit  Beiziehung  der  syrischei 
Uebersetzung)  von  H.  Beckh,  Leipzig,  Bibl.  Teubneriana  1895. 

2.  Uebersetzungen:  Syrisch:  Geoponicon  in  sermonem  Syriacnm  versorum,  qiuM 
supersunt,  ed  F.  deLagarde,  Lipsiae  1860.  —  Dazu  vgL  P.  deLagarde,De  Geoponicoi 
versione  Syriaca,  Progr.  d.  Louisenstädtischen  Realschule  zu  Berlin  1855  (=  Gesammelti 
Schriften  von  P.  de  Lagarde,  Leipzig  1866  S.  120  ff.),  Gust.  Sprenger,  Darlegung  d« 
Grundsätze,  nach  denen  die  syrische  Uebertragung  der  griechischen  Geoponica  gearbeit« 
worden  ist,  Göttinger  Preisschrift,  Leipzig  1889,  und  An t.  Baumstark,  Lucubrationes  Syrs 
Graecae,  Jahns  Jsdirb.  Supplementb.  21  (1894)  884—405.  —  Armenisch:  Eine  in  unb« 
kannter  Zeit  entstandene  anonyme  armenische  Uebersetzung  der  Geoponica  ed.  Leo] 
Alischan,  Venedig,  S.  Lazaro,  Druckerei  der  Mechitharisten  1877.  Sie  ist  aber  nach  d« 
Meinung  des  Herausgebers,  dem  Zarbhalanian,  Bibliothek  der  alten  armenischen  Uebei 
Setzungen,  Venedig  1889  (neuarmenisch)  S.  698 — 704,  beipflichtet,  nicht  direkt  nach  dei 
griechischen  Original,  sondern  nach  einer  arabischen  Bearbeitung  gemacht.  —  Das  Vei 
hältnis  der  armenischen  Uebersetzung  bezw.  ihrer  arabischen  Vorlage  zum  griechische 
und  syrischen  Texte  prüft  eingehend  C.  Brockelmann,  B.  Z.  5  (1896)  Heft  2.  —  FranzO 
sisch  und  Deuts cn:  Das  Vertrauen,  welches  man  in  der  Humanistenzeit  jeder  alte 
Weisheit  entgegenbrachte,  bezeugt  die  oft  aufgelegte  französische  und  deutsche  Uebei 
Setzung  des  16.  Jahrhunderts:  Les  XX  liures  de  Constantin  Cesar  ....  traduiots  en  Frai 
coys  par  M.  Anthoine  Pierre,  licentiö  en  droit.   Poictiers  1545  (Vorrede  datiert  von  1543 

—  Der  veldtbaw  oder  das  buch  von  der  veld  arbevt  ....  Alles  vor  tausend  jaren  vo 
dem  Eeyser  (Jonstantino  dem  vierdten  (\)  in  Eriechischer  sprach  beschrieben  Und  yei 


8«  OasdiiclitBohreiber  lud  Chronisten.    A.  Oeachichtschreiber.    (§  lU)    263 

«rlich  durch  D.  Michael  Herren  auss  der  Kriechiachen  in  Teutsche  sprach  vertolmetscht, 
-assbnrg  1545;  wiederholt  1551,  1556,  1565  u.  5. 

8.  Hilfsmittel:  Artikel  Geoponici  Ton  A.  Baumstark  in  Pauly's  Realenzyklo- 
die,  wo  jedoch  besonders  die  vorbyzantinische  Zeit  berücksichtigt  ist.  —  Ernst  Meyer, 
!«cbichte  der  Botanik  Bd  3  (Königsberg  1856)  338—890,  wo  auch  über  die  natorwissen- 
tiaftlichen  Schriften  des  Svmeon  Seth  (11.  Jahrh.)f  des  Stephanos  Magnetes 
l.  Jahrb.)»  des  Nicolaos  Myrepsos  (um  1280)  und  des  Johannes  Aktuarios 
L  Jahrb.)  gehandelt  wird.  —  Eine  kurze  Analyse  der  Geoponika  gibt  M.  de  Raynal, 
udee  sur  les  G^oponiques,  Annuaire  de  Tassoc.  8  (1874)  89 — 122.  —  Hauptschriften: 
.  Gemoll,  Untersuchungen  über  die  Quellen,  den  Verfasser  und  die  Abfassungszeit  der 
K>pooicay  Berliner  Studien  1  (1884)  1—280.  —  Eugen  Oder,  Beiträge  zur  Geschichte 
r  Landwirtschaft  bei  den  Griechen,  Rhein.  Museum  45  (1890)  58—99;  212—222  und  48 
?93)  1-40. 

4.  üeberlieferung:  Zahlreiche  Hss,  nach  ihrem  Werte  und  verwandtschaftlichen 
irhältnisse  untersucht  von  Henr.  Beckh,  De  Geoponicorum  codicibus  mss,  Acta  semi- 
rü  philol.  Erlangensis  4  (1886)  261—346.  —  Zu  den  dort  aufgezählten  Hss  kommt  noch 
>d.  Berol.  Phillipp.  1564  s.  16.  Vgl.  W.  Studemund  et  L.  Gohn,  Codices  ex  bibl. 
^rmanniana  Phillippici  graeci  nunc  Berolinenses,  Berlin  1890  S.  68. 

114.  Enzyklopädie  der  Medizin^  ein  medizinisches  Handbuch,  die 
immlung  der  Vor^xa.  Als  umfassende  Vorarbeit  diente  die  um  350  durch 
ribasios  veranstaltete  ^Enitofitj  xdv  larqixdov  d-ewQtjjnätiov.  Im  Auftrage 
Dnstantins  übernahm  der  Arzt  Theophanes  Nonnos  eine  summarische 
^aktion,  die  von  dem  Verfalle  der  medizinischen  Wissenschaft  im  by- 
ntinischen  Zeitalter  ein  unverkennbares  Zeugnis  ablegt. 

Bedeutender  ist  das  Handbuch  der  Tierarzneikunde,  die  Sanrni- 
Dg  der  '^InniaxQixa^  die  man  früher,  durch  die  Analogie  der  übrigen 
Lmmlungen  verleitet,  ebenfalls  auf  eine  Anregung  Konstantins  zurück- 
hrte.  Doch  lässt  sich  weder  ein  engerer  Zusanmienhang  dieses  Werkes 
it  dem  Kaiser  noch  überhaupt  seine  Entstehung  im  10.  Jahrhundert  be- 
3isen.  Unser  sicheres  Wissen  über  diese  Sammlung  ist  sehr  bescheiden: 
Qter  Konstantin  dem  Grossen  schrieb  Apsyrtos  zwei  Bücher  über  Tier- 
lilkunde  und  wahrscheinlich  gleichzeitig  verfasste  der  Tierarzt  Hippo- 
rates  eine  Schrift  über  denselben  Gegenstand.  Später,  vielleicht  im  5. 
ler  6.  Jahrhundert,  schrieb  ein  Jurist  Hierokles  zwei  Bücher  über 
ferdeheilkunde,  in  denen  er  den  Apsyrtos  stark  benützte.  In  welcher 
ni  aber  die  zwei  uns  erhaltenen  Sammlungen  von  Hippiatrica,  von  denen 
e  eine  S.  Grynaeus,  die  andere  E.  Miller  ediert  hat,  entstanden  und  wer 
e  redigierte,  lässt  sich  vorerst  nicht  feststellen.  Eine  Spätgrenze  bildet 
IS  Alter  der  Handschriften:  die  älteste  Handschrift  der  Sammlung  des 
rynaeus  (in  Berlin)  stammt  aus  dem  10.,  der  von  Miller  veröffentlichte 
>dex  Parisinus  aus  dem  11.  Jahrhundert. 

Eine  Ergänzung  der  landwirtschaftlichen  und  medizinischen  Hand- 
Icher  bildet  ein  Auszug  aus  der  Tiergeschichte  des  Aristoteles: 
iär  'J^totäXovg  negi  foJwv  imrofii].     Die  Grundlage  bildete  Aristoteles 

der  Epitome  des  Aristophanes  von  Byzanz;  damit  verband  sich  manches, 
IS  aus  späteren  Quellen  bei  Aelian  und  Timotheos  zu  finden  war.  Die 
issung  ist  ziemlich  frei  und  selbständig.  Von  den  4  Büchern,  welche 
}  Sammlung  ursprünglich  umfasste,  sind  bis  jetzt  nur  2  gefunden.    Die 

Paris  befindliche  Athoshandschrift  trägt  den  Titel:    Svlloyrj  trjg  tibqI 


264  Bysantinisohe  Litteraturgeschiohte.    L  Prosaisohe  Lüteratnr. 

* 

1.  'JaTQixd:  unter  dem  Titel :  Nonnus  Theophanes,  epitome  de  cnratione  morbonuttj 
ed.  Sieph.  Bernard,  2  voll.  Goihae  1794—95.  —  Vgl.  Kurt  Sprengel,  Geschichte  dir 
Arzneikundo  2  (1823)  322  £f.  (unbedeutend).  —  Manches  hierher  Gehörige  bei  G.  A.  Costo* 
miris,  Etudes  sur  les  Berits  in^dits  des  anciens  mödicins  grecs,  Revue  des  öt.  gr.  2  (IdSQ 
843-383,  3  (1890)  145-179,  4  (1891)  97-110  und  5  (1892)  61—72. 

2.  'InniatQixd:  Veterinariae  medicinae  libri  duo  a  Joanne  Ruellio  Suessonienrf 
olim  quidem  latinitate  donati,  nunc  vero  iidem  sua,  hoc  est  Graeca  lingua,  primam  in  luceoL 
editi,  Basiliae  1537  (mit  einer  Vorrede  Ton  S.  Gr^ naeus).  —  Einen  griechischen  Tez^ 
nach  einem  cod.  Barber.  ed.  mit  lateinischer  und  italienischer  üebersetzung  und  KonK 
mentar  Petrus  AI.  Valentini,  Hippocratis  veterinaria,  Romae  1814.  —  Einen  erheblidt 
abweichenden  Text,  der  die  Baseler  Ausgabe  berichtigt  und  ergänzt,  ed.  aus  cod.  Paritfi^ 
Gr.  2322  E.  Miller,  Not.  et  extr.  21  (1865)  2,  1—163.  —  Eine  neue  Ausgabe  der  Hippia^ 
trika  wird  von  E.  Oder  für  die  Bibl.  Teubneriana  vorbereitet.  —  Französische  Ueber^ 
Setzung  von  Jean  Massö  unter  dem  Titel:  L'art  vöt^rinaire,  Paris  1563.  —  Ueber  eiar 
neugefundene  lat.  üebersetzung  des  Apsyrtos  vgl.  W.  Meyer,  Sitzungsber.  bayer.  Ak». 
1885  S.  395.  —  Handschriftliche  Mitteilungen  von  L.  Gohn,  Verhandlungen  der  40.  deuft»; 
sehen  Philologenvers,  in  Görlitz,  Leipzig  1890  S.  100.  —  M.  Ihm,  Die  Hippiatrica,  Rheiaü- 
Mus.  47  (1892)  312—318  (über  Quellen.  Bearbeiter  und  Entstehungszeit  der  Sammlon|t- 
und  über  den  von  E.  Miller  edierten  Text). 

3.  JIsqI  Cf»^(oy  iTtitofAtj:  Das  erste  Buch  ed.  aus  einer  in  Paris  befindlichen  Atho^ 
handschrift  (suppl.  gr.  495)  Val.  Rose,  Anecdota  Graeca  et  Graecolatina  2  (Berolini  18701' 
1—40.  —  Emendationen  von  H.  Sauppe,  GOtting.  Gel.  Anz.  1872  S.  220  ff.  —  Zw4 
Bücher  mit  Benützung  des  Parisinus  und  des  Athous  3714  s.  14  ed.  Sp.  Lampros,  ExSr 
cerptorum  Constantini  de  natura  animalium  libri  duo.  Berolini  1885  (als  Vol.  I,  1  dm 
von  der  k.  preuss.  Ak.  d.  Wiss.  herausgegebenen  Supplementum  Aristotelicum).  —  Eina 
ähnliche  Kompilation  aus  Aristoteles,  Aelian  u.  a.  ist  die  unter  Kaiser  Konstantin  Moni^ 
machos  (1042)  verfasste  anonyme  Tiergeschichte.  Ed.  G.  Fr.  Matthaei:  IloixiXa 'EXXrjyucdf 
Mosquae  1811. 

4.  Auch  andere  Sammelwerke  des  10.  Jahrhunderts  mOgen  auf  eine  direkte  odiv 
indirekte  Anregung  Konstantins  zurückgehen,  obschon  die  damals  an  der  alten  Litteratv 
vollzogenen  Rettungswerke  in  letzter  Linie  dem  Zug  und  Bedtlrfnis  der  Zeit  überhaanl 
entsprachen.  Das  beweist  die  Anthologie  des  Kephalas,  die  vor  Konstantin,  vielleictt 
schon  am  Ende  des  9.  Jahrhunderts  zusammengestellt  wurde.  Ebensowenig  lässt  sich  voi 
Suidas  und  anderen  Wörterbüchern  ein  engerer  Zusammenhang  mit  Konstantia 
nachweisen.  Dagegen  ist  die  Legendensammlung  des  Symeon  Metaphrastes  wahrschein- 
lich auf  Anregungen  des  Konstantin  Porphyrogennetos  zurückzuführen.  Vgl.  oben  S.  200  ff. 
Ebenso  dürfte  der  gescheite  und  gebildete  Urheber  der  berühmten  Heidelberger  Para« 
doxengrapbenhs  (cod.  Palat.  398  s.  10)  in  der  gelehrten  Umgebung  des  Kaisers  m 
suchen  sein.  Vgl  die  Beschreibung  dieser  Hs  bei  A.  v.  Gutschmid,  Kleine  Schriften 
4  (1893)  590-603. 

115.  Joseph  G-enesios  (reväaiog)  stammte  aus  einer  vornehmen 
Familie  in  Byzanz;  sein  Vater  Konstantin  war  unter  Michael  HI  Befehla- 
haber  der  Leibgarde  und  Logothet.  Oenesios  gehörte  zu  den  Gelehrten, 
welche  Konstantin  Porphyrogennetos  um  sich  versanmielte.  Im  Auftrage 
des  Kaisers  schrieb  er  (zwischen  945 — 959)  vier  Bücher  Königs« 
geschichte  (ßaaiXsiöiv),  nämlich  die  Geschichte  Leos  V  (813 — 820), 
Michaels  II  (820—829),  des  TheophUos  (829—842),  Michaels  m  (842—867) 
und  Basilios  I  (867—886).  Nach  dem  ursprünglichen  Plane  sollte  daa 
Werk  wohl  nur  die  vier  ersten  Kaiser  umfassen,  also  bis  zur  makedonischen 
Dynastie  reichen.  Die  Geschichte  des  Basilios,  welche  Genesios  mit  der 
Michaels  m  im  letzten  Buche  vereinigt  hat,  ist  dürftiger  behandelt  und 
erscheint  als  ein  Anhang  des  ganzen  Werkes,  das  der  Verfasser  in  zwei 
heroischen  Distichen  dem  Kaiser  Konstantin  widmete.  Seine  Quellen 
waren,  wie  er  selbst  im  Anfange  des  ersten  Buches  verrät,  Mitteilungen 
von  älteren  Leuten,  welche  die  erzählten  Ereignisse  noch  erlebten,  und 
das  „umherlaufende  Gerücht''.  Dass  er  mündliche  Berichte  von  Zeitgenossen 
reichlich  verwerten  konnte,  erklärt  sich  aus  der  hervorragenden  Stellung, 
die  seine  Familie  am  Hofe  Michaels  in  eingenommen  hatte.    Auf  volks^ 


Qesehielitoehreiber  und  Chroniaten.    A.  Oeaohiohtaohreiber,    (§§  115—116)     265 

Issiger  Tradition  mögen  namentlich  seine  Nachrichten  über  Weissagungen, 
sionen  und  andere  Wunderdinge  beruhen ;  auch  den  von  der  orthodoxen 
krtei  gegen  die  bilderstürmenden  Kaiser  verbreiteten  Lügen  schenkte  Gene- 
>s  leichtgläubige  Aufmerksamkeit.  Daneben  benützte  er  aber  auch  schrift- 
he  Quellen,  so  die  Biographie  des  Patriarchen  Nikephoros  von  Ignatios 
id  die  des  Patriarchen  Ignatios  von  Niketas  David  Paphlagon,  end- 
;h  die  ursprüngliche  Redaktion  der  Chronik  des  Georgios  Monachos. 
n  Material  hat  es  dem  Genesios  mithin  nicht  gemangelt,  wohl  aber  an 
ritik  und  Wahrheitsliebe.  Seine  Liebhaberei  für  Vorzeichen  und  anderen 
'underkram  mag  man  ihm  nachsehen,  und  auch  der  heftige  Hass  gegen 
e  Bilderstürmer,  den  er  mit  seinen  schriftlichen  Quellen  und  anderen 
ironisten  gemein  hat,  lässt  sich  aus  der  orthodoxen  Reaktion  seiner  Zeit 
icht  erklären;  bedenkUch  ist  aber  der  offene  Parteistandpunkt  im  letzten 
uche,  wo  er  die  dunkeln  Punkte  im  Leben  Basilios  I,  besonders  die  von 
m  veranlasste  Ermordung  Michaels  DI,  nach  Kräften  zu  verschleiern 
icht.  Vielleicht  hat  er  hier  im  Auftrage  Konstantins  VQ  gehandelt, 
}m  daran  liegen  musste,  seiner  eigenen  Schrift  über  seinen  Grossvater, 
?ren  Objektivität  der  Nachwelt  leicht  verdächtig  erscheinen  konnte,  ein 
veites  Werk  als  Stütze  und  Bestätigung  zur  Seite  zu  stellen.  Trotz  solcher 
ängel  ist  Genesios  als  primäre  Quelle  für  eine  wichtige  Epoche  wie  als 
»rachgeschichtliches  Denkmal  von  Bedeutung.  Seine  tendenziöse  Darstel- 
ng  hat  als  Vorlage  der  Fortsetzung  des  Theophanes,  des  Symeon 
ogothetes  und  des  Johannes  Skylitzes  noch  später  fortgewirkt. 

Die  Sprache  des  Genesios  riecht  noch  sehr  nach  der  Barbarei  und 
eere  des  8.  und  9.  Jahrhunderts.  Verkünstelt,  schwerfallig  und  holperig 
breitet  sie  sogar  dem  Verständnis  manche  Schwierigkeiten.  Die  Früchte 
ner  dürftigen  Belesenheit  in  der  klassischen  Litteratur  werden  in  ge- 
^hmacklosen,  bei  den  Haaren  herbeigezogenen  Homerzitaten  und  in  un- 
issenden  etymologischen,  historischen  und  mythologischen  Abschweifungen 
)rgelegt. 

1.  Aasgaben:  Ed.  pr.  im  23.  Bande  des  Venezianer  Corpus  der  byzantinischen  Histo- 
ker  mit  historisch-kritiscnen  Noten  Ton  Stephan  Bergler,  Venedig  1783.  —  Nach  einer 
»oen,  Ton  £.  Wunder  veranstalteten  Kollation  der  einzigen  Handschrift  (cod.  Lipsiensis) 
L  TOD  Carl  Lachmann,  Bonnae  1834  (ohne  die  bei  L.  gewohnte  Sorgfalt).  —  Nach  der 
>mier  Ausgabe  wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  109,  985—1179. 

2.  Hilfsmittel:  Hauptschrift:  F.  Hirsch,  Byzantinische  Studien  S.  116—174.  —  Vgl. 
Bernhardy,  Berliner  Jahrbücher  fQr   wissenschaftliche   Kritik   1886,   Nr.  58.  —  H. 

iBchke,  Philologus  87  (1878)  255—275  handelt  über  die  Handschrift  und  Biographie 
■  Genesios  und  sucht  namentlich  gegen  Hirsch  zu  erweisen,  dass  jener  Konstantin,  der 
ter  Michael  lU  lebte,  nicht  der  Vater  des  Genesios  sein  könne.  —  J.  B.  Bury,  The 
mtity  of  Thomas  the  Slavonian,  B.  Z.  1  (1892)  55—60,  untersucht  die  Erzählung  des 
iiieeioe  über  den  slavischen  (oder  armenischen)  Rebellen  Thomas  (S.  8  ff.  ed.  Bonn.) 
d  vergleicht  sie  mit  einem  Briefe  Michaels  II  an  Ludwig  den  Frommen  (Baronius,  Annal. 
clesUst  XIV  62-66)  und  mit  dem  Berichte  im  Theophanes  continuatus. 


116.  Johannes  Eameniates  {Kafieviorvrjg),  ein  frommer  Priester  von 
lessalonike,  beschrieb  auf  Ersuchen  Gregors  von  Eappadokien  die  Erobe- 
mg  seiner  Vaterstadt  durch  den  Anführer  der  kretischen  Korsaren 
M>  von  Tripolis  (31.  Juli  904):  'ioaävvov  xItjqixov  xal  xovßovxXeiaiov  tov 
xfuvimov  ciq  trjv  alcoaiv  trjg  &€aaakov(xrfi.  Johannes  steht  ganz  auf 
:m   Standpunkte  des  byzantinischen  Klerikers;  daher  ist  ihm   aus  der 


266 


Bysantinisohe  Litieratnrgesohiohte.    I«  Prosaisohe  Littoratiir. 


Vorgeschichte  der  Stadt  nur  ihr  Verhältnis  zum  Apostel  Paulus  und  zif 
ihrem  berühmten  Schutzpatron  Demetrios  fiVQoßkvtrjg  nennenswert.  Seine- 
ablehnende  Stellung  gegen  die  heidnische  Vorwelt  glaubt  er  durch  scharfe; 
Ausfalle  gegen  Orpheus  und  Homer,  gegen  Sirenen  und  Hellenen  nacb-^j 
drücklich  betonen  zu  müssen.*)  Sein  politischer  Blick  reicht  kaum  üb€r^ 
die  Mauern  seiner  Vaterstadt  hinaus;  wir  vermissen  vor  allem  eine  Dar- 
legung der  Machtentwicklung  des  arabischen  Piratentums,  durch  welche 
der  waghalsige  Schlag  auf  die  zweitgrösste  Stadt  des  Kaiserreiches  mög- 
lich wurde.  Trotzdem  verdient  die  Erzählung  des  Eameniates  im  allge- 
meinen Glaubwürdigkeit  und  wirkt  durch  die  frische  Wiedergabe  des  Selbsir 
erlebten  sogar  künstlerisch.  Seine  historische  Erudition  ist  allerdings  eine 
minimale,  wie  seine  Leichtgläubigkeit  gegen  Volkssagen  und  ein  bedenk«' 
lieber  Anachronismus  (S.  498,  17  ff.  ed.  Bonn.)  erkennen  lässt;  er  ist  kein 
Geschichtschreiber  von  Fach  und  hat  die  Feder  nur  aus  einem  persönlichen 
Anlasse  ergriffen;  aber  gerade  hiedurch  erhebt  er  sich  über  manche  Scha- 
blonenhistoriker der  byzantinischen  Zeit,  welche  mit  dem  landläufigen; 
Quellenapparate  wohl  vertraut  sind,  selten  aber  zu  einer  selbständigen^^ 
Auffassung  und  warmen  Empfindung  gelangen.  Im  Verlaufe  des  Berichtes] 
erfahren  wir  über  die  in  der  Umgegend  von  Thessalonike  wohnenden 
nichtgriechischen  Völkerschaften  und  über  das  friedliche  merkantile  Ver- 
hältnis zu  denselben  wichtige  Details,  aus  denen  sich  ergibt,  dass  die 
ethnographische  Gruppierung  Makedoniens  schon  im  10.  Jahrhundert  eine 
ähnliche  war  wie  heutigen  Tages.  Wegen  seiner  sprachlichen  Form 
erspart  uns  Eameniates  nicht  die  bei  den  Byzantinern  stereotype  Entschul- 
digung der  eigenen  Unwissenheit.  Wie  sehr  ihm  aber  eine  gute  Form  am 
Herzen  liegt,  beweisen  die  wiederholten  naiven  Hinweise  auf  die  Not- 
wendigkeit einer  symmetrischen  Komposition.  Sein  Sprachschatz  ruht 
ganz  auf  der  Septuaginta,  dem  neuen  Testament  und  anderen  kirchlichen 
Schriften.  Er  weiss  seine  Hilfsmittel  aber  wohl  zu  verwenden,  und  der 
lebhafte,  klare  Fluss  seiner  Rede  z.  B.  in  der  reizenden  Schilderung  der 
Lage  von  Thessalonike  (492  ff.)  und  in  der  anschaulichen  Beschreibung 
der  Erstürmung  der  Stadt  (534  ff.)  verrät  ein  natürliches  Formtalent. 

Ausgaben:  £d.  pr.  Leo  Allatius,  2v/jifjiixta  II  179  fif.  —  Ed.  F.  Combefts  mife 
den  Scriptores  post  Theophanem,  Paris  1685  S.  317  fif.  —  Ed.  1.  Bekker  mit  Theophanea 
continuatus,  Bonnae  1838  S.  487—600.  —  Wiederholt  von  Migne,  Patr.  gr.  109,  519—653. 
—  Vgl.  G.  Schlumberger,  Nicäphore  Phocas,  Paris  1890  S.  35  fif.  —  lieber  die  auf 
die  Eroberung  von  Thessalonike  i.  J.  904  bezüglichen  HomUie  des  Patriarchen  Nikolaos 
8.  den  Paragraphen  Nikolaos  Mystikos  im  Abschnitt  »Rhetorik'. 

117.  Leon  Diakonos,  der  mit  dem  von  Skylitzes  im  Vorwort  seiner 
Geschichte  „Leon  der  Asiate",  von  Kedrenos  „Leon  der  Karier*  ge- 
nannten Leon  sicher  identisch  ist,  wurde  um  das  Jahr  950  zu  Ealoe  am 
Tmolos  gehören  und  kam  schon  als  Jüngling  nach  Eonstantinopel.  Als 
Diakon  folgte  er  dem  Kaiser  Basilios  U  Bulgaroktonos  in  den  Krieg  gegen 
die  Bulgaren  (986),  wohnte   der  Belagerung  von  Triaditza*)  bei  und  ent- 


*)  Das  ist  wohl  eines  der  letzten  Bei- 
spiele offener  Polemik  gegen  das  hellenische 
Heidentum  als  solches.  Schon  unter  den 
Komnenen  wird  das  Verhältnis  zum  Alter- 


tum rein  antiquarisch;  unter  den  Paläologen 
beginnt  in  Byzanz  die  Zeit  des  Humanismus. 
')  Das  alte  Sardica,  die  Heimat  Jnsti* 
nians,  das  heutige  Sophia. 


d.  Qcpohichtachreiber  und  Chronisten.    A.  Geachichtaohreiber.    (§  117)     267 


kam  nach  der  Niederlage  des  kaiserlichen  Heeres  mit  Mühe  den  Händen 
der  Feinde.  Er  beschrieb  in  10  Büchern  die  Geschichte  der  Zeit 
von  959 — 975,  also  vornehmlich  die  drei  grossen  Kriege  der  Rhomäer 
gegen  die  arabischen  Eorsaren  auf  Kreta,  gegen  die  Sarazenen  in  Asien 
und  gegen  die  Bulgaren  und  Russen.  Das  Werk  ist  nach  992  geschrieben; 
an  der  beabsichtigten  Vollendung  wurde  Leon  vermutlich  durch  den  Tod 
verhindert.  Die  Wichtigkeit  dieser  Darstellung  leuchtet  sofort  ein,  weil 
die  Regierungszeit  des  Nikephoros  Phokas  und  des  Johannes  Tzimiskes, 
eine  der  glänzendsten  und  erfolgreichsten  Perioden  der  byzantinischen 
Geschichte,  früher  nur  durch  Chronisten  wie  Skylitzes  und  Zonaras,  durch 
arabische  Historiker,  den  Gesandtschaftsbericht  des  Luitprand  und  beiläufige 
Erwähnungen  bekannt  war.  Leon  Diakonos  ist  der  einzige  zeitgenössische 
Historiker.  Seine  Quellen  sind  mündliche  Mitteilungen  von  Augenzeugen 
und  eigene  Beobachtungen.^)  Er  folgt  seinem  Stoffe  mit  grosser  Teil- 
nahme bis  ins  einzelne  und  belebt  ihn  durch  eine  Menge  charakteristischer 
Züge.  Wir  finden  unter  anderm  wertvolle  Nachweise  über  Wohnsitze, 
Abkunft  und  Sitten  der  Bulgaren  und  Russen,  für  deren  Geschichte  Leon 
einer  der  ältesten  Gewährsmänner  ist.  Die  Glaubwürdigkeit  seiner  Er- 
lahlung  wird  nur  durch  ihre  loyale  Tendenz  etwas  beeinträchtigt.  Aus 
Leon  schöpfte  später  Skylitzes  und  Zonaras;  das  Werk  selbst  geriet, 
wie  es  scheint,  früh  in  Vergessenheit.*)  Eine  unmittelbare  Fortsetzung 
der  Darstellung  Leons  bildet  das  Geschichtswerk  des  Michael  Psellos, 
der  noch  mehr  als  sein  Vorgänger  als  eigentlicher  Hofgeschichtschreiber 
erscheint. 

In  seiner  Darstellung  nimmt  sich  Leon  wie  einst  Menander  Pro- 
tektor vorzüglich  den  blumigen  Stil  des  Agathias  zum  Muster;  doch 
kann  er  aus  Mangel  an  selbständigen  Dichterstudien  und  feinerem  Sprach- 
gefühl nur  den  Schattten  des  Vorbildes  erhaschen.  Sein  Stil  bleibt  trivial 
und  schwerfallig,  der  Periodenbau  unerträglich  einförmig.  In  seinen  affek- 
tierten Umschreibungen  wie  in  den  schwülstigen  Bildern,  mit  denen  er 
das  Erscheinen  der  Jahres-  und  Tageszeiten  schildert,  gleicht  Leo  dem 
Theophylaktos;  mit  ihm  hat  er  auch  die  Manier  gemein,  gewöhnliche 
Wörter  so  viel  als  möglich  durch  poetische  oder  seltene  Ausdrücke  zu 
ersetzen.^)  Von  anderen  Profanschriftstellern  verwertet  er  nur  noch  den 
Prokop  und  in  einzelnen  Ausdrücken  Homer,  den  eigentlichen  Schulautor 
von  Byzanz.    Um  so  belesener  ist  er  in  der  Septuaginta  und  anderen 


')  Tä  6i  Tovttoy  i^ofisya,  xai  oaa  otp- 
^aXfioTs  avxog  je&eafAM  {etneQ  ofpdaXfxol 
tStny  nuixctiBQoi  x(t9'  'HQ6ioxoy)y  id  de  xal 
ir^  Ttiy  idoyjtay  i^xQißoDaa,  lavxa  xai  dwaot 
yg^fpß.  8.  5,  19  ed.  Bonn. 

*)  Spezialgeschichten  wurden  durch  die 
bequemeren  und  umfassenden  Weltchroniken 
fldbur  zurftckgedrängt;  wie  Genesios,  Nike- 
Dboros  Bryennios  und  Einnamos,  so  ist  auch 
Ltim  in  einer  einzigen  Handschrift  Qber- 
liefert. 

')  Statt  ddeXtpog  gebraucht  er  lieber 
ha&eX^oi,  ofutifiwy,  avymfAog;  für  die  ab- 


gegriffenen und  wegen  der  itazistischen  Aus- 
sprache in  der  That  undeutlich  gewordenen 
Formen  von  eifjil  hat  er  eine  wahre  Muster- 
karte von  Periphrasen  wie  niXto,  reXi^to, 
reXioiy  vndgj^Wf  Tticpfjyct,  nitpvxa^  /^i^^arcCcf; 
das  geläufige  dxovto  ersetzt  er  gerne  durch 
ttxovtiCofiaif  dieyijx^tOy   dieytoiiCtOy   iyatri^to; 

statt  ovTos  sagt  er  oft  roiovrog,  statt  iy  lieber 
xaxn.  Dieses  Streben  nach  klangvollen  und 
von  dem  gemeinen  Gebrauch  abweichenden 
Formen  ist  freilich  in  Byzanz  auch  sonst 
weit  verbreitet. 


268 


BysantiniBohe  Lüteratnrgesohiohie.    I.  Protaisohe  Litteratiur, 


kirchlichen  Schriften,  denen  er  sowohl  den  grössten  Teil  seines  Wort- 
schatzes als  auch  vollständige  Sentenzen  und  Bilder  entlehnt    Syntaktische  . 
Seltsamkeiten  wie  den  unerlaubten  Gebrauch  des  Dativs  hat  er  mit  anderen 
halbgelehrten  Byzantinern  gemein.*) 

1.  Ausgaben:  Schon  Combefis  hatte  nach  der  einzigen  Handschrift,  dem  cod.  Paris. 
1712  (s.  XI — XII)  eine  Ausgabe  Torbereitet;  doch  wurde  der  Druck  durch  den  spanischen 
£rbfolgekneg  unterbrochen  und  nicht  mehr  aufgenommen.  —  Eine  Analyse  des  Werkes 
und  den  griechischen  Text  des  6.  Buches  mit  lateinischer  Uebersetzung  gab  B.  Hase, 
Not.  et  extr.  8  (1810)  2,  254—296.  —  Das  ganze  Werk  ed.  pr.  (als  letzten  Band  des 
Pariser  Corpus  der  bvzant.  Historiker)  B.  Hase,  Paris  1819,  mit  einem  musterhaften 
Kommentar,  in  dem  Hase  besonders  sein  grossartiges  lexikalisches  Wissen  verwertete. 
Das  treffliche  Werk  wurde  bald  selten,  weil  150  Exemplare  auf  der  Fahrt  nach  Russland 
durch  SchifiTbruch  verloren  gingen.  Doch  wurde  die  Ausgabe  wiederholt  im  Bonner 
Corpus  1828  (mit  Hase's  Kommentar,  aber  ohne  die  dem  Pariser  Drucke  beigegebenen 
Gemmentafeln  und  die  dazu  gehörigen  Bemerkungen).  ~  Wiederholt  bei  Migne,  Patr. 
gr.  117,  635-926. 

2.  Hilfsmittel:  Vorläufige  litterarhistorische  Notiz  von  B.  Hase,  Not.  et  extr. 
8  (1810)  2,  254  fif.  —  Besprechung  der  Ausgabe  Hases  von  6.  Bernhardy,  Berliner 
Jahrbücher  fQr  wissenschaftliche  Kritik  1832,  1,  121—132.  —  W.  Fischer,  Beiträge  zur 
bist  Kritik  des  Leon  Diakonos  u.  s.  w.,  Mitteil,  des  Instituts  für  Österreich.  Ges<£icht8- 
forschung  7  (1886)  353—377  (handelt  Über  chronologische  Fragen  und  den  offiziellen  Cha- 
rakter der  Geschichtschreibung  Leos).  —  Vgl.  die  durch  Herbeiziehung  der  arabischen 
Quellen  wertvolle  Abhandlung  von  K.  Leonhardt,  Kaiser  Nikephoros  II  Phokas  und  die 
Hamdaniden  960—969.  Diss.,  Halle  1887.  —  Hauptwerk  zur  Erläuterung:  6.  Schlum- 
berger,  Nic^phore  Phocas,  Paris  1890;  S.  763  ff.  Verzeichnis  aller  für  die  Zeitgeschichte 
wichtigen  Quellen,  u.  a.  einer  von  P.  Syrku,  Petersburg  1883,  herausgegebenen  altbulgar. 
Version  der  Erzählung  vom  Tode  des  Nikephoros.  —  Zu  der  Publikation  Syrkus  vgl.  auch 
die  Besprechung  von  A.  Veselovskij,  Joum.  Min.  1884  Bd.  231  Jan.  8.  76—90. 

3.  Mit  Leo  edierte  Hase  einige  andere  auf  die  Zeit  des  Nikephoros  Phokas  and 
Johannes  Tzimiskes  bezügliche  Schriften,  die  auch  im  Bonner  Corpus  aufgenommen  und 
dort  von  Niebuhr  noch  um  einige  Stücke  vermehrt  sind: 

A.  Ein  Buch  JleQl  nagadQo/Ä^i  noXifxov  (De  velitatione  bellica)  d.  h.  über  den 
kleinen  Krieg,  über  Plänklergefechte;  es  geht  unter  dem  Namen  des  Nikephoros  Phokas, 
ist  aber  nicht  von  ihm,  sondern  von  einem  seiner  Offiziere  abgefasst  und  wohl  erst  unter 
Basilios  II  herausgegeben.  Der  historische  Wert  des  Buches  ist  gering;  was  uns  in  dem- 
selben fesselt,  ist  die  naive  Soldatengräzität,  die  ganz  an  die  sprachlichen  Grundsätze  des 
Konstantin  Porphyrogennetos  erinnert,  und  die  fachmännische  Schilderung  des  byzantini- 
sehen  Kriegswesens  mit  seinen  detaillierten  Vorschriften  und  seiner  grausamen  Disziplin. 
VgL  Max  Jahns,  (xeschichte  der  Kriegswissenschaften  1  (München  1889)  176  ff.  —  G. 
Schlumberger,  Nic^phore  Phocas  S.  169  ff.  —  Ueber  eine  Hs  des  10.  Jahrb.  im  Escuriid, 
welche  einen  «Trait^  militaire'  des  Nikephoros  Phokas,  also  wohl  unsere  Schrift,  enthält, 
VgL  Ch.  Graux,  Archives  des  missions  scientifiques  III.  s^rie,  t.  5  (1879)  136;  über 
eine  Hs  in  Linköping  vgl.  Ch.  Graux,  ebenda  III.  s^rie,  t.  15  (1889)  362. 

B.  Die  Akroasen  des  Theodosios;  s.  den  Abschnitt  ,Profanpoesie\ 

C.  Neagai  diard^e^s  d.  h.  Novellen  des  Phokas,  die  sich  vorzüglich  mit  Ein* 
schränkungen  «der  Macht  des  Klerus  beschäftigen. 

D.  Philopatris;  s.  den  Abschnitt  «Rhetorik*. 

E.  Der  lateinische  Gesandtschaftsbericht  des  Luitprand  von  Cremona.  Vgl.  Rud. 
Anast.  Koepke,  De  vita  et  scriptis  Liudprandi  episcopi  Cremonensis  commentatio  histo- 
rica,  Berlin  1842;  bes.  S.  56-62;  105—111.  —  Dändliker  und  Müller,  Liudprand  von 
Cremona,  Untersuchungen  zur  mittleren  Geschichte  herausgeg.  von  M.  Büdinger  Bd.  1, 
Leipzig  1871.  —  Praefatio  von  Pertz  zum  5.  Bande  der  Mon.  Germ.  Historica. 

F.  Exzerpte  aus  arabischen  Historikern. 

4.  Der  Bericht  des  gotischen  Toparchen  (Zapisk  gotskago  toparcha).  So  be- 
zeichneten Kunik  und  andere  Gelehrte  einige  hochinteressante  Fragmente,  die  B.  Hase 
im  Kommentar  zu  Leon  Diakonos  S.  254—259  (496—505  ed.  Bonn.)  mit  lateinischer  Ueber- 
setzung und  kurzen  Bemerkungen  veröffentlicht  hat.  Leider  knüpft  sich  an  die  Herkunft  dieser 


*)  Auf  halbgelehriem  Missverständnis 
beruht  z.  B.  die  Verbindung  von  ngorgino- 
fÄui  mit  Dativ;  zahlreiche  Beispiele  dieser 
Dativmanie  finden  sieh  in  der  Vita  Euthymii, 


im  mittelgriechischen  Alexanderroman  und 
sonst.  Vgl.  Krumbacher,  Kuhns  Zeitschr. 
f.  vergleich.  Sprachforsch.  B.  29  (1887)  191 
und  Beriiner  phil.  Wochenschrift  1889  S.  1270. 


2.  fl— chichtachreiber  und  Chronisten.    A.  Gesohiohtaolireiber.    (§§  118—119)     269 

Bmcbstflcke  ein  m.  W.  bis  jetzt  noch  ungelöstes  Rätsel.    Nach  Hase   stehen   sie  in  einer 

ins  dem  Ende  des  10.  Jahrhunderts  stammenden,  Briefe  des  hl.  Basilios,  des  Pbalaris  und 

des  hl.  Gregor  von  Nazianz  enthaltenden  Hs,  die  der  k.  Bibliothek  in  Paris  gehörte 

(,qai  fuit  Bibliothecae  Regiae').     Auf  Grund  dieser  etwas  geheimnisvollen  Angabe  suchte 

Kunik  die  Hs  in  Paris  und  im  Vatikan,  ohne  ihre  Spur  zu  finden,  und  vermutete,  dass  sie 

vielleicht  in  Venedig,  Mfinchen   oder  Heidelberg  sei.     Möchte  sie  bald   zum   Vorschein 

kommen!  Der  einstige  Besitzer  dieser  Hs,  der  eine  byzantinische  Gesandtschaft  in  die  Gegend 

des  Dniepr  f&hrte  und  Platzkommandant  in  der  Krim  war,  benützte  leergebliebene  Blätter 

ZOT  Eintragung  von  Berichten  oder  Briefen.     Die  Schrift  derselben   ist  nicht  viel  später 

als  die  des  Codex  selbst  und  gehört  also  noch  dem  Ende   des  10.  oder  dem  Anfange  des 

,     IL  Jahrhunderts  an.  Die  leider  verstömmelten  Notizen,  die  zuerst  von  einem  gefährlichen 

üebergang  fiber  den  mit  Eisschollen  bedeckten  Dniepr  und  einer  Winterreise  in  Russland, 

dann   fiber  Kämpfe  mit  Barbaren  in   der  Krim   berichten,   gewähren  f&r  die  Geschichte, 

Geographie  und   Ethnographie  des  ältesten  Russlands  wichtige,  freilich  gar  sehr  der  Er- 

lintenmg   bedürftige  Aufschlüsse.    Die  Sprache  ist  auffallend  gewandt  und  sogar  humo- 

I     ristisch  gefärbt.    Hauptschriften:   E.  Kunik,   Ueber   den  Bericht  des   gotischen   To- 

f     parchen,  Zapiski   der  k.  mss.   Akad.   d.   Wiss.  24  (1874)  61—160.  —  V.  Vasiljevskij, 

\     Der  Bericht  des  gotischen  Toparchen,  Joum.  Min.  1876  Bd.  185  S.  368—434.  —  PI.  Bu- 

I    raekoY,  Ueber  den  Bericht  des  gotischen  Toparchen,  Joum.  Min.  1877  Bd.  192  S.  197—252. 

In  diesen  Abhandlungen  findet  man  auch  die  ältere  Litteratur  verzeichnet. 

5.  Proben  der  ebenfalls  unter  dem  Namen  des  Nikephoros  Phokas  gehenden 
inilit&rischen  Schrift  Jlegl  xattxatdaewg  otiXijxtov  ed.  Ch.  Graux,  Annuaire  de  Tassoc.  9 
(1875)  82—89.  Auch  in  den  Oeuvres  de  Ch.  Graux  2  (1886)  144—149.  —  Vgl.  G.  Schlum- 
berger.  Nic^phore  Phocas  8.  186  ff.  —  Die  Schrift  steht  auch  im  cod.  Neapel.  III. 
C.  28  fol.  129-157^ 

118.  Eekaumenos  (Kexavfihvog),  ein  byzantinischer  Optimat,  verfasste 
im  11.  Jahrhundert  ein  ähnliches  Werk  wie  die  oben  genannte  Schrift  Ilegi 
TTaQaSfoiarjg  noXäfiov.  Es  sind  lehrhafte  Aufzeichnungen  eines  Soldaten  von 
Beruf,  der  sich  erst  im  späteren  Alter  mit  dem  Schriftwesen  und  der 
Lektüre  taktischer  und  historischer  Werke  beschäftigte.  Ausser  Anwei- 
sungen über  Kriegskunst  enthält  das  Büchlein,  das  sich  durch  volksmässige 
Naivität  auszeichnet,  Regeln  über  Moral  und  Haushaltung,  über  Welt- 
und  Hofverkehr.    Sein  Hauptwert  beruht  in  Aufschlüssen  über  die  ethno- 

t   graphischen  Verhältnisse    des  byzantinischen  Reiches  und  in  historischen 
Nachrichten  aus  der  Zeit  von  Basilios  11  bis  auf  Romanos  Diogenes. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  V.  Vasiljevskij  unter  dem  Titel:  Ratschläge  und  Erzfih- 
hiDgen  (Soyfity  i  razskazy)  eines  byzantinischen  Magnaten  des  11.  Jahrhunderts,  Joum. 
Min.  1881  Bd.  215  S.  242-299;  Bd.  216  S.  102-171;  316-357. 

2.  Hilfsmittel:  W.  Tomaschek,  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  99  (1881)  492— 498.  — 
Gost.  Storm»  Harald  Haardraade  og  Vaeringeme  i  de  Graeske  Keiseres  IHeneste,  Histo- 
riik  Tidsskrift,  2.  Raekke  4  (Kristiania  1884)  354-386;  Tgl.  ebenda  S.  203.  -  8.  Man- 

f    giuca.  Die  Vlachen  des  Eekavmenos,   Roman.   Revue   5  (Wien  1889)  178  ff.   (mir  unzu- 

ginglich).  —  A.  LipoYskij,  Aus  der  Geschichte  des  griechisch-bulgarischen  Kampfes  im 

I     10.  und  11.  Jahrb.,  Joum.  Min.  1891  Bd.  278,  Novemberheft  S.  120-141.  -  E.  Neumann, 

f    Die  Weltstellung  des  byzantinischen  Reiches  vor  den  Kreuzzügen,  Leipzig  1894  S.  45  f.  und 

paasim. 

119.  Michael  Attaliates  {Mixcerjk  6  UvTaXsicctrjg)  hat  seinen  Bei- 
namen wahrscheinlich,  weil  er  aus  der  Stadt  Attalia  in  Pamphylien  ge- 
bürtig war,  so  dass  also  UzTakeiarrjg  bei  ihm  noch  nicht  eigentlicher  Fa- 
müienname  wäre.  Die  Vermutung  von  Sathas/)  dass  Michael  in  Eon- 
stantinopel  geboren  sei,  stützt  sich  auf  die  Bemerkung  in  seiner  Diataxis, 
i-r  habe  in  Eonstantinopel  kein  erbUches  Besitztum  überkommen.  Allein 
der  unmittelbar  folgende,  von  Sathas  nicht  angeführte  Satz  beweist  im 
Gegenteil,  dass  Michael  nicht  in  der  Hauptstadt  geboren  war:   dnijv  ydq 


»;  J#ffa.  BifX.  1  S.  C 


270  Byiantiiiisclie  LitteratnrgeBohichte.    L  P^OMdsche  Xdttmratitr. 

ijv  fi%ov^  iv  fi  Tiijv  yäv€(fiv  iffxr^xa,  xal  raig  (?)  avyy&voig  xard  yvtifitpf  ilir^v 
diav€V€fjirjTai  anaaa.  Aus  seiner  Heimat  siedelte  Michael  schon  früh,  wahr- 
scheinlich im  vierten  Jahrzehnt  des  11.  Jahrhunderts,  nach  der  Hauptstadt 
über,  wo  er  den  Beruf  eines  Anwalts  ergriflf.  Durch  geschickte  Bau-  und 
Landspekulationen  in  Eonstantinopel  und  Rhaedestos  erwarb  er  sich  ein 
sehr  ansehnliches  Vermögen.  Ohne  sich  in  den  öfifentlichen  Dienst  zu 
drängen,  wurde  Michael,  wahrscheinlich  unter  Kaiser  Konstantin  Dukas 
(1059 — 1067),  wegen  seiner  anerkannten  Tüchtigkeit  in  den  Staatsrat  und 
das  oberste  kaiserUche  Gericht  am  Hippodrom  berufen  (er  wurde  eh  tSv 
t^q  (fvyxXiJTOv  ßovlijg  und  xQiTTJg  tov  ßrjlov  xai  inci  rov  InncodQonov).  Den 
Romanos  Diogenes  begleitete  er  als  Kriegsrichter  {xQnfjq  rov  axQcnonidov) 
auf  seinen  Feldzügen.  In  dieser  Zeit  wurde  ihm  Rang  und  Würde  eines 
Patrikios  verliehen.  Auch  unter  Michael  Parapinakes  behauptete  er  sich 
in  seiner  Stellung;  nach  dem  Sturz  dieses  Kaisers  schloss  er  sich  an 
Nikephoros  Botaneiates  an,  der  ihm  den  Titel  ,Magister*  verlieh  und  die  kurz 
^vor  von  dem  Attaliaten  vollzogene  Stiftung  eines  Armenhauses  bestätigte. 
Von  seiner  letzten  Lebenszeit  wissen  wir  nur,  dass  er  noch  einmal  befördert 
wurde  und  zwar  zum  Proedros.  Zum  Freundeskreise  Michaels  gehörte 
der  Arzt  und  Übersetzer  Symeon  Seth,  der  Staatsmann  Manuel  Butu- 
mites  und  wahrscheinlich  auch  Theophylaktos,  Erzbischof  von  Achrida 
(8.  §  52). 

1.  Michael  verfasste  im  Auftrage  des  Michael  Parapinakes  1072  ein 
Rechtskompendium:  novrjixa  vofiixov  tJtoi  (fvvoipig  TtgayficcTixi/j.  Obschon 
er  die  nach  den  Basiliken  erlassenen  Novellen  nicht  genau  berücksichtigte, 
so  hatte  das  in  zahlreichen  Handschriften  überlieferte  Werkchen  doch 
grossen  Erfolg.  Uns  dient  es  namentlich  zur  Ergänzung  lückenhafter  Teile 
der  Basiliken.  Identisch  mit  dieser  2vvotpig  scheint  das  in  einer  Hand- 
schrift des  Athosklosters  Tov  Baxoneiiov  stehende  Uqoxsiqov  vonaov.  2.  Eine 
zweite  Schrift  Michaels  ist  das  ,Statut  für  das  von  ihm  errichtete 
Armenhaus  und  Kloster*:  Jiata^tg  ini  t(^  nag*  avrov  avardvxi,  mtnh 
XOTQO(f€((f  xai  T([)  fiovaaT7jQt(p.  Es  sind  testamentarische  Bestimmungen 
und  Inventare  für  das  von  dem  Attaliaten  1077  gegründete  Armenhaus 
und  Kloster.  Diese  umfangreiche  Stiftungsurkunde  ist  durch  zahlreiche 
Einzelheiten  für  die  byzantinische  Kulturgeschichte  des  11.  Jahrhunderts 
von  erheblicher  Bedeutung.  Von  Wichtigkeit  ist  u.  a.  das  Verzeichnis 
der  für  die  Klosterbibliothek  gestifteten  Bücher.  3.  Ende  1079  oder  Anfang 
1080  vollendete  Michael  ein  dem  Kaiser  Nikephoros  Botaneiates  gewidmetes 
Geschichtswerk  über  die  Zeit  von  1034  — 1079:  7crTop/«  ixved'Biaa 
nccQcc  Mixar^X  alSeatfAwtccvov  xqitov  dm  rov  InnoiQonov  xcci  rov  ßiqXov  lov 
UrTakeiccTov  (so  in  der  Pariser  Handschrift).  Das  Werk  beschreibt  mithin 
die  verhängnisvolle,  durch  endlose  Intriguen,  Palastrevolutionen  und  Weiber- 
herrschaft getrübte  Übergangszeit,  welche  das  Ende  der  grossen  make- 
donischen Dynastie  und  das  Aufblühen  der  Komnenen  und  Dukas  in  sich 
begreift.  Dem  Schlussworte  zufolge  beabsichtigte  Michael  das  Werk  noch 
über  das  zweite  Regierungsjahr  des  Nikephoros  fortzuführen;  wir  wissen 
nicht,  ob  dieses  Vorhaben  durch  den  Tod  des  Verfassers  oder  vielleicht 
durch  den  plötzlichen  Sturz   seines  kaiserlichen  Gönners  vereitelt  wurde. 


8.  GMoliichtochreiber  und  Chronistan.    A.  QeschiolitMlirdbcr»    (§  120)      271 


Der  Attaliate  schildert,  wie  Leon  Diakonos,  zum  grossen  Teil  Ereignisse, 
die  er  selbst  erlebt  und  beobachtet  hat.')  Sein  Werk  wurde  von  Nike- 
phoros  Bryenni OS  ergänzt  und  weitergeführt,  von  Johannes  Skylitzes 
ftr  seine  Chronik  ausgebeutet.  Zur  Ergänzung  dient  das  Geschichtswerk 
des  Psellos;  doch  verdient  die  verständige  und  aufrichtige  Erzählung  des 
Attaliaten,  in  der  sich  das  scharfe  Urteil  und  der  Oerechtigkeitssinn  des 
Richters  widerspiegelt,  vor  den  panegyrischen  Wendungen  des  glatten 
Hofmanns  zweifellos  den  Vorzug. 

Zur  Beurteilung  der  Darstellung  des  Michael  Attaliates  ist  von  der 
schwülstigen  Widmungsepistel  und  der  verschnörkelten  Einleitung  abzusehen. 
Im  Geschichtswerk  selbst  zeigt  er  zwar  trotz  seiner  Versicherung,  knapp 
and  einfach  {ßgoxeT  vivi  ^^fiati  xal  cr/rAoi'xf;))  erzählen  zu  wollen,  die  lästige 
Häufung  von  Pleonasmen,  Bildern  und  poetischen  Eleganzen,  die  sich  seit 
Agathias  fast  alle  Historiker  eigen  gemacht  haben;  im  übrigen  aber 
schreibt  er  weit  geschickter  und  fliessender  als  seine  Vorgänger  Leon  und 
Qenesios;  sein  Werk  steht  sprachlich  schon  auf  der  Übergangsstufe  von 
der  dem  Altertume  abgewandten  Periode  des  7. — 10.  Jahrhunderts  zur 
künstlichen  Wiederbelebung  des  Klassizismus  unter  den  Komnenen. 

1.  Ausgaben:  Rechtskompendium.  Joris  Graeco-Romani .  . .  tomi  duo  Johannis 
Lennclayii  .  .  .  studio  ex  variis  £iu*opae  Asiaeque  bibliothecis  eruti  .  .  .  nunc  primum 
fditi  cura  Marquardi  Freheri  J.  C.  Francofurti  1596,  t.  II  1—79.  —  Vgl.  E.  Zacha- 
riae  von  Lingenthal,  Historiae  iuris  Graeco-Romani  delineatio,  Heidelberg  1839  S.  71  ff., 
B.  Mortreuil,  Histoire  du  droit  ßyzantin  t.  III  218—229  und  die  übrige  im  Kapitel 
J'aehwiasenschaften'  zitierte  rechtsgeschichtliche  Litteratur. 

Das  Klosterstatut  ed.  K.  Sathas  aus  einer  mit  des  Attaliaten  eigenhändiger  Be- 
ititigung  versehenen  Handschrift  des  bei  Konstantinopel  liegenden  Metox^ov  xov  nayayiov 
r«9o»  in  der  Mea.  ßtßX.  1  (1872)  1—69;  vgl.  seinen  Jl^oXoyog  8.  C— *i7'.  —  Wiederholt  von 
Fr.  Miklosich  und  J.  Müller,  Acta  et  diplomata  graeca  medii  aevi  5  (1887)298—327. 

Das  Geschichtswerk  zog  aus  cod.  Paris.  Sangerm.  136  mit  Benützung  eines  ver- 
atflmmelten  Escurialiensis  Brunet  de  Presle,  der  sein  Material  an  I.  Bekker  zur  Ver- 
öffestlicbung  im  Bonner  Corpus  überliess:  Mich.  Attal.  bist,  opus  aWladimiroBruneto 
de  Presle  inventum  descriptum  correctum  recogn.  I.  Bekker,  Bonnae  1853.  —  Die  auf 
die  Kreozzfige  bezüglichen  Partien  sind  wiederholt  in  dem  unpraktischen  Sammelwerke: 
Recueil  des  historiens  des  croisades.  Historiens  grecs.  T.  I  (Paris  1875)  mit  einem  Kom- 
nentar  von  B.  Hase. 

2.  Hilfsmittel:   Ueber  das  Verhältnis  des  Skylitzes  und  Kedrenos  zum  Attaliaten 

I.  Branet  de  Presle,  Praef.  der  Bonner  Ausgabe  S.  9  ff.  —  S.  Röckl,  Blätter  für  das 

bayer.  O^rmnasialschulwesen  20  (1884)  277  ff;  21  (1885)  4  ff.  —  W.  Fischer.  Mitteilungen 

des  Instituts  für  Österreich.  Geschichtsforschung  7  (1886)  372  ff.  —  J.  Seger,  Nikephoros 

Brrennioe  S.  38  ff.  —  Zur  Erläuterung:  V.  Vasiljevskij,  Warjago-russ.  und  warjago-engl. 

Ifüiz  in  Kpel  im  11.  und  12.  Jahrb.,   Journ.  Min.  1874  Bd.  176  Nov.  S.  105—144;    1875 

Bd.   177  Febr.  S.  894-451;   Bd.  178   März  S.  76-152.     Dazu   der  Nachtrag  V.  Vasil/ 

jevskij,  Russisch-byzantinische  Fragmente.   III.  Bemerkung  über  Fussgänger  und  Reiterei. 

Jeimi.  Min.  1876  Bd.  184  März  S.  178—187.  —  J.  B.  Bury,  Roman  emperors  from  Basil 

II  to  iBaao  Komnenos,  The  English  historical  review  4  (1889)  41—64;  251—285.  —  Haupt- 

Schrift  Ober  die  Diataxis  und  die  Person  Michaels:  Wald.  Nissen,  Die  Diatazis  des  Michael 

Attaleiates  von  1077,  Jena  1894.  Hier  S.  23—30  eine  Darstellung  der  Biographie  Michaels. 

-  Zur  Diatazis  vgl.  §  137.  -  Vgl.  auch  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  11,  193;  585. 

120.  Nikephoros  Bryennios  {Nixrj^oQog  6  BQVb'vnog)  wurde  um  1062 
in  Adrianopel  geboren ;  er  stammte  aus  einer  berühmten,  schon  im  9.  Jahr- 
hundert erwähnten  Familie,  der  das  byzantinische  Reich  einige  ausge- 
zeichnete Feldherm  verdankte.   Sein  Vater  war  jener  Stratege  Nikephoros 


nm^CLmfor^   ulX   toy  avros  avtonrfjg  xal 


&eatfjs  ix9V/^"^^'*'    3*  ^i  ^^  ®^-  Bonn. 


272  BysantiiiiBohe  litieratnrgte^chte.    L  Prosaisohe  Littorainr,  I 

Bryennios,  der  1078  mit  Erfolg  gegen  den  unfähigen  Michael  VII  DukasI 
als  Kronprätendent  auftrat,  dann  aber  von  Alexios  Eomnenos,  dem  Feld^l 
herm  seines  Rivalen  Nikephoros  Botaneiates,  überwunden  und  auf  Befehn 
des  Kaisers  geblendet  wurde.  Bald  aber  finden  wir  den  alten  BryenniosJ 
der  freilich  nach  dem  Verluste  des  Augenlichtes  nicht  mehr  gefährlich  sein 
konnte,  am  Hofe  des  Alexios  Komnenos  in  nicht  unbedeutenden  Stellungei£*] 
Sein  Sohn  Nikephoros,  der  sich  durch  Schönheit  und  Bildung  aller  Herzenl 
gewann,  wurde  von  Alexios  zum  Gemahl  seiner  gelehrten  Tochter  Annftj 
erwählt  und  durch  die  hohe  Würde  eines  Caesar  ausgezeichnet.  Fortanl 
erscheint  er  als  der  Vertraute  des  Kaisers,  dem  er  durch  seine  militärische! 
Tüchtigkeit  und  noch  mehr  durch  seine  glänzende  Beredsamkeit  wichtigd 
Dienste,  erwies.  Im  Jahre  1097  leitete  Nikephoros  die  Verteidigung  den 
Mauern  von  Konstantinopel  gegen  Gottfried  von  Bouillon;  1108  vermittelte! 
er  den  Frieden  zwischen  Bohemund  und  Alexios ;  1116  entschied  er  durchl 
rechtzeitiges  Eingreifen  den  Sieg  über  den  Sultan  von  Ikonion;  in  dem-l 
selben  Jahre  bediente  sich  der  Kaiser  seines  Beistandes  bei  der  Bekehrung! 
der  Manichäer.  Gegen  den  Plan  seiner  Schwiegermutter  Irene  und  seiner! 
Gemahlin  Anna,  ihm  statt  dem  Sohne  des  Alexios  die  Thronfolge  zu  sichern,  1 
verhielt  sich  Bryennios  ablehnend,  besass  aber  doch  nicht  die  Energie,  1 
der  verbrecherischen  Intrigue  der  beiden  Frauen  von  Anfang  an  offen  1 
entgegenzutreten.  Auch  unter  Johannes  Komnenos  war  Nikephoros  viel- 1 
fach  an  den  Regierungsgeschäften  beteiligt;  nachdem  er  den  Kaiser  zuletzt! 
noch  in  den  syrischen  Feldzug  des  Jahres  1137  begleitet  hatte,  starb  erl 
zu  Byzanz  an  einer  Krankheit.  1 

Eine  litterarische  Leistung  von  einem  so  vielseitigen,  militärisch  und] 
diplomatisch  so  erfahrenen,  mit  dem  kaiserlichen  Hause  so  lange  und  so  1 
eng  verbundenen  Manne  muss  ohne  weiteres  die  grösste  Spannung  erregen. : 
Ausser  philosophisch-rhetorischen  und  historischen  Schriften,  von  welchen, 
wir  nichts  Genaues  wissen,  schrieb  Nikephoros  im  Auftrage  seiner  Schwieger-, 
mutter  Irene  ein  Werk  über  die  Geschichte  des  Alexios  Komnenos, 
das  er  in  der  Vorrede  als  Geschichtsmaterial  (t;Ai}  icrro^^ag)  bezeichnet  j 
Nach  einigen  Vorbemerkungen  über  den  Vater  des  Alexios  beginnt  mit 
dem  Jahre  1070  die  ausführliche  Erzählung,  die  Bryennios  bis  in  den  An-  ' 
fang  der  Regierung  des  Botaneiates  (1079)  herabfiihrt.  Die  ersten  zwei  : 
Bücher  scheint  er  noch  zu  Lebzeiten  des  Alexios  abgefasst  zu  haben,  die.i 
beiden  anderen  erst  später;  an  der  Vollendung  des  mitten  in  der  Er-. 
Zählung  abbrechenden  Werkes  hinderte  ihn  der  Tod.  Vermutlich  wollte! 
er  in  einem  fünften  Buche  die  Regierung  des  Botaneiates  zu  Ende  führen« 

Das  Werk  des  Bryennios  ist  weniger  eine  Zeitgeschichte  als  eine  Art 
Familienchronik.  Den  Inhalt  bilden  die  inneren  Kämpfe,  welche  die 
Erhebung  des  Komnenenhauses  vorbereiteten,  die  Empörungen  der  Adels- 
Parteien  und  die  Intriguen  des  Hofes,  von  äusseren  Ereignissen  vornehm- 
lich die  stets  wachsende  Bedrängung  durch  die  Türken.  Der  Hauptnach- 
druck fällt  auf  die  Thätigkeit  der  MitgUeder  des  Komnenenhauses,  für 
deren  Schilderung  die  übrigen  Ereignisse  als  Folie  dienen.  Die  chrono- 
logische Anordnung  des  Stoffes  wird  wie  bei  den  meisten  Byzantinern  von 
einer  lokalen  gekreuzt,  bei  welcher  die  alte  Einteilung  des  Reiches  in  die 


8.  GeMhiohtsohreibar  und  Chronisten.    A.  Gesohiobisohreiber.    (§  120)      273 

europäischen  und  asiatischen  Provinzen  massgebend  war.  Seinem  histori- 
schen Werte  nach  betrachtet  hat  das  Werk  die  Licht-  und  Schattenseiten, 
welche  allen  von  politisch  hervorragenden  Persönlichkeiten  verfassten  Me- 
moiren anzuhaften  pflegen.  Durch  seine  enge  Verbindung  mit  dem  Eom- 
nenenhause  verliert  Bryennios  an  Objektivität,  was  er  an  Sachkenntnis 
gewinnt.  Er  verschweigt  vieles,  was  wir  wissen  möchten,  und  schildert 
manches  mit  offenbarer  Tendenz  und  nach  persönlichen  Rücksichten;  anderer- 
seits ist  er  besser  als  ein  Privatmann  im  stände,  sich  offizielle  Berichte 
m  verschaffen  und  den  Zusammenhang  der  Dinge  zu  überschauen.  So 
liefert  er  der  Geschichtsforschung  ein  wertvolles  Material,  das  jedoch  der 
kritischen  Sichtung  bedarf.  Die  Fortsetzung  und  Ergänzung  seines  Werkes 
übernahm  seine  Gemahlin  Anna  Eomnena. 

Zur  Information  dienten  ihm  zunächst  mündliche  Berichte  älterer 
Zeitgenossen,  wie  seines  Vaters  und  Schwiegervaters;  auf  sie  gehen  allerlei 
Anekdoten  zurück,  die  aus  dem  Leben  der  Eomnenen,  der  Dukas  u.  s.  w. 
,'rzählt  werden.  Daneben  benützte  er  aber  auch  ausgiebigst  schrift- 
iche  Quellen;  im  ersten  Buche  hat  er  das  Geschichtswerk  des  Psellos 
md  die  Chronik  des  Skylitzes  auf  längere  Strecken  ausgeschrieben,  in 
len  übrigen  drei  Büchern  verwertet  er  neben  Skylitzes  auch  den 
Michael  Attaliates;  an  zahlreichen  Stellen  hat  er  seine  Vorlagen  aus 
»einer  eigenen  Kenntnis  und  von  seinem  Parteistandpunkt  aus  ergänzt 
ind  berichtigt.  Seiner  Darstellung  nach  gehört  Bryennios  in  den  Kreis 
1er  Schriftsteller,  welche  die  litterarische  Reformation  der  Komnenenzeit 
eröffnen.  Doch  tritt  bei  ihm  das  Streben  nach  abgerundeter  und  klassischer 
[Hktion  viel  weniger  hervor  als  bei  dem  Haupte  der  neuen  Kunstrichtung, 
iem  grossen  Stilisten  Psellos,  weniger  auch  als  bei  seiner  gelehrten  Ge- 
mahlin Anna.  Wie  sein  Werk  nicht  eine  nach  den  traditionellen  Prin- 
npien  der  historischen  Technik  aufgebaute  Geschichte,  sondern  eine  naive, 
fast  novellenartige,  mit  humoristischen  und  heldenhaften  Zügen  ausge- 
stattete Schöpfung  ist,  so  hat  auch  seine  Sprache  nicht  jene  runde,  wohl- 
geglättete Fülle,  welche  den  meisten  übrigen  Autoren  der  Komnenenzeit 
eigen  ist.  In  der  Anwendung  von  Tropen,  Sentenzen  und  Gleichnissen  ist 
er  verhältnismässig  sparsam;  sein  Satzbau  ist  schlicht  und  knapp;  er  hat 
etwas  von  der  soldatenmässigen  Einfachheit  des  Kinnamos.  Der  grösste 
Teil  seines  Sprachmaterials  ist  natürlich  byzantinisches  Gemeingut;  von 
den  alten  Autoren  erscheint  nur  Xenophon  mit  genügender  Deutlich- 
keit als  Vorbild,  dem  er  militärische  Ausdrücke  und  ganze  Satzschemen 
entlehnt. 

1.  Aasgaben:  Das  Werk  des  Bryennios  wurde  ans  der  einzigen,  letzt  gänzlich 
TenebolleDen  Handschrift,  die  sich  einst  im  Besitze  des  Rechtsgelehrten  Jakob  Cajtis  be- 
fuidf  sehr  mangelhaft  ediert  yon  P.  Possinus,  Paris  1661.  —  Wiederholt  Venedig  1729 
mit  dem  goten  Kommentar  von  Du  Gange,  der  im  Pariser  Corpus  erst  nachträglich  sub 
calee  Cinnami  veröffentlicht  worden  war.  —  Ed.  A.  Meineke,  Bonnae  1836,  mit  Beseiti- 
gOBg  der  phantastischen  Konjekturen  des  Possin,  jedoch  ohne  selbständige  Förderung  des 
Teoctes  and  ohne  Verbesserung  der  elenden  lateinischen  üebersetzung  des  Pariser  Heraus- 
geben; der  Kommentar  von  Du  Gange  ist  auch  hier  wiederholt.  —  Abdruck  bei  Migne, 
Piir.  gr.  127,  1-216. 

2.  Hilfsmittel:  F.  C.  Petersen,  Kritisk  Undersögelse  om  Aegtheden  af  Fortalen 
.  .  .  .  af  Nikephoros  Bryennios,  Det  Kong.  Danske  Videnskabemes  Selskabs  bist,  og  phi). 
Alk  7  (1845)  21-89.  >-  £.  Oster,  Anna  Komnena  1  (Rastatt  1868)  S.  5;  dortaelbst  S.  58 

«er  klMi.  AltertnmswineiMcban  IX.    1.  Abiig.    2.  Aufl,  1% 


274 


Byzantinische  IdtieraiargaBohichte.    I.  ProBaische  Liiieratar. 


Verzeichnis  der  älteren  Litteratur.  —  Für  das  Geschichtliche:  A.  Fr.  Gförer,  Byzantiniscliaj 
Geschichten  3  (Graz  1877)  741  f.;  791;  828  f.  —  Emendationen  von  S.  ROckl,  Blätter  fU 
das  bayer.  Gymnasialschulwesen  21  (1885)  18.  —  Haaptschrift:  Johannes  Seger,  Byzairil 
tinische  Historiker  des  10.  und  11.  Jahrhunderts,  I.  Nikephoros  Bryennios.  Diss.  München  1888L 
—  Vgl.  C.  Weyman,  Berliner  philol.  Wochenschrift  1889  S.  1242  flf. 

3.  Ein  kritisches  Problem  bildet  die  dem  Werke  voransgehende,  am  Anfange  vi 
stümmelte  Einleitung,  die  von  Petersen  ans  sachlichen  und  sprachlichen  Gründen  1 
unecht  erklärt  worden  ist.  Seger,  der  (a.  a.  0.  S.  83  ff.)  neue  und  bessere  Ärgnmeni 
beibrachte,  hat  sehr  wahrscheinlich  gemacht,  dass  nicht  die  ganze  Vorrede,  sondern  n 
der  grösste  Teil  derselben  (bis  S.  15,  16  der  Bonner  Ausgabe)  ein  fremdes  Machwerk  ii 
welches  dem  echten,  mit  ^J^Xoy  iiq  xovxo  beginnenden  Proömion  des  Bryennios  nachträglicE 
vorangestellt  wurde. 

121.  Anna  Eomnena  (Awa  rj  KofA%'rjvrj)  wurde  als  das  älteste  Kind 
des  Kaisers  Alexios  Komnenos  1083  geboren.  Wie  die  meisten  byzantM 
nischen  Prinzessinnen  erhielt  sie  eine  auserwählte  Erziehung,  die  anföng« 
lieh  von  Maria,  der  Witwe  des  verstorbenen  Kaisers  Nikephoros  Bota^ 
neiates,  geleitet  wurde.  In  ihrer  umfassenden  Bildung  spiegelt  sich  sehe 
der  litterarische  Aufschwung  der  Konmenenepoche.  Sie  liest  Homer; 
Herodot,  Thukydides,  Aristophanes,  die  Tragiker  und  den  Polybios,  selb 
verständlich  die  heiligen  Schriften;  sie  beweist  Kenntnisse  in  der  alte 
Mythologie,  Geographie  und  Oeschichte,  in  Rhetorik  und  Dialektik,  selb 
in  platonischer  und  aristotelischer  Philosophie.  Ihr  Vater  vermählte  sii 
mit  dem  trefflichen  Nikephoros  Bryennios,  dem  Sohne  des  Kronpräten-^ 
deuten  unter  Nikephoros  Botaneiates.  Beim  Tode  des  Alexios  (1118)  lies» 
sich  Anna  von  ihrem  Ehrgeiz  und  ihrer  weiblichen  Eitelkeit  dazu  hin«j 
reissen,  im  Verein  mit  ihrer  Mutter  Irene  eine  Verschwörung  gegen  deik 
rechtmässigen  Nachfolger  des  Alexios,  seinen  Sohn  Johannes,  anzustiften,| 
um  ihren  eigenen  Gemahl  Nikephoros  auf  den  Thron  zu  erheben  und  durclu 
ihn  über  das  Reich  der  Rhomäer  zu  herrschen.  Als  durch  die  kluge  Ent- 
schlossenheit des  Johannes  wie  durch  die  ablehnende  Haltung  des  Bryen- 
nios^) die  weibliche  Intrigue  vereitelt  worden  war,  fugte  sich  Anna  ins^ 
Unvermeidliche.  Bald  nach  dem  Tode  des  Alexios  zog  sie  sich  mit  dei*^ 
Kaiserin  Irene  in  das  von  dieser  gegründete  Kloster  Tfjg  KexcegiTCDfiävtig^Y^ 
zurück,  um  in  tiefer  Abgeschiedenheit  ihr  Leben  zu  beschliessen.  Hier! 
verfasste  sie  das  ohne  Zweifel  schon  früher  vorbereitete  Werk,  welchem- 
ihr  eine  nicht  unbedeutende  Stelle  in  der  byzantinischen  Litteraturgeschichte 
sichert,  die  UXe^iag;  im  Jahre  1148  hatte  sie  das  Werk  vollendet;  ihr^ 
Todesjahr  ist  unbekannt.  Die  Alexias,  ein  umfangreiches  Werk  in- 
15  Büchern,  ist  die  Geschichte  des  Alexios  Komnenos  und  umfasst' 
die  Zeit  von  1069 — 1118;  es  werden  also  nicht  nur  die  Ereignisse  unter' 
der  Regierung  des  Kaisers  Alexios,  sondern  auch  seine  früheren  Thaten' 
und  die  Machtentwicklung  des  Komnenenhauses  geschildert.  So  ist  Anna's* 
Werk  eine  Ergänzung  und  Fortsetzung  des  von  ihrem  Gemahl  Nikephoros 


I 


*)  Anna  war  Über  das  Benehmen  ihres 
GemiJils,  das  sie  als  Mutlosigkeit  auslegte, 
höchst  unglücklich  und  machte  ihrem  Aerger 
in  einem  derben  und  kaum  übersetzbaren 
Spottworte  Luft,  das  uns  Niketas  Akominatos 
(15,  18  ed.  Bonn.)  überliefert  hat:  rijy  Kaicd^ 
Qiüaay  ^Ayvav  ngog  ro  /atVof  tov  ravxfjs 
^ydoos  dva^e^aiyoviray  ....  tijy  <pvaiy  rcc 


noXXa  inifAi(JL€pBO&ai  vn'  airiay  riS-eiday 
ovxlßiXQay,  tug  avr^  fjLkv  ip^^aüj[ovaav 
ro  ttQ&Qoy  xal  iyxoiXäyaifayy  r^  dk 
BQveyyitf}  ro  fxoQiov  dnoxBipaaap  xai 
ütpaiQtoüttüay, 

^)    Ueber    die    Stiftangsurknnde    vgL 
§  137. 


2.  OeMhiohUoliraiber  und  GhroniBten.    A.  OesoliiohUohreiber.    {%  121)      275 

ryennios  hinterlassenen,  bis  1079  reichenden  „ Geschichtsmaterials **,  auf 
IS  sie  auch  häufig  verweist.  >) 

Über  ihre  Quellen  macht  Anna  manche  Andeutungen.  Da  sie  Er- 
gnisse ihrer  eigenen  und  der  kurz  vorausgegangenen  Zeit  schildert,  so 
innte  sie  vieles  aus  eigener  Beobachtung;  durch  ihi'e  hervorragende 
tellung  am  Hofe  erfuhr  sie  manches  persönliche  und  sachliche  Detail, 
is  sich  der  Wahrnehmung  anderer  Autoren  entzogen  hätte.  So  verwertete 
e  mündliche  Erzählungen  ihrer  Verwandten  und  anderer  Personen,  die 
tfü  Begebenheiten  nahe  standen ;  als  Zeugen  nennt  sie  auch  alte  Krieger, 
)n  denen  sie  sich  über  die  Feldzüge  ihres  Vaters  berichten  liess  —  frei- 
L-h  eine  etwas  bedenkliche  Quelle,  auf  die  wohl  manches  Jägerlatein  in 
?r  Alexias  zurückgeht.  Ausser  diesen  mündlichen  Mitteilungen  benützte 
e  aber  sicher  auch  schriftliche  Quellen  wie  Staatsarchive,  diplomatische 
orrespondenzen,  kaiserliche  Reskripte.  Was  sie  unter  den  schlechten 
ad  formlosen  Schriften  versteht,  von  deren  Verwendung  sie  einmal 
iricht,*)  ist  dunkel;  vielleicht  waren  es  biographische  oder  memoirenhafte 
erke,  die  von  ungebildeten  Kriegern  oder  Beamten  in  der  Zurück- 
zogenheit  abgefasst  wurden.  Endlich  ist  eine  merkwürdige  Quelle  der 
exias  nachgewiesen  worden,  die  deutlich  beweist,  wie  sehr  sich  Anna 
naue  Informationen  angelegen  sein  liess.  Sie  hat  nämlich  für  Dinge, 
i  sich  auf  Robert  Quiscard  beziehen,  eine  verschollene  lateinische 
ronik,  vielleicht  ein  Werk  des  Archidiaconus  Johannes  von  Bari, 
nützt,  die  auch  von  Guillermus  Apuliensis  für  sein  zwischen  1099 
d  1111  abgefasstes  lateinisches  Gedicht  ,Gesta  Roberti  Wiscardi'  ver- 
riet worden  ist.^) 

Die  Kritik,  welche  Anna  an  ihre  Hilfsmittel  anlegte,  ist  häufig  nur 
\e  äusserliche  und  scheinbare;  sie  sichtet  zwar  sorgfaltig,  sie  stellt  ge- 
ssenhaft  verschieden  lautende  Nachrichten  zusammen  und  spricht  gerne 
Q  ihrer  unbestechlichen  Wahrheitsliebe;  im  Grunde  aber  siegt,  was  auch 
lermaim  natürlich  finden  wird,  die  kindUche  Eitelkeit  und  Liebe  über 
3  konsequente  Objektivität;  es  kommt  ihr  wesentlich  darauf  an,  das  Bild 
res  Vaters  und  ihrer  Familie  im  besten  Lichte  zu  zeigen.  Die  pan- 
;yri8che  Tendenz  verrät  sich  schon  im  Titel  Alexias,  der  ein  Epos  oder 
1  Gedicht  in  Prosa  anzukündigen  scheint.'  In  ihrer  Auffassung  der 
-eozzüge  ist  Anna  selbstverständUch  ganz  und  gar  Byzantinerin.  Die 
ristliche  und  soziale  Idee,  welche  diese  mächtigen  Völkerbewegungen 
sprünglich  leitete,  hat  in  Byzanz  stets  taube  Ohren  gefunden,  und  wie 
br  das  Misstrauen  der  Griechen  begründet  war,  hat  später  der  schänd- 
he  und  greuelvolle  Ausgang  des  vierten  Kreuzzuges  nur  zu  deutlich 
wiesen.  So  erblickt  auch  Anna  in  den  Unternehmungen  der  Kreuzfahrer 
r  drohende  Gefahren  für  das  byzantinische  Reich  und  eine  Quelle  von 


>)  Z.  B.  X  2  (vol.  II  S.  59  ed.  TeubD.) 
»f  Si  TW  XenrofiBQiatBQoy  i&iXotrn 
p^arti^  i^itnai  ano  raiy  tov  xXeiyov  Kai- 
p<K  cvyyQttfAudtiay  ^iBvxvx^ly,  Ebenso 
•ef.  3;  I  1;  1  4;  II  1;  VII  2  (Ed.  Teubn. 
\  l  S.  5;  11;  17;  58;  230  und  231). 


')  *An6  Twoiv  avyeXe^ttfAijy  ^vyyQafÄf^dratv 
aj(Qel(oy  xal  aanov&tay  navxanaai,  u.  8.  w. 
XIV  7  (vol.  II  254,  12  ed.  Teubn.). 

^)   S.   R.   Wilmans    am   unten    ange 
fahrten  Orte. 


w 


276  Bysantinisohe  Litteratargasohiohte.    I.  Prosaische  Litteraiar. 

-d 
Misshelligkeiten  für  Alexios.     Dazu  stimmt  der  konfessionelle  Hass  gege]|i 

die  Lateiner,   den   sie  mit  ihren  Zeitgenossen  wie   mit  ihrem  Nachfolgeil 

Einnamos  gemein  hat.     Bedenklicher  als  diese  aus  ihrer  Verwandtschaft^ 

liehen  Stellung  und  ihrer  Nationalität  leicht  erklärbaren  Eigenschaften  iai 

ihre  mangelhafte  Chronologie.     Zur  Vorsicht  mahnt   auch   die  Sorg^^ 

losigkeit,  mit  der  Anna  nur  um  der  schönen  Form  willen  erborgte  Phrases- 

ihrer  Vorbilder  auf  die  Schilderung  ganz  verschiedener  Verhältnisse  über«! 

trägt.   Ein  Beispiel  einer  derartigen  Anleihe  bei  P seil os  hat  C.  Neumano,; 

B.  Z.  3,  377  f.  nachgewiesen.   Vgl.  Sathas,  Mea.  ßißL  4  IlQoloyog  S.   11^ 

Anm.  7.  I 

Eine  wirklich  historische  Auffassung  der  Begebenheiten  wirdS 
man  im  12.  Jahrhundert  nicht  erwarten,  am  wenigsten  von  einer  GeschichtJ 
schreiberin.  Wie  sich  die  Frauen  immer  und  überall  mehr  für  das  Ausser^ 
liehe,  Individuelle  und  Konkrete  als  für  innere  Zusammenhänge  und  lel 
Motive  erwärmen,  so  schildert  auch  Anna  lieber  glänzende  Staatsaktionei 
pomphafte  Audienzen,  Eirchenfeste  und  Ähnliches  als  die 'Bestrebungen  ud 

Erfolge  ihres  Vaters  im  Heere,   in   der  Verwaltung,  im  Finanz-  und 

richtswesen.  Bei  allen  Mängeln  bleiben  diese  Memoiren  einer  Tochter  üb«; 
ihren  Vater  eine  der  hervorragendsten  Leistungen  der  mittelgriechischeÄ 
Geschichtschreibung;  sie  sind  ein  quellenmässiger  Bericht  über  eine  glänH 
zende,  auch  für  das  Abendland  wichtige  Periode  der  byzantinischen  Ge-. 
schichte;  wir  erblicken  in  ihnen  das  mit  liebevoller  Sorgfalt  au8gefü^~'^' 
Gemälde  eines  Herrschers,  der,  durch  militärische  und  politische  Thatl 
wie  durch  überlegene  Klugheit  gleich  ausgezeichnet,  zu  den  grossartigsi 
Gestalten  des  Mittelalters  gehört.  Unter  den  menschlichen  Zügen,  die  i] 
Anna's  Werk  hervortreten,  bemerkt  man  ein  beträchtliches  Talent 
Witz  und  Spott,  die  weibliche  Schwäche  für  Klatsch  und  Verleumdung,] 
vor  allem  eine  starke  Eitelkeit;  der  Stolz  auf  ihre  Bildung,  ihren 
und  ihre  griechische  Abstammung  tritt  bei  jeder  Gelegenheit  hervor. 
Schwer  wird  das  idyllische  Bild  dieser  sonst  so  anziehenden  Frau  durch, 
die  dämonische  Herrschsucht  getrübt,  welche  sie  sogar  der  schwesterlichen:' 
Liebe  untreu  werden  Hess.  i 

In  formaler  Hinsicht  ist  die  Alexias  das  erste  grössere  Denkmale 
der  litterarischen  Renaissance,  welche,  durch  Männer  wie  Pselloq 
wirksam  vorbereitet,  im  Zeitalter  der  Komnenen  ihre  schönsten  Früchte^ 
zeitigte  und  noch  unter  den  Paläologen  fortdauerte.  Während  Genesioa,! 
Leon  Diakonos  und  zum  Teil  auch  der  Attaliate  noch  unter  dem  Einflüsse] 
der  dem  Klassischen  abgewandten,  wesentiich  auf  kirchlichen  und  byzan^j 
tinischen  Mitteln  beruhenden  Darstellungsweise  der  makedonischen  Zat. 
stehen,  ist  Anna  schon  ganz  Humanistin.  Sie  schreibt  nicht  mehr  diei 
Sprache  ihrer  Zeit,  wie  es  bis  zu  einem  gewissen  Grade  die  Autoren  der 
genannten  Epoche  thaten,  sie  wählt  ihre  Muster  nicht  bei  Agathias,  Theo- 
phjrlaktos,  Genesios  oder  Leon,  sie  ist  ferne  von  jener  Gleichgültigkeit  gegen 
Vulgarismen  und  Fremdwörter,  welche  man  in  den  litterarischen  Kreisen 
des  Konstantin  Porphjrrogennetos  und  seiner  nächsten  Vorfahren  bemerkt; 
tthr  Ideal  ist  der  Attizismus,  ihre  Vorbilder  sind  Thukydides  und  Poly- 
Jbios,  dem  si^  in  der  Vorrede  sogar  einen  ganzen  Satz  entwendet  (S.  4,, 


2.  Oeschichtsohraiber  und  Chronisten.    A.  Gesohichtsohreiber.    (§  121)     277 

F.  ed.  Teubn.  =  Polyb.  I  14),  nebenbei  auch  Spätgriechen  wie  Jo- 
nes von  Epiphania,  der  ihr  wohl  als  Fundgrube  schöner  Phrasen 
Thukydides  dient,  und  Psellos  (s.  o.).  Fremde  Namen,  die  nach  ihrer 
cht  den  historischen  Stil  beflecken,  wie  auch  vulgäre  Wörter  gebraucht 
nur  im  Notfalle  und  häufig  mit  ausdrücklicher  Entschuldigung.  >)  Was 
Form  der  Alexias  am  prinzipiellsten  von  den  Werken  der  verhör- 
enden Jahrhunderte  unterscheidet,  ist  die  Thatsache,  dass  die  Gräzität 
eine  völlig  künstliche,  schulmässig  erlernte  geworden  ist.  T6  ^ElXi]- 
V  fig  axQüv  ianovdaxvta  rühmt  Anna  im  Proömion  ganz  richtig  von 
;  sie  hat  das  Griechische  „studiert**  wie  eine  fremde  Sprache.  Der 
nalbyzantinische  Zug,  der  die  Litteratur  vom  6. — 10.  Jahrhundert 
3t,  ist  nun  einer  fast  ganz  mumienhaften  Schulsprache  gewichen,  die 
em  gleichzeitig  hervortretenden  Vulgäridiom*)  den  denkbar  grössten 
Ansatz  bildet.  Die  Doppelköpfigkeit  der  griechischen  Sprache  und 
»ratur  ist  von  nun  an  unwiderruflich  entschieden.  Trotz  ihres  pedan- 
en  Klassizismus  kann  aber  auch  Anna  die  Spuren  ihrer  Zeit  nicht 
mgnen;  auch  sie  beweist,  dass  es  leichter  ist,  den  alten  Vorbildern 
ter  und  Phrasen  zu  entnehmen  als  ihnen  in  den  schwierigeren  Teilen 
Sprache,  in  der  Konstruktion  und  im  Stile,  gleichzukommen.  Selbst 
Törterbuch  sieht  sie  sich  zu  manchen  Konzessionen  an  die  militärische 
politische  Terminologie  ihrer  Zeit  genötigt. 

1.  Ausgaben:  Zuerst  erschien  die  Epitome  des  Cod.  Monac.  opera  D.  Hoeschelii, 
t>urg  1610;  wiederholt  1618.  —  Das  ganze  Werk:  Ed.  pr.  Petrus  Possinus,  Paris 
(un lesbarer  Text  mit  einem  wertlosen  Glossar).  —  Wiederholt  Venedig  1729.  —  Im 
er  Corpus  vol.  I  (Buch  1-9)  ed.  J.  Schopen  1839,  vol.  II  (Buch  10—15)  ed.  A. 
f erscheid  1878;  beigegeben  sind  Parallelstellen  aus  lateinischen  Chroniken,  eine 
lateinische  Uebersetzung,  das  Glossar  des  Possin,  der  unschätzbare  Kommentar  von 
ange,  ein  historischer  und  sprachlicher  Index,  Register  der  Sprichwörter  und  Münz- 
;  der  Cod.  Florent.  ist  erst  für  den  2.  Band  beigezogen.  —  Abdruck  der  Pariser 
ibe  bei  Migne,  Patr.  gr.  131,  59—1244.  —  Die  auf  den  ersten  ICreuzzug  bezüglichen 
>n  edierte  E.  Miller,  Recueil  des  historiens  des  croisades.  Hist.  grecs  1. 1 2  (Paris  1875); 
ein  Kommentar  in  tome  II  (1881),  wo  auch  eine  Kollation  des  Cod.  Flor,  beigegeben 
-  Vollstftndig  ist  der  Cod.  Flor,  erst  verwertet  in  der  neuen  Ausgabe  von  A.  Reiffer- 
id,  2  voll.  Lipsiae,  bibl.  Teubn.,  1884;  doch  ist  daneben  die  Bonner  Ausgabe  wegen 
rwfthnten  Beigaben  nicht  ganz  zu  entbehren. 

2.  Uebersetzungen:  Deutsch  in  Fr.  Schillers  Allgemeiner  Sammlung  histo- 
T  Memoires  vom  12.  Jahrhundert  bis  auf  die  neuesten  Zeiten,  Jena  1790,  I  1—2.  — 
seh  von  0.  A.  Hovgaard,  2  Bde,  Kopenhagen  1879-1882.  -•  Russisch  in  der 
Jung  der  Petersburger  geistlichen  Akademie  (mir  unzugänglich).   —  Selbst  zu  einem 


)   Nachdem   sie  z.   B.  X  8  (=  vol.  II   |  Schwierigkeit  ihrer  Wiedergabe  in  griechi- 
ed.  Teubn.)  eine  Reihe  fremder  Namen   |  scher  Schrift   gesteigert   worden   sein,   ihr 

Hauptgrund  ist  aber  der  seltsame  sprach- 
liche Purismus,  der  noch  heute  in  Griechen- 
land historisch  gewordene  neuere  Ortsnamen 
massenhaft  ins  Altgriechische  übersetzt  hat. 
Ebenso  liebt  es  Anna,  beim  Gebrauche  volks- 
tümlicher Wörter  auf  den  dunkeln  Ur- 
sprung derselben  hinzuweisen,  z.  B.  ßBffuaQi- 
Tag  »7  cvyij&Bia  xaXet  IV  4  (=  I  S.  138  ed. 
Teubn.). 

*)  Anna  führt  selbst  an  zwei  Stellen 
(II  4  und  VII  3  =  vol.  I  S.  69,  6  und  240,  5 
ed.  Teubn.)  vulgärgriechische,  vom  Volke 
gegen  Alexios  gesungene  Spottverse  an. 


ührt  hat,  sagt  sie :  xai  fASfjKp^a&ot  firj&eig 
fotovfotg   ][QiafAiyoig    oyofAaci    ßoQ^ 
rnTg   xai    atp*  ojy  e<m  ro    v(fog    xrjg 
iiag    xaTttfitaiyeaO'ai.    ovdi   ydg   6 
<     antj^ioMfs    Boitarorg   ovouäCBiy    xai 
ßa^ßoQwdeig  vrjüovg  (ft«  xtjv  xrjg  lato- 
dx^lßeiay.     Aehnlich   rechtfertigt   sie 
( =  I  S.  222  ed.  Teubn.)  die  Aufzäh- 
assischer  Namen :  XQV  7^9  '^'^^  ^^^  ^^' 
:  fdifArtjif&ai  raiy  xar*  avrovg  agicttay 
y,    ei   xai    ro  atu/Aa   xrjg   laxoglag 
uf  xaxafAiaiyBxai,  Diese  Abneigung 
fremdklingende  Namen  mag  durch  die 


278  Bysantinisoha  LitteratargOBcbichte.    I.  Prosaische  litteraiiir. 

freilich  ziemlich   ftbel   gelungenen  historischen  Roman  hat  die  Alexias  nebst  Nikephoi 
Bryen^ios  die  Grundlage  liefern  müssen,  zu  Walter  Scotts  Connt  Robert  of  Paris. 

3.  Hilfsmittel:  Joh.  Conr.  Fueslin,  Diss.  de  Alexiade  Annae  Comnenae,  Z&rick 
1766;  wiederholt  in  der  Bibliotheca  Hagana  historico-philologico-theologica,  Classis  primae; 
fasc.  primus,  Amstelodami  et  Lugduni  Bat.  1768  S.  1—47.  —  Fr.  Buchholz,  Bemer- 
kungen über  den  Geist  der  Alexiade  der  Anna  Comnena,  in  der  Ton  K.  L.  Weltmann  hei^- 
ausgegebenen  Zeitschrift  .Geschichte  und  Politik"  2  (1805)  167—210.  —  Fr.  Wilken,; 
Rerum  ab  Alexio  1,  Joanne,  Manuele  Comnenis  gestarum  libri  IV,  Heidelbergae  1811  8.  180 
und  sonst.  —  L.  Fr.  Tafel:  Annae  Comnenae  supplementa  historiam  ecclesiasticam  grad"! 
cam  s.  XI  et  XII  spectantia,  Tübingen  1832  (mir  unzugänglich).  —  Die  Erzählung  Anna'a, 
über  den  Unterricht  in  dem  von  ihrem  Vater  gestifteten  Waisenhause  XV  7  (=  II  349  L^ 
ed.  Bonn.)  erläutert  R.  J.  F.  Henrichsen,  Om  Schedographien  i  de  B^zantinske  Skoler.j 
Kopenhagen  1843  S.  12—14.  —  R.  Wilmans,  Anna  Comn.  verglichen  mit  Guil.  Apuliensii^  j 
Archiv  der  Gesellschaft  für  ältere  deutsche  Geschichtskunde  von  Pertz  10  (1851)  87— 121 J 
—  H.  Krause,  Die  Byzantiner  des  Mittelalters,  Halle  1869  S.  299—303  (wertlos).  — j 
B.  Kugler,  Peter  der  Eremite  und  Albert  von  Aachen,  Histor.  Zeitschr.  44  (1880)  2ij 
bis  42.  —  B.  Kugler,  Kaiser  Alexius  und  Albrecht  von  Aachen,  Forschungen  zur  deutsdiea-l 
Geschichte  23  (1882)  481-500  (handelt  auch  über  den  falschen  Brief  Alexios'  1  an  dea'i 
Grafen  Robert  von  Flandern).  —  B.  Kugler,  Albert  von  Aachen,  Stuttgart  1885.  —  H.] 
von  Sybel,  Geschichte  des  ersten  Kreuzzuges,  2.  Aufl.,  Leipzig  1881,  wo  die  Alexias- 
allenthfdben  benutzt  und  kommentiert  ist.  —  V.  Vasiljevskij,  Byzanz  und  die  Petsche-^ 
negen,  Joum.  Min.  1872  Bd  164  Nov.  u.  Dez.  —  Beiträge  zur  sachlichen  Kritik  und  Ek^' 
klärung  von  W.  Fischer,  Trapezus  im  11.  und  12.  Jahrhundert,  Mitteil,  des  Instituts  fSr' 
Österreich.  Geschichtsforschung  10(1889)  177—207.  —  H.  Hagenmeyer,  Anonymi  geatSi 
Francorum  et  aliorum  Hierosolymitanorum,  Hei4elberg  1890  und  die  dort  8.  505—510  ver^ 
zeichnete  Litteratur.  —  K.  Dieter,  Zur  Glaubwürdigkeit  der  Anna  Komnena.  I.  Der 
Petschenegenkrieg  1084—1091.  B.  Z.  3  (1894)  386-390.  —  Zur  Erläuterung  von  Alexias 
I  237,  8  ff.  ed.  Bonn.  vgl.  T.  A.  Archer,  The  battle  of  Hastings,  The  English  Hist.  Re- 
view 9  (1894)  24  f.  —  Zur  Sprache:  A.  Reifferscheid,  Anal.  crit.  et  gramm.,  Index 
lect.  Breslau  1877—78  S.  11.  —  Erklärung  eines  der  von  Anna  angeführten  vulgärgriecW« 
sehen  Spottverse  von  W.  Fischer,  Berliner  philologische  Wochenschrift  5  (1885)  391  t 
Richtiger  handelt  über  diesen  und  einen  zweiten  vulgären  Spottvers  S.  D.  Papadimitria, 
Zwei  Volksverse  bei  Anna  Komnena,  Odessaer  Jahrb.  2  (1892)  281—287;  vgl.  den  Berichi' 
von  E.  Kurtz,  B.  Z.  2  (1893)  141.  —  Zum  Texte:  Sp.  P.  Lambros,  B.  Z.  1  (1892)' 
282.  —  J.  B.  Bury,  Some  notes  on  the  text  of  Anna  Conmena,  B.  Z.  2  (1893)  76—78.  — • 
Emendationen  zu  dem  von  E.  Miller  edierten  vulgärgriechischen  Auszug  (s.  u.)  gab 
S.  D.  Papadimitriu,  Odessaer  Jahrb.  4  (1894)  153—158.  —  Hauptschriften:  £.  Oster, 
Anna  Komnena,  3  Progr.,  Rastatt  1868,  1870,  1871.  —  Carl  Neumann,  Griechische  Ge- 
schichtschreiber und  Geschichtsquellen  im  12.  Jahrhundert,  Leipzig  1888  S.  17—30.  — 
Zusammenstellung  der  älteren  Litteratur  bei  Oster  I  52. 

4.  Ueberlieferung:  Die  Alexias  ist  in  wenigen  Handschriften  erhalten,  deren 
Verhältnis  noch  nicht  ganz  aufgeklärt  ist.  An  der  Spitze  steht  der  Florentinus  70,  2 
8.  12,  mit  welchem  eine  in  8  Bücher  eingeteilte  Epitome  der  ersten  14  Bücher  im  Cod. 
Monac.  gr.  355  und  im  Cod.  Vatic.  gr.  981  übereinstimmt.  Ihnen  gegenüber  steht  der 
am  Schlüsse  den  Floren t.  ergänzende  Paris.  Coisl.  311  s.  12,  aus  welchem  ein  Barberin. 
und  ein  Vatican.  (wohl  Cod.  1438)  geflossen  sind.  Der  Paris,  enthält  eine  grosse  Zahl 
offenbar  im  Parteiinteresse  der  Kom neuen  ausgeführter  Aenderungen  und  Interpolationen. 
Ob  dieselben  von  einem  Kopisten  oder  von  der  Verfasserin  selbst  herrühren,  bleibt  noch 
eine  offene  Frage.  Auch  über  die  Entstehungszeit  der  genannten  Epitome  des  Monac.  und 
Vatic,  die  an  einer  Stelle  aus  Zonaras  interpoliert  ist,  lässt  sicn  nichts  Sicheres  fest- 
stellen. —  E.  Miller,  Catalogue  des  mss  grecs  de  la  bibl.  de  I'Escurial,  Paris  1848,  er- 
wähnt S.  308  eine  Hs  der  Alexias  aus  der  Bibliothek  des  Kardinals  Sirlet  und  S.  338  und 
520  eine  solche  aus  dem  alten  Bestände  des  Escurial;  die  letztere  ist  wohl  beim  Brande 
des  Jahres  1671  zu  Grunde  gegangen;  ob  die  erste  noch  existiert  ist  mir  unbekannt.  Cod. 
Vatic.  Ottob.  131  s.  17,  der  nur  B.  6—15  enthält,  ist  wohl  aus  einer  noch  existiert^nden 
Hs  abgeschrieben.  Die  Ergänzung  dieses  Codex  scheint  der  Cod.  Vatic.  Ottob.  137  s.  17 
zu  bilden,  soweit  sich  nach  dem  Kataloge  von  E.  Feron  und  F.  Battaglini,  Rom  1893 
S.  75  und  78  urteilen  lässt.  —  Endlich  überliefert  eine  leider  verstümmelte  Leydener 
Handschrift  einen  Auszug  der  Alexias  in  einfacherer  und  mehr  volksmässiger  Sprache; 
s.  Schopen,  ed.  Bonn.  vol.  I,  XVI.  Ediert  ist  dieser  Text  von  E.  Miller,  Recueil  des 
hist.  grecs  des  croisades  t.  I  (Paris  1875)  2,  65—179. 

5.  Ausser  der  Alexias  haben  wir  von  Anna  Komnena  ein  aus  17  Trimetem  be- 
stehendes Epigramm  auf  ein  Christusbild,  das,  Mrie  es  scheint,  nur  der  Cod.  Laur. 
5,  10  8.  14,  ernalten  hat     Es  soll  demnächst  ediert  werden   von  K.  Krumbacher.  — 


8.  GMohiohtaohreiber  und  ChroniBten.    A.  Gesoliichtsohreiber.    (§  122)     279 

Nichts  Näheres  ist  mir  bekannt  ttber  den  HQoXoyo^  eig  x^v  diaXe^iy  r^c  KatffaQiaarjg  xvgag 
Jrrfjg  tig  noQ'  iM€iytjs  ixdo&eig,  der  im  Cod.  Bodl.  Barocc.  181  fol.  281  steht. 

122.  Johannes  Einnamos  {'Icodwrjg  6  Kiwafiog)  wurde  kurz  nach 
dem  Tode  des  Johannes  Eoninenos  (1143)  als  Sohn  einer  vornehmen 
Familie  geboren  und  gelangte  früh  an  den  Hof  Manuels  (1143—1180), 
den  er  als  Oeheimsekretär  {yQa/jtfuarixog)^)  auf  seinen  Feldzügen  in  Europa 
und  Asien  begleiten  durfte.')  Dass  er  unter  Kaiser  Andronikos  noch 
lebte,  wissen  wir  aus  Niketas  Akominatos;^)   dieser  erzählt  nämlich  von 

f  Kinnamos  eine  hübsche  und  für  byzantinische  Oepflogenheiten  recht  be- 
zeichnende Anekdote,  die  sich  in  der  Umgebung  des  Andronikos  Komnenos 
abspielte.  Der  Kaiser  vernahm  einst,  dass  der  Bischof  von  Neu-Patras 
and  Kinnamos  in  seinem  Zelte  über  den  Ausspruch  Christi  „Mein  Vater 
ist  grösser  als  ich''  eine  lebhafte  Diskussion  führten;  da  geriet  er  in  Zorn 

:  und  drohte  beiden,  sie  in  den  Fluss  Rhyndakos  zu  stürzen,  wenn  sie  ihr 
dogmatisches  Gezänk  nicht  sofort  beendigten.  Auch  den  Andronikos  (f  1185) 
muss  Kinnamos  noch  überlebt  haben;  denn  in  einer  Handschrift  des  Es- 
kurial  wird  eine  Rede  des  Kinnamos  an  einen  Kaiser  aus  dem  Hause 
AngeloB  erwähnt  (s/  u.). 

Kinnamos  verfasste  ein  Geschichtswerk,  welches  in  den  uns  er- 
haltenen sieben  Büchern  die  byzantinische  Geschichte  von  1118 — 1176, 
also  die  Regierung  des  Johannes  Konmenos  und  den  grössten  Teil  der  des 
Manuel  darstellt:  'Ennofurj  rciv  xaTOQx^wjuidtwv  t(^  fiaxaQhji  ßatfiXeT  xal 
naff^vQoyevvrjTfp  xvq(^  ^Iwdvvrj  Xfff  KofAvrjVfp  xal  dfprjyrjirig  tfSv  nQaxd-ävtfov 
pp  aaiSt^tp  vlfp  avTov  Tfp  ßaciXsl  xal  noQtpvQoysvvrjXff  xvQfp  MavovtjX  T(f 
KofA%*r^v^  novrjd-eXita  ^Iü)dv%'^i]  ßaaiXixff  yQu^natix^  rtf  KivvdfX(f.  Das  Haupt- 
gewicht fallt,  wie  die  Fassung  des  Titels  andeutet,  auf  die  Geschichte 
Manuels;  die  Zeit  des  Johannes  wird  ziemlich  summarisch  in  dem  kurzen 
ersten  Buche  abgethan;  dass  er  sie  überhaupt  behandelte,  hat  seinen  Grund 
wohl  in  dem  Streben,  an  die  Vorgänger  (Zonaras  und  Anna  Komnena)  un- 
mittelbar anzuschliessen.    Vermutlich  reichte   das  jetzt  am  Schlüsse  ver- 

}  stammelte  Werk  ursprünglich  bis  zum  Tode  Manuels.  Die  Ausarbeitung 
desselben  scheint  in  die  Zeit  zwischen  1180 — 1183  zu  fallen;  denn  in  der 

I  Vorrede  wird  Manuels  Hinscheiden  erwähnt  und  an  einer  anderen  Stelle^) 
spricht  Kinnamos  von  dem  Sohne  Manuels,  dem  jungen  Alexios  (f  1183), 
als  einem  noch  Lebenden;  die  Veröffentlichung  erfolgte  aber  wohl  erst 
nach  dem  Sturze  des  Andronikos,  wie  aus  der  scharfen  Äusserung  H  7 
geschlossen  werden  kann.^)  Das  Werk  des  Kinnamos  scheint  wenig  Ver- 
In^itung  gefunden  zu  haben;  Niketas  Akominatos  kennt  es  nicht,  und  uns 
ist  es  in  einer  einzigen  am  Schlüsse  verstümmelten  Handschrift  über- 
liefert.    Leider  lehrt  eine  genauere  Prüfung,   dass  auch  sie  nicht  das 


>)  In  der  üeberschrift  des  Werkes  wie 
such  im  Titel  der  verlorenen  Rede  an  Kaiser 
Angelos  (s.  u.)  wird  er  yQafjifiarixog  genannt. 
üeber  die  Bedeatong  dieses  Wortes  vgl. 
Carl  Neamann,  Griech.  Geschichtschreiber 
und  Gepchichtsquellen  im  12.  Jahrh.,  Leipzig 
1888  8.  94,  nnd  M.  Tren,  B.  Z.  4  (1895)  3. 

*)   Tä  ye  fitjy  tov  (abx^  ixeiroy  MavovfjX 


ovx  oida  $t  Tis  ifAOv  xdXkioy  i^unoQ^ai 
ex^h  ^^^  ^"^  ovnto  fABigaxii^  ye  ovxi  fAOt 
TtXeiatag  cvyexdedijfÄfjxiyM  ol  Xfoy  eig  rjnBiQoy 
kxaxsQoty  üvyipaivByixüxqaxBmy,  S.  5  ed.Bonn. 

*)  S.  340  ed.  Bonn. 

*)  VI  2  =  S.  257,  10  ed.  Bonn. 

^)  Kap-Herr  a.  a.  0.  S.  119. 


280  ByEantiniBche  Litteratargeflchiohie.    I.  Prosaiaohe  Litteratiir. 

Originalwerk  des  Kinnamos,  sondern  nur  einen  Auszug  dessel 
enthält.*)  An  mehreren  Stellen  verweist  der  Verfasser  ausdrücklich  a 
früher  erzählte  Dinge,  die  nun  in  unserem  Texte  vergeblich  gesuc 
werden;  dazu  scheint  dem  fünften  und  sechsten  Buche  die  Einleitung 
fehlen.  Schwerlich  lassen  sich  diese  Thatsachen  durch  die  Annahme  er*] 
klären,  dass  Einnamos  plötzlich  gestorben  sei,  ehe  er  sein  Werk  in  alleii^ 
Partien  zum  Abschluss  bringen  und  sein  Material  völlig  einarbeite« 
konnte. 

Dieser  schlechte  Zustand  der  Überlieferung,  zu  dem  sich  noch*' 
schwere  Textverderbnisse  gesellen,   macht  die  historische  und  schrift8tel-| 
lerische   Beurteilung    des   Kinnamos    schwierig.     Wegen   seiner  scharfeaJ 
Polemik  gegen  die  Abendländer  ist  er   bis  auf  die  neueste  Zeit  vielfach 
angefeindet  worden.   Sein  nationales  Selbstbewusstsein  ist  allerdings  starke 
ausgebildet;  seine  konsequente  Betonung  der  ausschliesslichen  Legitimität 
des  oströmischen  Thrones  und  sein  heftiger  Kampf  gegen  die  Ansprüchi^ 
des  römischen  Papsttums  und  der  deutschen  Kaiserherrschaft  stehen  iml 
Widerspruche  mit   den  Thatsachen  der  Zeit;    sein  Stolz  auf   das   echte j 
Römertum,   das  er  nur  in  Byzanz  findet,    erscheint  uns  wie  ein  seltsamen^ 
Anachronismus.   Zudem  erhält  seine  Darstellung  dadurch,  dass  der  Haupt-.- 
held   sein  kaiserlicher  Gönner  Manuel  ist,   einen  panegyrischen  Grundton, 
der  sich  wohl   selbst  von  Schönfärberei   und  Erfindung    nicht  ganz   trd 
hält.     Alles  das  berechtigt  aber  nicht  dazu,  die  Glaubwürdigkeit  des  Kin- 
namos überhaupt  in  Abrede  zu  stellen.     Er  ist  vielmehr,   wenn  man  voa 
seinem  patriotischen  und  dynastischen  Chauvinismus  absieht,  ein  durchaus 
tüchtiger  Erzähler.     Die  Darstellung  des  zweiten  Kreuzzuges  macht  gans 
den  Eindruck,  als  beruhe  sie  auf  archivalischen  Studien;   auch  sonst  ver- 
fügt er  über  treffliches,   wohlgeordnetes  Material,   das  er  wahrscheinlich: 
längst   vor  dem  Tode  Manuels  gesammelt  hatte.     Vornehmlich  verdankt 
er  seine  Kenntnis  militärischen  Kreisen,  wie  ja  auch  der  grösste  Teil  seines 
Werkes  Kriegsgeschichte  ist.     „Was  er  so  erfahren  hat,   gibt  er  ausser- 
ordentlich gewissenhaft  wieder;   nicht  selten,   dass  er  bekennt,    er  wisse 
etwas  nicht  oder  nur  unsicher.   Er  hütet  sich  seine  Berichte  zu  bearbeiten, 
er  kombiniert  nicht  und   scheint  die    ursprünglichen  Notate  unmittelbar 
in   sein  Geschichtswerk  einzutragen.**^)     In  seinem  Werke  herrscht,   wie 
Neumann  weiter  richtig  urteilt,  ein  ehrlicher,  soldatischer  Ton,  gegründet 
auf  eine  natürliche  und  unverhohlene  Begeisterung  für  den  Kaiser.     Kin- 
namos ist  der  beste  und  gläubigste  Wortführer  der  weitbKckenden  Ideen, 
welche  Manuel  praktisch  durchzuführen  gedachte. 

Die  Darstellung  des  Kinnamos  hat  wie  seine  gesamte  Auffassung 
etwas  soldatenmässig  Knappes;  von  seinem  Zeitgenossen  Niketas  Akomi- 
natos,  der  ihn  an  Bildung  und  historischem  Blick  weit  übertrifft,  unter- 
scheidet er  sich  vorteilhaft  durch  Kürze,  feinfache  Satzbildung  und  Ver- 
ständlichkeit. Von  den  beliebten  poetischen  Bildern  und  schwülstigen 
Umschreibungen   hält  er  sich   ferne.     Seine  Vorbilder  sind  Herodot  und 


')  Diese  wichtige  Entdeckmig  verdankt 
man  Carl  Neumann  a.  a.  0.  S.  79  ff. 


^)  Neumann  a.  a.  0.  S.  89. 


8.  GeMhichtsohraibar  Dnd  ChroniBten.    A.  Gesohiohtsohraiber.    (§  123).     281 


enophon;  freilich  erhält  seine  Sprache  durch  die  künstliche  Nachahmung 
was  Lebloses  und  Schablonenhaftes.  In  der  Benennung  der  Völker  und 
•te  treibt  er  die  puristische  Pedanterie  noch  weiter  als  seine  Vorgängerin 
nna  Komnena;  während  sie  bei  aller  Abneigung  gegen  fremde  Namen 
enigstens  noch  TovQxot  kennt,  gibt  es  bei  Einnamos,  als  lebe  er  im 
utalter  des  Themistokles,  nur  Perser,  wobei  wohl  auch  wieder  das 
itriotische  Bestreben  mitspielt,  die  Türkenkriege  des  Mittelalters  mit  den 
?rserkriegen  des  Altertums  auf  eine  Stufe  zu  stellen. 

Einmal  wohl  in  seiner  Jugend  hat  sich  Kinnamos  im  schöngeistigen 
sisay  versucht.  Wir  haben  von  ihm  eine  Ethopoiie  über  die  schwierige 
rage,  was  wohl  ein  Maler,  der  Apollo  und  Daphne  auf  eine  Tafel  malte. 
Igen  würde,  wenn  der  Raum  der  Tafel  nicht  ausreicht«.  Die  Überschrift 
utet  in  der  einzigen  bis  jetzt  bekannten  Hs  (nach  Verbesserung  einiger 
3hreibfehler) :  Tov  ßaaiXixov  yQu/xiiarixov  xvqov  'Iwdvvov  rov  Ktvvafxov 
^orroita'  Uoiovg  av  slns  loyovg  ^(oyQottpoq  ^oyyQcegxov  rov  'AjioXXwva  xai 
'aqrrjV  iv  ntvaxi  xai  fitj  avyxo)QOvvrog  tov  mvaxoq, 

1.  Aasgaben:  Ed.  pr.  Cornelius  Tollius,  Trajecti  ad  Rhenura  1652.  —  Tm 
ariser  Corpna  ed.  Du  Gange,  Paris  1670,  mit  wertvollem  Kommentare.  --  Wiederholt 
eoedig  1729.  —  Im  Bonner  Corpus  rec.  A.  Meineke,  Bonn  1836,  nach  einer  neuen 
;ollation  des  Cod.  Vaticanus.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  133,  299-678.  —  Die 
nf  die  Kreuzfahrer  bezüglichen  Partien  auch  im  Recueil  des  bist,  des  crois.  Hist.  gr.  t.  I, 
^aris  1875,  Kommentar  in  t.  II. 

2.  Die  Ethopoiie  ist  aus  dem  Cod.  Neapel.  III.  A.  6  s.  14  fol.  100""— 102  zum 
Zwecke  der  Publikation  abgeschrieben  yon  K.  Krumbacher.  -  Eine  Rede  des  Kinnamos 
in  einen  Kaiser  Angelos  stand  in  dem  wertvollen  Cod.  Escur.  Y.  11.  10;  doch  ist  gerade 
lie  Schlusspartie,  welche  die  Rede  enthielt,  verloren  gegangen.  Vgl.  E.  Miller,  Catalogue 
1^8  mss  grecs  de  la  bibliotheque  de  TEscurial,  Paris  1848  S.  218.  L.  Fr.  Tafel,  Kom- 
lenen   und  Normannen   S.  XVIII.     Carl  Neumann,  a.  unten  a.  0.  S.  94. 

3.  Hilfsmittel:  B.  Kugler,  Studien  zur  Geschichte  des  2.  Kreuzzuges,  Stuttgart 
m  S.  36  ff.  —  W.  V.  Giesebrecht,  Geschichte  der  deutschen  Kaiserzeit  4M1877)  408. 
-  Hans  von  Kap -Herr,  Die  abendländische  Politik  Kaiser  Manuels,  Diss.,  Strassburg 
«81  S.  119  ff.  132  ff.  —  B.  Kugler,  Analekten  zur  Geschichte  des  2.  Kreuzzuges,  Ttt- 
iogen  1878  S.  60  ff.  —  B.  Kugler,  Neue  Analekten  zur  Geschichte  des  2.  Kreuzzuges, 
öbinger  Universitätsschrift  1883  S.  29-50.  —  F.  Holzach,  Die  auswärtige  Politik  des 
dnigreichs  Sicilien  vom  Tode  Rogers  II  bis  zum  Frieden  von  Venedig  1154 — 1177,  Diss., 
tsel  1892.  —  Hauptschrift:  Carl  Neumann,  Griechische  Geschichtschreiber  und  Ge- 
rhichtsquellen  im  12.  Jahrb.,  Leipzig  1888  S.  78-102. 

123.  Niketas  Akominatos  (Nixrjrag  'Axoiunvdroc)  wurde  um  die  Mitte 
?8  12.  Jahrhunderts  zu  Chonae*)  in  Phrygien  als  Sohn  wohlhabender 
Item  geboren.  Sein  Vater  sandte  den  neunjährigen  Knaben  nach  Kon- 
antinopel,  wo  er  unter  der  Obhut  seines  älteren  Bruders  Michael  in  den 
rissenschaften  unterrichtet  wurde.  Während  Michael  die  kirchliche  Lauf- 
ihn  einschlug,  widmete  sich  Niketas  dem  Staatsdienste.  Anfänglich 
rohl  noch  vor  1180)  kaiserlicher  Sekretär,  stieg  er  unter  den  Kaisern 
is  dem  Hause  Angelos  bald  zu  den  höchsten  Stellen  empor;  er  bekleidete 


^)  Es  ist  das  alte,  durch  den  Panlus- 
ief  berühmte  K  o  1  o  s  s  ä.  Daher  nennen  ihn 
anche  nachdem  Vorgange  der  Handschriften 
hlechthin  Niketas  Choniates,  obschon 
in  Greachlechtsname  Akominatos  bekannt 
t.  Es  wäre  zn  wünschen,  dass  die  Bezeich- 
mg  Niketas  Akominatos  allgemein  ange- 
Mnmen  würde.  Ueber  die  Lage  Ton  Chonae 


vgl.  M.  Bonnet,  Narratio  de  miraculo  a 
Michaele  Archangelo  Chonis  patrato,  Paris 
1890  S.  XXVII-XXXVII,  und  W.  Ramsay, 
The  church  in  the  Roman  empire,  London  1893 
S.  465—480.  Tm  Menologium  Basilii,  Migne, 
Patr.  gr.  117,  34  wird  der  Name  also  erklärt: 
xai  ij[iuyevB  rd  vdara  iy  avr^.  Kai  ixXij&tj 
6  tonog  sjcrote  Xiovai, 


282  Byzantinisohe  litteratargeBchichte.    I.  ProsaiBohe  Litteratiir* 

die  Ämter  und  Würden  eines  koyo&itrfi  rdov  aexQäxiov^  eines  ix  vf^q  avfi 
xXrjtov  ßovl^g,  eines  im  to5v  xQiaecov,  eines  ysvirxog  XoyitfTfjg  tdSv  fp6QW9j 
eines  iffoqog  xal  xQirrjg  tov  ßrjloVy  eines  nQoxa&tjjusvog  rov  xoiTwvog^  emtii 
fiiyag  XoyoOätrjg;  während  des  dritten  Kreuzzuges  (um  1189)  war  er  Gou- 
verneur des  Themas  von  Philippopel;  bald  darauf  diente  er  dem  Eaisec 
als  Berater  in  wichtigen  Staatsangelegenheiten.  Nachdrücklich  hebt  Micha«! 
in  seiner  Monodie  auf  Niketas  hervor,  dass  derselbe  trotz  der  häufiges 
Thronwechsel,  die  nach  Manuels  Tode  erfolgten,  sich  in  seiner  StelluQg 
erhielt,  weil  kein  Kaiser  einen  so  unentbehrlichen  Staatsdiener  fallen  lassem 
wollte.  Erst  von  dem  Usurpator  Alexios  Murtzuphlus  wurde  Niketas  1204 
seiner  Stelle  als  Grosslogothet  enthoben.  Bald  darauf  sah  er  die  furcht- 
bare Katastrophe,  welche  das  Reich  der  Byzantiner  zu  Boden  schmetterte^ 
die  Eroberung  und  Plünderung  der  Stadt  Konstantinopel  durch  die  Lateiner. 
Unter  dem  Schutze  eines  befreundeten  Venezianers  flüchtete  er  nach 
Nikäa,  wo  er  am  Hofe  des  Theodoros  Laskaris  abermals  eine  bedeutende 
Rolle  spielte.  Sein  Todesjahr  lässt  sich  nur  annähernd  bestimmen.  Die 
bis  jetzt  veröffentlichten  Reden  reichen  bis  zum  Jahre  1210;  sein  Bruder 
Michael,  der  ihm  eine  Klagerede  widmete,  starb  um  1220. 

Niketas  war  wie  sein  Bruder  mit  grossem  Erfolge  schriftstellerisdh 
thätig.  1.  Seine  wichtigste  Leistung  ist  das  grosse  vollständig  erhaltene 
Qeschichtswerk  in  21  Büchern,  welches  die  Zeit  von  1180 — 1206 
schildert  und  somit  unmittelbar  an  Anna  Komnena  und  Zonaras  anschliesst 
Die  Abfassungszeit  des  Werkes  ist  unsicher;  doch  muss  das  4.  Buch  der 
Biographie  Manuels  nach  dem  Regierungsantritt  des  Isaak  Angelos  ge« 
schrieben  sein;  die  Vollendung  erfolgte  nach  1206.  WahrscheinUch  arbeitete 
Niketas  das  ganze  Werk  in  Nikäa  aus,  wo  ihm  nach  dem  wirrvollen, 
durch  seine  amtliche  Thätigkeit,  durch  Revolutionen  und  äussere  Konflikte 
gestörten  Leben  in  Konstantinopel  eine  Zeit  der  Ruhe  gegönnt  war.  Wie 
Kinnamos  behandelt  auch  der  Choniate  die  Regierung  des  Johannes  Kom- 
nenos  summarisch;  er  erklärt  in  der  Vorrede  wie  Kinnamos,  er  wolle  mit 
der  Regierung  des  Johannes  beginnen,  weil  die  Zeit  bis  zum  Tode 
des  Alexios  schon  andere  erzählt  haben;  doch  werde  er  die  Regierung 
des  Johannes  nur  im  Umrisse  darstellen,  weil  er  jene  Ereignisse  nicht 
selbst  gesehen,  sondern  nur  von  Augenzeugen  habe  schildern  hören. 
Den  Hauptinhalt  des  Werkes  bilden  also  die  Regierung  des  Manuel 
Komnenos,  die  seinem  Tode  folgenden  inneren  Streitigkeiten,  die  kurze 
Herrschaft  des  Andronikos  Komnenos,  die  Erhebung  des  Hauses  Angelos, 
endlich  das  traurige  Schicksal  des  Reiches  und  der  Stadt  in  den  Jahren 
1203  und  1204.  Der  Schluss  enthält  die  Schilderung  der  ersten  Kämpfe, 
welche  das  lateinische  Kaisertum  gegen  die  sofort  von  allen  Seiten  an- 
stürmenden Feinde  zu  führen  hatte.  Nach  der  Erzählung  der  kurzen 
Herrschaft  Balduins  I  bricht  das  Werk  mit  dem  zweiten  Regierungsjahre 
seines  Bruders  und  Nachfolgers  Heinrich  ab. 

Die  Hauptquellen  des  Niketas  sind  seine  eigenen  Beobachtungen 
und  mündliche  Mitteilungen.  Den  grössten  Teil  der  von  ihm  ausführlicher 
geschilderten  Epoche  hat  er  selbst  erlebt;  als  hoher  Beamter  und  Ver- 
treter des  kaiserlichen  Hofes  konnte  er  sich  leicht  die  nötigen  Aufschlüsse 


2.  Geechiohtsohraiber  und  Chronisten.    A.  GeBchicbtsohreiber.    (§  123)     283 


verschaffen.  Der  Abschnitt  über  den  Normannenkrieg  (1180 — 1185)  ist 
ein  Auszug  aus  dem  Berichte  des  Erzbischofs  Eustathios  von  Thessalonike.^) 
Für  die  ihm  vorausgehende  Zeit  beruft  er  sich  auf  die  Mitteilungen  von 
Augenzeugen.  Ob  er  daneben  auch  schriftliche  Quellen  benützt  hat,  wissen 
wir  nicht;  sicher  ist  aber,  dass  er  das  Werk  des  Kinnamos  nicht  kannte 
—  eine  auffallende  Thatsache,  die  wir  nicht  befriedigend  zu  erklären  ver- 
mögen. Gegen  die  Annahme,  dass  Kinnamos  erst  ungefähr  gleichzeitig 
mit  Niketas  geschrieben  habe,  sprechen  gewichtige  Gründe,  die  das  Werk  des 
Kinnamos  in  die  Zeit  von  1180 — 83  verweisen.  Und  Niketas  selbst  kann 
sein  Werk  doch  erst  1206  abgeschlossen  haben.  Oder  ist  etwa  das  Werk 
des  Kinnamos  erst  lange  nach  der  Vollendung  an  die  Öffentlichkeit  ge- 
konmien?    Was  nützen  aber  so  kurzbeinige  Hypothesen? 

Als  Historiker   hat   sich  Niketas   durch   seine  objektive  Haltung 
gegenüber  den  Kjreuzfahrem  viel  Vertrauen  erworben.     Er  schüttet  zwar 
an  einzelnen  Stellen  die  Fülle  seines  Ingrimms  über  die  abendländischen 
Ritter  aus;  sie  sind  ihm  rov  xaXov  aväqaaxot  xriQ€ai<fOQrp:oi  ßaQßagoi;   am 
Schlüsse  des  19.  Buches  meint  er  sogar  in  einer  rhetorischen  Anwandlung, 
63  sei  eine  Schande,  die  Thaten  der  Barbaren  zu  feiern  und  Kriege  zu  er- 
zählen, in  denen  die  Griechen  nicht  gesiegt;  jene  Feinde  müssten  vielmehr 
wie  Herostratos  der  ewigen   Vergessenheit  preisgegeben  werden.     Trotz 
dieser  vereinzelten  Zornesausbrüche  ist  er  gegen  die  Lateiner  gerecht  und 
verrat  in  seiner  Darstellung  sogar  häufig  eine  besondere  Wärme,  wenn  es 
ach  um  die  Angelegenheiten  der  Kreuzfahrer  handelt.    Doch  hat  ihn  diese 
objektive  Stimmung  nicht  verhindert,  oft  ungründlich  und  kritiklos  zu  ver- 
fahren.   Er  verfügt  zwar  teilweise  über  gute  und  ausführliche  Nachrichten, 
aber  ihre  Verbindung  ist  nicht  selten  unchronologisch  und  fehlerhaft;   ja 
[    in    dem  Bestreben   eine    pragmatische    Verbindung  herzustellen,    werden 
I    selbst  die  Thatsachen  gefälscht.    Er  zieht  oft  zwei  Ereignisse  in  eins  zu- 
sammen oder  er  erzählt  ein  Ereignis,   das  einem  anderen  ähnlich  ist,   an 
derjenigen  Stelle,  die  dem  zweiten  zukommt.*)   Zu  den  wertvollsten  Stücken 
gehört  die  Partie,  welche   den  Marsch   des  Pilgerheeres   durch   Thrakien 
schildert.     Die  Nachrichten,   welche   er  in  den  letzten  fünf  Büchern  über 
den  lateinischen  Kreuzzug  und  die  ihm  vorausgehenden  Ereignisse  gibt, 
können  wir  ergänzen  und  kontrollieren   durch   den  gleichzeitigen  Bericht 
des  französischen  Herodot  der  Kreuzzüge,  Geoffroy  de  Ville-Hardouin,^) 
durch   Robert   de    Clary*)   und   durch  Günther  von  Paris.*)    Niketas 
wurde   Quelle  für   die   Synopsis  Sathas,   für   die   Verschronik    des 
Ephräm  u.  a. 

2.  Eine  Beilage  zum  Geschichtswerke  bildet  die  selbständig  über^ 
lieferte  kleine  Abhandlung  über  die  Statuen,  welche  die  Lateiner  1204 
in  Konstantinopel   zerstörten.     Bei  der  geringen  Beachtung,  welche  die 


')  Vgl.  Tafel,  Komnenen  und  Nor- 
nuumen  8.  232. 

«)  Vgl  Kap-Herr  a.  a.  0.  123. 

*)  La  conqndte  de  Constantinople  par 
GtoSroi  de  Ville-Hardonin  avec  la  continua- 
tMm  de  Henri  de  Valenciennea.  Texte  original, 
aecompagnö   d'nne  tradnction  par  Natalis 


de  Wailly,  2'  ödition,  Paris  1874. 

*)  Ed.  Ch.  Hopf,  Chroniques  Gräco- 
Romanes,  Berlin  1873  S.  1-85.  Vgl.  die 
Introduction  S.  VII-XFII. 

^)  Gnntheri  Alemanni  scholastici  Monachi 
et  Prions  Parisiensis  De  ezpugnatione  urbis 
Cpolitanae  ed.  Comte  Riant,  Genf  1875. 


284  Byzantinisobe  Litteratargesohiohte.    I.  ProsaiBohe  Litteratur. 

Byzantiner  im  allgemeinen  den  alten  Kunstwerken  entgegenbringen,  ist 
das  Schriftchen,  das  in  der  mittelgriechischen  Litteratur  fast  als  Unikum 
dasteht,  in  der  neueren  Zeit  gern  beachtet  und  vielfach  kommentiert 
worden.  *) 

3.  Rhetorische  Sachen,  wie  zwei  panegyrische  Reden  an  Kaiser 
Alexios  n  Komnenos,  eine  Rede  an  Kaiser  Isaak  Angelos,  dem  er  zu  seinen 
Erfolgen  gegen  die  Ränke  der  Kreuzfahrer  (rag  UXa/jtavixdg  iolo(pQoavvag) 
und  gegen  die  Angriffe  der  „Skythen**  Glück  wünscht,  ein  'Enavayvtoazixov 
an  den  Patriarchen  und  die  Synode,  zwei  Reden  an  Kaiser  Theodoros 
Laskaris  in  Nikäa;  die  eine  derselben,  die  durch  des  Kaisers  Sieg  über 
den  Sultan  von  Ikonion  veranlasst  wurde,  trägt  in  der  Handschrift  den 
bezeichnenden  Vermerk:  i^eSo&rj  6^  auj^rjvetag  nXtjQeg  %6  nagot*  ngoa- 
^vrjfia  iid  rtjv  t(Sv  dxQoatwv  äaO-eveiav.  Ebenso  klagt  Michael 
Akominatos  wiederholt  über  die  Unfähigkeit  seiner  Diözesankinder  in 
Athen,  seinen  wohlstilisierten  Reden  zu  folgen.  Dazu  kommen  ein  im 
Namen  des  Kaisers  Theodoros  Laskaris  abgefasstes  SiXävtiov,  das  rheto- 
rische Übungsstück  „Vergleich  des  Winters  und  Sommers"  (z.  B.  in  den 
Codd.  Bodl.  Barocc.  131  fol.  71—72,  Marc.  XI  22  fol.  107—109)  und  einige 
Briefe  (z.  B.  im  Cod.  Bodl.  Barocc.  131  fol.  72—73^). 

4.  Vereinzelt  steht  ein  kleines  Gedicht  auf  die  Vermählung  des 
Kaisers  Isaak  Angelos  mit  Margaretha,  der  Tochter  des  Königs 
Bela  von  Ungarn,  das  der  Cod.  Bodl.  Barocc.  110  fol.  336  bewahrt. 
Titel  und  Anfang  lauten:  2xixoi  tov  Xcovidtov  inl  ratg  dvatpavijaeai  twv 
dviiiwv  (?),  onipixa  6  ßaaiXevg  *laadxiog  avvt^vyrj  tj  x^vyaTQi  tov  ^tffog 
OvyyQiag  BsXd.  Baaihaaa  twv  tjjuieQwv  ij  (T9JfA€Qov  rjiihqa.  Da  im  Titel 
kein  Vorname  genannt  wird,  sind  die  Verse  vielleicht  den  Dichtungen  des 
Michael  Akominatos  beizufügen. 

In  seiner  Darstellung  unterscheidet  sich  Niketas  bedeutend  von 
Kinnamos  und  Anna  Komnena;  er  gefallt  sich  in  einer  bombastischen, 
bilderreichen  und  schwülstigen  Manier,  wobei  er  jedoch  weniger  älteren 
Historikern  wie  Agathias  und  Theophylaktos  als  dem  üblichen  Schnörkel- 
stil der  byzantinischen  Theologie  nachgeht.  Die  Verantwortung  dafür 
trägt  wohl  der  Lehrer  des  Niketas,  sein  theologisch  gebildeter  Bruder 
Michael,  dessen  Werke  selbst  als  Muster  eines  geschraubten  Predigertons 
gelten  können.  So  sind  die  Bilder  und  Wortvorräte  des  Niketas  meist  den 
heiligen  Schriften  entnommen.  Eine  besonders  reichliche  Sammlung  von 
Metaphern  und  Eleganzen  enthält  die  gespreizte  Vorrede.  Und  doch  ver- 
sichert auch  Niketas,  er  werde  einfach  und  klar  darstellen.  Den  Wider- 
spruch bemerkte  ein  witziger  Abschreiber,  der  seine  Kritik  in  Versen  an 
den  Rand  notierte  (ed.  Bonn.  S.  871): 

Ovx  oida,  xl  (fßg  iy&dde,  Xtaveiäta. 
£o(p6y  x6  aatpkg  avyyqdtptnv  etvai  Xiyeigy 
Eira  yQKfHodrj  xal  ßaQU&QUßdij  yqdffug. 


*)  Th.  Uspenskij,  Der  byz.  Schrift- 
steller Niketas  Ghoniates,  Petersburg  1874 
S.  140  f.,  will,  wie  mir  £.  Eurtz  notierte,  in 


der  Schrift   über  die  Statuen  Spuren   eines 
späteren  Ursprungs  wahrnehmen. 


2.  Oesohlohtschraiber  und  Chroniaten.    A.  Gesohiobtsohreiber.    (§  123)     285 

1.  Geschichtswerk:  A.  Ausgaben  und  Uebersetzungen:  Ed.  pr.  Hieronymus 
Wolf,  Basileae  1557.  —  Wiederholt  s.  1.  1593.  —  Nachdruck  der  latein.  Uebersetzung  von 
Wolf  (mit  Zonaras  etc.)  Lutetiae  1567,  Francofurti  ad  M.  1578.  —  Im  Pariser  Corpus  ed. 
Annib.  Fabrotus,  Paris  1647.  —  Wiederholt  Venedig  1729.  —  Im  Bonner  Corpus  rec. 
I.  Bekker,  Bonnae  1835.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  139,  287—1088  (mit  der 
Schrift  De  signis).  —  Die  auf  die  Kreuzfahrer  bezüglichen  Partien  ed.  mit  Verbesserungen 
E.  Miller  im  Recueil  des  historiens  grecs  des  croisades  I,  Paris  1875.  —  Deutsche 
Uebersetzung  einzelner  Partien  von  Tafel,  Komneoen  und  Normannen,  Ulm  1852  S.  232  ff. 

—  Ein  Auszug  aus  Niketas  ist  der  Artikel  von  Fr.  Wilken,  Andronicus  Comnenus,  Raumers 
bist.  Taschenbuch  2  (1831)  431-545. 

B.  Hilfsmittel:  C.  Hopf,  De  historiae  ducatus  Athen,  fontibus,  Bonnae  1852  S.  66. 

—  Eine  hübsche  Skizze  über  Niketas  und  seinen  abendländischen  Gegenpart  Villehardouin 
verdankt  man  keinem  Geringeren  als  C.  A.  Sainte-Beuve,  Causeries  dulundi  t.  9  (Paris 
1854)  305—340.  —  B.  Kugler,  Studien  zur  Geschichte  des  2.  Kreuzzuges,  Stuttgart  1866 
S.  38—43.  —  C.  Klimke,  Die  Quellen  zur  Geschichte  des  4.  Kreuzzuges,  Breslau  1875.  — 
Th.  llgen,  Markgraf  Conrad  von  Monferrat,  Marburg  1880.  —  Haus  von  Kap-Herr, 
Die  abendländische  Politik  Kaiser  Manuels  mit  bes.  Rücksicht  auf  Deutschland,  Diss., 
Straasburg  1881  S.  121—131.  —  F.  Holzach,  Die  auswärtige  Politik  des  Königreichs 
SiciL'en  vom  Tode  Rogers  11  bis  zum  Frieden  von  Venedig  1154-1177,  Diss.,  Basel  1892. 

—  Carl  Neumann,  Griechische  Geschichtschreiber  und  Geschichtsquellen  im  12.  Jahr- 
hundert, Leipzig  1888  S.  103  ff.  —  Sonstige  Litteratur  zum  3.  und  4.  Kreuzzuge.  —  Un- 
zugänglich blieb  mir:  Theod.  Uspenskij,  Der  byzantinische  Schriftsteller  Niketas 
Akominatos  Chon.,  Petersburg  1874  (russ.),  wie  auch  dessen  Abhandlung  über  die  Kaiser 
Alexios  und  Andronikos  Komnenos,  Journ.  Min.  1880  Bd.  212  Nov.  8.  95 — 103;  1881 
Bd.  214  März  S.  52—85,  und  die  Schrift:  Die  Bildung  des  zweiten  bulgarischen  Czaren- 
reichs,  Odessa  1879.  Zu  dieser  Schrift  vgl.  die  ausführliche  Kritik  von  V.  Vasiljevskij, 
Journ.  Min.  1879  Bd.  204  Juli— August  S.  144—217;  318—348,  welche  auch  Beiträge  zur 
Erklärung  der  im  Geschichtswerke  des  Niketas  herrschenden  chronologischen  Verwirrung 
enthAlt.  —  Vergleich  zwischen  Niketas  und  Villehardouin  von  Salomon  Reinach,  La 
fin  de  Tempire  grec,  in  seinen  Esquisses  archäologiques,  Paris  1888  S.  281—312.  —  Ueber 
den  Ursprung  der  Erzählung  des  Niketas  (S.  544  ed.  Bonn.)  von  dem  gewaltigen  Hiebe 
eines  schwäbischen  Ritters  auf  dem  Kreuzzuge  Kaiser  Friedrichs  I,  welche  durch  Uhlands 
, Schwäbische  Kunde'  —  «Zur  Rechten  sieht  man  wie  zur  Linken  Einen  halben  Türken 
hemntei sinken*  —  allgemein  bekannt  geworden  ist,  vgl.  S.  Riezier,  Sitzungsber.  bayer. 
Ak.  1892  S.  714  Anm.  —  W.  Gurlitt,  Die  grosse  eherne  Athena  des  Pheidias,  Analecta 
Graeciensia,  Graz  1893  S.  99—121  (zum  Berichte  des  Niketas  S.  738-  740  ed.  Bonn.). 
Gegen  Gurlitt  sprach  A.  Furtwängler,  Meisterwerke  der  bildenden  Kunst,  Leipzig  und 
Berlin  1893  S.  739  f. 

C.  Ueberlieferung:  Th.  Uspenskij,  Ueber  die  Hss  der  Geschichte  des  Niketas 
Akominatos  in  der  Pariser  Nationalbibliothek,  Journ.  Min.  1877  Bd.  194  Nov.  S.  64—75.  — 
Unter  den  Hss  des  Geschichtswerkes  soll  der  von  den  Herausgebern  noch  nicht  benützte 
Cod.  Vindob.  bist.  gr.  53  (Nessel)  von  des  Niketas  eigener  Hand  geschrieben  sein;  das 
besagen  wenigstens  die  fol.  325  beigegebenen  Zeugnisse  des  Zygomalas  und  Malazos.  Der 
Codex  enthält  auch  Miniaturbilder  des  Niketas  und  des  Alexios  V  Murtzuphlus,  ein 
Umstand,  der  übrigens  mehr  gegen  als  für  die  erwähnte  Versicherung  spricht.  Näheres 
bei  Fr.  Kollar,  Supplem.  zu  Lambecius,  Wien  1790  Col.  669  -681.  —  Ausser  dem  Original 
des  Geschichtswerkes  ist  eine  verkürzte  und  ziemlich  formlose  vulgärgriechische 
Paraphrase  unbekannten  Ursprungs  überliefert,  aus  welcher  Fabrotus  ein  Glossar  der  an- 
geblicnen  vocabtda  Graecoharbara  des  Niketas  zusammengestellt  und  I.  Bekker  ohne 
ein  Wort  zur  Aufklärung  des  wahren  Sachverhaltes  ganz  unnützerweise  seinen  Apparat 
belastet  hat.  Auch  E.  Miller  hat  diese  vulgäre  Bearbeitung  (nach  den  Codd.  Monac.  450 
und  Paris.  3041)  beigezogen. 

2.  Schrift  über  die  Statuen:  Ed.  (nach  Banduri  und  C.Wolf)  Fr.  Wilken,  Ge- 
schichte der  Kreuzzüge,  5.  Teil,  Leipzig  1829.  —  Wiederholt  in  der  Bonner  Ausgabe  des 
Geschichtswerkes  S.  854—868.  —  Vgl.  Gottl.  Heyne 's  Abhandlungen  über  die  Kunst- 
werke in  Konstantinopel,  Commeni  societ.  reg.  scient.  Gottingensis  11  (1790 — 91)  3—62 
und  bes.  12  (1792)  273—308.  —  F.  C.  Petersen,  Allgemeine  Einleitung  in  das  Studium 
der  Archäologie,  übers,  von  Friedrichsen,  Leipz.  1829  S.  139—149;  324  ff. 

3.  Die  rhetorischen  Stücke  edierte  aus  einem  cod.  Marcianus,  auf  den  schon 
J.  Maller,  Sitzungsbericht  der  phil.-hist.  Cl.  der  Wiener  Akademie  d.  Wiss.  9  (1852)338 
hingewiesen  hatte,  K.  Sathas,  Me<r,  ßißXio&ijxTj  1  (1872)  73--136.  —  Eine  bei  Sathas 
fehlende  Rede  an  Isaak  Angelos  im  Recueil  des  bist,  grecs  des  croisades  2  (Paris  1881) 
737 — 741.  —  Eine  Rede  und  das  Gedicht  auf  die  Hochzeit  des  Kaisers  Isaak  Angelos  mit 
der  Tochter  des  Königs  von  Ungarn  ed.  Th.  Uspenskij   in   den  Beilagen  der  oben  ge< 


286  Byzantinisobe  Litteratnrgeschiohte.    I.  Prosaische  Litteratnr. 

nannten   Schrift:  Die  Bildung  des  zweiten  bulgarischen  Czarenreichs,  Odessa  1879  (mir. 
unzugänglich). 

121:.   Neophytos  (Neofpvrog),  ein  Zeitgenosse  des  Niketas  Akominatos,; 
mit  dem  Beinamen  "-EyxA 6« <yr 05,  wurde  um  1134  geboren  und  lebte  als 
Priester  und  Mönch  in  einem  Kloster  seiner  Heimat  Cypem.    Er  schrieb,] 
wahrscheinlich  bald  nach  1191,  einen  Brief  Ue^l  z&v  xazd  ti]v  x^Q^'^  * 
KvTiQov  axaiMv,  in  welchem  er  die  traurige  Lage  des  cyprischen  Volkes  , 
und  der  orthodoxen  Kirche  unter  der  lateinischen  Herrschaft  in  klagenden 
Tönen  schildert.    Ausserdem   haben   wir  von  ihm  zehn  Reden  und  eine  * 
Tvnixfj  iiad-TJxri,  d.  h.  Satzungen   für  das  von  ihm  gegründete  Kloster  j 
(eyxlstirrQa),  die,  in  einfacher,   volksmässiger  Sprache  abgefasst,   auf  die 
Lebensführung  byzantinischer  Mönche  wie  auf  cyprische  Dinge  insbesondere 
manches  Licht  werfen. 

Den  Brief  über  das  cyprische  Ungemach  ed.  zuerst  Cot  el  er  ins,  Monum.  ecclesiae 
Graecae  2  (1681)  457  ff.:  darnach  ^wiederholte  ihn  J.  P.  Reinhard,  Vollständige  Geschichte 
des  Königreichs  Cypem  2  (1768)  Beylagen  S.  1  ff.  —  Nach  neuer  Kollation  eines  Marcianus 
ed.  K.  Sathas,  Mbo.  ßißXioaijxfj  2  (1873)  1  ff.  Vgl.  seinen  ngoXoyog  S.  Qxß'  ff.  —  Endlich 
nach  einer  neuen  Kollation  der  Handschrift  ed.  von  £.  Miller,  Recueil  des  historiens 
grecs  des  croisades  1  (Paris  1875)  2,  559 — 563.  —  Die  Ausgaben  der  Tvnixij  dia&rjxrj 
s.  im  §  137. 

126.  Georgios  Akropolites  {FeoiQyiog  6  ^AxQonolitrjg)  wurde  im  Jahre 
1217  in  Konstantinopel  geboren;  als  Jüngling  ging  er  1233  an  den  grie- 
chischen Hof  nach  Nikäa  und  wurde  dortselbst  von  Theodoros  Hexapterygos 
und  dem  berühmten  Nikephoros  Blemmydes  wissenschaftlich  ausgebildet. 
Bald  bewährte  er  sich  im  diplomatischen  Dienste  und  wurde  im  Jahre  1244 
zum  Qrosslogotheten  ernannt.  Der  Kronprinz  Theodoros  Laskaris,  der 
zuerst  mit  Akropolites  den  Unterricht  des  Blemmydes  genossen  hatte, 
wurde  um  1246  Schüler  des  Akropolites.  Er  bewahrte  ihm  auch  nach 
Besteigung  des  Thrones  sein  freundschaftliches  Vertrauen  und  ernannte 
ihn  sogar  im  Jahre  1257  zum  Oberfeldherrn  im  Kriege  gegen  den  Despoten 
Michael  von  Epirus.  In  militärischen  Dingen  ohne  Erfahrung  hatte  Akro- 
polites auf  dem  Schlachtfelde  weniger  Qlück  als  im  Schulzimmer  und  geriet 
sogar  in  die  Gefangenschaft  des  Gegners,  aus  der  er  erst  im  Jahre  1260  durch 
Kaiser  Michael  VIII  befreit  wurde.  Michael  erkannte  richtiger  als  sein 
Vorgänger,  wo  die  Stärke  des  unglücklichen  Generals  lag,  und  verwandte 
ihn  fortan  im  Dienste  der  politischen  und  kirchlichen  Diplomatie.  So 
leitete  Akropolites  im  Auftrage  des  Kaisers  die  Verhandlungen  auf  dem 
Konzil  zu  Lyon  und  stellte  die  Kircheneinigung  her,  die  er  filiher  be- 
kämpft hatte.  Nachdem  er  1282  noch  eine  Gesandtschaft  an  den  Kaiser 
Johannes  von  Trapezunt  geführt  hatte,  starb  er  etwa  im  August  dieses 
Jahres  wenige  Monate  vor  Michael  VIII.  Das  hohe  Ansehen,  das  Akro- 
polites als  Gelehrter  und  Staatsmann  genoss,  bezeugen  alle  seine  Zeit- 
genossen; sein  kaiserhcher  Schüler  Theodoros  Laskaris  widmete  ihm  ein 
Enkomion. 

Georgios  Akropolites  schildert  in  seiner  Xqovixtj  (Tvyyq^VV  ^^ 
Ereignisse  von  der  Bestürmung  Konstantinopels  durch  die  Lateiner  bis  zur 
byzantinischen  Restauration  (1203 — 1261)  und  gibt  mithin  eine  Fortsetzung 
des  Niketas  Akominatos.  Er  ist  über  den  schwierigen  Stoflf  wohl  unter- 
richtet \  denn  er  hat  die  Schwankungen  der  lateinischen  Herrschaft  in  Kon- 


/ 


8.  QesehieliiBohreiber  und  Chroniateii.    A.  QeBchiohtsohreiber.    (§§  124—125)     287 

stantinopel  wie  die  Machtentwicklung  des  griechischen  Kaisertums  in  Nikäa 
zam  grossen  Teil  als  Zeitgenosse  beobachtet  und  in  seiner  Stellung  als 
Grosslogothet,  Feldherr  und  Gesandter  selbst  allenthalben  an  den  Ereig- 
nissen Anteil  genommen.  Seine  Auffassung  ist  nüchtern  und  sachlich,  seine 
Erzählung  aus  inneren  Gründen  glaubwürdig,  auch  wenn  er  nicht  selbst  das 
tadteische  Sine  ira  et  studio  ausdrücklich  als  seinen  obersten  Grundsatz 
bezeichnete.')  Sein  Stil  ist  sehr  verständlich,  wenn  auch  etwas  kanzlei- 
massig  plump  und  besonders  im  Satzbau  nachlässig.  Vulgarismen  sucht 
Akropolites  wie  fast  alle  Historiker  der  Eomnenen-  und  Paläologenzeit 
eifrigst  zu  vermeiden  oder  wenigstens  gelehrt  zuzuschneiden.  Das  thut  er 
L  B.  S.  138,  15  ed.  Bonn.,  wo  er  die  vulgärgriechische  Bezeichnung  des 
Esels  yadaqoq  {ydidaQog)  einer  auch  in  Glossaren  vorkonmienden  Etymo- 
logie zu  liebe  in  aetdagog  {äsi-dhQO):  der  stets  Geschundene)  umändert: 
*Eifl  yoQ  %6iq  dijXoig  xai  ol  äeidaqot  Xhyovaiv,  Hv  6'  äyd  •  idov  (lexd 
%m  aeiSaQoiv  xal  Vj/acTg  (rwreTay/aeO-al  Das  Werk  des  Akropolites  diente 
spateren  Chronisten  wie  dem  Verfasser  der  Synopsis  Sathas  und  Ephräm 
als  Quelle. 

Ausser  dem  Geschichtswerk  haben  wir  von  Akropolites  ein  Gedicht 
und  einige  rhetorische  und  theologische  Schriften:  Im  Jahre  1252  ver- 
öffentlichte er  die  Briefe  seines  Schülers  Theodoros  Laskaris  und  schickte 
ihnen  ein  metrisches  Vorwort  (63  Trimeter)  voraus.  Dem  Kaiser 
Johannes  Dukas  Batatzes  widmete  er  1254  eine  schöne  Leichenrede, 
in  welcher  er  ein  anschauliches  Bild  von  der  politischen  Thätigkeit  dieses 
trefflichen  Fürsten  entwarf.  Während  seiner  Gefangenschaft  in  Epirus 
verfasste  er  zwei  Schriften  über  den  Ausgang  des  hl.  Geistes,  die 
in  der  für  den  Verfasser  charakteristischen  Aufforderung  gipfeln,  man 
möge  von  den  dogmatischen  Differenzen  absehen  und  sich  auf  Grund  der 
gemeinsamen  sittlichen  Anschauungen  versöhnen.  Dazu  kommen  kleinere 
theologische  Traktate  und  ein  Enkomion  auf  den  hl.  Georg.  Irr- 
tQmlich  sind  ihm  Scholien  zu  Gregor  von  Nazianz  zugeteilt  worden.  Dar- 
nach ist  die  Notiz  S.  94  zu  berichtigen. 

1.  üeberlieferung:  Die  Geschichte  des  Akropolites  ist  in  3  Fassungen  erhalten, 
in  der  ursprQnglichen,  einer  verkürzten  und  einer  erweiterten.  Die  erweiterte  Fassung, 
die  im  Cod.  Ambros.  A.  202  inf.  steht,  war  bisher  nicht  bekannt.  Sie  enthält  mehr 
als  20  zum  Teil  recht  interessante,  offenbar  von  einem  Zeitgenossen  des  Geschichtschreibers 
herstammende  Zusfttze,  die  übrigens  in  der  Us  durch  Einschliessung  in  *  und  durch  Rand- 
notizen ausdrücklich  als  nicht  dem  Akropolites  gehörig  bezeichnet  werden.  Dieselben  Zu- 
sätze finden  sich  auch  in  der  von  einem  jüngeren  Zeitgenossen  des  Akropolites  verfassten, 
bis  zum  Jahre  1261  reichenden  Synopsis  Sathas.  —  Das  Prodmion  zu  den  Briefen  des 
Theodoros  Laskaris  bewahrt  der  Cod.  Laur.  59,  35  fol.  39—40.  —  Der  Epitaph  auf 
Kaiser  Johannes  Dukas  Batatzes  steht  z.  B.  im  Cod.  Marc.  XI  22  fol.  126—141.  —  Die 
theologischen  Schriften  in  zahlreichen  Hss. 

2.  Ausgaben:  Die  verkürzte  Fassung  ed.  pr.  Theod.  Dousa,  Lugd.  Bat.  1614.  — 
Die  ursprüngliche  mit  der  verkürzten:  Graece  et  Latine  ed.  Leo  Allatius,  Paris  1651, 
mit  Joel  und  Eananos;  am  Schlüsse  die  berühmte  Abhandlung  De  Georgiis  eorumque 
scriptis  S.  229-427.  —  Wiederholt  Venedig  1729.  —  Im  Bonner  Corpus  rec.  I.  Bekker, 
BonDae  1836,  mit  den  Noten   des  Dousa  und  Allatius;  die  kürzere  Fassung  ist  nur  im 


*)  Ovte  yovy  ngog  tp&ovov^  dXV 
ovdi  nqog  fiicof  rj  xai  n^os  Bvvoiav 
üvyyga^fiy  /Qewy  icn  xov  cvyyQatpoyttt, 
criJl*  Ictofflat  ftoyoy  x^f^y  xal  jov  fiij  X^^fjg 


ßvS^if,  fjv  6  XQoyof  oi&s  yeyydv,  naQa&o^tjyat 
td  vno  nytjy  yBysyfjfiiya,  bXx*  aya&a  bU9 
{pavXa  rvyxayoiey.    S.  5  ed.  Bonn. 


288 


BTsantinisohe  Litteratnrgeschichte.    L  Prosaische  Litterstiir. 


Apparate  beigezogen.   —   Wiederholt  bei  Migne,   Patr.  gr.  140,  969—1220.    —   Auf  di6.;j 
Kreuzfahrer  bezügliche  Partien  auch  im  Rec.   des  historiens  grecs   des  crois.  t.  I  und  II 
(Kommentar).  —  Ueber  die  Ausgabe  einer  theologischen  Schrift  s.  S.  94.  —  Eine  auf  dem 
ganzen   ziemlich  reichhaltigen   Hssmaterial  beruhende  Qesamtausgabe  des  Akropolites 
wird  von  Aug.  Heisenberg  fttr  die  Bibliotheca  Teubneriana  vorbereitet. 

3.  Hilfsmittel:   Leo  Allatius,  De  Georgiis  S.  357  f.   —   Vgl.   M.  Hanke,   De 
Byz.  rer.  scriptoribus  S.  542-565.  —  Fabricius,  Bibl.  Gr.  ed.  Harl.  7,  766—773;  12.  50. 

—  C.  Hopf,  De  bist,  ducatus  Athen,  fontibns  S.  67.  —  Ueber  die  Familie  des  Georgios  '^ 
und  Konstantinos  Akropolites  vgl.  K.  N.  Sathas  in  der  Abhandl.  von  J.  Durand,  Bol-  l 
letin  monumental  45  (1879)  369—372.  —  Hauptschrift:  Aug.  Heisenberg,  Studien  J 
zur  Textgeschichte  des  Georgios  Akropolites.  Münchener  Diss.,  Landau  i.  d.  Rheinpfalz  1894.  ^ 

—  Von  Heisenberg  wird  auch  eine  Monographie  über  das  Leben  des  Akropolites  erwartet«  " 

126.  Georgios  Pachymeres  {redQyiog  6  UaxvfAäQrig)  wurde  1242  in  ' 
Nikäa  geboren,  ging  1261  nach  der  Vertreibung  der  Lateiner  mit  Georg  ' 
Akropolites,  Georg  von  Cypern  und  anderen  hervorragenden  Griechen  nach 
Eonstantinopel  und  gelangte,  durch  seine  reiche  Bildung  gefördert,  schnell  , 
zu  hohen  Stellen  in  Kirche  und  Staat;  er  war  tsQoiivrj^oyv^  ngaoräxdixog, 
ßaaihxoq  iixaiotpvXa^  u.  s.  w.  Er  starb  um  1310  (jedenfalls  nach  1308)  ; 
Über  seine  Lebensverhältnisse  spricht  er  selbst  an  mehreren  Stellen  seines 
Geschichtswerkes;  anderes  erfahren  wir  aus  einer  poetischen  Selbstbiographie 
und  aus  dem  nekrologischen  Gedichte  seines  Schülers  Manuel  Philes.') 
Der  bedeutende  litterarische  Nachlass  des  Pachymeres  scheint  ziemlich 
vollständig  erhalten.  1.  An  der  Spitze  steht  das  grosse  Geschichtswerk, 
welches  in  13  Büchern  den  Zeitraum  von  1261  (genau  genommen  von 
1255)  bis  1308  umspannt  und  somit  die  unmittelbare  Fortsetzung  des 
Akropolites  bildet.  Pachymeres  schreibt  die  Geschichte  einer  Periode, 
die  er  selbst  erlebte,  und  ist  daher  mit  dem  Stoffe  wohl  vertraut.  Ein 
echter  Sohn  der  von  theologischen  Kämpfen  erfüllten  Paläologenzeit  ist  er 
der  erste  byzantinische  Historiker,  bei  dem  das  Hauptgewicht  auf  die 
breite  Ausspinnung  dogmatischer  Streitigkeiten  fällt;  in  dieser  übermässigen 
Neigung  zur  Dialektik,  die  das  Werk  zu  einer  qualvollen  Lektüre  macht, 
sind  ihm  Nikephoros  Gregoras  und  Joh.  Kantakuzenos  getreulich  nach- 
gefolgt. Es  ist,  als  ob  diese  Männer,  von  dem  Elend  der  politischen  Ge- 
schichte des  Reiches  abgeschreckt,  in  den  abstrakten  Erörterungen  der 
damals  alle  Geister  bewegenden  dogmatischen  Fragen  Trost  und  Erleich- 
terung gesucht  hätten.  2.  Rhetorische  Sachen:  JlQOYVfivdafiaTa  über 
(Ue  uralten,  unausrottbaren  Themen  der  Rhetorenschulen,  z.  B.  eine  Ohne 
über  den  Satz:  Alles  Gute  beruht  in  der  Besonnenheit  (JlavTia  %d  dyax^d 
iv  fAovti)  %([)  (pQovetv  cffTi);  eine  Bearbeitung  des  für  die  Paläologen  aller- 
dings recht  zeitgemässen  demosthenischen  Ausspruches:  Geld  ist  nötig  und 
ohne  Geld  kann  nichts  gefordert  werden;  ein  xoivog  rorrog  xavd  XoiSoqov  u.  a. 
Daran  schliessen  sich  13  MektTut,  d.  h.  Deklamationen  über  fingierte 
Themen  aus  der  Politik,  Rechtswissenschaft  und  Moral,  z.  B.  die  ebenso 
alte  als  blödsinnige,  schon  von  Synesios*)  verspottete  Aufgabe:  „Ein  Sieger 
im  Wettkampfe  verlangt  als  Ehrengeschenk  die  Tötung  eines  Bürgers. 
Die  Stadt  billigt  es.    Es  zeigt  sich  aber,  dass  er  den  Mann  schon  vorher 


')  In  den  Ausgaben  desPhiles  von  Wems- 
dorf  und  Miller;  auch  bei  Boissonade,  Pachy- 
meris  declamationes  XllI  S.  253—260. 

'}  Jle^l  iyvTjyimy  cap.  13  (Migne,  Patr. 


gr.  66,  1320):  IIov  av  ettj  noXiteia  yd^ag 
tt^tCTst  di&ovaa  xreiyai  noXirtjy  ayrtnoUrBvO' 
fjLsyov ; 


2.  0«Mlii^tM]ireiber  und  Chronisten.    A.  Qesohiohtachreiber.    (§  126)    289 


tötet  hat,  und  er  wird  des  Mordes  angeklagt.  Wir  studieren  den  Kläger. " 
ierher  gehört  auch  seine  "ExipQaatg  tov  AvyovaTewvog.  3.  Eine  Schrift 
)er  das  Quadrivium:  Svvtayfia  rwv  TcaaaQwv  fAad-^jfitkwVy  aQt&fArjTixrjg, 
ivcixf^g,  Y€<afA€TQiag  xal  äatQovofiiag,  Hievon  sind  erst  das  zweite  Buch: 
F^  OQ/Äovixrjg  ijroi  /üovatx^g  und  Stücke  des  vierten  Buches:  ''Oqoi.  atpai- 
ci;$  fjvM  jicqI  MTQovofAiag  ediert.  Beide  beruhen  grösstenteils  auf  alten 
>rlagen,  sind  aber  von  Wichtigkeit  für  die  Geschichte  der  mittelalter- 
hen  Musik  und  Astronomie.  4.  Ein  Abriss  der  Philosophie  des 
ristoteles,  der  in  vielen  Handschriften  überliefert,  jedoch  nur  teilweise 
i  Originaltext  veröflfentlicht  ist.  Die  Anregung  zu  seiner  philosophischen 
•beit  verdankt  Pachymeres  wohl  dem  Nikephoros  Blemmydes.  5.  Eine 
iraphrase  zu  den  Reden  und  Briefen  des  Dionysios  Areopagites; 
}  zu  den  Briefen  entstand  auf  Anregung  des  Patriarchen  Athanasios  von 
exandria.  6.  Poesien.  Neun  Qesänge  einer  Selbstbiographie  in  Hexa- 
jtem.  Das  Werk  ist  nicht  ediert,  doch  gibt  Pachymeres  einige  Proben 
sselben  in  seinem  Geschichtswerke,  i)  Seine  Vorbilder  sind  Homer  und 
8  Gregor  von  Nazianz  Gedicht  IleQl  iavtov.  Weniger  gesichert  scheinen 
iXOf  v^avToiy  eine  poetische  Spielerei.*)  7.  Briefe  von  Pachymeres 
llen  in  italienischen  Bibliotheken  liegen;^)  doch  ist  von  denselben  nichts 
kannt  gemacht.  Ein  Brief  des  Pachymeres  an  Athanasios,  den  Patri- 
chen  von  Alexandrien,  steht  im  Cod.  Paris,  gr.  996  fol.  275 — 276\ 
Iresse  und  Anfang:  'E7ii<rtoXrj  tov  dixatotfvkaxoq  xai  nQtotexdCxov  tov 
acxvfisQTj  xvQOV  Fedogyiov  nQoq  xov  ccyiciTaTov  nänav  xal  naxQiaqxrjy  *Ak€* 
vdQsiagy  Aißvvfij  <ll€v>ta7v6X€ü)g  xai  ndfsrjq  Atyvmov  xai  Ald-ioniaq  xvqov 
iavaaiov  änoirjfAOvvta  ix  r^g  K(üv<stavrivov  xai  ivSrjfiovvva  (cod.  ivdif' 
rviTog)  iv  ty  ^P66(iJ.  'AnätfTtjg  «f  rj/iciv  etc.  Vgl.  Boivin  im  Kommentar 
Nikephoros  Gregoras  ed.  Bonn.  H  1200  (zu  pag.  216,  11). 

Pachymeres  ragt  durch  seine  BUdung  und  litterarische  Thätigkeit 
yer  seine  Zeitgenossen  empor  und  kann  als  der  grösste  byzantinische 
olyhistor  des  13.  Jahrhunderts  bezeichnet  werden.  In  ihm  erblickt  man 
BUÜich  die  Licht-  und  Schattenseiten  des  Zeitalters  der  Paläologen.  Es 
ihlt  dem  Pachjrmeres  nicht  an  Gelehrsamkeit,  Originalität  und  Witz, 
rotzdem  bringt  er  es  nicht  mehr  zu  jener  Selbständigkeit  der  Ajischau- 
ng  und  des  Ausdrucks,  welche  Männer  wie  Photios  und  Psellos  auszeichnet, 
^r  einzige  scharf  ausgeprägte  Charakterzug  in  ihm  ist  die  rücksichtslose 
tetonung  des  nationalgriechischen  Standpunktes  in  der  Unionsfrage ;  doch 
rird  gerade  durch  den  theologischen  Grundton  die  Wirksamkeit  der  huma- 
isüschen  Richtung  bei  ihm  noch  mehr  als  bei  Niketas  Akominatos  durch- 
reozt.  Das  gilt  namentlich  von  seiner  Darstellung,  in  der  sich  das 
unte  Spiel  homerischer  Phrasen  mit  theologischer  Deklamation  vermischt. 
^bschon  er  wie  Anna  und  ihre  Nachfolger  die  üblichen  technischen  Aus- 


')  Kai  tofB  afftiJQ  xofÄiJTfjs  dtp*  kuniqag 
lilufiiter,  negi  ov  xal  iy  toig  xar*  ifiav^ 
oV  (fi'  iniov  tmifiyipra,  ovttf  Yqdq>tap' 
Ufj  fuy  ip^iyonof^lg  iarjfAB^iviQ  iniXavysy  etc. 
I  304  ff.  ed.  Bonn. 

'}  Die  Venes.  Handschrift  gibt  die  geist- 
Erklirong:  icu  6k  o   i^fpatyofisyog 


ati/os  dytod^By  xarto  xal  xärai&ey  aria.  Vil- 
loison,  Anec.  Gr.  II  77  f.,  wo  auch  eine  Probe 
gegeben  ist.  Ueber  ähnliche  Spielereien  s.  V. 
Gardthausen,  Griech.  Paläographie,  Leipz. 
1879  S.  120  ff. 

»)  Villoison  a.  a.  0.  II  77. 


dar  UiM.  All«rtii]iifwi«eiuclMfl.  IX.    1.  AbUf.    2.  Anfl, 


\% 


290 


fiyeaniiniBohe  LitieratargeBchiohte.    I.  Prosaische  Litterator. 


drücke  fremder  und  gemeiner  Herkunft*)  zulässt,  geht  bei  ihm  die  purin 
stische  Pedanterie  so  weit,  dass  er  auf  Kosten  der  Deutlichkeit  sogar  statt 
der  christlichen  Monatsnamen  die  attischen  gebraucht.^) 

1.  Ausgaben  und  Hilfsmittel:  Geschichtswerk:  Ed.  pr.  P.  Possinns« 
Romas  1666-69.  —  Im  Bonner  Corpus  rec.  I.  Bekker,  2  voll.  Bonnae  1835,  mit  des 
Beigaben  des  Possinus  und  einem  sprachlichen  und  historischen  Index.  —  £ine  ausführ- 
liche Beschreibung  des  das  Geschichtswerk  enthaltenden  Cod.  5  der  Sammlung  des  Kreui- 
klosters  (jetzt  in  der  Patriarchalbibliothek  zu  Jerusalem)  gab  A.  Papadopulos-Kerameut, 
JeXfioy  3  (1890  —  1892)  529—535.  —  Rhetorisches:  ÜQoyvfjiyäafÄata  in  den  Rhetores 
Graeci  ed.  Chr.  Walz,  1  (1832)  549—596.  —  MeXerai:  zuerst  die  13.  in  Anecd.  gr.  ed. 
Fr.  Boissonade,  5,  350  ff.;  dann  alle:  G.  Pachymeris  declamationes  XIll  ed.  Fr.  Bois* 
sonade,  Paris  1848  (mit  dem  Philogelos).  —  Vgl.  L.  Sternbach,  Curae  Menandreae. 
Dissert.  classis  philol.  acad.  litt.  Craecoviensis  t.  17  (1892)  182.  —  '^(pQaais  tov  Avy^ 
ed.  Banduri,  Imper.  Orient.  1  3,  114  ff.;  Nikeph.  Greg.  ed.  Bonn.  II  1217  ff.  —  Quadri« 
vium:  Das  Buch  über  Musik  ed.  U.  Vincent,  Notices  et  extraits  16  (1847)  2,362—559» 
mit  einer  Abhandlung  über  alte  und  mittelalterliche  Musik.  —  Das  Buch  über  AstronomiS: 
ed.  H.  Martin,  Theonis  Smymaei  Platonici  liber  de  astronomia,  Paris  1849,  mit  einer  Dar»' 
legung  des  Verhältnisses  zu  den  alten  Astronomen.  —  Den  Abschnitt  über  Arithmetik,  eiii# 
Paraphrase  des  ersten  Buches  des  Diophantos,  ed.  P.  Tanner y,  Diophanti  Alexandrini 
Opera  omnia,  Leipzig,  Bibl.  Teubn.  2  (1895)  78—122.  —  £.  Narducci,  Di  un  codioe 
archetipo  e  sconosciuto  deiropera  di  Giorgio  Pachimere:  U^ql  Tuiy  tBaaägwy  [ia&rjfjidxoip^ 
Atti  della  R.  Accademia  dei  Lincei,  anno  288,  1891,  Serie  quarta,  Rendiconti  vol.  VII, 
10  semestre,  Roma  1891  S.  191—196  (über  einen  Codex  der  Biblioteca  Angelica  in  Rom). 

—  £.  Narducci,  Complemento  alla  nota  intorno  al  codice  Angelico  delFopera  di  Georgis 
Pachimere  Tliql  xtüv  jeaaagtoy  fia^frjfiaitoyf  a.  a.  O.  Serie  quinta,  vol.  1  (1892)  153 — 156i. 

—  Ueber  die  von  Pachymeres  für  das  Quadrivium  benutzte  Euklidhs  vgl.  1.  L.  Heiberg 
in:  Euclidis   opera  omnia  edd.  1.  L.  Ueiberg  et  ü.  Menge  vol.  7  (Leipzig  1895)  8.  XJCXl. 

—  Zu  Aristoteles:  Von  dem  Abriss  der  gesamten  aristotelischen  Philosophie  ist  nur  der 
erste  Teil  (die  Logik)  griechisch  herausgegeben:  zuerst  teilweise  Venedig  1532  bei  dt 
Sabio  (mit  dem  Kompendium  des  Psellos);  dann  ganz  Paris  1548  und  1581;  auch  Oxford 
1669.  Das  ganze  Werk  nur  in  lateinischer  Uebersetzung:  Georgii  Pachymerii  tiieronmne- 
monis,  in  universam  fere  Aristotelis  philosophiam  epitome  .  .  .  e  graeco  in  latinum  8e^ 
monem  .  .  .  conversa  a  D.  Philippe  Becchio,  Basileae  1560.  —  UsqI  dxofjttov  y^afAfAmv 
öfter  mit  Aristoteles  z.  B.  Oper.  Aristot.  nova  editio  ...  ex  bibl.  Is.  Casauboni,  Lugd. 
1590, ,t.  1,  745—752.  —  Zwei  Stücke  des  Kommentars  zu  Aristoteles  Meteorologica  ed. 
Ch.  £m.  Ruelle,  Deux  morceaux  in^dits  de  Georges  Pachym^re  sur  Farc  en  ciel,  An- 
nnaire  de  Tassoc.  7  (1873)  158—187.  —  Ueber  zwei  Hss  der  aristotelischen  Encyclopädi« 
des  Pachymeres  handelt  H.  Diels,  Ueber  den  angeblichen  Justin  IIbqI  tpvx^g^  Sitzungsber. 
Berl.  Ak.  1891  S.  151—153.  —  Mitteilung  Über  Aristotelica  des  Pachymeres  im  Cod. 
Paris.  2328  bei  A.  Cramer,  Anecd.  Paris.  1  (1839)  392.  —  Vgl.  C.  Prantl,  Geschichts 
der  Logik  1  (1855)  658.  —  Friedr.  Littig,  Die  4»i'Äoaofpia  des  Georgios  Pachymeres, 
Progr.  des  Maximiliansgymn.,  München  1891  S.  87—98.  —  Paraphrase  zu  Dionya 
Areop.:  Zuerst  zu  den  Briefen  in  lat.  Uebersetzung  ed.  G.  Tilmannus,  Parisiis  1538. — 
Vollständiger  griech.  Text  apud  Guil.  Morelium,  Parisiis  1561.  —  Migne,  Patr.  gr.  3  und 4« 

—  Ein  Buch  des  Pachymeres  De  probatione  capitum  soll  Leo  Allatius  1643  ediert 
haben,  doch  hat  niemand  ein  Exemplar  dieses  Druckes  gesehen ;  s.  Walz,  Rhet.gr.  1,550. 

—  Sammelausgabe  nach  den  älteren  Drucken:  Migne,  Patrol.  gr.  143,407 — 1216  und 
144,  1—930  (Geschichte,  '^<pgaais  rov  Avy.  und  einige  theologische  Schriften). 

2.  Biographie  und  Werke:  M.  Hanke,  De  byz.  rer.  scriptoribus,  Lips.  1677 
S.  566—578.  —  C.  Hopf,  De  bist,  ducatus  Ath.  fontibus  S.  67  f.  —  Ch.  Em.  Ruelle,  Annuaire 
de  Fassoc.  7  (1873)  158—166  (der  aber  die  Ausgabe  des  Quadrivium  von  Martin  nicht 
kennt).  —  Einzelverse  (Monosticha)  des  Pachymeres  über  die  Gesänge  der  Odyssee  stehen 
im  Cod.  Vatic.  Pal.  231  s.  13—14  foL  231. 

3.  Ueber  die  von  Pachymeres  aufgebrachte,  für  das  Nahen  des  Humanismus  recht 
symptomatische  Neuerung  statt  der  christlichen  (römischen)  die  attischen  Monats* 
namen  zu  gebrauchen  und  das  hiebei  angewandte  System  handelt  Paul  Tannery,  Revue 
archöologique  III.  s^rie  9  (1887)  23—36.  Viel  später  (erst  um  1500)  dringt  die  attische 
Nomenklatur  auch  in  die  Subskriptionen  griechischer  Handschriften;  hiebei  schöpften  die 
Kopisten  aus  Theodoros  Gazes   IUqI  fit^yaty.      In   früheren  Byzantinern  sind  attische 


')  Z.   B.   xofifieQxioy ,    (fQ^Qioi   (frdres), 
nQiyrirjs  (prince),  xoytos  (conte),  xaßaXXuQtoi 


U.  •.  w. 


*)  Z.  B.  II  146,  1  ed.  Bonn,  fifjyof  'ESLa^ 
g>f]ßoXnuyog.  II  249,  11  rafAfjXuiy  d*  iyeu 
arijxn  fiijy. 


2.  OMehiohtoohreiber  und  Chronisten.    A.  (^Mohichtochreiber.    (§  127)    291 

Monatsnamen  stets  mit  Misstrauen  aufzunehmen;  Tannery  bat  a.  a.  0.  schlagend  nach- 
gewiesen, dass  der  bekannte  Fälscher  Konstantin  Palaeokappa  aus  besonderer  Absicht  in 
einem  Texte  des  11.  Jahrhunderts  die  römischen  Monatsnamen  durch  die  attischen  ersetzte. 
Vgl.  V.  Qardthausen,  Griech.  Paläographie,  Leipzig  1879  S.  400,  und  Ludwig  Voltz, 
Bemerkungen  zu  byzantinischen  MonatsUsten,  B.  Z.  4  (1895)  547—558.  Mit  dieser  anti- 
quarischen Mode  hängt  auch  das  häufige  Vorkommen  von  Verzeichnissen  der  römischen 
aod  mtÜschen  Monate  in  späteren  Hss  zusammen.  Im  Cod.  Paris.  1728  steht  eine  Liste 
der  athenischen  Monate  vor  dem  Geschichtswerke  des  Pachymeres  selbst. 

4.  Zur  Ergänzung  der  Nachrichten  des  Pachymeres  wie  auch  des  Georgios 
Akropolites  und  des  Niketas  Akominatos  dient  das  über  die  Geschichte  der  Idein- 
asiatischen  Seldschuken  in  der  Zeit  von  1192 — 1280  und  ihre  Beziehungen  zu  den  Byzan- 
tinern, Armeniern  und  anderen  Nachbarn  berichtende,  in  persischer  t^prache  abgefasste 
Werk  Seldjouq  Namdh,  von  dem  bisher  nicht  das  Original,  sondern  nur  eine  spätere 
Mrsische  Bearbeitung  und  eine  türkische  Uebersetzung  bekannt  sind.  P.  Melioranskij, 
Das  Werk  Seldjouq  Namöh  als  Quelle  für  die  Geschichte  von  Byzanz  im  12.  und  13.  Jahr- 
hundert, Viz.  Vr.  1  (1894)  613-640.  Bericht  von  E.  K.,  B.  Z.  4  (1895)  391  f.  —  Eine 
weitere  Ergänzung  des  Pachymeres  bildet  die  Autobiographie  desEaisers  Michael  Vlll 
Palaeologos;  über  sie  vgl.  §  137. 

127.    Nikephoros  Eallistos  Xanthopulos   {NixrjfpoQog   KaXharoq  o 
SavOvnovlog)  verfasste  im  Anfange  des  14.  Jahrhunderts  eine  Eirchen- 
geschichte  in  18  Büchern,  die  bis  zum  Tode  des  Kaisers  Phokas  (610) 
reicht.     Von  5  weiteren  Büchern  ist  eine  Inhaltsanzeige  erhalten,  die  mit 
dem  Jahre  911  abschhesst;  Nikephoros  hat  aber  seine  Geschichte  nicht 
bis  zu  diesem  Zeitpunkte  fortgeführt.   So  blieb  das  Werk  wejt  hinter  dem 
ursprüngUchen  Plane  zurück;  denn  da  der  Verfasser  sein  Befremden  darüber 
äussert,  dass  seit  dem  Ende  des  6.  Jahrhunderts  d.  h.  seit  Euagrios  nie- 
mand auf  den  Oedanken  gekommen  sei,  die  kirchlichen  Ereignisse  zu  be- 
schreiben, müsste  man  eine  bis  zum  Anfange  des   14.  Jahrhunderts  fort- 
laufende Kirchengeschichte  erwarten.   Trotz  der  unvollendeten  Gestalt  des 
Werkes  hat  F.  Ch.  Baur  (s.  u.)  dem  Xanthopulos  das  Lob  gespendet,  dass 
er  zuerst  die  Idee  einer  allgemeinen,  den  ganzen  Verlauf  der  katholischen 
Kirche  umfassenden  Geschichte    ausgesprochen  und  wenigstens  teilweise 
zur  Ausführung  gebracht   habe.     Dieses  Verdienst   ist   aber   neuerdings 
recht  zweifelhaft  geworden.   Manches  deutet  darauf  hin,  dass  Xanthopulos 
ein  im  Anfang  des  10.  Jahrhunderts  verfasstes,  bis   zum   Jahre  920  ge- 
führtes Werk  (s.  S.   247)  umarbeitete   und  dasselbe   ohne  weiteres  mit 
seinem  eigenen  Namen  bezeichnete,  ähnUch  wie  sich  Kedrenos  das  Werk 
des  Skylitzes  aneignete.  Dann  wären  also  Eusebios,  Sozomenos,  Sokrates, 
Theodoretos  und  Euagrios,  auf  denen  die  Geschichte  des  Xanthopulos  vor- 
nehmlich beruht,  nur  indirekte  Quellen.   Im  günstigsten  Falle  ist  das  Ver- 
dienst, die  Idee  einer  allgemeinen  Kirchengeschichte  gefasst  zu  haben,  von 
Xanthopulos  auf  den  unbekannten  Autor  des   10.  Jahrhunderts  zu  über- 
tragen. Im  Grunde  genommen  war  die  Idee  aber  auch  damals  nicht  mehr 
neu;  denn  in  einem  ähnlichen  Geiste  waren  schon  die  Kirchengeschichten 
des  Philippos  von   Side  (um  430),    des  Theodoros  Anagnostes  (um  530) 
und  des  S.  247  Anm.  3  erwähnten  Anonymus  gearbeitet. 

Die  übrige  litterarische  Thätigkeit  des  Xanthopulos  ist  noch  wenig 
untersucht  und  gewürdigt.  Soweit  sich  sein  Nachlass  gegenwärtig  nach 
den  Drucken  und  Handschriften  überbUcken  lässt,  erscheint  Xanthopulos 
als  ein  zwar  nicht  vielseitiger,  aber  auf  gewissen  Lieblingsgebieten  origi- 
neller und  verdienter  Schriftsteller.    Mit  besonderer  Vorliebe  verfasste  er 

1^* 


1 

292  Bysantinisohe  LitteratargeBohichte.    L  Prosaisohe  litieratiir. 

katalogartige  Lehrgedichte  in  jambischen  Versen  z.  B.  Verzeich- 
nisse der  Kaiser,  der  Patriarchen,  der  Hof-  und  Kirchenämter,  der  Apostel 
und  Jünger,  der  Heiligen  des  Kirchenjahres  und  der  Hymnographen.  Diese 
bequemen  Memorialgedichte,  die  mit  dem  ausführlicheren  Werke  des 
Ephräm  zu  vergleichen  sind,  erfreuten  sich  grosser  Beliebtheit,  und  einige 
derselben  sind  in  zahllosen  Handschriften  verbreitet.  Damit  verbinden 
sich  ein  jambischer  Auszug  der  hl.  Schrift  {2vvoipig  rr^g  ^eiag  ygaffi^) 
und  als  Ergänzung  dazu  ein  Abriss  zur  hl.  Schrift  nach  Joseph 
{2vvontixrj  nqog  &€tav  YQccqrjv),  eine  ebenfalls  auf  Joseph  beruhende  Er- 
zählung der  Eroberung  von  Jerusalem  (UXaxrtg  legovtraXijfi)  und  eine 
2700  jambische  Verse  umfassende  Paraphrase  der  Lebens-  und  Wunder- 
geschichte des  hl.  Nikolaos  von  Myra.  In  das  Qebiet  der  Kirchen- 
poesie gehören  sieben  erbauliche  Troparien  auf  die  hl.  Jungfrau, 
sämtlich  mit  alphabetischer  Akrostichis.  Auch  die  von  Theodoros  Studites, 
Johannes  Qeometres,  Christophoros  von  Mytilene  u.  a.  gepflegten  Tradi- 
tionen der  epigrammatischen  Poesie  setzte  Xanthopulos  fort;  wir 
haben  von  ihm  kleine  Gedichte  auf  den  Hymnos  Akathistos,  auf  ge- 
schnittene Steine  mit  Darstellungen  aus  der  hl.  Schrift,  auf  Anhängsel 
(Enkolpien),  Heiligenbilder  u.  a.  Dazu  kommt  ein  Gedicht  an  den  Kaiser 
über  den  Wein  und  ein  erbauliches  Alphabet. 

Seine  Kenntnis  der  Kirchenpoesie  bekundete  Nikephoros  auch  durch 
mehrere  erklärende  Schriften:  einen  Kommentar  zum  Oktoechos  (!E^- 
rjyrfiig  elg  Tovg  dvaßa&fiovg  %(av  oxroi  rjx^^')i  ^^^^  Abhandlung  über  Re- 
sponsion,  Kontakion,  Oikos  und  Hexaposteilarion  und  den  Grund  dieser 
Benennungen,  endlich  eine  Erklärung  zum  Hymnus  des  Kosmas  auf  die 
hl.  Jungfrau.  Auf  die  Liturgie  bezieht  sich  auch  seine  Erklärung  der 
Feste  des  Triodion:  NirxrjtpoQov  KaXliarov  tov  Savx^onovkov  awa^dgia 
elg  Tag  imaijfiovg  rov  XQKfdiov  io^dg^  fiiav  ixd<rtrjv  avxSv  aixiokoyovvra, 
nwg  noxe  x6  xax'  dgxdg  yäyovs  u.  s.  w.  Dazu  kommen  mehrere  geistliche 
Homilien,  eine  Schrift  über  die  Kirche  der  hl.  Maria  xf^g  ^(orjfpoQov  nrjyrjg 
nebst  einem  Officium  zur  Einweihung  dieser  Ejrche,  ein  Brief  an  einen 
Orphanotrophos,  mehrere  Gebete  {evxcci)  und  Scholien  zu  den  Psalmen  und 
zu  Reden  des  Gregor  von  Nazianz.  Weniger  gesichert  sind  rhetorische 
Progymnasmata  (im  Cod.  Paris.  2988  s.  14  fol.  1 — 8). 

1.  Ausgaben:  Der  grösste  Teil  der  Poesien  und  ein  Gebet  scbon  in  dem  kleinen 
Bändchen:  Cyri  Theodori  Prodromi  epigrammata  etc.,  Basileae  apud  looanem  Bebelium 
1536.  —  Nach  diesen  und  anderen  meist  schwer  zugänglichen  alten  Drucken  Gesamt- 
ausgabe von  Migne,  Patr.  gr.  145,  549—1331,  146  und  147,  1—632.  —  Zwei  jambische 
Kataloge  der  Kaiser  und  Patriarchen  bei  Labbaeus,  Protrept.  bist.  Byz.  (dem  Pariser 
Corpus  vorausgeschickt)  S.  34  f.  —  Erklärung  zum  Oktoechos  ed.  pr.  KyVillos  Athana- 
siades,  Jerusalem  1862.  —  Die  Erklärung  der  Feste  des  Triodion  erschien  in  neugr. 
Uebersetzung  von  Matthaeos  Kigalas,  Venedig  1639.  Vgl.  £.  Legrand,  Bibliogr. 
hell,  du  XVII«  sidcle  1  (1894)  404.  —  Das  metrische  Leben  des  hL  Nikolaos  scheint 
noch  unediert  zu  sein  (erhalten  im  Cod.  Bodl.  Miscell.  79). 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  BibL  gr.  ed.  HarL  7,  437—444;  wiederholt  bei 
Migne,  Patr.  gr.  145,  549—558.  —  G.  J.  Voss,  De  historicis  graecis,  ed.  Westermann, 
Leipzig  1838  S.  367  f.  —  Ueber  die  Kirchengeschichte  vgl.  F.  Ch.  Baur,  Die  Epochen 
der  kirchlichen  Geschichtschreibung,  Tübingen  1852  S.  32  ff.  —  Albin  Freund,  Beiträge 
zur  antiochenischen  und  zur  konstantinopolitanischen  Stadtchronik,  Dias.,  Jena  1882  S.  84 
(tiber  Reste  von  kpolitanischen  Konsultafelannalen  bei  Xanthopulos).  —  Ueber  die  Quellen 
d^r  ^irchengeschicbte  vgL  G.  Dangers,  De  fontibus,  indole  et  dignitate  librorum  ^nos 


2.  Geflobiohtoolireiber  und  Chronlaten.    A.  Oeichichtoohreiber.    (§  128)    293 

de  biatoria  ecclesiastica  scripserunt  Theodonis  Lector  et  Euagrius,  Gdttingen  1841  S.  5.  — 
Nolte,  Tübinger  tlieol.  Quartalschr.  43  (1861)  573.  -  Ludw.  Jeep,  Jahns  Jahrb.  Sup- 
plementbd.  14  (1885)  98  ff.  —  C.  de  Boor,  Zur  kirchenhistorischen  Litteratur,  B.  Z.  5 
(1896)  16—23., —  Zu  den  jambischen  Katalogen  vgl.  Paragraph  Ephrftm  Anm.  2. 

3.  üeberlieferung:  Zur  Ueberlieferung  der  Kirchengeschichte  vgl.  C.  de  Boor, 
Zur  Kenntnis  der  Hss  der  griechischen  Kirchenhistoriker,  Zeitschr.  f.  Kirchengeschichte 
6  (1883 — 84)  482—494.  —  Die  meisten  der  übrigen  Schriften,  besonders  die  jambischen 
Kataloge,  sind  in  zahlreichen  Hss  verbreitet;  seltener  sind  die  Kommentare  zur  Kirchen- 
poesie; noch  seltener  die  Schrift  über  die  Kirche  der  hl.  Maria  xijq  ^oniq>6qov  nijy^g,  die 
Epigramme  and  das  Leben  des  hl.  Nikolaos.  Das  jambische  Menologion,  Katalog  der 
Kaiser  und  Patriarchen  und  eine  Synopsis  des  Triodion  z.  B.  im  Cod.  Neapel.  IL  A.  12, 
das  jambische  Menologion  im  Cod.  Paris,  gr.  1585,  Erklärung  der  Feste  des  Tnodion 
m  den  Codd.  Mutin.  II.  B.  11,  Athous  1853,  Bodl.  Canon.  64  und  Mosq.  Syn.  394(Vlad). 
—  üeber  eine  Hs  des  Katalogs  der  Hofämter  siehe  Paragraph  Kodinos  Anm.  4.  —  Die 
Schrift  Ober  die  Kirche  und  die  Wunder  der  hl.  Maria  t^g  Cf»ffj<poQov  ntjy^g  nebst  dem 
Officium  scheint  nur  im  Cod.  Vindob.  bist.  103  (Nessel)  und  in  einem  Vaticanus  er- 
halten zu  sein;  vgl.  Migne,  Patr.  gr.  145,  551,  und  die  ausführliche  Beschreibung  der 
Wiener  Hs  bei  P.  Lambecius,  Commentariorum  de  Augustissima  bibl.  Caes.  Vmdob. 
1.  VIII.  ed.  Kollar,  Wien  1782  S.  118—132.  —  Die  wichtigste  aller  mir  bekannten  Hss  ist 
der,  wie  es  scheint,  sämtliche  Schriften  des  Xanthopulos  ausser  der  Kirchengeschichte  ent- 
haltende, dem  Autor  etwa  gleichzeitige  Cod.  Bodl.  Mise  eil.  79,  nach  Coxe  ,sec.  forsan  XIII 
exeontis*,  aber  mit  Rücksicht  auf  das  Alter  des  Autors  jedenfalls  ins  14.  Jahrb.  herab- 
znrficken.  Beschreibung  bei  H.  0.  Coxe,  Catalogi  codicum  mss  bibl.  Bodl.  p.  1  (1853) 
662-665. 

4.  Biographie  und  Name:  Seit  früher  Jugend  war  X.  der  Hagia  Sophia  bei- 
gegeben, und  aus  der  Bibliothek  dieser  Kirche  schöpfte  er  den  grdssten  Teil  seines  ge- 
schichtlichen Stoffes,  wie  er  im  ersten  Kapitel  des  ersten  Buches  (Migne,  Patr.  gr.  145,  609  C) 
selbst  erzählt.  Er  vollendete  sein  Werk  im  36.  Lebensjahre  (B.  I  Kap.  1  =  Migne  a.  a.  0. 
620  C)  und  widmete  es  dem  schon  greisen  Kaiser  Andronikos  II,  der  1327  über  70  Jahre 
alt  starb  (Widmungsenkomion,  Migne  a.  a.  0.  588  D ;  vgl.  ebenda  549  Anm.  a).  Mithin 
ist  X.  spätestens  i.  J.  1291  geboren  worden.  Wenn  man  seinem  Patriarchenkataloge, 
der  in  den  Hss  mit  Kallistos  (1350 — 1354  zum  erstenmale)  schliesst,  vertrauen  darf,  er- 
streckte sich  sein  Leben  bis  in  die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts.  Im  höheren  Alter  scheint 
X.  Mönch  geworden  zu  sein.  —  Vereinzelt  steht  m.  W.  die  Notiz,  dass  sich  Nikephoros 
K.  X.  nach  dem  Eintritte  ins  Kloster  N alles  genannt  habe.  Man  findet  sie  in  der  Ueber- 
schrift  des  ersten  Synaxars  des  Triodion  im  Cod.  Vatic.  Reg.  Suec.  182  s.  15  foL  1: 
Tov  fiaxaQiunatov  xal  Xoyitotdtov  xvqov  Nixij(p6gov  KaXXiatov  rov  Say^onovXov  tov  dia 
Tor  j^§iov  xtti  äyyeXixov  a^ijf^ttTog  fifioyo/4ac&^yTog  NdkXov  fioyaxov  Ivya^dgia.  So  be- 
richtet H.  Stevenson,  Codices  mss  graeci  Reginae  Suecorum  et  Pii  PP.  II,  Rom  1888 
S.  123.  Da  aber  ein  heiliger  N alles  m.  W.  nicht  existiert,  ist  wohl  N^iXov  statt  NtxXXov 
zu  schreiben.  Ueber  die  Sitte,  beim  Eintritte  ins  Kloster  einen  Namen  zu  wählen,  der 
denselben  Anfangsbuchstaben  hatte  wie  der  früher  geführte,  vgl.  M.  Treu,  Maximi  mo- 
nachi  Planudis  epistolae  S.  189,  und  Eustathii  Macrembolitae  quae  feruntur  aenigmata  8.  25. 

128.  Nikephoros  Ghregoras  {Nixrj<piJQog  6  rQr]YOQäg),  der  grösste 
Polyhistor  der  zwei  letzten  Jahrhunderte  von  Byzanz,  wurde  1295  im 
pontischen  Herakleia  geboren;  hier  erhielt  er  durch  seinen  Oheim,  den 
gelehrten  Metropoliten  Johannes,  den  ersten  Unterricht.  Als  Jüngling 
begab  er  sich  nach  Eonstantinopel,  wo  er  zu  den  höchsten  Kreisen  der 
theologischen  Gesellschaft  in  nahe  Beziehung  trat.  Der  Patriarch  Johannes 
Glykys,  dem  er  mit  kindlicher  Anhänglichkeit  zugethan  war,  unterrichtete 
ihn  in  der  Rhetorik  und  fand  an  seinem  Talente  solches  Gefallen,  dass 
er  ihm  1320  die  Abfassung  seines  Testamentes  übertrug.  Von  grösserer 
Bedeutung  für  den  Bildungsgang  des  Gregoras  war  der  vielseitige  Gross- 
logothet  Theodoros  Metochites,  der  ihn  in  die  Geheimnisse  der  Astro- 
nomie einweihte;  zum  Danke  interpretierte  Gregoras  mit  den  Kindern  des 
Metochites  die  schwierigsten  Werke  der  Alten.  Nun  kam  der  junge  Ge- 
lehrte an  den  kaiserlichen  Hof  und  gewann  das  Vertrauen  des  Andronikos 
Paläologos  (1282—1328);    er   unterbreitete  demselben   1325   einen   wohl 


294 


Byz^ntinisohe  Litterainrgeiohiohte.    L  Proiaiaohe  Litteraiiur. 


ausgearbeiteten  Plan  zu  einer  chronologischen  Verbesserung  des  Ka- 
lenders; doch  trug  der  Kaiser  Bedenken,  die  Reform  durchzufahren,  weil 
es  zu  schwierig  sei,  die  übrigen  Völker  zur  Annahme  derselben  zu  be- 
wegen.') Als  im  Jahre  1328  der  alte  Andronikos  des  Thrones  entsetzt 
wurde,  verlor  Gregoras  nach  der  in  Byzanz  üblichen  Praxis  als  Partei- 
gänger desselben  seine  Güter;  doch  wurde  ihm  das  Los  der  Verbannung 
erspart,  welches  unter  anderen  seinen  Freund  und  Beschützer  Metochites 
betraf.  Nach  dieser  Katastrophe  gab  Gregoras,  der  längst  einen  Kreis 
von  Schülern  um  sich  versammelt  hatte,  seine  öffentliche  Lehrthätigkeit 
auf,  um  sich  in  stiller  Zurückgezogenheit  astronomischen  und  philosophi- 
schen Studien  zu  widmen.  Bald  aber  wurde  er  durch  einen  Anlass,  der 
auf  sein  ganzes  künftiges  Leben  bestimmend  einwirkte,  von  neuem  an  die 
Öffentlichkeit  gerufen.  Der  lateinische  Mönch  Barlaam  aus  Kalabrien,*) 
ein  in  Philosophie  und  Theologie  wohl  bewanderter  Gelehrter,  von  dem 
Petrarca  Griechisch  gelernt  hat,  begab  sich,  um  die  Lehre  des  Aristoteles 
gründlicher  studieren  zu  können,  nach  Thessalonike  und  später  nach  Kon- 
stantinopel, wo  er  manche  Schüler  um  sich  versammelte.  Durch  heftige 
Angriffe  Barlaams  herausgefordert,  trat  Gregoras  aus  seiner  Abgeschieden- 
heit hervor  und  mass  sich  mit  dem  Kalabresen  im  dialektischen  Kampfe; 
nachdem  er  aus  demselben  als  Sieger  hervorgegangen  war,  wurde  er  vom 
Kaiser  zum  Lohne  in  seine  früheren  Amter  und  Würden  eingesetzt  und 
auch  für  das  öffentliche  Lehramt  wiedergewonnen.  Als  Lehrer  legte 
Gregoras  ein  Hauptgewicht  auf  Naturwissenschaften,  besonders  auf  die 
Astronomie.  In  einem  schmähsüchtigen  Pamphlete  wirft  ihm  ein  Gegner 
vor,  er  habe  keine  Wissenschaft  auf  der  Zunge,  nur  seine  Wohnung  sei 
voll  von  Globen  und  Linien  und  all  sein  Wissen  sei  auf  Brettgestellen 
aufgespeichert.  Der  Streit  mit  Barlaam  barg  aber  die  Keime  weiterer 
Verwicklungen,  welche  Gregoras  zuletzt  in  schweres  Ungemach  stürzten. 
Nach  dem  Tode  des  älteren  Andronikos  (1332)  wurden  die  alten  Versuche 
einer  Wiedervereinigung  beider  Kirchen  erneuert.  Zwei  Abgesandte  des 
Papstes  kamen  1333  nach  Konstantinopel,  um  Verhandlungen  anzuknüpfen. 
Der  Patriarch  übertrug  die  Führung  derselben  dem  Gregoras,  der,  obschon 
Laie,  alle  Bischöfe  an  theologischer  Gelehrsamkeit  und  dialektischer  Ge- 
wandtheit übertraf.  Mit  Eifer  mischte  sich  Barlaam  in  die  Angelegenheit 
und  schrieb,  obwohl  er  ursprünglich  selbst  der  römischen  Kirche  angehörte, 
in  heftigem  Tone  gegen  die  päpstlichen  Gesandten.  Nachdem  der  Plan  einer 
Wiedervereinigung  der  Kirchen  in  den  Hintergrund  getreten  war,  dauerten 
die  Streitigkeiten  auf  griechischem  Boden  fort.  Eine  Synode  1341  ver- 
mochte dem  Zwiste  kein  Ende  zu  setzen,  und  als  1347  Johannes  Kanta- 
kuzenos  den  Thron  bestieg,  entbrannte  der  Fanatismus  der  gegnerischen 
Parteien  durch  die  Teilnahme  des  Kaisers  mehr  als  je.    Nach  mancherlei 


')  Später  behandelten  noch  andere  By- 
zantiner wie  Isaak  Argyros  dasselbe  Thema. 
Es  ist  eine  werkwürdige  Ironie  des  Schick- 
sals, dass  eben  die  Griechen,  von  welchen  die 
Idee  der  Ealenderverbeasemng  ausgegangen 
war,  nachdem  dieselbe  durch  Gregor  Xlil 


wirklich  durchgeführt  ward,  ihren  Beitritt 
bis  auf  den  heutigen  Tag  verweigerten.  Vgl. 
G.  Earabangeles,  'Enujrtjfioyixij  latoQixtj 
diaTQißrj  negl  xrjg  ioqtrjg  %ov  Udcx^t  Kon- 
stantinopel 1894  S.  114  f. 
«)  Vgl.  S.  100-102. 


2.  Geflobiohtaohreiber  und  Chronlaten.    A.  Gesohichtaohreiber.    (§  128)     295 


Schwankungen  des  Kampfes  wurden  die  Ansichten  des  Gregoras,  der 
schliesslich  den  Patriarchen  und  einen  grossen  Teil  der  höheren  Geistiich- 
keit  gegen  sich  hatte,  durch  eine  Synode  1351  verworfen.  Als  er  fortfuhr, 
in  Briefen  an  seine  Freunde  in  Trapezunt  und  Cypern,  besonders  an 
Georgios  Lapithes  sein  Recht  zu  behaupten,  fiel  er  endlich  beim  Kaiser 
völlig  in  Ungnade  und  wurde  in  dem  berühmten  Chorakloster  wie  in  einem 
Gefangnisse  festgehalten  und  streng  bewacht;  erst  nach  zwei  Jahren  ent- 
liess  man  ihn  aus  seiner  Haft.  Endlich  wurde  Gregoras  von  seinen  Geg- 
nern, die  kein  Mittel  der  Verleumdung  scheuten,  angeschuldigt,  in  seinem 
Werke  ehrenrührige  Lügen  gegen  Kantakuzenos  verbreitet  zu  haben;  er 
fiel  von  neuem  in  Ungnade  und  wurde  wahrscheinlich  abermals  einge- 
sperrt. Wann  und  unter  welchen  Umständen  der  viel  gefeierte  und  viel 
verfolgte  Mann  sein  ruheloses  Dasein  beschloss,  ist  nicht  bekannt;  doch 
scheint  er  das  Jahr  1359,  mit  dem  sein  Werk  endet,  nicht  lange  überlebt 
zu  haben.  1) 

Die  schriftstellerische  Thätigkeit  des  Gregoras  umfasst  nahezu  alle 
Gebiete  des  byzantinischen  Wissens,  vorzüglich  Theologie,  Philosophie, 
Astronomie,  Geschichte,  Rhetorik  und  Grammatik.  Auf  eine  voll- 
standige  Beschreibung  seines  reichen  Nachlasses  muss  hier  verzichtet  werden. 
1.  Für  uns  steht  an  Wichtigkeit  obenan  seine  ,Römische  Geschichte* 
(Pfofiai'xTJ  IfftoQia).  Das  Werk  schildert  in  37  Büchern  die  Zeit  von 
1204  bis  1359  und  bildet  demnach  teils  eine  Ergänzung,  teils  eine  Fort- 
setzung des  Pachymeres,  der  mit  1308  abschliesst.  Gregoras  hat  die 
Ereignisse,  welche  seiner  eigenen  Zeit  vorausgehen,  nur  summarisch  be- 
handelt; der  lange  Zeitraum  von  1204 — 1320  ist  in  den  ersten  sieben 
Büchern  zusammengedrängt.  Auch  in  den  übrigen  30  Büchern  ist  die 
Darstellung  ungleichmässig;  in  der  Schilderung  der  dogmatischen  Kämpfe 
wächst  die  Erzählung  zu  unmässiger  Breite  und  wird  zu  einer  förmlichen 
Aktensammlung,  die  in  den  Verband  der  Geschichte  lose  eingeschaltet  ist. 
So  ist  das  Werk  eine  memoirenhafte  Parteischrift  im  vollsten  Sinne 
des  Wortes,  das  subjektiv  gefärbte  Gemälde  eines  grossartigen  kirchlichen 
Gärungsprozesses.  Wie  die  Komposition  so  ist  auch  die  Darstellung  im 
Geschichtswerke  des  Gregoras  ungleichmässig,  zuweQen  sogar  nachlässig, 
ein  Mangel,  der  sich  aus  der  wohlverbürgten  Thatsache  erklärt,  dass  er 


*)  Die  barlaamitiscben  Streitigkeiten, 
welche  mit  blinder  Wut  geführt  worden, 
während  die  gefährlichsten  Feinde  den  klag- 
iicheo  Ueberrest  des  alten  Reiches  bedrohten, 
hjü>en  eine  onübersehbare  Flut  von  Schriften 
hervorgerufen,  die  zum  grösseren  Teil  noch 
in  den  Bibliotheken  der  wohlverdienten  Ruhe 
genieflsen.  Mehrere  Pamphlete  gegen  Gre- 
gorms,  deren  Seichtigkeit  den  Charakter  und 
die  Bildung  seiner  Gegner  im  schlimmsten 
lichte  erscheinen  lässt,  sind  in  der  Bonner 
Aosgabe  des  Gregoras  Praef.  S.  61  ff.  ab- 
gedruckt.  Der  Patriarch  Philotheos  wirft 
ihm  seine  paphlagonische  Abkunft  vor  und 
sagt»  er  sei  noch  schlimmer  als  jene  Paphia- 
inmier,  die  nur  in  der  Sprache  barbarisch, 
in  ihren  Sitten    aber   rein  seien.     Solchen 


Feinden  konnte  Gregoras  wohl  mit  Recht 
den  Vorwurf  machen,  dass  sie  Stellen  in 
seinen  Werken  fälschten  und  interpolierten, 
um  ihn  nachher  zu  verdächtigen:  er  bittet 
daher  seine  Schüler  und  Freunde,  die  Exem- 
plare seiner  Schriften  oft  und  genau  zu 
kopieren.  Unter  seinen  Parteigängern  führte 
neben  Akindynos  vor  allem  Demetrios 
Kydones  eine  scharfe  Feder.  Er  schreibt 
z.  B.  an  den  Patriarchen  Philotheos:  Was 
drohst  du  mir  also?  Willst  du  etwa  deine 
Freundinnen  versammeln,  um  auch  meine 
Reden  zu  verbrennen,  wie  die  eines  anderen 
(des  Gregoras),  der  stets  Tugend  und  Weis- 
heit übte  und  den  Glanz  seines  Lebens  durch 
die  Widerlegung  deines  Wahnes  erhöhte! 
Gregoras  ed.  Bonn.,  Praef,  S.  7t>. 


296 


Bysantiniflohe  Litteratorgeidiiohie.    L  Prosaisehd  Littoratnr. 


I 


einen  grossen  Teil  des  Werkes  unter  höchst  ungünstigen  äusseren  Verl 
nissen  verfasste;  zehn  Bücher  schrieb  er  im  Jahre  1352  während  seine 
Haft  in  kaum  40  Tagen.   Sein  stilistisches  Vorbild  ist  Plato,  den  er  andij 
in  seinen  Dialogen  nachahmt.^) 

2.  Der  grösste  Teil  der  übrigen  Schriften  des  Gregoras,  die  sich 
die  meisten  Gebiete  der  byzantinischen  Produktion  erstrecken,  liegt  n< 
unediert  in  europäischen  und  orientalischen  Bibliotheken.  Von  der  Mannig« 
faltigkeit   ihres   Inhaltes  kann    das   unvollständige   Verzeichnis   Boivin8*)| 
eine  Vorstellung  gewähren.   Es  finden  sich  unter  diesen  wenig  gesichtel 
Massen  Dialoge,   Gebete,  Enkomien,  rhetorische   Schuldeklama« 
tionen,  Reden,  Testamente,  Nekrologe  z.  B.  auf  Georgios  Metochil 
(Cod.  Paris,  gr.  1407  fol.  1 — 11),  eine  Trostrede  an  die  Kaiserin  wegi 
des  Todes  des  Metropoliten  Theoleptos  von  Philadelphia  (Cod.  Vindob.  gr. 
theol.   174   fol.   131^ — 135''),    eine   ebenfalls    an  die    Kaiserin   gericW 
Monodie  auf  Johannes  Chumnos  (Cod.  Vindob.  gr.  theol.  174  fol.  146 — 150] 
Biographien,    grammatische    Schriften   wie   eine   TexvoXoyfa   ypajB- 
(ittTix^g  und  ein  Traktat  Ilegi  oQd^oyQatpiaq^  Exegesen,   so  eine  'Enitoi 
i^TiYYfiiq  ctg  tag  xa&*  ^Ofir>Qov  nXavag  tov  'Odvtftfäwg.  ein  Kommentar 
Synesios  JIcqI  ivvnvtcov^  astronomische  Abhandlungen  wie   llegl   i 
vßQi^ovTcav  Ttjv  MTQovo/iitav^  UaQaxXrjtiKfj  negl  aaxqovoiiiag^  Ilcig  ist  xoro-^ 
axevd^eiv  acTQolaßov;    selbst   jambische   Poesien    werden   verzeichnet.: 
Endlich  hat  Gregoras  wie  fast  alle  hervorragenden  Byzantiner  der  Paläo-' 
logenzeit  (z.  B.  Gregor  von  C3rpern,  Nikephoros  Chumnos,  Theodor  Hyrta- 
kenos,    Georgios    Pachymeres,    Thomas   Magister,    Planudes,    Demetrio» 
Kydones,  Manuel  Paläologos  u.  s.  w.)  eine  reiche  Sammlung  von  Briefen 
hinterlassen,   die  wohl   zunächst  eine  vollständige  Publikation  verdienten. 
Solange  von  dieser  reichen  Kleinlitteratur  nur  ein  geringer  Teil  und  selbst 
dieser  mangelhaft,  fragmentarisch  und  an  schwer  zugänglichen  Orten  ge- 
druckt ist,  wäre  es  wohl  ein  vergebliches  Bemühen,  das  litterarhistorische 
und  persönliche  Gesamtbild  dieses  hochbedeutenden  Mannes,  der  wie  wenige 
andere  für  das  Paläologenzeitalter  eine  geistige  Signatur  bildet,  in  seinen 
feineren  Zügen  mit  zuverlässiger  Treue  auszuführen. 

1.  Ausgaben  und  Hilfsmittel:  A.  Geschichtswerk:  In  lat.  Uebersetzung  (mil 
Zonaras,  Niketas  und  Chalkondyles)  Lutetiae  1567 ;  Francofurti  ad  M.  1578.  —  Vom  griecb. 
Texte  zuerst  Buch  1—11  ed.  H.  Wolfius,  Basileae  1562.  —  Buch  1—24  ed.  J.  Boivinus, 
2  voll.,  Paris  1702.  —  Wiederholt  Venedig  1729.  —  Im  Bonner  Corpus  B.  1—28  ed.  X 
Schopen,  2  voll.,  Bonnae  1829—30;  B.  24—37  ed.  pr.  (nach  einem  von  H.  Brunn  kopierten 
Vatic.  und  einem  Paris.)  I.  Bekker  als  3.  vol.  Bonnae  1855.  —  Wiederholt  bei  Migne, 
Patr.  gr.  148  und  149,  1—502.  —  Das  37.  Buch  (nach  der  Zählung  der  Bonner  Ausgab« 
das  36.)  ed.  mit  französischer  Uebersetzung  Val.  Parisot,  Notices  et  extraits  17  (1851 
2,  1 — 406  (nebst  handschriftlichen  Notizen  und  einem  historischen  Kommentar).  —  Zan 
Wortschatz  vgl.  L.  Dindorf,  Jahns  Jahrb.  99  (1869)  466.  —  Zur  sachlichen  Erläuterung 
Tim.  Florinskij,  Die  Sttdslaven  und  Byzanz  im  zweiten  Viertel  des  14.  Jahrb.,  2  voll. 
Petersburg  1882  (russ.).  —  St.  Novakoviö,  Das  Strymongebiet  im  14.  Jahrhundert  um 
der  Kaiser  Stefan  Duäan,  Belgrad  1893  (=  Glas  36  der  k.  serb.  Akademie). 

B.  Exegese  zur  Odyssee:  Ed.  P.  Matranga,  Anecdota  Gr.  2,  520—531.  — 
R.  Horcher,  Zu  Nikephoros  Gregoras  De  erroribus  Ulixis,  Philologus  8  (1853)755—758 
gibt  Varianten  ans  einer  Wiener  Handschrift.  —  Kommentar  zu  Synesios:  Ed.  Dien 
Petavius,   Opera  Synesii,  Lutetiae  1632  S.  351—429  (auch  1612  und  1640).  —  Dialoi 


*)  Vgl.  den  Brief  des  Akindynos,  Gre- 
goras ed.  Bonn.  Praef.  S.  70. 


*)  Gregoras  ed.  Bonn.  Praef.  S.  44— 5i 


2.  GcMliiohtschreiber  und  Chronisten.    A.  Oesohiohtoohreiber.   (§  128)    297 

i>^^rr«<K  17  neQi  aoq>iag:  Ed.  A.  Jahn,  Jabns  Jahrb.  Supplementb.  10  (1844)  485—536; 
»nda  11  (1845)  387— 392  Emendationen  zum  Texte.  -  Zu  diesem  Dialoge  vgl.  Th. 
peDskij,  Die  philosophische  und  theologische  Bewegung  im  14.  Jahrb.,  Joom.  Min. 
Iksanfkl.  1892,  Bd.  279,  Jannarheft  S.  1—64.  Wiederholt  in  dem  Buche  .Skizzen  zur 
schiebte  der  byzantinischen  Kultur*^,  Petersburg  1892  S.  246  ff.  —  EineRedeanKaiser 
idronikos  111  Paläologos  (1328—1341)  ed.  Westermann,  Exoerptorum  ex  biblioth. 
ul.  Lipsiensis  libris  mss  p.  1,  Progr.  Leipzig  1865.  —  Gedächtnisrede  auf  Theodoros 
»tocbites:  Ed.  J.  Meursiusin:  Theodori  Metochitae  historiae  Romanae  liber  singularis, 
gd.  Bat  1618.  —  Lobrede  auf  des  Nikephoros  Vaterstadt,  das  pontische  üera- 
ea  ed.  C.  N.  Sathas,  Annuaire  de  Tassoc.  14  (1880)  217—224.  —  Ueber  die  von  Gregoras 
genommene  Ergänzung  der  Harmonik  des  Ptolemaeos  und  die  Wiederlegung  dieser  Er- 
izung  durch  den  kalabrischen  Mönch  Barlaam  handeln  Carl  v.  Jan,  Die  Harmonie  der 
b&ren.  Pbilologns  52  (1893)  33  f.,  und  Franz  Boll,  Studien  über  Claudius  Ptolemaeus,  Jahns 
irb.,  Supplementb.  21  (1894)65  und  100  f.  —  Briefe:  Einer  angeblich  in  Opuscula  Theoduli 

L.  Normann,  Upsala  1693.  —  Ein  zweiter  von  Xaver  Berger,  Aretin*s  Beiträge  zur 
schichte  und  Litteratur  4  (1805)  609—  619.  —  Andere  von  A.  Mustoxydes,  IvXXoytj 
Xfjyixay  ayixdoitoy,  *Ey  B^yeriif,  6.  Heft;  A.  Cramer,  Anecd.  Oxon.  4  (1837)  426—432; 
.  Boissonade,  Anecd.  gr.  3  (1831)  187—199.  —  Audi  L.  Kollar  scheint  eine  Aus- 
be  geplant  zu  haben;  wenigstens  findet  sich  im  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  174  iNessel), 
r  Briefe  des  Gregoras  enthält,  fol.  15**  am  Rande  die  Bemerkung   «Epistolas  has  usque 

p.  57  Latinitate  jam  donavit  Adam  Eollarius,  Pannen.  Veteromontanus,  BibL  Caes. 
stoe,  A.  1749,  24.  Junii*.  Das  Ms  dieser  Uebersetzung  dürfte  wohl  in  der  Wiener  Hof- 
>liothek  liegen.  —  Die  grammatischen  Schriften  scheinen  wenig  gesichert  zu  sein.  Ein 
aktat  Hcfc  yQafifiauxij^,  der  im  Cod.  Vatic.  895  fol.  220  dem  Nikephoros  Gregoras  zu- 
schrieben wird  und  der  vielleicht  mit  der  von  Boivin  aus  einem  Cod.  Paris.  Reg.  ver- 
ichneten  Schrift  Ilegi  xayoytjy  dataciag  identisch  ist.  gehört  in  Wahrheit  dem  Georgios 
loiroboscos;  vgl.  A.  Hilgard,  (rrammatici  Graeci  IV  2  (1894)  S.  LXXXIL 

Sammelausgabe:  Migne,  Patr.  gr.  148  und  149,  1—671.  Sie  enthält  das  Ge- 
liichtswerk,   ein   Martyrium,   den  Kommentar  zu  Synesios  IJe^l  iyvnyiwy,  ein  Fragment 

8  Dialogs  Florentios,  16  Briefe. 

2.  Ueberlieferung:  Für  die  kleineren  Schriften  des  Gregoras  kommen  namentlich 
le  R«ihe  von  Sammelhss  in  Betracht  z.  B.  die  Codd.  Bodl.  Barocc.  48,  s.  15;  Vindob. 
eoL  gr.  174  (Nessel);  Monac.  gr.  10  u.  a. 

3.  Leben  und  Werke:  Boivin,  ed.  Bonn.  Praef.  19—96.  —  Ueber  die  Beziehungen 
Barlaam  und  Kantakuzenos  s.  J.  Eantakuzenos,  ed.  Bonn.  vol.  1, 543 — 557;  3, 171 — 184 
d  sonst  —  Acta  et  diplomata  Graeca  medii  aevi  edd.  Miklosich  et  Müller  2,  101-216; 
S;  243;  490.  -  C.  Hopf,  De  historiae  ducatus  Athen,  fontibus  S.  68  f.  —  Vgl.  auch  die 
tteratnr  zu  §  81  und  129,  besonders  Parisot. 

4.  Die  Turiner  Kompilation:    Im   Cod.  Taur.    189  b.  IL  43   (jetzt  B.  V.  13», 

15,   fol.  102—574,  steht  ein  angeblich  die  Zeit  von  Alexios  Komnenos   bis  auf 

ichmel  Palaeologos  umfassendes  Geschichtswerk,  welches  nach  Jos.  Pas  in  i,  Codices 

»  bibL  regii  Taur.  Athenaei  1  (1749)  285,  ein  Auszug  aus  Anna  Komnena  und  Nike- 

loros  Gregoras  sein  soll.    Das  kann  schon  deshalb  nicht  zutreffen,  weil  wir  dann  für 

9  Zeit  von  1118—1204  keine  Quelle  hätten.  In  der  Hs  selbst  fol.  102  steht  von  ganz 
iter  Hand  der  Vermerk  (og  oifxm  /oii'taTotr,  und  in  der  That  müssen  als  Bestandteile 
Jier  noch  Niketas  Akominatos,  vielleicht  auch  Kinnamos  und  Pachymeres  an- 
nommen  werden.  Merkwürdigerweise  aber  handelt  der  Schlussteil  nicht,  wie  man  nach 
n  Angaben  Pasinis  erwarten  müsste,  von  Michael  Palaeologos,  sondern  von  den  iberi- 
hen  Wirren  unter  Konstantin  Monomachos,  also  von  einer  Zeit,  die  etwa  50  Jahre 
r  dem  angeblichen  Beginne  des  ganzen  Werkes  liegt.  Hauptquelle  list  hier,  soweit  ich 
ch  C.  O.  Zorettis  und  meinen  eigenen  Notizen  sehen  kann,  Kedrenos  bezw.  Skylitzes. 
18  Stück  des  Kedrenos-Skylitzes  II  572,  17—573,  15  (ed.  Bonn.)  steht  mit  unwesentlichen 
»Weichlingen  in  der  Turiner  Hs  fol.  572^— 573^^.  Dann  aber  fährt  die  Hs  fort:  «^/lyyoV 
'^fjq  T17C  IßrjQittg  xtti  Ußatryiag,  toy  cT  av  AMaqltrjy  dia  ßiov  aQX^^^  ^V^  Mealas  Biyai^ 
t  xai  6  ßaalXevg  t6  TeßQi^ioy  xai  ro  Xsyo/ieyoy  T€<pXijg  xai  trjy  BaaanQaxayiay  xai  ttjy 
w  Uriov  x^Qay  i<f*  kavtoy  inoiijcaro  ta  re  xard  toy  IxqdyfM  toy  ntnafiov  xai  tijy 
i^r  xov  'Otqov  XByouiytjy  xai  rag  ixeias  noleig  ts  xai  td  g>Q0VQia  to  re  Xeyofietfoy 
»rC*  «ai  ttjy  KtunQoxatfitjy  xai  to  *Ißdy  ix  tfjg  t(oy  To^ovt{ay  *lßiJQü)y  av&eyriag  tvyxdyoyra, 
m^tog  Ti  xai  BagaaßarCi  ol  iy  tt^  tot  "A&wyog  oQSi  ttjy  negifpay^  tvjy  'ißtjguty  /noyi^i 
'Ctfi^dfdByoi  TiQog  ßaaiXia  nqoaidgafioy  xai  tpi^XofpQÖytag  i^ix^tioay.  Hier  sind  mehrere 
Agmben,  die  nicht  nur  bei  Kedrenos  und  Skylitzes,  wenigstens  in  der  lateinischen  Ueber- 
tzung  von  Gabius  (S.  115),  sondern  auch  in  den  übrigen  Geschichtsquellen  dieser  Zeit 
ie  Peellos,  Michael  Attaliates  und  Zonaras  fehlen.  Damach  ist  zu  vermuten,  dass  der 
3mpilator  nicht  den  Skylilzes  selbst,  sondern  eine  verlorene  oder  versehoUene 


298 


Bysantiniflohe  Litieratargeichichte.    L  ProMdsohe  Lüteratar. 


Vorlage  desselben  benützt  hat.  Wie  nun  die  ganze  Erzählung  an  den  Schltus  des  Weii[< 
gelangte,  vermag  ich  mit  Hilfe  meiner  Exzerpte  nicht  festzustellen.  Es  ist  zu  vermuten.] 
dass  die  Kompilation  früher  als  mit  Alexios  Eomnenos  begann  und  dass  durch  eine] 
Quatemionen Verwirrung  dieser  Kaiser  an  den  Anfang  und  die  Zeit  des  Monomachos 
den  Schluss  des  Werkes  geriet.  Eine  Ausscheidung  und  Verüffentlichung  der  unbekannteaj 
Quelle  der  Kompilation  neben  einer  genauen  Untersuchung  ihrer  übrigen  Bestandtefl«] 
und  des  etwaigen  Nutzens  für  die  Kritik  der  ausgeschriebenen  Autoren  wäre  hOcl 
wünschenswert. 

129.  Johannes  VI  Eantakuzenos  {*I(odvvr]g  6  Kavraxov^rjvoc)  nimml 
unter  den  Kaisern,  welche  die  Geschichte  der  byzantinischen  Litteral 
verzeichnet,  wohl  die  erste  Stelle  ein.  Durch  seine  Mutter  wie  durch  sein« 
Gemahlin  mit  den  Paläologen  nahe  verwandt,  diente  er  dem  Herrsche] 
hause  als  Grossdomestikos  und  Präfekt  von  Thrazien.  Als  er  nach  dei 
Tode  des  Paläologen  Andronikos  III  von  der  Hofpartei  völlig  verdräng 
zu  werden  drohte,  liess  er  sich  1341  zum  Kaiser  krönen,  konnte  sich  j< 
doch  erst  nach  einem  furchtbar  verderblichen  dynastischen  Kriege 
Jahre  1347  der  Hauptstadt  bemächtigen  und  die  Anerkennung  der  Pall 
logenpartei  für  eine  vormundschaftliche  Regierung  erringen.  Noch 
kräftigsten  Alter  stehend,  wurde  er  1355  von  dem  rechtmässigen  Thron- 
folger Johannes  V  Paläologos  durch  einen  kühnen  Handstreich  zur  Ab-i 
dankung  gezwungen  und  vertauschte  den  Purpur  mit  dem  Mönchsgewand. 
Anfänglich  wählte  er,  als  Mönch  Joasaph  genannt,  das  Manganakloster 
(fiovrj  TCöv  Mayyavcov)  in  Konstantinopel  zu  seinem  Aufenthalt,  später  ein 
Athoskloster;  er  starb  1383  im  Peloponnes  und  wurde  neben  seinen  Söhnen  1 
in  Mysithra  (Mystras)^)  begraben.  Während  seiner  unfreiwilligen  Zurück- < 
gezogenheit  widmete  sich  der  vielerfahrene  und  gebildete  Mann  wissen- 1 
schaftlichen  Studien  und  litterarischer  Thätigkeit.  i 

Sein  Hauptwerk  sind  die  4  Bücher  Geschichten  {^Ictoqicov),   in^ 
welchen  die  Geschichte  des  byzantinischen  Reiches  von   1320 — 1356   (in' 
einzelnen  Notizen  bis  1362)   dargestellt  ist.     Die  Einleitung    des  Werkes - 
bildet  ein  Briefwechsel  zwischen  zwei  fingierten  Personen,  Nilos  und  Christo- 
dulos.     Von  Nilos    aufgefordert,   seine.  Geschichte  zu   erzählen,  versichert ' 
Christodulos  ganz  ähnlich  wie  Akropolites,  er  werde  sine  ira  et  studio 
schreiben  und  nur  über  Dinge  berichten,   die  er  selbst  erlebt  und  beob- ' 
achtet  habe.  2)     Über  seine  Vorgänger,   unter  denen   er    vornehmlich   den 
Gregoras  versteht,  fällt  er  ein  strenges  Urteil  und  wirft  ihnen  absieht^ 
liches  Verschweigen   der  Wahrheit  vor.    Allein  seine  eigene  Objektivität 
scheitert  an  derselben  Klippe,  welche  der  historischen  Treue  seines  grossen 
Gegners  im  Dogma  gefährlich  wurde.     Auch   er  schildert  Ereignisse,   in 
welchen  er  selbst  eine  bedeutende,   zum  Teil   die    erste  Rolle  spielte.     So 
wird  sein  Werk  in  einem  noch  höheren  Grade  als   das   des  Gregoras  zur 


')  Mysithra  in  Lakonien  spielte  im  letzten 
Jahrhundert  des  byzantinischen  Reiches  als 
Sitz  eines  griechischen  Despotats  eine  be- 
deutende Rolle  und  wurde  zu  einem  Sammel- 
platz von  Edelleuten  und  Gelehrten,  der  sich 
mit  italienischen  Ftlrstenhöfen  vergleichen 
lässt.  S.  F.  Gregorovius,  Geschichte  der 
Stadt  Athen  2  (1889)  280  ff.  Zur  Erklärung 
des  griechischen  Namens  der  Stadt  (o  ifvC*;- 


&Qag,  MvaxQäs)  vgl.  die  treffliche  Arbeit 
von  G.  N.  Hatzi dakis,  Viz.  Vr.  2  (1895) 
58-77. 

*)  Ov  ydg  dnBX^^lff  tivl  fj  g>iXi^^ 
i^  (oy  t6  fpevdog  in'i  noXi'  xiuxBxai,  nQOf 
xovxovg  vnijx^rjy  xovs  Xoyovg,  dXX*  itXrj&eiag 
ivBxa  xai  nQos  dXrj&elag  iQttaxfjy  xovxovf 
noiovfjLtth  XL  s.  w.    Vol.  I  10  ed.  Bonn. 


2.  GaMhiohtsolireiber  und  Ghroniiten.    A.  Qesohiohtsohreiber.    (§  129)     299 

rteischrift,  zu  einer  grossen  Apologie  seiner  eigenen  Wirksamkeit, 
irch  diese  einseitige  Betonung  seiner  Person  leidet  nicht  nur  die  Richtig- 
it,  sondern  auch  die  Vollständigkeit  und  Übersichtlichkeit  der  Darstel- 
ig.  Wir  erfahren  zwar  eine  Menge  hübscher  Details,  und  manche  Er- 
^nisse  wie  der  nächtliche  Marsch  auf  Eonstantinopel  (1328)  werden  sogar 
)ensvol]  und  genau  geschildert;  es  kommt  aber  nicht  zu  einer  prag- 
itischen  Verarbeitung  des  ganzen  Stoffes ;  grosse  Partien  bleiben  in  völ- 
em  Dunkel,  und  über  den  ins  Licht  gestellten  herrscht  das  ziemlich 
verhüllte  Bestreben,  alles,  was  Kantakuzenos  und  seine  Freunde  thaten, 
(  gut,  klug  und  rechtlich  darzustellen,  um  diese  kaiserlichen  Memoiren 
r  geschichtliche  Forschung  verwerten  zu  können,  ist  eine  stete  Ver- 
dickung mit  anderen  zeitgenössischen  Berichten,  vor  allem  mit  Gregoras 
erlässlich  ;^)  sein  Werk  und  das  des  Kaisers  ergänzen  und  berichtigen 
:h  gegenseitig,  nicht  bloss  in  der  Tendenz,  sondern  auch  stofflich;  denn 
egoras  erzählt  auch  die  äussere  Geschichte,  während  Kantakuzenos  sich 
st  völlig  auf  die  inneren  Streitigkeiten  beschränkt.  Wie  sich  beide 
Inner  im  Leben  schroff  gegenüberstanden,  so  ist  auch  in  ihrer  wissen- 
liaftlichen  Richtung  ein  Gegensatz  bemerkbar.  Selbst  der  später  so  be- 
otsam  gewordene  Streit  zwischen  Aristotelikern  und  Platonikem  ist  in 
egoras  und  Kantakuzenos  schon  verkörpert;  der  erstere  folgt  dem  Plato, 
r  letztere  kommentiert  aristotelische  Schriften.  Das  beste  Urteil  über 
miakuzenos  hat  Gibbon^)  ausgesprochen:  „Der  Name  und  die  Stellung 
s  Kaisers  J.  Kantakuzenos  flössen  uns  wohl  das  lebhafteste  Interesse 
I.  Seine  Memoiren  über  40  Jahre  erstrecken  sich  von  der  Erhebung 
s  jüngeren  Andronikos  bis  zu  seiner  eigenen  Abdankung,  und  man  be- 
irkt,  dass  er  wie  Moses  und  Caesar  in  den  Szenen,  die  er  beschreibt, 
»  wichtigste  Rolle  spielte.  Doch  suchen  wir  in  diesem  beredten  Werke 
rgebens  die  Aufrichtigkeit  eines  Helden  oder  eines  Büssers.  Er  hat 
h  von  den  Lastern  und  Leidenschaften  der  Welt  in  ein  friedliches 
oster  zurückgezogen,  bietet  uns  aber  keine  Beicht,  sondern  eine  Apo- 
de  des  Lebens  eines  ehrgeizigen  Staatsmannes.  Anstatt  die  wahren  Ab- 
hten  und  Charaktere  der  Personen  zu  entfalten,  entwickelt  er  uns  nur 
f  glatte  und  glänzende  Oberfläche  der  Geschehnisse,  die  mit  seinem  und 
ner  Freunde  Lob  überreichlich  aufgeputzt  ist.  Ihre  Motive  sind  immer 
n,  ihre  Zwecke  immer  legitim;  sie  verschwören  sich  und  rebellieren 
Qe  selbstsüchtiges  Interesse ;  die  Gewalt,  welche  sie  üben  oder  ertragen, 
rd  als  die  spontane  Wirkung  der  Vernunft  und  Tugend  gefeiert. "  Ganz 
htig  sagt  auch  Parisot:  „Die  Details  sind  wahr;  das  Ganze  aber  täuscht 
jr  sucht  zu  täuschen.* 

In  formaler  Hinsicht  hat  das  Werk  bedeutende  Vorzüge;  es  ist 
iheitlich  in  der  Komposition  und  im  Tone.  Der  Grund  des  straffen  Zu- 
nmenhanges  liegt  vornehmlich  darin,  dass  sich  das  Ganze  um  einen 
ten  Mittelpunkt  gruppiert,  um  die  Person  des  Verfassers.  So  handelt 
9  erste  Buch  über  Kantakuzenos  als  Günstling  des  präsumtiven  Thron- 
)en,  das  zweite  über  Kantakuzenos  als  ersten  Staatsminister,  das  dritte 


')  Die  Hmaptstelle  über  das  Verhältnis 
I  K.  in  Gregoras  ist  B.  4,  24  f.   (vol.  3, 


171—184  ed.  Bonn). 

*)  Hist.  of  tlM  decline,  chapter  63. 


300  Bysaniiiiisolie  Litterainrgesohichte.    L  Prosaisohe  Littmratiir. 

über  Kantakuzenos  als  Mitbewerber  um   den  Thron,  das  vierte  em 
über  Kantakuzenos   als  Regenten    und  über  die  Ursachen  seines  Falli 
In  seiner  Sprache  verrät  Kantakuzenos  nicht  eine  so  umfassende  Bel( 
heit  wie  Gregoras;  er  schreibt  aber,  vielleicht  gerade  deshalb,  etwas 
facher  und   verständlicher.     Trotz  seines  klassischen   Tones  enthält 
Werk  eines  der  frühesten  Denkmäler  der  vulgärgriechischen  Prosa;  es  ii 
ein  Brief  des  Sultans  an  den  Kaiser,  den  Kantakuzenos  wörtlich  mil 
(B.  4,  14  =  vol.  3,  94—99  ed.  Bonn.).     Parisot   meint,  der  Brief  sei 
von  Kantakuzenos  ins  Griechische  übersetzt  worden;   er  ging  aber  siel 
in  der  vulgärgriechischen  Form  vom  Sultan  aus;  das   zeigen  schon 
Worte,  mit  denen   das  Schriftstück  angeführt  wird:   Inefine  di  xoi 

Ausser  dem  Geschichtswerke  verfasste  der  Kaiser  eine  Paraphrai 
der  ersten  fünf  Bücher  der  Nikomachischen  Ethik  (z.  B.  im  Cod.  Bril 
Mus.,  Addit.  Ms.  19060)  und  eine  Reihe  von  theologischen  Schrift( 
(vgl.  S.  105). 

1.  Ausgaben:   Gescbichtswerk:  Zuerst  lateinisch  ediert  von  Jao.  Pontam 
Ingoist.  1603.   —  Dann  von  einem  Ungenannten  Graece  et  Latine,  3  voll.»  Paris  1645. 
Wiederholt  Venedig  1729.  —  Im  Bonner  Corpus  ed.  J.  Schopen,  3  voll.  Bonnae  1828— t 
mit  den  Beilagen  der  Pariser  Ausgabe;  der  Text   ist  gefördert  durch   Emendationen  vi 
Niebuhr  und  Heinrich  Qrauert  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  153  und  154,  1 — 7] 
mit  den  Schriften  gegen  die  Mohamedaner  und  gegen  Barlaam. 

2.  Hilfsmittel:  M.  Hanke,   De   byzant.   rer.  scriptor.  S.  602—626.    —   J. 
Hammer,  De  byz.   bist,   ultim.  scriptor.  ex  bist.  Osmanica  elucidandis  et  corrigendis, 
den  Comment.  societatis  reg.  scient.  Gottingensis,  cl.  bist,  et  pbil.  6  (1823—27)  233— f 
—  Zur  sachlichen  Erläuterung  das  S.  296  zitierte  Werk  von  T.  Florinskij  und  desse* 
Verf.  Schrift:  Andronikos  der  Jfingere  und  Johannes  Kantakuzenos,  Joum.  Min.  1879  Bd. 
Juli— August  S.  87-143;   219—251;   Bd.  205  Sept.— Okt.  S.  1—48;   1880  Bd.  208  " 
und  April  S.  327—334.    Vgl.  Archiv  slav.  Phil.  4  (1880)  716.  —  Den  Bericht  des  ~ 
kuzenos  über  die  Krönung  Andronikos  III   (1325)  illustriert  W.  Fischer,   Eine 
krOnung  in  Byzantion,  Zeitschr.  für  allgemeine  Geschichte  4  (1887)  81—102.  —  Nerataoi 
'0  ßaaiXevs  fioyaxog  'lütaaatp,  Nea    HfiCQa  vom    13. '25.  Juli  1891,- Nr.  867,  handelt  flb< 
einige  mit  Unrecht  auf  Kaiser  Johannes  Kantakuzenos  zurückgeführte,  in  Wahrheit  von  ded 
serbischen  Fürsten  Johannes  Urosh  stammende  Reliquien  im  Kloster;  r^g  MerttfioQ^ptiai^ 
in  Meteora.  —  Hauptschrift:  Val.  Parisot,    Cantacuzäne,   homme   d'ötat  et  historiell 
Paris  1845. 

3.  Ein  Zeitgenosse,  Simon,  Erzbischof  von  Theben,  richtete  an  Johannei 
Joasaph  14  jambische  Trimeter,  in  welchen  er  die  Tapferkeit  des  Kaisers  und  die  FrOnunJl 
keit  des  Mönches  pries;  sie  stehen  z.  B.  im  Cod.  Marc.  151  fol.  208. 

4.  Biographie:  Eine  kurze,  in  der  Hs  übrigens  am  Schlüsse  verstümmelte  Bio 
graphie  des  Kaisers  Johannes  Kantakuzenos  verfasste  in  neugriechischer  Sprache  der  V" 
seine  Zeit  und  Umgebung  recht  gelehrte  Arzt  Johannes  Komnenos  (geb.  1657;  171 
Bischof  von  Dristra;  f  1719  zu  Bukarest):  loannis  Comneni  medici  Vita  loannis  Cantacoi 
Romaeorum  Imperatoris  ed.  Chrysanthus  Loparev,  Petropoli  1888.  Ueber  das  Lei 
und  die  sonstigen  Schriften  dieses  Johannes  Komnenos,  der  für  den  letzten  Sprössling  da 
Kaiserhauses  der  Komnenen  gilt,  vgl.  die  Einleitung  von  Loparev  und  die  eingehend 
Untersuchung  von  A.  Papadopulos  Kerameus  JeXrioy  2  (1885—89)  667—679. 

5.  Name:  Dass  sich  Johannes  als  Mönch  Joasaph  nannte,  ist  sicher  bezeugtes 
im  Geschichtswerk  III  307,  6  ed.  Bonn.,  in  dem  oben  erwähnten  Gedichte  des  Simon  iiaj 
in  der  Einleitung  des  Werkes  gegen  die  Juden,  wo  er  berichtet,  früher  habe  er  den  Porp^ 
getragen,  nun  aber  sei  er  Mönch  und  beisse  Joasaph.  Dagegen  lesen  wir  in  der  Ueber 
Schrift  desselben  Werkes:  XQiaro&ovkov  fÄoyaxov  (z.  B.  Cod.  Marc.  151),  und  in  dem  da 
Geschichtswerk  einleitenden  Briefwechsel  (s.  o.  S.  298)  ist  unter  Christodulos  ebenfall 
der  Kaiser  zu  verstehen.  Er  hat  also  Christodulos  als  eine  Art  Schriftstellerpseudonyl 
geführt. 

130.  Johannes  Elananos  (Icoawrjg  6  Kavavog)  ergriff  aus  einem  ähn- 
lichen Anlasse  die  Feder  wie  einst  Theodosios  von  Syrakus  und  Johanna 


Gttsohiehtsclireiber  und  Chronisten.    A.  Qeiohiohtflchreiber.    (§§  130—131)    301 

Ibmeniates.     Im  Sommer  des  Jahres  1422  hatte  Murad  11  beschlossen, 
pm  Reste  des  Rhomäerreiehes  den  Todesstoss  zu  versetzen.   Er  sammelte 

Ken  50000  Krieger  vor  der  Stadt  und  unternahm  am  24.  August  einen 
rm  auf  die  Mauern ;  doch  wurden  die  Türken  durch  die  tapfere  Gegen- 
Irehr  des  Volkes  zurückgeschlagen  und  verloren  sogar  ihre  Belagerungs- 
Aikschinen.  Als  bald  darauf  der  Bruder  Murads  mit  einem  Heere  vor 
Kossa  erschien,  um  sich  des  Thrones  zu  bemächtigen,  sah  sich  der  Sultan 
^nötigt,  die  Belagerung  aufzuheben.  Eananos,  der  die  Rettung  der  Stadt 
pie  einst  der  Patriarch  Sergios  der  Hilfe  der  hl.  Jungfrau  zuschreibt, 
Iriiildert  das  Ereignis  in  einer  Schrift,  die  den  Titel  führt:  'Icaävvov  xov 
^tui^Yov  Jtrjr^tfig  ttsqI  tov  iv  KwvfSTavtn'ovnoXst  yeyov&tog  nolsfiov  xard 
i  ,^'jhi''  ^^og,  ot€  0  'AfiovQag  nti'g  naQäjieffe  Tavij]  fieTcc  dvvdfiecog  ßageiag 
na^  oXi'yov  tavrtjv  ixQccrei^  el  fit]  rj  vnäQayvog  fiyjvtjQ  tov  xvqiov  Tavtt^v 
ila^€.  Eananos  ist  ebensowenig  Historiker  von  Fach  wie  Theodosios 
Kameniates;  er  versteht  nicht  einmal  die  byzantinische  Kunstsprache 
gebrauchen;  aber  gerade  die  Naivität  seiner  Diktion  verleiht  dem 
iftchen  Reiz.  Merkwürdig  ist,  dass  die  Darstellung  sich  im  Verlaufe 
Erzählung  immer  mehr  dem  volksmässigen  Idiome  nähert,  bis  der  Ver- 
T  endlich  bei  der  Beschreibung  des  Hauptsturmes  sich  ganz  vergisst  und, 
der  Erregung  fortgerissen,  jede  Rücksicht  auf  die  schriftsprachliche  Kon- 
inienz  bei  Seite  setzt.  So  gewinnt  die  Erzählung  trotz  des  weinerlichen 
>nes  und  trotz  der  Schwerfälligkeit  des  Stiles  eine  gewisse  Frische  und 
anschaulicher  und  verständlicher  als  die  rauschenden  Perioden- 
\me  mancher  Fachhistoriker  von  Byzanz.  Während  jene  durch  ihre 
iterie,  Völker,  Orte,  Zeiten  und  sonstige  Begriffe  mit  attischen  Aus- 
:en  zu  belegen,  häufig  undeutlich  werden,  erfahren  wir  aus  Kananos 
authentischen  Namen  von  Truppengattungen,  Waffen,  Belagerungs- 
lugen  u.  s.  w. 

Ed.  pr.  Leo  All at ins,  Paris  1651    (mit   Joel  und  G.  Akropolites).    —   Im  Bonner 
ed.  I.  Bekker,  Bonnae  1838  (mit  G.  Phrantzes  und  J.  Anagnostes).  —  Wiederholt 
i  Migne,  Patr.  gr.  156,  61—81. 

181.  Johannes  Anagnostes   (IcDovvrjg  6  UvaYvoitfTrjg)    aus    Thessa- 
Sknke  beschrieb  auf  Ersuchen  einer  hohen  Persönlichkeit  die  Eroberung 
JKmer  Vaterstadt  durch   die  Türken  im  Jahre   1430:   Jtijyrjtng  ncQi  zrjg 
'vtcäag  aXdaswg  tfjg  Oeacalovfxrjg  avvted-etaa  ngog  Tirva   tdv  cc^ioXoycov 
\g   ahfjaavra  negl  favrrjg^    iv   initofKi).     Chronologisch   steht  Ana- 
dem  Eananos  nahe,  der  kurz  zuvor  einen  verwandten  Gegenstand 
[iBKhildert  hatte.    Doch  sind  beide  in  der  Behandlung  ihres  Stoffes  ziem- 
verschieden.    Während  Kananos  in  volkstümlicher  und  naiver  Weise 
tjane  Eindrücke  wiedergibt,  strebt  Anagnostes  sichtlich  nach  kunstgemässer 
ipiemng  und  reinlicher  Gräzität.   Seine  Erzählung  ist  im  ganzen  sach- 
and    glaubwürdig;   abgesehen  von  der   Einleitung,    wo   er  in   einen 
4vemerlichen  Predigerton  verfällt,  hält  er  sich  von  Übertreibung  und  De- 
;iion  ferne.     Die  übUchen  Zitate  aus  Homer  und  der  hl.  Schrift  hat 
't  mit  den  Fachhistorikem,  denen  er  nacheifert,  gemein. 

Ed.  pr.  LeoAllatius,  £vfAfiixrt(,  Coloniae  Agrippinae  1653.  —  Mit  Genesios,  Vene- 
^i|  1788.  —  Im  Bonner  Corpus  ed.  I.  Bekker,  Bonnae  1888  (mit  Phraatzes  und  Eananos). 
WMeAoU  bsi  Mi^ne,  Patr.  gr.  156,  588-682, 


302  Bysanünische  Lüteratargesohiehte.    I.  Prosaisohe  Lüteraior. 


132.  Laonikos  Chalkondyles  {Aaovixog  o  XaXxovivXrjg)  stammte 
einer  vornehmen  Familie  Athens,  welche  um  die  Mitte  des  15.  Jahrhundei 
durch  die  djmastischen  Fehden  der  fränkischen  Beherrscher  vertriel 
nach  Italien  flüchtete.  Laonikos  verblieb  in  Griechenland  und  hatte  rei< 
liehe  Gelegenheit,  die  blutigen  Kämpfe  der  fränkischen  und  griechiscl 
Herren  unter  sich  und  mit  den  Türken  aus  der  Nähe  zu  betrachten.  AM 
Gesandter  an  Murad  ü  wurde  er  von  demselben  gefangen  gehalten;  daC 
selbe  Los  erlitt  er  zum  zweitenmale  1446  als  Abgesandter  des  Despol 
von  Lakonien  Konstantin  Dragasis.  Über  seine  weiteren  Schicksale 
nichts  bekannt;  doch  erlebte  er  noch  den  Fall  von  Konstantinopel 
Trapezunt  (1461).  Laonikos,  der  einzige  Athener,  den  die  byzanl 
Litteraturgeschichte  kennt,  verfasste  10  Bücher  "^laroQKav  über  die  Z« 
von  1298 — 1463.  Der  fundamentale  Unterschied  dieses  Werkes  von  alleri 
früheren  Leistungen  der  byzantinischen  Geschichtschreibung  liegt  in  diii 
Thatsache,  dass  hier  nicht  mehr  Byzanz,  sondern  der  türkische  Stad 
im  Mittelpunkt  der  Erzählung  steht.  Laonikos  schildert  nicht  den  Toded 
kämpf  des  griechischen  Kaisertums,  nicht  die  kleinlichen  Intriguen  \ai 
die  dogmatischen  Streitigkeiten  der  Byzantiner  wie  Gregoras  und  Kant« 
kuzenos,  sondern  ein  grosses  und  neues  Thema,  die  ungeheure  Macht 
entwicklung  des  jungen  Osmanenreiches ,  das  sich  auf  den  Trümmen 
griechischer,  fränkischer  und  slavischer  Herrschaften  aufbaute.  In  da 
Einleitung  gibt  Laonikos  eine  sehr  klar  gefasste  Übersicht  der  Welt 
geschichte  von  den  Assyriern  bis  zum  13.  Jahrhundert.  Die  geschickte  Ef 
örterung  des  Überganges  vom  Hellenismus  zum  Byzantinertum,  die  scharfl 
Trennung  der  Begriffe  Römer  und  Rhomäer  und  die  besonnene  Darleguni 
der  Unionsversuche  machen  seinem  geschichtlichen  Verständnis  alle  Ehic 
Nachdem  er  noch  den  geringen  Umfang  des  byzantinischen  Reiches  aa 
Schlüsse  des  13.  Jahrhunderts  beschrieben  hat,  entwickelte  er  seinen  Plan 
die  Erstarkung  des  Türkentums  zu  schildern:  'Sig  ovv  i'xaara  rovionv  ^vv€ß\ 
yeve'ffx^ai^  wg  %d  rdv  ^EXkijvwv  nQccyfjLata  xatd  ßQccxv  dnoiXero  ^r^eiQOfisvi 
vnc  TovQxwv,  xai  cJg  tcc  ixeivuiv  fisyccXa  iytvevo^  ig  fisya  del  i 
Tovie  %6v  XQOvov  Iowa  eviaifioviag,  i/rifivrjiTOfJLed'a  ine^iorrsgj  iq 
oaov  drj  ig  v6  dxqißäavsQov  invihöfAed'a.     S.  9  ed.  Bonn. 

Der  Stoff,  welchen  sich  der  athenische  Historiker  gewählt  hat,  ii 
wohl  der  grossartigste,  aber  auch  der  schwierigste,  der  in  der  gesamtes 
byzantinischen  Geschichtschreibung  vorkommt.  Seine  Vorgänger  schilder 
Ereignisse,  die  von  dem  grossen  Mittelpunkte  Konstantinopel  ausginge 
und  stets  auf  ihn  zurückliefen;  das  zentralistische  System  hat  ihnen  ihr 
Aufgabe  wesentlich  erleichtert.  Laonikos  dagegen  stellt  eine  Epoche  dai 
in  welcher  die  byzantinischen  Dinge  in  der  Geschichte  der  Türken,  Frankei 
Slaven  und  der  griechischen  Despoten  versinken.  Der  Schwerpunkt  vei 
legt  sich  nach  dem  jeweiligen  Standlager  der  osmanischen  Machthabei 
die  militärischen  und  politischen  Bewegungen  gehen  nicht  mehr  von  de 
alten  Bosporusstadt  aus,  sondern  eilen  von  stets  wechselnden  Punkten  bal< 
auf  Byzanz,  bald  auf  die  übrigen  noch  selbständigen  Gebiete  von  Osteuropa 
Dass  die  Völker,  welche  die  Neugestaltung  der  Dinge  übernahmen,  fremd 
Idiome  sprachen,  musste  die  Schwierigkeit  einer  genauen  Information  be 


8.  OMohichtsohreiber  und  Chronuten.    A.  GesohiehtsolirMber.    (§  182)    303 

deutend  erhöhen.     So  versteht  man,  dass   es   selbst  einem  Talente  wie 
Chalkondyles  nicht  gelingen  wollte,   den  fremdartigen,   von  keinem  Vor- 
gänger gesichteten  Stofif  gleichmässig  zu  durchdringen  und  zu  einem  deut- 
lich abgerundeten  Gesamtbilde  zusammenzufassen.    Die  störende  Ungleich- 
heit,  mit  der  er  die  Ereignisse  behandelt,  hat  thatsächlich  ihren  Haupt- 
grund im  Überfluss  oder  im  Mangel  an  Material;  wenn  er  z.  B.  über  die 
wichtigen  Kämpfe  des  Königs  Mathias  gegen  die  Türken  auffallend  schnell 
hinweggeht,  dagegen  die  peloponnesischen  Wirren  an  dieser  SteUe  wie  im 
ganzen  Werke  ausführlich  behandelt,  so  thut  er  es  nur,  weil  er  über  die 
Angelegenheiten  im  Norden  weniger  unterrichtet  ist  als  über  die  in  Morea, 
die  er  zum  grossen  Teil  selbst  beobachten  konnte.     Ganz  ungerecht  wäre 
88,  ihm  gar  seine  fabelhaften  Berichte  über  die  Völker  von  Mitteleuropa 
I   vorzuwerfen;  dieselbe  Mischung  von  Wahrheit  und  Dichtung  über  fremde 
f   Völker  findet   sich   auch  in  den  abendländischen  Werken  des   15.  Jahr- 
I  honderts.     Charakteristisch  für  die  geographischen  Anschauungen  seiner 
I  Zeit  sind  die  Exkurse  über  Frankreich,  England  und  Deutschland,  die  er 
I  bei  der  Erwähnung  der  griechischen  Versuche,   vom  Abendlande  £Ulfe  zu 
!    erlangen,  einreiht.  Freilich  leidet  auch  bei  ihm  die  Deutlichkeit  der  ethno- 
grapischen  Angaben  durch  die  in  Byzanz  übliche  Sitte,  statt  der  zeit- 
genössischen Beziehungen  altgriechische  Namen  anzuwenden.  .Die  schwächste 
Seite  des  Laonikos  ist  vielleicht  seine  Chronologie;  er  bedarf  hier  gar 
sehr  der  Kontrolle  durch  Dukas,  Phrantzes  und  andere  zeitgenössische 
QueUen. 

In  seiner  Darstellung  hat  Chalkondyles  noch  viel  gründlicher  als 
seine  nächsten  Vorgänger  mit  der  byzantinischen  Tradition  gebrochen;  er 
nimmt   sich  ganz  bewusst  und  ernsthaft  den  Herodot  und  Thukydides 

Ixom  Muster.  Ähnlich  wie  Thukydides  beginnt  er  mit  der  Vorstellung 
seiner  Person:  Aaovixt^  *A\^r(vai((i  %wv  xazä  tov  ßiov  oi  iq  x^aav  %€  xal 
iator^v  aq^iyiitvwv  iq  latoQiav  ^vyyhyQanTai  tdds.  Seine  Versuche,  um 
jeden  Preis  im  Stile  seiner  alten  Vorbilder  zu  schildern,  machen  seine 
Sprache  undurchsichtig  und  schwerfallig;  er  ringt  mühsam  nach  dem  Aus- 
drucke und  kann  das  richtige  Wort  nicht  inuner  finden.  Von  Barbarismen 
and  Dunkelheiten  ist  er  frei,  dafür  aber  leidet  er  wie  alle,  die  ein  künst- 
i  Uch  angelerntes  Idiom  verwenden,  an  Dürftigkeit  und  Monotonie;  die 
:  Verbindung  der  Sätze  beruht  auf  einförmigen  Schemen,  und  gewisse  Lieb- 
lingswörter kehren  zum  Überdruss  oft  wieder.  Dazu  verrät  dieses  Grie- 
diisch  einen  ganz  modernen  Sprachgeist;  viele  Stellen  lesen  sich  genau 
'l  wie  daa  misslungene  Altgriechisch,  dessen  sich  manche  Oriechen  der  Gegen- 
wart befleissigen;  Wörter  und  Formen  sind  alt,  der  Gedankengang,  die 
Verbindung,  oft  auch  die  Phraseologie  bleiben  modern.  Deutlicher  als  je 
zuvor  zeigt  sich  bei  Laonikos,  wie  selbst  ein  Grieche  das  Altgriechische 
nur  äusserlich  erlernt  und  nicht  mehr  geistig  zu  beleben  weiss.  Bei  alle- 
dem zeigt  sich  in  seinem  aufrichtigen  Streben,  der  Herodot  des  15.  Jahr- 
konderts  zu  werden,  der  Morgenstrahl  des  anbrechenden  neuen  Tages. 
Durch  seinen  Bruder  Demetrios,  der  die  erste  Ausgabe  der  Dias  besorgte 
ond  die  für  das  Studium  des  Griechischen  im  Abendlande  wichtigen  !£^(u- 
fyuKTa  abfasste,  ist  der  Name  Chalkondyles  für  immer  mit  den  Anfängen 


304  Bytanttnisehe  liiteratiirgefeohielite.    L  ProsAisohe  litterattir. 

des  Humanismus  verknüpft.  Dass  aber  auch  Laonikos,  obschon  er 
durch  seinen  Lebensgang  und  seine  litterarische  Thätigkeit  den  Wirren 
des  Orients  näher  stand  als  den  Gelehrtenkreisen  Italiens,  die  Regung  des 
neuen  Geistes  verspürte,  beweist  die  Form  seiner  Darstellung,  seine  all- 
gemeine politische  und  kulturelle  Anschauung  und  manche  einzelne  Äusse- 
rung. Seine  Rechtfertigung  des  Gebrauches  der  altgriechischen  Sprache, 
die  über  den  ganzen  Erdkreis  verbreitet  sei,^)  bezieht  sich  offenbar  auif 
den  Beginn  der  griechischen  Studien  im  Abendlande.  Die  daran  geknüpfte 
Bemerkung,  dass  der  Ruhm  des  Griechischen  noch  grösser  sein  werde, 
wenn  einmal  ein  griechischer  König  und  seine  Sprösslinge  über 
ein  griechisches  Rei.ch  herrschen  werden,  klingt  wie  eine  Prophe- 
zeiung der  in  unserem  Jahrhundert  errungenen  Wiedergeburt  des  helle- 
nischen Volkes:  xal  xXäoq  fiiv  avrf^  (sc.  rf^  ^EXXrjvixy  (pcovij)  pLäya  %6  na^ 
avrfxa,  fiieT^ov  d^  xai  iaaid-iq^  onotc  irj  dvd  ßaaikaiav  ov  <pavXrjv  ^EkXr^v 
ye  avTog  ßaaiXevg  xai  i^  avxoi  iaofievoi  ßaaiXeXg  ol  itj  xai  vi  xwv  ^EkXtjvtov 
naXdeq  ^vXXcyofievoi  xatd  a^v  avxiav  id-ifia  dg  rjSiava  fAiijv  a^atv 
avTotg^  roig  i^  äXkoig  cog  xqdxtaxa  nohzevoivro.  Der  folgende  Panegyrikus 
auf  die  Hellenen^)  liest  sich  wie  eine  Stelle  aus  einem  italienischen  oder 
französischen  Humanisten.  Wie  der  Stoff,  den  Laonikos  darstellt,  zum 
Teil  schon  über  den  tragischen  Schlussakt  der  byzantinischen  Geschichte 
hinausfallt,  so  blickt  auch  seine  Auffassung  des  Hellenismus  in  das  Zeit- 
alter der  durch  griechische  Flüchtlinge  auf  italischem  Boden  vorbe- 
reiteten Wiedergeburt  des  klassischen  Altertums. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  Graece  et  Latine  Job.  Balth.  Baumbach  (Professor  in 
Heidelberg),  Genf  1615.  —  Ed.  A.  Fabrotus.  Paris  1650.  —  Wiederholt  Venedig  1729. 
—  Im  Bonner  Corpus  recogn.  I.  Bekker,  Bonn  1843.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr. 
gr.  159,  mit  mehreren  Ergänzungsschriften. 

2.  Uebersetzungen:  Lateinisch:  Vor  der  Veröffentlichung  des  griech.  Textes 
von  Gonr.  Clauserus,  Basel  1556,  mit  Theodoros  Gazes  ,De  origine  Turcarum*,  Leonar- 
dus  Chius  ,De  captivitate  Cpolis'  u.  a.  —  Dann  öfter  mit  Zonaras,  Niketas  Akominatos 
und  Nikephoros  Gregoras  als  Corpus  universae  historiae  praesertim  Byzantinae,  Basel  1562, 
Paris  1567,  Frankfurt  a.  M.  1578.  —  Französisch:  Von  Blaise  de  Vigenäre,  Paris 
1577  (und  öfter).  —  Wiederholt  mit  anderen  Stücken,  welche  die  türkische  Geschichte 
fortsetzen,  von  Artus  Thomas,  2  voll.  Paris  1620;  dem  prachtvollen  Werke  sind  kultor- 
historisch  äusserst  wichtige  Illustrationen  beigegeben,  welche  die  durch  Tradition  und 
Vorschrift  genau  geregelte  Tracht  der  Nationalitäten,  Klassen  und  Stände  des  Türkenreiches 
veranschaulichen.  —  Ohne  die  Illustrationen  wiederholt  von  F.  E.  du  Mezeray,  2  voll. 
Ronen  1660. 

3.  Hilfsmittel:  J.  von  Hammer's  zu  §  129  zitierte  Schrift,  in  der  schlecht  über- 
lieferte Eigennamen  bei  Laonikos,  Dukas,  Anagnostes  u.  a.  verbessert  werden.  —  L.  Fr. 
Tafel,  In  Laonici  Chalcocondylae  Athen,  bist.  Türe,  meletemata  critica,  Monachii  1858 
(Festschrift  zur  Thierschfeier).  Reiches  Material  zur  Textkritik  findet  sich  im  Nachlass 
Tafeis.  —  F.  Gregorovius,  Geschichte  der  Stadt  Athen  im  Mittelalter,  Stuttgart  1889 
II  318  ff.  —  Sp.  Moraitis,  Sur  un  passage  de  Chalcondyle  relatif  aux  Anglais,  Revue 
des  ^t.  gr.  1  (1888)  94—98  (zu  Chalk.  S.  98,  12  ff.  ed.  Bonn.).  —  Zur  Ergänzung  undKon- 
troUe  des  Chalkondyles  wie  auch  anderer  byzantinischer  Quellen  des  14.  und  15.  Jahr- 
hunderts (Nikephoros  Gregoras,  Johannes  Kantakuzenos,  Dukas,  Phrantzes)  dient  die  von 
Joan  Bogdan  entdeckte  und  im  Arch.  slav.  Philol.  13  (1890)  526  ff.  herausgegebene 
bulgarische  Chronik.  Vgl.  Cent.  Jireöek,  Zur  Würdigung  der  neuentdeckten  bulgarischen 
Chronik,  Arch.  slav.  Phil.  14  (1891)  255  ff.  Dazu  Joan  Bogdan,  Vechile  cronice  Moldo- 
venesci  pana  la  Urechia,  Bukarest  1891.  —  Einiges  zur  Erklärung  und  Beurteilung  der  Er- 
zählung des  Chalkondvles  (sowie  des  Dukas  und  Phrantzes)  über  die  Kosovoschlacht 
(1389)  findet  man  in  der  Besprechung  des  auf  dieses  Ereignis  bezüglichen  serbischen  Lieder- 


^)  &  4,  18  ff.  ed.  Bonn,  |         *)  S.  5,  8  ff.  ed.  Boim. 


fi.  QMohiohtsolireiber  und  ChroiiUiteii.    A.  Geschiohtsohreiber.    (§  133)    305 

kreises  bei  Asmus  Soerensen,  Beitrag  zur  Geschiclite  der  Entwicklung  der  serbischen 
Ueldendicbtong,  Arcb.  elav.  PhiL  15  (1892)  225  ff.  —  Zu  Chalkondyles  8.  416  f.  ed.  Bonn, 
▼gl.  R.  Nisbet  Bain,  The  siege  of  Belgrad  by  Muhammed  11,  July  1—23,  1456,  The 
English  Histor.  Review  7  (1892)  235  -252. 

4.  Name:  Die  Pariser  Handschriften  haben  sowohl  im  Titel  als  im  Texte  die  Form 
XaXxoxap&vXrjg,  so  dass  man  an  eine  Ableitung  von  xaydijXa  (Kerze,  Leuchter)  denken 
konnte.  Im  cod.  Monac.  150  wechselt  die  Schreibung  zwischen  XaXxovdvXog  und  XaXxo- 
^fiXo^,  Demetrios  nennt  sich  in  seinen  Schriften  gewöhnlich  XaXxoydvXtjg^  einmal  in  einem 
Briefe  XalxoyJvXag.  Die  ursprüngliche  Form  ist  wohl  XaXxoxoydrXrjs  (der  Mann  mit  dem 
ehernen  Griffel);  daraus  wurde  durch  eine  sehr  gewöhnliche  Verkürzung  (z.  B.  xioxgayoy 
ans  xtoyoxgayoy,  xitQaxfxog  aus  tet^dQu^fiog  [Meisterhans,  Gramm,  d.  att.  Inschriften  ' 
S.  92J,  avyaotQOifij  aus  ovyayacTQoifij)  XahcoydvXrjg  und  hieraus  lautgesetzlich  XagxoydvXtjg, 
S.  £.  Legrand,  Bibliographie  hell^niaue  1  (1885)  Introd.  S.  94.  —  Wie  die  volle  Form 
XalxoxardvXijs  oder  XaXxoxoydvXrjg  wohl  nur  auf  gelehrter  Zurechtmachung  von  XaXxoydvXrjg 
beruht,  so  ist  vielleicht  auch  der  Vorname  Laonikos  nichts  als  eine  antiquarische  Aende- 
rung  des  gleichbedeutenden  Taufnamens  Nikolaos. 

5.  Eine  Art  Biographie  des  Laonikos  und  Demetrios  Chalkondvles  schrieb  der 
griechische  Arzt  Antonios  Kalosynas  zu  Toledo  in  der  zweiten  Hälfte  des  16.  Jahr- 
hunderts. Ed.  K  Hopf,  Chroniques  Gr^co-Romanes  S.  243  ff.  Ueber  diesen  Kalosynas 
vgl.  E.  Miller,  Catalogue  des  mss  grecs  de  la  bibliothäque  de  TEscurial,  Paris  1848 
S.  XXII,  und  Gh.  Graux,  Essai  sur  les  origines  du  fonds  grecs  de  TEscurial,  Paris  1880 
(=  BibL  de  l'^cole  des  Hautes  Etudes  46.  fasc.)  S.  342  f. 

Hauptschrift  über  Demetrios  Chalkondyles  (geb.  1424,  gest.  1511):  £.  Legrand, 
Bibliogr.  bell.  1  (1885)  Introd.  94-101.  —  Acht  Briefe  des  Demetrios  Chalkondyles  an 
Johannes  Lorenzi  ed.  H.  Noiret,  M^langes  d'arch^ologie  et  d'histoire  de  T^cole  fran^aise 
de  Rome  7  (1887)  472—500.  —  Seine  llias  erschien  Florenz  1488,  seine  'EQtotijfjiara  Mai- 
land 1493. 

133.  Dnkas  {Jovxag)  verfasste  ein  Geschichtswerk  über  die  Zeit 
von  1341 — 1462.  Der  Autor  des  ohne  Titel  in  einer  einzigen  Hand- 
schrift (cod.  Paris.)  überlieferten  Werkes  gibt  sich  im  Verlaufe  der  Er- 
zählung 0  als  einen  Enkel  jenes  mit  der  Eaiserfamilie  Dukas  verwandten 
Michael  Dukas  zu  erkennen,  der  in  dem  verhängnisvollen  Streite  zwischen 
i  Johannes  VI  Kantakuzenos  und  Johannes  V  Paläologos  eine  Rolle  spielte. 
Sein  Vorname  wie  auch  Ort  und  Zeit  seiner  Geburt  bleiben  uns  unbekannt; 
dafür  erfahren  wir  aus  seinem  Werke  sonstige  biographische  Details.  Er 
war  in  Phokäa  ansässig,  diente  dem  dortigen  genuesischen  Podesta  als 
Sekretär  und  war  später  Zeuge  der  Vorbereitungen,  welche  die  Türken 
in  Didymotoichon  zur  Eroberung  Eonstantinopels  trafen.  Nach  dem  Falle 
der  Stadt  wurde  er  von  den  Gateluzzis,  den  Beherrschern  von  Lesbos, 
als  Gesandter  verwendet,  verhandelte  mit  dem  Sultan  wegen  seiner  An- 
sprüche auf  Lesbos  und  brachte  ihm  1455  und  1456  den  Tribut  nach  Adria- 
QopeL  Aus  seinem  freundschaftlichen  Verhältnisse  zu  den  Genuesen  erklärt 
sich  auch,  dass  er  sich  als  eifrigen  Anhänger  der  Union  bekennt. 

Dem  Geschichtswerke  des  Dukas  geht  wie  dem  des  Chalkondyles  eine 
weltgeschichtliche  Übersicht  voraus,  die  hier,  dem  populären  Charakter 
(  des  ganzen  Werkes  entsprechend,  in  der  aus  den  Chroniken  übernommenen 
I  Form  einer  genealogischen  Übersicht  von  Adam  bis  auf  die  Paläologen 
gegeben  wird.  Schon  im  zweiten  Kapitel  kommt  er  zu  seinem  eigentlichen 
Thema,  indem  er  die  Ausbreitung  der  Türkenherrschaft  bis  zum  Untergange 
Bajedds  (1402)  darlegt.  Erst  dann  wendet  er  sich  zur  byzantinischen 
G^hichte  selbst  und  beginnt  hier  mit  der  Erzählung  der  Aspirationen 
des  Johannes  Kantakuzenos.    Man  kann  demnach  das  Jahr  1341  als  den 


>)  9.  23,  0  ed.  Bonn. 

Unr***"^  der  klan.  AltertomtWisBCtiflctiAfi  IX.    1.  Abtig.    2.  Aufl.  2Q 


306 


Byianiinisohe  litteratargeschichte.    L  ProBaische  Lüierainr. 


eigentlichen  Anfangspunkt  des  Werkes  bezeichnen;  doch  behandelt  Dukas 
die  zunächst  folgenden  Ereignisse  noch  ziemlich  summarisch;  zu  grössserer 
Ausführlichkeit  gelangt  er  erst  mit  dem  Regierungsantritte  Bajesids  (1389)* 
Von  den  byzantinischen  Kaisern  werden  also  nur  die  drei  letzten  Paläo- 
logen  Manuel,  Johannes  und  Konstantin  (1391—1453)  eingehender  be- 
handelt. Mit  der  Eroberung  von  Lesbos  durch  Mohamed  11  im  Jahre  1462 
schliesst  Dukas.  Das  Werk  bildet  mithin  ein  Fortsetzung  des  Gregoras 
und  Kantakuzenos,  eine  Ergänzung  des  Chalkondyles,  Phrantzes  und  Krito- 
bulos.  Dukas,  der  einen  grossen  Teil  der  erzählten  Ereignisse  selbst  be- 
obachten konnte,  hat  nicht  versäumt,  auch  von  Augen-  und  Ohrenzeugen 
sichere  Erkundigungen  einzuziehen;  sogar  von  Türken  liess  er  sich  manches 
berichten.  Wem  er  für  die  ältere  Geschichte  folgt,  muss  noch  untersucht 
werden.  Seine  Wahrheitsliebe  ist  zweifellos  und  an  Genauigkeit  steht  er 
hoch  über  Chalkondyles.  >)  Dazu  erzählt  Dukas  mit  lebhafter  Anschauung 
und  dramatischer  Bewegung.  Er  weiss  nichts  von  rhetorischen  Floskeln 
und  mühsam  abgerundeten  Perioden,  fesselt  aber  durch  die  einfache,  wenn 
auch  etwas  unbeholfene  Beredsamkeit  des  Herzens.  Man  lese  z.  B.  seine 
Schilderung  des  Verheerungszuges  der  Mongolen  unter  TimurLenk:  »In- 
dem sie  von  Stadt  zu  Stadt  zogen,  machten  sie  das  verlassene  Land  so 
einsam,  dass  weder  das  Bellen  eines  Hundes  mehr  gehört  wurde,  noch 
der  Ruf  eines  zahmen  Vogels  noch  das  Winseln  eines  Kindes;  sondern 
wie  der  Fischer  sein  Netz  aus  der  Tiefe  ans  Land  zieht  und  alles,  was 
ihm  entgegenkommt,  mitschleppt,  seien  es  nun  grosse  Fische  oder  kleine 
oder  selbst  elende  Fischlein  und  Krabben,  so  verwüsteten  jene  ganz 
Asien  u.  s.  w.*  S.  77  ed.  Bonn.  Ein  wichtiges  und  ergreifendes  Dokument 
ist  auch  seine  Beschreibung  der  Eroberung  von  Konstantinopel  S.  262 — 311. 
Harte  Vorwürfe  schleudert  Dukas  gegen  die  unversöhnlichen  Feinde  der 
Union,  die  selbst  in  der  höchsten  Gefahr  nichts  von  abendländischer  Hilfe 
wissen  wollten  und  sich  an  den  Satz  anklammerten,  es  sei  besser  in  die 
Hände  der  Türken  als  der  Franken  zu  fallen  {xqsTttov  i^msaetv  dq  xeTqaq 
%(üv  TovQxwv  ij  ^Qccyxwv.  S.  291,  3).  Trotzdem  ist  er  streng  orthodox  und 
gerät  nirgends  in  so  tiefe  Erregung,  als  wenn  er  von  der  Verunglimpfung 
spricht,  welche  die  Türken  den  heiligen  Bildern  und  Gefassen  zufügten. 
Die  Frische  der  Erzählung  wird  durch  die  häufige  Einflechtung  eigener 
Erlebnisse  und  persönlicher  Züge  erhöht. 

In  seiner  sprachlichen  Form  steht  Dukas  in  einem  scharfen  Gegen- 
satze zu  Chalkondyles;  unbekümmert  um  die  herrschende  Konvenienz 
macht  er  den  Versuch,  auf  Grundlage  des  gesprochenen  Idioms  eine  Schrift- 
sprache zu  bilden;  seine  Diktion  ist  temperiertes  Volksgriechisch, 
wie  es  auch  im  diplomatischen  Verkehr  jener  Zeit  häufig  angewendet  wurde. 
Diesem  glücklichen  Griffe  ist  es  vornehmlich  zu  danken,  dass  die  Erzäh- 
lung des  Dukas  bedeutend  wahrer  und  anschaulicher  wirkt  als  die  des 
Chalkondyles.  Dadurch  dass  er  die  Dinge  stets  beim  rechten  Namen  zu 
nennen  wagt,  wird  er  auch  weit  verständlicher  als  jener.    Wer  an  klas- 


')  Vgl.  Berger  de  Xivrey,  M^moires 
Bur  la  vie  et  les  ouvrages  de  Tempereur 
Manuel  Paläolo^e,  Mämoires  de  rinstiiut 


de  France,  acadömie  des  inscriptions  et  belles' 
lettres  19  (1853)  21. 


d.  Oetieliiohtsohreiber  nnd  Chronisten.    A.  Oeaeldohtsolireiber.    (§  134)     307 

sische  Lektüre  gewöhnt  ist,  wird  diese  von  türkischen,  italienischen  und 
anderen  Fremdwörtern  wimmelnde  Sprache  allerdings  recht  ungezogen 
\  finden;  sie  ist  aber  vom  Standpunkte  ihrer  Zeit  zu  beurteilen,  von  der  sie 
ein  treues  Spiegelbild  gewährt.  In  solchen  Werken  liegen  die  deutlichen 
Keime  einer  lebensfähigen  neugriechischen  Schriftsprache,  deren  Entwicklung 
leider  durch  den  politischen  Untergang  des  Volkes  auf  allzu  lange  Zeit 
abgeschnitten  wurde.  I.  Bekker  freilich  erblickte  in  Dukas  nur  ,barba- 
rum  perditorum  temporum  testem*,  den  er  getrost  „sordibus  suis* 
überlassen  zu  können  glaubte. 

f  1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  Ism.  Builialdus,  Paris  1649  mit  latein.  Uebersetztwg  nnd 

Kommentar.  —  Wiederholt  Venedig  1729.  —  Im  Bonner  Corpus  rec.  I.  Bekker,  Bonn 
1834.  Hier  ist  noch  eine  das  iQckenhafte  Original  mehrfach  ergänzende  italienische 
Uebersetzung  beigegeben,  die  von  einem  venezianischen  Geistlichen  wohl  bald  nach  der 
Voilendong  des  Originals  abgefasst  wurde.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  157|  789 
bis  1166  (ohne  die  ital.  Uebersetzung).  —  Emendationen  von  A.  Mull  ach,  Coniectaneorum 
Byzantinorum  libro  duo,  Berolini  1852  S.  3  ff. 

2.  Nach  Dukas  edierten  Bullialdus  und  Bekker  eine  ganz  magere  Chronik,  welche 
in  yulgftrgriechischer  Sprache  tabellenartig  die  Ereignisse  von  1089—1523  aufzählt.  Das 
Machwerk  wurde  offenbar  kurz  nach  1523  von  einem  unter  venezianischer  Herrschaft 
lebenden  Griechen  abgefasst.    Emendationen  von  Mullach  a.  a.  0.  S.  5  ff. 

184.   Georgios  Phrantzes  {rscoQYiog  o  ^QavT^rjg)  wurde  1401  in  Kon- 
(  stantinopel  geboren.     Nachdem  er  1417  seine  Eltern  durch  die  Pest  ver- 
loren hatte,  wurde  er  Sekretär  Kaiser  Manuels  11  und   diente  fortan  der 
kaiserlichen  Familie  zu  Hause,  im  Felde  und  im  diplomatischen  Verkehr. 
Er  rettete  den  Sohn  Manuels,  Konstantin,  bei  Patras  1429  aus  den  Händen 
der  Feinde  und  ward  statt  seiner  gefangen.    Für  seine  Dienste  wurde  er 
1432  zum  Protovestiarios,   1446  zum  Präfekten  von  Sparta,   später  zum 
Grosslogotheten  erhoben.   Bei  der  Eroberung  von  Konstantinopel  geriet  er 
-     mit  seiner  Familie  in  tibrkische  Gefangenschaft.   Nach  Wiedererlangung  der 
Freiheit  flüchtete  er  zum  Despoten  Thomas  Paläologos   nach   dem  Pelo- 
ponnes  und,  als  sich  die  Türken  auch  hier  festgesetzt  hatten,  nach  Italien, 
wo  er  Venedig  und  Rom  besuchte.     Nach  einem  vielbewegten,  an  Thaten 
und   traurigen   Schicksalen   überreichen   Leben    zog    er    sich    als   Mönch 
unter   dem   Namen   Gregorios    in    ein   Ehester   auf  Korfu   zurück.     Hier 
verfasste  er  auf  Anregung  einiger  vornehmen  Korfioten  sein  XqovixoVy 
das  er  im  Jahre  1477  vollendete;   das  Werk  umfasst  die  Zeit  von 
1258—1476. 

In  der  Vorrede  spricht  auch  Phrantzes  nach  der  herkömmlichen 
Stte  vom  Nutzen  der  Historiographie  und  gibt  die  jetzt  ganz  stereotyp 
gewordene  Versicherung,  Geschichte  müsse  sine  ira  et  studio  geschrieben 
1  )  werden;^)  sie  müsse  für  alle  Ewigkeit  eine  lebendige  Stimme,  ein  ver- 
^  j  nehmlicher  Herold  der  Vergangenheit  bleiben.  So  wolle  auch  er  die  Ge- 
- 1  schichte  der  Paläologen  darstellen.  Nach  einigen  Vorbemerkungen  über 
die  Familie  des  Michael  Paläologos  beschreibt  er  dessen  Flucht  von  Nikäa 
zum  türkischen  Sultan  nach  Ikonion  (1258),  seine  Krönung,  die  abenteuer- 
-1  iiche  Wiedereroberung  Konstantinopels  und  gelangt  im  ersten  Buche  in 


.  r  V 


')  OvJ§  ngof  X^9^^  ^^^^  itQo^  q>^vov 
■U'  op<f#  nQog  fiiaog  fj  nal  nqos  Bvvoiav. 
ftb  Ttriohnte  sich,  der  Geachichte  dieses  taci- 


teischen  Satzes  in  der  grieohischen  Historie' 
graphie  etwas  nachzugehen. 


Of\% 


308  Bysanünisohe  LitteratiirgMobielite.    L  ProMdaehe  littoraiiir. 

ziemlich  knapper  Übersicht  bis  zum  Tode  Manuels  11  (1425).  Erst  vo4 
hier  an  wird  die  Darstellung  ausführlicher.  Das  zweite  Buch  behandelf 
die  Regierung  Johannes  VIII  Paläologos  (1425—1448),  das  dritte  die  det 
letzten  Paläologen,  Konstantin  IX  (1448—1453)  und  den  Fall  des  ReicheSi 
das  vierte  endlich  die  Kämpfe  der  paläologischen  Despoten  im  PeloponneSi 
die  Eroberung  desselben  durch  die  Türken  nebst  einigen  weiteren  Be- 
gebenheiten, die  er  bis  zum  Jahre  1476  verzeichnet.  Die  Hauptbedeutung 
des  Werkes  liegt  in  den  drei  letzten  Büchern.  An  den  Ereignissen,  die 
hier  geschildert  werden,  hat  Phrantzes  selbst  als  Staatsbeamter  und  Diplomat 
Anteil  genommen,  und  er  versteht  seine  Beobachtungen  wahrheitsgetreu, 
mit  Sachkenntnis  und  Anschaulichkeit  wiederzugeben.  Der  bittere  Unmuii 
mit  dem  er  seine  Feder  gegen  die  Türken  führt,  ist  bei  einem  Manne, 
der  selbst  mit  seiner  Familie  und  seinem  ganzen  Volke  so  viel  von  ihnen 
erduldete,  wohl  zu  erklären.  Vollen  Beifall  verdient  seine  scharfe  Po- 
lemik gegen  die  Lateiner,  welche  die  über  Byzanz  hereingebrochene 
Katastrophe  als  eine  wohlverdiente  Strafe  für  die  griechische  Ketzerei 
auffassten;  die  politischen  Geschicke,  bemerkt  Phrantzes,  haben  nichts  za 
thun  mit  der  Rechtgläubigkeit;  auch  die  Osmanenherrschaft  werde  einst 
ihr  Ende  nehmen.  Daran  schliesst  er  eine  langwierige  Deutung  alter  Pro- 
phezeiungen über  die  Dauer  des  Türkenreiches  und  eine  Widerlegung  der 
Lehre  Mohameds. 

In  seiner  Darstellung  gehört  Phrantzes  zu  den  liebenswürdigsten 
Erscheinungen  der  Paläologenzeit:  er  steht  auf  einer  Mittelstufe  zwischen 
Chalkondyles  und  Dukas.  Ebensoweit  entfernt  von  dem  künstlichen 
Archaismus  des  ersteren  wie  von  dem  vulgären  Niveau  des  letzteren 
schreibt  er  einfach  und  fliessend  und  macht  im  Wortschatze  wie  in  ein- 
zelnen Formen  und  im  Satzbau  der  Volkssprache  manche  Konzessionen, 
ohne  den  Überlieferungen  der  byzantinischen  Kunstgräzität  vollständig 
untreu  zu  werden. 

1.  Ausgaben:  Zuerst  ein  Auszug  in  lateinischer  Uebersetzung  von  Jac.  Pon« 
tanus,  im  Anhang  seiner  Ausgabe  des  Theophylaktos  Simokattes,  Ingolstadt  1604.  — 
Wiederholt  Venedig  1733  mit  Genesios  u.  a.  -~  £d.  pr.  des  griechischen  Textes:  Xgoyt' 

xoy  Tetogylov  ^qavt^rj  tov  nQtotoßeatutQiov yvv  ngwroy   ixdo&iy  intfielelif   4^a 

KuQ.  "JXteQ  (Alter).  *Ev  BUvyjn  xrjg  Avaxqlag  1796.  Die  im  seltsamsten  PidgingriechiaM 
abgefasste  Vorrede  berichtet  über  das  Werk  und  die  Handschriften  des  Phrantzes  und  Übel 
das  Leben  des  Pontunus;  der  Text  beruht  auf  cod.  Monac.  gr.  239.  Beigegeben  sind  einig« 
stofflich  verwandte  Stücke,  wie  jene  7aro^/a  nokixixrj  KioyaraynyovnoXetos  (1391 — 1578) 
welche  einst  Martin  Crusius  von  Theod.  Zygomalas  erhalten  und  in  seiner  Turcograeeil 
veröffentlicht  hatte,  dazu  der  Begleitbrief  des  Zygomalas,  ein  durch  die  vulgäre  DiktiM 
und  Auffassung  merkwürdiger  Bericht  über  eine  Unterredung  des  Patriarchen  Gennadioi 
mit  dem  Sultan  u.  a.  —  Lm  Bonner  Corpus  ed.  1.  Bekker,  Bonnae  1838,  nach  einem 
besseren  Parisinus  (suppl.  gr.  80).  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  156,  551-— 1080.  ^ 
Einen  kürzeren  vulgärgriechischen  Text  der  Chronik,  welcher  jedoch  nur  die  PartM 
von  1402  —  1476  umfasst,  edierte  aus  einem  Vaticanus  Joh.  Franz  bei  A.  Mai,  ClasB. 
auct.  9  (Romae  1837)  594  ff.  —  Damach  wiederholt  bei  Migne  a.  a.  0.  —  G.  Destunif 
(in  der  unten  angeführten  Schrift)  vertritt  mit  guten  Gründen  die  schon  früher  von  russi- 
sehen  Gelehrten  ausgesprochene  Ansicht,  dass  auch  diese  kurze  Chronik  von  Phrantie« 
selbst  herstamme  und  als  eine  Art  von  Brouillon  zu  betrachten  sei,  den  er  später  ffir 
weitere  Kreise  sorgfältiger  ausarbeitete. 

2.  Hilfsmittel:  Vgl.  P.  Pogodin,  Übersicht  der  Quellen  zur  Geschichte  der  Be- 
lagerung von  Byzanz  durch  die  Türken,  Joum.  Min.  1889  August  —  Zur  Erläuterung  deri 
Nachrichten  des  Phrantzes  über  Thomas  Palaeologos  dient  die  Untersuchung  von  Pierlingii 
Le  maria^e  d'un  Tsar  au  Vatican,  Revue  des  quest  bist.  42  (1887)  358—396;  48   (18^): 


S.  GeMhiohtsehreiber  und  Ghronüiteii.    A.  Gesohichtschreiber.    (§  185)      309 


3—583.  —  G.  Destunis,  Bemerkungen  zur  Textverbesserong  beider  Cbroniken  des 
rantzes,  Joom.  Min.  1894  Bd  291  Januarheft,  Abteil,  f.  klass.  Philo!.  S.  1—11.  —  In 
hreren  Hss  des  Phrantzes  steht  ein  vom  9.  August  1465  datierter  Brief  des  Kardinals 
Bsarion  an  den  Erzieher  der  Kinder  des  Thomas  Palaeologos.  Vgl.  E.  Legrand,  Kofffjios, 
gAov  et  TCixoXoy  dans  la  lettre  de  Bessarion  au  gouvemeur  des  enfants  de  Thomas 
l^ologue,  Revue  des  ^t.  gr.  5  (1892)  108—115  (mit  einer  Emendation  zu  Phrantzes). 

3.  üeberlieferung:  G.  Angelini,  Di  un  codice  Greco  contenente  la  cronaca  bi- 
itina  di  Giorgio  Franza,  Bibliofilo  di  Bologna  3  (1882)  Dez.  S.  186  f.  (mir  unzugänglich). 

Giov.  Mercati,  Alcune  note  sul  cronico  del  Franza,  Atti  della  R.  Accademia  delle 
enze  di  Torino  vol.  30,  Sitzung  vom  7.  April  1895  (über  den  Cod.  Ambrosianus  P  123) 

Unbenutzt  sind  auch  noch  die  Codd.  Taurinensis  102.  G.  lY.  22,  Atheniensis  1208 
18,  und  Harleianus  5595  s.  17. 

4.  Leben:  G.  Destunis,  Versuch  einer  Biographie  des  Georgios  Phrantzes,  Joum. 
Q.  1893  Bd  287  Juniheft  S.  427  -497  (handelt  auch  über  die  beiden  Redaktionen  und 
iT  die  Kritik  und  Erklärung  des  Werkes).  —  Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  8,  74  ff.; 

132  ff.  und  K.  N.  Sathas,  rfeoeXX,  q>iXoXoyia  S.  54-58. 

135.  Eritobulos  (KQnoßovXog)  aus  Imbros,  ein  vornehmer  Grieche, 
hrieb,  wahrscheinlich  vor  1470,  eine  Geschichte  des  Sultans  Moha- 
ed  II,  die  von  1451 — 1467  reicht  und  in  manchen  Punkten  zur  Ergänzung 
r  Berichte  des  Chalkondyles,  Dukas  und  Phrantzes  dienlich  ist.  Der  be- 
ihrten  Anziehungskraft  der  majestätisch  einfachen  Anfangsworte  des 
lukydides,  deren  Missbrauch  schon  Lukian  an  einem  köstlichen  Beispiele 
geisselt  hat,^)  konnte  auch  Eritobulos  wie  sein  Zeitgenosse  Chalkondyles 
3ht  widerstehen.  Es  mutet  seltsam  an,  wenn  man  einen  Autor,  der 
3  Geschichte  eines  Türkensultans  zu  erzählen  hat,  im  Tone  des  periklei- 
lien  Zeitalters  reden  hört:  KQiroßovXog,  6  vrjaicitrjgy  vd  n^xa  roSv  ^ln^ 
roiTCüv,  n]v  ^vyyQaqfrjv  rrjvie  ^vväyQaipCy  Sixaioiaag  (irj  ngayfiaxa  ovra> 
ydla  xai  S-avfxaatd  i(p'  rjfAdv  yeyovoTU  fieirat  dvrjxovtrTa  u.  s.  w.  Den 
uren  des  attischen  Historikers  folgt  Eritobulos  auch  in  der  chronologischen 
iordnung  des  Stoffes  nach  den  vier  Jahreszeiten  und  in  der  stilistischen 
isschmückung  der  Erzählung;  zwei  grosse  Reden,  die  er  den  Mohamed 
r  den  versammelten  Feldherrn  und  Satrapen  thun  lässt,  gleichen  Gentonen 
s  Thukydides.  Allein  trotz  aller  Mühe  erhascht  Eritobulos  auch  nicht 
len  Schatten  von  der  gedankenschweren  Straffheit  und  Fülle  des  grossen 
)rbildes;  seine  Darstellung  leidet  an  breiter  Geschwätzigkeit  und  bewegt 
^h  in  einem  ersichtlich  engen  Gehege  angelernter  Ausdrücke.  Was  den 
-itobulos  aber  von  dem  anderen  Thukydidesverehrer  seiner  Zeit,  Chal- 
ndyles,  und  auch  von  den  übrigen  Erzählern  der  Zermalmung  des  ost- 
mschen  Staates  und  der  griechischen  Nation  unterscheidet,  ist  seine 
»Qung  dem  Sieger  gegenüber.  Während  Chalkondyles,  Dukas  und 
irantzes  zur  Zeit,  als  sie  ihre  Werke  abfassten,  ausserhalb  des 
ichtbereiches  der  Türken  lebten  und  daher  auf  ihre  Empfindlichkeit 
ine  Rücksicht  zu  nehmen  brauchten,  eröffnet  Eritobulos  die  Reihe  der 
iechen,  die  sich  mit  der  türkischen  Oberherrschaft  aussöhnten  und  in 
'.  neue  Lage  der  Dinge  zu  schicken  suchten.  Dass  hiebei  das  freie 
inneswort  unterdrückt  und  manche  unwürdige  Schmeichelei  ausgesprochen 


;  fv  fjtaXa  tt^  ff^jjrsrvTrfü  eixaa/iByog,  xal 
'  ^9XV^  ^^  ixetyog  avv  ti^  iavtov  oyofiari 
Xa^isnatijy    a^/wv    aTtaatüy    xai 


mro 


iov  rov  'Arrtxov  anonyiovaay  .  öga  ydq' 


^KgeTtägnog  KaXnotfQyiayog  IIofÄntjlLOvnoXlTijg 
tfvyiyQatpe  toy  noXefioy  tdSy  UaQ&vaiüty  xal 
*Pü)fiaib)y  (og  inoXifitjaay  ngog  aXXijXovg,  «q^ 
^äfjieyog  evSvs  ^vyiatafAäyov,*  UcJ;  dei  Uno' 
Qiay  cvyyqdfpuy  Kap.  15, 


310  BTEantiniflohe  LitteraturgeBohiohte.    I.  ProBaülohe  Litieratiir. 

wurde,  darf  man  dem  Kritobulos  nicht  allzuschwer  anrechnen;  ähnliche 
Konzessionen  trifft  man  bis  in  die  neueste  Zeit  hinein  bei  türkischen 
Unterthanen,  die  auf  die  Osmanen  bezügliche  Stoffe  darzustellen  wagen. 
Übrigens  fühlte  Kritobulos  selbst  das  Unklare  und  Schwierige  seiner  Stel- 
lung und  vergass  nicht,  sich  hierüber  mit  seinen  Lesern  gründlich  aus- 
zusprechen. Er  bittet  alle,  welche  jetzt  oder  später  sein  Werk  beachten 
sollten,  ihm  nicht  Dummheit  oder  Schlechtigkeit  vorzuwerfen  und  ihn 
nicht  zu  tadeln,  dass  er  die  Unglücksfälle  und  Drangsale  der  Nation  offen 
an  den  Pranger  gestellt  habe,  während  man  sie  doch  nach  Kräften  hätte 
verbergen  müssen.  Denn  erstens  habe  er  den  Plan  zu  seinem  Werke 
nicht  gefasst,  um  das  griechische  Volk  zu  tadeln;  er  sei  nicht  so  empfin- 
dungslos, um  zu  all  dem  gegenwärtigen  Unheil  noch  bittere  Anklagen  zn 
fügen;  zweitens  wisse  er  sehr  wohl,  dass  solche  Wechselfälle  des  Glücks 
in  der  Natur  der  menschlichen  Dinge  liegen  und  allen  Völkern  wider- 
fahren seien;  wenn  auch  einzelne  griechische  Herrscher  schwere  Fehl» 
begangen  haben,  so  sei  dafür  nicht  die  Nation  verantwortlich.  Wie  einst 
der  Hebräer  Joseph  die  Eroberung  Jerusalems  durch  die  Römer  objektiv 
erzählt  habe,  so  wolle  auch  er  pflicht-  und  wahrheitsgetreu  schildern. 
In  der  That  ist  sein  Bericht  wohl  frei  von  absichtlicher  Entstellung  der 
Wahrheit;  dagegen  lassen  die  Wiedergabe  von  Orts-  und  Personennamen 
und  die  chronologische  Genauigkeit  zu  wünschen  übrig.  Einen  Teil  der 
Schuld  tragen,  wie  es  scheint,  die  Gewährsmänner  des  Kritobulos;  mancher 
Irrtum  entstand  auch  durch  die  hier  auf  die  Spitze  getriebene  byzantinische 
Pedanterie,  mittelalterliche  Namen  von  Orten  und  Völkern  um  jeden  Prei« 
durch  antike  zu  ersetzen. 

So  besitzen  wir  für  die  letzte  Paläologenzeit  und  die  endgültige  Ver- 
nichtung der  byzantinischen  Herrschaft  vier  Geschichtschreiber,  die 
sich  gegenseitig  im  weitesten  Umfange  ergänzen  und  berichtigen.  Ihre 
Abweichungen  erklären  sich  teils  aus  der  Verschiedenheit  ihrer  Zwecke 
und  Mittel,  teils  aus  dem  verschiedenen  Standpunkte,  von  welchem  aus 
sie  die  Ereignisse  beobachteten.  Der  Athener  Chalkondyles  gehört  dem 
Kreise  der  peloponnesischen  Despoten  an  und  betont  daher  vornehmlich 
die  inneren  und  äusseren  Konflikte  im  Süden  der  Balkanhalbinsel;  Dukas, 
diplomatischer  Agent  genuesischer  Herrscher  und  daher  Freund  der  Union« 
betrachtet  die  politischen  Vorgänge  von  den  fränkischen  Besitzungen  in 
Kleinasi^n  und  Lesbos  aus;  Phrantzes,  der  kaiserliche  Beamte  und  eifrige 
Anhänger  der  antirömischen  Partei,  befindet  sich  auf  dem  Standpunkte, 
der  früher  allein  möglich  gewesen  wäre,  auf  dem  des  byzantinisches 
Hofes  und  der  byzantinischen  Metropole.  Kritobulos  endlich  repräsentier! 
schon  den  griechischen  Raja,  der  sich  den  völlig  veränderten  Zuständen 
nach  Kräften  anpasst  und  sich,  wie  später  die  Phanarioten,  rückhaltioe 
dem  Dienste  der  neuen  Machthaber  widmet. 

1.  Ausgaben:  Eine  Ausgabe,  die  den  Namen  nicht  verdient,  weü  sie  niemals  wo» 
gegeben  wurde,  besorgte  Ph.  Ant.  Dethier,  Monumenta  Hung.  Hist.  vol.  XXI  pars  ] 
(sine  anno)  1-346.  —  Ed.  C.  Müller,  FHG  5  (1870)  40—161  (mit  guten  sprachlichei) 
und  sachlichen  Anmerkungen). 

2.  Uebersetzungen:  Eine  ungarische  Uebersetzung  verfasste  Karl  Szabö, 
Monumenta  üungäriae  Historica,  Scriptores,  vol.  XX 11,  Budapest  1875. 


2.  Q«B€hicht8chreiber  und  Chronisteii.    A,  OeBohiohtschreiber.    (§  185)    311 

3.  Hilfsmittel:  üeber  das  Leben  und  das  Werk  des  Eritobulos  vgl.  C.  Müller 
&.  a.  0.  L  -LV.  —  Die  Behauptung  von  C.  Tischendorf,  Not.  ed.  Cod.  bibl.  Sin.  S.  123, 
Eritobulos  sei  ein  AthosmOnch  gewesen,  scheint  aus  der  Luft  gegriffen  zu  sein.  Vgl.  Ph. 
Meyer,  Die  Haupturkunden  für  die  Geschichte  der  Athosklöster,  Leipzig  1894  S.  65 
Anm.  2.  —  Eine  Analyse  des  Werkes  gab  Ubicini,  Annuaire  de  Tassoc.  5  (1871)  49 — 74. 
—  Zur  Erklärung  vgl.  die  §  132  Anm.  3  angefahrte  Schrift  von  E.  Nisbet  Bain. 

4.  Ein  Michael  Eritobulos  aus  Imbros  wird  im  Cod.  Athen.  876  als  Verfasser 
Ton  Versen  auf  den  hl.  Augustinus  und  von  Gebeten  genannt.  Er  ist  wohl  identisch  mit 
dem  Eritobulos,  von  dem  in  zwei  Eskurialhss  ein  Werk  „sur  les  passions*  und  eine  Homilie 
,de  paasione  Domini*  standen.  Vgl.  E.  Miller,  Catalogue  des  mss  grecs  de  la  biblio- 
theque  de  l'Escurial,  Paris  1848  S.  875  und  521.  Wie  aber  dieser  oder  diese  Eritobulos 
sich  zum  Historiker  verhalten,  steht  dahin. 

f  5.  Der  Grosslogothet  Hierax  (7^^a|)  schrieb  um  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts 

*  ein  langweiliges  Gedicht  Jui  rtjy  taSv  TovQxtjy  ßaaiXelay^  welches  in  734  politischen  Versen 
ff  die  letzten  Schicksale  des  byzantinischen  Reiches  erzählt.  Einen  fehlerhaften  Abdruck  gab 
Ph.  A.  Dethier  in  dem  oben  erwähnten  Bande:  Monum.  Hung.  Hist.  vol.  XXI  p.  1  S.  849 
bis  390.  —  Ed.  E.  N.  Sathas.  Mea.  ßißX.  1  (1872)  243—268.  —  lambische,  durch  die 
Akrostichis  'Ugaxog  bezeichnete  Verse  desselben  Hierax  Eig  tovg  iv  t^  noXei  xal  toi 
faXat^  onovdaiovg  stehen  im  Cod.  Athen.  1118  s.  18.  Vielleicht  gehört  ihm  auch  etwas 
Ton  den  dort  unmittelbar  folgenden  anonymen  Gedichten. 

6.  Des  bibliographischen  Interesses  halber  verzeichne  ich  den  Inhalt  des  oben  er- 
wihoten  von  Dethier  bearbeiteten,  aber  nicht  veröffentlichten  Bandes  der  Monumenta 
HuDg.  Hist  (XXI  1).  In  dem  Band  sind  ausser  Eritobulos  (S.  1 — 346)  und  Hierax 
(8.  a49— 390)  folgende  Texte  enthalten:  1.  Fünf  Volkslieder  über  den  Fall  von  Epel, 
und  zwar  die  ersten  vier  aus  Passow,  Popularia  carmina  Graeciae  recentioris  S.  145 — 147, 
das  fünfte  aus  S.  Joannides,  lorogla  xai  cxaiwxixrj  TganeCovyiog  S.  292—294  (S.  391 — 399). 
2.  Die  ersten  vier  Eapitel  aus  des  Athanasios  Eomnenos  Hypselantes  Cj4&aydüios 
Kofiytjyog  'YtfnjXdyrrjg)  Td  ixxXr^aiaarixa  xai  noXiuxd  td  fieid  rtjy  aXataiy,  Dazu  eine  ge- 
fUschte,  angeblich  auf  dem  Sarge  Eonstantins  des  Grossen  gefundene  Orakelinschrift, 
die  schon  Banduri,  Imperium  Orientale  I  3,  184  f.  herausgegeben  hat  (8.  401 — 478).  3,  Das 
Gedicht  über  die  Eroberung  und  Wiedergewinnung  Epels  (s.  §  162)  (S.  479—542).  4.  Chro- 
nologische Notizen  aus  dem  Cod.  Marc.  408,  die  schon  J.  Müller  mit  dem  eben  er- 
wihnten  Gedichte  ediert  hatte  (S.  543—552).  5.  Der  öfter  edierte  Brief  des  Leonardus 
Chius  über  die  Eroberung  von  Epel  mit  einem  Exkurs  des  Herausgebers  (8.  553—619). 
a.  Derselbe  Brief  italienisch  nach  der  Editio  princeps  von  1568  (S.  621 — 663). 
7.  Uidori  Thessalonicensis  cardinalis  Rutheni,  episcopi  Sabinensis,  legati  pontificis, 
limentatio  addita  Aeneae  Sylvii  Piccolomini  seu  Pii  II  Papae  nistoriola  Cpoleos  captae  (S.  685 
Aofo&hlung  der  früheren  Ausgaben,  zuletzt  Migne,  Patr.  gr.  159)  (S.  665—695).  8,  Die- 
selbe Lamentatio  italienisch  (S.  696—702).  9.  Brief  des  Fr.  Philelphus  an 
Mohamed  IJ,  nach  der  Ausgabe  von  Rosmini  in  seiner  Biographie  des  Philelphus  2  (1805) 
805-307,  mit  Anmerkungen  von  Dethier  (S.  703—708). 

Ein  zweiter  ebenfalls  nicht  ausgegebener  Band  (=  Monum.  Hung.  hist.  XXI  2)  ent- 
hält eine   französische  Uebersetzung  des  Eritobulos,   Hierax,  Athanasios  Eomnenos 
Hypselantes,  der  Orakelinschrift,  des  Gedichtes  über  die  Eroberung  und  Wiedergewinnung 
Kpek  und  des  Briefes  des  Philelphus.  —  Zwei  weitere  ebenfalls  nicht  ausgegebene  Bände, 
die  als  Monumenta  Hung.  Hist.  vol.  XXII  1  und  vol.  XXII  2  bezeichnet  sind,  enthalten 
liteinische,  italienische,   französische,   armenische  und  slavische  Texte,   die  sich  auf  die 
Eroberung  von  Epel  i.  J.  1453  beziehen.    Eine  kurze  Aufzählung  des  Inhaltes  dieser 
Binde  dürfte  sich  um  so  mehr  empfehlen,   als  dadurch   ein  bibliographisches  Rätsel 
gelöst  wird,  das  wohl  schon  oft  unnützen  Aufwand  von  Zeit  und  Mühe  verursacht  hat: 
L  Hopf  bemerkt  in  seinen  Chroniques  Gr^co-Romanes.  Berlin  1873  S.  Vll,  er  habe,   dem 
iraprünglichen  Plane  entgegen,  die  lateinischen  Gedichte   des  Jean-Mario  Philelpho 
tbcs'  Mohamed  II  und  des  Antonio  Losco  von  Vicenza  über  die  Eroberung  von  Epel 
fliciit  in   die  Chroniques  Gr^co-Romanes  aufgenommen,  weil   er  sie  inzwischen  schon  in 
der  auf  die  Eatastrophe  von  1453  bezüglichen  Urkundensammlung   des  Dr.  Dethier  ge- 
druckt habe,  einer  Sammlung,  für  die  er  dem  Herausgeber  auch  noch  andere  interessante 
Stficke  wie  den  unedierten  Bericht  des  Genuesen  Adam  von  Montaldo  geliefert  habe. 
Dieee  Texte  stehen   in  dem   ersten   der  erwähnten  zwei  Bände,   die,  kaum  geboren,  zum 
grmnsamen  Tod  in  der  Stampfmühle  verurteilt  wurden.    In   ihnen  waren  folgende  Stücke 
CBtluüten,  deren  zum  Teil  etwas  weitschweifige  Ueberschriften  hier  verkürzt  wiedergegeben 
werden:  Mon.  Hang.  Hist.  vol.  XXil  premi^re  partie  (auf  S.  1179  die  Jahreszahl  1872). 
Kr.  5  (1 — 4  ist  nicht  vorhanden).    Losco  (ineditus)  e  ms   Mediol.  saec.  XV,   curantibus 
C.  Hopfio  et  Ph.  A.  Detherio  (S.  1—34).   6.  Adam  de  Montaldo,  De  Cpolitano  excidio, 
ediert  von  E.  Hopf  und  Ph.  A.  Dethier  (S.  35—70).   7.  Anonymus  Thyselii  anni  1459, 


312  ByEaniiniBohe  LitteratargeBoliichte.    L  TroBMÜmoh»  Lüteratur. 

editio  II.  Edd.  C.  Hopf  et  Dethier  (S.  71—94).  8,  Ubertini  Toscnli  Brixiensis  Cpole« 
libri  IV.  Ed.  Dethier  (S.  95— 262).  9,  Johannes  Mama  (sive  Giammarius)  Philelphni 
Epos  aber  Mohamed  IL  Edd.  Hopf  et  Dethier  (S.  263-496).  10.  Epistola  Francisa 
Philelphi    ad   Garolum   VH  Regem  Francorum.     Edd.   Dethier  et  Hopf  (S.   497—5^ 

11,  Tres  epistolae  a)  Caroli  VII  ad  Constantinum  Dragasam,  b)  eiusdem  ad  Cardin.  Bei 
sarionem,  c)  Belloravetü  (schon  von  Da  Gange  veröffentlicht).    Ed.  Dethier  (S.  553 — 563| 

12,  Nicolai  V    Papae   epistolae  ad   Constantinum  imperatorem  (11.  Okt.  1451;  scho 

von  Reynald   herausgegeben).     Ed.  Dethier  (S.   563—576).    Nicolai  V   testamentai 

1455  (von  Muratori   ediert).     Ed.  Dethier  (8.  577—622).     13.  Aeneae  Sylvii  Piccoh 

mini  oratio  de  passagio  crucis  (von  Reyiiald  ediert).  Ed.  Dethier  (8.  623—642).   14.  Ange! 

Johannis  Zacnariae  epistola  de  excidio  Cpolitano  (frfiher  von  8.  de  Sacy  ediert).    £d 

Dethier  et  Hopf  (8.  643—655).     15,  Philippi  Arirainensis   excidium  Cpolis.     Ed.   f 

Dethier  (8.  656—682).    16.  Nicolo  Barbaro,  Giomale  deir  assedio  di  Cpoli  1453  (edi« 

von  N.  Comet).    Ed.  Dethier  (8.  683—874).  17.  Bulla  Johannis  de  Lustic  sc.  de  ea 

cidio  Cpolitano  et  de  necessitate   armandi   contra  Turcos.    Pr.  ed.  Dethier  (8.  875 — 886 

18.  Informations  envoy^es  en  1453  tant  par  Francisco  de  Franc  au  Cardinal  d'Avignc 

que  par  Jehan  Blanchin  et  Jacques  T^dali  sur  la  prise  de  Cple  (frtther  ediert  von  Martei 

und  Durand).    Ed.  Dethier  (8.  887—914).  19,  Ein  armenisches  Gedicht  (8.  915—934 

20,  Rapporto  del  8uperiore  dei  Franciscani  presente  all'  assedio   ed  alla  presa 

Cpoli.    Nach  Muratori  ed.  Dethier  (8.  935—943).    21,  Cristoforo  Riccherio,  La  pr« 

dl    Cpoli.     Nach   Sansovini    ed.    Dethier    (8.   944—968).       22,  Zorzo    Dolfin,     Assod 

e  presa  di  Cpoli.    Nach  Thomas  ed.   Dethier  (8.   969—1046).    23,  Anonymus  Mobo< 

vita.    Französische  Uebersetzung  des  von  Sreznjevskij  1855  herausgegebenen  russisob 

Berichtes  (8.  1047—1122).    Anhang  von  Dethier:  De  Terreur  repandu   au  moyen-ftge  ■ 

TAnth^lios  ou  la  colonne  de  porphjrre  de  Constantin  le  Grand  comme  ^tant  un  monoliti 

et  de  son  influence  sur  les  formes  des  colonnes  (8.  1123—1162).    24.  Notice  sur  le  R^o 

Georgien  ou  sur  la  groupe  des  IV  auteurs:  Hi^rax,  Zygomalas,  le  Moscovite  et  Artsoh 

par  Dethier  (8.  1163—1172).    Notice  sur  le  Serbien  Milovan,   sur  Florum-Campus  et  1 

kesch  (8.  1173—1178).    25.  Pamietniki  Janczara  Polaka  napisana  1498  (8.  1179—125 

Hier  bricht  der  Band  unvollendet  in  der  Mitte  eines  Wortes  ab.  —  Mon.  Hung.  Hii 

vol.   XXII  seconde   partie  enthält:   1,  Französische  Uebersetzung  von   Nr.  1 

(Nicolo  Barbaro)  (8.  1—224).    2.  Französische  Uebersetzung  von  Nr.  19:   Abraha 

pr6tre   arm^nien,  m^lodie  äl^giaque  sur  la  prise   de  Stamboul,  traduite  et  rendue  ä  8 

vrai  sens  avec  Tassistance  d'un  savant  distinguö   de  la  nation   et  publice  par  le  Dr.  pl 

A.  Dethier  (8.  225—248).   3.  Uebersetzung  und  Kommentar  zu  Nr.  25  (Memoire  d' 

janissaire  polonais)  (8.  249—392).    Hier  bricht  auch  dieser  Band  mitten  im  Texte  ab. 

7.  Zur  Ergänzung  und  Eontrolle  der  byzantinischen  Berichte  aber  die  letzten  Scbi< 
sale  des  Reiches  und  besonders  die  Einnahme  von  Epel  dienen  verschiedene  lateiniscl] 
italienische,  französische,  spanische,  slavische  und  orientalische  Quelle 
von  denen  ein  grosser  Teil  in  der  obigen  Inhaltsangabe  der  unedierten  Sammlungen  i 
Dethier  genannt  ist.  Weitere  Litteratur  verzeichnet  A.  Rambaud  bei  E.  Lavisse 
A.  Rambaud,  Histoire  gän^rale  3  (1894)  865  ff.  —  Besonders  wichtig  sind:  die  Schi 
des  Bischofs  von  Mytilene  Leonardos  von  Chios  ,De  urbis  Cpolis  iactura*.  Ed.  Migi 
Patr.  gr.  159,  923—944.  —  Desselben  Leonardos  Schrift  ,De  Lesbo  a  Turcis  capta*.  ] 
Ch.  Hopf,  Chroniques  Gräco-Romanes,  Berlin  1873  S.  359-866.  —  Die  Lamentatio  * 
Kardinals  Isidor.  Ed.  Migne,  Patr.  gr.  159,  944—956.  —  Dazu  die  Texte  und  1 
zerpte  bei  Ch.  Hopf,  Chroniques  Gräco-Romanes. 

136.  Heiligenbiographien,  üntor  den  zahllosen  Heiligenleben,  über  < 
im  Kapitel  über  Hagiographie  S.  176—205  von  Ehrhard  ausführlich  berich 
worden  ist,  sind  einige  von  so  hervorragender  Wichtigkeit  als  historisc 
Quellen,  dass  sie  auch  in  diesem  der  Geschichtschreibung  gewidmeten  A 
schnitte  hervorgehoben  zu  werden  verdienen.  Das  sind  vor  allem  • 
Biographien  der  Patriarchen  von  Konstantinopel  Germanos  (t74 
Tarasios  (1806),  Nikephoros  (1829),  Methodios  (1847),  Ignati 
(t  878)  und  Euthymios  (f  917).  Einige  derselben  sind  schon  von  c 
byzantinischen  Geschichtschreibern  und  Chronisten  ausgiebigst  benü 
worden.  So  diente  das  Leben  des  Nikephoros  von  Ignatios  als  Qu< 
für  Georgios  Monachos  und  Genesios,  das  des  Ignatios  von  Nikel 
David  Paphlagon   als  Quelle  für  Genesios,  Symeon  Magister  i 


8.  GeBehiohtschreiber  nnd  Chroniaten.    A.  GeBohiohtsohreiber.    (§  136)     313 

Michael  Glykas.   Besonders  wichtig  ist  als  Ergänzung  der  mangelhaften 
Nachrichten  über  die  Regierung  Leos  des  Weisen  (886 — 912)  eine  anonyme 
Lebensbeschreibung  des  Euthymios,  der  907 —  912  den  Patriarchen- 
stuhl  inne  hatte.     Der  Bericht  beschäftigt  sich  zwar  vorzugsweise  mit 
kirchlichen   Angelegenheiten   und   den    Ereignissen   am   Hofe.     Doch   ist 
gerade  die  Thatsache,  welche  den  Mittelpunkt  der  Biographie  bildet,   die 
vierte  Ehe  Leos  des  Weisen  von  weltgeschichtlicher  Bedeutung;  denn  sie 
bildet  eine  der  ersten  Etappen  auf  dem  Wege  der  endgültigen  Trennung 
der  griechischen  und  römischen  Kirche.     Ausserdem  gewährt  die  Schrift 
manchen  Anhalt,  um  in  die  verworrene  Chronologie  der  Zeit  Ordnung  zu 
bringen,  und  zieht  eine  Reihe  wichtiger  Persönlichkeiten  aus  vöUiger  Ver- 
schollenheit ans  Licht;  die  Biogfaphie  des  berühmten  Erzbischofs  Arethas 
erhält    durch    sie   wertvolle  Ergänzungen.      So   darf   das    Werkchen   der 
Chronik  des  Logotheten  (s.  §  147  f.)  als  ebenbürtige  Quelle  für  die  Geschichte 
Leos  an  die  Seite  gestellt  werden.     Der  Verfasser,  der  seine  Nachrichten 
offenbar  aus  der  Umgebung  des  Euthymios  selbst  erhielt,  empfiehlt  sich 
durch  Wahrheitsliebe  und  durch  einfache,   sachgemässe,   freilich  ziemlich 
unbeholfene  Darstellung.    Sein  Name  ist  mit  dem  Anfange  der  Biographie 
verloren  gegangen;   doch  lässt  sich   aus  verschiedenen  Andeutungen  er- 
kennen,  dass  er  zu  den  Mönchen  des  von  Euthymios  regierten  Klosters 
gehörte;   die  Abfassung  des  Werkes  geschah  nicht  lange  nach  dem  Tode 
des  Euthymios  (917),  doch  schwerlich  vor  dem  Jahre  921. 

1.  Ausgaben:  Vita  des  Germ  an  os  ed.  Papadopulos  Eerameus,  Mavgoyo^ddtsiog 
Btfho^ijxij  (Epel  1884—1886,  Beilage  zum  15.,  16.  und  17.  Bande  des  ZvXXoyos)  Anhang 
S.  3—17.  —  Vita  des  Tarasios  ed.  J.  A.  Heikel,  Acta  soc.  scientiarum  Fennicae  Bd.  17, 
Helsingfors  1889  (mit  Kommentar  und  Indices).  —  Vita  des  Nikephorosed.  C.  deBoor, 
Nicephori  archiepiscopi  Gpolitani  opuscula  historica,  Leipzig  1880  S.  139—217.  —  Vita  des 
Methodios  ed.  bei  Migne,  Patr.  gr.  100,  1244—1261.  —  Vita  des  Ignatios  (von  Niketas) 
ed.  bei  Migne,  Patr.  gr.  105,  487—574.  —  Die  Vita  des  Euthymios  edierte  aus  der 
einzigen  Hs,  welche  Prof.  G.  Hirschfeld  i.  J.  1874  unter  den  Resten  einer  Elosterbibliothek 
inf  einer  Insel  im  Egherdirsee  in  Pisidien  ffir  die  Berliner  Bibliothek  kaufte,  C.  de  Boor, 
ViU  Enthymii,  Berlin  1888. 

2.  Hilfsmittel:  A.  Allgemeine:  Die  Bedeutung  der  Heiligenleben  für  die  Ge- 
acbichte  und  verwandte  Wissenszweige  ist  in  der  neueren  Zeit  immer  deutlicher  erkannt 
wcffden,  und  viele  Forscher  wie  L.  Fr.  Tafel,  K.  Hopf,  V.  Vasiljevskij,  F.  Hirsch,  V.  Rose, 
C.  de  Boor,  6.  Schlumberger,  H.  Usener,  Hipp.  Delebaye,  J.  van  den  Gheyn  u.  a.  haben 
ehizehie  Werke  dieser  Gattung  für  historische  und  quellenkritische  Untersuchungen  mit 
Erfolg  beigezogen.  Vgl.  8p.  Lambros,  B.  Z.  1  (1892)  190.  —  Sehr  beachtenswerte  Winke 
gib  Tougard,  Quid  ad  profanes  mores  dignoscendos  augendaque  lexica  conferant  Acta 
8S.  gnieca  BoUandiana,  Paris  1872.  und:  De  Thistoire  pro^ne  dans  les  Actes  grecs  des 
BoUandistes,  Paris  1874.  —  Dazu  die  oben  S.  182  ff.  von  Ehrhard  notierte  Litteratur. 

B.  Spezialbeiträge:  Zur  Vita  des  Tarasios  ed.  Heikel  vgl.  die  Beitr&ge  in  der 
Besprechung  von  Gebhardt,  Deutsche  Litteraturzeit.  1890  S.  1574—1576.  —  Zur  Vita 
itB  Nikephoros  vgl.  F.  Hirsch,  Byzantinische  Studien,  Leipzig  1876  S.  19  ff.,  128,  172. 
-Zur  Vita  des  Methodios  vgl.  Hirsch  a.  a.  0.  S.  34,  152,  154,  339  f.  —  Zur  Vita  des 
Ignatios  vgl.  Hirsch  a.  a.  0.  S.  159  f.,  172,  332,  402  und  passim.  —  Zur  Vita  des  Euthy- 
■ios  TgL  die  gründliche  historische  Abhandlung  von  G.  de  Boor  in  seiner  Ausgabe,  die 
Bemrechung  von  A.  Jfllicher,  Gott.  Gel.  Anz.  1889  S.  383-887,  und  zur  Erläuterung: 
K.  Popov,  Zur  byzantinischen  Geschichte  des  zehnten  Jahrhunderts,  Odessaer  Jahrb.  4 
(1894)  Byz.  Abt.  8.  302  -308  (mit  russischer  Uebersetzung  des  21.  Kapitels  der  Vita.)  — 
Gute  Emendationen  und  exegetische  Beiträge  zu  den  Viten  des  Tarasios  und  Nike- 
phoros (sowie  des  Gregorios  Dekapolites,  Georgios  von  Amastris,  Stephan 
Ton  Snrot,  Theodosios  Eoenobiarcbes  [von  Theodoros]  u.  a.)  gab  P.  Nikitin,  üeber 
onige  griechische  Texte  von  Heiligenleben,  Zapiski  der  k.  russ.  Akademie  der  Wiss.,  8.  Serie, 
bistor.-phflol.  Klasse  1  (1895)  1-67  (russ.). 

o.  Hier  nöge  noch  eine  historische  Spezi alschrift  kirchlichen  Charakters  Er- 


314 


BTEantinische  Litfceratargeichichte.    L  ProBaisohe  Litterator. 


wähDong  finden,  der  Brief,  in  welchem  der  Kleriker  Niketas  im  Jahre  947  dem  Kaiser 
Konstantin  VTl   Porphyrogennetos  üher  das  am   Charsamstage   am  hl.  Grabe   die    Keizeaj 
ohne  menschliches  Zuthun  entzündende   hl.  Feuer  berichtete.     Ans  den  Bemerkungen  dei^ 
Verfassers  geht  hervor,  dass  Kaiser  Konstantin  VII  eine  Art  Protektorat  über  die  heiligen  i 
Orte  ausübte.   Graf  Riant  hatte  einst,  ohne  genügenden  Grund,  die  Echtheit  des  Schriftetückei 
angezweifelt.    Ed.  A.  Papadopulos-Kerameus,  Pravosl.  Pal.  sbornik  38.  Heft,  Peters- 
burg 1894  (mit  Einleitung,  russischer  üebersetzüng  und  Indices). 

137.  Typika  {Tvmxd)  d.  h.  Stiftungsurkunden  und  Satzungsbücher 
für  byzantinische  Klöster  gehören  zu  den  wichtigsten  Hilfsmitteln  für  die 
Erforschung  der  inneren  Geschichte  von  Byzanz.  Das  Wort  Typikon, 
eigentlich  „Formular**,  bezeichnet  in  der  byzantinischen  Zeit  zunächst  eine 
Anordnung  im  allgemeinen,  dann  ein  für  das  ganze  Jahr  dienendes,  jedoch 
nur  die  Stichworte  enthaltendes  liturgisches  Handbuch,  insbesondere  eine 
dem  Gebrauche  des  Klosters  angepasste  Bearbeitung  desselben,  die  meist 
mit  den  übrigen  Satzungen  für  das  Klosterleben  verbunden  wurde.  Die 
gemeinsame  Grundlage  der  Klostersatzungsbücher  bildete  die  Regel  des 
hl.  Basilios,  die  jedoch  in  der  Folgezeit  allerlei  Veränderungen  und  Er- 1 
Weiterungen  erfuhr.  Insbesondere  wurden  für  die  spätere  Entwicklung  f 
des  Klosterwesens  von  grosser  Bedeutung  die  Statuten  des  Sabbasklosters  1 
bei  Jerusalem  und  des  Studionklosters  in  Konstantinopel,  die  von  vielen 
anderen  Klöstern  angenommen  wurden.  Hieher  gehören  auch  die  für  die 
Gesamtheit  der  Athosklöster  erlassenen  kaiserlichen  Typika.  Von  diesen 
Typiken  im  engeren  Sinne,  welche  nur  die  liturgischen  und  diszipli- 
naren Anweisungen  für  das  Klosterleben  enthalten,  unterscheiden  sich  ; 
die  Stiftungsurkunden  bestimmter  Klöster  und  der  mit  ihnen  verbun- 
denen wohlthätigen  Anstalten,  welche  die  individuellen  Bestimmungen  des 
Stifters  enthalten  und  nur  für  den  einzelnen  Fall  gültig  waren.  Leo  Alla- 
tius  nannte  sie  zvmxd  xri^o^ixa,  weil  der  Stifter  häufig  als  xtijtcoq,  ge- 
wissermassen  als  „Besitzer*  des  Klosters,  bezeichnet  wird.  In  der  byzan- 
tinischen Zeit  wurden  sie  als  „letztwillige  Verfügungen*  aufgefasst  und 
mit  Ausdrücken  wie  öidra^ig,  rvTtixij  Sicaa^ig^  äiaxayri^  iiatvnwaigy  vito- 
TVTvcotftg  benannt.  Von  grosser  Wichtigkeit  ist  das  diesen  Typiken  ge- 
wöhnlich beigefügte  offizielle  Inventar  (ßgäßiov)  des  beweglichen  und 
unbeweglichen  Klostereigentums;  die  Führung  eines  solchen  Inventars 
wurde,  wie  es  scheint,  zuerst  im  ersten  Kanon  der  sogenannten  ersten 
und  zweiten  Synode  in  der  Kirche  der  hll.  Apostel  zu  Konstantinopel  im 
Jahre  861  gesetzlich  bestimmt.*)  Beide  Arten  von  Typiken  wurden  viel- 
fach auch  mit  einander  verbunden,  so  dass  also  in  derselben  Schrift  so- 
wohl die  Liturgie  und  Klosterverfassung  als  die  Stiftungsgeschichte  und 
die  Vermögensverhältnisse  neben  einander  behandelt  sind.  Was  das  Ver- 
hältnis der  beiden  Arten  von  Typiken  betrifft,  so  steht  völlig  sicher,  dass 
die  Satzungsbücher  älter  sind  als  die  Stiftungsurkunden.  Sie  entstanden, 
wie  schon  oben  angedeutet  wurde,  in  den  Klöstern  berühmter  Anachoreten 
und  wurden  später  von  neugegründeten  Klöstern  unverändert  oder  mit 
leichten  Modifikationen  übernommen.  Die  Stiftungsbriefe  dagegen  kamen 
erst  auf,  als  die  Schenkungen  der  Laien  nicht  mehr,  wie  es  früher  üblich 


')  Rhalles   und   Potles,   Ivvxayfjia  rtiSy 
0$i(ov  xai  Ugwy  xayoytoy  3  (1852J  649.   Vgl. 


Ph.  Meyer,  B.  Z.  4  (1895)  374. 


1 


2.  OetMhiohUohreiber  und  Chronisten.    A.  Gesoblohtsohreiber.    (§  137)     315 

\  bedingungslos  einer  Kirche  oder  einem  Kloster  übergeben  wurden, 
sondern  ein  gewisser  Einfluss   auf  die  Zukunft  der  Stiftung  verlangt  und 
bewilligt  wurde   d.   h.  seit  der  Ausbildung  des  Charistikarierwesens. 
Dieses  etwa  um   die   Wende  des   10.   Jahrhunderts  entstandene    Institut 
der    XaQuruxaQioir   entspricht    dem    karolingischen   Benefizialwesen   d.    h. 
das  Kloster  wurde   als  eine  Art  von  Lehen  einem   hochstehenden  Laien 
überwiesen,    der    als   Kurator    {^(fOQog)  für  das  Kloster  sorgen  sollte,   in 
Wirklichkeit   aber  gewöhnlich    sich   selbst  durch    das    Kloster   möglichst 
zu    bereichem    suchte.      Da    nun    die    Stiftungsurkunden    meist    genaue 
Angaben    über    die   Vermögensverhältnisse   des   Klosters,    über    die   mit 
ihm     verbundenen    Metochien,    über    Armen-,    Kranken-    und    Siechen- 
hftuser,  Inventare  der  Bücher  und  heiligen  Geräte,   oft  auch  autobiogra- 
phische Notizen  über  die  Person  des  Stifters  u.  s.  w.  enthalten,  so  versteht 
man,   dass  sie  für  die  Kenntnis  der  inneren  Geschichte  von  Byzanz,  be- 
sonders der  nationalökonomischen,    paläographischen   und  kunstgeschicht- 
lichen Seite,  mannigfache  und  reiche  Aufklärung  bieten. 

Die  Einzelbetrachtung  der  uns  erhaltenen  Stiftungstypiken  ge- 
schieht am  besten  in  der  chronologischen  Reihenfolge:  1.  Das  älteste 
Beispiel  ist  das  aus  dem  Jahre  969  stammende  Typikon  des  hl.  Atha- 
nasios,  des  Gründers  der  grossen  Laura  auf  dem  Athos.  Es  enthält  im 
wesentlichen  eine  ausführliche  Interpretation  der  dem  Kloster  von  den 
Kaisern  Nikephoros  Phokas  und  Johannes  Tzimiskes  verliehenen  Gold- 
buDen  und  betont  mit  grösstem  Nachdruck  die  Freiheit  und  Selbstherr- 
lichkeit des  Klosters.  2.  Das  Typikon,  durch  welches  der  Historiker 
Michael  Attaliates  im  Jahre  1077  ein  Armenhaus  und  Kloster  in  Rhae- 
destos  mit  einer  PiKale  in  Konstantinopel  stiftete,  ein  durch  Vollständig- 
keit und  Klarheit  ausgezeichnetes  Musterexemplar  der  ganzen  Gattung. 
Mit  demselben  war  auch  ein  Klosterstatut  der  oben  charakterisierten  Art 
verbunden,  das  leider  verloren  gegangen  ist.  3.  Das  Typikon  des  Gross- 
domestikos  Gregorios  Pakurianos  (IlaxovQiavog)  für  das  von  ihm  ge- 
stiftete iberische  (georgische)  Kloster  der  (Jottesmutter  zu  Petritzos  bei 
Philippopel,  vom  Jahre  1083.  4.  Die  Diataxis  des  hl.  Christodulos  für 
das  von  ihm  gestiftete  Kloster  des  hl.  Johannes  auf  Patmos,  vom  Jahre  1091, 
vervollständigt  durch  ein  Testament  mit  Kodizill  vom  Jahre  1093.  5.  Das 
im  Original  (Cod.  Paris.  384)  erhaltene  Typikon  der  Kaiserin  Irene,  der 
Gemahlin  Alexios'  I  Komnenos,  vom  Jahre  1118,  für  das  von  ihr  gestiftete 
Kloster  der  begnadeten  Gottesmutter  (iwoiij  rrjg  vTtsQayfag  Osotoxov  TTJg 
Kexcc^Tafitvrjg)  zu  Konstantinopel.  Dieses  Tjrpikon  enthält  manche  Be- 
sonderheiten, die  sich  aus  der  Rücksicht  auf  das  mit  dem  Kloster  ver- 
bundene Stift  für  alleinstehende  adelige  Damen  ergaben.  6.  Das  Typikon 
des  Kaisers  Johannes  Komnenos  vom  Jahre  1136  für  das  von  ihm  und 
seiner  Gtemahlin  Irene  gegründete  Kloster  rov  UavToxQdzoQog  in  Konstanti- 
nopel und  das  zu  demselben  gehörige  Spital  und  Siechenhaus,  deren  Ein- 
richtung durch  genaue,  kulturgeschichtUch  hochinteressante  Bestimmungen 
geregelt  wurde.  7.  Das  Typikon  des  Bischofs  Leon  von  Arges  und 
Nauplia  vom  Jahre  1143,  für  das  von  ihm  wegen  der  häufigen  Bedrohung 
durch  Seeräuber  aus  einem  Frauenkloster  in  ein  Männerkloster  umgewandelte 


816  Byzantinisolie  LitteratargeBobiehte«    I.  Prosaisohe  Litteratiir.   - 

Kloster  zu  Area.  8.  Das  Typikon  des  Abtes  Athanasios  Philanthri 
pinos  vom  Jahre  1158  für  das  von  dem  Mystikos  Georgios  Eappadol 
und  seinem  Bruder  Theocharistos  Eappadokes  neu  errichtete  Kloster 
hl.  Mamas  in  Konstantinopel,  das  durch  die  Misswirtschaft  früherer 
ristikarier  völlig  heruntergekommen  war.  9.  Das  Typikon  des  Abtei 
Nikolaos  vom  Jahre  1174  für  das  griechische  Kloster  des  hl.  Nikol 
von  Gasole  bei  Otranto.  Es  besteht  aus  einem  liturgischen  Typikoii|j 
Mönchsregeln  und  einer  kurzen  Geschichte  des  Klosters  nebst  einem  Leih-; 
Verzeichnis  der  Bibliothek  und  Bestinmiungen  für  den  Bibliothekar  und 
die  Kalligraphen.  10.  Das  Typikon  des  Neophytos  Enkleistos  (d.  Ilj 
des  Klausners)  für  das  von  ihm  gegründete  Kloster  {eyxXeiarQa)  Neu-Zio&j 
{Näa  2icov)  bei  Paphos  auf  Cypem;  dasselbe  ist  spätestens  im  Jahre  12(Ni 
abgefasst  und  zeichnet  sich  durch  Originalität  aus,  wie  auch  die  voa| 
Neophytos  für  sein  Ehester  gewählte  Bezeichnung  iyxksiatQu  eigenartig  isL, 
11.  Das  Typikon  des  Nilos,  Bischofs  von  Tamasia  auf  Cypem,  voml 
Jahre  1210  für  das  von  ihm  ausgestaltete  und  organisierte  IGoster  inst 
Gottesmutter  vom  Berge  Machaeras  {^lovi^  vrg  vnsQayiaq  Geotoxov  tw 
MaxcnQce)  auf  Cypem.  12.  Das  Typikon  des  Kaisers  Michael  VIII 
Palaeologos  vom  Jahre  1280  für  das  von  ihm  wiederhergestellte  Kloster 
des  Erzengels  Michael  auf  der  Insel  Oxeia  bei  Chalkedon.  In  der  Ein- 
leitung macht  der  Verfasser  verschiedene  Angaben  über  sein  Leben. 
13.  Das  Typikon  des  Kaisers  Michael  VIII  Palaeologos  vom  Jahre 
1282  für  das  von  ihm  wiederaufgebaute  Kloster  des  hl.  Demetrios  in 
Konstantinopel.  Auch  hier  gibt  der  Verfasser  in  einer  Art  von  Vorrede 
Mitteilungen  über  sein  Leben,  über  seine  Erziehung  bei  seinem  Oheime, 
dem  Kaiser  Johannes  m  Dukas  Batatzes,  seine  Vermählung  mit  dessen 
Nichte,  seine  Feldzüge  gegen  die  Lateiner  und  Perser,  endlich  über  die 
kriegerischen  Erfolge  seiner  eigenen  Regierung.  In  der  ganzen  Darlegung 
bestrebt  sich  der  Kaiser  ersichtlich,  den  providentiellen  Charakter  seiner 
Regierung  klar  zu  machen,  und  übergeht  daher  die  Handlungen,  die  einem 
Werkzeuge  in  der  Hand  Gottes  nicht  gut  anstehen  würden,  sorgfaltig  mit 
Stillschweigen.  In  dem,  was  er  zu  erzählen  für  passend  findet,  ist  er 
glaubwürdig,  und  mehrere  seiner  Mitteilungen  dienen  zur  Ergänzung  der 
sonstigen  Geschichtsquellen  für  seine  Zeit.  14.  Das  Typikon  des  Metro- 
politen Joachim  von  Zichnae  in  Makedonien  vom  Jahre  1324  für  das 
von  ihm  ausgestaltete  Kloster  Johannes  des  Täufers  bei  Serrae. 

1.  Ausgaben  und  spezielle  Hilfsmittel: 
A.  Typika  der  ersten  Art  (Klosterregeln): 

1.  Ein  Fragment  des  Typikon  des  Sabbasklosters  vom  Jahre  524  ed.  (ans  einer 
Sinaibs)  A.  A.  Dmitrijevskij,  Trudy  Kievskoj  duch.  ak.  1890  Januarheft  8.  170—192. 
—  Der  .Text  ist  wiederholt  B.  Z.  3  (1894)  167-170.  —  Vgl.  A.  Ehrhard.  Das  griechische 
Kloster  Mar-Saba  in  Palästina,  Rom.  Quartalscbr.  7  (1893)  32—79,  bes.  41  ff.  —  Hss  des 
Sabbas-typikon  sind  häufig  z.  B.  Codd.  Paris.  385—388,  Vindob.  theol.  285  (Nessel). 

2.  Ein  Fragment  des  Typikon  (vrtorvnoHJig)  des  Studionklosters  ed.  Migne,  Patr. 
gr.  99,  1703—1720;  ebenda  1813—1824  das  Testament  {diadfjxtj)  des  Theodoros  Staditea. 

3.  Mehrere  kaiserliche  und  andere  Typika  nebst  kaiserlichen  Goldbullen  fOr  Atbos- 
klöster  edd.  M.  J.  Gedeon,  '0  "J^tag^  Kpel  1884,  und  Ph.  Meyer,  Die  Haupturknnden 
für  die  Geschichte  der  Athosklöster,  Leipzig  1894.  —  Eine  Chronik  des  Ibererklosiers  und 
ein  liturgisch-asketisches  Typikon  des  byzantinischen  Klosters  des  Jsaak  Konmenos  vom 
Jahre  1152  bringt  M.  J.  Gedeon,  Movaatixrj  ßißho^xij,  Kpel  (soll  demnächst  erscheinen).  — 
Einzelne  kaiserliche  Typiken  verzeichnet  K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,  Jus  Graeoo- 


S.  eatehiohUidhreiber  und  Chroiil«Uii.    A.  6esohiditBehreil>^r.    (§  1&1)    3i7 

cmiannm  3  (1867)  XVI  ff.  —  Vgl.  auch:  E.  N.  Sathas,  J^€<r.  BißX,  1  (1872)  282,  308, 
10.  —  Phil.  Meyer,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  neueren  Geschichte  und  des  gegen- 
irügen  Zostandes  der  Athosklöster,  Zeitschr.  f.  Kirchengesch.  11  (1890)  395—435;  539 
B  576.  —  Eine  mit  bildlichen  Darstellungen  der  zwölf  Monate  ausgestattete  Hs  des 
ypikon  des  hl.  Sabbas  vom  Jahre  1346,  die  jetzt  im  Athosklöster  Vatopedi  aufbewahrt 
t,  beschreibt  J.  Strzjgowski,  Eine  trapezuntische  Bilderhandschrift,  Kepertorium  fttr 
iimstwiasenschaft  13  (1890)  241—263.  —  U.  Brockhaus,  Die  Kunst  in  den  Athosklöstem, 
«ipadg  1891  S.  172. 

1.  Eine  Art  Typikon  in  politischen  Versen,  in  welchem  die  für  Mönche  geltenden 
^astenvorschriften  dargelegt  werden,  ist  in  vielen  Hss  unter  dem  Namen  eines  Patri- 
rehen  Nikolaos,  womit  wahrscheinlich  Nikolaos  Grammatikos  (1084—1111)  gemeint 
li,  fiberliefert;  als  Adressat  wird  bald  der  Vorstand  (Protos)  des  hl.  Berges,  bald  ein  Abt 
knasiasios  vom  Berge  Sinai,  ein  Sinaite  Johannes  u.  a.  genannt.  Dieses  didaktische  Ge- 
licht wurde  zuerst  in  den  Venezianer  Drucken  des  Typikon  des  hl.  Sabbas  z.  B.  1603,  1605, 
643,  1645,  1771  veröffentlicht.  Ohne  den  metrischen  Charakter  zu  erkennen,  edierte  dieses 
[ypikon  als  ein  Werk  des  Patriarchen  Nikolaos  Mystikos  A.  Mai,  Scriptorum  vetemm 
lova  collectio  9  (1837)  611—618.  Damach  wurde  es  (wieder  als  Prosa)  wiederholt  bei 
iigne,  Patr.  gr.  111  (1863)  391—406.  Aber  schon  mehrere  Jahre  früher  hatte  J.  B.  Pitra, 
fpicilegium  Solesmense  4  (1858)  487—490,  auf  das  Versehen  von  A.  Mai  hingewiesen  und 
landsdbriftliche  Varianten  mitgeteilt.  —  Endlich  edierte  das  Stück  nach  mehreren  Hss 
ohne  Kenntnis  von  der  Arbeit  Pitras)  M.  J.  Gedeon,  '0  "A&iog  S.  273—288.  —  Wenn, 
rie  A.  Mai  annahm,  der  Patriarch  Nikolaos  Mystikos  (t  925)  der  Verfasser  wftre,  so  ge- 
vinne  das  Stück  als  das  älteste  Beispiel  eines  Lehrgedichtes  in  politischen  Versen  erhöhte 
Sedeutong.     Der  Anfang  lautet:  JloXXaxis  fie  ißiaaag  »al  i^di^Xitlfag,  xixvov, 

5.  Zum  liturgischen  Typikon:  F.  Kattenbusch,  Lehrbuch  der  vergleichenden  Con- 
Teesionakunde  1  (1892)  479  f.  —  Hauptschrift:  N.  Krasnoseljcev,  Das  Typikon  der 
Sophienkirche  in  Kpel,  Odessaer  Jahrb.  2  (1892)  Byz.  Abt.  1  S.  156—254.  Besprochen  von 
EL  Kurtz,  B.  Z.  2  (1893)  139  f. 

B.  Typika  der  zweiten  Art  {jvnixd  xtrfroQucä): 

2,  Typikon  des  hl  Athanasios:  Ed.  M.  J.  Gedeon,  ^  *:^^a>;  S.  245 -272  (ohne 
die  Diatyposis).  —  Mit  der  Diatyposis  und  Hypotyposis  ed.  Ph.  Meyer,  Die  Haupt- 
orkunden  etc.  (s.  o.)  S.  102—140;  vgl.  ebenda  S.  21—29. 

2,  Diataxis  des  Michael  Attaliates:  Ed.  K.  N.  Sathas,  Mea,  BißX.  1  (1872) 
3—69.  —  Wiederholt  bei  Miklosich  et  Müller,  Acta  et  diplomata  5  (1887)  293—327; 
dazu  die  kaiserlichen  Erlasse  135—145;  Nachträge  und  Berichtigungen  453;  470—472.  — 
Wald.  Nissen,  Die  Diataxis  des  Michael  Attaleiates  von  1077.  Ein  Beitrag  zur  Ge- 
schichte des  Klosterwesens  im  byzantinischen  Reiche,  Jena  1894.  —  Ueber  die  anderen 
Schriften  und  das  Leben  des  Attaliates  s.  S.  269  ff. 

3,  Typikon  des  Gregorios  Pakurianos:  Original  noch  unediert.  —  Eine  neu- 
griechische Üebersetzung  ed.  G.  Musaeos,  Dissert.  philol.  Jenenses  4  (1888)  133 — 210.  — 
Vgl.  die  Besprechung  von  G.  Krüger,  Zeitschr.  f.  Kircbengeschichte  10  (1889)  620.  — 
P.  Bezobrazov,  Unedierte  Klosterregeln,  Joum.  Min.  1887  Bd  254  Novemberh.  S.  65—78, 
der  auch  Proben  des  Originals  mitteilt  —  P.  N.  Papageorgiu,  'Hf46QoX6ytop  j^g  'JyaioX^g 
1887  S.  115—120,  Berl.  phüol.  Wochenschr.  1887  S.  821  f.  und  B.  Z.  3  (1894)  318  f. 

4,  Diataxis  des  hL  Christodulos:  Ed.  Ephräm,  Venedig  1756  (mir  unzu- 
gänglich). —  Ed.  J.  Sakkelion,  Athen  1884.  —  Edd.  Miklosich  et  Müller,  Acta  et 
diplomata  6  (1890)  59-  80.  Ebenda  81-90  das  Testament  und  KodiziU.  -  Vgl.  Ch.  Diehl, 
Le  tr^sor  et  la  biblioth^que  de  Patmos  au  commencement  du  13^  si^cle,  B.  Z.  1  (1892) 
(88-526,  bes.  496  f. 

5,  Typikon  der  Kaiserin  Irene:  Ed.  pr.  B.  Montfancon,  Analecta  Graeca, 
Paris  1688  S.  136  ff.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  127,  985-1128.  —  Wiederholt 
bei  Miklosich  et  Müller,  Acta  et  diplomata  5  (1887;  327—391.  —  Vgl  J.  Seger, 
Nikephoros  Bryennios  S.  24. 

6,  Typikon  des  Johannes  Komnenos:  Inhaltsangabe  von  P.  Bezobrazov, 
Joom.  Min.  1887  Bd  254  Novemberh.  S.  66—74.  —  Vgl.  die  Besprechung  von  E.  Kurtz, 
B.  Z.  2  (1893)  627—631.  —  Ueber  das  Kloster  vgl.  A.  G.  Paspates,  Bviayttyal  f4$XevM, 
Kpel  1879  S.  309-313. 

7,  Typikon  des  Bischofs  Leon:  Das  vorangehende  Hvpomnema  ed.  (aus  Cod. 
raorin.  336  b.  I.  4,  Jetzt  B.  VII.  29)  J.  Pasini,  Codices  mss  bibtiothecae  R.  Taurinensis 
Athenaei  1  (1749)  426  ff.  —  Das  Ganze  edd.  Miklosich  et  Müller,  Acta  et  diplomata 
5  (1887)  178-190.   -  VgL  Sp.  P.  Lambros,  B.  Z.  i  (1893)  75. 

8,  Typikon  des  Abtes  Athanasios  Philanthropinos:  Ed.  Th.  Uspenskij, 
Odesaaer  Jahrb.  2  (1892)  Byz.  Abt.  1  S.  25  -84  (mit  reichlichem  Kommentar).  —  Vgl.  dio 
Besprechiug  von  £.  Karts,  B.  Z.  2  (1893)  137  f.,  und  W.  Ni^aen  a.  a.  0.  S.  U  f. 


318  BysanÜnlaehe  litieratiirgeachiohte.    L  Prosaische  Idtteraiar. 

9.  Typikon  des  AbtttS  Nikolaos  von  Gasöle:  Es  ist  erhalten  im  Cod.  Taar. 
216  b.  III.  27  (jetzt  0.  III.  17).  Eine  Beschreibung  desselben  bei  J.  Pasini,  Codices  mss 
bibliothecae  R.  Taur.  Athenaei  1  (1749)  308  f.  —  Dann  wies  auf  die  Wichtigkeit  der  Hs  hin  EroL 
Aar,  Arcbivio  storico  Italiano,  serie  4,  t.  6  (1880)  818  f.  —  Die  Geschichte  des  Klosters 
skizzierte  vornehmlich  mit  Hilfe  dieser  Hs  Ch.  Diehl,  Le  monast^re  di  S.  Nicolas  di 
Casole,  Mälanges  d'arch^ologie  etd'histoire  de  T^cole  fran9aise  de  Rome  6  (1886)  178 — 188.  ~ 
Einige  StQcke  der  Hs  (Chronik  des  Klosters,  Epigramme  des  Abtes  Nektarios  über  die 
gestorbenen  Aebte,  Leihverzeichnis  nebst  Bibliotheksstaiuten)  ed.  H.  Omont,  Le  Typicon 
de  Saint-Nicolas  di  Casole,  Revue  des  ät.  gr.  3  (1890)  381--B91.  —  Das  ganze  Typikon 
soll  von  P.  Cozza-Luzi  veröffentlicht  werden  (Omont  a.  a.  0.  381  Anm.  2).  —  Hieza 
muss  auch  der  Cod.  Barb.  III  69  beigezogen  werden,  der  ein  im  Jahre  1005  von  dem  Mönche 
Hierotheos  des  Klosters  von  Casole  geschriebenes  Typikon  enthält  —  Verwandt  ist  wohl 
auch  das  Typikon  der  griechisohen  Kirche  von  Bova  (in  Kalbrien)  im  Cod.  Barb.  III  78. 

10.  Typikon  des  Neophytos:  Ed.  pr.  Kyprianos,  Venedig  1779.  —  Dann,  ohne 
Kenntnis  der  ersten  Ausgabe  ed.  Edw.  Warren  in  der  Zeitschrift  Archaeologia  47  (1882 
bis  1883)  1—40.  —  Vgl.  W.  Nissen  a.  a.  0.  S.  13  ff.,  und  oben  S.  286. 

11.  Typikon  des  Nilos  von  Tamasia:  Die  erste  Ausgabe  veranstalteten  die 
Mönche  des  Klosters  der  Gottesmutter  vom  Berge  Machaeras,  Venedig  1756.  —  Damach 
edd.  Miklosich  et  Müller,  Acta  et  diplomata  5  (1887)  294—432.  —  Vgl.  W.  Nissen, 
a.  a.  0.  S.  15  f. 

12.  Typikon  Michaels  VIII  Palaeologos  für  das  Kloster  des  Erzengels 
Michael:  Zuerst  gab  einen  Bericht  P.  Bezobrazov  a.  a.  0.  S.  75.  Vgl.  E.  Kurtz, 
B.  Z.  2  (1893)  630.  —  Ed.  pr.  M.  J.  Gedeon,  Tvmxoy  jijg  ini  tov  ßovyov  rot*  Av^eytiov 
aeßacfilag  f^oytjg  Aft/ojyA  rov  ^^/«yy^Aoi;.    Kpel,  Otto  Keil  1895. 

13.  Typikon  Michaels  VIII  Palaeologos  für  das  Kloster  des  hl.  Demetrios: 
Ed.  pr.  G.  Troickij  aus  dem  am  Schlüsse  verstümmelten  Cod.  Mosq.  Synod.  363  (350 
Mattnaei,  418  Vladimir)  unter  dem  nicht  ganz  zutreffenden  Titel:  Imperatoris  Michaelis 
Palaeologi  de  vita  sua  opusculum  necnon  regulae  quam  ipse  monasterio  S.  Demetrii  prae- 
scripsit  fragmentum,  Christ,  ötenije  1885,  II  S.  529—579,  auch  separat  Petersburg  1885, 
mit  russischer  Uebersetzung  und  Kommentar.  —  Vgl.  die  Besprechungen  und  Auszüge  von 
P.  Bezobrazov,  Revue  archöologique  III-*  serie,  7  (1886)  316—318;  V.  J<agi(5>,  Arch. 
slav.  Phil.  10.(1887)  319  f.;  G.  P.  Begleris,  Jcktloy  2  (1885—1889)  521-533;  W. 
Nissen  a.  a.  0.  S.  17  ff.  —  Ein  im  Moskauer  Codex  fehlendes  Bruchstück  desselben  Typi- 
kon ed.  aus  einer  Hs  des  Ibererklosters  auf  dem  Athos  Ph.  Meyer,  Bruchstücke  zweier 
Ttw/xa  xTTjroQixii,  B.  Z.  4  (1895)  45—48;  dazu  Erklärungen  S.  50-57.  Textkritische  Bei- 
träge von  G.  N.  Hatzidakis  und  E.  Kurtz,  B.  Z.  4  (1895)  583  f.  —  Zu  den  zwei  Typiken 
des  Michael  Palaeologos  vgl.  auch  die  Goldbulle  desselben  Kaisers,  die  in  einem  Kloster 
zu  Mystras  bei  Sparta  als  Wandinschrift  erhalten  ist.  Ed.  K.  G.  Zesiu,  'Jd^rjyd  3  (1891) 
461 — 467,  wiederholt  in  seinen  IvfÄfÄixttt^  Athen  1892  S.  45—51. 

14.  Typikon  des  Joachim  von  Zichnae  (für  das  Kloster  des  hl.  Johannes  bei 
Serrae):  Einzelne  Teile  ed.  K.  N.  Sathas,  Mea.  BißX.  1  (1872)  201—242.  —  Zum  Teil 
wiederholt  bei  Miklosich  et  Müller,  Acta  et  diplomata  5  (1887)  432—439.  —  Vgl 
W.  Nissen  a.  a.  0.  S.  20  f.  —  Ueber  das  Kloster  des  hl.  Johannes  bei  Serrae  vgl.  P. 
N.  Papageorgiu,  AI  £e^^M  etc.,  B.  Z.  3  (1894)  308—329,  der  auch  Mitteilungen  über 
die  Bibliothek  des  Klosters  gibt.  Nach  Papageorgiu  S.  312  Anm.  hiess  der  Metropolit  von 
Zichnae  nicht  Joachim,  sondern  Johannes. 

15.  Ein  Bruchstück  eines  Typikon  für  das  von  einer  Kaiserin  Irene  Laskar issa 
Palaeologina  wiederaufgebaute  Kloster  rov  (piXay&gtanov  atüitjQog  ed.  aus  einer  Hs  des 
Ibererklosters  auf  dem  Athos  Ph.  Meyer,  Bruchstücke  zweier  rvnixd  xttjroQixa,  B.  Z.  4 
(1895)  48  f.  Die  Identifizierung  der  Stifterin  macht  Schwierigkeiten,  wie  Ph.  Meyer 
a.  a.  0.  S.  57  bemerkt;  die  Angabe  der  Ueberschrift,  dass  die  Kaiserin  als  Nonne  Enlogia 
geheissen  habe,  passt  nicht  auf  die  Kaiserin  Irene,  die  Tochter  des  Kaisers  Theodoros 
Laskaris,  die  zuerst  den  Andronikos  Palaeologos,  dann  den  Kaiser  Johannes  III  Dukas 
Batatzes  (f  1254)  heiratete;  denn  diese  starb  schon  vor  ihrem  Gemahle.  Inhaltlich  ist  das 
Bruchstück  stark  abhängig  von  dem  Typikon  der  Kaiserin  Irene  vom  Jahre  1118.  —  Zum 
Texte  vgl.  G.  N.  Hatzidakis  und  E.  Kurtz,  B.  Z.  4  (1895)  583  f. 

16.  Die  Jia&TJxrj  des  lenatios,  des  Gründers  des  Limonklosters  auf  Lesbos,  vom 
Jahre  1530,  ist  ediert  in  der  ExxXtja.  'JX.  3  (1882—1883)  74—77. 

17.  Noch  unediert  ist  u.  a.  das  im  Cod.  Athen.  788,  s.  12,  erhaltene  liturgische 
Typikon  mit  der  Diataxis  für  das  im  Jahre  1048  von  Paulos  gestiftete  und  von  seinem 
Nachfolger  Timotheos  erweiterte  Kloster  rrjg  vneQaylag  Ssotoxov  rijg  Eve^ydiidog,  Kurze 
Beschreibung  des  Codex  bei  J.  Sakkelion  und  Alk.  J.  Sakkelion,  KardXoyog  jtoy 
X^iQoyQdfiüy  jrjg  idyixijg  ßißXiod^xrjg  j^g  'EXXddog,  Athen  1892  S.  141  f.  —  Ebenfalls  noch 
unediert  ist'  die  im  Cod.  Paris,  gr.  1295  erhaltene   Tvmxtj  na^ddoctg,  welche  der  Kreter 


2.  Aesohiohtsohreiber  und  Chronisten,    fi.  ChroniBien.    (S  ISS)  Sl9 

rilos  D amilas  für  ein  von  ihm  gestiftetes  Frauenkloster  hinterliess.  Vgl.  E.  Legrand, 
restament  de  Nil  Damilas,  Revue  des  ^t.  gr.  4  (1891)  179.  —  Nichts  Näheres  ist  mir  über 
las  Typikon  des  Kaisers  Johannes  Palaeologos  im  Cod.  Paris.  389  bekannt. 

2.  Allgemeine  Hilfsmittel:  Hanptschrift,  die  über  die  meisten  mit  den  Typiken 
usammenhftngenden  Fragen  gut  orientiert,  ist  die  oben  angeführte  Abhandlung  von  W. 
'bissen,  Die  Diataxis  des  Michael  Attaliates,  Jena  1894.  —  Ausserdem  vgl.  bes.  die  Eiu- 
eitang  von  Ph.  Meyer,  Die  Haupturkunden  für  die  Geschichte  der  Athosklöster,  Leipzig 
1894.  —  Ueber  das  Charistikarierwesen  vgl.  bes.  Tb.  Uspenskij,  Das  Typikon  des 
Slosters  des  hl.  Mamas  in  Epel,  Odessaer  Jahrb.  2  (1892)  Byz.  Abt.  1  8.  72—78,  und 
NV.  Nissen  a.  a.  0.  S.  52.  —  Mitteilungen  aus  asketischen  und  liturgischen  Typiken, 
?in  kurzes  Verzeichnis  von  Typiken  beider  Art  und  einiges  andere  hierher  Gehörige  bei 
J.  P.  Pitra,  Spicilegium  Solesmense  4  (1858)  445—491 ;  565—575.  —  Eine  grössere  Arbeit 
aber  die  Typiken  scheint  Th.  Tose  an  i  vorbereitet  zu  haben;  eine  Reihe  von  Kollationen 
and  sonstiges  einschlägige  Material  enthält  der  aus  seinem  Nachlass  stammende  Codex 
Cryptensis  T,  a,  XXIV.  VgL  die  Beschreibung  bei  A.  Rocchi,  Codices  Cryptenses  seu 
Abbatiae  Cryptae  Ferratae,  Rom  1882  8.  232  f. 

B.  Die  Chronisten. 

138.  Allgemeine  Charakteristik.  Der  Wert  der  byzantinischen  Chro- 
nisten besteht  wesentlich  darin,  dass  sie  verloren  gegangene  Geschichts- 
werke teilweise  ersetzen  und  die  in  der  Reihe  der  zeitgenössischen  Dar- 
steller bestehenden  Lücken  ausfüllen.  Ihre  Form  erhebt  keine  künstleri- 
schen Ansprüche;  aber  gerade  dadurch,  dass  sie  auf  die  altertümliche 
Gräzität  verzichten,  werden  sie  für  die  Geschichte  der  lebendigen  Sprache 
wichtiger  als  die  Historiker,  die  sich  der  konventionellen  Kunstsprache 
bedienen.  Die  Verfasser  der  Chroniken  sind  meist  Mönche,  die  für  ihre 
Standesgenossen  und  für  fromme  Laien  übersichtliche  Handbücher  der  Welt- 
geschichte geben  wollen.  Daraus  erklärt  sich  die  vorherrschend  kirch- 
liche und  populäre  Tendenz  dieser  Werke.  Diesen  zwei  Eigenschaften 
verdanken  sie  ihre  Verbreitung  im  lateinischen  Abendlande  und  namentlich 
bei  den  von  Byzanz  aus  zum  Christentum  bekehrten  orientalischen  und 
»lavischen  Völkern,  den  Syrern,  Arabern,  Armeniern,  Georgiern,  Bulgaren, 
Serben  und  Bussen.  So  sind  die  Chroniken  für  die  allgemeine  Kultur  des 
ffittelalters  unendlich  wichtiger  geworden  als  die  nur  auf  die  engsten 
Elreise  von  Byzanz  wirksamen  Zeitgeschichten  und  sie  ersetzen,  was  ihnen 
in  innerem  Werte  und  künstlerischer  Form  abgeht,  durch  die  unermess- 
üche  Femwirkung  auf  fremde  Litteraturgebiete. 

Die  Chronisten  haben  sich  ihre  Arbeit  meist  sehr  leicht  gemacht;  mit 
wenigen  Ausnahmen  haben  sie  einfach  die  ihnen  zu  Gebote  stehenden  Ge- 
K^hichtswerke  und  älteren  Chroniken  mehr  oder  weniger  ausführlich  ex- 
:erpiert  und  zwar  in  der  Weise,  dass  sie  für  einen  Abschnitt  meist  eine 
Quelle  benützten,  ein  Prinzip,  das  sich  bekanntlich  schon  bei  den  alten 
listorikem  grosser  Beliebtheit  erfreute.  Nicht  selten  freiUch  arbeiteten 
(ie  in  die  Hauptquelle  noch  eine  oder  sogar  mehrere  Nebenquellen  hinein. 
iei  manchen  Chroniken  geht  die  Abhängigkeit  von  den  Vorlagen  so 
reit,  dass  sie  fast  nur  die  Bedeutung  von  Handschriften  älterer  Werke 
»esitzen.  So  kommt  es  auch  vor,  dass  ein  und  dasselbe  Werk  unter  ver- 
schiedenen Namen  geht.  Die  moderne  Vorstellung  vom  geistigen  Eigen- 
um  ist  in  dieser  Litteraturgattung  nicht  vorhanden,  und  es  ist  daher 
iin  Kampf  gegen  Windmühlen,  wenn  man,  wie  oft  geschehen  ist,  die  harm- 
josen  Chronisten  als  unverschämte  Pla^atoren  brandmarkt.  Einen  solchen 


3^0  Byiaütlnisohe  littermtiirgeschiohie.    L  ProMdaohe  litiermtitr. 

Vorwurf  hätte  ein  byzantinischer  Chronist  nicht  verstanden.  Die  sprach- 
liche Form  und  das  Raisonnement  ist  ihm  Nebensache,  den  Stoff  aber,  dicf 
Thatsachen,  betrachtet  er  als  Gemeingut,  aus  dem  jeder  nach  Belieben 
auswählen  möge.  Dieser  litterarische  Kommunismus  hatte  zur  Folge,  dass 
hier  die  Grenzen  zwischen  den  Begriffen  der  selbständigen  Kompilation, 
der  blossen  Redaktion  und  der  handschriftlichen  Abweichung  jetzt 
häufig  schwer  zu  ziehen  sind.  Daraus  ergeben  sich  fast  unüberwindliche 
Schwierigkeiten  für  die  diplomatische  Kritik  und  die  wissenschaftliche  Ver- 
öffentlichung. Das  schlinmiste  Problem  bietet  in  dieser  Hinsicht  Georgios 
Monachos,  der  das  ganze  Mittelalter  beherrscht  und  daher  in  unzähligeni 
stark  abweichenden  Handschriften  überliefert  ist. 

Von  grösster  Wichtigkeit  ist  in  dieser  Litteraturgattung,  in  der  jede« 
neue  Werk,  soweit  es  möglich  war,  aus  älteren  Arbeiten  zusammengeschöpft, 
wurde,  die  Feststellung  der  Quellen-  und  Verwandtschaftsverhältnisse.  Se 
stösst  aber  auf  noch  grössere  Hindemisse   als  die  wissenschaftliche  Ver* 
öffentlichung  der  Texte  und  gehört  zweifellos  zu  den  schwierigsten  Auf* 
gaben,  welche  in  der  gesamten  Philologie  existieren.   Manche  Hauptquellen^ 
sind  ganz  verloren,  manche  sind  nur  in  Auszügen  und  ^Bruchstücken  oder 
in  späteren  Überarbeitungen  oder  Übersetzungen  auf  uns  gekommen;  von 
.diesen   ist  vieles   noch  nicht   veröffeniKoht,    anderes    ist  zwar  gedruckt| 
aber  an  schwer  zugänglichen  Orten   oder  in  ganz  unzuverlässiger  Weise. 
So    muss    die   Forschung   ohne  Unterla«ß   auf  handschriftliches   Material  ^ 
zurückgreifen,  wodurch  für  den,  der  die  betreffenden  Handschriften  nicht; 
ebenfalls  einsehen  kann,  das  Verständnis  und  die  Prüfung  der  Vorarbeiten  j 
unendlich  erschwert  wird.     Nicht  wenig  Verwirrung  entsteht  auch  durch] 
den  Mangel  einer  festen  Nomenklatur.     Mehrere  Denkmäler,  die  in  Be*1 
tracht  kommen,  sind  nur  in  Form  von  anonymen  Kompilationen  oder  Ex- ' 
zerpten  vorhanden  und  daher  schwer  zu  zitieren;  andere  Werke,  mit  denen 
man  operieren  muss,  sind  nur  aus  gewissen  Spuren  vorausgesetzt  und  von 
ihnen  müssen  zuweUen  wieder  mehrere  Redaktionen  angenommen  und  in 
die  Forschung  eingeführt  werden.   Nun  werden  diese  ziemlich  verschwom- 
menen und  oft  recht  problematischen  Grössen,  die  für  die  Ausführung  der 
Quellenberechnungen  nötig  sind,  von  den  Forschern  oft  mit  verschiedenen. 
Namen  bezeichnet,  je  nach  der  Vorstellung,   die  sich  ein  jeder  von  ihnen 
gebildet  hat.     Ein  und  dasselbe  Individuum  begegnet  uns  hier  als  be- 
scheidenes  „Kompendium^,  dort  als   „Johannes  Antiochenus^,    an   einer 
dritten  Stelle  als  „ursprüngliches  Malalaswerk^  u.  s.  w.     Nicht  kleiner  ist 
das  Übel,  wenn  umgekehrt  mehrere  Forscher  denselben  Namen  gebrauchen, 
aber  verschiedene  Begriffe  mit  ihm  verbinden.    Selbst  da,  wo  es  sich  um 
ganz  bestimmte,  aber  anonyme  Werke  handelt,  erschweren  die  teils  hand- 
schriftlichen,    teils    konventionellen   Bezeichnungen    wie    „Kompendium', 
„Epitome",    „Synopsis"",    „Ekloge""  u.  s.  w.   die  Orientierung.     Zu  diesen 
äusseren  und  inneren  Hindernissen  konmit  noch  die  grosse  Ausdehnung 
des  Gebietes;  wer  sich   hier  auf  einen  kleinen  Abschnitt  des  Ganzen  be- 
schränken will,  vermag,    wie  die  Erfahrung  wiederholt  gelehrt   hat,  die 
Hauptfragen  wenig  zu  fördern  und  verfallt  leicht  in  schwere  Irrtümer.  So 
ist  denp  manches  Ergebnis,  das  lange  Zeit  als  völlig  sicher  galt,  durch 


2.  OMohiohtsohreiber  und  Chronüiien.    B.  Chronisten.    (§  188)  32 1 

3  Erweiterung  der  Untersuchung  schwankend  geworden,  und  mit  Recht 
agt  einer  der  ersten  Kenner  dieses  dornenvollen  Gebietes  über  die 
latsel,  deren  Lösung  mit  jedem  weiteren  Versuche  uns  femer  zu  rücken 
heint'  (B.  Z.  2,  203).  In  vielen  Fällen  gelingt  es  zwar  allgemeine  „Be- 
ehungen*  einer  Kompilation  zu  gewissen  noch  erhaltenen  oder  voraus- 
^setzten  QueDen  zu  erkennen;  sobald  man  aber  versucht,  die  Yerwandt- 
haft  genauer  zu  bestimmen,  gerät  man  von  einer  Sackgasse  in  die  andere, 
id  die  Forschung  wird  hier  oft  zum  reinsten  Geduldspiel.  Trotz  des 
^ssten  Aufwandes  von  Scharfsinn  und  Ausdauer  lässt  sich  selten  mit 
eiliger  Sicherheit  feststellen,  ob  gewisse  Veränderungen,  Zusätze  oder 
uslassungen  von  dem  Bearbeiter  A  oder  in  seiner  Vorlage  B  oder  schon 
einer  Haupt-  oder  Nebenquelle  von  B  gemacht  worden  sind.  Und 
^rade  von  der  Gewissheit  hierüber  hängt  meist  die  Gewinnung  glatter 
id  überzeugender  Resultate  ab.  Rechnet  man  zu  alledem  noch  die  gerade 
A  derartigen  Forschungsgebieten  besonders  fatale  Verschiedenheit  der 
ibjektiven  Vorstellungen  von  den  Begriffen  der  Sicherheit,  Wahrschein- 
rhkeit  und  Möglichkeit,  so  wird  man  den  Humor  des  Richters  begreifen, 
T  diesem  Chaos  von  Thatsachen,  Voraussetzungen  und  verwickelten  Kom- 
nationen  gegenüber  eine  sichere  Entscheidung  treffen  soll,  wie  sie  nun 
nmal  das  grausame  Publikum  von  einem  Handbuche  verlangt.  Man 
ird  es  aber  auch  billigen,  wenn  er  in  zweifelhaften  Fällen  sich  lieber 
igstliche  Zurückhaltung  als  den  Übermut  unreifer  Entschliessungen  vor- 
srfen  lassen  will.  Eine  äussere  Schwierigkeit  findet  die  kompendiarische 
irstellung  dieser  verwickelten  Verhältnisse  darin,  dass  manche  Dinge, 
ß  bei  ausführlicher  Auseinanderlegung  des  ganzen  Materials  und  des 
Inges  der  Untersuchung  recht  klar  und  überzeugend  wirken,  ihre  Klarheit 
id  Überzeugungskraft  verlieren,  wenn  man  sie  in  einige  knappe  Sätze 
sammenfassen  muss. 

Wir  wissen  nicht,  in  welcher  Zeit  die  ersten  Keime  der  byzantini- 
hen  Weltchronik  zu  suchen  sind;  wahrscheinlich  muss  man  bis  ins  5. 
id  4.  Jahrhundert  zurückgehen  und  an  die  von  Malalas  zitierten  weisen 
id  bochweisen  Chronographen  Nestorianos,  Pausanias,  Domninos,  Theo- 
lilos  und  Timotheos,  vielleicht  auch  an  Autoren  wie  Sextus  Julius  Afiri- 
nus  und  Phiiippos  von  Side  anknüpfen.  Für  unsere  Überlieferung  freilich 
:  der  erste  Vertreter  der  Gattung  der  gräzisierte  Syrer  Johannes  Malalas. 
eben  der  volksmässigen,  stark  kirchlich  gestimmten  Weltchronik  bestand 
ich  eine  höhere,  in  Auffassung  und  Form  mehr  den  zeitgeschichtlichen 
erken  verwandte  Art  weltgeschichtlicher  Darstellung,  die  im  6.  Jahr- 
indert,  wie  es  scheint,  nur  durch  Hesychios  von  Milet  vertreten  ist. 
le  flieh  diese  höhere  Weltgeschichte  zur  gemeinen  byzantinischen  Chronik 
I  litterarhistorischen  Sinne  verhält,  ist  nicht  genügend  aufgeklärt.  Höchst 
ahrscheinlich  aber  hat  sich  die  byzantinische  Weltchronik  nicht  aus 
'^erken  dieser  gelehrten  Gattung,  sondern  aus  Stadt-  und  Provinzannalen 
itwickelt.  Daher  kommt  es,  dass  die  ältesten  Chronisten  die  Welt- 
ischichte  zunächst  vom  Standpunkte  ihrer  engeren  Heimat  aus  betrachten. 
y  steht  bei  Malalas  Antiochia,  bei  Johannes  von  Nikiu  Ägypten  im 
Bttdpankt  des  Interesses.    Nach  Malalas  vrird  die  volksmässige  Welt- 

du  UMi.  AltertiimnrlMeDfcluift  IZ.    1.  AWg.    2.  Auü.  2\ 


322  Bjsantinisohe  Litieratiirgesoliiohte.    L  ProsaiBohe  Lüiemtnr. 

Chronik  im  Anfange  des  7.  Jahrhunderts  fortgesetzt  durch  Johannes 
Antiochenus  und  die  Osterchronik.  In  der  darauf  folgenden  Zeit  allgemeiner 
litterarischer  Verödung  gehört  die  Chronik,  deren  Pflegestätte  das  Kloster 
war,  zu  den  wenigen  Gattungen,  in  denen  wenigstens  noch  einiges  her^ 
vorgebracht  wird.  Profane  und  kirchliche  Kompendien,  die  in  dieser  Zeit 
entstanden,  sind  uns  durch  erhaltene  Exzerpte  und  durch  reichliche  Spuren 
bei  späteren  Chronisten  erkennbar.  Besonders  muss  das  Breviarium  des 
Nikephoros  auf  einer  solchen  Quelle  beruhen,  von  der  dürftige  Überbleibsel 
in  den  Exzerpten  aus  dem  Mäyag  XQovoyQdipog  erhalten  zu  sein  scheinen. 
Ein  zweites  verlorenes  Werk  aus  dieser  Zeit,  das  zum  Teil  auf  Johannes 
Antiochenus  beruhte,  hat  einer  Gruppe  späterer  Chronisten,  namentlich 
dem  Leon  Grammatikos  als  Vorlage  gedient  und  ist  daher  von  E.  Patzig 
„Leoquelle*  getauft  worden.  Vielleicht  ist  sein  Verfasser  in  jenem 
Traianos  Patrikios  zu  erkennen,  von  dem  Suidas  (s.  v.)  berichtet,  dass 
er  unter  Justinianos  11  Rhinotmetos  (685 — 695  und  zum  zweitenmale 
705 — 711)  ein  kurze,  vortreffliche  Chronik  geschrieben  habe.  Über  ein 
kirchengeschichtliches  Kompendium,  das  in  dieser  dunkeln  Periode 
entstanden  sein  muss,  vgl.  §  104  Anm.  3.  So  ist  es  denn  ganz  natürlich, 
dass  gerade  die  Chronistik  berufen  war,  von  der  erwähnten  Zeit  der  Un- 
fruchtbarkeit in  die  litterarische  Renaissance,  die  im  9.  Jahrhundert  durch 
Photios,  im  10.  durch  Arethas,  Konstantin  Porphyrogennetos  u.  a.,  im 
11.  durch  Psellos  bezeichnet  wird,  hinüberzuleiten.  Nicht  weniger  als 
drei  uns  erhaltene  bedeutende  Chronisten,  Georgios  Synkellos,  Theo- 
phanes  und  Nikephoros,  gehören  nach  ihrer  schriftstellerischen  Thätig- 
keit  in  den  Anfang  des  9.  Jahrhunderts.  In  der  zweiten  Hälfte  desselben 
Jahrhunderts  entsteht  das  Werk  des  Georgios  Monachos,  das  neben 
Malalas  die  grösste  Femwirkung  ausgeübt  hat.  Man  könnte  das  9.  Jahr- 
hundert das  Chronikenjahrhundert  nennen,  wie  man  das  10.  als  das  der 
Enzyklopädien  bezeichnet  hat.  An  Theophanes  und  Georgios  Monachos 
schliesst  sich  die  rege  chronographische  Thätigkeit,  deren  Früchte  uns 
jetzt  in  den  mosaikartigen  Kompilationen  von  Autoren  wie  Symeon  Ma- 
gistros  und  Logothetes,  Leon  Grammatikos,  Theodosios  Meli- 
tenos,  Pseudo-Polydeukes,  Skylitzes,  Kedrenos  und  Manasses  vor- 
liegen. Im  12.  Jahrhundert  nimmt  die  weltgeschichtliche  Darstellung  noch 
einmal  einen  höheren  Flug  in  dem  grossen  Werke  des  Johannes  Zonaras, 
der  zum  Teil  wieder  auf  die  alten  Originalquellen  zurückgriflF.  Kurz  darauf 
fand  auch  die  Chronik  des  niederen  Stils,  in  der  die  Geschichtsauffassung 
des  Malalas  fortwirkte,  ihren  letzten  Vertreter  in  Michael  Glykas.  Nach 
Zonaras  und  Glykas  hat  es  die  Annalistik  wohl  infolge  der  übermächtigen 
Konkurrenz  der  seit  der  Komnenenzeit  inmier  mehr  erstarkenden  gelehrten, 
humanistisch  gefärbten  Geschichtslitteratur  zu  keiner  grossen  neuen  Leistung 
mehr  gebracht.  Ephräm,  der  im  14.  Jahrhundert  eine  Kaiserchronik 
abfasste,  glaubte  wie  einst  Manasses  die  Existenzberechtigung  seines 
Werkes  durch  Anwendung  der  gebundenen  Form  beweisen  zu  müssen. 
In  vulgärgriechischen  Bearbeitungen  der  alten  Werke  und  in  dürren  chrono- 
logischen Tabellen  lebte  diese  Gattung  noch  lange  über  den  Fall  des  Reiches 
hinaus.    Die  Chroniken  des  Nikolaos  Malaxos  und  des  Dorotheos  von 


8.  Geschiohtsohreiber  und  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  189)  323 

Monembasia,  von  denen  die  erste  bis  1573,  die  zweite  bis  1629  reicht, 
nebst  manchen  anonymen  Erzeugnissen  des  16.  und  17.  Jahrhunderts 
st-ehen  im  engsten  Zusammenhange  mit  der  byzantinischen  Chronistik  und 
dürften  in  einer  Spezialgeschichte  dieser  merkwürdigen  Litteraturgattung 
nicht  ausgeschlossen  bleiben.     Vgl.  §  167. 

1.  Zar  allgemeinen  Charakteristik  der  byzantinischen  Chronisten: 
A.  V.  Gntschmid,  Die  Orenzboten  22  (1863)  1,  345  f.  =  Kleine  Schriften  5  (1894)  414  ff. 
—  A.  Y.  Gntschmid,  Kleine  Schriften  1  (1889)  32  ff.  —  Zur  Orientierung  über  die  Ueber- 
lieferong,  die  Quellenverhältnisse  und  die  Arbeitsweise  der  Chronisten  vgl.  ausser  der 
S.  225  f.  genannten  Litteratur  bes.  noch  den  zweiten  Band  der  Ausgabe  des  Theophanes 
von  C.  de  Boor  und  die  zwei  Programme  von  E.  Patzig:  Unerkannt  und  unbekannt  ge- 
bliebene Halalasfragmente,  Leipzig  1891,  und:  Johannes  Antiochenus  und  Johannes  Malalas, 
Leipzig  1892.  —  Zur  allgemeinen  Charakteristik  der  christlichen,  vornehmlich  der  latei- 
nischen Annalistik  vgl.  0.  Holder-Egger,  Untersuchungen  über  einige  annalistische  Quellen 
zur  Greschichte  des  5.  und  6.  Jahrhunderts,  Neues  Archiv  der  Gesellsdhaft  för  ältere  deutsche 
Geschichte  1  (1876)  13-  120;  213-368,  und  2  (1877)  47-111. 

2.  Zum  Miyuq  XQoyoyQttq>os  vgl.  A.  Freund,  Beiträge  zur  antiochenischen  und  kpoli- 
tanischen  Stadtchronik,  Jena  1882  S.  38  ff.  —  Ueber  Traianos  vgL  C.  de  Boor,  Hermes 
17  (1882)  489—492,  und  E.  Patzig,  B.  Z.  3  (1894)  471.  —  Ueber  die  Leoquelle  vgL 
E.  Patzig,  Leo  Grammaticns  und  seine  Sippe,  B.  Z.  3  (1894)  470—497,  sowie  die  oben 
und  S.  225  f.  angefahrten  Arbeiten  von  Patzig  und  de  Boor. 

139.  HesychioB  von  Milet  {'Havx^og  Mdijaiog),  von  seiner  Würde 
auch  niustris  {'IllotKTtQiog)  zubenannt,  lebte  wahrscheinlich  um  die  Mitte 
des  6.  Jahrhunderts.  Aus  dem  umstände,  dass  Hesychios  in  seinem  Ono- 
matologos  keinen  Kirchenvater  nennt,  hatte  der  Bearbeiter  eines  Auszuges 
dieses  Werkes  den  Verdacht  geschöpft,  er  sei  Heide  gewesen ;  doch  spricht 
schon  der  umstand,  dass  er  frühestens  unter  Justinian  schrieb,  für  die 
Annahme,  dass  er  dem  christlichen  Bekenntnis  angehörte.  Hesychios  ver- 
fasste  drei  Werke;  zwei  derselben  werden  von  Photios  (cod.  69)  und 
Suidas  (s.  v.)  erwähnt  und  sind  fragmentarisch  erhalten;  von  dem  dritten 
wissen  wir  nur  durch  Photios.  1.  Eine  Weltgeschichte:  '^IcroQCa  'Ai- 
fiaixij  x€  xai  naviodanTj  bei  Photios  (cod.  69),  XQovixrj  IcxoQia  bei  Suidas. 
Das  Werk  war  in  6  Bücher  eingeteilt,  die  Hesychios  iiaazijfjiaza  (Ab- 
stände, Abschnitte)  nannte,  und  umfasste  die  Weltgeschichte  vom  assy- 
rischen König  Belos  bis  auf  Kaiser  Anastasios  (518).  Ausser 
kleineren  Fragmenten  besitzen  wir  ein  grosses  Bruchstück  aus  dem  An- 
fange des  6.  Buches,  das  unter  dem  Titel  nargia  KwvatavuvovTcokewg  die 
Urgeschichte  der  Stadt  Byzanz  bis  auf  Kaiser  Konstantin  den  Grossen  er- 
zählt; es  wurde  wohl  schon  früh  vom  Gesamtwerke  losgelöst  und  selb- 
ständig überliefert.  Aus  dieser  Schrift  stammt  der  erste  Abschnitt  der 
IlatQia  von  Konstantinopel  (bis  S.  16,  2  des  Kodinos  ed.  Bonn.).  2.  Das 
zweite  historische  Werk  des  Hesychios  kennen  wir  nur  durch  Photios 
(cod.  69).  Es  war  eine  Darstellung  der  Regierungszeit  des  Kaisers 
Justin  (518 — 527)  und  der  ersten  Jahre  des  Justinian.  Äusserlich 
eine  Fortsetzung  des  ersten  Werkes  wurde  es  von  demselben  offenbar 
wegen  des  verschiedenen  Charakters  der  Darstellung  geschieden;  das  erste 
war  eine  Art  Weltchronik,  das  zweite  eine  ausführliche  Zeitgeschichte. 
Dieses  Werk  scheint  völlig  verloren  zu  sein,  und  es  ist  auch  nicht  ge- 
langen, Spuren  desselben  in  späteren  Autoren  nachzuweisen.  Die  Sprache 
des  Hesychios  in  seinen  Geschichtswerken  wird  von  Photios  als  knapp, 
treffend  und  elegant  sehr  hervorgehoben,  und  in  der  That  lässt  das  er- 

21* 


324  ByzantiniBohe  Litteratnrgesohiohte.    L  Prosaiflolie  Lüteratur. 

haltene  Fragment  der  Weltgeschichte,  obschon  es  durch  die  Überlieferung 
viel  gelitten  hat,  die  Spuren  einer  einfachen  und  klaren  Diktion  erkennen. 
3.  Das  dritte  Werk,  um  dessentwillen  Hesychios  in  der  jüngsten  2ieit 
am  meisten  genannt  worden  ist,  war  nach  Suidas  ein  'OpofiatoXoyog  tj  niva^ 
%(ov  iv  naidsiif  ovofiaavwv.  Dazu  fQgt  Suidas  die  Bemerkung:  ov  imxoiiii 
iaii  tovvo  To  ßißXiov.  Man  hat  geglaubt,  Suidas  bezeichne  damit  sein 
eigenes  Lexikon  als  einen  Auszug  jenes  Onomatologos;  zweifellos  aber 
stammt  die  Notiz  von  dem  Verfasser  eines  älteren  Auszuges  des  Ono- 
matologos und  ist  von  Suidas  mit  der  Sorglosigkeit,  die  ihn  charakterisiert, 
einfach  unverändert  aus  der  Vorlage  herübergenommen  worden.  Dass  ein 
solcher  Auszug  existiert  hat,  steht  völlig  sicher  und  es  ist  sogar  gelungen, 
seine  Entstehungszeit  und  seine  Beschaffenheit  und  damit  auch  die  des 
Originalwerkes  genauer  zu  bestinmien.  Der  Onomatologos  des  Hesychios 
enthielt  die  Biographien  aller  berühmter  Schriftsteller  der  ganzen  heUe- 
nischen  Welt;  sie  waren  nach  Litteraturgattungen  geordnet  und  zwar 
waren  zuerst  die  Dichter,  dann  die  Philosophen,  dann  die  Historiker,  dann 
die  Redner  und  Sophisten,  endlich  die  Grammatiker,  Ärzte,  Astrologen  u.  s.  w. 
behandelt;  christliche  Autoren  fanden  in  das  Werk,  das  offenbar  einen 
rein  philologisch-antiquarischen  Charakter  trug,  keine  Aufnahme;  als  sekun- 
däre Quelle  diente  dem  Hesychios  unter  anderen  ein  Werk  des  Philon 
von  Byblos.  Später  hat  ein  unbekannter  Mann  eine  Neubearbeitung  des 
Onomatologos  veranstaltet,  indem  er  das  Originalwerk  teils  verkürzte, 
teils,  um  dem  Bedürfnisse  seiner  Zeit  zu  genügen,  etwa  drei  Dutzend 
Artikel  über  christliche  Schriftsteller  hinzufügte.  Die  Kapiteleinteilung 
ersetzte  er  durch  die  alphabetische  Reihenfolge.  Für  seine  Zusätze  über 
christliche  Schriftsteller  benützte  er  die  von  Sophronios(?)  verfasste  Über- 
setzung der  Viri  inlustres  des  Hieronymus,  die  Kirchengeschichten  des 
Eusebios,  Philostorgios  und  Theodoros  Anagnostes,  endlich  einige 
mit  biographischen  Angaben  versehene  Titel  kirchlicher  Werke.  Dieser 
Auszug  ist,  wie  die  grosse  Übereinstimmung  in  den  biographischen  Notizen 
sowohl  über  heidnische  als  über  christliche  Schriftsteller  beweist,  nicht 
nur  von  Suidas  für  sein  Lexikon,  sondern  auch  von  Photios  für  seine 
Bibliothek  benützt  worden.  Aus  der  letzteren  Thatsache  und  dem  Um- 
stände, dass  in  dem  Auszuge  die  v^on  Ignatios  verfasste  Lebensbeschrei- 
bung des  Patriarchen  Nikephoros  (f  829)  erwähnt  war,  ergibt  sich,  dass 
er  zwischen  829  und  857  verfasst  worden  ist.  Das  Originalwerk  des 
Hesychios  und  auch  der  alphabetisch  geordnete  Auszug  sind  uns,  abge- 
sehen von  den  erwähnten  Resten  bei  Photios  Und  Suidas,  verloren  ge- 
gangen. Dafür  haben  wir  ein  kleines  und  recht  nichtsnutziges  Büchlein  mit 
dem  vielversprechenden  Titel:  Uagi  zwv  iv  natiei^  iiaXafiipdvrwv  aoifmv^  in 
welchem  man  früher  den  Hesychios  zu  finden  glaubte.  In  Wahrheit  ist 
das  Schriftchen,  wie  Lehrs  erwiesen  hat,  eine  in  der  Humanistenzeit 
entstandene  armselige  Kompilation  aus  Diogenes  Laertios  und  Suidas. 
Neuerdings  hat  Flach  versucht,  den  alten,  echten  Hesychios  aus 
Suidas  und  anderen  Autoren  (auch  aus  der  falschen  Eudokia!)  zu  rekon- 
struieren. Das  ganze  Unternehmen  schwebt  aber  einigermassen  in  der 
Luft:  es  lässt  sich  zwar  bei  allen  biographischen  Glossen  des  Suidas  Über 


8.  Geschiohtsohreiber  und  Chroninteii.    B.  Chronisten.    (§  140)  325 

ieute,  die  vor  und  in  der  Zeit  des  Hesychios  gelebt  haben,  Hesychios  als 
^eile  annehmen;  wie  viel  Fremdartiges  aber  dann  noch  darunter  bleibt, 
ne  viel  noch  fehlt,  vermag  kein  Sterblicher  zu  sagen. 

1.  Ausgaben:  üeber  die  älteren  Drucke  s.  die  Ausgaben  von  Orelli  und  Flach.  — 
Gesamtausgabe  (das  historische  Fragment  und  Pseudohesychios):  Hesyohii  Milesii  opus- 
ula  duo  quae  supersunt  rec.  Jo.  Conr.  Orelli,  Lipsiae  1820,  ein  dickes  Buch,  das  ausser 
'3  Seiten  Text  mit  latein.  Uebersetzung  auf  320  Seiten  verschiedene  Beilagen,  wie  Eom- 
aentare  früherer  Herausgeber,  die  Abhandlung  von  Thorschmid,  einen  TeU  von  Hevne's 
/omment.  de  antiquit.  Byzant  u.  a.  enthält  —  Nach  Orelli  ed.  beide  Schriften  C.  M  All  er, 
'"HG  4,  143 — 177  (mit  einem  guten  kritischen  Apparate  fflr  das  historische  Fragment).  — 
ilin  von  MüUer  nicht  aufgenommenes  Fragment  über  die  Zeit  der  Geburt  Christi  (B<rvxlov 
X  top  tig  fijy  Xquttov  ylyvrjaiy)  ed.  Du  Gange  mit  der  Osterchronik,  ed.  Bonn.  II 116  f., 
md  Hody  in  den  Prolegomena  zu  Malalas,  ed.  Bonn.  S.  LH  f.  —  Den  Pseudohesychios 
d.  neaerdings  mit  einem  reichlichen  kritischen  Apparate,  doch  ohne  hinlängliche  Genauig- 
[eit  in  der  Teztkonstitution  Jo.  Flach,  Leipzig,  bibliotheca  Teubneriana  1880.  —  Der 
rekonstruierte*  Hesychios:  Hesychii  Milesii  Onomatologi  quae  supersunt  cum  pro- 
egomenis  ed.  Jo.  Flach,  Leipzig,  Teubner  1882.  —  Dann  mit  Beigabe  einiger  nicht  von 
lesychios  stammenden  Vitae  und  mit  Weglassung  der  Prolegomena  und  des  kritischen 
Apparates  als  billige  Studentenausgabe  (als  ob  arme  Studenten  keinen  Apparat 
rauchten!)  unter  neuem  Titel  und  in  neuem  Verlage:  Biographi  Graeci  qui  ab  Hesychio 
*endent  rec.  Jo.  Flach,  Berlin,  Calvary  1883. 

2.  Hilfsmittel:  Naeke  Choerili  Samii  quae  supersunt  etc.,  Lipsiae  1817  S.  84.  — 
[.  Lehrs,  Rhein.  Mus.  17,  453-457  =  Pindarscholien,  Leipzig  1873  S.  159—164.  —  Fr. 
Hetzsche,  De  Laertio  et  Hesychio,  Rhein.  Mus.  24  (1869)  210  ff.  -  £.  Rohde,  Philo 
on  Byblus  und  Hesychius  von  MUet,  Rhein.  Mus.  33  (1878)  161-220;  84  (1879)  561-574; 
1  (1886)  380  und  524.  —  A.  Daub,  Jahns  Jahrb.  121  (1880)  24;  123  (1881)  241—276; 
ahns  Jahrb.  Supplementb.  11  (1880)  405  ff.;  Rhein.  Mus.  35  (1880)  56  und:  Studien  zu 
len  biographica  des  Suidas,  Freiburg-Tübingen  1882  S.  124—153.  —  J.  Flach,  üeber  den 
;egenwärtigen  Stand  der  Quellenkritik  des  Hesychios  von  MUet,  Jahns  Jahrb.  121  (1880) 
;21-833.  —  P.  Pulch,  PhiloL  Anzeiger  herausgeg.  v.  Leutsch  12  (1882)  519— 526  (ab- 
ehnende  Besprechung  der  Ausgabe  des  Onomatologos  von  Flach).  —  Ellis  Hessel- 
oeyer,  Jahns  Jahrb.  127  (1883)  552.  —  Zum  Fragment  über  Christi  Geburt  (s.  o.)  vgl. 
j.  Geizer,  Seztus  Julius  Africanus  II  1  (1885)  131  f.  —  P.  Egenolff,  Bursian-Müllers 
^ahresber.  58  (1890)  297  ff.  —  Hauptschrift  über  Abfassungszeit,  Quellen  und  Benutzer 
lee  Auszuges  aus  dem  Onomatologos:  Georg  Wentzel,  Die  griechische  Uebersetzung  der 
riri  inlustres  des  Hieronymus,  in:  Texte  und  Untersuchungen  zur  Geschichte  der  alt- 
hristlichen  Litteratur,  herausgeg.  von  0.  v.  Gebhardt  und  A.  Hamack  XIII  3,  Leipzig  1895. 
TgL  auch  C.  A.  Bernoulli,  Zur  griechischen  Uebersetzung  von  Hieronymus'  De  viris 
Uustribus,  Theolog.  Litteraturzeitung  1895  S.  475  f.  —  Vgl.  auch  die  Litteratur  zu  den 
'aragraphen  ,Suidas*  und  ,Fal8che  Eudokia*. 

3.  Die  im  Grunde  recht  unwichtige  Frage,  ob  Hesychios  Christ  war,  hat  merk- 
rürdigerweise  schon  im  Anfange  des  vorigen  Jahrhunderts  eine  eigene  Schrift  hervor- 
gerufen:  Chr.  Thorschmid,  De  Hesychio  MiL  ill.  Christiane,  Wittembergae  1716;  wieder- 
lolt  in  der  Ausgabe  von  Orelli  S.  261—294.  Vgl.  E.  Rohde,  Der  griechische  Roman 
\  475,  und  Rhein.  Mus.  34,  563;  J.  Flach,  Rhein.  Mus.  35,  199;  P.  Egenolff,  Bursian- 
ilflUers  Jahresber.  58  (1890)  297. 

4.  IlttjQta  d.  h.  Wiegengeschichten,  wie  sie  Hesychios  für  Byzanz  schrieb,  gab  es 
ron  vielen  Städten  z.  B.  xti  DdtQia  KvClxov  von  Diogenes  aus  Eyzikos.  Ueber  andere 
^chriftBteiler,  welche  die  Urgeschichte  von  Eonstantinopel  behandelten,  s.  die  Ausgabe 
ron  Orelli  S.  362  ff.    Vgl.  auch  den  Paragraphen  ,Eodinos*. 

140.  Johannes  Malalas  [MaXaXaq^  auch  MaXäXag)  aus  Antiochia  in 
Syrien  ist  seinen  Lebensverhältnissen  nach  gänzlich  unbekannt;  aus  seinem 
Beinamen  lässt  sich  nur  vermuten,  dass  er  ein  gräzisierter  Syrer  war  und 
ias  Amt  eines  Predigers  ausübte.  Selbst  die  Bestimmung  seiner  Zeit 
machte  grosse  Schwierigkeiten;  doch  haben  neuere  Forschungen  mit  völliger 
Sicherheit  ergeben,  dass  er  ein  Zeitgenosse  der  Kaiser  Anastasios  I, 
Justin  I,  Justinian  I  und  Justin  11  war.  Malalas  verfasste  eine  Welt- 
ehronik  {XQovoYQa(p(a)^  welche  in  dem  einzigen  erhaltenen,  am  Ende  und 
un  Anfange  verstümmelten  Codex  von  der  sagenhaften   Geschichte   der 


326  Bjsaniinisohe  Litteratargesphiohte.    L  PrOMdsohe  litteratur. 

Ägyptier  bis  in  die  letzte  Zeit  des  Justinian  (563)  reicht,  ursprünglich  aber 
wohl  sicher  bis  zum  Ende  dieses  Kaisers  (565),  vielleicht  bis  zum  Jahre  573 
geführt  war.  Die  Chronik  des  Malalas  ist  ebenso  erbärmlich  an  sich  als 
wichtig  für  die  Litteraturgeschichte;  denn  in  ihr  erscheint  wenigstens  für 
unsere  Überlieferung  zum  erstenmal  der  kultur-  und  litteraturgeschichtlich 
wichtige  Typus  der  christlich-byzantinischen  Mönchschronik.  Eine 
Charakteristik  dieses  Werkes  erschliesst  das  Verständnis  der  ganzen  Gat- 
tung. Malalas  ist  in  seiner  historiographischen  Technik,  in  seiner  Auf- 
fassung und  Darstellung  von  einer  Grobheit,  wie  sie  bisher  in  der  ge- 
schichtlichen Litteratur  unerhört  war.  Selbst  jeder  feineren  Bildung  bar, 
schreibt  er  auch  nicht  für  das  höher  gebildete  Publikum,  sondern  für  die 
grosse  Masse  von  Mönchen  und  Laien,  die  sich  in  bequemer  und  unter- 
haltender Weise  über  den  Gang  der  Weltgeschichte  unterrichten  wollten, 
für  dieselben  Kreise,  die  sich  an  den  treuherzigen,  lebensfrischen  Legenden 
des  Leontios  von  Neapolis  und  ähnlichen  Volksbüchern  vergnügten.  Er 
verzichtet  auf  den  Ehrgeiz,  es  dem  Thukydides  oder  Polybios  gleichzuthun 
und  bricht  mit  den  Prinzipien  des  Pragmatismus  und  mit  der  ganzen 
historiographischen  Tradition,  die  wie  eine  unzerstörbare  Satzung  die  hel- 
lenistische und  byzantinische  Geschichtschreibung  beherrscht;  in  dieser 
Beziehung  hat  er  „alles  von  sich  selbst  gelernt;  es  ist  auch  darnach.' 
Seine  Richtschnur  ist  das  Bedürfnis  und  Gefallen  der  Menge ;  in  echt  volks- 
mässiger  Weise  werden  eine  ungeheure  Masse  von  Thatsachen  verworren 
aufgezählt ;  Bedeutendes  und  Geringfügiges  wird  mit  gleichem  Ernste  vor- 
getragen. Das  grösste  Gewicht  fällt  auf  einzelne,  aus  dem  Zusammen- 
hange gerissene  Ereignisse,  besonders  auf  alles,  was  ins  Gebiet  der  Kurio- 
sität gehört.  Genaue  Personalbeschreibungen  machen  sich  durch  das  ganze 
Werk  bemerkbar  (vgl.  oben  S.  220).  Die  Darstellung  der  Mythen  und 
Heroengeschichten  verfolgt  einen  christlich-apologetischen  Zweck;  die  Greuel 
des  Heidentums  z.  B.  Menschenopfer  bei  Städtegründungen  werden  mit 
Vorliebe  notiert.  Ebenso  bezeichnend  für  die  Tendenz  des  Buches  ist  die 
korrekte  Gesinnung  gegen  die  weltliche  Obrigkeit.  Wie  eine  zarte  Auf- 
merksamkeit für  die  Monarchie  erscheint  die  völlige  Gleichgültigkeit  gegen 
die  römische  Republik,  von  deren  Geschichte  Malalas  nichts  zu  berichten 
weiss  als  die  Eroberung  Roms  durch  die  Gallier  unter  Brennus.  Überall 
tritt  die  Absicht  hervor,  eine  der  ungebildeten  Menge  zusagende,  weder 
Thron  noch  Altar  verletzende  und  doch  pikante,  anziehende  und  verständ- 
liche Lektüre  zu  gewähren.  So  ist  das  Werk  ein  geschichtliches 
Volksbuch  im  genauen  Sinne  des  Wortes. 

Nicht  wenig  fesselt  die  Frage,  aus  welchen  Vorlagen  eine  so  selt- 
same und  fremdartige  Leistung  abgeleitet  ist.  Leider  hat  Malalas  die 
Untersuchung  seiner  Quellen  zu  einer  recht  schweren  Aufgabe  gemacht; 
sein  Werk  ist  auch  in  dieser  Hinsicht  ein  echtes  Volksbuch,  in  dem  die 
derbste  Spekulation  auf  den  Köhlerglauben  eines  gutmütigen  Leserkreises 
sich  breit  macht.  Er  zitiert  mit  prahlerischem  Behagen  eine  Menge  von 
Autoren ;  welche  von  ihnen  er  aber  thatsächlich  und  vorzugsweise  benützt 
hat,  lässt  sich  jetzt  nicht  mehr  genauer  feststellen.  Jedenfalls  hat  er  seine 
Vorlagen  noch  wesentlich  vergröbert,  da  er  weder  die  Thatsachen  noch 


2.  QesohichtBohreiber  und  Chronisten.    B.  Chronüiien.    (§  140) 


327 


die  altgriechische  Diktion  seiner  Quellen,  geschweige  denn  lateinische^)  und 
sonstige  fremde  Ausdrücke  verstand.  Man  nimmt  gewöhnlich  an,  dass 
Julius  Africanus  eine  Hauptquelle  für  Malalas  war;  allein  selbst  das 
ist  unerweislich.  Jedenfalls  stehen  zwischen  Afrikanus  und  Malalas  einige 
uns  verlorene  Vermittler;  es  sind  die  von  ihm  oft  zitierten  Chronographen 
Nestorianos,  der  Verfasser  einer  Chronik  bis  auf  Leon  n  (474),*)  Pau- 
sanias,  Domninos,  Theophilos  und  Timotheos.  Auch  Fasten- 
tafeln und  Stadtannalen  von  Antiochia  benutzte  er.  Für  die  letzte 
Zeit  (von  Kaiser  Zenon  an)  unterrichtete  sich  Malalas,  wie  er  selbst  in 
seinem  Vorworte  andeutet,  durch  mündliche  Berichte  älterer  Zeit- 
genossen. In  seinen  trojanischen  Geschichten  weist  er  auf  die  Schwindel- 
bücher des  Diktys  von  Kreta  und  des  Sisyphos  aus  Kos  zurück.  Grosse 
Vorliebe  zeigt  Malalas  wie  später  Georgios  Monachos  und  Glykas  für 
sagenhafte  Erzählungen  nationalen  und  religiösen  Charakters,  unter  denen 
die  apokryphen  Apostelakten  besonders  hervortreten. 

Der  Mittelpunkt,  von  dem  aus  Malalas  die  Weltereignisse  betrachtet, 
ist  seine  geliebte  Vaterstadt  Antiochia;  das  Werk  erscheint  geradezu  als 
eine  Stadtchronik,  welche  nachträglich  mit  einer  Weltgeschichte  verwoben 
wurde.  Ähnlich  gleicht  der  Schluss  des  Werkes,  der  vornehmlich  Er- 
eignisse der  Hauptstadt  behandelt,  einer  erweiterten  Stadtchronik  von 
Konstantinopel.  Von  einer  kritischen  Betrachtung,  ja  auch  nur  von  einer 
verständigen  Verarbeitung  der  Quellen  ist  natürlich  keine  Bede.  Man 
müsste  ein  Buch  schreiben,  wenn  man  die  abenteuerUchen  Verzerrungen 
und  die  lächerlichen  Irrtümer  dieses  Erzählers  durchmustern  wollte.  Die 
lesbische  Sängerin  Sappho  ist  bei  ihm  Zeitgenossin  des  Kekrops  und  Kra- 
naos;*)  während  der  Philosoph  Demokrit  aus  Abdera  in  die  graue  Vorzeit 
des  Pelops  hinaufgerückt  wird,^)  muss  sich  Herodot  zum  Nachfolger  des 
Polybios  degradieren  lassen;^)  Cicero  und  Sallust  sind  dem  Malalas  hoch- 
weise römische  Dichter;^)  die  Landschaft  Karien  ist  nach  ihm  so  benannt, 
weil  sie  der  Kaiser  Carus  unterwarf;^)  der  Kyklops  des  Euripides  hat 
3  Augen^)  u.  s.  w.  Ebenso  ungenau  wie  die  Ausarbeitung  des  Einzelnen 
ist  die  ganze  Komposition;  es  wimmelt  von  Wiederholungen  und  In- 
konsequenzen. 

Die  höchste  Beachtung  verdient  die  Sprache  dieses  Dunkelmannes. 
Eb  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  wir  in  Malalas  das  erste  grössere 
Denkmal  der  volksmässigen  Gräzität  vor  uns  haben.  In  seiner  Diktion 
spiegelt  sich  die  im  ganzen  Orient  verbreitete,  mit  lateinischen  und  orien- 
talischen Elementen  versetzte  griechische  Gemeinsprache.  So  sehr  atmet 
das  ganze  Werk   den   vulgärgriechischen  Geist,   dass  sich  mit  geringen 


>)  Ans  triumvir  z.  B.  wird  bei  ihm  dnrcli 
eine  Yenrechslang  mit  Wörtern  auf  -ator 
vie  triomphator  ein  rQiofÄßvQdttoQ, 

*)  Ka^g  avyeyQatlfttxo  NeevoQiayog  6 
wofpmxtnoq  XgoyoyQaffog  itag  Aiovxoi  jov 
ua^w.    S.  376,  19  ed.  Bomi. 

»)  S.  72,  2  ed.  Bomi. 

•)  8.  86,  3. 

»)  a  157,  19. 


xiQtoy  xal  6  XaXXovarios,  ol  ao<fait€crot  'Foh 
fialtay  noitjtal,    8.  212,  18. 

»)  S.  302,  20. 

B)  '0  yaQ  üoaog  EvQinL&rjg  dgäfia  ^|^- 
^tro  negl  tov  KvxX<onogf  6'n  tgetg  six^y 
6(pd'aXfAovg,  <njf4aiy(oy  r ovg  TQeTg  ddeXtpwg 
u.  8.  w.    S.  117,  1. 


328 


Bjeantinisohe  LitteratnrgeBohiohte.    I.  Prosaische  Littermtnr. 


morphologischen  und  lexikalischen  Änderungen  Satz  für  Satz  ins  Neo- 
griechische  umgiessen  lässt.  Alle  Spuren  der  Volkssprache,  die  sich  seit 
der  alexandrinischen  Zeit  nur  schüchtern  und  vereinzelt  hatten  blicken 
lassen,  sind  hier  zum  vollen  Rechte  gekommen J) 

Trotz   aller  Kindlichkeiten  und  Mängel  hatte  Malalas  den  richtigen 
Ton  getroffen,  indem  er  einerseits  den  engen  Rahmen  der  antiochenisch^ 
Stadtchronik  zu   einer  freilich  noch  recht  unvollständigen  Weltgeschichte 
erweiterte  und  andererseits  in  seiner  naiven  Auffassung  und  vulgären  Dar- 
stellung dem  Geschmack  und  Bedürfnis   der  christlich   gebildeten,  mon- 
archisch fühlenden  Yolksmassen  entgegenkam.     So  erklärt  sich,   dass  er 
sich  bald  der  grössten  Beliebtheit  erfreute   und  auf  die  Folgezeit  einen 
mächtigen  Einfluss  ausübte.  Die  Nachwirkung  des  Malalas  auf  die  spätere 
byzantinische  und  auf  die  orientalische  und  slavische,  ja  selbst  die  abend- 
ländische AnnaUstik  ist  in  der  That  unermesslich.    Sie  kann  hier  nicht  in 
ihrem  ganzen  Umfange   verfolgt  und  aufgedeckt  werden.    Doch  müssen 
wenigstens  die  Hauptthatsachen  Erwähnung  finden,  um  so  mehr,  als   sie 
auch  nach  rückwärte  ein  Licht  werfen,  in  dem  sie  für  die  Feststellung 
des  ursprünglichen  Bestandes  und  Charakters  des  durch  die  Überlieferung 
arg  mitgenommenen  Werkes  beigezogen  werden  können.   Der  erste  Autor, 
bei   dem  sich  Benützung  des  Malalas   nachweisen  lässt,   ist   Johannes 
vonEphesos;  er  hat  vor  dem  Jahre  581   für  seine  syrisch  abgefasste 
Eirchengeschichte  aus  der  Chronik  des  Malalas  Notizen  über  ein  Erdbeben, 
das  im  Jahre  526  Antiochia  verwüstete,  und  einige  andere  Nachrichten 
geschöpft.    Durch  seine  Vermittlung  kam  im  13.  Jahrhundert  Malalasgut 
in  die  wertvolle  Chronik  des  Bar-Hebraeus.    Ein  zweiter  Landsmann,  der 
Kirchenhistoriker  Euagrios,  benützte  den  Malalas,   den  er  als  ,Johannes 
Rhetor*  zitiert,  vor  dem  Jahre  594.   Ein  Rest  handschriftlicher  Überliefe- 
rung aus  dem  Ende  des  6.  oder  dem  7.  Jahrhundert  sind  die  tuscula- 
nischen   Fragmente,   welche  A.  Mai  aus  Palimpsestblättem  in  Grotta- 
Ferrata  herausgegeben   und  E.  Patzig  als  zu  Malalas  gehörig   erwiesen 
hat.    In  ausgiebigster  Weise  wurde  Malalas  bald  nach  610  wiederum  von 
einem  Landsmann,  von  Johannes  von  Antiochia,  verwertet  und  zwar 
so,  dass  auch  da,  wo  der  Wortlaut  nicht  derselbe  ist,  die  vulgäre  Form 
der  Vorlage  sichtbar  bleibt.    Um  dieselbe  Zeit  hat  der  Oster  Chronist 
den  Malalas  auf  so  weite  Strecken  wörtlich  ausgeschrieben,  dass  die  Oster- 
chronik  jetzt  die  Hauptquelle  für  die  Kritik  und  Herstellung  des  Malalas- 
textes    bildet.     Gegen   das   Ende   des    7.   Jahrhunderts   hat  Johannes, 
Bischof  von  Nikiu,   zahlreiche  Stücke  aus  Malalas  in  seine  uns  nur  in 
einer  äthiopischen  Übersetzung  erhaltene  Weltchronik  aufgenommen.   Um 
das  Jahr  740  benützte  den  Syrer  wieder  ein  (wenn  auch  etwas  entfernter) 
Landsmann,  der  grosse  Kirchenlehrer  Johannes  von  Damaskos,  indem 
er  in  seiner  dritten  Rede  über  die  Bilder  aus  der  Chronik  des  Malalas 
{^ix  Tijg  xQovoyQaq>(aq  'Iwdvvov  ^Ävxtoxeiaq  rov  xai  MaXaXa*^)  die  Erzählung 
von  der  blutflüssigen  Frau    mitteilte  (Migne,  Patrol.  gr.  94,  1369  ff.  = 


*)  Für  sprachgescbichtliche  Zwecke  ist 
Malalas  vorzüglich  ausgebeutet  von  Hatzi- 


dakis  in  der  JubU&umsschrift  der  Universität 
Athen  1888  S.  117  ff. 


2.  Geschiohtschreiber  und  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  140)  329 

Üalalas   ed.  Bonn.   236—239).     Wohl  noch  im  8.   Jahrhundert  hat  der 
iTerfasser  einer  lateinischen  Schrift  über  die  Chronologie  der  Mensch- 
6?erdung  Christi,   des  sogenannten  Chronicon  Palatinum,  das  im  Cod. 
Vatic.  Pal.  277   erhalten  ist,   sein  historisches  Material   aus  Malalas  ge- 
zogen.  Im  Anfang  des  9.  Jahrhunderts  hat  Theophanes,  etwa  im  letzten 
Drittel  desselben  Jahrhunderts  Georgios  Monachos  den  Malalas  reichlich 
exzerpiert.    Etwas  später  als  Georgios  Monachos,   etwa  um  889,   hat  ein 
anonymer  Chronist,  aus  dem  die  von  Cramer,  An.  Paris.  2,  165  flF.  her- 
ausgegebene ^ExXoyrj  iütoQtwv  stammt,  den  Malalas  wörtlich  ausgeschrieben. 
Im  10.  Jahrhundert   erscheint  Malalas    in    den   konstantinischen   Ex- 
zerpten,   hier   allerdings   mit  wichtigen  Bestandteilen,    die   in  unserem 
Malalas  fehlen  und  wohl  als  spätere  Zuthaten  betrachtet  werden  müssen. 
Endlich  vereinigt  Eedrenos  im   11.  Jahrhundert  zahlreiche  Stücke  des 
Malalas,   die   ihm  aus   verschiedenen  Mittelquellen  z.  B.  aus  der  im  Cod. 
Paris.  1712  vorliegenden  Kompilation  zuströmen,  in  seiner  umfangreichen 
Weltchronik.   Endlich  ist  noch  der  Einfluss  des  Malalas  auf  die  slavischen 
und  die  ihnen  kulturell  nahestehenden  Völker  zu  beachten.    Die  ursprüng- 
liche   vollständige   slavische    Übersetzung,    welche    der    Presbyter 
Gregorij   unter  dem  bulgarischen  Fürsten  Symeon  (893 — 927)  verfasste, 
ist  verloren   gegangen;   aber  beträchtliche  Stücke  derselben  stecken   in 
mehreren  slavischen  Sammelwerken  russischer  Redaktion,  deren  Alter  frei- 
lich kaum  über  das  13.  Jahrhundert  hinaufgeht.   Selbst  bis  in  den  Kaukasus 
ist  Malalas   gedrungen;    eine  georgische  Übersetzung  seines  Werkes 
ist  in  einer  Handschrift  des  10. — 11.  Jahrhunderts  im  Kirchenmuseum  zu 
Tiflis  erhalten  (Mitteilung  von  A.  S.  Chachanov). 

So  reichlich  hat  Malalas  sechs  Jahrhunderte  hindurch  die  gesamte 
volksmässige  Geschichtslitteratur  befruchtet,  dass  er  selbst  allmählich  ent- 
behrlich wurde;  was  an  ihm  so  viele  Generationen  erquickt  hatte,  der 
Reichtum  an  Geschichten  und  Kuriositäten  und  der  naive  volkstümliche  Ton, 
war  in  andere  Werke  übergegangen,  und  diese  hatten  vor  Malalas  den  grossen 
Vorzug,  dass  sie  sein  Material  in  einer  dem  Zeitgeschmack  zusagenden 
Weise  ergänzten  und  die  Erzählung  bis  auf  die  Gegenwart  herabführten. 
Auch  die  sprachliche  Form  des  Malalas  mochte  dem  Leser  des  12.  Jahr- 
hunderts etwas  altmodisch  vorkommen.  So  ist  es  denn  ganz  natürlich, 
dass  das  Werk  des  Syrers,  das  seinen  Dienst  gethan  hatte,  in  Vergessen- 
heit geriet  und  nicht  mehr  vervielfältigt  wurde;  während  wir  von  Theo- 
phanes, Georgios  Monachos,  Zonaras,  Manasses,  Glykas  und  anderen  Chro- 
nisten des  9. — 12.  Jahrhunderts  eine  ungezählte  Menge  von  Handschriften 
besitzen,  hat  sich  Malalas  in  einem  einzigen  Exemplare,  dem  Cod. 
Bodl.  Baroccianus  128,  s.  12  (in  Oxford),  gerettet.  Leider  enthält  er 
nur  eine  abgekürzte  Redaktion.  Das  steht  fest;  wie  weit  sie  sich 
aber  im  einzelnen  von  dem  ursprünglichen  Werke  entfernt,  ist  noch  nicht 
genügend  aufgeklärt.  Wie  es  scheint,  verfuhr  der  Bearbeiter  nicht  in 
allen  Teilen  gleich  gründlich;  in  den  ersten  17  Büchern  beschränkte  er 
sich  wohl  auf  seltene  Auslassungen  und  stilistische  Vereinfachungen;  im 
18.  Buche  hat  er  grössere  Streichungen  vorgenommen.  Manche  Lücken 
entstanden  durch  Nachlässigkeit  des  Schreibers  (infolge  von  Homoioteleuta 


330  ByzanUnische  Litieraturgeschiohie.    I«  Prosaiflohe  Litieratnr. 

u.  s.  w.);  das  erste  Buch  sowie  der  Anfang  des  zweiten  und  der  Schlust 
des  letzten  Buches  sind  durch  Blätterausfall  verloren  gegangen;  auf  einer 
Lücke  in  der  Vorlage  beruht  das  Fehlen  des  Abschnittes  in  der  Kaiser- 
geschichte  (ed.  Bonn.  295,  16)  vom  Tode  des  Caracalla  (217  n.  Chr.)  bis 
zum  Regierungsantritte  des  Valerianus  (253  n.  Chr.).  Die  Thatsache,  dass 
die  Oxforder  Handschrift  eine  verkürzte  Redaktion  des  Originals  darstellt, 
ist  völlig  klar  geworden  durch  eine  Vergleichung  der  tusculanischen  Frag> 
mente,  der  Malalasstücke  in  der  Osterchronik  und  im  Theophanes,  der  von 
Mommsen,  Hermes  6,  366  ff.,  edierten  konstantinischen  Exzerpte  Ilegi  ^«. 
ßovXwv  und  der  slavischen  Bearbeitungen.  Eben  diese  und  andere  späteren 
Werke  und  Exzerpte  sind  nun  auch  zur  Herstellung  des  Originaltextes 
zu  verwerten.  So  lässt  sich  das  erste  Buch,  welches  im  Oxforder  Codex 
fehlt,  aus  den  Exzerpten  des  Cod.  Paris.  1336  (Cramer,  An.  Paris.  2, 
231  ff.),  den  ersten  Fragmenten  des  Cod.  Paris.  1630,  aus  dem  von 
A.  Wirth  edierten  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  682,  s.  10,  und  den  leicht 
kenntlichen  Malalasstücken  der  Osterchronik  fast  vollständig  wieder  ge- 
winnen. Von  besonderer  Wichtigkeit  ist  der  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  682, 
der  das  früher  nur  aus  der  slavischen  Übersetzung  bekannte  Vorwort 
des  Malalas  (nebst  dem  Anfang  des  ersten  Buches)  enthält.  Im  einzelnen 
bleibt  natürlich  manches  unsicher  und  besonders  ist  bei  der  Benützung  der 
konstantinischen  Exzerpte,  die  vielfach  Zusätze  zum  Original  zu  bieten 
scheinen,  grosse  Vorsicht  notwendig.  Solange  über  die  Frage,  inwieweit 
sie  und  die  übrigen  Auszüge  und  Bearbeitungen  den  echten  Malalas  re- 
präsentieren, unter  den  Spezialforschem  keine  grössere  Einigung  erzielt 
ist  als  bis  jetzt,  dürfte  auch  der  Plan  einer  neuen  Ausgabe  des  Werkes 
als  verfrüht  erscheinen.  Eine  wichtige,  noch  immer  unerfüllte  Vorbedingung 
ist  namentlich  eine  kritische  Ausgabe  der  mit  Malalas  zusammenhängenden 
slavischen  Chroniken,  obschon  sie  die  grossen  Hoffnungen,  die  einige 
Forscher  auf  sie  gesetzt  haben,  schwerlich  erfüllen  werden.  Von  erheb- 
licher Bedeutung  ist  die  aus  der  erwähnten  Vergleichung  der  späteren 
Reflexe  gewonnene  Erkenntnis,  dass  der  Bearbeiter  des  Oxforder  Exemplars 
die  sprachliche  Form  des  ursprünglichen  Malalas  im  allgemeinen  un- 
verändert bewahrte  und  sich,  wenn  er  auch  manches  stilistisch  verkürzte, 
doch  nicht  die  Mühe  nahm,  die  naive  volkstümliche  Oräzität  des  Werkes 
einer  durchgreifenden  Korrektur  zu  unterziehen.  Somit  ist  Malalas 
trotz  des  üblen  Standes  der  Überlieferung  —  abgesehen  von  dem  nach 
565  oder  nach  573  abgefassten  Schlussstücke,  das  in  dem  erhaltenen 
Exemplare  nur  wenige  Seiten  umfasst  —  als  ein  sprachgeschicht- 
liches Denkmal  aus  dem  zweiten  Drittel  des  6.  Jahrhunderts  zu 
betrachten. 

Zum  Schlüsse  sei  auf  einige  noch  schwebende  Streitfragen  hingewiesen. 
Es  handelt  sich  namentlich  um  die  ursprüngliche  Form  und  Ausdehnung 
des  Werkes,  um  die  Abfassungszeit  und  um  das  Verhältnis  der  Schluss- 
partie zum  Ganzen.  Man  hat  unseren  Malalas  für  die  gräcosyrische 
Vulgarisierung  eines  vornehmeren  Werkes  erklärt;  doch  läs8t[sich  diese  Auf- 
fassung nicht  genügend  begründen.  Trotz  der  Verkürzungen  und  Modi- 
fikationen, die  das  ursprüngliche  Werk  erlitten  hat,  können  wir,  indem 


2.  QMohiohtschreiber  und  Ghroniaien.    B.  Chronisten.    (§  140)  33] 

wir  die  zusammenhängende  Überlieferung  der  Oxforder  Handschrift  durch 
lie  aus  dem  vollständigen  Malalas  stammenden  Stücke  bei  den  Aus- 
^hreibem  und  Bearbeitern  ergänzen  und  berichtigen,  das  Originalwerk  im 
px)8sen  und  ganzen  herstellen;  die  allgemeine  geschichtliche  Auffassung  und 
das  Kolorit  der  Darstellung  ist  ohnehin  gewiss  nicht  wesentlich  verändert 
worden.  Nur  in  einem  prinzipiellen  Punkte  scheint  das  Werk  eine  Um- 
arbeitung erfahren  zu  haben.  Malalas  hat  alsMonophysit  geschrieben  und 
die  Spuren  seiner  monophysitischen  Anschauung  hat  dann  ein  orthodoxer 
Bearbeiter  verwischt;  doch  sind  einige  verräterische  Reste  übrig  geblieben. 
Bezüglich  der  ursprünglichen  Ausdehnung  des  Werkes  hat  man  bisher 
angenommen,  dass  es  mit  dem  Tode  Justinians  abschloss;  da  jedoch  in 
den  erwähnten  lateinischen  Auszügen  im  Ghronicon  Palatinum  das  Kaiser- 
verzeichnis  erst  mit  dem  9.  Jahre  Justins  IT  schliesst,  so  ergibt  sich,  dass 
Malalas  sein  Werk  bis  zum  Jahre  573  geführt  hat  —  wenn  nicht,  wie 
man  das  in  so  vielen  späteren  Ghronikenhandschriften  beobachten  kann, 
ein  Leser  in  dem  von  dem  Lateiner  benützten  Exemplare  den  ursprüng- 
lichen Text  durch  Zufügung  chronologischer  Notizen  um  ein  Stück  ver- 
längert hatte.  Mag  nun  aber  das  Werk  bis  565  oder  bis  573  gereicht 
haben,  völlig  sicher  bleibt,  dass  Malalas  über  die  Regierung  des  Justinian  als 
Zeitgenosse  berichtet.  Verschiedene  triftige  Gründe  sprechen  für  die  An- 
nahme, dass  das  Werk  in  zwei  zeitlich  weit  von  einander  entfernten  Aus- 
gaben erschien.  Die  ersten  17  Bücher  und  wohl  auch  der  Anfang  des 
18.  Buches,  der  noch  antiochenischen  Horizont  zeigt,  sind  wahrscheinlich 
zwischen  528  und  540  aufgezeichnet  und  um  diese  Zeit  auch  herausgegeben 
BTorden;  erst  nach  dem  Tode  Justinians  ist  der  übrige  Teil  des  18.  Buches, 
n  welchem  auf  einmal  Eonstantinopel  als  Mittelpunkt  erscheint,  ab- 
geschlossen und  vereinigt  mit  der  ersten  Ausgabe  der  Öffentlichkeit  über- 
geben worden,  entweder  bald  nach  565  oder,  wenn  man  dem  lateinischen 
Auszuge  trauen  darf,  nach  573.  Der  Schlussteil  des  18.  Buches,  dessen 
Verfasser  offenbar  in  Konstantinopel  geschrieben  und  vielleicht  auch 
Annalen  dieser  Stadt  benützt  hat,  ist  für  eine  fremde  Zuthat  erklärt 
worden.  Für  diese  Annahme  sprechen  triftige  Gründe.  Zwar  liesse  sich 
annehmen,  dass  Malalas  infolge  der  Eroberung  Syriens  und  der  Zerstörung 
von  Antiochia  durch  Chosroes  im  Jahre  540  gleich  anderen  Antiochenem 
nach  Eonstantinopel  übersiedelte  und  dort  den  Gedanken  fasste,  sein  Werk 
fortzusetzen.  Aber  es  ist  auffällig,  dass  Euagrios  und  wohl  auch  der  Oster- 
ehronist  einen  Malalas  benützten,  der  mit  dem  17.  Buche  (Justin  I)  schloss. 
Bei  Euagrios  liesse  sich  vielleicht  zur  Annahme  greifen,  dass  die  zweite 
Ausgabe,  die  offenbar  in  Eonstantinopel  entstand,  in  Syrien  nicht  ver- 
breitet wurde.  Dann  hätte  sie  aber  wenigstens  der  Osterchronist,  der  sein 
Werk  höchst  wahrscheinlich  in  Eonstantinopel  verfasste,  kennen  müssen. 
Andererseits  hat  schon  Johannes  von  Ephesos,  der  vor  Euagrios  und  dem 
Osterchronisten  schrieb,  allem  Anscheine  nach  das  vollständige  Werk  in 
18  Büchern  benützt,  und  der  lateinische  Exzerptor  hat  ein  Exemplar 
gehabt,  das  sogar  bis  zum  Jahre  573  reichte.  Vor  allem  aber  spricht 
gegen  die  Einheitlichkeit  des  Werkes  die  Beobachtung,  dass  im  18.  Buche 
oicht  wie  in  den  vorhergehenden  Büchern  ein  Monophysit,  sondern  ein 


332  Byzantinisohe  LitteratnrgeBchichte.    I.  Prosakohe  Litteratar. 

Orthodoxer  zu   uns  redet.    Völlig  aufgeklärt  ist  diese  Frage  nicht  unt 
wird  es  vielleicht  niemals  werden. 

1.  Ausgaben:  Ed.   pr.   Edm.  Chilmeadus,   Oxodü   1691,  mit  Kommentar 
lateinischer  Uebersetzung  des  Herausgebers,   einer  Abhandlung   von  H.  Hody  und  der 
rühmten   epistola  von  R.  Bentley  an  J.  Mill.    —  Schlechter  Abdruck  Venedig  1733  (i 
Genesios).   —   Im  Bonner  Corpus  rec.  L.  Dindorf,   Bonnae  1831,   mit   den  Beigaben  d( 
ed.  pr.  ohne  bemerkenswerte  selbständige  Förderung.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  grij 
97,  9—790.  —  Das  im  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  682  aufbewahrte  Vorwort  mit  dem  Anfang 
des  ersten  Buches  ed.    —  irrtümlich    unter  dem  Namen   des  Johannes  Antiochenus  —  Ji^ 
Wirth,    Chronographische   Späne,   Frankfurt  1894  S.  3—10.   —    Eine   kritische   und 
Grund   der  neueren  Forschungen    veryollständigte   Ausgabe    ,  würde    dem  Studium 
ebenso  merkwürdigen  wie  vernachlässigten  Geschichtsperiode  die  grösste  Förderung  bringen* 
(Th.  Mommsen).  —  Vorbereitungen  zu  einer  neuen  Ausgabe  trifft  C.  E.  Gl  eye. 

2.  Hilfsmittel:   G.  Bernhardy,   Berliner   Jahrbücher   f.  wissenschaftliche 
1832,  2,  132—144  (Besprechung  der  Bonner  Ausgabe).  —  Zu  den  Nachrichten  des  Malall 
über  die  Stadt  Antiochia  vgl.  K.  0.  Müller,  De  antiquitatibus  Antiochenis  dissertatio  priori 
qua  Antiochiae  ad  Orontem  sub  Graecis  regibus  quae  fuerit  figura  et  quae  praecipoa  orn^] 
menta  explicatur,  Göttingen  1834,  und:  De  antiquitatibus  Antiochenis  commentatio  altera,  qnaj 
Antiochiae  urbis  forma  quibus  modis  sub  Romanorum  imperio  mutata  sit  ostenditur,  Göttin^^ 
1839,  beide  Abhandl.  wiederholt  in  ,K.  0.  Müllers  Kleine  deutsche  Schriften'  1  (Breslau  1847)^ 
90—102;  110-129.  —  Alfred  v.  Gutschmid,  Grenzboten  22  (1863)  1,  345  f.  =  KleiDe^ 
Schriften  5  (1894)  414  f.   —   Ad.  Eoecher,  De  Joannis  Antiocheni  aetate,   Dias.,  Bonn! 
1871  S.  7.    —    C.   Müller,   FHG  4,  536  ff.;  5,  XIV  und  38  f.    —    Zu  den  Quellen   d«^ 
Apostelgeschichten  bei  Malalas:    R.  A.  Lipsius,  Die  Quellen  der  römischen  Petruasage,''»'! 
Kiel  1872  S.  156  ff.,  imd:  Die  apokryphen  Apostelgeschichten  und  Apostellegenden  I  499; 
II  1,  207, 211  ff.,  III 75.  —  Vgl.  auch  A.  Wirth,  Aus  orientalischen  Chroniken,  Frankfurt  1894 'J 
S.  213  ff.  —  Th.  Mommsen,  Hermes  6  (1872)  323—383,  gibt  die  wichtigen  Ergänzungen, 
aus  cod.  Scorialensis  £1.  I.  11.   —  Emendationen  von  M.  Haupt,   Hermes  7  (1873)  296 
(==  Opuscula  3,  593).  —  Gust.  Körting,  De  vocibus  Latinis,  quae  apud  Joannem  Malalan^ 
chronogr.  Byz.  inveniimtur,  2  Indd.  lect.  Münster  1879  und  1879/80,  beweist,  dass  M.  kein 
Latein  verstanden  hat.     Dagegen  vgl.  Wagner,   Götting.  philol.  Anzeiger  10  (1879  —  80) 
91  ff.;  M.  Dunger,  Drctys-Septimius,  Progr.  Dresden  1878,  und:  De  Dictye-Septimio  Vergili  i 
imitatore,   Progr.  Dresden  1886.   —   H.  Haupt,  Dares,  Malalaa  und  Sisjphos,   Philologns'a 
40  (1881)  107-121.     -  Ueber  die  Quellen  der  Trojageschichten  vgl.  Wilh.  Greif,  Diaj 
mittelalterlichen  Bearbeitungen  der  Trojanersage.  Ein  neuer  Beitrag  zur  Dares-  und  Dictys- 
frage.     Marburg  1886  (=  Ausgaben  und  Abhandl.  aus  dem  Gebiete  der  romanischen  Phüo- 
logie  veröffentlicht  von  E.  Stengel,  Nr.  61)  S.  173—268  (gegen  den  griechischen  Dictys); 
Ferd.  Noack,  Der  griechische  Dictys,  Philologus,  Supplementb.  6,  2(1892)403—500;  B. 
Patzig,  Dictys  Cretensis  B.  Z.  1  (1892)  131—152,  und:  Die  Hypothesis  in  Dindorüa  Aus* 
gäbe  der  Odysseescholien,  B.  Z.  2  (1893)  413—440.  —  Ludw.  Jeep,   Die  Lücken  in  der 
Chronik    des  Malalas,   Rhein.  Mus.   36  (1881)  351—361.   —    Ludwig  Jeep,  Die  Lebens- 
zeit   des   Zosimos,   Rhein.   Mus.    37   (1882)   425—433    (über   Eustatbios  als   Quelle  und 
Euagrios  als  Benutzer  des  Malalas).  —  Karl  Joh.  Neumann,   Der  Umfang  der  Chronik 
des   Malalas  in   der  Oxforder  Handschrift,   Hermes  15  (1880)  356—360.  —   H.  Geizer, 
Sextus   Julius  Africanus  I  (1880)   57  ff.  und   II    1   (1885)   129  ff.    —    Albin  Freund, 
Beiträge    zur     antiochenischen    und    konstantinopolitanischen    Stadtckronik,   Diss.,    Jena ' 
1882  (unterscheidet   im  Malalas   vier   Rezensionen   der  antiochenischen   Stadtchronik   and 
sucht   den    Charakter  der    am   Schlüsse    des  Werkes    benützten   Stadtchronik   von   Kpel' 
zu  bestimmen).  —  Ueber  die  Quelle  des  Malalas  für  den  Bericht  über  Kaiser  Julian  vgL 
L.  Mendelssohn   in   seiner  Ausgabe  des  Zosimos,   Leipzig  1887  S.  XLII  ff.    —  Zu   den 
Zitaten  des  Malalas  aus  Palaephatos  vgl.  Niecola  Festa,   Intomo  air   opuscolo  di  Pale- 
fato  De  incredibilibus,  Firenze-Roma  1890  S.  23  ff.,  und :  Nuove  osservazioni  sopra  ropuscolo 
di  Palefato  Jlsgl  dniaitay,  Studi  ital.  di  filol.  class.  4  (1895)  227  ff.  —  Ph.  Boissevain, 
Ueber  die  dem  Jo.  Antioch.  zugeschriebenen  Excerpta  Salmasiana,   Hermes  22  (1887)  161 
bis  178.  —  G.  Sotiriadis,  Zur  Kritik  des  Johannes  von  Antiochia,  Jahns  Jahrb.  Supple- 
mentband  16  (1888),  bes.  105  ff.  —  Edwin  Patzig,  Unerkannt  und  unbekannt  gebliebene 
Malalas-Fragmente,    Progr.    der  Thomasschule,  Leipzig   1891.       In   dieser  Arbeit   werden 
einige  von  A.  Mai,  Spicileg.  Roman,  vol.  II  (1839)  pars  3,  veröffentlichte  Stücke  als  dem 
Malalas  gehörig  erwiesen.   Vgl.  die  Besprechung  von  H.  Geiz  er,  Berliner  philol.  Wochen- 
schrift 1892  S.  141  ff.  —  EdwinP  atzig,  Johannes  Antiochenus  und  Johannes  Malalas,  Progr. 
der  Thoroasschule,  Leipzig  1892.   Besprochen  von  Carl  Erich  Gleye,  B.  Z.  2,  158  ff.  Da- 
zu  die   Erwiderung  von   E.   Patzig,   B.  Z.  2,  430  ff.    —   E.   W.    Brooks,  The  dato    of 
the  historian  John  Malala,  The  English  Histor.  Review  7  (1892)  291-301  (führt  aus,  dass 


2.  GeschiohtBohreiber  und  ChroniBten.    B.  Chroniaten.    (§  140).  333 

L  von  Johannes  von  Ephesos  und  Eoagrios  benutzt  wurde,  dass  sein  Werk  ursprÜDglich 
oit  dem  Jahre  528  abscnloss,   spftter  aber  von  ihm  selbst  bis  zum  Jahre  565  fortgesetzt 

ind  bald  nach  dieser  Zeit  vollendet  wurde).  —  S.  Sestakov,  Der  Johannes  Rhetor  der 
Circhengeschichte  des  Eoagrios,  5.  Heft  der  gelehrten  Denkschriften  der  Univ.  Kazan, 
üun  1890.  Dazu  die  Besprechung  von  C.  E.  Gleye,  B.  Z.  3  (1894)  625-630,  und  die  Er- 

iridening  von  S.  Sestakov,  Viz.  Vr.  2  (1895)  243—245.  —  lieber  Malalas  als  Quelle 
les  Johannes  Ton  Ephesos  s.  auch  V.  G.  Vasiljevskij,  Histor.  Vdstnik  1891  S.  521  ff. 
mas.)  (mir  unzugänglich).  —  Ueber  die  Benützung  des  Malalas  in  der  Osterchronik  vgl. 
b.  Frick,  Die  Fasti  Idatiani  und  das  Chronicon  Paschale,  B.  Z.  1  (1892)  283—292.  ~ 
Ueber  das  Verhältnis  des  Malalas  zu  den  Ezcerpta  latina  Barbari  s..  C.  Frick, 
Chronica  minora,  vol.  I.,  Leipzig,  Bibl.  Teubneriana  1893  S.  CXC  ff.  Dazu  die  Bemer- 
kungen von  P.  Lejay,  Revue  critique  1893  II  S.  52  ff.,  und  Clermont-Ganneau,  ebenda 
S.  210  ff.  —  Ueber  das  Verhältnis  des  Malalas  zu  Pseudo-Eallisthenes  entwickelt  eine 
neue,  aber  von  V.  Jagi6,  Arch.  slav.  Phil.  16  (1894)  226  mit  Recht  beanstandete  Hypo- 
these V.  Istrin,  Die  Alexandreis  der  russischen  Chronographen,  Moskau  1893  (russ.)  — 
Ueber  Malalas  als  Quelle  des  Moses  von  Khoren  vgl.  A.  Carriöre,  Nouvelles  sources  de 
Molse  de  Khoren.  Supplement.  Wien  1894.  —  Franz  Cumont,  Malalas  et  Gerippe,  Re- 
TBe  de  Tinstruction  publique  en  Belgique  37  (1894)  77—79  (will  eine  Stelle  des  Uorippus 
•08  Malalas  herleiten).  Dagegen  sprach  C.  E.  Gl  eye,  B.  Z.  4  (1895)  366  f.  —  Zu  Malalas 
&  165,  8  ff.  ed.  Bonn.  vgl.  A.  Surber,  Die  Meleagersage,  Diss.,  Zürich  1880,  S.  50;  85  f., 
ud  G.  Enaack,  Zur  Meleagersage,  Rhein.  Mus.  49  (1894)  310-313.  —  Ueber  die  Per- 
sonalbeschreibung der  Apostel  bei  Malalas  und  anderen  vgl.  Joh.  Ficker,  Die  Dar- 
stellung der  Apostel  in  der  altchristlichen  Kunst,  Leipzig  1887  (=  Beiträge  zur  Kunst- 
geschichte, Neue  Folge  5)  S.  42—48.  —  H.  Geizer,  Zu  Africanus  und  Johannes  Malalas, 
B.  Z.  3  (1894)  394  f.  (über  ein  im  Codex  260  des  Athosklosters  Vatopedi  erhaltenes  Fragment 
der  ägvptischen  GOttergeschichte  aus  dem  verlorenen  Eingang  des  Malalas,  das  sich  mit  der 
Ostera^nik  8.81,  10—83,  10  deckt,  aber  wichtige  Varianten  bietet).  —  Th.  Mommsen, 
Lateinische  Auszüge  aus  Malalas,  B.  Z.  4  (1895)  487  f.  —  Ueber  das  Werk,  in  welchem 
Mommsen  die  lateinischen  Malalasauszüge  bemerkte,  handelt  L.  Traube,  Chronicum 
Palatinum,  B.  Z.  4  (1895)  489—492.  —  C.  E.  Gl  eye,  Ein  Menandervers  bei  Malalas,  B.  Z. 
5  (1896)  (noch  nicht  erschienen). 

Zur  Sprache:  Ant.  Rüger,  Studien  zu  Malalas:  Präpositionen  und  Adverbien. 
Das  18.  Buch.  Die  konstantinischen  Exzerpte.  Die  tusculanischen  Fragmente.  Münner- 
atadter  Gymnasialprogr.,  Bad  Kissingen  1895.  Vgl.  die  eingehende  Besprechung  von  E. 
Patzig.  B.  Z.  5  (1896)  Heft  2.  —  Zum  Texte:  Sp.  P.  Lambros,  B.  Z.  1  (1892)  187. 

Zar  slavischen  Uebersetzung  des  Malalas:  Fürst  Obolenskij  in  der  Einlei- 
timg zu  dem  von  ihm  herausgegebenen  Chronisten  des  Perejaslavl  Suzdaljskij,  im  Vre- 
mennik  der  Moskauer  Gesellschaft  für  Geschichte  und  Altertümer  Bd.  9  (1851),  beschrieb 
ein  im  Moskauer  Hauptarchiv  des  Ministeriums  der  auswärtigen  Angelegenheiten  auf- 
bewahrtes Sammelwerk  aus  dem  15.  Jahrhundert,  welches  bedeutende  bis  zur  Zeit  des 
Veapasian  d.  h.  bis  zum  10.  Buche  reichende  Auszüge  aus  der  Chronik  des  Malalas  enthält. 

-  Dasselbe  Denkmal  des  Moskauer  Archivs  beschreibt  J.  Sreznevskij  in  den  Zapiski  d. 
kaia.  Akad.  d.  Wiss.  Bd.  24  (Petersburg  1879)  Beilage.  —  A.  Popov,  Üebersicht  über  die 
rnaaischen  Chronographen,  Moskau  1866,  wies  auf  Stellen  hin,  die  aus  Malalas  in  das 
nnsische  Werk  , Erster  hellenischer  Chronist*  übergegangen  sind.  —  Weitere  Beiträge 
|ab  Fürst  Obolenskij  in  seinen  Forschungen  und  Notizen,  Petersburg  1875  S.  144.  — 
Daan  beschrieb  Dobrjanskij,  Beschreibimg  der  Hss  der  Wilnaer  öffentlichen  Bibliothek, 
Wilna  1882  S.  246—254,  einen  Chronographen,  der  früher  dem  Suprasljschen  Kloster  ge- 
liQfte  und  augenscheinlich  mit  dem  ersten  Teile  des  Sammelwerkes  des  Moskauer  Archivs 
Tcnrandt  ist  d.  h.  Auszüge  aus  Malalas  enthält.  —  Archimandrit  Leonidas,  Eine  alte 
Hb  (Beschreibung  der  Malalashs  des  Reichsarchivs),  Russkij  Vdstnik  vom  April  1889.  — 
Tgl.  V.  Vasiljevskij,  Üebersicht  der  Arbeiten  zur  byzantinischen  Geschichte  1  (1890)  205. 

-  Jagi«,  Archiv  slav.  Philol.  2  (1877)  4—9.  —  H.  Haupt  und  Jagift,  Hermes  15  (1880) 
330—237.  —  Pypin-Spasoviö,  Geschichte  der  slav.  Litteraturen,  übersetzt  von  Pech, 
1  (Leipzig  1880)  78  f.  —  C.  Frick  in:  Historische  und  philologische  Aufsätze,  Ernst  Curtius 
ra  seinem  70.  Geburtstage  gewidmet,  Berlin  1884  S.  53—66,  gelangt  zum  Ergebnis,  dass 
4er  alavische  Uebersetzer  ausser  dem  Malalas  noch  anderes  benützte,  so  den  Pseudokal- 
hsthenes  in  der  Rezension  des  cod.  C.  —  Ed.  Wolter,  Archiv  slav.  Philol.  9  (1886)  636  ff. 

-  M.  Erdmann,  Adversaria  critica  in  Malalae  chronographiam,  in  der  Festschrift  zur 
Feter  des  SOOjährigen  Bestehens  des  prot.  Gymnasiums  zu  Strassburg,  Strassburg  1888,  U 
69-88.  —  C.  E.  Gleye,  Zum  slavischen  Malalas,  Arch.  slav.  Philol.  16  (1894)  578—591. 

-  C.  £.  Gleye,  Zu  den  Nachrichten  vom  Tode  Julians,  Philologus  53  (1894)  587  (slav. 

CebOTsetEnng  von  Malalas  S.  331, 16  und  333,  3).  —  S.  Sestakovi  Ueber  die  Bedeutung  der 


i 


334  BysaniiniBche  Litteratnrgesohiohte.    L  ProMdsohe  litteratnr. 

slavischen  üebersetzung  der  Chronik  des  Malalas  für  die  Wiederherstelliuig  und  Yei 

des  griechischen  Textes  desselben,  Viz.  Vt.  1  (1894)  503—552.  Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  378. 

w 

S.  Sestakov,  Zusatz  zu  der  Abhandlung  ,üeber  die  Bedeutung  der  alavischen  Uebersel 
des  Malala8%  Viz.  Vr.  2  (1895)  372—377.     -  Eine  zusammenfassende   und  volktindij 
Verwertung  des  slayischen  Materials  für  die  Kritik  des  Malalas  ist  noch  ein  Bed( 
das  freilich  nur  von  einem  in  beiden  Sprachen  wohl   bewanderten  Gelehrten  befriedj| 
werden  kann.    Vorarbeiten  hierzu  hat  C.  E.  Gl  eye  gemacht. 

3.  Der  Name  MaXaXag  (auch  MaX^Xag)  ist  eine  Gräzisierung  des  syrischen  maläl 
rhetor,  hat  also  nicht«  mit  der  Maskulinbildung  auf  -tts  (z.  B.  Ztavagag,  Xaxavdg)  zu  thun 
darf  daher  nicht,  wie  es  z.  B.  bei  K.  Sathas,  Mea.  BtßX,  7  (1894)  Einleitung,  konsequent 
schiebt,  MaXaXag  geschrieben  werden.  Auch  der  von  Euagrios  mehrfach  zitierte  Zacharii 
Rhetor  wird  bei  den  syrischen  Chronisten  Zacharias  Malalas  genannt.  Vgl.  E.  Patzij 
B.  Z.  2  (1893)  435. 

141.  Johannes  von  Antiochia  (Ia)dvvrjg  "Avrioxevg)  wird  in  histoii« 
sehen  Exzerpten  und  bei  Tzetzes  ausdrücklich  genannt  als  Verfasser  einer 
Chronik,  und  an  der  Sonderexistenz  dieses  Mannes  und  eines  von  ihm  ve^: 
fassten  geschichtlichen  Werkes  kann  nicht  gezweifelt  werden.    Dagegei 
herrscht  über  seine  Person  und  Zeit  wie  über  den  Charakter  und  Umfang 
des  Werkes  ein  dichtes  Dunkel,  das  sich  zwar  in  den  letzten  Jahren  etwat] 
gelichtet,  aber  noch  nicht  aufgeklärt  hat.     Johannes  stanmit  wie  Malalas* 
aus  Antiochia,  weshalb  er  mit  diesem  zuweilen  verwechselt  wurde,  und' 
gehört  also  in  den  Kreis  der  syro-palästinischen  Litteraten,  die  im  6.  und 
7.  Jahrhundert   in    den  Geschichtschreibung   und    Chronistik   wie    in  der 
Rhetorik  und  Hagiographie  mächtig  hervortreten.   Die  Zeit  seiner  schrift* 
stellerischen  Thätigkeit  fällt  wahrscheinlich  in  die  Regierung  des  Heraklios. 
Geizer  hat  vermutet,  dass  Johannes  identisch  sei  mit  dem  monophysitischen 
Patriarchen  Johannes,  der  631 — 649    den  Patriarchalstuhl  von    Antiochia 
inne  hatte.    Wenn  das  richtig  ist  und  wenn  man  der  etwas  verdächtigen 
Schlussnotiz  der  konstantinischen  Exzerpte  De  virtutibus:  Tälog  tfjg  itfroQiag 
'liüdvvov  flava xov  Vertrauen  schenken  darf,   so  müsste  er  sein  Werk  als 
Mönch,  noch  vor  dem  Antritte  des  Patriarchats,  also  zwischen  dem  Jahre 
610,  mit  dem  die  Chronik  abschloss,  und  dem  Jahre  631  verfasst  haben. 
Doch  ruht  diese  ganze  Kombination  auf  unsicherem  Grunde.   Eine  genauere 
Prüfung  der  unter  dem  Namen   des  Johannes  überlieferten  Bruchstücke 
führt  zu   dem  Ergebnis,    dass   sein    Werk   eine  Weltchronik   war,    die 
von  Adam  bis  zum  Tode  des  Kaisers  Phokas  (610)  reichte.   Sie  wird 
in   den  konstantinischen  Exzerpten   als  ^Itrtogfa  xQonxij  oder   einfach   als 
'ItfTOQia,  im  Codex  Paris.  1763  als  'AQxceioXoyia,  im  Codex  Paris.  1630  als 
'ExS^effig  7i€Qi  xQovoav  xai  xTftrscog  xotffiov  zitiert.     Johannes  wollte,    wie  es 
scheint,  das  Werk  des  Malalas  durch  eine  vollständigere  und  bessere  Leistung, 
durch   eine  wirkliche  Universalgeschichte    ersetzen.     Zu   diesem  Zwecke 
verliess  er  den  allzu  partikularistischen  Standpunkt   des  Malalas,   für  den 
Antiochia  den  Mittelpunkt  des  Weltganzen  bildete,  nahm  die  jüdische  Ge- 
schichte auf,   widmete  der  römischen  Kaisergeschichte  eine  ausführlichere 
Darstellung  und  ging  auf  bessere  alte  Quellen  zurück,  die  er,  so  weit  wir 
sehen  können,  mit  mehr  Verständnis  verarbeitete   als  Malalas.     Der  Ver- 
such, seine  Quellen  genauer  zu  bestimmen,   stösst  freilich  infolge  der  un- 
sicheren und  fragmentarischen  Überlieferung   des  Werkes  auf  erhebliche 
Schwierigkeiten.   Für  die  ältere  Zeit  schöpfte  Johannes  wohl  vornehmlich 
aus  Julius  Africanus  und  Eusebios,  für  die  römische  Kaisergeschichte 


2.  Gesohiohtsolireiber  nnd  ChroniBten.    B.  Chronisten.    (§  141)  335 

MUß  Petros  Patrikios,  aus  Eutrop,  den  er  wohl  nicht  in  der  uns  er- 
haltenen, um  380  verfassten  Übersetzung  des  Paeanios,  sondern  in  der 
des  Eapito  (um  500)  benützte,  aus  Ammianus  Marcellinus,  aus  einer 
Vorlage  des  Prokop  und  in  weitem  Umfange  aus  Malalas;  für  die 
troifichen  Qeschichten  hat  er  neben  Malalas  auch  den  Diktys  beigezogen. 
Der  unechte  Johannes  dagegen  d.  h.  das  Mittelstück  der  konstanti- 
nischen Exzerpte  (s.  u.)  ist  eine  Kompilation  aus  Dio  Cassius,  Eutrop, 
Plutarch,  Herodian,  Eunapios,  Zosimos,  Priskos  und  der  Kirchen- 
geschichte des  Sokrates. 

Während  Malalas  sich  wenigstens  in  einem  zusammenhängenden, 
wenn  auch  abgekürzten  und  verstünmielten  Exemplare  gerettet  hat,  ist 
Johannes  nur  fragmentarisch  erhalten.  Zahlreiche  und  umfangreiche,  bis 
Ulf  Phokas  reichende  Bruchstücke  stehen  in  den  konstantinischen 
Titel n.  De  virtutibus  und  De  insidiis,  sehr  magere,  bis  Valentinian  m 
reichende  in  dem  von  Salmasius  geschriebenen  Codex  Parisinus  1763, 
ausführlichere,  aber  schon  in  der  Sagengeschichte  abbrechende  im  Codex 
Parisinus  1630,  einige  grössere  Stücke  aus  den  Troika  in  einer  unter 
dem  Namen  des  Johannes  Sikeliotes  gehenden  Chronik  im  Codex  Vindo- 
bonensis  historicus  99;  endlich  gehört  dem  Johannes  eine  umfangreiche 
Hypothesis  zur  Odyssee  in  einem  Cod.  Palatinus.  An  die  konstantinischen 
Exzerpte  und  die  im  Codex  des  Salmasius  erhaltenen,  die  beide  den 
Namen  des  Johannes  an  der  Spitze  tragen,  knüpft  sich  eine  grosse  Streit- 
frage, von  deren  Lösung  auch  das  Gesamturteil  über  Johannes  abhängt. 
Sie  kann  hier  nur  angedeutet  werden:  Das  Mittelstück  der  konstantinischen 
Exzerpte  (von  der  römischen  Republik  bis  auf  Justin  I)  ist  von  dem 
parallelen  salmasischen  Stücke  nach  Inhalt,  Fassung  und  Quellen  himmel- 
weit verschieden  und  kann,  wie  Sotiriadis  und  Boissevain  unabhängig 
von  einander  trefflich  nachgewiesen  haben,  unmöglich  aus  demselben  Werke 
stanmien.  Die  konstantinischen  Exzerpte  dieses  Abschnittes  tragen  den 
Charakter  der  hellenistisch-pragmatischen  Geschichtschreibung,  die  salma- 
sischen den  der  christlich-byzantinischen  Chronik.  Diese  zwei  verschiedenen 
Exzerptenreihen  sind  gemeint,  wenn  man,  was  sachlich  eigentlich  unzu- 
treffend ist,  von  einem  „konstantinischen''  und  einem  „salmasischen'' 
Johannes  spricht.  Sotiriadis  hatte  den  echten  Johannes  in  den  konstan- 
tinischen Exzerpten  gesucht  und  die  salmasischen  Stücke  ihm  abgesprochen. 
Dagegen  hat  Patzig  umgekehrt  den  Beweis  angetreten,  dass  der  echte 
Johannes  der  salmasische,  der  konstantinische  dagegen  eine  spätere  Eom- 
pflation  sei.  Seine  Argumentation  gipfelt  in  folgenden  Punkten:  Mit  Hilfe 
der  Fragmente  aus  Codex  Parisinus  1630  und  einer  grossen  Zahl  von 
Saidasglossen  lässt  sich  zeigen,  dass  der  salmasische  und  der  konstanti- 
nische  Johannes  einen  gemeinsamen  Anfangsteil  gehabt  haben;  da 
nun  aber  der  salmasische  Johannes  in  einer  sicher  zu  erschliessenden  Vor- 
lage einiger  Chronisten  schon  früh  hervortritt,  dagegen  der  konstantinische 
Text  erst  im  10.  Jahrhundert  erscheint,  so  müssen  die  salmasischen  Ex- 
zerpte das  ältere,  ursprüngliche  Werk  repräsentieren,  während  das  kon- 
stantinische Mittelstück  eine  spätere  Kompilation  ist,  die  wahrscheinlich 
in  der  litterarischen  Renaissanceperiode   des  Photios   entstand    und  aus 


] 


336  Bysantinisohe  Lüterainrgesohiohte.    I.  Prosaische  Litteratur. 

irgend  einem  Grunde  mit  dem  Anfang-  und  Schlussteile  des  echten  Johannes- 
werkes vereinigt  wurde.  Nun  erklären  sich  auch  die  zwei  Zitate  in  den 
ndxQia  trjg  nolswg  (Banduri,  Imp.  Orient.  I,  UI  S.  29)  und  bei  Tzetzes 
(Chiliaden  2,  31),  die  den  Johannes  in  eine  spätere  Zeit,  frühestens  in  die' 
zweite  Hälfte  des  9.  Jahrhunderts  verweisen.  Die  Einzelheiten  der  sehr 
verwickelten  Argumentation  können  hier  ebensowenig  dargelegt  werden, 
als  die  Bedenken,  die  auch  nach  dieser  neuesten  Behandlung  der  Frage 
noch  übrig  bleiben.  Um  auch  nur  den  gegenwärtigen  Stand  der  Angelegen- 
heit völlig  klar  zu  legen,  müssten  die  textgeschichtlichen  und  handschrift- 
lichen Thatsachen  in  einem  solchen  Umfange  vorgetragen  werden,  dass  ^ 
der  Artikel  weit  über  den  Rahmen  eines  Handbuches  hinausfiele  und  den 
Charakter  einer  Monographie  bekäme. 

Die  Fortwirkung  des  Johannes  in  der  annalistischen  und  sonstigen 
Litteratur  lässt  sich  deutlich  erkennen.  Ausser  den  oben  genannten  Ex- 
zerptoren  benützten  sein  Werk  Tzetzes  und  eine  Reihe  von  Chronisten. 
Die  letzteren  zerfallen  aber  nach  ihrem  Verhältnis  zu  Johannes  in  zwei 
Gruppen:  Symeon,  der  Magister  und  Logothet,  und  seine  Ans- 
schreiber  wie  Leon  Grammatikos,  Kedrenos  und  der  Redaktor  der 
von  Muralt  edierten  Fassung  des  Georgios  Monachos  schöpften  aus 
der  von  Patzig  „ Leoquelle ^  genannten  Kompilation,  in  der  die  Chronik 
des  Johannes  durch  kirchengeschichtliche  Angaben  bereichert  war; 
Manasses  dagegen  verwertete  den  salmasischen  Johannes  in  seiner  ur- 
sprünglichen Gestalt  d.  h.  ohne  die  kirchengeschichtlichen  Zugaben.  Auch 
der  „konstantinische  Johannes^  wurde  von  den  Späteren  benützt  z.  B.  von 
Suidas,  von  Kedrenos,  Tzetzes  und  Planudes. 

1.  Ausgaben:  Die  Exzerpte  des  Cod.  Paris.  1763  (Ezcerpta  Salmasiana)  ed.  pr. 
J.  A.  Gramer.  An.  Paris.  2  (1839)  383 — 401.  —  Diese  Exzerpte  nebst  den  konsiantini- 
sehen  und  denen  des  Cod.  Paris.  1630  wurden,  in  chronologischer  Ordnung  und  mit  Quellen- 
angaben, ediert  von  C.  Müller,  FHG  4,  535—622;  5,  27—28.  —  Varianten  zu  den  sal* 
masischen  Exzerpten  gab  aus  dem  Cod.  Paris.  3026  6.  V<itelli>,  Studi  itaL  di  filol. 
classica  3  (1895)  382—384.  —  Dieselben  Fragmente  stehen  auch  im  Cod.  Neapel.  II. 
D.  4  (froher  I.  £.  22);  vgl.  H.  Geizer,  B.  Z.  3  (1894)  394.  —  Die  Stacke  aus  Johannes 
Sikeliotes  (Cod.  Vindob.  bist.  99)  ed.  leider  nur  teilweise  und  ungenau  A.  Heinrich, 
Die  Chronik  des  Johannes  Sikeliotes  der  Wiener  Uofbibliothek,  Progr.,  Graz  1892  S.  1 — 10. 
—  Die  Hypothesis  zur  Odyssee  ed.  Guil.  Dindorf,  Scholia  graeca  in  Homeri  Odys- 
seam  1  (Oxford  1855)  3—6. 

2.  Hilfsmittel:  J.  Wollenberg,  üeber  einige  kuriose  Druckfehlei  in  der  C. 
Müllerschen  Rezension  der  Exzerpte  des  Johannes  Antiochenus,  Zeitschrift  f.  d.  Gymnasial- 
wesen 1860  S.  505—507.  —  J.  Wollenberg,  Excerpta  e  Joanne  Antiocheno  ad  librum 
Peirescianum  ase  excussum  emend.,  Progr.  des  französischen  Gymnasiums,  Berlin  1861.  — 
R.  Friedrich,  Zu  Johannes  von  Antiochia,  Jahns  Jahrb.  101  (1870)  416.  —  A.  v.  Qut- 
schmid,  Die  Grenzboten  22  (1863)  1,  346  =  Kleine  Schriften  5  (1894)  416.  —  Eine 
höchst  achtbare  Anregung  erhielt  das  Studium  des  Johannes  und  des  Malalaa  durch 
Th.  Mommsens  Abhandlung  tlber  die  dem  Cassins  Dio  beigelegten  Teile  der  planudeiscben 
imd  konstantinischen  Exzerpte,  Hermes  6  (1871)  82—91,  und  seine  Veröffentlichung  neuer 
Bruchstücke  des  Johannes  von  Ant.  und  des  Johannes  Malalas,  ebenda  323  —  383.  —  Ad. 
Koecher,  De  Joannis  Antiocheni  aetate  fontibus  auctoritate,  Diss.,  Bonn  1871.  —  E.  Pioco- 
lomini,  Intomo  ai  collectanea  di  Massimo  Planude,  Rivista  di  filologia  2  (1874)  101  ff.; 
149  ff.  —  0.  Holder-Egger,  Untersuchungen  über  einige  annalistische  Quellen  zur  Ge- 
schichte des  5.  und  6.  Jakrh.,  Neues  Arch.  d.  Gesellsch.  f.  ältere  deutsche  Geschichtskunde  1 
(1876)  294—296.  —  Identifizierung  des  Johannes  von  Antiochia  mit  dem  monophysitiscben 
Patriarchen  bei  H.  Geiz  er.  Die  politische  und  kirchliche  Stellung  von  Byzanz,  Verhandlungen 
der  33.  Versammlung  deutscher  Philologen  zu  Gera,  Leipzig  1879  S.  47  Anm.  32.  —  H.  Haupt, 
Ueber  die  Herkunft  der  dem  Dio  Cassius  beigelegten  planud.  Exzerpte,  Hermes  14  (1879) 
86—64;  291—297;  431-446.   —  Carl   de  Boor,  Zu  Johannes  Antiochenus,  Hermes  19 


8.  Gesohiohtsohreiber  und  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  142)  337 

(1884)  128—148  und  20  (1885)  321  ß.   —   H.  Geizer.  Sextus  Julius  Africanus.  T.  I  und 

IT,  1  allentlialben  (s.  den  Index).   —    Ph.  Boissevain,    De   excerptis   Pianudeis  et  Gon- 

sUntinianis  ab  A.  Mai  editis  quae  vulgo  Gassio  Dioni  attribuuntur.    Progr.  Rotterdam  1884 

nnd:  lieber  die  dem  Johannes  Antiochenus  zugeschriebenen  Excerpta  Salmasiana,   Hermes 

22  (1£^7)  161—178.   —    6.  Sotiriadis,  'Zur  Kritik  des  Johannes  von  Antiochia,  Jahns 

Jahrb.  Supplementb.  16  (1888)  1—125.  —  £.  Patzig,  Johannes  Antiochenus  und  Johannes 

Malalas,  Progr.,  Leipzig  1892.  —  G.  de  Boor,  Die  Salmasischen  und  Treuschen  Excerpte, 

B.  Z.  2  (1898)  195—211.  —  £.  Patzig,  Johannes  Antiochenus  Fr.  200  Salm,  und  Prokop, 

B.  Z.  2  (1893)  591 — 598.  —  Einige  konstantinische  und  salmasische  Exzerpte  werden  nach 

ihrem  Verhftltnis  zu  Manasses,   (ilykas,  Georgios  Monachos,   Leon  Grammatikos  und   Ke- 

drenos  geprüft   von  Gust.  Nordmeyer,   Jahns  Jahrb.  Supplementb.  19  (1893)  257 — 268. 

—  Ganz  oberflftchlich  handelt  über  Johannes  A.  Wirth,   Ghronographische  Späne,  Frank- 

fort  1894  S.  1  ff.  —  lieber  die  Quellen  der  Trojageschichten  bei  Johannes  vgl.  die  S.  832 

tngefahrten  Abhandlungen  von  W.  Greif  (S.  246—257),   Ferd.  Noack  und  E.  Patzig; 

dizn  £.  Patzig,  Die  Troica  des  Johannes  Antiochenus,  B.  Z.  4  (1895)  28—29.  —  Mehrere 

einschlägige  Fragen  bespricht  G.  E.  Gl  eye  in  seiner  Abhandlung :  Beiträge  zur  Johannes- 

frage,  die  in   der   B.  Z.  5  (1896)    erscheinen  soll.    —   Vgl.   auch   die   Litteratur  zu   den 

S§  112.  140. 

142.  Die  Osterchronik.  Mit  dem  konventionellen  Namen  Ghr 0 nie on 
Paschale  d.  h.  Osterchronik  (wegen  der  der  christlichen  Chronologie  zu 
Grunde  liegenden  Berechnung  des  Osterkanons),  auch  Chronicon  Alexandri- 
num,  Chronicon  Constantinopolitanum  oder  Fasti  Siculi,  wird  ein  umfang- 
reiches chronologisches  Werk  bezeichnet,  welches  von  dem  Verfasser  selbst 
betitelt  ist:  ^EniTOfirj  x^oi'cöv  tcov  dno  'ASdfi  tov  nQWTonXdüxov  dvd-Qianov 
Fioq  X  itovg  rrjg  ßaffiXffag  ^HgaxXeiov  tov  svasßsatdtov  xai  fisvce  vnaxBiav 
hovg  *&'  xai  irf  irovg  Ttjg  ßa<siXs(ag  "^HgaxXeiov  vtov  KoavaxavtCvov  tov 
ttVTov  vtov  ivSixTicivog  /.  Die  Osterchronik,  neben  Eusebios  und  Synkellos 
nach  umfang  und  Einfluss  die  Hauptleistung  der  griechisch-christlichen 
Chronographie,  besteht  aus  einem  durch  zahlreiche  eingesprengte  historische 
Notizen  erweiterten  und  ausgeschmückten  chronologischen  Verzeichnis, 
welches  von  der  Erschaffung  Adams  bis  auf  das  Jahr  629  n.  Chr.  reichte ; 
doch  bricht  die  einzige  in  Betracht  kommende,  am  Anfang  und  Schluss 
verstümmelte  Handschrift  schon  im  Jahr  627  n.  Chr.  ab.  Der  eigentlichen 
Chronik  geht  eine  Einleitung  voraus,  welche  kompilatorische  Erörterungen 
über  die  christliche  Zeitrechnung  und  über  die  Berechnung  des  Oster- 
zyklus  enthält.  Der  Verfasser  war  Zeitgenosse  des  Kaisers  Heraklios 
(610—641)  und  zwar  offenbar  ein  Kleriker,  wahrscheinlich  aus  der  Um- 
gebung des  ökumenischen  Patriarchen  Sergios,  der  in  dem  Werke  auf- 
fallend hervortritt  und  besonders  als  Schöpfer  liturgischer  Neuerungen  sorg- 

I  fUtig  erwähnt  wird.  Die  Abfassungszeit  des  mit  dem  Jahre  629  ab- 
schliessenden Werkes  kann  denmach  mit  Sicherheit  in  das  letzte  Jahrzehnt 
des  Heraklios  gesetzt  werden.  Die  früher  verbreitete  Annahme  einer 
älteren  Redaktion  unter  Kaiser  Constantius,  die  mit  dem  Jahre  354 
geschlossen  und   dann   unter  Heraklios  einen  Fortsetzer  gefunden  haben 

'     soll,  ist  durch  Gelzer's  tiefgehende  Untersuchungen  hinfallig  geworden. 

k  Die  wichtigste  Aufgabe  bei  der  Betrachtung  dieses  unselbständigen, 

fast  gänzlich  aus  älteren  Stücken  zusammengebauten  Werkes  ist  die 
kritische  Untersuchung  seiner  Quellen.  Hauptgewährsmann  für  die  älteste 
Zeit  war  Sextus  Julius  Africanus,  mit  welchem  unser  Verfasser  in 
seiner  Chronologie  der  vorflutigen  Epoche  genau  übereinstimmt.  Für  die 
Bekleidung  des  genealogischen  Gerippes  diente  dem  Verfasser  die  Bibel, 

F^*»^*«"^  der  kUuM.  Altertiiinawl«eiwcbaft  IX.    1.  Abtlg.    2.  AoA,  22 


338  BysantiniBche  LitteratargeBohiehte.    L  Prosaische  Litteratnr. 

aus  welcher  öfter  grössere  Auszüge  mitgeteilt  werden,  und  eine  uns  un- 
bekannte einheitliche  Quelle  erbaulichen  Charakters.  Von  Abraham 
an  benützte  er  mit  Beschränkung  auf  seine  rein  kirchlichen  Zwecke  den 
Kanon  des  Eusebios;  einige  wertvolle  Angaben  deuten  jedoch  auf  eine 
zweite  unbekannte  Quelle,  die  wahrscheinlich  irgendwie  auf  Panodoros 
oder  Annianos  zurückgeht.  Nachrichten  aus  Pseudokallisthenes 
stammen  vielleicht  aus  dem  vollständigen  Malalas.  Mit  dem  Beginne  der 
römischen  Republik  (S.  309  ed.  Bonn.)  erscheint  eine  neue  Quelle,  die 
Eonsular fasten,  wobei  eingestreute  chronikalische  Notizen  den  Charakter 
der  sogenanten  Eonsulartafelannalen  zeigen.  Es  ist  dieselbe  lateinische 
Fastenquelle,  die  auch  dem  Bischof  Idatius  (Hydatius)  für  seine  lateinische 
Chronik  gedient  hat.  Des  weiteren  weisen  deutliche  Spuren  (Berücksich- 
tigung der  syromakedonischen  Jahre  u.  s.  w.)  auf  die  Ostertafeln  der  j 
Diözesen  von  Alexandria  und  Antiochia.  Die  kirchengeschichtlichen  Notizen 
des  Werkes  stammen  fast  alle  aus  noch  erhaltenen  Quellen,  besonders  aus 
der  Chronik  und  der  Eirchengeschichte  des  Eusebios  und  aus  Malalas, 
der  auch  für  die  Profangeschichte  zur  Belebung  des  chronologischen  Ge- 
rippes reichlich  ausgebeutet  ist:  endlich  aus  Märtyrerakten  und  aus  der 
Schrift  des  Epiphanios  IJeQi  fisrgiav  xal  crravA/icov.  Von  532  an  wird 
die  Chronik  ganz  ärmlich  und  besteht  bis  in  die  letzte  Zeit  des  Maurikios 
(582 — 602)  fast  nur  aus  den  Eonsularfasten.  Erst  für  den  letzten  Ab- 
schnitt, welcher  das  Ende  des  Maurikios,  die  Regierung  des  Phokas  und 
die  ersten  17  Jahre  des  Heraklios  (also  ungefähr  600 — 627)  umfasst,  wird 
der  Verfasser  wieder  ausführlicher,  offenbar,  weil  er  hier  als  Zeitgenosse 
erzählt. 

Seine  Chronologie  basiert  in  der  bei  den  christlichen  Chronographen 
hergebrachten  Weise  auf  den  biblischen  Zahlen,  welche  durch  die  baby- 
lonischen und  persischen  Eönige,  die  Ptolemäer  und  die  römischen  Eönige 
abgelöst  werden.  Die  christliche  Zeitrechnung  läuft  vom  21.  März  5507 
und  ist  der  erste  Beleg  der  sogenannten  byzantinischen  oder  römi- 
schen Ära  (im  Gegensatz  zur  alexandrinischen  und  antiochenischen), 
welche  bei  den  Bekennern  der  griechischen  Eirche  bis  in  die  neuere  Zeit 
üblich  war.  Die  eigene  Thätigkeit  des  Osterchronisten  war,  von  der 
zuletzt  erwähnten  zeitgenössischen  Partie  abgesehen,  eine  geringe.  Sie 
beschränkte  sich  im  wesentlichen  auf  gelegentliches  Epitomieren  und  Eon- 
taminieren;  nicht  selten  giebt  er  durch  starke  Missverständnisse  deutliche 
Beweise  der  äussersten  Unwissenheit.  Wissenschaftlich  und  litterarisch 
steht  die  Osterchronik  weit  unter  Eusebios  und  Sy nkellos ;  jedoch  war  sie 
in  ihrer  populären  Fassung  von  grosser  praktischer  Wirkung  und  behauptete 
in  der  Chronologie  der  Folgezeit  eine  hervorragende  Stellung.  Die  Oster- 
chronik und  die  Werke  des  Malalas  und  des  Johannes  von  Antiochia  re- 
präsentieren die  vulgäre  Stufe  des  historischen  Interesses  und 
Betriebes  der  Byzantiner;  in  höheren  wissenschaftlichen  Ereisen 
wurden  sie  weniger  geachtet  und  daher  verbessert  und  durch  Neues  er- 
setzt (Synkellos,  Zonaras  u.  s.  w.). 

Nach    dem  ersten  Jahre  des  Julius  Cäsar  (S.  355,  6  ed.  Bonn.)  ist 
in  der  Osterchronik  von  später  Hand  ein  nacktes  Verzeichnis  der  römisch- 


2.  QMohiohtschreiber  und  ChroniBten.    B.  Chronisten.    (§  143)  339 

lantinischen  Kaiser  bis  auf  Konstantin  Monomachos  (1042)  eingeschoben, 
Iches  von  den  Herausgebern  billigerweise  ausgeschieden  und  nur  im 
hang  mitgeteilt  ist  (ed.  Bonn.  11  90  ff. ;  vgl.  11  292). 

1.  Ausgaben:  Ediüo  priDceps:  Chronicon  Alexandrinum  etc.  studio  Matthaei 
leri,  Monachii  1615,  schlechter  Text  nach  dem  jungen  und  verderbten  cod.  Monacensis 
:  lateinischer  Uebersetzung).  —  Auf  derselben  Grundlage,  wenn  auch  mit  manchen 
serungen  ed.  C.  du  Gange,  Paris  1688.  —  Wiederholt  Venedig  1729.  —  Im  Bonner 
pus  ed.  L.  Dindorf.  2  voll.,  Bonn  18B2;   bedeutend  verbesserter  Text  auf  Grundlage 

hier  zum  erstenmal  methodisch  verwerteten  Haupths,  des  Codex  Vaticanus  1941;  im 
3ande  Praefatio  und  Kommentar  von  Du  Gange  nebst  anderen  auf  die  Osterchronik  be- 
liehen Beigaben.  —  Wiederholt  von  Migne,  Patr.  gr.  92,  1—1158  (mit  den  früheren 
gaben;  Text  nach  Dindorf). 

2.  Hilfsmittel:  Frid.  Roesler,  Ghronica  medii  aevi  etc.  res  saec.  IV.  V.  VI 
>onentia,  tom.  1  (Tubingae  1798)  108—110.  —  L.  Ideler,  Handbuch  der  mathematischen 
I  technischen  Chronologie  2  (1826)  350  ff.  und  459—465.  —  A.  Gramer,  An.  Paris.  1 
39)  352  ff.,  wo  unter  anonymen  naturwissenschaftlichen  Sttlcken  auch  verschiedene 
thoden  zur  Berechnung  des  Osterzyklus  ediert  sind.  —  Ueber  die  in  der  Osterchronik 
>0,  9 — 64,8)  erhaltene  Fassung  des  Jia^BQia^og  xriq  y^q  handelt  A.  v.  Gutschmid, 
•  Kritik  des  JiafiCQMfiog  ri^g  yvq,  Rhein.  Mus.  N.  F.  13  (1858)  377—408  =  A.  v.  G., 
.noe  Schriften  5  (1894)  240-273.  Die  zu  Lebzeiten  Gutschmids  nicht  veröffentlichte 
iführliche  Fassung  dieser  Arbeit  jetzt  ebenfalls  in  den  Kleinen  Schriften  5  (1894)  585  bis 
7.  —  Th.  Mommsen,  Römische  Chronologie,  2.  Aufl.,  Berlin  1859  S.  113  f.  —  Edouard 
ilaurier,  Recherches  sur  la  Chronologie  Armönienne,  Paris  1859  S.  VII  ff.  und  167  ff. 
0.  Holder-£gger,  Untersuchungen  über  einige  annalistische  Quellen  zur  Geschichte  des 
und  6.  Jahrb.,  Neues  Arch.  d.  Ges.  f.  ältere  deutsche  Geschichtskunde  2  (1877)  59—86. 
Ueber  die  Annalen  von  Kpel  als  Quelle  des  Osterchronisten  und  seine  geringe  Glaub- 

irdigkeit,  wo  er  nicht  aus  dieser  Quelle  schöpfte,  handelt  0.  Seeck,  Studien  zur  Ge- 
hichte  Diocletians  und  Constantins.  IL  Idacius  und  die  Chronik  von  Cpel,  Jahns  Jahrb. 
9  (1889)  601—635.  —  Vgl.  auch  G.  Kaufmann,  Die  Fasten  von  Kpel  und  die  Fasten 
n  Ravenna,  Philologus  42  (1884)  471—510.  —  Th.  Mommsen,  Monumenta  Germaniae 
jtorica,  Auetores  antiquissimi  t.  IX  p.  1  (1891—1892)  119—247;  272—301.  —  G.  Frick, 
e  Fasti  Idatiani  und  das  Chronicon  Paschale,  B.  Z.  1  (1892)  283-292  (beweist,  dass  der 
iterchronist  die  ihm  mit  der  Chronik  des  Idatius  gemeinsame  lateinische  Fastenquelle 
rch  zahlreiche  Zusätze  aus  £usebios  und  bes.  aus  Malalas  bereichert  hat).  —  Ueber  das 
»rbältnis  zu  der  Excerpta  latina  Barbari  u.  s.  w.  s.  C.  Frick,  Chronica  minora, 
I.  L,  Leipzig,  Bibl.  Teubneriana  1893  S.  XC  ff.  —  C.  Wachsmuth,  Einleitung  in  das 
idium  der  alten  Geschichte,  Leipzig  1895  S.  195  f.  —  Hauptschrift:  Heinrich  Geizer, 
itos  Julius  Africanus  und  die  byzantinische  Chronographie  II  1  (Leipzig  1885)  138—176 
ich  I  228  ff.  und  sonst).  —  Vgl.  auch  die  chronologische  Litteratur  bei  Fr.  Unger, 
trechnung  der  Griechen  und  Römer,  Handbuch  der  klass.  Altertumswiss.  I'  (1892)  713  f. 

3.  Ueberlieferung:  Die  Haupths,  aus  der  die  übrigen  Hss  und  Exzerpte  geflossen 
d,  ist  der  Codex  Vaticanus  gr.  1941,  s.  10.  —  Ueber  die  Geschichte  und  die  späteren 
Schriften  desselben  vgl.  Gh.  Graux,  Archives  des  missions  scientifiques  III®  s^rie,  t.  15 
^9)  315—317;  369  f.  —  Nur  eine  Abschrift  des  Vaticanus  war  offenbar  jener  im  Jahre  1671 
'brannte  Codex  Escur.,  in  welchem  ein  findiger  Grieche  die  Osterchronik  dem  Marcellinus 
i  Hippolytos  zugeschrieben  hatte.  Vgl.  Th.  Mommsen,  Mon.  Germaniae  historica, 
ct.  antiquissimi  t.  IX  p.  IS.  86. 

143.  Georgios  Synkellos.  Der  Mönch  Georgios  mit  dem  Beinamen 
IvyxsXXog  d.  h.  Geheirasekretär  des  Patriarchen,  1)  verfasste  eine  'ExXoyrj 
ovoyQa^iag,  die  von  der  Erschaffung  der  Welt  bis  auf  Dio- 
etian  (284  n.  Chr.)  reicht.  Über  das  Leben  des  Verfassers  haben  wir 
ir  die  Notizen  in  seinem  eigenen  Werke,  die  Angaben  seines  Fortsetzers 
leophanes   im   Eingang  seiner   Chronik  und   die  nachweislich  zum   Teil 


^)  Ueber  dieses  hohe  Amt,  eines  der 
sehnlichsten  d^uo/uiaja  —  folgte  ja  doch 
afig  der  Synkellos  dem  Patriarchen  auf  dem 
.triarchenstuhl  —  s.  Du  Gange,  Glossar, 
jd.  et  inf.  Graec.  s.  v.  avyxeXXog  c.  1470  ff., 
d  Goar  in  seiner  Vorrede,  ed.  Bonn.  II 55  ff. 


Die  Zahl  der  avyxeXXov  war  verschieden; 
später  wird  wenigstens  ein  TtQOitoavyxeXXog 
unterschieden.  Das  Wort  ist  von  x^Xka, 
cella,  also  =  concellanneus  d.  h.  Teilhaber 
der  Zelle,  Vertrauter,  Geheimsekretftr. 


22*  ^ 


340 


Bysantinisohe  LitteratnrgeBoldohte.    L  ProMdsohe  litteratar. 


unrichtigen  Bemerkungen  des  Anastasius  bibliothecarius,  welche  dieser 
seiner  kirchengeschichtlichen  Kompilation  über  des  Synkellos  und  Theo- 
phanes  Leben  vorausschickte.  Ehe  Georg  zur  Würde  des  Synkellos  er- 
hoben wurde,  verweilte  er  längere  Zeit  im  heiligen  Land.^)  Unter  dem 
Patriarchen  Tarasios  (784—806)  war  Qeorgios  Synkellos  öeheim- 
sekretär;  nach  dem  Tode  des  Tarasios  zog  er  sich  in  ein  Kloster  zurück 
und  schrieb  hier  seine  Chronik.  Im  Jahre  810  war  er  noch  unter  den 
Lebenden.  *)  Die  Fortsetzung  des  Werkes,  an  der  Qeorgios  SynkeBos  selbst 
verhindert  wurde,  übernahm  sein  Zeitgenosse  und  Freund  Theophanes 
Confessor.  Die  Chronik  des  Synkellos  ist  neben  Eusebios  für  die  Kenntnis 
der  christlichen  Chronographie  das  bedeutendste  Werk.  Seine  eigentüm- 
lichen und  wichtigsten  Züge  gehören  jedoch  nicht  dem  Synkellos  selbst  an, 
sondern  seinen  Vorgängern,  deren  Angaben  er  übrigens  nicht  ganz  ohne 
Kritik  entgegennahm.  Die  Anordnung  des  Werkes  ist  echt  chronikenartig, 
d.  h.  die  Erzählung  der  einzelnen  Thatsachen  ist  ohne  einen  fortlaufenden 
Faden  lose  aneinandergereiht  und  zwar  so,  dass  der  Text  fortwährend  von 
langen,  trockenen  Tabellen  unterbrochen  wird;  es  ist  also  in  unserem  Sinne 
mehr  eine  grossartige  Geschichtstabelle  mit  eingestreuten  Erläuterungen 
als  eine  Universalgeschichte.  In  der  Ausarbeitung  des  Einzelnen  bemerken 
wir  eine  gewisse  Ungleichheit.  Während  Synkellos  auf  die  Berechnung 
der  Geburt  Christi  und  die  Erzählung  der  neutestamentlichen  Zeitgeschichte 
noch  grösseren  Fleiss  verwendete,  ist  die  nachfolgende  Kaisergeschichte 
bis  auf  Diocletian  ein  ziemlich  dürftiges  Machwerk,  wenig  mehr  als  eine 
Kompilation  aus  dem  Kanon  und  der  Kirchengeschichte  des  Eusebios  und 
der  Chronik  des  Dexippos;  und  selbst  hieven  hat  er  wahrscheinlich  schon 
vieles  in  seiner  Hauptvorlage  Panodoros  zusammengearbeitet  gefunden. 
Das  Hauptgewicht  fiel  ihm  offenbar  auf  die  Konstruktion  der  vorchrist- 
lichen Geschichte,  auf  die  Vereinigung  der  profanen  und  der  kirchlichen 
Angaben.  Das  Werk  des  Synkellos  ist  eben  vollständig  vom  theologischen 
Geiste  beherrscht. 

Über  seine  Quellen  ist  besonders  durch  Geizer  Licht  verbreitet 
worden.  Zunächst  erscheint  die  frühere  Anschauung  hinfällig,  dass  Syn- 
kellos den  Julius  Africanus  und  sogar  den  echten  Manetho  als  unmittelbare 
Vorlage  benützt  habe.  Wirkliche  Quellen  des  Synkellos  kann  man  nur 
die  zwei  alexandrinischen  Chronisten  Panodoros  und  Annianos  und  die 
heilige  Schrift  nennen.  Freilich  ist  die  genauere  Bestimmung  seines 
Verhältnisses  zu  Panodoros  und  Annianos  schwierig,  weil  ihre  Werke  bis 
auf  die  von  Synkellos  selbst  zitierten  Stücke  und  wenige  besonders  bei  den 
Syrern  gerettete  Fragmente  verloren  sind.  Panodoros,  der  „kenntnis- 
reiche Nachfolger*  des  Africanus  und  Eusebios,  uns  fast  nur  durch  Syn- 
kellos bekannt,  blühte  zwischen  395 — 408;  Annianos,  der  dem  Panodoros 
in  chronologischen  Dingen  und  in  der  Profangeschichte  folgte,  ist  der  Zeit 
nach  etwas  später;  er  vollendete  sein  Werk  im  Jahre  412.  Panodoros 
selbst  schöpfte  hauptsächlich  aus  Julius  Africanus,  aus  dem  um  hundert 


»)  S.  200,  21  ff.  ed.  Bonn. 

*)  S.  389,  20,  wo  er  6302  (=  810)  als 


das  gegenwärtige  Welijahr  nennt. 


2.  Qesohiohtsohreiber  nnd  Chronistexi.    B.  Chronisten.    (§  143)  341 

Jahre  jüngeren  Eusebios  und  aus  Dexippos.  Was  also  bei  Synkellos  auf 
diese  drei  Quellen  zurückweist,  verdankt  er  wahrscheinlich  meist  dem 
Panodoros  oder  einer  späteren  Kompilation,  in  welcher  Panodoros  einen 
Hauptbestandteil  bildete.  Auf  Panodoros  geht  femer  —  sei  es  nun  direkt 
oder  indirekt  —  alles  zurück,  was  Synkellos  über  ägyptische  Geschichte 
berichtet;  bei  ihm  fand  er  den  Kanon  des  Manetho  in  der  Redaktion  des 
Julius  Africanus  und  Eusebios,  dann  die  unter  dem  Namen  „Sothisbuch' 
nur  aus  Synkellos  bekannte  Rezension  der  ägyptischen  Geschichte  und  das 
ebenfalls  nur  bei  Synkellos  erwähnte  naXaiov  xQovixov  (eine  ägyptische 
Königsliste).  Auch  die  aus  Diodor  und  anderen  Profanhistorikem  zitierten 
Stücke  hat  Synkellos  im  besten  Falle  aus  Eusebios,  den  er  in  der  Patri- 
archalbibliothek  wohl  eingesehen  haben  wird ;  vielleicht  aber  ebenfalls  nur 
aus  Panodoros.  Aus  ihm  hat  er  auch  die  apokryphen  Stücke  aus  der  so- 
genannten kleinen  Genesis  u.  a.  Annianos  andererseits  war  dem  Syn- 
kellos der  „Mann  nach  dem  Herzen''  für  die  chronologischen  Feinheiten 
der  kirchlichen  Ära;  besonders  bewundert  er  ihn  unter  anderem  wegen 
der  Entdeckung,  dass  der  25.  März,  der  erste  Tag  seines  Kirchenjahres, 
das  Datum  sei  1.  für  die  göttliche  Weltschöpfung,  2.  für  die  göttliche 
Fleischwerdung,  3.  für  die  Auferstehung.  Selbständige  Studien  machte 
Synkellos  vornehmlich  in  den  kanonischen  Schriften  des  alten  und  neuen 
Bundes.  Hier  liess  er  sich  selbst  die  Mühe  handschriftlicher  Vorarbeiten 
nicht  verdriessen;  er  kollationierte  eine  ausgezeichnete  Kopie  (avr/y^ayov 
i/av  r^xQißw/iitvov  xata  te  auyf^V'^  ^^^  nQoa((id(av)^  welche  aus  der  Metro- 
politanbibliothek  von  Käsarea  stammte  und  von  dem  grossen  Basilios  selbst 
mit  einer  Diorthose  versehen  worden  war.  Die  bibüschen  Berichte  sind 
es  auch,  welche  ihn  öfter  veranlassen,  seinen  sonst  hochverehrten  alexan- 
drinischen  Autoritäten  Panodoros  und  Annianos  die  Glaubwürdigkeit  in 
der  chaldäischen  und  ägyptischen  Geschichte  zu  kündigen.  Der  hebräischen 
Sprache  war  Synkellos  übrigens  nicht  kundig  und  er  benützte  das  alte 
Testament  xatd  xvv  %wv  o  igfirjveiav;  er  hält  sogar  —  echt  griechisch  — 
den  Septuagintatext  für  vorzügUcher  als  den  hebräischen!  Ausser  den 
heiligen  Schriften  hat  er  auch  die  Kirchenväter  meist  direkt  eingesehen, 
so  den  Gregor  von  Nazianz,  den  Johannes  Chrysostomos.  Später  wurde 
die  Chronik  des  Synkellos  auffallend  wenig  benützt.  Offenbar  war  sie  für 
den  an  Malalas  und  ähnliche  Machwerke  gewöhnten  Zeitgeschmack  zu 
reich  an  Gelehrsamkeit  und  zu  arm  an  volkstümlichen  Stoffen.  Nur  eine 
Chronographie  verdient  wegen  ihres  wissenschaftlichen  Charakters  dem 
Synkellos  an  die  Seite  gestellt  zu  werden,  die  leider  nur  als  Fragment 
erhaltene  ^Exkoyrj  taxoQiwv, 

1.  Ausgaben:  Editio  princeps:  Georgii  Monachi  .  .  .  Syncelli  ohronographia  et 
Nicephori  Patriarchae  GP  breviarium  chronographicum  cura  et  stadio  P.  Jacobi  Goar, 
Parisiia  1652  (Pariser  Corpus).  —  Im  Bonner  Corpus  ed  Guil.  Dindorf,  2  voll.,  Bonnae 
1829  mit  der  Abhandlung  des  G.  Bredow  (zuerst  gedruckt  in  dessen  Epistolae  Paris. 
Lipaiae  1812),  dann  der  Vorrede,  den  chronologischen  Tafeln,  dem  Kommentar  und  Index 
Goar's,  endlich  den  polemischen  Bemerkungen  Scaligers.  —  Eine  neue  Ausgabe  von  H. 
Geiz  er  und  W.  Reichardt  soll  in  der  von  B.  G.  Teubner,  Leipzig,  angekündigten  Samm- 
lung von  .Scriptores  sacri  et  profani*'  erscheinen. 

2.  Hilfsmittel:  Die  filteren,  in  der  Bonner  Ausg.  wieder  abgedruckten  Leistungen 
sind  durch  neuere  Forschungen  entwertet  worden.  Besonders  sind  zu  nennen:  G.  Friedrich 
Unger,  Chronologie  des  Manetho,  Berlin  1867  8.  20  ff.  —  £.  Hiller,  Eusebius  und  Cyrillus, 


342 


Bysantinisohe  LitteratnrgeBchiohte.    L  ProsaiBohe  Litteratiir. 


Rhein.  Mus.  25  (1870)  253-262.  —  Carl  Friok,  Rhein.  Mus.  29  (1874)  252-281  und 
Jahns  Jahrb.  135  (1887)  320.  —  Textverbesserungen  aus  A.  y.  Gntschmids  Handexemplar 
ed.  H.  Geiz  er»  Von  Gutschmids  Diorthose  der  ägyptischen  Eönigsliste  des  Eratosthenes, 
Rhein.  Mus.  44  (1889)  267—272.  —  Vgl.  A.  y.  Gutschmid,  Kleine  Schriften  1  (1889) 
278.  —  C.  deBoor,  Römische  Kaisergeschichte  in  byzantinischer  Fassung  1.  B.  Z.  1  (1892) 
26—30.  —  Franz  Rühl,  Die  tyrische  Königsliste  des  Menander  yon  Ephesos,  Rhein.  Mus. 
48  (1893)  565—578.  —  H.  Geizer,  Die  yorflutigen  Ghaldäerfürsten  des  Annianos,  B.  Z. 
8  (1894)  391—393.  -  G.  Trieber,  Zur  Kritik  des  Eusebios.  I.  Die  Königstafel  von  Alba 
Longa,  Hermes  29  (1894)  124 — 142.  —  Eine  yon  Goar  missyerstandene  Stelle,  wo  SynkeUos 
ein  Isopsephon  erwähnt  (29  C  ed.  Paris.  =  52,  19  ed.  Bonn.),  erklärte  nach  einem  Vor- 
schlage Scaligers  richtig  Fr.  Boissonade,  An.  gr.  2  (1830)  460.  —  Hauptwerk: 
Heinrich  Geiz  er,  Sextus  Julius  Africanus  II  1  (1885)  176  -249,  wo  auch  sonstige  neuere 
Litteratur  angeführt  ist.  —  Vgl.  noch  W.  Christ,  Griech.  Litteraturgesch.  2.  Aufl.  g  609. 

3.  Synkellos  bediente  sich  der  alexandrinischen  Aera  des  Panodoros,  die  am 
1.  Toth  5493  y.  Chr.  beginnt.  Ein  paläographisch  interessanter  Beleg  dieser  Aera  ist  das 
jetzt  in  der  k.  öffentlichen  Bibliothek  zu  St.  Petersburg  aufbewahrte  Psalterium  aus 
der  Sammlung  Uspenskij,  dessen  Datierung  (877/878  n.  Chr.)  nur  mit  Hilfe  der  ale- 
xandrinischen Aera  zu  erklären  ist.  Franz  Rühl.  Die  Datierung  des  Uspenskij *schen 
Psalters,  B.  Z.  4  (1895)  588  f. 

4.  Die 'ExXoyi/j  Uttoquov  ed.  J.  A.  Cramer,  An.  Paris.  2  (1839)  165—230.  —  Vgl.  H.    ; 
Geizer,  Sextus  Julius  Africanus  II  1  (1885)  298—315. 

144.  Theophanes  Gonfessor  {&€og)avr]g  oiioXoyrftrjc)^  unter  der  Re- 
gierung des  Konstantin  Kopronjrmos  (741 — 775),  als  einziger  Sohn  vor-  ' 
nehmer  und  reicher  Eltern  geboren,  zog  sich  nach  kurzer  Josephsehe  mit 
der  frommen  Tochter  eines  byzantinischen  Patriziers  von  der  Welt  zurück 
und  begründete  das  Kloster  Tov  fieyäXov  'AyQov  bei  Sigriane,  von  dem 
heute  noch  am  Ufer  des  Marmarameeres  zwischen  Kyzikos  und  der  Mün- 
dung des  Rhyndakos  Ruinen  erhalten  sind.').  Bezüglich  seiner  Herkunft 
ist  zu  erwähnen,  dass  Kaiser  Konstantin  Porphyrogennetos  erzählt,  er  sei 
mit  dem  Chronisten  Theophanes  verwandt.*)  Im  Bilderstreit  eifriger  und 
freimütiger  Gegner  Leos  V,  des  Armeniers,  wurde  Theophanes  nach  Kon- 
stantinopel gerufen,  einem  Verhöre  unterworfen  und  nach  zweijähriger 
Gefangenschaft  auf  die  Felseninsel  Samothrake  verbannt,  wo  er  alsbald 
(um  das  Jahr  817)  sein  Leben  beschloss.  Die  Kirche  ehrt  ihn  als  Gon- 
fessor (OfioXoYfjrr^g)  unter  den  Heiligen. 

Theophanes  übernahm  auf  dringUche  Bitten  seines  dem  Tode  nahen 
Freundes  Georgios  Synkellos  (f  810/11)  die  Fortsetzung  der  unvoll- 
endet gebliebenen  Chronik  desselben  und  führte  das  Werk  von  dem 
Punkt,  an  welchem  Synkellos  abgebrochen  hatte,  d.  h.  von  Diocletian,  bis 
auf  den  Sturz  des  Kaisers  Michael  I  Rhangabe,  also  von  284  bis  813.  Die 
Abfassung  der  XgovoYQccfpia  des  Theophanes  fallt  in  die  Jahre  810/11  bis 
814/15,  d.  h.  in  die  Zeit  vom  Tode  des  Synkellos  bis  zur  Einkerkerung 
des  Theophanes.  Ohne  Zweifel  übernahm  Theophanes  von  seinem  Freunde 
Synkellos  auch  die  litterarischen  Mittel,  aus  denen  derselbe  bereits  ge- 
schöpft hatte  und  noch  ferner  schöpfen  wollte.  Über  die  Veranlassung 
des  Werkes  gibt  uns  Theophanes  selbst  in  seinem  kurzen  Vorworte  ge- 
nügende Aufschlüsse.    Er  bemerkt  dabei,  dass  er  das  schwere  Werk  nur 


0  Nach  W.  Regel,  Viz.  Vr.  1  (1895)238. 
Vgl.  auch  Tr.  £.  Euangelides,  Ol  ßloi  xior 
dyltav,  Athen  1895  S.  235  ff. 

')  De  administr.  imp.  c.  22  =  ed.  Bonn. 
III  106,  13  ff. :  "E(tig  tode  ixavovias  rovs  X9^' 
yovg  r(oy  'Jqdßaty  6   ir   dyiois  S$og>dyi]St 


6  xrjv  fjtovrjv  avarijffag  tov  xaXov^ivov  fAsyä- 
Xov  *Jgyov,  fiijTQo&eiog  xvyxdrtav  xov  fisya- 
Xov  xai  svffsßovg  xai  jifpMrr^aKMaircfrov  ßttai- 
X^ODS  Ktavaxttyxlvov,  vlov  Aioyxog  xov  aoffta- 
xäxov  xai  dya&ov  ßaaiXäois, 


2.  Qeschiohtschreiber  und  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  144) 


343 


übernommen  habe,  um  dem  dringenden  Wmische  seines  Freundes  zu  will- 
fahren. 

Das  Hauptprinzip,  welches  Theophanes  bei  der  Komposition  seiner 
Chronik  befolgte,  ist  das  chronologische,  d.  h.  die  Einigung  des  ge- 
samten historischen  Stoffes  in  Jahresabschnitte.  Wenn  auch  in  anderen 
Chroniken  in  ähnlicher  Weise  der  Zusammenhang  der  Ereignisse  zerschnitten 
wird  und  mit  jedem  Jahre  die  Erzählung  von  neuem  anhebt,  so  finden  sich 
doch  neben  den  Jahren  der  Welt  und  der  üblichen  Ära  höchstens  noch 
die  laufenden  Regierungsjahre  der  Kaiser  zur  Markierung  der  Einschnitte 
verwendet;  Theophanes  aber  fügt  in  das  chronologische  Fachwerk  auch 
noch  die  Regierungsjahre  der  Fürsten  der  Perser  und  der  Araber,  sowie 
der  fünf  ökumenischen  Patriarchen.  Diese  chronologischen  Stücke  sind 
mit  vielen  Schwankungen  und  Lücken  in  tabellarischer  Form  in  den  er- 
zahlenden Text  eingeschoben.  Angedeutet  war  diese  Idee  allerdings  schon 
in  der  Chronik  des  Synkellos,  welche  Theophanes  fortsetzte;  allein  im 
Werke  des  Synkellos,  das  überhaupt  den  Eindruck  einer  nur  vorläufig 
geordneten,  noch  nicht  durchgearbeiteten  Materialiensammlung  macht,  ist 
der  Oedanke  nicht  systematisch  durchgeführt.^) 

Theophanes,  dem  es  wie  seinem  Vorgänger  Synkellos  nur  um  eine 
nützliche  und  übersichtliche  Mitteilung  des  rein  Stofflichen  zu  thun  war, 
nennt  seine  Gewährsmänner  nur  selten  und  beiläufig.  Die  Quellenunter- 
suchung stösst  daher  auf  grosse  Schwierigkeiten.  Für  die  ältere  Zeit 
bis  zum  Tode  Theodosios  11  weist  das  Werk  vorzüglich  auf  die  Kirchen- 
geschichten des  Sokrates,  Sozomenos  und  Theodoretos;^)  doch  benützte 
Theophanes  diese  Autoren  wahrscheinlich  nicht  direkt,  sondern  in  einer 
aus  einem  Werke  des  Theodoros  Lector  stammenden  Ekloge.')  Es  ist 
dieselbe  Quelle,  welche  hernach  auch  von  Georgios  Monachos,  Symeon,  dem 
Magister  und  Logotheten,  und  anderen  verwertet  wurde,  weshalb  Theo- 
phanes in  einzelnen  Partien  mit  diesen  Chronisten  übereinstimmt.  Für  die 
spätere  Zeit  befindet  sich  Theophanes  in  Übereinstimmung  mit  Prokopios, 
Agathias,  Johannes  von  Epiphania,  Theophylaktos  Simokattes, 
Malalas,  Georgios  Pisides  und  dem  Breviarium  des  Patriarchen  Nike- 
phoros.  Inwieweit  er  aber  diese  Autoren  selbst  oder  eine  aus  ihnen  ab- 
geleitete Quelle  benützt  hat,  muss  erst  eine  nähere  Untersuchung  lehren. 
Wo  er  mit  Nikephoros  stimmt,  scheint  er  nicht  diesen  selbst,  sondern 
eine  gemeinsame  ältere  Vorlage  verwertet  zu  haben.  Wahrscheinlich  be- 
nützte Theophanes  auch  eine  in  der  Art  der  alten  Konsultafelannalen, 
doch  mit  grösserer  AusführUchkeit  geschriebene  Stadtchronik  von  Kon- 
stantinopel. Über  die  Quellen  der  Bischofslisten  s.  Ed.  C.  de  Boor  n  484. 
BezügUch  der  Abschnitte,  welche  von  Mohamed  und  den  nächsten  Chalifen 
handeln,  vermutet  Reiske,  dass  sie  auf  eine  syrisch-griechische  Quelle 
zurückgehen;  doch  lässt  sich  auch  hierüber  nichts  Genaueres  feststellen. 
Eine  tiefere  Gelehrsamkeit,  chronologische  Genauigkeit,  eine  feinere  Kritik, 
Oberhaupt  eine  genügende,  nur  durch  langjähriges  Studium  zu  erwerbende 


0  S.  die  Ausgabe  des  Theophanes  von 
C.  de  Boor  U  464  ff. 

«)  S.  W.  Christ,  Griech.  Litterat. «  §  622. 


»)  S.  W.  Christ.  Griech.  Litterat.«  §  622; 
C.  de  Boor,  a.  a.  0.  I  S.  VIII  und  Sarrazin 
a.  unten  a.  0. 


844  Bysaatiniache  litteratnrgeBchichte.    I.  Prosaisclie  Litteratiir. 

Beherrschung  des  ungeheueren  Stoffes  dürfen  wir  bei  dem  Asketeii 
Theophanes,  der,  seiner  Schwäche  sich  wohl  bewusst,  nur  durch  eine  zu^ 
fällige  Veranlassung  aus  einem  Theologen  zum  Historiker  wurde  und  zudeml 
offenbar  genötigt  war,  mit  ungewöhnlicher  Hast  zu  arbeiten,  füglich  nichtj 
erwarten.     Trotzdem  ragt  dieses  umfassende  Werk,  welches  uns  manche.! 
verlorene  Quellen  ersetzt  und  für  die  folgenden  Chronisten  eine  Haupt-  - 
fundgrube  wurde,  an  sachlicher  Bedeutung  über  die  meisten  anderen 
byzantinischen   Chroniken   empor.     Theophanes  ist  für  seine  Zeit  epoche-.j 
machend  und  bildet  einen  wichtigen  Abschluss  der  älteren  byzantinischen. 
Chronographie. 

Die  Sprache  des  Theophanes  ist  wichtig  und  bemerkenswert  durch 
ihre  vermittelnde  Stellung  zwischen  der  Redeweise  des  Volkes  und  der  er--! 
starrten  byzantinischen  Eunstgräzität.  Sie  steht  nicht  so  tief  wie  die  des 
Malalas,  ist  aber  auch  weit  entfernt  von  dem  künstlichen  Attizismus,  wie 
er  namentlich  seit  der  Konmenenzeit  die  Litteratur  wieder  zu  beherrschen 
beginnt.  Malalas,  Theophanes  und  Konstantin  Porphyrogennetos 
bezeichnen  die  drei  Hauptphasen  in  der  Geschichte  der  Versuche  zur  Aus- 
bildung einer  dem  Volksmässigen  genäherten  Schriftsprache.  Wie  bei 
Malalas,  so  tritt  auch  bei  Theophanes  die  sprachliche  Neuerung  weniger 
hervor  in  der  Morphologie,  wo  die  attisch-hellenische  Grammatik  in  ihrem 
festen  Gefüge  und  in  ihrer  alten  Tradition  dem  Eindringen  volkstümlicher 
Elemente  einen  festen  Damm  entgegenstellte,  als  vielmehr  im  Wörterbuche 
und  in  der  Konstruktion.  Doch  zeigt  auch  die  Formenlehre  die  Vulga^ 
rismen,  welche  seit  Polybios  und  dem  neuen  Testamente  neben  den  atti- 
schen Formen  immer  mehr  Raum  gewinnen,  z.  B.  analogische  Aoriste 
wie  ißaXa^  iyvfofxa,  iiaxfa,  ijQX^^^v  {ceQxofiai),  viele  Fälle  von  Doppel- 
augment, von  Vernachlässigung  des  Augments  und  der  Reduplikation  und 
Ahnliches.  Dass  das  Wörterbuch  zum  grossen  Teile  auf  der  kirch- 
lichen Gräzität  beruht,  kann  bei  dem  Werke  eines  Mönches  nicht  auf- 
fallen. Ausserdem  finden  sich  im  Wortbestande  wie  in  der  Semasiologie 
sehr  zahlreiche  Spuren  des  Vulgärgriechischen ;  wir  treffen  tayi^to  ich  füttere, 
diüixco  ich  vertreibe,  verjage,  xataQuor  der  Mastbaum,  Xißadiov  die  Wiese, 
Dvandvakomposita  wie  yvvaixinaida  u.  s.  w.  Die  Syntax  ist  reich  an 
den  schönsten  Beweisen  der  Trübung  des  altgriechischen  Sprachbewusst- 
seins;  a^ia  steht  regelmässig  mit  dem  Genetiv,  häufig  aber  auch  mit  einem 
Genetiv  und  Dativ  zugleich,  ebenso  (Svv  mit  Genetiv,  ano  mit  Akkusativ; 
dazu  kommen  Formen  wie  ävafiefxov  und  dvafiera^v,  Pleonasmen  wie  ex 
naidioO^ev,  die  Verbindung  von  oxav  mit  dem  Indikativ,  die  Umschreibung 
des  Futurs  mit  ^x®  und  Infinitiv;  sehr  häufig  ist  der  Zweckinfinitiv  mit 
Tov  und  der  absolute  Nominativ. 

Eine  lateinische  Übersetzung  des  Theophanes  ist  für  die  mittel- 
alterliche Geschichtschreibung  des  Abendlandes  kaum  minder  wichtig  ge- 
worden als  das  Original  für  den  Orient.  Diese  Übersetzung  verfasste 
zwischen  873 — 875  der  päpstliche  Bibliothekar  Anastasius.  Derselbe 
kompilierte  nämlich  auf  Bitten  eines  Diakons  Johannes  aus  den  drei  Chro- 
niken der  Nikephoros,  Synkellos  und  Theophanes  eine  historia  tripertita, 
welche  der  Diakon  seiner  Kirchengeschichte  einverleiben  wollte.   Anastasius 


2.  Oeschichtschreiber  und  ChroniBten.    B.  Chronisten.    (§  144)  345 

nahm  bei  seiner  Arbeit  sofort  praktische  Rücksieht  auf  diesen  Zweck  und 
Uess  daher  alles  bei  Seite,  was  schon  in  lateinischen  Werken  vorhanden 
war,  also  namentlich  die  auf  die  frühere  Zeit  bezüglichen  Partien.   Bis  auf 
Justinian   hat    er   seine  Vorlagen   nur  sporadisch    exzerpiert.      Erst   von 
Justin  n   und  noch   mehr  von  Maurikios  ab  kann  man  von  einer  eigent- 
lichen Übersetzung  reden.    Jedoch  hat  er  sich  auch  hier  nicht  so  treu  an 
sein  Original  gehalten,  wie  es  etwa  ein  modemer  Übersetzer  thun  würde ; 
zuweilen  hat  er  den  Sinn  absichtlich  geändert,  nicht  selten  gestattete  er 
sieh    auch  Zusätze  und  Ergänzungen.     Trotzdem   ist   die  Übersetzung  in 
vielen  Partien  sprachlich  völlig  vom  Original  beherrscht,    so  dass  nicht 
selten    ganz    unlateinische  Wendungen   entstehen;    häufig  sind  auch  die 
drolligsten  Missverständnisse.    Das  griechische  Wissen  des  Anastasius  war 
offenbar  recht  oberflächlich;  dass  er  trotzdem  zu  einer  wichtigen  Gesandt- 
\  Schaft  nach  Konstantinopel  auserwählt  und  von  seinen  Freunden  um  Über- 
setzungen bestürmt  wurde,  beweist  deutlich,   wie  selten  schon  damals  die 
Kenntnis   des  Griechischen  im   Abendlande  geworden  war.     Die  richtige 
Einsicht  in  die  Sprachkenntnisse    des  Anastasius  und   in    die  Absichten, 
welche  er  bei  seiner  Arbeit  verfolgte,  ist  von  Wichtigkeit,  weil  sich  daraus 
auch  die  Grundsätze   ergeben,   nach  welchen  seine   Übersetzung  für  die 
Texteskonstitution  des  griechischen  Theophanes  verwendet  werden  darf. 

Wie  im  Occident,  so  wurde  Theophanes  auch  im  Orient  bald  eine 
Hauptquelle  für  die  Chronisten.  Wie  ihn  Anastasius  ins  Lateinische 
übertrug,  so  hat  ihn  Georgios  Monachos  für  seine  Chronik  gründlich  aus- 
gebeutet. Theophanes  und  Georgios  waren  die  unentbehrlichen  Hand-  und 
Hilfsbücher  für  alle,  welche  sich  ober  die  Zeit  vor  Leo  dem  Armenier 
unterrichten  wollten.  Wir  erkennen  diese  Thatsache  sehr  deutlich  durch 
das  Alter  und  die  Zahl  der  Handschriften.  Einige  Zeit  mag  Theo- 
phanes mit  der  Rivalität  des  Georgios  zu  kämpfen  gehabt  haben;  aber  im 
10.  Jahrhundert  steht  das  Werk  des  Theophanes  jenem  völlig  an  Ansehen 
gleich.  Der  Kaiser  Konstantin  Porphyrogennetos  plündert  es;  zu  derselben 
Zeit  erscheint  die  Litteratur  der  „Fortsetzer  des  Theophanes**,  welche 
ausdrücklich  an  den  Schluss  seines  Werkes  anknüpften,  als  wollten  sie 
sagen,  dass  nach  ihrer  Ansicht  für  die  von  Theophanes  behandelte  Zeit 
durch  sein  Werk  ein  Abschluss  für  die  historische  Darstellung  erreicht  sei. 
Neben  und  nach  Theophanes  und  Georgios  wurden  dann  wieder  andere 
Weltchroniken  kompiliert,  teils  in  der  Weise,  dass  man  die  Chronik  des 
Georgios  erweiterte  und  überarbeitete,  wozu  Theophanes  und  die  „Leo- 
quelle*  den  meisten  Stoff  lieferten,  teils  indem  man  die  Chroniken  des 
Theophanes  und  Georgios,  meistens  ohne  bedeutende  andere  Zuthaten  zu- 
sammenschweisste.  Es  liegt  in  diesen  Machwerken  der  Ausdruck  einer 
vermittelnden  Geistesrichtung,  welche  zwar  den  theologischen  Wust  des 
Oeorgios  nicht  entbehren  mochte,  doch  aber  eine  etwas  grössere  Mannig- 
faltigkeit und  Ausdehnung  des  historischen  Stoffes  wünschte.  Von  dem 
Schicksal  des  Exzerpierens  und  Interpolierens  ist  übrigens  die  Chronik 
des  Theophanes  ganz  verschont  geblieben.  Der  Textbestand  ist  also 
ziemlich  gesichert,  was  z.  B.  bei  Georgios  Monachos  nicht  der  Fall  ist, 
wo  überhaupt  erst  festgestellt  werden  muss,  was  zuerst  der  wahre  Bestand 


346  Bysantiniflohe  LitteratnrgeBclüchte.    L  ProBaisohe  litterainr. 

des  Originalwerkes  gewesen  ist.  Was  die  Überlieferung  im  einzelm 
betrifft,  so  steht  über  allen  anderen  Handschriften  der  Codex  Vaticanus  IJ 
aus  dem  12.  Jahrhundert;  er  übertrifft  an  Güte  sogar  die  von  dem  Ia< 
nischen  Übersetzer  Anastasius  benützte  Handschrift  und  bildet  daher  flll 
die  in  ihm  erhaltenen  Partien  die  Basis  der  Textgestaltung;  leider  enthdj 
er  nur  einen  Teil  des  Werkes.  Eng  verwandt  mit  dem  Vatic.  154  ki 
der  Codex  Barberin.  V  49.  Die  älteste,  aber  nicht  beste  Handschrift  i^l 
der  Codex  Paris,  gr.  1710  aus  dem  10.  Jahrhundert;  er  enthält  jedoc| 
nur  eine  exzerpierende  Bearbeitung,  ähnlich  wie  Malalas  heute  im  Codei 
Baroccianus  vorliegt.  Vgl.  die  Übersicht  in  der  Ausgabe  von  De  Booi 
n  399. 

1.  Ausgaben :  Ed.  pr.  Jac.  Goar  (zusammen  mit  Leo  Grammaticos) ;  gedrackt  lui^i 
dem  Tode  Goars,  Paris  1655;  eine  Revision  übernahm  Corobefis,  indem  er  seine  Verbest^ 
rangen  und  Zusätze  in  notae  posteriores  niederlegte.  —  Wiederholt  Venedig  1729.  —  te 
Bonner  Corpus  in  2  Bänden  1839-1841;  der  1.  Band  enthiüt  den  Theophanes  ex  rat 
Joannis  Classeni,  der  2.  die  historia  tripertita  des  Anastasius  ex  reo.  1.  Bekkeri.  -^ 
L.  F.  Tafel,  Theophanis  chronographia,  Probe  einer  neuen  kritisch-exegetischen  AusgalM^ 
Sitzungsber.  Wien.  Akad.  9  (1852)  21—172,  gibt  nach  einer  sehr  verständigen  Einleitung 
den  Abschnitt  über  Kaiser  Heraklios  mit  der  lateinischen  Uebersetzung  des  Anastasius.  r- 
Nachdruck  der  Bonner  Ausgabe  bei  Migne,  Patr.  gr.  108  mit  den  Noten  des  Goar  uai 
Combefis  und  der  Uebersetzung  des  Anastasius.  —  Nach  diesen  gänzlich  ungeoüge» 
den  und  mit  Ausnahme  der  von  Tafel  gegebenen  Probe  unkritischen  Leistungen  hat  Cari 
de  Boor  eine  auf  völlig  neuer  Grundlage  ruhende  Ausgabe  des  Theophanes  besorgt,  2  volt 
Leipzig  1883—1885.  Vol.  I  enthält  den  emendierten  Text  des  Theophanes,  voL  I)  dii 
vitae  Theophanis,  die  historia  tripertita  des  Anastasius,  eine  erschöpfende  Abhandlung  üb« 
die  handschriftliche  Ueberlieferung  des  Theophanes  und  einen  ausgezeichneten  Sach-  uol 
Wortindex. 

2.  Hilfsmittel:  F.  Hirsch,  Byzantinische  Studien  S.  375  f.  und  passim.  (s.  d«a 
Index).  —  0.  Holder-Egger,  Untersuchimgen  über  einige  annalistische  Quellen  zur  Ge- 
schichte des  5.  und  6.  Jahrhunderts,  Neues  Archiv  der  Gesellschaft  f.  ältere  deutsche  Ge- 
schichtskunde 1  (1876)  291—294;  305.  —  Jos.  Victor  Sarrazin,  De  Theodore  LectoM 
Theophanis  fönte  praecipuo,  in  den  Comment.  philol.  Jenenses  vol.  1  (1881)  163-238.  — 
Albin  Freund,  Beiträge  zur  antiochenischen  und  zur  konstantinopolitanischen  Stadt-chronik, 
Diss.,  Jena  1882  S.  34  fif.  —  C.  de  Boor,  Hermes  17  (1882)  489  f.  und  Zeitschrift  t 
Kirchengeschichte  6  (1883—1884)  489  f.  und  573-577.  —  G.  Hertzsch  in  der  zu  §  102 
genannten  Schrift  S.  36  ff.  —  Ludwig  Jeep,  Jahns  Jahrb.  Supplementb.  14  (1885)  81  fL 
—  H.  Geizer,  Sextus  Julius  Africanus  II  1  (1885)  176  ff.  —  Zu  den  Bischofslisten  d« 
Theophanes  vgl.  das  abweichende  Verzeichnis  bei  Gust.  Grosch,  De  codice  Coisliniano  120, 
Diss.,  Jena  1886.  —  üeber  Akklamationen  bei  Theophanes  (und  Konstantin  Porphyro- 
genuetos)  handelt  A.  Kirpiönikov,  Woher  muss  man  das  Material  zu  einer  Geschieht« 
der  byzantinischen  Litteratur  nehmen?,  Joum.  Min.  1889  Bd.  263  Mai  S.  23—31.  —  Zun 
Texte:  K.  Krumbacher,  Hermes  23  (1888)  626  ff.  —  J.  Haury,  Theophanes  170,  24, 
Philologus  51  (1892)  188  f.  —  C.  de  Boor,  Hermes  25  (1890)  301  ff.;  B.  Z.  1  (1892)  591 
bis  593;  B.  Z.  2  (1893)  568.  -  H.  Geizer,  Rhein.  Mus.  48  (1893)  161—174  (zu  S.  301, 
11 — 16  ed.  de  Boor).  —  G.  Destunis,  Notizen  zum  Texte  der  Chronik  des  Theophanes. 
Viz.  Vr.  1  (1894)  307—318.  —  Zur  Erklärung  von  Theophanes  I  575,  10  ff.  und  I  664,9  ff 
ed.  Bonn.  (=  I  375,  31  ff.  und  1  430,  31  ff.  ed.  de  Boor)  vgl.  Jos.  Karabacek,  Denkschriften 
Wien.  Akad.  33  (1883)  219  Anm.  1,  =  B.  Z.  2  (1893)  301.  K.  Krumbacher,  Wohei 
stammt  das  Wort  Ziffer?  in  den  ,Etudes  de  philologie  neo-grecque'  etc.  publikes  par  J. 
Psichari,  Paris  1892  S.  351  f.,  und:  B.  Z.  2,  299  ff.  Dazu  die  Richtigstellung  von  F. 
Tannery,   Sur  Pätymologie  du  mot  „chiflfre*,  Revue  arch^ol.  HI.  särie  24  (1894)  48 — 58. 

3.  Uebersetzung  des  Anastasius:  Ed.  A.  Fabrotus,  Paris  1649.  —  Alle  späteres 
Ausgaben  sind  Nachdrucke  des  Pariser  Textes.  Daher  musste  De  Boor  auch  für  den  Ani^ 
stasius,  den  er  im  2.  Bande  des  Theophanes  edierte,  einen  neuen  Apparat  schaffen.  — • 
lieber  das  Leben  des  Anastasius  und  Johannes  vgl.  Hergenröther,  Photius  2  (1867] 
228  ff.  und  H.  üsener,  Jahrbücher  für  protest.  Theologie  12  (1887)  241  ff. 

4.  Vulgärparaphrase:  Obgleich  schon  die  Sprache  des  Originaltheophanea  einei 
vulgären  Charakter  trägt,  wurde  das  Werk  durch  Volksbuch  artige  Bearbeitungen  dem  Ge 
schmack  weiterer  Kreise  noch  mehr  angepasst.  Es  existiert  eine  anonyme  in  derber  Volke 
spräche  recht  anmutig,  wenn  auch  etwas  unbeholfen  erzählende  Kaiserchronik,  die  wi< 


2.  Qesohiohtschreiber  und  Chronisten«    B.  Chronisten.    (§  145)  347 

Tbeophanes  mit  Diokletian  beginnt  und  in  der  That  ihren  Stoff  der  Hauptsache  nach  aus 
Theophanes  entnommen,  aber  durch  allerlei  Zuthaten  z.  B.  den  Belisarroman  be- 
reichert hat.  Ein  Exemplar  dieses  geschichtlichen  Volksbuches  ist  der  Cod.  Vindob. 
bist.  gr.  76.  Vgl.  Fr.  Kollar,  Ad  P.  Lambecii  Comment.  etc.  suppl,  Wien  1790  S.  763  ff. 
—  Ueber  einige  verwandte  Hss  handelt  K.  Frachter  in  den  zwei  zu  §  155  Anm.  1 
stierten  Abhandlungen. 
K  5.  Leben  des  Theophanes:  Mehrere  alte  Biographien :  1.  Eine  von  dem  Patriarchen 
I  Methodios  (f  847).  Unediert  im  Cod.  Mosq.  Syn.  159  (bei  Matthaei  160.  bei  Vladimir  390). 
m  Vgl.  die  Beschreibung  dieses  Codex  von  V.  Vasiljevskij,  Ein  griechischer  Sammelcodex 
i  der  Moskauer  Synodalbibliothek,  Joum.  Min.  1886,  Bd  248,  Novemberheft  S.  65-106. 
Bericht  von  E.  Eurtz,  B.  Z.  2  (1893)  312  f.  2.  Eine  anonyme,  aber  später  wie  die  meisten 
anonymen  Viten  dem  Symeon  Metaphrastes  zugeschriebene  Vita  in  den  Codd.  Angel.  B  3,  6 
imd  Lanr.  4,  4.  Ed.  in  den  Acta  SS.  Martii  II  700  ff.,  dann  bei  Migne,  Patr.  gr.  115, 
9-29,  endlich  auf  Grund  einer  Neuvergleichung  der  Hss  verbessert  ed.  von  C.  de  Boor, 
Theophanis  Chronogr.  II  3—12.  Der  Verfasser  beruft  sich  (S.  8,  33  ff.  ed.  de  Boor) 
tosdrflcklich  auf  die  Vita  des  Methodios.  3.  Eine  Vita  von  Nikephoros.  Skeuophylax 
des  Blachernenpalastes,  im  Cod.  Marc.  375.  Ed.  von  Goar  mit  Theophanes,  dann 
Ton  Classen  in  der  Bonner  Ausgabe,  darnach  bei  Migne,  Patr.gr.  108,  17 — 45,  endlich 
anf  Grund  einer  Neuvergleichung  der  Es  bei  C.  de  Boor,  Theoph.  Chronogr.  II  13—27. 
Frfiher  wurde  diese  Vita  irrtümlich  dem  Theodoros  Studites  zugeschrieben.  4.  Eine  ano- 
nyme Vita  im  Cod.  Mosq.  Syn.  183  (bei  Matthaei  184,  bei  Vladimir  376).  Inc.  '0  fAe'yag 
tnog  xai  aotpog.  5.  Ein  Enkomion,  welches  ein  gewisser  Theodoros  nganottar^xQ^rts 
anter  Kaiser  Konstantin  Porphyrogennetos,  dem  Verwandten  des  Theophanes,  zwischen 
-  e.  920 — 959  abfasste,  ed.  K.  Krumbacher,  Ein  Dithyrambus  auf  den  Chronisten  Theo- 
-j  ]ihane8,  Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1895  (wird  demnächst  erscheinen).  Mit  diesem  Enkomion 
iii  wahrscheinlich  identisch  eine  in  slavischen  Menäenhss  vorkommende  Lobrede  auf  Theo- 
phanes. —  Eine  Darstellung  des  Lebens  des  Theophanes  gab  auf  Grund  der  alten  Viten 
nnd  sonstiger  Nachrichten  Sergius,  Erzbischof  von  Vladimir,  Der  ehrwürdige  Theo- 
phanes Confessor,  Du&epoleznoje  Ötenije  (Erbauliche  Lektüre)  1893  Märzheft  S.  349— 369; 
Maiheft  S.  3—23.  —  B.  A.  M<ystakides>,  ^  xdtpog  rov  ayiov  Ssotpdvovg  xijq  Xiygiar^i 
(y  lufio^^axfiy  'ExxA.  *AX,  14  (1894)  243  f.  (will  nach  einer  auf  Samothrake  gefundenen 
Grabtafel  mit  einer  stark  verstümmelten  Inschrift  die  genaue  Lokalität  des  Grabes  des 
Theophanes  nachweisen). 

146.  Die  Fortsetzung  des  Theophanes.  Unter  dem  Titel  Ot  i^uTa 
9€(Hfmrjt\  Scriptores  post  Theophanem,  was  in  der  Bonner  Ausgabe  in 
die  seitdem  üblich  gewordene  Benennung  Theophanes  continuatus  ab- 
geändert ist,  wird  eine  Gruppe  von  meist  anonymen  Chronisten  zusammen- 
gefasst,  welche  auf  Veranlassung  des  Konstantin  Porphyrogennetos  das 
Werk  des  Theophanes  in  die  spätere  Zeit  fortführten.  Die  hier  vereinigten 
Stücke  behandeln  die  Zeit  von  813 — 961.  Der  Titel  »Fortsetzung 
des  Theophanes''  ist  ganz  passend;  denn  in  der  Überschrift  wird  aus- 
drücklich gesagt,  die  Chronik  fange  da  an,  wo  Theophanes  aufgehört 
habe,  und  das  Gleiche  wird  auch  am  Schlüsse  der  Vorrede  bemerkt.  Der 
in  der  einzigen  Handschrift  nicht  vollständig  lesbare  Titel  lautet:  Xqovo- 
Yfo^a  avyyQaffeiaa  ix  nQOCTayfiaTog  Kcovatavuvov  tov  (fiXoxQiüTov  xai 
>  TiQ^VQoyevvrjtov  Ssanorov,  vtov  Atovrog  tov  coffcotaTov  deaninov  xai  avvO' 
MqatoQoq  ....  dgxofibvr)  onov  ikrj^€  &€0(pdvr]g  .  .  .  .  to)  ßaciXeX  MixarjX 
viov  Seo^iXov  tov  xovQojtakdroVy  ijyovv  dno  trjg  ßatnXefag  Aäovxog  tov  ^Aq(xS' 
tiov.  Das  ganze  Werk  zerfallt  in  6  Bücher;  das  erste  umfasst  die  Ge- 
schichte Leos  V  des  Armeniers,  das  zweite  die  Michaels  n,  das  dritte  die 
des  Theophilos,  das  vierte  die  Michaels  m,  das  fünfte  die  des  Basilios, 
das  sechste  endlich  die  Geschichte  Leos  VI,  Alexanders,  Konstantins  VII 
Porphyrogennetos,  Romanos  I  und  Romanos  ü.  Der  unverhältnismässig 
grosse  historische  Inhalt  des  sechsten  Buches,  welches  fünf  Eaiser- 
bographien  umfasst,  während  die  übrigen  nur  je  eine  enthalten,  erklärt 
sich   aus    der  verschiedenen   Entstehungszeit  und  Entstehungsweise  der 


348  Byzanimische  Litieratiirge«chiohie.    L  ProMdsdhe  Lüteratnr. 

einzelnen  Bücher.     In  unmittelbarem  Zusammenliang  mit  Konstantin  P( 
phyrogennetos  stehen  nämlich  nur  die  ersten  fünf  Bücher,  die  daher  aa( 
im  einzelnen  besser  disponiert  sind;   das  sechste  Buch  dagegen,   welcl 
ja  in  seinem  letzten  Teile  über  das  Lebensende  Konstantins  hinausreicl 
steht  wohl  nur  zum   geringsten  Teile  der  Anregung  des  Kaisers  m 
während  der  grössere  Teil  ein  später  angefügtes  Supplement  ist,  in  welcb 
die  frühere  Einteilung,  nach  der  jedem  Kaiser  ein  Buch  gewidmet 
fallen  gelassen  wurde.     Der  Verfasser   dieses  letzten  Teiles  ist  vielleicl 
Theodoros  Daphnopates. 

Den  ersten  fünf  Büchern  des  Theophanes  continuatus  liegt  als  Haupl 
quelle,  gewissermassen  als  Folie  das  Geschichtswerk  des  Genesios 
Grunde,  der  in  seinen  vier  Büchern  Königsgeschichten  {ßatnXsKov)  di< 
Zeit  (813 — 886)  behandelt  hatte.  Ausserdem  dienten  für  die  vier  ei 
Bücher  als  Quellen  des  Kaisers  Konstantin  Porphyrogennetos  Sei 
De  administrando  imperio,  sowie  der  Appendix  zum  ersten  Buche 
Schrift  De  caerimoniis,  femer  das  Geschichtswerk  des  Theognostos 
die  Schrift  des  Eusebios  über  die  Schicksale  der  Märtyrer  von  Amorioi 
Daneben  finden  sich  Nachrichten,  die  sich  nicht  auf  eine  uns  bekai 
Quelle  zurückführen  lassen.  Welche  Quellen  im  fünften  Buche  ai 
Genesios  benützt  worden  sind,  ist  dunkel.  Durch  die  ersten  fünf  Büchej 
zieht  sich  die  unleugbare  Tendenz,  die  Persönlichkeit  und  Thätigkeit  d< 
Vorgänger  des  makedonischen  Kaiserhauses  möglichst  dunkel  zu  malei 
dagegen  die  neue  Dynastie  in  einem  glänzenden  Lichte  erscheinen 
lassen.  Dieser  panegyrische  Ton,  der  am  meisten  im  fünften  Buche  hei>j 
vortritt,  macht  die  Glaubwürdigkeit  der  Erzählung  vielfach  zweifelhi 
Eine  eigenartige  Stellung  nimmt  das  sechste  Buch  ein,  das  die  Zeit  v< 
886 — 961  behandelt.  Es  sondert  sich  in  zwei  Hauptteile:  Der  erste  Tei 
(Leo  VI  bis  incl.  7.  Kapitel  der  Geschichte  des  Konstantin  Porphyrogennetoe,' 
S.  353 — 441  ed.  Bonn.)  ist  in  sich  durchaus  gleichartig  und  zeigt  zugleich 
eine  merkwürdige  Verschiedenheit  von  den  vorhergehenden  Büchern.  Einmal 
was  die  Quellen  betrifft:  statt  des  Genesios,  der  mit  Basilios  schliesst, 
tritt  hier  eine  neue  Quelle  auf,  nämlich  die  Arbeit  des  „Logotheten*, 
welche  die  Fortsetzung  des  Georgios  Monachos  bildet.  In  der  Form  ist 
diese  Partie  roher  als  die  ersten  fünf  Bücher;  ebenso  erscheint  die  Ten- 
denz verschieden;  jener  Logothet  war  dem  Basilios  wenig  günstig  gesinnt; 
sein  Mann  war  vielmehr  Romanos,  also  derjenige  Kaiser,  welcher  so  lange 
den  Konstantin  Porphyrogennetos  in  den  Hintergrund  gedrängt  hatte. 
Merkwürdig  ist  nun,  dass  der  Bearbeiter  dieses  Teiles  die  Tendenz  seiner 
Vorlage  nicht  geändert  hat.  Schon  das  deutet  darauf  hin,  dass  er  nicht 
identisch  ist  mit  dem  Redakteur  der  ersten  vier  (fünf)  Bücher,  der  von 
Loyalität  gegen  Konstantin  Porphyrogennetos  überfliesst  und  in  durchaui 
bewusster  Weise  den  Ruhm  dieses  Kaisers  vertritt.  Freilich  könnte  mau 
annehmen,  dass  die  plötzliche  Erkaltung  seines  Eifers  ihren  Grund  in  den 
Tode  des  kaiserlichen  Beschützers  hatte.  Die  Chronik  des  Logotheten  is\ 
während  der  Regierung  des  Nikephoros  Phokas  (963 — 969)  geschrieben; 
in  derselben  Zeit  entstand  wohl  auch  der  erste  Teil  des  sechsten  Buches 
der  Fortsetzung  des  Theophanes,  so  dass  hier  also  ein  eben  erschienenen 


2.  OeMhichtsohreiber  und  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  146)  349 

Brk  ausgeschrieben  ist.  Der  letzte  Teil  des  sechsten  Buches,  näm- 
h  der  Hauptteil  der  Geschichte  des  Konstantin  Porphyrogennetos,  und 
)  nicht  vollständige  Geschichte  Romanos  11  ist  allem  Anscheine  nach 
iht  aus  einem  anderen  Werke  entlehnt,  sondern  selbständige  Darstellung 
les  Zeitgenossen,  der  von  dem  Verfasser  des  ersten  Teiles  des  sechsten 
iches  verschieden  ist.  Da  er  die  Eroberung  Kretas  961  noch  erwähnt, 
118S  er  nach  961  geschrieben  haben,  wahrscheinlich  aber  nicht  lange  nach 
eser  Zeit,  sondern  wohl  zwischen  961 — 963. 

Die  Fortsetzung  des  Theophanes  wurde  benützt  von  dem  Autor  der 
ironik  des  Cod.  Paris.  1712;  ausserdem  ist  sie  von  Johannes  Skylitzes 
den  früheren  Teilen  seines  Werkes  ausgeschrieben ;  auf  Skylitzes  wiederum 
ruhen  sein  Nachtreter  Kedrenos,  Zonaras  und  andere  spätere  Chronisten. 
ährend  Theophanes  selbst  in  einer  Menge  von  Handschriften  verbreitet 
;,  besitzen  wir  für  die  Fortsetzung  nur  einen  Codex  Parisinus  (ehemals 
iticanus  167)  aus  dem  12.  Jahrhundert;  der  Grund  des  Mangels  an  Hand- 
hriften  hegt  wohl  darin,  dass  die  Fortsetzung  des  Theophanes  noch  mehr 
5  Theophanes  selbst  durch  spätere  Chronisten  ausgeschrieben  und  über- 
issig gemacht  wurde;  auch  lockte  das  Werk  nicht  so  wie  Theophanes 
Ibst  durch  seine  geschlossene  und  abgerundete  Behandlung  zur  Verviel- 
Itigung.  Die  Texteskritik  wird  bei  diesem  Zustande  der  Überlieferung 
Tzugsweise  durch  eine  ausgedehnte  Vergleichung  der  späteren  Ausschreiber 
)f5rdert  werden  müssen,  eine  Arbeit,  die  in  der  Bonner  Ausgabe  noch 
cht  vollzogen  ist. 

1.  Aasgaben:  Das  5.  Buch  (vita  Basilii)  ed.  zuerst  Leo  Allatius  in  seinen  £v fi- 
xt a  2  (Coloniae  Agrippinae  1653)  1—179.  —  Das  gesamte  Werk  ed.  pr.  F.  Combefis, 
Tiptores  post  Theophanem,  Paris  1685,  mit  Job.  Kameniates,  Symeon  Magister,  Georgios 
onmcbos  und  anderen  zum  Teil  auf  eine  viel  spätere  Zeit  bezOglicben  Arbeiten.  —  Im 
Miner  Corpus  als  Theophanes  continuatus  ed.  I.  Bekker,  Bonn  1838;  dazu  S.  481—484 
oige  Notizen  über   die   Bilderstürmer  von  einem  Mönche  Johannes  von  Jerusalem. 

Wiederholt  bei  Migne,   Patr.   gr.   109,  1—500. 

2.  Hilfsmittel:  Rambaud,  L'empire  Grec  au  dixi^me  si^cle  S.  545  f.  —  Haupt- 
hrift:  Ferd.  Hirsch,  B^rzantinische  Studien  S.  175—302,  woselbst  auch  die  ein- 
hllgige  Litteratur  nachgewiesen  ist.  —  Zum  5.  Buche  vgl.  §  108. 

146.  Nikephoros  Fatriarches,  Nachfolger  des  Tarasios,  hatte  den 
itriarchenstuhl  von  806 — 815  inne.  Seine  Stellung  in  der  Zeitgeschichte 
zeichnen  namentlich  die  innige  Freundschaft  mit  dem  durch  seine  Hymnen- 
chtungen  und  andere  Schriften  bekannten  Theodoros  Studites  (vgl.  S.  147  ff.) 
id  die  energischen  Kämpfe,  welche  er  im  Verein  mit  demselben  gegen 
Ml  bilderstürmenden  Kaiser  Leo  V  den  Armenier  (813 — 820)  geführt 
lt.  Nikephoros  büsste  seinen  unerschrockenen  Eifer  mit  der  Entsetzung 
m  der  Patriarchenwürde  und  der  Verbannung  (815);  er  starb  als  Mönch 
1  Jahre  829.  Sein  Andenken  wird  sowohl  in  der  katholischen  als  in  der 
iechischen  Kirche  gefeiert.  Die  Hauptstärke  des  Nikephoros  als  Schrift- 
eller  liegt  ohne  Zweifel  in  seinen  theologischen  Werken,  in  welchen 
die  Haupt-  und  Grundfrage  jener  Zeit,  die  Bilderverehrung,  mit  un- 
müdlicher  Begeisterung  behandelt.  Sie  sind  durch  energischen  Freimut 
id  eine  kraftvolle,  fliessende  Darstellung  ausgezeichnet.  Die  hochgradige 
rbitterung,  mit  welcher  der  Bilderstreit  in  Wort,  Schrift  und  That  ge- 
hrt  wurde,  kommt  hier  deutlich  zum  Ausdruck.   Ausserdem  haben  wir  von 


350  Byiantiiiisohe  LitteraiargMohiohie.    I.  Prosftisohe  litieratiir« 

Nikephoros  zwei  historische  Werke:  1.  Das  umfangreichere  und  bedeuten^ 
derselben  ist  betitelt:  'latOQia  trvvzoinog  (bei  Photius  cod.  66  laTOfn 
(fvvTOfiov)  and  vijg  MavQixfov  ßaaileiag.  Das  Werk  umfasst  die  Zeit  T 
Tode  des  Kaisers  Maurikios  bis  auf  die  Vermählung  des  ältesten  Sob 
des  Kaisers  Konstantin  Kopronymos,  des  späteren  Kaisers  Leo  lY,  d* 
von  602 — 769.  Gewöhnlich  wird  diese  wichtige  Schrift  als  Breviarii 
Nicephori  bezeichnet.  Es  ist  eine  hauptsächlich  auf  das  populäre  V 
ständnis  berechnete  Erzählung  der  hervorragendsten  und  der  unbedeutendfll 
Ereignisse.  Gemäss  dem  Zwecke  des  Buches,  die  Darstellung  für  eii 
grösseren  Leserkreis  interessant  und  zugleich  erbaulich  zu  machen,  weri 
persönliche  Angelegenheiten,  Revolutionen,  merkwürdige  Kämpfe,  kin 
liehe  Schenkungen,  theologische  Streitigkeiten  unverhältnismässig  beto 
während  die  Darstellung  des  politischen  Entwicklungsganges  nur  höc 
locker  gehalten  ist.  Übrigens  fehlt  es  nicht  an  interessanten  Parti 
wozu  unter  anderem  der  ethnographisch  wichtige  Exkurs  über  die  H 
kunft  und  die  Wanderungen  der  Bulgaren  gehört.»)  Der  Bericht,  < 
ganz  ähnlich  bei  Theophanes  wiederkehrt,  ist  wohl  von  beiden  aus  eu 
gemeinsamen  oder  verwandten  Vorlage  geschöpft.  Die  Quellen  des  Nil 
phoros  für  das  Breviarium  sind  uns  nicht  einmal  dem  Namen  nach  bekai 
und  scheinen  gänzlich  verloren.  Mit  Theophanes  stimmt  er  oft  fast  wd 
lieh  überein;  doch  hat  weder  er  den  Theophanes,  noch  Theophanes  i 
benützt,  sondern  beide  schöpften  aus  einem  unbekannten  älteren  Aui 
Vgl.  S.  322.  Von  den  übrigen  Chronisten,  welche  dieselbe  Zeit  behandc 
hat  nur  Georgios  Monachos  einen  Teil  der  Chronik  des  Nikephoros  1 
exzerpiert  (S.  3—31  ed.  C.  de  Boor) ;  für  das  Folgende  hat  Georgios  ni 
mehr  den  Nikephoros,  sondern  den  Theophanes  benützt.  Auch  so 
scheint  das  Breviarium  des  Nikephoros,  das  nur  in  zwei  Handschriften 
uns  gekonmien  ist,  nicht  viel  Anklang  gefunden  zu  haben.  2.  Die  zw< 
historische  Arbeit  des  Nikephoros  ist  das  XQovoyQag)ix6v  (Tvvrof^ 
(auch  XqovoyQaifixov  iv  (fvvTOfKi),  iv  eTtiTOfAfp,  iv  (fvvoijjei;  weniger  gut 
zeugt  xßoroy^aym  trvvTofjLog),  ein  äusserst  mageres  chronologisches  V' 
zeichnis  von  Adam  bis  auf  das  Todesjahr  des  Nikephoros  829. 
knappen  Tabellen  werden  hier  die  Könige  der  Juden,  der  Perser,  die  Pb 
mäer,  die  römischen  Kaiser,  die  Bischöfe  von  Konstantinopel,  Rom,  Je 
salem,  Alexandria  und  Antiochia  (d.  h.  der  fünf  ökumenischen  Sitze)  a 
geführt.  Dieses  Werk  ist  nur  in  einer  Überarbeitung  veröffentlicht,  welc 
unter  Michael  III  um  das  Jahr  850  veranstaltet  wurde.  Um  870  wu 
sie  von  dem  päpstlichen  Bibliothekar  Anastasius  ins  Lateinische  übersi 
und  seiner  Chronographia  tripertita  einverleibt.  Während  das  Breviari 
bald  durch  andere  Werke  verdrängt  wurde,  blieb  die  Chronographie 
beliebtes  Nachschlagebüchlein  und  ist  infolgedessen  in  zahlreichen  Ha 
Schriften  verbreitet,  die  jedoch  fast  alle  interpoliert  sind  und  bedeub 
von  einander  abweichen.  Die  verschiedenen  Abschreiber  und  Besit 
der  Exemplare  haben  nämlich  die  chronologische  Reihe  meist  über 
ursprüngliche  Ende  weitergeführt,  so  dass  sie  in  einem  Codex  bis  auf  8 


»}  Ed.  Bonn.  38  flF.;  ed.  C.  de  Boor  33  ff. 


2.  Gesohiohtsohreiber  und  ChroniBten.    B.  Chronuiten.    (§  146)  35 1 

i  einem  anderen  bis  auf  944,  in  einem  dritten  bis  auf  Johannes  Tzimiskes 
)76)  reicht.  Dazu  kommen  noch  manche  Einschiebsel  im  Werke  selbst. 
.wei  ähnliche  kurze  chronographische  Stücke  aus  den  Codices  Coislin.  193 
nd  Monac.  Gr.  510  hat  C.  de  Boor  seiner  Ausgabe  beigefügt. 

Photios  gibt  in  seiner  Bibiiotheca  cod.  66  eine  ziemlich  anerkennende 
Charakteristik  des  Nikephoros  P.  Er  rühmt  ihm  Einfachheit  und  Klarheit, 
inen  weder  zu  lockeren  noch  zu  knappen  Vortrag  nach  und  sagt,  er  sei 
ireder  auf  unnötige  Neuerungen  erpicht,  noch  allzu  altertümlich  und  ge- 
Lünstelt,  nur  könne  vielleicht  die  allzu  grosse  Kürze  und  Dürftigkeit  seiner 
Klitteilungen  Missbilligung  finden.  Vielleicht  war  die  Charakterfestigkeit 
ind  Frömmigkeit  des  Nikephoros  nicht  ohne  Einfluss  auf  dieses  lobende 
Jrteil.  Richtig  ist  jedenfalls  die  Hervorhebung  der  Einfachheit  und 
S^larheit,  denn  gerade  durch  sie  zeichnet  sich  Nikephoros  vor  vielen 
anderen  Byzantinern  vorteilhaft  aus;  er  spricht  schmucklos,  ohne  viele 
Bilder,  meist  im  einfachsten  Satzbau.  Einen  recht  deutlichen  Gegensatz 
bildet  die  in  schwülstiger  Breite  gehaltene  Biographie  des  Nikephoros 
von  seinem  Schüler  Ignatios  (s.  §  136).  Über  Nikephoros  als  Theologe 
8.  S.  71  «. 

1.  Ausgaben:  A.  latogla  avvrofAos  {Breyiarium).  Ed.  pr.  D.  Petavins,  Paris  1616. 

Diese  Ausgabe  wiederholte  Petavius  mit  vielen  Verbesserungen  im   1.  Bande    des  Pariser 

Corpus  Script.  Byz.  1648.    —   Wiederholt  Venedig  1729.    —   Im  Bonner  Corpus  gab    das 

Breviarium  ohne  neue  Hilfsmittel,   doch  mit  zahlreichen  Emendationen  1.  Bekker,  Bonn 

1837  (zusammen  mit  Paulus  Silentiarius  und  Georgios  Pisides).  —  Wiederholt  bei  Migne, 

Patr.  gr.  100,  876—994.   —   Weit  fiberholt  und  völlig  überflüssig  wurden  diese  Arbeiten 

durch  die  neue  Ausgabe  von  Carl  de  Boor,   Leipzig,  bibl.  Teubn.,    1880.     De  Boor  fand 

den  vatikanischen  Originalcodex  (Nr.  977),  auf  dessen  Abschrift   alle  bisherigen  Arbeiten 

beruht  hatten,  und  konnte  mit  Hilfe  desselben  die  Lücken  jener  Abschrift  ergänzen  und 

eine  Unzahl  von  verderbten  Stellen  heilen.    Ausser  dieser  Handschrift  verwertete  de  Boor 

einige  aus  Nikephoros  stammende  Suidasstellen,   ein  von  Cramer  aus  cod.  Baroccianus  50 

in  den  Anecd.  Oxon.  2,  427  ff.  ediertes  Glossar,  in   dem  sich   eine  kleine  Sammlung  von 

AiUic  ix  tijs  larogiag  xov  dyiov  Nirxrjfpogov  findet,   und   endlich   die   späteren  Chronisten, 

velche    aus  Nikephoros  schöpften.    Mit  dem   Breviarium  gab  de   Boor  auch  das  Xgovo- 

1  '/^affixor  avvTofjLovy  die  Biographie  des  Nikephoros  von  Ignatios  und  die  2  oben  erwähnten 
!  chronographischen  Stücke,  endlich  einen  ausgezeichneten  Sach-  und  Wortindex. 

B.  Xgovoygatpixov  avvxofiov:  Zuerst  die  lateinische  Uebersetzung  des  Anastasius, 
I  Btsileae  1561  und  in  zahlreichen  Nachdrucken  und  Neubearbeitungen  im  17.  und  18.  Jahr- 
hundert —  Der  griechische  Text  zuerst  bei  Jos.  Justus  Scaliger,  Thesaurus  tem- 
pomm,  Eusebii  Pamphili  etc.  libri  duo,  Lugduni  Batav.  1606  S.  293—316;  auch  im  Nach- 
druck dieses  Werkes  von  AI.  Morus,    Amstelodami  1658  S.  301—312.  —  Ed.  J.  Goar, 
griechisch  und  lateinisch   mit  Noten   als  Anhang  des  Georgios  Synkellos,   Paris  1652.  — 
Abdruck  in  der  Ausgabe  des  Georgios  Synkellos  von  Dindorf,  Bonn  1829.  —  Wiederholt 
bei  Migne,  Patr.  gr.  100,  995—1060.  —  Diese  Ausgaben  beruhen  auf  dem  fehlerhaften 
Cod.  Paris.  1711  und  sind  daher  heute  ohne  Bedeutung.    Einen  Fortschritt  bezeichnet  die 
Leistung  von  Karl  Aug.  Credner,  der  den  griechischen  Text  mit  der  lateinischen  Ueber- 
setzung des  Anastasius  nach   neuen  Hilfsmitteln  herausgab:  Nicephori  chronologia  brevis, 
l  Üniversitätsprogramme,  Giessen  1832—38.  Das  der  Xgoyoyga(pia  angehängte  Verzeichnis 
der  kanonischen  Schriften  mit  der  beigefügten  Stichometrie  ed.  E.  A.  Credner  noch  ein- 
mal (mit  ausführlicher  Einleitung,  Mitteilungen   über  Hss   der  Chronographia  u.  s.  w.)  in 
seinem  Buche;  Zur  Geschichte  des  Kanons,  Halle  1847  S.  97—126;  vgl  auch  8.  133—147. 
—  £d.  Carl  de  Boor  (mit  dem  Breviarium),  der  auch  für  dieses  Werk  eine  völlig  neue 
Grandlage   geschaffen   hat    —   Die    lateinische  Uebersetzung   des    Anastasius   gab  (nach 
tahlreichen  früheren  Ausgaben)   C.  de  Boor   in  seiner  Ausgabe  des  Theophanes  2  (1885) 
36-59. 

2.  Hilfsmittel:  M.  Hanke,  De  byz.  rerum  Script.  Graecis  S.  223—251.  —  Fa- 
»ricius,  Bibl.  Graeca  ed.  Harl.  7,  462  und  603-609.  —  F.  Hirsch,  Byzant.  Studien 
f.  17  fiT;  127  ff.  —  Ueber  slavische  Uebersetzungen  des  Kompendiums  s.  V.  Jagid,  Arch. 
Ut.    FhiloL   2  (1887)  17.   —   Hauptschrift  über  das   Xgoyoygafptxdy  cvytofÄoy:   H. 


352  ByzantiniBche  Litteraturgesohiohte.    L  ProMdsohe  Litteratnr. 

Geiz  er,  Sextus  Julius  AfricanuB  11  1,  384—388;  389  ff.  über  andere  chronologiBche  TW< 
bellen  der  byzant.  Zeifc.  —  Ueber  das  kirchliche  und  politische  Leben  des  Nikephoros  P; 
s.  Hergenröther,  Photius  2  (1867)  261  ff.;  auch  J.  M.  Gedeon,  Uar^iir^/txot  myiauf, 
Kpel  1890  S.  267  ff. 

3.  Zur  Ueberlieferung:  Auf  eine  alie,  noch  nicht  benützte  Hs  dea  XQoyoy^<pi*i0 
avyxofjLov,  den  Cod.  Matrit.  120  (bei  Iriarte  121),  und  die  aus  dem  Xgoy.  zu  gewinnend 
Aufklärung  über  den  ursprünglichen  Textbestand  der  Thomasakten  weist  hin  Albert 
Martin,  Un  manuscrit  de  Tabrdg^  de  Chronologie  de  Nic^phore.  Les  stiques  des  Aote 
Thomae,  in  den  ,M^langes  G.  B.  de  Rossi*  (suppl.  aux  m^langes  d'arch^ologie  et  d'histoini 

Subli^s  par  T^cole  fran^aise  de  Rome,  t  XU),  Paris,  £.  Thorin  —  Rome,  SpithOver  ISStt 
.  201 — 205.  —  Eine  zweite,  wie  es  scheint,  wertlose  Hs  des  XQovoygafpixov  üvvtofjL^ 
den  Cod.  Matrit.  85,  beschreibt  Jo.  Iriarte,  Regiae  bibl.  Matrit  Codices  graeci  mss,  Mar 
triti  1769  8.  352  f.  —  unbenutzt  ist  auch  noch  Cod.  Taur.  105.  c.  IV.  21  getzt  B.  II.  2efc 
s.  12,  der  fol.  499—506  das  XQovoygatpixoy  avvrofioy  enthält.  Die  Eaiserreihe  reicht  ]nm 
bis  S.  101,  25  ed.  de  Boor  und  das  Werk  schliesst  mit  S.  132,  15  ed.  de  Boor.  Bemerkent- 
werte Varianten  habe  ich  bei  einer  Stichprobenkollation  nicht  gefunden.  —  Weit  wichtiger 
als  diese  Hss  ist  eine  bis  jetzt  unbeachtete  dem  Verfasser  fast  gleichzeitige  Hl 
beider  Werke:  British  Museum,  Addii  Ms.  19390  s.  9.  Sie  enthält  fol.  17— M 
das  XQoyoyQtt(pix6y  avvxofAovy^  fol.  24 — 57  die  'larogia  avytouog.  Eine  Kollation  der  'IctoQiMf 
die  Dr.  A.  Burckhardt  auf  meine  Veranlassung  ausführte,  ergab,  dass  der  Text  namenft- 
lieh  in  der  ersten  Hälfte  stark  von  dem  des  Codex  Vaticanus  977  abweicht  und  wohl  dal 
Yon  Nik.  gesammelte  Material  für  die  Jahre  60'J— 713  darstellt.  Auch  für  das  X^or#» 
yQa(pix6y  lehrt  die  Hs  manches  Neue.  Beschreibung  derselben  mit  Facsimile  im  Catalogna 
of  Ancient  Mss  in  the  British  Museum,  Part  1,  Greek,  London  1881  S.  13  ff.,  Tafel  15.  — 
A.  Burckhardt,  Der  Londoner  Codex   des  Breviarinm  des  Nikephoros  P.,  B.  Z.  5  (1896). 

4.  Zur  'lüxoqia  ovyrofiog:  Einige  Schwierigkeiten  bereitete  früher  ein  Fragment^ 
welches  Georgios  Monachos  (nicht  Theophanes,  wie  Petavius  glaubte)  aus  dem  Nikephoroa 
P.  anführt.  Da  nämlich  in  demselben  von  dem  Tode  des  Konstantin  Kopronymos  (775) 
die  Rede  ist,  so  schloss  Petavius  (ed.  Bonn.  S.  132  ff.),  dass  das  Breviarinm  ursprünglidi 
weiter  gereicht  habe,  als  in  seiner  jetzigen  Gestalt  Allein  A.  Mai,  Bibl.  nova  patnua 
V  3,  136  hat  bemerkt,  dass  dieses  Stück  aus  dem  3.  Antirrheticus  des  Nikephoros  ge- 
nommen ist,  womit  sich  die  Sache  erledigt.    Vgl.  Nicephor.  ed.  C.  de  Boor,  Praef.  S.  19. 

147.  Qeorgios  Monachos  (Hamartolos).  Georgios  Monachos,  häufig 
auch  durch  das  Attribut  Hamartolos  näher  bezeichnet,  verfasste  unter 
Michael  HI  (842—867)  ein  4  Bücher  umfassendes  Werk,  welches  betitelt 
ist:  Xqovixov  avvxofiov  ix  dia(p6Q(ov  xßoroy^aycov  t€  xal  e^rjyrjTciv  avXXeyhw 
xat  awreO-h'  vtto  Fewqyiov  dfiagtcoXov.  Von  der  Person  des  Verfassers 
wissen  wir  nur,  dass  er  ein  Mönch  war,  was  sich  übrigens  auch  ohne 
seine  ausdrückliche  Bezeichnung  als  fioraxog  und  dfia^TwXog  schon  aus  der 
klösterlichen  Tendenz  des  Werkes,  dem  fanatischen  Eifer  gegen  die  Bilder^ 
Stürmer  und  der  Vorliebe  für  theologische  Digressionen  deutlich  erkennen 
liesse.  Die  Zeit  des  Georgios  ergibt  sich  aus  der  Vorrede,  wo  er 
Michael  in  (842—867)  den  letzten  Kaiser  nennt;  ausserdem  zeigt  die  un- 
gewöhnliche Heftigkeit,  mit  welcher  er  sich  gegen  die  Bilderfeinde  wendet, 
dass  ihm  die  ikonoklastische  Bewegung  noch  in  frischester  Erinnerung  war. 
Abgeschlossen  scheint  seine  Arbeit,  wie  sich  aus  einer  auf  die  Begierungs- 
dauer Michaels  IE  bezüglichen  Stelle  schliessen  lässt,  erst  kurz  vor  dem 
Tode  dieses  Kaisers,  d.  h.  866  oder  867.  Die  Weltchronik  des  Geor- 
gios Monachos  umfasst  die  ganze  Weltgeschichte  von  Adam  bis 
auf  den  Tod  des  Kaisers  Theophilos  842  n.  Chr.,  einen  Zeitpunkt, 
der  in  der  inneren  Geschichte  von  Byzanz  durch  das  Aufhören  des  Bilder- 
sturmes von  grosser  Wichtigkeit  ist.  An  diesen  Kern  wurden  aber  im 
Laufe  der  Zeit  von  verschiedenen  Verfassern  zum  privaten  Gebrauch  und 
nach  privatem  Bedürfnis  Fortsetzungen  angefügt,  die  sich  in  einigen 
Handschriften  bis  948,   in   andern  noch  weiter  ausdehnen.     Dass  sich  die 


2.  GeBcbichtflchreiber  und  ChroniBten.    B.  Chronisten.    (§  147)  353 

Sache  so  verhält,  wird  zweifelloa  durch  die  Vorrede  des  Werkes,  wo  aus- 
drücklich erklärt  ist,  das  letzte  Buch  werde  die  Oeschichte  der  Kaiser  bis 
Theophilos  (842)  behandeln.  Ausserdem  schliessen  einige  Handschriften, 
darunter  die  älteste  (Cod.  Coisl.  310  saec.  10)  in  der  That  mit  dem  Jahre  842 
Hnd  haben  die  ausdrückliche  Schlussbemerkung:  räXog  ivraid-a  %ov  xQovixov 
ßißiiov;  endlich  haben  einige  der  weiter  reichenden  Handschriften  an  dieser 
Stelle  (Jahr  842)  die  Bemerkung  erhalten:  i'(og  mSe  rd  xQovixä  rewgyiov  * 
oTo  xwv  (üSe  fiovov  xov  Xoyox^brov,  Des  weiteren  steht  in  dem  von  Muralt 
edierten  Texte  am  Schlüsse  der  Fortsetzung  bei  Ereignissen  des  Jahres  948 
die  Notiz:  Jo^a  rtp  &€(^  ndvroiv  i'vsxa.  TetäXecxm  xai  %ov  Aoyod-ixov.  Das' 
Werk  des  Georgios  zerfällt  in  4  Bücher;  das  erste  handelt  in  ziemlich 
verworrener  Weise  von  Adam,  Nimrod,  Ninus,  den  Persern,  Römern, 
Philipp,  Alexander,  den  Brahmanen,  Chaldäem,  Amazonen  u.  s.  w.,  d.  h. 
es  gibt  einen  Überblick  über  die  für  den  Mönchsgeschmack  interessantesten 
Dinge  der  Profangeschichte  von  Adam  bis  auf  Alexander  den  Orossen. 
Das  zweite  Buch  beginnt  ebenfalls  mit  Adam  und  enthält  in  grosser 
Ausführlichkeit  im  wesentlichen  die  biblische  Geschichte  bis  auf  die  Römer- 
zeit; darunter  sind  allerlei  Exkurse  über  Plato,  den  Götzendienst  u.  s.  w. 
eingeschoben.  Das  dritte  Buch  berichtet  die  römische  Geschichte  von 
Cäsar  bis  auf  Konstantin  den  Grossen.  Das  vierte  Buch  endlich  er- 
zählt die  römisch-byzantinische  Geschichte  von  Konstantin  dem  Grossen 
bis  842. 

Über  die  Grundsätze,  Mittel  und  Zwecke  seiner  Arbeit  spricht 
der  Verfasser  selbst  in  seiner  Vorrede;  er  habe  für  sein  Werk  sowohl 
ältere  hellenische  als  auch  neuere  (byzantinische)  Geschichtswerke,  sowie 
erbauliche  Schriften  benützt,  aber  aus  dem  reichen  Stoffe  nur  das  Not- 
I  wendige  und  Nützliche  ausgewählt,  er  habe  sich  stets  bemüht,  die  Wahr- 
heit zu  sagen  und  sich  jedes  Schmuckes  der  Darstellung  enthalten.  Wie 
er  die  Begriffe  von  nützlich  und  notwendig  versteht,  zeigt  die  folgende 
Aufzählung  der  Dinge,  welche  den  Hauptgegenstand  der  Darstellung  bilden 
sollen,  d.  i.  Einführung  der  Götzenbilder,  die  Mythologie  der  Griechen,  das 
Mönchswesen,  die  Entstehung  und  Verbreitung  der  bilderfeindlichen  Ketzerei, 
der  Glaube  der  Sarazenen  u.  s.  w.  Es  sind  eben  die  Fragen,  welche  in 
byzantinischen  Klöstern  das  wissenschaftliche  Gesprächsthema  der  auf- 
geweckteren und  unterrichteten  Mönche  bildeten.  So  erklären  sich  auch 
die  zahlreichen  theologischen  Digressionen,  die  häufige  Einstreuung  langer 
Stellen  aus  Kirchenvätern.  In  der  weltlichen  Geschichte  wird  nichts 
mehr  beachtet  als  der  fromme  Sinn  und  die  Freigebigkeit  der  Kaiser, 
die  stets  aufs  neue  hervorgehoben  und  mit  wahrem  Behagen  geschildert 
wird  (vgl.  z.  B.  S.  878,  21  ff.).  Eine  derartige  Auffassung  der  Geschichte 
darf  uns  bei  Georgios  nicht  im  mindesten  wundern;  mehr  könnte  man 
sich  darüber  wundem,  dass  manche  der  neueren  Geschichtschreiber  und 
Litteraturhistoriker  über  die  mönchische  und  niedrige  Denkart  der  byzan- 
tinischen Chronisten  so  viel  Entrüstung  bekundeten  und  nicht  verstehen 
wollten,  dass  sie  es  hier  mit  Werken  zu  thun  haben,  die  im  Kloster  und 
für  das  Kloster  geschrieben  sind.  Wenn  wir  das  Werk  des  Georgios  in 
gerechter  Weise  als  eine  mittelalterliche  Mönchschronik  auffassen, 

ÜMklbnffh  der  klMi.  AltertnnwwlMeiMcliaffc.  IX.    1.  Abtlg.    2.  AnfU  23 


354 


BysantiniBolie  LitteratnrgeiMihiohte.    L  Proudsehe  Lütorator. 


80  erblicken  wir  in  ihm  ein  kulturhistorisch  wichtiges  Abbild  des  Qei 
der  Bestrebungen  und  der  litterarischen  Mittel,  über   welche  im  neuni 
Jahrhundert  das  byzantinische  Kloster  gebot.     Die  Femwirkungen  di 
vielgeschmähten  Lehr-  und  Lesebuches   sind  unermesslich.    Es  bildet 
Grundlage  für  zahlreiche  spätere  Bearbeitungen  der  Weltgeschichte 
den  Byzantinern  und  es  brachte  den  Slaven  den  ersten  Keim  historisch 
Kenntnis  und  den  ersten  Anstoss  zu  litterarischer  Produktion  auf  di 
Gebiete. 

Welche  Quellen  Georgios  für  die  ältere  Zeit,  d.  h.  für  jenes  Chaal 
zerstreuter  Notizen  in  den  ersten  drei  Büchern  verwertete,  muss  erst  nodi 
untersucht  werden.    In  der  Kaisergeschichte  bis  auf  Diodetian  scheint  m 
dasselbe  verlorene  Werk  vor  sich  gehabt  zu  haben,  dessen  Spuren  aucB 
bei  Leon  Grammatikos,  Kedrenos   und  Zonaras  wiederkehren.     Für  dai 
vierte  Buch  d.  h.  für  die  eigentlich  byzantinische  Zeit  ist  seine  HaQpt% 
quelle  die  Chronik  des  Theophanes.   Doch  benützte  er  anfänglich  nebea^ 
Theophanes  noch  andere  Autoren;  so  erweisen  sich  z.  B.  für  die  Zeit  de» 
Anastasios  nicht  Theophanes  selbst,  mit  dem  Georgios  häufig  stimmt,  soih 
dem  die  von  Theophanes  benützten  Autoren,  nämlich  Malalas  und  Theo« 
doros  Lector  als  die  Vorlagen  des  Georgios.  Eine  Hauptquelle  war  auck 
das  Breviarium  des  Nikephoros  P.*)    Allmählich   aber  schrumpft  diA 
Chronik  zu  einem  blossen  Auszuge  aus  Theophanes  zusammen,  d^ 
er  nur  seinem  besonderen  Geschmacke  gemäss  mit  den  unvermeidliches 
theologischen  Digressionen  untermischt.     Eine  eigenartige  SteUung  nimmt 
der  letzte  Teil  der  Chronik  ein,  der  die  Geschichte  von  813 — 842  ent- 
hält.  Hier  haben  wir  es  allem  Anscheine  nach  mit  einer  selbständigen 
Arbeit  des  Georgios  zu  thun.     Da  er  zudem  der  einzige  zeitgenös- 
sischeChronist^)  ist,  der  diese  Ereignisse  behandelt,  bringen  wir  diesem 
Abschnitte  eine  besondere  Teilnahme  entgegen.    Leider  erfüllt   Georgios 
auch   hier  nicht  die  Erwartungen,   die  wir  ihm  etwa  entgegenzubringen 
geneigt  sind;  denn  statt  einer  geordneten,  wirkUch  geschichtlichen  Erzäh- 
lung finden  wir   den  fanatischen  Erguss  eines  leidenschaftlichen  Feindes 
der  Ikonoklasten,  der  nur  für  kirchliche  Dinge,   besonders  für  die   auf 
den  Bildersturm  bezüglichen  Dinge  Interesse  hat.     Die  wirklich  histori- 
schen Nachrichten  sind  verhältnismässig  spärUch;  sie  verschwinden  in  dem 
Wüste   theologischer  Digressionen    und  heftiger  Schmähungen  gegen  die 
Bilderfeinde.     Eine  Quelle  dieses  Abschnittes  ist  die  von  Ignatios  ver- 
fasste  Biographie  des  Patriarchen  Nikephoros.     Im   übrigen  wird   diese 
Partie  wohl  grösstenteils  auf  mündlichen  Berichten   und  auf  eigener  Er- 
fahrung beruhen. 

Nach  der  von  Georgios  selbst  verfassten  Chronik  findet  sich  in  den 
meisten  Handschriften  eine  längere  Fortsetzung,  die  bis  zum  Tode  des 
Romanos  Lakapenos  948,  in  einigen  Handschriften  bis  1071,  1081,  in  einer 
sogar  bis  1143  reicht.   Immerhin  schliesst  der  Haupttext  der  Fortsetzung 


')  S.  Ed.  De  Boor,  Praef.  23. 
')  Nur  für  einen  Teil  dieses  Abschnittes 
besitseen  wir  noch  einen  zweiten  zeitge- 


nSssischen  Antor,  den  Scriptor  incertoa 
de  Leone  Annenio  (in  der  Bonner  Ausgabe 
hinter  Leo  Grammaticns). 


2.  Geeehichtsohreiber  und  Chroniaten.    B.  GhroniBten.    (§  147)  355 

mit  948 ;  die  erwähnten  weiter  reichenden  Zugaben  sind  meist  nur  dürftige 
Notizen,  zum  Teil  nur  tabellarische  Verzeichnisse,  die  offenbar  die  Besitzer 
der  betreifenden  Handschriften  für  ihren  Privatgebrauch  an  den  Schluss 
der  früheren  Fortsetzung  anfügten.  Über  den  Verfasser  des  allein 
wichtigen  Teiles  der  Fortsetzung,  d.  h.  der  Partie  bis  948,  ist  durch  neuere 
Untersuchungen  Licht  verbreitet  worden.  Er  ist  identisch  mit  dem 
Magister  und  Logotheten  Symeon,  von  dem  in  mehreren  griechischen 
Handschriften  und  in  einer  slavischen  Übersetzung  eine  Chronik  erhalten 
ist.  S.  §  149.  So  erklären  sich  die  oben  erwähnten  handschriftlichen 
Notizen  am  Schlüsse  der  Chronik  des  Goorgios  und  am  Schlüsse  der  Fort- 
setzung, durch  welche  diese  letztere  einem  Logotheten  zugeteilt  wird. 
Nicht  der  Logothet  selbst,  sondern  irgend  ein  Redaktor  hat  den  ganzen 
Abschnitt  mit  Georgios  Monachos  verbunden  und  dabei  übersehen,  dass  in 
iim  Verweise  auf  früher  erzählte  Dinge  vorkommen,  die  sich  in  der 
Chronik  des  Georgios  nicht  finden.  Der  Zusammenhang  beider  Werke  ist 
also  ein  äusserlicher,  und  die  Bezeichnung  als  „Fortsetzung  des  Georgios 
Monachos*  ist  nur  von  dieser  zufalligen  Vereinigung  zu  verstehen.  Auch 
nach  Auffassung  und  Charakter  ist  der  Logothet  von  Georgios  Monachos 
sehr  verschieden.  Bei  ihm  tritt  das  Kirchliche  in  den  Hintergrund,  und 
das  Hauptinteresse  ist  den  Vorgängen  am  Hofe  zugewendet.  Die  in 
einigen  Handschriften  angehängte  Fortsetzung  über  948  hinaus  stammt 
zum  grössten  Teil  aus  der  Fortsetzung  des  Theophanes. 

Sprachlich  bietet  Georgios  weniger  Interessantes  als  Theophanes. 
Wie  er  in  der  Vorrede  mit  bescheidenem  Stolze  hervorhebt,  hat  er  sich 
nm  Kunst  der  Darstellung  nicht  bekümmert;  sein  Prinzip  ist:  Kqsicaov 
li€%d  dXr^&ciag  xpsXhXBiv  rj  ixetd  ipevSovg  nXatwvi^siv^  ein  Satz,  der  für  die 
byzantinische  Zeit  vor  der  grossen  litterarischen  Reaktion  unter  den  Kom- 
nenen  überhaupt  bezeichnend  ist.  Trotzdem  schreibt  Georgros  nicht  so 
einfach  und  natürlich,  wie  man  nach  diesem  ausdrücklichen  Versprechen 
erwarten  sollte.  Seine  Diktion  ist  durch  die  Kirchensprache  und 
ihre  mannigfaltigen,  manchmal  etwas  geschraubten  Hilfsmittel  stark  be- 
einflusst.  Doch  wäre  es  bedenklich,  hierüber  ein  schärferes  Urteil  aus- 
zusprechen, ehe  der  echte  Originaltext  festgestellt  ist;  die  mühsamste 
Untersuchung  dieser  Gräzität  würde  vielleicht  nur  zu  bald  durch  eine  neue 
kritische  Ausgabe  umgestürzt.  Jedenfalls  aber  gehört  Georgios  zu  den 
Autoren,  die  auf  eine  strengere  Form  Verzicht  leisten,  obschon  er  sich 
von  Theophanes  durch  grössere  Annäherung  an  kirchliche  Ausdrucksweise 
unterscheidet,  wie  er  ja  auch  stofflich  durch  noch  grössere  Betonung  der 
kirchlichen  Angelegenheiten  von  ihm  abweicht.  Dagegen  ist  die  Sprache 
des  letzten  Teiles  der  Fortsetzung  des  Georgios,  wenigstens  in  der 
von  Muralt  herausgegebenen  Redaktion,  schon  ganz  volksmässig,  mehr 
als  die  des  Theophanes;  sie  schreckt  selbst  vor  vd  u.  dergl.  nicht  zurück; 
vgl.  besonders  die  Partie  S.  852  ff.  Ein  ganz  ungenügendes  Glossar  der 
neuen  und  fremden  Wörter  des  Georgios  und  der  Fortsetzer  gab  Muralt 
in  seiner  Ausgabe  S.  963 — 977. 

Die  Überlieferung  des  Georgios  Monachos  gehört  zu  den  schwie- 
rigsten Fragen  der  byzantinischen  Philologie.     Da  nämlich  diese   Welt- 

2^* 


356  Bysantiniflche  litteratnrgeBchichte.    I.  Prosaisohe  Litteratiir. 

Chronik  seit  dem  9.  Jahrhundert  das  beliebteste  Hand-  und  Hansbuch 
geschichtliche  Belehrung  und  Unterhaltung  wurde,  hat  dasselbe  im  Li 
der  Zeit  verschiedene  , verbesserte  und  vermehrte  Auflagen*  erfail 
Wir  können  bis  jetzt  etwa  drei  Hauptred aktionen  unterscheid 
eine  kürzere,  dem  Original  am  nächsten  kommende,  die  durch  die  i 
Codd.  Coisl.  134  und  310,  weniger  treu  durch  den  Vatic.  153  vertw 
ist,  eine  stark  überarbeitete  und  durch  profangeschichtliche  ZuaVI 
die  meist  aus  Symeon  Logothetes  stammen ,  bedeutend  vermehrte, . 
z.  B.  im  Codex  Vatic.  154  und  in  dem  von  Muralt  benützten  II 
quensis  vorliegt,  endlich  eine  zwischen  diesen  beiden  Redaktionen 
der  Mitte  stehende,  zu  welcher  die  Codd.  Monac.  gr.  139  und  4 
Vindob.  bist.  40,  Ambros.  184,  Strassburg.  8  u.  a.  gehören.  Wie  Mall 
wurde  auch  Georgios  Monachos  frühzeitig  in  slavische  Sprachen  Ol 
tragen;  er  spielt  in  der  älteren  slavischen  Litteratur  eine  grössere  Bi 
als  irgend  ein  anderer  byzantinischer  Chronist;  es  sind  bis  jetzt  mindest 
12  Exemplare  des  Georgios  teils  bulgarisch-slovenischer,  teils  serbia 
siovenischer  Redaktion  bekannt.  In  der  slavischen  Übersetzung  wq 
Georgios  die  Hauptquelle  aller  nichtrussischen  Geschichte  für  die  ältl 
russische  Chronik,  die  ohne  genügenden  Grund  dem  Mönche  Nestor 
Kiew  zugeschrieben  wird,  in  der  That  aber  ein  anonymes  Werk  aus  d 
Anfange  des  12.  Jahrhunderts  ist.  Auch  ins  Georgische  wurde  Georg 
übersetzt;  eine  Pergamenthandschrift  dieser  Übersetzung,  s.  10 — 11,  E 
unediert  im  Kirchenmuseum  zu  Tiflis  (Mitteilung  von  A.  S.  Chachanc 
Nicht  minder  finichtbar  als  für  die  slavische  Chronikenlitteratur  wu] 
Georgios  für  die  byzantinische  Geschichtschreibung  selbst.  Er  i 
hört  zu  den  Autoren,  aus  welchen  Stücke  in  das  konstantinische  Exzerpt 
werk  Aufnahme  fanden.  Ausserdem  wurde  teils  Georgios  selbst  teils  se 
Vorlagen  von  späteren  Chronisten  in  einem  solchen  Umfange  ausgeschrieb 
dass  wir  durch  die  Veröffentlichung  des  ganzen  Georgios  wenig  neue  hifi 
rische  Nachrichten  gewonnen  haben. 

1.  Ausgaben:  In  der  Pariser  Sammlung  wurde  nur  die  Schlusspartie  des  Geofj 
und  die  Fortsetzung,  also  der  auf  die  Zeit  von  813—948  bezügliche  Teil  aufgenonu 
unter  dem  Titel  Biot  xujy  tfiwv  ßaaiXitJv  in  den  Scriptores  post  Theophanem  ed.  Gombe: 
Paris  1685.  —  Wiederholt  Venedig  1729.  —  Varianten  aus  einer  Mdnchener  Handscl 
gab  der  ehemalige  Vorstand  der  München  er  Hofbibliothek,  Ign.  Hardt,  im  Neuen  litc 
Anzeiger,  3.  Jahrg.  1  Hälfte,  Tübingen  1808  S.  61  ff.;  derselbe  Gelehrte  hatte  auch 
Ausgabe  vorbereitet;  s.  seinen  Gatalogus  codicum  mss  Graec.  bibliothecae  regiae  Bavari 
tom.  2  (1806)  S.  103  ff.,  wo  Cod.  Monac.  Gr.  139  besprochen  ist.  —  Exzerpte  aus 
ersten  Abschnitten  des  Georgios  edierte  aus  3  Oxforder  Handschriften  A.  Gramer, 
Oxon.  4  (1837)  218—246.  —  Dasselbe  Stück,  das  in  der  Pariser  Ausgabe  vorliegt,  edi 
im  Bonner  Gorpus  ohne  Rücksicht  auf  die  Publikationen  von  Hardt  und  Gramer  und  c 
sonstige  nennenswerte  Förderung  I.  Bekker  mit  dem  Theophanes  continuatus,  Bonn  1 
S.  763-7924.  —  Die  gesamte  Ghronik  des  Georgios  Monachos  mit  den  Fortsetzun 
ed.  pr.  Edouard  de  M uralt:  Georgii  roonachi,  dicti  Hamartoli,  chronicon  ab  orbe  con 
ad  annum  p.  Ghr.  842  et  a  diversis  scriptoribus  usque  ad  a.  1143  continuatum  etc.,  Pe 
poli  1859.  Leider  ist  diese  Ausgabe  gänzlich  ungenügend;  der  Herausgeber  beschreibt  z 
27  Handschriften,  hat  aber  nur  einen  Teil  derselben  wirklich  benützt  und  auch  von  die 
die  wenigsten  vollständig  verwertet;  dem  Texte  hat  er  in  der  Hauptsache  nur  eine  Moska 
Handschrift  aus  dem  12.  Jahrb.  zu  Grunde  gelegt,  die  eine  stark  überarbeitete  Redaki 
enthält.  Namentlich  ist  dieselbe,  wie  E.  Patzig,  B.  Z.  3,  484  ff.  nachgewiesen  und  V.  ^ 
si  1  j  e  vsk  ii ,  Viz.  Vr.  2,  78  ff.  näher  begründet  hat,  mit  Hilfe  der  Ghronik  des  Symeon  Magis 
und  Logothetes  um  profangeschichtliohe  Nachrichten  in  weitestem  Umiange  bereic] 
"worden,  während  der  ursprüngliche  Georg  in  profangeschiohtlioher  Hinsicht  ein  ganz  dürfti 


8.  GMohiohtsohreiber  und  Ghronisten.    B.  Chronisten.    (§  147)  357 

Werk  zu  sein  Bcheint.  Also  bietet  die  Ausgabe  von  Mtiralt  nicht  den  wirklichen  Original- 
text desGeorgiosMonachos,  sondern  ein  mit  ungenügenden  Varianten  und  Konkordanzen 
angestattetes  Elaborat  einer  späteren  Zeit,  ans  dem  der  wahre  Text  des  Georgios  unmög- 
Keh  festzustellen   ist.    Zu  alledem  wimmelt  der  Text  infolge  der  ungenügenden  Sprach- 
kenntnis des  Herausgebers  von  Fehlem  aller  Art.  —  Die  Ausgabe  von  Muralt  wurde  nach- 
gedruckt  von  Migne,  Patr.gr.  110,  wo  auch  eine  lateinische  Übersetzung  beigegeben 
■t  —  Eine  kritische  Ausgabe  des  ursprünglichen  Textes  ist  noch  ein  Bedürfnis,   vor 
dessen   Erfüllung  sprachliche,   litterarhistorische  und   geschichtliche  Untersuchungen,  wie 
auch  die  Erforschung  der  Quellen  des  Georgios  ohne  genügende  Grundlage   bleiben.    Das 
Material  für  ein  solches  Unternehmen  hat  C.  de  Boor  gesammelt.   Gelänge  es,  die  äusseren 
Schwierigkeiten  der  Veröffentlichung  zu  überwinden,  so  erhielten  wir  durch   die  Ausgabe 
des  Georgios  in  Verbindung  mit  der  des  Theophanes  das  Mittel,   die   ganze  spätere 
Chronographie  in  ihre  Teile  zu  zerlegen  und  eine  Anzahl  Bände  des  Corpus  der  byzantini- 
ichen  Historiker  auf  ein  Minimum  zu  reduzieren. 

2.  Hilfsmittel:  Leo  Allatius,  Diatribe  de  Georgiis,  in  seiner  Ausgabe  des 
Seorgios  Akropolites,  Paris  1651  S.  325  ff.  Wiederholt  bei  Fabricius,  Bibl.  Graec.  ed. 
Bari.  12,  30  ff.  —  In  Philipp  Krug*s  Forschungen  in  der  älteren  Geschichte  Russlands, 
keransgeg.  von  Ed.  Eunik,  Petersburg  1848,  ist  Band  2,  785—807  ein  Anhang  von  Eunik 
teigefügt,  der  besonders  über  den  Logotheten  handelt.  —  L.  F.  Tafel,  Sitzungsber.  Wien. 
kkad.  9  (1852)  44—53  und  dessen  Vorrede  zu  Theodosii  Meliteni  chron.  (s.  §  150)  S.  9  f. 
--  Mitteilungen  aus  den  Codd.  Paris.  Coisl.  305.  und  Paris.  1706  gab  Fr.  C.  Tischen- 
der f,  Anecdota  sacra  et  profana,  Leipzig  1855  S.  95 — 103.  —  Ueber  Muralts  Ausgabe  s. 
die  inhaltreiche  Besprechung  im  Liter.  Gentralbl.  1861,  527  ff.  —  Nolte,  Ein  Exzerpt  aus 
dem  zum  grössten  TeU  noch  ungedruckten  Ghronicon  des  Georgios  Hamartolos,  Tübinger 
tkeol.  Qnifftalschr.  44  (1862)  464—468.  —  Die  Identität  des  Georgios  Monachos  mit  Johanes 
dem  Sikelioten  behauptet,  ohne  zu  überzeugen,  Dom.  Gasp.  Lancia,  Sopra  Giovanni 
ßicolo  cronografo  bizantino  del  secolo  nono,  Archivio  storico  Siciliano  3  (1875)  369 — 385. 
Hart.  Eremraer,  De  catalogis  heurematum,  Diss.,  Leipzig  1890  S.  108  f.,  übersieht  bei 
Behandlung  der  bei  Georgios  Monachos  (S.  44  ed.  Muralt)  vorkommenden  Aufzählung  von 
Erfindungen  deren  Herübemahme  aus  Athanasios  Contra  gentes.  --  Job.  Friedrich,  Der 
anprüngliche  Bericht  des  Georgios  Monachos  über  die  Paulikianer,  Sitzungsb.  bayer.  Ak. 
Tom  Dez.  1895  (wird  demnächst  erscheinen). 

Ueber  die  Beziehungen  zum  russischen  Chronisten  Nestor  und  anderen  slavi- 
Bchen  Chronisten:  Erug,  Eritischer  Versuch  zur  Aufklärung  der  byzantinischen  Chrono- 
logie, Petersburg  1810  (eine  sehr  verständige  Vorarbeit  zu  Muralts  Chronologie  Byzantine) 
ODd  die  Prolegomena  der  Ausgabe  von  Muralt  cap.  III  (8.  30—37),  wo  die  einschlägige 
oeoere  russische  Litteratur  über  den  Gegenstand  genannt  ist;  ausserdem  Chronica  Nestoris 
ed.  Fr.  Miklosich,  Vindobonae  1860  S.  183—186  und  Chronique  dite  de  Nestor  traduite 
sor  le  texte  slavon-russe  par  Louis  Leger,  Paris  1884  (-=  Fublications  de  T^cole  des 
langues  orientales  Vivantes  II.  s^rie  vol.  13).  —  V.  Jagiö,  Arch.  slav.  Philol.  2  (1877)  9  ff. 
nnd  8  (1885)  578  ff.  —  Die  aus  dem  Jahre  1386  stammende  serbische  Uebersetzung 
des  Georgios  wurde  ediert  von  der  russischen  Gesellschaft  der  Bibliophilen,  3  Bände, 
Petersburg  1878-81;  s.  den  Bericht  von  V.  Jagiö,  Arch.  slav.  PhiloL  4  (1880)  648  und 
6  (1882)  133. 

Hauptschriften:  Ferd.  Hirsch,  B3rzant.  Studien  S.  1—88  (woselbst  auch  die  ein- 
•ehlägige  historische  Litteratur  angeführt  ist).  —  Carl  de  Boor,  Zur  Eenntnis  der  Welt- 
ehronik  des  Georgios  Monachos  in:  Historische  Untersuchungen,   Arnold  Schäfer  zum  25- 

jahrigen  Jubiläum  gewidmet,  Bonn  1882  S.  276—295.  —  S.  Sestakov,  Ueber  die  Ent- 
stehung nnd  Zusammensetzung  der  Chronik  des  Georgios  Monachos  Hamartolos.  U(^enyja 
Impiaki  (Gelehrte  Denkschriften)  der  Univ.  Eazan,   Bd  58  (1891)  und  59  (1892)  (russ.)  — 

§.  Sestakov,  Zur  Frage  nach  den  Quellen  der  Chronik  des  Georgios  Monachos  (IV.  Buch). 
E(eilage  zum  70.  Bde  der  Zapiski  d.  k.  russ.  Ak.  d.  Wiss.  Nr.  4.  Petersburg  1892.  Vgl. 
B.  Z.  4,  156  ff.  —  C.  de  Boor,  Römische  Eaisergeschichte  in  byzantinischer  Fassung.  IL 
B.  Z.  2  (1893)  1-21.  -  £.  Patzig,  Leo  Grammaticus  und  seme  Sippe,  B.  Z.  3  (1894) 
170—497.  —  V.  Vasiljevskij,  Die  Chronik  des  Logotheten  im  Slavisohen  und  Griechi- 
achen.    Viz.  Vr.  2  (1895)  78-151. 

3.  Zur  Ueber  lieferung:  Aufzählung  von  27  Hss  in  der  Ausgabe  von  Muralt.  — 
Beachtenswert  ist  u.  a.  noch  der  Cod.  Patm.  7,  s.  11,  Pergament.  VgL  J.  Sakkelion, 
Utttfurnnj  ßißXio9ijxfjf  Athen  1890  S.  4  f.  —  Eine  Genfer  Hs  (Cod.  Genev.  41  s.  15),  welche 
lechs  Eapitel  (228—233)  aus  dem  4.  Buche  des  Georgios  enthält,  erwähnt  J.  Nicole, 
rn  trait^  de  morale  payenne  christianis^,  Genf  1892  S.  4  ff.  —  Eine  Strassburger  Hs 
Cod.  8)  untersucht  Fr.  Lauchert,  Zur  Textüberlieferung  der  Chronik  des  Georgios  Mo- 
lachos,  B.  Z.  4  (1895)  493—513.    —   Eine  abgekürzte,  halb  vulgärgriechische  Paraphrase 


358  Byzantinische  Litteratargeschiohte.    L  ProsaiBohe  litterator. 

des  Georgios  und  seiner  Fortsetzung  bis  auf  die  Regierung  des  Nikephoros  Botaneiaies 
(Buch  6  Kap.  4  inclus.  der  Ausgabe  Muralts)  enthält,  nach  einer  gütigen  Mitteilung  von 
Dr.  J.  Seger,  der  Cod.  Laur.  59,  13  fol.  134— U9. 

4.  Name:  Der  Beiname  Hamartolos  ist  nicht  Eigenname  und  auch  nicht  eigent- 
liche Standesbezeichnung,  sondern  das  ständige  Epithet  von  München,  welches  in  den  Uss 
auch  viele  andere  Autoren  führen.  Es  ist  daher  nicht  zu  biUigen,  wenn  in  der  neueren 
Litteratur  Georgios  vielfach  Georgios  Hamartolos  oder  sogar  einfach  Hamartolos 
genannt  wird.  Da  weder  sein  Familienname  noch  seine  Heimat  bekannt  ist,  kann  er 
nur  durch  Beifügung  seines  Standes  (Georgios  Monachos)  näher  bezeichnet  werden 
wie  Georgios  Synkellos  u.  a.  —  Noch  ein  anderes  Beiwort  des  Mönches,  Rhaken- 
dytes  (der  in  Lumpen  gekleidete),  ist  zur  unverdienten  Ehre  gelangt,  als  Eigenname  ge- 
braucht zu  werden.    Vgl.  Sp.  P.  Lampros,  UaQvaaaög  1  (1877)  500. 

148.  Der  sizilianisclie  Anonymus.  Ein  unbekannter  Grieche  hat 
die  folgenschweren  sizilianischen  Ereignisse  von  827 — 965  in  dem  lakoni- 
schen, trockenen  Begisterstil,  der  in  späteren  Chronikenauszügen  häufig 
wiederkehrt,  aber  mit  offenbarem  Streben  nach  Wahrheit  erzählt.  Das 
interessante  Schrifti^ck  wird  in  zwei  Handschriften  des  10.  Jahrhunderts, 
im  Cod.  Vatic.  1912  und  im  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  920,  aufbewahrt.  Eine 
längst  bekannte,  in  einer  Handschrift  zu  Cambridge  überlieferte  arabische 
Chronik  ist  jüngst  als  Übersetzung  dieses  griechischen  Textes  erkannt 
worden. 

Ausgaben  und  Hilfsmittel:  Vom  griechischen  Texte  erschienen  ungefähr  gleich- 
zeitig zwei  Ausgaben:  Ed.  P.  Batiffol,  Comptes  rendus  de  TAcad.  des  Inscriptions  et 
BeUes-lettres  1890  S.  394—402  (mit  latein.  Uebersetzung).  —  La  cronaca  Siculo-Saracena 
di  Cambridge  con  doppio  teste  greco  scoperto  in  codici  contemporanei  delle  biblioteche 
Yaticana  e  Parigina,  per  G-.  Gozza-Luzi  con  accompagnamento  del  testo  arabico  pel  Can. 
B.  Lagumina.  Documenti  per  servire  alla  storia  di  Sicilia,  quarta  serie,  vol.  11.  Palermo 
1890.  Vgl.  die  Berichte  von  G.  Cipolla,  Atti  deUa  R.  accademia  delle  scienze  di  Tonne 
vol.  27  (1892)  24.  April,  und  Is.  Carini,  Osservatore  Romano  vom  12.  und  13.  Dez.  1891, 
wiederholt  in  dem  Bande :  Di  alcuni  lavori  ed  acquisti  della  biblioteca  Vaticana  nel  ponti- 
ficato  di  Leone  XIII,  Roma  1892  S.  143—151.  —  Einen  französischen  Auszug  des  Re- 
ferates von  Carini  gab  L.  Duchesne,  M^langes  d*archäologie  et  d'histoire  11  (1891)  521 
bis  528.  —  Einen  Kommentar  zur  Ausgabe  lieferte  G.  Gozza-Luzi,  Sulla  scoperta  di  due 
cronache  greche  Siculo-saraceniche  e  loro  correlazione  coli'  arabica  di  Cambridge.  Rom  1893 
(mir  unzugänglich).  —  Ohne  Kenntnis  der  genannten  Ausgaben  liess  den  griechischen 
Text  noch  einmal  drucken  A.  Wirth,  Ghronographische  Späne,  Frankfurt  1894  S.  11 — 16. 

149.  Sjrmeon,  der  Magister  und  Logothet  (Sviufov  fidy^sxQog  xai 
Xoyod-sTTjg).  Unter  diesem  Namen  ist  in  mehreren  Handschriften  eine 
Chronik  überliefert,  über  die  wir  leider  noch  sehr  mangelhaft  unterrichtet 
sind.  Zwar  lässt  sich  schon  deutlich  erkennen,  dass  dieses  Werk  für  die 
Aufklärung  der  labyrinthischen  Quellenverhältnisse  der  späteren  Chronisten 
eine  grosse  Rolle  zu  spielen  berufen  ist;  aber  es  wäre  gegenwärtig  ein 
vergebliches  Bemühen,  den  ursprünglichen  Umfang,  die  Abfassungszeit,  die 
Quellen  und  Ausschreiber  der  Chronik  mit  Sicherheit  bestimmen  zu  wollen. 
Bis  jetzt  lässt  sich  etwa  folgendes  sagen:  Symeon,  der  Magister  und 
Logothet,  ist  höchst  wahrscheinlich  identisch  mit  Symeon  Metaphrastes, 
dem  berühmten  Bearbeiter  der  Heiligenbiographien  (vgl.  S.  200  ff.).  Die 
von  ihm  verfasste  Chronik  reichte  höchst  wahrscheinlich  von  der  Er- 
schaffung der  Welt  bis  zum  Tode  des  Romanos  Lakapenos  (948). 
Die  Abfassung  des  Werkes  fallt  in  eine  nicht  viel  spätere  Zeit;  denn  selbst 
wenn  der  Logothet  nicht  mit  dem  Metaphrastes  identisch  wäre,  müsste 
die  Zeit  der  Vollendung  seines  Werkes  in  die  ersten  Jahre  der  Regierung  des 
Nikephoros  Phokas  (963 — 969)  gesetzt  werden.  Veröffentlicht  ist  bis 
jetzt  unter  dem  Namen  des  Symeon  Magistros  und  Logothetes  der  von 


2.  QMohiohtsohreiber  und  Chronisten.    B.  ChroniBten.    (§§  148—149).     359 


813 — 963  reichende  Schlussteil  einer  Chronik,  die  im  Codex  Paris.  1712 
erhalten  ist.    Auszüge  aus  dem  ersten  Teile  derselben  hat  H.  Geizer  mit- 
geteilt.   Allein  dieses  ganze  Werk  hat,   wie  Oelzer  selbst  bemerkte,  mit 
I    Symeon  gar  nichts  zu  thun  und  muss  daher  künftig  zur  Vermeidung  von 
^    Missverständnissen  als  Chronik  des  Pseudo-Symeon  bezeichnet  werden. 
l    Im  Codex  Paris.  1712  steht  der  Name   des  Symeon  nur  auf  dem  Rücken 
'    des  Einbandes  und  in  der  Handschrift  selbst   nur  auf  fol.  6   vor  einem 
i    Abschnitte,  der  von  fol.  6 — 12^  reicht  und  dem  Anfange  der  Chronik  des 
I    Leon  Grammatikos  und  des  Pseudo-Polydeukes  entspricht.   Der  Titel  dieses 
Abschnittes   lautet:   2vfA€(6v   ^ayicrgov  xal  Xoyod-äTov   elg  %rjv  xo(ffA07toitav 
ix  Tijg  y€vvä(S€ioq  (so)  xai  XQOVixdv  (so)  €(f€^fjg  (TvXXiysiv  (so  nach  Bubnov) 
ix  dux^Qwv  xQovixiüv  T€  xal  tdTOQixfiv.    Dazu  hat  eine  spätere  Hand  ge- 
fügt:  avvoq  iativ  6  fi€Ta(pQd<ftrjg.    Der  auf  dem   Rücken  des  Einbandes 
aufgedruckte  Autorvermerk  stammt   natürUch   von  dem  Titel  auf  fol.  6, 
wie  auch  andere  Sammelhandschriften  auf  dem  Rücken  den  Namen  des 
Autors  tragen,  der  die  Sammlung  eröffiiet.     Es   folgt  fol.    13 — 18^  ein 
'    durch  Zierleisten  abgeschlossener  Text   über  den  Bau  der  Sophienkirche 
I    (vgl.  Paragraph  Eodinos  Anm.  5).    Dann  erst  folgt  auf  der  achtletzten 
Zeile  von  fol.  18^  mit  roter  Tinte  die  metrische  Überschrift:  ^Aqx^^  f^^v 
^Aiaik  lax^v  ßißXog   xai  räXog  ||   Ti  7COQ(pvQoyävvr]tov   svtrsßig  xgccrog.     Hier 
beginnt  die  grosse  anonyme  Chronik,   deren  Schlussteil  fälschlich  unter 
dem  Namen  des  Symeon  veröfifentlicht  worden  ist. 

Für  die  Untersuchung  und  Veröfifentlichung  der  Chronik,  mit  welcher 

wirklich  der  Name  des  Symeon  Magistros  und  Logothetes  verbunden 

ist,  kommen  folgende  Handschriften  und  Hilfsmittel  in  Betracht:  1.  Codex 

Messin.  85,  eine  gut  erhaltene,   schöne  Pergamenthandschrift  in  Quart, 

213  Blätter,  s.  12/13,  nur  die  Chronik  enthaltend.  Überschrift  und  Anfang 

lauten:    ^g  ttjv  xotTfionoitav  ix  trjg  yeväaewg  xal  ;f^o)'ixdi^  i^p^^fjg  (fvXXcykv 

naqd  avfxsdv  iiayidtQOv  xai  XoyoO-txov  ix  diafpogcov  xQovixcSv  re  xai  tatoqmv, 

Qsog  6  axQovog  tovSe  tov  xotffxov  tiqoxsqov  firj  vipeaxmTa  iv  XQ^^V  ^^Q^y^v 

ina(rfle  iv  agxfl  ovQavov  xs  xai  yrjv  •  (fvvvTräatrj   3^  tj  yrj  x6  xe  viwq  xcu 

t6  nvQ.    Am  Schlüsse  ist  die  Handschrift  verstümmelt.     Das  letzte,  nur 

noch  teilweise  lesbare  Blatt  schUesst  in  der  Regierung  Michaels  HI  und 

Theodoras  (842—856).     2.  Cod.  Venet.  Marc.  608,  s.  15,  enthält  fol.  1 

bis  284  eine  Chronik  mit  dem  Titel:  Svfiedv  iiayiaxQov  xai  Xoyo^äxov  XQ^ 

rixov  ifpe^rjg  avXeyhv  (so)    ix  SiafpoQcov  x^orixcov   xe  xai  laxoQidiv  ägxofJ^^vov 

ctTtd  'Ad all.    Die  Chronik  besteht  aus  drei  Teilen:  a.  Die  Geschichte  von 

Adam  bis  Cäsar  stimmt  mit  des  Nikephoros  P.  XqovoyQaipMov  trvvxofioVy 

ed.   C.  de  Boor  S.  81  S,    b.   Die   Geschichte  von  Cäsar  bis  Konstantinos 

Kopronymos  stimmt  mit  der  unerweiterten  Redaktion  einer  Epitome,  welche 

Patzig  als  Vorlage  des  Theodosios  Melitenos  und  des  erweiterten  (Muralf- 

ßchen)  Georgios  Monachos  vorausgesetzt  hat.     c.  Darauf  folgt  unter  der 

Überschrift:  ^E^  ixägag  taxoqiag  der  Schlussteil,   der  bis  auf  die  Zeit  des 

Kaisers  Michael  Dukas  (1071—1078)  reicht.^  Die  Schöpfungsgeschichte, 


1 


>)  Vgl.  E.  Patzig,  B.  Z,  3  (1894)  484, 
und  die  ausführliche  auf  Mitteilungen  von 


Jernstedt   beruhende  Beschreibung  bei  Y. 
Vasiljevskij,  Viz.  Vr.  2  (1895)  84  ff. 


360 


Byzaniinisohe  Litteratiir|^e0qhichte.    I.  Prpsfdflehe  Litteratnr. 


mit  welcher  der  Codex  Messin.  beginnt,  fehlt  hier.  3.  Cod.  Vindob. 
Supplem.  Kollar  126,  Papier,  s.  13,  enthält  fol.  40^ — 104  mitten  unter 
anderen  Texten  eine  Chronik,  deren  Titel  und  Anfangt)  lauten:  Svfism'og 
IxayiatQOV  xai  Xoyo^äxov  %qovix6v  ifpB^fjg  avlkey^v  ix  diag^oQcav  XQOVUtäv 
xal  tatOQixcSv.  'AqxV  i^^^  ^^^  aidfi.  USdfJL  yet'OfAevog  ixSv  cX  ysvv^  tiff 
€nlj&.  Das  am  Schlüsse  verstümmelte  Werk  reicht  bis  zum  Jahre  896.  1 
4.  Cod.  Vindob.  Suppl.  Kollar  127,  Papier,  s.  14,  ebenfalls  eine  Sammel-  i 
handschrift,  enthält  fol.  16 — 61  ein  Bruchstück  einer  Chronik  mit  folgendem 
Titel  und  Anfang*):  Big  rrjv  xocfionoiiav  ix  rijg  yeväaewg  xai  XQ^^^^ 
i(p€^^g  (fvXksy^v  naQce  <rvfX€(ovog  fxaytfftgov  xäi  Xoyod-erov  ix  diaqioqwv  x^ 
vixSv  xai  ttTTOQKov.  &€dg  6  axQOvog  TovSe  tov  xocfiov  TtQOTsgov  fir^  vfpBazäxa 
iv  XQ^'^V  Ttagaycov  inoirjaBv  iv  dqxfi  ovQavov  xal  yrjv.  Das  Werk  schliesst 
hier  schon  bei  Darius  I  mit  den  Worten  rtkovrov  3^  xal  Xa^vQcov  aneiqmv 
inXrjQiaxo.  5.  Cod.  Mosq.  Synod.  251  (406  bei  Vladimir),  Pergament, 
a.  1152,  enthält  fol.  205 — 207,  ein  Fragment  mit  dem  Titel  und  Anfang: 
Big  Ti/jv  xotTfioTTOitav  2vfA€(ov  Xoyod-STOV  ix  diaipoqoav  x^^nxcoi^  xal  t^xoqmv, 
&adg  axQOVog  lovds  %6v  xodfxov  firj  ttqotcqov  vips(S%STa  iv  XQ^'^V  ^^Q^f^v. 
Da  nun  aber  derselbe  Codex  fol.  1 — 204  eine  Geschichte  von  der  Schöpfung 
bis  auf  Romanos  11  (963)  enthält,  ist  zu  vermuten,  dass  fol.  205 — 207  an 
den  Anfang  der  Handschrift  gehören  und  das  Ganze  die  Chronik  des 
Symeon  mit  einer  Fortsetzung  darstellt.  6.  Codex  Escur.  Y.  L  4,  s.  16, 
enthält  fol.  1 — 230  nach  dem  Kataloge  von  E.  Miller  S.  184  die  „Histoire 
de  Simeon  Magister".  Nähere  Angaben  fehlen.  Vielleicht  ist  der  Codex 
eine  Abschrift  des  Codex  Messinensis.  7.  Codex  Paris.  1712  fol.  6—12% 
enthält  den  Titel  und  Anfang  der  Chronik  (s.  o.).  8.  Eine  slavische 
(mittelbulgarische)  Übersetzung  der  Chronik  „des  Metaphrasten  und 
Logotheten  Symeon"  steht  im  Codex  F  IV  Nr.  307  der  kaiserlichen 
öffentlichen  Bibliothek  zu  St.  Petersburg,  der  im  Jahre  1638  in 
Soßav  (Moldau- Walachei)  geschrieben  wurde.  Das  Werk  reicht  hier  bis 
zum  Tode  des  Romanos  Lakapenos  (948) ;  daran  reiht  sich  die  Fortsetzung 
„eines  anderen"  bis  zur  Thronbesteigung  des  Romanos  Diogenes  (1067). 
Die  Chronik  (bis  948)  stimmt  im  allgemeinen  mit  dem  Codex  Marc.  608, 
geht  aber  auf  einen  vollständigeren  und  besseren  Text  zurück,  als  er  im 
Marcianus  vorliegt.  Die  Fortsetzung  dagegen  (948 — 1067)  hat  nichts  zu 
thun  mit  der  ähnlichen  bis  1078  reichenden  Fortsetzung  des  Marcianus  608, 
sondern  erweist  sich  als  ein  Exzerpt  aus  Zonaras.  Von  einigen  anderen 
griechischen  Handschriften,  die  in  der  neueren  Litteratur  genannt  werden, 
ist  mir  nichts  Näheres  bekannt.  Combefis  sagt,  dass  noch  eine  zweite 
Pariser  Handschrift  (ausser  dem  Codex  1712)  die  Chronik  des  Symeon 
enthalte.  Montfaucon,  Bibliotheca  bibliothecarum  I  483,  nennt  ausser 
dem  Marcianus  608  noch  eine  zweite  Venezianer  Handschrift  aus 
dem  Jahre  1118  und  eine  Handschrift  im  Basiliuskloster  zu  Rom. 
Mit  Hilfe  der  genannten  griechischen  Handschriften  und  der  slavi- 
sehen   tJbersetzung    wird  sich   die   Chronik    des    Symeon,    die   bisher  ein 


0  Ad.  Fr.  Kollarii,  Ad  P.  Lambecii 
commentariorum  de  Augusta  Biblioth.  Caes. 
Vindob.    libros  YIII   sapplemeiitoruin    über 


primus,  Wien  1790  8.  729  ff. 
*)  Kollar  a.  a.  0.  S.  736  ff. 


2»  QMchiohtsohreiber  and  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  150)  361 

nemlich  verschwommener  Begriff  war,  so  vollständig  und  treu  herstellen 
.assen  wie  nur  irgend  ein  Werk  der  Gattung.  Unter  den  Quellen  des 
äymeon  sind  Theophanes  und  Georgios  Monachos  deutlich  bemerkbar. 
Symeon  selbst  hat  nicht  nur  für  die  erweiterte  Redaktion  des  Georgios 
Uonachos,  wie  sie  in  der  von  Muralt  wiedergegebenen  Moskauer  Hand- 
schrift vorliegt,  und  für  die  Fortsetzung  desselben  (842 — 948),  sondern 
auch  für  andere  spätere  Chronisten  als  direkte  Vorlage  gedient,  besonders 
fiir  Leon  Grammatikos,  der  von  Anfang  bis  Ende  mit  Symeon  über- 
einstimmt, für  Theodosios  Melitenos  und  für  die  von  B.  Hase  dem 
Polydeukes  zugeschriebene,  in  Wahrheit  anonyme  Chronik  des  Codex 
Yaticanus  163,  in  der  jedoch  auch  andere  Quellen  wie  Malalas  und 
Theophanes  benützt  sind.  Auch  für  die  von  Combefis  fälschlich  dem  Symeon 
zugeschriebene  Chronik  des  Codex  Paris.  1712  diente,  wie  es  scheint, 
der  echte  Symeon  als  Grundlage,  die  hier  aber  bis  zur  Unkenntlichkeit 
durch  Zusätze  verschüttet  wurde.  Namentlich  sind  hier  ausser  Symeon 
noch  Genesios,  die  Fortsetzung  des  Theophanes,  der  Scriptor 
Incertus  über  Leon  den  Armenier  (in  der  Bonner  Ausgabe  hinter  Leon 
Grammatikos  S.  335  ff.)  und  die  von  Niketas  dem  Paphlagonier  verfasste 
Biographie  des  Patriarchen  Ignatios  beigezogen  worden. 

1.  Ausgaben:  A.  Ediert  ist  nur  der  letzte  Teil  des  Pseudo-Sjmeon  ans  dem 
Cod.  Paris.  1712  von  Combefis  in  den  Script  eres  post  Theopbanem,  Paris  1685  S.  401 
bis  498.  —  Ohne  den  leisesten  Versuch  aus  anderen  Hss  Aufklärung  über  den  echten 
Symeon  zu  gewinnen  wiederholte  diesen  Text  (mit  einigen  Emendationen)  I.  Bekker  im 
Bonner  Corpus  nach  dem  Theophanes  continuatus,  Bonn  1838  S.  603 — 760.  —  Wiederholt 
bei  Migne,  Patr.  gr.  109,  66ö— 822.  —  Der  erste  Teil  des  Pseudo-Symeon  wurde 
analysiert  von  H.  Geizer,  Sextus  Julius  Africanus  II  1  (1885)  857 — 884;  vgl.  ebenda 
S.  280  f. 

B.  Der  echte  Symeon  ist  noch  nicht  ediert.  Doch  dient  als  vorläufiger  Ersatz  die 
Aasgabe  des  Leon  Grammatikos  (s.  §  150),  der  eine  ziemlich  getreue  Abschrift  oder 
Redaktion  des  Symeon  darstellt. 

2.  Hilfsmittel:  A.  Zum  Pseudo-Symeon :  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  7,  471  u.  684. 
—  Ernst  Ed.  Eunik,  Ueber  das  Verhältnis  des  Continuator  Theophanis  zu  dem  Symeon 
Logothetes  oder  Pseudometaphrastes  als  Anhang  bei  Phil.  Krug,  Forschungen  in  der  älteren 
Geschichte  Russlands  2  (Petersburg  1848)  785—807.  —  Theophilos  Joannu,  Myrj/uBTa 
aytoXayixdf  Venedig  1884,  UgoXoyo^  S.  11  ff.  (behauptet,  dass  der  Chronist  Symeon  nicht 
nur  mit  dem  Metaphrasten.  sondern  auch  mit  Niketas  Paphlagon  identisch  sei).  —  H. 
(jelzer  an  den  oben  angeführten  Stellen  und  Berliner  philol.  Wochenschrift  1891  Nr.  28 
S.  873.  —  J.  B.  Bury,  A  source  of  Symeon  Magister,  B.  Z.  1  (1892)  572—574  (macht 
IT  ahrscheinlich,  dass  eine  Personalbeschreibung  bei  Pseudo-Symeon  auf  ein  verlorenes  Stflck 
des  Scriptor  incertus  fiber  Leo  den  Armenier  oder  dessen  Quelle  zurückgeht).  —  Eine  auch 
für  Leon  Grammatikos  und  Theodosios  Melitenos  wichtige  Textverbesserung  (ayovgog  und 
ifilayovqog  statt  oyvgog  und  inidyovgog)  gibt  C.  de  Boor,  *Eniäyovgog9f  B.  Z.  2  (1898) 
297.  —  Hauptschrift:  F.  Hirsch,  Byzantinische  Studien  S.  52  f.;  303—355. 

B.  Der  echte  Symeon:  Ueber  die  Hss  vgl.  Fabricius,  BibL  gr.  ed.  Harl.  7, 
ill  f.;  684,  und:  F.  Hirsch.  Byzantinische  Studien  S.  304  f.  —  Ueber  den  Cod.  Marc.  608 
k-gL  E.  Patzig,  B.  Z.  3  (1894)  484  f.  --  Hauptschrift:  V.  Vasiljevskij,  Die  Chronik 
ies  Logotheten  im  Slavischen  und  Griechischen,  Viz.  Vr.  2  (1895)  78—  151.  Vgl.  den  aus- 
■Ährlichen  Bericht  von  E.  Kurtz,  B.  Z.  5  (1896)  203—210.  —  Vgl.  auch  die  S.  203  zitierte 
Schrift  von  Vasiljevskij  über  Symeon  Metaphrastes. 

3.  Briefe  des  Symeon  Magister  und  Logothetes  stehen  in  einem  Cod.  AngeL  (Rom), 
!er  S.  762  des  handschriftlichen  Katalogs  erwähnt  ist,  aber  bei  meiner  Anwesenheit  in 
ier  Bibliothek  nicht  gefunden  werden  konnte. 

160.  Leon  GhrammatikoB  {^sav  yQaiinaxiTioq)^  Theodosios  von  Meli- 
tene  {QeoSoaiog  6  MekiTrjvog),  Pseudo-Folydeukes.  Mit  diesen  Namen 
verbinden  sich  drei  Kompilationen,   die  eine  gemeinsame  Betrachtung  er- 


362  Byzanimische  Litteratnrgesohichte.    L  Prosaisolie  Llttoratar« 

heischen.     Wäre  nur  mit  einer  von  ihnen  der  Name  eines  Autors  über^ 
liefert,  so  würde  die  Litteraturgeschichte  einfach  von   dem  Werke  dal 
Leon  bzw.  des  Theodosios  oder  Pseudo-Polydeukes  und  seinen  Überarbei- 
tungen oder  Varianten  sprechen.   Immerhin  ist  es  aus  praktischen  6ründei|j 
angenehm,    dass   wir   mm    für  diese    drei   Chroniken  eine   verstSndlicliei 
Nomenklatur  besitzen.   Wie  bei  Georgios  Monachos,  so  ist  auch  hier  nicbt: 
nur  zwischen  den  Redaktionen,   sondern  auch  zwischen  den   einzehiei 
Handschriften   zu  unterscheiden,   wodurch  die  Erkenntnis  der  litterar- 
historischen  Thatsachen  noch  weiter  erschwert  wird.    Werke  dieser  Art' 
wurden  in  Byzanz  niemals  als   abgeschlossene  Monumente  von  litterari- 
scher Bedeutung  angesehen,  sondern  als  praktische  Hand-  und  Hausbücher, 
die  jeder  Besitzer  oder  Kopist  nach  Bedürfnis  und  Geschmack  exzerpierte, 
erweiterte   und  umarbeitete.     Die  litterarhistorischen  Begriffe   des  selb- 
ständigen Werkes,   der  Redaktion  und   der  blossen  handschrifi-i 
liehen  Differenz  fliessen  hier  vielfach  ineinander  über.  So  hat  z.  B.  Tafel i 
den  Leon  und  den  Theodosios  für  völlig  identisch,  für  „eine  und  dieselbe 
Person**   erklärt,  >)   die  nur  verschiedene  Namen  trüge,  eine  Auffassung, 
die  aber  doch  nicht  ganz  richtig  ist. 

Die  Chronik  des  Leon  Grammatikos,  die  im  Anfang  verstümmelt 
ist,  beginnt  mitten  im  Satze  mit  Reflexionen  über  den  Sündenfall;  darauf 
folgt  eine  Geschichte  Adams  bis  zur  Sintflut,  eine  Geschichte  der  Juden, 
der  babylonischen  und  persischen  Könige,  Alexanders  des  Grossen,  der  ' 
Ptolemäer  bis  auf  Kleopatra,  endlich  eine  Geschichte  der  römischen  und 
byzantinischen  Kaiser  bis  zum  Ende  des  Romanos  Lakapenos  (948).    Am 
Schlüsse  des  Werkes  findet  sich  im  Codex  Paris.  1711  die  Notiz,  die  G^ 
schichte  der  neuen  Kaiser  sei  von  dem  Grammatiker  Leon  im  Jahre 
1013    ergänzt   worden:    eTsXeioi&rj   rj   xdv   vecov   ßaailäcov   xitovoyqaq^a^ 
nXrjQiaO-eTaa   naqd  Aäovxog   yQafifxatixoVj   fiijvl  'lovXio^    ^Y^orj^   *ö?^5   ^^^  ' 
äyiov  fxeyaXov  fiaQtVQog  IlQOxomoVj   Mxovg    ,^(p^ct\   IvSiXTKovi   iviexazj]  (Ed. 
Bonn.  S.  331).   Man  sieht,  dass  Leon  sich  nicht  als  den  Verfasser,  sondern 
nur  als  den  Redakteur  eines  älteren  Werkes  bekennt;  dazu  stimmt  auch 
der  Ausdruck  t(ov  väiov  ßaaiXäwv;  ein  Autor,  der  im  Jahre  1013  schrieb, 
hätte    den  Romanos  Lakapenos   und  seine  Vorgänger  nicht  mit  diesem 
Attribut    bezeichnen    können.     Leon   hat    den  Titel   einfach   aus   seiner 
Vorlage  herübergenommen.     Diese  Vorlage  ist  allem  Anscheine  nach  die 
Chronik  des  Symeon  Magistros  und  Logothetes.    Die  Verwandtschaft, 
die  sowohl  Leon  als  Theodosios  und  Pseudo-Polydeukes  mit  dem  Muralt- 
schen   Georgios   Monachos   zeigen,   rührt   daher,    dass    der   ursprüngliche 
Georgios  eben   aus  der  Chronik  des  Logotheten  ergänzt  und  fortgesetzt 
worden  ist. 

Eng  verwandt  mit  Leon  Grammatikos  ist  die  unter  dem  Namen  des 
Theodosios  Melitenos  erhaltene  Chronik.  Auch  hier  haben  wir  zuerst 
dieselbe  Schöpfungsgeschichte,  die  bei  Leon  im  Anfange  verstümmelt  und 
bei  Pseudo-Polydeukes  voDständig  wiederkehrt,  dann  die  orientalische, 
römische  und  byzantinische  Geschichte  bis  zum  Jahre  948.     Der  Haupt- 


')  Münchener  Gelehrte  Anzeigen  1854,  2,  3  Cl.  S.  156. 


2.  GeBGhiohtschreiber  und  Chronkten.    B.  Glironisten.    (§  150)  363 

iterschied  des  Theodosios  (in  seiner  jetzigen  Überlieferung)  von  Leon 
'.steht  darin,  dass  bei  Theodosios  die  ganze  Partie  von  Cäsar  bis  auf 
iocletian  fehlt.  Ausserdem  fehlen  ihm  in  der  Geschichte  von  Konstantin 
»  ganze  Gruppen  charakteristischer  Angaben,  die  Leon  zum  Teil  mit 
edrenos  gemeinsam  hat.  Ln  grossen  und  ganzen  ist  auch  Theodosios 
chts  als  eine  mit  einem  selbständigen  Namen  versehene  Überarbeitung 
is  Logotheten. 

Unter  dem  Namen  des  Julies  Polydeukes  (lovXiog  UoXvdevxrfi)  ist 
ne  ^IctoQia  ifvaixrj  betitelte  Chronik  überliefert.  Allein  sowohl  der  Autor- 
ime  als  der  Titel  sind  mit  völliger  Sicherheit  als  eine  Fälschung  des 
riechischen  Kopisten  Andreas  Darmarios  erwiesen  worden,  der  das 
'erk  dreimal  kopierte.  Seine  Abschriften  (Codd.  Monac.  gr.  181,  Palat. 
*.  399,  Barbar,  gr.  I  56)  stanunen  direkt  oder  indirekt  aus  dem  noch 
haltenen  Cod.  Ambros.  D  34  sup.,  s.  10,  aus  welchem  Bianconi  das  Werk 
lerst  ediert  hat.  Der  ursprüngliche  Titel  lautete  wohl:  Eig  Tr]v  xoaiAo- 
mav  ix  ttjg  yeväaewg  xai  xQovixov  €(p€^rjg.  Die  Chronik  dieses  Pseudo- 
olydeukes  bricht  jetzt,  nachdem  die  Geschichte  der  Schöpfung,  der  Juden, 
abylonier,  Perser,  Alexanders  und  der  Ptolemäer,  endlich  in  inmier  aus- 
Ihrlicher  werdender  Darstellung  die  der  römischen  Kaiser  behandelt  ist, 
litten  in  der  Regierung  des  Kaisers  Valens  (377  n.  Chr.)  ab;  ursprünglich 
her  hat  sie,  wie  sich  aus  der  Analogie  ähnlicher  Werke  und  aus  den 
enützten  Quellen  mit  grösster  Wahrscheinlichkeit  schliessen  lässt,  viel 
mtev,  jedenfalls  tief  in  die  byzantinische  Zeit  hinein,  gereicht.  Sie  stimmt 
Q  der  vorchristlichen  Zeit  im  grossen  und  ganzen  mit  Leon  Gram- 
natikos  und  Theodosios  Melitenos  überein,  obwohl  auch  in  diesem 
Lbschnitte  schon  recht  erhebliche  Abweichungen  vorkommen;  u.  a.  unter- 
cheidet  sie  sich  von  Leon  und  Theodosios  dadurch,  dass  sie  für  die  pro- 
änen  Königsreihen  der  vorchristlichen  Zeit  das  845  entstandene,  von  A. 
[ai  edierte  XgovoyQaipeTov  cvvrofxov  verwertete.  Vollständig  aber  hört  die 
Übereinstimmung  auf  mit  der  Eroberung  Ägyptens  durch  die  Römer;  von 
iesem  Zeitpunkte  an  ist  die  Quelle  des  Pseudo-Polydeukes  grösstenteils 
es  Eusebios  Kirchengeschichte,  teils  direkt,  teils  durch  Vermittlung  der 
Irzählung  des  Mönches  Alexander  über  die  Kreuzauffindung,  die  voU- 
tändig  aufgenommen  ist;  ausserdem  benützte  der  Verfasser  den  Sozomenos 
nd  eine  Epitome  aus  der  Historia  tripertita  des  Theodoros  Anagnostes, 
ie  auch  bei  anderen  Chronisten  wiederkehrt,  aber  nirgends  so  ausführ- 
ch  und  reinlich  vorliegt  wie  hier.  Enger  verwandt  mit  Leon  und  Theo- 
osios  ist  die  im  Cod.  Vatic.  gr.  163  erhaltene  anonyme  Chronik,  die 
lan  früher,  durch  eine  ungenaue  Notiz  B.  Hases  irregeleitet,  für  ein 
ollständigeres  Exemplar  des  Pseudo-Polydeukes  hielt;  sie  bricht  im  Vati- 
anus, dessen  Vorlage  am  Schlüsse  beschädigt  war,  in  der  Regierung  des 
[aisers  Romanos  11  (959 — 963)  mitten  im  Satze  ab,  hat  aber  wahrschein- 
ch  nicht  weiter  gereicht  und  ist  wohl  gegen  das  Ende  des  10.  Jahr- 
underts  abgefasst  worden.  Eine  Eigentümlichkeit  dieser  Chronik  ist, 
ass  sie  öfter  bei  sonstiger  Übereinstimmung  mit  Leon  und  Theodosios 
utomamen  zitiert,  welche  bei  jenen  fehlen.  Auch  aus  anderen  Beobach- 
mgen  wird  ersichtlich,  dass  der  Autor  des  Vaticanus  nicht  aus  Leon  und 


364  Byzantinisohe  Litteratorgeaohiohte.    I.  Prosaisehe  Litteratnr. 

Theodosios  schöpfte,  sondern  selbständig  dieselbe  Quelle,  nämlich  die  Chroi 
des  Symeon,  verarbeitete  wie   jene.     Eine  ihm  eigentümliche  römiscl 
Eönigsgeschichte  weist  deutlich  auf  den  litterarischen  Kreis  des  Mal) 
hin.    In   der  Eaiserzeit  geht  der  Vaticanus  zum  grössten  Teil  mit  L< 
und  Theodosios ;  aber  auch  hier  fehlt  es  nicht  an  erheblichen  Abweichung! 
Durch  Überlieferung  grösserer  Stücke  des  Theophanes,  die  dem  Leon  und] 
Theodosios  fehlen,  verspricht  die  Chronik  auch  für  die  Textkritik   dieseij 
Autors  wichtig  zu  werden.     Eine  erschöpfende  Kollation  des  Codex  Vati- 
canus 163  mit  dem  gedruckten  Texte  des  Leon,  Theodosios  und  Pseudo-I 
Polydeukes  wird  noch  vermisst.     Pseudo-Polydeukes,    Theodosios,    Leoa 
Oranmiatikos  und  Symeon  sind   für  uns  von  Wert  durch  die  Erhaltung 
wichtiger  alter  Reste,  bes.  des  Sextus  Julius  Afiricanus. 

1.  Ausgaben:  Leon  Grammatikos.  Den  SchlussteU  (813 — 948)  edierte  zaent 
Combefis  in  der  Pariser  Sammlung  hinter  dem  Theophanes  1655.  —  Wiederholt  Venedig 
1729.  —  Dann  gab  den  früheren  Teil  der  Chronik  J.  A.  Gramer,  Anecdota  Parisina  i 
(1839)  243—379.  —  Beide  Teile  vereinigte  I.  Bekker  im  Bonner  Corpus  als:  Leo  gram- 
maticus,  Bonn  1842.  Der  Text  ist  hier  wenig  gefördert  und  es  ist  sogar  übersehen,  daas 
Ign.  Hardt  schon  früher  eine  reiche  Variantensammlung  zu  Leon  veröffentlicht  hatte  (im 
Neuen  literar.  Anzeiger  3.  Jahrg.  1.  Hälfte,  Tübingen  1808  S.  61 — 389);  auch  die  Ausgabe 
des  Julius  Pollux  von  Ign.  Hardt,  woraus  der  Anfang  des  Leon  hätte  ergänzt  werden 
können,  ist  von  Bekker  ignoriert.  —  Ausführliche  Rezension  der  Ausgabe  Bekkers  von 
L.  Tafel,  Gelehrte  Anzeigen  derbayer.  Akad.  1854,  Juli-Dezember,  histor.  Classe  S.  150—183. 
—  Bekkers  Text  ist  wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  108,  1037—1164.  \ 

Theodosios  von  Melitene:  Ed.  pr.  L.  Tafel  in  den  Monumenta  saecularia,  her- 
ausgeg.  von  der  k.  bayer.  Akad.  der  Wissenschaften  IIT.  Classe,  1.  Teil,  Monachii  1859.  — 
Ein  Stück  hatte  schon  Martin  Crusius  aus  demselben  Münchener  Codex,  den  Tafel  be- 
nützte, ediert  in:  Aethiopicae  Heliodori  historiae  epitome,  Francofurti  1584  S.  359—375 
(Nuptiae  im  per.  Theophili  Const.  anno  Chr.  830  e  chronico  ms  Oeodociov  xov  MeXititt^w, 
quod  a.  1578  Steph.  Gerlachius  ex  iUa  urbe  l^bingam  attuüt). 

Pseudo-Polydeukes:  Ed.  pr.  Anonymi  scriptoris  historia  sacra  ab  orbe  oondito  ad 
Valentinianum  et  Valentem  impp.  e  veteri  codice  Graeco  descripta  J.  B.  Bianconi  etc. 
latine  vertit  et  nonnulla  annotavit,  Bononiae  1779  (aus  einem  Mailänder  Codex  ohne  weitere 
Hilfsmittel  und  ohne  Berücksichtigung  der  verwandten  Autoren).  —  Nach  der  Mflnchener 
Handschrift  edierte  das  Werk  ohne  Kenntnis  von  der  Ausgabe  des  Bologneser  Professors 
der  Bibliothekar  Ign.  Hardt:  ^lovXioif  HoXvdevxovs  UftoQia  <pv<fi,xij.  Julii  Pollucis  historia 
physica  seu  chronicon  ab  origine  mundi  usque  ad  Valentis  tempora.  Nunc  pr.  ed.  ab 
I.  H.  Monachii  et  Lipsiae  1792.  Hardt  verglich  den  Theodosios  Melitenos,  Kedrenoe, 
Malalas  und  andere  Chronisten  zur  Feststellung  des  Textes,  that  also  schon  mehr  als  später 
Bekker  für  seinen  Leo  Grammaticus.  —  Julii  Pollucis  historia  physica  et  chronicon  a 
J.  B.  Bianconio  e  codice  Mediolanensi  axetpaktf)  primum  descripta,  nunc  e  codice  Bavarico 
aucta  et  emendata  op.  Ph.  Schiasii,  Bononiae  1795. 

2.  Hilfsmittel:  E.  Patzig,  Leo  Grammaticus  und  seine  Sippe,  B.  Z.  3  (1894) 
470—497.  —  Th.  Büttner-Wobst,  Studia  Byzantina,  pars  I,  Progr.  Dresden  1890  (bes. 
über  das  Verhältnis  des  Leon  Grammatikos  zu  Kedrenos).  —  L.  Tafel,  De  Theodosio 
Meliteno,  Tubingae  1828.  —  Birkenmeier,  Ueber  Julius  Pollux  und  sein  Geschichtswerk, 
Donaueschinger  Gymnasialpr.,  Rastatt  1861  (völlig  wertlose  Inhaltsangabe  nach  der  Aus- 
gabe von  Hardt).  —  Ueber  das  xQo^oy9^9^^^^*^  avytofAoy  als  Quelle  des  Pollux  s.  H.  Geizer, 
Sextus  Julius  Africanus  II  1,  329—345;  vgl.  ebenda  I  57  ff.  —  Th.  Preger,  Der  Chronist 
Julies  Polydeukes.  Eine  Titelfälschung  des  Andreas  Darmarios,  B.  Z.  1  (1892)  50—54.  - 
K.  Krumbacher,  Noch  einmal  Julies  Polydeukes,  B.  Z.  1  (1892)  342  f.  —  C.  de  Boor, 
Zur  Chronik  des  Pseudo-Polydeukes,  B.  Z.  2  (1893)  563-568.  Auf  die  Verschiedenheit 
des  Vaticanus  163  von  Pseudo-Polydeukes  hatte  C.  de  Boor  schon  in  «Texte  und  Unter- 
suchungen zur  Geschichte  der  altchristlichen  Litteratur*"  V  (1889)  2  S.  182  Anm.  1  auf- 
merksam gemacht.  —  K.  Prächter,  Die  römische  Eaisergeschichte  bis  auf  Diokletian  im 
Cod.  Paris.  1712  und  Cod.  Vatic.  163,  B.  Z.  5  (1896).  -  Hauptschrift:  F.  Hirsch, 
Byzantinische  Studien  S.  89—115.  —  Dazu  die  zu  §  149  angeführte  Litteratur. 

3.  Der  falsche  Kyrillos:  In  den  Zusammenhang  der  obigen  Darlegungen  gehört 
wahrscheinlich  auch  eine  Chronik,  die  von  irgend  einem  Taugenichts  mit  dem  glänzenden 
Namen  des  Erzbischofs  Eyrillosvon  Alexandria  geschmückt  worden  ist.     Sie  steht 


2.  Oesohiolttsolireiber  und  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  151)  365 

in  Cod.  Matrii  120,  s.  16/17,  und  mit  einer  lateinischen  üebersetzung  verseben,  in  dem 
TOD  einer  spanischen  Hand  des  17.  Jahrhunderts  geschriebenen  Cod.  Matrit.  91.  Vgl. 
[o.  Iriarte,  Regiae  bibl.  Matrit.  Codices  gr.,  Madrid  1769  S.  479  f.;  364  ff.  Das  Werkchen 
«icht  in  diesen  Uss  von  Adam  bis  anf  den  Tod  des  Konstantin  Porphyrogennetos 
959).  Die  üeberschrift  lautet:  Tov  iv  dyioig  nargog  fjfxöiy  KvqLXXov  aq^^'^^i^^onov  *AXb' 
av^Qslttg  ][QoyayQaq>ix6y  avvtofxov ,  ottsq  vno  diaipoQüjy  hrogixcSy  cvysXi^ato,  Darauf 
ilgt  als  eine  Art  Motto :  Jtixog  taf4ßog  .  Jqofjioy  xQoytrXoy  i^  'J&diLi  avkkafißdytay.  Anfang 
er  Chronik:  '0  (niy  ovy  'Adctfi,  fABtd  j6  dxßXtj^yai  tov  naQadeiaov  *  rt^yi-xavia  ydg  ap/e- 
flci  17  YQoyoyQatpia.  Schluss:  f4oyoxQaTtoy  di  hrj  u,  cJc  biyai  ndyja  xQoyoy  r^g  aviov 
aviXuag  htj  myrfjxoyja  xai  neyte.  Am  Schlüsse  der  Geschichte  des  Maurikios  ist  wie 
1  anderen  Chroniken  z.  B.  bei  Kedrenos  I  707,  14  ff.  ed.  Bonn,  das  berQhmte  Grabepigramm 
of  die  Familie  des  Kaisers  eingeschoben.  Vgl.  §  100  Anm.  5.  Eine  kurze  Stelle  Ober 
ien  Tod  des  Kaisers  Heraklios,  die  Iriarte  S.  366  anführt,  stimmt  wörtlich  mit  Leon  Gram- 
oatikos  155,  6—8  ed.  Bonn,  und  Kedrenos  I  752,  18—19  ed.  Bonn.  Dieselbe  Chronik 
ewahrt  der  von  Andreas  Darmarios  geschriebene  Cod.  August.  243.  Mit  diesem  Werke 
st  vielleicht  identisch  die  von  der  Erschaffung  der  Welt  bis  auf  Konstantin  Porphyro- 
gennetos reichende  Chronik,  die  der  Cod.  Vindob.  bist.  gr.  124  (Nessel)  unter  dem  Namen 
les  Georgios  Pisides  und  des  Mönches  Kyrillos  enthält  Vgl.  Fabricius,  Bibl.gr. 
^.  Harl.  7,  472  ff.  Dass  hier  Georgios  Pisides  in  Verbindung  mit  Kyrillos  genannt 
rird,  steht  vielleicht  in  irgend  einem  Zusammenhange  damit,  dass  Kyrillos  in  manchen 
Iss  als  Autor  des  dem  Pisides  gehörigen  Hexameron  erscheint;  vgl.  §  Pisides  Anm.  4. 
iline  definitive  Entscheidung  der  Frage,  ob  die  beiden  Werke  wirklich  identisch  sind  und 
?elcbe  Bewandtnis  es  mit  ihnen  hat,  wäre  recht  erwünscht,  damit  endlich  einmal  der 
Chronist  Kyrillos,  der  wohl  schon  manchen  Fachgenossen  vexiert  hat,  aus  der  Welt 
geschafft  werde.    Vgl.  A.  Wirth,  Chronographische  Späne,  Frankfurt  a.  M.  1894  S.  57  ff. 

151.  Johannes  Skylitzes  (Iwdwrfi  6  2xidiT^f]g)  war  ein  Mann  in  an- 
sehnlicher Stellung;  auf  dem  Titel  seines  Werkes  wird  er  als  Europalates 
and  Drungarios  der  Leibwache  bezeichnet;  Kedrenos  nennt  ihn  in  seiner 
V^orrede  Protovestiarios  und  &Q(^xijaiog,  womit  wohl  seine  Herkunft  aus 
dem  Thema  Thrakesion  in  Kleinasien  bezeichnet  werden  soll.  Seine  Zeit 
lässt  sich  ziemlich  genau  bestimmen.  In  der  Vorrede  nennt  er  sich  einen 
Zeitgenossen  des  Michael  PseDos  (c.  1018 — c.  1079),  sein  Werk  reicht  bis 
1079  und  einige  seiner  juridischen  Schriften  sind  an  Kaiser  Alexios  Kom- 
nenos  gerichtet;  daraus  ergibt  sich  mit  Sicherheit,  dass  er  in  der  zweiten 
Hälfte  des  11.  Jahrhunderts  schrieb  und  dass  er  das  Jahr  1081  noch 
einige  Zeit  überlebte.  Die  Chronik  des  Johannes  Skylitzes  umfasst 
üe  Zeit  von  der  Erhebung  Michaels  I  Rangabes  bis  in  die  Re- 
gierung des  Nikephoros  Botaneiates  d.  h.  von  811 — 1079.  In 
nner  Wiener  Handschrift  soll  dem  Titel  zufolge  das  Werk  bis  zum  Re- 
perungsantritt  des  Alexios  Komnenos  (1081)  reichen.  Nach  einer  bisher 
lügemein  herrschenden  Ansicht  hat  Skylitzes  zwei  Redaktionen  seiner 
Arbeit  veranstaltet;  in  der  früheren  reichte  das  Werk  angeblich  von 
Jll— 1057  (bis  auf  Isaak  Komnenos),  in  der  späteren  soll  er  dasselbe  bis 
1079  (1081)  fortgeführt  haben.  Diese  Annahme  stützte  sich  auf  die  Thatsache, 
iass  Kedrenos  die  Chronik  des  Skylitzes  nur  bis  zum  Jahre  1057  in  die 
»einige  aufnahm.  Doch  genügt  das  Argument  nicht;  Kedrenos  geht  in 
meinem  Werke  überhaupt  nur  bis  zu  diesem  Jahre;  hätte  er  es  weiter- 
lihren  wollen,  so  konnte  er  statt  aus  Skylitzes  aus  anderen  QueUen  schöpfen, 
luch  der  Umstand,  dass  Theodoros  Gazes  in  seiner  Schrift  „Über  den 
Trsprung  der  Türken** ')  bemerkt,  Skylitzes  schliesse  mit  Isaak  Komnenos, 
>eweist  zu  wenig,  denn  wahrscheinlich  hat  auch  er  nur  den  Kedrenos  vor 


«)  Ed.  von  Leon  Allatius  SvfAfjttxra  II  373  ff.  Dann  bei  Migne,  Patr.  gr.  161,  997-1006, 


366 


Bysantinisohe  Litteratargesohichte.    L  Prosaische  Littsraiiir« 


sich  gehabt  und  wurde  hiedurch  ebenso  irre  geleitet  wie  die  neueren  j' 
Forscher.  Eine  Entscheidung  der  Frage  ist  nur  von  einer  genaueren 
Untersuchung  der  Handschriften  zu  erwarten.*)  Das  Werk  des  Skylitzes 
ist  ähnlich  wie  die  früheren  Chroniken  eine  byzantinische  Kai  ser- 
geschichte, d.  h.  es  ist  nach  den  Regierungen  der  einzelnen  Kaiser 
geordnet,  deren  jede  einen  besonderen  Abschnitt  bildet,  eine  Einteilung, 
die  bei  Kedrenos  verwischt  ist.  Ferner  ist  sein  Werk  ebenfalls  eine 
Fortsetzung  des  Theophanes,  ein  deutlicher  Beweis  des  Ansehens, 
das  diese  Chronik  in  den  folgenden  Jahrhunderten  genoss.  Zwar  ist  die 
Angabe  des  Verfassers,  er  schliesse  an  Theophanes  an,  nicht  ganz  wört- 
lich zu  nehmen;  denn  er  beginnt  etwa  2  Jahre  vor  dem  Zeitpunkte,  mit 
welchem  Theophanes  endete;  doch  behandelt  Skylitzes  diese  Zeit,  nämlich 
die  Geschichte  Michaels  I,  nur  ganz  kurz,  er  gibt  sie  nur  als  Einleitung 
zum  eigentlichen  Anfang,  der  Geschichte  Leos  V,  des  Armeniers.  Als 
Fortsetzung  des  Theophanes  wird  Skylitzes  schon  von  Glykas*)  ausdrück- 
lich bezeichnet. 

Litterarhistorisch  höchst  interessant  sind  die  Bemerkungen,  welche 
Skylitzes  seinem  Werke  vorausschickt.  Sie  zeigen,  dass  selbst  bei  einem 
der  trockenen  und  angeblich  völlig  stumpfsinnigen  byzantinischen  Chronisten 
ein  lebhaftes  Interesse  für  die  Geschichte  und  ein  ziemlich  klares  Bewusst- 
sein  über  Ziel  und  Zweck  seiner  Arbeit,  über  die  Benützung  von  Quellen 
und  über  die  Bedürfnisse  seiner  Zeit  vorhanden  war.  Skylitzes  gibt  in 
seiner  Vorrede  eine  Übersicht  der  Bücher,  aus  welchen  man  sich  bisher 
über  byzantinische  Geschichte  unterrichten  konnte.  Für  die  frühere  Zeit 
gebe  es  ein  treffliches  Handbuch,  das  von  Georgios  Synkellos  begonnene 
und  von  Theophanes  fortgesetzte  Geschichtswerk.  Leider  aber  habe  nach 
diesen  kein  anderer  eine  ähnliche  Arbeit  unternommen.  Die  vorhandenen 
Werke  seien  teils  zu  kurz  und  zu  ungründlich,  wie  das  seines  Zeitgenossen 
Psellos,  teils  seien  es  Monographien,  wie  das  Werk  des  Genesios,  des 
Leon  Diakonos  u.  s.  w.  In  diesen  seien  nur  einzelne  Abschnitte  und 
auch  diese  meist  parteiisch  und  tendenziös  dargestellt,  so  dass  der  Leser 
oft  in  Verwirrung  gerate.  Daher  habe  er  sich  zur  Aufgabe  gemacht, 
mit  Benützung  sowohl  dieser  früheren  Arbeiten  als  auch  mündlicher,  von 
älteren  Männern  ihm  zugegangener  Berichte  ein  zusammenfassendes  Hand- 
buch der  Geschichte  zu  schreiben,  in  welchem  die  parteiischen  Angaben 
weggelassen,  die  Widersprüche  der  früheren  Berichte  ausgeglichen  und 
eine  bequeme,  kurze  Darstellung  der  wichtigsten  Ereignisse  gegeben  werde. 
Freilich  werden  die  Erwartungen,  welche  man  nach  diesen  Worten  hegt, 
nur  zum  Teil  erfüllt;  der  Wille  und  das  Selbstbewusstsein  des  Chronisten 
waren  stärker  als  seine  Kraft  und  seine  Mittel.  Wegen  der  grossen 
Wichtigkeit  der  litterarischen  Vorbemerkung  des  Skylitzes,  der  in  der 
ganzen  byzantinischen  Geschichtslitteratur  nichts  Gleiches  zur  Seite  steht, 
soll  hier  der  Text  bis  zu  der  Stelle,  wo  der  Verfasser  von  seinen  eigenen 
Grundsätzen  zu  sprechen  beginnt,  wörtlich  mitgeteilt  werden:   T^v  imTOfirjv 


')  Vgl.  Joh.  Seger,  Nikephoros  Bryen- 
nios,  München  1888  S.  39.  Hier  sei  noch 
notiert,  dass  das  Werk  des  Skylitzes  im  C  od. 


Marc.  605,  fol.  1—261,   nur  his  Kedrenos 
ed.  Bonn.  II  573,  18  {eis  tovto)  reicht 
«)  Ed.  Bonn.  S.  457,  17  ff. 


2.  GeBchiohtBohreiber  und  Chronist^ii.    B.  Chronisten.    (§  151)  367 

r^g  lifTOQtag  aQMSxa  /netd  rovg  naXaiovg  ingayfiarevaarto  TtQWTOv  fdv  6 
oi'ccxog  rBfOQyioq  xal  (ftyxeXXog  XQ'qiiaxiaag  Tagatfiov  tov  äynaTaxov 
ccTQiaQxoVj  IAB%*  ixsTvov  d^  6  ofioloyrjrrjg  &€0^dvrjg  xal  tov  'Ayqov  ijyoi;- 
^ro$,  inustaTixdtSQOv  rag  tcTOQixdg  eTudgafxovTeg  ßißXovg  xal  cwoiptcavteg 
oytp  für  dffeXet  xal  dn€Qi6Qy((i^  ^livov  ovj(l  3h  xfjg  ovaiag  avtrjg  i(pan%ofitv(f 
ctfv  n€nQayfAäv<ov  .  dXX*  6  fihv  reoiqyiog  dno  xataßoXrjg  aQ^afisvog  xoa/nov 
'g  Tovg  tvQawovg  xcrtäXrj^ey  Ma^ifjiiavov  ffrjfii  xal  tov  zovtov  vtov  Ma^ipTvor 
Ma^ävtiov  Montfaucon)  •  o  rf^  Oeo^dvrjg  rd  dxeivov  täXog  olxs(av  aQxrjv 
Toirjtrdfjisvog  xal  ttjv  iniXoinov  cvvts^wv  %QovoyQa<p(av  xal  elg  trjv  xsXsvxr^v 
:ov  ßaCiXäwg  NixrjifOQOV  tov  dno  yevixwv  xaTavTijaag  icTtj  tou  igdfiov  .  fierd 
U  TOVTOv  ovSsig  dXXog  inädwxev  iavTov  r^7  TOiovTfp  CTtovidafiaxi  .  in€%€(' 
iTjCctv  fjUv  ydg  rirfg,  ofov  6  2ix€Xi(0Trjg  itidaxaXog  xal  6  xad-*  r^fxag 
jTTaxog  Tmv  ifiXoa6(f(ov  xal  vTiägTiftog  6  ^eXXog,  xal  nqog  Tovxoig  ixegoi  ' 
iXXd  ndgeqyov  dipdfievoi  tov  igyov  Ttjg  ts  dxQißefag  ixjienTdxaai,  j  xd 
iXsTaxa  xdv  xaiQiwxäQfov  nagärxeg,  xal  dvovrjxoi  xoig  (i€x*  avxovg  ysyovaaiv^ 
inaQtv^fjirjifiV  fxovov  noirjtfdfievoi,  xäv  ßaaiXäcov  xal  diSd^avxeg^  xig  fiexd  xiva 
rcüv  (fxijnxQwv  yäyovsv  iyxqaxrjg^  xal  nXetov  ovSäv ,  dXXd  xal  xavxa  ovx  €(fxo~ 
laanävmg  avyyQaipdficvoi  MßXaipav  xovg  ivxvyxdvovxag^  ovx  (o(päXrfiav  .  6  ydg 
da^vondxrig  OeoicoQog^  Nixrjxag  6  Ua^Xayiov^  ^I(ocrjg>  reväatog 
tal  MavovTJX  ot  Bv^dvxivoi,  Nixrj^oQog  6  Stdxovog  o  ^QV^^  6  Idtfivog 
Aä(ov  (d.  h.  Leon  Diakonos),  &€(dwQog  6  xrjg  2iir]g  yevofievog  nQoedQog 
xal  6  xovxov  dvetpiog  xal  o^dw^og  6  xijg  iv  Seßaffxsitf  xa^rjytjtfdfievog 
iitxXrfliag^  xal  o  inl  xovx(f  JrjfiijxQiog  6  xrjg  Kv^Cxov  xal  6  fiovaxog 
'ImdvvTjg  6  AvSog^  otxetav  i'xaaxog  vno&saiv  TiQoaxrjcdfAcvogj  6  fihv  Mnaivov 
ßaCiXsfog^  6  Sh  tpoyov  naxqtdqxov^  ixcQog  Sh  (ptXov  iyxoifjuov,  xal  iv  iaxoqiag 
ax>]fi€txi  xov  iavxov  ixatfxog  dnonXrjQOvvxeg  axonov^  noQQO}  xrjg  xßv  elgr^ 
fisvüDV  dvSQWV  nenxiixatsi  3iavo(ag .  dnoxdSrjv  ydq  xd  xaxd  xovg  avxäv  XQovovg 
avvsrexd-svxa  xal  fÄixQOV  avcod-ev  ttfxoQixwg  (fvyyQatpdficvoi,  xal  6  fihv  (fvfi' 
Tia&wg  o  ih  dvxmad'wg^  6  dh  xal  xaxd  x^Q^'^9  aXXog  ih  xal  dg  TtQOCexaxaxxOj 
xijv  iavxov  cvv&€ig  taxoqiav  xal  nqog  dXXriXovg  iv  rjj  xwv  avx&v  diprjyrjaci 
Sia^CQOfASvoi  tXiyyov  xal  xaQaxrjg  «"01)$  dxQoaxdg  ifinenXrjxatSiv. 

Was  die  Quellen  des  Skylitzes  betrifft,  so  hat  er  für  die  Geschichte 
der  byzantinischen  Kaiser  von  der  Thronbesteigung  Leos  V  bis  zum  Sturze 
Romanos  I  vornehmlich  die  Fortsetzung  des  Theophanes  benützt, 
daneben  zu  Anfang  für  die  Geschichte  Leos  V  und  für  die  Michaels  DI 
an  einigen  SteUen  Genesios,  nachher  für  die  Geschichte  der  Minderjährig- 
keit des  Konstantin  Porphyrogennetos  und  der  Regierung  Romanos  I  ein- 
mal den  Leon  Diakonos,  an  anderen  Stellen  eine  uns  unbekannte  Quelle, 
welche  einen  dem  Kaiser  feindlichen  Parteistandpui^kt  verrät.  Die  Ge- 
schichte der  Alleinherrschaft  des  Konstantin  Porphyrogennetos  und  Roma- 
nos n  ist  von  der  Fortsetzung  des  Theophanes  ganz  unabhängig  und  eben- 
falls auf  keine  bestimmte  Quelle  zurückzuführen.  Für  die  Zeit  von  Isaak 
Komnenos  an  benützte  er  das  Werk  des  Michael  Attaleiates.  Skylitzes 
selbst  wurde  Quelle  für  die  späteren  Chronisten,  besonders  fürKedrenos, 
der  ihn  fast  ganz  in  sein  Werk  aufnahm. 

1.  Ausgaben:  Der  yollständige  Text  ist  bisher  nur  in  einer  jener  lateinischen 
jebersetzungen  gedruckt,  wie  sie  im  16.  Jahrb.  ohne  Rücksicht  auf  die  phUologischen  und> 


368  Bysantiniaohe  LitteratargOBchiolite.    L  Proaaisehe  Litteratnr. 

litterarhiBtorischen   Bedürfnisse  nur  zam  Zweck  historischer  Belehrung  von   den  meiste 
byzantinischen  Historikern  veranstaltet  worden:    Historiarum  compendium,   qaod  .  .  . 
Joanne  Curopalate  Scillizae  (!)....  conscriptum  et  nunc  recens  a  Joanne  Baptista  Gabti 
e  Graeco  in  Latinum  conversum,  Venetiis  1570.  —  £ine  vollständige  Ausgabe  des  griechii 
sehen  Textes  wurde  für  überflüssig  erachtet,  weil  der  grösste  TeU  des  Werkes  fast  miver«:] 
ändert  in   der  Chronik   des  Eedrenos  wiederkehrt.     Die    Vorrede   des  Skylitzes   ed.  pr^ 
Montfaucon,  Bibliotheca  Coisliniana  S.  206  ff.  und  darnach  1.  Bekker  in  seiner  Ausgai 
des  Kedrenos  1  S.  3  ff.  —  Der  letzte  Teil  des  Skylitzes  (1057  —  1079),    welchen  Eedrei 
nicht  mehr  aufgenommen  hat,  wurde  im  Pariser  Corpus  als  Anhang  des  Kedrenos  heraus« 
gegeben  vol.  2  (1647)  807—868.  —  Damach  im  Venezianer  Abdruck  1729.  —  Wiederhol 
von  I.  Bekker  mit  Kedrenos,  Bonn  1838—39,  vol.  2,  641—744.  —  Wiederholt  bei  Mignej 
Patr.  gr.  122,  368—476.   —  Eine  vollständige  kritische  Ausgabe  des  griechischen  Textetj 
wird  von  Job.   Seger,    für  die  Bibliotheca  Teubneriana  vorbereitet.     Möge  sie   noch  in 
diesem  Jahrhundert  das  Licht  der  Welt  erblicken! 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  BibL  gr.  ed.  HarL  7,  722  ff.   —   Hauptschrift:  R. 
Hirsch,  Byzantinische  Studien  S.  356  ff.  —  S.  Röckl,  Blätter  für  das  bayer.  Gymnasial-' 
Schulwesen  20  (1884)  277—282.   —  Zur  stofflichen  Erläuterung  und  Kritik:  J.  B.  Bury, 
Roman  emperors  from  Basil  U  to  Isaac  EomnenoS;  The  English  bist,  review  4  (1889)  41' 
bis  64;  251—285.   —   Lothar  von  Heinemann,  Geschichte   der  Normannen   in  unter-. 
Italien   und  Sicilien  bis  zum  Aussterben   des  normanischen  EOnigshauses.     1.  Bd,   Leipzig 
1894.   —   G.   Wartenberg,  Berichtigung  einer  Angabe   des  Skylitzes  über  Nikephoros 
Phokas,  B.  Z.  4  (1895)  478-480.  —  Zur  Ueberlieferung:   L.  Mabillis,  Zwei  Wiener 
Hss  des  Johannes  Skylitzes,   Diss.,   Breslau  1890.     Vgl.  die  Besprechung  von  P.  Bezo- 
brazov,  Journ.  Min.  1891,  Bd  278,  Novemberheft  S.  230—236. 

3.  Beachtenswert  ist  das  schöne,  von  Skylitzes  in  seine  Geschichte  aufgenommene 
Grabepigramm  auf  Nikephoros  Phokas  von  Johannes,  Metropoliten  von  Me- 
litene.  Ed.  Bonn.  2,  378.  Auch  im  Eonimentar  zu  Leon  Diakonos  ed.  Bonn.  S.  453.  Das- 
selbe ist  auch,  mit  allerlei  Varianten,  selbständig  überliefert,  z.  B.  im  Cod.  Vat.  Regio. 
Suec.  166  s.  14-15  foL  212.  Vgl.  V.  Vasiljevskij,  Journ.  Min,  1876  Bd  184  Märzh. 
S.  169.  —  Im  Cod.  Vatic.  Ottob.  361  s.  15  fol.  168^—169  folgen  auf  das  Werk  des 
Skylitzes  Verse  auf  Theophano,  die  Gemahlin  des  Nikephoros  Phokas,  Ober  die  mir 
nichts  als  die  Notiz  im  Eatalog  der  Codices  Ottoboniani  (von  E.  Feron  und  F.  Battaglini). 
S.  186  bekannt  ist. 

4.  Wichtige  Ergänzungen,  besonders  für  die  Geschichte  des  Basilios  Bulgaroktonos, 
enthält  die  in  der  Hauptsache  vor  1015  abgefasste,  später  aber  noch  bis  zum  Jahre  1028 
fortgeführte  Chronik  des  arabischen  Arztes  Jabjä  von  Antiochia.  .  Auszüge  aas 
dem  arabischen  Original  mit  russischer  Uebersetzung  und  Kommentar  gab  V.  R.  Rosen: 
Kaiser  Basilios  Bulgaroktonos,  Auszüge  aus  der  Chronik  Jahjäs  von  Antiochien,  Petersburg 
1883  {—  Zapiski  d.  k.  russ.  Akademie  d.  Wiss.,  Bd.  44,  Beilage  Nr.  1)  (russ.).  —  Aus- 
führliche Besprechung  des  Werkes  und  Vergleich  mit  den  byzantinischen  Quellen  von 
Th.  üspenskij,  Journ.  Min.  1884  Bd.  232  April  S.  282-315.  VgL  V.  Jagi6:  Archiv 
slav.  Philol.  7  (1884)  515. 

5.  Eine  zweite  Hauptquelle,  welche  den  lückenhaften  griechischen  Berichten  über 
Basilios  II  zu  Hilfe  kommt,  ist  der  arabische  Historiker  Al-Mekin,  der  i.  J.  1275  starb 
und  eine  allgemeine  Geschichte  bis  zum  Jahre  1260  hint-erliess.  Er  benützte  u.  a.  das 
Werk  des  alexandrinischen  Patriarchen  Eutychios,  das  mit  dem  Jahre  937  schliesst, 
vielleicht  auch  die  syrische  Chronik  des  Ignatios  von  Melitene.  Die  zweite  Hälfte  des 
Werkes  ist  in  lateinischer  und  französischer  Uebersetzung  vorhanden:  Historia  Saracenica 
arabice  olim  exarata  a  Georgio  Elmacino  et  latine  reddita  opera  et  studio  ThomaeErpenii, 
Lugduni  Bat.  1625.  —  Französisch:  L'histoire  Mahometane  du  Macine,  trad.  par  Pierre 
Vattier,  Paris  1657.  —  Hauptschrift:  V.  Vasiljevskij,  Russisch-byzantinische  Frag- 
mente. II.  Zur  Geschichte  der  Jahre  976-986.  Journ.  Min.  1876  Bd.  184  Märzheft 
S.  117—162. 

162.  Georgios  Eedrenos  {Feiagyiog  o  KedQrjvog),  ein  nach  seinen  per- 
sönlichen Verhältnissen  gänzlich  unbekannter  Mann,  wahrscheinlich  Mönch, 
verfasste  am  Ende  des  11.  oder  im  Anfang  des  12.  Jahrhunderts  eine 
JSivoiptg  iCTOQim'y  d.  h.  ebenfalls  eine  Weltchronik.  Auch  dieses  Werk 
beginnt  mit  der  Schöpfung,  enthält  dann  ähnlich  wie  Georgios  Monachos, 
Symeon  Magistros  und  Logothetes,  Leon  Grammatikos  u.  a.  die  jüdische 
und  sonstige  orientalische,  endlich  die  römische  und  byzantinische  Geschichte 
bis  zum  Regierungsantritte  des  Kaisers  Isaak  Eomnenos  1057 


8.  Oesohichtaohreiber  and  Chronisten.    B.  Chronisten.     (§§  152—153)      369 

Chr.  Der  selbst  für  einen  byzantinischen  Chronisten  seltene  Grad  der 
Lselbstandigkeit  des  Verfassers  tritt  schon  in  seiner  Vorrede  deutlich 
ciug  hervor.  Dieselbe  ist  nämlich  in  der  Hauptsache  aus  der  des  Sky- 
les  abgeschrieben;  am  Schlüsse  bemerkt  der  Verfasser,  dass  er  aus  dem 
erke  des  Protovestiarios  Johannes  (Skylitzes),  aus  Georgios  Synkellos, 
leophanes  und  einigen  anderen  Büchern  sein  Handbuch  der  Weltgeschichte 
sammengestellt  habe.  Wenn  wir  seine  Arbeit  auf  die  Quellen,  die  in 
r  Vorrede  nur  teilweise  mit  Namen  genannt  sind,  untersuchen,  sehen 
r  in  der  That,  dass  sie  nichts  ist  als  eine  Kompilation  aus  anderen  uns 
nst  bekannten  Werken.  HauptqueDe  ist  die  im  Cod.  Paris.  1712  er- 
Itene  Chronik  (Pseudo-Symeon;  s.  §  149),  daneben  Theophanes, 
^orgios  Monachos  und  Symeon.  Für  chronologische  Dinge  hält  sich 
^drenos  an  Panodoros  und  dessen  Nachtreter  Synkellos;  daneben 
nützt  er  reichlich  die  Osterchronik.  Vom  Jahre  811  an  endlich  ist 
s  Werk  des  Kedrenos  nichts  anderes  als  eine  wörtliche  Wiedergabe 
ir  Chronik  des  Skylitzes,  wobei  nur  die  originale  Einteilung  ver- 
seht ist  und  einige  Stellen  weggelassen  sind.  Dieser  Teil  (811 — 1057)  hat 
r  uns  also  nur  so  lange  einen  Wert,  als  der  griechische  Text  des 
:ylitzes  nicht  in  einer  eigenen  Ausgabe  vorliegt. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  Graece  et  Latine  G.  Xylander,  Basileae  1566  (mit  Eom- 
»ntar,  Index,  chronologiscoen  Tafeln).  —  Im  Pariser  Corpus  ed.  A.  Fabrotus,  2  voll, 
iris  1647,  mit  Kommentar  von  Goar,  lateinischer  Uebersetzung  und  Glossar.  —  Abdruck 
medig  1729.  —  Im  Bonner  Corpus  ed.  I.  Bekker,  2  voll.  Bonnae  1838—1839,  mit  den 
»gaben  der  Pariser  Ausgabe ;  der  Text  wurde  hier  ausnahmsweise  etwas  gefördert,  indem 
ikker  für  den  aus  Skylitzes  stammenden  Abschnitt  eine  von  Brunet  de  Presle  gefertigte 
Dilation  des  das  Original  werk  des  Skylitzes  enthaltenden  cod.  Coislinianus  136  benützte, 
igegen  muss  vor  vertrauensvoller  Hingabe  an  den  hier  ganz  besonders  lückenhaften 
dex  ausdrücklich  gewarnt  werden.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  121—122,  1—368. 

2.  Hilfsmittel:  Leo  Allatius,  Diatribe  de  Georgiis,  wiederholt  bei  Fabricius, 
bl.  gr.  ed.  Bari.  12,  32  ff.;  s.  auch  7,  464  f.  —  J.  Voss,  De  historicis  Graecis  in  der 
iQbearbeitung  von  Westermann  S.  351  f.  —  Dändliker  und  Müller,  Untersuch,  zur 
ttleren  Geschichte,  herausgegeben  von  M.  Büdinger  1  (1871)268-289.  —  F.  Hirsch, 
rzantin.  Studien  375  f.  —  Die  im  cod.  Paris.  1712  erhaltene  Chronik  ist  als  eine  Haupt- 
elle  des  Kedrenos  nachgewiesen  von  H.  Geiz  er,  Sextus  Julius  Africanus  II  1  (18o5) 
7—  384.  —  Ueber  das  von  der  Pariser  Nationalbibliothek  neuerdings  erworbene  Fragment 
ler  Handschrift  des  Kedrenos  s.  L.  Deslisle,  Comptes-rendus  de  l'academie  des  inscrip- 
»ns  et  helles  lettres  IV.  s^rie  9  (1882)  167  ff.  —  Th.  Büttner-Wobst,  Studia  Byzantina, 
Dgr.  Dresden  1890,  untersucht  das  Verhältnis  des  Kedrenos  zu  Leon  Grammatikos  für 
B  Kaiserzeit  bis  auf  Diocietian.   —   Zum  Texte:  Sp.  P.  Lambros,    B.  Z.  1  (1892)  187. 

Ein  Fragment  der  Adamapokalypse  über  die  Namen  der  Tag-  und  Nachtstunden,  das 
ich  bei  Kedrenos  in  einer  abweichenden,  aber  mit  der  syrischen  und  arabischen  Version 
immenden  Fassung  vorkommt,  ed.  aus  cod.  Paris.  2419  Montague  Rhodos  James, 
[>ocrypha  anecdota  (=  Texts  and  Studies  edited.  by  J.  Armitage  Robinson  vol.  II  Nr.  3) 
imbridge,  University  Press  1893  S.  138—145.  —  C.  de  Boor,  Römische  Kaisergeschichte 

byzantinischer  Fassung.  II.  B.  Z.  2  (1893)  1—21.  —  Dazu  die  zu  §§  149—150  ange- 
hrte Litteratttr.  Ueber  die  Quellen  der  Troica  bei  Kedrenos  vgl.  bes.  die  Litteratur- 
gaben  S.  332. 

3.  Ein  Auszug  aus  Kedrenos  vom  Anfang  der  christlichen  Zeitrechnung  bis  auf 
aiser  Heraklios  steht  im  Cod.  Marc.  II  151  fol.  22—231.  Eine  Probe  ed.  I.  Bekker, 
t)h.  Berl.  Ak.  1841  S.  63  f.  —  Ein  Fragment  des  Kedrenos  (von  374-  641)  enthält  der 
s  Cod.  British  Mus.,  Addit.  Ms  26112  s.  12. 


153.  Johannes  Xiphilinos  (^Iwdwvfi  6  Si(fdTvog).  Das  vor  allem 
irch  die  umfassende  Thätigkeit  des  Konstantin  Porphyrogennetos  und 
iner  Redaktoren  wachgerufene  Interesse  an  historischen  Studien  und  an 
T  älteren  Litteratur  überhaupt  blieb  nicht  ohne  nachhaltige  Folgen.   Im 

Bandirach  der  klaie.  AltertnmswlneDechaft  IZ.    1.  Abtlg.    2.  Aufl.  24 


370  Bysantiniiohe  litteratiirgMchiohte.    L  Prosaiflohe  Litteratar. 

folgenden  Jahrhundert  wie  noch  mehr  in  der  Komnenenzeit  treffen  wirj 
allenthalben  Spuren  einer  auf  die  Bewahrung  der  alten  Litteratur  g^ 
richteten  Betriebsamkeit.  Zu  den  Autoren,  welche  damals  neu  bearbeitet 
und  wenigstens  in  umfangreichen  Exzerpten  der  Nachwelt  erhalten  wurden, ; 
gehört  Dio  Gassius.  Zwei  Byzantiner,  dereine  aus  dem  Ende  des  elften, 
der  zweite  aus  dem  Anfang  des  zwölften  Jahrhunderts,  haben,  nachdem 
schon  die  konstantinischen  Exzerptoren  den  Dio  Gassius  verwertet  hatten, ' 
das  Werk  dieses  Geschichtschreibers  zur  Grundlage  ihrer  historischea 
Schrifstellerei  gemacht;  der  erste,  indem  er  aus  den  ihm  zugänglichen 
Büchern  des  Dio  einen  für  die  Bedürfnisse  der  Zeit  berechneten,  höchst 
umfangreichen  Auszug  veranstaltete,  der  zweite,  indem  er  einen  anderen 
Teil  des  offenbar  schon  sehr  selten  gewordenen  Werkes  in  den  Rahmen 
einer  grossen  Weltchronik  verwob.  Der  erste  dieser  beiden  Geistes- 
verwandten ist  Xiphilinos,  der  zweite  Zonaras;  beide  Namen  sind  hie- 
durch  mit  der  Geschichte  der  antiken  Historiographie  aufs  innigste  ver- 
knüpft. Johannes  Xiphilinos  aus  Trapezunt,  ein  Neffe  des  gleich* 
namigen  Patriarchen,  lebte  in  der  2.  Hälfte  des  11.  Jahrhunderts  ab 
Mönch  in  Konstantinopel.  Auf  Veranlassung  des  Kaisers  Michael  Para« 
pinakes  (1071 — 1078)  veranlasste  es  einen  Auszug  {ixXoycU)  der  römischen 
Geschichte  des  Dio  Gassius.  Leider  umfasst  derselbe  nur  Buch  36 — 80,. 
weil  in  dem  von  Xiphilinos  benützten  Exemplare  des  Dio  die  füheren 
Bücher  fehlten;  auch  sonst  war  sein  Exemplar  lückenhaft,  ein  sprechender 
Beweis  dafür,  dass  es  in  der  That  höchste  Zeit  war,  diesen  alten  Autor, 
so  weit  es  noch  möglich  war,  zu  retten.  Übrigens  spricht  manches  fOr 
die  Annahme,  dass  Xiphilinos  nicht  den  ursprünglichen  Dio  benützte,  son- 
dern nur  einen  Auszug  desselben  wiedergab.  Durch  Xiphilinos  werden 
also  die  sonst  ganz  verlorenen  letzten  Bücher  des  Dio  (etwa  die  zwei 
letzten  Dekaden)  ersetzt  und  die  früheren  vielfach  ergänzt  und  berichtigt 

Eine  Zusammenstellung  aller   älteren  Ausgaben  und  üebersetasungen  gibt  Samuel 
R  ei  mar  US  in  seiner  Ausgabe  des  Dio  Gassius  (2  voll.  Hamburg  1750—1752)  vol.  2,  1548. 


—  Wiederholt  ist  Xiphilinos  in  den  neueren  ausgaben  des  Dio  Gassius  von  Bekker,  Din- 

T.  Melber,  Leipa 
H.  Haupt,  Ueber  die  Herkunft  aer  dem  Dio  Gassius  beigelegten  Pianudeischen  Exzerpte, 


dorf,  zuletzt  von  J.  Melber,  Leipzig,   Bibl.  Teubner,  bis  jetzt  2  Bände,    1890 — 1894.   — 


Hermes  14  (1879)  54.  —  J.  Mai  sei,  Observationes  in  Gassium  Dionem,  Diss.,  Berlin  lo88 
S.  17.  —  Ueber  einen  interessanten  Zusatz  des  Xiphilinos  zu  Dio  vgl.  A.  Harnack, 
Sitzungsber.  Berl.  Ak.  1894  S.  844.  —  Vgl.  Ghrist,  Geschichte  der  griech.  Litteratar  ' 
§  440.  —  G.  Wachsmuth,  Einleitung  in  das  Studium  der  alten  Geschichte,  Leipsig 
1895  S.  598. 

154.  Johannes  Zonaras  (Icoäwrjg  6  Ztovagag),  bekeidete  wie  Sky- 
litzes  hohe  Stellen  im  Staatsdienste.  Er  war  Befehlshaber  der  Leibgarde 
und  Vorsteher  der  kaiserlichen  Kanzlei  {fi^yceg  dQovyyaQiog  t^^  ßtyi'Tjg  xai 
nQwraarjxQrjug);  später  zog  er  sich  als  Mönch  auf  Hagia  Glykeria,  eine 
der  Prinzeninseln,  zurück  und  verfasste  in  dieser  Abgeschiedenheit,  nach 
seiner  eigenen  Versicherung  nur  der  dringenden  Aufforderung  einiger 
Freunde  folgend,  sein  Handbuch  der  Geschichte  {'EnitofAfj  ItrtoQiäv). 
Die  Abfassungszeit  lässt  sich  nur  annähernd  bestimmen.  Eine  Früh- 
grenze bildet  das  Jahr  1118;  denn  einmal  schliesst  das  Werk  mit  diesem 
Jahre,  und  dann  bemerkt  Zonaras  am  Schlüsse  (IV  260  ed.  Dindorf)  aos- 
drücklich,  er   habe  es  nicht  für  nützlich  und  geraten  gehalten,   die  noch 


2.  OMohiohtaohreiber  und  Chroniaien.    B.  Chronisten.    (§  154)  371 

fehlende  Zeit  zu  berichtigen:  ^Evravd-ä  fxoi  ro   negag  rJTO)   Ttjg  (Svyyqafpi^g 
woi  o  dQOfiog  aiTjtfo  %TJg  tatoqiag^  og  [xoi  nqog  fiaxgov  ixfiefiijxiatai  *  dovvai, 
yaQ    yQ^9>y    xai    %d    Xslnovxa    ov    fim    XvciteX^g    ov3'    evxaiQOV    xäxQiTm, 
Spätestens  muss  die  YoUendung  des  Werkes  in   den  ersten  zwei  Jahr- 
zehnten der  Regierung  des  Manuel  Eomnenos  (1143 — 1180)  erfolgt  sein, 
weil  dasselbe  schon  von  Glykas,  der  unter  diesem  Kaiser  seine  Chronik 
schrieb,  zitiert  und  benützt  wird.   Damach  bestimmt  sich  auch  die  Lebens- 
zeit des  Verfassers;   sie   erstreckt  sich   vom   Ausgange   des    11.    bis 
etwa  in  die  Mitte  des  12.  Jahrhunderts.     Das  Werk   des  Zonaras, 
von  Du  Gange  in  18  Bücher  eingeteilt,  ist  eine  Weltchronik;  sie  beginnt 
mit  der  Schöpfung  und  endigt  mit  der  Thronbesteigung  des  Johannes 
Komnenos  1118.     Doch  nimmt   sie  unter   den  übrigen  byzantinischen 
Weltchroniken  eine  hervorragende  Stellung  ein;   sie  ist  ausführlicher  und 
durch   reichste  Verwertung  jetzt   verlorener  Quellen  ausgezeichnet.     Wir 
haben  es  hier  nicht  mit  einem  jener  mageren,  wundersüchtigen  Geschichts- 
kompendien zu  thun,  wie  sie  seit  Malalas  die  historische  Litteratur  der 
Byzantiner  begleiten,   sondern   mit  einem  Handbuch  der  Weltgeschichte, 
das  offenbar  auf  höhere  Bedürfnisse  berechnet  ist.     Während  andere 
Chronisten  sich  auf  die  früheren   byzantinischen  Sammelwerke,  besonders 
auf  Malalas,  Johannes  von  Antiochia,  Theophanes  und  Georgios  Monachos, 
beschränkten,  hat  Zonaras  wiederum   auf  einige  umfangreichere  alte  Ge- 
schichtswerke  zurückgegriffen  und   aus  ihnen  neues  Material  gewonnen. 
Wie  er  stofflich  reichhaltiger  ist  als  die   meisten  übrigen  Chronisten, 
80  unterscheidet  er  sich  von  ihnen  auch  durch  seine  Form.     Während 
die  Chronisten  ihre  Quellen  häufig  fast  wörtlich  wiedergeben,  zeigt  Zonaras 
eine  gewisse  Selbständigkeit;  er  drückt  meistens  den  Inhalt  seiner  Vorlage 
kürzer  und  wenigstens   zimi  Teil  in  anderen  Worten  aus.     Trotz  dieser 
relativen  Vorzüge  bleibt  das  Werk  eine  Mönchsarbeit.    Das  verrät  sich 
schon  sehr  bezeichnend  in  der  Vorrede;  nach  den  Grundsätzen,  die  Zonaras 
hier  entwickelt,  wäre  alle  profanwissenschaftliche  Arbeit  für  geschäftigen 
Müssiggang  zu  halten;  daher  wälzt  er  förmlich  und  ausdrücklich  die  Schuld 
an  seiner  Arbeit  auf  seine  Freunde.     Von  ihnen  erhielt  er  auch,  wenn 
wir  ihm  glauben  dürfen,  genaue  Lehren  über  die  Grundsätze  der  Geschicht- 
schreibung, die  im  wesentlichen  auf  die  Forderung  einer  kurzen,  aber  doch 
reichhaltigen  Zusammenstellung  hinauslaufen.    Über  die  Hilfsmittel  seiner 
Arbeit  bemerkt  Zonaras,  in  einem  von  aller  Welt  abgeschiedenen  Winkel 
sehe  er  sich  auf  wenige  Werke  beschränkt  (Vol.  I  S.  5.  ed.  Dind.) ;  manche 
Bücher  habe  er  trotz   aller  Bemühungen  nicht  erhalten  können,  sei  es, 
dass  sie  überhaupt  verloren  gegangen  seien,  sei  es,  dass  die  Freunde,  die 
ihm  dieselben  verschaffen  sollten,  sich  nicht  ernstlich  genug  bemüht  hätten ; 
er  selbst   aber  weile  ferne  von  Konstantinopel   auf  einer  kleinen  Insel 
{rtoQQto  Tov  atfteoog  iv  vrjtndiip  ivSiaiToifievog  Vol.  11  S.  339  ed.  Dind.).     Be- 
achtenswert ist,  dass  er  unter  anderem  kein  vollständiges  Exemplar  des 
Dio  Cassius  hatte. 

Der  Hauptwert  des  Zonaras  beruht  in  der  Erhaltung  guter  Quellen. 
Wenn  er  auch  dieselben  in  formaler  Beziehung  ziemlich  selbständig 
verarbeitet,  so  gilt  das  nicht  vom  Inhalte;  das  Thatsächliche  lässt  er  so 

24* 


372 


Byzaniiniaehe  Litteratargesohlohte.    L  Prosaisohe  litterainr« 


\ 


gut  wie  unangetastet.  Eine  ausscheidende  Prüfung  der  Überliefe] 
lag  ihm  fern;  er  bemerkt  hierüber  selbst  in  der  Vorrede,  die  Beri< 
der  verschiedenen  Autoren  wichen  oft  von  einander  ab,  und  er  hätte  gl 
Abhandlungen  schreiben  müssen,  wenn  er  die  Widersprüche  alle 
gleichen  und  ihre  Gründe  hätte  untersuchen  wollen;  darauf  habe  er 
ziehten  müssen.  Die  Angaben,  welche  Zonaras  selbst  über  seine  Qui 
macht,  sind  ungenügend;  zwar  nennt  er  in  der  Vorrede  die  hl.  Schrift, 
Antiquitäten  des  Joseph  und  zitiert  auch  im  Werke  selbst  seine  Autoi 
häufig  namentlich,  doch  geschieht  das  selbstverständlich  ohne  ein  bestünml 
System,  so  dass  wir  sehr  im  Unklaren  blieben,  wenn  nicht  einige  neiu 
Untersuchungen  das  Dunkel  aufgehellt  hätten.  Für  die  ersten  12  Bücl 
(Schöpfung  bis  auf  Konstantin  den  Grossen)  verwertete  Zonaras  abw< 
selnd  je  nach  dem  Stoffe:  das  alte  Testament,  in  hervorragendem 
den  jüdischen  Krieg  und  eine  Epitome  der  jüdischen  Altertümer 
Joseph,  die  Chronik  des  Eusebios,  den  Kirchenhistoriker  Theodoretoi 
in  ausgedehnter  Weise  Xenophon,  von  dem  er  die  ganze  Kyrupädie  H 
einem  kurzen  Auszuge  mitteilt,  und  ebenso  reichlich  Plutarch,  endlidl 
noch  Herodot  und  Arrian.  Für  die  römische  Geschichte  von  AeneH 
bis  auf  die  Zerstörung  von  Karthago  und  Korinth  hat  Zonaras  nur  zw4 
Hauptquellen,  nämlich  für  den  Faden  der  fortlaufenden  Erzählung  da 
Dio  Cassius  und  daneben  zur  Ergänzung  des  biographischen  Details  dk 
Lebensbeschreibungen  des  Plutarch. ')  Auf  dieser  Partie  beruht  dk 
Hauptbedeutung  des  Zonaras;  denn  hier  hat  er  uns  die  im  übrigen  hk 
auf  einzelne  Fragmente  verlorenen  etwa  21  ersten  Bücher  des  Die 
Cassius,  also  ungefähr  ein  Viertel  des  ganzen  Werkes,  erhalten.  IGI 
Xiphilinos,  dessen  Exzerpte  uns  die  verlorenen  Schlussbücher  des  Dio  teil- 
weise ersetzen,  ist  demnach  Zonaras  das  Haupthilfsmittel  für  die  Wiede^ 
herstellung  dieses  Autors,  von  welchem  uns  nur  die  mittleren  Partien 
etwa  B.  37 — 54,  selbständig  und  annähernd  vollständig  überliefert  sind 
Für  die  Zeit  nach  der  Zerstörung  Karthagos,  für  welche  dem  Zonaras  Die 
Cassius  fehlte,  half  er  sich  durch  Auszüge  aus  Plutarchs  Lebensbeschrei« 
bungen  des  Pompejus  und  Cäsar.  Dann  aber  erscheint  abermals  Die 
Cassius  als  HauptqueUe,  von  welchem  ihm  nach  der  erwähnten  etwa  mil 
Buch  21  beginnenden  Lücke  Buch  44—80  teils  noch  im  Original  teilf 
wenigstens  im  Auszug  des  Xiphilinos  zu  Gebote  standen.  Dass  er  etwi 
von  Buch  11,  21  an  nicht  mehr  den  vollständigen  Dio,  sondern  die  Epitome 
des  Xiphilinos  als  Quelle  benützt  hat  und  denmach  für  die  Epoche 
von  Trajan  (oder  Nerva)  bis  Alexander  Severus  für  den  Historiker  fasi 
wertlos  ist,  hat  Boissevain  erwiesen.  Für  die  christlichen  Dinge  hat  Zo- 
naras die  Kirchengeschichte  des  Eusebios  herangezogen,  aus  welcher  ei 
eine  Art  kirchlicher  Statistik  mit  besonderer  Rücksicht  auf  die  Bischofs- 
listen gibt.  Für  die  Zeit  von  Alexander  Severus  bis  auf  Konstantin  dei 
Grossen  endlich  benützte    er  für   die  politische  Geschichte  den  Petro« 


*)  H.  Nissen,  Krit.  Untersuchungen 
fiber  die  Quellen  der  4.  und  5.  Dekade  des 
Livius,  Berlin  1863  S.  308,  wollte  die  lieber- 
Einstimmung  des  Zonaras  mit  Plutarch  aus 


einer  subsidiären  Verwendung  des  letztere] 
durch  Dio  Cassius  selbst  ableiten.  Vgl.  da 
gegen  H.  Haupt,  Hermes  14,  440  ff. 


2.  Oesohiohtaohreiber  and  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  154).  373 

!Vatrikios,  für  die  Kirchengeschichte  denEusebios  oder  eine  aus  dem- 
selben abgeleitete  Quelle.     An  eine  Benützung  des  Polybios  und  Appian 
Ist  nicht  zu  denken;  denn  obgleich  Zonaras  sie  zitiert,  so  sind  dies  einer- 
Beits  nur  Scheinzitate  und  andererseits  nennt  er  dieselben  auch  nicht  ein- 
mal  in  unserem  Abschnitt  (7.-9.  Buch),  wodurch  allenfalls  die  Vermutung 
h&tt«  ein  grösseres  Gewicht  bekommen  können.    Der  Anfang  des  13.  Buches 
(322 — 450  n.  Chr.)  scheint  aus   einer  unbekannten,  uns  verlorenen  Quelle 
so  stammen.     Für  die  folgende  Zeit  ist  die  Hauptquelle  die  Chronik  des 
Theophanes.    Von  Leo  I  bis  auf  Justin  11  (457—565)  benützte  er  da- 
neben eine  andere  uns  nicht  erhaltene  und  nicht  bekannte,  aber  sicher 
vortreffliche  Quelle,  durch  deren  Erhaltung  Zonaras  auch  in  dieser  Partie 
von  grossem  Werte   ist.     Dieser    unbekannte    zweite  Gewährsmann    ist 
auch  von  Eedrenos  verwertet  und  stützte  sich  auf  gute  ältere  Quellen  wie 
Candidus  und  Malchos.     Ausser  Theophanes  benützte  Zonaras  auch  den 
Prokop,   den  Nikephoros  Patriarches,   den  Georgios  Monachos  in 
einer  vollständigen  Redaktion,  den  Eedrenos  und  den  Magister  und  Lo- 
gotheten  Symeon,  zuweilen  auch  kirchliche  Schriften,  endlich  die  Fort- 
setzung  des    Georgios    und    die    des   Theophanes   (Biographie    des 
Basilios).    Über   die  Quellen   des  letzten  Teiles   d.   h.   für  die  Zeit  von 
965 — 1118  haben  wir  noch  keine  Untersuchung;  doch  ist  er  hier  jedenfalls 
vornehmlich  von  Skylitzes  und  von  Psellos  abhängig.   In  wie  weit  nun 
die  genannten  Quellen  wirklich  aus  erster  Hand  benützt  sind,   ist  nicht 
völlig  ausgemacht.   Jedenfalls  aber  hat  Zonaras  ausser  den  Originalwerken 
auch  spätere  Kompilationen  zu  Rate  gezogen.  Eine  derartige  Nebenquelle 
für  die    römische   Kaisergeschichte  ist  erst  neuerdings   erkannt  worden: 
Eine  Chronik,  in  welcher  mehrere  ältere  Werke  schon  zusanmiengearbeitet 
waren,    hat    in    gleicher   Weise    dem  Zonaras    wie   dem  Verfasser   der 
Synopsis  Sathas  (s.  §  159)  als  Vorlage  gedient. 

Der  Fülle  historischen  Stoffes,  welchen  Zonaras  in  ein  Kompendium 
zusammenbrachte,  verdankt  er  seine  grosse  Beliebtheit,  von  welcher  die 
zahlreichen  Handschriften  Zeugnis  ablegen.  Spätere  Chronisten  wie 
Hanasses,  Glykas,  Ephräm  haben  ihn  reichlich  ausgeschrieben.  In  der 
Blütezeit  der  serbisch-slovenischen  Übersetzungsthätigkeit  wurde  er  ins 
Serbische,  später  auch  in  andere  slavische  Sprachen  übertragen  und  von 
russischen  Chronisten  kompiliert.  Auch  in  der  Epoche  des  Wieder- 
*  auflebe ns  der  Altertumsstudien  fand  Zonaras  alsbald  zahlreiche  Lieb- 
haber und  wurde  in  lateinischen,  französischen  und  italienischen  Über- 
setzungen verbreitet.  Erst  viel  später  wandte  sich  dem  Autor  die  wissen- 
schaftliche Forschung  zu,  die  vor  allem  darauf  ausging,  die  hier  in  buntem 
Mosaik  aneinander  gefügten  Stücke  alter  Autoren  auszuscheiden  und  zu 
benennen.  Die  Darstellung  des  Zonaras  ist  besser  als  die  der  vorher- 
gehenden Chronisten,  besonders  des  Theophanes.  Zwar  ist  sein  Stil  nicht 
einheitlich.  Wie  er  selbst  in  der  Vorrede  sagt,  hat  er  seine  Sprache  den 
jeweiligen  Quellen  angepasst,  womit  er  wahrscheinlich  eigentlich  nur  an- 
deuten will,  dass  er  sich  ohne  Bedenken  durch  die  Vorlagen  auch  sprach- 
lich beeinflussen  Hess.  Auf  diese  Weise  wird  seine  Form  gewissermassen 
zu  einem  Kompromiss  zwischen  den  verschieden  sprechenden  Quellen;  in- 


374  BysaniinisGhe  Litteratnrgesohiohte.    I.  Prosaisohe  Litteratnr. 

dem  er  eine  gar  zu  hohe  Diktion  temperiert,  eine  gar  zu  gemeine,  wie  die^ 
von  Vulgarismen  strotzende  des  Theophanes,  reinigt,  gewinnt  er  einen 
ziendich  fliessenden,  durch  nichts  AuffaUendes  gestörten,  in  selbständigen 
Teilen  kirchlich  gefärbten  Vortrag. 

Unter  dem  Namen  des  Zonaras  gehen  auch  kirchliche  Schriften. 
Wenn  wir  auch  keine  positiven  Zeugnisse  für  die  Identität  dieses  Zonarai 
mit  dem  Chronisten  besitzen,  so  spricht  doch  auch  nichts  dagegen.  Vielmehr 
macht  der  Umstand,  dass  der  Chronist  Zonaras  zuletzt  Mönch  geworden  ist, 
es  sehr  wahrscheinlich,  dass  wir  in  ihm  auch  den  Verfasser  jener  kirch- 
lichen Schriften  zu  sehen  haben.  Es  sind  Kommentare  zu  den  Kirchen- 
vätern, zu  den  Synoden  und  zum  Kirchenrecht,  Heiligenbiographieo 
u.  s.  w.  Wichtiger  sind  ein  Hymnus  des  Zonaras  und  eine  exegetische 
Schrift  zu  den  Gedichten  des  Gregor  von  Nazianz,  sowie  sein  fOr  die 
byzantinische  Kirchenpoesie  wichtiger  Traktat  über  die  Namen  xanat^ 
elqiioqj  TQonctQiov,  (p6i],  den  er  seiner  Erklärung  der  Kav6v€g  avatrrdaifi» 
des  Oktoechos  vorausgeschickt  hat.  Dagegen  gehört  das  Lexikon, 
welches  unter  dem  Namen  des  Zonaras  überliefert  und  ediert  ist,  wahr- 
scheinlich einem  gewissen  Antonios  Monachos;  es  ist  eine  kurz  ge- 
haltene Kompilation,  in  welcher  ein  durch  etymologische  Glossen  erweiterter 
Kyrill  den  Kern  zu  bilden  scheint. 

1.  Chronik:  A.  Ausgaben:  Ed.  pr.  Joannis  Zonarae  Monachi  eto.  in  tres  tomos 
distinctum  etc.  labore  Hieronymi  Wolfii  Graece  ac  Latine,  Basileae  1557  (mit  kleinem 
Kommentar,  Index  und  lateinischer  Uebersetzung).  —  Im  Pariser  Corpus  ed.  C.  DucangiuB, 
2  voll.,  Paris  1686 — 87.  —  Wiederholt  Venedig  1729.  —  Im  ßonner  Corpus:  Ex  recensione 
Mauricii  Pinderi,  2  voll.,  Bonnae  1841—1844;  nur  die  ersten  12  Bücher  mit  den  Vor- 
reden von  Wolf  und  Du  Cange;  der  Abschluss  dieser  Ausgabe  wird  vorbereitet  von  Th. 
Bttttner-Wobst.  —  VoUsttodig  ed.  von  L.  Dindorf,  Lipsiae,  Bibliotheca  Teubneriana, 
6  voll.,  1868 — 1875;  mit  einer  neuen  EoUation  eines  Monacensis  und  Parisinus  sowie  den 
Beigaben  der  Pariser  Ausgabe  und  einem  Sachindex.  —  Die  Ausgaben,  auch  die  von 
Pinder  und  Dindorf,  beruhen  auf  ungenügender  Grundlage;  Büttner- Wobst  hat  für  den  von 
ihm  vorbereiteten  Schlussband  der  Bonner  Ausgabe  ein  reichliches  Hssmaterial  beigezogen 
(vgl.  seine  unten  verzeichnete  Abhandlung);  es  müsste  aber  das  ganze  Werk  auf  Grund 
einer  kritischen  Sichtung  und  vollständigen  Verwertung  aller  bekannten  Hss  neu  heraus- 
gegeben werden.  —  Gesamtausgabe:  Migne,  Patr.  gr.  134  und  135,  1 — 438;  137  die 
kanonischen  Schriften  des  Zonaras;  vgl.  119,  1011. 

B.  Uebersetzungen:  Lateinisch:  Corous  Universae  historiae,  praesertim  byzan- 
tinae:  J.  Zonarae  Annales,  Nie.  Acominati,  Nie.  Gregorae,  Laonici  Chalcocondylae,  Lutetiae 
1567,  apud  Guil.  Chaudiere.  —  Wohl  nur  ein  Nachdruck  ist  das:  Corpus  historiae  Byzan- 
tinae  etc.   Joannes  Zonaras,   Nicetas  Acominatus,   Nie.  Gregoras,   Laonious  Chalcondyles, 
Francofurti  ad  Moenum  a.  1568  (und  öfter).  —  Italienisch:  Historia  di  Giovanni  Zonara, 
primo  consigliere  et  capitano  della  guardia  imperiale  etc.  onde  si  apprende  vera   notitia 
delle  cose  piu  memorabili  auuenute  in  spatio  di  6626  anni.  Nuovamente  tradotta  dal  Greco 
per  Marco  Emilio  Fiorentino,   In  Vinegia   1560.   —  Französisch:   Chroniques  ou 
annales  de  Jean  Zonaras,  iadis  et  quatre  cens  ans  v  ha,  grand  drungaire  du  guet  et  premier 
secretaire  de  Constantinople  etc.  traduites  par  J.  Milletde  S.  Amour  au  conto  de  Bour- 
gongne,  A  Lyon  1560.   —    Nachdruck   unter  dem  Titel:   Les  histoires    et  chroniques  du 
monde  de  Jean  Zonaras  etc.  tr.  par  J.  Milles  (sehr.  Millet!)   de  S.  Amour,   A  Paris  1583; 
die  Vorrede  an  die  Königin  ist  gezeichnet  von  Jean   de  Maumont.   —   Histoire   Romaine 
^crite  par  Xiphiline,  par  Zonare,  et  par  Zosime,  traduite  sur  les  originaux  Grecs,  par  Mon- 
sieur Cousin,  President  en  la  cour  des  monnoyes,  A  Paris  1678,  gibt  nur  die  zur  Ergän- 
zung des  Xiphilinos  und   Zosimos  dienenden  Stücke.    —   Neugriechisch:   Eine  ueber- 
setzung eig  rrjy  anXrjy  xal  neCfji^  tcJ^^  rguixcHy  verfasste,  wie  es  scheint,  nach  der  Ausgabe 
von  H.  Wolf,  Manuel  Chartophylax  aus  Eydonia  in  Kretit.   Sie  steht  im  Cod.  Barb.  II 
49—50.   —  Ueber   die  slavischen   Uebertragungen  s.  V.  Jagid,  Archiv  slav.  PhiloL  2 
(1877)  14  ff. 

C.  Hilfsmittel:  Pabricius,  BibL  gr.  ed.  HarL  7,465-468  und  11,222—228.  — 
Godofr.  Klaiber,  Observationes  ad  Zonarae  bellum  Punioum  seoundum,  Stuttgartiae  1825 


S.  OMohiohtsohreiber  und  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  154)  375 

(wertlosee  Gerade  Aber  die  ans  Dion   stammenden  Nachrichten  des  Zonaras  über  den  2. 
panischen  Krieg).   —   Wilh.  Ad.  Schmidt,   Ueber   die   Quellen   des  Zonaras,   zuerst  in 
bmmennanns  ^itschriffc  fftr  die  Altertnmswissenschaft  1839  S.  288—285;  dann  wiederholt 
in  Dindorfs  Ausgabe  des  Zonaras  vol.  VI  (untersucht  in  grundlegender  Weise  die  ersten 
12  B&eher  d.  h.  die  Zeit  von  der  Schöpfung  bis  auf  328).  —  £.  Zander,  Quibus  e  fontibus 
Joannes  Zonaras  hauserit  annales  suos  Romanos,  Progr.  Ratzeburg  1849  (ohne  Kenntnis  der 
Arbeit  von  A.  Schmidt  und  ohne   selbstAndige  Förderung).    —  J.   A.   Wvnne,  Quaeritor 
onde  argumentum  libri  octavi  Zonarae  annalium  petitum  sit    Groning.  I06O.  —  Das  Vor- 
hfiltois  des  Zonaras  zu  Plutarch  beleuchtet  die  gute,  auch  manches  zur  byzantinischen  Grftzität 
enthaltende  Abhandlung  von  Th.  Döhner.    Analectorum  ßyzantinorum  specimen  primum 
(=:  Quaestionum  Plutarchearum  particula  quarta),  Gymnasialprogr.,  Meissen  1863.  —  Ferd. 
Hirsch,  Byzantin.  Studien  S.  377—391  (untersucht  die  Quellen  fQrdie  Zeit  von  818—965). — 
B.  Haupt,  Neue  Beiträge  zu  den  Fragmenten  des  Dio  Cassius,  Hermes  14  (1879)  430—446. 
.-  Paulas  Sauerbrei,  De  fontibus  Zonarae  quaestiones  selectae  in  den  Commentat.  philol. 
Jenenses  vol.  1  (18dl)  1—81  (betrifft  die  Zeit  von  450—811).     Vgl.  die  Besprechung  von 
H.  Haupt,  Philol.  Anzeiger  12  (1882)  88—92.  —  Ueber  das  Verhältnis  des  Z.  zu  Eunapios 
8.   L.   Jeep,  Jahns   Jahrb.  Supplementb.  14  (1885)  64  ff.   —  S.  Röokl,  Blätter    f&r  das 
bayerische  Gymnasialschulwesen  21  (1885)  4—19.   —   Ueber  die  Benützung   der  Epitome 
der  Altertümer   des  Joseph   s.  B.  Niese  in  seiner  Ausgabe  des  Joseph   1  (Berlin  1887) 
8.  XVIII;  XXIII  ff.  Die  Epitome  selbst  ed.  B.  Niese  in  Marburger  Universitätsprogrammen, 
bis  jetzt  8  Teile,  Marburg  1887—1895.   —   G.  Sotiriadis,  Zur  Kritik  des  Johannes  von 
Antiochia  (s.  $  141)  S.  86  f.   —   Ueber  das  Verhältnis  zu   Dio  Cassius  vgl.  J.  Melber, 
Beiträge  zur  Neuordnung  der  Fragmente  des  Dio  Cassius,  Sitzungsber.  d.  bayer.  Akad.  d. 
Wissensch.,  philos.-philol.  und  bist  Cl.  1889  S.  93—118.  —  J.  Melber,  Zu  Zonaras,  Blätter 
fOr  das  bayer.  Gymnasialschulwesen  27  (1891)  17  f.  —  Ein  Beispiel  für  die  Benützung  des 
Skylitxes   durch   Zonaras  bei  M.  Bonnet,  Narratio  de   Miraculo  a  Michaele  archangelo 
Chonis  patrato,  Paris  1890  S.  XXXV.  —  Th.  Büttner-Wobst,  Studia  Byzantina,  pars  I, 
Progr.  Dresden  1890  (Verhältnis  zu  Leon  Grammatikos  und  Kedrenos).   —  Th.  Bfittner- 
Wobst,  Die  Abhängigkeit  des  Geschichtschreibers  Zonaras  von   den  erhaltenen  Quellen, 
Commentationes  Fleckeisenianae,  Leipzig,  Teubner  1890  S.  128—170.  —  Gegen  diese  Abb. 
richtet  sich  U.  Ph.  Boissevain,  Zonaras'  QueUe  für  die  römische  Kaisergeschichte  von  Nerva 
bis  Severus  Alexander,  Hermes  26  (1891)  440—452.  —  Th.  Büttner-Wobst,  Der  Tod  des 
Kaisers  Julian,  Pbilologus  51  (1892)  561—580   (führt  des  Zonaras  Bericht  über  dieses  Er- 
eignis auf  den  Anonymus  post  Dionem  d.  h.  Petros  Patrikios  zurück).  —  Vgl.  auch  Gnst. 
Reinhard,  Der  Perserkrieg  des  Kaisers  Julian,  Progr.,  Dessau,  L.  Reiter  1892.  —  C.  de 
Boor,  Römische  Kaisergeschichte  in  byzantinischer  Fassung.  L  B.  Z.  1  (1892)  21—81.  — 
Max  He  ine  mann,  Quaestiones  Zonareae.  Particula  L  Leipziger  Diss.,  Dresden  1895  (wenig 
Neues).  —  E.  Patzig,  Ueber  einige  Quellen  des  Zonaras,  B.  Z.  5  (1896)  24—58.  —  C.  Wachs- 
mnth,  Einleitung  in  das  Studium  der  alten  Geschichte,  Leipzig  1895  S.  122—125;  597  f. 
Dazu  manche  zerstreute  Bemerkungen  in   der  zu  den   vorhergehenden  Paragraphen   ange- 
fahrten Litteratur. 

D.  Ueberlieferung:  Bis  jetzt  sind  44  Hss  bekannt,  von  denen  17  das  ganze 
Werk,  die  übrigen  meist  grössere  Abschnitte  wie  die  Bücher  1—9,  1—12,  10—18  (also 
mit  der  römischen  Kaisergeschichte  beginnend),  12,  31  -  18  (also  mit  Diokletian  beginnend), 
13—18  (mit  Konstantin  beginnend),  zum  Teil  auch  kleinere  Stücke  überliefern.  Dazu 
kommen  noch  9  unbedeutende  Exzerptenhss.  In  einer  einzigen  Hs,  dem  Cod.  Mntin.  HI. 
D.  8,  8.  14,  sind  dem  Texte  Miniaturbilder  der  Kaiser  heigegeben.  Genaueres  über 
den  Inhalt,  das  Verhältnis  und  den  Wert  der  Hss  in  folgenden  Arbeiten:  Th.  Büttner- 
Wobst,  Studien  zur  Textgeschichte  des  Zonaras,  B.  Z.  1  (1892)  202—244;  594—597  (be- 
richtet auch  über  die  ersten  Ausgaben).  —  U.  Ph.  Boissevain,  Zur  handschriftlichen 
Ueberlieferung  des  Zonaras,  B.  Z.  4  (1895)  250—271.  —  K.  Krumbacher>  Zur  Ueber- 
heferung  des  Zonaras,  B.  Z.  4  (1895)  513. 

2.  Kirchliche  Schriften:  Ed.  Migne  s.  oben;  dortselbst  auch  t  187,  27  ff.  über 
die  früheren  Ausgaben.  —  Vgl.  W.  Christ,  Ueber  die  Bedeutung  von  Hirmos,  Troparion 
und  Kanon  in  der  griechischen  Poesie  des  Mittelalters  erlftutert  an  der  Hand  einer  Schrift 
das  Zonaras,  Sitzungsber.  bayer.  Akad.  1870,  II  75—108.  —  Em.  Dronke,  De  Niceta 
Davide  et  Zonara,  interpretibus  carminum  Gregorii  Nazianzeni  etc.  Confluentibus  1889  (mir 
nnzugSnglich)  und:  S.  Gregorii  Nazianzeni  carmina  selecta  etc.  cura  E.  Dronke,  Gottingae 
1840  S.  IX  f.  —  Vgl.  S.  135  Anm.  6  und  139  Anm.  4. 

3.  Lexikon:  Johannis  Zonarae  Lexicon  etc.  nunc  primum  edidit  Henr.  Tittmann, 
2  volL,  lipsiae  1808.  —  Vgl.  Zonarae  glossae  sacrae  N.  T.  iUustratae  a  F.  W.  Sturz, 
.3  Progamme  Grimae  1818—1820  (mir  unzugänglich).  —  0.  Hoijer,  De  glossariis  graecis, 
Upsals  1821  (mir  nur  aus  der  Erwähnung  bei  Ch.  Graux,  Archives  des  missions  sdenti- 
iiques  IH.  s.,  t  15  (1889)  385  bekannt).   —  Ueber  Antonios  Monachos  s.   Herodotos  rec. 


376 


Bysantinisohe  Litteratorgeachiohte.    I.  Proaaisohe  litteratnr. 


H.  Stein  (ed.  maior)  1  (Berlin  1869)  Praefatio  S.  75.  Wahrscheinlich  ist  dieser  Antonioi 
Monachos  identisch  mit  Antonios,  dem  Autor  des  bekannten  Florilegiums.  Vgl.  C.  Wachs- 
math, Studien  zu  den  griechischen  Florilegien,  Berlin  1882  S.  109  f.  Dazu  die  Litteratnr 
zum  Kapitel  , Wörterbücher". 

4.  Ein  gewisser  Eonstantinos  verfasste  ein  Epigramm  auf  Johannes  Zonaras, 
worin  er  denselben  als  Chronisten  feiert.  Die  ersten  Verse  lauten:  Xdgis  fMcxgd  cot  xm» 
f4axQioy  noytay  /a^**',  ||  'itaayyij,  xo  ^avfjia  xtav  /poyoy^cr qpwy.     Cod.  Barber.  I  74. 

155.  Konstantin  Manasses  {KtovatartTvog  6  Mavaccf^g)^  dessen 
Leben  ungefähr  die  erste  Hälfte  des  12.  Jahrhunderts  ausfüllt,  verfasste 
mehrere  Werke  in  politischen  Ftinfzehnsilbem  und  einige  Prosaschriften. 
1.  An  der  Spitze  steht  eine  Chronik,  2vvoipig  tatoQixrj  betitelt.  Sie  um- 
fasst  6733  politische  Verse,  beginnt  nach  der  üblichen  Weise  mit  der  Er- 
schaffung der  Welt  und  schliesst  mit  dem  Tode  des  Nikephoros  Bota- 
neiates  im  Jahre  1081.  Dem  ausführlichen  Titel  folgt  in  einigen  Hand- 
schriften die  Notiz:  «Jfywii^'^j^  rf^  rtgog  Ttjv  CfßaCToxQaTOQiatrav  EiQijvrjV 
trjv  vvfi^rjv  tov  ßaaiXäcog  xvqov  Mavovrjk  avv  t^i  avTaSäX(p((i  avTov  xvqif^ 
UvdQovixcp.  Das  Werk  entstand  demnach  auf  Veranlassung  der  Schwägerin 
des  Kaisers  Manuel,  der  Gemahlin  seines  Bruders,  des  Sebastokrator 
Andronikos.  In  dem  kurzen  Prooemion  gedenkt  der  Verfasser  der  wieder- 
holten Gaben,  durch  welche  die  Prinzessin  die  Dürre  seiner  mühevollen 
Arbeit  erfrischte,  geht  aber  dann  sofort  zu  seinem  Thema  über,  „damit 
nicht  gewissen  Leuten  seine  Rede  aUzu  schmeichlerisch  vorkomme*  (jiijn^m 
xokaxixciteQog  do^y  naiv  6  Xoyog),  Die  etwas  auffallende  Bemerkung  ist 
wohl  ein  Seitenblick  auf  Leute  wie  Ptochoprodromos,  dessen  abgrund- 
tiefe Devotion  damals  selbst  am  Hofe  zum  Gespötte  der  Verständigen  ge- 
worden sein  mochte;  Manasses  will  als  ein  Mann  von  Geschmack  des 
Guten  lieber  zu  wenig  als  zu  viel  thun.  Nur  am  Schlüsse  des  Werkes 
macht  er  den  Eomnenen  noch  ein  grobes  und  ziemlich  ungeschicktes  Kom- 
pliment; ihre  Geschichte  habe  er  nicht  behandelt,  da  sie  einen  Ozean 
von  Grossthaten  durchsegelt  haben,  wie  ihn  selbst  der  starke  Herakles 
nicht  durchmessen  könnte.  Während  Ephraim  einfach  eine  trockene 
Prosaerzählung  versifiziert,  sucht  der  Romandichter  Manasses  seiner 
Darstellung  durch  Redeblumen  und  Beiwörter,  durch  mythologische  An- 
spielungen, reichliche  Umschreibungen,»)  breit  ausgeführte  Gleichnisse*) 
und  moralische  Exkurse')  einen  poetischen  Schwung  zu  verleihen.  Das 
geschichtliche  Verständnis  und  Interesse  bewegt  sich  auf  demselben  spiess- 
bürgerlichen,  volkstümlichen  Niveau  wie  bei  Georgios  Monachos  und  Glykas. 
Als  Quellen  benützte  er  den  Dionys  von  Halikarnassos,  den  Johannes 
Lydos  und  den  Johannes  Antiochenus  in  seiner  ursprünglichen  Ge- 
stalt d.  h.  ohne  jene  kirchengeschichtlichen  Zuthaten,  mit  welchen 
versetzt  Johannes  auf  die  übrige  spätere  Chronistik  (Symeon  Magistros 
und  Logothetes  u.  s.  w.)  wirkte;  auch  in  der  Disposition  der  Kaiser- 
geschichte zeigt  Manasses  eine  auffallende  Übereinstinmiung  mit  dem  sal- 
masischen   Johannes.    Für  die  spätere  Zeit  verwertete  Manasses  ausser 


')  Statt  ,  sterben **  sagt  er  z.  B.  iovyai 
xoy  x^i'v  ^01  atofiaxog  xj  yp  xp  iayBvaäün 
(3797),  xäfft^  xQvnxea&ai  xal  y§  xß  navxo- 
cfo'/y  (4308),  xoy  nrjXoy  xov  aoi/4axos  rj  <pvaii 
inei  't€i  (6320)  u.  s.  w. 


*)  Z.  B.  V.  2648  ff.;  4039  ff.;  4184  ff.; 
4498. 

')  Z.  B.  über  die  verderblichen  Wir- 
kungen des  Neides  V.  3234;  3248  ff. 


8.  GeMhiohtsohreiber  und  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  155)  377 

Pseudo-Symeon  besonders  jene  umfangreiche  Chronik,  die  auch  dem 
Zonaras  und  der  Synopsis  Sathas  als  Vorlage  gedient  hat.  Die  Beliebt- 
heit der  Chronik  des  Manasses  erhellt  aus  der  grossen  Zahl  der  uns  er- 
haltenen Handschriften  und  aus  der  reichlichen  Beachtung,  die  sie  bei 
spateren  Byzantinern  gefunden  hat.  Zunächst  hat  sie  Michael  Glykas 
benützt,  dann  wurde  sie,  wahrscheinlich  auch  noch  in  einer  dem  Manasses 
sehr  nahe  liegenden  Zeit,  einer  freien  Prosabearbeitung  unterzogen. 
Aus  dieser  flössen  dann  einerseits  die  mit  Manasses  übereinstimmenden 
Exzerpte  des  Planudes,  andererseits  grosse  Partien  einer  in  der  Volks- 
sprache abgefassten  anonymen  Weltgeschichte,  die  uns  in  mehreren 
sprachlich  und  inhaltlich  erheblich  von  einander  abweichenden  Fassungen 
vorliegt.  Ausser  Manasses  sind  in  dieses  für  die  Einsicht  in  die  populäre 
Geschichtsauffassung  der  Byzantiner  und  für  die  griechische  Sprachfor- 
schung ungemein  wichtige  Werk  auf  längere  Strecken  auch  Theophanes, 
Georgios  Monachos,  Eedrenos,  Zonaras  u.  a.  eingearbeitet  worden. 
In  einer  Rezension  sind  grössere  Abschnitte  der  Manassesparaphrase  durch 
Stücke  aus  Zonaras  ersetzt. 

Wie  andere  Chronisten  ging  auch  Manasses  zu  den  Slaven  über. 
Die  um  1350  entstandene  slavische  Übersetzung  seiner  Chronik  gehört  zu 
den  hervorragendsten  Leistungen  der  sogenannten  mittleren  bulgarisch- 
slovenischen  Litteratur.  Ein  prächtiger,  mit  Illustrationen  versehener 
Codex  dieser  noch  unedierten  Übertragung  befindet  sich  in  der  vatikani- 
schen Bibliothek.  Während  sich  die  Slaven  das  Originalwerk  des  Manasses 
aneigneten,  begnügten  sich  die  Rumänen  mit  der  oben  erwähnten  zum 
Teil  auf  Manasses  beruhenden  volkssprachlichen  anonymen  Welt- 
geschichte; sowohl  eine  kürzere  als  eine  durch  Stücke  aus  Malalas,  Ke- 
drenos  und  andere  Zuthaten  vermehrte  Redaktion  derselben  sind  zu  rumä- 
nischen Weltchroniken  verarbeitet  worden. 

2.  Von  dem  Romane  des  Manasses:  Twv  xard  ^ÄQiaravdQov  xäi 
KaUud'äav  iwäa  Xoyoi^  d.  h.  Neun  Bücher  von  der  Liebe  des  Ar  istander 
und  der  Eallithea,  ist  noch  keine  Handschrift  aufgefunden;  wir  kennen 
das  Werk  nur  durch  die  umfangreichen  Fragmente,  welche  Makarios 
Chrysokephalos  im  14.  Jahrhundert  seiner  '^PoioiVid  einverleibt  hat, 
und  durch  eine  zweite,  anonym  überlieferte  Blütenlese.  Wir  finden 
hier  zwar  nur  Sentenzen  und  moralische  Betrachtungen,  aber  sie  ent- 
halten genug  Andeutungen,  um  uns  zu  zeigen,  dass  die  aus  den  früheren 
Romanen  bekannten  Grundmotive  auch  hier  beibehalten  waren.  Während 
Theodoros  Prodromos  und  Niketas  Eugenianos  in  ihren  Romanen  noch  den 
Trimeter  anwendeten,  gab  Manasses  auch  hier  wie  in  seinen  sonstigen 
metrischen  Werken  dem  volkstümlichen  Fünfzehnsilber  den  Vorzug. 
Damit  ist  der  Übergang  zum  vulgären  und  halbvulgären  Romangedicht 
deutlich  vorbereitet.  Mit  der  Chronik  hat  der  Roman  die  zahlreichen 
Bilder  und  die  moralischen  Betrachtungen  über  Verrat  (V.  15  flf.),  Verleum- 
dung (V.  33  flf.),  Neid  (V.  61  flf.)  u.  s.  w.  gemeinsam. 

3.  Ein  drittes  Werkchen  im  politischen  Masse  ist  die  kleine  Bio- 
graphie des  Oppianos  (52  Verse).  Manasses  gibt  eine  kurze  Auf- 
zählung der  Hauptthatsachen  aus   dem  Leben    des  kilikischen  Dichters, 


378  Byzantinisohe  litteraturgesohiohte.    L  Prosaisohe  Lüterainr. 

bemerkt  dann,  dass  er  das  Meiste  der  Kürze  halber  weglasse,  erwähnti 
aber  noch  in  recht  ungeschickter  Aposiopese  die  Art  seines  Todes,  di« 
ihm  erwiesenen  Ehren  und  die  Trefflichkeit  seiner  Darstellung. 

4.  Manasses  hat  sich  auch  auf  dem  Felde  der  Schönrednerei  vei^' 
sucht.  Wir  haben  von  ihm  die  Beschreibung  eines  Wandmosaik- 
bildes, welches  die  Erde  als  Frau  umgeben  von  Früchten,  Seetieren  u.  s.  w.  - 
darstellte :  Tot;  (piXo(r6(pov  xai  ^rjtoQog  xvqov  Kiavdtavtivov  tov  Mavatsa^ 
lxg>Qaaig  etxovKffidTwv  iv  iiaqiiaQtft  xvxXoxeQtX^  xaxd  f.iä(rov  fi^v  ivnovvxiOf 
%rjv  Y^v  iv  lioQiffi  yvvaixog,  xvxXfp  J^  naQovrwv  onwQwv  xai  Ttvcor  t^Mf 
xJ^aXaaaiwv  xai  aXXoav  iiaq^oQcov,  Auf  dasselbe  Bild  bezieht  sich  das  (Ge- 
dicht des  Manuel  Philes  über  das  Bild  der  Erde,  welches  B.  Stark  her- 
ausgegeben hat;  doch  hat  Philes,  wie  es  scheint,  nicht  das  Bild  selbst^ 
sondern  die  Beschreibung  des  Manasses  (schwerlich  eine  gemeinsame  alters. 
Quelle)  vor  sich  gehabt  und  dieselbe,  wie  er  es  auch  mit  anderen  Werken  that^ 
in  Trimeter  übertragen.  Einige  Verse  des  Philes  helfen  sogar  eine  handschrift- 
liche Lücke  der  Prosaschilderung  ergänzen.  Noch  unediert  sind  folgende 
Essais:  1.  Eine  Klagerede  über  den  Tod  seines  Singvogels:  Movtpdia  iTÜ 
Tfp  MTQoyXrjvfi)  (was  ist  das  für  ein  Vogel?)  avrov  Te&vrjxoTi.  Ob  Manasses 
etwa  das  schöne  Lied  des  Catull  Lugete,  o  Veneres  Cupidinesque  durch 
irgend  eine  Mittelquelle  gekannt  hat,  wird  bei  Veröffentlichung  des  Textes 
zu  untersuchen  sein.  Er  steht  in  den  Codd.  Vindob.  philol.  gr.  149 
(Nessel),  Laur.  Conv.  soppr.  627  und  Bodl.  Barocc.  131  fol.  174. 
2.  Eine  Beschreibung  eines  Mosaikbildes,  welches  darstellte,  wie  der 
Kyklope  die  Gefährten  des  Odysseus  zerreisst,  während  Odysseua 
ihm  einen  Schlauch  Wein  darreicht:  ^ExipQaaiq  eixoviaiidxwv  iv  <iiaQiAdQ<(> 
xvxXoT€Q€i  (Hs:  xvxXoTäQcüi)  xazd  fjiiaov  fxkv  ixovTiov  KvxXtona  tovg  Örfwr- 
(Tfoüg  itaiQovg  diaanaQd(S(Sovxa  xai  iaO-iovra  xai  ^OSvaaia  oivov  d(rx6v  ns^^ 
g^äQovra  xai  Ss^iovfievov  niaei  tov  KvxXwna^  im  Cod.  Barber.  gr.  II  61 
fol.  107  (wohl  identisch  mit  der  Hs  aus  der  Bibliothek  des  Kardinals 
Sirlet,  welche  E.  Miller,  Catalogue  des  mss  de  la  bibliothäque  de  l'Escurial, 
Paris  1848  S.  312  nach  dem  alten  Kataloge  notiert).  3.  Eine  Schilde- 
rung des  Fangs  von  Distelfinken  und  Zeisigen  (?)  ('ExipQaaig  dlniaetog 
amvwv  xai  dxav^tdcov)  in  den  Codd.  Escur.  Y.  IL  10  fol.  294^—296^  und 
Vatic.  ürb.  134,  s.  15,  fol.  217—221.  4.  Eine  Schilderung  eines 
kleinen  Menschen  (Exifqaaig  dv&Qdnov  fxixQov)  im  Cod.  Escur.  Y.  11. 
10  fol.  506^—507^  (s.  E.  Müler  a.  a.  0.  S.  211  und  217).  5.  Eine 
Schilderung  einer  Jagd  auf  Kraniche  ('Exg^Qacig  xvvrjyeahv  y^Qdvwv) 
im  Cod.  Bodl.  Barocc.  131  fol.  180^— 182\  6.  Hieher  gehören  endlich 
ein  Brief  an  Kaiser  Manuel  Komnenos  im  Cod.  Bodl.  Barocc.  131 
fol.  182^ — 184^  und  eine  ziemlich  umfangreiche  Abschiedsepistel  an 
einen  Bittschriftenreferenten  Nikephoros  im  Cod.  Barb.  gr.  11 
61    fol.    107^ — 112,    wo    die    zum    Teil    unleserliche    Überschrift  lautet: 

TOV XVQOV   x(av(S%av%ivov   tov   iiavaaüfj  nQog  tov   dnoi^ 

XOfiievov   im   toSv   derjaewv    xvqov    vixrj(f6Q0V    tov  .  .    ofiv tov 

xaifTaQog. 

5.  Endlich  wurde  dem  Manasses  von  E.  Miller   ein  im  Cod.  Paris. 
2750   anonym  überliefertes   moralisches  Lehrgedicht  (916  politische 


8.  Geschiohtschreiber  und  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  155)  37g 

Fünfisehnsilber  in  100  Kapiteln)  zugeschrieben.  Die  Annahme  stützt  sich 
auf  sprachliche  Anklänge  und  auf  die  Beobachtung,  dass  mehrere  Stellen 
des  Werkes  mit  Fragmenten  des  Romanes  identisch  sind,  so  dass  also 
Manasses  sich  hier  selbst  kopiert  hätte.  Mehr  gegen  als  fUr  die  Hypothese 
spricht  der  Umstand,  dass  dieselbe  Handschrift  noch  ein  zweites,  eben- 
falls in  100  Kapitel  geteiltes  Moralgedicht  enthält.  Immerhin  bleibt  die 
enge  Verwandtschaft  des  Werkes  mit  Manasses  zweifellos;  wenn  es 
nicht  von  ihm  selbst  stammt,  gehört  es  sicher  einem  seiner  Bewunderer 
und  Nachahmer.  Das  Gedicht  handelt  in  buntester  Reihenfolge  über 
Tugenden,  Laster,  Gewohnheiten,  Begriffe  und  Zustände  z.  B,  über  Treue, 
Hoffnung,  Liebe,  Neid,  Zorn,  Jungfemschaft,  Tapferkeit,  die  Seele,  Schaden- 
freude, Versuchungen,  Selbsterkenntnis  u.  s.  w.  Es  erscheint  somit  als 
eine  ins  Breite  getretene  und  durch  allerlei  Zuthaten  (auch  Sprichwörter 
wie  V.  620  f.)  aufgebauschte  Sentenzensammlung  und  ist  mit  den  didak- 
tischen Werken  des  Spaneas,  Lapithes,  Sachlikis  u.  s.  w.  zu  vergleichen. 

1.  Chronik:  A.  Ausgaben:  Ed.  pr.  J.  Meursius,  Lugduni  Bat.  1616.  —  Ed.  A. 
Fabrotns,  Paris  1655.  —  Ed.  I.  Bekker,  Bonn  1837  (mit  Joel  und  Georgios  Akro- 
polites).  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  127,  216—472. 

B.  Uebersetzungen:Lateinisch(  vor  der  Veröffentlichung  des  griechischen  Textes) 
von  Job.  Löwenklau:  Annales  Constantini  Manassis  nunc  primum  in  lucem  prolati  et 
de  graecis  latini  facti  per  lo.  Levvenclaivm,  Basel  1573.  —  Zur  slavischen  üeber- 
Setzung:  Y.  Jagi6,  Arch.  slav.  Phil.  2  (1877)  12  ff.  —  Joan  Bogdan,  Vechile  cronice 
Moldovenesci  pana  la  Urechia,  Bukarest  1891  S.  75  ff.  —  Einige  Abbildungen  aus  dem 
vaticaniscben  Codex  der  slavischen  Uebersetzung  (Cod.  slav.  2)  bei  G.  Schlumberger, 
Nic^phore  Phocas  S.  567,  571,  573,  575.  Die  ebenda  S.  569  Anm.  zitierten  Beschreibungen 
der  vaticanischen  Hs  im  Joum.  Min.  1839  Bd  22  und  bei  Vestckov  (?),  Beschreibung  der 
Has  des  Rumjancevmnseums,  sind  mir  unzugänglich. 

C.  Hilfsmittel:  F.  Hirsch,  Byzantinische  Studien  S.  404—412.  —  üeber  Manasses 
als  Quelle  der  Pianudeischen  Exzerpte  vgl.  H.  Haupt,  Hermes  14  (1879)  36—64;  291—297; 
430—446;  15  (1880)  160.  —  B.  A.  Mystakides,  Byzantinisch-deutsche  Beziehungen  zur 
Zeit  der  Ottonen,  Stuttgart  1891  S.  90  f.  (Verteidigung  der  Chronik  in  formaler  Hinsicht). 
—  C.  de  Boor,  Römische  Eaisergeschichte  in  byzantinischer  Fassung.  HI.  B.  Z.  2  (1893) 
202—208.  —  E.  Patzig,  Johannes  Antiochenus  Fr.  200  Salm,  und  Prokop,  B.  Z.  2  (1893) 
593.  —  Proben  aus  der  mit  Manasses  verwandten  vulgärgriechischen  Weltchronik  gab, 
ohne  den  Znsammenhang  mit  Manasses  zu  bemerken,  nach  den  Codd.  Marc.  VII  20 
und  18  I.  Bekker,  Abb.  Berl.  Ak.  1841  S.  54  ff.  und  64.  —  Genauere  Untersuchungen 
über  die  Rezensionen,  Hss  und  Quellenverhältnisse  dieser  Weltchronik  bei  K.  Pracht  er, 
Eine  vulgärgriechische  Paraphrase  der  Chronik  des  Konstantinos  Manasses,  B.  Z.  4  (1895) 
272—313.  —  Zur  rumänischen  Bearbeitung  dieser  Weltchronik:  M.  Gaster,  Die  rumä- 
nische Version  der  trojanischen  Sage,  B.  Z.  3  (1894)  528  -552  (deutsche  Uebersetzung  der 
Troika  ans  der  Weltchronik).  —  Dazu  vgl.  Karl  Prächter,  Das  griechische  Original  der 
rumänischen  Troika,  B.  Z.  4  (1895)  519—546,  und  V.  Istrin,  Beiträge  zur  griechisch- 
■lavischen  Chronographie,  Arch.  slav.  Phil.  17  (1895)  416—429. 

D.  Ueberlieferung:  Sehr  zahlreiche  noch  wenig  gesichtete  Hss.  —  Ueber  einen 
alten  Codex,  der  eine  metrische  Fortsetzung  der  Chronik  bis  1204  enthält,  berichtet  Franz 
Camont,  Chroniques  Byzantines  du  manuscrit  11376.  Anecdota  Bruxellensia  1  (=  Re- 
eaefl  de  trayaux  publik  par  la  facultä  de  philosophie  et  lettres  de  Tuniversit^  de 
Gand.  9.  fasc.).  Gand,  Clemm  1894  S.  10  ff.  -  Kollationsprobe  aus  Cod.  Athens  1580, 
8.  14,  bei  Sp.  Lambros,  Catalogue  of  the  greek  mss  on  Mount  Athos  1  (1895)  136.  — 
Zu  den  ältesten  Hss  gehören  die  Codd.  Athen.  1207  und  1217,  s.  13.  —  Im  Cod. 
Arundel.  (British  Mus.)  523,  a.  1313,  gehen  der  Chronik  als  Prooemion  60  Verse  eines 
gewissen  Michael  Lukudes  voraus.  —  Wie  aus  dem  Romane,  so  wurde  auch  aus  der 
Chronik  des  Manasses  eine  Sammlung  der  sentenziösen  Stellen  veranstaltet.  Sie 
steht  im  Cod.  Bodl.  Miscell.  285  s.  16  fol.  1""— 9. 

2.  Roman  (Fragmente):  A.Ausgaben:  Ed.  Fr.  Boissonade,  Paris  1819  (mit  Niketas 
Eogenianos).  --  Ed.  R.  Horcher,  Scriptores  erotici  graeci  vol.  II,  Leipzig,  Bibliotheca 
Teabneriana  1859. 

B.  Hilfsmittel:  R.  Horcher,  Hermes   7  (1873)  488  f.,  wo  eine   neue  Kollation 


380  Bysantmisohe  litteratargesohiohte.    I.  Prosaiaohe  littermtnr. 

des  Cod.  Marcianus  mitgeteilt  wird.  —  Noch  unverwertet  ist  der  Cod.  Vindob.  phiL 
gr.  306  (Nessel),  welcher  fol.  1  — 16*^  unter  dem  Titel  rytofuxa  ix  rtjg  ßißXov  tov  0O(p»^ 
xttxov  xvQov  Kiovatavxlvov  xov  Mavaaarj  eine  erheblich  gi^ssere  Anzahl  von  Versen  ans 
dem  Romane  enthält  als  der  von  Boissonade  und  Horcher  benutzte  Marcianus.  Denselben 
Text  wie  der  Cod.  Vindob.  enthält  der  Cod.  Monac.  gr.  281,  s.  16,  fol.  144— 163^  Aus  dem 
Roman  stammen  wohl  auch  die  sentenziösen  Verse  des  Manasses  im  Cod.  Bodl.  Tbomae 
Roe  18  a.  1349  fol.  451.  Eine  neue  Ausgabe  auf  Grund  dieser  Hss  in  Vorbereitung  yon 
E.  Krumbacher. 

3.  Biographie  des  Oppianos:  £d.  A.  Westermann,  BioyQd(poi,  Braunschweig 
1857  S.  67 ;  über  Hss  und  ältere  Ausgaben  s.  die  Prolegomena  S.  IX  f.  —  Vgl.  Th.-Henri 
Martin,  Etudes  sur  la  vie  et  les  oeuvres  d'Oppien  de  Cilicie,  Paris  1863  S.  15  ff.  — 
Ad.  Aus  fei  d,  De  Oppiano  et  scriptis  sub  eins  nomine  traditis,  Gotha  1876  S.  7  ff.  — 
Noch  unbenutzt  ist  der  Cod.  Marc.  479,  s.  XII,  fol.  67^ -68^  aus  welchem  die  zwei 
Codd.  Paris.  2736,  s.  XV,  und  2737,  s.  XVI,  wie  mir  eine  Vergleichung  ergeben  hat,  ab* 
geschrieben  sind. 

4.  Rhetorische  Sachen:  Die  Ekphrase  des  Bildes  der  Erde  ed.  pr.  aus  dem  em- 
zigen  Cod.  Marc.  412  R.  Horcher  in  den  Memorie  dell*  instituto  di  corrispondenza  archeo- 
logica,  Yolume  secondo,  Leipzig,  F.  A.  Brockhaus  1865  S.  491 — 500.  —  Die  Monodie  auf 
den  Astroglenos  wollte,  wie  es  scheint,  Fr.  Boissonade  edieren;  vgl.  seine  Anecdota 
Nova  S.  334  Anm.  1.  —  Eine  Gesamtausgabe  wäre  erwünscht. 

5.  Moralgedicht:  Ed.  Emm.  Miller,  Annuaire  de  l'assoc.  9  (1875)  23—75. 

6.  Unter  dem  Namen  des  Manasses  steht  im  Cod.  Vindob.  phil.  gr.  149  (Nessel) 
fol.  158  ff.  ein  astronomisches  Gedicht  in  politischen  Versen.  Es  ist -jedenfalls  das- 
selbe Werk,  welches  unter  dem  Namen  des  Manasses  bei  K.  Daponte,  Ka&QBnrtjg  yvyaueuy 
2  (Venedig  1766)  394—396  (mir  unzugänglich)  ediert  ist.  Allein  dieses  Gedicht  wird  in 
anderen  Hss  wohl  mit  Recht  dem  Theodoros  Prodromos  zugeschrieben  und  ist  unter 
seinem  Namen  von  E.  Miller,  Not.  et  extr.  23  (1872)  2,  1—39  ediert  worden.  S.  §  Theo- 
doros Prodromos  Nr.  7. 

7.  Ein  aus  einem  Martyrium  stammendes  Fragment  steht  mit  der  Ueber- 
schrift  Tov  jnavaffay  im  Cod.  Marc.  XI  31  (zwischen  1282  und  1328  geschrieben)  fol.  290^ 
Der  Name  des  Märtyrers  wird  nicht  genannt;  da  aber  von  der  tpdXay^  rtoy  a9XfjTtdy  die 
Rede  ist,  kann  es  sich  nur  um  das  Martyrium  einer  jener  Gruppen  handeln,  die  z.  B.  in  der 
Bibliotheca  Bagiographica  Graeca  Bolland.,  Brüssel  1895  S.  85  ff.  aufgezählt  sind.  Die 
Anfangsworte  des  Fragments  lauten:  Toiavtai  (Jikv  ai  tov  tv^yyov  dfjfdrjyoQiai. 

8.  Aus  dem  ungedruckten  Kataloge  der  Vaticana  habe  ich  die  Notiz,  dass  der  Cod. 
Vatic.  gr.  915  fol.  45  unter  dem  Namen  des  Konstantinos  Manasses  Ixixoi  eig  rrjy  rov 
JttQsiov  vTio&Baiy^  beginnend  Uegctüv  ot  xQaxMXBvoyxBg^  enthält.  Was  es  hiemit  für  eine 
Bewandtnis  hat,  vermag  ich  nicht  zu  sagen,  da  ich  die  Hs  wie  leider  so  viele  andere  vati- 
canische  Hss  aus  Mangel  an  Zeit  nicht  einsehen  konnte.  In  der  Chronik  ist  der  notierte 
Versanfang  nicht  zu  finden. 

9.  Im  Cod.  Bodl.  Barocc.  131  fol.  175  stehen  nach  des  Manasses  Ekphrase  auf 
den  Tod  seines  Singvogels  72  politische  Verse  an  seine  Seele  (Beginn:  6  naXat 
ßXiiaag  vdara  nexgag  i$  dxQorofÄOv)  und  ein  Brief  an  einen  Kaiser,  die  von  H.  O. 
Coxe,  Catalogi  codicum  mss  bibl.  Bodl.  p.  1  (1853)  217  vermutungsweise,  aber  ohne  er- 
sichtlichen Grund  ebenfalls  dem  Manasses  zugeteilt  werden.  Das  erste  Stück  steht  viel- 
leicht in  Beziehung  zur  Dioptra  des  Philippos  Solitarius.  —  In  derselben  Hs  fol.  484 
stehen  nach  dem  Katalog  von  Coxe  S.  230  „Formulae  paroemiales  supremarum  tabularum, 
quarum  tertia  est  Nicephori  Blemmidae  et  quarta  Constantini  Manassis  in  transitu 
imperatoris*.  Was  es  mit  diesen  Formeln  für  eine  Bewandtnis  hat,  bedarf  der  Unter- 
suchung. 

10.  Verschollen  ist  ein  jambisches  Gedicht  des  Manasses,  das,  wie  es  scheint, 
'OdoinoQtxoy  betitelt  war  und  aus  mindestens  zwei  Büchern  bestand.  Wir  wissen  von  ihm 
nur  durch  Leo  Allatius,  der  im  Kommentar  zu  Georgios  Akropolites  Paris  1651  S.  201 
(S.  205  ed.  Bonn.)  aus  ,Constantinus  Manasses  lib.  2  Odoeporici*  sechs  Trimeter  anftüirt: 

^  y^  BvJ^ayxlgi  w  noXig  tQ^aoXßiuy 
offx^ttXfxh  xrjg  yrjgy  xoofJiB  trjg  oixovfi^yrjg  etc. 
Wahrscheinlich  steckt  das  Werk  in  einer  Hs  des  Antico  fondo  Vaticano. 

11.  Im  Cod.  Monac.  gr.  201,  s.  13,  fol.  97,  steht  ein  kleiner  Hymnus  auf  die  hl. 
Jungfrau  mit  der  Ueberscbrift:  Tot;  fAayaaaij  xvqov  xwvarayrlyov. 

156.  Michael  Glykas  {MixarjX  r  rXvxag)  wurde  im  ersten  Drittel 
des  zwölften  Jahrhunderts  geboren  und  lebte  bis  gegen  das  Ende  des 
Jahrhunderts.    Im  Jahre  1159   wurde  er  in  einen  nicht  näher  bekannten 


2.  Gesohichtschreiber  und  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  156)  ggl 

politischen  Prozess  verwickelt  und  eingekerkert;  aus  dem  Gefängnis  richtete 
er  an  Kaiser  Manuel  ein  uns  erhaltenes  Bittgedicht  in  der  Volks- 
sprache. Trotzdem  mit  Blendung  bestraft,  die  aber  offenbar  in  der  mil- 
desten Form  ausgeführt  wurde,  wandte  er  sich,  nachdem  er  infolge  seiner 
Verurteilung  in  Not  und  Elend  geraten  war,  im  Jahre  1164  abermals  an 
den  Kaiser,  indem  er  ihm  eine  mit  theologischen  Deutungen  in  politischen 
Versen  ausgestattete  Sammlung  volksmässiger  Sprichwörter  unter- 
breitete, der  als  Prolog  und  Epilog  ein  Lob-  und  Bittgedicht  beigefügt  waren. 
Etwas  später  verfasste  er  eine  populäre  Weltchronik.  Endlich  verwertete 
er  im  siebenten  und  achten  Jahrzehnt  des  zwölften  ^Jahrhunderts  seine  natur- 
wissenschaftlichen und  theologischen  Studien,  die  schon  in  den  Sprich wörter- 
allegorien  und  in  der  Chronik  deutlich  hervortreten,  zur  brieflichen 
Beantwortung  zahlreicher  an  ihn  wirklich  gerichteter  oder  fingierter  An- 
fragen über  theologische  Gegenstände.  Durch  einige  dieser  Briefe  suchte 
er  sich  wohl  die  Gunst  hochgestellter  Personen  zu  erwerben  oder  zu  er- 
halten, nachdem,  wie  es  scheint,  seine  Versuche,  sich  dem  Kaiser  selbst 
zu  nähern,  endgültig  gescheitert  waren.  Über  die  Abkunft  des  Glykas 
berichten,  wenn  wir  Labbaeus  glauben  dürfen,  die  handschriftlichen  Titel 
übereinstimmend,  er  sei  Sizilier  {^ixehcizrjg)  gewesen.  An  sich  würde  das 
nicht  auffallen;  doch  habe  ich  keine  Handschrift  gesehen,  in  der  Glykas 
Sizilier  genannt  wird;  in  einer  Handschrift  aber  findet  sich  eine  positive 
Angabe,  die  der  von  Labbaeus  mitgeteilten  widerspricht.  In  dem  Codex 
des  Klosters  täv  KXijfxadcov  auf  dem  Olympos,  nach  welcher  Euthymiades 
einen  Teil  der  Chronik  veröffentlicht  hat,  soll  ein  auch  in  anderen  Hand- 
schriften ähnlich  wiederkehrendes  Titelepigramm  folgende  zwei  Schluss- 
verse enthalten: 

KBQxvQag  &Qifi(Jia  xai  xov  xonfiov  ro  &avfia, 
üO  ydg  vnaQxeig  6  avyyQtt(psi)g  tfjg  ßlßXov, 

Wenn  diese  Verse  authentisch  sind,  wäre  Korfu  die  Heimat  des  Glykas.  *) 
Seine  äussere  Stellung  war  den  handschriftlichen  Titeln  zufolge  die  eines 
Sekretärs  {yQafAixaTix6g)J)   Das  ist  alles,  was  sich  über  das  äussere  Leben 
des  Glykas  feststellen  lässt.     Aus  seinen  Werken  erkennen  wir,  dass  er 
belesen  war,  ohne  jedoch  jene  feinere  litterarische  Bildung  zu  besitzen,  die 
im  Komnenenzeitalter  nicht  selten  war.     Dass  er  in  den  Handschriften 
tiefgelehrt  und  hochweise  {loyioirarog,  aoffciratog)  genannt  wird,  will  nicht 
viel  besagen.    Glykas  gehört  vielmehr  zu  den  in  Byzanz  ziemlich  seltenen 
Vertretern    einer    volkstümlichen   Bildung   und   Geistesrichtung.      In    der 
Komnenenzeit,   in   welcher    der    pedantische   Klassizismus   jede   populäre 
Regung  mit  dem  Stigma  der  Unbildung  brandmarkte  und  gewaltsam  nieder- 
drückte,  ist  eine    solche    Erscheinung  doppelt  interessant.      Es   gehörte 
einiger  Mut  dazu,  dem  damals  immer  mächtiger  anwachsenden  Strome  der 
archaisierenden  Sprache  und  Litteratur  entgegenzutreten.    In  den  mass- 
gebenden Kreisen  konnte  ein  Mann  mit  so  ketzerischen  Neigungen  sein 
Glück  nicht  machen.     Um  so  grösser  war  sein  Einfluss   auf  die  breiten 
Schichten    des  niederen  Klerus  und  des  Volkes.     Ihren  Geschmack  hat 


')  £.  Legrand,  Bibl.  gr.  vulg.  1  Introd. 
S.  XX. 


«)  Vgl.  S.  279  Anm.  1. 


882  Byzantinisohe  Litteratnrgesobichte.    L  Prosaiflobe  Lüteratnr* 

Glykas  wie  einst  MalaJas  richtig  getroffen.  Das  beweist  die  reichliclie 
Verbreitung  seiner  Chronik  und  seiner  theologischen  Briefe.  So  ist  das 
iitterarische  Lebenswerk  dieses  Mannes  nur  zu  verstehen,  wenn  man  es 
zusammenhält  mit  Bestrebungen  und  Leistungen  von  Chronisten  wie  Malalas, 
Theophanes  und  Georgios  Monachos,  mit  theologischen  Autoren  wie  Johannes 
Klimax,  mit  dem  Glykas  auch  die  Vorliebe  für  das  volksmässige  Sprich- 
wort gemeinsam  hat,  endlich  mit  Anhängern  der  Vulgärsprache  wie  Ptocho- 
prodromos. 

1.  Das  Hauptwerk  ^des  Glykas  ist  seine  Weltchronik:  Tov  xvqov 
Mixarjk  TOV  FXvKa  ßißlog  XQ^'^'^^V-  Sie  zerfallt  in  vier  Teile,  von  denen 
der  erste  die  Schöpfungsgeschichte,  der  zweite  die  jüdisch-orientalischen 
Dinge,  der  dritte  die  römische  Zeit  bis  auf  Konstantin  den  Grossen,  der 
vierte  die  Geschichte  der  folgenden  Kaiser  bis  auf  des  Alexios  Komnenos 
Tod  (1118)  behandelt.  Das  Hauptbestreben  des  Glykas  ist,  wie  er  in 
einer  Vorbemerkung  verrät,  möglichste  Kürze.  Diesem  Grundsatze  bleibt 
er  auch  getreu,  freilich  nicht  in  dem  Sinne,  dass  er  uns  nur  die  wich- 
tigsten Thatsachen  summarisch  aufzählte  und  so  ein  Gerippe  der  Welt- 
geschichte gäbe;  vielmehr  werden  viele  der  wichtigsten  Dinge,  besonders 
kriegerische  Ereignisse,  nur  wenig  und  obenhin  berührt,  während  auf  natur- 
historische, anekdotenhafte  und  theologische  Digressionen  unverhältnis- 
mässig viel  Raum  verwendet  ist.  Der  Grundton  ist  also  derselbe  wie 
in  den  übrigen  Weltchroniken.  Doch  unterscheidet  sich  von  ihnen  das 
Werk  des  Glykas  durch  einige  sehr  erhebliche  Eigenheiten.  Er  war  offenbar 
weder  mit  den  zu  seiner  Zeit  landläufigen  älteren  Chroniken  des  Theo- 
phanes, Georgios  Monachos,  Symeon  u.  a.  noch  mit  den  damals  eben 
veröffentlichten  Werken  eines  Zonaras  und  Manasses  zufrieden  und  hielt 
es  für  notwendig,  dem  Bedürfnis  der  Jugend  und  der  weiteren  Kreise 
ein  wirklich  neues  Buch  zu  bieten.  Daher  kommt  es,  dass  er  in  der  Aus- 
wahl, Disposition  und  Bearbeitung  des  weltgeschichtlichen  Stoffes  der  vor- 
ausgehenden Chronographie  gegenüber  eine  überraschende  Selbständigkeit 
beweist.  Glykas  allein  hat  den  Gedanken  gehabt,  in  die  Schöpfungs- 
geschichte, die  er  mit  der  grössten  Ausführlichkeit  schildert,  die  Weisheit 
des  Physiologus  einzuflechten,  und  wir  wären  ungerecht,  wenn  wir  den 
Einfall,  den  trockenen  Chronikenstoff  durch  die  im  ganzen  Mittelalter  so 
beliebte  Fabelzoologie  zu  beleben,  nicht  glücklich  fänden.  Ausser  den 
Geschichten  des  Physiologus  hat  Glykas  in  seine  Erzählung  von  der  Er- 
schaffung der  Steine,  Pflanzen  und  Tiere  naturwissenschaftliches  Material 
aus  Aelian  und  wohl  auch  aus  anderen  Quellen  eingeschaltet.  Mit  jener 
Schöpfungsgeschichte,  welche  Symeon  und  seine  Nachfolger  ihren  Chroniken 
vorausschickten,  hat  das  erste  Buch  des  Glykas  also  nichts  zu  thun.  Eine 
weitere  Eigentümlichkeit  der  Chronik  besteht  in  den  ungewöhnlich  ausführ- 
lichen theologischen  Erörterungen,  die  grösstenteils  aus  Väterstellen 
bestehen  und  einer  Katene  vergleichbar  sind.  Die  naturhistorischen  und 
theologischen  Exkurse  sind  bei  Glykas  so  reichlich,  dass  der  Chroniken- 
charakter auf  lange  Strecken  völlig  verloren  geht.  Eine  dritte  Eigenheit 
der  Chronik  besteht  in  der  paränetischen  Einkleidung.  Glykas  widmet 
nicht  nur  das  Werk  seinem  Sohne,   den  er   in  dem  kurzen  Vorworte  als 


8.  Oesohiohtsohreiber  und  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  156)  383 

sein  ,  liebstes  Eind*  anredet,  sondern  behält  die  Form  der  belehrenden 
Mitteilung  an  denselben  auch  im  Verlaufe  des  Werkes  bei.  Durch  die 
häufigen  Anreden  (wie  JlQcaexe  ayanrjfiä^  "Oqu  da,  EtSävat  o^siksiq  u.  s.  w.) 
entsteht  ein  vertraulicher  persönlicher  Ton,  welcher  von  der  sonst  in  den 
Chroniken  üblichen  Erzählungsform  vorteilhaft  absticht. 

Die  Untersuchung  der  Quellen  des  Glykas  wird  einigermassen  da- 
durch erleichtert,  dass  er  sich  bei  jeder  Gelegenheit  auf  die  Autoritäten 
seiner  Mitteilungen  beruft,  wobei  freilich  noch  inmier  zu  prüfen  ist,  ob 
wir  es  nicht  mit  Scheinzitaten  zu  thun  haben.  Für  die  Schöpfungs- 
geschichte nennt  er  die  bekannten  Kirchenväter  wie  Justin,  Basilios, 
Johannes  Chrysostomos,  Theodoretos,  Maximos,  Johannes  von 
Damaskos,  Anastasios  Sinaites,  auch  weniger  berühmte  wie  Patrikios 
von  Prusa  u.  s.  w.  In  erster  Linie  sind  natürlich  die  Autoren  berück- 
sichtigt, welche  über  das  Hexaämeron  geschrieben  haben.  Charakteristisch 
für  die  Geistesrichtung  des  Glykas  ist  es,  dass  er  neben  den  anerkannten 
kirchlichen  Autoritäten  auch  den  volkstümlichen  Roman  Barlaam  und 
Joasaph  als  Beleg  anführt.  Für  die  historische  Zeit  benützte  er  den 
Kedrenos,  den  Zonaras  und  für  die  Geschichte  seit  811  den  Skylitzes 
neben  Zonaras,  wobei  manchmal  schwer  zu  unterscheiden  ist,  ob  ein  Stück 
aus  Zonaras  oder  aus  seiner  Vorlage  Skylitzes  stammt.  Zweifellos  hat 
Glykas  auch  die  Yerschronik  des  Manasses  beigezogen,  wie  manche  un- 
versehrte Verse  und  Halbverse  beweisen.  Endlich  hat  er  den  Psellos 
und  für  einige  Nachrichten  noch  Spezialschriften  wie  die  vielgelesene  Bio- 
graphie des  Patriarchen  Ignatios  von  Niketas  dem  Paphlagonier  ver- 
wertet. In  der  Art  seiner  Quellenbenützung  erhebt  sich  Glykas  nicht 
über  andere  Chronisten;  manchmal  sind  ihm  infolge  seiner  Flüchtigkeit 
sogar  grobe  Versehen  begegnet. 

2.  Weitere  Prosaschriften  des  Glykas  sind  seine  populartheologi- 
schen  Briefe  und  ein  grösseres  theologisches  Werk  in  zwei  Büchern ; 
vgl.  S.  88.    In  den  Briefen  beantwortet  er  zum  Teil  Fragen,   die  schon 
in  der  Chronik  vorkommen.   Soweit  sie  dort  ausführlicher  behandelt  waren, 
hat  er  einfach   die  betreffenden  Abschnitte  mit  unwesentlichen  redaktio- 
nellen Änderungen,   wie  sie  durch  die  Form  des  Briefes  bedingt  waren, 
aus  der  Chronik  herübergenommen.   Ebenso  stammen  mehrere  historische 
Ezempel,  die  er  in  einem  Brief  anführt,  aus  seiner  eigenen  Chronik.  Auch 
die  volkstümliche   Anschauung,   die   Vorliebe   für    naturwissenschaftliche 
Allegorien,  die  Lust  an  Sprichwörtern   und  gewisse  stilistische  Eigentüm- 
lichkeiten haben  die  Briefe  mit  der  Chronik  gemeinsam.    Dass  die  Briefe 
in  einigen  jüngeren    Handschriften   dem   Johannes  Zonaras  zugeteilt 
werden,  beruht  zweifellos  auf  Irrtum.   Das  beweisen  die  eben  angeführten 
Thatsachen,  vor  allem  der  Umstand,  dass  in  der  Briefsammlung,  die  einen 
durchaus  einheitlichen  Charakter  hat,  die  Chronik  des  Glykas  benützt  ist. 
Die  Annahme,  dass  Zonaras  aus  einer  volksmässigen  Chronik  Material  ge- 
zogen habe,  die   zum  Teil  aus   seiner  eigenen  Weltgeschichte  geschöpft, 
also  nach  derselben  entstanden  ist  und  zudem  in  den  übereinstimmenden 
Partien  eine  wesentliche  Vergröberung  derselben  darstellt,  ist  ganz  wider- 
sinnig.  Dazu  kommt,  dass  mehrere  annähernd  datierbare  Briefe  aus  dem 


384  Byiantinisohe  Litteraiurgesohiohte.    I.  Prosaiadhe  Litteraiur. 

drittletzten,  vielleicht  sogar  aus  dem  vorletzten  Jahrzehnt  des  12.  Jahm 
hunderts  stammen,  einer  Zeit,  in  welcher  Zonaras  schwerlich  noch  gelebt  haL! 
Die  Adressaten  der  Briefe  sind  grösstenteils  unbekannte  Mönche  und  Laien»' 
Sicher  zu  identifizieren  sind:  1.  Der  Grosshetariarch  und  Sebastos  Johannes 
Dukas,  ein  bedeutender  Mann,  dessen  militärische  und  politische  Thätig» 
keit  (c.  1149 — 1190)  uns  ziemlich  genau  bekannt  ist.  2.  Andronikoa 
Palaeologos,  der  von  Kaiser  Andronikos  Komnenos  (1183 — 1185)  zum 
Heerführer  gegen  die  Normannen  bestimmt  wurde.  3.  Der  Sebasto-- 
krator  Manuel  Komnenos,  ein  Sohn  des  Kaisers  Andronikos  Komnenoai 

4.  Alexios  Kontostephanos,   der  unter  Kaiser  Manuel  im  Jahre  116t 
als  General  diente  und  1166  an    der  Synode  zu  Konstantinopel  teilnahm. 

5.  Der  Pansebastos  Sebastos  Konstantinos  Palaeologos,  der  eben-' 
falls  als  Teilnehmer  der  im  Jahre  1166  zu  Konstantinopel  abgehaltenei 
Synode  bekannt  ist.  Früher  haben  ihn  einige  Gelehrte  wie  Oudinns^ 
Lamius  u.  a.  irrtümlich  mit  dem  Kaiser  Konstantin  IX  Palaeologus  identi- 
fiziert und  darnach  den  Glykas  ins  15.  Jahrhundert  gesetzt.  6.  Theodora, 
eine  Nichte  des  Kaisers  Manuel;  sie  ist  zweifellos  jene  von  Niketas  Ako- 
minatos  wegen  ihrer  Verschwendung  und  Anmassung  getadelte  Mätresse 
des  Kaisers  Manuel,  die  am  byzantinischen  Hofe  die  Rolle  einer  kleinen 
Pompadour  spielte.  Diese  offenbar  sehr  temperamentvolle  Nichte  und 
Mätresse  in  einer  Person  hatte  einen  Mord  aus  Eifersucht  begangen  und 
verzweifelte  deshalb  an  ihrem  Seelenheil;  da  nahte  ihr  Glykas  als  Spender 
geistlichen  Trostes  und  suchte  in  einer  ausführlichen  Epistel  die  fürstliche 
Mörderin  durch  christliche  Ermahnungen  und  durch  Beispiele  bekehrter 
Sünder  aus  der  byzantinischen  Geschichte  zu  beruhigen.  Interessant  ist 
ein  Brief  an  einen  unbekannten  Mönch,  in  welchem  Glykas  unterthänig, 
aber  entschieden  eine  Schrift  des  Kaisers  Manuel  über  die  astrologische 
Geheimlehre  bekämpft. 

3.  Über  das  vulgärgriechische  Kerkergedicht  und  die  Sprich- 
wörtersammlung mit  ihren  metrischen  Beigaben  vgl.  die  Paragraphen 
, Michael  Glykas**  und  „Sprichwörter**  im  Abschnitte  „Vulgärgriechische 
Litteratur**. 

1.  Ausgaben  der  Chronik:  Zuerst  eine  lateinische  Uebersetzung:  Annales  Michaelis 
Glycae  Siculi  etc.  nunc  primum  Latinam  in  linguam  transcripti  et  editi  per  Jo.  Lean- 
cl avium,  Basileae  1572.  —  Vom  griechischen  Texte  zuerst  das  StQck  von  Julius  Caesar 
bis  auf  Konstantin  den  Grossen  unter  dem  Titel:  Theodori  Metochitae  historiae  Romanae  a 
Julio  Caesare  ad  Constant.  M.  liber  singularis,  Joannes  Meursius  primus  vulgavit  et  in 
linguam  Latinam  transtulit  etc.,  Lugduni  Batavorum  1618.  Die  Zuteilung  des  Sttickes  an 
den  Lehrer  des  Nikephoros  Gregoras,  den  vielseitig  gebildeten  Theodoros  Metochites 
(t  1332)  beruht  darauf,  dass  die  von  Meursius  benützte  Handschrift  den  Titel  trug:  Tov 
XoyiiazaTOv  xai  üotpiaxtitov  Geoduigov  tov  Mstoj^Itov  X9^*^^*oy  dno  xtiuBto^  xoüfiov  (fte^foy 
usQi  xe  ovgayov  xai  xrjg  yijg  etc.  S.  die  Beschreibung  dieser  später  nach  Berlin  gelangten 
Handschrift  von  Friedr.  Bodenburg,  Miscellanea  Lipsiensia  12  (1723)  S.  20—31,  wo 
Meursius  verteidigt  und  mit  unzulänglichen  Gründen  der  Nachweis  versucht  wird,  Th.  Meto- 
chites habe  das  Werk  des  Glykas  abgeschrieben  und  für  sein  eigenes  ausgegeben,  ähnlich 
wie  Kedrenos  den  Skylitzes  fast  unverändert  in  seine  Chronik  aufnahm.  Aehnlich  wie  in 
der  Berliner  Hs  lautet  der  Titel  im  Cod.  Bodl.  Canon.  90  s.  16,  der  einst  im  Besitze 
von  Meursius  war:  Tov  Xoyianaxov  xai  aoq>iaxdxov  Seoötugov  xov  Afcro/iroi;  xai  Femgyiov 

tov  nat Ol»  /^of'txoV  u.  s.  w.     Wie  sich  diese  Hs  zu  der  Berliner  verhält,  ist  mir 

unbekannt.  —  Erste  vollständige  Ausgabe  im  Pariser  Corpus  von  PhiL  Labbaeus,  Paria 
1660.  —  Wiederholt  Venedig  1729.  —  Im  Bonner  Corpus  recogn.  L  Bekker,  Bonn  1836 
(reich  an  Druckfehlem  und  sonstigen  Unebenheiten).  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr. 


2.  Qesohiohtaohreiber  und  Ölironisten.    B.  Chronisten.    (§  157)  3g5 

158,  1  —  624.  —  £inen  Teil  der  Annulen  ed.  aus  einer  in  einem  Olymposkloster  befindlicLen 
Handscbrift,  seltsamerweise  ohne  irgend  eine  Kenntnis  von  früheren  Ausgaben,  Christo- 
dnlos  Euthymiades,  "Ey  SBaaaXoyixjj  1858,  8^  208  Seiten.  S.  Legrand,  Bibl.  gr.  vulg.  1 
(1880)  Introduction  S.  19  f. 

Gesamtausgabe:  Migne,  Patr.  gr.  158,  gibt  ein  ziemlich  vollständiges  Reper- 
torium  der  früheren  Jjeistungen  für  Glykas,  so  die  Notizen  von  Fabricius,  die  inhalts- 
annen Abhandlungen  von  Lamius  (Deliciae  eruditorum  vol.  I  und  VI),  Casim.  Oudini 
diss.  de  aetate  et  scriptis  M.  Glycae,  endlich  aus  dem  Turiner  Handschriftenkatalog  ein 
Verzeichnis  der  in  Turin  befindlichen  Briefe  des  Glprkas,  nach  den  Annalen  auch  die  bis 
1453  reichende  Fortsetzung  des  Leunclavius,  dazu  die  Briefe.  —  Zu  den  Briefen  vgl.  auch 
das  bei  Migne  übersehene  Verzeichnis  der  Ueberschriften  aus  dem  Cod.  Nanianus 
(Venet.)  111  beiJ.  A.  Mingarelli,  Graeci  Codices  mss  apud  Nanios  patricios  Venetos 
asservati,  Bologna  1784  S.  213-224. 

Die  Litteratur  zu  den  Briefen  s.  S.  88,  zu  dem  Kerkergedicht  und  der  Sprich- 
wörtersammlung in  den  oben  bezeichneten  Paragraphen. 

2.  Hilfsmittel:  Einige  ältere  Schriften  bei  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  7,468  f.; 
11,  199 — 204.  —  Fried.  Vater,  Zur  Kunde  griechischer  Hss  in  Russland,  Jahns  Jahrb. 
Snpplementband  9  (=  Archiv  für  Philol.  und  Pädagogik)  1843  S.  5—16,  gibt  aus  einer 
offenbar  sehr  späten  Hs  der  k.  Akademie  in  Petersburg  Varianten  zu  den  Annalen  und 
Notizen  über  die  Briefe.  —  E.  de  Muralt,  Essai  de  Chronographie  Byzantine,  vol.  1  (1855) 
S.  XXVIT  (erwähnt  eine  Petersburger  Hs  der  Chronik  vom  Jahre  1176).  —  F.  Hirsch, 
Byiant  Studien  8.  396-403.  —  Zum  Texte:  Spyr.  P.  Lambros,  B.  Z.  3  (1894)  166.  — 
8pyr.  P.  Lambros,  Ein  neuer  Codex  der  Chronik  des  Glykas,  B.  Z.  4  (1895)  514.  — 
Haaptschrift:  K.  Krumbacher,  Michael  Glykas,  Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1894  S.  391 
bis  460.  Dazu  eine  chronologische  Berichtigung  von  Job.  Dräseke,  Zu  Michael  Glykas, 
B.  Z.  5  (1896)  54—62,  und  verschiedene  Beiträge  von  E.  Kurtz,  Neue  philoI.  Rundschau 
1895  Nr.  14  S.  221  ff.,  und  M.  Treu,  Berliner  phUol.  Wochenschr.  1895  Nr.  51  S.  1609  ff. 

3.  Wie  die  Chronik  des  Glykas  in  einer  Berliner  und  einer  Oxforder  Hs  fälschlich 
dem  Theodoros  Metochites  zugeteilt  wird,  so  enthält  eine  Hs  des  Escurial  das  Werk  unter 
dem  von  Nicolas  de  laTorre  herrührenden  Titel:  yiaouedoyjog  xov  Aaxantjvov  fiByäXov  kxaiQBi- 
«f'f/op  /^o»'£xoV  fjiBxd  (pvaioXoylag  xat'  iniiofi  V  ewf  rrjg  ßaaiXelag  'iwavyov  rot»  T^ifititxij, 
Dieser  sonst  unbekannte  und  ziemlich  rätselhafte  Laomedon  Lakapenos  wird  nur  noch 
in  einer  Hs  der  Pariser  Nationalbibliothek,  welche  mehrere  auf  die  Eroberung  Kretas  (961) 
bezügliche  Stücke  in  italienischer  Uebersetzung  enthält,  als  Chronist  erwähnt.  Sp.  Lambros, 
Bulletin  de  correspond.  hellen.  2(1878)516-521,  auch  seine  'Itfxoqwu  fAtXtxtjfAnxa^  Athen 
1884  S.  145  ff.  —  Tb.  Uspenskij,  Quelques  observations  sur  la  chronique  de  Laomedon 
Lacapene,  B.  Z.  2  (1893)  122—125  (verwertet  die  Escurialhs  für  die  Kritik   des  Glykas). 

157.  Joel  ^Imik)^  ein  gänzlich  unbekannter  Mann,  verfasste,  wahr- 
scheinlich in  der  Zeit  des  lateinischen  Kaisertums  (1204 — 1261),  auf 
welches  die  Schlussbemerkung  hinzudeuten  scheint,  eine  summarische 
Weltchronik:  XQovoygaifia  iv  avvoipst.  Sie  beginnt  mit  Adam,  behandelt 
im  Abriss  die  jüdische  und  sonstige  orientalische,  dann  die  römische  Ge- 
schichte, endlich  die  byzantinische  Zeit  bis  zur  Eroberung  Konstantinopels 
t  durch  die  Lateiner  1204.  Sie  ist,  wie  es  scheint,  in  ihrem  Hauptteile 
.  nichts  anderes  als  ein  Auszug  aus  Georgios  Monachos  und  der  ersten 
.  Fortsetzung  desselben  (bis  948).  Für  die  spätere  Zeit  benützte  Joel 
.  den  Skylitzes.  Das  ganze  Machwerk  ist  äusserst  dürftig  und  hat 
1  weder  historischen  noch  litterarischen  Wert;  der  Verfasser  berichtet  nur 
I  Namen  und  Regierungszeit  der  einzelnen  Kaiser  und  knüpft  daran  einige 
f  kurze  Nachrichten,  welche  persönliche  Verhältnisse  oder  kirchliche  Dinge 
betreffen. 

1.  Aasgaben:  Ed.  pr.  im  Pariser  Corpus  von  Leo  Allatius  zus.  mit  Georgios 
Akropolites  und  Joannes  Kananos,  Paris  1651.  —  Wiederholt  Venedig  1729.  —  Im  Bonner 
Corpus  reeogn.  I.  Bekker,  Bonn  1837,  mit  Manasses  und  Georgios  Akropolites  (ohne 
Förderung  des  Textes).  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  139,  223—288. 

2.  Hilfsmittel:  F.  Hirsch,  Byzant.  Studien  S.  109—115. 
*           3.  Im  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  304  (Nessel)  folgt  auf  die  Chronik  des  Joel,  die 

dort  fol.  229—257   ohne  Automamen  überliefert  ist,  als  Epilog  ein   in   Hexametern   ab- 
gflfmntnn  Klagegedicht  Eig  xrjy  «Xtoaty  x^g  KonHaxuyiiyovnoXeiog,  Beginn:  'H  fAsyuXönoXig 

H'wlV"^  der  klMs.  AltertamfwlMeiMchan  IX.    1.  Abtig.    2.  Anfl,  25 


386  Byzantinische  Litteratnrgeschichte.    I.  Prosaisohe  litierator. 

1}  ßaalXstu  fiiy  ^qs  ßgr^fj/^n.  Vgl.  den  Katalog  von  Lambecias  ed.  Eollar  Üb.  V  S.  361.' 
Dasselbe  Gedieht  ohne  Joel  im  Cod.  Athoas  3814,  a.  16,  Nr.  12.  Vgl  Sp.  P.  Lambros, 
Ein  nener  Codex  des  Joel,  B.  Z.  5  (1896). 


158.  Johannes  der  Sizilier  ^Iwdwrfi  6  Sixskiüinfjg).  Mit  diesem 
Namen  verknüpft  sich  ein  ungelöstes  Rätsel.  Die  Sache  verhält  sich  also: 
Im  Codex  Vindob.  bist.  gr.  99,  s.  14,  der  mit  dem  Codex  98  zu  einem 
Bande  vereinigt  ist,  steht  fol.  1 — 14  der  Anfang  einer  Chronik  mit  dem 
Titel:  Svvoipig  XQovixrj  and  ^ASäfi  rrjv  a^xijv  Xaßovda  xal  naaag  Su^iowsa 
zag  im  yJjg  fisydkag  ßaüikstag  rovg  ts  %ijg  KiovazavTivovnoksfag  ßaaiidag 
xai  TtaTQiaQX^Q  dxQißäg  xataXäyovda  iaog  tcSv  xQovoov  rrjg  ßadiXeiag  Kofivrjvov 
0€oi(OQov  Tov  Adaxaqi.  Dazu  ist  von  einer  späteren  Hand  gefugt:  crtx«« 
Xidrov  l(odvvov  und  darüber  von  anderer  Hand  noch  einmal  Iwdvvov  aui-  \ 
Xicirov,  Die  Chronik  beginnt:  ^ASdfi  o  nQ&zog  vno  d-eov  nXaa&etg  dv&Qoanoq, 
Nach  einer  kurzen  chronologischen  tJbersicht  der  ältesten  Geschichte  der 
Assyrier,  Ägyptier,  Griechen,  Juden,  Perser  und  Ptolemäer  folgt  eine  aus- 
führliche Erzählung  der  trojanischen  Sagen.  Mitten  in  dieser  bricht  die 
Handschrift  ab.  Der  allergrösste  Teil  des  Werkes,  das  nach  der  Übe^ 
Schrift  bis  auf  Theodoros  Laskaris  (1204)  reichte,  ist  also  verloren  ge- 
gangen. Der  Anfang  des  Werkes  entspricht  dem  Anfange  des  von  E 
Geizer,  Sextus  Julius  Africanus  H  1  S.  345  flf.,  besprochenen  X^ovixor 
iniTOfiov  (im  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  40  und  wahrscheinlich  auch  im 
Cod.  Vatic.  gr.  433,  s.  16,  fol.  244).  Der  Abschnitt  über  die  trojanischen 
Sagen  stammt  wahrscheinlich  aus  Johannes  von  Antiochia.  Das  ganze 
Fragment  stimmt  in  der  Hauptsache  mit  dem  Anfange  der  Synopsis 
Sathas  überein,  in  der  jedoch  die  Troika  fehlen,  und  es  scheint  also, 
dass  beiden  Chroniken  eine  gemeinsame  Hauptquelle  zu  Grunde  liegt. 
Ähnlich  wie  das  Wiener  Fragment  beginnt  die  kurze  Chronik  im  Cod. 
Vatic.  gr.  432  fol.  244;  sie  geht  aber  schon  nach  dem  ersten  Satze  in 
jene  Tabelle  über,  die  Nikephoros  P.  im  XQovoyQatpixdv  (rvvTo/.iov  bietet, 
und  kommt  also  für  Johannes  Sikeliotes  nicht  in  Betracht. 

Eine  zweite  Hauptshandchrift,  in  der  Johannes  der  Sizilier  als  Chronist 
genannt  wird,  ist  der  Codex  Vatic.  Pal.  394,  s.  16,  382  Blätter.  Der 
Titel  lautet  hier:  Xqovixov  fTvvTOfiov  ex  dia(f6Q(ov  xqovoyqdipfav  xal  e^tjytjTwv 
avXXey^v  xal  avvved'tv  naqd  ^Iwdvvov  fiovaxov  tov  Sixekiüirov,  tov  xai 
XQT]ficcj{(XavTog  vctsqov  narQiaQxov  Koivatavvivov  noXewg  väag  *Püinrjg.  Die 
Chronik  reicht  von  Adam  bis  zum  Jahre  866  und  beginnt:  UoXXol  zm* 
f^o)  ffiXoXoyoi  xai  xQovoyQd^oi,  Am  Schlüsse  findet  sich  die  Notiz:  "Ecog 
<(üd€>  TU  xQo^'i^d  FswQyiov  xal  tov  Xoyoxhäzov,  Das  Werk  ist  also  offenbar 
nichts  anderes  als  eine  der  vielen  Redaktionen  des  Georgios  Monachos 
mit  einem  Stück  der  Fortsetzung  des  Logotheten. 

Es  zeigt  sich,  dass  der  Chronist  Johannes  Sikeliotes  vorerst  eine 
ziemlich  schattenhafte  Person  ist.  Zwar  nennt  Skylitzes  im  Vorworte 
seiner  Chronik  unter  seinen  Vorgängern  einen  Lehrer  aus  Sizilien  (o/W 
o  ^ixsXioixrfi  iiidaxaXog)  und  es  liegt  nahe,  den  Johannes  Sikeliotes  mit  dem 
dort  ohne  Vornamen  angeführten  Sizilier  zu  identifizieren.  Allein  im  Wiener 
Codex  ist  der  Name  erst  von  einer  späteren  Hand  beigefügt,  und  das 
Werk  reichte  dort  bis  auf  Theodoros  Laskaris.    Wenn  also  der  Verfasser 


8.  Oeschichtsehreiber  und  Chronisten.    B.  Ghronisten.    (§  158)  387 

'klich  der  Sizilier  des  Skylitzes  wäre,  so  müsste  man  annehmen,  dass 
n  Werk  um  eine  ziendich  umfassende  Fortsetzung  bereichert,  trotzdem 
jr  noch  nach  dem  alten  Autor  benannt  worden  wäre.  Ausserdem  macht 
die  enge  Verwandtschaft  mit  der  Synopsis  Sathas  wahrscheinlich,  dass 
3h  für  die  Wiener  Chronik  eine  ähnliche  bis  zum  Jahre  1081  reichende 
rlage  benützt  wurde  wie  für  die  Synopsis  (s.  S.  388);  dann  kann  aber 
r  Verfasser  nicht  ein  Vorgänger  des  Skylitzes  sein.  Nicht  näher 
}kt  die  Frage  einer  befriedigenden  Lösung,  wenn  man  den  Chronisten 
bannes  mit  dem  Sizilier  Johannes  Doxopatres,  der  auch  geradezu 
Johannes  Sikeliotes  bezeichnet  wird,  zusammenbringt.  Da  auch  er 
r  Kaiser  Theodoros  Laskaris  lebte,  bleibt  die  Annahme  einer  Fortsetzung 
ch  bei  ihm  nicht  erspart;  zudem  ist  von  einer  chronographischen  Thätig- 
it  dieses  Rhetors  nicht  das  Mindeste  bekannt.  Mehr  Verwirrung  als 
ifklärung  bringt  der  Titel  des  Codex  Palat.  394.  Nach  dem  Zusätze 
V  xal  xQrjiiaTiaavToq  u.  s.  w.  hat  Allatius  den  Verfasser  der  Chronik 
it  dem  Patriarchen  Johannes  Glykys  (1315 — 1320)  identifiziert;  Walz 
ichte  an  Johannes  Kamateros,  der  1204  den  Patriarchenthron  inne 
itte,  und  meinte,  Johannes  habe  bei  seiner  Erhebung  seinen  früheren 
amen  mit  Kamateros  vertauscht.  In  Wirklichkeit  pflegte  jedoch  beim 
intritte  in  den  Mönchstand  oder  bei  der  Erhebung  zum  Patriarchen  nur 
jr  Taufname  geändert  zu  werden.  Beide  Hypothesen  Verstössen  übrigens 
ich  gegen  die  Chronologie ;  denn  wenn  der  Autorname  Johannes  Sikeliotes 
)erhaupt  eine  Gewähr  hat,  so  muss  man  ihn  doch  wohl  entweder  mit  dem 
keliotes  des  Skylitzes  oder  mit  Johannes  Doxopatres  gleichstellen;  beide 
)er  sind  älter  als  die  zwei  Patriarchen.  Der  Hauptanstoss  aber  liegt  darin, 
Lss  das  im  Codex  Palat.  dem  späteren  Patriarchen  Johannes  zugeteilte 
erk  die  Chronik  des  Georgios  Monachos  ist.  Es  hätte  sich  also  der 
rilier  Johannes  dieses  allbekannte,  in  zahllosen  Handschriften  unter  dem 
amen  des  Georgios  verbreitete  Werk  widerrechtlich  angeeignet;  dagegen 
rieht  aber  schon  die  Schlussbemerkung,  in  der  die  Chronik  wie  in  so 
eleu  anderen  Handschriften  dem  Georgios  und  dem  Logotheten  zu- 
fschrieben  wird.  Lancia  versuchte  den  Widerspruch  dadurch  aufzuheben, 
SS  er  den  bekannten  Chronisten  Georgios  Monachos  (s.  §  147)  geradezu 
it  dem  Sikeliotes  des  Skylitzes  und  mit  unserem  Sizilier  Johannes  gleich- 
?llte.  Aber  auch  diese  etwas  überraschende  Lösung  der  verwickelten 
age  beruht  auf  unzulässigen  Hypothesen.  Wenn  nicht  neue  Handschriften 
ilfe  bringen,  wird  sich  das  über  der  Chronik  des  Johannes  Sikeliotes 
Agende  Dunkel  schwerlich  aufhellen  lassen.  Sicher  ist  aber  schon  jetzt, 
ISS  der  Wiener  Text,  mag  er  nun  den  Namen  des  Sikelioten  mit  Recht 
1er  mit  Unrecht  tragen,  wegen  des  grossen  Stückes  der  Troika  eine  sehr 
.»achtenswerte  Stellung  unter  den  späteren  Chroniken  behauptet. 

1.  Ausgaben:  Die  zweite  Hälfte   der  Chronik  des  Cod.  Vindob.   bist.  gr.  99   ed. 
Heinrich,  die  Chronik  des  Johannes  Sikeliota  der  Wiener  Hofbibliothek,  Gymnasial- 

ogr.,  Graz  1892.  —  Eine  sehr  unzuverlässige  Analyse  der  ersten  8  Blätter  des  Vindo- 
nensis  gab  A.  Wirth,  Aus  orientalischen  Chroniken,  Frankfurt  1894  S.  24—33.  Dazu 
»  fierichtigungen  von  K.  Krumbacher,  B.  Z.  3  (1894)  617—621.  —  Ein  kleines  Stflck 
s  dem  Cod.  Vatic.  Pal.  394  ed.  A.  Mai,  Scriptorum  veterum  nova  collectio  9  (Romae 
57)  376  (n$Q\  raiy   xaXovfidyojy   ßagßaQüty,   "On  iy  ixaaxif)  i&yei  6id(poq6g  iauy  n  doM. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  7,  471.  —  Georgios  Monachos  ed. 


388  Bysantinische  Litteratiirgeschiohte.    L  Prosaische  Liiterstar. 

Muralt  S.  XXIX.  —  Ueber  die  Wiener  Hs  vgl.  Fr.  Kollar,  Ad  P.  Lambecii  coromen- 
tariorum  etc.  supplementorum  über  primus,  Vindobonae  1790  S.  762.  —  Eine  neue  Be- 
schreibung gab  R.  Förster,  De  antiqnitatibus  et  libris  mss  Constantinopolitanis,  Rostock 
1877  S.  5.  —  Genaueres  über  die  Wiener  Hs  bei  Heinrich,  Wirth  und  Krambacher 
a.  a.  0.  —  Ueber  die  Person  des  Johannes  Sikeliotes  vgl.  Leo  Allatius,  Diatriba  da 
Georgiis  S.  327  ed.  Paris.,  und  Chr.  Walz,  Rhetores  graeci  6  (1834)  V— XI.  —  Die 
Identität  des  Johannes  Sikeliotes  mit  Georgios  Monachos  behauptet  Dom.  Gasp.  Lancia, 
Sopra  Giovanni  Sicolo  cronografo  bizantino  del  secolo  nonO;  Archivio  storico  Siciliano  3 
(1876)  369-  385.  —  Ueber  die  Herkunft  der  Troika  in  der  Wiener  Hs  handelt  E.  Patzig. 
Die  Troica  des  Johannes  Antiochenus,  B.  Z.  4  (1895)  23—29.  —  Den  Cod.  Palat  394  be- 
schreibt kurz  H.  Stevenson,  Codices  mss  Palatini  graeci  bibliothecae  Vaticanae,  Rom 
1885  S.  253. 

3.  Epitome  des  Eonstantinos  Akropolites:  In  dem  erwähnten  Cod.  Vindob. 
hist.  gr.  99  steht  in  einem  nach  Papier,  Schrift  und  Zeilenzahl  von  dem  ersten  Teile  des 
Codex  ganz  verschiedenen,  offenbar  erst  nachträglich  beigebundenen  Heftchen  ein  Abriss 
der  römischen  Geschichte  von  Aeneas  bis  circa  1323.  Doch  reicht  die  ausfQhrliehe 
Erzählung  nur  bis  1118  d.  h.  so  weit  als  Zonaras;  fOr  die  folgende  Zeit  findet  sich  nur 
ein  Regentenverzeichnis  mit  einzelnen  historischen  Bemerkungen,  das  der  Verfasser  oder 
Schreiber  bis  auf  seine  eigene  Zeit  (zwischen  1323  und  1334)  fortgeführt  hat.  Der  Anfang 
der  kleinen  Chronik,  der  die  römische  Sagengeschichte  enthält,  zeigt  enge  Verwandtschaft 
mit  Konstantinos  Manasses  (V.  1476—1494;  1541;  1560—1596);  die  Kaiserbiographien 
bestehen  fast  nur  aus  Angaben,  die  ziemlich  wörtlich  aus  Zonaras  entnommen  sind.  Ak 
Verfasser  der  Epitome  wird  in  einer  von  der  ersten  Hand  stammenden  Ueberschrift  der 
Grosslogothct  Akropolites  genannt  (rot;  *JxQonoXiTov  xvqov  xal  fieyaXov  Xoyo^etov), 
Darunter  ist  wohl  der  Sohn  des  Historikers  Georgios  Akropolites,  der  Grosslogo th et 
Konstantinos  Akropolites  zu  verstehen,  der  im  Jahre  1321  noch  lebte.  Ueber  seine 
theologischen  Werke  vgl.  S.  204  f.  Mitteilungen  aus  dieser  Epitome  in  den  oben  genannten 
Arbeiten  v.  A.  Heinrich,  A.  Wirth  (S.  33  f.)  und  K.  Krumbacher.  Vgl.  E.  Patzig, 
ß.  Z.  4  (1895)  23.  —  Eine  Epitome  von  der  Erschaffung  der  Welt  bis  auf  die  Eroberung 
von  Konstantinopel,  die  angeblich  dem  Georgios  Akropolites  gehört,  erwähnt  Fahr icius, 
Bibl.  gr.  ed.  Harl.  7,  471. 

159.  Synopsis  Sathas.  Aus  dem  Codex  407  der  Marcusbibliothek 
in  Venedig  hat  K.  N.  Sathas  eine  sehr  umfangreiche  2vvoipig  xQovtxij  ver- 
öflfentlicht,  die  von  der  Erschaffung  der  Welt  bis  auf  die  Wieder- 
eroberung von  Konstantinopel  (1261)  reicht.  Der  Verfasser  dieser 
Chronik  war,  wie  sich  aus  dem  Schlussteile  ergibt,  ein  jüngerer  Zeit- 
genosse des  Georgios  Akropolites  und  ein  naher  Freund  des  Patriarchen 
Arsenios;  er  hat  also  gegen  das  Ende  des  13.  Jahrhunderts  geschrieben. 
Seinen  Namen  verschweigt  er  absichtlich:  nicht  aus  Ehrgeiz  und  Ruhm- 
sucht hat  er  seine  Erzählung  verfasst  und  jeder  möge  daher  für  den 
Vater  des  Buches  halten,  wen  er  wolle.  Das  Werk  dieses  bescheidenen 
Mannes  ist  eine  Kompilation,  in  der  allerdings  nicht  viel  selbständige 
Arbeit  steckt.  Die  Behandlung  des  Stoffes  ist  eine  sehr  ungleiche;  die 
gesamte  älteste  und  ältere  Geschichte  bis  auf  Nikephoros  Botaneiates  ist 
auf  171  Seiten  (der  Ausgabe  von  Sathas)  erledigt.  Darauf  folgt,  durch 
ein  ChrysobuU  des  Kaisers  Alexios  I  auch  äusserlich  vom  Vorhergehenden 
getrennt,  die  weit  ausführlichere  Darstellung  des  Zeitraumes  von  1081 
bis  1261  (384  Seiten).  Über  die  Quellen  des  Werkes  ist  folgendes  ei^ 
mittel t:  Die  jüdische  und  persische  Geschichte  bis  auf  die  Ptolemäer  weist 
auf  einen  chronistischen  Abriss  zurück,  in  welchem  das  Xqovixov  imrofiov 
mit  der  bei  Symeon  Logothetes  (bzw.  Leon  Grammatikos)  und  Kedrenos 
benützten  Epitome  (vgl.  Patzig,  B.  Z.  3,  470  flf.)  vereinigt  war.  In  der 
f'ömischen  und  byzantinischen  Geschichte  erscheinen  wichtige  ältere  Quellen 
wie  Johannes  Lydos,  Zosimos,  vereinzelt  Prokop,  vor  allem  aber 
Malalas,  dann  Theophanes  und  eine  unbekannte   Quelle,  die  auch 


2.  Geschichtsohreiber  und  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§  159)  389 

Manasses  verwertet  hat,  endlich  kirchengeschichtliche  Werke.  Doch 
hat  der  Verfasser  dieses  reiche  Material  sicher  nicht  direkt,  sondern  wohl 
grösstenteils  in  einer  älteren  Kompilation  ^benutzt;  das  beweist  nament- 
lich die  auffällige  Übereinstimmung  mit  Zonaras,  die  sich  nur  daraus  er- 
klären lässt,  dass  auch  Zonaras  einen  Teil  seiner  Quellen  schon  in  der- 
selben Weise  zugeschnitten  und  vereinigt  fand  wie  der  Anonymus.  Da 
diese  Quellenkompilation  bis  auf  1081  reichte,  von  Zonaras  aber  um  1150 
schon  benützt  wurde,  muss  sie  etwa  im  ersten  Drittel  des  12.  Jahrhunderts 
entstanden  sein. 

Im  zweiten  Hauptteil,  der  die  Zeit  der  Komnenen,  der  Angeloi  und 
der  nikänischen  Kaiser  schildert,  stimmt  die  Synopsis  zuerst  im  Thatsäch- 
lichen  mit  Zonaras,  Anna  Komnena  und  dem  Anfange  des  Niketas  Ako- 
minatos  überein,  ohne  dass  eine  bestimmte  Quelle  erkennbar  wäre;  bald 
aber  (S.  188,  9  flf.)  finden  wir  einfach  ein  Exzerpt  aus  den  zwei  Haupt- 
queUen  der  folgenden  Zeit,  aus  Niketas  Akominatos  und  Georgios 
Akropolites.  In  dem  aus  Niketas  stammenden  Teile  trifft  man  nur 
einmal  eine  Zuthat  des  Anonymus,  die  Schilderung  von  Kappadokien 
(S.  205,  20 — 206,  4);  häufiger  sind  die  Zusätze  im  letzten  Teile,  der  auf 
Akropolites  beruht.  Es  sind  dieselben  Zusätze,  die  im  Cod.  Ambros.  A.  202 
inf.  in  den  Text  des  Akropolites  eingearbeitet  sind.  Auch  in  der  stilistischen 
Behandlung  des  Akropolites  herrscht  zwischen  dem  Anonymus  Sathas  und 
dem  Redakteur  der  Mailänder  Handschrift  manche  Übereinstimmung.  Viel- 
leicht sind  sie  sogar  eine  und  dieselbe  Person,  so  dass  das  Mailänder 
Exemplar  des  Akropolites  als  eine  Art  Vorarbeit  des  Verfassers  der 
Synopsis  zu  betrachten  wäre.     Vgl.  S.  287. 

Die  Sjmopsis  wurde  von  einigen  Späteren  benützt.  Man  findet  Spuren 
von  ihr  in  den  Exzei^pten  des  Codex  Vaticanus  1889,  s.  14,  und  in  jenen 
Zusätzen  zu  Georgios  Monachos,  um  welche  der  Codex  Venetus  reich- 
haltiger ist  als  der  Parisinus  1708  (Ausgabe  von  Muralt  S.  865  ff.). 

1.  Ausgabe:  Ed.  K.  N.  Sathas,  Mea.  ßißX,  7  (1894)  1-556. 

2.  Hilfsmittel:  Einige  dürftige  Bemerkungen  in  der  Einleitung  der  Ausgabe  von 
iSatbas  osX.  afin—ayte'.  —  Zur  Quellenfrage:  Die  Besprechungen  der  Ausgabe  von  A. 
Heisenberg,  B.  Z.  5  (1896)  168-185,  und  A.  Kirpidnikov,  Viz.  Vr.  2(1895)  442-449. 

-  Ueber  die  Quelle,  welche   die  Synopsis   mit  Zonaras  gemeinsam  hat,  handelt  sehr  ein- 
gehend £.  Patzig,  Ueber  einige  Quellen  des  Zonaras,  B.  Z.  5  (1896)  24-53. 

3.  In  dem  genannten  Bande  S.  557—610  veröffentlichte  Sathas  aus  einem  Codex 
des  Lincoln  College  in  Oxford,  s.  16,  eine  ganz  knappgehaltene  Chronik,  die  in  der  Hs 
als  TxSeats  /^oi/^xi;  bezeichnet  ist.  Sie  erzählt  die  griechisch-türkischen  Ereignisse  von 
der  letzten  Zeit  des  Kaisers  Manuel  11  (t  1425)  bis  auf  Selim  1  (1512).  Quellen  sind  im 
Anfange  Dukas  und  Phrantzes. 

4.  Der  grdsste  Teil  der  Einleitung  der  genannten  Ausgabe  von  Sathas  {osX,  II  —Ufjiti) 
hat  nichts  mit  den  zwei  Chroniken  zu  thun,  sondern  beschäftigt  sich  mit  der  Begrün- 
dung einer  neuen  Auffassung  der  inneren  Geschichte  von  Byzanz.  Nament- 
lieb  sucht  Sathas  zu  beweisen,  dass  der  antik-hellenische,  heidnische  Geist  im  ganzen 
Mittelalter  im  scharfen  Gegensatze  zum  römisch-byzantinisch-christlichen  Wesen  fortgelebt 
habe.  In  politischen  wie  kirchlichen  Streitigkeiten,  in  ganzen  Litteraturdenkmälem  wie  in 
einzelnen  Anspielungen  sucht  Sathas  das  stille  Wirken  dieses  Dualismus  nachzuweisen. 
Die  Renaissance  sei  nichts  als  der  endliche  Sieg  der  heidnisch-hellenischen  Elemente  über 
die  christlich-byzantinischen.  Von  einzelnen  richtigen  Beobachtungen  abgesehen  erscheint 
^\%  ganze  weitläufige  Darlegung  trotz  grossen  Aufwandes  von  Scharfsinn  und  Gelehrsamkeit 
als  das  Erzeugnis  einer  geradezu  zügellosen  Phantasie,  und  unser  Urteil  über  das  byzan- 
dnische  Kultur-  und  Geistesleben  wird   durch   diese  neueste  Theorie  auch  nicht  in  einem 


390  Byzantinische  Litteratargeechichte.    L  Prosaiaohe  Litieratnr« 

wesentlichen  Punkte  modifiziert  werden.    Vgl.   die  oben   angefiilirten  Besprechungen  T<tt 
A.  Heisenberg  und  A.  Eirpiönikov. 

160.    Theodoros  Bischof  von  Eyzikos  {OfoSwQog  d  Kv^ixov)  ver- 
fasste  eine  Weltchronik,  die   bis  auf  die  Wiedereroberung  Konstanti- 
nopels  durch  Michael  Palaeologos  (1261)  reichte.     Von  der  Erschaffung 
der  Welt  bis  auf  Alexios  Komnenos  gibt  der  Verfasser  nur  einen  kurzen 
tJberblick;   erst  von  da  an  wird  die  Erzählung  ausführlicher.    Diese  unr 
gleiche  Behandlung  des  Stoffes  rechtfertigt  Theodoros  —  oder  ein  Excerptor 
seines  Werkes?  — ,  indem  er  ähnlich  wie  Skyhtzes  in  seiner  Vorrede  und 
wie  Glykas  am   Schlüsse  des  dritten  Buches   (S.  457,  12 — 21  ed.  Bonn.)  1 
und  zwar  im  offenbaren  Anschlüsse  an  die  letztere  Stelle  über  seine  Vor- 
gänger auf  dem  Gebiete  der  Chronographie  berichtet:   Fivmaxs  ovv  <oti> 
rJQ^aro  6  Fsiogyiog  ano  xaraßoXrjg  xoCfiov  i'oag  tov  Ma^ipiavov  xat  Ma^ifiirov 
tov  vtov  avTov  .  Mezd  d^  tov  rsdQyiov  o  ofioXoytjTTJg  @€og>ävrjg  k'cog  T^A^i^nj^ 
ßaaiXäwg  Nixr^ifOQOV  tov   ano   yevixdiv,     Kai  anv  Mixar^X   tov  ^Payyaßk  Tijg 
XQOVoyQafpiag   6  'Iwdvvrjg   6  2xvXiT(Srfi  xaTiJQ^aTO  ft»^  tov  ^AXe^tov  tov  Kofi- 
vrjvov  xat  tov    vtov   avTov  ^loadvvov  tov  UoQq^VQoyevviJTOV.    ^Ano  dh  tovtodv 
TfSv  ßa(nXb'a)v  ijg^aTO  OeoicoQog  6  Kv^ixov  ccxQt  MixatjX  tov  UaXaioXoyov, 
Idrtd  xaTaßoXrjg  xodiiov   rJQ^e   xal  ovTog,   ov   fiävTOi   6^   eig  nXccTog  ^ygaipe  , 
*A7id  Sk  TovTcov  tSv  dvo  ßaatXäav,    (og  etnofiev,   iyqaxpev  ovTog  eig  nXaiog^ 
ijyovv  oaovg  dhv  ^fpx>aaav  ixsXvoi  ygaipai.     Selbst  bei  einem  ganz  ungebil- 
deten Erzähler  ist  die  Unkenntnis  der  stark  verbreiteten  Werke  des  Zo- 
naras,  Manasses   und  Glykas  höchst  auffällig,   und  so  müssen  denn  die 
Erwartungen,  die  man  etwa  an  diese  erst  jüngst  aufgetauchte  Weltchronik 
knüpfen   möchte,    auf  ein   geringes  Mass   herabgestimmt  werden.     Über 
die  Person  des  Verfassers  ist  nichts  Näheres  bekannt;  vielleicht  aber  ist 
er  identisch   mit  dem  Metropoliten  von  Kyzikos  Theodoros  Skuta- 
riotes,  der  als  einstiger  Besitzer  des  Cod.  Marc.  407    und  des  den  The- 
saurus orthodoxiae  des  Niketas  Akominatos  enthaltenden  Cod.  Paris.  1234 
(s.  S.  92  Anm.  1)  bekannt  ist.    Zu  dieser  Annahme  würde  der  Inhalt  des 
Cod.   Marc.  407,   der    die  oben  besprochene  Synopsis  Sathas  überliefert, 
vortrefflich  stimmen.     Denn  auch  die  Synopsis  wird  wie  die  Chronik  des 
Theodoros  von  Alexios  Komnenos   an  ausführlicher  und  reicht  wie  jene 
bis    zum    Jahre    1261.      Nun    erhebt    sich    sogar    die    Frage,    ob    nicht 
das  Werk    des  Theodoros    einfach    eine   Bearbeitung   der    Synopsis 
Sathas  war. 

Die  Ueberreste  des  Werkes  bewahrt,  nicht  ohne  einige  Verwirrung,  der  Cod. 
Athous  3758  s.  16  S.  1088—1225.  —  Vgl.  die  Beschreibung  von  Sp.  Lambros,  Catalogue 
of  the  greek  mss  on  Mount  Athos  1  (1895)  371. 

161.  Ephräm  (^Ey^a/'/i),  der  Verfasser  einer  versifizierten  Chronik, 
ist  seinen  Lebensverhältnissen  nach  unbekannt;  sein  Werk  scheint  um 
das  Jahr  1313  abgefasst  zu  sein,  denn  mit  diesem  Jahre  schliesst  das  als 
Anhang  beigegebene  Patriarchenverzeichnis,  welches  höchst  wahrschein- 
lich der  Verfasser  selbst  bis  auf  seine  eigene  Zeit  fortgeführt  hat.  Die 
Chronik  des  Ephräm  behandelt  in  9564  byzantinischen  Trimetern 
die  römisch-byzantinische  Geschichte  von  Julius  Caesar  bis  auf  die  Wieder- 
eroberung Eonstantinopels  1261.  Im  Anfang  ist  in  der  einzigen  bekannten 


2*  Geschiohtschreiber  und  Chronieten.    B.  Chronisten.    (§§  160—161)       891 

Handschrift  das  Stück  ausgefallen,  welches  von  Julius  Caesar,  Augustus 
und  Tiberius  erzählte.  Auch  der  ursprüngliche  Titel  ist  verloren  ge- 
gangen; der  Herausgeber  A.  Mai  überschrieb  das  Werk  aus  eigener  Ver- 
mutung: ^Eq>qmiiiov  xQovixov  Kaiaaqsg,  Dass  Ephräm  der  Verfasser  ist, 
wissen  wir  aus  Allatius,  der  die  Handschrift  noch  vollständig  sah  und 
sie  öfter  zitiert.  Die  Nachrichten,  welche  Ephräm  über  die  früheren 
Kaiser  mitteilt,  beschränken  sich  meist  auf  einige  persönliche  Züge  und 
merkwürdige  Anekdoten;  das  Hauptgewicht  fällt  bei  jedem  auf  die  Dar- 
legung seiner  Stellung  zum  Christentum  und  seiner  sittlichen  Beschaffenheit. 
Jeder  Eaiserbiographie  wird  als  Titel  der  Name  des  Kaisers  und  die 
Zahl  seiner  Regierungsjahre  vorausgeschickt.  So  erscheint  das  Ganze  als 
ein  versifizierter  Eaiserkalender  von  christlich-erbaulicher 
Tendenz.  Der  erste  Kaiser,  welcher  ausführlicher  und  mit  grösserer 
Teilnahme  behandelt  wird,  ist  natürlich  Konstantin  der  Grosse: 

IlaxfJQ  nyaxxiav  evaeßtuv  xexXtjfi^yos 
»al  /^t<rToAcrr^(Jy  »(fatogtay  aQXfjy^Tfjg, 
nQüirrjg  oqmtijs  noifisyaQX^^  üvvodov, 
fiS^^'  toy  xa&slXBy  'Jqeiov  doy/na  ro&oy. 

Der  politische  Niedergang  des  Reiches  macht  dem  Verfasser  wenig  Sorgen. 
Seine  ethnographischen  Vorstellungen  sind  ebenso  verworren  und 
durch  die  Scheu  vor  barbarischen  Namen  noch  mehr  getrübt  als  bei  anderen 
Byzantinern;  unter  dem  Namen  der  Skythen  werden  bei  ihm  alle  mög- 
lichen germanischen  und  anderen  Völker  zusammengefasst,  welche  das 
römische  Reich  bestürmten.  Den  völligen  Mangel  an  geschichtlichem  Über- 
I  blick  zeigt  u.  a.  der  Umstand,  dass  die  Regierung  des  Justinian,  über 
^  die  er  in  seiner  Vorlage  doch  mehr  hätte  finden  können,  in  ganzen  33 
Versen,  kürzer  als  die  der  meisten  Vorgänger  und  Nachfolger  abgethan 
wird.  Etwas  ausführlicher  wird  die  Erzählung  vom  achten  Jahrhundert 
abwärts;  mehr  als  die  Hälfte  des  ganzen  Gedichtes  fällt  aber  ähnlich  wie 
in  der  Synopsis  Sathas  auf  die  dem  Verfasser  zunächst  liegende  Epoche 
der  Komnenen,  der  Angeloi  und  der  Kaiser  von  Nikäa,  die  mit  zu- 
nehmender Ausführlichkeit  geschildert  wird;  den  Schluss  bildet  die  Be- 
schreibung des  feierlichen  Einzuges  Michaels  Palaeologos  in  das  wieder- 
eroberte Konstantinopel  1261.  Als  Anhang,  gleichsam  als  kirchengeschicht- 
liches Supplement,  folgt  von  demselben  Verfasser  ein  Verzeichnis  der 
Bischöfe  und  Patriarchen  von  Byzanz  bis  auf  das  Jahr  1313 
(Vers  9565 — 10392),  mit  der  deutlichen,  auf  die  im  5.  Jahrhundert  ent- 
standene und  schon  unter  Justinian  offiziell  anerkannte  Schriftstellerei  des 
Dorotheos  zurückgehenden  Tendenz,  den  Anfang  des  byzantinischen  Epis- 
kopats in  möglichst  frühe  Zeit  hinaufzurücken,  so  dass  der  Apostel  Andreas 
als  der  Begründer  desselben  genannt  wird.  Die  einzelnen  Patriarchen 
werden  mit  wenigen  Worten  und  noch  weit  einförmiger  als  die  ersten 
römischen  Kaiser  nach  Abkunft,  Charakter,  Bildung  und  Schicksalen  be- 
zeichnet. Die  ungleiche  zeitliche  Ausdehnung  beider  Werke  erklärt  sich 
ungezwungen  durch  die  Annahme,  dass  der  Verfasser  für  das  Geschichts- 
werk einen  natürlichen  Abschluss  suchte  und  denselben  in  der  Wieder- 
herstellung des  rhomäischen  Reiches  fand,  während  er  das  Patriarchen- 


892  Byzantinische  Litteratargesohiohte.    I.  Prosaisohe  Litieratiir. 

Verzeichnis  als  blossen  Katalog  naturgemäss   bis   auf  seine  eigene  Zei| 
fortführte. 

Das  für  ein  historisches  Epos  unpassende  Yersmass,  welches  U 
der  Ausdehnung  des  Gedichtes  unerträglich  wird,  und  die  poesieverlasseni 
durch  stete  Wiederholung  ähnlicher  Ausdrücke  eintönige  Diktion  macheal 
die  Lektüre  des  Werkes  zu  einer  langwierigen  Mühe,  die  nur  selten  durcl 
eine  gelungene  Phrase  oder  durch  ein  treffendes  Attribut  belohnt  vdr^ 
Sprachlich  unterscheidet  sich  Ephräm  von  den  Prosa-Chronisten  durch  d\ 
sehr  starke  Streben,  der  klassischen  Oräzität  nahe  zu  kommen  und  durch 
Verwendung  altertümlicher  und  zusammengesetzter  Wörter  poetisch  zu 
wirken.  Trotz  aller  Bemühungen  treten  aber,  wie  bei  den  meisten  dieser  \ 
Talmiklassizisten  die  Spuren  der  Zeit  unverkennbar  hervor;  so  finden  wir  i 
auch  hier  idv  zuweilen  mit  dem  Indikativ,  starken  Missbrauch  des  Optativs, 
passive  Anwendung  medialer  Verba,  Formen  wie  ze^atra  (7833),  ti&owti 
=  ti^äatn  (8708)  u.  s.  w.  Dass  der  Verfasser  eines  so  dürftigen  Mach- 
werkes, dessen  Hauptsorge  offenbar  nicht  die  geschichtliche  Treue,  sondern 
die  Versifikation  eines  gegebenen  Stoffes  war,  nicht  viel  Zeit  auf  gründ- 
liche Quellenstudien  verwandte,  ist  natürlich.  In  der  That  hat  Ephräm,; 
wie  es  scheint,  für  den  ganzen  ersten  Teil  bis  auf  den  Tod  des  Alexio9 
Komnenos  1118  das  umfassende  Oeschichtswerk  des  Zonaras,  in  welchem 
er  den  Stoff  für  seine  Paraphrase  bequem  verarbeitet  fand,  zu  Grunde 
gelegt;  für  die  Zeit  bis  1204  folgte  er  wie  der  Anonymus  Sathas  dem 
Niketas  Choniates,  für  den  Schluss  bis  1261  dem  Georgios  Akro- 
polites. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  aus  dem  einzigen  bekannten  Codex  Vatic.  1003  Angelo 
Mai,  Scriptor.  veter.  nova  coUectio,  tom.  III  (Romae  1828)  pars  1.  —  Darnach  wiederholt 
im  Bonner  Corpus  ex  recogn.  1.  Bekkeri,  Bonnae  1840,  mit  einem  kleinen  grammatischen 
und  Sach-Indox.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr,  143,  1—380. 

2.  Hilfsmittel:  Ueber  die  Quellen:  F.  Hirsch,  Byzantin.  Stadien  S.  391- 396. 
—  Zur  Metrik:  J.  Hilberg,  Die  Verstechnik  des  Ephrämios,  Wiener  Studien  10  (1888) 
50-92. 

3.  Zum  Patriarchenverzeichnis:  Vgl.  die  Bemerkung  von  A.  Mai  S.  383  cd. 
Bonn.,  die  zwei  Verzeichnisse,  welche  Labbaeus  in  seiner  historischen  Einleitung  zum 
Pariser  Corpus  mitteilte,  und  die  series  fabulosa  und  series  vera,  welche  A.  Mai  seiner 
Ausgabe  der  Chronik  vorausschickte  (im  Bonner  Corpus  nicht  aufgenommen).  —  Zu  den 
unter  den  Namen  des  Hippolytos  und  Dorotheos,  gelegentlich  auch  des  Epiph an ios, 
Sophronios  und  Kosmas  Indikopleustes  auf  uns  gekommenen  Apostelverzeichnissen, 
von  welchen  besonders  die  Schrift  des  angeblichen  Dorotheos  wegen  ihrer  Nachrichten 
über  die  Gründungsgeschichte  der  Kirche  von  Kpel  für  die  Entstehungsgeschichte  der 
Patriarchenlisten  wichtig  ist,  vgl.  R.  A.  Lipsius,  Die  apokn^phen  Apostelgeschichten  und 
Apostellegenden  1  (1883)  193—207';  3  (1890)  3  f.;  15.  —  Ein  geringfügiges  Verzeichnis 
der  Bischöfe  von  Rom,  Jerusalem,  Alexandrien,  Antiochien  und  Konstantinopel  bis  zum  7. 
(der  letzteren  bis  zum  10.  Jahrh.)  bespricht  G.  Grosch,  De  codice  Coisliniano  120,  Diss. 
Jena  1886.  —  Ohne  Kenntnis  der  Scnrift  von  Grosch  edierte  einen  Teil  derselben  Liste 
aus  dem  Cod.  Vatic.  Ottob.  414,  s.  11,  Giovanni  Mercati,  Un  antico  catalogo  greco 
de'  romani  pontefici  inedito,  Studi  e  documenti  di  storia  e  diritto  12  (1891)  325 — 343.  — 
Hauptschrift:  Franc.  Fischer,  De  patriarcharum  Constantinopolitanorum  catalogis, 
Comroent.  phiiol.  Jenenses,  vol.  3  (Lipsiae  1884)  263—333,  wo  die  bis  jetzt  bekannten 
Verzeichnisse  besprochen,  ihre  Quellen  und  ihr  verwandtschaftliches  Verhältnis  untersucht 
und  zwei  noch  unedierte  Stücke  mitgeteilt  werden.  —  Als  allgemeine  Hilfsmittel  dienen 
Le  Quien,  Oriens  christianus,  tom.  I,  Paris  1740,  und  M.  J.  Gedeon,  i7ar^iap/ixoi 
niynxeg,  Konstantinopel,  Otto  Keil  1890.  Dazu  die  Berichtigungen  von  H.  Geiz  er,  B.  Z. 
2  (1893)  152->154.  —  Bei  Gedeon  S.  63  ff.  auch  handschriftliche  Mitteünngen  über  Patri- 
archenkataloge. 

4.  Angelo  Mai  vermutete,  der  Chronist  Ephräm  sei  identisch  mit  jenem  Ephräm,  der 


2.  OeschichtBchreiber  und  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§§  162—163)      39,3 

ab  legitimer  Sohn  des  nachmaligen  Patriarchen  Johannes  XU  (his  1303  im  Amte)  von 
(Teorgios  Pachymeres  erwähnt  wird ;  doch  sind  für  diese  Hypothese  keine  positiven  Beweise 
erbracht.  Die  Zeit  würde  stimmen;  dagegen  macht  die  Art,  wie  Ephräm  V.  10352  ff.  dieses 
Patriarchen  nnd  seines  Sohnes  gedenkt,  wenig  wahrscheinlich,  dass  es  sich  hier  um  seinen 
Vater  nnd  um  seine  eigene  Person  handle. 


162.  Ein  Gedicht  über  den  Fall  und  die  Wiedererobemng  von 
Eonstantinopel  (759  politische  Verse)  ist  ohne  Autorname  im  Cod.  Mar- 
ianus 408  überliefert.  Die  Stelle  des  Titels  vertreten  wie  in  vielen 
anderen  mittelgriechischen  Gedichten  die  Anfangsverse: 

7/  ßaaiXig  ttSu  noXetay  niog  'itceXotg  ia'Xo) 

Kai  joTs  'Ptofittiotg  vaiBQoy  nwg  ane^odf]  niiXiVj 

^yqafffi  xcri*  axQißeiay,  ei  av  <f^  ßovXj^y  fAttd^oig, 

Der  Verfasser,  der  sich  auf  Niketas  Akominatos  beruft,  neben  ihm 
aber  auch  den  Georgios  Akropolites  benützt,  erzählt  die  Einnahme 
der  Stadt  im  Jahre  1204,  die  Wiedereroberung  im  Jahre  1261  und  die 
kirchlichen  Ereignisse  unter  Michael  VIII  bis  zum  Regierungsantritte  des 
Andronikos  Palaeologos  (1282).  In  den  letzten  Versen  nennt  er  als  Zeit 
der  Abfassung  seines  Werkes  das  Jahr  1392,  bemerkt,  dass  die  Palaeo- 
logen  nunmehr  131  Jahre  den  Kaiserthron  besitzen,  und  schliesst  mit  dem 
Wunsche,  Christus  möge  ihnen  in  die  fernste  Zukunft  Sieg  verleihen. 
Der  historische  Wert  des  Gedichtes  ist  gering;  doch  gewährt  es  als  Stim- 
mungsbild Interesse. 

1.  Ansgahen:  Zuerst  edierte  einige  Partien  (im  ganzen  340  Verse)  I.  Bekker, 
Philol.  und  bist.  Abh.  d.  Berl.  Ak.  1841  S.  43-53.  —  Das  ganze  Gedicht  ed.  pr.  J.  A. 
Buchen,  Recherches  historiques  sur  la  principautö  fran9aise  de  Moröe  2(1845)335—367. 
—  Dann  veröffentlichte  das  Gedicht  ohne  Kenntnis  von  Buchons  Ausgabe  J.  Müller, 
Bjzantinische  Analekten^  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  9  (1852)  336—419  (nebst  einigen  byzan- 
tinischen Urkunden  und  Goldbullen).  —  £ine  dritte  Ausgabe  (mit  einigen  Verbesserungen 
Dod  Kommentar)  veranstaltete  Dethier  in  dem  niemals  ausgegebenen  Bande:  Monumenta 
Hang.  Uist.  vol.  XXI  1  S.  479-542.  —  Endlich  ed.  ein  Stück  £.  Miller  im  Recueil  des 
historiens  grecs  des  croisades  I  (Paris  1875)  2,  647  ff.  (fehlerhaft  nach  Buchen  ohne 
Kenntnis  von  der  Ausgabe  Müllers). 

2.  Hilfsmittel:  C.  Neumann,  Griechische  Goschichtschreiber  und  Geschichts- 
qaellen  im  12.  Jahrb.,  Leipzig  1888  S.  105. 

163.  Michael  Panaretos  {Mixccj]k  6  UavdQstog)  hinterliess  eine  ganz 
summarisch  gehaltene  Chronik  des  Kaisertums  Trapezunt,  welche 
die  Zeit  von  1204 — 1426  umfasst:    BsQi   tmv  tfjg   TQane^ovviog  ßaaiXewv^ 

t£v  MeyäXvov  Kofivtivdiv,  onoag  xai  noxs  xäi  noaov  i'xatfTog  ißaaiXavtStw 
Die  Schrift  hat  trotz  ihrer  üblen  Form  und  ihres  dürftigen  Inhaltes  ein 
besonderes  Interesse  als  Ergänzung  der  spärlichen  Nachrichten  über  jene 
merkwürdige,  durch  Fallmerayer  aufgehellte  und  berühmt  gewordene  poli- 
tische Gründung  im  inneren  Winkel  der  schwarzen  Meeres,  die  sich  auch 
nach  der  Wiederherstellung  des  oströmischen  Reiches  lange  erhielt  und 
erst  unter  dem  Anprall  der  türkischen  Heere  zusammenbrach.  Der  Ver- 
fasser berichtet  über  die  letzten  Ereignisse  als  Zeitgenosse  und  lebte  dem- 
nach in  der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts.  Als  gewiss  darf 
auch  angenommen  werden,  dass  er  selbst  Trapezuntier  war;  dagegen  ver- 
mögen wir  nicht  zu  bestimmen,  ob  er  verwandt  ist  mit  jenem  Theodoros 
Panaretos,  welchem  eine  unedierte  Urkunde  (Acta  et  diplomata  Graeca 
medii  aevi  edd.  Fr.  Miklosich  et  Jos.  Müller  2  (1862)  154)  die  Verwaltung 


394  Bysantinischd  Litteratargeschiohte.    I.  Prosauohe  litteratur. 

der  patriarchalischen  Rechte  in  Trapezunt  und  anderen  Kirchen  des  Oriei 
verleiht. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  L.  Fr.  Tafel  als  Anhang  zu:  Eustathü  Metaropolitae 
lonicensis  opuscula  etc.,   Francofurti  ad   Moenum  1882  S.  362 — 370.    —   Wiederholt 
deutscher  Uebersetzung  und  wertvollen  Anmerkungen  von  Ph.  Fallmerayer,  Abi 
bayer.  Ak.  3.  Classe,  4.  Band,  2.  Abteil.  1844. 

2.  Hilfsmittel:  Reichlich  verwertet   ist  Panaretos  in  der  neuen  Ausgabe  von 
Beau,  Uistoire  du  bas-empire,  und  dortselbst  t.  20  (1886)  482  —  509  von   Broaset 
zösisch  übersetzt.  —  Sonstiges  Material  zur  Geschichte  von  Trapezunt  veröffentlichte 
Fallmerayer,   Abhandl.  bayer.  Ak.  3.  CL,  3.  Bd.,   3.  Abt   1843.   —  Vgl.   PL   Fa] 
merayer,  Geschichte  des  Kaiserthums  von  Trapezunt,  München  1827,  Ph.  Fallmera7( 
Fragmente  aus  dem  Orient '  S.  295  f.,  und  die  Skizze  von  W.  Fischer,  Trapezunt 
seine  Bedeutung  in  der  Geschichte,  Zeitschrift  für  allgemeine  Geschichte  3  (Stuttgart  1! 
13-39. 

3.  Einige  auf  die  Heiligengeschichte  von  Trapezunt  bezügliche  Sohrifteii 
die  im  Cod.  85  der  Bibliothek  in  Chalki  erhalten  sind,  u.  a.  ein  Martyrium  der  HIL  Eugenio^ 
Eanidios,  Valerianos  und  Aquilas  von  dem  Patriarchen  Johannes  Xiphilinos,  erwfthdj 
P.  Bezobrazov,  Materialien  zur  Geschichte  des  byzantinischen  Kaiserreiches,  Joom.  MiA 
1887  Bd  254  November  S.  78.  ^ 

164.  Eomnenos  und  Proklos  (Kofivrjvog  xal  ügoxkog).  Unter  dett^ 
Namen  Mixccrjl  venotrjg  %ov  Jovxog  ist  ein  ganz  kleines  Fragment  eineS 
angeblichen  Geschichte  von  Epirus  herausgegeben;  dieses  Fragment  14 
nichts  anderes  als  eine  universalhistorische  Übersicht,  welche  fast  wörüidl 
mit  der  Einleitung  der  Geschichte  des  Dukas  (vgl.  S.  305  ff.)  tibereinstimmt 
Es  ist  daher  höchst  wahrscheinlich,  dass  dieser  mysteriöse  „Michael,  Enkel 
des  Dukas''  mit  dem  uns  wohlbekannten  Geschichtschreiber  Dukas  identisob 
ist;  denn  jener  Dukas  ist  ein  Enkel  eines  Michael  Dukas,  und  von  einen 
zweiten  Historiker  Dukas  wissen  wir  absolut  nichts.  Der  Name  geriet 
wohl  auf  den  Titel  der  verlorenen  Geschichte  von  Epirus,  weil  der  Ve^ 
fasser  oder  ein  Abschreiber  die  Einleitung  aus  dem  Werke  des  Dukas 
fast  unverändert  herübernahm,  um  daran  seine  Geschichte  von  Epirus  zu 
schliessen.  Dieses  kleine  Stück  edierte  zuerst  Pouqueville,  Voyage  dans 
la  Grfece,  tom.  5  (1821)  200 — 210,  und  nach  ihm  Bekker  mit  der  (einst 
von  Martin  Crusius  und  Alter  edierten)  Historia  politica  et  patri- 
archica  Constantinopoleos,  Bonnae  1849  S.  207  f.  In  demselben 
Bande  gab  Bekker  S.  209 — 279  ebenfalls  nach  Pouqueville  a.  a.  0.  einige 
umfangreichere,  teils  auf  die  mittelalterliche  Geschichte  von  Epirus,  teile 
auf  die  türkische  Geschichte  (bis  ins  18.  Jahrh.)  bezügliche  Chroniken- 
fragmente, die  er  alle  unter  dem  Titel  Epirotica  zusammenfasste.  Dae 
zweite  dieser  Fragmente,  betitelt:  7(rro^ia  JlQsXovfinov  xai  aXkuiv  Siafpogtoj 
Jeanoicov  t(ov  ^Iwavvhmv  and  rijg  aXwcsoag  avidv  nccqd  tdv  2€Qß(ov  i'a>i 
xr^g  nagadoaewg  dg  tovg  TovQxovg,  ist  nur  ein  Stück  eines  vollständigeren 
schon  früher  herausgegebenen,  Bekker  aber  unbekannt  gebliebenen  Werkes, 
nämlich  der  Chronik  des  Komnenos  und  Proklos.  Vielleicht  sind 
diese  zwei  wohl  dem  15.  Jahrhundert  angehörigen  Autoren  auch  die 
wahren  Verfasser  jener  oben  erwähnten  Geschichte  von  Epirus,  zu 
welcher  ein  Abschreiber  dann  jene  universalhistoriche  Übersicht  gefügl 
haben  mag. 

1.  Ausgaben:  Das  vollständige  Werk  des  Komnenos  und  Proklos  edierte  zuerst 
A.  Mustoxydes  im  'EXXrjyofAyrjfxtav  1845—47  S.  407—579  (Nr.  8-10).  —  Nach  ihm  wieder 
holte  es  Gabriel  Des  tu  ms  unter  dem  Titel:  'laioQixoy  Kofiytjyov  fioyaxov  xai  JlgoxXot 
^oraxov   negl   diaffoQuty  deanottSy  iijg  ^HnetQov,   Petersburg  1858  (mit  russischer   Ueber 


2.  OeschiehUchreiber  und  GhroniBten.    B.  Chronisten.    (§§  164—165).      395 

itzung  und  Kommentar).  —  Doch  sind  beide  Ausgaben  so  selten,  dass  der  vollständige 
omnenos  und  Proklos  wohl  den  meisten  Gelehrten  unzugänglich  bleiben. 

2.  Hilfsmittel:  Gh.  Hopf,  Chroniques  Gröco-Romanes,  Berlin  1873,  wo  S.  XXXI  f. 
Ile  auf  die  Epirotica  bezüglichen  bibliographischen  Thatsachen  und  S.  259—265  Varianten 
nd  Emendationen  zum  zweiten  Fragment  mitgeteilt  sind.  —  P.  Arabantinos,  Xgoyo- 
^<fia  tijq  'HneiQov  (2  voll.  Athen  1856 — 57)  vol.  I  JlQooifjLtoy  S.  X  f.,  wo  auch  eine  Aus- 
übe des  Eomnenos  und  Proklos  ^vnd  jov  xvQiov  Aiyiayog  xm  1831  iy  riyt,  (!  ?)  neQiodtx(p* 
rwähnt  ist  und  verschiedene  Angaben  über  die  Ueberlieferung  des  Eomnenos  und  Proklos 
US  der  Lokaltradition  gesammelt  sind.  —  Die  im  17.  Jahrb.  abgefasste,  ungemein  dürftige 
Chronik  von  Argyrokastron"  {Xooyixdy  Jgvojtiifog)  ed.  mit  einem  Kommentar  Ath. 
^etridis,  NBoeXXrjyixd  'JyaXexra  I  2  (1871)  1 — 64.  —  Eine  neue  kritische  Ausgabe  dieser 
S|arotica  und  besonders  des  Komnenos  und  Proklos  mit  einer  Untersuchung  der  Autor- 
nge  wäre  eine  dankbare  Aufgabe  für  einen  in  Janina  lebenden  und  mit  der  epirotisch- 
firkischen  Geschichte  vertrauten  Griechen. 

166.  Ghronikenauszüge^  geschichtliche  Tabellen  und  Verwandtes. 

5chon  im  Vorstehenden  sind  mehrere  Werke  erwähnt  worden,  die  entweder 
lurchaus  oder  wenigstens  auf  längere  Strecken  den  Charakter  historischer 
Exzerpte  und  Tabellen  an  sich  tragen,  wie  die  Osterchronik,  das  Xqovo- 
f^tfeiov  avvioixov  des  Nikephoros,  der  Abriss  des  Joel  u.  a.  Eine  ganze 
Reihe  ähnUcher  Abrisse  sind  uns  ohne  Automamen,  bald  mit  allgemeinen 
Oberschriften  wie  'EmTOfAtjj  'ExXopj  u.  s.  w.,  bald  auch  ohne  irgend  einen 
Titel  tiberliefert.  Da  sie  meist  nur  aus  kurzen  Notizen,  Namen  und  Zahlen 
bestehen,  können  sie  nicht  als  Litteraturwerke  gelten  und  beanspruchen 
keine  spezielle  Darstellung;  doch  dürfen  sie  wegen  ihres  zuweilen  sehr  er- 
beblichen stofflichen  Wertes  und  wegen  ihres  engen  Zusammenhanges  mit 
den  grösseren  Chroniken  und  Geschichtswerken  nicht  ganz  übergangen 
werden.  Im  Folgenden  sollen  die  wichtigsten  dieser  nach  Herkunft  und 
Wert  sehr  verschiedenen  Geschichtskompendien  kurz  aufgezählt  werden; 
auf  eine  genauere  Beschreibung  und  Sichtung  derselben,  die  nur  im  Zu- 
sammenhange einer  ausführlichen  Untersuchung  und  auf  Grund  vollstän- 
diger Ausgaben  geschehen  könnte,  wird  verzichtet. 

1.  An  der  Spitze  steht  der  inneren  Bedeutung  nach  wohl  die  ^ExXoyiq 
ia%oQiü)v  des  Cod.  Paris.  854,  ein  chronologischer  Abriss,  der  ursprüng- 
lich der  Überschrift  zufolge  bis  auf  Kaiser  Anastasios  I  reichte,  jetzt  aber 
schon  mit  Ozias  abbricht;  die  Redaktion  des  Cod.  Paris,  fällt  nach  einer 
eingeschalteten  Zeitbestimmung  in  die  Regierung  Kaiser  Basilios'  I.  Eine 
andere  Redaktion  der  Ekloge,  welche  die  Vorrede  mit  dem  Pariser  Frag- 
mente gemeinsam  hat  und  bis  1118  reicht,  steht  im  Cod.  Vindob.  theol.  133. 

Das  Pariser  Fragment  ed.  J.  A.  Gramer,  An.  Paris.  2  (1839)  166-230.  —  Die 
Wiener  Redaktion  ed.  A.  Wirth,  Aus  orientalischen  Chroniken,  Frankfurt  1894  S.  3—24. 
Verbesserungen  zu  dem  von  Wirth  gebotenen  Texte  gab  K.  Erumbac4ier,  6.  Z.  3(1894) 
613-617.   —    Vgl.  H.  Geizer,  Sextus  Julius  Africanus  II  1  (1885)  298-315. 

2.  „Eclogarius  Casauboni.*  Speziell  für  die  Herstellung  des 
Eusebios  ist  von  grösster  Wichtigkeit  ein  anonymer  byzantinischer  Auszug, 
der  von  Casaubonus  dem  Scaliger  für  seinen  Thesaurus  temporum 
(Lugduni  Bat.  1606)  mitgeteilt  wurde  (daher  die  vorstehende  Bezeichnung). 
Nach  Scaligers  Publikation  blieb  die  Handschrift  dieses  Auszugs  ver- 
schollen. Erst  J.  A.  Cramer  fand  ihn  wieder  im  Cod.  Paris.  2600  und 
ei  den  Text  abermals,  aber  ziemlich  fehlerhaft,  An.  Paris.  2  (1839)  115 
bis  163.   —   Den  auf  Eusebiog  bezüglichen  Teil  ed.  mit  Hilfe  einer  von 


396  Byzantinische  litteratnrgdBohichte.    I.  Prosaische  Litteratnr. 

P.    de  Lagarde    angefertigten   Kollation   vortrefflich    A.  Schöne,  Ei 
chronicorum  libri  duo,  Vol.  1,  Berlin  1875. 

3.  Das  XQovoyQag>€iov  (fvvzofiov,    eine  fälschlich   dem   Eusebic 
zugeschriebene,   nur  in    einzelnen   Teilen  wertvolle  Kompilation,    die 
Jahre  854   auf  Grund   einer  Quelle  aus  der  Zeit  des  Nikephoros  P.  v< 
anstaltet  worden  ist.    Von  den  späteren  Chronisten  hat,  vde  es   schei] 
nur  Pseudo-Polydeukes  aus  ihr  geschöpft. 

Ed.  A.  Mai,  Scriptornm  veterum  nova  coUectio  I  2  (1825)  1—39.  —  Ed.  A.  Schön«| 
Eusebius  1  (1875)  app.  S.  64—102.    Da  Schöne  die  einzige  bekannte  Ha,  aus  der  A.  ~~ 
das  Werk  gezogen  hatte,  nicht  aufzufinden  vermochte,  so  konnte  er  nur  die  Ausgabe 
A.  Mai  wiederholen.  Erst  von  Reitzenstein  ist  die  Hs,  Cod.  Yatic.  gr.  2210,  s.  10, 
entdeckt  worden.     R.   Reitzenstein,  Zu  Eusebius,  Hermes  23  (1888)  148.   —   Vgl 
Geizer,  Sextus  Julius  Africanus  II  1  S.  329— 34b. 

4.  Das  XQovtxüv  inirofiov  des  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  40  (Nessel), 
eine  kurze,  durch  profangeschichtliche  Angaben  wichtige  Chronik  von  A< 
bis  auf  Johannes  Komnenos. 

Vgl.  H.  Geiz  er,  Sextus  Julius  Africanus  II  1  S.  345—357.     Die  dortseihst  S. 
angekündigte  Auegabe  von  P.  Rlohe  ist  nicht  erschienen. 

5.  Xqovcov  aQi&fir^tng  xai  ofiag,  eine  chronologische  Tabelle  aus  der' 
Zeit  Michaels  HI  (842—867).  '  ■ 

Ediert  (nach  Scaliger)  im  Chronicon  Paschale  ed.  Bonn.  11  78—87.  —  Vgl.  H.  Geizer» 
Sextus  Julius  Africanus  II  1  S.  388—390.  Ehenda  S.  391—396  werden  noch  einige  andere 
kleine  Tabellen  besprochen. 

6.  Der  sogenannte  Barbarus  Scaligeri,  die  barbarische  lateinische 
Übersetzung  einer  unter  Kaiser  Zeno  oder  Anastasios  entstandenen  grie- 
chischen Weltchronik. 

1.  Ausgaben:  Ed.  (nach  Scaliger)  A.  Schöne,  Eusebius  1  (1875)  app.  S.  177— 239« 
Einen  Teil  des  griechischen  Urtextes  rekonstruierte  6.  Anagnostopulos,  UeQi  rijg  Xau- 
vixfiq  intTofirjs  xov  BaqßaQov,  Jena  1884.  —  Das  ganze  Werk  ed.  mit  vollständiger  grie- 
chischer Rttckübersetzung  C.  Fr  ick,  Chronica  minora  1  (1892)  184—371.  —  Die  mit  dem 
,Liber  generationis'  sich  deckenden  Partien  ed.  Th.  Mommsen,  Monumenta  Gernianiae 
bist.,  Auetores  antiquissimi  IX  1  (1891—1892)  91  ff.,  272  ff. 

2.  Hilfsmittel:  H.  Geizer  a.  a.  0.  S.  316-329,  und  Zeitschr.  f.  wiss.  Theol.  24 
(1883)  500  ff.  —  Job.  Jos.  Hoeveler,  Die  Excerpta  latina  Barbari,  Festschrift  der  43.  Ver- 
sammlung deutscher  Philologen  und  Schulmänner  dargeboten  von  den  höheren  Lehranstalten 
Kölns,  Bonn  1895  S.  193-214. 

7.  Die  Brüsseler  Synopsis,  eine  summarische  Übersicht  der  römi- 
schen Geschichte  von  Julius  Cäsar  bis  auf  Romanos  HI  (1028 — 1033),  die 
einzelne  wichtige,  sonst  nicht  überlieferte  Notizen,  z.  B.  eine  genaue  Da- 
tierung des  ersten  Angriffes  der  Russen  auf  Konstantinopel  (im  Jahre  860) 
enthält. 

Aus  Cod.  Bruxell.  11376  ed.  Fr.  Cumont,  Anecdota  Bruxellensia.  I.  (=  Recueil 
de  travaux  publiös  par  la  facult^  de  philosophte  et  lettres,  9°  fascicule)  Gand  1894.  — 
Zu  der  erwähnten  Datierung  vgl.  V.  Vasiljevskij,  Viz.  Vr.  1  (1894)  258  f.  —  C.  de 
Boor,  Der  Angriff  der  Rhos  auf  Byzanz,  B.  Z.  4  (1895)  445-466. 

8.  Bruchstücke  einer  konstantinopolitanischen  Kaiser-  und 
Stadtchronik  stecken  wohl  in  den  Exzerpten  bei  H.  Valesius,  Theo- 
doriti  ep.  Cyri  et  Evagrii  schol.  etc.  bist,  eccles.,  Amsterdam  1695  S.  567  ff., 
und  J.  A.  Gramer,  An.  Par.  2  (1839)  111,  32  flf. 

Einen  ähnlichen  Charakter  trägt  der  Miyug  xQoyoygäfpog^  von  dem  Stücke  an  den 
Rand  des  Cod.  Vatic.  der  Osterchronik  geschrieben  sind.  Veröffentlicht  von  A.  Freund, 
Beiträge  zur  antiochenischen  und  konstantinopolitanischen  Stadtchronik,  Diss.,  Jena  1882. 

9.  Ein  Xqov^xov  fisQixov  von  Adam  bis  auf  Alexios  Komnenos  ent- 


2.  Qesohiohtaohreiber  nnd  Ghroniaten.    B.  ChroniBten.    (§  165)  397 

t  der  Cod.  Vindob.  theol.  244  (Nessel).     Auszüge  aus  demselben  ed. 

•  Wirth,  Chronographische  Späne,   Frankfurt  1894  S.  48—51.     Ebenda 

&  51 — 88  gibt  Wirth  zahh-eiehe,  aber  meist  ganz  kurze  Auszüge  aus  ähn- 

{lichen  Abrissen  in  den  Codd.  Marc.  XI  31,   Vindob.  med.  8,   Vindob. 

:bist.  35,  Vatic.    197   (eine   Ära  unter  dem  Namen  des  Photeinos    und 

^Kyrillos),  Paris.    1775,    1783,   1355,    1154,    1784,   Vatic.  573,  Venetus 

II  90,  Palat.  (Heidelberg)  356,  Vindob.  theol.  304,  277,  153,  Laur.  59, 31. 

—  Ganz  dürftige  chronologische  Notizen  von  1188 — 1516,  die  am  Schlüsse 

des  Cod.  Paris.  1711  von  später  Hand  zugefügt  sind,  ed.  G.  M.Thomas, 

Date  storico-cronologiche  Bizantine,  Rivista  di  filologia  2  (1874)  495 — 497. 

.—  Eine  Liste  der  orthodoxen  und  häretischen  Kaiser  ed.  aus  Cod.  Bodl. 

:  Clark,  ir»  J.  A.  Cramer,  An.  Oxon.  4  (1837)  249  f. 

]  10.   Zahlreiche   Chronikenauszüge    und   chronologische  Tabellen,   die 

I  häufig  bis  in  die  Türkenzeit  fortgesetzt  sind,  ruhen  noch  unbeachtet  und 
uaediert  im  Staube  der  Bibliotheken.  Zur  Erleichterung  für  einen  künf- 
tigen Bearbeiter  dieses  weit  zerstreuten  Materials  notiere  ich  einige  Hand- 
schriften, die  mir  gelegentlich  aufgestossen  sind,  bemerke  aber  ausdrück- 
-  lieh,  dass  ich  weder  systematisch  gesanmfielt  noch  den  Versuch  einer 
Klassifizierung  gemacht  habe ;  die  Handschriften  werden  einfach  alpha- 
.i  betiseh  nach  den  Bibliotheken  geordnet  aufgezählt: 

1.  Cod.  Barber.  HI  1  (türkische  Geschichte  von  1373—1512). 

2.  Bodl.   Barocc.  25   fol.   233—243   (kleine  kirchliche   Chronik,   in 
welcher  auch  über  Succession  und  Absetzung  der  Patriarchen  gehandelt  wird). 

5.  Escur.  Y.  I.  3  (Auszug  der  Kaisergeschichte  von   Gallienus  bis 
anf  Michael  HI;  vgl.  den  Katalog  von  E.  Miller  S.  261). 

4.  Lugd.  66  fol.  1 — 18  (Chronologia  imperatorum). 

5.  Matrit.  72  fol.  140 — 176  (Weltchronik  von  Adam  bis   auf  Kon- 
stantin EX  Palaeologos;  vgl.  den  Katalog  von  Iriarte  S.  265  f.). 

6.  Mo  sq.  Syn.  406  s.  12  fol.  208  f.  (Chronologie  von  Adam  bis  auf 
Alexios  Komnenos;  vgl.  den  Katalog  von  Vladimir  S.  605). 

7.  Mut.  HI.  D.  3  (ausser  Zonaras  Kataloge  der  Kaiser  und  Kaiserinnen, 
der  Patriarchen  u.  s.  w.). 

8.  Neapel.  H.  A.  12  fol.  102^ — 110^  (ein  XQovoyqaffHov  von  Adam 
bis  auf  Romanos  Lakapenos). 

9.  Patm.    132   (Chronographie    von    Adam    bis    auf   Romulus    und 
Remus). 

10.  Patm.  286  (Chronologische  Übersicht  von  Konstantin  dem  Grossen 
bis  zum  Ende  des  16.  Jahrhunderts). 

11.  Patm.  287  (Geschichte  der  Osmanen  bis  auf  Selim  H  nebst  einer 
Geschichte  der  Patriarchen). 

12.  Taur.  167  (jetzt  G.  VI.  20)  (Chronologie  der  Paläologen  und  der 
türkischen  Sultane). 

13.  Taur.  281   (jetzt  B.   VI.   13)   fol.    9—26   (Dürftige   vulgärgrie- 
chische Chronik  von  Theodosios  II  bis  auf  Johannes  Komnenos. 

14.  Vatic.  162  fol.  72  {XQovoygafffa  etc.). 

15.  Vatic.  Pal.  369  fol.  137—151^  (Kurze  Chronik  von  Semiramis 
bis  auf  Johannes  Palaeologos;  vgl.  den  Katalog  von  Stevenson  S.  238). 


398  Byzaniinischd  Littdratnrgeschiohte.    L  Prosaische  Litierator. 

16.  Vindob.  theol.  58  (Nessel)  fol.  142  f.  (Chronologische  Übersieh 
von  Adam  bis  auf  1026). 

17.  Vindob.  theol.   261   (Nessel)   fol.   261—275   (Vulgärgriechisch 
Chronik  der  türkischen  Sultane  bis  1566). 

18.  Vindob.  phil.  219  (Nessel)  fol.  108^—111^  (Chronologische  Tabell 
von  Adam  bis  zum  Jahre  1204). 

11.  Eine  genauere  Sichtung  verdienten  auch  die  in  zahllosen  Handr 
Schriften  vorkommenden  Verzeichnisse  der  Synoden.  Ein  Lehr^ 
gedieht  über  die  Synoden  verfasste  Michael  Psellos.  Eine  ProsaschriH 
über  die  Synoden  geht  unter  dem  Namen  des  Neilos  Diassorinos;  vgj, 
den  diesem  Autor  gewidmeten  Paragraphen.  Ein  ähnliches  Werk  stehl 
unter  dem  Namen  eines  Hilarion  im  Cod.  Harl.  5607.  Der  Verfasser  ist, 
vielleicht  mit  dem  Hilarion  identisch,  den  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  HarL. 
11,  459  erwähnt.  Einige  Synodenverzeichnisse  ed.  P.  Harduin,  Acta 
conciliorum  5  (1714)  1463—1478. 

12.  Endlich  sei  hier  die  sogenannte  historische  Palaea  erwähntp 
ein  durch  allerlei  apokryphe  und  volkstümliche  Zusätze  erweiterter  Auszug  \ 
aus  dem  alten  Testament,  der  in  den  slavischen  Litteraturen  eine  gross0=: 
Rolle  spielt,  in  griechischen  Handschriften  aber  ziemlich  selten  zu  sein 
scheint.  Einen  griechischen  Text  edierte  aus  dem  Cod.  Vindob.  theoL 
247  (Nessel)  mit  Beiziehung  des  Vatic.  Ottob.  205  A.  Vassiliev,  Anec- 
dota  graeco-byzantina  1  (1893)  188—292.  Vgl.  S.  XLH— LVI.  Ausser- 
dem erwähnt  Vassiliev  S.  L  f.  den  Cod.  Marc.  H  501  s.  12  und  den 
Cod.  Vindob.  bist.  119  s.  15 — 16,  wo  eine  Palaea  dem  Psellos  zuge- 
schrieben wird.  Dazu  kommt  noch  der  Cod.  Vallicell.  F.  68  fol.  198 
bis  207^.  Er  enthält  nur  einen  verkürzten  Text,  dessen  Titel  und  Anfang 
lauten:  Xqovixov  avvtoiiov  ix  tov  nccXatov  .  *Aaddfi  (so)  iyevvrjcev  viovc  y\ 

Zur  Charakteristik  der  wichtigsten  Eklogen  und  Tabellen  dient  H.  Geiz  er,  Sextoa 
Julius  Africanus  II  I  (1885).  —  Einiges  bei  A.  Wirth,  Aus  orientalischen  Chroniken, 
Frankfurt  1894  (nur  mit  grösster  Vorsicht  zu  benutzen;  vgl  oben  S.  226).  —  Eine  Sammel- 
ausgabe der  byzantinischen  , Chronica  minora*  wird  vorbereitet  von  Sp.  P.  Lampros. 
Es  ist  zu  wünschen,  dass  er  sich  nicht  auf  die  unedierten  Sachen  beschränke,  sondern 
eine  durch  Genauigkeit,  Vollständigkeit  und  Uebersichtlichkeit  ausgezeichnete  Sammlung 
sowohl  der  gedruckten  Eklogen  als  des  noch  ungedruckten  Materials  vorlege. 

1G6.  Unedierte  und  verlorene  oder  verschollene  Chroniken.  Unter 
den  Chroniken,  die  noch  der  Veröffentlichung  harren,  ist  die  wichtigste 
die  des  Skylitzes;  vgl.  S.  368.  —  Von  Wichtigkeit  für  die  Quellen- 
forschung wäre  die  Herausgabe  der  grossen  anonymen  Chronik  des  Cod. 
Paris.  1712,  in  der  eine  Hauptvorlage  des  Kedrenos  erkannt  worden  ist. 
—  Im  Cod.  Coislinianus  229,  s.  10—12,  fol.  158—203,  der  sich  jetzt  in 
der  Universitätsbibliothek  zu  Moskau  befindet,  und  in  einem  Cod.  Dres- 
densis  steht  unter  dem  Namen  des  Petrus  Alexandrinus  eine  durch 
Benützung  guter  alter  Quellen  wichtige  Chronik,  die  von  Adam  bis  auf 
das  Jahr  912  n.  Chr.  reicht.  Im  Coisl.  lautet  die  Überschrift:  UätQov 
XQKTuavov  xai  oQ&oio^ov  ^AXs^avdQtdug  ixd^saig  XQOvoav  iv  avvrcfitp  dm 
'ASdfi  Iwg  vin'y  im  Dresd.:  nätqov  oq&odo^ov  XQOVoyQaq)ia  iv  avvrofitp  dni 
Uiäfi  Iwg  TTJg  ßatx^ksiag  Kwvatavxivov  rot  nevO^sqov  Eiqijvrjg.  Eine  Ausgabe 
dieser  Chronik  wird  vorbereitet  von  Ed.  Thrämer.  Einen  vorläufigen 
Bericht  gab  er  in   der  Beilage  zur  Münchener  Allgemeinen  Zeitung  vom 


2.  0— chiehtaehreiber  nnd  Chronisteii.    B.  Chronisten.    (§§  166—167)      399 

4.  Januar  1892  S.   3.      Vgl.    A.   Wirth,  -Aus   orientalischen   Chroniken 

5.  XXym.  Noch  zu  bestimmen  ist  nach  Charakter  und  Gehalt  die  um- 
fiEuigreiche  Chronik  im  Cod.  Mo  sq.  Syn.  407  (Vladimir),  s.  16,  fol.  1 — 250, 
die  von  der  Erschaffung  der  Welt  bis  auf  Manuel  Komnenos  reicht;  fol. 
281 — 286  folgt  noch  eine  Fortsetzung  bis  in  die  Türkenzeit. 

Einige  wahrscheinlich  verlorene  Chronisten  nennt  Skylitzes  in 
der  Vorrede  seines  Werkes.  Vgl.  oben  S.  367.  Von  dem  dort  erwähnten 
Manuel  wissen  vär,  dass  er  die  Thaten  des  Johannes  Eurkuas,  des  be- 
-  rühmten  Feldherm  unter  Romanos  I,  in  8  Büchern  beschrieben  hat.  Der 
'  von  Skylitzes  genannte  Theodoros  Daphnopates  ist  wahrscheinlich  Ver- 
"  fasser  des  letzten  Teiles  der  Fortsetzung  des  Theophanes  d.  h.  der  Ge- 
^  schichte  des  Konstantinos  Porphyrogennetos  und  Romanos'  II;  vgl.   oben 

IS.  348  und  den  Paragraphen   „Theodoros  Daphnopates"    im    Abschnitte 
.Rhetorik".    Mehrere  der  von  Skylitzes  genannten  Autoren   wie  Nike- 
phoros  der  Phrygier,  Theodoros  von  Side   und   sein  Neflfe  Theo- 
doros von    Sebasteia,    Demetrios    von   Kyzikos    und    der    Mönch 
Johannes  der  Lyder  sind  uns  unbekannt.  Von  Demetrios  von  Kyzikos 
'^  Hesse  sich   vermuten,   dass   er  identisch   sei    mit  jenem   Metropoliten 
•  Demetrios  von  Kyzikos,  an  den  der  Dichter  Christophoros  von  Mytilene 
■  ein  Trostgedicht  wegen  seiner  Podagra  richtete.')    Doch  ist  damit  wenig 
gewonnen,  da  wir  auch  von  diesem  Podagristen  nichts  Näheres  wissen. 

1.  Chronik  des  Cod.  Paris.  1712:  Der  Abschnitt  von  Leo  dem  Armenier  bis 
zom  Schlosse  ist  unter  dem  Namen  des  Symeon  Logothetes  ediert;  s.  S.  861.  —  Ueber 
den  ganzen  ersten  Teil  bis  zur  Kaiserzeit  berichtete  H.  Geiz  er,  Sextus  Julius  Africanns 
11  1  (1885)  357—384;  vgl.  ebenda  I  (1880)  68.  —  Einige  Notizen  von  E.  Patzig,  B.  Z. 
5  (1896)  29  f.  —  E.  Frachter,  Die  römische  Kaisergeschichte  bis  auf  Diokletian  im 
Cod.  Paris  1712  und  im  Cod.  Vatic.  163,  B.  Z.  5  (1896)  (wird  demnächst  erscheinen). 

2.  Kürzere  und  längere  Proben  aus  unedierten  Chroniken  verschiedener  Art,  die  in 
den  Codd.  Marc.  Cl.  II  251;  Cl.  VII  16,  17,  18,  20,  22  aufbewahrt  sind,  ed.  1.  Bekker, 
Abh.  Berl.  Ak.  1841  S.  41—65.  —  Einige  weitere  Mitteilungen  aus  Venezianer  Hss  gab 
J.  MfiUer,    Byzantinische  Analekten,  Sitzungsber.    Wien.    Ak.   9  (1852)   336—419   (das 

j  S.  393  erwähnte  Gedicht,  Briefe  und  Urkunden). 

!  3.  Ein  Verzeichnis  unedierter  Chronisten  gab  Fabricius,   Bibl.   gr.   ed.  Harl.  VIT 

j  471  ff.     Unter  mehreren  bekannten  Stücken  erwähnt  er  eine  von   der  Schöpfung  bis  auf 
I   Konstantin  Dukas  reichende,  in  der  Vulgärsprache  abgefasste  Chronik  des  Symeon  Seth, 
'   die  sich  im  Patriarchat  zu  Kpel  befand.   —   Verlorene  Chronisten  nennt  A.  Wirth,  Aus 
orientalischen  Chroniken  S.  255  f.  (leider  ohne  nähere  Angaben  und  Belegstellen). 

167.  Yulgärgriechische  Chroniken,  Paraphrasen,  Chroniken  aus 
der  Ttkrkenzeit.  Auf  die  in  der  griechischen  Volkssprache  abgefassten 
Chroniken  und  Paraphrasen  ist  im  allgemeinen  schon  S.  221  hingewiesen 
und  mehrere  Werke  dieser  Art  sind  in  der  Spezialdarstellung  der  Historiker 
und  Chronisten  genannt  worden;  vgl.  S.  278;  285;  308;  346;  355;  377;  379. 
Einige  Proben  von  Vulgärchroniken  in  Venezianer  Handschriften  gibt 
I.  Bekker,  Abh.  Berl.  Ak.  1841  S.  41—65.  Über  die  dort  exzerpierten 
Codd.  Marc.  VH  18  und  20  vgl.  auch  E.  Patzig,  Johannes  Antiochenus 
und  Johannes  Malalas,  Progr.,  Leipzig  1892  S.  1  und  10  f. 

Eine  ziemlich  dürftige  Chronik  in  der  Volkssprache  von  Christi 
Gebort  bis  auf  Konstantin  Palaeologos  enthält  der  Cod.  Marc.  VII  43 
a.  1719  fol.  1—135.    Überschrift  und  Anfang  lauten:  ^Aqxi]  avv  ^erp  äyttp 


•)  Versi  di  Cristoforo  Patrizio  ed.  Ant  Rocchi,  Rom  1887  S.  27. 


4  00  Byzantinische  Litteratorgeschiohte.    I.  Prosaiftohe  Lüterainr. 

tov  XQovoyQaffov  cJ^x^A**^'^*^  ^^^  Xqiatov  Ytvvrjtfeag  yqatfiav  (8o)  %ov^  ßi 
XsXq  xttT    ovofia  i'(og  elq  trjv  ßaaiXsiuv  Kmvatavxivov  toi  üaXcuoXoyov  l\ 
nai  rd  ndzQia  Trjg  ^Ayiccg  2o€piag.     Eig  ^tovg   nävTS  x^^^^^^  nevraxoctoi 
XQovoi  dno  xtiasmg  xoCfiov  iyEvvrj^rjV  6  xvqiog  rjfiMV  ^Irfiovg  X^iCTog  «ig  ti 
aaqdvxa  Svo  xQovovg  trjg  ßaaikeiag  Avyovoxov  Kaiactqog,   Die  Erzählung 
voll  der  gröbsten  Irrtümer;  nach  diesem  Autor  hätten  die  Lateiner 
1204  nur  kurze  Zeit  in  Konstantinopel  geherrscht  und  bald  wären  i 
wieder  griechische  Kaiser  gefolgt  wie  Theodoros  Laskaris,  Johannes 
Batatzes  u.  s.  w. 

Zur  Gruppe  der  Paraphrasen  gehört  u.   a.    auch    die   Chronik  d 
Cod.  Taur.  226  (jetzt  B.  IV.  4),  der  eine,  wie  es  scheint,  aus  Theophai 
und  Zonaras  stammende  Kompilation  in  einer  einfacheren  Diktion  ent 
Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  513.   Ein  ähnliches  Machwerk  scheint  im  Cod.  Bero! 
Phillipp.  1634  8.  16  zu  stecken;  vgl.  die  Beschreibung  bei  Guil.  Stude 
mund  et  L.  Cohn,  Codices  ex  bibliotheca  Meermanniana  Phillippici 
nunc  Berolinenses,  Berlin  1890  S.  99  f. 

Ein  höchst  merkwürdiges  Beispiel  der  Vulgärparaphrasen  ist  der  Coi 
Paris,  suppl.  gr.  467,  s.  17.  Er  enthält  eine  römisch-byzantinisch- 
türkische Geschichte  von  Aeneas  bis  auf  Murat  IV  (1623 — 1640)  in  einer 
recht  lesbaren,  durch  gelehrte  Einflüsse  so  wenig  als  möglich  getrübten 
Volkssprache.  Der  Titel  lautet:  BißXiov  x^oi^oy^ayixov  xvqov  rewqyiov 
Tov  2vyyiXov  (so)  xai  ^iovtXTivov  xai  EiQrjvaiov  t(ov  nakamv  XQ^'^'^ 
yqdffiüv  nsquxov  nsql  xov  noxs  exTiifx^rj  rj  ^Pcifxrj  xai  neqi  %wv  ßaaii^w 
avTtjg  xai  neqi  rrjg  KcovaTavTitovnoXewg  noxe  ßaaiiXg  <iyäv€%o>  xai  ni{f 
Tfjg  dX(6a€(og  avTTJg  vno  t(Sv  ^Ayaqv^vmv.  Beginn:  BaaiXsvg  nqdxog  %r/; 
^Poifirjg.  ^Ano  xov  xaiqov,  onov  ij(pavi(T&r]  rj  Tqmdia  and  xovg  "EkXriva;. 
Von  den  drei  Autoren,  die  als  Verfasser  genannt  werden,  ist  der  erste 
natürlich  der  bekannte  Georgios  Synkellos;  aber  was  es  mit  Justino8 
und  Irenaeos  für  eine  Bewandtnis  hat,  bleibt  unklar.  Der  von  Malalas 
öfter  z.  B.  160,  9  zitierte  Eiqrjvatog  6  aoffog  muss  doch  wohl  sicher  aus 
dem  Spiele  bleiben.  Der  erste  Teil  des  Werkes  scheint  eine  freie  Bear- 
beitung des  Synkellos  und  Theophanes  zu  sein.  Daran  schliesst  sich  fol 
119 — 177  eine  Paraphrase  des  Skylitzes,  dessen  Werk  hier  aber  seltsamer- 
weise bis  auf  Johannes  Komnenos  reicht.  Nach  einer  Notiz  über  die 
Ilegierungszeit  dieses  Kaisers  folgt  die  Bemerkung:  i'fog  wSs  xeXenovn  i 
^IwdvvYfi  ^xvXix^rfi  6  xQoroyqdifog,  Den  Schluss  bildet  eine  kurz  gehaltene 
Fortsetzung  bis  auf  Murat  IV  (fol.  177—216). 

Eine  ebenfalls  in  der  derbsten  Vulgärsprache  abgefasste  Kaiser- 
chronik, welche  der  Codex  462  des  Metochion  des  hl.  Grabes  in  Kon- 
stantinopel bewahrt,  analysiert  Alex.  Kirpißnikov,  Eine  volkstümliche 
Kaiserchronik,  B.  Z.  1  (1892)  303—315.  —  Vgl.  V.  Istrin,  Zur  Frage 
über  die  griechischen  Vulgärchroniken,  Viz.  Vr.  2  (1895)  (soll  denmächst 
erscheinen).  —  Irgend  eine  Paraphrase  ist  wohl  auch  die  bis  auf  Nike- 
phoros  Botaneiates  reichende  vulgäre  Weltchronik  im  Cod.  Athens 
3875  s.  17. 

Manuel  Malaxos  (MavovrjX  MuXu^og)  aus  Nauplia  verfasste  im 
letzten  Drittel  des  16.  Jahrhunderts  eine  Chronik,  die  von  der  Schöpfung 


2.  Qesohiohtsohreiber  und  Chromaten.    B.  Chronisten.    (§  167)  401 


His  zum  Jahre  1573  reicht.  Sie  ruht  noch  unediert  z.  B.  in  den  Godd. 
IParis.  1790  und  Harl  5632.  Eine  demselben  Malaxos  gehörende  Patri- 
l-archengeschichte  von  1454—1578  ist  von  M.  Crusius  in  seiner  Turco- 
^«aecia  ediert  und  im  Bonner  Corpus,  Bonn  1849,  wiederholt  worden. 
|Über  das  Leben  und  die  sonstigen  Schriften  des  Manuel  Malaxos  und 
1  seines  Landsmannes  Nikolaos  Malaxos  vgl.  K.  N.  Sathas,  Neoelkrjvix}] 
l  fiXoXoyta  S.  184  flf.  Die  Angabe  von  Sathas  S.  186,  die  Weltchronik  des 
s  Malaxos  schliesse  mit  dem  Jahre  1529,  scheint  auf  einem  Irrtume  zu  be- 
ruhen; in  der  Pariser  Hs  wenigstens  reicht  sie  bis  1573. 

Das  beliebteste  historische  Handbuch  des  17.  und  18.  Jahrhunderts 
ist  die  im  Jahre  1630  vollendete  Chronik   des  Dorotheos  von  Monem- 
basia,  die  von  der  ErschaflPiing  der  Welt  bis  1629  reicht.  Ausser  byzan- 
tinischen Weltchroniken  hat  Dorotheos  auch  mehr  abseits  liegende  Werke 
;  wie   die  Verschronik  von  Morea  benützt.     Eine  genauere  Untersuchung 
r  seiner  Quellen  fehlt  übrigens  noch.     Die  Chronik  des  Dorotheos  erschien 
zuerst  in  Venedig  1631;  dann   wurde  sie  öfter  wiederholt  z.  B.  Venedig 
1637,  1676,  1681,  1686.    —   Ein  Stück  auch  bei  Ch.  Hopf,  Chroniques 
Gr^co-Romanes   S.  237 — 239.    —    Über    die    Venezianer    Ausgaben    vgl. 
E.  Legrand,  BibUogr.  hell,   du  XVH«  sifecle  1  (1894)  290—299;   352  f.; 
i    2  (1894)  327;  390;  437.  —  Über  das  Leben  des  Dorotheos  s.  K.  N.  Sathas, 
Neo^U.  (ptXoJLoyia   S.  222  S. 

Ausser  Malaxos  und  Dorotheos  sind  uns  noch  einige  andere  grie- 
chische Welt-  und  Kaiserchroniken  aus  der  Zeit  der  Türkenherrschaft 
erhalten,  über  deren  Beschaffenheit  und  Quellen  nichts  Näheres  bekannt 
ist:  Eine  umfangreiche  am  Anfang  und  Ende  verstümmelte  Vulgär- 
chronik von  der  Erschaffung  der  Welt  bis  auf  Selim  II  (1566)  steht  im 
Cod.  Bodl.  Canon.  67  s.  16,  372  Blätter.  Verwandt  ist  wohl  die  aus- 
führliche Chronik  von  Aeneas  bis  auf  Sultan  Selim  11  im  Cod.  Athous 
3290  8.  1623,  fol.  1—176.  Unter  dem  Namen  des  Theodoros  von  Mo- 
nembasia  bewahrt  der  Cod.  Harl.  5742  eine  Chronik,  die  von  der  Er- 
schaffung der  Welt  bis  auf  den  letzten  Paläologen  reicht  und  dem  Kataloge 
zufolge  um  1570  abgefasst  sein  soll.  Die  Vermutung  liegt  nahe,  dass 
Dorotheos  statt  Theodoros  zu  schreiben  sei  und  das  Werk  die  Chronik 
des  Dorotheos  von  Monembasia  (s.  o.)  darstelle;  aber  dagegen  spricht  die 
erwähnte  Angabe  über  die  Abfassungszeit  des  Werkes.  Eine  mit  Doro- 
theos von  Monembasia  verwandte  Chronik  enthält  der  Cod.  Athous  3286, 
8.  17;  Stücke  derselben  stehen  auch  im  Cod.  Athous  3293.  Vgl.  Sp.  P. 
.  Lambros,  Catalogue  of  the  greek  mss  on  Mount  Athos  1  (1895)  297  f.;  300. 
I  Eine  ziemlich  ausführliche  Chronik  von  Kaiser  Manuel  Palaeologos  bis  auf 
;    die  türkische  Zeit  enthält  der  Cod.  Athous  3797  s.  17  (Nr.  36). 

Eine  summarische  Weltchronik  verfasste  gegen  die  Mitte  des  18.  Jahr- 
hunderts wahrscheinlich  Neophytos  Mauromates,  Metropolit  von  Arta. 
Ed.  J.  Sakkelion,  narfuaxij  ß$ßkio&i]xr],  Athen  1890  S.  289—315;  vgl. 
ebenda  S.  145  f. 

Etwas  später  verfasste  Caesar  Dapontes  ein  Gedicht  in  politischen 
Versen  über  die  Kaisergeschichte :  BißXog  ßaaiXndv^  das  z.  B.  in  den  Codd. 
Athoi  2587  und  2588  erhalten  ist.  Über  die  sonstigen  zahlreichen  Schriften 

Sandlmch  der  UaM.  AltertauwwUgenscbaft.  IX.    1.  Abtlg.    2.  kvA^  26 


402  Bysaniinisohe  LiUeratargesohiohte.    I.  Prcwaisohe  litteraiiir. 

und  das  Leben  des  Dapontes  vgl.  K.  N.  Sathas,  NeoekX.  tpikok.  S.  501" 
bis  505. 

Ein    IlaiQucQxixov    xqovmov    der    Zeit    von    1453 — 1794     verfasste 
Kyrillos  Lauriotes.     Ed.  M.  J.  Gedeon,    UaQvaaaog  6  (1877)    3— 52.< 
Dazu  die  Bemerkungen  von  A.  Petrides,  üaqvaaaoq  6  (1877)  253 — 258. 

Eine  Sammlung  von  Chroniken  und  kirchengescbichtlichen  Dokmnenten  ans  dte^ 
türkischen  Periode  ed.  E.  N.  Sathas,  Mbo.  BißX,  3  (1872).  —  Manches  aach  bei  Ck:. 
Hopf,  Chroniques  Gr^co-Romanes,  Berlin  1873. 

168.  Lokalchroniken.  Monographische  Stücke.  Dass  die  in  der^ 
altgriechischen  Litteratur  so  reichlich  vertretene  Gattung  der  Lokal-, 
geschichten  auch  in  der  byzantinischen  Zeit  nicht  völlig  mangelte,  steht 
sicher.  Stadtannalen  von  Antiochia  sind  uns  z.  B.  durch  Malalas  bezeugt 
und  ebenso  hatten  Eonstantinopel  und  andere  Städte  ihre  Lokalchroniken. 
Da  aber  diese  Spezialwerke  schon  früh  in  die  Reichs-  und  Weltchroniken 
eingearbeitet  wurden  und  von  Anfang  an  nur  eine  beschränkte  Verbrei- 
tung hatten,  so  gingen  sie  naturgemäss  früh  zu  Grunde.  In  der  späteren 
byzantinischen  Zeit  aber,  als  sich  alle  geistige  Kultur  mehr  und  mehr  in 
Konstantinopel  vereinigte,  ist  die  Pflege  der  Lokalgeschichte  in  den  Pro- 
vinzen thatsächlich  fast  ganz  ausgestorben;  Konstantinopel  selbst  aber  war 
so  sehr  Mittel-  und  Hauptpunkt  des  ganzen  Reiches  geworden,  dass  eine 
Chronik  dieser  Stadt  zugleich  Reichschronik  geworden  wäre  oder  um- 
gekehrt, dass  die  Reichsgeschichten,  die  jetzt  entstanden,  auch  das  Be- 
dürfnis nach  einer  Chronik  der  Hauptstadt  befriedigten.  So  erklärt  sich, 
dass  die  in  anderen  Litteraturen  so  bedeutende  Gattung  der  Lokalgeschichte 
in  den  uns  überlieferten  byzantinischen  Werken  nur  durch  einige  recht  be- 
langlose Stücke  vertreten  ist.  Ausser  den  in  §  164  genannten  Schriften 
kommt  folgendes  in  Betracht: 

Der  Mönch  Chilas  {XeiXäg)  erzählte  in  unbeholfener  Sprache  die 
Schicksale  des  Klosters  und  der  Kirche  des  hl.  Theodoros  auf 
Kythera  zu  seiner  eigenen  Zeit.  Dieses  Schriftchen,  das  für  die  Kultur- 
geschichte der  von  Venedig  aus  beherrschten  griechischen  Inseln  dankens- 
werte Aufschlüsse  bietet,  ed.  zuerst  (aus  Cod.  Marc.  VH  19)  in  einem 
wohl  den  meisten  unzugänglichen  Duodezheftchen  Joh.  Beiudo  unter  dem 
Titel:  Xqovixov  nsql  %ov  iv  Kvd-tjqoiQ  /jiovaaTijQiov  tov  äyiov  OeoioiQov  vvv 
nqmtov  i§  dvexioTov  %€iQoyQd(fov  ii^xd  (ftjfuiciaemv  Stj/ioaiev&^v  vjto  ^I(odvvov 
To5  BeXovdov,  'Evetttjaiv  1868.  Einen  Neudruck  gab  Ch.  Hopf,  Chroniques 
Gr^co-Romanes  S.  346—358. 

Eine  von  dem  Priester  Synadinos  {JSvvadnog)  im  17.  Jahrhundert 
verfasste,  die  Jahre  1598—1642  umfassende  Chronik  der  Stadt  Serrae, 
die  im  Cod.  Athens  3226  erhalten  ist,  bespricht  Sp.  P.  Lampros, 
JelTtov  2  (1885—1889)  640—650. 

Eine  kleine  Erzählung  über  den  Ursprung  der  Stadt  Monem- 
basia,  in  welcher  auch  über  die  Tzakonen  gehandelt  wird,  nebsteinigen 
anderen  auf  die  Geschichte  von  Monembasia  bezüglichen  Dokumenten  ed. 
aus  dem  Cod.  Taurin.  336.  b.  L  4  (jetzt  B.  VE.  29)  Jos.  Pasini,  Co- 
dices mss  bibliothecae  regii  Taur.  Athenaei  1  (1749)  417—432.  —  Neu- 
ausgabe   des   Turiner   Textes    mit   Gegenüberstellung    des    abweichenden 


2.  OMoldohtsolireiber  nnd  Chronisten.    B.  Chronisten.    (§§  168—169)      403 

Textes  zweier  Athoshss  und  Kommentar  von  Sp.  P.  Lampros,  'laroQixd 
MflfTrjfittTa,  Athen  1884  S.  97—128. 

IEine  kleine  Chronik  der  Stadt  Athen  ed.  aus  einem  Codex  des  Lin- 
^cohi  College  in  Oxford  Sp.  P.  Lampros,  UO^ijvaiov  6  (1878)  438—442. 
•  Die  unterste  Stufe  dieser  armseligen   Kleinlitteratur   bilden  die  in 

^  manchen  Handschriften  auf  leergebliebenen  Blättern  oder  Blattteilen  von 
dem  jeweiligen  Besitzer  eingetragenen  Notizen  über  Lokalbegeben- 
heiten  und  Familienereignisse.  Sie  enthalten  manches  brauchbare 
.  Material  für  die  Geschichte  und  Sprachforschung,  besonders  für  die  byzan- 
'I^tinische  Namenkunde.  Eine  Sammlung  und  Verwertung  aller  dieser  teils 
'  noch  unedierten  teils  in  Handschriftenkatalogen  und  Zeitschriften  zer- 
h  streuten  Notizen  wäre  recht  erwünscht.  Vgl.  z.  B.  Jekriov  4  (1892  —1895) 
.  275—281;  690—696. 

BHer  seien  noch  erwähnt  die  meist  aus  grösseren  Chroniken  wie  der 
des  Symeon  Magister  und  Logothetes  und  aus  der  Fortsetzung  des  Theo- 
phanes  geschöpften  Einzelschriffcen  über  die  Bekehrung  der  Russen, 
Bulgaren  und  Iberer  zum  Christentum.  Die  Schrift  über  die  Be- 
-  kehrung  der  Russen  steht  in  einem  Cod.  Paris.,  dessen  Nummer  ich 
^  leider  nicht  mehr  finde,  die  über  die  Bekehrung  der  Bulgaren  in  den 
\  Codd.  Athous  3875  und  Vindob.  suppl.  Koll.  132  fol.  242—243,   die 

Iüber  die  Bekehrung  der  Iberer  im  Cod.  Athous  3794. 
169.  Orientalische  und  slavische  Chroniken.  In  engster  Beziehung 
zur  historischen  Litteratur  der  Byzantiner  steht  die  der  orientalischen  und 
-  slavischen  Völker.  Manche  ihrer  Geschichtswerke  und  Chroniken  sind  ganz 
oder  teilweise  aus  byzantinischen  Vorlagen  abgeleitet;  andere  berühren 
sich  wenigstens  stofflich  mit  byzantinischen  Erzeugnissen  und  dienen  zur 

I'  Ergänzung  und  Berichtigung  lückenhafter  oder  unzuverlässiger  Berichte 
griechischer  Quellen.  Es  kann  nun  nicht  die  Aufgabe  eines  Abrisses  der 
byzantinischen  Litteratur  sein,  auch  von  den  Nachbarlitteraturen  ein  Bild 
zu  geben;  doch  mögen  hier  anhangsweise  wenigstens  die  wichtigsten  That- 
sachen  und  litterarischen  Hilfsmittel  aufgezählt  werden.  Einige  orienta- 
lische, slavische  und  fränkische  Geschichtswerke,  die  schon  früher  ge- 
nannt sind,  wie  Josua  Stylites  (s.  S.  236),  der  Seldjouq  Namäh  (S.  291),  die 
Werke  über  die  Eroberung  von  Konstantinopel  (S.  311  f.),  die  slavischen 
nnd  georgischen  Bearbeitungen  des  Malalas  (S.  329;  333  f.),  die  lateinische 
Übersetzung  des  Theophanes  und  Nikephoros  P.  (S.  344  und  350),  die 
slavische  und  georgische  Übersetzung  des  Georgios  Monachos  (S.  356),  die 
slavische  Übersetzung  des  Symeon  Magister  und  Logothetes,  des  Zonaras 
und  Manasses  (360,  373,  377)  werden  hier  nicht  wiederholt. 

1.  Zuerst  seien  zwei  Chronisten  genannt,  die  nur  durch  die  Art  ihrer 
Überlieferung  zur  orientalischen  Gruppe  gehören:  Zacharias  Rhetor 
oder  Scholastikos,  Bischof  von  Mytilene  (bei  den  Syrern  falsch  Melitene) 
verfasste  um  518  n.  Chr.  in  griechischer  Sprache  eine  Kirchengeschichte; 
sie  ist  in  die  syrische  Litteratur  übergegangen  als  Teil  (Buch  3 — 6)  einer 
Kompilation  eines  syrischen  Mönches,  die  um  569  entstand.  Johannes, 
Bischof  von  Nikiu  in  ünterägypten,  verfasste  am  Ende  des  7.  Jahr- 
hunderts eine  griechische  Weltchronik,  die  merkwürdigerweise  in  der 

26* 


404  Bysaniinisohe  LitteraturgeBohiohte.    L  Prosaisohe  Litteraliir. 

historischen  Litteratur  der  Byzantiner  nirgends  erwähnt  wird.    Qwnz 
lieh  angelegt  wie  das  Werk  des  Malalas  und  die  späteren  Weltchroniki 
beginnt  sie   mit  Adam  und  Eva,  behandelt  kursorisch  die  orientiUificl 
griechische  und  römische  Geschichte  und  wird  ausführlicher  in  der  by 
tinischen  Zeit;  sie   reicht   bis  ans  Ende  des  7.  Jahrhunderts.     Am  wii 
tigsten  ist  der  letzte  Teil,  in  welchem  Johannes  als  Zeitgenosse  und 
Teil    als  Augenzeuge  die  uns  bisher  nur  mangelhaft  bekannte  Oeschich 
der  Eroberung  Ägyptens  durch  die  Mohamedaner  erzählt    Das  griec! 
Original  dieses  Werkes  wurde  in  unbekannter  Zeit  ins  Arabische 
aus  dem  Arabischen  im  Jahre  1601  ms  Äthiopische  übersetzt.   Erhal 
scheint  uns  nur  die  äthiopische  Übersetzung  zu   sein.    Eine  Hauptque 
der  Chronik  war  Malalas. 

1.  Zscharias:  £d.  J.  P.  N.  Land,  Anecd.  syr.  111(1870).  —  Eine  deutsche  üeba«-| 
Setzung  mit  Kommentar  in  Vorbereitung  durch  G.  Krüger  und  K.  Ahrens.  —  V^ 
Wright,  Syriac  Litterature,  Encyclopaedia  Britannica  22  (1887)  835. 

2.  Johannes  vonNikiu:  Sehr  umfangreiche  Auszüge  ed.  Äthiopisch  und  framOsiMh 
unter  steter  Vergleichung  mit  den  übrigen  Chronisten  H.  Zotenberg,  Memoire  sor  k^j 
chronique  byzantine  de  Jean,  ^v^que  de  Nikiou,  Journal  Asiatique,  7.  s^rie,  t.  10  (1877| 
451—517;  12  (1878)  245-347;  13  (1879)291—886.  Vollständig  ftthiopisch  und  fhuuöeiadi 
von  H.  Zotenberg,  Not.  et  extr.  t.  24  Premiere  partie  (1883)  125—605.  —  V^  ä» 
guten  Besprechungen  von  Th.  Nöldeke,  Göttinger  Gel.  Anzeigen  1881  S.  587—594; 
1883  S.  1364—1374,  und  von  Ed.  Drouin,  Le  Müssen  3  (1884)  253—268.  -  lieber  du 
Verhältnis  zu  Malalas:  £.  Patzig,  Johannes  Antiochenus  und  Johannes  Malalas,  Frogr., 
Leipzig  1892  S.  24—27.  —  Die  auf  die  Bulgaren  bezüglichen  Nachrichten  des  Johannes 
erörtert  N.  Zlatarski,  Neue  Nachrichten  zur  ältesten  Periode  der  bulgarischen  Geschichte, 
Sbomik  blgarsk.  11  (1894)  145—154. 

2.  Johannes  von  Ephesos  (f  nach  585)  verfasste  in  syrischer 
Sprache  eine  Kirchengeschichte,  die  von  Julius  Caesar  bis  in  die  Zeit 
des  Kaisers  Maurikios  reichte.  Sie  bestand  aus  drei  Teilen,  von  denen 
nur  der  dritte  erhalten  ist;  vom  zweiten  haben  vnr  umfangreiche  Exzerpte 
bei  Dionys  von  Tellmähre.  Unter  den  Quellen  des  Johannes  von  Ephesos 
ist  die  dhronik  des  Malalas;  vgl.  S.  328. 

1.  Fragmente  des  2.  Teiles  ed.  syrisch  J.  P.  N.  Land,  Anecdota  Synaca  II  (1868) 

—  Eine  englische  Uebersetzang  des  3.  Teiles  gab  R.  Payne  Smith,  Oxford  1860.  - 
Eine  deutsche  Uebersetzung  desselben  Teils  von  Jos.  Schön felder,  Manchen  1862.  — 
Lateinische  Uebersetzang  der  Fragmente  des  2.  Teils  von  W.  J.  von  Douwen  und  J.  P. 
N.  Land,  Joannis  episcopi  Ephesi  commentarii  de  beatis  orientalibus,  Amsterdam  1889. 

2.  Die  Chronik  von  Edessa.  Sie  reicht  von  201  n.  Chr.  bis  540  n.  Chr.  Der 
Verfasser,  ein  nestorianisierender  Orthodoxer,  benützte  u.  a.  den  Josua  Stylit  es  (s.  S.  236). 
Ed.  Assemani,  Bibliotheca  Orientalis  1  (1719)  387-480.  —  Vgl  Wright  a.  a.  0.  S.  835. 

—  Ludw.  Ballier,  Untersuchungen  über  die  edessenische  Chronik.  Mit  dem  syrischen 
Text  und  einer  Uebersetzung  herausgegeben  (=  Texte  und  Untersuchungen  IX  1)  Leipzig  1892. 

3.  Eine  syrische  Chronik,  die  Ergänzungen  und  Berichtigungen  zur  C^chicht« 
der  Säsäniden  enthält  und  wahrscheinlich  zwischen  670—680  abgefasst  wurde,  ed.  Guidi 
in  den  Schriften  des  Stockholmer  Orientalistenkongresses.  —  Deutsche  Uebersetzang  und 
Kommentar  von  Th.  Nöldecke,  Die  von  Guidi  herausgegebene  syrische  Chronik,  Sitzung sber. 
Wien.  Ak.  128,  Wien  1893. 

3.  Dionys  von  Tellmähre,  Patriarch  der  Monophysiten  in  Antiochia 
von  818—845,  verfasste  auf  Grund  guter  alter,  meist  griechischer  Quellen 
eine  syrische  Chronik  von  ErschaflFüng  der  Welt  bis  auf  seine  Zeit 
(775  n.  Chr.),  von  der  wir  eine  grössere  Ausgabe  und  eine  Epitome  be- 
sitzen.   Eine  Hauptquelle  des  Werkes  war  Eusebios. 

Ediert  ist  nur  der  erste  bis  Konstantin  reichende  Teil  der  Epitome:  Dionysii  Tel- 
mahharensis  chronici  liber  prirons.  Textum  e  codice  ms  syriaco  bibUothecae  Yatioanae 
transcripsit  notisque  illustravit  0.  F.  Tüll  her  g,  Upsaliae  1850.  —  Eusebii  canonom  epitome 


8.  OMohiohtsolireibdr  und  Chronisien.    B.  Chronisten.    (§  170)  405 


WK  l>iony8ii  Telmaharensis  chronico  petita.  Sociats  opera  verterunt  notisque  illiisia*avenmt 
TCAT'olns  Siegfried  et  Henricas  Geizer,  Leipzig,  Teubner  1884.  —  Vgl.  Assemani 
■BibUoiheca  OrienUlis  2  (1721)  98—116.  —  H.  Geizer,  Sextus  Julius  Africanus  II  1  (1885) 
lf$B — 401.  —  A.  Y.  Gutschmid,  Untersuchungen  über  die  syrische  Epitome  der  Eusebi- 
Itebexi  Canones,  Tfibinger  üniversitätsschrift,  Stuttgart  1886  =  Kleine  Schriften  von  A.  y.  G. 
:  1  (1889)  488—529.  —  Wright  a.  a.  0.  S.  845. 

4.  Michael   der  Grosse  aus  Melitene,  Patriarch  von  Antiochia  1166 
bis  1199,   ein  Mann  von  umfassender  Gelehrsamkeit,  schrieb  in  syrischer 

\  Sprache  eine  Chronik,  die  von  der  Erschaffung  der  Welt  bis  auf  seine 
3  Zeit  reichte.  Die  Zeit  bis  zum  6.  Jahrhundert  ist  in  der  auch  bei  den 
i  Byzantinern  üblichen  Form  eines  chronologischen  Abrisses  dargestellt;  von 
'^  da  an  wird  die  Erzählung  ausführlicher.  In  der  Vorrede  nennt  der  des 
.  griechischen,  Syrischen,  Armenischen  und  Arabischen  kundige  Verfasser 
seine  Quellen;  es  sind  teils  syrische,  teils  griechische,  unter  anderem  der 
I  Chronograph  Annianos  von  Alexandria,  Eusebios,  der  Eirchen- 
[  bistoriker  Theodoros  Anagnostes,  Zacharias,  Bischof  von  Mytilene 
"  (8.O.),  Johannes  von  Asien,  Dionys  von  TellmahrS  und  andere  zum 
'  Teil  unbekannte  Chronisten.  Ausser  dem  erst  vor  kurzem  vdeder  entdeckten 
:  und  noch  nicht  veröffentlichten  Originale  besitzen  wir  das  Werk  des  Michael 
■  Syrus  in  einer  armenischen  Übersetzung  aus  dem  Jahre  1248,  in  welcher 
t  es,  wohl  vom  Übersetzer  selbst,  noch  über  den  Tod  Michaels  fortgesetzt  ist. 

1.  Ausgaben:  Einen  Abschnitt  des  Werkes,  der  die  Zeit  von  573—717  umfasst, 
Teröffentlichte  in  französischer  Uebersetzung  Edouard  Dulaurier,  Journal  Asiatique, 
4.  Serie,  t  12  (1848)  281  ff.  und  13  (1849)  315  ff.;  über  die  Quellen  S.  288  und  314  ff.  - 
Französische  uebersetzung  einzelner  Partien  im  RecueU  des  historiens  des  croisades,  Docu- 
ments  arm^niens  8.  311  ff.  —  Eine  voUstftndige  französische  Uebersetzung  ed.  Y.  Lang- 
lois,  Chronique  de  Michel  le  Grand,  Venedig  1868.  —  Der  armenische  Text  erschien  1871 
zu  Jerusalem. 

2.  Hilfsmittel:  H.  Geizer,  Sextus  Julius  Africanus  II  1  (1885)  402  ff.  —  Wright 
a.  a.  0.  S.  851. 

5.  Barhebraeus.  Mar  Gregor  mit  dem  Beinamen  Barhebraeus,  ge- 
bürtig aus  Melitene,  besass  1264 — 1286  die  Würde  eines  Maphrian  (höchste 
kirchliche  Würde  der  Jakobiten  nach  dem  Patriarchen).  Er  verfasste  eine 
sehr  wertvolle  Universalgeschichte,  in  welcher  die  profane  wie  die 
kirchliche   Geschichte  ausführlich   behandelt  ist.     Das  Werk  reichte  bis 

i  1286  und  wurde  von  seinem  Bruder  bis  1288,  von  einem  Unbekannten 
bis  1496  fortgesetzt.  Hauptquelle  des  Barhebraeus  war  das  Werk  des 
Michael  Syrus.  Gegen  Ende  seines  Lebens  schrieb  Barhebraeus  eine 
arabische  Universalgeschichte,  die  teils  als  Auszug,  teils  als  weitere 
Bearbeitung  des  profanen  Teiles  seiner  syrischen  Chronik  erscheint. 

1.  Ausgaben:  Den  ersten  Teil  der  syrischen  Chronik  edd.  Bruns  et  Kirsch 
Lipaiae  1789  (syrisch  und  lateinisch).  —  Den  zweiten  und  dritten  Teil  edd.  J.  B.  Abbe- 
loos  et  Th.  J.  Lamy,  3  voll.,  Lovanii  1872-1877  (mit  latein.  Uebersetzung).  —  Ed.  P, 
Bedjan,  Paris  1890.  —  Die  arabische  Universalgeschichte:  Bistoria  compendiosa 
dynastiarum  anthore  Gregorio  Abul-Pharajio  Malatiensi  medico  arabice  edita  et  Latine 
Tersa  ab  Ed.  Pocockio,  Oxoniae  1663.  —  Eine  neue  Ausgabe  besorgte  P.  Anton  Sal* 
faani  8.  I.  Titel  nur  arabisch:  Zusammengezogene  Geschichte  der  Dynastien  von  Gregorius 
Abolfaraj,  dem  Sohne  des  Arztes  Ahrun  aus  Malatia,  genannt  Barhebraeus,  herausgeg.  von 
P.  A.  8.  8.  I.,  Kathol.  Druckerei  der  Jesuiten  in  Beirut  1890. 

2.  Hilfsmittel:  J.  S.  Assemani,  Bibliotheca  Orientalis  2  (1721)  244—463.  — 
Ab  bei  cos  und  Lamy.  Praefatio  zum  Chronicon  ecclesiasticum  (Tom.  I,  p.  1— XXVIII), 
Lovanii  1872.  —  H.  Geizer  a.  a.  0.  S.  401  ff.  —  Genauere  Mitteilungen  über  Barhebraeus 
wie  die  übrigen  syrischen  Chronisten  in  dem  vortrefflichen  Artikel  von  Wright,  Syriao 
ütteratnre,  Encyclopaedia  Britannica  22  (1887)  824—856. 


. 


■106  Bysantinische  litterfttargesohiohia.    L  ProMtiaelM  Litteratar. 

6.  Von   den  armenischen  Oeschichtsquellen  kommt  vor  allem 
Betracht  Moses  von  Choren,  der  im  8.  J^hundert,  frühestens  in 
letzten  Jahren  des  7.  Jahrhunderts,  eine  armenische  Geschichte  abgel 
hat.     Unter  anderem  benützte  er  den  Malalas  und  eine  im  letzten  Ja 
zehnt  des  7.  Jahrhunderts  entstandene  armenische  Übersetzung  der  Kirch. 
geschichte  des  Sokrates. 

1.  Ausgaben:  Armenisch  und  französisch  ed.  R.  £.  Le  Vaillant  de  Florivi 
2  voll.,  Venedig  1841.    —  Neue  französische  Uebersetzung  bei  V.  Langlois,  Co] 
des  historiens  anciens  et  modernes  de  TArm^nie  2  (1869)  45—175.   —  Russische  ü( 
Setzung  von  Emin,  Moskau  1858.  —  Das  zweite  Buch  mit  grammatischen  Noten  und  QU 
bei  M.  Lauer,  Armenische  Chrestomathie,  Wien  1881. 

2.  Hilfsmittel:    Eine   kurze  Charakteristik   des   Moses  gab  A.  v.  Gutschmii 
Encydopaedia  Britannica  16  (1883)  861—863.   Das  deutsche  Original  dieses  Artikeb  j( 
in  Gutschmids  Kleinen   Schriften   3  (1892)  332—338.   —  A.  v.  Gutschmid,   Ueber 
Glaubwürdigkeit  der  Armenischen  Geschichte  des  Moses  von  Khoren,  Kleine 
(1892)  282—331.  —  A.  Carri^re,  Motse  de  Khoren  et  les  gön^alogies  patriarcales,  Pi 
1891.  —  A.  Carri^re,   Nouvelles  sources  de  Molse    de  Khoren,  Wien  1898   (rücJct 
Lebenszeit   des  Moses,   die  man  früher   ins  5.  Jahrh.   gesetzt  hatte,   in  den   Anfang 
8.  Jahrhunderts).  —  P.  Vetter,  Das  Sibyllen-Zitat  bei  Moses  von  Choren,  Theol. 
Schrift  74  (1892)  465-474.  —  Gr.  Chalathianz,  Zur  Erklärung  der  armenischen  Geschic 
des  Moses  von  Chorene,  Wiener  Zeitschr.  f.  d.  Kunde  des  Morgenlandes  7  (1898)  21— flti 

—  Gr.  Chalathianz,    Der  Beginn  des  kritischen   Studiums  der  armenischen  GesohioUl 
des  Moses  von  Chorene,  Joum.  Min.  1894  Bd  295  Oktober  8.  377—402. 

3.  Eine  Hauptquelle  des  Moses  für  die  ältere  armenische  Geschichte  soll  das  W«A 
des  Mar  Abas  Katina  sein,  aus  dem  er  1  9—11  9  Auszüge  liefert.  Ebenfalls  als  eiia 
Auszug  aus  Mar  Abas  gibt  sich  eine  zweite  Schrift,  welche  in  den  Hss  vor  der  GeschicÜh 
des  Bischofs  Sebeos  erscheint,  französisch  unter  dem  Titel:  Le  Pseudo-Agathange,  histoni 
ancienne  de  TArm^nie,  bei  V.  Langlois,  CoUection  des  historiens  anciens  et  modeiMi 
de  TArm^nie  1  (1867)  195  -200  (bei  C.  Müller,  FHG  V  2).  A.  v.  Gutschmid,  KleJM 
Schriften  3  (1892)  325,  hielt  dieselbe  für  einen  ersten  Entwurf  des  Moses;  später  zu  du 
Ueberzeugung  gelangt,  dass  Moses  dem  7.  Jahrhundert  angehöre,  hat  er  diese  Ansioh) 
aufgegeben  und  setzt  mit  Berufung  auf  den  Auszug  vor  Sebeos  den  syrisch  achreibend« 
Mar  Abas  um  388  (Kleine  Schriften  3,  334).  A.  Carri^re  hält  Mar  Abas  für  einfaek 
Fälschung  des  Moses  (Mo1[se  de  Khoren  et  les  genöalogies  patriarcales,  Paris  1891).  Dei 
Beweis  für  die  Sonderexistenz  des  Mar  Abas,  den  Moses  nur  überarbeitet  hat,  erbracUi 
P.  Vetter,  Das  Buch  des  Mar  Abas  von  Nisibis.  Festgruss  an  R.  v.  Roth  zum  Doktoijubil. 
Stuttgart  1893  S.  81—88.  —  Vgl.  auch  N.  Marr,  Ueber  des  Anonymus  anfängliche  Gc 
schichte  von  Armenien,  Viz.  Vr.  1  (1894)  263—306. 

4.  Von  den  übrigen  armenischen  Geschichtsquellen  können  hier  nur  d( 
wichtigsten  kurz  aufgezählt  werden: 

1.  Agatha ngelos.  Unter  seinem  Namen  geht  eine  armenisch  und  griechisch  « 
haltene  Geschichte  des  Königs  Tiridates  und  der  Bekehrung  Armeniens  durch  Gregor  de 
Erleuchter.  Eine  leider  durch  willkürliche  Auslassung  der  Geologischen  Abschnitte  wen! 
brauchbare  französische  Uebersetzung  des  armenischen  Textes  gab  V.  Langlois,  Collectic 
des  historiens  anciens  et  modernes  de  TArm^nie  1  (=  FHG  ed.  Müller  V  2)  105  ff.  - 
Vollständige  italienische  Uebersetzung  von  N.  Tommas eo,  Storia  di  Agatangelo,  versioi 
italiana  illustrata,  Venedig  1843.  —  Die  griechische  Uebersetzung:  Neu  heransgegebc 
von  P.  de  Lagarde,  Abhandl.  d.  hist.-phil.  Cl.  d.  k.  Gesellsch.  d.  Wiss.  zu  Göttingen  188 

—  Vgl.  A.  v.  Gutschmid,  Zeitschr.  d.  deutschen  morgenländ.  Gesellsch.  31  (1877)  1— ( 
=  Kleine  Schriften  3  (1892)  339-420. 

2.  Faustus  von  Byzanz  schrieb  in  griechischer  Sprache  eine  Geschichte  d 
armenischen  Volkes  von  317—385.  Bei  all  seiner  leidenschaftlichen  Parteilichkeit  bleil 
er  die  einzige  wirklich  geschichtliche  Quelle  für  das  4.  Jahrhundert.  Erhalten  ist  nur  eil 
armenische  Uebersetzung.  Zwei  Stücke  des  griechischen  Textes  (IV  52—54  und  V  7)  gi' 
Prokop,  De  hello  Persico  1  5  (S.  26,  11—30,  22  ed.  Bonn.)  in  verkürzender  Bearbeitim 
Französisch  bei  V.  Langlois  a.  a.  0.  1,  209—310.  —  Deutsche  Uebersetzung  von  1 
Lauer,  Des  Faustus  von  Byzanz  Geschichte  Armeniens,  Köln  1879.  —  Eine  neue  deutscl 
Uebersetzung  wird  vorbereitet  von  U.  Geizer  und  Leo  Babajan.  —  Vgl.  H.  Geizer,  D 
Anfänge  der  armenischen  Kirche,  Berichte  der  k.  sächs,  Gesellsch.  d.  Wiss.  1895  S.  111 — 12 

3.  Lerubna  von  Edessa  verfasste  eine  armenische  Uebersetzung  der  syrisch« 
Abgarlegende,  die  von  Moses  von  Choren  benützt  wurde.  Der  Name  Lerubna  ist  fibrigei 
verdorben  aus  Labubna.    Französisch  von  J.  R.  ü^mine  bei  V.  Langlois  a.  a.  0.  1,  3j 


8.  GMohiohtschreiber  und  Chronüiteii:    B.  Chronisten.    (§  169)  407 

lis  331.  —  Vgl.^A.  Carri^re»  La  legende  d'Abgar  dans  Thistoire  de  Moltee  de  Ehoren, 
)eiitenaire  de  r£cole  des  langues  orientales  Vivantes,  Paris  1895  8.  357 — 414. 

4.  Goriun  schrieb  eine  Biographie  des  seligen  Lehrers  Mesrob,  in  welcher  er  nament- 
ich, Ober  die  Uebersetzungen  desselben  berichtete.  In  französischer  Uebersetzung  von  J. 
l  Emine  bei  V.  Langlois  a.  a.  0.  2  (1869)  1—16.  —  Deutsch:  Weite,  Gorions  Lebens- 
eechreibong  des  hl.  Mesrop,  Tübinger  Progr.  1841. 

5.  Elisaeus  Vartabed  schrieb  eine  Geschichte  Armeniens  von  438 — 451,  in  welcher 
r  besonders  die  Verfolgungen  der  armenischen  Christen  durch  die  Perser  und  die  £r- 
ebung  der  Armenier  unter  Führung  Vardans  des  Mamikoniers  schilderte.  Französisch  bei 
anglois  a.  a.  0.  2  (1869)  179  ff.  —  The  history  of  Vartan  and  of  the  battle  of  the  Ar- 
lenians  by  Elisaeus,  translated  from  the  Armenian  by  G.  F.  Neumann,  London  1839. 

6.  Lazarus  von  Pharb  schrieb  eine  durch  Unparteilichkeit  und  Strenge  des  Ur- 
ils  ausgezeichnete  Geschichte  Armeniens  von  388—485.  Französisch  von  S.  Ghesarian 
)i  Langlois  a.  a.  0.  2,  253—368. 

7.  Sehe  OS  schrieb  um  die  Mitte  des  7.  Jahrhunderts  eine  Geschichte  des  Heraklios. 
assische  Uebersetzung  von  Patkanian,  Petersburg  1862.  —  Französische  Auszüge  im 
ram.  Asiatique  VP  s4rie,  7  (1866)  101-238.  Den  letzten  Teil  des  Werkes  übersetzte 
.  Hübschmann,  Zur  Geschichte  Armeniens  und  der  ersten  Kriege  der  Araber,  aus  dem 
mienischen  des  SebSos.    Leipzig  o.  J. 

8.  Zenoh  von  Glag  (Glak).  Die  unter  seinem  Namen  überlieferte  armenische, 
igeblich  aus  dem  S3rrischen  übersetzte  Erzählung  der  Kämpfe  des  hl.  Gregors  des  Er- 
uchters  gegen  die  heidnischen  Priester  im  Gebiete  von  Taron  stammt  nicht,  wie  man 
liher  glaubte,  aus  dem  4.,  sondern  aus  dem  8.  oder  9.  Jahrhundert.  Französische  Ueber- 
»tzong  bei  Langlois  a.  a.  0.  1,  335—355.  Eine  Fortsetzung  bildet  Johann  des 
iamikoniers  Geschichte  von  TarOn  (Daron),  ein  spätes  fabuloses  Machwerk.  Französisch 
n  Langlois  a.  a.  0.  I  357—382.  —  Vgl.  Gr.  Ghalatianz,  Zenob  von  Glak,  Wien  1893 
lenannenisch).     Bericht  von  R.  v.  Stack elb er g,  B.  Z.  4  (1895)  368—370. 

9.  Ghevond  (Levond)  schilderte  im  8.  Jahrhundert  die  Feldzüge  der  Araber  nach 
rmenien  im  7.  und  8.  Jahrhundert.  Französisch  übersetzt  von  Chahnazarean,  Histoire 
es  guerres  et  des  conqu^tes  des  Arabes  en  Arm^nie  par  Fäminent  Ghevond,  vartabed 
rmönien,  öcrivain  du  huiti^me  siäcle,  Paris  1857. 

10.  Johannes  Katholikos  schrieb  im  10.  Jahrhundert  eine  Geschichte  Armeniens 
Is  zum  Jahre  925.  Die  Uebersetzung  von  St.  Martin,  Histoire  d'Armänie  par  le  patri- 
rche  Jean  VI  dit  Jean  Catholicos,  Paris  1841,  ist  ungenügend. 

11.  Uchtanes  von  Urha  (Edessa)  schrieb  im  10.  Jahrhundert  eine  armenische  Ge- 
chichte  in  drei  Teilen.  Der  erste  enthält  die  altarmenische  Geschichte  bis  auf  Tiridates, 
er  zweite,  grösstenteils  aus  Urkunden  bestehende,  die  Geschichte  der  kirchlichen  Trennung 
er  Armenier  und  Iberer,  der  dritte  ist  verloren.  Kirakos  von  Gantzao  schrieb  im 
3.  Jahrhundert  eine  armenische  Geschichte  bis  1265.  Deux  historiens  Armeniens:  Kiracos 
6  Gantzac,  histoire  d'Arm^nie.  Oukhtan^s  d'Ourha,  Histoire  en  trois  parties,  traduits  par 
L  Brosset,  2  livraisons,  Petersburg  1870—1871. 

12.  Thomas  Ardzruni  schrieb  eine  Geschichte  Armeniens  mit  vornehmlicher  und 
arteiischer  Berücksichtigung  seiner  eigenen  Familie.  Die  beiden  ersten  Bücher  beruhen 
iib  auf  Moses  von  Choren  und  SebGos,  teils  auf  unbekannten,  zum  Teil  sagenhaften  Quellen. 
\rertvoll  ist  das  am  Schlüsse  unvollständige  dritte  Buch,  welches  die  Geschichte  von  849 
is  mindestens  936  umfasste.  Französ.  Uebersetzung  bei  M.  Brosset,  Gollection  d*historiens 
rm^niens  1  (Petersburg  1874)  1—266. 

13.  Stephanos  Asolik  aus  Taron  schrieb  im  11.  Jahrhundert  eine  Weltgeschichte 
1  drei  Büchern  bis  auf  1004.  Die  ersten  beiden  Bücher  enthalten  wesentlich  Auszüge 
UB  Eusebios,  Moses  von  Choren,  SebSos  u.  a.  —  Die  ersten  zwei  Bücher  französisch  von 
d.  Dulaurier,  Paris  1883.  —  Eine  deutsche  Uebersetzung  wird  vorbereitet  von  Aug. 
iurckhardt. 

14.  Matthaeos  von  Edessa  schrieb  eine  armenische  Chronik,  welche  die  Zeit  von 
63—1129  nmfasst.  Sie  wiirde  vom  Priester  Gregor  bis  1162  fortgesetzt.  Ed.  in  franzö- 
ischer  Uebersetzung  von  Ed.  Dulaurier,  Biblioth^ue  historique  Armenienne,  Paris  1858. 

15.  Samuel  von  Ani  verfasste  ein  chronologisches  Werk,  das  bis  1179  reicht 
nd  von  einem  Unbekannten  bis  1358  fortgesetzt  wurde.  Der  erste,  vorchristliche  Teil 
embt  vornehmlich  auf  Eusebios,  der  zweite  Teil  besteht  aus  chronologischen  Tabellen. 
>as  ganze  Werk  edd.  A.  Mai  und  Jo.  Zohrabin  lateinischer  Uebersetzung  hinter  der  Chronik 
es  Eusebios,  Mailand  1818.  —  Wiederholt  bei  Migne,  PatroL  gr.  19,  599-742.  —  Die 
abellen  französisch  bei  M.  Brosset  a.  a.  0.  2  (1876)  339-483. 

16.  Mkhithar  von  Altrivank  verfasste  am  Ende  des  13.  Jahrhunderts  ein  ohrono- 
•giflches  Werk,  das  bis  auf  1289  reicht.    Histoire  chronologique  par  Mkhithar  d*AYrivank, 


408  Bysantimsohe  LitteratiirgMohiohte.    I.  Prosaiiohe  Littoraiiir. 

traduite  de  rArm^nien  par  M.  Brosset,  M^moires  de  racaddmie  imperiale  des  sciences  de 
SL-Pöterebourg  VII«  sörie,  i  13  Nr.  5,  1869. 

17,  Stephan  Orbelian,  Metropolit  von  Sjilnikh  1285—1304,  verfasste  eine  Spezial- 
geschichte  des  Fürstentums  Sjünikh  und  der  dortigen  Kirche  mit  zahlreichen  urkundlichen 
Beilagen.  Histoire  de  la  Siounie  par  St^phannos  Orb^lian,  traduite  de  T Armeen  par  M. 
Brosset,  2  livraisons,  Petersburg  1864—1866.  —  Das  66.  Kapitel  dieser  Greschichte  auch 
Obersetzt  bei  St.  Martin,  Mömoires  sur  TArm^nie  2,  57  ff. 

18,  Reichliche  Auszüge  aus  armenischen  Chronisten,  ed.  mit  franzltoischer  lieber* 
Setzung  ^d.  Dulaurier,  EUcueil  des  historiens  des  croisades,  Documenta  arm^niens  t  I, 
Paris  1869. 

7.  Slaven.  Die  grösste  direkte  Abhängigkeit  von  der  byzantinischen 
Geschichtslitteratur  zeigen  die  slavischen  Chroniken.  Bei  den  ^aven  wurden 
die  byzantinischen  Werke  zunächst  einfach  übersetzt;  später  entstanden, 
meist  auf  Grund  dieser  Übersetzungen  freie  Kompilationen  und  Bearbei- 
tungen des  geschichtlichen  Stoffes.  Das  bekannteste  slavische  Geschichte-  | 
werk  ist  ein  dem  Mönche  Nestor  in  Kiew  zugeschriebenes,  in  Wahrheit 
anonymes  Werk;  es  ist  die  älteste  russische  Chronik;  die  nichtrussische 
Geschichte  stammt  vornehmlich  aus  Georgios  Monachos. 

1.  Chronica  Nestoris  ed.  Fr.  Miklosich,  Wien  1860.  —  Chronique  dite  de  Nestor 
traduite  sur  le  texte  slavon-russe  par  Louis  Leger,  Paris  1884  (=  Publications  de  l'^cole 
des  langues  orientales  Vivantes  II.  s4rie,  vol.  13);  hier  S.  XXIII  f.  Verzeichnis  der  wich- 
tigsten Litteratur  zur  Nestorchronik. 

2.  Die  ungeheuere  Litteratur  über  die  übrigen  slavischen  Chroniken  kann  hier  nicht 
angeführt  werden.  Als  bibliographisches  Hilfsmittel  dient  vor  allem  Fr.  Pastrnek,  Bi- 
bliographische Uebersicht  über  die  slavische  Philologie  1876—1891  (=  Arch.  slav.  Phil. 
Supplementb.),  Berlin  1892. 

3.  Ohne  grosse  Bedeutung  für  die  byzantinische  Litteratur  sind  die  meist  sehr  späten 
rumänischen  Reflexe.  Vgl.  Joan  Bogdan,  Vechile  Cronice  Moldovenesci  pana  h 
Urechia,  Bukarest  1891.  —  M.  Gaster,  Die  rumänische  Version  der  trojanischen  Sage, 
B.  Z.  8  (1894)  528—552,  mit  der  S.  879  angeführten  Litteratur.  —  Auf  die  Phanarioten- 
zeit  bezieht  sich:  Cronicarii  greci.  Textul  grecese  si  traducerea  romanesca  preced.  de  o 
introducere  de  Const.  Erbice  an  u,  Bukarest  1890. 

4.  Reichliche  Mitteilungen  über  orientalische  und  slavische  Chroniken  gab  A.  Wirth, 
Aus  orientalischen  Chroniken,  Frankfurt  1894.  Doch  vgl.  S.  226  und  die  vornehmlich  auf 
die  orientalischen  Chroniken  bezüglichen  Berichtigungen  in  der  gehaltreichen  Besprechung 
von  C.  Frick,  Götting.  Gel.  Anzeigen  1895  Nr.  12  S.  940—947. 


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3.  Geographie. 

170.   Einleitung.     In  einem  auffallenden  Gegensatze  zu  der  frucht- 
baren Regsamkeit,  welche  die  Byzantiner  in  historischen  Studien  und  Dar- 
stellungen entwickeln,  steht  die  unleugbare  Vernachlässigung  der  Erdkunde. 
Wie  in  ihren  historischen  und  philologischen  Werken  oft  eine  erschreckende 
Unwissenheit  in  der  Geographie  und  Ethnographie  zu  Tage  tritt,  so  mangelt 
es  auch  an  selbständiger  theoretischer  Thätigkeit  auf  diesem  Ge- 
biete: hierin  sind  die  Byzantiner  ihren  politischen  Vorgängern,  den  Römern, 
ähnlich,  welche  die  Geographie,  ganz  im  Gegensatze   zu  den  Griechen, 
ebenfalls  vernachlässigten  und  ihre  Thätigkeit  mit  geringen  Ausnahmen 
auf  Itinerarien  und  ähnliche  Erzeugnisse  des  praktischen  Bedürfnisses  be- 
schränkten. Die  Gründe  davon  liegen  zum  Teil  in  dem  allgemeinen  Nieder- 
gange originaler  wissenschaftlicher  Forschung,  zum  Teil  wohl  auch  in  der 
Unsicherheit,  mit  der  in  den  meisten  Abschnitten  dieses  Zeitraumes  grössere 
Reisen  verbunden  waren,  endlich  in  dem  Verfalle  des  Seewesens,  in  welchem 
die  Byzantiner  durch  die  Venezianer  und  Genuesen  schon  zur  Zeit  der 
ersten  Ereuzzüge  überflügelt  wurden. 

Um  über  die  verworrene  Masse  der  zum  Teil  anonymen,  zum  Teil 
fragmentarischen  geographischen  Werke  einen  Überblick  zu  gewinnen, 
unterscheiden  wir  zwei  Hauptgruppen,  die  sich  freilich  zuweilen  nahe 
berühren,  nämlich:  1.  Erzeugnisse  der  wissenschaftlichen  (theoretischen) 
Geographie.  2.  Werke,  die  den  praktischen  Zwecken  der  Kirche,  des 
Staates  und  des  Handels  dienten.  In  der  ersten  Gruppe  treffen  wir  fast 
nur  Kommentare,  Bearbeitungen  und  Exzerpte  älterer  Werke.  Wie 
in  allen  anderen  Zweigen  der  byzantinischen  Litteratur,  so  ist  auch  hier 
vor  allem  das  erhaltene  alte  Gut  auszuscheiden  und  daneben  die  etwa 
hinzufügende,  modifizierende  Thätigkeit  des  byzantinischen  Geistes  zu  er- 
wägen. Als  ein  wenig  erfreuliches  neues  Moment  tritt  uns  das  pole- 
mische Verhältnis  gegen  die  alten  Weltsysteme  entgegen:  wie  in 
der  Chronologie,  so  besteht  auch  in  der  Geographie,  wenigstens  in  ihrem 
physikalischen  Teile,  das  lebhafte  Bestreben,  die  alten  Systeme  mit  der 
Bibel  in  Einklang  zu  bringen  und  wirkliche  oder  scheinbare  Widersprüche 
zu  beseitigen.  Übrigens  tritt  selbst  bei  dieser  unselbständigen,  exzerpieren- 
den Thätigkeit  der  Gegensatz  zur  Historiographie  deutlich  hervor; 
während  die  Meister  der  alten  Geschichtschreibung,  Herodot,  Thuky- 


410  Byzantinisohe  Lüteratnrgeaohiohte.    I.  Prosaiiohe  Idtterainr. 

dides,  Polybios,  Diodor,  Dio  Cassius  u.  a.  im  byzantinischen  Zeitalter  nodi 
vielfach  gelesen  und  nachgeahmt  werden,  finden  wir  die  grossen  Geo- 
graphen der  Vorzeit,  wie  Eratosthenes,  Ptolemaeos,  Strabon  fast  ver- 
gessen. Nur  Stephanos  von  Byzanz  scheint  einen  nachhaltigen  Em- 
fluss  auf  die  Byzantiner  ausgeübt  zu  haben.  Man  findet  seine  Spuren  bei 
Eonstantinos  Porphyrogennetos  (De  thematibus),  bei  Genesios,  TheophaoeB 
Continuatus,  im  Etymologicum  Magnum  u.  s.  w.  Etwas  selbständiger  et- 
scheint  die  Produktion  in  der  zweiten  Gruppe:  hieher  gehören  Werke,  die 
der  kirchlichen  und  staatlichen  Verwaltung  dienten,  statistisclie 
Abrisse  des  byzantinischen  Reiches  u.  s.  w.,  Itinerarien,  Schiffer- 
und Wallfahrerbücher  u.  s.  w.  Für  sich  stehen  die  fälschlich  dem  Ko- 
dinos  zugeschriebenen  antiquarischen  Kompilationen. 

1.  Sammelau8gabeD:'Die  erste  Sammlung  der  kleinen  Greographen,  unter  denen 
sich  auch  Stücke  des  byzantinischen  Zeitalters  finden,  unternahm  der  Englander  Hu ds od: 
Geographi  graeci  minores,  4  voll.,  Oxford  1697—1712;  die  höchst  selten  gewordene  Sunm- 
lung  ist  durch  die  Beigabe  arabischer  Geographen  von  Nutzen,  die  griechischen  Texte  nid 
ohne  genügende  diplomatische  Grundlage.  —  Ein  Teil  der  von  Hudson  mitgeteilten  StfidLe 
wurde  ganz  fehlerhaft  wiederholt  in  der  von  einem  Griechen  besorgten,  für  philologische 
Zwecke  wenig  brauchbaren:  JSvXXoyrj  tcSy  iv  intto/nß  roTg  naXai  yeoiyQatptj&eyttay^  3  voll, 
^Ey  Biivvn  xrjq  AvaxQiaq  1807—1808;  der  3.  Bd.  enthält  arabische  Geographen  innen- 
griechischer  Uebersetzung.  —  Einen  zweiten,  ebenfalls  misslungenen  Versuch,  das  Werk 
von  Hudson  zu  ersetzen,  machte  J.  F.  Gail:  Geographi  graeci  minores,  3  voll.,  Paris  1826—31 
(ohne  nennenswerte  selbständige  Arbeit).  —  A.uch  andere  Unternehmungen  blieben  stecken. 
—  Endlich  erhielten  wir  eine  neue,  auf  kritischer  Grundlage  aufgebaute,  leider  nicht  ganz 
zum  Abscbluss  gebrachte  Sammlung  von  C.  Müller:  Geographi  graeci  minores,  2  voll, 
mit  einem  Atlas  von  30  Karten,  Paris,  Didot  1855  -  61.  —  Zur  Ergänzung  dient  L.  Fr.  Tafel, 
Gonst.  Porphyrogenn.  De  Provinciis  regni  Byzantini  liber  secundus,  Tubingae  1847,  und 
die  Ausgabe  des  Hierokles  von  Parthey,  wo  verschiedene  bei  Müller  fehlende  Stücke 
beigegeben  sind. 

2.  Allgemeine  Hilfsmittel:  Zur  allgemeinen  Orientierung  dient  das  für  weitere 
Kreise  berechnete  Werk  von  M.  Vivien  de  Saint-Martin,  Histoire  de  la  göographie  et 
des  däcouvertes  g^ographiques,  Paris  1873;  S.  232—236  überldie  byzantinischen  und  aas- 
führlicher  S.  237—263   über  die   arabischen  Geographen.   —    L.  Fr.  Tafel,    Symbolamm 
criticarum  geograpbiam  Byzantinam  spectant.   partes  duae,   Abhandl.  bayer.  Akad.   3.  Cl., 
5.  Band,  2.  u.  3.   Abteil.   (Handelsvertrag  von    1199   und   Vertrag   über  die  Teilung  des 
Reiches    1204  mit  Erklärung    der   darin   vorkommenden  Namen).   —   Die   Geographie 
Griechenlands  im  Mittelalter  und  in  der  neueren  Zeit  (bis  zur  Gründung  des  Königreiches) 
ist  dargestellt  von  J.  H.  Krause,  Ersch-  und  Gruber'sche  Enzyklopädie  I.  Sektion,  83.  Bd. 
(1866)  259—444.  —  Hauptwerk  fUr  die  asiatische  Abteilung  des  byzantinischen  Reiches: 
W.  M.  Ramsay,    The   historical  Geography  of  Asia  Minor,   London  1890.  —   Eine  vor- • 
treffliche  Monographie  über    eine   asiatische   Provinz:   W.   M.   Ramsay,   The  eitles  and 
bishoprics  of  Phrygia,   bis  jetzt  vol.  1,  Oxford  1895.    —   Reiches  Licht  über  die  gesamte 
byzantinische  Geographie,  besonders  die  Handelsgeographie,  verbreiteten  die  Schriften 
von  Wilh.  Heyd:  Zuerst   zehn  Abhandlungen  in   der   Tübinger  Zeitschrift   für  die 
gesamte  Staatswissenschaft,  Bd.  14—20(1858—1864);  dann  durch  Zusätze  und  eine 
neue  Abhandlung   über  Cypern  vermehrte  italienische   Buchausgabe:  Le   colonie   commer- 
ciali  degli  Italiani   in  Oriente   nel  medio  aevo,   dissertazioni   del  prof.  Gugl.  Heyd,    etc. 
ora  rifatte  dall'  autore   e    recate   in  Italiano  dal  prof.  Gius.  Müller,  2  voll.,  Venezia  1866 
bis  1868.   Endlich  veröffentlichte  W.  Heyd  als  Endergebnis  seiner  zwanzigjährigen  Studien 
die  gründlich  durchgearbeitete  und  umfassende  Geschichte   des  Levantehandels  im 
Mittelalter,  2  Bände,  Stuttgart  1879.   Hier  findet  man  auch  die  weit  zerstreute  Spezial- 
litteratur  verzeichnet.  Dasselbe  Werk  mit  Nachträgen  und  Berichtigungen  in  französischer 
Uebersetzung  von  Raynaud,  2  Bände,  Leipzig  1885-86.   Vgl.  A.  Gottlob,  Uistor.  Jahr- 
buch der  Görresgesellschaft  9  (1888)  678—714.    —   Weit  überholt  ist   durch   Heyd   das 
Buch  von  Hüllmann,  Geschichte  des  byzantinischen  Handels,  Frankfurt  1808.  —  Ethno- 
graphische Fragen  und  die  Handelswege  im  12.  Jahrb.  behandelt  die  ergebnisreiche  Schrift 
von  W.  Tomaschek:  Zur  Kunde  der  Hämushalbinsel,  Sitzungsber.  Wien.  Akad.  99  (1881) 
437—507    und  113  (1886)  285-373.    —   W.  Tomaschek,   Zur  historischen  Topographie 
von   Kleinasien,    Sitzungsber.  Wien.  Akad.  124  (1891).    —   G.  Marin  eil  i.    Die  Erdkunde 
bei  den  Kirchenvätern.     Deutsch  von  L.  Naumann,   Leipzig  1884.  —   Ausführlicher  be- 


8.  Geographie.    (§  170)  411 

handelt  dasselbe  Thema  Konr.  Kretschmer,  Die  physische  Erdkande  im  christlichen 
Mittelalter,  Wien  1889  (=  Geogr.  Abh.  herausgegeben  von  A.  Penck  IV  1).  —  Sehr  wichtige 
Aufklftrongen  erhielt  die  geographische  Nomenklatur  durch  die  zahlreichen  uns  erhaltenen 
byzantinischen  Bleibullen,  welche  G.  Schlumberger  in  seiner  Sigillographie  de  Tempire 
Byzantin,  Paris  1884,  yerOfifentlicht  hat.  —  Endlich  sind  auch  die  modernen  Reiseberichte 
und  geographischen  Monographien  beizuziehen,  die  man  in  der  Geographie  Griechen- 
lands von  Lolling,  Handbuch  der  kl.  Altertumswiss.  Band  III  und  unter  den  einzelnen 
Artikeln  verzeichnet  findet 

8.  Karten:  Ausser  den  bekannten  historischen  Atlanten:  H.  Kiepert:  HtVa^  tov 
fjL^atatavixov  'EXkvjvuffiov  xaxa  tijy  dBxdtrjv  kxaioyxaexrjQida  1883  vom  Syllogos  Parnasses 
in  Athen  herausgegeben.  —  Eine  besondere  Berdcksichtigung  findet  Bjzanz  im  historischen 
Handatlas  von  v.  Spruner-Sieglin,  Gotha,  Justus  Perthes  1893  ff. 

4.  Ueber  die  Benützung  des  Stephanos  von  Byzanzbei  den  Byzantinern  (Etymol. 
Magnum,  Konst.  Porphyrogennetos,  Eustathios  u.  s.  w.)  vgl.  die  zwei  ergebnisreichen 
Abhandlungen  von  J.  Geffken,  De  Stephane  Byzantino  capita  duo,  Diss.,  Göttingen  1886 
S.  1 — 35,  und:  De  Stephane  Byzantino  commentatio,  Festscnrift  zu  H.  Sauppes  80.  Geburts- 
tage, Göttingen  1889. 

5.  Bei  der  Mangelhaftigkeit  der  Nachrichten,  welche  uns  die  Byzantiner  selbst  über 
die  Geographie  ihrer  Zeit  überliefern,  ist  jeder  Aufschluss  aus  fremden  Quellen  wichtig. 
Unter  den  nichtgriechischen  Geographen,  die  über  das  Reich  «Romania*  berichten,  steht 
in  erster  Linie  der  arabische  Scherif  Idrtst,  von  dem  wir  ein  im  Jahre  1153  voll* 
endetes,  vornehmlich  der  Handelsgeographie  gewidmetes  Sammelwerk  besitzen.  Durch 
seinen  Aufenthalt  am  Hofe  König  Rogers  11  von  Sizilien  hatte  er  reichlich  Gelegenheit, 
von  arabischen,  jüdischen,  fränkischen  und  besonders  griechischen  Kaufleuten  über  die 
Handelsplätze  und  Handelswege  Erkundigungen  einzuziehen.  —  Französische  Uebersetzung 
des  Idrist  von  P.  Amddde  Jaubert,  Paris  1840.  —  Hauptschrift:  W.  Tomaschek, 
Die  Handelswege  im  12.  Jahrh.  nach  den  Erkundigungen  des  Arabers  Idrtst,  Sitzungsber. 
Wien.  Akad.  113  (1886)  285—373.     Vgl.  V.  Jagiö,    Arch.  slav.  Philol.  10  (1887)  377  ff. 

6.  Auch  der  dem  Moses  von  Ghorene  zugeschriebene  geographische  Traktat 
verdient  beigezogen  zu  werden.  Er  wurde  armenisch  mit  lateinischer  Uebersetzung  ediert 
(mit  der  Geschichte  des  Moses)  von  Will,  und  George  Whiston,  London  1736;  im 
Original  auch  Marseille  1683;  1698  Etschmiadzin ;  endlich  nach  einer  neuen  Hs  ed.  Sukri, 
Vei^andl.  d.  Geographenkongresses  Venedig  1881.  Vgl.  Sainte-Croix,  Journal  des  sa- 
vants  1789  S.  217—251.  —  K.  Patkanov,  Aus  der  neuen  Abschrift  der  dem  Moses  von 
Chorene  zugeschriebenen  Geographie,  Joum.  Min.  1883  Bd  226  März  S.  21-32. 

7.  Wichtig  für  die  Geographie  des  ehemaligen  byzantinischen  Reiches  sind  auch 
einige  ältere  abendländische  Reisewerke:  Christoph.  Bondelmontii  Florentini 
IJbrum  Insularum  Archipelagi  e  codd.  Parisin.  etc.  ed.  Gabr.  Rud.  Lud.  de  Sinner, 
Lipsiae  et  Berolini  1824.  Eine  griechische  Uebei*setzung  des  ,Liber  insularum*^,  die  auf 
eine  bessere  und  vollständigere  lateinische  Hs  als  die  von  Sinner  benützten  zurückgeht, 
befindet  sich  in  einer  Hs  im  Serail;  nach  einer  von  E.  Miller  gefertigten  Kopie  derselben 
edierte  S.  Reinach  zuerst  den  griechischen  Text  der  Beschreibung  von  Dolos,  Revue 
Arch^log.  1883,  I  S.  75—88;  dann  die  Stücke  über  Konstantinopel,  Imbroe  und  Same- 
thrake,  £vlXoyoqy  EixoatneyraetijQig  {nagagr.  rov  ir[  xofiov,  1886)  S.  181—187.  Bendel- 
mouie  ging  1414  von  Florenz  nach  Rhodos  und  war  1415 — 1416  in  Kreta.  —  Petri 
Gy llii,  De  Bosporo  Thracio  libri  tres,  Lugduni  1561,  und:  De  topographia  Gonstantino- 
poleos  et  de  illius  antiquitatibus  libri  quattuor,  Lugduni  1561—1562.  Pierre  Gilles  (Gyllius). 
französ.  Naturforscher,  geb.  1490  zu  Albi,  reiste  nach  Kleinasien,  liess  sich  aus  Mangel 
an  Mitteln  unter  die  Truppen  Solimans  II  anwerben,  verlor  in  den  Kriegen  gegen  die  Perser 
seine  wertvollen  Sammlungen,  kehrte  1550  nach  Konstantinopel  zurück  und  t  1555  zu  Rom. 

8.  Grosse  Bedeutung  für  die  geographische  Nomenklatur  der  byzantinischen 
Zeit  haben  zwei  Untersuchungen  über  das  Wort  Meaagirc  {MeaaaQitt)^  welches  ursprünglich 
Gattunganame  war,  später  im  weitesten  Umkreis  des  griechischen  Sprachgebietes  als  Eigen- 
name mit  Dörfern,  Ebenen,  fruchtbaren  Geländen  u.  s.  w.  verbunden  erscheint:  Ant. 
Meliarakes,  MBacagiä,  JeXxioy  4(1893)423—474  (berührt  auch  ähnliche  zu  Eigennamen 
entwickelte  Gattungsnamen  wie  Mäy^ga,  Kaargoy,  Metd^tt  Mtjtdro).  —  G.  N.  Hatzidakis, 
Ue^l  rov  hvfAov  jijq  XiUm  Meaagedg,  'J»fjyä  6  (1894)  1—64;  473.  Was  die  Erklärung 
des  Wortes  betrifft,  so  dürfte  woU  die  von  Hatzidakis  vertretene  Etymologie  (aus  Miaa- 
fi€Qul)  gegen  die  von  Meliarakes  aufgestellte  (von  romanisch  Masseria,  Messaria)  das 
Richtige  treffen.    Vgl.  B.  Z.  3,  218;  4,  186. 

Hier  sei  noch  auf  neuere  Erklärungen  einiger  wichtiger  Eigennamen  der  byzantini- 
schen Geographie  hingewiesen:  Morea  (=  Peloponnes).  Ueber  die  Herkunft  dieses  Namens 
hat  man  sich  lange  vergeblich  den  Kopf  zerbrochen.  Verfehlte  Erklärungen  z.  B.  bei 
K.  N.  Sathas,   Docnmenis  inädits  I.  s^rie,  vol.   1  (1880)  Introduction  S.  31  ff.;  K.  Pa- 


412  Bysantinische  Litteratiirgesohiohte.    L  Prosaisohe  Littoratnr. 

parregopulos»  Bull,  de  corresp.  hell.  5  (1881)  145  ff.;  A.  Fe  tri  des,  'JyaxaXmlßig  ri/c 
etQ^ftiae  noXeois  Mogaucg  rj  MoQing  xard  %rjy  drjfioidij  exqfQaaiy^  Athen  1889.  Die  swaifel- 
los  richtige  Lösung  des  Rätsels  ist  G.  N.  Hatzi dakis  gelungen:  Das  Wort  o  Mogiof 
(auch  «7  MoQia)  ist  als  Sammel-  oder  Inhaltsname  von  9;  uoQ^a  ,der  Maulbeerbaum*  ge- 
bildet und  gleichbedeutend  mit  fiogeaty  ,  Maulbeergarten  oaer  -land".  Der  zuerst  von  äis 
fdbrauchte,  später  auf  die  ganze  Halbinsel  übertragene  Name  hängt  also  mit  der  hohen 
ntwicklung  der  Seidenindustrie  im  Peloponnes  während  des  Mittelalters  zusanmien.  Nähere 
Nachweise  von  G.  N.  Hatzidakis,  Zur  Wortbildungslehre  des  Mittel-  und  Neugriechischen, 
B.  Z.  2  (1893)  283  ff.,  in  mehreren  Artikeln  in  der  'J»tjya  5  (1893)  231-289;  491—508; 
549,  endlich:  '0  MoQiag  oder  rd  MoQBoy?,  B.  Z.  5  (1896).  —  Stambul  (Istambol):  Diese 
türkische  Bezeichnung  von  Konstantinopel,  die  früher  vielfach  falsch  (aus  Islambol  etc.) 
oder  ungenügend  erklärt  wurde,  ist  jetzt  völlig  sicher  gedeutet  aus  tftijy  noh  mit  üeber- 
gang  von  sti  in  sta  nach  türkischem  Lautgesetz.  Eine  üebersicht  der  Geschichte  dieser 
Benennung  und  ihre  richtige  Erklärung  gab  D.  Hesseling,  Istambol,  Revue  des  ät.  gr. 
3  (1890)  189-196.  Vgl.  Gust.  Meyer,  Türkische  Studien  1,  Siiznngsber.  Wien.  Ak. 
Bd  128,  Wien  1893  S.  14,  und  K.  Krumbacher,  B.  Z.  2  (1893)  305.  Auf  das  erwähnte 
türkische  Lautgesetz  hatte  schon  Korg,  Arch.  slav.  Phil.  8  (1885)  649,  hingewiesen.  — 
Bulg.  Plovdiv  (Plovdin)  =  Philippopel  konrnit  von  dem  schon  bei  Jordanes  aU  ein- 
heimische Benennung  von  Philippopel  bezeugten  Pulpudeva:  Kaluiniacki,  Zur  Geschichte 
der  bulgarischen  Benennung  der  Stadt  Philippopel,  Arch.  slav.  PhiL  16  (1894)  594 — 596. 
Const.  Jire6ek,  Zum  Namen  Plovdin  oder  rlovdiiv.  Ebenda  S.  596—600.  —  Parkja, 
Stadt  der  Insel  Paros:  P.  G.  Zerlentes,  IleQl  rov  yetüyQatpixov  oyo/dtnog  UaoxKi,  naooixia, 
JeXxloy  4  (1892—1894)  513-518. 

A.  Wissenschaftliche  Geographie. 

171.  Eosmas  Indikopleustes  {KocfiSg  6  'ivdixonlevaTr^g)  aus  Ale-  i 
xandria,  Zeitgenosse  des  Kaisers  Justinian  und  also  auch  des  Geographen 
Hierokles,  unternahm  als  Kaufmann  weite  Reisen  nach  Arabien  und  Ost- 
afrika; seinen  Beinamen  „  Indienfahrer  ^  f&hrt  er  jedoch  mit  Unrecht,  da  er 
selbst  nicht  nach  dem  eigentlichen  Indien  kam;  seine  Nachrichten  über 
Indien  verdankt  er  mündlichen  Berichten  anderer  Reisenden.  Später  ver- 
tauschte er  seinen  Beruf  mit  dem  klösterlichen  Leben  und  schrieb  in  einem 
Sinaikloster  (vielleicht  ist  Kosmas  nur  sein  Mönchsname)  um  die  Jahre 
547 — 549  n.  Chr.  ein  grosses  geographisches  Werk:  Christliche  Orts- 
kunde {XQiariavixr^  TOTtoyQafpta).  Der  Hauptzweck  dieses  Buches 
war  die  Aufstellung  einer  neuen,  mit.  der  christlichen  Lehre  in  Einklang 
stehenden  physikalischen  Geographie,  eine  physikalisch-astronomische 
Ausdeutung  der  heiligen  Schriften,  weshalb  Photios  das  Werk  gerade- 
zu als  €Qfirjv€ia  ft^  Tijv  oxzdxsvxov  bezeichnet.  Daher  kämpft  der  fromme, 
aber  ungelehrte  Verfasser  mit  dem  Eifer  des  Neophyten  gegen  das  System 
des  Ptolemaeos,  in  welchem  er  unversöhnliche  Widersprüche  mit  der 
christlichen  Lehre  erblickt.  Die  Tendenz  des  ganzen  Werkes  verrät  sich 
schon  in  der  Aufschrift  des  ersten  Kapitels:  Tlqog  rovg  xqiaxiavi^eiv  fAiv 
id^eXovxag^  xatd  loifg  i^cod-sp  di  a(faiQO€id^  tov  ovgavov  vofii^ovtag  xcu 
So^d^ovtag,  Die  alte  Meinung,  dass  die  Erde  eine  kugelförmige  Gestalt 
habe,  verwirft  er  und  sucht  nachzuweisen,  dass  sie  eine  länglich  vier- 
eckige Scheibe  sei;  darüber  erhebt  sich  nach  ihm,  von  den  Rändern  des 
Vierecks  erst  mit  geraden  Wänden  aufsteigend,  dann  oben  gewölbt,  das 
krystallene  Firmament  nach  dem  Vorbild  von  Noahs  Arche.  Diese  Seite 
des  Buches,  die  dem  Verfasser  freilich  die  wichtigste  war,  kann  uns  heute 
wenig  Sympathie  abgewinnen;  doch  werden  wir  ihn  auch  hier  milder  be- 
urteilen, wenn  wir  uns  erinnern,  dass  ähnliche  Tendenzen,  angebliche 
Widersprüche  der  Astronomie  mit  der  Bibel  auf  künstlichem  Wege  zu  be- 


8.  Geographie.    A.  Wissenschaftliohe  Geographie.    (§  171)  413 

seitigen,  bis  auf  die  neueste  Zeit  geherrscht  und  mannigfachen  Unsinn 
hervorgerufen  haben.  Übrigens  beruhen  die  kosmologischen  Anschauungen 
des  Kosmas  wesentlich  auf  syrischer  Grundlage.  Dass  sie  auch  in 
Byzanz  keineswegs  allgemeinen  Beifall  fanden,  zeigt  der  scharfe  Tadel  des 
Photios  (s.  unten). 

Für  uns  liegt  die  Hauptbedeutung  des  Buches  nicht  in  den  phan- 
tastischen Ergüssen  des  Mönches  Eosmas,  sondern  in  den  Nachrichten, 
die  er  uns  als  Kaufmann,  als  Reisender  überliefert,  nicht  im  Haupt- 
werk, sondern  im  Nebenwerk.  Was  ihm  auf  seinen  eigenen  Fahrten  be- 
gegnete und  was  er  auf  denselben  von  andern  vernahm,  erzählt  er  mit 
lobenswerter  Wahrheitsliebe;  hier  treffen  wir  bemerkenswerte  einzelne 
Notizen  und  wichtige  grössere  Beiträge  zur  Kenntnis  der  alten  Bezie- 
hungen des  römischen  Reiches  zu  Ägypten,  Indien  und  China.  Der  wert- 
vollste dieser  Exkurse  ist  die  genaue  Beschreibung  eines  mit  zwei  In- 
schriften versehenen  Marmorsitzes,  welchen  er  in  der  äthiopischen  (abessy- 
nischen)  Stadt  Adulis*)  fand;  die  eine  Inschrift  berichtet  kriegerische  Er- 
folge des  Ptolemaeos  Euergetes;  in  der  zweiten,  einer  viel  späteren 
Zeit  angehörenden,  erzählt  ein  axumitischer  König  in  barbarischer  Orä- 
zität  seine  Kriegsthaten;  sie  bildet  also  ein  Seitenstück  zu  der  berühmten 
Inschrift  des  nubischen  Königs  Silko')  und  einer  ebenfalls  barbarischen  bei 
Axum  in  Abessynien  gefundenen  Inschrift  (s.  die  Litteraturangaben).  Recht 
genau  und  gewissenhaft  ist  er  auch  in  der  Schilderung  afrikanischer  und 
indischer  Tiere;  vom  Einhorn  z.  B.  sagt  er,  dieses  Tier  habe  er  nicht  selbst 
gesehen,  aber  vier  eherne  Standbilder  desselben  im  Palast  der  vier  Türme, 
welcher  dem  ägyptischen  Grossnegus  gehöre;  darnach  habe  er  ein  Bild 
desselben  angefertigt. 

Die  Sprache  des  Kosmas  zeichnet  sich  durch  Klarheit  und  leichten 
Fluss  aus,  Eigenschaften,  die  wir  bei  den  gleichzeitigen  Historikern  ver- 
geblich suchen.  Mit  den  Regeln  der  kunstmässigen  Gräzität  steht  er  freilich 
auf  gespanntem  Fusse;  daher  behandelt  ihn  Photios  (cod.  36),  der  das 
Werk  ohne  Autornamen  mit  dem  Titel:  XQiauavov  ßißkog  i^firjveia  elg  %iqv 
ixrdxBvxov  las,^)  mit  gründlicher  Verachtung  und  widmet  ihm  eines  seiner 
gehässigsten  Urteile.  Über  seinen  Stil  sagt  er:  iati  d^  %anei>vdg  %7]v  ^qdaiv 
xal  awra^siog  ovd^  trjg  xoivrjg  fietb'xfov.  Dann  gibt  er  mit  wegwerfenden 
Worten  einen  kurzen  Bericht  über  die  astronomisch-dogmatischen  An- 
schauungen des  Verfassers  und  schliesst  verdriesslich:  Isyei  d^  Ȋi  aXXa 
xivd  aXkoxfna.  Es  scheint,  dass  die  Aufstellungen  des  Kosmas  über  die 
Gestalt  der  Erde,  über  die  Thätigkeit  der  Engel  als  Beweger  der  Gestirne, 
über  ihren  Aufenthalt  unter  dem  Firmamente  u.  s.  w.  der  gewöhnlichen 
byzantinischen  Dogmatik  nicht  entsprachen.  Trotzdem  fand  die  „christliche 
Topographie**  ein  freundliches  Publikum  und  wurde  später  auch  bei  den 
Slaven  verbreitet. 

')  Heute  Zalla,  etwas  südlich  von  Massaua.      unter  welchem  Justin,  ist  vielleicht  Justi- 


*)  Vgl.  die  Yortreffliche  Ausgabe  und  £r- 
klfimng  derselben  von  Lepsius,  Hermes  10 
(1875)  129-144. 

')  Er  sagt,   der   Verfasser  habe  unter 


nian  zu  schreiben ;  jedenfalls  braucht  uns  die 
Notiz  des  Photios  in  unserer  gut  gesicherten 
Datierung  des  Autors  nicht  irre  zu  machen. 
Auch  kann  er  ja  wohl  unter  Justin  1  geboren 


Justin  gelebt;   da   er  nicht  näher  bemerkt,  ,  und  unter  Justin  II  gestorben  sein. 


414  Bysantinische  Lüteratnrgesohiolite.    I.  Prosaiaohe  Lttt«rat«r. 

Die  übrigen  Profanschriften  des  Kosmas,  eine  ausführliche  Erd-- 
beschreibung,  die  an  einen  gewissen  Konstantin  gerichtet  war,  und  eine 
astronomische  Schrift  an  den  Diakon  Homologes  scheinen  verloren 
gegangen  zu  sein.  Nach  Kosmas  tritt  in  der  wissenschaftlichen  geogra» 
phischen  Litteratur  eine  ähnliche  Verödung  ein  wie  nach  Euagrios  in 
der  Kirchengeschichtschreibung.  Die  einzigen  erheblichen  Werke,  welche 
die  Lücke  notdürftig  füllen,  sind  der  Konmientar  des  Eustathios  um 
Dionysios  Periegetes  und  die  zwei  geographischen  Schriftchen  des  Nike- 
phoros  Blemmydes  (s.  §  186). 

1.  Ausgaben:  Nach  älteren  Drucken  (Montfaucon,  GoUectio  nova  patrnm  1707 
vol.  II)  jetzt  bei  Migne,  Patrolog.  gr.  88,  10 — 476;  hier  ist  auch  die  litterarische  Notiz 
über  Eosmas  aus  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  4,  251  —  262,  wiederholt  und  sonstige 
ältere  Litteratur  verzeichnet;  S.  463  die  zugehörigen  handschriftlichen  Zeichnimgen  dai 
Tierkreises,  orientalischer  Tiere  u.  s.  w.  —  Eine  neue  Ausgabe  von  6.  Siefert  soll  bei 
Teubner,  Leipzig,  erscheinen. 

2.  Hilfsmittel:  Ph.  Buttmann,  Ueber  die  Echtheit  des  Adulitanischen  Monnmenis, 
Museum  der  Altertumswissenschaft,  herausgegeben  von  Fr.  A.  Wolf  und  Ph.  Battmanii  2 
(1808—1810)  105—166  und  ebenda  573—612  Ph.  Buttmann  und  G.Niebuhr,  Die  axB- 
mitische  Inschrift  nebst  Bemerkungen  über  diese  und  die  adulitanische.  Niebuhrs  Auftati 
ist  wiederholt  in  seinen:  Kleinen  historischen  und  philologischen  Schriften  1  (Bonn  1828) 
401-412.  —  Dillmann,  Abh.  Berlin.  Akad.  1878  S.  195-205.  —  üeber  die  Miniatuwa 
in  den  Handschriften  des  Kosmas  s.  N.  Kondakov,  Geschichte  der  byzantinischen  Knnet, 
Odessa  1876  S.  86  ff.  (russ.)  =  Histoire  de  Tart  byzantin  1  (Paris  1886)  137  f.  Weite« 
Litteratur  notiert  Steph.  Beissel,  Vaticanische  Miniaturen,  Freiburg  i.  Br.  1893  S.  16 
Anm.  1.  —  Eine  aus  dem  16.  Jahrh.  stammende,  mit  bunten  Illustrationen  versehene  ro»- 
sische  Uebersetzung  des  Kosmas  edierto  die  russ.  Gesellschaft  der  Bibliophilen,  \ 
N.  86,  Petersburg  1886.  Vgl.  Arch.  slav.  Philol.  11  (1888)  155.  —  Zur  Würdigung  des  " 
Kosmas:  Ferd.  v.  Richthofen,  China  1  (1877)  524  f.;  550;  625  f.  —  Zur  Erlftuteroog 
der  Nachrichten  des  Kosmas  über  die  christlichen  Gemeinden  in  Indien  vgl.  R.  A.  Lipsiae, 
Die  apokryphen  Apostelgeschichten  und  Apostellegenden  I  (1883)  283  ff.;  112  (1884)  156 
und  sonst  (s.  den  Index  s.  v.).  —  Zu  seiner  Kosmologie:  G.  Marinelli,  Die  Erdkunde 
bei  den  Kirchenvätern,  Leipzig  1884  S.  8  f.  und  ausführlicher:  Konr.  Kretschmer,  Die 
physische  Erdkunde  im  christlichen  Mittelalter,  Wien  1889  S.  41  ff.  —  Ueber  die  Ab- 
fassungszeit  des  Werkes  und  die  Datierung  der  einzelnen  Bücher  vgl.  A.  v.  Gutscbmid, 
Kleine  Schriften  5  (1894)  612  Anm.  2  (vgl.  ebenda  S.  606  f.),  und:  Jakok  Krall,  Studien 
isur  Geschichte  des  alten  Aegypten,  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  121  (1890)  XI.  Abhandl.  S.  72. 
—  Hauptschrift:  H.  Geiz  er,  Kosmas,  der  Indienfahrer,  Jahrbücher  für  protest.  Theologie 

9  (1883)  105—141. 

3.  Die  unterste  Stufe  des  geographischen  Studiums  der  Byzantiner  bezeichnen  jene 
kurzen  Beschreibungen  der  berühmten  Flüsse,  Meere  und  Berge,  der  sieben  Weltwunder, 
des  Vorgangs  der  Wolkenbildung  u.  s.  w.,  die  ohne  Automamen  in  zahlreichen  Hss  vor« 
kommen  z.  B.  im  Cod.  Vindob.  theoL  gr.  200  (Nessel)  fol.  203^— 207^  VgL  C.  Landi, 
Opuscula  de  fontibus  mirabilibus,  de  Nilo  etc.  ex  cod.  Laur.  56,  1  descripta,  Studi  ital.  di 
filol.  classica  3  (1895)  531  —  548,  und  die  dortselbst  angeführte  ältere  Litteratur. 

172.  Rhetorische  Schilderungen.  Als  eine  Abzweigung  der  theo- 
retischen Geographie  können  wir  die  schönrednerischen  Schilderungen  {ix- 
qtQaaeiq)  von  Ortschaften  und  Gegenden  betrachten,  insofeme  sie  bei  allem 
Schwulst  doch  meist  eine  geographische  oder  topographische  Grund- 
lage haben.  Freilich  erweitern  sie  unsere  geographischen  Kenntnisse  nur 
selten;  das  geographische  Thema  ist  ihnen  nur  Anlass  zu  einer  rhetorischen 
Übung,  wie  ja  auch  Schilderungen  von  Statuen,  Bildern  u.  s.  w.  zu  den 
behebten  Gegenständen  der  alten  Rhetorik  gehörten.  Diese  ^Exy>Qa<r€(g  sind 
keine  Schöpfung  der  byzantinischen  Zeit;  schon  in  den  alten  Rhetoren- 
schulen  gab  es  solche  Übungen,  und  aus  ihnen  entsprangen  die  landschaft- 
lichen Schilderungen,  die  einen  so  beliebten  Schmuck  der  griechischen 
Romane  bilden.     Man  kann  in   diesem  Zusammenliang  die  metrische  *'Ex- 


8.  Geographie.    B.  Werke  der  Praxis.    (§§  172—178)  415 

r^ctatg  Tov  xocfiixov  nivaxog  nennen,  in  welcher  Johannes  von  Gaza  um 
30  im  Geschmacke  der  Poesie  des  Nonnos  eine  Weltkarte  erläutert  hat. 
rgl.  W.  Christ,  Gesch.  der  griech.  Litt.  *  S.  663.  Eine  echt  rhetorische 
Sxy^^aai^  ist  die  Schilderung  der  Stadt  Thessalonike,  welche  Johannes 
i^ameniates  seiner  kleinen  historischen  Monographie  vorausschickte 
8.  §  116).  Endlich  gehören  hieher  die  ^ExtpQaaeig  von  Trapezunt,  Imbros, 
^orinth  u.  s.  w.  des  Rhetors  Johannes  Eugenikos. 

B.  Werke  der  Praxis. 

173.  Eirchliche  Geographie.     Den  Zwecken  der  kirchlichen  Yer- 
nraltung  dienten  Verzeichnisse  der  Patriarchensitze  und  der  in  genau 
[lestimmter  Rangordnung  ihnen  untergebenen  Hauptkirchen  und  bischöf- 
lichen Sitze.    Im  allgemeinen  zeigt  sich  in  diesen  Notitien  die  Kirchen- 
ordnung des  Justinian  und  des  Heraklios  erhalten.     Wichtige  Umwäl- 
zungen vollzogen  sich  am  Ende  des  9.  Jahrhunderts  unter  Kaiser  Leon  VI 
dem  Weisen.    In  diese  Zeit  gehören  die  von  H.  Geizer  als  Anhang  des 
Georg  von  Cypem  (s.  §  175)  edierten  Nta   Taxuxd,  die  zwar  unter  Kon- 
stantin Porphyrogennetos   abgefasst  sind,  aber  im  wesentlichen  die  von 
Leon   dem  Weisen  aufgestellte  Ordnung   wiedergeben.    Dagegen   ist   ein 
Yerzeichnis,  das  dem  Titel  zufolge  unter  Leo  entstand,  nämlich  'H  yiyovvTa 
iiaxvTimCiq  naqd  tov  ßaaikecog  Aäovtog  tov  2o(pov,  oncog  ^xovai  ta^ecog  oi 
^Qovoi  Tciv  ixxXrflidv  tm*  vnoxeifieviov  t^)  naTQittQxjj  KtovatavTivovnoXetog^ 
in  Wahrheit  ein  Werk  aus  der  ersten  Konmenenzeit.    Aus  späterer  Zeit 
stammt  die  umfangreiche    Rangordnungsliste    der   dem   apostolischen 
Throne  von  Konstantinopel  unterstehenden  Metropolen  und  bischöflichen 
Sitze:    Td^ig  nqoxaÖ-sSqiag  tcov  vno  xov  dnoaxoXixov  &q6vov  KtovatavTi^ 
YovnoXsmg  tsXovvt(üv  inrjxqonoXixSv  xal  xmv  in*  avxovg  iniax6n(üv.     Daran 
schliesst  sich   ein  Verzeichnis  der  den  Metropoliten  gebührenden  Titel, 
die   in  Byzanz,  der  Wiege  und  Heimat  aller  Etikette,   selbstverständlich 
ebenfalls  aufs   genaueste  fixiert   waren:    IIsqI  xrjg  xd^tag  xäv  &q6vodv 
Tiov  fir/tQonoXiTwv  *  uveg  avxciv  XäyovTM  i^uQ^oi  xal  vTxäQxifioij  %iv€g  vnäq- 
ufioi  fiovov.   Aus  vorschismatischer  Zeit  stammt  noch  die  ^AvaxsqtaXaCiüai  g 
xiv  OYiwtdtfov  nccxqmqxdvj  xwv  oqo&samv  xal  avvaqid'iirfiig  %Sv  djxoaxoXi'- 
xmv  ^Qovfov,     Wichtig  ist  die   dem  Werke  des  Konstantin  Porphyro- 
gennetos De  cerimoniis  (S.  791  flf.  ed.  Bonn.)  einverleibte  ''Ex&etng  ngto" 
xoxkrfimv^   naxQiaQxdv  xe  xal  firjXQOTxohxwv  des  Erzbischofs  Epiphanios 
von  Cypern  (aus  dem  4.  Jahrb.).     Eine    ausführliche  Statistik  und   Ge- 
schichte der  Patriarchate,  Episkopate  und  Metropolen  schrieb  im  Auftrage 
König  Rogers  11  von  Sizilien  (1101 — 1154)  im  Jahre  1143  der  Archimandrit 
Xilos  Doxopatres  (Doxapatres?  vgl.  §  195  Anm.  3)  Neikov  Jo^anaxQiov 
(lies:   Jo^anaxQpj)  xd^^g  xwv   naxQiaqxixiav  x^q6v(ov.      Der  Verfasser,   der 
auch   als  Hymnendichter  genannt   wird,   lebte   eine  Zeitlang   in  Palermo 
und    wurde  später  Notar   des  Patriarchats  in  Konstantinopel  und  Nomo- 
phylax  des  Reiches.  Da  die  Rangordnung  und  der  Bestand  der  Metropolen 
und  Episkopate  sich  im  Laufe  der  Zeit  vielfach  änderte,  entstanden  noch 
zahlreiche  Neubearbeitungen.    Unter  anderm  besitzen  wir  zwei  revidierte 
Verzeichnisse  aus  der  Zeit  des  Kaisers  Andronikos  II  Palaeologos  (1283^ 


416  BysanÜnisohe  Litteraiorgeaohiohte.    L  Prosaisolie  LiUerainr. 

bis  1328),  nämlich  die  ^Exd^haig  ßaaiXtwg  ^Avöqwixov  tov  nakaioXoyow  i 
yhqoytog,  onwg  vvv  i%ovat  ta^scog  at  vTtoxeifievai  [irjfiqoTioksig  t^  mi 
ccQx^^i^  ^Qov(i}  TTJg  KwvaTttvtivoiiTtokecog  und  die  ^'Ex&saig  väa  ^AviQovixov  fk 
Xtcogy  oCTig  Tccg  tov  Knokscog  fiijtQonoXeig  aXXag  filv  iiixQfov  ävsßlßm 
aXXag  dh  ndkiv  slg  (uxqottqag  rdv  x^Qovwv  xazeßtßaaev,  dig  iwavdu  a| 
arjfX€i(6(fofi€v. 

Die  chronologische  Bestimmung  aller  dieser  Notitien  wird  <h 
die  zahlreichen  späteren  Zusätze  und  Erweiterungen  sehr  erschwert;  n 
reicht  hiefQr  das  veröffentlichte  Material  nicht  völlig  aus,  da  noch  mtm 
wichtige  Rezensionen  ungedruckt  sind.  Für  die  Untersuchung  ist  vor  al 
die  Heranziehung  der  Konzilsakten  nötig,  welche  uns  über  die  allmSUI 
Veränderung  in  der  Hierarchie  nützliche  Aufschlüsse  gewähren.  Bei  l 
Trockenheit  sind  die  Verzeichnisse  immerhin  interessant  als  Zeugen 
straffen  Organisation  der  byzantinischen  Kirche  selbst  in  der  Zeit  des  grO« 
politischen  Verfalls  und  durch  die  in  ihnen  enthaltenen  Beiträge  zur  ( 
graphischen  Nomenklatur  des  Mittelalters.  Merkwürdig  scheint  die  ZU 
keit  in  der  Erhaltung  der  alten  Namen;  doch  steht  sicher,  dass  ^ 
der  hier  noch  aufgeführten  alten  Benennungen  im  Volksmunde  teils  ^ 
loren  gegangen,  teils  durch  andere  ersetzt  worden  waren.  Die  Spra 
der  Verwaltung  hielt  an  den  alten  Namen  fest  selbst  bei  Sitzen,  die 
nicht  mehr  existierten,  ähnlich,  wie  es  die  römische  Kirche  mit  il 
Bischöfen  inpartibusinfidelium  thut.  Lehrreich  ist  in  dieser  Bezieh 
die  Schlussbemerkung  der  Nta  ixx^-saig  des  Andronikos  Palaeologos:  Ax 
aiaiv  at  %ov  O^qovov  tov  KnoXewg  näaai  fir/TQOTtoXeig  '  irjXotvTi  at  nq 
YQafifib'vai  ivvt'a  ngog  ratg  ixaxov  *  cci^ovvai  d^  aijfACQov  fi€Q$xai 
der  Zusatz  im  Titel  eines  anderen  Verzeichnisses  (S.  243  ed.  Parth 
KaxdXoyog  imcxonwv  at  Ttvai  (!)  i'xatrtog  x&v  firjtQOTtoXswv  vnoxäxlA 
öaai  aoi^ovTai  vvv  ix  fiägovg  •  ix  zovtiov  at  nkeVatai  rjg)aviaTrj€ 
Um  diese  reichen  Listen  für  Geschichte  und  Geographie  fruchtbar  zu  mac] 
bedurften  wir  einer  Untersuchung  ihrer  Chronologie  und  ihres  genealogisc 
Verhältnisses,  sowie  eines  Kommentars,  eine  Aufgabe,  die  in  der  jung 
Zeit  zu  einem  grossen  Teil  gelöst  worden  ist. 

Ausgaben  und  Hilfsmittel:  Nach  den  alten,  weit  zerstreuten  und  meist  sc 
zugänglichen  Drucken  sind  diese  Verzeichnisse  (im  ganzen  14  Nummern)  mit  Benitt 
handschriftlicher  Mittel,  die  freilich  zum  Teil  erst  in  leidigen  Nachträgen  Verwei 
fanden,  mit  einem  Index  herausgegeben  in:  Hieroclis  Synecdemus  ex  rec.  Gust.  Part! 
Berolini  1866  S.  55  fif. ;  dortselbst  findet  man  auch  für  jedes  einzelne  St&ck  die  gee 
ältere  Litteratur  verzeichnet.  —  Eine  von  Parthey  Obergangene  Notitia  von  Alexa; 
ist  gedruckt  bei  R.  Pococke,  A  description  of  the  east  and  some  other  coontr 
(London  1743)  279  f.  (=  S.  423  f.  der  deutschen  Ausgabe  von  1754).  -  Eine  Notitia 
Grossantiochien  steht  in  der  Fortsetzung  der  armenischen  Geschichte  des  Sparapet  S 
ed.  Dulaurier,  Recueil  des  historiens  des  croisades,  Documents  armöniens  I  673  I 
Zu  den  bulgarischen  Notitiae  vgl.  E.  Golubinsky,  Geschichte  der  bulgarischen,  serbic 
und  rumänischen  Kirche,  Moskau  1871  (russ.),  bes.  S.  46  fif.;  259  fif.  —  Unzugänglich 
mir  Dimitsas,  T«  negi  rijg  avtoxewaXov  aQx^eniaxonijg  tfjg  7iQ<üri]g  ^lowrtiytayijs  *^X^ 
Xttl  BovXyagiag^  Athen  1859.  —  K.  £.  Zachariae  von  Lingenthal,  Zur  Eenntmif 
notitiae  episcopatuum  Graecorum,  Monatsber.  Berl.  Akad.  1878  S.  276—288,  wo  an  e 
Beispiele  aus  dem  17.  Jahrhundert  nachgewiesen  wird,  wie  diese  Verzeichnisse  fOi 
kirchliche  Geographie  nutzbar  zu  machen  sind.  —  Zwei  Notitiae  ed.  A.  Papadopo 
Kerameus,  MavQoyoQddtetog  ßtßX.,  Kpel  1884  Anhang  S.  64—70.  —  W.  M.  Ramsay 
bist,  geography  of  Asia  Minor,  London  1890.  —  W.  M.  Ramsay,  The  cities  and  l 
pries  of  Phrygia,  Journ.  of  Hell.  Studies  4  (1883)  370-436;  8  (1887)  461-  519.   — 


8.  Geographie.    B.  Werke  der  Praxis.    (§  174)  41  7 

K.  Ramsay»  The  eitles  and  bishoprics  of  Thrygia,  vol.  1»  Oxford  1895.  —  G.  de  Boor, 
KAcbtrfige  zu  den  Notitiae  Episcopatuum,  Zeitschrift  f.  Eirchengeschichte  12  (1890)  303 
IIb  826;  519—534  und  14  (1893)  573—599.  Vgl.  B.  Z.  4,  168  ff.  -  H.  Geizer,  Zur  Zeit- 
Wstimmung  der  griechischen  Notitiae  episcopatuum,  Jahrbücher  für  protest.  Theologie  12 
(1886)  837—372;  528—575.  ~  H.  Geizer,  Analecta  Byzantina.  Index  lect.  für  das 
Wintersemester  1891 — 92,  Jena  1891  (Enthält  die  vom  Kaiser  Isaak  Angelos  wahrschein- 
lich i.  J.  1189  festgestellte  Rangordnung  der  Metropolen  und  erzbischöflichen  Sitze,  ein 
Verzeichnis  der  Bischöfe  von  Nauplia  und  Argos  u.  a.).  —  H.  Geizer,  Die  kirchliche 
Geographie  Griechenlands  vor  dem  slaveneinbruche,  Zeitschr.  f.  wiss.  Theologie  35  (1892) 
419 — 436.  Bespricht  die  von  G.  de  Boor,  Zeitschr.  f.  Kirchengesch.  12,  519  ff.  edierte 
Notitia  und  gelangt  zu  dem  Ergebnis,  dass  sie  als  Ganzes  in  der  Hauptsache  unter  Kaiser 
Leon  III  (717 — 741)  angefertigt  wurde.  —  H.  Geizer,  Beiträge  zur  russischen  Kirchen- 
geechichte  aus  griechischen  Quellen,  Zeitschr.  f.  Kirchengeschichte  13  (1892)  246—281 
(über  Listen  russischer  Bistümer  und  über  die  Geschichte  der  Metropole  Halicz  und  der 
Erzdiözese  Litauen).  —  H.  Geizer,  Ungedruckte  und  wenig  bekannte  Bistümerverzeichnisse 
der  orientalischen  Kirche,  B.  Z.  1  (1892)  245-  282;  2  (1893)  22—72  (Reiches  neues  Material 
ans  Hss  und  unbenutzten  Drucken,  dazu  bahnbrechende  Untersuchungen  über  die  Chrono- 
logie und  über  die  Interpretation  der  Notitiae  der  Patriarchate  Antiochia,  Jerusalem,  Ale- 
xandria  und  des  autokephalen  Archiepiskopats  Bulgarien).  —  Ein  Spezialthema  der  kirch- 
Heben  Geographie  untersucht  L.  Duchesne,  Llllyricum  eccl^siastique,  B.  Z.  1  (1892) 
531—550.  —  F.  C.  Gonybeare,  On  some  Armenian  Notitiae,  B.  Z.  5(1896)  118-136. 

174.  Hierokles  (isQoxkrjg).  An  der  Spitze  der  im  Interesse  des 
Staates  thätigen  Geographen  steht  der  Grammatiker  Hierokles  aus  der 
Zeit  des  Justinian.  Sein  vor  dem  Jahre  535  veröffentlichtes  Werk  2vväx- 
irjfiog  ist  ein  statistischer  Abriss  des  oströmischen  Reiches,  in 
welchem  64  Provinzen  und  912  Städte  (statt  der  im  Titel  angekündigten 
935)  aufgezählt  werden.  Das  Werk  zeigt  einige  Verwandtschaft  mit  den 
Handbüchern  der  kirchlichen  Verwaltung,  gehört  aber  nicht  zu  diesen, 
sondern  ist  als  Hauptgrundlage  der  politischen  Geographie  bei  den 
Byzantinern  zu  betrachten.  Die  Absicht  des  Verfassers,  eine  politische 
(nicht  kirchliche)  Statistik  zu  geben,  ist  in  den  Worten  der  Einleitung 
ausgesprochen:  Eiaiv  at  naaai  snaQxim  xal  noXaig  al  vno  %6v  ßaaiXäa  tcov 
*P(ofjiai(ov  Tov  iv  KnoXsi  inaQxiai,  ^d\  noXeig  'j^Xe',  <og  vTiOTSTaxzai.  Ob  er 
die  Anregung  zu  seinem  Werke  durch  einen  höheren  Auftrag  erhielt,  ist 
uns  nicht  bekannt.  Hierokles  war  neben  Stephanos  von  Byzanz 
Hauptquelle  für  das  Werk  des  Konstantin  Porphyrogennetos  JIcq!  rtov 
^e^ärcav  (s.  §  108). 

1.  Ausgaben:  Im  Bonner  Corpus  mit  Konstantin  Porphyrogennetos  vol.  3  (1840) 
379—552.  —  Damach  bei  Migne,  Patr.  gr.  113,  141—156.  —  Ex  recogn.  Gust.  Parthey, 
Berolini  1866;  in  der  Vorrede  Uebersicht  über  die  früheren  Leistungen  und  die  Hand- 
schriften. —  Erste  auf  umfassender  Verwertung  der  Hss  beruhende  kntische  Ausgabe  mit 
den  bei  Eonstantinos  Porphyrogennetos  De  them.  erhaltenen  Stücken  von  Aug.  Burck- 
hardty  Leipzig,  Bibl.  Teubn.  1893.  VgL  die  Besprechungen  von  H.  Geiz  er,  Berliner 
philoL  Wochenschr.  1894  S.  168  ff.  und  G.  Gundermann,  B.  Z.  4  (1895)  605—607. 

2.  Hilfsmittel:  Gute  Erklärungen  dunkler  Ortsnamen  bei  Hierokles  von  W.  To- 
maschek,  Zeitschr.  f.  d.  Österreich.  Gymn.  18  (1867)  715—720.  —  O.Günther,  Zu  den 
,Geflta  de  nomine  Acacii',  B.  Z.  3  (1894)  146  f.  (über  das  bei  Hierokles  vorkommende 
^J^t^Xog  =  JijXoi),  —  Als  Hilfsmittel  ist  noch  das  Gebührenverzeichnis  in  der 
8.  Jastinianischen  Novelle  zu  erwähnen,  welches  Parthey  für  seine  Ausgabe  des 
Hierokles  unbenutzt  Hess;  es  wird  hier  die  Einteilung  des  Reiches  ersichtlich,  indem  die 
Beamten  der  einzelnen  Provinzen  aufgeführt  werden  mit  Rücksicht  auf  die  Anstellungs- 
gebfihreD,  die  sie  entrichten  mussten.  Ed.  im  Corpus  iuris  civilis  edd.  Th.  Mommsen, 
P.  Kmeger,  R.  Schoell,  fascic.  X  (Berolini  1888)  80  ff.  Ausserdem  vgl.  auch  die  von 
L  Fr.  Tafel,  Const.  Porphyrogenn.  De  provinciis  regni  Byzantini  liber  secundus,  Tubingae 
1B47,  beigegebenen  Stücke. 

3.  Beachtung  verdienen  drei  kleine  Verzeichnisse  von  Landschaften  und 
Städten,  die  in  späterer  Zeit  ihren  Namen  geändert  haben:  'tkrai  jwy  noXetor  fiertoyo- 
liaa^hfiutf  eis  vateQoy  etc.;  alle  drei  scheinen  einer  späten  Epoche  anzugehören,   die  sich 

BaadlHieh  dar  Ihm,  AltertmnswlMenachaft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aafl,  .  11 


418  ByzantiniBche  litteraiiirgeschiohte.    L  Prosaische  Litieraiiir. 

durch  Vergleichung  der  neuen  Namen  in  Historikern  und  anderen  Werken  vielleicht 
bestimmen  liesse;  sie  sind  ediert  bei  Parthey»  Hierokles  S.  811 — 818.     Vgl.  Nik« 
Bryennios  IV  5  (ed.  Bonn.  S.  184,  22)  JlitQd  notafioy  ovx  ouT  önotg  aQXfj^sy   xaAov/ 
did  To  dfXBtfp&rjvai   xdÜv  ovofidjtov  td   nXelata  u.  s.  w. 

Ein  kleines  und,  wie  es  scheint,  ganz  wertloses  Provinzenverzeichnie  hat  Moat-i 
faucon,  Bibl.  Goisliniana,  Paris  1715  S.  581-584,  ediert.  —  Dasselbe  edierte  noch  eiBMl] 
J.  Sakkelion,  ntttfiiaxij  ßißXioaijxfj,  Athen  1890  S.  72  f. 

176.  Georg  von  Cypem  {FewQyiog  6  KvnQiog),  ein  sonst  nicht  be-j 
kannter  Mann,  verfasste,  wohl  im  Anfang  der  Regierung  des  Phokai 
(602 — 610),  eine  profane  Beschreibung  des  oströmischen  Reiches,  ähnlidil 
dem  Synekdemos  des  Hierokles.  Dieselbe  vereinigte  später  ein  kirchlicher^ 
Redaktor  mit  einer  hauptsächlich  die  Diözese  Eonstantinopel  umfassenden 
kirchlichen  Notitia,  die  im  ersten  Drittel  des  9.  Jahrhunderts  von  dem 
Armenier  Basilios  zusammengestellt  wurde.  Leider  hat  die  Überlief&- 
rung  diesem  kirchlich-profanen  Doppelwerk  übel  mitgespielt;  insbesondere 
ist  der  profane  Teil  durch  Verwirrung  der  Kolumnen,  durch  Auslassang 
und  Entstellung  der  Namen  schwer  geschädigt.  Trotzdem  behält  die  Liste 
einen  selbständigen  Wert;  denn  sie  ist  die  einzige  Beschreibung  der  beiden 
Präfekturen  Italien  und  Afrika  aus  der  Zeit  der  Langobardenherrschaft, , 
und  für  gewisse  Städte  ist  nur  durch  sie  die  byzantinische  Herrschaft 
bezeugt. 

1.  Ausgaben:  Nach  zwei  ganz  ungenügenden  älteren  Ausgaben  (vgl.  die  AumÜM 
von  Geizer  S.  LXIII  f.)  wiederholt  von  G.  Parthey  mit  Hierokles,  Berlin  1866.  --  Erst« 
kritische  Ausgabe:  Georgii  Cyprii  descripiio  orbis  Romani  ed.  H.  Geizer.  Leipzig,  BibL 
Teubn.  1890,  mit  vier  Karten  und  einem  für  die  alte  Geographie  und  Geschichte,  beeonders 
die  Geschichte  der  siebzigjährigen  Griechenherrschaft  in  Spanien,  höchst  wertvollen  Kom- 
mentar; beigegeben  ist  als  Anhang  S.  57 — 83  eine  unter  Konstantin  Porphyrogennetos  ab* 
gefasste  unedierte  kirchliche  Notitia. 

2.  Hilfsmittel:  Wichtige  Lesarten  aus  dem  für  die  Ausgabe  nicht  benutzten  Cod. 
Paris.  1810  hat  Geizer  in  seinen  oben  zitierten  Analecta  Byzantina  S.  15—18  nachgetragen. 
—  Vgl.  die  Besprechungen  von  G.  Gundermann,  B.  Z.  1,  601—604,  und  G.  Destanis, 
Journ.  Min.  1891  Bd  276  S.  204—213.  —  H.  Geizer,  Zu  der  Beschreibung  Palästinas  des 
Georgios  Kyprios.  Zeitschr.  d.  deutschen  Palästinavereins  17  (1894)  36—41.  —  J.  B.  Bury, 
The  Roman  empire  in  600  A.  D.,  The  Engl.  Histor.  Review  9  (1894)  315—320,  entwickelt 
die  historischen  Ergebnisse  der  Ausgabe  Geizers  und  vertritt  die  Ansicht,  dass  man  als 
sichere  Früh-  und  Spätgrenze  der  Entstehungszeit  des  Werkes  des  Georg  von  Cypem  nur 
die  Jahre  591  und  606  (vielleicht  604)  feststellen  könne. 

176.  Itinerarien,  Segelhandbücher  und  Karten.  Wie  es  schon  in 
der  hellenischen  Zeit  für  den  praktischen  Gebrauch  bestimmte  Aufzeich- 
nungen der  Entfernungen  von  Städten,  Häfen  und  Inseln  gab,  so  waren 
derartige  Handbücher,  welche  die  heutigen  Generalstabspläne,  Distanzen- 
messer, Pilotenbücher  und  Seekarten  vertraten,  auch  im  byzantinischen 
Reiche,  besonders  in  der  Marine,  gebräuchlich.  Das  beste  und  reichhaltigste 
Werk  dieser  Art  ist  der  2%adia<sii6g  ijtoi  nsQinXovg  trjg  fieydXrjg  ^aXdaarfi, 
Der  anonyme  byzantinische  Verfasser,  der  aus  trefflichen  älteren  Quellen 
schöpfte,  beschreibt  darin  die  Fahrt  von  Alexandria  zu  den  Säulen  des 
Herakles  an  der  afrikanischen  Küste,  dann  die  von  Alexandria  bis  nach 
Dioskurias  an  der  asiatischen,  endlich  die  von  Byzanz  bis  zu  den  Säulen 
des  Herakles  an  der  europäischen  Küste.  Dazwischen  sind  einzelne  Insel- 
umsegelungen und  zahlreiche  Seitenfahrten  eingestreut.  Die  genauen  An- 
gaben, welche  dieses  Seehandbuch  über  Entfernungen,  Hafenverhältnisse, 
Klippen,  Untiefen,  Fundorte  von  Trinkwasser  u.  s.  w.  macht,  geben  uns 
^inen  Begriff  von  der  technischen  Ausbildung  des  griechisch-byzantinischen 


8.  Geographie.    B.  Werke  der  Praxis.    (§§  175—176)  419 

Wesens.  Leider  ist  uns  von  dem  Werke  der  grössere  Teil  verloren 
an  gen.  Ohne  Wert  ist  die  vorzugsweise  aus  dem  pseudoarrianischen 
unXovq  n6v%ov  Ev^eivov  geschöpfte  anonyme  UvafisTQtjCi^  %ijg  olxov(Aävi]q 
rr^g  xard  üvvoipiv.  Durch  die  Beziehung  zu  einem  folgenreichen  histo- 
hen  Ereignisse  erregt  unsere  Teilnahme  ein  im  Werke  des  Konstantin 
phyrogennetos  De  cerimoniis  erhaltenes  kleines  StadioSQOfxtxov  (d.  h. 
tanzentabelle)  für  die  Linie  Konstantinopel-Kreta,  welches  bei  den  Vor- 
eitungen  des  Konstantin  Porphyrogennetos  zu  der  Expedition  gegen  die 
azenen  auf  Kreta  im  Jahre  949  hergestellt  wurde. 

Echt  byzantinische  Karten  mit  griechischer  Legende  scheinen 
it  erhalten  zu  sein,  und  Seekarten  haben  sie  wohl  überhaupt  nicht  be- 
5en;  einen  schwachen  Ersatz  bieten  mehrere  dem  15.  Jahrhundert  an- 
örende  Exemplare  italienischer  Provenienz.  Die  oft  unglaublich 
Linstalteten  und  schwer  zu  erklärenden  Ortsnamen  sind  hier  in  dem 
samen  Kauderweslch,  das  die  Seesprache  des  Mittelmeers  bildete  (lingua 
nca),  mit  lateinischer  Schrift  angegeben;  der  Hauptteil  der  Benennungen 
italienisch,  daneben  aber  finden  wir  auch  andere  romanische  Sprachen 
treten  und  natürlich  auch  die  griechische ;  letztere  in  einer  den  Italienern 
idgerechten  Form. 

• 

1.  Ausgaben:  Itadiaa/Äog  etc.  ed.  C.  Müller,  Geogr.  Gr.  min.  I  427 — 514; 
Praefatio  S.  123  ff.  Die  'JvafÄitQtjcig  ebenda  S.  424—426.  —  IradiodQouixd y 
Konst.  Porph.  in  dem  Werke  De  cerira.  II  45  (=  I  664  ff.  ed.  Bonn.)  nnd  bei  Tafel, 
stantini  Porph.  De  provinciis  regni  Byzantini  liber  secandos,  Tabingae  1847  S.  17  f. 
auch  noch  verschiedene  Redaktionen  eines  Periplus  des  schwarzen  Meeres  u.  a.  bei- 
iben  sind.  —  Vgl.  Jo.  Iriarte,  Regiae  bibliothecae  Matritensis  codd.  Graeci,  Madrid 
)  S.  480 — 499,  wo  der  den  Itadinafjtos  trjg  fieyäXi]g  ^aXacat^g  und  andere  geographisch - 
)rische  Stücke  enthaltende  Cod.  Matrit.  121  beschrieben  und  exzerpiert  ist  —  Vgl. 
ling,  Handbuch  d.  klass.  Altertumswissensch.  III  108. 

2.  Geographische  Karten:  Mehrere  in  der  Münchener  Bibliothek  befindliche 
enische  Karten  beschrieb  Schmeller,  Abhandl.  bajer.  Akad.  Bd.  4  (1844 — 47)  Abt.  1 
f43— 273.  —  M.  Thomas,  Der  Periplus  des  Pontus  Euzinus.   Ingleichen  der  Paraplus 

Syrien  und  Palästina  und  der  Paraplus  von  Armenien,  Abhandl.  bayer.  Akad.  10 
4-1866)  221—290;  dortselbst  8.  226  f.  u.  231  f.  weitere  Litteraturangaben.  —  Eine 
dem  16.  Jahrhundert  stammende  venetianische  Karte  von  Morea  ed.  K.  N.  Sathas, 
uments  in^dits  relatifs  ä  Thistoire  de  la  Gr^ce,  I.  s^rie,  Tome  I,  Paris  1880;  eine  Karte 
griechischen  Archipelagus  vom  Jahre  1421  und  eine  Karte  von  Kreta  vom  Jahre  1563 
ida,  Tome  11,  Paris  1881;  eine  Karte  von  Cypern  in:  Aeoyxiov  MaxaiQä  Xgoyixoy 
Qov  edd.  E.  Miller  et  C.  Sathas,  Paris  1881  (texte  Grec).  —  Eine  Uebersicht  über 
enische,  spanische  und  arabische  Seekarten  des  13. — 16.  Jahrh.  gibt  Ueinr.  Wuttke, 
Geschichte  der  Erdkunde  im  letzten  Drittel  des  Mittelalters.  Die  Karten  der  see- 
enden Völker  Südeuropas.  Dresden  1871  (mit  einem  Atlas).  —  Genauere  Mitteilungen 
Theob.  Fischer,  Sammlung  mittelalterlicher  Welt-  und  Seekarten  italienischen  Ur- 
mgs  und  aus  italienischen  Bibliotheken  und  Archiven  herausgegeben  und  erläutert, 
edig,  Ongania  1886.  Hier  S.  64 — 67  über  den  wahrscheinlichen  Einfluss  der  griechisch- 
mtinischen  Stadiasmen  auf  die  italienischen  Seekarten. 

3.  Portolane:  Wie  die  griechischen  Seekarten,  so  weisen  auch  die  in  griechischer 
iche    geschriebenen   Portolane  (Segelhandbücher)    auf  italienischen  Ursprung   zurück. 

neugriechischer  Portolan  wurde  in  Venedig  1573,  wahrscheinlich  zum  erstenmale,  ge- 
;kt.  Vgl.  E.  Legrand,  Bibliogr.  hell.  2  (1885)  16  f.  ~  Ein  anderer  Portolan,  der 
Dod.  Vindob.  hist.  gr.  82  erhalten  ist,  verrät  schon  durch  die  Beigabe  eines  Dogen- 
Joga,  dass  er  aus  venezianisch-griechischen  Kreisen  stammt.  Vgl.  Ad.  Fr.  Kollar, 
Petri  Lambecii  Comment.  etc.  Supplem.,  Wien  1790  c.  606  ff.  —  Ebenfalls  veneziani- 
;n  Ursprungs  ist  der  Portolan  im  Cod.  Vatic.  Ottob.  339  s.  16/17  fol.  1— 82J:  'Jqx^ 
-nogjoXuyov,  6  onotog  kqfxrjyevei  oXa  xd  noQta  and  toy  XBvayrrjg  iotg  eig  joy  finov- 
lyf  £(og  sk  To  mgiro  tijg  iyXtjiiqag  '  xai  o^fitjytvet  tovg  xaßovg  oXovg  aQxlCoyrag  dn6 
Beyer iay,  —  Ein  älteres  Exemplar  bewahrt  der  für  die  Kenntnis  der  vulgärgriechisohen 
örator  so  wertvolle  Cod.  Vindob.  theol.  gr.   244  (Nessel)  fol.   176— 204\   —  Vgl. 

ZV 


420  Byzantinische  Litteratiurgeaohiohte.    I.  Prosaisohe  Litieratur. 

Gristoforo  Negii,  Portolani  esistenti  nelle  principali   biblioteche  di  Venezia,   Venedig 
1866  (mir  unzugänglich). 

4.  Reiche  Hilfsmittel  zur  Kenntnis  der  byz.  Geographie  sind  die  uns  erhaltenen 
byzantinisch- italienischen  Handelsverträge,  Goldbullen,  Schenkungs-  und  Kaoforkunden  u.8.w. 
Ausgaben  und  Hilfsmittel  sind  S.  223  f.  veizeichnet.  In  der  dort  genannten  Publikation 
von  G.  L.  Fr.  Tafel  und  G.  M.  Thomas,  Urkunden  zur  älteren  Handels-  und  Staats- 
geschichte^der  Republik  Venedig,  findet  man  1 375—381  ein  venezianisches  Schifferbnch 
über  die  armenische  KOste  aus  Marino  Sanuto  und  II  399—416  ein  ähnliches,  ebenfalls  ans 
M.  Sanuto  entnommenes  für  die  syrische  Küste.  —  Ueber  das  byzantinische  Seewesen  vgl. 
A.  Fr.  Gfrörer,  Byzantinische  Geschichten  2  (Graz  1873j  401—436. 

177.  Wallfahrerbücher.  Dem  religiösen  Privatinteresse,  das  sich 
bekanntlich  schon  vor  den  Kreuzzügen  in  häufigen  Wanderungen  nach 
Jerusalem  kundgab,  dienten  einige  periegetische  Schriften,  welche  Palä- 
stina und  die  heiligen  Orte  schildern,  also  byzantinische  Reisehand- 
bücher für  das  heilige  Land: 

1.  Das  älteste  dieser  für  die  mittelalterliche  Topographie  und  Ge- 
schichte von  Palästina  wichtigen  Büchlein  schrieb  im  Anfang  des  9.  Jahr- 
hunderts (vor  820)  ein  Mönch  Epiphanios,  der  von  dem  Mönche  und 
Presbyter  Epiphanios,  dem  Verfasser  von  Lebensbeschreibungen  der  hl. 
Maria  und  des  hl.  Andreas,  verschieden  ist:  ^Emtfaviov  %ov  fiovaxov  tov 
'AyioTtoXlzov  xal  TtvevfiaTixov  Tjfidov  nazQoq  iir]'p]<Tig  €ig  %vnov  neQifjYT/toi 
neQl  TTJg  2vQiag  xal  zf^g  dyiag  noXecog  xal  tdov  iv  avrf^  äyCtov  totvcdv. 

1.  Ausgaben:  £d.  pr.  mit  lateinischer  Uebersetzung  (nebst  den  unten  als  Nr.  2--3 
aufgeführten  Stücken)  F.  Morellus,  Paris  1620  (fehlerhaft).  —  £d.  (nebst  den  unten  als 
Nr.  2—4  aufgeführten  Stücken)  Leo  Allatius,  Ivufjuxxa,  Köln  1653  1  S.  1—102.  —  Daraus 
(mit  Nr.  2 — 4)  im  Venezianer  Corpus  der  byzantinischen  Historiker  mit  Genesios, 
Venedig  1733,  und  bei  Migne,  Patrol.  gr.  120,  259—272  und  133,  924—1004.  —  Ed. 
Albert  Drossel,  Epiphanii  monachi  et  presbjteri  edita  et  inedita,  Paris— Leipzig  1843 
8.  1 — 12.  —  Dann  edierte  zwei  griechische  Texte  und  eine  slavische  Redaktion  mit  russi- 
scher Uebersetzung  und  einem  wertvollen  Kommentar  V.  Vasiljevskij,  Pravosl.  Pal. 
sbomik,  Heft  11,  Petersburg  1886. 

2.  Hilfsmittel:  Ueber  den  Hagiographen  Epiphanios  vgl.  R.  A.  Lipsins,  Die 
apokryphen  Apostelgeschichten  und  Apostellegenden  1  (1883)  183  f.  —  Ueber  die  not- 
wendige Scheidung  des  Periegeten  Epiphanios  von  dem  Hagiographen:  J.  Dräseke, 
Der  Mönch  und  Presbyter  Epiphanios,  B.  Z.  4  (1895)  346—362.  —  Ueber  die  Ausgabe 
von  Vasiljevskij  referierten  P.  Bezobrazov,  Revue  arch^ologique  III.  s^rie  7  (1886)  308 
bis  316,  und  6.  Destunis,  Journ.  Min.  1886  Bd  247  Sept.  S.  125-143. 

2.  Johannes  Phokas  verfasste  eine:  ^'ExqtqafSig  iv  avvitpei  %äv  an* 
*Avtiox€iag  lJLt%Qig  ^l€QO(foXvfi(ov  xdaxQwv  xal  %wq(üv  2v^(ag,  0oiv(xt)g  xal  twv 
xaxd  JlaXaKTTivrjv  dytcov  ronwv.  Der  aus  Kreta  gebürtige  Verfasser  leistete, 
wie  er  selbst  erzählt,  unter  Manuel  Komnenos  Kriegsdienste  und  zog  sich 
später  als  Mönch  in  das  Kloster  des  hl.  Johannes  auf  Patmos  zurück. 
Seine  Palästinareise  fällt  in  das  Jahr  1177. 

Ausgaben:  Edd.  Morellus  und  Allatius  a.  a.  0.  —  Dann  im  Venezianer 
Corpus  und  bei  Migne,  Patr.  gr.  133,  927 — 962.  —  Dann  wurde  das  Stflck  nach  einer 
neuen  Kollation  der  einzigen  bekannten  Hs  mit  Verbesserungen  ediert  von  £.  Miller, 
Recueil  des  historiens  des  croisades.  Eist,  grecs  1  (1875)  2,  527 — 558;  vgl.  die  Vorrede 
S.  8  ff.  —  Ed.  Job.  Troickij,  Pravosl.  Pal.  sbomik,  Heft  23,  Petersburg  1889, 

3.  Der  Protonotar  Perdikas  von  Ephesos  im  14.  Jahrhundert  hat 

das  Thema  in  einem  recht  armseUgen  Lehrgedichte  behandelt:   Jlsqi  %Sy 

iv  ^l€QO(foXvfioig  xvqiaxdöv  x^efidrcov  (260  politische  Verse). 

Ausgaben:  Mit  Nr.  1—2  ed.  Morellus  a.  a.  0.;  mit  Nr.  1 — 2  und  4  ed.  Allatius 
a.  a.  0.;  darnach  im  Venezianer  Corpus,  bei  Migne,  Patr.  gr.  133,  963—972,  und  bei 
Benj.  Joannides,  JlQoaxvyrjtdQtoy  1  S.  10  ff.  (mir  unzugänglich).  —  Ed.  A.  Papa- 
dopuloS'Kerameus,  mit  russischer  Uebersetzung  von  6.  Destunis,  Pravosl.  Pal.  sbomik, 


8.  Geographie.    B.  Werke  der  Praxis.    (§  177)  421 

Heft  29,  Petersburg  1890  (im  Vorwort  eingehende  Untersuchung  Ober  die  Zeit  des  Perdikas 
und  über  andere  Byzantiner  dieses  Namens). 

4.  In  unbeholfener  Gräzität  abgefasst,  aber  reichhaltig  im  Stoffe  ist 
die  anonyme,  schwerlich  vor  dem  15.  Jahrhundert  entstandene  ^AnoSei^ig 

Ausgaben:  Mit  Nr.  1—3  ed.  Leo  AUatius  a.  a.  0.;  darnach  im  Venezianer  Corpus 
und  bei  Migne,  Patr.  gr.  133,  973  -990. 

5.  Der  Metropolit  Daniel  von  Smyrna  (später  von  Ephesos) 
beschrieb  gegen  das  Ende  des  15.  Jahrhunderts  eine  um  1481  ausgeführte 
Reise  nach  dem  hl.  Lande:  Jifjyrjtng  Javi7]X  /nrjTQonokiTov  'Ey>€aov  xal 
Tisqiodog  t(ov  äylonv  fonoav, 

1.  Ausgaben:  £d.  Mingarelli,  Graeci  Codices  mss  apud  Nanios  patrioios  Venetos 
asservati,  Bologna  1784  S.  282  ff.  —  Ed.  Andr.  Mustoxydes,  'EXXtjyouy^fjKoy  1843 
S.  181—193  (unvoUsttodiff).  —  Ed.  J.  Belludos,  Venedig  1875.  —  Ed.  G.  Destunis, 
Pravoal.  Pal.  sbornik,  Heft  8  und  9,  Petersburg  1884. 

2.  Hilfsmittel:  A.  Papadopulos-Kerameus,  £vXXoyos  1886  IlaQdQttjfjia  S.  54  ff. 

—  A.  Papadopulos-Kerameus,  In  welchem  Jahre  besuchte  der  Metropolit  von  Smyrna 
Daniel  das  hl.  Land?  Mitteilungen  d.  k.  russ.  Palästinagesellschaft  vom  Oktober  1898 
(rus8.).  Am  Schlüsse  Notizen  über  einige  andere  Schriften  dieses  Daniel.  —  Auf  Daniels 
Pilgerfahrt  und  ein  russisches  Wallfahrerbuch  bezieht  sich  auch  V.  Veselovskij,  Zur 
Frage  Ober  die  Bildung  von  Lokallegenden  in  Palästina,  Joum.  Min.  1885  Bd  239  S.  166 
bis  183. 

3.  Eine  anonyme  Beschreibung  des  hl.  Landes  aus  dem  Ende  des  14.  Jahrhunderts 
ed.  pr.  A.  Papadopulos-Kerameus  mit  russischer  Uebersetzung  von  G.  Destunis, 
Pravosl.  Pal.  sbomik,  Heft  26,  Petersburg  1890.  —  Eine  andere  ebenfalls  anonyme  Be- 
schreibung der  heiligen  Stätten,  die  zwischen  1253  und  1254  abgefasst  wurde,  ed.  pr.  A. 
Papadopulos-Kerameus  mit  russischer  Uebersetzung  von  G.  Destunis,  Pravosl.  Pal. 
sbomik,  Heft  40,  Petersburg  1895. 

4.  Ein  sehr  interessantes  in  der  Volkssprache  abgefasstes  Wallfahrbuch 
steht  im  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  244  (Nessel)  fol.  22—25.  Die  Ueberschrift  lautet: 
JtfjyrjiJig  Tia'yv  (otpiXifiog  xai  ta^aia  tisqI  toi»  dyiov  xu(pov  Bis  tov  xonov  xrjg  dyiag  noXsios 
'legowiaXijfÄ  xai  oXa  rd  neQiyvga  xijg  yrjg  x^g  inayyeXiag.  Beginn:  'Eneidij  xaxd  rijy  dya^v 
oov  TtQoaiQeaiy  xai  ^xrjaiy.  Die  Sprache  des  Büchleins  ist  vulgärer,  als  man  nach  dem 
Titel  und  den  Eingangsworten  erwarten  sollte.  —  Auch  noch  unediert  ist  wohl  die  im  Cod. 
Athous  3835  s.  16  aufbewahrte  Jitjytjaig  negl  xtuv  'iBQocoXvfAtav  xai  xov  dylov  oQovg  Siyd, 

—  Eine  neugriechische  Beschreibung  der  Stadt  Jerusalem  mit  Illustrationen  steht  im  Cod. 
BodL  Canon.  127  a.  1670. 

5.  Zur  Aufklärung  und  Ergänzung  dienen  namentlich  die  abendländischen  und 
russischen  Wallfahrbücher.  Eine  grossartige  Sammlung  derselben  ist  veröffentlicht 
in  der  S^rie  g^ographique  der  Publications  de  la  soci^t^  de  l'Orient  latin.  Voll.  1 — 2, 
Genf  1879,  enthalten  lateinische  Itinerarien,  herausgeg.  von  Titus  Tobler  und  A.  Molinier; 
vol.  3,  Genf  1883,  französische  Itinerarien  des  11.— 13.  Jahrhunderts  von  H.  Michelant 
und  Gaston  Raynaud;  vol.  4,  Genf  1885,  lateinische  Wallfahrbücher  von  A.  Molinier 
und  C.  Kohler;  vol.  5,  Genf  1889,  russische  Itinerarien  in  französischer  Uebersetzung 
von  M"*^  de  Khitrovo.  Als  Fortsetzung  der  nach  dem  Tode  des  Grafen  Riant  ein- 
gegangenen Publikationen  der  Sociöt^  de  TOrient  latin  erscheint  die  Revue  de  TOrient 
latin,  bis  jetzt  2  Bände,  Paris  1893—1895,  wo  man  ebenfalls  manche  auf  Palästina  be- 
zügliche Arbeiten  findet.  —  Eine  Menge  wichtiger  Publikationen  über  dieses  Gebiet,  die 
hier  nicht  alle  aufgezählt  werden  können,  enthält  der  oben  öfter  angeführte  PravosL 
Pal.  sbomik.  —  Lateinische,  griechische,  arabische  u.  a.  Texte  in  englischer  Ueber- 
setzung (mit  Koromentaren,  Plänen  und  Karten)  veröffentlicht  die  ,Palestine  Pilgrims 
Text  Society',  London  1886  ff.  —  Dazu  noch:  Theodosios,  De  situ  terrae  sanctae  ed.  J. 
Gildemeister,  Bonn  1882.  GildemeiBters  Text  wurde  wiederholt  mit  russischer  Ueber- 
setzung und  gutem  Kommentar  von  J.  Pomjalovskij,  Pravosl.  Pal.  sbomik,  Heft  28, 
Petersburg  1891.  —  A.  Leskien,  Die  Pilgerfahrt  des  russischen  Abtes  Daniel  ins  hl.  Land 
1113—1115,  Zeitschr.  d.  deutschen  Palästinavereins  7  (1884)  17—64  (deutsche  Uebersetzung 
der  Schrift  des  Daniel).  —  Eine  instruktive  allgemeine  Darlegung  über  das  Wesen  und  den 
Charakter  der  Pilgerfahrten  gab  R.  Röhricht,  Die  Pilgerfahrten  nach  dem  Heiligen  Lande 
vor  den  Kreuzzügen,  Raumers  Histor.  Taschenbuch  1875  S.  321—396. 

Eine  reichhaltige  Zusammenstellung  gedruckter  und  ungedruckter  Beschreibungen 
von  Palästinareisen  gab  T.  Tobler,  Bibliographia  geographica  Palaestinae,   Leipzig  1867. 


422  ByzantmiBche  Litieraturgesoliiohte.    I.  Prosaisöhe  Liitoraiiir. 

Von  demselben :  Descriptiones  terrae  sanctae  ex  saeculo  VIII,  IX,  XII  et  XV,  Leipng  1874. 
—  Das  wichtigste  bibliographische  Hilfsmittel  für  die  gesamte  auf  Palftstma  besflglieha 
Litteratur  ist:  R.  Röhricht,  Bibliotheca  geographica  Palaestinae.  Chronologisches  ¥«- 
zeichnis  der  auf  die  Geographie  des  hl.  Landes  bezüglichen  Litteratur  von  333  bis  1878 
und  Versuch  einer  Cartographie.  Berlin  1890.  Nachh^e  dazu  in  der  Besprecbong  tw 
Neumann  und  Mab  lau,  Zeitschr.  d.  deutschen  Palästinavereins  14  (1891)  113  f.;  16 
(1893)  208—234,  und  von  R.  Röhricht  selbst,  Zur  Bibliotheca  geographica  Palaestbne, 
Zeitschr.  d.  deutschen  Palästinavereins  16  (1893)  269—295. 

6.  In  diesen  Litteraturkreis  gehört  auch:  Paisios  Hagiapostolites,  Metropdit 
von  Rhodos,  Geschichte  des  Berges  Sinai  und  seiner  Umgebungen,  ein  zwischen  1577— 1592 
verfasstes  Gedicht,  zum  erstenmale  ediert  von  A.  Papadopulos-Eerameas  mit  maa 
Uebersetzung  von  G.  Destunis,  PravosL  Pal.  sbomik,  Heft  35,  Petersburg  1891. 

178.  Andreas  Libadenos  (Avigäag  6  Aißairjvoq)  lebte  als  Proto- 
tabularios  und  Chartophylax  der  Metropolitankirche  von  Trapezunt  um 
die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  unter  den  Orosskomnenen  Basilios  I  und 
Alexis  in.  Sein  Hauptwerk  ist  eine  neQn^yrjTixrj  lazogla,  in  welcher 
er  eine  Reise  von  Eonstantinopel  nach  Ägypten  und  Palästina  und 
zurück  nach  Konstantinopel  und  Trapezunt  schildert.  In  dem  Reisebericht 
sind  ziemlich  ausführliche  Notizen  über  die  damalige  Geschichte  von 
Trapezunt,  besonders  über  die  Streitigkeiten  in  dieser  Stadt  nach  dem  Tode 
des  Kaisers  Basilios  I  (1340)  eingeflochten.  In  diesen  geschichtlichen 
Nachrichten  ruht  der  Hauptwert  der  von  Fallmerayer  noch  nicht  benützten 
Schrift,  die  eine  Ergänzung  der  trapezuntischen  Chronik  des  Panaretos 
(s.  §  163)  bildet;  aber  auch  die  zahlreichen  Beschreibungen  der  besuchten 
Örtlichkeiten  sind  für  die  Geschichte  der  geographischen  ^.xffqaaig  nicht 
ohne  Nutzen.  Ausser  dieser  Periegese  enthält  der  Cod.  Monac.  525  von 
demselben  Autor  eine  X)(ioXoy(a  matewg,  Gebete,  ein  Enkomion  auf  den 
Wunderthäter  Phokas,  Briefe  an  Gerasimos,  Bischof  von  Kerasunt,  und 
mehrere  Poesien  religiösen  Inhalts. 

Eine  Analyse  des  Hauptwerkes  mit  biographischen  und  historischen  Bemerkungen 
gab  M.  Paranikas,  Beiträge  zur  byzantinischen  Litteratur,  Diss.  Mtluchen  1870  S.  23  ff. 

—  Vollständige  Ausgabe  von  M.  Paranikas,  'Jydgeov  Aißadtjyov  TieQiijyrjfug^  Kpel  1874. 

—  Eine   Gesamtausgabe    des  Libadenos    wird    von   A.   Fapadopulos-Kerameus  vor- 
bereitet. 

179.  Von  einem  sonst  nicht  bekannten  Kananos  Laskaris  (Äa- 
vavog  Adaxaqig)  haben  wir  kurze  und  ziemlich  formlose  Notizen  über 
eine  Reise  nach  Deutschland,  Schweden,  Norwegen  und  Island, 
die  er,  wie  sich  aus  inneren  Gründen  mit  Wahrscheinlichkeit  ergibt, 
zwischen  1397  und  1448  ausführte.  Lampros  vermutet,  dass  dieser  Ka- 
nanos mit  dem  Verfasser  des  Berichtes  über  die  Belagerung  von  Kon- 
stantinopel i.  J.  1422  (s.  §  130)  identisch  sei,  was  sich  weder  beweisen  noch 
widerlegen  lässt. 

Ed.  Sp.  Lampros,  Kayaybg  AaaxttQis  xal  BanlXeios  Batdrl^fje,  Separatabzug  ans  dem 
5.  Bande  des  üagyatrads,  Athen  1881.  Der  im  Titel  erwähnte  Batatz  es  bereiste  1727 
Russland  und  Asien  und  widmete  der  Schilderung  seiner  Erlebnisse  ein  grosses  Gedicht  in 
politischen  Fünfzehnsilbem,  von  dem  Lampros  Proben  mitteilt.  Das  ganze  Gedicht  des 
Batatzes  ed.  E.  Legrand,  Voyages  de  Basile  Vatace  en  Europe  et  en  Asie,  Mälanges 
orientaux  publiäs  par  l'^cole  des  langues  orientales  de  Paris  ä  1  occasion  du  Congr^s  des 
Orientalistes  tenu  ä  Leiden,  Paris  1886  (mit  orientierender  Einleitung  und  einer  Repro- 
duktion der  im  Jahre  1732  zu  London  im  Auftrage  des  Batatzes  hergestellten  Karte). 

180.  Georgios  Eodinos  {reoiQY^og  6  KwSivog),  ein  seiner  Person  nach 
gänzlich  unbekannter  Mann,  der  wohl  der  letzten  Zeit  des  byzantinischen 
Reiches  angehört,  ist  durch  allerlei  Zufälligkeiten  zu  der  ziemlich  unver- 


8.  Geographie.    B.  Werke  der  Praxis.    (§§  178—180)  423 

dienten  Ehre  gelangt,  als  Verfasser  von  zwei  für  die  Topographie  und 
die  innere  Geschichte  von  Byzanz  wichtigen  Werken  zu  gelten,  von  denen 
das  eine  nur  in  einer  Oruppe  von  Handschriften  ihm  zugeteilt,  das  andere 
aber  völlig  anonym  überliefert  ist.  Anonym  ist  auch  ein  drittes  ganz  un- 
bedeutendes Schriftchen,  das  ebenfalls  unter  dem  Namen  des  Eodinos 
geht.  Trotzdem  wird  es  sich  der  Deutlichkeit  und  Bequemlichkeit  halber 
empfehlen,  diese  Werke,  die  nun  einmal  unzähligemal  unter  dem  Namen 
Eodinos  zitiert  und  bibliographisch  behandelt  sind,  auch  in  Zukunft  unter 
der  alten  Etikette  gehen  zu  lassen.  Höchstens  kann  man  die  zwei  völlig 
anonymen  Schriften  durch  die  Autorbezeichnung  Pseudo-Kodin  von  dem 
"NVerke  unterscheiden,  für  das  der  Name  Kodinos  wenigstens  einige  Gewähr 
hat.     Es  handelt  sich  um  folgende  Sammelwerke: 

1.  Die  Patria,  in  den  Handschriften  gewöhnlich  ndtqia  KcavaTavti- 
vovTToXsaog,  mit  oder  ohne  einige  Zusätze,  betitelt.  In  einer  KHasse  von 
Handschriften  des  15.  und  16.  Jahrhunderts  wird  £odinos  als  Autor  ge- 
nannt, in  den  übrigen  ist  das  Werk  anonym  überliefert.  Dieses  der 
Geschichte  und  Topographie,  sowie  den  Denkmälern  Konstantinopels  ge- 
widmete Sammelwerk  besteht  aus  mehreren  Einzelschriften,  die  bei  aller 
Formlosigkeit  durch  ihre  zum  Teil  vortreflflichen  Quellen  und  wegen  der 
Armut  der  byzantinischen  Litteratur  an  ähnlichen  Erzeugnissen  von  grösster 
Wichtigkeit  sind.  A.  Die  naqsxßoXal  ix  tf^g  ßfßXov  tov  xqoyixov  neql 
Twv  naxqiwv  ttjg  KnoXewg  behandeln  die  Gründungsgeschichte  der  Stadt 
Byzanz  und  den  Ursprung  einzelner  Stadtteile  nach  älteren  Quellen. 
B.  IIsqI  Tfjg  axr^iiaxoyqaifiag  zrjg  KnoXswg  d.  h.  über  den  Plan  oder, 
wie  wir  jetzt  sagen  würden,  über  die  Topographie  von  Eonstantinopel, 
ein  kurzes  Exzerpt  unbekannter  Provenienz.  C.  Ueql  dyaXjuiäTcaVj  aTrjlciv 
xai  ^eafiäzcav  trjg  KnoXewg,  eine  ungemein  reichhaltige  Abhandlung  über 
den  Anlass  und  die  Geschichte  der  in  Eonstantinopel  einst  befindlichen 
Statuen  und  sonstigen  Kunstdenkmäler.  D.  üsqi  xTia(xd%aiv  xf^  KnoXewg, 
eine  Kompilation  über  die  Entstehungsgeschichte  der  Waisenhäuser,  Ho- 
spitäler, Paläste,  der  wichtigen  Privatgebäude  und  besonders  der  zahllosen 
Klöster,  Kirchen  und  Kapellen  Konstantinopels.  E.  Ileql  tijg  otxoiofirjg 
TOV  vaov  tf^g  äyiag  2o^iag,  Diese  Schrift  über  die  grossartige  Schöpf- 
ung Justinians,  den  Tempel,  olog  oix  iyäveto  dno  Uidfi  ovts  ysvr^aexai^  wie 
der  Verfasser  mit  berechtigtem  Stolze  sagt,  trägt  leider  einen  legenden- 
haften Charakter  und  geht  offenbar  auf  eine  ganz  ungelehrte,  volksmässige 
Quelle  zurück.  Die  wenigen  brauchbaren  Mitteilungen,  wie  die  Nachrichten 
über  die  beim  Bau  angewendeten  technischen  Mittel,  verschwinden  in 
einem  Wüste  fabelhafter  Wundergeschichten,  die  sich  während  des  Baues 
zugetragen  haben  sollen. 

Das  späteste  in  den  Patria  datierte  Ereignis  ist  der  Sturz  der 
Porphyrsäule  im  Jahre  1106  (S.  15,  16).  Doch  findet  sich  diese  Notiz 
nur  in  jener  jüngeren  Handschriftenklasse,  die  den  Kodin  als  Autor  nennt  ; 
in  den  übrigen  Codices  gehen  die  Daten  nur  bis  auf  Basilios  H.  Damit 
stimmt  die  Notiz  (S.  114,  13),  dass  seit  der  Gründung  der  Hagia  Sophia 
(im  Jahre  537)  458  Jahre  verflossen  seien;  denn  dieses  Datum  führt  ins 
Jahr  995.    Damals   also,   unter  Basilios  II,   sind   die  Patria  verfasst 


424  Bysantinische  Litteratargesohiolite.    I.  Prosaisohe  Litieratiir. 

worden.  Unter  Alexios  Komnenos  sind  die  einzelnen  Abschnitte  nach 
topographischen  Gesichtspunkten  geordnet  worden.  Dieser  topographischen 
Redaktion  geht  ein  kleines  Widmungsepigramm  an  den  Kaiser  voraus: 

otxovsj  yaovg  urtjXas  xe  xal  ret/cJi'  &^<T6i,g, 
eis  ^y  aryaipag  t(XQi>ß(og  BvCaytioVj 
'AXe^ii^  fÄsdoyti  Kofiytjyt^  (piqüi. 

Von  der  topographischen  Redaktion  sind  uns  zwei  Rezensionen  erhalten^ 
a)  der  sogenannte  Anonymus  Banduri,  b)  die  Fassung  in  dem  berühmten 
Cod.  Paris,  suppl.  gr.  690. 

Die  Quellen  der  Patria  sind  ziemUch  vollständig  zu  erkennen.  Der 
Anfang  des  Werkes  (bis  S.  16,  2  ed.  Bonn.)  ist  direkt  aus  den  Patria  des 
Hesychios  von  Milet  (s.  S.  323)  geschöpft.  Ein  grosser  Teil  des  Fol- 
genden (S.  27 — 73)  stammt  teils  aus  den  nagaazüaei^  avvTo/iM  xqovixm^ 
die  ein  anonymer  Autor  um  750  n.  Chr.  aus  einer  Epitome  des  Theo- 
doros  Anagnostes  und  Johannes  Diakrinomenos  zusammengestellt 
hat,  teils  aus  Exzerpten,  von  denen  reichliche  Reste  in  dem  inter- 
essanten von  M.  Treu  veröffentlichten  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  607  A, 
s.  10,  weniger  reichliche  bei  Suidas  und  im  Codex  Lipsiensis  Tischen- 
de rfianus  Xn*— ®,  s.  10  vorliegen.  Diese  Exzerpte  selbst  gehen  teils 
auf  Johannes  Lydos,  teils  auf  die  erwähnten  naquaTciaeiq  avvroiio^  xqo- 
vixai  zurück.  Endlich  weisen  reichliche  Spuren  auf  eine  Chronik  zurück, 
in  welcher  der  Stoff  wie  bei  Theophanes  nach  den  Regierungsjahren  der 
Kaiser  geordnet  und  besondere  Rücksicht  auf  die  Baugeschichte  von  Kon- 
stantinopel genonmien  war.  Für  sich  steht  der  Abschnitt  über  die  Hagia 
Sophia;  er  stammt  aus  einer  Spezialschrift  über  diese  Kirche,  der  //«jj- 
yrioiq  nsgi  r^g  dyiag  2o(f(ac,  die  mehrfach  z.  B.  in  den  Codices  Paris. 
1712  8.  13  (s.  S.  359),  Coisl.  296  s.  12  und  Vatic.  697  s.  12  aufbewahrt 
und  aus  dem  erstgenannten  Codex  von  Combefis  im  Manipulus  rerum  Con- 
stantinopolitanarum,  Paris  1664,  ediert  worden  ist. 

Zur  Berichtigung  und  Ergänzung  dieser  Kompilationen  dienen  beson- 
ders das  Fragment  der  ndxQia  rfjg  KnoXsmq  des  Hesychios  von  Milet, 
die  Schrift  des  Prokopios  IIsqI  xTKr/xäTwv ,  des  Paulos  Silentiarios 
Gedicht  über  die  Sophienkirche,  des  Patriarchen  Photios  Schrift  über  die 
von  Basilios  dem  Makedonier  gegründete  Kirche  der  Mutter  Gottes,  des 
Niketas  Akominatos  Traktat  über  die  von  den  Lateinern  zerstörten 
Statuen,  des  Georgios  Pachymeres  "iS'xy^acyt^  tov  AvyovaT€0)vog  und  das 
anonyme  Schrift chen  HeQi  t(ov  td(p(ov  rdv  ßatriXäiov  zfov  ovrcav  iv  T(p 
va^}  T(ov  dyfo)v  dnooToXwv,  Dazu  kommt  als  Bericht  aus  etwas  späterer 
Zeit  das  Werk  des  französischen  Reisenden  P.  Gyllius:  De  topographia 
Cpoleos  libri  quattuor,  Lugduni  1561—61.     Vgl.  S.  411. 

2.  Das  Werk  über  die  Hofämter:  IIsQi  xdv  offfpixicav  tov  naXcniov 
KwYCTavxivoimdXswg  xai  raJr  ofptpixiwv  Ttjg  fisydXrjg  ixxXrfi(ag  (gewöhnlich 
lateinisch  zitiert:  De  officiis).  Es  ist  in  den  meisten  Handschriften 
anonym  überliefert;  nur  in  einigen  Handschriften,  die  von  der  Hand  des 
berüchtigten  Andreas  Darmarios  stammen,  findet  man  den  Autorvermerk: 
Tov  (TotpcozaTov  xovQonaXdtov  oder  Tov  KovqonaXdtov,  Bei  der  bekannten 
Sucht  des  Darmarios,  namenlose  Werke  zu  taufen,   darf  man  wohl  auch 


8.  Geographie.    B.  Werke  der  Praxis.    (§  180)  425 

diese  Überschrift  als  seine  eigenste  Erfindung  betrachten.  Den  Namen 
Kodin  erhielten  die  Officia  erst  in  der  zweiten  Ausgabe  des  Fr.  Junius 
durch  ein  grobes  Versehen,  nämlich  dadurch,  dass  der  Herausgeber  den 
Titel  der  Patria  und  der  Officia  verwechselte.  Der  wahre  Verfasser  bleibt 
also  unbekannt.  Leider  lässt  sich  auch  die  Abfassungszeit  des  Werkes 
nur  annähernd  bestimmen.  Da  mehrere  Kaiser  und  Würdenträger  (z.  B. 
Theodoros  Metochites)  aus  dem  13.  und  14.  Jahrhundert  bis  auf  Johannes 
Eantakuzenos  erwähnt  werden,  so  ergibt  sich,  dass  das  Werk  nicht 
vor  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  entstanden  sein  kann:  die  auf- 
fallende Berücksichtigung  des  letztgenannten  Kaisers  macht  es  sehr  wahr- 
scheinlich, dass  der  Verfasser  unter  seiner  Regierung  (1341 — 1355)  oder 
bald  nach  derselben  geschrieben  hat.  Die  stoffliche  Bedeutung  der  Officia 
ist  über  allen  Zweifel  erhaben.  Ein  ausführliches  Verzeichnis  der  zahl- 
reichen Stufen  in  der  griechischen  Hierarchie  und  der  Beamten  des  kaiser- 
lichen Hofes  und  Staates,  gewährt  das  Werk  merkwürdige  Einblicke  in 
die  byzantinische  Kulturgeschichte  und  gewinnt  durch  die  gelegentlichen 
Rückblicke  auf  frühere  Zustände  bezw.  auf  Neuerungen,  wie  sie  Alexios 
Komnenos  und  andere  vornahmen,  ein  historisches  Interesse.  Wir  er- 
halten die  genauesten  Aufschlüsse  über  die  den  Beamten  zukommende 
Uniform,  die  Beschaffenheit  der  Kopfbedeckung,  den  Schnitt  der  Kleidung, 
die  Farbe  der  Schuhe  (ein  besonders  wichtiger  Punkt!),  über  die  dienstlichen 
Vorschriften,  über  das  ins  feinste  Detail  ausgearbeitete  Hofzeremoniell  bei 
Kirchenfesten,  über  die  Gebräuche  bei  der  Kaiserkrönung,  bei  der  Ernen- 
nung des  Despotes,  des  Sebastokrator,  Kaesar  und  Patriarchen,  bei  der 
Ankunft  einer  kaiserlichen  Braut,  über  Hoftrauer  u.  s.  w.  Die  Schrift  ist 
mithin  eine  Ergänzung  des  von  Konstantin  Porphyrogennetos  verfassten 
Werkes  De  cerimoniis.  Es  berührt  uns  wie  eine  Ironie  des  Schicksals, 
dass  all  der  massenhafte  Flitterstaat,  der  ein  Jahrtausend  alte,  verwickelte 
Apparat  von  Ämtern  und  Amtchen,  von  Titeln,  Vorschriften  und  Gepflogen- 
heiten, die  bald  auf  immer  von  der  Weltbühne  verschwinden  sollten,  noch 
kurz  vor  der  Todesstunde  des  rhomäischen  Staates  einer  litterarischen 
Beachtung  für  würdig  befunden  wurde.  Nicht  ohne  Grund  fragen  wir 
Dus  auch,  was  für  einen  Zweck  eine  solche  Bemühung  in  der  Zeit  haben 
konnte,  da  das  morsch  gewordene,  auf  winzige  Bruchstücke  zusammen- 
geschmolzene Reich  vor  aller  Augen  sich  zum  Sturz  neigte,  und  fürwahr 
aDes  nötiger  war  als  eine  Wiederholung  der  Vorschriften  über  die  Form 
und  Farbe  der  Beamten tracht.  Die  Antwort  gibt  vielleicht  das  mittel- 
griechische Sprichwort:  Die  Welt  ging  unter,  mein  Weib  aber  putzte  sich 
(O  x6(XjÄog  inovxi^€%o  xai  rj  efirj  yw!)  satoXt^evo), 

3.  Eine  ganz  untergeordnete  Stelle  ninmit  die  unter  dem  Namen  des 
Kodinos  herausgegebene  Chronik  ein:  IIsqI  t(ov  dno  xriasfag  xoa/iov  hSv 
fju'xQ*  Y^^  ßaaiXsiag  tov  fieyäkov  Kcovatavuvov  xal  ttsqI  tmv  ßaaiXevaavtünv 
iv  avvf^  Tj  ßaaiXldh  rSv  noXsoov  fie'xQi'  xal  avrijg  rf^g  naqd  %Sv  *AyaQrjV(Sv 
lavTtjg  dhoaewg.  Sie  ist  in  den  Handschriften  durchwegs  anonym;  man 
teilte  sie  dem  Kodinos  zu,  weil  sie  häufig  zusammen  mit  den  Patria  und 
Officia  überliefert  ist.  Diese  Chronik  des  Pseudo-Kodin  ist  ein  wertloser 
Abriss,  in  welchem   die  Thatsachen  der  Weltgeschichte   bis   zum  Falle 


426  Byzantinische  Litteratargesohichte.    I.  Prosaisöhe  Litterainr» 

Konstantinopels  (1453)  auf  wenige  Seiten  zusammengedrängt   sind. 
als  Quelle  ein  unter  Kaiser  Manuel  abgefasstes  Verzeichnis  diente, 
sich  aus  der  Bemerkung:  'O  xvQiog  (?)  UXä^iog  6  Ko/ivrjv6g^  o  ndnnog  %ov 
zaiov   xai    dyiov    rjfAäv  ßaaiXäwg    d.   h.   des  Manuel   Komnenos   (S.   II 
20  ed.  Bonn.). 

1.  Patria.  A.  Ausgaben:  Nach  früheren  Einzeldrucken  ed.  P.  LambecinSy 
1655.  Hier  sind  auch  ein  Brief  des  Manuel  Chrysoloras  an  Kaiser  Johannes  Palaeok  _ 
über  die  Vergleicbung  des  alten  und  neuen  Roms  und  zwei  Briefe  des  Manuel  Chrysoloai 
an  seine  Brüder  Jobannes  und  Demeirios  beigegeben.  —  Wiederholt  Venedig  1729.  M 
Im  Bonner  Corpus  ex  recogn.  T.  Bekkeri,  Bonn  1843.  Hier  auch  die  zweite  H&lfte  Iqj 
IlttQaavttaeis  avyiofioi  xQoyixal  (aus  Banduris  Imperium  Orientale,  vol.  I),  des  PatriardbMl 
Photios  *'Ex(fQacis  i^s  iv  totg  ßuatXelois  viag  ixxXrjalag  xrjg  vnBqaylag  &bot6xov  vn6  Bnmi 
XbIov  jov  Maxeöoyog  oixodo/nTjdelatjg  und  die  anonyme  Schrift  über  die  Eaisergriber  Ij 
der  Kirche  der  hl.  Apostel  (ebenfalls  aus  Banduri,  Imp.  Or.  vol.  I),  sowie  die  KommeolMfl 
von  Meursius  und  Lambecius  und  ein  grammatischer  Index  (aber  leider  kein  SachregifltMrQ 
Einige  Abschnitte  der  Patria  sind  von  Bekker  aus  nichtigen  Gründen  weggelassen.  <- 
Bekkers  Ausgabe  ist  wiederholt  mit  Ergänzung  der  weggelassenen  Abschnitte  bei  Migniy 
Patr.  gr.  157,  429 — 634.  —  Die  anonymen /Ter  r^»a  riyf  ttoAco);  edierte  Ans.  Bandai^ 
Imperium  Orientale,  Paris  1711,  vol.  I,  pars  III  1—80.  Bekker  hat,  statt  diese  VorlMi 
in  extenso  mitzuteilen,  in  seiner  Ausgabe  (s.  S.  XIV)  die  abweichenden  Stellen  nnvA 
ständig  im  Apparat  verzeichnet,  wodurch  die  Einsicht  in  die  verschiedene  Anordnung  im 
IltttQKe  und  ihr  Verhältnis  zu  Kodinos  völlig  verdunkelt  wurde.  Da  wäre  es  doch  besMi 
gewesen  „crambem  totam  recoquere!*  Jedenfalls  gehörte  der  Text  der  UdxQia  nach  obM 
und  , Kodinos*  als  der  Ausschreiber  in  den  Apparat.  —  Da  Lambecius  die  besseren  Ha 
fast  gar  nicht  berücksichtigte  und  auch  Bekker  sich  um  die  Ueberlieferungsgeschiobh 
nicht  im  mindesten  kümmerte  und  da  ferner  einige  wichtige  Hss  erst  in  der  jüngsten  ZhI 
bekannt  geworden  sind,  so  erscheint  eine  neue  Ausgabe,  in  welcher  die  guten  uten  V(V 
lagen  gebührend  zu  berücksichtigen  wären,  als  ein  dringendes  Bedürfnis,  das  hoffentlid 
der  vortreffliche  Kenner  des  ganzen  Materials  Th.  Preger  (s.  u.)  bald  befriedigen  wiri 

B.  Hilfsmittel:  Anecdota  sacra  et  profana  ed.  Const.  Tischendorf,  Lipsiii 
1855  S.  58—64,  wo  ein  Exzerpt  aus  Johannes  Lydos  mit  Suidas  und  Kodinos  verghch« 
wird.  Vgl.  L.  Traube,  Varia  libamenta  critica,  Diss.,  München  1883  S.  28.  —  Zu  d« 
nuQsxßoXal  ix  Ttjg  ßißXov  lov  XQ-  s.  C.  Müller,  FBG  4  S.  4  und  146  f.  —  Die  f&r  dk 
Quellenuntersuchung  wichtigen  anonymen  Exzerpte  des  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  607  A.  ed 
M.  Treu,  Gymnasialprogr.,  Ohlau  1880.  —  Die  Ueberlieferungsgeschichte  und  die  Quellet 
der  Patria  sind  klar  gestellt  durch  die  sorgfältige,  auf  umfassenden  Studien  beruhende 
Schrift  von  Th.  Preger,  Beiträge  zur  Textgeschichte  der  TIuiQut  Kioyaiayt^yovnoXevi 
Gymnasialpr.,  München  1895.  —  Zur  sachlichen  Erläuterung  vgl.  die  im  bibliographi' 
sehen  Anhange  (Rubriken:  »Kunstgeschichte'  und  , Geographie  und  Topographie')  zusamme» 
gestellte  Litteratur. 

2.  De  Officiis.  A.  Ausgaben:  Sapientissimi  curopalatae  de  officialibos  palaii 
Cpolitani  ex  bibliotheca  Julii  Pacii  ed.  Gr.  et  Lat.  Franc.  Junius  (unter  dem  Pseadonyn 
Nadabi  Agmonii),  Lugduni  1588.  Wiederholt  mit  neuem  Titel  Heidelberg  1596.  —  Georgiiu 
Codinus  curopalata  De  officiis  etc.  studio  J.  Gretseri,  Parisiis  1625  (mit  lat.  Uebersed- 
ung  und  Kommentar).  —  Dann  im  Pariser  Corpus  ed.  J.  Goar,  Parisiis  1648.  —  Wieder 
holt  Venedig  1729.  —  Im  Bonner  Corpus  ex  recogn.  I.  Bekkeri,  Bonn  1839,  mit  dei 
Kommentaren  und  Indices  von  Gretser  und  Goar  ohne  eine  Spur  selbständiger  Leistung 
—  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  157,  17—428. 

B.  Hilfsmittel:  Ausser  den  Kommentaren  von  Gretser  und  Goar  ist  vor  allen 
das  Werk  des  Konstantinos  Porphyrogennetos  De  c^rimoniis  mit  der  ihm  gewid 
meten  Litteratur  (s.  S.  256  f.)  beizuziehen. 

3.  Die  Chronik  ist  von  Lambecius,  von  Bekker  im  Bonner  Corpus  und  be 
Migne  nach  den  Patria  ediert.  —  Ueber  eine  dem  Georgios  Kodinos  durch  ein  Miss 
Verständnis  zugeteilte  Vulgärchronik  (im  Cod.  Harl.  5631),  welche  mit  der  von  K 
Prächter  besprochenen  Manassesparaphrase  (s.  S.  379)  eng  verwandt  ist,  handelt  Th 
Preger,  ,Chronicum  Georgü  Codini',  B.  Z.  4  (1895)  515—518. 

4.  Gesamtausgabe:  Migne,  Patr.  gr.  157.  Der  gesamte  „Kodinos*,  dazu  di( 
Uitgantäaeig  cvyro/noi  xQ^^^^^'^i  Schrift  über  die  Kaisergräber  und  die  Notiz  über  Kodino! 
aus  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  7,  795—804.  Die  erwähnte  Schrift  des  Patriarchen  Photios 
steht  bei  Migne,  Patr.  gr.  102,  563-574. 

5.  Ungeheurer  Beliebtheit  erfreute  sich  die  Erzählung  über  den  Bau  der  Hagif 
Sophia;  in  zahllosen  Hss  stehen  Darstellungen  dieses  Stoffes,  der  dem  nationalen  unc 


8.  Geographie.    B.  Werke  der  Praxis.    (§  180)  427 

kirchlichen  Gefühl  des  Volkes  und  seiner  Lust  an  Wundergeschichten  reichliche  Nahrung 
Vit.  Nach  Mitteilung  Th.  Pregers  zerfallen  diese  separat  überlieferten  Erzählungen  in  zwei 
Klaaeen:  Entweder  sind  sie  eine  Abschrift  des  letzten  Teils  der  Patria,  sei  es  der  ur- 
■prflnglichen  (des  sog.  Eodinos),  sei  es  der  topographischen,  oder  sie  gehen  direkt  auf  die 
Ton  Combefis  (s.  o.)  edierte  Jnjy^cis  ft^Qi  ti^g  «ylag  Zotplaq  zurück  und  haben  nur  eine 
freiere  Form,  auch  Zusfttze  und  Auslassungen  gegenüber  dem  Original.  Zur  zweiten  Klasse 
gehören  z.  B.  die  Codd.  Vindob.  bist.  gr.  94  (=  KoUar  suppl.  128)  und  Suppl.  gr. 
77  (=  Eollar  suppl.  132).  In  der  ersteren  dieser  Hss  lautet  der  Titel:  av/netoy  fAayiaxqov 
wi  Xoyo^hov  und  ähnlich  in  der  letzteren:  av/newy  fjatargov.  Diese  Zuteilung  ist  völlig 
wertlos,  da  ja  die  Jttjytjc^s  in  den  drei  alten  Hss  anonym  überliefert  ist;  vielleicht  geht 
sie,  wie  Preger  bemerkt,  auf  eine  Hs  zurück,  in  welcher,  wie  im  Cod.  Paris.  1712,  vor  der 
Jifjyi^i^  die  Chronik  des  Symeon  Magister  bezw.  ein  Teil  derselben  stand  (vgl.  S.  359). 
—  Aach  in  die  slavische  Litteratur  ging  die  Erzählung  von  der  Hagia  Sophia  über.  Einen 
alten  slavischen  Text  ed.  Archimandrit  Leonid  als  Nr.  78  der  Denkmäler  des  alten 
Schrifttums.  —  Eine  spezielle  Behandlung  fanden  die  Kosten  des  Unternehmens,  bekannt- 
lich diejenige  Seite  grosser  Bau-  und  Kunstwerke,  der  das  naive  Volk  allüberall  das  nächste 
and  lebhafteste  Interesse  entgegenbringt:  Eine  Schwindelnotiz  über  die  Ausgaben 
beim  Bau  der  Hagia  Sophia  steht  im  Cod.  Vindob.  iur.  gr.  6  (Nessel)  fol.  207—207''. 
Der  Verfasser  widmet  seine  Zahlenliste  einem  unbekannten  Marchese  {vtptjki  mtQxict^^ 
noQipvQtts  x^'de).  Ein  anderer  Text  über  dasselbe  Thema  steht  im  Cod.  Vatic.  Urb.  151 
fol.  380,  eine  neugriechische  Bearbeitimg  im  Cod.  Marc.  VII  43  gegen  das  Ende:  ^»«7- 
yf^ctf  xara  noXXd  tagata  neQi  rtjg  dy'ias  lotpiag  nolog  xrjv  Mxxiat  xai  Ttonmq  xoXaiya^  I/Ci 
«oi  nocog  i^odog  ey^yg. 

Auch  die  den  Bau  der  Hagia  Sophia  betreffenden  Abschnitte  der  Bauwerke  des  Prokop 
(I  1)  und  der  Kirchengeschichte  des  Euagrios  (IV  31  =  Migne,  Patr.  gr.  86,  2,  2757  ff.) 
worden  gesondert  überliefert  z.  B.  im  Cod.  Laur.  70,  5  fol.  192 — 195.  Vgl.  A.  M.  Ban- 
dini, Catalogus  codicum  graecorum  bibl.  Laurentianae  2  (1768)  662  f. 

6.  Auf  Pseudo-Kodinos  De  officiis  bezw.  auf  dessen  Vorlagen  beruhen  die  häufig 
vorkommenden  kahlen  Verzeichnisse  der  byzantinischen  Hof-  und  Kirchenämter: 
Td  ofptjpix^tt  Tov  TtttXatlov  tijg  ßaaiXelag  u.  s.  w.  Einige  solche  Listen  sind  gedruckt  im 
Kodinoe  De  officiis  ed.  Bonn.  114—117;  172  f.;  211  f.  Zur  Ueberliefemng  vgl.  noch  die 
Codd.  Vindob.  iur.  gr.  6  (Nessel)  fol.  196»^;  Vindob.  bist.  gr.  70  (Nessel)  fol.  21-21^ 
Marc.  gr.  608  fol.  312^  (H  ta^ig  rov  ßaaiXiüig  xnl  tuiy  dgxoyttoy);  Paris,  gr.  1355  fol. 
306\  308^  341;  Paris,  gr.  1360  fol.  299;  Paris,  gr.  1361  fol.  163;  Paris,  gr.  1862 
fol.  240;  Paris,  gr.  1363  fol.  447;  Paris,  gr.  1363  A  fol.  223^;  Paris,  gr.  1386  fol.  305^; 
Paris,  gr.  1388  fol.  256^  u.  s.  w. 

7.  Zu  diesen  Listen  kommen  Memorialgedichte  über  die  Aemter  des  Hofes  und 
der  Kirche.  Der  Mönch  Matthaeos  latros  verfasste  zwei  Gedichte  über  die  Kirchen- 
ond  Hofämter  in  politischen  Versen,  die  man  im  Kodinos,  De  officiis  ed.  Bonn.  116;  213 
bis  215  abgedruckt  findet.  Ebenda  S.  215—219  steht  ein  anonymes  Gedicht  in  jambi- 
schen Trimetem  über  die  Hofämter,  welches,  wie  die  Erwähnung  des  Nikephoros  Chumnos, 
des  Theodoros  Metochites  und  des  Kaisers  Andronikos  II  zeigt,  um  1328  verfasst  worden 
ist.  Dasselbe  Gedicht  steht  im  Cod.  Athous  3701  s.  15  (Nr.  49)  unter  dem  Namen  des 
Parakoimomenos  Johannes  Phakrases  {naQaxoifiiofi^yov  xvq  [(oa'yyov  tov  ^axQactj). 
Endlich  steht  eine  etwas  verkürzte  Redaktion  des  Gedichtes,  in  die  Chronik  des  Malaxos 
eingeschoben,  unter  dem  Namen  des  Nikephoros  Kallistos  Xantbopulos  im  Cod. 
Paris,  gr.  1790  foL  295—297.  —  Ein  anderes  wohl  noch  unediertes  (iedicht  in  poli- 
tischen Versen  über  die  Hofämter  steht  im  Cod.  Marc.  gr.  608,  fol.  334.  Titel  und  An- 
üsiig:  näXiy  rd  avtu  6(p(pixia  dut  <nix(oy  noXmxuSy:  Ugfonarog  6  nayBvxvxfjg  naqicxatM 
^Bcnotfjg, 


4.  Philosophie. 

181.  Allgemeine  Charakteristik.  Durch  die  Auflösung  der  Philo- j 
sophenschule  zu  Athen  (529)  war  das  Schicksal  des  letzten  Ausläufers  der 
antiken  Philosophie,  des  Neuplatonismus,  endgültig  besiegelt.  Übrigeu; 
hätte  dieses  nebelhafte  System,  das  zuletzt  durch  die  auf  den  Schein  or-l 
alter  Weisheit  berechnete  Verquickung  mit  pythagoreischen  und  chaldäischea 
Formen,  mit  Orakeln  und  phantastischen  Hymnen  in  eine  überschwäog- 
liche  Spekulation  ausgeartet  war,  wohl  auch  ohne  die  Verfügung  Justi- 
nians  kein  langes  Leben  mehr  zu  fristen  gehabt.  Eine  originale  und  wirk- 
lich fruchtbare  Thätigkeit  auf  dem  philosophischen  Gebiete  konnte  in  der 
Folgezeit  in  Byzanz  ebensowenig  erblühen  als  im  Abendlande.  Dazu  fehlten 
hier  wie  dort  die  allgemeinen  geistigen  Voraussetzungen.  Die  philo- 
sophische Litteratur  der  Byzantiner  hat  daher  im  allgemeinen  denselben 
Charakter  wie  die  ihrer  abendländischen  Zeitgenossen.  Zunächst  wird  die 
formale  Philosophie  der  Alten  auf  die  christliche  Lehre  angewandt;  dann 
herrscht  breitspurige  Erklärung  und  Umschreibung  der  überlieferten  Werke. 
Doch  ist  Byzanz  in  der  philosophischen  Produktion  unstreitig  ärmer  als 
das  Abendland.  Scholastiker  wie  Thomas  von  Aquino  und  Duns  Scotus 
fehlen  der  orthodoxen  Kirche. 

Dafür  hat  das  Morgenland  den  Ruhm,  den  Vater  und  Begründer  der 
mittelalterlichen  Kirchenphilosophie  hervorgebracht  zu  haben:  Johannes 
von  Damaskos.  Auch  diesmal  wie  so  oft  gab  der  griechische  G^ist  die 
erste  Anregung,  die  dann  im  Westen  weiter  verarbeitet  wurde.  In  diesem 
Verdienste  liegt  aber  wahrscheinlich  auch  der  Grund  der  späteren  Un- 
fruchtbarkeit. Dadurch,  dass  Johannes  bald  völlig  kanonisches  Ansehen 
erlangte,  wurde  die  selbständige  Fortführung  der  Kirchenphilosophie  be- 
hindert. Es  vollzog  sich  hier  etwas  Ähnliches  wie  auf  einigen  anderen 
Gebieten  der  byzantinischen  Geistesthätigkeit.  Durch  die  unbegrenzte 
Autorität  imponierender  Vorfahren  verkümmerte  der  unbefangene  Mut  des 
originellen  Schaffens.  Erst  im  11.  und  12.  Jahrhundert  nahm  die  philo- 
sophische Arbeit,  angeregt  durch  die  wiederhergestellte  Akademie  in 
Konstantinopel  und  ihren  ersten  Philosophieprofessor  Michael  Psellos, 
einen  erneuten  Aufschwung,  der  sich  bald  in  einem  mächtigen  Einflüsse 
auf  die  theologische  Spekulation  verriet;  näheres  s.S.  42flF.;  80  ff.  Ohne 
direkte  Beziehung  zur  Theologie  wurden  die  propädeutischen  Fächer  be- 


4.  Philosophie.    (§  181)  429 

trieben.  Während  jedoch  im  Abendlande  Aristoteles  fast  die  AUein- 
lerrsehaft  behauptete  und  auch  die  platonisierenden  Scholastiker  des 
12.  Jahrhunderts  den  Plato  nur  aus  zweiter  Quelle  oberflächlich  kannten, 
während  noch  Petrarca  seine  Vorliebe  für  die  Akademie  nur  schüchtern  zu 
äussern  wagte,  begann  man  in  Byzanz  schon  um  das  11.  Jahrhundert  neben 
Aristoteles  den  Plato  gründlich  zu  studieren.  Psellos  und  sein  Nachfolger 
Johannes  Italos  vereinigten  mit  der  Bewunderung  des  Aristoteles  eine 
genaue  Kenntnis  des  Plato,  ebenso  Theodoros  Metochites  u.  a.  Der  später 
80  bedeutungsvolle  Kampf  der  Aristoteliker  und  Platoniker  ist  in  Byzanz 
mehrere  Jahrhunderte  vorbereitet  worden. 

Erfreulicher  als  die  unübersehbare,  aber  wenig  fruchtbringende  Thätig- 
keit,  die  seit  dem  11.  Jahrhundert  der  Erklärung  und  Paraphrase  der 
alten  Philosophen  gewidmet  wurde,  sind  die  astronomischen  und  mathe- 
matischen Studien,  die  im  Zeitalter  der  Paläologen  blühten.  Nike- 
phoros  Blemmydes,  Georgios  Pachymeres,  Theodoros  Metochites  und  vor 
allem  Nikephoros  Gregoras  haben  sich  in  dem  beschränkten  Kreise  von 
Byzanz  um  die  empiristische,  naturwissenschaftliche  Forschung  vielleicht 
nicht  geringere  Verdienste  erworben  als  Roger  Bacon  im  Abendlande. 
Gleichzeitig  erhebt  sich,  durch  die  Unionsfrage  und  den  Hesychasten- 
streit  hervorgerufen,  eine  lebhafte  Polemik  in  theologischen  Kreisen,  und 
wie  die  Kirchenväter  im  Streite  gegen  das  Heidentum  die  besten  Waffen 
aus  der  heidnischen  Litteratur  selbst  entnommen  hatten,  so  ist  es  nun 
abermals  die  alte  Philosophie  und  Rhetorik,  welche  für  die  mit 
Scharfsinn  und  Fanatismus  geführten  dogmatischen  Kämpfe  der  letzten 
Byzantiner  die  technischen  Mittel  und  Formen  liefert.  Gegen  Schluss  der 
Epoche  wirkte  die  Philosophie  der  Byzantiner  wie  ihre  Philologie  anregend 
>  and  befruchtend  auf  das  Abendland.  Doch  fallen  die  hierauf  bezüglichen 
litterarischen  Thatsachen  wie  die  Werke  des  Gennadios,  Plethon  u.  a. 
ausserhalb  des  Rahmens  unserer  Darstellung. 

1.  Allgemeine  Hilfsmittel:  Fr.  Ueberweg,  Qeschiohte  der  Philosophie  II* 
(1881)  176  ff.  —  Ausführlicher:  C.  Prantl,  Geschichte  der  Logik  im  Abendlande  1  (1855) 
643  ff.,  2  (1861)  261  ff.  —  Eine  allsemeine  Uebersicht  gab  L.  Stein,  Die  Kontinuität  der  grie- 
chischen Philosophie  in  der  Gedankenwelt  der  Byzantiner,  Archiv  für  Geschichte  der  Philo- 
sophie 9  (1896)  225—246.  —  W.  Gass,  Gennadios  und  Pletho,  Aristotelismus  und  Piatonismus 
in  der  griechischen  Kirche,  Breslau  1844,  ein  gutes  Buch,  das  namentlich  denen  zum  Stu- 
dium zu  empfehlen  ist,  welche  sich  in  der  landläufigen  Vorstellung  von  der  gänzlichen 
Erstarrung  des  Geistes  in  der  byzantinischen  Kirche  befangen  fühlen.  —  Man  vergleiche 
auch  W.  Gass,  Die  Mystik  des  Nikolaus  Cabasilas,  Greifswald  1849,  wo  eine  früher  so 
gut  wie  unbekannte  Seite  des  byzantinischen  Geisteslebens  mit  Kenntnis  und  Scharfblick 
aufgedeckt  ist.  —  Fritz  Schultze,  Geschichte  der  Philosophie  der  Renaissance,  1.  Band, 
Georgios  Gemistos  Plethon  und  seine  reformatorischen  Bestreoungen,  Jena  1874.  —  Ueber- 
weg,  Geschichte  der  Philosophie  IIF  (1880)  5  ff.  (über  Bessarion,  Gennadios,  Plethon  u.  a.). 
-  H.  F.  Tozer,  A  Byzantine  reformer,  The  Journal  of  Hellenic  studies  7  (1886)  353—380, 
bebandelt  die  zwei  von  Plethon  an  Kaiser  Manuel  II  Paläologos  und  an  seinen  Sohn,  den 
Despoten  Theodor,  gerichteten  Schriften  über  die  peloponnesischen  Angelegenheiten.  — 
J.  L.  Heiberg,  £n  Samfunds  reformator.  Studier  fra  Sprog-  og  Oldtidsforskning  udgivne  af 
det  philologisk-historiske  Samfund,  Nr.  22,  Kopenhagen  1895.  —  L.  Stein,  Der  Humanist 
Theodor  Gaza  als  Philosoph,  Arch.  f.  Geschichte  d.  Philosophie  2  (1889)  426-458  (gibt 
eine  ausführliche  Biographie  des  Theodor  und  betrachtet  ihn  als  Vertreter  eines  reinen, 
von  theologischem  Beiwerk  freien  Aristotelismus).  —  Sammelausgabe  der  Schriften  des 
Plethon:  Migne,  Patrol.  gr.  160. 

2.  Von   grösster  Wichtigkeit   ist  das  Studium   des  Fortlebens  antiker  philo- 
sophischer Anschauungen  in  der  christlichen,  besonders  in  der  kirchlichen 


430  Byzanünisclie  Litieratnrgesohiöhte.    I.  Prosaische  Litteratiir. 

Litteratur.  Von  der  ziemlich  reichen,  aber  sehr  zerstreuten  Litterator  Ober  dieses TlieiM 
sei  hervorgehoben  das  vortreffliche  Buch:  Edwin  Hatch,  Griechentum  und  Christeotoa. 
Zwölf  Hibbertvorlesungen  über  den  Einfluss  griechischer  Ideen  und  Gebr&uche  auf  dii 
christliche  Kirche.  Deutsch  von  Erwin  Preuschen.  Mit  Beilagen  von  Ad.  Harsaek 
und  dem  Uebersetzer.  Freiburg  i.  B.  1892.  —  Einige  Punkte  behandelt  Eduard  Nordeig 
Beiträge  zur  Geschichte  der  griechischen  Philosophie,  Jahns  Jahrb.,  Supplementb.  19  (1898) 
365—462.  —  Weitere  Litteratur  findet  man  in  P.  Wendlands  Jahresberichten  Ober  die 
Kirchenväter  und  ihr  Verhältnis  zur  Philosophie  im  ,  Archiv  fOr  Geschichte  der  Philosopliie'. 
—  Vgl.  den  (von  A.  Ehrhard  bearbeiteten)  Abschnitt  «Dogmatik  und  Polemik*  in  diesesi 
Buche  (S.  46-122). 

182.  Fortleben  des  Aristoteles.  Eine  irgendwie  erschöpfende  Daiv 
Stellung  der  Fortwirkung  des  Aristoteles  im  byzantinischen  Zeitalter  kann 
nicht  gegeben  werden,  ehe  die  Berliner  Ausgabe  der  Aristoteleskommentare 
vollständig  vorliegen  und  das  gegenseitige  Verhältnis  wie  die  Bedeutong 
der  einzelnen  Erklärer  durch  genauere  Untersuchungen  aufgehellt  sein 
wird.  Vorerst  müssen  wir  uns  auf  die  kurze  Erwähnung  der  Hauptthatr 
Sachen  beschränken.  Die  wichtigsten  Erklärer  aus  dem  6.  Jahrhundert 
wie  Simplikios,  Olympiodoros,  Johannes  Philoponos  und  andere 
Schüler  des  Ammonios  fallen  vor  die  von  uns  berücksichtigte  Periode; 
vgl.  W.  Christ,  Geschichte  der  griechischen  Litteratur  *  S.  423  und  749, 
und  über  Ammonios  den  Artikel  von  Freudenthal,  Paulys  Realencyklo- 
pädie,  neu  herausgeg.  von  Wissowa  1  (1894)  1864.  Die  Arbeiten  aller 
dieser  Kommentatoren  waren  von  grösstem  Einflüsse  auf  die  Folgezeit 
Im  7.  Jahrhundert  schrieb  Stephanos  von  Alexandria  Kommentare  zu 
Aristoteles  nsQl  iQfxrjvetag,  zu  den  KazrjYOQimj  zu  JJsqI  ovqovoVj  IleQi  i^wx^, 
zu  den  UvaXvnxd  und  den  2o(piaTixol  iXsyxoL  Im  8.  Jahrhundert  hat 
Johannes  von  Damaskos  zum  erstenmale  die  Lehre  des  Aristoteles 
konsequent  auf  das  theologische  Gebiet  angewendet;  näheres  s.  S.  68  ff. 
Einen  mächtigen  Aufschwung  nahmen  die  aristotelischen  Studien  nach 
längerer  Unterbrechung  im  11.  Jahrhundert  durch  Michael  Psellos  und 
Johannes  Italos;  s.  §  184  und  185.  An  Psellos  und  Italos  schliesst 
sich  eine  weitere  rege  Thätigkeit  auf  dem  Gebiete  der  Aristoteleserklärung. 
Michael  von  Ephesos,  ein  Schüler  des  Psellos,  kommentierte  Teile  des 
Organen,  wobei  er  den  Alexander  von  Aphrodisias  exzerpierte.  Eustratios, 
Metropolit  von  Nikäa  (c.  1050 — c.  1120),  schrieb  ausser  zwei  Reden  gegen 
die  armenische  Häresie  und  anderen  theologischen  Sachen  (vgl.  S.  85) 
Kommentare  zur  Nikomachischen  Ethik  und  zum  zweiten  Buche  der  Ana- 
lytik. In  dieselbe  Zeit  gehört  der  vnazog  %mv  (piXofjofpwv  Theodoros 
von  Smyrna,  der  eine  noch  unedierte,  z.  B.  im  Cod.  Vindob.  theol. 
134  (Nessel)  fol.  238 — 262^  erhaltene  Schrift:  'EmTOfAjij  Tciv  oaa  nsql 
gvaewg  xal  rwv  (pvmxciv  ccqx^^'^  "^oTg  naXaiotg  dmXrjmm  verfasste.  Gegen  Ende 
des  13.  oder  im  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  schrieb  GeorgiosPachy  mores 
einen  Abriss  der  gesamten  aristotelischen  Philosophie  (s.  S.  289  f.). 
Sophonias,  ein  Mönch,  wahrscheinlich  identisch  mit  dem  von  Georgios 
Pachymeres  11  202  ed.  Bonn,  erwähnten  S.  und  demnach  dem  Schluss  des 
13.  und  dem  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  angehörig,  verfasste  Paraphrasen 
zu  des  Aristoteles  Kategorien,  zur  ersten  Analytik,  zu  den  aofpitnixol  ikeyxoi, 
zu  den  Schriften  llfQl  i/^i^x?^?  ^^Q^^  i^*''?/*^?  und  lleQl  vttvov.  Diese  aus  dem 
Texte  des  Aristoteles  und  aus  Stücken  seiner  angesehensten  Erklärer  zu- 


4.  Philosophie.    (§  182)  431 

sammengesetzten  Kommentare  werden  in  Handschriften  zuweilen  als  Werk 
des  alten  Paraphrasten  Themistios  ausgegeben;  auch  finden  sich  einzelne 
Stücke  in  einer  vatikanischen  Handschrift  fälschlich  unter  dem  Namen 
des  Patriarchen  von  Jerusalem  Sophronios  (7.  Jahrh.).  Ein  anderer 
Aristoteleserklärer  des  14.  Jahrhunderts  ist  Leon  Magentinos,  Metro- 
polit von  Mytilene ;  er  schrieb  Scholien  zum  ganzen  Organen.  Der  Name 
Heliodoros  von  Prusa,  der  einer  Paraphrase  der  Nikomachischen  Ethik 
vorgesetzt  ist,  ist  als  eine  Fälschung  des  Konstantin  Palaeokappa  erwiesen. 

1.  Allgemeine  Hilfsmittel:  Val.  Rose,  Aristoteles  pseudepigrapbus,  Leipzig 
1863.  —  Val.  Rose,  Ueber  die  griechischen  Kommentare  zur  Ethik  des  Aristoteles,  Hermes 
5  (1871)  61 — 113.  —  Dazu:  J.  Bywater,  üeber  den  angedruckten  Kommentar  zu  Aristo- 
teles Ethik  V,  Hermes  5  (1871)  354—359  (mit  einem  Nachwort  von  V.  Rose).  —  Fr. 
Ueberweg,  Geschichte  der  Philosophie  II«  (1881)  176  ff. 

2.  Stephanos  von  Alexandria:  Den  Kommentar  zu  den  Kategorien  ed.  M.  Hay- 
duck  in  vol.  18  pars  3  der  von  der  Berliner  Akademie  herausgegebenen  Commentaria  in 
Aristotelem  graeca,  Berlin  1885.  —  Ueber  seine  übrigen  Leistungen,  namentlich  als  Astrolog, 
Tgl.  H.  Usener,  De  Stephano  Alexandrino  commentatio,  Bonn  1880. 

3.  Michael  von  Ephesos:  Den  Kommentar  zum  9.  und  10.  Buch  der  Nikomachi- 
schen Ethik  ed.  G.  Heylbut  in  den  Berliner  Aristoteleskommentaren  vol.  20  S.  461 — 620; 
ebendort  S.  XI — XI II  emiges  aus  seinem  Kommentar  zum  5.  Buche  der  Nikomachischen 
Ethik.  —  Vgl.  Ch.  Thurot,  Not.  et  extr.  25  (1875)  2,  382.  —  Mehrere  angeblich  dem 
Michael  von  Ephesos  gehörende  Kommentare  zu  naturwissenschaftlichen  Schriften  des 
Aristoteles  bewahrt  der  Cod.  Marc.  237.  Vgl.  Zanetti,  Graeca  D.  Marci  Bibliotheca, 
Venedig  1740  S.  120. 

4.  Eustratios:  Evatgarlov  xal  aXXtoy  xiyaiy  hticrjfxtov  vnofiytjfiata  eis  td  öixtc  ttäv 
jov  *j4QictoT^Xov^  ^&txo}y  Nixofdaxeltoy  ßißXitt,  Venetiae  1536.  —  Der  Konunentar  zur 
2.  Analytik  erschien  zu  Venedig  1534.  —  Den  Kommentar  zur  Ethik  ed.  von  neuem  (aus 
Cod.  Coisl.  161)  G.  Heylbut,  Berliner  Aristoteleskommentare  vol.  20  S.  1—406.  —  Bei- 
träge zur  Biographie  des  Eustratios  gab  J.  Sakkelion,  'AStjyaioy  4  (1875)  221—233.  — 
Vgl.  Jac.  Bernays,  Gesammelte  Abhandlungen  1  (1885)  158  f.  —  Ueber  die  theologi- 
schen Schriften  des  Eustratios  s.  S.  85  und  Job.  Dräseke,  Zu  Eustratios  von  Nikaea, 
B.  Z.  5  (1896)  (wird  demnächst  erscheinen). 

5.  Sophonias:  Paraphrase  der  Schrift  Uegi  ^vxrjg  ed.  Mich.  Hayduck,  Berliner 
Aristoteleskommentare  vol.  23,  1  Berlin  1883.  Wahrscheinlich  gehören  dem  Sophonias 
auch  die  ebenda  vol.  23,  2  und  4  von  M.  Hayduck  edierten  anonymen  Paraphrasen  zu 
den  Katfjyogiai  und  den  Zog^untxoi  iXsyx^*'  <l^s  Aristoteles.  —  Die  angebliche  Paraphrase 
des  Themistios  zum  ersten  Buche  der  Analytika  priora  ed.  Max  Wal  lies,  Berliner 
Aristoteleskommentare  vol.  23,  3,  Berlin  1884.  —  Vgl.  Val.  Rose,  Ueber  eine  angebliche 
Paraphrase  des  Themistios,  Hermes  2  (1867)  191—213. 

6.  Leon  Magentinos:  Scholien  zu  Uegi  iQfitjyeias  erschienen  griechisch  zu  Venedig 
1503  (mit  Ammonios).  —  Diese  und  die  Scholien  zur  ersten  Analytik  erschienen  lateinisch 
zu  Lyon  1547.  —  Vgl.  M.  A.  Bandini,  Gatalogus  codicum  graec.  bibL  Laurentianae  3  (1770) 
534.  —  Vgl.  M.  Wallies,  Die  griechischen  Ausleger  der  Aristotelischen  Topik,  Progr. 
des  Sophiengymn.,  Berlin  1891  S.  27. 

7.  Heliodoros  von  Prusa:  Seine  angebliche  Paraphrase  zur  Nikom.  Ethik  ed.  G. 
Beylbut,  Berliner  Aristoteleskommentare  vol.  19,  2  Berlin  1889.  —  Ueber  die  Fälschung 
des  Namens  vgl.  L.  Cohn,  Berliner  philol.  Wochenschr.  1889  Col.  1419. 

8.  Die  angebliche  Metaphysik  des  Herennios  (Egeyylov  tpiXonotpov  i^ijytjcis 
iif  xd  fdtrd  tu  (fvaixä)  ist  eine  oberflächliche,  wahrscheinlich  im  16.  Jahrhundert  ent- 
standene Kompilation  aus  Philo  De  ebrietate,  Alexander  von  Aphrodisias  Quaest. 
physic,  Proklos  Kommentar  zu  Piatos  Parmenides,  Damaskios  De  principiis,  endlich 
ans  dem  von  Georgios  Pachymeres  verfassten  Abriss  der  gesamten  aristotelischen 
Philosophie  und  aus  einer  noch  nicht  nachgewiesenen,  schwerlich  aber  alten  Quelle.  Den 
Verfertiger  des  Machwerkes,  von  dem  sich  kaum  eine  über  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts 
hinaufreichende  Handschrift  findet,  hat  man  vielleicht  in  dem  berüchtigten  Epiroten  An- 
dreas Darmarios  zu  suchen,  der  wahrscheinlich  auch  für  den  unter  des  Damaskios 
Namen  aus  Galenos  zusammengestellten  Kommentar  zu  den  Aphorismen  des  Hippokrates 
verantwortlich  zu  machen  ist.  Der  erste,  nie  verAffentlichte  Druck  dieses  Falsinkats  mit 
latein.  Uebersetzung  von  Simon  Simonides,  SamoS<3  (in  Polen)  um  das  Jahr  1604,  ist 
eine  erst  jüngst  in  einem  Exemplar  der  Krakauer  Universitätsbibliothek  bekannt  gewordene 
Rarität.    —    Ohne  Kenntnis  dieses  Druckes  ed.  A.  Mai,    Classic,   auct.  9,  513—593.  — 


432  Bysantinische  Litieratargesoliiolite.    L  ProMUBohe  Litteratnr. 

Hauptschriften:  Jac.  Bernays,  Herenoius'  Metaphysik  und  Longinos,  Sitzungsber. 
Berl.  Akad.  1876  S.  55—63;  wiederholt  in:  Gesammelte  Abhandlangen  von  Jacob  Bemaji 
1  (1885)  347—356.  —  £.  Heitz,  Die  angebliche  Metaphysik  des  Hcrennios,  Sifcsangsber. 
Berl.  Ak.  1889  S.  1167-1190. 

9.  Das  Studium  der  alten  Philosophen,  in  erster  Linie  des  Aristoteles,  wurd« 
auch  nach  dem  Falle  des  Reiches  in  einzelnen  griechischen  Schalen  betrieben,  und  in  dea 
Handschriftensammlungen,  bes.  denen  des  griechischen  Orients,  finden  sich  manche  an 
der  Türkenzeit  stammende  Erkl&rungsschriften.  Grosses  Ansehen  genoss  als  Ariatoteles- 
kommentator  Theophilos  Eorydalleus  aus  dem  Anfang  des  17.  Jahrhunderts.  Hand- 
schriftliche und  bibliographische  Notizen  über  ihn  von  Ch.-£m.  Ruelle,  Annoaire  de  Fassoc. 
15  (1881)  192  ff. 

183.  Fortleben  des  Neuplatonismus.  Über  die  Neuplatoniker  selbst 
s.  W.  Christ,  Geschichte  der  griechischen  Litteratur  *  S.  686  flf.  Hn 
Hauptsitz  platonischer  und  neuplatonischer  Studien  war  im  5.  und  im  An- 
fang des  6.  Jahrhunderts  Oaza,  wo  Aeneas,  Prokopios  und  sein  Brud^ 
Zacharias  o  axoXaaxixog^  der  später  Bischof  von  Mytilene  wurde,  in 
Dialogen  und  anderen  Schriften  das  Christentum  gegen  die  heidnische 
Philosophie  verteidigten.  Ausserdem  sind  einige  Konmientatoren  zu  nennen. 
Die  grösste  Beachtung  fand  wie  im  Abendlande  so  auch  bei  den  Byzan- 
tinern des  Porphyrios  Isagoge  zu  Aristoteles  Organon,  eine  der 
,,gelesensten  und  verbreitetsten  Schriften  unserer  Kulturgeschichte*,*)  deren 
Kenntnis  in  einem  Syllogismus  des  Kommentators  David  sogar  als  Vor- 
bedingung zur  ewigen  Seligkeit  erwiesen  war.  2)  Den  ersten  uns  erhaltenen 
Kommentar  zur  Isagoge  verfasste  Ammonios,  Sohn  des  Hermeas,  der 
in  der  zweiten  Hälfte  des  5.  und  im  Anfang  des  6.  Jahrhunderts  lebte. 
Ob  der  fruchtbare  Johannes  Philoponos  auch  die  Isagoge  kommentierte, 
lässt  sich  noch  nicht  sicher  entscheiden.  Olympiodoros  muss  als  Ver- 
fasser des  verlorenen  Kommentars  angesehen  werden,  aus  welchem  die 
beiden  uns  erhaltenen  Schriften  seiner  Schüler  Elias  (Hellas)  und  David 
geflossen  sind.  Die  Blütezeit  des  Elias,  der,  als  er  sein  Werk  abfasste, 
noch  nicht  dem  christlichen  Glauben  angehörte,  fällt  in  die  Mitte  des 
6.  Jahrhunderts.  Bedeutend  femer  steht  seiner  Quelle  das  unter  dem 
Namen  des  David,  auch  Niketas  David,  erhaltene  Werk.  Wahrschein- 
lich ist  diese  griechische  Schrift  nur  eine  breitere  Ausführung  des  von 
dem  armenischen  Philosophen  David  verfassten  Kommentars  und  wohl  aus 
Lehrvorträgen  desselben  hervorgegangen.  Erweist  sich  diese  Annahme 
als  richtig,  so  kann  der  griechische  Verfasser  nicht  identisch  sein  mit  dem 
bekannten  Niketas  David  Paphlagon  (s.  S.  312  und  den  Index  s.  v.). 
Noch  im  14.  Jahrhundert  fand  die  Isagoge  einen  Erklärer  in  Leon 
Magentinos. 

1.  Ausgaben:  Des  Aeneas  von  Gaza  Dialog  »Theophrastos' ist  ediert  bei  Migne, 
Patrol.  gr.  85,  871  —  1004.  —  Mehrere  Schriften  des  Zacharias  Scholastikos  bei 
Migne,  Patrol.  gr.  85,  1011—1178.  —  Die  (meist  theologischen)  Werke  des  Prokop  von 
Gaza  bei  Migne,  Patrol.  gr.  87,  partes  1—3.     Vgl.  oben  S.  125  flf. 

2.  Hilfsmittel:  Dem.  Russos,  TQBTg  Tit^aToi  .  ZvfißoXtti  eis  trjv  laxogiar  rrj^ 
q>i,Xo(so(flag  twy  FaCaltoy.  Leipziger  Diss.,  Kpel  1893.  Vgl.  B.  Z.  4,  164.  —  Job.  Dräseke, 
Nikolaos  von  Methone  als  Bestreiter  des  Proklos,  Theolog.  Studien  und  Kritiken  68  (1895) 
589—616.  —  Job.  Dräseke,  Prokopios'  von  Gaza  „Widerlegung  des  Proklos",  B.  Z.  5 
(1896)  (wird  d  mnächst  erscheinen).  —  Adolf  Busse,  Vorrede  seiner  Ausgabe  der  Isagoge 


')  K.  Prantl,  Geschichte  der  Logik  II  ^)  K.  Prantl  a.  a.  0.  S.  646  Anm.  125. 

(1855)  626. 


4.  PhUosophie.    (§§  188-184)  433 

in  den  von  der  Berliner  Akademie  herausgegebenen  ,Coniuientaria  in  Äristotelem  graeca' 
vol.  4,  par8  1,  Berbn  1887  S.  XXXIV— L.  —  Adolf  Bosse,  Die  neuplatonischen  Aus- 
leger der  Isagoge  des  Porpbyrius.    Progr.  d.  Friedricbsgymn.,  Berlin  1892. 

3.  Pbilosopbiscben  Charakter  haben  auch  manche  gegen  die  Manichäer  gerichtete 
Schriften  wie  die  ^^^isputationen  des  Manichäers  Photeinos  und  des  Christen 
Panlos*,  die  ,im  Auftrage  des  Flavius  Justinus  und  des  Justinianus*  gehalten  wurden. 
Ed.  (nach  A.  Mai,  Bibl.  nova  Patrum  4,  2,  79  ff.)  Migne,  Patrol.  gr.  88,  529—578. 

184.    Michael   Psellos   {MixccijX  6   ^feXXog).     Ein   älterer  Michael 
Psellos  lebte  im  Anfange  des  9.  Jahrhunderts  als  Lehrer  der  Philosophie; 
doch  ist  von  ihm  wenig  bekannt  und  von  seinen  Werken  scheint  nichts 
erhalten.    Wenn   also  in  der  Litteratur  von  beiden  Pselli  die  Rede  ist, 
80  hat   das  noch  weniger  praktische  Bedeutung  als  der  ähnliche  Dualis- 
mus, der  sich  an  den  Namen  Tzetzes  knüpft;  somit  ist  auch  die  Bezeich- 
nung unseres  Psellos  als  des  jüngeren  überflüssig,   und  man  kann  nach 
dem  gegenwärtigen  Stande  der  litterarhistorischen  Forschung  schlechthin 
von  Michael  Psellos   sprechen.     Konstantinos  Psellos,  gewöhnlich 
nach  seinem  Mönchnamen  Michael  genannt,  wurde  1018  als  Sohn  ehrsamer 
Leute  geboren.    Als  Ort  seiner  Geburt  wird  von  den  neueren  Biographen 
(Sathas  u.  a.)  gewöhnlich,  ohne  genügenden   Grund,  Konstantinopel  ge- 
nannt; dagegen  spricht   aber  ein  Brief  des  Psellos  (bei  Sathas  Nr.  135) 
und   das  bestimmte  Zeugnis  des  glaubwürdigen  Attaliates,    der  den   mit 
Psellos   zweifellos  identischen  Premierminister   Michael   aus  Nikomedia 
stammen  lässt  (S.  296,  20  ed.  Bonn.:   Mixcn]k  /noraxog  6  vni^inog,  6  im 
tSv  noliTixciv   ngayudttav   ngoatag,   to    ytvoq   i'kxoov   ix  Nixo/itjdelag;    vgl. 
unten  S.  434  und  B.  Z.  2,  150).    Dem  unermüdlichen  Eifer  seiner  Mutter, 
der   er  auch  ein  litterarisches  Denkmal    gesetzt  hat,    verdankte   Psellos 
seine  erste  Ausbildung  und  damit  den  Grund  seiner  späteren  glänzenden 
Laufbahn.     Unter  mannigfachen  Kämpfen   mit  der  Not  des  Lebens  voll- 
endete er  die  üblichen  rhetorischen  und  philosophischen  Kurse.  Von  dem 
aus  Trapezunt  nach  Konstantinopel  gekommenen  Johannes  Xiphilinos, 
dem  nachmaligen  Patriarchen,  erhielt  er  Unterricht  in  der  Rechtswissen- 
schaft, wofür  er  diesen  in  die  Philosophie  einführte.    Bald  verdiente  sich 
Psellos  seinen   Lebensunterhalt    als   Advokat;    unter   Michael  Paphlagon 
(1034 — 1041)  wurde  er  Richter  in  Philadelphia,  unter  seinem  Nachfolger 
Michael  Kalaphates  kaiserlicher  Sekretär.     Nun  stieg  er  von  Stufe   zu 
Stufe;  schon  unter  Konstantin  Monomachos  (1042 -1055)  war  Psellos  eine 
der   einflussreichsten  Persönlichkeiten    des  Reiches.     Der  Kaiser  verlieh 
ihm  an  der  neubegründeten  Akademie  zu  Konstantinopel  die  Professur 
der  Philosophie.    In  diesem  Amte  wirkte  Psellos  mit  Eifer  und  Erfolg. 
Er  wagte  es  sogar,  die  platonische  Philosophie  aus  ihrem  langen  Schlafe  zu 
erwecken,  und  erhob  Plato  über  Aristoteles,  den  Philosophen  der  Kirche. 
Seine  Gegner  benützten  die  Äusserung  so  freimütiger  Ansichten,  um  den 
Psellos  beim  Kaiser  als  einen  Ungläubigen  zu  verdächtigen;  doch  begnügte 
sich  dieser,  ihm  ein  schriftliches  Bekenntnis  seiner  Orthodoxie  abzufordern. 
Sicher  hat  Psellos  als  Professor  viel  zur  Wiederbelebung  der  griechischen 
Litteratur,  besonders  der  platonischen  Lehren  gethan;  selbst  Araber  und 
Abendländer  sassen  als  Hörer  zu  seinen  Füssen.    Die  Lehrthätigkeit  des 
Psellos  wurde  durch  seine  Zurückberufung  an  den  kaiserlichen  Hof  bald 
unterbrochen;  er  wurde  Staatssekretär  {nQwtaar^xQrug),  Vestarch  und  er- 

Banäbaich  der  klMi.  AltertnrnnriMeotoliaft  IZ.    1.  AbUf .    2.  Aufl^  28 


434  ByzantiniBohe  LitieraiiirgeBohichie.    L  Prosaische  Lüteratnr. 

hielt  die  Ehrentitel  vnhQzi^oq  und  vnarog  tcov  (fiXoaoffoav,  Fortan  dient« 
er  dem  Kaiser  als  Berater,  verfasste  kaiserliche  Bullen,  auch  Novellaii 
und  richterliche  Erkenntnisse.  Als  sich  1054  sein  Jugendfreund  Xiphilinoij 
in  das  berühmte  Kloster  auf  dem  Olyrapos  (in  Bithynien  bei  Prusa)  zurfidE^j 
zog,  nahm  auch  Psellos  das  Mönchsgewand  und  nannte  sich  von  nun  ati 
Michael;  nach  dem  Tode  des  Kaisers  wählte  Psellos,  der  anfänglich  nodi 
in  der  Hauptstadt  verblieben  war,  das  Kloster  seines  Freundes.  Doch  be- 
hagte  ihm  der  Aufenthalt  unter  den  frommen  Welttiberwindem  wenige 
und  bald  nahm  er  in  recht  unhöflicher  Weise  vom  Kloster  Abschied.  V^ 
S.  439.  Nach  seiner  Rückkehr  ins  öffentliche  Leben  treffen  wir  den  PseDoa 
wiederum  in  den  wichtigsten  Stellungen  bei  Hofe.  Als  der  Usurpator  Isaak- 
Komnenos  bei  Nikaea  das  kaiserliche  Heer  besiegt  hatte,  wurde  Pselloi 
mit  Theodor  Alopos  und  Konstantin  Lichudes  abgeschickt,  um  mit  dem 
Rebellen  Unterhandlungen  anzuknüpfen.  Nach  dem  Sturze  Michaels  trat 
Psellos  in  die  Dienste  des  neuen  Kaisers  Isaak  Komnenos;  in  dem  Prozesse, 
welchen  dieser  gegen  den  unverträglichen  und  herrschsüchtigen  Patriarchen 
Michael  Kerularios  richtete,  musste  er  die  Anklageschrift  verfassen.  NodI 
grösser  wurde  sein  Einfluss  unter  Konstantin  Dukas  (1059 — 1067).  Audi 
während  der  vormundschaftlichen  Regierung  der  ihm  wenig  geneigten 
Eudokia  und  der  kurzen  Herrschaft  ihres  neuen  Gemahls  Romanos  Diogenes 
verstand  der  gewandte,  um  kein  Mittel  verlegene  Mann  sich  zu  behaupten, 
und  als  der  von  Psellos  erzogene,  unfähige  Michael  Parapinakes  (1071  bis 
1078)  den  Thron  bestieg,  wurde  Psellos  der  erste  Minister  (oder  wie 
man  damals  sagte:  naQuivraatsimv  rq)  ßccaiXet)  und  mächtiger  als  je  zuvor. 
Im  Jahre  1075  hielt  er  dem  Patriarchen  Johannes  Xiphilinos  die  feierliche 
Leichenrede.  Über  seine  letzte  Lebenszeit  und  seinen  Tod  herrscht  einiges 
Dunkel.  Wenn  er,  wofür  die  allertriftigsten  Gründe  sprechen,  mit  dem 
von  Michael  Attaliates  erwähnten  Michael  aus  Niko media  (s.  o.  S.  433) 
identisch  ist,  dann  hat  er  sich  auch  nach  dem  Sturze  seines  Zöglings  (1078) 
unter  Nikephoros  Botaniates  noch  eine  Zeitlang  behauptet  und  ist  gegen 
das  Ende  des  Jahres  1078  gestorben.  Gegen  diese  Annahme  erhebt  sich 
aber  ein  Bedenken:  Der  nach  Weihnachten  1096  und  vor  Ostern  1097 
abgeschlossenen  Dioptra  des  Philippos  Monotropos  ist  in  den  meisten 
Handschriften  eine  empfehlende  Vorrede  unter  dem  Namen  des  Michael 
Psellos  vorausgeschickt.  Darnach  müsste  Psellos  wenigstens  noch  am 
Ende  des  Jahres  1096  am  Leben  gewesen  sein.  Vielleicht  aber  lässt  sich 
das  Rätsel  durch  die  Annahme  lösen,  dass  Philippos  den  Plan  zu  seinem 
Werke  viel  früher  entworfen  und  den  Psellos,  der  ja,  wie  wir  aus  seinen 
Briefen  wissen,  für  alle  möglichen  Nöten  dienstbereit  war,  um  einen  Ein- 
führungsbrief ersucht,  einen  solchen  auch  erhalten,  dann  aber  das  Werk 
aus  unbekannten  Gründen  erst  später  völlig  ausgearbeitet  und  veröffent- 
licht habe.  Ähnliche  Aufschiebungen  werden  ja  noch  in  unserer  littera- 
risch viel  schneller  lebenden  Zeit  beobachtet.  Die  Identität  des  Psellos 
mit  dem  erwähnten  Michael  von  Nikomedia  ist  so  einleuchtend,  dass  man 
wohl  entweder  zu  dieser  oder  einer  ähnlichen  Erklänmg  greifen  oder  die 
Autorschaft  des  Psellos  für  den  Prolog  zur  Dioptra  überhaupt  in  Abrede 
stellen  muss. 


4.  Philosophie.    (§  184)  435 

Das  Leben  des  Psellos  fallt  in  die  traurigste  Periode  der  byzantini- 
schen Geschichte  (1025—1081);  es  ist  die  Zeit  der  verhängnisvollen  Herr- 
schaft von  Weibern  und  rohen  GünstUngen,  des  unheimlichen  Intriguen- 
spieles,  der  blutigen  Palastrevolutionen  und  Thronstreitigkeiten,  welche 
vom  Tode  des  Basilios  Bulgaroktonos  bis  zum  Auftreten  des  staatsklugen 
Alexios  Komnenos  das  Reich  zerrütteten.  Dieser  Umstand  darf  nicht  ausser 
acht  bleiben,  wenn  man  der  Persönlichkeit  des  Psellos  gerecht  werden  will. 
Kein  Abschnitt  der  byzantinischen  Ära  war  för  den  Charakter  eines 
Staatsmannes  gefährlicher  als  diese  Zeit  des  unaufhörlichen  Wechsels 
schwacher  und  allen  Einflüssen  zugänglicher  Regenten.  Psellos  erwies 
sich  den  Anforderungen,  die  eine  solche  Umgebung  an  die  sittliche  Kraft 
stellt,  nicht  gewachsen;  der  wertvollste  Schmuck  des  Mannes,  Offenheit 
und  Ehrlichkeit,  ging  ihm  in  der  zersetzenden  Luft  des  Hofes  verloren. 
Es  ist  über  allen  Zweifel  erhaben,  dass  kriechender  Servihsmus  und  Rück- 
sichtslosigkeit in  der  Wahl  der  Mittel,  unersättlicher  Ehrgeiz  und  mass- 
lose Eitelkeit  die  hervorstechenden  Züge  seines  Charakters  bilden.  Er  ist 
in  dieser  Hinsicht  ein  typischer  Vertreter  der  widerwärtigsten  Seite  des 
Byzantinismus.  Die  groben  Schmeicheleien,  wie  er  sie  z.  B.  vor  Konstantin 
Monomachos  ausschüttet,  waren  selbst  dem  byzantinischen  Geschmacke  zu 
stark  und  werden  in  der  Satire  Ti marlon  fein  verspottet.  Das  Gegenstück 
zu  diesen  devoten  Ergüssen  bilden  die  mit  Derbheit  geladenen  Pamphlete, 
welche  Psellos  gegen  seine  Widersacher  schleuderte. 

Wenn  wir  die  Schattenseiten  des  Psellos  rückhaltlos  zugeben,  können 
wir  seinen  Utterarischen  Verdiensten  um  so  besser  gerecht  werden.  Psellos 
ist  an  Umfang  des  Wissens,  an  Schärfe  der  Beobachtung  und  vor  allem 
an  Formgewandtheit  der  erste  Mann  seiner  Zeit.  An  Reichtum  der 
litterarischen  Thätigkeit  mag  er  mit  Albertus  Magnus  und  Roger  Bacon 
verglichen  werden.  Indem  er  im  Gegensatze  zu  den-  vorigen  Jahrhunderten 
das  hellenische  Ideal  wiederum  aufs  kräftigste  betonte,  hat  er  die  littera- 
rische Renaissance  der  Komnenenzeit  wirksamst  vorbereitet.  Die  stärkste 
Seite  des  Mannes  ist  freilich  die  Form;  das  erkannten  schon  die  Zeit- 
genossen, indem  sie  ihn  mit  dem  treffenden  Worte  charakterisierten: 
0  nokvg  TTJv  yXStxav.  Sein  Hauptvorbild  für  die  Darstellung  ist  Plato; 
dagegen  erinnern  die  Briefe  mit  ihrer  Häufung  von  kurzen  rythmischen 
Gliedern,  von  Antithesen  und  Beiwörtern  sehr  lebhaft  an  die  christliche 
Hymnendichtung ;  man  vergleiche  z.  B.  den  paneg3nrischen  Brief  an  Diogenes 
Romanos')  mit  irgend  einem  Gedichte  des  Romanos.  Nach  Erwägung 
aller  Vorzüge  und  Mängel  bleibt  Psellos  für  das  elfte  Jahrhundert 
litterarhistorische  Signatur  ähnlich  wie  Photios  für  das  neunte  und  Kon- 
stantin Porphyrogennetos  für  das  zehnte.  Die  Werke  des  Psellos  er- 
strecken sich  auf  Theologie,  Philosophie,  Naturwissenschaften  wie  Medizin, 
Physik,  Mathematik,  Astronomie,  auf  die  Jurisprudenz,  auf  Altertümer, 
Grammatik  und  Geschichte;  dazu  kommen  Reden,  Briefe,  rhetorische 
Übungsstücke,  vermischte  Aufsätze  und  poetische  Versuche.  Manches  ist 
noch  unediert,  anderes  ungenügend  bekannt,  so  dass  zu  einer  vollständigen 


>)  K.  N.  Sathas,  Msa.  pißX.  5,  222. 

28' 


1 

436  Byzantinisohe  LitieratorgeBphiohte.    L  ProMdsohe  Litterater. 

Beschreibung  dieses  litterarischen  Nachlasses  noch  eine  Reihe  von  B 
Untersuchungen  nötig  wäre.  Da  zudem  schon  die  blosse  AufsählM 
bekannten  Titel  und  Ausgaben  mit  den  nötigen  Erklärungen  und] 
weisen  den  uns  zugemessenen  Raum  überschreiten  würde,  besclui 
wir  uns  auf  ein  Verzeichnis  der  wichtigsten  Stücke. 

1.  Philosophie,  Naturwissenschaften.  Von  philosophini 
Schriften  sind  zu  nennen  ein  Kommentar  zu  des  Aristoteles  Schrift  j 
eQfATjvetag,  eine  Paraphrase  zu  den  Kategorien,  ein  Auszug  aus 
phyrios  Werk  IleQl  ntvxs  (pcDvm',  ein  psychologischer  Tri^tat  {Jt 
t/zvx^^),  eine  Abhandlung  Etg  rrjv  ipvxoyoviav  rov  nkdrcavog^  Stadiei'i 
die  chaldäischen  Orakel:  ^E^rjyrjmg  slq  xd  XaXiaixd  loyia^  dazu  änj 
-d-eaiq  xsifaXaitaär^q  xai  avvrofxog  xmv  nccqd  XaXdcUoig  Soyimdtfov.  ^H 
Kaiser  Michael  Dukas  gerichtete  Schrift  prüft  die  Frage :  Bi  lati  « i 
rov  ovQttvov  (z.  B.  im  Cod.  Vindob.  phil.  gr.  149  (Nessel)  fol.  192—81 
Eine  andere  Studie  handelt  über  den  Dämonenglauben  der  alten  Grieel 
T(va  nsQi  daifiovoov  do^d^ovaiv  "EkXrjvfg ;  Daran  reihen  sich  naturwill 
schaftliche  Arbeiten,  z.  B.  ein  Aufsatz  über  Anatomie  (merkwl 
durch  die  Übersetzung  der  alten  Termini  in  die  vulgärgriechische  Sp« 
ein  Verzeichnis  von  Krankheitsnamen  {Ilfgi  xaivdv  övofxdToDv  tSvifi 
fiiaaiv);  ein  medizinisches  Gedicht  in  1373  Trimetem;  Essays  übet 
wunderbares  Echo  in  Nikomedia,  über  den  Zweck  der  Oeometrie, 
die  Kräfte  der  Steine,  über  Regen,  Blitz  und  Donner  u.  s.  w.  Das  Hi 
werk  aus  diesem  Gebiete  ist  seine  JidaaxaXia  navxodaTir^  (A 
Lehre),  eine  Sammlung  vermischter  Aufsätze  (im  ganzen  193  Tite 
welchen  Fragen  der  Theologie,  Philosophie,  Astronomie,  Physiologie,  t 
Mittelalter  so  beliebten  Themen  über  die  Temperamente,  über  Bew( 
über  die  Möglichkeit,  nach  Belieben  männliche  oder  weibliche  Kim 
erzeugen,  über  die  Frage  Jid  ti  yvvrj  noXXdxig  avvovaid^ovüa  ov  at 
ßdvsi^  über  das  Problem,  ob  beim  Tode  sich  die  Seele  vom  Körper 
oder  der  Körper  von  der  Seele  u.  s.  w.  mit  manchen  Belegen  aus 
Autoren  wie  Plato,  Aristoteles,  Plotin,  Jamblichos,  bald  kurz,  bald 
führlich,  aber  ohne  rechte  Konsequenz  behandelt  sind.  Dazu  ko 
endlich  noch  die  Kurzen  Lösungen  physikalischer  Fragen 
Xvaeig  avrTOfioi  tfvaixwv  ^r^TfjjuidTwv).  Auch  ein  Lehrgedicht  über 
metrie  wird  dem  Psellos  zugeschrieben  z.  B.  im  Cod.  Bodl.  Bfl 
76  fol.  412 — 420.  Es  beginnt:  Ma&sTv,  ei  ßovXeij  dqiaxa  jiutqo 
XvoqaffiiüV, 

Abgesehen  von  diesen  Spezialschriften,  in  welchen  freilich  die  ge 
wissenschaftlichen,  astrologischen  und  paradoxographischen  Gesichtsf 
vorherrschen,  tritt  die  spekulative  Tendenz  und  Schulung  des  Psellos 
in  seinen  übrigen  Werken  hervor;  überall  aber  zeigt  er  sich  als  i 
Platoniker,  selbst  auf  Kosten  des  Aristoteles,  den  er  für  verworrei 
Um  den  Plato  seinen  Zeitgenossen  möglichst  kräftig  zu  empfehlen,  b< 
er  sich,  die  Übereinstimmung  dieses  Philosophen  mit  dem  Christ 
nachzuweisen,  wie  er  auch  den  Homer  durch  allegorische  Umdeutu 
einem  Propheten  der  christlichen  Wahrheiten  zu  machen  versteht, 
wegen  dieses  ausgesprochenen  Piatonismus  konnte  es  auffallend  seh 


4.  PhUoBophie.    (§  184)  437 

Psellos  auch  grössere  Werke  zu  Aristoteles  verfasst  habe.  In  der 
ist  es  nicht  sicher,  ob  das  Kompendium  der  Logik  des  Aristoteles, 
welchem  die  Summulae  logicales  des  Petrus  Hispanus  übersetzt  scheinen, 
Psellos  stammt,  wenn  es  auch  als  ausgemacht  gelten  darf,  dass  dem 
i^^t^mischen  Text  des  Petrus  ein  griechischer  zu  Grunde  lag  und  nicht 
^^iLgekehrt.  Noch  weniger  ist  des  Psellos  Autorschaft  gesichert  für  die 
Sp^rtsetzung  einer  Synopsis  des  Aristotelischen  Organons,  das 
Jp^pfO/mxdr  (fvvTayfxa  elg  tag  TäaaaQaq  fAad-rjfiatixdg  STtKfTijfJiag;  der  wahre 
Fässer  ist  wohl  ein  Gregorios  Monachos,  o  Sv  fiovotQOTtoig  genannt 
;orius  Solitarius*),  der  um  1008  schrieb.  Wie  weit  der  kurze 
mentar  zur  Physik  des  Aristoteles,  der  z.  B.  im  Cod.  Berol. 
i  llipp.  1514  dem  Psellos  zugeschrieben  wird,  gesichert  ist,  bedarf  eben- 
noch  der  Untersuchung.  —  Über  Psellos  als  Theologen  s.  S.  79  f. 

2.  Philologie.    Hieher  gehört  ein  Schriftchen  über  die  Topographie 
Athen  und  Allegorien  zu  Homer,  eine  Prosaparaphrase  der  Ilias,  eine 

flllrirrrrir  J1€qI  tov  TavtäXov  (z.  B.  im  Cod.  Vindob.  phil.  gr.  25  (Nessel) 

110 — 114).     Angeblich  verfasste  Psellos    auch  einen   Kommentar  zu 

Komödien  des  Menander,  der  aber  nicht  wieder  gefunden  ist,  wenn  er 

^  rhaupt  je  existiert  hat.   Rhetorischen  Inhalts  sind  ein  Gedicht  in  poli- 

Vüchen   Versen   Hegt  ^rjtoQixijg   und   die  in  Briefform  gefassten  Abhand- 

^  3?*^®'^  i7<eß<  (Tvv&r^xTjg  t(üv  tov  Xoyov  fi€Q(Sv  und  die  2vvotpig  twv  ^ijvoq^xwv 

^•^^^Äv.    Ein   an   Kaiser  Konstantin    Monomachos   gerichtetes    Gedicht   in 

''^%8  politischen  Versen  handelt  kurz   und  oberflächlich  über  die  griechi- 

fl^frfien  Dialekte,  über  Laute,  Formen  und  seltene  Wörter.    Dazu  kommt 

r^jin  Aufsatz  über  die  Tenues,   Mediae  und  Aspiratae,    endlich  jambische 

Verse  metrischen  Inhalts. 

3.  Geschichte.  Psellos  verfasste  eine  XgovoyQaipia  der  Zeit  von 
^76 — 1077;  der  jetzt  übliche  Titel:  Bv^avTivrjg  latoQiag  ixaTovTaeztjQig 
^flhrt  von  dem  Herausgeber  Sathas  her.  Psellos  beginnt  seine  Erzählung  mit 
dem  Ereignis,  mit  dem  Leon  Diakonos  schliesst,  nämlich  mit  dem  Tode 
des  Johannes  Tzimiskes  (976),  schildert  die  Zeit  bis  auf  Michael  Kalaphates 

:  IkuTBorisch  und  wird  erst  ausführlicher  mit  seiner  eigenen  Epoche.  Nach 
form  und  Tendenz  sind  in  dem  Werke  zwei  stark  verschiedene  Teile  zu 
unterscheiden:  Die  erste,  wohl  zwischen  1059  und  1063  gearbeitete  Partie 
-  his  zur  Regierung  des  Isaak  Komnenos  erscheint  nach  den  traditioneUen 
^  Grundsätzen  der  Historiographie  wohl  ausgearbeitet  und  auch  in  der  Hai- 
•  tung  noch  einigermassen  objektiv;  dagegen  wird  der  folgende  Teil,  welcher 
auf  speziellen  Wunsch  des  Michael  Parapinakes  und  unter  seinen  Augen 
geschrieben  wurde,  durch  die  stete  Rücksicht  auf  diesen  Kaiser  und  seinen 
Vater  Konstantin  Dukas  unzuverlässig  und  parteiisch.  Trotz  dieser  Mängel 
ist  das  Werk  des  Psellos  nicht  ohne  Wichtigkeit,  weil  es  eine  früher 
recht  fühlbare  Lücke  in  der  sonst  fast  ununterbrochenen  Reihe  der  byzan- 
tinischen Geschichtschreiber  ausfüllt.  Von  den  Späteren  wurde  es  aus- 
giebigst verwertet;  Nikephoros  Bryennios  entnahm  demselben  mehrere 
Kapitel  fast  wörtlich,  ebenso  benützten  es  Anna  Komnena,  Skylitzes,  der 
übrigens  in  seiner  Vorrede  auf  Psellos  mit  Recht  übel  zu  sprechen  ist, 
und  am  ausgedehntesten   Zonaras.    Zur  Geschichte  gehört  auch   das  in 


i 


438  Byzantinische  LitteratnrgeBohichte.    I.  Prosaisolie  Littaratiir. 

zahllosen  Handschriften  überlieferte  jambische  Gedicht  über  die  7  Sy- 
noden {rCviocxB  xal  tov  dQi&fiov  rSv  tegwv  (fvvoSwv  u.  8.  w.). 

4.  Jurisprudenz.  Hauptwerk  ist  ein  juridisches  Kompendium  in 
Versen:  JSvvoipig  zwv  roficov  did  (fcixonv  Idfißoav  xal  7toX$Tixwv  n^og  lit 
ßaaiXäa  Mix^rjX  tov  Jovxav.  Daran  schliesst  sich  eine  Abhandlung  über 
die  alte  juridische  Terminologie  {IIsqI  twv  ovofidtfov  %wv  JixcSv),  eine  fr 
klärung  der  lateinischen  Ausdrücke  in  der  Rechtswissenschaft,  richterlicbe 
Erkenntnisse  und  eine  kaiserliche  Goldbulle. 

5.  Reden  und  Briefe.  Unter  den  zahlreichen  rhetorischen  Leistnnget 
des  Psellos  ragen  durch  ihre  Wichtigkeit  für  die  Zeitgeschichte  wie  dmdi 
ihre  künstlerische  Form  die  drei  grossen  Leichenreden  hervor,  weldi 
er  den  Patriarchen  Michael  Eerularios,  Konstantin  Lichudes  und  Johann« 
Xiphilinos  widmete.  Durch  Wärme  der  Empfindung  geföllt  die  Leichen 
rede  auf  seine  Mutter;  dazu  kommen  Nekrologe  auf  den  Metropolita 
Nikephoros  von  Ephesos,  auf  den  Grammatiker  und  Vorstand  der  Schul» 
des  hl.  Petrus  Niketas  u.  a.  Für  das  Studium  des  Charakters  und  der 
Biographie  des  Psellos  sind  seine  Verteidigungsschriften  beachtens- 
wert, z.  6.  das  Pamphlet  gegen  diejenigen,  welche  ihm  den  Titel  vn^gtifu; 
missgönnten,  seine  Rechtfertigung  wegen  der  Niederlegung  der  Würde 
eines  Staatssekretärs,  seine  AnoXoyia  vnhq  zov  vofiog>vXaxog  xcttd  m 
*0(pQvdd.  Schwülstig  und  leer  sind  die  Enkomien  auf  den  Kaiser  Kon- 
stantin Monomachos  und  den  Metropoliten  Johannes.  Eine  wichtige  S^ 
gänzung  unserer  Kenntnis  des  Psellos  erhalten  wir  durch  seine  ausgedehnte 
Korrespondenz;  wir  haben  von  ihm  gegen  500  Briefe,  von  welchen  erst 
ein  Teil  ediert  ist.  Es  sind  keine  rhetorischen  Übungsstücke  über  fingierte 
Themen  oder  theologische  Abhandlungen  wie  viele  Briefe  des  Photios;  die 
meisten  beziehen  sich  vielmehr  auf  bestimmte  praktische  Anlässe.  Durch 
sie  erhalten  wir  reiche  Aufschlüsse  über  byzantinische  Kulturzustände, 
Verwaltung  und  Geschichte,  auch  eine  Menge  biographischer  Details.  Der 
Briefwechsel  des  Psellos  erstreckt  sich  auf  alle  Teüe  des  Reiches;  allent-  i 
halben  hat  der  allmächtige  Mann  seine  Klienten,  Freunde  und  Bewunderer. 
Bald  erteilt  er  als  Minister  an  Feldherrn,  Statthalter  und  Richter  nützlidie  ! 
Winke,  bald  verwendet  er  sich  für  dürftige  Kleriker,  bald  legt  er  das  ! 
Gewicht  seines  Namens  für  misshandelte  Provinzen  in  die  Wagschale; 
niemand  wird  zurückgewiesen,  für  jeden  hat  er  wenigstens  schöne  Worte. 
Interessant  durch  zahlreiche  Urteile  über  den  Stil  alter  Schriftsteller  ist 
der  Brief  an  den  Vestarchen  Pothos  über  den  Charakter  des  Gregor 
von  Nazianz.  In  einem  zweiten,  jedoch  bedeutend  kürzer  gehaltenen 
Schreiben  handelt  er  vergleichend  über  den  Stil  des  Gregor  von  Nazianz, 
Basilios  des  Grossen,  des  Johannes  Chrysostomos  und  des  Gregor  von 
Nyssa.  Das  dem  Psellos  eigene  Korn  attischer  Eleganz  kommt  besonders 
in  den  kleineren  Stücken  glücklich  zur  Geltung;  er  ringt  hier  mit  Photios 
um  die  Palme,  während  er  hinter  seinem  eigentlichen  Vorbilde  Synesioe 
zurückbleibt.  Bezüglich  der  Adressaten  sei  übrigens  ausdrücklich  darauf 
hingewiesen,  dass  viele  Briefe  ihre  Überschrift  nur  der  oft  recht  willkür- 
lichen Vermutung  des  Herausgebers  K.  N.  Sathas  verdanken.  Dass  viele 
Adressatennamen  in   den  Handschriften  fehlen,  erklärt  sich  daraus,  dass 


4.  Philosophie.    (§  184)  439 

man  die  Briefe,  ohne  Rücksicht  auf  ihren  konkreten  Inhalt  oder  Anlass, 
vorwiegend  als  litterarische  Kunstwerke  und  stilistische  Vorbilder  be- 
trachtete. 

6.  Übungen  und  vermischte  Aufsätze.  Sophistische  Bravour- 
stücke nach  der  alten  Ti*adition  der  Rhetorenschulen  z.  B.  Lobreden  auf 
den  Floh,  die  Laus,  die  Wanze;  ein  Aufsatz  über  Taktik;  eine  Monodie 
auf  den  Einsturz  der  Kuppel  der  Hagia  Sophia;  vier  Strafpredigten  an 
»eine  Schüler,  als  sie  wegen  eines  heftigen  Regens  das  Kolleg  versäumt 
hatten,  als  sie  zu  spät  kamen  oder  wegen  Trägheit  eine  Rüge  verdienten. 
Selbst  das  entlegene  Gebiet  der  populären  Mythologie  wurde,  wie  es 
scheint,  von  Psellos  beachtet;  wenigstens  gehen  unter  seinem  Namen  Er- 
iLlärungen  zu  abergläubischen  Vorstellungen  des  Volkes  {^EQfirjvetai  eig  dr^- 
uioSsig  ieKfidaifioviag),  wo  z.  B.  über  den  Baßovr^ixaQiog  und  die  riXkoi 
gehandelt  wird.  Einen  ähnlichen  Charakter  haben  die  Deutungen  volks- 
anässiger  Ausdrücke  (EQfAtjvsTai  etg  xoivoXe^tag). 

7.  Poesien.  Wie  die  Prosaschriften  so  bedürfen  auch  die  unter  dem 
Namen  des  Psellos  überlieferten  Poesien  scharfer  Sichtung.  Ausser  den 
S.  437  und  438  erwähnten  Lehrgedichten  werden  dem  Psellos  einige 
Gelegenheitspoesien,  satirische  Gedichte  und  epigrammatische 
Kleinigkeiten  zugeteilt.  Durch  gute  und  alte  Überlieferung  völlig  ge- 
sichert ist  ein  Grabgedicht  auf  die  Skleraena,  die  Mätresse  des 
Kaisers  Konstantinos  Monomachos,  über  deren  Biographie  Psellos  in  seinem 
Geschichtswerk  (S.  126  flf.)  ausführlich  berichtet;  dazu  kommen  Epigramme 
auf  ein  Banner  {(pXafAovXov)  des  Kaisers  Konstantin  Monomachos  und  auf 
einen  Protosynkellos  im  Cod.  Vatic.  Pal.  356  s.  14  (jetzt  wieder  in  Heidel- 
berg) fol.  51^;  ebenda  fol.  143  lamben  über  die  Mondsucht  {IIsqI  aeXr^- 
victaiAov).  Ein  in  der  Form  eines  Kirchenkanon  abgefasstes  Spottgedicht, 
das  Psellos  an  seinen  Klostergenossen  Jakob  richtete,  wird  im  Abschnitte 
Jlythmische  Kirchendichtung'  Paragraph  ,Spielereien  in  der  Form  des 
Kirchenliedes'  besprochen.  Ein  ähnliches,  noch  unediertes  Spottgedicht 
,in  Monachum  Sabbaitam',  das  nicht  weniger  als  297  Trimeter  um- 
fasst  (Beginn:  ÜQog  tov  aattiv  ae  zrjv  i^iivar  rov  ßiov),  bewahrt  der  Cod. 
Vatic.  Pal.  386  s.  16  fol.  119^—122,  weniger  vollständig  auch  der 
Cod.  Vatic.  Urb.  141  fol.  176  f.  Mit  diesen  Spottversen  verbindet 
sich  ein  scherzhaftes  Gedicht  an  die  Krätze,  die  einst  den  Dichter 
plagte.  Dieses  hinsichtlich  seines  Themas  in  der  Weltlitteratur  wohl  einzig 
dastehende  Poem  bewahrt  der  Cod.  Laur.  32,  52  unter  dem  Titel:  Tov 
avTov  tpcigar  ixovtog  Ttore.  Es  beginnt:  Sti'xovg  MixccrjX  rrj  xaXy  tpcoQif 
nXäxw.  Unmittelbar  vorher  geht  ein  Gedicht  an  Kaiser  Isaak  Kom- 
nenos:  Tov  avrov  ngog  'laaäxiov  avTOxgaTOQa  tov  KofAvrjvov.  Vor  diesem 
Gedicht  stehen  einige  Poesien  des  Konstantin  Sikeliotes  und  vor  diesem  end- 
lich eine  Prosaschrift  des  Michael  Psellos.  Da  nun  das  Gedicht  auf  Kaiser 
Isaak  Komnenos  aus  chronologischen  Gründen  nicht  dem  Sizilier  Konstantin 
gehören  kann  und  im  Gedicht  auf  die  Krätze  sich  sofort  ein  Michael  als 
Verfasser  bekennt,  so  wird  man  annehmen  müssen,  dass  der  böse  Kobold 
Tov  avTov  hier  wie  in  unzähligen  anderen  Fällen  Verwirrung  angerichtet 


440  ByzaniiniBohe  LitteratargeBohiohte.    I.  Prosaiaohe  LiUeratur, 

hat  und  beide  Gedichte  dem  Psellos  gehören,  obschon  keine  Schrift  von 
ihm  unmittelbar  vorhergeht.  Vgl.  M.  A.  Bandini,  Catal.  codd.  gr.  bibl. 
Laurent.  2  (1768)  211  f.,  und  P.  Matranga,  Anecd.  gr.  I  28  f.  Zwei 
weitere  nach  Inhalt  und  Ton  verwandte  Gedichte  stehen  im  Cod.  Vi nd ob. 
theol.  gr.  242  (Nessel),  s.  15.  Das  erste  (fol.  42—55^)  geisselt  in  465 
politischen  Versen  die  Scheinweisheit  eines  Mönches,  der  sich  unterfangen 
hatte,  an  Psellos  einen  prahlerischen  und  bissigen  Brief  zu  richten.  Psellos 
mahnt  vorerst  seinen  Gegner  zur  Bescheidenheit,  Demut,  Friedfertigkeit 
und  Nächstenliebe ;  er  spricht  im  Tone  überlegener  Ironie,  begibt  sich  aber 
durch  unmässige  Breite  und  Plumpheit  des  Vortrags  jeder  feineren  Wirkung. 
Auf  einmal  nimmt  er,  wie  im  Bewusstsein  der  Unzulänglichkeit  seiner 
ironischen  Predigt,  seine  Zuflucht  zu  derben  Anzüglichkeiten.  Asien  sei 
nicht  selten  von  Barbarenstämmen,  von  Parthem,  Hunnen,  Agarenen,  Ru- 
mänen und  Armeniern  heimgesucht  worden;  diese  Wilden  hätten  der 
Mutter  des  Mönches  offenbar  angethan,  was  sie  Gefangenen  anzuthun 
pflegten ;  kurz  die  Mutter  habe  ihr  Geschlecht  verfälscht  und  einen  Bastard 
zur  Welt  gebracht,  der  ein  libysches  Untier  zu  heissen  verdiene.  Nach 
dieser  plumpen  und  recht  witzlosen  Verdächtigung  der  reinen  hellenischen 
Abkunft  des  Mönches  werden  ihm  seine  angeblichen  früheren  Benifsarten 
vorgerückt;  er  sei  einmal  Ziegelarbeiter  gewesen,  habe  aber  nur  zum 
Lehmträger  getaugt,  dann  Gärtner,  Töpfer  u.  s.  w.  Er  muss  sich  mahnen 
lassen,  nicht  stolz  zu  sein  auf  Stock  und  Langbart,  erhält  aber  dann, 
nachdem  durch  die  vorhergehenden  Insulten  gleichsam  sein  Übermut  ge- 
brochen sein  soll,  freundliche  Unterweisungen  in  der  heiligen  Geschichte 
und  in  der  christlichen  Tugend,  und  der  Schluss  klingt  erbaulich  wie  der 
Anfang.  Titel  und  Anfang  dieser  übel  gelungenen  Replik  lauten  in 
der  Wiener  Handschrift:  ^ri'xoi  rov  vneQtii^iov  ^eXXov  nqoq  fiovaxov 
tiva  YQdiparTfc  nqog  avrov  jj.sO-'  vTrsQtjfpariag  xal  doxovvrog  (so)  cirai 
tiva  TO)r  aoifon'.  'Eisi  /t^r  rjfiag,  adeXtfä^  zd  ipx^x^xd  q^govri^eiv.  Nun  folgt 
in  derselben  Handschrift  (fol.  55^ — 59)  ein  zweites  Spottgedicht  mit  dem 
seltsamen,  wohl  sicher  verdorbenen  Titel:  Tov  avrov  nQog  %6v  avxov  noXi- 
7nxi]xi  xal  xovdixoL  Beginn:  Xqovog  noXvg  Ttagädgafner,  d(p'  ovnäg  dov 
To  yqdupLa,  Das  Gedicht  enthält,  wie  schon  die  Überschrift  andeutet,  eine 
Fortsetzung  der  litterarischen  Fehde  mit  dem  Mönche,  mit  dem  sich  das 
erste  Gedicht  beschäftigt.  Hier  gibt  sich  der  Verfasser  ausdrücklich  als 
Mönch  zu  erkennen,  indem  er  bemerkt,  er  habe  das  Schreiben  des  Gegners 
in  einen  Winkel  seiner  Zelle  geworfen.  Das  würde  ganz  gut  auf 
Psellos  passen,  der  ja  einige  Zeit  in  einem  Kloster  des  Olymposberges 
zubrachte  und  sich  dort  mit  den  Mönchen  schlecht  vertrug;  allein  dass 
dieses  Machwerk  trotz  der  ausdrücklichen  Zuteilung  nicht  dem  Psellos 
gehören  kann,  wird  durch  eine  Stelle  desselben  unwiderleglich  bewiesen. 
Der  Verfasser  pocht  in  ähnlicher  Weise  wie  im  ersten  Gedichte  auf  seine 
Gelehrsamkeit,  lacht  über  die  Ignoranz  seines  Gegners,  der  von  Accent, 
Orthographie  und  Metrik  keine  Ahnung  habe,  und  sucht  ihm  endlich  durch  Auf- 
zählung älterer  Autoren  zu  imponieren.  Zuletzt  ruft  er  dem  Mönche  ironisch 
zu,  es  sei  schade,  dass  seine  prächtigen  Verse  von  den  aus  diesem  Leben  ge- 
schiedenen Litteraturgrössen  wie  Psellos,  Pisides,  Christophoros  (von  My- 


4.  Philosophie.    (§  184)  441 

le),  Leon  (wohl  Philosophos),  Theophylaktos  von  Bulgarien  nicht  mehr 
lommen  werden  können: 

Aimv  »al  9B0(pvXaxtB,  ngoedge  BovXyagias^ 
Jstyfjy  xal  nayv  /aAfTfiy»'  vniatrjte  ^tjfjiiay 
ngofÄSTaarayreg  vnd  yrjg  xal  fxr}  fXBfia^rjxoxBg 
Tovq  atlxovg,  ovc  fioi,  ninofitpey  fioyog  6  arixo^^oxog. 

Zum  Schlüsse  mahnt  der  Verfasser  den  Mönch,  er  möge,  nachdem 
Tüher  nichts  gearbeitet  habe,  nun  wacker  die  griechische  Grammatik 
lieren.   Wenn  nun,  wie  die  Erwähnung  des  Psellos  unter  den  Litteraten 

Vergangenheit  beweist,  dieses  Poem  nicht  von  Psellos  verfasst  sein 
n,  so  ist  ihm  natürlich  auch  die  mit  der  zweiten  eng  zusanmienhängende 
e  Spottepistel  abzusprechen,  und  der  ohnehin  stark  belastete  Mann 
1  wenigstens  der  Verantwortlichkeit  für  diese  beiden  ihren  Verfasser 
ig  ehrenden  Elaborate  ledig.  Der  Fall  ist  mit  Absicht  etwas  ausfuhr- 
er behandelt  worden,  weil  er  die  grosse  Anziehungskraft,  die  der  Name 
[los  auf  alle  möglichen  herrenlosen  Erzeugnisse  ausübte,  deutlich  und 
reich  illustriert.  Nun  wird  man  auch  gegen  weitere  Pselliana  der 
ner  Handschrift  misstrauisch ;   es   folgen  dortselbst  fol.  59^ — 60  noch 

abermals  ausdrücklich  dem  Psellos  zugeschriebenes  in  der  Art  der 
jgenheitsgedichte  des  Christophoros  und  Johannes  Mauropus  gehaltenes 
ikpoem  an  einen  Freund,  der  dem  Verfasser  vom  Lande  Trauben 
»hickt  hatte  (16  Trimeter;  Anfang:  2v  fiäv  tie  xagnoTg  is^iotg  rfjg  {roTg  Hs) 
eXov)  und  ein  erbauliches  Gedicht  über  das  Gebet  (22  Trimeter, 
alle  mit  Evxi]  beginnnen;  Anfang:  Evx^  duar^  zovg  ßgorovg  twv  iv  ßCtp). 
tin  und  von  wem  nun  diese  Gedichte,  von  denen  die  zwei  ersten  sicher, 
zwei  letzten  wahrscheinlich  dem  Psellos  untergeschoben  sind,  abgefasst 
den,  lässt  sich  vorerst  nicht  näher  bestimmen.  Die  Erwähnung  des 
los  und  des  Theophylaktos  von  Bulgarien  unter  den  Toten  ergibt  als 
ligrenze  etwa  den  Anfang  des  12.  Jahrhunderts,   und  vielleicht  haben 

den  Verfasser  in  diesem  Jahrhundert  in  der  litterarischen  Atmo- 
Ire  eines  Johannes  Tzetzes  und  Theodoros  Prodromos  zu  suchen.  Wenn 
zwei  Spottepisteln  auch  litterarisch  wertlos  sind,  so  würden  doch  einige 
len  wie  die  Aufzählung  der  damals  beliebten  Klassiker,  die  Erwähnung 
den  Byzantinern  gefahrlichen  Barbarenvölker  und  die  Bemerkungen  über 

Gewerbeleben  eine  Veröffentlichung  rechtfertigen;  die  zwei  kleinen 
ichte  würde  man  als  Ergänzung  des  Bildes  der  byzantinischen  Gelegen- 
s-  und  Erbauungspoesie  gerne  mit  in  Kauf  nehmen. 

Endlich  werden  dem  Psellos  in  den  Codd.  Paris,  gr.  3058  s.  15 
36—37%  Athen.  1183  und  wohl  öfter  dreissig  jambische  Distichen 
Tugenden  und  Laster,  Künste  und  Wissenschaften  zugeschrieben  und 
sind  unter  seinem  Namen  auch  ediert  worden.  Allein  dieselben  Verse 
en  im  Cod.  Laur.  Conv.  soppr.  48  s.  14  foL  292,  unter  dem  Namen 
Theodoros  Prodromos  und  im  Cod.  Laur.  S.  Marco  318  s.  14 
1  unter  dem  eines  gewissen  Paniotes  {IlccvmTYfi),  Gerade  die  Selten- 
dieses   letzteren  Namens    spricht  für  die  Richtigkeit  der  Zuteilung, 

80  wird  Psellos  auch  auf  diese  Distichen  verzichten  müssen. 

Ausgaben  und  Hilfsmittel:    1.  Von  den  zahllosen,   meist  schwer  zugänglichen 
^n   Drucken   muss  hier  abgesehen  werden.     Die  Uauptfundstätten  Psellianischer 


4-12  Byzantinisohe  Litteratnrgeschichte.    I.  Prosaische  Idtteratar. 

Schriften  sind  jetzt:  De  operatione  daemonum  ed.  Fr.  Boissonade,  Norimbergae  1838, 
mit  26  anderen  Stücken  verschiedenen  Inhalts.  —  Migne,  Patrol.  gr.  122,  477 — 1181 
Sammelausgabe  theologischer,  philosophischer  und  juridischer  Werke.  —  E.  N.  Sathii» 
MBauKoyixfj  ßißXioIhrjxt],  voll.  4  (1874)  und  5  (1875),  enthält  das  Geschichtswerk,  Bedn, 
Enkomien,  apologetische  Schriften,  gerichtliche  Entscheidungen,  Briefe  u.  a.  —  Auf  dii 
einzelnen  Gattungen  verteilt  sich  die  wichtigste  Litteratur  folgendermassen : 

2.  Philosophie  und  Naturwissenschaften:  Das  Meistd  bei  Boiasonade  mA 
Migne  a.  a.  0.  —  Kommentar  zur  Physik  des  Aristoteles  lateinisch  ed.  Comotini, 
Venedig  1554.  —  Kommentar  zum  Timftos  des  Piaton  (Elg  rfjy  tov  nkdrioyo^  tpvxoywia») 
ed.  Vincent,  Not.  et  extr.  16  (1847)  2,  316—387.  —  G.  Linder,  In  Plaionis  de  aniaai 

?rocreatione  praecepta  commentarius,  Upsalae  1854.  —  Einen  anonymen,  angeblich  den 
sellos  gehörigen  TVaktat  TIbqI  xtav  IdBwy  äg  6  nXdtioy  Xdyei  ed.  G.  Linder,  Philolog« 
16  (1860)  523—526.  —  Einen  Traktat  Tlgog  Tovg  igtarijaaytag,  noaa  yiyti  xtay  fptXo9otp99- 
fAsytoy  Xoytay^  der  durch  die  Erhaltung  von  Fragmenten  der  Aiyvnuaxu  des  ChireuMa 
(1.  Jahrh.  n.  Chr.)  wichtig  ist,  ed.  K.  N.  Sathas,  Bulletin  de  correspond.  hellto.  1  (1877) 
121  ff.,  194  ff.,  309  ff.  ~  Zwei  Traktate  Ober  die  chaldäischen  Orakel  bei  Migne,  PaM. 
gr.  122,  1123  ff.;  ein  dritter  bei  Guil.  Kroll.  De  oraculis  Ghaldaicia.  Breslan  18M 
(=  Breslauer  philoL  Abb.  VII  1)  S.  73  ff.  —  Stöcke  aus  der  JidaaxaXia  nayrodanij  ed-J. 
A.  Gram  er ,  Anecd.  Paris.  1  (1839)  335  ff.  (die  übrigen  bei  Migne  a.  a.  0.).  Weitere Ergflnznoni 
gab  Ch.-£m.  Ruelle,  XLII  chapitres  inädits  et  compl^mentaires  du  recneil  de  Michel  PtauM 
intitulö  JufaaxaXia  nayrodanfj^  Annuaire  de  Tassoc.  13  (1879)  230—278.  —  Ein  dai 
125.  Kapitel  der  Ji^daaxaXia  berichtigendes  Brieffragment  des  Psellos  ed.  aua  Cod.  Escor. 
Y— III— 12  Paul  Tannery,  Psellus  sur  la  grande  annäe,  Revue  des  ^t.  gr.  5  (1892)206 
bis  211.  —  Aus  derselben  Hs  ed.  Paul  Tannery,  Psellus  sur  les  nombres,  Revue  det 
^t.  gr.  5  (1892)  343-347.  Tannery  führt  dieses  Stück  Hegi  ttQL»fi(oy  auf  den  Nei^lafto- 
niker  lamblichos  zurück.  Mit  der  darin  enthaltenen  zahlenmystischen  Erklärung  der  Bil- 
dung des  Embryo  ist  ein  Traktat  des  Johannes  Pediasimos  zu  vergleichen;  s.  diesen.  — 
Psellos  negl  nagado^my  avayvtoafjLdxiay  ed.  Westermann,  nttgado^oyqdtpoiy  Braunschweig 
1839  S.  143—148;  vgl.  S.  XLIII  ff.  —  Die  Einleitung  in  die  Rythmik  ed.  J.  Caesar, 
Rhein.  Mus.  1  (1842)  620—633.  —  Eine  meteorologische  Schrift  ed.  Ludw.  Jan,  Jahns 
Jahrb.  Supplementb.  7  (1841)  538—550.  —  Ein  Stück  TIbqI  tov  Ttjg  dargan^g  nvgog  xä 
ßQovxfjg  x€u  xegavywy  ed.  aus  Cod.  Monac.  gr.  287  N.  Polites,  Jrjfito&eig  /ABxeioQoXoyud 
fiv&oij  Athen  1880  S.  6  f.  —  Das  medizinische  Gedicht  ed.  Fr.  Boissonade,  Anecd.  gr. 
1  (1829)  175—232;  ebenda  S.  233—241  das  Verzeichni  sder  Krankheitsnamen  und  S.  242 
bis  247  der  Aufsatz  über  Landwirtschaft.  Auch  bei  L.I  de  1er,  Physici  et  medici  graed 
minores,  vol.  1  (1841)  203  ff.  —  Zu  den  physikalischen  Problemen:  Th.  DOhner,  Za 
Michael  Psellus  und  Plutarch,  Philologus  14  (1859)  407—410.  —  lieber  den  Verfasser  des 
logischen  Kompendiums  s.  C.  Prantl,  Geschichte  der  Logik  II  264  ff.  und  III  18,  sowie 
seine  Schrift:  Michael  Psellos  und  Petrus  Hispanus,  eine  Rechtfertigung,  Leipzig  1867. 
Dagegen  Ch.  Thurot,  Revue  archöol.  nouvelle  s^rie  10  (1864)  Juli-Dezember,  und  Revue  ) 
critique  1867,  Nr.  13  und  17.  Val.  Rose,  Hermes  2  (1867)  146  ff.;  ebendort  465  ff.  über 
Gregorius  Solitarius.  Vgl.  auch  noch  Ueberweg-Heinze,  Grundriss  der  Geschichte  der  ! 
Philosophie  II«  186  f.  und  W.  Christ,  Gedächtnisrede  auf  K.  Prantl,  AbhandL  bayer. 
Akad.  1889  S.  49.  —  lieber  die  Euklidzitate  im  Hvyrayfda  vgL  J.  L.  Heiberg,  LittcNrar* 
geschichtliche  Studien  über  Euklid,  Leipzig,  Teubner  1882  S.  213  ff.  —  Einen  mathemati- 
schen Brief  des  Psellos  ed.  Paul  Tannery,  Diophanti  Alexandrini  opera  omnia,  voL  2 
(Leipzig  1895)  37—42.  —  Zur  Schrift  über  die  vier  mathematischen  Disziplinen  vgl.  M. 
Cantor,  Vorlesungen  über  Geschichte  der , Mathematik  I*  (1894)  472  f.  —  Einen  Brief 
des  Psellos  Tlegl  xQvoojioitas  bespricht  Ch.-Em.  Ruelle,  La  Chrysopöe  de  Psellus,  Revue 
des  öt.  gr.  2  (1889)  260—267.  —  Auszüge  aus  philosophischen  Traktaten  bei  Th.  Uspenskij, 
Das  Synodikon  für  die  Woche  der  Rechtgläubigkeit,  Odessa  1893  S.  49—56.  ~  Den  medi- 
zinisch-naturwissenschaftlichen Schriften  wie  seinem  berühmten  Namen  überhaupt  hat  es 
PseUos  zu  verdanken,  dass  ihm  spftter  auch  Hausarzneibücher  zugeschrieben  wurden 
z.  B.  im  Cod.  Bonon.  Univ.  3633.  Vgl.  A.  Olivieri,  Indice  de*  Codici  greci  Bolognesi. 
Studi  ital.  di  filol.  class.  3  (1895)  456.  In  diese  Kategorie  gehört  wohl  auch  der  Traktat: 
üegl  (üfionXatooxoniag  xai  otüiyoitxomag^  den  R.  Horcher,  Philologus  8  (1853)  165 — 168, 
und  N.  Polites,  naq^svdiy  1872  S.  1095—1097,  ediert  haben. 

3.  Philologie:  Gedicht  über  Grammatik  ed.  Fr.  Boissonade,  Anecd.  gr.  8  (1831) 
200—228;  ebendort  429-436  die  Rätsel  des  Psellos  und  437-452  die  des  Megalomites 
und  Aulikalamos.  —  Zum  grammat.  Gedichte  vgl.  Uhlig's  Ausgabe  des  Dionysius  Thraz, 
Proleg.  S.  40,  und  das  anonyme  Gedicht  in  1087  politischen  Versen  bei  Boissonade,  Anecd. 
gr.  2  (1830)  340—393,  und  das  anonyme,  ebenfalls  in  politischen  Versen  abgefasste  Lexikon, 
das  E.  Miller  aus  einer  Athoshandschrift  im  Annuaire  de  Tassoc.  8  (1874)  253 — 284 
ediert  hat.  —  Gedicht  über  das  jambische  Metrum  edd.  A.  Nauck,  M^langes  Gräco-Rom. 


4.  Philosophie.    (§  184)  443 

I  492  f.  und  W.  Sind em und,  Anecdota  Varia  I  198  f.  —  Homerische  Allegorien  ed. 
^r.  Boissonade  mit  den  Allegorien  des  Tzetzes,  Paris  1851.  —  Proben  aus  Homer- 
conmentaren  ed.K.  N.  Sathas  mit  der  Abhandlung:  Sur  les  commentaires  Byzantins  relatifs 
KUX  comödies  de  M^nandre,  aux  poämes  d'Homöre  etc.,  Annuaire  de  Tassoc.  9  (1875) 
L87 — 222.  -  Die  Paraphrase  zur  Uias  ed.  ohne  Autornamen  I.  Bekker,  Scholia  in  Homeri 
[liadem,  Berlin  1825-1827  S.  651—811.  Sie  steht  u.  a.  in  den  Codd.  Bodl.  Barocc.  47, 
Paris.  1045,  Lanr.  32,  42,  Laur.  Gonv.  Soppr.  68,  Venet.  Marc.  IX  33,  Vatic.  Palat. 
H  (in  den  letzteren  beiden  ohne  Automamen).  Vgl.  Band  in  i,  Gatalogus  codd.  mss  biblio- 
iiecae  Mediceo-Lanr.  II  202.  Hauptschriften:  Ed.  Schmidt,  De  Uiadis  paraphrasi  Bek- 
ceriana  et  metaphrasi  Villoisoniana,  Diss.,  Königsberg  1875,  und:  Arthur  Ludwich, 
^ristarchs  Homerische  Textkritik  2  (1885)  488-552.  —  Gedicht  und  Briefe  über  Rhe- 
torik ed.  Chr.  Walz,  Rhetores  Graeci,  vol.  3  (1834)  687—703  und  vol.  5  (1833)  598—605. 

4.  Geschichtswerk:  Ed.  pr.  K.  N.  Sathas,  Mea,  ßtßho».  yo\.  4  (1814).  Vgl.  die 
Bespreehung  von  E.  Miller,  Journal  des  Savants  1875  S.  13—29.  —  Hilfinnittel:  N.  Ska- 
»alanoviÖ,  Byzant.  Staat  und  Kirche  im  11.  Jahrhundert,  Petersburg  1884  (ttber  die  Ab- 
raaaungszeit  u.  s.  w.).  —  S.  Röokl,  Blätter  f.  d.  b^er.  Gymnasialschulwesen  21  (1885) 
I — 19  (über  die  Quellen  und  Ausschreiber).  —  W.  Fischer,  Beiträge  zur  historischen 
ECritik  des  Leon  Diakonos  und  Michael  Psellos,  Mitteil.  d.  Instituts  für  Österreich.  Ge* 
fchichtsforschung  7  (1886)  353—377.  —  Joh.  Seger,  Nikephoros  Bryennios,  München  1888 
S.  36  ff.  —  J.  B.  Bury,  Roman  emperors  hom  Basil  II  to  Isaac  Komnenos,  The  English 
histor.  review  4  (1889)  41—64;  251 — 285.  —  Emendationen  von  J.  Pantazides,  'A^waMty 
3  (1874)  668-686;  7  (1878)  322-346;  8  (1879)  44-67;  247-257.  Auch  selbständig  er- 
schienen als:  JiOQ&waeig  eig  Mtx^rjX  ^bXXov  jjf^oi^oy^a^/ay,  fiSQog  a,  Athen,  *Ex  tov  xvno- 
YQafptlov 'EQfjLov  1879;  fiiqog  ß'  (mit  demselben  Titel)  als  Gratulationsschrift  an  H.  Sauppe, 
Athen,  Blastos  1883.  —  K.  S.  K<ontos>,  'Aa^yd  1  (1889)  357  f.  (Emendationen).  — 
Gedicht  über  die  Synoden:  Ed.  pr.  wohl  in  dem  Bändchen:  Cyri  Theodori  Prodromi 
epigrammata  etc.,  Basileae  1536.  —  Ed.  K.  Simonides,  ^Og^odo^tay  *EXXijya)y  ^eoXoyMal 
y^afpal  r^uaagBs,  London  1865  S.  219—221. 

5.  Juridische  Schriften,  Reden,  Briefe,  Uebungsstücke  u.  s.  w.:  Juridische 
Schriften  bei  Migne  a.  a.  0.   —   Einige  Briefe  ed.  aus  Cod.  Palat.  356  Fr.  Greuzer  in 
den  ,MisceUanea  maximam  partem   critica  curaverunt  Fr.  Traug.  Friedemann  et  J.  D. 
Godofr.  Seebode*  2  (Wittenberg  1823)  601—623.   —  Eine  Anzahl   von  Briefen  hat  L. 
Fr.  Tafel    irrtümlich  als   Eigentum   des  Eustathios  von   Thessalonike   (s.  diesen) 
ediert    —   Reden  und  208  Briefe  ed.  K.  N.  Sathas,  Mbü.  ßißX,  vol.  5.    Zwei  Briefe  mit 
französischer  Uebersetzung  hatte  Sathas  schon  im  Annuaire  de  Fassoc.  8  (1874)  193 — 221 
mitgeteilt    Zum  Texte  derselben  vgl.  A.  Eberhard,   Bursians  Jahresbericht  Bd  3  (1877) 
550  f.    —    Monodie   auf  den  Schüler    Johannes  Patrikios   ed.    Alb.  Jahn,  Jahns  Jahrb. 
Supplementb.   (=  Jahns  Archiv)   11  (1845)  347—381.    —   Den   Brief  an   den  Vestarchen 
Pothos  über  Gregor  von  Nazianz  ed.  pr.  H.  0.  Goxe,   Catalogi  codicum  mss  bibliothecae 
Bodl.  pars  1  (1853)  743—751   (aus  Cod.  Bodl.  Miscell.  189  fol.  195  -198.    Die  Schrift 
steht  auch  im   Cod.  Vatic.  Pal.  402  s.   11  fol.   380—387.     Fehlt  bei  Migne).   —   Das 
damit  verwandte  Schreiben  über  Gregor  von  Nazianz,  Basilios,  Chrysostomos  und  Gregor 
von  Nyssa   ed.  Fr.  Boissonade,   'PeXXog  S.    124—131.     Wiederholt  bei   Migne,   Patr. 
gr.    1Ö2,    901 — 907.    —    V.   Vasiljevskij,   Zwei   Briefe   des   byzantinischen   Kaisers 
Michael  VII  Dukas  an   Vsevolod   Jaroslaviö,   Joum.   Min.   1875    Bd.    182    Dezemberheft 
S.  270 — 315.     V.    macht   es   sehr  wahrscheinlich,  dass  diese  zwei  von  PseUos  im  Auf- 
trage des  Kaisers  verfassten  Briefe  mit  einer  Brautwerbung  für  des  Kaisers  Bruder  Kon- 
stantinos  (in   der   Mea.  ßißX,  5  Nr.  143  und  144),  als  deren  Adressaten  Sathas  u.  a.  den 
Robert  Guiscard  bezeichnet  hatten,  vielmehr  an  den  Kiewschen  Teilfürsten  Vsevolod,  den 
Sohn    des  Jaroslav,   gerichtet  sind.     Inhaltlich  sind  beide  Briefe  identisch;   es  sind  Ent- 
würfe zur  Auswahl,  von  denen  nur  einer  wirklich  abgeschickt  wurde.   Vgl.  die  Besprechung 
von  E.  Kurtz,  B.  Z.  3,  630-633.  —  Zum  Texte  dieser  zwei  Briefe  W.  W(agner),  Liter. 
Centralbl.  1875  Nr.  25  Sp.  810,  und  E.  Kurtz,  6.  Z.  3,  632  Anm.  —  Einige  Reden  und 
Briefe  ed.  mit  Kommentar  B.  Hase  im  Recueil  des  historiens  grecs  des  croisades  1  (Paris 
1875)  1 — 90.  —  Ueber   einiges  Neue  hat  P.  Bezobrazov   nähere  Mitteilungen   gemacht, 
nämlich  über  ein   Gerichtsprotokoll  vom  Jahre   1075  {Aoyos  inl  ftp    iy  BXax^Qyaig 
yfyoyoTi  ^avatcfi),   Joum.  Min.  1889  Bd  262  S.  72—91,   einen   Ehekontrakt  zwischen 
Michael  VII  Dukas  und  Robert  Guiscard,  Joum.  Min.   1889   Bd  265  S.  23—31,   die  An- 
klagerede gegen  den  Patriarchen  Michael  Keralarios,  Joum.  Min.  1889  Bd  265  S.  32—84. 
Vgl.  £.  Kurtz,  B.  Z.  2,  167;  3,  633—635.  —  Allerlei  Erzeugnisse  der  Schulrhetorik  von 
Psellos  bewahrt  z.   B.   der  Cod.   Barb.   gr.  U  61.     Das   interessanteste   Stück  ist  eine 
.theologische  Etbopoiie',  in  welcher  die  alte  Rhetorentechnik  auf  ein  christliches  Thema 
übertragen  ist:  Tov  ^sXXov  tj&onoua  &eoXoyixtj  •  Tiyas  ay  etnoi  Xoyovg'jiidrjg  xBjqarjfAiQov 
to»  AaCtiQov  dyeyB(^iyxog; 


444  Byzantinische  Litteraturgeschichte.    I.  Prosaisohe  Littaraiiir. 

Mit  der  Schrift  des  Psellos  Über  den  Einsturz  der  Hagia  Sophia  (E^c  rifv  tiji  ipgfi 
lofpiug  avfX7iTü)(jiy),  die  bei  Migne,  Patr.  gr.  122,  911  ff.  gedruckt  ist,  ist  zu  ver^mkal 
des  Prokop  von  Gaza  Moyt^dia  eig  ttjy  dyiav  £o(pitty  nBüovaav  dn6  aetafMÖ^  ^^M 
Patr.  gr.  87,  3,  2837  ff. 

6.  Poesien:  Das  Grabgedicht  auf  die   Skleraina  ed.   L.   Sternbach,  Ro^nwjrij 
Sprawozdania  z  Posiedzen  wydzialu  filol.  akad.  um.  15  (Krakau  1891)  375 — 392  (ans  im 
Cod.  Paris.  Suppl.  gr.  690;   noch  unbenutzt   ist  Cod.  Laur.  Gonv.  soppr.    627  •.]!' 
fol.  19).  —  Das  Lehrgedicht  über  die  Psalmen  an  Kaiser  Michael  Dokas  steht  z.  GL  k 
den  Codd.  Laur.  Conv.  soppr.  627  foL  93^-95,  Marc.  498,  BodL  Barooc.  25,  a  U 
foL  213—219  u.  a.  —  Ein  anonymes  Gedicht  über  den  Psalter  im  Cod.  Athoas922aUL 

—  Die  Rätselsammlung  ed.  Fr.  Boissonade,  An.  gr.  3  (1831)  429— 452;  ebenda  453-4» 
die  kleine  Sammlung  des  „Aulikalamos'*  und  ein  herrenloses  Rätsel.  (jS«naueres  U«' 
diese  und  ältere  Rätsel  sowie  reiche  bibliographische  und  handschriftliche  NotiieB  ks 
G.  Dilthey,  Symbolae  criticae  ad  anthologiam  graecam  ex  libris  mann  scriptia  petikK^ 
Ind.  lect.  f.  d.  Sommersemester  1891,  Göttingen  1891  S.  6—18.  Die  dem  Kaiser  MicU 
Dukas  gewidmeten  Rätsel  stehen  auch  im  God.  Barber.  I  41  foL  104.  —  Die  30  I» 
gramme  auf  Tugenden,  Laster  u.  s.  w.  im  Anhange  von:  Heraclidis  Pontici  qoi  Arntoäi 
aetate  vixit  Allogoriae  in  Homeri  fabulas  de  düs  ed.  Gonr.  Gesner,  BasÜeae  1544  (mdi 
den  Epigrammen  noch  die  drei  Prosaschriften  des  Psellos:  'Jyaytayij  eig  v6y  Tämaldr, 
*j4XXrjyoQla  negl  rrjg  Iqayyog,  ^Jvayiayrj  Big  xrjv  Kigxtjy  ßovXofi^yrjy  roy  udvatria  fierafÄOQipmp]. 

—  Ein  Epigramm  (14  Trimeter)  des  Michael  Psellos  .senior*  (?)  auf  die  12  Apostel  ei 
J.  B.  Pitra,  Spicilegium  Solesmense  4  (1858)  496. 

7.  lieber  lieferung:  Schon  früh  wurde  eine  Sammelausgabe  von  Schriften  dei 
Psellos  veranstaltet.  Ein  aus  dem  13.  Jahrhundert  stammendes  Exemplar  derselben  M 
der  unschätzbare  God.  Paris.  1182.  Andere  Hauptfundstätten  psellianischer  Schriftn 
sind  die  Godd.  Matrit.  51.  s.  14  (genaue  Beschreibung  bei  Jo.  Iriarte,  Begiae  biU. 
Matrit.  Codices  graeci  S.  169—176);  Taur.  331  c.  II.  34  (jetzt  G.  V.  6),  s.  16;  BodL 
Barocc.  131,  s.  14;  Vatic.  Pal.  281,  i.  J.  1040  (?)  geschrieben  (jetzt  wieder  in  Hddel- 
borg);  Vatic.  Pal.  383  s.  13;  Vatic.  Urb.  134  s.  15;  Laurent.  57,  40  s.  15  (genaie 
Beschreibung  bei  A.  M.  Bandini,  Gatal.  codicum  gr.  bibl.  Laur.  2,  398—418).  üaad- 
schriftliche  Mitteilungen  gab  Gh.-Em.  Ruelle,  Archives  des  missions  scientifiqnes,  3.  a^ 
tome  2  (1875)  497—627  (s.  den  Index  s.  v.). 

8.  Leben  und  Schriften:  Die  Grundlage  bildete  bis  in  die  neueste  Zeit  des  Leo 
A  Hat  ins  Abhandlung:  De  Psellis  et  eorum  scriptis,.  Romae  1634;  wiederholt  mit  Berich- 
tigungen bei  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  10,  41-  97  und  bei  Migne,  Patrol.  gr.  122, 
477—538.  —  Zur  Bibliographie  vgl.  F.  Henrichsen,  lieber  die  sogenannten  politiacben 
Verse,  Leipzig  1839  S.  98—102.  --  Viele  Berichtigungen  und  Zusätze  zur  Biographie  gib 
K.  N.  Sathas  in  den  Vorreden  zum  4.  und  5.  Bande  der  Mea.  ßvßX.  Auf  Sathas  beruht  di« 
hübsche  Skizze  von  E.  Egger,  im  Dictionnaiie  des  sciences  philosophiques  sous  la  direction 
de  Ad.  Franck,  Paris  1875  S.  1418  ff.  und  die  ausführlichere  Darstellung  von  A.  Rambaad, 
Revue  historique  3  (1877)  241—282.  —  Einiges  zur  Biographie  und  Gharakteristik  gab 
Job.  Dräseke,  Zu  Michael  Psellos,  Zeitschr.  f.  wissenschaftliche  Theologie  32  (1^) 
303 — 330.  —  P.  Bezobrazov,  Der  byzantinische  Schriftsteller  und  Staatsmann  Michael 
Psellos.  I.  Biographie  des  Psellos,  Moskau  1890  (russ.).  Das  mir  unzugängliche  Werk  beruht 
nach  der  Besprechung  im  Odessaer  Jahrb.  II  (1892)  1  S.  84—96  zum  Teil  auf  neuem  hand- 
schriftlichen Material.  —  Bruno  Rhodius,  Beiträge  zur  Lebensgeschichte  und  zu  den 
Briefen  des  Psellos.  Progr.,  Plauen  1892.  Berichtigungen  dazu  von  J.  Seger,  B.  Z.  2, 
148  ff.  —  A.  Sonny,  Das  Todesjahr  des  Psellos  und  die  Abfassungszeit  der  Dioptra,  B.  Z. 
3  (1894)  602  f.  —  Will.  Fischer,  Studien  zur  byzantinischen  Geschichte  des  11.  Jahrh., 
Progr.,  Plauen  1883,  handelt  über  das  mit  der  Biographie  des  Psellos  eng  verbundene 
Leben  des  Patriarchen  Johannes  Xiphilinos  und  über  die  juridische  Synopsis  des  Psellos. 

—  Ueber  Michael  Eerularios,  zu  dem  Psellos  in  engen  Beziehungen  stand,  a.  die  frei- 
lich nicht  ganz  objektive  Darstellung  von  Fr.  Gfrörer,  Bjrzantinische  Geschichten  3 
(Graz  1877)  266  ff.,  314  ff.  —  Anfang  einer  Bibliographie  des  Psellos  auf  Grund  des  God. 
Paris,  gr.  1182  bei  Sathas,  3/eff.  ßißX.  5,  cbX.  ^—nS'.  —  Einiges  bei  W.  Engelmann, 
Bibliotheca  scriptorum  classicorum  1  (1880)  656  f.  —  Weitere  bibliographische  Mitteilungen 
mit  drei  kleinen  Anekdoten  von  Gh.-Öm.  Ruelle,  SvXXoyog,  ElxwnneyraBTrjQig,  naQdgr. 
Tov  irj  To/Äov,  1886  S.  591—614.  —  Zur  Gharakteristik:  Ferd.  Gregorovius,  Geschichte 
der  Stadt  Athen  im  Mittelalter  I  176  ff.,  und  besonders  die  feinsinnigen  Ausführungen  von 
K.  Neumann,  Die  Weltstellung  des  byzantinischen  Reiches  vor  den  Kreuzzügen,  Leipzig 
1894  S.  81-93. 

185.  Johannes  Italos  (Iwunr^g  6  'haXog),  am  byzantinischen  Hofe 
wohl  angesehen  und  auch  als  Gesandter  verwendet,  folgte  dem  Psellos  in 


4.  PhüOBophie.    (§§  185-186)  445 

der  Würde  des  vnaxog  xdv  ^ikoa6(fu)v  und  wirkte  noch  mehr  als  sein 
Vorgänger  durch  eine  regsame  Lehrthätigkeit;  ein  starker  und  heftiger 
IMalektiker,  widmete  er  sich  vornehmlich  der  Erklärung  aristotelischer 
Schriften,  berücksichtigte  aber  auch  den  Plato  und  die  Neuplatoniker. 
Sme  interessante  Schilderung  seines  turbulenten  Charakters  und  der  hand- 
greiflichen Art  seines  Unterrichtes  haben  wir  in  der  Alexias  der  Anna 
Komnena  (V  8;  X  1).  Mit  der  byzantinischen  Orthodoxie  hatte  er  wie 
auch  Eustratios  von  Nikaea  und  Leon  von  Chalkedon  heftige  Kämpfe  zu 
bestehen.  Über  diese  in  die  erste  Zeit  des  Alexios  Eomnenos  fallenden 
Streitigkeiten  berichtet  ausführlich  Niketas  Akominatos  in  seiner  Svvotpig 
Toir  doyiiatiüv  xdv  xivrjd-ävzcov  im  trjg  ßaaiXeiag  tov  ßaaiXäcog  xvqov  'AXe^iov 
Tov  Kofivrjvov.  Von  seinen  meist  noch  unedierten  Schriften  sind  zu  nennen: 
1.  Eine  Sanmilung  von  93  Antworten  auf  Anfragen  hochstehender  Personen 
"wie  des  Michael  Parapinakes  und  des  Andronikos  Dukas.  Diese  in  der 
Art  der  JidaaxaXia  nan^odartrj  des  Psellos  gehaltenen  Stücke  betreffen 
meist  die  metaphysischen  Definitionen  des  Aristoteles.  2.  Ein  Kommentar 
zum  2.  bis  4.  Buche  der  Topika  des  Aristoteles.  3.  Ein  Kommentar  zu 
Aristoteles  üegi  eQfitjvsiag.  4.  Ein  Auszug  der  Dialektik.  5.  Ein  Aus- 
zug der  Rhetorik  {fxä&oSog  tijg  ^r/toQixrjg  xard  (rvvoipiv).  6.  Expositiones 
logicae.    Vgl.  A.  Busse,  Berliner  Aristoteleskommentare  vol.  4  p.  1  S.  L. 

1.  Vgl.  B.  Hase,  Notices  et  extraits  9  (1813)  2,  148  ff.  und  G.  Prantl,  Geschichte 
der  Logik  II  293 — 295.  —  Ueber  den  oben  erwähnten  Bericht  des  Niketas  Akominatos 
vgl.  L.  Fr.  Tafel,  Supplementa  historiae  ecclesiasticae  Graecorum  saec.  XI.  XII.  Tübinger 
Programm  1832.  —  Ueber  den  Kommentar  zum  2. — 4.  Buch  der  Topik  des  Aristoteles  vgl. 
Wal  lies,  Die  griechischen  Ausleger  der  Aristotelischen  Topik,  Progr.  des  Sophiengymna- 
siums zu  Berlin  1891  S.  24—27,  und  Wal  lies,  Praefatio  zu  Alexander  von  Aphrodisias 
in  Aristotelis  Topica,  Berliner  Aristoteleskommentare  vol.  2  p.  2  S.  XLVII — L.  In  seiner 
Benfltznng  des  Alexander  von  Aphrodisias  im  Kommentar  zur  Topik  zeigt  sich  der  vnafog 
^piXoaotftoy  als  ein  sklavischer  Abschreiber.  —  Hauptschrift  über  Johannes  Italos,  Leo  von 
Chalkedon,  Eustratios  von  Nikaea,  den  Mönch  Nilos  und  die  Konflikte  ihrer  Philosophie 
mit  der  Kirche:  Th.  Uspenskij,  Die  theologische  und  philosophische  Bewegimg  in  dem 
Byzanz  des  11.  und  12.  Jahrb.,  Joum.  Min.  1891,  Bd  277,  Septemberheft  S.  102—159, 
Oxtoberheft  S.  283—324.  Wiederholt  in  dem  Buche:  Skizzen  zur  Geschichte  der  byzan- 
tinischen Kultur,  Petersburg  1892  S.  146—245.  —  Auszüge  aus  des  Johannes  Italos 
Schriften  gab  Th.  Uspenskij,  Das  Synodikon  für  die  Woche  der  Rechtgläubigkeit  Odessa 
1893  S.  57-67. 

2.  Zur  Ueberlieferung  seien  notiert  die  Codd.  Marc.  gr.  519,  s.  15,  der  foL 
56^85  den  Auszug  der  Dialektik  enth&lt.  Es  cur.  X.  I.  11,  s.  16  (mehrere  Schriften), 
Es  cur.  ü,  IV.  14,  s.  15  (Synopsis  organi). 

186.  Nikephoros  Blemmydes  {NixrjifoQog  d  BXsfifivitjg,  weniger  ver- 
bürgt BXsfiixidrfi)  gehört  zu  den  am  besten  bekannten  Personen  der  byzan- 
tinischen Litteraturgeschichte  und  zugleich  zu  denen,  in  welchen  sich  das 
byzantinische  Wesen  mit  seinen  Licht-  und  Schattenseiten  am  schärfisten 
ausgeprägt  hat.  Im  Jahre  1197  oder  1198  zu  Eonstantinopel  als  Sohn 
eines  Arztes  geboren,  verliess  er  nach  der  lateinischen  Eroberung  die 
Hauptstadt  und  erhielt  in  verschiedenen  Orten  Kleinasiens  eine  vielseitige 
Ausbildung.  Zum  Jüngling  herangereift  widmete  er  sich  dem  geistlichen 
Berufe  und  trat  in  den  Klerus  von  Konstantinopel  ein,  der  damals  in 
Nikaea  neben  dem  Klerus  dieser  Stadt  waltete.  Blemmydes  kam  bald  in 
enge  Beziehungen  zum  kaiserlichen  Hofe  und  wurde  der  Lehrer  des  nach- 
maligen Kaisers  Theodoros  II  Laskaris,  der  ihm  auch  später  treue  An- 
hänglichkeit bewahrte.    Das  innige  Verhältnis  des  fürstlichen  Schülers  zu 


446  fiyzantinisohe  Litteraiurgesohiolite.    1.  Prosaische  Liiieratiir. 

seinem  Lehrer  bezeugen  eine  Anzahl  von  Briefen,  die  uns  im  Cod. 
9,  35   erhalten  sind.     Nach    mancherlei   Misshelligkeiten,   an   denen 
stolzes  und  verletzendes  Wesen  wohl  nicht  wenig  Schuld  trug,   lieas  A 
Blemmydes  zum  Mönche  scheren   und   erbaute   ein  Kloster   bei   Ephesoi^i 
dessen  Leitung  er  übernahm.     Im  Jahre  1255   wurde  ihm  wegen   Beim 
Gelehrsamkeit   die  Patriarchenwürde  angeboten;   er   erwiderte    aber  ak 
lehnend    und   begnügte  sich  damit,    im  Mönchskleide  nach    wie    vor  fii 
Interessen  der  Kirche  und  der  Bildung  durch  eine  reiche  schriftstellerisdi 
Thätigkeit  zu  fördern.     An  den  Verhandlungen  über  die  Union  nahm  9\ 
regen  Anteil;  seine  Parteirichtung  bedarf  jedoch  noch  der  Aufklänmg^ 
wie  es  scheint,  bewahrte  er  zwischen  den  Unionsfreunden  und  der  extrenh 
orthodoxen  Richtung  eine  vermittelnde  Stellung.   In  stiller  Zurückgezog»-! 
heit  starb  er  um  das  Jahr  1272.     Das  hohe  Ansehen,  das  Blemmydes  k 
der  Folgezeit  genoss,  bezeugt  u.  a.  der  Historiker  Nikephoros  Gregoraa, 
der  ihn  wiederholt  lobend  erwähnt  z.  B.  mit   den  Worten:  UtnJQ  dk  ov%% 

oTioar^v  T€  "^EXXrjvcDV  vfivovai  natdeg  xal  onotfrjv  ol  trjg  xa&*  f^ixag  exxXrjaia^ 
ngocrdrai  xal  ^jzogeg  eg  lijfisTäQav  wifäXeiav  ngovO-fjxav,  Ed.  Bonn.  I  46^ 
11  ff.;  vgl.  ebenda  I  55,  11  ff.;  129,  14  ff. 

Die  SchriftsteUerei  des  Blemmydes  verteilt  sich  auf  die  Gebiete  der 
Philosophie,  Theologie,  Geographie,  Rhetorik  und  Poesie.  1.  Ein  Hand- 
buch der  Logik  und  Physik  in  zwei  Teilen:  Etaaytayixrjg  imtofüf 
ßißXiov  a\  iniTOfifj  Xoyix^g^  ßißXtov  ß" :  nsQi  (pvtfixijg  dxQoätrewg.  Das  Werk, 
dessen  Quellen  noch  der  Untersuchung  bedürfen,  genoss,  wie  die  Menge 
der  Handschriften  beweist,  hohes  Ansehen  und  gehörte  zu  den  beliebtesten 
philosophischen  Lehrbüchern  der  byzantinischen  Zeit.  Ohne  grössere  Be- 
deutung ist  ein  Auszug  aus  der  Isagoge  des  Porphyrios. 

2.  Der  theologischen  Schriften  des  Blemmydes  ist  schon  in  dem 
von  Ehrhard  bearbeiteten  Abschnitt  S.  93  f.,  135  f.  gedacht  worden. 
Dazu  kommt  ein  Enkomion  auf  den  Evangelisten  Johannes  und  ein 
erst  jüngst  bekannt  gewordenes  Werk,  ein  Typikon  für  das  von  Blem- 
mydes gegründete  Kloster,  von  dem  leider  nur  drei  Kapitel  erhalten  zu  sein 
scheinen.  Die  Vorschriften  dieses  Klostergesetzbuches  zeigen  eine  seltsame 
Mischung  von  grausamer  Härte  und  humaner  Liberalität.  Das  Sitzen  in 
der  Kirche  verbietet  Blemmydes  gänzlich,  selbst  Kranken  und  Greisen, 
und  die  Mönche  seines  Klosters  müssen  auch  die  sogenannten  Kathismata 
stehend  singen.  Dagegen  gestattet  er  reichliche  Ernährung  und  Wein- 
genuss,  weil  das  den  Hochmut  (der  Askese)  vertreibe  und  dem  Körper 
Kraft  zu  geistiger  Arbeit  verleihe  (tovro  ydg  xal  rvifov  dneXavvhi  xai 
nQog  rag  nvevfiaTixdg  igyaciag  laxvv  Blaoixi^si  T(p  (toi flau). 

3.  Im  Zusammenhang  mit  seinen  naturphilosophischen  Studien  steht 
die  Thätigkeit  des  Blemmydes  auf  dem  sonst  in  Byzanz  so  wenig  beliebten 
Gebiete  der  Geographie,  dem  er  zwei  wohl  für  den  Schulunterricht  be- 
stimmte Schriftchen  gewidmet  hat:  A.  Einen  geographischen  Abrise 
{rstoyQa^i'a  awomixT]),  der  in  der  Hauptsache  auf  eine  Paraphrase  des 
Dionysios  Periegetes  zurückgeht.  B.  Die  zweite  kurz  gefasste  Erd- 
forschung, einem  orthodoxen  Fürsten  gewidmet  (Exäqa  tcro^a  neqi  %i^i 


4.  PhUoBophie.    (§  186)  447 

'i^g  er  avvcipBi  n^og  tira  ßaciXia  oQ&oio^oi),   Es  ist  ein  Aufsatz  über  die 
Grösse  und  Kugelgestalt  der  Erde. 

4.  Unter  den  rhetorischen  Schriften  erregen  die  grösste  Teil- 
lahme  zwei  in  den  Jahren  1264  und  1265  verfasste  Selbstbiographien, 
älemmydes  erzählt  uns  freilich  nicht  sein  ganzes  Leben,  sondern  nur  die 
v^ichtigsten  Ereignisse,  besonders  diejenigen,  welche  geeignet  sind,  seine 
Person  in  ein  vorteilhaftes  Licht  zu  setzen.  Obschon  er  aber  einen  Auto- 
>anegyrikos  schreibt  und  sorgfältig  bemüht  ist,  jeden  Flecken  zu  ver- 
lecken oder  schön  zu  färben,  legt  er,  ohne  es  zu  wollen,  sein  ganzes  echt 
)yzantinische8  Charakterbild  vor  unseren  Augen  auseinander.  Seine  zweifel- 
ose litterarische  und  dialektische  Begabung,  seine  über  das  Niveau  der 
Seit  erhabene  Oelehrsamkeit,  sein  energisches  Temperament  und  der  selbst- 
)ewu88te  Ton  unabhängiger  Überzeugung  treten  nicht  weniger  deutlich 
lervor  als  seine  jeder  konzilianten  Regung  verschlossene  Starrheit,  seine 
)ft  kleinliche  Pedanterie,  sein  eitles  Behagen  an  spitzfindigster  Sophistik, 
las  sich  in  dem  selbstgefälligen  Berichte  über  sein  Wortgefecht  mit  dem 
hrctrog  ^iXoaoifiav  Demetrios  Karykes  köstlich  verrät,  vor  allem  aber 
lie  durch  keinerlei  sittliche  Selbstzucht  gemilderte  Einbildung  auf  sein 
überlegenes  Wissen,  seinen  Scharfsinn,  seine  lautere  Gesinnung,  seine 
Frömmigkeit  und  sein  auserlesenes  Schutzverhältnis  zu  Gott.  In  der 
letzteren  Hinsicht  mutet  Blemmydes  der  Vertrauensseligkeit  seiner  Leser 
unglaubliche  Dinge  zu.  Einmal  überfiel  ihn  nachts  in  einer  einsamen 
Klausnerei  ein  Räuber  und  stiess  mit  einem  langen  Dolche  unablässig  auf 
ihn  ein;  aber  trotz  aller  Mühe  vermochte  er  den  frommen  Einsiedler  nicht 
zu  töten  und  musste  endlich  beim  Morgengrauen  unverrichteter  Dinge 
von  dannen  ziehen.  Wenn  die  staunende  Verehrung  treuer  Schüler  oder 
die  fromme  Begeisterung  späterer  Geschlechter  die  Thatsachen  eines  heilig- 
massigen  Lebens  mit  den  Ranken  phantastischer  Erfindung  umwindet, 
so  ist  das  verständlich  und  verzeihlich;  Blemmydes  aber  hielt  es  für 
sicherer,  die  Schilderung  seiner  Thaten  und  die  nötige  Verzierung  nicht 
einem  Schüler  zu  überlassen,  sondern  in  eigener  Person  auszuführen.  Als 
wirksame  Folie  diente  ihm  das  dunkle  Bild,  das  er  von  seinen  kirchlichen 
und  persönlichen  Widersachern  entwirft.  Sehr  bezeichnend  ist  die  äusserst 
schwache  Betonung  der  politischen  Drangsalen  des  Reiches;  kaum  wird 
man  inne,  dass  das  Zentrum  und  der  Schwerpunkt  des  Staates  von  Kon- 
stantinopel nach  Nikaea  verlegt  ist.  Will  man  die  auf  kirchlichen  und 
antikpoetischen  Mitteln  beruhende  Stilschnörkelei  und  die  masslose  Hoffart 
der  Selbstbeschreibung  des  Blemmydes  vollauf  empfinden,  braucht  man  sie 
nur  mit  der  Autobiographie  seines  Zeitgenossen  Gregor  von  Cypern 
zusammenzuhalten.  Immerhin  sind  diese  biographischen  Aufzeichnungen 
durch  eine  Fülle  von  Nachrichten  über  die  kirchenpolitischen  und  höfischen 
Verhältnisse  der  Zeit  stofflich  von  grösster  Wichtigkeit. 

An  seinen  Schüler  Theodoros  Laskaris  richtete  Blemmydes  eine  Schrift 
über  die  Pflichten  eines  Regenten  mit  dem  Titel  „Musterbild  eines 
Königs*:  Aoyog^  og  eneataXt]  Tfjri  ßacirXeX  ßaaiXixog  xXrj&elg  ävigidg. 
Er  erwähnt  sie  selbst  in  seiner  Autobiographie  (S.  88,  1  ed.  Heisenberg). 
Dieser  in  geschraubter,  blumenreicher  und  oft  unklarer  Sprache  abgefassto 


448  ByEantinische  LitterainrgeBchiohte.    I.  Pronauiphe  Litteratar. 

Essay,  der  noch  auf  seine  antiken  Muster  untersucht  werden  muss, 
später  von    dem   Diakon    Georgios    Galesiotes    in    Gemeinschaft 
Georgios  Oinaiotes  einer  leichter  verständlichen  Paraphrase  untei 
Tov  (SoffOüTatov  xvqov  NixYjifoqov  %oi  BXcfifivdov  Xoyog  nfgl  ßaati^iag  pLiu 
(pQaad-eig  nQog  ro  aafptarsQov  naqu  xov  aaxeXXiov  rijg  fAsyäXrfi  ixuXi 
XVQOV    rttoQyiov    xov   FaXriamxov    xai    toi    OivaidTov  xvqov    Fefo^iaVy 
XoyKOTccTwv  dvSQwr  xai   ^r^toQUiv.    Hieher   gehören  auch  die   Briefe 
Blemmydes  an  Theodoros  Laskaris. 

5.  Unter  den  poetischen  Versuchen  des  Blemmydes  steht  an 
Spitze  ein  Gedicht  in  272  politischen  Versen,  das  er  an  den  Kaiser  Johl 
Dukas  Batatzes  richtete,  als  er  bei  demselben  von  seinem  Schüler  Romi 
in  niederträchtiger  Weise  verleumdet  worden  war.  Dass  ein  Byzantiner,] 
wenn  er  sich  dem  Kaiser  naht,  den  grössten  Teil  seiner  Besinnung  Te^ 
liere,  ist  durch  Tradition  und  Hofetikette  unweigerlich  gefordert,  uni] 
auch  Blemmydes  sündigt  nicht  gegen  dieses  allgemeine  Gesetz;  nur 
die  nervöse  Devotion  hier  noch  stärker  als  in  ähnlichen  byzantini8cliai| 
Hofpoesien,  weil  Blemmydes  sie  mit  dem  äussersten  Gegensatz  verbindet» 
mit  derber  Grobheit  gegen  seinen  Verleumder,  zu  dessen  Zerschmetterung 
er  den  ganzen  Vorrat  antiker  Schimpfwörter  nebst  manchen  kühnen 
Neubildungen  aufbietet.  An  diese  geharnischte  Verteidigungsepistel' 
reiht  sich  ein  Epigramm  in  25  politischen  Versen  zur  Begrüssung 
des  dem  Kaiser  Theodoros  Laskaris  geborenen  Sohnes  Johannes.  Während 
sich  Blemmydes  im  Verkehr  mit  dem  Hofe  der  Herrschaft  des  Allerwelts- 
verses  nicht  entziehen  wollte,  Hess  ihn,  als  er  sich  ohne  Rücksicht  auf 
einen  bestimmten  Leser  äussern  konnte,  seine  klassische  Bildung  ziun 
Hexameter  greifen,  einem  Verse,  der  vor  seiner  Zeit  ungemein  selten  war 
und  erst  im  14.  und  15.  Jahrhundert  unter  dem  Einflüsse  des  byzantini- 
schen Humanismus  häufiger  angewendet  wurde.  Er  verfasste  im  epischen 
Masse  und  Dialekte  ein  Gedicht  auf  das  Sosandronkloster  {jxovr  tm 
SoDadvÖQwv),  Demselben  Vorwurfe  widmete  er  auch  ein  jambisches  Ge- 
dicht. Im  jambischen  Masse  besang  er  auch  den  hl.  Demetrios.  Endlich 
haben  wir  von  Blemmydes  eine  aus  rythmisch  gebauten  und  jambischen  \ 
Stücken  zusammengesetzte  ^ÄxoXovd^ia  sig  %6v  dyiov  Fqtjyoqiov  tov  x^eoXoyov, 

1.  Ausgaben  und  Hilfsmittel:  A.Handbuch  der  Logik  und  Physik:  Nach 
älteren  Drucken  bei  Migne,  Patr.  gr.  142,  527—1634.  —  Vgl.  C.  Prantl,  Geschichte 
der  Logik  im  Abendlande  1  (1855)  658  und  2  (1861)  295.  —  Einzelne  Abschnitte  der  Physik 
sind  auch  separat  überliefert.     Vgl.  darüber  Val.  Rose,  An.  gr.  et  graecolat.  1  (1864)  26. 

B.  Theologie:  Das  Typikon  ed.  A.  Heisenberg  (s.  u.).  Vgl.  §  137,  wo  dieses 
Typikon  nachzutragen  ist.  —  Ueber  die  Ausgaben  der  übrigen  theologischen  Sachen  s.  S.  94. 

C.  Die  zwei  geographischen  Schriften  ed.  G.  Spohn,  Nicephori  Blemmidae 
duo  opuscula  geographica,  Lipsiae  1818  (mit  reichlichem  Kommentar  und  einer  kartogra- 
phischen Tafel).  Dann  in:  Jixaiägxov  tov  Meaaijylov  ayaygafpf}  xai  ßiog  'EXXddog  studio 
Gul.  Manzi,  Romae  1819  S.  62—102.  —  Nicephori  Blemmidae  geographiae  conspectus 
e  codice  bibliothecae  acad.  Upsal.  editus  et  latine  versus,  Upsalae  1818  (mir  nur  aus  der 
Erwähnung  bei  Ch.  Graux,  Archives  des  missions  scientifiques  III.  sörie,  tome  15  (1889) 
348  bekannt).  —  Die  reioyQatpin  avyonrt.xtj  auch  in  der  Ausgabe  des  Dionysios  Periegetes 
von  G.  Bernhardy,  Leipzig  1828  S.  404-426.  —  Beide  Schriften  bei  C  Müller,  Geo- 
graphi  graeci  minores  2,  458—470.  —  H.  Aen.  Fr.  Haase,  Miscellaneorum  philoL  liber  II, 
Universitätsschr.,  Breslau  1858  S.  10  f.  (unbedeutende  geogr.  Exzerpte  aus  Blemmydes). 

Ein   mit   der  'Eregn  Urrogia  verwandtes  anonymes  Werk    TfeQi  ovQftyov  xai  ;'^c- 
ijXiov,  (jeXtjrt}<:.  /Qot'ov  xai  rjfKQwv   steht  noch   unediert  im   Cod.    Paris,   gr.  854.     Vgl. 
l^redow,  Epistolae  Parisienses,  Lipsiae  1812  S.  60. 


4.  Philosophie.    (§  186).  449 

D.  Rhetorik:  Baaihxog  av&QKtg  mit  der  erwähnten  Paraphrase  und  lateinischer 
Jebersetzung  ed.  A.  Mai,  Scriptorum  vetemm  nova  collectio  2  (Rom  1827)  609—670.  — 
IViederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  142,  611—674.  —  Georgios  Galesiotes,  der  Para- 
itirast  des  Andrias,  ist  wohl  identisch  mit  dem  Georgios  Galesiotes,  von  dem  der  Codex 
^atic.  gr.  112  fol.  63  und  82  die  zwei  Schriften:  naga/^v&ijTixi^  ngog  top  KvnQioy  und: 
Wo9^wdia  inl  BeodwQw  tm  Sar&onovXt^  überliefert. 

Einen  Teil  einer  Autobiographie  ed.  A.  K.  Demetrakopulos,  'ExxXrjautaiixij  ßißXio- 
hjxtj  1  (1866)  380-395.  Vgl.  Haneberg,  Theolog.  Literaturbl.  1  (1866)  773-775,  der 
i.  a.  auf  den  Cod.  Monac.  gr.  225  hinweist.  —  Die  zwei  Selbstbiographien,  das  Typikon 
ind  die  Gedichte  ed.  Aug.  Heisenberg,  Leipzig,  Bibliotheca  Teubneriana  1896.  Die 
'rolegomena  enthalten  eine  ausführliche  Abhandlung  über  das  Leben  und  die  Schriften  des 
Uemmydes.  —  Den  Briefwechsel  des  Blemmydes  mit  Theodoros  II  Laskaris  wird  dem- 
iftchst  Niecola  Festa  herausgeben.  —  Ein  offener  Brief  des  Blemmydes,  in  welchem  er 
tber  die  Ausschliessung  der  Mfttresse  des  Kaisers  Johannes  Dukas  Batatzes  Markesina 
US  der  Kirche  seines  Klosters  berichtet,  ist  ediert  im  Kommentar  zu  Georgios  Akropolites 
d.  Bonn.  S.  260— 262.  Auch  bei  Migne,  Patr.  gr.  142,  605—610.  Vgl.  Nikephoros  Gre- 
;ora8  ed.  Bonn.  I  46,  3  ff.  —  Ein  Brief  eines  gewissen  Sabas  an  Blemmydes  steht  im 
/od.  Lanr.  87,  16  fol.  64^.  Vgl.  A.  M.  Bandini,  Catalogus  codicum  graecorum  bibl.  Lau- 
entianae  3  (1770)  398. 

£.  Gedichte:  Ed.  A.  Heisenberg  (s.  o.).  —  Nichts  Genaueres  ist  mir  bekannt  über 
lie  162  politischen  Verse  des  Blemmydes,  die  der  Cod.  Bodl.  Barocc.  131  fol.  171  auf- 
»e'wahrt  (Inc.  Ktixto  xitnyog,  «vta  ro  nvQ  xal  rdv  xttnvdv  XafinQvysi), 

2.  Leben  und  Schriften:  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  11,  394 f.  —  A.  K.  De- 
Detrakopnlos,  *ExxXijir,  ßtßXio&ijxij  1  (1866)  xe—Xß'.  —  Hauptschrift:  A.  Heisenberg, 
I.  a.  O. 

3.  Im  Cod.  V  ind  ob.  med.  gr.  45  (Nessel)  werden  dem  Blemmydes,  wohl  ohne  ge- 
iQgende  Gew&hr,  mehrere  medizinische  Traktate  und  ein  regelrechtes  Hausarzneibuch  zu- 
eeteilt.  Auch  medizinische  Traktate  in  der  Form  von  Kirchenliedern  gehen  in  manchen 
fiss  unter  dem  Namen  des  Blemmydes. 


Budlrach  der  kUw.  Altertunuwtraonachaft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Auü.  29 


5.  Rhetorik,  Sophistik  und  Epistolographie. 

187.  Schulrhetorik.  Wie  alle  Schulfacher  ist  auch  die  Beredsamkeit 
im  byzantinischen  Zeitalter  emsig  gepflegt  worden;  zur  Erfindung  einer 
neuen  und  originalen  Methode  ist  es  jedoch  hier  noch  weniger  gekommen 
als  in  anderen  Disziplinen.  Schon  in  der  römischen  Zeit  war  das  fein 
ausgebaute  System  der  alten  Rhetorik  durch  Hermogenes  und  Aphtho- 
nios  auf  das  Niveau  einer  äusserlichen  und  mechanischen  Unterweisung 
herabgesunken.  Die  Vorschriften  dieser  zwei  unbedeutenden  Köpfe  erlangten 
bald  eine  unbeschränkte  Herrschaft  über  die  Schule  und  wurden  auch  das 
ganze  Mittelalter  hindurch  in  einer  endlosen  Kette  von  Traktaten  und 
Handbüchern  von  Generation  zu  Generation  verpflanzt,  ausgezogen,  erklärt 
und  durch  Musterübungen  erweitert;  vergeblich  aber  suchen  wir  einen 
neuen  Grundgedanken.  Die  ungeordneten  Massen  der  byzantinischen 
Schulhefte  und  Lehrbücher  beschweren  die  Bibliotheken  und  die  Biblio- 
graphie; sie  lassen  sich  aber,  bei  Lichte  besehen,  alle  auf  einige  Urquellen 
zurückführen.  Eine  ausführliche  Betrachtung  und  genealogische  Prüfung 
dieser  unreinlichen  Abklatsche  uns  erhaltener  Vorbilder  kann  weder  der 
Philologie  noch  der  Kulturgeschichte  erheblichen  Nutzen  bringen.  Höchstens 
gewinnt  durch  die  Einsicht  in  die  unselbständigen  neuen  Auflagen  und 
Überarbeitungen  unsere  Vorstellung  vom  byzantinischen  Schulbetriebe 
einiges  an  Deutlichkeit;  aber  auch  hiefür  genügt  die  allgemeine  Beobach- 
tung der  ununterbrochenen  Erbfolge  dieser  Bücher  und  die  Sicherheit,  dass 
die  rhetorische  Schultradition  von  der  römischen  Zeit  bis  in  die  letzten 
Jahrhunderte  von  Byzanz  sich  gleich  geblieben  ist  in  den  Formen  und  in 
den  Stofl'en,  nur  dass  sich  jetzt  zu  den  hergebrachten  Themen  aus  der 
alten  Mythologie  und  Geschichte  christliche  und  mittelalterliche 
Motive  gesellen  und  im  friedlichen  Vereine  neben  jenen  einhergehen. 
Die  grammatisch-rhetorische  Schulung  wurde  aber  um  so  notwendiger,  je 
mehr  die  Litteratursprache  den  Zusammenhang  mit  der  Rede  des  Lebens 
einbüsste,  und  je  schwieriger  infolgedessen  für  den  Schriftsteller  die  Aus- 
bildung eines  persönlichen  Stiles  wurde.  Gründliche  Kenntnis  der  über- 
lieferten Formen  ward  bald  eine  unerlässliche  Vorbedingung  jeder  littera- 
rischen Leistung.  So  gewann  der  tote  Formalismus  immer  mehr  Einfluss 
auf  die  Litteratur  und  bedingte  jenen  stereotypen  Charakter,  der  so  sehr 
auffallt  7   wenn  man   grössere  Massen  byzantinischer  Schriften   in   einem 


5.  Rhetorik,  Sophistik  and  Epiatolographie.    (§  187)  451 

urzen  Zeitraum  durchliest.  Doch  gab  es  zum  Glück  immer  wieder  einzelne 
[änner,  welche  die  Schablone  der  Schulstube  abzustreifen  und  den  spröden 
toflf  der  mit  Tradition  überladenen  Schriftsprache  originell  zu  verarbeiten 
erstanden.  Niemals  hat  die  überlieferte  Formel  bei  den  Byzantinern 
ine  solche  Herrschaft  erlangt  wie  bei  den  Lateinern  in  den  duiüceln  Jahr- 
underten.  ^)  Die  wichtigste  Rolle  spielten  in  der  byzantinischen  Anleitung 
im  Prosastil  die  alten  Progymnasmata  d.  h.  die  methodisch  ansteigende 
oaxbeitung  von  Fabeln  (juv^oi),  Erzählungen  {ditjyijfiaTa),  Chrien  (xQ^tai)^ 
Widerlegungen  {ävaffxevai) ,  Begründungen  {xatatrxevai) ,  Sinnsprüchen 
ncögxai)  und  Ethopöien  (rjd^onouai). 

Eine  übergrosse  Zahl  von  Proben  dieser  langweiligsten  Erzeugnisse  . 
es  griechisch-byzantinischen  Geistes  hat  Chr.  Walz  in  den  neun  Bänden 
einer  Rhetores  Graeci  veröflEentlicht;  weniger  bemühte  er  sich  um  die  Auf- 
ellung  der  Chronologie  und  Genealogie  dieser  Werke;  der  gleiche 
"orwurf  trifft  auch  Gramer  und  Boissonade,  in  deren  Anecdota  sich 
inige  weitere  Stücke  verirrt  haben.  Wir  finden  bei  Walz  ausser  vielen 
nonymen  Werken  die  rhetorischen  Schriften  des  Michael  Psellos,  des 
nkephoros  Basilake s  (um  die  Mitte  des  12.  Jahrhunderts),  des  Johannes 
?zetzes,  des  Gregor  von  Korinth,  des  Georgio8Pachymeres(s.  §  126), 
les  Maximos  Planudes,  des  Georgios  Plethon  Svv%o(irj  negC  Tivtov 
uQwv  T^g  ^rjTOQixijg^  endlich  die  rhetorische  Epitome  des  Matthaeos  Kama- 
iotes,  der  um  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  in  Eonstantinopel  als 
jehrer  der  Philosophie,  Rhetorik  und  Grammatik  wirkte,  die  Svvoipig  ^r^- 
0Q$xi]g  eines  gewissen  Joseph  Pinaros  Rhakendytes,  eine  Schrift  iZc^l 
QOTTODv  eines  ebenfalls  unbekannten  Eokondrios  u.  a.  Übrigens  versteht 
deh  von  selbst,  dass  die  handschriftlich  überlieferten  Autornamen  bei 
liesen  von  Geschlecht  zu  Geschlecht  sich  vererbenden  Schulbüchern  stets 
mit  der  grössten  Vorsicht  entgegenzunehmen  sind. 

1.  Hauptwerk:  Chr.  Walz,  Rhetores  Graeci,  9  voU.,  Stattgartiae  1832—36.  — 
Bedeutend  gesichtet  ist  der  von  Walz  gebotene  Stoff  in  den  Rhetores  Graeci  ex  recogn. 
L  Spengel,  3  voll.,  Leipzig,  Bibl.  TeuJbin.  1853—56.  —  Neubearbeitung  von  A.  Römer 
and  C.  Hammer,  bis  jelzt  yol.  I  1—2,  Leipzig,  Bibl.  Teubn.  1885—1894.  —  lieber  die 
vorbyzantinischen  Fortsetzer  des  Hermogenes  und  Aphthonios  s.  W.  Christ,  Griechische 
Litteraturgeschichte,  2.  Aufl.  §  495  ff. 

2.  Die  Exzerpte  aus  Hermogenes  üegl  idBuiy  und  aus  der  von  Suidas  bezeugten 
Schrift  des  Lachares  He^t  xoiXov  xal  xoftfÄatog  xai  nsQiodov,  welche  Walz,  Rhet.  gr.  III 
712—723,  unter  dem  Namen  des  Kastor  veröffentlichte,  stammen  in  Wahrheit  von  einem 
Anonymus,  der  wahrscheinlich  im  Anfang  des  10.  Jahrhunderts  lebte;  der  Titel  KdaroQog 
'Miov  ^oQog  rov  xal  (piXogtofiaiov  ist  eine  Fälschung  des  Konstantin  Palaeokappa. 
Die  namentlich  im  zweiten  Teil  wertvolle  Schrift  wurde  neuerdings  kritisch  untersucht 
ond  ediert  von  W.  Studemund:  Pseudo-Castoris  excerpta  rhetorica,  Breslau  1888  (Gratu- 
lationsschrift zum  Jubiläum  der  Universität  Bologna). 

3.  Im  Cod.  Paris,  gr.  2830  fol.  201—216''  steht  unier  dem  Namen  des  Matthaeos 
BUstares  eine  rhetorische  Epitome  mit  der  Ueberschrift:  *^QX^  ^^^  ^^f  ^^'^  diaiQi<fBo>y 
TMi'  axfjfÄartoy  rijg  ^roQixtjs  rixytjg.  Ob  dieselbe  mit  einem  der  von  Walz  mitgeteilten 
Handbacher,  etwa  mit  dem  des  Matthaeos  Kamariotes  (Walz  6,  599—644),  identisch 
ist,  vermag  ich  nicht  zu  sagen. 


0  Dana  ees  bas  temps  de  la  litt^ratore, 
le  style  ^tfit  si  rare  que  tout  devenait  for- 
mnle.  Les  biographes  des  papes  ont  des 
fonnales  pour  d^crire  leur  carridre  eccl^- 
ibiüqae  et  mtoe  leur  caract^re,  pour  ra- 


conter  les  inondations  du  Tibre,  m^me  les 
constructions  d'4glises.  L.  Duchesne,  Le 
Liber  Diumus,  Biblioth^que  de  T^cole  des 
chartes  52  (1891)  29. 


^^- 


452  ByzantiniBohe  LitteratnrgMohichte.    I.  Prosaische  Li 

4.  üeber  das  Leben  und  die  Schriften  des  Matthaeos  Eamariotes  vgl  K.  N. 
Sathas,  NeoeXX.  q>tXoXoyla  S.  60  f.,  über  die  Ediiio  princeps  seiner  Rhetorik  (AiigB]»i| 
1595)  E.  Legrand,  BibHogr.  heU.  2  (1885)  108  ff.  -  Zu  Kokondrios  vgL  Ch.  E.  Finckl, 
Zu  Kokondrios  Ue^l  r^ntoy,  Philologus  26  (1867)  713-715;  28  (1869)  221—229. 

5.  Ignatios  Chortasmenos,  ein  seiner  Person  und  Zeit  nach  unbekanntenr  MaB% 
schrieb  einen  Kommentar  zu  den  Progymnasmata  des  Aphthonios.  Er  steht  z.  B.  im  Coi 
Flor.  Riccard.  58  foL  1  ff.  VgL  die  Notizen  von  G.  Yitelli,  Studi  itaL  di  filoL  dtm. 
2  (1894)  508  und  570. 

6.  Bezeichnend  fOr  den  humanistisch-philologischen  Grundcharakter  aller  fonnaUi 
Bildung  in  Byzanz  ist  es,  dass  die  Aufstellung  einer  besonderen  Theorie  für  die  kircli« 
liehe  Beredsamkeit  als  überflüssig  erachtet  wurde.  VgL  S.  162.  Ganz  vereinzelt  stell 
die  offenbar  späte  ZxiayQaffla,  eine  Anweisung  zur  Abfassung  geistlicher,  moralischer  luj 
panegyrischer  Reden.    Cod.  Athen.  1196  s.  17. 

188.  Briefsteller.  Zur  Theorie  der  Rhetorik  gehört  die  der  Epistolo- 
graphie.  Doch  scheint  man  im  Altertum  die  spezielle  Vorbereitung  für 
diese  schönrednerische  Gattung,  die  mit  dem  praktischen  Leben  am  engsten 
verbunden  war,  wenig  betont  zu  haben.  Die  älteste  Anweisung  über  des 
Briefstil  ist  wohl  eine  Stelle  in  dem  falschlich  unter  dem  Namen  des 
Demetrios  von  Phaleron  überlieferten  Werke  llsQi  sQfitjvelaQ,  die  audi 
separat  überliefert  und  gedruckt  wurde.  Denselben  Gegenstand  behandelt 
ein  Traktat  des  älteren  Philostratos,  der  wahrscheinlich  ein  Brach- 
stück seiner  Jiakb^etg  darstellt.  Dazu  kommt  ein  im  Cod.  Laur.  60,  16  dem 
Demetrios  von  Phaleron  zugeteiltes,  in  Wahrheit  aber  wohl  anonymes 
Schriftchen  Tinoi  imaxokixoi  ^  in  welchen  21  Briefarten  aufgezählt 
werden.  Ähnlich  angelegt  ist  ein  oft  überliefertes  Büchlein 'J^/ricrroAijuaiiN 
XaQaKxrJQsq^  das  bald  dem  Libanios,  bald  (in  anderer  Redaktion)  dem 
Neuplatoniker  Proklos  zugeschrieben  wird,  aber  keinem  von  beiden 
gehören  kann;  hier  ist  die  Zahl  der  Briefarten  auf  41  gesteigert;  jede 
Art  wird  definiert  und  durch  ein  kleines  Musterbeispiel  illustriert 
Endlich  geben  einige  Anweisungen  über  Briefstil  Gregor  von  Nazianz 
in  einem  Briefe  an  Nikobulos  und  Photios  in  einem  der  Briefe  an 
Amphilochios.  Je  mehr  nun  aber  in  der  byzantinischen  Zeit  die  Schrift- 
sprache den  Zusammenhang  mit  dem  Leben  verlor,  desto  dringender  musste 
sich  das  Bedürfnis  fühlbar  machen,  dem  litterarisch  nicht  geübten  Publikum 
für  die  Abfassung  wichtiger  Briefe  praktische  Regeln  und  Muster  an 
die  Hand  zu  geben.  Man  wird  sich  über  solche  Vorschriften  nicht 
wundern,  wenn  man  bedenkt,  welche  Rolle  noch  in  unserem  von  all- 
gemeiner Bildung  überfliessenden  Zeitalter  die  Briefsteller  spielen,  und 
wenn  man  weiss,  dass  in  ihnen  auf  Verhältnisse  und  Personen  Rücksicht 
genommen  ist,  denen  kein  Mensch  das  Bedürfnis  nach  einem  solchen 
Gängelbande  zutrauen  würde.  In  der  That  gibt  es  zahlreiche  byzantinische 
Handschriften,  welche  Briefsteller  und  verwandte  Lehrbücher  enthalten; 
sie  bedürfen  aber  noch  der  Ordnung  und  Sichtung.  Der  Begriff  des 
Epistolars  ist  ziemlich  weit  ausgedehnt;  ausser  für  eigentliche  Briefe  werden 
auch  für  andere  Schriftstücke  z.  B.  Zeugnisse,  Anstellungsdekrete 
u.  s.  w.  Regeln  erteilt.  Auch  Notariatsformulare  u.  dergl.  werden  mit 
den  Briefstellern  verbunden;  die  höchste  Stufe  bilden  die  Formulare  der 
Proömien  für  kaiserliche  und  patriarchale  Goldbullen,  wie  sie 
z.  B.  Demetrios  Kydones  verfasste  (s.  §  207).  Vornehmlich  sind  in  den 
byzantinischen  Briefstellern  die  Bedürfnisse  des  Staates  und  der  Kirche 


5.  Rhetorik,  Sophistik  und  Epistolographie.    (§  188)  45B 

berücksichtigt;  doch  gibt  es  auch  Muster  für  Briefe  »an  einen  Beliebigen". 
Zu  den  Briefstellern  im  engeren  Sinne  kommen  die  im  klassischen  Lande 
der  Etikette  so  wichtigen  Adressen-  und  Titulaturenbücher.  Da  die 
vorgeschriebene  Anredeform  sowohl  nach  dem  Adressaten  als  auch  nach  dem 
Schreiber  wechselte,  so  waren  hier  exakte  Anweisungen  unentbehrlich. 
Endlich  werden  in  diesen  Hilfsbüchem  auch  die  Vorschriften  mitgeteilt, 
welche  für  die  Anwendung  von  Gold-,  Silber-,  Blei-  und  Wachs- 
siegel galten.  Die  offiziellen  Adressen-  und  Titulaturenbücher  sind  auch 
beachtenswert  als  Quellen  für  die  Kenntnis  der  Beamtenordnung  und  der 
Rangfolge  der  Bischöfe  und  Metropoliten.  Ihr  Wert  besteht  namentlich 
darin,  dass  in  ihnen  noch  mehr  als  in  den  Notitiae  episcopatuum  (s.  S.  415) 
den  aktuellen  Zuständen  Rechnung  getragen  ist. 

Die  grösste  Verbreitung  scheinen  die  Briefsteller  in  den  letzten  Jahr- 
hunderten des  Reiches  und  in  der  Türkenzeit  gewonnen  zu  haben.  In  den 
Handschriften  des  15. — 19.  Jahrhunderts,  wie  sie  namentlich  in  den  Athos- 
büchereien  so  zahlreich  sind,  erscheinen  Epistolare  weit  häufiger  als  in 
älteren  Codices.  Hier  trifft  man  sogar  Briefsteller  in  der  Volkssprache 
und  Briefsteller  für  jedermann  (iniaxoXdQiov  xotvov  elg  xdO^e  avxß^Qwnov); 
es  begegnen  uns  zeremonielle  oder  Anstands-Briefe  mit  der  sehr  unklassi- 
schen Überschrift:  ^EniCToXal  r^egfiono^ai.  Aus  derselben  späten  Zeit 
stanunen  wohl  auch  die  Sammlungen  von  Sentenzen  und  Ausdrücken  für 
Briefe:  Fviofim  xai  ixifqdasig  ngog  x^civ  ev  ini<noXaTg,  Der  gebräuchlichste 
Briefsteller  der  neueren  Zeit  ist  das  oft  gedruckte  Werk  des  bekannten 
Philosophen  Theophilos  Eorydalleus:  IIsQi  iniCToXixäv  tvtkov.  Auch 
andere  neugriechische  Briefsteller  wurden  im  Drucke  veröffentlicht. 

1.  Aasgaben:  Die  sechs  im  Anfang  des  Textes  genannten  Schriften  sind  nach 
älteren  Drucken  zosammengefasst  von  R.  Her  eher,  Epistolographi  graeci,  Paris,  Didot 
1873  S.  1 — 16.  —  Den  Traktat  des  Pseudo- Proklos  bezw.  Pseudo-Libanios  ed.  An  t.  West  er- 
mann, Proclus  Diadochus,  De  conscribendis  epistolis  libellns,  Leipzig  1856,  dann  ohne 
Kenntnis  dieser  Ausgabe  H.  Hinck,  Die  imcToXi/naioi  x^Q^^VQ^^  ^^^  Pseudo-Libanios, 
Jahns  Jahrb.  99  (1869)  537 — 562  (mit  guter  Darlegung  der  gesamten  üeberlieferung).  — 
Ein  aus  dem  15.  Jahrhundert  stammendes  Adressenbuch  C^^eatg  yia^  öntag  vvv  ygatpsi, 
6  KnoXetifg  naTQittQXV^  t';^  ndntf  xal  roTi  XomoTg  naxQiaQx^^^^  u-  &•  ^O  ^^^  oben  besprochenen 
Art  ed.  Migne,  Patrol.  gr.  107,  404—418.  —  Notariatsformulare  und  Verwandtes, 
ed.  K.  N.  Sathas,  Mea,  BißX.  6  (1877)  607—653.  Vgl.  K.  E.  Zachariae  von  Lingen- 
thal,  Beiträge  zur  Geschichte  des  byzantinischen  ürkundenwesens,  B.  Z.  2  (1893)  177 — 186. 
—  Der  Briefsteller  des  Theophilos  Eorydalleus  wurde  zuerst  in  London  1625  von 
Nikodemos  Metazas  herausgegeben :  Tov  aotptoxttiov  xvqIov  SeotpiXov  tov  KoQv4aXXiiag  nsgl 
irturzoXixwy  tvTttay,  Londini,  Ex  officina  G.  S.  Typographi  1625.  Dann  öfter  wiederholt 
z.  B.  Venedig  1786.  —  y^oy  inKTToXaQioy  Leipzig  1778,  wiederholt  Venedig  1785  (mir  nur 
aus  Fr.  Boissonade,  Anecdota  Nova  S.  74  bekannt).  —  Endlich  veröffentlichte  ein  Arzt 
Basilios  ein  'EmazoXfiQtoy  ix  dtaq>6Qioy  igayia^^iy,  Epel  1804,  ein  ziemlich  umfangreiches 
Buch,  in  welchem  zuerst  40  Arten  von  Briefen  definiert  und  erläutert,  dann  zaüblreiche 
Musterbeispiele  mitgeteilt  werden. 

2.  Hilfsmittel:  Eine  Uebersicht  der  epistolographischen  Litteratur  und  Theorie 
gaben  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  1,  662—703,  und  A.  Westermann,  De  epistolarum 
scriptoribns  graecis,  8  Universitätsprogramme,  Leipzig  1851 — 1855.  —  Dazu  Hinck  und 
Hercher  a.  oben  a.  0. 

3.  Üeberlieferung:  Byzantinische  Briefsteller  und  Adressenbttcher  sind  in  zahl- 
reichen Hss  erhalten,  doch  wird  man  wenige  Exemplare  finden,  die  älter  sind  als  das 
15.  Jahrhundert.  Da  meine  Exzerpte  aus  Hss  und  Katalogen  zu  einer  Klassifizierung  nicht 
ausreichen,  beschränke  ich  mich  auf  eine  alphabetische  Anzahlung  der  gelegentlich 
notierten  Codices: 

Athen.  1118  s.  18  (das  gedruckte  Buch  des  Korydalleus). 
Athen.  1149  s.  18  (dasselbe). 


454  Byzantinische  LitteratargeBchichte.    L  Proaaisolie  Iditaratiir. 

Athen.  1172  s.  17  CEmazoXtxoi  xvnoi  iv  yhafftfn  *oivfi), 

Athen.  1264  s.  17  C^niaxoXixol  xvysg  tvnoi,  nws  ^ei  ygafpsw  nqos  diäipoga  iiQostatt). 

Athous  636  8.  17  (Nr.  11-20). 

Athous  662  8.  18  ('EniatoXal  r^SQfioyioCai  u.  a.). 

Athou8  663  8.  18  (Italieni8che  Briefe  und  ein  lateini8cher). 

Athoa8  1227  s.  19  (Epistolar  in  der  Volkssprache). 

Athoos  2087  s.  18  (r^cJ/uat  xai  ixtpQaaeis  TtQos  XQV^^*^  ^^  inictoXtcTg), 

Athous  2144  8.  16  {Tvnoi  inictohiv). 

Athous  2259  s.  19  (Tvnoi,  inurtoXwy), 

Athous  2917  8.  17  (Timoi  inicroXtoy). 

Athous  3892  s.  18  {Tvnoi  inunoXtuv). 

Berol.  Phillipp.  1611  s.  15  fol.  10^—11   (Formular  nsgi  dydnijg,   eig   oyt^va   ßotilnm 

yQd(f6Ly). 
Bodl.  Barocc.  131  s.  14  fol.  485^-486  (Formulae  epistolarum). 
Bodl.  Barocc.  205  s.  14  fol.  516—520   (Formulae  literarum   Imperialium   yel  conunei- 

datitiae  vel  per  quas  ad  ecclesias  aut  monast«ria  vacantia  ad  officia  item  et  oon- 

fessiones  hi  vel  illi  pro  libitu  designentur). 
Bodl.  Barocc.  216,  fol.  272-  278  (Epistolarum  formulae  ecclesiasticarum,  Barbaro-gneet) 

und  fol.  331—336  (Epistolarum  formulae  gratulatoriarum). 
Bodl.  Cromwell  10  s.  16  fol.  88  (Zeugnisse  für  Priester). 
Harleianus  5545  (geistliches  Titulaturbuch). 
Harleianus  6302  (Formulae  epistolarum). 

Neapel.  III.  B.  27  s.  16  fol.  181—184^  (geistliche  Titulaturen). 
Panorra.  I.  F.  15  s.  17  fol.  180^  (geistliche  Titulaturen). 
Paris.  400  s.  14  fol.  135  ff.,  149  ff.,  162  ff. 
Paris.  1362  s.  15  fol.  260""— 266  (Titulaturen  und  Adressenbuch.    £d.  Migne,  PaboL 

gr.  107.  404-418). 
Paris.  1388  s.  15  fol.  5^—13^  (dasselbe  wie  im  Cod.  Paris.  1362). 
Paris.  2671  s.  15  fol.  347-398^  (Sammlung  von  Epistolaren  und  Titulaturbücbem). 
Vatic.  Palat.  367  s.  13  fol.  99^—121^;    158-162;    163;   174   (geistliche  und  weltliche 

Briefmuster;  Notariatsformulare). 
Vatic.  573  fol.  61. 
Vatic.  1175  fol.  116. 

189.   Angewandte  Bhetorik.  Wertvoller  an  sich  und  wichtiger  f&r 
eine  Würdigung  des  litterarischen  Vermögens  der  Mittelgriechen  sind  die 
zahlreichen  Werke,   in  welchen   die  alte  Kunst  der  Rhetorik  praktisch 
verwertet  wurde.     Den  Ausgang  nimmt   hier  die  historische  Betrachtung 
von  der  besonders  im  5.  und  6.  Jahrhundert  blühenden  Rhetorenschule 
von  Gaza.    Der  orientalisch  gefärbte,  schwülstig  überladene  Barockstil, 
der  in  Gaza  den  alten  Asianismus  noch  zu  überbieten  suchte,  ist  auch  für 
die  byzantinische  Diktion  stets  ein   wichtiger   Faktor  geblieben,   obschon 
man  zwischen  den  verschiedenen  Stilarten  unterschied  und  durchaus  nicht 
eine   und   dieselbe   als  ausschliesslich  berechtigt  anerkannte.     Einer  der 
hervorragendsten  Vertreter    des  orientalischen  Marinismus   ist   in  seinen 
Briefen   wie   in  seiner  Geschichte  der  Historiker  Theophylaktos  Simo- 
kattes.   Den  Gipfelpunkt  bezeichnet  in  der  feinen  Ausbildung  rhetorischer 
Darstellung  Photios.   Unter  den  Komnenen  und  Paläologen  wuchs  in  dieser 
Gattung   —   im    umgekehrten    Verhältnis  zum    politischen   Gedeihen    des 
Reiches  —  Kraft  und  Betriebsamkeit.    Die  fruchtbarsten  Vertreter  der 
rhetorischen  Litteratur  gehören  den  letzten  Jahrhunderten  von  Byzanz  an, 
wie  Gregor  von  Cypern,  Nikephoros  Chumnos,  Theodoros  Hyrta- 
kenos,  Demetrios  von  Kydone.     Wie  Moschopulos,   Planudes   und  die 
übrigen  Grammatiker   der  Paläologenzeit,   so  sind  auch  die  Schönredner 
dieser  Epoche  bedeutsame  Vorläufer  des  griechisch-italienischen  Huma- 
nismus.    Der  byzantinische   Charakter   erscheint  bei   ihnen  nicht  selten 
schon  mit  einem  ganz  modernen,  reahstischen  Zuge  versetzt. 


S.  Bhetorik,  Sophistik  und  Epistolographie.    (§  189)  455 

Die  zähe  Beharrlichkeit,  mit  welcher  die  Pflege  eines  gewählten 
&.U8(lrucke8  und  einer  kunstvollen  Komposition  fortbetrieben  wurde,  hat 
bei  einzelnen  Talenten  noch  sehr  rühmliche  Erfolge  erzielt.  Ja  vielleicht 
ist  Byzanz  dem  Altertum  in  keiner  Gattung  näher  gekommen  als  hier;  die 
Stufe  eines  Isokrates,  Libanios,  Themistios  und  verwandter  Geister 
ist  ohne  Zweifel  mehr  denn  einmal  erreicht  worden,  vor  allem  von  Photios, 
ier  sich  in  seinen  Briefen  als  ebenbürtigen  Schüler  der  alten  Meister  zeigt, 
aber  auch  von  manchen  andern  wie  Eustathios,  Michael  Akominatos, 
Bregor  von  Cypern  und  zuletzt  von  einigen  der  griechischen  Humanisten. 
bLeine  antike  Eigenschaft  hat  sich  bei  den  Griechen  in  die  byzantinische 
jnd  neuere  Zeit  unverfälschter  fortgepflanzt  als  die  Freude  am  schönen 
Wortgefüge  und  am  tönenden  Pathos,  dem  freillich  auch  der  leere  Prunk 
md  der  tosende  Schwall  unzertrennlich  verbunden  blieben.  Oft  würde 
man  die  glänzende  Form  mit  Freuden  preisgeben,  erhielte  man  für  sie 
ien  ungekünstelten  Ausdruck  origineller  Ideen  und  wahrer  Gefühle.  Alle 
Ä.rten  der  praktischen  Rhetorik  des  Altertums  kehren  in  Byzanz  wieder. 
In  den  Jiaki^Big^  MeXärm,  ^H&onouai  u.  s.  w.  trifft  man  vielfach  auch  die 
schon  aus  der  alten  Litteratur  bekannten  Themen;  häufig  werden  aber 
geschickte  Neuerungen  vorgenommen;  so  erscheint  die  S.  281  erwähnte 
Ethopoiie  des  Einnamos  als  eine  Modifikation  der  des  Libanios:  TTvag 
av  sinoi  Xoyovg  ^wyQdipog  yqdifOiv  tov  'AnoXXoava  eig  id(pvrjv  ^vX(vr]v  xai 
vov  ^vXov  fATj  6Bxoi.iävov  td  x^aijtiara;  (Ed.  Reiske  4,  1019-1022).  Neben 
den  progymnasmatischen  Sachen  herrschen  die  panegyrischen  Reden  an 
Kaiser,  Prinzen  und  Gönner,  die  Leichenreden  und  die  Prunkschilderungen; 
letztere,  die  sogenannten  extpgdtfeig,  welche  die  Beschreibungen  von  Kunst- 
vsrerken,  Landschaften,  Jahreszeiten  u.  a.  umfassen,  haben  durch  ihre  Ver- 
wertung in  den  hellenistischen  Eunstdichtungen  und  in  den  Romanen  bis 
in  die  spätbyzantinische  Zeit  hinein  eine  erhebliche  litterarhistorische  Be- 
deutung erlangt.')  Die  fruchtbarste  Anregung  erhielt  die  höhere  Bered- 
samkeit durch  die  Sitte,  vor  dem  Kaiser  und  Patriarchen  öffentliche  Vor- 
träge zu  halten.  Hier  entfaltete  sich  der  freie  Wettstreit  der  besten  Kräfte. 
Eine  sehr  interessante  Sammlung  solcher  Musterreden,  deren  Themen  meist 
kirchlicher  Natur  sind,  bewahrt  der  berühmte  Codex  Escur.  Y.  ü.  10. 
Reich  an  Aufschlüssen  über  Geschichte,  Geographie  und  Kultur  von  Byzanz 
und  auch  rein  litterarisch  betrachtet  erfreulich  ist  die  Gattung  der  Brief- 
steller ei,  an  welcher  fast  alle  bedeutenden  Byzantiner  Anteil  haben. 

Für  die  detaillierte  Geschichte  der  mittelgriechischen  Produktion  in 
Rhetorik  und  Epistolographie  fehlt  es  noch  ganz  an  Vorarbeiten.  Wahr- 
scheinlich aber  wird  man  nach  einer  gründlicheren  Erforschung  der  weit 
auseinander  liegenden  Massen  zur  Einsicht  kommen,  dass  eine  wirkliche 
und  reine  Entwicklung  hier  nur  in  massigem  Umfange  statt  hatte.  Wir 
hören  zwar  auch  in  Byzanz  nicht  selten,  dass  ein  Rhetor  seine  sachliche 
ind  formale  Ausbildung  einem  bestimmten  zeitgenössischen  Lehrer  verdankt; 
rheophylaktos  von  Bulgarien  folgt  dem  Psellos,  Theodoros  Laskaris  ist 
ichüler  des  Nikephoros  Blemmydes,  Gregor  von  Cypern  der  des  Georgios 


<)  Vgl.  £.  Rohde,  Der  griechische  Roman  S.  335,  508  f.,  512  f. 


456  Byzantinische  LitteratargMchichte.    I.  Prosaisohe  Uitaratnr. 

Akropolites,  Nikephoros  Chumnos  der  des  Gregor  von  Cypem  u.  8.  w. 
Eine  schärfere  Untersuchung  wird  wahrscheinlich  auch  die  Spuren  dieaer 
unmittelbaren  lehrhaften  Einflüsse  nachweisen  können;  die  Hauptlehr-, 
meist  er  aber  waren  fQr  alle  Byzantiner  in  gleicher  Weise  die  Altei. 
Daher  sind  sie  häufig  so  gleichmässig;  daher  wird  die  vorauszusetzende 
Entwicklungsreihe  zuweilen  so  unerwartet  unterbrochen;  daher  konnte 
z.  B.  plötzlich  ein  Photios  erstehen,  dessen  Formvollendung  unter  antiken 
Verhältnissen  eine  bedeutende  Epoche  der  Vorbereitung  verlangt  hfitte; 
hier  aber  hing  schliesslich  alles  von  der  grösseren  oder  geringeren  Fähig- 
keit der  Individuen  ab,  die  alten  Vorbilder  für  die  veränderten  Zwecke 
und  Stoffe  zu  verwerten.  Nachdem  oben  die  Thätigkeit  der  Byzantiner 
in  der  Schulrhetorik  kurz  dargelegt  wurde,  nennen  wir  im  folgenden  jene 
Vertreter  der  angewandten  Rhetorik  und  der  Epistolographie, 
welche  nicht  wie  Photios,  Psellos  u.  s.  w.  in  anderen  Abschnitten  zur  Be- 
sprechung gelangen. 

1.  Rhetorenschule  in  Gaza:  B.  Stark,  Gaza  and  die  philistäisclie  Kdste,  Jeu 
1852.  —  A.  Ludwich,  Johannes  von  Gaza,  Rhein.  Mos.  44  (1889)  194—206  (Ober  d« 
Johannes  Ekphrasis  des  Weltgemäldes).  ~  Joh.  Dräsoke,  Gesammelte  patristische  Unter- 
suchungen, Altena  und  Leipzig  1889  S.  208—247  (schildert  an  der  Hand  des  v<m  V. 
Haupt  1874  und  neuerdings  von  den  Mitgliedern  des  Bonner  philoL  Seminars  in  der  BiU. 
Teubneriana  1895  veröffentlichten  griechischen  Textes  der  Vita  Porphyril  des  Mtreos 
Diaconus  den  letzten  erbitterten  Kampf  zwischen  Christentum  und  Heidentum  in  Gan). 
—  V.  Schultze,  Geschichte  des  Untergangs  des  griechisch-römischen  Heidentoms,  Jent, 
Costenoble  2  (1892)  246  ff.  —  Hauptschrift:  KilianSeitz,  Die  Schule  von  Gaza.  D».. 
Heidelberg,  K.  Winter  1892.  -  Neues  Licht  bringen  die  von  R.  Förster  zum  erstenmale 
herausgegebenen  Reden  des  Chorikios;  vgl.  E.  Frachter,  B.  Z.  1,  609  ff.  Dazu  Rhein.  Mus. 
49  (1894)  481—525;  Philologus  54  (1895)  93—123.  -  VgL  C.  Kirsten,  Quaestiones  Chori 
cianae.     Breslau  1894  (=  Breslauor  philol.  Abt.  VII  2). 

2.  Ueber  die  verderbliche  Imitation  der  antiken  Rhetorik  bei  den  christlichen  Rednern 
vgl.  Johannes  Bauer,  Die  Trostreden  des  Gregorios  von  Nyssa  in  ihrem  Verhältnis  zur 
antiken  Rhetorik.     Dias.,  Marburg  1892. 

3.  Uobcr  den  Charakter  der  byzantinischen  Epistolographie  vgl.  M.  Treu,  B.  Z.  4 
(1895)  4  f. 

190.  Agapetos  {Uyanr^uc),  Diakon  an  der  Sophienkirche  in  Kon- 
stantinopel, widmete  dem  Kaiser  Justinian,  dessen  Lehrer  er  nach  einer 
freilich  wenig  gesicherten  Ueberlieferung  gewesen  sein  soll,  um  die  Zeit 
seines  Regierungsantrittes  einen  Fürstenspiegel,  der  in  den  Handschrifton 
den  Titel  führt:  ^ExO^saig  xsifaXamv  naQmvsxixMv  axadiaad^staa  naga  Uya- 
nrjtov  6iax6rov  Tpjg  ccyiwxccTifi  tov  ^eov  iisydXi^g  ixxXr^aiag  ngog  ßaaiXtu 
'lovariviavov.  Das  Werkchen  besteht  aus  72  Kapiteln,  die  durch  folgende 
Akrostichis  verbunden  sind:  Tf^y  O^eioraup  xai  svasßsaxdiffi  ßaaiXfT  ij/iwr 
^lovCTiviavo}  UyccmjTog  o  iXdxiarog  iidxorog.  Die  einzelnen  Kapitel^  deren 
Umfang  sich  meist  zwischen  1  bis  10  Zeilen  bewegt,  bestehen  aus  ziem- 
lich allgemein  gehaltenen  Anweisungen  über  das  moralische,  religiöse  und 
politische  Verhalten  eines  Fürsten.  Jedes  Kapitelchen  bildet  ein  Ganzes 
für  sich;  die  Fassung  der  Regeln  ist  sentenziös  und  stark  rhetorisch  ge- 
färbt,- es  wimmelt  von  Antithesen,  Isokolen  und  Assonanzen;  besonderer 
Fleiss  ist  auf  den  gleichartigen  Bau  der  sich  entsprechenden  Perioden- 
glieder verwendet.  Vielfach  deckt  [sich  Agapetos  mit  den  zwei  kurzen 
Fürstenspiegeln,  die  in  den  Roman  Barlaam  undJoasaph(S.  308  ff. 
und  331  ff.  ed.  Boissonade)  eingeschaltet  sind.     Doch  zeigt  die  Art  der 


5.  Rhetorik,  Sophiatik  and  Epistolographie.    (§§  190—191)  457 

Übereinstimmung,  dass  der  Autor  des  Barlaam  nicht  aus  Agapetos  ge- 
schöpft haben  kann,  sondern  eine  von  beiden  benützte  gemeinsame  Vorlage 
angenommen  werden  muss.  Diese  Vorlage  war  aus  Isokrates  und  be- 
sonders aus  kirchlichen  Schriftstellern  wie  Basilios  und  Gregor  von 
Nazi  an  z  abgeleitet.  Der  Fürstenspiegel  des  Agapetos  musste  sich  durch 
die  Loyalität  und  Erbaulichkeit  des  Inhalts,  die  Reinheit  der  Sprache  und 
den  Reichtum  rhetorischer  Eunstmittel  für  den  Jugendunterricht  in  hohem 
Grade  empfehlen,  und  aus  der  Verwendung  in  der  Schule  erklärt  sich 
ledenfalls  die  grosse  Zahl  der  Handschriften.  Auch  in  der  Humanistenzeit 
behauptete  das  Büchlein  sein  Ansehen;  im  16.  Jahrhundert  erschienen 
gegen  20  Ausgaben. 

1.  AusgabeD:  Nach  zahllosen  älteren  Ausgaben  zuletzt  am  bequemsten  bei  Migne, 
Patr.  gr.  86,  1,  1153-1186. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  8,  36—42.  Hier  auch  ein  reich- 
liches Verzeichnis  der  älteren  Ausgaben  des  griechischen  Textes  und  der  lateinischen, 
französischen  und  deutschen  Uebersetzungen.  Die  Notiz  des  Fabricius  ist  wiederholt  bei 
Migne  a.  a.  0.  —  B.  Keil,  Epikritische  Isokratesstudien,  Hermes  23  (1888)  357—369. 
—  Eil.  Seitz,  Die  Schule  von  Gaza,  Heidelberg  1892  S.  14.  —  Hauptschrift:  K.  Frachter, 
Der  Roman  Barlaam  und  Joasaph  in  seinem  Verhältnis  zu  Agapets  Eönigsspiegel,  B.  Z.  2 
(1893)  444-460. 

3.  Die  öfter  versuchte  Identifizierung  des  Agapetos  mit  jenem  Agapetos,  an  den 
Prokopios  von  Gaza  seinen  112.  Brief  richtete,  schwebt  völlig  in  der  Luft  und  ist  sogar 
unwahrscheinlich,  da  der  Autor  des  Fttrstenspiegels  wohl  sicher  in  Epel,  der  Adressat  des 
Prokop  in  Alexandria  lebte.  Vgl.  B.  Eeil,  a.  a.  0.  S.  367  f.  und  E.  Frachter,  a.  a.  0. 
S.  444  Anm.  5. 

191.  Basilios  I,  Kaiser  von  867—886,  der  energische  Begründer  der 
makedonischen  Dynastie,  war  selbst  ohne  höhere  Bildung,  bemUhte  sich 
aber  wie  Karl  der  Grosse,  durch  Unterstützung  bedeutender  Kräfte  wissen- 
schaftliche und  litterarische  Bestrebungen  zu  fördern.  Er  liess  die  römi- 
schen Rechtsbücher  griechisch  bearbeiten  und  erweitern,  ein  Werk,  das 
von  seinem  gelehrten  Sohne  Leon  VI  fortgesetzt  und  in  der  Hauptsache 
abgeschlossen  wurde.  Ausserdem  wird  Basilios  in  der  Litteraturgeschichte 
genannt,  weil  unter  seinem  Namen  zwei  Ermahnungsschriften  an 
seinen  Sohn  Leon  überliefert  sind.  Die  erste,  weit  umfangreichere: 
BaCiXeiov  %ov  *P(ofiafa>v  ßatriXäwg  xetpaXma  nagaivetixa  ^q  ngog  rov  iaviov 
viov  Aäovta  ist  nach  Materien  in  66  Paragraphen  geteilt,  welche  wie  die 
Strophen  der  Kirchenhymnen  durch  ein  Akrostichon  verbunden  sind; 
die  Worte  desselben  lauten:  BatrfXeiog  iv  XQiatf[}  ßaaiXsvg'Piaiiccdav  Aäovxi 
%tf  nfnodtipihvtf  vUl^  xai  avfißaaiXsT.  Das  Ganze  ist  ein  moralisches  Vade- 
mecum,  welches  über  die  verschiedensten  Themen  der  Sitte  und  Religion 
wie  über  Almosen,  Begierden,  Bildung,  über  Mut  und  Besonnenheit,  Demut, 
Keuschheit  u.  s.  w.  in  kurzen,  sentenzenartigen  Sätzen  und  abgedroschenen 
Gemeinplätzen  belehrt.  Echt  byzantinisch  ist  der  Mangel  näherer  Be- 
ziehungen auf  die  Person  und  die  Zeitumstände;  statt  spezieller  Vorschriften 
über  Regierungskunst  und  über  die  zur  Förderung  des  byzantinischen 
Reiches  notwendigen  Massregeln  lesen  wir  allgemeine  Moralitäten,  die  fast 
alle  ebensogut  auf  ein  weitabliegendes  Zeitalter  und  ganz  verschiedene 
Verhältnisse  passen  würden.  Als  Vorbild  dienten  die  paränetischen  Reden 
des  Isokrates,  auch  Pseudo-Isokrates  IJ(ß6g  JrjfAcvixovy  vor  aUem  aber 
des  Agapetos  Fürstenspiegel.  Das  zweite  Stück:  Baadeiov  ßamXtwg  iväga 


458  Byzaniiniache  Litteratargeschichte    L  Prosaische  litteratiir. 

TtaQaCveaig  slq  tov  avtoi  vtov  Aäovta  ßaaiXäa  enthält  eine  kurze  Aufinunte' 
rung  zu  einem  gottgefälligen  Lebenswandel.  Schwerlich  werden  uns  diei 
Manen  des  Basilios  zürnen,  wenn  wir  ihm  diese  zwei  Paränesen,  die  eiaij 
wohlgeübte,  rhetorisch  geschulte  Feder  verraten,  absprechen;  der  wahrel 
Verfasser  ist  ohne  Zweifel  in  der  gelehrten  Umgebung  des  Kaisers,  vü 
leicht  in  der  Person  des  Patriarchen  Photios  zu  suchen. 

1.  Ausgaben:  Die  KB^ptiXaia  sind  öfter  ediert,  u.  a.  bei  ßanduri,  Imper.  orientalt 
I  171  ff.;  das  zweite  Stück  zuerst  von  A.  Mai,  Scriptorum  veterum  nova  colleotio  2  (1827) 
679—681.  —  Jetzt  beide  zusammen  bei  Migne,  Patrol.  gr.  107,  XXI  ff.,  LVII  ff.  —  Bm 
neugriechische  Uebersetzung  verfasste  und  veröffentlichte  der  Arcbimandrit  Chry- 
santhos  Notaras,  Bukarest  1691.  Vgl.  £.  Legrand,  Bibliogr.  hell,  du  XVII®  vÜk 
3  (1895)  5  f. 

2.  Hilfsmittel:  Leo  Sternbach,  Analecta  Photiana,  Dissert.  classis  philoL  acai 
litt.  Cracoviensis  t.  20  (1893)  96  ff.,  verwertet  die  KB^paXMu,  die  er  ohne  Reserve  da 
Photios  zuteilt,  für  die  Textkritik  der  zwei  Reden  des  Isokrates  bezw.  Pseudo-Iaokntai 
JlQog  NixoxXüc  und  JlQog  JrjfÄovixoy. 

3.  Die  Ueberlieferung  der  Kc(p€cX{ua  bedarf  noch  der  Untersuchung;  denn  maachi 
Hss  wie  der  Cod.  Bodl.  Barocc.  10  fol.  137 — 148,  weichen  von  dem  gedruckten  Teifti 
erheblich  ab.  Andere  Codd.:  BodL  Barocc.  98  fol.  85—106,  Athen.  535,  Moeq.  Synoi 
247  fol.  230—241  und  423:fol.  276-298  (Vladimir),  Vindob.  theoL  gr.  238  (Nessel)  u.i.w. 
Die  UttQfdvsaig  z.  B.  im  Cod.  Lesb.  Limon.  102. 

4.  Zu  den  spezioll  auf  den  Fürsten  bezüglichen  Teilen  dieser  Ermahnungsschrito 
vgl.  ausser  Isokrates  und  Agapetos  auch  den  von  A.  Mai,  Script,  vet.  nova  coli  II, 
edierten  Anonymus  ,De  politica  sapientia',  des  Nikephoros  Blemmydes  Bamhidi 
ayÖQMs  (s.  S.  447)  und  den  anonymen  Brief  JleQi  ßaaiXelas,  den  G.  Vitelli,  Stadi  italiud 
di  filologia  classica  1  (1893)  380—383,  aus  dem  Cod.  Laur.  Conv.  Soppr.  84  herausgegeben 
hat.  —  Die  Ansichten  der  Alten  über  das  Fürstenideal  mustert  Gottlob  Barner,  Com- 
parantur  inter  se  graeci  de  regentium  hominum  virtutibus  auctores,  Diss.,  Marburg  1889. 

192.  Nikolaos  (852—925),  ein  Verwandter  des  Patriarchen  Photios, 
wurde  zusammen  mit  Kaiser  Leon  dem  Weisen  erzogen,  später  von  dem- 
selben mit  der  Würde  eines  Vertrauten  (invaTixog)  bekleidet  und  hatte  von 
901 — 907  und  zum  zweitenmale  von  912 — 925  den  Patriarchenthron  inne. 
Dieser  geistig  begabte,  aber  leidenschaftliche  und  ehrgeizige  Kirchenfürst 
vordient  hier  wegen  seiner  reichhaltigen  Korrespondenz  Erwähnung.  Eine 
vatikanische  Handschrift  enthält  163  Briefe  desselben,  welche  für  die 
politische  und  kirchliche  Geschichte  seiner  Zeit  wichtige  Aufschlüsse  ge- 
währen. Unter  den  Adressaten  sind  der  arabische  Emir  von  Kreta,  den 
der  Patriarch  zur  Milde  gegen  seine  christlichen  Unterthanen  auffordert, 
der  Fürst  Symeon  von  Bulgarien,  der  römische  Papst,  Kaiser  Romanos  I 
Lakapenos,  ein  Fürst  von  Armenien,  endlich  verschiedene  Bischöfe,  Zivü- 
beamten,  Mönche  und  Privatleute.  Dazu  kommt  eine  Homilie,  welche 
Nikolaos  nach  der  durch  den  Bericht  des  Johannes  Kameniates  (s.  §  116) 
näher  bekannten  Zerstörung  der  Stadt  Thessalonike  durch  Leo  von  Tri- 
polis i.  J.  904  an  das  Volk  von  Byzanz  richtete. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  A.  Mai,  Spicilegium  Romanum  vol.  X  2  (1844)  161—440. 
—  Wiederholt  von  Mignc,  Patrol.  gr.  111,  1—406.  —  £inen  Brief  an  den  Emir  von 
Kreta  ed.  J.  Sakkelion,  JeXrioy  3  (1890—92)  108—116.  —  Den  Originaltext  seiner  Ab- 
dankungsurkunde (vom  J.  907)  ed.  aus  Cod.  Monac.  gr.  277  Sp.  P.  Lambros,  B.  Z.  1 
(1892)  551—554. 

2.  Hilfsmittel:  Ueber  das  Leben  und  den  Charakter  des  Nikolaos  bringt  manches 
Neue  die  Vita  £uthymii  ed.  C.  de  Boor,  Berlin  1888;  vgl.  die  auf  diesem  Texte  be- 
ruhende Darstellung  von  C.  de  Boor  8.  98  ff.,  160  ff.,  176  ff.  —  V.  N.  Zlatraski,  Die 
Briefe  des  Patriarchen  von  Kpel  Nikolaos  Mystikos  an  den  bulgarischen  Czaren  Svmeon, 
Sbomik  blgarsk.  10  (Sofia  1894)  372-428;  11  (1894)  3-54  (Fortsetzung  folgt)  (bulg.). 

3.  Von  einem  Zeitgenossen  des  Nikolaos  Mystikos  stammt  eine  in  der  Sophienkirche 
gehaltene,  ohne  Automamen  im  Cod.  Vatic.  gr.  483   überlieferte  Rede,   welche  sich  auf 


6.  Rhetorik,  Sophiatik  und  Epistolographie.    (§§  192—194)  459 

ri«n  im  Jahre  927  mit  Petros,  demSohno  des  Symeon  von  Bulgarien,  geschlossenen 
IVieden  bezieht  Leider  scheut  sich  der  Verfasser  nach  der  leidigen  Sitte  der  bvzantini- 
•dben  Rhetorik  vor  einer  genaueren  Bezeichnung  von  Thatsachen  und  Namen,  so  dass  sich 
historische  Untergrund  seiner  dunkeln  Andeutungen  und  allegorischen  Vergleiche  nicht 
genügender  DeuÜichkeit  erkennen  lässt.  Mit  Kommentar  und  russ.  Uebersetzung  ed. 
Tb.  Uspenskij,  Eine  unedierte  kirchliche  Rede  über  die  bulgaro-byzantinischen  Be- 
siebongen  in  der  ersten  Hälfte  des  zehnten  Jahrhunderts,  Odessaer  Jahrb.  4  (1894)  Byz. 
Abi.  2  S.  48—123  (russ.).  —  Kritische  Beiträge  von  Ed.  Kurtz,  B.  Z.  4  (1895)  615  f. 

4.  Vielleicht  gehört  in  diese  Zeit  auch  die  Paränese  imCod.  Bodl.  Canon.  41  s.  15 
§oL  188 — 142:  Tov  TtQWJoaatjXQltov  xvqov  XQiatofpogov  tov  Ztjtos  (?)  eig  tor  vUy 
mrov.  Inc.  Ovx  avto  xa&^  avjo  rS  avayiyaaxsiy  fiSXBQxetal  tk,  tixvov  fioi  tpiXtaroy, 
Denn  auf  de  folgen  in  der  Hs  fol.  142  zwei  Briefe:  Tov  avtov  tta  Mvaxixt^,  Freilich  ist 
68  durchaus  nicht  sicher,  ob  dieser  Adressat  mit  Nikolaos  Mystikos  identifiziert  werden  darf. 

193.  Theodoros  Daphnopates,  der  die  Würde  eines  Patrikios  besass 
und  bald  nach  der  Thronbesteigung  Romanos'  n  zum  Stadtpräfekten  von 
Konstantinopel  erhoben  wurde,  verfasste  im  Auftrage  und  Namen  des 
Kaisers  Romanos  I  Lakapenos  (921 — 944)  Briefe  an  den  Papst,  an  den 
Metropoliten  Anastasios  von  Heraklea,  an  den  Emir  von  Ägypten  und  an 
den  Fürsten  Symeon  von  Bulgarien,  sowie  eine  Rede  an  die  Metropoliten. 
Ein  verlorenes  Oeschichtswerk  des  Daphnopates  erwähnt  Skylitzes  im 
Proömion;  vielleicht  meint  er  damit  den  letzten  Teil  der  Fortsetzung  des 
Theophanes,  d.  h.  die  Geschichte  Konstantins  YII,  Romanos  I  und  Romanos  11 
(8.  S.  348). 

1.  Die  Briefe  und  die  Rede  edierte  mit  einem  fUr  die  Zeitgeschichte  wichtigen  Kom- 
mentar J.  Sakkelion,  JeXzioy  1  (1883-84)  657-666  und  2  (1885—89)  38-48;  385-409; 
8.  389  Anm.  über  Daphnopates  als  Fortsetzer  des  Theophanes.  Darüber  schon  A.  Ram- 
band,  L'empire  grec  au  dixieme  siäcle  S.  65;  116.  —  Eine  geistliche  Homilie  des  Daphno- 
pates steht  nur  lateinisch  bei  Migne,  Patrol.  gr.  111,  611  ff.  —  lieber  unedierte  Schriften 
desselben  s.  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  10,  385  f.  und  Migne,  a.  a.  0.  607  ff. 

2.  Hier  sei  noch  die  Monodie  erwähnt,  welche,  von  einem  Unbekannten  im  höheren 
Auftrage  verfasst,  von  dem  damals  noch  im  Knabenalter  stehenden  Romanos  II  seiner 
Braut  Sertha,  die  949  vor  der  Vermählung  starb,  gewidmet  wurde.  Sie  ist  aus  einer  Wiener 
Handschrift  ed.  von  Sp.  Lambros,  Bulletin  de  correspond.  hellen.  2  (1878)  266—273. 

194.  Philopatris  {^iXonarQig)  betitelt  sich  eine  merkwürdige  Nach- 
ahmung des  Lukianos,  die  lange  Zeit  zu  den  dunkelsten  Rätseln  der  grie- 
chischen Litteraturgeschichte  gehört  hat.  Es  ist  ein  Dialog,  dessen  Per- 
sonen Triephon,  Eritias  und  Eleolaos  heissen.  Der  dialogische  Cha- 
rakter erscheint  deutlich  nur  im  ersten  Teile,  einem  längeren  Wortgefecht 
über  Heidentum  und  Christentum;  der  zweite  Teil  enthält  grösstenteils 
eme  fortlaufende  Rede  des  Kritias.  Der  erste  Teil,  der  innerlich  mit  dem 
zweiten  nur  lose  verbunden  ist,  erweckt  den  Anschein,  als  handle  es  sich 
um  die  Bekehrung  eines  Heiden  zum  Christentum ;  die  Szene  spielt  in  alt- 
christlicher Zeit:  Triephon,  der  vor  kurzem  noch  selbst  Heide  war,  erzählt, 
dass  er  einem  Oaliläer  begegnet  sei,  den  er  mit  unverkennbarer  Deutlich- 
keit als  den  Apostel  Paulus  kennzeichnet.  Die  ganze  Bekehrung  ist  aber 
nichts  als  eine  litterarische  Spiegelfechterei;  der  Christ  nimmt  es  ebenso 
leicht  mit  seinem  Glauben  als  der  Heide,  und  von  einem  ernstlichen  Siege 
oder  einer  ernstlichen  Niederlage  ist  keine  Rede.  Da  es  sich  nur  um 
ein  Sophistenstück  handelt,  darf  man  sich  nicht  wundem,  dass  das  alter- 
tümliche Kolorit  nicht  konsequent  festgehalten  wird;  der  Verfasser  lässt 
ohne  Bedenken  Züge  seiner  eigenen  Zeit  in  die  erfundene  Szene  hinein- 
spielen und   schliesslich  springt    er    vollständig  in  die   Gegenwart  über. 


460  Byzantinische  LitteratnrgeBchiohte.    I.  Prosaische  Litieratiir« 

Nun  erhält  der  Leser  ein  Bild  der  dumpfen  Gärung  in  der  Hauptstadt, 
der  Unzufriedenheit  mit  dem  bestehenden  strengen  Regiment  und  der 
Hoffnung  auf  den  baldigen  Sturz  des  Kaisers,  auch  der  frohen  Aussicht  auf 
Fortsetzung  und  Steigerung  der  glänzenden  Erfolge  gegen  die  Araber  und 
Perser,  auf  eine  baldige  „Unterwerfung**  Ägyptens  und  auf  Abwendung  i& 
Skythengefahr.  Zu  diesen  mehr  oder  weniger  klaren  Andeutungen  einer 
bestimmten  inner-  und  ausserpolitischen  Situation  kommt  (Kapitel  9)  eine 
schadenfrohe  Anspielung  auf  ein  gewaltiges  Blutbad  in  Kreta,  bei  welchem 
unzählige  Jungfrauen  hingeschlachtet  wurden.  Damit  kann  nur  die  mit 
furchtbarem  Blutvergiessen  verbundene  Wiedereroberung  Kretas  durch 
Nikephoros  Phokas  gemeint  sein.  Wenn  nun  der  Ausdruck  der  Hoffnung 
auf  eine  baldige  „Unterwerfung"  Ägyptens  den  Dialog  im  allgemeinen  in 
die  spätere  byzantinische  Zeit  verweist,  in  welcher  Ägypten  längst  vom 
Reiche  losgetrennt  und  von  einem  fremden  Volke  beherrscht  war,  so  wird 
durch  die  Anspielung  auf  die  Wiedereroberung  Kretas  das  Jahr  961  als 
sichere  Frühgrenze  gewonnen.  Kombiniert  man  damit  noch  die  allgemeine 
politische  Lage,  die  der  Dialog  widerspiegelt,  so  gelangt  man  mit  der 
grössten  Wahrscheinlichkeit  in  die  letzte  Zeit  des  Nikephoros  Phokas, 
etwa  in  den  Sommer  969,  in  welchem  die  glänzende  äussere  Politik 
durch  die  Einnahme  von  Antiochia  gekrönt,  im  Innern  aber  die  Unzu- 
friedenheit in  einem  solchen  Grade  gewachsen  war,  dass  im  Dezember 
desselben  Jahres  die  Palastrevolution  ohne  den  mindesten  Widerstand 
durchgeführt  werden  konnte.  Einigen  Spielraum  nach  oben  oder  unten 
mag  bei  dieser  Datierung  dem  subjektiven  Ermessen  eingeräumt  werden; 
völlig  sicher  aber  steht,  dass  das  Werk  nicht  vor  961  und  nicht  allzu 
lange  nach  dieser  Zeit,  jedenfalls  nicht  nach  der  Regierung  des  Johannes 
Tzimiskes  entstanden  ist.  Nun  lässt  sich  auch  die  Absicht  des  Dialogs 
mit  Sicherheit  bestimmen.  Der  Verfasser  wendet  sich  als  Patriot  (Philo- 
patris)  gegen  jene  engherzige  geistiiche  Partei,  welche  den  zur  Erhaltung 
des  Reiches  ebenso  unerlässlichen,  als  für  die  Kirchen-  und  Klostergüter 
unbequemen  finanziellen  Massregeln  der  Regierung  und  speziell  des  Nike- 
phoros Phokas  einen  hartnäckigen  Widerstand  entgegensetzte  und  dadurch 
das  Wohl  des  Staates  aufs  äusserste  gefährdete. 

Die  früheren  Versuche,  die  Entstehungszeit  des  Philopatris  zu  be- 
stimmen, mögen  jetzt  als  endgültig  abgethan  betrachtet  werden:  Zuerst 
ging  die  Schrift  unter  den  Werken  des  Lukianos;  nachdem  sie  als  unter- 
geschoben erkannt  war,  setzte  man  sie  in  die  Zeit  des  Kaisers  Julian 
(361 — 363);  A.  v.  Gutschmid  rückte  sie  unter  die  Regierung  des  Heraklios, 
indem  er  die  Anspielung  auf  das  Blutbad  in  Kreta  auf  einen  für  das 
Jahr  623  bezeugten  Slaveneinfall  in  Kreta  bezog.  Seine  Ansicht  wurde 
jüngst  von  Crampe  ohne  Erfolg  wieder  aufgenommen.  Schon  B.  Hase 
und  B.  G.  Niebuhr  hatten  den  Dialog  mit  sicherem  Blicke  in  die  Regie- 
rung des  Nikephoros  Phokas  gesetzt  und  A.  Fr.  Gfrörer,  C.  J.  Aninger, 
C.  Neumann  u.  a.  haben  diese  Ansicht,  wenn  auch  mit  der  einen  oder 
anderen  Modifikation,  angenommen.  Endlich  hat  E.  Rohde  den  verfehlten 
Versuch  R.  Crampes,  den  Philopatris  ins  Jahr  622  623. zu  setzen  und  ihn 
als    das  letzte  Glied  in  der  langen  Kette  der  christlichen  Streitschriften 


5.  Rhetorik,  Sophistik  und  Epiatolographie.    (§  195)  46 1 

;en  das  hellenische  Heidentum  zu  charakterisieren,  mit  schlagenden 
Inden  zurückgewiesen.  Nun  muss  auch  das  theologische  Interesse,  um 
sentwillen  der  Dialog  früher  viel  gelesen  und  kommentiert  wurde,  ver- 
m  gehen;  er  hört  auf  unter  den  Streitschriften  gegen  das  Heidentum 
r  gegen  das  Christentum  —  beide  Rollen  hat  man  ihm  abwechselnd 
edacht  —  zu  figurieren.  Die  spöttischen  Blicke  auf  das  Mönchstum 
euten  ebensowenig  einen  Angriff  auf  die  Orthodoxie  als  das  Wort- 
•länkel  im  ersten  Teil  eine  ernsthafte  Bestreitung  des  Heidentums  dar- 
It.  Eine  gewisse  Frivolität  haftet  dem  Dialoge  sicher  an;  aber  eine 
art  spielende  Behandlung  religiöser  Dinge  ist  in  Byzanz  durchaus  nicht 
en ;  neben  strengster,  silbenstechender  Kechtgläubigkeit  findet  man  eine 
tossende  Profanierung  des  Heiligen,  von  der  die  für  unser  Gefühl  so 
rträglichen  Parodien  der  Kirchenlieder  die  besten  Beispiele  bieten, 
^r  an  ein  Liebäugeln  mit  dem  Heidentum  hat  bei  solchen  Spielereien 
nand  gedacht. 

1.  Aasgaben:  Ed.  B.  Hase  im  Bonner  Corpus  mit  Leon  Diakonos,  Bonn  1828 
24- -342.  —  Ausserdem  in  den  meisten  Ausgaben  des  Lukian,  zuletzt  In  Luciani  opera 
recogn.  C.  Jacobitz,  Leipzig,  BibL  Teubneriana  3(1876)411 — 425.  —  Eine  deutsche 
»ersetzung  verdankt  man  keinem  Geringeren  als  dem  Dichter  Wieland  (im  6.  Bande 
er  Lukianübersetzung). 

2.  Hilfsmittel:  Dass  der  Philopatris  nicht  von  Lukian  sein  kann,  bewies  zuerst 
agend  J.  M.  Gesner  in  seinen  Noten  und  einer  Abhandlung,  die  in  der  Ausgabe  des 
ian  von  Fr.  Reitz  3  (1743)  584—618  und  708  -733  abgedruckt  sind.  Er  setzte  den 
og  in  die  Zeit  des  Kaisers  Julian.  —  M.  Ehemann,  Bemerkungen  u.  s.  w.  in:  Studien 

evangelischen  Geistlichkeit  Württembergs  11  (1839)  47—101  (setzt  den  Dialog  auf 
id  ganz  nichtiger  Argumente  in  die  Zeit  des  Kaisers  Valens).  —  Den  wichtigsten 
itt  zur  Aufklärung  der  litterarhistorischen  Stellung  des  Philopatris  that  B.  G.  Niebuhr, 
sr  das  Alter  des  Dialogs  Philopatris,  Kleine  historische  und  philologische  Schriften, 
ammlung,  Bonn  1843.  —  Ganz  nutzlos  ist:  H.  Kellner,  Der  Dialog  Philopatris,  Tü- 
er  theologische  Quartalschrift  46  (1864)  48—78;  wiederholt  in  des  Verfassers:  Helle- 
lua  und  Christentum,  Köln  1866  S.  323—347.  —  H.  Wessig,  De  aetate  et  auctore 
opatridis  dialogi,  Diss.,  Koblenz  1866.  —  A.  v.  Gutschmid,  Litterar.  Centralbl.  1868 
41  f.  =  Kleine  Schriften  5  (1894)  434.  —  C.  W.  King,  Antique  gems  and  rings 
«ondon  1872)  262,  glaubt  den  Philopatris  auf  Grund  einiger  Anklänge  an  zwei  dem 
^er  Justinian  gewidmete  Gratulationsepigramme  unter  Justini  an  setzen  zu  mttdsen; 
n  diese  Anklänge  wären,  selbst  wenn  sie  viel  wörtlicher  wären,  als  sie  sind,  höchstens 
lie  Bestimmung  der  Frühgrenze  brauchbar.  —  A.  Fr.  Gfrörer,  Byzantinische  (jreschichten 
877)  64—82,  gibt  eine  gute  Analyse  des  Dialogs.   —   C.  J.  Aninger,  Abfassungszeit 

Zweck  des  pseudolucianischen  Dialogs  Philopatris,  Histor.  Jahrbuch  der  Görresgesell- 
ft  12  (1891)  463-491;  703-720  (sucht  als  Abfassungszeit  das  Jahr  974  zu  erweisen).  — 

Milieu,  aus  dem  der  Dialog  erwachsen  ist,  schildert  C.  Neu  mann,  Die  Weltstellung 
byzantin.  Reiches  vor  den  Kreuzzügen,  Leipzig  1894  S.  32  ff.  —  Robert  Crampe, 
opatris.  Ein  heidnisches  Konventikel  des  siebenten  Jahrhunderts  zu  Konstantinopel, 
e  1894.  Gegen  Crampe  vgl.  die  Besprechungen  von  C.  E.  Gl  eye,  Berliner  philol. 
shenschr.  1895  Nr.  41  S.  1285  ff.  und  C.  Neumann,  B.  Z.  5  (1896)  165—168.  — 
iohde,   4>iX6natgig,  B.  Z.  5  (1896)  1—15    (widerlegt  den  Ansatz  von  v.   Gutschmid 

Crampe  und  setzt  die  Entstehungszeit  des  Dialogs  in  den  Sommer  969). 

3.  Ueberlieferung:  Die  einzige  Hs,  der  Cod.  Vatic.  88,  überliefert  den  Philo- 
is  mit  Werken  des  Lukian. 

4.  Leon,  der  Gesandte  des  Basilios  Bulgaroktonos,  ist  wahrscheinlich  der  Verfasser 
neun  Briefen,  welche  gegen  das  Ende  des  10.  Jahrhunderts  aus  dem  Abendlande  nach 
mz  geschrieben  worden  sind.  Sie  handeln  vornehmlich  von  den  Schicksalen  des  un- 
;en  Philagathos,  der  sich  unter  Otto  III  als  Gegenpapst  (Johannes  XVI)  aufstellen 
\.  Ed.  A.  J.  Sakkelion,  rmiatoXal  BvCttyuyal,  ItjiijQ  15  (1892)  217—222  (mir  un- 
nglich;  s.  B.  Z.  3,  194  f.) 

195.  Johannes  Doxopatres  (Iwcivrij^g  a  Jo^onaTgijg),  mit  dem  Bci- 
leu  der  Sizilier  {o  2<xeA<wri;^,   auch  u  SixeXog)  nimmt  unter   den  Ver- 


462  Bysanünisohe  Litteratiirge«ohiohie.    I.  ProMusche  Liiteimtiir. 

tretem  der  byzantinischen  Schulrhetx)rik  eine  bemerkenswerte  Stelle  ein. 
Von  seiner  Person  verrät  uns  Johannes,  dass  er  ein  dürftiger,  von  des 
Lebens  Not  gedrückter  Mönch  war;  seine  Armut  und  die  Oleichgültigkeit 
der  Fürsten  und  des  Publikums  hinderten  ihn,  wie  er  sagt,  an  einer  aus- 
gedehnteren litterarischen  Thätigkeit.  Er  stammte,  wie  sein  Beiname 
zeigt,  aus  Sizilien;  die  Stätte  seiner  Wirksamkeit  aber  scheint  Eonstanti- 
nopel  gewesen  zu  sein.  Seine  Lebenszeit  Täüt  wahrscheinlich  in  die 
erste  Hälfte  des  11.  Jahrhunderts. 

Wir  haben  von  Johannes  Doxopatres  eine  Vorrede  und  rhetorische 
Homilien zu  den  Progymnasmata  des  Aphthonios;au8serdemProlegomeiia 
zur  Rhetorik,  in  welchen  nach  dem  üblichen  Schema  untersucht  wird,  woraus 
die  Rhetorik  entsprungen  sei,  ob  auch  die  Halbgötter  Rhetorik  hatten,  wie 
sie  zu  den  Menschen  kam  u.  s.  w.;  endlich  grosse  Kommentare  zu  den 
Abschnitten  des  Hermogencs  IIsqI  axaaswv^  UeQi  svQäcewg  und  UeQi  idem. 
Diese  Schriften  haben  einigen  Wert,  weil  Johannes  den  Reichtum  der  alten 
Kommentatoren  freilich  mit  grosser  Geschwätzigkeit  wiedergibt  und  zu- 
weilen auch  die  Namen  seiner  Vorgänger  gewissenhaft  nennt.  Besonders 
ist  zu  bemerken,  dass  in  den  Homilien  zu  Aphthonios  wie  auch  im  Kom- 
mentar zu  n€Ql  atdasfüv  Bruchstücke  der  Techne  des  Alexander  Nu- 
meniu  vorkommen,  welche  zur  Emendation  der  erhaltenen  Epitome  dieses 
Werkes  nützliche  Dienste  leisten.  Später  wurde  Johannes  viel  benützt 
und  ausgeschrieben,  unter  anderm  von  einem  Rhetor  Trophonios  aus 
unbekannter  Zeit. 

Einige  Schuldeklamationen,  als  deren  Verfasser  sich  Johannes  im 
Kommentare  zu  Hermogenes  nsQi  Idetav  nennt,  scheinen  nicht  erhalten  zu 
sein;  ihre  Titel  sind:  'O  tov  l'nnov  Xoyog^  ^Avaaxsvt]  tov  JjQOfArjd^ätog  ^ivxhv^ 
Batflkeiog  demeqog^  lIoXiTixog  Xoyog^  'O  xazd  2aQaxr]vwv  koyog;  die  ersten 
vier  behandelten  mithin  gewöhnliche  Schulthemata,  zu  bedauern  ist  nur 
der  Verlust  des  letzten  Stückes. 

1.  Ausgaben:  Einige  Bruchstücke  ed.  I.  Bekker,  An.  gr.  3  (1821)  1454—1457. 
—  Rhetores  graeci  ed.  Chr.  Walz  2  (1835)  69-564;  6  (1834)  1-32;  56—504.  —  Ex- 
zerpte  aus  dem  Kommentar  JIcqI  evoiaetog  ed.  J.  A.  Gramer,  An.  Ozon.  4  (1887)  155 
bis  169. 

2.  Hilfsmittel:  Rhetores  graeci  ed.  Chr.  Walz  2  S.  IV  ff.,  6  S.  V  ff.  —  üeber 
das  Verhältnis  des  Doxopatres  zu  Alexander  Numeniu  vgl.  £.  Finckh,  De  incerti  auctoiis 
artis  rhetoricae  etc.  a  L.  Spengelio  editae  loc.  al.  em.,  Heilbronn  1854,  und  die  Rezension 
dieser  Schrift  von  Kayser,  Münchener  Gelehrte  Anzeigen  41  (1855)  1—13.  —  C.  Bnrsian, 
Der  Rhetor  Menander  und  seine  Schriften,  Abb.  bayer.  Ak.  1.  Cl.  16.  Bd  3.  Abt.  (1882)  8.  18 
Anm.  1,  setzt  den  Doxopatres  auf  Grund  einer  sehr  ansprechenden  Kombination  in  die 
erste  Hälfte  des  11.  Jahrhunderts.  —  Jo.  Graeven,  Cornuti  artis  rhetoricae  epitome, 
Berlin  1891  Prolegomena  S.  7  ff.;  11,  15,  20,  24  f.,  66  ff.  —  Karl  Fuhr,  Zwei  Hermo- 
geneskommentatoren,  Rhein.  Mus.  51  (1896)  45—51;  164.  —  Vgl.  auch  die  Litteratur  zu 
Alexander  Numeniu,  Hermogenes  u.  a.  bei  W.  Christ,  Geschichte  der  griechischen  Litte- 
ratur *  S.  625  ff. 

3.  Name:  Das  übereinstimmende  Zeugnis  der  Hss  wie  der  Codd.  Barocc.  175, 
Vatic.  106.  Medic.  57,  5,  Taur.  119,  Vindob.  phil.  gr.  16,  73.  130,  145  (Nessel), 
Vindob.  bist.  gr.  64  (Nessel)  bietet  die  Genetivform  tov  Jo^a  natgi,  Jo^anaxQfj^  neben 
Jo^onaxQi  und  Jo^onatQtj^  woraus  sich  als  Nominativ  der  echt  byzantinische  Name  Jo^a- 
naTQTJs  oder  Jo^onctTQrjg  ergibt,  der  auch  ausdrücklich  bezeugt  ist  {Jo^cenaTQfjs  z.  B.  bei 
Tzetzes,  Gramer,  An.  Oxon.  4,  125  und  in  einem  Briefe  des  Michael  Akominatos  ed.  Lampros 
2,  232,  16;  Jo^onaxQt^g  bei  einem  von  Allatius  benützten  Anonymus,  Walz,  Rhet.  gr.  6 
S.  VI).  Zweifelhaft  ist  also  nur,  ob  Jo^onaxQijg  oder  Jo^anaxgijg  die  wahre  Form  ist; 
denn  nur  in  dieser  Hinsicht  schwanken    die   Hss.    Nach  den   Gesetzen  der   griechischen 


5.  fihetorik,  Sophistik  und  Episiolographie.    (§  196)  463 

Wortbildung  ist  man  geneigt,  der  Form  Jo^onaxQrjg  den  Vorzog  zu  geben.  Es  ist  aber 
durchaus  nicht  ausgeschlossen,  dass  die  Familie  in  Wahrheit  Jo^anatQ^g  hiess.  Ganz  zu 
verwerfen  ist  die  von  Chr.  Walz  willkürlich  eingef&hrte  Form  JoSojidtgov  (Rhet.  gr.  2^ 
70  ff. ;  6,  4  ff.),  die  einen  Nominativ  Jo^onargog  voraussetzt,  und  es  ist  höchste  Zeit,  dass 
diese  falsche  Namensform,  die  sich  in  der  ganzen  philologischen  Litteratur  —  zuletzt  noch 
bei  H.  Graeven,  Hermes  30  (1895)  471  —  eingenistet  hat,  endlich  einmal  verschwinde. 
Noch  weniger  berechtigt  ist  der  Nominativ  Doxapatri,  den  E.  £.  Zachariae  von  Lingen- 
thal  noch  in  der  3.  Auflage  seiner  Geschichte  des  griechisch-römischen  Rechts  (S.  34  f. 
und  Öfter)  konsequent  anwendet.  Auch  lateinisch  ist  der  Rhetor  nicht  Doxopater,  son- 
dern Doxopatres  zu  benennen.  Natürlich  ist  nun  auch  auf  der  ßleibulle  des  Spatharios 
und  Dishypatos  Theophanes  Doxapatres,  welche  G.  Schlumberger,  Sigillographie 
de  TEmpire  byz.  S.  592  (vgl.  dortselbst  S.  652)  veröffentlicht  hat,  die  Abkürzung  nicht  in 
JolcrTTcfr^,  sondern  in  Jo^anazQJ  aufzulösen. 

4.  Ajidere  Gelehrte  dieser  Familie  sind  Gregor ios  Doxopatres,  der  als  Verfasser 
von  Basilikenscholien  genannt  wird,  der  Archimandrit  Nilos  Doxopatres,  der  im  Auf- 
trage des  Königs  Roger  11  von  Sizilien  (1101—1154)  im  Jahre  1143  JUqI  rtuy  niyxB  noTQir- 
ttQxucaly  ^Qovtoy  einen  Bericht  erstattete  (s.  S.  415),  und  Nikolaos  Doxopatres,  dem 
eine  kirchenrechtliche  Synopsis  untergeschoben  worden  ist.  Vgl.  K.  £.  Zachariae  von 
Lingenthal,  Monatsber.  Berl.  Ak.  1887  S.  1159  ff. 

5.  Unter  den  Quellen  des  Johannes  Doxopatres  ist  Phoibamon,  ein  seiner 
Person  und  Zeit  nach  unbekannter  Rhetor,  der  auch  von  Tzetzes  und  Chris  top  horos 
zitiert  wird.  Vgl.  Karl  Fuhr,  Zwei  Hermogeneskommentatoren,  Rhein.  Mus.  51  (1896)  50  f. 

6.  Wohl  bald  nach  Doxopatres  schrieb  ein  seiner  Person  nach  unbekannter  C brist o - 
phoros  einen  Kommentar  zu  Hermogenes  J7f^^  aräasmy.  Er  benützte  den  der  gleichen 
Schrift  gewidmeten  Kommentar  eines  gewissen  Eustathios.  Hugo  Rabe,  De  Christophori 
commentario  in  Hermogenis  librum  tibqI  araaetay,  Rhein.  Mus.  50  (1895)  241 — 249.  —  Vgl. 
Karl  Fuhr,  a.  oben  a.  0. 

196.  Theophylaktos  {&€0(fvXaxTog),  gewöhnlich  nach  seinem  erz- 
bischöflichen Sitze  Achrida  als  Bulgarus  oder  Achridensis  bezeichnet, 
war  einer  der  bedeutendsten  Theologen  des  11.  Jahrhunderts.  Er  stand 
auf  der  Bildungshöhe  seiner  Zeit,  wenn  er  auch  an  Umfang  des  Wissens 
und  Fonngewandtheit  mit  seinem  älteren  Zeitgenossen  Psellos,  dem  er 
als  eifriger  Schüler  nachstrebte,  nicht  verglichen  werden  kann.  Über  sein 
Verhältnis  zu  seinem  Lehrer  sagt  er  selbst  in  einem  Biefe  an  Kamatero- 
pulos,  Migne,  Patr.  gr.  126,  384:  'AfiäXei  xai  t^)  T^ctr/iaxer^Kurar^)  vnsQtCiM^} 
i([t  9€Xh[)  xai  dnaQafi(XX(i)  ttiv  yX^xTav  otpeiXco  fitVy  oi^  eixog^  ovx  svano- 
iotovg  xcr^iTcr^  .  JloXXd  yccQ  olia  Trjg  piovarfi  %ov  ävdgdg  dnovafievog  u.  s.  w. 
Die  Hauptmasse  seiner  Werke  fällt  in  das  Gebiet  der  Theologie;  vgl. 
S.  133  flf.  Wichtig  sind  seine  zahlreichen  Briefe;  an  hohe  Würdenträger 
wie  an  Privatpersonen,  besonders  an  geistliche  Kollegen  in  Eonstantinopel 
und  in  anderen  Städten  des  Reiches  gerichtet,  sind  sie  uns  wie  die  Briefe 
des  Photios,  Psellos,  Gregor  von  Cypern,  Planudes  und  anderer  Byzantiner 
ein  unverächtliches,  freilich  noch  recht  wenig  verwertetes  Hilfsmittel  zu 
einer  genaueren  Erforschung  der  politischen,  kirchlichen  und  kulturellen 
Zustände  der  Zeit.  Wir  finden  unter  den  Adressaten  Männer  wie  den 
Käsar  Nikephoros  Bryennios,  den  Grossdrungar  Gregor  Pakurianos, 
den  Bischof  Niketas  von  Serrae,  den  Arzt  und  Dichter  Nikolaos 
Kallikles,  den  Metropoliten  Nikolaos  von  Kerkyra,  der  durch  seine 
Teilnahme  an  der  von  Alexios  Komnenos  i.  J.  1117  veranstalteten  Synode  be- 
kannt ist,  u.  a.  Ausserdem  haben  wir  von  Theophylaktos  zwei  Schriften 
rhetorischer  Art.  Die  eine  enthält  eine  Unterweisung  an  seinen 
Schüler,  den  kaiserlichen  Prinzen  Konstantin:  llaidsia  ßaaihxi] 
n^  Tov  noQq>vQoy€vvr^Tov  KfavatavtTvov,  Im  ersten  Teile  verweist  Theo- 
phylaktos seinen  Zögling   auf  die  Tugenden  seiner  Eltern,   besonders  auf 


464  Byzantiniaohe  Litteratargeachichie.    I.  ProBaische  litteratur. 

das  leuchtende  Vorbild  seiner  Mutter  Maria,  im  zweiten  erteilt  er  ihm 
Lehren  über  Religion,  Sittlichkeit,  Regierungskunst,  sogar  über  die  Not- 
wendigkeit militärischer  Übungen.  Von  den  verwandten  paränetischeo 
Schriften  des  Kaisers  Basilios  unterscheidet  sich  die  des  Theophylaktos 
vorteilhaft  durch  die  Berücksichtigung  der  speziellen  Verhältnisse  und  durch 
höhere  Originalität;  während  Basilios  im  wesentlichen  dem  Fürstenspiegel 
des  Agapetos  folgte,  hat  der  Erzbischof  in  ganz  freier  Weise  passende  Ge- 
danken, die  er  bei  den  alten  Autoren  traf,  in  neue  Fonnen  umgegossen  und 
in  seine  Kapitelfacher  eingereiht.  Als  Quellen  lassen  sich  mehr  oder  weniger 
sicher  nachweisen:  Xenophon,  Piaton,  Polybios,  Diogenes  Laertes,  Synesios, 
vor  allem  aber  Dion  Chrysostomos  und  Themistios;  selbst  der  Apostat 
Julian  scheint  hier  —  ein  erfreuliches  Zeichen  des  Erwachens  einer  ob- 
jektiven Betrachtung  des  Altertums  —  vorurteilsfrei  verwertet  zu  sein. 
Der  zweite  rhetorische  Versuch  des  Theophylaktos  ist  eine  um  das  Jahr 
1092  abgefasste  panegyrische  Rede  an  Kaiser  Alexios  Komnenoa 
Vgl.  H.  Seger,  Nikephoros  Bryennios  S.  105.  Nach  dem  überschwäng- 
lichen  Muster,  das  für  solche  Reden  in  Byzanz  wie  anderswo  üblich  ist, 
werden  die  Milde,  Gerechtigkeit,  Tapferkeit  und  andere  Tugenden  des 
Herrschers  gefeiert;  zum  Schluss  erfreut  uns  wenigstens  die  nachdrück- 
liche Aufforderung  an  den  Kaiser,  die  Wissenschaft  zu  unterstützen; 
y,xivdvv€V€i  yoLQ  ovx  ini  yovv,  dXX'  im  aTOfict  netfetv'^.  Ohne  Bedeutung 
sind  zwei  jambische  Gedichte  des  Theophylaktos:  Elg  avu^po^av  (?)  i^nsaovxa 
Tivd  und:  IJQog  novrjQov  änoYvdvta, 

1.  Gesamtausgabe:  Migne,  Patrol.  gr.  123—126;  die  Unterweisungsschrift  126, 
250  ff.;  die  Rede  an  Alexios  126,  287  ff.;  die  Briefe  126,  307  ff.  —  Die  Gedichte  ed.  am 
Cod.  Monac.  201  B.  Georgiades,  "ExxA.  UX.  4  (1883)  141—143.  —  Ueber  die  Briefe 
des  Theophylaktos  handelt  V.  Yasiljevskij  in  seiner  Besprechung  der  Schrift  yon 
Th.  Uspenskij,  Ueber  die  Entstehung  des  2.  bulgarischen  Kiaiserreiches  (Odessa  1879), 
Joum.  Min.  1879  Bd  204  Juli  144-217  und  August  318—348.  —  Eine  vortreffliche  Unter- 
suchung  der  Quellen  der  Jlaideia  gab  Karl  Frachter,  Antike  Quellen  des  Theophylaktos 
von  Bulgarien,  B.  Z.  1  (1892)  399-414. 

2.  Von  Manuel  Straboromanos  (MayovtjX  SxQaßoQtofÄayog)  bewahrt  der  Cod. 
Coisl.  gr.  136  fol.  243—249^  einige  Reden  (Xoyoi)  an  Kaiser  Alexios  (wohl  1)  Komnenos 
nebst  einer  Antwort  (dyrlyQafjifia)  des  Kaisers.  Ein  weiteres  Zeugnis  der  litterarischen 
Thätigkeit  dieses  Mannes  und  seiner  Beziehungen  zu  Kaiser  Alexios  ist  ein  im  Namen 
des  Kaisers  gedichtetes  Epigramm  auf  ein  Goldbild  des  hl.  Demetrios :  Tov  xuqov  Mat^vjjX 
jov  XxQaßoQiOfÄttyov  ix  ngoatinov  tov  ßaaiXiuis  xvgov  'AXe^ioi*  xov  KofÄurjyov  n(f6g  roy 
ityioy  Jtj/ntJTQVoy  eixoyuxfde'yoy  ix  ;^^t)<rot;  iy  IfAUjlt^,  r  (pogeTiM  ayio  xtoy  onXtty,  xtxXettai 
cf^  ini(y<ü<xXißayoy'?>.  Es  steht  z.  B.  im  Cod.  Laur.  32,  52  fol.  125.  Ebendort  findet 
man  ein  Grabepigramm  des  Nikephoros  Straboromanos  auf  seinen  Vater:  Tov  xt^ov 
NixrjtpoQov  TOV  IrgaßoQotfiicyov  inixtifpioi,  eis  xoy  avxov  naxiga  ix  ngoatanov  xov  xei/jUvov. 
Aus  der  engen  Verbindung  beider  Träger  des  Namens  lässt  sich  schliessen,  dass  sie  Bluts- 
verwandte (Brüder?)  waren.  Vielleicht  ist  einer  von  ihnen  identisch  mit  dem  von  Anna 
Komnena  II  5  (I  101,  9;  102,  16  ed.  Bonn.)  leider  ohne  Vornamen  erwähnten  Straboromanos. 
Eine  Untersuchung  über  diese  noch  völlig  unbeachteten  litterarischen  Zeitgenossen  des 
Alexios  Komnenos  und  eine  Veröffentlichung  ihres,  wie  es  scheint,  sehr  geringen  Nach- 
lasses wäre  erwünscht. 

3.  Ein  Mönch  Antonios,  der  mit  dem  Verfasser  der  MiXiatra  (s.  das  Kapitel 
^Sammlungen  von  Sentenzen  und  Sprichwörtern')  identisch  sein  und  unter  Alexios  I  Kom- 
nenos gelebt  haben  soll,  verfasste  eine  Anleitung  zu  feinem  Anstand  und  gutem 
Ton  {Xgrjaxorjf^eia).  Das  Büchlein  gibt  in  9  Kapiteln  ethische  und  trivialpraktische  Lebens- 
regeln für  junge  Leute.  Die  erste  Ausgabe  besorgte  Damaskenos  Papapanagiotopulos, 
Venedig  1815  (mir  unzugänglich).  -^  Auf  Grund  derselben  wurde  das  Büchlein  mit  neu- 
griechischer Uebersetzung  als  Anstandsbuch  der  heutigen  griechischen  Jugend  vorgelegt 
von  N.  Kalogeras:  'Ayxtoyiov    xov    Rviayiiov  avyy^atp^iüs  xrjs  lu   ixaroyxaexij^idos  X^^" 


5.  Bhetorik,  Sophiatik  und  Epistolographie.    (§  197)  46ü 

of]9€ta  ^'roi  x^noi  xov  ^EXXtjyortQenuis  (pigtadai  ixMofjtBvoi  /a^i'  tij£  ISXktiyiX'^g  vBoXulaf: 
i€r«  xtti  T^g  eis  tny  xa&afiiXijfjieyrjy  naQatpQcetfews  vnd  N.  K'.,  Athen  1881.  Vgl.  die  Be- 
prechung  von  A.  Eberhard,  Deutsche  Litteraturzeitung  1883  S.  301  f.  Dort  wird  auch 
ine  zweite  ähnliche  Schrift  des  Antonios:  nagaiy^aeig  neQl  ij&ovg  ayd^guinrny  xal  X9V^^^f 
'oXiTfltts  erwähnt,   die  in  mehreren  Hss  vorkommen  soll.    Ich  habe  sie  nirgends  gesehen. 

197.  Michael  Italikos  (Mi^aijA  o  ^Itahxog)  war  unter  Kaiser  Johannes 
Comnenos  Lehrer  der  Philosophie  und  Rhetorik;  später  (sicher  nach  1142) 
vurde  er  Bischof  von  Philippopel,  als  welcher  er  im  Jahre  1147  den 
leutschen  König  Konrad  durch  seine  Beredsamkeit  fllr  sich  zu  gewinnen 
ind  so  seine  Diözese  vor  den  Plünderungen  der  Kreuzfahrer  zu  bewahren 
-erstand.  Sein  Todesjahr  ist  unbekannt;  doch  wissen  wir,  dass  er  im 
Fahre  1166  nicht  mehr  Bischof  von  Philippopel  war.  Italikos  hat  eine  An- 
:ahl  von  Briefen  und  Essais  hinterlassen,  die  sich  in  mancher  Hinsicht 
)eträchtlich  über  das  Niveau  byzantinischer  Rhetorik  erheben.  Den  Inhalt 
>ilden  litterarische  Fragen,  sophistische  Themen,  eine  Lobrede  u.  s.  w.  Der 
^^erfasser  zeigt  sich  als  ein  ungewöhnlich  belesener  Mann,  der  nicht  nur 
n  Philosophie,  Rhetorik  und  Grammatik,  sondern  auch  in  Geschichte, 
rheologie,  Medizin  und  Astronomie  Bescheid  weiss.  Über  die  originelle 
Axt  seiner  Lehrthätigkeit  erhält  man  in  den  Briefen  allerlei  hübsche  An- 
ieutungen.  Überraschend  ist  die  humoristische  Schärfe,  mit  welcher  er 
ias  Grundübel  der  byzantinischen  Litteratur,  die  „Nachahmung*",  an  einem 
konkreten  Falle  geisselt :  Der  Chartophylax  hat  ihm  das  Werk  eines  (leider 
nicht  genannten)  Patriarchen  zum  Abschreiben  geliehen;  er  schickt  es 
aber  zurück,  ohne  es  zu  kopieren,  und  bemerkt  in  seinem  Dankschreiben, 
er  habe  das  Buch  so  gründlich  durchgelesen,  dass  er  nicht  bloss  den  In- 
iialt,  sondern  auch  die  Quellen  desselben  erkannt  habe.  Nur  die  Einlei- 
tungen gehören  zum  Teil  dem  Patriarchen,  zum  grössten  Teile  seien  selbst 
sie  Flickwerk  aus  fremden  Stoffen;  im  übrigen  aber  höre  man  bald  den 
Qoldmund  Johannes,  bald  den  grossen  Basilios,  bald  den  Gregor  von  Nyssa, 
bald  andere  reden;  das  Werk  gleiche  einer  zehn-  und  mehrsaitigen  Leier, 
die  ein  Künstler  aus  allenthalben  entlehnten  Teilen  zusammengesetzt,  aber 
nicht  einmal  zu  harmonischem  Klange  zu  stimmen  gewusst  habe.  Die 
seltene  Bildung  und  das  grosse  Darstellungstalent  des  Italikos  wurden 
denn  auch  gebührend  anerkannt;  unter  den  Personen,  an  welche  er  sich 
mit  Briefen  und  Aufsätzen  wenden  darf,  sind  Angehörige  des  Kaiserhauses 
wie  der  Kaiser  Johannes  Komnenos,  der  Käsar  Nikephoros  Bryen- 
nios  und  sein  Sohn  Alexios  Komnenos,  die  Kaiserin-Witwe  Irene 
(die  Gemahlin  des  Kaisers  Alexios  I),  hohe  Würdenträger  wie  der  berühmte 
Grossdomestikos  Johannes  Axuch,  dem  auch  der  Bischof  Nikolaos  von 
Methone  und  der  Rhetor  Nikephoros  Basilakes  Schriften  gewidmet  haben, 
ein  Chartophylax,  ein  Bischof  von  Bulgarienu.  a.  Mehrere  Adressaten 
kehren  unter  denen  des  Theodoros  Prodromos  wieder,  wie  der  Rhetor 
Lizix,  der  Aoyod^trrfi  %ov  öqoiiov  Stephanos  Meles  und  ein  gewisser 
TheophanesEphoros.  In  einer  Ethopoiie  behandelt  Italikos  die  Frage, 
was  wohl  der  hl.  Protomartys  Stephan  sagen  würde,  wenn  er  (d.  h. 
woU  sein  Bild)  vom  Kirchendiener  an  die  Venezianer  verkauft  würde. 
Ein  echtes  Sophistenbravourstück  ist  ein  Brief  an  Theodoros  Prodromos, 
in  welchem  Italikos  seinem  Freunde  in  launigem  Tone  beweist,  dass  der 

Bandbach  der  kUn.  AlterturnfWlMensctuOt  IX.    1.  AbUg.    2.  Anfl,  ^Q 


466  Bysantinisohe  LitteratorgeBohichte.    L  Proiudsehe  Lütorainr. 

Philosoph  den  Speck  dem  Käse  vorziehen  müsse,  wogegen  dann  Pro- 
dromos  die  Partei  des  Käses  ergreift.  Derselbe  Prodromos  widmete  dem 
Italikos  in  Ausdrücken  der  Verehrung  und  Bewunderung  seine  Schrift 
JIsqI  tov  iisyakov  xal  tov  fAixQov  und  erteilte  ihm  später,  als  er  schon 
Bischof  war,  in  einem  Gedichte  >)  den  Ehrentitel  „Nacheiferer  des  PlatoB 
und  Piaton  nach  jenem"  {imfirjTijg  %ov  nXätmvog  xäi  fiet'  ixeXvov  llXatm), 

Zu  den  Briefen  und  Essais  kommen  einige  Stücke,  die  der  Cod.  der 
Universitätsbibliothek  von  Bologna  2412  aufbewahrt:  Ein  Vortrag 
des  Italikos,  als  er  Evangelienexeget  {iiidtrxalog  rciv  evayyeXiwv)  wurde, 
eine  Qlückwunschrede  an  Kaiser  Johannes  Koranenos  ob  seiner  kriege- 
rischen Erfolge  in  Syrien  und  ein  Panegyrikus  auf  Kaiser  Manuel  Komnenoe. 

1.  Ausgabe  und  Handschriften:  Die  Briefe  und  Aufsätze  (29  Nomm^n)  ed. 
als  vermeintliches  Werk  eines  unbekannten  Grammatikers  aus  d  er  Zeit  des  Kaisers  Aleziot  I 
(aus  Cod.  Bodl.  Barocc.  131)  J.  A.  Gramer,  An.  Oxon.  3  (1836)  158— 203.  —  Dit 
Ethopoiie  über  den  hl.  Stephanos  ruht  noch  unediert  in  dem  fOr  die  byzantinische  Lütentor 
80  wichtigen  God.  Escur.  gr.  Y.  II.  10  fol.  342.  Vielleicht  gehört  dem  Italikos  auch  dieis 
der  Hs  unmittelbar  folgende  Monodie  über  sein  gestorbenes  Rebhuhn,  Movt^^la  inl  tf 
niQ^ixi,  avtov  tc&yrjxon,  die  mit  der  Monodie  des  Manasses  über  den  Astroglenoe  zu  ver- 
gleichen  ist.  Vgl.  E.  Miller,  Catalogue  des  mss  grecs  de  la  bibl.  de  rfäciinal  8.  81ä 
Die  Monodie  auf  das  Rebhuhn  steht  auch  im  Cod.  Bodl.  Barocc.  131  fol.  230^  f.  lii  i 
sie  wirklich  von  Italikos,  dann  gehören  ihm  auch  einige  im  Barocc.  mit  dem  Autorvermerk 
Tov  avTov  unmittelbar  vorhergehende  Stücke:  Briefe  an  Theodoros  Prodromos  und  die 
Kaiserin  Irene,  der  im  §  200  Anm.  3  erwähnte  Brief  über  den  Tod  des  Eonstanttnos  Hagio- 
theodoretes  und  eine  Monodie  auf  den  Tod  des  Kaisers  Andronikos.  —  Das  Schreiben  fiber 
den  Speck  nebst  der  Antwort  des  Prodromos  ebenfalls  noch  unediert  im  God.  Paris,  gr. 
2872  fol.  120-122  (Aufschrift  der  zwei  Stücke:  ^EntOToXrj  tov  ^IraXixov  nqog  xoy  fpMcofpw 
TlQodgofiop  —  Tov  JlQo^QOfjLov  ayxlyQttfÄfia  nQos  tor  'itttXtxoy).  —  Weitere  Aofschlfiase  sud 
zu  erwarten  von  einem  noch  nicht  beachteten  Briefe  des  Italikos  an  Prodromos 
und  einem  Schreiben  des  Prodromos  an  Italikos,  die  in  demselben  Cod.  Bodl. 
Barocc.  131  fol.  175^—176^  stehen,  aus  dem  Gramer  die  Briefe  seines  vermeinÜicben  Ano- 
nymus gezogen  hat.  —  Uebor  den  oben  erwähnten  Bologneser  Codex  gibt  vorlftofige  Mit- 
teilungen G.  Mercati,  Gli  aneddoti  d*un  codice  Bolognese,  B.  Z.  5  (1896).  Ebenda  be- 
spricht und  ediert  Mercati  einige  interessante  Reden  eines  Anonymus  des  12.  Jahrhunderts, 
die  derselbe  Codex  bewahrt. 

2.  Hilfsmittel:  H.  üsener,  Vergessenes,  Rhein.  Mus.  28  (1873)  414  (über  den 
21.  Brief,  dessen  Quelle  das  Inhaltsverzeichnis  der  Chrestomathie  des  Proklos  bildet).  — 
P.  Tannery,  Annuaire  de  Tassoc.  21  (1887)  106  f.  (identifiziert  den  Italikos,  welchem 
Prodromos  seine  Schrift  Ueber  das  Grosse  und  Kleine  widmete,  mit  dem  Bischof  von 
Philippopel).  —  Ueber  den  17.  Brief,  der  eine  mit  Psellos  eng  verwandte  Darlegung  der 
chaldäischen  Weisheit  enthält,  s.  Guil.  Kroll,  De  oraculis  Chaldaicis,  Breslau  1894 
(=  Breslauer  philol.  Abh.  VII  1)  S.  5  ff.  —  Hauptschrift:  M.  Treu,  Michael  Italikos,  B.  Z. 
4  (1895)  1—22  (Nachweis,  dass  Italikos  der  Verfasser  der  von  Gramer  edierten  Texte 
ist;  Charakteristik  seiner  Person  und  seiner  Schriften;  Emendationen). 

3.  Basileios  von  Achrida,  der  (c.  1145— 1169)  Erzbischof  von  Thessalonike  war. 
verfasste  ausser  theologischen  Schriften  (s.  S.  86)  eine  Grabrede  auf  Eirene,  die  erste 
Gemahlin  des  Kaisers  Manuel  Komnenos  (eine  geborene  Gräfin  von  Sulzbach,  Schwester 
der  Gemahlin  des  Königs  Konrad  III).  Die  Rede  ed.  V.  Vasiljevskij,  Viz.  Vr.  1  (1894) 
55—132.  —  Kritische  Beiträge  gab  E.  Kurtz,  B.  Z.  4  (1895)  173  ff. 

4.  Eine  Sammlung  von  Essais,  Briefen  nebst  jambischen  Epigrammen,  an  der  den 
Ueberschriften  zufolge  ein  gewisser  Peribleptenos  {JleQißXenxtjyos)  und  Basilios,  Bischof 
von  Kerkyra,  den  meisten  Anteil  haben,  bewahrt  der  Cod.  Marc.  XI  31  fol.  275—300, 
eine  sehr  merkwürdige,  leider  beispiellos  unorthographische,  zwischen  1282  und  1328  ge- 
schriebene Sammelhs,  die  einmal  gründlich  untersucht  werden  sollte.  Da  auch  Manasses 
in  der  Sammlung  vertreten  ist  (s.  S.  380  Anm.  7)  und  da  sowohl  die  Patriarchenliste  fol. 
201  f.  als  die  ausführlichere  Patriarchengeschichte  fol.  273  ff.  mit  Lukas  Chrysoberges 
(1156 — 1169)  schliesst,  werden  wohl  auch  Peribleptenos  und  Basilios  dem  12.  Jahrhundert 
angehören.  Basilios  ist  wohl  identisch  mit  Basilios  Pediadites  {nedittdlttjs),  der  in  der 


^)  Bruchstücke  ediert  von  E.  Miller,  Recueil  des  historiens  des  croiaades  IT  770. 


5.  Rhetorik,  Sophistik  und  Epistolographie.    (§  198)  467 

zweiten  Bälfte  des  12.  Jahrhunderts  Metropolit  von  Kerkyra  war.  Einen  Brief  dieses 
Basilios  Pediadites  an  Eonstantinos  Stilbes  {InXßi^g),  worin  er  in  ganz  ähnlicher  Weise 
wie  The  ophylaktos  von  Bulgarien  (s.  S.  133)  und  Michael  Akominatos  (s.  S.  469)  über  die 
Unwissenheit  und  den  Stumpfsinn  der  ihm  untergebenen  Provinzler  jammert,  ed.  Sp.  Lam- 
pros,  KfQxvQaixa  ayixdora,  Athen  1882  S.  42—49.  Zwei  Reden  des  Pediadites  an  den 
Patriarchen  bewahrt  der  Cod.  Escur.  Y.  II.  10.  Vgl.  E.  Miller,  Gatalogue  des  mss 
grecs  de  la  bibl.  de  TEscunal  S.  210,  218.  Dunkel  bleibt  vorerst  die  Person  des 
Peribleptenos.  Zwar  kennen  wir  einen  Johannes  Peribleptenos,  an  welchen  Theo- 
pfaylaktos  von  Bulgarien  zwei  Briefe  richtete  (Migne,  Patr.  gr.  126,  452  und  464); 
mber  dieser  Mann,  der  dem  Schlüsse  des  11.  oder  dem  Anfang  des  12.  Jahrhunderts  an- 
gehört, lässt  sich  keineswegs  sicher  mit  unserem  Essayisten  identifizieren.  Yieüeicht  heisst 
auch  der  UaQaßXiTurjyoc,  von  dem  der  Cod.  Laur.  Conv.  Soppr.  2  Briefe  an  einen  ge- 
wissen Nikolaos  bewahrt  (vgl.  N.  Festa,  Studi  Ital.  di  filol.  class.  1,  132),  in  Wahrheit 
ngQtßXenrrjvog  und  ist  mit  unserem  (bezw.  einem  von  unseren)  Peribleptenos  identisch. 

5.  Bemerkenswert  wegen  des  in  der  byzantinischen  Litteratur  seltenen  Stoffes  ist 
die  Schilderung  eines  Turniers  des  in  ritterlichen  Künsten  wohlerfahrenen  Kaisers 
MtLTkUelilExtpQacig  rtov  ^vXoxoyraouoy  xov  XQaraiov  xai  ayiov  i^fitoy  av&eyrov  xal  ßecciX^tüg. 
Dieses  fremdartige  Stück,  das  der  Cod.  Vatic.  1409,  pars  II,  fol.  277— 277^  bewahrt, 
verdiente  ans  Lieht  gezogen  zu  werden. 

198.  Timaiion  {TifAaQitov  ^  nsgl  tcSv  xat*  avtov  nai^r^fAttrwv),  eine 
der  zahlreichen  byzantinischen  Imitationen  des  Lukian,  ist  anonym  über- 
liefert; als  Abfassungszeit  des  Werkes  ergibt  sich  aus  verschiedenen 
Anspielungen  mit  genügender  Sicherheit  die  Mitte  des  12.  Jahrhunderts. 
Das  Thema  bildet  wie  im  Mazaris  die  uralte,  seit  Homer,  Piaton  und  Plu- 
tarch  so  oft  behandelte,  von  Dante  unsterblich  gemachte  Vorstellung  einer 
Fahrt  zu  den  Sitzen  der  Verstorbenen;  unmittelbares  Vorbild  ist 
Lukians  Nekyomantie.  Die  dialogische  Form  ist  in  dem  Gespräche 
zwischen  Eydion  und  Timarion  äusserlich  festgehalten,  doch  füllt  den 
grössten  Teil  des  Werkes  die  Erzählung  des  Timarion  über  seine  Aben- 
teuer. Von  Eonstantinopel  reist  er  nach  Thessalonike  und  wohnt  dort 
einem  grossen  Volksfeste  bei,  das  dem  berühmten  Schutzheiligen  der  Stadt, 
Demetrios  Myroblytes,  zu  Ehren  begangen  wird;  auf  der  Bückreise  er- 
krankt Timarion  an  einer  Leberentzündung  und  stirbt.  Nun  werden  seine 
Beobachtungen  auf  der  Totenfahrt,  die  mannigfaltigen  Räumlichkeiten  d6s 
Hades  und  seine  Gespräche  mit  den  Bewohnern  desselben  in  launiger  Weise 
geschildert.  Unter  anderen  Zelebritäten  trifft  er  in  der  Unterwelt  den 
Kaiser  Romanos  Diogenes  und  seinen  früheren  Lehrer  Theodoros  von 
Smyrna  (vgl.  S.  430).  Den  letzteren  bittet  Timarion,  ihm  zur  Rückkehr 
ins  Leben  zu  verhelfen.  Die  Angelegenheit  kommt  vor  das  Richterkollegium 
der  Unterwelt,  in  dem  sich  auch  ein  Christ  in  der  Person  des  bilder- 
stürmenden Kaisers  Theophilos  befindet.  Timarion  und  Theodor  ver- 
klagen die  Totenflihrer  wegen  Missbrauches  ihrer  Amtsgewalt.  Nachdem 
Aeskulap  und  Hippokrates  als  Sachverständige  erklärt  haben,  dass  Timarion 
gegen  die  Regeln  der  Pathologie  aus  dem  Leben  abgerufen  worden  sei, 
werden  die  Totenführer  verurteilt  und  abgesetzt  Timarion  trifft  noch 
mit  Diogenes  von  Sinope,  Johannes  Italos,  Michael  Psellos  und 
einem  ungenannten  Jambendichter  zusammen  und  kehrt  dann  nach  der 
Oberwelt  zurück,  von  wo  er  seinem  Anwalt  Theodor  zum  Danke  reich- 
liehe Esswaren  schickt.  Die  Imitation  des  Lukian  ist  nicht  übel  ge- 
lungen; Humor  und  Witz  sind  in  Byzanz  so  selten,  dass  man  für  die 
kleinste  Gabe  dankbar  ist.  Die  Darstellung  ist  klar  und  verrät  eine 
lebhafte  Anschauungskraft.    Manche  Partien,  wie  die  genaue  Ausmalung 


468  Bysantinisohe  LitteratiirgeBOliichte.    I.  ProiMoftoke  Lttteratnr. 

des  grossen  Volksfestes  und  Jahrmarktes  in  Thessälönike,  sind  auch  kultar- 
historisch  wichtig.  Die  aus  einer  langen  Hauptstrasse  und  vielen  Neben- 
gassen bestehende  Budenstadt  erscheint  Timarion  wie  ein  ungeheurer 
Tausendfuss,  der  unter  seinem  Bauche  eine  Unzahl  winziger  Fiisse  aus- 
streckt, ein  Vergleich,  der  an  die  grotesken  Bilder  des  Ptochoprodromos 
erinnert.  In  der  Beschreibung  der  Unterwelt,  der  Gespräche  mit  den 
Toten  und  der  Gerichtsverhandlung  bekundet  der  Verfasser  einen  natür- 
lichen Witz,  der  freilich  nicht  selten  ans  Burleske  streift.  Im  Gegensatz 
zur  Auffassung  Dantes  herrscht  in  der  Hadesfahrt  des  Timarion  ein  hu- 
moristischer Zug;  die  Fehler  werden  weniger  mit  schweren  Strafen  als 
mit  den  Geissein  des  Spottes  geahndet.  Mit  dem  Philopatris  hat  Timarion 
die  freie  Stellung  zum  Christentum  gemeinsam,  ein  neuer  Beweift 
für  die  öfter  erwähnte  Thatsache,  dass  es  in  Byzanz  wenigstens  vor  der 
Paläologenzeit  neben  den  streng  kirchlich  Gesinnten  eine  freigeistige  Partei 
gab,  an  deren  Spitze  zuweilen  der  Kaiser  selbst  stand.  Indem  z.  B.  Theodor 
es  rechtfertigt,  dass  im  Richterkollegium  des  Hades  auch  das  Christentum 
vertreten  ist,  sagt  er:  „Wegen  des  Heidentums  der  Richter  sei  ohne  Sorge; 
....  die  Verschiedenheit  des  Bekenntnisses  der  vor  Gericht  Kommenden 
hat  für  sie  nichts  zu  sagen;  jeder  mag  vielmehr  nach  Belieben  seiner 
eigenen  Sekte  anhängen.  Da  jedoch  der  Glaube  der  Galiläer  über  die 
ganze  Erde  verbreitet  ist  und  ganz  Europa  wie  auch  einen  grossen  Teil 
Asiens  erobert  hat,  beschloss  die  Vorsehung,  den  hellenischen  Richtern 
auch  einen  aus  ihrer  Mitte  beizugesellen."  Später  wird  der  Schutz- 
engel des  Kaisers  seinem  Aussehen  nach  mit  einem  Eunuchen  verglichen. 
Da  sich  Johannes  Italos  neben  Pythagoras  niederlassen  will,  lässt  ihn 
dieser  an:  „Was,  du  schmutziger  Bursche,  in  deinem  Galiläermantel,  den 
sie  für  eine  göttliche  und  himmlische  Hülle  ausgeben,  du  willst  dich  zu 
uns  gesellen,  die  der  Wissenschaft  und  vernunftgemässen  Weisheit  lebten; 
entweder  lege  die  gemeine  Hülle  ab  oder  hebe  dich  aus  unserem  Kreise  !*• 
Interessant  ist  ein  zeitgenössisches  Urteil  über  den  Timarion,  das 
von  einem  sonst  vornehmlich  durch  Heiligengeschichten  bekannten  Schrift- 
steller, dem  Grosslogotheten  Konstantin  Akropolites,  einem  Sohne  des 
Historikers  Georgios  Akropolites,  herrührt.  Ein  frommer  und  offenbar  in 
seinem  Leben  wie  in  seiner  sprachlichen  Form  äusserst  korrekter  Mann 
konnte  er  weder  dem  übermütigen  Humor  noch  der  volkstümlichen  Dar- 
stellung des  Stückes  ein  Verständnis  abgewinnen.  Er  äusserte  sein  ver- 
dammendes Urteil  in  einem  Briefe  an  einen  Freund,  der  ihm  den  Timarion 
geliehen  hatte.  Am  liebsten  hätte  er  das  Buch  gleich  den  Flammen  über- 
geben ;  nur  die  Erwägung,  dass  er  es  ja  geborgt  erhalten  hatte,  hielt  seine 
Hand  von  dem  Autodafe  zurück. 

£d.  pr.  B.  Hase,  Notices  et  extraits  9  (1813)  2,  163—246  mit  tre£flichem  Kom- 
mentar. —  Darnach  mit  deutscher  Uebersetzung  ed.  Ad.  Ellissen,  Analekten  der  mittel- 
und  neugriechischen  Literatur,  4.  Teil,  Leipzig  1860.  —  Analyse  und  Würdigung  des  Werkes 
von  H.  F.  Tozer,  The  Journal  of  Hellenic  studies  2(1881)  241  flF.  -  Das  ürteü  des  Eon- 
stantinos  Akropolites  wird  mitgeteilt  von  M.  Treu,  Ein  Kritiker  des  Timarion,  B.  Z.  t 
(1892)  391-365.  —  üeber  Konstantinos  Akropolites  als  Hagiographen  vgl  S.  204  f. 

199.  Michael  Akominatos  {Mixarjk  ^ÄKOfiivdrog),  der  ältere  Bruder 
des  Geschichtschreibers  Niketas  Akominatos,  wurde  um  das  Jahr  1140  zu 


5.  Rhetorik,  Bophistik  und  Epistolographie.    (§  199)  469 

Chonae  in  Phrygien  geboren;  als  Jüngling  schickte  ihn  sein  Vater  zur 
wissenschaftlichen  Ausbildung  nach  Konstantinopel,  wo  er  sich  des  Schutzes 
und  der  Unterweisung  des  gelehrten  Eustathios,  des  späteren  Erzbischofs 
von  Thessalonike,  erfreute.  Wie  sein  Lehrer  nahm  Michael  das  geistliche 
Gewand;  um  1175  bestieg  er  den  erzbischöflichen  Thron  von  Athen. 
Über  30  Jahre  stand  er  seiner  Gemeinde  vor  und  entfaltete  in  dieser  Zeit 
eine  segensvolle  praktische  und  litterarische  Wirksamkeit.  Das  Episkopat 
des  Akominatos  gehört  zu  wenigen  lichten  Abschnitten  im  trostlosen  Dunkel 
der  mittelalterlichen  Geschichte  Athens.  Die  erlauchte  Musenstadt  befand 
sich  damals  in  einem  sehr  traurigen  Zustande.  Eine  spärliche,  durch  den 
furchtbaren  Steuerdruck,  die  ewigen  Bedrängnisse  der  Seeräuber  und  den 
Mangel  natürlicher  Hilfsquellen  gänzlich  verarmte  Bevölkerung  wohnte  in 
trümmervollen  Stadtvierteln  und  in  der  verödeten  attischen  Landschaft. 
Auch  in  geistiger  Hinsicht  sind  diese  Athener  so  verkommen,  dass  Michael 
völlig  zu  verbauern  fürchtet  und  mit  einer  Reminiszenz  an  einen  sarkasti- 
schen Ausspruch  des  Apollonios  von  Tyana  in  einem  Briefe  klagt,  da 
er  lange  in  Athen  lebe,  sei  er  ein  Barbar  geworden  —  BeßaQßaQwfxai 
XQoviog  äv  iv  ^Ä&rjvaig,  H  44  ed.  Lampros.  Im  Jahre  1203  verteidigte  der 
Erzbischof  die  Stadt  gegen  den  Angriff  des  Leon  Sguros,  eines  griechi- 
schen Archonten,  der  sich  in  Korinth  und  Argolis  eine  selbständige  Herr- 
schaft gegründet  hatte.  Als  nach  der  Einnahme  Eonstantinopels  1204  auch 
Athen  den  fränkischen  Eroberem  zur  Beute  fiel,  verliess  Michael  schmerz- 
erfailt  die  Stadt,  in  der  jetzt  ein  römisches  Bistum  errichtet  wurde,  und 
zog  sich  nach  der  Insel  Keos  zurück,  wo  er  in  stiller  Abgeschiedenheit 
um  das  Jahr  1220  sein  Leben  beschloss. 

Michael  Akominatos  hinterliess  katechetische  Homilien,  pan- 
egyrische, threnodische  und  sonstige  Gelegenheitsreden,  Briefe 
und  Dichtungen.  Die  Reden  werfen  manches  Licht  auf  die  litterarischen 
und  politischen  Zustände  der  Zeit,  besonders  auf  die  traurige  Lage  von 
Attika;  wir  finden  unter  diesen  Stücken  einen  Panegyrikus  auf  Kaiser  Isaak 
Angelos,  eine  Beschwerdeschrift  an  Alexios  III  Angelos  über  die  Nichts- 
würdigkeit der  kaiserlichen  Verwaltungsbeamten,  Trauerreden  auf  den  Tod 
des  Eustathios  von  Thessalonike  (1194/95)  und  seines  Bruders  Niketas  u,  a. 
Die  Sammlung  der  Briefe  des  Michael  umfasst  jetzt  180  Nummern,  unter 
denen  die  an  Eustathios  und  seinen  Bruder  Niketas  gerichteten  hervor- 
ragen. Unter  den  poetischen  Sachen  gebührt  die  erste  Stelle  der  be- 
rühmten jambischen  Elegie  auf  die  Stadt  Athen,  der  „ersten  und 
einzigen  Klagestimme  über  den  Untergang  der  alten,  erlauchten  Stadt, 
welche  auf  uns  gekommen  ist  ^.  Daran  schliessen  sich  ein  episches  Gedicht 
Theano  in  457  Hexametern  und  kleinere  Poesien  kirchlichen  Inhalts. 

Michael  Akominatos  war  wie  sein  Bruder  klassisch  gebildet;  er  kennt 
Homer,  Pindar,  Demosthenes,  Thukydides  und  andere  Profanautoren;  seine 
Darstellung  wurzelt  aber  vornehmlich  in  kirchlichen  Schriften;  von  seinem 
Lehrer  Eustathios  stark  beeinflusst,  bezeichnet  er  noch  mehr  als  Niketas 
die  theologisierende  Richtung  in  der  sprachlichen  Beformationsbewe- 
gung  der  Komnenenzeit.  Sein  Charakter  erscheint  energisch,  edel  und 
milde^  soweit  es  sich  um  seine  Stellung  in  der  Gemeinde  und  in  der  6e- 


47Q  Byzantinische  LitteratargeBchiclite.    I.  Prosaisohe  I4ttfrmtiir. 

Seilschaft  handelt.    Wenn  er  vom  Staatsoberhaupt  spricht,  kann  er 
lieh  die  byzantinische  Atmosphäre  nicht  verleugnen;  während  er  z.B. 
grausamen  Andronikos  zu  seinen  Lebzeiten  in  schvrülstigen  Tönea 
einen  neuen  Salomon  preist,  weiss  er  nach  dem  schrecklichen  ün' 
desselben  nicht  genug  Worte  zu  finden,  um  ihn  als  ein  scheusaiiches 
geheuer  zu  brandmarken. 

1.  Ausgaben:  Hymnus  auf  Athen  zuerst  ed.  von  Fr.  Boissonade,  Aneod.gr, 
(Paris  1833)  373  ff.;  dann  bei  Ellissen  und  Lampros.  —  L.  Fr.  Tafel,  De  Theanlogi 
eiusque  agro,  Berolini  1839,  teilt  Briefe  und  die  Monodie  auf  Eustathios  mit^  —  L.  Fr.  Ttfi 
Michaelis  Acominati  Ath.  metr.  panegyricus  Isaacio  Angelo  dictus,  Universitätsprogr. 
hingen  1846.  --  Mebrere  Schriften  mit  deutscher  Uebersetzung  von  Ad.  Ellissen:  IGc 
Akominatos,  Göttingen  1846.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  140,  298—384  und  1! 
bis  1258.  —  Gesamtausgabe,  die  zum  grössten  Teile  Ed.  princepsist,  von  Sp.  Li 

Eros,  MixatjX  *JxofÄiyätov  rov  Xiortfirov  td  adt^ofABva,  2  Bde,    Athen  1879 — 80.  —  ] 
eferte  zahlreiche   handschriftliche   Nachträge   und  Emendationen  P.  N.  Papageorgii 
*EnlxQMig  tijg  Invgidiavog  JJ.  Adungov  ixdoastog  tov  Ahj^ai^X  'Axofuydtov,   Athen  188S. 
Ausführliche  Berichte  über  die  Ausgabe  von  Lampros  gaben  ausserdem  E.  Miller,  X 
des  savants  1880  S.  755—770,  und  Th.  Uspenskij,  Die  Werke  des  Michael  Ak 
Odessa    1881  (russ.).  —  Eine  bei  Lampros  fehlende  Homilie  ed.  B.  Georgiades,  Ifi^ 
*JxofAVvntov  TOV  XvDyirdtov  xal  Fetogylov  BovqtCov  fArjXQonoXix6Sy  *A9rjvtoy   Xoyoi  etc,  . 
1882.  —  Zur  Rede  des  Burtzes  vgl  P.  N.  Papageorgiu,  B.  Z.  2  (1893)  589  L 

2.  Hilfsmittel:  Das  oben  erwähnte  Buch  von  Ellissen.  —  Sp.  Lampros, 
rijg  ßißho&ijxfjg    rov  fjtrjXQonoXiTov   *J&tjy(üy   Mixei^X   tov  'JxofÄiydrov,    A&rjytuoy  6  (1 
354—367  und:     AI  *A&fjytxt  negl  rd  t^Xtj  tov  dtadexdtov  aüoyogy  *Ey'A9^y€Ug  1878.  —  T 
Uspenskij,    Unedierte  Reden  und  Briefe   des  Michael   Akominatos,   Journ.   Min.  1 
Bd  201  Jan.-Febr.  S.  112—130;  367-396.   —   Zur  Erläuterung  dient  die  Schrift  von 
Uspenskij,  Zur  Geschichte  des  Bauemgrundbesitzes  in  Byzanz,  Journ.  Min.  1883  Bd 
Jan.-Pebruar  S.  30—87;  301—360.  —   Einige  Emendationen  gab  K.  S.  Kontos,  *M 

1  (1889)  327;   619;   625-629.   —   Ausgezeichnete  Charakteristik   von   F.  Gregorovii^ 
Geschichte  der  Stadt  Athen  im  Mittelalter,  Stuttgart  1889,  1  204—349. 

200.  Nikephoros  Ghrysoberges  {Nixrj^oQog  6  XQvaoße'Qyrjg),  ein  Im 
in  die  jüngste  Zeit  gänzlich  verschollener  Mann,  dessen  Lebenslauf  sidij 
von  der  Mitte  des  12.  Jahrhunderts  bis  in  den  Anfang  des  13.,  jedenfah 
über  das  Jahr  1203  hinaus  erstreckte,  hat  panegyrische  Reden  an  Kaiser 
Alexios  III  und  IV,  an  die  Patriarchen  Niketas  Muntanes  und  Johannes 
Kamateros  und  an  den  eni  rov  xavixleiov  Konstantinos  Mesopotamitefl^ 
sowie  einen  Brief  und  rhetorische  Progymnasmata  hinterlassen.  Unter 
den  letzteren  findet  man  Fabeln,  Erzählungen  und  Ethopoiien  z.  B,  eine 
über  das  spitzfindige  Thema:  Tivag  äv  einoi  loyovg  XQ^^^^^^^^  yeioilo/ös 
lovXiavov  TOV  nuQaßÜTov  xwXvovxog  rag  ^EXXtjVixdg  ßißXovg  äruyivwaxsiv; 

1.  Ausgabe:  Nicephori  Chrysoborgae  ad  Angelos  orationes  tres  ed.  Max.  Trea. 
Progr.  des  k.  Friedrichsgymn.,  Breslau  1892  (aus  Cod.  Vindob.  pbü.  gr.  321  mit  einen 
gelehrten  Kommentar  und  Wortindex).  Von  Treu  ist  auch  eine  Ausgabe  der  fibrigeo 
Schriften  des  Ghrysoberges,  die  der  Cod.  Escur.  Y.  II.  10  überliefert,  zu  erwarten. 

2.  Von  einem  Nikephoros  Ghrysoberges,  Metropoliten  von  Sardes,  stehoi 
Verse  im  Cod.  Vatic.  Ottob.  167  s.  16,  vor  fol.  161.  Ob  er  mit  unserem  Rhetor  identisch 
sein  kann,  steht  dahin. 

3.  Von  einem  Unbekannten  des  12.  Jahrb.  (vielleicht  Mich.  Italikos;  s.  S.  466) 
steht  ein  Brief  Ugog  rdy  ddeXq^oy  ini  Kwyataytiyut  tta  'Ayio&sodwQcr^  (1.  *Jyio&e9- 
öwQijtrj)  u7to9(ty6yTi  im  Cod.  Barocc.  gr.  131  fol.  229^.  *  Es  handelt  sich  wohl  um  denselben 
Kons  tantin  OS  Hagiotheodoretes,  dem  auch  Theodoros  Prodromos  eine  Monodi« 
widmete;  vgl.  Migne,  Patr.  gr.  133,  1007  f.,  1017,  1059  f.  Der  Brief  ist  inkorrekt  ge- 
druckt bei  Fabricius,  Bibl.  gr.  12,  483  f.  Hamburg  1724;  ein  Stück  ed.  M.  Treu,  B.  Z 

2  (1893)  102. 

201.  Die  rhetorische  Sammlung  des  Escurial.  Der  im  13.  Jahr 
hundert  geschriebene  Codex  Escur.  Y.  11.  10  (jetzt  noch  536  Blatte 
in  Quart  umfassend),    eine   der  wertvollsten  Fundstätten  byzantinische 


5.  Rhetorik,  Sophistik  and  Epistolographie.    (§§  200—201)  471 

»itieratur,  enthält  eine  umfangreiche  Sammlung  von  geistliehen  und  weit- 
tf^hen  Reden,  Essays  und  Briefen,  die  eine  gesonderte  Betrachtung  ver- 
tont. Ausser  drei  scherzhaften  Studien  des  Psellos  (Enkomien  auf  Wanze, 
lAUs  und  Floh)  und  einer  unten  zu  besprechenden  Bede  stammen  alle 
stierbaren  Stücke  aus  derselben  Zeit  und  zwar  aus  den  letzten  sechs 
^hrzehnten  des  12.  Jahrhunderts.  Damach  ist  mit  Sicherheit  an- 
anehmen,  dass  auch  die  wenigen  Stücke,  deren  Chronologie  nicht  fest- 
teht,  dieser  Zeit  angehören.  Völlig  aus  der  Breihe  fällt  nur  eine  Rede 
ines  ungenannten  Rhetors  der  Rhetoren  (^»jVco^  rcov  ^rjrogcov)  an  den 
Kaiser  Andronikos  Palaeologos  (fol.  471),  womit  wohl  nur  Andronikos  IT 
1.282 — 1328)  gemeint  sein  kann;  denn  an  seinen  Nachfolger  Andronikos  HI 
1328 — 1341)  zu  denken,  verbietet  das  Alter  der  Handschrift.  Da  die 
«mmlung  gerade  an  Reden  aus  den  zwei  letzten  Jahrzehnten  des  12.  Jahr- 
underts  reich  ist,  so  könte  man  vermuten,  dass  statt  Ilakmokoyov  viel- 
mehr Kofjivr;v6v  zuschreiben  sei,  so  dass  Andronikos  Komnenos  (1183 — 1185) 
«zeichnet  wäre,  ein  Kaiser,  dessen  Thaten  freilich  zu  schönrednerischen 
iieistungen  wenig  Anlass  boten,  aber  doch  selbst  von  einem  Michael  Ako- 
[linatos  (s.  S.  470)  gefeiert  wurden.  Eine  Entscheidung  lässt  sich  vor 
^eröflfentHchung  des  Textes  nicht  treffen.  Ist  der  Titel  aber  richtig,  dann 
st  wohl  anzunehmen,  dass  der  Kopist  der  Handschrift  in  der  Zeit  des 
Lndronikos  II  schrieb  und  zu  der  glänzenden  Sammlung  von  Werken  ver- 
gangener Tage  ein  zeitgenössisches  Stück,  vielleicht  das  Werk  eines  Freundes 
der  Gönners,  hinzufügte.  In  der  Hauptsache  aber  ist  die  Sammlung  sicher 
m  Ende  des  12.  oder  im  Anfang  des  13.  Jahrhunderts  entstanden,  wahr- 
cheinlich  noch  vor  dem  Falle  Konstantinopels  (1204);  denn  das  folgende 
albe  Jahrhundert  war  für  die  Veranstaltung  eines  Sammelwerkes,  in  dem 
ich  der  volle  Olanz  des  byzantinischen  Hofes  und  die  ungestörte  Macht 
er  Kirche  von  Konstantinopel  widerspiegelte,  wenig  günstig.  Ausser 
em  zeitlichen  Bande,  welches  die  Samndung  scharf  umgrenzt,  ist  für  sie 
amentlich  ihre  offizielle  Provenienz  charakteristisch.  Ein  grosser  Teil 
er  Reden  besteht  aus  den  feierlichen  Vorträgen,  die  im  kaiserlichen 
^alaste  und  im  Patriarchate  teils  regelmässig  an  gewissen  Festen,  teils 
»ei  bestimmten  einmaligen  Gelegenheiten  gehalten  wurden.  Das  Corpus 
;ewährt  somit  ein  authentisches  Bild  von  der  Beredsamkeit,  die  in  den 
löchsten  Kreisen  des  Hofes  und  der  Kirche  geübt  und  mit  Wohlgefallen 
.ufgenommen  wurde.  Nun  kann  auch  der  Zweck  der  Sammlung  nicht 
weifelhaft  bleiben.  Sie  ist  nicht  für  die  Schule  bestimmt,  die  sich  mit 
[en  landläufigen  Meleten,  Ethopoiien  und  ähnlichen  Übungen  begnügte; 
ie  soll  für  einzelne  der  trivialen  Dressur  schon  Entwachsene  gute  Muster 
ler  praktischen  Eloquenz  bieten,  wie  sie  in  den  höchsten  Kreisen  des 
iofes  und  der  Kirche  gefordert  wurde.  Daneben  hatte  der  verständige 
Sammler,  wie  die  Beigabe  einer  Dichtung  und  mancher  nicht  zum  Vortrag 
gestimmten  Prosastücke  beweist,  auch  rein  litterarische  Interessen  im 
^uge.  Seine  edle  Absicht,  eine  Auswahl  der  besten  schöngeistigen  Er- 
eugnisse  des  12.  Jahrhunderts  vor  dem  Untergang  zu  retten,  ist  nur 
lurch  einen  Zufall  gelungen.  Das  Corpus  scheint  —  wohl  infolge  der 
angen  Unterbrechung,  welche  das  höfische  und  kirchliche  und  damit  auch 


472  Bytaiiti^j9che  Litteratargesohiohte..   l,  ProsaUiehe  LitieraftAr. 

daß  litterarische  Leben  in  Konstantinopel  nach  dem  Jahre  1204  erlitt  — 
keine  genügende  Verbreitung  gefunden  zu  haben ;  der  Escurialcodex  ist  das 
einzige  auf  uns  gekommene  Exemplar  und  viele  der  in  ihm  entr 
haltenen  Stücke  sind  in  keiner  zweiten  Handschrift  zu  finden.  Ein  Prinzip 
der  Anordnung  ist  in  der  Sammlung  nicht  zu  bemerken;  die  Schriften  der 
mehrfach  vertretenen  Autoren  sind  an  verschiedenen  Stellen  zerstreut^  und 
man  erhält  den  Eindruck,  als  habe  der  Sammler  die  einzelnen  Stöcke 
seinem  Corpus  in  der  Reihenfolge  einverleibt,  wie  sie  sich  ihm  zufiülig 
darboten. 

Für  die  litterarische,  kirchliche,  politische  und  höfische  Geschichte 
von  Byzanz  ist  das  Escurialcorpus  eine  unschätzbare  Quelle.  Einige  der 
besten  Namen  des  12.  Jahrhunderts  sind  in  ihm  reichlich  vertreten;  den 
Hauptanteil  haben  Hof-  und  Kirchenredner,  die  sonst  wenig  oder  gar 
nicht  litterarisch  bekannt  sind.  Auf  die  im  Corpus  enthaltenen  Schriften 
des  Eustathios  von  Thessalonike,  Michael  Akominatos,  Johannes 
Kinnamos,  Konstantinos  Manasses,  Nikephoros  Chrysoberges, 
Basilios  Pediadites,  Konstantinos  Stilbes,  Niketas  Eugenianos, 
Michael  Italikos  und  Basilios  von  Achrida  ist  in  den  betreffenden 
Paragraphen  oder  Anmerkungen  hingewiesen.  Im  folgenden  sollen  die 
Autoren  der  Sammlung  genannt  werden,  die  anderswo  keine  Unterkunft 
gefunden  haben. 

Die  Sammlung  wird  von  einem  Epitaph  eröffnet,  dessen  Überschrift 
und  Anfang  verloren  gegangen  sind,  so  dass  sich  der  Autor  vorerst  nicht 
bestimmen  lässt;  von  demselben  Anonymus  folgen  noch  mehrere  Stücke  wie 
ein  Epitaph  auf  seinen  Vater,  eine  Rede  an  Kaiser  Manuel,  als  er  ihm 
im  Lopadion  seine  Huldigung  {TrQoaxvvrjaig)  darbrachte,  endlich  ein  Epitaph 
auf  Kaiser  Manuel.  Von  dem  Grossdrungar  Gregorios  Antiochos 
{rQTjyoQiog  ö  'Avi(o%oq)  bewahrt  das  Corpus  einen  Brief  an  den  Abt  des 
Klosters  auf  der  Insel  des  Antigenes,  ein  Trostschreiben  an  den  Logotheten 
Hagiotheodoretes  anlässlich  des  Todes  seiner  Schwester,  eine  Monodie  auf 
den  durch  einen  Sturz  vom  Pferde  verunglückten  Sohn  eines  Protosebastos, 
der  zunächst  nicht  identifiziert  werden  kann,  eine  Rede  an  den  Patriarchen 
Basilios  Kamateros  (1183 — 1187),  eine  Leichenrede  auf  Nikolaos  xov  xata 
0X(OQov,  eine  Trostrede  an  den  kaiserlichen  Sekretär  Konstantin  Apim- 
pithiun  (Amfim&iovv,  wenn  Miller  richtig  gelesen  hat)  wegen  des  Todes 
seines  Vaters,  eine  Trostrede  an  Kaiser  Isaak  Angelos  wegen  des 
Todes  seiner  Mutter  Euphrosyne,  eine  Dankrede  und  ein  Entschuldigungs- 
schreiben an  den  Pansebastos  und  Grossdrungar  Andronikos  Kamateros, 
eine  Rede  an  den  Sebastokrator  Konstantinos,  einen  Bruder  des  Kaisers 
Isaak  Angelos,  eine  Predigt  über  den  hl.  Johannes  den  Täufer,  eine  Rede 
an  den  Patriarchen  Lukas  (Chrysoberges  1156 — 1169),  Briefe  an  Eusta- 
thios von  Thessalonike,  an  den  Metropoliten  von  Neupatras  Euthymios 
Malakes,  an  den  Bischof  von  Kastoria,  an  Demetrios  Tomikes,  an  den 
Erzbischof  von  Athen  (Michael  Akominatos)  und  an  einen  Chartophylax. 

Von  dem  MdiCTWQ  tcov  ^tjtoqcov  Georgios  Tornikes  {FewQytog 
6  ToQvCxrfi)  finden  wir  eine  Predigt,  die  gewöhnlich  am  Tage  des  gerechten 
Lazarus  im  Patriarchat  vorgelesen  wurde,  eine  Rede  an  den  Kaiser  Isaak 


5.  Rhetorik,  Sophiatik  and  Epistolographie.    (§  201)  473 

Angelos,  die  vor  dem  Feste  der  Epiphanie  verlesen  wurde,  an  welchem 
der  Kaiser  gewöhnlich  ins  Feld  zog,  endlich  eine  Bede  an  den  Patriarchen 
Georgios  (1192—1199). 

Ein  zweiter  MätffzcaQ  idiv  ^r^roQcov  ist  Michael  von  Thessalonike. 
Er  war  Professor  der  Evangelienexegese  an  der  Sophienkirche,  später 
Protekdikos,  wurde  aber  im  Jahre  1156  als  Anhänger  der  Häresie  des 
Soterichos  Panteugenos  seiner  Würde  entsetzt.  Ihm  gehören  in  der  Samm- 
lung des  Escurial  vier  Reden  vor  Kaiser  Manuel,  von  denen  die  drei  ver- 
öffentlichten in  den  Jahren  1150,  1153  und  1155  gehalten  wurden. 

Mit  Michael  verbindet  sich  Nikephoros  Basilakes  (Nixrj^oQog  6 
BaciXdxtfi)^  der  ebenfalls  Professor  der  Evangelienexegese  an  der  Sophien- 
kirche war.  Auch  Nikephoros  geriet  durch  seine  allzu  subjektive  Aus- 
legung der  hl.  Schrift  mit  der  Kirche  in  Konflikt  und  wurde  wie  Michael 
von  Thessalonike  im  Jahre  1156  seiner  Stelle  entsetzt;  das  ist  wohl  auch 
der  Grund,  weshalb  von  den  exegetischen  Vorträgen  dieser  Männer  in 
die  Sammlung,  die  manche  andere  Jiiaaxakim  enthält,  nichts  aufgenommen 
wurde.  Basilakes  war  einer  der  fruchtbarsten  und  gewandtesten  Schönredner 
des  12.  Jahrhunderts.  In  seinen  Chrien  und  Ethopoiien  wechseln  heid- 
nische Themen  mit  christlichen;  er  erörtert  ebenso  gewandt  die  Frage^ 
was  wohl  Danae  gesagt  habe,  da  ihr  Zeus  in  Gestalt  eines  Goldregens 
nahte,  als  die  Frage,  was  wohl  der  Hades  sprach,  da  Lazarus  nach  vier 
Tagen  von  den  Toten  auferweckt  wurde,  oder  die  offenbar  auf  einen  zeit- 
genössischen Vorfall  bezügliche  Frage,  was  das  von  einem  Goten  betrogene 
Mädchen  in  Edessa  gesprochen  haben  mag.  Dass  Basilakes  nicht  bloss 
Schulrhetorik  und  Evangelienexegese  betrieb,  sondern  auch  aktuelle  Vor- 
würfe rhetorisch  behandelte,  beweisen  einige  Nimmiem  des  Escurialcorpus 
z.  B.  eine  Monodie  auf  seinen  im  sizilischen  Kriege  (wahrscheinlich  im 
Jahre  1155)  gefallenen  Bruder  Konstantin  Basilakes,  mehrere  Briefe  an 
seinen  Bruder,  seine  Freunde  und  Schüler,  eine  Vorrede  zu  seinen  ge- 
sammelten Werken,  die  eine  Art  litterarischer  Selbstbiographie  darstellt, 
eine  Rede  an  den  Pansebastos,  Sebastos  und  Grossdomestikos  des  ganzen 
Morgen-  und  Abendlandes  Johannes,  endlich  eine  Rede  an  den  Protekdikos, 
Nomophylax  und  Waisenvater  Alexios  Aristenos.  Vielleicht  gehören  dem 
Basilakes  auch  noch  die  in  der  Handschrift  auf  die  letztgenannte  Rede  un- 
mittelbar folgenden  Stücke:  eine  Rede  auf  den  Sebastos  Adrian,  den 
Sohn  des  Sebastokrator  Isaak  Komnenos,  des  älteren  Bruders  des  Kaisers 
Alexios  V)  und  eine  Rede  auf  den  hochseligen  Kaiser  Johannes  Komnenos. 
Aus  der  erwähnten  Vorrede  zu  seinen  gesammelten  Werken,  die  E.  Miller 
herausgegeben  hat,  wird  ersichtlich,  dass  mehrere  Schriften  des  Basilakes 
verloren  oder  verschollen  sind.  Wirklich  bedauerlich  ist  wohl  nur  der 
Verlust  der  vier  scherzhaften  Stücke  Onothriambos,  Stypax  oder  Para- 
deisoplastia,  Stephanitai  und  Talantuchos  Hermes,  deren  er  mit  folgenden 
Worten  gedenkt:  Täxraqsg  ow  fioi  ngayfiateTai  stg  yäX(a%a  i^sxvd^rjaav  ' 
'Ovo&Qiafißog  xal  ngoasTi  2iv7ia^  fj  JlaQaieKfonlaatta,  im  %ov%oiq  oi  2t€- 
^avTrcu  xal  6    Takavvovxog  ^EgfA^g.     Das  waren   —   trotz   des  folgenden 


')  Vgl.  Da  Gange,  Familiae  Byzantinae  S.  146. 


474 


Bysantmiaobe  LiUeratnrgesohicbte.    I.  Prosaüohe  Litteratnr. 


Satzes:  Srix^^gd  dk  üXXa  xal  ov  cvcrijjuofrixa,  noXXa  xal  ävcivvfia  wg  TiSlr 
äcTSQwv  Ol  anogaSsg  —  wahrscheinlich  nicht  metrische  Scherze  oder  Ko? 
moedien,  ^)  sondern  Prosasatiren  nach  dem  Muster  des  Lukian,  wie  sie  im 
12.  Jahrhundert  auch  von  Theodoros  Prodromos  u.  a.  verfasst  wurden. 

Weitere  Beiträge  zur  Samndung  haben  eine  Beihe  weniger  bedeutend^^ 
zum  Teil  ganz  unbekannter  Litteraten  geliefert;  Der  ökumenische  Pro* 
fessor  Leon  Balianites  [Aäwv  6  BaXiavfrrjg)  eine  Antrittsvorlesung,  eine 
Lobrede  auf  den  Patriarchen  Basilios  und  mehrere  Lehrvorträge;  Kon* 
stantinos  Pantechnes  {KcovtrvavTtrog  6  üavTexvrjg) ^  Metropolit  von 
Philippopel,  eine  Schilderung  einer  Jagd  auf  Rebhühner  und  Hasen;  der 
Patriarch  Michael  Anchialos  {Mix^rjX  6  zov 'AyxtciXov  1169 — 1177)  seine 
Antrittsrede,  als  er  vnatog  twv  (fiXoaotfwv  wurde;  Johannes  Eamateros 
(londvvvfi  6  KafiatrjQog)  eine  Rede  am  Epiphaniefeste;  der  kaiserliche 
Sekretär  Johannes  Phrangopulos  {*I(oavvr]g  6  ^QayyonovXog)  eine  Rede, 
die  im  Patriarchat  nach  der  Rede  des  Rhetors  und  Maistors  vorgetragen 
wurde;  der  Professor  Konstantinos  Psaltopulos  [KiovatavxTvog  6  ^aXfo* 
novXog)  eine  Rede  an  den  Logothetes  tov  igofiov  Michael  Hagiotheodoretee 
und  einen  Lehrvortrag;  der  Metropolit  von  Chalkedon  Johannes  Kasta* 
inonites  (Imdvvrjg  6  Katfxaiiovixr^g)  mehrere  Lehrvorträge  über  das  Evan- 
gelium, darunter  einen,  der  gehalten  wurde,  als  der  Patriarch  Basilios 
Eamateros  (1183—1187),  dessen  Sekretär  er  war,  zurückkehrte  (?  xor^A^«); 
der  Bischof  Asterios  von  Amasia  eine  Ekphrasis  der  hl.  Märtyrerin 
Euphemia;  der  Sekretär  Manuel  Sarante nos  (Mavovr^X  6  Sagavtr^vog) 
eine  Rede,  die  im  Patriarchat  am  Feste  des  gerechten  Lazarus  vorgelesen 
wurde;  der  kaiserliche  Grossprotonotar  und  Sekretär  Sergios  Kolybas 
{lägyiog  6  KoXvßag)  zwei  Ansprachen  an  Kaiser  Isaak  Angelos;  der  Rhetor 
Muzalon  (Mov^dXmv)  eine  Rede  an  den  Patriarchen  Nikolaos  (1147 — 1151); 
ein  gewisser  JohannesDiogenes  eine  Rede,  die  am  Feste  der  Epiphanie 
im  Palaste  vor  Kaiser  Manuel  vorgelesen  wurde;  ein  Philosoph  Konstantin 
von  Nikaea  einen  Vortrag  über  Freigebigkeit  und  eine  Rede  an  den 
Gfrosshetäriarchen  Johannes  Dukas;^)  ein  Nikolaos  o  xaxd  ^XSqov  eine 
Rede,  deren  Thema  in  der  Überschrift  nicht  angegeben  ist;  der  Proto- 
sekretär  Christophoros  Zonaras  {XQiavoqoQog  6  Zcoragag),  vielleicht 
ein  Verwandter  des  Chronisten  Johannes  Zonaras,  ein  Vademecum  für 
seinen  Sohn  Demetrios,  als  er  die  Elementarschule  verliess  (xcctaXeiipavxa  %ü 
(Tx^Sog);  der  kaiserliche  Sekretär  und  Hofredner  Johannes  Syropulos 
{'Icodvvijg  fi  ^vQonovXog)  eine  Rede  unbekannten  Inhalts;  der  ökumenische 
Professor  Schizenos  {2xiCv^6g)  eine  Rede  bei  der  Verehrung  des  hl. 
Kreuzes  aus  Anlass  der  Geburt  des  Alexios,  des  Sohnes  des  Kaisers  Manuel 
(im  Jahre  1167);  der  ehemalige  Chartophylax  der  Hagia  Sophia  Samuel 
Mauropulos  {2afiovt]X  6  MavqonovXog)  eine  katechetische  Rede;  ein 
Anonymus  eine  Rede  an  den  Patriarchen  Nikolaos  Muzalon  (1147 — 1157); 


')  Wie  E.  Miller,  Annuaire  de  Tassoc. 
7  (1873)  140  annimmt. 

^)  lieber  das  Leben  dieses  Jobannes 
Dukas  vgl.  W.  Regel,  Fontes  rerun^  bjrz.  \ 


1  (1892)  VIII— X,  und  K.  Krumbacher, 
Micbael  Glykas,  Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1894 
S.  424  f. 


6.  Rhetorik,  Sophistik  and  Epistolographie.    (§  201)  475 

ein  ungenannter  llhetor  Vorausselmngsverse  (Wahrsageverse?:   arixot 
nQoßXsntr^Qioi  an  den  Kaiser  (Beginn:  El  Set fAeatzijv  nqdg  d^eov  tiva  (fiqsiv). 

1.  Den  Brief  des  Gregorios  Antiochos  ed.  Sp.  Lampros  in  seiner  Ausgabe  des 
Michael  Akominatos  2,  400-409.  —  Von  demselben  Antiochos  bewahrt  der  Cod.  Marc. 
XI  22,  s.  13/14,  fol.  163  fif.  einige  Briefe  mit  der  Ueberschrift:  Tov  avrov  a^ioXoyioratov 
^rftoQog  FQrjyoQlov  tov  *Ayxir6xov  hiMxoXal  didfpoQoi,  Der  erste  Brief  ist  an  Demetrios 
Tornikes  gerichtet,  den  wir  auch  unter  den  Adressaten  des  Michael  Akominatos  wieder- 
finden. Der  Ausdruck  Tov  «vrov  zeigt,  dass  auch  den  Briefen  vorangehende  Stücke  dem 
Gregorios  gehören;  doch  habe  ich  darüber  keine  genaueren  Notizen. 

2.  Drei  Reden  des  Michael  von  Thessalonike  ed.  pr.  aus  dem  Cod.  Escur.  W, 
Begel,  Fontes  rerum  byz.  I  1  (1892)  131—182.  Vgl.  die  Praefatio  S.  XVII— XX,  und 
oben  S.  93  Anm.  5. 

3.  Die  Progymoasmata  des  Nikephoros  Basilakes  ed.  pr.  Leo  Allatius,  Ex- 
ccrpta  varia  graec.  sophist.,  Rom  1641  S.  125 — 220.  —  Wiederholt  bei  Chr.  Walz,  Rhet. 
gr.  1,  421  —525.  —  Die  Monodie  auf  seinen  Bruder  Konstantin  wurde  aus  dem  Cod.  Vatic. 
1898,  wo  sie  ohne  Automame  steht,  irrtümlich  als  ein  Werk  des  Chorikios  von  Gaza 
ediert  von  A.  Mai,  Spicileg.  Romanum  5  (1841)449-461;  dann  wiederholt  von  Fr.  Bois - 
sonade  in  seiner  Ausgabe  des  Chorikios,  Paris  1846  S.  179—195;  vgl.  R.  Horcher, 
Hermes  5  (1871)  291.  Dass  die  Monodie  aber  dem  Basilakes  gehört,  wird  durch  den  Cod. 
Pal.  graec.  18  (jetzt  wieder  in  Heidelberg)  und  unseren  Escur.  Y.  IL  10,  sowie  durch 
eine  Anspielung  in  der  Vorrede  zu  den  gesammelten  Werken  des  Basilakes  (S.  156  ed. 
E.  Miller)  völlig  sicher  gestellt.  Den  Anfang  der  Rede  ed.  aus  dem  erwähnten  Cod.  Pal. 
L  Bachmann,  Theodori  Ducae  Lascaris  imperatoris  in  laudem  Nicaeae  urbis  oratio, 
Rostock  1847  S.  VII— X.  Vgl.  R.  Förster,  Anecdota  Choriciana  nova,  Philologus  54 
(1895)  93  f.  —  Die  Vorrede  zu  den  gesammelten  Werken  des  Basilakes  ed.  mit  einer  aus- 
flüirlichen  Analyse  E.  Miller,  Pröface  d'un  auteur  bjrzantin,  Annuaire  de  Tassoc.  7  (1873) 
135—157.  Vgl.  die  Besprechung  und  Uebersetzung  des  Stückes  von  E.  Miller  im  Gor- 
respondant  69  (1866)  395—405.  —  Ebenfalls  dem  Basilakes  gehört  das  Enkomion 
auf  den  Hund,  welches  E.  Miller,  M^langes  orientaux.  Textes  et  traductions  publik» 
par  les  professeurs  de  Töcole  speciale  des  langues  orientales  Vivantes  ä  Toccasion  du 
sixieme  congr^s  international  des  Orientalistes  r^unis  ä  Leyde,  Paris  1883  S.  255-267, 
ediert  hat  Miller  gibt  zwar  den  Titel  Tot;  ßaciX^ots  xvqov  NixijfpoQov  iyxcJfÄiov  »vyds, 
erörtert  eingehend  die  Frage,  welchem  Kaiser  Nikephoros  das  Stück  gehöre,  und  entscheidet 
sich  zuletzt  für  Nikephoros  Botaneiates.  Wenn  dagegen  G.  Schlumberger,  Nic^phore 
Phocas  S.  169  Anm.  3,  den  Nikephoros  Bryennios  bevorzugt,  so  ist  das  wohl  nur  ein 
Veraehen,  da  dieser  Nikephoros  nicht  ßaaiXevg  war.  Es  kann  aber  kein  Zweifel  darüber 
bestehen,  dass  ßaoiXiuig  einfach  für  ßaatXdxrj  verschrieben  (oder  vom  Herausgeber  ver- 
lesen) ist;  denn  in  der  Hs  folgen  unmittelbar  auf  das  Enkomion  die  eben  genannte  Vor- 
rede, die  E.  Miller  selbst  unter  dem  Namen  des  Basilakes  ediert  hat,  und  eine  Rede 
in  einen  Grossdomestikos,  beide  mit  dem  Autorvermerk  Tov  avtoi^.  Zu  vergleichen 
ist  des  Theodoros  Gazes  KvySs  iyxüi/iioy^  das  von  D.  Augentius,  Paris  1590  (mir  un- 
zugänglich), dann  von  A.  Mai,  Bibl.  Nova  Patrum  VI  2,  202—212,  endlich  von  Migne, 
Patrol.  gr.  161,  986—998,  ediert  worden  ist  (Inc.:  *Ey(o  fikv^  ä  äysg  Xa/ÄngotarB,  |i»Vot(f« 
ifittvrt^),  —  Das  Leben  und  den  litterarischen  Charakter  des  Basilakes  skizziert  C.  Neu- 
mann,  Griech.  Geschichtschreiber  und  Geschichtsquellen  im  12.  Jahrb.,  Leipzig  1888 
S.  72—77.  —  Vgl.  auch  K.  N.  Sathas,  JoxlfÄioy  negl  tov  ^eargov  xai  trji  (Aovaixtjg  xtov 
Bv^ayriytuy,  Venedig  1878  oeX.  tn&', 

4.  Des  Eonstantinos  Pantechnes  Schilderung  der  Rebhühner-  und  Hasenjagd 
ed.  pr.  £.  Miller,  Annuaire  de  Passoc.  6  (1872)  28-52.  Ebenda  7  (1873)  133  f.  Emen- 
dationen  von  Wyndham. 

5.  Der  Logothet  Hagiotheodoretes,  an  welchen  Gregorios  Antiochos  ein  Trost- 
schreiben schickte  (s.  o.),  ist  wohl  sicher  identisch  mit  dem  Aoyo&ixrjg  tov  Sgofiov  Michael 
Hagiotheodoretes,  an  welchen  eine  Rede  des  Eustathios  von  Thessalonike  (Cod.  Escur. 
fol.  357)  und  eine  Rede  des  Psaltopulos  gerichtet  sind  (ebenda  fol.  128).  Er  war  wohl  ein 
Verwandter  des  oben  §  200  Anm.  3  genannten  Konstantin  Hagiotheodoretes. 

6.  Der  in  der  Escurialsammlung  öfter  vorkommende  Ausdruck  6  xtad  4»Xü)Qoy,  6 
tov  xttta  *f>XwQoy  (s.  0.)  bezeichnet  wohl  die  Zugehörigkeit  zum  Kloster  des  hL  Floros. 
Vgl.  L.  Fr.  Tafel,  De  Thessalonica  eiusque  agro  dissertatio  geographica,  Berlin  1839 
S.  351  Anm.  *♦. 

7.  Eine  ausführliche  Inhaltsangabe  des  Cod.  Escur.  T.  IL  10  gab  E.  Miller,  Cata- 
logne  des  mss  grecs  de  la  bibl.  de  TEscurial,  Paris  1848  S.  200—218.  —  Eine  genauere 
Beschreibung  bei  W.  Regel,  Fontes  rerum  byz.  I  1  (1892)  III— V.  Miller  setzt  dio  Hs 
ins  13.  Jahrhundert,  Regel  ins  14. 


476 


Byzaniinuiche  Litteratorgeachichte.    I.  Proaalaöhe  Littaraiiir. 


8.  Eine  ähnliche  umfangreiche  Sammlung  von  rhetorischen  und  poetischen  SchrifUa 
des  11.  und  12.  Jahrhunderts  enthält  auch  der  Codex  Barocoianus  131,  s.  14.  Dod 
hat  er  weniger  einheitlichen  Charakter  und  enthält  weniger  Baritäten  als  der  Eacorialemii. 
Vgl.  die  Beschreibung  von  H.  0.  Coxe,  Catalogi  codicnm  au»  bibL  Bodl.  p.  1  (Oxford  185^ 
211—230,  und  das  Facsimile  von  fol.  158^  welches  Sp.  P.  Lainpros  dem  2.  Bande  seimr 
Ausgabe  des  Michael  Akominatos  (als  Tafel  II)  beigeragt  hat.  Unter  sahlieichen  ScluifUi 
des  Psellos,  Tzetzes,  Konstantin  Manasses,  Niketas  und  Michael  Akomiaatos,  Enstatiiiai 
von  Thessalonike,  Nikephoros  Blemmydes  finden  sich  hier  ein  sonst  m.  ff,  nicht  bekannter 
Brief  eines  Protothronos  an  den  Kaiser  Konstantinos  Porpkyrogennetos, 
als  er  wegen  hohen  Alters  die  Krone  niederlegen  wollte  (fol.  176^);  anonyme  Briefe 
an  Zacharias  und  Philippos,  Epiphanios,  Dorotheos,  Elias,  an  die  Kaisenn  Irene,  a 
Theodoros  Prodromos  u.  a.  (fol.  177;  196—205;  229^—230^);  ein  B^ief  des  Symeon 
Metaphrastes  und  Logothetes  (fol.  178);  jambische  Verse  an  die  Mutter  der  Kaiser 
Isaak  und  Alexios  (fol.  178^);  eine  Rede  des  Patriarchen  Michael  Anchialoa  auf  Kaiser 
Manuel  Komnenos  (fol.  186^—190);  eine  Monodie  auf  den  Tod  eines  Rebhuhns  (fol.  230^ 
eine  Monodie  auf  den  Tod  eines  Hofarztes  Pantechnes  {Moytpdia  inl  rw  dxrova^iip  tf 
nayxBxy^i  fol.  231^);  eine  Monodie  auf  den  Tod  des  Sebastokrator  Andronikos,  des  Sohnes 
des  Kaisers  Johannes  Komnenos  (fol.  233^') ;  eine  Sammlung  von  Briefen  eines  Metropolitei 
(Johannes?)  von  Naupaktos  (fol.  319^ — 326);  ein  Brief  des  Metropoliten  von  Eerkm 
Georgios  Bardanes  an  den  Patriarchen  Germanos  (fol.  328—331^);  ein  an  Paolos  Eatotikei 
gerichtetes  Enkomion  des  Machetes  auf  den  Wein  (fol.  349^)  u.  a. 

202.  Georgios,  später  als  Patriarch  Gregorios  genannt,  einer  der 
bedeutendsten  Litteraten  des  13.  Jahrhunderts,  ist  durch  eine  Selbst- 
biographie, durch  seinen  Briefwechsel  und  durch  die  Berichte  des  Georgios 
Pachymeres  und  Nikephoros  Gregoras  seinen  Lebensverhältnissen  nach 
genau  bekannt.  Er  wurde  um  1241  in  Cypern  geboren  und  besuchte  dort 
nach  Beendigung  des  Elementarunterrichtes  eine  fränkische  Schule,  ^  in 
der  er  wegen  seiner  mangelhaften  Kenntnis  der  fremden  Sprache  wenig 
Fortschritte  machte.  Trotz  des  Widerstrebens  seiner  Eltern  unternahm  er 
die  Beise  nach  Nikaea,  um  seine  wissenschaftlichen  Studien  in  der  Mutter- 
sprache fortsetzen  zu  können.  In  Ephesos  versuchte  er  den  dort  lebenden 
gelehrten  Nikephoros  Blemmydes  kennen  zulernen,  wurde  aber  von  dem 
mürrischen  Manne,  der  sich  von  der  Aussenwelt  fast  völlig  abschloss, 
nicht  vorgelassen.  Auch  in  Nikaea  erlebte  er  eine  unerwartete  Enttäu- 
schung; statt  der  gehofften  Unterweisung  in  philosophischen  Wissenschaften 
fand  er  nur  Lehrer  der  grammatischen  und  rhetorischen  Elementarfächer. 
Erst  in  Konstantinopel,  das  eben  damals  von  den  Griechen  zurück- 
erobert wurde  (1261),  erreichte  er  das  Ziel  seiner  Wünsche;  er  wurde  der 
eifrige  und  ergebene  Schüler  des  hochgebildeten  Staatsmannes  und  Histo- 
rikers Georgios  Akropolites,  der  ihn  namentlich  in  das  Studium  des 
Euklides  und  Aristoteles  einführte.  Georg  beteiligte  sich  aufs  lebhafteste 
an  den  Kontroversen,  welche  durch  die  Versuche  einer  Aussöhnung  mit 
Rom  hervorgerufen  wurden.  Vgl.  S.  98  f.  Durch  Kaiser  Andronikos  U 
wurde  er  1283  auf  den  Patriarchenthron  erhoben,  den  er  bis  1289 
innehatte.  Nach  seiner  nicht  ganz  freiwilligen  Abdankung  zog  er  sich  in 
ein  Kloster  zurück,  wo  er  bald  gestorben  sein  muss.  Einer  seiner  be- 
geistertsten Schüler  und  Anhänger  war  Nikephoros  Chumnos;  er  sagt 
in  einer  Rede;  Ka-d'rjyeficiv  ifioi  xal  naiievrrjg  xal  ftvarayioyog  inr^q^e  xal 
iiiaaxakog    fiäxQt   navxog   %ov   xax'   avxov  ßiov   .  .  .   o   noXvg  exeTvog  tiJv 


*)  Er  nennt  die  Lehrer  iPtafÄtttoi^  wo- 
runter hier  wahrscheinlich  Italiener  zu  ver- 
stehen sind ;  seine  Landsleute  sind  ihm,  schon 


ein  Zeichen  des  beginnenden  Humanismus, 
"E^tjyeg. 


6.  Rhetorik,  SophiaUk  und  Epistolographie.    (§  202)  477 

tHfittVy  TtoXvg  xai  tovg  Xoyovg^  v6  fitya  x^avfia  zov  xad''  r^fiäg  ßiov^  6  ndvv 
Q^jyoQiog,  ov  TtaTQig  fi^v  ijveyxe  Kvnqog,  eh'  rjv  trjg  olxovfiävvfi  ändffrjg 
BiQinovr^eig  uQxf'fQ^vg  xal  didaaxaXog^  Boissonade,  Anecd.  gr.  I  313. 

Unter  den  Profanwerken  des  Oregor  gebührt  ohne  Zweifel  die  erste 
teile  seiner  Selbstbiographie:  //iiyyjjcrfcög  fJiegixrjg  Xoyog  vd  xad''  iavrov 
€Qi€xwv.  Es  ist  eine  liebenswürdige,  durch  Klarheit,  Einfachheit  und 
aive  Realistik  ausgezeichnete  Schrift,  die  mit  der  schönen  Selbstbiographie 
es  Adamantios  Korais  verglichen  werden  kann.  Ähnliche  Vorzüge  darf 
lan  in  den  Briefen  Gregors  vermuten,  die,  wie  die  wenigen  bis  jetzt 
eröffentlichten  Proben  zeigen,  auch  ein  historisches  Interesse  beanspruchen. 
>ie  in  mehreren  Handschriften  erhaltene  Sammlung  umfasst  über  200  Num- 
lern;  am  zahlreichsten  sind  die  Briefe  an  seinen  ehemaligen  Zögling, 
en  Grosslogo theten  Theodoros  Muzalon;  andere  Adressaten  sind  Ge er- 
lös Akropolites,  Johannes  Pediasimos,  Chartophylax  in  Achrida, 
in  Arzt  Theognostos,  ein  gewisser  Saponopulos,  ausserdem  natürlich 
ie  Kaiser  und  sonstige  hohe  Würdenträger.  Dagegen  gehören  die 
wei  Enkomien  auf  Kaiser  Michael  und  Andronikos  Paläologos  zu 
en  abstossendsten  Beispielen  dieser  Gattung.  Hier  ist  Gregor  so  luftig, 
nwahr  und  schwerfallig,  dass  man  ihn  kaum  wiedererkennt;  einige  Be- 
merkungen über  die  Völkermischung  in  Konstantinopel  und  die  vereinzelten 
Jeziehungen  auf  politische  Ereignisse  vermögen  über  die  schwülstige  Leere 
lieser  unterwürfigen  Produkte  nicht  hinwegzutrösten.  Die  Schulrhetorik 
ät  vertreten  durch  mehrere  Deklamationen,  eine  Chrie  und  eine  Lobrede 
.uf  das  nasse  Element:  'Eyxtofiiov  elg  tjjv  x^dkatfaav  ijyovv  sig  tnjv  rov  xa- 
^oXov  tov  viatog  ^vav.  Ein  anderes  Zeugnis  der  lebhaften  Teilnahme, 
reiche  Gregor  der  Hebung  des  Jugendunterrichtes  zuwandte,  ist  ein  un- 
diertes  Schulbuch,  das  z.  B.  in  den  Codd.  Vindob.  phil.  gr.  195 
Ol.  85—93,  Taur.  356.  b.  I.  27  (jetzt  B.  VL  48)  fol.  144—152^  und  Harl. 
J35,  zum  Teil  auch  im  Cod.  Monac.  gr.  201  s.  13  fol.  61—67  erhalten 
st.  Es  besteht  aus  einer  prosaischen  Paraphrase  äsopischer  Fabeln 
nit  einigen  mythologischen  Stücken,  in  welchen  die  Geschichten  der 
phigenie,  des  Aeneas,  Pandaros  und  Diomedes,  des  Kandaules  und 
lygea  u-  a.  behandelt  werden.  Der  Gedanke,  Fabeln  und  Mythen  in 
hetorisch  abgerundeter  Fassung  für  den  Schulunterricht  zu  verwerten, 
irar  nicht  neu;  in  der  byzantinischen  Zeit  war  er  namentlich  schon  von 
!vikephoros  Basilakes  und  Konstantinos  Akropolites  durchgeführt 
^'orden;  vgl.  Chr.  Walz,  Rhetores  graeci  1,  423—442,  und  A.  Papa- 
lopulos-Kerameus,  JsXxiov  3  (1890—1892)  445—451.  Zu  den  Schul- 
<;hriften  Gregors  gehört  auch  seine  Sprichwörtersammlung;  s.  den 
Abschnitt  „Sammlungen  von  Sentenzen  und  Sprichwörtern.* 

1.  Ausgaben  und  Hilfsmittel:  Selbstbiographie  ed.  M.  De  Rabeis,  Venedig 
753;  wiederholt  von  Jos.  Bergauer,  Wien  1773;  griechisch  und  deutsch  von  F.  C. 
fatthiae,  Frankfurt  am  Mayn  1817.  —  Die  zwei  Enkomien  auf  Michael  und  Andronikos 
d.  pr.  Fr.  Boissonade,  An.  gr.  1  (1829)  313—393.  -- Eine  Chrie  ed.  Fr.  Boissonade, 
n.  gr.  2  (1830)  269—273.  —  Schuldeklamationen  und  8  Briefe  ed.  aus  einem  Cod.  Leidensis 
loritz  Schmidt  in  drei  Lektionskatalogen  der  Universität  Jena  1875—1877.  Zum  Texte 
e;1.  A.  Eberhard^  Bursians  Jahresber.  über  die  Fortschritte  der  class.  Altertums wiss. 
d  3  (1877)  522-525.  —  Eine  neue  Deklamation  ed.  aus  einem  Cod.  Leid.  Otto  Miller, 
rogr.,  Gels  1890.  —  Eine  Ausgabe  der  Briefe  wird  erwartet  von  MaxTreu.  -  Sammol- 


478  ByzanÜnisohe  Lüteratargesdiiohte.    L  Prosaische  littenttor. 

ausgäbe  nach  den  älteren  Drucken:  Migne,  Patrol.  gr.  142, 1—470.  —  VgL  Aug.  Nii( 
Lexicon  Vindobonense,  S.  XI  f. 

2.  Theodoros  II  Laskaris,  Kaiser  Ton  Nikaea  1254 — 1258,  als 
Schriftsteller  und  Mensch  eine  der  interessantesten  Erscheinungen  von  Byzans,  eme 
orientalisches  Seitenstück  zu  seinem  grossen  Zeitgenossen  Friedrich  11,  Qbrigens  zwc 
ein  Degenerationstypus,  geistig  hochbegabt,  körperlich  schwach,  ohne  Willenskraft 
von  verderblicher  rräponderanz  des  Nervensystems,  ist  als  Theologe  und  Philosoph 
8.  95  f.  kurz  gewürdigt  worden.  Unter  seinen  rhetorischen  Schriften  erregt  die 
Teilnahme  sein  Nekrolog  auf  Kaiser  Friedrich  IL  Dazu  kommen  Enkomiea 
seinen  Vater  Johannes  Dukas,  auf  den  Historiker  Georgios  Akropolites,  anf 
Frühling  und  auf  die  Stadt  Nikaea,  eine  Verteidigungsrede  gegen  die,  welohe  iki| 
drängten  sich  zu  vermählen,  eine  xtofitodi«  Big  tov  ßayiovXov  avzov  xaxtotoy  koI  xä{ 
oyra  und  ein  Essay  gegen  einen  spöttischen  Heimtücker  {ngos  nya  x^v^fivovw  ei 
fisyoy  ngog  avtoy).  Ueber  die  persönlichen  Beziehungen  des  Laskaris  wird  durch 
Briefwechsel  Licht  verbreitet.  Unter  den  Adressaten  sind  der  Protosebastos,  Proto?< 
und  Grossstratopedarch  Georgios  Muzalon,  an  welchen  Theodor  nicht  weniger 
60  Briefe  richtete,  die  Professoren  der  Rhetorik  Michael  Senacherim  und  Andronikt 
Phrangopulos,  der  Philosoph  Nikephoros  Blemmydes  u.  s.  w.  Der  Historiker  Geoi 
gios  Akropolites  veranstaltete  eine  Sammelausgabe  der  Briefe  des  llieodoros 
(s.  S.  287).  Hauptfundstätten  der  rhetorischen  Stücke  sind  die  Codd.  Paris.  3048  a.  1^ 
Paris,  suppl.  gr.  37  s.  16  und  472  s.  13,  Escur.  Y.  L  4.  Für  die  Briefe  kommen 
sonders  in  Betracht  die  Codd.  Laur.  59,  35  und  Laur.  Conv.  Soppr.  627.  —  Das 
komion  auf  die  Stadt  Nikaea  ed.  L.  Bach  mann,  Theodori  Ducae  Lascaris  imperaioria 
läudem  Nicaeae  urbis  oratio,  Rostock  1847.  —  Proben  aus  dem  Enkomion  auf  sei 
Vater  ed.  Th.  Uspenskij,  Ueber  die  Hss  der  Geschichte  des  Niketas  Akominatos  in 
Pariser  Nationalbibliothek,  Joum.  Min.  1877  Bd  194  Nov  -Dez.  —  Eine  Ausgabe  der  Bridi 
des  Theodoros  Laskaris  und  seiner  Freunde  Nikephoros  Blemmydes,  Georgitf 
Muzalon,  Georgios  Akropolites  u.  s.  w.  wird  vorbereitet  von  Niecola  Festa  (ii 
Florenz).  —  Wenn  die  Briefe  und  die  rhetorischen  Stücke  veröffentlicht  sind,  wird  es  eiai 
höchst  verlockende  Aufgabe  sein,  das  litterarisch-psychologische  Gesamtbild  des  meik* 
würdigen  Mannes  in  seinen  feineren  Zügen  auszuführen. 

3.  An  der  griechischen  Epistolographie  des  13.  Jahrhunderts  hat  auch  der  deutscht 
Kaiser  Friedrich  II,  wenigstens  nominell,  AnteiL  Vier  in  seiner  Kanzlei  abgefassli 
griechische  Briefe,  die  durch  mehrere  sonst  nicht  überlieferte  Nachrichten  von  Wicbtigk«! 
sind,  stehen  im  Cod.  Laur.  Conv.  Soppr.  152.  Zuerst  herzlich  schlecht  herausgegebM 
von  Gust.  Wolff,  Vier  griechische  Briefe  Kaiser  Friedrichs  des  Zweiten,  Berlin  1855. 
—  Diese  Ausgabe  wurde  öfter  wiederholt  z.  B.  in  den  Acta  et  diplomata  edd.  Fr.  MikU- 
sich  et  L  Müller  3  (1865)  68-76.  —  Jetzt  ist  nur  zu  benützen  die  auf  sorgfUtigst« 
Neuvergleichung  der  Hs  und  gründlichen  historischen  Studien  beruhende  kritische  Ausgabt 
von  Niecola  Festa,  Le  lettere  greche  di  Federigo  II,  Archivio  storico  italiano,  serie  Y, 
t.  13  (1894)  1—34.  In  der  Einleitung  erörtert  F.  di  geschichtlichen  Ergebnisse  der  Briefs 
und  namentlich  die  Aenderungen,  welche  sich  hiefür  durch  die  Richtigstellung  des  Textet 
ergaben.  Beigegeben  ist  die  von  Huillard-Br^holles  im  echten  Kanzleistil  Friedrichs  II 
abgefasste  lateinische  Uebersetzung.    Hiezu  eine  Berichtigung  B.  Z.  4  (1895)  176. 

4.  Briefe  des  Astronomen  Gregorios  Ghioniades  {rQTjyo^iog  6  Xioyiadtjg)  an 
einen  Kaiser  Alezios  (von  Trapezunt),  einen  Protonotar  und  Protovestiarios  Konstantinos 
Lykites  in  Trapezunt  u.  a.  stehen  noch  unediert  im  Cod.  Vindob.  theol.  203  (Nessel)  fol. 
23-34. 

203.  Nikephoros  Chumnos  {NixrjtfoQog  6  Xovi^ivog),  der  ergebene 
Schüler  und  Anhänger  des  Gregor  von  Cypern,  mit  dem  Grosslogotheten 
Theodoros  Metochites,^)  dem  Historiker  Nikephoros  Kallistos 
Xanthopulos,2)  mit  Maximos  Planudes  und  anderen  hervorragenden 
Byzantinern  durch  Freundschaft  verbunden,  gehörte  unter  Michael  VIIl 
(1261—1283)  und  Andronikos  II  (1283—1328)  zu  den  einflussreichsten 
Männern  des  Hofes  und  bekleidete  zuletzt  die  hohe  Stelle  eines  ^;ri  toi 
xat'ixXeiov.^)    Durch  Vermählung  seiner  Tochter  Irene  mit  dem  Despoten 


')  S.  Boissonade,   Anecd.  Nova  S.  126.   ;   Kanzlei,  also  etwa  Kanzler  oder  Staatssekre 
*)  S.  Boissonade,  a.  a.  0.  S.  171  f.  ,  tÄr,  obschon  keiner  dieser  modernen  BegrifT« 

')  D.   h.  Vorstand  des  xayixXeioy^   der  ,  sich  mit  dem  byzantinischen  Amte  deckt 


6.  Bhetorik,  Sophiatik  nnd  Epistolographie.    (§  203)  479 

nnes  Paläologos,  dein  Sohne  Andronikos'  ü,  kam  er  in  engste  ver-r 
'«ndtschaftliche  Beziehung  zum  Kaiserhause.    Um  1320  zog  er  sich,  von 
m  Wirren  des  öffentlichen  Lebens  abgestossen,  nach  alter  byzantinischer 
ipflogenheit  in  ein  Kloster  zurück,  wo  er  als  Mönch  den  Namen  Natha- 
ael  führte.     Eine  Monodie  auf  seinen  Tod  schrieb  sein  Freund  Theodor 
yrtakenos.1)  Der  litterarische  Nachlass  des  Chumnos  lässt  sich  in  drei 
Chruppen  teilen. 

1.    Philosophische   und   theologische   Schriften.     Unter  den 
"]^Iosophi8chen  Stücken,  die  meist  gegen  die  Lehren  des  Piaton  und  der  Neu- 
-  jlatoniker  gerichtet  sind,  befinden  sich  eine  Abhandlung  über  deii  Stoff, 
mn  Traktat  über  die  Seele   und  eine  Streitschrift  gegen   Plotin. 
"^  -Ghumnos  ist  jedoch  kein  blinder  Verehrer  des  Aristoteles;  als  Gegenstück 
ua   den   antiplatonischen    Schriften    dient   eine   durch   Bitterkeit   und 
-^  acharfe,  wenn  auch  etwas  breitspurige   und  dunkle  Ironie  ausgezeichnete 
^    Abhandlung  gegen  einen  der  aristotelischen  Philosophie  ergebenen  After- 
^    ^ehrten  :i7|^^  tovg  6vax^Qct(vov%aq  im  xoTg  iXäyxoi>g  Tciv  äaa^cSg  xal  xcuc(h 
-~~%ixywg  ^rpcoQBVOvtoav    xal  tävavrfa  üXcetoavi  xai  xolq  avt(p  ioxovtfiv  äa%QO' 
fOfMvtTag.  Mit  grösster  Verehrung  gedenkt  er  hier  seines  Lehrers  Gregor 
von  Cypern  und  geisselt  in  heftiger,   aber  schwerlich   ganz  objektiver 
"  Polemik  die  unwissenden  Verkleinerer  und  ungeschickten  Nacheiferer  des- 
selben.^) Ebenda  zitiert  er  andere  von  ihm  verfasste  philosophische  Schriften 
-   wie  ne^i  xoc^aüv  tfvttewg^  IleQl  tcSv  ngoitonv  xal  änkwv  coaiiaToav  u.  s.  w.^) 
Es  zeigt  sich  mithin  abermals,   dass  die   platonisch-aristotelischen 

-  Kontroversen,  welche  später  eine  so  wichtige  Rolle  spielen,  schon  in  die 
-=-  byzantinische  Zeit  zurückgehen,  eine  Thatsaehe,  die  gewöhnlich  übersehen 

wird.-*)  Über  eine  Partie  aus  den  physikalischen  Vorstellungen  des  Mittel- 
alters unterrichtet  der  Aufsatz  über  die  Luft,  in  welchem  die  Gründe, 

-  warum  bewegte  Luft  kalter  wird,  sowie  die  Entstehung  des  Hagels  und 
'  das  Wesen  der  Winde  untersucht  werden;  dasselbe  Thema  behandelt  der 
j.  ^ÄVTi&sxixig  TiQog  xovg  näXai  aoifovg  Auch  dogmatische  Fragen  erörtert 
*  Chmnnos  allenthalben  in  seinen  Deklamationen  und  Briefen;  über  seine 
^    theologischen  Schriften  vgl.  S.  110;  204. 

I  2.  Rhetorische  Schriften.     Gewissermassen   als  theoretische  Ein- 

fldtang  dient  der  kurze,  relativ  verständige  Essay  über  die  Beurteilung 
und  Wirkung  der  Keden  {IleQl  koyoiv  xQtaeong  xal  i^yaciag).  Chumnos 
verlangt  zwar  sehr  energisch  einen  möglichst  kurzen,  scharfen  und  sinn- 
gemässen Ausdruck;  die  Hauptsache  bleibt  aber  auch  für  ihn  neben  pas- 
sender Verwertung  der  heiligen  Schriften  des  Christentums  die  sorgfaltige 
Nachahmung  der  alten  und  nie  übertroffenen  Vorbilder  des  Attizismus  d.  h. 
jenes  verderbliche  und  hohle  Prinzip,  welches  die  Entwicklung  einer  origi- 
L  nalen  Litteratur  in  Byzanz  mehr  als  alles  andere  beeinträchtigt  hat.  Auf 
r   Imitation  in  des  Wortes  schrecklichster  Bedeutung  beruhen  denn  auch  die 


')  Ed.  Fr.  Boissonade,  An.gr.  1(1829) 
282—292.  Die  in  den  üblichen  rhetorischen 
Antitheaen  und  Gemeinplätzen  schwelgende 
Rede  lehrt  uns  nichts  Neues  über  das  Leben 
des  {Jhiunnos. 

>)  Fr.  Boissonade,   An.  gr.   3  (1831) 


367  ff. 

»)  A.  a.  0.  S.  377. 

^)  InUeberwegs  Geschichte  der  Philo- 
sophie wird  Chumnos  nicht  mit  einem  Worte 
erwähnt. 


48Ö 


Byzantiiüsohe  IdtterainrgeBcliiohte.    I.  PräiaiBelie  UtUniiir. 


eigenen  rhetorischen  Versuche  des  Ghumnos.  Als  Vorbild  dient  ihm  v 
Isokrates  und  Aristides  vornehmlich  Gregor  von  Cypern,  dei 
nicht  nur  die  schulmässige  Anordnung,  Bilder  und  Phrasen;  sondern  i 
die  ganze  Skala  widerlicher  Schmeicheltöne  entlehnt.  Am  deutlichsten 
scheint  die  Abhängigkeit  von  fremden  Gedanken  und  Worten  in  dem  I 
atmigen  Enkomion  auf  Kaiser  Andronikos  ü.  Die  Beziehungei 
zeitgeschichtliche  Ereignisse,  welche  der  Panegyrikus  enthält,  sind  vh 
verschwommen,  als  dass  sie  uns  irgend  etwas  lehrten,  was  wir  nicU 
anderen  Quellen  wüssten.  Die  Tapferkeit  des  Kaisers,  der  alle  ,BaiiM 
besiegt  habe,  seine  Weisheit,  Klugheit,  Gerechtigkeit  und  Milde  w< 
nach  dem  üblichen  Schema  gefeiert,  nur  dass  diese  Schmeicheleien 
viel  abstossender  wirken  als  in  früheren  Jalirhunderten,  da  ihnen  die^ 
Sachen  noch  nicht  so  vollständig  widersprachen.  Nicht  viel  besser 
die  übrigen  rhetorischen  Proben  des  Ghumnos,  Trostreden  an  b 
Tochter  Irene  und  an  den  Kaiser  beim  frühen  Tode  des  Johi 
Palaeologos  (1304),  eine  Trostrede  an  einen  Freund,  den  ein  schi 
Unglück  betroffen,  und  ein  Epitaph  auf  Theoleptos,  den  Metropol 
von  Philadelphia;  der  letztere  wird  durch  breite  Exkurse  über  d 
Byzanz  totgehetzte  Thema  vom  Ausgange  des  hl.  Geistes  zu  einer  1 
liehen  dogmatischen  Abhandlung.  Zu  vergleichen  ist  die  durch  der 
des  Theoleptos  veranlasste,  noch  unedierte  Schrift  des  Nikephoros  Gre 
(s.  S.  296).  Mit  den  paränetischen  Schriften  des  Basilios  (s.  §  191^ 
Theophylaktos  (s.  §  196)  mag  man  das  Testament  des  Ghumnos 
gleichen,  welches  praktische  und  moralische  Ermahnungen  an  seine  K 
enthält.  Eine  lehrreiche  Probe  byzantinischer  Advokatenkniffe  ge^ 
die  im  Jahre  1315  der  hl.  Synode  und  dem  Kaiser  unterbreitete  Ankl 
Schrift  gegen  Patriarchen  Niphon,  mit  dem  Ghumnos  früher 
freundschaftliche  Korrespondenz  unterhalten  hatte:  ^'Ekeyxog  xard  i-ot;  i 
TU  navta  naxQiaQxsvaavrog  Ni(f(üvog,  Weniger  missfallt  ein  umfangrc 
Schreiben,  worin  die  Einwohner  von  Thessalonike  zur  Gerecl 
keit  ermahnt  werden:  &taaaXonxsvai  frvjtißoulevrixdg  neql  dixaioc 
Der  Anlass  des  offenbar  von  der  Regierung  inspirierten  Schriftstücke 
nicht  bekannt  und  aus  der  allgemeinen  Fassung  der  Ermahnungen 
ersichtlich;  wie  es  scheint,  war  die  Gemeinde  von  Thessalonike  di 
durch  innere  Parteiungen  zerrüttet.*).  Der  Ermahnungsrede,  die  im 
bischöflicher  Hirtenbriefe  gehalten  ist,  geht  wie  dem  Berichte  des  Ki 
niates  über  die  Eroberung  von  Thessalonike  (904)  eine  panegyi 
Schilderung  der  Stadt  voraus.  In  das  Gebiet  der  Rhetorik  gehören 
lieh  mehrere  Aktenstücke,  die  Ghumnos  als  Staatsbeamter  im  Namei 
Kaisers  verfasste,  wie  eine  Goldbulle  an  den  Kral  von  Serbien 
Schwiegersohn  des  Kaisers,  mit  der  Bitte  um  Hilfe  gegen  die  Tu 
ein  Erlass  zur  Vermittlung  eines  zwischen  Mönchen  ausgebrocl 
Streites,  eine  Verordnung  über  die  Vereinigung  zweier  Klösti 
einer  Abtei,  ein  kaiserliches   Edikt  aus    dem  Jahre  1296  zur  B 


')  Darauf  deutet  auch  ein  Aktenstück 
ähnlichen  Inhaltes  von  einem  Zeitgenossen 
des  Chumnos,  der  Brief  des  Thomas  Ma- 


gistros:  ToT<c  QecifaXoyirxevci  n$Ql  out 
Uoher  den  Zwist,  der  die  Stadt  im  Jahr 
heunruhigte,  s,  S.  487. 


6.  Ahetorik,  Sophistik  und  Spisiolographie.    (g  203)  481 

,tion  des  Gerichtswesens.    Recht  bezeichnend  f&r  die  theologischen  Nei- 
^gpingen    des   paläologischen    Kaisertums   ist   ein    ausführlich   motiviertes 
j^ätsnicixa^  durch  welches  befohlen  wird,  Maria  Himmelfahrt  statt  nur 
an  einem  Tage  während  des  ganzen  Monats  August  zu  feiern. 

3.  Eine  Sammlung  von   172  Briefen.     Es  sind  teils  rhetorisch- 
"plulosophische  Übungsstücke,   teils  Privatbriefe   an   den  Kaiser,  an   hohe 
Würdenträger,  Verwandte  und  Freunde.  Unter  den  Adressaten  befinden 
aich  die  Patriarchen  Niphon  und  Johannes  Glykys;  die  Bischöfe  von  Thes- 
aalonike,  Larissa,  Philippopel  und  Philadelphia;  der  (1341  zum  Kaiser  er- 
ll<»bene)  Grossdomestikos  Johannes  Kantakuzenos;  der  Protovestiarios  Theo- 
d^ros  Muzalon;  der  Protosekretär  Leon  Bardales;  der  Kubikularios  Alexios 
^pokaukos;   der  Grosslogothet  Konstantinos  Akropohtes;    der  Historiker 
Kikephoros  Kallistos   Xanthopulos  und  dessen  Bruder  Theodoros  Xantho- 
pulos;  ein  vnaxoq  Twr  (firXoaoifmv  Kyprianos  und  der  „Philosoph"  Joseph; 
JPhakrases   (der  loyo^^ttr^g  tcov  ayelm);  Michael   Gabras;   der  Kalligraph 
Demetrios  Kabasilas;  des  Chumnos  Sohn  Johannes;  seine  Tochter  Irene  u.  a. 
IBfanche  Briefe  sind  Begleitschreiben  und  Kommentare  philosophischer  Ab- 
liandlungen,   andere   erörtern   selbständig  wissenschaftliche  Fragen;  zahl- 
reiche Schreiben  an  den  Kaiser  enthalten  Rechtfertigungen  des  Verfassers; 
auch  intriguenhafte  Anklagen  gegen  Feinde  und  Verleumder;  dazu  kommen 
private  Themen  verschiedener  Art,  wie  ein  Bericht  über  die  Heilung  einer 
Geschwulst,  Klagen  über  Mangel  an  Büchern,  über  die  Schwierigkeit,  einen 
dauerhaften  Beschreibestoff  zu  finden,   endlich  zahlreiche  Übungsstücke, 
tagebuchartige  Selbstgespräche  und  Erörterungen  von  Gemeinplätzen;  auch 
Briefe,  die  Chumnos  für  weniger  geübte  Freunde  verfasste,  werden  nicht 
vorenthalten.     Das  Urteil  über  den  litterarischen  Wert  dieser  Samm- 
lung kann  nicht  günstig  ausfallen.     Zwar  hat  auch  Chumnos  wie  manche 
andere  Byzantiner  die  besten  Erfolge  in  der  Briefstellerei  errungen,   und 
in  manchen  Nummern  ist  der  knappe  Pointenstil  so  wohl  geglückt,  dass 
8ie  dem  besten  Zeitalter  angehören  könnten.     Allein  der  Verfasser  ist  zu 
sehr  in  den  beengenden  Vorschriften  der  Schulrhetorik  stecken  geblieben; 
es    gibt   in  Byzanz  kaum  eine  zweite  Briefsammlung,  in  der   die  blosse 
rhetorische  Technik  den  unbefangenen  Einfall  des  Augenblicks  und  die 
Regungen    einer  freieren   Individualität    so    völlig   zurückdrängte.      Dass 
Chumnos  selbst  in  seinen  Briefen  vorzüglich  eine  Sammlung  rhetorischer 
Musterstücke  erblickte,  beweist  nicht  nur  die  sicher  von  ihm  selbst  stam- 
mende sorgfältige  Redaktion,  in  welcher  die  Briefe  mit  wenigen  Aus- 
nahmen chronologisch  geordnet  erscheinen,  sondern  auch  eine  Bemer- 
kung in  einem  Schreiben  an  seinen  Sohn  Johannes,  in  welchem  er  seine 
Briefe  ausdrücklich  in  attische  und  lakonische  Stücke  unterscheidet: 
Ecu  Ix^ig  'fdg  (J^v  laxcoviCovcag,  tag  i^  äxtixi^ovaag,  iii]  fjisvtoi  fiax^ 
fisvag  TiQog  aXXi^Xag,     Fr.  Boissonade,  An.  Nova  S.  5. 

So  kann  Chumnos  alles  in  allem  keine  erfreuliche  Persönlichkeit  ge- 
nannt werden;  in  seinem  Charakter  tritt  berechnende  Ränkesucht  und 
kluges  Strebertum  hervor,  in  seinem  Wissen  und  Können  steht  er  tief 
unter  Männern  wie  Psellos,  ja  noch  unter  Gregor  von  Cypem.  Sein  Stil 
krankt  in  ungewöhnUchem  Grade  an  dem  Fehler,  der  jeder  künstlich  er- 

Bayhii>»«^ii  der  klAM.  AltertumawiMensclutfl  IX.    1.  Abtig.    2.  Aufl.  Sl 


482 


ByEantinisohe  Idtteraiiirgetohiohte.    I.  Prosaisoho  Idtteraiiir. 


lernten  Diktion  mehr  oder  weniger  anhaftet,  an  der  engen  Begrenzung 
des  Wort-  und  Phrasenschatzes  und  ihrer  natürlichen  Folge,  der  stereotypen 
Wiederholung  gleicher  Ausdrücke  und  Konstruktionen.')  Immerhin  mrm 
Chumnos  als  einer  der  Vorläufer  des  griechisch-italienischen  HumanismuB 
im  Auge  behalten  werden. 

1.  Ausgaben:  Was  bis  jetzt  von  Chnmnos  ediert  ist,  verdanken  wir  meist  Fr.  Boit- 
sonade:  leider  bat  er  in  recbt  unpraktiscber  Weise  die  einzelnen  Stücke  ohne  einen  e^ 
sichtlichen  Grund  in  mehrere  Bände  zerstreut:  Anecdota  Graeca  ed.  Fr.  Boissonade  1 
(1829)  293—312;  2  (1830)  137-187;  3  (1831)  356-408;  5  (1833)  183—350.  —  Die  Brieft 
und  die  Abhandlung  über  den  Stoff  ed.  Fr.  Boissonade,  Anecdota  Nova,  Paris  1844 
S.  1—201.  —  Die  auf  Theologie  bezüglichen  Stücke  (auch  das  Testament  u.  a.)  sind  wieder- 
holt bei  Migne,  Patrol.  gr.  140.  1397—1526.  —  Schrift  gegen  Plotin  und  Dialog  über 
die  Seele  in:  Plotini  opera  ed.  Fr.  Grenze r,  vol.  2  (Oxonii  1835)  1413—1447. 

2.  Hilfsmittel:  Ausführliche  Beschreibung  des  wichtigen  God.  Patm.  127  s.  14 
nebst  Mitteilung  einiger  von  dem  gedruckten  Texte  abweichenden  Stücke  bei  J.  Sak- 
kelion,  naTfiiaxij  ßißho^xrj,  Athen  1890  S.  73—76. 

3.  Johannes  Ghumnos,  ein  Sohn  des  Nikephoros,  der  das  Hofamt  eines  na^asvr 
fKüfABvog  jrjg  fAeydXrjQ  atpeydoyrjg  bekleidete,  hinterlioss  Briefe  an  die  Bischöfe  von  Pliili]^ 
popel  und  Ephesos,  an  einen  gewissen  Matarankos,  an  den  f^eyag  dtoixrjzfjg  Kabasilas  iui4 
an  den  ,  Philosophen"  Joseph,  ausserdem  einen  hygienischen  Aufsatz  über  prophylaktisdM 
Mittel  gegen  Podagra  (JiaiTa  ngotfvXaxjixij  Big  noödyqav).  Alles  ed.  von  Fr.  Boissonade, 
Anecd.  Nova  S.  203—222.  —  Eine  Monodie  auf  Johannes  Ghumnos  verfasste  Nikephon» 
Gregoras ;  vgl.  S.  296.  —  lieber  den  bedeutend  späteren  und  vielleicht  mit  unserem  Ghnmnoi 
gar  nicht  verwandten  Georgios  Ghumnos  s.  den  §  im  1.  Kapitel  des  Abschnittes  ,Vu]gi^ 
griechische  Litteratur*. 

4.  Vielleicht  ein  Ahn  des  Nikephoros  Ghumnos  ist  der  Nomophylax  Michael 
Ghumnos,  der  in  der  ersten  Hälfte  des  12.  Jahrhunderts  Metropolit  von  Thessaloniki 
war.  Wir  haben  von  ihm  einen  Traktat  über  die  Grade  der  Blutsverwandtschaft.  Edd 
Rhalles  und  Potles,  Ivvrayfia  xwv  ^ctW  xal  hQiHv  xavortov  5(1855)  397  f.  Auch  bei 
Migne,  Patr.  gr.  119,  1297-1300.  Da  bei  Rhalles  und  Potles  S.  397  Anm.  Blichtel 
Ghumnos  in  den  Ausgang  des  12.  Jahrhunderts  versetzt  wird,  sei  notiert,  dass  im  God. 
Berol.  Phillipp.  1477  fol.  299""— 301''  eine  Schrift  über  Fastendiät  von  einem  mit  den 
Genannten  zweifellos  identischen  »Metropoliten  von  Thessalonike  Michael  Ghumnos' 
in  das  Jahr  1122  datiert  ist. 

5.  Von  Michael  Gab  ras  {MixarjX  6  Faßgag),  einem  der  Korrespondenten  des  Nike- 

Shoros  Ghumnos,  haben  wir  im  God.  Marc.  446,  einem  mächtigen  Quartbande  von  304 
ilättem,  nicht  weniger  als  451  Briefe.  Das  Verzeichnis  der  Adressaten,  das  im  Kataloge 
der  Marciana  von  Zanetti,  Venedig  1740  S.  232—242,  mitgeteilt  ist,  erweckt  lebhafte  Neu- 
gierde; denn  man  trifft  unter  ihnen  eine  ganze  Reihe  bekannter  Männer  aus  der  ersten 
Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  vom  Kaiser  und  von  hohen  Staatsbeamten  und  Schriftstellern  wie 
Nikephoros  Ghumnos  und  Nikephoros  Gregoras  bis  herab  zum  Betteldichter  Manuel  Pbiles 
und  dem  braven  Verfasser  von  Schul  Übungsbüchern  Georgios  Lakapenos  und  hofft  demnach 
in  den  Briefen  für  die  litterarische,  kirchliche  und  kulturelle  Geschichte  der  Paläologenzeit 
wichtige  Aufschlüsse  zu  finden.  Diese  Hoffnung  wurde  mir  durch  die  Einsicht  in  den 
Godex  grausam  zerstört.  Werke  von  solchem  Umfang  und  solcher  Gehaltlosigkeit  sind 
selbst  in  der  byzantinischen  Litteratur  selten.  Ein  Brief  wie  der  andere  —  nichts  als 
leeres  Phrasenwerk;  selbst  als  blosse  Form  betrachtet  ermüdet  dieses  luftige  Wort- 
geschnörkcl  durch  die  stereotype  Wiederkehr  der  gleichen  Wörter,  Wendungen  und  Pointen. 
Wie  viel  sich  Gabras  trotzdem  auf  seine  Kunst  zu  gute  tbat,  zeigt  die  Sorgfdt,  die  er 
auf  die  Erhaltung  seiner  Briefe  verwandte.  Das  in  der  Venezianer  Hs  aufbewahrte  Gorpus 
ist  offenbar  vom  Verfasser  selbst  zusammengestellt  und  herausgegeben.  Und  als  ob  des 
leeren  Wortschwalles  noch  nicht  genug  wäre,  überrascht  am  Schlüsse  der  Sammlung  die 
drohende  Notiz,  dass  hier  der  erste  Band  zu  Ende  sei,  dass  aber  der  Rest  noch  einen 
zweiten,  ja  vielleicht  noch  einen  dritten  Band  füllen  werde,  da  Gabras  gegen  1400  Briefe 
verfasst  habe.  Auch  M.  Treu  hat  die  Bekanntschaft  dieser  Nichtigkeiten  gemacht  und 
knüpft  daran,  B.  Z.  4  (1895)  4  f.,  die  treffende  Bemerkung,  dass  das  Wertvoll^  an  solchen 
Briefen  für  uns  die  Adressen  bleiben,  durch  die  wir  wenigstens  Menschen  nach  Name,  Stand 
und  Zeitalter  kennen  lernen. 


')  Dahin  gehört  z.  B.  die  stets  wieder- 
kehrende  Anknüpfung  mit  ov  fAtjv  «rAA«,  aXXil 
/4i}y,  x(d  yuQ,  die  den  Leser  schon  fast  in 


den  trüben  Dunstkreis  der  griechischen  und 
lateinischen  Stilübungen  unserer  Gymnasien 
versetzt. 


6.  Bhetorik,  8ophisiik  und  Epistolographio.    (§  204)  483 

6.  Von  Johannes  Gab  ras,  wahrscheinlich  einem  Bruder  des  Vorgenannten,  haben 
urir  eine  Rede  Eig  Ttjy  etaodoy  rijg  vuegaylae  deanoiyrjg  ^ucSy  ^eoroxov  xtjy  eig  tu  äyia 
tSy  ayiwy.  Ed.  Boissonade,  An.  gr.  8  (1831)  71—111.  Vgl.  M.  Treu,  Mazimi  monachi 
'laondis  epistnlae  S.  187;  203. 

7.  Elines  Protosekretis  Leon  (wohl  Leon  Bardales)  Rede  an  Kaiser  Andronikos 
en  Jüngeren  steht  im  Cod.  Vindob.  theoL  gr.  174  (Nessel)  foL  298—300. 

204.  Theodoros  Hyrtakenos  {QeodwQog  6  ^Yfraxrjvog),  ein  jüngerer 
eitgenosse  des  Chumnos,  lebte  unter  Andronikos  dem  Älteren  (1283 — 1328), 
ielleieht  auch  noch  unter  Andronikos  dem  Jüngeren  (1328 — 1341)  als 
ehrer  der  Grammatik  und  Rhetorik  in  Eonstantinopel.  Von  seinen 
chriften  sind  erhalten:  1.  Sieben  Deklamationen:  eine  Gratulations- 
c^hrift  an  Kaiser  Andronikos  bei  seiner  Rückkehr  nach  Eonstantinopel; 
eichenreden  auf  Kaiser  Michael  IX  (f  1320),  die  Kaiserin  Irene,  Ge- 
lahlin  Andronikos'  11,  und  auf  Nikephoros  Chumnos;  eine  Lobrede  auf 
ie  hl.  Jungfrau;  ein  Panegyrikus  auf  den  Heiligen  und  Wunderthäter 
ninas;  endlich  eine  in  der  Art  der  im  Romane  beliebten  landschaftlichen 
€^gd(X€ig  gehaltene  Schilderung  des  Gartens  der  hl.  Anna.  2.  Eine 
ammlung  von  93  Briefen.  Unter  den  Adressaten  sind  Kaiser  An- 
ronikos  der  Ältere,  des  Kaisers  Vetter  Andronikos  Palaeologos,  der  Gross- 
omestikos  Kantakuzenos,  der  Kämmerer  Apokaukos,  der  Patriarch  Johannes 
rlykys  (1315 — 1320),  der  Kanzler  Nikephoros  Chumnos,  der  Grosslogothet 
'heodoros  Metochites  und  dessen  Sohn  Nikephoros,  ein  Akropolites,  ein 
^epagomenos  u.  a. 

An  litterarischeni  Werte  steht  Theodor  tief  unter  den  übrigen 
)eklamatoren  von  Byzanz,  wie  Gregor  von  Cypern,  Nikephoros  Chumnos, 
lanuel  Palaeologos;  üngeschmack,  Gedankenarmut  und  Charakter- 
ch wache  sind  seine  hervorragenden  Eigenschaften.  Seine  Deklamationen, 
n  denen  ein  weinerlicher  Predigerton  mit  tosendem  Bombast  abwechselt, 
iind  aus  schwerfaUigen  Perioden  zusammengesetzt  und  vollgepfropft  mit 
Zitaten  aus  der  alten  Litteratur  wie  Homer,  Pindar,  Nonnos  (Dionysiaka) 
md  den  heiligen  Schriften.  Das  ganze  bunte  Volk  der  Mythologie,  Grazien, 
^eliaden,  Sirenen,  Parzen,  Niobe,  Helios,  Selene  und  Gaia,  werden  ohne 
Erbarmen  auf  den  Leser  losgelassen.  So  erscheinen  diese  Reden  als  förm- 
iche  Contonen  aus  hellenischen  und  heiligen  Autoren,  aus  antiquarischen 
ind  historischen  Notizen,  langweilige  Repertorien  des  trivialen  Wissens 
ier  byzantinischen  Schule.  Mit  Sprichwörtern  treibt  Theodor  grösseren 
Unfug  als  Sancho  Panza,  freilich  ohne  eine  Spur  von  der  volkstümlichen 
i^chlagfertigkeit  des  Spaniers  zu  besitzen ;  denn  die  Sprüche  unseres  Rhetors 
sind  wie  all  sein  sonstiges  Wissen  aus  der  alten  Litteratur  zusammen- 
geholt, und  schwerlich  findet  sich  bei  ihm  auch  nur  ein  Sprichwort,  das 
nicht  aus  den  erhaltenen  Sammlungen  bekannt  wäre.^)  Zu  diesen  Un- 
tugenden kommt  eine  ganz  erstaunliche  Gedankenarmut.  Hat  man  eine 
seiner  Trauerreden  gelesen,  so  kennt  man  auch  die  übrigen.  Theodor 
weiss  dem  Vorwurfe  keine  neue  Seite  abzugewinnen;  die  Anordnung,  die 
Gedanken,  die  Vergleiche*)  kehren  unverändert  wieder.   Der  Arme  wusste 


')  Verse  und  Sprüche  macht  er  sich» 
veim  Bie  nicht  recht  passeD,  gerne  mit  der 
itereotypen  Phrase  zurecht:  So  und  so  sagt 


der  Dichter,  iyiu  dk  fAixQoy  vnaXXd^ag 
(pairjy  uy, 

*)  Seihst  die  wüstesten;  nicht  weniger 

öl* 


484  Byzantinische  litteratnrgMChiohte.    L  ProMdmdio  Idtteratiir. 

ohne  Zweifel  ziemlich  viel  Griechisch,  obschon  er  sich  Solözismen  wie 
äxtQov  (für  x^at€Qov),  fii]  statt  ov  u.  a.  gestattet;  aber  sein  ganzes  Studium 
der  alten  Litteratur  hat  ihn  nicht  vor  orientalischer  Übertreibungssacht 
und  barbarischer  Geschmacklosigkeit  ^  bewahrt.  Seine  Deklamationen 
wirken  tötend  auf  Geist  und  Gemüt  wie  die  Versromane  eines  Prodro- 
mos  und  Niketas,  wie  die  Ilias  des  Hermoniakos. 

In  seinen  äusseren  Schicksalen  und  seinem  Charakter  ist  Theodor 
das  Abbild  seines  Namensgenossen  Theodor  Ptochoprodromos  und 
seines  Zeitgenossen  Manuel  Philes;  was  sie  in  der  Poesie  sind,  ist  Theo- 
dor Hyrtakenos  in  der  Prosa,  ein  Bettelprosaiker,  wie  Byzanz  keinen 
zweiten  kennt.  Über  diese  Seite  unseres  Rhetors  belehren  uns  seine 
Briefe;  fast  sämtliche  93  Nummern  enthalten  Klagen  über  unverdientes 
Missgeschick,  Bitten  um  Unterstützungen,  Dankesworte  für  empfangene 
Wohlthaten.  Wenn  Prodromos  und  Philes  bei  allem  Servilismus  weniger 
verletzen,  weil  sie  ihre  zahlreichen  Anliegen  mit  einem  gewissen  Galgen- 
humor in  poetische  und  oft  witzige  Form  zu  kleiden  verstanden,  so  er- 
halten wir  von  dem  Hyrtakener  einen  unverblümten  Briefsteller  für  Bettel- 
litteraten und  zwar  für  recht  zudringliche,  unabweisbare.  Wie  einst  Pro- 
dromos seine  Studien  verfluchte,  die  ihm  nur  Hunger  und  Armut  eingebracht 
hätten,  so  beginnt  auch  unser  Rhetor  den  ersten  Brief  an  den  Kaiser  mit 
der  Klage,  dass  er  vergeblich  gehofft  habe,  durch  gelehrte  Studien  rieh 
Einkünfte  zu  erwerben,  und  dass  er  trotz  seiner  Weisheit  von  der  grössten 
Not  gedrückt  sei.  Wie  einst  Prodromos  wollte  auch  er  der  undankbaren 
Hauptstadt  den  Rücken  kehren  und  in  der  Klosterrepublik  des  heiligen 
Berges  eine  Zuflucht  suchen;  natürlich  machte  er  mit  diesem  Plane  ebenso- 
wenig Ernst  als  Prodromos  mit  seiner  Drohung  nach  Trapezunt  zu 
entweichen.  Häufig  wendet  sich  Theodor  mit  seinen  Bitten  um  Nahrung 
und  Kleider  an  die  undankbaren  und  hochmütigen  Eltern  seiner  Schüler, 
wie  auch  an  seine  früheren  Zöglinge  selbst.  Die  ganze  Misere  des  Privat- 
schulmeistertums,  wie  es  früher  auch  bei  uns  allenthalben  blühte,  wird 
in  diesen  jammervollen  Schriftstücken  vor  uns  aufgerollt.  Wie  Philes 
huldigt  Theodor  dem  Grundsatze,  dass  man  ohne  die  Zier  der  Bescheiden- 
heit weiter  komme;  sehr  lebhaft  mahnt  er  z.  B.  den  Vetter  des  Kaisers, 
ihm  endlich  das  längst  versprochene  Pferd  zu  schicken.  Zuweilen  muss 
sich  denn  freilich  seine  Zudringlichkeit  die  äusserste  Zurücksetzung  ge- 
fallen lassen.  Wie  Prodromos  über  die  Etikette  der  Paläste  klagt,  wo 
man  den  Püffen  der  Hofbeamten  ausgesetzt  sei,  so  beschwert  sich  auch 
unser  Theodor  wiederholt  beim  Patriarchen  Johannes  Glykys,  dass  ihm 
die  Thürsteher  schnöde  den  Eintritt  ins  Patriarchat  verweigert  hätten. 
Von  der  Darstellung  in  den  Briefen  gilt  dasselbe  wie  von  den  Reden; 
auch  hier  kopiert  Theodor  unablässig  sich  selbst,  auch  hier  strotzt  er  von 


als  dreimal  gebraucht  er  zum  Ausdruck  seiner  '    Theodor  z.  B.,  der  Kaiser  habe  den  Charakter 


Trauer  die  unappetitliche    Wendung:    Iltüg 
X^ytOj    xfd   fxrj    oiaQ^ijyyvTai   uoi   ij    xagdla 

Fr.  Boissonade,  An.  gr.  1,  260;  279;  286. 
^)  Im  Panegyrikus  auf  Andronikos  sagt 


Konstantins  des  Grossen  wie  ein  Schwamm 
in  sich  aufgesogen  und  sei  so  ein  zweiter 
Konstantin  geworden.  Fr.  Boissonade,  An. 
gr.  1,  252. 


6.  Rhetorik,  Sophistik  und  Epistolographie.    (§  205}  -  4g5 

mythologischen,  antiquarischen  und  historischen  Anspielungen.  Immerhin 
ist  er  wie  alle  Byzantiner  in  den  Briefen  glücklicher  bIs  sonst,  und  einzelne 
Stücke  sind  sogar  ganz  gut  ausgefallen,  so  der  Brief  an  Theodoros 
VIetochites,  worin  er  sich  in  urbaner  Weise  über  die  unverbesserliche 
Frägheit  und  das  schlechte  Betragen  des  ihm  anvertrauten  jungen  Meto- 
jhites  beklagt,  ein  Schriftstück,  das  sich  noch  heute  jeder  Lehrer  für 
jeine  Praxis  auf  den  Tisch  legen  dürfte. 

1.  Ausgaben:  Deklamationen  ed.  (wie  gewöhnlich  in  planloser  Weise  an  ver- 
schiedenen Stellen)  Fr.  Boissonade,  Anecdota  graeca  1  (1829)  248—292;  2  (1830)  409 
>i8  453;  3  (1831)  1-70.  —  Die  Briefe  sehr  nachlässig  und  fehlerhaft  ed.  von  La  Porte 
lu  Theil,  Not.  et  extr.  5  (1798)  709—744;  6  (1800)  1—48.  —  Beide  Herausgeber  be- 
lützten  den  Cod.  Paris,  gr.  1209,  die  einzige  Handschrift,  wie  es  scheint,  die  uns  den  nn- 
;lQcklichen  Byzantiner  aufbewahrt. 

2.  Der  Name  Hyrtakenos  hängt  wahrscheinlich  mit  der  alten  Stadt ^Y^r^xoc  fY^rcr- 
rcVcr)  auf  Kreta  zusammen,  womit  natürlich  nicht  bewiesen  ist,  dass  Theodor  selbst  ans 
vreta  stammte. 

3.  Die  Florentiner  Briefsammlung.  Ans  der  ersten  Hälfte  oder  dem  zweiten 
Drittel  des  14.  Jahrhunderts  stammt  eine  anonyme  Briefsammlung,  welche  der  im  Jahre 
1416  von  Cristoforo  Buondelmonte  in  Kreta  gekaufte  Cod.  Laur.  S.  Marco  356  auf- 
bewahrt. Offenbar  nichts  als  eine  Abschrift  des  Florentiner  Codex  ist  der  Cod.  Monac. 
gr.  198  s.  16  fol.  339—410.  Die  Sammlung  besteht  aus  177  Briefen.  Unter  den  Adres- 
saten sind  zwei  Personen,  die  mit  annähernder  Sicherheit  identifiziert  und  zeitlich  bestimmt 
werden  können:  Andreas  Lopadiotes,  der  jedenfalls  mit  dem  Verfasser  des  Lexicon 
Vindobonense  (s.  dieses)  identisch  ist,  und  Johannes  6  ab  ras,  wohl  der  S.  483  genannte 
Brader  oder  Verwandte  des  Michael  Gabras.  Die  meisten  Adressaten  sind  leider  zunächst 
wenig  oder  gar  nicht  bekannt  wie  Konstantin  Chrysoloras  (vielleicht  ein  älterer  Ver- 
wandter des  Manuel  Chrysoloras),  Manuel  Meliteniotes,  Gallesiotes  (Qalesiotes?; 
vgl.  S.  448  f.),  Leon  aus  Cypern,  Sagudinos,  Kabalaropulos,  Johannes  Fäche- 
rn eres,  Rhadenos,  Georgios  Irenikos,  Sguropulos,  Syropulos,  Opsikianos, 
Pzykandyles  u.  s.  w.  Einige  Adressen  unterrichten  über  die  Verwandtschaftsverhält- 
Qisse  des  Verfassers:  wir  finden  unter  den  Empfängern  seiner  Briefe  einen  , Bruder' 
Meliteniotes,  daneben  allerdings  auch  einen  „Bruder"  Syropulos,  einen  , Schwiegervater" 
Syropulos  und  einen  «Schwager*  Methodios  Syropulos,  einen  , Verwandten"  Melite- 
niotes, einen  «Onkel"  Johannes  Pachymeres,  einen  «mütterlichen  Onkel"  Manuel  Phranko- 
pulos  u.  a.  Mehrere  Briefe  sind  von  dem  Klosterberge  Ganos  aus  geschrieben,  und  ein 
Brief  ist  an  Kekochlemenos,  den  Vorstand  von  Ganos  (ri^  nQoxaStjfjLivM  Fdvovg  rt^ .Kexo^- 
Irjfisyta)  gerichtet;  es  ist  also  wahrscheinlich,  dass  der  Verfasser  zum  Kloster  auf  Ganos 
nähere  Beziehungen  hatte,  vielleicht  Mönch  dortselbst  war.  Eine  genauere  Untersuchung 
über  den  Verfasser,  die  Adressaten  und  den  Inhalt  der  Sammlung  ist  erwünscht;  sie 
würde  auch  lehren,  ob  eine  Verüffentlichung  der  Briefe  in  extenso  oder  wenigstens 
in  Regestenform  sich  lohnte.  Ein  genaues  Verzeichnis  der  Adressen  gibt  Ign.  Hardt, 
Catalogus  codicum  mss  bibliothecae  regiae  Bavaricae  2  (1806)  287-309.  Den  Florentiner 
Codex  beschreibt  kurz  Rostagno,  Studi  ital.  di  filol.  class.  1  (1893)  186. 

205.  Gregor  Palamas  {FifrjoQiog  6  UakafiSg).  Wichtige  Anregungen 
verdankten  der  alten  Rhetorik  und  Philosophie  die  Wortführer  der  dog- 
matischen Streitigkeiten,  welche  seit  dem  13.  Jahrhundert  mit  grosser 
Leidenschaft  geführt  wurden.  Der  hervorragendste  dieser  rhetorisch- 
philosophisch  geschulten  Theologen  war  Gregor  Palamas,  der  in  der 
ersten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  lebte.  In  das  Gebiet  der  Rhetorik 
gehört  seine  „Prosopopoeie  der  Seele,  die  den  Körper  anklagt, 
und  des  Körpers,  der  sich  verteidigt.**  Es  ist  eine  regelrechte,  glatt 
und  nicht  ohne  Witz  geschriebene  Melete  im  grösseren  Massstabe;  sie  be- 
steht aus  einer  platonisierenden  Vorrede  über  die  Teile  und  die  Beschaffen- 
heit der  Seele,  aus  der  Anklagerede  der  Seele,  der  Verteidigung  des 
Körpers  und  der  gerichtlichen  Entscheidung.  Mit  Beziehung  auf  den  alten 
Sophistenschluss,  dass  nicht  der  böse  Knabe,  sondern  der  Lehrer,  der  ihn 


486  '  Byzantinische  LitteratargMohiobte.    L  Prosaisohe  Lüterainr. 

nicht  gehörig  gezogen,  Strafe  verdiene,  erteilen  die  Richter  dem  Körper 
Recht  und  schliessen  dann  etwas  plötzlich  mit  den  Worten  des  Esaias: 
0dyo)fA€v  xal  mcofiev  '  avQiov  ydQ.aTio&ttjaxofiev.  Über  die  theologischen 
Schriften  des  Palamas  s.  S.  103  ff. 

1.  Ausgaben:  Gesamtausgabe  des  Palamas  (mit  Schriften  des  Eabasilas,  Bar- 
laam  u.  a.):  Migne,  Patrol.  gr.  150  und  151.  —  Die  Prosopopoeie  ed.  zuerst  O.  Mo- 
relius,  Paris  1558  (ex  officina  Turnebi).  —  Wiederholt  bei  Migne  150,  959  ff.,  1347  ff. 
—  Mit  Einleitung  und  Kommentar,  aber  ohne  diplomatische  Förderung  des  Textes  ed. 
Alb.  Jahn,  Halle  1884. 

2.  Hilfsmittel:  Für  falsch  erklärt  die  Zuteilung  der  Prosopopoeie  an  Palamas,  n- 
nächst  ohne  Begründung,  A.  Sonny,  B.  Z.  3  (1894)  602  Anm.  2.  --  Zur  Ueberliefenmg 
derselben:  Cod.  Vindob.  bist,  gr,  26  (Nessel)  fol.  35^— 57^ 

3.  Eine  Deklamation  des  Nikolaos  Eabasilas  über  den  Altar  deslEXeo^  in  Atheo 
ed.  aus  Cod.  Paris.  1213  Fr.  Boissonade,  Choricii  Gazaei  orationes  etc.,  Paris  1846 
S.  850—352.  —  Ueber  die  theologischen  Schriften  des  Nikolaos  Kabasilas  s.  S.  158  f. 

206.  Theodoros  Pediasimos  {OeoiwQog  6  Ileiiaaifiog),  ein  bis  jetzt  [j 
von  niemand  beachteter  Litterat,  der  um  die  Mitte  des  14.  JahrhundertB  j^ 
lebte,  vielleicht  ein  Verwandter  des  Johannes  Pediasimos,  hat  eine  Reihe 
rhetorischer  Schriften  profanen  und  geistlichen  Inhalts  hinterlassen.  Zuerst 
seien  zwei  Stücke  genannt,  deren  Beziehung  auf  die  Stadt  Serrae  in  ]^ 
Thessalien  die  Vermutung  nahe  legt,  dass  Pediasimos  entweder  dort  ge- 
boren war  oder  längere  Zeit  dort  lebte:  Eine  Schilderung  des  Gottes- 
hauses der  Stadt  Serrae,  ^'ExtfQaaig  negl  tov  tegov  tcov  ^sqSv  (am 
Rande  yp.  twv  osqwv)^  und  eine  Erzählung  einiger  Wunderthaten  der 
hl.  Grossmärtyrer  und  Wunderthäter  Theodor,  der  Schutzpatrone 
von  Serrae,  'Ex&saig  xivanv  &avficitcov  %&v  dyicav  fieydXwv  fiagrvQfov  xm 
x^ccvfiaTovQym'  OsodwQotr,  Man  könnte  zwar  denken,  Theodor  Pediasimos 
habe  den  heiligen  Theodori  wegen  seines  eigenen  Taufnamens  besondere 
Aufmerksamkeit  geschenkt;  da  er  aber  der  Kirche  von  Serrae  eine  Schrift 
widmete,  muss  man  wohl  auch  das  zweite  litterarische  Denkmal,  das  in  der 
Handschrift  unmittelbar  auf  die  Ekphrase  der  Kirche  folgt,  aus  der  lokalen 
Beziehung  erklären.  Das  Verhältnis  der  heiligen  Theodori  zu  Serrae  be- 
zeugt z.  B.  eine  im  Metropolitancodex  von  Serrae  aufbewahrte  Liturgie 
auf  diese  Heiligen  (Ed.  P.  N.  Papageorgiu,  B.  Z.  3,  277),  deren  Kon- 
takion beginnt: 

£eQQtoy  ngofxaxoig  nqoaav&ta  ta  x^outt^qui 
roTg  SeodwQois  totg  xoiyoTg  xai  ttp  oyofxaxi, 
avy  xi^  cr^juar»,  r^  TiJQtoyif  IrqaxvjXaxrj, 

An  diese  zwei  Früchte  lokalpatriotischer  Gesinnung  reihen  sich  eine 
panegyrische  Biographie  des  Hymnographen  Joseph,  ein  Enkomion  auf 
die  Sonne,  ein  Enkomion  auf  den  Sommer  und  einige  Briefe  an  Niko- 
laos Kabasilas,  an  „den  Sohn  des  (Demetrios?)  Kydones*,  an  Andronikos 
Zaridas  und  an  einen  gewissen  Sophianos.  Den  Beschluss  bilden  poetische 
Versuche:  Heroische  Verse  auf  das  Pfingstfest  und  auf  den  hl.  Johannes 
Ohrysostomos. 

1.  Die  oben  aufgezählten  Schriften,  von  denen  wohl  noch  nichts  ediert  ist,  bewahrt 
der  Codex  Vindob.  phil.  gr.  219  (Nessel)  fol.  107''— 137^  die  Biographie  des 
Hymnographen  Joseph  auch  der  Cod.  Lugdun.  13,  s.  14  (s.  den  Katfdog  von  Jac. 
6eel,  Leiden  1852).  —  Eine  Ausgabe  nebst  einer  Untersuchung  über  die  Person  des  Ver- 
fassers ist  erwünscht.  Die  Ekphrase  des  Gotteshauses  von  Serrae  dürfte  vielleicht  auch 
für  die  Kunstgeschichte  etwas  lehren.    Wer  ihre  Veröffentlichung  übernimmt,  mag  zur 


6.  Bhetorik,  Sophistik  und  Epistolographie.    (§§  206—207) 


487 


rientieniDg    die   gehaltvolle   Monographie  von   P.   N.   Papageorgiu,    AI   Idoom  etc., 
1.  Z.  3  (1894)  225-329  beiziehen. 

2.  Derselbe  Cod.  Vindob.  219  enthält  fol.  138—138''  Briefe  eines  Johannes 
acharias  an  Theodoros  Modenos,  Briefe  desselben  Theodoros  Modenos  (ohne 
dresse)  and  jambische  Verse  des  Johannes  Zacharias  auf  die  hl.  Maria  u.  s.  w. 

207.  Demetrios  Eydones  {Jt]fxrJTQiog  o  Kvioivrjg)  war  einer  der 
•uehtbarsten  und  talentvollsten  Essayisten  der  Paläologenzeit.  Der  Ort 
einer  Abstammung  ist  unbekannt,  sein  Aufenthalt  scheint  namentlich 
wischen  Thessalonike  und  Konstantinopel  gewechselt  zu  haben.  Seine 
lebenszeit  erstreckt  sich  vom  zweiten  oder  dritten  Jahrzehnt  des  14.  Jahr- 
underts  bis  gegen  das  Ende  desselben.  Schon  als  junger  Mann  muss  er 
ch  eingehend  mit  den  theologischen  Fragen  beschäftigt  haben,  die  da- 
mals die  Geister  der  anatolischen  Christenheit  aufs  heftigste  bewegten, 
r  stand  in  persönlichen  Beziehungen  zu  den  bedeutendsten  Männern,  die 
ch  an  den  durch  die  Unions versuche  hervorgerufenen  Streitigkeiten 
ateiligten,  wie  Barlaam,  Palamas,  Nikephoros  Gregoras  u.  a. 
era  Theologen  auf  dem  Kaiserthrone  Johannes  VI  Kantakuzenos  diente 
•  als  vertrauter  Freund  und  Minister;*)  als  derselbe  der  Regierung  ent- 
igen musste  und  sich  in  ein  Kloster  zurückzog  (1355),  begleitete  ihn 
emetrios,  ohne  jedoch  selbst  das  Mönchsgewand  anzulegen.^)  Für  einige 
eit  ging  er  nach  Mailand,  wo  er  die  lateinische  Sprache  studierte; 
)äter  lebte  er  wohl  meist  in  Thessalonike  und  Konstantinopel,  angeblich 
ich  in  Kreta.  Die  späteste  sicher  bekannte  Thatsache  seiner  Biographie 
Jdet  der  Briefwechsel  mit  Kaiser  Manuel  II  Paläologos,  der 
enigstens  bis  ins  Jahr  1391,  vielleicht  bis  1396  oder  1397  reicht.') 
/'enn  jener  Demetrios  Kydones,  der  nach  einem  uns  erhaltenen  Akten- 
ücke  seinem  Neflfen  im  Jahre  1400  die  Summe  von  50  Hyperpera  ver- 
lachte, mit  unserem  Kydones  identisch  ist,  so  fallt  sein  Tod  ins  Jahr  1400. 
.  Max  Treu,  B.  Z.  1  (1892)  60. 

Demetrios  Kydones  hat  eine  grosse  Zahl  rhetorischer  und  theologi- 
Aer  Schriften  hinterlassen,  in  welchen  er  den  Lieblingsautor  der  spät- 
jrzantinischen  Zeit,  Piaton,  nicht  ohne  Glück  zum  stilistischen  Vorbilde 
ählte. 

1.  Zu  seinen  frühesten  Werken  gehört  die  Monodie  auf  die  in 
hessalonike  Gefallenen  {^Em  roig  iv  QeaaaXovixri  neaovaiv).  Die 
issere  Veranlassung  der  mit  allen  Mitteln  der  Rhetorik  ausgestatteten 
ede,  in  der  sich  wehmütige  Klage  mit  ernster  Warnung  verbindet,  war 
?r  blutige  Bürgerkrieg,  der  im  Jahre  1346  die  Stadt  Thessalonike  zer- 
ittete.*)    Die  lebhafte  Teilnahme  des  Kydones  an  den  Geschicken  seiner 


*)  Kantakuzenos  B.  IV  39  (ed.  Bonn.  III 
\h)  71  ttQoyrog  di  xal  Kvdtoyrj,  ög  eydoy 
taiXsitüy  6tixQifiey  dei^  ov  fiöyoy  dta  xijy 
fÄiyeiay,  rjy  noXXijy  nag«  ßaaiXitog  ixaQ- 
wto,  «Au*  ort  xtd  X  oig  nqdyfjiaai  fjLBad- 
t}y  dyayxfjv  ei^^y  del  avyetyai  ßuaiXei 
'xTio^  xal  fi€^^  TjfiiQtty. 

')  Kantakozenos  B.  IV  16  (ed.  Bonn.  III 
►7):  üvyeinoyxo  di  avxol  ngog  xrjy  ix  xov 
ov  dya^^tüQtjaiy  xal  KaßaaiXag  NtxoXaog  xal 
f^/uiJTQiog  6  Kvötiiyrjg^  aoqiiag  fji^y  Big 
'Qor   t^g   i^<a&ey  intiXrjfAfiiyoi,    ovx  rjttoy 


di  xal  eoyotg  (piXoaoffovyxBg  xttl  x6y  atotpQoya 
ßioy  xat  xaiy  ix  xov  ydfiov  xaxtSy  dntj}^ay~ 
fiiyoy  ^Qtjfiiyot,  Die  Bemerkung  ist  aber 
doch  wohl  nur  so  zu  verstehen,  dass  Deme- 
trios den  Kaiser  ins. Kloster  begleitete,  ohne 
dort  zu  bleiben;  denn  er  erscheint  noch  später 
im  öffentlichen  Leben  th&tig. 

')  S.  Berger  de  Xivrey,  M^moires 
de  l'acad^mie  des  inscriptions  vol.  19  (1853) 
190  f. 

*)  Den  Ursprung  und  die  n&heren  Um- 
stände dieses  Zwistes,  der  eine  der  jämmer- 


488 


Byzantinisohe  Litteratargesohiohte.    L  Prosaiaoho  Idtteraiar. 


schwer  bedrängten  Nation  bezeugen  ausser  dieser  Monodie  mehrere  poli- 
tische Flugschriften.  In  einer  SvfißovXevnxog  betitelten  Rede,  die  wäh- 
rend der  diplomatischen  Reise  des  Kaisers  Johannes  V  Paläologos  nach 
Italien  (1369)  geschrieben  ist,  ermahnt  Demetrios  die  Griechen,  sich  unta 
sich  selbst  und  mit  den  Lateinern  zu  einigen,  von  denen  allein  ernstliche 
Hilfe  zur  Vertreibung  der  Türken  zu  erwarten  sei.  In  einem  zweiten 
SvfißovX&vTixdg  erörtert  er  die  Gründe,  warum  man  der  Forderung  des 
Sultans  Murad,  die  Stadt  Kallipolis  an  die  Türken  abzutreten,  nicht  will- 
fahren dürfe.  Hieher  gehören  auch  die  Reden  an  Johannes  Kantakuzenoe 
und  Johannes  Paläologos,  endlich  drei  Proömien  zu  Chrysobullen,  die 
Kydones  im  kaiserlichen  Auftrage  (die  ersten  zwei  nach  1355,  die  dritte 
um  1370)  abfasste. 

2.  Viel  Bemerkenswertes  enthält  die  leider  noch  nicht  vollständig 
bekannte  Sammlung  von  Briefen  des  Kydones.  Sie  richten  sich  an 
eine  Reihe  der  bedeutendsten  seiner  Zeitgenossen,  an  den  Historiker 
Nikephoros  Gregoras,  an  den  Mönch  Barlaam,  an  den  Patriarchen  Philo- 
theos  (vgl.  S.  107  f.),  an  Nikolaos  Kabasilas,  an  den  Erzbischof  von 
Thessalonike  Isidor  Glabas,  an  Alexios  Easandrenos,  an  einen  sonst  nicht 
bekannten  „Philosophen**  Georgios,  an  den  Primikerios  Phakrases,  an  Kaiser 
Manuel  II  Paläologos  (vgl.  §  210)  u.  a.  An  Kydones  schrieb  u.  a.  der  Mönch 
Joseph  Bryennios  (s.  S.  113  f.).  Über  des  Kydones  theologische  Schrif- 
ten s.  S.  102  f. 

1.  Ausgaben:  Die  Monodie   auf  die  in  Thessalonike  Gefallenen  ed.  Combefis 
mit  den  Scriptores  post  Theophanem,  Paris  1685.   —   Die  2  IvfißovXevrtxol  ed.  Com- 
befis, Patrum  bibliothecae  novum  auctarium   2  (Paris  1648)  1221—1320.   —   Zwei  Pro- 
ömien zu  Chrysobullen   ed.   K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,   Sitzangsber.   BerL 
Ak.  1888  S.  1409—1422;    seiner  Ausgabe  liegt  ein  Uandschriftenfragment  des  Pi-ofeawrs 
Rhallis   n    Athen  zu   Grunde,   von  welchem  nur  bemerkt  wird,   dass   es  ans  einer  Hand- 
schrift dies  Demetrios  Kydones  herausgerissen  sei,   ein  Umstand,  der  die  Autorschaft  des 
Demetrios  etwas  zweifelhaft  macht.  Ein  drittes  Proömion  zu  einem  Chrysobull  von  Deme- 
trios Kydones  ed.  Sp.  P.  Lambros,  B.  Z.  5  (1896).    Ueber  ein  solches  Proömion  im  Cod. 
Vatic.  Urb.  80,  fol.  166^,  berichtet  C.  Stornajolo,  Codices  Urbinates  graeci,   Rom  1895 
S.  117.    Zur  Charakteristik  der  Gattung  der  Chrysobullen  ist  zu  bemerken,   dass  auf  ele- 
ganten und  würdevollen  Stil   in   kaiserlichen  Erlassen  in  Byzanz   stets   grosser  Wert  ge- 
legt wurde.     Die  Abfassung  der  Einleitungen  dieser  Schriftstücke   bildete  einen  wichtigen 
Zweig   der  rhetorischen   Ausbildung.     Solche   Proömien  wurden   als  stilistische  Muster  in 
Abschriften    verbreitet.      Aehnliches  gilt   von    den    Briefen    und   Verordnungen  der 
Patriarchen.     Daraus  erklärt  sich   die   steife  Gleichförmigkeit  dieser  Aktenstücke.  — 
Die  theologischen  und  rhetorischen  Schriften   findet   man  jetzt  nach   den  älteren  Drucken 
bequem  vereinigt  in  der  Sammelausgabe  von  Migne,  Patrol.gr.  154,825—1216;  ebenda 
109,  637—652  die  Monodie   auf  die  in  Thessalonike  Gefallenen  und  151,  1283—1301  der 
Brief  an  Barlaam  (nur  lateinisch). 

Briefe:  8  Briefe  an  Kaiser  Manuel  ed.  F.  C.  Matt  ha  ei,  Tsocratis,  Demetrii  Cyd.  etc. 
epistolae,  Mosquae  1776  S.  33—46;  andere  in  einem  Programm,  Dresden  1789,  und  in  den 
JloixlXu  'EXXijt^ixd,  Mosquae  1811  S.  250—258.  —  Eine  grössere  Auswahl  gab  Fr.  Bois- 
sonade,  Anecd.  Nova,  Paris  1844  S.  251—327.  —  Eine  vollständige  kritische  Ausgabe 
wird  vorbereitet  von  G.  Jorio  in  Verbindung  mit  M.  Treu.  Auch  Sp.  P.  Lampros  hat 
die  Briefe  (aus  dem  Londoner  Cod.  Bnrn.  75)  abgeschrieben;  s.  B.  Z.  1,  189. 

2.  Leben  und  Schriften:  Fabricius,  Biblioth.  gr.  ed.  Harl.  11,  398-405.  —  K. 
N.  Sathas,  Documents  in^dits  relatifs  ä  Thistoire  de  la  Grece  au  moyen  äge  4  (1883) 
Pröface  S.  32—34.  —  In  die  Biographie  des  Kydones  ist  ein  grober  Irrtum  eingedrungen, 


liebsten  Episoden  in  dem  dynastischen  Kriege 
zwischen  Johannes  Kantakuzenos  und  der 
Paläologenpartei  bildet,  erzählen  Kantaku- 


zenos B.  III  93  f.  (ed.  Bonn.  U  568  ff.)  und 
Nikephoros  Gregoras  B.  XIV  10  (ed. 
Bonn.  II  740  f.). 


5.  Bhetorik,  Sophistik  und  Epistolographie.    (§§  208—210)  489 

er  nirgends  berichtigt  wird.  6.  C.  Hase  yer5frentlichte  in  den  Not.  et  extr.  8  (1810) 
,  314  ff.  einen  Brief  des  Eydones  an  den  Primikerios  Phakrases,  in  welchem  von  ver- 
SDgenen  Zwistigkeiten  in  Thessalonike  und  von  einer  der  Stadt  drohenden  Belagerung 
ie  Rede  ist.  Hase  bezog  diese  Andeutung  auf  die  Belagerung  und  Eroberung  der 
tadt  durch  Mnrad  II  und  setzte  daher  den  Brief  in  das  Jahr  1430;  Boissonade  edierte 
enselben  Brief,  An.  Nova  S.  288  ff.,  ohne  Kenntnis  von  der  Aufstellung  Hases;  dagegen 
ing  der  Irrtum  in  Mignes  Patrologie  über,  wo  t.  154,  1213  ff.  der  Brief  mit  der  Notiz 
bgedruckt  ist.  Die  Annahme,  dass  ein  Mann,  der  in  den  vierziger  Jahren  des  14.  Jahr- 
lunderts  schon  mit  grossen  Arbeiten  über  dogmatische  Fragen  hervortrat,  noch  im  Jahre 
430  Briefe  geschrieben  habe,  ist  selbst  bei  der  weitesten  Ausdehnung  der  Vorstellung  von 
;riechi8cher  Langlebigkeit  ganz  unwahrscheinlich;  zudem  ist  zu  bedenken,  dass  seit  1396 
>der  1397  jede  sonstige  sichere  biographische  Spur  von  Kydones  mangelt.  In  der  That  be- 
übt  die  Annahme  Hases  auf  einer  Flüchtigkeit.  Auf  den  Bürgerkrieg  des  Jahres  1346 
«rird  in  dem  Briefe  ganz  deutlich  als  auf  ein  in  aller  Gedächtnis  haftendes,  nicht  allzu 
ang  vergangenes  Ereignis  angespielt;  das  konnte  im  Jahre  1430  nicht  geschehen,  und 
der  äussere  Feind,  von  dem  der  Brief  berichtet,  kann  also  nicht  Murad  II  sein.  Wer 
darunter  zu  verstehen  ist,  lässt  sich  nicht  sicher  feststellen;  am  nächsten  liegt  es,  an  den 
gewaltigen  Serbenkaiser  Stefan  Duschan  zu  denken,  der  im  Jahre  1349  Thessalonike 
ernstlich  bedrohte.  —  Der  Name  Kydones  deutet  auf  die  Stadt  Eydonia  in  Kreta  hin; 
doch  beweist  das  für  die  Herkunft  des  Mannes  ebensowenig  wie  der  Beiname  Hyrtakenos 
(s.  S  204  Anra.  2).  In  mehreren  Handschriften  heisst  Demetrios  6  ix  SeaaaXoyixtjgf  und 
B.  Hase  hat  aus  dem  Briefe  an  Phakrases,  wo  Kydones  Thessalonike  seine  Vaterstadt 
nennt,  wohl  mit  Recht  geschlossen,  dass  er  in  dieser  Stadt  geboren  sei.  Not.  et  extr. 
g,  2,  314. 

208.  Matthaeos  Eantakuzenos  {Mar&atog  6  Kavraxov^rjvog),  Sohn 
des  Kaisers  Johannes  KantÄkuzenos  (1341 — 1355),  wurde  von  seinem  Vater 
gegen  den  Willen  des  Johannes  Palaeologos  zum  Kaiser  gekrönt,  nach 
dem  Sturze  seines  Vaters  aber  wie  dieser  zur  Flucht  ins  Kloster  genötigt, 
iro  er  sich  wissenschaftlichen  Studien  widmete.  Wir  haben  von  ihm  zwei 
an  seine  Tochter  gerichtete  Skizzen:  Über  die  Wissbegierde  und  Über 
die  drei  Seelenkräfte  {ITsQi  g>iXofxa&{ag,  JJsgl  tcSv  tqicov  t^^  y^vxfjg 
ivvd^€(ov).    Über  seine  theologischen  Schriften  s.  S.  136. 

Die  zwei  Skizzen  an  seine  Tochter  ed.  pr.  aus  dem  lückenhaften  Cod.  Athen.  1391 
J.  Sakkelion,  JeXnoy  2  (1885—1889)  425—439;  dann  nach  einer  vollständigeren  ihm 
von  C.  de  Boor  mitgeteilten  Berliner  Hs  im  Jlagyaaaos  11  (1888)  264—284.  —  Dazu  gah 
Emendationen  nach  einer  dritten  Hs,  dem  Cod.  Mosq.  Synod.  gr.  509  B.  Antoniades, 
MogStiaeig  riyig  eig  dv'o  Max&aiov  xov  Kavxaxov^rjvov  Xoyovg  xiX,,  //eilTtW  4  (1892  — 1894) 
518-532.  —  Vgl.  Fahricius,  Bihl.  gr.  ed.  Harl.  7,  793. 

209.  Theodoros  Potamios  (QsoicoQog  6  n(ndi.uog^  in  zwei  Hand- 
schriften unrichtig  IToraxiog  genannt),  ein  seinen  Lebensverhältnissen  nach 
ganzlich  unbekannter  Grieche  aus  der  zweiten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts, 
hinterliess  eine  langweilige  Monodie  auf  den  Tod  des  Kaisers  Johannes  V 
Palaeologos  (1391)  und  einige  Briefe  an  des  Kaisers  Onkel  Eantakuzenos, 
an  Kydones  (doch  wohl  Demetrios  Kydones)  u.  a. 

1.  Die  Monodie  edierte  zuerst  aus  einer  verstümmelten  Wiener  Handschrift  K.  N. 
Satbas,  Mea.  ßtßX.  1  (1872)  196—200;  dann  vollständig  aus  einer  Oxforder  Handschrift 
Sp.  Lampros,  JeXxlov  "2  (1885—89)  48—62.  Lampros  beschreibt  auch  den  Cod.  184  des 
Athosklosters  xtüv  'Ißijgtoy^  der  einige  Briefe  des  Potamios  enthält.  Vollständiger  sah  dieses 
Exemplar  noch  im  Anfange  des  18.  Jahrhunderts  Chrysanthos  Notaras,  der  ans  der 
Bibliothek  des  iberischen  Klosters  eine  Handschrift  mit  20  Briefen  des  Theodoros  Potamios 
anführt.     K.  N.  Sathas,  Mea,  ßißX.  1,  282. 

2.  Unser  Theodoros  Potamios  ist  jedenfalls  identisch  mit  dem  Manne,  der  in  .Mazaris' 
Fahrt  in  die  Unterwelt •  (S.  218  ed.  Ellissen;  s.  8  211)  mit  den  Worten  erwähnt  wird:  '0 
(X  notaiAitov  ^BVfiaxoty  'lanexog  ixeTyog  Iloxdfiiog  6  ngog  vßgeig  ^rjxtoQ  deiyog,  und  wohl 
such  mit  dem  Uoxa/tttjg^  mit  dem  um  1404  Kaiser  Manuel  II  korrespondierte  (Berger  de 
Xivrey  in  der  S.  492  erwähnten  Schrift  S.  192).    S.  Max  Treu,  B.  Z.  1  (1892)  92. 

210.  Manuel  11  Palaeologos  (1350—1425;  Kaiser  1391—1425)  ge- 
hört als  Herrscher  wie  als  SchriftsteUer  zu  den  erfreulichsten  Erschei- 


490  Byzantinisohe  Litterainrgesohiohte.    L  Prosaioohe  LiüeniftBr. 

nungen  der  letzten  Jahrhunderte  von  Byzanz.  Aus  den  zeitgenössische 
Quellen  ergibt  sich  mit  Sicherheit,  dass  Manuel  nicht  nur  eine  durchaoi 
sympathische  Persönlichkeit  war,  sondern  moralische  und  intellektuell« 
Vorzüge  besass,  die  ihm  in  einer  weniger  unglückliehen  Epoche  zweifel- 
los bedeutende  Erfolge  gesichert  hätten.  In  allen  ritterlichen  und  mili- 
tärischen Künsten  wohl  geübt,  stand  er  geistig  auf  der  Höhe  seiner  Zdt 
Der  gelehrte  Bessarion  bezeugt  den  Reichtum,  das  Feuer  und  die  Beweg- 
lichkeit seiner  Konversation  wie  seine  unermüdliche  Thätigkeit.  In  seinen 
Schriften  erscheint  er  als  ein  guter  Kenner  der  attischen  Sprache,  ak 
erfahrener  Theologe,  als  gewandter  Dialektiker  und  vor  allem  als  eil 
Stilist,  der  einem  weit  besseren  Zeitalter  Ehre  gemacht  hätte.  Dass  sidi 
der  Kaiser  eingehend  mit  theologischen  Fragen  beschäftigte,  wird  ihm 
niemand  vorwerfen,  der  mit  der  Geschichte  der  Paläologenzeit  vertraut 
ist.  Die  mit  der  Union  zusammenhängenden  dogmatischen  Streitfragen 
beherrschten  die  Masse  des  Volkes  wie  den  Klerus  in  einem  solchen  Grade 
und  waren  für  politische  Entschliessungen  so  wichtig,  dass  ein  gewissen- 
hafter Herrscher  ihnen  ebensowenig  fern  bleiben  durfte,  als  etwa  heute  ein 
guter  Regent  sich  der  Prüfung  der  sozialen  Fragen  verschliessen  kann. 
Und  Manuel  hat  es  mit  seiner  Herrscherpflicht  ernst  genommen.  Die  Ge> 
schichte  seiner  langen  Regierung  gewährt  sichere  Proben  seiner  Staate- 
klugheit, seiner  Entschlossenheit  und  seines  ehrlichen  WoDens.  Wenn  er 
das  auf  einen  winzigen  Bruchteil  zusammengeschwundene  Reich  nicht  retten 
konnte,  so  war  es  nicht  seine  Schuld.  Der  Prozess  des  Zusammenbruches 
der  alten  Herrschaft  vollzog  sich  mit  der  eisernen  Notwendigkeit  einee 
Naturereignisses  und  war  durch  das  stärkste  individuelle  Bemühen  nicht 
mehr  zu  hemmen.  Durch  seinen  Aufenthalt  am  Hofe  Bajazets  mit  den 
kolossalen  Hilfsmitteln  und  den  Endzielen  seiner  Feinde  wohl  vertraut,  hat 
Manuel,  als  er  zur  Alleinherrschaft  gelangte,  mit  grösster  Umsicht  und 
Energie  alles  aufgeboten,  um  der  drohenden  Katastrophe  vorzubeugen. 
Trotz  des  unüberwindlichen  religiösen  Gegensatzes  zwischen  Rom  und  Byzanz 
und  des  Widerstandes  einer  politisch  kurzsichtigen,  aber  einflussreichen 
Partei  im  griechischen  Klerus  unternahm  Manuel  in  eigener  Person  als 
Schutzflehender  eine  Reise  nach  Italien,  Frankreich  und  England 
(1399—1402),  um  von  den  christlichen  Fürsten  Hilfe  gegen  die  Türken  zu 
erlangen.  Als  er  sich  endlich  überzeugen  musste,  dass  eine  ernstgemeinte 
und  genügende  Unterstützung  nicht  zu  hoffen  sei,  verstand  er  es,  durch 
die  in  Byzanz  traditionelle  Kunst  der  Diplomatie  mit  Suleiman  und 
später  mit  Mohamed  I  wenigstens  einen  modus  vivendi  herzusteUen.  Es 
war  die  letzte  Zeit  verhältnismässiger  Ruhe,  die  dem  rhomäischen  Reiche 
noch  beschieden  war.  Sie  endete  mit  dem  Regierungsantritte  Mur  ad s  11, 
der  1422  seinen  gewaltigen  Angriff  auf  Konstantinopel  unternahm.  Kurz 
vor  seinem  Tode  musste  Manuel  noch  einen  entehrenden  Vertrag  unter- 
zeichnen, wodurch  das  Reich  der  Byzantiner  dem  Sultan  tributpflichtig 
wurde.  Nach  einem  Leben,  das  an  Arbeit  und  Sorgen  ebenso  reich  war 
wie  an  Misserfolgen  und  Enttäuschungen,  starb  Manuel  im  Jahre  1425. 
Es  ist  für  die  Zähigkeit  der  litterarischen  Neigung  der  Byzantiner  bezeich- 
nend, dass  ein  Kaiser,  den  die  jämmerlichsten  politischen  Verhältnisse  un- 


5.  Bhetorik,  Sophistik  und  Epistolographie.    (§  210)  491 

kufhörlich  beunruhigten,  noch  für  schriftstellerische  Arbeiten  Zeit 
ind  Stimmung  finden  konnte.  Der  Grundcharakter  der  zahlreichen  Schriften 
Ifanuels  ist  dialektisch  und  rhetorisch.  Wir  haben  von  ihm  philo- 
lophisch-theologische  Abhandlungen,  Gelegenheitsreden,  rheto- 
rische Versuche,  poetische  Kleinigkeiten,  endlich  eine  Samm- 
ung von  Briefen. 

1.  Eine  Art  politisch-moralisches  Testament,  wie  wir  es  von 
lem  Kaiser  Basilios,  dem  Erzbischof  Theophylaktos  u.  a.  besitzen,  sind 
lie  'FTTo^^xa*  ßaaihxrjq  dywy^g,  die  Manuel  seinem  Sohne  hinterliess. 
Diese  sicher  vor  1417  abgefasste  Mahnschrift  besteht  aus  hundert  Kapiteln, 
iie  durch  eine  Akrostichis  verbunden  sind.  Gelegentlich  lehnt  sich  Manuel 
Nie  alle  byzantinischen  Verfasser  paränetischer  Werke  an  Isokrates  an. 
SVeitere  Proben  seines  stilistischen  Talentes  sind  eine  Rede  über  die 
jlesundheit  des  Kaisers,  die  Manuel  bei  der  Genesung  seines  Vaters 
7on  einer  schweren  Krankheit  verfasste;  die  Leichenrede  auf  seinen 
Bruder  Theodor,  Despoten  des  Peloponnes  (f  1407),  die  zu  den  voll- 
kommensten Erzeugnissen  der  in  Byzanz  stets  sorgsam  gepflegten  Gattung 
ier  Epitaphien  gehört;  ein  Schreiben  an  Andreas  Asanes  über  das  Wesen 
ier  Träume;  ein  Dialog  mit  seiner  Mutter  über  Heirat  (ticqI  ydfiov), 
inrorin  er  die  Gründe  erörtert,  die  bei  der  Lage  des  Reiches  gegen  oder 
Für  seine  Verheiratung  vorgebracht  werden  könnten.  Ein  ähnliches  Thema 
liatte  auch  Kaiser  Theodor os  Laskaris  behandelt  (s.  S.  478);  aus  der 
ilten  Litteratur  ist  zu  vergleichen  des  Libanios  0ä<ng  el  yafirjräov  (Ed. 
R^iske  4,  1058 — 1064).  Dazu  konmien  an  seinen  Sohn  Johannes  ge- 
richtete Essays  über  die  Bedeutung  der  Redekunst,  über  das  Gute, 
Iber  die  Willensfreiheit  und  Selbstbestimmung,  über  die  Sünde, 
Iber  die  Demut.  Endlich  begegnen  auch  hier  einige  Stücke,  die  in  der 
Art  der  rhetorischen  Schulübungen  gehalten  sind,  so  eine  Abhandlung 
iber  die  Verwerflichkeit  der  Sinnenlust  und  als  Gegenstück  (avr/^ 
i^ecig)  ein  Traktat  über  die  Berechtigung  der  Sinnenlust;  eine  rheto- 
rische Übung:  ^g  e^  evßevovg  agxovTog  ngog  evvovg  vnrjxoovg  d.  h.  eine 
Sngierte  Rede  eines  wohlwollenden  Herrschers  an  gutgesinnte 
[Jnterthanen.  Nicht  übel  geraten  ist  die  witzige  Melete:  llgdg  näd^vaov 
1.  h.  die  Verteidigungsrede  eines  Trunkenboldes,  der  seinen  dem  Wein 
ibholden  Sohn  als  unechten  Sprössling  enterbte  und  sein  Weib  eben  des- 
lialb  der  Untreue  beschuldigte.  Die  Spielart  der  Ekphrasis  ist  vertreten 
lurch  die  Schilderung  eines  Gobelins  mit  einer  Darstellung  des 
Frühlings  (Eagog  elxiov  iv  vtpavtf^  naqaTvsxaaiiatt  ^TjyirXfi}).  Auch  hier 
bietet  sich  ein  Stück  des  Libanios  zum  Vergleiche  dar,  die  ^'ExqtQaaig  laQog 
TvyyQa^ixfp  xccQuxxiiQi  (Ed.  Reiske  4,  1051 — 1053).  Sehr  bemerkenswert 
ist  wegen  des  zeitgeschichtlichen  Themas  die  Ethopoiie:  Was  wohl  Timur 
Lenk  zu  dem  besiegten  Bajazet  gesprochen  haben  mag!  Über  die 
theologischen  Schriften  Manuels  s.  S.  111  f. 

2.  Die  Briefe  Manuels  richten  sich  an  seinen  Bruder,  den  Despoten 
Theodor,  an  den  Kaiser  von  Trapezunt,  an  Demetrios  Kydones, 
N^ikolaos  Kabasilas,  an  den  Protekdikos  Balsamen,  an  Andreas  und 
Konstantin  Asanes,   an  Phrankopulos,   an  Theodor  Kaukadenos, 


492  Byzantinische  LitteraturgMohichte.    I.  Prosaisohe  Lüierator. 


'    ■* 


an  Manuel  Raoul,  an  Manuel  Pothos,  an  Ibankos,  an  Potames, 
den  Patriarchen  Euthymios,  an  den  Fürsten  von  Thasos  Georg  Oait 
lusio,    an   Demctrios   und    Manuel    Chrysoloras,    an    den   II 
Guarini,   den  er  bittet,   die  Leichenrede  auf  den  Despoten  Theodor 
Lateinische  zu  übersetzen,    endlich  an   mehrere  Bischöfe  und  Hei 
politen.     Oft  beklagt  sich  der  Kaiser  in  seiner  Korrespondenz  Ober 
erdrückende  Last   seiner  Regierungsgeschäfte   und  über  den  Mangel 
Zeit  für  litterarische  Dinge.     Noch   mehr  als  in  den  AbhandlungeD 
kündet  er  hier  den  wohlausgebildeten  Sinn  für  elegante  Darstellung, 
die  in  Byzanz  seltene  Eigenschaft  des  Humors:  An  Demetrios  Kydonf 
der  ihm  ein  Exemplar  des  Suidas  überschickt  hatte,  schreibt  er:  <l>; 
d'  (ig  r-fxäg  6  2ovidaq  xai  svqcov  iv  anoQitf  xQr^fiaxoiV^  ^r]fidt(ov  avrl  x^^f 
nXovoiovg  aTibtpr^vsv! 

1.  Ausgaben:   Manuelis  Palaeologi  Aug.  praecepta  educationis  regia e  etc.  ei 
A.  Leunclavius,  Basileae  1578   (enthält  ausser  den  vno&ijxM  die  meisten  rhetorii 
Stücke).  —  Leichenrede  auf  Theodor  ed.  Fr.  Combefis,  Patrum  bibliothecae  m 
auctarium  2  (Paris  1648)  1045—1220.   —   Dazu  ed.  Fr.  Boissonade,  An.  gr.  2(11.^^ 
274—309,  die  Rede  des  Trunkenbolds  und  die  Einleitung  der  Rede  dee  Antenor  an  Odj«r^^ 
Anecdota  nova,   Paris  1844  S.  223—250,   die  Rede  über  die  Gesundheit  des  Kaisers 
einige  Briefe.   —  Ein  witziges  Spottgedicht  auf  einen  unerträglichen  Schwätzer  ed.  li 
tranga,  Anecdota  Graeca  2  (1850)  682.  —  Briefe:  Ed.  E.  Legrand,  Lettres  de  Tem] 
Manuel  Paläologue  publikes  d*apräs  trois  manuscrits,  Premier  faac,  Paris  1893  (enthält 
den  Briefen  den  Kayujy  TiagaxXtjTixogf  die  Ethopoiie  über  Bajazet  und  das  Stück  Jle^ 
Qavyoil  Tov  *AyitQtjvov\  das  zweite  Heft  soll  den  Kommentar  bringen).  —  Ueber  die 
gaben  der  theologischen   Schriften  s.  S.  112.   —   S am mel ausgäbe  der  meisten  S 
(ohne  die  Briefe)  nach  Leunclavius,  Gombefis  und  Hase  bei  Migne,  PatroL  gr.  156, 
bis  582. 

2.  Hilfsmittel:  VgL  Hase,  Not.  et  extr.  9  (1813)  2,  137  über  cod.  Paris,  gr.  3041,1 
der  66  Briefe  des  Manuel  enthält.  —  Zur  Biographie  Manuels  vgl.  Delaville  le  RoulxJ 
La  France  en  Orient  au  XIV  si^cle  1  (Paris  1886  =  Bibl.  des  ^coles  fran^.  d* Äthanes  4] 
de  Rome  fasc.  44)  376—383.  —  Zu  den  'Yno^xai,  Manuels  an  seinen  Sohn  vgL  Br.  Keil; 
Epikritische  Isokratesstudien,  Hermes  23  (1888)  370—372.  —  Epigramme  in  vielen  !■{ 
z.  B.  im  God.  Vatic.  632  fol.  354^.  Dortselbst  auch  Epigramme  eines  Demetrios  Mi* 
g ister  (=  Demetrios  Kydones?)  und  eines  Matthaeos  Ghrysokephalos.  —  Haupt- 
Schrift:  Berger  de  Xivrey,  Memoire  sur  la  vie  et  les  ouvrages  de  Tempereur  Manofll 
Palöologue,  in  den  Mömoires  de  Tlnstitut  de  France,  Acadömie  des  inscriptions  et  belles- 
lettres  vol.  19  (1853)  1—201,  eine  der  besten  Monographien,  die  man  für  die  byzan- 
tinische Litteraturgeschichte  besitzt;  am  Schlüsse  gibt  der  Verfasser  eine  chronologische 
Tabelle  der  wichtigsten  Thatsacben  in  der  Biographie  Manuels  und  seiner  sämtlicheB 
Werke  mit  Notizen  über  die  Handschriften  und  Ausgaben. 

3.  Das  Geburtsjahr  des  Manuel  setzt  Berger  de  Xivrey  S.  16  nach  den  bestimmten 
Angaben  des  Phrantzes  ins  Jahr  1348;  dagegen  bemerkt  K.  E.  Zachariae  von  Lingen- 
thal,  Sitzungsber.  Berl.  Ak.  1888  S.  1413,  dass  Manuel  nicht  vor  1350  zur  Welt  gekommen 
sein  kj^nne,  da  Johannes  Paläologos  erst  1347  heiratet«  und  ihm  vor  Manuel  ein  Sohn 
Andronikos  und  eine  Tochter  Irene  geboren  wurden. 

4.  Weitere  Aufschlüsse  über  das  Leben  und  die  litterarische  Thätigkeit  des  Manuel 
wären  vor  allem  zu  erwarien  von  den  an  ihn  gerichteten  100  Briefen  des  Demetrios 
Ghrysoloras,  die  handschriftlich  in  Paris  und  Oxford  liegen.  Vgl.  Sp.  P.  Lambros,  Die 
Werke  des  Demetrios  Chrysoloras,  B.  Z.  3  (1894)  599. 

5.  Der  als  Korrespondent  des  Kaisers  Manuel  erwähnte  Ibankos  Oßayxog)  verfasste 
eine  thateächlicher  Angaben  vj^llig  entbehrende  Monodie  auf  den  Metropoliten  von  Thessa- 
lonike  Isidor  Glabas  und  einen  Brief  an  Simon,  den  Protos  von  Hagion  Gros,  worin 
er  demselben  in  bissigem  Tone  mit  Beziehung  auf  Lukian  allerlei  in  einem  Briefe  be- 
gangene Solözismen  und  Barbarismen  vorwirft.  Beide  Stücke  ed.  aus  dem  Cod.  Laur. 
13,  74  E.  Legrand,  Lettres  de  l'empereur  Manuel  Palöologue,  Premier  fasc.  S.  105—112. 

211.  Mazaris' Fahrt  in  die  Unterwelt  (EmSrjfifa  Ma^aqt  irUtiov) 
ist  wie  Timarion  eine  Imitation  der  Nekyomantie  des  Lukian.  An 
einer  epidemischen  Krankheit,  die  in  Konstantinopel  wütet,  stirbt  Mazaris 


5.  fiheiorik,  Sophistik  und  Epistolographio.    (§  Sil)  493 

kommt  in  die  Unterwelt.    Hier  empfängt  ihn  sofort  Manuel  Holo- 
ilo8,  des  Kaisers  erster  Sekretär,  sein  Begleiter  nach  Italien  und  Frank- 
der  Verfasser  zahlreicher  Chrysobullen,   Rhetor  und  Arzt  in  einer 
n,    und  befragt  ihn  nach  den  Zuständen   am  byzantinischen  Hofe, 
is  schildert  nun  das  schamlose,  selbstsüchtige  und  kleinliche  Treiben 
Hofschranzen  in  Eonstantinopel  —  alles  in  der  Form   einer  Anrede 
eine   Gesellschaft,    der  er   seine   Hadesfahrt   erzählt.     Holobolos   rät 
aris,  auf  die  Erde  zurückzukehren;   besonders  sei   der  Aufenthalt  im 
onnes  zu  empfehlen,  wo  man  sich  mühelos  bereichem  könne.    Damit 
der  eigentliche  Totendialog  zu  Ende.    Es  folgt  nun  ein  neues  Kapitel, 
»Traum   nach  der  Wiederbelebung**  überschrieben  ist.     Mazaris,   der 
l^^m  Rate  des  Holobolos  gefolgt  ist,  befindet  sich  im  Peloponnes.    Er  hat 
aber   sehr  schlimme  Zustände  angetroffen.     Als  ihm  Holobolos  im 
ume  erscheint,  klagt  er  über  die  Verworfenheit  der  Peloponnesier  und 
i^lt  ihm  hierüber  auf  Ansuchen  noch  brieflich  nähere  Mitteilungen.   Daran 
ptf^]ilies8en  sich  als  dritterTeil  noch  zwei  Briefe,  der  eine  von  Holobolos 
mXä  den  Arzt  Malakes,  der  andere  von  Malakes  an  Holobolos.   Auch  Malakes 
(Bullt  sich   im  Peloponnes   sehr   unbehaglich,    und  vergeblich  tröstet  ihn 
iolobolos  mit  dem  Rate,  Lethewasser  zu   trinken.     Die  Berliner  Hand- 
ilrift  bietet  am  Schlüsse  noch  einen  Begleitbrief,  worin  der  Verfasser 
aiser  Manuel  H  bittet,   er  möge  sich  das  Schriftstück,  das  er  mit  dem 
Snefe  überreiche,  erst  nach  seiner  Abfahrt  vom  Peloponnes  auf  dem  Meere 
xron  Euboea  und  Thessalien  vorlesen  lassen,  den  Peleponnesiern  aber  ja 
nichts  davon  verraten.     Dass  nun  das  Werkchen  nicht  etwa  eine  harm- 
lose Schulübung  in  der  Art  der  Lukianimitationen  des  Ptochoprodromos 
r  darstellt,  sondern  als  ein  damals  völlig  aktuelles  Pamphlet  betrachtet  wer- 
den muss,  das  beweisen  nicht  nur  die  genauen  chronologischen  Angaben 
,  und  die  deutlichen  Anspielungen  auf  zeitgenössische  Ereignisse  und  Zu- 
stände, sondern  vor  allem  die  Thatsache,  dass  melbrere  der  vorkommenden 
^  Personen  sich  als  historisch  erweisen  lassen.     Was  zunächst  die  Chrono- 
i  logie  betrifft,   so  ist  der  erste  Teil  vom  zweiten  und  dritten  durch  einen 
'  betrachtlichen  Zeitraum  geschieden;   die  Hadesfahrt  des  Mazaris   erfolgt 
\  im  Januar  1414,  und  in  dasselbe  Jahr  ist  jedenfalls  auch  seine  Erzählung 
^  der  Hadeszustände  zu  setzen;  der  zweite  und  dritte  Teil  sind  in  den  Sep- 
\  tember   und    Oktober   1415    datiert.      Darnach   lässt   sich    auch   die  Ab- 
I  fassungszeit  bestimmen.     Da  die  in  dem  erwähnten  Briefe  vorgetragene 
I  Bitte  nur  für  den  zweiten  und  dritten  Teil,  in  welchen  die  Peloponnesier 
I  gegeisselt  werden,  einen  Sinn  hat,    so  hat  Treu  mit  Recht  geschlossen, 
f  dass  der  Verfasser  dem  Kaiser  mit  dem  Begleitschreiben  nur  das  aus  dem 
Traume  und   den  Briefen  bestehende  Pamphlet  gegen  die  Peloponnesier 
überreichte,  und  zwar  muss  die  Überreichung  in  der  Zeit  zwischen  dem 
21.   Oktober   1415  und  der   vor  dem  März  1416  erfolgten  Abfahrt   des 
Kaisers   aus  dem  Peloponnes  stattgefunden  haben;    der  erste  Teil  wird 
schon  früher,  etwa  Ende  1414,  verfasst  worden  sein  und  in  den  Hofkreisea 
zirkuliert  haben.     Von  den  Personen  der  Hadesfahrt  lässt  sich  Manuel 
Holobolos   sicher    mit  jenem    Arzte,    Rhetor   und    Philosophen   Manuel 
Holobolos  identifizieren,  an  welchen  der  Mönch  Joseph  Bryennios  einen 


494  Bysantinisclio  Litteratnrgesohiohte,    L  Prosakclia  litteratur. 

uns  erhaltenen  Brief  schrieb.    Einige  der  Nebenpersonen  sind  in  den  Actii 
patriarchatus  Gonstantinopolitani  aufgefunden  worden. 

Die  Hadesfahrt  des  Mazaris  ist  zweifellos  die  schlechteste  der  bif^ 
jetzt  bekannt  gewordenen  Imitationen  des  Lukian.  Die  ganze  Satire  be> 
steht  aus  einer  langwierigen  Reihe  roher  Schimpfreden,  aus  einer  trost* 
losen  Gallerie  bestechlicher  Richter,  heuchlerischer  Mönche,  quacksalbenw 
der  Ärzte,  blöder  Weibernarren,  Ehebrecher,  Renegaten  und  sonstiger 
Nichtsnutze ;  die  einzige  erfreuliche  Erscheinung  in  der  verkommenen  6e» 
Seilschaft  ist  die  edle  Figur  des  verständigen,  aber  ohnmächtigen  Kaiserv 
Dabei  geisselt  der  Verfasser  nicht  etwa,  wie  es  der  echte  Satiriker  thoti 
ganze  Schichten  der  Gesellschaft  oder  allgemein  verbreitete  Schäden  der 
sozialen  und  staatlichen  Ordnung,  sondern  nur  Privatpersonen,  die  dem 
Leser  unbekannt  und  daher  gleichgiltig  sind.  Man  hat  es  mit  hämische 
persönlichen  Angriffen,  nicht  mit  Ausbrüchen  heiliger  Entrüstung  über  das 
Schlechte  an  sich  zu  thun.  Die  Derbheit  und  Plumpheit  der  Spässe,  die: 
sich  der  Verfasser  seinem  Herrn  vorzulegen  erlaubt,  wirft  auf  den  damak- 
am  byzantinischen  Hofe  erlaubten  Ton  kein  günstiges  Licht;  doch  möge 
man  bedenken,  dass  um  dieselbe  Zeit  an  manchen  westeuropäischen  Höfei 
nicht  bloss  in  Reden,  sondern  auch  in  Handlungen  eine  nicht  geringere  Boh« 
heit  herrschte.  Übrigens  treffen  wir  eine  ähnliche  Atmosphäre  nicht  viel 
später  in  anderen  byzantinischen  Werken  wieder,  z.  B.  in  den  Gedichten 
des  Sachlikis.  AuffäUiger  ist  es,  dass  der  Verfasser  es  wagen  durfte, 
eine  Reihe  bekannter  Persönlichkeiten  vor  dem  Kaiser  in  ihrer  Sittlichkeit 
und  Ehre  aufs  gröbste  anzugreifen.  Aber  auch  diese  Eigentümlichkeit  des 
Schriftstückes  wird  verständlich,  wenn  man  sich  erinnert,  was  sich  heutigen 
Tages  in  manchen  südlichen  und  südöstlichen  Ländern  die  Presse  an  ge- 
meinster Verdächtigung  tüchtiger  und  hochstehender  Männer  leistet;  und 
da  handelt  es  sich  um  Qine  unbeschränkte  Publizität,  während  jene  Pam- 
phlete doch  nur  für  die  übermütige  Laune  eines  vertrauten  Kreises  be- 
stinmit  waren.  Bei  aller  Widerlichkeit  und  Plumpheit  ist  die  Hadesfahrt 
nicht  nur  ein  wichtiges  Dokument  für  die  Kenntnis  der  byzantinischen 
Lukianimitation,  sondern  sie  enthält  auch  interessante  Details  zur 
Geschichte  der  byzantinischen  Kultur  und  Politik  wie  den  Bericht 
über  die  Unternehmung  Manuels  H  gegen  Thasos  im  Jahre  1413  (S.  241  f. 
ed.  EUissen).  Der  Neogräzist  notiert  sich  die  Bemerkung  des  Mazaris,  er 
fürchte  bei  einem  längeren  Aufenthalt  im  Peloponnes  durch  die  barbarische 
Mundart  der  Zakonen  seine  eigene  Sprache  zu  verderben,  sowie  die 
merkwürdige  ethnographische  Einteilung  des  Peloponnes  (S.  230 
und  239  ed.  Ellissen). 

Dass  der  Verfasser  des  Werkes  in  der  nächsten  Umgebung  des 
Kaisers  zu  suchen  ist,  steht  völlig  sicher.  Er  hiess  offenbar  wirklich 
Mazaris  und  war  einer  der  Begleiter  des  Kaisers  auf  seiner  Reise  nach 
Westeuropa  (vgl.  S.  163  ed.  Boissonade).  Wir  erfahren  auch,  dass  er 
verheiratet  war  und  Kinder  hatte,  dieselben  aber  wieder  verlor  (vgl.  S.  147 
ed.  Boissonade).  Diese  und  andere  Thatsachen  sprechen  sehr  zu  Un- 
gunsten der  Annahme  von  Lampros,  der  Verfasser  sei  identisch  mit 
dem  Mönche  Maximos  Mazaris,   von  welchem  in    mehreren  Hand- 


6.  Rhetorik,  Sophiatik  und  Epiatolographio.    (§  212)  495 

Schriften  Kirchenlieder  und  grammatische  Regeln  in  Form  von  Kirchen- 
kanones  erhalten  sind,  und  vielleicht  auch  mit  Manuel  Mazaris,  der  im 
Cod.  Vatic.  1190  als  Verfasser  einer  Irenelegende  genannt  ist. 

1.  Ausgaben:  Zuerst  machte  auf  das  Werk  aufmerksam  B.  Hase,  Not  et  extr.  9 
(1813)  2,  131  ff.  —  Ed.  pr.  Fr.  Boissonade,  Anecd.  gr.  3(1831)  112-186.  —  Mit 
deutscher  Uebersetzung  und  Kommentar  ed.  Ad.  Ellissen,  Analekten  der  mittel-  und  neu- 
griechischen Litteratur,  4.  Teil,  Leipzig  1860. 

2.  Hilfsmittel:  Vgl.  Berger  de  Xivrey,  Mömoires  de  Tlnstitut  de  France, 
Acad^mie  des  inscriptions  19  (1853)  159—162.  —  Analyse  und  Charakteristik  von  H.  F. 
Tozer,  Journal  of  Hellenic  studies  2  (1881)  233—270.  S.  auch  desselben  S.  429  zitierte 
Schrift  zu  Plethon.  —  Hauptschrift  über  die  Komposition,  die  Abfassungszeit  und  die 
Personen  des  Werkes:  M.  Treu,  Mazaris  und  Holobolos,  B.  Z.  1  (1892)  86-97.  —  Ver- 
fehlte Hypothese  über  den  Verfasser  von  Sp.  P.  Lambros,  Mazaris  und  seine  Werke, 
B.  Z.  5  (1896)  63-73. 

3.  Ueberlieferung:  Der  Text  von  Boissonade  (und  Ellissen)  ruht  auf  dem  Cod. 
Paris,  gr.  2991;  Treu  benützte  für  die  oben  zitierte  Arbeit  den  Cod.  Berol.  Phillipp. 
gr.  1577;  noch  unverwertet  ist  der  Cod.  Vatic.  Urb.  134  fol.  223—248. 

4.  A.  a.  0.  S.  129  ff.  berichtet  Hase  über  eine  weitere,  noch  unedierte  Imitation 
der  Nekyomantie,  die  im  Cod.  Paris.  1631  steckt.  Es  ist  nach  seinen  Mitteilungen  ein 
bizarres  Gemisch  aus  Lukian  und  der  Apokalypse,  das  in  der  Form  einer  Vision  die 
Strafen  der  Unterwelt  ausmalt.  Der  Erzähler  durchwandert  die  Gegenden  des  Hades  unter 
der  Führung  eines  Engels,  der  ihm  die  Schreckensszenen  erklärt.  Unter  den  Seltsamkeiten, 
die  ihm  begegnen,  sind  der  grüne  Donnerstag,  der  Karfreitag  und  die  Fastenzeit, 
die  als  weibliche  Wesen  vor  Gottes  Thron  erscheinen,  um  alle  zu  verklagen,  die  das  Fasten- 
gebot gebrochen  haben..  Meineidige,  falsche  Zeugen,  betrügerische  KauHeute,  Sünder  jeder 
Art  werden  von  Feuerströmen  verschlungen;  besonders  streng  ist  der  Verfasser  gegen 
den  Protospathar  Petros  von  Korinth,  den  er  mit  siedendem  Pech  und  ähnlichen 
Liebenswürdigkeiten  behandelt.  Von  historischen  Personen  werden  die  Kaiser  Nikephoros 
Phokas  und  Johannes  Tzimiskes  erwähnt,  was  jedoch  für  die  Zeitbestimmung  nicht 

fenug  Anhalt  gewährt;  nach  der  Sprache  glaubt  Hase  das  Stück  in  das  14.  oder  15.  Jahr- 
undert  verweisen  zu  müssen.  Eine  grössere  Zahl  byzantinischer  Imitationen  des 
Lukian  liegt  noch  unediert  in  der  Pariser  Bibliothek  (Hase  a.  a.  0.  S.  129)  und  wohl  auch 
anderswo.  Die  Neigung  zu  scharfer  und  witziger  Kritik,  die  sich  namentlich  in  der  haupt- 
städtischen Bevölkerung  so  oft  in  den  bekannten  Spottversen  und  Pamphleten  {tpdfiowra) 
Luft  machte,  hat  offenbar  in  der  Satire  im  Sinne  Lukians  ein  beliebtes  Ausdrucksmittel 
gefunden.  Eine  vollständige  Veröffentlichung  und  geschichtliche  Untersuchung  dieser  Stücke 
würde  sehr  dazu  beitragen,  die  übliche  Vorstellung  von  der  akademischen  Gleichförmigkeit 
ond  trostlosen  Dürre  des  byzantinischen  Geisteslebens  zu  berichtigen.  —  Ueber  die  Spuren 
des  Lukian  in  der  byzant.  Litteratur  vgl.  auch  J.  G.  Brambs,  Ueber  Zitate  und  Reminiszenzen 
aus  Dichtem  bei  Lucian  und  einigen  späteren  Schriftstellern,  Progr.,  Eichstätt  1888. 

212.  Johannes  Eugenikos  {^Iwdwrjg  d  Eifysvixog)  aus  Trapezunt,  im 
Besitze  der  Würde  eines  Nomophylax,  lebte  in  der  ersten  Hälfte  des 
15.  Jahrhunderts.  Er  bekundet  das  unverwüstliche  Fortleben  der  rheto- 
rischen Schulung  durch  eine  Reihe  von  ^Exifgaaeig^  in  welchen  die  Eixoveg 
oder  'ExtpQaaeig  des  Philostratos  mit  peinlicher  Sorgfalt  und  nicht  ohne 
Geschick  nachgeahmt  sind.  In  der'ExtpQamg  Tjja/rffovvrog  schildert  Euge- 
nikos seine  seit  der  Gründung  des  Kaisertums  Trapezunt  geistig  und 
materiell  bedeutend  gehobene  Vaterstadt  nach  ihrer  Lage  und  Umgebung, 
doch  ohne  Rücksicht  auf  ihre  geschichtliche  Vergangenheit.  Eine  wirklich 
originelle,  anschauliche  und  lebensvolle  Beschreibung  der  trapezuntischen 
Gegend,  deren  grossartige  Schönheit  Fallmerayer  zu  einem  seiner  farben- 
reichsten Landschaftsgemälde  begeistert  hat,  darf  man  freilich  in  dem 
schulmässig  angelegten  und  mehr  nach  berühmten  Mustern  als  nach  der 
Natur  gearbeiteten  Werke  des  Byzantiners  nicht  suchen.  Aus  der  An- 
lehnung an  gemeinsame  Vorbilder  erklärt  sich  die  Verwandtschaft  des 
Stückes  mit  der  Beschreibung  von  Thessalonike,  welche  Johannes  Kame- 
niates  seiner  Erzählung  der  Katastrophe  des  Jahres  904  vorausgeschickt 


496  fiysaniinliohe  litteratnrgM^ohte.    L  Prösaisohe  tAttmnJtar. 

hat.  Eine  zweite  in  Anordnung  und  Sprache  mit  der  genannten  auffallt, 
übereinstimmende  ^'ExifQaaig  ist  der  Insel  Imbros  gewidmet,  eine  dritte; 
der  Stadt  Korinth,  eine  vierte  dem  Dorfe  Petrina  (bei  Sparta).  Auoer 
diesen  landschaftlichen  Schilderungen  hinterliess  Eugenikos  mehrere  '^SF^j 
ang  im  engeren  Sinne  d.  h.  Beschreibungen  von  Gemälden.  So  zdgt 
er  uns  eine  mit  Vögeln,  Jagdhunden  und  anderem  Beiwerke  ausgestattete 
Phantasielandschaft,  deren  Mittelpunkt  eine  Platane  bildet,  ein  Bild  der 
hl.  Jungfrau  und  ein  Gemälde,  das  ein  junges  Fürstenpaar  in  einem} 
Lustgarten  darstellte.  Zu  untersuchen  wäre,  ob  Eugenikos  ffir  seine  Scfail-| 
derungen  nicht  etwa  Gemälde  der  italienischen  Frührenaissance  vor  Augen 
hatte;  auf  byzantinischem  Boden  hat  er  seine  Vorbilder,  von  der  Madonni 
abgesehen,  schwerlich  finden  können.  Endlich  schrieb  Eugenikos  einel 
Vorrede  (nQod^ecoQia)  zu  den  Aethiopica  des  Heliodor,  jambische  Ge-, 
dichte  Eig  elxova  tov  fisyäXov  XQvtfoavcfiov  und  Eig  navayiaQioVj  eil 
'Emtdffiov  Tf[)  avd'SVTonovhi}  in  96  Trimetem,  ein  Lob-  und  Dankgedicht 
an  Kaiser  Johannes  VTU  Palaeologos  in  58  Trimetem  (z.  B.  in  den  Codi 
Vatic.  134  fol.  124,  Vatic.  Pii  H  37  fol.  1)  u.  a.  Über  theologische 
Schriften  des  Johannes  s.  S.  117. 

Auch  der  Bruder  unseres  Rhetors,  Markos  Eugenikos,  Metropolit 
von  Ephesos,  der  durch  seine  Teilnahme  am  Konzil  von  Florenz  1439  unl 
durch  zahlreiche  Schriften  gegen  die  Union  bekannt  ist,  gilt  als  Verfasser 
von  *Ex(fQda€ig.  Sie  schildern  den  Martertod  des  hl.  Demetrios,  die  Ge- 
burt Christi,  den  Tod  des  hl.  Ephräm,  einen  Sterbenden  u.  s.  w.  Doch 
herrscht  bezüglich  dieser  Stücke  zwischen  den  beiden  Brüdern  ein  Grenz* 
streit,  zu  dessen  SchUchtung  genaue  sprachliche  und  handschriftliche  Untere 
suchungen  nötig  wären.  Kayser  wollte  sogar  die  Ekphrasis  von  Korinth 
dem  Markos  zuteilen,  obschon  auch  in  seiner  Handschrift  der  Nemo- 
phylax  Eugenikos  als  Autor  bezeichnet  ist.  Es  ist  aber  vielmehr  zu  ve^ 
muten,  däss  alle  diese  rhetorischen  Stücke  dem  Johannes  gehören  und 
die  Zuteilung  derselben  an  Markos  nur  durch  die  grössere  Berühmtheit 
des  produktiven  Theologen  veranlasst  wurde.  Weitere  Schriften  des  Markos 
Eugenikos  sind  ein  Kanon  zu  Ehren  des  Patriarchen  Euthymios  11  (f  1416),  I 
Briefe  und  Epigramme.  Über  seine  reiche  theologische  Schriftstellerei 
s.  S,  115  flf. 

Ausgaben  und  Hilfsmittel:  1.  Johannes  Eugenikos:  Ekphrasis  von  Trape- 
zunt  in  Eustathii  opp.  ed.  L.  Fr.  Tafel  1832  S.  370—373.  —  Ekphrasis  von  Imbroe, 
Platane,  hl.  Jungfrau,  Fürstenpaar  ed.  Fr.  Boissonade,  Anecdota  nova,  Paris  1844  S.  329 
bis  346.  —  Später  edierte  die  Ekphrasis  von  Imbros  noch  einmal  ohne  Kenntnis  der  Ana- 
gäbe  von  Boissonade  und  nicht  ohne  einige  Verschlechterungen  W.  FrOhner,  Philologu 
20  (1868)  509  f.;  s.  die  Berichtigung  dortselbst  S.  767.  —  Die  Ekphrasis  auf  Petrina  ei 
K.  Nestorides,  JeXtioy  4  (1892—1895)  627—034.  —  Vorrede  zu  den  Aethiopici 
und  jambische  Gedichte  ed.  M.  A.  Bandini,  Catalogus  codd.  graec.  bibl.  Laurentianae 
3  a770)  322  f.;  dortselbst  2  (1768)  522  Notiz  über  die  im  Cod.  Laur.  59,  13  erhaltenen 
Gebete  des  Johannes  an  die  hl.  Dreieinigkeit.  —  Epitaph  ed.  E.  Legrand,  JsXtiow  1 
(1883 — 84)  455  ff.;  dazu  459  ff.  bibliographische  Bemerkungen  von  N.  Politis.  —  Briefe 
des  Johannes  ed.  E.  Legrand,  Cent-dix  lettres  de  Fran^ois  Filelfe,  Paris  1892  S.  291—310. 
—  Eine  Hauptfundstätte  von  Schriften  des  Johannes  Eugenikos  ist  Cod.  Paris,  gr.  2075, 
i.  J.  1439  von  Johannes  Eugenikos  selbst  geschrieben.  —  im  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  67£ 
fol.  115 — 119  wird  dem  Johannes  eine  Monodie  auf  den  Fall  Kpels  zugeschrieben;  vielleicht 
ist  sie  identisch  mit  einem  der  in  g  213  Anm.  2  erwähnten  Texte. 

2.  Ekphrasen  und  Briefe  des  Markos  (?)  Eugenikos  ed.  L.  Kayser  nach:  Phile: 
straii  libri  de  gjmnastica,  Heidelbergae  1840.  —  Des  Markos  Schrift  Btffi  o^mw  (m^g  ec 


6.  Rhetorik,  Sophisük  und  Epiatolographie.    (§  213)  497 

r.  Boissonade,  Anecd.  nova  S.  349— 352.  —  Einen  Brief,  ein  Sjnaxar  und  Epigramme 
1.  Papadopulos-Kerameus,  MavQoyoQ^äzeioi  ßißXio^xtj,  *AvijtSot€i  'EXXrjvtxd,  Kpel 
184  S.  98- -105.  Dazu  gab  er  Berichtigungen  JeXxlov  2  (1885—1889)  679—681.  —  Den 
anon  auf  Euthymios  II  ed.  E.  Legrand,  Revue  des  öt.  gr.  5  (1892)  420—426  (leider  wie 
Ire  Prosa  ohne  Andeutung  des  metrischen  Charakters).  Dazu  ein  Nachtrag  von  Edm. 
ouvy,  Revue  des  6t.  gr.  6  (1893)  271  f.  —  Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  11,  653 
id  670—677,  sowie  die  Praefatio  in  Kaysers  Ausgabe  S.  13  f.  —  üeber  einen  reich- 
iltigen  autograpben  Codex  des  Markos  s.  Papadopulos  Eerameus,  ZvXkoyog, 
xQ€iqn}U(t  zum  17.  Bd.  (1886)  S.  47  f.  und  MavQoyogdareiog  ßißX.,  'Av,  *ßU.  S.  95—98. 

213.  Johannes  Dokianos  ('Iwdwijg  Joxnavog),  ein  sonst  nicht  ge- 
annter  byzantinischer  Rhetor,  der  um  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts 
bte,  ist  durch  mehrere  zum  grössten  Teile  nur  fragmentarisch  erhaltene 
eklamationen  bekannt,  welche  auf  die  letzte  Zeit  der  Paläologen  einiges 
icht  werfen.  Vollständig  besitzen  wir  ein  um  1450  verfasstes  Enkomion 
if  den  letzten  byzantinischen  Kaiser  Konstantin  IX.  Die  häufige  Ver- 
ertung  von  Zitaten  aus  alten  Autoren  wie  Homer,  Pindar,  Piaton  und 
emosthenes,  von  Sprichwörtern,  antiquarischen  und  mythologischen  An- 
nelungen hat  Dokianos  mit  den  übrigen  Vertretern  der  Gattung  gemein- 
im;  doch  haben  ausser  Theodor  Hyrtakenos  wenige  dieser  rhetorischen 
nsitte  so  reichlich  nachgegeben.  Von  den  übrigen  Stücken  sind  nur 
xzerpte  erhalten.  In  einem /Z^ocywi'iy/iCfTfor  beglückwünscht  Dokianos 
m  Kaiser  zu  einigen  poUtischen  Erfolgen,  von  denen  freilich  die  Geschichte 
enig  zu  berichten  weiss.  Daran  reihen  sich  eine  panegyrische  Rede 
1  den  Despoten  Theodor,  ein  Trostschreiben  an  einen  gewissen  De- 
etrios  Asanes,  der  drei  Söhne  verlor,  ein  Brief  an  einen  gewissen 
oschos,  worin  sich  der  Verfasser  als  erbitterten  Feind  der  Lateiner  zu 
•kennen  gibt,  einige  Gratulationsbriefe,  die  der  Rhetor  für  eine 
aiserliche  Prinzessin  abfasste,  endUch  ein  Schreiben  an  Helene,  die 
ochter  des  Demetrios  Palaeologos,  Despoten  von  Morea  (1449 — 1460),  die 
)äter  GemahUn  des  Sultans  Mohamed  II  wurde.  Am  Schlüsse  einer 
chrift  des  Georgios  Scholarios  gegen  die  Lateiner  steht  im  Cod.  Paris. 
290  fol.  310  ein  Epigramm  des  Johannes  Dokianos  auf  Scholarios,  der, 
bwohl  er  nun  im  Himmel  bei  den  Engeln  und  Heiligen  weile,  doch  fort- 
ihre,  mit  der  Kirche  zu  leben  und  den  Übermut  der  Lateiner  zu  brechen. 
SL  Scholarios  1464  noch  lebte,  ist  das  Epigramm  nach  dieser  Zeit  ab- 
efasst,  womit  sich  für  die  nähere  Bestimmung  der  Lebenszeit  des  Dokianos 
in  neuer  Stützpunkt  ergibt. 

1.  Ed.  nach  einem  Autographon  des  Martin  Crosius  von  L.  Fr.  Tafel  in  dem  schwer 
igftnglichen  Tübinger  Programm  1827.  —  Besser  von  Gh.  Hopf,  Ghroniques  Gräco-Romanes, 
erlin  1873  S.  246—258.  —  Zwei  Briefe  des  Johannes  Dokianos  stehen  im  God.  Escur.  Y.  II. 

fol.  259 — 268.  —  Ein  Johannes  Dokianos,  der  mit  unserem  Rhetor  vielleicht  identisch 
it,  nennt  sich  als  Besitzer  einer  Hs  von  Xenophons  Hellenica;  s.  Gius.  Jorio,  Godici 
snorati  nelle  biblioteche  di  Napoli.    Fase.  I.    Leipzig,  0.  Harrasowitz  1892  S.  7  ff. 

2.  Eine  Sammlung  von  Briefen  aus  den  loteten  Zeiten  des  Reiches  nebst  manchen 
roben  der  alten  Epiatolographie  und  Rhetorik  enthält  der  God.  Bodl.  Miscell.  242  s.  16. 
lier  finden  sich  Schreiben  des  Bischofs  Matthaeos  von  lonien  an  Gabras,  an  den  Philo- 
ophen  Joseph  u.  a.,  des  Niketas  Magistros  an  den  Patrikios  Johannes,  an  Metro- 
K>\iten  von  Kyzikos  und  Nikaea,  an  einen  Asekretis  Kompos  u.  a.,  des  Benedikt  Simi- 
tekolos  {lifjtixixoXog)  an  Joseph  De  la  Bella  (r^  (feAa^Tre'Aa),  des  Johannes  Simetokolos 
(lijueroxoAof,  wohl  identisch  mit  dem  vorhergehenden  Namen)  an  den  Arzt  Emmanuel 
Simetokolos,  des  Petros  Lombardes  an  den  Mönch  Anthimos  und  an  Johannes  Simo- 
nakia  (rijJ  lifnovnxi\  des  Michael  Lyngeus  (o  Avyysvg)  an  den  Priester  Leon  Argyros. 
des  Johannes  Tzetzes  an  einen  Alexios,  des  Kardinals  Bessarion  an  die  Söhne  dea 

audbach  der  klus.  Altertumswissenschaft.  IX.    1.  Abtlff.    2,  Aufl.  ^*l 


498  Bysaniixiiflohe  Idtieratiirgeaehiohie.    I.  Proaaisohe  LitiarAiiir. 

Gemistos  und  an  Michael  Aposiolis,  auch  einzelne  Briefe  des  Konstantin  Laskar is. 
des  Michael  Apostolis  u.  s.  w.  Vgl.  die  Inhaltsangabe  bei  H.  0.  Coxe,  Caialogi 
codicum  mss  bibl.  Bodl.  p.  1  (1853)  793—797. 

3.  Ein  sonst  nicht  bekannter  MOnch  MakariosAsprophr^des  verfasste  eine  Be- 
schreibung eines  Bildes  in  der  Kirche  der  hl.  Maria  mit  dem  Bemamen  Nia  ne^ißXenrof 
im  Kloster  rot;  Xagaucyitov:  Tov  fAaxaqiov  leqofjiovdxov  xov  affnQotpQvdog  hctp^aaig  eixoyog 
T17C  Uixccuiyijg  efjtngac&By  ir  r^  ra(^  xijg  vnegevXoytjfiiyrjg  d-Botoxov  tijg  inoyofjiaCofidyt]^ 
via  nBQißXtnrog^  xotrag  di  fioyrj  rov  X'^Q^^f^^'^'^^^'  Cod.  Vindob.  phil.  gr.  166  (Nessel) 
fol.  1 — 3.  Der  wahre  Familienname  des  Mannes  heisst  trotz  des  gelehrten  Genetivs 
'JoTiQotpQvdos  doch  wohl  'AanQo<pQvdtjg, 

4.  Wie  in  anderen  byzantinischen  Litteraturgattnngen  so  finden  sich  auch  in  der 
Rhetorik  manche  nach  ihrem  Verfasser,  ihrer  Zeit  oder  ihrer  Beschaffenheit  unbekannte 
und  daher  litterarhistorisch  vorerst  nicht  verwertbare  Sttlcke.  Hierher  gehören  eines 
Staphidakes  (Iraipidaxrjg)  Monodie  auf  einen  Kaiser  Palaeologos  im  Cod.  Vatic  1374 
fol.  166,  eine  Monodie  auf  den  Einsturz  der  Hagia  Sophia  (zum  Thema  vgl.  S.  443  f.)  im 
Cod.  Vatic.  112,  der  auch  noch  manche  andere  rhetorische  Sachen  aufbewahrt;  ein  Brief 
des  Mönches  Johannes  Phurnes,  ehemaligen  KIost«rvorstandes  des  Berges  Ganos,  an 
den  Mönch  Gregor  Antigonites  {Tov  fxaxaQuaxdjov  fioyaxov  xvqov  'Jtüdyptj  xov  ^v^i-ij 
TOI  yeyoy6xog  ngtoxov  xov  ogovg  xov  Fdyovs  inurroXrj  nqdg  xov  dyuüX€exov  (AOvaxov  JcvfoV 
rgrjyÖQiov  xov  Uvxiyovixtjv)  und  Briefe  des  Gregor,  Mönches  und  Abtes  des  Bulgaros- 
klosters  (?)  auf  der  Insel  Oxeia,  an  den  Kaesar  (rQtjyoQiov  fxovaxov  xal  xa&rjyovfiivov  x^; 
iv  xj  '0$ei(f  vijaifi  aeßacfiiag  fAovrjq  [xov"]  xov  BovXydgov  (?)  inunoXal  xff  Kaiaa^t)  im  Cod. 
Vatic.  573  fol.  31  ff.  —  Wegen  des  Stoffes  bemerkenswert  sind  zwei  Monodien  auf  den 
Fall  von  Konstantinopel  i.  J.  1453.  Die  eine,  das  Werk  des  Rhetors  Matthaeos  Kama- 
riotes,  ist  bei  Migne,  Patrol.  gr.  160,  1060  —  1070,  veröffentlicht  (Inc.  Ov  dQtjvij<r(o  fiov 
xov  naxiQo).  Die  andere,  die  m.  W.  noch  nicht  gedruckt  ist,  steht  im  Cod.  Paris,  gr. 
2077  fol.  257 — 259*^.  Titel  und  Anfang:  MoviaSia  ini  x^  dwrxvxeirxdxjj  KtoycxavxivovnoXti. 
Otfioi  xis  öüiaei  fxoi  nxigvyas  toael  negmxegag.  Zu  vergleichen  sind  die  durch  das  er- 
greifende Ereignis  veranlassten  Klagegesänge;  vgl.  den  Abschnitt  über  die  vulgir- 
griechische  Poesie,  Kapitel  2.  Ein  Fragment  eines  Prosathrenos  auf  Konstantinopel 
steht  auch  im  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  681  s.  16  fol.  74—80.  Vgl.  §  212  Anm.  1.  - 
Dreizehn  anonyme  Brie f che n,  deren  erstes  mit  den  Worten  JldyxQvai  fiov  x^  yvwfijfy 
yXvxvxaxi  fxoi  x6  ^Sog  beginnt,  stehen  im  Cod.  Bodl.  Barocc.  23  s.  14  fol.  6—8. 


6.  Altertumswissenschaft. 

214.  Allgemeine  Charakteristik.  Für  die  byzantinische  Oeistes- 
lätigkeit  ist  es  bezeichnend,  dass  vielleicht  die  Hälfte  der  gesamten  uns 
berlieferten  schriftlichen  Produktion,  wenn  man  von  der  Theologie  ab- 
eht,  in  das  Qebiet  fallt,  das  wir  im  weiteren  Sinne  als  Philologie  defi- 
ieren  können.  Es  ist  der  Teil  der  byzantinischen  Litteratur,  in  welchem 
^r  Zusammenhang  mit  dem  Altertum  am  unmittelbarsten,  gleichsam  hand- 
reiflich hervortritt.  Es  ist  die  Seite  des  Byzantinertums,  um  derentwillen 
^Ibst  die  unerbittlichsten  Anhänger  der  klassischen  Alleinherrschaft  eine 
erbindung  der  mittelgriechischen  Studien  mit  den  altgriechischen  für  thun- 
ch  und  wünschenswert  erachteten.  Daher  kommt  es  auch,  dass  fast  nur 
ieser  Teil  des  byzantinischen  Schrifttums  in  weiteren  philologischen  Kreisen 
äher  bekannt  geworden  ist  und  dass  man  häufig  die  Kraft  und  Eigenart 
es  byzantinischen  Geistes  vornehmlich  nach  dieser  Gattung  beurteilt.  Hie- 
or  muss  gewarnt  werden.  Zwar  hat  die  Beschäftigung  mit  dem  Alter- 
im  das  geistige  Leben  von  Byzanz  zu  einem  grossen  Teile  bedingt;  denn 
ir  verdanken  die  Byzantiner  die  Erhaltung  einer  Bildungsbasis,  wie  sie 
ein  anderes  Volk  des  Mittelalters  besass.  Es  darf  aber  nicht  vergessen 
erden,  dass  die  Werke,  durch  welche  die  Rhomäer  am  engsten  mit  ihren 
erfahren  verknüpft  sind,  für  die  allgemeine  Kultur-  und  Litteratur- 
eschichte  des  Mittelalters  weniger  bedeuten  als  z.  B.  die  Erzeug- 
isse  ihrer  Geschichtschreibung,  ihrer  Kirchenpoesie  und  Volksdichtung. 
Irst  am  Ausgange  des  Mittelalters,  als  die  Byzantiner  selbst  zu  Grunde 
ingen,  ist  ihr  Philologenwerk  für  die  allgemeine  Bildung  der  Menschheit 
1  ungeahnter  Weise  fruchtbar  geworden. 

Über  den  Betrieb  der  philologischen  Studien  in  Byzanz  gilt 
n  allgemeinen  dasselbe,  was  sich  von  der  Grammatik  der  spätrömischen 
'eit  sagen  lässt.  Mangel  an  selbsterworbener  Gelehrsamkeit  und  systema- 
ischer  Kritik,  breite  Geschwätzigkeit  und  köhlergläubige  Wiederholung 
alter  Vorlagen  blieben  auch  bei  den  Byzantinern  die  wichtigsten  Charakter- 
züge. Eine  wirkliche  Förderung  philologischer  Fragen,  ja  auch  nur  ein 
unbefangenes  und  gesundes  Urteil  ist  ziemlich  selten  zu  entdecken.  Bei 
aDedem  muss  vor  einer  unbilligen  Beurteilung  der  byzantinischen  Philo- 
logen gewarnt  werden.  Will  man  ihnen  geschichtlich  gerecht  werden, 
^  darf  man   sie  nicht  mit  Gelehrten  des  Altertums,  mit  einem  TiewöÖLoX.^ 


500  Byzantinisohe  Idtieratnrgesohichie.    L  Prosaische  litteraiiir. 

Aristophanes  oder  Aristarch  zusammenstellen.  Sie  sind  von  diesen  durch 
ein  Jahrtausend  getrennt,  in  welchem  sich  die  Lebensbedingungen  der 
philologischen  Qelehrsamkeit  durch  und  durch  verschlechtert  hatten.  Wie 
unbillig  ist  es,  einen  Planudes  oder  Triklinios  schlankweg  nach  dem 
Massstabe  alexandrinischer  Kritik  abzuschätzen!  Mit  einem  Aristarch  hat 
ein  Moschopulos  doch  nicht  viel  mehr  zu  schaffen  als  etwa  ein  Me- 
lanchthon;  und  wie  übel  müsste  der  gute  Praeceptor  Germaniae  bei  einem 
Vergleiche  mit  dem  scharfsinnigen  Alexandriner  wegkonmien.  Ebenso 
selbstverständlich  ist  es,  dass  man  Qelehrten  der  mittelgriechischen  Zeit 
nicht  die  Vollkommenheit  der  mit  den  mannigfaltigsten  Hilfsmitteln  aus- 
gestatteten, durch  methodische  Schulung  und  rücksichtslose  Polemik  ge- 
stählten Forschungsweise  der  neuesten  Zeit  zumute.  Und  doch  ist  auch 
dieser  Fehler  von  manchen,  die  über  alles  Byzantinische  verächtlich  die 
Nase  rümpfen,  nicht  selten  begangen  worden! 

Möge  man  endlich  auch  hier,   wie   es  sich  bei  jeder  geschichtlichen 
Betrachtungsweise  ziemt,  auf  die  allgemeinen  Voraussetzungen  der 
Zeit,  der  Nation  und  der  Qesellschaft  etwas  Rücksicht  nehmen;  nur 
dann  kann  das  Urteil  ein  wahrhaft  billiges  werden.    Dass  man  die  Be- 
rechtigung dieser  Forderung  nicht  schon  längst  anerkannt  hat,  erklärt  sich 
nur  aus  der  Übeln  Gewohnheit,   die  byzantinischen  Jahrhunderte  ledigUeh 
als  ein  lästiges  Anhängsel  der  grossen  klassischen  Zeit  zu  betrachten.   Mit 
solchen  Vorurteilen  muss  gebrochen  werden.     Man  studiere  die  byzantini- 
schen Gelehrten  mitten  in  ihrem  eigenen  Zeitalter;   man  vergleiche  ihre 
Leistungen  mit  den  gleichzeitigen  Bestrebungen  des  Abendlandes,  einen 
Photios  etwa  mit  Alcuin  oder  Johannes  Scotus,  einen  Psellos  mit 
Anselm   von  Canterbury  u.  s.  w.     Die  polyhistorischen  Philologen  der 
letzten  Jahrhunderte  endlich,  wie  Planudes,  Moschopulos,  Theodoros 
Metochites  u.  a.  sind  geschichtlich  unmöglich  richtig  zu  verstehen,  wenn 
man  sie   als  verlotterte  Schüler  des  grossen  Aristarchos  auffasst;   sie 
müssen  als  das  genommen  werden,  was  sie  sind,  als  die  ersten,   bisher 
fast  gänzlich  verkannten  Vorbereiter  des  europäischen  Humanismus. 
Auf  das  Verdienst  der  Wiederbelebung   der  griechischen  Studien   haben 
nicht  nur  jene  Flüchtlinge  Anspruch,   die  im  15.  Jahrhundert  durch  poli- 
tische Stürme   an  die  gastlichen  Ufer  Italiens  verschlagen  wurden;   der 
humanistische  Qeist  wirkte  in  Byzanz  schon  bedeutend  früher.    Er  leuchtet 
im  9.  Jahrhundert  auf  in  der  glänzenden  Qestalt  des  Photios,  die  über 
ein  dunkles  und  fast  in  Barbarei  versunkenes  Zeitalter  urplötzlich  wie  die 
Sonne  des  Südens  das  reichste  Licht  verbreitete.    Im  nächsten  Jahr- 
hundert  scheint  das  Verständnis  des  Altertums  und  die  Hofhung  auf 
Erhaltung  desselben  zu  sinken;  ein  despotischer  Wille  droht  durch  gross- 
artige, aber  doch  mechanisch  angelegte  Sammelwerke  die  alte  Litteratur 
zu  verdrängen;  daneben  wirken  aber  auch  verständige  Hüter  und  Erklärer 
der   alten  Schätze   wie    der  merkwürdige  Arethas,   fleissige  Bearbeiter 
litterarhistorischer   Hilfsmittel    wie    Suidas.     Im    elften   Jahrhundert 
nähert  sich  der  universalistische  Geist  des  Psellos  dem  heidnischen  Alter- 
tum schon  ganz  in  jener  unbefangenen  Weise,  die  den  Humanismus  charak- 
terisiert.    Völlig  deutlich  erscheinen  humanistische  Bestrebungen  in  der 


6.  Altertamswissenschaft.    (§  214)  501 

Zeit  der  Komnenen  und  Paläologen.  Wer  künftig  eine  Geschichte 
dcsHumanismus  schreiben  will,  muss  auf  Moschopulos,  Planudes,  ja  bis 
auf  Eustathios,  Psellos,  Arethas  und  Photios  zurückgehen.  Dass  sich  die 
Sache  geschichtlich  so  verhält,  geht  schon  aus  der  einfachen  Beobachtung 
hervor,  dass  gerade  die  Werke,  durch  welche  ein  Theodore s  Gazes,  ein 
Konstantin  Laskaris,  ein  Manuel  Chrysoloras  das  Studium  der  grie- 
chischen Sprache  am  meisten  beförderten,  aus  älteren  byzantinischen  Vor- 
lagen, aus  Arbeiten  des  Theodosios,  Moschopulos  u.  a.  abgeleitet  sind. 
Wenn  die  byzantinische  Philologie  im  wesentlichen  nur  durch  die 
Erhaltung  alter  Weisheit  und  die  segensreiche  Vermittelung  derselben 
an  das  Abendland  eine  allgemeinere  Bedeutung  erlangte,  so  fehlte  es  doch 
nicht  an  selbständigen  Köpfen,  welche,  so  gut  es  in  ihren  Kräften  stand, 
die  Kenntnis  und  Erklärung  der  Alten  förderten  und  sich  selbst  an 
die  Aufstellung  metrischer  Systeme  wagten.  Als  sicher  darf  ange- 
nommen werden,  dass  manche  Byzantiner  sogar  für  die  Verbesserung 
der  Texte  mit  Erfolg  thätig  waren,  ein  Umstand,  der  bei  der  Benützung 
mittelalterlicher  Handschriften  mehr,  als  gewöhnlich  geschieht,  im  Auge 
behalten  werden  sollte.  Dabei  soll  nicht  geleugnet  werden,  dass  in  den 
zahllosen  Scholien,  mit  welchen  das  kommentierlustige  Geschlecht  der 
Mittelgriechen  alte  Dichter  und  Prosaiker,  Kirchenväter  und  Kirchen- 
dichter, ja  nicht  selten  ihre  eigensten  Machwerke  überschütteten,  oft  auf 
weite  Strecken  kein  brauchbares  Korn  die  geduldige  Mühe  des  Forschers 
lohnt;  wer  genötigt  ist,  häufig  in  diesen  schlammigen  Massen  zu  arbeiten, 
mag  wohl  im  Stillen  bedauern,  dass  Justinian  sein  herrliches  Gebot,  zum 
Corpus  iuris  keinen  Kommentar  zu  verfassen,^)  nicht  auch  auf  die 
ganze  übrige  Litteratur  ausgedehnt  hat.  Die  schwächste  Seite  war  die 
eigentliche  Grammatik.  Die  wissenschaftliche  Auffassung  derselben  wurde 
durch  das  hausbackene  Bedürfnis  der  Schule  völlig  verdrängt.  Die  un- 
zähligen Traktate  über  Formenlehre,  Syntax,  Prosodie  und  Metrik,  von 
denen  die  meisten  Bibliotheken  wimmeln,  sind  nicht  etwa  als  wissenschaft- 
liche Arbeiten,  sondern  als  triviale  Lehr-  und  Übungshefte  aus  dem 
byzantinischen  Schulbetrieb  aufzufassen.  Daher  stimmt  so  selten  ein 
Exemplar  mit  dem  anderen  völlig  überein:  jeder  Magister  und  Schreiber 
kontaminierte,  verkürzte  oder  erweiterte  aufs  neue  nach  eigenem  Gutdünken 
und  privater  Willkür  seine  Vorlagen.  Hier  ist  es  also  die  erste  Aufgabe 
der  Kritik,  die  Massen  genealogisch  zu  ordnen  und  aus  dem  wirren 
Chaos,  dessen  Zusammenhänge  kein  Stammbaum  genügend  zu  erklären 
vermöchte,  die  guten  Körner  alter  Gelehrsamkeit  herauszuschälen,  eine 
Aufgabe,  deren  Bewältigung  nicht  zu  den  geringsten  Verdiensten  der  Be- 
arbeijer  des  bei  Teubner  erscheinenden  Corpus  der  griechischen  Gram- 
matiker gehört.  Wenn  möglich  noch  schlimmer  als  in  der  Grammatik 
liegen  die  Verhältnisse  in  der  byzantinischen  Lexikographie.  In  schwer 
übersehbaren  und  zum  grossen  Teil  noch  nicht  genügend  durchsuchten 
Massen  lagern  in  den  Bibliotheken  Wörterbücher  aller  Art:  sachlich  er- 
klärende in  der  Weise  unserer  Real-  und  Konversationslexika  (Suidas),  ein- 


*)  Corpus  iuris,  Constitutio  „Dedit  nobis  Deus'  §  21. 


502 


Byzantinisohe  Litteratnrgesohichte.    I.  Frosaisehe  Li 


fache  Wortlexika  mit  Angabe  der  Bedeutung,  etymologische,  synonymische, 
orthographische,  syntaktische,  attizistische  Vokabulare,  fachwissenschaft-  , 
liehe  z.  B.  theologische,  juridische,  botanische,  alchemistische  Glossare, 
SpezialWörterbücher  zu  einzelnen  Schriften  und  Litteraturgattungen  z.  B.  zu 
den  Rhetoren,  zum  alten  und  neuen  Testament,  zu  den  Kirchenvätern  and 
Kirchendichtem,  endlich  doppelsprachige  Vokabulare  zur  praktischen  Ei^ 
lernung  des  Griechischen  oder  Lateinischen.  Alle  diese  Bücher  sind 
mannigfaltig  unter  sich  verkettet  und  kaum  eines  kann  isoliert  betrachtet 
werden:  Daher  muss  auch  hier  dieselbe  undankbare  und  mühevolle  Arbeit 
der  Klassifizierung,  Sichtung  und  Quellenforschung  durchgeführt  werden 
wie  für  die  grammatischen,  metrischen  und  sonstigen  Lehrbücher.  Er- 
hebliche Vorarbeiten  hiefür  haben  G.  Bernhardy,  M.  Schmidt,  C.  Boysen, 
L.  Cohn,  B.  Reitzenstein,  G.  Wentzel  u.  a.  geliefert,  und  so  konnte  zuletzt 
auch  der  Plan  eines  Corpus  lexicographorum  graecorum  greifbare 
Gestalt  gewinnen.  9  Hoffentlich  ist  nun  auch  die  Zeit  vorüber,  in  welcher 
man  irgend  ein  zufällig  begegnendes  Stück  zum  Schrecken  der  Fach- 
genossen  ohne  Besinnen  in  die  Welt  hinausschickte. 

1.  Samroelausgaben:  FQr  die  philologische  Litieratur  der  spfttgriechischeii  und 
byzantinischen  Zeit  kommen  namentlich  folgende  hier  in  chronologischer  Reihenfolge  auf- 
gezählte Sammlungen  in  Betracht:  Gasp.  d'Anssede  Villoison,  Anecdota  Graeca,  2 Bde., 
Venedig  1781.  —  Imm.  Bekker,  Anecdota  Graeca,  3  Bde.,  Berlin  1814—21.  —  Andr. 
Mast  Oxydes  (und  D.  Schinas),  SvXXoyrj  'EXXrjytxuiy  dyexddrtoy^  6  Hefte,  Venedig  1816 
(enthält  fast  nur  unbedeutende  StQcke).  —  Ludw.  Bach  mann,  Anecdota  Graeca,  2  Bde., 
Leipzig  1828  —  29  (ergänzt  vorzüglich  die  Anecdota  von  Bekker).  —  J.  Fr.  Boissonade, 
Anecdota  Graeca,  5  Bände,  Paris  1829 — 33.  —  J.  A.  Gramer,  Anecdota  Graeca  e  codd. 
mss  bibl.  Oxon.  (gewöhnlich  als  Anecd.  Oxoniensia  zitiert),  4  Bände,  Oxford  1835—87.— 
J.  A.  Gramer,  Anecdota  Graeca  e  codd.  mss  bibl.  Paris,  (gewöhnlich  Anecd.  Parisina), 
3  Bände  in  4  Teilen,  Oxford  1839—41.  —  P.  Matranga,  Anecdota  Graeca,  2  Teile,  Born 
1850  (sehr  ungenau  und  unmethodisch).  -^>Val.  Rose,  Anecdota  Graeca  et  Graecolatiiia, 
2  Teile,  Berlin  1864—70.  —  E.  Miller,  Mälanges  de  littärature^Srecque,  Paris  1868.  - 
G.  Studemund,  Anecdota  varia  Graeca  musica,  metrica,  grammatica,  Berlin  1886.  — 
Einige  Nachträge  zu  Gramers  Anecdota  u.  a.  lieferte  R.  Schneider,  Bodleiana,  Leipzig 
1887.  —  Emendationen  zu  den  in  den  angeführten  Sammlungen  enthaltenen  Texten 
bes.  bei  Leo  Sternbach,  Meletemata  Graeca,  P.  I.  Vindobonae  1886. —  Manche  Ver- 
besserungen und  Quellennachweise  zu  grammatischen  und  lexikalischen  Werken  gibt  A. 
Nauck,  Joannis  Damasceni  canones  iambici  cum  commentario  et  indice  verborum,  Mölanges 
Gräco-Romaines  tirös  du  Bulletin  de  Tacad^mie  imp.  des  sciences  de  St.-Päter8bourg  6 
(1894)  199—224.  —  Zerstreute  kritische  Bemerkungen  zu  Photios,  Suidas,  Eustathios  u.  s.  w, 
gibt  K.  S.  Kontos  in  verschiedenen  Schriften,  zuletzt  'J^yd  7  (1895)  3—64;  289—384. 

2.  Griechische  Humanisten. 

A.  Allgemeine  Darstellungen:  Veraltet  ist  ietzt  das  Büchlein  von  Humphre- 
dusHodius,  De  Graecis  illustribus,  London  1742.  —  Gnarakteristik  einiger  Hauptpersonen 
bei  G.  Voigt,  Die  Wiederbelebung  des  classischen  Altertums,  3.  Aufl.,  besorgt  von  M. 
Lehnerdt,  Berlin  1893,  bes.  1  (1893)  222  ff.,  2  (1893)  101  ff.  —  Eine  gehaltreiche  und 
anregende  Uebersicht  gibt  D.  Therianos,  '^idafidytio?  Ko^a^g  1  (Triest  1889)  1 — 80.  — 
M.  Kutorga,  Die  Einbtlrgerung  des  hellenistischen  Studiums  im  Westen  seit  der  Re- 
naissance, Journ.  Min.  1891  Bd  275  Maiheft  S.  78—120  und  Juniheft  S.  216-251.  — 
Michael  Korelin,  Der  ältere  italienische  Humanismus,  Moskau  1892  (russ.)  (mir  onzu- 
gänglich).  —  Einiges  auch  bei  E.  Egger,  L'Hell^nisme  en  France.  Lebens  sur  Tinfluence  des 
^tudes  grecques  dans  le  d^veloppement  de  la  langue  et  de  la  litt^rature  fran^aises,  2  voll., 
Paris  1869.  —  Die  besten,  auf  fleissigem  Studium  aller  erreichbaren  Aktenstücke  beruhenden 
Biographien  der  griechischen  Gelehrten  des  15.  und  16.  Jahrhunderts  gab  E.  Legrand, 
Bibliographie  hell^nique  tome  I,  Paris  1885:  er  handelt  ausführlich  über  Manuel  Ghry so- 
loras, Theodoros  Gazes,  Andronikos  Eallistos,  Michael  Apostolios,  Konstantin  Laskaris,  De- 
metrios  Moschos,  Demetrios  Ghalkondyles,  Justinos  Dekadyos,  Markos  Musnros,  Zacharias 


0    Vgl.    die    vorläufigen    Mitteilungen 
von  G.  Wentzel,  Beiträge  zur  Geschichte 


der  griechischen  Lexikographie,  Sitsungsber. 
Berl.  Ak.  26  (1895)  487. 


6.  AlUrtanuiwisseiisohaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  n.  ScholiaBten.  (§  215)     503 

Kalliergis,  Nikolaos  Vlastos,  Anna  Notaras,  Johannes  Laskaris,  Demetrios  Eastrenos,  Aristo- 
hulos  (Arsenios)  Apostolios,  Angelos  und  Nikolaos  Vergikios  (Vergetiiis),  Nikolaos  Sophianos, 
Matthaeos  Devaris,  Leonardos  Phortios,  Antonios  Eparchos. 

B.  Monographien:  Henri  Vast:  Le  cardinal  Bessarion  (1403— 1472),  Paris  1878, 
ein  gründliches  Werk,  welches  üher  den  Anteil  der  Griechen  an  den  geistigen  Bewegungen 
des  15.  Jahrhunderts  reiches  Licht  verbreitet.  —  A.  Sadov,  Bessarion  von  Nicaea.  Seine 
Phätigkeit  auf  dem  Konzil  von  Ferrara-Florenz,  seine  theol.  Schriften  und  seine  Bedeutung 
in  der  Geschichte  des  Humanismus,  Petersburg  1883  (russ.).  —  Zahlreiche  griechische  und 
lateinische  Briefe  von  griechischen  Gelehrten  des  15.  Jahrhunderts  wie  Bessarion,  Johannes 
Rngenikos,  Matthaeos  Kamariotes,  Georgios  Scholarios,  Georgios  von  Trapezunt,  Theodoros 
(jazes,  Johannes  Argyropulos,  Demetrios  Chalkondyles  u.  a.  ed.  anhangsweise  E.  Legrand, 
Gent-dix  lettres  grecques  de  Fran^ois  Filelfe,  Paris,  E.  Leroux  1892  (=  Publications  de 
l*ecole  des  langues  orientales  Vivantes  IIl^  s^rie,  vol.  XII)  S.  223 — 366.  —  Den  grössten 
Feil  der  griechischen  Briefe  des  italienischen  Humanisten  Filelfo  ed.  schon  vor  E.  Legrand, 
Fb.  Klette  in  seinen  „Beiträgen  zur  Geschichte  und  Litteratur  der  italienischen  Gelehrten- 
-enaissance"  3.  Heft,  Greifswald  1890.  Die  Einleitung  handelt  von  Filelfo  und  anderen 
Gräzisten  seiner  Zeit.  Vgl.  die  Besprechung  von  K.  Hartfelder,  B.  Z.  2,  156  f.  Noch 
mbenützt  ist,  wie  es  scheint,  der  Briefe,  Gedichte  u.  a.  des  Filelfo  enthaltende  Cod. 
3arber.  1  178.  —  £.  Legrand,  Notice  biographique  siur  Jean  et  Th^odose  Zygomalas, 
Paris  1889.  Vgl.  die  eingehende  Besprechung  von  G.  Destunis,  Joum.  Min.  1891  Bd  273 
lanuarbeft  S.  166—187.  —  Ueber  die  Thätgkeit  des  Kalabresen  Barlaam  (s.  S.  100)  für 
lie  Verbreitung  der  giiechischen  Sprache  vgl.  Th.  Uspenskij,  Die  philosophische  und 
heologische  Bewegung  im  14.  Jahrh.,  Joum.  Min.  1892  Bd  279  Februarheft  S.  348—427; 
Ariederbolt  in  dem  Buche  „Skizzen  zur  Geschichte  der  byzantinischen  Kultur **,  Peters- 
>urg  1892  S.  283—364.  —  P.  de  Nolhac,  P^trarque  et  Barlaam,  Revue  des  ^t.  gr.  5 
1892)  94—99.  —  P.  de  Nolhac,  Les  correspondants  d*Alde  Manuce.  Matäriaux  nouveaux 
l'histoire  littäraire  (1483- -1514),  Rome  1888  (Separatabdruck  aus  den  ,Studi  e  documenti 
li  storia  e  diritto*  von  1887 — 1888).  —  P.  de  Nolhac,  Le  grec  k  Paris  sous  Louis  XII, 
r^eit  d*un  temoin,  Revue  des  ^t.  gr.  1  (1888)  61—67  (handelt  Ober  den  ersten  Lehrer  des 
Lvriechischen  in  Paris,  Girolamo  Alexandre,  der  1508  nach  Paris  kam).  —  Spyr.  P.  Lam- 
t»ros.  Die  Werke  des  Demetrios  Chrysoloras,  B.  Z.  3  (1894)  599—601.  -  A.  Badini- 
Gonfalonieri  e  F.  Gabotto,  Notizie  biografiche  di  Demetrio  Calcondila,  Giomale  Ligu- 
itico  1892  Juli— Oktober.  Eine  verkürzte  neugr.  Uebersetzung  dieses  Artikels  erschien  in 
der  Sea  Hfiega  1894  Nr.  1005—1007.  —  E.  Motta,  Demetrio  Calcondila  editore.  Con 
altri  documenti  riguardanti  Demetrio  Gastreno,  Constantino  Lascaris  ed  Andronico  Callisto, 
Archivio  storico  Lombardo,  Serie  seconda,  vol.  X,  anno  20  (1893)  143 — 166.  —  L^on  Dorez, 
Antoine  Eparque,  Mölanges  d'arch^ologie  et  d'histoire  13  (1893)  281—364  (über  das  Leben 
und  die  Bibliothek  des  Handschriftenhändlers  Anton  Eparchos  [f  15711).  —  L^on  Dorez, 
Un  document  sur  la  biblioth^que  de  Theodore  Gaza,  Revue  des  biblioth^ques  3  (1893)  385 
bis  390.  —  K.  K.  Müller,  Neue  Mitteilungen  über  Janos  Laskaris  und  die  Mediceische 
Bibliothek,  Centralbl.  f.  Bibliothekswesen  1  (1884)  333—412.  —  Gh.  Graux,  Sur  le  ms 
N — 72  de  la  biblioteca  Nacional  de  Madrid  et  sur  C.  Lascaris,  Annuaire  de  Fassoc.  17  (1877) 
147—150  =  Oeuvres  de  Ch.  Graux  2  (1886)  531-533.  —  R  Sabbadini,  L'ultimo  ven- 
tennio  della  vita  di  Manuele  Crisolora,  Giomale  Ligustico  17  (1890)  91 — 116.  —  Mitteilungen 
über  die  zwei  bisher  wenig  bekannten  griechischen  Humanisten  Konstantinos  Patrikios 
ind  Theodoros  Rentios  gibt  G.  Muccio,  Studi  per  un'edizione  critica  diSallustio  filosofo, 
^tudi  ital.  di  filologia  classica  3  (1894)  11  ff.  —  H.  Omont,  Le  demier  des  copistes  grecs 
}n  Italie,  Jean  de  Saint-Maure  (1572—1612),  Rev.  des  ^t.  gr.  1  (1888)  177—191. 

3.  Weniger  als  die  Thätigkeit  der  griechischen  Flüchtlinge  für  die  Verbreitung  des 
Studiums  der  altgriechischen  Sprache  und  Litteratur  ist  der  Einfluss  studiert, 
«irelchen  sie  durch  Mitteilung  der  byzantinischen  Werke  und  durch  persönliche  An- 
'egungen  auf  die  lateinisch-italienische  Litteratur  der  damaligen  Zeit  ausübten.  Einige 
(Zusammenhänge  zwischen  der  byzantinischen  und  italienischen  Rhetorik,  Epistolographie 
und  Epigrammatik  weist  nach  K.  Wotke,  Ueber  den  Einfluss  der  byzantiniscnen  Litteratur 
auf  die  ältesten  Humanisten  Italiens,  Verhandlungen  der  42.  deutschen  Philologen vers. 
in  Wien  1893,  Leipzig  1894  S.  290-293. 

A.  Philologische  Polyhistoren  und  Scholiasten. 

215.    Umfang  der  philologischen  Studien  der  Byzantiner.     Bei 

der  Betrachtung  der  philologischen  Thätigkeit  in  Byzanz  richtet  sich  die 
Aufmerksamkeit  vor  allem  auf  die  Frage,  was  die  Byzantiner  von  der 
alten  Litteratur   besassen    und   welche  Werke   ihre   Lieblings- 


504 


Bysanünisohe  Litteratargesohiohie.    I.  Prosaische  Lüteratnr. 


lekttire  bildeten.    Genau  genommen  müsste  das  Problem  chronologisch 
aufgefasst  d.  h.  etwa  fiir  jedes  Jahrhundert  besonders  untersucht  werden. 
Allein  zu  einer  derartigen  Verschärfung  der  Prüfung  ist  die  Zeit  nicht 
gekommen;  mangelt  es  doch  für  unsere  Frage  selbst  in  ihrer  allgemeinsten 
Fassung  noch  an  genügenden  Vorarbeiten  und  MateriaUen.     Wir  geben 
daher  nur  eine  kurze  Übersicht  und  berücksichtigen  dabei  in  Bausch  und 
Bogen  die  Zeit  nach  dem  Bildersturm.    Soweit  sich  gegenwärtig  der  Stand 
der  Dinge  überblicken  lässt,  kann  nicht  geleugnet  werden,   dass  die  mär- 
chenhaften Vorstellungen,  die  früher  von  dem  litterarischen  Besitzstande 
der  Byzantiner  herrschten  und  zu  den  kühnsten  Hoffnungen  auf  die  ver- 
borgenen Schätze  der  orientalischen  Bibliotheken  anregten,   vor  einer  ge- 
naueren Prüfung  in  sich  zusammenfallen.   Von  der  gesamten  klassischen 
Litter atur,  vom  epischen  Zyklus,  von  Pindar  und  den  anderen  Lyrikern, 
vom  attischen  Drama  und  der  Komödie,  von  Piaton  und  Aristoteles,  von 
den  Historikern  und  Rednern   der  voralexandrinischen  Zeit  hatte  man  in 
Byzanz  seit  dem  9.  Jahrhundert  wenig  mehr,  als  wir  heute  besitzen.   Besser 
war  es  mit  der  spätem  historischen  und  fachgelehrten  Litteratur 
bestellt.     Die  konstantinischen  Exzerptoren  besassen  manche  jetzt 
nur  fragmentarisch  erhaltene  Geschichtschreiber  wie  Dexippos,   EunapioB, 
Priskos,   Malchos,    Petros  Patrikios,   Menander  Protektor,   Johannes  von 
Antiochia  u.  a.   Dagegen  ist  es  recht  bezeichnend,  dass  sie  den  Dio  Cassius 
nur  noch  in  einem  defekten  Exemplare  benützen  konnten.     Bei  Polybios 
wird  das  Fehlen  ganzer  Lagen  von  den  Redaktoren  selbst  ausdrücklich  * 
vermerkt.*)     Ebenso  vermochten  Zonaras  und  Xiphilinos  keinen  voll- 
ständigen Dio  Cassius  mehr  aufzutreiben.     Beachtenswert  sind  einige  An- 
gaben des  P  sei  los.     In  der  Leichenrede  auf  seine  Mutter  erzählt  er,  er 
spreche  vor  einigen  seiner  Hörer  über  Homer  und  Menander,  Archilochos, 
Orpheus  und  Musäos,  über  die  Sibyllen  und  Sappho,  über  Theano  und  die 
ägyptische  Weise  (Hypatia?).-)    AJlein   es  ist  sehr  gewagt,   aus  so  allge- 
meinen Redensarten  den  Schluss  zu  ziehen,  dass  Psellos  alle  diese  Autoren 
wirklich  vor  sich  gehabt  habe.     Die  Byzantiner  verstanden  ebensogut  als 
moderne  Menschen  die  Kunst,  sich  über  Dinge  zu  ergehen,  deren  Kenntnis 
sie  abgeleiteten  Quellen  verdankten.    Über  Menander  konnte  Psellos  auch 
reden  auf  Grund  der  im  Mittelalter  stark  verbreiteten  Sinnsprüche  dieses 
Komikers.     Das  wird  sogar  wahrscheinlich  aus  einer  zweiten  Stelle,  wo 
er   neben    AlaxvXog^   So^oxkr^g,   EvQinidrjg   u.  s.  w.  nicht    den   Mtvavdqogy 
sondern  t«  MevdvdQeia  erwähnt. 3)    Ebenso  zweifelhaft  ist  es,  ob  Eusta- 


0  Vgl.  L.  Dindorf,  Jahns  Jahrb.  99 
(1869)  114. 

*)  K.  N.  Sathas,  Mea.  BißX.  5,  59  f.: 
xt(i  yag  xal  negl  noirjfjLattay  ngog  ivlovg 
itSy  ofiiXtjTüßy  tp&eyyofittij  xai  negi  \)fiiJQov 
xai  Meyaydgovy  xai  *AQX^^oxoVy  ^Oqtpiojg  t€ 
xai  MovaaioVf  xal  onoffa  xal  tS  ^Xv  ^aay 
£ißvXXai  TS  xal  Sanfpti  17  jnovaonoioSf  Btaytu 

re  xal  ij  Alyvnxla  <rog)ij rlg  6  "JXe^is 

xal  6  M^yaydgog  xal  6  avxoaixog  KgoßteXog 
xal  6  KXijaag>os,  xal  et  ris  ireQog  noiijaei 
Xeyofisyog  /piyVacr^«».  Für  KQoßaXog  und 
KXfjaag}og  vermutet  K.  N.  Sathas,   Annuaire 


de  Tassoc.  9  (1875)  195  f.  wohl  richtig  Kqo»' 
ßvXog  und  KXeiaotpog, 

8)  K.  N.  Sathas,  Msa,  BißX.  5,  538: 
Avzlxa  AiaxvXog  fxky  iqaxvyu  tfjy  axoijy 
ovx  ev^x^^^  oyofiaaiy^  dXXd  r^a/cVr»  xal  dwf' 
(paiyoi^j  €ig  oyxoy  i^algioy  tijy  nottjoty  •  ^ai- 
xQoy  n  TOvTov  anodei  lotpoxX^g^  Xeiotegoy 
di  Toy  Xoyoy  /AeraxBLglCetai  6  ^Xiaciog  Ei»pt- 
nlirjg.  Tijy  dt  xotfuxijy  ^Agiarotpayr^g  fi^y 
ßayavaog  ian  td  noXXd  xal  &t]Xvfiay9Jg^ .... 
id  da  ys  Meydydgsia  Toviwy  fikr  xara- 
7i€(pg6yT]X6  xtX. 


6.  AltertnmswisBensohaft.   A.  Philol.  Polyhistoren  n.  Scholiasten.  (§  215)     505 

thios,  wie  vermutet  wurde,  bei  der  Abfassung  seines  Pindarkommentars 
mehr  besessen  habe  als  unsere  Epinikien. 

Die  Lektüre  der  Schule  und  der  weiteren  Kreise  umfasste 
namentlich  den  Homer,  das  niemals  aufgegebene  Schulbuch  der  griechischen 
Nation,  Hesiod,  Pindar,  ausgewählte  Stücke  der  Tragiker,  nämlich  von 
Aeschylos  Prometheus,  Sieben,  Perser;  von  Sophokles  Aias,  Elektra,  König 
Oedipus;  von  Euripides  teils  die  neun  Stücke,  die  im  Marcianus  (A)  stehen, 
teils  gar  nur  drei  Stücke  (Hekabe,  Orestes,  Phönissen),  deren  Handschriften 
die  kleinste  byzantinische  Euripidesausgabe  darstellen;  dazu  Aristophanes, 
Theokritos  und  seltsamerweise  Lykophron;  grosser  Beliebtheit  erfreute 
?ich  auch  das  geographische  Epos  des  Dionysios  Periegetes.  Unter  den 
Prosaikern  herrschte  Thukydides,  einzelne  Schriften  des  Piaton  und  Demo- 
>thenes,  Aristoteles,  Biographien  des  Plutarch,  Themistios,  Libanios  und 
besonders  Lukianos,  von  dessen  Beliebtheit  die  zahlreichen,  zuweilen  nicht 
ibel  gelungenen  Imitationen  Zeugnis  ablegen.  Selbst  Romanschreiber  wie 
\chilles  Tatios  und  Heliodoros  wurden  nicht  verschmäht.  Mehr  als  alles 
mdere  wurden  natürlich  die  heiligen  Schriften  und  einzelne  Kirchenväter 
wie  Basilios,  Gregor  von  Nazianz,  Gregor  von  Nyssa,  Johannes  Chrysosto- 
mos,  Johannes  Klimax,  Johannes  von  Damaskos,  sowie  Martyrien  und 
Heiligenleben  gelesen  und  abgeschrieben.  Wenn  man  sich  von  der  domi- 
aierenden  Stellung  dieser  Schriften  gegenüber  den  antiken  Profanautoren 
eine  konkrete  Vorstellung  bilden  will,  braucht  man  nur  die  Kataloge  der 
grossen  Sammlungen  griechischer  Handschriften  durchzublättern,  wo  neben 
endlosen  Reihen  von  Büchern  kirchlichen  Inhalts  gute  Exemplare  heid- 
nischer Werke,  wenn  man  von  den  in  der  Humanistenzeit  geschriebenen 
absieht,  wie  Raritäten  dastehen.  Die  Mehrzahl  der  Autoren  blieb  natur- 
gemäss  dem  Privatstudium  überlassen;  daher  konnte  sich  auch  manches 
seltene  Werk  in  vereinzelten  Exemplaren  erhalten. 

Wenn  man  nach  den  Ursachen  des  Unterganges  so  vieler 
Werke  forscht,  so  ist  wohl  religiöse  Intoleranz  auszuschliessen;  dass  man 
alte  Werke  nur  wegen  ihres  heidnischen  Charakters  vernichtet  hätte,  lässt 
sich  kaum  erweisen.  Man  beruft  sich  hiefür  gewöhnlich  auf  das  Zeugnis 
des  Peter  Alcyonius;  derselbe  lässt  nämlich  in  seinem  Dialoge  „Medices 
Legatus  sive  de  exilio"  den  Johannes  Medici,  späteren  Papst  Leo  X, 
erzählen,  er  habe  von  Demetrios  Chalkondyles  vernommen,  früher 
seien  auf  Betreiben  des  griechischen  Klerus  alte  Profandichtungen  ver- 
brannt worden:  „audiebam  puer  ex  Demetrio  Chalcondyla,  Graecarum  rerum 
peritissimo,  sacerdotes  Graecos  tanta  floruisse  auctoritate  apud  Caesares 
Byzantinos,  ut  integra,  illorum  gratia,  complura  de  veteribus  Graecis 
poemata  combusserint  imprimisque  ea  ubi  amores  turpes,  lusus  et  nequitiae 
amantium  continebantur,  atque  ita  Menandri,  Diphili,  Apollodori,  Phile- 
monis,  Alexidis  fabellas  et  Sapphus,  Erinnae,  Anacreontis,  Mimnermi, 
Bionis,  Alcmanis,  Alcaei  carmina  intercidisse,  tum  pro  bis  substituta 
Nazianzeni  nostri  poemata,  quae  etsi  excitant  animos  nostrorum  hominum 
ad  flagrantierem  rehgionis  cultum,  non  tamen  verborum  Atticorum  pro- 
prietatem  et  Graecae  linguae  elegantiam  edocent**.  Allein  dieser  ganze 
Bericht  beruht   wohl   nur  auf  Vermutung  des  Chalkondyles  und  ist  von 


506 


Bysanünische  Litteratargesohichie.    I. 


LitUrmtiir. 


6.  Bernhardy,  Gnindriss  der  griech.  Litt.  I*  (1892)  731,  und  von 
K.  N.  Sathas,  Annuaire  de  Tassoc.  9  (1875)  187,  mit  Recht  als  unglaub- 
würdig zurückgewiesen  worden.  ^)  Wahrhaft  verhängnisvoll  wurde  dagegei 
der  lange  Stillstand  der  gelehrten  und  litterarischen  Bestrebungei 
von  der  Mitte  des  7.  bis  in  die  Mitte  des  9.  Jahrhunderts.  Im  10.  Jahr* 
hundert  mag  der  Untergang  mancher  Werke  durch  die  konstantinischei 
Enzyklopädien  beschleunigt  worden  sein,  welche  durch  ihre  bequemei 
Exzerpte  die  Originalwerke  wenigstens  für  die  Bedürfnisse  des  Staates 
und  der  Kirche  zu  ersetzen  bestimmt  waren  und  im  Abschreiben  der  voll- 
ständigen Exemplare  wahrscheinlich  eine  gewisse  Erlahmung  herbeiffihrtea 
Grosse  Wunden  schlug  die  barbarische  Zerstörung  und  Verbrennung 
Konstantinopels  durch  die  Kreuzfahrer  (1204),  welche  ausser  zahl- 
losen Kunstwerken  auch  Akten  und  Bücher  vernichteten.  Geringer  sind 
wohl  die  Verluste,  die  der  noch  übrige  Rest  alter  Bibliotheken  durch  die 
türkische  Eroberung  erlitt.  Damals  hatte  man  längst  begonnen,  grie- 
chische Handschriften  als  einen  kostbaren  Handelsartikel  zu  schätzen« 
Vieles  ging  natürlich  trotzdem  in  der  blinden  Wut  des  ersten  Ansturms 
verloren;  daneben  ist  aber  ausdrücklich  überliefert,  dass  die  Türken  ans 
den  gefundenen  Handschriften  Geld  machten  und  ganze  Wagenladungen 
von  Büchern  nach  allen  Richtungen  des  Morgen-  und  Abendlandes  ver- 
schleuderten.^) Dass  noch  unter  der  osmanischen  Herrschaft  in  Kon- 
stantinopel und  in  Provinzialstädten  reich  ausgestattete  Handschriftensamm- 
lungen  bestanden,  wird  vielfach  bezeugt.  Doch  konnten  sich  infolge  der 
stets  gefährdeten  Stellung  vornehmer  Familien  und  der  häufigen  Seque- 
stration grosser  Privatvermögen  die  Bibliotheken  nicht  lange  in  einer  Hand 
erhalten.  So  wurde  die  wertvolle  Büchersammlung  des  Michael  K  an  ta- 
kuzen os,  nachdem  derselbe  beim  Sultan  in  Ungnade  gefallen  und  zum 
Tode  verurteilt  worden  war,  1578  öffentlich  versteigert;  vieles  kauften 
griechische  Mönche,  einiges  kam  durch  Stephan  Gerlach  nach  Deutsch- 
land. Auch  aus  anderen  Privatbibliotheken  zettelten  sich  nachweisbar 
wertvolle  Stücke  los  und  wanderten  nach  dem  Abendlande.  Eine  kleine 
Sammlung  von  Handschriften  schenkte  Sultan  SolimanH  dem  spanischen 
Gesandten  Diego  de  Mendoza.^)  Im  17.  Jahrhundert  gelangte  der  wich- 
tige Codex  der  konstantinischen  Exzerpte  über  Tugenden  und  Laster 
aus  Cypern  in   den  Besitz   des  Peirescius,   und  noch  gegen  das  Ende  des 


*)  Vgl.  Jacob  Bernays,  Die  Herakli- 
tischen  Briefe,  Berlin  1869  S.  117. 

^)  Die  genaueste  und  glaubwürdigste 
Nachricht  über  das  Schicksal  der  griechischen 
Bibliotheken  nach  der  Eroberung  überliefert 
der  Zeitgenosse  Dukas,  Gap.  42  (S.  312  ed. 
Bonn.):  rag  di  ßißXovs  ttnaoag,  vn^Q  a(ßi^' 
/Aoy  vneQßaivovaag,  taig  aud^aig  fpoqitjyiJ' 
aarxeg  dnavxaxov  iy  rß  ayatoXp  xac  dvaci 
&UanBiQav  *  (fit'  kvog  vofiiafiarog  6ixa  ßlßXoi 
ininQacxotrio,  'jQicroTshxol,  JlXajtovixoij  ^$<h- 
Xoyixoi  xal  aXXo  nav  eidos  ßißXov  '  et'ayyiXta 
fiBxd  xoafiov  navxolov  iin^Q  uixqov,  dva- 
anayjeg  toy  /pvcrdv  xal  xoy  oQyvQoy,  aXX* 
intöXovy,  dXX*  ^Q^mxoy,  Nichts  Neues  bietet 


die  wohl  aus  Dukas  geschöpfte  Notiz  des 
Kritobulos,  Müller,  FHG  5  S.  96.  Die  ia 
einem  vom  15.  Juli  1453  datierten  Briefe 
an  Papst  Nicolaus  V  enthaltene  Angabe  des 
Laurus  Qnirinus,  es  seien  über  120000 
Codices  zu  Grunde  gegangen,  beruht  offen- 
bar auf  übertreibenden  Gerüchten.  H  o  d  i  a  8 , 
De  Graecis  iUustribus,  Londini  1742  S.  192. 
')  S.  £.  Miller,  Gatalogue  des  msB 
grecs  de  la  biblioth^que  de  TEscurial,  Paris 
1848  S.  m  ff.  Genaueres  bei  Ch.  Graux, 
Essai  sur  les  origines  du  fonds  grec  de 
TEscurial,  Paris  1880  (=  Bibl.  de  FEcole 
des  Hautes  ^tudes  46.  fasc.)  S.  178—182. 


6.  Altertamswissenschaft.    A.  Philol.  Polyhistoren  n.  Soholiasten.  (§  215)     507 

origen  Jahrhunderts  bescherte  eine  Privatbibliothek  bei  Konstantinopel 
ie  einzige  Handschrift  des  Johannes  Lydos.  Am  sichersten  vor  gewalt- 
tätigen Eingriffen  waren  die  Klosterbibliotheken.  Doch  beschränkte 
ich  ihr  Besitz  naturgemäss  von  Anfang  an  vornehmlich  auf  theologische 
litteratur,  und  die  wenigen  guten  Profanwerke  waren  hier  zwar  vor  den 
Prallen  türkischer  Machthaber,  nicht  aber  vor  europäischen  Reisenden 
ieher,  die  im  Laufe  der  letzten  Jahrhunderte  fast  alles  Bedeutende  all- 
lählich  auf  gesetzlichem  oder  ungesetzlichem  Wege  nach  dem  Westen  zu 
ringen  verstanden.  So  kam  der  berühmte  Platocodex  durch  Clarke  aus 
on  stillen  Klosterräumen  von  Patmos  nach  England,^)  wertvolle  Exem- 
lare  heiliger  Schriften  durch  Tischendorf  vom  Sinai  nach  Leipzig  und 
'etersburg,  anderes  durch  Minoides  Mynas  vom  heiligen  Berge  nach  Paris 
nd  durch  russische  Reisende  wie  Porphyrios  Uspenskij  nach  Moskau  und 
'etersburg.  Es  ist  daher  kein  Wunder,  dass  die  Hoffnungen,  die  sich  an 
ie  orientalischen  Bibliotheken  geknüpft  hatten,  durch  die  in  der  letzten 
ieit  bekannt  gewordenen  Inventare  auf  ein  sehr  bescheidenes  Mass  von 
Wirklichkeit  zusammengeschwundon  sind.  Die  zwei  wertvollsten  Stücke, 
ie  noch  in  der  neueren  Zeit  ans  Licht  traten,  der  von  Lampros  ge- 
undene  Athoscodex  des  Hermas  und  die  von  Bryennios  veröffentlichte 
fiSaxrj  gehören  der  christlichen  Litteratur  an.  Was  sich  noch  an  klassi- 
chen  Texten  vorfindet,  sind  meist  ganz  wertlose,  oft  sogar  aus  Drucken 
bgeschriebene,  mit  einer  sogenannten  Psychagogie  d.  h.  mit  einer  neu- 
riechischen  Interlinearparaphrase  versehene  Schulhefte  der  letzten  Jahr- 
underte.  Selbst  die  alte  und  von  den  Stürmen  der  Zeit  wohl  am  besten 
erschonte  Klosterbibliothek  in  Patmos  besitzt  von  antiken  Profan- 
exten nur  einen  nicht  einmal  besonders  hervorragenden  Diodor  aus  dem 
1.  Jahrhundert.  Ähnlich  steht  es  in  den  Bibliotheken  des  Athos,  des 
linai,  des  alten  Serai  und  in  den  kleineren  Sammlungen  zu  Smyrna, 
iCsbos  u.  8.  w.  Den  Hauptbestand  bilden  überall  dogmatische,  liturgische 
ind  asketische  Werke,  ausserdem  die  Schul-,  Erbauungs-  und  Hilfsbücher 
ler  jüngsten  Generationen.  Eine  reichere  Ausbeute  ergibt  sich  nur  für 
lie  byzantinischen  Studien;  in  dem  bis  jetzt  veröffentlichten  Teile  des 
fatalogs  der  Athosklöstor  finden  sich  z.  B.  zahlreiche  Schriften  des 
^hotios,  Psellos,  Ptochoprodomos,  Philes,  Nikephoros  Kallistos  Xanthopulos, 
Übersetzungen  des  Planudes,  Rätsel  und  Orakel  Leons  des  Weisen,  Briefe 
las  Michael  Glykas,  Schriften  zum  Barlaamstreit,  polemische  Abhandlungen 
;egen  Mohamed  und  die  römische  Kirche.  Dazu  kommen  vulgärgriechi- 
che  Texte  wie  Stephanites  und  Ichnelates,  eine  Spaneasversion,  die  grie- 
hische  Manekinlegende,  der  von  W.  Wagner*)  veröffentlichte  'AXtpaßr/rog 
cctavvxtixog  und  ein  ähnliches,  wie  es  scheint,  noch  unediertes  Gedicht, 
>ndlich  ein  vulgärgriechisches  Lexikon.  Auffallend  ist  die  Armut  an 
»yzantinischen  Historikern  und  Chronisten,  die  fast  nur  durch  Manasses 
ind  Glykas  vertreten  sind. 


')  Die  näheren  Umstände  dieser  ,Ent-  !           ')  Garmina  Graeca  raedii  aevi  S.   242 

thmng*   erzählt    nach    dem   Berichte    von  \  bis  247;  im  Athoscodex  lautet  der  Titel:  '^lA- 

Lagenzeugen  J.  Sakkelion,  JeXtloy 2  (1885  ,  (paßtjtos  xarayvmixfj, 

18  1889)  427.  i 


508 


BysantiniBche  Litteraturgeschichie.    I.  Prosaische  Litteratar« 


Bei  dieser  flüchtigen  Skizze  müssen  wir  es  vorerst  bewenden  lassen. 
Da  es,  wie  bemerkt,  an  umfassenden  und  verlässigen  Vorarbeiten  über 
den  Umfang  der  byzantinischen  Lektüre  fehlt,  mag  es  nicht  überflüssig 
sein,  zum  Schlüsse  noch  die  wichtigsten  Hilfsmittel  zu  nennen,  die  bei 
einer  Untersuchung  dieses  Gegenstandes  dienlich  sein  dürften.  Den  Aua» 
gangsgunkt  bildet  die  Bibliothek  des  Photios;  da  jedoch  die  AuswaU 
der  hier  beschriebenen  Bücher  auf  Zufall  und  Willkür  beruht,  dürfet 
natürlich  nur  aus  seinen  positiven  Angaben,  nicht  aus  seinem  Schweigei 
Schlüsse  gezogen  werden.  Schwieriger  wird  die  Prüfung  der  Frage  hä 
Suidas,  Eustathios  und  Tzetzes.  Die  byzantinische  Unsitte,  alte  Auto- 
ren aus  zweiter  oder  dritter  Quelle  anzuführen,  bereitet  auf  Schritt  und 
Tritt  Fallstricke.  Wie  sehr  diese  Scheinzitate  früher  irregeführt  haben, 
lässt  das  eine  grossartige  Beispiel  der  Quellenuntersuchung  des  Suidas 
immer  deutlicher  erkennen.  Ausser  diesen  Hauptautoren  kommen  natöp- 
lich  die  Handschriften  der  alten  Texte  selbst  in  Betracht,  dazu  die  Masse 
byzantinischer  Scholien,  rhetorische  t5l}ungsstücke,  Briefe,  selbst  Geschichts- 
werke und  Chroniken.  Aus  diesen  weiter  abliegenden  Quellen  muss  das 
Material  zum  grössten  Teil  erst  beschafft  werden.  Man  sieht,  welche 
Summe  philologischer  Erudition  eine  erfolgreiche  Untersuchung  dieses  Pro- 
blems voraussetzt. 

Bequemer  liegen  die  Nachrichten  in  einigen  Katalogen  byzantini- 
scher oder  aus  byzantinischer  Zeit  stammender  Bibliotheken.  Leider  sind 
von  älteren  Verzeichnissen  griechischer  Handschriften  nur  wenige  bekannt 
geworden,  und  auch  diese  lassen  sich  an  Reichtum  des  Inhalts  mit  den 
neuerdings  massenhaft  ans  Licht  gezogenen  Registra  abendländischer 
Bibliotheken  des  Mittelalters  nicht  vergleichen.')  Hieher  gehört  das  Bücher- 
inventar des  von  Michael  Attaliates  1077  gestifteten  Klosters,  das  frei- 
lich nur  die  notwendigsten  kirchlichen  Werke  aufweist,  und  der  im  An- 
fange des  18.  Jahrhunderts  von  Chrysanthos  Notaras  abgefasste  sum- 
marische Katalog  der  in  den  Athosklöstern  aufbewahrten  Handschriften. 
Ein  vortreffliches  Material  für  die  Einsicht  in  den  Charakter,  das  An- 
wachsen und  Verkommen  byzantinischer  Klosterbibliotheken  besitzen  wir 
in  mehreren  alten  Katalogen  der  Bibliothek  zu  Patmos,  die,  mit  den 
jüngsten  Verzeichnissen  und  mit  dem  gegenwärtigen  Bestände  verglichen, 
uns  die  Geschichte  dieser  altehrwürdigen  Bücherei  mit  unerwarteter  Ge- 
nauigkeit feststellen  lassen.  Der  älteste  dieser  Kataloge  stammt  aus  dem 
Jahre  1201,  ist  also  nur  etwa  ein  Jahrhundert  jünger  als  die  Gründung 
des  Klosters  durch  den  hl.  Christodulos  (1088);  ein  zweiter  entstand  im 
Jahre  1355,  ein  dritter,  noch  unedierter,  im  Jahre  1382.  Sehr  merkwürdig 
sind  die  zwischen  1565  und  1575  in  verwahrlostem  Neugriechisch  ge- 
schriebenen Kataloge  einiger  Privatbibliotheken  in  Konstantinopel  und 
Rodosto  (Rhaedestos).  Unter  vielen  anderen  Kostbarkeiten  verzeichnen 
sie  die  Geschichtswerke  des  Ephoros,  Theopompos,  Philochoros  und 


*)  Eine  kleine  Sammlung  lateinischer 
Bibliothekakataloge  verö£fentlichte  6  u  s  t . 
Becker,  Catalogi  bibliothecanim  antiqui, 
Bonnao  1885.     Eine  reichhaltige  Ergänzung 


und  Fortführung  dieses  Werkes  gab.  Th. 
6  Ott  lieb,  Ueber  mittelalterliche  Biblio- 
theken, Leipzig  1890. 


6.  AlUrtonuiwissenBoluift.  A.  PhiloL  Polyhistoren  u.  SoholiaBien.  (§  215)     509 


unapios,  endlich  gar  24  Komödien  des  Menander  mit  einem  Eom- 
lentar  des  Psellos  und  die  Komödien  des  Philemon,  die  ersteren  sogar 
i  zwei  Exemplaren.  Leider  ist  die  Glaubwürdigkeit  dieser  Freudenbot- 
;faaft  aus  vielen  und  gewichtigen  litterargeschichtlichen  Gründen  ernstlich 
1  bezweifeln.  Wenn  es  mir  auch  nicht  mögHch  ist,  auf  meine  Bedenken 
iher  einzugehen,  so  will  ich  zur  Bezeichnung  meines  Standpunktes  doch 
^merken,  dass  ich  die  auf  die  genannten  Historiker  und  Komödiendichter 
3züglichen  Angaben  der  Verzeichnisse  für  eine  absichtliche  Fälschung 
ilte.>)  Nach  Gründen,  die  zu  einer  so  plumpen  Mystifikation  führen 
ochten,  braucht  man  in  jener  Blütezeit  der  Schwindellitteratur  und  des 
andschriftenhandels  nicht  lange  zu  suchen.  Immerhin  wäre  es  eine 
inkenswerte  Aufgabe,  diese  Kataloge  ausführlich  durchzunehmen  und  zu 
>mmentieren.  Heute  ist  in  Rodosto  nur  noch  eine  griechische  Hand- 
;hrift  (geographisch-historischen  Inhalts)  vorhanden.  Endlich  sind  die 
3ute  noch  auf  ehemals  byzantinischem  Boden  erhaltenen  Biblio- 
leken  zu  berücksichtigen.  Die  erste  Stelle  behaupten  die  grossen  Büche- 
den der  Athosklöster;  ihnen  folgen  die  Bibliotheken  aufPatmos,  auf  dem 
inai,  in  den  Patriarchaten  zu  Jerusalem  und  Alexandria,  in  Ghalke,  im 
ten  Serai,  in  der  evangelischen  Schule  zu  Smyma,  im  Limonkloster  auf 
esbos  u.  s.  w.  Die  Handschriften  des  Königsreichs  Griechenland  sind 
tzt  in  der  Universitätsbibliothek  zu  Athen  vereinigt. 

1.  Alte  Haodschriftenkataloge:  Das  Bdcherinventar  des  von  Michael  Attaliates 
.;stifteUn  Klosters  ed.  K.  N.  Sathas,  A/ecr.  ßißX.  1  (1872)  49  ff.  Vgl.  S.  317.  —  Das  pat- 
Lsche  Inventar  von  1201  edierte  mit  Kommentar,  Mitteilungen  über  die  späteren  Kataloge 
s.  w.  Ch.  Diehl,  Le  trösor  et  la  bibliothöque  de  Patmos  au  commencement  du  13®  si^ole, 
.  Z.  1  (1892)  488—525.  —  Den  patmischen  Katalog  von  1355  edierte  aus  Cod.  Vatic.  1205 
.Mai,  Nova  patrum  bibliotlieca,  vol.  6  (Romae  1853)  pars  2  S.  537—539;  darnach 
iederholte  ihn  Migne,  Patrol.  gr.  149,  1049  —  1052;  endlich  edierte  ihn  ohne  Kenntnis 
m  diesen  Drucken  W.  Studemund,  Philologus  26  (1867)  167—173.  ~  Ein  kleines 
sih Verzeichnis  des  Klosters  von  Gasöle  bei  Otranto  ed.  H.  Omont,  Kevue  des  ^t.  gr.  3 
890)  389  f.  Vgl.  S.  318.  —  Vier  alte,  lateinisch  geschriebene  Kataloge  griechischer 
asilianerklöster  ed.  P.  Batiffol,  Vier  Bibliotheken  von  alten  basilianischen  Klöstern  in 
nteritalien,  Rom.  Quartalschr.  3  (1889)  31—41.  —  Vgl.  P.  Batiffol,  L*abbaye  de  Rossano, 
iris  1891.  —  Katalog  des  Chrysanthos  Notaras  bei  K.  N.  Sathas,  Meir,  ßißX.  1  (1872) 
ri  —284.  —  Einige  Kataloge  des  16.  Jahrh.  (des  Patriarchats,  des  Anton  Kantakuzenos 
8.  w.)  ed.  A.  Possevin,  Apparatus  sacer  ad  Script,  vet.  et  novi  Testamenti,  Köln  1608 
11,  Appendix  S.  44  ff.  —  Die  Kataloge  der  Privatbibliotbeken  in  Konstantinopel  und 
odo6to.(um  1570)  sind  ed.  von  R.  Foerster,  De  antiquitatibus  et  libris  mss  Gpolitanis, 
ostock  1877.  Dazu  vgl.  K.  N.  Sathas,  Sur  les  commentaires  byzantins  relatifs  aux 
•m^ies  de  Menander  etc.,  Annuaire  de  Tassoc.  9  (1875)  187—222,  und  Bratke,  Das 
hicksal  der  Hss  in  Rodosto  bei  Kpel,  Theolog.  Literaturbl.  15  (1894)  66  f.  —  Aeltere 
italoge  lateinischer  und  griechischer  Handschriften  sind  mitgeteilt  von  Leopold  Delisle, 
)  cabinet  des  mss  de  la  biblioth^que  nationale.  4  voll.,  Paris  1868—1881  (s.  den  Index 
^  3.  Bandes).  —  K.  Boysen,  Ein  catalog  der  griechischen  Mss  der  bibliothek  von 
»ntainebleau,  Philologus  41  (1882)  753—755.  —  Das  Inventar  der  griechischen  Hand- 
hriften  des  Johannes  Laskaris  nebst  einigen  Briefen  desselben  ist  mitgeteilt  von  Pierre 
)  Nolhac,  Mölanges  d'archäologie  et  d'histoire  de  T^cole  fran9.  de  Rome  6  (1886)  251 
i  274.  —  Zwei  Kataloge  aus  den  Jahren  1572  und  1578  ed.  £.  Legrand,  Notice  bio- 
aphique  sur  Jean  et  Thöodose  Zygomalas,  Paris  1889  S.  137—155.  —  Einen  Katalog 
s  Vaticana  vom  Jahre  1295  ed.  P.  Ehrle,  Archiv  f&r  Litteratur- und  Kirchengeschichte 


')  Obschon  selbst  ein  Forscher  wie  Fr. 
Icheler,  Philologische  Kritik,  Bonn  1878 
11,    diese  Kataloge   als  glaubwürdig   be- 
ichtet    Auch  K.  Sittl  glaubt   dieselben 
r   Widerlegung  der   Fabel  von   der  Ver- 


brennung der  Profandichter  durch  byzan- 
tinische Theologen  (s.  S.  505  f.)  verwerten 
zu  dürfen.  Berliner  philol.  Wochenschr.  1890 
S.  472. 


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510  Bysantinische  Litteratargeschiohie.    I.  Proamiflohe  Litteraiiir. 

des  Mittelalters  1  (1885)  21  ff.  —  Einen  Katalog  der  Vaticana  von  1311  ediert  nnd  b»  ^ 
spricht  J.  L.  Heiberg,  Les  premiers  mss  grecs  de  la  biblioth^ue  papale,  Bnlletia  di 
l'acad^mie  royale  Danoise  des  sciences  et  des  lettres,  s^ance  du  4  d^c.  1891.  —  P.  Ba> 
tiffoly  Les  mss  grecs  de  Lollino,  ev^que  de  Bellune.  Recherches  ponrsenrir  k  rhistoiii 
de  la  Vaticane,  M^langes  d'archöologie  et  d*histoire  de  F^cole  fnm^.  de  Rome  9  (1881) 
28—48.  ~  Einen  Katalog  des  15.  Jahrhunderts  ed.  ans  Cod.  Barocc.  230  W.  Allen,  Ai 
ancient  Greek  monastery  catalogue,  The  Journal  of  philology  19  (1890)  65—68.  —  H 
Omont,  Inventaire  des  mss  grecs  et  latins  donn^s  ä  Saint- Marc  de  Veniee  par  le  cardiiiä 
Bessarion  (1468),  Revue  des  bibliothäques  4  (1894)  129—187.  —  H.  Omont,  Le  premi« 
catalogue  des  mss  grecs  du  cardinal  Ridolfi,  Bibl.  de  FEcole  des  chartes  49  (1888)  809-324 
—  H.  Omont,  Catalogue  des  manuscrits  grecs  d'Antoine  Eparque  (1538),  Bibliotli^ne  de 
r^cole  des  chartes  53  (1892)  95—110  (zum  Schluss  ein  Verzeichnis  der  Hss  der  Paria« 
Nationalbibliothek,  welche  nachweislich  von  Anton  Eparchos  stammen).  -—  H.  Omont, 
Catalogue  des  mss  grecs  de  Fontainebleau  sous  Fran^ois  1  et  Henri  II,  Paria  1889.  - 
Ein  kleines  Verzeichnis  von  Büchern,  die  am  Ende  des  13.  Jahrhunderts  in  Theaaalooib 
für  ein  Kloster  gekauft  wurden,  ed.  H.  Usener,  Jahns  Jahrb.  107  (1873)  147.  —  L^oi 
Dorez,  Un  document  sur  la  bibliothöque  de  Theodore  Gaza,  Revue  des  bibliothöqius  I p! 
(1893)  385—390  (Notariatsakt  v.  J.  1477).  —  Eine  kleine  Bücherliste  enthält  daa  Te8fti> 
ment  des  kretischen  Schreibers  Neilos  Damilas  aus  dem  Jahre  1417.  Zoerst  ed.  von  K 
Legrand,  Testament  de  Nil  Damilas,  Revue  des  ^t.  gr.  4  (1891)  178-  181;  dann  korrekte  ff 
von  Spyr.  F.  Lambros,  Das  Testament  des  Neilos  Damilas,  B.  Z.  4  (1895)  585 — 587.  - 
Auszug  aus  dem  Kataloge  der  griech.  und  lat.  Hss  des  Kardinals  Sirlet  bei  E.  Miller,  Catalogii 
des  mss  grecs  de  la  bibl.  de  TEscurial,  Paris  1848  S.  306—332.  —  H.  Laemmer,  OiP 
Leonis  AÜatii  codicibus  qui  Romae  iu  bibliotheca  Vallicelliana  asservantnr,  Freibnrg  IBM  ^ 
(mir  unzugänglich).  —  Hauptwerk  für  die  Kenntnis  der  alten  Kataloge  griechischer  Ha  BJ 
in  spanischen  Bibliotheken:  Ch.  Graux,  Essai  sur  les  origines  du  fonds  grec  de  YEt  ^ 
curial,  Paris  1880  (=  Bibl.  de  TEcole  des  Hautes  Etudes  46.  fasc).  Hier  S.  418-417 1^^ 
auch  ein  Katalog  von  Hss  des  Antonios  Eparchos  (vgl.  die  oben  angeführte  Arbeit  tci 
H.  Omont).  —  Manches  hierher  gehörige  Material  enthält  auch  das  vortreffliche  Werk  va 
P.  Ehrle,  Historia  bibliothecae  Romanorum  pontificum,  Tomus  1,  Rom  1890.  —  Verschiedena 
ältere  Handschriftenkataloge  in  den  Codd.  Barb.  II  23,  II  71,  11  89;  Vallicell.  C.  28  n.&    y. 

2.  Gegenwärtiger  Bestand  im  Orient: 
1.  Die  Bibliotheken  der  Athosklöster  sind,  nachdem  frühere  Besucher  wie  Vit 

loison,  Fallmerayer,  Minoides  Mynas,  E.  Miller  u.  a.  einzelne  Notizen  mitgeteilt  hattei, 
im  Auftrage  der  griechischen  Regierung  von  Sp.  Lampros  genau  inventansiert  wordei.  )"- 
Der  summarische  Bericht  desselben  an  die  Kammer  {y^c^eatg  nqog  xijy  ßovXrjy)  wurde  gleicl- 
zeitig  zweimal  ins  Deutsche  tibersetzt,  von  August  Boltz,  Die  Bibliotheken  der  Kldst« 
des  Athos,  Bonn  1881,  und  von  Heinrich  von  Rickenbach,  Ein  Besuch  auf  dem  Bergi 
Athos,  Würzburg  1881.    Von  dem  ausführlichen  Kataloge  selbst  wurde  zuerst  ein  kleiner 
Teil  in  Griechenland  gedruckt:  Sp.  P.  Lampros,  KaxdXoyog  rtoy  iv  rats  ßißXio^xaig  tm 
'Ayiov  *t)Qovg  iXXrji'.  xtodlxtüy,  Tofiog  a,  fi^gog  «',  Athen  1888.   Jetzt  wird  der  ganze  Katalog 
in  weit  besserer   Anlage   und  Ausstattung  in  England   veröffentlicht.     Bis  jetzt  erschiei: 
Sp.  P.  Lampros,  KaTaXoyog  xtHv  iv  raTg  ßißXiodijxaig  tov  Uyiov'Ogovg  iXXtjvtxwy  xtodixtnf, 
Touog  nQvSrog  (mit  dem  englischen  Nebentitel:  Catalogue  of  the  greek  manuscripts  of  Mount  \ 
Atnos,  vol.  I),  Cambridge,  University  Press  1895.    Vgl.  die  Besprechung  von  K.  K.,  B.  Z.  1 
5  (1896)  214  ff.  —  Dazu  Sp.  P.  Lampros,    flegl  xiHv  naXiiÄxfnjartoy  xtadixfoy  riay  'Ayt^   ] 
QSitixay  ßißho&rjxüSy^  Athen  1888.  —  Vgl.  Sp.  P.  Lampros,  EXXrjytxd  xstgoyoatfa,  'Earia  v. 
8.  Aug.,  24.  Okt.,  21.  Nov.  1893  (Nr.  32, 43,  47)  (Beschreibung  und  Facsimile  einiger  Athoshss). 
^.  Katalog  der  Bibliothek  im  Kloster  des  hl.  Johannes  auf  Patmos:  J.  Sakkelion, 
nujfjLittXfj  ßißXiodrjxtj,  Athen  1890.  Vgl.  die  Besprechungen  von  G.  Destunis,  Joum.  Min. 
1891  Bd  274  Aprüheft  S.  426—437,  und  A.  A.  Dmitrijevskij,  Bibliographische  Notizen 
1  (Moskau  1892)  253- 259  (russ.).   Weitere  Nachträge,  namentlich  Notizen  über  die  28  Hss, 
welche  in  Sakkelions  Katalog  nicht  beschrieben  sind,  gab  A.  A.  Dmitriievskij,  Patmische 
Skizzen,   Kiev  1894  (zuerst  in  den  Trudy  Kievskoj  duch.  ak.  1892—1894).     Vgl.    die   Be- 
sprechung von  N.  Krasnoseljcev,  Viz.  Vr.  1  (1894)  723—732. 

3.  Sinaikloster:  V.  Gardthausen,  Catalogus  codicum  Graecorum  Sinaiticoruni, 
Oxford  1886. 

4.  Jerusalem:  A.  Papadopulos  Kerameus,  'leQoaoXvfuuxij  ßißXio&fjxrj ,  auf 
4  Bände  berechnet,  bis  jetzt  Bd  1.  11.,  Petersburg  1891.  1894.  Vgl.  die  Besprechungen  von 
D.  Beljajev,  Joum.  Min.  1892  Bd  281  Maiheft  S.  184-207;  von  K.  K.,  B.Z.  1, 622 f.;  3, 638  f.; 
von  E.  Kurtz  Viz.  Vr.  1  (1894)  683—690.  —  Zur  Ergänzung  des  Katalogs  dienen  die 
„Analekta*,  in  welchen  eine  Blumenlese  unedierter  oder  seltener  Texte  aus  den  Hss  der 
zum  Patriarchat  Jerusalem  gehörigen  Bibliotheken  herausgegeben  werden  soll:  A.  Papa- 
dopulos  Kerameus,  ^JyuXsxta  IsQoaoXvjuiuxijg  araxvoXoylagj  bis  jetzt  voll.  I.  IL,  Peten- 


6.  AlUrtamswisflenschaffc.  A.  Philol.  Polyhistoren  u.  8eholiaBt«n.  (§  215)     511 

borg  1891.  1894.  Ueber  den  Inhalt  s.  B.  Z.  1,  623;  4, 180.  —  Zur  Geschichte  der  Biblio- 
theken in  Palästina:  Alb.  Ehrhard,  Die  griechische  Patriarchalbibliothek  von  Jerusalem. 
]•  Die  fr&heren  Bibliotheken  in  Palästina.  II.  Die  Bibliothek  des  hl.  Grabes,  Rom.  Quat- 
tAlscbr.  5  (1891)  217-265;  329-331;  383-384  und  6  (1892)  339-365.  —  Alb.  Ehr- 
bar d,  Das  Kloster  zum  heiligen  Kreuz  bei  Jerusalem  und  seine  Bibliothek,  Histor.  Jahrb. 
der  Görresges.  13  (1892)  158—172.  —  Alb.  Ehrhard,  Der  alte  Bestand  der  griech.  Patri- 
archalbibl.  von  Jerusalem,  Centralbl.  f.  Bibliothekswesen  9  (1892)  441-459.  —  Alb.  Ehr- 
hard,  Das  griechische  Kloster  Mar-Saba  in  Palästina,  Rom.  Quartalschr.  7  (1893)  32—79. 

5.  Smyrna:  Die  Handschriften  der  „evangelischen  Schule"  in  Smyma  beschrieb 
A*  Papadopulos  Kerameus,  KataXoyos  ttSv  x^^Q^YQ^V^*'  ^V^  ^^  ^/^^Q^V  ßißXio&tjxrjg 
t^g  evayyshxijg  tf/oA^f,  Smyrna  1877. 

6.  Lesbos  etc.:  Papadopulos  Kerameus  unternahm  im  Auftrage  des  Fürsten Theod> 
A.  Maurogordatos  mehrere  Reisen  in  der  Türkei  (Lesbos,  Thrakien,  Makedonien  u.  s.  w.), 
um  die  zerstreuten  kleineren  Bibliotheken  zu  durchforschen,  und  veröifentliohte:  MavQo- 
yopdäwetog  ßißXtod^tjxtj  ^toi  yeyixog  nBQi^yQafpixog  xaxdXoyog  rdiv  iv  xaTg  ard  rrjy  dva- 
foX^Bf  ßtßXio&^xaig  evQMxofieyoßy  iXXtjvixtjy  /ee^o^/^a^poiK,  Konstantinopel  1884 — 1886,  als 
Beilage  zum  15.,  16.  und  17.  Bande  der  Publikationen  des  'EXXtjy,  tpiXoXoy,  avXXoyog. 

7.  Konstantinopel:  Bibliothek  desSyllogos:  A.  Papadopulos  Kerameus, 

JSMTaXoyog  xtüy  iy  r^  iXJii]yix(^  q>iXoXoyix(^  avXX6y<^  xBiQoy^fptay  ßißXitay,    Migog  nQoiroy, 

^vXXoyog^  U^jjfoioAo/.  imxQontj,  httQdgirjfAa  xov  x — xß'  xofiov  (1892)  S.  76 — 126.    —    Den 

Katalog  des  Msxox'oy  xov  dylov  xdtpov  in  Kpel  ed.  K.  Sathas,    Maa,   ßtßX.  1  (1872)  287 

bis  312.  —  Die  kühnsten  Hofhiungen  hatte  man  auf  die  bis  vor  kurzem  in  geheimnisvolles 

I>iuikel- gehüllte  Büchersammlung  des  alten  Serai  geknüpft,  in  der  man  Reste  der  Paläo- 

logenbibBothek  vermutete.     Wenn  den  Besuchern  alles  gezeigt  worden  ist,   woran  sich 

freilich  noch  zweifeln  lässt,  so  schwindet  die   erwartete  Fülle   auf  einige  Dutzend  Hand- 

sidiriften  bekannter  Texte  (Pol^bios,  Aristoteles'  Zoologie,  Taktiker  u.  s.  w.)  zusammen. 

Die  besten  Aufschlüsse  über  die   Seraihandschriften  gab   Fr.  Blass,   Hermes   23  (1888) 

219—233;  622—625.   —   Unzugänglich  ist  mir:   F.  Godera,   Catalogues  de  biblioth^ues 

de  Constantinople,  Boletin  de  la  Real  Academia  de  la  Historia  18  (1891)  Fase.  4—6. 

8.  Bibliothek  des  Klosters  der  Gottesmutter  zu  Petritzos  bei  Philip- 
popel: Mitteilungen  von  P.  N.  Papageorgiu,  'HfiCQoXoyioy  x^g 'AyaxoX^g  1887  S.  115  £f. 
und:  Berl.  philol.  Wochenschr.  1887  S.  821  ff. 

9.  Bibliothek  des  Johannesklosters  bei  Serres:  Mitteilungen  über  diese  bis- 
her Ton  niemand  erwähnte  Bibliothek,  die  96  Pergamenthss  besitzt,  gab  P.  N.  Papa- 
georgiu, B.  Z.  3  (1894)  319-325.  Ein  vollständiger  Katalog  von  Chr.  Demetriades 
iflt  angeeckt.     Ueber  weitere  Hss  in  Serres  s.  Papageorgiu  a.  a.  0.  S.  286—288. 

10.  Kloster  des  hl.  Demetrios  (Thessalien):  Mezi^res,  Memoire  sur  le  Pelion 
•t  rOssa,  Archives  des  missions  scientifiques,  tome  3  (1854)  248—250. 

11.  Klosterbibliothek  auf  der  Insel  Andres:   Katalog   von  Konst.  Pleziotes 
>    bei   Ani.  Meliarakes,  'Ynofiyjjuaxa  nsQiyQafpixd  xtoy   KvxXddioy  yijctay  "Jy^^og,  K^tog, 

AÜien  1880  S.  161 — 181.  —  J.  D.  Tzetzes,  Td  fAovcixd  x^t^QoyQ{tq)a  xrjg  iy  "Jyd^a)  fxov^g 
^modoxov  nrjyrjg,  UoQyaocog  12  (1888)  134—149. 

12.  Bibliothek  auf  der  Insel  Leros:  Verzeichnis  bei  Oikonomopulos,  Abqiu- 
Xff  ^woi  /»^o^^^cr^/a  x^g  yijaov  AiQov,  Athen  1888. 

13.  Klosterbibliothek  von  Bylize  (bei  Arta):  Sp.  P.  Lampros,  'H  fÄoyrj  BvXiZtjg 
tat  td  iy  ttvxß  /et^o'/^a^a,  JsXxioy  4  (1892—1894)  353—356. 

14.  Sinope:AnthimosAlexudes,  JlBQiyQafprj  x^^QoyQdtptay  ßißXltoy  xijg  ir  Ziytonji 
miywÄ^c  n^fJQ,  'ExxX.  'AX.  15  (1895)  23  f.;  39  f. 

15.  Berat  (Epirus):  P.  Batiffol,  Les  manuscrits  grecs  de  Berat  d'Albanie  et  les 
codex  pnrporeus  ^,  Archives  des  missions  scientifiques  III®  särie,  tome  13  (1887)  437—556. 

16.  Athen:  6.  P.  Kremos,  KaxdXoyog  xtHy  x^^QoyQdtpwy  x^g  i&yixi^g  xal  x^g  xoii 
nurentcttj/Aiov  ßtßXio^xijg,  Athen  1876  (wurde  nie  veröffentlicht).  —  Joh.  Sakkelion 
und  Alk.  Sakkelion,  KaxdXoyog  xtSy  x^^9^9^^^*^  ^^i  i&yix^g  ßißXio&ijxtjg  xrjg  'EXXdSog, 
Athen  1892  (nmfasst  1856  Hss,  allerdings  meist  aus  der  neueren  Zeit).  —  W.  Reich, 
Ueber  die  Palimpeeste  der  Universitäts-  und  Nationalbibliothek  in  Athen,  Festgruss  an 
E  Heerwagen,  Erlangen  1882  S.  91-  101  (bespricht  8  bedeutungslose  Palimpseste). 

17.  Kairo:  Katalog  der  griechischen  Hss  in  der  Patriarchalbibl.  bei:  0.  Schneider, 
Beiträge  zur  Kenntnis  der  griechisch-orthodoxen  Kirche  Aegyptens,  Dresden  1874  S.  41 — 47. 

18.  Rumänien:  Kurzes  Verzeichnis  von  K.  'EQßixatdyog,  IvXXoyog,  Eixocineyxa- 
nfKfig,  Uagd^rjua  xcv  irf  xofiov  (1886)  S.  97—102,  wo  auf  einen  ausführlichen  Katalog  in  der 
nur  unzagftnglicnen  rumänischen  Revista  Theologica  t.  III  verwiesen  wird.  Die  meisten  dieser 
Has,  die  ans  den  griechischen  Schulen  in  der  Moldau- Walachei  stammen,  gehören  dem 
17.— 18.  Jaltfh.  an  nnd  enthalten  Schulbücher,  Uebersetzungen  u.  s.  w.  aus  derselben  Zeit; 


512  Byzantinisohe  Litteratnrgesohiohte.    I.  Prosaisohe  Littenttiir. 

die  byzantinische  Litteratur   ist   nur  durch   bekannte  Schriften   wie   des  Prodromoe  Tet» 
sticha,  Enkomien  des  Johannes  £uchaites,  Uebersetzungen  des  Planudes  a.  s.  w.  veiintü, 

3.  £in  Verzeichnis  der  Sammlungen  griechischer  Uss  im  Abendlande  aal 
in  Russland  findet  man  bei  V.  Gardthausen,  Griechische  Paläographie,  Leijoig  1871 
S.  430 — 440.  Hier  seien  noch,  ohne  Streben  nach  Vollständigkeit,  einige  nach  dem  & 
scheinen  des  Buches  von  Gardthausen  veröffentlichte  Kataloge  notiert: 

1,  Deutschland:  G.Studemund  e  t  L.  C  oh  n ,  Codices  ex  bibliotheca  Meermannita 
Phiilippici  graeci  nunc  lierolinenses,  Berlin  1890.  —  Catalogus  codicum  graecomm  qm  ■ 
bibliotheca  urbica  Vratislaviensi  adservantur.  Breslau  1889.  —  H.  Omont,  Catalogne 
des  mss  grecs  des  bibliotheques  des  villes  Uans^atiques  Uambourg,  Brdme  et  Labec^ 
Centralbl.  für  Bibliothekswesen  7  (1890j  351—377.  —  Nur  wenige  und  meist  ganz  joaa 
griechische  Hss  verzeichnen  die  bis  jetzt  erschienenen,  von  W.Meyer  bearbeiteten  Biodi 
des  Werkes:  Verzeichnis  der  Hss  im  preuss.  Staate,  Band  1  Teil  1 — 3,  Berlin  1893 — 189i 

x^.  Frankreich:  Das  meiste  that  hier  U.  Omont.  Durch  einen  kurzgefante 
Katalog  der  griechischen  Hss  der  Nationalbibliothek  und  der  übrigen  französischen  Biblio- 
theken, durch  Veröffentlichung  von  Facsiroileausgaben,  von  älteren  Hss-Katalogen,  va 
Monographien  über  griechische  Kopisten  und  Händler  u.  s.  w.  hat  er  über  die  Herkont 
und  Geschichte  der  griechischen  Hss  reichliches  Licht  verbreitet.  H.  Omont,  Inventain 
sommaire  des  niss  grecs  de  la  bibliothdque  nationale,  3  voll.,  Paris  1886 — 1888  (m 
4.  Band  soll  die  Einleitung  und  den  Text  bringen).  —  H.  Omont,  Facsimil^  des  bm 
grecs  dat^s  de  la  bibliothdque  nationale  du  IX^'  au  XIV^'  siecle,  Paris  1891.  —  H.  Omont, 
Les  mss  datös  des  XV*^^  et  XVh'  siecles  de  la  bibliothäque  nationale  et  des  autrea  bibli»' 
thöques  de  France,  Revue  des  biblioth^ues  2  (1892)  Janvier— Juin.  —  H.  Omoot. 
Facsimil^s  de  mss  grecs  des  XV^  et  XVI^  siöcles,  Paris  1887. 

3.  Italien:  Bologna:  A.  Olivieri,  Indice  de'  codici  greci  Bolognesi,  Studi  itiL 
di  ülol.  classica  3  (1895)  385—496.  —  V.  Puntoni,  Indicis  codicum  graecomm  Bono- 
niensium  ab  AI.  Olivierio  compositi  supplementum,  Studi  ital.  di  ülol.  classica  4  (1896) 
365—378.  —  Florenz:  E.  Rostagno  e  N.  Festa,  Indice  dei  codici  greci  Lanrenzini 
non  compresi   nel   catalogo   del  Bandini,    Studi  ital.   di  ülol.  classica   1    (1893)    129—231 

—  G.  Vitelli,   Indice   de*  codici   greci  Riccardiani,   Magliabechiani   e  Marucelliani,  Stoi 
ital.   di   filol.    classica  2  (1894)  471—570.   <--    Genua:   Alb.  Ehrhard,  Die  griechiscba 
Hss  von  Genua,    Centralbl.   für  Bibliothekswesen    10  (1893)  189-218.    —    Grotta  Fex- 
rata:    Ant.  Kocchi,    Codices  Cryptenses  seu    Abbatiae    Cryptae  Ferratae    in   TuscnlaM 
digesti   et  iJlustrati,  Tusculani  1883.  —  Zur  Geschichte  des  Klosters  und   der  Bibliothek: 
Ant.  Hocchi,   De   coenobio  Cryptoferratensi  eiusque  bibliotheca  et  codicibus   praesertia 
graecis    commeutarii,    Tusculi    1893.    —    Neapel:   Gius.    Jorio,     Codici    ignorati  neUe 
biblioteche   di   Napoli.      Fase.   I.    Leipzig.  0.  Hairasowitz   1892.      Das    Werk   ist  auf  10 
Hefte    berechnet,   wovon    das    7.    einigen    Byzantinern   wie  Zonaras,    Psellos,   Phrantz«, 
Plethon  u.  s.  w.  gewidmet  werden  soll.  —  Perugia:  Tb.  W.  Allen,  The  greek  mss  rf 
Perugia,  Centralbl.  für  Bibliothekswesen  10(1893)470-476.  —  W.  Weinberger,  Zu  den 
griechischen  Hss  von  Perugia,  Centralbl.  f.  Bibliothekswesen  11  (1894)  405  f.  —  Rom:  Henr. 
Stevenson  Senior,  Codices  mss  Palatini  graeci  bibliothecae  Vaticanae,  Rom  1885.  —  Uenr. 
Stevenson  Senior,  Codices  mss  graeci  reginae  Suecorum  et  Pii  PP.  U  bibliothecae  Vaticanie, 
Rom  1888.  —  E.  Feron  et  F.  Battaglini,  Codices  mss  graeci  Ottoboniani  bibliothecae  Vati- 
canae, Rom  1893.  —  Cas.  Stornajolo,  Codices  Urbinates  graeci  bibliothecae  Vaticanae,  Ron 
1895.  —  Fr.  Bancalari,  Index  codicum  graecorum  bibliothecae  Casanatensis,  Studi  itaL  £ 
fUol.  classica  2  (1894)  163—207.  —  Sizilien:  Fr.  Rühl,  Bemerkungen  über  Bibliothekea 
in  Sizilien,  Philologus  47  (1889)  577—588.  —  Ch.  Diehl,  Notices  sur  deuxmss  ä  miniatun, 
de  la  bibliotheque  de  Tuniversite  de  Messina,    Melanges  d*archäol.   et  d'histoire   8   (1888) 
809—322.  —  Turin:   Ein  Katalog   der   bei   Pasini  fehlenden  Hss   wird   von   0.  Zuretti 
vorbereitet.  —  Venedig:  C.  Castellani,   Catalogus   codicum   graecorum   qoi   in   biblio* 
thecam    D.  Marci  Venctiarum  iude  ab  anno  MDCCXL  ad  haec  usque  tempora  inlati  sunt 
Venedig  1895  (der  bis  jetzt  veröffentlichte  Teil  enthält  nur  Klasse  1  des  alten  handschrift- 
lichen Inventars).  —  Verona:  H.  Omont,   Les  mss  grecs   de  la  biblioth^ue  capitulaire 
et  de  la  bibliotheque  communale  de  Verone,  Centralbl.  f.  Bibliothekswesen  8  (1891)  489 — 497. 

—  Kurze  und  zum  Teil  unzuverlässige  Notizen  über  griechische  Hss  in  Modena,  Bo- 
logna, Genua,  Rom  (Biblioteca  Angelica,  Casanatense,  Corsini,  Borghese,  Vittorio  Em- 
manuele, Vallicelliana,  Archivio  di  San  Pietro),  Pistoia,  Lucca  und  Siena  gab  Th.  ^. 
Allen,  Notes  on  greek  mss  in  Italian  libraries,  London  1890.  Im  Vorwort  S.  V— XII 
einige  hier  nicht  wiederholte  Litteraturangaben  über  Beschreibungen  griechischer  Hss  in 
Italien.  —  Einen  zusammenfassenden  Katalog  der  kleinen  Sammlungen  griechischer  Hss  in 
Italien  hat  E.  Martini  ausgearbeitet.  Von  dem  leider  wenig  praktisch  angelegten  Werke 
erschien  bis  jetzt:  E.  Martini,  Catalogo  di  manoscritti  greci  esistenti  nelle  bibüotedie 
italiane,    Vol.  I,  parte  1—2,  Mailand  1893-1896.     Parte  1  enthält:  Mailand  (Bibliot«ea 


6.  AltertamowiMensohaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  u.  SoholiaBten.  (§  215)    513 

nazionale  di  Brera  and  Archivio  del  capiiolo  meiropolitano),  Palermo  (Bibliotecft  nazionale 
und  Museo  nazionale),  Parma  (Biblioteca  Palatina),  Pavia  (Biblioteca Universitaria).  Parte 2 
enthält:  Brescia  (Biblioteca  Querioiana),  Gomo  (Bibl.  Comunale),  Cremona  (Bibl.  Gover- 
nativa),  Ferrara  (Bibl.  Gomunale),  Genua  (Bibl.  Universitaria),  Mantua  (Biblioteca  ed 
Archivio  Gonzaga),  Mailand  (Bibl.  Trivulziana),  Neapel  (Bibl.  dei  Gerolamini)  und  einen 
Appendix  (Mss  varii). 

4.  Spanien:  Ueber  die  alten  Kataloge  s.  V.  Gardthausen,  Griechische  Paläo- 
graphie  S.  431.  —  Ch.  Graux,  Rapport  sur  une  mission  en  Espagne,  Archives  des  mis- 
Bione  scientifiques  III.  s^rie,  t.  5  (1879)  111 — 136.  Damach  besitzt  Spanien  443  griechische 
Hss  in  15  Bibliotheken  und  8  Städten.  —  Ch.  Graux  et  A.  Martin,  Facsimilös  de  mss 
^ecs  d*£spagne.  Paris  1891.  —  Notices  sommaires  des  mss  grecs  d'Espagne  et  de  Portugal 

rCh.  Graux,  mises  en  ordre  et  compl^t^es  par  Alb.  Martin,  Paris  1892  (auch  im 
Bande  der  Nouvelles  archives  des  missions  scientifiques).  —  Dazu  Ch.  Graux,  Essai 
snr  les  origines  du  fonds  grec  de  TEscurial,  Paris  1880  (s.  o.).  —  Die  von  Iriarte  nicht 
katalogisierten  griechischen  Hss  in  Madrid  verzeichnete  E.  Miller,  Catalogue  des  mss 
grecs  de  la  biblioth^que  royale  de  Madrid  (Supplement  au  catalogue  dlriarte),  Not.  et  extr. 
31,  2  (1886)  1-116. 

5.  Schweiz:  H.  Omont,  Catalogue  des  mss  grecs  des  biblioth^ues  de  Suisse. 
6Ale,  Beme,  Einsiedeln,  Genäve,  St.  Galt,  Schaffhouse  et  Zürich,  Centralbl.  f.  Bibliotheks- 
-weeen  3  (1886)  385 — 452.  —  H.  Omont,  Supplement  au  catalogue  des  mss  grecs  des 
bibliotheques  de  Suisse,  Centralbl.  f.  Bibliothekswesen  8  (1891J  22—26. 

6.  Belgien:  H.  Omont,  Catalogue  des  mss  grecs  de  la  biblioth^ue  royale  de 
Sraxelles  et  des  autres  bibliothdques  publiques  de  Belgique,  Revue  de  l'Instruction  publique 
en  Belgique  t.  37  et  38  (1884-1885). 

7.  Holland:  EL  Omont,  Catalogue  des  mss  grecs  des  biblioth^ues  publiques  des 
Fajs-Bas  (Leyde  exceptä),  Centralbl.  f.  Bibliothekswesen  4  (1887)  185—214. 

8.  England:  U.  Omont,  Notes  sur  les  mss  grecs  du  British  Museum,  Bibl.  de 
I*£cole  des  chartes  45  (1884)  314-350. 

P.  Dänemark  und  Schweden:  Ch.  Graux,  Rapport  sur  les  mss  grecs  de  Copen- 
liague,  Archives  des  missions  scientifiques,  IIP  sörie,  tome  6  (1880)  133—242  (mit  fünf 
IFacsimiletafeln).  —  Ch.  Graux,  Notices  sonmiaires  des  mss  grecs  de  Su^de,  mises  en 
ordre  et  compl^t^es  par  Alb.  Martin,  Archives  des  missions  scientifiques,  III^  sörie,  tome  15 
C1889)  293-370. 

10,  Russland:  A eitere  Kataloge  bei  V.  Gardthausen,   Griechische  Paläographie 
S.  438.  —  Dazu:  Archimandrit  Sabbas,   Register  zur  Uebersicht  der  Moskauer  Patri- 
curchal-  (jetzt  Synodal-)Sakristei  und  -Bibliothek,   Moskau  1858  (enthftlt  ein  nach  Autoren 
und  Materien  alphabetisch  geordnetes  Verzeichnis  der  griechischen  Hss  der  Synodalbiblio- 
thek) (russ).  —  Dieses  Buch  wie  der  alte  Katalog  von  Matthaei  sind  jetzt  überholt  durch 
den   neuen  Katalog  von  Archimandrit  Vladimir:  Systematische  Beschreibung  der  Hss 
der  Moskauer  Synodalbibliothek.    Erster  Teil:  Die  griechischen  Hss.    Moskau  1894  (russ.). 
4.  Athos:  Ueber  die  Athosklöster,  ihre  Verfassungsgeschichte,  ihre  Kunstdenkmäler 
Q.  8.  w.  existiert  eine  ansehnliche  Litteratur.  Die  Reihe  der  neueren  Besucher  und  Forscher 
eröffnet  zu  Beginn  des   18.   Jahrhunderts  der  griechische  Arzt   Johannes  Komnenos 
(1657 — 1719).     Sein    JlQoaxvytjraQioy    rov    äyiov  oqovs  tov  "A^tovog    wurde    gedruckt  zu 
Venedig  1701  (und  öfter).    Mit  lateinischer  Uebersetzung  auch  bei  Montfaucon,  Palaeo- 
^aphia   Graeca,   Paris  1708   S.  441-499.    Ueber  sonstige  Schriften  dieses  Komnenos  s. 
K.  N.  Sathas,  NsoBXkrjvtitij  tpiXoloyia  S.  397  f.,  und  oben  S.  300  Anm.  4.  —  Es  folgt  die 
Jle^iodo^   TOV   dyiuvvf4ov  oQovg  rov  "A^tovog  avvts^eiüa  did  crix(oy   nohjix(op  von  dem 
Metropoliten  Porphyrios  von  Nikaea.    Ed.  Montfaucon  a.  a.  0.  S.  501 — 509.  —  In 
unserem  Jahrhundert  durchforschten  den  Athos  vor   allem  Curzon,    K.  E.  Zachariae  von 
Lingenthal,  Grisebach,  Didron,  der  Bischof  Porphyrios  Uspenskij,  Sevastianov,  Ph.  Fallmerayer, 
^  V.  Langlois,  E.  Miller,  Nevrat,  Riley,  E.  J.  Gedeon,  J.  Sixzygowski,  H.  Brockhaus  u.  a. 
Im  folgenden  wird  die  wichtigste  neuere  Litteratur  über  den  Athos  verzeichnet: 

1,  Zusammenfassende  Werke:   Das  litterarisch  bedeutendste  Buch  bleibt  noch 
inuner  Ph.  Fallmerayer,   Fragmente  aus  dem  Orient,   2  Bde,  Stuttgart  1845.     Zweite 
i   mit  einem  Anhange  vermehrte  Auflage  durchgesehen  und  eingeleitet  von  G.  M.  Thomas, 
Stuttgart  1877.  —  A.  Grisebach,  Reise  durch  Rumelien  und  nach  Brussa  im  Jahre  1839,  Göt- 
tingen 1841.  —  Victor  Langlois,  Le  mont  Athos.   Paris  1867.   Als  Einleitung  des  Buches: 
;   Geographie  de  Ptol^möe,  reprod.  photolithograph.  etc.  sous  la  direction  de  M.  Pierre  de  S^wa- 
'   stianoff.  —  Ein  inhaltsreiches  Werk  über  den  Athos  verfasste  Porp h.  Uspenskij.   Es  wurde 
aber  leider  in  einer  sehr  unpraktischen  und  bibliographisch  schwer  fassbaren  Form  veröflfent- 
iicht.     Das  Ganze  besteht  aus  9  Teilen ;   die  8  ersten  haben,  aber  nur  auf  dem  Umschlag, 
den  zusammenfassenden   Doppeltitel:   Christlicher  Orient.    Athos;  der   9.  hat  den  Titel: 
Erste  Reise  nach  den  AthosklOstem  und  Skiten.    Teil  II.  Beilage  zur  2.  Abteilung  dieseil 

fiandbnota  der  kliM.  AltertumiwlMeDBohaft  11,    1.  Abtlg.    2.  Aufl^  ^"^ 


« 


514  Bysantinisolie  LitteraturgeBchiohte.    I.  Prosaüiolie  Iditeimisr.  I  6.  J 

Teiles  (d.  h.  zu  Teil  7  des  ganzen  Werkes).    Die  8  ersten  Teile  haben  ausser  ^^,K^^~f. 
Schlagtitel  verschiedene  Separattitel  wie  Geschichte  des  Athos  (1— 3j,   Erste  Bei«  ii»|[-  ^ 
den  Athosklüstem  und  Skiten  (4—7),  Zweite  Reise  etc.  (8),  Beilage  zum  7.  Teü  (9).  MF*^*^ 
1—6  erschien  zu  Kiew  1877,  Teil  7—9  zu  Moskau  1880—81.    Dazu  kommt  ein  ^mg^'. 
k.  russ.  Akademie  aus  dem    Nachlasse  Uspenskijs  herausgegebenes  Werk:   niritflirhBT^f' 
Orient.    Geschichte  des  Athos,   Teil  III,  Petersburg  1892,  das   eine  Fortsetzung  n  M*  *  Til 
ersten  Teilen  des  oben  genannten  Werkes  zu   bilden  scheint    Vgl.  die  Besprecmmg  n9^' 
D.  Dmitrijevskij,  Viz.  Vr.  1  (1894)  413-429.  —  üeber  den  Nachlass  üspcnskiji  TgL  T,!*'?^ 
Vasiljevskij,    Beschreibung  der   Sammlung   byzantinischer   Dokumente   des  Poiflniiif^' "^ 
(Uspenskij),   im  Bericht  d.  k.  öffentlichen  Bibliothek  für  das  Jahr  1883,  Peterabmg  IHI^'^ 
(russ.).   y.  Jernstedt,  Liste  der  datierten  griechischen  Hss  aus  der  Sammlung  des BiidHllV^.^ 
Uspenskij,  im  Bericht  der  k.  öffentlichen  Bibliothek  f&r  das  Jahr  1887,  Petersburg  (m^lf^ 
P.  Syrku,  Beschreibung  der  Papiere  des  Bischofs  Porphyrij  Uspenskij,  Petersbmc  IWlf^* 
(=  Zapiski  d.   k.  russ.  Akademie  Bd  64  Beilage  9)  (russ).   —  A.  St.  Neyrat,  LAft»!*  *: " 
Notes  d'une  excursion  ä  la  presqu*!le  et  ä  la  montagne  des  meines,  Paris  1880.  --  M.  J.I 
Gedeon,  'O^'A^tag,  Kpel  1885.    Eingehend  besprochen  von  G.  Destonis,  Joum.  Mm.  IMI 
Bd  245  Juni  S.  349— 375.  —  Ath.  Riley,  Athos  or  the  mountain  of  the  monks,  LoBfcirJ?? 
1887.  —  Emm.  Miller,  Le  Mont  Athos.    Vatopädi  et  Tlle  de  Thasos.    Avec  unenotNilr     i 
sur  la  vie  et  les  travaux  de  M.  Emm.  Miller  par  le  M^^  de  Queux  de  Saint-Hilaire.  Fial 
1889  (grösstenteils  belletristischer  Natur).  —  Ein  grosses,  mit  Lichtdrucken,  Holzsduuteky^t^ 
und  einer  chromolithographischen  Karte  ausgestattetes  Prachtwerk  über  den   Athos  ^l^La 
vorbereitet  von  dem  Hierodiakon  Kosmas  vom  Kloster  des  hl.  Paulos.  —  Hanptweik  tt«  1{^ 
die  Kunstdenkmäler:  H.  Brockhaus,  Die  Kunst  in  den  Athosklöstem,  Leipzig  1891.  Y|jl  mfifi 
die  eingehende  Besprechung  von  J.  Strzygowski,  B.  Z.  1  (1892)  347 — 351.  Lj 

2,  Spezialschriften:  Duchesne  et  Bayet,  Mission  au  Mont  Athos,  Archives  d«  i,^ 
missions  scientifiques.  Troisi^me  sörie,  t.  3  (1876)  201—528  (Mitteilungen  über  Inschriften,  ü^  V^ 
künden,  Hss,  Kunstdenkmäler).  —  Ph.  Meyer,  Beiträge  zur  Kenntnis  der  neueren  GeschieUi  |i 
und  des  gegenwärtigen  Zustandes  der  Athosklöster,  Zeitschr.  f.  Kirchengeschichte  11  (1890||- 
395—435.  —  AI.  Lauriotes,  Adyioi 'Aytogthat,  'ExxA.  UX.  13(1893)  229  (über  das  Leb«""* 
und  die  Schriften  des  Stifters  der  Athoslaura,  Athanasios).  —  AL  Lauriotes,  Tcrro^. 
llegl  Tov  *'A&(Oy  NeoXoyov  ^Eßöofdadala  *E7ti&eu)Qr]ais  vom  5.,  12.,  19.  September  18i98  (Subm* 
Inng  von  Stellen  alter  und  byzantinischer  Autoren  über   den  Athos).   —   Job.  Drftsek«, 
Vom  Dionysiosklostor  auf  dem  Athos,  B.  Z.  2  (1893)  79 — 95.    Dazu  die  Berichtigung  vei 
Jos.  Müller,   B.  Z.  2  (1893)  440,  und  Sp.   P.  Lambros,  Noch  einmal   das  Dionysi» 
kloster  auf  dem  Athos,  B.  Z.  2  (1893)  609—616   (mit  zwei  Facsimiles  des  Hermascode4 

—  A.  Moraitidis,  T6  legoy  xoiyoßtoy  tov  Jioyvaiov,  TlaQvaaaog  17  (1894)  17 — 38.  — Ak-  |^ 
bildungen  von  Athosklöstem   nach  Studien  des  Malers  Wuttke  mit  Text  von  G.  Eben,  f^ 
in  ,Vom  Fels  zum  Meer"  1892  S.  9—20.  —  Vgl.   auch  A.  Dmitrijevskij,  Das  Kloster  fc 
des  Johannes  Theologos  auf  der  Insel  Patmos  im  Vergleich  mit  den  idiorythmischen  Klösten 
des  hl.  Berges,  Trudy  Kievskoj   duch.  ak.  1892  November  S.  326 — 49§.  —  Manches  nock 
unverwertete  Material  ruht  natürlich  noch  in  den  Hss  der  Athosklöster  selbst  Z.  B.  ent- 
hält der  Cod.  Athous  498  s.  19  politische  Verse  über  den  Athos  und  UdxQut  tov  Uyiw 
'ÜQovg.    Letztere  auch  in  den  Codd.  Athoi  1579  s.  15,  3666  s.  17  und  3821  s.  18,  Ath«. 
701  unter  dem  Titel:  ^*Ava[Ayrj<stg  fiSQixij  negi  tov  "A^(o  oQovg  td  XeyofÄsya  JldtQia.* 

3.  Urkunden  des  Athos:  Porphyrios  Uspenskij,  Verzeichnis  der  Akten,  die  1 1 
in  den  Klöstern  des  Athosberges  aufbewahrt  werden,  Joum.  Min.  1847  Bd  55  S.  36—74; 
169—200  (mir  unzugänglich).  —  Dann  gab  serbische  und  andere  Urkunden  vom  Athos 
Dim.  Avraamoviö,  Der  heilige  Berg,  Belgrad  1847  (serb.).  —  Das  von  Uspenskij  und 
und  Avraamoviö  mitgeteilte  Urkundenverzeichnis  gab  in  deutscher  Uebersetzung  (nehit 
dem  griechischen  Texte  einiger  Urkunden)  Jos.  Müller,  Historische  Denkmäler  in  deo 
Klöstern  des  Athos,  gedruckt  bei:  Fr.  Miklosich,  Slavische  Bibliothek  1  (1851)  123—207. 

—  Daraus  wiederholte  die  214  Regesten,   welche  in  die  Zeit  des  byzantinischen  Eleiches 
fallen,  K.  £.  Zachariae  von  Lingenthal,   lus  Graeco-Romanum  3  (1857)  XV— XXVII.    's 
Die  einzige  Urkunde,  die  Müller  und  nach  ihm  Zachariae  von  Lingenthal  (S.  XXVII— XXXIII)    \ 
in  extenso  gaben,   eine   Goldbulle  des  Romanos  Lakapenos  für  das  Kloster  Xeropotanu     j 
vom  J.  924,   hat  sich  seitdem  als  unecht  erwiesen,  wie  Zachariae,    Geschichte  des  grie-     ' 
chisch-römischen  Rechts  ^  (1892)  24  f.,  selbst  anerkennt.  —  Eine  Uebersicht  der  früheren 
Arbeiten  über  die  Athosurkunden  nebst  einer  Anzahl  unedierter  slavischer  und  griechischer 
Urkunden  aus  Athosklöstem  gab  T.  Florinskij,   Athosakten  und   ihre  photographiscben 
Kopien  in  den  Sammlungen  des  P.  J.  Sevastjanov,  Petersburg  1880.  —  Ph.  Meyer,  Die 
Haupturkunden  für  die  Geschichte  der  Athosklöster,  Leipzig  1894.  In  der  Einleitung  eine 
Uebersicht  der  Verfassungsgeschichte   des  Athos.    Vgl.   die  Anzeige  von  C.  Neumann, 
Berl.  philol.  Wochonschr.  1894  S.  1332—1336,  und  die  eingehende  Besprechung  von  J.  So- 
Jcolov,  Joum.  Min.  1896  Bd  303  Febr.  S.  467—479.  —  Zwei  Stiftungsurkunden  des  Laura- 


1^ 

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l- 


6.  AltertnmswiBsenBobaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  n.  SoholiaBten.  (§  216).     515 


irs  ed.  AI.  Lauriotes,  üegl  tov  irvf4oXoyueoif  xijs  Xi^tog  Xavgag/ExxX,  *AX,  12  (1892) 
S9  f* ;  46  f .  —  Eine  ebenfalls  der  Laura  verliehene  Bleibulle  des  Patriareben  Nikolaos 
OwyBoberges  vom  April  989  ed.  AI.  Lauriotes,  *ExxX.  'AI,  12  (1892)  386  f.  —  AI.  Lau- 
rfoKCS,  XQvcoßovlXov  rov  avTOXQnrogog  rtop  'Piofjiaifov  'Imapvov  JlaXaioXöyov ^  NeoXoyov 
fSf/UW^^fta^nta  *R7ii^eü)Qr^tg  v.  3.  Januar  1893  (Schenkungsurkunde  des  Kaisers  Johannes  V 
roocB  Jahre  1342).  —  AI.  Lauriotes,  'Jydxdoroy  xQvaoßovXXoy'lüMpyov  rov  ß'  ray  TlaXaio- 
)4y^t^yt  Ebenda  21.  Februar  1893.  —  A.  Mordtmann,  'laxoQixa  fyygafpa  nsgl  rov  "A^to, 
"-"*  -».  ^^g^  *AQX€(ioXoy,  iniTQOTi^,  IlaQciQt.  rov  x — x/J'"  ro/uov  (1892)  61 — 72  (ediert  die  Jitj^ 
C  fieQixij  rdSy  iniarohay  'aXs^Iov  ßaaiX^iog  xal  NixoXaov  narguxQX*^^^  ysyofdiyrj  xard 
_  oQovg  xaiQovg).  —  Die  Akten  des  auf  dem  Athos  befindlichen  russischen  Klosters  des 
Ü.^  Grossmärtyrers  und  Arztes  Panteleemon,  6  Hefte,  Kiev  1873  (im  1.  und  2.  Heft  grie- 
shicache  Urkunden  mit  russischer  Ueberseizung)  (mir  unzugänglich).  —  Manche  Urkunden 
^d«t  man  auch  in  den  oben  unter  Nr.  1  genannten  Büchern  von  Porphyrios  Uspensky 
m^A  M.  J.  Gedeon.  Eine  kritische  Gesamtausgabe  der  Athosurkunden  ist  ein  Bedürfnis. 
5.  Eine  Uebersicht  über  die  byzantinischen  Studien  gab  G.  Bernhardy,  Grundriss 
^^  griech.  Litteratur  P  (1892)  716  ff.  Vgl.  auch  die  Prolegomena  in  seiner  Ausgabe  des 
^^lidas  und  für  die  Geschichte  der  Tragikertexte  besonders  U.  von  Wilamowitz-Moellen- 
^  orff ,  Euripides  Herakles,  Band  1  (Berlin  1889)  120—219. 

216.  Photios  {0(OTiog).   Nach  der  trostlosen  Öde,  welche  im  Geistes- 
leben der  Byzantiner  von  der  Mitte  des  7.  Jahrhunderts  bis  zum  Aus- 
gange des  Bildersturmes  herrschte,   ersteht  mit  einem  Male  wie  ein  aus 
^XKÜstem  Flachland  emporragendes  Berghaupt  eine  der  mächtigsten  Gestalten, 
"Welche  die  Geschichte  der  griechischen  Litteratur  kennt,   der  Patriarch 
Yhotios  (c.  820 — c.  891).    In  einer  mit  Bildung  gesättigten  Epoche,  etwa 
&n  alexandrinischen  Zeitalter  oder  in  einem  neueren  Jahrhundert,  würde 
^ine   80  gewaltige  rezeptive  und  produktive  Thätigkeit  weniger  auffallen; 
:in  seiner  Zeit  aber,  der  im  Orient  wie  im  Abendlande  die  zwei  dunkelsten 
Jahrhunderte  des  Mittelalters  vorausgegangen  waren,  erscheint  Photios  dem 
liistorischen  Beobachter  als  eine  staunenswerte,  in  ihrer  Entstehung  schwer 
2u  erklärende  Grösse.    In  seiner  rastlosen  und  folgenreichen  praktischen 
^Wirksamkeit  vielleicht  noch  bedeutender  als  in  seiner  litterarischen 
Thätigkeit  ist  Photios  ein  Mann,  der  sich  schwer  nach  allen  Richtungen 
"hin  mit  gleicher  Sorgfalt  studieren  und  noch  schwerer  in  der  Gesamtheit 
seines  Wesens  mit  objektiver  Schärfe  darstellen  lässt. 

Photios  wurde  als  Sohn  vornehmer  Eltern,  die  wegen  ihrer  Ortho- 
doxie von  den  Bilderstürmern  viel  Schlimmes  zu  erdulden  hatten,  um  das 
Jahr  820  (jedenfalls  nicht  nach  827)  zu  Konstantinopel  geboren.    Von 
väterlicher  Seite  war  er  mit  dem  Patriarchen  Tarasios  (f  806)  verwandt. 
Sein  Vater  verlor   im  Bilderstreit  Vermögen  und  Ämter;   doch  war  die 
Verfolgung  der  Familie   offenbar   keine  derartige,    dass   sie   den  jungen 
Photios  in  seiner  Ausbildung  hätte  nachhaltig  behindern  können.     Von 
■\  seinen  Lehrern  hören  wir  nichts,  umsomehr  von  seinen  zahlreichen  Schü- 
^^  lern.    Kaum  den  Studienjahren  entwachsen  fühlte  Photios  das  Bedürfiiis, 
l]  andere  heranzuziehen  und  sein  ungeheueres  Wissen  fruchtbar  zu  machen. 
-1  Der  echt  byzantinische  Zug  der  philologischen  Schulmeisterei,  dem 
^   sich  zuweilen  etwas  Pedanterie  beigesellt,  hat  sich  bei  Photios  bis  ans 
Ende  seines  Lebens  als  hervorragende  Eigenschaft  erhalten.    Überall  hebt 
er  die  grammatische  Genauigkeit  hervor  und  korrigiert  die  Sprachfehler 
Lj  seiner  Freunde  auch  noch  als  Patriarch  und  im  Exil.    Als  Lehrer  erklärte 
^i   Photios,  dessen  Haus  ein  Sammelplatz  wissbegieriger  Jünglinge  wurde,  die 
J;    Kategorien  des  Aristoteles,  die  Streitfragen  über  die  Gattungen  und  Arten, 
.|    über   die   Körper   und   Ideen.     Auch    verfasste    er    zum    Schulgebrauche 


$ 


; 


516  Byzantinische  LiiteratargeBohiohte.    L  ProMdsohe  Idttairatar« 

dialektische  Lehrbücher,  namentlich  über  die  Topik,  und  verhandelte 
seinen  Schülern  theologische  und  philologische  Gegenstände.  Auch  Dacli>| 
dem  Photios  zu  hohen  Staatsämtern  berufen  war,  gab  er  seine  Le] 
keit  nicht  auf.  Seine  Wohnung  blieb  ein  Sammelplatz  für  rege 
wissbegierige  Geister,  ein  Salon  feinerer  Bildung.  Der  unermüdliche 
des  Hauses  liess  aus  Büchern  vorlesen,,  die  er  nach  Inhalt  und  Form 
urteilte;  er  belehrte,  ermunterte  und  tadelte  die  Einzelnen  mit  Geduld  unii 
Umsicht.  Von  seinen  Hörern  verlangte  er  —  auch  hierin  der  echte  Typaij 
eines  feurigen  Schulhauptes  —  unbedingte  Unterwerfung,  sogar  schliff 
liehe  Versprechen  künftigen  Gehorsams.  Die  Vielseitigkeit  der  wisseo-j 
schaftlichen  Bildung  des  Photios,  seine  unermüdliche  Arbeitskraft  und 
geistige  Beweglichkeit  wurden  von  allen,  selbst  von  seinen  Gegnern,  röA-, 
haltlos  anerkannt.  Er  studierte  ganze  Nächte,  sammelte  von  allen  Seitei 
Bücher  und  erwarb  sich  einen  Schatz  von  Kenntnissen,  durch  die  er  nidt 
nur  seine  Zeitgenossen  übertraf,  sondern  auch  mit  den  Alten  wetteifert 
konnte.  In  seinen  philosophischen  Studien  bevorzugte  Photios  den  Aristo- 
teles;  für  Piaton  hat  er  in  seinem  durchaus  realistischen  Denken  weniger 
Verständnis  und  tadelt  an  ihm  Widersprüche,  Unlauterkeiten  und  phanta- 
stische Ideen.  ^)  Für  die  dialektischen  Arbeiten  insbesondere  schloss  sick 
Photios  an  Porphyrios,  Ammonios  und  Johannes  von  Damaskus  aa. 
Einseitigkeit  der  Bildung  könnte  dem  Photios  nur  in  einer  Hinsicht  vor- 
geworfen werden;  er  verstand  keine  andere  Sprache  als  die  griechische, 
auch  nicht  lateinisch  und  hebräisch.  Diese  Thatsache  erklärt  sich  aber 
völlig  aus  der  damals  noch  weltbeherrschenden  Stellung  des  oströmischei 
Staates.  Kenntnis  fremder  Sprachen  war  in  Byzanz  etwas  sehr  Ungewöhn- 
liches, und  die  Mittelgriechen  sind  in  dieser  Beziehung  echte  Söhne  ihrer 
Altvordern,  welche  die  stolze  Genügsamkeit  mit  ihrer  eigenen  Litteratur 
und  Kultur  niemals  abgelegt  haben. 

Durch  wissenschaftliche  Bildung  und  praktische  Lebenserfahrung  im 
hohen  Masse  ausgezeichnet  musste  Photios  um  so  mehr  Aussicht  auf  die 
höchsten  Würden  des  Reiches  haben,  als  er  auch  mit  dem  Kaiserhause 
verwandt  war;  die  jüngste  Schwester  der  Kaiserin  Theodora,  die  Prin- 
zessin Irene,  war  mit  dem  Bruder  des  Photios,  dem  Patrizier  Sergios, 
vermählt.  Nach  dem  Sturze  des  Patriarchen  Ignatios  wurde  Photios, 
obgleich  er  Laie  war,  zu  seinem  Nachfolger  ausersehen.  In  sechs  Tagen 
erhielt  er  alle  Weihen  bis  zur  bischöflichen  und  bestieg  hierauf  am 
25.  Dezember  858  den  Patriarchenthron;  die  noch  immer  zahlreiche 
Partei  des  Ignatios  wurde  von  den  Photianern  aufs  grausamste  verfolgt 
Nach  langen  Verhandlungen  und  Rechtfertigungsversuchen  wurde  Photios 
vom  Papste,  dem  die  Schlichtung  des  Streites  beider  Parteien  oblag,  ver- 
worfen und  endlich,  sobald  Basilios  der  Makedonier  zur  Regierung  ge- 
langte (867),  auch  wirklich  abgesetzt.  Ignatios  bestieg  nun  zum  zweiten 
Male  den  Patriarchenthron.  Doch  liess  sich  Kaiser  Basilios  im  Laufe  der 
Jahre  von  Photios,  obschon  derselbe  durch  eine  Synode  in  Rom  (869)  auch 
noch   anathematisiert  worden  war,    wieder   gewinnen.     Er  ernannte  ilin 


')  Bibliothek,  Cod.  37  und  242. 


6.  AltertamswiBsenschaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  n.  Scholiasten.  (§  216)    517 

Bogar  zum  Erzieher  seines  Sohnes  Leon,  und  nach  dem  Tode  des  Ignatios 
(877)   wurde  Photios  zum  zweiten  Male  auf  den  Patriarchenthron  er- 
hoben.   Um  seine  Stellung  zu  befestigen  und  endlich  allseitige  Anerkennung 
zu   erringen,  hielt  er  879 — 880  eine  glänzende  Synode  ab,  vermochte  aber 
auch  jetzt  die  Zustimmung  Roms  nicht  zu  erlangen  und  wurde  881  vom 
Papste  Johann  VIII  abermals  anathematisiert.    Hiedurch  ward  die  Stellung 
des  Patriarchen  auch  in  Konstantinopel  aufs  neue  erschüttert.    Sobald  des 
Basilios  Sohn  Leon  zur  Regierung  gelangte,  setzte  er  den  Photios  ab  und 
relegierte  ihn  in  ein  Kloster  (886).     Über  die  letzten  Lebensjahre  des 
^el  gefeierten  und  viel  verfolgten  Mannes  wissen  wir  nichts  Sicheres;  er 
starb   nach  alten,   aber  nicht  ganz  verlässigen  Notizen  im  Jahre  891  im 
Jlxil.    Unter  seinen  litterarischen  Arbeiten  findet  sich  nichts,  was  mit  Be- 
stimmtheit in   die  Zeit  nach  seiner  zweiten  Absetzung  verwiesen  werden 
"könnte.    Erst  in  einem  späteren  Jahrhundert  nahm  die  griechische  Kirche 
den  Photios  unter  ihre  Heiligen  auf;   in  den  älteren  Menäen  fehlt  sein 
Name,  der  jetzt  am  6.  Februar  gefeiert  wird.    Die  weltgeschichtliche 
Bedeutung  des  Photios  beruht  in  seiner  Thätigkeit  als  Patriarch.    Über 
diese  und  seine  theologische  Schriftstellerei  ist  S.  73 — 78  von  Ehrhard  ge- 
handelt worden.    Hier  ist  also  nur  die  Stellung  des  Photios  in  der  byzan- 
tinischen Profanlitteratur  zu  würdigen. 

1.  Das  Werk,  welches  den  Namen  des  Photios  vor  allem  bekannt 
gemacht  hat,  ist  seine  gemeinhin  sogenannte  Bibliothek  oder  das  Myrio- 
biblon.  Der  handschriftliche  Titel,  dessen  Echtheit  übrigens  mit  guten 
Gründen  angezweifelt  wird,*)  lautet:  ^ÄnoYQuqyrj  xai  (fvvaQix^firjtftg  tcuv  are- 
Yvwaiihvwv  tj/Äiv  ßißkiooVy  wv  eiq  x€(faXM(adq  dtdyvfatfiv  o  rjyanrjfiävog  i^fAdSv 
dd€Xg.6g  TaQceaiog  e^rjti^aaTO'  iavi  6^  xavta  elxotn  deomav  i(f*  €v\  XQiaxoaia. 
Über  die  Veranlassung  dieser  grossartigen  Bibliographie  spricht  Photios 
selbst  in  dem  Widmungsbriefe.  Sein  Bruder  Tarasios  hatte  Mitteilungen 
über  die  Bücher  verlangt,  welche  während  seiner  Abwesenheit  in  dem  ge- 
lehrten Kreise  des  Photios  vorgelesen  und  diskutiert  worden  waren;  zu- 
gleich sollte  der  Sitzungsbericht  dieser  byzantinischen  Privatakademie  dem 
Tarasios  ein  Trost  sein  für  die  schmerzliche  Trennung  vom  Bruder,  der 
sich  damals  zur  Gesandtschaftsreise  nach  Assyrien  rüstete.  Dazu  bemerkt 
Photios,  er  habe  die  Bitte  des  Tarasios  wohl  später  erfüllt,  als  jener  ge- 
wünscht, aber  wohl  schneller  und  früher,  als  ein  anderer  es  vermocht  hätte. 
Aus  diesen  Angaben  geht  hervor,  dass  Photios  die  Bibliothek  noch  als 
Laie  und  vor  seiner  Reise  in  den  Orient,  also  sicher  noch  vor  dem  Jahre 
858  verfasste.  Eine  Anordnung  der  Berichte  über  die  gelesenen  Bücher 
nach  bestimmten  Litteraturgattungen  ist  nicht  bemerkbar.  Photios  schrieb 
seine  Urteile  offenbar  in  der  Reihenfolge  nieder,  wie  er  die  Bücher  zu- 
fallig las  oder  wie  ihm  die  Erinnerung  an  die  Lektüre  ins  Gedächtnis  kam, 
und  so  ist  uns  auch  das  Werk  überliefert.  Eine  Fortsetzung,  die  er 
seinem  Bruder  Tarasios  in  Aussicht  stellt,  ist  wohl  durch  andere  Arbeiten 
und  besonders  durch  sein  Patriarchat  verhindert  worden.  Die  Bibliothek 
zerfallt  nach  der  Zahl  der  von  Photios  gelesenen  Bände  in  280  Kapitel, 


')  S.  L.  DiDdorf,  Jahns  Jahrb.  103  (1871)  362. 


518  Bysantinische  Litteratnrgeacliiohte.    L  Prosaiaohe  liiteraiur. 

die  gewöhnlich  als  »Codices"  zitiert  werden.    Über  die  einzelnen  Seh 
gibt  Photios  bald  nur  flüchtige  Andeutungen,  bald  kürzere  oder  lingod^ 
Referate,  zuweilen  auch  grössere  Auszüge  und  dazu  eine  Kritik  nach  FonJ^ 
und  Inhalt.    Den  litterarischen  Berichten  sind  häufig  biographische  No" 
über  den  Autor  vorausgeschickt;  für  diese  hat  Photios  den  kurz  vorl» 
abgefassten  Auszug  der  Litteraturgeschichte  des  Hesychios  von  Hil 
(s.  S.  324)  benützt.     Wie  wir  über  die  weite  Ausdehnung  und  Manni-'^ 
faltigkeit  der  im  Kreise  des  Photios  gepflogenen  Lektüre  staunen,  so 
wundern  wir  noch  mehr   die  überraschende  Schärfe  und  Selbstäni 
der  Urteile.     Photios  ist  der  einzige  Byzantiner,   der  in  dieser  Bezieh 
ohne  Zweifel  mit  Aristoteles  verglichen  werden  darf.    Im  Inhalt  der 
die  „Bibliothek*^  aufgenommenen  Bücher  spricht  sich  der  realistische  Grandli* 
Charakter  des  Photios  nicht  minder   aus  als  in  seinen  übrigen  Schrifta|S 
und  in  seiner  ganzen  Wirksamkeit.     Es  ist  bezeichnend,   dass  von  all 
Litteraturgattungen  nur  die  ausgeschlossen  ist,  welche  wir  am  schmMi-lr: 
liebsten  vermissen,  nämlich  die  Poesie;  nur  metrische  Paraphrasen  bibli-  s 
scher  Bücher  werden  erwähnt.     Im  übrigen  lesen  wir  in  bunter  Reihen- 
folge Berichte  über  Grammatiker,   Redner,  Historiker,  Naturforscher  xaA 
Ärzte,  selbst  über  Romane,  über  Konzilien,  Märtyrerakten,  Heiligenbiogn- 
phien  u.  s.  w.;   von  lateinischen  Werken   sind  nur  solche  berücksichtigti 
die  in  griechischer  Übersetzung  bekannt  waren,  wie  Gregor  der  Groase 
(übersetzt   von  Zacharias,   cod.  252).     Von  grösster  Wichtigkeit  sind  dkj! 
Auszüge  und  Nachrichten,  die  uns  Photios  aus  der  historischen  Litteratvrl 
gibt.     Wir  vermögen   aus  ihnen  die  schweren  Verluste  zu  ermessen,  diil- 
unser   litterarischer  Besitz   noch   seit   dem    9.  Jahrhundert   erlitten  halt 
Photios  hat  eine  ganze  Reihe  von  historischen  Werken  besessen,  die  heutel 
ganz  oder  doch  zum  grössten  Teile  verloren   sind.    So  las  er  noch  voll-| 
ständig  oder  annähernd  vollständig   den  Ktesias  (Persische  und  Indische  I 
Geschichten),  den  Theopomp  von  Chios,  die  wichtige  Diadochengeschichte I 
des  Agatharchides,  den  Diodor,  den  Dionys  von  Halikamass,  die  jüdische' 
Geschichte  des  Justus  von  Tiberias,   die  Alexandergeschichte  des  Amyn- 
tianos,  den  Appian,  Arrian,  Die  Cassius,  Dexippos  und  Eunapios,  die  Weltr 
geschichte  des  Hesychios  von  Milet,  das  interessante  Buch  des  Nonnososl 
(s.  S.  240)  u.  a.     Sehr  reichhaltig  sind   auch   die  Referate  über  die  grie-  \ 
chischen  Rhetoren,  besonders  über  die  zehn  attischen  Redner,  dann  über 
Werke  der  Philosophie,  Medizin  und  Naturwissenschaft;  von  her- 
vorragender Wichtigkeit  sind  endlich  die  ausführlichen  Mitteilungen  über 
christliche  Schriftsteller,  so  über  kirchengeschichtliche,  dogmatische, 
exegetische  und  asketische  Werke.     Dagegen  fehlen  ausser  den  Dichtern 
die  meisten  alten  Philosophen,  wie  Piaton,  Xenophon,  Aristoteles,  die  grossen 
Historiker  wie  Thukydides,  Polybios  und  Plutarch,  Autoren  wie  Pausanias 
und  Hippokrates,   auch  viele  wichtige  christliche  Schriftsteller.     Photios 
wollte   eben  keine  Litteraturgeschichte   geben,   sondern  eine   Reihe   von 
Essays;   schon  deshalb  konnte   er  die   bekanntesten  Autoren  weglassen. 
Über  sie,   die   jedem  Gebildeten  ohnehin  bekannt  waren,   schienen  ihm 
solche  Berichte  nicht  notwendig;  ausserdem  darf  man  nicht  vergessen,  dass 
Photios  dem  Verlangen  seines  Bruders  gemäss  nur  über  die  Bücher  be- 


6.  AliertamBwimensohaft.  A.  Philol«  Polyhistoren  a.  Soholiasten.  (§  216)     519 


richten  wollte,  welche  während  der  Abwesenheit  desselben  in  dem  gelehrten 
Kreise  des  Photios  vorgelesen  oder  diskutiert  worden  waren.  Übrigens 
ist  diese  Angabe  selbst  schwerlich  ganz  wörtlich  zu  nehmen;  um  die 
280  Bände,  welche  die  Bibliothek  umfasst,  vorzulesen  und  zu  erörtern, 
wären  viele  Jahre  nötig  gewesen.  Photios  wird  wohl  über  manche  Werke 
seinen  Hörern  nur  das  Ergebnis  seiner  privaten  Lektüre  mitgeteilt  haben, 
wenn  nicht  überhaupt  der  ganze  Widmungsbrief  auf  einer  Fiktion  beruht. 

2.  Das  zweite  Werk  des  Photios,  welches  der  Altertumswissenschaft 
angehört,  ist  sein  Lexikon,  Der  ursprüngliche  Titel  in  der  Widmung  an 
Thomas  lautete  wahrscheinlich  Ai^smv  cvvaywyi^'.  Die  uns  überlieferte 
breite  Überschrift:  <^(m)xiov  %ov  ceyKoratov  naTQiÜQxov  KnoXscag  Xä^etav  (fwa- 
Y^pjt  «i  ficeXXov  t(av  aXXwv  ^rtoqai  xai  XoyoyQd<poig  ävijxovaiv  sig  x?€iav. 
UQoans^Mrr^ai  6k  Qfjofi^  TrQcoTOffna&aQio}  xal  ccqxovxi  tov  Avxoa%o(i(oVj 
otxeuf}  /lattrjti  ist,  wie  auch  die  zwei  noch  folgenden  Proömien,  welche 
zum  Teil  diesen  Titel  wiederholen,  offenbar  von  einem  späteren  Heraus- 
geber verfasst.  Für  dieses  Wörterbuch  darf  Photios  wohl  nur  in  geringem 
Masse  verantwortlich  gemacht  werden;  ein  Mann,  der  litterarisch  und 
praktisch  so  ungeheuer  in  Anspruch  genonlmen  war,  hatte  kaum  Zeit  und 
Lust,  aus  einigen  älteren  Wörterbüchern  ein  neues  zusammenzuflicken,  ein 
Unternehmen,  bei  welchem  die  rein  mechanische  Arbeit  immerhin  einige 
Monate  in  Anspruch  nehmen  musste.  Für  solche  Dinge  hatte  Photios 
seinen  Abschreiber  oder  seine  ihm  blind  ergebenen  Schüler,  deren  Ab- 
hängigkeit sich  gewiss  auch  auf  solche  praktische  Dienstleistungen  er- 
streckte. Photios  selbst  wird  seinem  Amanuensis  die  nötige  Anleitung 
gegeben  und  die  erforderlichen  Bücher  zur  Verfügung  gestellt  haben.  Die 
Abfassungszeit  des  Werkes  wird  gewöhnlich  in  die  Jünglingsjahre  des 
Photios  verlegt,  weil  er  in  den  Quaestiones  Amphilochianae^)  nach  einem 
grammatisch-semasiologischen  Exkurse  bemerkt:  ola  drj  xal  rjfitv  inQaxx^rj 
ztlv  Tüov  (Asiqaximv  r^Xmav.  Allein  diese  Worte  lauten  viel  zu  unbestinmit, 
um  sie  mit  Sicherheit  auf  unser  Lexikon  zu  beziehen.  Photios  sagt  seinem 
Adressaten  damit  nur,  dass  er  sich  in  seiner  Jugend  viel  mit  solchen 
grammatisch-lexikalischen  Dingen  beschäftigt  habe,  wie  sie  in  der  genannten 
Quaestio  Amphilochiana  vorkommen.  Wollte  er  auf  ein  bestimmtes  Werk 
hindeuten,  so  hätte  er  sich  genauer  ausgedrückt.  Dass  Photios  das  Lexikon 
in  einer  späteren  Zeit,  zum  wenigsten  nach  der  Bibliothek,  ab- 
fasste  oder  vielmehr  abfassen  Hess,  dafür  haben  wir  ein  positives  Zeugnis 
in  der  Bibliothek  selbst.  Er  erwähnt  dort  das  Lexikon  des  Pausanias 
als  gelesen  und  bemerkt  dazu,  wenn  man  die  zwei  Redaktionen  des  Aelios 
Dionysios  mit  Pausanias  vereinigte,  so  käme  ein  zum  Studium  der  atti- 
schen Werke  höchst  brauchbares  Hilfsmittel  zu  stände:  El  da  ug  ixsivaig  xaXg 
Svclv  ixdoaeaiv  xal  rt^v  Jlavaaviov  iyxaxaxd^ag  tv  dneqydaaizo  avvxayixa 
{^aarov  dk  rr»)  ßovXofiävfp),  ovtog  av  eirj  ro  xdXXiütov  xal  x^ijcrijUwiraTov  loXg 
dvayiyvoiaxovai  tag  ^Attixdg  ßißXovg  anovdaaiia  elffevrjveyiiävog.^)  So  hätte 
sich  Photios  schwerlich  ausgedrückt,   wenn   sein  Lexikon  damals  schon 


')  Quaest.  21,  Cap.  1  =  Migne,  Patrol. 
gr.  101,  153. 


^)  Cod.  153.     Aehnliche  Bemerkungen 
auch  noch  Cod.  152.  155. 


520  Byzantinisohe  Litteratnrgesohichte.    I.  Proaaüiche  Iiiite»imr. 

existiert  hätte;  denn  in  demselben  ist  eben  die  an  der  angefüfarten 
der  Bibliothek  vorgeschlagene  Zusammenfassung   der  erwähnten 
Werke  wirklich  vollzogen.     Photios  hat  den  Plan,  welchen  die  Kei 
nähme  der  erwähnten  lexikalischen  Werke  in  ihm  erweckte   und  den 
an  der  genannten  Stelle  der  Bibliothek  ausspricht,  wohl  bald  darauf 
mit  mehrfachen  Erweiterungen  ausgeführt  bzw.  durch  einen  seiner  Schi 
ausführen  lassen.     Der  Zweck  des  Lexikons  ist  nicht  etwa   ein 
schaftlicher,   sondern  ein  durchaus   praktischer;   es  soll   als  Hilfs- 
Nachschlagebuch  die  Lektüre  der  älteren,  besonders  der  klassischen  Autoi 
sowie  auch  der  heiligen  Schriften  erleichtern,   weshalb  auf  die  atti« 
Ausdrücke,  die  damals  nicht  mehr  verstanden  wurden,  besondere  AufimeA-l 
samkeit   verwendet  ist.     Übrigens  sollen  der  Vorrede  gemäss  nicht  alle,li 
sondern   nur   die  wichtigeren  und  häufig  vorkommenden  Wörter  erkUrtlF 
werden.     Selbstverständlich  bemht  die  eigentliche  Bedeutung  des  Weiiceell 
wie  aller  grammatischen  Schriften  der  Byzantiner  nur  auf  den  Quellen, 
die   ihm  zu   Grunde   liegen.     Eine  völlig   sichere  Bestimmung   derselbei  If 
stösst  auf  grosse  Schwierigkeiten,  weil  die  Vorlagen  nur  zum  Teil  erhaltea  li 
sind.    Einen  Anhaltspunkt  gewähren  die  eigenen  Notizen  des  Photios  Übet  m 
die   von  ihm  „gelesenen**   Wörterbücher,  Bibliothek,  Codd.  151 — 158  uiid|i 
sonst.    Das  Ergebnis  der  bisherigen  Forschung  ist  im  allgemeinen  folgen- 
des:  Die  wichtigsten  Quellen,  aus  welchen  Photios  das  Lexikon  kompi- 
lieren liess,  sind  das  Lexikon  des  Harpokration,  welches  in  verkürzter 
Form  aufgenommen  ist,  und  das  Wörterbuch  des  Diogenianos  bzw.  ein 
Auszug  aus  demselben;  dazu  kommen  zwei  Redaktionen  der  uns  verlorenen 
hochwichtigen  ^Attixcov  ovo^Acertav  Xoyoi  nävte  des  Aelios  Dionysios  (aus 
der  Zeit  des  Hadrian)  und  des  Pausanias  ^fj«xöv  xavd  aroix^Xov;  ferner 
die  platonischen  Wörterbücher  des  Timaeos  und  des  Boethos.     Für 
die  homerischen  Glossen  diente  das  Lexikon  des  Apion,  freilich  nicht  des 
alten,  echten  Apion,  der  unter  Tiberius  zu  Rom  als  Homererklärer  berühmt 
war,  sondern  ein  später  mit  seinem  Namen  geschmücktes,  unbedeutendes 
Werk;  ausserdem  die  Homerlexika  des  Heliodoros  und  des  ApoUonios, 
ein  mit  dem  Lexicon  Bachmannianum  eng  verwandtes,  nicht  erhaltenes 
Werk  und  das  vierte  und  fünfte  Bekker'sche  Lexikon.   Von  geringer 
Wichtigkeit  ist  die  Frage  nach  der  Quelle  der  meist  dürren  Glossen  aus 
der  heiligen  Schrift. 

Das  Lexikon  des  Photios  überliefert  uns  eine  einzige,  zudem  höchst 
lückenhafte  Handschrift,  der  früher  im  Besitze  des  Thomas  Gale  be- 
findliche und  nach  ihm  benannte  Codex  Galeanus,  geschrieben  um  das 
Jahr  1200  (jetzt  in  Cambridge).  Zur  Ergänzung  der  ausgefallenen  Stücke 
dient  zum  Teil  die  von  Bekker-Bachmann  edierte  JJyva/aiyi;  lä^smv  xQ^r 
ai'iKüv  im  Cod.  Coislin.  345,  welche  auf  ein  auch  von  Photios  benutztes 
älteres  (dem  Cod.  Coisl.  347  sehr  ähnliches)  Lexikon  zurückgeht.  Auch 
die  Quaestiones  Amphilochianae  lassen  sich  vielleicht  zur  Ergänzung  von 
Lücken  beiziehen.  Später  wurde  das  Lexikon  des  Photios  von  dem  Autor 
des  Etymologicum  Magnum  benützt.  Auch  Suidas,  der  ungeft.hr  um 
dieselbe  Zeit  wie  der  Verfasser  des  Etymologicum  Magnum  schrieb,  hat 
das  durch  den  Namen  des  grossen  Patriarchen  empfohlene  Lexikon  zweifellos 


~       6.  AliertaniBwisseiisohaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  n.  Bcholiasien.  (§  216)    521 

"gekannt;   doch   scheint  er  auf  dasselbe  kein    grosses  Vertrauen   gesetzt 
'^lu  haben;   denn   er  benützte  es  höchstens  in   einzelnen  Partien,  obschon 
'auch  das   noch  unentschieden   bleibt.     In  der  Hauptsache   verwertete  er 
"^wohl  sicher  nicht  den  Photios  selbst,   sondern  teils  gemeinsame  Vorlagen 
'wie  Harpokration,   teils   eng  verwandte  Quellen.     So  ist  die  grosse  Über- 
einstimmung zwischen  Photios  und  Suidas  zu  erklären.    Von  dem  Lexikon 
des  Photios  stehen  nur  etwa  zwei  Drittel  auch  bei  Suidas.    Dass  nun  aber 
gerade  das   fehlende  Drittel  hauptsächlich   auf  eine  bestimmte  Quelle, 
auf  das  fünfte  Lexicon  Coislinianum   (345),   zurückgeht,   kann  unmöglich 
Zufall  sein;   es  erklärt  sich   nur  dadurch,   dass  Suidas  nicht  den  Photios 
selbst,  wenigstens  nicht  unsere  Redaktion  des  Photios,  benützte.     An  Be- 
deutung für  die  Philologie  stehen  die  Bibliothek  und  das  Lexikon  des 
Photios  ohne  Zweifel   obenan;    wenn    wir  aber  die  gesamte  litterarische 
Thätigkeit  des  Mannes  betrachten,  so  nehmen  sie  einen  geringen  Raum  ein. 

3.  Die  gewöhnlich  dem  Photios  zugeschriebene,  im  Jahre  883  voll- 
endete Bearbeitung  des  Nomokanon  wird  ihm  neuerdings  abgesprochen. 
Sicher  aber  erlangte  Photios  einen  erheblichen  Einfluss  auf  das  orientalische 
Kirchenrecht  durch  die  von  ihm  herausgegebenen  Synodaldekrete  und 
durch  kanonische  Briefe  oder  Dekretalen.  Die  von  ihm  861  und 
879 — 880  gehaltenen  Synoden,  die  er  auch  den  Kanones-Sammlungen  ein- 
verleibte, erlangten  nach  und  nach  fast  ökumenisches  Ansehen.  Photios 
wollte  nicht  bloss  Gesetzsammler,  sondern  auch  Gesetzgeber  sein.  Vgl. 
das  Kapitel  , Fachwissenschaften**. 

4.  Briefe  des  Photios  sind  bis  jetzt  etwa  263  bekannt  geworden. 
Es  sind  Höf lichkeits-,  Empfehlungs-  und  Trostschreiben ;  manche  enthalten 
auch  Warnungen  und  Strafpredigten,  andere  wiederum  behandeln  gelehrte 
Fragen;  von  den  letzteren  wurden  71  Stücke  unter  die  Quaestiones 
Amphilochianae  (s.  S.  74  f.)  eingereiht.  Bei  der  Beurteilung  der  Briefe  ist 
nicht  zu  übersehen,  dass  sie  in  Form  und  Inhalt  sehr  verschieden  sind  nach  der 
Stimmung  des  Autors,  nach  der  Person,  an  die  er  schreibt,  und  nach  dem 
Zwecke,  den  er  verfolgt.  Dass  Photios  das  weitschweifige  Pathos  und  die 
schwülstige  Fülle  der  Byzantiner  auch  hier  nicht  verleugnet,  kann  nicht 
auffallen ;  denn  das  ist  dem  Mittelgriechen  eine  nationale  Eigentümlichkeit, 
von  der  er  sich  nicht  frei  machen  kann.  Aber  sicher  zeigt  sich  Photios  in 
den  Briefen  als  gelehrter,  welterfahrener,  vielseitiger,  gewandter,  witziger 
und  stets  überlegener  Schriftsteller.  Mehr  noch  als  die  mit  theologischen 
Diskussionen  erfüllten  Schreiben,  welche  uns  ein  lebendiges  Bild  der 
kirchlichen  Streitigkeiten  entrollen,  gefallen  die  kleinen  Gelegenheits- 
billete,  die  durch  Witz,  Kürze  und  Präzision  oft  zu  wahren  Kabinetsstücken 
werden,  z.  B.  das  feine  Briefchen  an  den  schlechten  Klosterküchenmeister 
Georgios.  *) 

5.  Die  Abneigung  des  durchaus  realistisch  angelegten  Patriarchen 
gegen  die  Poesie  wurde  schon  bei  der  Besprechung  seiner  Bibliothek  er- 
wähnt. So  kann  es  uns  denn  nicht  wundern,  wenn  die  wenigen  Versi- 
fikationen,   die  unter  seinem  Namen  gehen,  nur  als  unbedeutende  Ver- 


0  Ed.  Valettas  8.  243;  ed.  Migne  S.  872. 


522  Bysantiniache  LitteraturgeBchichte.    L  Prosaiaohe  LittMratiir. 

suche  erscheinen.  Drei  Oden  des  Photios  enthalten  devote  Schmeicheleien 
gegen  den  Kaiser  Basilios.  Auch  wird  ihm  ein  JStixj/Qov  auf  den  Patri- 
archen Methodios  zugeteilt.  Sehr  zweifelhaft  sind  Epigramme  und  einiges 
andere;  s.  Fabricius,  Bibl.  Gr.  ed.  Harl.  11,32. 

6.  Endlich  hat  Photios  auch  der  alten  Spruchweisheit  seine  Auf- 
merksamkeit zugewendet.  Qnomen  finden  sich  zerstreut  in  seinen  Werken, 
besonders  in  seinen  Briefen;  ausserdem  aber  haben  wir  yon  ihm  eine 
eigene  Spruchsammlung:  JIaQaivemg  did  yviopLoloyiag,  die  214  kürzere  und 
längere  Stücke  enthält. 

7.  Unsicheres  und  Verlorenes.  Mit  den  hier  und  S.  73  flE.  auf- 
gezählten Werken  ist  die  Sunmie  der  litterarischen  Thätigkeit  des  Photios 
nicht  erschöpft;  doch  ist  nichts  Wichtiges  übergangen  worden.  Manchen 
an  verschiedenen  Orten  zerstreuten,  besonders  theologischen  Stücken  scheint 
der  Name  des  Photios  erst  später  zur  grösseren  Zierde  vorgesetzt  worden 
zu  sein.  Vgl.  die  Zusammenstellung  dieser  Dinge  bei  Hergenröther 
in  242 — 258.  Endlich  ist  ein  Teil  der  sicher  als  photianisch  bezeugten 
Werke  verloren  gegangen  oder  wenigstens  bis  jetzt  noch  nicht  ans  Tages- 
licht gekommen;  dieses  Schicksal  traf  viele  seiner  Reden  und  mehrere 
Gedichte.  Auch  vermissen  wir  die  genaueren  Akten  seiner  ersten  Synode 
und  manche  Akten  aus  seinem  zweiten  Patriarchat.  Endlich  sind  ganz  oder 
grösstenteils  verloren:  eine  Schrift  gegen  Kaiser  Julian,  die  Photios  selbst 
erwähnt,  eine  andere  gegen  Leontios  von  Antiochien,  welche  Suidas 
anführt;  mehrere  dialektische  und  philosophische  Abhandlungen 
über  Piaton  und  Aristoteles,  die  er  vor  seiner  Patriarchenzeit  zum  Gebrauch 
seiner  Schüler  verfasste;')  wahrscheinlich  auch  ein  Werk  über  Wider- 
sprüche in  den  römischen  Rechtsbüchern. 

Ausgaben  und  Hilfsmittel:  1.  Eine  Gesamtausgabe  der  Werke  des  Photios 
lieferte  unter  Mitwirkung  des  gelehrten  Bischofs  von  Brügge  J.  B.  Malou  und  des  Kardinals 
J.  Hergenröther  Migne,  Patrologia  graeca  101—104,  Paris  1860.  Hier  findet  man  die 
Schriften  des  Photios  mit  Ausnahme  dos  Lexikons  fast  vollständig  in  ziemlich  lesbarer 
Form  (schlecht  und  fehlerhaft  ist  nur  der  Nomokanon  abgedruckt);  dazu  auch  Notizen  ober 
die  meist  sehr  zerstreuten  älteren  Einzelausgaben.  Wir  nennen  daher  im  folgenden 
nur  noch  die  wichtigste  neuere  Litteratur.  —  Zur  Ergänzung  dienen  die  Monumenta  Graeca 
ad  Photium  eiusque  historiam  pertinentia  ed.  J.  Hergenröther,  Ratisbonae  1869.  Sie 
enthalten  dialektische  Stücke  Ubqi  jov  ysvovg,  tlegi  eXdovg,  JleQi  dia(poQag,  IleQi  idlov  u.  s.  w., 
das  Fragment  einer  Homilie,  die  JlaQalvcotq  duc  yvtafAoXoylas  und  einige  auf  den  BUderstreit 
und  das  Schisma  bezügliche  Schriften  teUs  von  Photios,  teils  von  anderen  Byzantinern. 
Kritische  Beiträge  zur  Ausgabe  Hergenröthers  von  Ginzel,  Theologisches  Litteratnrblatt 
5  (1870)  763  ff.  —  S.  auch  die  Litteraturangaben  S.  77  f. 

2.  Bibliothek:  Nach  älteren  Drucken  ed.  Imm.  Bekker,  2  tomi,  Berlin  1824; 
verbesserter  Text  mit  einem  Index.  —  Migne  gibt  neben  dem  Bekker*schen  Text  die  alte 
lateinische  Version  von  Schottus,  ohne  deren  Fehler  zu  korrigieren.  —  Eine  noch  angedruckte 
lateinische  Uebersetzung  mit  Noten,  die  der  Grieche  Antonios  Katiphoros  abfasste, 
liegt  in  der  Marknsbibliothek  zu  Venedig  (Catal.  opp.  class.  II  opp.  Photii  tom.  VII).  — 
Bekker  benützte  vier  Handschriften  der  Bibliothek,  andere  zählen  Hergenröther,  Photius 
III  13,  und  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  10,  682,  auf:  vgl.  ebenda  10,  678-776  und  11, 
l — 10.  —  Jo.  Ehren  fried  Geissler,  De  Photii  P.  C.  scientia  medica,  Diss.,  Leipzig  1746 
(völlig  wertlose  Notizen  über  die  von  Photios  in  der  Bibliothek  erwähnten  Mediziner). 
—  Jo.  Henr.  Leich,  Diatribe  in  Photii  bibliothecam,  Leipzig  1748.  —  Rad.  Ball- 
heimer,  De  Photi  vitis  decem  oratorum,  Bonner  Diss.  1877.  —  An t.  Elter,  De  Joannie 
Stobaei  codice  Photiano,  Bonner  Diss.  1880.  —  üeber  die  Bedeutung  von  ro'/uof,  rsv/og, 
ßißXiop  in  der  Bibliothek  des  Photios  s.  Th.  Birt,   Das  antike  Buchwesen,  Berlin  1882 


')  Vielleicht  gehören  zu  denselben  einige  Fragmente  im  Cod.  Monac.  222. 


6.  AliertnnuiwiMeiisohaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  n.  Scholiasten.  (§  216)     523 

S.  26  f.  —  Ulrich  Hoefer,  Konon,  Greifswald  1890  (handelt  tther  das  nur  in  einem 
Auszüge  des  Photios  erhaltene  mythographische  Werk  des  Konon  imd  giht  den  Text  mit 
Apparat).  —  Leop.  Schoenle,  Diodorstudien,  Berlin  1891  8.  10  ff.  (Vergleichung  des  bei 
Photios,  Cod.  250,  erhaltenen  Auszuges  aus  Agatharchides  mit  Diodor  Ilf  12—48).  —  Eine 
£mendation  von  S.  Z.,  Zu  Photios,  Joum.  Min.  1891  Bd  278  Dezemberheft  S.  111.  Vgl. 
B.  Z.  1,  178.  —  G.  Wachsmuth,  Einleitung  in  das  Studium  der  alten  Geschichte,  Leipzig 
1895  S.  68  f.  —  J.  Dräseke,  Zu  Photios  Bibliothek  Cod.  1,  B.  Z.  5  (1896). 

Selbständig  überliefert  ist  der  Auszug  des  Photios  aus  der  Kirchengeschichte 
des  Philostorgios.  Zur  Ergänzung  dient  die  Vita  Artemii,  in  die  ein  sonst  unbe- 
kannter Hagiograph,  Johannes  von  Rhodos,  im  9.  Jahrh.  bedeutende  Stücke  aus  Philo- 
storgios einfügte.  Hierüber  handeln:  P.  Batiffol,  Fragmente  der  Kirch  engeschichte  des 
Philostorgius,  Rom.  Quartalschr.  3  (1889)  252-289.  —  P.  Batiffol,  Die  Textüberlieferung 
der  Kirchengeschichte  des  Philostorgius,  Rom.  Quartalschr.  4  (1890)  134—143.  —  J.  R. 
Asm  US,  Ein  Beitrag  zur  Rekonstruktion  der  Kirchengeschichte  des  Philostorgios,  B.  Z.  4 
(1895)  30—44. 

3.  Lexikon:  Ed.  pr.  G.  Hermann  mit  dem  Lexikon  des  Zonaras,  vol.  III,  Leipzig 
1880  (nach  zwei  Abschriften  des  Codex  Galeanus).  —  Die  erste  Ausgabe  nach  dem  Galeanus 
selbst  besorgte  R.  Dobree  mit  Benützung  der  Vorarbeit  von  Person:  Photii  lexicon  e 
codice  Galeano  descr.  R.  Porsonus,  Londini  1822.  Davon  erschien  ein  billiger  Nachdruck, 
I^ipzig  1823.  Besprechung  dieser  Ausgabe  von  G.  Bernhardy,  Halle'sche  Literatur- 
zeitung 1825  N.  77;  78.  —  Jetzt  benützt  man  die  mit  holländischer  Gründlichkeit  ge- 
arbeitete Ausgabe  von  S.  A.  Naber,  2  voll.,  Leidae  1864—65  (mit  ausführlicher  Einleitung 
über  die  Quellen,  kritischem  Kommentar  und  wertvollen  Indices).  —  Job.  Fr.  Schleusner, 
Libellus  animadversionimi  ad  Photii  lexicon,  Leipzig  1810.  —  Job.  Fr.  Schleusner, 
Curae  novissimae  sive  appendix  notarum  et  emendationum  in  Photii  lexicon,  Leipzig  1812. 

-  Emendationen  von  G.  Cobet,  Mnemosyne  7  (1858)  475  ff.,  8  (1859)  18  ff.,  9  (1860) 
399  ff.,  10  (1861)  50  ff.,  sowie  in  seinen  Variae  lectiones  ^  (1873)  passim.  —  L.  Dindorf, 
lieber  Photius  Lexikon  und  Bibliothek,  Jahns  Jahrb.  103  (1871)  361—369.  --  H.  Haupt, 
Opuscula  2  (1876)  421  ff.  —  lieber  das  Verhältnis  zu  den  Platoscholien  und  zu  dem 
5.  Bekker'schen  und  zum  Bachmann'schen  Lexikon  s.  L.  Cohn,  Jahns  Jahrb.  Supplement- 
band 13  (1882—84)  794  ff.  —  lieber  die  Frage,  ob  Suidas  das  Lexikon  des  Photios  selbst 
oder  dessen  Vorlagen  benützt  hat,  handelt  besonders  P.  Ro ellig,  Quae  ratio  inter  Photii 
et  Suidae  lexica  intercedat,  Halle  1887  =  Dissertat.  philol.  Hallenses  vol.  8,  1 — 67;  hier 
ist  auch  sonstige  auf  die  Frage  bezügliche  Litteratur  verzeichnet.  —  Dass  das  Lexikon  nicht 
bloss  durch  Blätterausfall  im  Codex  Galeanus  Lücken  habe,  sondern  auch  sonst  imvoll- 
ständig  überliefert  sei  und  dass  die  Lücken  zum  Teil  aus  den  Quaestiones  Amphilochianae 
ergänzt  werden  können,  behauptet  H.  Diels,  De  Dionysii  et  Photii  lexicis,  Hermes  26 
(1891)  243-261.     Dagegen  R.  Reitzenstein,   Berl.    philol.  Wochenschr.  1893  8.  137  ff. 

—  Eine  Emendation  von  G.  A.  Papabasileiu,  ^A&rjvä  6  (1894)  472.  —  Kritische  Be- 
merkungen zum  Lexikon  des  Photios,  zu  Suidas,  Choiroboskos  und  anderen  B3rzantinem 
gab  K.  S.  Kontos,  'jatjytuoy  7  (1878)  238—240,  und:  'J9tjyä  7  (1895)  3—64;  289—384. 

—  G.  Wentzel,  Zu  den  atticistischen  Glossen  in  dem  Lexikon  des  Photios,  Hermes  30 
(1895)  367-384.  —  Vgl.  auch  §§  233  und  236. 

4.  Briefe:  Nach  älteren  Drucken  fast  vollständig  bei  Migne,  Patrol.  gr.  102,  585 
bis  990.  —  Dazu  kam  bald  als  Ergänzung  die  Ausgabe  von  J.  N.  Valettas,  London  1864. 
Sie  enthält  nicht  viel  Neues,  aber  sachdienliche  Erläuterungen  und  viele  Verbesserungen 
des  Textes.  —  Drei  neue  Briefe  ed.  Dor.  Euelpides,  InaQxlov  evxqtxovy  Knel  1874 
S.  215 — 219  (mir  unzugänglich).  —  Einige  bei  Valettas  fehlende  Briefe  bewahrt  der  Cod. 
Athous  3697  s.  17.  Vgl.  Sp.  Lambros,  Catalogue  of  the  greek  mss  on  Mount  Athos  1 
(1895)  351.  —  lieber  eine  Stelle  in  einem  Briefe  des  Photios  handelt  H.  Usener,  Rhein. 
Mus.  28  (1873)  409-412.  —  Varianten  zu  einigen  Briefen  des  Photios  nebst  6  Briefen 
eines  Gnostikers  an  den  Magister  von  Antiochia  Nikephoros  Uranos  edierte  aus  einem,  wie 
es  scheint,  auch  sonst  nicht  unwichtigen  epistolographischen  Sammelcodex  in  Patmos  J. 
Sakkelion,  ^A&rjytaov  9  (1880)  285—300.  —  lieber  die  Benützung  der  Nicoclea  des  Isokrates 
im  Sendschreiben  des  Photios  an  seinen  Schüler,  den  neugetauften  Bulgarenfürsten  Michael, 
vgl.  Br.  Keil,  Epikritische  Isokratesstudien,  Hermes  23  (1888)  369  f. 

5.  Gnomen:  Ed.  Hereenröther  in  den  Monumenta;  s.  oben.  —  Vgl.  folgende 
Schriften  von  Leo  Sternbach:  Curae  Menandreae,  Dissert.  classis  philol.  acad.  litt.  Cra- 
coviensis  t.  17  (1892)  229—245;  Photii  Patriarchae  opusculum  paraeneticum.  Ebenda  t.  20 
(1893)  1—28;  Analecta  Phoüana,  Ebenda  t.  20  (1893)  83-124. 

6.  Ein  aus  9  Oden  zu  je  5  Trimetem  bestehendes  Preisgedicht  des  Photios  auf 
Christus  und  die  hl.  Jungfrau  ed.  aus  einem  Codex  der  Athoslaura  Alex.  Lauriotes, 
'EmxXijö,  UX,  1895  Nr.  28  S.  220. 

7.  Die  allgemeinen  Hilfsmittel  sind,   da  sie  vorwiegend  die  kirchenpolitische 


524  Bysaniinische  Litteratargeschichte.    I.  Proaaisehe  Litteraiur. 

und  theologische  Seite  des  Photios  betroffen,  schon  S.  77  f.  angef&hrt.  Vgl.  nodi  Fa- 
bricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  10,  070—776  und  11,  1—37.  —  Die  Beziehungen  des  PhotNi 
zu  Papst  Nicolaus  1  untersucht  A.  Gasquet,  Kempire  Byzantin  et  la  monarobie  Firnnqna, 
Paris  1888  S.  348—372.  —  Die  von  der  antiphotianischen  Partei  in  Umlauf  gebraeliUi 
sagenhaften  Berichte  über  das  Leben  des  Photios  bespricht  B.  Georgiades,  'HfMQMywf 
xfjg  'AvaxoXrjg,  Kpel  1887  S.  104—115.  —  Zur  Bibliographie  vgl.  W.  Engelmann,  Biblio- 
theca  scriptorum  classicorum  1  (1880)  555  f. 

217.  Arethas  (ÄQtO^ag)  um  860  in  Patrae  geboren,  war  wie  alle 
hei'vorragenden  Männer  dieser  Zeit  ein  Schüler  des  Photios.  Seit  dem 
Anfang  des  10.  Jahrhunderts  (sicher  seit  907)  war  er  Erzbischof  von 
Eäsarea.  Die  anonyme  Lebensbeschreibung  des  Patriarchen  Euthy- 
mios  (vgl.  S.  313),  eine  Hauptquelle  für  die  Biographie  des  Arethas,  zeigt 
ihn  an  den  kirchlichen  Streitigkeiten  der  Zeit  lebhaft  beteiligt.  Er  war 
zuerst  Anhänger  des  Patriarchen  Nikolaos,  versöhnte  sich  aber  bald  mit 
Euthymios.  Nach  derselben  Quelle  war  Arethas  Lehrer  des  angesehenen 
„Philosophen**  Niketas  des  Paphlagoniers.  Das  letzte  bekannte  Datum 
seiner  Biographie  ist  das  Jahr  932,  aus  welchem  einer  der  in  seinem  Auf- 
trage geschriebenen  Codices  stammt.  In  der  Geschichte  der  byzantinischen 
Bildung  nimmt  Arethas  eine  sehr  beachtenswerte  Stellung  ein.  In  einem 
dunkeln  Jahrhundert  und  an  einem  von  den  wenigen  noch  übriggebliebenen 
Bildungsstätten  weit  abgelegenen  Orte  widmete  er  sich  mit  bewunderungs- 
würdigem Eifer  der  Sammlung  und  Erklärung  kirchlicher  wie  pro- 
faner Schriften.  Der  älteste  bzw.  einzige  griechische  Kommentar  zur 
Apokalypse  ist  nur  in  der  von  Arethas  stammenden  Form  auf  uns  ge- 
kommen. Ausserdem  haben  wir  von  ihm  Bemerkungen  zu  Piaton,  Lukian 
und  Eusebios.  Sein  Interesse  für  Litteratur  bezeugen  mehrere  erhaltene 
Handschriften,  welche  in  seinem  Auftrage  und  auf  seine  Kosten  kopiert 
wurden;  dazu  gehören  ein  wichtiger  Codex  der  Apologeten  (Paris,  gr.  451), 
ein  Codex  dogmatischen  Inhalts,  Handschriften  des  Euklides,  des 
Rhetors  Aristides,  vielleicht  auch  des  Dion  Chrysostomos,  endlich  der 
berühmte  von  Clarke  aus  Patmos  nach  England  entführte  Platocodex. 
Ein  Moskauer  Codex  enthält  viele  noch  unedierte  Qelegenheitsschriften 
und  Briefe  des  Arethas,  aus  denen  sich  noch  genauere  Nachrichten  über 
seine  Lebensverhältnisse  erwarten  lassen.  Wenn  auch  die  Hauptbedeutung 
des  Mannes  darin  beruht,  dass  man  ihm  einen  wertvollen  Teil  der  apolo- 
getischen und  sonstigen  kirchlichen  Litteratur  verdankt,  so  ist  ihm  doch 
für  seine  unermüdliche  Sammelthätigkeit  auch  die  klassische  Altertums- 
wissenschaft zum  Danke  verpflichtet.  Über  die  theologischen  Schriften 
des  Arethas  s.  S.  129  f. 

J.  C.  T.  Otto,  Des  Patriarchen  Gennadios  von  Kpel  Confession.  Nebst  einem  Ex- 
kurs über  Arethas'  Zeitalter,  Wien  1864.  —  M.  Schanz,  Arethas  Verfasser  von  Schollen 
zu  Plato,  Philologus  34  (1874)  374  f.  —  Für  eine  genauere  Kenntnis  und  bessere  Würdi- 
gung des  Arethas  zog  die  Grundlinien  Ad.  Harnack,  Texte  und  Untersuchungen  zur  Ge- 
schichte der  altchristl.  Litt.,  herausgeg.  von  0.  von  Gebhardt  und  Ad.  Harnack  I  1 — 2 
(Leipzig  1882)  36—46.  -  Ueber  den  Cod.  Paris,  gr.  451  berichtet  0.  von  Gebhardt, 
Texte  und  Untersuchungen  I  3  (1883)  154—196.  -  Des  Arethas  Scholien  zu  Tatianos  ed. 
Ed.  Schwartz,  Tatiani  oratio  ad  Graecos,  Leipzig  1888  (=  Texte  und  Untersuchungen 
IV  1)  S.  44—47.  —  Vgl.  Athenagorae  libellus  pro  christianis,  oratio  de  resurrectione  ca- 
daverum  rec.  Ed.  Schwartz.  Leipzig  1891  Proleg.  (=  Texte  und  Untersuchungen  IV  2j. 
—  Ueber  die  philologische  Bedeutung  des  Arethas  handelt  mit  überschätzender  Begeiste- 
rung E.  Maass,  Observationes  palaeographicae  in  den  Mälanges  Graux,  Paris  1884 
8.  749—766  —  Biographische  Notizen  und  Mitteilungen  über  Moskauer  Handschriften  des 


6.  Altertomawissensohaffc.  A.  Philol.  Polyhiatoren  m  ScholiaBten.  (§§  217—218)     525 

Arethas  von  Ad.  Jülicher,  Götting.  Gel.  Anzeigen  1889  S.  383—387.  —  Des  Arethas  Be- 
merkungen über  Dion  Chnrsostomos  ed.  Cnach  Kayser)  L.  Dindorf  in  seiner  Ausgabe  des 
Dion  Chr.  2  (1857)  361—366.  Vgl.  Cobet  in  der  Eraperius'schen  Dioaosgabe,  1  (Braun- 
Bchweig  1844)  S.  XII  §  19  und  2  (1844)  792;  und  von  Arnim,  Dion  Chrysostomos  1 
(1893)  Prolegomena  S.  VIII.  --  A.  Sonny,  Dictvs  bei  Arethas,  B.  Z.  1  (1892)  590.  —  Zu 
der  interessanten  Randnotiz  des  Arethas  im  Cod.  Vatic.  1298  des  Aristides  vgl.  W.  Gurlitt, 
Die  grosse  eherne  Athena  des  Pheidias,  Analecta  Graeciensia,  Graz  1893  S.  101  ff.  — 
Dass  Arethas  auch  ein  Exemplar  der  ,Selbstbetrachtungen'  des  M.  Aurelius  besass,  zeigte 
A.  Sonny,  Zur  Ueberlieferungsgeschichte  von  M.  Aurelius  E^;  eavrov,  Philologus  54 
(1895)  181  f.  —  Ueber  das  Verhältnis  des  Arethas  zum  Onomastikon  des  Julios  Polydeukes 
vgl.  £.  Bethe,  Die  Ueberlieferung  des  Onomastikon  des  Julius  Pollux,  Nachrichten  der 
k.  Gesellschaft  der  Wiss.  zu  Göttingen,  Philol.-hist.  Klasse  1895  S.  336  ff.  —  Verzeichnis 
von  Hss  aus  dem  Besitze  des  Arethas  bei  W.  Wattenbach,  Anleitung  zur  griechischen 
Paläographie  ^  1895  S.  61  f.  —  Die  Litteratur  zu  den  theologischen  Schriften  des  Arethas 
8.  S.  131. 

218.  IsaAk  Porphyrogennetos  (laaäxiog  6  IloQffVQoykvvijtoq)^  wahr- 
scheinlich jener  Komnene  Isaak,  der  1057 — 1059  den  byzantinischen  Kaiser- 
thron inne  hatte  und  sich  dann  freiwillig  ins  Kloster  zurückzog,  verfasste 
zwei  kleine  Schriften  zu  Homer.  Die  erste  führt  den  Titel:  IIsqI 
xdn'  xavaleifpO^evTcov  vno  toi  ^O/xr^gov  d.  h.  Über  die  von  Homer  weg- 
gelassenen Dinge.  Nachdem  der  Verfasser  eine  ziemlich  naive  Lobrede 
auf  Homer  und  eine  Inhaltsangabe  der  Dias  vorausgeschickt  hat,  bemerkt 
er,  Homer  habe  unbegreiflicher  Weise  viele  mit  der  Eroberung  Trojas  zu- 
sammenhängende Ereignisse  übergangen,  wie  den  Tod  des  Priamos,  das 
Schicksal  der  Hekabe  u.  s.  w.  Er  habe  deshalb  aus  alten  Büchern  jene 
Dinge  zusammengestellt,  um  das  Werk  des  Homer  zu  ergänzen  und 
abzurunden;  in  Anbetracht  seines  poetischen  und  sprachlichen  Unver- 
mögens habe  er  jedoch  hiezu  nicht  das  heroische  Metrum,  sondern  die 
prosaische  Form  gewählt.  Ergibt  nun  in  unbeholfener  und  doch  pretiöser 
Diktion  eine  Erzählung  der  an  die  homerischen  Geschichten  anschliessen- 
den Ereignisse,  wie  sie  namentlich  im  Philoktet  des  Sophokles  und  in  der 
Hekabe  des  Euripides  vorkommen.  Ob  er  die  Dramen  direkt  benützte  und 
welche  Quellen  er  etwa  ausserdem  noch  verwertete,  muss  noch  untersucht 
werden.  Daran  schliesst  sich  ein  zweites  Schriftchen,  worin  ganz  im 
Geschmack  des  Zeitalters  die  homerischen  Helden,  zuerst  die  Griechen, 
dann  die  Trojaner,  mit  einer  genauen  Personalbeschreibung,  wie  sie 
besonders  in  Romanen,  in  apokryphen  Apostelgeschichten  und  in  volks- 
mässigen  Chroniken  Sitte  geworden  war,  bedacht  werden:  JIcqI  Idiarfjrog 
xal  xaQaxzijQiüv  t(ov  iv  Tgoitf  'EXkrjvwv  te  xai  TQaitov,  Agamemnon  z.  B., 
der  den  Reigen  eröffnet,  wird  bezeichnet  als  „gross,  weiss,  schönnasig, 
von  dichtem  Bartwuchs,  schwarzem  Haar,  grossen  Augen,  furchtlos,  edel, 
grossmütig**.  Die  Schrift  besitzt  mithin  Verwandtschaft  mit  Dar  es 
Phrygius  und  Diktys  von  Kreta,  letzteren  nennt  der  Verfasser  am 
Schlüsse  (S.  88)  auch  wirklich  als  Gewährsmann  seiner  Beschreibungen; 
trotzdem  hat  er  nicht  aus  Diktys  selbst,  sondern  aus  seinem  Ausschreiber 
Malalas  geschöpft.  Die  vielfache  Übereinstimmung  des  Werkes  mit  den 
Posthomerica  des  Tzetzes  ist  wohl  aus  der  Benützung  gleicher  Quellen 
durch  beide  zu  erklären.  Obschon  litterarisch  und  philologisch  wertlos, 
sind  beide  Schriften  immerhin  charakteristisch  für  jene  im  Diktys,  Dares, 
Malalas  und  sonst  bekundete  romantische  Auffassung  der  trojanischen 
Geschichten,  welche  im   späteren  Altertum  den  Homer  teils  zu  ersetzen,* 


526  Bysftntinische  litteraturgeBohiohte    L  Prosaische  Litterstnr. 

teils  zu  ergänzen  suchte  und  schliesslich  in  den  phantastischen  Troja- 
romanen  des  Mittelalters  einen  breiten  und  bleibenden  Ausdruck  fand. 
In  solchem  Zusammenhange  müssen  also  die  zwei  Versuche  des  Exkaisers 
Isaak  gewürdigt  werden. 

1.  Ausgaben:  Die  komorische  Physiognomik  edierte  zuerst  J.  Rutgersins,  Varia- 
mm  lectionum  libri  sex.  Lugd.  Batavomm  1618  8.  509—516.  —  Dann  ed.  beide  Stficke 
Leo  Allatias,  Excerpta  varia,  Romae  1641  S.  259—320  (mit  lateinischer  Uebersetzong). 
—  Wiederholt  auf  Grund  neuen  handschriftlichen  Materials  in:  Polemonis  declamationes 
rec.  Hugo  Hinck,  Leipzig,  Bibl.  Teubneriana  1873  S.  57—88  (ohne  die  lateinische  Ueber- 
Setzung). 

2.  Hilfsmittel:  üeber  die  Quellen  der  Trojageschichten  bei  Isaak  vgl.  die  Litteratnr- 
angaben  S.  332  f. 

3.  Im  Cod.  Ambros.  H.  22  sup.  fol.  157  ff.  steht  eine  Hypothesis  des  Homer,  deren 
ProOmion,  der  Porphyrogennetos  aus  alten  Gewährsmännern  zusammengestellt  hat"  (bd^ey  tovro 
ix  naXauSy  dvdqiäv  6  noQ(pvQoy^yyt]Tog  avva&Qolaag  ixifidtoxey).  Das  Proömion  beginnt:  Tov 
noXv^QvXijtov  'OfAi^Qov  rovTo  (cod.  tovtov)  fJtiya  noiijattvtoq  xal  a^ioXoyoy  xai  noXv&QvXrjtoy 
CTtovdaofjta  xal  aymvi^sfjia.  Darauf  folgt  der  Inhalt  von  Kapitel  2 — 47  der  Pseudo-Plutarchi- 
sehen  Schrift  De  vita  et  poesie  Homeri.  Daran  schliessen  sich  die  Hypothesis  zum  ersten 
Gesänge  der  llias,  dann  dieser  selbst  mit  Scholien,  endlich  Kapitel  48— 51  der  Schrift  des 
Pseudo-Plutarch.  Unter  dem  JloQfpvQoyivvfjxog  ist  jedenfall  Isaak  Porphyrogennetos  zu 
verstehen.    Vgl.  C.  Wachsmuth,  Rhein.  Mus.  18  (1863)  136-138;  326  f. 

219.  Johannes  Tzetzes  (l(üdvvr^q  6  T^är^rjg)  wurde  als  Sohn  eines 
gebildeten  Mannes  um  das  Jahr  1110  in  Konstantinopel  geboren  und  er- 
hielt, wie  er  selbst  ausdrücklich  bezeugt,  eine  sorgfältige  Erziehung;  von 
früher  Jugend  an  philologischen  Studien  ergeben,  widmete  er  sich,  nach- 
dem er  eine  Zeit  lang  als  Sekretär  und  Lehrer  der  Grammatik  thätig  ge- 
wesen war,  alsbald  einer  ausgedehnten  litterarischen  Thätigkeit,  die  ihm 
auch  seinen  Unterhalt  verschaffte.  Über  seine  Lebensverhältnisse  sind 
wir  ziemlich  genau  unterrichtet,  da  er  jede  Gelegenheit  ergreift,  von  sich 
selbst  zu  erzählen.  Durch  alle  Notizen,  die  seine  Person  betreffen,  zieht 
sich  die  endlose  Klage  über  Armut,  Missgeschick  und  über  die  Yerkennung 
seiner  grossen  Verdienste.  In  dieser  Hinsicht  wie  auch  in  manchen  an- 
deren Zügen  ist  Tzetzes  mit  seinem  würdigen  Zeitgenossen  Ptochopro- 
dromos  eng  verwandt.  Für  das  in  der  ganzen  griechischen  Litteratur 
bemerkbare  Elend  des  Grammatikerstandes  ist  er  der  ausgeprägteste  Typus. 
Einmal  geriet  Tzetzes  in  so  grosse  Not,  dass  ihm  von  allen  Büchern  nur 
der  Plutarch  übrig  blieb.  Stets  erscheint  er  von  der  Gnade  der  vor- 
nehmen Gönner  abhängig,  denen  er  seine  Schriften  widmet.  Besonders 
sind  es  Mitglieder  des  kaiserlichen  Hauses,  an  die  er  sich  wendet,  Isaak 
Komnenos,  der  Bruder  des  Kaisers  Johannes  Komnenos,  Kaiser  Manuel 
Komnenos  und  seine  aus  deutschem  Geschlechte  stammende  Gemahhn 
Irene;  auch  die  mit  den  Komnenen  verwandte,  mächtige  Familie  Kamateros 
und  andere  Würdenträger  bedachten  ihn,  wie  sich  aus  den  Briefen  ergibt, 
mit  reichlichen  Geschenken.  Sein  Hauptgönner  war  lange  Zeit  ein  ge- 
wisser Konstantin  Kotertzes,  der  die  Fortsetzung  der  Allegorien  zu 
Homer  und  eine  zweite  Bearbeitung  der  Chiliaden  verschuldet  hat.  Das 
Todesjahr  des  Johannes  Tzetzes  lässt  sich  nicht  mit  Sicherheit  bestimmen. 
Wenn  die  ihm  zugeschriebenen  Jamben  auf  den  Tod  des  Manuel  Kom- 
nenos ihm  wirklich  gehören,  müsste  er  das  Jahr  1180  überlebt  haben. 
Eine  genauere  Bestimmung  ergäbe  sich  vielleicht  aus  einer  im  Cod.  Paris. 


6.  AltertiimBwi88en8chaft.  A.  Philol.  PolyhiBioren  u.  Soholiasten.  (§  219)     527 

2644  erhaltenen,  angeblich  von  Tzetzes  stammenden  Monodie  De  impera- 
tore  occiso,  die  man  auf  Andronikos  Eomnenos  (f  1185)  bezogen  hat; 
allein  so  lange  das  Gedicht  nicht  ediert  ist,  bleibt  die  Autorschaft  des 
Tzetzes  ebenso  unsicher  als  die  Beziehung  auf  jenen  Kaiser. 

Das  Gesamturteil  über  die  litterarische  Thätigkeit  des  Johannes 
Tzetzes  kann  nicht  günstig  ausfallen;  seine  Selbstüberhebung,  mit  der  sich 
die  derbste  Polemik  gegen  andere  Grammatiker  verbindet,  ist  ebenso  gross 
als  seine  Sorglosigkeit,  in  welcher  er  selbst  die  zeitgenössischen  Pach- 
genossen  noch  weit  übertrifft.  Man  glaubt  in  der  Chronik  eines  Malalas 
zu  lesen,  wenn  Tzetzes  z.  B.  den  aus  Amorgos  stammenden  Dichter  Simo- 
nides einen  Sohn  des  Amorgos  nennt,  wenn  er  Naxos  für  eine  Stadt  auf 
Euboea  hält,  den  Servius  Tullius  als  Konsul  und  Kaiser  der  Römer  be- 
zeichnet, den  Euphrat  mit  dem  Nil  verwechselt  u.  s.  w.  Die  meisten 
seiner  zahllosen  Irrtümer  und  Missverständnisse  erklären  sich  daraus,  dass 
er  in  Ermangelung  von  Büchern  seinem  Gedächtnisse  allzuviel  zutraute; 
er  rühmt  von  sich  selbst  in  den  Allegorien  zur  Dias  15,  87: 

'Efiol  ßtflXio&ijxij  yoQ  ij  xBtpaXij  xvyxäyBi  ' 
BißXoif  (T  ijfAiv  ov  nixQBici  deiytog  axQtjfAarovaiy, 

Ähnlich  sagt  er  in  den  Chiliaden  I  277  von  seinem  Gedächtnisse: 

Ovdi  yuQ  fxvfjfioviaxBQov  rov   T^et^ov  9e6g  aXXoy 
*'AydQa  rcJv  TtQiv  xb  xtel  xdiy  yvy  i^i(frjyBy  iy  ßiü). 

Es  muss  daher  ausdrücklich  betont  werden,  dass  auffallende,  sonst  nicht 
belegte  Namen  und  Nachrichten,  die  sich  nur  bei  Tzetzes  finden,  mit 
grösster  Vorsicht  entgegenzunehmen  sind;  mancher  scheinbare  Fund  er- 
weist sich  bei  näherer  Betrachtung  als  eitel  Katzengold. 

Immerhin  erhebt  sich   die  Belesenheit  des  Tzetzes  weit  über  das 
Normalmass  byzantinischer  Bildung;  sie  umfasst,  wie  sich  namentlich  aus 
den  Chiliaden  ergibt,  Homer,  Hesiod,  Pindar,  die  Tragiker,  Aristophanes, 
Theokrit,  ApoUonius  Rhodius,  Lykophron,  Nikander,  Dionysios  Periegetes, 
Oppian,   die   Orphica,   Quintus  Smymaeus,    eine  Anthologie;    von  Histo- 
rikern den  Herodot,  Diodor,  Joseph,  Sueton  oder  eine  abgeleitete  Quelle, 
Plutarch,  Arrian,   Dio  Cassius,  Prokop  von  Kaesarea,   Pseudokallisthenes, 
Malalas,  Hesychios  Milesios,  Theophylaktos  u.  a.,  von  Rednern  den  Lysias, 
Demosthenes,  Aeschines,  auch  verlorene  Schriften  wie  Aristogiton  gegen 
Hyperides  u.  s.  w.,  von  Philosophen  den  Piaton,  Aristoteles,  Psellos  u.  a.; 
von  Geographen   den  Strabon  und   Stephanos  von  Byzanz;  von  Belle- 
tristen vor  allem   den  Lükian.     Manches   bleibt  hier  freilich  recht  un- 
sicher;  denn  die  Untersuchung  der  Quellen  des  Tzetzes  wird,  von  der 
üngenauigkeit  seiner  Gedächtniszitate  und  der  Flüchtigkeit  seiner  Lektüre 
abgesehen,  noch  besonders  dadurch  erschwert,  dass  er  nach  einer  in  Byzanz 
weit  verbreiteten  Unsitte  zahlreiche  Autoren  nur  aus  zweiter  Hand  an- 
fuhrt, manche  auch  auf  Geratewohl  zitiert  und  hiebei  Autoren  und  Schriften 
verwechselt.     Trotz  dieser  Mängel  verdienen  die  Werke  des  Tzetzes  eine 
eingehende  Betrachtung,  die  sich  vor  allem  darauf  richten  muss,  den  Weizen 
von  der  Spreu  zu  sondern  und  in  die  noch  wenig  gesichteten  Massen  Licht 
und  Klarheit  zu   bringen.     Neben    der  Bedeutung,    die  Tzetzes  für  das 
Altertum   hat,   ist  er   unstreitig  für  die  litterar-  und  kulturhistorischQ 


528  Bysantinisohe  Litteratnrgesohiolite.    I.  ProMdsche  Littonitw. 

Würdigung  seiner  eigenen  Zeit  eine  bedeutende  Figur,  die  in  einem 
samtbilde  des  zwölften  Jahrhunderts  so  wenig  fehlen  darf  ab  Aaift  w 
Komnena,  Ptochoprodromos,  Eustathios  u.  a.     Die  Schriften  des  Tj 
kann  man  in  drei  Oruppen  teilen,  in  antiquarisch-historische  Sarnmi 
werke  (Briefe  mit  den  Chiliaden),  in  Ergänzungen,  Allegorien  nij 
Scholien   zu   den  alten  Dichtem  und  endlich  in  allgemeine  Traktat 
über  Poesie,  Metrik   und  Grammatik,    wozu   einige  kleinere  Stücke 
mischten  Inhalts  kommen.     Wir  beschränken  uns  auf  eine  kurze  Ai 
lung  sämtlicher  Werke: 

1.  Eine  von  Tzetzes  selbst  geordnete  und  in  zwei  Bände  eingetäb] 
Sammlung  von  107  Briefen.     Als  Prinzip  der  Reihenfolge  ist  mit 
liger  Sicherheit  die  Zeit  der  Abfassung  erkannt.     Die  frühesten  St&di^ 
beginnen  mit  dem  Jahre  1138;  die  letzten  sind  kaum  vor  1165  geschriebei,1 
der  dem  Ganzen  als  Einleitung  vorgesetzte  Brief  an  den  Diakon  Epiphamos] 
schwerlich  vor  1170.    Eine  geringe  Zahl  der  Briefe  gehört  in  die  seit  d» 
Sophistenzeit  beliebte  Gattung  der  fingierten  Episteln;   sie  sind  schon 
in  der  Überschrift  als  rhetorische  Übungsstücke  bezeichnet  z.  B.  *Üg  coro 
Tivog   diaxovov  nQog  emaxoTiov.     Die  meisten  dagegen  sind  an  wirkliche 
Personen  gerichtet,  an  Männer  und  Frauen  aus  dem  Eaiserhause,  an  geist-^ 
liehe  und  weltliche  Würdenträger,   an  Freunde  und  Schüler.    Aus  ihnen 
erfahren  wir  manches  biographische  Detail  über  den  Verfasser   und 
die  Adressaten;   doch  verschwinden  solche  Personalnotizen  in  dem  Wüste 
mythologischer,  litterargeschichtlicher  und  historischer  Weisheit,   die  den 
Hauptinhalt  dieser  schwergelehrten  Korrespondenz  bildet.     Wenn  Photios 
in  seinen  Briefen  auch  wissenschaftliche  Fragen  mit  Eleganz  und  Leichtig- 
keit zu  behandeln  weiss,  so  treffen  wir  bei  Tzetzes  nur  krausen  Notizen- 
kram und  dazwischen,  wie  als  Erkennungszeichen  eingestreut,  die  Ergüsse 
seiner  morosen  und  launenhaften  Selbstüberhebung. 

Erste  Gesamtausgabe  von  Theod.  Pressel,  Ttlbingen  1851  (mit  einem  Index 
Graecitatis  und  einem  kritischen  Apparate  zu  den  Ghiliaden). 

2.  DieChiliaden.  Das  umfassendste  Werk  des  Tzetzes,  wahrschein- 
lich zwischen  1144  und  1170  abgefasst,  ist  ein  philologisch-historisches 
Lehrgedicht  von  12674  politischen  Versen,  das  von  Tzetzes -ßi'i^Ao^  ictto- 
Qiüiv  betitelt  wurde;  die  jetzt  übliche  Bezeichnung  Chiliades  stammt  von 
dem  ersten  Herausgeber  Gerbel  (1546),  welcher  das  ganze  Werk  zur  Er- 
leichterung des  Zitierens  in  13  Verstausende  einteilte.  Nach  seiner  ur- 
sprünglichen Anordnung  zerfällt  das  Werk  in  600  Kapitel  (tato^iai).  Den 
Inhalt  dieser  „Geschichten"  bilden  mythologische,  litterargeschichtliche 
und  historische  Miszellen,  welche  die  in  den  Briefen  vorkonmienden  ge- 
lehrten Abschweifungen  in  ausführlicher  Weise  erklären.  Die  Chiliaden 
sind  mithin  nichts  anderes  als  ein  ungeheuerer  versifizierter  Kom- 
mentar zu  den  eigenen  Briefen  des  Tzetzes,  die  Stück  für  Stück  teils  in 
einer,  teils  in  mehreren  „Geschichten"  erläutert  werden.  So  eng  ist  die 
Beziehung  zwischen  den  Briefen  und  Chiliaden,  dass  man  die  ersteren 
geradezu  als  einen  detaillierten  Index  zu  den  letzteren  betrachten  kann. 
Die  Briefe  bilden  das  Gerippe,  die  Chiliaden  die  bauschige  Umhüllung  des- 
selben.    Doch  die  Manie  des  Kommentierens  Hess  Tzetzes   nicht  ruhen. 


6.  AliertaiiuiwiBaeiiflchaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  n.  Bcholiasten.  (§  219)     529 

*  dachte:  »Doppelt  genäht  hält  besser**  und  versah  die  Chiliaden  noch 
L^  ausführlichen,  teils  in  Prosa,  teils  in  politische  und  jambische  Verse 
fassten  Randscholien,  in  welchen  er  teils  historische  Irrtümer  ver- 
^sert,  teils  Quellen  angibt,  die  Erzählung,  Orthographie,  Wortbildung  und 
'osodie  rechtfertigt  und  Einzelheiten  hinzufügt.  Auch  zieht  er  hier  in 
x-bster  Weise  gegen  den  nachlässigen  Abschreiber  los,  der  Koprograph, 
cht  KaIHgraph  zu  heissen  verdiene;^)  in  Wirklichkeit  scheint  jedoch 
öser  Mistschreiber,  ähnlich  wie  heute  zuweilen  der  „Druckfehlerteufel*, 
IX  den  Sündenbock  abzugeben  für  die  Schnitzer,  die  nachträglich  von 
Eetzes  oder  von  anderen  entdeckt  wurden.  Diese  verbesserte  Aus- 
abe  widmete  Tzetzes  seinem  Gönner  Kotertzes,  an  den  auch  zwei 
riefe  gerichtet  sind.  Genau  genommen  sind  übrigens  drei  Ausgaben  der 
hiliaden  zu  unterscheiden.  Als  Anhang  der  Chiliaden  finden  sich  in 
wei  Handschriften  drei  kleinere  Gedichte,  deren  Inhalt  im  wesent- 
kchen  eine  bittere  Polemik  gegen  die  Feinde  des  Tzetzes,  besonders  gegen 
len  Eparchen  Kamateros  bildet. 

1.  Ausgaben:  £d.  pr.  Nie.  Gerbelius,  Basileae  1546;  wiederholt  von  Jac.  Lectius 
m  Corpus  poetarum  Graecorum,  Goloniae  Allobrog.  1614  v.  II  274  ff.  —  £d.  Theophil, 
(iessling,  Lipeiae  1826  (Joannis  l'zetzae  historiarum  variarum  chiliades);  eine  ganz  un- 
critische  und  nachlässige  Arbeit  Vgl.  die  gehaltreichen  Besprechungen  von  Struve, 
Uue  kritische  Bibliothek,  herausgeg.  von  G.  Seebode  1827  S.  241—306  und  370-436 
lach  als  eigene  Schrift  unter  dem  Titel:  Ueber  den  politischen  Vers  der  Mittelgriechen, 
lildesheim  1828)  und  von  Hamaker,  Bibliotheca  nova  critica  4  (Lugduni  Batavorum  1828) 
172—403,  endlich  die  freilich  auch  sehr  ungenaue  Kollation  von  Pariser  Handschriften  in 
ler  Ausgabe  der  Briefe  des  Tzetzes  von  Pressel.  —  Scholia  ad  Tzetzae  Chiliades  ed. 
I.  A.  Gramer,  An.  Oxon.  3  (1836)  350—375.  —  Eine  brauchbare  Ausgabe  der  Chiliaden, 
n  welcher  das  Verhältnis  der  Codices  und  Rezensionen  klargelegt  und  ein  verlässiger  Text 
regeben  werden  müsste,  fehlt  uns  noch.  Von  Handschriften  sind  bis  jetzt  2  Münchener 
ind  2  Pariser  bekannt. 

2.  Hilfsmittel:  Fr.  Dübner,  Ueber  eine  wichtige  Hs  der  Historien  des  Tzetzes 
lebst  den  Randbemerkungen,  die  derselbe  bei  einer  späteren  Lektdre  seinem  Buche  zu- 
;efQgt  Rhein.  Mus.  4  (1836)  1-26.  —  Fr.  Haase,  Miscellaneorum  philologicorum  liber  II. 
^rogr.,  Breslau  1858  (Bemerkungen  zu  Tzetzes  Chil.  B.  8).  —  Fei.  Liebrecht,  Zu 
Pzetzes  Chiliaden,  Philologus  28  (1869)  355-357;  541—543.  —  Fragmente  des  Dio  Cassius 
werden  in  den  Chiliaden  (und  anderen  Kompilationen  des  Tzetzes)  nachgewiesen  von  H. 
lanpt,  Neue  Beiträge  zu  den  Fragmenten  des  Dio  Cassius,  Hermes  14  (1879)  430—446. 
-  Die  Quellen  der  mythologischen,  historischen,  geographischen  und  litterargeschichtlichen 
S^ichrichten  der  Chiliaden  behandelt  die  gründliche  Arbeit  von  Christian  Härder,  De 
foannis  Tzetzae  historiarum  fontibus  quaestiones  selectae,  Diss.,  Kiel  1886.  —  Zu  Chiliaden 
K  334  vgl.  W.  Gurlitt,  Die  grosse  eherne  Athens  des  Pheidias,  Analecta  Graeciensia, 
Iraz  1893  S.  105  ff. 

3.  Allegorien  zur  Ilias  und  Odyssee,  zwei  Lehrgedichte  in  poli- 
ischen  Versen,  in  welchen  'O  "OfirjQog  6  ndvco^og^  ij  xß^älaaaa  rmv  Xoymv 
V,  51)  breit  erläutert  und  insbesondere  die  homerische  Götterwelt  nach 
len  Grundsätzen  des  Euhemerismus  allegorisch  umgedeutet  wird.  Das 
Joppelwerk  ist  betitelt:  ^rnoi^eaig  rov  "^Ofjnjgov  aXXrjyoqrjd'eXaa  naqd  'l^auwov 
oamiatiKOV  rov  T^ät^ov  rij  xQuiaioTarrj  ßaaiKaarj  xai  o/i/y^ixwTftVg  xvq^ 
^Qtjrr^  Tj  €^  UkaiÄuvm'.  Das  Werk  ist  demnach  der  Kaiserin  Irene  ge- 
vndmet;  doch  gehören  ihr  nur  die  ersten  15  Gesänge  der  Allegorien  zur 
lias.  Als  nämlich  der  kaiserliche  Schatzmeister,  der  die  ersten  Gesängo 
eichlich  belohnt  hatte,  anfing  den  unermüdlichen  Dichter  mit  leeren  Worten 


M  Zu  Chiliades  V  201:  (Ovrat  /^eoiV  xaXcTy  yttg  ^  xttXXiyQtt<foy). 

Toii  xo^Qiiäyio^  rot)rf6  xai  xo7iQoyQn(pov 

Bandbnob  der  kli«.  Altertumswimeufichaft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aufl.  34 


530  ByzantiiÜBohe  Litteraiiirgesohiohte.    L  ProMÜsche  Littaratar. 

abzuspeisen,  widmete  er  aus  Rache  den  Schluss  dem  Konstantin  Ko< 
tertzes.  Der  Anfang  des  Werkes  ist  um  1145  abgefasst,  der  Schluss  umj 
1158,  die  Allegorien  zur  Odyssee  erst  nach  diesem  Jahre,  da  im  Proömiam] 
der  Tod  Irenes  (f  1158)  erwähnt  ist.  Von  den  letzteren  sind  bis  jetzt  nur 
das  Proömium  und  die  Allegorien  zu  den  ersten  13  Gesängen  aufgefiindeaj 
Beide  Gedichte  umfassen  jetzt  etwa  10000  Verse. 

1.  Ausgaben  und  Hilfsmittel:  Die  Allegorien  zur  Ilias  und  Odyssee  edl 
P.  Matranga,  Anecdota  Graeca  1  (1850)  1  —  295.  —  Nur  die  AU^orien  zur  Ilias  ed. 
Fr.  Boissonade,  Lutetiae  1851  (mit  den  Allegorien  des  Psellos).  —  Scholia  ad  AUegcniM 
lliadis  ed.  J.  A.  Gramer,  An.  Oxon.  3  (1836)  376—384.  —  Fr.  Soll,  Studien  Aber  daadint] 
Ptolemaeus,  Jahns  Jahrb.  Supplementb.  21  (1894)  155,  erläutert  eine  Stelle  der  AllegoriM| 
zur  Ilias  (Matranga,  An.  gr.  I  87). 

2.  Von  älteren  byzantinischen  Allegorien  sind  bemerkenswert  die  natnrpbilo8ophi8cIie& 
Spekulationen  zur  Ilias  und  Odyssee,  als  deren  Verfasserin  eine  gewisse  Demo  bezeugt  istj 
Wir  haben  einige  ausdrücklich  mit  ihrem  Namen  bezeichnete  Fragmente  in  den  Homerscholieo,  i 
bes.  bei  Eustathios;  dazu  kommt  ausser  zahlreichen  anonymen  Scholien,  die  man  aus  Innerei 
Gründen  der  Demo  zuteilen  muss,  ein  grösseres  anonymes  Stück,  nämlich  die  im  Cod.  Yindok 
philol.  gr.  49  (Nessel),  s.  13,  aufbewahrte  zusammenhängende  Reihe  naturwissensohaftlieh« 
Erklärungen  zu  Ilias  A  1 — 560,  in  welchen  wie  in  den  unter  dem  Namen  der  Demo  überlieferUa 
Stücken  den  Worten  des  Homer  in  ganz  unsinniger  Weise  durchwegs  kosmische  Ideen 
unterlegt  werden.  Die  Zeit  dieser  exzentrischen  Homerdeuterin  ist  nicht  näher  bekannt; 
doch  ergibt  sich  —  vorausgesetzt,  dass  die  Wiener  Allegorien  ihr  wirklich  gehören  — 
aus  der  hier  offenbaren  Benützung  der  Schrift  des  Theodoret  von  Kyrrhos  (f  um  458  n.  Chr.) 
'EXkrivixwy  Ttadrjf^dttoy  &6Qtt7i€vtixij  als  Frühgrenze  etwa  die  Mitte  des  5.  Jahrhunderts  n.  C1ir4 
eine  Spätgrenze  bildet  das  Vorkommen  von  Demoscholien  im  Homerkommentar  des  Ven.  A, 
s.  10 — 11;  endlich  raten  Spuren  neuplatonischer  Einflüsse,  mit  denen  sich  übrigens  deat- 
liche  Züge  christlicher  Weltauffassung  verbinden,  die  Lebenszeit  der  Frau  Demo  in  der 
Nähe  der  Frühgrenze,  etwa  in  der  2.  Hälfte  des  5.  Jahrhunderts,  anzusetzen.  Johannes 
Tzetzes  widmet  seiner  Rivalin  in  seinen  eigenen  Allegorien  zur  Ilias  und  Odyssee  (ed. 
Matranga  IS.  166  und  225)  eine  sehr  ungalante  Kritik,  die  sich  offenbar  gegen  die  blinde 
Einseitigkeit  der  von  Demo  angewandten,  übrigens  im  Prinzip  durchaus  nicht  neuen  ,mathe- 
matischen*^  Allegor isierung  richtet.  Der  Kritiker  rühmt  sich  u.  a.  (S.  225),  er  habe  zon 
ersten  male  in  durchsichtiger  und  jedermann  verständlicher  Weise  allegorisiert,  nicht  wie 
,Dimo*,  die  —  ein  des  Tzetzes  würdiger  Namenwitz   —  den  Klugen  als  „Mimo*  (Aeffin) 

erscheine  .... 

ovyl  xa&an£Q  rj  Jrjfiaif  fiiuta  di^  roT^  q)Qoyovai, 

yvvMOv  xofjL-noXäxvbov,  %f;evovtptjyoQoyQd(foy, 

fAfjdky  &i  ngog  xdy  "Ofitjgoy  xtay  avyreXovyTOfy  X^yoy, 

Ueber  Demo  handelte  zuerst  eingehender  H.  Usener,  Vergessenes,  Rhein.  Mus.  28(1873) 
414—417,  der  jedoch  ihre  Persönlichkeit  leugnete  und  ihren  Namen  für  eine  Fiktion  eines 
Unbekannten  erklärte.  —  Hauptschrift:  A.  Lud  wich.  Die  Homerdeuterin  Demo,  Fest- 
schrift zum  50jährigen  Doktoriubiläum  L.  Friedländers,  Leipzig  1895  S.  296—321.  —  A. 
Lud  wich  edierte  auch  die  Wiener  Allegorien:  Allegoriae  Homericae  ex  codico  Vindo- 
bonensi  primum  editae.  Königsberger  Ind.  lect.  f.  d.  Sommersemester  1895.  —  Eine  all- 
gemeine  Charakteristik  Demos  gab  F.  Sander,  Beilage  zur  <Münchener>  Allgem.  Zeitung 
1896  Nr.  17. 

4.  Exegesis  zur  Ilias  des  Homer,  ein  aus  der  Lehrthätigkeit  des 
Tzetzes  hervorgegangener,  wie  eine  moderne  Doktordissertation  von  giftiger 
Polemik  gegen  alle  Vorgänger  eingeleiteter  Kommentar,  der  um  das  Jahr 
1143  veröffentlicht  und  später  mit  den  unvermeidlichen  Schollen  ausge- 
stattet wurde. 

1.  Ed.  G.  Hermann  mit  Draco  Stratonicensis,  Lipsiae  1812.  —  Ed.  L.  Bach- 
mann, Scholia  in  Homeri  Iliadem,  Lipsiae  1835—38  S.  746—845.  —  Vgl.  E.  N.  Satbas, 
Bulletin  de  correspond.  hellän.  1  (1877)  121  ff. 

2.  Ein  anonymer  Auszug  der  Ilias  in  politischen  Versen  steht  (nach  den  Alle- 
gorien des  Tzetzes)  im  Cod.  Bodl.  Barocc.  24  fol.  38^—198.  Titel  und  Anfang:  'Vtto'- 
^eaig  xtjg  «'  'OfxrJQov  ^atpt^&iag. 

Trjg  äXq>a  17  vno&eaig  'Ofi'qqov  Sailßi^&lag, 
'Jya  ngdg  arjy  iotpiXs^tv  mthy  inayaXttßüt, 


6.  AltertmiuiwiMeiiflcluift.  A.  Philol.  Polyhistoren  u.  Soholiaaten.  (§  219)     531 

5.  Ein  weiteres  auf  Homer  bezügliches  Werk  des  Tzetzes  ist  ein 
lexametrisches  Gedicht  Td  nQo^OfxtJQov,  Tcc^'OfitJQov,  xd  ^ed-'^OiiriqoVj 
idiert  und  gewöhnlich  zitiert  unter  dem  lateinischen  Titel:  Antehomerica, 
lomeriea,  Posthomerica,  auch  einfach  als  Garmina  Iliaca.  Die 
lomerica  behandeln  denselben  Stoff  wie  die  Hias;  die  Antehomerica  troja- 
lische  Oeschichten,  die  der  homerischen  Erzählung  vorausgehen,  wie  den 
Jaub  der  Helena,  die  Rüstungen  der  Griechen  u.  s.  w.;  die  Posthomerica 
mdlich  Ereignisse,  die  nach  den  von  Homer  erzählten  eintraten,  wie  der 
3au  des  hölzernen  Pferdes,  die  Zerstörung  Trojas  u.  s.  w.  Die  Diupersis 
itammt  grösstenteils  aus  Tryphiodor,  während  der  vorhergehende  Teil 
1er  Posthomerica  in  Quintus  Smyrnaeus  -}~  Malalas  fast  ohne  Rest  auf- 
geht. Das  Ganze  bildet  ein  poetisches  Supplement  zu  Homer.  Auch 
Luf  dieses  Werk,  das  vor  der  Exegesis  abgefasst  ist,  setzte  Tzetzes  später 
erklärende  Scholien. 

1.  Ausgaben:  Tzetzae  carmina  Iliaca  ed.  Schirach,  Halle  1763  (unvollständig 
md  schlecht  aus  Cod.  Aug.  456,  doch  wichtig  wegen  der  Beigabe  der  Scholien,  von  denen 
acobs  nur  Exzerpte,  Bekker  nichts  mitteilt).  —  £d.  Fr.  Jacobs,  Lipsiae  1793.  —  Dann 
nit  manchen  Verbesserungen  ed.  I.  Bekker,  Berolini  1816.  —  Die  Ausgabe  von  Jacobs 
vurde  wiederholt  in  der  Bibliotheca  Tauchnitiana  mit  Quintus  Smyrnaeus  u.  a., 
Jpsiae  1829;  der  Bekker 'sehe  Text  von  Lehrs  und  DQbner  mit  Hesiod,  Apollonius 
Ihodius  u.  a.,  Paris  1868. 

2.  Hilfsmittel:  Die  Quellen  der  Posthomerica  untersuchte  Ferd.  Noack,  Die 
Quellen  des  Tryphiodoros,  Hermes  27  (1892)  452—463.  —  Bemerkungen  zum '  SagenstofF 
les  Tzetzes  enthält  auch  Noacks  ausführliche  Besprechung  von  F.  Eehmptzow,  De 
Jninti  Smymaei  fontibus  ac  mythopoeia,  Kiel  1891,  Göttinger  Gel.  Anzeigen  1892  8.  769 
lis  812.  —  Ueber  die  Quellen  der  Troica  vgl.  die  Litteratur  S.  332. 

6.  Auf  Homer   und  Hesiod  bezieht  sich   endlich    die   Theogonia: 

Joidvvov    YQafAiÄaTixoi    rov   TXhT^ov  7vo(rifia  avxhaqov  Tvdvzjj  xai  dfieXivrjTOV 

hd  cr/'x«*'  nokiTtxmv  negu'xov  naaav  d-eoyoviav  iv  ßQccx^l  fJievd  rvQoadijxrjg 

lai    xaxaXoyov  %£v   ini   rijv  ^'ihov   dqia%(ov  'EkXi]v<av   re  xal   TQoiwv.     Das 

Gedicht   scheint  um   dieselbe   Zeit   abgefasst    zu   sein   wie   die  Exegesis 

:ur  Hias. 

Ed.  I.  Bekker,  Abhandl.  Berl.  Ak.  1840  S.  147—169.  —  Ed.  Matranga,  An.  gr. 
!  (1850)  577—598.  Wegen  der  starken  Verschiedenheit  der  bentltzten  Hand- 
chriften  müssen  beide  Ausgaben,  die  sich  gegenseitig  ergänzen,  herangezogen  werden. 
-  Dazu  kommt  noch  der  kleine  Prosatraktat  lle^i  rijg  yByytjüBotg  taiy  ^Btav^  ed.  von  J. 
L  Gramer,  An.  Paris.  3  (1841)  101-112,  und  in  anderer  Fassung  von  Matranga,  An. 
;r.  2  (1850)  364—371. 

7.  Schollen  zu  Hesiods  Werken  und  Tagen  und  zum  Schild 
les  Herakles,  abgefasst  vor  1138.  Im  Vorworte  entwickelt  Tzetzes 
mter  heftigen  Angriffen  auf  Proklos  die  Grundsätze,  nach  welchen  ein 
)Lommentar  anzufertigen  sei;  man  müsse  die  Dichter  nach  ihren  Eigen- 
ümlichkeiten  unterscheiden,  über  die  Abkunft,  das  Leben,  die  Werke  und 
iie  Zeitgenossen  des  zu  erklärenden  Dichters  handeln;  man  müsse  den 
iweck  des  betreffenden  Werkes  darlegen  und  die  mythischen  Geschichten 
tllegorisieren;  das  Metrum  und  was  sonst  nötig  sei,  müsse  in  klarer  und 
ehrhafter  Weise  erklärt  werden,  nicht  mit  jener  labyrinthischen  Verworren- 
leit,  die  selbst  wiederum  nach  Erklärung  schreie.  Abgesehen  von  dem 
eidigen  AUegorisieren,  das  Leute  wie  Tzetzes  nun  einmal  für  den  un- 
entbehrlichen Bestandteil  eines  guten  Kommentars  hielten,  ist  gegen  diese 
Grundsätze   nichts  einzuwenden.     Hätte  sie  nur  Tzetzes  selbst  treuer  be- 

S4* 


532  Byzantinische  Litteraturgeaohiphte.    L  ProMdBohe  Liitoraiiir. 

folgt.  So  aber  klingt  sein  Seitenhieb  auf  die  labyrinthische  Verworrenheit, 
die  selbst  wiederum  eines  Kommentars  bedürfe,  wie  ein  Hohn  auf  seine 
eigenste  Gewohnheit,  Kommentar  auf  Kommentar  zu  pfropfen.  Übrigens 
sind  diese  Schollen  wie  die  leider  nur  fragmentarisch  erhaltenen  des 
Pro  kl  OS  sehr  beachtenswert,  weil  sie  uns  wichtige  Reste  aus  dem  Kom- 
mentar des  Plutarch  zu  Hesiods  Werken  und  Tagen  aufbewahren. 

1.  Ausgabe:  Ed.  Gaisford,  Poetae  Graeci  minores,  vol.  III  (dentsche  Aus- 
gabe vol.  II). 

2.  Hilfsmittel:  Ueber  die  Quellen  dieser  Scholien  s.  E.  Scheer,  De  Plutardii  io 
Hesiodi  Opera  et  Dies  commentario,  Rendsburg  1870.  —  Vgl.  L.  Gohn,  Pbilol.  AbhandL, 
Martin  Hertz  zum  70.  Geburtstage  dargebr.  1888  S.  130  ff.  —  Eugen  Abel,  Zum  rdrof 
'Htnodov  des  Jobannes  Tzetzes«  Wiener  Studien  11  (1889)  88-93.  —  Hesiod  ed.  K.  Sittl 
S.  4  ff.;  383;  393  ff.  —  Eduard  Norden,  Beiträge  zur  Geschichte  der  griechischen  Philo- 
sophie, Jahus  Jahrb.  Supplementb.  19  (1893)  411  ff.  —  Zu  der  auf  die  ret»Qyia  des 
Oq)heus  bezüglichen  Stelle  des  Kommentars  zu  Hesiods  Werken  und  Tagen  (S.  18  ed.  Gais- 
ford)  gibt  eine  ausführliche  Interpretation  AntonBaumstark,  Beiträge  zur  griechischen 
Litteraturgeschichte,  Philologus  53  (1894)  688—691. 

3.  Exzerpte  aus  den  Hesiodscholien  des  Tzetzes  stehen  teils  unter  dem  Namen 
des  Proklos,  teils  unter  dem  des  Tsaak  Tzetzes  im  Cod.  Monac.  287.  Vgl.  G.  Hart, 
Jahns  Jahrb.  Supplementb.  12  (1880—1881)  29—31. 

8.  Schollen  zu  Aristophanes.  Der  Codex  Ambrosianus  C  222  inf. 
und  andere  Handschriften  enthalten  Scholien  des  Tzetzes  zum  Plutos,  den 
Wolken  und  den  Fröschen,  dazu  ein  Argument  zu  den  Rittern  und  Vögeln, 
woraus  sich  vermuten  lässt,  dass  er  auch  diese  Stücke  kommentiert  habe. 
Die  selbständige  Thätigkeit  des  Tzetzes  scheint  bei  der  Abfassung  der 
Scholien  eine  sehr  geringe  gewesen  zu  sein;  denn  sie  stinmien  vielfach 
fast  wörtlich  mit  anderen,  von  Küster  edierten  Aristophanesscholien  überein. 

Ausgaben  und  Hilfsmittel:  Zuerst  wurde  die  Aufmerksamkeit  der  Gelehrten 
auf  diese  Scholien  gelenkt  durch  ein  Fragment  derselben,  welches  Fr.  Ritschi  in  latei- 
nischer Uebersetzung  in  einer  Plautushandschrift  fand  und  in  der  Schrift:  Die  alexandri- 
nischen  Bibliotheken,  Breslau  1838,  verwertete.  —  Einen  verwandten  Text  Degl  xfOfn^diag 
ed.  J.  A.  Gramer,  An.  Paris.  1  (1839)  3—10.  —  Die  Prolegomena  der  erwähnten  Scholien 
edierte  H.  Keil,  Rhein.  Mus.  N.  F.  6  (1848)  108  ff.;  243  ff.  —  Die  Abhandlung  von  Ritschl 
und  die  Ausgabe  von  Keil  sind  mit  Nachträgen  wiederholt  in  Fr.  Ritschis  Opuscula 
philologica  1  (1866)  1—172;  197—237.  —  Zu  Ritschis  Abhandlung  vgl.  noch  G.  Bern- 
hardy,  Berliner  Jahrbücher  für  wissenschaftliche  Kntik  1838  II  821—840.  —  Die  Pro- 
legomena auch  bei  A.  Nauck,  Lezicon  Vindobonense,  Petersburg  1867  S.  233—252.  Dazu 
vgl.  E.  Miller,  Journal  des  savants  1870  S.  169—173.  —  Eine  genauere  Kollation  mit 
bibliographischen  und  litterarhistorischen  Notizen  gab  W.  Studemund,  Anecdota  varia 
Graeca  1  (1886)  250—255.  —  Weitere  Beiträge  zu  diesen  Scholien  von  Fr.  Dtlbner  und 
M.  Schmidt,  Philologus  25  (1867)  687—691;  Ad.  von  Velsen,  Philologus  35  (1876) 
696—703;  Max  Consbruch  in  den  Gommentat.  in  honor.  G.  Studemund,  Argentorati 
1889  S.  211—236.  —  Ein  grosses  Stück  der  Scholien  edierte  aus  den  Godd.  Ambros.  C 
222  inf.  und  Urbin.  141  zum  ersten  male  K.  Zacher,  Die  Hss  und  Klassen  der  Aristo- 

?hanesscholien,  Jahns  Jahrb.  Suppl.  16  (1888)  585—601,  wo  auch  das  Verhältnis  des 
'zetzes  zu  den  alten  Scholien  charcdcterisiert  ist.  —  Karl  Dziatzko,  Johannes  Tzetzes 
und  das  Plautusscholion  über  die  alexandrinischen  Bibliotheken,  Rhein.  Mus.  46  (1891) 
349-370. 

9.  Scholien  zu  Lykophrons  Alexandra.  Sie  wurden  firüher  dem 
älteren  Bruder  Isaak  Tzetzes  zugewiesen  oder  wenigstens  als  gemein- 
same Arbeit  beider  Brüder  angesehen;  doch  gehören  auch  sie  dem  Johannes, 
der  diese  Jugendarbeit  seinem  Bruder  Isaak  als  litterarisches  Eigentum 
abtrat,  sie  aber  nach  dem  Tode  desselben  wiederum  ausdrücklich  für  sich 
reklamierte. 

1.  Ausgaben:  Ed.  Leop.  Sebastiani,  Romae  1803.  —  £d.  Gottfr.  Müller, 
3  voll.,  Lipsiae  1811.  Beide  Ausgaben  sind  unhandlich  und  nach  holländischer  Art  über- 
mässig mit  Varianten  und  sonstigen  Zugaben  belastet. 


6.  AltertmnswiflBeiiBchaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  u.  Soholiasten.  (§  219)     533 

2.  Hilfsmittel:  Vgl.  E.  Scheer,  Die  üeberliefenuig  der  Alexandra  des  Lykophron, 
Rhein.  Mus.  34  (1879)  272  ff.;  442  ff.  —  Winke  für  die  Benützung  dieser  Scholien  bei  U. 
V.  Wilamowitz-Möllendorff,  De  tragicorum  graecorum  fragmentis,  Index  lect.,  Göt- 
tingen 1893  S.  26  f.  —  Zur  sachlichen  Erläuterung  vgl.  den  schönen  Kommentar  in  der 
Ausgabe  der  Alexandra  von  C.  v.  Holzinger,  Leipzig  1895.  —  Besser  als  der  Kommentar 
des  Tzetzes  sind  die  Scholien  im  Cod.  Paris.  345,  ed.  von  L.  Bachmann,  Anecdota 
Graeca  2  (1828)  199—386,  und  in  Lycophronis  Alexandra  rec.  Ed.  Scheer,  Berolini 
1881;  vgl.  dessen  Prolegom.  S.  10  ff.  über  Handschriften  des  Kommentars  von  Tzetzes.  — 
Zu  den  Quellen  dieser  Scholien  vgl.  G.  Wentzel,  *EnixXtjceis  «^fcJr  sive  de  deorum  co- 
gnominibus  etc.,  Diss.,  Göttingen  1889,  cap.  Y. 

3.  Zu  den  Hauptquellen  des  Kommentars  zu  Lykophron  gehört  die  Bibliothek 
des  ApoUodor.  Vielleicht  stammt  von  Tzetzes  auch  eme  im  Codex  Vatic.  gr.  950 
erhaltene,  mit  dem  Apollodorgut  im  Lykophronkommentar  auffallend  übereinstimmende 
Epitome  des  Apollodor.  Dieselbe  ed.  Rieh.  Wagner,  Mythographi  Graeci  1  (Leipzig 
1894)  173-237.  Ebenda  S.  174  Verzeichnis  der  Hilfslitteratur  und  S.  XXV  ff.  Beschrei- 
bung der  Hs  und  Erörterung  der  Autorfrage. 

10.  Von  Tzetzes  stammen  auch  Scholien  zu  den  Halieutika  des 
Op piano 8,  die  in  mehreren  Handschriften  vorkommen,  wahrscheinlich 
auch  solche  zu  den  Theriaka  und  Alexipharmaka  des  Nikandros, 
auf  die  in  anderen  Scholien  öfter  verwiesen  wird.  —  Zur  Scholienlitteratur 
kommt  noch  eine  in  politischen  Versen  abgefasste  Epitome  der  Rhetorik 
desHermogenes,  in  welcher  Tzetzes  den  Inhalt  des  Buches  kurz  wieder- 
gibt, dabei  aber  in  der  üblichen  Weise  gegen  den  Verfasser  und  gegen 
frühere  Erklärer  desselben  wie  gegen  Qeorgios  und  gegen  Johannes  Doxo- 
patres  polemisiert. 

1.  Ausgaben:  Scholien  zu  Oppian:  Ed.  U.  Gats  Bussemaker,  Scholia  et 
paraphrases  in  Nicandrum  et  Oppianum,  Faris,  Didot  1849.  Wenigstens  enthält  der  Cod. 
Monac.  gr.  134  (2/d^m  TCerCof  xai  M^toy)  so  ziemlich  dasselbe,  was  in  dieser  Ausgabe 
steht.  —  Ueber  byzantinische  Paraphrasen  der  Kynegetika  des  Oppianos  vgl.  A.  Ludwich, 
Aristarchs  Homerische  Textkritik  1  (1885)  597—605.  —  Epitome  des  Hermogenes  ed. 
Walz,  Rhei  Graec.  3  (1834)  670-686,  und  vollständiger  J.  A.  Gramer,  An.  Ozon.  4 
(1837)  1-148. 

2.  Hilfsmittel:  Zur  Epitome  des  Hermogenes  vgl.  Theod.  Gerber,  Quae  in  com- 
mentariis  a  Gregorio  Gorinthio  in  Hermogenem  scriptis  vetustiorum  commentariorum  vestigia 
deprehendi  possint,  Diss.,  Kiel  1891  S.  29  ff.  —  Noch  unediert  scheint  der  z.  B.  im  God. 
Marc.  gr.  Xl  10  fol.  38—41  erhaltene  metrische  Kommentar  des  Tzetzes  zum  Kapitel 
Jlegi  attiaetoy.  Inc.  TstraQtoy  ydg  tag  BtnofiBv  ovnav  xdiy  Jitjxrjfjidxoiv.  Des.  *Fjy6g  yuQ 
oBTTog  Ttgdyfitttog  elg  avfinBüsixM  öqog,  —  Im  God.  Vatic.  Pal.  356  s.  14  (jetzt  in  Heidel- 
berg) fol.  137^—139  steht  ein  an  den  Grammatiker  Johannes  Lachanas  gerichtetes  Lehr- 
gedicht des  Tzetzes  ,De  tribus  causarum  generibus  rhetoricisS  beginnend:  TMßaqBitaxtt 
Aaxarit  '  xovtoig  ynq  <(rt;>  aßqvvH.  Wie  sich  dasselbe  zur  Hermogenesepitome  verhält, 
steht  dahin. 

11.  Kommentar  zu  des  Porphyrios  Einleitung  zu  den  Kate- 
gorien des  Aristoteles  (der  £?<raywyij  elq  tag  ^Aqiaxoxäkovq  xatrjyoQfag 
oder  IlcQi  ntvre  (fwvm^).  Dieses  Werk,  das  Tzetzes  auf  Bitten  seines 
Bruders  Andronikos  verfasste,  ist  im  grossen  und  ganzen  nichts  als  eine 
breite  Umschreibung  der  Worte  des  Porphyrios,  untermischt  mit  allerlei 
Weihrauch  für  Porphyrios  wie  für  Tzetzes  selbst.  Der  Kommentar  besteht 
aus  etwa  1700  byzantinischen  Trimetem,  denen  einige  nicht  zur  Sache 
gehörige  Prosastücke,  vielleicht  ebenfalls  Antworten  auf  Fragen  seines 
Bruders,  vorausgehen.  Diese  Prosastücke  handeln  über  Gegenstände,  die 
schon  in  den  Chiliaden  kurz  besprochen  sind,  mit  grösserer  Ausführlich- 
keit, woraus  sich  vielleicht  schliessen  läpsst,  dass  sie  wie  der  mit  ihnen 
verbundene  Kommentar  zu  Porphyrios  später  als  die  Ghiliaden  entstanden 
sind.     Jedenfalls  muss  Tzetzes  bei  der  Abfassung  des  Kommentars  schon 


534  Byzantinisohe  LitteraturgeBchichte.    I.  Prosaisohe  Litteratnr. 

ein  älterer  Mann  gewesen  sein;  denn  er  wendet  sich  in  der  Einleitung 
speziell  gegen  die  damaligen  ^Modernen*,  denen  er,  wie  häufig  die  « Alten* 
den  „Jungen**,  Ignoranz  und  Aufgeblasenheit  vorwirft.  Der  Duft  der 
Polemik  ist  hier  ebenso  lieblich  wie  in  den  anderen  Schriften  des  Tzetzes 
und  er  würde  den  Verfasser  untrüglich  verraten,  auch  wenn  er  sich  nicht 
in  der  aus  sechs  Trimetem  gebildeten  Überschrift  ausdrücklich  bekannt 
hätte.  Seine  Gegner  mögen  «grunzen  wie  ephesische  Schweine;  denn  fftr 
mistfressende  Schweine  schreibe  er  nicht**: 

iäre  ygvCeiy  oig  *Eq>s<fiovg  x^^Q^^  ' 
Xoigoig  ydg  avxo  ov  ygafpat  xongorgoipoit. 

Einige  Proben  aus  Cod.  Vindob.  phil.  300  (Nessel)  fol.  63—81,  nebst  Analvse 
des  Inhalts  gab  Chr.  Härder,  Johannes  Tzetzes'  Kommentar  zu  Porphyrius  Flegl  n/yre 
(fioytjy,  B.  Z.  4  (1895)  314—318.  —  üeber  andere  Kommentare  zu  Porphyrios  vgl.  S.  432. 

12.  Unter  die  Schriften  verschiedenen  Inhalts  gehören  die  Alle- 
gorien, unter  dem  Titel:  'Imävvov  tov  T^ht^ov  aXXrjyoqim  ix  %ijq  XQ^^*^^ 
fistQixfjg  ßlßXoVy  ein  Gedicht,  in  welchem  die  Methode  rov  akkrjyoqetv  dar- 
gelegt und  durch  Beispiele  erläutert  wird.  Der  Überschrift  zufolge  bildet 
das  Stück  nur  einen  Abschnitt  einer  grösseren,  nicht  erhaltenen  Xqovixi^ 
ßißkog^  auf  die  auch  in  anderen  Schriften  des  Tzetzes  Bezug  genommen  wird. 

Johannis  Tzetzae  allegoriae  mythologicae,  physicae,  morales  ed.  F.  Morellus, 
Lutetiae  1616.  —  Ein  Nachtrag  dazu  bei  Guil.  Studemund,  Anecdota  varia  graeca  musica 
metrica  grammatica,  Berlin  1886  S.  238. 

13.  Ein  aus  57  jambischen  Versen  bestehendes  dramatisches  Ge- 
dicht, in  welchem  ein  Bauer  (Uygoixog),  ein  Weiser  {So^og),  ein  Chor 
{XoQog)  und  Musen  (Movaai)  auftreten.  Der  Bauer,  der  Chor  und  die 
Musen  preisen  das  Leben  des  Gelehrten  glücklich;  der  Weise,  durch 
dessen  Mund  offenbar  Tzetzes  selbst  spricht,  vertritt  die  entgegengesetzte 
Anschauung  und  bejammert  die  traurige  Lage  des  Weisen,  dem  das  Glück 
seine  Gunst  versage,  während  es  Unwissende  mit  Glück  überhäufe.  Das 
Gedicht  ist  eng  verwandt  mit  dem  Dramation  des  Haplucheir. 

Ed.  Matranga,  An.  gr.  2,  622—624. 

14.  Ilegi  xSv  iv  xotg  ari'xoig  fiärgcDv  änavxdnv^  ein  Lehrgedicht, 
das  in  politischen  Versen  die  verschiedenen  Versfüsse  und  Metra  be- 
handelt. In  einem  hexametrischen  Prolog  widmet  Johannes  das  Werkchen 
den  Manen  seines  Bruders  Isaak;  demnach  ist  es  nach  1138  abgefasst. 

Ed.  J.  A.  Gramer,  An.  Oxon.  3  (1836)  302—333.  —  Vgl.  Max  Consbruch,  De 
veterum  nsoi  noinuatog  doctrina,  Breslauer  philol.  Abhandlungen  V  3,  Breslau,  W.  KObner 
1890  S.  27  f. 

15.  2x1X01  nsql  diaffoqäg  noirjzdvy  dazu  ^'lafjißoi  rexvixoi  n€Qi 
xdoiifjjidiagj  endlich  Verse  IleQi  jQayixrjg  noujtrscog.  Tzetzes  verweist 
auf  dieses  dreiteilige  Lehrgedicht  schon  in  seinem  Kommentar  zu  Hesiod. 

Ed.  Dübner,  Rhein.  Mus.  4  (1836)  393-409.  —  Vollständiger  ed.  J.  A.  Gramer, 
An.  Oxon.  3  (1836)  334-349.  —  Das  erste  Stftck  ed.  auch  L.  Bachmann,  Rostock  1851. 
—  Vgl.  K.  0.  Müller,  Rhein.  Mus.  5  (1837)  333—380  =  ,K.  0.  Müllers  Kleine  deutsche 
Schriften'  1  (Breslau  1847)  488—524,  wo  die  Schrift  des  Tzetzes  über  die  verschiedenen 
Dichtungsgattungen  zum  Ausgangspunkt  einer  Untersuchung  über  das  alte  Theater  und 
die  alte  Poesie  genommen  wird. 

16.  2tCxoi  lafißot  xXifiaxooToi  ngog  rov  ßaai^Xäa  xvqov  ilfcr- 
vovrjk  iniTa^io$.  Es  sind  91  jambische  Verse  auf  den  Tod  des  Kaisers 
Manuel  (1180).     Kh/iaxanog  heisst  sonst  ein  Vers,  in  welchem  jedes  fol- 


6.  Altertumswissenschaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  n.  Soholiasten.  (§  219)     535 

gende  Wort  um  eine  Silbe  länger  ist  wie  !ß  fiaxag  UtqsiStj  noiqr^yeväg^ 
oXßiodaiiiov;  dagegen  besteht  die  Eigentümlichkeit  der  Leiterverse  des 
Tzetzes  darin,  dass  das  Schlusswort  jedes  Verses  im  Anfange  des  folgen- 
den sich  wiederholt,  gleichsam  die  Sprosse  bildet,  auf  der  man  zum  fol- 
genden Verse  emporklimmt.  Ein  altes  Vorbild  dieser  Sprossenverse  ist  der 
poetische  Brief  des  Polybios  an  Demetrios  von  Syrien.  Vgl.  C.  Wunderer, 
Philologus  54  (1895)  430—437.  Das  Leitergedicht  des  Tzetzes  beginnt: 
*Ava^  ßaaiXfVy  aov  netrovrog  ov  (pägo),  Kai  firj  ifäqo^v  %d  nd&og  avvdg 
SaxQvü),  Kai  SaxgvoDv  to  ipikxqov  slg  al  Seixvvoo  etc.  Diese  wunderliche 
Form  ist  offenbar  darauf  berechnet,  das  tragische  Pathos  (90  Stufen  hoch!) 
zu  steigern;  die  komische  Wirkung  des  Bravourstückes  scheint  dem  Ver- 
fasser entgangen  zu  sein.  Neuerdings  wurde  auch  dieses  Stück  dem 
Tzetzes  abgesprochen;  doch  wirken  die  vorgebrachten  metrischen  Gründe 
nicht  überzeugend. 

Ed.  Matranga,  Anecdota  Graeca  2,  619—622. 

1.  Allgemeine  Hilfsmittel:  Fabricius,   Bibl.   Gr.   ed.   Harl.  11,  228-260.  — 

F.  Henrichsen,  Ueber  die  sogen,  politischen  Verse  bei  den  Griechen.  Uebersetzt  von 
P.  Friedrichsen,  Leipzig  1839  S.  110—114.  —  G.  Seelmann,  De  propagatione  scho- 
liorum  Aeschyleorum,  Diss.,  Halle  1875  S.  33—37  („Quo  ordine  Tzetzarum  libri  editi  sint**).  — 
R.  Förster,  Die  kunstgeschichtlichen  Angaben  des  Johannes  Tzetzes  und  Suidas,  Rhein. 
Mus.  38  (1883)  421—441.  —  Zur  Verstechnik  des  Tzetzes:  Herm.  Schrader,  üeber 
die  daktylischen  Verse  des  Theodoros  Prodromos  und  des  Johannes  Tzetzes,  Jahns  Jahrb. 
137  (1888)  601 — 609,  und  Fr.  Kuhn,  Symbolae  ad  doctrinae  negi  diXQoywy  historiam 
pertinentes,  Breslauer  philol.  Abhandlungen  VI 3,  Breslau  1892  S.  82  ff.  —  Hauptschriften: 

G.  Hart,  De  Tzetzarum  nomine  vitis  scriptis,  Jahns  Jahrb.  Suppleraentb.  12  (1880—1881) 
1—75.  —  Henr.  Giske,  De  Joannis  Tzetzae  scriptis  ac  vita,  Diss.,  Rostock  1881. 

2.  Unedierte,   verlorene  oder  verschollene   Sachen:  Zu   den   oben  aufge- 
zählten Schriften   kommen   noch   einige  unedierte  Stücke,  über  die  sich  freilich  aus  den 
dürftigen  Angaben  in  den  Katalogen  und  in  der  sonstigen  Litteratur  kein  sicheres  Urteil 
gewinnen  Iftsst;    manches  scheinbar  neue  Stück  mag  sich  auch  bei  näherer  Untersuchung 
als  Teil   eines  schon   edierten   Werkes  herausstellen.     Proben  eines  Lehrgedichtes  IleQl 
(yti/iarujy  ((vdvTtoxaxxüty  gab  1.  Bekker,  An.  gr.  3,  1088 — 1090  (^^ge  fuxQov  rinm^atficy 
naXiTixoTq  iv  axixoig  u.  s.  w.).    Andere  Inedita  sind  ein  Lexikon  und  ein  Kommentar  zu 
Aristoteles  De  Partibus   animalium.  —   Im  Cod.  Laur.  Conv.  soppr.  627  foL  20^  sah 
ich  eine  jambische  £pistel  gegen  einen,   der  aus  einem   Versbuch  des  Tzetzes  ein  Stück 
herausgeschnitten    hatte:    Irixot   rov    TCit^ov  nqog  xiva    xotpayxa  fiiQog    xov    xofiov  ttSy 
axixfoy  nvxov,   —   Ein  Kommentar  des  Tzetzes  zur  Astronomie  des  Claudius  Ptole- 
maeus  steht  im  Cod.  Paris,  gr.  2162  fol.  211— 232^  —  Ein  Klagegedicht  auf  den  Tod 
eines  Kaisers  und  ein  Gratulationsgedicht  bewahrt  der  Cod.  Paris,  gr.  2644  s.  14  fol.  250. 
—  Wohl  nur  Teil  eines  grösseren  Werkes  sind  die  z.  B.  im  Cod.  Paris,  gr.  3058  fol.  37^ 
erhaltenen  zehn  jambischen  Verse  Jlgog  roV  ^sXXoy  cig  to  JIbqI  igfÄt^yeiag.    Sie  beginnen: 
Kni    xovxo    dety/ia,  V^eXXi,  aijg  6vg)vitts.   —  Eine  Spielerei  sind  die  heroischen  Verse, 
von  denen  jeder  alle   24  Buchstaben   des  Alphabets  enthält:  '[lüayyov  xov  T^h^ov  axlxot 
rJQml'xoi^  eXf>ytcg  etg  ixaaxog  xa  xtf  axoix^ia,    Inc.  'JßQOxltttty  d*  6  (fvXa^  drjgoCvys  Xttfitf/i- 
uftMTioy,    Z.  B.  im  Cod.  Paris,  gr.  3058   fol.  37^.  —   Wenig  passt  zum   Studienkreise 
des  Tzetzes  eine  kurze   Lebensbeschreibung   der  hl.  Lukia,  welche  ihm   im  Cod. 
Laur.  5,  10,   s.  14,   fol.  6—20,  zugeteilt  ist.    Der  Anfang  ist  abgedruckt  bei  Bandini, 
Catalogus  codd.   mss  bibl.  Mediceae  Laur.  1  (1764)   23.     Wenn  aber  Bandini  auch   die 
folgenden  an  einen  Rex  von  Sizilien   und  Italien   gerichteten  £xixoi  tjgttltxoi  (fol.  20)  und 
das  MaQivQioy  x^g  dylag  Aovxiag  (fol.  20^ — 25)  dem  Tzetzes  zuschreibt,  so  ist  zu  bemerken, 
dass  die  Hs   daftir  keinen   Anhalt  gibt  und   dass   das   bei   Bandini   gedruckte  Tov 
nvxov  vor  dem  MagxvQioy  in  der  Hs  fehlt.  Uebrigens  ist  auch  die  Autorschaft  des 
Tzetzes  für  das  erste  Stück  schwer  glaublich.    Wie  sollte  er  dazu  kommen,  das  Leben 
einer  sizilischen  Lokalheiligen  zu  beschreiben?  Da  die  Hs  grösstenteils  Schriften  sizilischer 
and  unteritalischer  Griechen  enthält,  so  werden   auch  das  Leben  und  das  Martyrium  der 
Heiligen   von  Palermo  von    einem   sizilischen,    vielleicht  palermitanisohen  Griechen  ver- 
fasst  sein.     Oder  sollte  der  Ruhm  des  Tzetzes  bis  nach  Sizilien  gedrungen  sein  und  ihm 
^on  dort  einen  litterarischen  Auftrag  verschafft  haben? 

Manche  Schriften,  die  von  l^tzes  in  den  Chiliaden  und  sonst,  freilich  meist  nur 


536  Byzantinische  Litteratargesohichte.    I.  Proaidsolie  Lüteratnr. 

undeutlich,  genannt  werden,  scheinen  verloren  zu  sein.  Verzeichnis  derselben  bei  Fabrieiit,] 
Bibl.  gr.  ed.  Harl.  11,  236  if.,  Hart,  a.  a.  0.  S.  63  ff.,  Giske,  a.  a.  0.  8.  78  ff. 

3.  Name:  Die  in  ganz  späten  Handschriften  vorkommende  Form  Käxof  entakudj 
aus  der  im  15.  bis  16.  Jahrh.  üblichen  lateinischen  Schreibweise  Geces,  Getcee,  Cecus  nd 
ist  also  gänzlich  zu  verwerfen. 

220.  Isaak  Tzetzes  (laaaxiog  o  TXät^r^g),  der  ältere  Bruder  des] 
Johannes  Tzetzes,  nicht  lange  vor  1110  geboren,  beschäftigte  sich  in  Shn-j 
lieber  Weise  wie  Johannes  mit  philologischen  Studien,  besonders  mit  Metrik.! 
Auch  scheint  er  dem  jüngeren  Bruder,  der  stets  mit  der  grOssten  Ver-| 
ehrung  von  ihm  spricht,  mit  Rat  und  That  an  die  Seite  gegangen  zu  seiiL 
Doch  wurde  das  brüderliche  Verhältnis  früh  zerstört;  Isaak  starb  schon 
im  Jahre  1138  auf  Rhodos,  als  er  von  dem  Peldzuge  des  Johannes  Kom- 
nenos  gegen  Chalep  zurückkehrte,  an  dem  er  sich,  wir  wissen  nicht  in 
welcher  Eigenschaft,  beteiligt  hatte.  Unter  dem  Namen  des  Isaak  Tzetzes 
gehen  drei  Werke,  die  Scholien  zur  Alexandra  des  Lykophron,  ein 
astronomisches  Lehrgedicht  im  Codex  Monacensis  287  (taaaxtov  tm'z^ 
ntQi  äyarolrjg  xal  dvaetog  raiv  atxvQon'  lafißixoi)  und  ein  versifizierter  Traktat 
über  die  pindarische  Metrik.  Die  Scholien  zu  Lykophron  gehören 
ohne  Zweifel  dem  Johannes  (s.  oben);  aber  auch  fUr  das  astronomische 
Gedicht  hat  die  Autorschaft  des  Isaak  wenig  Gewähr;  denn  dieselben 
Verse  finden  sich  auch  in  den  Scholien  des  Johannes  zu  Hesiods  Werken 
und  Tagen  und  sind  seinen  übrigen  Schriften  in  Vortrag  und  Metrum  so 
verwandt,  dass  wir  die  Zuteilung  an  Isaak  ohne  Bedenken  auf  die  Willkür 
eines  Abschreibers,  der  den  Isaak  etwa  aus  Handschriften  des  Lykophron- 
kommentars  kannte,  zurückführen  dürfen.  Als  sicheres  Eigentum  des 
Isaak  Tzetzes  bleibt  mithin  nur  das  Stück  üsqI  rdv  UivdaQixciv  nhtQwv 
übrig;  es  ist  ein  umfangreiches  Lehrgedicht  in  politischen  Versen,  dem 
ein  kurzes  jambisches  Proömium  vorausgeht.  Dass  Isaak  metrische  Stu- 
dien mit  Liebe  und  Verständnis  betrieb,  ist  durch  seinen  Bruder  wieder- 
holt und  ausdrücklich  bezeugt.  Der  Raum,  welchen  der  ältere  Tzetzes  in 
der  Litteraturgeschichte  beanspruchen  darf,  ist  mithin  ein  verschwindend 
kleiner,  und  wenn  in  der  philologischen  Litteratur  gemeinhin  von  den 
„beiden  Tzetzes**  die  Rede  ist,  so  kann  das  zu  unrichtigen  Vorstellungen 
Anlass  geben.  Es  ist  wohl  geraten,  künftig  von  dieser  Terminologie  ab- 
zusehen und,  wenn  es  sich  nicht  um  die  erwähnte  metrische  Schrift  handelt, 
einfach  den  Johannes  Tzetzes  anzuführen. 

Schrift  über  die  pindar.  Metren  ed.  J.  A.  Gramer,  An.  Paris.  1  (1839)  59—162.  — 
Im  übrigen  s.  die  Litteratur  zu  Johannes  Tzetzes,  besonders  Hart  S.  24—32. 

221.  Eustathios  (fiWai^iog)  wurde  wahrscheinlich  in  Konstantinopel 
geboren;  wenigstens  erhielt  er  dort  seine  Jugendbildung.  Anfänglich  be- 
kleidete er  die  Stelle  eines  Diakons  an  der  Sophienkirche  und  wirkte 
ausserdem  als  öffentlicher  Lehrer  der  Beredsamkeit.  Im  Jahre  1174 
wurde  er  zum  Erzbischof  von  Myra  in  Lykien  bestimmt,  erhielt  aber  statt 
dessen  den  gleichzeitig  verwaisten  kleineren  Sprengel  von  Thessalonike. 
Mit  seiner  Ernennung  zum  Erzbischof  im  Jahre  1175  beginnt  ein  neuer 
Abschnitt  in  seinem  reichen  Leben,  sozusagen  der  praktische  Teil,  was 
sich  auch  in  der  zeitlichen  Reihenfolge  seiner  Werke  ausspricht;  seine 
wissenschaftlichen  Arbeiten,  die  Kommentare,  entstanden  in  der  Zeit  seiner 


dieriiiiiunirisseiiflchaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  n.  Soholiaaten.  (§§220—221)     537 

irthätigkeit  in  Konstantinopel,  die  auf  die  Geschichte  seiner  eigenen 
t  bezüglichen,  meist  aus  aktuellen  Anlässen  hervorgegangenen  Schriften 
lirend  seines  Episkopats.  Als  geistlicher  Vorstand  von  Thessalonike, 
nals  der  zweiten  Stadt  des  Reiches,  wirkte  er  mit  aufopfernder  Liebe 
l  blieb  seiner  Gemeinde  auch  in  der  Bedrängnis  des  Normannenkrieges  1185 
u.  Vor  allem  bemühte  er  sich  mit  grösster  Energie,  den  Stand  der  Mönche 
stig  und  moralisch  zu  heben,  ein  Streben,  das  ihm  in  der  Klostergeist- 
ikeit  zahlreiche  Feinde  machte  und  sogar  heftige  Schmähschriften  gegen 
le  Person  hervorrief.  Kulturgeschichtlich  interessant  sind  seine  ein- 
nglichen  Mahnungen  an  die  Mönche,  die  Schätze  der  Bibliotheken 
ht  zu  vergeuden;  er  sagt  in  seiner  Schrift  über  den  Mönchsstand  mit 
dehung  darauf:  „Ach,  Du  Unwissender,  was  machst  Du  die  Kloster- 
liotheken  Deiner  Seele  gleich?  Und  weil  Du  von  allen  Kenntnissen 
blösst  bist,  willst  Du  auch  aus  diesen  alle  Bücherbehälter  wegräumen? 
58  sie  das  Kostbare  behalten;  nach  Dir  wird  ein  Kenner  oder  Freund 
Litteratur  kommen.**  Nach  einer  reichen  litterarischen  und  praktischen 
rksamkeit  starb  Eustathios  zwischen  1192  und  1194;  sein  Freund  und 
itsgenosse  Michael  Akom inatos  in  Athen  ehrte  ihn  durch  einen 
;eisterten  Nekrolog,  ebenso  sein  Freund  Euthymios,  Metropolit  von 
upatras  in  Thessalien. 

Eustathios  gehört  dank  seinen  Homerkommentaren  zu  den  wenigen 
zantinern,  für  die  sich  die  klassische  Philologie  zu  erwärmen  vermochte, 
ist  aber  viel  mehr  als  ein  blosser  Scholiast,  mehr  als  ein  trockener 
bengelehrter.  Eine  selbständige  Betrachtung  der  byzantinischen  Kultur 
1  Litteratur  erblickt  in  Eustathios  eine  an  sich  bedeutende  und  für  die 
irdigung  der  Zustände  des  zwölften  Jahrhunderts  massgebende  Persön- 
ikeit.  Von  diesem  Standpunkte  aus  sehen  wir  in  ihm  den  klugen  Mann 
i  politischem  Blick,  dessen  zeitgeschichtliche  Schriften  uns  über  einen 
ihtigen  Abschnitt  der  byzantinischen  Ära  aufklären;  wir  bewundern  in 
u  Theologen  Eustathios  den  kühnen  Freimut,  mit  dem  er  die  Korruption 
Klosterlebens  bekämpft  und  ein  lebendiges  Sittengemälde  seiner  Zeit 
Augen  führt;  wir  schätzen  endlich  den  Gelehrten,  der,  obschon  er 
dem  politischen,  kirchlichen  und  sozialen  Leben  der  Zeit  rege  beteiligt 
durch  sein  Wissen  die  Zeitgenossen  überragt  und  in  der  Geschichte 
griechischen  Philologie  eine  höchst  bemerkenswerte  Stelle  behauptet, 
jnn  wir  den  Eustathios  in  diesem  Sinne  würdigen,  so  tritt  er  aus  dem 
tistkreis  unfruchtbarer  Scholiastenweisheit  heraus  und  erscheint  uns  als 
e  weniger  für  die  philologische  Disziplin  als  für  die  Litteratur-  und 
Iturgeschichte  seiner  Zeit  bedeutende  und  in  vielen  Zügen  auch  dem 
demen  Gefühle  sympathische  Individualität.  Die  litterarische  Hinter- 
senschaft  des  Eustathios  zerfällt  in  zwei  der  Entstehungszeit  und  dem 
lalte  nach  verschiedene  Gruppen,  nämlich  1.  die  während  seiner  Lehr- 
itigkeit  in  Konstantinopel  entstandenen  Kommentare  zu  alten 
itoren.  2.  Werke  von  aktuellem  Charakter  d.  h.  Abhandlungen, 
äden,  Briefe,  welche,  meist  während  seines  Episkopats  abgefasst, 
ils  auf  die  Zeitgeschichte,  teils  auf  kirchliche  Reform  und  Belehrung 
ezüg  haben. 


538  Byzantinisohe  LitteratiirgMchiohte.    L  Proaaisohe  Liitoratiur» 

1.  An  der  Spitze  der  ersten  Gruppe  stehen  nach  Umfang  und  Be- 
deutung die  Kommentare  zur  Ilias  und  Odyssee  des  Homer:  Ei- 
cjad-iov  aQx^enifSxoTiov  OeafSakovtxr^g  nuQexßoXcu  elg  vijv  ^OfirjQov  'Oivtfcsmw  — 
^Ihdda.  Der  Kommentar  zur  Hias  ist  doppelt  so  umfangreich  als  der  zur 
Odyssee,  was  teils  mit  der  früheren  Abfassungszeit,  teils  mit  dem  grosseren 
Reichtum  der  alten  Quellen  für  die  Hias  zusanmienhängt.  Beiden  Kom- 
mentaren gehen  Ugooiima  voraus,  in  welchen  Eustathios  über  poetische 
Unterschiede  zwischen  Ilias  und  Odyssee,  über  die  Schicksale  der  homm- 
schen  Poesie,  über  die  Bedeutung  des  Homer  für  die  gesamte  spätere 
Geistesbildung  u.  s.  w.  handelt:  ndv%€g  na^'  airr^y  xaxäXvaaVj  oi  fiiv  mg 
xai  Siäyeiv  nag*  uvt^j  li^xQi  väkovg  xat  tcSv  avTov  avatfi%l(ov  amnqä^cdta^ 
ot  Si  (oaT€  x^^^tt^  änonXr^aai  tiva  xal  avvsiasvsyxeXv  i^  avrov  Ttp  ^YV  ^' 
xqrjfSiiiov  u.  s.  w.  Der  Hauptwert  dieser  zwei  Konmientare  besteht  nicht 
in  selbständiger  Auffassung  und  Deutung,  sondern  in  der  Sammlung  alter  \ 
Gelehrsamkeit.  Die  wichtigsten  Quellen  sind:  Homerscholien,  Athenäos, 
Strabon  und  Stephanos  von  Byzanz:  ausserdem  Aristophanes  von  Byzanz, 
Heraklides  aus  Milet  und  zwei  griechische  Schriften  des  Sueton;  endlich 
Lexikographen  wie  die  Attizisten  Aelios  Dionysios  und  Pausanias,  viel- 
leicht auch  rhetorische  Lexika,  wenn  diese  nicht  etwa  mit  den  genannten 
Attizisten  identisch  sind.  Auch  Suidas,  das  Etymologicum  Magnum  und 
ein  „anonymes  rhetorisches  Lexikon''  werden  ausdrücklich  zitiert.  Ob 
das  Wörterbuch  des  Eudemos  direkt  benützt  ist,  lässt  sich  noch  nicht  ent- 
scheiden. 

Wohl  ungefähr  gleichzeitig  verfasste  Eustathios  eine  Paraphrase 
und  Scholien  zu  dem  geographischen  Epos  des  Dionysios  Periegetes, 
die  er  noch  vor  den  Homerkommentaren  (zwischen  1170 — 1175)  veröffent- 
lichte. Diese  ^Vnofivjjfiara,  denen  ein  wortreicher  Widmungsbrief  über 
Dionysios  vorhergeht,  sind  eine  freie  prosaische  Umschreibung  mit  er- 
klärenden Zusätzen,  die  mit  der  Paraphrase  in  ein  Ganzes  zusanmien- 
fliessen.  Auch  hier  liegt  die  Hauptbedeutung  in  der  Verwertung  guter, 
zum  Teil  verlorener  Quellen,  wie  der  alten  Scholien  des  Dionysios  Perie- 
getes, des  vollständigen  Stephanos  von  Byzanz  und  verlorener  Schriften 
des  Arrianos. 

Noch  früher  als  die  Kommentare  zu  Homer  und  Dionysios  erscheint 
der  Kommentar  zu  Pindar  entstanden,  von  dem  bis  jetzt  nur  die  treff- 
liche Vorrede  bekannt  geworden  ist:  Evaxax^Cov  inqtqonoXhov  Osaaalovixrfi 
ixi  iv  diaxovoig  ovtog  ngoXoyog  tdiv  UivdaQtxwv  naqsxßoXdv.  Er  berichtet 
hier  zuerst  über  den  Charakter  der  lyrischen  und  besonders  der  pinda- 
rischen  Poesie,  dann  über  das  Leben  des  Pindar,  endlich  über  die  Ent- 
stehung der  olympischen  Spiele,  das  Pentathlon  u.  s.  w.  Die  ganze  Schrift 
gehört  durch  die  Fülle  guter,  sonst  nicht  bekannter  Nachrichten  und  Be- 
merkungen zu  den  wertvollsten  Proben  byzantinischer  Gelehrsamkeit.  Unter 
den  vier  Vitae  Pindari,  die  wir  besitzen,  nimmt  die  des  Eustathios  \m 
weitem  die  erste  Stelle  ein.  Vielleicht  könnte  es  gelingen,  über  die  Be- 
schaffenheit der  Pindarscholien  aus  den  übrigen  Kommentaren  des  Eusta- 
thios nähere  Kenntnis  zu  gewinnen. 

Scholien  des  Eustathios  zu  den  Epigrammen  soll  ein  durch  Feuers- 


6.  Altertnmswiflsenacbaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  u.  Scholiaaten.  (§  221)     53g 

brunst  verzehrter  Codex  des  Escurial  enthalten  haben.')  Als  Erzbischof 
von  Thessalonike  schrieb  er  endlich  einen  Kommentar  zum  Pfingst- 
hymnus  des  Johannes  Damaskenos,  den  er  nach  der  Eroberung  der 
Stadt  durch  die  Normannen  im  Jahre  1185  veröffentlichte. 

2.  Zur  zweiten  Gruppe  gehören:  A.  Eine  Geschichte  der  Eroberung 
der   Stadt  Thessalonike  durch  die  Normannen  und  der  dieser  Kata- 
strophe vorausgegangenen  Ereignisse.    B.  Mehrere  Preis-  und  Glückwunsch- 
reden an  Kaiser  Manuel,   eine  Trauerrede  beim  Tod  dieses  Kaisers, 
Ansprachen  an  den  Grosshetaeriarchen  Johanneis  Dukas  und  an  Kaiser 
Isaak  Angelos,   eine  Rede  über  die   Notwendigkeit,    die  Stadt  Kon- 
stantinopel  besser  mit  Wasser  zu  versorgen  u.  a.     C.  Eine  Sammlung 
von  Briefen  an  den  Kaiser,  an  sonstige  geistliche  und  weltliche  Würden- 
träger und  an  Privatpersonen.   Briefe  an  Eustathios  besitzen  wir  von  seinem 
Freunde,    dem   Bischöfe   Michael    Akominatos.      D.    Eine   Reihe    von 
Schriften,  die  aus  seinen  reformatorischen  Bestrebungen  und  seinen  Kämpfen 
gegen  die  ihm  feindlichen  Klosteräbte  hervorgingen,  so  vor  allem  die  be- 
rühmte Abhandlung  über  die  notwendige  Reform  des  Klosterlebens: 
'Emaxei^ng  ß(ov  fiovaxixov  inl  dioqO^oiasi  to)v  71€qI  avroVy   eine  heftige  An- 
klageschrift,  aus  welcher  wir  deutlich  erkennen,   welchen  Widerstand  die 
Mönche  der  gewissenhaften  Aufsicht  ihres  erzbischöflichen  Vorstandes  ent- 
gegengesetzt hatten.     Eustathios  war  in  diesem  Kampfe  unterlegen  und 
hatte,   wahrscheinlich  bald  nach  1185,   Thessalonike  verlassen;   in  dieser 
zeitweiligen  Verbannung  schrieb   er  wohl   die  genannte  Abhandlung  und 
einen  Brief  an  die  Thessalonizenser.     In  die  polemische  Litteratur  gehört 
femer  die   grosse  rhetorisch  gefärbte  Schrift,   worin  er  sich  gegen  den 
Vorwurf  der  Unversöhnlichkeit  verteidigt:   llgog  rovg  ineyxaXom'rag 

Eustathios  scheint  sie  nach  seiner  Wiedereinsetzung  geschrieben  zu  haben, 
als  die  unterlegene  Partei  seiner  Gegner  sich  wohl  durch  den  Vorwurf  der 
Unversöhnlichkeit  zu  rächen  suchte.  In  dieser  Zeit  entstand  endlich  die 
Abhandlung  über  die  Heuchelei:  üegl  vnoxQiaewg^  in  welcher  die  Schrift 
gegen  die  Mönche  schon  als  bekannt  vorausgesetzt  ist;  sie  gehört  zum 
Besten,  was  in  der  byzantinischen  Zeit  geschrieben  worden  ist.  Eustathios 
bekämpft  das  Laster  der  falschen  Frömmigkeit  mit  einer  Frische  und 
Schärfe,  die  uns  seinen  klaren  Blick  und  seinen  unabhängigen  Charakter 
im  besten  Lichte  erscheinen  lassen.  Höchst  interessant  ist  eine  Stelle 
über  die  äussere  Erscheinung  der  Mönche  (Kap.  27).  E.  Auch  unter 
den  rein  kirchlichen  Schriften  findet  man  Beachtenswertes.  Hübsch  ist  die 
in  dialogische  Form  (Personen:  Hierokles  und  Theophilos)  gekleidete  Be- 
trachtung über  die  geistlichen  Attribute:  &€0(piXraTog  und  legci- 
latog;  sehr  merkwürdig  der  kleine  Traktat:  /lipc)^  tov  ßagätog  dxovovtaj 
H7i€Q  teqwiuvog  &v  xaXchai  nanäg^  in  welchem  Eustathios  mit  allerlei 
antiquarischer  und  etymologischer  Gelehrsamkeit  nachweist,  dass  die  Priester 
unrecht  thäten,  sich  des  ihnen  vom  Volke  erteilten  (noch  heute  üblichen) 
Titels  nanag  zu  schämen;  es  liege  in  diesem  Worte  ebensowenig  etwas 


■)  S.  £.  Mfller,  Gatalogue  des  mss  grecs  de  labibliothdque  de  rEscurial,  Paris  1848  S.  VI, 


540  Byzantinische  Litteratnrgeschichte.    L  Prosaische  Littoratnr. 

Gemeines  als  in  der  Bezeichnung  nünTtog  oder  rrdnog  (davon  russisch  Pi  ^ 
oder  niinaq.    Über  asketische  und  homiletische  Schriften  s.  S.  136 
F.  Endlich  versuchte  sich  Eustathios  auch  auf  dem  Oebiete  der  Eircli 
dichtung;  zwei  Kanones  von  ihm  stehen  in:  Eustathii  Metropolitae  Thi 
lonicensis  opuscula  ed.  Tafel  S.  36  flf.;  166  fif.,    wo  sie  freilieh  durch 
Missverständnis  des  Herausgebers  wie  Prosa  gedruckt  sind.  E^ 

Ausgaben  und  Hilfsmittel:  1.  Werke  der  ersten  Gruppe:  K om mesiMJiF 
zur  Uias  und  Odyssee:  Ed.  pr.  Romae  1542 — 1550,  3  voll.  (vol.  I  zur  Iliaa,  voL  11  wmi^ 
Odyssee,  vol.  III  Index).  —  Wiederholt  Basel  1559—1560.  —  Unvollendet  blieb  die  All* 
gäbe  mit  Kommentar  und  Uebersetzung,  Florenz  1730—1735.  —  Endlich  wurde  der  Iflli 
pr.  (ohne  Beiziehung  handschriftlicher  Hilfsmittel)  zu  einem  neuen  Abdrucke  verholfen  va]% 
Stallbaum,  7  Bände,  Leipzig  1825—1830.  —  Auszüge  finden  sich  in  verschiedenen  B 
ausgaben.  —  Ueber  die  Quellen  der  Homerkommentare:  Photii  lexicon  ed.  Nab 
1  (1864)  48  ff.  —  K.  Lehrs,  De  Aristarchi  studiis  Homericis,  Lipsiae  1865  S.  331; 
bis  375.  --  Aug.  Lentz,  Herodiani  technici  reliquiae  t.  1,  Praef.  S.  215.  —  La  Roeb 
Die  homerische  Texteskritik  (1866)  S.  151  174.  —  H.  Schrader,  Ueber  die  Fmjfkjn^ 
nischen  Uiasscholien,  Hamburg  1872  S.  23  f.  -  Grösstenteils  auf  Quellen  des  Eastaäwb 
bezieht  sich:  Aug.  Fresenius,  Do  AESFJIS  Aristophanearum  et  Suetonianamm  exetifüh 
Byzantinis,  Aquis  Mattiacis  1875.  —  Denselben  Gegenstand  betrifft:  L.  Cohn,  De  Ariib>|l 
phane  Byzantio  et  Suotonio  Tranquillo  Eustathii  auctoribus,  Jahns  Jahrb.  Supplementb.  ttli 
(1881)  283-374;  vgl.  Supplementb.  13  (1884)  858-862.  —  L.  Cohn,  De  HeracHde  MiM|b 
grammatico,  Berliner  Studien  1  (1884)603—718.  —  Aug.  Hotop,  De  Eustathii  proveibia 
Jahns  Jahrb.  Supplementb.  16  (1886)  249  —314,  sucht  auf  Grund  einer  freilich  nicht  voili 
ständigen  Sammlung  der  in  den  Kommentaren  zur  Ilias  und  Odyssee  angeführten  Spful'|i 
Wörter  die  Stellung  des  Eustathios  in  der  parömiographischen  Ueberliefemng  darziiMgci.|S 
—  Eine  vollständige  Uebersicht  der  Sprichwörter  in  den  Homerkommentaren,  im  äa-ln 
mentar  zu  Dionysios  Periegetes  und  in  den  Opuscula  gab  Ed.  Kurtz,  Die  SprichwiM«|i 
des  Eustathios,  Philologus  50  (1891)  307—321.  —  Aelii  Dionysii  et  Pausaniae  Atticistiiiii 
fragmenta  coli.  Ern.  Schwabe,  Lipsiae  1890;  in  den  Prolegomena  findet  man  eine  Untcf 
suchung  über  die  lexikographischen  Vorlagen  des  Eustathios.  —  Zur  Quellenfrage  v^ 
auch :  Porphyrii  quaestionum  Homericarum  ad  Iliadem  pertinentium  reliquias  coli,  dispoe.  ä 
Herm.  Schrader,  Leipzig,  Teubner  1880-  92.  —  Max  Neumann,  Eustathios  als  kritiscli 
Quelle  für  den  Iliastext,  Jahns  Jahrb.  Supplementb.  20  (1893)  145-340. 

Prologos  zum  Pindarkommentar:  Ed.  pr.  L.  Fr.  Tafel  in:  Eustathii  The« 
opuscula,  Francofurti  1832  S.  53—61.  —  Dann  bearbeitet  mit  Erläuterungen  von  F.  tt 
Schneidewin:  Eustathii  prooeraium  commentariorum  Pindaricorum,  Göttingen  1837.  - 
Vgl.  Pindari  carmina  ed.  Dissen- Schneidewin,  Gothae  1843  Seite  C. 

Kommentar  zu  Dionysios  Periegetes:  Ediert  mit  einer  anderen  (anonymea) 
Prosaparaphrase  in:  Dionysios  Periegetes  ed.  G.  Bernhardy,  Lipsiae  1828  S.  67  ff.,  ein 
hervorragende  Jugendarbeit  des  grossen  Gelehrten,  welche  die  früheren  Leistungen  weit 
tiberholte  und  den  Nachfolgern  wenig  zu  thun  übrig  Hess.  —  Auf  Bernhardy  ruht  im 
wesentlichen  die  Ausgabe  von  C.  Müller,  Geogr.  gr.  min.  II  201  ff.,*  vgl.  seine  Praefatiu 
S.  81  ff.;  S.  39  über  die  früheren  Ausgaben.  —  Neue  wichtige  Mitteilungen  aus  Hss  der 
Paraphrase  und  den  mit  ihr  verbundenen  Scholien  gab  Arthur  Ludwich,  Aristarchs 
Homerische  Textkritik  1  (1885)  553-587.  i' 

Komm,  zu  Job.  Damaskenos  ed.  A.  Mai,  Spicilegium  Rom.  5  (1841)  2,  161  ff.     *- 

Vielleicht  hat  Eustathios  auch  Anteil  an  gewissen  Schob'en  zu  Aristophanes 
Wolken;  vgl.  K.  Zacher,  Die  Hss  und  Klassen  der  Aristophanesscholien,  Jahns  Jahrb. 
Supplementb.  16  (1888)  568  ff. 

Ueber  die  Abfassungszeit  der  Kommentare:  Fr.  Kuhn,  Gommentationes  in  ho- 
norem Guil.  Studomund,  Argentorati  1889  S.  249—257.  —  Zu  den  metrischen  Lehrun 
des  Eustathios:  Heinrich  Grossmann,  De  doctrinae  metricae  reliquiis  ab  Eustathio  ser- 
vatis,  Diss.,  Strassburg  1887.  —  Fr.  Kuhn,  Symbolae  ad  doctrinae  negi  cfit/^oi'aii' historiam 
portinentes,  Breslauer  philol.  Abhandlungen  VI  3,  Breslau  1892  S.  82  ff.  —  Vgl.  P.  Egenolff, 
Bursian-Müllers  Jahresber.  48  (1890)  284  ff.  -  Kritische  Kleinlitteratur  bei  W.  Engcl- 
mann,  Bibliotheca  scriptorum  classicorum  1  (1880)  341  f. 

2.  Die  Werke  der  zweiten  Gruppe  zumeist  in:  Eustathii  Metropolitae  Thessaloni- 
censis  opuscula.  E  codd.  mss  Basilcensi,  Parisinis,  Veneto  nunc  primum  ed.  L.  Fr.  Tafel, 
Francofurti  ad  Moenum  1832.  Ausführlich  besprochen  von  Möhler,  Theolog.  Qnart^- 
schrift  15  (1833)  147— 168.  —  Das  historische  Werk  De  Thessalonica  a  Latinis  capta 
wurde  mit  lat.  Uebersetzung  wiederholt  von  1.  Bekker  im  Bonner  Corpus  mit  Leo  Gram- 
maticus,  Bonn;i842  S.  365—512.  —  Zum  Texte  des  bist.  Werkes:   K.  S.  Kontos,  *iA»- 


l 


6.  Altertomswüisenaohaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  n.  Scholiasten.  (§  222)     54 1 


d  HvfÄfiixra,  'ASrjyit  5  (1893)  172—175  (schreibt  S.  294,  58  ed.  Tafel  xa»(OfAtXrjfÄfyoy 
b  xa9o/LttXov/A€yoy).  —  Reden  des  Eustathios  mit  einigen  anderen  auf  Eustathios  be- 
Hlfj^Hchen  Stücken  edierte  Tafel:  De  Thessalonica  eiusque  agro  dissertatio  geographica, 
terolini  1889  S.  350—439  (6  Briefe  des  Michael  Akominatos  an  Eustathios;  die  2  Trauer- 
nden auf  den  Tod  des  Eustathios  von  Michael  Akominatos  und  Enthymios;  Rede  des 
kiatathios  an  Kaiser  Manuel,  als  er  zum  Erzbischof  von  M^ra  bestimmt  war;  Rede  an 
Canue],  gehalten  im  Namen  der  Stadt  Konstantinopel,  als  dieselbe  durch  ungewöhnliche 
Trockenheit  litt).  —  Bezüglich  der  Briefe  ist  zu  bemerken,  dass  Tafel  in  den  genannten 
kvsgaben  mehrere  Stücke  dem  Eustathios  zuteilt,  die,  wie  sich  schon  aus  den  Namen  der 
Ldressaten  ergibt,  in  Wahrheit  dem  Michael  Psellos  gehören.  Aus  Tafel  ging  die  Ver- 
viming  auch  in  die  Patrol.  gr.  von  Migne  über.  Genaueres  hierüber  s.  bei  K.  N.  Sathas, 
lfc<r.  Bißk.  4  ÜQoXoyog  S.  30;  67;  5  TlgoXoyog  S.  75  (o€).  —  Gesamtausgabe  der  meisten 
VITerke  der  2.  Gruppe  nach  Tafel,  A.  Mai  u.  s.  w.  bei  Migne,  Patrol.  gr.  135  und  136, 
p^Sastenteils  mit  lateinischer  Uebersetzung.  —  Fünf  neue  Reden  nebst  zwei  schon  von  Tafel 
ut^eteilten  ed.  (aus  Cod.  Escur.  II.  Y.  10)  W.  Regel,  Fontes  rerum  Byzantinarum.  Tomus  I. 
Pasc.  1.    Petersburg  1892. 

3.  Einige  Stücke  gab  L.  Fr.  Tafel  in  deutscher  Uebersetzung,  nämlich  die 
'EniMne€\tfig  ßiov  fioyaxtxotf:  Betrachtungen  über  den  Mönchsstand.  Aus  dem  Griechischen 
des  Eustathins  von  Thessalonich  von  L.  F.  Tafel,  Berlin  1847.  —  Dann  die  Grabrede 
auf  den  Kaiser  Manuel  Komnenos,  das  historische  Stück  (1180 — 1185)  und  die  Rede  an 
Ifannel,  als  Eustathios  zum  Erzbischof  von  Myra  bestimmt  war,  in  dem  Werke :  Komnenen 
Mid  Nonnannen.  Von  L.  F.  Tafel,  Ulm  1852  (2.  unveränderte  Ausg.  1870).  —  Weitere 
Qebersetzungen  und  sonstige  Eustathiana  finden  sich  im  ungedruckten  Nachlasse  Tafeis. 
—  Vgl.  Neander,  Charakteristik  des  Eustathius  von  Thessalonike  in  seiner  reformato- 
risehen  Richtung,  Abhandl.  Berl.  Ak.  1841  S.  67—79.  —  Eine  italienische  Uebersetzung 
les  liistorischen  Werkes  (De  Thessalonica  etc.)  gab  Gius.  Spata,  I  Siciliani  in  Salonicco, 
Palermo  1892.  —  Briefe  des  Michael  Akominatos  an  Eustathios  und  dessen  Trauer- 
rede auf  Eustathios  edierte  griechisch  und  deutsch  Ad.  Ellissen,  Michael  Akominatos 
sron   Chonae,  Göttingen  1846.  —  Vgl.  die  Litteratur  zu  §  199. 

4.  Ausser  den  von  Tafel  benützten  Hss  in  Basel,  Paris  und  Venedig  ist  die  Haupt- 
fundstätte  der  rhetorischen  Schriften  des  Eustathios  der  Cod.  Escur.  Y.  II.  10,  s.  13, 
äus  dem  Regel  einige  Stücke  hervorgezogen  hat.  Die  Titel  der  sämtlichen  hier  aufbewahrten 
Reden  und  Briefe  des  Eustathios  notiert  E.  Miller,  Catalogue  des  mss  grecs  de  la  bibl. 
Je  l'Escurial  S.  200—216.  Vgl.  §  201.  Es  wäre  zu  wünschen,  dass  mit  Hilfe  dieser  un- 
^chfttzbaren  Hs  und  der  erwähnten  tre£Flichen  Vorarbeiten  eine  mit  Kommentar  und  Indices 
langestattete  kritische  Gesamtausgabe  der  nichtphilologischen  Schriften  des  Eustathios  ver- 
instaltet  würde. 

5.  Michael  Senacherim  {MtxatjX  6  SevaxrjQeifA)  lebte  um  die  Mitte  des  13.  Jahr- 
lunderts  als  Lehrer  der  Rhetorik  und  Poesie  in  Nikäa.  Ein  an  ihn  gerichteter  Brief  des 
Kaisers  Theodoros  Dukas  Laskaris  ist  im  Cod.  Laur.  Conv.  soppr.  627  fol.  10^—11^  erhalten: 
Tov  avrot  ^yovy  tov  üotpwxdjov  xvqov  Ssoduigov  Jovxu  rov  Auaxagi,  hiqti  inurioXt) 
y^ifBiaa  ngog  rovg  xaja  Nixaitty  iXXoylfxovg  didaaxäXovg  tijg  ^rogixijg  re  na^  fJiiQog  xiu 
wijg  Tioirjjix^g  x6y  leyaxfjQeifi  xvQiy  MiXitrjX  xtn  joy  xvQiy  'AydQoyixoy  xoy  ^QayyonovXoy, 
ote  i^  tivxtäy  ngog  «vxoy  ay^X&oy  ol  natdeg.  Von  ihm  stammen  unedierte  Scholien  zu 
Homer,  die  in  mehreren  Handschriften  vorkommen.  Bemerkungen  über  Handschriften 
nebst  litterarischen  Nachweisen  gibt  Amadeus  Peyron,  Notitia  librorum  manu  t^pisve 
descriptorum,  qui  donante  Ab.  Thoma  Valperga-Calusio  v.  cl.  illati  sunt  in  reg.  Taunnensis 
Athenaei  bibliothecam,  Lipsiae  1820  S.  23.  —  Vgl.  Z.,  Senacherim,  Rhein.  Mus.  18  (1863)  447. 

222.  Die  Philologen  der  Paläologenzeit  sind  nach  Charakter,  Ver- 
mögen und  Sinnesrichtung  Vorboten  einer  neuen  geistigen  Ära.  Sie  sind 
in  ihrer  Studien  weise  und  Absicht  weniger  mit  einem  Photios,  Axethas 
und  Eustathios  verbunden  als  mit  den  ersten  Bahnbrechern  der  klassischen 
Wiedergeburt  im  Abendlande.  Wenn  nun  Männer  wie  Planudes,  Moscho- 
pulos,  Thomas  Magistros,  Triklinios  jenen  ärmlichen  Schulbetrieb 
altgriechischer  Weisheit  darstellen,  wie  er  in  den  letzten  Jahrhunderten 
des  Reiches  unter  dem  härtesten  Drucke  der  äusseren  Verhältnisse  fort- 
gefristet wurde,  so  verlangt  die  geschichtliche  Gerechtigkeit,  dass  ihre  Be- 
strebungen und  Erfolge  vom  Standpunkte  ihrer  Zeit  aus  gewürdigt  werden. 
Dann  können  wir  nicht  umhin,  manchen  dieser  Frühhumanisten  unsere 
höchste  Anerkennung  zu  zollen.    Ein  grosser  Teil  der  philologischen  Hand- 


542  Byzaniinisohe  LittentiurgedohiGhte.    I.  ProMuaohe  Llitonitnr. 

Schriften  dieser  Epoche  sind  freilich  nur  wertlose  Lehr-  und  Lemke 
die  häufig  anonym  oder  unter  verschiedenen  Namen  gehen.    Sie  bildei 
ein    wohlfeiles  Gemeingut   für  Lehrer   und   Schüler,   worin  ursprQngliciM 
Vorlagen  nach  dem  zufälligen  Bedürfnis  ausgezogen,  erweitert,  umgearbeitet 
und  miteinander  verquickt  sind.    Ähnliehe  Willkür  in  der  Herstellung  unl 
Verbreitung   von   rhetorischen,   grammatischen,   lexikalischen   und   metri» 
sehen  Schulbüchern  herrschte  indessen  auch  schon  in  früherer  Zeit,  nur 
dass  wir  aus  ihr  weniger  Exemplare  besitzen.     Hierin  verfuhren  also  du 
Sehulleute  unter  den  Paläologen  nicht  anders  als  ihre  Vorfahren.     (Janr 
scharf  und  prinzipiell   aber   unterscheiden  sich  die  Gelehrten   der  letztei 
Jahrhunderte   von  den  Erklärern   und  Kopisten  der  makedonischen  vmi 
komnenisehen  Ära  in  der  Behandlung  der  klassischen  Texte.    Wäh- 
rend die  meisten  Handschriften  des  9.  bis  12.  Jahrhunderts  im  grossei 
und  ganzen   die  Überlieferung  der  alexandrinischen  und  römischen  Zeit 
darstellen,  begannen  die  Byzantiner  der  Paläologenzeit  die  alten  Werke  nach 
vorgefassten  Ideen  und  selbst  erfundenen  metrischen  Schablonen  so  frisch 
und  fröhlich   zu  ändern,   wie  die  noch  nicht  ganz  ausgestorbene  moderne 
Philologenschule,  die  sämtliche  Texte  ins  Krankenzimmer  verwies  und  dam 
den  armen  Patienten  durch  ungezählte  Konjekturalpflästerchen  aufzuhelfei 
wähnte.     So  schlecht  wie  manche  neuere  Doktoren  haben  nun  freilich  die 
byzantinischen  Verbesserer  ihre  Sache  nicht  gemacht.     Wir  Klugen   und 
Weisen  hätten   ja  sonst  nicht  so  lange  gebraucht,  um  ihnen  allmählicli 
hinter  ihre  Kniffe  zu  kommen  und  mit  ihren  kecken  Übermalungen  auf- 
zuräumen.   „Sie  haben  so  manchen  Vers  für  immer  geheilt  und  viel  öfter 
das  Auge  von  Jahrhunderten  geblendet"  (Wilamowitz  a.  unten  a.  O.).    Für 
die  Wissenschaft  aber  entspringt  aus  der  Erkenntnis  dieser  Thatsache  die 
Forderung,   auf  dem  ganzen  Umkreise  der  klassischen  Litteratur,   wo  es 
nur  immer  möglich  ist,  den  vorpaläologischen  Stand  der  Überlieferung 
zu  ermitteln.    Noch  viel  weiter  als  die  Philologen  der  Paläologenzeit  gingen 
in  der  willkürlichen  Behandlung  der  Texte  eine  ganze  Reihe  von  Griechen 
des  16.  Jahrhunderts,  Männer  wie  Georgios  Hermonymos  aus  Sparta, 
Konstantinos  Palaeokappa,  Jakob  Diassorinos,  Andreas  Darma- 
rios u.  a.,    welche  die  Texte   nicht  nur  aufs    kühnste   änderten,    inter- 
polierten und  aus   älteren  Werken   neue   kompilierten,   sondern  selbst  vor 
Titelfälschungen  nicht  zurückscheuten  und  dadurch  der  Litteraturgeschichte 
mehrere  erst  in  der  jüngsten  Zeit  erkannte  „ falsche"  Autoren  aufnötigten. 

Treffende  Würdigung  der  byzantinischen  Philologen  der  Paläologenzeit  und  ihres 
Verhältnisses  zu  Früheren  und  Späteren  von  Ulr.  von  Wilamowitz-Moellendorff, 
Euripides  Herakles,  Band  1  (Berlin  1889)  193  ff.  —  Wichtige  Beiträge  zu  den  philologi- 
schen Biographien  der  Paläologenzeit  gibt  Max  Treu  im  Kommentar  seiner  Ausgabe  der 
Briefe  des  Planudes,  Breslau  1890.  —  Ueber  Hermonymos  s.  H.  Omont,  Georges  Hermo- 

nyme  de  Sparte,  M^moires  de  la  soci^tä  de  Thistoire  de  Paris  et  de  i'Ile  de  France  12 
(1885)  65—98.  —  Ueber  Konstantin  Palaeokappa  und  Diassorinos  s.  H.  Omont,  Catalogue 
de  manuscrits  grecs  copi^s  ä  Paris  au  XVI^*  sidcle  par  C.  Palaeocappa,  Annuaire  de  Tassoe. 
20  (1886)  241—279,  und  L.  Cohn  in:  Philologische  Abhandlungen,  Martin  Hertz  zun 
70.  Geburtstage  von  ehemaligen  Schülern  dargebracht,  Berlin  1888  S.  123— 14B.  —  A. 
Lud  wich.  Ein  neuer  Beitrag  zur  Charakteristik  des  Jakob  Diassorinos,  B.  Z.  1  (1892) 
293  -302  (über  Interpolationen  und  Konjekturen  desselben  in  Hss  der  Psaltermetaphrase 
des  Apollinarios).  Vgl.  auch  P.  N.  Papageorgiu,  B.  Z.  3  (1894)  320  f.  —  Ueber  Andreas 
Darmarios  s.  Ch.  Graux,   Essai  sur  les  origines  du  fonds  grec  de  rEscorial,  Paris  1880 


a.  AltertiuiuiwisseBBohaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  n.  Soholiaaten.  (§  223)     543 


8.  287—297,  und  K.  Krumb  ach  er,  Mittelgrieohische  Sprichwörter,    Sitzungsber.   bayer. 
Ak.  1898  Bd  2  S.  44. 

223.  Hazimos  Planudes  {Md^ifiog  6  nkavovitjg),  vor  seinem  Eintritt 
in  den  Mönchsstand  Manuel  genannt,  wurde  um  1260  zu  Nikomedia  ge- 
boren und  lebte  als  Mönch,  wissenschaftlichen  Studien  und  der  Lehrthätig- 
keit  ergeben,  in  Konstantinopel  unter  den  Paläologen  Michael  VIII  und 
Andronikos  ü.  Von  dem  letzteren  wurde  er  1296  zusammen  mit  dem 
Waisenhausvorsteher  Leon  Bardales  als  Gesandter  nach  Venedig  ge- 
schickt. Er  starb  im  50.  Lebensjahr  um  1310.  Sein  Schüler  Gregor 
widmete  ihm  eine  Grabschrift  und  ein  vierzeiliges  Epigranmi.*)  Planudes 
gehört  nach  seiner  Geistesrichtung  und  seinen  persönlichen  Beziehungen 
in  den  Kreis  der  byzantinischen  Vorläufer  des  westeuropäischen  Humanis- 
mus. Was  ihn  aber  mit  der  neu  erstehenden  Bildung  des  Abendlandes 
noch  enger  verknüpft  als  einen  Moschopulos,  Triklinios  u.  a.,  ist  seine 
Kenntnis  der  lateinischen  Sprache  und  Litteratur.  Seit  langer  Zeit 
war  den  Griechen  alles  lateinische  Wissen  abhanden  gekommen,  und  Kom 
war  den  Rhomäern  ein  fernes,  durch  Hass  und  Vorurteil  abgesperrtes  Ge- 
biet geworden.  Indem  nun  Planudes  eine  grössere  Zahl  lateinischer  Werke 
ins  Griechische  übertrug,  schlug  er  die  Brücke,  über  welche  später  byzan- 
tinische Flüchtlinge  als  Apostel  des  Hellenismus  nach  Italien  wanderten, 
um  die  grossen  Werke  ihrer  Vorfahren  mündlich  und  schriftlich  zu  er- 
klären und  so  den  lange  unterbrochenen  Wechselverkehr  römischer  und 
griechischer  Kultur  wiederherzustellen.  Die  Anregung  zu  seinen  latei- 
nischen Studien  erhielt  Planudes  wahrscheinlich  durch  die  dogmatischen 
Kämpfe  zwischen  Rom  und  Byzanz.  Seiner  Kenntnis  des  Lateinischen 
verdankte  er  wohl  auch  die  Wahl  zum  Gesandten  nach  Venedig.  Die 
litterarische  Thätigkeit  des  Planudes  war  vorzüglich  den  Bedürfnissen  des 
Unterrichts  gewidmet;  doch  umfasste  er  hier  ein  ziemlich  weites  Gebiet. 
Wir  nennen  zuerst  die  Werke  von  selbständiger  Form,  dann  die  Samm- 
lungen, endlich  die  Übersetzungen. 

1.  Der  Schule  diente  Planudes  zunächst  durch  eine  Grammatik 
(IleQi  yQamiaTixfjg)  in  der  Form  eines  Dialogs  zwischen  Palaetimos  und 
Neophron,  also  ein  ähnliches  Werk  wie  die  „Fragen*  {^EQ(o%r^iiai;a)  des 
Moschopulos;  am  Schlüsse  findet  sich  eine  bemerkenswerte  Notiz  über  die 
Herkunft  des  politischen  Verses.  Daran  reiht  sich  eine  syntaktische 
Abhandlung  (ZT^^i  avvTa^sfog),  Als  Thema  einer  sophistischen  Dekla- 
mation wählte  er  sich  die  oft  behandelte  Vergleichung  des  Winters 
und  Frühlings:  2vyxQi(rig  xBiiim^og  xal  ioQog.  Seine  Stilgewandtheit  ver- 
wertete Planudes  reichlich  in  einer  ausgedehnten  Korrespondenz;  er  hinter- 
liess  eine  Sammlung  von  121  (meist  zwischen  1292  und  1300  abge- 
fassten)  Briefen  an  Andronikos  H,  dessen  Bruder  Konstantin  Porphyro- 
gennetos,  Nikephoros  Chumnos,  Johannes  Phakrases,^)  an  seinen  Kollegen 
auf  der  Gesandtschaft  nach  Venedig,  den  Waisenvater  Leon  Bardales,  und 
sonstige  geistliche  und  weltliche  Würdenträger.    Hier  erscheint  Planudes 


*)  Beide  ed.  Max  Treu,  Maximi   mo- 
naefai  Planudis  epistulae  S.  190  f. 

')  Ueber  die  Famüie  Pbakrases  s.    die 


Ausgabe  der  Briefe  des  Planudes  von  M.  Treu 
S.  197  f. 


5 


44  Bysantiniaohe  Litterahirgedohiohte.    I.  Prosaisohe  Litieraiar. 


als  Stilist  wie  als  Mensch  von  der  besten  Seite;  manche  Briefe  enthalten 
auch  interessante  Aufschlüsse  über  sein  Leben,  seinen  wissenschaftlichen 
Eifer  und  seine  Studien.  Endlich  gehören  ihm  Scholien  zu  Theokrit  und 
Hermogenes,  eine  auf  älteren  Quellen  beruhende  Biographie  des  Aesop 
und  eine  Prosabearbeitung  der  äsopischen  Fabeln,  ein  metrisches 
Enkomion  auf  Cl.  Ptolemaeos  und  sonstige  Gedichte  in  verschiedenen 
Yersmassen.  Man  findet  unter  ihnen  einen  Kanon  auf  den  hl.  Demetrios, 
mehrere  Stichera  (or/x»;?«)  und  im  friedlichen  Verein  mit  ihnen  einen  Kanon 
über  Urindiagnose.  Interessant  ist  wegen  der  Seltenheit  der  Gattung  und  des 
Yersmasses  in  der  byzantinischen  Litteratur  ein  aus  270  Hexametern 
bestehendes  Idyll;  den  Inhalt  bildet  ein  Dialog  zwischen  den  zwei  Land- 
leuten Kleodemos  und  Thamyras,  von  denen  der  erstere  seinem  Freunde 
die  unliebsame  Yerwandelung  eines  von  einem  ägyptischen  Zauberer  ge- 
kauften Ochsen  in  eine  Maus  erzählt.  Planudes  vereinigte  —  ein  seltener 
Fall  —  mit  philologisch-grammatischen  Kenntnissen  auch  mathematische. 
Wir  kennen  ihn  auf  diesem  Gebiete  durch  ein  für  die  Geschichte  der 
Mathematik  nicht  unwichtiges  Rechenbuch:  UhjtpoffOQia  xat'  'Ivdovg  il 
Xsyofu'vi]  iisyaki].  Von  Planudes  stammen  auch  Scholien  zu  den  zwei 
ersten  Büchern  der  Arithmetik  des  Diophantos.  Dazu  kommen  allerlei 
Kleinigkeiten  wie  die  in  manchen  Handschriften  als  Lückenbüsser  stehen- 
den antistoichischen  Spielereien  u.  a.  Über  die  theologischen 
Schriften  des  Planudes  s.  S.  99. 

2.  Die  rein  kompilatorischen  Arbeiten  des  Planudes  eröffnet  eine 
Exzerptensammlung  historisch-geographischen  Inhalts,  Swa/ap] 
ixlsysTaa  and  diaffoQwv  ßißlimv^  ein  Werk,  das  in  der  überlieferten  Ge- 
stalt wenig  Ordnung  und  Plan  verrät.  Vielleicht  beabsichtigte  aber  Pla- 
nudes auf  Grund  des  hier  gesammelten  Materials  ein  ähnliches  Miszellen- 
werk  auszuarbeiten,  wie  es  uns  in  den  ^VTrojuvr^fiaufffiol  des  Theodoros 
Metochites  vorliegt.  In  diesen  füi  die  Textkritik  beachtenswerten  Aus- 
zügen sind  vertreten  Piaton,  Aristoteles,  Strabon,  Pausanias,  Dio  Cassius 
(bzw.  spätere  Ausschreiber  desselben),  Synesios,  Dion  Chrysostomos,  Johannes 
Lydos  und  die  Chronik  des  Manasses.  Daran  reiht  sich  seine  Sammlung 
von  Epigrammen:  ^Av&oXoyia  iia(p6Q(ior  iTtiyQafifidrcov,  Endlich  veran- 
staltete er  eine  Sammlung  byzantinischer  Sprichwörter:  naQOifiim 
irjfKjidstg  (fvkleyeTffai  Ttagd  lov  ao^(a%cc%ov  xvqov  Ma^ffiov  tov  JlXarovSf;- 
Vgl.  den  Paragraphen  „Sprichwörter**  im  Abschnitte  „Vulgärgriechische 
Litteratur**.  Auch  gehört  hieher  ein  Verzeichnis  oder  vielmehr  eine  Re- 
daktion der  Schriften  des  Plutarch. 

3.  Die  Übersetzungen  des  Planudes  können  nicht  als  Muster  von 
Treue  und  stilistischer  Gewandtheit  gelten;  aber  man  darf  nicht  vergessen, 
dass  wortgetreue  und  dem  gesamten  Kolorit  des  Originales  nachstrebende 
Übertragungen  im  Mittelalter  überhaupt  unbekannt  waren.  Auch  muss 
zur  Entschuldigung  für  manche  Versehen  beachtet  werden,  dass  Planudes 
bei  der  Vernachlässigung  lateinischer  Studien  in  Byzanz  hier  völlig  als 
Autodidakt  arbeitete.  Die  Schriften,  die  er  übertrug,  gehören  zur  Lieb- 
lingslektüre des  Mittelalters  und  spielen  daher  auch  in  der  sonstigen  Über- 
setzungslitteratur  eine  grosse  Rolle.    In  den  ersten  Zeiten  des  Humanismus 


6.  AlterinmswiflBenBohaft.  A.  Philol.  Polyhiatoren  n.  Soholiasien.  (§  223)     545 

dienten  die  Übersetzungen  des  Planudes  vielfach  als  Lehr-  und  Übungs- 
bücher im  griechischen  Unterrichte;  so  erklärt  sich  die  fast  unübersehbare 
Menge  der  Handschriften.  Die  wichtigsten  Stücke  sind:  Die  Spruch- 
sammlung des  älteren  Cato,  Ovids  Metamorphosen  und  Heroiden  (in 
Prosa);  Giceros  Somnium  Scipionis  mit  dem  Kommentar  des  Macrobius; 
Caesars  Bellum  Gallicum;  des  Boethius  Werk  De  consolatione  philo- 
sophiae,  wobei  die  in  das  Werk  eingestreuten  metrischen  Stücke  in  gleichen 
Versmassen  wiedergegeben  sind;  die  kleine  Grammatik  (ars  minor)  des 
Donatus;  des  Augustinus  Buch  De  trinitate.  Bei  einigen  Stücken  ist 
die  Autorschaft  zweifelhaft;  so  streitet  sich  um  die  Übersetzung  eines 
Teiles  der  Rhetorik  Ad  Herennium  Theodoros  Gazes  mit  Planudes. 

1.  Ausgaben  und  Hilfsmittel: 

1,  Grammatik  und  Syntax  ed.  L.  Bachmann,  Anecdota  Graeca  2  (1828)  1—166. 

—  Ein  kleines  grammatisches  Stack  ed.  Fr.  Boissonade,  An.  gr.  1  (1829)  408  f.  —  Vgl. 
Fr.  Ritschi,  Opuscula,  vol.  1  (1866)  291—299. 

2,  Vergleichung  des  Winters  und  Frühlings:  £d.  Fr.  Boissonade,  An.gr. 
2  (1830)  310 — 339.  —  Ohne  Kenntnis  dieser  Ausgabe  ed.  Max  Treu,  Gymnasialprogramm, 
Ohlau  1878. 

B.  Briefe:  Teilweise  von  £.  Piccolomini,  Estratti  inediti  dai  codici  greci,  Pisa 
1879  S.  49-89;  vgl.  die  Vorrede  S.  43  ff.  —  Sechs  Briefe  ed.  M.  J.  Gedeon,  'ExxX.  'AI.  4 
(1883)  184—187.  —  Ein  Stück  ed.  aus  einem  die  ganze  Sammlung  enthaltenden  Codex  Athous 
Sp.  Lampros,  J^Xiloy  2  (1885—89)  62-64.  —  Vollständig  ed.  M.  Treu,  5  Programme 
dee  K.  Friedrichsgymnasiums,  Breslau  1886  —1890  (auch  als  selbständiges  Buch,  Breslau 
1890)  mit  einem  trefflichen,  für  die  Kenntnis  des  Planudes  und  seiner  persönlichen  Be- 
ziehungen grundlegenden  Kommentar. 

4,  Schollen  zu  Hermogenes  ed.  Chr.  Walz,  Rhetores  Graeci  5(1833)212—576. 

—  Vgl.  Th.  Gerber,  Quae  in  commentarüs  a  Gregorio  Corinthio  in  Hermogenem  scriptis 
vetustiorum  commentariorum  vestigia  deprehendi  possint,  Diss.,  Kiel  1891  S.  2  ff.,  und 
Comuti  artis  rhetoricae  epitome  ed.  Jo.  Graeven,  Berlin  1891  S.  XI  Anm.  2.  —  Zur  Bio- 
graph i  e  d  es  A  e  s  o  p  un  d  d  e  n  F  a  b  e  1  n  s.  den  §, Leben  des  Aesop' im  Abschnitte  ,Vulgärgr.  Litt.' 

5.  Kanon  über  Urindiagnose  ed.  J.  L.  Ideler,  Physici  et  medici  graeci  minores 
2  (1842)  318—322.  Dazu  die  Kollation  des  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  636  von  Robert  Fuchs, 
Rhein.  Mus.  49  (1894)  535 — 538.  —  Einzelne  Gedichte  des  Planudes  bei  Jo.  Iriarte, 
Regiae  bibL  Matrit.  Codices  gr.  mss,  Madrid  1769  8.  263  (Lob  des  Ptolemaeos);  Boisso- 
nade,  Anecdota  graeca  3  (1831)  461—464;  Max  Treu  a.  a.  0.  S.  204;  220  ff.;  267  ff. 
Gedichte  über  die  Erneuerung  der  Kirche  des  hl.  Andreas  ed.  Du  Gange  nach  dem  Zo- 
naras  ed.  Paris.  II  35  f.  =  2k>naras  ed.  Dindorf  vol.  6,  41  ff.  Emendationen  dazu  von 
Boivin  im  Kommentar  zu  Nikephoros  Gregoras  S.  1184  f.  ed.  Bonn.  —  Das  Idyll: 
Zuerst  edierte  ein  Stück  S.  Cyrillo,   Codd.  Graeci  mss  R.  bibL  Borbonicae  II  148—155. 

—  Das  ganze  Gedicht  ed.  pr.  C.  R.  v.  Holzinger,  Ein  Idyll  des  Maximus  Planudes, 
Zeitschr.  f.  d.  Osterr.  Gymnasien  44  (1893)  385—419.  —  Beiti^e  zur  Erklärung  und  zum 
Texte  gaben  Ed.  Kurtz,  Neue  philoL  Rundschau  1893  S.  338—340,  und  Max  Schneider, 
Berl.  philol.  Wochenschr.  14  (1894)  615—621. 

6,  Rechenbuch:  Ed.  C.  J.  Gerhardt,  Halle  1865.  Das  Rechenbuch  des  M.  PL 
deutsch  übersetzt  von  H.  Wäschke,  Halle  1879.  Vgl.  C.  J.  Gerhardt,  Ueber  das 
Rechenbuch  des  Maximus  Planudes,  Monatsber.  Berl.  Ak.  1867  S.  38 — 40.  —  Moritz 
Cantor,  Vorlesungen  über  Geschichte  der  Mathematik  P  (1894)  475  ff.  —  Paul  Tannery, 
Les  chiffres  arabes  dans  les  mss  grecs,  Revue  archdolog.  III.  s^rie  7  (1886)  355—360.  — 
Scholien  zuDiophantos  in:  Diophanti  Alexandrini  rerum  arithmeticarum  libri  sex, 
qnorum  primi  duo  adiecta  habent  scholia  Maximi  Planudis,  ed.  G.  Xylander,  Basileae 
1575  (nur  in  lateinischer  Uebersetzung).  —  Den  griechischen  Text  dieser  Scholien  ed.  Paul 
Tannery,  Diophanti  Alexandrini  opera  omnia  2  (Leipzig  1895)  125—255.  Vgl.  seine  Pro- 
legomena  S.  XIV  ff.,  und  M.  Treu,  Maximi  Planudis  epistulae  S.  227. 

7.  Gleichklangscherze  des  Planudes,  die  öfter  gedruckt  worden  sind,  ed.  zuletzt 
korrekter  M.  Treu,  Antistoichien,  B.  Z.  5  (1896)  337  f. 

8,  Sammelausgabe  der  theologischen  Schriften  mit  der  Vergleichung  des 
Winters  und  Frühlings,  einigen  Gedichten  und  Briefen:  Migne,  Patrol.  gr.  147,  967 
bis  1178. 

9.  Zur  historischen  Exzerptensammlung:  E.  Piccolomini,  Rivista  di  filologia 
2  (1873)   101-117;    149-163.   H.  Haupt,  Hermes   14(1879)  36  ff.;  291  ff.;  431  ff..    J, 

Baadbuch  der  klaai,  Alt«rtiimiwiMenflch«ft  IX,    1.  Abtlg.    2,  Aull,  ^^ 


546  Bjrzantiniaohe  Lüteratnrgesohiohte.    L  iProsaisohe  littarator. 

Melber,  Zu  den  angeblich  aus  Dio  Cassios  stammenden  planudeischen  Exzerpten,  Bl&tter 
f.  d.  bayer.  Gymnasialschulwesen  23  (1887)  99—102.  Dazu  die  Litteratur  zu  den  einzelnes 
Autoren  der  Sammlung,  besonders  zu  Strabon,  Dio  Cassius  und  Johannes  von  Antiochia. 
Einen  Quellennachweis  gibt  0.  Crusius,  De  Constantino  Manasse  Planndae  anctore,  Phflo- 
logus  46  (1888)  631. 

10.  Zur  Anthologie  vgl.  den  §  , Anthologie'  im  Abschnitte  ,Profanpoesie'. 

11.  Sprich  Wörtersammlung:  S.  die  Litteratur  zum  §  ^Sprichwörter'  am  Schlnase 
der  Abteilung  »Yulgärgriechische  Litteratur*. 

12.  Uebersetzungen:  Catos  Sentenzen,  Basileae,  1553;  Lugduni  Batav.  1598 
(mit  dem  lat.  Text);  Cygneae  1672  (lat.  Text,  vier  griechische  und  eine  deutsche  üeber- 
tragung)  und  öfter.  —  Ovid:  P.  Ovidii  Nasonis  metamorph,  libri  XV  Graece  versi  a  M. 
PL  ed.  Fr.  Boissonade,  Paris  1822.  Heroiden:  Nur  Epistel  XX  und  XXI  1—12  ed. 
von  C.  Dilthey,  De  CaUimachi  Cydippa,  Lipsiae  1863  S.  157—162.  VgL  W.  Stude- 
mund,  Zu  Maximos  Planudes  und  Ovidius,  Philologus  34  (1874)  370  f.  Alfr.  Gudeman» 
De  Heroidum  Ovidii  codice  Planudeo,  Diss.,  Berlin  1888  (=  Berliner  Studien  VIII  2).  — 
Gicero-Macrobius  in  den  Varia  Graeca  ed.  Chr.  Fr.  Matthaei,  Mosquae  1811  8.91 
bis  221  (mit  einem  Stück  der  üebersetzung  des  Auetor  ad  Herennium).  Dann  ed.  Ph.  C.  Hess, 
M.  T.  Ciceronis  Cato  maior  etc.  ex  graecis  interpretationibus,  Halle  1833  S.  71 — 98.  Ed. 
F.  Brüggemann,  Conitz  1840.  Vgl.  Teuffei,  Geschichte  der  röm.  Lit.  I*  (1890)  S.  841. 

—  Caesar:  Ed.  Ant.  Baumstark,  Freiburg  1834  (in  der  Vorrede  Verzeichnis  der  alteren 
Ausgaben).  —  Boethius:  Zuerst  nur  die  metrischen  Stücke  von  Fr.  Weber,   Darmstadt 
1833.    Das  ganze  Werk  De   consolatione  philosophiae  ed.   E.  A.  Bätant,  Gendve  1871 
(ohne  genügende  diplomatische  Grundlage).  —    Ein  reiches  Verzeichnis  der  Handschrifteo  | 
und  älteren  Drucke  dieser  Uebersetzungen  gibt  Fr.  Weber  in  der  Vorrede  seiner  Ausgabe. 

—  Dagegen  ist  die  lateinische  üebersetzung  der  Dialektik  (De  differentiis  topicis)  des 
Boethius,  die  von  Neueren  auch  dem  Planudes  zugeteilt  wurde,  in  den  meisten  Hss  ano^in, 
im  Cod.  Vatic.  207  s.  14  geht  sie  unter  dem  Namen  des  Maximos  Holobolos.  Hier 
bedarf  also  die  Autorfrage  noch  der  näheren  Untersuchung.  Vgl.  M.  Treu,  Maxim!  monacln 
Planudis  epistulae  S.  202. 

2.  Biographie  und  Charakteristik:  Fabricius,  BibL  gr.  ed.  Harl.  11,  682  bis 
693.  —  E.  Piccolomini  in  den  Estratti  inediti,  Pref.  S.  43  ff.  —  Zur  metrischen  Lehre 
des  Planudes  und  zur  Verstechnik  in  seinen  eigenen  Gedichten:  Fr.  Kuhn,  Symbolae  ad 
doctrinae  tisqI  di^Q^^^^  historiam  pertinentes.  Breslauer  philol.  Abhandlungen  VI  3,  Breslau 
1892  S.  93  ff.  —  Job.  Dräseke,  Boethiana,  Zeitschr.  f.  Wissenschaft!.,  Theologie  31 
(1888)  101—104,  und:  Zu  Maximus  Planudes,  Zeitschr.  f.  wissenschaftl.  Theologie  33  (1890) 
480 — 490  (über  die  Briefe,  Uebersetzungen  u.  s.  w.).  —  Hauptschriften:  Max  Treu, 
Zur  Geschichte  der  Ueberlieferung  von  Plutarchs  Moralia,  Progr.  Waidenburg  1877  8.  14 
bis  17,  wo  zum  erstenmale  die  Chronologie  des  Planudes  richtig  gestellt  wird,  und  desselben 
oben  erwähnte  Ausgabe  der  Briefe  des  Planudes. 

3.  Ueberlieferung:  Anzahlung  von  Hss  bei  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  HarL  11, 
682-693.  —  Ueber  die  Hss  der  Briefe  s.  die  Ausgabe  von  M.  Treu  S.  III— VI,  184-186. 

—  Eine  besonders  wichtige,  noch  nicht  genügend  ausgebeutete  Sammelhs,  die  ausser  den 
Briefen  mehrere  Kirchenlieder,  Epigramme  und  die  historische  Exzerptensammlung  ent- 
hält, ist  der  Cod.  Vatic.  Pal.  141  s.  14—15.  Vgl.  H.  Stevenson,  Codices  mss  Pali^ni 
graeci  bibl.  Vat.,  Rom  1885  S.  71  f.,  und  M.  Treu,  a.  a.  0.  S.  186,  219—223,  267—269. 

—  Die  Hss  der  Schulbücher,  vornehmlich  der  Uebersetzungen  (unter  diesen  wieder  be- 
sonders der  des  Cato)  sind  zahllos  wie  der  Sand  am  Meere. 

224.  Manuel  Moschopulos  {Mavovtjk  6  Mo<fxo7TovXog),  ein  Neffe  des 
aus  dem  18.  Briefe  des  Planudes,  aus  einem  Gedichte  des  Manuel  Philes 
und  sonst  bekannten  Metropoliten  von  Kreta  Nikephoros  Moschopulos, 
war  Schüler  und  Freund  des  Maximos  Planudes  und  lebte  demnach  unter 
Andronikos  11  Palaeologos  (1282—1328).  Seine  Chronologie  und  seine 
persönlichen  Verhältnisse  werden  unter  anderm  durch  seinen  Briefwechsel 
genauer  bestimmt;  er  stand  zwischen  1295  und  1316  im  schriftlichen  Ver- 
kehr mit  dem  Logotheten  Konstantin  Akropolites,  dem  Sohne  des 
Historikers  Georgios  Akropolites,  mit  dem  Logotheten  Theodoros  Meto- 
chites,  mit  seinem  Onkel  Nikephoros  Moschopulos  und  mit  Kaiser 
Andronikos  11  Palaeologos.  Die  Schriften  des  Manuel  Moschopulos 
sind  wie  die   seines  Lehrers  Maximos  Planudes  für  die  Erkenntnis   der 


6.  AliertamswiMeiuiohaft  A.  PhiloL  Polyhistoren  n,  Scholiasten«  (§  224)     547 

byzantinischen  Studienweise  am  Schlüsse  des  13.  und  im  Beginn  des 
14.  Jahrhunderts  von  grösster  Wichtigkeit.  Das  bekannteste  unter  dem 
N'amen  des  Moschopulos  überlieferte  Werk  sind  die  ^Egiarrniaxa  yQccii- 
iccTixd.  Sie  gehen  auf  eine  anonyme,  aus  zwei  Büchern  bestehende 
EmTOfiTJ  rta  YQ^f^f^ccTixrjg  zurück,  welche  Moschopulos  in  die  für  die  Schule 
geeignete  Form  von  Frage  und  Antwort  umarbeitete.  Manche  Abschnitte 
les  Werkes  wie  das  Kapitel  Uegt  tqotkov  sind  in  den  Handschriften  selb- 
ständig überliefert  und  zum  Teil  auch  gesondert  herausgegeben;  als  An- 
lang  der  ^E^iorrjucna  erscheint  das  Buch  üsqI  axBdävj  das  auch  zu- 
sveilen  separat  gedruckt  wurde.  Die  'EQcoTi^fAccTa  erfreuten  sich  in  der 
ersten  Zeit  des  Humanismus  grosser  Beliebtheit  und  haben  für  die  Förde- 
*ung  der  klassischen  Studien  nachhaltig  gewirkt.  Zu  dieser  Grammatik 
sommt  ein  ebenfalls  dem  Zwecke  des  Unterrichts  dienendes  Lexikon: 
ISvkXoyri  ovofidrfov  UttixcSv.  Dagegen  trägt  das  von  Titze  dem  Moschopulos 
sugeschriebene  metrische  Kompendium  den  Namen  dieses  Verfassers 
nit  Unrecht.  Endlich  hat  sich  Moschopulos  auch  auf  dem  Gebiete  der 
Klassikerinterpretation  versucht.  Wir  haben  von  ihm  Scholien  zu 
len  ersten  zwei  Gesängen  der  Ilias,  genauer  gesagt  eine  Art  Schüler- 
präparation d.  h.  eine  wörtliche  Paraphrase  des  Textes  und  eine  sprach- 
liche Analyse,  die  (auch  heute  noch  in  Griechenland)  sogenannte  xBxvoXoyia, 
Damit  verbinden  sich  ähnliche  Erläuterungen  zu  Hesiod,  zu  Pindars 
Olympioniken,  zu  Euripides,  zu  Theokrit,  zum  Heroikos  und  den  Eikones 
des  Philostratos,  vielleicht  auch  zu  Aristophanes,  endlich  zu  Byzan- 
tinern wie  Paulos  Silentiarios  und  Niketas  David  Paphlagon.  In 
diesen  Kommentaren  ist  Moschopulos  im  allgemeinen  kurz  und  sachlich. 
Den  Beschluss  bilden  ein  Traktat  über  die  magischen  Quadrate,  Briefe 
in  den  Codd.  Coisl.  341,  Marc.  XI  15  u.  a.,  Rätsel  (in  zahllosen  Hand- 
schriften) und  noch  manche  unedierte  Schriften,  die  in  den  Handschriften- 
katalogen häufig  so  undeutlich  bezeichnet  werden,  dass  eine  Identifizierung 
oder  nähere  Bestimmung  ohne  Autopsie  nicht  möglich  ist. 

1.  *EQurfj/Äara:  Ed.  princeps:  Tov  aoqxoxdxov  ntnl  XoyitojaTov  xvqov  Marov^X  rov 
MocxwtovXov  dioQ&of&iyrtoy  iQtotrjfidTioy,  JleQi  ngoataduoy.  S.  1.  et  a.,  aber  wahrscheinlich 
Mailand  1493  gedruckt  mit  den  CE^tonjfiara  des  Demetrios  Chalkondyles).  Dann  oft  wieder- 
holt z.  B.  Grammaticae  artis  Graecae  methodus  Manaele  Moschopnlo  authore,  Basileae  1540. 
Ex  officina  Joann.  Vualder.  —  IJegl  cx^^f^v:  Lutetiae  1545.  £x  officina  R.  Stephani.  — 
Manuelis  Moschopuli  Cret.  opuscula  grammatica  ed.  Fr.  Nicol.  Titze,  Lipsiae  1822, 
enth^t  den  ersten  Teil  der  enitofiij  via  yqttfÄfiatixijg  und  einige  kleinere  StücKe.  Einen 
Abschnitt  dieser  'Enitoufj  edierte  schon  G.  H.  Schaefer  mit  Gregorius  Corinthius, 
Lipsiae  1811  S.  675 — 700.  —  Vollständig:  Anonymi  Grammaticae  epitoma,  L.  L  ed.  P. 
Egenolff,  Berolini  1877;  L.  IL  pr.  ed.  P.  Egenolff,  in  den  Comment  in  honorem  G. 
Studemundi,  Argentorati  1889  S.  291—331.  Vgl.  S.  N.  J.  Bloch,  Ueber  eine  Stelle  des 
Moschopulus  die  Aussprache  der  griechischen  Diphthonge  betreffend,  Jahns  Jahrb.  2  (1829j 
101—  107.  —  Dazu:  G.  U  hligs  Ausgabe  des  Dionysius  Thrax,  Proleg.  S.  41,  und  P.  Egenolff, 
Die  orthoepischen  Stücke  der  byzant.  Lit.  S.  23  ff.  —  L.  Voltz,  Zur  Ueberlieferung  der 
griechischen  Grammatik  in  byzantinischer  Zeit,  Jahns  Jahrb.  139  (1889)  579—599.  — 
L.  Bachmann,  An.  gr.  2,  351—382,  edierte  Exzerpte  aus  Moschopulos,  Thomas  Magister 
u.  a.;  Boissonade,  An.  gr.  1  (1829)  404  ff^,  eine  angeblich  von  Moschopulos  stammende 
Schrift  JleQi  iniQQijfÄdtuy. 

Auch  ein  kleiner  Traktat  über  die  4  Dialekte  wird  dem  Moschopulos  zugeteilt  z.  B. 
m  Cod.  Bonon.  Univ.  2638  fol.  27—34:  Titel  und  Anfang:  Tov  xvqov  MayowjX  rov 
MoayonovXov  negi  r^g  'ladog  diaXixtov,  ^  XQV^^^  *^^  ^  *'OurjQog,  'las  didXexiog  Xeyerai  17 
rcJy  hayny  etc.    Derselbe  Traktat  steht  im  Cod.  VindoD.  phil.  127  (Nessel). 

2.  £vXXoyif  oyoiid-iaty  'AtrixtSy  ed.  Franc.  Asulanus,  Venei  apud  Aldum  1524; 


548  Bysaniinisohe  litieratiirgesohiohte,    L  Prosaiflohe  Litteratnr. 

wiederholt  Paris  1532  (mit  der  ^Xoytj  des  Thomas  Magister  u.  a.).    Die  genauen  Tit 
dieser  zwei  alten  Drucke  notiert  L.  Voltz,  B.  Z.  2  (1893)  232. 

3.  Scholien  zu  Homer:  Homeri  lliadis  Über  I.  II.  cum  scholiis  M,  Moschop. 
Jo.  Scherpezeel,  Amstelodami  1702;  wiederholt  Tr^jecti  1719.  —  Besser  in  den  Scnolii 
in  Uomeri  Iliadem  ed.  Lud.  Bachmann,  Lipsiae  1835— 1838  S.  689— 745  (rff/riOo;^] 
xayoyiOfjiaTtay  avXXeyiyrtay  i»  tijg  nagaffQuaetog  xvqov  MayovfjX  xov  MoaxonovXov  xmv  im 
^atlfta&uiy  rov  'OfdiJQov).  Vgl.  E.  Sittl,  Sitzungsber.  bayer.  Akad.  1889  S.  371.  —  Firn 
eigentümliche  Ueberarbeitung  und  Fortsetzung  der  Paraphrase  des  Moschopolos  steht  ■ 
dem  von  Theodoros  Gazes  geschriebenen  Cod.  Laur.  32,  1.  Theodoros  Gazes  ist  viel- 
leicht nicht  nur  der  Schreiber,  sondern  auch  der  Verfasser.  Diese  Paraj^hrase  ist  edieil 
in  dem  Buche:  'O/Atjqov  *lXucg  fietd  naXatdg  nagutpQaaeütg  i^  i&ioxsiQov  rov  Seodtaoov  Fa^ 
yvy  riQiaxoy  rvnoig  ixd&euiTjig  (so),  n  nQocxi&Bxai  xul  BaTQu^ofÄVO/iaxla  avy  xj  iditf  na^ 
(pQdcei  ixdidofÄ^yrj  ro  devregoy  nuqd  NixoXäov  Brie i tag  xov  ix  xijg  Kvnqov  .  'Ey  ^Xm* 
QBvxlff  ix  tijg  xvnoyQttfplag  NixoXäov  KtigXrj^  aatia  (1811).  Nfthere  Mitteilungen  über  die« 
und  andere  Paraphrasen  des  Homer  und  ihr  Verhältnis  zur  Paraphrase  des  Psellos  (s.  S.  449) 
bei  Arthur  Ludwich,  Aristarchs  Homerische  Textkritik  2  (1885)  483—552. 

Moschopuli  in  Batrachomyomachiam  commentarü  pars  I.  II.  Ed.  A.  Lndwick, 
Ind.  lect.  fttr  das  Sommersemeeter  1890  und  das  Wintersemester  1891—92,  Königsberg  l^Ml 
1891  (der  Ausgabe  liegt  ein  Cod.  Vatic.  Ottobonianus  und  ein  Cod.  Ambrodanas  a 
Grunde). 

Scholien  zu^Hesiod  in  der  Ausgabe  von  Gaisford;  zuPindar  in  der  Ausgabe  vet 
A.  Boeckh,  womilf  zu  vergleichen  E.  Lehrs,  Die  Pindarscholien,  Leipzig  1873  8.  73 — 78. 

Scholien  iu  Theokrit  in  den  Ausgaben  von  Gaisford  und  Duebner;  vgl.  Bneoüc 
Graec.  reliquiae  ^d.  L.  Ähren s  2  (1859)  Proleg.  S.  49  ff.  —  Ueber  den  vermutlichen  Anteil 
des  Moschopulo$  an  Scholien  zu  Aristophanes  vgl.  E.  Zacher,  Die  Hss  and  ClasBeo 
der  Aristopnan^cholien,  Jahns  Jahrb.  Suppl.  16  (1888)  568  ff.  —  Ueber  die  Schob'» 
zu  Philostratos  vgL  Philostratus  ed.  C.  L.  Eayser,  ed.  maior  (4^  1844)  Prooemium 
ad  Imagines  p.  VI,  ann.  11.  —  Scholien  (Technologie)  zu  des  Paulos  Silentiarios  Ge- 
dicht auf  die  pythischen  Thermen  und  zu  Gedichten  des  Niketas  David  z.  B.  im  Coi 
Vindob.  theol.  203  (Nessel)  fol.  79^— 105%-  153^-156;  vgL  den  Eatalog  von  Lambecioi 
Liber  V  S.  520  ff. 

4.  Traktat  über  die  magischen  Quadrate:  Ed.  S.  Günther,  Vermischte  Unter- 
suchungen zur  Geschichte  der  mathematischen  Wissenschaften,  Leipzig  1876  S.  195 — 203. 
Dazu  Emendationen  von  A.  Eberhard,  Hermes  11  (1876)434—442.  —  Verbesserter  Text 
mit  französ.  Uebersetzung  von  P.  Tannery,  Annuaire  de  Tassoc.  20  (1886)  88—118,  wo 
jedoch  die  Beiträge  Eberhards  übersehen  sind.  —  Vgl.  Paul  Tannery,  Manuel  Moscho- 
pulos  et  Nicolas  Rhabdas,  Bulletin  des  sciences  mathämatiques  t.  8,  1  (Paris  1884)  263 — 277, 
und  desselben  Notices  sur  les  deux  lettres  arithm^tiques  de  Nicolas  Rhabdas,  Not.  et  extr. 
t.  32,  1  (1886)  130  ff. ;  auch  M.  Cantor,  Vorlesungen  über  Geschichte  der  Mathematik 
P  (1894)  480  f.,  und  S.  Günther,  Handbuch  der  klass.  Altertumswiss.  V  1  2.  Aofl.  S.  262. 

5.  Ein  kleines  jambisches  Gedicht  des  Moschopulos  ed.  E.  Miller,  Annoaire 
de  Tassoc.  8  (1874)  251  f.  —  Zu  den  Rätseln  s.  C.  Dilthey,  Symbolae  criticae  ad  antho- 
logiam  graecam  ex  libris  manu  scriptis  petitae.  Ind.  lect.  für  das  Sommersemester  1891, 
Göttingen  1891  S.  16  f. 

6.  Am  Schlüsse  des  Cod.  Bodl.  Barocc.  120  s.  15  und  im  Cod.  Bodl.  Miscell. 
99  s.  14  fol.  96^—98  steht  ein  Brief  des  Manuel  Moschopulos  an  den  Eaiaer, 
dessen  Titel  und  Anfang  lauten:  Tor  dovXov  x^g  XQataiag  xal  dyiag  ßaaiXeiag  aov  MayotnjX 
xov  MoaxonovXoVy  xov  ay^xlftov  xov  /^i/^ariaccKroc  Kgijxrjg,  *Eyui,  aofptSxaxe  ßaciXitar  xai 
avfÄTTcc&iaxaxe  xai  xagxeQixwxnxc,  Xeyü)  di  xavxa  ngay/naxa  vniQ  xoy  ^hoy  int  cot  Xdfi- 
noyxa.  Eine  Veröffentlichung  dieser  Schrift,  von  der  sonst  nichts  zu  verlauten  scheint, 
oder  wenigstens  Mitteilungen  über  ihren  Inhalt  und  eine  Untersuchung  ihrer  Echtheit 
wären  erwünscht.     Ueber  andere  Hss  von  Briefen  des  Moschopulos  s.  S.  547. 

7.  Hilfsmittel:  Wenig  nützen  jetzt  die  Prolegomena  in  Titzes  Ausgabe  des 
Moschopulos  und  Fr.  Ritschis  Bearbeitung  des  Thomas  Magister  S.  LH  ff.  —  Ueber  die 
Wirkung  des  Moschopulos  auf  die  Humanisten  s.  Earl  Hartfelder,  Philipp  Melanchthoo, 
Berlin  1889  S.  255,  und  L.  Voltz,  Jahns  Jahrb.  139(1889)579-599  (Verhältnis  des  Mos- 
chopulos zu  den  Erotemata  des  Chrysoloras,  Chalkondyles  u.  s.  w.).  -  Ueber  eine  aus 
dem  Besitze  des  Moschopulos  stammende  und  mit  seinem  Namen  versehene  lliashandschrift 
s.  J.  Nicole,  Les  scolies  Genevoises  de  Tlliade,  Paris  1891  S.  XIK  f.  —  Das  Verdienst, 
die  Biographie  des  Moschopulos,  über  dessen  Lebenszeit  und  Person  früher  die  ver- 
worrensten Ansichten  herrschten,  in  den  Hauptzügen  völlig  sichergestellt  zu  haben,  ge- 
bührt Max  Treu,  Maximi  monachi  Planudis  epistulae  S.  208—212. 

225.  Thomas  Hagistros  {Gdofiag  6  iidyiaTQoq)^  in  Handschriften  und 
Ausgaben  häufig  auch  nach  seinem  Klosternamen  Theo  du  los  mouachos 


6.  Altertamswiaaenaohaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  a.  Soholiaaten.  (§  225)     549 

genannt,  wirkte  unter  Andronikos  11  (1282 — 1328)  als  Schriftsteller  und 
Berater  des  Kaisers.  Er  gehört  in  den  litterarischen  Kreis  des  Moscho- 
pulos,  Theodoros  Metochites  und  Nikephoros  Gregoras;  von  dem  letzteren 
besitzen  wir  auch  einen  Brief  an  Thomas.  Einer  noch  unedierten  Schrift 
zufolge  scheint  er  längere  Zeit  in  Thessalonike  gelebt  zu  haben  (Mitteilung 
von  M.  Treu).  Den  wichtigsten  Teil  seines  Nachlasses  bilden  philologische 
Schulschriften,  die  sich  in  lexikalische  Arbeiten,  Scholien  und  rheto- 
rische Übungsstücke  scheiden. 

1.  Das  Hauptwerk,  durch  welches  der  Name  des  Thomas  vorzüg- 
lich bekannt  geblieben  ist,  führt  den  Titel:  *ExXoyr]  (auch  ixkoyai)  dvo^ 
fidtcov  xal  ^rjfidtoyv  'AxxtxSv.  Es  ist  eine  nur  im  ersten  Buchstaben 
alphabetisch  geordnete  Sammlung  von  Wörtern  und  Ausdrücken,  die  den 
Schülern  die  Kunst  griechisch  zu  schreiben,  erleichtern  sollen.  Bei  aller 
Exilität  ist  die  Sammlung  durch  den  Reichtum  ihrer  Zeugnisse  nicht  ohne 
Wert.  Als  Quellen  benützte  Thomas,  wie  es  scheint,  den  Phrynichos, 
Ammonios,  Herodianos,  Moeris  und  die  von  Bachmann  edierte  Svvaycoyrj 
lä^eayv  x^^o''/*^*'»  ^^^ch  Ritschi  auch  des  Moschopulos  SvXXoyTj  und  seine 
Schrift  ITfQi  crx«rf«v.  Zu  den  Exzerpten  aus  älteren  Wörterbüchern  fügte 
Thomas  reichliche  Notizen  aus  seiner  eigenen  Lektüre;  dieselbe  umfasste 
vornehmlich  Herodot,  Thukydides,  Aristides  und  die  Briefe  des  Synesios; 
weniger  gründlich  verwertete  er  für  seinen  Zweck  den  Philostrat  und  den 
Homer;  einzelnes  endlich  entnahm  er  dem  Piaton,  Demosthenes,  Lukian  und 
Libanios.  Die  meisten  Autoren  zitiert  natürlich  auch  er  aus  zweiter  oder 
dritter  Hand. 

2.  Scholien  zu  Aeschylos,  Sophokles,  Euripides,  zu  3  Komödien  des 
Aristophanes  und  zu  Briefen  des  Synesios.  Dagegen  werden  Pindarscholien, 
welche  in  zwei  Handschriften  den  Namen  des  Thomas  an  der  Spitze  tragen, 
von  Lehrs  wohl  mit  Recht  dem  Triklinios  zugesprochen. 

3.  Reden  und  Briefe,  teils  blosse  Übungsstücke  über  fingierte 
Themen,  teils  auf  einen  wirklichen  Anlass  der  Zeitgeschichte  verfasst.  Ein 
seit  Polemon  beHebtes  Thema  behandeln  die  zwei  Meleten  X)  toi  Kwai- 
yHQov  narrJQ  Ev(poQio)v  und  *0  tov  KalXipaxov  narij^  UoläfiaQxog:  In  der 
Schlacht  bei  Marathon  fallen  die  zwei  Helden  KalUmachos  und  Kynaigeiros; 
nach  dem  Gesetze  müssen  die  Väter  der  Gefallenen  diesen  eine  Leichen- 
rede halten;  nun  entsteht  zwischen  den  beiden  Vätern  Polemarchos  und 
Euphorien  ein  Streit,  wem  zuerst  zu  reden  gebühre:  ein  recht  charak- 
teristischer Vorwurf  für  jene  leere  Schulberedsamkeit,  wie  sie  bei  den  Griechen 
von  der  Sophistenzeit  bis  ins  späteste  Mittelalter  hinein  mit  zäher  Gleich- 
förmigkeit gepflegt  wurde.  Einen  freieren  Charakter  trägt  die  im  Tone 
des  Isokrates  gehaltene  Studie  über  die  Pflichten  des  Königs  (Aoyog 
:%fQl  ßadiXsiaq)  mit  ihrem  Seitenstück  über  die  Pflichten  der  Unter- 
thanen  (neQt  noXirsiaq).  Ein  IlQeaßsvTixoq  nqoq  tov  ßaciXäa  'Aväqovixov 
tov  ilalaiokoyov  enthält  eine  Verteidigung  des  byzantinischen  Feldherm 
Chandrenos.  Die  bei  einem  Einfall  der  Katalanen  und  Türken  in  Thessa- 
lien und  Makedonien  verübten  Greuel,  deren  auch  in  der  eben  erwähnten 
Rede  gedacht  ist,  schildert  ein  Brief  an  den  Philosophen  Joseph:  T^ 
icayyiXfff  natqi  fiov  xal  tfiXoCoipff)  ^Ictxfrjy  tcsqX  tdv  iv  t^  ^ItaXäv  xai  nsQtsäv 


550  Bysantiniflohe  LitteratnrgeBohichie.    I.  ProsaiBohe  littermior. 

igiodfp  ysysvrinävoav.  Der  Adressat  ist  derselbe,  an  den  auch  viele  Briefe 
des  Nikephoros  Chumnos  gerichtet  sind.  Endlich  finden  wir  Gratulations- 
reden an  den  Feldherrn  Angelos  und  an  den  Grosslogotheten  Theodoros 
Metochites,  eine  Bede  an  den  Patriarchen  Niphon  und  einen  Panegyrikus 
auf  den  König  von  Gypern.  Dazu  kommen  noch  unedierte  Stücke  wie: 
Big  Tov  ayiov  ^IioävvrjV  %dv  ßamKfvrjv  iyxtifiiov,  ^Ynkq  ^OXvv&mv^  *AvänXovg, 
ein  Brief  0€(r<faXonx€v<fi  negi  ofiovoiag,  ein  IlQotfyxovrjfia  x^  fieyal^  io- 
H€(fT(x(ji  u.  a. 

1.  'ExXoyij:  Ed.  pr.  Zaoh.  Ealliergi,  Romae  1517.  —  Ed.  zu  Paris  1532  bei 
Michael  Vascosanus.  —  Ed.  N.  ßlancard,  Franequerae  (Franeker  in  den  Niederlanden) 
1690.  Wiederholt  mit  Noten  von  L.  Bos,  Franequerae  1698.  —  Ex  dispositione  Nio.  Blan- 
cardi  eto.  collegit  partim  digessitque  Johannes  Steph.  Bernard,  Lugduni  Bat.  1757.  — 
Ed.  J.  G.  S.  Schwabe,  Altenburg  1773.  — Thomae  Magistri  sive  Theoduli  monachi 
ecloga  vocum  Atticarum  ex  rec.  Fr  id.  Ritschelii,  Halis  1832;  bedeutendste  Jugend- 
arbeit Ritschis;  ausführliche  Prolegomena  und  Indices;  S.  XIV  ff.  kritische  Uebersicht  der 
älteren  Ausgaben  und  Hilfsmittel.  —  Ed.  C.  Jacob itz,  Leipzig  1833  (mit  den  Bemer- 
kungen der  früheren  Herausgeber).  —  Sonstige  grammatische  Exzerpte  bei  L.  Bach  mann, 
Anecd.  Graec.  2,  351—382;  vgl.  Ritschis  Ausgabe  der  "ExXoyij  S.  CXXXIX  ff.  —  üeber 
die  Quellen  der  Ekloge  vgl.  Arthur  Kopp,  De  Ammonii,  Eranii,  aliorum  distinctionibus 
synonymicis  earumque  communi  fönte,  Diss.,  Königsberg  1883  S.  105—108. 

2.  Zu  den  Scholien:  0.  Schneider,  De  veterum  in  Aristophanem  scholiorum  fon- 
tibus,  Sundiae  1838  S.  122  ff.  —  K.  Lehrs,  Die  Pindarscholien,  Leipzig  1873  8.  97—99. 
—  W.  Dindorf,  Philologus  20  (1863)  5  ff.  —  M.  Schmidt,  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  21 
(1856)  278—286  (unbedeutende  Mitteilungen  aus  Wiener  Handschriften).  —  Ein  grosser 
Teil  der  Thomanotriklinianischen  Scholien  zu  Aristophanes  wurde  zum  erstenmal,  von  den 
alten  Scholien  gesondert,  auf  Grund  der  besten  Hss  herausgegeben  von  K.  Zacher,  Die 
Hss  und  Classen  der  Aristophanesscholien,  Jahns  Jahrb.  Suppl.  16  (1888)  603—644.  Z^her 
macht  auch  den  Versuch,  das  Eigentum  des  Thomas  und  Tnklinios  zu  sondern,  wobei  er 
zu  anderen  Ergebnissen  gelangt  als  Lehrs  in  seinem  oben  genannten  Buche.  Auch  die 
Scholien  zu  Pindar  und  den  Tragikern  werden  von  Z.  berücksichtigt.  —  Die  rein  Thoma- 
nischen,  von  Triklinios  noch  nicht  überarbeiteten  Scholien  zu  Aristophanes  Plntus  und 
Ranae  ed.  aus  einigen  italienischen  Hss,  angeregt  durch  das  Buch  von  Zacher,  C.  0.  Zu- 
retti,  Scolii  al  Pluto  ed  alle  Rane  d'Aristofane,  Turin  1890.  —  Vgl.  endlich  die  kritischen 
Ausgaben  der  betreffenden  Klassiker. 

3.  Reden  und  Briefe:  Griechisch  und  lateinisch  ed.  L.  Norrmann,  üpsala  1693, 
folgende  Stücke :  Rede  auf  Gregor  von  Nazianz,  Rede  an  den  Grossstratopedarchen  Angelos, 
Rede  an  den  Grosslogotheten  Metochites,  Rede  an  den  Patriarchen  Niphon,  Rede  anf  den 
König  von  Gypern,  Briefe  an  den  Grosslogotheten,  an  den  tov  aaxeXXiov  Trikanas,  an  Nike- 
phoros Gregoras  und  einen  Brief  des  Nikephoros  Gregoras.  —  Die  zwei  Reden  über  die 
Pflichten  des  Königs  und  der  Unterthanen  bei  A.  Mai,  Scriptorum  veterum  nova  collectio 
tom.  III  (Romae  1828)  pars  III  145—201.  —  Vergleich  dieser  zwei  Reden  mit  dem  Vor- 
bilde Isokrates  von  G.  Kyriakides,  Stofjiäg  6  fiayiatQog  xai  'laoxQarijgf  Diss.,  Erlangen 
1893  (methodisch  verfehlte  Arbeit;  vgL  B.  Z.  5,  212).  —  Die  übrigen  Stücke  bei  Fr.  Bois- 
Bonade,  An.  gr.  2  (1830)  188—268.  —  Französische  Uebersetzung  der  Deklamation  KalU- 
machos  und  Kynägiros  von  E.  Groussard,  Annuaire  de  Tassoc.  18  (1884)  142 — 160.  — 
Gesamtausgabe  der  Reden  und  Briefe:  Migne,  Patr.  gr.  145,  213—548  (nach  den 
Texten  von  Norrmann,  Mai  und  Boissonade). 

4.  Zur  Biographie:  Fabricius,  BibL  gr.  ed.  Harl.  6.  181—190,  und  die  Prolego- 
mena von  Ritsch  1. 

5.  Ueberlieferung:  Boissonade  benützte  die  Codd.  Paris,  gr.  2629  und  831. 
Ausserdem  ist  für  die  rhetorischen  Sachen  besonders  wichtig  der  Sammelcodex  Vatic. 
Pal.  374  s.  14  fol.  87—206. 

226.  Theodoros  Metochites  {OeoiuiQog  6  Mevoxirrjg),  einer  der  be- 
deutendsten Polyhistoren  der  letzten  Jahrhunderte  von  Byzanz,  Sohn  des 
durch  seine  lebhafte  Teilnahme  an  den  Unionskämpfen  bekannten  Georgios 
Metochites  (s.  S.  98),  lebte  unter  Andronikos  11  Palaeologos  (1282^—1328), 
dem  er  vom  Jahre  1290  bis  an  sein  Lebensende  als  treuer  Diener  und 
Berater  zur  Seite  stand.  Nach  einer  reichen  Thätigkeit  im  staatlichen 
Leben  zog  er  sich,  nachdem  er  infolge  der  Absetzung  Andronikos'  11  (1328) 


6.  AliertamswiflBen8ohaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  n.  Soholiasten.  (§  226)    551 

seiner  Würde  als  Grosslogothet  enthoben  worden  war,  in  das  berühmte 
Kloster  7V;^  x^Q^^  ssu  Konstantinopel  zurück  und  starb  im  Jahre  1332, 
einen  Monat  nach  seinem  kaiserlichen  Herrn.  Das  Andenken  des  ausser- 
ge wohnlichen  Mannes  wurde  von  seinem  hochbegabten  Schüler  Nikephoros 
Gregorasin  einer  Gedächtnisrede  gefeiert,  die  er  uns  in  seinem  Geschichts- 
werk M  erhalten  hat.  Auch  sonst  gedenkt  Gregoras  des  Theodoros  mit  den 
Ausdrücken  der  höchsten  Bewunderung:  Bißliod'ijxr]  yctQ  rjv  ^fiipvxog  oirog 
xal  T(ov  ^TjTovfiävwv  TfQox^iQog  evTtOQia  *  ovtw  nävtag  fJiaxQ(p  t^)  fxävQcp  na^ä" 
igafiev,  offoi  nozh  Xoycov  Tjipavto.^)  An  derselben  Stelle  gibt  Gregoras  eine 
höchst  merkwürdige,  ausführliche  Charakteristik  der  Diktion  des  hoch- 
verehrten Lehrers;  zu  tadeln  sei  an  ihm  nur  das  eine,  dass  er  sich  keinen 
der  Alten  zum  Vorbilde  genommen,  sondern  ganz  seine  eigenen  Wege  ge- 
gangen, hiebei  aber  in  stürmischen  SchwaU  verfallen  sei.  In  ähnlicher 
Weise  preisen  ihn  auch  andere  Byzantiner  z.  B.  Thomas  Magister  als 
Licht  der  Wissenschaften.  In  der  That  überragt  die  Gelehrsamkeit  des 
Theodoros  Metochites  das  gewöhnliche  Mass  seiner  Zeit,  wenn  er  auch 
hinter  den  grossen  Polyhistoren  wie  Photios  und  Psellos  zurückstehen 
muss.  Der  Umfang  seiner  Kenntnisse  ist  aber  um  so  mehr  zu  bewundem, 
als  er,  wie  Gregoras  erzählt,  den  ganzen  Tag  über  am  Hof  beschäftigt 
war  und  sich  nur  des  Nachts  seinen  Studien  widmen  konnte.  Von  der 
ausgedehnten  litterarischen  Thätigkeit  des  Theodoros,  die  Gregoras 
a.  a.  0.  erwähnt,  kennen  wir  bis  jetzt  nur  wenige  Proben;  manches  mag 
verloren  oder  noch  in  den  Bibliotheken  verborgen  sein. 

1.  Als  Hauptwerk  des  Theodoros  erscheint  nach  dem  gegenwärtigen 
Besitzstande  eine  grosse  Miszellensammlung,  herausgegeben  und  zitiert 
unter  dem  nicht  hinlänglich  gesicherten  (wahrscheinlich  von  einem  Kopisten 
henührenden)  Titel:  ^VnofAvijfAari^fffiol  xal  (frjfAeiioaeig  /vco/iixa^  (latei- 
nisch gewöhnlich  zitiert  als:  Miscellanea  philosophica  et  historica).  Das 
Werk,  gewissermassen  ein  prosaischer  Pendant  zu  den  Chiliaden  des 
Tzetzes,  umfasst  120  grössere  und  kleinere  Essays  über  die  verschiedensten 
Themen  der  Philosophie,  der  Geschichte  und  der  alten  Litteratur.  Einige 
Titelproben  mögen  den  Charakter  dieser  vermischten  Aufsätze  deutlich 
machen.  Aus  dem  Gebiete  der  Lebensweisheit  und  Philosophie 
finden  wir  Artikel  über  das  ironische  Element  bei  den  alten  Philosophen, 
besonders  bei  Sokrates  und  Piaton;  über  das  polemische  Verhalten  aller 
Philosophen  gegen  ihre  Vorgänger;  über  den  Satz,  dass  keines  Menschen 
Leben  leidlos  verlaufe;  über  die  auffallende  Thatsache,  dass  manche  Men- 
schen stets  glücklich,  andere  stets  unglücklich  sind  (eine  dvatfxevij  des 
vorigen  Themas) ;  über  die  WechselfaUe  des  Schicksals  mit  besonderer  Be- 
ziehung auf  seine  eigenen  Erlebnisse;  über  die  Gewohnheit  der  Menschen, 
die  gute  alte  Zeit  zu  preisen;  über  die  Seltenheit  völlig  zutreffender  und 
leidenschaftsloser  Urteile;  über  die  (natürlich  im  christlichen  Sinne  beant- 
wortete) Frage,  ob  es  dem  Menschen  besser  sei,  geboren  zu  werden  oder 
nicht;  über  den  Satz  ^aäs  ßicotfag;  über  den  praktischen  Nutzen  der 
Mathematik  und  Geometrie.    Auch  die  christliche  Moral  wird  berück- 


»)  X  2  =  I  a  474  flf.  ed.  Bonn.  |  «)  VH  11  =  I  S.  272,  3  ff.  ed.  Boxm. 


552  Byzantiniaohe  Litteraturgesohichte.    L  ProMuaohe 

sichtigt;  so  bespricht  der  Verfasser  die  Frage,  ob  es  besser  sei,  in  der 
Welt  zu  leben  oder  im  Kloster;  ob  der  Ehestand  einem  tugendhaften 
Leben  förderlich  sei.  Dazu  kommen  philosophische  Betrachtungen  Qber 
politische  Fragen,  wie  über  das  demokratische,  aristokratische  und 
monarchische  Prinzip,  über  die  Notwendigkeit  einer  guten  Finanzverwal- 
tung; selbst  ästhetische  Themen,  wie  Gedanken  über  die  Schönheit  des 
Meeres.  In  das  Gebiet  der  Geschichte  gehören  die  Abhandlungen  über 
den  Staat  der  Athener  und  Lakedämonier;  über  Epaminondas  und  Pelopidas; 
über  Eyrene  und  Karthago;  über  das  allmähliche  Wachstum  des  römischen 
Staates.  Auch  vernehmen  wir,  wie  in  so  vielen  anderen  Schriften  dieser 
Zeit,  elegische  Klagen  über  den  unaufhaltsamen  Niedergang  des 
Byzantinerreiches.  Der  Litteraturgeschichte  widmet  Theodor  Artikd 
über  Aristoteles,  gegen  den  er  polemisiert,  über  Piaton,  Xenophon,  Joseph, 
Philon,  Dion  Chrysostomos,  Plutarch,  auch  allgemeinere  Darlegungen  wie 
eine  Studie  über  die  Gleichgültigkeit  der  griechischen  Philosophen  gegen 
die  Politik.  Die  Quellen  des  Metochites  sind,  was  bei  einem  Byzantiner 
dieser  Zeit  ziemlich  selbstverständlich  ist,  nur  griechische  Werke.  Er 
zitiert  über  70  Autoren  und  zwar  oft  in  einer  Form,  die  von  der  sonst 
überlieferten  Lesung  abweicht;  doch  ist  er  für  die  Textkritik  nur  mit 
grösster  Vorsicht  zu  verwenden,  da  er  seine  Vorlagen  häufig  absichtlich 
ändert.     Sein  Hauptgewährsmann  ist  Synesios. 

2.  Von  18  umfangreichen  rhetorischen  Stücken  sind  leider  nur 
der  Nixaevg  und  IlQeaßBvvixoq  nebst  dem  Proömion  einer  Goldbulle  ver- 
öffentlicht. Dazu  kommen  noch  Epitaphien  und  Reden  religiösen  und 
moralischen  Inhalts.  Zu  den  besten  Arbeiten  des  Metochites  gehört  ein 
Nekrolog  auf  den  Philosophen  Joseph,  dessen  Veröffentlichung  M.  Treu 
vorbereitet. 

3.  Die  philosophischen  und  astronomischen  Schriften  Theo- 
dors sind  noch  nicht  genügend  bekannt  und  gewürdigt.  Das  Hauptwerk 
ist  wohl  die  Sammlung  paraphrastischer  Kommentare  zu  des  Aristoteles 
neqi  (fvaixffi  äxQoaffecog,  IIb^I  ipvxrJQj  IleQi  ovQavov,  IIsqI  ysvtffswg  xai  ^d^Qaq^ 
neql  livriiirfi  xal  dvafivtjfrecag,  JleQi  VTtvov  xai  iyQ'qyoQC €(og^  Ileql  ivvnviwv, 
llegl  Trjg  xad^'  vnvov  fiavuxrjg^  Ilsqi  ^oiwv  xivTJffswg,  UsqI  ßQaxvßiovrjvog  xal 
fiaxQoßwTrjTogj  IlfQl  veovrjTog  xal  yi]Q(ag^  IIsqI  ^(ofjg  xal  d'uvdrov  u.  s.  w. 
Diese  Sammlung  von  philosophischen  Lehrbüchern,  die  offenbar  hohes  An- 
sehen genoss,  ist  uns  in  einer  durch  die  herrlichen  Ornamente  auch  kunst- 
geschichtlich wichtigen,  im  15.  Jahrhundert  für  einen  Medici  angefertigten 
Prachthandschrift,  den  Cod.  Laur.  85,  4  erhalten;  andere  Codd.  sind 
Marc.  gr.  239,  Vatic.  Regln.  Suec.  118.  In  ähnlicher  Weise  wirkte 
Theodoros  für  die  Verbreitung  astronomischer  Kenntnisse;  hieher  gehört 
seine  ^roixeiwaig  inl  %f^  dtfTQovofiixf^  iTtiaTijfii],  eine  Einleitung  und  ein 
Kommentar  zu  Ptolemaeos. 

4.  Ein  schönes  Zeugnis  der  überlegenen  Bildung  des  Metochites 
liefern  20  hexametrische  Dichtungen,  deren  Gesamtumfang  (9188  Verse) 
einem  stattlichen  Epos  gleichkommt.  Sie  beziehen  sich  grösstenteils  auf 
persönliche  und  zeitgenössische  Verhältnisse.  In  den  zwei  ersten  Gedichten 
der  Sammlung  verbindet  Theodor  Lobpreisungen  Gottes  und  der  Jungfrau 


6.  AltertomawüisenBohaft.  A.  Philol.  Polyhiatoren  n,  Soholiasten,  (§  226)     553 

Maria  mit  Mitteilungen  über  das  Landkloster  (fiovrj  rfjg  x^^Q^^)-  Ein 
Gedieht^  das  an  seinen  Schüler  Nikephoros  Gregoras  gerichtet  ist,  er- 
regt durch  Nachrichten  des  Verfassers  über  sein  eigenes  Leben  unsere 
Teilnahme.  Seine  eigene  Person  betreflfen  ferner  eine  Reihe  von  Gedichten, 
in  welchen  er  über  seine  schwierige  Lage  und  über  die  Unbeständigkeit 
des  menschlichen  Glückes  klagt.  Dazu  kommen  Gelegenheitspoesien  wie 
Epitaphien  auf  die  Gemahlin  Irene  und  den  Sohn  Michael  des  Kaisers 
Andronikos  Palaeologos  und  auf  den  Eaesar  Johannes  Palaeo- 
logos,  Gedichte  an  Nikephoros  Xanthopulos,  Theodoros  Xantho- 
pulos,  an  seinen  Neffen  den  Protasekretis  und  auf  Gregor,  den  ehe- 
maligen Erzbischof  von  Bulgarien,  wohl  denselben,  von  welchem  der  Cod. 
Paris.  Goisl.  192  fol.  2^  Verse  auf  das  Grab  eines  Eappadokiers  Alexios 
enthält.  In  zwei  Gedichten  feiert  Theodor  Väter  der  griechischen  Kirche, 
den  hl.  Athanasios  und  die  drei  Hierarchen  Basilios  den  Grossen, 
Gregor  von  Nazianz  und  Johannes  Ghrysostomos.  Für  sich  steht 
ein  Lehrgedicht  über  die  mathematische  und  besonders  die  harmonische 
Form  der  Philosophie  {ITeQl  tov  fJLa&rjixauxov  eiiovg  tijg  ^iXo<fo(p{ag  xal 
fiiiXifTra  nsQl  rov  dginovixov),  Dass  Metochites  statt  des  in  Byzanz  fast 
alleinherrschenden  politischen  Verses  ausschliesslich  den  Hexameter  an- 
wandte, ist  ebenso  charakteristisch  für  seinen  dem  Gewöhnlichen  abge- 
wandten litterarischen  Geschmack  als  fQr  den  künstlichen  Klassizismus  der 
Paläologenzeit. 

5.  Endlich  hat  Theodor  Briefe  hinterlassen.  Briefe  an  ihn  haben 
wir  von  Nikephoros  Gregoras,  Thomas  Magistros,  Nikephoros  Chumnos, 
Theodoros  Hyrtakenos  und  Leon  Bardales.  Nicht  genügend  bezeugt  ist 
eine  angebliche  Kirchengeschichte  des  Metochites  in  zwei  Büchern  und 
ein  Buch  Bv^avxig.  Die  von  Meursius  dem  Metochites  zugeteilte  Chronik 
gehört  dem  Michael  Glykas;  s.  S.  384. 

1.  Ausgaben:  Miszellensammlung:  Zuerst  einzelne  Stücke:  Specimina  operum 
Theodori  Metochitae  quae  inscribuntur  'Yno/Äyrjfiauajuol  xai  arj/ieKoceig  yytofjiixttl  ed,  J slumb 
Bloch,  Hauniae  1790.  —  Die  Kapitel  über  Kyrene  und  Karthago  sind  wiederholt  in: 
Supplementum  editionis  Lipsiensis  Nicolai  Damasceni  ed.  C.  Orelli,  Lipsiae  1811  S.  91  bis 
96.  —  Vier  Kapitel  ed.  Chr.  G.  Müller,  Acta  seminarii  regii  et  societatis  philologicae 
Lipsiensis,  vol.  2,  particnla  2  (1813)  255—276.  —  Das  Kapitel  über  Karthago  mit  Kom- 
mentar in:  Aristotelis  de  politia  Carthaginiensium  etc.  ed.  Fr.  G.  Kluge,  Vratislaviae 
1824  S.  195—216.  —  Das  Kapitel  über  Dion  Ghrysostomos  auch  bei  Dion  Ghrysostomos  ed. 
L.  Dindorf  2  (1857)367-  372.  —  Einzige  vollständige  Ausgabe:  Theodori  Metochitae  mis- 
cellanea  edd.  Chr.  G.  Müller-Th.  Kiessling,  Lipsiae  1821.  —  Litterarhistorische  Notiz 
und  die  Schrift:  "Ort  narveg,  öaoi  iy  Jiyvnrot  inttidev^tjctty^  tQttxvtSQoy  i(^  Xiyeiy  X9^^^^^ 
auch  bei  Migne,  Patr.  gr.  144,  929-954. 

Nixaevsy  IlQeaßevtixog  und  Chrysobulle  ed.  pr.  (leider  recht  unsauber)  K.  N. 
Sathas,  Mec.  BißX.  1  (1872)  139—195.  —  Ueber  die  Chnrsobulle  s.  K.  E.  Zachariao 
von  Lingenthal,  Sitzungsber.  BerL  Ak.  1888  8.  1410.     Vgl  S.  488. 

Philosophische  und  astronomische  Werke:  Paraphrase  zu  Aristoteles  nur  in 
lat«in.  Uebersetzung,  Basileae  1559;  wiederholt  1562;  auch  Ravenna  1614  (nach  Bandini, 
Catalogus  codicum  graec.  bibl.  Laur.  3,  250).  —  Die  astronom.  Schriften  sind  noch  unediert. 
Proben  der  Originaltexte  gibt  Sathas,  a.  a.  0.  ÜQoXoyog  S.  79  ff.  {o&'). 

Einen  lateinischen  Brief  des  Theodoros  Metochites  an  Karl  den  Schönen  nebst 
zwei  lateinischen  Briefen  des  Kaisers  Andronikos  11  an  den  von  Karl  dem  Schönen  mit 
den  Verhandlungen  über  die  Union  betrauten  Dominikaner  Benoit  de  Cöme  ed.  H.  Omont, 
Projet  de  r^nnion  des  öglises  grecque  et  latine  sous  Charles  le  Bei  en  1327,  Bibl.  de 
r^cole  des  chartes  1892  S.  254—257. 

Gedichte:   Die  zwei  erstgenannten  ed.  pr.  (aus  dem  Cod.  Paris.  1776)  M.  Treu, 


554  Bysantiniaohe  LitteratnrgeBohiohte.    !•  ProsaUiolia  liitermittr. 

Dichtungen  des  Grosslogotheten  Theodoros  Metochites,  Gyinoasialprogr.,  Potsdam  1895.  — 
Den  Anfang  des  an  Nikephoros  Gregoras  gerichteten  Gedichtes  ed.  Boivin  im  Kommentar 
zu  Nikephoros  Gregoras  ed.  Bonn.  II  1226.  —  Die  übrigen  Dichtmigen  wird  M.  Txea  ver- 
Oifentlicnen,  der  auch  eine  Untersuchung  über  ihre  Ueberlieferung,  Metrik  and  Sprache 
und  ihren  Inhalt  versprochen  hat. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  10,412—426.  —  Hauptachrift: 
K.  N.  Sathas,  a.  a.  0.  IlQoXoyog  S.  19—135  (**'— ^Äc').  —  Unter  den  Hss  ragt  hervor 
der  Cod.  Vindob.  phil.  gr.  95  (Nessel),  eine  vrunderschöne  Pergamenths,  welche  die  18 
rhetorischen  Stücke  überliefert. 

3.  Von  Leon  Bardales  {BitgdaX^g),  einem  Neffen  des  Theodoros  Metochites,  viel- 
leicht demselben,  der  auch  in  der  Biographie  des  Maximos  Planudes  wiederkehrt,  besÜBen 
wir  einen  kurzen  Brief  an  Theodoros,  ed.  von  Boissonade,*  An.  gr.  1  (1829)  402;  dort* 
selbst  S.  399  ff.  von  demselben  Bardales  jambische  Trimeter  auf  eine  bildliche  Dar- 
stellung des  jüngsten  Gerichts,  auf  einen  Silberbecher  u.  a.  Mit  Leon  Bardales  ist  nach 
der  wahrscheinlichen  Vermutung  von  Boissonade,  An.  gr.  1,  161,  identisch  der  aoijpai  rar o( 
nQOftaaexQfjrigf  von  welchem  Boissonade  a.  a.  0.  Sentenzen  ediert  hat;  vgL  ebenda 
8.  399.  Unediert  ist  wohl  eine  Rede  desselben  Protasekretis  Leon  (Bardales)  an 
Kaiser  Andronikos  den  Jüngern,  die  der  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  174  (Nessel)  fol.  298^ 
bis  300  aufbewahrt.  Ueber  die  verschiedenen  Trftger  des  Namens  Bardales  (Leon, 
Johannes,  Manuel)  vgL  Max  Treu,  Maximi  mon.  Planudis  epistulae  S.  200. 

227.  Demetrios  Triklinios  {JrjfiiJTQiog  6  TQixXiviog),  ein  seiner  Her- 
kunft und  äusseren  Stellung  nach  unbekannter  Mann,  der  im  Anfang  des 
14.  Jahrhunderts,  wahrscheinlich  in  Konstantinopel,  lebte,  ist  der  bedeu- 
tendste Philologe  der  Paläologenzeit.  Als  Textkritiker  ragt  er  über  die 
geistesverwandten  Zeitgenossen  wie  Manuel  Moschopulos  und  Thomafi 
Magister  turmhoch  empor  und  darf  manchen  modernen  Herausgebern  an 
die  Seite  gestellt  werden.  In  einem  anderen  Zeitalter  und  unter  günstigeren 
Umständen  hätte  ein  so  sprachkundiger,  erfinderischer  und  selbständiger 
Kopf  Hervorragendes  und  Bleibendes  geleistet.  Was  den  Triklinios  nieder- 
drückt, ist  die  dumpfe  wissenschaftliche  Atmosphäre,  in  der  er  arbeitete. 
Es  ist  daher  ein  grosses  Unrecht,  wenn  neuere  Forscher  auch  diesen 
tüchtigen  Byzantiner  der  herkömmlichen  Sitte  gemäss,  von  aller  Umgebung 
losgelöst,  nach  dem  strengsten  Massstabe  einer  weit  besser  vorbereiteten 
und  mit  ganz  anderen  Mitteln  ausgerüsteten  Schule  abschätzen.  Schon  die 
Ausdehnung  der  wissenschaftlichen  Thätigkeit  des  Triklinios  erregt  unser 
Staunen.  Pindar,  Aeschylos,  Sophokles,  Euripides  und  Aristophanes,  Hesiod 
und  Theokrit  sind  von  ihm  erklärt  und  emendiert  worden;  und  zwar  be- 
schränkte er  sich  bezüglich  der  Dramatiker  nicht  auf  die  im  byzantinischen 
Mittelalter  übliche  Auswahl,  sondern  veranstaltete  von  sämtlichen  Stücken 
des  Aeschylos  und  Sophokles,  die  er  erreichen  konnte,  und  von  den  drei 
ersten  Tragödien  des  Euripides  Bearbeitungen,  die  bis  in  die  neueste  Zeit 
fortgewirkt  haben. 

In  der  Metrik  besass  Triklinios  nicht  unerhebliche,  durch  eigene 
Beobachtung  erworbene  Kenntnisse.  Doch  war  infolge  der  Wandelungen, 
welche  sich  seit  den  ersten  Jahrhunderten  der  christlichen  Zeit  im  Laut- 
wesen der  griechischen  Sprache  vollzogen  hatten,  gerade  dieses  Gebiet  den 
Byzantinern  recht  fremd  geworden.  Es  ist  daher  nicht  zu  verwundern, 
dass  Triklinios  schwere  Niederlagen  erlitt,  als  er  es  wagte,  die  alten  Werke 
nach  ihrem  Versmass  zu  analysieren  und  sowohl  die  metrischen  Gesetze 
des  Dialogs  als  die  strophischen  Kompositionen  zu  erklären.  Wie  er  die 
Metrik  misshandelte,  so  trug  er  auch  in  die  alten  Texte  eine  Unmasse 
von  plumpen  Fehlern  hinein,  freilich  nicht  plumper,  als  sie  auch  in  unserem 


6.  AlterinmawiBBeiiBchaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  n.  Scholiasien.  (§  227)     555 

rleuchtoten  Zeitalter  so  oft  in  Dissertationen,  Programmen  und  Ausgaben 
[lit  anmasslicher  Miene  aufgetischt  werden.  Nicht  selten  traf  er  aber  auch 
las  Richtige.  Die  wichtigsten  Arbeiten  des  Triklinios  sind:  1.  Scholien 
u  Pin  dar  mit  zwei  metrischen  Abhandlungen.  Dem  Triklinios  allein 
gehören  auch  nach  Lehrs  die  von  Schneider  unter  dem  Namen  des  Thomas 
dagistros  und  Demetrios  Triklinios  herausgegebenen  Scholien  zu  den  ersten 
mythischen  Hymnen.  Auch  stammt  von  Triklinios  die  eine  der  zwei  uns 
jrhaltenen  Pindarparaphrasen,  wie  Lehrs  ^  niit  guten  Gründen  dargethan 
tat.  2.  Eine  Bearbeitung  des  Sophokles  mit  Scholien,  besonders  für 
lie  ersten  vier  Dramen.  Die  in  einem  Codex  Parisinus  überlieferte  trikli- 
lianische  Rezension  des  Sophokles  hat  lange  Zeit  ihre  schädliche  Wirkung 
kusgeübt,  bis  es  endlich  der  Forschung  gelang,  einen  klaren  Einblick  in 
lie  Grundsätze  des  allzu  kühnen  Textverbesserers  zu  gewinnen.  3.  Scholien 
u  fünfStücken  desAeschylos;  ausgeschlossen  blieben  die  Ghoephoren 
md  die  Schutzflehenden.  Diese  Scholien,  mit  welchen  sich  auch  Erklä- 
ungen  des  Thomas  Magister  verbunden  haben,  sind  wortreiche  Paraphrasen 
iiit  metrischen  Erklärungen  zum  Teil  nach  unerhörten,  von  Triklinios 
elbst  geschaffenen  Silbenmassen.  Wir  besitzen  die  Scholien  zu  Aeschylos 
n  einem  von  des  Triklinios  eigener  Hand  stammenden,  jetzt  in  Neapel 
)efindlichen  Codex,  neben  welchem  die  verwirrten  Exzerpte  in  einigen 
üngeren  Handschriften  nicht  mehr  in  Betracht  kommen.  4.  Weniger  ist 
Iber  seine  Scholien  zu  Hesiod,  Aristophanes  und  Theokrit  bekannt 
geworden.  Über  Hesiod  scheint  er  nicht  so  eingehende  Studien  gemacht 
;u  haben  wie  über  die  Tragiker.  Wir  haben  eine  von  Triklinios  selbst 
nit  fester,  deutlicher  und  wohlgeübter  Hand  in  den  Jahren  1316—1320 
kommentierte  Ausgabe  des  Hesiod,  den  Codex  Marc.  gr.  464,  in  welcher 
)r  die  Erklärungen  des  Tzetzes,  Proklos  Diadochos,  Manuel  Moschopulos, 
lohannes  Pediasimos,  Johannes  Galenos  und  Johannes  Protospatharios  sorg- 
sam zusammengestellt,  selbst  aber  verhältnismässig  wenige  in  der  Hand- 
jchrift  durch  ein  f  gekennzeichnete  Scholien  zur  Theogonie  hinzugefügt 
liat.  Vgl.  Zanetti,  Graeca  D.  Marci  Bibliotheca,  Venedig  1740  S,  XIV  f. 
jnd  246.  Im  Cod.  Vindob.  phil.  gr.  25  (Nessel)  fol.  115  ff.  stehen: 
^Xo^^  TiaXaid  elq  rijv  ^Haiodov  &€oyov{aVj  iv  oig  eici  xai  JtjiatjtqCov  tov 
Tq$xXiviov  fi€Qixa. 

1.  Aasgaben  und  Hilfsmittel:  Ftlr  die  Scholien  ist  zunächst  auf  die  Litterator 
lu  den  einzelnen  Dichtem  zu  verweisen.  Pindarscholien:  Thomae  Magistri  et  Demetrii 
Friklinii  scholia  in  Pythia  quattuor  prima  ed.  Chr.  Schneider,  Breslau  1844.  —  Scholia 
-ecentiora  Thomano-Tricliniana  in  Findari  Nemea  et  Isthmia  ed.  Tyoho  Mommsen, 
Lipsiae  1865;  dazu:  Scholia  etc.  in  Findari  Fythia  V— XII  ed.  Tycho  Mommsen, 
Prancofurti  1867.  —  Vgl.  K.  Lehrs,  Die  Findarscholien,  Leipzig  1873  8.  78—96.  —  Einen 
Feil  der  Scholien  zu  Aeschylos  edierte  mit  einer  Abhandlung  über  den  Codex  Medi- 
;eus  W.  Dindorf,  Philologus  20  (1863)  1  ff.;  385  ff.  und  21  (1864)  193  ff.  —  Vgl  Moritz 
Schmidt:  Aus  Wiener  Handschriften,  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  21  (1856)  278—289,  wo 
>  Wiener  Handschriften  mit  zum  Teil  Tnklinianischen  Scholien  zu  Aeschylos  besprochen 
NT  erden.  —  Sophoklesscholien:  Jrjfjirjxqiov  rov  TQixXtyiov  eig  id  jou  £oq>onXiovg  inrd 
f^dfdara,  negi  fdergtoy,  oU  ixQV^ftfo  l'o^poxA^;,  neQi  a/f^junrcov  xal  axoXiay  Farisiis  1553. 
—  Aristophanesscholien:  Einen  grossen  Teil  edierte  K.  Zacher;  s.  die  Litteratur* 
LDgabe  S.  550.  —  Treffende  Chrakteristik  des  Triklinios  von  U.  von  Wilamowitz- 
tloellendorff,  Euripides  Herakles  1  (1889)  194  f.  Vgl.  auch  desselben:  Die  Ueberliefe- 


*)  Pindarscholien  S.  78. 


556  Byiantiniache  Litieratnrgeiohichte.    I.  ProMdaöhe  Litteratiir. 

rung  der  Aeschylosscholien,  Hermes  25  (1890)  161—170.  —  Zur  Metrik  des  Triklinios: 
Fr.  KuliD,  Symbolae  ad  doctrinae  negi  öiXQoyiay  historiam  pertinentes,  Breslauer  pbilol. 
Abhandlungen  VI  3,  Breslau  1892  S.  98  ff. 

2.  Epigramme  auf  diebll.  Basilios,  Gregorios  und  Johannes  Chrysosto- 
mos  werden,  ich  weiss  nicht,  ob  mit  Recht,  dem  Triklinios  zugeteilt  im  Cod.  Vatic.  567 
fol.  195. 

228.  Johannes  Pediasimos  (laawr^g  o  IFeitafftfiog)  war  Diakon, 
später  Chartophylax  von  Bulgarien  unter  Andronikos  II  (1282 — 1328)  und 
Andronikos  III  (1328—1341);  eine  Aufzählung  seiner  Stellen  und  Titel 
findet  sich  in  der  Überschrift  der  Geometrie:  Toif  aoiffotatov  xa^wpvlaxog 
trjg  TTQoitijg  ^iovtfriviavrjg  xal  ndffrjg  BovXyaqiag^  xov  xai  vndtov  %äv  ^ihh 
(fogiwVj  xvQov  'Itoavvov  Jiaxovov  tov  Ilsiiaaffiov.  Da  er  zu  den  Korrespon- 
denten des  Patriarchen  Gregor  von  Cypern  gehört  (s.  S.  477),  so  muss  er 
am  Ende  des  13.  Jahrhunderts  schon  ein  erwachsener  Mann  gewesen  sein. 
Wir  besitzen  von  Pediasimos  mehrere  zum  Teil  noch  unedierte  philo- 
logische und  philosophische  Schulschriften,  wie  Scholien  zu  Hesiods 
Schild  und  Theogonie,  desgleichen  zur  Syrinx  des  Theokrit,  zur  Sphära 
des  Kleomedes,  Erklärungen  zu  Aristoteles,  Memorialverse  und  eine 
aus  Apollodors  Bibliothek  geschöpfte  Schrift  über  die  zwölf  Arbeiten 
des  Herakles  und  einen  Aufsatz  über  die  neun  Musen,  deren  Zahl  alle- 
gorisch gedeutet  wird.  Hiermit  verwandt  ist  ein  Traktat  IleQi  tov  n£g 
imdfirjvog  xal  ivveafirjvog  6  roxog  ad^erai^  wo  für  die  Lebensfähig- 
keit des  siebenmonatlichen  und  des  neunmonatlichen  Embryo  eine  mathe- 
matisch-mystische Erklärung  vorgetragen  wird;  die  letzteren  zwei  wohl 
noch  unedierten  Stücke  z.  B.  im  Cod.  Marc.  500  fol.  154^  flf.;  das  letzte 
auch  im  Cod.  Vatic.  671  fol.  237.  Dazu  kommt  eine  musikalische  Ab- 
handlung, voll  falscher  Anschauungen  und  schiefer  Deutungen,  mit  dem 
Titel:  'Emtrraafai  fieQixai,  Ausserdem  schrieb  Pediasimos  eine  Geo- 
metrie: r€0)/ii€TQiay  mit  dem  Nebentitel:  2vvo\pig  n€Q\  fX€tQ7J<f€(og  xai 
fi€Qi<x^ov  yrjg.  In  der  Einleitung  spricht  er  als  seine  Absicht  aus,  von 
dem  Werke  des  Heron  über  yQajULfiaf,  ycaviai  und  i^ißadd  einen  Abriss  zu 
geben  und  dort  Fehlendes  in  Kürze  zu  ergänzen.  Doch  lässt  die  Verglei- 
chung  mit  dem  uns  erhaltenen  Werke  des  Heron  nicht  darüber  ins  Reine 
kommen,  ob  Pediasimos  ein  unverfälschtes  Exemplar  des  Heron  vor  sich 
hatte.  Jedenfalls  ist  bei  weitem  nicht  alles,  was  wir  bei  Pediasimos  finden, 
Eigentum  des  echten  Heron;  vieles  ist  geradezu  verkehrt  und  falsch. 

Einmal  hat  der  ernste  Gelehrte  auch  den  Musen  geopfert.  Dazu 
begeisterte  ihn  das  ewig  Weibliche.  Als  echter  Kritiker  aber  prüfte  er 
sowohl  die  guten  als  die  schlimmen  Seiten  desselben.  Das  jambische 
Doppelgedicht  des  Pediasimos  hat  den  zusammenfassenden  und  ver- 
söhnenden Titel  Ilo&og  (Iwdvvov  tov  n^diccaipiov  xov  BovXyaqiag  X"^^ 
(pvXaxog  Jlo&og,  JIsqI  yvvaixog  xax^g  —  IIsqI  yvvaixog  dyaxHjg).  Das  erste 
Stück  erscheint  mit  seinen  heftigen  Schmähungen  als  ein  byzantinischer 
Pendant  zum  Frauenspiegel  des  Simon ides  aus  Amorgos;  im  zweiten  Ge- 
dicht wird  das  schöne  Geschlecht  durch  ebenso  überschwengliche  Lobes- 
erhebungen wieder  gerettet.  In  Wahrheit  ist  dieses  poetische  Spiel  mit 
entgegengesetzten  Themen  nichts  anderes  als  die  rhetorische  Form  der 
KatatfxevTJ  und  ^AvaaxBvrj.    Ähnlich  hatte  auch  Theodoros  Metochites 


6.  AltertnniBwisBexiaohaft.  A.  Philol.  Polyhistoren  n.  Boholiasten.  (§  22d)     557 

diese   zur   Schulübung   ja   wohl    geeignete   Schablone    in   die   praktische 
Litteratur  übertragen  (s.  S.  551). 

1.  Ausgaben  und  Hilfsmittel:  Scholien  zu  Hesiod  und  des  Galenos  Allegorien 
zur  Theogonie  in:  iiesiodi  Ascraei  quae  exstaut  cum  graecis  scholiis  opera  Dan.  Heinsii, 
Lugduni  Batav.  1603  S.  187-  224;  228-233.  Dann  in  den  Poetae  Minores  Graeci  ed. 
(^aisford,  vol.  II,  Lipsiae  1823.  —  lieber  Adamantios  üegl  nvifAtav  als  Quelle  der  Alle- 
gorien des  Galenos  (8.  479  ed.  Gaisford)  vgl.  Val.  Rose,  Anecdota  graeca  et  graecolatina 
1  (1864)  23  f.  —  Scholien  zur  Syrinx  des  Theokrit  in  den  Scholia  ad  Theocritum  ed.  Fr. 
Dübner,  Paris  1849  S.  110  f. 

Ueber  die  Arbeiten  des  Herakles:  Ed.  pr.  L.  Allatius,  £xcerpta  varia  Graecorum 
sophistarum  ac  rhetorum,  Rom  1641  S.  321  ff.  --  £d.  A.  Westermann,  Mv9oyQd(po$, 
Brunsvigiae  1843  S.  349—354.  —  Ed.  Rieh.  Wagner,  Mythographi  Graeci  1  (Leipzig 
1894)  249-259. 

Die  'EntaraaiM  fAeQixal  ed.  aus  Cod.  Par.  2762  H.  Vincent,  Not.  et  extr.  16  (1847) 
2.  partie  S.  289—315. 

Die  Geometrie  ed.  G.  Friedlein,  Progr.,  Ansbach  1866  (S.  4  über  das  Leben  und 
die  Werke  des  Pediasimos).  —  Friedlein,  Die  Geometrie  des  Johannes  Pediasimos,  Jahns 
.Tahrb.  92  (1865)  366— 383.  —  Vgl.  M.  Cantor,  Vorlesungen  über  Geschichte  der  Mathe- 
matik I«  (1894)  475. 

Das  Gedicht  Hof^og:  Nach  früheren  Drucken  bei  Fabricius,  BibL  gr.  13(1726) 
576  ff.  mit  latein.  Uebersetzung  (in  der  ed.  Karl,  nicht  aufgenommen).  Mit  der  Uebersetzung 
wiederholt  von  C.  Orelli,  Opuscula  Graecorum  veterum  sententiosa  et  moralia  1  (1819)  240  ff. 
Ohne  die  Uebersetzung  auch  in  Arsenii  Violetum  ed.  Chr.  Walz  1832  S.  515— 517.  End- 
lich nach  einer  Handschrift  des  Escurial  von  E.  Miller,  Catalogue  des  mss  de  TEscurial 
1848  S.  75 — 82  (mit  einer  im  Jahre  1797  verfassten  hübschen  Uebersetzung  in  französi- 
schen Versen).  Deutsche  metrische  Uebersetzung  von  Ad.  Ellissen,  Versuch 
einer  Polyglotte  der  europäischen  Poesie  1  (1846)  229  f.  Ueber  litterarische  Vorläufer  des 
Gedichts  s.  L.  Sternbach,  Curae  Menandreae,  Dissert.  classis  philol.  acad.  litt.  Craco- 
viensis  t.  17  (1892)  177  f. 

Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  HarL  6,  371  und  11,  648  f.,  wo  reiche,  aber  wenig 
gesichtete  Notizen  über  Pediasimos  und  Galenos  gegeben  sind. 

2.  Ueberlieferung:  Dom.  Bassi,  De  Pediasimi  libello  JIsqI  ruiy  daidexa  «i'^Aoiv 
Toi;  'llQttxXiovs  qni  legitur  in  codice  Vallicelliano  C  46,  Rivista  di  fil.  e  d*istruz.  class.  23 
(1895)  361—363.  —  Ueber  eine  Hs  der  Geometrie  in  Upsala  vgl  Ch.  Graux,  Archives 
des  missions  scientifiques  III.  s^rie,  t.  15  (1889)  354.  —  Der  Weiberspiegel  des  Pedia- 
simos ist  im  Cod.  Vindob.  phil.  gr.  162  (Nessel)  in  eine  weiberfeindliche  Antho- 
logie (fol.  167^ — 179^)  eingeschaltet,  die  aus  heiligen  und  profanen  Aussprüchen  und  Er- 
zählungen über  die  Schlechtigkeit  des  Weibes,  den  boshaften  Definitionen  des  Philosophen 
Secundus  und  den  zwei  Gedichten  des  Pediasimos  besteht.  Das  erste  derselben  enthält 
hier  einen  Schlussvers,  der  in  den  Ausgaben  von  Walz  und  Miller  fehlt:  StiXnoaa  xai  nvg 
xui  yvvfj  xttxd  rgia.  —  Die  Hss  der  Scholien  sind  zahllos.  Die  Erklärungen  zu  Hesiod 
gehen  gew5hnlich  zusammen  mit  Scholien  des  Johannes  Galenos,  Manuel  Moschopulos, 
.Johannes  Protospatharios  und  des  Neuplatonikers  Proklos,  z.  B.  im  Cod.  Marc.  IX  7.  — 
Fünf  Briefe  des  Johannes  Pediasimos  stehen  im  Cod.  Vat.  64  f.  83. 

3.  Früher  wurde  Pediasimos  für  identisch  gehalten  mit  einem  Diakon  Galenos,  unter 
dessen  Namen  Allegorien  zur  Theogonie  des  Hesiod  gehen :  £«V  ti^y  tov  'Haioöov  Seoyoylay 
uAXijyoQ'ua  jov  aogjtorärov  xai  Xoyi(oi(iTov  xvqov  'itoayyov  Jtaxovov  rov  FaXrjyov  (Ausgabe 
8.  o.).  Die  Annahme  der  Identität  stützte  sich  vornehmlich  auf  den  Umstand,  dass  die 
Namen  Uedidatfiog  und  FaXrjyog  synonym  zu  sein  scheinen  (=  tranquillus).  C.  Muetzell, 
hat  es  in  seinem  Buche:  De  emendatione  Theogoniae  Hesiodeae  libri  tres,  Lipsiae  1833 
S.  295—301,  wahrscheinlich  gemacht,  dass  beide  Personen  zu  trennen  seien.  Weniger 
überzeugend  ist,  was  er  vorbringt,  um  den  Galenos  ins  11.  Jahrb.  zu  setzen;  auch  die 
Behauptung,  Eustathios  ad  II.  S.  989  (und  sonst)  habe  den  Galenos  im  Auge,  wird  nicht 
genügend  gestützt.  Noch  weniger  kann  die  schwergelehrte  Auseinandersetzung  gewinnen, 
mit  welcher  Muetzell  auch  unter  dem  Namen  Pediasimos  selbst  zwei  verschiedene  Per- 
sonen, einen  älteren  Pediasimos  Diakonos  und  einen  jüngeren  Pediasimos,  den 
Chartophylax  vonBulgarien,  unterscheiden  will.  Eine  wirklich  überzeugende  Lösung 
dieser  ganzen  Personalfrage,  die  übrigens  von  geringer  Wichtigkeit,  kann  schwerlich  ge- 
geben werden,  so  lange  nicht  ein  völliger  Ueberblick  über  den  handschriftlichen  Bestand 
der  unter  den  Namen  Pediasimos  und  Galenos  gehenden  Werke  zu  erreichen  ist.  Die 
von  Fabricius  a.  a.  0.  zusammengestellten  und  von  da  in  andere  Werke  übergegangenen 
Tit^lverzeichnisse  sind  zu  einem  solchen  Behufe  viel  zu  ungenau,  und  Muetzell  a.  a.  O. 
trägt  ebensoviel  zur  Verwirrung  als  zur  Aufklärung   der  Frage  bei.    Als  Beitrag  sei  hier 


558  ByxanÜnisohe  Litteratiirgesohiohte.    I.  ProBaisohe 

notiert  Cod.  Vindob.  phil.gr.  25  (Nessel)  fol.  108—109^:  UXXtjyoQia  dyaytoyix^clf  ro 
nag*  'OfÄiJQ(p  ^r^&iy  Ol  ai  deoi  nag  Zrjyi  xaäijfÄeyot,  rjyoqöiavxo  etc.  (llias  J  1 — 4)  xov  avtov 
tag  ioixe  xov  aogxotdtov  diaxoyov  xvqov  'imdyvov  xov  rttXrjyov.  In  dersell>en  Ha  foL 
122  ff.  stehen:  £/i;  ttjy  rov  'Haiodov  Beoyoyiay  aXXrjyoglai  xov  ao<ptoxdtov  xal  Xoy$mT«xov 
xvQov  'iwdyyov  d^ax6yov  xov  FaXtjyov,  Da  nun  dem  ersten  Stück  unmittelbar  nur 
anonyme  Scholien  vorangehen,  muss  man  wohl  das  im  ersten  Titel  stehende  xov  nvxoo 
unter  Annahme  einer  Blattversetzung  auf  den  fol.  122  stehenden  Titel  beziehen.  Dieselbe 
^JXXijyogitt  dyaytaytxfj  steht  unter  dem  Namen  des  Diakons  Johannes  Galenos  in  dem 
von  des  Triklinios  eigener  Hand  geschriebenen  Cod.  Marc.  464  (s.  S.  555)  fol.  218^  and  da 
ebondort  die  Technologie  zu  Hesiods  Schild  ausdrücklich  dem  Johannes  Pediasimos 
zugeschrieben  ist,  wird  ersichtlich,  dass  Triklinios  den  Pediasimos  und  den  Galenos  als 
zwei  verschiedene  Personen  betrachtete  und  dass  sie  demnach  auch  zwei  verschiedene 
Personen  waren.  Aach  von  einem  doppelten  Pediasimos  weiss  Triklinios  nichts;  denn  in 
der  Ueberschrift  der  Technologie  zu  Hesiods  Schild  nennt  er  den  Pediasimos  Charte- 
phylaz  von  Bulgarien  und  Diakon:  Tov  BovXyagiag  jjfcr^ro^vAaxo;  JIo&ov  xov  xai 
vnaxov  xaSy  (piXoaötpmy  xvqov  *ltmyyov  diaxoyov  xov  nsdiaaifiov  xej[^oXoyia  eig  xijy  xof 
^Haiodov  *Aamdtt,  Unklar  ist  der  Beiname  Pothos,  der  auch  in  anderen  Hss  vorkommt; 
z.  B.  lautet  im  Cod.  Marc.  514  fol.  94  die  Ueberschrift  des  Memorialgedichtes  und  der 
Erklärung  der  zwölf  Arbeiten  des  Herakles:  Tov  BovXyaglag  x«QXo<pvXttxog  IIo&ov,  Aehnlieh 
in  den  Codd.  Laur.  31,  24  fol.  88,  Bodl.  Miscell.  215  fol.  189  und  sonst  Man  könnte 
vermuten,  dass  Pediasimos  den  Beinamen  wegen  seines  Gedichtes  JJo&og  erhalten  habe. 
Der  Name  Pothos  kommt  aber  auch  sonst  vor;  z.  B.  steht  im  Cod.  Laur.  32,  19  fol.  153^ 
ein  Epigramm:  Ilgog  xiya  116 &oy  Xeyofisyoy.  Psellos  richtete  an  einen  Vestarchen  Pothos 
eine  Schrift  über  den  Stil  des  Gregor  von  Nazianz;  s.  S.  438.  Auch  unter  den  Adressaten 
des  Joseph  Bryennios  kommt  ein  Pothos  vor;  vgl.  J.  Pasini,  Codices  mss  bibl.  regii 
Taurinensis  Athenaei,  1  (Tarin  1749)  S.  411. 

4.  Zu  den  Veranstaltera  kommentierter  Klassikerausgaben  in  der  Paläologenzeit  ge- 
hört Johannes  der  Protospathar,  'lojdyyrjg  6  TtQtaxoana^aQiog  (wohl  nicht  Familien- 
name, sondern  Bezeichnung  seines  früheren  Berufes).  Seiner  Zeit  und  seinem  Studiengebiet 
nach  erscheint  er  eng  verbunden  mit  Johannes  Pediasimos  und  Johannes  Galenos, 
mit  denen  er  auch  in  der  Ueberlieferung  zusammengeht.  Sein  Spezialautor  war  Hesiod. 
Wir  besitzen  von  dem  Protospathar  eine  physikalische  Erklärung  zu  den  Tagen  des  Hesiod  : 
*E^ijytjoig  (pvaixij  xiöy  *HueqvSy  'Hoiodov,  Beginn:  Ei  xal  fiij  fi^ZQ^  "^^^  ^*^  ^tjxtiSy  xiystv 
insßaXourjy  i^yrjaiy.  Ed.  in:  Hesiodi  Ascraei  quae  exstant  cum  graecis  scholiis  opera 
Dan.  Heinsii,  Lugduni  Batavorum  1603  S.  181—186.  —  Ed.  Gaisford,  Poetae  minores 
graeci  2  (Lipsiae  lo23)  448 — 459.  —  Dass  der  Kommentar  einst  viel  benützt  wurde,  be- 
weisen die  zahlreichen  Codd.,  z.  B.  Vindob.  phil.  gr.  25  (Nessel);  Marc.  464;  500;  IX  7; 
Taur.  112.  c.  V.  3  (jetzt  B.  III.  16);  Phillipp.  1565. 

229.  Georgios  Lakapenos  {rswQyiog  o  AuKanr^vog)  lebte  in  den  ersten 
Jahrzehnten  des  14.  Jahrhunderts  als  Mönch  in  Thessalien  und  entfaltete 
eine  ziemlich  rege  Thätigkeit  als  Lehrer  und  Schulschriftsteller.  Er  ist 
weniger  bekannt  als  seine  Zeitgenossen  und  Kollegen  Planudes,  Moscho- 
pulos,  Thomas  Magister  und  Triklinios,  verdient  aber  als  ein  nicht  un- 
interessanter byzantinischer  Vorläufer  des  Humanismus  der  Vergessenheit 
entrissen  zu  werden.  Dass  er  übrigens  in  seiner  Zeit  und  den  zwei  nächst- 
folgenden Jahrhunderten  eine  ähnliche  Wirkung  ausübte  wie  die  eben  ge- 
nannten, beweist  die  Thatsache,  dass  die  Zahl  der  uns  erhaltenen  Exem- 
plaren seiner  Schulbücher  hinter  denen  des  Planudes,  Moschopulos  u.  s.  w. 
nicht  weit  zurücksteht.  Seine  Hauptspezialität  bestand  in  der  Sammlung 
und  sprachlichen  Erklärung  von  Briefen  zur  Übung  in  der  griechischen 
Grammatik  und  Interpretation.  1.  Solchem  Zwecke  und  dem  der  Imitation 
diente  zunächst  eine  Sammlung  von  246  Briefen  des  Libanios,  die 
in  manchen  Handschriften  vollständig  oder  stückweise  unter  seinem  Namen 
vorkommt.  2.  Viel  häufiger  ist  sein  eigener  Briefwechsel  überliefert, 
der,  mit  sprachlichen  Erläuterungen  (einer  sogenannten  Ts%voXoy(a)  ver- 
sehen, eines  der  beliebtesten  Schullesobücher  des  14.  bis  16.  Jahrhunderts 
war.     Die  Sammlung,  die  stets:  'EmatoXal  rov  AccxanrjYoi^  xvqov  FswQytov 


C.  AltertuiuiwiBBeiuioliaft.  A.  PhiloL  Polyhistoren  n.  ScholUiBieii.  (§  229)    559 

oti  rov  ZaQtSov  xvqov  ^AvSqovixov  oder  ähnlich  betitelt  ist,  enthält  32  Briefe 
nd  zwar  8  von  Zaridas  an  Lakapenos,  24  von  Lakapenos  an  Andronikos 
aridas,  an  dessen  Bruder  Johannes  Zaridas,  an  einen  Arzt  Zacharias,  an 
alamas  (s.  S.  485)  und  Michael  Oabras  (s.  S.  482).  Nichts  anderes  als 
ie  Erklärungen  (imusQianoi)  dieser  Briefe  in  selbständiger  Überlieferung 
;t  die  in  vielen  Handschriften  unter  dem  Namen  des  Lakapenos  erhaltene, 
ald  rQanfiocTixri,  bald  IIsqI  (S^^naaiaq  ^rjfidTcov  xal  ovofidrcDVj  bald  noch 
nders  betitelte  Schrift.  Endlich  wurden  diese  Epimerismen  auch  in  lexi- 
alische  Form  gebracht  und  bald  mit  dem  unveränderten  Titel  FQa^iiatixiq^ 
ald  als  rQafi^auxrj  xard  (fToix^iov  u.  s.  w.  verbreitet.  Mit  der  Sylloge 
es  Moschopulos,  mit  der  Fr.  Ritschi  die  alphabetische  Grammatik  zu- 
immenbrachte,  hat  sie  nicht  das  mindeste  zu  schaffen;  dagegen  diente  sie 
em  Lexikon  des  Phavorinus  (s.  §  238  Anm.  5)  als  Quelle.  Eine  kritische 
.usgabe  der  Briefsammlung  mit  den  Erklärungen  wäre  als  Beitrag  zur 
[Kenntnis  der  byzantinischen  Epistolographie  und  Lexikographie,  sowie  der 
lannigfachen  gelehrten  Bestrebungen  der  Byzantiner  im  14.  Jahrhundert 
ünschenswert.  3.  Ebenfalls  für  die  Schule  berechnet  war  der  Kommentar 
um  Enchiridion  des  Epiktet:  'E^riyr^mg  ^cqixyj  elg  ro  rov  ^Enixti^rov 
fXsiQidiov  TtaQce  FciOQyiov  rov  Aaxanivov  (so).  Freilich  macht  der  Um- 
band, dass  der,  wie  es  scheint,  einzige  bekannte  Codex  des  Werkes,  der 
aris.  1961,  von  Konstantin  Pala^okappa  geschrieben  ist,  den  Autor- 
amen verdächtig. 

Weniger  bekannt  und  gesichert  sind:  4.  Eine  Abhandlung  „De 
iguris  Homericis  et  canonismata  in  Homerum''  im  Cod.  Paris.  2938 
.  Eine  „Historia'',  die  in  einem  alten  Kataloge  einer  Bibliothek  in  Kon- 
tantinopel  erwähnt  wird  (s.  Voltz,  a.  a.  0.  S.  222).  6.  Ein  „Carmen 
ambicum",  welches  von  Leo  Allatius,  De  Georgiis  (Fabricius,  Bibl.  gr. 
d.  Harl.  12,  61)  nach  verschiedenen  Anspielungen  in  den  Briefen  genannt, 
ber  bisher  nicht  aufgefunden  worden  ist.  Fälschlich  geht  in  einigen  alten 
)rucken  unter  dem  Namen  des  Georgios  Lakapenos  der  dem  Michael 
ynkellos  gehörende  Traktat  IIsqI  avvra^ecog  rdv  ^rjfAdrcor.     S.  §246. 

1.  Ausgaben  und  Hilfsmittel:  Ueber  die  Sammlung  der  Briefe  des  Libanios 
gl.  R.  Förster,  De  Libanii  libris  manuscriptis  üpsaliensibus  et  Lincopiensibus,  Rostock 
877  S.  8—16.  —  Die  alphabetische  , Grammatik*  ed.  aus  Cod.  Mosq.  316  (früher  303) 
hr.  Fr.  Matthaei,  Lectiones  Mosquenses  1  (Lipsiae  1779)  55—79.  —  Einige  Zeilen  aus 
od.  Marc.  486  bei  Villoison,  An.  gr.  2  (Venetiis  1781)  79.  —  Was  Fr.  Ritschi,  Thomae 
lagistri  ecloga  S.  LXXI  ff.,  über  die  von  Matthaei  edierte  alphabetische  Grammatik  und 
ir  Verhältnis  zu  Moschopulos  sagt,  ist  durch  die  Erkenntnis,  dass  das  alphabetische  Ver- 
eichniss  aus  den  Epimerismen  stammt,  hinfällig  geworden.  —  Hauptschrift:  L.  Voltz, 
»ie  Schriftstellerei  des  Georgios  Lakapenos,  B.  Z.  2  (1893)  221—234. 

2.  Name  und  Lebenszeit:  Der  Name  erscheint  in  den  Hss  bezw.  in  den  gedruckten 
.ngaben  aus  Hss  in  verschiedenen  Formen:  neben  Georgios  kommt  auch  Gregorios 
or,  neben  Lakapenos  —  ein  seltener  Familienname,  der  den  Abschreibern  offenbar  viel 
n  schaffen  machte  —  Lakkapenos,  Lakapinos,  Lakaptinos,  Lekapenos,  Leuka- 
inos,  Logaponus.  Die  ursprüngliche  Form  ist  wohl  Aaxantjvog  von  Aaxantj,  Immer- 
in  wäre  eine  genauere  Untersuchung  des  handschriftlichen  Thatbestandes  bezüglich  des 
amens  dieses  Grammatikers  wie  des  Kaisers  Romanos  I  Lakapenos  (s.  S.  459)  erwünscht. 
-  Ueber  die  Lebenszeit  des  Georgios  Lakapenos  s.  M.  Treu,  Maximi  monachi  Planudis 
pistolae,  Breslau  1890  S.  224.  Zu  der  aus  seinen  persönlichen  Beziehungen  u.  s.  w.  ge- 
onnenen  Datierung  stimmt  auch  das  Zeugnis  einer  datierten  Ha  seiner  Briefsanunlung, 
es  i.  J.  1318  geschriebenen  Cod.  Coislin.  341. 

3.  Andronikos  Zaridas,  dessen  Briefe  Lakapenos  der  Aufnahme  in  sein  kleines 
chulcorpus  für  würdig  erachtete,  ist  ausserdem  als  Schüler  des  Maximos  Planudes  und 


560  Byzantinisohe  LitterattirgeBohiohte«    t.  Prodaisolie  Litteraiiir. 

als  Korrespondent  des  Nikephoros  Gregoras  und  des  Michael  Gabras  (s.  S.  482)  bekannt 
Vielleicht  ist  er  auch  der  Mann,  an  den  Manuel  Philes  einige  Verse  richtete  (Ed. 
Miller  II  217),  und  der  Dichter  der  unter  dem  Namen  Zandas  in  einer  Wiener  Hs  «• 
haltenen  jambischen  Epigramme;  vgl.  Lambecii  Commentarii  de  augustissima  bibliotheet 
Caesarea  Vindobonensi,  ed.  IL,  VII  (1781)  495  adnot.  A.  —  Sicherlich  auf  Irrtum  berakt 
der  Name  'Itadyyov  Jovxa  rov  Zagidov,  welchen  der  Cod.  Athous  2404  s.  14  in  der 
Ueberschrift  der  erwähnten  Briefsammlung  des  Lakapenos  und  Zaridas  bietet.  —  Ein  gaat 
inhaltsleerer  Brief  eines  Rhabdas  (wohl  des  Mathematikers  Nikolaos  Rhabdas)  an  dea 
, Philosophen  Andreas  Zarides*  steht  im  Cod.  Laur.  59,  35  fol.  204—204''. 

4.  In  demselben  Cod.  Marc.  486,  aus  dem  Villoison  a.  a.  O.  einige  Zeilen  des  Lak** 
penos  mitteilt,  steht  eine  anonyme  Schrift:  'ArnxuTfÄol  rtoy  Xoyitay,  welche  er  An.  gr.  I] 
79—85  edierte.  Vollständiger  überliefert  dieselbe  Schrift  der  Cod.  Ambro 8.  E.  81, 
woraus  Villoisons  Text  ergänzt  ist  von  Angel o  Mai,  Classicorum  auctomm  e  Vaticanii 
codicibus  editorum  t.  4  (Romae  1831)  523—528. 

230,  Neilos  Diassorinos  {NetXog  c*  JiatracoQivog,  auch  JiatrcoQrjVog] 
aus  Chios,  ein  eifriger  Anhänger  des  Palamas  und  Philotheos  (s.  S.  103  ffi, 
107  f.),  wurde  im  Jahre  1357  zum  Metropoliten  von  Rhodos  ernannt; 
von  dort  1369  durch  die  Johanniter  vertrieben  und  lebte  noch  unter  den 
Patriarchen  Makarios  (1376—1379).  Die  Vielseitigkeit  der  Schriftstellera 
des  Neilos  macht  es  schwer,  ihn  mit  Sicherheit  in  eine  Litteraturgattung 
einzuordnen.  Zunächst  bietet  er  wie  so  viele  andere  Byzantiner  dai 
Doppelgesicht  eines  Theologen  und  eines  Profanlitteraten.  Da  er  jedock 
im  Abschnitte  über  Theologie  (S.  109  und  205)  nur  kurz  erwähnt  isl; 
fordert  die  Gerechtigkeit,  ihm  in  einem  Kapitel  der  Profanlitteratur  einei 
gebührenden  Platz  anzuweisen,  und  zwar  wird  er  wohl  am  besten  in  der 
den  weitesten  Spielraum  gewährenden  Gruppe  der  philologischen  Polyhistorei 
untergebracht.  Wir  haben  von  Neilos  ein  Lehrbuch  der  Grammatik, 
Metrik,  Rhetorik  und  Philosophie,  das  denselben  Haupttitel  hat  wie  das 
berühmte  Werk  des  Johannes  von  Damaskos:  Hijyrj  yvciaewg.  Daran 
reihen  sich  naturwissenschaftliche  Traktate,  die  im  Cod.  Escor. 
K.  in.  22  den  Titel  führen:  NsiXoVj  (ir^tQonoKrov  ^PoSov,  rov  Jtaamqi^roi 
Uegl  Ai'vAwr,  flegi  xataaxevrjg  fivQov  MwacÜHOv,  JIbqI  /«rrryCTfCü^  T€xvui]^ 
JIsqI  xqo^'ov  ßiaexTov.  Ins  Gebiet  der  Kirchengeschichte  gehört  eine  kurze 
Übersicht  der  ökumenischen  Synoden:  Jujrjaig  avvontixrj  ne^i  rm 
dy{(ß)v  xal  otxovfiievixwv  avvoäcDv.  Zu  diesen  Prosaschriften  kommen  einige 
poetische  Versuche  wie  eine  aus  168  politischen  Versen  bestehende 
Ethopoiie  'Sig  ix  nQoadnov  xfjg  QeoiiijroQog  nqog  %6v  iavrijg  vlov^  ots  Tovtor 
iciqa  TiätfxovTa  im  Cod.  Mosq.  Synod.  492  (434  Vladimir),  ein  jambischer 
Kanon  Big  Tt]v  ioQrip'  ztjg  xoiiiijatüag  xtjg  navayiag  Qeozoxov  im  Cod 
Mosq.  Synod.  258  (309  Vladimir)  und  anakreontische  Sachen  (in  einen 
Cod.  Paris.;  s.  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  10,  30). 

1.  Ausgaben:  Mitteilangen  aus  dem  Kompendium  der  Grammatik  gab  F.  Egenolff, 
Erotemata  gramroatica  ex  arte  Dionysiana  oriunda,  Gymnasialprogr.,  Mannheim  1880  S.  14  ft 
—  Die  zwei  letzten  Kapitel  auch  bei  6.  Uhlig,  Appendix  artis  Dionvsii  Thracis,  Heidel- 
berger Gymnasialprogr.,  Leipzig  1881  S.  2  ff.  Vgl.  ebenda  S.  X  f.,  6.  Uhlig's  Ausgab« 
des  Dionysios  Thrax  S.  XLl  f.,  und  A.  Hilgard,  Gramm.  Gr.  IV  2  (1894)  LII  ff.  - 
Die  Uebersicht  der  Synoden  ist  öfter  ediert  z.  B.  bei  Harduin,  Acta  Conciliorum  5  (1714) 
1479-1486. 

2.  Hilfsmittel:  lieber  das  im  Cod.  Vratisl.  Magdal.  1447  erhaltene,  noch  un- 
edierte  Lehrbuch  der  Grammatik,  Metrik,  Rhetorik  und  Philosophie  gibt  eine  kurze  Mit- 
teilung Fr.  Passow,  Index  lectionum,  Breslau  1831.  —  Skizze  der  gesamten  litterarischei 
Thätigkeit  des  Neilos  von  E.  Kurtz,  B.  Z.  4  (1895)  370—373. 


6.  AltertämBwiBsenBohaft.    B.  Wörterbücher.    (§§  230—232)  561 

231.  Johannes  Eanabutzes  (Icodrvrjg  Karaßovipjg),  ein  gräzisierter 
Italiener  aus  Chios,  verfasste  in  der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts 
eine  ziemlich  umfangreiche  Schrift,  die  betitelt  ist:  'Iwdvvov  Kavaßovr^t] 
rov  fiayiffTQov  nQog  xov  avO-hVfrjv  tfjg  ATvov  xat  Sa^o&Qtfxrjg,  Er  verbreitet 
sich  im  Anschlüsse  an  Dionysios  von  Halikarnassos  über  die  Wande- 
rungen griechischer  Stämme  nach  Italien  und  spricht  dabei  in  breiten 
Exkursen  über  den  Ursprung  der  Wissenschaften  und  Künste,  über  Gesetz- 
gebung, über  Chemie,  die  zur  Verwandlung  des  Metalles  und  zur  Ent- 
deckung des  Steines  der  Weisen  verhelfe,  u.  a.  Für  die  Kritik  des  Dio- 
nysios lehrt  Kanabutzes  nichts  Neues,  und  sein  weitschweifiges  Machwerk 
bliebe  wohl  gänzlich  wertlos,  wenn  sich  aus  demselben  nicht  für  das 
mittelgriechische  Wörterbuch,  die  geographische  Nomenklatur 
und  den  griechischen  Volksglauben  einiges  entnehmen  liesse. 

1.  Aasgaben:  Das  51.  Kapitel  ed.  aus  der  Wiener  Hs  N.  Polites,  NsoBXXfjvixff 
MrSoXoyla  1  (1871)  95  f.  —  Joannis  Canabutzae  etc.  in  Dionysinm  Halicam.  commentarius, 
ed.  pr.  Max  Lebnerdt,  Leipzig,  Bibl.  Teubn.  1890.  Vgl.  die  Besprecbung  von  S.  Reiter, 
Zeitscbr.  f.  d.  Osterreicb.  Gymnasien   42  (1891)  733—737. 

2.  Hilfsmittel:  Beschreibung  des  Cod.  Taur.  234  (jetzt  C.  V.  18)  nebst  Abdruck 
des  Vorwortes  bei  Jos.  Pasini,  Codices  mss  bibl.  regii  Taurinensis  Athenaei  1  (1749) 
316—318.  —  Eine  kurze  Inhaltsangabe  in  Not.  et  extr.  1  (1787)  538—541.  —  Analyse 
des  Werkes  mit  ausführlicher  Besprechung  einiger  Stellen  bei  Fr.  Eollar,  Ad  P.  Lambecii 
Comment.  etc.  libros  VIII  Supplementorum  11.,  Wien  1790  S.  503 — 534.  —  Handschrift- 
liches bei  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  4,  393.  —  S.  Reiter,  Zu  Eanabutzes  Magister, 
AViener  Studien  13  (1891)  329—332  (Kollation  des  von  Lehnerdt  nicht  beracksichtigten 
Cod.  Paris,  gr.  1746).  —  üeber  die  Familie  der  Kanabutzes  berichtet  auf  Grund  archiva- 
liscber  Forschungen  in  Chios  6.  J.  Zolotas,  'Rx&emg  twv  jf«ra  j6  axoXixoy  hog  1888— 
1889  TtsnQayfi^yaty   iy  JoTq  xoiyoTg  naidevTtjgloirg  rijg  TioXstog  Xiov,  ^v  Xitp  1889  S.  112  ff. 

3.  Christophoros  Kontoleon,  ein  wenig  bekannter  griechischer  Humanist,  der 
seiner  eigenen  Versicherung  gemäss  von  Papst  Paul  III  (1534—1549)  aufgefordert  wurde, 
i'ya  Toy'^EXXijya  xai'Pto/ÄaToy  Xoyoy  ayaxtttyiaijf  verfasste  allegorische  und  moralische 
Erklärungen  zu  Homer.    Ed.  P.  Matranga,  An.  gr.  2  (1850)  479—520. 

B.  Wörterbücher. 

232.  Doppelsprachige  Glossare.  Die  lebhaften  und  andauernden 
Kulturbeziehungen,  welche  seit  dem  3.  Jahrhundert  vor  Christus  den  grie- 
chischen Orient  mit  dem  lateinischen  Westen  verknüpften,  haben  ausser 
den  zahllosen  Übersetzungen  auch  verschiedene  gelehrte  und  triviale 
Hilfsmittel  zur  Vermittelung  der  sprachlichen  Kenntnisse  hervorgerufen. 
Das  interessanteste  Zeugnis  dieser  praktischen  Studien  ist  der  Konver- 
sationsfBhrer  und  die  granmiatisch-lexikalischen  Verzeichnisse  des  Pseudo- 
Dositheos,  in  denen  sowohl  das  Griechische  als  das  Lateinische  von 
Vulgarismen  aller  Art  wimmelt.  Kulturhistorisch  interessant  sind  die  für 
die  verschiedensten  Bedürfnisse  des  alltäglichen  Lebens  berechneten  Ge- 
spräche, die  ein  Buch  des  Werkes  bilden.  Ausserdem  sind  die  wert- 
vollsten Proben  der  bilinguen  lexikalischen  Litteratur  das  lateinisch- 
griechische Glossar  des  sogenannten  Philoxenos  und  das  griechisch- 
lateinische des  sogenannten  Kyrillos.  Früher  wurde  das  erste  dieser 
Wörterbücher  dem  oströmischen  Konsul  Flavios  Theodoros  Philoxenos 
(525  n.  Chr.)  zugeschrieben;  es  ist  aber  jetzt  völlig  sicher  erwiesen,  dass 
nicht  nur  die  Identifizierung  des  Namens  mit  dem  Konsul  Philoxenos, 
sondern  die  Zuteilung  an  einen  Mann  dieses  Namens  überhaupt  auf  einem 
nichtigen   Gründe  beruht.     Wenn  nun  auch  das  Wörterbuch  künftighin 

Baodlnicb  der  klMi.  Altertumswinooflchaft  IX.    1.  Abtig.   2.  Aufl.  ^^ 


5 


62  BysaniiniBohe  Litteraturgesohiohte.    I.  FroMdsohe  LitUraiiir. 


als  anonymes  Werk  gehen  muss,  so  verliert  es  dadurch  nichts  von  seinoi 
Werte.  Es  gehört  zu  den  besten  Glossaren,  die  wir  haben,  und  ist  vq| 
seltener,  alter  Gelehrsamkeit,  die  allerdings  vorzüglich  auf  das  Gebiet  daij 
Lateinischen  fällt  Über  die  Entstehungszeit  des  ausgezeichneta 
Werkes  sind  wir,  nachdem  der  Name  Philoxenos  fallen  musste,  ohne  einei 
positiven  Anhalt;  aus  inneren  Gründen  aber  ist  es  wahrscheinlich,  dM 
der  Kern  des  Werkes  auf  das  zweite  oder  dritte  Jahrhundert  der  Kaiser 
zeit  zurückgeht.  Ebensowenig  als  dieses  Glossar  mit  dem  Namen  da 
Philoxenos  hat  das  griechisch-lateinische  Glossar,  welches  H.  St^ 
phanus  mit  der  rätselhaften  Überschrift:  In  calce  quorundam  Cyrilli  scrip* 
torum  inventum  edierte,  mit  einem  Ey rill os  zu  thun.  Es  darf  auch  nidt 
mit  jenem  rein  griechischen  Wörterbuch  verwechselt  werden,  das  in  zaht 
losen  Handschriften  unter  dem  Namen  des  Kyrillos,  Patriarchen  voa 
Alexandria,  überliefert  ist.  Auch  das  Glossar  dieses  Pseudo-Kyrilloi 
geht  auf  alte  Zeit  zurück,  und  zwar  macht  eine  Gaiusstelle  wahrscheinlich, 
dass  die  uns  erhaltene  Form  des  Werkes  nach  Marc  Aurel  und  vor  Justiniaa 
entstand;  in  keinem  Falle  darf  dasselbe  unter  Justinian  herabgerückt  werdea 
Namentlich  ist  zu  beachten,  dass  die  älteste  Handschrift  des  Werkes  dem 
7.  Jahrhundert  angehört  und  nach  dem  überzeugenden  Nachweist 
Thompsons  und  Gundermanns  auf  einen  opisthographen  Papyrus  zurückgeht 

1.  A.  Pseudo-Dositheos:  Nach  früheren  Drucken  einzelner  Stücke  erste  kri tischi 
Gesamtausgabe:  Hermeneumata  Pseudodositheana  ed.  G.  Goetz,  Corpus  glossariomm  Lati> 
norum,  vol.  III,  Lipsiae,  Teubner  1892.  —  Das  Gespräch  der  Hermeneumata  Monacensii 
ed.  mit  Kommentar  E.  Erumbacher  in  , Abhandlungen  aus  dem  Gebiet  der  klass.  Alter 
tumswiss.  W.  V.  Christ  dargebracht*,  München  1891  S.  307— 364.  —  B.  Philoxenos  on^ 
Kyrillos:  Beide  Glossare  ed.  zuerst  H.  Stephanus,  Glossaria  duo  e  situ  vetostatis  erat% 
Paris  1573;  darnach  ß.  Vulcanius,  Lugd.  Bat.  1600;  endlich  mit  eigentümlicher  Ver 
Schmelzung  beider  zu  einem  grossen  doppelsprachigen  Wörterbuche  Labbaeus,  Paris  1679; 
des  letzteren  Bearbeitung  wurde  noch  wiederholt  im  Anhange  der  Londoner  Ausgabe  dei 
Thesaurus  Henrici  Stephani,  London  1826.  —  Die  erste  kritische,  mit  einem  yoll> 
ständigen  Apparate  versehene  und  für  wissenschaftliche  Zwecke  allein  brauchbare  Bearbei- 
tung gaben  G.  Goetz  und  G.  Gundermann  im  Corpus  glossariorum  Latinorom  yol.  II, 
Lipsiae  1888.  Ueber  die  Zeit  und  die  Quellen  beider  Glossare  verspricht  der  erste  Buä 
des  Corpus  glossariorum  Latinorum  nähere  Aufschlüsse. 

2.  Hilfsmittel:  Immanuel  David,  Hermeneumata  Vaticana  emendavit,  illnstravit, 
Comment.  philol.  lenenses  5  (1894)  197—238.  Vgl.  dazu  E.  E.,  B.  Z.  3  (1894)  418  f.,  Jod 
L.  Traube,  B.  Z.  3  (1894)  604—606.  —  Rudorff,  Ueber  die  Glossare  des  Philozenv 
und  Cyrillus,  Abhandl.  BerL  Ak.  1865  S.  181—231;  366,  wo  besonders  die  jnridischei 
Glossen  behandelt  sind.  —  Jos.  Elein,  Zu  den  Glossen  des  Philoxenus,  Rhein.  Mos.  24 
(1869)  289—302.  —  G.  Loewe,  Prodroraus  corporis  gloss.  Latin.,  Lipsiae  1886  S.  180  iL; 
210  ff.  —  Alb.  Dammann,  De  Feste  Pseudophiloxeni  auctore,  Comment.  philoL  lenenses 
5  (1894)  1—48  (nur  über  die  Herkunft  des  lateinischen  Teils  des  Glossars). 

3.  £in  byzantinisches  Schulgespräch,  in  welchem  ein  Lehrer  eine  Reib 
Fragen  über  Grammatik,  Rhetorik,  Philosophie  und  Rechtswissenschaft  stellt  und  —  dt 
der  Schüler  konsequent  schweigt  —  auch  selbst  beantwortet,  steht  in  den  Codd.  Ambro  & 
C.  222  inf.  und  Vallicellianus  F  68.  Das  seltsame  Machwerk,  das  weniger  den  k<^ 
liehen  Schulkolloquien  des  oben  erwähnten  Pseudo-Dositheos  als  einem  für  den  Examinator 
bestimmten  Memorialschema  gleich  sieht,  ist,  wie  man  aus  der  Betonung  der  Rechtsknndi 
und  aus  den  zitierten  Lehrbüchern  schliessen  kann,  wohl  in  der  zweiten  Hälfte  des  11.  Jahr 
hunderts  entstanden.  Notizen  über  das  Stück  bei  C.  Wachsmuth,  Rhein.  Mos.  34(1879) 
156,  und  W.  Studemund,  Anecdota  graeca,  Berlin  1886  S.  247.  —  Ed.  pr.  M.  Treu, 
B.  Z.  2  (1893)  96—105  (mit  Eomment^  und  Untersuchung  über  die  Abfassungszeit). 

233.  Suidas  {SovtSag).  Unter  diesem  Namen  besitzen  wir  ein  grosses, 
in  mehreren  Handschriften  überliefertes  Wort-  und  Sachlexikon,  welches 
durch  Fülle  und  Gelehrsamkeit  über  die  sonstige  byzantinische  Exzerpten- 


6.  AltertnmswiBBensoliaft.    B.  Wörterbücher.    (§  233)  563 

litteratur  hoch  emporragt  und  den  grossen  Sammelwerken  des  Konstantin 
Porph)rrogennetos  würdig  zur  Seite  steht.  Über  die  Person  des  Verfassers 
ist  nichts  bekannt,  selbst  sein  altthessalischer  Name  {Sovtiag,  auch  2ov3ag) 
ißt  etwas  problematisch;  doch  ist  es  wahrscheinlich,  dass  er  ein  wissen- 
achaftlicher  Thätigkeit  ergebener  Diener  der  Kirche  war.  Dagegen  ist  als 
Abfassungszeit  des  Werkes  mit  Sicherheit  wenigstens  annäherungsweise 
die  Mitte  des  10.  Jahrhunderts  dargethan;  im  Jahre  976  muss  es 
schon  im  Gebrauche  gewesen  sein.  Der  älteste  Schriftsteller,  der  sich  auf 
Suidas  beruft,  ist  Eustathios  von  Thessalonike.  Eine  rege  Thätigkeit 
wandte  sich  dem  Suidas  mit  dem  Beginn  des  Wiederauflebens  der  klassi- 
schen Studien  zu;  besonders  waren  es  griechische  Gelehrte,  die  ihn  mehr- 
fach exzerpierten,  so  Makarios,^)  Michael  Apostolios  (für  seine  Sprich- 
wörter), Konstantin  Laskaris,  ein  Emmanuel  (wahrscheinlich  Chryso- 
loras).  Auch  das  unter  dem  Namen  der  Eudokia  gehende  Falsifikat  ist 
ein  in  der  Humanistenzeit  entstandener  Auszug  aus  Suidas. 

Das  Werk  des  Suidas  ist  kein  eigentliches  Universalwörterbuch  im 
modernen  Sinne;  es  ist  vielmehr  der  fdr  die  spätgriechische  und  byzantinische 
Zeit  charakteristische  grammatisch-philologische  Grundzug,  der  auch 
hier  deutlich   vorherrscht:   das  Werk   ist  ein  grossartiges  Rüstzeug  für 
grammatische,  lexikalische,   geschichtliche  und  litterarhistorische  Studien. 
Es  steht  demnach  in  der  Mitte  zwischen  den  Büchern,  die  rein  lexikalisch- 
grammatisch-etymologisch sind,  d.  h.  nur  Wörter,  Formen  und  Ab- 
leitungen enthalten,  und  unseren  modernen  Enzyklopädien  oder  Konver- 
sationslexika,  in  denen   vornehmlich  sachliche  Erklärungen  gegeben 
werden.    In  den  grammatisch-etymologischen  Teilen  hat  Suidas  denselben 
Charakter  wie  die  ausschliesslich  verbalen  Werke,  d.  h.  wie  Harpokration 
u.  a.,  die  er  auch  benützte.     Nach  dieser  Seite  hin  bietet  er  also  nichts 
besonders  Bemerkenswertes  oder  Auffallendes.    Von  höchster  Wichtigkeit 
und  in  der  ganzen  byzantinischen  Litteratur  einzig  dastehend  ist  dagegen 
die  Masse  der  ausführlichen  Sachartikel.     Sie  beziehen  sich  auf  die 
verschiedensten  Wissensgebiete,  wie  Philosophie,  Naturwissenschaften,  Geo- 
graphie, Geschichte  u.  s.  w.   Unter  allen  ragen  aber  durch  ihren  unschätz- 
baren   Wert    die  litterarhistorischen    Artikel   hervor;    sie  sind   der 
Purpurmantel,  welcher  gar  viele  Schwächen  und  Sünden  der  übrigen  Teile 
zudeckt;   sie  erheben  den  Suidas   zu  einem    der  wichtigsten  Denkmäler 
der   ganzen   byzantinischen  Zeit,   zu   einem  wenigstens  fragmentarischen 
Ersätze  für  zahllose  sonst  verlorene  Nachrichten  von  Autoren  und  Werken. 
Sie  sind  es  auch,  welche  die  Auftnerksamkeit  der  Philologen  und  Litterar- 
historiker  dem  Suidas  seit  Beginn  der  Humanistenzeit  zugewendet  haben 
und  sein  Werk   zu  einem  fast  unentbehrlichen  Hilfsmittel  für  jeden  selb- 
ständig wissenschaftlich   arbeitenden  Gräzisten  machen.     Fast  sämtliche 
neuere  Monographien  über  Suidas  beziehen  sich  demgemäss  auf  seine  bio- 
graphischen und  litterarhistorischen  Notizen. 


*)  Macarii  hieromonachi  ecloge  e  lexico 
Saidae;  eine  Probe  Yon  H.  Tittmann  in 
seiner  Ausgabe  des  Lexikons  des  Zonaras 
Vol.  l   S.  XGIV.     Damit  scheint  verwandt 


das  Etymologicam  des  Suidas,  welches  Vil- 
loison,  Anecdota  Gr.  II  250  beschreibt.  VgL 
M.  Schmidt,  Hesychii  lexicon  IV  S.  L. 


564  Bysantiniflohe  Litteratiirg6«olüohtd.    L  Proiaüiohe'  LIttoraliir. 

Was  die  Form  des  Werkes  betrifft,  so  sind  die  einzelnen  Artikel 
nicht  nach  dem  jetzt  gewöhnlichen  alphabetischen  Prinzip,  sondern  nack 
dem  damals  und  schon  firüher  übUchen  System  der  sogenannten  Anti- 
stoechie  geordnet.  Die  antistoechische  Ordnung  unterbricht  das  gewöhn- 
liche Alphabet  durch  Zusanmienstellung  der  Buchstaben  und  BuchstabeiH 
verbindungen  (Vokale  und  Diphthonge)  gleichen  Lautes;  so  folgt  z.  K 
a»  nicht  auf  a,  sondern  nach  dem  cf,  weil  es  mit  dem  gleichlautenden  • 
zusammengestellt  wird;  auf  C  folgen  a,  17,  «,  weil  sie  alle  Ilauten;  ebenao 
steht  o)  nach  0  u.  s.  w.  Dasselbe  Prinzip  gilt  dann  auch  fär  den  zweitai 
und  dritten  Buchstaben  der  Wörter,  so  dass  also  die  Artikel  nach  dem 
Schema  na;  nav;  na$,  ne;  nei^  nr],  ni  zu  suchen  sind.  Die  Verdoppelung 
der  Buchstaben,  besonders  der  Liquida,  wird  bei  diesem  Prinzip  nicUl 
berücksichtigt.  Mit  dieser  uns  ungewohnten,  aber  im  Grunde  doch  sehr 
einfachen  Anordnung  konnten  sich  selbst  Gelehrte  nicht  recht  befreunden, 
weshalb  Gaisford  das  Auffinden  der  Glossen  durch  einen  Glossenindej; 
Bekker  sogar  recht  unverständigerweise  durch  eine  vollständige  Um- 
arbeitung des  Lexikons  zu  erleichtern  suchte.  Übrigens  ist  das  Systen 
der  Antistoechie  auch  in  einem  deutschen  Wörterbuche  befolgt,  nämlick 
in  dem  bayerischen  Wörterbuche  von  Seh  melier. 

Bei  einem  Werke,  welches  so  völlig  aus  fremdem  Material  zusammen- 
gebaut ist  und  dessen  einziger  Wert  auf  diesem  fremden  Material  beruht, 
ist  die  Frage  nach  den  benützten  Quellen  wichtiger  als  jede  andere.  Die 
Erforschung  der  Quellen  des  Suidas  gehört  nun  freilich  zu  den  aller- 
schwierigsten  philologischen  Arbeiten,  die  nur  mit  gereifter  Erfahrung  durch- 
geführt und  zu  einem  nennenswerten  Resultate  gebracht  werden  könnea 
Die  Schwierigkeit  hegt  hauptsächlich  darin,  dass  es  nicht  auf  die  Ent- 
deckung der  ältesten,  sondern  der  jüngsten  d.  h.  der  direkten  Quellen 
ankommt.  Die  strenge  Scheidung  zwischen  den  unmittelbaren,  von  Suidas 
selbst  benützten  Vorlagen  und  jenen  Quellen,  aus  welchen  diese  Vorlagen 
unmittelbar  oder  wiederum  mittelbar  geflossen  sind,  muss  für  die  gesamte 
Untersuchung  das  leitende  Prinzip  bilden.  Eine  erschöpfende  und  jeden 
Ansprüche  genügende  Darlegung  der  Fragen,  welche  sich  auf  den  Stamm- 
baum, die  ursprünglichste  Form  und  die  Glaubwürdigkeit  der  ein- 
zelnen Artikel  beziehen,  würde  zu  einem  langwierigen  Forschungsgange  durch 
die  abgelegensten  Gegenden  der  gesamten  altgriechischen  Litteratur.  Auf 
die  Erreichung  so  ferner  Ziele  muss  in  einem  Abrisse  der  byzantinischen 
Litteratur  aus  inneren  und  äusseren  Gründen  verzichtet  werden.  Hier 
kann  vornehmlich  nur  die  eine  Frage  in  Betracht  konmien,  welche  Quellen 
Suidas  selbst  benützt  hat,  mit  anderen  Worten,  woraus  sich  seine  Privat- 
bibliothek zusammensetzte.  Zuerst  muss  noch  ausdrücklich  betont  werden, 
dass  trotz  der  eingehenden  Untersuchungen  Bernhardys  und  vieler  neueren 
Gelehrten  für  eine  Reihe  von  Fragen  nicht  einmal  jener  relative  Grad 
von  Sicherheit,  bei  dem  man  sich  in  solchen  Dingen  zu  beruhigen  pflegt, 
wirklich  erreicht  worden  ist.  Ein  Hauptresultat  aber  hat  sich  aus  den 
neuesten  Forschungen  immer  deutlicher  ergeben,  die  Thatsache,  dass  die 
Vielheit  von  Autoren,  die  man  früher  als  Quellen  des  Suidas  annahm, 
immer  mehr  beschränkt  wird,  d.  h.  dass  manche  Werke^  die  man  einst 


.        6«  AlftertninawiMenBoliaft    B.  Wörterbfloher.    (§233)  565 

für  direkte  Quellen  des  Suidas  hielt,  jetzt  nur  mehr  als  indirekte 
gelten  können.  Die  wichtigsten  Quellen  des  Suidas  sind  im  allgemeinen 
Lexika,  Seholiensamralungen,  Historiker  (wahrscheinlich  meist  in 
verlorenen  Teilen  des  konstantinischen  Exzerptenwerkes)  und  vor  allem 
eine  Bearbeitung  des  grossen  Werkes  des  Hesychios  Milesios.  Des 
Näheren  erkennen  wir  folgendes: 

1.  Von  Wörterbüchern  benützte  Suidas  den  Harpokration  in  der 
kürzeren  Fassung,  jedoch  in  einem  besseren  Codex,  als  Photios  hatte;  das 
Lexikon  des  Hella  dies,  dem  er  seine  auf  Phrynichos  zurückgehenden 
Artikel  verdankt:  vielleicht  das  Lexikon  des  Eudemos  und  zwar  in  einer 
besseren  Redaktion,  als  sie  uns  im  CJodex  Parisinus  vorliegt;  endlich  Glossen 
zu  Herodot,  juristische  und  theologische  Glossen.  Nichts  Genaueres 
wissen  wir  über  die  Benützung  sonstiger  Wörterbücher,  wie  syntakti- 
scher Lexika,  der  Werke  des  Aelios  Dionysios  und  Pausanias  u.  s.  w. 
Die  starke  Übereinstimmung  mit  dem  Lexikon  des  Photios  scheint  nicht, 
wie  Bernhardy,  Cobet,  Naber  u.  a.  annahmen,  auf  Benützung  des  Photios 
selbst,  sondern  grösstenteils  auf  Verwertung  gemeinsamer  Quellen 
zurückzugehen. 

2.  Scholiensammlungen  und  zwar  besonders  vier:  nämlich  die 
Scholien  des  Symmachos  und  Phaeinos  zu  Aristophanes  in  einem  voll- 
ständigeren Exemplare,  so  dass  seine  Exzerpte  neben  dem  Ravennas  and 
Venetus  den  Wert  eines  dritten  Codex  haben;  die  zu  Sophokles  (be- 
sonders zu  OC.  OT.  Ai.)  in  einer  dem  Laurentianus  sehr  ähnlichen  Re- 
daktion; die  homerischen  in  einer  mehr  dem  Venetus  B  als  dem  Venetus  A 
gleichenden  Fassung;  endlich  die  älteren  und  besseren  Scholien  zu  Thu- 
kydides. 

3.  Nach  den  grammatischen  Partien  kommen  in  Betracht  die  welt- 
und  kirchengeschichtlichen  Artikel,  bei  welchen  die  Feststellung 
der  direkten  Quellen  noch  grössere  Schwierigkeiten  bietet.  Sie  weisen 
zwar  auf  zahlreiche  ältere  Autoren  zurück,  auf  Polybios,  Josephos,  Eutrops 
Breviarium  in  der  griechischen  Übersetzung  des  Eapiton,  Prokopios,  Malalas, 
Johannes  von  Antiochia,  Theophylaktos  Simokattes,  die  Osterchronik, 
Georgios  Synkellos,  Nikephoros  Patriarches,  Georgios  Monachos  u.  a.  Allein 
bei  dem  lückenhaften  Zustande  unserer  Überlieferung  ist  es  kaum  möglich, 
im  einzelnen  festzustellen,  welche  Autoren  Suidas  für  seine  geschichtlichen 
Nachrichten  selbst  benützt  hat.  Zur  Gewinnung  eines  sicheren  Stand- 
punktes müssen  wir  bedenken,  dass  die  historischen  Artikel  des  Suidas 
80  gut  wie  nichts  enthalten,  was  wir  nicht  auch  anderswoher  wüssten,  also 
meist  nur  triviale  Dinge;  wir  müssen  ferner  erwägen,  dass  Suidas  nicht 
etwa  eine  vollständige  historische  Enzyklopädie  abfassen  wollte,  sondern 
nur  ein  bequemes  alphabetisches  Namensregister  der  Personen,  an  welche 
sich  die  Hauptmomente  der  Universalgeschichte  knüpfen.  Nimmt  man 
dazu  noch  die  allgemeine  und  fast  ausnahmelose  Abneigung  der  Byzantiner 
gegen  umfassende  historische  Quellenstudien  und  erinnert  man  sich,  dass 
selbst  Geschichtschreiber  von  Fach  ihre  Werke,  an  die  man  doch  höhere 
Anforderungen  stellen  musste  als  an  ein  Lexikon,  fast  durchweg  aus  den 
bequemsten,  zunächstliegenden  Quellen  kompilierten,   ein  Verfahren,  an 


566  Bysantiniache  LitteratnrgeBchichtd.    L  ProMdsolie  litterator. 

dem  niemand  Anstoss  nahm:  so  werden  wir  es  höchst  wahrscheinlu 
finden,  dass  auch  Suidas  trotz  seiner  von  niemand  bezweifelten  Beleaenheil 
für  die  historischen  Artikel  jenen  bequemen  Weg  der  Kompilation 
schlug,  der  längst  vor  ihm  sanktioniert  war.  Nachdem  feststeht, 
Suidas  in  sehr  vielen  Artikeln  mit  dem  „konstantinischen''  Johannei] 
Antiochenos  (s.  S.  335  f.)  übereinstimmt,  kann  die  Bestimmung  jenetj 
Hauptquelle  für  die  historischen  Artikel  nicht  zweifelhaft  bleiben: 
ist  das  grosse,  kurz  vor  Suidas  entstandene  Exzerptenwerk  des  Kon- 
stantin Porphyrogennetos.  Hier  fand  er  auch  die  Exzerpte 
Johannes  Antiochenos,  welchem  er  namentlich  die  auf  römische  Oeschichte 
bezüglichen  Artikel  zu  verdanken  scheint.  Für  die  christlich-byzaiitimsclie 
Zeit,  für  welche  die  konstantinischen  Exzerpte  wohl  nicht  mehr  am»- 
reichten,  benützte  Suidas,  wie  C.  de  Boor  nachgewiesen  hat,  vor  allem  die 
Chronik  des  Qeorgios  Monachos,  freilich  nicht  in  der  von  Muralt 
edierten  Überarbeitung,  sondern  in  ihrer  ursprünglichen  Gestalt.  Gteorgioi 
hat  dem  Suidas  mehr  Stoff  geliefert  als  irgend  ein  anderer  seiner  histo- 
rischen Gewährsmänner.  Demnach  reduzieren  sich  die  Quellen  der  histo- 
rischen Artikel  des  Suidas  auf  zwei  Hauptstücke,  nämlich  für  die  lUtere 
Zeit  auf  die  konstantinische  Enzyklopädie,  für  die  byzantinische 
Epoche  auf  die  landläufigen  Chroniken  der  Byzantiner,  vor  aUem  Georgios 
Monachos. 

4.  Wie  im  Werke  des  Suidas  die  litterarhistorischen  NotizeB 
als  die  eigentlichen  Goldkörner  erkannt  werden,  so  steht  natürlich  auch 
bei  der  Quellenuntersuchung  die  Frage  über  die  Herkunft  dieser  Teile  an 
Wichtigkeit  obenan.  Sicher  wissen  wir  jetzt,  dass  die  Hauptquelle  in  den 
grossen  und  gelehrten  Onomatologos  des  HesychiosMilesios  zu  suchen 
ist;  Suidas  hat  aber  dieses  Werk  nicht  im  Original,  sondern  in  derselbeo 
anonymen,  wohl  zwischen  829  und  857  entstandenen  verkürzenden  Be- 
arbeitung benützt,  aus  der  auch  Photios  die  meisten  biographischen  Notizen 
in  seiner  Bibliothek  entnommen  hat.  Doch  scheint  Suidas  besonders  die 
Notizen  über  die  Komiker  aus  Athenaeos  selbst  ergänzt  zu  haben,  wo- 
bei er  auch  die  ersten  zwei  Bücher  nicht  in  der  heute  allein  erhaltenes 
Epitome  benützte,  sondern  in  der  vollständigen  Fassung,  wie  sie  für 
die  übrigen  dreizehn  Bücher  in  der  venezianischen  Handschrift  vorUegt 
Dagegen  hat  er  das  mächtige  Werk  des  Philon  von  Byblos  sicher 
nicht  selbst  in  der  Hand  gehabt.  Die  Notizen  über  Heilige  und  Ketzer 
scheint  er  nicht  aus  den  Kirchenschriftstellem  wie  Sokrates,  Philo- 
storgios  u.  8.  w.  selbst,  sondern  wiederum  nur  aus  der  Epitome  des 
Hesychios  und  aus  Georgios  Monachos  geschöpft  zu  haben.  Das 
einzige  Werk  der  patristischen  Litteratur,  welches  wir  aus  der  von  Suidas 
benützten  Bibliothek  nicht  auszuscheiden  vermögen,  ist  Theodorets 
Psalmenkommentar. 

Ausser  diesen  eigentlichen  Quellen,  in  welchen  Suidas  seinen  Stoff 
schon  verarbeitet  fand,  ist  seine  sonstige  selbständige  Lektüre  zu  be- 
achten, als  deren  Frucht  vielleicht  mehr  als  die  Hälfte  seines  Glossen- 
schatzes angesehen  werden  muss.  Die  Belesenheit  des  Suidas  darf  für  seine 
Zeit  eine  sehr  umfangreiche  heissen.    Sie  umfasste  (von   den  oben  ge- 


6.  AltertamswisBenschaft.    B.  Wörterbücher.    (§  233)  567 

nannten  Wörterbüchern  und  Sammelwerken  natürlich  abgesehen):  1.  Von 
Dichtern:  Homer,  Hesiod,  Pindar,  Sophokles,  Aristophanes,  Babrios,  Geor- 
gios  Pisides  (bezeichnenderweise  sein  Lieblingsautor)  und  die  Anthologie. 
2.  Von  Profanhistorikern:  Herodot,  Thukydides  (mit  dem  an  sechs 
Stellen  zitierten  Biographen  Markellinos),  Xenophon  (Anabasis),  Polybios, 
Joseph,  Arrian,  Prokop,  Agathias,  Theophylaktos,  aber  das  Meiste  wohl 
nur  in  der  konstantinischen  Enzyklopädie;  von  Kirchenschriftstellern: 
sicher  nur  Theodoret;  vielleicht  auch  den  Basilios,  Gregor  von  Nazianz, 
Johannes  Chrysostomos,  Sokrates  u.  a.,  wenn  nicht  statt  derselben  einfach 
durchaus  Georgios  Monachos  zu  setzen  ist,  worüber  man  jetzt,  da  die 
ursprüngliche  Fassung  dieses  Werkes  noch  nicht  ediert  ist,  unmöglich 
sicher  urteilen  kann.  3.  Philosophen  und  Sophisten:  Artemidoros,  M. 
Antoninus,  Diogenes  Laertios,  Philostratos,  Alexander  von  Aphrodisias, 
Jamblichos,  Marines,  Damaskios,  Johannes  Philoponos.  4.  Darsteller  ver- 
schiedener Stoffe  wie  Lukian,  Aelian,  Julian,  Synesios.  5.  Von  Aeschy- 
los  scheint  Suidas  kaum  die  drei  in  Byzanz  vornehmlich  gelesenen  Stücke 
beachtet  zu  haben;  auch  die  Belegstellen  aus  Euripides,  aus  verlorenen 
Komikern  (Menander)  und  den  alexandrinischen  Dichtern  (Kallima- 
chos,  Nikander)  verdankt  er  nicht  seiner  eigenen  Lektüre,  sondern  sekun- 
dären Quellen  d.  h.  Glossaren,  rhetorischen  Wörterbüchern,  Attizisten  und 
Antiattizisten.  Solchen  Quellen  entnahm  er  auch  die  Zitate  aus  Antiphon, 
Isaeos,  Lykurgos,  Hyperides.  Die  Anführung  des  Lysias,  Demosthenes 
und  besonders  des  Isokrates  geht  wohl  grösstenteils  auf  syntaktische 
Lexika  zurück.  Die  Geographen  (Strabon)  scheint  er  ganz  vernachlässigt 
zu  haben. 

Zur  richtigen  Beurteilung  des  Umfanges  dieser  Lektüre  muss  jedoch 
noch  einmal  betont  werden,  dass  er  einen  grossen  Teil  der  Werke  nicht 
im  Original,  sondern  durch  Vermittelung  der  verschiedenen  Sanmilungen 
des  Konstantin  Porphyrogennetos  kennen  lernte.  Solchen  Ursprung 
hat  wohl  das  Meiste  aus  Polybios,  Diodor,  Dionysios  von  Halikarnass, 
Nikolaos  von  Damaskos,  Eunapios  und  den  kleinen  Historikern  wie  Priskos, 
Malchos,  Menander  Protektor;  endlich  aus  Johannes  Antiochenos  und  wohl 
auch  aus  Joseph,  Dio  Cassius  und  Appian.  Auch  hat  er  die  genannten 
Autoren  nicht  mit  gleicher  Genauigkeit  durchgenommen.  Noch  weniger 
war  es  seine  Absicht,  von  ihren  Eigentümlichkeiten  ein  vollständiges  und 
erschöpfendes  Verzeichnis  zu  geben;  aber  immerhin  hat  er  sie  oder 
wenigstens  Stücke  aus  ihnen  mit  der  Feder  in  der  Hand  durchgegangen. 
Warum  hat  nun  Suidas  ausser  den  Wörterbüchern  für  seine  Glossen  auch 
noch  die  genannten  Autoren  selbst  beigezogen?  Warum  hat  er  sich 
für  den  rein  grammatischen,  verbalen  und  etymologischen  Teil  nicht  auf 
die  grossen  schon  vorhandenen  gelehrten  Wörterbücher  beschränkt?  Die 
Antwort  auf  diese  Frage  ist  leicht  zu  geben:  Die  Attizisten  und  Lexiko- 
graphen beschränkten  sich,  ihrem  besonderen  Zwecke  gemäss,  auf  einen 
kleinen  Kreis  von  Autoren  und  auf  eine  massige  Zahl  von  Belegen.  Suidas 
aber  wollte  in  seinem  Werke  alle  Gattungen  der  Litteratur  und  alle 
Jahrhunderte  umfassen;  für  diesen  Zweck  konnten  die  vorhandenen 
Sammlungen  und  Glossare  allein  nicht  genügen.    Daher  vermehrte  er  die 


568  ByzantiniBohe  Litteratorgeechichte.    I.  ProsaiBclie  I4ttearatiir. 

Exzerpte  aus  diesen  vielleicht  um  mehr  als  das  Doppelte  durch  die  Frfichte 
seiner  eigenen  Lektüre,  freilich  ohne  rechte  Methode  und  namentlich  ohne 
historischen  Sinn.  Er  scheidet  weder  die  ältere  Sprache  von  der  späteren, 
noch  das  Seltene  vom  Gewöhnlichen,  noch  Prosa  von  Poesie;  nicht  eimnti 
die  Namen  der  Gewährsmänner  verzeichnet  er  konsequent,  zum  grössten 
Ärger  der  neueren  Kritiker.  Am  deutlichsten  zeigt  sich  der  unmethodische 
Sinn  in  seinem  Verfahren,  wo  er  mehrere  Glossen  zu  einem  Lemma 
fand;  statt  dieselben  in  einen  Artikel  zu  verarbeiten,  fuhrt  er  sie  nach 
einander  auf,  ohne  auch  nur  die  etwa  vorhandenen  Widersprüche  zu  be- 
seitigen. Wäre  nur  wenigstens  diese  Arbeit  sauber  geschehen,  so  hätten 
wir  uns  nicht  zu  beklagen.  Wir  könnten  dann  die  verschiedenen  Notizen 
und  Nachrichten  selbst  kritisch  sichten;  leider  aber  sind  bei  dieser  Ver- 
einigung verschiedener  Glossen  die  einzehien  Stücke  unglaublich  verwirrt, 
durch  Zusätze  vermehrt  und  durch  Weglassungen  verstümmelt  worden. 
Den  Gipfelpunkt  erreicht  die  Eonfusion  in  den  biographischen  Notizen  über 
homonyme  Persönlichkeiten.  Eslässt  sich  übrigens  schwer  entscheiden, 
inwieweit  an  all  der  Unklarheit  und  Verwirrung,  die  dem  Werke  jefcrt  I 
anhaftet,  Suidas  selbst  schuld  ist  und  inwieweit  spätere  Hände  geschadet 
haben.  Als  sicher  kann  gelten,  dass  das  Werk  —  wie  es  bei  dem  Cha^ 
rakter  desselben  auch  wohl  verständlich  ist  —  durch  Interpolationen 
stark  verunstaltet  wurde;  ein  bedenkliches  Unternehmen  ist  es  aber,  den 
Umfang  der  Interpolation  genau  bestinmien  zu  wollen.  Selbst  Bernhardy 
ist  hier  zu  weit  gegangen  z.  B.  bezüglich  des  Athenaeos,  obschon 
sein  kritischer  Sinn  im  allgemeinen  die  Kennzeichen  der  Interpolation  im 
Suidas  richtig  festgestellt  hat.  Auf  Interpolation  gehen  z.  B.  sicher  zurück 
neue  Lemmata,  welche  fleissige  Leser  aus  wichtigen  Stellen  des  Wörter- 
buches selbst  schufen,  wobei  sie  denn  meist  (durch  fiyrt«,  fonr  iv  r^  u.  s.  w.) 
auf  die  Urstelle  zurückverwiesen;  natürlich  auch  Zusätze  aus  Autoren  einer 
späteren  Zeit  wie  Michael  Psellos  oder  aus  solchen,  die  Suidas  nachweis- 
lich nicht  benützte,  wie  Pausanias;  Glossen,  die  in  den  Haupthandschriften 
am  Rande  oder  nur  in  einer  derselben  stehen;  knappere  Paraphrasen 
längerer  Stellen  neben  dem  Originale  u.  s.  w. ;  auch  Sentenzen  und  Sprich- 
wörter scheinen  vielfach  interpoliert,  obschon  hier  die  Entscheidung  im 
einzelnen  schwerer  fallt.  Bei  allen  Mängeln  ist  das  Wörterbuch  des  Suidas 
ein  grossartiges  Denkmal  gelehrten  Sammelfleisses  aus  einer  Zeit, 
in  welcher  im  ganzen  übrigen  Europa  die  gelehrten  Studien  fast  vöUig 
darnieder  lagen,  ein  neuer  Beweis  dafür,  in  welchem  Umfange  Byzanz 
trotz  aller  inneren  und  äusseren  Stürme  die  Überreste  der  alten  Büdung 
erhielt  und  fortpflanzte. 

1.  Ausgaben:  Ed.  piinceps  von  Demetrios  Chalkondylos,  Mediolani  1499.— 
Ueber  die  folgenden  Ausgaben,  eine  Aldina,  die  von  Portus,  Kuesterus  u.  s.  w.  s.  Bern- 
bardys  Prolegomena  8.  90  ff.  —  Jetzt  kommt  nur  in  Betracht:  Suidae  lexicon  etc.  rec. 
Thomas  Gaisford,  3  voll.,  Oxonii  1834.  Der  dritte  Band  enthält  die  Vorrede  und  drei 
schöne  Indices.  —  Auch  diese  Leistung  wurde  weit  überholt  durch :  Suidae  lexicon  etc.  rec. 
Godofredus  Bernhardy,  2  voll,  in  vier  Teilen,  Halis  et  Brunswigae  1834—1858,  eine 
der  grossartigsten  Leistungen  der  neueren  Philologie.  Der  erste  Band  enthält  die  grund- 
legenden vier  Commentationes  de  Suidae  lexico,  in  welchen  Person  und  2<eit  des 
Suidas,  die  Geschichte  seines  Werkes,  seine  Quellen,  die  handschriftliche  Ueberliefemng, 
die  Ausgaben  und  Beiträge  mit  scharfer  Kritik  besprochen  werden.    Den  kritischen  Apparat 


6.  AltertamswiBBenBchalt.    B.  Wörterbücher.    (§  233)  569 

fords  hat  Dernhardy  in  umgearbeiteter  Form  ganz  aufgenommen,  die  erklärenden  Noten 
dem  alten  B^llaste  befreit  und  nur  das  wirklich  Wichtige  in  knappster  Form  wieder- 
iben;  ziemlich  überflüssig  ist  die  lateinische  Ueberse^ung,  welche  Bernhardy  auf 
iRch  des  Verlegers  beifügte.  —  Neben  diesem  Riesenwerke  hat  fast  nur  ein  patho- 
}ches  Interesse  die  Ausgabe,  welche  kurz  nach  Abschluss  von  Bemhardys  Werk 
r  dem  Titel  erschien:  Suidae  lexicon  ex  recogn.  Imm.  Bekkeri,  Berolini,  G.  Reimer 
k  Durch  Weglassung  des  kritischen  Apparates  und  der  lateinischen  Uebersetzung, 
;hränkung  des  Kommentars  wie  der  Indices  und  ähnliche  Kunststücke  ist  hier  der 
:e  Suidas  glücklich  in  einem  Bande  untergebracht,  freilich  so,  dass  für  den  Gelehrten 
:  wer  benützt  sonst  den  Suidas?)  die  Ausgabe  unbrauchbar  ist.  Die  vereinzelten  glück- 
en Emendationen  Bekkers,  die  in  einem  massigen  Aufsatze  hätten  untergebracht  werden 
len,  vermögen  an  dieser  Thatsache  nichts  zu  ändern. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  6,  389—595,  gibt  eine  litterar- 
)rische  Notiz  und  nach  den  älteren  Ausgaben  Verzeichnisse  der  bei  Suidas  zitierten 
'  benutzten  Autoren.  —  Dieses  ganze  jetzt  entwertete  Material  ist  überfltlssigerweiso 
lerholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  117,  1193—1424.  —  Die  sonstige  ältere  Litteratur  ist 
ezählt  von  Bernhardy,  Prolegomena  S.  96  ff.  —  Hauptschrift:  Die  aus  vier  Ab- 
llungcn  bestehende  Einleitung  in  der  Ausgabe  von  Bernhardy,  vol.  II.  —  Ausser- 
:  Moritz  Schmidts  Rezension  der  Ausgaben  von  Bernhardy  und  Bekker,  Jahns 
h.  71  (1855)  469—500  und  775—800.  —  Did.  Volkmann,  De  Suidae  biographicis 
^stiones  selectae,  Bonnae  1861;  De  Suidae  biographicis  quaestiones  alterae  in  den 
bola  philologomm  Bonnensium  in  honorem  Fr.  Ritschelii  collecta,  Lipsiae  1864—1867 
'15—730;    De   Suidae    biographicis  quaestiones  novae,    Progr.   Schnlpforta    1873.    — 

0  Schneider,   De  Callimachi  operum  tabula  quae  exstat  apud  Suidam,   Gotha  1862; 

1  wiederholt  und  erweitert  in  seinen  Callimachea,  vol.  2  (Lipsiae  1873)  2 — 33.  — 
Vachsmuth,  De  fontibus,  ex  quibus  Suidas  in  scriptomm  Graecorum  vitis  hauserit, 
len  Symbola  philol.  Bonnens.  in  honorem  Fr.  Ritschelii  collecta,  Lipsiae  1864 — 1867 
35-152.  —  A.  Naber,  Photii  lexicon.  Proleg.  164—167.  -  Fr.  Nietzsche,  De  Laertii 
!;enis  fontibus,  Rhein.  Mus.  24  (1869)  210  ff.  —  R.  Horcher,  Ueber  einige  Fragmente 
Suidas,  Monatsber.  Berl.  Ak.  1875  Jan.  S.  1  ff.  —  E.  Hill  er,  Photios,  Suidas.  Apostolios, 
ologus  34  (1876)  226—234  (über  Benützung  des  Photios  und  Suidas  durch  Apostolios 
seine  Sprich  Wörtersammlung).  —  Ueber  eine  zum  Teil  aus  älteren  Quellen,  zum  Teil  aus 
as  kompilierte  Sprichwörtersammlung  in  einer  Escurialhandschrift  handelt  Gh.  Graux, 
ue  de  Philologie  2  (1878)  219—237.  —  Ueber  die  Sprichwörter  in  einem  Auszuge  aus 
as  handelt  B.  Sehn  eck,  Quaestiones  paroemiographicae  de  codice  Coisliniano  177  et 
emi  quae  feruntur  lexicis.  Diss.,  Breslau  1892.  —  E.  Roh  de,  TiyovB  in  den  Bio- 
•hica  des  Suidas,  Rhein.  Mus.  33  (1878)  161-220  und  638  f.  (beweist,  dass  yiyouB  in 
allermeisten  Fällen  nicht,  wie  A.  Schöne  glaubte,  die  Geburt,  sondern  die  Blütezeit 
ichnet).  —  H.  Flach,  Untersuchungen  über  Eudokia  und  Suidas,  Leipzig  1879  (be- 
:  wesentlich  die  Echtheitsfrage  des  Violariums  der  Eudokia).  —  A.  Daub,  De  Suidae 
raphicorum  origine  et  fide,  Jahns  Jahrb.  Supplementbd.  11  (1880)  401 — 490;  Studien 
len  Biograpbica  des  Suidas,  Freiburg  i.  Br.  und  Tübingen  1882.  —  Guilelm.  Kausch, 
»ophoclis  fabularum  apud  Suidam  reliquiis,  Diss.,  Halle  1883.  —  Ueber  Diogenes  Laertios 
Quelle  des  Suidas  vgl.  H.  Kreuttner,  Andronici  qui  fertur  libellus  I7f^(  Tradol»',  Diss., 
lelberg  1884.  und:  Die  stoischen  definitionen  der  affekte  bei  Suidas,  Philologus  40 
8)  755—757.  —  G.  Fr.  Unger,  Die  troische  Aera  des  Suidas,  Abhandl.  bayer.  Ak. 
L.  17.  Band,  3.  Abteil.  (1885)  S.  515-605.  VgL  die  Besprechung  von  L.  Cohn, 
iner  philol.  Wochenschrift  1886  S.  838—845.  —  C.  de  Boor,  Zu  Johannes  Antiochenus, 
mes  20  (1885)  321—330  und:  Die  Chronik  des  Georgios  Monachos  als  Quelle  des 
as,  Hermes  21  (1886)  1—26.  —  P.  Roellig,  Quae  ratio  inter  Photii  et  Suidae  lexica 
'cedat,  Diss.,  Halle  1887  =  Dissertationes  philologicae  Halenses,  vol.  VIII  1—66. 
von  Roellig  bekämpfte  Ansicht,  dass  Suidas  den  Photios  exzerpiert  habe,  vertraten 
Cobet,  Mnemosyne  9  (1860)  399  ff.;  411  ff.  und  Naber,  Photii  lexicon.  Proleg.  150  ff.; 
ff.  —  G.  Kai  bei,  Athenaeus  und  Suidas,  Hermes  22  (18^7)  323—333.  —  Ueber  die 
Ue  des  Suidas  für  Kultusbeinamen  der  Götter:  G.  Wentzel,  'EmxXi^aBig  detuy  sive  de 
um  cognominibus  etc.,  Diss.,  Göttingen  1889  S.  3  ff.   —   G.  Wentzel  verfasste  auch 

von  der  Berliner  Akademie  preisgekrönte  Arbeit  über  die  Quellen  des  Suidas,  die 
1  nicht  veröffentlicht  ist.  Ihre  Hauptresultate  bezüglich  der  Verbalartikel  fasste  er 
mmen  in  der  Abhandlung:  Beiträge  zur  Geschichte  der  griechische  Lexikographen, 
ingsber.  Berl.  Ak.  1895  S.  477—487.  —  Emendationen  von  G.  A.  Papabasileiu, 
yä  1  (1889)  227-234.  -  Ew.  Bruhn,  Suidea.  Rhein.  Mus.  45  (1890)  273—283.  — 
er  das  von  Suidas  benützt«  Babriosexemplar  vgl.  Jul.  Werner,  Quaestiones  Babrianae, 
iner  Studien  XIV  2,  Berlin  1892.  —  Die  weit  zerstreuten  kleineren  Beiträge,  bes.  die 
tndationen  einzelner  Stellen  können  hier  nicht  aufgezählt  werden.  Man  vgl.  W.  Engel- 


570  BysantiiÜBche  Litteratargesohichte.    L  ProBaiBoke  Litteralnr. 

mann,  Bibliotheca  scriptorum  classicorum  1"  (1880)  724  f.,  und  für  die  neueste  Zeit  die 
Bibliotbeca  philologica  classica  von  Calvary.  —  Vgl.  Christ,  Griechische  Litterahir- 
geschichtet  §  572. 

B.  Ueber  einen  neuen  Suidascodex  des  13.;14.  Jahrb.,  der  übrigens  wertlos  scheint, 
8.  G.  Tischendorf,  Notitia  editionis  codicis  biblion  Sinaitici,  Lipsiae  1860  S.  59  f.  — 
Ueber  einen  im  13.  Jahrb.  durch  den  Bischof  Robert  von  Lincoln  (f  1253)  veranlaaBten, 
nur  die  grösseren  historisch -biographischen  Artikel  umfassenden  lateinischen  Auszug 
des  Suidas  (Liber  Suda)  s.  Valentin  Rose,  Hermes  5  (1871)  155—158. 

4.  Der  Name  unseres  Lexikographen  ist  höchst  selten;  doch  gibt  es  einen  alten 
Historiker  Suidas,  der  bei  Strabon,  Stephanos  von  Byzanz  u.  a.  als  Verfasser  von  Stc- 
a€(XtX€(  zitiert  wird.  S.  G.  Bernhardys  Prolegom.  S.  27  und  C.  Müller,  PBG  2,  464  f. 
—  Ueber  die  Quantitierung  des  Namens  (Saidas)  spricht  J.  £.  Sandys,  The  pronounciation 
of  Suidas,  Classical  Review  5  (1891)  434. 

5.  Lexicon  Sabbaiticum.  Ein  durch  die  Aufbewahrung  von  Dichterfragmenten 
wichtiges,  jedoch  hinsichtlich  seiner  Quellen  noch  nicht  näher  geprüftes  Lezikonfragment, 
das  mit  uv^tjoig  beginnt  und  mit  einem  Artikel  über  i^aigeaetog  dlxrj  schliesst,  ist  jüngst 
aus  dem  Cod.  137  des  Sabbasklosters  hervorgezogen  worden:  Lexicon  Sabbaiticnm  nimc 
primum  ed.  A.  Papadopulos  Eerameus,  Joum.  Min.  1892  Bd  280  Aprilh.  S.  39  ff.  — 
Zur  Wertschätzung  vgl.  Theod.Eock,  Komikerfragmente  im  Lexicon  Sabbaiticum,  Rhein. 
Mus.  48  (1893)  579—591. 

234.  Eyrillos  (KvQdXog).  Unter  dem  Namen  eines  Kyrillos,  Patri- 
archen von  Alexandria,  ist  in  zahllosen,  oft  völlig  voneinander  abweichen-  ■ 
den  Handschriften  ein  alphabetisches  Glossar  überUefert:  KvqUXov  toi 
äyitoTcitov  ccQxisniiSxonov  IdXf^avigeiag  Xb^soüv  cvvayoDyrj  xard  OToi/cror. 
Die  Frage,  ob  dasselbe  wirklich  auf  den  Patriarchen  Kyrillos  aus  der 
ersten  Hälfte  des  5.  Jahrhunderts  zurückgeht,  ist  noch  ebensowenig  ent- 
schieden, als  überhaupt  die  Quellen  und  die  Verwandtschaft  des  Glossars 
genügend  untersucht  sind.  Den  Hauptbestandteil  bildet,  wie  es  scheint 
ein  altes  rhetorisches  Lexikon,  das  der  Verfasser  durch  Einschaltungen 
aus  verschiedenen  Glossaren  zu  Homer,  Euripides,  der  Bibel  und  anderen 
Schriften  erweiterte.  Von  Wichtigkeit  ist  die  Erkenntnis,  dass  das  Kyrill- 
glossar  von  späteren  Redaktoren  in  das  Lexikon  des  Hesychios  hinein- 
gearbeitet wurde.  Im  übrigen  bedarf  die  Stellung  des  Kyrill  noch  der 
Aufklärung.  In  der  neueren  Litteratur  ist  dieses  rein  griechische  Glossar 
zuweilen  mit  dem  griechisch-lateinischen  Pseudo-Kyrillos  ver- 
wechselt worden  (s.  S.  561  f.).  Über  das  mit  Kyrill  verwandte  Lexikon  des 
Zonaras  s.  S.  374. 

1.  Was  bis  jetzt  von  Drucken  vorliegt,  ist  elendes  und  nutzloses  Stückwerk;  es  sind 
nur  einzelne  Partieen  und  aucb  diese  nur  nach  einzelnen,  willkürlich  gewählten  Hss  ediert, 
so  dass  ein  gesichertes  Urteil  über  Kyrill  aus  der  Litteratur  überhaupt  noch  nicht  zu  ge- 
winnen ist:  Ein  Stück  aus  einer  Moskauer  Hs  ed.  Chr.  Fr.  Matthaei  in  den  Glossaria 
Graeca  minora,  Mosquae  1774,  I  11  ff.  —  Aus  einem  Cod.  Monacensis  edierte  die  Buch- 
staben M  und  AT  B.  F.  Dozen  in  Aretins  Beiträgen  zur  Geschichte  und  Litteratur  9  (1807) 
1253  ff.  —  Dann  verwertete  Tittmann  di£  Abschrift  von  Matthaeis  Codex  für  seine  Aus- 
gabe des  Zonaras  I  S.  XCVIl— CXIV.  —  Aus  Wiener  Hss  gibt  Proben  des  Buchstaben  A 
Barth.  Kopitar,  Hesychii  Glossographi  discipulus  et  iniyXtocaiaxijg  Russus,  Vindobonae 
1839  S.  V— XXIV.  —  Aus  einem  Bodleianus  und  Baroccianus  ed.  Proben  J.  A.  Gramer, 
An.  Paris.  4  (1841)  177—201.  —  Ueber  eine  Leidener  Hs  und  ihre  Verwandtschaft  mit 
den  Wiener  Codices  handelt  E.  Mehler,  De  Cyrilli  archiepiscopi  Alezandrini  lexico  inedita 
Mnemosvne  3  (1854)  213— 225  und  353— 302.  Die  von  Mehler  geplante  Ausgabe  des  Kyrill 
kam  nicht  zu  stände.  —  Hesychii  Alexandrini  lexicon  ed.  Maur.  Schmidt,  vol.  4  (Jent 
1862)  339—368  enthält  Exzerpte  des  Kyrillischen  Lexikons  aus  Wiener,  Moskauer,  Lei- 
dener u.  a.  Hss.  Vgl.  in  demselben  Bande  S.  XLIII— LX  Schmidts  Abhandlung:  De  Cyrillu 
Alexandrino,  Athanasio,  Eudemo  personato  et  lexicis  Seguerianis,  wo  auch  die  Kyrillischen  Hss 
beschrieben  sind  und  die  ältere  Litteratur  aufgezählt  wird.  —  Mitteilungen  aus  Kopenhagener 
Handschriften  gab  Ch.  Graux,  Archives  des  missions  scientifiqnes  III.  s^rie  t.  6  (1880) 
198  ff.  —  Eine  Ausgabe  der  altern  Kyrillglossare  wird  vorbereitet  von  R.  Reitzenstein; 


6.  AltertnmawiBsenBchaft.    B.  Wörlerbüoher.    (§§  234-^236)  57 1 

vorerst  vgl.  seine  Bemerkungen  im  Rhein.  Mus.  43  (1888)  458  ff.  —  Hierher  gehört  ver- 
mutlich auch  C.  £.  Aurivillius,  Glossaria  mss  quae  in  bibl.  R.  Upsal.  asser  van  tur  1822 
(mir  nur  aus  der  Notiz  bei  Ch.  Graux,  Archives  des  missions  scientifiques  III.  s^rie, 
t.  15  (1889)  335,  bekannt). 

2.  Eine  Redaktion  des  Kvrill  steht  in  einer  Pariser  Hs  unter  dem  Titel:  Tov  ii^ 
€/yloig  nargog  r^fÄtoy  ^A^avuaiov  uftXQirttQxov  'jXB^avdQeiug  Xi^etg  iqfATivBfAivui  (sie!). 
Proben  bei  J.  A.  CIramer,  An.  Paris.  4  (1841)  201—215,  und  im  Hesychios  ed.  M.  Schmidt, 
vol.  4  S.  XLVII  ff. 

235.  Eudemos  (Evdrmoq).  Eine  der  Hauptquellen  des  Suidas  war 
angeblich  ein  Lexikon  unter  dem  Namen  des  Eudemos;  dasselbe  war 
nicht  nach  dem  Prinzip  der  Antistoechie,  sondern  nach  dem  gewöhnlichen 
Alphabet  geordnet.  Der  Verfasser  des  Lexikons  schwebt  in  der  Luft, 
ähnlich  wie  Philoxenos  und  Kyrillos;  wir  kennen  aus  Suidas  selbst  und 
aus  Doxopatres  einen  Rhetor  Eudemos  aus  Argos  als  Verfasser  eines 
Werkes:  üegi  Xe^ewv  ^yitoqixwv  und  eines  zweiten  (vielleicht  aber  mit  dem 
ersten  identischen?)  JIsq}  tcSv  nagd  toTg  ^rjTOQtfi  ^rjTov/iievwv.  Welcher 
Zusammenhang  aber  zwischen  jenen  alten  Werken  und  unserem  Lexikon 
besteht,  ist  nicht  bekannt.  M.  Schmidt  (Jahns  Jahrb.  71,  496)  glaubte, 
dass  das  Werk  jenes  alten  Eudemos,  den  er  um  das  Jahr  130  n.  Chr. 
setzt,  zwar  verloren  sei,  dass  aber  ein  Auszug  daraus  (eine  Swaycopj 
kciecov  xQTfiinwv)  zeitig  mit  Nachträgen,  namentlich  aus  Phrynichos  und 
Pamphilos,  versehen  und  in  dieser  Gestalt  in  vielen  Exemplaren  verbreitet 
worden  sei.  Von  diesem  vollständigen  Eudemos,  den  Suidas  benützt  haben 
soll,  würden  dann  unsere  Eudemoshandschriften  (in  Paris,  Florenz  und' 
Wien)  Auszüge  oder  Bearbeitungen  darstellen.  Ein  ganz  sicheres  Urteil 
über  diese  höchst  verwickelten  Dinge  Hesse  sich  erst  gewinnen,  wenn  die 
von  Boysen  in  Aussicht  gestellte  Ausgabe  des  Eudemos  vorläge.  Doch 
wird  schon  jetzt  aus  den  Untersuchungen  von  Schneck  und  Wentzel  ziem- 
lich klar,  dass  die  Pariser  und  die  Florentiner  bezw.  die  aus  ihr  stammende 
Wiener  Handschrift  des  Eudemos,  die  mit  dem  Cod.  Coisl.  177  eng  ver- 
wandt sind,  auf  eine  interpolierte  Epitome  des  Suidas  zurückgehen. 

Beschreibung  einer  Wiener  Handschrift  von  M.  Schmidt,  Sitzungsber.  Wien.  Ak. 
21  (1856)  288  f.  —  Vgl.  M.  Schmidt,  Jahns  Jahrb.  71  (1855)  481-500,  und  seinen 
Uesychius,  vol.  4  S.  XLIX—LX.  —  Car.  Boysen,  De  Harpocrationis  lexici  fontibus 
quaestiones  selectae,  Schriften  der  Univ.  Kiel,  28.  B.  1876,  gibt  Proben  des  Eudemos  und 
verspricht  eine  Ausgabe  desselben.  —  B.  Schneck,  Quaestiones  paroemiographicae  de 
codice  Coisliniano  177  et  Eudemi  quae  femntur  lexicis.  Diss.,  Breslau  1892.  —  G.  Wentzel 
handelt  Qber  Eudemos  in  seiner  Besprechung  von  C.  Boysens  Ausgabe  des  Buchstaben  A 
der  Svyaytoytj  (s.  S.  572),  Göttinger  Gel.  Anzeigen  1893  S.  27-46. 

236.  Die  Lexika  Segueriana  stehen  in  einer  ehemals  im  Besitze 
vonSeguier  befindlichen  Handschrift  des  11.  Jahrhunderts,  welche  jetzt  in 
der  Pariser  Bibliothek  als  Codex  Coislinianus  345  registriert  ist.  Sie 
enthält  eine  Menge  lexikalischer  und  syntaktischer  Sammlungen,  welche 
von  dem  Umfange  der  grammatischen  Studien  in  Byzanz  im  10.  und 
11.  Jahrhundert  ein  deutliches  Zeugnis  ablegen.  Den  Anfang  bildet: 
*AnoXXcDv(ov  aoq>iatov  Xs^ixov  xard  (fvo^x^Tov  rrjg  'Ihdiog  xai  'Odvaasiccg, 
Darauf  folgt  ein  Exzerpt  ^Ex  ttav  Oqvvi'xov  tov  ^ÄQQaßCov  rrjg  aotpufTixtjg 
TfQonaQaaxsvrjg,  des  Timäos  Platolexikon,  ein  Lexikon  zu  Herodot,  Moeris, 
zahlreiche  Sammlungen  von  Xä^stg  aus  den  heiligen  Schriften,  Scholien  zur 
Alexandra  des  Lykophron,  eine  Reihe  syntaktischer  Exzerpte  und  endlich 


572  Bysantiniiche  litteratargeachiobto.    L  Prosaisolia  Xitierainr. 

jene  fünf  anonymen  Stücke,  die  unter  dem  Namen  Lexica  Segue-| 
riana  bekannt  sind.  Vollständige  Inhaltsangabe  der  Handschrift  bei  L 
Bachmann,  Anecd.  Gr.  1  (1828)  V— X. 

An  1.  Stelle  ediert«  Bekker  aus  dem  Goislinianus  345  den  Phrynichos; 
dann  fünf  anonyme  Stücke,  nämlich  2.  *'AXXog  äXgxißrjTog,  von  Ruhnken 
Uvtiazzixi(TTi]g  betitelt  und  unter  diesem  Titel  von  I.  Bekker  henws- 
gegeben,  Anecdota  gr.  vol.  I  75 — 116.  Es  ist  eine  Sammlung  von  pole- 
mischen Bemerkungen  gegen  die  Regeln  der  Attizisten,  besonders  des 
Phrynichos.  Wie  weit  dieses  Werk  mit  der  aus  Suidas  bekannten  Schrift 
des  Oros  Kavd  dfQvvt'xov  zusammenhängt,  ist  nicht  festzustellen.  3.  n§Ql 
(Tvvtd^6(og.  JIoTa  tcov  ^rjfxaTwv  y^i'ix^^  xai  dotixT]  xal  ahiauxjj  (Tvwda» 
(Tovzai,  eine  alphabetisch  geordnete  Syntax  der  Kasusrektion.  Sie  ist  von 
Wert  durch  die  Menge  der  zitierten  Belege  aus  Rednern  und  Historikern, 
deren  Reihe  bis  auf  Prokop  von  Kaesarea  und  Petros  Patrikios  herab- 
reicht. Ed.  von  I.  Bekker,  Anecd.  gr.  I  117—180.  4.  Jixdv  ovofiata 
xavd  dX(fdßi]Tov.  Ed.  von  I.  Bekker,  Anecd.  gr.  I  181 — 194.  5.  Ah^€ig 
^i^TOQixaC^  ein  Wort-  und  Sachlexikon  in  (allerdings  nicht  strenge  durch- 
geführter) alphabetischer  Ordnung,  wichtig  durch  zahlreiche  Notizen  über 
griechische  Altertümer.  Hauptquelle  war  ein  Rednerlexikon.  Ed.  von  L 
Bekker,  Anecd.  gr.  I  195—318.  6.  ^vvaytüyiq  Xä^swv  xQj^ai^Kov  ix 
iia(pcQ(ov  aogxav  t€  xal  ^rjtoQoov  nokXwv.  Dieses  umfangreiche  Wörterbuch, 
ein  Hilfsmittel  für  griechische  Stilistik,  scheidet  sich  deutlich  in  zwei  ver- 
schieden gearbeitete  Teile,  von  welchen  der  eine,  sehr  reichhaltige  den 
Buchstaben  A,  der  andere,  dürftige  die  übrigen  Buchstaben  umfasst.  Der 
Kern  des  ganzen  Wörterbuches  geht  vielleicht  auf  das  Lexikon  des  Kyrill 
zurück.  Die  erwähnte  Ungleichheit  beruht  darauf,  dass  im  Buchstaben  A 
von  einem  Gelehrten  eine  bedeutende  Glossenmasse  aus  Phrynichos,  Aelios 
Dionysios,  Pausanias  u.  a.  eingeschaltet  wurde,  so  dass  jetzt  in  diesem 
Buchstaben  eine  doppelte  Glossenreihe  zu  bemerken  ist.  Dasselbe  Lexikon 
steht  auch  in  dem  älteren  Codex  Goislinianus  347,  doch  ohne  die  er- 
wähnte doppelte  Glossenschicht  in  Littera  A,  L  Bekker,  Anecd.  gr.  I 
319—476,  edierte  nur  den  Buchstaben  A;  die  ganze  JSvvaYoayrj  edierte  in 
seiner  dilettantenhaften  Weise  L.  Bachmann,  Anecd.  Graeca  I  1 — 422; 
endlich  edierte  den  Buchstaben  A  aus  dem  Cod.  Coislin.  347  (mit  Pariülelen 
aus  verwandten  Wörterbüchern)  C.  Boysen,  Lexici  Segueriani  Svvaymyr^ 
lt^€(ov  xQt^aii^icov  inscripti  pars  prima  (A),  Marburg  1891.  Von  grosster 
Wichtigkeit  ist  natürlich  auch  bei  diesen  Wörterbüchern  die  Untersuchung 
ihrer  Quellen  und  ihrer  gegenseitigen  Verwandtschaft;  doch  hat  die  Foi*- 
schung  hier  noch  nicht  viel  gefördert,  und  aus  dem  flutenden  Chaos  von 
Behauptungen,  Widersprüchen,  Möglichkeiten  und  Vermutungen  treten  die 
wirklich  sicheren  Ergebnisse  nur  wenig  hervor. 

1.  Ausgabe  von  I.  Bekker,  Anecd.  gr.  1  (Berolini  1814)  75—476,  dazu  annotatio 
critica  in  vol.  3  (Berolini  1821)  1074  ff.  —  Das  6.  Stück  vollständig  von  L.  Bachmann 
(s.  den  Text).  —  Vgl.  Photii  lexicon  ed.  Naber,  Prolegomena  S.  95— 105;  127—164;  173 
bis  184.  —  Hesycbius  ed.  M.  Schmidt,  vol.  4  S.  XLIII  ff.  und  Jahns  Jahrb.  71  (1855) 
482  ff.  —  Fr.  Ritschi,  Thomae  Magistri  ecloga,  Prolegom.  73;  77  und:  De  Oro  et  Orione 
43;  58  u.  s.  w.  =  Opuscula  I  628;  646  u.  s.  w.  (s.  den  Index).  ~  Car.  Boysen,  De 
Harpocrationis  lexici  fontibus,  Schriften  der  Universität  Kiel,  23.  B.  1876.  —  L.  Cohn, 
Untersuchungen  über  die  Quellen  der  Platoscholien,  Jahns  Jahrb.  Supplementb.  13  (1884) 


6.  Altertamawistfenaohaft.    B.  Wörterbücher.  '  (§  237)  573 

813  ff.  —  C.  Z.  Boer,  De  tertio  lexico  Bekkeri,  Diss.  Lugd.  Bat.  (mir  uuzugäDglich).  -^ 
J.  Sicking,  Adnotationes  ad  Antiatticistam,  Amstelodami  1883  (mir  unzugänglich)  —  P. 
Roellig,  Quae  ratio  inter  Photii  et  Suidae  lexica  intercedat,  Halle  1887,  sowie  die  übrige 
zu  Photios  und  Suidas  angeführte  Litteratur.  —  Zu  der  Ausgabe  von  C.  Boysen  (s.  o.) 
vgl.  die  Besprechungen  von  G.  Wentzel,  Göttinger  Gel.  Anzeigen  1893  S.  27—46,  und 
R.  Reitzenstein,  Berl.  philol.  Wochenschr.  1893  S.  103  ff.,  137  ff.  —  Eine  Nachkollation 
der  Ivyaytyyrj  des  Cod.  Coisl.  345  (Litt.  B—Ü)  gab  H.  Lieberich,  Die  handschriftliche 
Ueberliefemng  des  Bachmannschen  Lexikons,  Abhandlungen  etc.  W.  v.  Christ  dargebracht, 
Manchen  1891  S.  264—279.  Vgl.  die  Nachträge  von  L.  Cohn,  Berl.  philol.  Wochenschr. 
1893  S.  82  f. 

2.  Zu  dem  lexic.  Seg.  TIbqI  avvxa^Btog  vgl.  das  anonyme  StQck  JIbqI  xrjg  xuiv  ^rjfid^ 
Twy  avyrd^etüs  xard  tovs  TtaXaiovs,  ed.  von  L.  Bachmann,  An.  gr.  2  (1828)  289—316, 
nnd  die  mit  Beispielen  aus  den  heiligen  Schriften  belegten,  alphabetisch  geordneten  syntak- 
tischen Regeln  bei  J.  A.  Cr  am  er.  An.  Oxon.  4  (1837)  275—307,  mit  dem  wunderlichen 
Titel :  ''^QXtj  cvy  &€t^  rtüy  cvyT€(^€ü}y  mag  dsi  6<peiXei.y  (!)  avytäaaeiy  Jfig  ^f^fianxdg  Xi^Btg  iv 
T€(tg  Tov  oy6fi€(Tog  nxtacBCi.  Wie  notwendig  solche  syntaktische  Vorschriften  für  die  dem 
Leben  immer  mehr  entfremdete  byzantinische  Kunstgräzität  wurden,  zeigt  die  unerhörte 
Verwirrung  der  Kasusrektion,  wie  sie  sich  in  vielen  byzantinischen  Schriftwerken,  z.  B.  in 
der  Vita  Euthymii  (s.  S.  313)  breit  macht. 

3.  Weit  verbreitet  waren  im  Mittelalter  Wörterverzeichnisse  zur  Erleichterung  des 
Verständnisses  der  hl.  Schriften  und  der  Kirchenlieder;  vielfach  wurden  diese  Glossae 
sacrae  auch  in  profane  Wörterbücher  hineingearbeitet.  Ein  Verzeichnis  von  Ai^Big  rrjg 
oxTarevxov  u.  s.  w.  bei  L.  Bachmann,  An.  gr.  I  S.  VII  f.;  ebenda  S.  450—459  ein  kleines, 
wertloses  Lexikon  zu  Kirchenliedern. 

4.  Eine  Art  von  Kommentar  zu  Dionysios  Thrax  und  Theodosios  von  Ale- 
xandria bildet  das  dürftige  Ab^kov  jtjg  yQ€t(A(Aitxix^g  in  Bachmanns  An.gr.  1425-450. 
Vgl.  Dionysii  Thracis  ars  gramm.  ed.  G.  Uhlig,  Proleg.  S.  40  f.,  und  A.  Hilgard,  Gramm, 
gr.  IV  2  S.  CXXIX  f. 

5.  Mitteilungen  über  den  Cod.  Marc.  gr.  433,  s.  13,  der  Lexika  zu  Demosthenos, 
juristische  nnd  andere  Glossen  enthält,  gibt  Hugo  Rabe,  Fhacaa^,  Rhein.  Mus.  49  (1894) 
625  ff. 

6.  Voces  animalium.  Spezielle  Beachtung  fanden  in  der  lexikalischen  Litteratur 
die  Ausdrücke  für  die  Stimmen  der  Tiere,  die  wiederholt  sorgfältig  zusammengestellt 
wurden.  Proben  aus  Hss  und  reichliche  Nachweise  der  älteren  Litteratur  bei  Guil. 
Studemund,  Auccd.  varia  graeca  1  (1886)  102—105.  —  Hauptschrift:  Fr.  Bancalari, 
Snl  trattato  greco  De  vocibus  animalium,  Studi  italiani  di  iilol.  classica  1  (1893)  75—96; 
512.  —  Einen  Nachtrag  lieferte:  Niecola  Festa,  Ancora  Voces  animalium,  Studi  italiani 
di  filol.  classica  3  (1895)  496. 

7.  Ein  synonymisches  Lexikon  (Svyaytüyiq  tojy  ngog  diaqiOQuy  arjfAttiyofiiytav 
X&^Buty  xard  aroe/frov)  ed.  aus  Cod.  Paris.  2552  Fr.  Boissonade,  Not.  et  exta*.  13  (1838) 
2,  133—161.  —  Ueber  die  Hs  vgl  Boissonade,  An.  gr.  3  (1831)  229. 

237.  Die  etymologischen  Lexika.  Eine  besondere  Gruppe  bilden 
in  der  grammatischen  Litteratur  der  Byzantiner  einige  unter  sich  ver- 
wandte grössere  und  kleinere  Wörterbücher,  welche  von  den  anderen  lexi- 
kalischen Werken  wie  denen  des  Photios,  Kyrillos,  Zonaras  sich  vor  allem 
dadurch  unterscheiden,  dass  sie  neben  der  Erklärung  der  Wörter  die  Ab- 
leitung in  hervorragender  und  charakteristischer  Weise  berücksichtigen. 
Für  keinen  Teil  der  Grammatik  ist  die  vergleichende  Sprachwissenschaft 
so  unentbehrlich  wie  für  die  Etymologie;  daher  ist  es  nicht  zu  ver- 
wundern, dass  gerade  sie  die  schwächste  Seite  der  griechischen  Grammatik 
bildet.  Die  Byzantiner,  die  all  ihr  grammatisches  Wissen  aus  den  Alten 
schöpften,  haben  diese  Disziplin  nicht  gehoben,  sondern  noch  vergröbert 
und  verwässert.  Infolgedessen  ist  die  Etymologie,  die  uns  in  den  ge- 
nannten Lexika  geboten  wird,  ein  wahres  Zerrbild  der  heutigen  Wissen- 
schaft dieses  Namens.  Bezeichnend  für  die  Unsicherheit  der  byzantinischen 
Etymologien  ist  es  namentlich,  dass  sie  sich  selten  mit  einer  Ableitung 
zufrieden  geben,  sondern  daneben  noch  eine  zweite,  dritte,  vierte,  fünfte, 
sechste  zur  gefillligen  Auswahl  vorlegen.    Als  Beispiel  diene   der   erstQ 


574  Bysanünische  Lütoratargesohichte.    L  ProMdselie  Uiieraiiir. 

Artikel  des  Etymologicum  Magnum:  "AX(pa  %6  atoix^Tov^  nagd  %6  aX^M  wl 
€vq{(Tx(ü  •  TiQiüTOV  yciQ  Tcov  alXcov  axotxeioiv  evQtx^r],  *H  and  tov  xavd  dfimßif] 
noXiT€v€a&ai  -  ak(p€iv  yaQ  %6  äueißeiv.    Eine  wahre  Musterkarte  von  Ei 
fällen  enthält  u.  a.   der  Artikel:  "Avx^qoinog,     Hagd  to  ävta    x^Qstv  ^ywt I 
ai'Cö  ßXhTisiv  •  ^iovoq  yccQ  tdSv  aXkiov  ^(licov  6  üvd-Qoanoq  av(o  ßkänei,    H  nütfi 

rr   dvax^Qeiv  a  07i(07t€v,  rjyovv  dvaXoyi^ea&ai   a  eJie  xal  ijxowre Hl 

Trauer  rd  rfpw,  to  ßkeitco,  arSgcoTiog  xai  avd-Qwnog.  "H  nagd  %6  avta  ^4n&9^ 
dvfüQOTtoq  %ig  «V  u.  s.  w.  Die  Ordnung  dieser  Lexika  ist  die  gewöhnliche 
alphabetische,  nicht  die  antistoechische ;  doch  ist  die  Reihenfolge  mcht 
streng  eingehalten  und  bald  mehr,  bald  weniger  verwirrt.  Bisher  sind 
folgende  Vertreter  dieser  Gattung  bzw.  folgende  Redaktionen  bekannt  ge- 
worden: 1.  Das  sogenannte  Etymologicum  Magnum,  ^Etv^ioXoyixov  fiiya 
xar  dkipäßrjTov.  2.  Das  Etymologicum  Gudianum,  so  genannt,  wdl 
es  in  einer  ehemals  dem  Gudius  gehörigen  Handschrift  in  Wolfenbüttel 
erhalten  ist.  3.  Das  Etymologicum  Angelicanum  in  einer  sehr  ver- 
dorbenen Handschrift  der  angelikanischen  Bibliothek  in  Rom,  nahe  ver- 
wandt mit  dem  Gudianum.  4.  Das  Etymologicum  Florentinum  in  einw 
Handschrift  der  Bibliotheca  Laurentiana.  5.  Das  Etymologicum  Flo- 
rentinum parvum  in  derselben  Florentiner  Handschrift.  Es  zeigt  grosse 
Verwandtschaft  mit  dem  Gudianum. 

Nachdem  dieser  handschriftliche  Thatbestand  in  gi-ossen  Zwischen- 
räumen allmählich  ans  Licht  gezogen  war,  erhob  sich  hier  wie  in  der  ge- 
samten grammatischen  Litteratur  der  Byzantiner  die  Forderung,  das  diplo- 
matische und  genealogische  Verhältnis  dieser  Werke,  die  alle  unter 
sich  verwandt  sind,  näher  zu  bestimmen  und  die  Originalwerke  heraus- 
zuschälen. Die  neueren  Untersuchungen  ergaben  hierüber  folgendes:  Das 
unter  dem  Namen  Etymologicum  Magnum  gehende  Werk  trägt 
diesen  Namen  mit  Unrecht;  er  ist  ihm  willkürlich  vom  ersten  Heraus- 
geber Musurus  (Kalliergis?)  beigelegt,  der,  um  dies  zu  verbergen,  sogar 
einige  Quellenangaben  im  Werke  änderte.  In  Wahrheit  wird  nämlich  als 
Hauptquelle  ein  ^Etvfuokoyixov  fiäya  und  ein  'ExvfAoXoyixov  aXXoj  neben 
diesen  das  ^iV«<^«^>'-Lexikon  und  eine  Sammlung  ^Empegiafioi  genannt.  So- 
wohl dieses  echte  'ETVfioXoyixov  (itya^  als  das  ^EvvfjLoloyixdv  aXXo  sind, 
wie  R,  Reitzenstein  dargelegt  hat,  gesondert  erhalten;  deis^ETVfAoloytxov 
fiäya  steht  in  zwei  Handschriften,  in  dem  von  Reitzenstein  gefundenen  Vati- 
canus  Gr.  1818  (saec.  10)  und  im  Florent.  S.  Marci  304  (saec.  10),  aus 
welchem  E.  Miller  dasselbe  als  Etymologicum  Florentinum  veröflfentlieht 
hat;  dazu  kommen  mehrere  Auszüge  und  Überarbeitungen.  Das  ^EvvfAo- 
Xoyixov  uXXo  ist  in  sehr  vielen  Handschriften  aufbewahrt,  von  denen  bis 
jetzt  als  die  beste  der  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  172  gilt. 

Das  echte  'EvvfxoXoyixov  ixäya  entstand  in  der  zweiten  Hälfte  des 
10.  Jahrhunderts,  also  um  die  Zeit,  in  welcher  solche  Sammlungen  im 
grösseren  Stil,  zum  Teil  durch  die  Anregungen  des  Konstantin  Porphyro- 
gennetos,  beliebt  geworden  waren  und  auch  Suidas  sein  Lexikon  abfasste. 
Als  Quellen  des  sogenannten  Etymologicum  Magnum  bzw.  seiner  zwei 
Hauptbestandteile,  des  ^Exvf^iokoyixov  fit'ya  und  des  'Ervfioloyixdv  aXko,  er- 
geben sich  das  hauptsächlich  aus  Homerepimerismen  gezogene  Werk  des 


6.  AltertnniswiMenBchaft.    B.  Wörterbücher.    (§  2S7) 


575 


"Methodios,  das  auch  in  dem  sogenannten  AtfitoSsTv-Lexikon  {aifiwieiv 
^^'bis  cfcw/rdc),  sowie  in  den  von  Gramer,  An.  Oxon.  vol.  L,  herausgegebenen 
=^nifA€Qicfioi  fol.  71  'A€i  bis  fol.  85,  19  'A<y<fäyaQog  verarbeitet  ist,*)  rhe- 
■Vtorische  Lexika  wie  Aelios  Dionysios  und  Pausanias,*)  Diogenianos, 
Orion,  Oros,  Scholien  zu  Homer,  Hesiod  und  anderen  Dichtern.  Ferner 
dienten  als  Vorlagen  das  Werk  des  Epiphanios  JIcqI  fusTQtov  xal  axaO^ixm^ 
"  des  Aristonikos  Buch  ÜBql  'AQifrvccQxov  ürjfxsiwv  ^OfxrJQov,  die  Grammatiker 

-  Herodianos,  Choiroboskos  und  Theognostos,   des   Zenobios  Kom- 

-  mentar  zum  ^FrjfiaTixov  des  ApoUonios,   der  das  ApoUonianische  Gut  ver- 
"^mittelte;  vielleicht  sind   auch  noch  andere  Kommentare  des  Zenobios  zu 
-::  ApoUonios  als  Quellen  anzunehmen.   Die  grösste  Schwierigkeit  der  Unter- 
suchung  liegt   wie  bei  Photios  und  Suidas  in  der  Unterscheidung   mittel- 

~  barer  und  unmittelbarer  Benützung  der  erkennbaren   Quellen,   und  durch 
weitere  Forschung  wird  die  vermeintliche  Mannigfaltigkeit  direkter  Vor- 

-  lagen  wohl  auch  hier  noch  bedeutend  zusammenschrumpfen. 

1.  Ausgaben:  Das  sogenannte  Etymologicum  Magnum:  Ed.  pr.  M.  Musurus 
opera  Zach.  Calliergis,  Venetiae  1499.  Eine  genaue  Beschreibung  dieser  Ausgabe  gibt 
E.  Legrand,  Bibliogr.  hell.  I  55  ff.  —  Ed.  Aldus,  Venetiae  1549.  —  Ed.  Fr.  Sylburg, 
Heidelberg  1594  (tüchtige  Leistung).  —  Ed.  H.  Schaefer,  Leipzig  1816  (nur  verbesserter 
Abdruck  der  Ausgabe  Sjlburgs).  —  Jetzt  ist  nur  zu  benutzen:  Etymologicum  Magnum  etc. 
ad  codd.  mss  recensuit  et  notis  variorum  instruxit  Thomas  Gaisford,  Oxonii  1848  (mit 
einem  Autoren-,  Wort-  und  Sachindex).  —  Etymologicum  Gudianum:  Ed.  Fr.  G.  Sturz, 
Lipsiae  1818  (blosser  Abdruck  der  verdorbenen  Handschrift).  Eine  neue  Ausgabe  des  Et. 
Gud.  ist  in  Aussicht  gestellt  von  0.  Carnuth  (s.  Berliner  phil.  Wochenschrift  1890  S.  42f.). 
—  Etymol.  Angelicanum:  Kurze  Beschreibung  von  Fr.  Ritschi,  Opuscula  1  (1866) 
674—692.  —  Etymol.  Florentinum  und  EtymoL  parvum  ed.  E.  Miller,  Mölanges 
de  litt^rature  grecque,  Paris  1868  S.  11—318;  319—340.  —  Auszüge  aus  Pariser  Hsa 
etymologischer  Lexika  gab  J.  A.  Gramer,  An.  Paris.  4  (1841)  3  —  176.  —  üeber  ein  *Exv(ao^ 
Xoyixoy  Ivfietovog  jov  (AsyuXov  ygafifiatiKov  in  einem  Codex  Parmensis  gibt  eine  hand- 
schriftliche Notiz  mit  einer  Probe  aus  Litt.  B  GuiLStudemund,  Anecdota  varia  Graeca 
1  (1886)  113  f.  —  üeber  eine  Hs,  welche  ein  mit  dem  Etym.  Gud.  verwandtes  Werk  fragmen- 
tarisch enthält,  vgl.  G.  Tischendorf,  Notitia  edit.  cod.  biblion  Sinaitici,  Lipsiae  1860  8.  63. 

2.  Hilfsmittel:  L.  Eulenkamp,  Specimen  emendationum  et  observationum  in 
Et.  Magnum,  Göttingen  1765.  —  Zu  den  Handschriften  des  Etym.  Gud.  s.  Zimmermanns  Zeit- 
schrift für  die  Altertumswissenschaft  7  (1840)  N.  145  ff.  —  Besprechung  der  Ausgabe  Gaisfords 
von  F.  W.  S.  (Schneidewin?)  in  den  Götting.  Gel.  Anzeigen  1848  S.  1777— 1797.  —  Fr. 
Ritschi,  De  Oro  et  Orione  in  den  Opuscula  I  596  ff.,  und:  Thomae  Magistn  Ecloga,  Proleg. 
8.  16;  64;  70.  —  A.  Naber,  Photii  lexicon  voL  I  Proleg.  167—173.  —  0.  Carnuth, 
Zum  Etymologicum  Magnum,  Jahns  Jahrb.  107  (1873)  240.  —  0.  Carnuth,  De  Etym. 
Magni  fontibus,  pars  I,  Berolini  1873;  pars  H,  Jever  1876.  —  0.  Carnuth,  Quellenstudien 
zum  Etym.  Gudianum,  p.  I  und  II,  zwei  Progr.,  Danzig  1880  und  1889.  —  0.  Carnuth, 
Quellenstudien  zum  Etymologicum  Gudianum.  Jubiläumsschrift  f.  d.  Alberiusuniversitfit 
Königsberg  1894.  —  0.  Carnuth,  lieber  das  Verhältnis  des  Etymologicum  Gudianum  zu 
dem  sogenannten  Etymologicum  Magnum  genuinum.  Festschr.  zum  50jährigen  Doktorjubiläum 
L.  Friedländers,  Leipzig  1895  S.  67  —  104.  Dazu  die  berichtigende  Kritik  von  R.  Reitzenstein, 
Etymologicum  Gudianum  und  Genuinum  in  ihrer  neuesten  Behandlung,  Berliner  philol.  Wochen- 
schr.  1895  Nr.  25—27,  8.  793  ff.,  825  ff.,  856  ff.  —  Gegen  Reitzensteins  Kritik  richtet  sich: 
O.  Carnuth,  Das  Etymologicum  Florentinum  Parvum  und  das  Etymologicum  Magnum  Genui- 
num, Festschr.  z.  70.  Geburtstage  Oskar  Schades,  Königsberg  1896  S.  1—42.  —  G.  Schoe- 
mann,  De  Etym.  Magni  fontibus,  p.  I  und  II,  zwei  Progr.,  Danzig  1881  und  1887,  p.  III  in 
den  Commentat.  in  honorem  G.  Studemund,  Argentorati  1889  S.  121—128.  —  Aug.  Brosow, 
Quomodo  sit  Apollonius  sophista  ex  Etym.  Magno  explendus  atque  emendandus,  Diss., 
Königsberg  1884.  —  Henr.  Heyden,  Quaestiones  de  Aelio  Dionysio  et  Pausania  atticistis 
Etym.  Magni  fontibus,  Diss.,  Leipzig  1885  (=  8.  Band  der  Leipziger  Studien).  —  A.  Kopp, 


^)  Nach  einer  privaten  Mitteilung  von 
R.  Reitzenstein. 

')  Nach  Heyden,  dem  auch  BOllig,  Quae 


ratio  inter  Photii  et  Suidae  lexica  intercedat, 
S.  22  beistimmt. 


576  Bysantinische  LitierainrgeBchiohte.    L  Proaaiaoha  Liiteffttar. 

De  Ammonii,  Eranii,  aliorum  distinctionibus  synonymicis,  Dies.,  Königsberg  1883  S.  72—105, 
und:  Zur  Quellenkunde  des  Etym.  Magnum,  Rhein.  Mus.  40  (1885)  371—376,  und:  Herodiao- 
fragmente,  Jahns  Jahrb.  133  (1886)  253-260.  —  R.  Reitzenstein,  Zu  den  Quellen  im 
sogenannten  Etym.  Magnum,  Philologus  48  (1889)  450—455  und  49  (1890)  400—420.  - 
R.  Reitzenstein,  Das  echte  *EtvfAoXoyix6y  fisya,  Verhandlungen  der  40.  deutsclien  Philo- 
logenvers., Leipzig  1890  S.  403—408.  —  R.  Reitzenstein,  Zu  den  Pausanianfloholien, 
Hermes  29  (1894)  231—239  (über  ein  unter  dem  Patriarchat  des  Photios  zusammengesAelltM 
Etymologicum,  das  den  genannten  Scholien  als  Quelle  diente).  —  Erklärung  einer  61<mm 
des  Etym.  Florentinum  von  C.  Cr<usius>,  Philologus  54  (1895)  395.  —  Aeltere  Beitrftgt 
zu  einzelnen  Stellen  des  E.  M.  verzeichnet  W.  Engel  mann,  Bibliotheca  scriptomm  clani- 
corum  1»  (1880)  302. 

3.  Als  eine  Quelle  des  Etymologicum  Magnum  galt  frtlher  ein  Sammelwerk: 
Kayoytoy  SrjaavQogi  das  unter  dem  stolzen  Namen  des  Jüngeren  Aristarch*  im  Cod. 
Paris.  2544  (saec.  16)  erhalten  ist.  S.  z.  B.  I.  Bekker,  Anecdota  lll  1400,  und  S<chneide- 
win>,  Götting.  Gel.  Anzeigen  1848  S.  1792.  In  Wahrheit  ist  dieser  Jfingere  AriBtarch' 
einer  jener  Griechen  des  16.  Jahrhunderts,  die  sich  zu  Erwerbszwecken  mit  der  Verferti- 
gung angeblicher  alter  Autoren  befassten.  Das  Machwerk,  dem  der  Fälscher  zur  Be- 
glaubigung den  Namen  des  jüngeren  Aristarch  und  sogar  ein  iniyQaftfia  adtjXoy  Torsetcte, 
ist  eine  Komposition  aus  dem  Etym.  Magnum  und  einigen  anderen  grammatischen  Schrifteo. 
W.  C.  Kayser,  De  Aristarchi  aetate  minoris  canonibus,  Philologus  13  (1858)  59—67,  und: 
Gymnasialprogr.,  Sagan  1862. 

4.  Das  von  Litt.  M—£l  reichende  Bruchstück  eines  orthographischen  Lexikons, 
welches  mit  Theognost  und  dem  Etymologicum  Magnum  verwandt  ist  und  eine  An- 
zahl Dichter-  und  Prosaikerfragmente  birgt,  ed.  aus  dem  Cod.  S.  Salvatore  118  in 
Messina  H.  Rabe,  Lexicon  Messanensc  de  iota  adscripto,  Rhein.  Mus.  47  (1892)  404—413; 
dazu  Nachtrag,  Rhein.  Mus.  50  (1895)  148—152.  —  Auszüge  aus  einem  in  vielen  Hss 
vorkommenden,  bes.  aber  im  Cod.  Vatic.  gr.  23  vollständig  überlieferten  orthographischen 
'JyTiajoixaQtoy^  das  als  Hilfsmittel  zur  Ergänzung  und  Berichtigung  der  Glossen  des 
Hesychios  von  Wert  ist,  gibt  R.  Reitzenstein,  Inedita  poetarum  graecorum  fragmenta. 
Index  lectionum  für  das  Wintersemester  1892,93.  Rostock  1892  S.  8  ff.  —  Ein  Bruchstück 
eines  orthographischen  Lexikons  ed.  Fr.  0 eh  1er,  Fragmentum  glossarii  veteris  graeci  ex 
apographo  codicis  alicuius  Barocciani,  Gymnasialprogr.,  Halle  1849  (Inc.  j4  ßga/vretM  atcrt 
tpiXovTttt).  —  Ein  pneumatologisches  Lexikon  ed.  E.  Miller,  Annuaire  de  rassoc.  8  (1874) 
222—284.  Berichtigungen  dazu  von  0.  Carnuth,  Bursians  Jahresber.  über  die  Fortschritte 
der  klass.  Altertumswiss.  5  (1878)  139—141. 

288.  Das  Lexicon  Vindobonense  ist  ein  Wörterbuch  ohne  streng 
alphabetische  Reihenfolge,  in  welchem  zu  den  einzelnen  Wörtern  zahlreiche 
Belege  aus  Dichtern  und  Prosaikern  zitiert  werden.  Als  Autor  des  Werkes 
ist  durch  einen  im  Jahre  1343  geschriebenen  Codex  Vaticanus  ein  gewisser 
Andreas  Lopadiotes  erwiesen  worden,  der,  wie  seine  Zitate  aus  Gregor 
von  Cypern  darthun,  in  der  ersten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  schrieb. 
S.  Guil.  Studemund,  Anecdota  varia  Graeca  1  (1886)  105.  Den  Wert 
dieser  Kompilation  bezeichnet  Nauck  durch  den  Satz  des  Athenaeos  (XV 
p.  666  A.):  €1  fii]  laTQoi  ijcav,  ovdh'  äv  r^v  tm'  yqaiinatixm*  fxtogorsQOV 
und  bemerkt  dazu:  Virtutes  eins  nullae  sunt,  vitia  innumera,  Stupor  in- 
credibilis.  Allerdings  geht  aus  den  angeführten  Beispielen  hervor,  dass 
hier  der  Gipfelpunkt  des  Blödsinnes  und  der  Unwissenheit  erreicht  ist.  Der 
Autor  kennt  das  Griechische  nicht  und  kompiliert  nachlässig  und  stumpf- 
sinnig aus  fremden  Quellen,  wiederholt  dieselben  Dinge  an  verschiedenen 
Stellen  und  verwirrt  die  Angaben  seiner  Vorlagen.  Doch  enthält  das 
sonst  so  entsetzliche  Machwerk  Verse  aus  Sophokles  und  Pherekrates,  die 
sonst  nicht  überliefert  sind,  und  nützt  auch  zur  Emendation  einiger  Autoren 
wie  des  Maximos  Tyrios,  Libanios  und  besonders  des  Himerios.  Haupt- 
quelle ist  die  Epitome  des  Harpokration. 

1.  Das  Lexicon  Vindobonense  pr.  ed.  («vel  potius  abdidit*  wie  Naack  S.  lU 
richtig  bemerkt)  Theod.  Bergk  in  Programmen  der  Universität  Halle  1859-1862  (unter 
dem  Titel:  Etymologicum   Vindobonense).    —   Lexicon   Vindobonense  rec.   et  adnotatione 


6.  AltertamBwiBseiiBchftft.    B.  Wörterbücher.    (§  238)  577 

critica  instnixit  Aug.  Nauck,  Petropoli  1867.  —  Vgl.  die  Besprechung  von  A.  Hart^ 
Jahns  Jahrb.  99  (1869)  49—56,  wo  namentlich  die  Quellen  des  Lex.  Vindob.  erörtert  sind/ 
und  die  ausführliche  Anzeige  des  ganzen  Bandes  von  £.  Miller,  Journal  des  Savants 
1870  S.  159—177.  —  Nachtrag  von  A.  Nauck,  Bulletin  de  TAcad.  Imp.  des  Sciences  de 
St.-P^ter8bourg  17  (1872)  274  f.  =  Mölanges  gr6co-rom.  3,  343  f. 

2.  Unter  den  Quellen  des  Lexicon  Vindobonense  war  ein  Attizistenwerk  (viel- 
leicht eine  Epitome  des  Aelios  Dionjsios),  das  auch  vom  Antiattizisten  und  vom  Autor 
der  durch  seltene  sprachliche  Bemerkungen  und  durch  Dichterfragmente  ausgezeichneten 
Tej^yoXoyiai  des  Cod.  Vatic.  gr.  12  benutzt  worden  ist.  Auszüge  aus  diesen  TexyoXoyiai 
und  QueUennach weise  bei  R.  Reitzenstein,  Inedita  poetarnm  graecornm  fragmenta. 
Index  lectionum  für  das  Wintersemester  1892,93.    Rostock  1892  S.  3  ff. 

3.  Andreas  Lopadiotes,  der  Autor  des  Lexikon  Vindobonense,  scheint  einmal 
auch  der  kirchlichen  Muse  geopfert  zu  haben.  Ein  ihm  zugeschriebenes  Epigramm  Ei^ 
7f]y  aravQwaiy  od.  E.  Miller,  Manuelis  Philae  carmina  1  (1855)  433. 

4.  Mit  dem  Lexikon  Vindobonense  ed.  A.  Nauck  als  Appendix  ausser  denS.  77 
und  532  notierten  Schriften  des  Photios  und  Tzetzes  mehrere  nach  den  Hss,  aus  denen 
sie  entnommen  sind,  benannte  grammatische  Schriften:  Grammaticus  Ambrosianus, 
Grammaticus  codicis  Hamburgensis,  Grammaticus  Romanus  de  notis  veteruiii 
criticis,  Grammaticus  Venetus  et  Bodleianus,  Grammaticus  Uarleianus, 
Grammaticus  Parisinus;  ausserdem:  Polvbius  de  barbarismo  et  soloecismo, 
einen  Anonymus  Über  dasselbe  Thema,  zwei  Schriften  des  Herodian,  eine  anonyme  Schrift 
über  die  lyrischen  Dichter,  grammatische  Exzerpte  aus  Codd.  Barocciant 
und  das  Lexicon  Cantabrigiense.  Die  meisten  der  genannten  Schriften  waren  schon 
früher  von  Gramer,  Boissonade,  Keil,  Schneidewin,  Bergk  u.  a.  ediert  worden;  s.  die 
Litteratumachweise  bei  Nauck.  Unter  diesen  Stücken  beansprucht  die  erste  Stelle  das 
Lexicon  Cantabrigiense,  ein  altes,  höchst  wertvolles  rhetorisches  Wörterbuch,  das  am 
Rande  der  Harpokrationhandschrift  von  Cambridge  erhalten  ist.  Zu  vergleichen  ist  viel- 
leicht die  von  E.  Miller  aus  dem  Orient  mitgebrachte  Schrift  *Fjt  rtuy  KXavdiov  KaaiXtayog 
Tteol  Tüiy  Tiagd  roTg  'Jmxoig  ^rogoi  l^rjzovfjiivtay.  Das  Lex.  Cantabr.  veröffentlichte 
Dobree,  zuerst  mit  dem  Lexikon  des  Photios,  London  1822  (wiederholt  Leipzig  1828);. 
dann  separat  unter  dem  Titel:  Lexicon  rhetoricum  Cantabrigiense  etc.  exscripsit  eo  consilio, 
ut  ederetur  P.  P.  Dobree,  Cantabrigiae  1834.  —  Ed.  Ed.  Meier.  Halle  1843.  —  Ed. 
A.  Nauck  mit  dem  Lexicon  Vindobonense  S.  329— 358;  vgl.  Prooera.  S.  42  f.  —  Endlich: 
Lexicon  rhetoricum  Cantabrigiense  rec.  et  annot.  critica  instruxit  E.  0.  Houtsma,  Lug-, 
duni  Batavorum  1870,  mit  einer  länglichen,  aber  inhaltsarmen  Einleitung. 

5.  Phavorinus  (Favorinus)  nicht  zu  verwechseln  mit  dem  Sophisten  Favorinus  aus 
der  Zeit  des  Hadrian,  mit  vollem  Namen  Varinus  Phavorinus  Camers  (d.  h.  Varinus  aus 
Favere  bei  Camerino),  ein  italienischer  Benediktiner,  der  Schüler  des  Johannes  Laskaris,. 
Lehrer  Leos  X,  seit  1512  Vorstand  der  mediceischen  Bibliothek  zu  Florenz,  später  Bischof 
von  Nuceria  war  und  1537  starb,  kompilierte  aus  Suidas,  dem  Etymologicum  Magnum, 
Piustathios,  Moschopulos,  Thomas  Magister  u.  a.  ein  grosses  Wörterbuch  der  griechi- 
schen Sprache,  welches  u.  a.  von  dem  falschen  Philemon  ausgebeutet  wurde:  Miya  xal 
nüyv  oiffiXifAoy  Xe^ixoy^  oncQ  BaQiyog,  4^aß<oQiyogy  KfifitjQg,  6  NovxaiQiag  inlaxonog,  ix 
-noXXwy  xal  dia<p6Qtoy  ßißXlmy  xaxd  aroixeioy  avyeXe^ato,  Zuerst  gedruckt  Romae  1523; 
wiedt^rholt  Basileae  1538;  endlich  vermehrt  Venetiis  1712.  Doch  ist  für  wissenschaftliche 
Zwecke  nur  die  ed.  Rom  an  a  zu  benützen,  nicht  die  ed.  Veneta,  welche  z.  B.  Ritechl 
heranzog.  —  Vgl.  Suidae  et  Phavorini  glossae  sacrae  em.  et  ill.  J.  Chr.  Gottlieb  Ernesti, 
Lip8iael786.  —  Fr.  Osann,  Quaestionum  Homericarum  particula  lII,  Univ.-Progr.  Giessen 
1853.  —  Fr.  Ritschi,  Thomae  magistri  ecloga,  Prolegom.  S.  43  f.;  63  f.  —  K.  Lehre, 
Die  Pindancholien,  Leipzig  1873  S.  165  f.  (über  die  Ausbeutung  des  Favorinus  durch  den 
falschen  Philemon).  Von  demselben  Autor  stammt  auch  das  ebenfalls  alphabetisch  ge- 
ordnete grammatische  Sammelwerk:  *Ex  xtiSy  Evata&iov  xal  dXXtjy  iydo^toy  y^afifia^ 
itxtäv  BttQiyov  Kd/irjQTog  ixXoyal  xatd  aroix^Toy,  Das  Werk,  dem  ein  Verzeichnis  der  be- 
nützten Grammatiker  vorausgeht,  ist  für  uns  ziemlich  nutzlos,  und  es  ist  noch  nicht  einmal 
erwiesen,  ob  es  zur  Emendation  der  exzerpierten  Grammatiker  erhebliche  Dienste  leistet. 
Es  ist  zuerst  ediert  in:  Thesaurus  comucopiae  et  horti  Adonidis,  Aldus,  Venet.  1496. 
Wiederholt  von  W.  Dindorf,  Gramm.  Graeci  1  (1823)  71—455. 

6.  Konstantinos  Arabites  hat  wohl  im  15.  Jahrhundert  ein  lexikalisches  Hilfs- 
mittel verfasst,  das  den  Titel  führt:  üagexßoXaioy  xov  ^Jgaßitov  xvqov  Kojyataytiyov  ,i/ 
fjiixQa  iü(p4X$ia\  Der  Verfasser  gibt  hier  zur  leichteren  Aneignung  des  für  die  gehobene 
Darstellung  notwendigen  Wortschatzes  eine  Unterweisung  in  der  Form  von  kurzen,  aber 
mit  seltenen  Woltern  und  Fachausdrucken  gespickten  Aufsätzen  über  verschiedene  Themen 
z.  B.  das  Haar,  den  Frühling,  den  Krieg,  den  Neid  u!  s.  w.  {IJaQexßoXatoy  ttjg  xofifjg  u.  s.  w.). 
Das  Büchlein  ist  mithin  nichts  anderes  als  eine  Weiterführung  und  Modifikation  des  alten^     ^ 

fiMdbach  der  klui.  AltertamswiaKiucluat  IX.    1,  Abtlg.   2.  Aufl^  ^1 


578  Bysantiniflche  LitieratnrgeBphichto.    L  ProBaisohe  Litterator. 

vor  allem  in  den  beliebten  doppelspracbigen  Hermeneumata  des  Pseudo-Dositheos  (s.  S.  561  f.) 
angewandten  Prinzips  der  Ordnung  des  Wortschatzes  nach  Materien  und  der  BelehraH 
durch  praktische  Gespräche  über  die  Dinge  des  täglichen  Lebens.  Man  scheint  mm 
übrigens  von  der  ,MixQ(e  lafpiXsia*  wirklich  wenig  Nutzen  versprochen  zu  haben;  deno  m 
wurde  der  Aufnahme  unter  die  üblichen  Schulbücher  nicht  gewürdigt.  Mir  ist  sie  wenig-i 
stens  nur  in  einem  Exemplare,  dem  Cod.  Laur.  55,  7  fol.  346—354,  bekannt  gewordoL 

289.  Der  falsche  Philemon.    Unter  dem  Namen  eines  0iXijfiwv  ist 
in  einer  Pariser  Handschrift  des  16.  Jahrh.  ein  As^ixdv  tsxvokoyixov  über-, 
liefert.    Der   dem  Werke  vorausgeschickten  Bemerkung  zufolge  bestand 
dasselbe  ursprünglich  aus  einem  alphabetischen  Wörterbuche  der  8  Rede- 
teile (d.  h.  ovofAa,  ^^M'^i  i^^^o^ij,  agd^QOVy  ävTCDVVfiia,    TtQod'Stng,   ^Tr/i^^ij/io, 
üvriea^iog;  s.  z.  B.  Bekker,  Anecd.  Gr.  11  840);  davon  ist  in  unserer  Hand- 
schrift  der  Abschnitt  Ilsql  ovofidtcov  und  ein  Teil  des  Abschnittes  U*^ 
^TjfAaTcov  erhalten.     In    derselben  Vorbemerkung,  die  an   einen   gewissen 
Antiphanes  gerichtet  ist,  wendet  sich  der  Verfasser  polemisch  gegen  den 
Grammatiker  Hypereschios  (VrrsQtaxiog)  aus  Alexandria  (um  450  n.  Chr.) 
und  verheisst  etwas  Besseres  zu  geben.   Nach  diesen  und  anderen  Indizien 
setzte  Osann  den   Philemon  ins  5.  bis  6.  Jahrhundert.     Dagegen  bewies 
K.  Lehrs  mit  scharfsinniger  und  völlig  überzeugender  Argumentation,  dass 
die  Schrift  des  angeblichen  Philemon  im  16.  Jahrh.  entstand,   also  in  die 
Kategorie  der  Schwindel  werke  gehört,  wie  das  Violarium  der  Eudokia,  der 
falsche  Hesychios  Milesios,  Pseudo-Drakon  u.  s.  w.   Die  Hauptquelle  de« 
Philemon  ist  nämlich  keine  andere  als  das  Lexikon  des  Phavorinus  (wahr- 
scheinlich in  der  2.  Ausgabe,   Basel  1538).     Auch  die  vielfache  Überein- 
stimmung mit  Eustathios  geht  nicht  direkt  auf  ihn  zurück,  sondern  eben- 
falls auf  Phavorinus,   der   den  Eustathios  fleissig  verwertete.     Mit  Recht 
wird  das  Werk  als  eine  Fälschung  bezeichnet;  denn  der  Verfasser  suchte, 
wie  sich  aus  verschiedenen  Stellen  ergibt,  zu  verheimlichen,  dass  er  den 
Phavorinus   ausgeschrieben  hat,   und  selbst,   dass  er  Christ  war.     Nacl 
neueren  Untersuchungen  ist  der  Pariser  Codex  des  PhUemon  von  derselben 
Hand  geschrieben  wie  der  des  Pseudo-Drakon,  nämlich  von  dem  Griechen 
Jakob  Diassorinos,  der  nun  wohl  auch  als  Verfasser  des  Machwerkes 
bezeichnet  werden   darf.     Damit   erledigen  sich  die  weitschweifigen  Ver- 
mutungen Osanns  und  anderer  über  die  alten  Quellen  des  Philemon. 

1.  Ausgaben:  Zuerst  edierte  den  falschen  Philemon  C.  Burney,  4'iX^/Äoyo^  X$(uc6f 
TBxyoXoyixoy.  Ex  bibliotheca  Parisiensi,  Londoni  1812.  —  Genauer  gab  den  Text  Frid. 
Osann,  Fhilemonis  grammatici  quae  supersunt,  Berolini  1821.  Zum  Pariser  PhilemoB 
fügte  Osann  aus  einem  Cod.  Laurentianus  ein  4>tXijfioyog  überschriebenes,  ebenfalls  wert- 
loses Glossarfragment,  welches  mit  d(p€iXeto  beginnt  und  mit  daiXrjg  oiplag  abbricht.  Dan 
Prolegomena  und  Kommentar,  die  beide  mehr  die  blinde  Voreingenommenheit  des  H^wia- 
gebors  als  seinen  kritischen  Sinn  bezeugen. 

2.  Hilfsmittel:  Vgl.  Photii  lexicon  ed.  A.  Naber,  I  189—192,  wo  schon  nach- 
gewiesen wird,  dass  Philemon  jünger  sein  muss  als  £ustathios.  —  Hauptschrift:  K 
Lehrs,  Des  sogenannten  Philemon  /iESiKON  TEXNOAOTIKON  und :  Favorinus,  Jahns  Jahrb. 
105  (1872)  465—488,  wiederholt  in  dem  Buche:  Die  Pindarscholien,  Leipzig  1873  S.  164 
bis  190.  Einen  gelegentlichen  Hinweis  auf  die  Unechtheit  des  Philemon  hatte  Übrigeos 
Lehrs  schon  in  Herodiani  scripta  tria,  Regimontii  1843  S.  439,  gegeben.  —  lieber  den 
wahrscheinlichen  Verfasser  des  Werkes  (Diassorinos)  s.  L.  Cohn,  Philologische  Abhand- 
lungen, Martin  Hertz  zum  70.  Geburtstage  von  ehemaligen  Schülern  dargebracht,  Berlin 
1888  S.  133—143.  Vgl.  S.  542.  Zu  dem  dort  erwähnten  Andreas  Darmarios  ist  der  Auf 
satz  von  Ludw.  Schmidt,  Centralbl.  f.  Bibliothekswesens  (1886)  129 — 136,  nachzutragen. 

240.  Die  falsche  Eudokia.  Eudokia  Makrembolitissa,  Gemahlin 
des  Konstantin  Dukas  (1059 — 1067),  galt  früher  als  Verfasserin  des  mytho- 


6.  AltertnnuiwisBenschaffc.    B.  Wörterbücher.    G.  Grammatik.    (§§  289—241)    579 

logisch-antiquarischen  Sammelwerks  'lioviä  (Violarium),  das  zuerst  von 
Villoison,  Anecd.  Gr.  vol.  I,  ediert  worden  ist  und  in  der  auf  Hesychios 
MilesioSy  Photios  und  Suidas  bezüglichen  Litteratur  lange  Zeit  eine  grosse 
Rolle  spielte.  Nachdem  noch  K.  N.  Sathas,  üf^cr.  BißL  5,  UqoX.  S.  32; 
44  (A/?';  fid")  das  Werk  dem  Psellos  zugeschrieben  hatte,  wurde  es  von 
H.  Flach  neu  herausgegeben,  und  die  längst  angezweifelte  Echtheit  in 
leidenschaftlicher,  aber  vergeblicher  Polemik  verteidigt;  selbst  die  Kon- 
zession, dass  der  echte  Kern  durch  spätere  Zusätze  überwuchert  sei,  konnte 
nicht  befriedigen.  Es  bleibt  jetzt  nicht  der  geringste  Zweifel  übrig,  dass 
das  Yeilchenbeet  um  das  Jahr  1543  von  dem  Griechen  Konstantin 
Palaeokappa  aus  verschiedenen,  meist  ziemlich  trivialen  Quellen  kompi- 
liert worden  ist.  Fast  die  Hälfte  des  Werkes  ist  aus  dem  1538  in  Basel 
gedruckten  Phavorinus  abgeschrieben;  ausserdem  ist  für  die  biographi- 
schen Artikel  Hauptquelle  Suidas,  aber  auch  dieser  wahrscheinlich  nicht 
in  einer  Handschrift,  sondern  in  der  Ausgabe  von  1514;  ferner  benützte 
der  Kompilator  die  Baseler  Ausgabe  des  Palaephatos  und  Gornutus 
von  1543,  endlich  die  Kommentare  des  Nonnos  zu  vier  Reden  des  Gregor 
von  Nazianz. 

1.  Aasgaben:  Ed.  pr.  Villoison,  An.  gr.  yoI.  I,  Venedig  1781.  —  Ed.  H.  Flach, 
Leipzig,  Bibl.  Teabneriana  1880. 

2.  Hilfsmittel:  6.  C.  Harless,  Progr.  quod  complectitur  in  Eudociae  Violarium 
observationam  spec,  Erlangen  1785.  —  A.  C.  Meinecke,  Observationes  in  Eudociae  Vio- 
letum,  Bibl.  der  alten  Litt.  u.  Kunst  5.  und  6.  St.,  Göttingen  1789.  —  £.  Fr.  H.  Spitzner, 
Curae  criticae  in  Apollonii  Rhodii  scholia  et  Eudociae  Violarium  etc.,  Progr.,  2  Partes, 
Wittenberg  1819.  —  R.  Hercher,  Eudocia,  Philologus  9  (1854)  591.  —  R.  Nitzsche, 
Quaestionum  Eudocianarum  capita  quattuor,  Leipziger  Diss.',  Altenburg  1868.  —  H.Flach, 
Die  Kaiserin  Eudocia  Macrembolitissa.  Eine  Skizze  aus  dem  byzantinischen  Gelehrtenleben 
des  11.  Jahrhunderts.  Vortrag  gehalten  im  Königsbau  zu  Stuttgart,  Tübingen  1876.  — 
H.  Flach,  Ueber  das  Violarium  der  Kaiserin  Eudocia,  Verhandl.  der  32.  Versamml.  deut- 
scher Philologen  in  Wiesbaden  1877,  Leipzig  1878  S.  162.  —  H.  Flach,  Untersuchungen 
fiber  Endokia  und  Suidas,  Leipzig  1879.  —  A.  Daub,  De  Eudociae  violarii  etc.  fontibus, 
Progr.  Freiburg  i.  Br.  1880.  —  Hauptschrift:  P.  Pulch,  De  Eudociae,  quod  fertur, . 
Violario.  Strassburg  1880  (=  Dissert.  philoL  Argentor.  IV  313—411).  Dazu  P.  Pulch, 
Die  Pariser  Handschriften  des  Nonnus  Abbas  und  Eudocia,  Philologus  41  (1882)  341 — 346, 
und  dess.  Abb.  Konstantin  Palaeocappa,  der  Verfasser  des  Violariums  der  Eudokia,  Hermes 
17  (1882)  177—192.  —  Vgl.  die  Besprechung  von  K.  Boysen,  Philologischer  Anzeiger 
(von  Leutsch)  12  (1882)  480—488.  —  Flachs  ,Untersuch.  über  Eudokia  und  Suidas'  und  Pulchs 
Schrift  ,De  Eudociae,  quod  fertur  etc.'  wurden  von  U.  von  Wilamowitz-Möllendorff 
in  der  Deutschen  Literaturzeit.  1880  S.  228  ff.  und  1881  S.  319  f.  besprochen.  Darauf  ant- 
wortete H.  Flach  mit  einem  (dem  2.  Hefte  von  Jahns  Jahrb.  1881  beigelegten)  schwäch- 
lichen Pamphlete:  Herr  von  Wilamowitz-Möllendorff  und  Eudokia.  Eine  Skizze  aus  dem 
byzantinischen  Gelehrtenleben  des  XIX.  Jahrhunderts.  —  E.  Patzig,  Die  Nonnusquelle 
der  Eudokia,  Rhein.  Mus.  37  (1882)  67—82,  und:  Zur  Textur  im  Violarium  der  Eudokia, 
Philologus  43  (1884)  249-260.  —  Ohne  Belang  ist  es,  dass  K.  N.  Sathas  noch  in  den 
Documenta  in^dits  relatifs  ä  Thistoire  de  la  Gr^ce  7  (1888)  S.  XI  an  der  Ansicht  festhält, 
Psellos  habe  für  Eudokia  die  lonia  verfasst.  —  Zu  Palaeokappa  s.  die  Litteratur  S.  542. 
—  Vgl.  P.  Egenolff,  Bursian-Müllers  Jahresbericht  58  (1890)  294—297. 

3.  Ausser  Phavorinus,  Philemon  und  Eudokia  sind  manche  kleinere  Wörterbücher 
aus  der  Hnmanistenzeit  handschriftlich  erhalten,  z.  B.  ein  von  Philelphusfür  seinen  Freund 
Andreas  von  Kreta  geschriebenes  Lexikon,  jetzt  Cod.  Laur.  Conv.  soppr.  181,  und 
viele  anonyme  Verzeichnisse,   die  aber  schwerlich   aus  unbekannten  Quellen  stammen. 

C.  Grammatik. 

241.  Allgemeine  Charakteristik.  Wie  in  Byzanz  alle  Fächer  der 
Altertumswissenschaft  in  der  Hauptsache  auf  Leistungen  der  hellenischen 


580  Byzantinische  Litteratnrgescliichte.    I.  Prosaische  Litteratiir. 

Vorfahren  beruhen,  so  bestehen  auch  die  grammatischen  Studien  im 
engerenSinne  nur  in  einer  teils  verkürzenden,  teils  erweiternden  Über- 
arbeitung älterer  Werke.  Vor  allem  ist  es  das  Büchlein  des  Dionysios 
Thrax,  das  seine  unermesslichen,  selbst  in  armenischen  und  syrischen 
Handbüchern  erkennbaren  Wirkungen  auch  auf  die  byzantinische  Zeit  er- 
streckt; zur  Ergänzung  und  Erläuterung  dienten  die  Konmientatoren  des- 
selben. Nicht  viel  geringer  war  der  Einfluss  des  Theodosios  von  Ale- 
xandria und  seiner  Erklärer,  besonders  des  Georgios  Ghoeroboskos. 
Ebenso  dauerte  das  Ansehen  der  bahnbrechenden  Arbeiten  des  Apol- 
lonios  Dyskolos  und  seines  Sohnes  Herodianos  ungeschmälert  fort. 
Von  ihnen  ergoss  sich  ein  breiter  Strom  von  Exzerpten  und  Scholien  über 
die  byzantinischen  Jahrhunderte.  Apollonios  war  die  unerschöpfliche 
Fundgrube  für  Schriften  über  die  einzelnen  Redeteile  und  über  die  Syntax, 
Herodianos  blieb  massgebende  Autorität  für  die  Formenlehre  und  ins- 
besondere für  die  Orthographie.  Verdünnt  und  oft  mit  unechten  Bestand- 
teilen versetzt  wurde  das  alte  grammatische  Gut  in  trivialen  Handbüchern, 
zuweilen  in  lexikalischer  Anordnung,  später  in  der  Form  von  jambischen 
und  politischen  Versen,  endlich  seit  dem  13.  Jahrhundert  in  der  bequemen 
Form  des  Frage-  und  Antwortspiels  dem  wechselnden  Bedürfnis  der  Schule 
vermittelt.  Der  Hauptwert  dieser  zerstreuten  und  erst  in  neuester  Zeit 
von  G.  Uhlig,  P.  Egenolff,  A.  Hilgard,  L.  Cohn,  R.  Schneider,  F.  Bölte  u.  a. 
kritisch  gesichteten  Litteratur  beruht  demnach  in  der  Hilfe,  welche  sie 
für  die  Rekonstruktion  der  alten  Grammatiker  gewährt;  ausserdem  er- 
fahren wir  durch  sie  manche  keineswegs  nutzlose  Einzelheiten  zur  Ge- 
schichte des  byzantinischen  Unterrichts;  endlich  ist  sie  von  Bedeu- 
tung als  die  Quelle  eines  gi^ossen  TeUs  der  grammatischen  Technik,  welche 
vom  Zeitalter  des  Humanismus  bis  in  die  Gegenwart  den  griechischen 
Unterricht  beherrscht  hat.  Die  grösste  Betonung  erfuhren  in  Byzanz  die 
elementaren  Teile  der  Grammatik,  Accent  und  Orthographie;  weniger 
Gewicht  fiel  auf  die  Formenlehre;  noch  stiefmütterHcher  wurde  die 
eigentliche  Syntax  behandelt.  Wie  die  Byzantiner  in  der  Praxis  dem 
Vorbilde  der  altgriechischen  Sprache  mehr  äusserlich  als  innerlich  nach- 
strebten und  nachkamen,  so  geschah  es  auch  in  der  Theorie.  Mit  der 
Erlernung  dos  groben  Gerüstes  der  Formen  und  der  Rechtschreibung  Hess 
man  es  in  der  Regel  bewenden.  In  der  That  hatte  der  des  Altgriechischen 
beflissene  Byzantiner  nirgends  grössere  Schwierigkeiten  zu  überwinden 
als  gerade  in  der  Orthographie,  weil  die  Aussprache  sich  im  Laufe  der 
Zeit  von  der  Schreibung  immer  mehr  entfernte.  So  erklärt  sich,  dass  die 
Rechtschreibung  im  grammatischen  Unterrichte  eine  so  hervorragende  Rolle 
spielen  durfte.  Wie  selten  aber  trotzdem  feste  Kenntnisse  erreicht  wurden, 
beweisen  die  zahllosen  orthographischen  Schnitzer  in  griechischen  Hand- 
schriften und  Urkunden  aller  Jahrhunderte. 

1.  Eine  kritische  Sammlung  auch  der  byzantinischen  Leistungen  auf  dem  Gebiete  der 
Grammatik  verspricht  das  längst  vorbereitete  Corpus  der  griechischen  Grammatiker 
(Grammatici  Graeci  recogniti  et  apparatu  critico  instructi,  8  Teile  in  15  B&nden),  über 
dessen  Plan  in  den  Mitteilungen  der  Verlagsbuchhandlung  B.  Q.  Teubner  ISS8  N.  1 
berichtet  wird.  —  Zur  Orientierung  über  die  Arbeiten  genannter  und  ungenannter  Grammatiker 
von  Byzanz  s.  vorerst  die  zwei  Schriften  von  P.  Egenolff:  Die  orthoepiscben  Stücke  der 


6.  AltertnniBwiBfleiiachaft.    C.  Qrammatik.    (§  242)  581 

byzant.  Littoratur,  Mannlieimer  Progr.  1887,  und:  Die  orthographischen  Stücke  der  byzant. 
Litterator,  Heidelberger  Progr.  1888,  sowie  desselben  Verf.  Berichte  über  die  griechischen 
Grammatiker  in  Bursian-Müllers  Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der  klass.  Alter* 
tumswissenschaft  Bd  88  (1884)  43  ff.;  46  (1888)  109  ff.;  58  (1890)  265  ff.,  wo  auch  die 
Lexikographen  und  Metriker  berücksichtigt  sind.  —  £inige  Beiträge  zu  Theodosios  Alex., 
ChoerobosKos  u.  a.  gab  auf  Grund  eines  grammatischen  Sammelcodex  in  Hamburg  Preller, 
Quaestiones  de  historia  grammaticae  byzaniinae  adiectis  ineditis  Hamburgensibus,  Index 
scholarum,  Dorpat  1840. 

2.  Frag-  und  Antwortgrammatiken  (Erotemata):  Während  noch  Tzetzes  (Ad 
Hesiodi  Opp.  v.  287)  die  alten  Werke  des  Dionysios  Thrax  und  des  Theodosios  von  Ale- 
xandria selbst  zum  Studium  der  Grammatik  empfiehlt,  begannen  diese  ungefähr  um 
dieselbe  Zeit  durch  Schulkatechismen,  in  denen  das  grammatische  Material  in  der 
Foiin  von  Frage  und  Antwort  verarbeitet  war,  mehr  und  mehr  aus  der  Praxis  ver- 
drängt zu  werden.  Ein  solches  Werk  lag,  wie  A.  Hilgard  (Gramm.  Gr.  IV  2  S.  CXXIX)  an- 
nimmt, schon  dem  grammatischen  Handbuch  zu  Grunde,  welches  unter  dem  Namen  des 
Theodoros  Prodromos  geht.  Das  älteste  erhaltene  Beispiel  dieser  grammatischen  Gat- 
tung sind  wohl  die  Erotemata  des  Codex  Guelferbytanus  Gudianus  112,  s.  13. 
Eine  verkürzte  und  verbesserte  Bearbeitung  verfasste  Manuel  Moschopulos;  sie  hat 
sich,  wie  die  unzähligen  Hss  und  die  vier  gedruckten  Ausgaben  beweisen,  mehrere  Jahr- 
hunderte hindurch,  auch  nach  dem  Aufkommen  der  Lehrbücher  eines  Chrysoloras,  Theo- 
doros Gazes  u.  a.,  im  Gebrauch  erhalten.  Etwa  ein  halbes  Jahrhundert  nach  Moschopulos 
schrieb  der  Metropolit  von  Rhodos  Nilos  Diassorinos  (s.  S.  560)  ein  ähnliches  Werk. 
Bemerkenswert  durch  eine  (vielleicht  durch  das  Vorbild  der  lateinischen  Grammatik  ver- 
anlasste) neue  Einteilung  der  Nomina  in  fünf  Deklinationen  ist  die  im  Codex  Tu  bin gensis 
M  6,  24,  s.  15,  erhaltene  Bearbeitung  der  Erotemata  des  Moschopulos,  die  im  Codex 
übrigens  sicher  mit  Unrecht  dem  Moschopulos  selbst  zugeschrieben  wird.  Die  griechischen 
Humanisten,  welche  seit  dem  Ende  des  14.  Jahrhunderts  auf  italischem  Boden  das  Wieder- 
aufleben der  klassischen  Studien  vorbereiteten,  haben  die  Erotemata  mit  Vorliebe  für  den 
Unterricht  benützt  und  in  verschiedenen  Bearbeitungen  verbreitet;  das  sind  die  Handbücher 
des  Manuel  Chrysoloras  (Ed.  princeps  wahrscheinlich  die  rein  griechische  Ausgabe  s. 
1.  et  a.,  nach  E.  Legrands  Vermutung  zu  Florenz  1484  gedruckt;  eine  griechisch-lateinische 
Ausgabe  erschien  zu  Venedig  1484),  des  Theodoros  Gazes  (Ed.  pr.  Venedig  1495),  des 
Konstantinos  Laskaris  (Ed.  pr.  Mailand  1476)  und  des  Demetrios  Chalkondyles 
(Ed.  pr.  Mailand  1493).  Aus  den  Werken  dieser  griechischen  Humanisten  gelangte  die 
grammatische  Technik  der  Byzantiner  in  die  ersten  in  lateinischer  Sprache  abgefassten 
Lehrbücher  der  griechischen  Grammatik,  die  Werke  des  Urbanus  von  Belluno  (1497) 
und  des  Georg  Simler  (Tübingen  1512).  Aus  diesen  endlich  schöpften  Melanch- 
thon  und  Oecolampadius  den  wichtigsten  Stoff  für  ihre  berühmten  Lenrbücher.  —  Am 
besten  unterrichtet  über  die  Geschichte  der  grammatischen  Erotemata  nach  Uhligs,  Egenolffä 
und  seinen  eigenen  Forschungen  A.  Hilgard,  Gramm.  Gr.  IV  2  (1894)  S.  XX— LXI.  — 
Ueber  die  ältesten  Ausgaben  der  von  den  griechischen  Humanisten  verfassten  grammati- 
schen Kompendien  s.  E.  Legrand,  Bibliogr.  hell.  1  (1885)  1  ff.,  5  f.,  15,  17,  26,  41. 

343.  Johannes  Philoponos.  Eine  lebhafte  und  noch  einigermassen 
selbständige  Thätigkeit  herrschte  auf  dem  Gebiete  der  Grammatik  im 
6.  Jahrhundert.  Im  Anfange  desselben  lebte  Johannes  mit  dem  Bei- 
namen Philoponos  aus  Käsarea,  der  als  Bischof  von  Alexandria  auch 
* A3i€iavdQ6vg  heisst.  Als  seine  Lehrer  werden  der  Grammatiker  Romanos  und 
der  Aristoteleserklärer  Ammonios  genannt.  Die  litterarische  Thätigkeit 
des  Philoponos  umfasste  ausser  der  Grammatik  namentlich  Philo- 
sophie und  Theologie;  sein  Gegner  im  Dogma  war  der  antiochenische 
Patriarch  Severus  (513—518).  Vgl.  S.  53.  Von  grammatischen  Schriften 
des  Philoponos  kennen  wir  die  Tovixd  nagayYekfiaTa  und  eine  in  lexika- 
lischer Form  gehaltene,  im  Mittelalter  stark  verbreitete  Schrift  llsgl  rSv 
diaifoQwq  rovovfxävcov  xal  Sia(fOQa  (Ti^fxaivovTwv.  Der  Grundstock  beider  Werke, 
die  sich  ergänzen,  geht  auf  die  xa&ohxrj  des  Herodianos  zurück,  und 
sie  bilden  demnach  wie  der  grosse  Auszug  des  Theodosios  aus  Alexan- 
dria ein  Hilfsmittel  zur  Rekonstruktion  des  Originalwerkes. 

1.  Toyixd  nuQ,  ed.  mit  Herodian  Uegi  a/i/prraii/  W.  Dindorf,   Lipsiae  1825.  — 


582  Byzantinische  Litteratargesohichte    I.  Prosaisohe  Litteratnr. 

JIbqi  xiüp  dia^oQfüs  roy.  etc.  am  besten  ed.  vod  P.  Egenolff,  Breslau  1880  (als  Fest- 
schrift zur  Philologenvers,  in  Trier).  —  Vgl.  P.  Egenolff,  Die  orthoepischen  Stücke  etc. 
S.  37  ß.;  Die  orthographischen  Stücke  etc.  S.  33,  und  M.  Petschenig,  Wiener  Stadien 
3  (1881)  294—297.  —  Hauptschrift:  A.  Lud  wich,  De  Joanne  Philopono  gnunmatico, 
Ind.  lect.  Königsberg  1888/89.  —  Ueber  die  sonstigen  Schriften  des  Philoponos  s.  W.  Christ, 
Griechische  Litteratiurgesch.^  §§  567.  614.  617.  —  £ine  monographische  Darstellung  der  ge- 
samten litterarischen  Thätigkeit  des  vielseitigen  Mannes  ist  noch  ein  Bedürftiis. 

2.  Ein  anderer  Grammatiker  Johannes  Philoponos,  der  von  Apollonios  Dyskolos 
erwähnt  wird,  lebte  unter  Tiberius  oder  Augustus.  Gegen  die  Identifizierung  des  Johannes 
Philoponos  mit  Johannes  von  Alexandria  haben  Gohn,  Ludwich  u.  a.  Zweifel  erhoben.  VgL 
P.  Egenolff,  Bursian-Müllers  Jahresbericht  Bd  58  (1890)  275. 

243.  Sonstige  Grammatiker  des  6.  Jahrhunderts.  Ein  wohl  etwas 
jüngerer  Zeitgenosse  des  Philoponos,  der  aber  jedenfalls  noch  dem  6.  Jahr- 
hundert angehört,  ist  der  Grammatiker  Johannes  Charax,  der  den  Philo- 
ponos zitiert  und  selbst  eine  massgebende  Quelle  für  Choiroboskos  ist. 
Er  schrieb  einen  Auszug  der  Orthographie  des  Herodian:  'Iwawov 
(fo(p(OTaTov  YQafifiartxov  Xdqaxog  nsQi  6Qx^oyQag)fac,  Scholien  zu  Theo- 
dosios  u.  a.  Veröffentlicht  ist  von  ihm  ein  Fragment  JIcqI  iyxhvoiitvoav 
fioQiwv.  Einen  mageren  Auszug  aus  Charax  veranstaltete  ein  Patriarch  von 
Alexandria,  Sophronios,  jedenfalls  derselbe,  der  im  Jahre  844  den  Patri- 
archenthron bestieg.  Ein  Zeitgenosse  des  Charax  ist  der  Grammatiker 
Timotheos  von  Gaza,  von  dem  eine  ebenfalls  auf  Herodian  zurück- 
gehende syntaktische  Abhandlung  erhalten  ist:  Tlfio&äov  Fd^rfi  xavovfc 
xaO-oXtxol  TtfQi  av%*xd^6wq.  In  dieselbe  Zeit  gehört  wahrscheinlich  auch  der 
von  Choiroboskos  in  seinen  Diktaten  zitierte  Grammatiker  Sergios,  der 
wohl  mit  dem  in  einer  Bearbeitung  des  Kyrillosglossars  (Cramer,  An.  Paris. 
4,  195,  25)  vorkommenden  SäQytog  v€cüT€Qog  identisch  ist.  Verschieden 
von  ihm  und  einer  späteren  Zeit  (etwa  dem  7. — 9.  Jahrh.)  angehörig  ist  der 
Lektor  Sergios  von  Emesa,  der  Verfasser  des  unter  dem  Titel:  JSsqy'ov 
dvayvdaxov  'Efiiat^vov  €7iiT0fAi]  rc5v  orofiaitxwv  xavovcov  AlXiov  '^HQcoduxvov 
erhaltenen  Exzerptes. 

1.  Charax,  UsqI  oQd^oyQufpLaq'.  Proben  bei  1.  Bekker,  Anecd.  Gr.  1127.  — 
J.  A.  Cramer,  An.  Oxon.  4  (1837)  331  f.  —  Ein  Stück  bei  Ch.  Graux,  Archives  des 
missions  scientifiques  et  litt.,  III.  s^rie  t.  6  (1880)  195  f.  —  Charax,  HbqI  iyxXiro- 
fAcytoy  fAOQttoy:  Ed.  pr.  aus  Cod.  Matrit.  83  Jo.  Iriarte,  Regiae  bibl.  Matrit.  Codices  gr. 
mss  S.  316 — 318.  —  Ohne  Kenntnis  von  dieser  Ausgabe  ed.  einen  erheblich  abweichenden 
Text  I.  Bekker,  Anecd.  Gr.  1149-1155. 

Ueber  Sophronios  vgl.  A.  Hilgard,  Gramm,  gr.  IV  2  (1894)  S.  CXXIIIff.;  sein 
Auszug  aus  Charax  ebenda  S.  375—434. 

Timotheos  ed.  J.  A.  Cramer,  An.  Paris.  4  (1841)  239—244.  —  Vgl.  P.  Egen- 
olff, Die  orthoepischen  Stücke  S.  37;  Die  orthographischen  Stücke  4  flf.;  34.  —  A.  Lud- 
wich,  De  Joanne  Philopono  grammatico  S.  9  ff . 

Ueber  Sergios  den  Jüngeren  und  andere  Grammatiker  dieses  Namens  vgl.  die 
scharfsinnige  Untersuchung  von  Ant.  Baumstark,  Lucubrationes  Syro-Graecae,  Jahns 
Jahrb.  Supplementb.  21  (1894)  369—372;   dazu  die  Litteraturnachweise  S.  494  Anm.  101. 

2.  Von  Johannes  Charax,  dem  Zeitgenossen  des  Philoponos,  ist  zu  scheiden 
der  aus  dem  Stamme  der  Morocharzanen  entsprossene  Abenteurer  Johannes  Charax. 
Nach  den  ziemlich  ausführlichen  Notizen  der  Chronisten,  deren  Darstellung  freilich  vom 
Hass  gegen  die  Bilderstürmer  beeinflusst  erscheint,  war  derselbe  ein  bösartiger,  exzentri- 
scher, der  Schwarzkunst  und  dem  Intriguenspiel  ergebener  Grammatiker  und  Diplomat. 
Sicher  ist,  dass  er  vom  Kaiser  Michael  II  Traulos  zum  Erzieher  seines  Sohnes  erkoren, 
von  Kaiser  Theophilos  (829—842)  zum  Patriarchen  erhoben,  aber  nach  Herstellung  des 
Bilderdienstes  dieser  Würde  entsetzt  wurde.  Ueber  sein  Leben  s.  Theophanes  contin. 
ed.  Bonn.  S.  95  und  sonst,  Kedrenos  (Skylitzes)  ed.  Bonn.  11  144  ff.  Hierauf  gründet 
sich  die  Darstellung  von  J.  v.  Hammer,  Constantinopolis  und  der  Bosporus  2  (1822) 
235—240.  —  Eine  kritische  Würdigung  der  auf  diesen  J.  Charax  bezüglichen  Stellen  gibt 


6.  AltertamswiBBensohaft.    C.  Grammatik.    (§§  243-244)  583 

F.  Hirsch,  Byzant.  Studien  S.  17  f.  und  sonst;  s.  seinen  Index  s.  v.  Johannes  (VIT)  gram- 
maticus.  —  Vgl.  Th.  Uspenskij,  Der  Patriarch  Johannes  VII  Qranunatikos  und  die 
Uos-Dromiten  bei  Symeon  Magister,  Joum.  Min.  1890  Bd  267  Januar  S.  1—34. 

244.  Georgios  Choeroboskos  (rswQyioq  o  XoiQoßwsxog)  war  nach  dem 
übereinstimmenden  Zeugnis  vieler  Handschriften  Diakon  und  Professor  an 
der  Hochschule  zu  Konstantinopel  {oixovfievixog  iiidaxaXoq),  In  einer  Hand- 
schrift heisst  er  auch  xaQxoifvXa^,  wobei  aber  unsicher  bleibt,  ob  damit 
das  bekannte  kirchliche  Amt  oder,  wie  man  vermutet  hat,  die  Vorstand- 
schaft der  Universitätsbibliothek  gemeint  ist.  Wie  andere  Grammatiker 
(bes.  Herodian)  wird  auch  er  zuweilen  als  Tsxvixog  zitiert.  Ob  sein  Bei- 
name XoiQoßoaxoq  (Schweinehirt)  auf  seine  eigene  Jugendbeschäftigung 
anspielt  oder  einfach  als  ererbter  Familienname  zu  betrachten  ist,  lässt 
sich  umsoweniger  entscheiden,  als  das  Zeitalter  des  Mannes,  welches  für 
die  Frage  der  Unterscheidung  zwischen  persönlichen  Beinamen  und  Familien- 
namen erheblich  in  Betracht  kommt,  nur  sehr  annähernd  bestinmit  werden 
kann.  Sicher  ist,  dass  Ch.  nach  dem  Beginn  des  6.  Jahrhunderts 
lebte ;  denn  er  benützte  die  Grammatiker  Sergios,  Johannes  Philoponos  und 
Johannes  Charax.  Dagegen  sind  die  Gründe,  aus  welchen  man  ihn  ftliher 
in  die  zweite  Hälfte  des  6.  Jahrhunderts  setzte,  nicht  stichhaltig,  und  es 
lässt  sich  über  die  Spätgrenze  mit  völliger  Bestimmtheit  nur  sagen,  dass  er 
vor  dem  10.  Jahrhundert  lebte,  da  er  im  Etymologicum  Florentinum 
(s.  S.  574)  zitiert  wird.  Immerhin  sprechen  Wahrscheinlichkeitsgründe 
dafür,  dass  seine  Lebenszeit  näher  dem  6.  als  dem  10.  Jahrhundert  liegt. 
Ch.  spielt  in  der  Geschichte  der  byzantinischen  Bildung  eine  bedeutende 
KoUe  durch  eine  Reihe  von  Vorlesungen,  welche  er  über  verschiedene 
Zweige  der  Sprachkunde  abhielt.  Sie  sind  von  Schülern  aufgezeichnet 
worden,  was  in  den  Handschriften  durch  den  Zusatz  äno  gxovvjg  auch  ge- 
wöhnlich ausdrücklich  vermerkt  wird.  Ch.  schöpfte  sein  Wissen  aus  den 
besten  alten  Quellen,  bes.  aus  Apollonios  und  Herodianos,  aber  auch  aus 
späteren  Grammatikern  wie  Gros,  Theodosios  von  Alexandria,  Sergios, 
Johannes  Philoponos  und  Johannes  Charax.  Seine  Darstellung  ist  klar 
und  leichtf asslich,  verrät  aber  durch  ihre  ermüdende  Breite  allzu  sehr 
den  umständlichen  Schulvortrag.  In  der  philologischen  Litteratur  der 
späteren  Byzantiner  ist  Ch.  verhältnismässig  wenig  benützt  worden,  da 
man  nach  wie  vor  lieber  auf  die  älteren  Werke  zurückging;  dagegen 
bildete  er  eine  Hauptquelle  der  Grammatiker  in  der  Humanistenzeit,  bes.  des 
Konstantin  Laskaris  und  des  Urbanus  von  Belluno  (s.  S.  581). 
Seine  Schriften  bezw.  Vorlesungswerke  mögen  nach  ihrer  zeitlichen  Reihen- 
folge, die  sich  durch  die  häufigen  Verweisungen  ziemlich  genau  bestimmen 
lässt,  aufgezählt  werden.  1.  Ein  Traktat  über  Prosodie.  2.  Vorlesungen 
über  die  Techne  des  Dionysios  Thrax,  nur  fragmentarisch  erhalten. 
:i  Vorlesungen  über  die  Nominal-  und  Verbalregeln  des  Theo- 
dosios von  Alexandria.  Dieses  vollständig  auf  uns  gekommene  Haupt- 
werk des  Ch.  enthält  umfangreiche  und  wichtige  Reste  alter  Gelehrsamkeit. 
4.  Vorlesungen  über  Orthographie,  auf  die  er  in  den  Erklärungen  zu 
Theodosios  öfter  hinweist.  Erhalten  ist  von  ihnen  nur  ein  Fragment  des 
dritten  Abschnittes  Jlegi  noaoxrfiog  und  wahrscheinlich  ein  Exzerpt  aus 
den  umfangreichen  Prolegomena.    Es  lässt  sich  aber  beweisen,  dass  Gh. 


584  Bytantinische  LitteratnrgeBchichte.    I.  Prosaische  Litteratnr. 

auch  über  die  zwei  ersten  Abschnitte  der  Orthographie  d.  h.  lisQl  avv* 
rd^soog  (fusgiafiov)  und  ücqI  noiorrjTog  gehandelt  hat.  5.  Vorlesungen  über 
die  Metrik  des  Hephaestion,  die  Hoerschelmann  aus  verschiedenen  Be- 
arbeitungen von  Hephaestionscholien  glaubwürdig  rekonstruiert  hat.  6.  Vor- 
lesungen über  das  Onomatikon  des  Herodianos  und  über  das  Rhematikon 
des  ApoUonios.  Aus  den  ersteren  stammt  der  Traktat  IJegi  %mv  stg  tö 
-i^Tjlvxciv  ovofjLaTcov.  Aussordom  sind  von  diesen  Vorlesungen  nur  wenige, 
zum  Teil  unsichere  Fragmente  erhalten.  Von  Erklärungen  zur  Syntax 
des  ApoUonios,  die  an  einer  Stelle  der  Diktate  zu  Theodosios  erwähnt 
werden,  ist  nichts  weiteres  bekannt.  7.  Grammatischer  Kommentar  zu  den 
Psalmen:  ^EnmsQianol  avv  x^ef^}  tov  ipaXxrjQiov  äno  (fxovrjg  FsfOQyiov  tov 
imxXrjv  Xotgoßoaxov.  Zwar  ist  dieses  Werk  wegen  der  schlechten  Diktion 
und  wegen  einiger  Abweichungen  von  der  Lehre  des  Ch.  von  Lehre, 
Lentz,  Hörschelmann  und  Uhlig  dem  Ch.  abgesprochen  worden;  allein 
Ch.  ist  als  Autor  solcher  Epimerismen  so  ausdrücklich  bezeugt,  dass  da- 
gegen einige  formale  und  sachliche  Unebenheiten,  zumal  da  es  sich  um  ein 
in  der  schwankenden  und  von  Zufälligkeiten  abhängigen  Form  eines 
Kollegienheftes  überliefertes  Werk  handelt,  nicht  in  Betracht  kommen 
können.  8.  Ein  in  zahllosen  Handschriften  überlieferter  Traktat  Jltgi 
TQoTtwv  noiijTtxwv.  Zwar  wird  in  demselben  o  MexatfQdaTrjg  zitiert,  aber 
schon  A.  Ludwich  hat  bemerkt,  dass  damit  nicht  der  Symeon  Metaphrastes 
des  10.  Jahrhunderts,  sondern  wahrscheinlich  der  Thrakier  Demosthenes 
gemeint  ist,  der  eine  iisxdffQaaig  der  Ilias  und  Odyssee  und  der  Theogonie 
des  Hesiod  verfasste. 

Ausgaben  und  Hilfsmittel: 

1.  Traktat  über  Prosodie:  Ed.  I.  Bekker,  An.  Gr.  S.  703—708.  —  Vgl.  A.  Hilgard, 
Gramm.  Gr.  IV  2  (1894)  S.  LXX  f. 

2.  Zu  den  Fragmenten  über  Dionys.  Thrax  vgl.  Hilgard  a.  a.  0.  S.  LXXIF  f. 

3.  Kommentar  zu  Theodosios:  Zuerst  einzelne  Partien  ed.  I.  Bekker,  Ao.  Gr. 
ß.  1180-1296,  und  Gramer,  An.  Oxon.  4,  340—398.  —  Vollständig,  aber  höchst  fehler- 
haft zuerst  ed.  von  Th.  Gaisford,  G.  Choerobosci  Dictata  in  Theodosii  canones  et  epi- 
merismi  in  psalmos,  3  voll.,  Oxford  1842  (die  Diktate  in  Band  1 — 2).  —  Erste  vollständige 
kritische  Ausgabe  von  A.  Hilgard,  Gramm.  Gr.  IV  1  (1889)  101—417  und  IV  2  (1894) 
1-371.  —  Vgl.  die  Prolegomena  S.  LXXIV.   —   G.  Uhlig,  Rhein.  Mus.  25  (1870)  71  ff. 

-  Ad.  Hart,  Zu  den  Scholien  des  Dionysios  Thrax,   Jahns  Jahrb.    105  (1872)  265—277. 

-  W.  Hoerschelmann,  De  Dionysii  Thracis  interpretibus  veteribus  comment.  p.  I.  Do 
Melampode  et  Choerobosco,  Leipzig  1874.  —  Ueber  Auszüge  aus  dem  Kommentar  zu 
Theodosios  vgl.  0.  Carnuth,  QueUenstudien  zum  Etymologicum  Gudianum.  Jubilänms- 
schrift  f.  d.  Albertusuniversität,  Königsberg  1894  S.  32  ff. 

4.  Orthographie:  Ed.  Gramer,  An.  Oxon.  2,  167—281.  —  Neue  Kollation  von  Rieh. 
Hchneider^  Bodleiana,  Leipzig  1887  S.  20 — 33.  —  Der  Traktat  Jlqog  xovg  iv  ndm  xoig 
^ijfiaai-  xayoyag  Cfjtovyxag  xctl  ofAoiojrftag^  der  für  ein  Exzerpt  aus  den  Prolegomena  der 
Orthographie  gilt,  ist  gedruckt  im  Thesaurus  Comucopiae  ed.  Aldus  1496  fol.  215^ — 216^ 

-  Vgl.  Hilgard  a.  a.  0.  S.  LXXVIIf  ff. 

5.  Kommentar  zu  Hephaestion:  Ed.  Guil.  Hoerschelmann  in  den  Anecdota  Varia 
Graeca  et  Latina  edd.  R.  Schoell  et  GuiL  Studemund  1  (1886)31—96.  —  Vgl.  Max. 
Consbruch,  De  veterum  tibqI  nottjfiaros  doctrina,  Breslauer  philol.  Abhandlungen  V  3, 
Breslau  1890  S.  15  ff.,  und  Hilgard,  a.  a.  0.  S.  LXXXH  f. 

6.  Zu  den  Vorlesungen  über  Herodian  und  ApoUonios  vgl.  Hilgard»  a.  a.  0. 
S.  LXXXIII  ff.  und  LXV. 

7.  Kommentar  zu  den  Psalmen:  Ed.  Gaisford  in  der  oben  erwähnten  Ausgabe 
vol.  3,  1 — 192.  —  Vgl.  Arthur  Kopp,  De  Amonii,  Eranii,  aliorum  distinctionibus  syno- 
nymicis  earumque  communi  fönte,  Diss.,  Königsberg  1883  S.  47—57,  und  Hilgard,  a.  a.  0. 
S.  LXXXVII  f. 

8.  Hegt  rgontoy  noifjuxwy:  Ed.  Chr.  Walz,  Rhet.  Gr.  8,  802-820.  —  Ed.  L.  Spengel, 


6.  AlterinmawisBeiuichaft.    G.  Grammatik.    (§  245)  585 

"  Rhet.  Gr.  3,  244—256.  —  Vgl.  C.  E.  Finckh,  Zu  Cboeroboscus  Hegl  TQontoy,  Philologus 
27  (1868)  539-543.  —  Hilgard,  a.  a.  0.  S.  LXXXVIII  f. 

9.  Ueber  einen  kleinen  Kommentar  zu  Dionysios  Thrax,  prosodiscbe  Erotemata, 
einen  Traktat  IIsqI  iyxXiyofiiytay  und  ein  Leben  des  hl.  Märtyrers  Georg,  die  sämtlich 
dem  Ch.  mit  Unrecht  zugeschrieben  werden,  vgl.  Hilgard,  a.a.O.  S.  LXXXVIl  ff.;  über 
einen  Traktat  Jlcgi  jtyevfAattoy^  orthographische  Sachen  u.  a.  ibid.  S.  XG,  und  P.  Egenolff. 
Die  orthoepischen  Stücke  S.  25  ff.;  Die  orthographischen  Stücke  S.  17  ff.  —  Kleinere  kri- 
tische Beiträge  sind  verzeichnet  bei  W.  Engel  mann,  Bibliotheca  scnptorum  classicorum 

-  1«  (1880)  346. 

~  246.    Theognostos   {OeGyroxyrog) ,    ein    Grammatiker,    dessen   Blüte 

—  wahrscheinlich  in  den  Anfang  des  9.  Jahrhunderts  zu  setzen  ist,  verfasste 
für  die  praktischen  Bedürfnisse  der  Schule  und  daher  ohne  Rücksicht  auf 
die  wissenschaftliche  Grammatik  ein  Rechtschreibebuch  in  der  Gestalt 
von  1003  Regeln.  Dem  Werke  geht  eine  aus  7  Trimetern  und  einer 
prosaischen  Epistel  bestehende  Widmung  an  einen  Kaiser  Leon,  offenbar 
LeonVden  Armenier,  voraus,  deren  plumper  und  fehlerhafter  Stil  einem 
Sprachlehrer  von  Fach  wenig  Ehre  macht.  Unter  Beziehung  auf  die 
Kriegsthaten  des  Kaisers  bietet  er  sich  ihm  als  Kampfgenossen  an  — 
auf  dem  Schlachtfelde  der  Grammatik.  Schon  längst  pflege  er  die  Sprach- 
kunst und  treibe  unerbittlich  von  seinen  Schülern  eines  jeden  Wortes  Regel 
ein.  Sein  Wissen  stamme  aus  dem  inhaltreichen  Buche  des  Herodian; 
vielfach  aber  habe  er  die  ungeschickte  Fassung  der  alten  Regeln  ver- 
bessert: Vv€€  xai  avTog  zi  Toig  aoTg  d6^(o  cvvaywviaaax^ai  •  näXai  yaq  ixoi 
dianovovfievfp  %cc  YQOtfifiaiixd  xai  ixdazrfi  Xt^€(og  riv  ägfiodiov  xavova  vno 
TCöi'  ifoi%r^x(av  dnaQanrjZoag  slanQaxtoiihvtft  [loi  •  ovg  d^  ix  trjg  noXvvXov 
ßißXov  T/;g  xaO^oXov  ^HQwdiavov  dvake^aiihvog  xai  Xs^h  Xä^iv  zrjv  nQOürjxovcav 
sniavväipag,  fq^ov  ovrin  zdiv  tzqo  ifiov  iis^uXr^fiävov  u.  s.  w.  In  der  That 
ist  das  Riesenwerk  des  Herodian  nsQi  xad-oXixijg  nQoacpStag  eine  der 
Hauptquellen,  aus  denen  Theognost  sein  Regelbuch  zusammenstellte.  Auch 
seine  Bemerkung,  er  habe  die  alten  Regeln  verbessert,  ist  in  seinem  Sinne 
richtig;  sie  bezieht  sich  nämlich  offenbar  auf  das  eigentümliche  Verfahren, 
das  er  seiner  Vorlage  gegenüber  beobachtete.  Das  Werk  des  Herodian 
enthält  eine  vollständige  Lehre  vom  griechischen  Accent,  wobei  die  Ortho- 
graphie nur  nebenbei  berücksichtigt  ist.  Dem  Theognost  aber  war  es  um 
die  Orthographie  zu  thun;   daher   schmolz  er  die   prosodischen  Regeln 

^     des  Herodian  in  orthographische  um.   Während  z.  B.  Herodian  die  Wörter 
auf  'fjv  nach  dem  Accent  in  Oxytona  und  Paroxytona  unterschieden  hatte 
und  ebenso  die  Wörter  auf  -iv,  vereinigte  Theognost  Oxytona  und  Par- 
oxytona, schied  aber  die  auf  -iv  von  denen  auf  -r^v.     Für  die  Anordnung 
hielt  er  sich  an  die  Aussprache  seiner  Zeit,  welche  ai-e,  ein-rj^  oi-v  (damals 
nicht  =  i,  sondern  =  ü),  o-«  nicht  mehr  unterschied,  d.  h.   er  befolgte 
das  Prinzip  der  sogenannten  Antistoechie,  das  ausserdem  in  Byzanz 
^     hauptsächlich  durch  Suidas  vertreten  wird.  Vgl.  S.  564.   Wie  rein  äusser- 
^    lieh  und  verständnislos   die  orthographischen  Regeln  des  Theognost  sind, 
lehre  ein  Beispiel:  nQo  tov  n  xat'  aQx^jv  Xh^Boag  rj  oi  iitf&oyyog  ovx  iauv  • 
^10  vtra  TiQo  TOV  n  iv  dqxf^  Xä^etog  ^rjftst  t6  v,  iid  tov  v  ipiXov  yQanrsov  • 
>i     wic^i^'yai'o^,  vnodixog^  vnbQtaTog,     Mit   solchen  Vorschriften   war  die  Er- 
*-     lernung  der  griechischen  Orthographie  allerdings  eine  wahre  Herkulesarbeit. 
^,,    Trotz  aller  Mangelhaftigkeit  bewahrt  Theognost  als  Mittel  zur  Rekonstruk- 


586  Byzantinische  Litteratargesohichte.    L  Proaaisohe  IdiWraiiir. 

tion  des  Herodian  wie  als  Zeugnis  der  geistlosen  byzantinischen  Unter' 
richtsmethode  seine  Bedeutung. 

Im  höheren  Alter  verfasste  Theognost  einen  Bericht  über  de 
Aufstand  des  Euphemios  in  Sizilien  und  die  Festsetzung  der 
auf  dieser  Insel  (826  827);  die  Schrift  ist  uns  nicht  erhalten,  wird 
bezeugt  und  benützt  von  dem  Fortsetzer  des  Theophanes  (82,  1 
ed.  Bonn.):  di^XoT  ki  Tavra  aaffäaxaxa  xai  nXauxciveQov  tj  t6t€  ygatfiii 
Qe  oyvuyai;(fi  xiT}  neQl  dQx^oyQcc^iccg  yeyQatfoxi  xal  elq  xetqag  iX^h 
TjflTv  u.   s.   w. 

1.  Ausgaben:  Ed.  A.  Gramer,  An.  Oxon.  2  (1835)  1—165  aus  Cod.  Barocciani' 
50  (saec.  11).  —  Neue  Kollation  des  Barocc.  von  R.  Schneider,  Bodleiana,  Leipzig  1887 
S.  4—20.  —  Eine  neue  Ausgabe  übernahm  für  das  Corpus  gramm.  Gr.  P.  Egenolft 

2.  Hilfsmittel:  F.  Guil.  Schneidewin,  Coniectanea  critica,  Gottingae  1839  S.  166, 
gibt  Emendationen  zum  Cramerschen  Texte.  —  G.  Beruh ardy,  Suidae  lezicon  1. 1  Prul 
37  f.  über  die  antistöchische  Anordnung  des  Theognost.  —  M.  Schmidt,  Hesychii  AW- 
xandrini  lexicon,  vol.  4,  quaest.  Hesych.  99 — 103,  gegen  Lobecks  beiläufig  ausgesprodiai 
Meinung,  Theognost  habe  aus  Hesychios  geschöpft.  —  Aug.  Lentz,  Herodiani  raliqniii 
(Lipsiae  1867—70),  vol.  1  Praef.  180—184,  über  das  Verhältnis  des  Theognost  zu  Herodia 
und  Arkadios.  —  F.  Hirsch,  Byzantinische  Studien  S.  196  f.,  setzt  den  Theognost  nnia 
Leon  VI.  —  P.  Egenolff,  Die  orthographischen  Stücke  der  byzantinischen  Littentn 
S.  21  flf. 

3.  Uebcr  die  Zeitbestimmung  des  Theognost  herrscht  eine  Kontroverse,  die  sick 
an  die  Frage  knüpft,  ob  unter  dem  Kaiser,  dem  der  Granmiatiker  sein  Elaborat  widmete; 
Leon  y  der  Armenier  (813—820)  oder  Leon  VI  der  Weise  (886—911)  zu  Terrtelut 
sei.  Die  Frage  wird  aber  durch  die  Fortsetzung  des  Theophanes,  in  der  die  erwihnii 
historische  Schrift  als  ein  „damals  verfasstes*^  Werk  angeführt  wird,  zu  Gunsten  d« 
Armeniers  entschieden.  Das  Widmungsepigramm,  in  dem  der  Kaiser  als  weise  und  ii 
Wissenschaften  allen  überlegen  bezeichnet  wird,  scheint  allerdings  mehr  auf  Leon  da 
Weisen  als  auf  Leon  den  Annenier  zu  passen;  aber  derartige  Schmeicheleien  waren  in 
einer  Dedikation  unerlässlich  und  haben  keine  Beweiskraft. 

246.  Michael  Synkellos,  Patriarch  von  Jerusalem,  in  der  ersten 
Hälfte  des  9.  Jahrhunderts,  gehört  in  den  Kreis  der  Bilderverehrer,  des 
Theodoros  Studites,  der  zwei  „gezeichneten"  Brüder  Theodoros  und  Theo- 
phanes, des  Theophanes  Confessor  u.  s.  w.:  von  dem  bUderfeindlichen 
Kaiser  Theophilos  (829 — 842)  wurde  er  mit  den  Brüdern  Theophanes  und 
Theodoros,  den  yQaTtrof,  eingekerkert  und  misshandelt.  Michael  verfasst« 
ausser  theologischen  Schriften  (s.  S.  166)  eine  viel  benützte  und  in  zahl- 
reichen Handschriften  überlieferte  Schrift  über  die  Syntax:  Mixatjl  nQfC- 
ßvTSQov  xal  avyxäXXov  tov  änoaTohxov  O-qovov  twv  ^IfQoaoXvfUot*  Mid-oio^ 
neQl  rrjg  tov  Xoyov  avvTcc^eiag  axsSiaaO^sTaa  iv  ^Edsaarj  Tijg  Meamth 
tafiiag  ahtjcTei  Aa^dqov  diaxovov  xal  Xoyod-exov^  (fiXoXoyov  ovtog, 

1.  Ausgaben:  Das  Werk  des  Michael  Synkellos  wurde  zuerst  öfter  gedruckt  nntei 
dem  fälschlich   vorgeschobenen   Namen   des   Georgios  Lekapenos  in:  Theodori  GazM 
grammatices   introductionis  libri   quattuor,  Florenz  1515,  1520  u.  öfter.     Wer  das  Werk 
dem  Lekapenos  zuteilte,  ist  nicht  klar;  wahrscheinlich  geschah  es  durch  ein  Missverständnis, 
weil  in  Handschriften    dorn  Werke   des  Michael  zuweilen  Werke  des  Georgios  Lekapenos 
(Lakapenos;  s.  S.  559)  vorangehen ;  das  ist  z.B.  der  Fall  im  Cod.  Taurin.  274;  s.  Pasini, 
Catalog.  codd.  Taurin.  1  (1749)  379.    Zweifellos  aber  hat  Lakapenos  keinen  Ansprach  aal 
die  Autorschaft,   da  das  Werk  in  zahlreichen  Handschriften  unter   dem  richtigen  Namen 
des  Michael  Synkellos  überliefert  ist.  —  Unt«r  dem  Namen  des  wahren  Verfassers  erschien 
das  Werk  erst:  'EnifAeXeiif  xal  dtoQf^oiaei'Jke^aydgov  KayxeXXaQiov  rov  latQo<piXoc6ifov, 
Venetiis,  apud  Nie.  Glycem  1745  (aus  einem  Cod.  Venetus).  —  Das  Kapitel   JleQi  vnoxo- 
Qiarixiov   ovofi,ttXü)v  ed.   (ohne  Kenntnis   der  früheren  Drucke   des  ganzen  Werkes)  J.  A. 
Gramer,  An.  Oxon.  4,  272  f.  —  Eine  neue  Ausgabe  erwartet  man  von  Felix  Bölte  im 
8.  Teile  des  Corpus  gramm.  Graecorum.    —    Vgl.  Fabricius,   Bibl.  gr.  ed.  Harl.  6,  133; 
297;  345;  382;  11,  186-188  (über  die  kirchlichen  Schriften  des  Michael  Synkellos). 


* 


6.  AliertamBwisaenachaft.    C.  Grammatik.    (§§  246  -247)  587 

2.  Leben:  Eine  Biographie  des  Michael  SynkelloB  schrieb  Nikephoros  Gregoras. 
^.  Nikephoros  Gregoras  ed.  Bonn.  I  S.  XLYIII,  wo  als  Gew&hrsmann  Leo  Allatius,  De  Symeo- 
libus  S.  100,  zitiert  wird.  Der  Text  scheint  aber  noch  nicht  ediert  zu  sein,  lieber  eine 
monyme  Vita  des  Michael  Synkellos  s.  S.  167.  Ueber  die  Einkerkerung  des  Michael 
Inrch  Kaiser  Theophilos  vgl.  Genesios  ed.  Bonn.  74,  16.  Der  dortselbst  als  sein  Leidens- 
^nosse  erwähnte  Theophanes  kann  aber  nicht  Theophanes  Confessor  sein,  mit  dem 
ir  im  Index  der  Ausgabe  S.  195  identifiziert  wird;  denn  Theophanes  Confessor  starb  schon 
im  das  Jahr  817  unter  Leon  Y.  Es  ist  vielmehr  Theophanes  o  yQanjos,  der  spätere  Erz- 
Msehof  von  Nikaea. 

3.  Verschieden  von  dem  Werke  des  Michael  Synkellos  ist  die  anonyme  Schrift: 
fimpl  jrjg  Ttöy  ^tjfidttoy  cvvxd^Btag  xard   rovg  naXwovg,    Ed.  L.  Bachmann,   An.  gr.  2 

1828)  288—316.  —  In  lexikalischer  Form  behandelt  die  Konstruktion  der  Verba  ein 
Fraktat,  der  von  G.  Hermann,  De  emendanda  ratione  Graecae  grammaticae,  pars  prima, 
Ldpsiae  1801  S.  353 — 421,  ediert  ist:  *^QXV  ^^'^  ^*P  ''^^  ^*?*  '^V^  avvru^etog  rtar  ^rifxdttav 
fWQtß^  td  ovofAara  xai  raiv  dXXtog  [XBid  ngod-iaetuy  iyaXXaaaofi^ywy  ^tjfjidxfay. 

247.  Niketas  von  Serrae,  ursprünglich  Diakon  in  Konstantinopel, 
später  Bischof  von  Serrae  in  Makedonien,  endlich  Metropolit  im  pontischen 
Eleraklea,  lebte  am  Ende  des  11.  Jahrhunderts;  einige  Briefe  bezeugen  uns 
freundschaftliche  Beziehungen  zu  dem  durch  seine  reiche  Thätigkeit  in 
theologischer  Litteratur  bekannten  Bischof  Theophylaktos  von  Bul- 
garien. Niketas  verfasste  zahlreiche  theologische  Schriften;  s.  S.  137  f., 
211  f.,  215  f.  Hier  findet  er  seine  Stelle  als  Autor  von  grammatisch- 
lexikalischen Lehrgedichten,  die  sich  offenbar  grosser  Beliebtheit 
erfreuten  und  daher  in  zahlreichen  Handschriften  vorkommen.  Vereinzelte 
Kapitel  der  Formenlehre  und  Orthographie  behandeln  seine  Irixoi 
ttcqI  yQanfxaTixrjg^  100  langweilige  Trimeter  mit  der  charakteristischen 
Einleitung:  Kaiqog  fiiv  vnvov  xai  xaO^svSfiv  tjv  däov^  'All'  ovv  di  vfiäg, 
TzccTdeg^  dyQvrtvrjThov,  ed.  von  Fr.  Boissonade,  An.  Gr.  3  (1831)  323 — 327. 
Dasselbe  schläfrige  Lehrgedicht  steht  übrigens  im  Cod.  Bodi.  Barocc.  131, 
s.  14,  Jol.  62^,  als  ein  Werk  des  Michael  Psellos  ngog  tov  ßaailäa 
HVQov  KiüvatavrXvov  tov  fiovaxov  (jedenfalls  Fehler  der  Hs  oder  des  Katalogs 
von  Coxe  S.  211  für  fiovofidxov).  Mit  Vorliebe  hat  Niketas,  wie  später 
Ptochoprodromos  u.  a.  schulmässige  Stoffe  der  leichteren  Erlernung  halber 
in  die  Form  von  Kirchenliedern  gebracht.  Solcher  Art  sind  die  Verse 
Ober  die  Beinamen  der  12  Götter,  die  Fr.  Creuzer,  Opuscula  mytho- 
logica  etc.  1,  Leipzig  1817,  und  A.  Westermann,  MvO^oyqdipoi^  Braun- 
schweig 1843,  dann  W.  Studemund  in  den  Anecd.  varia  Gr.  1  (1886) 
270 — 279  mit  einem  überreichen  kritischen  Apparate  veröffentlichte.  Die 
zweite  von  Studemund  S.  279 — 283  mitgeteilte  Sammlung  von  Götter- 
l)einamen  schon  bei  A.  Westermann,  Mv&oyQd(poi  S.  355  f.  Ferner 
gehören  hieher  seine  Bearbeitung  des  orthographischen  Regelbuches 
des  Timotheos  von  Gaza  und  seine  Verse  über  die  Namen  der  Meere, 
Flüsse,  Seen,  Berge,  Städte,  Völker  und  Edelsteine;  für  letztere 
schöpfte  Niketas  aus  einem  (wahrscheinlich  auch  von  Suidas  benützten) 
geographischen  Schulbuche,  das  selbst  wiederum  auf  die  gewöhnliche 
poetische  Schullektüre,  besonders  auf  Dionysios  Periegetes  zurückging. 

1.  Narrationes  tres  ex  cod.  Monac.  ed.  R.  ünger,  Episiola  oritica  ad  L.  Krahner, 
Brandenburg  1841  (mir  unzugänglich).  —  Proben  der  Sohulpoesien  edierte  ausser  den 
Genannten  noch  L.  Cohn,  Jahns  Jahrb.  133  (1886)  649—666.  —  Vgl.  Fr.  Ritschi, 
Oposcola  1  (1866)  758  f.  — ^  P.  Egenolff,  Die  orthographischen  Stücke  der  byz.  Lit  1888 
S.  27  ff. ;  ebenda  S.  24  über  einen  fälschlich  dem  Niketas  zugeschriebenen  orthographischen 
Traktat.      Zu  den  von  Egenolff  genannten  Handschriften  der  grammatischen  Hymnen      i 


588  Byzantinische  Litteraturgeachiohie.    I.  Prosaisohe  Litteratar. 

sind  u.  a.  die  Codd.  Patmiaci  110  und  322  nachzutragen.  —  Aehnliohe  orthographiaM  i 
Regeln  in  Form  von  Kirchenkanones  ohne  Automamen  im  Cod.  Vindob.  theoL  2H  i 
(Nessel)  fol.  51—76.  1  \ 

2.  Zur  Biographie  s.   Fahricius,   Bibl.  gr.  ed.  Harl.  7,  750.  —   F.  HenrickMiJ] 
Ueber  die  sogenannten  politischen  Verse  S.  103.  |  ] 

248.  Gregorios,  Metropolit  von  Eorinth,  ursprünglich  Pardos 
nannt,  lebte  am  Schlüsse   des  12.  oder  am  Anfang  des  13.  Jahrhun 
denn  er  zitiert  einerseits  noch  den  Theodoros  Prodromos  unter  den  jün 
Jambographen,  andrerseits  soll  eine  Handschrift  des  Gregorios  dem  13.  J 
hundert  angehören.   Dieser  nicht  ungelehrte  Theologe  ist  als  Gra 
vorzüglich  bekannt    durch    seine  Schrift   über    die  Dialekte:    IleQi 
IdioD^idriüv  T(üv   SiccXäxvtüv,     In   der  Widmungsepistel   beruft   er   sich 
Tryphon  und  Johannes  Philoponos  als  seine  Vorgänger,  nennt  die 
die  Kenntnis  der  alten   Dialekte   wichtigen  Schriftsteller   und    bittet 
Nachsicht,  wenn  er  einzelnes  übersehen  habe;   er  sei  jedenfalls  viel  voll- 
ständiger als  die  früheren  Dialektologen.   Gregor  schöpfte  aus  Johannei 
Philoponos,   aus  Scholien  und  Glossaren  zu  Pindar,   Thukydides, 
Aristophanes  und  besonders  zu  Theokrit,  vielleicht  auch  aus  unmittel- 
baren Quellen,  nämlich  aus  den  Dialektschriftstellern  selbst,  wie  Pindar, 
Herodot,  Theokrit.     Doch  ist  der  Stoff  nicht  durchgearbeitet  und  Zo- 
sammengehöriges  an  verschiedenen  Orten  zerstreut,  wie  es  der  Verfasser 
eben  im  Laufe  seiner  Studien  fand.     Welches  Ansehen   aber  das  Werl 


' 


genoss,  beweisen  die  zahlreichen  Handschriften.  Zu  vergleichen  sind  einigt 
andere  anonyme  Stücke  über  Dialekte,  wie  der  Grammaticus  Leidensig» 
Meermannianus  und  Augustanus.  Als  zweite  grammatische  Schrift 
des  Gregorios  haben  wir  einen  Kommentar  zu  Hermogenes:  'Atto  t^j 
€^rjyrj(T€ (og  rov  firjTQOTioXftov  Koq(v&ov  dg  ro  neql  fi€&66ov  SeivoTrjXog  toi 
^EQlioyävovg  ßißXiov.  Als  Quelle  diente  ihm  hier  unter  anderem  Johannes 
Geometres,  der  von  Tzetzes  als  Erklärer  des  Hermogenes  genannt  wird 
Ein  drittes  (wohl  noch  unediertes)  Schrift chen  des  Gregor  führt  den 
Titel:  negl  fsvvxdl^eoog  rov  Xoyov  rjroi  TtsQi  rov  fxij  (ToXoixiXhv.  Dagegei 
scheint  die  unter  dem  Namen  des  Gregor  überlieferte  und  öfter  edierte 
Schrift  IIsqI  TQOTKav,  in  der  27  Redefiguren  aufgezählt  und  erläutert 
werden,  einem  älteren  Verfasser  anzugehören,  da  sie  von  dem  Metropoliten 
selbst  im  Kommentar  zu  Hermogenes  als  fremdes  Werk  benützt  wird      | 

Ausgaben  und  Hilfsmittel:  1.  Ueber  die  Dialekte:  Ed.  Gisbertus  Koen; 
accedunt  grammatici  Leidensis  et  Meermaniani  de  dialectis  opuscula,  Lugduni  Batav.  1766; 
Praef.  S.  36  ff.  Verzeichnis  der  älteren  Ausgaben  (zuerst  Venedig  1496).  —  Gregorü  Co- 
rinthii  et  aliorum  grammaticorum  libri  de  dialectis  linguae  Graecae.  Quibus  additur  nunc 
primum  editus  Manuelis  Moschopuli  libellus  de  vocum  passionibus.  Rec.  G.  Henr.  Schäfer, 
Lipsiae  1811;  mit  der  Vorrede  und  den  Beigaben  von  Koen;  dazu  der  grammaticus  Augu- 
stanus, ein  dickleibiger  Kommentar  und  fünffacher  Index.  —  Vgl.  W.  Brambach,  Zi 
Theokrit-Scholien  und  Gregor  von  Korinth,  Rhein.  Mus.  22  (1867)  449—451.  —  L.  Mors- 
bach,  Gregor  von  Corinth  über  den  dorischen  Dialekt,  Rhein.  Mus.  31  (1876)  567 — 581.  - 
0.  Zuretti,  II  trattato  di  Gregorio  Corinzio  sull'  atticismo,  Atti  della  R.  Accademia  delle 
Scienze  di  Torino  27  (1891—92)  572—592.  —  Das  von  Julius  Petzholdt  hinter  seinem 
Aphthonius,  Lipsiae  1839  S.  79  ff.  veröffentlichte  Stück  des  Gregorios  von  Korinth  Ueql 
tfjq  lancfovq  iiaXixtov  ist  als  eine,  wahrscheinlich  vom  Herausgeber  selbst  herrührende, 
iedenfalls  der  allerneuesten  Zeit  angehörende  Fälschung  nachgewiesen  von  Ahrens, 
Rhein.  Mus.  1  (1842)  274—277. 

2.  Kommentar  zu  Hermogenes:  Unvollständig  ed.  von  Jac.  Reiske  in  den 
Rhetor.  graec.  8  (Lipsiae  1773}  887-971.  —  Vollständig  erst  von  Chr.  Walz,  Rhetor. 
graec.  7  (1834)  1088—1352.   —   Vgl.  Herrn.  Schrader,  Porphyrii.  qi^esti^num  Homeri 


6.  AltertomswiaBeiiBchaft.    C.  Grammatik.    (§§  248—249)  589 

eamm  ad  Odysseam  pertinentium  rel.,  Leipzig  1890  S.  207.  —  Th.  Gerber,  Quae  in 
commentariis  a  Gregorio  Corinthio  in  Hermogenem  scriptis  vetastioram  commentariorum 
veatigia  deprehendi  possint.  Diss.,  Kiel  1891  Tenthält  ausser  der  Quellenuntersachang  auch 
fimendationen  zum  Kommentar  Gregors).  Vgl.  die  Besprechung  von  C.  Hammer,  Berl. 
philol.  Wochenschr.  1893  8.  456  ff. 

3.  Die  pseudogregorianische  Schrift  TJeQi  xqotkov  ed.  aus  2  Pariser  Hss  Fr.  Bois- 
Bonade,  An.  gr.  3  (1831)  270—284,  unter  dem  Namen  des  Grammatikers  Tryphon.  Auch 
in  den  Codd.  Marc.  512  fol.  53^—58^  und  Taur.  274  (jetzt  G.  VIT.  20)  fol.  161—166 
"Wird  sie  dem  Tryphon  zugeschrieben.  Zu  vergleichen  sind  andere  a.  a.  0.  edierte  anonyme 
Stücke.  —  Unter  dem  Namen  des  Gregorios  edierte  die  Schrift  Chr.  Walz,  Rhetor.  graec. 
8  (1835)  751—778  (mit  den  erwähnten  anonymen  Stücken  und  Kokondrios).  —  Wiederholt 
endlich  in  den  Rhetor.  graec.  ed.  L.  Spengel  3  (1856)  215  ff.  —  Ueber  die  Unechtheit 
dieser  Schrift  s.  C.  E.  Finckh,  Zimmermanns  Zeitschr.  fQr  die  Altertumswissensch.  Bd  5 
(18S8)  1053,  und  Philologus  24  (1866)  545—549.  Für  die  Unechtheit  spricht  vielleicht 
auch  der  von  Finckh  nicht  erwähnte  Umstand,  dass  mehrere  Hss  das  Werkchen  unter 
dem  Namen  des  Tryphon  überliefern  (s.  o.). 

4.  Aus  unbekannter  Zeit  stammt  ein  kurzer  Traktat  über  die  Dialekte,  der  unter 
dem  Namen  des  Theodosios  von  Alezandria  überliefert  ist:  '-^QXV  ttoy  diaXixttoy  rtSy 
Titxpix  rov  xvQiov  (lies  xvqov)  Geodoaiov  rov  'jXe^aydQ^tag  dioqdta&eMüiv.  Ezcerptum  TlBql 
^taXirttav  e  codicibus  Baroccianis  LXXII  et  CHI  bibliothecae  Bodleianae  Oxoniensibua 
ed.  Rieh.  Schneider,  Duisburger  Progr.,  Leipzig  1894. 

249.  Johannes  Glykys  (Icodwr^g  6  rXvxvg,  meist  unrichtig  Glykas 
genannt)  aus  Byzanz,  blühte  unter  Kaiser  Andronikos  11  (1283 — 1328).  Er 
war  ein  gelehrter,  rhetorisch  und  grammatisch  gebildeter  Mann,  der,  von 
seiner  eigenen  schriftstellerischen  Thätigkeit  abgesehen,  auch  als  Lehrer 
und  väterlicher  Freund  des  grossen  Polyhistors  des  14.  Jahrhunderts,  des 
Historikers  und  Astronomen  Nikephoros  Gregoras,  zu  den  litterarischen 
Bewegungen  seiner  Zeit  in  enger  Beziehung  stand.  Gregoras,  ed.  Bonn« 
I  270,  8  flf.,  feiert  ihn  mit  den  Worten:  Hv  6^  6  dvtjQ  aoifoq  iv  toig  ^a- 
JUa%a  xal  atpodqa  Trjg  evysvovg  ixeivrfi  twv  'A^vaiwv  r^x^vg  sinsQ  zig  ixo- 
fi€rog  xal  %v7tov  ixeTvov  xai  tqonov  xad-dneq  t*  d-elov  ttjqwv  dqxixvnov  • 
avvta€(og  6*  ifxßQi&sfqi  xal  yi'Wjug  ßovXsvofiät^rj  rd  däov%a  xai  tqotiwv  Cefi^ 
voTr^vi.  fxaxQfi)  %(f  fxävQfi}  ndvrag  vixcov.  Glykys  besass  die  Würde  eines 
yioyoO^srrjg  rov  Sgofiov  und  bestieg  im  Jahre  1319,  obschon  ursprünglich 
Laie  und  verheiratet,  den  Patriarchenthron  von  Eonstantinopel,  zog  sich 
aber  schon  1320,  von  Kränklichkeit  geplagt,  in  das  Kloster  KvQiwTiisaa 
zurück,  wo  er  bald  starb.  Wir  besitzen  von  ihm  ein  ziemlich  umfang- 
reiches syntaktisches  Werk  unter  dem  Titel:  Tov  TiaTQidgxov  xvqov 
*I(üdrrov  rov  FXvxtog  neQi  oQ&oxrjfcog  (Tvvrd^soDg,  Die  mehr  durch  Klarheit 
der  Sprache  als  durch  Gelehrsamkeit  ausgezeichnete  Schrift  enthält  nicht 
ein  vollständiges  Lehrgebäude,  sondern  behandelt  nur  einzelne  Haupt- 
abschnitte, so  die  Lehre  von  der  Kasusrektion,  von  der  Konstruktion  des 
Partizips,  vom  Solözismus  und  Barbarismus.  In  einer  philosophierenden 
Einleitung  erörtert  der  Verfasser  die  Entstehung  und  Entwickelung 
der  Sprache  als  eines  göttlichen  Geschenkes.  Von  den  alten  Autoren 
zitiert  er  vornehmlich  Homer,  Thukydides,  Piaton,  Demosthenes,  auch  die 
Septuaginta.  Ausserdem  verfasste  Johannes  einen  Bericht  über  seine 
gemeinschaftlich  mit  TheodorosMetochites  ausgeführte  Gesandt- 
schaft nach  Cypern  und  Armenien,  der,  von  Nikephoros  Gregoras  >)  als 
klar  und  schön  geschrieben  bezeichnet,  uns  verloren  zu  sein  scheint.  Das 


')  Ed.  Bonn.  1  194,  21. 


590  Bysantinisohe  Litteraturgeschichte.    L  Prosaisohe  Uttorator. 

Vorwort   seines  Testaments  hat  uns  derselbe  Nikephoros    OregottMl 
erhalten,  *)  dem  wir  auch  weitere  Nachrichten  über  sein  Leben  verdank«.|  1 

1.  Ein  kleines  Stück  der  Syntax  edierte  I.  Bekker,  An.   gr.  8.  1077  ff.,  mll 
A.  Gramer,  An.  Paris.  1  (1839)  401.    —   Erste  vollständige  Ausgabe:  Joannis  GljMeQ 
patriarchae  Cpolitani  opus  de  vera  S3mtaxeos  ratione  ed.  Albertus  Jahn  ins, 
1849  (1889  vollendet,  aber  infolge  eines  Prozesses  erst  1849  ausgegeben,   so  dass  die 
zensionen   vor  dem  Buche  erscheinen  konnten);    mit  ausführlichen  ProlegomeDa, 
stark  holländemden  Kommentar  und  vierfachem  Index.  —  Vgl.  die  Besprechungen  dien 
Ausgabe:  Heidelberger  Jahrbücher  1840  S.  792  f.  und  Zeitschrift  für  die  Altertamswiaia- 
Schaft,  herausgegeben  von  Th.  Bergk  und  Jul.  Caesar  1845  N.  59  S.  465 — 472  (von  GriLfenhao), 

—  Eine  neue  Ausgabe  verspricht  Felix  Bölte  im  8.  Teil  der  bei  Tenbner  erschemend« 
Sammlung  der  griechischen  Grammatiker. 

2.  Wohl  noch  unediert  sind  folgende  Schriften  des  Johannes  Glykya :  Ein  Sehreib« 
an  den  Kaiser  und  eines  an  den  Logotheten  —  das  erste  verstümmelt  —  im  Cod.  Ltnr. 
57,  24  fol.  125''— 129.  Vgl.  M.  A.  Bandini,  Catalogus  codd.  graec.  bibl.  Laon 
2  (1768)  869.  —  Eine  Precatio  pro  Andronico  imperatore  (den  griechischen  Titel  kenne 
ich  nicht),  die  Abdankungsurkunde  (des  Glykys)  und  eine  Rede  an  den  Kaiser,  die  woU 
mit  dem  verstümmelten  Texte  des  Laur.  identisch  ist,  im  Cod.  Paris.  2562  foL  38^-~44. 

—  13  Briefe  im  Cod.  Paris.  2022  fol.  181—187.   —   Sonntagspredigten  im  Cod.  Paria 
1210  fol.  1—72^    Vgl.  S.  174  f. 

3.  Das  von  Du  Gange  im  Index  auctorum  seines  Glossarium  roediae  et  infinuu 
Graecitatis  col.  51  erwähnte  und  öfter  zitierte  Gedicht  eines  Johannes  Gljcas:  De  vani* 
täte  vitae  hat  mit  unserem  Autor  nichts  zu  thun;  es  ist  nämlich  nichts  anderes  als  du 
öfter  edierte  Werk  U^yd-og  davdxov  etc.,  dessen  Verfasser,  dem  16.  Jahrh.  angehOrig,  sich 
Justus,  Sohn  des  Johannes  Glykos  {Kvq  'liaawov  rov  rXvxw),  nennt.  Vgl.  £.  Legrand, 
Bibliogr.  heU.  1  (1885)  S.  179  und  238  ff. 

250.  Schedographie.  Schulbücher  gehören  in  der  Regel  nicht  zur 
schönen  Litteratur,  ja  nicht  einmal  zur  wissenschaftlichen  Fachlitteratur; 
sie  sind  aber  für  die  Kenntnis  der  wechselnden  Voraussetzungen  der  natio- 
nalen Bildung  und  für  die  Geschichte  des  Unterrichtes  von  Bedeutung. 
Daher  müssen  in  diesem  der  Altertumswissenschaft  gewidmeten  Kapitel 
doch  auch  einige  mit  der  Wissenschaft  sehr  lose  verknüpfte  Hilfsmittel 
der  untersten  Schulstufen  beschrieben  werden.  Das  erscheint  auch  darum 
geboten,  weil  man  die  Elaborate  dieser  Art  häufig  falsch  beurteilt.  Man 
hat  harmlose  Elementarschulbücher,  wohl  dadurch  irregeleitet,  dass  sie  in 
griechischer  Sprache  abgefasst  und  in  mehr  oder  weniger  vergilbten  Hand- 
schriften überliefert  sind,  vom  erhabensten  Standpunkte  der  philologischen 
Wissenschaft  angesehen  und  dann  nach  Erkenntnis  ihrer  Nichtigkeit  mit 
thränenvoller  Entrüstung  den  hier  offenbaren  Verfall  der  alten  Gelehr- 
samkeit betrauert.  Zur  untersten  Gattung  der  Schulbücher  gehören  dio 
für  den  grammatischen  Anfangsunterricht  bestimmten  Sehe  den,  über 
deren  Wesen  hier  einige  Aufklärungen  gegeben  werden  sollen. 

Alt  und  wohlgelitten  sind  die  Epimerismen  {iniiisqiaiiol)  d.  h.  die 
grammatisch-lexikalischen  Erklärungen  schwieriger  Klassikerstellen,  wobei 
nach  der  Folge  des  Textes  die  auffalligen  Formen  und  seltenen  Wörter 
erläutert  und  also  nicht  selten  schmackhafte  philologische  Ragouts  zum 
besten  gegeben  wurden.  Aus  dieser  auch  höhere  Ansprüche  erfüllenden 
Formalerklärung  entwickelte  sich  in  der  byzantinischen  Zeit  ein  der 
untersten  Schulstufe  dienendes  Mittel,  die  sogenannte  2xsdoyqa(f(a.  Sie 
beruht  auf  der  auch  in  der  neuesten  Zeit  wiederum  vielfach  aufgenom- 
menen Methode,   dio  Grammatik  rein  praktisch   durch  Analyse  und  Er- 


')  Ed.  Bonn.  I  289,  23  ff. 


6.  Altartomswisaenaohaffe.    C.  Grammatik.    (§  250)  591 

klärung  der  einzelnen  Formen  und  Wörter  eines  zusammenhängenden 
Schriftstückes  zu  lehren  und  einzuüben.  Als  Grundlage  wurden  natürlich 
Texte  gewählt,  die  sich  durch  einfache  Darstellung,  durch  Popularität  oder 
durch  aktuelles  Interesse  empfahlen,  wie  alte  oder  speziell  zu  diesem  Zwecke 
abgefasste  Briefe  (s.  §  229),  kleine  Aufsätze,  Schriften  oder  einzelne  Stellen 
alter  und  byzantinischer  Profanautoren  wie  Philostratos,  Agapetos  (Fürsten- 
spiegel) u.  a.,  Stellen  der  Bibel,  Gebete,  Kirchenlieder  u.  a.  Diese  Lehr- 
methode, über  deren  Anfange  nichts  Sicheres  bekannt  ist,  gewann  in  der 
späteren  byzantinischen  Zeit  —  wenn  wir  dem  Zeugnis  der  Anna  Kom- 
nena  (s.  u.)  trauen  dürfen,  seit  dem  Ausgange  des  11.  Jahrhunderts 
—  neben  der  selbständigen  Grammatik  und  Lexikographie  und  neben  der 
saehUchen  Exegese  der  Schriftsteller  eine  um  so  grössere  Verbreitung, 
je  mehr  der  Volksunterricht  mit  dem  Sinken  der  nationalen  Wohlfahrt 
auf  ein  bescheidenes  Mass  elementarer  Unterweisung  zusammenschrumpfte. 
Eine  gute  Vorstellung  von  der  Anlage  dieser  Lehrmittel  gewährt  das  ge- 
druckte Büchlein  des  Moschopulos  Jlsql  axsdwv.  Eine  Bearbeitung  des- 
selben ist  seltsamerweise  mit  dem  Namen  des  hl.  Basilios  geschmückt 
worden.  Aus  einer  älteren  Zeit,  wohl  dem  11.  Jahrhundert,  stammt  das 
Lehrbuch  des  „weisen  Longibardos^,  das  schon  Anna  Komnena  (s.  u.) 
erwähnt.  Es  findet  sich  handschriftlich  in  Paris  und  im  Vatican  unter 
dem  Titel:  AoyyißaQÖov  %ov  aotfov  naqsxßoXaiov  r^g  axsdoyqaifiaq.  Zu- 
weilen  wurden  die  einzelnen  Notizen  (cx^'^ai),  um  die  bei  der  Erklärung 
eines  fortlaufenden  Textes  lästigen  Wiederholungen  zu  vermeiden,  auch 
alphabetisch  nach  dem  System  der  Antistoechie  (s.  S.  564)  geordnet.  Ein 
derartiges  schedographisches  Lexikon,  welches  in  907  politischen 
Versen  orthographische  Regeln  vorträgt,  ist  durch  den  Druck  bekannt 
gemacht.  Nach  einem  Prooemion  beginnt  das  eigentliche  Vokabular  mit 
mit  den  Versen:  ^Ava^  vndqxsi  ßaaiXevq  •  avaaaa  rj  dBanoivrj.  \^^'ävtqov  ictl 
t6  (fnr^Xaiov.  Ugagorag  ngsnotToog.  Die  Entstehungszeit  des  Büchleins  ist 
unbekannt;  die  Anführungen  avaaaa  "Avva  V.  55  und  "AyyeXoq  Kofivrjvog  ts 
V.  185,  die  man  auf  Anna  Komnena  und  einen  Angelos  Komnenos  be- 
zogen und  zur  genaueren  Datierung  benützt  hat,  sind  wohl  fingiert  und 
können  höchstens  zur  Bestimmung  der  Frühgrenze  (12.  Jahrh.)  dienen. 

Bei  der  Spärlichkeit  der  Nachrichten,  welche  uns  die  byzantinischen 
Schriftsteller  über  ihre  konkreten  Schulverhältnisse  geben,  ist  ein  byzan- 
tinisches Urteil  über  die  schedographische  Methode  sehr  willkommen.  Wir 
verdanken  es  der  fürstlichen  Geschichtschreiberin  Anna  Komnena,  die  in 
ihrer  Alexias  gelegentlich  der  Schilderung  eines  von  ihrem  Vater  gestifteten 
Waisenhauses  auch  die  in  demselben  eingerichtete  Schule  berührt  (XV  7 
=  n  349  f.  ed.  Bonn.).  Sie  berichtet,  dass  man  unter  den  Schülergruppen 
auch  solche  bemerke,  welche  die  sogenannten  Scheden  schreiben  (d  6ä 
^vyyQa^etg  twv  Xeyofxävoiv  (fx^^^v),  meint  dann,  die  Schedenmethode  sei 
eine  moderne  Erfindung  {tov  S^  crx«<^ot;5  ij  Täxvrj  evqrjfAa  twv  veoDTägav  iavi 
Tuzi  vf^g  €(p'  rjfidiv  yeveag)  und  ein  Brettspiel  (nexxsia  dh  t6  anovSaCfia)^ 
über  welchem  die  allgemeine  Ausbildung  vernachlässigt  werde;  deshalb  sei 
sie  gegen  das  verschlungene  Netz  der  Schedographie  {xaTeyvav  Ttjg  noXv- 
tkXoxov  rrg  ffx^^oyQafpiag  TiXoxrjg),     Bemhardy  und  andere  haben  dieser 


592  Byzantinisohe  Litieratargeschichte.    I.  Prosaiflche  littentor. 

Kritik  mehr  Bedeutung  beigemessen,  als  ihr  zukommt,  und  ihr  Gtesamt- 
urteil  über  die  Sehedographie  durch  sie  bestimmen  lassen.  Allein  ab-j 
gesehen  davon,  dass  Anna  keine  einzige  genauere  Angabe  über  die 
der  Sehedographie  macht,  die  ihren  Unwillen  erregte,  geht  aus  ihren  vietl 
fach  unklaren  Ausführungen  deutlich  nur  hervor,  dass  sie  die  Schedo*] 
graphie  hasst,  weil  sie  eine  neue  Erfindung  sei  und  weil  sie  als  mecbi- 
nische  Übung  die  höhere  Ausbildung  beeinträchtige.  Der  erste  Vorwurf, 
ein  Ausfiuss  jener  exklusiven  Altertümelei,  der  Anna  allenthalben  in  ihrem 
Geschichtswerk  huldigt,  ist  natürlich  sinnlos,  und  der  zweite  beweist  nur 
die  Unfähigkeit  der  begabten  Prinzessin,  die  Bedingungen  und  Ziele  einer 
Volksschule  zu  verstehen.  Wer  sich  über  den  Mechanismus  der  Sehedo- 
graphie nicht  beruhigen  kann,  sei  schliesslich  noch  daran  gemahnt,  daMj 
sie  bedenklich  nahe  verwandt  ist  mit  manchen  Schulausgaben,  Schü]e>{ 
präparationen  und  Übungsbüchern  des  neuen  pädagogischen  Kurses  ii 
Preussen;  denn  ob  nun  die  fortlaufende  Analyse  zwischen  den  Zeilen  oder 
unter  dem  Texte  steht,  berührt  das  Wesen  der  Sache  nicht,  und  dieses 
besteht  bei  beiden  Methoden  darin,  dem  Schüler  alle  „Schwierigkeiten* 
zu  ebnen  und  eigenes  Nachdenken,  Suchen  und  Lernen  möglichst  zu  er- 
sparen. Dabei  wird  nicht  geleugnet,  dass  die  byzantinische  Lehrmethode 
auf  die  Lehrer  selbst  lähmend  wirkte  und  sie  allzu  genügsam  machte;  sie 
konnte  aber  zum  Glück  nicht  verhindern,  dass  bessere  Köpfe  fortfuhren, 
die  grammatischen  Lehrsysteme  und  die  höheren  lexikalischen  Hilfsmittel 
zu  studieren,  die  Klassiker  mit  den  guten  alten  Erklärungen  zu  lesen  und 
sich  sogar  in  eigenen  wissenschaftlichen  Arbeiten  zu  versuchen.  Natürlich 
blieben  diese  Auserwählten  in  der  Minderzahl. 

.  Noch  kunstloser  als  die  schedographische  Methode  ist  die  Beigabe 
einer  einfachen  volkssprachlichen  Interlinearparaphrase  {^vxocytoyia]; 
man  findet  sie  in  zahllosen  griechischen  Schulheften  der  letzten  Jahr- 
hunderte, die  sich  nun  in  den  Katalogen  stolz  als  „Codices  graeei* 
brüsten. 

1.  Ausgaben:  Die  meisten  dieser  Elementarscbolbücher  ruben  yerdientermassen 
im  Staube  der  Bibliotheken.  Nur  zufällig  ist  das  eine  oder  andere  Exemplar  ans  Licht 
gezogen  worden.  Moschopulos  üegl  cxedaiy  ist  ediert  Paris  1545.  Ex  officina  Rob. 
Stepbani.  Wiederholt  in  Wien  1773  (nach  Henrichsen  a.  unten  a.  0.  S.  19).  —  Pseudo- 
ßasilios  zuerst  mit  Apollonios  Dyskolos  tlegl  cvt^ä^etas,  Florenz  bei  Ph.  Junta  1515. 
Dann  in  Basel  1553.  £x  officina  Oporini.  Auch  von  F.  Morellus,  Paris  1585  (nach 
Henrichsen,  a.  a.  0.  S.  21).  —  Ein  anonymes,  ebenfalls  mit  Moschopulos  verwandtes  StQck 
ed.  Fr.  Boissonade,  An.  gr.  3  (1831)  330—338.  —  Das  erwähnte  schedographische 
Lexikon  ed.  Fr.  Boissonade,  An.  gr.  4  (1832)  366—412.  —  Dazu  die  Litteratur  zu 
§§  224;  229. 

2.  Hilfsmittel:  Wichtige  Belegstellen  gab  schon,  ohne  das  Wesen  der  Sache  zu 
erkennen,  F.  J.  G.  La  Porte-Du  Theil,  Not.  et  extr.  7  (an  XU  de  la  Räpubliqae)  2, 
250—254.  —  Hauptschrift:  R.  J.  F.  Henrichsen,  Om  Schedographien  i  den  Bjzan- 
tinske  Skoler,  Kopenhagen  1843.  —  Herodiani  scripta  tria  emendatiora  ed.  K.  Lahrs, 
Königsberg  1848  S.  423—427  (über  die  Bedeutung  von  fAeglCeiy,  (jlbqmuos^  «fia^m'Ceir, 
inifiBQiafAoSf  ax^dog).  —  G.  Beruh ardy,  Grundriss  d.  griech.  Litt.  P  (1892)  778  f.  —  Ueber 
grammatische  Lexika  dieser  Art  vgl.  P.  Egenolff,  Die  orthographischen  Stdcke  d.  byz. 
Litt.  S.  25  fif.  —  Mehrere  Hss,  welche  ipvxaytayitti  enthalten,  besenreibt  H.  Phlorides  bei 
J.  Sakkelion,  Uaifjutcxrj  Bt.ßXio»^xf],  Athen  1890  S.  241—244. 

3.  Ein  interessantes  Lehrbuch,  an  welchem  man  das  Wesen  der  schedographisohen 
Methode  gut  studieren  kann,  enthält  der  Cod.  Laur.  Conv.  Soppr.  2,  s.  14.  Die  Reihe 
der  Texte,  an  denen  hier  Grammatik  gelehrt  wird,  eröffnet  ein  Schulgebet;  dann  folgen 
Kirchenlieder,  Stellen  aus  der  Bibel  und  aus  alten  Dichtem,  auch  Sätze,  die  sich,  ähoSch 


6.  Altertamswusexuiohaft.    C.  Grammatik.    (§  251)  593 

wie  die  Schulgespräche  des  Pseudo-Dositheos,  an  die  Schüler  selbst  wenden.  Jedem  Texte 
ist  zunächst  eine  Zwischenzeilen erklärung  beigegeben,  in  welcher  die  Formen  und  Wörter 
erläutert  werden,  dann  kommt  noch  eine  zusammenhängende  Technologie,  die  mit  Moscho- 
pulos  IleQl  ax^^ioy  verwandt  ist.  Der  Titel  lautet:  *Aqx^  ^^^  ^^^  •  Kovramov  toiv  elatt" 
ytaytxüiy  ngiutoy^  ein  Beweis,  dass,  wer  nach  schedographischen  und  anderen  granmia- 
tischen  Schriften  fahndet,  in  den  Hsskatalogen  auch  das  Schlagwort  xorraxior,  womit  sonst 
eine  Art  von  Kirchenliedern  bezeichnet  wird,  nicht  übersehen  darf  Vgl.  die  Beschreibung 
dieser  Hs  von  N.  Festa,  Studi  italiani  di  filol.  class.  1  (1898)  131  f. 

4.  Auf  lateinischem  Boden  wird  die  schedographische  Schulpraxis  dargestellt 
durch  Priscians  Partitiones  XII  versuum  Aeneidos  principalium. 

251.  Anonymes,  Inedita  u.  s.  w.  Mit  den  angeführten  Werken  ist 
die  grammatische  Litteratur  der  Byzantiner  natürlich  nicht  erschöpft.  In- 
folge der  vielseitigen  Sorgfalt,  welche  den  grammatischen  Studien  selbst 
in  der  Zeit  des  grössten  Verfalls  wenigstens  für  praktische  Zwecke  zu  teil 
wurde,  finden  sich  in  zahlreichen  Handschriften  ausser  den  bekannten  und 
v^eröflfentlichten  Werken  noch  eine  Menge  zum  Teil  anonymer  und  fragmen- 
tarischer Bücher  granmiatischen  Inhalts.  Eine  Übersicht  der  in  der  spät- 
byzantinischen Zeit  hauptsächlich  benützten  grammatischen  Hilfsmittel  gibt 
Pachomios  Rhusanos  in  seiner  ÜQo&sooQia  eig  ttjv  yQUfifiauxijv  im  Codex 
Nanianus  305  (jetzt  Marc.  XI  26).  S.  AI.  Mingarelli,  Graeci  Codices 
ais8  apud  Nanios  patricios  Yenetos  asservati,  Bononiae  1784  S.  511;  vgl. 
die  dortselbst  S.  491 — 517  beschriebenen  Codices.  Ein  anderes  Verzeichnis 
^on  Namen  altgriechischer  und  byzantinischer  Grammatiker  aus  einem 
Pariser  Codex  steht  bei  Montfaucon,  Bibliotheca  Coisliniana  S.  597.  Eine 
reiche  Fundgrube  von  kleineren  Traktaten  und  handschriftlichen  Notizen 
sind  ausser  den  älteren  Sammlungen  von  Bekker,  Cramer  u.  a.  jetzt  be- 
iionders  die  Anecdota  varia  Graeca  ed.  G.  Studemund  vol.  I  (1886). 
A^usserdem  sind  natürlich  sämtliche  Kataloge  griechischer  Handschriften 
beizuziehen.  Eine  kritische  Sonderung  und  genealogische  Gruppierung 
dieser  Massen  machen  sich  die  Bearbeiter  des  Corpus  grammaticorum 
Qraecorum  zur  Aufgabe. 

1.  Eines  Georgios  Eurteses  Scholarios  (VciaQytog  KovQticfjg  6  l^oXagiog)  Gram- 
matik steht  im  Cod.  Matrit.  125  s.  15—16  und  in  anderen  Hss.  Vgl.  Jo.  Iriarte, 
Regiae  bibl.  Matrit.  Codices  gr.  mss  S.  502  f.  —  Die  in  den  Codd.  Athen.  1089  s.  13, 
Ath  en.  1097  s.  15  und  wohl  auch  sonst  erhaltene  Schrift  eines  Stephanos  Grammatikos 
J?e^<  yQafjifjiaux^i  ist  wohl  ein  Kommentar  zu  Dionysios  Thrax.  Vgl.  1.  Bekker,  An. 
gr.  1167. 

2.  Pachomios  Rhusanos  (i7a/(J^io;  iPovüayog;  s.  o.),  ein  fleissiger  und  gelehrter 
M5nch  AUS  Zante  (f  1553),  verfasste  ausser  grammatischen  und  musikalischen  Lehrbüchern 
mebrere  theologische  Schriften,  unter  denen  man  sogar  eine  Streitschrift  gegen  Martin  Luther 
[xard  rot  9^  fiagri  XovtdQi)  gefunden  hat  (Cod.  Nan.  127,  jetzt  Marc.  II 104).  VgL  S.  137. 
Ueber  sein  Leben  und  seine  Werke  berichten:  Mustoxydes,  'EXXtjyofiyijfitoy  N.  10(1847). 

—  Chr.  Phil  et  as,  JleQl  *Itaayyixlov  Kagrayovj  Jafiacxrjyov  rov  £tov&Itov  xai  Uaxtofjilov 
'^i^v^ayov,  Kerkyra  1857  (mir  unzugänglich).  —  K.  N.  Sathas,  Nsob^,  wiXoXoyi«  S.  150  ff. 

—  Nik.  Katramis,  4>iXoXoyiXtt  ayäXexfa  Zaxvy&ov,  Zante  1880  S.  231  ff.  —  Eine  Predigt 
des  Rhusanos  über  den  Aberglauben  ed.  Sp.  Lampros,  JsXtioy  1  (1883—1885)  101—112; 
367 — 369.  —  Einen  Notariatsakt  Über  den  Nachlass  des  Rhusanos  ed.  mit  Einleitung  G. 
Caatellani,  Atti  del  R.  Istituto  Veneto  di  scienze,  lottere  e  arti  s.  Vll  t.  6  (1894—95) 
903 — 910.  —  Eine  ausführliche  Analyse  der  oben  erwähnten  chronologisch  geordneten 
Grammatikerliste  des  Rhusanos  gab  An t.  Baumstark,  Lucubrationes  Syro-Graecae,  Jahns 
Jahrb.  Supplementb.  21  (1894)  370—372.  —  Zu  den  meist  in  Venedig  aufbewahrten  Hss 
kommt  Cod.  BeroLPhillipp.  1617  (theologische  Schriften).  —  Wahrscheinlich  stammen 
von  Pachomios  Rhusanos  auch  die  Randscholien  zu  Georgios  Phrantzes  im  Cod.  Ambros. 
P.  123.    Vgl.  darüber  die  S.  309  zitierte  Schrift  von  G.  Mercati. 

BMkdlroch  der  klMi.  AltertomswiMeiMcbaft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aull,  38 


594  Bysanünische  Litteratiirgesohiohte.    L  ProMdsehe  Litiaratnr. 

D.  Metrik  und  Musik. 

252.  Metrik.  Auf  keinem  Gebiet  der  Altertumswissenschaft  erwdst 
sich  das  Können  der  Byzantiner  so  dürftig  und  ihre  Produktion  so  unselb- 
ständig wie  in  der  Metrik.  Der  Hauptgrund  davon  liegt  in  dem  Umstände, 
dass  die  Grundlage  des  alten  Versbaues,  das  Prinzip  der  Quantität,  in 
der  lebendigen  Sprache  verloren  gegangen  war.  Wie  in  der  Grammatik 
manche  Benennungen  und  Definitionen  infolge  der  veränderten  Lautverhält- 
nisse der  Sprache  den  späteren  Geschlechtern  unverständlich  wurden  und 
nur  noch  als  konventionelle  Termini  fortlebten,  so  wurde  die  Theorie  der 
alten  Metrik  durch  den  Übergang  der  quantitierenden  Rede  zur  accen- 
tuierenden  Konversationssprache  den  Byzantinern  um  so  dunkler,  als  sie 
von  dieser  im  Laufe  der  Jahrhunderte  unmerklich  vollzogenen  Veränderung 
des  sprachlichen  Klanges  und  ihrer  Tragweite  für  den  Versbau  schwerlich 
eine  deutliche  Vorstellung  hatten.  Die  Folgen  der  sprachlichen  Umbildung 
waren  für  die  metrische  Theorie  bedeutender  als  fttr  die  Grammatik^ 
weil  dort  die  gesamte  Grundlage,  in  der  Grammatik  zunächst  nur  einzelne 
Teile  der  Lautlehre  erschüttert  wurden.  Von  der  rein  mechanischen  Art, 
mit  welcher  die  Byzantiner  die  alten  quantitierenden  Metren  an- 
wendeten, legen  die  zahlreichen  Stücke  der  kunstmässigen  Poesie  Zeugnis 
ab;  ihr  originelles  und  selbstverfertigtes  Metrum  aber,  der  politische  1 
Vers,  beruht  auf  dem  Accent.  Aus  diesen  Verhältnissen  erklärt  sich  die 
Bedeutungslosigkeit  der  byzantinischen  Elaborate  über  Metrik.  Sie  zer- 
fallen in  zwei  Hauptgattungen,  in  theoretische  Abhandlungen  über 
Füsse  und  Versarten  und  in  metrische  Schollen  und  Rezensionen 
der  alten  Dichter. 

Ausgangspunkt  und  Grundlage  der  gesamten  byzantinischen 
Metrik  ist  das  Handbuch  {'EyxeiQidiov)  des  Hephaestion  mit  seinen 
Scholien.  Doch  muss  bei  der  Quellenbetrachtung  das  gesamte  Scholien- 
konglomerat,  das  sich  an  Hephaestion  angehängt  hat,  in  seine  ursprüng- 
lichen Bestandteile  geschieden  werden.  Ein  Teil  der  SchoUen  stammt  ans 
alter  Zeit  und  enthält  reiche  Schätze  der  besten  Gelehrsamkeit.  Das  ist 
die  von  Westphal  als  Scholia  A  bezeichnete  Gruppe  und  das  erste  Buch 
der  Westphalischen  Scholia  B,  die  beide  auf  den  Kommentar  des  Longinos 
zurückgehen,  wenn  sie  auch  nicht  die  Originalform  desselben  darstellen; 
des  weiteren  das  vierte  Buch  der  Scholia  B,  das  vielleicht  aus  dem 
Kommentar  des  Oros  stammt;  eine  andere  Gruppe  weist  auf  die  tfi^i;}^>/<r(^ 
des  Choeroboskos;  einzelne  Stücke  lassen  sich  nach  ihrer  Herkunft  nicht 
näher  bestimmen.  Von  dieser  Masse  scheidet  sich  deutlich  das  den  Scholia  B 
als  fünftes  Buch  angehängte,  in  einer  etwas  verschiedenen  Form  auch  als 
Appendix  eines  rhetorischen  Corpus  und  des  Dionysios  Thrax  über- 
lieferte, triviale  byzantinische  Kompendium,  welches  eine  spätere  Stufe 
metrischen  Wissens  darsteUt;  dasselbe  muss  —  wenn  nicht  wieder  eine 
Interpolation  im  Spiele  ist,  was  L.  Voltz  in  der  unten  zitierten  Disser- 
tation S.  6  annimmt  —  in  seiner  Urgestalt  jünger  sein  als  das  9,  Jahr- 
hundert, da  Konstantinos  der  Sizilier  darin  benützt  ist;  wahrschein- 
lich gehört  es  dem  10.  Jahrhundert  an,  der  Zeit  der  Enzyklopädien  und 
Sammelwerke.     Wir  müssen  uns  mit  dieser  allgemeinen  Andeutung  be- 


6.  AltertamBwiMenBchaft.    D.  Xeirik  nnd  Hnsik.    (§  252)  595 

iiügen;  eine  genauere  Scheidung  und  Definition  könnte  nur  im  Zusammen- 
ange  und  auf  Orund  einer  ausführlichen  Beschreibung  des  ganzen  hand- 
ßhriftlichen  Thatbestandes  gegeben  werden. 

A.  Ein  mit  den  alten  Scholien  versehenes  Exemplar  des  Hephaestion 
ompilierte  etwa  im  12.  Jahrhundert  (doch  wahrscheinlich  vor  Tzetzes) 
in  sonst  unbekannter  Granmiatiker  Trichas  (TQix^g)  in  seinem  Traktate: 
^TUfiieQKTfiol  ttüv  ivväa  fxävQODv,  Demselben  geht  ein  Hymnus  an  die 
1.  Jungfrau  voraus,  in  welchem  die  neun  Hauptmetren  praktisch  veran- 
^haulicht  werden:  Tov  aofpoDzdrov  Tqixcc  (Xvvoipig  rcSv  ivväa  fiätgcov.  Zwei 
ndere  religiöse  Hymnen  mit  metrischer  Erklärung  hatte  Trichas  schon 
*üher  abgefasst  und  verweist  mehrfach  auf  sie;  sie  sind  in  antiken  Metren, 
ber  nach  byzantinischen  Prosodieregeln  gedichtet.  Die  Abhandlung  selbst 
rscheint  als  eine  im  byzantinischen  Oeiste  gehaltene  Umarbeitung  des 
[ephaestion  ohne  weitere  Hilfsmittel  als  einen  schlechten  Text  der  guten 
cholien.  Nachdem  die  Scholien  A  in  einer  besseren  Fassung  ans  Licht 
ezogen  sind,  als  sie  dem  Trichas  zu  Gebote  stand,  ist  das  Schriftchen 
ertlos  geworden. 

1.  Ed.  von  Franc,  de  Furia  (ehemaligem  Bibliothekar  der  Laorentiana  in  Florenz) 
iter  dem  Titel:  Appendix  ad  Draconem  Stratonicensem  complectens  Trichae,  Eliae  Monachi 

Herodiani  tractatus  de  metris,  Lipsiae  1814.  —  Dann  in  den  Scriptores  metrici  Graeci 
I.  R.  Westphal,  vol.  1  (1866)  251-302.  -    Vgl.  Aug.  Jung,  De  Trichae  metrici  vita 

scriptis,  Diss.y  Breslau  1858.  —  Vielleicht  ist  Trichas  identisch  mit  jenem  Johannes 
richas,  an  welchen  Michael  Glykas  zwei  Briefe  richtete.  Migne,  Patrol.  gr.  158  Col. 
LIX  und  LI.     Vgl.   E.  Krumb  acher,   Michael  Glykas,   Sitzungsber.   baver.  Ak.    1894 

438. 

2.  Name:  Im  Cod.  Paris.  2881  lautet  die  Ueberschrift  Tov  aoaxatdrov  Tgi^a,  in 
nera  Florent.  dagegen  Tq^x^^  (Jung,  a.  a.  0.  S.  4).  Ich  habe  die  Ricntigkeit  dieser  An- 
iben  nicht  kontrollieren  und  auch  keine  anderen  Uss,  welche  den  Traktat  enthalten,  ein- 
hen  können;  doch  ist  sicher  die  letztere  Form,  d.  h.  TQix^g,  Gen.  Tqix^,  die  richtige; 
?nn  sie  stimmt  mit  der  besten  üeberlieferung  der  Namensform  des  oben  erwähnten 
•hannes  Trichas  Überein  und  findet  sich  auch  sonst,  z.  B.  in  einer  Urkunde  vom  Jahre 
97,  die  von  einem  Konstantinos  Trichas  {dut  rov  Tqix«  Kwyatayriyov)  ausgefertigt  wurde 
cta  et  diplomata  edd.  Miklosich  et  Müller  6,  140)  und  in  einer  Urkunde  vom  Jahre  1337, 
y  ein  'itoavyijs  6  Tqixdg  genannt  wird  (a.  a.  0.  1,  170).  Deutsch  und  lateinisch  muss  der 
ann  natürlich  Trichas  heissen,  nicht  Tricha,  wie  er  in  der  ganzen  neueren  Litteratur 
Ischlich  genannt  wird. 

3.  Neben  Trichas  ist  zu  nennen  Johannes  Tzetzes,  der  den  Text  des  Hephaestion 
byzantinischen  Metren  versifizierte;  ihm  lag  ein  noch  schlechterer  Text  des  Hephaestion 

»r  als  dem  (wohl  etwas  früheren)  Trichas.  Das  Lehrgedicht  des  Tzetzes  ed.  J.  A.  Gramer, 
a.  Oxon.  3  (1836)  302—333;  vgl.  die  handschriftliche  Notiz  S.  III  und  Hörschelmann, 
bein.   Mus.  36  (1881)  285.    S.  oben  S.  534. 

B.  Einen  weit  grösseren  Einfluss  erlangte  das  oben  erwähnte  triviale 
Kompendium.  Aus  ihm  (und  einigen  anderen  Stücken  der  Scholia  B) 
;ammt  alles  metrische  Besitztum  der  Byzantiner  ausser  den  Werken 
BS  Trichas  und  Tzetzes  und  den  alten  Dichterscholien.  Manche  Lehrer  der 
[etrik,  die  aus  dieser  trüben  Quelle  schöpften,  suchten  ihre  Machwerke 
urch  erborgte  Namen  wie  Hephaestion,  Herodian,  Drakon  zu  empfehlen, 
ädere  schrieben  unter  eigener  Firma,  andere  wiederum  in  löblicher  Selbst- 
"kenntnis  anonym;  aber  keiner  hat  sonstige  Gewährsmänner  benützt  und 
siner  hat  etwas  Brauchbares  selbst  hinzugefügt.  Ihre  Abweichungen  ent- 
iringen  nur  aus  Umstellungen,  aus  Änderungen  des  Wortlautes  und  aus 
»r  verschiedenen  Auswahl  und  Ausführlichkeit,  die  jedem  beliebte.  Meist 
iden    sich  diese  Stücke  als  Anhang  oder  Lückenbüsser  in  Dichterhand- 


596  Bysantinisohe  Litieratnrgeaohiohte.    L  ProBauiche  Litteraiiir. 

Schriften;  manche  irrlichtern  noch  unerkannt  in  den  Bibliotheken  und 
erwecken  wohl  dann  und  wann  einem  Novizen  die  trügerische  Hoffnung, 
einen  neuen  Codex  oder  ein  Fragment  des  Hephaestion  entdeckt  zu  haben. 
Eine  vollständige  Übersicht  über  den  Thatbestand  dieser  exilen  Schul- 
litteratur  ist  nicht  möglich,  auch  kaum  wünschenswert.  Ebensowenig 
kann  auf  unserem  beschränkten  Räume  das  sehr  verwickelte  genealogische 
Detail,  welches  in  jüngster  Zeit  namentlich  durch  Studemund  und  Hörschel- 
mann aufgeklärt  worden  ist,  mit  genügender  Präzision  dargelegt  werden. 
Die  wichtigsten  der  hierher  gehörigen  Stücke  sind  folgende: 

1.  Jqdxovtog  StgaTorixeiog  neql  fisTQiov  Tioirjvixwv  xal  nQSrov  ni^ 
XQovaVy  ein  breites,  aus  Isaak  Monachos,  Pseudo-Hephaestion  u.  a.  stammen- 
des Elaborat,  das  den  stolzen  Namen  des  alten  Grammatikers  Drakon  an 
der  Stime  trägt,  in  Wirklichkeit  aber  eine  Fälschung  des  16.  Jahr- 
hunderts ist.  Der  Eompilator  Jakob  Diassorinos  benützte  die  Editio 
princeps  der  grossen  Hephaestionscholien  (von  1526).  Zuerst  teilweise 
ediert  von  Hase,  Not.  et  extr.  8,  2  (1810)  43—75.  —  Vollständig:  Draco 
Stratonicensis  ed.  G.  Hermann,  Lipsiae  1812.  Schon  Hermann  sah,  dass 
das  Werk  in  der  überlieferten  Form  unmöglich  dem  alten  Drakon  gehören 
könne;  den  näheren  Nachweis  des  jungen  Ursprunges  führten  E.  Lehrs, 
Herodiani  scripta  tria  etc.  S.  402  ff.,  und  L.  Yoltz,  De  HeUa  Monacho^ 
Isaaco  Monacho,  Pseudo-Dracone,  Diss.,  Strassburg  1886  S.  39  ff.,  und: 
Zur  Überlieferung  der  griechischen  Grammatik  in  byzantinischer  Zeit, 
Jahns  Jahrb.  139  (1889)  579—599.  Femer  vgl.  L.  Cohn,  Philol.  Ab- 
handlungen, Martin  Hertz  .  .  .  dargebracht,  1888  S.  133 — 143.  —  Über 
Diassorinos  vgl.  S.  542. 

2.  'Itxaaxiov  tov  aoffoardvov  fxovaxov  nsqi  fA€TQ(ov  noujtixäv.  Ed. 
von  L.  Bachmann,  Anecdota  graeca  2  (1828)  167 — 196.  Isaak  Monachos, 
der  von  Maximos  Planudes  abhängig  ist,  schrieb  am  Schlüsse  des  14.  Jahr- 
hunderts.   Vgl.  L.  Voltz  in .  der  oben  genannten  Diss.  S.  17  ff. 

3.  ^HXCov  iXaxiatov  fiovaxov  XccQaxog  ngog  ^looavt'rjv  tov  ädeXq^v 
avTov  nsgl  Siag^dgiov  fiäTQwv.  Die  Zeit  dieses  Helias  Gharax  ist  gänz- 
lich unbestimmt.  Ein  Kapitel  ed.  Villoison,  An.  gr.  2  (1781)  85  f. 
—  Ed.  Franc,  de  Furia  als  Appendix  des  Draco  Stratonic.  von  G. 
Hermann,  Lipsiae  1814  (mit  Trichas).  —  Dann  ed.  das  Werk  W.  Stude- 
mund, Anecdota  varia  graeca  1  (1886)  167 — 184.  —  Vgl.  L.  Voltz  in  der 
oben  genannten  Dissertation  S.  7  ff. 

4.  Eine  anonyme,  entweder  von  Triklinios  selbst  stammende  oder 
von  einem  späteren  Grammatiker  aus  Triklinios  kompilierte  Abhandlung 
über  Metrik  im  Codex  Harleianus  5635,  die  in  einigen  Handschriften 
auch  den  Titel  ^Hifaia%((avog  negt  fiätgoDv  führt.  Ed.  von  Gaisford  in  der 
zweiten  Ausgabe  des  Hephaestion  1  (1855)  317 — 334.  —  Erste  kritische 
Ausgabe  des  Tractatus  Harleianus  auf  neuer  diplomatischer  Grundlage  von 
W.  Studemund,  Index  lectionum,  Breslau  1887. 

5.  Der  kurze  pseudoherodianische  Traktat  ^HQwducvov  nefi  trjg 
Xt^efog  tSv  Cifx^v  (in  einigen  Handschriften  *flip.  nsql  atCxfov  Ttjg  X^emg), 
der  die  eiirj  des  heroischen  Hexameters  behandelt.  Eine  ähnliche  Dar- 
stellung  der  diaffoqaC  und  bU^i  des  Hexameters   geht  sogar  unter  dem 


6.  AltertomswisBenaohaft.    D.  Metrik  nnd  Xiuiik.    (§  252)  597 

Namen  des  Plutarch.  Ed.  Villoison,  Aneedota  graeca  2  (1781)  86.  — 
Ed.  Furia  in  der  oben  erwähnten  Appendix  S.  88.  —  Ed.  W.  Stude- 
mund,  Aneedota  varia  graeca  1,  185 — 188.  —  Pseudo-Plutarchus  De 
metris  ed.  D.  Wyttenbach  mit  Plutarchs '  Moralia  t.  5  (Oxford  1800) 
1283 — 1288.  —  Pseudo-Plutarchus  de  Metro  heroico  ed.  Guil.  Stude- 
mund,  Philologus  46  (1888)  27—34. 

6.  Die  pseudohephästionische  Abhandlung:  *H(paiati(ovog  ne^l 
liitTQwv,  im  ersten  Abschnitt  eng  verwandt  mit  Isaak  Monachos,  in  einem 
anderen  Kapitel  identisch  mit  Pseudoplutarch  Uegl  rJQwi'xov  fiergov.  Pseudo- 
Hcphaestion  de  metris  ed.  Henricus  zur  Jacobsmuehlen,  Dissertationes 
philolog.  Argentoratenses  vol.  10  (1886)  187—294. 

7.  Ein  anonymes  Stück  Ilegi  Trjg  rdiv  noiäv  ovojuao'fa^  („Grammati- 
cus  Ambrosianus**)  im  Cod.  Ambros.  C.  222  (saec.  13).  Ed.  von  H.  Keil 
im  Programm  von  Halle  1848;  dann  von  A.  Nauck  mit  dem  Lexicon 
Vindobonense  S.  253—267;  endlich  vollständiger  von  W.  Studemund, 
Aneedota  varia  graeca  1,  211 — 247. 

8.  Eine  kleine  Abhandlung  Ilegl  fxävQwv,  welche  fälschlich  unter 
dem  Namen  des  Moschopulos  ediert  ist.  Ed.  Nie.  Titze  in:  Manuelis 
Moschopuli  Cretensis  opuscula  granmiatica,  Lipsiae  1822  S.  43 — 50. 

9.  Metrische  Kompilationen  im  Codex  Chisianus  miscell.  R  IV  11 
(Rom).   Aneedota  Chisiana  ed.  Guil.  Mangelsdorf,  Progr.  Carlsruhe  1876. 

—  Der  erste  Abschnitt  vollständig  bei  W.  Studemund,  Aneedota  varia 
graeca  1,  205—209. 

10.  In  mehreren  Handschriften  (ausser  den  von  Studemund  benützten 
z.  B.  auch  im  Cod.  Mutin.  11.  A.  2)  steht  ein  jambisches  Oedicht  in 
100  Versen,  worin  ein  Tabularios  Johannes Botaniates  aus  Kreta  (aus  un- 
bekannter Zeit,  aber  nicht  nach  dem  Anfang  des  13.  Jahrhunderts)  einem  Diakon 
[sidor  das  jambische  Metrum  erklärt.  Ed.  W.  Studemund,  Aneedota  varia 
graeca  1,  201  ff. ;  ebendort  1,  198  f.  ein  Gedicht  über  das  jambische  Metrum 
v'on  Michael  Psellos.  —  Das  Gedicht  des  Botaniates  war  schon  nach  dem 
Cod.  Paris.  Gr.  1773  ediert  von  E.  Cougny,  Annuaire  de  Tassoc.  9  (1875) 
90 — 96.  —  Vgl.  Fr.  Kuhn,  Symbolae  ad  doctrinae  negl  iixQovav  historiam 
pertinentes,  Breslauer  philol.  Abhandlungen  VI  3,  Breslau  1892  S.  57 — 59, 

—  R.  Vari,  Joannis  Botaniatae  Carmen  de  metro  iambico,  Egyetemes 
philol.  Közlöny  14  S.  577—584  (nair  unzugänglich). 

Zu  diesen  allgemeinen  Abhandlungen  über  Metrik  kommen  als  zweite 
Sruppe  die  metrischen  Scholien  und  Rezensionen  einzelner  Dichter, 
in  welchen  die  byzantinischen  Vorstellungen  von  Metrik,  meist  zum  grossen 
Schaden  der  alten  Texte,  praktisch  angewendet  werden.  Die  wichtigsten 
arbeiten  dieser  Art  stammen  von  Tzetzes,  Manuel  Moschopulos, 
riiomas  Magister  und  vor  allem  von  Demetrios  Triklinios.  Näheres 
i,  §§  219  f.;  224  f.;  227  und  in  der  griechischen  Litteraturgeschichte  von 
tV.  Christ  in  den  Abschnitten  über  Pindar  und  die  übrigen  Dichter. 

Hilfsmittel:  A.  Rossbach   und   R.  Westphal,   Metrik  der  Griechen  P  (1867) 
189—214;  ebendort  IP  (1868)53—58  über  die  Prinzipien  der  Accentpoesie  bei  den  Byzan- 
inem.  —  Reiches  Detail  über  die  Handschriften  nnd  eine  Untersuchung  über  das  Verhält- 
iis des  Pseado-Herodian  zu  Pseudo-Drakon,  Pseudo-Moschopulos,  Triklinios  u.  a.  gab  W.       . 
itudemund,  Der  Pseudo-herodianische  Traktat  über  die  Mtj  des  Hexameters,  Jahns      J 


►98 


Byzantinisohe  LitteratnrgMohichte.    I.  Prosaisohe  Litterator. 


Jahrb.  95  (1867)  609—623.  —  W.  Hörschelmann,  Scholia  Hephaestionea  altm  (B) 
integra  primum  edita,  Index  lect.  Dorpat  1882.  —  GarlDenig,  Qoaestiones  Hephaestioneaa. 
Adiecit  codicis  Darmstadiensis  n.  2773  coUationem  cum  scholiis  praestantions  claasifl  (i) 
ineditis,  Progr.  Bensheim  1886.  —  LudovicusVoltz,  De  Heüa  Monacho,  Tsaaoo  Monacho, 
Fseudo-Dracone,  Diss.,  Strassburg  1886.  Vgl.  die  Besprechung  von  P.  Egenolff,  Wocfaei- 
Schrift  für  klass.  Philol.  1889  Nr.  25.  —  Ludw.  Voltz,  Die  Traktate  Hegl  na&mif  tn 
tJQto'Cxov  fjLBXQov  iTL  den  Commentationes  in  hon.  Guilelmi  Studemund,  Strassburg  1889  S.  77 
bis  89.  —  L.  Voltz,  Die  eX6ri  des  daktylischen  Hexameters,  Philologus  52  (1898)  385-394 
(über  die  Quellen  des  Isaak  Monachos,  Fseudo-Drakon,  Pseudo-Moschopulos  u.  s.  w.)  - 
G.  Rauscher,  De  scholiis  Homericis  ad  rem  metr.  pertinentibus,  Diss.,  Strassburg  1886. 
—  Heinrich  Grossmann,  De  doctrinae  metricae  reliquiis  ab  Eustathio  servatis,  Diaa^ 
Strassburg  1887.  —  G.  Amsel,  De  vi  atque  indole  rhythmorum  quid  veterea  iadicaveria^ 
Breslauer  philol.  Abhandlungen  I  3,  Breslau  1887.  —  Max.  Consbruch,  De  vetemm  aefi 
noii^fjLaxog  doctrina.  Breslauer  philol.  Abhandlungen  V  3,  Breslau  1890.  --  Fr.  Kuhn, 
Symbolae  ad  doctrinae  negl  ^ixQoytav  historiam  pertinentes.  Breslauer  philologiacfae  Ab- 
handlungen VI  8,  Breslau  1892.  —  Hauptschriften:  W.  Hoerschelmann,  Unte^ 
suchungen  zur  Geschichte  der  griechischen  Metriker.  Die  Gomposition  der  Hephaestion- 
scholien,  Rhein.  Mus.  36  (1881)  260-301,  Zur  Geschichte  der  antiken  Metrik,  Fbilologu 
47  (1889)  1—12,  und  besonders  die  abschliessende  Schrift:  Ein  griechisches  Lehrboch 
der  Metrik,  Dorpat  1888,  wo  alle  Nachkommen  des  erwähnten  5.  Buches  der  Hephaeetioih 
scholien  B  auf  drei  Haupttypen  zurückgeführt  sind.  —  Guil.  Studemund,  Anecdota 
varia  graeca,  vol.  1,  Qerolini  1886,  wo  eine  Reihe  metrischer  Stücke  aus  byzantini- 
scher Zeit  zum  erstenmale  mit  genauem  kritischen  Apparate  und  einleitenden  Unter- 
suchungen ediert  sind.  Nachträge  und  Ergänzungen  hiezu  von  W.  Hoerschelmann, 
Götting.  Gel.  Anz.  1887  S.  594-613,  und  P.  Egenolff,  Jahns  Jahrb.  135  (1887)  389 
bis  408.  —  Vgl.  das  Referat  über  die  einschlägige  Litteratur  von  P.  Egenolff,  Bursian- 
Müllers  Jahresber.  58  (1890)  278-293  und  69  (1892)  199- -205.  —  Die  neugriechische 
Metrik  behandelt  Pan.  Gritsanes,  IiixovQyixtj  rrjg  xcc&*  ij/däs  vetoTsgag  iXXrjyiM^g  tat 
uyxiTittQtt&Baig  rdjy  ajlxtoy  ravrrjg  TtQog  rovg  rijg  aQxttiag  etc.,  Alexandria,  F.   Trjyiog  1891^ 

253.  Musik.  Für  die  Geschichte  der  griechischen  Musik  und 
Musiklitteratur  im  Mittelalter  ist  kaum  das  notwendigste  Material  zu- 
gänglich gemacht.  Ehe  wir  eine  diplomatisch  gesicherte  Sammlung  der 
byzantinischen  Schriftsteller  über  Musik  besitzen,  hat  eine  Untersuchung 
über  die  genealogischen  Verhältnisse  der  verschiedenen  Traktate  wenig 
Aussicht  auf  Erfolg,  und  solange  diese  Untersuchung  nicht  geschehen  ist 
kann  auch  die  litterarhistorische  Würdigung  dieser  Gattung  nicht  über  eine 
blosse  Aufzählung  hinausgehen.  Die  antike  Musik  war  schon  zu  Beginn 
der  byzantinischen  Zeit  in  Vergessenheit  geraten.  Wir  haben  hierüber 
ein  interessantes  Zeugnis  aus  dem  6.  Jahrhundert.  Der  Aristoteleserklärer 
Olympiodoros  sagt  in  einem  Berichte,  den  uns  die  Aristo telesschoUen 
des  David ^)  erhalten  haben,  zu  seiner  Zeit  habe  man  zwar  noch  einige 
musikalische  Bücher  gehabt,  von  der  Musik  selbst  aber  sei  keine  Spur 
übrig  geblieben:  Hegt  i^  rrjg  [novtfixijg  (pi^mv  rt^ll*^^^^  ^^?  xXäog  olov  äxovofA€\' 
ovis  Ti  idfisv*^  .  ovdhv^)  ydq  (fo)^€Taij  (frjffi\  XeCxpavov  rf^g  fxovüixrjg  .  wrwor 
dh  oTi  sixft  iiäxQi  Tov  vvv  ßißX(a  fiovmxd.  Neubelebt  wurde  die  Musik 
durch  die  christliche  Kirche.  Begründer  des  griechischen  Kirchen- 
gosanges ist  Johannes  Damaskenos  durch  sein  xavonov  rf^g  fiowri*!;;. 
Für  das  Mittelalter  ist  von  Wichtigkeit  der  sogenannte  'Ayionoliir^g, 
eine  verstümmelte,  anonyme  Abhandlung,  welche  den  theoretischen  und 
praktischen  Teil  der  griechischen  Kirchenmusik  enthält.  Der  Name  Hagio- 
polites  ist  nicht  der  des  Verfassers,  sondern  bezeichnet  das  Werk  als 


^)  Aristotelis  opera  ed.  Academia  regia 
Borusica  4  (1836)  16*,  42  ff. 

0    Die    Ausgabe    bietet    ovte;    ovSkr 


schreibt  II.  Usener,  De  Stephane  Alexan- 
drino,  Bonn  1880  S.  6. 


6.  AltertoniBwiBBeiiBchalt.    D.  Xetrik  und  XiiBik    (§  25d)  599 

3esangbuch  der  Kirche  von  Jerusalem.  Dazu  kommt  die  Einleitung  in 
lie  Metrik  von  dem  alten  Bakchios  {Bdxxeiog  6  yäQcav).  Im  Anfang  des 
14.  Jahrhunderts  verfasste  Manuel  Bryennios  drei  Bücher  UQfiovixd^ 
ivorin  im  Widerspruche  mit  der  Praxis  der  Zeit  die  alten  Musiktheorien 
:u  Grunde  gelegt  sind.  Durch  das  doktrinäre  Festhalten  an  der  alten 
Tenninologie  wird  der  Wert  dieser  Schrift  für  unsere  Kenntnis  der  Musik- 
jeschichte  wesentlich  gemindert.  Ausserdem  kennen  wir  eine  anonyme 
PaXrixr]  rexvrj,  Melodien  über  die  bekanntesten  Zeichen  von  Johannes 
jrlykys  (wahrscheinlich  dem  Grammatiker;  s.  S.  589)  und  Johannes 
<!ukuzelis  (15.  Jahrb.),  von  dem  wir  auch  eine  ^EQ/xrjV€(a  Trjg  naQaXr 
lay^g  tov  tqoxov  besitzen.  Dazu  kommen  in  Betracht  die  Schrift  des 
tf  anuel  Chrysaphes  (15./16.  Jahrb.)  z.  B.  im  Cod.  Clark.  36  (Beginn:  '^?pj 
coy  eQiüTTjfidKov  Trjg  ipaXuxijg  TB'xvrjg)  und  ein  anonymer  Traktat  im  Cod. 
iarocc.  48:  2vvoifjig  d^iatr]  twv  oxvüi  ijxcov.  Harmonika  schrieb  auch 
Jeorgios  Pachymeres,  s.  S.  289  f. 

1.  Ausgaben:  UyionoXitrjg  ed.  mit  französ.  üebersetzong  und  Kommentar  H. 
rincent,  Not.  et  extr.  16  (1847)2,259—281;  in  demselben  Bande  noch  andere  auf  Musik 
»ezügliche  Stücke  von  Synesios,  Pediasimos  u.  s.  w.  —  Bakchios  ed.  G.  Jan,  Musici 
icriptores  graeci,  Leipzig  1895  S.  283—316.  Vgl.  E.  v.  Jan,  Die  Eisagoge  des  Bacohius, 
Vogramm  des  Lyceums,  Strassburg  1891.  —  Manuel  Bryennios  ed.  von  Job.  Wallis, 
)pera  mathematica,  vol.  3  (1699)  359 — 508  (mit  latein.  Uebersetzung).  —  ^PaXtixtj  tix'^ 
d.  Gerbert,  De  cantu  et  musica  sacra  tom.  2  (1774)  tab.  YIII;  besser  von  W.  Christ, 
litzungsber.  bayer.  Ak.  1870,  Band  II  267  ff.  —  Anonymi  scriptio  de  Musica  ed.  Fr. 
(eilermann,  Berlin  1841.  —  Musikalische  Stücke  aus  spanischen  Handschriften  edierte  ' 
um  Teil  mit  franz.  Uebersetzung  Ch.-£.  Ruelle,  Arcmves  des  missions  scientifiques 
II.  s^rie  2  (1875)  530  ff.;  605  ff.  und  Annuaire  de  Fassoc.  8  (1874)  123  ff.  und  11  (1877) 
47  ff.  —  Ein  wichtiger  harmonischer  Traktat  ist  aus  einem  Cod.  Laurent,  ediert  und  er- 
:Iärt  von  Ad.  Stamm  in  Studemunds  Anecdota  varia  graeca  1  (1886)  4—80.  FranzO- 
isch  von  Ch.-E.  Ruelle,  Annuaire  de  Fassoc.  17  (1883)  320^-325.  —  Gh.-E.  Ruelle,  Deux 
extes  concemant  le  canon  musical,  veröffentlicht  in:  Oeuvres  de  Ch.  Graux  2  (1886)  534 
is  548.  —  Dazu  die  oben  erwähnte  Sanmielausgabe  von  C.  Jan,  Musici  scriptores  graeci, 
/eipzig  1895. 

2.  Hilfsmittel:  Wenig  brauchbar  für  den  geschichtlichen  Teil  sind  die  fftr 
Taktische  Bedürfnisse  bestimmten  neugriechischen  Werke :  XQvcav^og,  SeiaQrjnx6y  fifya 
fjg  fAovoixTJg,  Triest  1832.  MaQyttqixrig,  Seo)^tjuxij  xal  nqaxtixrj  ixxXtjaiaffttxij  i40wnxt}, 
Lonstantinopel  1851.  ^iXo^eyogy  Ae^txoy  und  Setogrjttxoy  CToix^Kodeg  trjg  [xovüixrjg,  Kon- 
tanünopel  1859.  —  R.  Westphal,  Metrik  der  Griechen  V  310  ff.  —  J.  B.  Pitra, 
lymnographie  de  T^glise  grecque,  Rome  1867  S.  64  ff.  —  W.  Christ,  üeber  die  Harmonik 
es  Manuel  Bryennios  und  das  System  der  byzantinischen  Musik,  Sitzungsber.  bayer.  Ak. 
870,  Band  II  241—270,  wo  auch  einige  musikgeschichtliche  Texte  ediert  sind.  —  üeber 
ie  Quellen  des  Manuel  Bryennios  vgl.  G.  v.  Jan,  Die  Harmonik  des  Aristoxenianers 
[leonides,  Progr.,  Landsberg  1870  S.  19  ff.  -  üeber  das  Leben  des  Manuel  Bryennios  s. 
lax  Treu,  Maximi  monachi  Planudis  epistulae  S.  226  f.  —  üeber  das  Leben  des  Kukn- 
elis  s.  P.  Syrku,  Das  , Leben  des  Joannes  KukuzeHs"  als  Quelle  für  die  bulgarische  Ge- 
chichte,  Joum.  Min.  1892  Bd  282  Juli  S.  130—141.  —  Job.  Tzetzes,  üeber  die  alt- 
riechische  Musik  in  der  griechischen  Kirche,  München  1874,  behandelt  die  musikalische 
'heorie  der  Byzantiner,  gibt  aber  auch  Mitteilungen  über  Handschriften  und  über  die 
euere  Litteratur.  —  Einen  ergänzenden  Beitrag  gab  Job.  Tzetzes,  JlBql  rrjg  xaxd  tdy 
'eaecuSya  Ugüg  fjLOVtfix^g  x^g  iXXfjyixi^g  ixxXrjaiag,  l7a^>'a<r<roV  6  (1882)  433— 467;  521 — 557. 
-  Job.  Tzetzes,  'H  iniyorjüig  trjg  naqaarifjiayrixfjg  xtoy  xaid  rdy  fjLBCanüya  XetrovoyMiay 
al  vfiyoXoyixtjy  /««(»o^^'^cuy  rtüy  ayatoXixay  ixxXtjaujy,  üagyaiiaog  9  (1885)  413 — 493 
3ber  die  Notenschrift).  —  Eine  allgemeine  Gharakteristik  gab  Eustathios  Therianos, 
r^^c  Ttjg  fiovüixijg  xtay  '^iXXi^ytay  Xttl  idl(üg  rrjg  ixxXijffiaimx^gf  Triest  1876.  Vgl.  die  Be- 
prechung  dieser  Schrift  von  Gh.-!^.  Ruelle,  Revue  et  Gazette  musicale  de  Paris  1876 
fr.  13,  14,  17.  —  K.  N.  Sathas,  'laroQixdy  &oxlfÄioy  negi  tov  ^edxQov  xai  trjg  [xovüixrjg 
üy  BvCaynytoy,  Venedig  1878,  bes.  S.  q/äC  ff.  —  A.  Bourgault-Duooudray,  Etudes 
ar  la  musique  eccl^siastique  Grecque,  Paris  1877,  und:  Souvenirs  d'une  mission  musicale 
a  Gr^ce  et  en  Orient,  Paris  1878.    Vgl.  den  orientierenden  Bericht  von  Oh.  L^yd^ue, 


600  Byzantinisohe  LltteraturgeBobichte.    I.  Prosaisohe  Lüteratar. 

Journal  des  savants  1879  S.  33—40;  82-93;  202-218.  —  Auf  Westphal  und  SchaiA 
stützt  sich  im  wesentlichen  das  schöne  Werk  von  Aug.  Gevaert,  Histoire  ei  throne  k 
la  musique  de  Tantiquit^,  2  voll.,  Gand  1875—81.  —  A.  W.  Ambros,  Geschichte  4m 
Musik,  3  Bde,  3.  Auflage,  besorgt  von  B.  v.  Sokolowsky,  Heinrich  Reimann  und  Otti 
Kade,  Leipzig  1887,  1891,  1893.  lieber  die  byzantinische  Musik  handelt  H.  BeimiBi 
in  Band  2  (1891)  22—28.  —  Heinrich  Reimann,  Zur  Geschichte  und  Theorie  d« 
byzantinischen  Musik,  Vierteljahrsschrift  für  Musikwissenschaft  5  (1889)  322 — 844;  171 
bis  395.  —  G.  J.  Papadopulos,  IvfAßoXal  sig  xvjy  Uftoqiav  rrjg  naq'  Vf^ty  ^«riifti» 
OTixrjg  fiovcixijg  xal  ol  und  xoiv  dnotfxoiixioy  yqovüjv  «ZQ^  ^^^  ijfjteQtoy  ijfdcSy  axfAttcrnftts 
intrtpayiateQot  fAeXtodoi,  vf4yoyQ€(q)oi,  fÄOvaixol  xai  (uovaucoXoyoi,  Athen,  K.  Beck  ISN 
(grosse,  aber  zu  wenig  gesichtete  Materialiensammlung).  —  M.  Paranikas,  T6  nalmh 
üvattifAtt  rrjs  ixxXrjaiaanxrjg  fjiovaixrjgj  ZvXXoyog,  to/Aog  xa  (1892)  S.  164 — 176  (beschnAl 
eine  Hs,  welche  theoretische  Anweisungen  von  Job.  Plusidianos,  Gregorios  Alytttii, 
Job.  Kukuzelis  und  Xenos  Koronis,  sowie  die  Werke  des  betühmten  Kirchensiogen 
Petros  Bereketis  enthält).  —  S.  G.  Hatherly,  A  treatise  on  B3rzantine  Mueic,  Load«, 
AI.  Gardner  1892.  Vgl.  die  Besprechung  von  Hugo  Riemann,  B.  Z.  5  (1896)  Heft  34. 
—  Ein  für  praktische  Zwecke  bestimmtes  Kompendium  gab  Nik.  Paganas,  Ji&aexaS^ 
xijg  xttSoXov  fxovaixrjg  xexyrjg  fjxoi  yQafXfxaxixtj  x^g  fjLovüixvjg  yXoiffatjgy  Kpel  1893.  Der- 
selbe verspricht  eine  grosse  Ausgabe  der  liturgischen  Musik,  die  mit  dem  'Ayanmn- 
fjLttxtiqioy  beginnen  soll.  —  Einige  Bemerkungen  zur  byzantinischen  Musiktheorie  gibt  vaA 
0.  Cr  US  ins,  Die  delphischen  Hymnen,  Göttingen  1894  S.  106.  —  Mitteilungen  aus  Hm 
musikalischen  und  verwandten  Inhalte  in  spanischen  Bibliotheken  gab  Ch.-£.  Ruelle, 
Rapport  sur  une  mission  littöraire  et  philologique  en  Espagne,  Archives  des  miflsioBS 
scientifiques  III.  s^rie,  tome  2  (1875)  497-627. 

E.  Sammlungen  von  Sentenzen  und  Sprichwörtern. 

254.  Maximos.  Antonios.  Die  Litteratur  der  byzantinischen  Flori- 
legien  wird  eröflftiet  durch  Johannes  Stobäos;  s.  W.  Christ,  Griechische 
Litteraturgeschichte^  §  577.  Eine  viel  gelesene  Sammlung  von  Sentenzen 
aus  profanen  und  christlichen  Schriften  sind  die  KsffaXma  ^eoioyixa  ijioi 
€xXoyai\  welche  um  645  Maximos  6  o/noXoyrjvijg  zusammenstellte.  Daran 
schliessen  sich  die  dem  Johannes  von  Damaskos  zugeschriebenen  V«^ 
nagdkXijka;  s.  S.  216  f.  Aus  Johannes  und  anderen  Quellen  schöpfte  im 
11.  Jahrhundert  ein  Mönch  Antonios  eine  Sammlung,  die  er  Mtliaaa 
betitelte.  Die  Übertragung  dieses  Titels  auf  den  Namen  des  Autors, 
der  seit  Combefis  von  den  Neueren  schlechtweg  Antonius  Melissa  ge- 
nannt wird,  ist  ohne  die  mindeste  Berechtigung.  Viele  byzantinische 
Florilegien  sind  anonym  überliefert.  Die  Erforschung  ihrer  Verwandt- 
schafts- und  Quellenverhältnisse  hat  in  der  jüngsten  Zeit  mächtige  Fort- 
schritte gemacht.  Von  Wichtigkeit  hierfür  sind  u.  a.  die  sogenannten 
Kettenkommentare  (Catenae),  unter  denen  der  des  Prokop  von  Gara 
hervorragt.  Vgl.  S.  216  ff.  Manche  Förderung  brachte  auch  die  Unter^ 
suchung  und  Veröffentlichung  der  zum  Teil  sehr  umfangreichen  und  alten 
slavischen  Bearbeitungen. 

1.  Kollektivausgabe  des  Maximos  (nach  älteren  Drucken)  bei  Migne,  Patrol.  gr. 
90  und  91;  die  KeqjdXata  &6oXoytxd  dortselbst  91,  719—1018.  —  Antonios  .Melissa' 
nach  älteren  Drucken  bei  Migne,  Patrol.  gr.  136.  765—1244.  —  Eine  Ergänzung  gab 
aus  Cod.  Athen.  32  J.  Sakkelion,  JeXxloy  2  (1885—1889)  661-666.  -  Reinh.  Dressler. 
Quaestiones  criticae  ad  Maximi  et  Antonii  gnomologias  spectantes,  Jahns  Jahrb.  Supple- 
mentb.  5  (1864—72)  307-350. 

2.  Im  Cod.  Neapel.  ITI.  B.  34  steht  eine  Mihaaa  xov  fieytiXov  BauiXBiov,  Was  es 
mit  ihr  für  eine  Bewandtnis  hat,  konnte  ich  aus  Mangel  an  Zeit  nicht  feststellen. 

3.  Die  Bezeichnung  eines  Sammelwerkes  durch  den  Namen  der  fleissigen  Biene 
fand  in  anderen  Litteraturen  des  Mittelalters  Nachahmung.  Der  syrische  Bischof  Solo- 
mon  von  Basra  schrieb  im  Anfange  des  13.  Jahrhunderts  eine  Art  Historienbibel,  die  er 
.Buch  der  Biene*^  betitelte.  Lateinisch  übersetzt  von  J.  M.  Scbönfelder,  Bamberg  1866. 


6.  ▲ItertomswisBenaohaft    E.  Sentenzen  und  Sprichwörter.    (§  254)      601 

.?Der  syrische  Text  ist  mit  englischer  Uehersetzung  ediert  von  Ernest  A.  Wallis 
-Budge,  Anecdota  Oxoniensia,  Semitic  series,  vol.  I  part  2  Oxford  1886.  —  Eine  grosse 
^fioUe  spielen  die  „Bienen*  in  den  sla vischen  Litteraturen.  Ueher  sie  wird  ein  Werk  von 
711.  Speranskij  vorbereitet. 

4.  Eine  Reihe   griechischer  Florilegien  veröffentlichte  Fr.  Boissonade,    Anecdota 

jpraeca   1  (1829)   109 — 164,   nämlich  ^Anofp&iyfAara  ttyltoy  (^BotpoQtov  nariQtav  d.   i.   eine 

Bammlong  von  Gnomen   ans   der   heil.  Schrift  und  den  Kirchenvätern  (Basilios,  Johannes 

-Chrysostomos,  Gregor  von  Nazianz,  Gregor  von  Nyssa,  Johannes  Damaskenos  u.  s.  w.) :  dann 

JVotf^aA  SidtfOQOi  aas  heiligen  und  profanen  Schriften ;  ^r Ao(T09)aiv  Ao;^ot  (Jamblichos,  Pytha- 

■goras,  Epicharmos  u.  s.  w.);  rytSfuai  cotptav\  rytUfjiai,  xcSy  knxd  ifo<pwy;  *Eyyi<t  ao(pwy  ano- 

S^iyfiara  7iq6s  'JXi^aydgoy  xoy  Miyay  d.  h.  apokryphe  Antworten  der  Brahmanen  oder 
ymnosopbisten  an  Alexander  den  Grossen;  Gnomen  des  Menander  und  Philistion;  die 
Verse  des  Menander  Jl^ql  yvyaixaiy;  endlich  Iiixoi  xard  axoix^ioy  rov  üotptaxdxov  ngtaxa- 
acxgrjxig,  von  welchem  Boissonade  vermatet,  dass  er  mit  Leon  Bardales  identisch  sei. 
<Ygl.  S.  483  Anm.  7).  —  Eine  prosaische  Sammlung  ryoifuxd  xiya  edierte  Boissonade,  An. 
KT.  3(1831)465—474.  —  Aug.  Nauck,  De  florilegio  quodam  Leidensi,  Philologus  9  (1854) 
867—370.  Dazu:  B.  ten  Brink,  Monitum,  Philologus  9  (1854)  584  f.  —  A.  Wester- 
mann,  Florilegii  Lipsiensis  specimen,  Progr.,  Leipzig  1864.  —  Otto  Bernhardt,  Zur 
nriechischen  Florilegienlitteratur,  Gvmnasialpr.,  Sorau  1865.  —  Fr.  Ritschi,  Gnomologium 
Vindobonense,  Ind.  lect.,  Bonn  1839,  wiederholt  in  Ritschis  Opuscula  1  (1866)  561—581; 
834-838.  —  Herm.  Diels,  Zur  Litteratur  der  griech.  Florilegien,  Jahns  Jahrb.  105  (1872) 
189 — 194.  —  Gnomologium  Baroccianum.  Sentenb'ae  CCLXIII  e  codice  Bodl.  descriptae, 
Oxonii  1878  (mir  unzugänglich).  —  C.  Wachsmuth,  De  gnomologio  Palatino  inedito,  in 
der:  Satura  philologica  Hermanne  Sauppio  obtulit  amicorum  conlegarum  decas,  Berlin  1879 
8.  7—42.  —  Sehr  wichtig  ist:  C.  Wachsmuth >  Studien  zu  den  griech.  Florilegien,  Berlin 
1882.  —  Eine  wohl  der  Zeit  vor  Pisides  angehörende  metrische  Paraphrase  der  Sprüche 
der  7  Weisen  ed.  aus  einem  Pariser  Codex  E.  Woelfflin,  Sitzungsber.  bayer.  Akad.  1886 
8.  287—298.  Vgl.  die  Besprechungen  von  W.  Studemund,  Wochenschr.  f.  klass.  Philol. 
1886  S.  1584—1596,  und  K.  Krumb  acher,  Blätter  ffir  das  bayer.  Gymnasialschulwesen 
23  (1887)  125—128.  Hauptschrift«n :  W.  Brunco,  De  dictis  VII  sapientium.  Acta  semi- 
narii  Erlang.  3  (1884)  299—398.  W.  Meyer  aus  Speyer,  Nachlese  zu  den  Spruchversen  des 
Menander  und  Anderer,  Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1890  Bd  II  355-380  (behandelt  eine  nach 
Beiner  Ansicht  um  das  9.  Jahrhundert  entstandene  Sammlung  jambischer  Sentenzen,  die 
in  dem  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  690  enthalten  ist,  und  Woelfflins  SprQche  der  Sieben 
Weisen).  J.  Stanjek,  Quaestionum  de  sententiarum  Septem  sapientium  coUectionibus  pars  I. 
Diss.,  Breslau  1891  (handelt  über  das  Verhältnis  der  späteren  Bearbeitungen  der  SprQche 
der  Sieben  Weisen  und  gibt  eine  neue  Ausgabe  der  von  Woelfflin  edierten  Sammlung).  — 
Eine  Wiener  Apophthegmensammlung  ed.  C.  Wachsmuth  in  der  Festschrift  zur  Begrüs- 
sung  der  Karlsruher  Philologenvers.,  Freiburg  1882.  —  Eine  kritische  Ausgabe  der  Pytha- 
goreersprflche  gibt  nach  einer  Wiener  Handschrift  H.  Sehen  kl,  Wiener  Studien  8  (1886) 
262 — 281.  —  Leo  Sternbach,  Gnomica,  Commentationes  philologae  f.  Otto  Ribbeok,  Leipzig 
1888  S.  355—362.  —  Leo  Sternbach,  De  gnomologio  Vaticano  inedito,  Wiener  Studien  9 
(1887)  175-206  und  10  (1888)  1-49;  211-260;  11  (1889)43-64;  192-242.  —  Eine  Samm- 
lung alphabetischer  Gnomen  ed.  Leo  Sternbach,  Wiener  Studien  13  (1891)  57—62.  —  Leo 
Stern b ach,  Curae  Menandreae.  Dissert.  class.  philol.  acad.  litt.  Cracoviensis  t.  17  (1892) 
168 — 245.  —  Leo  Sternbach,  Photii  Patriarchae  opusculum  paraeneticum.  Appendix 
gnomica.  Excerpta  Parisina.  Ibid.  20  (1893)  1—82.  —  Leo  Sternbach,  Analecta  Pho- 
tiana.  Ibid.  20  (1893)  83—124.  —  Leo  Sternbach,  Gnomologium  Parisinum.  Appendix 
Vaticana.  Ibid.  20  (1893)  135—218.  —  Leo  Sternbach,  Excerpta  Vaticana.  Wiener 
Stadien  16  (1894)  8— 37.  (Ueber  den  Inhalt  dieser  und  der  vorhergenannten  Schriften 
Stembachs  s.  K.  K..  B.  Z.  1.  619;  2,  166,  341;  3,  192;  4,  161).  -  J.  Mähly,  Zum  Gnomo- 
logium Vaticanum,  Philologus  51  (1892)  547  f.  (schlechte  Konjekturen  zu  der  von  Stern- 
bach  in  den  Wiener  Studien  veröffentlichten  Sammlung).  —  H.  Schenkl,  Florilegia  duo 
Graeca,  Progr.,  Wien  1888.  —  H.  Schenkl,  Die  epiktetischen  Fragmente,  Eine  Unter- 
suchung zur  Ueberlieferungsgeschichte  der  griechischen  Florilegien,  Sitzungsber.  Wien.  Ak. 
115  (1888)  443—546.  —  H.  Schenkl,  Das  Florilegium "l^^^tfrov  xal  ngtSxoy  fxn&rjfjta,  Wiener 
Stadien  11  (1889)  1—42.  —  A.  Elter,  Sexti  Pythagorici  sententiae  cum  appendicibus. 
2  partes,  Index  scholarum  Univ.  Bonnensis— Natalicia  imper.  Guilelmi  II,  Bonn  1892.  - 
A.  Elter,  Epicteti  et  Moschionis  quae  feruntur  sententiae.  Euagrii  Pontici  sententiae. 
Separatabdruk  aus  den  Bonner  Indices  scholarum  für  das  Sommersemester  1892  und  das 
Wintersemester  1892—93.  Leipzig,  Teubner  1892.  —  Beiträge  zu  Stobaeos  und  Euagrios 
gab  A.  Elter  auch  Rhein.  Mus.  47  (1892)  130  ff.  und  629  ff.  —  A.  Elter,  De  Gnomo> 
logioram  Graecorum  historia  atque  origine.  Natalicia  imp.  Guil.  II.  Bonn  1893.  Hier 
führt  £.  die  Sentenzen  des  Stobaeos  auf  den  Stoiker  Chrysippos  zurück  und  erweist  über- 


602  Byzantinische  litteratnrgesohiohte.    L  ProMdsohe  Lüttniur« 

haupt  Ghr}'sipp8  epochemachenden  Einflnss  auf  die  Tradition  der  Dichteizitate  and 
Sammlungen   in  Florilegien.    Vgl.  die  Besprechung  von  P.  Wendland,  B.  Z.  2,  325fi 
Hauptschrift  über  die  ParaUelen  des  Johannes  von  Damaskos:  Fr.  Loofs«  StadiM 
die  dem  Johannes  von  Damaskos  zugeschriebenen  Parallelen,  Halle  1892.  —  Die  ~ 
zu  den  christlichen  Florilegien  s.  S.  217  f. 

Slavische  Bearbeitungen:  V.  Jagid,  Die  Menandersentenzen  in  der  all 
slavischen  üebersetzung,  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  Bd  126,  Wien  1892.  —  Y.  Jagi6, 
stand  und  Philosophie  aus  alten  serbischen  Denkmälern,  Spomenik  der  k.  aerbiachan 
Bd  XIII,  Belgrad  1892  (serb.).  —  V.  Semenov,  Die  Weisheit  des  Menander  nack 
sehen  Quellen.    Denkmäler  des  alten  Schrifttums  Nr.  88,  1892  (russ.).  —  Y.  Sem  et 
Sprüche  des  Hesychios  und  Bamabas.  Denkmäler  des  alten  Schrifttums  Nr.  92, 1892  (i 
(Altslavische  Bearbeitung  der  Spruchsammlungen  des  Presbyters  Hesychios  von  Jer 
und  des  Barnabas  mit  dem  Beinamen  uyofÄOtog).  —  V.  Semenov,  Zwei  Worte  io 
der  ,Biene%  Journ.  Min.  1892  Bd  280  Aprilheft  S.  386  f.  —  V.  Semenov,  Die 
Quelle   der  Sprüche  des  Hesychios,  Journ.   Min.  1893   Bd  288  Juliheft  S.  84  ^93  (i 
S.   gibt  hier  den  Nachweis,   aass  die  in  der  oben  genannten  Schrift  edierten  bUti 
Sprüche  auf  die  unter  den  Werken  des  hl.  Nile s  (Migne,  Patrol.  gr.  79)  stehenden 
sehen  zurückgehen.  —  A.  Michailov,  Zur  Frage  über  die  griechisch-byzantinischen 
slavischen  Sammlungen  von  Gnomen,  Journ.  Min.  1893  Bd  285  Januarheft  S.  15— 59(i 
Mich,  beschreibt  22  Hss  der  KeipäXaia  des  Maximos,  klassifiziert  dieselben  und  ennaä 
Quelle  der  slavischen  Uebersetzung  ein  Exemplar  der  von  ihm  aufgestellten  zweiten 
klasse  der  griechischen  Hss.    Vgl.  E.  Kurtz,  B.  Z.  2,  344  f.  —  M.  Speranskij,  Za 
slavischen  üebersetzungen  der  griechischen  Florilegien,  Arch.  slav.  Phil.  15  (1893)545- 
(Ergänzungen  zu  den  zwei  oben  genannten  Abhandlungen  von  V.  Jagiö). 

Syrische  Bearbeitungen:  Ant.  Baumstark,  Lucubrationes  Syro-Graecte,  X 
Jahrb.,  Supplementb.  21  (1894)  473 — 490.  —  V.  Ryssel,  Die  syrische  Uebersetzong 
Sextussentenzen,  Zeitschr.  f.  wiss.  Theol.  38  (1895)  617—630. 

5.  Eine  besondere  Stellung  behaupten  die  Sammlungen  von  sentenziösen  Yenen  ■ 
Homer,  Sophokles  und  Euripides,  worin  die  einzelnen  Yerse  mit  moralphilosophisebi 
Erklärungen  ausgestattet  sind.  Eine  solche  Anthologie  bewahrt  z.  B.  der  Cod.  Marc.  501 
fol.  112^—141;  hier  ist  des  Homer  llias  und  Odyssee,  des  Sophokles  Aias,  Elektra  in 
Oedipus  Rex,  des  Euripides  Hekabe,  Orestes,  Phoenissen,  Hippolyt,  Medea,  Andromach 
Alkestis  und  Rhesos,  endlich  das  Drama  Christus  patiens  exzerpiert.  Mitteilungen  Ob 
die  Yerse  aus  Euripides  gab  0.  Hense,  Acta  societatis  philologae  Lipsiensia  6  (187 
333 — 335.  —  Dann  edierte  die  Sentenzen  aus  Euripides  C.  ochenkl,  Wiener  Studien 
(1889)  309-314.  —  Eine  ähnliche  Hs  auf  dem  Athos  erwähnt  E.  Miller,  Arohives  d 
missions  scientifiques  IP  särie  2  (1865)  506. 

266.  Johannes  Georgides  (Iwarr^-g  6  reonQydrig),  ein  Mönch,  stell 
aus  zahlreichen  profanen  und  kirchlichen  Autoren  eine  alphabetisch  g 
ordnete  Sentenzensammlung  zusammen:  Fvwiiai  aifXXeyfTaai  vTto'Iwdi-r 
fiovd^ovTog  Tov  xal  FewQytSov,  Als  der  jüngste  der  zitierten  Autoren  e 
scheint  in  der  uns  überlieferten  Fassung  des  Werkes  der  Patriarch  Photio 
wenn  die  Stelle  zum  ursprünglichen  Bestände  gehört,  wäre  also  der  Ve 
fasser  nach  dem  9.  Jahrhundert  zu  datieren.  Die  Handschrift,  Cod.  Pari 
gr.  1166,  stammt  aus  dem  11.  Jahrhundert  (H.  Omont,  Inventaii 
sommaire  I  233).  Unter  den  übrigen  Autoren,  welche.  Georgides  h 
nützte,  treffen  wir  vor  allem  die  sentenzenreichen  Stücke  des  Isokrab 
(bezw.  Pseudo-Isokrates;  vgl.  Christ,  Griech.  Litteraturgesch.  *  §  251 
wie  die  auch  sonst  als  Lieblingslektüre  der  Byzantiner  erfundene  Re( 
IJQog  Ji]jj,6vixov,  dann  Menander  bezw.  Menandersprüche,  Lukian,  Gale 
Chorikios  von  Gaza,  daneben  zahlreiche  Kirchenschriftsteller,  auch  das  al 
Testament. 

Die  Sammlung  ist  nach  Cod.  Paris.  1166  ediert  von  Fr.  Boissonade,  An.  gr. 
(1829)  1-108;  darnach  bei  Migne,  Patrol.  gr.  117,  1057—1164.  —  Eine  kurze  Prc 
aus  einem  Vaticanus  gibt  A.  Mai,  Spicilegium  Romanum  6  (1841)  611—615. 

256.  Makarios  (Maxcigiog).  Eine  Sammlung  von  Sprichwörtern  v( 
anstaltete  Gregor  von  Cypern;  s.  S.  477.  Ausser  ihm  ist  hier  zu  nenne 


6.  AltertnmswiMensohaft.    E.  Sentenzen  and  Sprichwörter.    (§  255-- 257)    603 

akarios  Chrysokephalos,   Metropolit  von  Philadelphia,  in  der  Mitte 
8  14.  Jahrhunderts.   Seinen  Beinamen  Chrysokephalos  erhielt  er  angeb- 
,  weil  er  aus  den  Schriften  der  Kirchenväter  xQvaä  xetfaXaia  exzerpierte, 
-sosser    zaiüreichen   theologischen   Traktaten,    geistlichen    Homilien    und 
<3inmentaren  zur  hl.  Schrift  hinterliess  Makarios  eine  umfangreiche  Samm- 
xig  unter   dem  Titel  ^Pod(ov{a  d.  h.  Rosengarten.     Das  Werk   enthält 
(^  mjssprttche.  Sentenzen  und  Exzerpte  aus  Joseph,  Plutarch,  Aelian,  Synesios, 
n  Chrysostomos,   Chorikios,  Prokop  von   Gaza,   den  Kirchenhistorikem 
sebios  und  Theodoretos,  selbst  noch  aus  Nikephoros  Chumnos  und  vielen 
dleren  profanen  und  christlichen  Autoren.     Einen  Abschnitt  des  Ganzen 
det  eine  alphabetisch  geordnete  Sammlung  von  Sprichwörtern  (/7a- 
jUai  xcctd  CToix^Tov). 

Eine  genaue   Beschreibung   der  Venezianer  Handschrift  gab  Villoison,   Anecdota 
k  2  (1781)  4 — 79.  —  Dann  benfitzte  das  Werk  Chr.  Walz  im  Kommentar  seiner  Aus- 
des  Arsenios  (s.  §  257).  —  Der  die  Sprichwörter  enthaltende  Abschnitt  ist  ediert  im 
[^«»spus  paroemiograph.  Graec.  yon  Schneidewin-Leutsch  2  (1851)  185—227. 

267.    Hichael  Apostolios  {UnoffToXiog^  auch  UnoaToXrjg),   um  1422 
S^l>oren,  wurde  bei  der  Eroberung  Konstantinopels  1453  von  den  Türken 
C^efangen.     Nach   Wiedererlangung    seiner   Freiheit   begab   er   sich  nach 
Italien,   wo   er  in  Bologna  mit  dem  Kardinal  Bessarion  zusammentraf, 
kehrte  jedoch  bald  nach  Griechenland  zurück  und  liess  sich  in  Kreta  nieder, 
^0  er  als  Lehrer  und  Handschriftenkopist  mit  Mühe  sein  Leben  fristete. 
Ton  seiner  Dürftigkeit  erfahren   wir  nicht  selten  durch  die  Unterschrift 
in   den   von   ihm  hergestellten  Exemplaren,    wo   er  sich  als  „König  der 
Armen"  oder  als  „Genosse  der  Armut*  {ßuaiXavg  %Sv  Tjjde  netnjrwv,  nsviif 
cv^wv)   vorzustellen  liebt.     Ein  Versuch,  durch   ein  injuriöses  Pamphlet 
gegen  Theodoros  Gazes   (für  Piaton  und  Plethon)  sich  die   Gunst  und 
EUlfe   des   Bessarion   zu  gewinnen,   wurde   von   diesem  in  würdiger  und 
feiner   Weise   zurückgewiesen    (1462).     Mit   der  Absicht,   zunächst  eine 
Sammlung  von  Sprichwörtern  zu  veranstalten,   las   Apostolios  zahlreiche 
alte  Autoren,  notierte  sich  aber  gleichzeitig  auch  Sentenzen,  Aussprüche 
grosser  Männer  u.  s.  w.   und  bereitete  so  ein  grösseres  Exzerptenwerk 
vor.     Von  dem  Bande,  der  die  Sprichwörter  enthielt  —  freilich  hat  Apo- 
stolios auch  Ausdrücke,   die  nie  sprichwörtlich  waren,  zu  Proverbien  ge- 
stempelt — ,  sandte  er  ein  Exemplar  an  Gaspar,  Bischof  von  Osmus  in 
Spanien,  der  damals  in  Rom  weilte,  ein  zweites  an  den  gelehrten  Laurus 
Quirinus  (jetzt  Codex  Parisinus  3059).     Das  übrige  Material  behielt  er 
zur  weiteren  Bearbeitung,  an  deren  Vollendung  er  durch  den  Tod  ver- 
hindert wurde. 

Sein  Sohn  Aristo bulos,  später  als  (von  den  orthodoxen  Griechen 
nicht  anerkannter)  Erzbischof  von  Monembasia  Arsenios  (Apostolios) 
genannt  (1465 — 1535),  übernahm  den  gesamten  Nachlass,  unterzog  den- 
selben einer  Überarbeitung  und  sandte  das  bedeutend  vermehrte  Werk 
unter  dem  Titel  'I(ovid  an  Papst  LeoX.  Einen  Abschnitt  desselben,  der 
die  anoq>&äYiAa%a  enthält,  veröflentlichte  er  selbst  durch  den  Druck:  Prae- 
clara  dicta  philosophorum  etc.  s.  1.  et  a.,  wahrscheinlich  Rom  1519;  s. 
£.  Legrand,  BibUogr.  heU.  1  (1885)  169  ff. 


604  Bysantiiiische  Littaratargesohiohte.    I.  Prosaische  Lütoratur. 

1.  Eine  lateinische  Uebersetzung  der  *Itoyid  mit  Noten  von  Pantinaa  erachiei 
Lugduni  Batavorum  1619.  —  Den  griechischen  Text  (Arsenii  Violetom)  ed.  Chr.  WalxJ 
Stuttgart  1832.  —  Vgl.  Leutsch,  De  Violarii  ab  Arsenio  compoaiti  codice  archetypo,' 
4  partes,  Göttingen  1856—1862.  —  Die  Sprichwörtersammlung  des  Apostolios  aa| 
besten  ed.  im  Corpus  paroemiograph.  Graec.  von  Schneidewin  und  Leutsch  2  (1851) 
233—744.  —  J.  G.  Dölling,  De  Michaele  Apostolio  paroemiographo,  Gymnasialprogr., 
Plauen  1836.  —  E.  Hiller»  Photios,  Suidas,  ApostoUos,  Philologus  34  (1876)  226-2^ 
wo  nachgewiesen  wird;  dass  Apostolios  für  seine  Sprichwörter  die  Lexika  des  Suidas  joA 
des  Photios  benützte  und  zwar  das  letztere  in  einer  besseren  Ueberlieferung,  als  sie  der 
Cod.  Galeanus  bietet.  —  E.  Kurtz,  Zu  Michael  ApostolioSi  Jahns  Jahrb.  143  (1891)  6— S 
(gute  Emendationen). 

2.  Ueber  die  Biographie  und  sonstige  Schriften  des  Apostolios  und  Arsenios 
handeln  Fabricius,  Bibl.  Gr.  ed.  Harl.  11, 189—195,  und  K.  N.  Sathas,  NsoeXXtjrixtj  Mo- 
Xoyia,  Athen  1868  S.  70—74  und  126—130.  —  Vollstftndiger  und  korrekter  E.  Legrand, 
Bibliogr.  hell.  1  (1885)  Introd.  58—70  und  165—174;  ebenda  2,  233—259  Briefe  de« 
Michael  Apostolios  und  2,  337—346  Briefe  des  Arsenios  Apostolios.  —  H^peridu,  Mi^ojk 
'ArtooTokrj  noyrjfiaTire  rgia^  Smyrna  1876  (mir  unzugänglich).  —  Lettres  m^ditas  de  Michel 
Apostolis  ed.  Hipp.  Noiret,  Bibl.  des  ^coles  ftran9.  d* Äthanes  et  de  Rome,  fasc.  54,  Paris 
1889.  —  Jambische  und  heroische  Verse  des  Apostolios  auf  Kirchenfeste  u.  s.  w.  nebst 
einer  Leichenrede  auf  den  Kardinal  Bessarion  im  Cod.  Paris,  gr.  1744  s.  15  fol.  87—69. 

—  Reden  und  Monodien  des  Apostolios  im  Cod.  Paris,  gr.  1760  foL  238 — 258.  Der 
Nachlass  des  Apostolios  verdiente  noch  vollstAndiger,  ab  es  durch  Noiret  geschehen  ist, 
ans  Licht  gezogen  zu  werden. 

3.  Neben  diesen  byzantinischen  Sammlungen  ist  auch  das  alte  aus  Zenobios, 
Plutarch  u.  a.  zusammengesetzte  Sprich wörtercorpus,  freilich  in  überarbeiteter  Fonn,  auf 
uns  gekommen.  Die  neuere  Forschung  war  daher  vorzüglich  auf  die  WiederhersteUoiig 
der  ursprünglichen  Form  dieser  Werke  und  die  Untersuchung  ihres  Verhältnisses  zn  den 
byzantinischen  Sammlungen  gerichtet;  wesentliche  Förderung  erwuchs  ans  der  Prflfmig 
bzw.  Auffindung  neuer  Handschriften  (bes.  eines  Laurentianus,  Athous  und  Vindobonensis). 
Hauptschrift:  0.  Crusius,  Analecta  critica  ad  paroemiographos  Graeoos,  Upsiae  1883, 
wo  auch  die  sonstige  neuere  Litteratur  verzeichnet  ist.  Eine  noch  genauere  Darlegung  des 
Verhältnisses  der  byzantinischen  Sammlungen  zu  den  früheren,  sowie  der  Handschriften- 
genealogie  ist  zu  erwarten  von  dem  Corpus  paroemiographorum  Graec,  das  0. 
Crusius  vorbereitet.  —  Ch.  Graux,  Supplement  au  Corpus  paroemiographorum  graecorum, 
Revue  de  philologie  1878  S.  219  ff.,  wiederholt  in  den  ,Oeuvres  de  Ch.  Graux'  2  (1886) 
117  ff.  (Sammlung  aus  dem  Cod.  Escur.  ^-1-20).  —  Zu  dem  Aufsatz  von  Ch.  Graux  vgl. 
Otto  Crusius,  Die  Sprichwörtersammlung  des  Escurialensis,  Rhein.  Mus.  38  (1883)  307. 

—  H.  Jungblut,  Ueber  die  Sprich  Wörtersammlungen  des  Laurentianus  80,  13.  Rhein. 
Mus.  38  (1883)  394-420.  -  0.  Crusius  und  L.  Cohn,  Zur  handschriftlichen  Ueber- 
lieferung, Kritik  und  Quellenkunde  der  Paroemiographen,  Philologus  50  (1891)  203  ff.  — 
B.  Schneck,  Quaestiones  paroemiographicae  de  coaice  Coisliniano  177  et  Eudemi  qoae 
feruntur  lexicis.    Diss.,  Breslau  1892.  —  Vgl.  Christ,  Griech.  Litteraturgesch. '  §  520. 


7.  Fachwissenschaften. 

258.  Bechtswissenscliaft.  Die  römischen  Rechtsbücher  waren  ur- 
sprünglich durchaus  lateinisch  abgefasst.  Noch  in  den  grossen  Samm- 
lungen, die  Kaiser  Justinian  veranstalten  Hess,  herrscht  ausschliesslich  die 
lateinische  Sprache.  Dagegen  sind  die  meisten  Novellen  des  Justinian  wie 
auch  alle  neuen  Gesetze  der  Folgezeit  griechisch  geschrieben.  Dazu  hat 
die  Abbröckelung  der  westlichen  Reichsteile  und  das  steigende  Übergewicht 
der  griechischen  oder  gräzisierten  Ostwelt  mit  innerer  Notwendigkeit  ge- 
führt. Über  den  Grund  der  Abschaffung  des  Lateinischen  in  den  staat- 
lichen Rechtsbüchem  handelt  eine  interessante  Stelle  im  ersten  Kapitel 
der  7.  Justinianischen  Novelle :  ^Exeivrjv  yccQ  xavd  ndwojv  xQarsTv  xai  xvqiav 
strm  x^eantXofist'j  dionsQ  avTtjv  xal  rtQovxhjxafiev  xai  ov  ttj  natQ((p  tftovf^ 
TOI'  voiiov  (fvv€YQceipafi€V,  äXld  Tavtr]  drj  tfj  xoivrj  te  xal  ^EXXdd$,  coate 
anaciv  avtov  ehui  yvoiQipLov  did  %6  nq6x€i,Qov  rrjg  eQfAtjvetag,  Wenn  nun 
aber  auch  der  starre  Konservativismus,  der  das  ganze  römische  Staats- 
wesen durchdringt,  in  den  offiziellen  Gesetzbüchern  die  lateinische  Form 
länger  aufrecht  erhielt,  als  es  mit  den  praktischen  Bedürfnissen  vereinbar 
war,  so  waren  einzelne  Teile  des  alten  Rechtes  schon  seit  dem  dritten 
Jahrhundert  ins  Griechische  übersetzt  worden,  und  unter  Kaiser  Justinian 
wurden  umfangreiche  Stücke  der  lateinischen  Rechtsbücher  in  griechischen 
Bearbeitungen  und  Exzerpten  verbreitet.  Zuerst  entstand  eine  griechische 
Paraphrase  der  Institutionen,  die  dem  Theophilos  Antecessor,  einem 
der  Mitarbeiter  am  Corpus  des  Justinian  (f  um  537),  —  nach  C.  Ferrini 
mit  Unrecht  —  zugeschrieben  wird.  Von  demselben  Theophilos  wurden 
Teile  der  Digesten  griechisch  bearbeitet  Eine  fast  wörtliche  Über- 
setzung der  ganzen  Digesten  hat  Dorotheos,  Antecessor  zu  Berytos, 
nach  542  verfasst.  Gegen  das  Ende  der  Regierung  Justinians  hat  Ste- 
phane s,  ebenfalls  Antecessor  zu  Berytos,  Teile  des  Originaltextes  mit 
griechischen  Anmerkungen  versehen  und  eine  Überarbeitung  der  Digesten  des 
Theophilos  vorgenommen.  Reste  seiner  Arbeit  stecken  in  den  Basiliken- 
scholien.  Auch  der  Codex  Justinianus  wurde  schon  unter  Justinian 
teilweise  ins  Griechische  übertragen. 

Den  Anfang  einer  Neugestaltung  im  Rechtswesen  bezeichnet  die 
Regierung  Leons  des  Isauriers.  Unter  ihm  und  seinem  Sohne  Kon- 
ötantinos  als  Mitregenten  wurden  um  das  Jahr  740  mehrere  neue  Gesetz- 


606  Byzantinische  Litteratiirgeechiohte.    I.  ProMdsohe  Lüteratnr. 

bücher  publiziert:  Die  ^ExXoyrj  tdiv  v6fi(av  iv  cvvx6ii(f  y^voiiärrj  ano  mv»^ 
eröTtrovro)!',  xwv  diytaTWVy  tov  xuidixog,  tdv  veaQwv  toi  fieyaXov  '/otHmi'iofPtlj 
diaxa^Boav  xai  ejzidicQ&wffig  stg  to  (piXav&Q(07t6T€Q0Vj  ein  Ackerbaugesetil] 
{Nofiog  yecoQyixog),  das  rhodische  Schifffahrtgesetz  (Nofiog  ^Foiimm 
vavTixtg  xaz'  exXoytjv  €x  tov  icT  ßißktov  t(ov  SiytiTTwv),  endlich  ein  Militär«!] 
gesetz  {N6ij,og  (TTQanwTixdg),  Besondere  Beachtung  verdient  die  n&m 
Ackerbaugesetzgebung,  auf  welche  das  allmählich  zu  grosser  Bedeutung 
gelangte  slavische  Element  im  byzantinischen  Reiche  Einfluss  ausgeübt 
hat.  Mit  der  makedonischen  Dynastie  beginnt  die  Wiederbelebung dei 
Justinianischen  Rechts.  Kaiser  Basilios  I  (867 — 886)  suchte  das  alte 
Recht,  dessen  Kenntnis  in  den  vorausgegangenen  dunkeln  Jahrhunderten 
teils  durch  den  allgemeinen  Niedergang  der  nationalen  Bildung,  teils  auch 
wegen  der  lateinischen  Form  der  Gesetzbücher  fast  ganz  verloren  gegangen 
war,  dem  Verständnis  der  Zeitgenossen  wieder  näher  zu  bringen  und  seine 
Anwendung  zu  erleichtern.  Zu  diesem  Behufe  Hess  er  einen  Auszug  ans 
den  Institutionen,  den  Digesten,  dem  Codex  und  den  Novellen  veranstalten, 
der  unter  dem  Namen  *0  nQoxsiQog  roiiog  im  Jahre  879  veröffentlicht 
wurde.  Gleichzeitig  wurde  ein  Entwurf  zu  einem  Handbuche,  der  *Enajh 
ayayr]  tov  vopLov^  gemacht,  aber  nicht  publiziert.  Ausserdem  veranlasste! 
Basilios  Vorarbeiten  zu  einer  Sammlung  der  alten  sowohl  der  aufgehobenen  | 
wie  der  noch  geltenden  Gesetze.  Doch  wurde  dieses  Werk  erst  unter 
seinem  Sohne  und  Nachfolger  Leon  dem  Weisen  (886—912)  vollendet 
Es  ist  eine  grosse  Kompilation  aus  den  Indices  der  Digesten  und  dea 
Codex  und  aus  den  Novellen,  die  gewöhnlich  Basiliken  (rcr  Bacihxd)  ge- 
nannt wird.  Allerlei  Erweiterungen  erfuhren  die  Basiliken  unter  Kon- 
stantin Porphyrogennetos  (912 — 959).  Das  alte  Corpus  Justinianum 
wurde  durch  die  Basiliken  bald  gänzlich  verdrängt.  Von  grösster  Bedeu- 
tung für  die  Erhaltung  und  Förderung  der  Kenntnis  des  römisch-byzan- 
tinischen Rechtes  war  die  Rechts  schule,  die  im  Jahre  1045  von  Kaiser 
Konstantin  Monomachos  zu  Konstantinopel  gegründet  wurde.  Die  Novelle 
n€Qi  TOV  vonoffvXaxog^  durch  die  diese  Stiftung  vollzogen  wurde,  ist  unter 
den  Werken  des  Johannes  von  Euchaita  aufgefunden  worden.  Der  erste 
Schulvorstand  (yoyLotfvXa^)  war  ein  Freund  des  Michael  Psellos,  der  spätere 
Patriarch  Johannes  Xiphilinos  (vgl.  S.  433  und  444).  Der  Gedanke, 
die  Quellen  des  praktischen  Rechts  in  fachmännischer  Weise  zu  lehren, 
ist  ein  halbes  Jahrhundert  später  auch  im  Abendlande  aufgenommen 
worden  und  hat  zur  Stiftung  der  Juristenfakultät  in  Bologna  geführt,  bei 
deren  Einrichtung,  wie  Zachariae  von  Lingenthal  annimmt,  das  byzanti- 
nische Vorbild  nicht  ohne  Einfluss  war.  Deutlicher  sind  die  Beziehungen 
der  Rechtsschule  von  Konstantinopel  zu  den  juristischen  Studien  und 
Arbeiten  in  Süditalien  und  Sizilien.  Wie  notwendig  in  dieser  Zeit  eine 
griechisch  gefasste  Gesetzgebung  für  Sizilien  war,  beweist  u.  a.  die  Existenz 
einer  griechischen  Übersetzung  der  Gesetze  Friedrichs  U. 

In  Konstantinopel  und  den  östlichen  Provinzen  hatte  die  kaiserliche 
Stiftung  einer  Rechtsschule  eine  rege  Thätigkeit  zur  Folge,  deren  Früchte 
wir  noch  heute  in  den  zahlreichen  aus  dem  11.  und  12.  Jahrhundert 
stammenden  Handschriften  juristischer  Werke  vor  uns  sehen.     Ein  her- 


7.  FaohwiBsenBoluiften.    Reohtawissanaohaft.    (§  258)  607 

.forragender  Zögling  der  neuen  Rechtsschule  war  der  Historiker  Michael 

Attaliates,  von  dem  wir  ein  Rechtskompendium  besitzen.    Vgl.  S.  270  f. 

diese  Zeit  gehört  wohl  auch  wenigstens  in  der  ursprünglichen  Fassung 

~  -der  Tipukeitos  {TlTiovxeiTog  aus  ti  nov  xehai;  vgl.  den  von  Athenaeos 
Ile   bezeugten    Spitznamen    des    Rhetors    Ulpianos    KeiTovxenog) ,    eine 

"Tnhaltsangabe  sämtlicher  Bücher,  Titel  und  Kapitel  der  Basiliken.  In  den 
letzten  Zeiten  des  byzantinischen  Reiches  erfreute  sich  der  grössten  Be- 

"^liebtheit  ein  Rechtskompendium    in  sechs  Büchern   (daher  Hexabi blos 

'  genannt),  das  Konstantin  Harmenopulos  {KcovffTavrTvog  6  ^QftevoTtovXog) 

j  um  das  Jahr  1345  verfasst  hat.  Das  Werkchen  wurde  wie  auch  das 
verwandte  kirchenrechtliche  Handbuch  des  Matthaeos  Blastares  um  1490 
von   Nikolaos  Kunalis  Kritopulos   {Nixokaog  KovvdXrjg  c  KQitonovXog) 

-  in  die  Volkssprache  übertragen.  Eine  andere  neugriechische  tJbersetzung 
des  Harmenopulos  verfasste  im  16.  Jahrhundert  Theodosios  Zyg omalas 

"  {^eodoaiog  ZvyofiaXag).  Eine  dritte,  von  Alexios  Spanes  (AXs^iog  Snatfag) 
revidiert,  erschien  zu  Venedig  1744;  wiederholt  1766  und  öfter. 

Mehr  Neues  als  in  der  Profangesetzgebung  hat  die  spätere  römische 
und  byzantinische  Zeit  naturgemäss  im  Kirchenrecht  geschaffen,  für  dessen 
Ctefitaltung  verschiedene,  dem  römischen  Recht  ursprünglich  fremde  Faktoren 
massgebend  waren.  Die  in  mehreren  allmählich  entstandenen  Sanmi- 
lungen  enthaltenen  kirchenrechtlichen  Bestimmungen,  die  sogenannten 
Kanone s,  sind  um  das  Jahr  535  von  einem  Unbekannten  in  60  Titeln 
nach  Materien  geordnet  worden.  Eine  zweite  derartige  Arbeit  in  50  Titeln 
hat  der  Scholastikos  und  Presbyter  Johannes  zu  Antiochia,  der 
später  Patriarch  wurde,  um  550  verfasst.  Die  rein  kirchlichen  Rechts- 
bestimmungen, die  Kanones,  wurden  später  mit  den  weltlichen  Gesetzen, 
den  Nomoi,  verschmolzen.  So  entstanden  die  Nomokanones,  Samm- 
Inngen  kirchenrechtlicher  Bestimmungen,  die  im  Laufe  der  Zeit  vielfach 
durch  Zusätze  und  Erklärungen  erweitert  wurden.  Die  wichtigste  Be- 
arbeitung ist  nicht  die  von  883,  welche  fälschlich  dem  Patriarchen  Photios 
zugeschrieben  wurde,  sondern  eine  um  1090  von  Theodoros  Bestes  her- 
gestellte Rezension.  Eine  kanonische  Synopsis  stanmit  von  einem  Magister 
und  Logotheten  Symeon,  der  nach  Zachariae  von  Lingenthal  mit  dem 
Magister  und  Logotheten  Symeon,  der  unter  Nikephoros  Phokas  schrieb, 
nicht  identisch  ist,  sondern  erst  um  das  Jahr  1000  lebte  (?).  Unter  Kaiser 
Johannes  Komnenos  (1118 — 1143)  hat  Alexios  Aristenos  (AXä^iog  oUgi^ 
öTijro'g)  die  Synopsis  mit  einem  grossen  Kommentar  versehen,  der  fälsch- 
lich einem  Nikolaos  Doxopatres  zugeschrieben  wurde.  Um  dieselbe 
Zeit  (nach  Zachariae  von  Lingenthal  zwischen  1159 — 1169)  verfasste 
Johannes  Zonaras  mit  Benützung  des  Aristenos  seinen  Kommentar  zu 
einer  Sammlung  der  Kanones.     Vgl.  S.  374.     Etwas   später  lebte  Theo- 

'  doros  Balsamen  {QsodcdQog  6  BaXaafioiv),  der  in  den  drei  letzten  Jahr- 
zehnten des  12.  Jahrhunderts  (bis  nach  dem  Jahre  1193)  an  einem  Kom- 
mentar zu  dem  Nomokanon  in  14  Titeln  und  zu  einer  Sammlung  der 
Kanones  arbeitete  und  auch  andere  kirchenrechtliche  Schriften  hinterliess. 
Eine  grosse  Sanmilung  kanonischer  Antworten  stammt  von  Demetrios 
Chomatianos  (^ijjuj^'r^io^  o  XfofnaTiavog),  der  im  Anfang  des  13.  Jahrhundert9 


608  BysantiniBche  Litteratnrgesohiolite.    L  ProMdsohe  Litteraitiir. 

Chartophylax,  später  Erzbischof  von  Bulgarien  war,  Sie  sind  beaeb 
wert,  weil  zwischen  dem  Kirchenrechte  in  Eonstantinopel  und  seiner 
pretation  in  Bulgarien  und  Serbien  ein  gewisser  Unterschied  besteht 
für  die  Geschichte  der  inneren  Zustände  der  slavischen  Provinzen 
Reiches  enthalten  die  Schriften  des  Chomatianos  reiches  Material.  Um 
Jahr  1335  verfasste  Matthaeos  Blastares  {Mar&aTog  6  BXatrTo^fi) 
Thessalonike  ein  alphabetisches  Handbuch  des  Eirchenrechts.  Auch 
der  Türkenzeit  entstanden  noch  manche  kirchenrechtliche  Schriften,  wk 
der  Nomokanon  des  Manuel  Malaxos  (il/aAa^og)  (1561),  eine  Sammlai 
von  Schriften  über  die  Verwandtschaftsgrade  von  dem  Priester  Zachari« 
Skordylios  {IxoQÖvXiog)  mit  dem  Beinamen  Marapharas  (Ma^a^a^ 
Bearbeitungen  des  Kirchenrechts  in  der  Volkssprache,  verschiedene  PM 
archensentenzen,  Synodaldekrete  u.  s.  w. 

Die  Geschichte  des  byzantinischen  Rechts  ist  an  sich  interessant 
weil  sie  uns  zeigt,  in  welcher  Weise  sich  die  einzelnen  Teile  des  römi 
sehen  Rechts  unter  den  vielfach  veränderten  Verhältnissen  des  byzn 
tinischen  Reiches  weiter  entwickelt  haben,  und  weil  sie  uns  die  Wkogt 
des  Justinianischen  Rechts  an  seinen  späteren  Schicksalen  klar  madt 
sie  ist  lehrreich,  wenn  man  sie  mit  der  gleichzeitigen  teils  abweichendoD 
teils  analogen  Rechtsentwickelung  im  Abendlande  vergleicht;  sie  bilde 
endlich  die  Grundlage  für  das  Verständnis  der  rechtlichen  Zustände  ii 
türkischen  Reiche,  in  der  Moldau-Walachei,  in  Griechenland  und  in  do 
ostslavischen  Ländern.  Für  die  Erschliessung  und  Bearbeitung  der  Quelle 
des  weltlichen  und  kirchlichen  Rechts  der  Byzantiner  haben  Joh.  Leun 
clavius  (Löwenklau),  Guil.  Beveregius,  F.  A.  Biener,  G.  E.  Heim 
bach,  W.  E.  Heimbach,  Rhalles  und  Potles,  J.  B.  Pitra,  F.  Miklo 
sich,  J.  Müller,  A.  Theiner,  A.  Pavlov  unschätzbare  Dienste  geleistet 
Dass  wir  aber  heute  die  Geschichte  des  byzantinischen  Privatrechta 
Strafrechts  und  Prozesses  im  einzelnen  kennen,  verdanken  wir  vornehm 
lieh  der  Lebensarbeit  unseres  K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal  (gel 
24.  Dezember  1812,  gest.  3.  Juni  1894). 

1.  Ausgaben: 

A.  Sammelausgaben:  Juris  Orientalis  libri  III  ab  Enim.  Bonefidio  digasti 
Paris  1573.  —  Juris  Graeco-Romani  tam  canonici  quam  civilis  tomi  duo.  Johann is  Lean 
clavii  Amelbumi  V.  Cl.  studio  etc.  eruti  latineque  redditi:  nunc  primum  editi  con 
Marquardi  Freheri,  Frankfurt  1596.  —  Bibliotheca  iuris  canonici  veteris  in  duos  tomoe 
distributa  etc.  opera  Guiielmi  Voellii  et  üenrici  Justelii,  Paris  1661.  —  Svrodutii 
sive  Pandectae  canonum  etc.  recensuit  Guil.  Beveregius,  Oxford  1672.  —  Einen  Ab 
druck  des  griechischen  Textes  gab  Spyr.  Melias,  Paris  1761.  Wiederholt  Venedig  1781 
—  Die  wichtigsten  neueren  Sammlungen  sind:  ^Apixdotu  ed.  Gust.  Ernst  Heimbacli 
2  Bde,  lioipzig  1838—1840.  —  'Jyexdoia  ed.  E.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,  Leipo] 
1843.  —  E.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,  Collectio  librorum  iuris  Graeco-Romani  in 
editorum,  Leipzig  1852.  ~  Zvvxttyfia  xtiv  S^eltoy  xal  UqoSv  xayoymr  etc.  ixdoS-^y  etc.  t^ff« 
r.  J.  'PdXXt}  xal  M.  noxXrj,  6  Bde,  Athen  1852—1859  (wichtigste  Sammlung  für  da 
Eirchenrecht).  —  Jus  Graeco-Romanum  ed.  E.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,  7  part« 
Leipzig  1856—1884  (Hauptsammlung  für  das  weltliche  Recht).  —  Juris  ecclesiastici  Grac 
corum  historia  et  monumenta  curante  J.  B.  Pitra,  2  Bde,  Rom  1864—1868  (enthält  Denl 
mäler  vom  1.-9.  Jahrb.).  —  Einiges  (Typika,  Eanones)  auch  bei  J.  B.  Pitra,  Spicilegini 
Solesmense,  Tomus  4,  Paris  1858.  —  Zahlreiche  kanonische  Erlasse  und  kaiserliche  Novelle 
findet  man  auch  bei  Migne,  Patrol.  gr.,  bes.  Bd  119,  137,  138,  152,  161.  —  Kayovixi 
diant^ei^f  imcToXai^  Xtiaeig,  9eanlafjittxa  rijy  ayitütdrtüy  naTQiaQxtJy  KtifyoTQyTiyovnoXet 
ino  Ff^-qyoqiov  tov    d$oX6yov  f^ixQ^  Jioyvalov    rov    dno  'jld(^ia»'ovn6X€(üg   inicxanitf  AI. 


7.  FaohwiBBenBoliafteii.    Rechtawiraenachaft.    (§  258)  609 

redeojyy  2  Bde,  Kpel  1888-1889.  —  Patriarchalerlasse  u.  s.  w.  auch  in  don  Acta  et 
diplomata  Graeca  medii  aevi  edd.  Fr.  Miklosich  et  J.  Müller»  6  voll.;  Wien  1860—1890. 

—  August  Theiner  et  Fr.  Miklosich,  Monumenta  spectantia  ad  unionem  ecclesiarum, 
Wien  1872.  —  Dazu  die  meisten  der  S.  223  f.  aufgemhrten  Sammlungen  und  Einzel- 
ausgaben. 

B.  Spezialausgaben:  i.  JustinianiNovellae  ed.  E.  £.  Zachariae  vonLingenthal, 

.2  Bde,  Leipzig  1881.  —  Zuletzt  edierten  die  Novellen  Justinians  R.  SchöU  und  W.  Kroll  im 

Corpus  iuris  edd.  Th.  Mommsen,  P.  Krttger  et  R.  SchöU,  Berlin  1872—1895.  —  De  Dioecesi 

Aegyptiaca  lex  ab   Imp.  lustiniano  anno  554  lata.    Ed.  K.  E.  Zachariae  von  Lingen- 

thal,  Leipzig,  Bibl.  Teubneriana  1891  (mit  lat.  üebersetzung  und  Kommentar). 

2.  Die  griechische  Paraphrase  der  Institutionen  von  TheophUos  ed.  G.  0.  Reitz, 
2  voll.,  Hagae  Comitis  1752.  —  Daraus  wiederholt  von  G.  A.  Rh<alles>,  Athen  1836.  — 
Neuerdings:  Institutionum  graeca  paraphrasis  Theophilo  Antecessori  vulgo  tributa  ed.  E. 
C.  Ferrini,  2  Partes,  Berlin  1884 — 1888  (nicht  zum  Abschluss  gebracht). 

3.  Die  Ekloge  des  Leon  und  Konstantin  ed.  K.  £.  Zachariae  von  Lingen- 
thal,  Collectio  librorum  iuris  Graeco-Romani  ineditorum,  Leipzig  1852.  —  Neue  Ausgabe 
von  Ant.  G.  Monferratus,  Athen  1889. 

4.  '0  UQox^t^Qos  yofiog:  Ed.  K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,  Heidelberg  1837. 

—  Die  ^navtcytoytj  ed.  K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,  Collectio  librorum  iuris 
Graeco-Romani  ineditorum,  Leipzig  1852. 

5.  Basiliken:  Zuletzt  ed.  Wilh.  Ernst  Heimbach,  6  Bde,  Leipzig  1833—1870. 
£in  Werk  unermüdlichen  Fleisses,  das  trotz  des  Mangels  an  philologischer  Methode  für 
die  Geschichte  des  byzantinischen  Rechts  noch  immer  eine  der  wichtigsten  Grundlagen 
bfldet;  dem  Texte  sind  eine  lateinische  üebersetzung  und  kritische  Bemerkungen  bei- 
gegeben; der  6.  Band  enthält  Prolegomena  über  die  Geschichte  des  byzantinischen  Rechtes 
Ton  534—867,  Notizen  über  die  Ueberlieferung  der  Basiliken  und  aie  neuere  Litteratur. 
Za  dieser  Ausgabe  vgl.  das  Supplementum  von  K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal, 
Leipzig  1846. 

6.  Von  grosser  Wichtigkeit  für  die  Kenntnis  des  byzantinischen  Zunft-  und  In- 
nnngswesens  ist  eine  ohne  genügende  Sicherheit  dem  Kaiser  Leon  dem  Weisen  zu- 
geschriebene Verordnung,  die  J.  Nicole  in  einer  Genfer  Hs  aufgefunden  hat:  A4oyiog  xov 
Zofpov  10  inaQxixoy  ßtßXioy.  Le  livre  du  prefet  ou  T^dit  de  Tempereur  L^on  le  Sage 
Bur  les  corporations  de  Constantinople.  Texte  grec  du  Genevensis  23  publik  pour  la 
premi^re  fois  par  Jules  Nicole,  Genf  1893  (=  M^moires  de  Tlnstitut  National  Genevois, 
tome  18).  Vgl.  die  eingehende  Besprechung  von  K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal, 
B.  Z.  2  (1893)  132—136,  und  L.  M.  Hartmann,  Zur  Geschichte  der  Zünfte  im  frühen 
Mittelalter,  Zeitschrift  für  Sozial-  und  Wirtschaftsgesch.  3  (1894)  109—129.  -  J.  Nicole 
gab  auch  eine  französische  üebersetzung  des  Werkchens,  Genf  1894.  Vgl.  die  Besprechung 
von  W.  Fischer,  B.  Z.  4  (1895)  627  f. 

7.  Im  Anfang  des  11.  Jahrhunderts  lebte  der  Richter  Eustathios  Romanua 
{Evina&iog  6  'Pta/uaios),  der  eine  Schrift  über  den  Gerichtskalender  verfasste.  Eustathii 
Antecessoris  De  intervallis  et  praescriptionibus  sive  de  varia  temporum  in  iure  civili  ob- 
servatione  libellus  ed.  L.  H.  Teucher,  Leipzig  1791.  Von  ihm  stammt  auch  die  üetga 
rjyovy  didaffxaXia  {ix  rcJv  ngd^eioy  tot  fjieydXov  xvqov  Evara^iov  tov  *P(OfÄulov),  die  K.  E. 
Zachariae  von  Lingenthal,  Ins  Graeco-Romanum  vol.  1,  Leipzig  1856,  ediert  hat.  Vgl. 
Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  9,  150 — 152,  und  K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal, 
Geschichte  des  griech. -römischen  Rechts  '  (1892)  S.  27  und  30. 

8.  Die  Novelle  des  Konstantin  Monomachos,  durch  welche  die  Rechtsschule  in 
Kpel  1045  begründet  wurde,  ed.  P.  de  Lagarde,  AbhandL  d.  Göttinger  Gesellsch.  d.  Wiss., 
hist-phil.  Cl.  28  (1881)  195—202.  —  Dann  ed.  den  griechischen  Text  noch  einmal  mit 
einer  im  Nachlasse  von  A.  Mai  vorgefundenen  lateinischen  Üebersetzung  1.  Cozza-Luzi, 
De  legum  custode  et  Athenaeo  Cpolitano  decretum  seu  novella  imp.  Constantini  Monomachi 
descripta  a  loanne  Euchaitensi  et  ab  Card.  A.  Mai  Latine  versa,  Studi  e  documenti  di 
storia  e  diritto  5  (1884)  289—316.  —  Ein  Epigramm  auf  diese  Novelle  von  Johannes  von 
Euchaita  steht  in  der  oben  zitierten  Ausgabe  von  Lagarde  S.  50  Nr.  94.  —  Vgl.  C.  Ferrini, 
Novella  di  Constantino  Monomaco,  Archivio  giuridico  33  (1884)  fasc.  5—6  (mir  unzu- 
gänglich). 

9.  Zum  Rechtskompendium  des  Michael  Attaliates  vgl.  S.  271.  Nachzutragen 
ist  dort  die  Ausgabe  von  Sgutas  in  der  griechischen  Zeitschrift  9^(jtis  Bd  8,  Athen  1861 
(mir  anzagSnglich). 

10.  Des  Psellos  Synopsis  legum  bei  Migne,  PatroL  gr.  122,  925—974. 

11.  J.  Nicole,  üne  ordonnance  in^dite  de  Tempereur  Alexis  Comn^ne  I  sur  les 
privil^gea  da  /a^To^tiAttl,  B.  Z.  3  (1894)  17—20. 

12.  A.  Pavlov,    Die  von  Theodoros  Balsamen  redigierte  Synodal  Verfügung   des 
BAadlmcb  der  kUM.  Altertnnuwiiteiuichaft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aofl^  ^^ 


610  BysantiniBohe  LittaraturgMohiohte.    L  ProMÜsohe  LKtentor. 

Patriarchen  von  Kpel  Chariton  (1177—1178)  über  die  dritte  Ehe,  Viz.  Vr.  2  (1895)5« 
bis  511. 

13.  Demetrios  Chomatianos:  Erste  voUstAndige  Ausgabe  von  J.  B.  Pitra, 
Analecta  sacra  et  classica  spicilegio  Solesmensi  parata,  Tomas  VI,  Rom  1891.  Besprocha 
von  J.  S.  Palmov,  Neue  Matericdien  zur  Frage  über  die  Gründung  des  serbischen  Ea- 
bistums  durch  den  hl.  Sabbas,  Christ,  dtenije  1891  Mai-Juni  S.  421—458,  und  A.  Moi 
pherra  tos,  Viz.  Vr.  2  (1895)  426—438.  —  Neue  Ausgabe  in  Vorbereitung  von  W.  Hensckktl 
(für  die  von  B.  G.  Teubner  angekündigte  Sammlung  von  Scriptores  sacri  et  profsni). 

14.  Jules  Nicole,  Bref  inödit  de  Germain  II,  Patriarche  de  Cple  (annöe  1230]t 
avec  une  recension  nouvelie  du  chrysobulle  de  l'empereur  Jean  Ducas  Vatmc^  Bevne  dai 
^t.  gr.  7  (1894)  68—80  (Bestimmungen  über  das  kirchliche  Eigentum). 

15.  Matthaeos  Blastares  edd.  Rhalles  et  Potles,  Svviayfjia  tui^  &eitotf  xai  U^ 
xayoytjyy  Bd  6,  Athen  1859. 

16.  Konstantin  Harmenopulos:  Ed.  W.  E.  Heimbach,  Leipzig ^1851.  —  Den 
Harmenopulos  wird  auch  ein  syntaktisches  Wörterbuch  zugeteilt:  Tov  trtßcunov  ni 
XQiTov  OeaaaXoylxtjs  tov  'AgfjieyovTtovXov  .  Ae^ixoy  xard  aro^x^Toy  negtäxoy  rd  Koirmg  y^ 
(pofABya  ^^fiaittf  iv  ^  deixyvetat,  xiva  fiky  avitov  elaiy  a/jietdßara,  riya  dk  ueraßarutd  xm 
rovroty  riyi  avyräaaeTtti  ixaatoy  etc.  Inc.  'JyäXXo/jttu  ro  x^^9^'  ^^r  Anfang  des  Bock- 
staben A  steht  im  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  289  (Nessel)  fol.  95- 99^ 

17.  Nomokanon  des  Manuel  Malaxos:  Proben  sind  gedruckt  in  der  griechisckM 
Zeitschrift  Bifjug  Bd  7  S.  165  ff. 

18.  Das  Inhaltsverzeichnis  und  die  Vorreden  eines  späteren  kanonistischen  Sammel- 
werkes, des  sogenannten  „Stabes  der  Erzpriester*,  ed.  A.  G.  Mompherrmtos,  fi^ 
riJQioy  xal  nQoXoyoi  rtjs  BaxrtjQias  xtoy  *Aqx^^Q^^^>  JiXrioy  3  (1890 — 1892)  129 — 218. 

2.  Hilfsmittel: 

A.  Allgemeine  Darstellung:  Ein  noch  heute  sehr  brauchbares  Buch  ist:  Fr. 
Aug.  Biener,  Geschichte  der  Novellen  Justinians,  Berlin  1824.  —  Derselbe  Gtelebie 
skizzierte  auch  die  Geschichte  des  kanonischen  Rechts  bei  den  Griechen:  Fr.  Aug.  Biener, 
De  coUectionibus  canonum  ecclesiae  graecae,  Berlin  1827.  —  Eine  zusammenfassende  Ge- 
schichte der  Quellen  des  griophisch-römischen  Rechta  gab  zuerst  K.  E.  Zachariae  von 
Lingenthal,  Historiae  iuris  Graoco-Romani  delineatio,  Heidelberg  1839.  —  Auf  diesen 
Werke  beruht  die  ausführliche  Darstellung  von  J.  A.  B.  Mortreuil,  Histoire  da  droit 
Byzantin,  3  voll.,  Paris  1843—1847.  —  Eine  umfassende  Darstellung  des  griechisch-römi- 
schen Rechts  im  Mittelalter  und  in  der  Neuzeit  gab  W.  Ernst  Heimbach,  Ersch-  und 
Gruber'sche  Enzyklopädie,  I.  Sektion,  Teil  86  S.  191—471.  —  Eine  gute  Uebersicht  der 
byzantinischen  Rechtslitteratur  gibt  Paul  Krüger,  Geschichte  der  Quellen  und  Litterator 
des  römischen  Rechts,  Ijeipzig  1888  S.  359—370.  —  Hauptwerk:  E.  E.  Zachariae  von 
Lingenthal,  Geschichte  des  griechisch-römischen  Rechts,  3.  Aufl.,  Berlin  1892.  Hier 
S.  3—51  eine  chronologische  Uebersicht  der  Quellen  des  byzantinischen  Rechts  mit  den 
nötigen  Litter aturangaben. 

B.  Spezialschriften:  1.  Weltliches  Recht:  Ueber  die  auch  nach  der  Einfüh- 
rung des  römischen  Rechtes  in  der  mit  alter  Kultur  gesättigton  Osthälfte  des  Reiches 
fortdauernden  partikularen,  besonders  griechischen  Volksrechte,  über  die  grftsisierende 
Tendenz  der  Gesetzgebung  Konstantins  u.  s.  w.  handelt  das  vortreffliche  Buch  von  Ludw. 
Mitteis,  Reichsrecht  und  Volksrecht  in  den  östlichen  Provinzen  des  römischen  Kaiser- 
reiches, Leipzig  1891.  —  C.  Ferrini,  La  parafrasi  di  Teofilo  ed  i  Commentarii  di  Gaio, 
Rendiconti  del  R.  Istituto  Lombardo  del  17  maggio  1883.  —  C.  Ferrini,  Frammenti  in- 
editi  della  versione  greca  del  ,Codex  Justinianus'  fatta  da  Anatolio  Antecessore,  Rendi- 
conti del  R.  Istituto  Lombardo  del  17  avrile  1884.  —  C.  Ferrini,  Scolii  inediti  allo 
Pseudo-Teofilo  contonuti  nel  ms  gr.  Paris.  1364,  Memorio  del  R.  Istituto  Lombardo,  Clasee 
di  lettere  e  scienze  morali  e  politiche,  Vol.  18  (1887)  13—67  (Text  der  Scholien  mit  Ein- 
leitung). —  Henr.  Brokate,  De  Theophilinae  quae  fertur  lustmiani  institutionum  graecie 
paraphraseos  coropositione,  Strassburger  Diss.  1886  =  Dissertationes  philologicae  Argen- 
toratonses  11  (1894)  113—172  (über  die  Quellen  der  Zusätze  des  Paraphrasten).  —  Y. 
Vasiljevskij,  Ueber  einen  Synodalcodex  der  Ekloge  der  Kaiser  Leon  und  Konstantin  und 
über  zwei  Codices  des  landwirtschaftlichen  Gesetzes,  Joum.  Min.  1879  Bd  201  Jan.-Feb. 
S.  161—173.  —  Eine  Restitution  des  53.  Buches  der  Basiliken  gab  K.  E.  Zachariae  von 
Lingenthal,  Paralipomena  ad  Basilica,  Leipzig  1893.  —  Ueber  den  ältesten  Codex  der 
Basiliken,  einen  leider  verstümmelten  Palimpsest  der  Ambrosiana,  gibt  eine  vorläufige  Mit- 
teilung C.  Ferrini,  Contributo  alla  reintegrazione  dei  Basilici,  Rendiconti  del  R.  Istituto 
Lombardo  di  scienze  e  lettere,  serie  II,  vol.  29  (1896).  —  Ueber  die  in  den  Taktika 
des  Kaisers  Leon  (nach  Zachariae  von  Lingenthal  des  Isauricrs)  enthaltenen  Strafbestini- 
mungen  handelt  K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,  Zum  Militärgesetz  des  Leo,  B.  Z. 
2  (1893)  606-608.  —  K.  £.  Zachariae  von  Lingenthal,  Wissenschaft  und  Recht  für 


7.  FaohwüiseiisohAften.    Bechtawissensohaft.    (§  258)  611 

das  Heer  vom  6.  bis  zum  Anfang  des  10.  Jahrhunderts,  B.  Z.  3  (1894)  437—457.  Vgl. 
unten  S.  636  f..  —  Ueber  Johannes  Xiphilinos  imd  andere  Juristen  des  11.  Jahrh.  handelt 
W.  Fischer,  Studien  zur  byzantinischen  Geschichte  des  11.  Jahrb.,  Gymnasialprogr., 
Planen  1893. 

Das  öffentliche  Recht  in  Griechenland  während  der  Türkenherrschaft  ist  dargestellt 
in  der  Habilitationsschrift  von  N.  G.  Moschobakes,  T6  iy  'RXXd&t  dijfiöaioy  dlxaioy  int 
TovgxoxQatitt^f  Athen  1882.  —  Die  römische  Institution  des  Konkubinats  verfolgt  bis  zu 
Jfarer  Aufhebung  durch  Basilios  den  Makedonier  und  Leon  den  Philosophen  Paul  Meyer, 
'Der  römische  Konkubinat,  Leipzig  1895.  —  Ueber  das  byzantinische  Zuschlagsverfahren 
bei  der  Besteuerung  (inißoXij)  handelt  eingehend  Henry  Monnier,  Etudes  de  droit  bvzantin, 
Nouvelle  revue  historique  de  droit  fran^ais  et  etranger  16  (1892)  125 — 164;  330 — 352; 
497-542;  637-672;  18  (1894)  433-486;  19  (1895)  59-103.  —  V.  Sokoljskii,  Ueber 
den  Charakter  und  die  Bedeutung  der  Epanagoge,  Viz.  Yr.  1  (1894)  17—54.  Inhaltsangabe 
B.  Z.  4,  232  f. 

Am  wenigsten  sind  die  völkerrechtlichen  Grundsätze  und  Gepflogenheiten  der 
Byzantiner  untersucht.  Einen  auf  sekundären  Quellen  beruhenden  Ueberbfick  gibt  Em  est 
Nys,  Le  droit  des  gens  dans  les  rapports  des  Arabes  et  des  Byzantins,  Revue  de  droit 
international  et  de  l^gislation  comparäe  26  (Bruxelles  1894)  461 — 487. 

2.  Kirchenrecht:  Fr.  Maassen,  Geschichte  der  Quellen  und  der  Litteratur  des 
canonischen  Rechts  im  Abendlande  bis  zum  Ausgange  des  Mittelalters,  Graz,  Paris,  Turin, 
Oxford  1870.  Ein  ähnliches  Werk  ftlr  das  morgenländische  Kirchenrecht  ist  noch  ein 
frommer  Wunsch.  —  K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,  Die  griechischen  Nomokanones, 
M^moires  de  TAcadömie  Imperiale  des  sciences  de  Saint- P^tersbourg  VIF  s^rie,  tome  23 
(1877)  Nr.  7.  —  K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,  Ueber  den  Verfasser  und  die 
Quellen  des  (Pseudo-Photianischen)  Nomokanon  in  14  Titeln,  Mömoires  de  l'Acad.  Imp. 
des  sciences  de  Saint-P^tersbourg  VII^  s^rie,  tome  32  (1885)  Nr.  16  —  K.  E.  Zachariae 
von  Lingenthal,  Die  Synopsis  canonum,  Monatsber.  BerL  Ak.  1887  S.  1147 — 1163.  — 
L.  Fr.  Tafel,  De  collectionious  quibusdam  iuris  Graccorum  canonici,  Tübingen  1827.  — 
Die  Justinianische  Gesetzgebung  Ober  die  Gerichtsstandverhältnisse  des  Klerus  behandelt 
A.  Nissl,  Zur  Geschichte  des  Chlotarischen  Edikts  von  614,  Mitteil.  d.  Instituts  f.  Österreich. 
Geschichtsforsch.,  Ergänzungsband  3  (1892)  365—384.  —  Ueber  die  kanonistischen  Arbeiten 
des  Photios  vgl.  J.  Hergenröther,  Photius  3  (1869)  92  ff.  —  Sp.  Lambros,  Zwei  Be- 
richtigungen und  Ergänzungen  zu  Rhallis-Potlis,  B.  Z.  5  (1896).  —  M.  Kransno2en,  Die 
Erklärer  des  kanonischen  Codex  der  morgenländischen  Kirche,  Aristenos,  Zonaras  und  Bai- 
samon.  Moskau  1892  (russ.).  Vgl.  die  Besprechung  von  P.  Bezobrazov,  Joum.  Min. 
1893  Bd  288  August  S.  517—534.  —  Einige  Briefe  des  Balsamen  ed.  E.  Miller,  Annuaire 
de  Tassoc.  18  (1884)  8 — 19.  —  Johannes  Dräseke,  Johannes  Zonaras'  Commentar  zum 
kanonischen  Brief  des  Gregorios  von  Neocaesarea,  Zeitschr.  f.  wissensch.  Theologie  37 
(1894)  246—260.  —  A.  Pavlov,  Zur  Frage  über  das  chronologische  Verhältnis  zwischen 
Aristenos  und  Zonaras  als  Verfassern  von  Kommentaren  zu  den  kirchlichen  Regeln,  Joum. 
Min.  1896  Bd  303  Januar  S.  172—199.  —  A.  Pavlov,  Die  kanonischen  Antworten  des 
Niketas,  Metropoliten  von  Herakleia,  in  ihrer  ursprünglichen  Gestalt  und  in  der  späteren 
Bearbeitung  durch  Matthaeos  Blastares,  Viz.  Vr.  2  (1895)  160—176.  Vgl.  B.  Z.  5,  248  f. 
—  A.  Pavlov,  Die  kanonischen  Antworten  des  Niketas,  Metropoliten  von  Thessalonike, 
Viz.  Vr.  2  (1895)  378-  387.  Vgl.  B.  Z.  5,  249  f.  —  A.  Pavlov,  Wem  gehören  die  kano- 
nischen Antworten,  als  deren  Verfasser  Johannes,  Bischof  von  Kitros,  gilt?,  Viz.  Vr.  1 
(1894)  493-502.  Vgl.  B.  Z.  4,  398  f.  —  A.  Pavlov,  Eine  Synodalverordnuna;  des  Patri- 
archen Sisinnios  über  die  Verweigerung  einer  Trauung  derer,  die  eine  zweite  Ehe  eingehen. 
Vis.  Vr.  2  (1895)  152—159.  —  A.  Pavlov,  Der  Synodalakt  des  Patriarchen  von  Kon- 
stantinopel  Michael  Anchialos  vom  Jahre  1171  über  den  von  allen  Bischöfen  abzulegenden 
Eid,  dem  Kaiser  Manuel  Komnenos  und  seinem  neugeborenen  Sohne  Alexios  die  Treue 
halten  zu  wollen,  nebst  der  Form  des  Schwures,  Viz.  Vr.  2  (1895)  388-393.  Vgl.  B.  Z. 
5,  251.  —  D.  Ru2i6,  Die  Bedeutung  des  Demetrios  Chomatianos  für  die  Gründungs- 
geschichte der  serbischen  Autokephalkirche,  Diss.,  Jena  1893.  Vgl.  M.  Re&etar,  B.  Z. 
8  (1894)  181  f.  —  P.  M.  Drinov,  Ueber  einige  Arbeiten  des  Demetrios  Chomatianos  als 
historiflclies  Material,  Viz.  Vr.  1  (1894)  319-340;  2  (1895)  1-23.  Vgl.  B.  Z.  4,  175;  5, 
211  f.  —  A.  Mompherratos,  Nofioxdytay  tov  ly  aiaiyog,  JeXrioy  4  (1892 — 1894)  309 
bis  331  (Beschreibung  des  Codex  Athen.  1377).  —  N.  Iljinskij,  Das  Syntagma  des  Mat- 
thaeos Blastares,  Moskau  1892.  Besprochen  von  N.  Zaoserskij,  Bogosl.  vjestnik  1893 
Juli  S.  155—161.  —  Ch.  Papaioannu,  Die  Akten  der  sogenannten  letzten  Synode  in  der 
Hagia  Sophia  (i.  J.  1450)  und  ihr  historischer  Wert,  Viz.  Vr.  2  (1895)  394—415.  —  Konst. 
Popoviß  Jon.,  Quellen  und  Handschriften  des  orthodoxen  Kirchenrechts.  Czemowitz  1886 
(nnnia.).  Mir  nur  aus  der  Besprechung  von  P.  Syrku,  Viz.  Vr.  1  (1894)  214—216,  be- 
kannt. —  Nikodemos  <Mila&>,  Bischof  von  Dalmatien,  Die  Kanones  der  orthodox- 


612  Byzantiniflche  Litteratargeschichte.    L  Prosaisohe  Litterator. 

orientalischen  Kirche  mit  Erläuterungen.  1.  Band,  Neusatz  1895  (aerb.)  (Erllaterangen 
zu  den  Kanones  der  Apostel  und  der  allgemeinen  Konzilien).  —  Ueber  das  heute  bestehende 
Kirchenrecht  der  Griechen  in  der  Türkei  vgl.  Christodulos  Melissenos,  11^x^*9^ 
vofuxoy.  Vol.  I,  Kpel  1889  (mir  unzugänglich).  ~  Chrys.  Antoniades,  MeXixfj  inl  iw 
xavovixov  dixaiov  rrjg  oQ&odo^ov  ayaroXixrjg  ixxXtjalagf  Ohalke  1893. 

Zhisman,  Eherecht  der  orientalischen  Kirche,  Wien  1863.  —  K.  N.  Rhalles, 
Uegi  dn{cXXoTQi(offs<i}g  jijs  ixxXrjaittartxrjg  n€Qiovaias  xard  ro  dlxatoy  lijs  6^&od6^ov  ayato- 
Xixi^S  ixxXijaiag,  Athen  1893  (über  das  Verbot  der  Veräusserung  kirchlichen  Gutes).  —  Eine 
Verordnung  über  die  Wahl  eines  Erzpriesters  ed.  M.  J.  Gedeon,  Tvnixoy  xiay  %fnj<fw 
nagd  roig  BvCacyriyoig,  B.  Z.  4  (1895)  581  f.  —  Ueber  einige  Details  bei  der  Patriarchen- 
wail  handelt  B.  A.  Mystakides,  'ExXoyij  xal  nQcßXrjais  oUovfiByixov  narQUtQx^^t  'ExxX, 
'AX.  14  (1894-1895)  379-380;  395—398.  —  Ueber  die  Bedeutung  der  Titel  .w^^cfpof* 
und  ^tonoy  inix^^*  handeln  Anthimos  <Aloxudes>,  Metropolit  von  Amasia,  K 
Auvray  und  M.  Gedeon,  NeoXoyov  ißdo/uadaia  iTn&etoQTjiTig  vom  2.  Mai  und  26.  Sept 
1893.  Auf  dasselbe  Thema  beziehen  sich  zwei  Aufsätze  von  Anth.  Alexudes  und  Ba- 
Bilios,  Metropolit  von  Smyma,  'ExxX.  UX,  13  (1893)  236-239;  277  f.  Vgl.  B.  Z.  3, 
215  f.;  4,  234. 

3.  Einfluss  des  römisch-griechischen  Rechts  auf  die  orientalischen 
Völker:  A.  F.  de  Lagarde,  Reliquiae  iuris  ecclesiastici  antiquissimae,  2  Teile,  Leipzig 
1856  (griechische  und  syrische  Texte).  —  K.  G.  Bruns  und  Ed.  Sachau,  Syrisch-römisdies 
Rechtsbuch  aus  dem  fünften  Jahrhundert,  herausgegeben,  übersetzt  und  erläutert,  Leipzig 
1880.  —  Savvas  Pacha,  Etüde  sur  la  th^orie  du  droit  musulman.  Premiere  partie.  Paris 
1892.  Der  zweite  Teil  soll  demnächst  erscheinen.  Vgl.  die  eingehende  Kritik  des  ersten 
Teiles  von  Ign.  Goldziher,  B.  Z.  2  (1893)  317—325.  —  Ueber  den  Einfluss  eines  byzan- 
tinischen Formulars  auf  die  Fassung  koptischer,  jüdischer  und  griechisch-sizilischer 
Privaturkunden  über  Rechtsgeschäfte  handelt  Ad.  Merx,  Documenta  de  pal^ographie  h^- 
braYque  et  arabe,  Leyde  1894,  Kapitel  V.  —  Zum  vergleichenden  Studium  des  türkischen 
Rechtes  empfiehlt  sich  für  des  Türkischen  Unkundige  das  griechische  Handbuch  von  Milt. 
G.  M,  Karabokyru,  KXelg  rijg  avyij&ovg  'O&tafÄaytxijg  yofMO&Balng^  Kpel  1882. 

4.  Einfluss  dos  byzantinischen  Rechts  auf  die  Slaven:  Wieso  viele  andere 
Werke  der  byzantinischen  Litteratur,  gingen  auch  die  Gesetzbücher  in  Auszügen  und  Kom- 
pilationen zu  den  Slaven  über.  Insbesondere  wurde  das  Kirchenrecht  von  den  übrigen 
Völkern  des  griechischen  Bekenntnisses  fast  unverändert  angenommen.  Aus  der  reichen 
Litteratur,  durch  welche  dieses  Gebiet  aufgehellt  worden  ist,  kann  hier  nur  einiges  her- 
vorgehoben werden:  Slavisch-griechischer  Nomokanon  mit  dem  bis  jetzt  unbekannten  Ori- 
ginal herausgegeben  von  A.  Pavlov,  Odessa  1872  (russ.).  —  A.  Pavlov,  Gesetzbücher. 
Altrussische  Uebersetzung  mit  griechischem  Text  u.  s.  w.,  Petersburg  1885  (russ).  Vgl. 
V.  Jagiö,  Arch.  slav.  Phil.  9  (1886)  151  f.  —  A.  Pavlov,  Unediertes  Denkmal  des  rusd- 
sehen  Kirchenrechts  des  12.  Jahrhunderts,  Joum.  Min.  1890  Bd  271  Oktober  S.  275—300. 
—  A.  Pavlov,  Scheinbare  Spuren  kanonistischen  Einflusses  in  den  ältesten  Denkmälern  des 
südslavischen  und  russischen  Kirchenrechts,  Moskau  1892.  —  M.  Ostroumov,  Einleitung  in 
das  orthodoxe  Kirchenrecht,  Charkov  1893.  Besprochen  von  N.  Zaoserskij,  Bogoel. 
vjestnik  1894  Juni  S.  489—496  (mir  unzugänglich).  —  K.  Nevolin,  Ueber  die  Sammlungen 
und  die  wissenschaftliche  Bearbeitung  der  kirchlichen  Gesetze  in  Griechenland  und  Rass- 
land, im  6.  Bde  seiner  ,Sämtlichen  Werke*,  Petersburg  1860. 

5.  Byzantinisches  Recht  bei  den  Rumänen:  Ueber  die  in  den  Jahren  1816 
bis  1818  teils  in  rumänischer,  teils  in  griechischer  Sprache  publizierten  Gesetzbücher  der 
Walachei  handelt  K.  E.  ZachariaevonLingenthal,  Geschichte  des  griechisch-römischen 
Rechts  »  (1892)  S.  XVI— XX  (Vorrede  zur  zweiten  Auflage).  —  Nie.  Blaremberg,  Essai 
compare  sur  les  institutions,  les  lois  et  les  moeurs  de  la  Roumanie  depuis  les  temps  les 
plus  recul^s  jusqu'ä  nos  jours,  Bukarest  1886  (mir  unzugänglich).  —  J.  Ladislav  Pi£, 
Les  lois  Roumaines  et  leur  connexit^  avec  le  droit  Byzantin  et  Slave,  Bukarest  1887.  YgL 
die  Besprechung  von  Kon  st.  Grot,  Joum.  Min.  1887  Bd  254  Nov.  S.  111—122. 

6.  Durch  Vermittelung  der  italischen  Griechen  wirkte  das  byzantinische  Recht  anch 
auf  die  normannische  und  italische  Gesetzgebung:  F.  Brandileone,  Frammenti 
di  legislazione  normanna  e  di  giurisprudenza  bizantina  neir  Italia  meridionale,  Atti  delb 
R.  Accademia  dei  Lincei,  Serie  quarta,  vol.  2,  Primo  Semestre  (1886)  260—284.  —  F. 
Brandileone,  II  diritto  bizantino  nell'  Italia  meridionale  dal  8.  al  12.  secolo,  Bologna 
1886.  —  V.  La  Mantia,  Cenni  storici  su  li  fonti  del  diritto  greco-romano  e  le  assise 
e  leggi  dei  re  di  Sicilia,  Rom  1887.  —  F.  Schupf  er,  Romano  Lacapeno  e  Federico  II  a 
proposito  della  nQou/urjavgf  Atti  della  R.  Accademia  dei  Lincei,  Anno  287  (1890)  Serie 
quarta.  Classe  di  scienze  morali,  storiche  e  filologiche.  Vol.  8,  parte  1*.  Memorie  (Roma 
1891)  249-279  (handelt  über  die  wahrscheinlich  i.  J.  922  veröffentlichte  Novelle  U«^ 
n^oufÄtjaewg  des  Romanos,   welche  in  der  Friedrich  II  zugeschriebenen  Lex  über  das  ras 


7.  FachwissenBchaften     Medisin.    (§  259)  613 

protimeseos  fast  wörtlich  wiederholt  worden  ist).  —  Das  griechische  Gesetzhuch  Friedrichs  II, 
das  z.  B.  die  Codd.  Paris.  1392  und  3370  aufbewahren,  ist  mit  dem  lateinischen  Texte 
ediert  in  dem  Buche :  Constitutiones  regum  regni  utriusque  Siciliae  mandante  Friderico  II 
Imperatore,  per  Petrum  de  Vinea  Capuanum  praetorio  praefectnm  et  cancellarium  concin- 
natae  etc.,  Neapel  1786.  —  Den  lateinischen  Text  allein  ed.  J.-L.-A.  Huillard-Br^hoUes, 
liistoria  diplomatica  Friderici  Secundi,  Tomus  IV  pars  1,  Paris  1854.  —  K.  E.  Zachariae 
von  Lingenthal,  11  diritto  Romano  nella  bassa  Italia  e  la  scuolo  giuridica  di  Bologna, 
Rendiconti  del  R.  Istituto  Lombarde  Serie  II  t.  18  (1885j  fasc.  18  S.  1—6.  —  Perla, 
Del  diritto  Romano  nelle  provincie  meridionali  d'ltalia  prima  delle  assise  Normanne  1885 
(mir  unzugänglich).  —  Vgl.  die  Bemerkungen  von  0.  Hartwig,  Centralbl.  f.  Bibliotheks- 
wesen 3  (1886)  166  Anm.  —  Vgl.  Herm.  Fitting,  Die  Rechtsschule  zu  Bologna,  Berlin 
und  Leipzig  1888  (bes.  über  die  Geschichte  der  juristischen  Studien  im  Abendlande  vor 
dem  Auftreten  der  Bologneser  Schule).  ~  Einige  Spezialfragen  behandelt  Alb.  de  Gasparis, 
Teoretro  ed  Ipobolo  (d.  h.  ^BtoQrjxQov  und  vnofiohiv).  Considerazioui  sopra  due  frammenti 
contenuti  nel  codice  Vaticano  845,  Studi  e  documenti  di  storia  e  diritto  7  (1886)  245 — 270. 
—  Daran  schliesst  sich  F.  Brandileone,  Nuovi  studi  sul  diritto  bizantino  neir  Italia  meri- 
dionale,  Studi  e  documenti  di  storia  e  diritto  8  (1887)  65—90. 

7.  Byzantinisches  Recht  bei  den  Georgiern:  Eine  Sammlung  byzantinischer 
Gesetze  aus  der  Zeit  Leons  des  Philosophen  und  seiner  Söhne  Alexander  und  Konstantin 
wurde  in  den  georgischen  Codex  Wakhtangs  VI  aufgenommen.  Derselbe  besteht 
aus  drei  Teilen:  der  erste  enthält  eine  Auswahl  der  mosaischen  Gesetze,  der  zweite  die 
griechische  Sammlung,  der  dritte  das  armenische  Rechtsbuch  des  Mekhitar  Go§.  Vgl.  M. 
Brosset,  Joum.  As.  3  (1829)  177  ff.  —  M.  Brosset,  Notice  sur  un  Nomocanon  Georgien, 
M Klanges  Asiatiques  7,  113  ff.  Der  Kanon,  über  den  Brosset  hier  handelt,  soll  vom  hl. 
Euthymios  aus  dem  Griechischen  übersetzt  worden  sein.  —  üeber  Wakhtang  vgl.  M. 
Brosset,  Notice  sur  les  trois  demi^res  annöes  du  r^gne  de  Wakhtang  VI  et  sur  son 
arrivc^e  en  Russie,  Bulletin  de  la  classe  des  sciences  historiques,  philologiques  et  politiques 
de  TAcadömie  Imp.  de  St.-P^tersbourg  3  (1846)  321  ff.,  353  ff. 

8.  Lateinische  Wörter  in  den  griechischen  Rechtsbüchern:  Die  lateini- 
schen technischen  Ausdrücke  des  römischen  Rechts  wurden  auch  in  den  griechischen 
Uebersetzungen  und  Bearbeitungen  grösstenteils  beibehalten  und  konnten  selbst  in  den 
Novellen  nicht  ganz  gemisst  werden.  Hiedurch  erwuchsen  für  die  griechischen  Teile  des 
Reiches,  in  denen  die  Kenntnis  des  Lateinischen  nach  dem  6.  Jahrhundert  bald  auf  ein 
ganz  geringes  Mass  herabsank,  vielfache  Schwierigkeiten;  falsche  und  schiefe  Deutungen 
waren  unvermeidlich.  Zur  Abhilfe  wurden  Vokabulare  der  lateinischen  Rechts- 
ausdrücke abgefasst.  Wir  besitzen  solche  juridische  Glossen  in  zahlreichen  Hss ;  zu  einer 
Untersuchung  ihrer  Geschichte  und  Genealogie  ist  noch  nichts  geschehen.  Eine  aus  mehreren 
Hss  kombinierte  Sammlung  solcher  Glossen  ed.  Gar.  Labbaeus,  Cyrilli,  Philoxeni  alio- 
nunque  veterum  glossaria,  Paris  1679  (im  Anhang).  —  Ueber  die  lateinischen  Elemente 
bei  Theophilos  Antecessor  und  in  den  Novellen  vgl.  J.  Psichari  und  C.  Triantaphyl- 
lides  in:  titudes  de  philologie  n^o-grecque  publikes  par  Jean  Psichari,  Paris  1892  (=  BibL 
de  TEcole  des  Hautes  Etudes,  92«  fascicule)  S.  159—277.  —  E.  Kalu4niacki,  Ad^Big 
Aariyixai  in  einer  älteren  bulgarisch-slovenischen  Uebersetzung,  Arch.  slav.  Phil.  14  (1892) 
84 — 88  (aus  einem  Lemberger  Codex  des  Syntagma  des  Matthaeos  Blastares). 

9.  Zur  Bibliographie:  Weitere  Speziallitteratur,  die  hier  nicht  vollständig  auf- 
geführt werden  konnte,  findet  man  in  den  oben  genannten  Werken  über  die  Geschichte 
des  römisch-griechischen  Rechts  von  W.  E.  Heimbach,  K.  E.  Zachariae  vonLingen- 
thal  und  P.  Krüger.  Ausserdem  vgl.:  Aug.  Engelmann,  Üeber  die  gelehrte  Bearbei- 
tung des  griechisch-römischen  Rechts  mit  einer  Uebersicht  der  neuesten  Litteratur.  Ver- 
such einer  Einführung  in  das  Studium  der  byzantinischen  Rechtsgeschichte.  Petersburg 
1857  (russ.).  -  Ein  vollständiges  Verzeichnis  der  Arbeiten  von  K.  E.  Zachariae  von 
Lingenthal  gab  W.  Fischer,  Zeitschrift  der  Savigny-Stiftung  für  Rechtsgeschichte, 
Rom.  Abteil  16  (1895)  320-  330. 

259.  Medizin.  Die  Hauptquelle  der  Erkenntnis  blieben  in  der  Medizin 
des  byzantinischen  Zeitalters  wie  in  anderen  Wissenschaften  die  Schriften 
der  alten  Meister,  besonders  des  Hippokrates  und  Galenos,  die  teils  voll- 
ständig, teils  in  Auszügen  und  Bearbeitungen  fortgepflanzt  wurden.  Auch 
auf  diesem  Gebiete,  das  doch  mehr  als  andere  im  engsten  Zusammenhange 
mit  dem  Leben  stand  und  aus  stets  erneuten  Beobachtungen  hätte  Ge- 
winn ziehen  können,  äusserte  die  blindgläubige  Verehrung  der  Alten  ihre 
verderbliche  Wirkung  auf  die  Entwickelung  einer  originellen  forschenden 


614  BysaniiniBohe  Litteratiirgesohichte.    I.  ProMdsohe  Litteratu. 

und  darstellenden  Thätigkeit.  Um  die  Mitte  des  4.  Jahrhunderts  veran- 
staltete Oribasios  {'OQtßdmog)  einen  paraphrastischen  Auszug  aus  den 
älteren  medizinischen  Werken  und  legte  dadurch  den  Grund  zu  jener  kom- 
pilatorischen  und  exzerpierenden  Thätigkeit,  die  in  der  Folgezeit  das 
wesentliche  Kennzeichen  der  litterarischen  Produktion  in  der  Heilwissen- 
schaft bildet.  Um  die  Mitte  des  6.  Jahrhunderts  hat  Aätios  {'Aänog)  ans 
Amida  in  Mesopotamien,  der  in  Alexandria  studierte  und  später  kaisei^ 
lieber  Leibarzt  in  Eonstantinopel  wurde,  ähnlich  wie  Oribasios  in  eklek- 
tischer Weise  die  medizinischen  Werke  der  Alten,  besonders  des  Galen, 
nicht  ohne  eigene  Zuthaten  in  einem  uns  erhaltenen  Handbuche  Tereinigi 
In  derselben  Zeit  verfasste  Alexander  von  Tralles  (525 — 605  n.  Chr.) 
eine  zusammenfassende  Darstellung  der  Pathologie  in  zwölf  Büchern,  die 
sich  durch  eine  recht  erfreuliche  Selbständigkeit  des  Urteils  den  Lehren 
der  Alten  gegenüber  auszeichnet.  Zu  diesen  drei  grossen  Sammelwerken 
kommt  im  7.  Jahrhundert  das  medizinische  Handbuch  des  Paulos  von 
Aegina,  das  in  der  Hauptsache  auf  Oribasios  beruht,  aber  auch  sehr 
beachtenswerte  neue  Gedanken,  besonders  auf  dem  Gebiete  der  Chirurgie 
enthält.  Das  Werk  des  Paulos  wurde  schon  früh  ins  Arabische  und 
aus  dem  Arabischen  ins  Lateinische  übersetzt.  Um  dieselbe  Zeit  kom- 
pilierte Theophilos,  Protospathar  unter  Kaiser  Heraklios,  ein  Werk  über 
den  Körperbau  des  Menschen  {IleQi  Trjg  tov  avd-Qtanov  xaxacuBvrfi)  und 
eine  Schrift  über  das  Fieber;  weniger  gesichert  sind  zwei  ihm  zugeteilte 
Schriften  über  den  Urin  und  den  Puls.  Ein  Schüler  des  Theophilos  war 
Stephanos  aus  Athen,  der  Kommentare  zu  Hippokrates  und  Galen,  eine 
Schrift  über  die  Wirkung  der  Arzneimittel  u.  a.  schrieb.  Im  7.  Jahr- 
hundert verfasste  ein  Johannes  von  Alexandria,  der  von  Johannes  Philo- 
ponos  zu  unterscheiden  ist,  Kommentare  zu  Hippokrates  und  Galen;  er  genoss 
in  der  Folgezeit  hohes  Ansehen  bei  den  Arabern.  Auch  Stephanos  von 
Alexandria,  der  wohl  mit  dem  Mathematiker  Stephanos  von  Alexandi-ia 
(s.  S.  621)  identisch  ist,  kommentierte  den  Hippokrates  und  Galen. 

In  den  nun  folgenden  dunkeln  Jahrhunderten  herrschte  in  der  Medizin 
wie  in  den  übrigen  Profanwissenschaften  fast  vollständige  Unfruchtbarkeit 
Unter  Kaiser  Theophilos  verfasste  der  latrosophist  Leon  eine  Svvop; 
IttXQixrj,  Vielleicht  gehört  in  diese  Zeit  auch  der  Mönch  Meletios,  von 
dem  Schriften  über  den  Körperbau  des  Menschen,  über  die  Seele  und  die 
vier  Elemente  erhalten  sind.  Ein  regeres  Leben  beginnt  mit  dem  10.  Jahr- 
hundert. Zuerst  hat  Kaiser  Konstantin  Porphyr ogennetos  wenigstens 
zur  Erhaltung  der  alten  heilwissenschaftlichen  Litteratur  beigetragen,  in- 
dem er  durch  Theophanes  Nonnos  eine  medizinische  Enzyklopädie  zn- 
sammenstellen  Hess,  die  vornehmlich  auf  Oribasios  beruht.  Vielleicht  ent- 
stand in  derselben  Zeit  auch  ein  Handbuch  der  Tierarzneikunde.  Vgl. 
S.  203  f.  Bald  darauf  machten  sich  arabische  Einflüsse  in  der  griechi- 
schen Heilwissenschaft  geltend.  Gegen  das  Ende  des  10.  oder  im  Anfange 
des  folgenden  Jahrhunderts  entstand  das  in  vielen  Handschriften  über- 
lieferte Werk  ^E(p6dia  tov  anodrjiiovvxoq^  das  aus  einem  nicht  viel  älteren 
Buche  des  Abu  Djafar  Achmed  ben  Ibrahim  übertragen  ist  Als  Über- 
setzer wird  gewöhnlich  ein  Protosekretarios  Konstantinos  aus  Rhegion, 


7.  FachwisBexiBchaften.    Medisin.    (§  259)  615 

zuweilen  ein  gewisser  Synesios  genannt.  Das  arabische  Original  selbst 
fusst  auf  griechischen  Theorien,  besonders  denen  des  Galen,  ist  aber  in 
der  Kurmethode  echt  arabisch.  Im  11.  Jahrhundert  hat  der  Protovestarch 
und  Magister  Symeon  Seth  {Svfjieoiv  2i]&),  der  durch  seine  Übersetzung 
des  arabischen  Fürstenspiegels  (Kaliiah  va  Dimnah)  als  tüchtiger  Orien- 
talist bekannt  ist,  ein  Schriftchen  über  die  Wirkungen  der  Nahrungs- 
mittel {UsqI  xQO(f(ov  dvvccfiewv)  verfasst.  Er  verzeichnet  hier  die  medi- 
zinischen und  diätetischen  Kräfte  der  Pflanzen,  Früchte  u.  s.  w.  nach  Galen 
und  berichtet  über  einzelne  neue,  aus  dem  Orient  eingeführte  Mittel. 
Ausserdem  gehen  unter  dem  Namen  des  Seth  einige  andere  naturwissen- 
schaftliche Schriften  wie  eine  2vroipig  tdv  (pv(nx(oVj  eine  2vvo\f)ig  nefi 
ovQtov,  eine  Schrift  IliQi  XQsiag  rwr  oiqavlfav  (Tcojuarcov  u.  s.  w.  Doch  be- 
dürfen diese  Sachen  noch  strenger  Sichtung.  Wohl  etwas  älter  als  das 
Buch  des  Seth  über  die  Wirkungen  der  Nahrungsmittel  ist  eine  zweite 
demselben  Gegenstande  gewidmete  Schrift,  die  unter  dem  Namen  des 
Michael  Psellos  überliefert  ist. 

Demetrios  Pepagomenos  {Jrj/aiJTQiog  c  neTtayfofiävog)  verfasste  im 
Auftrage  des  Kaisers  Michael  Vin  Palaeologos  ein  recht  verständiges  Buch 
über  die  Podagra.  Um  dieselbe  Zeit  (Ende  des  13.  Jahrhunderts)  schrieb 
der  Aktuarios  Nikolaos  mit  dem  Beinamen  Myrepsos  {fivQ€ip6g  d.  h. 
Salbenkoch)  eine  grosse  48  Kapitel  umfassende  Sanmilung  von  Rezepten. 
Auch  bei  ihm  zeigt  sich  der  arabische  Einfluss  z.  B.  in  der  Benennung 
der  Arzneimittel.  Das  Buch  des  Nikolaos  übte  grossen  Einfluss  auf  die 
abendländische  Medizin  und  behauptete  sich  bis  zum  17.  Jahrhundert  als 
anerkannter  Codex  pharmaceuticus  der  medizinischen  Fakultät  von  Paris. 

Unter  Kaiser  Andronikos  III  (1328 — 1341)  schrieb  Johannes,  des 
Zacharias  Sohn,  gewöhnlich  Aktuarios  {dxrovdgiog  d.  h.  Hofarzt)  genannt, 
ein  recht  gutes  Handbuch  der  Medizin,  in  dem  er  das  System  des  Galen 
wiedergibt,  aber  auch  auf  die  Lehren  der  späteren  griechischen  und 
arabischen  Ärzte  Rücksicht  ninmit  und  sogar  selbständige  Beobachtungen 
verzeichnet.  Das  Buch  ist  dem  aus  dem  Geschichtswerke  des  Kanta- 
kuzenos  bekannten  Apokaukos,  der  später  Grossherzog  wurde  (T^'J/rapa- 
MOi/Äfa/Xivo}  T(p  'Ajzoxavxci)  t^y  xai  vcteqov  xqriiicniaavti  iiBydX<f  dovxi),  ge- 
widmet. Ganz  auf  Galen  beruht  des  Johannes  Schrift  UeQl  ivegyemv  xai 
Tiadwv  xov  xpvxixov  Ttvsvfiaxog  xai  zJjg  xar'  avto  diairr^g.  Durch  grosse 
Ausführlichkeit  ist  seine  Schrift  über  den  Urin  {Jlsgi  ovqcov)  ausgezeichnet. 

Georgios  Choniates  {rewQY^og  6  Xcoviarr^g),  von  dessen  Person  und 
Zeit  mir  nichts  bekannt  ist,  übersetzte  ein  persisches  Werk  über  Gegen- 
gifte ins  Griechische:  ^Avzidoroi  ix  IleQaiag  xo/itat^ehai  xai  e^ellr^vKT&etaai 
TiaQa  Tov  XwviaTov  tov  FswQyiov,  Die  Übersetzung  steht  z.  B.  im  Cod. 
Escur.  T.  n.  14  s.  16.  Ebendort  die  Schrift  eines  Isaak  Taxeotes  über 
den  Urin  ^cadx  Svfov  tov   Ta^ecoTov  71€qI  ovqcov). 

Neben  dieser  zwar  wenig  selbständigen,  aber  doch  von  der  alten 
medizinischen  Wissenschaft  befruchteten  Litteratur  entstanden  im  Mittel- 
alter verschiedene  populäre  Heil-  und  Arzneibücher,  die  sogenannten  latro- 
sophien  {laxQocwfia)^  Rezeptensammlungen  u.  s.  w.  Meist  ist  hier  ein 
verdünnter  und  getrübter  Aufguss  alter  Lehren  mit  allerlei  abergläubischen 


616  Byzantiniflche  litteratargescbiohte.    I.  ProaaiBoha  litteratar. 

Ingredienzien,  Sympathiemitteln,  Beschwörungsformeln  u.  s.  w.  untermischL 
Eine  Sichtung  dieser  krausen  Litteratur,  die  zum  Teil  kultur-  und  sprach- 
geschichtlich recht  interessant  ist,  und  eine  zusammenhängende  Darstel- 
lung ihrer  Eigentümlichkeiten  ist  zur  Zeit  nicht  möglich,  da  die  meisten 
Stücke  noch  unveröflfentlicht  im  Staube  der  Bibliotheken  ruhen.  Der 
stärkste  Eindruck,  den  man  aus  der  Lektüre  dieser  Büchlein  und  Trskr 
tätchen  empfängt,  ist  der  des  Mitleides  mit  den  Geschlechtem,  deren 
Krankheiten  nach  solchen  Grundsätzen  und  Rezepten  behandelt  wurden. 
Doch  mag  man  zum  Trost  annehmen,  dass  es  neben  den  ungebildeten, 
in  wüstem  Aberglauben  befangenen  Kurpfuschern  immer  wieder  auch  ver- 
ständige und  erfahrene  Praktiker  gab,  die  das  Studium  der  alten  Theorien 
mit  Naturbeobachtung  verbanden  und  durch  ihre  Behandlungsweise  weniger 
tüchtigen  Kollegen  und  Adepten  zum  Vorbild  dienten. 

1.  Ausgaben: 

A.  Sammlungen:  Physici  et  medici  graeci  minores  ed.  Jul.  Ludw.  Ideler,  2toU., 
Berlin  1841 — 42  (reiche  Sammlung  benannter  und  anonymer  Schriften  mediziniBchen  imd 
verwandten  Inhalts  grösstenteils  aus  der  byzantinischen  Zeit).  —  Anecdota  medica  gnwea 
e  codd.  mss  exposuit  F.  Z.  Ermerins,  Lngduni  Batavorum  1840  (mir  anzugänglich).  ~ 
Manches  byzantinische  Gut  enthält  auch  die  grosse  Scholiensammlung :  Apollonii  Citiensii, 
Stephani,  Palladii,  Theophili,  Meletii,  Damascii,  loanniS;  aliorum  scholia  in  üippocratem  §t 
Galenum  ed.  Fr  id.  Reinh.  Dietz,  2  Bde,  Königsberg  1834.  —  Die  übrigen  8ammlimg«a, 
die  z.  B.  bei  W.  Engelmann,  Bibliotheca  scriptorum  classicorum  V  (1880)  61  £.  inf- 
gezählt  sind,  enthalten  fast  nur  Werke  der  vorbyzantinischen  Zeit. 

B.  Spezialausgaben  mit  den  dazu  gehörigen  Einzelschriften  und  Uebersetzongeo: 

1.  lieber  die  Ausgaben  des  Oribasios,  Aetios  und  Alexander  von  Trauet 
vgl.  W.  Christ,  Geschichte  der  griechischen  Litteratur'  S.  717,  und  H.  Haeser,  Lehr- 
buch der  Geschichte  der  Medizin  P  (1875)  458  ff. 

2.  Ein  auch  für  die  Geschichte  der  griechischen  Medizin  interessantes  Denkmal  ist 
die  lateinisch  abgefasste,  dem  Frankenkönig  Theuderich  gewidmete  diätetische  Schrift 
des  griechischen  Arztes  Anthimos.  Ed.  Val.  Rose,  Anecdota  graeca  et  graecolatuia  2 
(Berlin  1870)  41-102. 

3.  Paulos  von  Aegina:  Der  griechische  Text  des  ganzen  Werkes  nur  Venedig 
1528  und  Basel  1538.  —  Das  6.  Buch  griechisch  und  französisch:  Chirorgie  de  Paul 
d'jLigine.  Texte  grec  restitud  etc.  avec  traduction  fran^aise  etc.  par  Ren^  Brian,  Paria 
1855.  —  Ausserdem  mehrere  lateinische  Uebersetzungen  des  ganzen  Werkes  nnd  ein- 
zelner Bücher.  Verzeichnis  derselben  bei  W.  Hoff  mann.  Bibliographisches  Lexikon  der 
gesamten  Litteratur  der  Griechen  2.  Aufl.  3  (1845)  44  ff.,  und  bei  H.  Haeser  a.  a.  0. 
1'  (1875)  465.  —  Eine  englische  Uebersetzung  des  ganzen  Werkes  gab  Fr.  Adams, 
3  voll.,  London  1845—1847.  —  Vgl.  Rud.  Aug.  Vogel,  De  Pauli  Aeginetae  meritis  io 
medicinam  imprimisque  chirurgiam  prolusio  1  et  11,  Göttingen  1768.  —  C.  G.  Kühn,  Progr. 
de  additamentis  quibusdam  quae  in  Cod.  ms  Pauli  Aeginetae  a  Scaligero  reperto  fnerant, 
num  ad  huius  medici  secundam  editionem  ab  ipso  auctore  factam  concludi  poasit,  Leipzig 
1828.  -  Vgl.  E.  H.  F.  Meyer,  Geschichte  der  Botanik  2  (1855)  412—421. 

4.  Theophilos  Protospatharios:  Mehrere  alte  Ausgaben  und  lateinische  Ueber- 
setzungen nennt  W.  Ho  ff  mann.  Bibliographisches  Lexicon  2.  Aufl.  3  (1845)  522.  —  I7cfc 
xaraaxevijg  av&Quinov  dnocnda/aara  und  Usgi  ötaxüiQtjfidrüjy  edd.  A.  Mustoxydes  et.D. 
Schinas,  IvXXoytj  ikXtjyvxwy  dyexdoTtoy^  Heft  3 — 4,  Venedig  1816.  —  Jle^i  ov^y  ed. 
Ideler,  a.  a.  0.  1  (1841)  261-283.  —  JI^^^  dittxoiQtjfjittKoy  ed.  Ideler,  a.  a.  O.  1  (1841) 
397—408.  —  TIcqI  rtjg  tov  ay&Qwnov  xiaaaxevrjs  ßißXia  e\  De  corporis  bunuuii  fabrica 
libri  V.  Ed.  Guil.  Alex.  Greenhill,  Oxford  1842  (mit  lateinischer  Uebersetzung,  Kom- 
mentar und  Index  verborum).  —  Theophili  Protospatharii  et  Stephan!  Atheniensis  de  fe- 
brium  differentia  ed.  Dem.  Sicurus,  Florenz  186^  (mir  unzugänglich).  —  Weitere  Litte- 
ratur bei  H.  Haeser,  a.  a.  0.  1»  (1875)  461  f. 

5.  Stephanos  von  Athen:  Kommentar  zu  Hippokrates  und  Galen  ed.  Fr.  Reinh. 
Dietz,  Apollonii  Citiensis,  Stephani  etc.  Scholia  in  Hippocratem  et  Galenum  1  (1834) 
51  ff.,  2  (1834)  238  ff.  -  Ueber  den  Urin  ed.  Bussemaker,  Revue  de  philoL  1  (1845)  415 
bis  438;  543 — 560.  —  JSretpdyov  (piXoaotpov  i^ijyticig  eig  to  ngoyyoHnixoy  tov  'InnoxQatovg 
ed.  A.  Mai,  Spicilegium  Romanum  V  (1841)  2,  1—160.  —  De  febrium  differentia  ed  Si- 
curus mit  Theophilos  (s.  o.)  —  Ein  Stück  ed.  aus  dem  Cod.  Havn.  225  W.  Stndemnnd, 


7.  FaohwisBensobaften.    Medizin.    (§  259)  617 

in:  Damocratis  poetae  roedici  fragmenta  selecta,  Index  lect.  für  das  Wintersemester  1888 
bis  1889  S.  12-14.  —  Weitere  Litteratur  bei  Haeser,  a.  a.  0.  S.  462. 

6.  Johannes  von  Aiexandria:  V.  Rose,  Ions  Reisebilder  und  loannes  Alexan- 
drinos  der  Arzt,  Hermes  5  (1871)  205—215.  ~  Vgl.  Haeser,  a.  a.  0.  S.  474. 

7.  Die  Schrift  des  Meletios  UeQi  i^g  tov  nyd^Quinov  xaraaxBvrjs  erschien  zuerst 
in  einer  lateinischen  Uebersetzung  von  Nicolaus  Petroius,  Venedig  1553.  —  Den  grie- 
chischen Text  edierte  nach  drei  Oxforder  Hss  J.  A.  Gramer,  An.  Oxon.  3  (1836)  1—157. 
—  Vgl.  L.  Bach  mann,  Quaestio  de  Meletio  Graeco  inedito  eiusque  Latino  interprete  Nie. 
Petreio,  Rostock  1833.  —  üeber  die  Hss  des  Meletios  handelt  Fr.  Ritschi,   De  Meletio 

Shysiologo  brevis  enarratio,  in  Ritschis  Opuscula  philologica  1  (1866)  693-701;  Nachtrag 
.  838- -840.  —  A.  Nauck,  Kritische  Bemerkungen,  Bull,  de  l'Acad^mie  Imp.  des  sciences 
de  St.-P^tersbourg  12  (1868)  517  =  Mölanges  Gröco-Romains  3  S.  60  f.  —  Vgl.  auch 
Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  9,  305  f. 

8.  Die  Litteratur  zu  Theophanes  Nonnos,  den  Hippiatrika  und  Michael 
Paellos  s.  S.  264  und  442.  —  Zu  den  Hippiatrika  vgl.  jetzt  noch  £.  Oder,  De  Hippia- 
trieonun  codice  Cantabrigiensi,  Rhein.  Mus.  51  (1896)  52—69,  und:  Anecdota  Cantabrigiensia, 
Gjmnasialprogr.,  Berlin  1896. 

9.  Abu  Djafar  Cikpo^ia  tov  anodtjfAovyrog):  Gedruckt  ist  nur  das  Buch,  das  über 
die  Fieber  handelt.  Es  ist  griechisch  und  lateinisch  unter  dem  Namen  des  Sjnesios  ediert 
von  StBernard,  Amsterdam  1749.  —  Eine  eingehende  Untersuchung  über  das  arabische 
Original  und  die  griechische  und  lateinische  Uebersetzung  gab  Gh.  Daremberg,  Archives 
des  missions  scientifiques  2  (1851)  490—527  =  Notices  et  extraits  des  manuscrits  m^di- 
caox  etc.,  Paris  1853  S.  63—100.  —  Vgl.  Haeser,  a.  a.  0.  S.  486. 

10.  Symeon  Seth:  Die  Schrift  De  alimentorum  facultatibus  ed.  griechisch  und  la- 
teinisch Gr.  Gyraldus,  Paris  1538.  —  Ed.  mit  lateinischer  Uebersetzung  und  Kommentar 
Mart.  Bogdanus,  Paris  1658.  —  Ed.  Beruh.  Langkavel,  Leipzig  1868.  Doch  ist 
die  Ausgabe  von  Bogdanus  durch  die  von  Langkavel  nicht  überflüssig  gemacht.  —  üvfietSy 
uityiatQov  xat  (piXoaotpov  £r}&  tov  *Jyxtox^(üg  tpiXoaofpixd  xai  latQhxd  ed.*  L.  Ideler, 
Physici  et  medici  graeci  minores  2  (1842)  283—285. 

Hilfsmittel:  G.  Gottlob  Kühn,  Moschi  antiquitates,  Progr.,  Leipzig  1833  (über 
den  Artikel  gioaxog  bei  Symeon  Seth).  —  Zur  Ueberlieferung  vgl.  Gh.  Daremberg, 
Archives  des  missions  scientifiques  2  (1851)  160—162  =  Notices  et  extraits  des  manu- 
scrits fn^dicaux  etc.,  Paris  1853  S.  48—50,  und:  Robert  Fuchs,  Simeon  Seth  und  der 
Cod.  Paris,  graec.  2324  s.  XVI,  Philologus  53  (1894)  449-464.  —  VgL  E.  H.  F.  Meyer. 
Geschichte  der  Botanik  3  (1856)  356—365,  und  H.  Haeser,  a.  a.  0.  S.  478  f.  -  Ueber 
die  Schrift  des  P seilos  über  die  Nahrungsmittel  vgl.  E.  H.  F.  Meyer,  Geschichte  der 
Botanik  3  (1856)  350  f.;  360. 

11.  Niketas  veranstaltete  gegen  das  Ende  des  11.  Jahrhunderts  eine  chirurgische 
Kompilation  aus  Schriften  des  Hippokrates,  Soranos,  Galenos,  Oribasios  u.  a.  Ein  Teil  der 
Sammlung  ist  nach  einer  Florentiner  Hs  griechisch  und  lateinisch  gedruckt:  Graecorum 
Chirurgie]  libri,  Sorani  unus  de  fracturarum  signis,  Oribasii  duo  de  fractis  et  luxatis,  e 
collectione  Nicetae  ab  antiquissimo  et  optimo  codice  Florentino  descripti,  conversi  et  editi 
ab  Ant.  Gocchio,  Florenz  1754. 

12.  Im  11.  oder  12.  Jahrhundert  entstand  ein  alphabetisch  geordnetes  Arzneibuch, 
das  handschriftlich  dem  Dioskorides  und  Stephanos  von  Athen  zugeteilt  ist,  in  Wahrheit 
aber  wohl  einem  gewissen  Stephanos  Magnetes  (Sr^fpavog  6  Mayytjtrjg)  gehört.  Es  ist 
nnr  lateinisch  ediert:  Alphabetum  empiricum  sive  Dioscoridis  et  Stephani  Atheniensis  philo- 
sophonun  et  medicorum  de  remediis  expertis  liber  juxta  alphabeti  ordinem  digestus.  Nunc 
primnm  a  Gasparo  Vuolphio  Tigurino  medico  in  latinam  linguam  conversus  et  in  lucem 
editus,  Tiguri  1581.  —  Vgl.  E.  H.  F.  Meyer,  Geschichte  der  Botanik  3  (1856)365-379. 

13.  Demetrii  Pepagomeni  liber  de  podagra  graece  et  latine  im  10.  Bande  der 
Ausgabe  des  Hippokrates  von  R.  Ghartier,  Paris  1679.  -  Graece  et  latine  ed.  St.  Ber- 
nard, Lugd.  Batav.  1743.  —  G.  G.  Kühn,  Opera  medicorum  graecorum,  Additamentum 
VI,  Leipzig  1826.  —  Ueber  die  erste  Ausgabe  dieses  Buches  vgl.  E.  Legrand,  Bibliogr. 
hell.  1  (1885)  a  GXIX  f.  und  2  (1885)  397  f.  —  Ueber  eine  Schrift  des  Johannes  Ghumnos 
Aber  Podagra  vgl.  S.  482  Anm.  3. 

14.  Nikolaos  Myrepsos:  Zuerst  wurde  eine  von  Nicolaus  Rheginus  im  14.  Jahr- 
hundert verfasste  lateinische  Uebersetzung  zusammengearbeitet  mit  dem  Antidotarium 
des  Arztes  Nicolaus  Praepositus  von  Salemo  und  ediert  von  J.  Agricola  Ammonius, 
Ingolstadt  1541.  —  Eine  getreue  lateinische  Uebersetzung  nach  dem  griechischen  Original 
ntb  erat  Leonh.  Fuchs,  Basel  1549.  —  Die  Uebersetzung  von  Fuchs  ist  wiederholt  von 
H.  Stephanus,  Medicae  artis  principes,  s.  1.  1567;  dann  Fra^kfm-t  1625;  Nürnberg  1658.  — 
Der  noch  unedierte  griechische  Text  steht  z.  B.  in  den  Godd.  Paris.  2149,  2237,  2238, 


618  ByzaniiniBohe  LitteratargeBchiohte.    I.  Prosaisohe  Lüteratur« 

2243,  Bodl.  Barocc.  171,  Atheo.  1478  u.  8.  w.  —  Vgl.  E.  H.  F.  Meyer,   Geschic 
der  Botanik  3  (1856)  382—386. 

15,  Johannes  Aktnarios:  Die  Schrift   TIbqI   iysQyeuoy   xai  na&<o$f   rov  ^p/mr| 
Ttyevfiarog  erschien  zuerst  in  Paris  1557.   —  Ed.  J.  F.  Fischer,  Leipzig  1774.  — 
Schrift  sowie  das  Buch  Uegl  ovgtüy  und  die  ersten  zwei  Bücher  der  Mi&odog  (unter  dcal 
Titel  nsQt  diayyuiaeütg)  ed.  L.  Ideler,  Physici  et  medici  graeci  minores  1  (1S41)  312—386; 

2  (1842)  3—192;  353—463.   —  Zahlreiche  lateinische  Uebersetzungen  und   Erl&uteniBSi. 
Schriften  s.  bei  S.  F.  W.  Hoff  mann.  Bibliographisches  Lexicon  2.  Aufl.  2  (1889)  S96fi,| 
und  H.  Haeser,  a.  a.  0.  S.  483. 

16.  Einen  anonymen  medizinischen  Traktat  nebst  einer  Kollation  zum  Kanon  dii{ 
Maximos  Planudes  über  den  Urin  (s.  u.)  ed.  Robert  Fuchs,  Anecdota  medica  Graeca, 
Mus.  49(1894)  532—558 ;  50  (1895)  576— 599.  —  Eines  gewissen  Magistrianos  (Maym^ua^] 
Doppelrecept  gegen  den  Aussatz  steht  im  Cod.  Vindob.  med.  gr.  45  fol.  74^.  — Hygi»>] 
nische  Vorschriften  für  die  einzelnen  Monate  sind  in  vielen  Hss  überliefert.  Einen  soldbttj 
Text  (IleQi  xtäv  daidexa  f^rjyoiiy  rov  ivutvtov  onoiais  det  /^^a^at  rQog)ats  iyl  ixäirnp  avfmri 
xal  dno  noitoy  anix^a^ai)  ed.  Fr.  Boissonade,  An.  gr.  3  (1831)  409—421. 

2.  Hilfsmittel: 

A.  Allgemeine  Werke:  J.  Freind,  Histoire  de  la  m^decine  depuis  Gallen  jns- 
quau  comencement  du  seizidme  siecle.  Premiere  partie  contenant  les  auteurs  grec8.j 
Leiden  1727.  —  Kurt  Sprengel,  Versuch  einer  pragmatischen  Geschichte  der  Arznei- 
künde  2  (Halle  1793)  170—248.  Von  diesem  Werke,  in  dem  vornehmlich  die  litterariadie ' 
Seite  berücksichtigt  ist,  erschien  eine  zweite  Auflage,  Halle  1801;  eine  dritte,  Halle  1821 
bis  26;  endlich  eine  nicht  zum  Abschluss  gebrachte  vierte,  mit  Berichtigungen  nnd  Zu- 
sätzen versehen  von  J.  Rosenbaum,  1.  Bd:  Geschichte  der  Medizin  im  Altertum,  I.Abi, 
Leipzig  1846.  —  Just.  Fr.  C.  Hecker,  Geschichte  der  Heilkunde,  2  Bde,  Berlin  1822—1829. 

—  Emil  Isensee,  Die  Geschichte  der  Medizin  und  ihrer  Hilfswissenschaften,  2  Teile, 
Berlin  1840-1844.  -  C.  A.  Wunderlich,  Geschichte  der  Medizin,  Stuttgart  1859  (sim- 
marische Darstellung).  —  Ch.  Daremberg,  Histoire  des  sciences  m^dicales,  Paris  1870.  — 
Dunglison,  History  of  medicine  from  the  earliest  ages  to  the  commencement  of  Um 
19.  Century  arranged  and  edited  by  Richard  D.,  Philadelphia  1872  (mir  unzugänglich).  — 
Die  innere  Geschichte  der  Medizin  berücksichtigt  vornehmlich  das  ausgezeichnete  Werk  von 
Heinrich  Haeser,  Lehrbuch  der  Geschichte  der  Medizin  und  der  epidemischen  Krank- 
heiten, Dritte  Bearbeitung,  3  Bände,  Jena  1875— 1881.  —  Speziell  den  hyzantinisch^  Zeit- 
raum betrifft  das  Buch  von  A.  Gor  Heu,  Les  mödecins  grecs  depuis  la  mort  de  GalioD 
jusqu'ä  la  chute  de  l'Empire  d'Orient  (210—1453),  Paris  1885.  —  Puschmann,  Ge- 
schichte des  medizinischen  Unterrichts  von  den  ältesten  Zeiten  bis  zur  Gegenwart, 
Leipzig  1889.  Englische  Uebersetzung  (A  history  of  medical  education  u.  s.  w.)  von  £. 
M.  Hare,  London  1891. 

Eine  Aufzählung  alter  und  byzantinischer  Aerzte  gab  Fabricius,  Bibl.  gr.  13,  17 
bis  456.  Nachträge  dazu  von  G.  G.  Kühn,  Additamenta  ad  elenchum  medicomm  vete- 
rum  etc.,  30  Specimina,  Leipzig  1826—1837.  —  Ausserdem  dienen  zur  Orientiemng  über 
die  Bibliographie  und  Biographie  der  Mediziner  vornehmlich  zwei  Werke:  Ludwig  Chou- 
laut,  Handbuch  der  Bücherkunde  für  die  ältere  Medizin,  2.  Aufl.,  Leipzig  1841  (S.  131—158 
über  die  byzantinischen  Mediziner).  —  August  Hirsch,  Biographisches  Lexikon  der 
hervorragenden  Aerzte  aller  Zeiten  und  Völker,  6  Bde,  Wien  und  Leipzig  1884—1888. 

B.  Spezialschriften:  Edward  W.  Jenks,  Die  Gynäkologie  des  Altertums. 
Deutsch  bearbeitet  von  L.  Kleinwächter,  Deutsches  Archiv  für  Geschichte  der  Medicin 
und  medicinische  Geographie  6  (1883)  41—55;  251—268.  —  Die  Schriften  über  Arznei- 
kunde bespricht  eingehend  E.  H.  F.  Meyer,   Geschichte  der  Botanik  2  (1855)  370—421; 

3  (1856)  338-390. 

C.  Zur  üeberlieferung:  Gh.  Daremberg,  Notices  et  extraits  des  manuscrits 
mödicaux  grecs  et  latins  des  principales  biblioth^ques  d'Angleterre,  Archives  des  missions 
scientifiques  2  (1851)  113-168;  409-434;  470  f.;  484-548;  3(1852-1854)1—76.  Diew 
Abhandlungen,  die  auch  manche  Inedita  enthalten,  sind,  mit  verschiedenen  Zusätzen  nnd 
Verbesserungen  und  zwei  Indices  ausgestattet,  auch  als  selbständiges  Buch  erschienen: 
Gh.  Daremberg,  Notices  et  extraits  des  manuscrits  mädicaux  grecs,  latins  et  fran^s 
des  principales  biblioth^ques  d'Europe.  F^  partie.  Manuscrits  grecs  d'Angleterre.  Paris 
1853.    Die  angekündigte  Fortsetzung  des  Berichtes  ist  meines  Wissens  nicht  erschienen. 

—  Nach  Daremberg  hat  für  die  Kenntnis  unedierter  medizinischer  Schriften  und  für  die 
Aufhellung  der  handschriftlichen  Üeberlieferung  edierter  Werke  das  meiste  der  griechische 
Arzt  G.  A.  Kostomiris  gethan.  Für  alles  hier  nicht  aufgeführte  Detail  muss  auf  seine 
gehaltreichen  Abhandlungen  verwiesen  werden:  G.  A.  Gostomiris,  Etndes  sur  les  öcrits 
in^dits  des  anciens  m^decins  grecs,  Rev.  des  ^t.  gr.  2  (1889)  343-383;  3  (1890)  145—179; 

4  (1891)  97-110;  5  (1892)  61-72. 


7.  FaohwiBBenBcliaften«    Medisin.    (§  259)  619 

» 

3.  Medizinische  Lehrgedichte  waren  seit  alter  Zeit  beliebt.  Allerlei  physio- 
logische nnd  medizinische  Gedichte  antiker  Verfasser,  auch  anonyme  latrika  ed.  Büsse- 
maker  in  der  Sammlung  der  »Poetae  bucolici  et  didactici',  Paris,  Didot  1862  S.  71  ff.  — 
Ueber  ein  medizinisches  Poem  des  Psellos  vgl.  S.  436.  —  Nachmals  wurden  medizinische 
wie  andere  lehrhafte  Stoffe  in  die  Form  von  Kirchenliedern  gebracht.  £in  kirchlicher 
Kanon  über  den  Urin  ist  unter  den  Namen  des  Nikephoros  Blemmydes,  Maximos 
Plann  des  u.  a.,  ein  Kanon  über  den  Aderlass  unter  dem  Namen  des  Blemmydes  über- 
liefert. Ein  diätetisches  Lehrgedicht  unter  dem  Titel:  'j4axXrjniadtüy  vyieiyd  nagayyiXfAaxa^ 
das  Lehrgedicht  des  Psellos,  einige  naturwissenschaftliche  Gedichte  des  Manuel  Philes, 
Verse  über  die  in  jedem  der  zwölf  Monate  zu  beachtende  Diät,  den  Kanon  des  Maxi- 
mos Planudes  über  den  Urin  u.  a.  ed.  L.  I de  1er,  Physici  et  medici  graeci  minores, 
2  Bde,  Berlin  1841—1842.  —  Vgl.  Haeser,  a.  a.  0.  S.  485.  —  Ein  von  dem  Grafen 
Oeorg  Sanguinatius  dem  Papste  Nicolaus  V  gewidmetes,  in  politischen  Versen  ab- 
gefasstes  Gedicht  über  die  Körperteile  des  Menschen  (Ovofitt^itth  xiav  fueXtUy  lov  ay^quinov) 
ed.  Ch.  Daremberg,  Archives  des  missions  scientifiques  3  (1852 — 1854)  1 — 16;  wieder- 
holt in  dem  oben  zitierten  Buche:  Notices  et  extraits  des  mss  mädicaux  S.  121 — 136.  — 
Byzantinische  Lehrgedichte  medizinischen  Inhalts  ed.  J.  Gedeon,  ^HfxeQoXoyioy  *JyaroX^s 
vom  Jahre  1879,  Kpel  1878  S.  391—401  (mir  unzugänglich). 

4.  Vnlgärgriechische  Bearbeitungen  und  Auszüge  der  medizinischen  Werke 
wurden  mit  dem  Sinken  der  nationalen  Bildung  und  mit  der  Erweiterung  der  Kluft  zwischen 
Schrift  nnd  Volkssprache  unentbehrlich.  Der  Hauptwert  dieser  Paraphrasen  in  eine  ein- 
fachere, dem  Volksidiom  mehr  oder  weniger  nahe  stehende  Sprache  besteht  in  dem  sprach- 
geschichtlichen,  besonders  lexikalischen  Material,  das  sie  enthalten,  und  das  eine  oder 
andere  Exemplar  verdiente  aus  diesem  Grunde  wohl  veröffentlicht  zu  werden.  Wer  einen 
Begriff  von  der  Menge  und  Beschaffenheit  dieser  Bücher  bekommen  will,  braucht  nur  die 
medizinische  Abteilung  der  griechischen  Hss  in  der  Pariser  oder  Wiener  Bibliothek  durch- 
zumustern. Ein  solches  'lajQoaotptov  xo^vov  steht  z.  B.  im  Cod.  Vindob.  med.  gr.  48 
(Nessel)  fol.  1—82.  Einen  volksgriechischen  Auszug  aus  Meletios  bewahrt  der  Cod.  Vindob. 
med.  gr.  53  (Nessel)  fol.  129 — 189,  ein  'latQoaoq^iy  (!)  aus  Hippokrates,  Galen  u.  a.  der 
Cod.  Panorm.  XlII.  G.  3,  ein  ganz  vulgäres  Arzneibuch  der  Cod.  Bonon.  Univ.  3634 
(Inc.  "Oray  l/e»  ro  avrl  axaiXrjxag  fjiiaa)  u.  s.  w. 

5.  Hausarzneibücher,  Rezeptensammlungen,  Sympathiemittel, Beschwö- 
rungsformeln, Amulette  u.  s.  w.  Von  den  volksmässigen  Bearbeitungen  und  Auszügen 
der  alten  medizinischen  Werke  ist  nur  ein  kleiner  Schritt  zu  den  völlig  freien,  mit  allerlei 
fremden,  besonders  abergläubischen  Bestandteilen  untermischten  Kompilationen,  die  als 
Hausarzneibücher  und  als  Hilfsmittel  unwissender  Kurpfuscher  dienten.  Dem  Litterar- 
historiker  bereiten  diese  Machwerke  viel  Aergemis,  weil  man  sie  häufig  zur  Empfehlung 
berühmten  Namen  untergeschoben  hat.  So  findet  man  im  Cod.  Vindob.  mea.  gr.  45 
(Nessel)  fol.  85 — 74  eine  elende  Rezeptensammlung  unter  dem  Namen  des  Blemmydes 
(Inc.  Hqü^  noyoy  ijfAtxQayiov.  Kondyiaoy  V't/ftc  ägrov).  Im  Cod.  Panorm.  XlII.  C.  3 
fol.  290 ff.  ist  eine  Schrift  über  Arzneimittel,  in  den  Codd.  Bodl.  Land.  59  und  Paris. 
2239  ein  Traktat  über  Abführmittel  dem  Johannes  von  Damaskos  zugeteilt.  Eine 
grosse  Rollo  spielt  in  dieser  apokryphen  Litteratur  natürlich  auch  der  Name  des  Psellos, 
dem  alle  möglichen  latrika,  Kezeptensammlungen  u.  s.  w.  zugeschrieben  werden  (eine 
Rezeptensammlung  z.  B.  im  Cod.  Panorm.  IV.  H.  8  und  im  Cod.  Bonon.  univ.  3633). 
—  Nähere  Aufschlüsse  über  die  dem  Blemmydes  zugeteilten  medizinischen  Schriften 
(s.  auch  oben  Anm.  3)  gibt  A.  Heisenberg  in  seiner  Ausgabe  des  Blemmydes,  Leipzig  1896 
S.  LXXXV-LXXXIX. 

Mit  den  Hausarzneibüchem  verbindet  sich  die  mannigfaltige  Kleinlitteratur  des  medi- 
zinischen Aberglaubens,  dessen  Wurzeln  vielfach  in  die  orientalisch-griechische  Mystik  des 
späteren  Altertums  zurückreichen.  Die  kabbalistische  und  sonstige  occultistische  Litteratur 
der  byzantinischen  Zeit  ist  noch  wenig  erforscht.  Für  das  Studium  ihrer  Anfänge  empfehlen 
sich  das  treffliche  Buch  von  A.  Dieterich,  Abraxas,  Leipzig  1891,  und  der  gehaltreiche 
Artikel  Aberglaube  von  Riess  in  Paulys  Realenzyklopädie,  neu  herausgeg.  von  Wissowa 
1  (1894)  29-93. 

Eine  Mustersammlung  geheimwissenschaftlicher  Schriften  aus  den  Gebieten  der 
Medizin,  Astrologie  u.  s.  w.  enthalten  z.  B.  die  Codd.  Paris,  gr.  2316  s.  15,  Bonon. 
Univ.  3632  u.  a.  Kabbalistische  und  andere  Beschwörungsformeln  z.  B.  im  Cod.  Vindob. 
theol.  gr.  244  (Nessel)  fol.  210.  —  Medizinische  Beschwörungsformeln  und  Gebete  gegen 
beetimmte  Krankheiten  wurden  mit  Vorliebe  berühmten  Kirchenvätern  zugeschrieben.  Man 
findet  z.  B.  Exorzismen  gegen  Krankheiten,  gegen  den  bösen  Blick,  gegen  unreine  Geister 
und  gegen  Besessenheit  im  Cod.  BodL  Barocc.  8  s.  16  fol.  155-212  unter  den  Namen 
der  Ell.  Kyprianos,  Basilios,  Epiphanios,  Gregor  Thaumaturgos,  Christo- 
phoroB,  Gregor  von  Nazianz,  Johannes  Chrysostomos.  —  Eine  Schlangenbeachwö- 


620  ByzantiniBohe  Litteratargeschiohte.    I.  Prosaische  liiteraiiir. 

rung  und  eine  Rechentafel  zur  Bestimmung  der  Todesstunde  z.  B.  im  Cod.  Vindob.  tlieol 
203  fol.  76  f.  Beschwörungen  von  Insekten,  Krankheiten  u.  s.  w.  im  Cod.  Vindob.  phiL 
gr.  178  (Nessel)  fol.  29^—31^.  —  Allerlei  abergläubische  medizinische  Regeln  in  Ttügk«- 
griechiscber  Sprache  ed.  C.  Bursian,  Fragmentum  medicum  Graecum,  Index  schobm 
der  Universität  Jena  für  den  Winter  1873—1874.  Zur  Kritik  des  Textes  vgl.  A.  Eb«. 
hard,  Bursians  Jahresber.  über  die  Fortachritte  der  class.  Altertumswissenschaft  Bd  l 
(1873)  1311  f. 

Amulette:  Anhängsel  zum  Schutze  gegen  Krankheiten,  bösen  Blick  o.  s.  w.  {^Ua-^ 
trJQitt)  waren  seit  alter  Zeit  beliebt.  Im  christlichen  Zeitalter  tragen  diese  kleinen  Denk* 
mäler  ausser  den  griechischen  Inschriften  meist  Darstellungen  des  Königs  Salomon  ab  d« 
Beschützers  vor  Krankheiten  und  Behexung  und  verschiedener  Tiere  wie  Löwen,  Schlangm» 
Skorpionen.  A.  Sorlin-Dorigny,  Phylactere  Alexandrin  contre  les  ^pistaxis,  Revue  da 
^t.  gr.  4  (1891)  287-296.  —  6.  Schlumberger,  Amulettes  byzantines  anciennes  destinte 
ä  combattre  les  malefices  et  les  maladies,  Revue  des  öt.  gr.  5  (1892)73—93,  und:  Quelqn« 
monuments  byzantins  in^dits,  amulettes,  möreaux  etc.,  B.  Z.  2  (1893)  187 — 191.  BeMi 
Arbeiten  sind  jetzt  wiederholt  in  Schlumbergers  M^langes  d'archöologie  byzantine,  Premien 
sörie,  Paris  1895  S.  117—140;  163-170.  —  Vgl.  M.  Sokolov,  Apokryphes  Material  nr 
Erklärung  der  Amulette,  welche  Katzenpfötchen  (Engelsblümchen)  genannt  werden,  Joon. 
Min.  1889  Bd  263  Juni  S.  339—368.  Dazu  als  Ergänzung  V.  Vasiljevskij,  Ueber  die 
Gillo,  Ebenda  S.  369-371. 

6.  Manches  Interesse  bietet  das  Studium  des  Verhältnisses,  welches  das  Christen- 
tum zur  Heilwissenschaft  einnahm.  Höchst  berühmt  sind  die  zwei  christlichen  AenU 
Kosmas  und  Damianos,  die  wegen  ihrer  Uneigennützigkeit  den  Beinamen  die  ,6eld* 
losen "^  {ol  aydqyvQoi)  erhielten.  Ueber  diese  und  andere  christlichen  Aerzte.  über  de« 
Gebrauch  der  Arzneimittel  und  der  Nahrung  in  altchristlicher  Zeit  handelt  tre£flich  A 
Harnack,  Medizinisches  aus  der  ältesten  Kirchengeschichte,  Leipzig  1892  (=  Texte  und 
Untersuchungen  herausgegeben  von  0.  v.  Gebhardt  und  Ad.  Hamack  Bd  8  Heft  4). 

7.  Eine  erhebliche  Rolle  spielte  in  der  mittelalterlichen  Biologie  die  allegorische 
Deutung.  So  wurden  sowohl  bei  der  Entwickelung  des  Embryo  als  bei  der  Verwesung  gewisee 
Tage  (der  dritte,  neunte  und  vierzigste)  für  besonders  bedeutend  gehalten  und  daraus  auch  die 
Gewohnheit  erklärt,  an  diesen  Tagen  die  Totenfeier  abzuhalten.  Hierauf  bezieht  sich  der 
auf  Johannes  Lydos  Do  mensibus  IV  21  zurückgehende,  in  zahllosen  Hss  und  mehreren 
Rezensionen,  häufig  unter  dem  natürlich  verdorbenen  Namen  des  Philosophen  Splenios 
überliefei-te  Traktat  über  die  Totenfeiertage,  der  IIbqI  yBviaBias  ay^Qianov  xal '69iP 
XQira  xal  eyyata  xal  rsacaQaxoatä  oder  ähnlich  betitelt  ist.  Einen  solchen  Text  ed.  au 
Cod.  Vatic.  12  E.  Rohde,  Acta  societatis  philol.  Lips.  1  (1872)  28.  —  Dann  ed.  einen 
Text  aus  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  607  A  M.  Treu,  Excerpta  anonymi  Bjrzantini,  Progr., 
Ohlau  1880  S.  41.  —  Endlich  ed.  drei  Bearbeitungen  des  Traktates  auf  Grund  zahlreicher 
Hss  K.  Krumbacher,  Studien  zu  den  Legenden  des  hl.  Theodosios,  Sitzungsber.  bayer. 
Ak.  1892  S.  341—355.  —  Vgl.  die  Bemerkungen  von  E.  Rohde,  ^nXijyiog,  Acta  soc. 
nhilol.  Lips.  5  (1875)  303  ff.,  und  R.  Förster,  Jahns  Jahrb.  113  (1876)  215  ff.  —  Zur 
Ueberlieferung:  G.  Vi  teil  i.  De  gcneratione  hominis,  Studi  ital.  di  filologia  classica  2 
(1893)  138. 

8.  Benennungen  des  Arztes:  Schon  Palladios,  der  wahrscheinlich  dem  5.  Jahr- 
hundert angehört  (vgl.  H.  Haeser,  Lehrbuch  der  Geschichte  der  Medizin  T^  456),  trftgt 
den  offenbar  volksmässigen  Titel  iuTQoaofpiatrjg^  der  ursprünglich  wohl  den  Lehrer 
der  Medizin,  später  aber  einen  gelehrten  Ai-zt  überhaupt  bezeichnete  und  sich  bis  in  die 
neuere  Zeit  ernalten  hat.  Eine  andere  Bezeichnung  ist  axrova^to;,  ein  Wort,  das  in 
der  b3*zantinischen  Zeit  den  kaiserlichen  Hofarzt  bezeichnet.  Weniger  schmeichelhaft, 
vielleicht  ursprünglich  spöttisch  gemeint,  ist  der  Beiname  ^v^fi/zoc  d.  h.  Salbenkoch. 
Man  darf  also  diese  Bezeichnungen  nicht,  wie  es  oft  geschehen  ist,  als  Familiennamen 
auffassen ! 

9.  Physiognomik:  An  diesem  der  Medizin  verwandten  Gebiete,  das  in  den  ersten 
Jahrhunderten  der  Kaiserzeit  reichlich  bearbeitet  wurde,  hat  die  bvzantinische  Litteratur 
nur  geringen  Anteil.  Byzantinischen  Ursprungs  ist  vielleicht  der  Traktat,  der  in  einem 
Cod.  Riccardianus  dem  Johannes  Mauropus  zugeteilt  und  unter  diesem  Namen  von 
A.  Mustoxydes,  IvXXoyrj  kXXriv.  (tyexd.  Tetgadioy  /J*,  Venedig  1816,  ediert  worden  ist. 
Jetzt  findet  man  diesen  Traktat  mit  den  alten  physiognomischen  Schriften  in  der  vortreff- 
lichen Ausgabe  von  R.  Förster,  Scriptores  physiognomici  Graeci  et  Latini  (2  voll.,  Jjeipzig, 
Bibl.  Teubner.  1893)  vol.  2  S.  225—232.  Ebenda  S.  233-352  eine  reichhaltige  Sammlung 
von  Stellen  physiognomischen  Inhalts  aus  der  griechischen  und  lateinischen  Litteratur.  — 
Vgl.  H.  Usener,  De  Stephano  Alexandrino,  Bonn  1880  S.  15  f. 

260.  Mathematik  und  Astronomie  (nebst  Astrologie  und  Mantik). 
In  den  Fächern  der  Arithmetik,  Geometrie,  Geodäsie  und  Astronomie  sind 


7.  FaohwiBsenBohafteii.    Mathematik  nnd  Aatronomie.    (§  260)  621 

die  Byzantiner  etwa  ein  halbes  Jahrtausend  lang  fast  völlig  unfruchtbar 
gewesen.  Erst  in  der  Paläologenzeit  begann  teils  durch  den  belehrenden 
JEünfiuss  persischer  und  arabischer  Wissenschaft,  teils  im  Zusammenhange 
mit  dem  allgemeinen  Aufschwung  der  Wissenschaften  und  des  Studiums 
der  Alten  auch  auf  diesem  Gebiete  sich  neues  Leben  zu  regen.  Nach  den 
grossen  Arbeiten  der  Alexandriner  Pappos  (unter  Diokletian),  Diophantos 
(wahrscheinlich  um  die  Mitte  des  4.  Jahrhunderts)  und  Theon  (um  380) 
war  es  zunächst  die  neuplatonische  Schule  zu  Athen,  wo  das  Studium  der 
mathematischen  Wissenschaft  weiter  gepflegt  wurde.  Der  Schulvorstand 
Proklos  (410 — 485)  verfasste  ausser  zahlreichen  philosophischen  Schriften 
auch  Kommentare  zu  Euklid;  Marines  (Ende  des  5.  Jahrh.)  schrieb  eine 
Vorrede  zu  den  Euklidischen  Daten;  Simplikios  (Anfang  des  6.  Jahrh.) 
erklärte  neben  Aristoteles  auch  den  Euklid;  endlich  verfasste  der  Philo- 
soph und  Grammatiker  Johannes  Philoponos  einen  Kommentar  zur 
Arithmetik  des  Nikomachos  aus  Gerasa,  eine  Schrift  über  das  Astrolabon  u.  a. 
Das  6.  Jahrhundert  hat  auch  zwei  Männer  hervorgebracht,  welche  die 
mathematischen  Studien  praktisch  verwerteten,  die  berühmten  Baumeister 
der  Sophienkirche  Isidoros  aus  Milet  und  Anthemios  von  Tralles; 
von  dem  letzteren  haben  wir  Bruchstücke  einer  Schrift  über  die  Her- 
stellung von  Brennspiegeln.  Ein  Schüler  des  Isidoros  war  Eutokios 
{EvToxiog)  von  Askalon,  der  Kommentare  zu  verschiedenen  Schriften  des 
Archimedes  und  zu  den  Kegelschnitten  des  ApoUonios  verfasste,  in  denen 
er  sich  als  fleissigen  Sanmiler  von  weit  ausgedehnter  Belesenheit  zeigt. 
Etwa  in  diese  Zeit  gehört  wohl  auch  Domninos  von  Larissa,  von  dem 
wir  ein  Handbuch  der  Arithmetik  besitzen.  Der  lebendige  Zusammenhang 
der  alten  Schultradition  schliesst  mit  Stephanos  von  Alexandria,  der 
unter  Kaiser  Heraklios  als  Lehrer  und  Schriftsteller  thätig  war.  Er  wird 
in  den  Handschriften  gewöhnlich  als  Philosoph  und  öffentlicher  Professor 
bezeichnet  {ffiXoaoifog^  auch  (Xhyag  tpiXoaoffog  und  oixovfisvixog  oder  xux^oXixcg 
SiddaxaXog)  und  war  also  wie  Choeroboskos,  der  gleichfalls  otxovfisnxog 
iiddaxaXog  heisst,  Professor  an  der  von  Theodosios  H  im  Jahre  425  in 
Konstantinopel  begründeten  Universität.  Er  las  über  Piaton  und  Aristoteles 
und  über  die  Fächer  der  Geometrie,  Arithmetik,  Astronomie  und  Musik. 
Wir  besitzen  von  Stephanos  einen  Kommentar  zu  Aristoteles  IIsQi  iqiiriveiag 
und  eine  astronomische  Schrift:  Jiaad(prj(fig  i^  oixeitov  vnoieiyfidTiüv  tijg 
%mv  nQoxfiQcov  xavovcov  iifodov  tov  Oäcovog,  Später  haben  sich  allerlei 
Apokrypha  an  den  berühmten  Namen  des  Stephanos  geheftet,  wie  eine 
Schrift  über  Alchemie  und  ein  Weissagungsbuch  (AnoreXsiXfjiauxj]  ngay- 
fiareia),  das  Prophezeiungen  über  Mohamed  und  die  Zukunft  des  Islams 
enthält  und  wahrscheinlich  um  das  Jahr  775  abgefasst  worden  ist. 

Vom  7.  bis  zum  13.  Jahrhundert  ist  aus  der  Geschichte  der  mathe- 
matischen Disziplinen  bei  den  Byzantinern  wenig  Erfreuliches  zu  berichten. 
Aus  dem  7.  und  8.  Jahrhundert  stammt  ein  interessanter  Papyrus,  das 
Rechenbuch  von  Achmim,  das  für  die  Kenntnis  der  arithmetischen 
Praxis  der  Griechen  von  Wichtigkeit  ist.  Den  ersten  Anstoss  zur  Neu- 
belebung der  mathematischen  Studien  gab  Leon  mit  dem  Beinamen  o  g»X6^ 
(Tojpog  oder  o  fAa^yfianxog,  der  unter  Kaiser  Theophilos  (829 — 842)  in 


622  ByrantiiiiaolLd  LiüeratargMchiolite.    L  Proaaisoho  Idttaraiiir. 

Kirche   der  vierzig  Märtyrer  öffentliche  Vorträge  hielt,  später  Metropo&tj 
von  Thessalonike,  endlich  Vorstand  der  unter  Kaiser  Michael  m  di 
den  Caesar  Bardas  errichteten  Universität  wurde  und  an  derselben 
Sophie  lehrte.     Er  lebte  noch  unter  Kaiser  Basilios  I  (867 — 886).    Eiai| 
Vorlesung  des  Leon  über  Euklid  scheint  Arethas  (s.  S.  524)  gehört 
haben,   wie  sich  aus  einer  Bemeckung  in  dem  i.  J.  888  für  Arethas  ge-| 
schriebenen  Codex  Bodleianus  des  Euklid  schliessen  lässt. 

Zu   einer   wirklich  fruchtbaren  Neubegründung  der  mathematiscl 
Studien  ist  es  jedoch  damals  nicht  gekommen,  und  auch  bei  Leon  sei 
scheint  die  rein  wissenschaftliche  Thätigkeit  nicht  frei  von  astrologiBcl 
und  magischer  Phantastik  geblieben  zu  sein.    Und  so  ist  denn   aus  donj 
folgenden  Jahrhunderte  nichts  zu  nennen,  als  die  um  das  Jahr  938  eiit»| 
standene  geodätische  Abhandlung  des  sogenannten  Heron  des  Jüngern^j 
der  richtiger  als  der  „ungenannte  Feldmesser  von  Byzanz'  bezeichiu 
wird.     Im   11.  Jahrhundert  kompilierte  Michael  Psellos  sein   herzUdHJ 
unbedeutendes   Buch   über   die   vier   mathematischen  Disziplinen.     Nodii| 
schwächer  ist   des   PseUos  astronomische   Schrift  IleQl  Ttjg  Mvrjasag  rrfl 
X^i'ot;,  Tcov  xvxXiüV   tov  rjXiov  xal   trjg    (fsXfjvrjg,   tr^g   ixi^tipemg   avtüv  wti 
Tjjg  TOV    näaxcc  evQijaewg  (im   Cod.  Vindob.  phil.  gr.  190).     Im  12.  Jahr- 
hundert hat  Kaiser  Manuel  die  astronomischen  Studien  begünstigt;  dock 
scheint  ihn  persönlich  zumeist  die  astrologische  Seite  angezogen  zu  haben; 
s.  u.    Über  astronomische  Schriften  des  Tzetzes  vgl.  S.  535  f. 

Erst  unter  den  Paläologen  begann,  zunächst  durch  orientalische 
Arbeiten  angeregt,  eine  fruchtbarere  Thätigkeit  auf  den  Gebieten  der 
Mathematik  und  Astronomie.  Wir  beobachten  hier  eines  der  merkwürdigsten 
Beispiele  litterarischer  Rückwanderung.  Die  Griechen  haben  in  dieser  Zeit 
thatsächlich  die  Weisheit  ihrer  eigenen  Vorfahren  erst  durch  arabisch- 
persische Vermittelung  wieder  kennen  gelernt.  Die  Meyalr^  avvta^ig  t^ 
äavQovoiiiag  wirkte  in  der  orientalischen  Gestalt  des  Almagest  auf  die 
Neubildung  der  astronomischen  Studien  bei  den  Griechen.  Direkte  Quelle 
der  geistigen  Anleihe  war  jedoch  nicht  Arabien,  sondern  Persien.  Gegen 
Ende  des  13.  Jahrhunderts  wurden  die  Griechen  mit  der  persischen  Astro- 
nomie bekannt.  Im  Jahre  1322  verfasste  ein  unbekannter  Mann  eine  grie- 
chische Bearbeitung  eines  persischen  astronomischen  Werkes  des  Scham- 
said !n  von  Bukhara  (griechisch  zu  2aix\p  Mnovxa^g  verballhornt),  die 
uns  in  dem  wertvollen  Codex  Laur.  28,  17  aufbewahrt  ist.  Grosse  Ver- 
dienste, um  die  Vermittelung  persischer  Wissenschaft  erwarb  sich  der  aus 
Konstantinopel  gebürtige  Arzt  Gregorios  Chioniades  {rQfjyoQiog  6  Aio- 
nairjg),  der  im  13.  Jahrhundert  oder  im  Anfange  des  14.  Jahrhunderts 
am  Kaiserhofe  von  Trapezunt  lebte,  von  dort  aus  Persien  bereiste,  persische 
Bücher  erwarb  und  sich  die  persische  Sprache  aneignete.  Über  Briefe 
des  Chioniades  s.  S.  478  Anm.  4.  Mit  Hilfe  der  von  Chioniades  gesammelten 
Bücher  hat  später  Manuel,  ein  sonst  unbekannter  Geistlicher  aus  Trapezunt, 
den  Arzt  Georgios  Chrysokokkes  {reciQyiog  <>  XQvaoxoxxrjg)  in  die 
persische  Weisheit  eingeführt.  So  entstand  im  Jahre  1346  das  Werk: 
Tov  aoipdütdxov  latQoT  xvqov  FetoQyiov  tov  Xgvtfoxoxxf]  i^riYrflig  etg  tijv 
Cvvra^iv  rdov  ITeqawv  ixted'eXaa  nqog  xov  avtov  aisXipdv  xv((6v  7wa>TJyi*  rov 


7.  PaohwiMenBohaften.    Mathematik  nnd  Astronomie,  (g  260)         623 

XaQcavitr^v.  Bald  nach  Chrysokokkes  hat  ein  Mönch  Isaak  Argyros 
Qiaaax  6  ^ÄQyvQoq)  mehrere  ebenfalls  auf  persischen  Arbeiten  beruhende 
astronT>niische  Schriften  verfasst  wie  eine  Jlaqddoaiq  elg  xovq  üeQaixovg 
n^oxsiQOvg  xavivag  Tijg  MTQOvofn'ag,  eine  Hgayiiaxeia  väcov  xavovicov  avvo^ 
iixdv  T€  xal  navaeXrjViaxwr,  eine  Anleitung  zur  Herstellung  eines  Astro- 
labon,  Scholien  zu  Ptolemaeos  und  Euklid  u.  a.  („Varia  CoUectanea  po^tica, 
logica  et  astronomica"  z.  B.  im  Cod.  Vindob.  phil.  247).  Teils  auf  persischer 
Grundlage,  teils  auf  Ptolemaeos  beruht  das  umfangreichste  und  gelehrteste 
astronomische  Werk  der  byzantinischen  Zeit,  die  'AatQovofuxrj  tqißißXog 
les  Theodoros  Meliteniotes  (&€6d(üQog  6  Mshxtjviwtrfi).  Wie  wir  aus 
ier  Überschrift  des  Werkes  erfahren,  war  Meliteniotes  iiäyag  aaxeXXaQioc^ 
iiddtfxaXog  tcov  iiiaaxdXwv  Ttjg  äyKOTcarrjg  %ov  O^eov  fieydXrjg  ixxXrjtfiag  und 
iQXidittxovog.  Über  seine  Zeit  bemerkt  Leo  AUatius  ohne  Angabe  einer 
Quelle,  dass  er  um  1361  gelebt  habe.  Die  persischen  Werke,  die  Meli- 
beniotes  benützte,  kannte  er  nur  durch  Übersetzungen.  Den  Ptolemaeos 
und  den  Theon  benützte  er  im  Original.  So  waren  die  Griechen  unter 
Pührung  der  Perser  wieder  zu  ihren  alten  WissensqueUen  gelangt  und 
dadurch  erklärt  sich  auch  das  überraschend  schnelle  und  plötzliche  Auf- 
hören der  persischen  Einflüsse.  Die  Blüte  des  Studiums  der  persischen 
Astronomie  bei  den  Byzantinern  umfasst  nur  etwa  20  Jahre  (etwa  1340 
bis  1360).  Der  schnelle  Niedergang  verrät  sich  auch  in  der  Zahl  der 
Handschriften.  Von  Georgios  Chrysokokkes  haben  wir  viele  Exemplare, 
wen  Isaak  Argyros  nur  wenige,  von  Theodoros  Meliteniotes  nur  ein  voll- 
ständiges (Cod.  Vatic.  1059). 

Schon  vor  Meliteniotes  hatten  einzelne  Byzantiner  auf  die  griechischen 
Driginalquellen  selbst  zurückgegriffen.  Theodoros  Metochites  (vgl. 
3.  552)  studierte  den  Euklid,  Ptolemaeos,  Nikomachos,  ApoUonios  von 
Perge  u.  a.  und  verfasste  ein  astronomisches  Werk:  Sro^x^icoaig  im  vf^ 
aaxQovoiiix^  inuyTr^firj,  das  z.  B.  die  Codd.  Marc.  329  und  330  aufbewahren. 
Von  Metochites  wurde  der  grosse  Polyhistor  Nikephoros  Gregoras  in 
die  Wissenschaft  der  Astronomie  eingeführt;  er  wirkte  mit  Eifer  für  die 
Verbreitung  astronomischer  Kenntnisse  und  für  die  Beseitigung  des  Miss- 
trauens,  das  der  Klerus,  wenn  nicht  die  Kirche  selbst,  infolge  der  astro- 
logischen Irrtümer  auch  den  astronomischen  Studien  entgegenbrachte.  Wir 
haben  von  Gregoras  Schriften  über  die  Herstellung  und  Behandlung  des 
Astrolabon,  die  noch  auf  ihr  Verhältnis  zu  der  dem  gleichen  Gegenstande 
gewidmeten  Abhandlung  des  Isaak  Argyros  untersucht  werden  müssen, 
einen  Empfehlungsbrief  für  die  Astronomie,  der  einem  astronomischen 
Werke  des  Theodoros  Metochites  als  Vorrede  diente  {JlQog  tov  fiäyav  XoyiH 
■^ätrjv  TOV  avyyqaifta  Ttjg  ßißXov,  UaQaxXrjrixi]  neQi  oatQovofiiag),  eine  Ver- 
teidigung gegen  die  Feinde  der  Astronomie  {UQtg  Tiva  (ffXov,  neql  xäv 
vß^iontov  Tijv  MtQovofiiav)  und  Schriften  über  die  Verbesserung  der 
Zeitrechnung.  Seine  praktischen  Vorschläge  zur  Kalenderreform  wurden 
leider  nicht  ausgeführt.  Vgl.  S.  294.  Ähnlich  wie  Gregoras  hat  auch 
N^ikolaos  Kabasilas  aus  Ptolemaeos  selbst  geschöpft  und  ihn  auch  kom- 
nentiert 

Gleichzeitig  hatten  auch  die  rein  mathematischen  Studien  einen  neuen 


624  BysanüniBohe  Litteratorgeaohiohte.    L  ProMiiaolM  IdtUrator. 

Aufschwung  genommen.    Maximos  Planudes  verfasste  (vor  1310) 
Kommentar  zu  den  ersten  Büchern  des  Diophantos  und  ein  Rechei 
nach   indischer  Methode   {^Yfifoifoqia  xaz'  ^Ivdovg  ij   ksYOfjiävt)  fisyalfj), 
welchem  zum  ersten  male  auf  byzantinischem  Boden  das  Zahlzeichen  Ni 
{T^i(fQa)  erscheint.     Etwas  später  schrieb  Manuel  Moschopulos  eil 
Traktat  über  die  magischen  Quadrate,   dessen  Quellen  bisher  nicht 
funden   worden  sind.     Etwa  gleichzeitig  verfasste  Nikolaos  Rhabdai 
von  Smyrna  mit  dem   Beinamen   Ar ta basdos   {Nixolaog  'AgraßaaSog 
^Pttßiäg)   einen  Brief   über  Arithmetik  und    eine  Abhandlung    über 
Fingerrechnen  (ExffQaaig  tov  daxxvhxov  fiätQov).   Der  calabresische  Möi 
Barlaam  schrieb  ein  Rechenbuch  (AoyiaTixri)  in  sechs  Büchern;  über 
sonstigen  Schriften  s.  S.  100  ff.    Aus  dem  Ende  des  14.  und    der  ei 
Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  ist  von  mathematisch-astronomischen  Stu< 
der  Byzantiner  nichts  Wichtiges  mehr  zu  berichten.    Dass  diese  Sta( 
aber  lebhaft  fortgesetzt  wurden,  beweisen   die  zahlreichen   Handscl 
alter  und  byzantinischer  Mathematiker   und  Astronomen,   die  in  di< 
Zeitraum  entstanden  sind. 

1.  Ausgaben: 

A.  Sammlungen:  Einige  byzantinische  Schriften  astronomischen  Inhalts  wie  Theo* 
doros  Gazes  De  mensibus,  Isaak  Argyros  Computus  u.  a.  enthftlt  die  grosse  Samoh 
lung  des  Dionysius  Petavius,  Vranologion  sive  systema  variorum  authomm  qin  it 
sphaera  ac  sideribus  eorumque  motibus  graece  commentati  sunt,  Paris  1630.  —  M.  The- 
venot,  Mathematicorum  veterum  etc.  opera,  Paris  1693  (enthält  fast  nur  vorbjzantimsdM 
Werke).  —  Eine  Sammlung  der  byzantmischen  Mathematiker  existiert  nicht. 

ß.  Spezialausgaben  mit  den  dazu  gehörigen  Hilfsmitteln: 

1.  Schriften  des  5.-7.  Jahrhunderts:  Proklos  Kommentar  zum  1.  Bache  der 
euklidischen  Elemente:  Ed.  pr.  Grynaeus  mit  Euklid,  Basel  1533.  —  Ed.  G.  FriedleiD, 
Leipzig  1873.  —  Ueber  Scholien  des  Proklos  zu  den  folgenden  Bfichem  des  Euklid:  Cl 
Wachsmuth,  Handschriftliche  Notizen  über  den  Commentar  des  Proclus  zu  den  B»- 
menten  des  Euklides,  Rhein.  Mus.  18  (1863)  132—135.  —  Hultsch,  Zu  Prokloe,  Rhda. 
Mus.  19  (1864)  450-455.  —  J.  H.  Knoche  und  F.  J.  Märker,  Ex  Procli  Successoris  io 
Euclidis  elementa  commentariis  definitionis  quartae  expositionem  etc.,  Gymnasialprogr., 
Herford  1856.  —  J.  H.  Enoche,  Untersuchungen  über  des  Proclus  Diadochus  Commenttf 
zu  Euklids  Elementen,  Gymnasialprogr.,  Herford  1862.  —  J.  H.  Knoche,  Untersuchungen 
über  die  neuaufgefundenen  Scholien  des  Proclus  Diadochus  zu  Euclids  Elementen,  Gym- 
nasialprogr.,  Herford  1865.  —  Th.  H.  Martin,  Procli  Diadochi  in  primum  Euclidis  ele- 
mentorum  librum  commentarii,  Bulletino  di  bibliografia  e  storia  delle  scienze  fisiche  § 
matem.  7  (1874)  145—151.  —  B.  Buoncompagni,  Intorno  al  commento  di  Proclo  sol 
primo  libro  degli  elementi  di  Euclide,  Bulletino  di  bibliografia  e  storia  delle  scienze  fiädM 
e  matem.  7  (1874)  152—165.  —  C.  Wachsmuth,  Ueber  die  handschriftliche  Ueberliefe- 
rung  von  Proklos  Commentar  zu  Euklids  Elementen,  Rhein.  Mus.  29  (1874)  317—320; 
—  L.  Major,  Proklos  über  die  Petita  und  Axiomata  bei  Euklid,  Gymnasialprogr.,  Tft- 
bingen  1875. 

Johannes  Philoponos:  Die  Schrift  über  das  Astrolabon  ed.  H.  Hase,  Rhein. 
Mus.  6  (1839)  127—171.  Dazu  Verbesserungen  von  P.  Tannery,  Notes  critiques  sur  1« 
traitö  de  Tastrolabe  de  Philopon,  Revue  de  philologie  12  (1888)  60—72.  —  Den  Kommentir 
zum  ersten  und  zweiten  Buche  des  Nikomachos  von  Gerasa  ed.  Rieh.  Hoc  he,  2  Hefte, 
Leipzig  1864,  Berlin  1867.  Vgl.  die  Besprechung  des  2.  Heftes  von  Friedlein,  Zeitsdff.  I 
f.  Gesch.  der  Mathematik,  Abteilung:  Litteraturzeitung  12  (1867)  86—88. 

Anthemios  von  Tralles  über  die  Brennspiegel:  Ed.  A.  Westermann,  Uopir- 
do^oygdfpoif  Braunschweig  1839  S.  149 — 158.  ~  Ein  neues  Fragment  gab  Ch.  Beiger,  Ein 
neues  Fragmentum  Mathematicum  Bobiense,  Hermes  16  (1881)  261 — 284.  —  C.  Wachs- 
muth-M.  Cantor,  Ueber  das  neue  Fragmentum  Mathematicum  Bobiense,  Hermes  16 
(1881)  637—642.  —  J.  L.  Heiberg,  Zum  Fragmentum  mathematicum  Bobiense,  Zeitschr. 
f.  Math.  u.  Physik,  Hist. -litterar.  Abteil.  28  (1883)  121-129. 

Eutokios:  Den  Kommentar  zu  Archimedes  ed.  J.  L.  Heiberg,  Archimedis  opera 
omnia  cum  commentariis  Eutocii,  3  Bde,  Leipzig,  Bibl.  Teubn.  1880—1881.  —  Den  Kom- 
mentar zu  Apollonios  ed.  J.  L.  Heiberg,  Apoll onii  Pergaei  quae  graece  exstant  2  (Leipzig 


7.  FaohwiflBenBchaften.    Mathematik  und  ABtronomie.    (§  260)  025 

Jg98)  168  ff.;  ebenda  S.  IV  ff.  Mitteilungen  über  die  Hss.  —  Vgl.  J.  L.  Heiberg,  üeber 
itokios,  Jahns  Jahrb.  Supplementb.  11  (1880)  357—384.  —  Paul  Tannery,  Eutocius  et 
\  conteniporains,  Bulletin  des  sciences  math^matiques,  II®  s^rie  8  (1884)  315 — 329  (T. 
int,  Eutokios  sei  spfttestens  gegen  480  geboren,  und  bezweifelt  die  Nachricht,  er  sei 
Behlller  des  Isidoros  gewesen). 

Domninos:  Die  Einleitung  in  die  Arithmetik  ed.  Fr.  Boissonade,  An.  gr.  4  (1832) 
^13 — 429.  —  Paul  Tannery,  Domninos  de  Larissa,  BuUetin  des  sciences  math^matiques, 
SI«  s^rie  8  (1884)  288-298. 

Stephanos  von  Alezandria:   Hauptschrift:  H.  Usener,  De  Stephano  Alexan- 
o,  Bonn  1880. 

2.  Schriften   des   8.— 13.  Jahrhunderts:  Das  Rechenbuch  von  Achmtm: 
Baillet,  Le  papjrrus  math^matique  d'Akhmtm,  M^moires  publik  par  les  membres  de  la 

Ission  archöol.  fran^aise  au  Caire  sous  la  direction  de  M.  U.  Bouriant,  tome  IX,  faso.  1. 

tE^aris  1892.    Hier  wird  ein  im  7.-8.  Jahrb.  n.  Ohr.  geschriebenes  Rechenbuch  besprochen, 

das  ein  Glied  bildet  in  der  langen  Kette  der  arithmetischen  Praxis  von  dem  um  1700  v.  Chr. 

Abgefassten  Rechenbuch  des  Schreibers  Ahmes  (Papyrus  Rind)  bis  auf  die  um  1340  in  Epel 

geschriebenen,  von  P.  Tannery,  Not.  et  extr.  32,  1  (1886)  130  ff.,  herausgegebenen  Briefe 

2es  Nikolaos  Rhabdas  von  Smyrna.   Vgl.  die  Besprechungen  von  Fr.  Hultsch,  Berl. 

-^lol.  Wochenschr.  14  (1894)  1327-1331,  und  M.  Cantor,  Zeitschr.  f.  Mathematik  und 

Jnijsik,  Historisch-litterarische  Abteilung  38  (1893)  81—87. 

,Heron  der  Jüngere*:  Den  griechischen  Text  mit  einer  französischen  Ueber- 
^etzung  ed.  Vincent,  Not  et  extr.  19  (1858)  2  S.  348-415.  —  Vgl.  Th.  H.  Martin, 
Hecherches  sur  la  vie  et  les  ouvrages  d'H^ron  d'Alexandrie,  in:  M^moires  pr^sentäs  par 
divers  savants  ä  Tacad^mie  des  inscriptions  et  belles  lettres,  S^rie  I,  Paris  1854. 

Leon  Philosophos:  J.  L.  Heiberg,  Der  byzantinische  Mathematiker  Leon,  Biblio- 
"theca  Mathematica,  Neue  Folge  1  (Stockholm  18^7)  33—36.  Dasselbe  etwas  ausführlicher 
in  dänischer  Sprache  in:  Overs.  over  d.  K.  D.  Vindensk.  Selsk.  Forh.  1887  S.  88—92. 

Psellos:  Ttoy  nsQi  aQi&farjtut^g  avyo^ffis^  erschien  zu  Paris  1538.  —  P.  Tannery, 
Paellos  sur  Diophante,  Zeitschr.  f.  Mathem.  und  Physik,  Histor.-liter.  Abteil.  38  (1893) 
-41—45. 

3,  Schriften  des  14.  (und  15?)  Jahrhunderts:  Theodoros  Metochites:  Das 
ProOmion  seiner  Astronomie,  in  welchem  Metochites  über  seinen  Studiengang  berichtet, 
ed.  K.  N.  Sathas,  Mea.  ßtßX.  1  (1872)  ne'—gia.  Ebenda  ^^'—^«17'  das  Inhaltsverzeichnis 
des  astronomischen  Werkes.  —  Vgl.  J.  L.  Heiberg,   Apollonii  Pergaei  quae  graece  ex- 

•tant  2  (1893)  LX VIII  ff.   —   Fr.   Bell,  Studien  zu  Claudius  Ptolemaeus,  Jahns  Jahrb. 

Sapplementb.  21  (1894)  54  f. 

Theodoros  Meliteniotes:  Vorrede  und  Anfane  seiner  'JazQoyofnxfj  xqlßißXog  ed. 
IMigne,  Patrol.  gr.  149,  988—1001.  —  Ueber  seine  theologischen  Schriften  vgl.  S.  135 
vnd  186  Anm.  2. 

Barlaams  Rechenbuch  ist  1600  mit  einer  lateinischen  Uebersetzung  gedruckt 
-worden  (mir  unzugänglich).  —  P.  Tannery,  Le  scholie  du  meine  N^ophytos  sur  les 
chifires  Hindous,  Revue  arch^ol.  III.  s^rie  5  (1885)  99—102.  —  Zu  Planudes,  Moscho- 
pnloB  und  Johannes  Pediasimos  s.  die  Litteraturangaben  S.  545,  548,  557. 

Nikolaos  Rjiabdas:  P.  Tannery,  Manuel  Moschopulos  et  Nicolas  Rhabdas, 
BsUetin  des  sciences  mathem.  \\^  s4rie  8  (1884)  263-277.  —  Paul  Tannery,  Notice 
wu  les  denx  lettres  arithm^tiques  de  Nicolas  Rhabdas,  Not.  et  extr.  32,  1  (1886)  121 — 252 
(gibt  den  griechischen  Text  mit  französischer  uebersetzung).  Vgl.  die  Besprechung  von 
M.  Cantor,  Zeitschr.  f.  Mathematik  und  Physik,  Historisch-literarische  Abteil.  32  (1887) 
59-62. 

Zwei  byzantinische  Traktate  über  Feldmessung,  von  denen  der  eine  ohne  Autor- 
namen im  Cod.  Vindob.  iur.  gr.  10,  der  andere  unter  dem  Namen  eines  gewissen 
Georgios  {yitoiiirQfji)  im  Cod.  Paris.  2419  überliefert  ist,  ed.  mit  ausführlichem  Kom- 
mentar und  mehreren  für  die  Geschichte  der  Landwirtschaft  wichtigen  Beilagen  Th. 
Uspenskij,  Byzantinische  Feldmesser.  Beobachtungen  zur  Geschichte  der  Landwirt- 
schaft Odessa  1888  (ruas.).  —  Hermann  Graff,  Mitteilung  aus  einer  Pariser  Hand- 
aehrift,  Bulletin  de  TAcad.  Imp.  de  St.-P^tersbourg  7  (1864)  21—45  (Text  eines  Anonymus 
ans  dem  Cod.  Paris.  2422:  Uo^bv  ylvopxM  xofjifjttti  u.  s.  w.). 

unbekannt  nach  Person  und  Zeit  ist  Rhetorios  (PtitoQtog),  von  dem  der  Cod. 
Berol.  PhilHpp.  1577  foL  139—147  einen  SrjaavQog  üvyixfov  x6  ndv  trjg  dajqovofjiiaq 
aofbewahrt.  Ueber  andere  Hss  dieses  Autors  vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  4, 161; 
11,  710. 

2.  Hilfsmittel: 

A.  Allgemeine  Werke:  In  den  allgemeinen  Werken  über  die  Geschichte  der 
matlieniatiBchen  Diaziplinen  ist  der   byzantinische  Anteil  gewöhnlich  sehr  stiefmütterlich 

Ffr***»^  der  kla«»  ▲ItertviMwineoicluft  JZ.    1.  Abtlg.    2.  Aufl,  4Q 


626  BysantiiiiBche  LüteratnrgeBohichte.    I.  ProMdsolie  Idttonitiir. 

behandelt;  doch  seien  hier  zur  Erleichterung  der  Orientierong  die  wichtigsten  Darsidlii 
aufgeführt. 

1.  Eine   kurzgefasste    Geschichte    der   Mathematik,   der   Naturwissensdufto, 
Medizin  und  Geographie  gab  S.  Günther,  Handbuch  der  klassischen  Altertamsw' 
Bd  V  Abt.  1,  Nördlingen  1888;  2.  Aufl.  München  1894.  —  Die  mathematisohen 
insgesamt   behandeln:  A.   G.   Kästner,  Geschichte  der  Mathematik,  4  Bde,  OSttö 
1796—1800.  —  J.  F.  Montucla,  Histoire  des  math^matiques,  4  voll.,  Paris  179MS 
—  Ferd.  Hoefer,  Histoire  des  mathömatiques  depuis  leurs  origines  jusqu'aa  oommc 
du  dix-neuvi^me  si^cle,  Paris  1874.  —  Heinrich  Suter,  Geschichte  der  mathen 
Wissenschaften,  2  Teile,  Zürich  1873—1875.   (Der  erste  Teil,  der  das  Altertum  und 
alter  behandelt,  ist  ganz  ungenügend.)  —  G.  H.  Zeuthen,  Geschichte  der  Mathemitik 
Altertum  und  Mittelalter,  Kopenhagen  1896  (mir  unzugänglich).   —  Das  wichtigste  Wf 
ist:    Moritz  Cantor,   Vorlesungen  über  Geschichte  der  Mathematik,   1.  Band,  2.  Ai 
Leipzig   1894.     Für  die  byzantinische  Zeit  kommt  nur  der  erste  Band  in  Betraeki, 
S.  457 — 482  die  „griechische  Mathematik  in  ihrer  Entartung'  behandelt  ist 

2,  Geometrie:  Chasles,  Aper9U  historique  sur  Torigine  et  le  developpemeni 
m^thodes  en  g^ometrie,  8.  ^d.,  Paris  1890.  —  Chasles,  Geschichte  der  Geometiie,  M 
von  Sohncke,  Halle  1889. 

3,  Astronomie:  Delambre,  Histoire  de  Tastronomie,  5  voll.,  Paris  1817—1821 
J.  H.  y.  Mädler,  Geschichte  der  Himmelskunde  yon  der  ältesten  bis  anf  die  im 
Zeit,  2  Bde,  Braunschweig  1873.  —  Ferd.  HOfer,  Histoire  de  Tastronomie  depuis 
origines  iusqu*ä  nos  jours,  Paris  1873.  —  R.  Wolf,  Geschichte  der  Astronomie,  Bsnd  II 
der  Geschichte  der  Wissenschaften  in  Deutschland,  Mtlnchen  1877.  —  Die  reichsteo,  ■ 
ausgedehnten  handschriftlichen  Studien  beruhenden  Aufklärungen  über  die  GeseÜcU 
der  byzantinischen  Astronomie  gab  H.  Usener,  Ad  historiam  astronomiae  Symbol 
Bonn  1876. 

4.  Physik:  Ferd.  Rosenberger,  Die  Geschichte  der  Physik  in  GhnkidzQgen  ■ 
synchronistischen  Tabellen  der  Mathematik,  der  Chemie  und  beschreibenden  Natorwisse! 
Schäften  sowie  der  allgemeinen  Geschichte,  1.  Teil:  Geschichte  der  Physik  im  Altertn 
und  Mittelalter,  Braunschweig  1882.  —  Etwas  ausführlicher  ist  das  bald  nach  Rosenberg 
yeröffentlichte  Buch  yon  Poggendorff,  Geschichte  der  Physik,  Leipzig  1879.  —  Augu 
Heller,  Geschichte  der  Physik  yon  Aristoteles  bis  auf  die  neueste  Zeit.  1.  Bn 
yon  Aristoteles  bis  Galilei.  Stuttgart  1882.  —  Eine  kurzgefasste  Darstellung  ohne  Bele 
gab  E.  Gerland,  Geschichte  der  Physik,  Leipzig  1892. 

B.  Spezialschriften:  Herm.  Hanke],  Zur  Geschichte  der  Mathematik  im  AHi 
tum  und  Mittelalter,  Leipzig  1874. 

lieber  das  Fortleoen  der  arithmetischen  Studien  in  Byzanz  unterrichtet  \n 
Paul  Tanne ry,  Diophanti  Alexandrini  opera  omnia  2  (1895)  Prolegomena.  —  Hauptschrift 
über  das  Fortleben  des  Euklid  bei  den  Byzantinern:  J.  L.  Heiberg,  Litterargeschid 
liehe  Studien  über  Euklid,  Leipzig  1882  (bes.  S.  186  ff.,  208  ff.),  und:  J.  L.  Heiber 
Oyerleyeringen  af  Euklids  Optik,  Qyersight  oyer  d.  K.  Danske  Videnskabemes  Selski 
Forhandlinger  1895  S.  117—131.  —  Vgl.  auch  J.  L.  Heiberg,  Apollonii  Pergaei  qu 
graece  exstant  2  (1893)  Prolegomena.  —  J.  L.  Heiberg,  Bidrag  til  Mathematikens  Histoi 
hos  Byzantineme,  Oyers.  over  d.  K.  D.  Vidensk.  Selsk.  Forh.  1887  8.. 88— 96  (über  Im 
Philosophos  und  Theodoros  Metochites;  Subscription  des  die  Elemente  des  Euklid  entlu 
tenden  Cod.  Mut.  11.  E.  9).  —  J.  L.  Heiberg,  kleine  Anecdota  zur  byzantinischen  Matb 
matik,  Zeitschrift  für  Mathematik  und  Physik  33  (1888),  Historisch-literarische  Abte 
S.  161 — 170  (Mitteilungen  meist  arithmetischen  Inhalts  aus  den  Codd.  Marc.  301;  Lai 
28,  7;  Mutin.  II.  A.  10;  Vatic.  gr.  1550).  —  J.  L.  Heiberg,  Den  graeske  Mathemaü 
Oyerleyerings  historie,  Overs.  over  d.  K.  D.  Vidensk.  Selsk.  Forh.  1896  S.  77 — 98  (se 
reichhaltige  Untersuchung).  —  Einen  Ueberblick  über  die  gesamte  alte  und  mittelalterlid 
Ueberlieferung  der  Mathematik  gab  J.  L.  Hei  borg,  Verhandlungen  der  43.  Versamo 
deutscher  Philologen  und  Schulmänner  in  Köln,  Leipzig  1896  S.  27—34.  —  Paul  Tann  er 
Le  calcul  des  parties  proportionelies  chez  les  Byzantins,  Reyue  des  6t.  gr.  7  (1894)  204— 2i 
(Erklärungen  zu  dem  yon  Baillet  edierten  Papyrus).  —  Klinker fu es,  Ueber  ein 
glänzenden  Stemschnuppenfali  aus  dem  Jahre  524  p.  Chr.,  Göttinger  Nachrichten  18 
Nr.  10  (über  den  yon  Theophanes  I  286  ed.  Bonn,  und  Michael  Glykas  S.  500  ed.  Boi 
berichteten  Stemschnuppenfali). 

3.  Zur  Ueberlieferung:  Wichtige  Sammelhss  sind  die  Codd.  Vatic.  1059;  Vati 
PaL  312;  Laur.  Plut.  28,  13-14—16—17;  Venet.  Marc.  336;  Vindob.  phil.  gr.  87  u 
108;  Paris.  2419;  BeroL  Phillipp.  1577  u.  s.  w.  —  Bibliographische  und  handschri 
liehe  Nachweise  über  unedierte  und  yerlorene  Astronomen  und  Astrologen  bei  Fabriciu 
Bibl.  gr.  ed.  HarL  4,  147—170. 

4.  Grosser    Beliebtheit  erfreuten    sich  populäre  astronomisch-astroiogisc 


7.  FaohwiBBenBohaften.    Mathematik  nnd  Aatronomie.    (§  260)  627 

^.-Ct^^inlui^goii  und  Abhandlungen,  welche  die  wichtigsten  Kenntnisse  in  leicht  ver- 
^t^dlicher   Form   vermittelten.    Man  •  findet  hier  in  buntem  Durcheinander  Mitteilungen 
L  -ttb^  die  sieben  Zonen  und  die  Planeten,  über  die  Qualität  der  Zodia,  den  Lauf  der  Sonne, 
^'  =^ia  vier  Elemente,  über  die  Voraussehung  eines  feuchten  oder  trockenen  Jahres  oder  eines 
■  'yri^ges,   über  Wolken,   Schnee,  Hagel,  Regen,  Nebel,  Blitz  und  Donner,   Kometen,  Erd- 
beben n.  8.  w. 

5.  Astrologie.  Neben  der  wissenschaftlichen  Sternkunde  entwickelte  sich  in  der 
^  Kiüserzeit  die  astrologische  Geheimwissenschaft,  die  aus  dem  Laufe  und  der  Stellung  der 
^  Sterne  die  künftigen  Geschicke  der  Menschen  und  Völker  zu  erkennen  suchte.    Wie  tief 

^  fier  Glaube  an  die  Sterne  eingewurzelt  war,   beweisen   die  zahlreichen  Erlasse   der  christ- 
"^  lieben  Kaiser   im   4.  Jahrhundert  gegen   die  Ausübung   der  Astrologie.    Honorius  erliess 
^  ttogar  ein  Gesetz:  De  mathematicis  urbe  Roma  et  civitatibus  omnibus  pellendis  et  codicibus 
^^  eomm  cremandis.    VgL  Codex  Theodosianus  ed.  J.  Gothofredus  3  (Ludguni  1665)  114  ff.; 
^^  124;  134 — 136,  und  flefele,  Conciliengeschichte  1  (1855)  744.    Trotz  solcher  Massregeln 
.^  brachten  selbst  christliche  Autoren  der  Greheimwissenschaft  unverhohlene  Teilnahme  ent- 
^  fingen,  wenn  sie   auch  durch  weise  Mässigung   einem  Konflikte   mit   dem  Staate  und  der 
Sircbe  auszuweichen  verstanden.    Das  älteste  von  einem  Christen  verfasste  astrologische 
'^     \?erk  ist  wohl  das  Kompendium  des  Hephaestion,  den  der  Herausgeber  etwa  ein  halbes 
Jahrhondert  spftter  als  Firmicus  Matemus,  also  um  380  n.  Chr.,   ansetzt.     Ausgabe   von 
ingast  Engelbrecht,   Hephaestion  von  Theben  und  sein  astrologisches  Kompendium. 
Sn  Beitrag  zur  Geschichte   der  griechischen  Astrologie,  Wien   1887.    Dann  wagte  man 
mlhtit  den  Versuch,   ein  Kompromiss  zwischen  Astrologie  und  Christentum  herzustellen. 
Diese  Absicht  hat  der  anonyme  Dialog  Hermippos,  der  im  5.  oder  6.  Jahrhundert  ent- 
standen ist  Die  Schrift  ist  zum  ersten  male  ediert  worden  von  Bloch,  Kopenhagen  1830; 
nenerdings  viel  korrekter  von  W.  Kroll  und  P.  Viereck:  Anonjrmi  Christiani  Hermippus. 
De  astrologia  dialogus,   Leipzig,   Bibl.  Teubneriana  1895.     Vgl.   die   guten  Besprechungen 
yon  P.  Wendland,   Berl.  philol.  Wochenschr.  1896   S.  41  ff.,  und  A.  Häbler,  Wochen- 
schrift f.   klass.  Philologie  1896  S.  337  ff.   —  In   der  späteren  byzantinischen   Zeit  hat 
die    Astrologie    ungestört    weitergeblüht.      Wesentlich    auf  astrologischem    Grunde    ruht 
die   oben   (S.  621)    erwähnte   fälschlich    dem   Stephanos  von   Alexandria   zugeteilte 
Prophezeiung   über  Mohamed  und  seine  Nachfolger.    Im  zwölften  Jahrhundert  sehen  wir 
sogar  den  obersten  Vertreter  des  Staates,  KaiserManuel,  ganz  offen  dem  astrologischen 
Wahne  huldigen.    Ein  Mönch  schrieb  deshalb  gegen  die  Astrologie ;  der  Kaiser  verteidigte 
sich  und  seine  Liebhaberei  in  einer  uns  in  den  Codd.  Vatic.  1059  und  Marc.  324  erhaltenen 
Schrift:  nirrax^oy  ixdo&iv  nagd  tov  aoidifiov  ßaaiXe'fog  rov  noQ^vQoyeyyijtov  xvqov  MavoxitjX 
xw  Ko/j.yrjyov  *  yrtSf^fi  xal  eidtjaei  xal  rtüy  iXXoyifitoy  aQX^^Q^^'^  ^'^^  avyxXrjuxtSy  a^/o»Ta»', 
TtolktSy  yifioy  vifn^XiSy   xal  dyayxaimy  ^etoQtjfiärtüy,    dnoXoytjtucoy  nQog  ygagjijy  riyog  fiO' 
vaxov  naXatlyov  xtjg  fioy^g  rov  nayroxQtxroQog  ree  tijs  aüxqoyofAixrjg  t^/ki;;  xaxiCovaay  xal 
ucißtuiy  dnoxaXovaay  to  lAa^fAa.    Gegen    diese  Apologie  schrieb  der  Chronist  Michael 
Glykas  einen  in  vielen  Handschriften  erhaltenen  Brief.    Dass  übrigens   der  Kaiser  that- 
aichlich  Astrologie,  nicht  Astronomie  trieb,  beweisen  der  Umstand,   dass  ihm  Johannes 
Kamateros  sein  astrologisches  Gedicht  widmen   durfte,   und   der  schriftliche  Widerruf, 
den   Manuel  kurz  vor  seinem  Tode   dem  Patriarchen  übergab  (Niketas  Akominatos  ed. 
Bonn.  288,  4  ff.). 

Wie  in  der  Astronomie  erscheinen  auch  in  der  Astrologie  orientalische  Einflüsse 
wirksam.  Hieher  gehört  das  an  den  König  Nechepso  gerichtete  Weissagungsbuch  des 
»Philosophen  Petosiris":  TlQoyvtoüxixoy  ßi(ü(peXkg  xal  ^QtjatfAoy  dytiyqafphv  H  aiyvnua- 
an7C  naXautg  ßißXov  .  JJetwatQig  iV£/et/;a7  r^  xifjutoraxt^  ßaoiXei  /m'^fci',  das  Jo.  Iriarte, 
Regiae  bibliothecae  Matritensis  codd.  Graeci,  Madrid  1769  S.  338  f.  ediert  hat.  Es  steht 
aneh  in  den  Codd.  Vindob.  med.  8  und  29  (Nessel);  Vindob.  phil.  37  und  108  (Nessel); 
BodL  Barocc.  70  und  166.    Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  4,  160;  166. 

6.  Orakelb fleher.  Mit  der  Astrologie  nach  Absicht  und  Inhalt  eng  verwandt  ist 
die  Weissagungslitteratur.  Gegen  sie  scheinen  sich  aber  die  offiziellen  Kreise  duldsamer 
verhalten  zu  haben  als  gegen  die  Stemdeuterei.  Das  verrät  sich  schon  in  der  Thatsaohe, 
dass  die  Orakel  h&ufig  unter  den  Namen  berühmter  Kaiser  und  Patriarchen  verbreitet 
wurden.  Hören  wir  doch,  dass  Orakelbücher  sogar  einen  Bestandteil  der  Bofbibliothek 
bildeten.  Der  Fortsetzer  des  Theophanes  (I  22  S.  36  ed.  Bonn.)  erzählt,  zur  Zeit  Leons 
des  Armeniers  habe  die  kaiserliche  Bibliothek  ein  Orakelbuch  besessen,  das  nicht  bloss 
Prophetien,  sondern  auch  farbige  Bilder  der  künftigen  Kaiser  und  allerlei  allegorische  Dar- 
stellungen enthielt:  'Ö  di  X^V^/^^  V^  IißvXXtaxog,  ly  xiyi  ßißXita  Big  xijy  ßaatXtxtjy  ßißXto- 
Sipcfjy  iranoxeifieyogy  ov  XQV^h^^  fiovoy  dnXoSgy  dXXd  xal  /j.oQ(fdg  xal  «r/jf/uara  l/otHrrr 
xmy  yBrfjcofi^ytoy  ßaaiX^toy  did  /^of^araii' .  i^y  ovy  X^aty  9fjqloy  fiSfiOQtpoifi^yoy^  /r^TTot/eroi/ 
x«/a^a>^/u/>^o>^  dno  xrjg  ^cf/fo);  fJi^XQ^  "^V^  yaffxgog  avxov  .  xovxov  xaxomy  dyiJQ  xig  ini94foy 
ffo'^ori  icm^ay  ididov  irXtjyi^y  rta  dtj^Up  dirt  rov  x^  •  Ganz  ähnlich  wie  das  hier  beschriebene 

40* 


628  BysantiniBche  liüeratiirgeacliiohte.    L  ProMdsohe  Litteratiir. 

Buch  aus  dem  8.  Jahrhundert  sind  manche  der  uns  erhaltenen  viel  späteren  £xemplan 
mit  phantastischen  Bildern  ausgestattet  •  |^ 

Zunächst  tritt  in  der  Wahrsagelitteratur  wie  in  anderen  (^eheimwissenBchaften  im 
Bestrehen  hervor,  durch  Vorschiehung  orientalischer  Namen  und  apokrvpher  Sohriftatikkt 
den  Schein  alter  Weisheit  zu  erwecken.  £in6  Sammlung  von  orakelnaften  Ratachlif« 
(XQtjafioi)  ist  unter  dem  Namen  des  Astrampsychos  i^AaxQou^vxog)  ttberlieferi.  Ali 
Einleitung,  dient  ein  erdichteter  Brief  an  König  Ptoiemaeos;  in  Wahrheit  war  der  VerfaMv 
Christ  und  lebte  sicher  nicht  vor  dem  5.  Jahrhundert  n.  Chr.  Ausgabe:  Astrampejcli 
oraculorum  decades  CHI  ed.  Rud.  Her  eher,  Progr.  des  Joachimsgymn.,  Berlin  IwS.  Ii 
der  späteren  Zeit  erfreuten  sich  der  grdssten  Beliebtheit  die  unter  den  Namen  dea  Daniel, 
des  Meth odios  von  Patara  (soll  heissen:  Olympos)  und  des  Kaisers  Leon  des  Weisei 
überlieferten  Orakel;  weniger  häufig  erscheinen  Konstantin  der  Grosae,  der  Patri- 
arch Tarasios  und  der  Lateiner  Theophilus  als  Verfasser  von  Orakelbfichem. 

i.Von  der  Apokalypse  des  Propheten  Daniel  ed.  zuerst  einige  Stücke  0.  TiaeheD- 
dorf,  Apocalypses  apocryphae,  Leipzig  1866  S.  XXX  ff.  —  Einen  anderen  Text  ed.  av 
zwei  Venezianern  und  zwei  Pariser  Hss  Erich  Klostermann,  Analecta  zur  Septaagiota,  If 
Hexapla  und  Patristik,  Leipzig  1895  S.  113—123  (im  Kommentar  erörtert  El.  das  Vw-  \\ 
hältnis  der  Vision  zu  den  Orakeln  Leons  des  Weisen  und  den  Revelationen  dea  Methodiot 
von  Patara,  zu  Tzetzes  Chiliaden,  Kodin  u.  s.  w.).  —  VgL  Greg.  Kalemkiar,  Dil 
siebente  Vision  Daniels,  Wiener  Zeitschr.  f.  d.  Kunde  des  Morgenlandes  6  (1892)  2.  -oad 
3.  Heft  (Armenischer  Text  und  deutsche  Uebersetzung  eines  apokryphen  StQckea,  dM 
Prophezeiungen  über  Kriege  u.  s.  w.  unter  den  römischen  Kaisem  von  Konatantiii  bii 
Heraklios  enthält  und  demnach  wohl  von  einem  Griechen  im  7.  Jahrh.  verfaast  wordea 
ist),  und:  Erich  Klostermann,  Zur  Apokalypse  Daniels,  Zeitschr.  f.  alttestamentlicht 
Wissenschaft  15  (1895)  U7— 150  (Mitteilungen  aus  Cod.  Vindob.  iur.  gr.  6). 

2.  Der  griechische  Text  des  Methodios  ist  gedruckt  in:  Monumenta  S.  Patram 
orthodoxographa  1  (Basel  1569)  93—99.  Ebenda  S.  100—115  lateinische  Texte  der 
Revelationen  des  Methodios.  —  Ein  anderer  griechischer  Text  mit  Zusätzen  aua  dar 
Vision  Daniels  bei  A.  Vassiliev,  Anecdota  graeco-byzantina  1  (1893)  33 — 58.  VgL  die 
Praefatio  S.  XII — XXV.  —  Ein  lateinischer  Text  in  der  Maxima  bibliotheca  vetemm  patram 

5  (1677)  727—734.  —  Ein  anderer  lateinischer  Text  in:  Orthodoxographa  Theologiae,  Basel 
1555.  —  Eine  freie  lateinische  Uebersetzung  im:  Mirabilis  liber  s.  1.  et  a.  fol.  1^  —  Zahl- 
reiche Codices  z.  B.  Athen.  1077;  NeapoL  II.  A.  17;  Patm.  303;  ValliceU.  F.  68; 
Vindob.  theol.  gr.  200  (Nessel);  dazu  die  meisten  der  unter  genannten  Sammelhaa.  — 
Tarasios  in  einigen  Sammelhss  wie  dem  Cod.  Athen.  1256.  —  Für  die  Bestimmung 
der  Entstehungszeit  des  Methodiosbuches  gewährt  einen  Anhalt  die  lateinische  Ueber- 
setzung, deren  Hss  bis  ins  8.  Jahrhundert  zurückreichen.  —  Zur  Erläuterung:  A.  N.  Vese- 
lo  vskij.  Die  Revelation  des  Methodios  und  die  byzantinisch -germanische  Kaisersage,  Joum. 
Min.  1875  Bd  178  S.  283—331.  —  A.  Wirth,  Aus  orientalischen  Chroniken,  Frankfort  a.  M. 
1894  S.  241—245.  —  Ueber  Methodios  von  Olympos  vgl.  Otto  Bar denhe wer,  Patrologie, 
Freiburg  i.  Br.  1894  S.  170-173. 

3.  Orakel  des  Leon:  Vaticinium  Severi  et  Leonis  imperatorum,  in  quo  videtur 
finis  Turcarum  in  praesenti  eorum  imperatore  una  cum  aliis  nonnullis  in  hac  re  vaticinüs. 
Lat.  et  itaL  Brescia  1596  (mit  16  Kupferstichen).  —  Ed.  P.  Lambeciusin:  Georgü  Codini 
et  alterius  cuiusdam  anonym i  excerpta  de  antiquitatibus  Cpolitanis,  Paris  1655  8.  233  -294 
(mit  den  handschriftlichen  Illustrationen  und  den  Kommentaren  des  Lambecius  und  eines  Ano- 
nymus). —  Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  107,  1129—1168.  —  Fragmente  der  Orakel  des 
Leon  und  anderer  ed.  aus  einer  Kopenhagener  Hs  Ch.  Graux,  Archives  des  misraona 
scientifiques  III*^  s^rie  6  (1880)  218  f.  —  Ueber  eine  vulgärgriechische  Bearbeitung  vgl. 
den  §  im  Abschnitte  «Vulgärgriechische  Litteratur".  —  Die  Ueberlieferung  ist  noch  wenig 
erforscht.  Hier  seien  notiert  die  Codd.  Panorm.  I.  E.  8  (mit  Illustrationen);  BodL  Barocc 
170  (mit  Illustrationen  und  der  lateinischen  Uebersetzung  der  Orakel  des  Leon  von  Fr. 
Baroccius);  Marc.  VII  3  (mit  Illustrationen).  —  Ein  astrologisches  Fragment  Leons  des 
Weisen  ed.  aus  Cod.  Marc.  366  Hertlein,  Hermes  8  (1874)  173—176. 

4.  Unbeachtet  ist  noch  die  dem  Michael  Zorianos  gewidmete  Wahrsagung  des 
heiligsten  Andritzopulos:  UQoqQfjcn  rov  ayioitarov  'Av6qix^onovXov  n^Sg  xor  ZtoQiayow 
xvQiv  MtxtttjX.  Sie  handelt  über  den  Untergang  des  Rhomäerreiches  und  den  Antichrist 
Die  Anfangsworte  lauten :  IIbqI  rtoy  'Paifialtar  ßovXoual  ae  yivaSoxety,  ottbq  ovx  lari  dv^aiop 
ix  xtüv  äXktoy  fAa^ciy,    Cod.  Paris,  gr.  2661  a.  1365  fol  208—209. 

5.  In  die  Orakellitteratur  gehört  auch  die  Geschichte  vom  Bettlerkünig:  Iligl 
rov  dgvXovfiiyov  ntto^ov  xal  ixXexrov  ßaaiXitog,  rov  yytoarov  xal  ayyutarov,  rov  xaroixovyrog 
iy  rfi  nQüirn  axQif  rrjg  BvCayridog  u.  s.  w.  Codd.  Ambros.  R.  115.  sup.  fol.  13—15^; 
Athen.  432;  BodL   Land.  27   foL  1— 6>^;   Marc.  VH   3  foL  41-44;   Marc.    ItaL  XI 

6  foL  100—104;  Vatic.  gr.  1188  fol  20  ff. 


7.  FachwiMenBchaften.    Mathematik  nnd  Aatronomie.    (§  260)  629 

6.  Theophilus:  Die  unter  diesem  Namen  überlieferten  Orakel  sind  von  dem  Notar 
Johannes  Rhyzanos  aus  dem  Lateinischen  übersetzt.    Der  Titel  lautet  im  Cod.  Bodl. 

!  Barocc.  144  fol.  2Sb^:"Er8Q0i  xQV^h^'^  SeotpiXov  nQBCßvji^ov  ^tofialtov  xai  xXrjQixov  tijg 
fMtydXtj^  ixxXtjcias  trjg  naXntäg  'Pußfirjg  fieraßXri^sig  (!)  dno  'PatfiaCxä  Big  Tfjy  EXXada  duiXexroy 
nagd  yoragiov  xvqov  'latdyvov  toi»  PvCat^ov,  Sie  stehen  auch  im  Cod.  Taur.  168.  b.  II  22 
(jetzt  B.  V.  27).  In  der  lateinischen  Litteratur  scheint  von  diesem  Priester  Theophilus 
nichts  zu  verlauten;  vielleicht  ist  sein  Name  fingiert. 

7.  Ein  spätes,  aber  für  eine  zusammenfassende  Untersuchung  der  byzantinischen 
Orakellitteratur  nicht  zu  übersehendes  Exemplar  illustrierter  Orakel  veröffentlichte 
O.  Destunis,  Griechische  handschriftliche  Orakelsammlung  mit  Bildern,  bezüglich  auf 
das  Ende  des  16.  Jahrhunderts.    Bd  14  der  ,DrevnostiS  Moskau  1890. 

8.  Sammelhss:  Meist  sind  die  Orakel  des  Methodios,  Leon  u.  a.  vereinigt  über- 
liefert Solche  Sammlungen  enthalten  z.  B.  die  Codd.  Athen.  1256  a.  1790;  Athen.  1350 
8.  19  (!);  Athous  3290;  Athous  3293;  BodL  Barocc.  144;  BodL  Land.  27;  Marc. 
VII  3;  Patm.  303;  Taur.  168.  b.  II.  22  (jetzt  B.  V.  27);  vgl.  Jos.  Pasini,  Codices  mss 
bibliothecae  regii  Taur.  Athenaei  1  (1749)  254  f.  —  Eines  der  merkwürdigsten  Denk- 
mAler  der  von  prophetischen  Ahnungen  erfüllten  und  mystischer  Neigung  ergebenen  popu- 
lAren  Geschichtsauffassung  der  Türkenzeit  ist  der  Cod.  Marc.  VII.  22  s.  17.  Man  könnte 
seinen  Inhalt  als  eine  Orakelwelt chronik  bezeichnen.  Zuerst  wird  die  biblische  Ge- 
Bchichte  bis  auf  Augustus  erzählt,  dann  die  Geschichte  der  römischen  Kaiser  und  der 
Türken  bis  zur  Belagerung  von  Kreta.  Das  Hauptgewicht  des  Berichtes  fällt  auf  die 
Machtentwickelung  des  Islams  und  des  türkischen  Ueiches.  Episodenweise  werden  Stellen 
des  Daniel  und  anderer  Propheten  auf  historische  Ereignisse  gedeutet.  Teils  im  Kontexte 
der  Erzählung,  teils  am  Schlüsse  des  Werkes  findet  man  sibyllinische  und  andere  Orakel, 
Stellen  über  den  Antichrist  und  das  jüngste  Gericht.  Die  vulgärgriechische  Prosa  wird 
stellenweise  durch  jambische  Trimeter  in  der  Kunstsprache  unterbrochen.  Die  ganze  Kom- 
pilation wird  im  Titel  keinem  Geringeren  als  dem  MetnodiosvonPatara(d.  h.  dem  Metho- 
dios  von  Olympos)  zugeschrieben:  Tov  iy  dyioig  naxQog  ijfÄtSv  Med^odlov  imaxonov 
tlaid^toy  Aoyog  i^xgißtafi^yog  negi  Tag  ßaaiXeiag  xtüv  i&vtjy.  Der  Anfang  lautet:  *1<niQv^ 
'6xh  d^fX^rteg  o  xb  'JdttfA  xai  tj  Eva  ix  xov  nagadslcov  nag^evot  ixvyx^ivov.  Ein  Unicum 
unter  allen  Orakelhss  ist  die  Hs  durch  die  zahlreichen  und  mannigfaltigen  von  geübter 
Künstlerhand  ausgeführten  Illustrationen. 

9.  Allgemeine  Hilfsliiteratur:  Igu.  Döllinger,  Der  Weissagungsglaube  und 
das  Prophetentum  in  der  christlichen  Zeit,  Raumers  Histor.  Taschenbuch,  5.  Folge,  Jahrg. 
1  (1871)  257—370;  wiederholt  in:  Kleinere  Schriften,  Stuttgart  1890  S.  451—557.  — 
Gerh.  v.  Zezschwitz,  Vom  römischen  Kaisertum  deutscher  Nation,  ein  mittelalterliches 
Drama.  Nebst  Untersuchungen  über  die  byzantinischen  Quellen  der  deutschen  Kaisersagc. 
Leipzig  1877.  Vgl.  die  Besprechung  von  A.  v.  Gutschroid,  Histor.  Zeitschr.  herausgeg. 
V.  Sybel,  N.  F.  5  (1879)  145-  154  =  Kleine  Schriften  5  (1894)  495-506  (hier  handelt 
V.  Gutschmid  über  Methodios  von  Patara).  —  Ueber  Beziehungen  des  Methodios  zu  abend- 
ländischen Prophezeiungen  vgl.  Fr.  Gerss,  Die  Sibylle  Gottfrieds  von  Viterbo  in  anderer 
Gestalt,  Forschungen  zur  deutschen  Geschichte  19  (1879)  373 — 396.  —  Eine  lateinische  Predigt, 
die  einen  byzantinisch-sibyllinischen  Kern  hat,  ed.  C.  P.  Caspari,  Briefe,  Abhandlungen  und 
Predigten,  Christiania  1890  S.  208  ff.;  vgl.  S.  429  ff.  —  Franz  Kampers,  Kaiserprophetien 
and  Raisersagen  im  Mittelalter,  München  1895  S.  29  ff.  (die  Weiterentwicklung  der  sibyl- 
lischen  Tradition  in  Byzanz),  S.  208  ff.  (Der  byzantinische  Kern  der  mittelalterlichen  tibur- 
tinischen  Sibylle).  Dasselbe  Buch  in  2.  Aufl.,  München  1896  S.  15  ff.  Der  zweite  Exkurs 
ist  hier  nicht  wiederholt.  —  Vgl.  auch  W.  Bousset,  Der  Antichrist  in  der  Ueberlieferung 
des  Judentums,  des  neuen  Testaments  und  der  alten  Kirche,  Göttingen  1895. 

7.  Traumbücher:  i.  Das  grosse  Traumbuch  ^OvBiQoxQixixd)  des  Artemidoros 
(aus  der  Zeit  des  Hadrian)  war  für  die  populären  Bedtlrfnisse  der  späteren  Zeit  zu  umfang- 
reich und  zu  schwer  verständlich.  Man  stellte  ihm  daher  bald  knappere,  meist  in  der 
Form  von  jambischen  Versen  gefasste  Regeln  zur  Seite.  Wie  in  allen  Geheimwissen- 
schaften machen  sich  auch  hier  schon  früh  orientalische  Einflüsse  bemerkbar.  Orientalisches 
Kolorit  trägt  schon  das  unter  dem  Namen  des  oben  (S.  628)  genannten  Astrampsychos 
überlieferte,  aus  101  alphabetisch  geordneten  Trimetem  bestehende  Lehrgedicht.  Es  be- 
ginnt: 'Av^Qa^k  ßaivBiv  BX^Q^xrjr  drjXoT  ßXdßt^y,  Die  Entstehungszeit  des  Werkchens,  das 
von  Suidas  (s.  v.)  zitiert  und  öfter  benützt  ist,  bedarf  noch  der  Untersuchung,  wobei 
namentlich  die  Metrik  einen  Anhaltspunkt  gewähren  dürfte.  Eine  Ausgabe  mit  lateinischer 
Uebersetxung  besorgte  Job.  Obs opoeus,  Paris  1599.  —  Wiederholt  von  Servatius  Gal- 
laeuB,  Amsterdam  1689.  —  Ed.  N.  Rigault,  Artomidori  Daldiani  et  Achmetis  Sereimi 
F.  Oneirocritica,  Astrampsychi  et  Nicephori  versus  etiam  oneirocritici,  Paris  1603.  —  Dann 
ed.  Jo.  Meursius,  De  luxu  Romanorum  liber  singularis,  Hagae-Comitis  1605  S.  77—88; 
wiederholt  Amsterdam  1631.  —  Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Bari.  5,  265  f.  —  Riesa, 
Panlys  Realenzyklopädie,  Neue  Bearbeitung  2  (1896)  1796  f. 


630  Byzantinisohe  LitteratorgeBchichte.    L  ProBaiaohe  Litteratnr. 

2.  Weit  stärker  ist  die  orientalische  Herkunft  betont  im  Traumbuche  des  Achmet, 
das  in  304  Kapiteln  die  Traumtheorien  der  Aegypter,  Perser  und  Inder  enthalt.  DerYer 
fasser  bezeichnet  sich  als  Traumdeuter  des  Mamun,  des  ersten  Ministers  des  Ehalifen  (m 
820  n.  Chr.):  BißXioy  6p6iQoxQ$tixdy,  öneg  avyij^ey  xai  ovvhaiey  '^Xf*^  ^^^  £rjQ§ift  i 
oyeiQoxQittjf  Tov  nqoixov  avfißovXov  MctfAovy.  Das  Buch  des  Achmet  wurde  ata  1160  ▼« 
Leo  Thuscus  ins  Lateinische  übersetzt.  Eine  neue  lateinische  Uebersetzung  gab  Le anclsTiis, 
Frankfurt  1577  (irrtümlich  unter  dem  Namen  des  Apomasaris).  —  Eine  franzdsisck« 
Uebersetzung  erschien  zu  Paris  1581.  —  Den  griechischen  Text  ed.  N.  Big  aalt,  Ali»- 
midori  Daldiani  et  Achmetis  Sereimi  F.  Oneirocritica  etc.,  Paris  1603.  —  K.  Her  eh  er, 
Zu  Achmets  ^OyBiQoxQiunov,  Philologus  10  (1855)  346  f.  (Notiz  aus  Cod.  Vindob.  phil.  111). 
—  Nachträge  aus  dem  Cod.  Paris,  gr.  2419  gab  Ch.-E.  Kuelle,  La  def  des  aongei 
d'Achmet  Abou-Mazar.  Fragment  in^dit  et  bonnes  variantes,  Revue  des  ^t.  gr.  7  (Ifi^) 
305-312.  —  Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  5,  266  flf.  —  üeber  den  Verfasser  des 
Originals  Abu  Ma'aschar  Dja'afar  b.  Muhammed  b.  Omar  al-Balkhi  vgL  M.  Steia  Schneider, 
Die  hebräischen  Uebersetzungen  des  Mittelalters  2  (Berlin  1893)  566—570. 

3.  Das  metrische  Traumbuch  des  Astramp^chos  fand  in  der  spätem  bjrzantinischeB 
Zeit  reichliche  Nachahmung.  In  zahllosen  Hss  nndet  man  jambische  Traumlehrgedichte 
mit  alphabetischer  Anordnung.  Grösstenteils  erscheinen  sie,  obschon  sie  unter  versehie- 
denen  Namen  gehen  und  im  einzelnen  abweichen,  als  Bearbeitungen  desselben  Textes.  Die 
beliebteste,  in  zahllosen  Hss  vorkommende  Redaktion  wird  dem  Patriarchen  Nike- 
phoros  zugeteilt.  Sie  beginnt:  *^Aqx^  ^Qo  ndyttay  xai  nadtßy  x<d  xotXLag.  Sie  ist  ediert 
m  der  oben  angeführten  Sammlung  von  Rigault.  —  Ergänzungen  gab  aus  dem  Cod.  Paria 
2511  Ch.-E.  Ruolle,  Vers  inödits  et  bonnes  variantes  dans  rOnirocriticon  de  Nioöphore 
Grögoras,  Revue  des  ^t.  gr.  8  (1895)  251—255  (im  Titel  dieses  Beitrages  ist  natürlich  — 
trotz  der  Rektifikation,  Revue  des  ^t.  gr.  8  (1895)  480  —  Nicöphore  Patriarche  statt  Nio^ 
phore  Grögoras  zu  schreiben).  —  Eine  andere  Redaktion  geht  unter  dem  Namen  des  Patri- 
archen Germanos:  'OyeigoxgiuxSy  rov  7iftr^m^/ov  ^oij/arayrii'ovTrdileai;  xv^ov  Fegftayoi, 
Sie  beginnt:  'Jydgi  nXaxelg  g^iXovyn  ev^eroy  tode,  Z.  B.  im  Cod.  Vindob.  theoL  gr. 
235  fol.  311—319.  —  Eine  dritte  Ausgabe  hat  sich  gar  mit  dem  Namen  des  hL  Athanasioe 
geschmückt.  Sie  beginnt:  ^Ay^Qu^  ßalyeiy  ix^Qtxrjy  drjXot  ßXdßrjy  und  scheint  also  mit 
dem  unter  dem  Namen  des  Astrampsychos  von  Rigault  a.  a.  0.  edierten  Werke  identiadi 
zu  sein.  Z.  B.  im  Cod.  Marc.  608  fol.  335^  ff.  Ihr  Anfang  (Litt.  A — l)  steht  anonjm 
im  Cod.  Es  cur.  ^.  III.  7  und  ist  daraus  ediert  worden  von  E.  Miller,  Catalogue  aes 
mss  grecs  de  la  bibl.  de  TEscurial  S.  168—170. 

4.  Ganz  abweichend  von  dieser  Gruppe  ist  ein  alphabetisch  geordnetes,  in  Pros» 
abgefasstes  Traumbuch,  das  sich  unverfroren  als  Buch  des  Propheten  Daniel,  gerichtet 
an  den  König  Nabuchodonosor,  vorstellig  macht:  *OyeiQoxQtuxdy  ßißXioy  tov  TiQinpiJTov 
JayitjX  nqog  roy  ßaaiXea  Nußovxodoyoaog  xorrcr  dXffdßrjtoy.  Beginn:  ^Agyvgd  ij  jf^iWfr 
nBtBi,yd  idy  idrig,  axaigoy  fJidxrjv  arjfiaiyei.  Z.  B.  im  Cod.  BeroL  Phillipp.  1479  foL 
4^ — 10^.  —  Eine  Aufzählung  griechischer  Autoren,  die  als  Traumdeuter  zitiert  werden, 
gibt  Fabricius,  BibL  gr.  ed.  Harl.  5,  268  f.  —  Wichtige  Nachweise  und  Erklämngeo, 
die  auch  für  das  Studium  der  byzantinischen  Traumbücher,  Zaubersprüche  u.  s.  w.  za  be- 
achten sind,  gibt  E.  Ricss,  Volkstümliches  bei  Artemidoros,  Rhein.  Mus.  49  (1894)  177 
bis  193.  —  Vgl.  auch  die  mehrfach  mit  den  griechischen  Vorschriften  verwandten  Sitze 
aus  indischen  Traumbüchern  bei  R.  Pischel,  Zeitschr.  d.  deutschen  morgenlftnd.  Gesellsch. 
40  (1886)  114-119. 

8.  Donnerbücher,  Zuckungsbücher,  Zahlenmantik,  Buchorakel,  Geo- 
mantie  u.  s.  w.  Die  Eleinlitteratur  des  Aberglaubens,  die  in  die  Rubriken  dieser  Ueber- 
schrift  fällt,  ist  noch  weniger  erforscht  und  zugänglich  gemacht  als  die  Bücher  aus  den 
Gebieten  der  Astrologie,  des  Orakelwesens  und  der  Traumdeutung. 

i.  Donnerbücher  {BQoytoXoyia)  sind  häufig  überliefert  z.  B.  indenCodd.  Vatic. 
1066  fol.  162  tf.;  Paris.  2118  fol.  77-81;  Ambros.  E.  81.  sup.;  Phillipp.  1577.  - 
G.  J.  Kalaisakes.  Ilayroieiyoy  xaXayrdQioy,  ßqoyjoXoyioy  xai  aiiafioXoytoy,  Hagyaoffoi 
15  (1893)  315-319;  795-800.  —  Vgl,  C.  Wachsmuth  in  seiner  Ausgabe  des  Liber  de 
ostentis  des  Joannes  Laurentius  Lydus,  Leipzig  1863  S.  XXXII  ff.  —  Ein  Brontologion 
aus  Cod.  Ambros.  E.  81.  sup.  ed.  R.  Wünsch,  Zu  Lydus  De  ostentis,  B.  Z.  6  (1897). 

2.  Wenig  ist  von  mittelgriechischen  Zuckungsbüchern  bekannt  üeber  die  öfter 
edierte  Schrift  eines  gewissen  Melampus,  der  angeblich  unter  Ptolemaeos  Philadelphos 
lebte  (MeXtt'fjinodos  Ugoyqnfjifjiajitag  Tlegi  TiaXgjuay  fdayri-xt}  ngog  UroXeuaToy  ßaatXäa)  und 
andere  Sachen  dieser  Art  s.  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  HarJ.  1,  116—118.  Ein  griechisches 
Zuckungsbuch  ist  mit  der  apoluyphen  Litteratur  der  sogenannten  Eyraniden  des  Hermes 
Trismegistos,  über  die  zuletzt  H.  Haupt,  Philologie  48  (1889)  371— 374,  gehandelt  hat 
verbunden:  'Kq/agv  Tgta/Atyiciov  negi  rtuy  ^eXtoy  rov  dy^Qotnov  *  otay  Xayyevovy,  yyaigiJ^e 
ovttog.    Vgl.  Wesselofski,  a.  unten  a.  0.  —  Das  Zuckungsbach  ging  aach  za  den  Slaven 


7.  FaohwiaBeiiBchaften.    Zoologie«  Botanik,  Mineralogie,  Alohemie.    (§  261)    631 

ftbcr.  Vgl.  M.  Gast  er,  Das  türkische  Zuckungsboch  in  Rumänien,  Zeitschr.  f.  romanische 
Philologie  4  (1880)  65—71  (versucht  ein  rumänisches  Zuckungsbuch,  das  von  Melampus 
völlig  abweicht,  auf  ein  türkisches  Original  zurückzuführen).  Dazu  die  Bemerkungen 
von  A.  Wesselofski  (d.  h.  A.  Veselovskij),  Zum  rumänischen  Zuckungsbuch,  Arch.  slav. 
Philol.  5  (1881)  469  f.  Die  dort  angeführten  slavisohen  Zuckungsbücher  sind  mir  unzu- 
gänglich. 

3.  Die  Zahlenmantik  wird  in  der  Regel  auf  Pythagoras  zurückgeführt.  Sie  be- 
steht in  der  Kunst,  die  aus  den  Buchstaben  des  Namens  eines  Menschen  sich  ergebende 
Zahl  zu  berechnen  und  diese  mit  irgend  einer  anderen  Zahl  zu  kombinieren,  um  daraus 
die  Zukunft  zu  erfahren.  Hauptschrift:  P.  Tannery,  Notice  sur  des  fragments  d'ono- 
matomancie  arithm^tique,  Not.  et  extr.  31  (1886)  2,  231—260. 

4,  Die  im  Abendlande  so  beliebte  Sitte,  durch  Stichproben  aus  berühmten  heiligen 
and  auch  aus  profanen  Büchern  wie  Vergil  und  Ovid  die  Zukunft  zu  erforschen,  war  bei 
den  Byzantinern  wenig  bekannt.  Eine  Anweisung,  wie  man  aus  dem  Evangelium  und  dem 
Psalter  die  Zukunft  erkennen  könne,  steht  unter  dem  Namen  Leons  des  Weisen  im 
Cod.  Berol.  Phillipp.  1479  fol.  1 — 4^:  Me&odos  nQoyvüHSxixfj  xov  dyiov  evayyekiov  i; 
jov  iffaXrijQiov  '  noifjfjia  xvgov  Aioyxog  lov  aog)ov,  —  Eine  PsalmenbeschwOrung  steht  im 
Cod.  Vindob.  bist.  gr.  129  fol.  12  {^aX/Äol  tiS(p€Xifxoi  eis  nay  nqdyfiav,  '0  C  ilfaXfÄdg 
ta€pdXifjiog  eig  äy^Qotnoy  ^Bfiivov  etc.)- 

5.  Geomantie:  Die  Geomantie  des  persischen  Philosophen  Zanatas  wurde  von 
dem  Mönche  Arsenios  aus  dem  Persischen  in  griechische  politische  Verse  übertragen.  Sie 
stehen  z.  B.  im  Cod.  Vindob.  phil.  gr.  108  (Nessel).  In  einem  Pariser  Codex  (Colbert. 
2202)  ist  als  Verfasser  Astrampsychos  genannt.  Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  HarL 
11,  582. 

6,  Beschwörungsformeln  u.  s.  w.:  Ueber  die  zum  Niederschreiben  von  Zauber- 
sprüchen dienlichen  Materialien  (Papier,  Tinte  u.  s.  w.)  gibt  interessante  Mitteilungen  ans 
mehreren  Hss  N.  Polites,  üaXaioyQatptxt} araxvoXoyia  ix  ttuv  fAaytxtov  ßißXifoy,  B.  Z.  1  (1892) 
555 — 571.  —  Dazu  die  Bemerkungen  von  M.  Grün  wald,  Zu  den  Zauberbüchem,  B.  Z.  2  (1893) 
291—293.  —  Ernst  Kuhnert,  Feuerzauber,  Rhein.  Mus.  49  (1894)  37-58  (über  den 
grossen  Pariser  Zauberpapyrus  und  neugriechische  Zaubervorschriften).  —  Manches  hierher 
Gehörige  auch  bei  Roh.  Fuchs,  Wundermittel  aus  der  Zeit  des  Galenos,  Jahns  Jahrb. 
149  (1894)  137—143.  —  Leo  Allatius,  De  Graecorum  hodie  quorundam  opinationibus 
epistola,  Appendix  des  Werkes:  De  templis  Graecorum  recentioribus,  Coloniae  Agrippinae 
1645.  —  Die  sehr  reiche  Litteratur  über  den  neugriechischen  Volksglauben  kann  hier  nicht 

aufgeführt  werden. 

261.  Zoologie,  Botanik,  Mineralogie,  Alchemie.  Von  einem  in 
unserem  Sinne  wissenschaftlichen  Arbeiten  auf  diesen  Gebieten  und  einer 
daraus  entspringenden  originalen  litterarischen  Produktion  kann  in  der 
byzantinischen  Zeit  ebensowenig  die  Rede  sein  als  im  abendländischen 
Mittelalter.  Neben  einem  mehr  oder  weniger  vereinzelten  Studium  der 
Alten  herrscht  in  den  genannten  Disziplinen  eine  phantastische,  wesentlich 
durch  paradoxographische  und  geheimwissenschaftliche  Gesichtspunkte  be- 
stimmte Thätigkeit. 

Die  zoologische  Litteratur  der  byzantinischen  Zeit  wird  eröfhet 
durch  des  Timotheos  von  Gaza,  der  unter  Kaiser  Anastasios  I  lebte, 
Bücher  über  die  indischen  Tiere,  die  Suidas  s.  v.  Timotheos  erwähnt.  Leider 
haben  sich  von  denselben  nur  Exzerpte  erhalten.  Aus  der  späteren  byzan- 
tinischen Zeit  ist  die  erfreuliche  Thatsache  hervorzuheben,  dass  die  Tier- 
geschichte des  Aristoteles  studiert  und  bearbeitet  wurde.  Vgl.  S.  263  f. 
Ins  Gebiet  der  Tierkunde  gehören  die  in  Byzanz  viel  verbreiteten  Büchlein 
über  Falken-  Geflügel-  und  Hundezucht.  Ein  Falkenbuch  {Jlegi  %rjg  tßv 
iSQaxwv  ävaTQOff^g  te  xal  x^eganeiag)  verfasste  der  S.  615  genannte  Arzt 
Demetrios  Pepagomenos.  Demselben  wird  mit  geringerer  Gewähr  auch 
ein  Hundebuch  (xm'cnroyior)  zugeschrieben.  Beide  Schriftchen  nebst  einem 
anonymen  Vogelbuch  {ogveocotpiov)  edierte  R.  Horcher,  Aeliani  varia 
historia  2  (Leipzig  1866)  333  flf.,  517  flf.,  585  flf.   Vgl.  H.  Röhl,  Zu  Demo- 


<« 


632  Bysantinischd  LitteratargOB^hiolite.    t  Prosaisohd  Lütoraiar. 

trios  Hierakosophion  §  233,  Jahns  Jahrb.  117  (1878)  588.  Ein  anonymes 
Falkenbuch  ed.  mit  deutscher  Übersetzung  aus  einer  Wiener  Handschrift 
Hammer-Purgstall,  Falknerklee,  bestehend  in  drey  ungedruckten  Werken 
über  die  Falknerey,  Pesth  1840  S.  81—93.  Der  Titel  des  Schriftchens  lautet: 
^l€Qaxoa6g>iv  stg  latqeiav  oQvewv  xai  etg  xondg  xal  XQ^lia  otov  ^aydv^ov^  yal- 
xov((üY,  nsTQivSvy  icQaxiiov,  T^ovgaxiwv  xai  o^vmeQvyiov.  Gegen  das  Ende 
des  byzantinischen  Zeitraumes  verfasste  der  Betteldichter  Manuel  Philes 
ein  grosses  Lehrgedicht  über  die  Eigenschaften  der  Tiere  und  eine  poetische 
Beschreibung  des  Elefanten.  Vgl.  den  §  Philes  im  Abschnitte  »Profan- 
poesie*. Das  wichtigste  zoologische  Werk  der  byzantinischen  Zeit  war 
der  Physiologos.  Vgl.  den  ihm  gewidmeten  §  im  Abschnitte  .Vulgär^ 
griechische  Litteratur." 

Mit  Botanik  beschäftigten  sich  die  Byzantiner  fast  nur  mit  Rück- 
sicht auf  die  praktische  Verwendung  der  Pflanzen  und  Früchte.  Daher 
sind  die  wichtigsten  Aufklärungen  über  die  botanischen  Kenntnisse  der 
Mittelgriechen  in  ihren  landwirtschaftlichen,  medizinischen  und  pharma- 
kologischen Werken  zu  suchen.  Vgl.  S.  261  flf.,  613  flf.  Ein  anonymes 
griechisches  Gedicht  über  die  Kräfte  der  Pflanzen,  das  in  dem  berühmten 
Wiener  Codex  des  Dioskorides  aufbewahrt  ist,  edierte  neuerdings  M. 
Haupt,  Berliner  Index  lectionum  1873/74.  Zerstreute  Bemerkungen  über 
Pflanzen  findet  man  auch  in  geographischen  und  historischen  Werken,  be- 
sonders bei  Kosmas  Indikopleustes  (s.  S.  412  ff.)  und  Michael  Glykas 
(s.  S.  380  ff.).  Nichts  Näheres  ist  bis  jetzt  bekannt  über  die  z.  B.  im 
Codex  Vatic.  Palat.  77  überlieferte  Schrift  des  Neophy  tos  Prodromenos 
über  die  Pflanzen. 

In  der  Mineralogie  herrscht  noch  ausschliesslicher  als  in  der  Zoo- 
logie der  occultistische  Charakter,  und  über  das  Studium  der  vermeint- 
lichen Geheimkräfte  der  Mineralien  sind  die  Byzantiner  nicht  hinaus- 
gekommen. Ein  Zeugnis  dieser  Auffassung  ist  die  unter  dem  Namen  des 
P seil  OS  überlieferte  Schrift  „Über  die  Kräfte  der  Steine*  (/7*^i  H^mv 
dvväfA€wv),  die  bei  Ideler,  Physici  et  medici  graeci  minores  1  (1841)  244  ff., 
gedruckt  ist.  Nichts  Näheres  wissen  wir  von  des  Neilos  Diassorinos 
Schrift  „Über  die  Steine ^     Vgl.  S.  560. 

Mit  der  Mineralogie  eng  verwandt  ist  die  Alchemie  d.  h.  die  Kunst 
Metalle  in  andere  umzuwandeln,  die  bei  den  Griechen  gewöhnlich  als  die 
heilige  oder  die  göttliche  und  heilige,  auch  die  grosse  und  heilige  Kunst 
{iegd,  &€ia  xai  Uga,  fieyäXrj  xal  legd  Te'xvrj)  bezeichnet  wird.  In  ihrem 
Kerne  ägyptischen  Ursprungs,  zweifellos  ausgegangen  von  der  rein  prak- 
tischen Grundlage  der  Metallfarbung  und  Metallfalschung,  später  mit  magi- 
schen und  astrologischen  Dingen  verquickt,  beginnt  die  Alchemie  bei  den 
Römern  nnd  Griechen  seit  dem  3.  Jahrhimdert  n.  Chr.  eine  merkbare  Rolle 
zu  spielen.  Die  ältesten  alchemistischen  Denkmäler  sind  der  Leidener 
Papyrus  X  aus  dem  Ende  des  3.  oder  dem  Anfange  des  4.  Jahrhunderts, 
des  Pseudo-Demokritos  Traktat  <Pvaixd  xai  iivaxixd  und  die  sogenannte 
Chemie  des  Moses.  Den  grössten  Einfluss  auf  die  Folgezeit  gewann 
Zosimos  aus  Panopolis  in  Ägypten,  der  wahrscheinlich  im  Anfange  des 
•  Jahrhunderts  ein  aus  vielen  Büchern  bestehendes  Werk  alchemistischen 


7.  FachwisBenaohaften.    Zoologie,  Botanik,  Mineralogie,  Alohemie.    (§  261)     633 

und  verwandten  Inhalts  verfasste.  Als  Kuriosität  sei  erwähnt,  dass  ein 
Fragment  des  Zosimos  die  älteste  griechische  Anweisung  zur  Bereitung 
des  Bieres  enthält.  Andere  alchemistische  Schriftsteller  sind  Synesios 
aus  dem  Ende  des  4.  Jahrhunderts  (sicher  verschieden  von  dem  berühmten 
Bischöfe  dieses  Namens)  und  Olympiodoros,  der  vielleicht  mit  dem 
Geschichtschreiber  identisch  ist.  Zwei  jetzt  nicht  mehr  vorhandene  alche- 
mistische Schriften  waren  mit  den  Namen  der  Kaiser  Justini  an  und 
Heraklios  geschmückt.  Ein  umfangreiches,  aber  inhaltlich  dürftiges  Werk 
IIsqI  xQvaonoiiaq  geht,  wahrscheinlich  mit  Unrecht,  unter  dem  Namen  des 
Mathematikers  Stephanos  von  Alexandria  (s.  S.  621).  Die  Lehren 
des  Stephanos  wurden  von  den  nach  ihrer  Zeit  und  Person  unbekannten 
alchemistischen  Dichtern  Heliodoros,  Theophrastos,  Hierotheos  und 
Archelaos  in  byzantinischen  Trimetern  wiedergegeben.  Wichtig  sind 
zwei  byzantinische  Kommentatoren  aus  dem  7.  Jahrhundert,  der  „Christ" 
und  der  „Anonymus".  Wenn  schon  die  zuletzt  genannten  Alchemisten 
offenbar  nicht  mehr  praktisch  thätig  waren,  so  scheint  in  der  späteren 
byzantinischen  Zeit  die  Alchemie  nur  noch  in  einigen  litterarischen  Ver- 
suchen fortgelebt  zu  haben.  Zwei  wichtige  Sammlungen  alchemistischer 
Schriften,  über  deren  Entstehungszeit  sich  zunächst  nur  vermuten  lässt, 
dass  sie  im  Zusammenhange  mit  den  grossen  Sammlungen  des  10.  Jahr- 
hunderts stehen,  sind  uns  im  Codex  Marc.  299  und  im  Codex  Paris. 
2327  erhalten.  Als  Verfasser  eines  Briefes  über  das  Goldmachen  (//«gl 
XQvaonoitaq)  wird  Psellos  genannt.  Vgl.  S.  442.  Eine  ähnliche  Schrift 
geht  unter  dem  Namen  des  Philosophen  Nikephoros  Blemmydes.  Dazu 
kommt  die  ^EQfirjveia  rf-g  iniaTtjfirjg  rrjg  xQvaonouag  des  Mönches  Kosmas. 
Einiges  alchemistische  Material  enthält  eine  Schrift  des  Johannes  Kana- 
butzes;  vgl.  §  231.  Dass  die  Alchemie  bei  den  Mittelgriechen  etwa  seit 
dem  6.  Jahrhundert  keine  praktische  Förderung  mehr  erfuhr,  ist  um  so 
auffälliger,  als  sie  bei  den  Orientalen  und  Westeuropäern  noch  über  ein 
Jahrtausend  lang  rege  gepflegt  wurde.  Im  6.  Jahrhundert  kam  sie  von 
den  Griechen  zu  den  Syrern,  von  diesen  später  zu  den  Arabern  und  von 
diesen,  wie  schon  der  arabische  Artikel  des  Wortes  verrät,  zu  den  West- 
europäern. Sie  starb  erst  in  der  neueren  Zeit,  nachdem  sie  eine  lebens- 
kräftigere Tochter,  die  Chemie,  erzeugt  hatte. 

Ausgaben  und  Hilfsmittel: 

1.  Zoologie:  Har.  Ottmar  Lenz,  Zoologie  der  alten  Griechen  und  Römer,  deutsch 
in  Auszfigen  aus  deren  Schriften,  nebst  Anmerkungen,  Gotha  1856.  —  Carus,  Geschichte 
der  Zoologie  bis  auf  J.  Müller  und  Ch.  Darwin,  München  1872.  —  Ferd.  Hoefer,  Histoire 
de  la  Zoologie  depuis  les  temps  les  plus  recul^  jusqu'ä  nos  jours,  Paris  1873  (skizsenhaft 
und  oberflAchlich).  —  Ueber  die  neugriechischen  Tiemamen  unterrichtet  D.  Bik^las,  Sur 
la  nomenclature  moderne  de  la  faune  grecque,   Annuaire  de  Tassoc.  12  (1878)  208—237. 

—  Reichhaltige  Mitteilungen  über  die  Vögel  im  heutigen  Griechenland  bei  Aug.  Mommsen, 
Griechische  Jahreszeiten,  Schleswig  1873—1877  S.  155—330.  —  Timotheos  von  Gaza: 
Exzerpte  seiner  Tierbficher  ed.  zuerst  ohne  Automamen  Chr.  Fr.  Matthaei,  Brevis  historia 
animalinm  scriptoris  anonymi,  qui  seculo  XI.  sub  Constantino  Monomaoho  imperatore  Con- 
stantinopoli  flomit,  in  den  JlotxiXa  'EXXijyixä  seu  Varia  Graeca,  Moskau  loll  S.  1 — 90. 

—  Dann  ed.  Sttücke  des  Textes  mit  Zusätzen  M.  Haupt,  Excerpta  ex  Timotiiai  Qaiatti  libm 
de  animalibus,  Manridi  Hauptii  opuscula  3  (1876)  274—302.  —  Ein  Omeoflo^iMm  ift^mite 
dem  Namen  des  Kaisers  Leon  des  Weisen  überliefert  z.  B.  in  den  Codd.  Eacur«  &        ^ 
'y.  IV.  10;  Si.  IV.  20.    Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  1,  211. 

2.  Botanik:  Hauptwerk,  in  welchem  auch  die  littenrhistoriMh« i 


634  Byzaniinisohe  LitteratiirgeBoliichte.    L  Prosaisohe  lititraiiir. 

sichiigt  ist:  Ernst  H.  F.  Meyer,  Geschichte  der  Botanik,  4  Bde,  Königsberg  1854—1857. 
—  F.  Hoefer,  Histoire  de  la  botaniqae,  de  la  min^ralogie  et  de  la  göologie,   Paria  1882. 
•  -  Th.  V.  Heldreich,  Die  Nutzpflanzen  Griechenlands.    Mit  bes.   Berücksichtigang  der 
der  neagriech.  and  pelasg.  Vulgamamen.  Athen  1862.  —  Th.  v.  Heldreich,  Pflanzen  d« 
attischen  Ebene  bei  A.  Mommsen,  Griech.  Jahreszeiten  S.  471—597.   —  Ueber  die  bot^  j 
nische  Nomenklatur  der  alten  wie  der  mittelalterlichen  Zeit  unterrichtet  das  yerdieiistli«^  i 
Buch  von  Beruh.  Langkavel,  Botanik  der  späteren  Griechen  vom  8.  bis  zum  13.  Jalir-  | 
hundert,  Berlin  1866;  dortselbst  S.  XXII  f.  bibliographische  Notizen  über  die  botaniBch»  i 
Litteratur  der  Byzantiner. 

3.  Mineralogie:  Ueber  griechische  Quellen  mittelalterlicher  Schriften  'fiber 
magische  Steine  handelt  V.  Rose,  Damigeron  de  iapidibus,  Hermes  9(1875)471 — 49L 

4.  Alchemie: 

A.  Ausgaben:  Hauptsammlung  griechischer  alchemistischer  Texte:  Collection  dci 
anciens  alchimistes  grecs  publice  par  M.  Berthelot,  avec  la  collaboration  de  Ch.-£iiL 
Kuelle,  3  Bde,  Paris  1888,  1888,  1883.  Der  erste  Band  enthält  die  Einleitung  über  die  Ge- 
schichte  der  Alchemie  mit  Notizen  über  Hss,  Abbildungen  von  alchemistischen  Utenailiei 
u.  s.  w.,  der  zweite  die  griechischen  Texte,  der  dritte  die  französische  Uebersetzung  der- 
selben. Zur  Beurteilung  der  Ausgabe  vgl.  W.  Meyer,  Verzeichnis  der  Hss  im  preuasi- 
sehen  Staate  I  1  (1893)  5.  —  Zosimi  Panopolitani  de  zythorum  confectione  fragmentom  nnoe 
primum  graece  et  latine  editum.  Accedit  historia  zythorum  sive  cerevisianun  etc.  scripat 
D.  Christ.  G.  Grüner,  Solisbaci  1814.  —  Das  Fragment  auch  in  der  Sammlung  von 
Berthelot  (s.  o.)  2,  372.  —  Alb.  Jahn,  Ghemica  graeca  e  codicibus  mss  Mooacensi  112 
et  Bemensi  579,  Revue  de  philologie  15  (1891)  101—115  (kurze  Auszüge  aus  alchemistischen 
Schriften  des  Stephanos  von  Alexandria,  Synesios  und  Heliodoros  mit  geschwätzigem  Kom- 
mentar). 

B.  Hilfsmittel: 

1.  Aligemeine  Darstellungen:  E.  Chr.  Schmieder,  Geschichte  der  Alchemie, 
Halle  1832.  —  Ferd.  Hoefer,  Histoire  de  la  chimie,  2  tomes,  Paris  1842—1843.  Dana 
in  neuer  Bearbeitung  als:  Histoire  de  la  physique  et  de  la  chimie  depuis  les  temps  les  plus 
reculös  jusqu*ä  nos  jours,  Paris  1872.  —  Eine  gute  üebersicht  über  die  ältere  Geschichte 
und  das  Wesen  der  Alchemie  gab  M.  Berthelot,  Les  origines  de  Talchimie,  Paris  1885 
(im  Anhang  Analyse  alchemistischer  Papyri,  Beschreibung  griechischer  alchemistischer 
Hss  u.  s.  w.).  —  M.  Berthelot,  La  chimie  au  moyen-&ge.  Tome  1.  Essai  sur  la  trans- 
mission  de  la  science  antique  au  moyen-äge.  Doctrines  et  pratiques  chimiques.  Traditions 
techniques  et  traductions  arabico-latines.  Tome  2.  L'alchimie  syriaque  etc.,  avec  la  colla- 
boration de  Rubens  Duval.  Tome  3.  L'alchimie  arabe  etc.,  avec  la  collaboration  de  Hondas. 
Paris  1893.  —  Eine  knappe  Üebersicht  gab  M.  Berthelot,  La  Chimie  dans  Tantiquit^  et 
au  moyen-äge,  Revue  des  deux  mondes  119  (1893)  315—336.  —  Herm.  Kopp,  Die  Al- 
chemie in  älterer  und  neuerer  Zeit,  2  Teile,  Heidelberg  1886.  —  H.  W.  Schäfer,  Die 
Alchemie,  ihr  ägyptisch-griechischer  Ursprung  und  ihre  weitere  histor.  Entwicklung,  Flens- 
burg 1887.  —  Ernst  von  Meyer,  Geschiente  der  Chemie  von  den  ältesten  Skiiten  bis 
zur  Gegenwart,  Leipzig  1889  (behandelt  das  Altertum  und  Mitteltalter  nur  ganz  kurz).  — 
Eine  treffliche  Darstellung  der  Geschichte  der  griechischen  Alchemie  bis  zum  7.  Jahr- 
hundert gibt  Riess,  Paulys  Realenzyklopädie,  Neue  Bearbeitung  1  (1894)  1338—1355.  — 
Eine  allgemeine  üebersicht  über  die  Geschichte  der  Alchemie,  Astrologie,  der  Wahrsage- 
künste u.  a.  gibt  Carl  Kiesewetter,  Die  Geheimwissenschaften,  Leipzig  1895. 

2,  Spezialschriften:  Herm.  Kopp,  Beiträge  zur  Geschichte  der  CÜiemie.  3  Stücke, 
Braunschweig  1869—1875.  —  M.  Berthelot,  La  chimie  des  Egyptiens  d'apres  les  papyms 
de  Leide,  Annales  de  chimie  et  de  physique,  VI.  s.,  tomo  9  (1886)  5—65.  —  M.  Berthelot, 
Sur  les  commentatours  des  vieux  alchimistes  grecs,  Journal  des  Savants  1889  S.  106- -114 
(im  Anschluss  an  seine  Collection).  -  M.  Berthelot,  Sur  les  traces  des  Berits  alchimiques 
grecs  conserv^es  dans  les  traites  latins  du  moyen-äge  et  sur  Touvrage  intitul^  Turba 
p,hilosophorum,  Journal  des  Savants  1890  S.  514—523;  573—586.  —  Paul  Tannery, 
Etudes  sur  les  alchimistes  grecs.  Syn^sius  ä  Dioscore,  Revue  des  ^t.  gr.  3  (1890)  282 
bis  288. 

C.  Zur  üeb erlief erung:  Vor  allem  kommen  in  Betracht  die  Co dd.  Marc.  299  und 
Paris.  2327.    Dazu  die  Codd.  Laur.  86,  16;  Neapel.  HI.  D.  17—19;  Escur.  *.  L  11  und 
^.  I.  13;  Berol.  Phillipp.  1540  u.  a.  Eine  Zusammenstellung  der  Hss  gab  H.  Kopp,  Bei- 
träge zur  Geschichte  der  Chemie,  Stück  2  (1869)  265—315.   —   Genauere  Beschreibungen 
und   Analysen   gab  M.  Berthelot,   Les  origines  de  T Alchimie,   Paris  1885  S.  335 — 355, 
und:  Collection  des  anciens  alchimistes  grecs  1  (1888)  173-219  und  2  (1888)  2.   —   Die^ 
griechischen  und  lateinischen  alchemistischen  Hss  in  Rom  beschreibt  Andr^  Berthelo\> 
Rapport  sur  les  mss  alchimiques  de  Rome,   Archives  des  missions  scientifiques  \\V^  seric 
tome  13  (1887)  819-  854. 


7.  FachwisBensohaften.    MilitärwisBeiiBohaft.    (§  262)  635 

262.  Militärwissenschaft.  Man  pflegt  den  Byzantinern  tote  Bücher- 
gelehrsamkeit und  unfruchtbare  Scholastik  vorzuwerfen;  dass  dieser  Vor- 
wurf bedeutender  Einschränkungen  bedarf,  ist  in  der  letzten  Zeit  wieder- 
holt nachgewiesen  worden.  Eines  der  Gebiete,  auf  die  er  nicht  zutrifft, 
ist  das  Militärwesen;  hier  wünschten  wir  im  Gegenteil  etwas  mehr  Bücher- 
weisheit. Wer  mit  der  byzantinischen  Kriegsgeschichte  des  10. — 12.  Jahr- 
hunderts vertraut  ist,  bewundert  die  hohe  Ausbildung  des  Landheeres  und 
der  Flotte,  durch  welche  über  unermessliche  Barbarenheere  die  schönsten 
Erfolge  errungen  wurden.  Aber  neben  dieser  bedeutenden  praktischen 
Bethätigung  der  kriegswissenschaftlichen  Kenntnisse  steht  keine  ebenbürtige 
militärische  Litteratur,  und  man  kann  sich  die  Thatsache  der  hohen  tak- 
tischen und  disziplinaren  Ausbildung  nur  durch  die  Annahme  einer  mächtig 
wirkenden  Tradition  erklären.  Die  litterarische  Seite  der  Kriegskunst 
wurde  wenig  gepflegt.  Wie  in  allen  Wissenszweigen,  waren  es  auch  hier 
zunächst  dieWerkederAlten,  die  studiert,  abgeschrieben  und  exzerpiert 
wurden,  obschon  ihre  Lehren  für  die  gänzlich  veränderten  Verhältnisse 
der  byzantinischen  Zeit  unmöglich  passen  konnten.  Sammlimgen,  Auszüge 
und  Paraphrasen  der  alten  Taktiker  und  Poliorketiker  wie  Biton,  Heron, 
Philon,  Athenaeos,  Aeneas,  Aelian,  Polyaen,  Apollodor,  Onosander  u.  a. 
sind  in  mehreren  Handschriften  aus  byzantinischer  Zeit  erhalten.  Auch 
in  der  grossen  historischen  Sammlung  des  Konstantinos  Porphyrogennetos 
hat  ein  Kapitel  üegii  aTQaTijyr^fitxTwv  Aufnahme  gefunden. 

Die  selbständige  Leistung  der  Byzantiner  auf  dem  militärwissen- 
schaftlichen Gebiete  beschränkt  sich  auf  wenige  Schriften.  Im  Anfange 
des  6.  Jahrhunderts  verfasste  Orbikios  (ÖQßixiog  auch  OvQßixiog)  eine 
kleine  Schrift  (Enitijdevfia),  in  welcher  er  dem  Kaiser  Anastasios  vor- 
schlug, als  Verteidigungswaffe  der  Infanterie  gegen  die  Kavallerie  der 
Barbaren  transportable  Sturmböcke  (xavoveg)  einzuführen.  Ausserdem 
schrieb  Orbikios  einen  Auszug  der  Taktik  des  Arrian  {Taxuxov)  und  einen 
im  Etymologicum  Magnum  erhaltenen  Artikel  über  die  Unterabteilungen 
des  Heeres  und  deren  Führer  {^ÖQßixiov  tcov  negl  ro  axQcnevfia  td^etüv). 
Eine  durch  Selbständigkeit  ausgezeichnete  Schrift  eines  Unbekannten 
über  die  Kri egswissenschaft  als  Teil  der  Staatswissenschaft  entstand 
in  der  Zeit  des  Kaisers  Justinian  {IIoXiTixrjg  ngaxrixdv  i^ägog  ijroi  negl 
ffvQcnrjY^'i^)'  In  der  Einleitung  äussert  der  Verfasser  die  Absicht,  auch 
über  den  Seekrieg  zu  handeln;  davon  ist  in  der  edierten  Schrift  nichts  zu 
finden,  vielleicht  aber  steckt  diese  versprochene  Arbeit  in  der  leider  eben- 
falls verstümmelten  anonymen  Schrift  über  den  Seekrieg,  welche 
K.  K.  Müller  gefunden  und  veröffentlicht  hat.  Etwas  später  entstand  das 
militärische  Werk  (J^T^airr;/ixdi'),  das  unter  dem  Namen  eines  Maurikios 
überliefert  ist.  An  den  Kaiser  Maurikios  als  Verfasser  zu  denken,  ver^ 
bieten  innere  Gründe;  vielleicht  ist  der  wahre  Autor  jener  Ruf us,  der  in 
den  Leges  militares  als  Verfasser  eines  strategischen  Werkes  zitiert  wird. 
Der  sogenannte  Maurikios  gibt  genaue  Ausführungen  über  die  Ausbildung 
und  Einteilung  der  Heere,  über  Strategik  und  Taktik,  über  das  in  der 
bj^ntinischen  Kriegsführung  stets  stark  betonte  Mittel  der  Hinterhalte, 
aber  die  Gefechtsweise  der  Skythen,  Alanen,  Afrikaner  und  ItaUker,  Ober 


636  Byzantinische  LitteratnrgeBohiohie    I.  Frosaisclie  Litterator. 

militärische  Überraschungen,  über  Befestigungskunst  u.  s.  w.  Das  Back 
ist  eine  ziemlich  unselbständige  Kompilation;  völlig  neu  ist  nur  die  byzan- 
tinische Chargenbezeichnung. 

Nur  mittelbar  gehört  zur  byzantinischen  Litteratur  die  lateinisdi 
erhaltene,  aber  wahrscheinlich  aus  dem  Griechischen  übersetzte  Schrift  dn 
Marchus  Graecus  über  die  Herstellung  des  griechischen  Feuers  (Liber 
ignium  ad  comburendos  hostes) ;  diese  spätestens  im  Anfange  des  9.  Jahr^ 
hunderts  entstandene  Schrift  ist  dadurch  hochinteressant,  dass  sie  das 
älteste  Rezept  zur  Bereitung  des  Schiesspulvers  (ignis  volans)  ent- 
hält und  somit  für  die  Geschichte  der  wissenschaftlichen  Pyrotechnik  den 
Ausgangspunkt  bildet. 

Das  wertvollste  kriegswissenschaftliche  Buch  der  byzantinischen  Zeit 
ist  eine  Taktik  {Tiov  iv  noläfioig  xaxxixwv  avvTOfiog  naQaSoaig)^  die  unter 
dem  Namen  eines  Kaisers  Leon  überliefert  ist;  neuere  Untersuchungen 
haben  wahrscheinlich  gemacht,  dass  Kaiser  Leon  der  Isaurier  gemeut 
ist.  Der  Verfasser  schöpft  zum  Teil  aus  Maurikios,  gibt  aber  auch  viele 
originale  Vorschriften.  Ein  eigenes  Kapitel  widmet  er  dem  Kriegsrecht 
Im  Kapitel  über  den  Seekrieg  findet  man  eine  wichtige  Stelle  über  das 
griechische  Feuer,  die  mit  Sicherheit  beweist,  dass  dieses  gefürchtete 
Kampfmittel  nicht  anderes  war  als  Schiesspulver.  Vgl.  die  Ausgabe 
von  Meursius-Lamius  Kap.  19  §  6  und  56—57  (S.  828  und  844).  Unter 
dem  Namen  des  Leon  ist  auch  eine  Sammlung  von  Stellen  kriegswissen- 
schaftlichen Inhalts  aus  alten  Autoren  überliefert:  SrQaTrjyixal  naQatvecfiq 
ix  nQ(i^€(üV  xal  atQaTrjyrjfiaTiov  naXamv  avÖQmv,  ^PüOfialoDV  T€  xai  ^EXXijvwr 
xai  lomü5v,  iv  xetpalaioig  xr/.  Eine  oberflächliche  Umarbeitung  der  Taktik 
des  Leon  wurde  später  unter  dem  Namen  des  Kaisers  Konstantin  Vlil 
(1025 — 1028)  verbreitet.  Eine  unbedeutende  Kompilation  {STQavijy$x6v 
7t€Qi  idiSv  diaifoqoiv  ix^vwp)  ist  unter  dem  Namen  des  Konstantin  Por- 
phyrogennetos  überliefert.  Den  oben  erwähnten  strategischen  Titel 
seiner  historischen  Enzyklopädie  scheint  der  Patrikios  Basilios  Peteinos 
bearbeitet  zu  haben.  Derselbe  Mann  wird  in  den  Handschriften  als  Ver- 
fasser einer  (von  Fabricius  edierten)  Schrift  über  den  Seekrieg  {Natf- 
fxaxixd)  bezeichnet;  wahrscheinlich  aber  beruht  diese  Zuteilung  auf  dem 
Missverständnis  der  metrischen  Widmung,  die  sich  an  einen  Basilios 
wendet.  Aus  unsicherer  Zeit  stammt  die  aus  Athenaeos,  ^iton,  Heren 
von  Alexandria,  Philon  und  Apollodoros  kompilierte  poliorketische  Schrift, 
die  ohne  genügende  Gewähr  einem  Heron  (dem  Jüngern)  zugeteilt  ist^ 
Über  die  mit  dem  Namen  des  NikephorosPhokas  verbundenen  militä- 
rischen Schriften  vgl.  S.  268  f.  Ohne  Bedeutung  ist  die  dem  Psellos  zu- 
geschriebene Schrift  n€Ql  noXefjiixrjg  ra^ewg,  eine  fast  wörtliche  Kompilation 
aus  Aelian.  Zum  Schluss  sei  noch  auf  das  militärische  Lexikon  hin- 
gewiesen, das  wohl  im  10.  Jahrhundert  entstanden  ist:  'EQfiijveia  rwv  inl 
a%Qax€viidT(üV  xai  noXeiuxtav  naqaxd^ewv  gxovfov, 

1.  Ausgaben: 

A.  Sammlangen:  H.  Eöchly  und  W.  Rüstow,  Griechische  Kriegsschriftsteller, 
Griechisch  und  Deutsch  mit  kritischen  und  erklärenden  Anmerkungen,  2  Teile  in  3  Bden, 
Leipzig  1853—1855.  Die  ersten  2  Bände  enthalten  alte  Autoren  wie  Aeneas,  Heron,  Philon 
u.  8.  w.y  der  3.  Band  bringt  die  Schrift  des  byzantinischen  Anonymus  ttber  die  praktische 


7.  FachwiBBeiiBohaften.    MilitärwlMenBchaft.    (§  262)  637 

Staatekunst  mit  einem  dreifachen  Anhange.  —  Die  poliorketischen  Schriften  des  Athenaeos, 
Biton,  Heron,  Apollodoros  u.  a.  ed.  C.  Wescher,  Poliorc^tique  des  Grecs.  Trait^s  th^o- 
riques,  r^cits  historiques,  Paris  1867.  Vgl.  die  eingehenden  Besprechungen  von  E.Miller, 
Journal  des  Savants  1868  S.  178—189;  243—258;  305-824,  und  Carl  Müller,  Göttinger 
Gel.  Anzeigen  1869  S.  1—33.  Emendationen  von  C.  G.  Gebet,  Epistola  critica  ad  v.  c. 
Ed.  Toumier  de  fragmentis  quibusdam  historicorum  in  codice  Athoo  repertis  et  a  v.  d. 
Car.  Wescher  primum  editis,  Revue  de  philologie  2  (1878)  188—194.  —  Eine  kritische 
Gesamtausgabe  plante  einst  Fr.  Haase.  Sein  Nachlass  ging  an  K.  K.  Müller  über,  von 
dem  man  nun  mit  Sehnsucht  die  Ausführung  des  schönen  Planes  erwartet. 

B.  Spezialausgaben  mit  den  dazu  gehörigen  Einzelschriften  und  Ueber- 
setzungen: 

i.  Orbikios:  Ed.  Riganlt  mit  Onosander,  Paris  1599  S.  69—74.  >-  Ed.  Scheffer 
mit  Maurikios,  Upsala  1664  S.  364—370.  —  Französische  üebersetzung  von  Ch.  Guisohardt, 
M^moires  militaires  2  (La  Haye  1758)  104—106.  —  Das  Taxtixoy  ed.  R.  Förster,  Kaiser 
Hadrian  und  die  Taktik  des  Urbicius,  Hermes  12  (1877)  449—471.  —  Der  lexikalische 
Artikel  u.  a.    in   der  Londoner  Ausgabe  des  Thesaurus  des  H.  Stephanus  vol.  9  S.  945  f. 

2.  Den  Anonymus  IJegl  <ixQ(nfjyixfjg  edd.  aus  Cod.  Paris.  2522  Eöchly  und 
Rüstow,  Griechische  Eriegsschriftsteller  II  2  (1855)  41—209.  —  Die  vielleicht  dazu  ge- 
hörige Schrift  über  den  Seekrieg  ed.  aus  dem  Cod.  Ambros.  B.  119  Sup.  K.  E.  Müller, 
Eine  griechische  Schrift  über  Seekrieg,  Würzburg  1882.  Eine  italienische  Üebersetzung 
der  Schrift  gab  F.  Corazzini,  Scritto  sulla  tactica  navale  di  anonimo  Greco,  Livomo  1883. 

3.  Maurikios:  Erste  und  einzige  Ausgabe  von  Scheffer,  Arriani  tactica  et 
Mauricii  ars  militaris,  üpsala  1664  (mit  lateinischer  Üebersetzung  und  Kommentar).  —  Ein 
mit  Maurikios  eng  verwandtes  Strategikon  ed.  K.  K.  Müller,  Ein  griechisches  Fragment 
Aber  Kriegswesen,  Festschrift  für  Ludwig  Urlichs,  Würzburg  1880  S.  106—188. 

Hilfsmittel:  F.  Salamon,  Zur  magyarischen  Militllrgeschichte  im  Zeitalter  der 
Henöge,  Budapest  1877  (verbesserte  Ausgabe  einer  zuerst  im  Szäzadok  erschienenen  Dia- 
sertation) (ungar.)*  Der  Verf.  der  mir  unzugänglichen  Schrift  meint,  das  Werk  des  Mau- 
rikios sei  nicht  vor  dem  9.  Jahrhundert  entstanden.  —  Jahns,  a.  unten  a.  0.  S.  152—156. 
—  K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,  Wissenschaft  und  Recht  für  das  Heer  vom  6.  bis 
zum  Anfang  des  10.  Jahrhunderts,  B.  Z.  8  (1894)  437—457. 

4.  Marchus  Graecus:  Ed.  Ferd.  Höfer,  Histoire  de  la  chimie  1  (Paris  1842) 
491—497.  —  VgL  Jahns,  a.  unten  a.  0.  S.  156—158. 

5.  Taktik  des  Leon:  Den  griechischen  Text  ed.  pr.  Meursius,  Lugduni  Bata- 
vorum  1612.  Diese  Ausgabe  ist  wiederholt  mit  Ergänzungen  aus  einer  neuen  Hs  von 
LamiuB  in  den  Opera  Meursii  6  (Florenz  1745)  529—920.  —  Wiederholt  bei  Migne, 
Patrol.  gr.  107,  669—1120.  —  Zusätze  von  H.  Köchly,  Selecta  quaedam  ex  ineditis  I^onis 
tacticifl  capita,  Zürich  1854. 

Zahlreiche  Uebersetzungen:  Lateinisch  von  John  Cheke,  Basel  1554.  —  Ita- 
lienisch von  Pigafetta,  Venedig  1541.  —  Französisch  von  Joly  de  Maizeroy, 
Institations  militaires  de  Tempereur  L^on  etc.,  Paris  1758—1778.  —  Deutsch  von  J.  v. 
Bourscheid,  Kaiser  Leo  des  Philosophen  Strategie  und  Taktik,  5  Teile,  Wien  1777—1781 
(beruht  auf  der  vorgenannten  französischen  üebersetzung,  ist  aber  von  Wert  durch  die 
gehaltvollen  Exkurse).  —  Das  Kapitel  über  den  Seekrieg  übersetzte  und  erläuterte  Aug. 
Fr.  Gfrörer,  Byzantinische  Geschichten  2  (1873)  410—425.  —  Ungarisch  sind  mehrere 
Partien  übersetzt  von  Karl  Szabö,  Kleinere  historische  Schriften.  I.  Die  Kriegsorganisation 
der  Magyaren  (ungar.)  (mir  unzugänglich). 

Die  Schrift  Ivgarrjyixal  na^aiys'aeig  ed.  pr.  (aus  dem  Cod.  Laur.  75,  6)  J.  Melber, 
Polyaeni  strategematon  libri  octo,  Leipzig,  Bibl.  Teubneriana  1887  S.  505—540. 

Hilfsmittel:  M.  Jahns,  a.  unten  a.  0.  S.  160  —  171.  —  K.  E.  Zachariae  von 
Lingenthal,  Wissenschaft  und  Recht  für  das  Heer  vom  6.  bis  zum  Anfang  des  10.  Jahr- 
hunderts (L  Die  Tactica  Leonis),  B.  Z.  3  (1894)  437—457.  —  K.  Schenk,  Leons  IH 
Urheberschaft  der  Taktika,  B.  Z.  5  (1896)  298  f. 

6.  Konstantin  Porphyrogennetos  und  Konstantin  VIII:  S.  die  Litteratur- 
angaben  S.  258;  260. 

7.  Die  dem  Basilios  Peteinos  gewidmete  Schrift  über  den  Seekrieg  ed.  Fabricius, 
BibL  gr.  8  (1717)  136-148. 

8.  Psellos:  Ed.  Fr.  Boissonade,  ^aXog,  Nürnberg  1888  S.  120—124.  —  Damach 
wiederholt  bei  Köchly  und  Rüstow,  Griechische  Kriegsschriftsteller  II  2  (1855)  234 
bis  238. 

9.  Das  militärische  Lexikon  ist  öfter  mit  Suidas  ediert  z.B.  in  der  Ausgabe 
von  Bernhardy  II  2  (1853)  1735—1744.  -  Auch  mit  dem  Lexikon  des  Thomas  Ma- 
gister, Paris  1532.  —  Wiederholt  von  Köchly  und  Rüstow,  Griechische  Kriegsschrift- 
steiler  II  2  (1855)  217-233. 


638  ByzanüniBohe  LitteratnrgeBohichta.    L  Prosaisohe  Utteratar. 

2.  Hilfsmittel: 

A.  Allgemeine  Werke:  In  den  älteren  Werken  über  das  griechisch-römische 
Kriegswesen  ist  fast  ausschliesslich  das  Altertum  berücksichtigt.  Hauptschrift:  W.  Rüstow 
und  H.  Eöchly,  Geschichte  des  griechischen  Kriegswesens  von  der  ftltesten  Zeit  bis  vd 
PyrrhoSi  Aarau  1852.  —  Ziemlich  eingehend  ist  das  Altertum  und  das  Mittelalter  behandelt 
von  Max  Jfthns,  Geschichte  der  Kriegswissenschaften  vornehmlich  in  Deutschland.  Erste 
Abteilung.  Altertum,  Mittelalter,  XV.  und  XVI.  Jahrhundert,  München  und  Leipzig  1889 
(=  Geschichte  der  Wissenschaften  in  Deutschland,  21.  Band). 

B.  Spezial Schriften:  Fr.  Haase,  Ueber  die  griechischen  und  römischen  Kriegs- 
schriftsteller, Jahns  Jaiu-b.  U  (1835)  88—118.  —  Fr.  Haase,  De  militarium  scriptorom 
graecorum  et  latinorum  omnium  editione  instituenda  narratio.  Berlin  1847.  —  Th.  Com- 
perz.  Zu  den  griechischen  Kriegsschriftstellem.  I.  Eusebios  bei  Wescher  ,Poliorcätiqae 
des  Grecs',  Zeitschr.  f.  die  Österreich.  Gymnasien  19  (1868)  101—113.  —  Hauptschrift  über 
die  für  das  Militär  geltenden  Strafgesetze:  K.  E.  Zachariae  von  Lingentnal,  Wisseo- 
Schaft  und  Recht  für  das  Heer,  B.  Z.  3  (1894)  37—57.  —  Eine  populäre  Skizze  gibt  auf 
Grund  der  von  K.  K.  Müller  herausgegebenen  Schrift  über  Seekrieg  E.  Jurien  de  It 
Graviore,  La  marine  des  Byzantins,  Revue  des  deux  Mondes  65  (1884)  130 — 158. 

3.  üeberlieferung:  Wie  in  den  meisten  anderen  Teilen  der  alten  Litteratur  so 
ist  auch  in  dem  der  Kriegswissenschaft  das  zehnte  Jahrhundert  und  speziell  die  Re- 
gierung des  Konstantinos  Porphyrogennetos  durch  fleissige  Sammelthätigkeit  aas- 
gezeichnet. Wohl  der  grösste  Teil  unserer  Üeberlieferung  der  alten  Militärlitterator  geht 
direkt  oder  indirekt  auf  diese  Zeit  zurück.  Wir  haben  Sammlungen  von  vorwiegend 
strategisch-taktischem  Inhalt,  solche  von  vorwiegend  poliorketischem  Inhalt,  end- 
lich solche  von  gemischtem  Charakter.  Für  die  erste  Gruppe  kommt  vornehmlich  in 
Betracht  der  Cod.  Laur.  55,  4  s.  10/11.  Die  Haupthss  der  poliorketischen  Gruppe  sind 
die  Codd.  Paris,  suppl.  gr.  607  s.  10  und  Vindob.  phil.  gr.  120  s.  16  (Nessel).  Zar 
dritten  Gruppe  gehören  die  Codd.  Paris.  2442;  Barber.  II  97;  Vatic.  gr.  1164;  Escor. 
Y.  111.  11,  sämtlich  Pergamenthss  des  10.— 12.  Jahrb.  Für  sich  steht  der  Cod.  Ämbros. 
B.  119.  sup.,  der  einige  in  den  übrigen  Sammlungen  (wenigstens  nach  unserer  Üeber- 
lieferung) fehlende  Schriften  bewahrt.  Ueber  die  Hss  der  poliorketischen  Gruppe  handelt 
ausführlich  C.  Wescher,  Poliorc^tique  des  Grecs,  Paris  1867  S.  IX— XL.  —  K.  K.  Malier, 
Handschriftliches  zu  den  Poliorketika  und  der  Geodaesie  des  sogenannten  Hero,  Rhein. 
Mus.  38  (1883)  454—463  (Beschreibung  des  wichtigen  Cod.  Vatic.  1605,  s.  11,  des 
Archetypus  der  von  Wescher  benützten  Hss).  —  Eine  Klassifizierung  der  gesamten  Üeber- 
lieferung gibt  K.  K.  Müller,  Eine  griechische  Schrift  über  Seekrieg,  Würzburg  1882 
S.  18—39.  —  Vgl.  auch  K.  K.  Müller,  Ein  griechisches  Fragment  über  Kriegswesen. 
Festschrift  für  Ludwig  Uriichs,  Würzburg  1880  S.  106—112.  —  Dazu  noch  einige  Mono- 
graphien: Bandini,  Epistola  de  celeberrimo  codice  tacticorum  bibliothecae  Laurentianae, 
Florenz  1766.  —  C.  Guil.  Müller,  De  codice  Bemensi  tacticorum  graecorum,  Jahns  Jahrb. 
Supplementb.  (=  Jahns  Archiv)  4  (1836)  553—563.  -  H.  Köchly,  De  scriptomm  milit. 
graecorum  codice  Bemensi,  Index  lectionum,  Zürich  1854.  —  Ueber  den  Cod.  Paris,  soppl- 
gr.  607  vgl.  auch  G.  Meyncke,  Ueber  die  Hs  des  Aristodemos,  Jahns  Jahrb.  97  (1868) 
834—839,  Carl  Müller,  Göttinger  Gel.  Anzeigen  1869  S.  3  ff.,  und  Rud.  Prinz,  Aristo- 
demos, Jahns  Jahrb.  101  (1870)  193—210.  —  Ch.  Graux,  Notices  et  extraits  d*un  ms  grec 
de  la  biblioth^que  de  l'universit^  de  Bftle,  Annuaire  de  Tassoc.  9  (1875)  76—89  = 
Oeuvres  de  Ch.  Graux  2  (1886)  139-149. 


Zweite  Abteilung. 

Poetische  Litteratur. 


263.  Allgemeine  Charakteristik.    „Poesie  im  wahren  Sinne  des 
Wortes  kannten  die  Byzantiner  nicht,  und  sie  hat  unter  ihnen 
niemals  bestanden.*    IMeses  ürteiP)  ist  hart  und  rücksichtslos.    Wenn 
wir   aber  die  schlichte  Wahrheit  sagen  wollen,  müssen  wir  zugestehen, 
dass  das  scharfe  Wort  für  die  Werke,  welche  Bernhardy  im  Auge  haben 
konnte,  mit  verschwindenden  Ausnahmen,  die  höchstens  die  Regel  bestä- 
tigen, zutriflFt.     Die   einzigen  Gattungen,   in  welchen   auch  Byzanz  wahr 
empfundene  und  originell  ausgeführte  Poesie  hervorgebracht  hat,  waren 
zur  Zeit  des  grossen  Meisters  der  griechischen  Litteraturgeschichte  fast 
unbekannt  und  daher  auch  unbeachtet  geblieben.    Wie  die  Prosalitteratur 
der  Mittelgriechen  gemeinhin  nur  als  nützliches  Repertorium  alter  Über- 
reste betrachtet  wurde,  so  hatte  man  auch  in  der  Poesie  nur  das  einiger 
Aufmerksamkeit  gewürdigt,  was  mit  dem  Altgriechischen  im  Zusammen- 
hang  stand,    vornehmlich   die   grossen  Versromane,   poetische  Be- 
schreibungen von  Denkmälern,  epigrammatische  und  didaktische 
Gedichte.    Die  Gattungen  dagegen,  welche  aus  dem  originellen  Leben 
des  christlich-byzantinischen  Volkes  hervorsprossten,  blieben  bei  Seite  liegen. 
Sie  wurzeln  nicht  in  der  Antike,  sie  folgen  keinem  alten  Muster,  sie  werfen 
kein  unmittelbares  Licht  auf  die  Werke  der  klassischen  Vorfahren,  und 
doch  oder  vielmehr  gerade  deshalb  sind  sie  die  einzigen  Zeugen,  welche 
den  Ausspruch  widerlegen,  dass  die  poetische  Ader  im  Geschlechte  der 
byzantinischen  Menschen  vertrocknet  sei:  die  kirchliche  und  die  volks- 
mässige  Dichtung.     Die  eine  entspringt  aus  dem  völlig  neuen  Prinzipe 
der  christlichen  Religion,  aus  der  leidenschaftlichen  Begeisterung  für  ihre 
wunderbaren  Siege,   ihre  heldenmütigen  Blutzeugen,  ihre  erhabenen  Ge- 
heimnisse; die  zweite  erwächst  als  ein  originelles  Gebilde  aus  dem  eigen- 
artig vorbereiteten  Boden  des  byzantinischen  Volkslebens.    Gemeinsames 
Merkmal   ist  beiden   der  Bruch  mit  der  hellenischen  Tradition  in  Form 
und   in  Gehalt.     Beide  verschmähen  die  Nachahmung  der  alten  Muster, 


>)  Bernhardy,  Grundriss  der  griech.  Litteratur  II  2  (1880)  771.  M 


G40  BysantinUiohe  LitteratnrgeBohiGhte.    IL  Poetische  Litieratiur. 

beiden  giessen  neuen  Stoff  in  neue  Formen,  beide  sind  mit  dem  lebendigen 
Fühlen  des  zeitgenössischen  Volkes  enge  verknüpft,  Blut  und  Geist  vom 
Blut  und  Geist  der  christlichen  Rhomäer. 

Will  man  den  litterarischen  Wert  beider  Gattungen  vergleichend  ab- 
schätzen, so  ist  zweifellos,  dass  die  Kirchendichtung  hoch  über  der 
Volkspoesie  steht.  Das  hat  verschiedene  Gründe.  Die  Eirchendichtong 
ergriff  einen  Inhalt,  der  an  Gewaltigkeit  und  Popularität  auch  die  glück- 
lichsten Stoffe  der  volksmässigen  Litteratur  weit  übertraf.  Dazu  hatte  sie 
in  der  populär  temperierten  Eirchensprache  und  in  der  rythmi- 
schen  Metrik  ein  vortreffliches,  allen  Anforderungen  genügendes  Aoe- 
drucksmittel  gefunden,  während  die  Volkspoesie  sich  mit  dem  eintönige 
Allerweltsverse  behelfen  musste  und  das  ungeschlachte  Werkzeug  der 
Vulgärsprache  infolge  der  ablehnenden  Haltung  der  gebildeten  E^reise 
nicht  genugsam  zu  glätten  und  auszubilden  vermochte. 

264.  Einteilung.  Indem  wir  nun  den  Versuch  machen,  die  byzan- 
tinische Poesie  nach  ihren  Arten  zu  gliedern,  muss  von  der  Volksdich- 
tung, deren  Betrachtung  einem  eigenen  Abschnitte  vorbehalten  iat,  ab- 
gesehen werden.  Der  schöne  Aufbau  aus  Epos,  Lyrik  und  Drama, 
durch  welchen  die  Geschichte  der  klassischen  Poesie  so  einzig  dasteht,  ist 
selbstverständlich  in  der  byzantinischen  Periode  nicht  durchzuführen.  Der 
Begriff  der  rein  nationalen  Dichtung,  die  als  ein  zusanmienhängendes 
Ganze  sich  nach  inneren  Gesetzen  organisch  entwickelt,  kann  auf  den 
Zeitraum,  welchen  die  Namen  Alexanders  des  Grossen  und  Mohameds  II 
begrenzen,  keine  Anwendung  finden.  Aus  der  grossen  Masse  byzantinischer 
Dichtungen  lässt  sich  nur  eine  Gruppe  absondern,  die  eine  vollständige 
Entwickelung  mit  den  unverkennbaren  Merkmalen  des  Anwachsens,  der 
Blüte  und  des  Niederganges  durchgemacht  hat;  das  ist  die  für  den  litur- 
gischen Gebrauch  bestinmite  rythmische  Eirchenpoesie.  Sie  ist  — 
natürlich  immer  abgesehen  von  der  eigentlichen  Vulgärdichtung  —  die 
einzige  poetische  Neuschöpfung  der  spätgriechisch-byzantinischen  Zeit  und 
sie  verdient  daher  in  einem  eigenen  Abschnitte  betrachtet  zu  werden. 

Alle  übrige  Dichtung  wird  der  zweite  Abschnitt  umfassen.  Gemein- 
sames Merkmal  dieser  aus  sehr  verschiedenartigen  Teilen  zusanunenge- 
setzten  Gruppe  ist  die  formale  Anlehnung  an  das  Altertum.  Alle 
hieher  gehörigen  Werke  setzen  in  irgend  einer  Weise  eine  antike  Gattung 
fort  und  sind  nach  alten  Mustern  gearbeitet;  ausschliesslich  herrscht  hier 
die  quantitierende  Metrik  und  der  politische  Vers.  Der  Stoff  ist 
für  die  Bestimmung  der  Zugehörigkeit  gleichgültig;  daher  müssen  auch 
Dichtungen,  welche  geistliche  Vorwürfe  behandeln,  wie  der  XQiindg  na- 
oxdüv^  Epigramme  auf  Eultusgegenstände  u.  s.  w.  zur  zweiten  Gruppe  ge- 
rechnet werden,  da  ihre  Form  auf  hellenischen  Vorbildern  beruht.  Man 
könnte  die  erste  Gruppe  als  kirchlich-byzantinisch,  die  zweite  als 
christlich-hellenisch  bezeichnen.  Da  über  Herkunft,  Geschichte  und 
Hilfsmittel  der  Eirchendichtung  in  den  einleitenden  Eapiteln  des  ersten 
Abschnittes  ausführlich  gehandelt  ist,  wird  sich  die  folgende  Erörterung 
im  wesentlichen  auf  die  Werke  der  zweiten  Gruppe,  auf  die  profane 
und  nichtliturgische  Poesie  beschränken.     Zuerst  möge   eine  kurze 


Allgemeine  Charakteristik.    Einleitung.    Epos.    Roman.    (§§  268—265)     641 

Übersicht  über  den  Charakter  und  die  Schicksale  der  einzelnen  Dich- 
tungsarten bei  den  Byzantinern  gegeben  werden. 

265.   Epos.    Boman.     Eine  epische  Volksdichtung  im  antiken  Sinne 
'  beginnt  in  Byzanz  erst  mit  der  vulgärgriechischen  Litteratur;  doch  besitzt 
die  Kunstlitteratur  mehrere  Werke,  die  mit  den  Epen  der  alexandrinischen 
'■  und   spätrömischen  Zeit   verglichen   werden  können.     Georgios  Pisides 
'  besingt  in  mehreren  jambischen  Gedichten  den  Kriegsruhm  des  Heraklios, 
in   anderen  belehrt  er  über  die  Eitelkeit  des  Lebens  und  über  die  Er- 
schafiFiing  der  Welt.  Der  Diakon  Theodosios  verherrlicht  in  überschwäng- 
lichen  Tönen  die  Siege  des  tapferen  Nikephoros  Phokas.    Massenhaft  er- 
scheinen seit  dem  12.  Jahrhundert  grammatische,  medizinische,  astrologische, 
:  historische  und  allegorisch-moralische  Lehrgedichte  teils  im  Trimeter, 
-  teils  im  bequemen  Schlenderton   des  politischen  Verses.    Das  erzählende 
Epos  der  alten  Zeit  wird  jedoch  bei  den  Mittel griechen  weniger  durch  diese 
historischen,  panegyrischen  und  didaktischen  Werke  vertreten  als  vielmehr 
durch  die  Litteraturgattung,  welche  in  der  neueren  Zeit  das  alte  Epos 
in  der  denkbar  grossartigsten  Weise  ersetzt,  durch  den  Roman.   Nirgends 
aber  haben  die  Byzantiner  eine   so  völlige  Niederlage  erlitten  als  gerade 
in  dieser  Gattung.     Darüber  mag  man  sich  wundem.     Wenn  das  Drama 
nicht  aufblühen  konnte,  so   war  das  eine  natürliche  Folge  der  schon  aus 
der  hellenischen  Zeit  herrührenden  Umwälzung  der  Eulturverhältnisse.   Der 
Roman  aber,  ein  Kind  der  spätgriechischen  Sophistik,  ruht  in  seiner  eigen- 
tümlichen Form  auf  Bedingungen,  die  in  der  byzantinischen  Epoche  keines- 
wegs verloren  gegangen  waren;  sein  Verfall  ist  nicht  ohne  weiteres  ver- 
ständlich.  Wahrscheinlich  aber  ist  die  letzte  und  wichtigste  Ursache  dieses 
Misserfolges    mehr   im   inneren  Wesen  des  griechischen   Romans  als  in 
äusseren  Umständen  zu  suchen.    Schon  an  der  Wiege  dieser  Gattung  stand 
die  Todfeindin  jeder  echten  Kunst,  die  Unwahrheit.   So  erwuchsen  kalte, 
schematische  Werke,  die  alles  eher  sind  als  ein  getreuer  Ausdruck  ihrer 
eigenen  Zeit.      Nach    einem  leicht  erworbenen  Rezepte   wird  das  dürre 
Gerüste   einer  herkömmlichen  Erzählung  mit  einem  bauschigen  Apparate 
von  Beschreibungen ,  Deklamationen    und  Briefen  überkleidet.     Wie  der 
geographische,   ethnographische  und  kulturelle  Hintergrund,  so  sind  auch 
die  Intelligenzen  und  Charaktere  nach  konventionellen  Schulmustem  ohne 
Rücksicht  auf  das  wirkliche  Leben  geschildert.    Es  sind  Schattenfiguren, 
nebelhafte  Gegenden  Grau  in  Grau,  ohne  bestimmte,  der  Seele  sich  ein- 
prägende Eigenart  in  Form  und  Farbe.   Kein  griechischer  Romanschreiber 
hat  den  Griff  ins  volle  Menschenleben  gewagt;  keiner  kam  auf  den  Ein- 
fiel], seine  eigene  Zeit,  ihre  familiären,  sozialen  und  politischen  Verhält- 
nisse, ihre  philosophischen  und   religiösen  Stimmungen,   den  unendlichen 
Reichtum  ihres  Volkslebens  zu  studieren  und  künstlerisch  zu  verwerten. 
Keine  Litteraturgattung  lehrt  uns  so  wenig  über  die  feineren  Züge  der 
hellenistischen  Kultur  als  die,  aus  welcher  man  hierüber  das  Meiste  er- 
warten sollte.     Der  Blick  auf  das  lebende  Modell  wird  von  diesen  Künst- 
lern ängstlich  gemieden;  sie  verschliessen  sich  in  den  staubigen  Antiken- 
saal and  arbeiten  nach  toten  Gipsabgüssen.    Sie  haben  kaum  eine  Ader 
des  modernen  Naturalismus.     Sie  bilden  den  äussersten  Gegensatz  zu 

BABdbtich  dm  klMi.  AltertnmswinciMchaft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Anfl,  ^\ 


642 


Byzantinische  lattaratnrgdMhiohte.    ü.  PootiBohe  LÜterator. 


der  Litteraturgattung ,  in  welcher  man  mit  Recht  das  Bekenntnis  der 
heutigen  Gesellschaft  erblickt  hat,  zu  den  Werken  eines  Fiaubert, 
Zola,  Bourget,  Freytag,  Keller,  Dostojevskij,  Tolstoi. 

Wenn  demnach  schon  die  Originale  auf  hohlem  Scheine  beruhten,  so 
ist  es  natürlich,  dass  nun  gar  die  Nachahmer  solcher  Phrasenwerke  jede 
Fühlung  mit  dem  Leben  und  mit  dem  gesunden  Geschmacks  verlieren 
mussten.  Vom  lesenden  Publikum  war  in  der  mittelgriechischen  Zeit  noch 
viel  weniger  als  früher  eine  Reaktion  zu  erwarten.  Die  Stufe  der  all- 
gemeinen Bildung  war  im  Laufe  der  Zeit  bedeutend  gesunken,  damit  auch 
das  feinere  Gefühl  für  die  Harmonie  von  Inhalt  und  Form.  Manches  hatte 
zur  Veränderung  des  Geschmackes  auch  die  Überschwänglichkeit  morgen- 
ländischer Erzählungen  beigetragen,  welche  zuerst  in  die  untersten 
Kreise  des  Volkes  eindrangen  und  bald  zu  einem  bedeutsamen  Faktor  im 
rhomäischen  Kulturleben  wurden,  wie  sich  ja  orientalische  Einflüsse  auch 
in  der  byzantinischen  Kunst  deutlich  bemerkbar  machen.  Einige  Knnst- 
mittel  des  Romans  wie  die  genauen  Personalbeschreibungen  und  der 
Wunderapparat  von  Träumen  und  Visionen  u.  s.  w.  sind  übrigens  auch  in 
anderen  populären  Litteraturgattungen,  wie  in  den  apokryphen  Apostel- 
geschichten*) und  in  Chroniken*)  reichlich  verwertet  und  entsprechen  offen- 
bar einer  stark  ausgeprägten  Geschmacksrichtung  der  Zeit.  Trotz  dieser 
„mildernden  Umstände^  bleibt  uns  der  kunstsprachliche  Roman  der  Mittel- 
griechen in  seiner  grenzenlosen  Abgeschmacktheit  ein  Rätsel,  und  schwer- 
lich lässt  sich  ein  Standpunkt  entdecken,  von  welchem  sich  dieser  Miss- 
geburt eine  gefallige  Seite  abgewinnen  Hesse.  Dass  die  byzantinischen 
Romane  dessen  ungeachtet  ein  eifriges  Publikum  fanden,  wird  durch  die 
grosse  Zahl  der  Handschriften  zur  Genüge  bezeugt.  Wenn  wir  in  der 
neueren  Litteratur  nach  Werken  verwandten  Geistes  suchen,  müssen  wir 
auf  die  wüsten  Erzeugnisse  der  zweiten  schlesischen  Schule  zurück- 
gehen, welche  von  den  seit  dem  16.  Jahrhundert  in  zahlreichen  Über- 
setzungen verbreiteten  Sophistenromanen  sicher  auch  einen  direkten  Ein- 
fluss  erfahren  haben.  Es  ist  sehr  bezeichnend,  dass  hier  wie  in  Byzanz 
die  Vereinigung  von  kannibalischer  Roheit  mit  süsslicher  Tändelei  und 
äusserstem  Schwulst  für  den  Gipfelpunkt  des  Schönen  gehalten  wird. 

Die  Verbindungsbrücken,  welche  vom  hellenischen  Roman  zum 
byzantinischen  hinüberführen,  sind  nicht  mit  genügender  Deutlichkeit  zu 
erkennen.  Zwar  ist  es  sicher,  dass  die  Romane  der  Sophistenzeit  noch  in 
den  folgenden  Jahrhunderten  gelesen  und  sogar  exzerpiert  und  kommentiert 
wurden.  Hielt  ja  doch  selbst  der  Patriarch  Photios  diese  erotischen 
Werke  seiner  Beachtung  für  würdig  (Ood.  94).  Aber  es  bleibt  bemerkens- 
wert, dass  nach  Chariten,  dem  letzten  Vertreter  des  Romans  auf  heid- 
nischem Boden,  eine  selbständige  Produktion  viele  Jahrhunderte  hindurch 
gänzlich  zu  fehlen  scheint.  Wir  sehen  in  dieser  Thatsache  eine  der  Wir- 
kungen des  exklusiv  christlichen  Geistes  der  Litteratur,  die  vom  7. 
bis  zum  11.  Jahrhundert  fast  ausschliesslich  von  Angehörigen  des  Kleriker- 


')  Vgl.  R.  A.  Lipsius,  Die  apokryphen 
Apostelgesohichten  und  Apostellegenden  I 


(1883)  7  f.;  II  2  (1884)  229;  335  und  öfter. 
')  Vgl.  oben  S.  220, 


Die  lyrische  und  dramatieohe  Poesie.    (§  266)  643 

Standes  gepflegt  wurde.  So  verstehen  wir  auch,  dass  das  Wiederaufleben 
des  Romans  in  die  Epoche  fallt,  in  welcher  man  dem  hellenischen  Altertum 
wieder  ganz  unbefangen  gegenüberzutreten  begann:  Die  uns  bekannten 
byzantinischoA  Romanschreiber,  Prodromos,  Manasses,  Niketas  Eu- 
genianos  und  Eustathios,  lebten  im  Zeitalter  der  humanistischen  Re- 
naissance unter  den  Komnenen.  Übrigens  liegt  wohl  auch  in  dieser 
langen  Unterbrechung  der  technischen  Tradition  eine  weitere  Ursache  der 
plumpen  Ungeschicklichkeit,  mit  welcher  unsere  Romanschriftsteller  an  ihr 
Werk  gingen.  Ein  günstigeres  Urteil  verdienen  die  vulgärgriechischen 
Versromane,  welche,  teils  vom  Orient,  teils  vom  Occident  beeinflusst, 
teils  auf  nationalem  Boden  erwachsen,  in  Form  und  Auffassung  vom 
Altertum  losgelöst  sind.   Vgl.  den  Abschnitt  ,Vulgärgriechische  Litteratur\ 

1.  Hauptschrift  bleibt  aucb  für  den  byzantinischen  Roman:  E.  Rohde,  Der 
griechische  Roman,  Leipzig  1876  S.  521 — 542.  Vgl.  die  guten  und  einige  selbständige  Bei- 
träge enthaltenden  Besprechangen  von  E.  Egg  er,  Journal  des  Savants  1879  S.  41 — 52, 
and  A.  N.  Veselovskij,  Journ.  Min.  1876  Bd  188  Nov.-Dez.  S.  99—151.  —  Veraltet  ist 
K.  Struve,  Ueber  die  Romanen- und  Novellenlitteratur  der  Mittelgriechen,  Historische  und 
literarische  Abhandl.  d.  k.  deutschen  Gesellschaft  zu  Königsberg,  herausgegeb.  von  Schubert, 
3.  Sammlung  (1834)  47—110.  —  Ganz  nutzlos  war  schon  für  seine  Zeit:  Härtung,  Die 
byzantinische  Novelle,  Herrigs  Archiv  für  das  Studium  der  neueren  Sprachen  und  Littera- 
taren  50  (1872)  1—38.  —  Auch  R.  Nicolai,  Ueber  Entstehung  und  Wesen  des  griechi- 
schen Romans,  Progr.,  Bemburg  1854,  und  A.  Chassang,  Histoire  du  roman  etc.,  Paris 
1862,  sind  durch  Rhodos  Buch  völlig  überflüssig  geworden.  —  Ueber  das  Fortwirken  des 
griechisch-byzantinischen  Romans  handelt  A.  Kirpi6nikov,  Griechische  Romane  in  der 
neueren  Litteratur,  Charkov  1876  (russ.);  über  den  byzantinischen  Roman  s.  bes.  I  95  ff. 
—  Ueber  die  christlichen  Metamorphosen  des  griechischen  Romans  u.  a.  handelt  A.  N.  Vese- 
lovskij, Aus  der  Geschichte  des  Romans  und  der  Erzählung  1  (Petersburg  1886)29—128 
(russ.).  Vgl.  den  Bericht  von  Jagiö,  Archiv  slav.  Philol.  10  (1887)  233-243.  —  Die 
Nachahmung  alter  Dichter  in  byzantinischen  Romanen  untersucht  J.  G.  Brambs,  Ueber 
Citate  und  Reminiszenzen  aus  Dichtem  bei  Lucian  und  einigen  späteren  Schriftstellern, 
Progr.,  Eichstätt  1888  S.  57  ff.  —  Marcus  Landau,  Die  Verlobten,  Zeitschrift  f.  vergl. 
Litteraturgesch.  5  (1892)  257—275;  417—437,  handelt  über  das  den  meisten  spätgriechi- 
sehen  und  byzantinischen  Romanen  sowie  mehreren  romantischen  Erzählungen  zu  Grunde 
liegende  Motiv  der  Trennung,  gegenseitigen  Wiederaufsuchung  und  Wiederauffindung  zweier 
liebenden,  das  alte  Thema  der  «Promessi  Sposi*.  Aus  der  byzantinischen  Litteratur  be- 
spricht er  die  Romane  des  Eustathios,  Niketas  Eugenianos,  Theodoros  Prodro- 
mos und  Konstantin  M anasses,  sowie  die  vulgärgriechischen  Gedichte  Lybistros 
und  Rhodamne  und  Imberios  und  Margarona.  —  Zur  Frage  über  den  Begriff  des 
Romans  vgl.  Fried.  Spielhagen,  Beiträge  zur  Theorie  und  Technik  des  Romans,  Leipzig 
1883,  und  das  oben  zitierte  Werk  von  A.  N.  Veselovskij  S.  1 — 27. 

2.  Einen  Ersatz  für  den  profanen  Roman  bildeten  die  häufig  im  volksmässigen  Tone 
gehaltenen  Heiligenleben.  Vgl.  S.  176  ff.  und  den  §  «Barlaam  und  Joasaph*  im  Ab- 
schnitte ,  Vulgärgriechische  Litteratur*.  Eine  Reihe  volksmässiger  Erzählungen  und  Heiligen- 
legenden aus  Aegypten  sind  aus  dem  Arabischen  und  Koptischen  übersetzt  mit  ausAhr- 
licher  Einleitung  von  E.  Am^lineau,  Contes  et  Romans  de  ll^gypte  chr^tienne,  2  tomes, 
Paris  1888  =  Collection  de  contes  et  ehansons  populaires  t.  13  et  14  (Die  Geschichte,  wie 
sich  die  Stadt  Athen  bekehrte;  die  Vision  des  hl.  Johannes  des  Evangelisten,  erzählt  vom 
Patriarchen  Timotheos;  die  Legende  der  hl.  Euphemia;  die  zehn  Wunder  des  Erzengels 
Michael;  die  Bekehrung  des  Schreibers  Matthaeus  und  seiner  Familie;  die  Geschichte  des 
Aur;  die  Geschichte,  wie  das  Königreich  des  David  in  die  Hände  des  Königs  von  Abyssinien 
überging,  u.  s.  w.). 

266.  Die  lyrische  und  dramatische  Poesie  sind  bei  den  Byzan- 
tinern am  besten  durch  die  Kirchendichtung  vertreten,  in  welcher  Elemente 
beider  (Gattungen  zu  grossartigen  Kunstwerken  verschmolzen  sind.  Da- 
gegen hat  der  objektive  Grundton,  der  das  ganze  byzantinische  Zeitalter 
beherrscht,  eine  weltliche  Lyrik  nicht  auÄcommen  lassen.  Man  kann 
einige  StUcke  des  Johannes  Geometres,  des  Ghristophoros  von  Mytilene,  des 


6  44  Byzantinische  LitieralnrgeBohichte.    IL  Foeiisolio  littoratiir. 

Johannes  Euchaites  u.  a.,  in  welchen  persönliche  Erlebnisse  nicht  ohne 
Geschmack  vorgetragen  werden,  hieher  rechnen;  die  herrschende  Form 
aber  bleibt  auch  für  diese  subjektive  Dichtung  das  in  allen  Variationeo 
spielende  Epigramm.  Manche  wie  Konstantin  der  Sizilier  versuchten 
sich  in  anakreontischen  Tändeleien.  Besser  kamen  lyrische  Stim- 
mungen später  in  der  vulgärgriechischen  Poesie  zum  Ausdruck.  Drama- 
tische Poesie  im  strengen  Sinne  des  Wortes  fehlte  den  Mittelgriechen 
ebenso  vollständig  als  die  Voraussetzung  derselben,  die  öffentliche  Auf- 
führung von  Dramen.  E.  N.  Sathas  hat  ein  dickes  und  schwergelehrtes 
Buch  geschrieben,  um  das  Oegenteil  zu  beweisen;  aber  so  sehr  er  sich 
auch  bemüht,  jede  gut  oder  schlecht  bezeugte  Thatsache  zu  seinen  Gunsten 
zu  wenden  und  jedes  Hindernis  beiseite  zu  schieben,  erreicht  er  doch  nur 
das  Ziel,  den  objektiv  gestimmten  Leser  unzähligemal  zu  ärgern  und  ihn 
schliesslich  erst  recht  im  Glauben  an  die  Dramenlosigkeit  der  byzantini- 
schen Zeit  zu  bestärken.  Der  Geschmack  an  der  ernsten  Gattung  des 
Dramas  war  schon  in  der  spätrömischen  Zeit  durch  den  Mimus  und  die 
leichtfertige  Pantomime  verdrängt  worden;  die  Stelle  des  Theaters  hatten 
die  banalen  Lustbarkeiten  des  Zirkus  und  des  Tingeltangels  eingenommen. 
Dem  rücksichtslosen  Kampfe,  welchen  das  erstarkende  Christentum  gegen 
aUes  Theaterwesen  eröffnete,  fielen  die  noch  übrigen,  von  der  Volksgunst 
verlassenen  Bühnen  ernsteren  Charakters  leichter  zum  Opfer  als  die 
galanten  Obszönitäten  der  pantomimischen  Posse,  an  welche  ein  starker 
Bruchteil  der  höchsten  und  niedrigsten  Gesellschaftskreise  sich  mit  krank- 
hafter Gier  anklammerte.  Die  dramatische  Litteratur  blieb  dem  schul- 
mässigen  Studium  und  der  Lektüre  überlassen.  Einen  Ersatz  für  die 
alte  Bühne  schuf  das  Christentum  durch  seine  reich  und  sinnvoll  aus- 
gebildete Liturgie,  durch  die  Vorlesung  heiliger  und  profaner  Gedichte  bei 
öffentlichen  Gastmählern,  durch  dramatische  Behandlung  christlicher  Stoffe 
und  endlich  durch  geistliche  Aufführungen,  aus  denen  später  das  abend- 
ländische Mysterienspiel  hervorwuchs. 

Von  christlichen  Dramen  oder  vielmehr  dramatischen  Dia- 
logen, zu  denen  die  'JEJaywyiJ  des  Juden  Ezechiel  (um  150  v.  Chr.)  einen 
Vorläufer  bildet,  hören  ,wir  seit  dem  Anfang  des  4.  Jahrhunderts.  Der 
hl.  Methodios  (f  311)  wird  als  Verfasser  von  Dialogen  genannt,  in 
welchen  er  die  Gnostiker  bekämpfte.  In  einem  derselben  streiten  Valen- 
tianer  und  Orthodoxe  IleQl  avts^ovaiov;  in  einem  Prolog  wird  wie  in 
einem  euripideischen  Drama  der  Inhalt  des  Stückes  angedeutet  und  dabei 
ausdrücklich  darauf  hingewiesen,  dass  das  Drama  nicht  hellenisch,  sondern 
christlich  sein  werde,  was  den  Verfasser  jedoch  keineswegs  hindert, 
homerische  Verse  einzuflechten.  >)  Das  zweite  dramaähnliche  Gedicht  des 
hl.  Methodios  ist  sein  berühmtes  Symposion  der  zehn  Jungfrauen, 
das  ebenfalls  aus  einem  Prolog  und  einem  Dialog  besteht  (s.  S.  653).  In 
ähnlicher  Weise  scheint  Arios  durch  sein  bis  auf  einige  Trümmer  ver- 
lorenes Gedicht  &dX€ia^  das  wohl  eine  Art  liturgisches  Drama  war,  sich 


')  E.  N.  Sathas,  ^Imoq,  i^oxifiioy  nei^l  tov  ^eaTQov  xai  t^g  fiovaut^c  ttoy  BvCayT^ytSy 


Die  lyriBohe  und  dramatiBche  Poesie. ..  (§  266) 


645 


j  bemüht  zu  haben,  ein  Gegengewicht  gegen  die  heidnische  Schaubühne  zu 
7  schaffen.^)    Die  Popularität   der  Thalia  des  grossen  Häretikers  blieb  bei 
:  der  orthodoxen  Partei  nicht  unbeachtet;  sie  schuf  daher,  um  die  Arianer 
:  mit  ihren  eigenen  Waffen  zu  bekämpfen,  eine  ^Avzi&dleia,  von  der  leider 
nichts  Näheres  bekannt  ist.^)    Dramatische  Zwiegespräche,  wie  sie  z.  B. 
.   in   des  Patriarchen  Proklos  (434 — 447)   Lobrede   auf  die   hl.  Jungfrau 
:  (Migne,  Patrol.  gr.  65,  736  flf.)  eingeflochten  sind,  beweisen  nur,  dass  der 
)  Sinn  für  die   Wirkung  der  dramatischen  Form  nicht  verloren  gegangen 
.   ist.    Unter  Kaiser  Maurikios  (591)  wird  von  einem   wohl  pantomimi- 
schen Mysterienspiel  berichtet,   das  Theophylaktos  Simokattes^)  als  x^sav- 
iQixov  fivCTtJQiov  und  als  x^eavdQixij   naviaiaia  bezeichnet.     Im   8.  Jahr- 
hundert sollen  die  Bilderstürmer  theatralische  Vorstellungen  begünstigt 
haben;  angeblich  als  homöopathisches  Mittel  dagegen  verfasste  Johannes 
von  Damaskos  ein  nicht  erhaltenes  Drama  Susanna,  das  Eustathios 
euripideisch  nennt. ^)     Recht  schwach  bezeugt  ist  ein  Drama  Y>  d-avaaog 
%ov  Xqictov,  das  um   790  Stephanos  der  Sabbaite  geschrieben  haben 
soll.*)    Wenn  man  sich  einen  Begri£f  von  diesen  „Dramen*  machen  will, 
muss  man  wohl   eher  an  den  kleinen  Dialog  des  Ignatios  als  an  den 
X^avog  naaxwv  denken.  Das  sind  die  in  nahezu  völliges  Dunkel  gehüllten 
Anfänge  der  geistlichen  Dramatik,  die  auch  in  der  späteren  byzantinischen 
Zeit  nicht  völlig  zu  Grunde  ging.    Wenn  Bischof  Li utpr and  unter  vielen 
anderen  Anstössigkeiten,  die  er  bei  den  Griechen  sah,  auch  die  Verwande- 
lung  der  HagiaSophia  in  ein  Theater  bemerkt,  so  kann  er  nichts  anderes 
meinen  als  eine  Art  von  Mysterienspiel.     Daran  schliessen  sich  endlich 
die  dramaähnlichen  Stücke  aus  der  Zeit  der  Komnenen  und  Paläologen,  der 
XQia%6g  ndaxfüv  und  die  moralisch-allegorischen  Dialoge  des  Ignatios» 
Haplucheir,  Ptochoprodromos  und  Philes.     Aber  keines  derselben 
war  zur   Aufführung  bestimmt;   es   sind   Lesedramen  in  der  Art  der 
TQceytfidonoddQya  und   des  ^üxvnovg   Lukians.     Heutigentags  scheint  von 
geistlichen  Spielen  in  der  orthodoxen  Kirche  wenig  mehr  übrig  zu  sein. 
Das  einzige   mir  bekannte  Beispiel  ist  der  sogenannte  NmriJQ  d.  h.  die 
Fusswaschung,  welche  in  Patmos  und  Jerusalem  alljährlich,   zuweilen 
auch  in  Eonstantinopel,  am  grünen  Donnerstag  dargestellt  wird.    Es  ist 
eine  von  Mönchen  veranstaltete  Aufführung,  die  jedoch  kein  Mysterienspiel 
genannt  werden  kann,  da  ihrem  spärlichen  DiaJoge  nicht  ein  origineller 
und  volksmässiger  Text,  sondern  einfach   die  Worte  der  hl.  Schrift  zu 
Grunde  gelegt  werden.*) 

Die  Reste  des  weltlichen  Theaterwesens  fristeten  seit  dem  Aus- 
gange des  Altertums  im  Hippodrom  und  an  ähnlichen  Orten  ein  nicht 
immer  sehr  ehrenvolles  Dasein.  Welche  Freiheiten  sich  die  entarteten 
Nachkommen   der  Dionysoskünstler  noch  mitten  in  der  christlichen  Ära 


')  K.  N.  Sathas,  a.  a.  0.  Qfia  xi. 
3)  K.  N.  Sathaa,  a.  a.  0.  Qfid". 
»)  Ed.  Bonn.  S.  201 ;  237  =  Ed.  C.  de 
Boor  S.  187 ;  219. 

«)  K.  N.  Satlias,  a.  a.  0.  to&'. 
>)  E.  N.'Sathas»  a.  a.  0.  tn\ 


*)  Vgl.  E.  Erumbaoher,  Griechische 
Reise,  Berlin  1886  S.  376.  Eine  ausführ- 
liche Beschreibung  des  Nmt^Q  in  Patmos 
gibt  £p.  Alezakisin  der  griechischen  Zeit- 
schrift 'Etnia  1889  S.  836  ff.  (N.  698). 


646  Byzantiniflohd  Litteratnrgesohioliie.    IL  Poetisohe  Lüieratnr. 

vor  der  genusssüchtigen  Bevölkerung  der  Grossstädte  erlauben  durften  oder 
mussten,  zeigen  die  Erzählungen  des  Prokop  über  das  Vorleben  der  Theo» 
dora.  Die  Nachrichten  von  der  Aufführung  eigentlicher  Theaterst&cke 
unter  Anastasios  V)  und  Justinian  I,^)  womit  sich  die  Bede  dei 
Chorikios  auf  die  Schauspieler,  3)  ein  Epigramm  des  Agathias  auf«« 
Schauspielerin  und  die  Notiz  in  der  Selbstbiographie  des  Men ander 
Protektor^)  verbinden,  lauten  ziemlich  unbestimmt  und  beweisen  jed^ 
falls  nur  für  das  6.  Jahrhundert.  Die  Bestimmungen  der  zweiten 
trullanischen  Synode  691  richten  sich  offenbar  nicht  gegen  Theate^ 
auffuhrungen  im  antiken  Sinne,  sondern  gegen  pantomimische  and  ve^ 
wandte  Darstellungen:  Den  Anwälten  wird  verboten,  sich  ins  Theatern 
mischen  und  Theaterkostüme  zu  tragen;  Theatermelodien  sollen  aus  der 
Kirche  verbannt  sein;  ebenso  wird  der  Hippodrom  verdammt  und  den 
Priestern  befohlen,  nicht  bloss  den  Anblick  von  Schaustellungen  zu  meiden, 
sondern  auch  von  jeder  Hochzeit  sich  zu  entfernen,  bei  der  Schaaspider 
(axTjvixoi)  auftreten.  Die  Zirkusparteien  beeilten  sich  natürlich  gegen  so 
strenge  Massnahmen  Protest  einzulegen.^)  Auch  späterhin  vernehmen  wir 
noch  öfter  von  Verordnungen  der  Kirche  gegen  die  öffentlichen  Schaa- 
stellungen  und  das  leichtfertige  Volk  der  Mimen.  Was  Sathas  sonst  noch 
zur  Unterstützung  seiner  Theorie  von  der  Unsterblichkeit  der  antiken 
Bühne  anführt,  sind  die  bekannten  Akklamationen  der  Zirkusparteien 
und  des  Heeres  an  den  Kaiser,  die  öffentlichen  Verspottungen  (cfio- 
nofinevaeig),  das  von  Konstantin  Porphyrogennetos  beschriebene  gotisclie 
WeihnachtspieP)  und  Ähnliches.  Wenn  man  auch  diesen  Veranstaltungen 
einen  gewissen  dramatischen  Charakter  nicht  absprechen  kann,  so  siebt 
doch  jeder,  der  sehen  will,  dass  all  diese  Dinge  nicht  das  Fortleben 
eines  wahren  Theaters  in  der  byzantinischen  Zeit  beweisen 
können.  Es  mögen  noch  im  6.  Jahrhundert  da  und  dort  einzelne  Stücke 
der  neueren  Komödie  aufgeführt  worden  sein;  diesen  Bemühungen  machte 
aber  die  einbrechende  Barbarei  bald  ein  Ende,  und  als  einige  Jahrhunderte 
später  die  Lust  an  der  alten  Litteratur  wieder  zu  erwachen  begann,  hatten 
sich  die  kulturellen  Bedingungen  so  sehr  verändert,  dass  an  eine  prak- 
tische Wiederbelebung  des  alten  Theaters  nicht  mehr  zu  denken  war.  Wie 
in  der  Litteratur  und  im  gesamten  Geistesleben,  so  schneidet  auch  im 
Theaterwesen  die  dunkle  Kluft  vom  7. — 9.  Jahrhundert  tief  ein  zwischen 
Altertum  und  Mittelalter. 

Eine  lehrreiche  Illustration  zur  späteren  Geschichte  des  alten  Theaters 
bildet  die  Thatsache,  dass  die  Ausdrücke  TQayfpdia,  dQafia  und  wohl  auch 
xcofiifiSia  im  Laufe  der  Zeit  ihren  ursprünglichen  Sinn  ähnlich  ver- 
änderten, wie  auf  lateinischem  Boden  das  Wort  comoedia,  dessen  mittel- 
alterliche Bedeutung  durch  Dantes  Divina  Gomedia  zu  weltgeschichtlicher 


')  K.  N.  Sathas,  a.  a.  0.  xXy.  ;  bekehrte  und  daher  von  seinen  fanatischen 

')  K.  N.  Sathas,  a.  a.  0.  ry\  i   Landslenten    gekreuzigt  wnrde.     S.  Sathas, 

*)  K.  N.  Sathas,  a.  a.  0.  tfi  xi,  i  a.  a.  0.  rl^. 

*)  S.  S.  248.   Menander  schrieb  angeb-  ^)  K.  N.  Sathas,  a.  a.  0.  roß'  xi, 

lieh  selbst  eine  Tragödie  über  einen  persi-  '}  Vgl.  S.  255  f. 

sehen   Magier,    der   sich  zum  Christentum 


Die  lyrische  und  dramatisohe  Poesie,    (g  266) 


647 


Berühmtheit  gelangt  ist.  Wie  sich  der  Begriff  von  xQayffiia  erweiterte, 
zeigen  die  »Tragödien**  der  Kyniker  Diogenes,  Krates  und  Oenomaos.*) 
Daneben  erscheinen  aber  die  Wörter  TQay((id(a^  TgayipioS  und  TQay(pd6g  schon 
bei  Diodor,  Dionysios  Thrax,  in  Theokritscholien  und  bei  Kirchenvätern 
geradezu  in  der  Bedeutung:  Gesang,  ich  singe,  Sänger.  Ebenso  be- 
deutet im  Neugriechischen  xQayovdm  einfach:  ich  singe,  und  xd  xQayovii 
ist  der  technische  Ausdruck  für  das  Volkslied.  Bemerkenswert  ist,  dass 
TQayovidi  {tQayovdi)  nur  vom  weltlichen  Gesänge  gebraucht  wird;  vom 
Kirchengesange  kann  auch  in  der  Volkssprache  nur  xpalha^  tpaXfKpiüx^ 
ipalTTfi  gesagt  werden.*)  Ähnliche  Schicksale  erlitt  das  Wort  SgafAa. 
Als  seine  ursprüngliche  Bedeutung  sich  verdunkelte,  wurde  mit  dem  Worte 
ein  pathetisches  Ereignis,  später,  wahrscheinlich  schon  seit  dem  5.  Jahr- 
hundert n.  Chr.,  geradezu  der  Roman  bezeichnet.  So  nennt  Photios  den 
Roman  des  Antonios  Diogenes  iQanauxov  (Cod.  166)  und  bei  den  byzantini- 
schen Romanschreibern  heisst  dga^a  regelmässig  , Roman ^.^)  Endlich  wurde, 
wie  es  scheint,  auch  xwfiftjdia  in  der  nachchristlichen  Zeit  von  prosaischen 
Erzählungen  frei  erfundener  Stoffe,*)  endlich  sogar  von  Sprichwörtern*) 
gebraucht. 

1.  Haaptschrift  über  das  byzantinische  Theater:  K.  N.  SathaSi  'laxoQucoy  doxlfuoy 
neQi  rov  ^eargov  xal  xrjg  fAovatxrjs  riäy  Bv^avt^ytav^  Venedig  1878.  In  dem  Buche  ist  eine 
erhebliche  Menge  von  Materialien  zur  Geschichte  des  üeberganges  vom  heidnischen  zum 
christlichen  Kulturleben,  zur  griechischen  Dogmatik,  zur  kirchlichen  Poesiei  Liturgie  und 
Musik,  selbst  zur  Etymologie,  Numismatik  u.  a.  ausgeschüttet.  Die  Verwertung  dieser 
Schätze  wird  aber  durch  den  Mangel  an  chronologischer  oder  sonstiger  Disposition,  an 
Klarheit  und  Kritik,  sowie  durch  das  Fehlen  einer  Inhaltsangabe  und  eines  Index  zu  einer 
so  unerquicklichen  Aufgabe,  dass  das  Buch  thatsächlich,  soweit  ich  sehe,  fast  gänzlich 
unbenutzt  geblieben  ist.  Es  wäre  im  Interesse  der  Wissenschaft  sehr  zu  wünschen,  dass 
der  Verfasser  sich  dazu  entschliessen  könnte,  durch  strengere  Methode  und  durch  grössere 
Genauigkeit  sein  eminentes  Wissen  wahrhaft  fruchtbar  zu  machen.  Dass  übrigens  der 
Hauptzweck  des  Buches,  die  Existenz  eines  wirklichen  Theaters  in  Byzanz  zu  erweisen, 
meines  Erachtens  nicht  erreicht  ist,  habe  ich  schon  oben  bemerkt.  —  Nach  Sathas  ver- 
suchte das  byzantinische  Theater  wenigstens  teilweise  zu  retten  G.  Mistriotes,  'EXkrjyutrl 
yQa^fAaroXoyia  1  (Athen  1894)  697  ff.  Er  entwickelt  aber  selbst  mit  lobenswerter  Klar- 
heit die  Gründe,  welche  den  Untergang  des  Theaters  herbeiführen  mussten,  und  was  er 
gegen  uns  zu  Gunsten  der  Hypothese  von  Sathas  Yorbringt,  läuft  auf  einen  unfruchtbaren 
Streit  um  Worte  hinaus. 

2.  Die  Armut  der  byzantinischen  Zeit  an  dramatischen  Spielen  —  oder  wenigstens  die 
Armut  der  Ueberlieferung  über  dieselben  —  wird  einem  völlig  bewusst,  wenn  man  die 
reiche  Produktion  des  Abendlandes  mit  seinen  mannigfachen  Weihnachts-  und  Osterspielen, 
seinen  Legenden-  und  Mirakeldramen,  seinen  Narrenfesten  und  Fastnachtsscherzen,  seinen 
Moralitäten  und  endlich  seinen  aus  der  Wiederbelebung  des  klassischen  Altertums  ent* 
standenen  Tragödion  und  Komödien  betrachtet.  Ueber  diese  Litteratur  handeln  am  besten : 
Wilh.  Cloetta,  Beiträge  zur  Litteraturgeschichte  des  Mittelalters  und  der  Renaissance. 
1.  Komödie  und  Tragödie  im  Mittelalter,  IL  Die  Anfänge  der  Renaissancetragödie,  Halle 
1890 — 1892,  und:  Wilh.  Greizenach,  Geschichte  des  neueren  Dramas,  Erster  Band: 
Mittelalter  und  Frührenaissance,  Halle  1893.  —  Zur  Geschichte  der  Begriffe  Komödie 


0  E.  Rohde^  Der  griechische  Roman 
S.  352. 

*)  K.  N.  Sathas,  a.  a.  0.  a$'.  —  Sp.  Zam- 
pelios,  üo&ey  ij  xatytj  Xä^ig  xgayoviftu; 
fcK  *A&9JyMc  1859,  ein  oft  zitiertes  Schrift- 
chen, das  jedoch  keineswegs,  wie  nach  dem 
Titel  zu  erwarten  wäre,  eine  brauchbare 
historische  Untersuchung  über  die  Bedeutungs- 
verschiebung von  tgayi^dto  f  sondern  fast 
nur  allgemeine  Betrachtimgen  über  die  Ver- 


drängung der  heidnischen  Kultur  durch  die 
christliche  und  über  neugriechische  Poesie 
enthält. 

>)  E.  Rohde,  a.  a.  0.  S.  850  ff.;  450; 
545  und  J.  Perles,  B.  Z.  2  (1893)  571. 

*)  E.  Rohde,  a.  a.  0.  S.  352. 

')  In  den  ,  weltlichen  Komoedien"  des 
Aesop,  die  V.  Jernstedt,  Joum.  Min.  1893 
Bd  286  und  287  April-  und  Maiheft  S.  23—82 
und  33—48  ediert  hat. 


648 


Bysantinisohe  I4tteri^turgMohiohte.    IL  Poetisohe  (i^Urmtiir. 


und  Tragödie  im  abendländisohen  Mittelalter  vgl.  Gloetta,  a.  a.  0.  1,  14  ff.  und  1, 166 C; 
Creizeoach,  a.  a.  0.  S.  9  ff. 

267.    Die   metrischen  Formen  der   bjrzantiniachen  Poesie.    Ib 

byzantinischen  Zeitalter  gibt  es  drei  metrische  Hauptgattungen: 

1.  Die  aus  dem  Altertum  überkommene  quantitierende  MetriL 
Von  den  mannigfaltigen  antiken  Yersarten  gebrauchten  die  MittelgriechflA 
vornehmlich  den  jambischen  Trimeter,  selten  den  daktylischen  Hexa- 
meter, das  elegische  Distichon  und  anakreontische  Dimeter  uni 
Trimeter.  Die  Schicksale  der  letzteren  Yersarten  während  der  byzaft- 
tinischen  Zeit  sind  noch  nicht  näher  untersucht;  nur  dem  jambischen  Tri- 
meter,  der  in  der  Mehrzahl  aller  nach  dem  Prinzipe  der  Quantität  gedidh 
teten  Werke  herrscht,  hat  sich  in  der  letzten  Zeit  die  Aufinerksamkät 
einiger  Gelehrten  zugewendet.  Der  byzantinische  Trimeter  besteht  in  der 
Regel  aus  12  Silben,  eine  Neuerung,  die  man  keineswegs  aus  poetischer 
Impotenz  erklären  darf;  es  hat  vielmehr,  wie  W.  Meyer^)  richtig  erklärt^ 
eine  griechische  Dichterschule  im  6.  Jahrhundert  mit  vollem  BevnisstBeiB 
den  dramatischen  Trimeter  mit  seinen  Auflösungen  und  Anapästen  ve^ 
werfen  und  den  sogenannten  lyrischen  Trimeter,  von  welchem  der  viel- 
gelesene Lykophron  ein  gutes  Beispiel  bot,  mit  vollem  Bewusstsein  gewählt 
GeorgiosPisides  wendet  seinen  neugeregelten  Trimeter  mit  nicht  geringerem 
Stolze  und  Eifer  an  als  Nonnos  seinen  Hexameter.  Eine  zweite  Eigentüm- 
lichkeit des  byzantinischen  Trimeters  besteht  darin,  dass  die  vorletzte 
(11.)  Silbe  regelmässig  den  Accent  hat.  „Bei  Agathias  und  Johannes 
von  Gaza  sind  Trimeter  mit  accentuierter  Endsilbe  ziemlich  gemieden,  bei 
Georgios  Pisides  fast  gänzlich;  auf  der  drittletzten  Silbe  betont  Agathias 
viele  Trimeter,  Johannes  von  Gaza  keine,  Georgios  Pisides  in  zwei  Schriften 
viele,  in  den  übrigen  nur  wenige.  Die  gänzliche  Vermeidung  des  Pro- 
paroxytonon  im  Trimeterschluss  ist  erst  im  10.  Jahrhundert  fertig.**)  Eine 
geschichtliche  Entwickelung  lässt  die  Prosodie  des  byzantinischen  Tri- 
meters wie  der  übrigen  Versmasse  namentlich  in  der  allmählich  zunehmenden 
Freiheit  im  Gebrauche  kurzer,  langer  und  mittelzeitiger  Silben  wahrnehmen. 
Mit  Rücksicht  hierauf  wie  auf  die  erwähnte  Beschränkung  der  Silbenzahl 
und  den  paroxytonen  Schluss  sondert  Is.  Hilberg^)  die  Gesamtmasse  der 
byzantinischen  Jambographen  in  drei  Gruppen:  A.  Die  Klassiker. 
Sie  zeichnen  sich  durch  absolute  Korrektheit  der  Versifikation  aus,  so- 
weit Quantität  und  Zäsuren  in  Frage  kommen.  Die  Längungsfahigkeit 
vokalisch  auslautender  kurzer  Endsilben  durch  folgende  Doppelkonsonanz, 
welche  im  Altertum  in  enge  Schranken  gebannt  war,  beginnt  jedoch  bereite 
allgemach  diese  Fesseln  abzustreifen.  B.  Die  Epigonen.  Sie  teilen  die 
Korrektheit  bezüglich  der  Zäsuren  mit  den  Klassikern.  Die  Quantität 
jedoch  wird  nur  in  jenen  Fällen  rein  bewahrt,  wo  sie  für  das  Auge  kennt- 
lich ist.  Somit  sind  die  Diphthonge,  rj  und  (o  stets  lang  und  die  längende 
Wirkung  der  Doppelkonsonanz  wird  nie  vernachlässigt.    Auch  das  durch 


*)  Zur  Geschichte  des  griech.  und  lat. 
Hexameters  S.  1020  (s.  die  Litteraturangabe 
am  Schlnss  des  g). 

^)  Wüh.  Meyer,  a.  a.  0.  S.  1020. 


^)  Wiener  Stadien  8  (1886)  291  ff.,  wo 
eine  nähere  Ausf&hrong  und  BegrQndang 
dieser  Gruppierung  gegeben  wird. 


Die  metriBohen  Formeu  der  bysantiniBchen  Poesie.    (§  267)  649 

Kontraktion  oder  Krasis  entstandene,  sowie  das  mit  iota  subscriptum  ver- 
sehene a  bleiben  in  der  Regel  lang,  und  Verkürzung  ist  nur  in  streng 
fixierten  Fällen  gestattet  (vgl.  das  Nähere  darüber  bei  Hercher,  Erot.  Script. 
Or.  2  S.  LI  f.).  Die  Vokale  e  und  o  können  nur  in  Eigennamen  und 
Kunstausdrücken  lang  gemessen  werden,  bei  den  letzteren  nur,  bei  den 
ersteren  fast  nur,  wenn  sonst  die  Verwendung  im  zwölfsilbigen  Trimeter 
unmöglich  wäre.  Langes  a  (abgesehen  von  den  oben  hervorgehobenen 
Arten  desselben),  t  und  v  können  nach  Belieben  auch  als  Kürzen  ver- 
wendet werden,  wobei  verräterische  Cirkumflexe  über  den  betreffenden 
Vokalen  dem  Acutus  weichen  müssen.  Kurzes  a,  i  und  v  werden  im  An- 
und  Inlaut  ohne  jede  Beschränkung  auch  als  Längen  gebraucht, 
im  Auslaut  jedoch  nur  in  freien  Wörtern  (über  den  Begriff  der  freien 
Wörter  vgl.  Hilberg,  Prinzip  der  Silbenwägung  S.  2).  Die  Längungsfähigkeit 
vokalisch  auslautender  kurzer  Endsilben  durch  folgende  Doppelkonsonanz 
ist  gänzlich  unbeschränkt  (vgl.  a.  a.  0.  S.  218  und  234  f.).  Ein  Vertreter 
dieser  Gruppe  ist  Theodoros  Prodromos.  C.  Die  Stümper.  Die  Verse- 
macher, welche  dieser  Gruppe  angehören,  sind  nicht  alle  von  einem  Schlage. 
Ihr  gemeinsames  Unterscheidungszeichen  aber  gegenüber  der  Epigonen- 
gruppe ist  der  unbeschränkte  Gebrauch  von  auslautendem  kurzem 
<ir,  «  und  V  als  Längen.  Im  übrigen  zeigt  sich  zwar  das  Bestreben,  die 
Gesetze  der  Epigonengruppe  zu  befolgen,  aber  die  Unbeholfenheit,  bisweilen 
auch  Eilfertigkeit  dieser  Dichterlinge  verursacht  zahlreiche  Verstösse.  Bei 
alledem  aber  haben  nur  die  Unfähigsten  in  dieser  Gruppe  der  Unfähigen 
sich  gestattet,  die  Diphthonge,  das  rj  und  o)  zu  verkürzen  und  die  längende 
l^irkung  der  starken  Doppelkonsonanz  zu  vernachlässigen.  Einer  der 
Stümper  leichteren  Grades  ist  der  Verfasser  des  Christus  patiens. 
[Bezüglich  der  Chronologie  ist  zu  bemerken,  dass,  soweit  die  erhaltenen 
jambographischen  Erzeugnisse  einen  Schluss  gestatten,  auf  die  Periode  der 
Klassiker  die  Periode  der  Epigonen  folgte,  während  die  Stümper  zum 
Teile  Zeitgenossen  der  Epigonen  waren,  zum  Teile  über  die  Epigonen 
hinausreichten. 

Dass  neben  diesen  Hauptgruppen  noch  allerlei  Mittelparteien  stehen, 
liess  sich  im  voraus  annehmen  und  ist  durch  die  Untersuchungen  von  E. 
Kuhn  (s.  unten)  völlig  sicher  geworden.     Inwieweit  Hilbergs  Gesetze  auf 
die  daktylische  und  anakreontische  Poesie  zutreffen,  kann  ich  nicht   be- 
urteilen, da  es  mir  nicht  möglich  war,   über  die  Metrik  der  Profanpoesie 
selbständige  Untersuchungen  anzustellen.     Auf  keinem  Gebiete  bedarf  es 
so  sehr  der  genauen  und  umfassenden  Vorarbeiten  als  hier,  wo  zufällige 
und  isolierte  Beobachtungen  stets  mehr  verwirren  als  aufhellen.    Zuletzt 
muss  noch  ausdrücklich  betont  werden,  dass  die  gesamte  quantitierende 
Poesie  in   der  byzantinischen  Zeit  des  festen  Fundamentes  der  leben- 
digen Sprache  entbehrt   und   als  eine  mechanische,  mühsam  auf  dem 
Papier  aufgebaute  Spielerei  erscheint,  der  eine  wahrhaft  künstlerische  Be- 
rechtigung in  weit  geringerem  Masse  zukommt  als  den  oft  als  barbarisch 
gebrandmarkten  auf  dem  Accent  beruhenden  Versarten. 

2.  Das  rythmische  System.   Dasselbe  wurde  durch  die  Kirchen- 
poesie  geschf^en  und  wird  fast  ausschliesslich  durch  sie  vertreten.    An 


} 


650  Bysantinisohe  Litteraturgesohichte.    IL  Poetiumdio  Littenitiir. 

Stelle  der  Quantität  tritt  hier  als  Hauptprinzip  die  Silbenzählung  und  da] 
Schlussaccent.  Unter  sich  ungleiche  Verse  werden  zu  Perioden  und  dieia 
zu  Strophen  vereinigt.  Über  die  Entstehung,  die  Formen  und  die  Haup^ 
eigentümlichkeiten  der  rythmischen  Poesie  ist  §§  282 — 291  ausführlicher 
gehandelt. 

3.  Das  politische  System.  Mit  der  rythmischen  Poesie  ist  d« 
politischen  die  grundsätzliche  Vernachlässigung  der  in  der  lebendigen 
Sprache  längst  geschwundenen  antiken  Quantitätsgesetze  gemeinsam; 
was  sie  von  der  rythmischen  Poesie  unterscheidet,  ist  die  ununterbro- 
chene Wiederholung  des  gleichen  Verses  (Trori^jua  xara  cririxor),  wa 
rend  dort  innerhalb  der  Periode  ein  Wechsel  der  Versmasse  eintritt  (noiijfu 
xaid  ncQiodov).  Unter  politischen  Versen  im  weiteren  Sinne  verstehen  wir 
demnach  alle  zwar  nach  dem  Accent  gebauten,  aber  Zeile  für  Zeile  (xtrfc 
av(xov)  wiederkehrenden  Verse.  Solche  gleichzeilige  rythmische  Oedichto 
sind  bei  den  Griechen  vor  dem  10.  Jahrhundert  ziemlich  selten.  Der  be- 
kannteste Vers  dieser  Gattung  ist  der  15silbige,  nach  der  achten  Silbe 
mit  einer  Zäsur  versehene  jambische  Vers: 

Kai  n(og  ^gaavg  6  rijy  aidtu  ||  nQoßeßXtjfiiyfjy  I/o»»'. 

Dieses  Schema  erleidet  verschiedene  Schwankungen,  besonders  kann 
im  Anfange  der  beiden  Halbzeilen  ebensogut  ^'  -  als  -  ^  stehen.  Manch- 
mal geht  die  Freiheit  so  weit,  dass  abgesehen  vom  Schlüsse  alle  Rück- 
sichten auf  bestimmte  Füsse  beiseite  gelassen  und  nur  Silben  gezählt 
werden.^)  Ausser  dem  Fünfzehnsilber  wurden  auch  andere  gleichzeilige 
Verse  nach  dem  Accent  gebaut,  zwölfsilbige  jambische  Trimeter,  jambische 
und  trochäische  Dimeter  u.  a.  Doch  haben  sich  diese  Variationen  nicht 
zu  grösserer  Bedeutung  zu  erheben  vermocht,  und  wenn  vom  politischen 
Verse*)  schlechthin  die  Rede  ist,  wird  bei  den  Byzantinern  stets 
und  bei  den  Neueren  meistens  der  jambische  Fünfzehnsilber 
verstanden.  Er  beherrscht  die  für  das  gemeine  Bedürfnis  berechneten 
Litteraturgattungen  wie  die  gesamte  Volkspoesie  bis  herab  auf  die  Gesänge 
der  heutigen  Griechen;  seine  mehr  als  tausendjährige  und  noch  kaum  et- 
schütterte  Lebenskraft  gehört  zu  den  merkwürdigsten  Thatsachen  in  der 
allgemeinen  Geschichte  der  volksmässigen  poetischen  Formen. 

Aus  welcher  alten  Form  der  politische  Vers  stamme,  ist  eine  oft 
besprochene  Frage.  Eustathios^)  will  ihn  aus  trochäischen  Versen  e^ 
klären,  wobei  er  wohl  an  alte  Verse  denkt,  die  sich  wie  politische  lesen 
lassen  z.  B.  des  Aeschylos  ^Q  ßa&v^oivcov  avaaaa  IleQaidiov  vneQTarrj.  Ahn- 
lich sagt  Maximos  Planudes,^)  der  den  Gedanken  des  Eustathios  weiter 
verfolgt,  schon  bei  den  Tragikern  und  Aristophanes  seien  unter  den  tro- 
chäischen und  jambischen  katalektischen  Tetrametern  zuweilen  politische 


*)    W.   Meyer,   Anfang   und  Ursprung  '  fundene  und  in  unserer  Litteratur  ziemlich 

S.  325  f.  (s.  die  Litteraturangabe).  '  eingebürgerte    Uebersetzung:  Allerwelts- 

*)  Itlxos  nohnxog  d.  h.  bürgerlicher,  |  vers  ist  mehr  geistreich  als  zutreffend, 

gemeiner,  von  allen  verstandener  und  ge-  |  ')  Kommentar  zu  Ilias  a   S.  11. 

brauchter  Vers,   im  Gegensatze  zu  der  nur  *)  Tm  JtaXoyog  negl  ygafAfAaTixijg,  Bacb- 

den    Gelehrten   zugänglichen    Quantitäts-  |  mann,  Anecd.  Graeca  2,  99. 

poesie.    Die  ich   weiss  nicht  von  wem  er-  j 


Die  meiriBohen  Formen  der  bysantiniflohen  Poesie.    (§  267)  651 

'^erse  zu  finden:  Tori;  ilg  to  noXivixov  äQti  (xstavaatäciv  ovofia  atixoig 
tri  TQaytxoi  ndvvsq  xal  o  Ktoiuxoq  icrtv  ov  XQ^fi^f*^'^'^^  (paivovtatj  ovx 
fjietQcog  fiävTOij  aXX'  oi  (xkv  vQoxa(oi.q  noirjaavregj  6  Kfofuxog  ü  xai 
djmßoig  *  €xd%€QOi  (JLävrot  %€TQdfXB%Qov  xcctaXr]xTu6v  aivoig  oqov  iüTijaavTo. 
>azu  nennt  er  dann  mehrere  Beispiele  wie  den  oben  angeführten  Vers 
es  Aeschylos.  Von  einem  absichtlichen  Bau  politischer  Verse,  woran 
uch  Planudes  nicht  zu  denken  scheint,  kann  bei  den  Alten  natürlich  keine 
^ede  sein.  Dagegen  mag  man  die  von  Planudes  erwähnten  Versarten  als 
Lusgangspunkte  im  Auge  behalten.  Nun  wird  aber  die  sichere  Lösung 
er  ganzen  Frage  deshalb  schwierig,  weil  die  Stufen  und  Mittelglieder, 
ie  zwischen  der  quantitierenden  Verskunst  und  dem  politischen  Masse 
iegen,  nicht  überliefert  scheinen.  Zwar  sind  beide  Dichtungsformen  durch 
euere  Beobachtungen  chronologisch  bedeutend  näher  gerückt  worden.  Wäh- 
end  Henrichsen  und  Bemhardy  *)  glaubten,  dass  politische  Verse  sich  vor 
em  12.  Jahrhundert  in  der  Litteratur  nicht  nachweisen  lassen,  haben 
chon  W.  Wagner*)  und  W.  Meyer ')  den  Psellos  als  politischen  Dichter 
lamhaft  gemacht  und  W.  Meyer  hat  die  Vermutung  ausgesprochen,  dass 
edenfalls  zuerst  ein  Gelehrter  auf  diesen  Vers,  den  er  für  eine  Nach- 
bildung des  jambischen  Tetrameters  der  Alten  hält,  verfallen  sei.  Allein 
veit  älter  als  Psellos  sind  die  politischen  Verse,  welche  Konstantin 
Porphyrogennetos^)  in  einer  volksmässigen  Akklamation  überliefert. 
^och  bedeutend  über  die  hiemit  gegebene  Frühgrenze  ist  das  Alter  des 
K>liti8chen  Verses  durch  die  Beobachtung  gerückt  worden,  dass  mehrere 
>prichwörter,  die  Johannes  Klimax  (c.  525 — c.  600)  und  Johannes 
Aoschos  (t619)  anführen,  als  politische  Verse  gelesen  werden  müssen. 
Luch  in  der  Akklamation,  die  um  das  Jahr  600  gegen  Kaiser  Maurikios 
D  Umlauf  gesetzt  wurde,  stecken  zweifellos  politische  Verse.  ^)  Hiedurch, 
eie  durch  die  Thatsache,  dass  der  politische  Fünfzehnsilber  sich  bis  auf 
len  heutigen  Tag  in  allen  griechischen  Gegenden  als  das  fast  einzige 
fersmass  des  Volksliedes  behauptet  hat,  scheint  doch  der  populäre 
Jrsprung  des  Masses  wahrscheinlicher  zu  werden.  Man  wird  mitBem- 
lardy*)  an  Tetrameter  wie  den  in  Plutarchs  Sulla  überlieferten  Vers  Sv- 
tdfuvov  €C&'  6  2vXXag  dkqiiTtp  nenacfiärov  anknüpfen,  vielleicht  aber  zur 
Vergleichung  auch  die  aus  14  Silben  bestehende  Zeilenart  beiziehen  dürfen, 
die  sich  bei  Methodios  und  Gregor  von  Nazianz  findet.  ^)  Der  Streit  dreht 
sich  zuletzt  eigentlich  nur  um  die  Frage,  ob  der  jambische  oder  der 
trochäische  Tetrameter  für  die  Entstehung  des  Verses  verantwortlich 
sei.  Wahrscheinlich  aber  haben  sich  beide  in  die  Ehre  der  Vaterschaft 
zu  teilen  d.  h.  der  politische  Vers  ist  wohl  aus  einer  Kontamination 
dieser  zwei  alten  populären  Masse  hervorgegangen. 

0   Gnindrifis    der   griecL    Litterat.  I^  10.  Jahrh.,  in  welcher  der  Kaiser  schrieb.  Den 

(1876)  696.  Text  der  Verse  s.  S.  255. 

*)  Medieval  Greek  Texts,  London  1870  ^)   Vgl.    die   Litteratnrangaben  in   der 

S.  VII.  '  Einleitung  des  Abschnittes,  Vnlgftrgriechische 

*)  Anfang  nnd  Ursprung  u.  s.  w.  S.  325.  {  Litteratur" ,    wo    diese   Akkliunation   abge- 

^)  De  cerim.  S.  867  ed.  Bonn.  Da  Kon-  ,  druckt  ist. 

>^tiii  die  Verse  als  eine  der  Ablieben  Ak-  |  *)  Grundriss  der  griech.  Litterat.  1^(1876) 

'^amationen  anf&brt,  werden  sie  wohl  noch  i  696;  276. 

beutend  ftlter  sein  als  die  erste  Hälfte  des  |  ')  W.  Meyer,  a.  a.  0.  S.  310. 


652 


BysftniiniBche  litteratnrgesohiobte.    IL  Poeiiaolie  I4tter«tiir* 


1.  Quantitierende  Poesie:  Die  Gesetze  des  byzantinischen  Trimeters  entwic 
Is.  Hilberg,    Wiener  Studien  8  (1886)  282—314.     Weitere  Beiträge  gab   er  ebenda  It] 
(1888)  50-92.  Vgl.  auch  desselben:  Prinzip  der  Silbenwftgung,  Wien  1879  S.  3  f.;  217  IL- 
Ueber  den  Hexameter  und  Pentameter  und  die  anakreontisdhen  Verse  bei  den  ByzanÜna  I 
hat   namentlich  Fr.    Haussen   Aufklärungen  gegeben:   Fr.  Haussen,   Elin   mosikalisckil 
Accentgesetz  in   der  auantitierenden  Poesie  der  Griechen,  Rhein.  Mus.  38  (1883)  222— 3U. 
Fr.  Haussen,   Die  Gliederung   der  im  Codex  Palatinus  erhaltenen  Sammlimg   der  A» 
kreontea,   Verhandlungen  der  36.   deutschen   Philologenversammlung  zu   Karlsruhe  1882, 
Leipzig  1883   S.  284—293.     Fr.  Haussen,    Accentus  grammatici  in  metris  Anacreootiei 
et  Hemiambico  quae  sit  vis  et  ratio  explicatur,  Philologus,  Supplementb.  5  (1889)  197—233 
(Hauptscbrift  über  die  anakreontische  Poesie  der  Byzantiner).    —  Zu  den  anakreonüseiMi 
Formen  vgl.  auch  0.  Crusius,  Stesichoros  und  die  epodische  Gomposition  in  der  grieeki- 
scheu   Lyrik,  Gommentationes  philologae  fQr  Otto  Ribbeck,   Leipzig  1888  S.  14—16.  - 
Wilh.  Meyer,  Zur  Geschichte  des  griech.  und  des  latein.  Hexameters,  Sitzungsber.  bajro. 
Akad.  1884  S.  1013—1023  (über  die   vermeintlichen  Vorläufer  der  griechischen  Acceoi- 
poesie).  Derselbe:  Ueber  die  Beobachtung  des  Wortaccentes  in  der  altlat.  Poesie,  AbhandL 
bayer.  Akad.  17.  Bd  1.  Abteil  (1884)  S.  66  ff.;   110  ff.   (über  den  lyrischen  Trimeter).  - 
Fr.  Kuhn,   Symbolae  ad  doctrinae  ne^l  di^goytoy  historiam  pertinentes,    Breslaaer  philolj 
Abhandlungen  VI  3,  Breslau  1892.    Kuhn  untersucht  vier  byzantinische  Dichter  hinsick» 
lieh  ihrer  Praxis  in  der  Anwendung  der  mittelzeitigen  Vokale,  den  Ignatios  Diakonoi,] 
den  Theodosios  Diakonos,  den  Christophoros  von  Mytilene  und   den  Johanaitj 
Mauropus,  und  zeigt,  dass  dieselben  von  strengerer  Observanz  sind  als  die  von  HiUwfj 
der  zweiten   Gruppe,   den  , Epigonen",  zugewiesenen  Versmacher  (s.  oben  S.  648), 
sie  also  eine  eigene  zwischen  Hilbergs  erster  und  zweiter  Gruppe  in  der  Mitte  steheaiij 
Klasse  bilden.     In   einem  Anhange   behandelt  er  dieselben  Dichter  nach  ihren  8on8tign| 
metrischen  Grundsätzen.    Endlich  erOrtert  er  die  Verstechnik  des  Johannes  Tzeiztt» 
führt  die  Lehren  des  Eustathios  über  die  dichronen  Vokale  auf  ihre  Quellen  zurfick  vail 
bespricht  die  Lehre   des  Maxim os  Planudes  und  Demetrios  Triklinios,  sowie  &{ 
Technik  des  Planudes  in  seinen  eigenen  Gedichten. 

2.  Politische  Verse:  K.  L.  Struve,  Der  politische  Vers  der  Mittelgriechen,  Hildwl 
heim  1828.  —  Demetrius  Zenus,  Batrachomyomacnia,  mit  Erläuterungen  und  Bemerkung«  { 
über  den  poltitischen  Vers  der  Neugriechen,  herausgeg.  von  F.  Lechner,  Ingolstadt  1^. 
—  F.  Henrichsen«  üeber  die  sogenannten  politischen  Verse  bei  den  Griechen.   Aus  de* 
Dänischen  übersetzt  von  P.  Friedrichsen,  Leipzig  1839;   gilt  noch  immer  als  Hauptschril^ 
ist  aber  durch  die  Veröffentlichung  zahlreicher  neuer  Texte  so  entwertet,  dass  eine  v9Uig 
neue  Bearbeitung  des  Gegenstandes  dringendes  Bedürfnis  ist.  —  Fr.  Ritschi,  Acoentoierli 
Verse,  Opuscula  1  (1866)  289—299.  —  W.  Wagner,  Medieval  Greek  texts,  London  1870 
S.  VI — X.  —  Ueber  den  Ursprung  des  politischen  Verses  und  sein  Verhältnis  zur  rythmi- 
sehen  Poesie  handeln:  W.  Meyer,  Anfang  und  Ursprung  der  lat.  und  griech.  rrthmiscliflii 
Dichtung,   Abhandl.  bayer.  Akad.  17.  Bd,  2.  AbteU.  (1885)  S.  308;  325;  386,  £.  Bouvj,: 
Etüde  sur  les  origines  du  rythme  tonique,  Nimes  1886  S.  159;  322  ff.  und  Fr.  H aussen, { 
Philologus,  Supplementb.  5  (1889)  219  Anm.   —   Nachweis  politischer  Verse   bei  Johann« 
Klimax   und   Johannes   Moschos   bei   K.   Krumbacher,    Mittelgriechische    Sprichwörter, 
Sitzungsber.  bayer.  Akad.  1893  Bd  II  233  f.  -  -  Ueber  sonstige  accentuierte  Verse  (trochäiseli 
Fünfzehnsilber  u.  a.)  s.   K.  Krumb  ach  er.  Eine  Sammlung  byzantinischer   SprichwOrttf, 
Sitzungsber.  bayer.  Akad.  1887  Bd  II  53  ff.  —  Ueber  akrostichische  Gedichte,  Krebsvene, 
{xaQxiyoi)  und  andere  metrische  Spielereien  der  Byzantiner  handelt  N.  Polites,  Sri^ov^ 
naiyyia,  Itkitia  19  (1885)249-^252;  264-266;  283—285;  291—294. 


1.  Kirchenpoesie. 

268.  Werke  in  der  antiken  Form.    Wie  die  übrigen  Gattungen  der 
pätgriechisch-byzantinischen  Litteratur,  so  steht  auch  die  Kirchendichtung 
anfänglich  unter  dem  mächtigen,  für  die  Entwickelung  einer  freien  Origi- 
lalität   verhängnisvollen   Einfluss   der   altgriechischen  Formen.     Die 
neisten  poetischen  Versuche  der  christlichen  Griechen,  welche  bisher  in 
weiteren  Kreisen  bekannt  geworden  sind,  schliessen  sich  in  Sprache,  Metrum 
tnd  Darstellung  an  die  alten  Vorbilder  an.     Es  sind  gelehrte  Imitationen 
'^on    ähnlicher   Art   wie   die   meisten  Werke   der  Profanpoesie   dieser 
Cpoche.    Hieher  gehört  der  in  anapästischen  Monometern  und  Dimetem 
tbgefasste,  wahrscheinlich  mit  Um-echt  dem  Clemens  von  Alexandria 
i*  um  215)  zugeschriebene  Hymnus,  der  in  den  Handschriften  von  dessen 
üatiaymyog  steht,  i)     Das  zweite  Stück  dieser  Art  ist  das  berühmte  Jung- 
rauenlied  im  , Gastmahl*  des  hl.  Methodios  (f  um  311).    Das  Werk, 
offenbar  eine  Nachahmung  des  platonischen  Symposion,  ist  in  Prosa  ab- 
;efasst  und  schildert  durch  den  Mund  von  zehn  Jungfrauen  das  Lob  der 
ikeuschheit;  zum   Schluss   folgt   ein    Gesang:    eine  Jungfrau   singt,    die 
ibrigen,  zur  Rechten  und  Linken  stehend,   antworten  nach  jeder  Strophe 
mit  einem  fröhlichen  Refrain  (vnaxovovai).    Das  Gedicht  steht  in  seinem 
Motiv   vielleicht   unter   dem   Einflüsse   der   naqd-ävia   des   Alkman    und 
Pindar;  doch  bietet  die  Form  schon  recht  viel  Auffallendes.   Das  Versmass 
ist  zwar  jambisch,  aber  im  ganzen  Gedichte  finden  sich  so  unbegreifliche 
Verstösse  gegen  die  Gesetze  der  Quantität,  dass  von  zufälligen  Versehen 
keine  Rede  sein  kann.     Der  Gegensatz  zur  altheidnischen  Dichtung,  viel- 
leicht auch,  wie  W.  Meyer  bemerkt,  das  Bewusstsein,  dass  neben  dem  ein- 
heimischen Prinzip  der   quantitierenden  Dichtung   die   fremdsprachlichen 
Christen  ein  ganz  anderes,  kräftiges  Dichtungsprinzip  besassen,  führte  zu- 
nächst zur  Geringschätzung  und  zum  teilweisen  Aufgeben  der  Gtesetze  der 
quantitierenden   Poesie.*)     Viel   treuer   blieb   der   antiken   Schultradition 
Gregor  von  Nazianz  (f  389).    Er  verwendet  in  seinen  zahlreichen  Dich*. 
tungen  mit  zwei  Ausnahmen  (s.  §  270)  nur  alte  Versmasse  wie  Hezftp 


')  Vgl.  E.  Bouvy,  a.  oben  a.  0.  S.  25  f., 
Wo  auch  einige  Litteratur  zu  Clemens  ver- 
zeichnet  ist  —  W.  Christ,  Geschichte  der 
griech.  UUerat.'  §  607. 


*)  W.  Meyer,  a.  oben  a.  0. 809 
Bouvy,  a.a.O.80ff.,  der  raeh  m   " 
tur  zu  Methodios  angibt 


654  BysantiniBohe  LüteratnrgMohichie.    IL  Poeiisöhe  Littenilor. 

meter,  trochäische  Septenare,  jambische  Trimeter  u.  s.  w.  Da  er  von  eil 
wannen  religiösen  Gefühle  beseelt  ist,  wurde  er  in  der  späteren  Zeit 
bewundert  und  wie  die  Profandichter  mit  regelrechten,  gelehrten  EomnM»'| 
taren  versehen.  Unter  den  christlichen  Griechen,  die  in  den  antiken  Fonnail 
dichteten,  verdient  er  die  erste  Stelle ;  aber  trotzdem  blieben  seine  Wem 
dem  Volke,  der  Gemeinde,  der  kirchlichen  Praxis  fem.  Man  ver- 
stand das  mächtig  eindringende  Wort  des  Gregor,  wenn  er  von  der  Eaud 
sprach,  aber  niemals  hat  die  Kirche  in  ihrem  öffentlichen  Kultus  eim 
seiner  kunstvollen  Gedichte  wiederholt.  Die  starren  Formen  der  vo^ 
alteten  Metrik  Hessen  das  Feuer  seiner  Empfindung  nicht  frei  genug  an^ 
flackern.  Ein  wahrer,  aus  dem  Innern  gewaltig  hervorbrechender  Enthu- 
siasmus, wie  er  manche  Hymnographen  auszeichnet,  wird  bei  ihm  Ye^ 
geblich  gesucht;  seine  Poesie  ist  edel  und  gross,  voll  Kunst  und  Überlegung, 
aber  sie  reisst  den  Menschen  nicht  mit  sich  fort,  sie  hat  nie  so  von  Hm 
zu  Herz  gesprochen  wie  etwa  das  unvergleichliche  Weihnachtalied  deil 
Romanos.^)  Noch  mehr  als  Gregor  stand  sein  Zeitgenosse  ApoUinarioi 
der  Jüngere  (f  390)  auf  dem  Boden  der  antiken  Überlieferung.  Bei 
ihm  war  strenge  Schulung  in  den  alten  Formen  Erbteil  der  Familie.  Der 
Vater  des  Apollinarios,  von  dessen  Werken  nichts  erhalten  ist,  schrieb 
Tragödien  nach  dem  Muster  des  Euripides,  Komödien  nach  Menander; 
Oden  nach  Pindar,  jüdische  Altertümer  nach  Homer.  Von  dem  Jungem 
besitzen  wir  eine  Paraphrase  der  Psalmen  in  Hexametern,  deren  Technik 
für  Nonnos  vorbildlich  wurde.  Das  Geschick,  mit  welchem  er  zahlloee 
Reminiszenzen  aus  alten  Dichtern,  ihre  berühmten  Bilder,  ihre  glänzenden 
Beiwörter,  ihre  dialektischen  Formen  verwendet,  kann  den  Antiquar  zu- 
frieden stellen.  Die  Psalmen  verloren  aber  durch  solche  Umbildung  ihr 
eigentümliches  Gepräge  und  ihre  erhabene  Einfachheit:  sie  wurden  zo 
homerisch,  um  noch  Psalmen  sein  zu  können.  Solche  philologische  Spie- 
lereien konnten  unmöglich  populär  werden,  und  wir  verstehen  die  Nach- 
richt des  Kirchenhistorikers  Sokrates,  dass  die  Werke  der  beiden  Apol- 
linarios schon  zu  seiner  Zeit  so  unbekannt  waren,  als  hätten  sie  nie 
existiert.*)  Noch  weniger  Erfolg  hatte  die  nach  dem  Vorbild  des  Apol- 
linarios gearbeitete  Psalmenparaphrase  des  Ammianos.^)  Ebenso  gelehrt 
sind  die  berühmten  Gedichte  des  Synesios  (ca.  370  bis  ca.  413).  Für 
das  Überwiegen  des  hellenischen  Elementes  ist  es  hier  besonders  charak- 
teristisch, dass  die  Hymnen,  welche  Synesios  als  Christ  dichtete,  mit  denen 
aus  seiner  heidnischen  Zeit  brüderlich  zusammengehen.  Der  Neuplato- 
niker  verrät  sich  in  den  ersteren  fast  ebenso  deutlich  als  in  den  letzteren. 
Selbst  der  dorische  Dialekt,  dessen  sich  Synesios  bedient,  beruht  sicher 


*)  Vgl.  E.  Bouvy,  a.  a.  0.  51  ff.  !  Kritisches  bei  Leo  Sternbach,  Anthologiae 

')  A.  Lndwich,  ApoUiDarii  metaphrasis      Planadeae     appendix     Barberino-VaticaiUL  , 

Leipzig  1890  S.  67  und  sonst. 

^)  Eine  Probe  derselben   ed.    ans  Co(^ 

Laur.  5,  37  Bandini,    Catalogos   codicur~ 


psalmomm  I~1II  (als  Probe  einer  kritischen 
Ausgabe),  Progr.  Königsberg  1880;  dazu  des 
selben   Verf.  Abbandlungen   im  Hermes  13 


(1878)  335 — 350  und  Königsberger  Studien  1   |  mss  bibl.  Mediceae  Laurentianae  1  (1764)  6-1 


(1887)  80-82.  —  E.  Bouv v,  a.  a.  0.  S.  43  ff. 
—  Job.  Dräseke,  Zeitschrift  für  wissen- 
schaftliche TheoL  81  (1888)  477—487.  — 


Sie  steht  auch  im  Cod.  BodL  Barocc.  21 
8.  14  fol.  3^. 


!•  Xirohenpoesie.    A.  GeBohiohte  der  rythmiBohen  Eirohendiohtiing.    (§  269)     655 

nicht  auf  der  damaligen  Mundart  seiner  Heimat  Eyrene,  sondern  auf  rein 
gelehrter  Imitation.  Überhaupt  ist  er  viel  mehr  Philosoph  als  Dichter; 
Beine  metaphysischen  Darlegungen  sind  eine  passende  Lektüre  für  die 
Gelehrtenstube,  sie  sind  aber  nicht  geeignet,  von  der  tausendstinmiigen 
Menge  gesungen  und  begriffen  zu  werden. i)  Selbst  Nonnos  (im  Anfange 
des  5.  Jahrhunderts),  dessen  Metrik  für  die  Profanpoesie  in  einem  ge- 
^ssen  Sinne  bahnbrechend  wurde  und  zahlreiche  Nachahmer  fand,  wie 
Tryphiodoros,  KoUuthos  und  Musaeos,  hatte  mit  der  metrischen  Paraphrase 
des  EvangeUums  Johannis,  die  er  als  Christ  und  wohl  im  hohen  Alter 
verfasste,  keinen  Erfolg;  ein  Unternehmen,  das  von  Anbeginn  so  gänzlich 
•verfehlt  war,  wäre  auch  einem  grösseren  Dichtergenie  nicht  gelungen.') 
}fonnos  ist  nicht  der  letzte  Grieche,  der  das  Gerüste  altgriechischer 
Tormen  zur  Ausstellung  christlicher  Ideen  verwertete;  die  Sitte  gelehrter 
Imitation  der  antiken  Metrik  ist  auch  nach  dem  Auftreten  der  rythmischen 
Dichtung  und  des  politischen  Verses  nicht  ausgestorben.  Das  beweisen 
die  trockenen  Dichtungen  des  hl.  Sophronios,  die  drei  jambischen 
Sanones  des  Johannes  vonDamaskos  und  die  zahlreichen  in  anakreon- 
tischen  und  anderen  Massen  verfassten  Poesien  geistlichen  Inhalts  eines 
Ignatios  Diakonos,  Leon  des  Weisen,  Prodromos,  Manuel  Philesu. a. 
IHe  für  wahre  Kunst  immer  verhängnisvolle  Wirkung  des  Nachleiems 
toter  und  nicht  mehr  verständlicher  Formen  hat  sich  auch  hier  im  vollen 
Masse  bewährt.  Nur  ganz  wenige  dieser  Eunstgedichte  verdienen  den 
Namen  Poesie.  Mit  Klängen,  die  in  der  lebendigen  Sprache  keinen  Widern 
hall  mehr  fanden,  konnte  niemand  zum  Herzen  des  Volkes  reden.  Die 
Gefahr,  welche  hierin  lag,  ¥ärd  von  dem  Historiker  nicht  unterschätzt 
"werden;  hätte  sich  nicht  zur  rechten  Stunde  eine  andere  Kunstform 
gefunden  und  eingebürgert,  so  wäre  dem  griechischen  Volke  der  Segen 
einer  wahren  religiösen  Poesie  für  inmier  versagt  geblieben.  Nur  dieser 
neuen  Form  ist  es  zu  verdanken,  dass  nun  eine  Litteraturgattung  erstand, 
die  an  poetischem  Gehalt,  an  Mannigfaltigkeit  und  Tiefe  den  vorzüg- 
lichsten Erzeugnissen  der  alten  Dichtung  zur  Seite  gestellt  werden  darf. 
IMese  wirkungsreiche  Kunstform,  welche  mit  einem  Zauberschlage  das 
poetische  Vermögen  der  Hellenen  von  neuem  wachrief  und  der  verstum- 
menden Zunge  wiederum  Laute  von  alter  Kraft  verlieh,  ist  die  ryth- 
mische  Dichtung. 

A.  Oeschichte  der  rythmisclien  Ejrchendiclitimg. 

269.  Begriff  und  allgemeine  Oeschichte.  Der  lebendigen  Sprache 
war  die  feine  Differenz  der  kurzen  und  langen  Silben  in  der  römischen 
Zeit,  wie  die  Buchstabenverwechselungen  auf  Inschriften  und  andere  That- 
sachen  beweisen,  abhanden  gekommen.  Der  neue  Vokalismus  besass 
weder  lange  noch  kurze,  sondern  nur  isochrone  Vokale  d.  h.  Vokale,  die 
alle  mit  derselben  Zeitdauer  gesprochen  wurden.^)    Aus  der  alten  musi- 


')  Vgl.  E.  Bouvy,  a.  a.  0.  63  ff. 
^)  Vgl.  E.  Bouvy,  a.  a.  0.  60  ff. 
*)  Vgl  G.  Hatzidakis,  Kuhns  Zeitsohr.  | 


für  vergleich.  Sprachforsch.  30  (1889)  357  ff.; 
auch  E.  Bouvy,  a.  a.  0.  127  ff. 


656 


BysantiidBohe  LitteratiirgeBohiohte.    iL  PoeÜMha  Utimrator. 


kaiischen  Quantitätsprache  war  ein  modernes  Eonversationsidiom 
worden,  in  welchem  ein  Wort  wie  avd^qwnog  als  einfacher  Daktylus  ]diq[^{ 
Wer  jetzt  also  nach  der  Quantität  dichtete,  gebrauchte  eine  toteFon,] 
die  auf  dem  Papiere  künstlich  zugerichtet  werden  konnte,  von  dem  Ohi] 
aber  nicht  mehr  verstanden  wurde.    Erst  als  die  christliche  Poesie 
von   diesem   unerträglichen   Zwange   losmachte  imd   zum   rythmiscliMl 
Versbau  ihre  Zuflucht  nahm,  begann  sie  wahrhaft  zu  leben.    Das 
der  neuen  Form  ist  nicht  Länge  oder  Kürze,  sondern  die  Zahl  der  Silbn] 
und  der  Accent  d.  h.  die  Dinge,   welche  damals  allein  hörbar 
und  welche  auch  die  Poesie  der  modernen  Völker  beherrschen.    Kai 
wegs  aber  trat  der  Wortaccent  einfach  an  die  Stelle  des  früheren  V« 
accentes;    die   alten  Versformen   wurden  vielmehr  gänzlich  beiseite 
schoben   und   dafür  neue,   ganz   verschiedenartige   Zeilen   und   St 
erfunden. 

Nur  in  den  Werken  der  rythmischen  Form  besitzt  die  cl 
Poesie  bei  den  Griechen  eine  wahrhafte,  von  schwachen  Versuchen 
zur  Vollendung  aufsteigende  und  endlich  wieder  sinkende  innere  Eil 
Wickelung.  Leider  ist  die  Geschichte  derselben  noch  wenig  erfoi 
Wir  erkennen  zwar  mit  genügender  Deutlichkeit,  dass  der  ungehi 
uns  erhaltene  Vorrat  an  Kirchenliedern  eine  nach  und  nach  entstände 
Schöpfung  ist;  wir  bemerken  bedeutende  Unterschiede  in  den  Formen,  ii 
poetischen  Gehalte,  in  der  Darstellung  und  Auffassung;  wir  sehen, 
aus  unscheinbaren  Quellen  allmählich  ein  mächtiger,  reichverzweigter  S1 
anwächst,  aber  es  ist  gegenwärtig  nicht  möglich,  den  Lauf  desselben 
seinen  Verästelungen  und  Zuflüssen  klar  nachzuweisen.  An  einer  genaue 
Feststellung  der  Geschichte  dieser  Litteraturgattung  hindert  vomel 
ihre  Anonymität.  Wenige  Dichter  sind  nach  ihrer  Person,  ihrer 
und  ihren  Lebensverhältnissen  näher  bekannt;  von  vielen  hören  wir 
als  die  blossen  Namen ;  eine  grosse  Zahl  und  darunter  manche  der  all 
Stücke  sind  völlig  herrenlos  überliefert.  Wir  können  daher  die  Eni 
wickelungsgeschichte  der  griechischen  Kirchendichtung  vorerst  nur 
allgemeinen  Umrissen  beschreiben.  Mit  genügender  Sicherheit  lassen 
in  derselben  drei  Hauptepochen  unterscheiden,  nämlich  1.  die  Zeitdi 
Vorbereitung,  welche  hauptsächlich  durch  kleine,  zwischen  die  P« 
und  andere  Teile  der  hl.  Schrift  eingeschobene  Stücke,  durch  Akklamatioi 
des  Volkes  und  einige  isolierte  Gedichte  von  bekannten  Verfassern 
zeichnet  wird,  2.  die  Blüteperiode,  in  welcher  die  umfangreichen, 
20 — 30  und  mehr  Strophen  bestehenden  Hymnen  zur  Ausbildung  und  W 
sten  Vollendung  gelangen,  3.  eine  Periode,  welche  mit  der  Entsteh! 
einer  neuen  architektonischen  Form  von  Gedichten,  den  sogenannt 
Kanones,  anhebt.  Diese  Abteilung  ist  jedoch  nicht  so  zu  verstehen, 
ob  die  für  jede  Periode  charakteristische  Gattung  in  derselben  ausschli« 
lieh  geherrscht  hätte.  Die  Akklamationen  und  die  kleinen  Stück( 
welche  die  Signatur  der  ersten  Periode  bilden,  dauerten  auch  in  der  zweit 
und  dritten  fort;  die  Hymnen,  das  Kennzeichen  der  zweiten  Peric 
wurden  auch  in  der  dritten  weitergepflegt. 

1.  SammelauBgaben:   Die  ältesten  Drucke   griechisober  Kirchenlieder  befind 


2irchenpo6flie.    A.  QMohiohte  der  rythmiaohen  Eirohendiohtong.    (§  269)     657 

l3  in  den  für  den  praktischen  Gebrauch  bestimmten  liturgischen  Werken.  Darnach  gab 
9  kleine  Auswahl  Vormbaum  in  Daniels  Thesaurus  hymnologicus,  vol.  III  (Lipsiae  1846) 
-  1S8  (die  übrigen  Bfinde  enthalten  nur  lateinische  und  syrische  Lieder).  -  Für  selb- 
cftdige  Studien  kann  man  die  alten  Drucke  nicht  ganz  entbehren;  sie  enthalten  aber 
Bfit  unzuverlässige  und  stark  verstümmelte  Texte»  die  für  eine  litterarische,  philologische 
%  geschichtliche  Betrachtung  des  Kirchenliedes  nicht  ausreichen.  Diesem  Behufe  dienen 
r  folgende  vier  Werke:  J.  B.  Pitra,  Hymnographie  de  T^glise  grecque,  Rome  1867; 
rmnen  auf  den  hl.  Petrus.  —  W.  Christ  und  M.  Paranikas,  Anthologia  Graeca  car- 
xiiro  Christianorum,  Lipsiae  1871;  reiche  Auswahl  christlicher  Poesien  in  chronologischer 
i  jiung  mit  einer  ausführlichen  Einleitung  über  Geschichte  und  Form  der  Eircbendichtung. 
•J.  B.  Pitra,  Analecta  sacra  spicilegio  Solesmensi  parata,  tom.  I,  Parisiis  1876;  enthält 
^  überraschend  grosse  Zahl  früher  gänzlich  oder  teilweise  unbekannter  Hymnen  des 
manos,  Anastasios,  Sergios,  Kyriakos,  Theodoros  Studites  u.  a.  —  Archimandrit  Am- 
i  lochius  (jetzt  Bischof  von  Rostov),  KoydaxuQioy  nach  der  griechischen  Originalhand- 
iMift  der  Moskauer  Synodalbibliothek  N.  437,  zusammengestellt  mit  der  ältesten  slavischen 
l^ersetzung,  2  voll.,  Moskau  1879  (Titel,  Einleitung  u.  a.  w.  russ.).  Der  erste  Band 
ssgt  im  grossen  und  ganzen  dieselben  Texte  wie  Pitra,  dessen  Ausgabe  nur  noch  im 
olltrage  verwertet  ist;  der  zweite  Band  (in  kleinerem  Formate)  enthält  Facsimileproben 
xnangelhafter  Ausführung.  Der  Textband  dürfte  durch  den  völligen  Mangel  an 
»nauigkeit,  Kritik  und  Methode  in  der  ganzen  philologischen  Litteratur  als 
ci  Unikum  dastehen.  Damit  der  skeptische  Leser  nicht  glaube,  mein  Urteil  sei  vom 
vBsen  Neide  der  Rivalität  angekränkelt,  bemerke  ich  nur,  dass  auf  den  208  Seiten,  welche 
r  Text  (ohne  den  Anhang)  umfasst,  bei  oberflächlichster  Durchsicht  15000—20000 
liiler  ieder  Art  aufstossen  —  was  denn  doch  selbst  bei  der  weitesten  Ausdehnung  der 
Lchsiclit,  die  man  gegen  eine  editio  princeps  walten  zu  lassen  geneigt  ist,  des 
hlechten  etwas  zu  viel  sein  dürfte.  Merkwürdigerweise  ist  die  famose  Leistung  im 
icbhandel  schon  vergriffen  und  so  schwer  aufzutreiben  wie  ein  Inkunabeldruck.  —  Dazu 
»mmt  noch  die  kleine  Publikation  von  J.  Pomjalovskij,  Zwei  liturgische  Koyxnxia  auf 
trgament,  Petersburg  1884. 

2.  Hilfsmittel:  Ein  Spezialthema  behandeln  Theod.  Toscani  et  Jos.  Cozza, 
9  liymnologia  Graecorum  in  Deiparae  conceptionom,  Rom  1862  (mir  unzugänglich).  — 
ie  ersten  und  wichtigsten  Schritte  in  der  Erkenntnis  der  Form  der  griechischen  Kirchen- 
(der  that  F.  J.  Mono,  Lateinische  Hymnen  des  Mittelalters,  3  Bde,  Freiburg  i.  Br.  1853 
3  1855  (passim).  —  Dann  haben,  ohne  die  Vorarbeit  von  Mone  zu  beachten,  Pitra  und 
brist  in  den  Prolegomena  der  oben  genannten  Werke  für  die  Erforschung  der  Form 
id  Geschichte  des  Kirchenliedes  einen  festen  Grund  gelegt.  —  Ausserdem:  W.  Christ, 
»ber  die  Bedeutung  von  Hirmos,  Troparion  und  Kanon  in  der  griechischen  Poesie  des 
ittelalters,  Sitzungsber.  bayer.  Akad.  1870,  Band  II  75-108.  —  Th.  Borret,  De  Tech- 
ek  der  Byzantijnsche  Hymnographen ,  Yerslagen  en  Mededeelingen  der  K.  Akad.  van 
^etenschappen,  Afdeeling  Letterkunde,  Tweede  reeks,  tweede  deel,  Amsterdam  1872 
159 — 191  (eingehender  Bericht  über  Pitras  Hymnographie  und  Ghrists  Anthologia).  — 
we\  ausführliche  Referate  über  den  ganzen  von  Pitra  und  Christ  gebotenen  Stoff  gaben 
.  Stevenson,  L*bymnographie  de  T^glise  grecque,  Revue  des  questions  historiques  11 
876)  482—543,  und  L.  Jacobi,  Zur  Geschichte  des  griechischen  Kirchenliedes,  Zeitschrift 
IT  Kirchengeschichte  herausgeg.  von  Th.  Brieger  5  (1882)  177—250.  —  Ein  Referat  über 
IS  Referat  von  Stevenson  ist  der  Aufsatz  von  D.  Kupitoris,  Bulletin  de  correspond. 
ell^n.  2  (1878)  372—391,  wo  ohne  Beweis  die  alte  Idee  verteidigt  wird,  dass  die  rythmische 
Drm  aus  der  altgriechischen  Poesie  abzuleiten  sei.  —  Ueber  den  Entwickelungsgang  der 
adien  Pitras  über  die  griechische  Kirchenpoesie  vgl.  Dom  Fernand  Cabrol,  Histoire 
K  Cardinal  Pitra,  Paris  1893  S.  263—276,  wo  auch  einige  hier  nicht  genannte  kleinere 
nfsätze  und  Besprechungen  angeführt  sind.  —  Auf  Pitra  und  den  neueren  Forschungen 
Hiiht  auch  die  mir  unzugängliche  Antrittsvorlesung  von  Dom  Fernand  Cabrol,  L'hymno- 
raphie  de  l'^glise  grecque,  Angers,  Lacliese  1893  (s.  B.  Z.  2,  642).  —  Mehrere  Fragen 
ebandelt  auch  K.  N.  Sathas,  IctoQixoy  doxifiioy  ncQi  rov  ^erirgov  xai  xrjg  fiovctxrjg  tuSy 
ttCayriytur,  Venedig  1878.  —  Hauptschrift:  Wilh.  Meyer  (aus  Speyer),  Anfang  und  Ur- 
irung  der  lateinischen  und  griechischen  rythmischen  Dichtung.  Abhandl.  bayer.  Akad. 
1,  Bd,  2.  Abteilung,  München  1885  S.  270—450.  Vgl.  die  ziemlich  ungerechte  Rezension 
on  Dreves,  Götting.  GeL  Anzeigen  1886,  1,284—293.  —  Zur  Geschichte  der  Eutdeckung 
K8  Prinzips  der  rythmischen  Poesie:  W.  Meyer,  Pitra,  Mone  und  die  byzantinische 
fcrophik,  Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1896  S.  49—66.  —  Nützlich,  besonders  für  die  allgemeine 
ieschichie  und  Würdigung  der  griechischen  Kirchenpoesie,  weniger  für  die  Erkenntnis 
er  metrischen  Formen  ist:  Edm.  Bouvy,  Etüde  sur  les  origines  du  rythme  tonique  dans 
hymoographie  de  T^glise  grecque,  Nimes  1886.  —  Gegen  einen  Teil  der  Ansichten  von 
^.  Meyer  richten  sich  Karl  Deutsch  mann.   De  po^sis  Graecorum   rhythmicae  usu  et 

tUndbaeh  der  klaas.  AKertumswiweuiicliafl.  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aofl^  42 


658  Byzantinisohe  LüteratargoBchiohte.    n.  PoefcUiolie  LittenKter« 

origine,  Progr.,  Coblenz  1889,  und  Maximilien  Kawczynski,  Essai  compontif  m 
rorigine  et  l'histoire  des  rythmes,  Paris  1889  S.  188  ff.  —  Fttr  W.  Meyer  entscheidet  wi 
in  der  Hauptsache  Hubert  Grimme,  Der  Strophenbau  in  den  Gedichten  Ephrftma  im 
Syrers.  Mit  einem  Anhange  über  den  Zusammenhang  zwischen  syrischer  and  byzantiii 
scher  Hymnenform.  Collectanea  Friburgensia,  vol.  IT,  Freiburg  (Schweiz)  1893.  Y^ 
B.  Z.  3,  208  f.  —  Eine  unselbständige  und  kritisch  wenig  durchgearbeitete  Uebermcht  fkn 
die  griechischen  Kirchendichter  und  Meloden  gibt  G.  J.  Papadopulos,  £vfÄßoXal  iis  tä 
IctoQiay  xrjg  nag*  ijfiTy  ixxXtjaiaauxtjg  fiovcixijg  etc.,  Athen,  K.  Beck  1890  S.  123  ff.,  231 C, 
291  ff.  —  Ueber  die  Quellen  der  Kirchenlieder,  die  vornehmlich  in  Heiligenleben  ■ 
suchen  sind,  vgl.  K.  Krumbacher,  Studien  zu  den  Legenden  des  hl.  Theodosios»  Sitzanakc 
bayer.  Akad.  1892  S.  822  ff.  —  Eust.  Bulismas,  Uegi  ixxXrjauccttxtüy  ueX^Mr,  ^tj^ 
'JX,  12  (1892)  858—861.  —  Ul.  Chevalier,  Poesie  liturgique  du  moyen-äge,  Parii  il 
Lyon  1892  (Uebersicht  über  die  rythmische  Poesie  bei  den  Orientalen,  Griechen  und  AbeiA 
ländem).  —  Unzugänglich  blieben  mir  einige  russische  Arbeiten  wie:  V.  Philaret  (?■ 
Cemigov),  Historische  Uebersicht  der  Hymnographen  und  der  Hymnographie  der  griecli> 
sehen  Kirche,  Petersburg  1860.  —  Porphyr ij  (Bischof),  Sticherariendichter,  Tmdy  Kievdq 
duch.  ak.  1878.  —  J.  Mansvetov,  Ueber  Liedersequenz,  in  den  „Beilagen  zu  den  Werka 
der  hll.  Väter"  Buch  4,  1880.  —  Für  die  musikalische  Seite  vgl.  S.  599  f. 

8.  Uebersetzungen:  Lateinische  Uebersetzung  in  den  Analecta  von  Pitra  (s.  n) 

—  Proben  deutscher  Uebersetzung  bei  Job.  Kayser,  Beiträge  zur  Geschichte  nnd  ErUft 
rung  der  ältesten  Kirchenhymnen,  2.  Aufl.,  Paderborn  1881,  und  bei  Jacob i,  a.  s.  0.  - 
Eine  englische  Uebersetzung  der  H3rmnen  des  Synesios,  Gregor  von  Nazianz,  Metkodiii 
und  Clemens  von  Alexandria,  sowie  einiger  anonymen  Hymnen  gab  nach  der  Anthoki|ii 
Graeca  carminum  Christianorum  von  Christ  und  Paranikas  A.  W.  Chatfield,  Songs  nl 
hymns  of  earliest  greek  Christian  poets,  bishops  and  others,  London  1876. 

4.  Zur  griechischen  Liturgie:  Bei  dem  engen  Zusammenhange,  der  die  Kirdn» 
dichtung  mit  dem  praktischen  Gottesdienste  verbindet,  erscheint  es  passend,  hier  wenigatoi 
die  wichtigste  Litteratur  zur  griechischen  Liturgie  anzuführen,  während  eine  Darstelhni 
der  Liturgie  selbst  natürlich  ausserhalb  des  Rahmens  unserer  Aufgabe  liegt. 

A.  Ausgaben:  Die  liturgischen  Bücher  der  Griechen  werden  wie  die  im  Volglp 
idiom  verfassten  Volksbücher  seit  alter  Zeit  in  Venedig  gedruckt.  Hier  erschienen  u 
zahlreichen  Ausgaben,  die  nicht  einzeln  aufgezählt  werden  können,  die  Menäen  (Mfjrtaiij^ 
z.  B.  1586 — 1596;  der  Oktoechos  (Oxiaitjxog),  das  Triodion  {TQi<6di.oy),  das  Typikoi 
(Tvnixoy;  vgL  S.  314),  dasPentekostarion  {neyrtjxocrdQioy),  dasHorologion  CU^oXoyutf] 
das  Euchologion  {EvxoXoyioy)^  das  Psalterion  {^aXrrJQioy\  das  Hirmologion  (B^^»- 
Xoyioy)  und  AI  &eTai  Xei^TovQylat  xvjy  iy  ayloig  naregtüy  fjfiaiy  *I(odyyov  rov  XQvaomofkn 
BaaiXBiov  xov  MeydXov  xai  rtoy  Ttgotjyiaafi^ytoy.  In  den  vierziger  Jahren  nnserea  Jalrr 
hunderts  hat  Barth.  Kutlumusianos  {KovtXovfÄovmayog)  mit  Approbation  des  PatriardM 
Neubearbeitungen  der  liturgischen  Bücher  veranstaltet,  die  abermals  in  Venedig,  znmTd 
auch  in  Konstantinopel  gedruckt  wurden.  Ueber  die  ältesten  Drucke  dieser  Bücher  vgl 
die  genauen  bibliographischen  Nachweise  bei  E.  Legrand,  Bibliogr.  hell,  2tomes,  Paris  1885| 
und  Bibliogr.  bell,  du  XVII''  si^cle,  8  tomes,  Paris  1894—1895.  Dazu  Nachträge  von  Pk 
Meyer,  B.  Z.  2  (1893)857  f.  —  In  neuerer  Zeit  sind  auch  einzelne  Ausgaben  in  Athei, 
Konstantinopel  und  Jerusalem  erschienen.  —  Neben  diesen  offiziellen  griechischen  Aw- 
gaben  sind  natürlich  die  von  katholischer  oder  protestantischer  Seite  veranstalteten  Druckt 
nur  mit  Vorsicht  zu  benützen.  Das  gilt  selbst  von  der  bedeutendsten  abendlandisclMi 
Leistung,  dem  EvxoXoyioy  sive  Rituale  Graecorum  etc.  opera  Jacobi  Goar,  Paris  1647. 
Editio  II.  expurgata  et  accuratior,  Venedig  1780.  —  Eus.  Renaudot,  Liturgiamm  orieoti- 
lium  collectio,  2  voll.,  Paris  1716;  Neuausgabe,  Frankfurt  1847  (teils  Texte,  teils  Abhüii- 
lungen  zur  griechischen,  koptischen  und  S}Tischen  Liturgie).  —  Nixodtjfiov  Na^iov  Sriffwm 
rijg  deiTiaQ&it'ov  ^roi  ^Boxoxaqtoy^  ixd.   F,  Movaaiov,  'Ey  KnoXet  1849  (mir  anzugäng])ek|l 

—  Einen  sehr  nützlichen  kommentierten  Auszug  der  wichtigsten  Teile  der  gnechisoba 
Liturgie  im  Urtexte  gab  Herm.  Adalb.  Daniel,  Codex  liturgicus  ecclesiae  orieDtib 
in  epitomen  redactus.  Leipzig  1858.  Das  erste  Buch  enthält  eine  kurzgefasste  GeschicJiift 
der  ältesten  Liturgie  mit  reichlichen  Quellenstellen;  das  zweite  eine  allgemeine  Besclirta^ 
bung  der  heutigen  griechischen  Liturgie,  das  dritte  die  Liturgie  des  hl.  Chrysostomos,  ^ 
hl.  Basilios,  der  Praesanctificati  und  der  Armenier;  das  vierte  die  wichtigsten  Texte 
Zeremonien  bei  der  Erteilung  der  Sakramente,  u.  a.  auch  die  Vorschriften  über  die 
und  Ordination  der  Bischöfe,  Erzbischöfe  und  des  Patriarchen  von  Kpel  und  die 
über  die  Kaiserkrönung  aus  dem  Geschichtswerk  des  Kantakuzenos  I  S.  196  ff.  ed. 
(vgl.  oben  S.  800  Anm.  2);  den  Beschluss  bildet  ein  Verzeichnis  der  in  der  griechi  _ 
Liturgie  vorkommenden  technischen  Ausdrücke  mit  Erklärungen.  —  Neuerdings  sin»  .^ 
liturgischen  Bücher  der  Griechen  auch  von  der  Propaganda  in  Rom  veröffentlicht  W( 
Paracletice  sive   Octoechus  magnus  1866;  Octoechus  s.  patris  nostri  Joannis  Dam 


1.  KirehenpoeBie.    A.  GeBohiohte  der  rythmischen  Kirohendiohinng.    (§  269)     659 

1886:  Triodion  1879;  Pentecostarion  1884;  Menaea  1888  ff.;  Psalterium  1873  ff.;  Horo- 
o^um  1875.  In  welchem  Verhältnis  die  römischen  Ausgaben  hinsichtlich  der  Texte  zn 
ien  Venezianer  Drucken  stehen,  vermag  ich  nicht  zu  sagen,  da  sie  mir  nicht  zugänglich 
geworden  sind.  —  C.  E.  Hammond,  Liturgies  eastem  and  western  being  a  reprint  of  the 
»xts,  either  original  or  translated,  of  the  most  representative  liturgies  of  the  church, 
Dxford  1878.  —  C.  E.  Hammond,  The  ancient  liturgy  of  Antioch  and  other  liturgical 
rragments  being  an  appendix  to  »Liturgies  eastem  and  western',  Oxford  1879.  —  G. 
[)racau,  Die  Liturgie  des  hl.  Johannes  Chrysostomus,  Gütersloh  1890  (griech.  Text 
nit  deutscher  üebersetzung).  —  A.  Dmitrijevski,  Ein  Euchologion  aus  dem  4.  Jahr- 
landert,  verfasst  von  Serapion,  Bischof  von  Thmuis  (in  Unterägypten),  Trudy  Kievskoj 
lach.  ak.  1894  Nr.  2  (mir  unzugänglich).  —  Ein  Liturgiebuch  der  Auferstehungskirohe  von 
lemsalem  (mit  alten  Troparien  u.  s.  w.)  ed.  A.  Papadopulos  Kerameus,  ^JyäXeKta  leQoao- 
iv/Äiri»ijf  araxvoXoyiag  2  (1894)  1—254;  ebenda  1  (1891)  124—143  einige  Stichera,  Kanones 
1.  8.  w.  der  Kirche  von  Jerusalem.  —  Einen  späten  Auszug  des  eben  erwähnten  Liturgiebuches 
ron  Jerusalem  ed.  A.  Dmitrijevskij,  Pravosl.  sobesjednik  1889—1890;  1894.  Vgl.  B.  Z.  2 
[1893)  350;  4  (1895)  199.  —  A.  E.  Lauriotes,  SvXXoy^  rtßy  diafpoQioy  ixxXrjataauxdSy 
KxoXov9uüy,  *ExxX.  'JX.  15  (1895-1896)  164  -  166  (eine  Akoluthia  des  Hesperinos). 

B.  Hilfsmittel:  1.  Allgemeine  Darstellungen:  Das  Hauptwerk  bleibt  noch  immer 
Leo  Allatins,  De  libris  ecclesiasticis  Graecorum  dissertationes  duae,  Paris  1645.  Einiges 
bieher  Gehörige  (De  narthece  veteris  ecclesiae,  De  recentiorum  Graecorum  templis)  bietet 
aach  die  Fortsetzung  der  genannten  Schrift:  Leo  Allati us,  De  libris  et  rebus  ecclesiasticis 
Graecorum  dissertationes  et  observationes  variae,  Paris  1646.  Die  erste  Schrift  wurde  mit 
Zusätzen  wiederholt  von  Fabricius,  Bibl.  gr.  5,  Hamburg  1712.  —  Ueber  Menologien 
Q.  8.  w.  vgl.  auch  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  10,  138  ff.  —  Zach.  Grapius,  De 
Menaeis  et  Menologiis  Graecorum,  Rostock  1697  (wertlose  Dissertation).  —  Manches  zur 
Liturgie  auch  bei  John  MasonNeale,  A  history  of  the  holy  eastem  church,  2  P., 
London  1847—1850.  —  Gute,  auf  handschriftlichen  Studien  beruhende  Mitteilungen  über 
liturgische  BOcher  der  Griechen  gab  F.  J.  Mono,  Lateinische  Hymnen  des  Mittelalters  2 
(1854)  IX— XVI;  vgl.  3  (1855)  377.  ~  D.  W.  Gass,  Symbolik  der  griechischen  Kirche. 
Berlin  1872.  —  Swainson,  The  greek  liturgies  chiefly  from  original  authorities,  Cambridge 
1884  (mit  den  Texten  der  alten  Liturgien  des  Johannes  Chrysostomos  und  Basilios  u.  s.  w.).  — 
Zu  den  Lectionarien  vgl.  C.  R.  Gregorv  in  ,Novum  Testamentum  graece  ed.  G.  Tischendorf, 
Editio  octava  critica  maior  3  (1884)  687-791.  -  G.  Bickel  1,  Das  älteste  liturgische  Schrift- 
itflck,  Mitteilungen  aus  der  Sammlung  der  Papyrus  Erzherzog  Rainer,  2.  u  3.  Bd  (1887)  83—86. 

—  Heinr.  Ad.  KGstlin,  Geschichte  des  christlichen  Gottesdienstes,  Freiburg  i.  B.  1887 
3.  63—90  (Aber  den  Gottesdienst  der  griechischen  Kirche  mit  reichlichen  Litteraturangaben). 

—  L.  Duchesne,  Origines  du  culte  chr^tien,  Paris  1889  (enthält  auch  für  die  griechische 
Liturgie  vom  4. — 9.  Jahrhundert  viel  Beachtenswertes).   —   N.  Nilles  S.  f.,  Kalendarium 
Manuale  utriusque  ecclesiae  orientalis  et  occidentalis,  3  Bde,  Innsbruck  1879, 1881, 1885.  Zweite 
Auflage,  Bd  1,  Innsbruck  1896  (ungemein  reichhaltiges  und  zuverlässiges  Werk).  --  Manche 
Eieitrftge  zur  Kenntnis  der  griechischen  und  syrischen  Liturgie  enthalten  die:  Etudes  pr^pa- 
ratoires  au  pelerinhge  eucharistique  en  terre  sainte  et  ä  Jerusalem  en  avril  et  en  mai  1893, 
Paris  1893  (SuppltSment  aux   «Questions  actuelles"   du  18  fevrier— 8  avril  1893).  —  ün- 
KugäDglich  ist  mir  das  rumänische  Werk:  T.  Tarnavschi,    Ueber  die  wichtigsten  Litur- 
^en  der  orientalischen  Kirche,  bes.  diejenigen,   welche  zur  Zeit  in  der  orthodoxen  Kirche 
gebraucht  werden.    Czemowitz   1893  (Separatabdruck   aus  dem   rumän.  Journal  Candela). 
Besprechung  von  P.  Syrku,  Viz.  Vr.  1  (1894)  216-218.  -  Ferd.  Probst,  Liturgie  der 
drei  ersten   christlichen  Jahrhunderie.   Töbingen    1870.   —   Ferd.  Probst,   Liturgie    des 
vierten  Jahrhunderts  und   deren  Reform,  Münster  1893.    —    Summarische  Uebersicht  der 
griechischen  Liturgiebticher  bei  Ferd.  Kattenbusch,   Lehrbuch  der  vergleichenden  Con- 
fessionskunde  1  (1892)  478-487.    Dazu  Nachträge  von  Ph.  Meyer,  Theolog.  Literatur- 
feitang 18  (1893)  12.   —   Nur   ganz  knappe  Notizen  bei  V.  Thalhofer,   Handbuch    der 
katholischen  Liturgik,  2.  Aufl.  bearbeitet  von  Ad.  Ebner  1  1  (Freiburg  i.  Br.  1894)  64-66. 

'  2.  Spezialschriften:  Archimandrit  Sergius,    Vollständiges  Menologium   des 

'  Ostens,  2  voll.,  Moskau  1875—1876  (russ.);  Bd  1  S.  111  fl.  ein  reiches  Verzeichnis  hagio- 
"  graphischer  und  martyrologischer  Druckwerke  und  Hss.  —  V.  Bolotov,  Spuren  der  alten 
''  Kynologien  einzelner  Kirchen,  Christ,  dtenije  1893  Jan.— Febr.  177  -210  (konstatiert  einen 
If^flologientTpus  der  Kirche  von  Kpel  und  einen  solchen  der  Kirche  von  Antiochia,  den 
€!•  «yrophönikisch  nennt).  —  A.  PapadopulosKerameus,  ^x^^^^^f*^  ^^9^  ^^^  XenovQ- 
P7M^^  ßifpmitay,  Viz.  Vr.  1  (1894)  341—388  (über  die  allmählichen  Veränderungen  der 
kfejiiton  vom  10.— 16.  Jahrb.).  —  <Hipp.  Delehaye>,  Le  Synaxaire  de  Sirmond,  Analectn 
Ibil^iidiana  14  (1895)  396—434  (Definition  der  oft  verwechselten  und  in  der  That  sehr 
'^wanlcenden  Begriffe  Menaion,  Menologion  und  Synaxarion).  —  Einiges  über  Menologien, 
8,    dcafl  Menologion  von  Kpel  berichtet  M.  J.  Gedeon,  Bv(ayTiy6y  io^toXoyioy,  ZvXXoyo^ 

<2* 


660  ByzantinlBohe  IdtteratorgMcliiolite.    IL  Poetiaohe  Utteratnr. 

24  (1895)  121—160.  —  AI.  Lauriotes,  'E^rjyrjaig  xov  anoXvxixiov  xrjg  dyiag  na^aouv^ 
*ExxX.  'JX,  12  (1892)  214-216.  —  A.  Dniitrijevskij,  Öin  pe§6nago  djejstva  (Usolov^'c 
j^g  xafiivov),  Viz.  Vr.  1  (1894)  553—600.  Vgl.  B.  Z.  4,  888.  —  Interessante  AufschlflsM 
über  die  im  4.  Jabrbundert  in  Jerusalem  herrschende  Liturgie  geben  Suitbert,  Biamer, 
Geschichte  des  Breviers,  Freibnrg  1895  S.  105—119,  und  F.  Gabrol,  Etudes  m 
la  Peregrinatio  Silviae,  Paris  1895.  Vgl.  den  ausfOhrlichen  Bericht  von  J.  B.  Chabot, 
Revue  de  TOrient  latin  3  (1895)  481—498.  —  N.  Nilles,  Mitte  Pfingsten,  'fl  (XBctmtnii^ 
xwnij,  Zeitschr.  f.  kathol.  Theologie  19  (1895)  169-177. 

3,  Zu  der  speziell  slavischen  Liturgie,  die  übrigens  im  grossen  und  ganzen  mit 
der  griechischen  identisch  ist,  zum  slavischen  Kirchenjahr  u.  s.  w.:  Jos.  Sim.  Asaemanoi, 
Kalendaria  ecclesiae  universae,  6  Tomi,  Rom  1755  (handelt  über  die  «Ealendaria  eodesiae 
Slavicae  sive  Graeco-Moschae").  —  Johann  Glen  King,  Die  Gebräuche  und  Ceremoniei 
der  griechischen  Kirche  in  Ruseland.  Aus  dem  Englischen  übersetzt,  Riga  1773  (mit  12 
Kupfertafeln).  —  A.  N.  Muraviev,  Briefe  über  den  Gottesdienst  der  morgenlAndisdiei 
Kirche.  Aus  dem  Russischen  übersetzt  und  erläutert  von  E.  v.  Muralt,  Leipzig  1838.  — 
E.  v.  Muralt,  Lexidion  der  morgenländischen  Kirche,  Leipzig  1838.  —  Rajevskij,  Encbo- 
logion  der  orthodox-katholischen  Kirche,  3  Bde,  Wien  1861—62  (Deutsche  UebeirBetnmg 
der  wichtigsten  Teile  der  Liturgie  der  russischen  Kirche).  —  Philaret,  Geschichte  der 
Kirche  Russlands,  ins  Deutsche  übersetzt  von  D.  Blumenthal,  2  Bde,  Frankfurt  1872.  - 
Ausserdem  sind  zur  Einführung  in  die  slavische  Liturgie  zu  empfehlen  die  doppelspraehig 
(deutsch  und  russisch)  abgef aasten  Werke  des  gelehrten  Propstes  der  k.  russischen  ßo(- 
Bchaft  zu  Berlin,  Alexis  von  Maltzev:  1,  Die  göttlichen  Liturgien  unserer  heiligen  Väter 
Johannes  Chrysostomos,  Basilios  des  Grossen  und  Gregorios  Dialogos.  Deutsch  und  slavisek 
unter  Berücksichtigung  der  griechischen  Urtexte.  Berlin  1890.  —  2.  Die  Nachtwache  oder 
Abend-  und  Morgengottesdienst  der  orthodox- katholischen  Kirche  des  Morgenlandes.  Dentadi 
und  slavisch  u.  s.  w.  Berlin  1892.  —  3.  Die  Liturgien  der  orthodox-katholischen  Kirche 
des  Morgenlandes  unter  Berücksichtigung  des  bischöflichen  Ritus  nebst  einer  vergleichendeo 
Betrachtung  der  hauptsächlichsten  übrigen  Liturgien  des  Orients  und  Occidents.  Berlin 
1894  (dieses  Werk  nur  deutsch;  am  Schlüsse  ein  Verzeichnis  liturgischer  Litteratur).  —  4.  D« 
grosse  Busskanon  des  hl.  Andreas  von  Kreta.  Deutsch  und  slavisch  u.  s.  w.  Berlin  1891 
—  5.  Andachtsbuch  (Kanonik)  der  orthodox-katholischen  Kirche  des  Morgenlandes,  deuttdi 
und  slavisch  unter  Berücksichtigung  des  griechischen  Urtextes.  Berlin  1895.  Vgl.  die 
Besprechung  von  N.  Nilles,  Zeitschr.  f.  kathol.  Theol.  1896  S.  353-359.  —  Auf  den 
zwei  zuerst  genannten  Büchern  beruht  die  Skizze  von  N.  Nilles  S.  L,  Ueber  die  griechisch- 
russische  Liturgie,  Zeitschr.  für  kathol.  Theologie  18  (1894)  260—292.  —  Sokolov,  Da^ 
Stellung  des  Gottesdienstes  der  orthodox-katholischen  Kirche  des  Morgenlandes,  Dentsdi 
von  Morosow.  Berlin  1893.  —  Weitere  Litteratur  bei  H.  A.  Köstlin,  Geschichte  des 
christlichen  Gottesdienstes,  Freiburg  1887  S.  63  f.  —  Trotz  all  der  erwähnten,  zum  Teil 
trefiflichen  Vorarbeiten  bleibt  eine  zusammenfassende  Erforschung  und  Darstellung  der  Ge- 
schichte der  liturgischen  Bücher  der  griechischen  Kirche  ein  Bedürfnis.  Von  Wichtigkeit 
sind  u.  a.  die  Verzeichnisse  in  den  ältesten  Klostertypiken  z.  B.  in  der  Jtära^ig  des 
Michael  Attaliates  bei  K.  N.  Sathas,  Mea,  BißX,  l,  49.    Vgl.  §  137. 

Erste  Periode. 

270.  Älteste  Ejrchengesänge.  Die  Gewohnheit,  bei  religiösen  Zu- 
sammenkünften Gott  durch  Gesang  zu  verherrlichen,  übernahmen  die  Christen 
von  der  Synagoge.  Daher  sind  in  den  ersten  Jahrhunderten  ihre  Kirchen- 
gesänge mit  denen  der  Juden  fast  identisch.  Den  wichtigsten  Teil  bildeten 
die  Psalmen ;  dazu  kommen  noch  einige  andere  Stücke  des  alten  und  neuen 
Testaments,  die  Dankesworte  Marias  nach  der  Botschaft  des  Engels  Oabriel, 
die  Weissagung  des  Zacharias  und  der  Jubelhymnus  des  greisen  Symeon. 
Den  sichersten  Beweis  für  diese  Thatsache  gibt  uns  der  dem  5.  Jahrhundert 
angehörige  Codex  Alexandrinus;  derselbe  enthält  nämlich  nach  der 
gnechischen  Übersetzung  des  alten  Testaments  ein  kirchliches  Gesang- 
buch, in  welchem  wir  den  erwähnten  uralten  Bestand  der  griechischen 
Liturgie  vorfinden.  >)    Das  Volk  beteiligte  sich  damals  am  Kirchengesange 


>j  S.  Christ,  Anthol.  Prolegom.  S.  20  f.;  63  f. 


1.  KirohenpoeBie.    A.  Qeiohichie  der  rythmischen  Eirchendiohtimg.    (§  270)    ggl 

wohl  nur  durch  die  Schlussakklamationen,  das  Alleluija,  Amen,  Hosanna, 
Adonai,  das  oft  wiederholte  Kyrie  eleison.  In  diesen  Akklamationen 
liegt  der  Keim  eines  wichtigen  Bestandteiles  des  späteren  Kirchen- 
liedes: aus  ihnen  entstand  der  Nachgesang  oder  das  Ephymnion 
(s.  §  286). 

Bald  hören  wir  auch  schon  von  neuen  Liedern  der  Christen;  frei- 
lich sind  diese  Nachrichten  zum  Teil  so  unbestimmt,  dass  wir  nur  schwer 
ein  deutliches  Bild  gewinnen  können.  Schon  Plinius  der  Jüngere  be- 
richtet in  einem  Briefe  (10,  96),  dass  die  Christen  vor  Tagesanbruch  sich 
zu  versammeln  und  Christo  ein  Lied  zu  singen  (ante  lucem  convenire 
carmenque  Christo  dicere)  pflegten.  Doch  lässt  sich  bei  der  Unbestimmt- 
heit des  Ausdrucks  und  der  mangelhaften  Bekanntschaft  des  Plinius  mit 
christlichen  Dingen  nicht  sicher  genug  ersehen,  ob  er  damit  ¥drkliche 
Kirchengesänge  meinte.  Dafür  haben  wir  aber  von  Origenes  und  Euse- 
bios  völlig  klare  Zeugnisse,  dass  die  Christen  Gott  und  seinen  einge- 
borenen Sohn  in  Hymnen  besangen.  >)  Besonders  übten  die  Häretiker  kirch- 
lichen Gesang  und  kirchliche  Dichtung,  so  Nepos  in  Ägypten,  der  syrische 
Gnostiker  Bardesanes  und  vor  allem  Arios.  Ein  Beweis  hiefür  ist  auch 
der  merkwürdige  alte  Psalm  der  Naassener.*)  Von  der  Vorliebe,  mit 
welcher  das  Volk  solche  Gesänge  aufnahm,  wird  mehrfach  berichtet,  und 
es  ist  nur  natürlich,  dass  auch  die  Orthodoxen  sich  bemühten,  dem  reli- 
giösen Bedürfnisse  in  dieser  Weise  entgegenzukommen.  Die  ältesten  Ge- 
sänge, von  welchen  wir  genauere  Kunde  haben,  sind  Lieder  am  Morgen 
und  Abend,  bei  der  Lichtanzündung  und  beim  Frühstücke:  vfjivog  Sca&ivogf 
ianeQivogy  imXvxvioq^  svxr)  en'  äQiOTfp.^)  Der  berühmte  Morgenhymnus: 
//c-fa  iv  v^tiaToig  x^efp  xai  im  yrjg  etQfjvrj  u.  s.  w.  wurde  auch  in  der  abend- 
ländischen Kirche  bis  ins  Mittelalter  hinein  im  griechischen  Urtexte  ge- 
sungen.^) Diese  Stücke  unterscheiden  sich  aber  von  den  späteren  Kirchen- 
gesängen dadurch,  dass  sie  fast  noch  ganz  aus  Worten  der  hl.  Schrift 
zusammengesetzt  sind.  Die  ältesten  selbständigen  rythmischen  Ge- 
dichte stanmien  von  Gregor  von  Nazianz;  es  ist  sein  Jungfrauenlied 
und  sein  Abendhymnus. ^)  Wie  Gregor,  der  Hauptvertretor  der  christlichen 
Quantitätspoesie,  dazu  kam,  sich  auch  in  der  neuen  Form  zu  versuchen, 
ist  schwer  zu  erklären;  doch  scheint  seine  Autorschaft  für  diese  zwei 
Gedichte  völlig  gesichert.  Sie  bestehen  aus  Langzeilen  von  14 — 16  Silben, 
welche  in  zwei  Halbzeilen  von  verschiedener  Silbenzahl  zerfallen;  Quan- 
tität und  Tonfall  ist  durchaus  freigegeben,  nur  muss  die  vorletzte  Silbe 
der  zweiten  Halbzeile  betont  sein.    Zweifellos  gehören  also  beide  Stücke 


')  S.  Christ,  Aothol.  Prolegom.  S.  21. 

')  Ueber  gnostische  Gesänge  handelt  R. 
A.  Lipsius,  Die  apokryphen  Apostel- 
geschichten und  Apostellegenden  1  (1883) 
7-9;  239;  292  ff.;  330;  520.  Vgl.  Sathas, 
%..  a.  O.   aeX.  Qf/  xkn,     W.    Meyer  375. 


the  use  of  the  Greek  langaage,  vrritten  pho- 
netically,  in  the  early  service-books  of  the 
church  in  England  etc.,  Archaeologia  v.  46 
(London  1880-81)  389-402,  und  K.  Krum- 
b acher,  Rhein.  Mus.  39  (1884)  357  f. 

*)  Ed.  von  Christ,  Anthol.  29  ff.  Kri- 


B  o n  vy  364  ff.  tische  Ausgabe  von  W.  M  ey  e  r ,  a.  a.  0. 400  ff. 

»)  Ed.  von  Christ,  Anthol.  38  ff.  Vgl.  |  Vgl.  Haussen,  PhUolog. 44 (1885)  228— 235; 
Foh.  Kayser,  Beiträge  zur  Geschichte  und  ,  Meyer,  a.  a.  0.  313  ff.;  Bouvy  133  ff.; 
Erklärung  der  ältesten  Kirchenhymnen  S.  30  f.   ,  Grimme,  a.  a.  0.  S.  81  f. 

^)  Nachweise   von   W.  Chappel,  On 


662  Bysantiniflche  Lüteraturgesohlohie.    II.  Poetisohe  Littomter. 

zur  rjrthmischen  Dichtung.     Eine  höchst  altertümliche  Form    zeigt  aodi 
der  anonyme  Gesang  auf  das  hl.  Kreuz. ^) 

Ueber  die  erste  Periode  des  Kirchengesangs  s.  ausser  den  oben  genannten  Wvktt 
von  Pitra,  Christ,  Bouvy,  Grimme  u.  s.  w.  auch  Alb.  Thierfelder,  De  Christianom 
psalmis  et  hymnis  ueque  ad  Ambrosii  tempora,  Diss.,  lioipzig  1868,  und  Job.  KajMr, 
Beiträge  zur  Geschichte  und  Erklärung  der  ältesten  Kirchenhymnen,  Paderborn  1881  8. 15-41 
(wo  S.  48  statt  Theophanes  Damascenus  Johannes  D.  zu  schreiben  ist).  —  L.  Daehesic, 
Origines  du  culte  chrötien,  Paris  1889  S.  107  ff.  —  Ad.  Ebert,  Allgemeine  Geschichte  im 
Litteratur  des  Mittelalters  im  Abeudlande  I*  (1889)  172—184;  553—556,  bespricht  dwtak- 
wickelungsgeschichte  der  lateinischen  Kirchendichtung  und  die  Hymnen  des  Amhroni 
und  Gregorius  des  Grossen.  —  Unzugänglich  sind  mir  die  Arbeiten  von  J.  Maly&evskij, 
Der  hl.  Johannes  Chrysostomos  in  seiner  Stellung  als  Anagnost,  Diakon  und  Priestir. 
und:  Eine  Bemerkung  über  Flavianus,  Erzbischof  von  Antiochia  u.  s.  w.,  Tmdy  KieTibj 
duch.  ak.,  Oktober  1890- November  1892,  wo  nach  dem  Berichte  von  M.  S.,  B.  Z.  2,  3471 
auch  über  die  älteste  Geschichte  des  griechischen  Kirchengesanges  gehandelt  ist 

Zweite  Periode. 

271.  Anfänge  der  Hymnendichtnng.  Die  eigentliche  Hymnendidh 
tung  beginnt  wahrscheinlich  im  5.  Jahrhundert;  sie  blühte  besonders  im 
6.  und  7.  Jahrhundert.  Ihre  Anfange  sind  ebenso  in  Dunkel  gehüllt  wie 
die  Anfänge  des  Kirchenliedes  überhaupt.  Wenn  wir  die  kunstvoll  aus- 
geführten, grossartigen  Gesänge  eines  Romanos  und  Sergios  betrachten, 
so  drängt  uns  das  historische  Gefühl,  die  Vorstufen  solcher  Vollendung 
aufzusuchen.  Wir  vermuten,  dass  eine  Epoche  tastender  Versuche  und 
kleinerer  Proben  des  dichterischen  Vermögens  vorausging.  Hieven  ist  aber 
wenig  Sicheres  bekannt.  Vielleicht  sind  die  Anfänge  der  reicheren  Hymnen- 
dichtung in  den  fast  völlig  verlorenen  häretischen  Dichtungen  des 
3. — 6.  Jahrhunderts,  in  den  Werken  eines  Valentinus,  Basilides,  Bar- 
desanes,  Severus  (512 — 518  Patriarch  von  Antiochia)  u.  a.  zu  suchen;') 
auch  die  rasch  populär  gewordene  Thalia  des  Arios  und  die  gegen  die- 
selbe von  den  Orthodoxen  verfassten  Gedichte^)  mögen  namentlich  wegen 
ihres  dramatischen  Charakters  mit  der  Hymnographie,  die  ja  auch  in  ihren 
frühesten  und  besten  Vertretern  durch  dramatische  Bewegung  ausgezeichnet 
ist,  in  Zusammenhang  gebracht  werden. 

Sehr  bemerkenswert  sind  einige  Nachrichten,  welche  uns  zeigen,  dass 
im  5.  und  6.  Jahrhundert  bezüglich  des  Kirchengesanges  eine  konser- 
vative und  eine  fortschrittliche  Partei  gegen  einander  standen.  Wie 
sich  schon  auf  dem  Konzil  von  Laodikea  (um  370  n.  Chr.)  die  Kirche 
selbst  gegen  die  Lieder  ausgesprochen  hatte,  so  verpönten  noch  später 
die  Klöster  der  strengsten  Observanz  in  Ägypten  das  Singen  der  neuen 
Lieder  als  einen  dem  Seelenheil  gefährlichen  Luxus;  dagegen  wurde 
in  Kappadokien  der  Kirchengesang  auch  in  Klöstern  geübt,  von  den  Welt- 
priestern  wohl  allenthalben;  insbesondere  wird  die  Sitte  von  Alexandria 
bezeugt.*)  Von  hier  und  anderen  grossen  Zentren  des  Hellenismus  ver- 
breitete sich  die  Sitte  des  Kirchengesanges  und  wurde  überall  freudig  auf- 
genommen.    Er  bot  dem  Volke  einen  erbaulichen  Ersatz  für  das  Theater 


»)  Ed.  von  Pitra,  Anal.  Sacra  I  481  und 
von  W.  Meyer,  a.  a.  0.  410  f. 

*)  S.  Pitra,  Hvmnographie  S.  41. 
Grimme,  a.  a.  0.  S.  o3. 


3)  Vgl.  S.  644  f., 

*)  Die  hierauf  bezfiglichen  Erzählungen 
bei  Christ,  Antholog.  Proleg.  29  f. 


1.  Kirohenpoesie.  A.  GeBGhiohie  der  rythm.  Kirohendiobtang.    (§§  271—272)     663 


'und  den  Mimus,  und  als  sich  die  Menge  in  den  nunmehr  staatlich  unter- 
stützten Kirchen  mehrte,  nahm  die  Ausbildung  des  liturgischen  Dramas 
'  einen  schnellen  Verlauf.  Als  die  ältesten  Hymnendichter  gelten  Anthimos 
'und  Timokles,  die  nach  dem  glaubwürdigen,  auch  bei  Theophanes  wieder- 
'  holten  Zeugnisse  des  Theodoros  Anagnostes  um  457  blühten.^) 

Andere  Meloden,  die  im  5.  Jahrhundert  genannt  werden,  sind  Mar- 
■  kianos,  Johannes  Monachos,  Seta  und  besonders  Auxentios.  Einen 
Hymnus  des  letzteren  besitzen  wir  in  seiner  von  seinem  jüngeren  Zeit- 
genossen Georgios  verfassten  Biographie.  2)  Dass  wir  sonst  keine  Hymnen 
aus  dem  fünften  Jahrhundert  kennen,  hat  seinen  Grund  wohl  in  der  Ano- 
nymität der  Überlieferung.  Das  meiste  mag  verloren  gegangen  sein;  aber 
manche  dieser  Inkunabeln  der  Kirchendichtung  gehen  wohl  unerkannt 
unter  den  zahlreichen  grösseren  und  kleineren  Stücken,  die  herrenlos  über- 
liefert sind.  Zur  vollen  Blüte  gelangte  der  Hymnus  im  6.  Jahrhundert. 
Durch  gute  und  alte  Zeugnisse  wird  Kaiser  Justinian  (527 — 565)  als 
Verfasser  des  Hymnus:  *0  fÄovoyeiiijg  viog  xai  Xoyog  tov  S'sov  erwiesen.') 
Um  dieselbe  Zeit  blühten  wohl  auch  die  Meloden  Anastasios,  Kyriakos^) 
und  vor  allem  der  grösste  Vertreter  dieser  Gattung,  Romanos. 

272.  Bomanos  fPwjuaro^),  mit  dem  Beinamen  6  (leXffdog^  ist  der 
grösste  Dichter  des  byzantinischen  Zeitalters;  er  hat  dem  reli- 
giösen Hymnus  den  feierlichsten  und  erhabensten  Charakter  aufgedrückt. 
Von  den  Lebensumständen  des  „Pindar  der  rythmischen  Poesie",  wie  ihn 
Bouvy  nennt,  erfahren  wir  fast  nur  durch  eine  alte  Legende,  welche  in 
den  Menäen  an  seinem  Festtage,  dem  1.  Oktober,  eingereiht  ist.  In  dem 
berühmten  Menologion  des  Kaisers  Basilios  H  (Cod.  Vatic.  1613) 
lautet  der  Text:  *0  oaiog  ^Pwfiavdg  vnr^Qx^  M^^  ^^^  2vq(ag^  öiaxovog  rryx«- 
^(ov  tfjg  iv  Br^Qvxff  äyiag  exxXrjatag  .  KaraXaßdv  dl  Tijv  KwvatavtivovTiokiv 
inl  Twr  yi^qfiviüv  ^AvaaraaCov  xov  ßaaiXb'wg,  anf^Xd'S  xal  xcctäfievev  iv  %^ 
1-0(7}  rijg  vnsQayiug  Geotoxov  eig  ra  Kvqov,  onov  xai  t6  x^Q^^f^^  ^*Sv  xavta^ 
xicov  idä^mo  .  ^Ev  evXaßsfif  y^Q  d^dytov  xai  6iavvxT€Q6V(ov  xai  htavevtav  iv 
%^  Tiavvvxdt  ^wr  BkaxsQVWVy  v7xäatQ€(f€  Ttdhv  etg  td  Kvqov  .  'Ev  fii^  il 
ZMv  vvxtSvj  xoi^oa^ivtfi  avx(T}  ifpärrj  xad-'  vnvovg  rj  vnsqayia '  &eox6xog,  xai 
inädwxe  to/xov  x'^Q'^^^  ^^^  ^^^^  '  Aaßs  xov  X^Q'^^J^  ^^^  xazdipays  avvov  . 
*Ev6fii<T€v  ovv  o  ayiog  dvoT^ai  rr  ato^a  xai  xaxanieXv  tov  /a^rijv  .  Hv  31 
ij  ioqxr]  twv  äyiwv  XQiCtovyivvtav  •  xai  sv&bwg  iycQvßeig  ix  tov  vnvov 
ir^av^a^e  xai  i66^a^€  tov  d^eov  .  EJta  dvaßdg  etg  tov  afißwva,  rJQ^ato  tov 
ifjdXXfiv  '  *H  naqd'hvog  aijfiSQov  tov  vnsQovaiov  tixtei  .  Jloiijaag  dl  xai 
it€Q(ov  ioQtwv  xovtdxiaj  oJg  negi  td  X''^*^j  ngog  Kvgiov  i^sdrj^riaev.  Eine 
abweichende  Fassung  mit  mehreren  neuen  Nachrichten  hat  Papadopulos 
Kerameus  aus  dem  Codex  40  der  Patriarchalbibliothek  zu  Jeru- 
salem (s.  10/11)  hervorgezogen:  T/;  avtfi  r]iihQ(^  tov  oaiov  ^Pw/xavov  tov 
nou/tov  xai  fiehp^ov  tcSv  xovt axiwv  .  "Qq^ii/to  dl  ix  2vQiag  tijg  MiarjaviSv 


^)  *ExXoyai  dno  t^s  ixxXtj<fiaaux^s  toxo- 
Qias  ed.  J.  A.  Gramer,  An.  gr.  Paris.  2 
(1839)  104.  —  Theophanes  ed.  Bonn.  I 
177  ^  ed.  De  Boor  I  114. 

>)  Migne,  Patrol.  graeca  114,  1416.  Vgl. 


Pitra,  Anal.  Sacra  I  Proleg.  S.  23;  Bouvy, 
a.  a.  0.  230—234. 

8)  Christ,  Anthol.  Proleg.  S.  32. 

*)  S.  Pitra,  Anal.  Sacra  I  Prolegom. 
S.  32  f.  und  Jacobi,  a.  a.  0.  202. 


664 


Byeaniiiufiohe  Litteratargeaohiohie.    II.  Poetische  Littenittr. 


{Miafftjvwr  coniec.  Papad.)  ndXewq  .  Jiaxovog  ysvofievog  ri;^  iv  Btjfitf 
ayiaq  xov  d-eov  eKxXrfiCaq  trjg  XeyofAävrjg  *Avaatdü€tog  *  *  xccraXaßth  tk 
xr\v  KfavarctvTivovnoXiv  iv  loTq  XQovoiq  'Avacta<ffov  tov  ßaCiXemg  ixa^^it^ 
iv  Tfi)  va(p  T/;g  vnegaytaq  Oeoroxov  iv  toTq  Kvqov,  Mv&a  »al  %6  xd^utim  f^j 
cvv%d^€(üq  Twv  xovtaxicov  MXaßsv  imipavsitftjq  avttp  rfjq  ayiaq  SearoMOV  <ju^> 
ovaq  xai  TOfAov  x^^^^^ov  inidoviSrfi  amtf  xcci  xeXsvtxaarjq  tovvov  xcc^a^ayHf . 
"Avavtjipaq  ovv  aTTtJQ^aro  •  'H  naqd-ävoq  crjiisQov  tov  vnsqovfSiov  Tixtu^  «^*- 
fxcvoq  ifft^rfi  xal  roh'  Xoincov  ioQrdiv  <ofxovq  xai  xovxdxta  suppl.  Papad.>  «« 
diaifoQovq  äyiovq  dvvfivrjaaq^  wq  elvai  tov  dgid-fiov  tdv  no&¥j&ävTwv  m' 
avtov  xovtaxfcov  nsQinov  rd  %iXia^  wv  td  noXXd  iv  toXq  Kvqov  iii%* 
%€(Q(üq  vn'  avTov  vsS'ivra  dnoxsivxai  .  TeXcttai  d^  rj  avTov  flvtjfk^ 
iv  t(^  avTfp  TTJq  dyiaq  dsinaqd-ivov  &€ot6xov  va^  iv  %o7g  KvQ9t, 
Zu  den  Texten  des  Menologium  des  Basilios,  der  Menaeen  und  des 
Jerusalemer  Codex  kommt  noch  eine  Vita,  die  im  sogenannten  Synaxarium 
Claromontanum  oder  Sirmondianum,  jetzt  Cod.  Phill.  1622  in  Berlin,  s.  11, 
aufbewahrt  ist.  Die  Yergleichung  der  4  Texte  zeigt,  dass  sie  sich  in  zwd 
Gruppen  (Monolog.  Basil.  und  Menaeen,  Synax.  Sirmond,  und  HieroeoL) 
scheiden,  aber  insgesamt  auf  eine  ausführlichere  Vita  des  Romanos  zu- 
rückgehen, die  vielleicht  noch  heute  erhalten  ist.  Aus  den  zwei  oben 
mitgeteilten  Texten  ergeben  sich  folgende  Thatsachen:  Romanos  wurde  in 
der  Stadt  Mtxrrjavwv  (MiaatiViSv?)  in  Syrien  geboren,  diente  in  der  Auf- 
erstehungskirche zu  Berytus  als  Diakon,  kam  unter  Kaiser  Anastasios 
nach  Konstantinopel,  war  dort,  jedenfalls  als  Priester,  mit  der  Theotokos- 
kirche  iv  roiq  Kvqov  verbunden,  erhielt  durch  einen  wunderbaren  Traum 
die  Gabe  der  Hymnendichtung  und  verfasste  gegen  1000  Kontakia.  Das 
eigenhändige  Manuskript  seiner  Lieder  wurde  in  der  Theotokoskirche  auf- 
bewahrt, und  in  derselben  Kirche  wurde  sein  Jahrestag  besonders  gefeiert; 
beides  war  wenigstens  noch  in  der  Zeit  der  Fall,  in  welcher  das  Jerusa- 
lemer Synaxar  vorgelesen  wurde,  d.  h.  im  lO./ll.  Jahrhundert.  Aus  der 
letzten  Nachricht  ist  ferner  zu  schliessen,  dass  in  der  Theotokoskirche 
seine  Reliquien  aufbewahrt  wurden  und  dass  Kanones  oder  andere  Kirchen- 
lieder auf  ihn  vorhanden  waren.  Den  einzigen  positiven  Anhaltspunkt  für 
die  Zeitbestimmung  gewährt  somit  der  Name  des  Kaisers  Anastasios. 
Leider  wird  nicht  angegeben,  ob  darunter  Anastasios  I  (491 — 518)  oder 
Anastasios  II  (713—716)  zu  verstehen  ist.  Pitra,  Stevenson  und  Grimme 
entscheiden  sich  für  den  ersten,  Christ,  Funk*)  und  mit  einer  Modi- 
fikation auch  Jacobi*)  für  den  jüngeren  Anastasios;  Bouvy  spricht  sich 
nicht  entschieden  aus  und  meint,  nach  der  allgemeinen  Geschichte  der 
Hymnendichtung  möchte  man  den  Romanos  am  Hebsten  etwa  in  der  Mitte 
des  Zeitraumes  zwischen  beiden  Kaisem  ansetzen.  Neuerdings  hat 
Deutschmann  zur  Lösung  der  Schwierigkeit  auf  einen  wahrscheinlich 
dem   6.   Jahrhundert   angehörigen    lateinischen  Hymnus   hingewiesen,   in 


0  Tübinger  Theologische  Qaartalschrift 
61  (1879)  493  f.  Funk  stützte  sich  nament- 
lich auf  die  Thatsache>  dass  Romanos  einen 
Hymnus  auf  die  Geburt  der  hl.  Jungfrau 
(bei  Pitra  S.  198  ff.)  verfasste,  ein  Fest,  das 
erst  im  7.  Jahrhundert  aufgetaucht  sein  soll. 


^)  A.  a.  0.  206  f.  Jacobi  meint,  dass 
Romanos  vielleicht  noch  unter  Anastasios  1 1 
Geistlicher  an  der  Blachemenkirche  gewesen, 
jedoch  schon  viel  früher  nach  Konstantinopel 
gekommen  sei. 


1.  Kirohenpoesie.    A.  GeBohichte  der  rythmiachen  Eirohendlohtnng.    (§  272)    665 


_  welchem  ein  Gedicht  des  Romanos  nachgeahmt  sei;^)  darnach  käme  man 

**niit  Sicherheit  auf  den  älteren  Anastasios.   Doch  scheint  weder  die  Chrono- 

^iogie  des  lateinischen  Hymnus  noch  die  direkte  Nachahmung  des  Romanos 

'SO  fest  zu  stehen,   dass  sich  auf  dieser  Grundlage  allein  die  Frage  ent- 

^  scheiden  liesse. 

Es  finden  sich  aber  noch  andere  Argumente.  Dass  der  jüngere 
Anastasios  nicht  genug  bekannt  ist  und  zu  kurz  (eigentlich  nur  1  ^ji  Jahre) 
-  regierte,  um  zur  Bezeichnung  der  Lebenszeit  eines  Autors  verwendet  zu 
werden,  will  wenig  besagen;  aber  vielleicht  spricht  gerade  der  Umstand, 
dass  Anastasios  schlechthin  genannt  ist,  dafür,  dass  in  der  Zeit,  als 
das  Original  unserer  Legende  abgefasst  wurde,  ein  zweiter  Anastasios  noch 
'  gar  nicht  existierte.  Wichtiger  noch  ist  die  Thatsache,  dass  Anastasios  11 
von  Theophanes  und  Georgios,  die  hierin  gewiss  der  populären  Ge- 
wohnheit folgten,  regelmässig  mit  seinem  früheren  Namen  Artemios  ge- 
nannt wird.  *)  Von  dem  Verfasser  der  Legende,  der  sicher  ein  Mönch  war 
und  die  in  den  Klöstern  beliebten  Chroniken  des  Theophanes  und  Georgios 
wohl  kennen  musste,  liesse  sich  dann  Gleiches  oder  wenigstens  eine  Be- 
zeichnung durch  beide  Namen  erwarten.  Ferner  darf  nicht  übersehen 
werden,  dass  die  Legende,  an  deren  Glaubwürdigkeit  wir  festhalten  müssen, 
wenn  wir  nicht  allen  Boden  verlieren  wollen,  die  Regierung  des  Anastasios 
nicht  etwa  als  die  Blüte-  oder  Sterbezeit  des  Romanos  erwähnt,  sondern 
ausdrücklich  sagt,  dass  er  damals  nach  Konstantinopel  kam  und  die  Gabe 
der  Hymnendichtung  empfing.  Romanos  war  also  unter  Anastasios  noch 
jung  und  begann  erst  seine  dichterische  Thätigkeit.  Wenn  wir  nun  seine 
Ankunft  in  Konstantinopel  ans  Ende  der  Regierung  Anastasios  I  setzen 
und  für  den  Dichter  eine  so  lange  Lebensdauer  annehmen,  wie  sie  bei  der 
Menge  seiner  Werke  wahrscheinlich  ist,^)  so  füllt  seine  Blütezeit  leicht 
die  erste  Hälfte  des  6.  Jahrhunderts,  ja  er  kann  den  Justinian  noch  über- 
lebt haben.  In  dieser  Zeit  aber  war  die  Form  des  Hymnus,  wie  das  oben 
erwähnte  Werk  des  Kaisers  Justinian  selbst  beweist,  schon  völlig  ausge- 
bildet. Halten  wir  dagegen  am  zweiten  Anastasios  fest,  so  müsste  sich 
die  Blüte  des  Romanos  tief  ins  8.  Jahrhundert  hinein,  in  die  Zeit  eines 
Kosmas  und  Johannes  von  Damaskos,  erstrecken,  was  aus  verschie- 
denen inneren  Gründen  unwahrscheinlich  ist. 

Es  wurde  bemerkt,  dass  der  Mangel  an  Nachrichten  über  einen  so 
grossen  Dichter  aus  einer  Zeit,  über  die  wir  sonst  genau  unterrichtet  sind, 
befremden  müsse;  aber  dieser  Mangel  ist  auffallend  an  sich  und  wäre  es 
noch  mehr,  wenn  man  den  Romanos  zum  Zeitgenossen  des  Johannes  von 
Damaskos  machen  wollte.   Denn  über  die  kirchlichen  Persönlichkeiten  des 


*)  De  poesis  Graecorum  rhythmicae  usu 
et  origiDe  S.  22. 

*)  Theophanes  ed.  Bonn.  I  588,  4  (ed. 
De  Boor  1  383):  icxitp^  'Aqxifuog  6  n Quito- 
a^x^ijug,  fjtetoyofiac^sis  '^yaoTäaios,  Im 
Folgenden  heisst  er  aher  stets  Artemios.  — 
Georgios  Monachos  ed.  Muralt  S.  626:  Baai- 
Xeia  *AqiB(aiov,  Mbtu  di  ^tXinnixdy  ißa- 
all€vcey   'AqtifAiog  6  xai  'Ayactäoiog  hrj  ß' 


u.  8.  w.;  im  weiteren  Text  ehenfalla  stets 
Artemios. 

')  Die  1000  xoytdxia,  welche  der  Legen- 
där angibt,  mögen  eine  sehr  runde  Summe 
sein;  wenn  wir  aber  trotz  der  grossen  Ver- 
luste noch  gegen  80  Hymnen  besitzen,  so 
ergibt  sich  schon  daraus  eine  litterarische 
Thätigkeit,  für  welche  eine  lange  Lebens- 
dauer notwendig  vorauszusetzen  ist. 


666 


Bysaniiniflohe  LitteratnrgeBoliichte.    IL  PoeüsolM  Litteimior. 


8.  und  9.  Jahrhunderts  haben  wir  infolge  der  grossen  Umständlichkä^j 
mit  welcher  die  ganze  Zeit  des  Bildersturmes  von  späteren  Chronistoi^l 
Biographen  und  Historikern  geschildert  wird,  genauere  Nachrichten  abj 
über  manche  bedeutende  Kleriker  der  zwei  vorhergehenden  Jahrhundoli^' 
in  welchen  das  Leben  der  Kirche  ein  friedlicheres  war.  Sicher  hätte  Bt> 
manos,  wie  sich  aus  seiner  gesamten  Geistesart  und  seinem  Fortleben  abl 
Heiliger  der  orthodoxen  Kirche  schliessen  lässt,  sich  der  Partei  der 
Bilderverehrer  angeschlossen, i)  und  dann  wäre  das  Schweigen  der  Chro- 
nisten über  ihn  undenkbar.  Übrigens  hängt  der  Mangel  an  biographiscbea 
Nachrichten  wohl  auch  damit  zusammen,  dass  Romanos  wie  fast  die 
ganze  Hymnenlitteratur  des  6.  und  7.  Jahrhunderts  später  teils  doni 
Johannes  von  Damaskos  und  Kosmas,  teils  durch  die  Hymnographen  des 

9.  Jahrhunderts  stark  in  den  Hintergrund  gedrängt  wurde. 

Des  weiteren  ist  folgende  Thatsache  zu  erwägen.  Der  schöne  Hym- 
nus des  Romanos  auf  Joseph  von  Ägypten  trägt  den  Hirmusvermerk 
Ilqoq  %6  ^AyyeXoq  TiQcoToaTarrjg.  So  beginnt  (nach  dem  Proömion)  der  Aka- 
thistos  des  Sergios.  Liesse  sich  beweisen,  dass  Romanos  dieses  Werk 
wirklich  vor  sich  hatte,  so  könnte  er  nicht  in  das  6.  Jahrhundert  gesetzt 
werden.  Allein  das  Verhältnis  beider  Hymnen  ist  sehr  dunkel;  die  Über- 
einstimmung ist  eine  so  schwankende,  dass  wohl  vielmehr  an  eine  gemein- 
same ältere  Vorlage  zu  denken  ist.  Besonders  muss  es  auffallen,  dass 
das  charakteristische  XaTge  imAkathistos,  mit  welchem  in  den  übrigen 
Gedichten  dieses  Tones  die  letzten  Zeilen  der  Strophe  anfangen,  bei  Ro- 
manos durch  beliebige  Wörter  ersetzt  ist,  so  dass  die  erste  Silbe  dieser 
Zeilen  oft  tonlos  ist.  „Es  scheint  undenkbar,  dass  Romanos  das  Gedicht 
des  Sergios  mit  dem  alle  architektonischen  Glieder  so  scharf  kennzeichnen- 
den und  deshalb  von  den  übrigen  Dichtem  festgehaltenen  Worte  XatQi 
gekannt  und  dennoch  in  seiner  Nachbildung  diese  signifikante  Versstelle 
so  gänzlich  beiseite  geschoben  habe.''^)  Ebenso  undenkbar  aber  ist  ea, 
dass  dem  Romanos,  wenn  er  im  8.  Jahrhundert  gelebt  hätte,  gerade  das 
berühmteste  aller  Kirchenlieder  unbekannt  geblieben  wäre. 

Ein  theologisches  Moment  möge  nicht  unerwähnt  bleiben.  Die 
Marienverehrung  spielt  in  den  Hymnen  der  späteren  Jahrhunderte  eine 
stets  zunehmende  Rolle.  Orestes  z.  B.  erbittet  von  Maria  Vergebung  der 
Sünden,  Kraft  der  Heiligung  u.  s.  w.  Wenn  wir  nun  in  dieser  Hinsicht 
den  Romanos  mit  Sergios  vergleichen,  so  bemerken  wir  bei  dem  letzteren 
eine  Steigerung,  die  sich  mit  der  späteren  Datierung  des  Romanos  schwer 
vereinbaren  liesse.  „Romanos  besingt  Maria  nicht  mit  der  Überschwäng- 
lichkeit  und  der  verschwenderischen  Fülle  von  Prädikaten,  wie  Sergios, 
welcher  durch  Bezeichnungen  wie:  Herstellerin  der  Versöhnung,  Vergebung 
der  Sünden,  sie  bereits  nahe  an  die  Würde  Christi  heranrückt.*^) 

Für  die  frühere  Datierung  spricht  auch  die  Legendenhaftigkeit 
des  oben  erwähnten  Berichtes  über  Romanos,  die  sich  schwer  erklären 
liesse,   wenn   er  dem  8.  Jahrhundert,    d.  h.  einer  der  Abfassung  der  bio- 


')  S.  Jacobi,  a.  a.  0.  205. 
«)  W.  Meyer,  a.  a.  0.  344.    Vgl.  Pitra, 
Anal.  Sacra  1  S.  68  Anm. 


')  Jacobi,  a.  a.  0.  247.  —  Vgl.  auch 
F.  A.  Lehner,  Die  Marien  Verehrung  in  den 
ersten  Jahrhunderten,  2.  Aufl.,  Stuttgart  1886. 


1.  Eirohenpoeflie.    A.  QeBchiohte  der  rythmiBchen  Eirohendiobtong.    (§  272)     667 

^graphischen   Notiz   naheliegenden   Zeit   angehörte.      Die    Tradition,    dass 

-'Bomanos  die  Gabe  des  Hymnengesanges  durch  ein  Wunder  erhielt,  zeigt, 

^daes  man  seine  dichterische  Thätigkeit  als  etwas  besonders  Merkwürdiges 

^betrachtete ;  das  ist  wohl  verständlich  für  die  erste  Periode  der  Hymnen- 

^poesie,  nicht  aber  für  das  8.  Jahrhundert,  in  welchem  zahlreiche  Kirchen- 

^dichter  blühten. 

^  Als  Argument  für  die  ältere  Datierung  dient  endlich  eine  Stelle,  in 

^  welcher  Romanos  augenscheinlich  imitiert  ist.    Andreas  vonKrota,  der 

—  ungefähr  von  650 — 720  lebte, ^  hat  in   zwei  Strophen   seines  „grossen 

'Kanon''  das  Proömion  eines  Hymnus  des  Romanos  vor  Augen  gehabt. 

Die  Worte  des  Andreas  lauten: 

iyyvg  ini  ^'octk  6  xgttijs  ioxiv  • 

tag  ovaQy  tog  ay&og  6  /^Vo^  {  xov  ßiov  r^6/£»  * 

ri  fAaifjy  raQaTt6f46&a; 
*Avdvrj%ltov^  J  tffvjc^  f^oVj     \  tag  ngd^eig  ffovy  ag  eigydaüi, 

dyaXoylCov, 
xal  Tavtaig  in'  o^lfsoi,  ngoffayttys  etc.') 

Zorn  Vorbild  diente  offenbar  das  schöne  Proömion  des  Romanos:^) 

^v^ij  (JLoVy  \pvxfj  fioVf  I  ttvaam,  rl  xa&evdeig; 
TO  tdXog  iyyl^ei  \  xal  fÄ^XXeig  &0Qvß6ta&at  * 
ttydyrjtpoy  ovy,  \  l'ya  tpeiarjrttl  ffov  XQnnog  6  ^edgy 
6  Ttaytaxov  nagtoy  \  xal  td  ndyta  nXriqdiy. 

Der  Nachahmer  hat  den  Gedanken  seiner  Vorlage  in  zwei  wortreiche 
Strophen  auseinander  gezogen,  aber  das  Gold  seines  Musters  schimmert 
noch  so  deutlich  durch,  dass  diese  zwei  Strophen  zum  Besten  des  ganzen 
, grossen  Kanon"  gehören,  weshalb  sie  auch  von  Jacobi  a.  a.  0.  besonders 
hervorgehoben  worden  sind. 

Den  Ausschlag  gibt  wohl  ein  Zeugnis,  das  V.  Vasilevskij  entdeckt 
hat.*)  In  einem  Berichte  über  die  Wunderthaten  des  hl.  Artemios, 
dessen  slavische  Übersetzung  jüngst  in  den  Menäen  gedruckt  wurde,  wäh- 
rend das  griechische  Original  noch  unediert  ist,  heisst  es:  „Ein  Jüngling 
sang  Verse  des  hl.  weisen  Romanos."  Daraus  ergibt  sich,  dass  am 
Ende  des  7.  Jahrhunderts,  in  welchem  der  Bericht  geschrieben  ist,  Ro- 
manos schon  als  Heiliger  galt,  und  dass  zur  Zeit  des  Heraklios  (610  bis 
641),  in  welche  das  geschilderte  Wunder  verlegt  wird,  seine  Hymnen  schon 
bekannt  waren.  Zur  Erreichung  völliger  Sicherheit  müsste  freilich  der 
griechische  Text  beigezogen  werden,  doch  ist  an  einen  Anachronismus  des 
Verfassers  der  Erzählung  oder  an  eine  spätere  Interpolation  gerade  dieser 
Stelle  kaum  zu  denken. 

Wenn  nun,  wie  Jacobi*)  mit  Recht  bemerkt,  zwischen  den  unsicheren 
Leistungen  des  4.  und  5.  Jahrhunderts,  von  welchen  wir  Kenntnis  haben, 
und  der  sicheren  Technik  zur  Zeit  des  Sergios  ein  ausserordentlich  grosser 
Abstand  bemerkt  wird  und  es  unzweifelhaft  scheint,  dass  in  dieser  Zwischen- 


>)  S.  Jacobi,  a.  a.  0.  208  f.  und  223. 
*)  Christ,  Anthol.  S.  150. 
»)  Cod.  Patm.  213  fol.  42^  und  Christ, 
AnthoL  S.  90. 


^)  8.  die  Litteraturangabe  am  Sohluss 
des  §. 

*)  A.  a.  0.  202. 


668 


BysaniiniBohe  Litteratnrgesohiobte.    II.  Poetiaelie  UUanitar, 


zeit  die  Ausbildung  der  kirchlichen  Poesie  bis  zur  BlQte  gelangte,  and 
Jahrhundert  des  Justinian  einen  Hauptanteil  daran  hat,  soistes 
Romanos,  der  diese  Lücke  in  der  historischen  Entwickelung  desH; 
in  völlig  genügender  Weise  auszufüllen  vermag.    Dass  ein  so  gr< 
Dichter   fast  im  Anfange  der  Hjrmnenlitteratur  auftritt,   wird  nicht  «1» 
fallen,  wenn  man  sich  erinnert,  dass  an  der  Spitze  der  griechischen  Lülh' 
ratur  ein  Homer,  im  Eingange  der  italienischen  ein  Dante  steht.  Antk 
ist  schon  erwähnt,  dass  Romanos  viel  weniger  isoliert  erschiene,  wenn  im 
die  Werke  aller  seiner  Vorgänger  bekannt  wären. 

Ausser  in  der  genannten  Legende  wird  Romanos  noch  in  einem  d« 
hl.  Germanos  (8.  Jahrhundert)  zugeschriebenen  Idiomeion *)  erwähnt  ml 
als  Begründer  der  Hymnographie  gefeiert: 

JlQtatti  xaXtav  dnaPXf} 

(üfp&fjg,  acjTtjglas  afpoQfifj, 

'Ptüfjiayit  näxBQ  ijfmv  ' 
dyyehxijy  yuQ  vfjiytodiay  av4XTtj<f€ffAeyog, 
^€07iQt7n6g  inideUa}  xijy  noUtelay  aov. 

In  einem  anderen  Hymnus  hat  er  das  ehrende  Beiwort  &€o^^i]t(0Q,  Da 
vortreffliche  Johannes  Geometres  (10.  Jahrhundert)  widmete  dem  Ro- 
manos ein  hübsches  Epigramm: 

"Ö  avyxoQBvXTJg  ovgayov  xtoy  äyyiXtay 
xal  yij&ey  ^dei  xdf  ixsc  fieXt^aitig. 

Suidas  erwähnt  den  Romanos  s.  v.  äraxkci/xevov:  to  änrjxoviievov.  'ß$  im 
zov  xvQov  ^Poü^arov  rov  fAskmSov'  2v  yccQ  vTtdqx^^^  "^^  9^Q  ^o  djiQOCitov.^ 
Von  andern  Profanschriftstellern  nennt  den  Romanos  nur  noch  Gregor 
von  Korinth  in  seinem  Kommentar  zu  Hermogenes  lleQt  iieO^dov  deiri^ 
zrjTog:  ^ÖTvoTa  r^aav  xä  xov  äytov  ^Pwfiavov,  a  iXäyovxo  oixoi  xal  xovßovxlna^ 
01X01  iilv  wq  n€Qi€XTixä  otxrjfidvcov,  xovßovxXeia  6^  tag  e^äxovra  %Sv  aiJimvJ] 
Für  die  Kommentatoren  der  religiösen  Poesie  Zonaras,  Prodromos  u.  a. 
scheint  Romanos  nicht  existiert  zu  haben.  Die  Männer  nach  ihrem  Herzen 
waren  Gregor  von  Nazianz,  Johannes  von  Damaskos  und  Kosmas;  bei 
ihnen  bot  sich  mehr  Stoff  für  die  Ausbreitung  schulmässiger  Gelehrsamkeit 
als  in  der  grossartigen  und  doch  volkstümlich  einfachen  Poesie  des  Ro- 
manos. Erst  in  einer  der  Erklärung  von  Kirchenliedern  gewidmeten 
Schrift  dos  14.  Jahrhunderts  treffen  wir  eine  ausführliche,  aber  leider  ziem- 
lich wertlose  Erwähnung  des  Romanos.  Der  Kirchenhistoriker  Nike- 
phoros  Kallistos  Xanthopulos  (vgl.  S.  291  ff.)  hat  seiner  ^Egfjifjvtia  ti; 
Toi'g  dvaßaO^fAovg  r^g  oxiod/^x^v  auch  ein  Kapitel  JlQog  %6v  eQwvfjaavta  n€(^ 
xijg  vTtaxotjg,  tov  xovzaxiov,  rov  otxov  xai  xov  i^anocreihxQiov,  noO-ev  oSitvg 
ixXrjO^rjaav  einverleibt.^)     Hier  wiederholt  er  einige  der  aus  der  Legende 


1 


D 


^^ 


-4    < 


')  Nor  im  Cod.  Mosquensis  437.  Tm 
Corsinianus  und  Taurinensis  fehlen  diese 
Stücke,  and  leider  sind  auch  in  den  patmi- 
schen  Handschriften  die  auf  den  1.  Oktober, 
den  Festtag  des  Romanos,  bezüglichen  Blätter 
ausgefallen.  S.  Pitra,  Anal.  Sacra  I  Proleg. 
S.  26  und  29  ff. 

«)  Ed.  Bemhardy  1  1,  334.  In  Bem- 
hardys  Text  st«ht  ini  tov  xvQlov'Vmfiavov. 
Die  einzig  richtige  Lesart  xvqov  ist  aber, 
wie  Bemhardys  Apparat  zeigt,  auch  hand- 


schriftlich put  bezeugt.  Ueber  die  Bedeu- 
tung von  ayaxhüfAByoy  s.  §  286. 

"")  Rhetores  Graeci  ed.  Walz  VII  2  (1834) 
1122. 

*)  "EgfÄtjyeitc  eis  rovs  dyaß(t9uovg  xifi 
oxroM^/ov  nagd  NixtjfpoQov  KaXXicrov  toi 
Say&onovXoVf  ^&i]  nQwroy  rvnois  ixdo^Bioa. 
Hg  nQojeraxxat  xal  TtQoXByo/ieya  ifvyxttX' 
&6yxa  xmo  xov  iy  Ugodiaxoyoig  KvgiXXov 
^J&ayaffid&ov  tov  'Jytotatpitov.  *Ey  leQo- 
aoXvfioig  1862  S.  126—129. 


XiroheapoeBie.    A.  QeBohiohte  der  rythmisohen  KirohendiGhtang.    (§  272)     669 

9  Romanos  bekannten  Thatsachen.  Von  Interesse  ist  die  Bemerkung, 
manos  sei  zuerst  wegen  seiner  schlechten  Melodie  verlacht  und  erst 
erkannt  worden,  nachdem  er  durch  ein  Wunder  die  Gabe  der  Dichtung 
I. alten  habe;  denn  hier  ist  vielleicht  der  Nachklang  einer  Erzählung  von 
^r  anfanglich  ablehnenden  Haltung  des  Volkes  und  der  Kirche  oder  der 
zieren  allein  gegen  die  grossartigen,  aber  neuen  und  kühnen  Schöpfungen 
s  Dichters  zu  suchen.  Ausserdem  verzeichnet  X.  die  Thatsache,  dass 
Kirche  die  meisten  Hymnen  des  Romanos  aufgegeben  habe,  leider  ohne 
er  die  Gründe  dieses  Verfahrens  eine  Andeutung  zu  machen.  Im  übrigen 
»t  X.  nur  eine  breitere  Ausführung  des  Legendenstofifes  und  einige  zum 
?il  sehr  bedenkliche  Erklärungen  hymnologischer  Termini;  zweifellos 
seh  ist  z.  6.  seine  Deutung  des  Ausdruckes  oixog:  ,,ori  sv  t^7  aeßatr/iftp 
to)  aiiTiq^  x^i  iv  roTg  Kvqov  Xhyoiihv<(i^  rovxo  Srj  t6  vnsq^pvhg  inqdx&ii  xega^ 
lov,  Iva  astfirrjCTOv  xal  xaTg  i^^g  ysveatg  eirj  did  läv  xXr^tfeoiv  zo  trjg 
roa  tjtoQog  ^ävov  regdcrtov^^ 

So  spärlich  nun  auch  die  Nachrichten  über  die  Person  des  Romanos 
3iben,  so  sicher  ist  es,  dass  er  an  poetischer  Begabung,  an  Feuer  der 
^geisterung,  an  Tiefe  der  Empfindung  und  Erhabenheit  der  Sprache  alle 
deren  Meloden  weit  übertrifiFfc.  Die  Litteraturgeschichte  der  Zukunft  wird 
^lleicht  den  Romanos  als  den  grössten  Kirchendichter  aller  Zeiten 
em.  Ohne  Zweifel  bezeichnet  er  die  interessanteste  Phase  in  der  Ge- 
liebte der  griechischen  Hymnenpoesie,  und  in  ihm  erscheint  diese 
ttung  in  ihrer  höchsten  Vollendung.  Romanos  hat  sich  so  gut  wie  aus- 
iliesslich  der  Hymnenform  bedient.  Auf  ein  Gedicht  in  einer  anderen 
rm  hat  Papadopulos  Kerameus  (B.  Z.  1,  605)  hingewiesen.  Die  Frucht- 
rkeit  des  Dichters  war  geradezu  unerschöpflich;  er  hat  nicht  nur  die 
weglichen  Feste  des  Kirchenjahres,  sondern  auch  die  meisten  Heiligen 
sungen  und  den  oft  sehr  eng  verwandten  Stoffen  immer  wieder  neue 
iten  abzugewinnen  verstanden.  Nicht  überall  freilich  erhält  sich  Romanos 
f  gleicher  Höhe;  eine  objektive  Betrachtung  wird  zugeben,  dass  er  zu- 
eilen trocken  und  breit  wird.  Doch  hängt  das  wesentlich  zusammen 
t  der  Sprödigkeit  der  Stoffe,  an  die  er  gebunden  war;  es  ist  schwer, 
f  jeden  Heiligen  und  jedes  Fest  des  langen  Kirchenjahres  einen  schönen, 
den  Gedanken  originalen,  in  der  Komposition  und  Ausführung  vollendeten 
sang  zu  dichten.  Immerhin  weiss  sich  Romanos  auch  in  seinen  schwä- 
eren  Werken  von  dem  pomphaften  Schwulste,  den  bauschigen,  oft  un- 
nen  Metaphern,  der  gespreizten  und  frostigen  Reflexion  der  Hymno- 
aphen  des  8. — 11,  Jahrhunderts  fernzuhalten.  Auch  die  rhetorische 
•eite,  die  unvermeidliche  Krankheit  aller  byzantinischen  Geistesäusse- 
Qgen,  wird  uns  bei  Romanos  nicht  erspart;  zum  Teil  entspringt  sie  aus 
r  Form  seiner  Hymnen  selbst,  welche  die  Ausfüllung  von  24  oder  mehr 
rophen  erheischte.  Wenn  wir  diese  aus  der  Zeit  und  der  litterarischen 
ngebung  des  Dichters  verständlichen  Schattenseiten  anerkennen,  dürfen 
r  seinen  grossen  Vorzügen  um  so  rückhaltloser  gerecht  werden.  Was 
s  inmier  aufs  neue  zu  Romanos  zurückkehren  lässt,  was  selbst  seinen 
igwierigsten  Hymnen  einen  unzerstörbaren  Reiz  verleiht  und  auch  mit 
n  undankbarsten  seiner  Stoffe  aussöhnt,  ist  die  glänzende  dramatische 


670  BysantixiiBche  IdtteratargeBohiohte.    IL  PoetiMhe  UfetonitBr. 

Steigerung,  die  kein  Melode  so  meisterhaft  wie  er  begriffen  und  di 
geführt  hat.  Dazu  kommen  andere  Vorzüge,  die  bei  keinem 
Dichter  der  byzantinischen  Zeit  in  gleichem  Grade  wiederkehren,  ein 
versiegender  Reichtum  an  Ideen,  eine  oft  unübertreffliche  Plastik  des 
drucks,  eine  volle  und  kernige  Sprache,  die  sich  meist  ebenso  glflc 
vom  geschraubten  Pompe  als  von  populärer  Trivialität  fernhält,  alles 
edelt  und  in  die  feinste  Beleuchtung  gehoben  durch  das  mannigfaltige 
kunstvolle  rythmische  Gefüge.  Der  Reichtum  der  Vorwürfe,  we 
Romanos  umfasst,  ist  unerschöpflich ;  wir  finden  bei  ihm  auch  seltene 
sonst  nicht  vorkommende  Themen  wie  ein  Gedicht  voll  lebendiger  Ldc 
Schaft  gegen  den  Verräter  Judas.  Nicht  minder  behandelt  Romanos 
üblichsten  Vorwürfe,  wie  das  Weihnachtsfest,  die  hl.  Jungfrau  beim 
das  letzte  Gericht  u.  s.  w.  mit  unverkennbarer  Originalität.  Leider  ist 
unmöglich,  hier  auch  nur  einen  Teil  der  Gedichte  im  einzelnen  zu 
trachten  und  ihren  Charakter  durch  Proben  zu  veranschaulichen.  Da 
sich  jedoch  um  die  gerechte  Würdigung  eines  der  grössten,  aber  ve 
borgensten  Dichter,  ja  geradezu  um  die  erste  Einführung  desselbeiP« 
in  die  griechische  Litteraturgeschichte  handelt,  mag  wenigstens  nc 
ein  zusammenfassendes  Urteil  folgen,  das  ein  feinsinniger  Kritiker^) 
Romanos  widmet:  „S.  Romanus  est  le  premier  des  Mölodes  par  le  gii 
poötique.  Ses  oeuvres  reprösentent  rhjrmne  liturgique,  ou  plutöt  le  dranHl 
religieux,  dans  sa  perfection.  Qu'on  imagine  le  chr^tien  en  pri^re,  k 
meine  en  oraison,  le  Saint  en  extase:  sous  ses  regards  passent  tour  ä  toQr| 
les  grandes  figures  des  deux  Testaments;  il  voit  les  patriarches  et 
prophötes,  il  les  entend  et  mödite  leurs  paroles;  il  contemple  le  Sauv«iil 
des  hommes  et  sa  M^re,  les  apötres  et  les  martyrs:  il  assiste  en  t^moiBJ 
attentif  et  enthousiaste  ä  tous  ces  ^vönements  du  pass4,  dont  Dieu  to 
m^me  est  le  höros.  Cette  contemplation  du  monde  sumaturel  surexdtll 
ses  puissances,  et  son  esprit  aussi  bien  que  son  coeur.  II  s'äpanche  eil 
adorations,  en  louanges,  en  actions  de  gräces.  Si  vous  donnez  ä  ce  covA 
templatif,  pour  interpröter  ce  q'il  a  vu  et  entendu,  des  rythmes  souplei,! 
harmonieux,  populaires,  et,  pour  nourrir  le  feu  sacrö  de  son  g^nie,  Tinconhi 
parable  auditoire  des  basiliques  orientales;  si  votre  Imagination  peut  si 
representer  un  tel  home,  non  point  dans  Athfenes,  ni  mdme  ä  Constaa- 
tinople  au  temps  de  S.  Grögoire  et  de  S.  Chrysostome,  mais  k  Byzance, 
dans  la  vraie  Byzance  des  Byzantins,  si  vous  le  voyez  monter  ä  rambofl 
de  Sainte-Sophie  dans  la  nuit  de  Noel,  aprös  un  sommeil  miraculeux,  ä 
si  vous  entendez  le  prölude  de  son  grand  cantique: 

'H  TtttQ&^yos  crjfiBQov 
xov  vnegovaioy  rlxtei 

xal  jj  yij  ro  ffn^Xaioy 
TW  {(nQocitifi  ngoaayet 

n'admirez  pas  encore,  attendez  la  fin,  laissez  se  d^rouler  la  majestueuse 
Serie  des  vingt-cinq  tropaires.  Ne  jugez  pas  mdme  d'aprfes  un  seul  can- 
tique, suivez  le  Melode  dans  toutes  les  phases  du  cyclo  sacre,  depuis  la 
feto   d'Etienne   le    premier   martyr   jusqu'aux    solennites    de    Päques,  d^ 


>)  E.  Bouvy,  a.  a.  0.  S.  867. 


ürohenpoesie.    A.  Qesohichte  der  rythmisohen  Sirohendiohtimg.    (§  278)     671 

5cension  et  de  la  Pentecöte,  et  vous  concluerez  peut-ötre  que  le  Christia- 
ne ne  doit  envier  ä  Tantiquite  aucun  de  ses  pofetes  lyriques.*  Ebenso 
nt  Pitra  den  Romanos  „veterum  melodorum  princeps**,  womit  auch 
Urteile  von  Christ,  Stevenson  und  W.  Meyer  übereinstimmen.  Nur 
1  Geschmacke  der  späteren  Byzantiner  wollte  die  ernste  Grossartigkeit 
Romanos  nicht  zusagen;  wenigstens  wurden  seine  Werke  in  den  litur- 
3hen  Büchern  durch  die  Hymnographen  des  8.  und  9.  Jahrhunderts  ver- 
ngt;  von  den  meisten  blieben  nur  wenige  Strophen  übrig.  Dauerndes 
sehen  behauptete  der  berühmte  Weihnachtshymnus;  bis  ins  12.  Jahr- 
idert  wurde  er  alljährlich  zu  Weihnachten  von  einem  doppelten  Chore 

Hagia  Sophia  und  der  Kirche  der  hl.  Apostel  (den  ayiotsoffhai  und 
oatoktrai)  bei  der  feierlichen  Hoftafel  aufgeführt.^)  Noch  länger  er- 
It  sich  in  der  kirchlichen  Praxis  das  Lied  beim  Tode  eines  Mönches 

ayanrftd  %d  axrjroifiard  aov),  das  in  unzähligen  Handschriften  auf- 
bahrt ist. 

1.  Ausgaben:  29  Gedichte  ed.  J.  B.  Pitra,  Analecta  Sacra  1  (1876)  1-241.  — 
eitere  Stücke  in:  Sanctus  Romanus  veterum  melodorum  princeps.  Cantica  Sacra  ex 
1  mss  monasterii  S.  Joannis  in  insula  Patmo  primam  in  lucem  ed.  J.  B.  Pitra,  Anno 
ilaei  Pontificii  (1888).  Hier  auch  Facsimile  der  Vita  des  Romanos  mit  dem  dazu  ge- 
igen Miniaturbilde  aus  Cod.  Yatic.  1613.  —  Ein  Qebet  des  Romanos  in  elfsilbigen  Versen 
yj  xaru  ari^ov)  ed.  aus  Cod.  Sabb.  434  A.  Papadopulos  Kerameus,  ^JyttXexra  Isgo- 
}fnuittfjq  ajttxvoXoyiag  1  (1891)  390—392.  —  Vollständige  Ausgabe  des  Romanos 
Grund  des  ganzen  Handschriftenmaterials,  besonders  der  patmischen  Codices,  in  Vor- 
Mtung  von  K.  Krumbacher. 

2.  Hilfsmittel:  Pitra,  Hymnographie  S.  47  ff.  und:  Analecta  Sacra  1  Proleg. 
15  ff.  —  Jacobi,  a.  a.  0.  S.  220  ff.  —  Bouvy,  a.  a.  0.  S.  367—375.  —  A.  Papa- 
>ulos  Kerameus,  Mitteilungen  über  Romanos,  B.  Z.  2  (1893)  599—605  (Legende  aus 
I  Cod.  Hierosol.,  Notizen  aus  Xanthopulos  und  Gregor  von  Korinth,  Athoshss).  —  Hubert 
mme  in  der  S.  658  zitierten  Schrift  S.  87 — 95  (zur  metrischen  Analyse  und  zur  Lebens- 
dcs  Romanos).  —  Eine  kurze  Skizze  über  den  Dichter  nebst  Analyse  der  Strophe 
ag^t'yog  atjfieQov  u.  s.  w.  gibt  M.  Paranikas,  Ilsgi  ytofiayov  rov  MeXtodov,  'ExxX,  JX, 
1892)  141—143.  —  AI.  Lauriotes,  Hegt  'Pcjfiayov  tov  MeXtodovy  ebenda  12  (1892) 
f.;  262—264  (weist  auf  mehrere  Hss  des  Romanos  im  Laurakloster  auf  dem  Athos  hin 

veröffentlicht  einen  Hymnus).  —  Eine  metrische  Analyse  dieses  Hymnus  gibt  M. 
anikas.  Ebenda  12  (1892)  287  f.  —  AI.  Lauriotes,  'P(afiayov  tov  MeXtodov  xoyddxioy 
r«  fiyut  *aiTa,  Ebenda  12  (1892)  385  f.;  404  (Abdruck  des  schon  von  Pitra,  An.  Sacra 
6—23  veröffentlichten  Hymnus).  —  V.  Vasiljevskij,  Wann  lebte  der  Melode  Romanos? 

Vr.  1  (1894)  256—258.  Vgl.  den  Bericht  von  E.  Kurtz,  B.  Z.  4  (1895)  238.  —  *♦*, 
Romanos  le  melode,  Analecta  BoUandiana  13  (1894)  440—442  (Mitteilung  der  Vita 
Romanos  aus  dem  Synazarium  Sirmondianum  mit  den  Varianten  des  Menolog.  Basilii, 
Menäen  und  des  Synaxarium  Hierosol. ;  Scheidung  der  4  Texte  in  2  Gruppen). 

3.  Von  anderen  Hymnographen  des  6.  Jahrhunderts  ist  bemerkenswert  Symeon 
lites  der  Jüngere  (521—596),  der  ein  Lied  aus  Anlass  eines  Erdbebens  (cxixrjQoy 
ifXoy  tov  aeiafjiov)  verfasst  hat.  Andere  Stichera  über  dasselbe  Thema  wurden  ihm 
er  untergeschoben.  A.  Papadopulos  Kerameus,  Svfieaty  6  SavfAaaTooQeitrjs  (6g 
jyQatfog  xcd  ueXtadog,  Viz.  Vr.  1  (1894)  141-150.  Vgl.  E.  K.,  B.  Z.  4  (1895)  195.  — 
er  andere  Schnften  des  Symeon  s.  oben  S.  144  f. 

273.  Sergios  und  Sophronios.  Aus  dem  Ende  des  6.  und  aus  dem 
Jahrhundert  haben  wir  nur  wenige  chronologisch  sicher  bestimmbare 
innen.  Zu  diesen  gehört  vielleicht  das  gefeiertste  Lied  der  griechischen 
rclie,  der  Akathistos  des  Patriarchen  Sergios;  er  wurde  angeblich 
Jahre  626  verfasst,  als  die  Hauptstadt  von  den  Avaren  bedroht  war. 
r  Name  ^Axdx^ifXrog,  der  durch   den  Gegensatz   der  sogenannten  xaO^ic- 


')  Pitra,  Anal.  Sacra  Proleg.  S.  21. 


674 


ByzantiniBohe  LiUeratargeachielite.    IL  PoeüflolM  Litterätar. 


wii-d,   ermüdet  den   gutwilligsten  Hörer.     Die  häufige  und   fast  zu< 
liehe  Definition  dogmatischer  Lehrsätze   wirkt  kalt  und  schulmässig. 
der  mühsamen  Sorgfalt,  mit  welcher  Andreas  Antithesen,  Wortspiele 
Gleichnisse    auszuführen    liebt,     steht    er    der    gekünstelten    Poesie 
Johannes  Damaskos  und  des  Eosmas  schon  weit  näher  als  der  vi-j 
gezwungenen  Erhabenheit  der  früheren  Meloden;   dagegen   besitzt  er 
Johannes   und  Kosmas   den  Vorzug   einer   einfachen  und   verständlidMi] 
Darstellung. 

1.  Ausgaben:  Mehrere  Kanones,  darunter  .der  ^Grosse  Kanon*,   und   Idiomeb 
Migne,  Patr.  gr.  97,  1305—1444.   —  Ein  TeU  des  «Grossen  Kanon'  nnd   der  Kanon 
die  Kette  des   hl.  Apostels  Petros  auch  bei  W.  Christ,  Anthol.  S.  147—161.   —  ücb«] 
das  Leben  und  die  sonstigen  Schriften  des  Andreas  s.  S.  165  f. 

2.  Ein  aus  128  Trimetem  bestehendes  Gedicht  des  Andreas  von  Kreta  an 
Archidiakon  und  Chartophylax  Agathen   steht  z.   B.   im  Cod.  Vatic.  Reginae  Saec 
fol.  260^-261. 

275.  Johannes  von  Damaskos  und  Eosmas  von  Jerusalem 

die  bedeutendsten  Vertreter  der  dritten  Periode  der  Eirchendichtung. 
das  Leben  und  die  Prosaschriften  des  Johannes  s.  S.  68  ff.  Kosmiij 
erscheint  mit  ihm  brüderlich  verbunden.  Beide  wurden  gemeinschaftüd 
von  einem  älteren  Eosmas  aus  Sizilien,  den  der  Vater  des  Johannes  au 
der  arabischen  Gefangenschaft  losgekauft  hatte,  unterrichtet.  Mit  Johannei 
begab  sich  auch  Eosmas  von  Damaskos  nach  Jerusalem  und  liess  sick 
mit  ihm  in  das  altberühmte  Eloster  des  hl.  Sabbas  aufnehmen.  Nadh 
dem  er  viele  Jahre  hindurch  der  Wissenschaft  und  der  Eirchenpoesie  ge* 
lebt  hatte,  wurde  er  743  Bischof  von  Maiuma  in  Phönizien.')  Die  Zeil 
seines  Todes  scheint  nicht  ermittelt. 

Johannes  wird  allgemein  als  Urheber  des  Oktoechos  betrachtet; 
doch  ist  neuerdings  diese  Ansicht  bestritten  und  wahrscheinlich  gemacht 
worden,  dass  dieses  berühmte  liturgische  Buch  bedeutend  älter  ist  unl 
Johannes  nicht  als  sein  Erfinder,  sondern  nur  als  sein  Reformator  geltet 
darf.^)  Dagegen  ist  die  litterargeschichtliche  Stellung  des  Johannes  und 
Eosmas  als  der  bedeutendsten  Vertreter  derEanones  gesichert.  Ab 
Dichter  steht  Johannes  wohl  höher  als  Eosmas;  beide  sind  sich  aber  im 
Grundtone  sehr  ähnlich.  Vorbildlich  ist  ihnen  die  gewählte  Poesie  eines 
Gregor  von  Nazianz,  dessen  Gedichte  Eosmas  auch  durch  Eommentare 
erläuterte.  Zur  Einfachheit  des  Romanos  und  seiner  Schule  stehen  sie 
in  einem  noch  deutlicheren  Gegensatze  als  ihr  Vorgänger  Andreas  von 
Ereta.  Möglichst  grosse  Feinheit,  Mannigfaltigkeit  und  Eünstlichkeit  dei 
Aufbaues  ist  ihnen  wichtiger  als  Wärme  der  Empfindung  und  Elarhdt 
des  Ausdrucks.  Johannes  gefallt  sich  geradezu  in  den  allerschwierigsteo 
und  mühevollsten  Spielereien.  Statt  sich  mit  der  einfachen  Strophen- 
akrostichis  der  alten  Meloden  zu  begnügen,  ordnet  er  die  Anfangs- 
buchstaben der  einzelnen  Verse  nach  einem  Akrostichon,  das  selbst  ans  , 
heroischen   Distichen   besteht.     Durch    diese    und    ähnliche  Eunststücke 


^)  Deshalb  wird  er  zuweilen  auch  Koafjiccs 
6  MaXovfjiüg  genannt.  Sein  gewöhnlicher  Bei- 
name leQoaoXvfAixrjg  oder  'JyionoXirrjs  bezieht 
sich  auf  seinen  langjährigen  Aufenthalt  im 


Kloster  des  hl.  Sabbas. 

*)  K.  N.  Sathas,  laroQixoy  ^oxifdioynB^ 
Tov  ^edrgov  xai  rijg  fiovai-TC^g  raSy  BvC.  <^€3L| 


1  Kirohenpoeflie.    A.  Geachicht«  der  rythmisphen  Kirohendiohiiixig.    (§  275)     675 

leidet  natürlich  auch  die  Verständlichkeit  der  Darstellung;  manche  Stücke 
rfnd  so  dunkel  wie  altgriechische  Chorlieder.  Johannes  ist  der  einzige 
Ifelode,  der  das  Prinzip  der  Quantität  für  die  Kirchenpoesie  wieder 
Bafnahm.  Er  verfasste  seine  drei  Eanones  auf  Weihnachten,  Epiphanie 
nnd  Pfingsten  in  jambischen  Tri metern;  doch  sind  dieselben  mit  einem 
für  Johannes  ganz  bezeichnenden  Aufwand  von  silbenstechender  Mühe  so 
gebaut,  dass  auch  die  neue  Technik  ihr  Recht  erhält,  indem  an  bestimmten 
Versstellen  regelmässig  betonte  Silben  wiederkehren.')  Ähnlich  überwiegt 
bei  Kosmas  gelehrte  Sorgfalt  und  mystische  Theologie  die  dichterische 
Empfindung. 

Dass  trotzdem  Kosmas  und  Johannes  von  den  späteren  Byzantinern 
mehr  als  alle  anderen  Kirchendichter  bewundert  wurden,  erklärt  sich  aus 
der  wachsenden  Vorliebe  dieses  rätselhaften  Geschlechtes  für  unnatürliche 
Künstelei  und  grammatische  Raritäten  Den  besten  Beweis  für  diese  That- 
sache  gibt  Suidas;  die  einzigen  Meloden,  die  in  seinem  Lexikon  vor- 
kommen, sind  Romanos,  Johannes  und  Kosmas.  Während  er  aber 
den  Romanos  nur  bei  der  Erklärung  eines  technischen  Ausdruckes  ganz 
beiläufig  erwähnt  (s.  S.  668),  spricht  er  (bzw.  sein  Gewährsmann)  von 
Johannes  und  Kosmas  mit  wahrer  Begeisterung.  Nach  einer  Aufzählung 
der  Werke  des  Johannes  lesen  wir:*)  aw/^xfia^s  d'  avv^  xai  Ktxrfiag  6  i^ 
*l€QOCoXvfA(ov,  dvijQ  evifvtctaxoq  xai  nvätav  fiiovffixfjv  oXcog  zrjv  ivaQfioviot*' 
oi  yoin'  ^Cfiatixot  xavovsg  ^Icadvvov  t€  xai  Kocfiä  avyxqitfiv  ovx  iiä^avxo 
avii  dh^aivTo  ar,  fuexQig  o  xaO^'  ^jl^dg  ßi'og  nsQaiooO^i^tfsTai.  »Die  Lieder- 
kanones  des  Johannes  und  Kosmas  waren  über  jeden  Vergleich  erhaben 
und  werden  es  bleiben  bis  ans  Ende  aller  Tage*  —  ein  volles  und  rück- 
haltloses  Urteil,  das  an  die  bekannte  briefliche  Äusserung  Goethes  über 
Wielands  Oberen  erinnert.  Bei  der  Vergleichung  beider  Meloden  gehen 
übrigens  die  Urteile  der  Byzantiner  auseinander;  während  Suidas  und 
ähnlich  Kedrenos  beide  ziemlich  gleichstellen,  betrachtet  der  Patriarch 
Johannes  in  seiner  Biographie  des  Johannes  Damaskenos  den  Kosmas 
als  weniger  originell.  Andere  wiederum  wie  Prodromos  haben  nicht 
genug  Worte,  um  die  Vorzüge  des  Kosmas,  xo  noXvfAaO-äg,  %6  fieyako^veg, 
t6  ^eongeTTäg,  to  TtavaQfAonov  zu  preisen.  In  der  Praxis  fand  Johannes 
mehr  Anklang;  denn  die  späteren  Dichter  haben  seine  Strophen  sehr  häufig, 
die  des  Kosmas  nur  selten  als  Vorbild  benützt. 

1.  Ausgaben:  Hymnen  und  Kanones   des  Johannes  ed.  Migne,   Patrol.   gr.  96, 
818-856  und  1363—1408.   —  Kosmas  ed.  Migne,  Patrol.  gr.  98,  456-524.  —  Proben 
Ton  beiden  bei  Christ,   Anthol.  117  f.;   161  ff.    —    Einige  Kanones  ed.  recht  ungen&gend 
•US   einer  Handschrift  der  herzoglichen   Bibliothek  zu   Gotha    L.   Portsch,    Blätter  für 
Hymnologie  1889  N.  2 --4.   —   Einen  Kanon  des  Kosmas  in  einer  vollständigeren  lieber- 
lieferung  als  der  gewöhnlichen  ed.  A.  Papadopulos  Kerameus,  'JvdXexra  'leQoaoXvfAi- 
ivnjg  <rTaj|ft;oAo/m(  2  (1894)  164  f.;  vgl.  ÜQoXoyos  aeX,  C'.  —  Eine  neue  Ausgabe  der  drei 
itmbischen  Kanones  mit  einem  gelehrten  sprachlichen  Kommentar  wurde  von  Aug.  Nauck 
im  23.  Febr.  1893  der  k.   russ.  Akademie  vorgelegt  und  nach  seinem  bald   darauf  ein- 
getretenen Tode  von  P.  Nikitin  herausgegeben:   Johannis  Damasceni  eanones  iambici  cum 
commentario  et  indice  verborum  ex  schedis  Augusti  Nauck  editi,  Mölanges  Gr^co-Romains 
tires  du  Bulletin  de  Tacad^mie   imperiale   des  sciences  de  St.-P^tersbourg,   tome  6  (1894) 
199—224.   Aus  dem  Kommentar  wird  ersichtlich,  in  welchem  erstaunlichen  Umfange  diese 


')  Christ,  Anthol.  Proleg.  46. 

«)   S.  V.   *I<odyyTj(;  ed.  Bemhardy   I  2  S.  1028, 


676 


Bysanimiaohe  LitteratiirgeMhichte«    IL  PeotLiclie  Litiontar. 


Eanones  von  den  Autoren    der  byzantinischen  Wörterbücher  berOcksichtigt  wnrdeo.  } 
die  Besprechung  von  E.  Kurtz,  Viz.  Vr.  2  (1895)  220-222. 

2.  Hilfsmittel:  Christ  und  Sathas,  a.  a.  0.  —  G.  J.  I^padopuloa,  Ivgifthj 
rtljy  Ustogiav  rij^  mtQ'  ijfiTv  ixxXfjaiaffnx^g  fjiovffixrjg,  Athen  1890  S.  154 — 230.  —  Zar 
vgl.  A.  Heisenberg   in  seiner  Ausgabe   des  Nikephoros  Blemmydes,  Leipzig  1896, 
legomena  S.  XCVIII  ff.  (zeigt,    dass  Blemmydes  in   einem  Kanon  nicht  die  Trimetar 
Johannes,  sondern  die  in  denselben  verborgene  rythmische  Form  imitiert  hat).  —  üebcr 
dem  Johannes  fälschlich  zugeschriebenes  Gebet  in  byzantinischen  Anakreonteen  vgl 
Haussen,   Philologus,   Supplementb.  5   (1889)   210.    —    £dm.   Bonvy,   Anacr^oat 
toniques  dans  la  vie   de   S.  Jean  Damascäne,  B.  Z.  2  (1898)  110  f.   —   Deutsche  U( 
Setzung   der   Evxv    ^^   Johannes   von    Damaskos  'j4no   ^tma^y  ^^etHny,  sowie 
dem  Symeon  Metaphrastes  zugeschriebenen  Liedes  MiXXwy  tpayety,  ay&Qwnej  irtSfMt  hni\ 
von  G.  M.  Dreves,  Blüten  hellenischer  Hynmodie.  Griechische  Gonununionlieder, 
aus  Maria  Laach  46  (1894)  529-587. 

3.  Ausser  dem  Johannes  Damaskenos  wird  auch  dem  Joseph  Melodoa  einOki»-! 
echos  zugeschrieben  im  Cod.  Escur.  ^.  II.  5  s.  15. 

276.  Nachblute  und  Verfall.  Noch  zu  Lebzeiten  des  Johannes  mil 
Kosmas  brach  über  die  griechische  Kirche  das  verheerende  üngewitter 
Bildersturmes  herein ^)  und  wirkte  durch   die  Zerstörung  von 
Schulen  und  Bibliotheken,  durch  die  Verfolgung  von  Altgläubigen  und 
Unterbrechung  der  Tradition  nachteilig  auf  die  Erhaltung  der  alten  Kirchei»! 
lieder.     Andererseits  hatte  diese   heftige  Bewegung  auch  eine  heibane 
Reaktion  und   vor  allem  eine  nachhaltige  Steigerung   des  religiösei 
Lebens  zur  Folge,  welche  auf  die  kirchliche  Dichtung  nicht  minderbe* 
fruchtend  wirkte  als  auf  das  zunächst  bedrohte  Gebiet  der  bildenden  Eiroflt 
Wie  die  Miniaturmalerei  gerade  in  dieser  Zeit  der   wütenden  Verfol: 
emporblühte,  so  erstand  auf  der  blutigen  Walstatt  aus  den  grausam  aDte^' 
drückten,  heldenmütigen  Freunden  der  Bilder  eine  begeisterte  Schar  neuer 
Meloden.     Ihre  Werke  sind  es  hauptsächlich,   welche  in  der  griechischei 
Liturgie  bleibende  Aufnahme  fanden  und  die  alten   Lieder  verdrängt«. 
Wahrscheinlich  sind  die  grossen  Hymnen  des  Romanos  und  seiner  Schdl 
vornehmlich  schon  in  dieser  Zeit  der  Vergessenheit  anheimgefallen. 

Die  neue  Bewegung  ging  von  Syrien  und  Italien  aus  und  vereinigb 
sich  in  Konstantinopel  mit  den  dort  heimischen  Elementen.  Dass  ii 
Syrien  der  Geist  des  Johannes  und  Kosmas  kräftig  weiter  wirkte,  ist  leicM 
verständlich;  merkwürdigerweise  sind  aber  um  dieselbe  Zeit  auch  in 
äussersten  Westwinkel  der  byzantinischen  Kulturwelt,  in  Sizilien  und  ünt»* 
italien,  mehrere  bedeutende  Meloden  erstanden.  Gregor  und  Theodosiot 
von  Syrakus  eröflfinen  hier  die  Reihe.  Aus  Syrakus  war  auch  Methodiol 
gebürtig,  der  später  nach  Konstantinopel  kam;  er  ist  der  letzte  Melode, 
der  nach  dem  Muster  des  Johannes  Damaskenos  einen  zwölfsilbigen  jam- 
bischen Vers  in  den  Kanones  verwendete.  Aus  Sizilien  stammt  endlid 
Joseph  derHymnograph;  durch  die  Araber  vertrieben,  flüchtete  ernacl 
dem  Peloponnes,  dann  nach  Thessalonike,  wo  er  Mönch  und  Priester  wurdö^ 
endlich  nach  Konstantinopel.  Hier  schloss  er  innige  Freundschaft  mit  den 
hl.  Gregor  Dekapolites.  Infolge  des  Bildersturmes  unter  Leon  dem 
Armenier  (813—820)  musste  er  aus  Konstantinopel  flüchten,  fiel  aber  auf 
der   Fahrt    nach   Rom   in    die  Hände  von  Piraten,    die    ihn    nach  Kreta 


^)  Die  Litteratnr  zum  Bildersturm  s.  in 
der  aUgemeiDen   Bibliographie  am  Schluss 


des  Baches,  Rubrik  „Kirchengeschichte'. 


Kirohenpoeaie.    A.  Geschichte  der  rythmiflchen  Sirohendichtiiiig.    (§  276)     677 

achten;  endlich  kehrte  der  vom  Unheil  seltsam  verfolgte  Mann  nach 
Dnstantinopel  zurück,  wo  er  in  hohem  Alter  (um  883)  starb. 

Der  eigentliche  Mittelpunkt  der  Kirchenpoesie  wurde  seit  dem  Anfang 
8  9.  Jahrhunderts  das  Kloster  Studien^)  in  Konstantinopel.  Hier  dichtete 
heodoros  Studites  (759—826),  von  dem  zahlreiche  Hymnen  vorhanden 
id.  Hier  weilten  die  heldenmütigen  Brüder  Theodoros  und  Theo- 
lanes  ol  ygamoi',^)  von  denen  der  letztere  nach  der  Beendigung  des 
Iderstreites  durch  die  Synode  von  Konstantinopel  im  Jahre  843  den  erz- 
schöflichen  Thron  von  Nikaea  bestieg.  Aus  diesem  Kreise  ging  Joseph, 
r  Bruder  des  Theodoros  Studites,  hervor,  der  später  Bischof  von  Thes- 
lonike  wurde  und  unter  Theophilos  den  Martertod  starb.  ^)  Hier  trafen 
3h  auch  Georg  von  Nikomedien,  Metrophanes  und  Theodoros 
)n  Smyrna,  die  Studiten  Antonios,  Arsenios,  Basilios,  Gabriel, 
Ikolaos  u.  a.  Eine  gemeinsame  Eigenschaft  dieser  Dichter  ist  schwülstige 
-eite,  die,  namentlich  durch  massenhafte  neugebildete  Beiwörter  be- 
ichnet,-*)  häufig  in  leeres  Wortgepränge  ausartet.  In  dieser  Zeit  werden 
ich  gänzlich  wertlose,  poesieverlassene  Machwerke  häufiger;  wir  finden 
ymnen,  die  nichts  anderes  sind  als  trockene  Paraphrasen  geschwätziger 
*osalegenden.  Di©  tiefste  Stufe  erreicht  der  geradezu  läppische  Hymnus 
if  den  hl.  Euthymios,  dessen  Verfasser  sich  vorsichtigerweise  in  den 
antel  der  Anonymität  hüllt  (Cod.  Patm.  212  f.  166  flf.).  Eine  merkwürdige 
•scheinung  in  diesem  allgemeinen  poetischen  Wettkampfe  ist  die  Dichterin 
asia  (vgl.  §  296),  die  in  einem  sehr  originellen  Gedichte  eine  Parallele 
risehen  dem  Reiche  Christi  und  dem  römischen  Reiche  zieht;  Augustus 
,be  der  Vielherrschaft  auf  Erden  ein  Ende  gemacht,  Christi  Mensch- 
3rdung  habe  die  Vielgötterei  gebrochen.*)  Auch  in  ihren  übrigen 
iomela  zeigt  sie  grosse  Selbständigkeit  und  Tiefe  der  Empfindung.  Die 
reinzelten  poetischen  Versuche  des  Patriarchen  P ho tios,  der  Kaiser  Leon 
js  Weisen  und  Konstantin  Porphyrogennetos  sind  schwach  und 
)hl  nur  infolge  der  hohen  Stellung  ihrer  Verfasser  der  Nachwelt  er- 
Iten  worden. 

Im  11.  Jahrhundert  ging  die  Blüte  der  Hymnendichtung  zu  Ende, 
e  Frische  des  religiösen  Sinnes  war  geschwunden,  und  die  Pflege  dog- 
itischer  Kontroversen,  die  jetzt  durch  den  Gegensatz  zur  römischen 
rohe  überreiche  Nahrung  erhielt  und  auch  am  kaiserlichen  Hofe  mit 
kchsendem  Eifer  betrieben  wurde,  konnte  die  Unmittelbarkeit  der  Be- 
ist^rung  nicht  ersetzen.  Das  bedeutendste  Hindernis  für  eine  weitere 
itwickelung   der  Kirchenpoesie  lag   aber   in   dem  nun  vollzogenen  Ab- 


0  Dasselbe  wurde  i.  J.  463  von  einem 
inne  namens  Studios  gegründet  und  spielt 
der  Geschichte  der  byzantinischen  Kirche 
le  wichtige  Rolle.  Vgl.  M.  J.  Gedeon, 
itQiaQXixot  nivaxBg,  Kpel  1890  S.  196  f.; 
B.  Eine  Monographie  über  Studien  wird 
in  E.  Marin  vorbereitet. 

')  D.  h.  die  ^Gezeichn  eten*;  sie 
arden  so  benannt,  weil  ihnen  Kaiser  Theo- 
bilos  zur  Strafe  für  ihre  freimütige  Haltung 
D  Bilderstreit  zwölf  Trimeter  auf  die  Stime 


brennen  Hess.     Vgl.  §  292. 

^)  Dieser  Joseph  darf  nicht,  wie  öfter 
geschehen  ist,  mit  dem  bedeutend  jüngeren 
Sizilier  Joseph,  dem  Hymnographen  xaf* 
i^oxtjy  (s.  0.),  verwechselt  werden. 

*)  In  einem  Kanon  des  Theodoros 
Studites  findet  man  nicht  weniger  als  104 
mit  (fxog,  (ptioe  und  verwandten  Wörtern 
zusammengesetzte  Epitheta. 

*)  Christ,  Anthol.  S.  103  f.  Vgl.  Ja- 
cobi,  a.  a.  0.  S.  238. 


678  Bysantinisolie  Litteratargeaohiohte«    IL  PoeUMhe  Idtterator. 

scliluss  der  Liturgie.  Hiemit  war  dem  Dichter  die  fruchtbarste  Aaj 
regung,  die  Hoffnung  auf  praktische  Verwertung,  d.  h.  auf  EinftOmm 
seiner  Lieder  in  das  kirchliche  Repertoir  fast  vollständig  geraubt.  Daki 
erscheinen  seit  dem  Anfange  des  11.  Jahrhunderts  nur  noch  vereinzeHi 
Kirchendichter,  unter  denen  Johannes  Mauropus,  Johannes  Zonaru 
und  Nikephoros  Blemmydes  hervorragen.  Etwas  länger  als  im  bjrzanti» 
sehen  Reiche  selbst  erhielt  sich  die  Kirchendichtung  in  Italien.  Hki 
war  das  von  Nilos  dem  Jüngeren  im  Jahre  1004  gegründete  Basiliui» 
kloster  Grotta-Ferrata  bei  Rom»)  eine  Pflanzstätte  zahlreicher  Hymne» 
dichter,  die  noch  im  12.  Jahrhundert  thätig  waren.  An  der  Spitze  stell 
der  hl.  Bartholomaeos,  um  den  sich  ein  Arsenios,  ßermanos,  Joseph 
Paulos,  Prokopios  u.  a.  scharen.  Doch  bUeben  diese  Nachzügler  oliM 
Einfluss  auf  die  byzantinische  Liturgie. 

Gleichsam  zum  Ersatz  für  den  Niedergang  der  dichterischen  Thäiif 
keit  wurde  im  13.  und  14.  Jahrhundert  wenigstens  die  musikaliscki 
Seite  weiter  ausgebildet  und  das  einfache  Rezitativ  zu  einem  reicheni 
Koloraturgesang  gesteigert.  Die  musikalischen  Techniker  erfanden  dafii 
auch  eigene  Namen,  indem  sie  den  einfachen  Vortrag  %v(ia  oder  avvxofm 
fihXog  nannten  und  davon  den  gedehnten,  koloraturreichen  Gesang,  bei  den 
auf  eine  Silbe  nur  selten  bloss  eine,  meistens  zwei  bis  zehn  Noten  kamen, 
als  ccQyov  /xtXog  unterschieden.^)  Unter  den  Komponisten  des  ausgehendei 
Mittelalters  ragen  hervor  Johannes  Glykys,  Manuel  Ghrysaphei;] 
Theodulos  Hieromonachos,  Johannes  Kukuzelis,  Johannes  Lai 
padarios  u.  a.  Man  findet  ihre  Namen  in  zahlreichen  musikalichen  Hss 
in  den  Codd.  Vindob.  theol.  gr.  185,  Messin.  154,  Taur.  353.  b.  I. 
Üetzt  B.  VII.  10),  Athen.  884,  885,  886,  893  u.  s.  w.  Eine  Reihe  all 
Komponisten  enthält  z.  B.  der  Cod.  Athen.  883.  Aber  nur  ausnahi 
weise  fanden  noch  späterhin  neue  Lieder  Aufnahme  in  den  stereol 
Bestand  der  liturgischen  Werke,  in  den  Oktoechos,  das  Triodion  und 
Menäen.  Im  14.  Jahrhundert  verfasste  Nikephoros  Kallistos  Xanthi 
pulos  (s.  §  127),  eine  Uxokov&ia  ei^  rijr  Osotoxov,  die  nachträglich  i 
das  Pentekostarion  eingefügt  wurde.  Etwas  später  widerfuhr  diese! 
Ehre  einem  Kanon,  durch  welchen  der  Patriarch  Philo theos  (s.  § 
den  Verteidiger  der  Orthodoxie  Palamas  (s.  §  32)  verherrlichte, 
einen  Kanon  des  Markos  Eugenikos  (um  1416)  s.  §  212.  Eine  Ki 
sität  ist  der  Kanon  auf  den  hl.  Thomas  von  Aquino,  Kavoiv  ak 
äyiov  Gfofnär  rov  'Ayxirovv  (dies  die  ständige  Übersetzung  von  Aquino!), 
Cod.  Neapel.  11.  c.  23.  Im  15.  Jahrhundert  treffen  wir  Matthaec 
Kamariotes  (s.  S.  498)  als  Verfasser  von  Kanones  auf  die  göttlic 
Menschwerdung  (z.  B.  im  Cod.  Athen.  732).  Im  16.  Jahrhundert  sei 
Nikolaos  Malaxos  (s.  S.  401)  Kirchenlieder,  von  welchen  einige  Stüc 
in  das  Pentekostarion  und  die  Menäen  eingereiht  wurden.  Selbst  in  ui 
Jahrhundert  hat  die  liturgische  Poesie  noch  einen  Zuwachs  erhalten. 


^)  Eine  anziehende  Schilderung  des  heu-   I  Ferrata,  Roma  1884.  Die  Litteratur  über  dk 
tigen  Zustandes  der  Abtei  mit  einer  geschieht-   I   Bibliothek  des  Klosters  s.  S.  512. 

1*^1  TT1_  *11  %  *  T^V  1*  •!!  n\V7*l  ^^  %  •  a  A  i  «  *■  'V«  • 


liehen  Uebersicht  und  einer  Planskizze  gibt 
A.  Rocchi,  La  badia  di  S.  Maria  di  Grotta 


^)  Vgl.  Christ,  Anthol.  Proleg.  S.  lU 


1  Kirchenpoeaie.    A.  Qeachichte  der  rythmisohen  Kirchendlohtimg.    (§  277)    679 

^jiamlich  die  orthodoxe  Kirche  im  Jahre  1869  den  Patriarchen  Photios 
Sind  den  heftigen  Verteidiger  des  Schisma  Markos  Eugenikos  (s.  §  212) 

"kanonisierte,  wurden  zu  ihrer  Ehre  zwei  neue  Troparien  verfasst  und  in 
^das  Horologion  aufgenommen.^) 

1.  Ausgaben:  Kanones  des  Joseph  Hymnographos  bei  Migne,  Patr.  gr.  105, 
-  92o— 1426  (mit  der  Vita  des  Joseph).  —  Kanones  der  Studiten  bei  Pitra,  Analecta  Sacra 

vol.  1,  Paris  1876.  —  Eines  nicht  näher  zu  bestimmenden  Patriarchen  Nikolaos  Kttywy 
,  ^Qijyrjnxog  r^g  vnegaylag  Seoroxov  inl  i^  UTavQüiaei  rov  xvqIov  tjfiiüy  *Itjaov  XQtatov  xttl 
*^BOv  ed.  J.  B.  Pitra,  Spicilegium  Solosmense  4  (1858)  491—495. 

2.  Das  der  Dichterin  Kasia  (Ikasia)  gewöhnlich  zugeschriebene  ItirXijQoy  i^g  nogytjg 
.wird   in   dem   Liturgiebuch   der  Auferstehungskirche    von  Jerusalem,  sicher  mit  Unrecht, 

dem    Patriarchen  Photios   zugeteilt.     Vgl.   A.   Papadopulos  Kerameus,    ^AydXexra 
'UgoöoXvfAiTixijs  ataxvoXoyittg  2  (1894)  ceX.  f.  —  Ueber  die  Sentenzensammlungen  der  Kasia 
.  vgl.  §  296. 

3.  Eine  wichtige  Quelle  für  die  Kenntnis  der  Kirchendichtung  der  letzten  byzantinischen 
Jahrhunderte  ist  z.  B.  der  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  187  (Nessel).  Er  enthält  fast  nur  Kanones 
und  Officien  aus  der  zweiten  Hälfte  des  14.  und  der  ersten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts, 
Werke    des    Patriarchen    Philotheos    und    des    Markos  Eugenikos    —    Für    die 

-Kenntnis  der  Poesien  des  Nikolaos  Malaxos  kommt  bes.  der  Cod.  Paris,  gr.  369  in 
-  Betracht. 

4.  Die  Liste  der  griechischen  Hymnondichter  ist  in  unserem  kurzen  Abriss  nicht  an- 
^Bibemd  erschöpft.  Reichere  Verzeichnisse  der  Meloden  und  Melurgen  finden  sich  bei 
^ Pitra,   Hymnographie  S.  CLIII  ff.,  Christ,   AnthoL  S.  264  f.,   Papadopulos,   a.  a.  0. 

S.  231  ff.,  291  ff 

277.  Eommentatoren  der  Eorchenpoesie.  EosmasvonJerusalem 
und  Niketas  David,   Bischof  von  Dadybra  in  Paphlagonien  (f  um  880) 
versahen  die  schwierigen  Gedichte   des  Gregor  von  Nazianz  mit  ausführ- 
lichen Erklärungen.     Johannes  von  Damaskos  gilt  als  Verfasser  einer 
in   die   Form    eines  Briefes  an   den  Archimandriten  Jordanes  gekleideten 
Schrift  über  den  Hymnos  Trisagios  {'EntatoXr]  ngog  'loQ^avrjv  äQxifJUxvdQhtjV 
j^sgi  Tov  TQixTayiov  vfivov).     In   geschlossener  Reihe  erscheinen    die  Kom- 
onentatoren,  diese  unvermeidlichen  Begleiter  des  Verfalls   der  poetischen 
3Craft,   im  11.  und  12.  Jahrhundert.     Ihre  Aufmerksamkeit  richtete   sich 
:fsLßt  ausschliesslich  auf  die  Dichtungen   des  Johannes  von  Damaskos  und 
des  Kosmas  von  Jerusalem.     An   der  Erläuterung  dieser  schon  den  Zeit- 
genossen und  noch  mehr   den  Späteren  wegen  ihrer  künstlichen  Sprache 
schwer  verständlichen  Werke  beteiligten  sich   der  Historiker   Johannes 
Zonaras,  der  Homerkommentator  Eustathios  von  Thessalonike,   der 
I>icht«r    Theodoros    Prodromos,    die    Grammatiker    Gregorios    von 
Korinth  und  Theodosios  Monachos,  der  Philosoph  Nikephoros  Blem- 
mydes,  der  Historiker  Nikephoros  Kallistos  Xanthopulos  u.  a.   Ins- 
besondere hinterliess  Eustathios  einen  grossen  Kommentar  zum  Pfingst- 
liymnus  des  Johannes,  Zonaras  Erklärungen  zu  dessen  ^Avatrt Mi fxot  xavovsg 
und  Theodosios  Monachos  Scholien  zum  Weihnachtshymnus.   Die  Ver- 
treter  der  eigentlichen   Hymnendichtung   wie    Romanos,    Elias,   Orestes, 
Joseph   u.    8.   w. ,    deren    einfache    Darstellung    dem    Verständnis    keine 
Schwierigkeiten  bot,    blieben   von   dem   Eifer   der  Scholiasten   verschont. 
Dagegen  wurde  Gregor  von  Nazianz  auch   noch  im  späteren  Mittelalter 
fleissig   interpretiert.      So   schrieb   Nikolaos   Doxopatres,    Notar    des 


')  Eine  von  Konstantinos  Typaldos  |  Patriarchen  Anthimos  gedruckt  und  offiziell 
Verfasste  Sequenz  auf  den  Patriarchen  Photios      verbreitet.    Vgl.  M.  I.  G  e  d  e  o  n ,  /lar^ta^/txoi 


Wurde  schon  im  Jahre  1848  auf  Kosten  des 


niyaxes,  Kpel  1890  S.  293. 


680  Byzantinische  Litieratiirgesohiohte.    IL  Poetisolie  liitoniar. 

Patriarchen,  Protosynkellos  und  Nomophylax,  einen  Kommentar  zu  ig^ 
Tetrasticha  Gregors  und  zu  dem  unter  seinem  Namen  gehenden  parbiefr 
sehen  Alphabet  (Aqx^^  dndvtfov  xai  xäXoq  noioi  d-eov  etc.).  Er  steht  z.  K 
in  den  Codd.  Mutin.  IL  A.  2  und  Vindob.  bist.  gr.  64  (Nessd)  U 
125 — 153.  Von  Johannes  Zonaras  haben  wir  Erklärungen  zu  den  Tete 
sticha,  z.  B.  in  den  Codd.  Athen.  476,  Paris,  gr.  992  fol.  366— 4(B 
von  Nikolaos  Diakonos  ebensolche  im  Cod.  Paris.  993  fol.  168—281 

1.  Ausgaben:  Kommentare  des  Kosmas  ed.  A.  Mai,  Spicileg.  Romanom  2  (18^ 
2,  1-373.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patrol.  gr.  38,  340-680.  Ebenda  8.  681—842* 
Niketas  David  Paraphrase  der  dnoQQtjta  htrj  des  Gregor  von  Nazianz;  S.  842— 846aHi 
zwei  anonyme  Paraphrasen.  —  Der  Brief  des  Johannes  von  Damaskos  über  den  HyoM 
Trisagios  bei  Migne,  Patr.  gr.  92,  21-62.  —  Eustathios:  £d.  A.  Mai,  Spicileg.  li 
manum  5  (1841)  2,  161-383;  ebenda  S.  384-396  kleinere  Erklftrungen  von  Zontn 
und  Prodrome s.  —  Das  Material  für  eine  neue  Ausgabe  des  Kommentars  des  Eustiikii 
findet  sich  im  Nachlasse  Tafeis.  Vgl.  S.  374  f.;  539  f.  —  Prodromos:  Ed.  Migne,  Pafaä 
gr.  133,  1229  ff.  Vollständiger:  Theod.  Prodromi  commentarios  in  carmina  sacra  mcdodoni 
Gosmae  Hierosol.  et  Joannis  Dam.  etc.  ed.  H.  M.  Stevenson,  praefatos  est  J.  B.  Piin 
Romae  1888  (noch  nicht  abgeschlossen).  —  Ueber  andere  Kommentatoren  s.  Pitra  in  4 
Ausgabe  Stevensons  S.  VI  ff.  —  Das  Pro5mion  der  Psaltererklärung  des  Nikephora 
Blemmydes,  das  auch  Ausführungen  über  den  Kirchengesang  und  über  den  Urronm 
des  Werkes  avitßa&fiog  enthält,  ed.  Migne.  Patrol.  gr.  142,  1821—1326.  --  Des  Nikt 
phoros  Kallistos  Xanthopulos  'EqfjirjyBla  eig  lovg  dvaßa&fjiovg  irjg  oxtto^x^^  ^*  Kjl 
Athanasiades,  Jerusalem  1862  (vgl.  oben  S.  668  f.).  —  ytxodtjf^ov  'Ayiogeirov  ioqtokipm 
tjfoi  igfirjyeia  Big  tovg  (fafittnxovg  xttyoyag  rtuy  deanoructuy  xai  &eofjtijioQuct5y  i^w, 
avyeQuyirü&^y  ix  6ittq>6Qioy  trjg  ixxXrjaiag  natiQtoy,  nXovna&^y  ^k  noXXag  atjfi€ua<re$g  xai  mf 
re&iy  eig  xrjy  xoiyrjy  yXioaaay^  Venedig  1836  (mir  unzugänglich). 

2.  Ueberlieferung:  Kommentar  des  Gregor  von  Korinth  z.  B.  im  Cod.  Vindok 
theol.  128  (Nessel)  fol.  1—134.  Der  Titel  lautet  hier:  TgrjyoQiov  aQj^ieTitcxono»  ff 
firjtQonoXBtog  Kogiy&ov  TjQfjiTjvBltt  Big  tovg  xayoyag  ttuy  deanoTixtSy  koqxtov  xov  öXov  /^Vh^ 
x(oy  XQuoditoy  xai  xayoytoy  x^g  fABydXrjg  ißdofmdog  xai  xviy  ioQXtiy  xijg  Sboxoxov,  Vgl 
Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  12,  122—127.  —  Scholien  des  Theodosios  MontehH 
im  Cod.  Laur.  57,  42  fol.  169^—201.  —  Im  Cod.  Paris,  gr.  271  fol.  1—47  steht  eil 
Kommentar  zu  zwei  Kanones  des  Kosmas  und  zum  41.  Psalm.  Das  Vorwort  hat  die  UelNr 
Schrift:  n^ooif^toy  Big  xoy  oggjayoxQoffioy.  Ob  nun  Orphanotrophios  der  Name  da 
Verfassers  ist  oder  ob  der  Kommentar  metaphorisch  Waisen vater  ('üQtpayoxQoiptog  im 
oQtpayoxQoffiog)  benannt  wurde,  steht  dahin.  Das  Pro5mion  selbst,  in  welchem  die  Ui* 
wissenden  mit  Armen  und  Hungrigen  verglichen  werden,  spricht  für  die  letztere  Au^assm^ 

—  Eines  Theodulos  Monachos  ziemlich  windige  Mijyrjaig  tibqI  xviy  vfiytoy  steht  in  <)■ 
Codd.  Marc.  Cl.  II  148;  Mosq.  Synod.  301  (307  bei  Vladimir)  fol.  234  ff.;  Paris.  SM 
fol.  256  ff.,  351  fol.  266  ff.  u.  a. 

3.  Anonyme  Erklärungen  liegen  noch  allenthalben  in  Hss.  —  Aus  einem  Codex 
des  16.  Jahrhunderts  der  Nationalbibliothck  zu  Athen  stammt  die  'JyBxdoxog  igf^ijyeia  tk 
xrjy  (odijy  xijg  Magiafi   (so)   xcti    xi^y  nQooBvxrjy  xov  Za/aglov,  StoxrJQ  15  (1892)  289—291 

—  Eine  anonyme  'E^rjyrjaig  utgala  zu  den  Kanones  des  Kosmas  und  Johannes  auf  Chnü 
Geburt  (Christ,  Anthologia,  S.  165  und  205)  steht  im  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  2SI 
(Nessel)  fol.  33-48^. 

4.  Eine  der  wichtigsten  Quellen  der  Kommentare  des  Kosmas  sind  die  ausftk' 
liehen  mythologischen  Erklärungen  zu  vier  Reden  des  Gregor  von  Nazianz,  weldl 
einem  gewissen  AbteNonnos  zugeschrieben  werden  und  wahrscheinlich  im  6.  Jalirhundd 
abgefasst  sind.  Später  wurde  derselbe  Mythograph  von  Suidas,  Tzetzes  und  noch  ▼« 
Konstantin  Palaeokappa  für  sein  Violahum  benützt.  Nonnos  ist  zum  Teil  ed.  va 
Rieh.  Montacutius,  Eton  1610;  anderes  von  Fr.  Creuzer,  Meletemata  e  discipliu 
antiquitatis  1  (1817)  59  ff.,  und  A.  Mai,  Spicilegium  Roman.  2  (1839)  2,  374  ff.  Das  Meisb 
wiederholt  bei  Migne,  Patrol.  gr.  36,  985—1072.  —  Eine  neue  Ausgabe  des  Nonnos  bi 
absichtigt  Edwin  Patzig  in  Leipzig  bei  Teubner  erscheinen  zu  lassen.  -  Vgl.  E.  Patzig 
Die  Nonnusquelle  der  Eudokia,  Rhein.  Mus.  37  (1882)  67—82,  und  desselben  Abhandlung 
De  Nonnianis  in  IV  orationes  Gregorii  Nazianzeni  commentariis,  Progr.  der  Thomasscholi 
Leipzig  1890,  wo  über  die  Handschriften,  Redaktionen  und  die  späteren  Ausschreiber  de 
Nonnos  erschöpfend  gehandelt  ist.  Vgl.  §  240.  —  Ueber  die  von  E.  Norden  gegebene 
Nachträge  vgl.  S.  138. 


KirchenpoMie.    A.  Geschlohte  der  rythmischen  Kirchendiohtang.    (§  278)     ggl 


278.  Spielereien  in  der  Form  des  Eorchenliedes.  Eine  begleitende 
rscheinung  des  Verfalles  der  Kirchendichtung  ist  die  Parodie  derselben. 
er  erste  Autor,  den  wir  mit  völliger  Sicherheit  als  Verfasser  solcher 
;ücke  kennen,  ist  kein  geringerer  als  der  berühmte  Premierminister  und 
ofphilosoph  Michael  Psollos.  Im  Jahre  1054  hatte  er,  wohl  weniger 
IS  innerer  Neigung,  als  weil  damals  seine  Stellung  am  Hofe  erschüttert 
ar,  den  Entschluss  gefasst,  der  Welt  zu  entsagen;  zu  diesem  Behufe 
ählte  er  das  auf  dem  Berge  Olympos  in  Bithynien  gelegene  Kloster. 
Bild  aber  war  der  turbulente  Mann  des  eintönigen  Lebens  unter  den 
ommen  Weltüberwindern  überdrüssig  und  verliess  seine  Zelle,  um  sich 
>n  neuem  in  die  dumpfe  Atmosphäre  der  politischen  Kämpfe  und  Intriguen 
i  stürzen.  Die  Klostergenossen  waren  über  den  Flüchtling  nicht  wenig 
igehalten,  und  ein  Mönch  namens  Jakob,  der  sich  zum  Sprecher  der 
>rigen  machte,  dichtete  ein  witziges  Epigramm  in  vier  Trimetem,  worin 
•  den  Psellos  als  Zeus  anspricht  und  sagt,  er  sei  dem  Olymp  nur  ent- 
>hen,  weil  er  auf  demselben  seine  Göttinnen  nicht  wiedergefunden  habe. 
^llos  antwortete  in  einer  für  den  Exmönch  wenig  passenden  Weise  durch 
n  derbes  Schmähgedicht,  worin  der  gute  Jakob  mit  wenig  Witz  und  viel 
ehagen  in  den  grellsten  Farben  als  wüster  Trunkenbold  geschildert  wird. 
3ott  der  Herr,  der  die  Abgründe  verstopfte  und  die  weite  Höhlung  des 
zeans  mit  Wasser  füllte,  vermochte  es  nicht.  Deinen  Bauch  zu  sättigen, 
er  wie  ein  Kanal  alles  aufnimmt  und  alles  leert.  *  In  der  dritten  Strophe 
ergleicht  Psellos  den  Klosterbruder  mit  einem  Weinstocke.  „Man  sah 
►icli  auf  der  Erde  liegen,  o  Vater,  als  fruchtbeladenen  Weinstock;  dicker 
P^ein  sickerte  Dir  aus  allen  Poren,  aus  Deinem  Halse,  aus  Deinen  Augen, 
US  der  Unterthüre  und  aus  Deinem  ganzen  Körper.  Schwere  Trunkenheit 
:5hwitztest  Du  aus  wie  ein  rissiger  Schlauch."  Das  ganze  Gedicht,  dessen 
rrobheit  man  nach  diesen  Proben  beurteilen  mag,  hat  die  regelrechte  Form 
ines  Kirchenliedes;  die  Akrostichis  lautet:  Mäd^vaov  Idxwßov  evQv&fJKog 
€>ai,  Kwvtrrag;  dazu   der  übliche  Vermerk   des   Tones   und   der  Melodie: 

Sehr  weite  Verbreitung  fanden  in  der  byzantinischen  Zeit  Lehr- 
:edichte,  welche  die  äussere  Form  von  Kirchenhymnen  für  Zwecke 
ler  wissenschaftlichen  Mitteilung  und  des  Unterrichtes  vorwenden.  Der 
bedanke,  den  Lehrstoff  durch  metrische  Formulierung  leichter  dem  Ge- 
dächtnisse einzuprägen,  ist  bekanntlich  fast  ebenso  alt  als  der  schulmässige 
Betrieb  selbst;  eigentümlich  scheint  aber  den  Byzantinern,  dass  sie  zu 
diesem  Behufe  ganz  allgemein  die  ehrwürdige  Form  des  Kirchenliedes  ver- 
wendeten. Stichera  über  Lufterscheinungen,  wie  Wolken,  Regen  und  über 
die  zwischen  der  Erde  und  dem  Himmel  befindlichen  Elemente,  und  ein 
Kanon  über  die  Benennung  der  verschiedenen  Lebensalter  sind  unter  dem 
Namen  des  Photios  überliefert. 2)  Der  bekannteste  Autor  solcher  Hymnen 
über  grammatische  und  andere  Schulgegenstände  ist  Niketas  von  Serrae 


')  Ediert  ist  das  Stfick  von  K.  N.  S  a  t  h  a  s , 
^««r.    ßißX,  5  (1876)  177  ff.    Vgl.  S.  439  ff. 


«)  Pitra,  Anal.  S.  I   S.  441  ff.     Vgl. 
Pitra,  Hymnographie  S.  61. 


682 


Bysaatinische  Idtteraturgeschichte.    IL  PoetlsdiM  LÜtaralnr.. 


um   1100   (s.   §  247).      Auch    Theodoros    Prodromos,»)    Hierothei 
Monachos  u.  a.  haben  derartige  Schulgedichte  verfasst.   Von  Johann 
Zonaras  besitzen  wir  einen  Kanon  auf  die  hl.  Maria,  in  welchem 
verschiedenen  Häresien,  zuletzt  die  der  Bogomilen  und  Lateiner,  gesel 
sind  (z.  B.  im  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  289  fol.  31—33).     Wie  wenig 
Byzantiner  das  Unpassende  solcher  Profanation  heiliger  Rythmen  f&Ut^l 
beweist  die  Thatsache,  dass  diese  Schulmuse  selbst  vor  ekelhaften 
ständen  nicht  zurückscheute.     So  finden  wir  die  Form  des  Kirchei 
in  einem   Traktate  über  den  Urin   {IleQi  ovQtov),  um  dessen  Autoi 
sich  sogar  mehrere  Namen  wie  Matthaeos  Blastares,  Planudes,  Niki 
phoros  Blemmydes,   ja  selbst  Photios  zu  streiten  scheinen.') 
der  schlimmsten  Beispiele  ist  die  wohl  dem  15.  Jahrhundert  angehe 
„Messe  des  Bartlosen'',  wo  eine  liturgische  Handlung  mit  ihrem 
Apparate  von  Hymnen,  Kanones,   Legenden  u.  s,  w.   derb   parodiert 
(s.  den  Abschnitt  „Vulgärgriech.   Litteratur*).     Zuletzt  wurde  sogar 
matische  Polemik  in  die  friedliche  Form  des  Kirchenliedes  gepressL 
Titularbischof  von  Myra  Matthaeos  (c.  1550 — 1625)  verfasste  ein  Pai-I 
phlet  gegen  die  Lateiner,  das  folgendermassen  beginnt:  'Qtdrj  Uj  ^x^  ^^ 
yiog  6',     <IlQ6g  t6>  ^^VyQccv  diodevaaq  (otrsi  ^rjgdv:    Td  axiciAa  yicnivwß 
aQ^^fV  II  ix  xBvodo^iag  trjg  cvvj^O^ovg  naXai  avToTg  u.  s.  w.   Ed.  M.  L  Gedeoi,| 
naqvaaaog   1    (1877)    753—756.     Manche    derartige  Werke    gehen 
anonym  in  den  Handschriften. 

279.    Übersetzungen  und  Imitationen.     Die  griechische  Kircl 
poesie  hat  nach  verschiedenen  Seiten  hin   eine   mächtige  Anregung 
geübt.     Wie  einst  das  heidnische  Rom  von  Griechenland  aus  seine  Kult 
und  Litteratur  empfing,   so  nahmen   die  Lateiner  in   der  christlichen 
abermals  ihre  Zuflucht  zu   dem    glückHcher  begabten  Volke    des  Oste9i| 
Zu   den   ältesten  Beweisen   dieses   litterarischen  Verhältnisses  gehört 
kurze  Akklamation,   die  seit  den  Zeiten   des  hl.  Benedikt  allmorgenc 
im  Klosterchore  ertönt;  der  griechische  Text  darf  nach  Pitra')  nicht 
das  3.  Jahrhundert  herabgerückt  werden: 

Zol  nqinBii  atyog 

aoi  71  gen €1  vfAvog 

aol  do^a  nginei  xto  nargt 

X((l  xio   YUp  xai  xto  nylto  IJyevtutTV 

eig  tovs  aüoyag  juty  aimyiav.     Afjii^v. 

Dem   berühmten  Dies  irae,   dies  illa,   das  gewöhnlich  dem  Thomas  voi 
Celano  (13.  Jahrh.)  zugeschrieben  wird,  in  seinen  Hauptbestandteilen  al 
sicher  viel  älter  isV)  scheint  als  Vorbild  der  Hymnus  des  Romanos  ül 
das  letzte  Gericht  gedient  zu  haben.  ^)    Bei  der  Betrachtung  dieser 
sehen  Anleihen  darf  auch   die  Thatsache  nicht  vergessen   werden,  dafll 
sich  in   der  abendländischen  Liturgie  mehrere  griechische  Texte   bis  Im] 


Te  decet  laus 

te  docet  hymnus 

tibi  gloria  Deo  Patri 

et  filio  cum  Sancto  Spirita 

in  saecula  saeculorum.     Amen. 


0  Seinen  Kanon  IIbqI  avxi4noix(ov  mit 
alphabetischer  Akrostichis  ed.  £.  Miller, 
Annuaire  de  l'assoc.  10  (1876)  131—134. 

*)  Pitra,  Anal.  S.  I  S.  441.  Zum  Kanon 
über  den  Urin  vgl.  S.  544  f. 

*)  Hymnographie  S.  36  f. 

^)  Vgl.  Mone,  Lat.  Hymnen  1  (1853) 


354  und  408.  —  Henry  Thode.  Franz  t« 
Assisi  und  die  Anfange  der  Kunst  der  Bi' 
naissance  in  Italien,  Berlin  1885  S.  400.  - 
L.  Traube,  Karolingische  Dichtungen,  Be^ 
lin  1888  S.  152. 

^)  Deutschmann  a.  a.  0.,  (s.  S.  657)  S.  H. 


(irohenpoeftie.    A.  Geschichte  der  rythmiachen  Kirohendichtung.    (§  279)    683 


telalter  hinein,  ja  bis  auf  den  heutigen  Tag  erhielten.  Dazu  gehören 
ser  dem  S.  661  erwähnten  Beispiele  eine  kurze  Akklamation,  die  am 
erfeste  bis  ins  9.  Jahrhundert  und  vielleicht  noch  länger  im  Lateran 
ich  war,i)  und  die  am  Charfreitag  in  den  katholischen  Kirchen  üblichen 
3chischen  Responsorien  nach  der  Kreuzenthüllung.  ^)  Umgekehrt  blieben 
h  Reformen  im  lateinischen  Ritus  nicht  ohne  Einfluss  auf  den  griechi- 
en  Osten.')  Eine  genauere  Erforschung  dieser  Beziehungen  würde  auf 
christliche  Kultur-  und  Litteraturgeschichte  manches  neue  Licht  werfen. 
les  wird  uns  freilich  immer  verborgen  bleiben,  weil  die  griechischen 
;änge  der  älteren  Zeit  nur  trümmerhaft  überliefert  sind.  Unter  Papst 
drian  LI  (867 — 872),  also  in  einer  Zeit,  in  welcher  der  litterarische 
1  kulturelle  Zusammenhang  zwischen  dem  Osten  und  Westen  sich  schon 
r  gelockert  hatte,  wurden  die  Formen  der  griechischen  Hymnenpoesie 
h  einer  glaubwürdigen  Nachricht  in  der  römischen  Kirche  eingeführt, 
erklärt  sich  der  griechische  Ursprung  der  lateinischen  Bezeichnungen 
»pus  und  Sequentia  {tQonccQioVy  äxoXov&ia).*) 

Rückhaltloser  ergaben  sich  die  barbarischen  und  halbbarbarischen 
ierschaften  des  Ostens  und  Nordens  dem  griechischen  Einfluss.  Die 
rbreitung  der  griechischen  Kirchendichtung  und  Musik  wurde  in  hohem 
ide  dadurch  erleichtert  und  befördert,  dass  in  grossen  Klöstern  häufig 
gehörige  verschiedener  Nationen  zusammenwohnten.  Im  Kloster  des 
Könobiarchen  Theodosios  (f  529)  waren,  wie  uns  sein  Biograph  Theo- 
os  von  Petrae  erzählt,  5)  vier  Kirchen  erbaut,  drei  für  die  im  Kloster 
tretenen  Nationalitäten,  die  Griechen,  die  Bossen  und  die  Armenier, 
vierte  für  die  Geisteskranken.  In  diesen  Kirchen  wurde  der  Herr 
g  und  Nacht  durch  englische  Psalmodien  in  verschiedenen  Sprachen 
'herrlicht.  Es  ist  zweifellos,  dass  die  Bossen  und  Armenier  ihre  Lieder 
1  Weisen  den  griechischen  Mitbrüdem  entlehnten.  Bald  begann  der 
echische  Kirchengesang  einen  siegreichen  Eroberungszug  über  neue,  bis 
lin  der  Kultur  des  oströmischen  Reiches  verschlossene  Gebiete.  Bul- 
ren,  Serben,  Russen  und  Walachen  erhielten  von  Byzanz  mit  der 
ristlichen  Religion  auch  den  griechischen  Ritus  und  die  griechische  Hymno- 
^e.  Die  unbändigen  Völkerschaften  des  kaukasischen  Berglandes,  wie 
}  Iberer  (Georgier)  beugten  sich  unter  die  Macht  des  Christentums, 
d  der  hl.  Euthymios  übersetzte  nicht  bloss  die  Bibel  und  die  Kirchen- 
ter,  sondern  auch  die  griechischen  Hymnen  ins  Iberische.*)  So  erfüllte 
3  byzantinische  Kirchenpoesie  eine  hohe  kulturhistorische  Aufgabe. 
ö  erhielt  in  ihrer  eigentlichen  Heimat  das  religiöse  Gefühl  wach  und 
irkte  zuletzt  das  von  furchtbaren  Stürmen  niedergeworfene  Volk  im 
Igen  und  schweren  Widerstände  gegen  die  andersgläubigen  Bedrücker; 


')  Pitra,  Hymnographie  S.  37.  Vgl. 
rist,  Anthol.  Proleg.  S.  25  f.  —  Du- 
esne,  Origines  du  cnlie  chrötien,  Paris 
(9  S.  156-159. 

^)  Ueber  die  Geschichte  derselben  vgl. 
Güother,  Collectio  Avellana,  Pars  1 
ien  1895)  181. 

•)   Pitra,  Hymnographie  S.  50  f.   — 


Bouvy,  a.  a.  0.  S.  376  ff. 

*)  Vgl.  Christ,  Anthol. Proleg.  S.  25  f.  — 


M.    Eawczynski,    Essai    comparatif    sor 
Torigine  et  1  histoire 
S.  149  ff. 


des  rythmes,  Paris  1889 


')  H.  Usener,  Der  heilige  Theodosios, 
Leipzig  1890  S.  44,  16  ff.;  45,  4  f. 
«)  Pitra,  Hymnographie  S.  67  ff. 


684  ByzaniiniBche  Litteraturgesohiohie.    IL  Poetisohe  UHerator« 

sie  befi'uchtete  das  lateinische  Abendland;  sie  erzeugte  im  ausser-^ 
Osten  und  Norden  bei  barbarischen  Völkerschaften  eine  religiöse  Kiw 
die  bis  auf  den  heutigen  Tag  die  Spuren  ihres  Ursprungs  treu  bewahr^^ 

1.  Manche  MitteiluDgen  über  den  Gebrauch  des  Griechischen  in  der  rtmi^sc 
Kirche  bei  Paul  Fahre,  Le  polyptyque  du  chanoine  Bänolt,  Travaux  et  mämoinara 
facultas  de  Lille,  Tome  I,  m^m.  3,  LiUe  1889.  —  Eine  gute  Untersuchung  über  S 
und  Geschieht«  der  abendländischen  Tropen  gab  L^on  Gautier,  Histoire  de  la  ; 
liturgique  au  moyen-äge,  vol.  1,  Les  Tropes,  Paris  1886.  —  Dazu  das  zu  S.  658  ang«fc^^ 
Buch  von  M.  Kawczynski.  —  Zur  Beurteilung  des  Verhältnisses  der  griechiselMK^j 
lateinischen  Rythmenpoesie  dient  Ad.  Ebert,  Allgemeine  Geschichte  der  Liteniticsxj 
Mittelalters  im  AbencTlande  P  (1889)  554  ff.;  11  (1880)  86  ff.;  311  ff.;  826  £   und  att« 

—  Ein  sehr  nützliches  Material  über  griechische  Einflüsse  in  der  lateinischen  GeseUaXX. 
und  Kirche  vom  6.  bis  8.  Jahrhundert  gibt,  ohne  auf  die  Kirchenpoesie  selbst  einzn^xi 
Gh.  Diehl,  Etudes  sur  Tadministration  Byzantine  dans  Texarchat  de  Ravenne,  Paria 
S.  240—288.  —  Die  wichtigsten  Sammlungen  lateinischer  Hymnentezte  sind:  ü.  A.  Dt 
Thesaurus  hymnologicus,  5  Bde,  Halle,  später  Leipzig  1841—1856.  —  F.  J.  M 
Lateinische  Hymnen  des  Mittelalters,  3  Bde,  Freiburg  i.  B.  1853—1855.  —  Guido  1 
Droves,  S.  I.,  Analecta  h^mnica  medii  aevi,  22  Bde,  Leipzig  1886—1894.  —  Tbe» 
hymnologicis  hactenus  editis  supplementum  amplissimum  e  libris  tarn  mss  quam  im| 
eruerunt  notulisque  illustraverunt  E.  Misset  et  W.  H.  J.  Weale,  in  den  Analectt 
gica,  London  1888  ff.  —  Zur  Erklärung  vgL  P.  Alezander  Lipp,  Die  Hymne  _ 
Gistercienser  Bre vieres.  Wien  1890.  —  Manches  zur  Vergleichung  nützliche  Mater^;^ 
Aug.  R Osler,  Der  katholische  Dichter  Aurelius  Prudentius  Clemens,  Freiburg  1886^  ^ 
S.  40  ff.  —  John  Julian,  A  Dictionary  of  Hymnology,  London  1892.  —  ü.  Chev^/;^ 
Poesie  liturgique  du  moyen-äge,  Paris  et  Lyon  1893.  —  A.  Dechevrens,  Durythm«^' 
rhymnographie  latine,  Paris  et  Lyon  1895  (mir  unzugänglich). 

2.  Eine  lebhafte  Kontroverse  hat  sich  in  der  jüngsten  Zeit  über  die  byzantiaiael« 
Elemente  und  den  Ursprung  des  gregorianischen  Kirchengesanges  erhoben,  f.  1 
Gevaert  stellte  in  einem  Vortrage  der  Brüsseler  Akademie:  Le  chant  liturgique  del'^ 
latine,  Bulletins  de  Tacad^mie  royale  de  Belgique  Hl.  särie,  tome  18  (1889)  453— 477,  all 
dann  in  einer  eigenen  Schrift:  Les  origines  du  chant  liturgique  de  T^glise  latine,  W 
1890,  die  Behauptung  auf,  dass  das  Verdienst,  den  Kirchengesang  reformiert  zu  haben,  mett 
Gregor  dem  Grossen  (590—604),  sondern  dem  Byzantiner  Gregor  II  (715— 731)  o4« 
noch  wahrscheinlicher  seinem  Nachfolger  Gregor  III  (f  741)  zuzuschreiben  sei.  Dageg« 
richtete  sich  vor  allem  der  Benediktiner  Germain  Morin  in  der  Revue  Benödictine  \^ 
Febr.  S.  62  ff.,  Juli— August  S.  289  ff.,  und  in  einer  selbständigen  Schrift:  Les  v^ritabl« 
origines  du  chant  Grägorien,  ä  propos  du  livre  de  M.  Gevaert  etc.,  Maredsous  1890.  Dil 
Schrift  von  Gevaert  erschien  in  deutscher  Uebersetzung  von  H.  Riemann,  Der  Urspnoi 
des  römischen  Kirchengesangs,  Leipzig  1891.  Bald  darauf  wurde  auch  die  Schrift  seioM 
Gegners  deutsch  übersetzt:  P.  Germanus  Morin,  Der  Ursprung  des  Gregorianischen  Gesango^ 
deutsch  von  P.  Thomas  Elsässer,  Paderborn  1892.  Weitere  Litteratur  verzeichnet  H.  Hii- 
mann,  Deutsche  Litteraturzeitung  14  (1893)  305  ff.  Vgl.  auch  A.  W.  Ambros,  Gesduditi 
der  Musik,  2.  Band,  3.  Aufl.  besorgt  von  H.  Reimann,  Leipzig  1892  S.  22—28.  Auf  dieSeHi 
Morins  stellten  sich  <Cagin>,  Un  mot  sur  TAntiphonale  missarum,  Solesmes  1890;  AdtU 
bert  Ebner,  Gregor  der  Grosse  und  das  römische  Antiphonar,  KirchenmusikaliadMi 
Jahrbuch  1892  S.  97—104;  Peter  Wagner,  Einführung  iu  die  gregorianischen  Melodii^ 
Freiburg  i.  d.  Schweiz  1895  S.  45—63;  endlich  mit  gewichtigen,  der  Geschichte  der  litv* 
gischen  Bücher  entnommenen  Argumenten  Wilh.  Brambach,  Gregorianisch.  BiUii= 
graphische  Lösung  der  Streitfrage  über  den  Ursprung  des  gregorianischen  Gesangfi^ 
Leipzig  1895.  Dagegen  hält  Gevaert  in  der  Einleitung  zu  seinem  neuen  Buche:  Ii 
melopöe  antique   dans  le  chant  de  l'öglise  latine,   Gand  1895,   an  seiner  Aufstellung  fad 

—  Vgl.  auch  Wagner,  La  formation  des  mölodies  Grägoriennes,  Compte  Rendu  du  troisiaü 
congrcs  seien tifique  international  des  catholiques,  Bruxelles  1895,  Deuxidme  Section  S.  31fl 
bis  335. 

3.  Zahlreiche  Mitteilungen  über  die  rituellen  Beziehungen  der  byzantinischen  Kircb 
zu  ihren  slavischen,  georgischen  und  äthiopischen  Dependenzen  gibt  John  Mason  Neali. 
A  history  of  the  holy  eastem  church,  2  P.,  London  1847-1850.  —  Mehrere  Proben  ilt 
slavischer  Texte  ed.  der  Archimandrit  Amphilochius,  Paläographische  Boschreibang 
f;riechischer  Handschriften  etc.  von  bestimmten  Jahren,  4  voll.,  Moskau  1879  1880  (Ruas.). 
Desselben  Verfassers:  Altslavischer  Psalter  des  Symeon  vom  Jahre  1280,  4  voll.,  Moskai 
1880—1881  (russ.).  Der  Wert  dieser  wie  aller  übrigen  Publikationen  des  emsigen  Ge- 
lehrten wird  durch  den  Mangel  an  philologischer  Methode  und  Genauigkeit  sUrk 
beeinträchtigt.  —  Einige  kleinere  Schriften  von  Amphilochius,  die  im  Arch.  slav.  Philol. 


lenpoeaie.    A.  OeBchichte  der  rythmischen  Kirohendiohtnng.    (§  280)     685 

402  f.  angefahrt  werden,  sind  mir  unzugänglich.  —  V.  Jagi6,  Die  Menften  für 
imber,  Oktober  und  November  in  der  kirchenslavischen  Uebersetznng  nach  russi- 
andschriften  der  J.  1095  —  1097,  Petersburg  1886  (russ.).  Die  Einleitung  des 
ften  Werkes  enthält  eine  gründliche  Untersuchung  über  die  Geschichte  der  slavi- 
mnologie.  Damach  entstand  die  älteste  slavische  Uebersetzung  der  griechischen 
in  Bulgarien  oder  auf  dem  Athos  spätestens  in  der  ersten  Hälfte  des  11.  Jahr- 
8  und  sie  fand  gerade  in  Russland  grosse  Verbreitung;  gegen  Ende  des  14.  Jahr- 
begann eine  neue  serbische  Version  die  alte  bulgarische  zuerst  bei  den  Süd- 
ann  auch  bei  den  Russen  zu  verdrängen  und  wurde  auch  in  die  gedruckten  Menäen 
men.  —  Eine  slavische  Uebersetzung  des  Oktoechos  vergleicht  mit  der  griechi- 
rlage  V.  Jagi<i,  Der  erste  Cetinjer  Kirchendruck  vom  Jahre  1494.  Eine  biblio- 
-lexikalische  Studie.  Denkschriften  Wiener  Akad.  Bd  43,  Wien  1894.  —  Vgl.  die 
angaben  S.  659  f. 

Wie  die  Kirchenpoesie,  ging  auch  die  byzantinische  Musik  und  Notenschrift 
laven  über.  Hierüber  vgl.  V.  Jagi^,  Arch.  slav.  Philol.  8  (1885)  659  f.  und 
3lbst  angeführten  (mir  unzugänglichen)  russischen  Werke;  mit  Recht  weist  Jagid, 
,  dass  hier  noch  ein  weites  Feld  der  Forschung  brach  liegt.  Vielleicht  lassen 
r  dunkle  Punkte  in  der  byzantinischen  Musik  und  Rythmik  durch  Vergleichung 
tischen  Formen  aufklären. 

iO.  Die  Überlieferung  der  griechischen  Elirchenpoesie.  Die 
che  Kirchenpoesie  entsprang  nicht  einem  blossen  ästhetischen  oder 
m  Vergnügen  wie  etwa  die  Werke  eines  Synesios  und  Gregor  von 
: ;  sie  ging  aus  dem  praktischen  Bedürfnis  der  Liturgie  selbst  her- 
>ie  vornehmste  Absicht  aller  Dichter  dieser  Gattung  war  und  blieb 
nführung  ihrer  Werke  in  den  Gebrauch  der  Kirche.  Was 
mach  von  denselben  heute  wirklich  besitzen,  haben  wir  ausschliess- 
ien  verschiedenen  Gesangbüchern  der  griechischen  Kirche  zu  suchen, 
hriften,  in  welchen  Hymnen  und  Kanones  zu  rein  litterarischem 
gesammelt  sind,  gehören  zu  den  seltenen  Ausnahmen ;  ein  sicheres 
I  ist  der  Cod.  Marc.  XI  31  (geschrieben  zwischen  1282  und  1328). 
'enn  man  die  eingestreuten  Stücke  aus  dem  alten  und  neuen  Testa- 
lie  Legenden,  die  Gebete  des  Priesters  und  einiges  andere  ausnimmt, 
*ast  alles,  was  die  24  Ritusbücher  der  orientalischen  Kirche  enthalten, 
3ebiet  der  Kirchendichtung.  Die  Menäen,  das  Triodion,  Pentekosta- 
irakletikon,  Horologion,  Anthologien,  Hirmologion  u.  s.  w.,  wie  sie  seit 
.  und  11.  Jahrhundert  von  den  kirchlichen  Obrigkeiten  festgestellt, 
reichen  Handschriften  und  später  in  verschiedenen  Drucken  ver- 
wurden, sind  die  schwer  übersehbaren  Fundstätten  griechischer 
npoesien.  Wenn  man  hört,  dass  in  Europa  über  400  liturgische 
hriften  der  griechischen  Kirche  sind,*)  wozu  noch  die  ungezählten 
are  der  orientalischen  Bibliotheken  kommen,  so  ahnt  man  die  grosse 
nung  dieses  Gebietes  und  erkennt,  dass  an  eine  erschöpfende  philo- 
j  Sichtung  und  Würdigung  des  Stoffes  gegenwärtig  noch  nicht  zu 
ist.  Wer  sich  einen  Begriff  von  der  Fülle  des  ungesichteten  Ma- 
verschaflfen  will,  möge  nur  z.  B.  Omonts  Inventaire  Sommaire  der 
Nationalbibliothek  I  27  ff.  und  einige  Kataloge  anderer  grosser 
eken  durchsehen.  Für  die  ältesten  Hymnen  liegt  die  Sache  je- 
was  einfacher,  als  man  bei  einem  oberflächlichen  Blicke  auf  das 
^on  Handschriften  und  Drucken  glauben  sollte.  Das  hat  folgende 
Die   liturgischen  Bücher  der  Griechen   erfuhren  etwa  seit  dem 


Pitra,  Hymnographie  S.  24. 


686  Byzantinische  LitteratorgMohiohte.    IL  PoetiaolM  Idtt^raiar. 

9.  Jahrhundert  eine  völlige  Neugestaltung,  indem  an  Stelle  der  alten  H3 
im  weitesten  Umfange  die  neue  Liedergattung  der  Kanones  gesetzt  wnrlal 
Am  klarsten  liegt  die  Sache  beim  Triodion  d.h.  der  Sammlung  von  Cfe^j 
sängen    für    die    beweglichen    Feste.      Wir   haben   einige    Handschriftaij 
dieses  Buches,  die  ausschliesslich  Hymnen  enthalten;  daneben  steht  eine 
gleich  grössere  Zahl  von  Exemplaren,  in  denen  die  Hymnen  völlig  ausgemedtl 
und  durch  Kanones  ersetzt  sind.     Es  gibt  sogar  eine  Redaktion  des 
dions,  die  nur  aus  Kanones  der  zwei  Brüder  Theodoros  uud  Joseph  Staditn 
besteht:   TgitiiSiov  avv  &€([)  äqxoixevov  ano  Trjg  xvQiaxrjg  zov  rsXcivav  xm  ui 
ifaQKSaiov  xaX  xaraXijyov  r?]  naQatTxev^^  vov  Aa^aqov,  noirjfia  *Ieofrijg>  »cä  Sm 
idqov   TOI   2Tov6iTov  %Sv  avzaiäX^iov  (Cod.  Vaticanus  gr.  786  s.  lS)i 
Ebenso  wurden  aus  den  Menäen  die  alten  Hymnen  unbarmherzig  ven 
ein  lehrreiches  Beispiel  ist  der  Cod.  Parisinus  259,  ein  herrlicher  Qm* 
band,  Pergament,  s.  12,  in  der  äusseren  Erscheinung  den  unten  genannte 
patmischen  Handschriften  sehr  ähnlich;   er   enthält  auf  305  Blättern 
Menaeon  für  den  Monat  November;   alle  die  alten  Hymnen   aber,  donfc 
die  früher  die  Heiligen  dieses  Monats  gefeiert  wurden,  sind   hier  dmtk 
grosse  Kanones  des  Joseph  u.  a.  verdrängt.     Eine  Mittelstufe  bezeidmei 
Handschriften  wie  der  Codex  Cryptoferratensis  J.  a.  /,  s.  11;  er  ent- 
hält ein  Menaeon  für  den  Monat  September  (nur  1. — 11.  Sept.),    in  da 
neben  den  Kanones  noch  einige  vollständige  Hymnen  stehen.     Vor  all«" 
sind  es  Kanones  der  Studiten,  die  an  die  Stelle  der  alten  Hymnen  träte;] 
darnach  ist  zu  vermuten,   dass   der  Hauptanstoss  zu  der  durchgreifeDdeil 
Neuordnung   vom   Kloster  Studien   ausging,    wenn  auch   manche  Studitalj 
wenigstens  im  Anfange  des  9.  Jahrhunderts  neben  den  Kanones  auch  nodii 
die  alte  Liedergattung  pflegten.     Durch   eine   umfassende  Untersachnngf 
der  zahllosen  älteren  liturgischen  Handschriften  dürfte  es  vielleicht  gelingai, 
über   den   Ausgangspunkt  und    den  Verlauf   der  Abschaffung   der  altei 
Hymnen  Genaueres  zu  ermitteln.   Zweifellos  liegt  der  Hauptgrund  in  einer] 
tief  einschneidenden  Geschmacksveränderung,  der  in  der  Gesamtgeschichte  der  | 
griechischen  Litteratur  nur  wenig  Analoges  zur  Seite  gestellt  werden  kaiuLi 
Es  war  die  im  9.  Jahrhundert  durch  Photios  und  andere  Gelehrte  vorbereitet»  j 
Wiederbelebung  des  klassischen  Altertums,  die  auf  dieses  der  heidnisctel 
Litteratur  doch  so  fernliegende  Gebiet  eine  ungünstige  Wirkung  äusserte. 
Sobald  das  schulmeisterliche  Geschlecht  der  Byzantiner  von  den  Rarititsj 
der  alten  Sprache  und   den  Schätzen   der  alten  Litteratur  wieder  etm 
mehr  zu  schmecken  bekam,   erschienen  ihm   die  alten  Hymnen  mit  ihwi' 
einfachen,  volkstümlichen  Sprache  und   ihrem   verhältnismässig  einfache!' 
Strophenaufbau  der  Erhabenheit  des  Inhalts  unangemessen;  man  begani 
auf  die   verkünstelten  Lieder  des  Johannes  von  Damaskos  zu   schwören 
und  bewunderte  die  in  ihrem  Aufbau  kompliziertere  und  in  ihrer  Sprad» 
häufig  antikisierende  Liedergattung  der  Kanones.   Zum  Glück  gewann  die 
neue  Geschmacksrichtung  nicht  vollständig   die  Oberhand.     Einzelne  alte 
Werke  retteten  sich  unversehrt  in  die  neuen  Redaktionen  der  liturgischen 
Bücher  hinüber.   Von  den  übrigen  wurden  viele  wenigstens  fragmentarisch 
aufgenommen.      Aus   den   verstümmelten   Akrosticha    erkennen  wir 
Blatt  für  Blatt  die  ungeheueren  Verluste,  welche  der  alte  Bestand  in  den 


•  SirchenpooBie.    A.  OeBohiohie  der  rythmiBcben  Eirohendichtmig.    (§  280)     687 

!iurgischen  Büchern  erlitten  hat.  Die  schönsten  Hymnen  des  Romanos 
urden  bis  auf  zwei  Strophen  beiseite  geworfen.  Wenn  wir  also  aus- 
^hliesslich  auf  diese  späteren  Redaktionen  angewiesen  wären,  so  stünde 
i  mit  unserer  Kenntnis  der  Hymnenpoesie  immerhin  sehr  schlimm.  Wir 
isässen  nur  sehr  wenige  Hymnen  vollständig  und  bei  den  fragmentarisch 
haltenen  blieben  uns  wegen  der  Verstümmelung  der  Akrostichis  die 
erfasser  unbekannt.  Dass  wir  alte  Hymnen  in  grösserer  Zahl  vollständig 
^sitzen  und  häufig  auch  die  Namen  ihrer  Verfasser  kennen,  verdanken 
VC  dem  glücklichen  Umstände,  dass  es  Orte  gab,  wo  man  die  Allein- 
^rrschaft  des  Kanons  nicht  sofort  anerkannte  und  zwei  alte  liturgische 
lieber,  die  ausschliesslich  Hymnen  enthielten,  auch  in  späteren 
ihrhunderten  noch  abschrieb  und  im  Gottesdienste  gebrauchte.  Diese 
iicher  sind  das  Triodion,  das  die  Lieder  für  die  beweglichen  Feste 
ithält,  und  das  Tropologion,  eine  Sammlung  von  Gesängen  für  die 
ibeweglichen  Feste  des  ganzen  Jahres.  Das  Hymnentriodion  wurde, 
ie  schon  oben  angedeutet  ist,  an  den  meisten  Orten  früh  durch  ein 
anonentriodion  ersetzt.  Das  Tropologion  wurde  später  ganz  auf- 
3geben  und  sein  Inhalt  ging,  stark  verstümmelt,  in  die  Typika,  Menäen, 
is  Horologion  und  andere  liturgische  Bücher  über.  Wir  besitzen  aus 
esem  älteren  Stadium  der  Liturgie  und  des  Kirchengesanges  noch  folgende 
andschriften,  welche  teils  das  Tropologion  und  Triodion  zusammen,  teils 
>  eines  dieser  Bücher  gesondert  enthalten: 

1.  Codex  Corsinianus  366,  aus  163  Blättern  bestehend,  um  1050 
eschrieben.  Er  enthält  ein  verkürztes  Tropologion  mit  dem  Triodion; 
as  letztere  ist  durch  Blätterausfall  stark  verstümmelt.*) 

2.  Codex  Taurinensis  B.  IV.  34,  noch  196  Blätter  umfassend, 
n  11.  Jahrhundert  geschrieben.  Verkürztes  Tropologion  mit  einem  Teile 
es  Triodions.*) 

3.  Codex  der  Synodalbibliothek  zu  Moskau  437  (bei  Vladimir 
€2),  328  Blätter  umfassend,  gegen  das  Ende  des  12.  Jahrhunderts  auf 
€m  Athos  geschrieben  und  aus  dem  Kloster  Batopedion  nach  Moskau 
cbracht.  Tropologion  mit  Triodion,  beide  in  stark  verkürzender  Be- 
rbeitung.3) 

4.  und  5.  Codices  Patmiaci  212  und  213,  zusammen,  obschon  eben- 
alls  stark  verstümmelt,  noch  441  Blätter  umfassend,  beide  von  der  gleichen 
land  im  11.  Jahrhundert  geschrieben,  die  reichhaltigsten  der  bis  jetzt 
«kannten  Handschriften;  die  erste  enthält  das  Tropologion,  die  zweite 
as  Triodion.*) 

6.  Codex  Vindobonensis  suppl.  gr.  96  (=  KoUar.  Suppl.  39; 
gl.  Kollar  S.  286—289),  eine  kleine  Quarthandschrift,  173  Blätter,  im  12. 
is   13.   Jahrhundert  wahrscheinlich    in   Grotta-Ferrata   geschrieben.     Er 


')  Beschreibung  von  Pitra,  Analecta 
icra  1  8.  663  ff.  Facsimile  ebenda  nach 
662. 

*)  Facsimile  einer  Seite  bei  Pitra,  a.  a.  0. 
ach  S.  662. 

•)  Kurze  Notiz  von  Pitra  a.  a.  0,  Pro- 


legomena  S.  XIII  f.     Ediert  von  Amphi- 
loohius;  s.  S.  657. 

*)  Kurze  Beschreibung  von  Sakkelion 
bei  Pitra,  a.  a.  0.  S.  676  f.,  und:  TlatfAiaxjj 
ßißXto&ijxri,  Athen  1890  S.  117  f. 


G88  Byzantinische  Lüteratargesohiobte.    IL  Po«tiMlM  Uttorator.  Hi.! 

enthält  ein  verkürztes  Tropologion  mit  Teilen  des  Triodions  und  ist  eiA«l 
verwandt  mit  dem  Corsinianus;  seine  Bedeutung  beruht  namentlich  daäSlgi 
dass  er  eine  grosse  durch  Blätterausfall  entstandene  Lücke  des  Corauiinnlk 
ergänzt.  ftid 

7.  Codex  Messinensis  157,  ein  winziges  Pergamentbändchen,  ISu 
Blätter  umfassend,  wahrscheinlich  am  Ende  des  12.  Jahrhunderts  tffWi 
schrieben;  er  enthält  ein  stark  verkürztes  Tropologion.  I# 

8.  Zwei  (oder  mehrere)  nicht  näher  bekannte  Handschriften  im  Lann-It 
kloster  auf  dem  Athos,  über  die  der  Mönch  Alexander  Lauriotttb 
einige  leider  ganz  unbestimmte  Mitteilungen  gemacht  hat.  V^.  obeiH 
S.  671  und  bes.  Papadopulos  Kerameus,  B.  Z.  2  (1893)  604  f.  If 

9.  Vermutlich  gehören  hieher  auch  die  Codices  Sinaitici  925iM 
10;  926  s.  11;  927  s.  14;  928  s.  14;  die  nach  V.  Oardthausen,  CatalogBli 
codicum  graecorum  Sinaiticorum,  Oxford  1886  S.  197,  Eondakarienf  tdiil|i 
wohl  alte  Tropologion,  bezw.  Triodien  enthalten.  Zur  sicheren  Besti»l| 
mung  sind  die  Angaben  Gardthausens  nicht  ausreichend,  und  meine  B^li 
mühungen,  auf  andere  Weise  Gewissheit  zu  erlangen,  sind  bis  jetzt  Te^lI 
geblich  gewesen.  |] 

Ausser  diesen  Sammlungen,  welche  nur  Hymnen  enthalten,  und  einon 
Einzelblatt  im  Codex  Vaticanus  2008  kommen  zahlreiche  Handschrifta 
in  Betracht,  die  einzelne  Hymnen,  losgelöst  aus  dem  Zusammenhange  dfli 
alten  Tropologions  oder  Triodions,  bewahren.  Am  häufigsten  sind  in  dieser 
Weise  überliefert  der  Akathistos  des  Sergios  und  das  von  Romanos 
verfasste  Lied  beim  Tode  eines  Mönches,  das  sich  im  Totenamtbud 
{'E^o6ia(TTixdv  zMv  fiovaxfov)  behauptete.  Einige  andere  Dichtungen  detL 
Romanos  sind  besonders  in  Grotta-Ferrata  in  den  Menäen  fortgef&hit  Ig 
worden.  Auf  eine  genauere  Beschreibung  dieser  sozusagen  sekundireall 
Überlieferung  muss  verzichtet  werden. 

Wenn  nun  auch  diese  Handschriften  im  wesentlichen  dieselben  Werke  lli 
d.  h.  das  Tropologion  mit  dem  Triodion  enthalten,  so  weichen  sie  dock  le 
in  der  Auswahl  und  Vollständigkeit  der  Hymnen  wie  auch  im  Texte  dtf  f 
allen  oder  mehreren  gemeinsamen  Stücke  erheblich  von  einander  ab.  Ihn 
Vorlagen  stammen  offenbar  aus  einer  Zeit,  in  welcher  für  die  liturgische 
Bücher  noch  keine  stereotype  Liste  geschaffen  war  und  daher  die  AuswaU 
der  Hymnen  durch  persönlichen  Geschmack  oder  Zufall  sich  verschieden 
gestaltete.  So  enthält  der  Corsinianus  vorzüglich  Hymnen  des  Romanos 
und  Theodoros  Studites,  ausserdem  des  Eyriakos,  Domitios,  Elias,  Gregor, 
Orestes.  Im  Taurinensis  ist  am  besten  vertreten  Joseph,  der  Bruder 
des  Theodoros  Studites,  dazu  Georg,  Gabriel,  Stephanos,  Arsenios,  Tarasios 
(der  Patriarch).  Der  Doppelcodex  des  Klosters  zu  Patmos  enthält  vo^ 
nehmlich  Romanos;  ausserdem  sind  durch  einzelne  Lieder  vertreten 
Theodoros  Studites,  Gabriel,  Joseph,  Stephanos,  Abbas,  Johannes,  Leon,  ] 
Paulos,  Joannikios,  Symeon,  Georg.  Dazu  kommen  in  allen  Handschiiften  ' 
sehr  zahlreiche  Adespota,  unter  denen  sich  manche  Fragmente  aus  der 
frühesten  Zeit  der  Hymnographie  bergen  mögen.  Sehr  auffallend  und 
störend  sind  die  zahllosen  starken  Abweichungen  der  Handschriften  in 
der  Textgestaltung.     Es  scheint,   dass  die  meisten  Sänger  oder  Ab- 


Kirohenpoesie.    A.  Oesohichte  der  lyihiiiiBohen  Sirchendicbtitiig.    (§  281)     6g9 

Johreiber  an  den  alten  Liedern  nach  ihrem  privaten  Geschmack  oder  mit 

^"«eatinmiten  Absichten  herumänderten.    Besonders  handgreiflich  wird  diese 

Thatsache,  wenn  man  einige  aus  dem  12.  Jahrhundert  stanmiende  Hand- 

-=-  chriften  von  Grotta-Ferrata,  die  einzelne  Hymnen  des  Romanos  bewahren, 

;;;^nit  der  sonstigen  Überlieferung  vergleicht.    Die  Abweichungen  kommen 

^lier  oft  einer  förmlichen  Umarbeitung  gleich  und  sind  offenbar  das  Werk 

ler  emsigen  Klosterdichter  von  Grotta.-Ferrata,  die  nicht  bloss  wie  Bar- 

~  iholomaeos  u.  a.  selbständige  Lieder  verfassten,  sondern  auch  an  die  ihnen 
Ins  dem  Osten  zugekonmienen  Hymnen  ihre  „bessernde^  Hand  anlegten, 
Innkle  oder  wenigstens  ihnen  unklare  Stellen  aufhellten  und  die  alten 
JWerke  überhaupt  in  ihrer  Weise  modernisierten.  Die  Textkritik  hat  dieser 
Sachlage  gegenüber  einen  schweren  Stand.  In  manchen  Fällen  hilft  aller- 
dings das  Metrum  zur  Auswahl  des  Richtigen;  wenn  aber,  wie  es  oft  vor- 
:o]iunt,  mehrere  oder  alle  Lesarten  in  gleicher  Weise  dem  Versmass  ent- 
sprechen oder  widersprechen,  ist  es  unmöglich,  mit  objektiver  Sicherheit 
^en  ursprünglichen  Wortlaut  herzustellen.  Übrigens  ist  eine  ähnliche 
3*reiheit  der  Redaktion  allerdings  in  späterer  Zeit  auch  in  der  lateinischen 
3B[yinnographie  beobachtet  worden,  i) 

Hieraus  ergibt  sich  auch,  dass  eine  neue  Ausgabe  der  Hymno- 
fraphen,  besonders  des  Romanos,  ein  dringendes  Bedürfnis  ist.  Pitra  hat 
^von  den  genannten  Handschriften  nur  zwei  der  ärmsten,  den  Gorsinianus 
-sind  Taurinensis,  vollständig  verwertet;  aber  selbst  seine  Angaben  über 
^ie  Lesung  des  Taurinensis  sind  von  einer  unglaublichen  Unzuverlässigkeit. 
"^on  der  Moskauer  Handschrift  hatte  er  nur  Proben;  die  zwei  patmi- 
0chen  blieben  ihm  für  seine  Analecta  ganz  unzugänglich;  erst  seine  Gabe 
SEum  Papstjubiläum  (s.  S.  671)  brachte  drei  Hymnen  aus  Patmos  nach  der 
Abschrift  eines  dortigen  Mönches.  Die  Veröffentlichung  der  Moskauer 
"Handschrift  von  Amphilochius  ist  im  vollsten  Sinne  des  Wortes  un- 
1>raiichbar  (vgl.  S.  657).  Für  eine  Ausgabe  des  Romanos,  die  zum 
S^rösseren  Teil  editio  princeps  sein  wird,  mussten  demnach  die  Hand- 
schriften, die  uns  aus  dem  ungeheuren  Schiffbruch  der  alten  Hymnen- 
litteratur  so  wertvolle  Reste  gerettet  haben,  soweit  als  möglich  teils  ab- 
geschrieben, teils  vollständig  neu  verglichen  werden. 

1.  Welche  Bedeutung  das  Tropologion  im  9.  Jahrhundert  hatte,  geht  aus  einem  Briefe 
^es  Theodoros  Studites  hervor,  in  welchem  sich  derselbe  beklagt,  dass  man  ihm  in 
seinem  Gefängnisse  alle  Bücher  und  auch  das  Tropologion  weggenommen  habe.  Pitra, 
Anal.  Sacra  1  Proleg.  S.  8.  Die  Abschaffung  des  Tropologion  hatte  auch  die  verderbliche 
Folge,  dass  bei  der  Reduktion  der  alten  Hymnen  die  Akrostichis  zerstört  wurde  und 
damit  der  Name  vieler  Verfasser  verloren  ging.  —  Eine  Reihe  von  syrischen  Tropo- 
lo^en  beschreibt  W.  Wright,  Catalogue  of  Syriac  Manuscripts  in  the  British  Museum 
1  (1870)  280-289. 

2.  Fragmente  eines  sehr  alten  Gesangbuches,  die  aber  leider  nur  Kanones  enthalten, 
bewahrt  British  Mus.  Addit.  Ms.  26118  s.  9.  Vgl.  Catalogue  of  ancient  mss  in  the 
British  Museum,  Part  I,  Greek,  London  1881  S.  23  ff. 

281.  Bückblick.  Für  die  Erkenntnis  des  wahren  Geistes,  welcher 
in  der  griechischen  Kirche  nach  dem  Ablauf  ihres  Heroenzeitalters  herrschte, 
sind  uns  die  Gesänge  und  Gebete  des  Volkes  ein  treueres  Zeugnis,  als 


0  Vgl.  G.  Monod  in  seinem  Berichte  |  historique  57  (1895)  118  f. 
—    aber  die  Werke  von  Ul.  Chevalier,  Revue  | 

Handbuch  der  klass.  Aliertomawiaseuachan  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aufl.  W 


} 


690  ByzantinLiche  Lüteratargasohiolite.    IL  Po^ÜMlit  ZiÜMmiiif. 

die  mit  allen  Mitteln   der  alten  Philosophie  ausgerüsteten  Strei 
und  die  rhetorisch  abgerundeten,  innerlich  aber  oft  sehr  trockenen 
der  gelehrten  Wortführer  der  Orthodoxie.    Die  innere  Geschichte 
orientalischen  Kirche,   die  uns  jetzt  viel  zu  sehr  im  Lichte  do 
Kämpfe  und  hohler  Schönrederei  erscheint,  erhält  daher  durch  die  reHgih 
Poesie  eine  wichtige  und  notwendige  Ergänzung.  Zur  Würdigung  dersehi 
ist  es  freilich  unerlässlich,  dass  der  Leser  sich  voll  und  ganz  in  die  geistigei 
Zustände  jener  Zeit  hineinversetze.     Wer  an  die  griechischen  Hjmmen 
einem   modernen,   sei  es  nun  vom  romantischen   oder  vom   realistiadai 
Standpunkt  herantritt,  wird  ihnen  niemals  gerecht  werden.   Wie  die  tie&te 
Wurzeln  jeder  Kunst  in  ihrer  eigenen  Zeit  ruhen,  so  geschieht  es  nd 
hier.     Wer  eine  solche  Konzession  ablehnt,  mag  bedenken,  dass  anch  di 
älteste  Profandichtung,  die  homerische,  zu  einem  sehr  grossen  TA 
nur   bei   einem   gründlichen  Eingehen  in  ihre  kulturellen  und   reliptai 
Grundlagen  verständlich  wird.     Wer  den  Dichter  will  verstehei, 
muss  in  Dichters  Lande  gehen,  nicht  bloss  geographisch,  sondern  and 
chronologisch  und  mit  seinem  ganzen  Denken  und  Fühlen.   Als  den  aUg^ 
meinen  Charakter  der  griechischen  Kirchenpoesie  bezeichnet  Jacobi')  gut 
richtig  die  dem  Objektiven  zugewandte  Richtung,  welche  das  Erbe  da 
antiken  Standpunktes  ist  und  auch  der  abendländischen  Dichtung  des  Mittit 
alters  eignet.     Es  ist  dieselbe  Objektivität,   die   auch  in   der  bildend« 
Kunst  des  Altertums  und  des  Mittelalters  bis  kurz  vor  dem  Beginne  der 
Reformationszeit  herrscht.    Auf  eine  hervorragende  Eigentümlichkeit  der 
älteren  Hymnenpoesie,  das  dramatische  Element,  ist  schon  oben  (S.  669  t) 
hingewiesen  worden.   Doch  ist  mit  dieser  allgemeinen  Einsicht  noch  wmiig 
gewonnen.   Für  eine  feinere  Charakteristik,  für  die  Darlegung  der  innoreo 
Entwickelung,   für  die  Unterscheidung  der  Individuen  und  Zeiten  ist  hier 
noch  alles  zu  thun.     Diese  Aufgabe   wird  nicht  mit  Erfolg  gelöst  werdM 
können,  ehe  die  wichtigsten  Vertreter,  besonders  Romanos,  voUständigtf 
ediert  sind. 

1.  Zur  Charakteristik  s.  bes.  Jacobi,  a.  a.  0.,  219  ff.  und  Boavy,  Stades  snr  k 
origines  etc.  —  Ueber  die  Stellung  des  Eirchenhymnus  in  der  Poesie  überhaupt  handd 
Job.  Kayser,  Beiträge  zur  Geschichte  und  Erklärung  der  ältesten  Eirchenhymnen,  2.  Ani, 
Paderborn  1881  S.  1—14. 

2.  Früher  war  allgemein  die  Ansicht  verbreitet,  dass  die  griechischen  Eirchti- 
dichter  an  Reichtum  der  Erzeugnisse  wie  an  poetischem  Talente  den  Lateinern  wA 
nachstehen;  s.  z.  B.  F.  Bahr,  Geschichte  der  römischen  Liter.  4',  Carlsmhe  1872  S.  101 
und  noch  Alzog,  Grundriss  der  Patrologie^,  Freiburg  i.  Br.  1888  8.  542.  Das  moditi 
man  gelten  lassen,  solange  die  griechischen  Lieder  nur  aus  den  verstümmelten  und  schledita 
Drucken  der  rituellen  Bücher  und  aus  Daniels  Thesaurus  bekannt  waren.  Sind  iber 
einmal  die  grossartigen  Vorräte  alter  Werke  vollständig  und  in  lesbarer  Gestalt  ansLiek 
gezogen,  so  wird  man  die  griechische  Produktion  der  lateinischen  an  Unfang  wie  an  innerer 
Kraft  und  Mannigfaltigkeit  zum  wenigsten  an  die  Seite  stellen  dürfen.  Dann  wird  man  viel- 
leicht auch  untersuchen  können,  welcher  von  beiden  Litteraturen  eine  grössere  Gesamt- 
summe von  Originalität  und  poetischem  Werte  zukommt. 

B.  Die  Form  der  rythmischen  Eorchendichtung.  ^ 

282.  Oeschichtliche  Vorbemerkung.  Eino  kurze  Darlegung  der  in 
der  Kirchenpoesie  angewandten  Formen  ist  um  so  notwendiger,  als  dieselbeB 


>)  A.  a.  0.  S.  219. 


1.  Sirobenpoeue.    B.  Die  Form  der  rytlimiMlieii  Xirchendiohtiuig.    (§  282)     691 


[er  in  dem  metrischen  Abriss  des  Handbuchs  der  klassischen  Altertums- 
wißsenschaft,  noch  auch  in  den  grösseren  Lehrbüchern  der  Metrik  erörtert 
lind.  Zum  Verständnis  ist  es  nicht  unwichtig,  zuerst  die  verschiedenen 
TÄwiiffassungen  der  rythmischen  Form  geschichtlich  zu  überblicken.     Die 

^Brkenntnis    der   den   griechischen   Eirchenpoesien    zu    Grunde    liegenden 

-^metrischen  Gesetze  blieb  merkwürdigerweise  den  abendländischen  Gelehrten 
^mehrere  Jahrhunderte  lang  verschlossen,  obschon  sie  bei   den   Griechen 
^m    der  Praxis  nie  verloren  gegangen  war.     Wie   der  bayerische  Jesuit 
^^imon  Wangn  er  eck  9  ausdrücklich  versicherte,  dass  die  unzähligen  Oden 
-der  Menäen  aus  purer  Prosa  beständen,  wie  sein  Ordensgenosse  Gretser 
Schlüsse  kam,   das   einzige  hier  herrschende  Gesetz  sei  die  Willkür, 
entdeckten  auch   noch  spätere  wie  Hippel.  Maracci,   der   sich  mit 
"="  Joseph   dem  Hymnographen  eingehend  beschäftigte,    und    der   Kardinal 
Qnerini,  der  zahlreiche  Hymnen  übersetzte,   nicht  die  Spur  eines  Verses 
in  dieser  rätselhaften  Litteraturgattung.     Die  Deutungsversuehe  des  fran- 
»  sOBischen  Benediktiners  Dom  Toustain  wie  auch  anderer  Gelehrten  schei- 
'terten  vornehmlich  an  der  vorgefassten  Überzeugung,  dass  in  der  Kirchen- 
poesie klassische  Metren  zu  suchen  seien.  ^)  Aber  auch  nach  diesen  tasten- 

-  den  Versuchen,  in  den  griechischen  Kirchenliedern  etwas  wie  Versmass 

*  so  entdecken,  erhielt  sich  die  Ansicht,  dass  die  Form  derselben  Prosa  sei. 
So  edierten  noch  der  gelehrte  L.  Fr.  Tafel  zwei  Kanones  des  Eustathios 

-  und  Joh.  Classen  einen  Kanon  auf  den  Theophanes  Confessor  wie  einen 

*  Prosatext.  ^)    Selbst  nach  dem  Erscheinen  der  Hymnographie  von  Pitra 

*  meinte  P.  Gagarin  noch,  Verse  wie  die  der  Hymnographen  könne  man 
im  offiziellen  Teile  desMoniteur  finden,  und  versicheiiie  sehr  entschieden: 
«Nous  croyons  que  les  hymnographes  grecs  ont  öcrit  en  prose.**)  Das 
mag  als  Schrulle  eines  Ignoranten  gelten;  aber  noch  im  Jahre  1879,  nach- 

-  dem  auch  das  Werk  von  Ghrist-Paranikas  und  die  Analecta  von  Pitra 
vorlagen,  hält  kein  Geringerer  als  Sathas  die  Form  der  Hymnen  für  ein 
unlösbares  Rätsel.-'^)  Selbst  noch  in  den  letzten  Jahren  sind  mehrfach, 
z.  B.  von  L.  Pertsch,«)  E.  Legrand,')  Chr.  Loparev®)  Kanones  ohne 
SQcksicht  auf  den  Versbau  wie  Prosatexte  veröffentlicht  worden.  Die  eben- 
falls verfehlte  alte  Ansicht,  dass  in  der  griechischen  Kirchenpoesie  alkäische, 
sapphische,  pherekrateische  und  andere  antike  Metren  verborgen  seien, 
suchen  manche  Griechen,  in  patriotischem  Klassizismus  befangen,  noch 
lieute  zu  verteidigen.®)    In  Wahrheit  war  die  Antwort  auf  das  vermeint- 


>)  Pietas  Mariana,  Monachii  1647,  Praef. 
8.  82. 

>)  PHra,  Hymnographie  S.  8  ff. 

>)  Enstathu  ^nsoula,  Francof.  1832 
S.  36  f. ;  166  f.  —  Theophanis  chronographia 
ex  rec.  lo.  Classeni  I  8.  XLIII  ff. 

*)  S.  Stevenson,  a.  a.  0.  S.  489. 

*)  laxoftutSy  doxlfiioy  negl  rov  ^satgov 
xai  t^g  fiovcui^s  ttßy  BvCayt,  ceX,  gv'  ^  Ta 
hatXtjaiaffjMa  ravta  ^Cfiota  ^aav  iv  agxfi 

XQ^^  öfjtatg  anaQxaitt^äytog  tov  fihgov  (!), 
lyQatporto  iv  mCf  aw^xBiff,  xal  tos  roiavta 


nsQifjX&oy  i^fily,  ot'&syos  fJtixQ^  rov&s 
dvytjd-^yros  ya  fiayrevan  ro  fjtitqoy  t} 
rSy  naXai6y  ^vd^fidy  avttay,^ 

«)  Blätter  fOr  Hymnologie  1889  Nr.  2—4. 

7)  Revne  des  ^t.  gr.  5  (1892)  420—426. 
Vgl.  B.  Z.  2,  343. 

^)  Blo^  rov  ayiov  xal  dixaiov  Evdoxifiov^ 
Denkmäler  des  alten  Scbrifttoms,  Heft  90, 
Petersburg  1893  S.  24  ff.  Vgl.  B.  Z.  3,  425. 

•)  Z.  B.  Pan.  Gritsanes,  Inxovgrixij 
rijg  xa&*  i^fiäg  yetorigas  iXXtjyixijs  noiijcetjg 
xai  ayunaqd^BOig  tuiy  <rri/«y  tavxrjg  ngSg 
rovs  t^g  cr^/a/a;  /wer«  ax^nx^g  ngoa^xfjg 

44.* 


; 


692  Bysantinische  Litteratiirgesohichte.    IL  Poettsoh«  Utt«imtar. 

liehe   Rätsel  längst  gefunden  worden.     Schon  im  Jahre  1830  hatte  derl^ 
gelehrte  Grieche  Konstantin   Oekonomos  mit  Hilfe   der  Melodie  daj 
Strophenbau  erkannt.  ^)    Allein  seine  Stimme  blieb  unbeachtet.     Dann  ut,  u 
unabhängig  von  Oekonomos,  F.  J.  Mono  durch  seine  ausgebreitete  Eeniit]iii| 
der   mittelalterliehen  lateinischen  Poesie  und  durch  gründliches  Stadiml 
der  griechischen  Liturgiebücher  zuerst  zur  klaren  Einsicht  in  die  F(ffmali 
der  griechischen  Kirchenpoesie  vorgedrungen.   Endlich  hat,  unabhängig  ?ob 
Oekonomos  und  Mone,  der  Kardinal  Pitra  energisch  auf  den  metriacha 
Charakter  der  Hymnen  hingewiesen,  ohne  übrigens  in  der  Erkenntnis  des 
Einzelnen  so  weit  zu  kommen   wie  Mone.     Zuletzt  haben  vor   allem  W. 
Christ  und  W.  Meyer  die  Erkenntnis  der  Melodien  und  des  stückwdm 
Aufbaues  der  Strophen  gefördert. 

Besonders  merkwürdig  erscliien  den  Forschem  der  Umstand,  das 
die  Byzantiner  selbst  die  Hymnen  für  Prosa  zu  halten  schienen.  Snidi» 
und  die  Kommentatoren  der  Kirchenpoesie  sagen  mit  trockenen  Wortea, 
diese  Werke  seien  xaTaXoyddrjv^  ne^rp  X6y((i  geschrieben.*)  Es  wäre  aba 
völlig  verfehlt,  daraus  zu  sehliessen,  dass  den  Byzantinern  die  Kenntnis 
des  metrischen  Baues  der  Hymnen  verloren  gegangen  sei.  Dagegen  spridt 
schon  die  einfache  Thatsache,  dass  zu  allen  Zeiten  und  noch  in  unserao 
Jahrhundert  (s.  S.  679)  neue  Hymnen  ohne  einen  Verstoss  gegen  die  Technik 
gedichtet  wurden.  Was  den  Byzantinern  hier  mangelte,  ist  nicht  die 
Kenntnis  der  Sache,  sondern  nur  der  treffende  Ausdruck  für  dieselbe. 
Der  Grund  davon  liegt  in  den  allgemeinen  Zuständen  von  Schule  und 
Litteratur.  Wie  in  Geschichte,  Grammatik,  Philosophie,  Rhetorik  und  an- 
deren Wissenszweigen,  so  waren  die  Byzantiner  auch  in  der  Metrik  und 
Prosodie  vollständig  in  der  alten  Schultradition  befangen;  infolgedessei 
betrachteten  sie  als  wirklich  metrische  Rede  nur  das,  was  auch  bei 
den  Alten  als  solche  galt,  d.  h.  quantitierende  Dichtung.  Der  Begriff 
Poesie  war  bei  ihnen  infolge  der  gänzlich  auf  dem  Altertum  beruhenden 
Schulerziehung  so  enge  mit  dem  Prinzipe  der  alten  Quantität  verwachsen, 
dass  sie  gar  nicht  auf  den  Gedanken  kamen,  ihn  auch  auf  rythmisch  ge- 
baute Werke  zu  übertragen.  Wenn  sie  daher  die  Hymnen  als  Prosa 
bezeichnen,  so  thun  sie  es  nur  im  Gegensatze  zur  alten  Metrik;  denn 
gleichzeitig  verraten  sie  durch  zahlreiche  Andeutungen,  dass  diese  „Prosa' 
durch  Silbenzahl,  Aceent  und  Reim  bestimmt  ist  und  dass  sie  dieselbe  wohl 
von  der  gewöhnlichen  Prosa  zu  scheiden  wissen.'^)  Hätten  sie  die  Hymn^ 
wirklieh  für  Prosa  angesehen,  so  konnten  sie  ihre  Verfasser  nicht  als 
Meloden,  Sänger  und  Dichter  bezeichnen,  wie  sie  es  wirklich  thaten. 
Für  die  ästhetische  Theorie  des  Byzantiners  war  die  rythmische  Dichtung 
weder  Poesie  noch  Prosa;  sie  war  ihm  eine  zwischen  beiden  in  der  Mitte 
stellende  neue  Erscheinung,  die  in  dem  altüberlieferten  Codex  der  Eunstformen 

nBQi  rov  ^vßf^ov  jijg  i^fietfQttg  iXXfjy.  ixxXrj-  1   Vgl.  W.  Meyer,  a.  a.  0.  S.  364. 

a(«c,    Ey  JXe^aydQHff,  f,  Ttjyiog  1891  S.  152,   I  »)  Vgl.  Stevenson,  a,  a.  0.  S.  491  ff. 


und   6.    Mistriotes,    'EXXrjyixtj   ygauiiato- 
Xoyia  1  (Athen  1894)  728  ff. 

^)  TJbqI  Ttjg  yytjautg  ngotpogag  tijg  'EAAiy- 
^'ix^ff  yXtuaat^g,  Peteraburg  1830  S.  667—669. 


^)  Man  denke  an  ihre  Definitionen  des 
Hirmos  (s.  §  284).  Vgl.  Pitra,  Anal.  S. 
Proleg.  47  ff.;  Stevenson,  a.  a.  0.  495  ff. 


■i^   L  Kirchenpoesie.    B.  Die  Form  der  rythmischen  Kirohendiohtimg.    (§  282)     693 

-^— and  litterarischon  Gattungen   nicht  vorgesehen  war;   daher  sind  ihm  die 

JUWerke  xarctXoyddijV  geschrieben,   ihre  Verfasser  aber   nichtsdestoweniger 
fwoir^rai.   Warum  haben  aber  die  byzantinischen  Metriker  und  Kommen- 

=^tatoren  es  vorsäumt,    die  rythmische  Form   genauer   und  ausdrücklicher 

-«u  erklären?  Auch  das  ist  nicht  schwer  zu  beantworten.   Wie  ihre  Gram- 

Tjmatiker  nur   in  der  Sprache   des  Altertums  wühlten,   das  zeitgenössische 

Idiom   aber  einer  wissenschaftlichen  Behandlung  für  unwürdig  hielten,   so 

-geschah  es  auch  auf  dem  Gebiete  der  Metrik.     Kommentiert  und  erklärt 

.  "Wurde  nur  die  quantitierende  Poesie;  was  über  den  Rahmen  des  He- 
phaestion  hinausging,  also  namentlich   die  gesamte  rythmische  Formen- 

-  lehre  galt  als  selbstverständlich  und  trivial.  Es  vollzog  sich  also  hier  im 
Grunde  genommen  dieselbe  Entwickelung,  die  in  der  Litteratur  und  Kunst 
allenthalben  bemerkt  wird.  Die  anatomische  Zergliederung  der  Werke, 
die  Formulierung  ihrer  Gesetze,  die  historische  Einschachtelung  und  das 
Aufkleben  der  richtigen  Etiketten,  kürz  die  sogenannte  wissenschaft- 
liche Erkenntnis  folgt  —  glücklicherweise  —  meist  erst  geraume  Zeit 
nach  den  Proben  der  genialen  Erfindung  und  lebensvollen  Blüte.  Wäre 
in  Byzanz  nicht  durch  den  politischen  Untergang  alles  litterarische  und 
^wissenschaftliche  Leben  plötzlich  abgebrochen  worden,  so  hätte  die  gelehrte 
Behandlung  der  Rythmenpoesie  wahrscheinlich  dortselbst  ihre  ersten 
Triumphe  gefeiert. 

In  der  That  banden  sich  die  Meloden  in  der  Dichtung  von  Kirchen- 
gesängen nicht  bloss  ganz  streng  an  bestinmite  Normen,  schrieben  also  in 
gebundener,  nicht  in  freier  Rede  (vincta,  non  soluta  oratione),  sie  kehrten 
auch  zur  Kunst  der  altgriechischen  Ljrriker  in  der  Art  zurück,  dass  sie 
noii^xai  in  ^doppeltem  Sinne  wurden,  das  heisst  nicht  bloss  Texte 
i^Ttr^)  nach  bestimmten  metrischen  Schemen  dichteten,  sondern  dazu  auch 
die  Melodien  (ii^^i)  erfanden.  Ja  das  letztere  war  bei  manchen  von 
ihnen  sogar  die  Hauptsache,  wovon  sie  auch  den  Namen  Meloden  {fxeXipdof), 
d.  i.  Sänger  und  Erfinder  von  Melodien,  erhielten.  Wir  selbst  aber  sind 
beim  Studium  der  byzantinischen  Lieder  und  Kirchengesänge  weit  besser 
daran,  als  bei  dem  der  altgriechischen  Meliker  und  Chordichter.  Wir  wissen 
zwar,  dass  Alkman  und  Pindar  ihre  Gedichte  auch  mit  Noten,  nach  denen 
dieselben  gesungen  werden  sollten,  versahen;  auf  uns  sind  aber  nur  die 
Worte,  nicht  die  Melodien  gekommen,  und  für  diesen  Mangel  vermögen 
auch  die  jüngst  in  Delphi  gefundenen  musikalischen  Inschriften  keinen 
genügenden  Ersatz  zu  gewähren.  In  den  Handschriften  der  byzantinischen 
Kirchenlieder  hingegen  sind  uns  im  weitesten  Umfange  auch  noch  die 
Noten  {vsvfAOTa)  der  Melodien  erhalten.  Dieselben  weichen  zwar  von 
dem  altgriechischen  wie  dem  modernen  Notensystem  ab,  indem  sie  immer 
nur  andeuten, '  um  wie  viel  der  folgende  Ton  gegenüber  dem  voraus- 
gehenden hinauf-  oder  herabging ;  sie  sind  aber  in  ihrer  Anlage  vermittelst 
der  theoretischen  Sätze  der  musikalischen  Techniker  der  mittelalterlichen 
und  der  neuen  Zeit  derart  erkannt,  dass  sie  ohne  grosse  Schwierigkeit  in 
unsere  Noten  umgesetzt  werden  können. 

Zur  Geschichte  der  auf  die  Form  der  Kirchenpoesie  gerichteten  Stadien  vgl.  vor 
allem  W.  Meyer,  Pitra,  Mone  und  die  hyzantinische  Strophik,  Sitzungsher.  hayer.  Akad. 
1896  8.  49—66.    Dazu  die  übrige  S.  657  f.  angeführte  Litteratur. 


694 


Idtteratargesoldohie.    IL  PovtiMlia  Lütoimtnr. 


283.  Allgemeine  Erklärung.  Das  Prinzip  der  rythmischen  Poeaill 
ist  die  Silbenzahl  und  der  Accent.  Die  Silben  werden  einfach  gesEilft|l 
ohne  Rücksicht  auf  die  Kürze  oder  Länge.  Der  Hiatus  wird  ohne  SAm 
zugelassen,  und  die  Elision  bleibt  fast  völlig  vemachläsBigt,  eine  EigenUti 
die  mit  der  gedehnten,  die  einzelnen  Wörter  trennenden  Vortragswon 
zusammenhängt.  Der  unterschied  zwischen  Acut  und  Circumflex,  den 
lebendige  Sprache  nicht  mehr  kannte,  bleibt  folgerichtig  unbeachtet 
Gleichheit  des  Accentes  ist  vor  allem  unverletzlich  am  Schlüsse  der  Vena 
Das  Verhältnis  zur  antiken  Poesie  ist  jedoch  keineswegs  so  zu  denbi, 
dass  man  nun  einfach  die  alten  Verse  oder  Strophen  nach  dem  accentoierai- 
den  Prinzipe  wiederholt  hätte.  Die  rythmische  Dichtung  geht  viehnekr 
auch  in  dieser  Beziehung  ihre  eigenen,  von  der  klassischen  Tradition  un- 
abhängigen Wege.  In  ihr  sind  keine  bestinmiten  Füsse  festgehalten 
Durch  den  Mangel  der  Gleichzeiligkeit  unterscheidet  sie  sich  auch  sehr 
wesentlich  von  den  ebenfalls  nach  dem  Accent  gebauten  poli tischet 
Versen,  die  erst  später  auftreten.  Auch  mit  den  gleichzeiUgen  lateini- 
schen und  mit  den  neueren  protestantischen  Kirchenliedern  hat  sie  wenig 
Ähnlichkeit.  „Während  diese  in  sehr  einfachen  Formen  sich  bewegen 
und  an  bestimmte  überlieferte  Versfüsse  und  Zeilenarten  sich  binden,  cdnd 
bei  den  Griechen  alle  Schranken  gefallen.  Selten  sind  einfache  Strophen, 
häufiger  umfangreiche,  die  bis  zu  20  und  mehr  Eurzzeilen  steigen,  von 
denen  wieder  jede  wechselnden  Tonfall  haben  kann,  so  dass  man  diese 
Formen  mit  den  freien  Strophen  der  lyrischen  Dichter  des  12.  und  13.  JaIl^ 
hunderts,  manchen  Opernarien  oder  auch  Goethes  dithyrambenartigen  Dich- 
tungen, wie  jQränzen  der  Menschheit'  oder  ,Der  Strom*  vergleichen  möchte. 
Der  Schöpfer  der  Melodie  wollte  nicht  bestimmte  Füsse  und  Zeilen  wiede^ 
geben,  sondern  er  folgte  frei  dem  musikalischen  Gefühle;  dies  allein  be- 
stimmte den  Tonfall  und  die  Länge  der  Eurzzeilen  und  die  Oruppierong 
dieser  Eurzzeilen  zu  Langzeilen  oder  Absätzen  und  zum  ganzen  Oebäude 
(oixog)  der  Strophe.***)  Zur  Veranschaulichung  diene  das  Prooemion  des 
berühmten  Weihnachtshymnus  des  Romanos,  wobei  die  Eurzzeilen  durch 
einen  *  abgeteilt  sind: 

'H  nag&iyog  :f:  ai^fXBQov  :f;  toi^  vnsQovaioy  tIxtsi, 

Kai  i}  yiy  :f:  ro  am^Xaioy  :f:  t^  angoaUt^  nqoadyH 

^'AyysXoi  :f:  f46rd  noifjiiviav  :):  &o^o\oyovaiv 

Mdyoi  6i  :f:  fiexd  dazeQog  :f;  odomogovaiy 

JC  ijfAtts  yotQ  :j:   iysyyij&fj  :^   naidioy  yioy  :):   6  tiqo  aüoytay  dBog. 

<J    KJ     J.  ^   KJ     Zv>'_l3i5-l_lW     J.     ^    KJ     ±     \J 
±     W-L^jC-r-lV-»     J.     ^   ^  ^    ^    \J     ±     KJ 

Dem  neuen  Metrum  fehlt  weder  Weichheit  noch  Abwechselung  und 
Präzision.  Die  Strophen  schreiten  bald  gemessen  vorwärts,  bald  stürzt 
eine  Flut  kleiner  Versglieder  eilends  dahin,  meist  ist  beides  geschickt  ver- 


*)  W.  Meyer,  a.  a.  0.  328  f.,  dem  auch 
das  Schema  des  Tones  'H  nag&iyog  entnom- 
men  ist      Bezüglich    der   Richtigkeit    der 


Meyerschen  ^hteilnng  der  Kurzzeilen  hleiben 
mir  wie  anderen  noch  Zweifel  übrig.  Vgl. 
H.  Grimme,  a.  a.  0.  S.  88. 


1.  Kirohenpoesie.    B.  Die  Form  der  rythm.  KiroheBdiohtiuig.    (§§  288—285)     595 


Runden.  Die  Abteilung  der  Verse  ist  übrigens  nicht  ganz  willkürlich.  Die 
""Qichter  verstehen  es  sehr  wohl,  wie  man  schon  aus  der  mitgeteilten  Probe 

sehen  kann,  mit  jedem  Verse  eine  kleine  Ruhepause  des  Sinnes  eintreten 
''ea  lassen.     Eine  müssige  Frage  ist  es,   ob  die  quantitierende  oder  die 

'rythmische  Form  den  Vorzug  verdiene.  Es  geht  hier  wie  mit  den 
'sprachlichen  Epochen;  das  Bestehende  hat  recht,  das  Wirkliche  ist  ver- 
^nOnftig,  schön  und  gut.     Nachdem   die  sprachlichen  Voraussetzungen  für 

die  alte  Quantitätspoesie  geschwunden  waren,  war  sie  zu  einem  stumpfen, 
-untauglichen  Instrumente  geworden;  in  der  neuen  Lautatmosphäre  konnte 

nur  noch  accentuierende  Dichtung  gedeihen. 

284.  Hirmos.  In  der  ersten  Zeit  der  rythmischen  Dichtung  schuf  die 
frische  Erfindsamkeit  der  Meloden  eine  unglaubliche  Zahl  neuer  Strophen- 
gebäude und  entsprechender  Melodien.  Das  war  gut  vom  litterarischen 
und  ästhetischen  Standpunkte;  die  Praxis  vermochte  aber  zu  grosse  Mengen 
verschiedenartiger  Melodien  nicht  zu  bewältigen;  das  beste  Gedächtnis 
musste  endlich  irre  werden.  Man  fing  daher  bald  an,  neue  Gesänge 
nach  einem  schon  vorhandenen  populären  Muster  zu  bauen.  Diese  Muster- 
strophe heisst  Hirmos  (sigfiog).  Daher  erteilt  der  seiner  Zeit  nach  unbe- 
kannte Grammatiker  Theodosios^)  folgende  Anleitung:  Olov  idv  %tq  d'äXjß 
noifjaai  xavova^  ngStov  Set  nsXiaai  tov  eiQfiov^  eha  inccyayeXv  %d  xqO" 
naQia^  iaoavXXaßovvta  xal  ofioTovovvta  %^  eiQfKp  xai  %6v  axonov 
dnaaci^ovra.  Die  einzelnen  Troparien  müssen  also  in  Silbenzahl  und  Accent 
das  Schema  der  Musterstrophe  einhalten.  In  den  liturgischen  Büchern 
wird  daher  wie  in  unseren  Kirchen-  und  Studentengesangbüchem,  wo  eine 
neue  Strophenart  beginnt,  mit  dem  Vermerk  n^og  t6  die  Melodie  ange- 
geben z.  B.  JlQog  t6  'En€(pdvrjg,  Die  wichtigsten  Hirmi  wurden  in  einem 
eigenen  Buche,  dem  Hirmologion,  gesammelt,  das  öfter  gedruckt  ist;  ein 
handschriftliches  Hirmologion  enthalten  u.  a.  die  Codd.  Patm.  54  und  55, 
Vindob.  theol.  gr.  285  fol.  264— 304^  Vindob.  suppl.  gr.  100. 

Vgl.  die  S.  374  genannte  Schrift  des  Zooaras  über  die  Namen  xayoJy,  elQf^og, 
t^onÜQioy,  taöij  und  die  S.  375  zitierte  Jjitteratur. 

285.  Hauptformen.  Von  den  verschiedenen  Lieder  formen  der 
rythmischen  Poesie  sind  besonders  zwei  wichtig.  Die  eine  besteht  aus  20, 
30  und  mehr  gleichgebauten  Strophen,  denen  als  Einleitung  eine,  seltener 
zwei,  sehr  selten  drei  kleinere  Strophen  von  verschiedenartigem  Bau  als 
Prooemion  vorangeschickt  werden.  Alle  Strophen  haben  den  gleichen, 
regelmässig  1 — 2  Kurzzeilen  umfassenden  Refrain.  Die  gewöhnliche  Be- 
zeichnung dieser  Art  von  Liedern  ist  xovtoxiv  oder  xoiTcmor;  wir  nennen 
sie  nach  dem  Vorgang  von  W.  Meyer  Hymnen.  Die  einzelnen  Strophen 
heissen  rgondgia^)  oder  auch  01x01.  Zu  dieser  Art  gehören  fast  alle  erhaltenen 
Werke  des  Romanos.  Die  Gesänge  der  anderen  Hauptart,  die  xavoveg^ 
sind  aus  8  oder  9  verschiedenen  Liedern  zusammengesetzt,  von  denen  jedes 


>)  Vgl.  oben  S.  679.  Zur  Erklärung  vgl. 
Pitra,  Anal.  Sacra  1  Proleg.  S.  47.  — 
Christ,  Sitzungsber.  baver.  Akad.  1870, 
II  100  ff.  und  Antbol.  Froleg.  S.  60.  — 
Stevenson,  a.  a.  0.  S.  504.  —  W.  Meyer, 


a.  a.  0.  S.  828.  —  Bouvy,  a.  a.  0.  S.  219  ff.; 
258  ff.;  270  ff.  —  Eawczynski,  a.  a.  0., 
S.  147  f. 

*)  Vgl.  Bonvy,  a.  a.  0.  S.  221  fL 


696  Bysantinische  Litteratnrgesohiohie.    IL  Poetisoli«  Littantar.  I  j.fi 

seinen  besonderen  Bau  hatte  und  ursprünglich  aus  mehr,  später  möstoiliii/r^ 
aus  3  oder  4  Strophen  bestand.')  Die  Neunzahl  der  Lieder  entspridmgc 
offenbar  den  9  Liedern  des  alten  Testaments,  welche  von  den  Chnubn^ 
seit  den  ältesten  Zeiten  gesungen  zu  werden  pflegten.  Die  HauptverMcnfta 
dieser  Ai*t  sind  Andreas  von  Kreta,  Johannes  von  Damaskos  oikae 
Eosmas.  m^'^ 

1.  Koytnxioy  bedeutet  «St&bchen''.    Der  Name  bezeichnete  ursprünglich  die  d«Ui|l|i£^ 
enthaltende,  auf  ein  Stäbchen  d.  h.  einen  rotulus  gewickelte  Pergamentrolle.  EiiittiUii|^ 
uns  erhaltener  liturgischer  Rollen  werden  von  V.  Gardthausen,  Griechische  PaUognfbF^ 
(1879)  S.  59  aufgezählt.    Die  dortselbst  geäussert«  Ansicht,  es  sei  erst  seit  dem  12.11^.^ 
hundert  üblich  geworden,  die  Liturgie  zur  Erhöbung  der  Feierlichkeit  von  einer  BoU«  dk-  Ijn 
zulesen,  scheint  jedoch  unrichtig  zu  sein.    Schon   der  alte  volkstfimliche  Name  «orrianr  I. 
macht  es  wahrscheinlich,  dass  die  Sitte  früher  bestand,  und  in  der  That  haben  wir  litv- 1* 
giscbe  Hss  in  Rollenform  {eiXtjtaQitc)  aus  viel  älterer  Zeit    Z.  B.  besitzt  das  LaaraUoitir  I 
auf  dem  Athos  gegen  50  solcher  Hss,  von  denen  *die  jüngste  aus  dem  10.  Jahrb.  ttanai  I 
Vgl.  A.  E.  Lauriotes,  ^jcxX.  'aX.  13  (1893)  170-172  (B.  Z.  3,  198).    Zur  Erklftrang  te  li 
Wortes  vgl.  Th.  Birt,  Das  antike  Buchwesen  S.  24  f.,  und  J.  Perles,  B.  Z.  2  (1893j57l  |j 
Später  wurde  das  Wort  auch  in  weiterem  Sinne  gebraucht:  Im  Cod.  Paris,  gr.  1143,  S.U,  I 
fol.  1—210,  steht  eine  moralisch-asketische  Anthologie,  deren  Abschnitte  als  «orrcfnc  Vi- ■■ 
zeichnet  sind;  die  xovxaxta  zerfallen  in  xsquxXaia.   Aehnlich  wurde  der  Ausdruck  in  eiscA  l| 
grammatischen  Werke  angewendet;  vgl.  S.  593.  1] 

2.  olxog  erklärt  sich  wahrscheinlich  aus  dem  Hebräischen,  wo  „Haus*  für  Lied  |^  I 
braucht  wird.  Damit  ist  das  italienische  Stanza  (Aufenthalt,  Zimmer,  Strophe)  znvcrl' 
gleichen,  wo  derselbe  Bedeutungsübergang  vorliegt.  Vgl.  F.  Diez,  Wörterbuch  der  nm*|i 
nischen  Sprachen^  S.  307.  —  F.  G.  A.  Mull  ach,  Coniectaneorum  Byzantinorom  libri  dst,!, 
Berlin  1852  S.  16—29  (über  oixog  und  xovxovXkoy),  —  0.  Crusius,  Stesichoros  und  die  I 
epodische  Composition  in  der  griechischen  Lyrik,  Commentationes  philologae  ftkr  Otto  RiV  1' 
heck,  Leipzig  1888  S.  14— 16  (über  oixoq,  xoyxäxioy,  xovxovXXtoy),  —  Fr.  Haussen, ^Philt- 1 
logus,  Supplementb.  5  (1889)  218  Anm.  —  Ueber  eine  falsche  Erklärung  von  oum  1 1 
S.  669.  I 

286.  Refrain.  Am  Schlüsse  der  Strophen  wiederholt  sich  gewöhnlidi 
ein  Refrain  oder  Nachgesang.  Dieser  Teil,  der  vom  ganzen  Volke 
gesungen  wurde,  ist  von  besonderer  Bedeutung,  weil  in  ihm  wahrscheinlich 
der  erste  Keim  des  Kirchenliedes  zu  erkennen  ist.  Eine  bemerkenswerte 
Nachricht  hierüber  findet  sich  in  dem  Buche  des  Philon  Vom  beschau- 
lichen Leben:  Er  schildert  in  demselben  das  Leben  einer  jüdischen  Sekte, 
der  Therapeuten,  deren  Lehre  vornehmlich  auf  asketische  Erhebung 
über  die  Sinnlichkeit  und  reine  Anschauung  Gottes  abzielte,*)  und  be- 
schreibt u.  a.  auch  eine  religiöse  Versammlung  der  Therapeuten.  Zuerst 
singt  ein  einzelner  einen  Hymnus  auf  Gott,  jitf vf'  ov  xal  oi  iikXoi  xaid 
tti^eig  iv  xvtfiiKj)  nQoai]xovTi^  ntivrcov  xatd  TroXkfjv  ijavxiccv  axQotafitvwVy  7iX^]x 
inoxe  rd  äxQoreXsviia  xai  eipvfuvia  ^ieiv  de'oi'  tote  yccQ  i^t^xovtn 
nävteg  te  xal  näaai.  Aus  solchen  Akklamationen  entwickelte  sich  der 
christliche  Kirchengesang  (s.  §  270).  Durch  dieses  geschichtliche  Ver- 
hältnis erklärt  es  sich  auch,  dass  die  Nachgesänge  in  der  älteren  Gattung 
der  Kirchenlieder,  in  den  Hymnen,  regelmässig  erscheinen,  während  sie 
in  den  späteren  Kanone s  seltener  werden. 

Der  technische  Ausdruck   für  den  Refrain  ist  i(pvfiviov   oder  ax^o- 


0    Vgl.    Christ,    SitzuDgsber.   bayer.  richtet  jetzt  am  besten  P.  Wen  dl  and,  Die 

Akad.  1870  II  94  ff.  Therapeuten  und  die  phüonisohe  Schrift  vom 

*)  Vgl.  W.  Meyer,  a.  a.  0.  S.  374  f.  beschaulichen  Leben,   Jahns  Jahrb.  Supple- 

—  Ueber  die  Therapeuten,  die  Eusebios  und  mentb.  22  (1896)  693—772. 

viele  Neuere    für  Christen   hielten,   unter-  ; 


Kirchenpoesie.    B.  Die  Form  der  rythm.  Kirohendlohtang.    (§§  286—287)    697 

'viior;  auch  äxQoatixov,  d.  h.  Spitzvers,  Schlussvers  kommt  in  diesem 

vor.  Eine  sehr  treflfende,  von  Suidas  und  sonst  bezeugte  Benennung 

cfc  araxXüi^svoVj  d.  h.  Reflex-  oder  Gegengesang.    Nichts  anderes  als  der 

~^ofrain  ist  auch  die  viiaxoi],  d.  h.  die  Kesponsion  des  Volkes  (schon  im  Jung- 

rftuenliede  des  Methodios:  vnaxovovai).     Zu   vergleichen  sind   die  in  der 

yzantinischen  Geschichte  oft  erwähnten  Prosphoneme,  womit  das  Volk  den 

.  Iliser  bei  öffentlichen  Gelegenheiten  im  Zirkus,  Hippodrom  und  sonst  zu 

^  npfangen  pflegte.   In  der  alten  Profanpoesie  entspricht  dem  Refrain  der 

(irchendichtung   ganz  deutlich  das  stfvfiviov,  das  auch  iTviiieXtfidinia  oder 

^Tjfiycöi'ryjua  heisst,  z.  B.  in  den  Eumeniden  des  Aeschylos  V.  1036  und 

.040:  eiftpaixeTxs  ih  navia^C^  V.  1044  und  1048:  oXoXv^atc  viv  im  fAoXnaTg, 

j         287.  Akrostichis.   Eine  wichtige  Eigentümlichkeit  der  Eirchenpoesie 
■^at  die  Akrostichis,  d.  h.  die  Einrichtung,   dass  die  Anfangsbuchstaben 


1er  Strophen  oder  auch  der  Verse  nach  einer  bestimmten  Absicht  ver- 
bunden sind.    Das  verknüpfende  Band  besteht  teils  im  Alphabete  {A — U 
—Tider  auch  Si—A),  teils  in  Angaben  über  den  Verfasser  oder  über  den  In- 
-:^halt  des  Gedichtes,  zuweilen  auch  in  selbständigen  Versen.    Am  frühesten 
-«cheint  in  der  Eirchenpoesie  die  äxQotrnxh  ^a^'  aX(fdßrjtov  nachweisbar  ; 
Bie  findet  sich  schon  im  Jungfrauenliede  des  Methodios,  das  aus  24  Stro- 
phen mit  den  Initialen  A — Q  besteht,  in  einem  jambischen  Gedichte  des 
Gregor  von  Nazianz  und  sonst.    Das  berühmteste  Beispiel  der  alpha- 
betischen Akrostichis  ist  der  Akathistos  des  Patriarchen  Sergios.    Auch 
in  den  Eanones  findet  sie  sich.    Sie  hatte  ohne  Zweifel  einen  bemerkens- 
^rerten  Einfluss  auf  den  Umfang  der  Hymnen;   da   nämlich  durch  sie  die 
Strophenzahl  (24)  fest  bestimmt  war,  gewöhnte  man  sich,  auch  ohne  den 
Zwang  der  alphabetischen  Akrostichis  eine  ähnliche  Strophenzahl  (20 — 30) 
einzuhalten.    Im  übrigen  ist  zwischen  den  Hymnen  und  Kanones  ein  be- 
deutender Unterschied  bemerkbar.   Auch  hier  zeigen  nämlich  die  Hymnen 
grössere  Einfachheit;  in  ihnen  wird  nur  der  Anfangsbuchstabe  der  Strophen 
ausgezeichnet  und  die  Akrostichis  enthält  meist  nur  einen  kurzen  Prosa- 
vermerk über  den  Verfasser  oder  den  Gegenstand  des  Gedichtes  z.  B.  Totf 
'^ajwen'ov   ^Pwfiavov  vfxvog^  Älvoq  'P(>)jj.avov   slq   td   yBväd-Xw^    ITfAVog   eig    rov 
'^eoXoyov  '^Pcofiarov,    Tov  raßgtjjX,    Tov  xansivov  2T€(pdvov  u.  s.  w.     In  den 
K^anones  dagegen  besteht  die  Akrostichis  häufig  aus  einem  oder  mehreren 
fersen;  den  Gipfelpunkt  erreicht  die  Künstelei  bei  Johannes  Damaskenos, 
der  die  einzelnen  Verse   durch  ein   ausgedehntes  metrisches  Akrostichon 
verbindet.  Die  durch  130  Verse  hergestellte  Akrostichis  seines  Weihnachts- 
liyinnus  lautet: 

Evenitjg  (uMeaaiy  itpvfAyia  xavta  Xiyaiyei 

via  d^Bov,  uBQonaty  ciWxa  xwxofisvov 
iv  x^oyl  xai  Avoyja  noXvaxova  mj/iaxa  xoüfjiov  ' 

dXX\  aya,  ^tjxiJQag  ^veo  xtovde  novtoy. 

Die  Veranlassung  der  Sitte,  den  Namen  durch  die  Akrostichis  zu  ver- 
raten, ist  nicht  bekannt.  Vielleicht  gehorchten  die  Meloden  hiemit  an- 
fänglich einer  kirchlichen  Vorschrift.  Durch  zwei  Bestimmungen  des 
Konzils  von  Laodikea  war  es  verboten,  unbekannte  Lieder  zu  singen;  die 
l^amensangabe  verlieh  den  Hymnen  also  gewissermassen  die  Signatur  ihrer 


1 


698  Bysaniinisohe  Litteratiirgesoliiolite.    IL  PotfeLMiM  Uttantar.  I  i 

Legitimität,  sie  beugte  dem  Verdacht  häretischen  ürspningB  vor.  Ffir  m^ 
Litteraturgeschichte  ist  die  Sache  von  grosser  Bedeutimg;  denn  m^^ 
300  Meloden  ist  etwa  der  dritte  Teil  nur  durch  die  AnfangsbüchstaWn^'" 
der  Strophen  bekannt.  Freilich  hilft  der  blosse  Name  nicht  immer n*'^'' 
genaueren  Bestimmung,  weil  viele  Homonyma  vorkommen.  BesoiiiailP'^ 
herrscht  unter  den  zahkeichen  Trägem  der  Namen  Theodoros,  Oeorgiot,!^ 
Johannes  eine  schwer  zu  lichtende  Verwirrung.  Leider  ging  dieMf^ 
scheidenheit  der  Dichter  später  oft  so  weit,  dass   sie  ihre  Person  mdi  ^^ 

31 
m  ^ 
im 
Üt 

»I-  i 


irgend  einem  Beiworte  verbargen.  Theodoros  Studites  z.  B.  verrU  siA 
häufig  nur  durch  das  demütige  Akrostichon  Tov  mwxov,  Tov  äamovy  Ti 
TV(pk6vov.  In  einem  Briefe  berichtet  er  uns,  dass  24  Meloden  des  Kloelai 
Studion  während  des  Bildersturmes  ihre  Namen  unter  bestimmten  find- 
staben  des  Alphabets  verhüllten.  Da  sind  wir  freilich  ratloser  ab  & 
Kunsthistoriker  bei  manchem  Monogramm  alter  Maler.  Ganz  vereiiial 
stehen  Akrosticha  mit  polemischem  Charakter  z.  B.  ToTg  fixovimUmn 
oval  (Cod.  Patm.  218,  fol.  15).  i)  Zuweilen  beginnt  die  Akrostichis  sdia 
beim  Prooemion  bzw.  beim  Hirmos,  so  öfter  bei  Romanos  und  Anastask»: 
in  diesem  Falle  ist  der  Hirmos  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  dem  Vtf- 
fasser  des  Gedichtes  selbst  zuzuschreiben,  was  für  die  Zeitbestimmui  |^ 
der  Meloden  und  Gedichte  von  Wichtigkeit  ist.  Im  Cod.  Patm.  212,  fol.  1(1 
findet  sich  vor  einem  kurzen  Liede  mit  der  Akrostichis  Acfuiy  in  wddi 
das  Prooemion  miteingeschlossen  ist,  der  interessante  Vermerk:  ^^1*^ 
äxQoaxix(6a  avv  tov  xovTaxiov  (!)  '^Aa/xa,  d.  h.  das  Gedicht  hat  mit  deal*^' 
Prooemion  die  Akrostichis  Acfia.^)  1^' 

Die  ästhetische  Beurteilung  kann  der  Akrostichis  nur  eine  schrr 
untergeordnete  Bedeutung  zuerkennen.      Während  der  Tonfall,   der  Rem 
und  sonstige  poetische  Mittel  zum  Ohre  dringen,  bemerkt  man  die  Akro-^J^ 
stichis  nur  auf  dem  Papier^)  und  muss  sie  mühsam  zusammenstellen.  Mu 
könnte  zur  Verteidigung  höchstens  anführen,  dass  durch  sie  die  Strophei 
oder  Verse  deutlich  auseinandergehalten  werden;   aber  hiefür  boten  «df 
andere  graphische  Mittel.     Auch  der  angebliche  Vorteil,   dass  durch  die 
Akrostichis  der  unbemerkte  Ausfall  einer  Strophe  oder  eines  Verses  ve^ 
hindert  werde,  vermag  den  künstlerischen  Wert  derselben  nicht  zu  erhöhen 

Über  den  Ursprung  der  Akrostichis  ist  es  schwer,  etwas  gam 
Sicheres  zu  ermitteln.  Wie  es  scheint,  war  sie  bei  den  Orientalen  firSk 
und  allgemein  verbreitet.  Aber  auch  in  der  quantitierenden  Poesie  der 
Griechen  und  Lateiner  finden  sich  schon  in  alter  Zeit  Akrosticha. 
Vielleicht  ist  diese  Künstelei,  in  der  man  ein  Mittel  besass,  poetische  Texte 
einigermassen  vor  Interpolationen  und  Verkürzungen  zu  schützen,  zuerst 
in  der  Orakellitteratur  zur  Anwendung  gekommen.   Wenigstens  scheint 

')  Ueber  andere  Spielarten   der   Akro-   I  ')  Dagegen  spricht  nicht,   dass  in  der 

stichis  B.  Pitra,  Hymnographie  gr.  S.  18  ff.;  Akrostichis  zuweilen  ähnliche  Laote  wie  m, 

Anal.   Sacra    1    Proleg.   S.  77  f.;    Bouvy,  t»,  bi,  «,  17,  «/,  e  verwechselt   werden,  diu 

a.  a.  0.  332  ff.  also  z.  B.  Xdof^sy  statt  stifofisy  steht     D« 

^)  Zur  Bezeichnung  einer  einzelnen  Strophe  sind  orthographische  Willkfirliohkeiten,  die 

oder  des  Prodmions  scheint  xoyrdxioy  sonst  mit  dem  lexikalischen  Prinzip  der  Antistoechk 

nicht  üblich  zu  sein.  (s.  S.  564)  zu  vergleichen  sind. 


.    B.  Die  Form  der  ryihmUiolien  Kirohendichiiuig,    (§  287)     699 


B  älteste  Beispiel  einer  erhaltenen  Akrostichis  in  den  um  dasJahr200 
Chr.  abgefassten  sibyllinischen  Orakeln  vorzuliegen,  welche  uns  in  dem 
■inderbuche  des  Phlegon  von  Tralles  erhalten  sind.^)  Nun  verstehen 
r,  was  Cicero,  De  Divin.  11  54,  111,  von  einem  Orakel  der  Sibylla  sagt: 
Ton  esse  autem  illud  carmen  furentis  cum  ipsum  poema  declarat  (est 
un  magis  artis  et  diligentiae  quam  incitationis  et  motus),  tum  vero  ea 
ee  acrostichis  dicitur,  cum  deinceps  ex  primis  <cuiusque>  versus 
>eris  aliquid  conectitur,  ut  in  quibusdam  Ennianis:  Q.  ENNIYS  FECIT, 

certe  magis  est  attenti  animi  quam   furentis.     Atque  in  Sibyllinis  ex 

xno   versu   cuiusque  sententiae  primis  litteris  illius  sententiae  carmen 

ine  praetexitur. '^ ')    Ein  anderes  altes  Beispiel  ist  die  wohl  in  Ägypten 

S/190  V.  Chr.  verfasste  EvSo^ov  rexvr].    Zwei  interessante  Akrosticha 

3  nachchristlicher  Zeit  haben  zur  Bestimmung  der  Autorschaft  ano- 

mer  Werke  verhelfen;  ein  in  Jamben  abgefasstes  geographisches  Ge- 
:Tit  beginnt  mit  dem  Akrostichon  Jwvvclov  tov  KaXXi(pcivTog,  ein  in  Hexa- 
i-tern  geschriebenes  hat  von  Vers  109  an  das  Akrostichon  'EfAtj  Jiovvaiov 
w^  h'tog  (DaQov  (sc.  iajiv  i^  ßiß^og)  und  von  Vers  518  an  Qeog  ^EQfArjg  inl 
^lavov,^)  Eine  in  Syghyrlik  bei  Eara  Baulo  gefundene  Orakelinschrift 
steht  aus  Trimetern  mit  alphabetischer  Akrostichis  (A — Q).^)  Mit  Vor- 
be  wurde  die  Akrostichis  seit  alter  Zeit  in  der  Epigrammenlitteratur 
pflegt.^)  Bei  den  Römern  hat  Ennius  die  akrostichische  Kunst  aus  der 
>3andrinischen  Poesie  entlehnt  (Q.  ENNIVS  FECIT;  s.  o.).  Ähnlich 
.Tinte  sich  Aurelius  Opilius  etwa  um  100  v.  Chr.  nach  Sueton  (Gram- 
at.  6)  „in  parastichide  libelli  qui  inscribitur  Pinax.^  Eine  Reihe  von 
Tgumenten  plautinischer  Komödien,  die  vielleicht  noch  aus  vor- 
bjistlicher  Zeit  stammen,  enthalten  im  Akrostichon  den  Namen  des  Stückes. 
Ke  Ilias  Latina  (im  1.  Jahrhundert  n.  Chr.)  beginnt  mit  dem  Akrostichon 
talicus  und  schliesst  mit  Scripsit.  Zur  vollen  Herrschaft  gelangte  die 
Jcrostichis  bei  den  christlichen  Dichtern  der  Lateiner  und  Griechen, 
lerst  bei  Commodianus  und  Methodios.  Dass  die  Anwendung  akro- 
ichischer  Künste  auch  in  der  Prosa  nicht  verschmäht  wurde,  beweisen 
hilostorgios,  der  die  Anfänge  seiner  12  Bücher  Kirchengeschichte  mit 
m  12  Buchstaben  seines  Namens  verziert  hat,^)  der  Fürstenspiegel  des 
gapetos  (s.  §  190),  die  Paränese  des  Kaisers  Basilios  (s.  §  191)  und 
ikephoros  Kallistos  Xanthopulos;  die  18  Bücher  seiner  Kirchen- 
»schichte  haben  die  Akrostichis  Nixr^^poQov  Kakkiütov,  und  Nikephoros 
klärt  selbst,  dass  er  die  Akrostichis  angewandt  habe,  um  sein  Werk 
►r  Vermischung  mit  fremden  Schriften  zu  bewahren.')  Auch  in  der  nicht- 
iurgischen  Poesie  der  byzantinischen  Zeit  trifft  man  die  Akrostichis.    Sie 


^)  H.  Diels,  Sibyllinische  Blätter,  Berlin 
90,  wo  S.  111  ff.  auch  der  Text  der  Orakel 
itisch  ediert  ist. 

*)  Es  ist  hier  nicht  der  Ort  auf  die  Er- 
ILruDg  und  Emendation  dieser  angenschein- 
h  verdorbenen  Stelle  näher  einzugehen.  Vgl. 
.  Meyer,  a.  a.  0.  S.  370  und  H.  Diels, 
a.  O.  S.  25  ff. 

»)  Vgl.  Christ,  Griech.  Litt.«  §  380;  448 
d  H.  Diels,  a.  a.  0.  S.  34. 


«)  Ediert  im  GIG  4379  (o);  dann  bei 
Kai  bei,  Epigrammata  Graeoa  Nr.  1040;  end- 
lich nach  neuer  besserer  Lesung  bei  J.  R. 
Sitlington  Sterrett,  The  Wolfe  expedition 
to  Asia  Minor,  Boston  1888  S.  312  ff. 

^)  Belege  bei  H.  Di  eis,  a.  a.  0.  S.  35. 

*)  S.  den  Bericht  des  Photios,  Cod.  40. 

')  Vgl.  den  Artikel  Nicephorus  von  A. 
Ehrhard  im  Freiburger  Kirchenleiukon  9« 
S.  260. 


i 


700  BysantiniBohe  litieratiirgesoliioliie.    IL  Poetiiolie  Uitarttte«. 

erscheint  z.  B.  in  den  zahlreichen  Spielarten  des  erbaulichen  Alphal 

über  welche    im   nächsten   Abschnitt   (§   297  Anm.   3)    gehandelt 

Eine  Steigerung  der  Künstelei  besteht  darin,    dass   man    bei   Stro] 

gedichten  nicht  bloss  den  ersten,  sondern  auch  den  zweiten,  ja  auch 

den  dritten  Vers   mit  dem  treffenden  Buchstaben   beginnen  Üess  (Do 

und  Tripelaki'ostichis).    Endlich  hat  die  Akrostichis  in  die  vulgärg 

chische  Litteratur  Eingang  gefunden;  wir  treffen  sie   in  der  Diät 

Hermoniakos  und  in  den  'Ai.ffdßr]toi  xaxavvxxtxoC  und  iQw%ixo(  (g.  den 

schnitt  ^ Vulgärgriechische  Litteratur**).     Selbst   heute  noch  schdil 

dem  Volksmunde  nicht  fremd  zu  sein.   Ein  in  Andres  während  der  0 

Woche  gesungenes    angebliches    Volkslied  mit  alphabetischer  AkroaÜ 

veröffentlichte  Karystinakis; *)  es  beginnt:  'Aqx'Q  rov»6a(iov,  BaaiXsrgifjgi 

rsvvarai  6  Ägiifrog.     Vgl.  S.  256  f. 

Hauptschriften  zur  Geschichte  der  Akrostichis:  W.  Meyer,  Anfuig  ud 
Sprung  der  latein.  und  griech.  rythmischen  Dichtung  (s.  S.  657  unten)  S.  370  f.  —  H.  Di 
8ibyllinische  Blätter,  Berlin  1890  S.  25—37,  wo  S.  36  Anm.  1  noch  weitere  Litterttv 
einige  von  Tobler  mitgeteilte  romanische  Beispiele  verzeichnet  sind. 

288.  Reim.  Zu  den  Kunstmitteln  der  rythmischen  Poesie  gel 
auch  der  Reim.  In  den  Hymnen  des  Romanos,  im  Akathistos  des  Seil 
und  in  dem  des  Anonymus,  sowie  in  vielen  der  späteren  Hymnen  s| 
er  eine  unbestrittene  Rolle.  Als  Beispiel  folge  eine  Strophe  des 
manos:*) 

Tig  axovaas  :jc   ovx  iyagxtjae 
fj  rig  &B(üQfjcag  :):   ovx  ixQofxaüB 
roy  'itjaovy  :f;   cfoA^  tpiXovfABVoy, 
tov  XgicrSy  :f:  q>&6ytp  ntoXovßsyoyj 
Toy  d-eoy  :):  yytJf^n  xQarovfisyoy  u.  s.  w. 

Zuweilen  bindet  der  Reim  nicht  bloss  die  entsprechenden  Langzeilen, 
dorn  auch  die  Kurzzeilen.  Er  ist  demnach  nur  ein  rhetorisches  Ki 
mittel  und  mit  dem  modernen  Reim  in  gleichzeiligen  Vc 
nicht  auf  gleiche  Stufe  zu  stellen.  In  den  gleichzeiligen  \ 
der  griechischen  Accentpoesie,  also  vor  allem  in  den  politischen  Püni 
silbern  fehlt  er;  hier  wird  er  erst  im  15.  Jahrhundert  aus  der  ; 
nischen  Poesie  eingeführt.*)  Das  Vorbild  dieses  rhetorischen  Reim 
in  der  altgriechischen  Poesie  und  Prosa  zu  suchen.  Schon  bei  H 
und  den  Tragikern,  bei  Piaton,  Isokrates  u.  a.  finden  sich  unver 
bare  Beispiele  beabsichtigter  Assonanzen.  Zur  vollen  Ausbildung  g( 
diese  Eigentümlichkeit  in  der  Kirchenprosa.  Im  Epilog  des  Brief 
Diognetos,  der  wahrscheinlich  im  2.  Jahrhundert  entstanden  ist, 
man  z.  B.:*) 

ily  oq>ig  ovx  ^^f^f^^ 

ovdi    nXayij  avyxQ(OTiC$ta$ 

ovdi  Eva  (p&scQStaty 

aXXd  nag&iyog  marevetai 

xai  a(OT9JQioy  deixyvtai 

Xttl  anofftoXoi  avyerlCoytai, 

xttl  rd  xvqIov  ndax«  nqoiQX^tai,  u.  s.  w. 

•)  yxixltt  1889  N.  693  S.  335.  Doch  kann  »)  W.  Meyer,  a.  a.  0.  355  ff.   V 

das  Lied  wenigstens  in  der  mitgeteilten  Fas-      cobi,  a.  a.  0.  190  ff.  und  Bouvy,  j 

sung  unmöglich  wirklich  volksmftssig   sein.  ,   325  ff. 

»)  Pitra,  Anal.  Sacra  I  S.  92.  1  *)  W.  Meyer,  a.  a.  0.  878. 


1.  Kirchenpoesie.    6.  Die  Form  der  rythm.  Kirohendichtung.    (§§  288—290)    701 

L  einer  Homilie  des  Sophronios  erreicht  die  Assonanz  und  Isokolie  einen 
rad,  dass  man  einen  regelrechten  Hymnus  zu  lesen  glaubt  z.  B.: 

XaiQOt^f  (S  xffQteg  xrjg  inovQuylov  yBvvijtQia, 

X^iQoiSt  tS  X"9"^  ^^^  vnsQXciTTjg  fiaievzQia, 

XaiQoiq,  ia  x^Q^^  ^VS  <t(axf}Qlov  fxrjXQonoXig, 

XaiQoigy  ü}  /of^af  xijg  aSayäxov  naguixiog  u.  8.  w.*) 

on  solchen  Assonanzen  in  der  Prosa  war  kein  grosser  Schritt  zur  An- 
^ndung  des  rhetorischen  Reimes  in  der  Poesie.  Für  die  rythmische 
Lcjhtung  war  derselbe  sehr  wichtig;  denn  bei  ungleichen  Versen,  die  nach 
»jn  Prinzip  der  Silbenzählung  gebaut  sind,  werden  gewisse  Marksteine  der 
^ilen  erforderlich,  damit  die  Gliederung  des  Gedichtes  dem  Gefühle  des 
!>rers  fassbar  wird  und  nicht  alles  ineinander  verfliesst  wie  in  der 
-osa.  *) 

Vgl.  vornehmlich  die  ohen  zitierten  Schriften  von  W.  Meyer  und  E.  Bouvy.  — 
ilser  Assonanzreime  heim  Patriarchen  Proklos  handelt  A.  Eirpiönikov,  Reimprosa  im 

^Jahrhundert,  B.  Z.  1  (1892)  527 — 530.  —  Ueher  ebensolche  im  Fürstenspiegel  des  Aga- 
boB  s.  K.  Prächter,  B.  Z.  2  (1893)  451—460.  —  Ueher  Assonanzen,  Reimver- 
lalingung  u.  s.  w.  in  der  altgriechischen  Poesie  und  Prosa:  J.  Gustaffson,  De  vocum 

poematis  Graecis  consonantia,  Acta  societ.  scientiarum  Fennicae  11  (1880)  295 — 327.  — 
:  ±0  Dingeid  ein,  Gleichklang  und  Reim  in  antiker  Poesie,  Progr.,  Büdingen  1888  S.  10  ff. 
Otto  Dingeldein,  Der  Reim  bei  den  Griechen  und  ROmem,  Leipzig  1892.  —  J.  La 
>che,  Reim  und  Alliteration  in  der  griechischen  Poesie,  Zeitschr.  f.  d.  Österreich.  Gym- 
.aien  35  (1895)  321 — 327.  —  Zur  Geschichte  des  Reims  in  der  lateinischen  Poesie  s.  Ad. 
k>  ert,  Allgemeine  Geschichte  der  Litteratur  des  Mittelalters  im  Abendlande  P  (1889)  250  f. 
ad  sonst  (s.  den  Index  s.  v.).  —  Vgl.  auch  Fr.  Blass,  Hermeneutik  und  Kritik,  Hand- 
ach d.  klass.  Altertumswiss.  1^  (1892)  231—234,  und  die  dortselbst  angeführte  Litteratur. 

289.  Qleichzeilige  rythmische  Gedichte  kommen  nur  selten  und 
Jrst  in  später  Zeit  vor.  Hieher  gehören  das  'QidaQiov  xaTavvxrixov  des 
Kaisers  Leon/)  der  "Vf^vog  ex  nQoaionov  BaaiXeiov  deanotov  des  Patriarchen 
Photios*)  u.  a.  In  dem  Gedichte  des  Leon,  das  aus  189  (bei  Christ  150) 
teilen  zu  je  8  Silben  besteht,  ist  eine  bestinmite  Zeilenart  der  quanti- 
ierenden  Poesie  nachgeahmt.  Auch  in  dem  Gedichte  des  Photios  scheint 
ine  anakreontische  Zeile  die  Grundlage  zu  bilden.  Wenn  diese  kleinen 
JeichzeiUgen  Gedichte  als  private  Versuche  ohne  litterarhistorische  Be- 
eutung  erscheinen,  so  hat  eine  andere  gleichzeilige  Versart  der  accen- 
liierenden  Poesie  im  späteren  Mittelalter  fast  die  ganze  Litteratur  erobert, 
er  sogenannte  politische  Vers.     Über  diesen  s.  S.  650  flf. 

Im  Gegensatz  zu  W.  Meyer  erblickt  U.  Grimme  (in  der  S.  658  zitierten  Schrift 
.  90  f.)  im  Odarion  des  Leon,  dem  Basilioshymnus  des  Photios  und  dem  Gebete  des 
ohannes  von  Damaskos  Nachbildungen  häufig  vorkommender  syrischer  Muster.  Mir 
;heint  das  aus  inneren  Gründen  unwahrscheinlich.  —  Interessant  sind  die  rythmische  n 
nacreontica  von  8  Silben  mit  dem  Accent  auf  der  4.  und  7.  Silbe  in  einem  Gebete  in 
er  Vita  des  hl.  Johannes  von  Damaskos.  E.  Bouvy,  Anacr^ontiques  toniques  dans  la  vie 
e  S.  Jean  Damascene,  B.  Z.  2  (1893)  110  f. 

290.  Sprache.  Die  Stabilität,  welche  die  byzantinische  Schriftsprache 
i\  allgemeinen  charakterisiert,    ist  auch  in  der  Sprache  der  Kirchen- 

ichter  bemerkbar.  Doch  konnten  bei  einer  Gattung,  die  sich  auf  einen 
o  langen  Zeitraum  und  so  zahlreiche  Autoren  verteilt,  sprachliche  und 


')  Bouvy  S.  199;  ebenda  S.  184  ff.  son- 
tige  Beispiele  rythmischer  Prosa.  Beson- 
ers  deutlich  sind  die  Assonanzen  u.  a.  bei 
lulogios.   Migne.  PatroL   gr.  86,  2913  ff. 


>)  Ed.  Matranga,  Anecd.  2,  683  und 
Christ,  Anthologia  S.  48. 

<)  Ed.  Christ,  Anthologia  S.  50.  Vgl. 
seine  Proleg.  S.  28;  89.   Zu  beiden  Gedichten 


)  W.  Meyer,  a.  a.  0.  S.  385.  ;  vgl.  W.  Meyer  S.  316  ff. 


702 


Bysantiniflohe  LiUeraiarg6«oliiohto.    IL  PcMÜsoh«  liiUniiiir. 


Li 


5eii 


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Tag 


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namentlich  stilistische  Differenzen  nicht  ausbleiben.  Wie  in  der  h 
tinischen  Prosa  so  vollzog  sich  auch  hier  bei  aller  Gleichfftrinigkeit 
die  Zeit  und  durch  individuelles  Bemühen  eine  wenn  auch  nicht  selir 
fallende  innere  Entwickelung.  Bis  jetzt  sind  freilich  nur  die  allgemri 
Thatsachen  erkennbar.  Die  allen  Dichtern  gemeinsame  sprachliche 
läge,  die  durch  die  Stoffe  selbst  bedingt  war,  bilden  die  Schriften  des 
und  neuen  Bundes  sowie  die  Kirchenväter.  Im  übrigen  macht  dd 
Dualismus,  der  die  Prosa  beherrscht,  auch  hier  fühlbar;  wir 
scheiden  nämlich  eine  strengere,  schulmässige,  sogar  mit  alten 
formen  aufgeputzte  und  eine  einfachere,  dem  volksmässigen  V« 
näher  stehende  Stilgattung.  Vertreter  der  ersteren  sind  vor  allen 
ältesten  christlichen  Dichter,  welche  auch  in  ihrer  Metrik  mit  wai 
Ausnahmen  der  klassischen  Tradition  folgen,  wie  Clemens  von  Ate*] 
xandria,  Gregor  von  Nazianz,  Synesios  u.  s.  w.  Von  den  Splten' 
gehören  hieher  Sophronios,  Johannes  von  Damaskos,  EosmasiL 
Haupttypus  für  die  zweite  Gattung  ist  Romanos,  der  sich  nicU 
durch  die  grösste  Einfachheit  des  Satzbaues  auszeichnet,  sondern  aadiiill^^' 
der  Formenlehre  und  im  Wörterbuche  eine  Annäherung  an  das  Vbll»||*  ^ 
massige  nicht  scheut.  Bei  ihm  treffen  wir  schon  Analogiebildungen 
x}ccv{jv£(i  für  i>av€Tv,  Spuren  des  vulgärgriechischen  absoluten  Partiripfl  ii|J*^ 
der  häufigen  Konstruktion  des  Neutrum  Singularis  mit  einem  Partizip 
"Oi'va^  z.  B.  craJjita  —  ovra.  Manche  Lizenzen  gestatteten  sich  die  Utr  ^ 
loden  wegen  des  Metrums;  daher  findet  man  orav  und  eav  bald  mit  detl^^ 
Konjunktiv,  bald  mit  dem  Indikativ  verbunden,  den  Vokativ  amtBQ  netal"^^ 
(ftorrJQj  O^vyareQ  neben  ^ryar?;^,  narsQ  neben  nartJQ  u.  s.  w.  Weniger  aatl^ 
fällig  ist  die  häufige  Verbindung  eines  Superlativs  in  der  Masknlinfonlr  ^ 
mit  einem  Substantiv  weiblichen  Geschlechtes  z.  B.  dvawdäarcnov  ^^ofk 
u.  s.  w. ;  denn  Ähnliches  haben  schon  Homer,  Thukydides  und  andere  ah 
Autoren.  ^}  Im  grossen  und  ganzen  bewahren  auch  die  Meloden  des  freienif^ 
Stils  eine  richtige  Mitte;  sie  bleiben  dem  Volke  verständlich,  ohne  etwn 
von  der  dem  erhabenen  Gegenstande  angemessenen  Würde  preiszugebai 
Die  nicht  unbedeutenden  Differenzen  innerhalb  dieser  Gruppe,  insbesondere 
das  sprachliche  Verhältnis  der  Studiten  zu  Romanos  und  den  übrign 
älteren  Meloden,  bedürfen  noch  der  Untersuchung. 

291.  Ursprung  der  rythmischen  Poesie.  Über  die  Herkunft  der 
rythmischen  Form  gab  es  früher  zwei  Hypothesen.  Nach  der  einen  be- 
stand ry  thmische  oder  vielmehr  durch  den  Accent  bestimmte  Dichtung  schon 
in  alter  Zeit  bei  dem  ungebildeten  griechischen  Volke  neben  der  gelehrteren, 
auf  der  Quantität  beruhenden  Poesie.  Da  es  jedoch  an  sicheren  Beweisei 
für  diese  Hypothese  mangelt,^)   hat  sie  wenig  Anhänger  gefunden')  nnl 


0  Belege  bei  Bouvy,  a.  a.  0.  S.  801. 
S.  z.  B.  Thukyd.  ed.  Classen  TU  89.  üeber 
eine  ähnliche  Erscheinung  (das  Schema  Jtoy 
TtoXetjy  aneyytüxoTüjy)  s.  Lob  eck,  Aglao- 
phamus,  Königsberg  1829  S.  216  ff. 

*)  Vgl.  Fr.  Ritschi.  Opuscula  1  (1886) 
288—299,  und  W.  Wagner,  Medieval  Greek 
tcxts,  London  1870  S.  I  ff.     Metrische  Er- 


klärung des  lesbischen  Mühlenliedes,  auf  du 
sich  Ritschi  stützte,  von  U.  v.  Wilam  owiti* 
Möllendorff,  Hermes  25  (1890)  227. 

')  Zu  ihnen  gehOrt  z.  B.  StevensoB, 
a.  a.  0.  S.  520:  «L'accent  qni  seul  agisBtit 
sur  les  masses  et  provoqnait  lea  acclana- 
tions  ou  les  sifflets  des  amphith^fttres,  a  ^t^ 
de  tout  temps  T&me  de  la  po^ie  populaire. 


irolmpoMle.    B.  Dia  Ponn  dar  rrthmkohan  Erdwndiobtnng.    ($  201)    703 


wie  die  ihr  verwandte  Behauptung,  das  Neugriechische  habe  schon 
griechischer  Zeit  im  Volksmunde  bestanden,  ohne  weitere  Erörterung 
2ite  geschoben  werden.  Verlockender  schien  die  zweite  Erklärungs- 
:  Als  die  Unterscheidung  der  kurzen  und  langen  Silben,  d.  h.  der 
jtät,  allmählich  verloren  ging  und  in  der  lebendigen  Sprache  nur  noch 
-ccent  herrschte,  sei  an  Stelle  der  alten  Quantitätspoesie  die  Accent- 
!  getreten,  Dasa  die  genannte  Veränderung  der  Aussprache  viel 
ist  als  die  ersten  Spuren  der  rythmischen  Poesie,  wiSrde  diese  Er- 
ig  nicht  hindern;  denn  von  der  langsamen  Veränderung  der  Aus- 
iie  bis  zu  einer  auf  sie  gestützten  Neuschaffung  einer  poetischen  Form 
n  sehr  weiter  Schritt,  der  keineswegs  sofort  gemacht  werden  musste. 
grössere  Schwierigkeiten  bereitet  eine  andere  Erwägung.  Wäre  die 
lische  Poesie  geraden  Weges  aus  der  quantitierenden  hervorgegangen, 
ire  zu  erwarten,  dass  man  einfach  an  Stelle  der  langen  und  kurzen 
I  die  stark  betonten  und  die  schwach  betonten  gesetzt,  d.  h.  dass 
die  alten  jambischen,  trochäischen  und  anderen  Zeilen  nach  dem  neuen 
ip  des  Accents  nachgebildet  hätte.  Statt  des  alten,  nach  der  Quan- 
gebauten  Trimeters  erwarteten  wir  also  einen  nach  dem  Accent  ge- 
n;  so  lesen  wir  z.  B.  auf  lateinischen  Grabinschriften  nach  dem 
accent  betonte  Nachbildungen  des  quantitierenden  Hexameters  wie: 
Iritis  iacentum  piis  laus  datur  sepulchri.  Allein  merkwürdigerweise 
eses  scheinbar  so  nahe  liegende  Verfahren,  welches  Opitz  fUr  die 
che  Nachbildung  antiker  Strophen  eingeführt  hat,  nicht  eingeschlagen 
in.  Von  einer  Nachbildung  bestimmter  Verszeilen,  ja  auch 
gestimmter  VersfUsse  der  quantitierenden  Metrik  ist  in  der 
mischen  Dichtung  keine  Spur.  Die  zuletzt  noch  von  Deutsch- 
I')  und  einigen  Griechen*)  verteidigte  Anschauung,  die  Rythmen- 
]ng  sei  aus  einer  Nachahmung  altgriechischer  Formen  entstanden, 
spricht  den  Thatsachen  und  ist  völlig  ausgeschlossen.  Eine  wirk- 
Nachbildung  einer  alten  Zeilenart  ist,  von  unbedeutenden  einzelnen 
Lchen  wie  den  Gedichten  des  Leon  und  Photios  abgesehen,  nur  der 
ische  Vers,  der  aber  erst  auftritt,  als  die  rythmische  Poesie  schon 
Blüte  erreicht  hat.  Mithin  wird  auch  die  zweite  Hypothese  vom 
ninge  der  rythmischen  Poesie  durch  die  Thatsachen  widerlegt.*) 
Nachdem  sich  so  die  zwei  Erklärungen,  welche  die  rythmische  Poesie 
n  einheimisches  Erzeugnis  aufiFassten,  als  verfehlt  erwiesen  hatten, 
3  der  Versuch  gemacht,  sie  aus  semitischen  Vorbildern  abzuleiten. 
1,  Stevenson  und  Bouvy  äusserten  diese  Idee  nur  ganz  allgemein 
nit  vorsichtiger  Zurilckhaitung;  Wilhelm  Meyer  hat  sie  mit  grosser 
rsamkeit  methodisch  durchgeführt  und  zu  begründen  versucht:  Von 
emitischen  Christen,  welche  der  Quelle  des  Christentums  näher  standen 


oque  de  Is  däcsdence  litt^raire  de  la 
et  de  Rame,  ce  n'«at  paB  qd  6\emeat 
lU  qui  Borgit ;  loin  de  Ih,  c'est  un  prin- 
tseDtiellemeDt  populaire,  tDUJoure  vital, 
-e  foule  laugt  ein  ps  par  t'ariatocratie  de 
«die  clasBique,  qai  revient  ä  la  Burface 
read  sa  revaache.* 


>)  A.  a.  0.  (b.  8.  657)  29:  KbjtliiDiu 
carmiaa  et  politica  et  byinaica  eodam  mo^ 
ex  imitatione  vetemm  Grflecoram  aata  4 

')  Vgl.  8.  691. 

>)  W.  H ev«!-  S.  315 ;  31S;  8Mi| 
Bonvy  S.  822  B. 


704  Bysantinisohe  Litteratargesoldoliie.    IL  PoetiMho  UtUral«*. 

als  die  Griechen  und  Lateiner,  sei  mit  dem  Christentum  die  rythm 
Dichtungsform  zu  den  lateinischen  und  griechischen  Christen  gewai 
Sicher  erwiesen  sind  bei  den  Semiten  die  alphabetische  Akrosti 
und  der  Reim;  allein  die  Keime  dieser  zwei  Eigentümlichkeiten  der 
mischen  Poesie  finden  sich,  wie  in  §§  287  f.  dargelegt  wurde,  aod 
den  Griechen  und  Lateinern  so  deutlich  vorgebildet,  dass  för  d 
Annahme  einer  Entlehnung  aus  der  Fremde  durchaus  nicht  notwendi 
scheint.  Auch  wenn  die  eine  oder  andere  dieser  Eigentümlichkeit^ 
völliger  Sicherheit  auf  ein  semitisches  Vorbild  zurückgeführt  werden  U 
so  wäre  damit  noch  keineswegs  die  Entlehnung  des  ganzen  Oebi 
der  rythmischen  Dichtung  erwiesen.  Wenn  wir  aber  von  Reim 
Akrostichis  absehen,  so  herrscht  über  die  Grundgesetze  der  hebriif 
und  syrischen  Poesie  unter  den  Orientalisten  der  heftigste  Streit;  sdl 
prinzipiellen  Punkten  gehen  die  Meinungen  noch  weit  auseinander.  *) 
stehen  wir  mithin  auf  einer  sehr  schwankenden  Grundlage;  selbst 
umfassenden  Gelehrsamkeit  W.  Meyers  ist  es  nicht  gelungen,  diei 
ausreichend  zu  befestigen,  und  die  Ausführungen  des  Orientalistei 
Grimme,  der  W.  Meyer  beistimmt  und  im  einzelnen  in  der  Anna 
semitischer  Vorbilder  noch  über  Meyer  hinausgeht,  scheinen  bei  bemfi 
Forschem  auf  Widerspruch  zu  stossen.  Solange  die  Orientalisten 
über  die  Grundfragen  der  hebräisch-syrischen  Metrik  nicht  geeinigt  hal 
kann  eine  Beweisführung,  die  doch  wesentlich  von  der  richtigen  Entsc! 
düng  dieser  Grundfragen  abhängt,  nicht  überzeugen.  Die  Frage  ist  ds 
wohl  noch  als  eine  offene  zu  betrachten. 

Wenig  günstig  für  die  Hypothese  einer  einfachen  Entlehnung 
der  Fremde  ist  die  kaum  zu  leugnende  Thatsache,  dass  in  der  grie 
sehen  Rythmenpoesie  eine  langsame  Entwickelung  von  kleinen 
schwachen  Anfängen  zu  grösster  Kunstfertigkeit  vorliegt.  Wäre  das  Q 
ein  importiertes  Werk,  so  hätten  wir  wohl  das  plötzliche  Auftreten  fen 
Schöpfungen  zu  erwarten,  ähnlich  wie  in  der  römischen  Litteratur  die 
griechischen  Boden  verpflanzten  Gattungen  sofort  im  wesentlichen  s 
schlössen  erscheinen.  Gegen  die  Entlehnung  spricht  ferner  der  sehi 
deutende  Unterschied  zwischen  der  griechischen  und  lat< 
sehen  Kirchendichtung.  Wäre  sie  aus  dem  Orient  eingeführt,  so  I 
sich  wohl  gerade  in  den  frühesten  Proben  derselben  auf  lateinischen] 
griechischem  Boden  eine  grosse  Gleichmässigkeit  erwarten-).  Man 
3war  die  Wirkung  orientalischer  Einflüsse  auf  die  griechische  Kir 
dichtung  nicht  ableugnen  dürfen,  unsicher  bleibt  aber,  in  welcher  W 
in  welcher  Ausdehnung,  ob  auf  direktem  oder  indirektem  'V 
wir  uns  dieselben  wirksam  denken  müssen.  Manche  Eigentümliehkei 
hebräischen  Poesie  wie  der  Parallelismus,  die  kurzen  Satzglieder  kl 
auch  in  der  Septuaginta  nach  und  wirkten  von  hier  auf  die  Kir 
dichtung  der  Griechen;  die  ältesten  Akklamationen  wie  das  Jo^a  ev  ri/i 
u.  s.  w.  stammen  aus  der  Psalmenübersetzung.    Wenn  ferner  die  Ex 


')  Bouvy,  a.  a.  0.  S.  10  ff. 

«)  Dreves,    Götting.   Gel.   Anz.   1886,  1,  291. 


1.  Kirohenpoeaie.    B.  Die  Form  der  rythmischen  Kirohendiohtimg.    (§  291)     705 

.jiner  stark  rythmischen  Prosa  voll  Assonanzen  und  kurzer,  gleich- 
näßsiger  Satzteile  schon  bei  heidnischen  Profanautoren  und  noch  mehr  in 
jer  Septuaginta  und  bei  christlichen  Schriftstellern  zweifellos  ist,  so  muss 
loch  sehr  erwogen  werden,  ob  nicht  hier  der  erste  und  wahre  Aus- 
Sangspunkt  zu  suchen  ist;  die  einzige,  durch  die  Bekanntschaft  mit  der 
intiken  Lyrik  sehr  nahe  gerückte  Idee  der  öfteren,  strophenmässigen 
Wiederholung  des  rythmischen  Prosasatzes  genügte,  um  den  Übergang  zur 
.rythmischen  Poesie  zu  vollziehen,  die  ja  von  den  Griechen  selbst  noch 
m  Mittelalter  nur  als  eine  Abart  von  Prosa  betrachtet  wurde.  Daneben 
cann  immerhin  die  Bekanntschaft  mit  dem  syrisch-hebräischen  Kirchen- 
Gesang  mitgewirkt,  kann  die  Bewegung  beschleunigt  oder  in  ihrer  Richtung 
)eeinflusst  haben.  Als  in  der  lebendigen  Sprache  die  Unterscheidung  der 
Quantität  verloren  gegangen  war,  musste  die  Dichtung  ganz  von  selbst 
3ine  neue  Form  aufsuchen,  wie  die  Pflanze,  der  auf  einer  Seite  Boden 
jnd  Licht  entzogen  wird,  sich  instinktiv  nach  der  andern  Seite  hinwendet 
and  dort  ihren  Lebensbedingungen  nachstrebt.  Für  lebendigen,  herz- 
rrhebenden  Gesang  war  die  quantitierende  Poesie  völlig  unbrauchbar  ge- 
worden; als  natürlicher  Ersatz  bot  sich  zunächst  eine  rythmisch  ausge- 
ildete  Prosa,  die  durch  Verfeinerung  der  Assonanzen  und  durch  die 
T'iederholung  gleicher  Komplexe  sich  zur  rythmischen  Poesie  erhob.') 
CLSS  die  rythmische  Poesie  mit  dem  Christentum  auftrat  und  auch 
»S.ter  auf  die  Kirche  beschränkt  blieb,  kann  für  den  Ursprung  schwer- 
3I1  etwas  beweisen;  denn  es  ist  natürlich,  dass  der  konsequente  und 
koksichtslose  Bruch  mit  der  heidnischen  Tradition  zuerst  von  den  Christen 
ollzogen  wurde,  die  auch  in  anderen  Beziehungen  ohne  Scheu  das  helle- 
Ische  Herkommen  überschritten.  In  den  Dichtungen  der  heidnischen 
kriechen  und  auch  in  den  christlichen  Profanpoesien,  die  nur  auf  gelehrte 
^ung  und  ästhetisches  Vergnügen  abzielten,  behauptete  sich  die  alte 
Ichultradition  der  quantitierenden  Metrik. 

flauptschrift:  W.  Meyer,  Anfang  und  Ursprung  der  lateinischen  und  griechischen 
^^rthmischen  Dichtung ;  dagegen  Dreves,  Deutschmann  und  Kawczynski,  a.  a.  0.  (s.  S.  657  f.). 
'^~  Hubert  Grimme,  Der  2Strophenbau  in  den  Gedichten  Ephräms  des  Syrers.  Mit  einem 
^hange  ttber  den  Zusammenhang  zwischen  syrischer  und  byzantinischer  Hymnenform. 
Collectanea  Friburgensia,  vol.  II,  Freiburg  (Schweiz)  1893  (kommt  zu  dem  Schlüsse,  dasa 
^e  griechische  Rythmik  sowohl  im  Vers-  als  im  Strophenbau  aus  der  syrischen  her- 
vorging). 

')  Bouvy,  a.  a.  0.  S.  19  f.;  273. 


Handbuch  der  klaas.  AttertumswiMenachaft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Anfl,  4^ 


2.  Profanpoesie.  pSiuSQ- 

292.  Vorbemerkung.  Die  Überschrift  dieser  Abteilung  ist  iiIfQen  und 
weitesten  Sinne  zu  verstehen.  Wir  fassen  hier,  wie  schon  oben  (S.  fitWifige  Tel 
angedeutet  ist,  alle  nichtliturgische  Poesie  zusammen,  die  zum  Teil  wiiU  \\'^^ 
liehe  Profanpoesie  ist,  zum  Teil  aber  auch  religiöse  Gegenstände  besn^liQ  Profan 
Das  unterscheidende  Merkmal  ist  also  weniger  der  Stoff  als  die  AbsiclLt.  hiohte 
und  Form.  Während  die  Kirchenpoesie  dem  praktischen  Bedürfiusse dih^z  eefun 
Erbauung  und  Erhebung  dient  und  in  ihrer  Form  ganz  neue  Bahnen  ebh^i^rr  des 
schlägt,  verfolgen  die  Werke  der  zweiten  Abteilung  rein  litterarische  ZweehL  letzte  J 
und  erscheinen  als  mehr  oder  weniger  getreue  Fortbildungen  antikat  vtrbuE 
Gattungen.  Die  wichtigste  Konzession,  welche  die  byzantinische  Pro{Bl|i3.-t  b^wu] 
poesie  dem  Geiste  ihres  Zeitalters  machte,  ist  der  politische  Vers,  dllN<ii.-ijte  , 
nun  mit  den  antiken  Metren  um  die  Herrschaft  streitet.  Bei  der  AnoriK^^  xuli; 
Ordnung  des  ganzen  Abschnittes  erhob  sich  die  Frage,  ob  die  poetischilteic  das  q 
Gattungen,  deren  Charakter  und  Geschichte  oben  (S.  641  ff.)  in  allgem^BaL  J-iiianne 
Zügen  geschildert  worden  ist,  nun  auch  in  der  speziellen  Darstellang  ikl;^^^^^^ 
gesondert  werden  sollen.  So  sehr  die  systematische  Betrachtung  oickBäurische] 
Epos,  Lyiik,  Drama,  lehrhafter  Poesie,  Satire  u.  s.  w.  sich  namentlich  llrftt  fa^t  au; 
ein  Handbuch  zu  empfehlen  scheint,  so  sprechen  doch  bei  der  byzantinisclMiL'  fTit-derh 
Poesie  innere  und  äussere  Gründe,  namentlich  der  eklektische  Charaktelroi  Stud 
der  Dichter  und  der  Mangel  einer  grossen,  deutlichen  Entwickelung  imo-Wi  «jem  1 
halb  der  einzelnen  Arten,  gegen  die  strenge  Durchführung  der  Eidolos^t^ai.ser 
Während  in  der  altgriechischen  Litteratur  die  schöne  Gliederung  tvw^V^  epigi 
Gattungen  auf  der  Thatsache  eines  organischen  Wachstums  be^^V^^^.**  ^ 
müsste  sie  hier  künstlich  erzwungen  werden.  Dadurch  entstünde  im  ^^^?3L ^*x^ 
eine  geschichtlich  unrichtige  Vorstellung  von  dem  Wesen  und  Entn^^^ 
lungsgange  der  byzantinischen  Poesie.  Die  Einsicht  in  ihren  verschn^^^'.jjÄ' 
menen  Grundcharakter  würde  durch  das  willkürlich  erzeugte  Tru^^l^^^Vs^ 
eines  selbständigen  Eigenlebens  der  Arten  gestört.  Nicht  weniger  sc^  ^ö^* V 
sind  die  praktischen  Bedenken  gegen  die  Anwendung  des  eidologisO^^  tf^\ 
Systems.  Einerseits  müssten  die  meisten  Poeten  in  mehrere  StQcke  t  .-^^rii^^ 
rissen  werden,  was  dem  tektonischen  Prinzipe  des  ganzen  Buches  wicr-^^ei^^^* 
spricht,  andererseits  könnten  die  einzelnen  Fächer  doch  nur  sehr  nngleS^^^^iÜ^ 
massig  ausgefüllt  und  abgerundet  werden.  Was  für  einen  Sinn  hJ^^^^deT 
z.  B.  eine  Abteilung  für  dramatische  Dichtung,  die   nahezu  mit 


2.  Profanpoesie.    (§  292)  707 

onymen  Passion  beginnen  und  mit  derselben  wieder  aufhören  müsste? 
lenso  fehlt  es  auf  dem  Gebiete  des  Romans  an  einer  dauernden  und 
eif baren  Entwickelung;  nachdem  die  Gattung  über  ein  halbes  Jahr- 
jsend  brach  gelegen  war,  erscheinen  auf  einmal  vier  Werke,  fast  isoliert 
td  durch  keine  Mittelglieder  mit  ihren  Vorbildern  verbunden.  Am  dank- 
Tsten  wäre  eine  selbständige  Betrachtung  des  spätgriechischen  und 
2antinischen  Epigrammes;  doch  konnte  um  dieser  einen  Art  willen 
SS  allgemeine  Prinzip  nicht  durchbrochen  werden. 

An  einer  zusammenhängenden  Untersuchung  der  gesamten  byzan- 
Jschen  Profanpoesie  fehlt  es  noch.  Daher  konnten  die  Entwickelungs- 
afen,  die  inneren  Zusammenhänge,  die  wechselseitigen  Beziehungen  und 
^  Einflüsse  der  poetischen  Arten  unter  sich  und  der  ProsaUtteratur  nur 
i.ckweise  angedeutet  werden.  Wir  vermochten  auch  hier  beim  besten 
Sllen  und  den  höchsten  Ansprüchen  an  Zeit  und  Kraft  nur  eine  vor- 
ige Uebersicht  zu  geben,  die  zu  weiteren  Forschungen  anregen  mag. 
Was  aus  dem  6.  Jahrhundert,  mit  dem  unsere  Darstellung  beginnt, 
»  Profanpoesien  zu  berichten  ist,  hat  teils  schon  in  der  Litteratur- 
schichte  von  Christ,  teils  in  der  Besprechung  der  Anthologien  (§  304) 
sKtz  gefunden.  Georgios  Pisides,  der  einzige  hervorragende  Profan- 
^liter  des  7.  Jahrhunderts,  hat  ein  Doppelgesicht:  einerseits  ist  er,  als 
wr  letzte  Ausläufer  der  Schule  des  Nonnos,  mit  dem  ausgehenden  Alter- 
m  verbunden,  andrerseits  bildet  er  für  die  Dichter  der  Folgezeit  das 
^ist  bewunderte,  eifrigst  nachgeahmte  Vorbild  und  spielt  dadurch  in  der 
tfichichte  der  byzantinischen  Profanpoesie  eine  bedeutende  Rolle.  Nach 
Bides  folgt  in  der  hellenisierenden  Dichtung  eine  grosse  Lücke,  die  durch 
aige  das  quantitierende  und  das  rythmische  System  verbindende  Gedichte 
&  Johannes  von  Damaskos  nur  notdürftig  ausgefüllt  wird.  Erst  mit  dem 
Jahrhundert  beginnt  in  der  Profanpoesie  wie  in  den  meisten  übrigen 
t^rarischen  Fächern  wieder  eine  regere  Thätigkeit,  die  sich  jedoch  längere 
rit  fast  ausschliesslich  auf  die  Epigranmiatik  beschränkt.  Das  Verdienst 
I-  Wiederbelebung  dieser  poetischen  Gattung  gebührt  dem  Abte  Theo- 
jTOS  Studites  (f  826),  der  sich  den  Pisides  zum  Muster  nahm.  Bald 
c?h  dem  Tode  dieses  heldenmütigen  Verteidigers  der  Bilder  beteiligte 
tM  Kaiser  Theophilos,   allerdings  auf  eine  sehr  merkwürdige  Weise, 

^er  epigrammatischen  Poesie,  indem  er  den  Brüdern  Theophanes  und 
^ophilos  zwölf  von  ihm  selbst  verfasste  Trimeter  auf  die  Stirne  brennen 
i^.    Die  Erzählung  der  näheren  Umstände  dieser  Bestrafung  zeigt,  wenn 

auf  Wahrheit  beruht,  dass  man  zur  Zeit  des  Theophilos,  obschon  da- 
[is  die  litterarische  Renaissance  kaum  begonnen  hatte,  auf  metrische 
rrektheit  grosses  Gewicht  legte.  Der  Kaiser  begleitete  seinen  Befehl 
c3eii  Beamten  mit  den  Worten:  „Und  wenn  die  Verse  nicht  gut  sind, 
tiS^Ümmere  Dich  das  nicht  l*^  Er  wusste  nämlich,  dass  die  zwei  Brüder 
^    gelehrt  und  in  der  poetischen  Formenlehre  genau  bewandert  waren. 

Höfling  erlaubte  sich  den  schlechten  Witz:  „Sie  verdienen  nicht  ein- 
,     dass  die  Verse  gut  seien. ''i)    Unter  Kaiser  Theophilos  und  seinem 


^)  SkylitzesEedrenoa  ed.  Bonn.  2,  114—117.    Zonarai  od.  Büidofff  1^  40B.    Goor- 


708 


BysanünuMshe  Litteratnrgesohichie.    IL  Poetisch«  Idttecmtar. 


Nachfolger  Michael  hat  eine  Dichterin,  die  originelle  Kasia,  sie 
Glück  im  epigrammatischen  und  gnomologischen  Spiele  versucht 
im  Anfange,  teils  um  die  Mitte  und  gegen  das  Ende  des  9.  oder  di 
fang  des  10.  Jahrhunderts  schrieben  Ignatios  der  Diakon,  Iga&tk 
Grammatiker,  Eometas,  Konstantin  der  Sizilier,  Konstantin  der  Bl 
Kaiser  Leon  und  Leon  der  Philosoph  epigrammatische  und  verwandl 
dichte.  Unter  Kaiser  Nikephoros  Phokas  (963—969)  veröffenÜicW 
Diakon  Theodosios  sein  Preisgedicht  auf  die  Einnahme  von  Er^ 
trat  damit  zwar  aus  dem  Kreise  der  Kleindichtung  heraus,  braucht! 
kein  anderes  Vorbild  zu  suchen  als  den  Dichter,  dem  auch  die  Epi 
matiker  folgten,  Georgios  Pisides,  unter  dessen  Werken  sich  ähnliche 
gyrische  Gedichte  befinden.  Weit  höher  steht  ein  anderer  Dichte 
der  zweiten  Hälfte  des  10.  Jahrhimderts,  Johannes  Geometres,  de 
vornehmlich  dem  Epigramm  und  der  poetischen  Beschreibung  du 
Zählung  widmete.  Im  11.  Jahrhundert  haben  Christophoros  von] 
lene  und  Johannes  Mauropus  das  Sinn-  und  Gelegenheitsgedid 
die  Höhe  seiner  Blüte  gebracht.  Vom  Ausgange  des  11.  Jahrhunder 
zum  Ende  der  byzantinischen  Periode  wird  die  Produktion  in  der  P 
poesie  mannigfaltiger  und  reichhaltiger.  Zu  den  Epigranmien  und  Oe 
heitspoesien,  die  unvermindert  fortbestehen,  treten  nun  zahllose, 
tödlich  langweilige  Lehrgedichte,*)  an  denen  namentlich  Michael  F 
Johannes  Tzetzes,  Johannes  Kamateros  und  Manuel  Philes  teil  habe 
grossen  Romane  des  Prodromos,  Manasses,  Niketas  Eugenianos 
Eustathios  Makrembolites,  dieVerschroniken  des  Manasses  und  Ef 
die  erbaulichen  und  moralischen  Gedichte  des  Philippos  Sol 
und  des  Georgios  Lapithes,  allegorische  Dichtungen  wie  das  se 
Werk  des  Meliteniotes,  endlich  sogar  dramatische  Versuche  ir 
Christus  patiens  und  die  Scheindramen  des  Manuel  Philes.  Weit 
aber,  als  die  Poesie  in  der  Komnenen-  und  Palaeologenzeit  an  H 
faltigkeit  und  Umfang  gewann,  verlor  sie  an  innerer  Kraft  und 
Individualität.  Agathias,  Georgios  Pisides,  Theodoros  Stu 
Johannes  Geometres,  Christophoros  von  Mytilen 
Johannes  Mauropus  bleiben  die  Hauptvertreter  der  Profanpoei 
griechischen  Mittelalters.  Bei  den  übrigen  weltlichen  Dichtern 
selbst  eine  nachsichtige  Beurteilung  nur  wenig  nach  Form  und 
Erfreuliches  zu  entdecken.  Mehr  als  auf  anderen  Gebieten  der 
tinischen  Litteratur  muss  man  hier  von  einer  absoluten  ästhetischei 


gios  Monachos  ed.  Muralt  714  f.  Theophanes 
Continuatus  ed.  Bonn.  104—106.  Leon  Gram- 
matikos  ed.  Bonn.  226.  Diese  Chronisten 
(ausser  Leon  Grammatikos)  geben  auch  den 
Text  der  Verse.  Skylitzes  fügt  dazu  noch 
zwei  weitere  epigrammatische  Zeugnisse: 
einen  Brief  der  zwei  „Gezeichneten*^  an  den 
hl.  Methodios  und  die  Antwort  des  Methodios 
(auch  bei  Glykas  ed.  Bonn.  538).  Die  zwölf 
Trimeter  des  Theophilos  sind  auch  separat 
überliefert  z.  B.  im  Cod.  Vindob.  theol. 
gr.  325  (Nessel)  fol.  54. 


0  Ausser  bei  den  Griechen  isi 
wohnheit,  wissenschaftliche  Stoffe  i 
teren  Erlernung  in  Verse  zu  kle 
sonders  bei  den  Indern  seit  alter  ! 
verbreitet.  Sie  existiert  dort  bis 
heutigen  Tag,  nicht  bloss  in  Sanskri 
sondern  auch  in  den  Sanskritschi 
Kollegion,  die  noch  nach  der  alt 
geleitet  werden.  VgL  £.  Clive- 
The  Journal  of  the  royal  Asiatic 
New  Series  14  (1882)  868  f. 


3.  ProfaopoeBie.    (§  293)  709 

:ung  absehen  und  sich  bemühen,  von  einem  relativen,  rein  wissen- 
tiaftlichen  Standpunkt  aus  die  Flucht  der  Erscheinungen  mit  dem  resig- 
3rten,  aber  liebevoll  begierigen  Blicke  des  Philologen,  des  Kulturhisto- 
cers,  des  Völkerpsychologen  zu  begleiten. 

1.  Sammelausgaben:   Die  Sammlangen  der  Epigramme  sind  zu  §  304  notiert. 
Byzantinische  Romane  mit  den  alten  Romanen  edd.  Ph.  Le  Bas  und  Boissonade  in 

s  Erotici  Scriptores,  Paris,  Didot  1856;  wiederholt  1885.  —  Ed.  R.  Horcher,  Erotici 
-iptores,  2  Bde,  Leipzig,  Bibl.  Teubner.  1858—1859.  —  Andere  Sammelausgaben  existieren 
St.  —  Wünschenswert  ist  zunächst  eine  Sammlung  der  Gelegenheitsdichtungen 
ttorischen  Inhalts,  die  eine  gute  Ergänzung  zu  den  übrigen  Geschieh tsquellen  bilden 
^le,  und  eine  Sammlung  der  in  die  Ausgaben  der  Anthologie  nicht  aufgenommenen 
.  igramme. 

2.  Zur  Ueberlieferung:  Eine  Zusammenstellung  der  ziemlich  seltenen  Uss,  die 
sAntinische  Profanpoesien  in  grösserer  Zahl  überliefern,  wäre  in  mancher  Beziehung 
erreich.  Vornehmlich  kommen  gewisse  meist  aus  dem  13.  und  14.  Jahrhundert  stammende 
»fananthologien  mit  vorwiegend  rhetorischem  Charakter  in  Betracht,  die  änsserlich  durch 
»  Grossoktavformat,  das  eigentümliche  filzige  Papier  und  die  schnörkelhafte  Schrift 
^ht  erkennbar  sind.  Zur  Erleichterung  der  Aufgabe  seien  hier  einige  Sammelhss 
^antini scher  Profanpoesien  verzeichnet,  die  ich  mir  gelegentlich  notiert  habe, 
s,  die  nur  Werke  eines  Dichters  enthalten,  z.  B.  die  zahlreichen  Hss  des  Manuel  Philes, 
mben  ausgeschlossen:  Athen.  1040  s.  14;  Athous.  8814  s.  16;  Barber.  246  s.  11 
Akreontische  Sammlung);   Barber.   1   74  (eine  von  Leo   AUatius  veranstaltete  Samm- 

i^  von  Epigrammen);  Barber.  II  61  s.  13;  Barber.  III  29;  Barber.  IV  72; 
.  41.  Barocc.  29  s.  11;  Bodl.  Barocc.  50  s.  11;  Bodl.  Canon.  126  s.  15—16;  Bodl. 

jBcell.  186  s.  12;  Laur.  81,  2;  Laur.  32,  52;  Laur.  Conv.  Soppr.  627  s.  18;  Marc. 
=C  s  14  und  XI  22  s.  14;  Neapel.  III.  A.  6  s.  14;  Paris.  1630  s.  14;  Paris.  1720 
1.5;  Paris,  suppl.  gr.  384  s.  10;  Paris,  suppl.  gr.  690  s.  12;  Vatic.  Pal.  856  s.  14 
tzt  wieder  in  Heidelberg);  Vatic.  Pal.  367  s.  13.  —  Für  die  ueberlieferung  der  Epi- 
ammatik   kommen   auch  zahlreiche  Hss  von  Heiligenleben  und  Homilien   in  Betracht, 

denen  sich  häutig  Epigramme  auf  Apostel,  Heilige  und  Kirchenväter  zerstreut  finden, 
Erdings  meist  nur  bekannte  Stücke.  Einige  Proben  und  Notizen  aus  solchen  Hss  gab  z.  B. 

Sakkelion,   JeXrioy  2  (1885—1889)  584—586,  und  naTfÄiaxij  ßißXio&^xtj,  Athen  1890 

56,  59  f..  79,  93,  121  f.,  128,  156  f.,  159  (Verse  des  Niketas  Paphlagon),  169  f.,  190. 

3.  Von  den  Dichtern  des  6.  Jahrhunderts  werden  die  Epigrammatiker  im  §  304 
«rähnt.  Ausserdem  sei  hier  auf  den  Anakreontiker  Georgios  Grammatikos 
ngewiesen,  der  im  Anfang  des  6.  Jahrhunderts  lebte.  Er  verfasste  in  achtsilbigen 
Dakreonteen  Epithalamien  und  poetische  Meleten  [fjiBXittti).  Sein  Lieblingsthema 
Aden  die  verscniedenen  Rollen,  welche  die  Rose  in  der  alten  Mytiiologie  spielt,  z.  B. 
Vas  sagte  wohl  Ares,  als  Aphrodite  durch  einen  Rosendom  verletzt  wurde?  Was 
agte  wohl  Apollo,  als  er  bei  der  Verfolgung  der  Daphne  durch  Rosendomen  aufgehalten 
mrde?  Was  sagte  Phaedra,  als  sie  den  Hippolytos  mit  Rosen  bekränzt  sah?  VieUeicht 
lehört  ihm  auch  das  mvthologische  Anakreontikon  E/c  rd  BgovfidXia,  das  im  Cod.  Barb. 
A6  dem  Grammatiker  JxoXov&og  (von  H.  Weil  in  KoXov&og  d.  h.  in  den  Namen  des 
ekannten  epischen  Dichters  emendiert)  zugeschrieben  wird.  Die  Gedichte  des  Georg 
1  P.  Matranga,  An.  gr.  2  (1850)  573  ff.,  648  ff.  —  Zum  Teil  wiederholt  von  Th.  Bergk, 
oetae  lyrici  graeci  3  (1867)  1098-1108.  —  Das  Gedicht  des  Georgios  (Koluthos?) 
if  die  Brumalien  ed.  Matranga,  a.  a.  0.  2,  571  f.  Wiederholt  von  Bergk,  a.  a.  0.  3,  1097. 
-  Vgl.  Fr.  Haussen,  Philologus,  Supplementb.  5  (1889)  205  f.  ~  Des  Georgios  Melete 
»er  Apollos  Verfolgung  der  Daphne  steht  im  Cod.  Laur.  82,  52  fol.  124  unter  dem 
amen  Konstantin  des  Siziliers,  der  hier  aber  nicht  Philosoph,  sondern  Grammatikos 
»isst  (vgl.  §  302).  Gegen  diese  Zuteilung  spricht  schon  der  Umstand,  dass  in  derselben 
8  fol.  124^  dem  Konstantin  auch  Verse  an  den  Kaiser  Isaak  Komnenos  zugeschrieben 
arden,  die  ihm  aus  chronologischen  Gründen  nicht  gehören  können. 

293.  Qeorgios  Pisides  (Aw^^/o^  o  IliaiStjg),  nach  seiner  Heimat 
isidien  benannt,  unter  Kaiser  Heraklios  (610 — 641)  Diakon  der  Sophien- 
rehe und  Chartophylax  in  Konstantinopel,  ist  der  beste  Profandichter 
)r  byzantinischen  Zeit.  Seine  Darstellung  ist  einfach  und  verständlich, 
dne  Verse  fliessend  und  von  grosser  Korrektheit.  Auffallend  ist,  dass 
-  auch  für  die  rein  historischen  Gegenstände  ausschliesslich  den  jam- 
: sehen  Trimeter  verwendet.    Nur  in  dem  Gedichte  über  das  mensch- 


710  BysaniiniBohe  Litter aturgeaohichte.    II.  Poetiaoha  Idtteratwr. 

liehe  Leben  hat  er  den  Hexameter  und  zwar  in   der  von  NonnoB 

brauchten  Form  gewählt.    Die  formalen  Vorzüge  des  Pisidiers  blieben  i 

den  späteren  Byzantinern   nicht  verborgen,  und  Psellos   beantwortet 

einem    ausführlichen   Briefe    die    an   ihn    gerichtete   Frage:     TT;    au 

xQshtoVy  6  Eiqimdifi  rj  o  Uiaiärfi;  Dem   Chronisten  Theophanes  di 

er  als  historische  Quelle;  ausserdem  verwerteten  ihn  vor   allem  Sui 

und  Tzetzes.     Die  Oedichte  des  Pisides  behandeln  teils  politische  B 

nisse  seiner  Zeit,    teils  philosophisch-theologische  und   rein    dogmatj 

Gegenstände;  dazu  kommen  Epigramme  und  sonstige  kleinere  Stücke. 

nennen  zuerst  die   drei  historischen  Oedichte:    1.  Über   den  F 

zug  des  Kaisers  Heraklios  gegen  die  Perser:  Eig  tijv  xa%d  n§f 

sxCTQateiav  "^HqaxXsiov  zov  ßaa^Xtioq^  in  drei  Abschnitten  {ßaiQodaeiq)^  i 

Pisides  die  glücklichen  Kämpfe  des  Heraklios  gegen  die  Perser  schi 

(1093  Trimeter).     2.   Ein   Gedicht  über  den  Angriff  der   Avaren 

Konstantinopel   im   Jahre   626  und   die  Abwehrung  desselben    durch 

Hilfe    der   hl.  Jungfrau:   Eig  trjv   yevoiiävriv  itfoSov  twv  ßaQßaQoav  mo 

%iqv   avTwv  äcToxiav  rjroi  ixd'eaig  rov   yevofievov   noXäfiov   slq  ro  tsixi^ 

KoDvatavTivovnoXeoDg  fisra^v  UßaQwv  xai  zm»  noXivcov  (541  Verse).    3. 

raklias:  ^HQaxXiäg  tjtoi  elg  rrjv  zeXefav  nt&aiv  Xocqoov  ßaaiJiäwg  i7c( 

ein  Panegyrikus  auf  des  Kaisers  Heraklios  endgültigen  Sieg  über  Choc 

(471  Verse  in  zwei  Akroasen).     4.  Das  umfangreichste  Werk  des  Pii 

ist  sein  Hexaemeron:  'E^aijfieQov  17  xotrinovQyia,  ein  philosophisch-t 

logisches  Lehrgedicht  über  die  Erschaffung  der  Welt  mit  zahlrei 

Beziehungen  auf  die  Zeitgeschichte.    Der  schon  von  den  Alten  behan 

Vorwurf  (Ovids  Metamorphosen,   Philon  JI^qI  xocfxoTtouag  u.  s.  w.)  l 

ein  Lieblingsthema  der  christlichen  Autoren;  Kommentare  zum  Hexa 

ron  gaben  Basilios  der  Grosse,  Gregor   von   Nyssa,   Epiphanios,  Bii 

von   Constantia  auf  Cypcrn   (4.   Jahrhundert),   Kosmas  Indikopieustc 

seinem    geographischen    Werke    (s.    §    171)    und    viele    andere.       Pi 

schliesst  sich    in   seinen    naturwissenschaftlichen   Erklärungen    vorzü 

an    Aristoteles    an.       Zu    beachten    ist     auch    sein    Verhältnis 

Aelians  Varia  Historia.     Von   dem  Hexaemeron   existiert  auch  eine 

menische  und  eine  i.  J.  1385  von  Dimitri  Zograf   nach  einem  süds 

sehen    Exemplar    abgefasste    slavisch-russische    Übersetzung.     1 

stimmen   mehr  unter  sich   als  mit  unserem   griechischen  Texte   üb< 

(1910,  bei  Horcher  1894  Trimeter).     5.  Auf  die  Eitelkeit  des  Leb 

Etg  Tov  (xccTaiov  ß(ov  (262  Verse),  eine  elegische  Betrachtung  nach 

Muster  des  Ecclesiasten ;    das   Gedicht   ist  dem  Patriarchen   Sergios 

widmet,    auf  dessen  Veranlassung    es   auch   entstanden   zu   sein   sei 

6.  Gegen  den   gottlosen  Severus  von  Antiochia:   Kazd  dvaas 

levTjQov  'AvrioxsCag  (726  Trimeter),  ein  dogmatisches  Lehrgedicht  g 

den  Häretiker  Severus,    der,   anfanglich   Advokat  in  Berytos,    513 

Bischof  erhoben,    536   wegen  seiner   frrlehre   verdanmit  wurde.      7. 

Hymnus  auf  Christi  Auferstehung:   Elg  zrjv  äyiav  tov  Xqicxov 

dvdazaaiVy  um  628  abgefasst.     8.  Ein  im  Anfang  verstünmieltes  Qe 

über  einen  hässlichen  Menschen  namens  Alypios,   das  mit    den  S 

gedichten   des  Psellos  (s.  S.  439  flf.)  zu  vergleichen  ist;  ein  Gtedicht 


8.  ProfanpoeBie.    (§  293)  711 

Itolich  der  Wiedererobening  des  von  den  Persern  geraubten  hl.  Kreuz- 
iolzes   durch  Kaiser  Heraklios   im  Jahre  628  (116  Trimeter);   eine  Be- 
*.;rüB8ung  an  Heraklios,   als  er  im   Jahre  610  den  Tyrannen  Phokas 
UQrzte   und   selbst  den  Thron  bestieg  (89  Trimeter);   ein  Preisgedicht 
*'in    den    Patrikios    und   Statthalter   Bonos    (168   Trimeter).      Diese 
^'janze   Gruppe   von  Gedichten  überliefert  nur   der  herrliche  Cod.  Paris, 
"luppl.  gr.  690.     9.  Ein  durch  Schwung  der  Darstellung  und  Wohlklang  der 
Verse  ausgezeichnetes  Gedicht   Auf  das  menschliche  Leben:    Eig    tov 
'^x^Qoijiivov  ßiov (90 Hexameter).  10.  Zahlreiche  jambische  Epigramme  über 
geistliche  und  profane  Vorwürfe  z.  B.  Johannes  den  Vorläufer,  die  Heiligen 
'Kosmas  und  Damianos  (£eg  tovg  dyt'ovg  draQyvQovg),  Gregor  von  Nazianz,  Gregor 
'Ton  Nyssa,  Basilios,  Panteleemon  u.s.  w.,  Moses,  ein  Christusbild,  ein  Kirchen- 
'  ihor,  die  von  dem  Patriarchen  Sergios  gestiftete  Bibliothek,  ein  vom  Kaiser 
'Heraklios  wiederhergestelltes  Bad,  den   Kaiser  Konstantin  (den  Sohn  des 
-^Heraklios),  die  Podagra  (ein  Lieblingsthema  der  byzantinischen  Epigram- 
matiker!) u.  s.  w.    Das  Epigramm  „An  sich  selbsf*  {Elg  iavtov)  behandelt 
ein  Thema,   das  seit  den  grossen  Dichtungen  des  Gregor  von  Nazianz 
HsQi  Twv  xaip^*  iavTov  in  der  byzantinischen  Epigrammatik  häufig  wieder- 
kehrt.    Dagegen   gehört  der  von  Querci   auf  Grund   einer  unzulänglichen 
Kombination  dem  Pisides  zugeschriebene  "Vfxrog  äxdxhiaTog  nach  dem  Zeug- 
nis der  Handschriften  dem  Patriarchen  Sergios  (s.  S.  671  f.). 

1.  Aasgaben:  Ed.  Querci  in  der  von  Fr.  Foggini  herausgegebenen  Sammlung: 
Opera  Georgii  Pisidae,  Tbeodosii  Diaconi  et  Corippi  Africani  Grammatici,  Romae  1777  (als 
Corporis  historiae  Byzantinae  nova  appendix).  —  Die  drei  historischen  Gedichte  auch  im 
Bonner  Corpus  ed.  von  I.  Bekker,  Bonn  1836.  —  Sftmtliche  Werke  nach  Querci  und 
Bekker  wiederholt  bei  Migne,  Patrol.  gr.  92,  1162—1756.  —  Hexaemeron:  Ed.  pr.  Fr. 
Morel,  Paris  1584.  Damach  öfter  wiederholt.  —  Zuletzt  mit  zahlreichen  Verbesserungen 
ed.  von  R.  Hercher  in:  Claudii  Aeliani  varia  historia,  Lipsiae  1866,  vol.  2,  603 — 662.  — 
Eine  Reihe  neuer  Gedichte  (bes.  die  unter  Nr.  8  und  10  aufgezählten)  ed.  aus  dem  Cod. 
Paris,  suppl.  gr.  690  L.  Stern bach,  Georgii  Pisidae  carmina  inedita,  Wiener  Studien  13 
(1891)  1  —  63;  14  (1892)  51—68.  —  Recht  wünschenswert  wäre  nun  eine  Gesamtausgabe, 
in  welcher  die  frfiher  bekannten  Sachen  und  die  bedeutenden  neuen  Funde  in  gereinigter 
Form  mit  Kommentar  und  guten  Indices  zusammengefasst  würden. 

2.  Uebersetzungen:  Li tteratumach weise  zur  armenischen  Uebersetzung  und 
Vergleichung  derselben  mit  dem  griechischen  und  slavischen  Texte  von  Emilio  Teza, 
DeirEssaeroero  di  Giorgio  Piside  socondo  la  antica  versione  armena.  Rendiconti  della  R. 
accademia  dei  Lincei,  classe  di  scienze  morali,  stör,  e  filol.,  Serie  V.,  vol.  II.,  parte  I. 
(1893)  277—297  (für  den  griechischen  Text  wird  hier  ausser  den  Drucken  auch  der  Cod. 

V 

Marc.  620  beigezogen).  —  Die  slavische  Uebersetzung  od.  J.  Sljapkin,  Das  Hexae- 
meron des  Georgios  Pisides  in  einer  slavisch -russischen  Uebersetzung  vom  J.  1385,  in  den 
»Denkmälern  des  alten  russischen  Schrifttums*  Nr.  32,  Petersburg  1882  (mir  unzugänglich). 

Vgl.  J.  Sljapkin,  Georgios  Pisides  und  sein  Gedicht  über  die  Erschaffung  der  Welt  in 
der  slavisch-russischen  Uebersetzung,  Joum.  Min.  1890  Bd  269  Juni  S.  264-294,  und  die 
Bemerkung  von  V.  Jagiö,  Arch.  slav.  Philol.  11  (1888)  637.  —  Lateinische  Ueber- 
setzung in  der  Ausgabe  von  Migne. 

3.  Hilfsmittel:  Is.  Hilberg,  Epistola  critica  ad  1.  Vahlenum,  Wien  1877  S.  15 
(Zorn  Hexaemeron  V.  158).  —  Th.  Birt,  Das  antike  Buchwesen,  Berlin  1882  S.  304  f. 
(Ober  den  abnormen  Buchumfang  des  Hexaemeron).  —  Zur  Beurteilung:  E.  Bouvy,  Etüde 
sor  les  origines  du  rythme  tonique,  Nimes  1886  S.  164—169.  —  Zur  Metrik  und  Kritik: 
W.  Meyer,  Zur  Geschichte  des  griechischen  und  lateinischen  Hexameters,  Sitzungsber. 
bayer.  Akad.  1884  S.  1019  ff.  —  Is.  Hilberg,  Wiener  Studien  8  (1886)  292-304  und  9 
ilcBl)  207—222.  —  P.  Nikitin,  Bemerkungen  zum  Texte  des  Hexaemeron  des  G.  Pis., 
Joum.  Min.  1888  Bd  255  Januar-  Februar  S.  1—29,  verwertet  für  die  Textkritik  die  slavische 
Uebersetzung  des  Hexaemeron.  —  Leo  Sternbach,  De  Georgio  Pisida  Nonni  seotatore, 
Analeeta  graeco-latina  philologis  Yindobonae  congregatis  obtulerunt  coUegae  CracovitniW 


712  Bysaniinisohe  LitteratiirgeBohiohte.    IL  Poettsdie  Llti«imiar.  I 

et  Leopolitani,  Krakau  1893  S.  38-54.   St.  beweist  hier,  dass  das  Gedicht  Eig  lor  tp||A^}    .. 
myoy  ßioy,  das  £.  Miller  unter  den   Werken  des  Manuel  Phiies  (TI  384—888)  W^■^\ 
gegeben  halt«,   in  der  That  dem  Georgios  Pisides  gehOrt^  zeigt,  daaa  Pisidea  aeuM  Hm|I^ 
nietor  ganz  in  der  Art  des  Nonnos  gebaut  bat,  und  gibt  zum  Schluss  den  kritisch  geaiaW^pifc^l^ 
Text  des  Gedichtes.  —  Uebor  eine  frfther  irrtOmlich  dem  Pisides  zugeschriebene  BeAiiBg|^^ 
den  Märtyrer  Anastasios  s.  S.  190.  jlt 

4.  In  manchen  Hss  z.  B.  den  Godd.  Paris.  2893  s.  16  und  Paris.  Bibl.  MaiariiiH^^^"' 
s.  16  geht  das  Hexaemeron   des  Pisides  fälschlich  unter   dem  Namen  des  Kyrillat  TiMBüSa 
Alexandrien,  und  unter  diesem  Namen  ist  das  Werk  zu  Rom  1590    auch  henuagepliil j|^ s^ 
worden  (nach  Ign.  Hardt,  Gatalogus  codd.  mss  bibl.  regiae  Bavar.  2,  252;  mir  ist  d|  i.. 
Ausgabe  unzugänglich).  |(^^ 

294.  Theodosios  der  Qrammatiker,  ein  gänzlich  unbekannter  Hunl 

der  sicher  weder  mit  dem  alten  Grammatiker  dieses  Namens  noch  vär 
Theodosios  Diakonos,  dem  Autor  der  Akroasen  über  die  Einnahme  Kreliu^ 
etwas  zu  thun  hat,  vielleicht  aber  mit  dem  §  277  und  284  erwähnten  ErUtel^ 
der  Kirchenpoesie  identisch  ist,  verfasste  ein  Gedicht  (in  80  Trimetem)  ÖWf^ 
eine  ihm  offenbar  zeitgenössische  Belagerung  Konstantinopels  darct|^ 
die  Araber.  Überschrift  und  Anfang  lauten  in  der  einzigen  bis  jetzt  b»|^ 
kannten  Handschrift,  dem  Cod.  Bodl.  Miscell.  142  (fol.  79'— Sl'^),  m*U 
Verbesserung  der  offenkundigen  Fehler:  OeoSoaiov  toi  yqafifiatixov  cm|ii_ 
SC  iafiß(ov  €ig  rd  dqaßixd  nkola^  otav  eiXov  avta  ol  XQiaTittvoi  it*  t§  KmtM^ 
atavxivoxmoXsi  ßaaiXevorrog  'HQaxleiov  rov  v}'€oa€ßovg.  Ol  rdv  /M*yan«il^ 
^avfititoDv  toi  isanoTov  etc.  Allein  der  Name  des  Heraklios  berakt,!*' 
wie  Lampros  dargethan  hat,  höchst  wahrscheinlich  auf  einem  Irrtum;  dMl^ 
Oedicht  bezieht  sich  vielmehr  auf  die  zweite  Belagerung  Konstanti-I^' 
nopels  durch  die  Araber  im  Jahre  717  unter  Kaiser  Leon  deil  ^: 
Isaurier.  Dazu  stimmt  auch  der  Bau  der  Trimeter,  die  schon  dordhlt^j 
wegs  auf  der  vorletzten  Silbe  betont  sind.  ■c:^" 

1.  Ed.  pr.  Sp.   P.   Lampros,  'latoQixd  McXettjfÄttTttf  Athen  1884   S.  129— HL  -  Ms  j^. 
Ebenda   S.  141—144  ed.   Lampros  aus  dem   Cod.   Vindob.   hist.   gr.  45   (Nessel)  MI^.' 
214—215,  eine  Prosaerzählune,  die  sich  auf  dieselbe  Belagerung  Kpels  bezieht.    Titei  ^M^ 
Anfang  derselben  lauten:  IUqi  rrjg  iXcvaetag  xai  dnoaigoff^g  rcSy  a&itay  'j4ya^^ytiy  ÖJi^f -^7    , 
Tijjy  xatd  xiji  ^eotpvXdxrov  KnoXetog.    !bV  agxB  ^V^  ßaaiXeiag  Aioytog  tov  'laav^ov  rcpitl?,^: 
Koymog.     Vgl.  §  273  Anm.  1  B.  h^r.* 

2.  Helias  Synkellos  aus  Jerusalem,  der  nach  der  ansprechenden  Vermutim^i«V4^\^^ 
W.  Stndemund  im  8.  Jahrh.  lebte,  verfasste  ein  erbauliches  Anakreontikon  ('^vcex^vuivV^ 
xatayvxTixoy)  und  ein  Klagegedicht  an  sich  selbst  (9Qt^yt]xix6y  etg  kavioy),  beide  in  vierxcSBi^V^^ ' 
Strophen  mit  alphabetischer  Akrosticbis.    Ed.  P.  Matranga,   An.  gr.  2  (1850)  641    -^^^if*^ 

-  Vgl.  Fr.  Haussen,  Philologus,  Supplementb.  5  (1889)  203.  > 

295.  Theodoros  Studites,  der  strenge  Asket,  der  mutige  Verte —  ^^  ^ 
der  Bilder  und  der  kirchlichen  Freiheit,  der  unermüdliche  Ermahnet  ^^  ^ 
Belehrer  seiner  Mitbrüder,  ist  nach  seiner  persönlichen,  litterarischeiC*  ■ 
kirchenpolitischen  Bedeutung  schon  von  Ehrhard  im  Abschnitte  über 
logie  S.  147 — 151  ausführlich  gewürdigt  worden.  Er  verdient  aber  ^  ^ 
in  der  Geschichte  der  byzantinischen  Poesie  eine  aufmerksame  BetriT^^T! 
tung.  Die  Lücke,  die  in  der  byzantinischen  Epigrammatik  zwiscf^^ 
Georgios  Pisides  und  den  Dichtern  des  10.  Jahrhunderts  klafft,  wird  l  ^^^ 
nur  durch  Theodoros  Studites  ausgefüllt.  Er  bildet  aber  nicht  bloss  eiit^^ 
Lückenbüsser;  ihm  gebührt  vornehmlich  das  Verdienst,  die  in  der  dunk^^ 
Zeit  von  der  Mitte  des  7.  bis  zum  Ende  des  8.  Jahrhunderts  in  Vergess»^^ 
heit  geratene  Kunst  der  Epigrammatik  wieder  ins  Leben  gerufen  ^^^ 
durch  geschickte  Anwendung  auf  aktuelle  Gegenstände  wieder  lebensfiLl^ 


^^* 


2.  ProfanpoeBie.    (§§  294—295) 


acht  zu  haben.     Die  Sinngedichte  des  Studites,  von  deren  Beliebt 

jetzt  die  grosse  Zahl  alter  Handschriften  ein  klares  Zeugnis  ab' 

lien  zweifellos  das  Verständnis  för  diese  der  griechischen  Geistesart 

lüde,  aber  immerhin  etwas  aristokratische  Litteraturgattung  in  weit 

isen  verbreitet  und  die  hohe  Blüte  der  Epigrammatik  im  10. — 12.  J 

,^^imdert  wirksamst  vorbereitet.     Wie  in  den  Briefen  des  Studites  so  2 

}eh  auch  in  seinen  Epigrammen  Energie  und  Erfindsamkeit  des  Oeii 

iehte  Humanität  und  innige  Oottesliebe. 

Theodor  hatte  den  glücklichen  Oedanken  das  Klosterleben  in  ei 

;e   von  Sinngedichten  zu  beschreiben   und  zu   verherrlichen.     \^ 

die  Wahl   dieses  Vorwurfes  verstehen  will,   so  muss   man  sich 

heuere   kulturhistorische    und    soziale   Bedeutung   vergegenwärti 

iBMlche  im  byzantinischen  Reiche  und   besonders  im  9.  Jahrhundert 

lapOBter  besass.     Theodoros  berücksichtigt  sowohl  die  allgemeinen  Vor 

'"'^  ingen  des  Lebens  der  Weltüberwindung  und  Abgeschiedenheit  als  1 

einzelnen  Amter,   Einrichtungen  und  Wirkungsgebiete   des  Klos 

ir  finden   in  der  Sammlung  einen  freundlichen  Willkommgruss  an 

"Hlio  der  Welt  entsagen  wollen;  dann  gedankenreiche  Sinngedichte  auf 

lAbt,   die  Untergebenen,   den  Chorregenten,   den  Kirchenordner,   den 

t|ralter,  den  Proviantmeister,  den  Zubereiter  des  Frühstückes  und  den  K 

^jffie  Schneider  und  Schuhmacher,  die  Krankenwäi-ter  und  die  Kranken, 

^s^Aufwecker,  den  Thorwächter,  den  Bruder,  der  zur  Seelsorge  fortgeht, 

^den,   der   von  ihr  zurückkehrt,   endlich   auf  die,   so  am  Kloster  vorü 

gehen,  auf  den  Wanderer,  der  im  Kloster  einkehrt,  auf  das  Schlafgem 

tnf  die  Fremdenherberge  des  Klosters  u.  s.  w.   Bei  der  übermässigen  B 

ichaft,  welche  in   der  byzantinischen  Litteratur  die  leere  klingende  1 

4orik  und  die  ängstliche  Imitation  fremder  Geisteserzeugnisse  besitzt, 

\^\at  die  Gediegenheit  des  Inhaltes  und   die  kühne  Selbständigkeit 

J  Jorm  in   dieser  Sammlung   doppelt  erfreulich.     Was  Theodoros  über 

^nannten  Vorwürfe   sagt,   beruht  einfach   auf  seiner  eigenen  reifli< 

£r&hrung,   seiner  feinen  sittlichen  Individualität  und  seiner  warmen 

^^^,,_ .Meisterung  für  die  innerliche  und  äusserliche  Hebung   des  Klosterweg 

,  ,.'-_---  /^^  mahnt  die  Brüder  mit  heiligem  Ernste  zur  Gottesfurcht  und  Bei 
^^  r;^  6*^iie,  er  warnt  sie  mit  väterlicher  Fürsorge  vor  den  Gefahren  der  \ 
^<£5  ^^'  scheut  aber  auch  vor  der  Erteilung  praktischer  Regeln  und  h 
/v^j.      ^^c;l^ ener  Vorschriften  nicht  zurück.     So  erinnert  er  die  Schuhmacher 

daran,   dass  sie  das  Handwerk   des  hl.  Paulus  betreiben  und  sei 
nacheifernd  echte  Arbeiter  Christi  werden  sollen;  dann  aber  m; 
:i«,   nicht  aus  Bequemlichkeit  noch  brauchbares  Material  wegzuw€ 
unvorteilhaft  zuzuschneiden. 

Zu  diesen  Klosterepigrammen,   in   denen  Theodoros  völlig  neu 

Kiell  ist,  kommen  einige  Gruppen  von  Gedichten,   für  die  er  scho 

Slteren  Litteratur,  besonders  bei  Georgios  Pisides,  Vorbilder  und 

finden   konnte.     In   einer  Reihe   von  Epigrammen  feiert  er 

l^igen  Bilder,   öfter  mit  polemischer  Beziehung  auf  den  Bilderst 

dem  er  selbst  mit  seinem  Kloster  so  viel  zu  leiden  hatte.    Übrij 

hier  durch  das  Bemühen,  dogmatische  Lehren  der  Form  des  £ 


^«i^ 


714  Byzantinische  LitteratargoBohichte.    IL  Poatiiohe  Litioniiar. 

gedichtes  anzupassen,  gezwungen  und  trocken.  Zu  dieser  Oruppe  gel 
auch  das  Epigramm  auf  ein  mit  einer  bildlichen  Darstellung  geschmüd 
Gewebe  {Eig  Qaxog  ItnoQr^fnlvov),^)  Mit  den  Bilderpoesien  verbinden  i 
Epigramme  auf  Teile  einer  Kirche  wie  den  Altar,  das  Thor  des  Nartl 
das  Heiligtum  u.  s.  w.,  auf  verschiedene  Kirchen  wie  die  der  hL  QoJ 
mutter,  des  hl.  Petros,  des  hl.  Chrysostomos  u.  s.  w.,  auf  das  von  ei 
gewissen  Leon  gestiftete  Männer-  und  Frauenkloster  und  mehrere  T 
desselben  wie  das  Fremdengemach  und  den  Friedhof,  auf  das  Oefänj 
Toif  XaXxhov,  Dazu  kommen  mehrere  Grabschriften,  Epigran 
auf  verschiedene  Heilige  wie  Paulos,  Dionysios,  Basilios,  Gregor 
Nazianz,  Chrysostomos,  Athanasios  u.  s.  w.  Endlich  finden  wir  bei  Tl 
doros  wie  früher  bei  Georgios  Pisides  und  später  bei  Johannes  Geome 
und  anderen  ein  Epigramm  an  sich  selbst  {Ei^  iautov).  Völlig  neu  ach 
ein  Sinngedicht  auf  die  Laternen  {Eig  xdg  ifdvag)  und  eine  Mahni 
fleissig  die  Wandinschriften  im  Kloster  zu  lesen.*)  Profane  Vorwürfe 
Theodoros  im  Gegensatz  zu  seinem  Vorgänger  Georgios  Pisides  und  sei 
Nachfolger  Johannes  Geometres  von  seiner  Dichtung  ausgeschlossen. 
Schluss  der  Sammlung  bildet  in  den  Handschriften  ein  von  einem  Ui 
kannten  verfasstes  hexametrisches  Epigramm  auf  Theodoros  Studites  sei 
Das  Versmass  der  Epigranmie  ist  der  byzantinische  Trimeter;  nur  in  ei 
Epigramme  (auf  die  Mönche)  hat  er  elegische  Distichen  gewahlL 
Umfang  der  einzelnen  Stücke  schwankt  zwischen  2  und  18  Versen; 
meisten  zählen  9 — 12  Verse.  Ausser  den  Epigrammen  bat  Theod 
Kirchenlieder  gedichtet.  Wir  haben  von  ihm  Hymnen  auf  den  Pi 
archen  Paulos  (4.  Jahrhundert),  die  Heiligen  Euthymios,  Ephräm,  T] 
doros  Sykeotes,  Aemilianos,  Basilios,  Athanasios,  Gregor  von  Nazi 
Epiphanios,  Nikolaos,  Johannes  Chrysostomos,  Theodoros  Stratelates  i 
und  Kanones  auf  die  Verehrung  des  hl.  Kreuzes  und  auf  die  Wie 
herstellung  der  heiligen  Bilder. 

1.  Aasgaben:  A.  Die  Epigramme  ed.  Jac.  Sirmond,  Opera  varia  5  (Paria  ] 
753—776.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patrol.  gr.  99,  1780—1812. 

B.  Die  Hymnen  ed.  J.  B.  Pitra,  Analecta  Sacra  1  (1876)  336-  380.  —  Die  Kau 
(nach  Ausgaben  von  Greiser  und  Baronius)  bei  Migne,  Patrol.  gr.  99,  1757 — 1780. 

2.  Hilfsmittel:  Vgl.  die  S.  150  angeführte  Litteratur.  -  Ueber  einen  dem  1 
doros  von  Pitra  wahrscheinlich  mit  Unrecht  zugeteilten  Hymnus  s.  K.  Krumb  ac 
Studien  zu  den  Legenden  des  hl.  Theodosios,  Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1892  S.  322— 
Ebenda  S.  358  ff.  zur  Erklärung  eines  Epigrammes. 

3.  Ueberlieferung:  Die  Hss  der  Epigramme  sind  zahlreich.  Wichtig  sind 
die  Codd.  Paris.  893  s  13  und  1018  s.  10;  Vatic.  700;  Neapel.  II.  B.  20  s.  12 
Im  Cod.  Paris.  1018,  einer  schönen,  wahrscheinlich  aus  dem  Kloster  Stadion  a 
stammenden  Sammelhs  von  Werken  des  Theodoros  Studites,  stehen  einige  anonyme 
gramme  auf  Theodoros,  auf  seinen  Schüler  und  Nachfolger  Naukratios  u.  s.  w.,  ein  Be 
dass  der  von  Theodoros  ausgestreute  Same  im  Kloster  kräftig  Wurzel  schlug  und 
seinem  Tode  dichterische  Blüten  hervorbrachte. 

4.  Ein  wohl  noch  unediert«s  jambisches  Gedicht  (etwa  160  Verse)  an  Theo< 
Studites  schrieb  ein  Mönch  Meletios:  2'rt/ofc  rov  MeXeiiov  ngoi  roV  äyioy  ticctb^ 
ouoXoyriirjy  SeodoDQoy  tjyot'tfAevoy  roy  J^zovdirrjy.  Inc.  '0  ficy  ^eoc  retgaai  xai^oii 
XQoyov.   Die  Verse  stehen  im  Cod.  Bodl.  Barocc.  27  s.  14  fol.  322— 324\   Ebendort 

')  Bei  Migne  99,  1802  missverständlich   j   wurden  an  den  Wänden  verewigt.     V^ 
übersetzt:    In   fragmentum   historicum!   !   G.  Zesiu,  ^A^rjv«  3  (1891)  461   ff.,   wi 


*)  Wandinschriften   waren    in   Klöstern 
sehr  beliebt.    Sogar  kaiserliche   Goldbullen 


holt  in  seinen  IvfA^ixut^  Athen  1892  S. 


2.  Profanpoesie.    (§  296)  715 

anderes,  aber  verstümmeltes  jambisches  Gedicht  des  Meletios.    Proben  von  beiden  bei 

-^fl.  O.  Goxe,  Catalogi  codd.  mss  bibliothecae  Bodleianae  pars  1  (1853)  45. 

^»  5.  Michael  Synkellos  von  Jerusalem,    ein    Freund   des  Theodoros  Studites,   ver- 

liBste  ein  anakreontisches   Gedicht    auf  die    Wiederherstellung   der  Bilder:    Eis  rijy  ttytt- 

'tnijXtaaty  xtav  aenttüy  xai  ayltav  Blxoviov.     Ed.  LeoAllatius,   De    ecclesiae   occidentalis 

_fet  Orientalis  perpetua  consensione,  Köln  1648  S.  1433  ff.  —  Ueber  die  theologischen  Prosa- 

tchriften  des  Michael  Synkellos  s.  S.  166  f. 

296.    Kasia  {Kaaia^  auch  Kaaaia,  Kaaaiarrj,  Etxacia,  Ixaaia;  s.  u.), 
_^  die  einzige  nennenswerte  Dichterin  der  byzantinischen  Zeit,  ist  eine  per- 
-."sönlich    und   litterarisch    gleich   interessante   Erscheinung.     Ihre  Lebens- 
geschichte  gleicht  einem  lieblichen  Märchen.     Um   das  Jahr  830  n.  Chr. 
^  liess  die  Kaiserin  Mutter  Euphrosyne  aus  allen  Landschaften  des  Reiches 
3  die  schönsten  Jungfrauen  zusammenkommen,  auf  dass  ihr  Sohn  Theophilos 
.  aus  ihnen  sich  eine  Braut  erlese.     Als  die  Mädchen  im  Kaiserpalaste  ver- 
*^  sammelt  waren,   übergab  die  Kaiserin  ihrem  Sohne  einen  goldenen  Apfel 
'^und  gebot  ihm,   denselben   der  Jungfrau  zu  reichen,   die   ihm   vor  allem 
_  gefalle.    Ein  wunderschönes  Mädchen  aus  edlem  Geschlechte,  Kasia  (Ikasia) 
^mit  Namen,  erregte  mehr  als  alle  übrigen  die  Bewunderung  des  Kaisers. 
]^Br  trat  zu  ihr  mit  dem  bitteren  Scherzworte:    »Wie  ist  doch   durch   das 
■*^Weib  das  Böse   entstanden**   (Sig  aqa  Sid  ywocixog  e^^vrj  t«  ^avXa).     Die 
"  Jungfi'au  aber  erwiderte  unerschrocken:  „Aber  aus  dem  Weibe  entspriesst 
auch  das  Gute**  {'AkXd  xai  Sid  yvvmxog  nrjyd^si  rd  xQstrTova).    Über  dieses 
"■  freimütige  Wort  verdrossen  gab  Theophilos  nicht  ihr  den  Apfel,   sondern 
?  der  Theodora  aus  Paphlagonien.     Kasia  aber,  die  durch  ihre  mutige  Ant- 
-  wort  den  Kaiserthron  verscherzt  hatte,   stiftete   ein  Kloster,  um  fortan 
~  Gott  allein  zu  dienen.    Dazu  fügt  der  Chronist  die  Bemerkung,  dass  Kasia 
~  eine  Menge  Schriften  hinterlassen  habe  wie  das  Gedicht  ^KvQtCyrj  sv  noX- 
'  laTg  diAaQumg'^,  das  Tetraodion  des  Charsamstags  ^'A^qwv  yriqaXhs''  u.  a.*) 
Z  Aus  dieser  Erzählung  ergibt  sich,   dass  Kasia  um  das  Jahr  810  geboren 
"^  wurde;   die  Zeit  ihres  Todes   ist  nicht  bekannt;   aus  ihren  Werken,   die 
eine  gründliche  Bildung  und  einen  gereiften  Verstand  verraten,  lässt  sich 
^  schliessen,  dass  sie  erst  in  vorgerücktem  Alter  gestorben  ist.     Zu   dieser 
.   Annahme  stimmt  auch   die  Notiz  der   lldzQia    (s.   unten  Anm.   4),   dass 
Kasia  unter  Theophilos  (829—842)  und  Michael  (842—867)  gedichtet  habe. 
Die  Schlussnotiz  des  Chronisten  hat  nicht  gelogen.    Wir  besitzen  von 
Kasia  eine  Reihe  von  Dichtungen,   die  sich   durch   Originalität  der  Ge- 
danken und   kräftiges  Selbstbewusstsein  auszeichnen  und  völlig  zu  dem 
Charakterbilde  stimmen,   das  uns   in  der  angeführten  Erzählung  von  der 
Brautschau   des  Theophilos  entgegentritt.     Die  Thätigkeit  der  Kasia  auf 
dem  Gebiete  der  Kirchenpoesie  ist  schon  S.  677  erwähnt  worden.    Ausser 
Kirchenliedern  hat  sie  einige  sentenzenhafte  und  epigranmiatische  Sachen 
im  jambischen  Masse  verfasst.     In  einer  Gruppe  von  Sentenzen,   die  der 
Codex   des  British  Museum  Addit.  10072   überliefert,   behandelt   sie 
das  Thema  der  Freundschaft  (32  Verse).     In  einer  Sammlung  von  Epi- 
grammen,  die   im   Codex  Laurentianus  87,  16  stehen  (zusammen  97 


*)  SymeonMagistros  ed.  Bonn.  624f.   '   Georgios  Monacbosed.  Muralt  S.  700  and 
Leon  Grammatikos  ed.  Bonn.  213,  8  ff.      die  kürzere  Fassung  bei  Michael  Glykas 


Zonaras   ed.   Dindorf  3,  401  f.     Auf  der- 
selben   Quelle   beruht    die   Erzählung    bei 


ed.  Bonn.   535,  21  ff.     Vgl.   Kodinos,   De 
Aedificiis  ed.  Bonn.  123,  13  ff. 


716  Bysaniinische  LitteraturgeachSohte.    n.  Poetisoha  LiiUfmtnr. 

Verse),  äussert  sich  Kasia  über  einen  von  Natur  schlechten  Chan 
über  die  Dummköpfe,  über  die  schlechten  Eigenschaften  der  Ann 
über  das  Weib,  das  Olück,  die  Anmut,  die  Schönheit,  die  RuhmsacU 
den  Reichtum ;  den  Schluss  dieser  Sammlung  bildet  eine  Reihe  von  7a 
die  alle  mit  „Mönch**  {Moraxog)  oder  „Mönchsleben''  {Biog  juoraorrov) 
ginnen  und  die  Erhabenheit  des  Klosterlebens  schildern.  Eine  äfad 
anaphorische  Spielerei  bewahrt  der  Codex  Marcianus  408:  Es  iai 
Trimeter,  die  alle  mit  dem  Worte  „Ich  hasse"  (Micrw)  anheben;  hieri 
wickelt  Kasia  mit  Eleganz  und  Klarheit  ihre  recht  gesunden  Anschaoof 
über  Sitte  und  Lebensart.  Zuweilen  verwertet  die  Dichterin  in  ik 
Sentenzen  und  Epigrammen  alte  Motive;  im  grossen  und  ganzen  aber  igt 
originell  und  erscheint  als  eine  eigenartige,  kluge  Frau,  die  Zartheit 
Empfindung  und  tiefe  Religiosität  mit  energischer  Offenheit  und  da 
Neigung  zu  weiblicher  Medisance  verbindet. 

1.  Ausgaben:  Mehrere  Idiomela  sind  in  den  Menäen  zerstreut  —  Die  Ifin 
auf  Christi  Geburt  und  auf  den  Charmittwoch  edd.  Christ  et  Paranikas,  Anftö 
graeca  carminum  christianorum  Leipzig  1871  S.  103  f.  —  Die  Sentenzen  tlber  die  Fn 
Schaft  (32  Verse)  ed.  Sp.  Lampros,  rytUfiai  Kaaias,  JeXtlöy  4  (1894)  533  f .  —  G« 
ausgäbe  der  Sentenzen  und  eines  Kirchenliedes  mit  einer  Einleitung  über  das  Lebei 
die  Werke  der  Kasia  u.  s.  w.  von  K.  Krumbacher,  Kasia,  Sitzungsber.  bayer.  AL 
(wird  demnächst  erscheinen). 

2.  Hilfsmittel:  Leo  Allatius,  De  libris  ecclesiasticis  Graecorum,  Pira 
S.  74  ff.  —  Chrysanthos,  Getogtjnxoy  fjiiya  rtjg  ixxXtjoiacTixtjs  (Aoinnx^g,  Triest 
S.  37.  —  Christ  und  Paranikas,  a.  a.  0.  S.  XLVIIl  f.  —  G.  J.  Papadopulos,  I», 
Big  xrjy  latoglay  xrjs  nag'  ij/^Ty  ixxXijaiaauxijg  fiovaixijs,  Athen  1890  S.  150;  251  f. 
Papadopulos  Kerameus,  'AydXexta  'leQoooXvfAinx^g  axnxvoXoylag  2  (1894)  C  —  K.  I 
bacher,  a.  a.  0. 

3.  Name:  Unsere  Dichterin  leidet  an  Polyonymie.  In  den  Hss  der  Chronisti 
Kirchengesänge  und  der  Profandichtungen  findet  man  folgende  Varianten  ihres  Ni 
Kaala^  Kaaaia^  Kaaocnyij,  Eixualtty  'Ixaala.  Sie  reduzieren  sich  offenbar  auf  die  zwei 
typen:  Kasia  und  I kasia.  Kaaaiaytj  ist  wohl  nur  eine  analogische  Weiterbildui 
Kaaain^  vielleicht  hervorgerufen  durch  die  Ansicht,  die  Dichterin  stamme  aus 
Schwerer  zu  erklären  ist  die  Form  Eixttcin  {'Ixaaia)  neben  Kacia;  es  ist  zu  vei 
dass  der  vokalische  Vorschlag  durch  Verwachsung  des  Artikels  ij  mit  dem  Name 
eigentlich  'flxaaia  wie  tjffxia  aus  97  cxtii)  entstanden  sei;  vgl.  die  zahlreichen  B 
dieses  Vorganges  bei  G.  Meyer,  Zur  neugriechischen  Grammatik,  Analecta  Grae 
Graz  1893  S.  6—23.  Die  Entscheidung  gibt  der  Cod.  Cryptoferratensis  J 
8.  11,  wo  eine  allerdings  im  Anfang  etwas  verdorbene  Akrosticbis  eines  Gedicht 
Kasia  mit  dem  Namen  Kuttalttg  schliesst.   Vgl.  Ant.  Rocchi,  Codices  Cryptenses,  Ro 

5.  255.  Sie  trug  also  wohl  den  Namen  der  Tochter  des  Job,  der  allerdings  gew 
mit  einem  <r  geschrieben  wird.  Bei  Glykas  ed  Bonn.  277,  7  und  536,  1  ist  8ow< 
Name  der  Tochter  Job  als  der  unserer  Dichterin  Kaala  geschrieben. 

4.  Zur  Biographie:  Dass  Kasia  ein  Kloster  stiftete,  bezeugen  nicht  bloss 
Magistros,  Leon  Grammatikos,  Zonaras  u.  s.  w.,  sondern  auch  die  tldxqia  von  fi 
denen  unter  anderen  Klöstern  auch  das  der  Kasia  ausdrücklich  erwähnt  wird: 
xijg  Eixaaias  ixxla^tj  7i€(Qd  Eixaaiag  fioya^ijs  svae߀axttXT]g  xai  nag&^yov  (uQttlag  xm  eP 
ao(pü)Tdxtj  ovaa  xai  xayoyas  noXXovg  xai  axtxriQu  xai  dXXa  xiyd  d^to&avf^aaxa  inw 
ifAeXuidr^aey  iv  xoiq  xQ^''^^^  9£o<piXov  xov  ßaavXiws.  Kodinos,  De  aediiiciis  ed.  Boi 
13  ff.  Im  Cod.  Paris.  1788,  der  die  topographische  Redaktion  der  JluTQia  (s.  8.  423 
hält,  lautet  der  Schluss  dieser  Stelle  nach  einer  freundlichen  Mitteilung  von  Dr.  Th 
folgendermassen :  ijxig  xm  xayoyas  xai  axixt]Qd  Jioiijcaaa  iy  xoTg  /poVotf  0eo{fi 
3/i/«iJA  xov  vlov  aviov  onola  xd  eis  xijy  nogyt^y  xai  eis  x6  fAVQoy  *  avtijs  yt 
dnayxa  xavxa, 

5.  Alexandra  Papadopulu,  BvCayxiyd  ditjyijfAaxa.    T6  firjXo  x^s  dydntjs,  'Ec 

6.  Juni  1893  S.  358  f.,  hat  die  oben  erzählte  Episode  aus  dem  Leben  der  Kasia  2 
hübschen  Skizze  verarbeitet. 

297.  IgnatioSy  Diakon  in  Konstantinopel  und  später  Metropo! 
Nikaea  im  Anfang  des  9.  Jahrhunderts,  verfasste  die  uns  erhaltenen 


2.  ProfuLpoMle.    (§  297)  717 

h  nicht  unwichtigen  Biographien  seiner  älteren,  ihm  persönlich  be- 
ndeten  ZeitgenosBen,  der  Patriarchen  Tarasios  und  Nikephoros. 
ser  diesen  Prosawerken  besitzen  wir  von  ihm  mehrere  Poesien.  Durch 
dramatische  Form  ist  bemerkenswert  das  Gedicht  über  den  Sündeii- 
z  2iix<it  «i's  töv  'Adäfi  (143  Trimeter),  ,le  premier  essai  d'un  Paradis 
lu",  worin  Gott,  Adam,  Eva  und  die  Schlange  redend  auftreten.  Vom 
mng  und  Schluss  abgesehen  herrscht  in  der  Verteilung  der  Rollen  (je 
3rse  auf  eine  Person)  eine  ähnliche  Symmetrie  wie  in  den  dialogischen 
chten  des  Philos.  Schwerlich  darf  man  das  Werkchen  mit  den 
::.erienartigen  Aufführungen  in  der  Hagia  Sophia  (s.  S.  645)  in  Ver- 
•jng  bringen;  es  ist  vielmehr  ein  Lesedrama  wie  der  X^iatiq  näexmv, 
Stück  des  Haplucheir  u.  a.  Bekannter  ist  des  Ignatios  Paraphrase 
äsopischen  Fabeln:  'lyvaiiov  Siaxüvov  TexqnOTtxa  fig  ftv&ovg  Aiato- 
t.'>g  (in  einem  Wiener  Codex:  Baßqiov  tv  mno^fj  fiftay^a^iv  viiö  'ly- 
E*i'  (layiatffov).  Endlich  haben  wir  von  Ignatios  eine  Sammlung  von 
I phabetisch  geordneten  jambischen  Sentenzen  religiösen  Inhalts. 

1.  Ausgaben:  A.  Gedicht  Aber  deo  SUndenFAlI:  Ed.  pr.  F.  BoJBaonade, 
d.  gr.  1  (1829)  436-444.  -  Ed.  Fr.  DObner  nach  den  Fragmenta  Euripidia  ed.  6. 
aer,  Paria,  Didot  1846.  Tgl.  Magniu,  Journal  des  Savauta  1849  S.  461  ff.  —  Wieder- 
bei  Migne,  Patr.  gr.  117,  1164  -1174.  -  Zu  den  Uss  des  Gedichts  Ober  den  SOnden- 
kommt  jetzt  der  wichtige  Cod.  Paris,  auppl.  gr.  690  fol.  107. 

B.  Paraphrase  Aeaopa:  Bd.  pr.  Aldos  Manutiua,  Venedig  1505.  —  Mehrere  Aos- 
D  im  16.  Jahrhundert.  —  Eine  Aneahl  neuer  Tetrasticha  ed.  A.  Eberhard  in  der 
oen  Gratulationsacbrift  an  Dr.  Suffrian,  Magdeburg  1875.  — •  Beide  Werke  in:  Ignatii 
oni  l«trasticha  iambica  53,  versus  in  Adamum  143  rec.  et  brevi  adnotatione  instnixit 
.  Frid.  Maller,  Progr,  Kiel  1886.  S.  19  und  28  Verzeichnia  der  früheren  Drucke 
er  Stücke;  vorausgeht  eine  Abhandlung  tiber  die  Metrik  und  Zeit  das  Ignatioa.  — 
wn  der  Tetrasticha  aus  dem  Cod.  Patm.  428  gab  J.  Sakkelion,  natfuax^  ßißho- 
1,  Athen  1890  ^.  191  ff.  —  Neue  Anagabe  der  Tetrasticha  auf  Grnnd  eines  sehr  reichen 
materiala  von  C.  Fr.  MDUer  als  Appendix  von:  Babrii  fabulae  Aeaopeae  ed.  0.  CrnsiuB, 
aig,  Teubner  (soll  demnächst  erscheinea). 

C.  Das  jambische  Alphabet  ed.  zuerst  ana  den  Codd.  Laurent.  9,  18  und  11,  9 
idini,  Üatalogns  codicmn  mss  bibl.  Laurentianae  1  (1764)  516.  -  Ed.  aua  Cod.  Monac. 

C.  Fr.  Müller,  Ignatii  Diaconi  acrostichun  alphabeticum,  Rhein.  Mus.  46  (1891)  320 
322.  —  Das  Alphabet  steht  auch  im  Cod.  Vatic.  Pii  II  47  s.  12  fol.  2. 

D.  Ueber  die  Ausgaben  der  Vitae  und  die  dazu  gehSrigen  Hilfsmittel  s.  3.  73 
313. 

2.  Hilfsmittel:  Carl  de  Boor,  Der  Epigrammendichter  Ignatius,  Hermes  23  (1888) 
-152,  -  P.  Wolters,  Rhein.  Mus.  38  (18Ö3)  117.  —  Fr.  Hanasen,  Philologischer 
nger  17  (1887)  141  f.  —  Eine  umfassende  Untersuchung  fiber  die  Hsa  der  Verse  auf 
m  und  Ober  die  Uas,  die  alten  Drucke  und  den  uraprlln glichen  Bestand  der  Tetra- 
a  gab  Carl  Friedr.  Müller,  B.  Z.  I  (1892)  415-437;  3  (1894)  516  -527;  5  (1896) 
-318.  —  Ueber  eine  Ha  der  Tetrasticha  im  Theotokoskloster  auf  der  Tnael  Chalki  be- 
et  A.  Papadapuloa  Kerameus,  Handachriftlichea  zu  Ignatios  Diakonos,  Ü.  Z.  2 
3)  126-131.  —  Zur  Metrik,  Kritik  und  Ueberliefernng  vgl.  auch  die  8.  598 
rte  Arbeit  von  Fr.  Kuhn  S.  59ff,  116  ff. 

3.  Erbanliche  Alphabete,  ahnlich  dem  oben  erwähnten  des  Ignatios  Diakonos, 
!uten  sich  in  der  bj'zantin lachen  Zeit  der  grQsat«D  Beliebtheit.  Sie  sind  nach  Form, 
ang  und  Inhalt  ziemlich  verachieden;  die  Lebfdichter  konnten  sich  in  der  Erfindnog 
^r  Varianten  nicht  genug  thnn.  Der  einfachste  und  wohl  ftlteste  Tjfpns  heat«bt  aas  24 
h  die  alphabetische  Akroatichia  (atets  y4—ii,  nicht  Sl^ji)  verbundenen  jambiaehui 
letem;  apfit«r  setzte  man  an  die  Stelle  des  Trimeters  vielfach  den  politisclien  Ysn, 
lilen  auch  Anakreonteen,    an  Stelle  dea  akrosticb lachen  £Ün>elv<;i»<.-.'!i  i-iuen  D>>i>|ielvers 

eine  Strophe;  in  den  Strophen  wurden  entweder  nur  die  erttoii  Verao  uiler  mohrere 
e  z.  B.  bei  aecbszeiligen  Strophen  jedesmal  die  eistsn  drei  Verse  durch  die  Akru- 
is  ausgezeichnet.  Auch  Alphabete  in  rythmischen  Hassen  und  ttlphabetiaclia  DialoM 
iösen  Inhalts  kommen  vor.  Unbekannt  ist  mir,  ans  welehan  Gründen  das  aus  18$~  ** 
loaen  politischen  Versen  bestehende  theo  logische  Lehrgediolit  iIh  Mel«tiot  (18.  jl 


7 18  Byzanüniflohe  Litteraturgesohiohte.    IL  PoettsolM  LIitorfttvr. 


das  in  den  Codd.  Äthous  720  s.  19  und  Ä.tben.  474  s.  18  steht,   den   seltBamfls 
'jX<paßrjTftX(f>aßtjTog  führt.  —  Der  Ursprnng  der  erbaulichen  Alphabete  ist  in  deo  alj 
geordneten  profanen  Gnomensammlungen  zu  suchen;  vgl.  das  Beispiel,  welches  Leo  St 
bach,    Wiener  Studien  13  (1891)  57-62,  ediert  hat    Auch  in  der  Kiroheopoeiit 
die  alphabetische  Akrostichis  eine  bedeutende  Rolle ;  vel.  S.  697  ff.    Ueber 
erbauliche  Alphabete  vgl.  den  Abschnitt  «Vulgftrgriechische  Litteratur*.   Als  Veiteari 
baulicher  Alphabete  nennen  die  Hss  den  Gregor  von  Nazianz,  den  Neilos,  deoHilfli 
Synkellos  (s.  §  294  Anm.  2),  den  Ignatios  Diakonos,  einen  anderen,  wohl 
Ignatios,   Leon   den   Weisen,    Konstantin  den  Sizilier  (s.  §  802),   den  I 
Metaphrastes,  den  Nikephoros  Uranos,  den  Theodoros  Prodromos,  denKTriAii 
Metropoliten  von  Ghonae,  denNikephorosKallistosXanthopulos,  denÜikirii 
Kalorites  u.  a.    Doch  bedarf  jede   einzelne  Angabe   der   genauesten   Prüfung; 
gehen  dieselben  Texte   unter  verschiedenen   Namen;  häufig  werden   anonyme 
ohne  ersichtliche  Gewähr  berühmten   Kirchenschriftstellem   zugeteilt.     Ebenso 
Entstehungszeit  mehrerer  *  Texte  wie   die  gesamte   (Schichte    dieser  kleinen 
gattung  noch  eingehend  untersucht  werden.    Bei  der  Sichtung  der  Hss  ist  grosMVf 
notwendig;  da  zuweilen  die  Alphabete   mit  demselben   Verse  (z.  B.  "^xovtfoy,  ita^ 
i/Ätjg  avf4ßovXlttg)  beginnen,  im  folgenden  aber  abweichen,  genügt  die  Kenntnis  des 
nicht  zur  Identifizierung  eines  Stückes.   Auch  bezüglich  der  Automamen  ist  auf  die ' 
und  sonstige  litterarische  Notizen  kein  genügender  Verlass.    Aus  diesen  GrQodeniki 
mir  gegenwärtig  nicht  möglich,  eine  irgendwie  erschöpfende  Darstellung  dieser 
gruppe   zu  bieten.      Doch   seien   zur   Erleichterung   künftiger  Forschung   die  wi( 
Drucke  und  einige  Hss  aufgezählt.    Bezüglich   der  Hss  bemerke  ich   noch  ai 
dass   ich   sie   nicht   von   Anfang   an   konsequent   gesammelt,    sondern    nur   geh 
notiert  habe. 

A.  Ausgaben  metrischer  Alphabete  paränetischen  Inhalts:  Das  Alphabet 
Gregor  von  Nazianz  ed.  Migne,  Patr.  gr.  37,  908—910.  Inc.  ^AQXfjf^  anarrm 
teXog  noiov  &e6y.  —  Ein  prosaisches  Alphabet  des  Nilos  ed.  Migne,  Patrol.  gr.  79,1! 
bis  1252.  Inc.  ""Jgxij  ourijQtas  17  iavrov  xatdyyüHfig,  —  Das  Alphabet  des  Symeon  Met 
phrastes  ed.  Migne,  Patr.  gr.  114,  131—133.  Inc.  \4Ti6  ßXetpdgtay  ddxQvtty  dito 
Tiovovg  (politische  Distichen  mit  einfacher  Akrostichis).  Ebenda  133  ein  zweites  AlphikLl 
Inc.  'JyaXoylCov,  xanBtvrj  ^vx^  f^ov,  nava^Xia.  —  Das  Alphabet  des  Prodromos  ed.  MiguJ 
Patrol.  gr.  133,  1221  f.  Inc.  "AyaQx^s  dQXV>  Tiaytog  airla,  ^eog.  —  Das  aus  24  Triniital 
bestehende  Alphabet  eines  gewissen  Ignatios,  der  von  dem  oben  genannten  Ignatioe  lm\ 
konos  zweifellos  verschieden  ist,  ed.  Fr.  Boissonade,  An.  gr.  4  (1832)  436  f.;  duiiA 
(irrtümlich  unter  dem  Namen  des  Ignatios  Diakonos)  Migne,  PatroL  gr.  117,  1176  f.;  radU' 
C.  Fr.  Müller,  Rhein.  Mus.  46  (1891)  322  f.,  und  in  einer  besseren  Redaktion  einer  B» 
liner  Hs,  in  der  das  Alphabet  dem  Gregor  von  Nazianz  zugeteilt  ist,  B.  Z.  3  (1894)  52L 
—  Mehrere  andere  Akrosticha  ed.  Fr.  Boissonade,  An.  gr.  1  (1829)  161—164  vaAi 
(1832)  438—445  (das  erste  tov  ao^ftoidtov  ngiarnaBXQijxigy  vielleicht  des  Leon  Bardaki 
vgL  S.  483  Anm.  7).  —  Eines  Christophoros  UQtaraaexQijrig  Alphabet  ed.  Matrans«,  Ai 
gr.  2  (1850)  667.  Wiederholt  bei  Migne,  Patrol.  gr.  117,  1179-1182.  Inc.  Jnihß 
ßXaatprifjiiay  (Strophen  von  4  Zeilen,  von  denen  die  ersten  zwei  akrostichisch  verhmrfi 
sind).  —  Zum  Alphabet  des  Gregor  von  Nazianz  vgl.  Leo  Stern bach,  Gurae  Mensndnii 
Dissert.  class.  philol.  acad.  litt.  Cracoviensis  17  (1892)  190  f. 

B.  Codices  erbaulicher  Alphabete: 

1.  Athen.  444  s.  19:  Jt-dttOxaXia  xara  dXcpdßtitoy  und  ^rt/o»  xcrr*  dXtpdßfixov. 

2.  Athen.  778  s.  17:  \4X<pdßr]tog  xatayvxuxog  rregi  ^vx'^g  {duc  crixioy  TroJUruMi^ 

3.  Athen.  1197  s.  16:  ^tixoi  xarayvxTixol  xax*  dXfpdßtjroy  tov  xvgov  IvfAttovU 
Aoyod-BTov  xai  MayLatQov;  darnach  MiXog  xaxd  axoix^^oy  tov  aotpiatdrov  KvqiuM 
TOV   MayiaxQov, 

4.  Athens  149  s.  17:  *j4X<pdßfjrog  xaxayvxxixrj  dw  art/aii'.  Inc.  ^Ay9^Qtan$  na€j^ 
xal  t^ttQQCig  xoy  xoüfioy  yd  xegdalyug.  Darauf:  ^^xegoi  arlxoi  xaxayvxxtxoi,  Inc.  "Jydfktü 
rtfy  xXlyrjy  aov  tag  xdtpoy  ßX^jte. 

5.  Athens  335  s.  18  fol.  46^:  JidXoyoc,  iy  to  eürdysxai  6  dfÄUQxtjXog  xj  Stow 
diaXeyofÄsyog  xax^  dXtpdßrjxoy,     Inc.  '0  ufiaQxtoXog  '  'JyvfÄtpevxe  &e6yvfAipe. 

6.  Athens  1583  s.  18  Nr.  10:  Tot;  oalov  NelXov  xax'  dXtpdßtjxoy,  Inc. '-^^/ly  tf«r» 
glag  rj  iavxov  xnxdyywaig  (mit  neugriechischem  Kommentar). 

7.  Athens  2144  s.  16:  Ixlxoi»  xax^  dXtpdßrjxoy.  Inc.  *'Avta  nxiQtaaoy  jiQog  dtoy  tt 
xdg  (pQivag,     Vielleicht  ist  auch  Nr.  23  desselben  Codex  ein  Alphabet. 

8.  Athens  2589  s.  18:  'AX(pdßijxoy  avfA ßovXevuxoy  yon  KtLeoai  Da^nte,  lnc.'Ayä^ 
TiQiüxoy  xoy  &s6y,  devxegoy  xoy  ix^^oy  aot»,  BißXia  dwßaCe  noXXd,  öxi  noXv  xaXoy  aov. 

9.  Athens  2798  s.  18:  Tov  dßßd  NeiXov  axtxot  xax*  dXtpdßtjxoy  Big  ce^/cv^oi'  (H 
raxoy.     Dann:  ryaifiat  fioyocxix^  xaxd  cxoixMy  ix  dwtfoqiay  noitjxdiy  xai  cofpiay,  Dan 


2.  ProfanpoeBie.    (§  297)  719 

einmal  die  Verse  des  Nilos.  Dann:  Zn/o»  xard  aXtptißtjjoy  did  axixov  ndvv  tagaioi 
/XvxvTaroi  nottj&eyreg  nu^d  tirog  svaeßovg  eig  trjv  ßteciXevovaay  tov  ovQttvor  xai  r^g  ytjq, 
"Avoi^ov  diofjLai  dyvtj.  Dann:  "ExBQoi  arixot  eig  tijy  dyagxoy  yivyrjciy  rov  X^ytrov 
9^yreg  xai  xnXXamiadiyteg  naqd  xvq  FeQfiayov  tov  yiov  nargog.  Inc.  ^AyaQ^og  ^eog 
Scßfjxsy,  Dann:  "Etsqoi  axixoi  xard  dX<pdßtjroy  A«  cxixov  ndyv  togaioi  xarayvxTixoi, 
"jty^QtanB  xd/Äysig  xai  &aQQetg,  ^^^e'Xeig  rö  yd  TtXovuaijg. 

10.  Athous  3250  s.  17  fol.  178^:  'Aßßd  NbLXov  Irixoi  xai'  dXtpdßrjxoy  ngog  «p/a- 
fjioyaxdy,  Inc.  'AqxV^  dya&iqy  Ti^y  ^eyirelay  noiov.  Dann :  JlqooBvxal  iy  axixoig  noXi- 
r-     Inc.  'Aqxv  ^0^  xocfÄOv  yiyoysy  xBXcvCBi  aov,  oixtigutay. 

11.  Berol.  Phillipp.  1566  s.  16  fol.  57^ — 59:  AqxV'^  dndyttjy  roy  rov  ^eov 
X*  (1.  xx^fftti)  tpoßoy.     Schloss:  ^  rig  Ixayog  latoQeTy  rtjy  ^tjfjiiay, 

12.  Bodl.  Barocc.  131  s.  14  fol.  70^:  Al{>habet  des  Symeon  Magistros  und 
othetes.  Inc.  'Ano  /c^Afwi'  Xoyovg  aoi  noiovg  itQocolat)  Xiyeiy,  Ebenda  fol.  70^: 
Kweites  Alphabet  des  Symeon  (Inc.  'Ano  ßXBtfdqtay  6dxQva,  dn6  xagdiag  noyovg),  ge- 
ct  bei  Leo  Allatius,  De  Symeonibus,  Paris  1664  S.  132  f.   (=  Migne,   Patrol.  gr. 

132). 

13.  Bodl.  Miscell.  79  s.  14  fol.  279"":  Alphabet  nnter  dem  Namen  des  Nike- 
-os  Eallistos  Xanthopulos.     Inc.  'AqxV^  andyitoy  xoy  &eov  xrrjaat  tpoßoy, 

14.  Escnr.  X.  IV.  25  s.  15  fol.  23:  .Deux  alphabcts  en  acrostiches,  sur  la  per- 
:>n  de  la  vie.* 

15.  Escur.  ^.  II.  20  8.  13  fol.  81:  «Alphabetarium  de  Sim^on  Logoth^te.  Antre 
[icephore  (Magister  Organi?).*  Vgl.  £.  Miller,  Catalogue  des  mss  grecs  de  rEscurial 
30.     Der   Verfasser  des  zweiten   Alphabets  ist  wohl   der   Ovgayog^  von   dem   Miller, 

0.  S.  311  Nr.  110  2"Tt/ot  rot»  Ovgayov  ngog  SvfABuiya  xoy  Mexaip^aaxijy  erwähnt, 
identisch  mit  dem  Magister  und  Rhetor  von  Antiochia  Nikephoros  Uranos.  Vgl. 
ricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  7,  678,  und  oben  S.  145  Anm.  3  und  S.  523  Anm.  4. 

16.  Escur.  V^.  IV.  1  s.  15  und  16  fol.  387:  ,  Alphabet  sous  forme  d'acrostiche*.  Inc. 
rjy  yofAi^B  xtoy  oXtoy  ewai,  &e6y. 

17.  Mosq.  Synod.  331  (Vladimir)  s.  15  fol.  12:  rytofiixd  xai'  dXtpdßtjxoy.  Inc. 
»  nx^Qtoüoy  rrgog  &e6y  aov.  Dann  ein  zweites  Alphabet:  'Aqxv^  dndyxtoy  xai  xiXog 
»V  &e6y. 

18.  Paris.  396  s.  13  fol.  463—466:  Ixixv^d  xard  dXfpdßtjxoy  tov  fiBxatpQdcxov. 
'Jyuf  x6  ofÄfÄtt  xrjg  diayolag  dxBviaai,  oXiog^  ndxBQ,  ov  dvyafxai.  (Rythmische  Verse 
Strophenakrostichis;  identisch  mit  Nr.  29). 

i.V.  Paris.  426  a.  1488  fol.  164— 166^.  Politische  Distichen  mit  alphabetischer 
'ostichis.     Inc.  *Aqxv  ''^  xoc/äov  yiyoyBy  6  xxicxrjg  xtuy  dndyxtoy.     Vgl.  S.  257. 

20.  Paris.  925  s.  18  fol.  110-112'':  Erbauliches  Alphabet  in  Strophen  von  je 
imbischen  Versen,  von  denen  je  die  ersten  drei  an  der  Akrostichis  teilhaoen,  so  dass 
I  das  Schema  ergibt:  AAA  XXX,  BIfß  XXX  u.  s.  w.     Inc.  'Ayaßorjaoy,  (3  ^vxv*  ^9^ 

xsXovg. 

21.  Paris.  998  s.  16  fol.  139—141:  Nach  Epigrammen  des  Gregor  von  Nazianz 
;en:  Ixlxoi  tov  avtov  xaid  dXtpdßrjxoy,  ixaatov  cxixov  XBXBiay  nagalyBOiy  l/oyroc, 
Uxoi.  Inc.  "Axovaoy,  tS  naiy  xijg  ifjirjg  cvfißovXiag  ||  'Aqxv*^  ^<*'*'  Jtdyxwy  noiov  ^Boy  xai 
g.  II  BißXovg  xai  xiqdog  \pvxix6y<,  w  >  f^BXexa.  \\  Beßaioy  ovdiy  iy  ßit^  doxBi  nXioy.  Also 
bische  Doppelverse  mit  Doppelakrostichis.  Der  Name  des  Gregor  ist  wie  in  dem  oben 
ahnten  von  C.  Fr.  Müller  herausgegebenen  Alphabete  fälschlich  vorgesetzt. 

22.  Paris.  3058  s.  16:  Sammlung  von  Alphabeten,  die  bei  Boissonade  An.  gr.  4 
2)  436—445,  teilweise  auch  bei  Migne,  Patrol.  gr.  37,  908-910;  117,  1175-1180; 

1221  f.  ediert  sind. 

23.  Paris,  suppl.  gr.  690  s.  12  fol.  65^:  Alphabet  des  Symeon  Metaphrastes 
tfigne,  Patrol.  gr.  114,  131-133.  Ebenda  fol.  106'' f.:  Erbauliches  Alphabet  in  poli- 
len  Doppelversen  von  Kyriakos,  Metropoliten  von  Chonae. 

24.  Patm.  33  a.  941  fol.  2:  Jambisches  Alphabet.   Inc.  'Aqxv*'  ^ofju^B  ttay  oXtüy  Btyai 
Für  die  Autorfrage  ist  es  von  Wichtigkeit,  dass  schon   in   dieser  berühmten  alten 

les  Gregor  von  Nazianz  das  ihm  zugeteilte  Alphabet  steht.    Es  ist  nach  dem  Pat- 
;hen  Codex  abgedruckt   bei  J.  Sakkelion,  Üax/Äiaxij  ßißXiodijxfj,  Athen  1890  S.  18  f. 

25.  Vatic.  742  fol.  24:  Alphabetische  naQaivBCig. 

26.  Vatic.  Pal.  gr.  364  s.  14  fol.  217''— 218J:  Alphabet  in  politischen  Doppel- 
ien.  Titel  und  Anfang:  '-^QXV  ^V^  dXtpaßijxov  Ttsgi  'A&djbi  <xai>  xov  naQa&siaov.  aqxV 
xoüfiov  yiyoyBy  6  xtlctt^g  ttoy  andytay.    Also  wohl  identisch  mit  Nr.  19  (Paris.  426). 

27.  Vatic.  Pal.  gr.  367  s.  13  fol.  135:  „Symeonis  logotbetae  rov  &q6/äov  (im 
.  Vatic.  1277  fol.  33:  Iv/iBtuy  tov  MBtatpQaatov)  Alphabetum*.  Inc.  *An6  ßXB<pdQtay 
ivoy  dno  xagdiag  noyovg  \\  Uno  tpvxvi  fiBtdyoiay  ngoatpegtoK-ytt^  xilaxj).  Ebenda  fol. 
^:  Ein   anderes  Alphabet  im   gleichen  Masse.     Inc.   'AyaXoylfovj  ranBiyij  ^vx^  /uof*| 


720  Bysantiniache  litterainrgeMkiolite.    IL  Po«tUM)he  Uitaralsr« 

rraya&Xla.  Ebenda  fol.  lZ6^:"Er€Qoi  «rrZ/o»  xax*  dXipäßtjToy  nBQi  rov  fittraiov  ßin  n 
noirjfAa  xov  f^oya^ov  MaxttQiov  xov  KaXogirov,  \nc/And  ^v^^g  axeydl^m§Aew,  xltM 
ix  xag^lag, 

28.  Vatic.  Pii  II  47  s.  12  fol.  1---1'':  Zwei  Alphabete  des  Qregor  von  Nu 
Das  erste  beginnt:  *AqxV*^  dndvttov  xal  xiXog  noiov  ^Bor,  Das  zweite:  '^^QZ^y  f 
xojy  oXtay  eiyai  B-ioy. 

29,  Vindob.  tbeol.  gr.  231  (Nessel)  s  15  fol.  6^—8^:  -Tw/iy^V  «arrf  «If^ 
xov  Aoyo&ixov  xai  Mexa<pQaaxot  xv^ov  Ivfieuiy,  Uxog  d»,  Tr^d;  ro "fl^elftr Ab 
*'Ay(i}  x6  ofAfAtt  xrjg  diayoittg.     Schluss:  ^ii   xtay  dxontov  yorjxevftdxtay,      Alao  wohl  Um 

mit  Nr.  18  (Paris.  396). 

SO.  Vindob.  theol.  gr.  244  (Nessel)  s.  15:  Itfehrere  erbauliche  Alphabete;  i 
fol.  103^ — 104:  'AXq:dßijxoy  xaxayvxxtxoy  xal  \f;vxo}<ffX^S  Tte^l  xov  fiaxaiov  «oo/iov  n 
Inc,  "JydQtone  Tidaxcig.  Ed.  W.  Wagner,  Carmina  8.  242-247.  Vgl.  den  |  J 
liebes  ABC*  im  Abschnitte  «Vnlgärgriechische  Litt.*.  Ebenda  fol.  104:  'Titfiw  i 
ßfjToy,  noirjfÄtt  xvqov  Aioyxog  xov  £o<pov,  Inc.  'Addfi  xoy  nQtSxoy  dr&gmnoy  ^  S 
inotxB.  Die  Zuteilung  an  Leon  den  Weisen  beruht  sicher  auf  WillkQr.  Ueber  en  i 
Alphabet  dieser  Hs  vgl.  S.  257. 

298.  Ignaidos  mit  dem  Beinamen  iiapaxwQ  tm*  yQafifiomxäv  igt 
dem  Diakon  und  Metropoliten  Ignatios  (§  297)  verschieden,  der  Zeit  i 
etwa  ein  Menschenalter  später.  Wir  haben  von  ihm  mehrere  Epigrai 
und  eine  Elegie  an  seinen  Schüler  Paulos,  denselben,  an  welche  i 
das  Epigramm  Anthol.  Palat.  XY  30  gerichtet  ist.  Sein  Epigramm  aoj 
Wiedererbauung  der  Marienkirche  in  der  Vorstadt  Fege  (Anthol.  W 
109)  ist  zwischen  870  und  880  verfasst,  woraus  sich  mit  fast  abao 
Sicherheit  ergibt,  dass  er  mit  dem  Diakon  Ignatios  nicht  identisch 
kann.  In  einem  anderen  Epigramme  (Anthol.  Palat.  XV  39)  nennt  er 
Wiederhersteller  der  Grammatik: 

'lyydxiog  Xit&e  xsv^cy,  og  ig  tpdog  rjyayB  lixyv^ 
FQafjifjittfixrjy  Xij&tjg  xev&ofiiytjy  TteXdyBt. 

Wir  wissen  von  seinen  grammatischen  Arbeiten  nichts  Näheres;  doch  sti 
zu  seiner  Prahlerei  wenigstens  sein  Titel,  den  er  vielleicht  als  Profi 
der  vom  Caesar  Bardas  wiederhergestellten  Hochschule  in  Konstantii 
geführt  hat. 

1.  Die  Elegie  an  Paulos  ed.  P.  Matranga,  Anecdota  gr.  2  (1850)  664  ff.;  w 
holt  bei  Migne,  Patr.  gr.  117,  1174—1176.  —  Epigramme  in  der  Antholog.  Palati 
XV  29—31;  39.  —  In  dem  von  Leo  AUatius  geschriebenen  Cod.  Barber.  gr.  1741 
ist  das  Epigramm  des  Ignatios  Magistros,  Antholog.  Pal.  XV  29,  fälschlich  dem  Ig 
Diakonos  zugeteilt.  —  Vgl.  die  zu  §  297  angefahrt«  Litteratur,  bes.  Malier  und  De 
—  Fr.  Hanssen,  Philologus,  Suppiementb.  5  (1889)  204. 

2.  Von  einem  Erzbischof  Arsenios,  vielleicht  dem  Erzbischof  von  Ee 
(9.  Jahrb.),  über  dessen  Enkomien  S.  167  und  200  berichtet  ist,  haben  wir  ein  anal 
tisches  Gedicht  Elg  xtjy  XafinQay  xvQiaxijy.     Ed.  Matranga,  An.   gr.  2  (1850)  670- 

299.  Eometas  (Kofir^rag),  im  Besitze  der  Würde  eines  Xa^ovl 
und  des  Titels  SxoXaanxog^  wohl  identisch  mit  jenem  Kometas,  der 
dem  Jahre  863  Lehrer  der  Grammatik  in  Konstantinopel  war,  beschäl 
sich  mit  einer  Diorthose  des  Homer,  von  welcher  er  uns  selbst  ziei 
ruhmredig  in  zwei  Epigrammen  Kenntnis  gibt:  Anthol.  Palat.  XV  3i 
38.  Andere  Epigramme  von  ihm  in  der  Anthol.  Palat.  V  265;  IX  586, 
XV  36,  40;  das  letzte,  umfangreichste,  behandelt  die  Erweckung 
Lazarus.  Die  Person  des  Mannes  ist  nicht  näher  bekannt;  nur  be 
uns  eine  boshafte  Randbemerkung  der  Anthologie,  dass  er  durch  < 
hässlichen  Buckel  verunstaltet  war:  Anthol.  Palat.  ed.  Dtibner  II  S 
(=  ed.  Jacobs  HI  S.  834).  Vgl.  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  6,  361 
f!.  de  Muralt,  Essai  de  Chronographie  Byzantine  1  (1855)  438« 


2.  Profanpoesie.    (§§  298—300)  721 

800.  Leon  der  Weise  {yit'oav  o  aoifog^  auch  (piXoaotpog),  als  Nachfolger 
^  Makedoniers  Basilios  886 — 911  Kaiser  des  römischen  Reiches,  ein 
aurakterschwacher,  aber  emsig  mit  der  Feder  beschäftigter  Mann,  er- 
■leint  in  der  Litteratur  ebenso  unbedeutend  wie  in  der  politischen  Oe- 
■ichte  des  Reiches.  Wo  er  überhaupt  Selbständiges  leistet,  zeigt  er  sich 
einen  schwachen  Dilettanten,  unbehilflich  in  der  Form  und  voll  mysti- 
■ler  Sucht.  1.  Die  unter  Leons  Namen  überlieferten  Versifikationen 
.41  nicht  ohne  kulturhistorisches  und  sprachliches  Interesse.  Es  sind 
mbische  Verse  über  die  traurige  Lage  des  Reiches;  ein  Erbauungs- 

d  {tpSccQiov  xatavvxTixov)  in  sechszeiligen,  akrostichisch  geordneten 
*x>phen  (s.  §  289  und  297  Anm.  3);  Morgenlieder  {qjSccQia  itax^iva)  und 
jmliches.  Dazu  kommen  Epigramme  z.  B.  auf  ein  Lehrbuch  der 
r<hanik,  auf  die  Monate  der  Römer,  auf  die  Tierkämpfe  im  Zirkus  u.  s.  w. 
ne  wertlose  Spielerei  sind  seine  Krebse  {xaqxXvoi)  d.  h.  Verse,  welche 
Charts  und  rückwärts  gelesen  gleich  lauten,  z.  B.  'i2  yävog  ifiov,  iv  rp 
arov  eyo).    Grosses  Ansehen   genossen  in   der  byzantinischen  Welt  seine 

akelsprüche  {xQ'i<ff^oi)  über  künftige  Kaiser,  Patriarchen  und  die  Ge- 
nicke des  Reiches.  Vgl.  S.  628.  Durch  die  Existenz  gleichzeitiger 
Enonymer  Dichter  wird  für  manche  der  poetischen  Kleinigkeiten  die 
.'torschaft  des  Kaisers  zweifelhaft;  eine  genügende  Grenzscheidung 
jtechen  den  verschiedenen  Trägern  des  Namens  Leon  wäre  nur  auf 
Kind  einer  kritischen  Untersuchung  des  weit  zerstreuten  Handschriften- 
kterials  und  einer  genauen  metrisch-sprachlichen  Prüfung  der  einzelnen 
ücke  möglich.  Endlich  wird  der  Kaiser  in  dem  Lehrgedichte  des  Tzetzes 
0fi  UirSttQixMv  fibTQODv  als  Verfasser  einer  (uns  nicht  erhaltenen)  ana- 
ctischen  Inschrift  an  der  Sophienkirche  erwähnt.  J.  A.  Gramer, 
^cd.  gr.  Paris.  1  (1839)  78. 

2.  Mit  dem  Namen  des  Kaisers  sind  ferner  eine  taktische  Schrift 
ese  mit  Unrecht;  s.  S.  636),  die  Basiliken  (s.  S.  606),  Novellen 
d  ein  Verzeichnis  der  Patriarchensitze  (s.  S.  415)  verbunden. 

3.  Über  die  umfangreiche  Thätigkeit  Leons  auf  dem  Gebiete  der  Theo- 
rie vgl.  S.  168  f.  Dass  er  sich  auch  der  Kirchenpoesie  widmete,  be- 
tifien  einige  unedierte  Sachen  wie  ein  Kanon  auf  den  Palmsonntag, 
eder  auf  den  hl.  Clemens  von  Alexandria  u.  s.  w.  Seiner  theologischen 
biriftstellerei  wie  den  Orakelsprüchen,  die  schnell  zur  Popularität  ge- 
igten, verdankt  Leon  wohl  auch  den  Beinamen  des  Weisen. 

1.  Bequeme  Gesamtausgabe  der  Schriften  Leons  nach  den  sehr  zerstreuten  älteren 
icken  von  Migne,  Patrol.  gr.  107.  —  Die  Litteratur  zu  den  Orakeln  s.  S.  628;  zur 
Ictik  S.  637;  zu  den  Basiliken  S.  609;  zum  Verzeichnis  der  Patriarchen- 
Ke  S.  416;  zu  den  theologischen  Schriften  S.  168  f.  —  Zur  Bibliographie  und 
xidschriftenkunde :  Fabricius,  Biblioth.  gr.  ed.  HarL  7,  693—713. 

2.  Krebse  {xa^xtyoi)^  wie  sie  dem  Leon  zugeschrieben  werden,  stehen,  meist  anonym, 
vielen  Hss  z.  B.  den  Godd.  Athen.  1093;  Athous  3814  fol.  97;  BodL  Barocc.  68 
.  IM);  Vatic.  114  foL  98;  459  fol.  274;  1014  fol.  143;  1357  foL  43.  —  Krobsverse 
les  unbekannten  Rhetors  Leon  bewahrt  der  Cod.  Paris,  gr.  1720  fol.  73^:  £tixoi  ol 
f6fJUyoi  xa^xiyoi  dt«  to  ayayipojaxea&ai  kxaxiqta&sv  and  xrjg  ^QXV^  *^^  ^^^  tiXot^s, 
(•rroc  xal  ^xoqog,  Inc.  Noatoavog  rj  Xafjia  (so).  Darauf  folgen  ohne  Autorangabe  Irlxoi 
S  rdy  tpwriyya&oy.  Inc.  ^  rgavXoQQrjfiüiy,  tQavXenirgavXe  yyd&e,  Ebendort  fol.  99  lenden- 
kme  Fünfzehnsilber  des  Kopisten  der  Hs,  der  sich  Dimoires  {Jifioigrjg)  nennt,  über  die 
OD  ihm  abgeschriebenen  Kanones  des  Kosmas  und  des  Johannes  von  Damaskos. 

Bandbnoh  der  klaii.  Aliertiinifwi«eiiflcbaft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aufl.  Al^    ^ 


722 


BysanüniBohe  litieratiirgeaohiolite.    IL  Poetiseh«  Ltttorainr. 


301.  Leon  der  Philosoph,  nayiaxQogj  avi^vnatog  und  ncttqln9;^ 
in  Philosophie,  Astrologie  und  Medizin  erfahrener  Gelehrter  zur  Zeit 
des  Weisen,  Schüler  des  älteren  Psellos,  später  öffentlicher  Lehrer 
mathematischen  Wissenschaften  in  Eonstantinopel  und  öfter  als 
verwendet,  ist  wie  sein  kaiserlicher  Namens-  und  Zeitgenosse  dardi 
tische  Versuche  und  prosaische  Schriften  bekannt;  der  Grenzstreil 
zwischen  ihm  und  dem  Kaiser  ist  schon  oben   gedacht  worden, 
gehören  ihm  mehrere  epigrammatische  Gedichte  auf  Lukian,  aof 
Batrachomyomachie,  auf  die  drei  Philosophen  Archytas,  Piaton  und 
teles,  auf  Porphyrios,  auf  aristotelische  Definitionen  u.  s.  w.     Ed.  von 
Boissonade,  Anecd.  Graeca  2  (1830)  469—478.    Zwei  Verse  von 
auf  ein  Werk  des  Mathematikers  Theon  stehen  bei  Gramer,  Anecd. 
1  (1839)  399.     Ein  längeres  Gedicht,  in  welchem  er  sich  gegen 
Vorwurf  der  Gottlosigkeit  verteidigt  und  die  Verehrer  der  helleim 
Götter  verflucht  ^AnoXoy(a  Aäovxoq  zov  qiXoaofpov^  xox^*  fjv  Xquixif 
(fäßsi^  Tcc  '^Ellijvwv  S^  (pavXiXei),  ist  wahrscheinlich  gegen  die  unten  n 
wähnenden  Schmähverse  seines  Schülers  Konstantin  gerichtet.    In 
vierzeiligen  Epigramme  gedenkt  er  seines  Lehrers  Photios,  der 
mit  der  Milch  göttlicher  Weisheit  genährt  habe.    Auf  die  erwähnten 
ihn  erhobenen  Vorwürfe  bezieht  sich  wohl  auch  das  kleine  jambiscl 
Stück,  in  dem  er  klagt,  dass  Bildung,  Ehre  und  Gottesfurcht  verschi 
den  sei  und  nur  noch  Schurkerei,  Lüge  und  rohe  Gewalt  herrsche, 
näheren  Umstände  der  gegen  Leon  geschmiedeten  Intriguen  kennen 
nicht;   doch  ist  zu  vermuten,   dass  dieselben   mit  dem  Konflikte 
Photios  und  dem  Kaiser  Leon  in  Zusammenhang  stehen.    Diese  3 
sind  ed.  von  Matranga,   Anecd.  gr.  2  (1850)  557 — 560,  wo  sie 
dem  Kaiser  Leon  zugeschrieben  werden.     Wahrscheinlich  gehören 
selben  Leon  auch  die  anakreontischen  Gedichte  auf  die  Hochzeit 
Kaisers  Leon,    auf  ein  von  diesem  Kaiser  erbautes  Bad  und  auf  Hc 
die  Gemahlin  des  jungen  Konstantin,   die  Matranga  a.  a.  0.  561- 
ediert  und  Th.  Bergk,  Poetae  lyr.  Gr.  3,  1091—97  wiederholt  hat; 
lieh  wohl   auch  einige  TQOTtccQiUy   die  in  den  Menäen  unter  dem 
Abovtog  fiayicTQOv  oder  fiatffzoQog  gehen.     Verloren  scheint  ein  aus  1( 
Versen  bestehendes  theologisches  Lehrgedicht,  welches  Leon  in 
Jugend  unter  Kaiser  Michael  (also  noch  vor  867)  verfasste.     Ein  kidi 
Fragment  desselben  bewahrt  der  Cod.  Bodl.  Barocc.  76  fol.  381  rat 
dem  Titel:  Aäovxoq  fiayitrTQOV  äv&vndxov  natQixiov  ix  Ttjg  naq   avrov 
(p€i(frig  xiXirOax(%ov  d'€oXoy(aq^  iv  %oTq  xqovoiq  tov  ßatfiXicog  Mixatjl  xal  Ba( 
KaiffaQoq,     Beginn:  Oeog  zo  Sizzov  ovx  ix(av  z(ov  nvsviiaztav. 

Von  prosaischen  Schriften  Leons,  die  noch  unediert  sind,  ne 
Du  Gange  ein  Werk  über  Königtum  und  Fürsten;   dazu   kommen  Brie! 
und  eine  astrologische  Schrift.     Ein  Bruchstück  derselben  scheint 
Traktat  über  die  Bedeutung  von  Sonnen-  und  Mondsfinstemissen  (i 
rjXiaxijq   ixXeCipsonq   zr^q   iv   z^   ßatriXixcp    ZQiycivtf   zov   (foqxozäzov  Asqy%9 
welchen  C.  Hertlein,  Hermes  8  (1874)  173—176,  veröffentlicht  hat 
sich  hieraus  ergibt,   dass   sich   auch  der  „Philosoph*  Leon   der  geheii 
Kunst  hingab,  mag  man  ihm  auch  die  unter  dem  Namen  Leons 


2.  Profanpoesie.    (§§  801—803)  723 

ferte  Anleitung  zur  Wahrsagekunst  zuteilen,   die  S.  631  Anm.  4 
wähnt  ist. 

1.  Za  den  Epigrammen  vgl.  P.  Wolters,  Rhein.  Mns.  88  (1883)  115  ff.  und  Leo 
ernbach,  Anihologiae  Planudeae  appendix  Barbarino-Vaticana,  Leipzig  1890  S.  84  ff.  — 
'iefe  Leons  an  den  gefürchteten  Bulgarenfürsten  Symeon,  dem  der  pedantische  Byzan- 
ter  Vorschriften  über  den  richtigen  Gebrauch  der  Yemeinungswörter  erteilt,  an  Kaiser 
)on  und  an  den  dvdvnaxoq  und  naxqixiog  Genesios  nebst  einigen  an  Leon  gerichteten 
hreiben  eines  Symeon,  eines  Anastasios  xoiaicttaQ,  eines  Thomas  najQlx^og,  Prokopios 
a&dQiog  n.  a.  edierte  aus  Cod.  Patm.  178  J.  Sakkelion,  JsXxLov  1  (1883—84)  377—410, 
t  Einleitung  und  Kommentar.  Dazu  vgl.  N.  Polites,  BovXyaqog  ijyeutoy  xal  BvCärtwg 
tXtofjLdxTig,  'Fdfxia  20  (1885)  803—807. 

2.  Verschieden  von  dem  Philosophen  Leon  ist  Leon  Magistros,  mit  dem  Bei- 
.men  KaxaxvXag,  der  ebenfalls  Zeitgenosse  und  Vertrauter  Leons  des  Weisen  war  und 
I  MSnch  im  Kloster  Sigriane  (fJ^ovif  Ziygutt^g)  starb.  Wir  kennen  ihn  durch  eine  aus- 
hrliche  Erwähnung  bei  Konstantin  Porphyrogennetos,  De  cerim.  S.  456  f.  ed. 
»nn.;  er  wird  dort  als  ein  sehr  frommer,  aber  wenig  gebildeter  Mann  —  fiovaixrjg  'EXXrj- 
t^g  dfihoxog  —  geschildert,  der  im  Auftrag  des  Kaisers  Leon  ein  Work  über  das  Zere- 
tniell  und  Gefolge  bei  kaiserlichen  Reisen  geschrieben  habe.  Konstantin,  der  diese  Schrift 
nützte,  rügt,  dass  sie  rtoXXd  ßnQßaQa  xb  xal  aoXoixa  xal  dcvvxa^lag  enthalte. 

302.  Konstantin  der  Sizilier  {Koavaravtivog  6  Sixslog  oder  Sixs- 
oitr^g),  Schüler  des  „Philosophen"  Leon,  gehört  in  den  Kreis  der  um  Leon 
in  Weisen  versammelten  Gelehrten,  welche  nach  dem  Vorbilde  ihres  Herr- 
liers  und  ihm  zu  Gefallen  sich  gelegentlich  in  poetischen  Leistungen  er- 
ngen.    Er  bedient  sich  mit  Vorliebe  anakreontischer  Masse  und  einer 

phabetischen   Akrostichis.      Die    wenigen    uns    erhaltenen   Proben 

tichnen  sich   durch  lebendige  Natürlichkeit  aus  und  sind  frei  von  dem 

uiegyrischen  Schwulste   der  in  Byzanz  üblichen  Hofpoesie.     Ein  weh- 

lltiges  Klagelied  schildert  seinen  Schmerz  über  den  Untergang  seiner 

Ltem  und  Geschwister  auf  einer  stürmischen  Seereise:  Stix^i  'AvaTCQsovteioi 

t%d   dXfpdßrjTov  Ka)V(fTavTCvov   xfikodoxfov  %ov  JSixelov  xivdwBvd'ävrcDV  %£v 

vi'iov  auTov  xal  ddeX^civ  iv   &akaTtr],    Ein  hübscher  Versuch  ist  sein 

3 akreontisches  Liebeslied:  'SiiSagiov  iQcorixov  Si  avaxQäovzog  xal  xov^ 

'^IXiov  XaßovTog  (?)  ttjv  vno&eaiv  ix  fieXipiov  tivog.     Dazu  kommt   sein 

v*axQ€6v%€iov  XOüQig  draxXcofiävcov  •  TtQcg  riva  igm^ra  naqd-ävöv.     Drei  Ge- 

chte  richten  sich  in  scharfer,  uns  nicht  verständlicher  Polemik  gegen 

inen   Lehrer  Leon:   Srixoi  t^qcoixoI  xal  iXsysiaxol  elg  Aäovra  g>iX6coq)ov, 

Das  'SUdd^ior  igtoxMoy  ed.  J.  A.  Gramer,  An.  Paris.  4  (1841)  380—383.  —  Die 
deren  Sachen  ed.  Matranga,  Anecd.  Gr.  2  (1850)  555  f.  und  689-698.  —  Zum  Teil 
herholt  von  Th.  Bergk,  Poetae  lyr.  Gr.  3  (1867)  1085—1090.  —  Die  Gedichte  gegen 
on  auch  hei  Migne,  Patrol.  gr.  107,  Praef.  LXI  ff. 

303.  Konstantin  der  Bhodier  (K(avarav%tvog  6  ^P6Siog)j  seines  Zeichens 
otar,  später  Hofgeistlicher,  lehte  im  Anfange  des  10.  Jahrhunderts.  Dass 
'^  wie  Reiske  vermutete,  mit  Konstantin  Kephalas  identisch  sei,  lässt 
ch  nicht  beweisen  und  ist  aus  verschiedenen  Gründen  sogar  sehr  unwahr- 
tlieinlich.  Das  Hauptwerk  des  Rhodiers  ist  eine  aus  981  Trimetern  be- 
ehende  Beschreibung  der  Apostelkirche  in  Konstantinopel,  die  er 
"i  Auftrage  des  Kaisers  Konstantinos  VH  Porphyrogennetos  und  zwar, 
ie  sich  aus  einigen  Anspielungen  mit  Sicherheit  ergibt,  zwischen  931  und 
14  verfasst  hat.  Die  Überschrift  lautet  in  dem  einzigen  bis  jetzt  be- 
annten  Codex  (Athous  Laur.  170):  Stfxoi  KtavaravtCrov  äarjxQivi]  zov 
of/av.  Nach  einer  Widmung  an  den  Kaiser  (V.  1 — 18)  gibt  der  Dichter 
nächst  als  Prooemion  eine  Schilderung  der  sieben  Wunder  von  Kon- 


724  BysantiniBohe  litteratiirgesohiohte    IL  Poettoolie  Liit«nitiir. 

stantinopel  (V.  19—254);  dann  handelt  er,  um  den  Übergang  zum 
thema  zu  gewinnen,  ausführlich  von  seinen  dichterischen  Talenten, 
Tugenden  des  Kaisers  und  der  unendlichen  Schönheit  der  Hi 
(V.  255—422);  endlich  wendet  er  sich  zur  Beschreibung  der  A] 
selbst  (V.  423—981).  Aus  mehreren  Äusserungen  des  Dichters  (V.  2(81 
282)  geht  hervor,  dass  er  auch  die  Hagia  Sophia  geschildert  hat 
wenigstens  schildern  wollte.  In  der  That  ist  das  Gedicht  am  Ende 
bar  verstümmelt;  doch  wird  nicht  klar,  ob  nur  der  Schluss  der  Beschrefl 
der  Apostelkirche,  wie  die  Überschrift  vor  V.  19  anzudeuten  scheint^ 
noch  ein  weiterer  Abschnitt,  der  die  Sophienkirche  behandelte,  vc 
gegangen  ist.  Konstantin  kannte  die  geschilderten  Bauwerke 
aus  eigener  Anschauung;  er  hat  sogar  die  Theodosiossäule  bestiegen 
von  derselben  das  Panorama  der  Hauptstadt  bewundert  (V.  216  f.). 
zweifellos  hat  er  auch  —  er  wäre  sonst  kein  echter  Byzantiner  — 
liehe  Quellen  benützt,  wahrscheinlich  eine  Beschreibung  der  Stadt  in 
Art  der  Patria  (s.  S.  423  flf.).  Dasselbe  Werk  hat  später  auch  der 
nist  Kedrenos  für  seinen  Exkurs  über  die  Bau>^erke  und  Statuen 
Konstantinopel  (I  563  ff.  ed.  Bonn.)  verwertet,  und  seine  Darstellung  K 
daher  in  erster  Linie  zur  Yergleichung  beizuziehen.  Stofflich  bietet 
Gedicht  wie  alle  poetischen  und  prosaischen  Ekphrasen  der  Byzantii 
weniger,  als  man  erwartet;  immerhin  aber  wird  durch  die  Beschr^ 
der  Mosaikbilder  der  Apostelkirche  eine  Lücke  in  der  byzantinischen  Ei 
geschichte  ausgefüllt,  und  die  Schilderung  der  angeblich  vom  Artei 
in  Ephesos  stammenden  Broncethüren  des  Senats  enthält  Details,  die 
Kedrenos  fehlen.  An  litterarischer  Bedeutung  steht  das  Gedieht  tief 
den  verwandten  Werken  des  Paulos  Silentiarios.  Das  erträgiic 
Stück  ist  die  allgemeine  Schilderung  der  unvergleichbaren  Pracht  von 
stantinopel,  ein  in  der  byzantinischen  Litteratur  unzähligemal  behanj 
Vorwurf  (V.  321  ff.);  hier  erfreuen  mehrere  hübsche  Gedanken  dl 
passende  Vergleiche.  Im  übrigen  aber  verrät  Konstantin  nur  zu  sehr  seitt 
mangelhafte  Kenntnis  des  Stoffes  und  seine  Unfähigkeit  klar  und  ansdi» 
lieh  zu  schildern;  seine  Darstellung  leidet  an  selbstgefälliger  Breite  d{ 
dilettantenhafter  Plumpheit.  Dem  hellenischen  Altertum  steht  derBhodkrj 
noch  mit  unversöhnlicher  Schärfe  gegenüber.  Antike  Bildwerke  enrtW 
er  nicht,  ohne  sich  durch  scharfe  Hiebe  auf  den  blinden  Wahn  der  ab»| 
scheulichen  Hellenen,  auf  das  Thorengeschlecht  von  Hellas  u.  s.  w. 
sal vieren.  Nach  ihm  hätte  Konstantin  der  Grosse  die  antiken  Kunstweibj 
nur  deshalb  nach  Konstantinopel  geschafft,  damit  sie  der  Stadt  zum  Sehens, 
den  Kindern  zum  Spielzeug  und  den  Männern  zum  Gelächter  dient« 
(V.  151  f.).  Den  Kaiser  Konstantin  Porphyrogennetos  vergleicht  ernÄ' 
einem  fruchtbaren  Baume  der  Musen  d.  h.  der  göttlichen  Tugenden,  viäk 
jener  Musen,  „die  der  freche  Homer  beschreibt"  {ovx  Sg^'Ofjti^gog  o^Q^^ 
dvaYQd(p€i) ,  sondern  derer,  die  der  gewaltige  Salomon  mit  goldeT^« 
Kränzen  schmückt.  Sein  eigenes  Gedicht  nennt  er  das  helle  Lied  i^ 
Nachtigall  und  meint,  seine  Trimeter  übertreffen  an  Schönheit  die  ^^^ 
klingende  Leier  des  Orpheus,  der  nur  böses  Dämonengezücht  besungen  ^^ 
Ausser  dieser  poetischen  Ekphrase  haben  wir  von  Konstantin  ©*-^ 


2.  Profanpoesie.    (§  304)  725 

ramme  im  15.  Buche  der  Anthologie  und  mehrere  recht  geschmack- 
Spottgedichte  in  byzantinischen  Trimetern.  Ein  Stück  An  Leon 
irosphaktes  {IlQog  tov  XoiQoatfdxtriv  A6o\*Ta)  besteht  fast  ganz  aus 
ophanischen  Wortungeheuern,  von  denen  jedes  einen  Vers  fUUt;  so 
Leon  angesprochen: 

schale  Witz  dreht  sich  meist  um  den  verhängnisvollen  Namen  Leons 
weinemetzger".  Im  gleichen  Tone  ist  ein  Gedicht  gegen  den  Eunuchen 
odor  aus  Paphlagonien  gehalten,  in  welchem  abermals  Vergleiche 
dem  Schweineleben  und  lange  Komposita  humoristisch  wirken  sollen. 
Paphlagonier  war,  wie  es  scheint,  ein  Kind  gleichen  Geistes;  denn 
Beschluss  der  Sammlung  bilden  wechselseitige  Spottepigramme, 
reichen  Theodor  und  Konstantin  sich  in  rohen  Beschimpfiingen  zu 
trumpfen  suchen.  Es  sind  wüste  Verse,  neben  welchen  unsere  bäue- 
len  Trutzschnaderhüpfeln  als  Muster  von  Feinheit  und  Witz  bestehen 
len.  Wir  vermögen  dieser  ungeschlachten  Derbheit  kein  Verständnis 
gewinnen ;  sie  gehört  aber  zu  den  echtesten  Seiten  des  byzantinischen 
cns  und  kehrt  auch  später  in  manchen  Anekdoten  und  bei  Poeten  wie 
hoprodromos  unverfälscht  wieder. 

Die  Beschreibung  der  Apostelkirche  ed.  pr.  nach  einer  Photographie  der  Athoshs 
)grand,  Revue  des  ^t.  gr.  9  (1896)32-65.  Ebenda  S.  66— 103  eingehender  archaeo- 
her  Kommentar  von  Th.  Reinach.  —  Unabhängig  von  dieser  Ausgabe  erschien 
)  Wochen  später  eine'  zweite  Ausgabe  von  G.  F.  Begleri,  Der  Tempel  der  hll.  Apostel 
andere  Denkmäler  von  Konstantinopel  nach  der  Beschreibung  des  Konstantin  von 
>s,  Odessa  1896  (Titel  und  Einleitung  russ.).  Doch  beruht  diese  Ausgabe  auf  der 
haften  Abschrift  des  LauramOnches  Alexander  und  ist  daher  weniger  korrekt  als  die 
•sische.  —  Endlich  wird  (vgl.  die  Ausgabe  von  Begleri  S.  2  Anm.)  eine  dritte  Aus- 

zu  Athen  gedruckt,  welcher  ein  Versuch  einer  Geschichte  der  jambischen  Dichtung 
^n  Byzantinern  und  ein  Plan  der  Apostelkirche  beigegeben  werden  soll.  —  Die 
;edichte  ed.  P.  Matranga,  Anecd.  gr.  2  (1850)624-632.   Vgl.  seine  Praefatio  S.  33. 

Wolters,  Rhein.  Mus.  38  (1883)  117  ff. 

304.  Die  griechischen  Anthologien.  In  keiner  Litteraturgattung 
lio  Überliefeiningsgeschichte  mit  der  inneren  Entwickelung  so  enge 
unden  wie  in  der  Epigrammatik.  Denn  ihre  Erzeugnisse,  die  teils 
Srabsteinen,  Weihgeschenken,  Statuen  und  anderen  Denkmälern  Zer- 
it waren,  teils  als  Begleitschreiben  fiir  Oeschenke,  auf  einzelnen  Flug- 
ern oder  in  knappen  Beständen  umherirrten,  mussten,  ähnlich  wie  die 
inittenen  Steine,  mit  denen  man  sie  verglichen  hat,  ohne  systematische 
lung  und  Aufbewahrung  bald  verloren  gehen  oder  im  günstigsten 
i  der  bequemen  Lektüre  entrückt  bleiben.  In  der  That  werden  die 
ankenden  Schicksale  der  epigrammatischen  Dichtung  in  der  nach- 
iisehen  Zeit  am  besten  verständlich,  wenn  man  die  Geschichte  ihrer  Über- 
rung   studiert.     Ihre    wichtigsten   Blüteperioden   werden    durch    eine 

ige  Sammelthätigkeit  bezeichnet,  die  in  der  Regel  teils  eine  be- 
ende Folge  schon  bestehender  Blüte  war,  teils  eine  Blütezeit  vorbe- 
te und  einleitete.  Die  erste  Sammlung  von  buchmässig  tiberlieferten 
rammen,  in  der  Meleagros  von  Oadara  um  60  v.  Chr.  die  schönsten 
n  des  Archilochos,  des  Anakreon,  der  Sappho,  des  Simonides  und  der 
mdrinischen  Dichter  unter  dem  Titel  2tt(favog  vereinigte,   entstand 


726 


ByzantiniBohe  LitteraturgMohiolita.    II.  Poetisdie  Liitonitar. 


sicherlich  unter  dem  Einflüsse  des  im  1.  Jahrhundert  v.  Chr.  neu  emwi 
Interesses  an  der  klassischen  und  alexandrinischen  Eleinpoesie.  Ik 
stehen  die  Sammlungen  der  ersten  Eaiserzeit,  die  des  Philippoi 
Thessalonike  (um  40  n.  Chr.),  des  Straten  von  Sardes  (höchst  i 
scheinlich  im  2.  Jahrhundert  n.  Chr.)  und  des  Diogenianos  aus  H< 
klea  (im  2.  Jahrhundert  n.  Chr.),  im  Zusanmienhange  mit  dem  das  L 
2.  Jahrhundert  n.  Chr.  beherrschenden  litterarischen  und  künstleiia 
Klassizismus  und  der  erneuten  praktischen  Pflege  des  gelehrten  und  g 
reichen  Spieles  der  Epigrammatik.  Dann  folgte  in  der  epigrammai» 
Produktion  wie  in  der  Sammlung  und  Sichtung  des  vorhandenen  Hifai 
eine  lange  Ebbe. 

Erst  im  6.  und  7.  Jahrhundert  n.  Chr.  nahm  die  Epigranunatik  e 
neuen  Aufschwung,  und  das  Sinngedicht  mit  der  verwandten  Spielait 
poetischen  Schilderung  wurde  sogar  zur  vorherrschenden  Dichtongi 
Unter  Kaiser  Anastasios  verfasste  Christodoros  aus  Koptosinlgf 
seine  berühmte  Schilderung  der  Statuen  des  Gymnasiums  des  Zeuxippo 
Konstantinopel,  Johannes  von  Gaza  seine  poetische  Ekphrase  einer? 
karte, >)  Marianos  Epigramme.  Unter  Justinian  schrieb  Paulos  Silf 
arios  zahlreiche  Epigramme  und  eine  Schilderung  der  Sophienkirche 
ihrer  Kanzel.^)  Andere  Epigrammendichter  aus  der  Zeit  des  Jmti 
sind  Makedonios,  Julianos  aus  Ägypten,  Leontios  Scholasti 
(d.  h.  Anwalt)  und  der  geistvolle  Agathias.  Den  Abschluss  dieser  Pei 
bildet  Georgios  Pisides,  der  in  der  ersten  Hälfte  des  7.  Jahrhuiu 
neben  der  historischen  und  beschreibenden  Dichtung  auch  das  Epigri 
pflegte.  Die  Leistungen  dieses  Kreises  von  Dichtem  werden  freilich  d 
die  allgemeinen  kultureUen  und  litterarischen  Verhältnisse  und  den 
torischen  und  scholastischen  Geschmack  der  Zeit  niedergedrückt,  und 
einzelne  ihrer  Epigramme  lassen  sich  an  Feinheit  der  Gedanken  und 
endung  der  Form  mit  denen  der  Alton  vergleichen.  Den  Höhepunkt 
zeitlich  betrachtet,  den  Mittelpunkt  dieser  etwa  anderthalb  Jahrhuw 
dauernden  Blüte  der  epigrammatischen  Dichtung  bildet  Agathias.  1 
es  auch,  der  durch  eine  Sammlung  von  Epigrammen  zeitgenössu 
Dichter,  denen  er  seine  eigenen  beimischte,  das  lebhafte  Interesse  8 
Zeit  für  diese  Gattung  zum  Ausdrucke  brachte  und  dadurch  sowohl 
die  Erhaltung  der  vorhandenen  Werkchen  als  für  die  Anregung  i 
wirkte.  3)  Während  die  früheren  Sammler  den  Stoff  alphabetisch  geo 
hatten,  hat  Agathias  seine  Sammlung  nach  den  Gegenständen  (Widm 
inschriften,  Beschreibungen  von  Kunstwerken,  Grabgedichte,  Sei 
gedichte  u.  s.  w.)  eingeteilt.  Ein  Teil  der  Sammlung  des  Agathiai 
der  umfangreichen  teils  in  Trimetern  teils  in  Hexametern  abgefasstei 
leitung  ist  später  in  die  Anthologia  Palatina  (s.  u.)  übergegangen  ui 
auf  solche  Weise  erhalten  worden. 

In  der  zweiten  Hälfte  des  7.  und  im  Verlauf  des   8.  Jahrhu 
hören  wir  so  gut  wie  nichts  von  Sinngedichten  und  auch  die  Übe 


*)  Vgl.  W.  Christ,  Geschieht«  der  grie- 
chischen Litteratur^  (1890)  S.  663. 


2)  Vgl.  W.  Christ,  a.  a.  0.  S. 
»)  Vgl.  S.  241. 


2.  Profanpoesie.    (§  304)  727 

^sgeschichte  der  alten  Epigramme  während  dieser  Zeit  ist  in  Dunkel 
lllt.  Erst  mit  dem  Anfange  des  9.  Jahrhunderts  beginnt  eine  neue 
>ezeit  der  Epigrammendiehtung,  die  bis  gegen  das  Ende  des  12.  Jahr- 
derts  andauert.  Ihre  Hauptvertreter  sind  im  9.  Jahrhundert  Theodoros 
Utes,  im  10.  Johannes  Geometres,   im  11.  Christophoros  von  Mytilene 

Johannes  Mauropus,  im  12.  Theodoros  Prodromos.  Auch  in  dieser 
iode  geht  mit  dem  dichterischen  Schaffen  das  Sammeln  und  Sichten 
id  in  Hand.  Gerade  in  der  Mitte  des  Zeitraumes,  der  zwischen  Theo- 
>8  Studites  und  Johannes  Geometres  liegt,  etwa  um  das  Jahr  900  hat 
Thessalier,  der  im  Dienste  Leons  des  Weisen  stand,  eine  kleine 
mlung  von  Epigranmien  veranstaltet  und  einem  gewissen  Euphemios 
idmet  (daher  als  „Sylloge  Euphemiana*"  bezeichnet).  Eine  ähnliche 
:ie  Sammlung  veranstaltete  viel  später  ein  Unbekannter,  indem  er  die 
^ramme  und  Gelegenheitsdichtungen  des  Johannes  Geometres  mit  älteren 
^rammen  vereinigte.  Sie  steht  im  Codex  Paris,  suppl.  gr.  352; 
§  306  Anm.  3.  Weit  reichhaltiger  ist  eine  Sammlung,  die  ungefähr  um 
3lbe  Zeit  wie  die  Sylloge  Euphemiana,  im  Anfange  des  10.  Jahrhunderts, 
tanden  ist,  die  des  Eonstantinos  Eephalas  {KavcfTavTTvog 6 K€(pakag). 
ist  uns  in  einem  einzigen  Exemplar,  dem  berühmten  Codex  der 
liotheca  Palatina  in  Heidelberg,  erhalten,  nach  welchem  sie  ge- 
nlich  Anthologia  Palatina  benannt  wird.  Eephalas  hat  die  Epi- 
nme  nach  den  Gegenständen  in  Eapitel  eingeteilt;  doch  lassen  sich 
^Eigentümlichkeiten  der  ursprünglichen  Anordnung  der  Hauptquellen, 
denen  er  geschöpft  hat,  noch  da  und  dort  deutlich  erkennen.  Ausser 
eren  Sammlungen  wie  denen  des  Meleagros,  Philippos  und  Agathias 
itzte  Eephalas  eine  Sammlung  von  Aufschriften  auf  Grabsteinen  und 
werken,  die  ihm  ein  gewisser  Magistros  Gregorios  überlassen  hatte. 
h  Epigi-amme  einiger  Zeitgenossen  wie  des  Ignatios,  Eometas  und  Eon- 
tin  von  Rhodos  nahm  er  auf.  Übrigens  ist  nachgewiesen,  dass  nicht 
im  Codex  Palatinus  enthaltenen  Eapitel  von  Eephalas  herrühren.  Seine 
eit  beginnt  offenbar  erst  mit  dem  nach  Jacobs'  Zählung  vierten  Eapitel 
Handschrift,  das  durch  die  Prooemien  des  Meleagros,  Philippos  und 
thias  eingeleitet  wird,  und  schliesst  wahrscheinlich  mit  den  Enaben- 
rammen  des  Straten.  Die  Sammlung  des  Eephalas  ist  ein  herrliches 
^nis  für  das  Wiederaufleben  des  Geschmackes  am  Sinngedichte  und 
lat  sicherlich  in  den  folgenden  Jahrhunderten  mannigfache  Anregungen 
^ben.  Der  erste  und  fleissigste  Leser  der  Anthologie  des  Eephalas, 
\v^ir  kennen,  war  Suidas,  der  in  seinem  Lexikon  häufig  Epigramme 
iner  mit  dem  Codex  Palatinus  genau  übereinstimmenden  Form  zitiert. 

Endlich  hat  am  Ende  des  13.  oder  im  Anfang  des  14.  Jahrhunderts 
limos  Planudes  eine  neue  Sammlung  von  Epigrammen  veranstaltet, 
3r  unter  dem  Titel  ^Avx^oXoyia  diaffoQcov  iTnYQccfifidrcov  veröffentlichte. 
1^   er  ordnete  die  Epigramme  nach  den  Gegenständen,  ging  aber  hierin 

weiter  als  Eephalas,   indem   er   die   ganze   Sammlung  in   7  Bücher 

diese  wiederum  nach  den  Materien  in  zahlreiche  Eapitel  einteilte, 
cier  Auswahl  Hess  er  sich  weniger  durch  den  poetischen  Wert  als 
t&   die  Rücksicht  auf  die  sittliche  Reinheit  und  auf  den  Geschmack 


i 


728  Byzantinische  Litteratargesohiohte.    IL  Poetisohe  Lütamtar. 

seiner  Zeit  bestimmen.  Daher  schloss  er  die  erotischen  Epigramn 
und  bevorzugte  sichtlich  die  Erzeugnisse  der  byzantinischen  Zeit 
Hauptquelle  war  die  Anthologie  des  Kephalas;  daneben  hat  er  aber 
die  eine  oder  andere  grössere  Sammlung,  die  dem  Eephalas  voiiag; 
ständig  benützt;  daraus  erklärt  sich,  dass  er  (namentlich  im  4.  B 
eine  ansehnliche  Zahl  von  Epigrammen  bietet,  die  bei  Eephalas  I 
Er  bildet  mithin  eine  nützliche  Ergänzung  zur  Anthologia  Palatina. 
die  früheren  Sammlungen,  hat  auch  die  des  Planudes  auf  die  6|ij 
matische  Produktion  befruchtend  gewirkt.  Einige  Jahrzehnte  laA 
Veröffentlichung  erstand  in  Manuel  Phil  es  ein  Poet,  der  sich  u 
Spielarten  der  alten  Epigrammatik,  freilich  meist  mit  wenig  Glüd 
suchte.  Weitere  Anregungen  hat  die  Sammlung  in  Byzanz,  wo  £ 
aussetzungen  für  das  Gedeihen  einer  von  dem  sozialen  Wohlbefin 
sehr  abhängigen  Dichtungsart  verloren  gegangen  waren,  nicht  md 
vorbringen  können;  dagegen  hat  sie  auf  die  italienische  und  t 
abendländische  Epigrammatik  einen  nachhaltigen  Einfluss  ausgeübt 
während  die  Sammlung  des  Eephalas  durch  die  des  Planudes  ve 
wurde  und  bis  in  die  neuere  Zeit  fast  vergessen  blieb,  ist  die  Anl 
Planudea  seit  dem  Ausgange  des  15.  Jahrhunderts  wiederholt 
gegeben,  fleissig  erklärt,  übersetzt  und  gelesen  worden. 

1.  Ausgaben:  Die  älteren  Ausgaben  enthalten  nur  die  Anthologia  PI 
£d.  pr.  Janos  Laskar is,  Florenz  1494.  Beschreibung  dieser  Ausgabe  bei  E.  L 
Bibliogr.  hell.  1  (1885)  29—38.  —  Wiederholt  mit  einem  kritischen  Anhang 
Aldus  1503,  1521,  1550  und  öfter  nachgedruckt.  —  Florilegium  diversomm  epigri 
veterum  excud.  H.  Stephanus,  Paris  1566.  —  Die  wichtigsten  neueren  Leistoi 
dankt  man  Brunck  und  Jacobs:  R.  Fr.  Phil.  Brunck  ed.  die  Anthologie  in  seil 
lecta  veterum  poetarum  graecorum,  3  Bde,  Strassburg  1772—1776.  —  Diese 
wiederholte  in  neuer  Redaktion  mit  Indices  und  eingehenden  Kommentaren  Fr. 
Anthologia  graeca,  13  Bde,  Leipzig  1794—1814.  —  Die  Anthologia  Palatii 
erst  viel  später  als  die  Planudea  in  ihrer  Bedeutung  erkannt  und  verwertet.  Den 
Nachtrag  gab  aus  dem  Codex  Palatinus  zuerst  J.  Reiske,  Anthologiae  graeca« 
stantino  Cephala  conditae  libri  III,  Leipzig  1754.  —  Auch  Brunck  und  Jacobs  a. 
nützten  schon  die  palatinische  Anthologie.  Zu  seinem  vollen  Rechte  kam  der  C 
latinus  erst  in:  Anthologia  graeca  ad  fidem  codicis  Palatini  nunc  Parisini  ex  f 
(iothano  edita.  Curavit  et  adnotationem  criticam  adiecit  Fr.  Jacobs,  3  Bde 
1813 — 1817.  —  Ohne  selbständige  Bedeutung  ist  die  Editio  Tauchnitiana 
Leipzig  1819;  wiederholt  1872.  —  Eine  neue  Ausgabe  der  palatinischen  und  plani 
Anthologie  nebst  sonstigen  Supplementen  mit  Kommentaren  und  Indices  erschien 
in  drei  Bänden.  Die  ersten  zwei  besorgte  Fr.  Dübner,  den  dritten,  weniger 
Cougny,  Paris  1864,  1872,  1890.  —  Eine  Ergänzung  zur  Anthologie  des  Pia 
aus  Cod.  Barber.  I  123  und  Cod.  Vatic.  gr.  240  Leo  Sternbach,  Ajithologiae  1 
appendix  Barberino-Vaticana,  Leipzig  1890  (mit  reichlichem  Kommentar).  —  Ei 
scheint  jetzt  eine  handliche  Ausgabe  der  Anthologien  in  der  Bibliotheca  Teu 
Anthologia  graeca  epigrammatum  Palatina  cum  Planudea  ed.  H.  Stadtmüller, 
vol.  I,  Leipzig  1894. 

2.  Uebersetzungen:  Berühmt  ist  die  lateinische  Uebersetzung  v< 
Grotius,  gedruckt  in  Anthologia  graeca  cum  versione  Latina  Hugonis  Grotii 
Hieronymo  de  Bosch,  5  Bde,  Utrecht  1795—1822.  —  Auch  in  der  Editio  Did 
eine  lateinische  Uebersetzung  beigegeben.  —  Deutsche  Uebersetzung  von  W.  l 
und  G.  Thudichum,  9  Bdchen,  Stuttgart  1838-1870.  —  Französische  üeb 
2  Bde,  Paris  1863  (mir  unzugänglich).  —  Englisch:  Idylls  and  epigramms  chi 
the  greek  anthology  translated  by  Garnett,  London  1871.  —  Dazu  zablreicl 
Setzungen  einzelner  Stücke  und  kleiner  Auslesen;  unter  ihnen  ragen  hervor: 
Herder,  Blumen  ans  der  griechischen  Anthologie  gesanmielt,  in  den  zerstreuten 
Sammlung  I.  II.  Gotha  1785—1786,  und  die  von  Fr.  Jacobs  in  seinem:  Leben  i 
der  Alten  1,  Gotha  1824. 


2.  Profanpoesie.    (§  304)  729 

3.  Hilfsmittel:   In   den  wichtigsten  Punkten  abschliessende  Hauptschriften   sind 
Prolegomena  und  Kommentare  in  den  genannten  Ausgaben  von  Jacobs.   —   F.  Gu. 

faneidewin,  Progymnasmata  in  anthologiam  graecam,  Progr.,  Göttingen  1855.  —  G. 
imsler,  Kritische  Untersuchungen  zur  Geschichte  der  griechischen  Anthologie,  Diss., 
-mch  1876.  —   P.  Wolters,   De  opigrammatum    graecorum  anthologiis,   Halle  1882.  — 

0  Sternbach,  Meletemata  critica,  P.  1,  Wien  1886.  —  C.  Dilthe^,  De  epigramma- 
rm syllogis  quibusdam  minoribus,  Index  lect,  Göttingen  1887.  —  C.  Dilthey,  Symbolae 
kicae  ad  anthologiam  graecam,  Index  lect.,  Göttingen  1891.  —  C.  Dilthey,  Coniectanea 
k.ica  in  anthologiam  graecam,  Index  lect.,  Göttingen  1891.  —  H.  van  Herwerden, 
&<lia  critica  in  epigrammata  graeca,  Leiden  1891   (zum  3.  Bde  der  Editio  Didotiana).  — 

Sakolowski,  De  Anthologia  Palatina  quaestiones,  Diss.,  Leipzig  1893  (handelt  über 
B  Anthologien  des  Diogenianos  von  Heraklea,  die  Daphniaka  des  Agathias,  die  Quellen 
ts  11.  Buches  der  Anthologia  Palatina  u.  s.  w.).  —  H.  Stadtmtlller,  Zur  griechisohen 
nthologie,  in  ,Fest8chrift  zur  Einweihung  des  neuen  Gebäudes  f.  d.  Grossherz.  Gymnasium 

1  Heidelberg',  Leipzig  1894  S.  35—45.  —  Carl  Radinger,  Meleagros  von  Gadara,  Inns- 
wck  1895.  —  üeber  die  wichtigsten  Fragen  orientiert  vortrefflich  der  Artikel  Antho- 
ogia  von  L.  Schmidt  und  R.  Reitzenstein  in  Paulys  Realenzyklopädie,  Neue  Bearbei- 
iiDg  1  (1894)  2380—2391.  —  Die  übrige  fast  unübersehbare  Hilfslitteratur,  die  übrigens 
[rösstenteils  ausserhalb  des  byzantinischen  Litteraturkroises  liegende  Fragen  betrifiPt,  s.  bei 
V.  Engelmann,  Bibliotheca  scriptorum  classicorum  1"  (1880)  138—144,  in  Galvarys 
tibliotheca  philologica  classica  und  den  sonstigen  neueren  bibliographischen  Hilfsmitteln. 
gL  auch  W.  Christ,  Geschichte  der  griech.  Litt.'  (1890)  444  f. 

4.  Ueberlieferung:  Der  Codex  Palatinus  23  s.  11  ist  nicht  bloss  durch  seinen 
ihalt,  sondern  auch  durch  seine  Schicksale  berühmt  geworden.  Er  kam  1623  durch  die 
ßhenkung  des  Herzogs  Maximilian  von  Bayern  aus  Heidelberg  in  die  vatikanische  Biblio- 
lek,  dann  während  der  französischen  Revolution  im  Jahre  1797  nach  Paris;  nach  dem 
ariser  Frieden  1815  kam  der  erste  Teil  (Buch  1--13)  wieder  nach  Heidelberg,  der  Schluas- 
)il  (Buch  14  und  15)  blieb  in  Paris;  von  ihm  besitzt  Heidelberg  nur  ein  Facsimile.  Eine 
snaue  Beschreibung  gaben  zuletzt  P.  Wolters,  a.  a.  0.  und  H.  Stadtmüller  in  den 
rolegomena  der  oben  genannten  Ausgabe  S.  III— X;  ebenda  S.  X— XIV  Beschreibung  des 
)n  des  Planudes  eigener  Hand  geschriebenen  Cod.  Marcianus  481,  der  die  Anthologia 
lanudea  enthält,  und  der  Hss  der  kleineren  Sammlungen  (Euphemiana  u.  s.  w.).  Nähere 
litteilungen  verspricht  Stadtmüller  im  2.,  bzw.  3.  Bande  zu  geben. 

5.  Von  den  Urhebern  der  drei  wichtigsten  Anthologien  der  byzantinischen  iZeit  sind 
ar  Agathias  und  Planudes  nach  ihrem  Leben  und  ihrer  sonstigen  litterarischen  Thätig- 
Bit  genauer  bekannt;  vgl.  S.  240  ff.  und  543  ff.  Von  Konstantinos  Kephalas  er- 
liren  wir  nur  aus  einigen  Randnotizen  des  Codex  Palatinus,  dass  er  Schüler  des  erwähnten 
regorios  Magistros  und  mit  der  Erklärung  der  epigrammatischen  Poesie  beschäftigt  war. 
öchst  wahrscheinlich  ist  er  identisch  mit  dem  Protopapas  Konstantinos  Kephalas, 
er  in  der  Fortsetzung  des  Theophanes  S.  388,  23  ff.  ed.  Bonn,  in  Verbindung  mit  einem 
reignisse  des  Jahres  917  folgendermassen  erwähnt  wird:  i^ayayoyttoy  ovy  ja  a^ßtinfiia 
xi  ^laonoid  ^vXa  KtoyffTayrlyov  TigtoTonand  tov  naXailov,  rot'  K6q)aX(<  Xeyo/i^yov  u.  S.  w. 
benso  lautet  die  Stelle  in  der  Fortsetzung  des  Georgios  Monachos  S.  881,  5  ff.  ed.  Bonn. 
ber  auch  wenn  diese  Gleichsetzung  nicht  zuträfe,  könnte  man  den  Kephalas  mit  Sicher- 
et in  die  erste  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts  setzen.  Ueber  Kephalas  vgl.  bes.  P. 
iTollers,  a.  a.  0.  S.  9  ff. 

6.  Eine  beliebte  Spielerei  bildeten  die  arithmetischen  Epigramme.  Vgl.  Zirkel, 
ie  arithmetischen  Epigramme  der  griechischen  Anthologie  übersetzt  und  erklärt.  Gymnasial- 
rogr.,  Bonn  1853.  —  P.  Tannery,  Sur  les  epigrammes  aritbmötiques  de  Tanthologie 
^alatine,  Revue  des  ^t.  gr.  7  (1894)  59-62.  —  Hieher  gehören  auch  die  sogenannten 
sopsepha,  die  darin  bestehen,  dass  einzelne  Wörter,  Sätze  oder  Verse,  nach  dem  Zahl- 
rert  der  Buchstaben  berechnet,  gleiche  Summen  ergeben.  Einen  darauf  bezüglichen  Text 
lit  einigen  Beispielen  von  isopsephen  Wörtern  und  Versen  ed.  aus  Cod.  Paris.  1630 
*r.  Boissonade,  An.  gr.  2(1830)459-451.  —  Vgl.  E.  Piccolomini,  Di  Leonida  Ales- 
andrino  de'  suoi  epigrammi  e  della  isopsefia,  Rendiconti  della  R.  Accademia  dei  Lincei, 
Ilasse  di  scienze  morali,  storiche  e  filologiche  vol.  III  (1894)  357—381.  —  Ein  Beispiel 
rwähnt  auch  Fr.  Bancalari,  Studi  ital.   di   filologia  classica  2  (1894)  201  (Cod.  1908). 

7.  Zur  Ergänzung  der  Anthologien  dienen  die  als  Inschriften  auf  Stein,  Metall 
.  8.  w.  erhaltenen  Epigramme  und  die  litterarisch  überlieferten  Weihinschriften, 
Ipitaphien  u.  s.  w.  Ein  interessantes  Beispiel  hexametrischer  Poesie  aus  dem  9.  Jahr- 
undert  ist  eine  in  der  Klosterkirche  zu  Skripu  (Böotien)  erhaltene  Inschrift,  die  zuletzt 
08.  Strzygowski,  B.  Z.  3  (1894)  8  f.,  veröffentlicht  hat.  —  Theod.  Preger,  Inscrip- 
iones  graecae  metricae  ex  scriptoribus  praeter  Anthologiam  collectae,  Leipzig  1891  (ent- 
ält  manches  Byzantinische  wie  das  berühmte  Grabepigramm  auf  Kaiser  Maurikios  (s.  §  100 


730  Bysantinische  LitteraturgMohichte.    IL  PoetiadlM  Liiieratar« 

Anm.  5),  Kircheninschriften  aus  Kpel  u.  s.  w.).   —  Die  von  W.  Christ,  GesoliMbi^] 
griech.  Litt.'  (1890)  444  f.  angeführten  Werke  von  Eaibel,  Allen  und  Pachstem  Mnu^jy. 
so  gut  wie  ausschliesslich  die  alte  Litteratur.   —  Einige  Inschriften  aus  Eirchen  niUK''^ 
stehen  im  Cod.  Vindoh.  med.  gr.  43  (Nessel)  fol.  142''— 144^  ^to^i 

8.  Litterarhistorisch  interessant  sind  die  3  etwa  um  die  Mitte  des  10.  JskrfaodMdE  d« 
ahgefassten  jambischen  Lobgedichte  auf  Niketas,  den  Veranstalter  einer  illoitiiin^  a 
Sammlung  cnirurgischer  Schriften,  die  uns  im  Archetypus  dieser  Sammlung,  dem  CodLiHr|. 
74,  7,  aufbewahrt  sind.  £d.  H.  Schöne,  Apollonius  von  Kitium,  Leipzig  1896  8.  Xu  n^''"^ 
XIV.  —  Beachtenswert  ist  auch  das  wohl  dem  aus  Ende  des  10.  oder  dem  Ai^ft^  Wllier. 
11.  Jahrhunderts  stammende  Widmungsgodicht  in  der  herrlichen,  fQr  Kaiser BidiaHi^l 
hergestellten  Psalterhs,  die  jetzt  in  der  Marcusbibliothek  zu  Venedig  (als  Cod.  17)  tfl^^ 
bewahrt  ist.     Anfang:  T6  9av[ia  xaiyoy  (ade  xtav  oQutfiiymy,  liSbOr 

305.   Theodosios.  um  die  Mitte  des  10.  Jahrhunderts  Diakon  inKohl^f 
stantinopel,  verfasste  ein  panegyrisches  Gedicht:   Akanng  tr^  V*f  1^'' 
(1039  Trimeter  in  5  Akroasen),  in  welchem  er  die  Vertreibung  der  Ante Ifil 
aus  Kreta  (961)  und  den  darauffolgenden  Sieg  über  die  Sarazenen  inSjTMilv?. 
(besonders  die  Eroberung  von  Chalep)  besingt.     Das  Werk  ist  kun  »ili^j 
diesen  Ereignissen  abgefasst,  wurde  jedoch,  wie  sich  aus  dem  in  PmliJiY 
ahgefassten  Widmungsbriefe  ergibt,   von  Theodosios  erst  nach  dem  Tohlit. 
des  jugendlichen  Romanos  II  (959 — 963)  veröflfentlicht  und  seinem  NiA-l.^ 
folger  Nikophoros  Phokas  (963—969)   gewidmet,   dessen  Kriegsthatail^ 
den  Hauptgegenstand  desselben  bilden.     Der  Verfasser    sucht   sich  qb1| 
seinen  Vorwurf  durch  eine  krause  Polemik  gegen  Homer  zu  empfehle«;  1. 
derselbe  habe  einen  winzigen  Feldzug  in  bombastischer  Weise   besongal 
und  kleine  Dinge  zu  grossen  Thaten  aufgebauscht;  sein  Lügengewebe  sä 
lächerlich;    unbedeutend  erscheine   das  griechische  Heer,    schwach  seine 
Führer   wie  Achilles   und   Aias;   wenn    Homer   den   Pfad    der   Wahrheil 
wandeln  wolle,  so  möge  er  die  Kämpfe  vor  Uion  aufgeben  und  statt  desaei 
die  Ströme  von  Blut  besingen,   die  auf  Kreta  geflossen  seien.     Ähnlidie 
Seitenblicke  auf  Homer  erheitern  auch  im  weitern  Verlaufe  des  Gedichtes 
nicht  minder  als  die  hyperbolischen  Vergleiche  seines  Helden   mit  allefl 
Berühmtheiten  des  Altertums.    Trotzdem  besitzt  die  Darstellung  des  Theo- 
dosios manchen  poetischen  Ueiz  und  erhebt  sich  zuweilen  sogar  zu  wahrer 
Begeisterung,    öfter   freilich    ermüdet   sie   durch    breiten   Schwulst   (eine 
wunderbare  Probe  z.  B.  III  157  f.)  und  chronikenartige  Aufzählung.    Wenn 
so   der  dichterische  Wert  der  Halosis  starken  Bedenken  unterliegt,  so 
gewinnt  sie  doch  einige  Bedeutung  durch  die  Nachrichten  über  eines  der 
wichtigsten  Ereignisse  der  byzantinischen  Geschichte,  die  schon  von  Kon- 
stantin Porphyrogennetos  gründlich  vorbereitete  und  von  dem  gewaltigen 
Feldherrn  und  nachmaligen  Kaiser  Nikephoros  Phokas  ausgeführte  Wieder- 
eroborung  der  seit  826  von  den  Arabern  besetzten,  strategisch  und  kom-  ] 
merziell  hochwichtigen  Insel  Kreta. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  Fl.  CorneliuB  in  seinem  Werke  Greta  sacra,  Venetiis  17S5 
vol.  I  269—327.  —  Darnach  ed.  F.  Foggini,  Nova  appendix  corp.  bist.  Byzantinae,  Roma« 
1777  S.  351 — 390.  —  Ed.  Fr.  Jacobs  im  Bonner  Corpus  mit  Leo  Diaconus,  Bonn  18& 
Vgl.  Praef.  S.  32-36.  —  Wiederholt  bei  Migno,  Patrol.  gr.  113,   987-1060. 

2.  Hilfsmittel:  Uebcr  die  Kriegsthaten  des  Nikepboros  Phokas  s.  6.  Hertzberg. 
Geschichte  der  Byzantiner,  Berlin  1883  (Onkens  allgemeine  Geschichte  in  Einzeldarstel- 
lungen II  7)  S.  168  f.;  K.  Leonhardt,  Kaiser  Nikephoros  II  Phokas  und  die  Uamdanidea 
960—969,  Diss.,  Halle  1877,  und  bes.  das  glänzende  Werk  von  G.  Schlumberger. 
Nic^phore  Phocas,  Paris  1890  (über  Theodosios  S.  84).  —  Zur  Metrik  und  Kritik  des  Ge- 
dichtes vgl.  die  S.  598  zitierte  Abhandlung  von  Fr.  Kuhn  S.  59  ff. 


2.  Profanpoesie.    (§§  305—306) 


731 


306.  Johannes  Eyriotes,  gewöhnlich  nach  seinem  Beinamen  Geo- 
"ftres  bezeichnet  {^IcDavvtjg  6  KvQicoTijgy  6  recofiätQrjg),  eine  der  interessan- 
ben  PersönUchkeiten  in  der  byzantinischen  Litteraturgeschichte,  wurde 
der  zweite  Sohn  eines  hochstehenden  Beamten  namens  Theodoros  in 
ersten  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts  geboren.  Seine  Ausbildung  ver- 
it  er  dem  Lehrer  Nikephoros,  dessen  er  in  einer  Grabschrift  und  in 
^rammen  wiederholt  gedenkt.  Vielleicht  ist  derselbe  identisch  mit  dem 
:srikios  Nikephoros,  der  unter  Eolnstantinos  Porphyrogennetos  als  Pro- 
wer der  Geometrie  thätig  war,  und  vielleicht  hat  auch  der  Beiname  des 
^nnes  selbst  eine  Beziehung  zu  seinen  mathematischen  Studien.  Ein 
3iter  Gelehrter,  den  Jobannes  durch  eine  Grabschrift  feiert,  ist  der 
gistros  Theodoros  Dekapolitos,^  offenbar  der  unter  Konstantin 
rphyrogennetos  und  Romanos  II  berühmte  Jurist  dieses  Namens.  Andere 
äbepigramme  widmet  Johannes  dem  Mönche  Maleinos,  dem  später 
nonisierten  Oheim  des  Kaisers  Nikephoros  Phokas,')  und  dem  Patriarchen 
alyeuktos  (956 — 970).  Aus  mehreren  Überschriften  geht  hervor,  dass 
hannes  das  Amt  eines  Protospathars  bekleidete.  In  vorgerücktem 
Iter,  als  er  schon  ergraut  war,  wurde  Johannes  zum  Priester  geweiht; 
rauf  bezieht  sich  die  im  Codex  Vatic.  Pal.  402  fol.  360^—363  erhal- 
le Rede:  Eig  iavtovy  ijvixa  nqeaßvveqog  ix^iQOToinljx^tj.  Aus  dem  Titel  des 
if Satzes  'IcDavvov  ngcDxod'Qovov  tov  reoaiietqov  Hegt  %ov  fAtjkov  ergibt 
h,  dass  er  später  Bischof  wurde.  Vasiljevskij  vermutete,  dass  er  den 
ron  von  Melitene  (in  Kappadokien)  einnahm;  er  stützt  sich  dabei  auf 
L  bei  Skylitzes^)  erhaltenes  Grabepigramm  auf  den  Kaiser  Nikephoros 
okas,  das  in  Ton  und  Sprache  mit  den  Dichtungen  des  Johannes  Geo- 
tres  und  speziell  mit  den  Epigrammen  auf  Nikephoros  Phokas  so  innig 
rwandt  ist,  dass  man  es  unbedenklich  demselben  zuschreiben  darf.  Der 
rfasser  heisst  aber  bei  Skylitzes  „Johannes  Metropolit  von  Melitene**. 
ann  Johannes  Metropolit  wurde  und  wann  er  starb,  ist  nicht  genauer 
^annt.  Mehrere  seiner  Gedichte  beziehen  sich  auf  Ereignisse  aus  der 
gierungszeit  des  Johannes  Tzimiskes  und  Basilios  II,  z.  B.  auf  den  im 
hre  975  sichtbaren  Kometen,  den  er  zu  einem  Wortspiel  mit  Kometopulos 
u.)  verwendet,  auf  die  Niederlage  der  Rhomaeer  im  bulgarischen  Eng- 
äse  des  Rhodopegebirges  im  Jahre  986  (S.  296  ed.  Gramer),  auf  die 
rch  die  Bulgarenkriege  und  die  Dürre  des  Jahres  989  verursachte 
iurige  Lage  des  Ackerbaues.  Ob  er  während  dieser  Zeit  noch  in  Kon- 
intinopel  oder  schon  in  Melitene  war,  lässt  sich  nicht  mit  Sicherheit 
smachen.  Jedenfalls  war  er  schon  viel  früher  Metropolit  von  Melitene 
worden;  denn  die  Abfassung  der  Grabschrift  auf  Nikephoros  Phokas, 
3  er  als  Metropolit  vornahm,  fällt  doch  wohl  bald  nach  dem  Tode  dieses 
äisers  (969).  Vielleicht  zog  sich  Johannes  im  hohen  Alter  als  Mönch 
,ch  Konstantinopel  zurück;  damit  würde  seine  in  den  Gedichten  öfter 
sgesprochene  Weltverachtung  und  Neigung  zur  Abgeschiedenheit  stimmen. 


')  Statt  des  bei  Gramer  S.  297,  28  ge- 
teoen  Jexa-nottjy  ist,  wie  VasUjevskij  be- 
^rkt  hat,  JexanoXittjy  zu  lesen. 

')  Vgl.  Leon  Diakonos  ed.  Bonn.  S.  83,  13. 


*)  Kedrenos  ed.  Bonn.  2,  878.  Auch  im 
Kommentar  zu  Leon  Diakonos  |ed.  Bonn. 
S.  453.    Vgl.  oben  S.  368  Anm.  8. 


732  BysanüniBche  Litteratnrgesoliiolite.    II.  Poettsohe  Littanlir. 

Sein  spezielles  Interesse  für  das  berühmte  Kloster  Studien  beweist  ek 
Kirche  desselben  gewidmetes  Gedicht  (S.  306  ed.  Gramer).  Die  fii( 
des  Johannes  fäUt  mithin  unter  die  Regierung  der  drei  grossen 
Nikephoros  Phokas,  Johannes  Tzimiskes  und  Basilios  II.  In  seinen  Pc 
finden  sich  mannigfache  Beziehungen  auf  diese  drei  Herrscher;  doch 
sich  der  Dichter  zu  ihnen  nicht  in  gleichem  Orade  hingezogen.  Sein 
ling  und  Held  ist  offenbar  Nikephoros  Phokas,  den  er  obsein^Ti 
keit  und  edlen  Gesinnung  mit  Ausdrücken  der  höchsten  Begeisterung 
und  wiederholt  als  Retter  aus  den  Drangsalen  der  Zeit  aus  seinem 
aufruft.  Diese  Parteistellung  ist  bei  einem  so  tief  religiösen  Manne, 
Geometres  war,  um  so  mehr  bemerkenswert,  als  Nikephoros  Phokas 
kanntlich  wegen  seiner  Massnahmen  gegen  das  Anwachsen  des 
gutes  beim  Klerus  nicht  beliebt  war.  Den  Johannes  Tzimiskes  irari 
der  Dichter  zwar  auch  zu  schätzen;  doch  kann  er  ihm  die  blutige  TU 
durch  welche  er  den  Thron  gewann,  nicht  verzeihen,  und  in  einer  ftr  I 
gedichteten  Grabschrift  lässt  er  ihn  sein  Verbrechen  freimütig  bekenn 
(S.  268,  22  ff.).  Noch  weniger  scheint  er  sich  mit  Basilios  U  befreud 
zu  haben.  Die  Eigenschaften,  welche  in  der  ersten  Zeit  seiner  Regien 
besonders  hervortraten,  waren  allerdings  nicht  geeignet,  ihm  die  Zuneigt 
eines  Freundes  der  Wissenschaft  und  Litteratur  zu  gewinnen.  Wir  wia 
aus  Psellos  und  anderen  Quellen,  dass  Basilios  ein  rauher  Kriegsmann  \ 
Energie  und  Kraft,  aber  ohne  feinere  Bildung  und  den  Wissenschaf 
wenig  hold  war.  So  verstehen  wir  die  wiederholten  Klagen  des  Joham 
dass  die  Männer  der  Jetztzeit  wissenschaftliche  Bildung  verachten  i 
ihn  selbst  wegen  seiner  Studien  verspotten  (vgl.  S.  341  ff.  ed.  Cnun^ 
Johannes  hat  poetische  und  prosaische  Schriften  hinterlassen;  doch  ber 
seine  litterarische  Bedeutung  vornehmlich  auf  seinen  Dichtungen. 
lassen  sich  folgendermassen  einteilen: 

1.  Eine    Sammlung    von    Epigrammen    und    Gelegenheits) 
dichten.     Sie  verdient  unter  allen  bekannten  Werken  des  Johannes  ni 
ihrer  litterarischen  Bedeutung  die  erste  Stelle.     Die  Gedichte   der  San 
lung  sind  nach  Form,  Inhalt  und  Umfang  äusserst  verschieden:  Die  Ve 
masse  sind   der  Trimoter,    der  Hexameter  und   das  elegische  Distich 
den  Inhalt  bilden  weltliche  und  geistliche  Vorwürfe  mannigfaltigster  i 
der  Umfang   der  einzelnen  Stücke   schwankt  zwischen  1   und   mehr 
100  Versen.    Uijter  den  Gelegenheitsgedichten  des  Johannes  finden  wir  a 
Teile    sehr    umfangreiche   Grabepigramme    auf  die  Kaiser   Nikephc 
Phokas  und  Johannes  Tzimiskes,  auf  seinen  Vater,  auf  seinen  Lehrer  Ni 
phoros,   auf  einen   gewissen  Konstantinos  und  auf  den  Patriarchen  P 
euktos.    Von  hohem  Interesse  sind  einige  Gedichte  über  zeitgeschic 
liehe  Vorwürfe   z.   B.   über   den   Kampf    der  Rhomäer  (wohl   auf 
Kampf  zwischen  Bardas  Skieros  und  Bardas  Phokas  bezüglich),   über 
räuberischen  Angriff  der  Iberer,  über  die  Bulgaren,  über  den  Kometop 

y 

d.  h.  Samuel  den  Sohn  der  bulgarischen  Komes  Sisman  (s.  o.),  über 
Niederlage  der  Rhomäer  im  bulgarischen  Engpass  (s.  o.);  hierher  geh( 
auch  die  Gedichte  auf  den  Magistros  Theodoros  Dekapolites  (s.  o.), 


2.  Profanpoeaie.    (§  306)  733 

Mönch  Michael  Maleinos,  auf  die  rechte  Hand  des  Nikephoros  Phokas, 

er  mit  dem  goldspendenden  Paktolos  vergleicht,  über  eine  von  ihm  in 

©gsgefahr  unternommene  Reise   von  Konstantinopel  nach  Selybria  (in- 

sssant  durch  die  ergreifende  Schilderung  der  Not  des  Landvolkes)  und 

^e  grössere  Stücke  ohne  Überschrift,  von  denen  besonders  das  jambische 

Licht  S.  342  flf.  (ed.  Gramer)   Beachtung  verdient.     Eine  recht  lesens- 

'te  Gruppe  bilden   die  Epigramme  litterarhistorischen  und   ge- 

Lichtlichen    Inhalts.     Johannes  berücksichtigt   in   derselben  sowohl 

heidnische  wie  die  christliche  Vergangenheit;   neben  Epigrammen  auf 

b  Dichter,  Philosophen,  Rhetoren  und  Historiker  wie  Sophokles,  Archy- 

,  Piaton,   Aristoteles,  Simplikios,  Porphyrios,   Jamblichos,  Philostratos, 

»anios,    Xenophon  u.  a.    stehen    friedlich    Sinngedichte    auf    berühmte 

•chenväter,  Kirchendichter  und  Heilige  wie  Gregor  von  Nazianz,  Johannes 

rysostomos,  Basilios  den  Grossen,  den  Meloden  Romanos  (s.  o.  S.  668), 

Heiligen  Blasios,   Demetrios,   Theodoros  Tyron,  Stephanos,   Eustratios 

1   seine  Genossen  u.   a.     Weitere  Epigramme  behandeln  Vorwürfe 

3   der  Mythologie,   Geographie,   Kunstgeschichte  u.  s.  w.  z.  B. 

Musen  Kalliope  und  Urania;  den  Berg  Olympos,  den  Fluss  Maeander, 

Städte  Athen  und  Konstantin opel,  das  gegenwärtige  Athen  im  Gegen- 

z   zur  Vergangenheit,   die   Stadt  Nikaea,   die   drei  durch   den    Ölbaum 

-öhmten   Städte  Nikaea,   Praenestos  und  Athen;   das  zum  Schutze  des 

dnberges  aufgestellte  Bild   des  hl.  Kerykos;    die  Kirche  des  hl.  Kyros 

1  die  des  Klosters  Studien;   einen  Prunkdegen;   einen  Musikanten;   den 

)in    von   Praeneste;    einen    schönen   Menschen;    einen   Knirps;    einen 

nnlichen  Eunuchen;   die  rote  Unterschrift  des  Kaisers;   das  Weib;   die 

nliche  Liebe;  eine  Anrede  des  Mondes  an  einige  Nachtschwärmer  u.  s.  w. 

en   schon  von  Apollonios   von  Tyana   ausgesprochenen  Gedanken,   den 

tcr  Michael  Akominatos  (s.  S.  469)  wiederholt  hat,  kleidete  Johannes 

das  Epigramm    »Auf    einen,    der    nach   Griechenland  ging    und  ver- 

lerte": 

Ov  ßagßuQOjy  yijy,  äXk^  idciy  tijy  'EXXada 
ißaQßaQüi&fjg  xal  Xoyoy  xai  roy  tQonoy, 

In  mehreren  Gedichten  „An  sich  selbst**  (-ß*^  kavtcv)^  ein  Titel, 
i  Johannes  dem  Georgios  Pisides  entlehnte,  bekundet  er  seine  tief  reli- 
öo  Lebensanschauung.  Verwandt  im  Tone  sind  die  Epigramme  auf  die 
gen  und  Mühsal  en  des  Lebens.  Am  wenigsten  gefallen  die  Stücke,  in 
Ichen  Johannes  die  abgedroschenen  Themen  der  Rhetorenschule  in 
rsen  behandelt,  wie  die  Gedichte  über  den  Frühling,  den  Sommer,  die 
rzüge  eines  edlen  Pferdes  u.  a.  Übrigens  weiss  der  Dichter  auch 
chen  Sophistenschnurren  eine  christliche  Nutzanwendung  zu  geben:  Ein 
ines  Gedicht  über  einen  Mann,  der  ein  Mädchen  um  Wasser  bat  und 
h  in  dasselbe  verliebte,  schliesst  mit  den  Worten:  «An  Dich,  mein 
ristus,  an  Dich  halte  ich  mich,  Du  spende  Dein  lebendiges  Wasser;  das 
*d  meinen  Durst  stillen.  **  Einer  rhetorischen  Übung  gleicht  die  Monodifii 
-  einen  Richter  von  Seiten  seines  Weibes.  Seinem  Liebl 
)ros  Phokas  widmete  Johannes  die  Melete:  Was  wlIrdB 
iser  Nikephoros  sagen,   wenn  seine  Bilder  y< 


734  Bjrsaniiiiifldlie  LitieratargMoliidhte.    IL  Poetisolie  üitoimter. 

die  Gattung  des  Rätsels  ist  wenigstens  durch  eine  Nummer  {Mnfpn 
alag)  vertreten.  §* 

Weniger  originell  sind  die  Epigramme  und  Gedichte  geistlu 
Inhalts,  deren  Vorwürfe  zum  Teil  schon  von  Giorgios  Pisides  ood 
doros  Studites  behandelt  worden  waren.     Johannes  feiert  hier  die 
Taufe  und  Himmelfahrt  Christi,  das  Kreuz  Christi,  den  reumütigen 
am  Kreuze,  Christus,   als  er  auf  dem  Schiffe   schlief,   den  Erzengdf 
Apostel,  den  englischen  Gruss,  den  Tod  der  Gottesmutter  (ein  in  der 
liehen  Epigrammatik  ungemein  beliebtes  Thema)  u.  s.  w.    Daza 
die  später  so  eifrig  gepflegte  Gattung  von  Epigrammen  auf  Heiligi 
bilder,  Kulturgegenstände  und  dergleichen  z.  B.  das  Büd  des 
den  Gürtel  und  das  Gewand  der  hl.  Jungfrau,  den  Sarg  des  hl.  Pantd»] 
mon  u.  s.  w.     Den  Beschluss  bilden  eim'ge  umfangreichere  Gtediclite: 
Gebet  {^vxjj),  ein  Bekenntnis  {s^ofAokoyrjtfig)  und  eine  jambische  Pi 
der  neun  Oden  des  alten  Testaments. 

2.  Eine  Sammlung  von  99  Tetrastichen  im  elegischen  Masse 
dem  Titel  Paradies,  in  welchen  die  Askese  empfohlen  und  Ai 
berühmter  alter  Asketen  wie  Karinon,  Antonios,  Achillas,  Pior,  Ldn 
Besarion  u.  a.  gefeiert  werden.  Ebenso  reichlich  benützt  der  YerfayM 
Aussprüche  und  Erzählungen  aus  der  alten  Litteratur  und  Mythologie. 

3.  Vier  grosse  Hymnen  zu  Ehren  der  hl.  Gottesmutter  (sog 
nannte  XaiQsxiaiiol)  im  elegischen  Masse  mit  einem  jambischen  Nachwor 
in  welchem  der  Dichter  bemerkt,  den  Hexameter  habe  er  als  der  gö 
liehen,  den  weniger  gewichtigen  Pentameter  als  der  menschlichen  Na) 
Christi  entsprechend  gewählt.  Damit  verbindet  sich  ein  alphabetiscb 
Hymnus  auf  die  hl.  Gottesmutter,  in  Hexametern,  aus  lauter  zi 
Teil  sehr  kühnen  Epitheton  derselben  gebildet,  von  denen  die  in  ein 
Verse  stehenden  alle  mit  demselben  Buchstaben  anfangen  z.  B.  ^'Aano^ 
äyvorätrjv,  axQccvtov,  ävaxroToxeiov,  \\  BatfiXlda,  ßatSiXrffeväa^  ßaciXrffi 
reiQav  u.  s.  w.  Als  Dichter  der  Hymnen  auf  die  hl.  Maria  wird  Johaiu 
in  einem  aus  drei  elegischen  Distichen  bestehenden  anonymen  Epigram 
gerühmt. 

4.  Ein  Lobgedicht  auf  den  hl.  Panteleemon  {'Eyxtofiiov  ek  ■ 
ayiov  iisyaXoiidqxvQa  navTeXeijfiova    dtd  (SxixiüV  tafißixcSv).     In    1042  jl 
bischen  Trimetern  erzählt  Johannes  das  Martyrium   des  berühmten 
Arztes.     Beachtenswert  ist  der  eingeschobene  Dialog,  der  mit  den  Le 
dramen  des  Ignatios  u.  a.  verglichen  werden  kann. 

Johannes  Geometres  gehört  als  Dichter  ohne  Zweifel  zu  den  erfr 
liebsten  Gestalten  der  byzantinischen  Litteratur.  Das  Beste  erreicht 
wo  er  selbsterlebte  geschichtliche  Vorgänge  und  Zustände  und  seelis 
Stimmungen  schildert.  Auch  in  poetischen  Beschreibungen  und  im  Point 
Stil  ist  er  oft  recht  glücklich;  nicht  selten  aber  wird  er  durch  allzu  rei 
liehe  Anwendung  rhetorischer  Kunstmittel  konventionell  und  frostig.  '. 
sonders  charakteristisch  sind  für  ihn  die  Spiele  mit  Worten,  besonders 
Eigennamen,  und  die  asyndetische  Häufung  von  Beiwörtern.  Die  Welt 
schauung  des  Johannes  beherrscht  inniges  Gottvertrauen  und  warr 
Patriotismus.    Dem  heidnischen  Altertum  steht  er  unbefangen  gegenul 


3.  ProfanpooBie.    (§  306)  735 


o 


ar  wahrt  er  zuweilen  ausdrücklich  den  christlichen  Standpunkt,  z.  B. 
\n  er  die  Athener  auffordert  die  hl.  Gottesmutter  zu  ehren,  die  mehr 
riocht  habe  als  alle  Weisen  und  Helden  Athens.  Aber  seine  kirchliche 
-Beugung  hindert  ihn  nicht,  die  alte  Litteratur,  besonders  die  Philo- 
i€),  mit  Worten  aufrichtiger  Begeisterung  zu  feiern.  So  steht  Johannes 
^m  Jahrhundert  der  emsigen,  aber  individualitätslosen  und  meist 
i^inischen  gelehrten  Sammelthätigkeit  als  eine  liebenswürdige,  lebens- 
Persönlichkeit,  die  man  gerne  mit  einem  um  etwa  zwei  Menschen- 
älteren Freunde  und  Bewahrer  alter  Litteratur,  dem  gelehrten  Erz- 
ofe  Arethas,  vergleichen  mag,  wenn  er  auch  in  anderer  Weise  als 
.X-  thätig  war.  Für  die  im  folgenden  Jahrhundert  beginnende  littera- 
.©  Renaissance  erscheint  Geometres  als  ein  beachtenswerter  Vorläufer. 
Wenig  Bemerkenswertes  scheinen  die  erst  zum  Teil  veröffentlichten 
»saschriften  des  Johannes  Geometres  zu  bieten.  Sie  entfallen  in  die 
)iete  der  Profanrhetorik,  der  Exegese  und  der  geistlichen  Be- 
Isamkeit.  Unter  den  weltlichen  Sachen  finden  wir  ein  Enkomion  auf 
I  Eiche,  zwei  Schilderungen  eines  Gartens  und  drei  Enkomien  auf  den 
fei.  von  denen  eines  ediert  ist.  Auch  mit  der  Theorie  der  Rhetorik 
;  sich  Johannes  beschäftigt;  Johannes  Doxopatres  und  Johannes  Tzetzes 
eren  unter  dem  Namen  eines  Johannes  Geometres,  der  mit  unserem 
lannes  zweifellos  identisch  ist,  Erklärungen  zu  Aphthonios  und  Hermo- 
les,  die  auch  dem  Gregor  von  Korinth  als  Quelle  gedient  haben.  Über 
geistlichen  Reden  und  Scholien  des  Johannes  vgl.  oben  S.  169 
m.  4. 

1.  Ausgaben  und  Spozialschriften: 

A.  Sammlung  von  Epigrammen:  Ed.  pr.  J.  A.  Gramer,  An«  Paris.  4  (1841) 
—366,  3.  Am  Schlüsse  der  Sammlung  (366,  3 — 388)  findet  sich  eine  Gruppe  von 
;rammen  anderer  Verfasser,  die  zum  grössten  Teile  auch  in  der  Anihologia  Palatina 
en.  Eine  reinliche  Absonderung  dieses  fremden  Gutes  von  dem  des  Johannes 
Gramer  unterlassen.  Auch  im  tlbrigen  ist  die  Ausgabe  ungenügend  infolge  der  mangel- 
en  paläographischen  und  sprachlichen  Kenntnisse  und  der  grossen  Flüchtigkeit  des 
Ausgebers,  der  sich  weder  um  die  Erfassung  des  Inhalts  noch  um  die  Hebung  der 
reichen  Textverderbnisse  kümmerte  und  den  geduldigen  Leser  am  Schlüsse  mit  der 
iz  tröstet:  „Plorima  in  omnibus  depravata  sunt,  quorum  nonnulla  quisque  facile  corrigere 
rit.*  —  Die  Ausgabe  von  Gramer  wiederholte  Migne,  Patrol.  gr.  106,  901 — 1002. 
nahmsweise  hat  Migne  hier  im  Texte  einiges  gebessert;  der  erwähnte  fremdartige 
lussteil,  leider  aber  auch  manches  zweifellos  echte  Gedicht  ist  hier  weggelassen.  — 
^n  Teil  der  Epigramme  ed.  mit  einigen  Verbesserungen  und  Erläuterungen  £.  Gougny, 
^rammatum  Anthologia  Palatina,  vol.  III,  Paris,  Didot  1890.  —  Einen  Nachtrag  (Epi- 
nm  gegen  Stylianos)  lieferte  Gh.  Graux,  Archives  des  missions  scientifiques  III.  s^rie 

(1880)  185  f.  —  Die  Paraphrase  der  neun  Oden  des  alten  Testaments  hatte  schon 
M.  Band  in  i,  Gatalogus  codicum  mss  bibl.  Medicae-Laurentianae  1  (1764)  65 — 68,  ediert. 
Zur  Erklärung:  Die  unten  angeführten  Schriften  von  Vasiljevskij  und  P.  Tacchi 
aturi.  —  A.  Lipovskij,  aus  der  Geschichte  des  griechisch-bulgarischen  Kampfes  im 
und  11.  Jahrb.,  Joum.  Min.  1891  Bd  278  Novemberheft  S.  120—141.  —  Garl  Dilthey. 

epigrammatum  Graecorum  syllogis  quibusdam  minoribus,  Index  lect.,  Göttingen 
7  S.  22,  und:  Symbolae  criticae  ad  anthologiam  Graecam,  Index  lect.,  Göttingen  1891 
15;  21. 

B.  Paradies:  Erschien  zuerst  griechisch  zu  Venedig  1563  (hinter  Nicetae  Philosophi 
imentarius  in  Tetrasticha  magni  patris  Gregorii  Nazianz.).  —  Ed.  F.  Morellus,  Paris 
5.  —  Ed.  De  la  Bigne,  Bibliotheca  veterum  patrum  8  (Paris  1624)  446  ff.    -  Zuletzt 

Migne,  Patrol.  gr.  106,  867—890.  —  In  manchen  Hss  ist  der  naQddei<rog  fälschlich 
OS  dem  Aelteren  zugeteilt,  und  einmal  ist  das  Werk  auch  unter  diesem  Namen  ver- 
ntlicht  worden :  Nili  ascetae  Paraenetica  e  codicibus  Darmstadiensi  et  Bemensi  ed.  F  r. 
v.   V^erfer,  Acta  philologorum  Monacensium  3  (1820)  61—118  (mit  kritischen  Be- 


736  Bysantiniache  LitteraturgeBohiohte.    II.  Poetische  Iditmrmtar. 

merkungen).   —   Eine   lateinische  Cebersetzung   des  Paradeisos  gab  F.  Morellas,  Fä 
1593;  wiederholt  1597.  —  Vgl.  F.  Lauchert,  Der  unter  Nilos  des  Aelteren  Namen  IW 
lieferte  nagtideiaog,  B.  Z.  4  (1895)  125—127.  —  L.  Voltz,  Zu  dem  nagadeurog  des  J 
Geometres,  B.  Z.  5  (1896)  481—483. 

C.  Hymnen  zu  Ehren  der  Gottesmutter:  Ed.  F.  Morellus,  Paris  1591.- 
Wiederholt  bei  Migne,  Patrol.  gr.  106,  855-868.  —  Vergleich  des  Xatgi  uoi,  m  ßmtOm 
mit  des  Hermannus  Contractus:  Salve  Regina  bei  Remy  deGourmont,  Le  Latin  myitiK 
Deuxi^me  Edition,  Paris  1892  S.  124.  —  Das  Epigramm,  das  den  JobaDnea  als  Dictto 
dieser  Hymnen  feiert,  ed.  zuerst  aus  dem  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  289  (Neasel)  fei  St' 
P.  Tacchi  Venturi,  Studi  e  documenti  di  storia  e  diritto  14  (1893)  160.  Dann  bc«r 
aus  zwei  Moskauer  Hss  ed.  von  E.  Kurtz,  Das  Epigramm  auf  Johannes  Geometres,  B.Z1I 
(1895)  559  f. 

D.  Lobgedicht  auf  den  hl.  Panteleemon:  Zuerst  ed.  das  Gedicht  ans  da 
unvollständigen  Cod.  Paris.  854  F.  Morellus,  Paris  1605.  —  Wiederholt  bei  Migae, 
Patrol.  gr.  106,  889—902.  —  Den  vollständigen  Text  ed.  aus  dem  berQhmten  Cod.  Parifc 
suppl.  gr.  690  L.  Sternbach,  Dissertationes  classis  philologicae  academiae  litt  Om»> 
viensis  16  (1892)  218—303  (mit  kritischem  Apparat,  Kommentar  und  einem  guten  Wat^ 
index).  —  Den  Namen  des  Autors,  der  in  den  zwei  erwähnten  Pariser  Hss  fehlt,  bewahrt  4a 
Cod.  Laur.  5,  10  s.  14;  hier  lautet  die  Ueberschrift:  Iri/o»  üxfAßtxol  *iwayyov  toi  !>»- 
fAitqov  eif  t6  fÄagrvQioy  rov  dyiov  fjteyaXofAaQTVQog  xov  Kgiatov  ilayreXctjfAoyog.  —  Zo4a 
Hss  kommen  noch  der  Cod.  Marc.  gr.  512  fol.  267  ff.,  der  das  Gedicht  ohne  Aatomaaa 
enthält,  und  der  Cod.  Escur.  Y.  11.  6  fol.  55  ff.  Vgl.  E.  Miller,  Catalogne  des  aa 
grecs  de  la  bibl.  de  l'Escurial,  Paris  1848  S.  196. 

E.  Prosaschriften:  Das  Enkomion  auf  den  Apfel  ed.  Jo.  Iriarte,  Reg.  biL 
Matritensis  codd.  graeci  mss  1  (Madrid  1769)  301—303.  —  Wiederholt  bei  Migne,  PttnL 
gr.  106,  847-854.  —  Dasselbe  Enkomion  nebst  zwei  anderen  Enkomien  auf  den  Apbl, 
zwei  Schilderungen  eines  Gartens  und  dem  Enkomion  der  Eiche  steht  noch  unediert  Ja 
Cod.  Bodl.  Barocc.  25  s.  14  fol.  287—295.  —  lieber  die  Kommentare  des  Johannes  a 
Hermogenes  und  Aphthonios  vgl.  Chr.  Schubart,  Wiener  Jahrbücher  der  Litterator  8i 
(1838)  35.  —  Comuti  artis  rhetoricae  epitome  ed.  Jo.  Graeven,  Berlin  1891  S.  21  C, 
49  ff.  —  The  od.  Gerber,  Quae  in  commentariis  a  Gregorio  Corinthio  in  HennogeiMB 
scriptifl  vetustiorum  commentariorum  vestigia  deprehendi  possint,  Diss.,  Kiel  1891  S.  29 — (L 

Ueber  die  Ausgaben  der  theologischen  Schriften  vgl.  S.  169  Anm.  4. 

F.  Sammelaus^abe:  Migne,  Patrol.  gr.  106,  805—1002  (Enthält  die  Rede  £^ 
toy  evayyeXiü/doy  rijg  vnegnylag  SeozoxoVf  den  Aufsatz  über  den  Apfel,  die  Hjmnen  uf 
die  hl.  Gottesmutter,  das  Paradies,  das  Enkomion  auf  den  hl.  Panteleemon  und  die  Samm- 
lung der  Epigramme).  —  Eine  auf  möglichst  vollständige  Verwertung  des  handschrift- 
lichen Materials  gestützte  und  mit  einem  Kommentar  ausgestattete  Gesamtausgabe  w- 
wohl  der  poetischen  und  profanrhetorischen  als  der  theologischen  Schriften  des  Geometrci, 
durch  die  das  persönliche  und  littorarische  Bild  des  interessanten  Mannes  wahrscheinlich 
noch  um  wesentliche  Züge  vervollständigt  und  ein  bisher  ziemlich  dunkler  Abschnitt  der 
byzantinischen  Litteraturgeschichte  aufgehellt  würde,  ist  um  so  mehr  erwünscht,  als  d« 
wichtigste  Werk,  die  Epigrammensammlung,  herzlich  schlecht,  die  meisten  Prosaschrift« 
noch  gar  nicht  veröffentlicht  sind. 

2.  Allgemeine  Hilfsmittel:  Hauptschriften:  V.  Vasiljevskij,  Rusaisch-bytiB* 
tinische  Fragmente  If,  Zur  Geschichte  der  Jahre  976-986,  Joum.  Min.  1876  Bd  184  Min 
S.  162 — 178.  —  P.  Tacchi  Venturi,  De  loanne  Georaetra  eiusque  in  S.  Gregorinm 
Nazianzenum  inedita  laudatione  in  codice  Vaticano-Palatino  402  adservata,  Stadi  e  doco- 
menti  di  storia  e  diritto  14  (1893)  133—162.  —  Zur  Metrik:  Fr.  Haussen,  Rhein.  Mu. 
38  (1883)  232.  —  Zur  Sprache:  Tycho  Mommsen:  Beiträge  zu  der  I^ehre  von  den 
griechischen  Präpositionen,  Frankfurt- Berlin  1886—1895  S.  321  ff. 

3.  Ueber  lieferung:  Die  Epigrammensammlung  bewahrt  vollständig,  wie  es  scheinl, 
nur  der  von  Cramer  benützte  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  352.  —  Einzelne  Stücke  findet  maa 
da  und  dort  zerstreut  z.  B.  in  den  Codd.  Athous  3798  s.  17  (Nr.  31);  Barber.  II  100: 
Copenhag.  1899  s.  13;  Escur.  R.  III.  17;  Vatic.  Pal.  367.  —  Die  Epigramme  auf 
Heilige  stehen  vielfach  in  den  verkürzten  Prosamenäen  vor  den  Heiligenlegenden.  —  Die 
Paraphrase  der  9  Oden  steht  in  zahlreichen  Codices  z.  B.  Laur.  5,  37;  Mutin.  III.  B.  13: 
Paris.  2743.  Vgl.  A.  Ludwich,  B.  Z.  1  (1892)  295  ff.  —  Das  Paradies  in  zahlreichen  Hss, 
häufig  unter  dem  Namen  Nilos  des  Aelteren ;  s.  0.  —  Die  Hymnen  auf  die  Gottesmutter  sind 
ebenfalls  reichlich  überliefert  z.  B.  in  den  Codd.  Berol.  Phillipp.  1566;  Paris.  2408, 
2633;  Vindob.  theol.  gr.  289  u.  s.  w.  —  Ueber  die  Hss  des  Lobgedichtes  auf  den  hl. 
Panteleemon  und  der  Prosaschriften  s.  o.  —  Verloren  scheint  ein  jambisches  Gedicht 
auf  Weihnachten,  welches  Eustathios  in  seinem  Kommentar  zum  Pfingsthymnus  des 
Johannes  von  Damaskos  (Spicilegium  Romanum  ed.  A.  Mai  5  (1841)  2,  165)  erwähnt.  —  Im 


\ 


1 


3.  Profanpoesie.    (§  307)  737 

Dd.  Athous  3594  s.  13,  Pergament,  sieht  unter  dem  Namen  des  Geometres  ein  Epi- 
»mm  auf  den  Psalter:  2'rt/o&  sig  ro  tl^aXtijgioy,  Es  beginnt  mit  dem  Verse:  llyriaoy, 
f€p€v  '  ^Ixffoy,  'EgfÄ^t  Ttjy  Xvgay  und  ist  also  offenbar  dasselbe  Gedichtchen,  welches  A. 
idwich,  B.  Z.  1  (1892)  297,  aus  einem  von  Jakob  Diassorinos  geschriebenen  Codex 
gedruckt  und  (S.  298)  für  ein  Machwerk  des  Diassorinos  selbst  erkl&rt  hat.  Diese  Hypo- 
ist  somit  durch  das  Alter  des  Athoscodex  widerlegt. 


307.  Christophoros  aus  Mytilene  gehört  zu  den  besten  byzantini- 
lien  Dichtem.  Seine  Lebenszeit  erstreckt  sich  von  ungefähr  1000  bis 
igef&hr  1050.  Die  sicheren  Daten  in  seinen  Gedichten  reichen  von  1028 
B  1043.  Von  seiner  Biographie  ist  wenig  mehr  bekannt,  als  dass  er 
>n  Titel  eines  Prokonsuls  und  später  eines  Patrikios,  sowie  die  Würde 
Qes  kaiserlichen  Sekretärs  (vnoyQacpevg)  und,  wohl  später,  eines  Statt- 
kiters  (xQiTijg)  von  Paphlagonien  besass.  Weitere  Nachrichten,  die  sich 
IS  seinen  Gedichten  ergeben,  betreffen  meist  unwesentliche  Dinge;  wir 
fahren  die  Namen  seiner  zahlreichen  Freunde  und  hören,  dass  er  ein 
aus  in  der  Nähe  des  Stadtteiles  Protasion  bewohnte ;  auch  wird  deutlich, 
i«s  er  den  grössten  Teil  seines  Lebens  in  Konstantinopel  verbrachte;  von 
aer  anderen  Gegend  oder  Stadt  ist  bei  ihm  nie  die  Rede.  Die  Profan- 
>dichte  des  Christophoros,  teils  Gelegenheitspoesien,  teils  Epigramme, 
id  erst  jüngst  bekannt  geworden.  Die  Themen,  welche  er  behandelt, 
id  zum  grossen  Teil  identisch  mit  denen  des  Johannes  Euchaites,  Pro- 
omos  und  Philes,  als  deren  Vorläufer  und  Vorbild  er  betrachtet  werden 
iiss.  Das  Versmass  des  Christophoros  ist  meist  der  jambische  Trimeter, 
Itener  der  Hexameter  (nur  in  14  Stücken  unter  145). 

Unter  den  Adressaten  der  Gelegenheitsgedichte  finden  wir  die 
er  Kaiser  Romanos  UI,  Michael  IV  Paphlagon,  Michael  V  Kalaphates  und 
>nstantin  IX  Monomachos,  den  aus  der  Geschichte  des  Schismas  bekannten 
ttriarchen  Michael  Kerularios,  dem  er  zu  seiner  Erwählung  (1043)  gra- 
liert,  und  verschiedene  andere  geistliche  und  weltliche  Würdenträger, 
idlich  ihm  befreundete  Privatpersonen.  Stets  beweist  Christophoros  Ge- 
hmaek,  nicht  selten  auch  die  in  Byzanz  nicht  eben  häufige  Eigenschaft 
i&  Humors.  An  den  trunksüchtigen  Rhetor  Monas  richtet  er  vertrauliche 
rmahnungen,  dem  Metropoliten  Demetrios  von  Kyzikos  schickt  er  ein 
rostgedicht  wegen  der  ihn  quälenden  Podagra,  auch  für  den  geblendeten 
ad  entthronten  Kaiser  Michael  Kalaphates  findet  er  Worte  der  Teilnahme 
ad  Ermutigung.  In  den  Epigrammen  treffen  wir  die  aus  der  alten 
ophistenzeit  bekannten  Themen  wieder,  me  das  Lob  der  Ameise,  der 
pinne,  ein  Gedicht  auf  die  Sperlinge  u.  a.  Dazu  kommen  Stücke  ver- 
lischten  und  religiösen  Inhalts,  z.  B.  ein  Gedicht  auf  die  Ungleich- 
leit  des  menschlichen  Lebens,  auf  die  vier  Jahreszeiten,  auf  die  Taufe 
les  Herrn,  auf  verschiedene  Heilige,  auf  Kunstgegenstände  wie  auf  ein 
hernes  Pferd  im  Hippodrom  und  ein  Gemälde  der  40  hl.  Märtyrer,  end- 
ich  Grabschriften  und  Rätsel.  Manche  dieser  niedlichen  Sachen  erinnern 
^n  die  besten  Erzeugnisse  des  Altertums,  z.  B.  das  hübsche  Rätsel  auf 
[en  Schnee:  ,Du  packtest  mich  und  doch  floh  ich;  Du  siehst  mich  fliehen 
md  kannst  mich  nicht  festhalten;  Du  drückst  mich  in  die  Hand,  aber  ich 
entrinne  und  Deine  Faust  bleibt  leer!''  Nicht  übel  ist  eine  jambische 
Anklageschrift  gegen  die  Mäuse,  welche  sein  Haus  beunruhigen;  ihre 

Hudbiich  d«r  Uam.  Altertimwwiwenachaft.  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aufl,  4T 


738  ByzaniiniBche  Litteratnrgesohiohie.    IL  Poetische  Lüteratiir. 

Grösse  —  sie  kommen  ihm  wie  Schweine  vor  — ,  ihre  Menge  uod 
unglaubliche  Keckheit  werden  in  launiger  Weise  geschildert;  selM 
Wissenschaft  bringen  sie  Verderben: 

Oi  nny  q)ay6yteg  ßQtSatuoy  rijg  olniag 
zd  /«^r/ a  XQiayovüh  xai  r«  ßißXia, 

Die  Nachkommen  des  bösen  Geschlechtes  haben  an  dem  Armen  fiirc] 
Ilache  genommen;    denn  die  einzige  Handschrift,    welche  uns 
Profanpoesien  in  Form  einer  Sammlung  überliefert,  ist  von  ihnen 
aufgefressen. 

Von  Christophoros  stammt  auch  eine,  wie  es  scheint,  noch  unediert^j 
Sammlung   jambischer  Distichen   auf  die  Heiligen    des  gaox 
Jahres  {2vva^dQ^ov  dicftix^v  tafißixov  und  ähnlich  betitelt),  also  ein 
tischer  Kalender,  wie  wir   ähnliche  von  Theodoros  Prodromos,  J 
Euchaites  und  Nikephoros  Kallistos  Xanthopulos  besitzen. 

1.  Ausgaben:   Versi  di   Gristoforo   Patrizio  ed.   Antonio  Rocchi,  Romi, 
grafia  poliglotta  1887,  mit  sorgfältiger  Einleitung,  Kommentar  und  einem  FacanO^  ^^^' 
Hs  von  Grotta  Ferrata.  '^ 

2.  Hilfsmittel:   Prolegomena   und  Kommentar  der  Ausgabe  yon  RocehL 
sprecbung  dieser  Ausgabe  von  P.  Batiffol,  Römische  Quartalscbrift  1  (1887) 
—  C.  Dilthoy,  Symbolae  criticae  ad  anthologiam  graecam  ex  libris  manu  aoriptis 
Ind.  lect.   f.    d.  Sommersemester  1891  S.  14.    —    Zur    Metrik  und  Kritik  vgl.  die 
zitierte  Abhandlung  von  Fr.  Kuhn  S.  59  ff. 

3.  Ueberlieferung:  Die  Hs  von  Grotta  Ferrata  ist  die  einzige  bis  jetst  beP 
welche  eine  Sammlung  der  Gedichte  des  Christophoros  enthält.   Dagegen  finden  sich  ^*^^ 
Stücke  in  zahlreichen  Hss  zerstreut,  zum  Teil   auch   unter  anderen  Namen  wie  ^^^^^^^     ^ 
Philosophen  Leon,  des  Psellos  und  des  Basilios  Megalomites.    Da  nun   in  der  von  i^^^i| 
benützten  Hs   viele  Epigramme   ganz  oder  teilweise  zerstört  sind,  ist  eine  mOgliebrt 
ständige  Verwertung  der  übrigen  Hss  doppelt  geboten;  dabei  wird  sich  auch  ein 
an  völlig  neuen  Stücken  ergeben.    Hier  ist  eine  der  lohnendsten  Aufgaben  der  b^ 
sehen  Philologie  zu  lösen.  Es  wäre  übrigens  wünschenswert,  dass  in  einer  neuen  A 
nicht  bloss  die   Epigramme  und  Gelegenheitspoesien,   sondern  auch  die  übrigen  mit 
Namen  des  Christophoros  verbundenen  Kleinigkeiten   wie   der  Heiligenkalender  mitg...^.^^ 
würden.    Was  die  Auffindung  der  Hss  betrifft,  so  ist  zu  beachten,  dass  der  Autor  nwcfli^^ 
nur  als  Patrikios  und  Anthypatos  von  Mytilene   oder  einfach  als  Patrikioa  Christoi 
und  ähnlich  bezeichnet  wird.    Beachtet  man   diesen   Umstand,  so  kann   eine 
Stellung  des  in  den  Katalogen  angeführten  Materials  leicht  vorgenommen  werden. 
Epigramme  z.  B.   stehen   vollständiger  als  bei  Rocchi   im   Cod.  philol.    29   fol.  1S7 
Göttinger  Universitätsbibliothek.    Vgl.  W.  Meyer,  Verzeichnis  der  Hss  im   prenann 
Staate  1  1  (1893)  9.    Auch   der   Cod.  Copenhag.  1899  s.    18  kommt  in  Betracht    Vgl. 
Ch.  Graux,  Archives  des  missions  scientifiques  111.  sörie  6  (1880)  187.     Im  Cod.  Ptrii 
925  s.  18  fol.  103^—106  stehen   „Versus  patricii   et  proconsulis  Mitylenaei   de  indictioM*. 
Im  übrigen  sei  hier  nur  noch   auf  einige  Hss   hingewiesen,   deren  Beziehung  eu  Chriili>  i 
phoros  aus  den   gedruckten  Katalogen   (z.  B.  H.  Omont,  Inventaire  sommaire  3,  98  oii  i 
301)  nicht  ersichtlich  wird,  und  auf  solche,   die  in  gedruckten  Katalogen   noch   nicht  th-  I 
zeichnet  sind.     Im   Cod.   Paris,  gr.  3041  s.  15—16  fol.  105 — 127  stehen   dem   Katalog»  1 
zufolge  „[Georgii  (?)]  Mitylenaei  synaxarium  totius  anni,   versibus*,  und  ebenso    im  Codi  I 
Paris,  gr.  3044  s.  15  fol.  9-12  ,[Georgii(?)]  Mitylenaei  versus  CXXXH*.     Es  ist  wahr 
Rcheinlich,  dass   es  sich   an  beiden   Orten  um  Christophoros  von  Mytilene    handelt 
Ebenso  beruht  der  Name  Georg   nur  auf  Vermutung  bei  E.  Feron  und  F.  Battaglini, 
Codd.  mss  graeci  Ottoboniani  bibl.   Vaticanae,  Rom  1893  S.  171,  wo  ans   Cod.  Vatic 
Ottob.  324  s.  15  fol.  193   ein  ^AXt^iyfia   rov  AhtvXiyaiov  (sie)  (FESlPriOY)   eis  BaciXmw 
riya  roy  iniXeyofAByoy  Xotgiyoy*  angeführt  wird,  und  bei  Ch.  Graux,   a.  a..O.     Die  £■■- 
Setzung  des  Namens  Georg   geht  auf  Fabricius,   Bibl.  gr.  ed.  Harl.  12,  22  zorflck,  ötr 
einen   Georg  von  Mytilene  als  Verfasser  von  Homilien,   Kanones  und  Epigrammen  e^ 
wähnt.     Bezüglich    der  Epigramme  beruft  sich  Fabricius  auf  Martin  Delrio,   Vindictac 
Areopagiticae,  Antverpiae  1607,  wo  man  S.  79  die  Bemerkung  findet:  «Denique  typis  pro- 
dierunt  epigrammata  varia   Georgii  Patricii,   cui  Mitylene  patria,  in  landem   libromm  B. 
Dionysii,  de  caelesti  hierarchia,   de  ecclesiastica  hierarchia,   de  divinis  nominibus   et  dt 
mystica  theologia.*^    Diesen  Druck  aber  vermochte  ich  nicht  aofnifinden,  and  solange  er 


2.  Profanpoesie.    (§  307)  739 

it  gefunden  ist,  lässt  sich  über  die  dichterische  Thätigkeit  des  Georgios  von  Mytilene 

it  zur  Gewiss heit  gelangen,  und  jedenfalls  ist  es  mehr  als  bedenklich,  auf  eine  so  un- 

immte  Angabe  hin,  Poesien,   als  deren  Autor  in  Uss  ein  MitvXfjyaios  bezeichnet  wird, 

B  weiteres   dem  Georg  von  Mytilene  zuzuteilen.    Zu  den  erwähnten  Hss  kommt  der 

von  Minoides  Mynas  nach  Paris  gebrachte  berühmte  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  690 

68  ff.   Hier  stehen  zwei  nekrologische  Gedichte  auf  einen  Christophoros,  der 

i  wegen  eines  Blattausf alles  nicht  sicher  bestimmen  lässt,  aber  höchst  wahrscheinlich 

unserem  Christophoros  identisch  ist.    Das  Versmass   des  ersten  sind  anakreontische 

tsilber,  von  denen  je  ein  Paar  durch  die  Akrostichis  verbunden  ist;  Titel  und  Anfang 

en  (fol.  68): 

'EniTvfißia  ek  TSy  avtoy  XQurrotpoQoy  xard  aXtpaßtjxoy 

*An6  negntüiy  fiov  devrs  \  &Qtjyovg  ol  nX^xeiy  sidoreg 

ffüitmey&ifdoig  /o^s/a^;  |  deanotov  xiXog  &Qtjy^aM, 

BeXog  dqxv^^^  i^ttyatov  \  imdfieyoy  in*  dy&^oSnovg  u.  s.  w. 
zweite,  ''Eregoy  aXtpaßTjtdQiy  eig  roy  avtoy,  besteht  aus  politischen  Versen  und  hat 
^falls  eine  alphabetische  Akrostichis.  Es  folgen  Epigramme  Tov  avtov  sig  tor  fjtvQ- 
€*  u.  s.  w.,  die,  wenn  die  Voraussetzung  bezüglich  der  Person  des  in  den  zwei  Epita- 
isa  Gefeierten  zutrifft,  auch  unserem  Christophoros  gehören.  —  Im  Cod.  Escur.  Y.  111. 
1.1—6  stehen  Nixrjq>6Qov  natQixiov  xai  dy&vndrov  tov  MixvXrjyalov  axij^tay  xaraßaaiai 
•dg  Ti^y  nocotfjta  rdiy  iß'  fATjytiiy,  Da  sowohl  die  Angabe  des  Ranges,  Standes  und 
iMrtsortea  als,  wie  es  scheint,  der  Inhalt  der  Schrift  auf  unseren  Dichter  passen,  ist 
X^wjotfoQov  statt  NixTjffOQov  ZU  schreiben.  Ob  die  in  derselben  Hs  fol.  6  folgenden, 
£.    Miller,  Catalogue  des  mss  grecs  de  la  bibl.  de  TEscur.  S.  282  f.,  edierten  Verse 

-  den  Tod  der  zwölf  Apostel  (Zrixot  sig  rovg  iß'  dnoaroXovg  dia'Aafdßdyoyreg,  noi<^ 
mß    xai  iy  livi  x6n(^  irsXeiüi&tj  ixaaxog  avitay)  auch  dem  Christophoros  gehören,   steht 

In  einer  Hs  des  Kardinals  Sirlet  befand  sich  nach  einer  Notiz  des  alten  Katalogs, 
Filier,  a.  a.  0.  S.  311  Nr.  110  wiedergibt,  ein  Rätsel  tov  MirvXrjyaiov  eig  BaalXfioy 
r€9  9^  dniXeyofdsyoy  XoiQiyoy.  Diese  üs  ist  wahrscheinlich  noch  erhalten  (wohl  =  Cod. 
o.  Ottob.  324;  s.  o.)  —  Im  Cod.  Vatic.  gr.  1357,  auf  den  schon  I.  Bekker,  An.  gr. 
21)  1089,  hingewiesen  hatte,  stehen  verschiedene  Epigramme  des  Christophoros,  u.a. 
:3  r  Eig  ZoXofjuayra  roy  ^agrovXdQioy  ari^oi  XQMTOtpoQov  tov  MitvXfjyaiov,  die  bei 
fti  fehlen.  —  Im  Cod.  Mutin.  111.  B.  17  folsen  auf  die  Synopsis  des  Psellos:  Ixixoi 
i-gy^aiov  XqiatotfoQov  'jyaxQeoyreioi  ini  TJ  adeXfpj  avxov  ^ayovof^  xai  nQOXBifiiyjß, 
F^odoeix^Xfjy  yvyatxa  \\  ^dyatog  fiiXag  xareTx^-  Es  ist  offenbar  dasselbe  anakreontische 
^Yktj  welches  Rocchi  S.  42  ohne  den  in  seiner  Hs  fehlenden  Titel  und  Anfang  mitgeteilt 

Genauere  Untersuchung  auf  Zugehörigkeit  zu  Christophoros  Patrikios  verdienen  die 

»v^amme  in  dem  alten  und  wertvollen  Cod.  Vatic.  Pal.  367  s.  13  fol.  143^ — 145,  die 

l^Ande  durch  das  Monogramm  ^ (nar^ixiov^)  bezeichnet  sind,  sowie  einige  darauf  fol- 

ide  Epigramme  wie  die  Grabschriften  auf  Joseph,  den  Bruder  des  Symeon,  und  den 
neral  Katakalon,  der  unter  Konstantin  Monomachos,  also  zur  Zeit  des  Christophoros  lebte. 
Zu  beachten  ist  auch  der  Codex  Paris,  gr.  1310  s.  15,  der  fol.  30—34  dem  Kataloge 
ifolge:  Joannis  Zonarae  etNicephorii  Patricii  cantica  enthält.  Denn  diese  Cantica 
od  nichts  anderes  als  ein  Memorialgedicht  auf  die  Heiligen  des  ganzen  Jahres.  (Beginn: 
iftetay  dyvfdyein^to  fioi  ovneq  axvXog  xo  yytoQiafia;  s.  Anm.  4)  und  Verse  über  die  Todesart 
r  zwölf  Apostel.  Es  ist  also  im  Titel,  wo  der  Verfasser  durch:  NtxtjfpoQov  naxQixiov  xai 
^vndxov  xov  MixvXtjyaiov  bezeichnet  ist,  XQiirxo(f)6Qov  etc.  zu  schreiben.  Auch  an  der 
irgischen  Dichtung  (oder  musikalischen  Komposition)  scheint  Christophoros  Anteil  zu 
ben;  wenigstens  findet  sich  im  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  185  (Nessel),  der  ein  Sticheron 
:bftlt,  öfter  der  Autorvermerk:  xvqov  XgiaxofpoQov  xov  fiv. 

4.  Heiligenkalender:  In  manchen  Hss  wird  dem  Christophoros  eine  Sammlung 
Q  jambischen  Distichen  auf  die  Heiligen  des  Jahres  zugeschrieben;  s.  o.  Die  Codd. 
irc.  614,  fol.  441—444,  Mosq.  Syn.  279  (Vladimir)  fol.  140—146  u.  a.  enthalten  unter 
n  Namen  des  Christophoros  ein  ähnliches  Memorialgedicht  in  rythmischen  Versen; 
r  werden  die  Heiligen  jedes  Monats  in  der  Form  eines  Kirchenliedes  mit  eigenem  Tone 
J  eigener  Melodie  aufgezählt.  Titel  und  Anfang  lauten:  XqiaxotpoQov  naxQixlov  xai 
^vnaxov  xov  MvxiXtjyaiov  cxixrjQa  xtoy  iß:  fit^ytuy  etc.  £vfiS(oy  dyvfiyeia&o}  fjLot,  oimeg 
vXog  xo  yywQUJ/ia,  Ein  metrisches  Synaxar  unter  des  Christophoros  Namen  enthält  auch 
r  Cod.  Paris,  gr.  1578.  Eine  zusammenfassende  Untersuchung  über  die  Hss,  das 
jenseitige  Verhältnis  und  die  Autoren  dieser  metrischen  Menologien  wäre  sehr  erwünscht. 
;1.  Migne,  Patr.  gr.  120,  1119  ff.;  133,  1078. 

5.  Anonyme  Moyoaxix«,  eig  iya  ixaaxoy  dyioy,  beginnend:  Toy  £vfistoy  ix  artXov 
log  tpigsi,  stehen  im  Cod.  Marc.  512  fol.  256''-259''.  —  Eines  Michael  (Psellos?) 
rostichiscfaer  Kanon  auf  die  Heiligen  im  Cod.  Paris,  gr.  478  fol.  209—275. 


.  1 


Beil 


ÜUS 


■  Eri 


740  Byzantinisohe  Littaraturgesohichte.    ü.  Poetiaeha  LitterAtar. 

6.  Im  Cod.  Paris,  gr.  925,  s.  18,  fol.  103^-104,  stobt  eine  fragmentariscfceJ*' 
auch  im  erhaltenen  Texte  bös  mitgenommene  Redaktion  der  Verse  auf  die  iw9lfl|j0^' 
nate  mit  der  offenbar  auf  Christophoros  von  Mytilene  zielenden  Oberschrift:  £riz^  '"fmU^ 
xlov  xtd  ttvi^vnatov  /iiriXtjyaiov,  Sie  beginnt  nach  zwei  Einleitungsveraen  mit  ^%I|.m 
tember:  *Eya)  roTg  noai  fxov  ßorgvag  avyzQißtoy  und  bricht  mitten  im  Dezember  ab.  DtM  '  J 
Christophoros  sonst  nirgends  als  Verfasser  solcher  Monatsverse  genannt  ist,  wird  4iik  fln 
teilung  einfach  darauf  beruhen,  dass  er  als  Autor  eines  jambischen  Heiligenkaleodon  hh  ~ 
kannt  war.    Ueber  die  Monatverse  vgl.  §  313,  9. 

7.  Von   einem   Christophoros  a  Secretis  ed.  P.  Matranga,   An.  gr.  2(]fi| 
667—670  zwei   an akreon tische  Spielereien,   deren  Inhalt  eine  Mahnung   an  die  Isnefti 
bildet.    Wiederholt  bei  Migne,  Patr.  gr.  117,  1179—1184.    Der  Verfasser  ist  mit  0** 
phoros  aus  Mytilene  sicher  nicht  identisch. 

308.  Johannes  Manropus  {'[(odwrjg  d  Mavqonovg)  als  Metropolit  dv 
eine  Tagreise  von  Amasia  zwischen  den  Flüssen  Iris  und  Halys  gelegoai 
Stadt  Euchania  oder  Euchaita  (rd  Evx^ira)  Euchaites  zabenannt,  Mti 
unter  Kaiser  Konstantin  Monomachos  (1042 — 1055).  Michael  Pselloi 
widmete  ihm  ein  Enkomion.  Wir  erfahren  aus  demselben,  dass  JolaiuKi 
von  zwei  Onkeln  in  der  Rhetorik,  Logik,  Metaphysik  und  Ethik  rato- 
richtet  wurde.  Auch  mit  Naturwissenschaften,  Mathematik  und  Ji» 
prudenz  und  sogar  mit  der  lateinischen  Sprache  beschäftigte  er  odLlruc 
Kaiser  Konstantin  Monomachos  ernannte  den  Johannes  zum  ProfeßsortalP** 
Philosophie  an  der  Hochschule  zu  Konstantinopel;  doch  hatte  er  tollte* 
Stelle  nur  kurze  Zeit  inne;  denn  schon  im  Jahre  1047  oder  noch  fciWlfeB« 
wurde  er  Metropolit  von  Euchaita.  Hier  entfaltete  er  eine  segensröctal^^ 
praktische  Wirksamkeit;  u.  a.  wird  von  Psellos  hervorgehoben,  im  « 
auf  die  Hebung  des  Kirchengesanges  bedacht  war.  Auch  in  der  QescluAtol**^ 
der  Liturgie  spielt  Johannes  eine  bemerkenswerte  Rolle;  denn  er  giltdiV^ 
Begründer  des  von  der  orthodoxen  Kirche  alljährlich  gefeierten  Featoi 
der  Heiligen  Chrysostomos,  Basilios  und  Gregor.  Im  höheren  Alter  wgV' 
sich  Johannes  in  das  Kloster  des  Johannes  Prodromos  zu  Konstantinopel  f ' 
zurück.  Ausser  77  Briefen,  mehreren  Homilien  auf  verschiedene  Heilige 
des  Kirchenjahres  und  einer  historisch  nicht  unwichtigen  Dankrede,  & 
er  nach  der  Befreiung  Konstantinopels  von  der  Belagerung  durch  Leoi 
Tornikios  hielt,  haben  wir  von  ihm  eine  ansehnliche  Zahl  jambischer 
Kunstpoesien.  Es  sind  teils  kürzere  Stücke  im  Tone  der  alten  Epi- 
grammatik,  teils  umfangreichere  Gelegenheitsgedichte.  Li  seiner  Auf- 
fassung wie  in  der  Wahl  seiner  Themen  hat  Johannes  grosse  Ähnlichkeit 
mit  Christophoros  aus  Mytilene  und  Prodromos.  Auch  bei  ihm  treffen  wir 
Epigramme  auf  Kunstwerke  und  Kultgegenstände  z.  B.  auf  bildliche 
Darstellungen  der  Kreuzigung,  des  Lazarus,  verschiedener  Heiligen  und 
Kirchenväter,  auf  ein  illustriertes  Evangelium,  auf  ein  Bild  des  Eaisen 
in  Euchaita;  damit  verbinden  sich  Grabinschriften,  worunter  mehrere 
Eig  tov  iavTov  Taifor,  Spottverse  auf  die  Zunft  der  Poetaster  {llQog  top; 
iixafQwg  cxixiXovxag)^  ein  Gedicht  über  ein  gegen  den  Kaiser  und  den 
Patriarchen  gerichtetes  Pamphlet,  ein  durch  edle  Toleranz  ausgezeichnete 
Epigramm  auf  Piaton  und  Plutarch,  Rätsel  und  zahlreiche  sonstige  Stücke 
kirchlichen  und  profanen  Inhalts.  Den  Beschluss  bilden  einige  Poesien,  in 
welchen  der  Euchaite  Ereignisse  aus  seinem  Privatleben  feiert.  Hier 
finden  wir  ein  Abschiedsgedicht  an  sein  Haus,  das  er  verkauft  hatte ;  eine 
Begrüssung  desselben,  als  er  es,  wohl  nach  seiner  Rückkehr  nach  Kon* 


2.  Profanpoeaie.    (§  808)  741 

_  -t^ntinopel,  zurückbekam;  eine  poetische  Epistel  über  seine  erste  Bekannt- 
,^»liaft  mit  der  kaiserlichen  Familie  u.a.  Auch  ein  etymologisches 
-^^^^xikon  in  jambischen  Versen  geht  unt^r  dem  Namen  des  Johannes, 
^py  thmische  Kirchengedichte  des  Johannes,  die  in  zahlreichen  Hand- 
^^•Irmriften  vorkommen,  harren  noch  der  Veröffentlichung.  Eine  Chronik, 
g^2^  er  im  96.  Gedichte  erwähnt,  ist  verloren  oder  vorschollen.  Über 
iligenbiographien  des  Mauropus  s.  S.  171  f. 


1.  Ausgabeu:  Ed.  pr.  M.  Bastus,  Eton  1610.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patrol. 
CÄ--        120,  1039—1200.   —    Weit  vollständiger  aus  Cod.  Vatic.  gr.  676   nach  einer  von  W. 

-  '  ^emund  revidierten  Abschrift  J.  Bolligs  zum  Abdruck  vermittelt  von  PauldeLagarde, 
audlungen  d.  Göttinger  Gesellschaft  d.  Wiseonsch.»  hist.-phil.  Cl.  28  (1881)  1—228. 
lieber  eine  Neuausgabe  der  von  Johannes  verfasstcn  Novelle  des  Konstantin  Mono- 

^yij^Ci^faos  vgl.  S.  609  Anm.  8.  —  Das  Enkomion   des  Psellos  auf  Johannes  bei  Sathas, 
ßißX,  5  (1876)  142—167.  —  Litteratur  zu  den  Heiligenbiographien  s.  8.  172. 

2.  Uebersetzungen:  Eine  Auswahl  von  Gedichten  ist  metrisch  ins  Deutsche  über- 
von  Arthur  Berndt,  Gymnasialprogr.,  Plauen  1887. 

3.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  8,  627—633.  —  Wichtige  Beiträge 
sar*       Erklärung  und  Würdigung  in  den  Besprechungen  der  Ausgabe  Lagardes  von  V.  Va- 

silji   evskij,  Joum.  Min.  1882  Bd  222  August  S.  388—400,  von  8p.  Lambros,  Deutsche 

I^b'^^^mturzeitung  4  (1883)  737—739,  und  von  Karl  Johannes  Nenmann,  Theol.  Literatur- 

sei«.«3Dg  1886  S.  565-569;  594-599.   —  Zu  den  Briefen  vgl.  N.  Skabalanovi6,  Byzan- 

Uü mische  Wissenschaft  und  Schulen  im  11.  Jahrb.,   Christ,   ötenije  1884  März-Mai.   —   Zur 

Re«l«  nach  dem  Abzüge  dos  Leon  Tomikios  von  Kpel  vgl.  R.  Schütte,  Der  Aufstand  des 

lieon  Tomikios,  Progr.,  Plauen  1896  S.  5 ff.  —  Biographie  und  Charakteristik  von  G.  Dreves, 

Bilpnmen  aus  Maria-Laach  26  (1884)  159-179.    —  Zur  Metrik  und  Kritik  vgl.  die  S.  598 

-  ^  ntrierte  Abhandlung  von  Fr.  Kuhn  8.  59  ff.  —  Zum  Etymologicum  des  Johannes  vgl.  £. 

Nestle,  Zeitschr.  d.  deutschen  morgenländ.  Ges.  37  (1883)  126  f. 

^  4.   Oberlieferung:    Haupths  ist  der   Cod.  Vatic.  gr.  676.    —   Ein  Yerzoichnia 

^'  anderer  Hss  bei  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  8,  628  ff.,   wiederholt  bei  Migne,  Patrol. 

^    Sr.  120,  1047.  —  Mitteilungen  über  Wiener  Hss  gibt  nach  dem  Kataloge  von  Lambecius 

"^ .   ^d.  Kollar  P.  Lagarde,  a.  a.  0.  S.  218—224.  —  Dazu  kommen  die  Oodd.  Athen.  217, 

609,  1040,  1053;  Escur.  Z  1.7;  Laur.  5,  17;  Lesb.  Limon.  24,  43,  86,  87,  180;  Lesb. 

-  l'Äxiarch.  26;  Marc.  11  157  und  XI  22;  Patm.  179  (Nr.  *f);  Vatic.  Pal.  138  und  214; 
''^    Vatic.  Kegin.  Suec.  92  u.  a. 

5.  Im  Cod.  Riccardianus  76  fol.  89^  92  wird  dem  Johannes  Mauropus  ein 
toliysiognomiscbor  Traktat  zugeschrieben.  Er  wurde  als  anonymes  Stück  ediert  von  Fr. 
^oissonade,  Marini  vita  Prodi,  Leipzig  1814  S.  130—134;  dann  unter  dem  Namen  des 
Jlauropus  von  Andr.  Mustoxydes,  SvXXoyiij  iXXrjy.  dyexdottav,  jBXQti^iov  ß\  *Ey  Deyeriif 
1816  b.  1  8.  Es  lässt  sich  aber  beweisen,  dass  der  Name  des  Mauropus  der  Schrift 
mschlich  vorgesetzt  ist.  Vgl.  R.  Förster,  Ueber  eine  fälschlich  dem  Aristoteles  oder 
dem  Joannes  Mauropus  zugeschriebene  Piiysiognomik.  Philologus  36  (1877)  172  - 174,  und 
f*5r8ters  Ausgabe  der  Scriptores  physiognomici  1  (1893)  CLXXXlf — CLXXXV. 

6.  Im  Cod.  Athen.  1040  a.  1381  steht  das  Epigramm  des  Johannes  Mauropus 
«af  sein  Haus  ohne  Autorname  zwischen  zwei  anonymen  Gedichten,  die  vielleicht  ebenfalls 
dem  Johannes  gehören,  jedenfalls  in  seiner  Zeit  und  Umgebung  entstanden  sind:  einem 
Cjedicht  in  31  Trimetern  auf  die  von  Kaiser  Konstantin  Monomachos  erbaute  Kirche  des 
lil.  Georgios  im  Manganakloster  und  einem  Gedicht  auf  den  genannten  Kaiser  selbst.  Auf  diese 
drei  Stücke  folgt  ein  Grabgedicht  auf  den  Vestarchen,  Hypatos  und  Krites  Anastasios  roy 
^'ifj  .  .  ixa,  der  sich  als  Mönch  Athanasios  nannte,  verfasst  von  dem  Protospathar,  Proto- 
Btfkretar  und  xftirrjg  ^ni  rov  Innodgafzlov  Basilios  Kekaumenos.  —  Das  Gedicht  auf 
die  Kirche  des  hl.  Georg  ed.  A.  I.  Sakkelion,  KmäXoyog  ttßy  x^fQ^yQ^^^*^  ^V^  i9ynt^^ 
ßi^ßUoB^xri^  lijg  TAXadog,  Athen  1892  S.  184  f. 

7.  Ein  Zeitgenosse  des  Johannes  Mauropus  war  der  Unbekannte,  der  das  Andenken 
des  unglücklichen  Usurpators  Georgios  Maniakes  in  hundert  Hexametern  feierte:  Kig 
ro9^  Mayiaxrjy  Tiegi  rov  fiovXtov  iJQüf'Cxä.  Maniakes,  einer  der  tapfersten  byzantinischen  Feld- 
herm,  der  um  1030  gegen  die  Araber  in  Syrien,  später  in  Sizilien,  wo  noch  heute  das 
C-aatel  Maniaci  in  Syrakus  an  ihn  erinnert,  und  in  Unteritalien  gegen  die  Araber  und 
Nomiannen  siegreich  gekämpft  hatte,  Hess  sich  durch  die  ungerechte  Behandlung  des  Hofes 
Eur  Empörung  gegen  Kaiser  Konstantin  Monomachos  hinreissen  und  zog  mit  seinem  Heere 
gegen  aie  Hauptstadt,  wurdo  aber  in  der  Entscheidungsschlacht  (i.  J.  1043)  getötet.  Die 
Schilderung  dieses  letzten  Kampfes  bildet  das  Thema  des  Gedichtes,   das  wie  ein  Cento 


742  Bysantinisohe  Litteratnrgeschiclite.    U.  FoeUsoli«  Lütentar. 

aus  homerischen  Lappen  zusammengehaut  ist  Auch  ein  Grabepigramm  anf  GMqJtb^J 
Maniakes  (sechs  Hexameter)  ist  uns  erhalten.  Zuerst  ed.  den  Anfang  des  Gedicht«  i|l  i^n 
Cod.  Vatic.  gr.  1357  I.  Bekker,  An.  gr.  8  (1821)  1089.  -  Dann  ed.  das  gm» 0«f^*^" 
nebst  dem  Grabepigramm  aus  den  Codd.  Vindob.  phil.  gr.  216  (Nesael)  und  ^^^■^•«■i.j^ 
Sp.  Lampros,  'faio^ixu.  MeXeiijfKtTa,  Athen  1884  S.  152-- 166  (mit  historischer  Eüldtadjl^^ 
—  Ueber  Maniakes  vgl.  C.  Neumann,  Die  Weltstellung  des  byzantinischen  Reidw^*''^' 
den  Kreuzzügen,  Leipzig  1894  S.  42 — 44.  »l^i 

309.  Philippos  mit  dem  Beinamen  o  Movotqonog  (Solitarius),  M^r 
als  Mönch  unter  Alexios  I  Eomnenos  lebte,  verfasste  ein  vielgdeaenK^ 
dialogisches  Erbauungsgedicht,  das  nach  einem  zu  Höhenmessongen  p\^ 
brauchten  Werkzeuge,  dem  Vorläufer  unseres  Nivellierinstrumeflh^l-^ 
Dioptra  {JioTiTQa,  etwa  „Tugendspiegel*)  betitelt  ist.  Das  aus  4  B&dunl^ 
von  je  etwa  1700  Versen  bestehende  Werk  ist  in  die  im  Mittelalter  b^l^ 
liebte  Form  eines  Streites  zwischen  Seele  und  Leib  gekleidet,  wasFUfinlB! 


selbst  in  seinem  Widmungsbriefe  an  den  Mönch  Kallinikos  mit  den  Wortai^ 
ausdrückt:  Kuid  nsvan*  xal  änoxQiaiv  •  rj  nevaig  toivvv  drjtß-ev  zijg  Vtfjfcl 
/;  di  dnoxQiaig  avx^iq  tijg  2aQx6g.    In  den  meisten  Handschriften  ist  ii|Ti 
Dioptra  durch  eine  Vorrede  dos  Michael  Psellos  und  einen  Widmungdiikl 
des  Philippos  an  Kallinikos  eingeleitet;  häufig  sind  noch   andere  St8dtt 
vorausgeschickt  wie  ein  Brief  des  Kallinikos   an  Philippos,   apologetiadil; 
Verse  des  Philippos  und  ein  Mahngedicht  des  Konstantinos  Bestes  (s.  Anm.!). 
Nach  chronologischen  Notizen,  die  der  Verfasser  in  seinem  Werke  und  ii 
einem  metrischen  Epilog  gibt,   wurde  das  Gedicht  am  12.  Mai  1095  ab- 
geschlossen.   Inhaltlich  verwandt  ist  ein  kleines,  371  politische  Verse  um- 
fassendes Lehrgedicht  des  Philippos,  die  „Klagen"  (KXav&fAoi);  die  Foni 
des  Dialogs   ist  hier  aufgegeben,   das  Ganze  ist  eine  vom  Verfasser  u 
seine  eigene  Seele  gerichtete  Paränese.     In  zahlreichen  Handschriften  ut 
dieses  Werkchen  selbständig  überliefert,  in  anderen  dagegen  bildet  es  du 
erste,   hi   manchen  das  fünfte  Buch   der  Dioptra.     Da  nun   Philippos  ii 
seinem  Briefe  an  KalUnikos  in  der  That  fünf  Bücher  erwähnt,  so  scheint 
er  die  „Klagen**  als  eine  Art  Einleitung  oder  Ausleitung  des  Hauptwerken 
gedichtet  zu  haben.     Dagegen   spricht  weder   die  Ungleichheit   des  üm- 
fanges  (371  Verse  gegen  je  etwa  1700  der  übrigen  Bücher)  noch  der  Um- 
stand, dass  der  Inhalt  der  „Klagen**  zum  Teil  in  der  Dioptra  wiederkehrt; 
denn  dass  ein  Prolog  oder  Epilog  kürzer  gehalten  wird  als  das  Hauptwerk 
und  dass  er  sich  mit  demselben  inhaltlich  berührt,  ist  ganz  natürlich,  und 
ebenso  leicht  erklärt  sich  das  Fehlen  der  in  der  Dioptra  selbst  angewandten 
dialogischen  Form.»)     Da  der  erbauliche  Inhalt  der  Klagen  ohne  weitere« 
verständlich   war,   so  wurden  sie   von  dem  Hauptwerke,   dessen  umfang 
Abschreibern  und  Lesern  unbequem  war,  losgetrennt  und  selbständig  über- 
liefert, ein  Vorgang,  der  in  der  antiken  wie  in  der  byzantinischen  Litteratur 
zahllose  Analoga  hat.     Übrigens  wurden   auch   andere  Teile  der  Dioptra 
selbständig  überliefert.     S.  Anm.  5.     Wahrscheinlich    um    die   Mitte  des 
13.  Jahrhunderts  veranlasste  Dionysios  Euzoitos,  Erzbischof  von  Myti- 
lene,    eine   verbesserte  Redaktion   der  zwei  Gedichte,   welche   von  einem 
gewissen  Phialites  besorgt  wurde.    Von  beiden  existieren  auch  slavische 


^)  Durch  die  hier  angedeuteten  Bedenken   i   bestimmen,  die  »Klagen*  von  der  «Dioptn* 
Hess  eich  £.  Auvray,  a.  unten  a.  0.  S.  13  f.  |  völlig  zu  trennen. 


2.  ProfanpoeBie.    (§  309)  743 

ersetzungen.     Über  eide  dem  Philippos  zugeteilte  Prosaschrift  s.  S.  81 
1. 


1.  Ausgaben:   Die  Dioptra  ed.   nur  in  lateinischer  Uebersetzung  J.    Pontanus, 
idt   1604.   —  Darnach    wiederholt  bei   Migne,   Patr.    gr.   127,    701—902.    —    Die 

tv^^ftoi  (mit  der  Ueberarbeitung  des  Pbialites)  ed.  Emm.  Auvray,  Bibl.  de  l'öcole  des 
lies  ^tudes,  fasc.  22,  Paris  1875  (mit  einem  Bericht  über  die  Hss  und  einem  ausführ- 

len  Kommentar).  —  Ohne  Kenntnis  von  Auvrays  Ausgabe   ed.   die  KXav&fdoi  aus  einer 

^^<%mbridger  Hs  £.  S.  Shuckburgh,  The  soul  and  the  body.   A  medieval  greek  poem  printed 

^"^V  Ute  first  time  from  a  MS  in  the  Emmanuel  College  library.    Emmanuel  College  Magazine 

^     "tlL  V  nr.  2—3.    Cambridge  1894  (mit  englischer  Frosaübersetzung).     Eine  Eigentümlich- 

-^eit  der  Cambridger  Hs  ist,    dass  sie  das  Gedicht  einem  Mönche  Johannes  zuschreibt. 

**  Die  Hss  der  Dioptra  weichen  im  einzelnen  wie  in  der  Zahl  und  Anordnung  der  Kapitel 

od  Bücher  bedeutend  von  einander  ab;  für  eine  kritische  Ausgabe  des  griechischen  Textes, 

der  sich  eine  Neuausgabe  der  KXav^fxoL  passend  verbinden  wird,  sind  daher  umfassende 

^laliohe  Vorstudien  unerlässlich.     Notiert  seien  hier  die  Codd.  Athous938s.  14;  Athous 

^12S  8.  14  und  bes.  Vatic.  Pal.  124  s.  14  fol.  104  ff.,  weil   im  Katalog  von  Stevenson 

-3»  58  hier  die  Dioptra  nicht  erkannt  und  daher  auch  im  Index  nicht  genannt  ist.    Dazu 

/.gL  die  Notizen  in  Anm.  4. 

2.  Hilfsmittel:  Im  grossen  litterarhistorischen  Zusammenhang  betrachtet  die  KXavS/ioi 
I.  Batjnfikov,  Die  Erzählungen  über  den  Streit  zwischen  der  Seele  und  dem  Körper 

der    mittelalterlichen    Litteratur.      Ein  Versuch    einer  historisch- komparativen  Unter- 
Lohans.     Zuerst   im    Journ.   Min.    Bd  271—276   (September   1890— August   1891),    dann 
ich  9M  selbständiges  Buch,  Petersburg  1891  (russ.);  über  die  KXav&fiol  s.  S.  84  ff.    Zum 
'*  "  Kiuueii  Werke  vgl.   die   Besprechung  von  A.  Veselovskij,  Journ.   Min.  1892  Bd  280 
.  llAnbeft  S.  149—169.  —  M.  Bezobrazov,   Bemerkungen   über  die   Dioptra,   Journ.  Min. 
1893  Bd  290  Novemberheft  S.  27—47  (russ.).    Bez.   handelt  über  die  russischen  Bearbei- 
~    tnngen  der  Dioptra,   deren  älteste   aus  dem  Jahre  1305  stammt,  über  die  Abfassungszeit 
das  griechischen  Originals  und  über  die  Quellen   der  philosophischen,  theologischen  und 
-     naturwissenschaftlichen  Lehren   des  Werkes.    Hier  wird  auch   ältere   mir  unzugängliche 
russische  Litteratur  über  die  Dioptra  und  Verwandtes  notiert.  —  A.  Sonny,  Das  Todes- 
jahr des  Psellos  und   die  Abfassungszeit  der  Dioptra,  B.  Z.  3  (1894)  602  f.  —  Artikel  von 
.     A.   Ehrbar d  im  Freiburger  Kirchenlexikon  9'  S.  2023  f. 

3.  Die  Abfassung  der  Dioptra  ist  von  Sonny,  a.  a.  0.,  nach  den  chronologischen 
Notizen  im  8.  Kapitel  des  3.  Buches  zwischen  Weihnachten  1096  und  Ostern  1097  angesetzt 
"worden.  Eine  abweichende  Angabe  enthält  ein  metrischer  Epilog,  der  im  Cod.  Vindob. 
tfaeol.  gr.  193  (Nessel),  fol.  174,  in  einem  aus  mehreren  Stücken  bestehenden  Anhang  zur 
Dioptra  steht.     Ihm  zufolge  wurde  das  Werk  vollendet: 

MtjA  Mfttia  düi&exa,  iy&txTuSyog  XQirtjSi 
KvxXog  aeXrjvfjs  dexatog,  ijXiov  sixdg  rglrrj, 
'^rovg  k^axiax^Xia  xai  Haxats  nQog  tovtoig, 
IJQog  di  xttl  tgia  itBQa  inl  rovrois  tvyxccvei. 

IMese  ganz  bestimmte  Datierung  auf  den  12.  Mai  1095  widerspricht  allerdings  den  von 
Sonny  ans  der  lateinischen  Uebersetzung  des  Pontanus  angeführten  Notizen  im  8.  Kapitel 
des  8.  Buches;  allein  in  der  Wiener  Hs  lautet  die  betreffende  Stelle  (foL  100^)  ganz  anders 
als  in  der  Vorlage  des  Pontanus,  und  ihre  chronologischen  Angaben  stimmen  hier  voll- 
ständig zu  denen  des  Epilogs;  an  beiden  Stellen  wird  der  10.  Mond-  und  der  23.  Sonnen- 
syklufl  genannt.  Zur  völligen  Klarlegung  der  Sache  wäre  natürlich  Vergleichung  sämmt- 
licber  Hss  der  Dioptra  erforderlich.  Beschreibung  der  Wiener  Hs,  Abdruck  des  Epilogs 
and  Richtigstellung  der  falschen  Datierung  des  Pontanus  schon  bei  P.  Lambecius,  Com- 
mentar.  de  Augusta  bibl.  Caes.  Vindob.  ed.  altera,  Wien  1778,  1.  V  76—84. 

4.  Im  manchen  Hss  z.  B.  in  den  Codd.  Athen.  550;  Mutin.  II.  B.  5  (Perg.  s.  14); 
Paris.  2748  und  2874;  Paris.  CoisL  341;  Vatic.  Ottob.  441  foL  48;   Vindob.  theoL 
gr.   193  (Nessel)  fol.    174^  ist   der  Dioptra  ein   Prooemion  in  jambischen   Trimetem  bei- 
gegeben,  als  dessen  Verfasser  sich  ein   Grammatiker   Konstantinos   Bestes  bekennt, 
Titel  in  der  Wiener  Hs:   £tixoi  xvqov  Ktavaxaytivov  xttl  Biaxov  rov   ygafifiatutov  (dafür 
im  Cod.  Paris.  2874  fol.  2  rov  ygavatov,  in  den  Codd.  Athen.  550  und  Vatic.  Ottob. 
441  fol.  48  rov  xal  ygayarov,  worin   vielleicht   das  Richtige   steckt).     Inc.  '0  ijyVtT   aya- 
yyovf  evngrgdextoy   xtjy  ßißXoy,     Daraus  erklärt  sich  wohl,  dass   im   Cod.  Vatic.  1129 
Konstantinos  Bestes  als  Verfasser  der  Dioptra  selbst  bezeichnet  ist.  Das  Werk  führt  dort 
die  Ueberschrift:    Katy^rayrirov   Bearov  tov  KQtjtdg   rov   xai  /^ly^crriaa^ro;  a^/teTriaxoTfot; 
f^eccakoyixtjg  diontga  wg  iy  etdei  iQuinjaetag  auifiatog  xai  ^v^^jg.   Dieses  vereinzelte  Zeugnis 
kann  gegenüber  den  zahlreichen  anderen  Hss  schwerlich  in  Betracht  kommen;  doch  deutet 
die  sonst  fehlende  nähere  Bezeichnung  des  Bestes  als  Kreters  und  späteren  Erz- 


j 


744  ByzantiniBche  Litteratargesohichte.    IL  Poetisohe  LIiier»i«r. 

biscbofs  von  Thcssalonike  auf  eine  sehr  absichtliche  tind  bewosste  Oppontioa  gipAlOcl 
die  landläufige  Zuteilung.  TK&^ 

5.  Auch  ausser  den  KXavSh/ioi  wurden  einzelne  Abschnitte  der  Dioptra  sellv^ 
überliefert.  So  siebt  im  Cod.  Marc.  VlI  18  fol.  222  ff.  ein  Migog  larogiag  ne^  ni 
ix  To  ßißXioy  (so)  XeyofAßyoy  diontga,  ix  tov  devrsQov  Xoyov.  —  Der  Cod.  Bodl.  fiar 
197,  a.  1344,  fol.  229^—251  enthält  das  erste  Buch  der  Dioptra,  die  hier  einen  Mi 
Pbilippos  Charsenites  {ngdg  fAOPaxov  xb  ^tUnnoy  to  yirog  Xa^erirtjr)  gewidMti 
Andere  Stücke  der  Dioptra  stehen  in  den  Codd.  Athoua  8816  fol.  186  and  Moiq.  8 
416  s.  13  fol.  270-281^;  314-316. 

6.  Eine  neugriechische  Uebersetzung  der  Dioptra  bewahrt  der  Cod.  Atk 
8712  s.  17.    Das  erste  Buch  (=  Migne,  l'atr.  gr.  127,  709)  beginnt: 

KaiQog  noXdg  inignaey,  <iq>*  ov  d^eoe  i  itXaütfjq 
'Hfiäq  idrjfiiovQyrjaey,  tog  xal  itrit  aBßdtnijgf  Itici  < 

Kai  find  aäqxa  xai  ^v/ijy  toy  ay&qtonoy  inoucs,  ^^ 

Mi^iy  xai  xgaciy  d^avfAaattjy^  iy  ^moy  inatpijxB. 

310.  Nikolaos  Eallikles  (NixöXaoq  o  EaXkixXijg)  lebte  als  Arcliiilmr 
und  Professor   der  Medizin   (diödaxaXoq  xcwv  laxQwv)  gegen  das  Ende  ^^  ^i. 
11.  und  in  den  ersten  Dezennien,  vielleicht  bis  gegen   die  Mitte  deiHl^ in  i^ 
Jahrhunderts  in  Konstantinopel.     Bei   einer  schweren  Krankheit,  ^w^^l^lrta 
Kaiser  Alexios  I  einige  Monate  vor  seinem  Tode  (1118)   überfiel,  ^^\   '  ■ 
Kallikles  beigezogen,  blieb  jedoch,  wie  Anna  Komnena  0  ausführlich  ^^^^Vi^' 
mit  seinen  heilsamen  Ratschlägen  gegen  die  übrigen  Ärzte  in  der  ^^^2 
heit.     Wie  lange   er  den  Kaiser  überlebte,   ist  nicht  bekannt.     KaP^^^ 
stand,   wie  es  scheint,   in  nahen  Beziehungen   zur  Familie  des  Seb^    ^ 
Georgios  Palaeologos,  auf  die  zwei  seiner  Gedichte  sich  beziehen,      v^ 
ist  zweifellos  identisch  mit  dem  Archiatros  Nikolaos  Kallikles,  an  welCx^  « 
Theophjrlaktes  von  Bulgarien  (vgl.  S.  463  f.)  vier  Briefe   richtet^' 
aus  den  Überschriften  und  dem  Inhalte  derselben  geht  unzweideutig  h^^ 
vor,   dass  der  Adressat  ein  hochangesehener  Arzt  war  und   eine   schö^ 
medizinische  Bibliothek  besass.    In  der  Geschichte  der  byzantinischen  Epp 
grammatik  bildet  Kallikles  das  Verbindungsglied  zwischen  Johannes  Matt- 
ropus  und  Theodoros  Prodromos.     Freilich   lässt  sich   sein    litterarisches 
Bild  noch  nicht  scharf  genug  zeichnen ;  denn  sein  Nachlass  harrt  noch  der 
Sichtung  und  vollständigen  VeröfFentHchung.    Sicher  gehört  ihm  folgendes: 
Ein  in  die  beliebte  Form  eines  Zwiegespräches  zwischen  Grab  und  Fremd- 
ling gekleidetes  Gedicht  auf  das  gemeinsame  Grab  des  Sebastos  Georgios 
Palaeologos,  seiner  Gemahlin  der  Sebaste  Anna  Dukaina  und  ihres  Sohnes 
des  Sebastos  Andronikos  Dukas;  ein  Epitaph  auf  den  Sebastos  Andronikos 
und  Epigramme  auf  mehrere  Heiligenbilder,  auf  ein  von  Anna  Porphyro- 
genneta,  der  Tochter  des  Kaisers  Alexios,  kostbar  eingefasstes  Kreuz,  auf 
ein  von  der  Kaiserin  Irene,  der  Gemahlin  des  Alexios,  eingefasstes  Stück 
vom  hl.  Kreuze,  auf  ein  Christusbild  und  auf  eine  aus  weissem  Stein  ge- 
fertigte Darstellung  des  hl.  Georg.   Das  letzte  Gedicht  steht  im  Cod.  Laor. 
32,  19  fol.  43  unter  Gedichten  des  Manuel  Philes  und  ist  mit  diesen  ve^ 
öfFentlicht  worden.^)   Ob  sich  hier  Philes  das  Gut  eines  älteren,  zu  seiner 
Zeit  wenig  bekannten  Autors   aneignete  oder   ob   das  Gedicht   irrtümlich 
dem  Kallikles  zugeteilt  ist,  bedarf  der  Untersuchung.   Dazu  kommen  noch 


')  XV  11  =  II  367,  2  ff.  ed.  Bonn.  <)  ManuelisPhilae  carmina  ed.  E.  Miller 

^)  Nr.  38,   39,  56,  57.     Migne,    Patr.      1,  210. 
gr.  126,  439  ff. ;  473  ff.  j 


2.  Profanpoesie.    (§§  310—311) 


745 


tiche  unedierte  Sachen  z.  B.  ein  Gedicht  auf  eine  Darstellung  des 
gsten  Gerichtes  im  Eaiserpalaste,  ein  Grabepigramm  auf  den  Logotheten 
Igor  Kamateros,  denselben,  dem  Theodoros  Prodromos  eine  Monodie 
Lmete  (vgl.  Migne,  Patr.  gr.  133,  1059)  u.  a.  Später  fand  Kallikles, 
die  Seltenheit  der  Handschriften  beweist,  wenig  Beachtung;  doch 
videt  ihm  Gregor  von  Korinth  in  seiner  Schrift  UcqI  awra^etog  hohe 
Erkennung, ^)  und  der  Rhetor  Joseph  Rhakendytes  nennt  ihn  neben 
Ldes  und  Ptochoprodromos  als  Muster  der  Jambendichtung.') 

1.  Ausgaben:  Einige  Epigramme  zuerst  in  dem  Bändchen:  Cyri  Theodori  Pro- 
rii  epigrammata  etc.,  Basel  1536.  —  Zwei  Epigramme  wiederholte  Du  Gange  im  Eom- 
tAte  zu  Anna  Komnena,  jetzt  ed.  Bonn.  2,  701  f.  —  Die  zwei  zuerst  genannten  Grab- 
^hie  und  drei  Epigramme  auf  Heiligenbilder  ed.  A.  M.  Bandini,  Catalogus  codd. 
fcpibliothecae  Laur.  2  (1768)  192-  194. 

2.  Hilfsmittel:  Du  Gange,  a.  a.  0.  -  A.  M.  Bandini,  Gatal.  codd.  gr.  bibl. 
r-  2  (1768)  172  (über  das  Epigramm  auf  das  Bild  des  hl.  Georg).  —  Ueber  die  Per- 
.X3  des  dialogischen  Grabgedichtes  vgl.  Du  Gange,  Familiae  Byzantinae  S.  138;  188. 
^er  letzteren  Stelle  ist  aber  als  Gattin  des  Georgios  Palaeologos  irrtümlich  Irene  statt 
^  Dukaina  genannt.  —  Br.  Keil,  Die  Monatscyclen  der  byzant.  Kunst,  Wiener  Studien 

1889)  105—107. 

3.  Ueberlieferung:  Den  God.  Laur.  32,  33  hat  Bandini,  a.  a.  0.,  ausgenützt. 
[Jnedierte  Gedichte  enthalten  die  Godd.  Marc.  498  s.  14  fol.  380—382  und  Marc. 
8.  14.  Vgl.  Zanetti,  Graeca  D.  Marci  bibliotheca,  Venedig  1740  S.  262  f.;  283.  — 
schon  von  Bandini,  a.  a.  0.  2,  193,  veröffentlichtes  Epigramm  {UixQoy  rätpog  nag)  steht 

im  Cod.  philol.  29  fol.  137  der  Göttinger  Universitätsbibliothek.  —  Das  Epigramm 
das  Kreuz  der  Anna  Komnena  bewahrt  auch  der  God.  Athous  136  s.  18  (Nr.  14).  — 
Jod.  Marc.  XI  31,  geschrieben  zwischen  1282  und  1328,  fol.  80,  werden  dem  Kallikles 
sonst  unter  dem  Namen  des  Prodromos  überlieferten  Verse  auf  die  zwölf  Monate  zu- 
cVirieben. 

311.  Nikolaos,  Metropolit  von  Kerkyra  im  Anfang  des  12.  Jahrhunderts, 
5r  als  Teilnehmer  an  der  von  Alexios  I  Komnenos  im  Jahre  1117  berufenen 
ftioAe  und  als  Korrespondent  des  Theophylaktos  von  Bulgarien  bekannt 
t,  verfasste  einen  grossen  Kommentar  zu  den  asketischen  Kapiteln 
18  Maximos  mit  einem  Widmungsgedicht  in  43  politischen  Versen 
;1.  §  12  Anm.  4)  und  ein  aus  310  Trimetern  bestehendes  Gedicht  anläss- 
h  seiner  Abdankung  {'Eni  rfj  naQanijaei  avrov).  Wie  es  bei  der  poeti- 
len  Behandlung  eines  solchen  Vorwurfes  natürlich  ist,  macht  Nikolaos 
ne  näheren  Angaben  über  die  Oründe  seiner  Abdankung,  sondern  handelt 
r  allgemein  über  die  eigene  Nichtigkeit,  über  die  Vergänglichkeit  des 
Ischen,  über  die  Charaktereigenschaften  wie  Offenheit  und  Festigkeit,  die 
nen  Rücktritt  verursachten,  endlich  über  seine  Sehnsucht,  den  Schlechtig- 
ten der  Welt,  die  er  mit  düsteren  Farben  und  mit  den  Übertreibungen 
er  gekränkten  Seele  schildert,  zu  entgehen  und  mit  Gott  allein  zu  sein. 

schliesst  mit  dem  Wunsche,  Kerkyra  möge  einen  andern  guten  Bräu- 
am  finden,  und  einem  Abschiedsgrusse  an  seine  Diözesankinder.  Die 
rstellung  zeugt  von   dem  üblichen  Masse  klassischer  Bildung;   auffällig 

die  Vorliebe  für  alte  Sprichwörter  und  sprichwörtliche  Redensarten. 

Ausgaben:  Das  Abdankungsgedicht  ed.  pr.  aus  Cod.  Laur.  5,  10  Mustox^des, 

olai  metropolitae  Corcyrae  Carmen  inorale,   MaUand  1815;   dann  besser  mit  Beiziehung 

Cod.  Vatic.  107  in  seinen:  Illustrazioni  Corciresi,  Append.  p.  XX;  endlich  zum  dritten 

!e  nach  beiden   Hss  aber  ohne  Angabe   der   Varianten  in  seinem  Werke:  Delle  cose 


*)  Vgl.  Du  Cange,  Kommentar  zu  Anna 
nnena  ed.  Bonn.  2,  701. 


*)  Rhetores  Graeci  ed.  Walz  3,  562,  11. 


746  BysantiniBohe  Lüteratargesohiclita.    IL  FoeÜMho  Idtientiir. 

Corciresi,  Corfu  1848,  Append.  S.  XXXV  ff.  —  Dann  wurde  dieses  Gedicht  nach  den  nB  JL 
Cod.  Monac.  201  (nicht  212,  wie  Lampros  selbst  angibt)  and  die  Widmung  dcil^^^^ 
mentars  zu  Maximos  nach  dem  (den  ganzen  Kommentar  enthaltenden)  Cod.  Atbouf^^ 
s.  13—14  ed.  von  Sp.  Lampros,  KeQxvQai'xd  crWxdoTa,  Athen  1882  S.  28—41.  - 
Abdankungsgedicht  bewahrt  auch  der  noch  unbenutzte  Cod.  Athous  3086  s.  11 
Sp.  Lampros,  Catalogue  of  tbe  greek  mss  on  Mount  Athos  1  (1895)  275. 

312.  Passionsspiel.  Das  einzige  uns  erhaltene  Drama  der 
tinischen  Zeit  ist  der  gewöhnlich  ÄQiatog  ndcxtov  (Christus  pati 
betitelte  Cento.  Nachdem  die  Meinung,  das  Werk  gehöre  dem  Gr 
von  Nazianz,  allgemein  aufgegeben  ist,  bleibt  der  Verfasser  vorent 
ermittelt;  sicher  ist  nur,  dass  er  in  einer  ganz  späten  Zeit,  wahrschei 
im  11.  oder  12.  Jahrhundert  lebte.  Er  dichtete  im  verwegensten 
des  Wortes  nach  berühmten  Mustern,  indem  er  eine  ganze  Reilie 
Werke  mit  der  Schere  bearbeitete.  Ein  volles  Drittel  der  2640 
(ausser  den  vereinzelten  Anapästen  Y.  1461  ff.  nur  Trimeter),  aus  wekki^  ai 
das  Drama  besteht,  ist  fi*emdes  Eigentum.  Den  grössten  Teil  dieses 
gutes  lieferten  sieben  Dramen  des  Euripides,  nämlich  Hekabe,  Meidiiikii 
Orestes,  Hippolytos,  Troades,  Rhesos  und  Bacchen;  dazu  kommen  riJipn 
Dutzend  Verse  aus  dem  Prometheus  und  Agamemnon  des  Aeschylosolhki 
aus  der  Kassandra  des  Lykophron.  Vielleicht  hat  der  Verfasser  ttdk«=z: 
verlorene  Stücke  der  Tragiker  verwertet.*)  Ausserdem  benützte  er fcihru 
die  Erzählung  wie  für  die  Phraseologie  die  heiligen  Schriften,  besoninliar 
die  vier  Evangelien,  die  Apokalypse,  die  Paulusbriefe,  die  Psalmen,  Ä, 
Oenesis  und  Exodus.  Selbst  apokryphe  Stücke  wie  das  Evangeün 
Nicodemi,  das  Protoevangelium  Jacobi,  das  Evangelium  über  die  6eb«l 
Marias  und  die  Apostelakten  wurden  nicht  verschmäht.  SelbstverstandUf^  l' 
konnten  die  Verse  aus  den  alten  Dramen  nicht  immer  wörtlich  verwenü 
worden;  sie  wurden  zugeschnitten  und  umgeändert,  wie  es  der  Zusanun» 
hang  erforderte.  Zur  Veranschaulichung  des  hiebei  beobachteten  Verfahr«!**^' 
diene  der  Anfang  des  von  der  Jungfrau  Maria  gesprochenen  Prologs: 

Ktli*  (S(peX*  iy  Xeifdoiyi  fiijd*  ignety  otptg,  1> 

fdtjif*  iy  yd-natai  tovd*  vffedQCveiy  d^axioy  etc.; 

ZU  Grunde  liegen  Vers  1  und  3  der  Medea: 

Eifh*  (ij(peX*  ^AQyovg  utj  Sianraa^ai  axdtfog 
fitjS^  iy  ydnaiai  TltjXiov  neaeiy  noxB, 

Zur  richtigen  Würdigung  dieser  künstlichen  Mosaikarbeit  müssen  wir  ans 
auf  den  Standpunkt  der  Byzantiner  begeben,  die  vom  litterarischen  Eigen- 
tum eine  unklare  Vorstellung  hatten  und  auch  auf  anderen  Grebieten  die 
Schätze  ihrer  Vorfahren  erbarmungslos  zu  Ilate  zogen.  Das  Stück  ist  nicht 
ein  Plagiat  im  modernen  Sinne,  sondern  nur  ein  eigenartiges  Beispiel  jene 
Imitation,  welche  die  ganze  Kunstlitteratur  der  Byzantiner  beherrscht 
Daher  berichtet  uns  der  Dichter  auch  ganz  offen  im  Proömion,  dass  er 
das  Leiden  Christi  xut*  Ergmidi^v  besingen  werde.  Weit  unbegreiflicher 
und  störender  als  die  Entlehnung  an  sich  ist  für  unser  Gefühl  die  Ver- 
quickung von  zwei  so  verschiedenen  Ideenkreisen.   Wir  empfinden 


*)  Es  finden  sich  ausser  den  nachweis-  auf  byzantinischem  Boden  gewachsen  zu  seia 
bar  entlehnten  Partien  verschiedene  form-  scheinen.  N.  Weck  lein,  Berliner  phiioL 
vollendete  Verse  und  Gedanken,  die  nicht  |  Wochenschrift  1886  S.  426. 


2.  Profanpoesie.    (§  312)  747 

Ausstattung  der  heiligen  Personen  mit  den  übel  zugerichteten  Lappen 
attischen  Bühne  als  eine  wüste  Profanierung.  Das  mumienhaft  er- 
rrte  Gewand  der  alten  Tragödie  passt  den  auf  einem  ganz  anderen 
len  erwachsenen  Gestalten  nicht;  ihre  Bewegungen  erscheinen  darin 
gereimt,  und  wir  haben  beim  Anblick  der  so  bunt  aufgeputzten  Figuren 
br  mit  der  Heiterkeit  als  mit  den  Thränen  zu  kämpfen.  Ungebildeten 
i1>  das  Stück  wegen  seiner  altertümlichen  Sprache  überhaupt  unzugäng- 
L  ;  auf  den  Gebildeten  aber  musste  es  ähnlich  wirken  wie  jene  musika- 
lien  Potpouris,  in  welchen  Fragmente  verschiedener  Texte  und  Melodien 
lc  Vermittelung  aneinander  gereiht  sind.  Mit  dem  bekannten  EjlxP^ 
tX  tritt  die  Gottesmutter  als  Maria  Medea  auf  die  Bühne;  in  schnellster 
ge  wechselt  sie  ihr  Kostüm,  sie  wird  zur  Hekabe,  Kassandra,  Elytä- 
stra,  Andromache,  sogar  zum  Hermes;  dieselbe  Chamäleonnatur  haben 
anderen  Personen.  Selbst  die  in  der  lebendigen  Sprache  längst  ver- 
i3llenen  Exklamationen  orrororoi',  m  fioi,  m  erzeugen  hier  eine  komische 
irkung.  Wie  sehr  gerade  die  Mischung  heterogener  Elemente  den 
^nstigen  Gesamteindruck  verschuldet,  wird  recht  klar,  wenn  man  neben 
.  klassischen  Versen  die  aus  den  heiligen  Schriften  entnommenen 
Lanzen  und  Vergleiche  studiert;  sie  passen  zur  Stimmung  des  gesamten 
r^urfes  und  wirken  daher  nicht  nur  nicht  störend,  sondern  erhöhen 
;Är  den  Eindruck  des  Wahren,  wie  man  Ähnliches  ja  auch  im  Ober- 
naergauer  Passionsspiel  beobachten  kann. 

Das  Drama  beginnt  mit  dem  Gang  auf  Golgatha  und  endet  mit  der 
ferstehung  Christi  und  seiner  Ankunft  im  Hause  der  Mutter  des  Marcus. 
B  Personen  sind  Christus,  Maria,  Johannes,  Joseph  von  Arimathea, 
icodemus,  Maria  Magdalena,  Boten,  ein  Engel,  die  Wache;  dazu  kommen 
ivei  Halbchöre  gaUläischer  Weiber,  die  aber  nicht  singen,  sondern  im 
3quemen  Trimeter  konversieren  wie  die  übrigen  Personen.  Die  Haupt- 
)Ile  trägt  nicht  Christus,  sondern  Maria.  Damit  hängt  der  Mangel  einer 
andlung  und  einer  dramatischen  Steigerung  zusammen;  der  grösste  Teil 
s  Stückes  besteht  aus  langen  Botenerzählungen  und  ebenso  ausge- 
hnten  Klagereden;  Christus  selbst  steht  im  Hintergrunde,  und  wir 
ren  von  ihm  meist  nur  durch  Berichte  anderer  Personen.  Dass  die  ari- 
»telische  Einheit  von  Ort  und  Zeit  überschritten  wird,  darf  nicht 
rfallen;  das  Drama  leidet  aber  auch  an  starken  Verstössen  gegen  die 
mentarsten  Regeln  der  Technik.  Trotzdem  hat  man  versucht,  durch 
rschiedene  Kunstgriffe  das  Werk  mit  den  Anforderungen  der  Dramatik 
Einklang  zu  bringen  —  gewiss  mit  Unrecht.  In  der  Zeit,  als  dieses 
leindrama  entstand,  fehlte  die  wichtigste  Voraussetzung  dieser  Litteratur- 
btung,  die  Aufführung;  und  auch  das  Studium  der  alten  Stücke  wurde 
;ht  derart  betrieben,  dass  aus  demselben  eine  Einsicht  in  die  Technik 
bte  erwachsen  können.  Es  wäre  ein  wahres  Wunder,  wenn  unter  solchen 
rhältnissen  ein  Dichter  die  inneren  und  äusseren  Gesetze  der  Dra- 
ktik  erfasst  und  in  einem  wirklichen  Kunstwerke  zum  Ausdrucke  ge- 
icht  hätte.  Der  Xqiaiog  ndaxtov^  um  es  kurz  zu  sagen,  ist  ein  Lese- 
ick  wie  die  dialogischen  Gedichte  des  Ignatios,  des  Haplucheiri  dw 
3dromos  imd  Philes.  Bei  alledem  kann  die  isolierte  Stellung  diem. 


748  ByzantiniBohe  Litteratnrgesohichte.    IL  Podtiaohe  LitterAtar. 

Nachzüglers    der  dramatischen   Litteratur  Bedenken   erregen.     Die 
erwähnten  dialogischen  Stücke  sind  doch  wiederum  zu  sehr  versc' 
um  als  Vorläufer  bezw.  Fortsetzer  gelten  zu  können ;  vielleicht  läge  es 
die  S.  644  f.  erwähnten  Dinge,  wie  die  Dramen  des  Synesios,  des  Arios  i^V 
seiner   Gegner  mit   unserem  Werke  in  Verbindung  zu  bringen;  dock 
ein  thatsächlicher  Zusammenhang  auch  hier  nicht  nachgewiesen  und 
überhaupt  schwer  nachweisbar. 

Die  Sprache  des  Werkes  hat  wenig  Individuelles;  Präsensfi 
wie  fioXo}^  €QWj  O^iyo),  die  Konstruktion  von  eav,  orav  mit  dem  Ini 
von  H  mit  dem  Konjunktiv  und  Ähnliches  sind  Vulgarismen,  die  in  i^^^ 
kirchlichen  Litteratur  schon  früh  vorkommen  und  sich  durch  die 
byzantinische  Zeit  verfolgen  lassen.  Bezüglich  der  Metrik  gehört  iJf^ 
Verfasser  nach  der  von  Hilberg  getroffenen  Einteilung  (s.  S.  648  f.)  zu 
„Stümpern**,  welche  der  unbeschränkte  Gebrauch  von  auslautendeaiJ^^ 
I,  t^  als  Länge  kennzeichnet,  und  steht  also  unter  Prodromos,  der  a,  i, 
nur  im  An-  und  Inlaute  ohne  Beschränkung  auch  als  Länge  gebnttrit|*|^'^^ 
Wenig  byzantinische  Schriftwerke  sind  so  viel  gelesen,  bearbeitet  nri  »l.^^ir 


T 


AI 


örtert  worden  wie  der  XQixftog  ndaxfov.  Den  Theologen  war  er  wii 
als  das  einzige  christliche  Drama  auf  griechischem  Boden;  seine  iog-l  ^\ 
matischen  Vorstellungen  und  seine  kirchlichen  Quellen  boten  der  Fondrail^*' 
reichen  Stoff  und  sein  Inhalt  diente  der  Erbauung.  Nicht  minder  äbi||ifx'i 
wurde  er  in  philologischen  Kreisen  studiert;  hier  war  es  namentlich  seiii 
Wichtigkeit  für  die  Textkritik  der  benützten  Vorbilder,  welche  taKL* 
Freunde  erwarb  und  die  unaussprechliche  Zeit  seiner  Entstehung  vergeaeei" 
Hess;  als  wertvollste  Ausbeute  ergaben  sich  einige  Verse  aus  den  ver- 
lorenen Partien  der  Bacchen.  Von  der  Bedeutung  des  Dramas  tii 
die  Kultur-  und  Litteraturgeschichte  der  dunkeln  Jahrhunderte  und  v« 
seiner  Stellung  als  Vorläufer  der  mittelalterlichen  Mysterien  war  bis  jeüi 
weniger  die  Rede. 

1.  Ausgaben  und  Uobersetzungen:  Kd.  Migne,  Patrol.  gr.  38,  131— ddSMtL 
doppelter  laieiniscber  Uebersetzung ;  der  Text  beruht  noch  auf  der  mangelhaften  Aoagikl. 
von  Caillau.  —  Purste  kritische  Ausgabe  von  Fr.  Dübner  nach  den  Fragmenta  Eiihpifii|'^ 
ed.  G.  Wagner,  Paris,  Didot  1846.  Ausführlich  besprochen  von  Mag n in,  Journal  da 
Savants  1849  S.  12  ff.;  275  ff.  —  Nach  dem  Dübner  sehen  Texte  mit  deutscher  UebersetM  |^ 
ed.  von  A.  Ellissen  in  seinen  Analekten  der  mittel-  und  neugriechischen  Litteratur,  1. Tel 
Leipzig  1855;  die  Einleitung  belehrt  weniger  über  die  Kritik  und  litterargeschichtüebe 
Stellung  des  Dramas  selbst  als  über  die  Geschichte  der  demselben  gewidmeten  Kontra 
Versen.  —  Ed.  .1.  G  Brarabs,  Leipzig,  bibl.  Teubneriana  1885;  er  erweitert  den  kritisdui 
Apparat  durch  3  von  Dübner  nicht  benützte  Hss  und  gibt  das  erste  vollständige  Ver* 
zeichnis  der  Lehnverse  nebst  einer  Untersuchung  über  Zeit  und  Autor  des  Werkes.  - 
Eine  zweite  deutsche  Uebersetzung  gab  E.  A.  Pull  ig,  X{tiat6g  ndaxo^y.  Der  leideadt 
Christus.  Progr.  d.  Oborrealschule  zu  Bonn  1893.  —  Französisch  von  J.  A.  Lalanae, 
La  passion  du  Christ.     Paris,  E.  Belin  1852  (mir  unzugänglich). 

2.  Hilfsmittel:  Eichstädt,  Druma  christianum,  quod  XQiajdg  naax^v  inscribitv, 
num  Gregorio  Nazianzeno  sit  tribuendum.  Progr.,  Jena  1816.  —  J.  L.  Klein,  Geschick 
des  Dramas  3  (1866)  599—634  (verfehlter  Panegyrikus).  —  Aug.  Döring,  De  tragoedii  I 
Christiana  quae  inscr.  Xgiatog  TrtrV/wr,  Progr.  Barmen  1864.  -  Joh.  Dräseke,  Jakr* 
bücher  für  protest.  Theologie  10  (1884)  689-704,  hält  wie  einst  Baronius  den  Apollinarioi 
von  Laodikea  für  den  Verfasser  des  Werkes,  das  vor  363  entstanden  sei.  —  J.  G.  ürambs, 
De  auctoritate  tragoediae  Christianae  quae  inscribi  solet  XQicxog  niicxfav,  Progr.,  Eichstldt 
1884  (zum  Teil  wiederholt  in  der  Vorrede  seiner  Ausgabe).  —  Is.  Hilberg,  Kann  Theo- 
dorus  Prodromus  der  Verf.  des  XQiaiog  naax^*'  sein?,  Wiener  Studien  8  (1886)  282—314; 
Nachtrag  9  (1887)  150.  —  Verwertung  des  Stückes  für  die  Kritik  des  Eoripides:  A.  Kirch- 


Bi 


2.  Pfofanpoetfie.    (§  313)  749 

_jff,   Pbilologus  8  (1853)  78  ff.  -  A.  Döring.   Philologus  21  (1864)  539  ff;   23  (1866) 

^T?ff.;  25  (1867)  221  ff.  —  F.  L.  van  Cleef,  The  Pseudo-Gregorian  drama  Xgcardg  ndaxtoy 

i  ÜB  relation  to  the  text  of  Euripides,  Transactions  of  the  Wisconsin  academy  of  sciences, 

and  letters  vol.  8  (Wisconsin  1892)  363-378  (handelt  über  die  Bedeutung  des  Dramas 

die  Kritik  der  Bacchen  dos  Euripides  und  kommt  zu  dem  Ergebnis,  dass  die  von  dem 

tiner  benutzte  Hs  der  Bacchen  weit  schlechter  war  als  die  Hss  von  Kirchhoffs  zweiter 

).  —  Zur  Sprache:   Tycho  Mommsen,   Beiträge  zur  Lehre   von   den   griechischen 

itionen,  Frankfurt- Berlin  1886-1895  S.  627  ff.  --  In  der  Kontroverse  über  Zeit  und 

tor  des  Werkes  herrscht  jetzt  wenigstens  Einstimmigkeit  in  der  üeberzeugung,  dass 

Werk   unmöglich  dem  Gregor   von  Nazianz  gehören  kann.     Des  weiteren   haben   die 

itersachungen  einige  sichere  Anhaltspunkte  über  die  Zeit  des  Werkes  ergeben ;  während 

lB«r   die  Meinungen  zwischen   dem  4.   und   13.   Jahrhundert  schwankten,    ist  es  jetzt 

^fellos,  dass  das  Drama  nicht  über  das  11.  Jahrb.  hinaufgerückt  werden  darf.    Ver- 

aber  waren   die  Bemühungen,   den  Namen   des  Verfassers   selbst  aus   dem  wirren 

Dge   mittelgriechischer  Litteraten   herauszufinden.     Dörings  Wahl   fiel    auf  Tzetzes 

in  Programm  und  noch  neuerdings  in  der  Philol.  Rundschan  1885  S.  424),  Brambs  ent- 

B^d  sich  für  Ptochoprodromos,  eine  Hypothese,  deren  Unrichtigkeit  Hilberg  a.  a.  0. 

^ly^Bxraeagend   nachgewiesen  hat.     Die  Wahrheit  bleibt  also,    dass  wir  uns  vorerst  mit  der 
1.1  gemeinen  Bestimmung  der  Zeit  (11.— 12.  Jalirh.)  begnügen  müssen. 

3.  Ueberlieferung  und  Titel:  Hauptcodex  ist  der  Parisinus  2875  (13.  Jahrb.). 
ie  Handschriften  haben  verschiedene  wortreiche  Titel,  die  aber  in  der  Benennung  des 

cor  von  Nazianz  als  Autor  übereinstimmen  z.  B.  rgrjyoQtov  tov  &6oX6yov  rgayiodia  eig 
ttijfJQioy  7iu9o^  rov  xvQiov  rjfjLtav  *lrjaov  Xqiotov.  Der  jetzt  übliche  Titel  XQiatog 
|r»y  stammt  von  dem  ersten  Herausgeber  Ant.  Bladus  (Rom  1542). 

4.  Vielleicht  hängt   die  Entstehung  des  Christus  patiens   genetisch  zusammen   mit 
Sentenzen florilegien  aus  Homer,  Sophokles  und  Euripides,  von  denen  uns  mehrere 

plare   erhalten  sind.     Im  Cod.  Marc.  507   ist  ausser   den   genannten   drei  Dichtem 
der  Christus  patiens  selbst  mitaufgenommen.     Vgl.  §  254  Anm.  5. 

5.  Ans  der  ersten  Uälfte  des  12.  Jahrb.  stammt  ein  Gedicht  der  Irene,  der  Ge- 
likblin  des  Sebastokrator:  Eiqtjyriq  JSeßaatoxQatOQiafffjg  liyixdoToy  noirjfxa  (1143), 
•  X^*9pY9^^^^  ^^s  i^  UaxfAM  ßißXioSijxfjg  ix&.  M.  T.  reifetuy,  Athen  1879.  Etwas  Näheres 
^^T  dieses  Werk  vermag  icn  nicht  mitzuteilen,  da  es  mir  unzugänglich  geblieben  ist. 

313.  Theodoros  Prodromos  {&€6i{OQog  d  nqoSQo^ioq)^  der  sich  selbst 
"egen  seiner  Dürftigkeit  Ptochoprodromos  (d.  h.  der  arme  Prodromos) 

-  jMinnte,  lebte  unter  den  Kaisern  Alexios,  Johannes  und  Manuel  Komnenos 

^  Konstantinopel.     In  einem  an  Johannes  Komnenos  (f  1143)  gerichteten 

Qedichte  (s.  den  Abschnitt  ^  Vulgärgriechische  Litteratur*")   nennt  er  sich 

^to  zwölften  Jahre  verheiratet  und  einen  Greis  (yi^wr),  woraus  zu  schliessen 

^at,  dass  er  schon  vor  1143  die  Blüte  des  Alters  überschritten  hatte;  dazu 

;^  ^ommt,  dass  keines  seiner  datierbaren  Gedichte  über  das  Jahr  1159  hinaus- 
"Weist.  Der  grössere  Teil  seines  Lebens  und  seiner  Thätigkeit  fallt  dem- 
nach zweifellos  noch  in  die  erste  Hälfte  des  12.  Jahrhunderts,  und 
c»r  ist  somit  ein  jüngerer  Zeitgenosse  des  Nikolaos  Kallikles.  Von  dem 
liebensgange  des  Prodromos  wissen  wir  sehr  wenig.  Als  der  wichtigste 
Und  stets  wiederkehrende  Zug  erscheint  seine  unheilbare  Armut,  der  er 
durch  zahllose  Preisgedichte,  Lobreden  und  Episteln  abzuhelfen  suchte.  Zu 
Beinen  Gönnern  gehörten  die  zwei  Kaiser  Johannes  und  Manuel,  ver- 
schiedene Prinzen  und  Prinzessinnen  des  kaiserlichen  Hauses,  endlich  hohe 
Würdenträger,  besonders  Alexios  Aristenos,  ein  einflussreicher  Gelehrter 
und  Beamter  (vono(fvXa^,  nqoaxtxöixog  und  oqffccvovqoqoq)^  der  auch  als  Er- 
Id&rer  der  kirchlichen  Gesetze  in  der  Litteratur  eine  bedeutende  Stelle 
einnimmt  (s.  S.  607).  Die  Unterstützungen,  die  sich  der  vielgeplagte 
Litterat  auf  solche  Weise  erbettelte,  scheinen  jedoch  weder  bedeutend 
noch  regelmässig  gewesen  zu  sein ;  denn  seine  Klagen  begannen  stets  aufs 
neue,  und  in  einem  längeren  Gedichte  von  fünfzig  Hexametern  drohte  er 


/ 


750  Byzantinische  Liüeratnrgeschiohie.    IL  Poetiaohe  Idtterfttar. 

sogar  den  Byzantinern,  die  seine  Verdienste  nicht  zuwtirdigen  verst8ii 
den  Rücken  zu  kehren  und  sich  zum  Erzbischof  von  Trapezunt  zu  11 
ten ;  doch  liess  er  es  bei  der  Drohung  bewenden.  Endlich  erhielt  or 
Manuel  Eomnenos  eine  Pfründe  im  manganischen  Stift,  die  ihm  j« 
später  wieder  entzogen  wurde.  Er  beschloss  sein  Leben  in  einem  Bi 
zu  Eonstantinopel  unter  dem  Mönchsnamen  Hilarion. 

Die  litterarische  Thätigkeit  des  Prodromos  ist  ebenso  reid 
mannigfaltig.  Wir  finden  ihn  als  Romanschreiber,  Gelegenheitsdichta 
Epigrammatiker,  als  Verfasser  von  astrologischen,  grammatischen,  pl 
sophischen  und  theologischen  Werken,  von  rhetorischen  Schnlübtu 
Satiren,  Reden  und  Briefen.  Ein  Schriftsteller  von  solcher  Fruchtb« 
verlangt  eine  vorsichtige  Beurteilung.  Die  Litteraturgeschichte 
dem  Prodromos  Unrecht  gethan,  indem  sie  zu  ausschliesslich  den  hc 
Schwulst  und  die  Charakterlosigkeit  des  Betteldichters  hervorkehrte, 
ist  allerdings  richtig,  dass  er  vielfach  als  ein  typischer  Vertreter  der  \ 
sten  Seiten  des  byzantinischen  Wesens,  der  kriechenden  Schmeicheid. 
prahlerischen  Halbbildung  und  der  barbarischen  Geschmacklosigk^ 
scheint;  aber  sein  Wesen  wird  mit  diesen  Schlagwörtern,  die  nachgi 
für  Byzantiner  stereotyp  und  daher  zur  Individualisierung  wertlos  gewc 
sind,  keineswegs  erschöpft.  Am  besten  gefällt  uns  Prodromos  in  prc 
sehen  Versuchen,  wo  er  mit  Geschick  und  Grazie  den  besten  Vorbi 
des  Altertums,  besonders  Lukian  folgt;  auch  seine  Briefe  verraten 
unverächtliche  Gewandtheit  in  der  Form  und  lassen  sich  den  b 
Leistungen  der  byzantinischen  Epistolographie  beigesellen.  Nicht 
schwächer  sind  seine  kleinen  Spottgedichte;  sein  Witz  ist  zwar  ( 
derb  und  ostentativ  und  der  Gedanke  meist  zu  breit  ausgesponnen; 
das  Gleiche  lässt  sich  auch  von  alten  Spottgedichten  z.  B.  von  dem  W< 
Spiegel  des  Simonides  Amorginus  behaupten,  mit  dem  des  Prodromos  i 
auf  das  lüsterne  Weib  verglichen  werden  mag.  Auch  die  Epigra 
enthalten  manchen  guten  Einfall  und  berechtigen  nicht  zu  der  radi 
Verdammung,  die  für  Prodromos  üblich  geworden  ist.  Zu  dieser  1 
vielmehr  seine  grössten  und  leider  auch  bekanntesten  Werke  Anlas 
geben,  der  geschmacklose  Versroman  und  die  langatmigen,  in  schwüh 
Metaphern  sich  überstürzenden  Lob-  und  Bittgedichte.  Beachtei 
neben  diesen  auch  die  oben  genannten  Werke,  so  wird  das  Gesamt 
wohl  günstiger  ausfallen.  Sicher  gehört  Prodromos  bei  allen  seinen  MS 
zu  den  merkwürdigsten  Erscheinungen  der  byzantinischen  Litteratur. 
schulmässigen  Werken  eines  Suidas,  Tzetzes,  Eustathios  gegenüber  er« 
in  Prodromos  die  emsige  Geschäftigkeit  des  von  den  zünftigen  K 
zurückgestossenen  Dilettanten.  An  Stelle  der  zeremoniellen  Gemesse 
die  sonst  bei  den  Byzantinern  so  sehr  ermüdet,  finden  wir  bei  ihn 
derbe,  aber  immerhin  witzige  Polemik  und  eine  freilich  etwas  hol] 
Urwüchsigkeit.  Der  steifleinenen  Würde  der  byzantinischen  Kunstspi 
wie  sie  gerade  in  der  Komnenenzeit  wieder  mehr  als  je  betont  un 
pflegt  wurde,  wagt  Prodromos  mit  Scherzgedichten  in  der  Vulgärsp 
entgegenzutreten.  So  machen  uns  gerade  die  Teile  seines  Wesei 
welchen  er  von   den   gleichgearteten  Durchschnittslitteraten   seinei 


2.  Profanpoesie.    (§  313)  751 

iweicht,  den  Mann  interessant.     Er  ist  wie  wenige  Byzantiner  eine  deut- 
t\i  ausgesprochene  kulturhistorische  Figur. 

Der  litterarische  Nachlass  des  Prodromos  ist  so  reichhaltig,  dass 
hon  eine  blosse  Aufzählung  der  genauen  Titel  mit  dem  dazu  gehörigen 
bliographischen  Material  viele  Seiten  füllen  würde.  Trotzdem  wäre  selbst 
jnit  strengeren  Anforderungen  nicht  genügt,  da  wir  uns  beim  Mangel 
:Äkter  und  erschöpfender  Vorarbeiten  zum  Teil  auf  die  Wiedergabe 
barer  Zusammenstellungen  von  schwankender  Zuverlässigkeit  beschränken 
Qssten.  Wir  begnügen  uns  daher  mit  einer  Aufzählung  der  wichtigsten 
id  bekanntesten  Werke  und  notieren  für  das  übrige  die  bibliographische 
iteratur. 

1.  Das  umfangreichste  Werk  des  Prodromos  ist  sein  Versroman 
«danthe  undDosikles  {Td  xcczd  '^Poidvt^rjv  xal  JoaixXta),    Er  erzählt 

4614  Trimetern,  die  in  9  Bücher  eingeteilt  sind,  folgendes:  Dosikles 
18  Abydos  entführt  mit  Hilfe  einiger  Freunde  die  schöne  Rodanthe,  aber 
if  Rhodos  wild  das  Paar  von  Räubern  überfallen  und  nach  mancherlei 
benteuem  getrennt;  Rodanthe  wird  nach  Cyporn  als  Sklavin  verkauft, 
Dsikles  soll  den  Göttern  geopfert  werden.  Glücklich  befreit  gelangt  er 
ich  Cypem,  wo  er  mit  seiner  Geliebten  wieder  zusammentrifiFt ;  bald  reisen 
6  beiden  Väter  auf  Anraten  des  delphischen  Orakels  von  Abydos  nach 
fpern  und  fahren  mit  den  Kindern  nach  Hause  zurück,  wo  frohe  Hoch- 
dt  gefeiert  wu-d.  Zum  Vorbilde  dienten  dem  Prodromos  vornehnüich  die 
ethiopica  des  Heliodor,  welchen  die  künstliche  Disposition  der  ersten 
»i  Bücher,  d.  h.  das  Motiv,  dass  wir  erst  nachträglich  durch  eine  Er- 
Ihlung  des  Dosikles  die  früheren  Schicksale  des  Liebespaares  erfahren, 
mie  eine  Reihe  einzelner  Züge  entnommen  sind.  Die  Anklänge  an  des 
Qstathios  Erzählung  von  Hysmine  und  Hysminias  sind  wohl  aus  der 
BDützung  gemeinsamer  Vorbilder  zu  erklären.  Einzelne  früher  nicht  vor- 
Mnmende  Motive  gehen  vielleicht  auf  die  populäre  Überlieferung  orien- 
llischer  Märchen  zurück.  Die  unmässige  Breite,  die  schwülstige,  bar- 
trisch  ungeschlachte  und  doch  anspruchsvolle  Darstellung  beweisen  den 
Hligen  Mangel  an  Befähigung  zu  einer  solchen  Aufgabe  und  machen  die 
rt^türe  des  nur  durch  seine  Länge  imponierenden  Gedichtes  zu  einer 
ahren  Qual.  Trotzdem  diente  dasselbe  einem  Späteren  als  Vorbild,  dem 
Sketas  Eugenianos,  von  dem  auch  eine  Monodie  auf  Prodromos  erhalten 
L     Vgl.  §  318  Anm.  3. 

Ed.  pr.  G.  Gaulminus,  Paris  1625  (griechisch  und  lateinisch).  —  Ed.  R.  Hercher 
den  Scriptores  erotici  Graeci,  vol.  2  (Lipsiae  1859)  287—434.  —  Vgl.  Ph.  Le  Bas, 
jblioiböque  de  Täcole  des  chartes,  mai-juin  1841.  —  Härtung,  Die  byzant.  Novelle, 
^iv  fEtr  das  Studium  d.  neueren  Sprachen  und  Literaturen  50  (1872)  4  ff.  (nutzlos).  — 
Hilberg,  Epistola  critica  ad  J.  Vahlen,  Wien  1877.  —  Zur  Sprache:  Tycho  Mommsen, 
Ürige  zu  der  Lehre  von  den  griechischen  Präpositionen,  Frankfurt-Berlin  1886  —  1895 
333  ff.  —  Hauptschrift:  £.  Rhode,  Der  griechische  Roman,  Leipzig  1876  S.  527—530. 

2.  Der  Eatzenmäusekrieg  (in  der  Handschrift  ohne  Titel;  vom 
fiten  Herausgeber  raXsofivofxaxicc,  von  Hercher  richtiger  Katofivofiaxfa 
^rschrieben),  eine  dramatische  Parodie  in  384  Trimetern,  in  welcher 
e  auch  der  Sx^irj  fivog  (s.  u.  S.  757)  zu  Grunde  liegende  Idee  eines 
ampfes  zwischen  Katze  und  Maus  weiter  ausgeführt  wird.     Personen 


752  Bysantinuiohe  Litiaratiirgeflehiehte.    IL  Poeiisoh«  Llitenitar. 

dieses    dramatischen  Gegenstückes   zur  homerischen  Batrachomyo] 
sind    der  Mäusekönig   Kreillos   und   seine   Gattin,    die  Maus   Tyrol 
(Käsedieb),  ein  Herold  und  ein  Bote,  dazu  der  aus  Dienerinnen 
Chor.     Ungehalten  über  die  ewigen  Nachstellungen  der  Katze 
Kreillos,  alle  Mäuse  zum  Kampfe  gegen  die  unholde  Widersacherin 
bieten;  die  Katze  richtet  ein  fürchterliches  Blutbad  unter  den  Mäusen 
schliesslich    aber   erscheint    als    deus   ex  machina   ein   von  der 
fallender  Balken,   der   die  Katze  erschlägt  und   so   den  Mäusen  den 
verschaift. 

Zahlreiche  ältere  Ausgahen.   Zuletzt  Theodor!  Prodromi  Catomyomachia  ed.  R.Hj 
eher,  Lipsiae,  bibl.  Teubneriana  1873. 

3.  Die  Freundschaft   in  der  Verbannung,  'Ajioirjfiog  fii/«, 
Dialog   in  jambischen  Trimetem   zwischen  einem  Fremdling  (Stro;) 
der    Freundschaft   (<l>ii/a).     Das  Argument   des   Gedichtes   lautet: 
Freundschaft   wird   von   ihrem   Manne  Kosmos,    d.  h.  dem  mensc: 
Leben,  Verstössen;  er  verbindet  sich  auf  Anraten  seiner  Magd 
mit   der   Buhlerin    Feindschaft.     Der  Nutzen   der  Freundschaft 
Nachteile   der  Feindschaft  werden  nun  in  schulmässiger  Weise  an 
spielen  aus  der  alten  Mythologie  wie  an  Eteokles  und  Polyneikes,  an 
und  Pylades  dargethan. 

Oft  ediert,  zuletzt  von  Fr.  Dübner  in  Euripidis  fragmenta  ed.  6.  Wagn«,  Pnli 
1846  S.  83-90.  -  Wiederholt  bei  Migne,  Patrol.  gr.  133,  1321  ff.  —  Vgl.  MiginJ. 
Journal  des  Savants  1849  S.  469  ff.  -  Em.  Passamonti,  DelF  "AnodrifjioQ  ipiXk ^ Twj' 
doro  Prodromo,  Rendicouti  della  R.  Accademia  dei  Lincei,  classe  di  scienze  morali,  uliiiMk 
e  filologiche,  Serie  quinta,  vol.  1  (1891)  361—370  (charakterisiert  das  Gedicht  >li  «"Vll 
späten  Versuch  empedokleische  Gedanken  ins  Christliche  zu  übertragen).  —  AlU^ 
zösische  Uebersetzung :  Amitiä  bannie  dumonde:  par  Cyre  Theodore,  po^te  grecet' 
en  vers  fran9ois  per  Jean  Figeon  de  Monteilimar  en  Dauphin^,  ä  Tholose  1558. 

4.  Satire    gegen    eine    lüsterne   Alte,    Katd    ifiXonoqvov  jfk\\ 
(102  Trimeter).    In  der  Form  einer  entrüsteten  Anrede  werden  dieScUtl*!! 
lichkeiten  einer  bejahrten  Buhlerin  aufgezählt.     Charakteristisch  furP» 
dromos  ist  der  Gedanke:    „Zwei  mächtige  Hauzähne   hat  ihr  die  Zeit 
weiser  Erwägung  gelassen,  damit  man  sie  nicht  für  ein  neugeborenes 
halte.**     Zum  Schluss   fordert  der  Dichter  die  Richter  der  Unterwelt 
sie  dem  Rachen  des  Kerberos  zu  übergeben ;  freilich,  meint  er,  an  so » 
altem  Scherbenfleisch  könnten  selbst  die  Zähne  des  Höllenhundes  ermaÜA' 

Ed.  unter  dem  Namen  des  Manuel  Philes  in  den  Prolusiones  et  opuscula 
scr.  M.  Birgerus  Thorlacius,  vol.  3  (Havniae  1815)51  ff.  —  Wiederholt  von  E.  MiU*| 
Manuelis  Philae  carmina  2  (1857)  306  ff.  —  Im  Cod.  Monac.  gr.  281  fol  163*-lVI 
steht  das  Gedicht  unter  dem  Namen  des  Manasses. 

5.  Satire  gegen  einen  alten  Langbart,  Kcctd  fiaxQoyevHov "^ 
QovTogy  mit  der  vorigen  in  Ton  und  Absicht  eng  verwandt  (ebenbl 
102  Trimeter).  Das  Gedicht  ist  nicht  ohne  Witz,  wenn  auch  die  Gedanb 
zu  aufdringlich  und  breit  ausgesponnen  sind.  Nach  seiner  langen  Philipp! 
erteilt  Prodromos  dem  Alten  den  Rat,  sich  seinen  Riesenbart  abzuschneidi 
damit  die  Symmetrie  seiner  äusseren  Erscheinung  wiederhergestellt  wer 

£d.  Fr.  Boissonade,  Anecdota  graeca  4  (1832)  430—435. 

6.  Klageverse  über  die  Beschimpfung  der  Vernunft,  2%^^! 
atixoi  ini  zfj  drififi^  xov  koyov.  Der  Dichter  macht  seinem  Unmute  Q 
die  mangelhafte  Anerkennung  seiner  gelehrten  Verdienste  Luft  und  nin 


2.  Profanpoesie.    (§  313)  753 

)tzt  scherzhaft  von  aller  Wissenschaft  Abschied:  ^'EQQst"  ifiov  ßi6%oio 

TTQOx^eVy   iQQ€V€    ß(ßXoi\ 

£d.  La  Porte  du  Theil,  Not  et  exir.  8(1810)2,  195.  —  Wiederholt  bei  Migne, 
Ol.  gr.  133,  1419  f. 

7.  Ein  astrologisches  Gedicht  in  593  politischen  Fünfzehnsilbern, 
lohtet  an  Irene,  die  Gemahlin  des  Sebastokrator  Andronikos  Eomnenos, 

zweiten  Sohnes  des  Kaisers  Johannes  Eomnenos,  an  deren  mildthätiges 
*z  die  Muse  des  Prodromos  sich  auch  in  anderen,  zum  Teil  unedierten 
ichten  wendet.     Das  Werk   handelt   über   die  Kraft   und  Bedeutung 

Planeten  und  ist  ein  Muster  von  geziertem  Schwulst,  voll  seltsamer 
theta. 

Aus  einem  Athoscodex  und  einer  Wiener  Handschrift  ed.  von  E.  Miller,  Not.  et 
.  23  (1872)  2,  1-39. 

8.  Auf  ein  Bild  des  Lebens  (Eig  etxovi^ffiävov  tov  ßiov),  ein  kleines 
licht  auf  eine  allegorische  Darstellung  des  menschlichen  Lebens.  Das- 
^e  erscheint  als  eine  Flügelfigur  mit  Bädern  und  Flügeln  an  den  Füssen 
:  einer  Wage  in  der  Hand;  nach  diesen  seltsamen  Attributen  bleibt  es 
»ifelhaft,  ob  Prodromos  hier  ein  wirkliches  Bildwerk  vor  Augen  hatte. 

£d.  La  Porte  du  Theil,  Not  et  extr.  8,  2,  191.  —  Wiederholt  bei  Migne,  Patrol. 
L33,  1419. 

9.  Wichtiger  für  die  byzantinische  Kunstgeschichte  sind  die  Verse 
die  zwölf  Monate  {StCxoi  siq  xovg  ioiisxa  fi^vag),  worin  nach  einer 

Mittelalter  weit  verbreiteten  und  noch  in  unsem  Bauemkalendern  fort- 
aden  Sitte  allegorische  Darstellungen  der  12  Monate  beschrieben  und 
L  diätetische  Vorschriften,  Jagd-  und  Wetterregeln  für  die  einzelnen 
ate  erteilt  werden;  häufig  sind  die  Verse  durch  bildliche  Darstei- 
gen illustriert  worden.  Eine  ähnliche  Schilderung  hat  Eustathios  in 
en  Roman  Hysmine  und  Hysminias  (Buch  4,  5  flF.;  S.  49  flF.  ed.  Hil- 
5)  verwoben  und  dadurch  dem  Verfasser  der  Geschichte  von  Lybistros 
L  Rhodamne  für  seine  Beschreibung  der  auf  den  Zinnen  von  Argjrro- 
tron  prangenden  Statuen  der  zwölf  Monate  (V.  882  ff.  ed.  Wagner) 
Vorbild  geliefert. 

1.  Ausgaben:  Ed.  Fr.  Boissonade,  Not.  et  extr.  11  (1827)  2,  181  ff.;  darnach 
1er,  Phjsici  et  medici  graeci  minores  1  (1841)  418  ff.  —  Kritische  Ausgabe  von 
mo  Keil  in  der  Abhandlung:  Die  Monatscyclen  der  byzantinischen  Kunst  in  spät- 
»chischer  Literatur,  Wiener  Studien  11  (1889)  94—142,  wo  auch  Nachweise  über  die 
idschriften  und  Angaben  über  die  einschlägige  Litteratur  zu  finden  sind.  —  Einen  im 
i.  Paris,  gr.  2991  A,  s.  15,  erhaltenen  Text  edierte  und  verglich  mit  den  etwas  ab- 
chenden  Fassungen  des  Lybistros  und  des  von  Keil  benützten  Cod.  Barber.  I  172  C.  Fr. 
11er,  Zu  den  Monatscyklen  der  byzantinischen  Kunst  in  spätgriechischer  Literatur,  Rhein. 
8.  50  (1895)  301—304  (Da  der  Text  nicht  lesbar  gemacht  ist,  bleibt  auch  das  Ergebnis 

Vergleichung  zweifelhaft).  —  Noch  unbenutzt  sind  die  Codd.  Athens  3701  s.  15 
.  54);  Athens  3758  s.  16  (Nr.  35);  Athens  3808  s.  16  (Nr.  134);  Athens  3891  s.  17 
.  1);  Vatic.  Pal  365  s.  14  (jetzt  wieder  in  Heidelberg)  foL  139—143. 

2.  Hilfsmittel:  Zu  den  bildlichen  Darstellungen  der  12  Monate:  James 
i^ler,  On  mediaeval  representations  of  the  months  and  seasons,   Archaeologia  44  (Lon- 

1873)  137—224.  —  Ch.  Beutel  1,  Symbols  of  the  seasons  and  months  represented  in 
[y  art,  Art  Jonmal  1877  S.  113  ff.;  177  ff.;  237  ff.  —  Mit  spezieller  Beziehung  auf  die 
antinischen  Darstellungen:  J.  Strzygowski,  Repertorium  für  Kunstwissenschaft  11 
iS)  23—46  und  13  (1890)  241—263  (im  zweiten  Aufsatz  beschreibt  Strz.  eine  jetzt  im 
oskloster  Vatopedi  aufbewahrte  trapezun tische  Bilderhs  vom  Jahre  1346,  die  Abbildungen 

12  Monate  enthält).  —  Eine  zusammenfassende  historische  Untersuchung  über  die 
rkreiszeichen  und  Monatsbilder  in  der  alten  und  mittelalterlichen  Kunst  und  Litteratur 

H*M**i*^^  der  klau.  AlterttmMWlnensohftft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aufl.  48 


754  ByzantiniBche  Litteratnrgesohiehte.    IL  PoeÜMhe  Litt«ratiir. 

mit  weiteren  Litteraturnachweisen,  Nachträgen  zu  Strzygowskis  erster  Abliiindlang  (a 
einer  vatikanischen  Handschrift  des  Jahres  814)  und  einigen  Abbildungen  gab  Alois  Ried, 
Mitteilungen  des  Instituts  für  Österreich.  Geschichtsforschung  10  (1889)  1  —74.  —  Zv  fr 
läuterung  der  Monataregeln  vgl.  Aug.  Mommsen,  Griechische  Jahreaseiten,  8Hi1mi| 
1873—1877  S.  1—95  (Neugriechische  Bauernregeln,   geordnet  nach  Monaten   altso  SA^ 

3.  Eine  Ekphrase  der  Monatsbilder  (^gtgaaig  firjvtuy  vno  iatyQatpov  Motajtff^ 
(liyiav  avfißo'Aixwg)f  die  auf  die  oben  erwähnte  Schilderung  im  Romane  des  Eastatkiii 
zurückgeht,  steht  im  Cod.  Miscell.  gr.  2773  der  Grossherz.  Bibliothek  m  Damitai^ 
s.  14;  sie  unterscheidet  sich  aber  von  Eustathios  und  den  sonstigen  Bescbreilnmm  iv 
Monatsbilder  dadurch,  dass  die  lateinisch -christlichen  Monatsnamen  nach  vm 
seit  dem  14.  Jahrhundert  um  sich  greifenden  antiquarischen  Sitte  (s.  §  126  Anm.  3)  Innk 
die  attischen  ersetzt  sind.  Diesen  Text  ed.  mit  gutem  Kommentar  Lndwig  Volti, 
Bemerkungen  zu  byzantinischen  Monatslisten,  B.  Z.  4  (1895)  547—558.  —  Eine  geaaoe  Bi- 
Schreibung  der  interessanten  Sammelhs,  die  diesen  Text  überliefert,  geben  L.  Volts  nni  W. 
Croenert,  Der  Codex  2773  miscellaneus  graecus  der  Grossh.  Hofbibliothek  an  DaiBuN^ 
Centralbl.  f.  Bibliothekswesen  14  (1897). 

4.  Als  Vorbilder  der  allegorischen  Erklärungen  und  Schilderangen  der  Mail 
bilder  erscheinen  ältere  epigrammatische  Dichtungen,  in  welchen  die  EigentfimiidUufta 
der  Monate  kurz  aufgezählt  sind.  Hieher  gehören  i.  Die  zwölf  heroischen  DisticheD  td 
die  Monate  der  Römer  in  der  Anthologia  Palatina  IX  384  (ed.  Didot).  Diese  ITintirhn, 
die  E.  Legrand,  Bibliogr.  hell.  1  (1885)  319  f.  ohne  Kenntnis  ihrer  Quelle  ans  aiMi 
Horologion  des  Jahres  1563  abgedruckt  hat,  sind  in  manchen  Hss  nach  der  (mit  Septaoki 
beginnenden)  byzantinischen  Reihenfolge  der  Monate  geordnet  z.  B.  in  den  Codd.  Athou 
3891  Nr.  17  (im  Katalog  von  Lampros  S.  418  mit  Unrecht  dem  Prodromos  zngeteÜt)  ni 
Vatic.  573  fol.  45^—46.  2.  Die  neun  Hexameter  auf  die  Monate  der  Römer,  welche  teili 
anonym,  teils  unter  dem  Namen  Leons  des  Weisen  überliefert  sind.  Anonym  in  der  AatlNL 
Pal.  IX  580;  unter  dem  Namen  Leons  des  Weisen  bei  Migne,  Patr.  gr.  107,  664  f.  3.  Zwölf 
Hexameter  auf  die  Monate  der  Aegypter  in  der  Anth.  Pal.  IX  383,  ancb  separat  flb€^ 
liefert  z.  B.  in  den  Codd.  Bodl.  Barocc.  68  fol.  84  und  Marc.  XI  15  foL  92^  —  Ueba 
Hss,  in  denen  die  Monatsverse  dem  Christophoros  von  Mytilene  und  dem  NikoUoi 
Kall i kies  zugeschrieben  sind,  vgl.  §  307  Anm.  6  und  §  310  Anm.  3. 

10.  Unter  den  kleineren  Poesien  beanspruchen  den  breitesten  Raum 
die  zahllosen  Gelegenheitsgedichte  an  Kaiser  und  Kaiserinnen,  Prinzen 
und  Prinzessinnen,  weltliche  und  geistliche  Würdenträger,  überhaupt  u 
alle,  die  im  stände  waren,  dem  Dichter  des  Lebens  Not  zu  erleichtem 
Für  diese  unerquickliche  Litteraturgattung  ist  Prodromos  typisch  geworda, 
und  Sammlungen  dieser  abgeschmackten  Nichtigkeiten  wurden  wohl  bei 
ähnlichen  Anlässen  als  willkommene  Bettelbriefsteller  verwertet;  daran 
erklärt  sich  die  grosse  Zahl  der  Handschriften.  Sie  möchte  uns  fast  leid 
thun,  wenn  nicht  manche  dieser  schalen  Erzeugnisse  wenigstens  einiges 
historischen  Wert  besässen.  Den  Reigen  eröfl&ien  Preisgediehte  an  Kaiser 
Johannes  bei  verschiedenen  Gelegenheiten,  so  anlässlich  seiner  Triumpb- 
züge  über  die  Perser,  der  Eroberung  von  Kastamon,  des  zehnten  Fdd- 
zuges gegen  die  Perser  u.  s.  w. ;  demselben  Kaiser  ist  auch  ein  jambischer 
Epitaph  gewidmet.  Es  folgen  Gedichte  auf  die  Vermählung  wie  auf  des 
Tod  der  Kaiserin  Irene,  der  Gemahlin  des  Johannes  Komnenos,  auf  dei 
Tod  des  Sebastokrator  Andronikos,  eines  Sohnes  des  Kaisers  Johannes 
Komnenos,  auf  die  Vermählung  des  Johannes  Komnenos,  des  erstgeboren«! 
Sohnes  des  ebengenannten  Sebastokrator  Andronikos,  mit  einer  Jungfnu 
aus  der  Familie  Taronites,  auf  die  Hochzeit  des  Prinzen  Alexis,  an  die 
Kaiserin  Irene  Dukaena,  an  den  Grammatiker  Theodoros  Stypiotes,  an  den 
Waisenvater  Alexios  Aristenos  (s.  o.  S.  749),  Bittschreiben  an  Kaiser 
Manuel,  Gedichte  auf  eine  von  Manuel  in  Abydos  gebaute  Brücke  u.  a. 
Besonderes  Interesse  erregen  die  Gedichte  auf  die  Hochzeit  des  Kaisers 
Manuel  mit  der  Schwägerin  des  deutschen  Königs  Konrad  EI,  Bertha  von 


2.  Profanpoeaie.    (§  313)  755 

Sulzbach  (1146),  und  auf  die  Vermählung  einer  Nichte  Kaiser  Manuels 
mit  dem  Halbbruder  König  Konrads.  Mitten  unter  so  viel  Lob  und  Hul- 
ligung  findet  sich  wenigstens  ein  Stück  polemischer  Natur;  es  richtet  sich 
l^gen  einen  Mann,  der  den  Dichter  der  Häresie  beschuldigt  hatte:  Eig 
^ov  Baqäa  xov  xatafpXvaQijaavta  avrov  rö  tot  atgerixoS  ovofia.  Endlich 
erwähnen  wir  hier  ein  Gedicht  in  50  Hexametern,  worin  Prodromos  droht, 
BLonstantinopel  zu  verlassen  und  bei  seinem  Gönner,  dem  Erzbischofe  von 
Frapezunt,  Zuflucht  zu  suchen. 

üeber  Handschriften  und  Aasgaben  dieser  noch  wenig  gesichteten  St&cke  s.  die 
im  Schlosse  angeführte  Litteratar,  bes.  La  Porte  du  Theil,  A.  Mai,  E.  Miller, 
Iftigne  und  C  Neumann  S.  44  ff.  —  £tixoi  ittfißtxol  fioyi^dixol  ix  ngoatinov  tijg  Seßa" 
rwfutQizto^laarjg  hil  tt^  rattrrjs  ofio^vyi  (auf  den  Tod  des  Sebastokrator  Andronikos)  ed. 
?*r.  Boissonade,  Anecdota  Nova  (1844)  371—388.  —  Ein  Preisgedicht  auf  einen  Einzel- 
Icampf  des  Kaisers  Manuel  mit  einem  Serben  ed.  aus  Cod.  Nan.  poet.  281  G.  M.  Thomas, 
[Jeber  Ptochodromos.  Eine  Miscelle  zur  griech.  Litt.  d.  XII.  Jahrb.,  Gelehrte  Anzeigen 
i.  k.  bayer.  Ak.  d.  Wiss.  36  (1853)  535—544  (mit  einer  kleinen,  nichts  Neues  enhaltenden 
Binleitung  über  Prodromos).  —  Epitalamio  di  Teodoro  Prodrome  per  le  nozze  di  Teodora 
>oiiuiena  e  Giovanni  Contostefano  ed.  C.  Castellani,  Venedig  1888  (mit  Uebersetzung  in 
talienischen  Versen).  —  Epitalamio  di  Teodoro  Prodrome  per  le  nozze  di  Giovanni  Comneno 
S  .  .  .  .  Taronita  ed.  C.  Castellani,  Venedig  1890  (Verbesserte  Ausgabe  des  schon  von 
5.  Miller,  Recueil  des  historiens  grecs  des  croisades  II  288  ff.  edierten  Gedichtes  mit 
tmlienischer  Uebersetzung).  —  Ueber  die  hieher  gehörigen  vulgftrgriechischen  Ge- 
lichte  s.  den  Anhang. 

11.  Religiöse  Gedichte  und  Epigramme.  Hier  sind  zu  nennen: 
Elymnen  an  Kaiser  Johannes  an  den  Festen  der  Geburt  und  Taufe  Christi, 
Sedichte  auf  die  Heiligen  des  ganzen  Jahres,  auf  die  Kirchenväter,  auf  die 
iil.  Dreieinigkeit,  auf  die  Kreuzigung  des  hl.  Petrus,  auf  die  12  Feste  Jesu 
[Thristi,  auf  das  Hexaemeron,  endlich  ein  jambisches  Gedicht  mit  alpha- 
betischer Akrostichis  auf  die  Eigenschaften  Gottes,  eine  Art  orthodoxes 
Glaubensbekenntnis  (Boissonade,  Anecd.  gr.  4,  440  f.  =  Migne,  Patr. 
gr.  133,  1221)  und  die  Sxerhatruxol  slq  tijv  jtQovoiav,  eine  Aufzählung  von 
Beispielen  unverdienten  Missgeschickes,  die  aber  mit  der  Ergebung  in 
Gl^ottes  unerf erschlichen  Ratschluss  endet.  Auch  die  Epigramme  sind 
grösstenteils  kirchlichen  Inhalts;  es  sind  nämlich  meist  vierzeilige  In- 
haltsangaben zur  Genesis,  zu  den  Büchern  der  Könige,  den  vier  Evange- 
listen u.  s.  w.  Nur  wenige  behandeln  profane  Gegenstände;  hieher 
gehören  16  Gedichte  verschiedenen  Umfangs  auf  einen  gewissen  Machaon, 
der  in  vorgerücktem  Alter  ein  junges  Mädchen  geheiratet  hatte;  die  selbst 
bei  Prodromos  auffallende  Derbheit  und  Obszönität,  mit  welcher  das  wider- 
liehe Thema  behandelt  ist,  erinnert  an  das  im  §  344  besprochene  vulgär- 
griechische Gedicht  über  denselben  Vorwurf.  Besser  gefallen  kleinere 
Sachen,  wie  das  Epigramm  auf  einen  Siegelring,  auf  dem  ein  Liebespaar 
dargestellt  ist,  auf  einen  vom  Meere  ausgeworfenen,  der  Hände  beraubten 
Leichnam,  auf  einen  Mönch  Joannikios.  Dazu  kommen  noch  metrische 
Rätsel  und  Grabschriften  auf  einen  geizigen  Mönch  und  auf  Konstantin 
Kamytzes,  den  Gemahl  der  Maria  Komnena,  letztere  in  der  alten  Form 
sines  Dialogs  zwischen  dem  Grabmal  und  einem  Fremden  (7Y  tovg  rvnovg 
VfTTTjxag  laxoqSv  ^ävs  u.  s.  w.). 

1.  Die  Epigramme   erschienen  zuerst  in  dem  Bändohen:  Gyn  Theodwi 
ipigrammata  ut  uetustissima  ita  piiasima  etc.,  Basel  1586.    Vgl.  Not  et  efztr.  8,  Jb; 
—    Wiederholt  mit  den  religiösen  Qedichten  von  Migne,  Patrol.  gr.  188,  1101  ^ 
16  Epigramme  gegen  Machaon  ed.  E.  Miller,  Annnaire  de  raasoo.  17  (1' 


756  Byzantinifliohe  Litieraturgeaehiohte.    IL  Po«tiMlie  Utieratnr. 

2.  Noch  unediert  ist  wohl  ein  Gedicht  des  Prodromos  auf  die  Bekehrang  «ii«l|| 
gewissen  Nabbatos,  das  in  der  Form  einer  Art  von  Leiter-  oder  EchoTeruilg 
(8.  S.  534  Nr.  16)  gebaut  ist.  Titel  und  Anfang  des  seltsamen  Machwerkes,  das  iek«|* 
Cod.  Paris.  3058  fol.  38  gelesen  habe,  lauten:  Tov  Uxtaxonqoe^fjunt  rex^onoua  ^ifjM^|| 
xai  dyttixtixirXfj  ngog  ro  intaTQ^tpat  Naßßaioy  eig  &Boai(iBWv, 

£toäs  o^tö  To  ufjxog  tag  fifya,  fifya  I 

xal  yd^  x6  ^et&^oy  aqxoyoy  fiel,  ^et,  |i 

Olücklicher  als  in  der  Poesie  erweist  sich  die  Befähigung  des  ftü-l| 
dromos  in  seinen  Prosawerken.    An  der  Spitze  stehen  hier  Dialoge  nad 
dem  Vorbilde  Lukians;  dazu  kommen  rhetorische  Aufsätze,  philosophiad^ 
grammatische  und  theologische  Kleinigkeiten,  Gelegenheitsreden  und  Brieb: 

12.  Amarantes  oder  des  Greises  Liebe  {'AfiaQawog  ^  Y^^9n% 
igforeg),  ein  Dialog  zwischen  Anhängern  verschiedener  Philosophenscbnlei, 
einem  alten  Mediziner,  einem  Grammatiker,  einem  Eomödiendichter  joi 
einem  gewissen  Aristobulos.  Das  Thema  bildet  die  alte  und  ewig  m« 
Geschichte  von  der  armen  Jungfrau,  die  einen  reichen  Greis  heiraten  soL 

Nach  älteren  Drucken  ed.  den  Text  auf  Grund  einer  neuen  EoUation  der  Hi 
La  Porte  du  Theil,  Not.  et  extr.  8,  2,  105-127.  —  Vgl.  Fr.  Hanssen,  Phüdogii, 
Supplementb.  5  (1889)  209. 

13.  Versteigerung  von  poetischen  und  staatlichen  Lebens- 
stellungen {Biiav  ngSaig  noir/iixäv  xat  noXitixdiv).  Verschiedene  Zelebri- 
täten  wie  Homer,  Aristophanes,  Hippokrates  u.  s.  w.  werden  von  Zeos 
unter  Assistenz  des  Hermes  öffentlich  verkauft;  so  entspinnt  sich  zwiscben 
Zeus  und  Hermes  einerseits  und  den  Käufern  andrerseits  ein  Gespräch, 
an  dem  sich  auch  die  dem  Verkaufe  unterstellten  Personen  beteiligen.  Du 
Stück,  eine  Imitation  von  Lukians  Dialog  Bimv  ngaaig,  neben  dem  aud 
desselben  Zevg  rgayciySog  reichlich  verwertet  ist,  beweist,  wie  der  eben  ge- 
nannte Amarantes  und  die  teils  einer  früheren,  teils  einer  späteren  Zeit 
angehörenden  Dialoge  Phil opatris,  Timarion,  Mazaris,  das  sorgfältige 
Studium,  welches  dem  Lukian  in  der  ganzen  byzantinischen  Zeit  zu  tel 
geworden  ist. 

Ed.  la  Porte  du  Theil,  Not.  et  extr.  8,  2,  129—150. 

14.  An  den  Eaesar  oder  für  das  Orüne  {Eig  rot»  KafttaQa  Ij  vn^ 
nQaa(vov)  (in  einigen  Hss  falsch  nQaaivmv\  eine  an  den  Eäsar  (Nikephwos 
Bryennios)  gerichtete  Apologie  der  grünen  Farbe.  Es  ist  ein  geschraubtes 
Sophistenkunststück,  in  welchem  nachgewiesen  wird,  dass  die  rote  und 
grüne  Farbe  edler  und  würdevoller  ist  als  die  weisse  und  die  blaue.  Auf- 
fällig ist  der  Mangel  einer  Anspielung  auf  die  Farben  der  Rennbahnpa^ 
teien  und  das  hierüber  in  der  älteren  Litteratur  z.  B.  bei  Johannes  Lydus 
De  mensibus  ed.  Bonn.  43,  9  ff.;  65,  18  ff.  und  Malalas  ed.  Bonn.  175,  16  ffi 
gebotene  Material. 

1.  Ausgahen:  Ed.  pr.  Jo.  Iriarte,  Regiae  hihi.  Matritensis  Codices  gr.  masS.  429 
his  431  (unter  dem  von  Konstantin  Laskaris  herrührenden  Titel:  rsfiivov  otfiM  nftog  m 
KttlattQa  rj  vnkq  nqaalytay).  —  Ohne  Kenntnis  von  dieser  Ausgahe  aus  den  Codd.  Barocc. 
167  und  187  noch  einmal  ediert  von  J.  A.  Gramer,  An.  Oxon.  3  (1836)  216-221. 

2.  Hilfsmittel:  Migne,  Patrol.  gr.  133,  1007  f.;  1016  A;  1047  f.;  1091  f.  -  P. 
Tannery,  Annuaire  de  Tassoc.  21  (1887)  107  (spricht  das  Stück  dem  Prodromos  ohne 
genügende  Gründe  ab).  —  M.  Treu,  Michael  Italikos.  B.  Z.  4  (1895)  1  f. 

15.  Ignorant  oder  Privatgrammatiker   {^A{ia&i]g  i]  na^d  iavtif 


2.  Profanpoesie.    (§  818)  757 

}\fafA^aTix6g),  Eine  bissige  Epistel  an  einen  Mann,  der  sich  ohne  Berech- 
^ig^iiig  ^^^  ^^^^  eines  Grammatikers  anmasste.  Dieser  Usurpator  muss 
"^'rich  nun  in  überlegenem  und  grobem  Tone  nachweisen  lassen,  dass  er 
^eder  von  Grammatik  noch  von  Litteratur  etwas  versteht.  Hat  er  doch 
2^1ehrt,  der  Name  Xenophon  komme  von  ^evog  und  ^ov€V(o  und  besage, 
dass  Xenophon  in  der  Fremde  getötet  worden  sei  —  eine  Etymologie,  die 
^Prodromos  natürlich  nicht  mit  lautlichen,  sondern  nur  mit  logischen 
Gründen  widerlegt.  Des  Ignoranten  Vorliebe  für  Homer  wird  durch  Hin- 
weis auf  die  poesiefeindliche  Gesinnung  des  Piaton  zurückgewiesen.  Schliess- 
lich erteilt  Prodromos  dem  Afterphilologen,  der  schon  von  einer  wohl- 
besnchten  Schule  und  einem  glänzenden  Lehrstuhl  träumt,  den  bitteren 
Rat,  eine  Schultafel  in  die  Hand  zu  nehmen  und  sich  zuerst  im  A  B  C 
unterrichten  zu  lassen.  Die  ganze  Philippica  ist  schwach  an  Witz  und 
erhält  nur  dadurch  einiges  Interesse,  dass  sie  allem  Anscheine  nach  nicht 
fingiert,  sondern  gegen  einen  wirklichen  Eonkurrenten  gerichtet  ist  und 
hiemit  auf  die  damaligen  Schulverhältnisse  einiges  Licht  wirft. 

1.  Ed.  J.  A.  Gramer,  An.  Oxon.  3  (1836)  222—227.  —  Vgl.  Migne,  Patrol.  gr. 
183,  1007  f.;  1016  A;  1053,  1091  f.,  und  M.  Treu,  B.  Z.  4  (1895)  2. 

2.  Unediert  sind  die  verwandten  Stücke:  Platoverehrer  oder  Gerber  (#Uo* 
nhittty  ^  axvioditfnjg),  ebenfalls  gegen  einen  Scheinweisen  gerichtet,  der  sich  für  einen 
Kenner  des  Piaton  ausgab;  Henker  oder  Arzt  (Jijfiiog  ij  iatgog),  eine  launige  Satire  auf 
einen  Sohn  des  Aeskulap,  der  dem  Dichter  gegen  Kopfweh  das  Ausreissen  eines  Zahnes 
verordnet  hatte;  um  das  Unglück  voll  zu  machen,  extrahierte  der  Zahnkünstler  statt  eines 
Zfthnes  mehrere,  das  Kopfweh  aber  blieb. 

16.  Maushumoreske  {^xedrj  fivog),  eine  mit  Antithesen  und  Schnör- 
kehi  beladene  Schulrede  über  ein  fingiertes  Thema,  wie  sie  von  der  alten 
Sophistenzeit  bis  ins  tiefe  Mittelalter  hinein  üblich  waren.  Eine  Maus 
schleicht  sich  in  ein  Speisezimmer  und  lässt  sich  durch  die  hier  zerstreuten 
Überreste  eines  Gastmahles  zu  üppigen  Monologen  begeistern,  bis  sie  der 
lauernden  Katze  zum  Opfer  fällt.  Die  Katze  fragt  sie  um  Name,  Abkunft 
und  Heimat;  nach  einem  vergeblichen  Versuche,  durch  List  zu  entrinnen, 
antwortet  die  Maus,  sie  heisse  *EXmo7i6trjg,  ihr  Vater  AuQdo^ayog  und  ihre 
Mutter  JlacfToXsixog.  Weiter  forscht  die  Katze:  Habt  auch  Ihr  Mönche 
voll  Gebet  und  Thränen  und  bist  auch  Du  einer  von  ihnen?  Wo  ist  Deine 
Kutte?  Wo  Deine  Sandalen?  Die  Maus  erklärt  sich  nun  für  den  Abt 
unter  den  Klausnern  ihres  Geschlechts  und  bittet  schlagfertig  mit  den 
Worten  des  Psalmisten:  Mrj  tfl)  &vfA^  aov  eXäy^rjg  ju«  fxrjd^  'ffj  ogyfj  cov 
naiSevcrjg  fie  u.  s.  w.  Die  Katze  widerlegt  sie,  nicht  minder  bibelfest, 
mit  Worten  der  hl.  Schrift.  So  endet  die  traurige  Geschichte  damit,  dass 
der  kleine  Mäuseabt  im  Rachen  der  grausamen  Feindin  ein  vorzeitiges 
Grab  findet.  Das  Stück,  ein  merkwürdiges  Beispiel  der  bei  den  Byzantinern 
nicht  seltenen  Parodie  heiliger  Schriften,  ist  mit  der  Katomyomachie 
desselben  Verfassers  und  mit  den  späteren  vulgärgriechischen  Tierepen 
zu  vergleichen,  für  deren  Urgeschichte  hiemit  vielleicht  ein  brauchbarer 
Anhaltspunkt  gewonnen  ist.     Vgl.  §§  385—390. 

Ed.  Fr.  ßoissonade,  Anecd.  Graeca  1  (1829)  429—435. 

17.  Zwei  Essays  behandeln  das  bei  Prodromos  stets  wiederkehrende 
Thema  der  Armut:  'AvatQonrj  tov  2o(pfrjv  nevirj  llaxev^  d.  h.  Widerlegung 


758  ByzantiiÜBohe  Litieratnrgesohiolite.    IL  Poetisehe  Utt«imtar. 

des  (dem  Euripides  zugeschriebenen)  Ausspruches:  Der  Armut  ist  Weishät 
verliehen;  Jlgog  Tovg  Sid  nsviav  ßkacfiprjfiovvrag  ri^v  Tj^govoiav,  d.  h.  g€gB 
diejenigen,  so  wegen  ihrer  Armut  die  Vorsehung  schelten. 

£d.  Migne,  Patrol.  gr.  133,  1313  and  1291  ff. 

18.  Philosophie,  Theologie,  Grammatik.  Ein  gegen  PorphTiioi  1  j 
polemisierender  Dialog  ^AnoQ(ai  äno  räv  näv%€  (ptov&v  *  Bsväitj^ioq  tj  fmtt^m] 
der  als  Anleitung  zur  Lektüre  der  Kategorien  des  Aristoteles  dienen  goD; 
eine  Schrift  über  das  Grosse  und  Kleine,  über  das  Viel  und  Wenig;  eiii 
Paraphrase  zur  zweiten  Analytik  des  Aristoteles.  S.  Not.  et  extr.  8,2,1] 
215  fif.  Die  Theologie  ist  unter  den  Prosawerken  gut  vertreten;  wir|l 
finden  hier  ausser  den  S.  87  f.  und  203  erwähnten  Sachen  einen  eingehenda 
Konmientar  zu  den  Kirchengedichten  des  Kosmas  und  des  Johannes  tob 
Damaskos  (s.  §  277).  Von  den  grammatischen  Arbeiten,  die  den 
Prodromos  zugeschrieben  werden,  scheint  am  besten  gesichert  ein  ziemlidi 
dürftiger  Traktat  über  die  Nominal-  und  Yerbalflexion,  derma 
Theodosios  von  Alexandria  ediert  worden  ist,  in  Wahrheit  aber  nicht  doi 
Theodosios  gehört,  ja  nicht  einmal  auf  Theodosios  selbst,  sondern  wali> 
scheinlich  auf  ein  den  Erotemeta  Guelferbytana  (s.  S.  581)  ähnliches  Werk 
zurückgeht. 

1.  Den  Dialog  Xenedemos  ed.  J.  A.  Gramer.  An.  Oxon.  3  (1836)  204—214. 
Vgl.  M.  Treu,  B.  Z.  4  (1895)  1.  —  Schrift  über  das  Grosse  u.  Kleine  u.  a.  ed.  P.  Tannerj, 
Annuaire  de  Tassoc.  21  (1887)  104 — 119  (mit  einer  Einleitung  über  die  Hsa  u.  8.  w.). 

2.  Der  in  vielen  Hss  überlieferte,  offenbar  einst  ziemlich  beliebte  Traktat  übtr 
die  Nominal-  und  Yerbalflexion  (Titel  verschieden,  z.  B.  im  Cod.  Marc.  491:  '^/f 
ai)y  &ea  tfuv  iQioxrjfjLdxiov  avtrre^sytioy  nagd  tov  aoqxozdtov  Ugo^QOfiov  xvgov  Seodd^, 
im  Cod.  Vindob.  phil.  gr.  105  (Nessel)  fol.  129:  Tov|  Xoyi(otdtov  xvqov  Beodtigov  lei 
JlQodQOfÄOv  fjii^o^og,  im  Cod.  Paris,  gr.  2561  fol.  1:  Tov  dyitozdiov  (so,  statt  XoytänetM] 
xvgov  ScodwQov  tov  inlxXrjy  JlgodgofÄOv  avytofjiog  i^ijytjaig  eig  rd  iqtoxrjfAata  tß  Jeßtmo- 
xgaTOQiaaii,  Inc.  Ka^dneg  rd  ny&g<antvoy  awfjiaf  (piXoXoywzdz^  ^o»  ßaaikldttr,  dno  <%«- 
(poQtoy  fÄSQUjy  xal  usXaiy  avvaQfjtoXoyBlxai)  ist  ediert  von  E.  Goettling,  Theodoaü  Alexan- 
drini  grammatica,  Lipsiae  1822  S.  80 — 197.  Vgl.  1.  Bekker,  Anecd.  gr.  S.  1137  Anm.; 
Uhligs  Ausgabe  des  Dionysius  Thrax  (Lipsiae  1884)  S.  XXXVII;  A.  Hilgard,  Chwnn. 
Gr.  IV  2  S.  CXXVII  ff.,  der  den  Traktat  auch,  soweit  nötig,  für  seine  Ausgabe  des  Theo- 
dosios verwertete. 

3.  Proben  eines  zum  Teil  in  politischen  Versen  abgefassten  pneumatologischen  and 
orthographischen  Lexikons,  um  dessen  Autorschaft  sich  Prodromos  mit  Greorgios  Zigabenos 
(unter  dem  Namen  des  letzteren  z.  B.  in  den  Codd.  Athens  3815  und  Vindob.  phil 
gr.  166  (Nessel)  fol.  48^—63,  unter  dem  Namen  des  Zigabenos  mit  dem  Vermerk:  rwf( 
XByovüiy^  oxi  xov  JIxtoxonQoiQOfjLov  xvqov  Seodtugov  imdg^ovaiy  etc.  in  den  Codd.  Atheo. 
1080,  Athous  3225  u.  a.)  streitet,  ed.  E.  Miller,  Annuaire  de  Fassoc.  8(1874)222-248 
und  10  (1876)  121—136;  dabei  auch  Regeln  Jlegl  dyxiaxoixtay  in  der  Form  eines  Kircheo- 
kanon.  Genaueres  bei  Egenolff,  Die  orthoepischen  Stücke  der  byzantinischen  Litterator, 
Mannheim  1887  S.  22.  Dazu  die  Beschreibung  des  Cod.  Athous  3225  s.  16  bei  Sp. 
Lambros,  Catalogue  of  the  greek  mss  on  Mount  Athos  1  (1895)  287  f.  —  Auf  einer 
leren  Hypothese  beruhte  es,  dass  dem  Prodromos  die  zwei  rhetorischen  Traktate  Degi  Aa- 
tpogäg  axdaetog  und  JlgoßXtjfjiaxa  ^rjxogixd  Big  axdaeig  zugeteilt  wurden;  s.  Rhetorea  Graed 
ed,  Chr.  Walz  8  (1835)  386—413. 

19.  Gelegenheitsreden,  Monodien,  Briefe.  Die  Persönlichkeiten, 
welchen  der  Dichter  diese  Prosastücke  widmet,  sind  zum  Teil  dieselben, 
an  welche  er  auch  in  Versen  Worte  des  Dankes  und  Lobes,  der  Bitte  und 
Ergebenheit  gerichtet  hat.  Am  reichlichsten  wird  der  oben  genannt« 
Waisenvater  Alexios  Aristenos  bedacht.  Als  er  zum  zweiten  Male  die 
Würde  eines  Waisenvorstandes  erlangte,  beglückwünschte  ihn  Prodromos 
nicht  nur  mit  einem  jambischen  Gedichte,  sondern  auch  mit  einem  Vor- 


2.  Profanpoeaie.    (§  313)  759 

^arage  in  Prosa;  dazu  widmete  er  ihm  eine  begeisterte  Dankrede  und  feierte 

)n  einer  überschwänglichen  Deklamation  seine  Beredsamkeit.    Daran  reihen 

sich  Reden  an  Isaak  Eomnenos  den  Purpurgeborenen  und  an  den  Patriarchen 

^7on  Eonstantinopel  Johannes;  ein  Epithalamios  zur  Hochzeit  zweier  Söhne 

"des  Nikephoros  Bryennios  und  der  Anna  Komnena;  Trauerreden  auf  den 

Tod  des  Kaisers  Johannes  und  der  Kaiserin  Irene,  des  Andronikos  Kom- 

.tienos  (eines  Sohnes  des  Kaisers  Johannes),  des  Logotheten  Gregor  Kama- 

"teros,    des  Metropoliten  von  Trapezunt  Stephanos  Skylitzes  u.  a.     Den 

Besehluss   bilden   die   zahlreichen  Briefe   an  Alexios  Aristenos,    an  den 

Metropoliten  von  Trapezunt,   den  Patriarchen  Michael  Oxites  (1146)  und 

'verschiedene  nicht  näher  bekannte  Privatpersonen. 

Die  meisten  dieser  Stücke  nach  früheren  Drucken  bei  Migne,  Patrol.  gr.  133; 
ausserdem  s.  die  nnten  genannte  bibliographische  Litteratur. 

20.  Die  Zahl  der  dem  Prodromos  zugeteilten  Schriften  scheint  noch 
immer  anzuwachsen.  Fr.  Blass  führt  im  Hermes  23  (1888)  224  aus  einer 
Serailhandschrift  an:  Theodoros  Prodromos  Beschreibung  der  vier- 
füssigen  Tiere  mit  einer  Vorrede  an  Manuel  Eomnenos,  gibt  aber  leider 
keine  Probe  des  Werkes;  vielleicht  ist  in  demselben  die  Vorlage  des  vulgär- 
griechischen Gedichtes:  Jt^yrj(T$g  nmdiotfQactog  %ävi:BXQan6d(av  f^Jwv  (s.  §387) 
zu  erkennen,  wenn  es  nicht  gar  mit  demselben  identisch  und  dem  Prodromos 
nur  fälschlich  zugeschrieben  ist.  Für  seine  Autorschaft  liesse  sich  die 
erwähnte  Verwandtschaft  der  2'x«rfi;  iivog  mit  den  vulgärgriechischen  Tier- 
epen anführen.  —  Zu  allem  Überfluss  ist  Prodromos  von  J.  6.  Brambs 
noch  für  das  Drama  Ägtatog  ndcxwv  verantwortlich  gemacht  worden 
(8.  S.  749). 

1.  Sammelausgaben  und  Hilfsmittel:  Den  Anfang  einer  bibliographischen 
Uebersicht  machte  Leo  Allatius:  De  Theodoris,  jetzt  wiederholt  von  Migne.  —  Die  erste 
grossere,  noch  lieute  nicht  ersetzte  litterarhistorische  Arbeit  verdanken  wir  La  Porte  du 
Theil,  Notices  et  extraits  6  (1801)  496—566;  7  (1804)  2,  235—260;  8  (1810)  2,  78-220; 
doch  gibt  er  meist  nur  Proben  und  kurze  Inhaltsangaben.  —  Einiges  Neue  edierte  A.  M  a  i , 
Nova  patrum  bibliotheca  6  (1853)  2,  398—416,  und  E.  Miller,  Catalogue  des  mss  grecs  de 
la  bibl.  de  l'Escurial  S.  40—49,  Annuaire  de  Tassoc.  17  (1883)  18-64,  Revue  arch^o- 
logiqne,  nouv.  8<Srie  25  (1873)  251  ff.;  344  ff.;  415  ff.  und  26  (1873)  23  f.;  153  ff.  und  RecueU 
des  historiens  des  croisades,  EUstoriens  grecs  t.  2  (1881).  —  Diese  Arbeiten  sind  grössten- 
teils wiederholt  von  Migne,  Patrol.  gr.  133,  1003—1424,  wo  auch  manche  profane  Stücke 
wie  Gelegenheitsgedichte,  Briefe  und  Reden  aufgenommen  sind.  —  Zur  Metrik  vgL  die 
S.  748  erwähnte  Abhandlung  vor  Hilberg;  ausserdem  H.  Schrader,  Ueber  die  daktyl. 
Verse  des  Theodorus  Prodromus  und  des  Johannes  Tzetzes,  Jahns  Jahrb.  137  (1886)  601 
bis  609.  —  Vgl.  auch  W.  Engelmann,  Bibliotheca  scriptorum  classicorum  P  (1880)  738. 
—  Die  Litteratur  zu  den  vulgärgr.  Gedichten  s.  im  §  333. 

Hauptschriften:  C.  Neumann,  Griechische  Geschichtschreiber  und  Geschiohts- 
quellen  im  zwölften  Jahrhundert,  Leipzig  1888  S.  37—77  (treffende  Charakteristik;  histo- 
rische Untersuchungen  über  Gelegenheitsgedichte  und  einen  Brief;  Verzeichnis  der  neueren 
Litteratur).  —  J.  B.  Pitra,  Vorrede  zur  Ausgabe  der  Kommentare  des  Prodromos  zu  Job. 
Dam.  und  Kosraas  von  Stevenson,  Romae  1888  (s.  §  277  Anm.  4),  wo  aber  manches  recht 
willkürlich  ist  und  z.  B.  der  Roman  mit  ganz  ungenügenden  Gründen  (eigentlich  nur  per 
decenza)  dem  Prodromos  abgesprochen  wird.  —  Ach.  Beltrami,  Teodoro  Prodrome  filosofo, 
poeta  bisantino.    Ricerche  filol.-crit..  Com.  d.  ateneo  di  Brescia  1893  (mir  unzugänglich). 

2.  üeberlieferung:  Das  handschriftliche  Material  ist  noch  wenig  gesichtet.  Wert- 
volle Sammelhss  sind  die  Codd.  Athous  136  s.  18  (Poesien  u.  a.);  Bodl.  Barocc.  131 
fol.  172—176^  (Briefe);  Bodl.  Thoraae  Roe  18  a.  1349  foL  454^— 460  (Poesien);  Marc. 
XT  22  foL  1—87^  (Gedichte);  Neapel.  II.  D.  4;  Vatic.  305,  306,  307;  Vatio.  Ottob. 
324  s.  15  foL  175—193  (Poesien);  Vatic.  Ottob.  466  s.  17  (Rhetorische  Sachen);  Vatic. 
Falat  43  s.  15  (jetzt  wieder  in  Heidelberg;  Roman  und  kleinere  Poesien).   —   Ein  un- 


760  Byzantinische  Litteratnrgeaehiohte.    IL  PoetiBohe  Uttoratiir. 

edierter  Brief  an  Stephan os  Meles  (Inc.   Ei  xo  <prjfiii6fABt^oy)  steht  im    Cod.  phiL  91*1 
fol.  137  der  Universitätsbibliothek  zu  Göttingen.  |lg 

3.  Annahme   von  zwei  Prodromos.     Nachdem  schon  Iken  und  Petennial 
Ptochoprodromos  für  einen  von  Theodor  Prodromos  verschiedenen  Aator  erklärt  liatta,lil0 
C.  Neu  mann:  a.  a.  0.  S.  46  ff.  dieser  Hypothese  durch  ein  neues  Argument  erfaShte  8»^  |g 
dentung  verschafft,   ohne  jedoch  selbst  die  Frage  abschliessen   zu  können.     Gegen  S» 
manns  Aufstellung  s.   die  Bemerkungen   von    Bruno  Keil,   Wiener  Stadien   11  (188^ 
106  f.    Zur  Entscheidung  wäre   eine  vollständigere  Publikation  des  handschrifÜidieB  V^ 
terials  und  eine   eingehende  litterarhistorische,   sprachliche  und  mefaische  üntemielnii 
notwendig.    Wir  müssen  uns  daher  vorerst  bescheiden,   den  bestehenden   Zweifel  eiaU 
zu  registrieren,  möchten  aber  dabei  nachdrücklich  auf  die  Notwendigkeit  einer  Gesant- 
ausgäbe  und   einer  monographischen  Bearbeitung  des  oder   der  Prodromos  1» 
gewiesen  haben. 

4.  Einige  angeblich  auf  Theodoros  Prodromos  bezügliche  Grabepigramme  mi 
seinen  Tetrasticha  auf  die  Feste  des  Herrn  angehängt  im  Cod.  Laur.  58,  25  foL  3-1 
Vgl.  A.  M.  Bandini,  Catalogus   codicum  graecorum  bibl.   Laurentianae   2  (1768)  467  £ -. 
Da  aber  der  Tote  Seo^togog  ttSy  fjLovctatiav  %d  xXiog  genannt  wird,  während  doch  m—w  || 
Theodoros  Mönchsname  angeblich  Hilarion  war,  wird  die  Beziehung  zweifelhaft.   Die  LBaB|  ' 
der  Schwierigkeit  hängt  mit   der   Frage  zusammen,   ob   es  zwei  Theodoros   Prodro— 
gegeben  hat. 

5.  Einige  anonyme  jambische  Gedichte  auf  die  hl.  Jungfrau,  den  Enengel 
Michael,  den  Patriarchen  Methodios  (843—847)  u.  a.,  die  etwa  der  Zeit  des  Prodronoi 
angehören  mögen,  sind  aus  einem  Cod.  Athen,  ed.  von  J.  Sakkelion,  JeXtioy  2  (1881 
bis  1889)  584-586. 

314.  Johannes  Eamateros  {^Icodwvtfi  6  KafxatrjQog)^  ein  jüngerar 
Zeitgenosse  des  Prodromos,  mit  der  Würde  eines  'Em  tov  xctvixleiav  be- 
kleidet, später  Erzbischof  von  Bulgarien,  verfasste  ein  astrologisches 
Lehrgedicht  in  1351  jambischen  Trimetern:  1I€qI  ^codiaxov  xvxXov  nti 
%iüv  aXX(üv  andvTiüv  tcov  iv  Ttp  ovQavrp,  Wie  Prodromos  sein  astrologisches 
Gedicht  einer  Prinzessin  widmete,  so  richtete  Kamateros  sein  Werk  an 
Kaiser  Manuel  (1143 — 1180).  Auch  hier  fehlt  in  der  Vorrede  nicht  die 
übliche  Devotion,  die  in  Byzanz  so  selbstverständlich  war,  dass  sich  ihr 
niemand  entziehen  konnte.  Der  Dichter  spendet  dem  Kaiser  seine  Verse, 
nicht  um  seine  Kenntnisse  zu  mehren  —  denn  was  vermöge  ein  Fluss, 
der  sich  ins  Meer  ergiesst  — ,  sondern  um  der  Nachwelt  kund  zu  thun, 
dass  Manuel  die  Weisheit  höher  achtete  als  Gold  und  Edelsteine,  als 
Königswürde  und  Herrschergewalt.  In  Wirklichkeit  ist  das  Poem  auf  die 
dilettantische  Liebhaberei  berechnet,  welche  Orakel  und  astrologische 
Weistümer  zu  unentbehrlichen  Inventarstücken  des  byzantinischen  Hof- 
haltes machte.  Speziell  von  Kaiser  Manuel  sind  astrologische  Neigungen 
ausdrücklich  bezeugt.     Vgl.  S.  627,  5. 

Das  Gedicht  des  Kamateros  unterscheidet  sich  von  dem  des  Prodromos 
durch  engeren  Anschluss  an  die  Thatsachen  der  wissenschaftlichen  Astro- 
nomie, durch  grössere  Systematik  und  Vollständigkeit.  Nach  einer  Be- 
schreibung der  Planeten  und  des  Tierkreises  folgt  das  übliche  Detail  astro- 
logischer Belehrung  über  Kraft  und  Temperament  der  Sterne,  ihren  Ein- 
iluss  auf  die  menschliche  Lebensdauer,  über  Konjunktion  und  Opposition, 
über  die  Bedeutung  der  zwölf  Stellen  des  Tierkreises,  über  die  zwei  Hemi- 
sphären und  endlich  in  grosser  Ausführlichkeit  über  die  speziellen  Kräfte 
eines  jeden  Planeten.  Uns  interessiert  an  diesem  poesieverlassenen  Mach- 
werke vorzüglich  die  Frage,  aus  welchen  Quellen  Kamateros  seine  Weis- 
heit geschöpft  hat.  Er  nennt  selbst  als  Gewährsmänner  die  babyloni- 
schen Astronomen  Selech  und  Meslas.    Doch  hat  er  diese  Namen, 


2.  Profanpoesie.    (§§  314—316)  761 

renn  sie  nicht  gar  auf  Trug  beruhen,  jedenfalls  aus  zweiter  Hand,  und 
«eine  wahre  Vorlage  wird  ohne  Zweifel  in  griechischen  Werken  zu  suchen 
icdn.  Eine  Untersuchung  hierüber  mangelt;  der  Herausgeber  begnügt  sich 
nit  der  bequeralichen  Bemerkung,  die  astrologische  Weisheit  der  Chaldäer 
ind  Ägyptier  habe  in  den  Gedichten  des  Prodromos  und  Kamateros  ihren 
eizten  Nachklang  gefunden. 

Ein  zweites  astrologisches  Gedicht  des  Kamateros,  das  mehr  auf 
las  populäre  Bedürfnis  berechnet  und  daher  in  politischen  Fünfzehnsilbern 
ibgefasst  ist,  steckt  noch  unediert  im  Cod.  Paris.  2419. 

Das  Proömion  des  astrologischen  Gedichtes  ed.  pr.  Jos.  Pasini,  CJodices  mss  biblio- 
hecae  regii  Taur.  Athenaei  1  (1749)  315.  —  Das  ganze  Gedicht  ed.  pr.  ans  mehreren 
^ariBer  Handschriften  E.  Miller,  Not  et  extr.  23  (1872)  2,  40—112.  —  üeber  Inedita 
les  Kamateros  und  die  zahlreichen  anderen  Träger  dieses  Namens  s.  Millers  Einlei- 
niiS-  —  Ueber  einen  Brief  des  Michael  Italikos  (s.  S.  465),  der  wahrscheinlich  an 
Johannes  Kamateros  gerichtet  ist,  vgl.  M.  Treu,  B.  Z.  4  (1895)  11  f.  —  Verschieden 
'^on  dem  Astrologen  ist  der  Patriarch  Johannes  Kamateros;  s.  S.  92  Anm.  4. 

315.  Lukas  Ghrysoberges  {AovxSg  6  XQvtroßeQyrjg),  Patriarch  von 
fonstantinopel  (1156 — 1169)  verfasste,  als  er  den  Patriarchenthron  bestieg, 
luf  Bitten  einer  Frau  in  politischen  Versen  ein  Lehrgedicht  über  die 
rastendiät  d.  h.  über  die  für  die  einzelnen  Feste  und  heiligen  Zeiten 
les  ganzen  Jahres  geltenden  Fastenvorschriften:  Toi  iiaxaQtfoxdtov  xai 
HxoviA€vixov  TtatQittQxov  xvQov  Aovxä  Tov  XqvaoßäQyov  JIcqI  Siantjg.  Be- 
{ixiii:  JevQo  tpvxv  ßcccihaaa^  V^^XV  <fi^oao(povaa.  Ausser  den  bekannten 
strengen  Vorschriften  der  griechischen  Kirche  enthält  das  Gedicht  auch 
>olemische  Ausführungen  über  die  Fastenlehre  der  Armenier  und  Jakobiten. 
§Lu8serdem  haben  wir  von  Lukas  Ghrysoberges  kleinere  geistliche  Poesien 
ind  kanonische  Schriften. 

1.  Ausgaben:  Die  Poesien  sind  noch  unediert.  Das  Gedicht  über  die  Fastendiät 
i,  B.  im  Cod.  Vindob.  bist.  gr.  70  (Nessel)  fol.  129—131^.  —  Kleinere  Poesien  im  Cod. 
I^indob.  theol.  203  (Nessel)  fol.  38^—39.  Ebenda  anonyme  geistliche  Poesien  z.  B.  ein 
ambisches  Gedicht  aber  das  Leiden  Christi  fol.  77^—79  (Inc.  0eoc  ßQorta&eis  öixa  afpaX- 
uätwy  oKTco^).  -  Zwölf  chiastische  Verse  (ort/o*  ;(f(«aTO()  des  Chrysoberges  im  Cod. 
Bodl.  Canon.  51  s.  14  fol.  248.  Beginn:  ^et  twy  na^oyjtoy  {])  avfÄq>o^wv  tag  d^Xitog,  — 
Kanonische  Schriften  des  Chrysoberges  bei  Migne,  Patr.  gr.  119,  769;  884  ff. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  11,  338.  —  Ueber  Lukas  Chryso- 
berges als  Patriarchen  vgl.  M.  J.  Gedeon,  natQiaQxixoi  nlyaxeSf  Kpel  1890  S.  360—365. 

316.  NikephoroB  Prosuch  {Nixrjq^oQog  6  TlQoaovxog),  wahrscheinlich 
ein  Sohn  des  Generals  Prosuch,  der  sich  in  der  ersten  Zeit  des  Kaisers 
Manuel  wiederholt  auszeichnete,  und  ein  Enkel  des  von  der  Anna  Komnena 
[1,  305,  7 — 313,  17  ed.  Bonn.)  im  Zusammenhange  mit  Ereignissen  des 
Jahres  1085  erwähnten  türkischen  Befehlshabers  Prosuch,  wurde  im  Jahre 
1182  oder  1183  zum  Praetor  von  Griechenland  und  Peloponnes  ernannt 
und  von  Michael  Akominatos  in  Athen  mit  einer  feierlichen  Rede  empfangen 
[Michael  Akominatos  ed.  Lampros  1,  142 — 149).  Er  wurde  aber  schon 
im  Jahre  1183  oder  1184  durch  einen  anderen  Praetor  ersetzt  und  scheint 
also  kurz  nach  seiner  Ernennung  gestorben  zu  sein.  Dieser  Mann  mit 
lern  ungriechischen  Namen  nimmt  an  der  mittelgriechischen  Litteratur  durch 
3inige  poetische  Versuche  bescheidenen  Anteil.  Wir  haben  von  ihm 
>i8che  Lösungen  zu  Rätseln  des  Aulikalamos  und  einige 
ambische  Gedichte  wie  einen  umfangreichen  Hymnus 


762  Byzanüniflche  Litteratnrgeaohiohte.    H.  PoeÜMhe  IdiUraiar. 

gramme  auf  die  hl.  Maria  von  Ägypten,  ein  Epigramm  auf  den  M 
Michael  Basiotes  und  ein  Epigramm  über  die  Ungerechtigkeit. 

Prosuch  wurde  entdeckt  von  M.  Treu,  der  uns  auch  mit  seinem  ganzen 
bekannt  machte.     M.  Treu,  Eustathii  Macrembolitae  quae  femntor  aenigmata,  G 
progr.,  Breslau  1893  S.  10—14;  33—47. 

317.    Eonstantinos  Stilbes  {Kwvatav%Xvog  6  SuXßJjg),    Lehrer 
Waisenhause  in  Konstantinopel   (wohl  an  dem  von  Kaiser  Alexios 
nenos  gestifteten;  s.  S.  591),  auch  als  Korrespondent  des  Metropoliten 
Kerkyra  Basilios  Pediadites  bekannt  (s.  S.  466  f.),  verfasste  ein  jaml 
Gedicht  über  die  grosse  Feuersbrunst  in  Kpel  im  Jahre  1198: 
TfjT)  <TV[xßdvri  iv  KmvatavvtvovnoXft  Ö'erjXdxtfi  (leyaXffi  igxnQrjCfJup,  das  im  C 
Marc.  524  steht.     Identisch  hiemit  ist  wohl  das  grosse  jambische 
welches  im  Cod.  Barb.  11  61  fol.  71—74^  mit  der  von  einer  späteren 
stammenden  Überschrift   2t{xoi  tibqI  efinQrjfffxov  erhalten  ist.     Ferner 
hört  ihm  ein  im  Auftrage  verfasstes,  in  den  Codd.  Heidelberg.  Witt«: 
berg.  2  fol.  8;  Vatic.  672  fol.  288;  Vatic.  1363  fol.  864^;  Vatic.  R 
356  (jetzt  wieder  in  Heidelberg)  fol.  143  u.  a.  erhaltenes  Gedicht  auf 
Tod   eines  begabten   Jünglings   (55   Trimeter):   2tixot  fwvfi^Sucoi  ini 
svifvsX  väfi)  teXsvTtjaavTt  xax'  iQoixrfiiv.     Es   beginnt:  ^ESvg   q>aHviv  l\ 
TOiv  v€(üv  iSvg  II  *'E6vg  xakvffx^elg  Ty  fiedifAvti)  rov  xciipov.     Es  scheinen 
Leiterverse  zu  sein  (vgl.  S.  534  f.).    Im  Cod.  Heidelberg.  Wittenberg, 
ist   das  Gedicht    einem    Schüler    Stephanos  Hexapterygos   gewi 
Endlich  haben   wir  eine  Probe  seiner  Lehrthätigkeit  am  Waisenhause 
Konstantinopel;  der  Cod.  Vatic.  672  fol.  288  bewahrt  einen  Vortrag  vi 
Stilbes  unter  dem  Titel:    Kfovaravtivov  tov  2ttrXßij   diddcxovxog  iu  iv 
7r€Qi(avv/^i(p  va(7}  t<av  dyiwv  fxeydXcov  dnoctoXwv  t(^  (Cod.  tfSv)   €v  tfi  0\ 
voTQüipeio)  didaaxaXia  xQntj,   Beginn:  lldXiv  ot  ifiot  xQiavoxriQvxsg.   Ahnß 
Lehrvorträge  hielt  Stilbes  im  Pfründnerhause  des  hl.  Paulus.     Eine 
derselben   bewahrt  der  berühmte   Cod.   Escur.   Y.   IL    10  fol.  277— 
unter    dem    Titel:     Tov   XoyiwxdTov    SidaaxdXov   xvqov    Katvctaitivov 
2viXßrj  diduaxaXia  exfptovijO-sTaa  sv  t(p  eig  xo  yriQoxopi,eXov  xov  dyiov  Dm 
<va6)?>,  €v  Tj  xai  xov  dymxaxov  xai  olxov/iisvixov  naxQidQxr^v  xvqov  J 
€YX(ofiid^6i    ijSi^    Sig    xd    xax'    avxov    Sis^iciv.      Beginn:  IldXiv  i^' 
^ednxvjg.     In   demselben  Codex  fol.  274   stehen   zwei  Briefe  des  S 
an   Theodoros   Aulikalamas   (Aulikalamos?)    und  an   seinen   Bruder, 
ganze  Nachlass  und  die  Person  des  Stilbes  verdienten  genauer  untersui 
zu   werden.    —    Vgl.    M.   Treu,    Eustathii   Macrembolitae    quae   ferunW 
aenigmata,  Progr.,  Breslau  1893  S.  33. 

1.  Ein  durch  seine  Herkunft  und  durch  seine  Form  merkwürdiges  poetischefl  1)«^ 
mal   aus   dem   letzten    Drittel   des  zwölften   Jahrhunderts   ist  ein   Epitaph  auf  EtisO 
Manuel  Komnenos  (f  1180),   den  sein  unglücklicher  Sohn  Alexios  II  und  seine  Witn 
die  schöne  Maria  von  Antiochia,    gemeinschaftlich   verfassten.     Das  Gedicht  besteht« 
jambischen   Distichen,   deren   Form   als   eine   Verbindung   von  Leiter-  und  Echoven  (fjl 
S.  534  f.)  bezeichnet  werden  kann.     Der  Tote   bestätigt  jedesmal   den   ersten  Yen  daral 
eine  echoartige  Wiederholung  des  schliessenden  Verbums  und  seine  Antwort  bildet  wiedem 
den  Schluss  des  zweiten  Verses  z.  ß.    Jldreg  ßaaiXev    ^aydtov   neigay  iyytogl   —  ty^' 
—  'y4d  rl  jovro  ngoaXaket  fjioi  ydg  eyv(ov\    Wie  diese  etwa  fOr  einen  Htterarischen  SchÄ 
passende  Form  zu  einem  tragischen  Zwecke  gewählt  werden  konnte,   bliebe  eines  derv 
gelösten  Rätsel  der  byzantinischen  Geistesgesohichte,  wenn  nicht  die   Annahme  zu  H^ 
käme,  dass  der  beim  Tode  seines  Vaters  etwa  dreizehnjährige  Alexios  das  Poem  wirklki| 
selbst,  unberaten  von  gelehrten  VerskOnstlern,  verbrochen  habe;  die  Beihilfe  seiner  Matter, 


t  • 


2.  Profanpoeaie.    (§§  317-318)  763 

als  geborene  Französin  im  Griechischen  wahrscheinlich  schwach  war,  beschränkte  sich 
leicht  auf  eine  allgemeine  Anregung.  Dieses  einzige  litterarische  Erzeugnis  des  Kaisers 
Kios  11  bewahrt  ein  auch  andere  Rajritäten  enthaltendes  Sammelbändchen  aus  dem  Ende 
13.  oder  dem  Anfang  des  14.  Jahrhunderts,  der  Cod.  NeapoL  III.  A.  6  fol.  108.  Die 
rerschrift  des  Epitaphs  lautet:  ^tixoi  rov  aoidifiov  ßaaiXitog  xvqov  'Ake^lov  xal  trjg  firjtgog 
ov   iniTafpioi  ngog  xdv  xvqov  MavovijX  toy  natiga  avxov, 

2.  Hephaestos,  Erzbischof  von  Bulgarien,  der  wahrscheinlich  um  die  Mitte  oder 
en  das  Ende  des  12.  Jahrhunderts  lebte,  verfasste  ein  anakreontisches  Gedicht  auf 
Tod  seines  Bruders  Demetrios:  Itixoi  ayaxQcoytBioi  rov 'HtpaloTov  rov  ysyoyoxos  kqx^' 
rxoTiov  BovXynqiag  inl  rta  avta^iXtpf^  avxov  JrjfiTjtgü^  xsXevxijaayti.  Ed.  (aus  Cod. 
L«.  1277  fol.  261^)  Fr.  Hknssen,  Philologus,  Supplementb.  5  (1889)  221—225.  Vgl. 
Bda  S.  209. 

318.  Niketas  Eugenianos  {Nixrjtag  6  Evyeviavog)  verfasste  bald 
:li  dem  Tode  des  Prodromos,  also  in  der  zweiten  Hälfte  des  12.  Jahr- 
i.derts,  einen  Versroman  in  3641  Trimetern:  Neun  Bücher  von  der 
l)e  der  Drosilla  und  des  Charikles  (7l5v  xatd  jQoaiXkav  xal  Xagt- 
cc  ßißXia  &y  In  der  Pariser  Handschrift  ist  das  Werk  betitelt:  Uoirfiiq 
€fv  Nixijtov  Tov  Evy€V€iavov  xazd  fiifirjaiv  rov  fiaxagiTov  ipiXocotpov 
j  ügoigofiov.  Diese  Überschrift  ist  lautere  Wahrheit;  Niketas  wusste 
der  ganzen  älteren  Litteratur  kein  besseres  Vorbild  zu  finden  als  des 
odromos  Geschichte  von  Rhodanthe  und  Dosikles;  daraus  er- 
rt  sich  auch,  dass  in  der  Handschrift  der  Markusbibliothek  (Cod. 
rc.  412)  das  Werk  geradezu  dem  Prodromos  zugeteilt  ist.  Doch  ent- 
nte  Niketas  seiner  Vorlage  nur  das  Gerippe  und  die  allgemeine  Dis- 
dtion  der  Erzählung;  in  der  Ausschmückung  der  einzelnen  Teile  behielt 
sich  vor,   älteren  Dichtern  und  seinem  eigenen  Geschmacke  zu  folgen. 

Stelle  der  martialischen  Roheit  des  Prodromos  tritt  bei  ihm  weichliche 
>tik  in  Liebesbriefen,   Geföhlsergüssen  und  ausführlichen  Schilderungen 

Sophistenstil.  Freilich  wenn  ihn  der  Humor  anwandelt,  verfallt  auch 
in  eine  mehr  als  aristophanische  Ungezogenheit;  übrigens  scheint  gerade 
;  stärkste  Stück  dieser  Art,  ein  ausgelassenes  Gastmahl,  das  durch  dän 
ican  einer  betrunkenen  alten  Vettel  verherrlicht  wird,  dem  Leben  ab- 
auscht  (7,  271  flf.).  Charakteristisch  ist  auch  hier  die  vollständige 
icht  aus  den  Verhältnissen  der  eigenen  Zeit  in  eine  ziemlich  ver- 
iwommene  heidnisch-hellenische  Vergangenheit.  „Ein  origineller  Zug 
Regnet  auch  hier  nirgends;  vielmehr  stiehlt  Niketas  seine  Redeblumen 
1  galanten  Wendungen  sich  sehr  unbefangen  überallher  zusammen,  aus 
I   Anakreonteen,  den  bukolischen  Poeten,  dem  Musäos,  den  Epigrammen 

Anthologie,  auch  aus  Heliodor  und  Longos,  zumal  aber  aus  Achilles 
rios"  (Rohde).  Im  Versbau  folgt  Niketas  seinem  Vorgänger  Prodromos, 
;chon  er  in  einigen  Details  hinter  der  strengeren  Technik  desselben 
ückbleibt. 

1.  Ausgaben:  Ed.  Fr.  Boissonade,  2  voll.  Paris.  1819  (mit  den  Fragmenten  des 
lasses).  —  Boissonade  wiederholte  seine  Ausgabe  in  den  Scriptores  erotici,  Paris, 
ot  1856.  —  Ed.  R.  Horcher,  Scriptores  erotici  gr.,  vol.  2,  Lipsiae,  bibl.  Teubn.  1859. 

2.  Hilfsmittel:  Eine  kritische  Analyse  des  Romans  (Vergleichung  mit  Prodromos) 
st  Auszügen  von  J.  L^vesque,  Not.  et  extr.  6  (1801)  223  ff.;  489  ff.  —  Neue  Frag- 
ite  gab  Ph.  Le  Bas,  Bibl.  de  l'^cole  des  chartes,  mai-juin  1841.  —  A.  Nauok,  Zeit- 
rift  für  Altertnroswiss.,  herausgeg.  von  J.  Caesar,  13  (1855)  276  f.  (Emendationen).  — 
*  Charakteristik:  E.  Rohde,  Der  griechische  Roman  S.  530  ff.  —  Zur  Metrik:  J.  Hilberg, 
ener  Studien  8  (1886)  313.  —  Zur  Sprache:  Tycho  Mommsen,  Beiträge  zur  Ldurejfon 
1  griechischen  Präpositionen,  Frankfurt-Berlin  1886-1895  S.  335  ff.  —  U« 


764  Bysantinische  litteratiirgeacliiohte.    IL  Poaiisolie  littonliir. 


lehnungen  aus  Paulos  Silentiarios  und  Prodromos:   Leo  Sterobaeh,  AntM 
Planudeae  appendix  Barberino-VaticaDa,  Leipzig  1890  8.  8;  42;  44  f.;  62  f.;  72. 

3.  Leben  und  sonstige  Schriften  des  Eugenianos:  Von  der  Persn 
sonstigen  litterariscben  Thätigkeit  des  Niketas  ist  wenig  bekannt.  Ans  d« 
stand,  dass  Prodromos  in  der  oben  angeführten  Ueberschrift  als  fiaxttQiTfjc  becetebfl 
folgt,  dass  Niketas  den  Roman  erst  nach  dem  Tode  seines  Meisters  verOffentlidil 
Seiner  Verehrung  und  Bewunderung  des  Prodromos  verlieh  Niketas  in  einer  ooek 
gedruckten  Monodie  Ausdruck,  die  im  Cod.  Escur.  Y.  U.  10  foL  296^ — 300  eck 
wt.  Ueberschrift  und  Anfang  lauten:  Tov  EvyByeucyov  xvgov  Nunjta  fior^^SUt  tk 
fiaxagnotaroy  tpiXoaotfoy  nvQov  SsoSiagoy  roy  il^dgofioy,  "Aqxi  ngtoxtag  /afcr«»r.  — 
weiteres  litterarisches  Zeugnis  von  Niketas  ist  ein  Brief  an  eine  junge  Dame,  v 
ihn  um  erotische  Poesien  ersucht  hatte:  TmuftoXi^  tiqos  i^iofiiyfjy  yQafifiarunJK  D 
Brief  ed.  aus  dem  einzigen  Cod.  Laur.  31,  2  foL  80^  Fr.  Boissonade  in  seiner  t 
Ausgabe  des  Romans  2  (1819)  6—12.  —  Endlich  bewahrt  der  Cod.  Paris.  2556 
fol.  79  unedierte  Verse  des  Niketas:  De  Jona  et  Ninivitarum  poenitentia.  Vgl.  H.Oi 
Inventaire  sommaire  3,  4.  —  Eines  Eugenianos  Leichenrede  auf  den  Grossdrn 
Stephanos  Komnenos,  die  mit  den  Worten 'Va/u^Wrcv  g>cecr(V  beginnt,  steht  in  dem i 
seine  merkwürdigen  Schicksale')  berühmt  gewordenen  Cod.  Palat.  Heidelberg.  Wii 
borg.  2  s.  14  fol.  4^— 8,  aus  dem  der  Cod.  Vatic.  Pal.  18  s.  17  abgeschrieben  iit 
H.  Stevenson,  Codices  mss  Palatini  graeci  bibl.  Vatic,  Rom  1885  S.  9  f.  Dan 
Rede  in  der  Hs  zwischen  zwei  Werken  des  12.  Jahrhunderts,  der  Monodie  des  Bui 
auf  seinen  Bruder  Konstantin  (s.  S.  473)  und  einem  Gedichte  des  StUbes  (s.  S.  768) 
und  in  den  Anfangsworten  der  Hold  eines  ebenfalb  um  diese  Zeit  (d.  h.  in  der  zweiten  1 
des  12.  Jahrhunderts)  abgefassten  Romans  genannt  wird,  so  gehört  der  gefeierte  Tote 
auch  dieser  Zeit  an  und  ist  identisch  mit  dem  Grossdrungar  Stephan  Komnenos,  dem 
des  Isaak  Komnenos,  des  ältesten  Bruders  des  Kaisers  Alexios  I  Komnenos,  dem  Qattc 
Eudokia,  einer  Tochter  des  berühmten  Grossdomestikos  Johannes  Axuchoe.  Vg 
Cange,  Familiae  Byzantinae  S.  147.  Nun  bleibt  auch  kein  Zweifel  mehr  übrig,  d« 
Verfasser  der  Leichenrede  unser  Niketas  Eugenianos  ist.  Es  wftre  wünschen 
dass  mit  einer  etwaigen  neuen  Ausgabe  des  Romans  auch  alle  die  erwähnten  Kleinig 
zusammengefasst  und  so  das  litterarische  und  biographische  Bild  des  Niketas  t< 
ständigt  würde. 

319.  Eustathios  (Eumathios?)  Hakrembolites  {EitrrdO^iog  —  i 
&iog  —  0  MaxQ€pi,ßoXitrfi)^  durch  den  Titel  und  Rang  eines  nQmxovwßsh 
und  angeblich  eines  Mäyag  x^Q'f^otfvla^  ausgezeichnet,  im  übrigen  8 
Person  nach  unbekannt,  schrieb  in  der  zweiten  Hälfte  des  12.  Jahrhun 
einen  Prosaroman:  Tcov  xa^  ^Vafiivrjv  xai  "^Vagxivtav  Xoyoi  la'y  d.  l 
Bücher  von  Hysmine  und  Hysminias.^)  Der  Inhalt  der  Erzählung 
selbst  in  der  knappsten  Form  angedeutet,  das  bekannte  Schema 
griechischen  Sophistenromane  wiedererkennen.  Hysminias  schliess^ 
Festherold  einen  Liebesbund  mit  Hysmine,  der  Tochter  eines  Gastfreu 
und  entflieht  mit  ihr.  Bei  einem  Sturme  wird  die  Jungfrau  als  Sühn 
in  die  See  gestürzt,  ihr  Geliebter  von  Räubern  gefangen  und  ver 
Später  findet  er  die  durch  ein  Wunder  gerettete  Hysmine  als  Sklavin  w 
Nach  verschiedenen  glücklich  bestandenen  Keuschheitsproben  der  l 
Liebenden  erfolgt  Freilassung  und  Hochzeit.  Das  Ganze  ist  eine 
gröberte  und  geschmacklose  Imitation  der  nicht  sehr  geschmackvolle 
Zählung  des  Achilles  Tatios  von  Leukippe  und  Kli tophon.  Die  Dt 
lung  des  Eustathios  gehört  zu  dem  Wunderlichsten,  was  Byzanz  i 
weisen   hat;   das  ist  kein  style  precieux  und   kein  englischer   eup 

')  £r  wurde   mit  2  anderen  Hss  vor  i  ^)  So  die  besten  Handschriften ;  a 

1622  von  Heidelberg  nach  Wittenberg  aus-  '  Schlüsse  des  Werkes  sagt  Hysminias: 

geliehen,  entging  dadurch  der  Verschickung  '  «T  Itfrae  zjj  ßißXio  To  xa&*  iTcfjiiyrjy  • 

nach  Rom  und  wurde  1881  spät,  aber  treu-  |  xai  roy  'YafAiyiay  ifie.    Ueber  diese 

lieh    der    Heidelberger    Bibliothek    zurttck-  tung  von  dQtlfia  s.  S.  647. 

gestellt.  I 


8.  ProfuipoMi«.    (§  819)  76S 

ir,  sondern  ein  in  nervösen  Windungen  aufgeführter  sÜlistisclier  £ier- 
z,  bei  dem  uns  vor  Augen  und  Ohren  schwindelt;  dabei  verrät  sich 
Armseligkeit  dieses  Wortjongleurs  in  der  steten  Wiederkehr  der  gleichen 
sdrücke  und  der  gleichen  KunststUckchen,  von  denen  das  wichtigste  in 

Häufung  kurzer,  um  jeden  Preis  antithetisch  gedrehter  Satz^ieder  be- 
it  z.  B.  .Kummer  ergriJf  mich,  ich  verlor  den  Mut,  ein  unbekannter 
recken  durchzitterte  mich,  mir  schwindelte  vor  den  Augen,  meine  Seele 
schmolz,  meine  Stärke  erlahmte,  mein  Körper  erecblafFte,  mein  Atem 
:kte,  mein  Herz  klopfte  heftig  und  süsses  Weh  lief  mir  wie  ein  Kitzel 
ch  die  Cilieder  und  unsagbare,  unnennbare,  unaussprechliche  Liebe  er- 
ite  mich'  (S.  41  ed.  Hilberg)  oder  ,Die  Jungfrau  schenkt  nun  wie  üblich 
:  ich  aber  trinke  wie  nicht  üblich  und  trinkend  trinke  ich  nicht  und 
it  trinkend  trinke  ich  Liebe,   es  trinkt  Bosthenes  und  endlich  ich,  da 

auch  Panthia  zutrank  und  trinkend  drücke  ich  mit  dem  Fusse  den 
18  der  Jungirau;  sie  aber  mit  der  Zunge  schweigend  spricht  mit  Ge- 
den  und  sprechend  schweigt  sie  u.  s.  w.  (S-  46).     Es  ist  ein  Stil,  wie 

Philipp  von  Zesen  lieht,  der  deutsche  Übersetzungen  des  Werkes 
til  kennen  mochte.  Zu  dem  krampfhaften  Bemühen,  witzig  elegant  und 
:hattisch  zu  schreiben,  passt  auch,  dass  Eustathios  den  Hiatus  vermeidet. 

Glanzlichter  sind  Verse  und  Ausdrücke  aus  Homer,  Hesiod  und 
ripides  eingesprengt;  noch  ausgedehnter  benützte  er  für  die  Phraseo- 
ie  den  Sophisten  Chorikios  aus  Gaza.  Von  demselben  Eustathios 
mmt  eine  Sammlung  von  elf  Rätseln,  welche  in  den  Handschriften 
lammen  mit  Rätseln  anderer  Autoren,  wie  des  Michael  Psellos,  des  Auli- 
amos  u.  s.  w.  überliefert  sind.  Nach  der  metrischen  Technik  der 
tfiel  gehört  Eustathios  zu  den  „Stümpern  leichteren  Grades'  (s.  S.  64d) 
>  der  Verfasser  des  X^tatög  näfj%(iiv. 

1.  Auag&ben:  Ed.  pr.  G.  GkulioinuB,  Paris  löIT  (griech.  und  Int).   ~  Ed.  Ph. 
Bas  in  den  Scriptorea  erotici,  Paria.  Didot  1856.  ~  Ed.  K.  Hercher,  Scriptorea  erotici 

>«!,  vol.  2,  Lipsiae,  bibl.  Teubn.  1859.  —  Roman  und  Ratoel  mit  den  LOaungen  ed. 
Hilberg,  Viodobonae,  Hoelder  1876;  mit  einem  Varianten veneichnis  der  früheren  Ana- 
9«,  einem  voIUtfindigon  kritischen  Apparate  aus  22  Handschriften  und  reichlichen 
cita;  in  der  Vorrede  Untersuchang  Qber  Name,  Zeit  und  Sprache  dea  Euatstlitos  und 
lumdschriftlicfae  Ueberlieferung.  —  Die  Rtttael  allein:  Enstathii  Hacrembolitaa  que 
Klur  aenigmata  edtdit  Haximilianua  Treu.  Gymnasialprogi.,  Brealau  1893.  Trea 
i«hU  durch  Beiziebung  vier  neuer  Hss  eine  erhebliche  Förderung  dea  Textes.  Vgl.  die 
Lltvolle  Besprechung  von  Ib.  Hilberg,  B.  Z.  3,   172  —  175. 

2.  Hilfsmittel:    Aeltere  Litteratur    verzeichnet  Fabiiciua,    Bibl.  gr.  ed.  Harl.  S, 
f.  —  Tb.  Grftaae,   Ueber   den   griechischen  Erotiker  Eustatbiue   und  deaaen  auf  nna 

»mmenen  Roman,  Jahns  Jahrb.  Supplementb.  (=  Jahns  Archiv)  4  (1836)  267— S83,  nur 
=  li  die  bibliographischen  Notizen  von  einigem  Nutzen.  —  Znr  Kritik:  C.  Uercher, 
>s  Jahrb.  Supplementb.  (^  Jahns  Archiv)  17  (1851)  620.  -  Fr.  Oaann,  Jahns  Jahrb. 
iklementb.  (=  Jahns  Archiv)  18  (1852J  449  f.  —  Fr.  Osann,  Prolegomena  ad  Euatath. 
K^mbolitae  De  amoribus  H.  et  H.  drama  ab  ee  edendum,  Oiesaen  1855  (dilettanteuhafte 
faxt  nutzloae  Arbeit].  —  R.  Hercher,  Philologua  13  (185B)  456;  507.  —  R.  Hercher, 
:u  Jahrb.  77  (1868)  365-367.  -  Th.  WexBelowsky,  Die  Hoakauer  Ha  dea  Enatathina 
irembolites,  Fhilologne  21  (1864)  343  f.  —  E.  Rohde,  Der  griechiache  Roman,  Leipzig 
3  S.  522  ff  —  A.  Kirpi£nikov,  Qriech.  Romane  in  der  neueren  Litteratur,  Charkov 
B  (ruBB.)  I  80  ff.;  II  59  flf.  —  J.  C.  Dunlop,  Hiatory  of  Proae  Fiction  1  (1888)  77-88. 
Das  Verhältnis  dea  Enatathioa  zur  alten  Litteratur  untersucht  J.  G.  U  r  a  m  b  s , 
aer  Citate  und  Reminiscenzen  aus  Dichtern  bei  Lucian  und  einigen  Bp&teren  Schrift- 
Ilem,  Progr.,  EichstAtt  1833  S.  69  ff.  -  Is.  Hilberg,  Wiener  Studien  10  (1838)  77.  • 
der  Schilderung  einer  allegorischen  Daratellung  der  12  Monate  im  4.  Buche  (ä  4~ 
Hilberg)  s.  die  Utteratur  g  SIS  Nr.  9.     L.   Voltx  hat  in  aeinsr  d    ' 


I  '  I  t    w 


766  Byzantinische  Litteratnrgesoliiohta«    IL  Poetisehe  LIiteraiar. 

Arbeit  auch  zur  Chronologie  des  Romans  ein  neues  Moment  beigebracht  (s.  o.).  —  Zi 
Rätselsammlung:   A.  Eberhard,   Bursians  Jahresber.  Ober  die  Fortschritte  der 
Altertumswiss.  Bd  5  (1878)  185  f.;  Leo  Sternbach,  Meletemata  Oraeca,  VindobooM 
S.  25  ff.;  86  f.  und  C.  Dilthey,  Symbolae  criticae  ad  anthologiam  graecam  ex  UM 
scriptis  petitae.  Ind.  lect  f&r  d.  ISommersemester  1891,  Göttingen  1^1  8.  13  C 

3.  Uebersetzungen:  Vom  Romane  gibt  es  zahlreiche  Ueberse tzao gen  in 
Sprachen:  Eine  deutsche  erschien  anonym  Strassburg  1573.  —  Von  J.  Chr.  Artop 
genandt  Wolkenstem  in  Teutsch  gefertigt,  1594.  —  Von  G.  Schirm  er,  Leipog  Ittl 
Von  Emestine  Christiane  Reisko  in  »Hellas*  I  101--206,  Mitau  1778.  —  Hienos 
sich  der  Einfluss  auf  die  deutsche  Litteratur,  der  sich  bes.  in  der  zweiten  schlesise 
Schule  erkennen  lässt.  —  Französisch  von  dem  Herausgeber  (s.  o.)  Ph.  Le  Bas,  ii 
Collection  des  romans  grecs,  vol.  15,  Paris  1828  (mit  Kommentar). 

4.  Zeit,  Name  und  Titel:  In  der  Zeitbestimmung  des  Eustathios  schwankkoi 
Meinungen  früher  vom  7.  bis  zum  12.  Jahrhundert.     Gegenwärtig   kann  als  völlig 
gelten,  dass  Eustathios  in  der  zweiten  Hälfte  des  12.  Jahrhunderts  lebte.    Ausser  m 
und  sonstigen  Argumenten,  welche  den  Verfasser  der  Rätsel  etwa  ins  12.  Jahrinnidiit 
weisen,  kommt  für  die  Frage  vor  allem  ein  Dokument  in  Betracht,  durch  weichet 
liehe  Beziehungen  des  Eustj&thios  zu  einem  bekannten  Manne  aus  der  zweiten 
12.  Jahrhunderts  erwiesen  werden.    Unter  den  Briefen   des  Rechtsgelehrten  Thetd« 
Balsamen  findet  sich  ein  wahrscheinlich  noch  vor  1186  abgefasstes  Schreiben:  Tlfil^^ 
xvoi^  B^vfia^lti)  r^  MaxQBfjißoXitn.    Da   die  Form  Et'fiu^iog  für  Evatä&iog  anch  ia  " 
Schriften  des  Romans  vorkommt,  kann  kaum  ein  Zweifel  übrig  bleiben,  dass  der  Ai 
mit  unserem  Romanschreiber  identisch  ist.    Dass  seine  Stellung  als  Eparch  im  TStil 
Romans  nicht  aufgeführt  wird,  hat  nichts  zu  bedeuten.    Den  erwähnten  Brief  des  fi 
samon  edierte  E.  Miller,  Annuairo  de  l'assoc.  18  (1884)  18.    Endlich  hat  L.  Voltx  (l 
durch  eine  Untersuchung  der  in  den  Roman  eingeschalteten  Monatsschilderangen 
stens  wahrscheinlich  gemacht,  dass  das  Werk  in  der  Zeit  der  achtmonatigen  N( 
spätung  zwischen  1131  und  1282  und  zwar  schon  in   der  ersten  Hälfte  dieses 
vollendet  und  bekannt  gewesen  sein  muss.    Dazu  stimmt  auch  die  Erwähnung  des  Ni 
Hysminias  in  der  Leichenrede  des  Niketas  Eugenianos  auf  Stephanos  Eomnenoe  (s.  8. 

Die   von   Le  Bas  vorgezogene  Namensform  Eumathios  wird  durch  eiae 
besseren  Handschriften  und  durch  die  Adresse  des  genannten  Briefes  bezeugt.    Eine 
zeugende  Entscheidung  der  Frage,  welche  von  beiden  Formen  die  richtige  sei,  ist  bei 
Stande   der  Ueberlieferung  kaum   möglich.     Vielleicht  liegt,   wie  Hilberg  vermutete, 
ähnlicher  Fall  von  Doppelnamigkeit  vor,  wie  er  von  M.  Treu  für  zahlreiche  byzani 
Autoren  nachgewiesen  worden  ist,   d.  h.  der  eine  beider  Namen,  jedenfalls  Enstttlii 
ist  der  später  angenommene   mit  dem  gleichen    Buchstaben  beginnende  Mönehsmift 
Statt  des  Beinamens  Makrembolites  bieten  vier  Handschriften  der  schlechteren  Dfli! 
Parembolites,   was   zweifellos   unrichtig   ist.     Makrembolites   mit   dem   FemiuMai 
Makrembolitissa  (z.  B.  Eudokia  M.),   als   Beiname  öfter  bezeugt  (z.  B.  auf  mehnni 
Bleibullen  bei  Schlumberger,   Sigillographie   de  Tempire  ßyzantin  S.  674),   bedeutet  wiikl 
ursprünglich  einen  ,am   langen  Bazar  wohnenden;'    cfjißoXoi  sind  in  Byzanz  Siol«- 
gänge,    Verkaufshallen,   aus  denen   sich  jedenfalls   die  türkische  Einrichtung  derBiiM]^ 
entwickelte.     Der  Titel  IlQmtoyütßeXiaifÄog  (Tr^oiro-nobilissimus)   ist  gut  bezeugt;  ^^fP^ 
führt  E.  den  Titel  eines  Mtyag  /cr^rotjpti'Aai,   womit  eine  hohe  Würde  der  byzantiniieki 
Geistlichkeit  bezeichnet  wird,  nur  in  den  schlechteren  Handschriften ;  zu  diesem  Verdiflll* 
gründe  kommt  noch,   dass  der  Zusatz  fifyag  dem  /ft^ro^vAa^  nach  Job.  KantaknteMl 
erst  von  Andronikos  II  verliehen  wurde  (Rohde  S.  523). 

5.  25  anonyme  Rätsel  in  jambischen  Versen,  deren  Bau  auf  späthyzantinisehe  Ul 
weist,  ed.  aus  einem  Codex  Athous  Sp.  Lampros,  JeXxiov  2  (1885 — 89)  152—166,  te 
auch  eine  Untersuchung  über  die  byzantinischen  Rätsel  und  ihr  Verhältnis  zu  den  iH* 
griechischen  in  Aussicht  stellt.  —  Vgl.  G.  Destunis,  Skizzen  über  das  griechische Bitnl 
von  den  ältesten  Zeiten  bis  zu  den  neuen,  Journ.  Min.  1890  Bd  270  Juli  S.  66—98,  km^ 
262—290.  —  Unter  dem  Namen  des  Kaisers  Michael  VIII  Palaeologos  (1261-1289 
steht  in  mehreren  Hss  z.  B.  im  Cod.  Viudob.  theol.  gr.  203  fol.  306  ein  Rätsel  in  poläj- 
sehen  Versen:  Tov  vtptjXotatov  ßa<nXi(og  xvq  Afe/aiJA  rov  JlaXaioXoyov  aXriyfia,  10  n^tk 
fiS  Twy  uQi^fÄwy  xa&*  iavtov  taifiyei  etc. 

320.  Michael  Haplucheir  {Mixat]l  6  UttXovx^iq)^  seiner  Person  nacli 
gänzlich  unbekannt,  schrieb,  schwerlich  vor  dem  Ende  des  12.  Jahrhunderte, 
ein  als  jQafidttov  bezeichnetes  Werkchen  in  122  Trimetem.  In  ^e 
Rollen  dieses  Schauspielchens  teilen  sich  ein  Bauer  (aypoixo^),  ein  Weiser, 
die  Tyche,  die  Musen  und  ein  Chor.    Der  Bauer  begrüsst  freudig  die 


2.  Profanpoesie.    (§  320)  767 

he;  darüber  macht  ihm  der  Weise  Vorwürfe,  und  es  entspinnt  sich 
3chen  beiden  ein  Streit,  in  welchem  die  Tyche  von  dem  Bauern  ge- 
)sen,  von  dem  Weisen  geschmäht  und  eine  mürrische  Alte  {näfineXog 
vg)  genannt  wird;  sie,  die  alte  Hinkerin,  sei  einmal  nachts  gestolpert, 
e    sich  am  Fusse  verletzt  und   nun  ihre  Zuflucht  im  Hause  gesucht. 

Tyche,  die  man  sich  wohl  aus  dem  Nebenzimmer  tretend  vorstellen 
js,  gibt  ihrer  Entrüstung  Ausdruck  und  verteidigt  sich  mit  lebhaften 
rten;  die  Musen  solle  er  anklagen,  nicht  das  Glück.   Wie  der  Wolf  in 

Fabel  sind  die  Musen  sofort  zur  Stelle.  Der  Weise  gebietet  Ruhe,  er 
e  ein  Geräusch,  es  sei  ihm,  als  ob  jemand  anklopfe;  der  Chor  —  der 
mach  aus  Hausmägden  zu  bestehen  scheint  —  möge  nachsehen,  wer 
ussen  sei.  Es  sind  die  Musen!  Wider  Erwarten  befiehlt  der  Weise, 
hinauszusperren.  Auf  die  Vorstellungen  des  Chores,  wie  sehr  er  den 
sen  zum  Danke  verpflichtet  sei,  entgegnet  er,  was  nütze  ihm  alles 
ssen,  das  kaufe  niemand  auf  dem  Markte,  und  der  Ruhm  fülle  seinen 
-en  Magen  nicht;  er  wünsche  sich  den  Reichtum  des  Bauern  und  wolle 
er  Gerber,  Steinklopfer  oder  etwas  Ähnliches  werden;  der  Schuster 
r  Krämer  wandle  bei  aller  Dummheit  mit  ehrenvollem  Geleite  wie  ein 
TBt  durch  die  Strassen,  während  der  Weise  elend,  arm  und  verlassen 
be.  Die  Musen  sind  inzwischen  trotz  des  Verbotes  eingetreten  und 
gen  ihr  Leid,  dass  sie,  die  Hüterinnen  aller  Weisheit,  von  dem  Weisen 
«achtet  werden.   Als  er  auch  ihnen  sein  Hungerlied  vorträgt,  bedeuten 

ihm  boshaft,  die  Erde  erzeuge  Gras  und  Kräuter  in  Fülle.  Über 
;he  Zumutung  empörte,  macht  der  Weise  vom  Hausrecht  Gebrauch  und 
l  die  Musen  hinauspeitschen  lassen;  er  sei  ein  Mensch  und  kein  gras- 
»sendes  Grautier.  Nachdem  sich  noch  die  Tyche  durch  eine  schnippische 
nerkung  einen  erneuten  Injurienhagel  zugezogen  hat,  erbarmen  sich 
lieh  die  Musen  ihres  geplagten  Schützlings  und  versprechen  ihm  Gbld 
l  ein  üppiges  Leben.  Mit  dem  Zweifel  des  Weisen,  ob  dieses  Glück 
li  beständig  sein  werde,  schliesst  die  seltsame  Comedietta. 

Das  Werkchen  ist  eng  verwandt  mit  dem  kleinen  dramatischen  Ge- 
ilte des  Tzetzes  (s.  S.  534  Nr.  13)  und  mit  dem  Ideenkreise  des  Fro- 
mmes: Dieselben  Klagen  über  die  Unbeständigkeit  des  Glückes,  derselbe 
i^eis  auf  die  glänzende  materielle  Lage  der  rohen  Handwerker,  dasselbe 
hnen  über  die  Geld-  und  Brotlosigkeit  der  Wissenschaft;  dazu  dieselbe 
tUheit  des  Ausdrucks  mit  der  Beigabe  eines  gewissen  derben  Humors. 
'  oben  erwähnte  Zumutung^  Gras  und  Kräuter  zu  essen,  findet  sich 
nso  im  zweiten  Vulgärgedichte  des  Prodromos  (Legrand,  Bibl.  gr.  vulg. 
5.  51  V.  102  f.);  auch  die  dialogische  Form  des  Stückes  finden  wir  bei 
^dromos  ganz  ähnlich  angewendet;  dazu  kommt  endlich,  dass  V.  33 
5€res  Stückes  mit  V.  1  des  dem  Prodromos  zugeschriebenen  Gedichtes 
egen  eine  lüsterne  Alte''  identisch  ist.  Haplucheir  gehört  dem- 
ch  wie  Niketas  Eugenianos  und  Philes  zu  jenen  Spätlingen  der 
zantinischen  Dichtkunst,  welche  selbst  der  welke  Ruhm  eines  Ptocho- 
odromos  nicht  schlafen  liess.  Hiemit  ist  auch  für  die  Zeitbestimmung 
le  Frühgrenze  gegeben;  wir  werden  das  Werk  zwischen  Prodromos  und 
liles,  d.  h.  ins  Ende  des  12.  oder  ins  13.  Jahrhundert  zu  setzen  habm^^^ 


768  Byzaniiiiisohe  LiUersiiirgeaohiolite.    IL  PotÜMh«  tÄUmnAm, 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  F.  Morellus,  Paris  1593.  —  Wiederholt  Paris  Ui 
Wiederholt  von  M.  MatiairOf  Miscellanea  graecomm  aliquot  scriptorom  camuni,  Li 
1722  S.  118  ff.  —  Ed.  Fr.  Dübner  nach  den  Fragmenta  Enripidis  ed.  G.  Wagner,  J 
Didot  1846;  da  Dübner  keine  Hs  des  Werkes  zu  finden  vennochie,  so  mnaBtt  « 
schlimmen  Text  der  Editio  princeps  zu  Grunde  Jegen.  —  £d.  M.  Trea>  Gymiiifld|| 
Waidenburg  (Schlesien)  1874  (nach  dem  Cod.  Neapel.  11.  C.  37). 

2.  Hilfsmittel:  Magnin,  Journal  des  Savants  1849  S.  463  ff.  —  M.  Tren,  Mi 
Haplucheir,  B.  Z.  1  (1892)  338  f.  (aber  den  Namen  des  Autors  und  die  Has).  -  Dm( 
Uebersetzung  von  Ad.  Ellissen,  Versuch  einer  Polyglotte  der  europäischen  PoetJe,  Li 
1846  S.  230—237.  —  Zur  Textkritik  vgl.  A.  Eberhard,  Bursians  Jahresber.  flki 
Fortschritte  der  klass.  Altertumswiss.  Bd  1  (1873)  1330  f.  —  Zur  Sprache:  Tyclio  Mt 
sen,  Beitrilge  zur  Lehre  von  den  griechischen  Präpositionen,  Frankfurt — Berlin  1888~ 
S.  630  f.    • 

3.  Handschriften  und  Name:  Ausser  in  dem  erwähnten  Neapol.  IL  C.S7 
das  Stock  auch  im  Cod.  Vindob.  Suppl.  KolL  14  (=  Num.  nov.  73)  und  im  Cod.? 
Pal.  122.  —  In  der  Ausgabe  von  Morelli  und  darnach  in  der  von  Dflbner  hmast  te 
fasser  JIXwxeiQog  und  demgemäss  steht  das  Gedicht  in  den  litterarischen  und  bibÜMi 
sehen  Hilfsmitteln  unter  Plochiros.  Im  Cod.  Neapol.  IL  C.  37  aber  heisst  deru 
MixttV^  0  'AftXovx^^  und  der  Name  'AtiXovxbiq  ist  von  Treu,  B.  Z.  1  (1892)  ^  i 
(1895)  3,  noch  öfter  ans  dem  12.  Jahrh.  nachgewiesen  worden,  während  ein  Ploel 
sonst  nicht  belegt  ist.  Es  scheint  also,  dass  JIXtoxeiQos  aus  'AttXovx^^  oder  wohl  ni 
für  einen  Nominativ  genommenen  Genetiv  'AnXovxf^Qog  entstanden  ist.  Der  WegM  * 
erklärt  sich  vielleicht  daraus,  dass  in  der  Hs  des  Morelli  oder  in  ihrer  Vorlage  die  h 
nachträglich  mit  roter  Tinte  eingefügt  werden  sollte  und  dann  vergessen  wurde,  «n 
der  bekanntlich  sehr  häufig  beobachtet  wird. 

4.  Eines  unbekannten  Grosslogariasten  Grabgedicht  auf  Irene  Koranen«, 
Tochter  des  Kaisers  Theodoros  I  Laskaris,  steht  im  Cod.  Laur.  Conv.  soppr.  627  fd 
£tixoi  tov  [iBydXov  XoyoQiaaxov  iniTVfißioi  eig  rrjv  öianoivay  Kofjiytivfjy  xvfjdv  fij 
Die  Verse  haben  durch  Anspielungen  auf  die  Fremdherrschaft  in  Kpel  (aVdi^o 
'haXtur  xal  C*i^Q*fx)  einiges  zeitgeschichtliche  Interesse. 

5.  Eine  merkwürdige  Rarität  in  der  langen  und  einförmigen  Reihe  byzantii 
Gelegenheitm>oesien  sind  des  Chartophylax  Nikolaos  Irenikos  Gedichte  auf  di 
lobung  des  Kaisers  Johannes  III  Dukas  Batatzes  mit  Anna,  einer  illegitimen  Tochter 
Friedrichs  II  (um  1244),  die  ebenfalls  in  dem  offenbar  aus  Nikaea  stammenden  Cod. 
Conv.  soppr.  627  fol.  20  erhalten  sind.  Die  aus  je  4  politischen  Doppelversen  bestel 
Gedichte  werden  in  der  Ueberschrift  TsxQaaxix«  genannt;  man  hat  also  die  polii 
Verse  schon  früh  als  Disticha  gezählt  und  gedichtet,  ein  Umstand,  der  nachher  di 
führung  des  Paarreimes  ungemein  begünstigen  musste.  Das  Auffällige  an  den  Ge( 
ist  jedoch  nicht  das  Metrum,  sondern  der  durchaus  an  die  Braut-  und  Hoch 
tragudien  der  neugriechischen  Volkspoesie  anklingende  Ton  der  Darstellui 
ist  mir  zweifellos,  dass  frenikos  seine  Anregung  direkt  aus  der  damaligen  Volkspoe 
holt  hat,  obschon  er  sich  der  üblichen  Schriftsprache  bedient.  Diese  Tetrastichc 
dienten  daher  am  ersten  aus  der  grossen  Masse  unedierter  Gelegenheitsgedichte 
Oeffentlichkeit  gezogen  zu  werden. 

321.  Griechische  Dichter  in  Italien.  Zu  den  Zeugnissen  der  geii 
Blüte  und  materiellen  Wohlfahrt,  deren  sich  die  byzantinischen  Kol 
in  Italien  bis  tief  ins  Mittelalter  hinein  erfreuten,  gehört  die  Ex 
einer  griechisch-italischen  Dichtergruppe.  Der  Anteil  des  byzantini 
Italiens  an  der  Kirchendichtung  ist  oben  (S.  676  fif.)  kurz  gewi 
worden.  Völlig  unbeachtet  sind  einige  Profandichter  aus  Unten 
und  Sizilien  geblieben.  Wir  lernen  sie  namentlich  aus  einer  ofifenl 
Italien  entstandenen  griechischen  Anthologie  kennen,  welche  nebei 
byzantinischen  Werken  vornehmlich  poetische  und  prosaische  Set 
italischer  Herkunft  enthält.  Diese  für  die  Kenntnis  der  italo-byzi 
sehen  Kultur  unschätzbare  Sammlung  bewahrt  der  Cod.  Laur.  5,  1 
kleiner,  teils  aus  Papier,  teils  (fol.  167—176)  aus  Palimpsestperg 
bestehender  Quartband  des  14.  Jahrhunderts.  Hier  finden  sich  po< 
Versuche  eines  hochedlen  Archen  Eugenios  aus  Palermo  z.  \ 


2.  Profanpoesie.    (§  321)  769 

licht,  als  er  im  Gefängnis  war,  also  ein  Seitenstück  zu  den  Kerker- 
sien des  Glykas  und  Sachlikis,  Epigramme  auf  die  Habsucht,  die 
lemmerei,  die  Jungfrauschaft,  die  Liebe,  die  Geschwätzigkeit,  den  Neid, 

Spottsucht  u.  s.  w.,  Verse  an  einen  Priester  in  Brindisi,  eine  poetische 
derlegung  des  alten  Sophistenthemas  „Lob  der  Mücke '^y  endlich  die  aus- 
rliche  Schilderung  einer  in  Palermo  {Ttag'  rjuXv  iv  llavoQfi^  Ttj  noXei) 
3hsenden  Pflanze,  die  bei  den  dortigen  Griechen  vvfifpsQov  hiess;  eine 
Stimmung  des  sehr  genau  beschriebenen  blumenartigen  Gewächses,  das 
nds  den  Kelch  vollständig  schliesst,  könnte  von  einem  Botaniker  sicher- 
.  leicht  gegeben  werden.  Daran  reihen  sich  Verse  eines  Roger  von 
ranto  an  den  eben  genannten  Eugenios  von  Palermo:  2tixoi  tov  xvqov 
"SQiov  Tov  ^YSQOvvtog  nqoq  rov  navsvyeväfXtatov  aQxovra  xvqov  Edyäriov; 
litungen  eines  Nikolaos  von  Otranto,  Sohnes  des  Maistros  Johannes 

im  T(ov  Ssrj(r۟)v,  auf  Christus,  auf  die  hl.  Barbara,  den  hl.  Nikolaos, 
i  hl.  Petrus,  den  Berg  Thabor,  den  hl.  Stephanos,  den  hl.  Basilios  und 
jgorios  u.  s.  w.;  ein  Gedicht  des  kaiserlichen  Sekretärs  Johannes  von 
ranto  über  die  von  Kaiser  Friedrich  11  unterworfene  Stadt  Parma, 
tgeschichtlich  hochinteressant  ist  auch  das  poetische  Zwiegespräch  der 
dt  Rom  mit  Kaiser  Friedrich  11  von  dem  Chartophylax  Georgios 
3  Kallipolis,  worunter  jedenfalls  die  kalabrische  Stadt  dieses  Namens 
ute  Gallipoli)  zu  verstehen  ist:  Tov  xvqov  rsvnQyiov  rov  xaQzotpvXaxoq 
XhnoXswq  <STl%ot  lafißixoi  nsQi  '^Poifirjg  wg  6fiiXov(rrjg  UQog  tov  avToxQoroQa 
sSsQixov.  Der  Dichter  feiert  in  begeisterten  Tönen  die  Macht  und 
pferkeit  Friedrichs,  dessen  Name  er  durch  die  kühne  Gräzisierung 
vxTioQixog^  0Qvx%(6vv/Aog  als  „Leuchtturm*  deutet.  Ein  zweites  Gedicht 
3es  Chartophylax  Georgios  richtet  sich  an  Kaiser  Johannes  m  Batatzes, 

derselbe  nach  Kallipolis  gekommen  war,  ein  drittes  verspottet  die  er- 
rte  Stadt  Parma  (i.  J.  1247) ;  dazu  kommen  Epigramme  auf  die  Gottes- 
tter,  auf  die  heiligen  Bekenner,  den  hl.  Amphilochios,  ein  Thor  der 
che  von  Kallipolis,  auf  den  jugendlich  gestorbenen  Sohn  des  Domestikos 
I  Kallipolis  u.  s.  w.  Mit  den  erwähnten  Stücken  zeitgeschichtlichen 
alts  verbindet  sich  ein  Huldigungsgedicht  an  den  glorreichen  König 
Lhelm,  als  dessen  Verfasser  sich  der  Philosoph  Eugenios,  Neffe  des 
irs  Basilios  (des  Basilios  Amiras?)  bekennt:  2tixoi  Evyeviov  tfiXoaofpov^ 
^iov  BadiXslov  TOV  ^ÄpLoiQu  (^AfirjQce^  dfATjQce?)  nQog  tov  ivdo^oraTov  tqo~ 
ovxov  ^fjya  rvhei.fiot\  Das  Gedicht  bezieht  sich  zweifellos  auf  einen 
sizilischen  Könige  dieses  Namens,  ob  aber  auf  Wilhelm  I  (f  1166) 
r  Wilhelm  U  (f  1189)  oder  WUhelm  TU  (f  1194),  lässt  sich  vorerst 
lit  entscheiden;  manches  spricht  für  Wilhelm  11.  Wahrscheinlich  gehört 
diesen  griechisch-italischen  Kreis  auch  der  kaiserliche  Notar  Johannes 
assos  (rQoaaog),  der  wohl  mit  dem  als  Schüler  des  Abtes  Nektarios  von 
30 le  erwähnten  Grassos  ^)  identisch  ist.  Von  ihm  enthält  die  Handschrift 
igramme  auf  den  hl.  Eustathios  und  den  hl.  Antonios,  aTixoi  nertXafXfiävoi 
l  eine  jambische  Ethopoiie  über  das  Thema,  was  wohl  Hekabe  angesichts 
\  damiederliegenden  Troja  gesagt  habe.    Vielleicht  kommen  dazu  noch 


*)  FabriciuB,  Bibl.  gr.  ed.  Harl.  11,  79. 
flMuttnioh  der  kliH.  AltertamiwiawiwclMft  IX.    1.  Abtlg.    a.  Anfl.  4A 


i 


770  Bysantiniflche  LiiteratargeBohioliie.    IL  Poeüsohe  littentor.  I 

einige  Kleinigkeiten,  welche  dieselbe  Handschrift  enthält,  wie  die  ftA»^ 
Schrift  auf  einen  jungen  Philosophen  von  Nikephoros  Uranos,  iHi'i^ 
dieser  nicht  mit  dem  viel  älteren  Magister  von  Antiochia  (s.  S.  145  AmBt^ 
und  523  Anm.  4)  identisch  ist,  das  Epigramm  des  Philosophen  NikeUi  A  <L 
Daphnis  und  einige  anon3ane  Epigramme  wie  die  an  einen  Rex  von  SdM*  ^ 
und  Italien  gerichteten,  von  Bandini  ohne  Grund  dem  Tzetzes  zugetdMi^ 
arCxoi'  tjQmxoi  fol.  20.  Die  Form  der  angeführten  Poesien  ist  dlirdnMii  ^ 
der  byzantinische  Trimeter.  Ziemlich  unbedeutend  sind  die  ans ItaEv ^ 
stammenden  Prosastücke  der  Sammlung:  ein  Martyrium  der  hl.  LuciajfAJ'S 
Palermo),  das  Bandini  durch  ein  in  der  Handschrift  fehlendes  Toi  amA  C 
falschlich  dem  Johannes  Tzetzes  zuschreibt  (vgl.  S.  535  Anm.  2),  oAviti 
Empfehlungsbriefe  eines  Erzbischofs  von  Otranto.  Ik^iri 

1.  Einzelne  Proben  der  erwähnten  Gedichte  und  eine  genaue  Beschreibmig  ^CiV^^ 
Laur.  5,  10  bei  A.  M.  Bandini,  Gatalogus  codicum  mss  bibliothecae  Mediceae  LaiinitiiiH|pei 
1  (1764)  23-30.  —  Eine  Veröffentlichung  und  Erläuterung  des  ganzen  italobyzantiaiidf  ^ 
Inhdts  der  Sammlung  ergäbe  einen  schätzenswerten  Beitrag  zur  Kenntnis  der  byzanÜncbCi  v 
Kultur  in  Italien  und  der  byzantinischen  Litteratur.  Bei  der  Untersnchimg  der  Utta^P  ^ 
geschichtlichen  Stellung  der  Poesien  wird  sich  wahrscheinlich  eine  starke  Abhingi^hr  ji- 
von  der  älteren  und  gleichzeitigen  ostbyzantinischen  Dichtung,  von  der  die  Sammlmig  hAI'  ^ 
einige  Stücke  (von  Pisides,  Prodromos  u.  s.  w.)  enthält,  herausstellen.  I 

2.  Auch  der  oben  genannte  Nektarios,  Abt  von  Gasole  (Anfang  des  13.  Jikku*  ^ 
versuchte  sich  im  Trimeter.  Wir  haben  von  ihm  jambische  Epigramme  ttber  seiD«  YHlkrtr 
ganger  in  der  Abtswürde,  die  mit  den  jambischen  Patriarchen-  und  Kaiserkatalogen  ^[^^^ 
vergleichen  sind.  Aus  Cod.  Taur.  C.  III.  17  ed.  von  H.  Omont,  Revue  des  tt.  P-HtT  , 
(1890)  387—389.  Besser,  aber  am  Schlüsse  verstümmelt  ist  der  Text  in  dem  noek  ndtticFt 
benfitzten  Cod.  Paris.  1371  fol.  157^,  einer  hübschen  wahrscheinlich  aus  dem  griecluidMl[i^ 
Unteritalien  stammenden  Pergamenths  des  13.  Jahrh.  Zu  vergleichen  ist  das  Ven^t^r' 
der  Gedächtnistage  der  Aebte  von  Casole,  welches  Jos.  Pasini,  Codices  mss  bibliotheoif^ 
regii  Taur.  Athenai  1  (1749)  308  f.,  aus  dem  Cod.  Taur.  216.  b.  III  27,  s.  12,  ediert  kih  • 
Epigrammatische  Sachen  des  genannten  Nektarios  birgt  der  Cod.  Vatic.  gr.  1276.       W> 

3.  Der  oben  als  Dichter  genannte  Nikolaos  von  Otranto  ist  vielleicht  ideotiMklw 
mit  dem  Nikolaos  von  Otranto,  von  dem  uns  theologische  Schriften  erhalten  sind,  l&I^ 
ein  theologischer  Brief  im  Cod.  Paris.  1371  fol.  151— 157^  Dialoge  gegen  die  Juden  k|B* 
Cod.  Paris.  1255  fol.  1—102,  Traktate  gegen  die  Lateiner  im  Cod.  Vatic.  PaL  2Si1« 
und  Mosq.  Synod.  240  (Vladimir)  fol.  30^-60.  Vgl.  Fabrioius,  Bibl.  gr.  11.  288  t,r 
und  oben  §  27.  V 

4.  Von  einem  Nektarios  haben  wir  ein  Epigramm  auf  den  Tod  einer  Mutter  nd  11 
auf  Christi  Geburt,  von  einem  Mönche  Nikolaos  Epigramme  auf  die  Parabeln  von  <ki  L 
Arbeitern  und  von  den  zehn  Jungfrauen,  auf  ein  Buch  und  auf  ein  Grab.  Da  dieselben  | 
in  der  die  Dichtungen  des  Christophoros  von  M3rtilene  enthaltenden,  wohl  sicher  ans  der 
Abtei  von  Casole  stammenden  Hs  von  Grotta  Ferrata  Z.  a.  XXIX  aufbewahrt  sind,  m 
ergibt  sich  mit  Wahrscheinlichkeit,  dass  diese  zwei  Epigrammatiker  Italogriechon  sind;  ob 
man  sie  aber  mit  den  zwei  oben  genannten  Männern  namens  Nektarios  und  Nikolaos 
identifizieren  darf,  steht  dahin.  Ausser  ihnen  birgt  die  erwähnte  Hs  noch  eines  Metro- 
politen Georgios  von  Korfu  Epigramme  auf  ein  Christusbild,  eine  von  ihm  gestiftet 
Kirche,  die  heiligen  Apostel  Petrus  und  Paulus,  das  Grab  des  hl.  Arsenios  in  Korfu  u.  s.  w. 
Ein  Georg  war  Bischof  von  Korfu  um  1180  (vgl.  S.  91  Anm.  3),  ein  zweiter  um  die  Mute 
des  13.  Jahrhunderts;  mit  welchem  von  beiden  unser  Epigrammatiker  identisch  ist^  wissea 
wir  nicht.  Jedenfalls  aber  ist  der  Verfasser  identisch  mit  dem  ungenannten  Bischöfe 
von  Kerkyra,  von  dem  der  Cod.  Copenhag.  1899  s.  13  Epigramme  bewahrt.  YgL 
Ch.  Graux,  Archives  des  missions  scientifiqnes  III.  s^rie  6(1880)  187.  —  Die  Epigramme 
des  Nektarios,  Nikolaos  und  Georgios  ed.  A.  Rocchi,  Versi  di  Cristoforo  Patrizio,  Roma  1887 
S.  64—68.  —  Briefe  des  genannten  Metropoliten  Georgios  ed.  V.  Vasiljevskij,  Die 
Erneuerung  des  bulgar.  Patriarchats  unter  dem  Fürsten  Assan  II  i.  J.  1235,  Joom.  Min. 
1885  Bd  238  S.  1—56  und  206—238  (dabei  auch  ein  Brief  des  Manuel,  Despoten  von 
Epirus). 

322.   Manuel  Holobolos   {MavovijX  6  "OXoßoXog,  auch  'OXoßioXog)  ist 
eine  sowohl  in  persönlicher  als  in  litterarischer  Hinsicht  recht  interessante 


2..  Profanpoesie.    (§  322)  771 

icheinung.  Seine  Biographie,  die  wir  namentlich  durch  den  Historiker 
>rgios  Pachymeres  genauer  kennen,  ist  ein  lehrreiches  Beispiel  der  Un- 
aerheit  des  Glücks,  das  einem  byzantinischen  Höfling  verliehen  war; 

dient  aber  auch  als  Zeugnis  gegen  die  weitverbreitete  Anschauung 
B,  der  Individualitätslosigkeit  der  byzantinischen  Menschen.  In  Manuels 
■st  wohnten  zwei  Seelen,  die  des  offiziell  geschmeidigen  Hofbeamten 
■  die  eines  aufbrausenden,  rücksichtslosen  Naturkindes.   Holobolos  muss 

fünften  Jahrzehnt  des   13.  Jahrhunderts  geboren  worden   sein;  denn 

Jahre  1261  diente  er  als  ganz  junger  Mensch  {naiiiov)  im  Zivilkabinette 

Kaisers  als  Geheimsekretär.     Eben  damals  hatte  Kaiser  Michael  den 

ftitmässigen  Thronerben  Johannes  durch  Blendung  unschädlich  gemacht; 

nun  der  jugendliche  Sekretär  seinem  Mitgefühl  und  seiner  Entrüstung 
unkundig  Ausdruck  gab,  Hess  ihm  der  Kaiser  zur  Strafe  Nase  und 
»j)en  abschneiden.  Doch  scheint  man  die  Strafe  an  dem  Delinquenten 
milder  Form  ausgeführt  und  ihn  wenigstens  seiner  Lippen  nicht  wirk- 
■M  beraubt  zu  haben;  sonst  wäre  seine  spätere  Laufbahn  als  Lehrer  und 
rchenredner  undenkbar.    Nach  diesem  Missgeschick  zog  sich  Holobolos 

das  BHoster  des  Johannes  Prodromos  in  Konstantinopel  zurück.  Hier 
b  er  sich  wohl  eifrig  mit  gelehrten  Studien  beschäftigt;  denn  als  im 
nre  1267  der  Historiker  Georgios  Akropolites  die  Leitung  der  vom 
kiser  Michael  Palaeologos  errichteten  Hochschule  niederlegte,  wurde 
ilobolos  zum  Lehrer  der  Logik  an  dieser  Anstalt  und  zum  Rhetor  der 
rohe  ernannt.  Diese  hervorragende  Doppelstellung  hat  er  nur  etwa 
chs  Jahre  inne  gehabt.  Sein  allzu  lebhaftes  Temperament,  das  sich  mit 
m  Jahren  nicht  milderte,  stürzte  ihn  noch  einmal  ins  Verderben.  Unter 
m  hohen  Geistlichen,  welche  Kaiser  Michael  bewog,  die  von  ihm  geplante 
rchliche  Union  mit  wissenschaftlichen  Gründen  zu  befürworten,  war 
olobolos;  doch  trat  er  nur  lau  und  widerwillig  für  die  Lateiner  ein  und 

einer  grossen  Versammlung  im  kaiserlichen  Palaste  (i.  J.  1273}  ant- 
>rtete  er,  vom  Kaiser  um  seine  Ansicht  befragt,  mit  Stillschweigen, 
s  ihm  der  Kaiser  darüber  heftige  Vorwürfe  machte,  verlor  Holobolos 
3  Selbstbeherrschung  und  Hess  sich  zu  einer  bitteren  Anspielung  auf 
n  Thronraub  Michaels  hinreissen.   Hierauf  wurde  er  zunächst  zur  Strafe 

ein  Kloster  nach  Nikaea  verbannt,  später,  als  er  in  der  Opposition 
rharrte,  nach   der  Hauptstadt    geschafft,  unmenschlich  gezüchtigt   und 

einem  schimpflichen  Aufzuge  (einer  sogenannten  noßmj)  durch  die 
nassen  geschleppt.  Nach  dieser  Demütigung  zog  sich  Holobolos  in  das 
oster  Tov  fisydXov  UyQoi  (s.  S.  342)  zurück.  Unter  Kaiser  Andronikos  H 
it  er  offen  gegen  die  Lateiner  auf;  auf  der  i.  J.  1284  abgehaltenen 
node  eröffnete  er  als  Rhetor  der  Kirche  die  Debatte.  Über  sein  späteres 
ben  und  sein  Todesjahr  ist  nichts  bekannt.  Seinen  Namen  Manuel 
tte  er  als  Mönch  in  Maxim os  geändert.  Er  besass  den  Titel  eines 
'ossprotosynkellos  ((idyccg  nQ(aToavyx€XXog)\  doch  wissen  wir  nicht, 
inn  er  denselben  erhielt.  Holobolos  war,  wie  die  ihm  übertragenen 
rantwortungsvollen  Stellungen  und  seine  Schriften  beweisen,  ein 
h  bedeutender  und  wissenschaftlich  gebildeter  Mann.  Vor  allem 
;h  eingehend  mit  der  alten  Philosophie  beschäftigt;  auch 


772  Byzantinische  Litteraturgesohichie.    IL  Foetisohe  LIttermtar. 

zu  den  wenigen  Byzantinern,   die  Latein  verstanden.     Sein  litterariri^^^^- 
Nachlass  verteilt  sich  auf  die  Gebiete  der  Poesie  und  der  Prosa.        wt^ 
Die  umfangreichsten  Dichtungen  des  Holobolos  gehören  leider  ^?^^ 
unerquicklichen  Gattung  der  höfischen   Devotionspoesie.      Es  sind  2t 
politischen  Versen  abgefasste  Hymnen,  von  denen  die  meisten  an  Kai 
Michael,  einige   an  seinen  Sohn  Andronikos  als  Thronfolger,  einer  ( 
leicht  zwei?)  an  Andronikos  als  Kaiser  gerichtet  sind.     Doch  wird  u^  ^ 
in   den  an  Kaiser  Michael  gerichteten  Hymnen   sein  Sohn  meist  ala 
herrscher  gefeiert.      Den  Inhalt  der  Gedichte  bildet   die  Verherriii 
und  Erklärung  kirchlicher  Feste ;  auf  dieser  Folie  werden  aber  die 
wärtigsten  Schmeicheleien  gegen  die  beiden  Kaiser  aufgetragen.  HoloUKT^ 
hat  diese  Hymnen  in  seiner  Stellung  als  Rhetor  der  Kirche,  die  um  wÄ^*> 
pflichtete,  den  Kaiser  durch  kunstvolle  Ansprachen  (vgl.  S.  471)  oder 
Verse  zu  begrüssen,  abgefasst,  und  darin  mag  wohl  auch  eine  En 
digung  für  den  schwülstigen  Ton  dieser  abstossenden  Erzeugnisse  ge: 
werden.     Auffällig  ist,  dass  zwei  Hymnen,   die  sich   datieren  lassen, 
den  Jahren  1279  (oder  1280)  und  1281  stammen  d.  h.  aus  einer  Zäk^i 
welcher  Holobolos  sich  im  Kloster   Tov  fieyalov  ^ÄyQov  aufhielt.    Weit 
freulicher   als    diese   devoten   Ergüsse   sind    einige   kleinere   jambiscli 
Poesien,   ein  Hymnus  auf  ein  Bild  der  hl.  Maria  von  Ägypten  (emer  i 
Byzanz  viel  gefeierten  Heiligen),  Monosticha  auf  das  Leiden  Christi  xai 
auf  eine  Reliquie  des   hl.  Johannes  Chrysostomos ,   zwei   in   Form 
Dialogs  abgefasste  Grabschriften  auf  den  Komnenen  Konstantinos  Mali^l 
senos  und  auf  den  Komnenen  Andronikos  Tornikes,  endlich  Lösungen 
den  Rätseln   des  Eustathios  Makrembolites   (s.  S.   765)   und   ein  Sehen- 
gedicht über  das  volksmässige  Sprichwort:   Aätov  Xäwv  xori  eig  %6  ymfäm 
dqaxoaw 

Die  Prosaschriften  des  Holobolos  sind  fast  durchwegs  aus  sei]i6r|i 
Thätigkeit  als  Lehrer  und  Kirchenredner  hervorgegangen.  Es  sind  Scholiei 
zu  kleineren  Gedichten  z.  B.  zum  Altar  des  Dosiadas,  zur  Syrinx  da 
Theokrit,  zum  Beil  des  Simmias,  zu  den  „Flügeln'*  u.  s.  w.,  Erläute« 
rungen  zum  ersten  Buche  der  ersten  Analytik  des  Aristoteles 
und  eine  kommentierte  Übersetzung  der  Schriften  des  Boetini 
De  differentiis  topicis  (De  dialectica)  und  De  syllogismo  hypothetico.  Die« 
Übersetzungen  erwähnt  Holobolos  in  einem  Briefe,  der  im  Cod.  Riccar- f 
dianus  50  erhalten,  aber  dort  fälschlich  dem  Planudes  zugeschrieben  ist 
Dazu  kommt  noch  ein  Trostbrief  an  die  Nichte  des  Kaisers  IGchael, 
die  Theodora  Palaeologina  Rhaulaena,  und  eine  am  Weihnaehts- 
feste  vor  dem  Kaiser  Michael  Palaeologos  gehaltene  Rede  (im  Cod.  BodL 
Barocc.  131  s.  14  fol.  244—250^). 

1.  Ausgaben:  A.  Poesien.  19  Hymnen  ed.  Fr.  Boissonade,  Ad.  gr.  5  (1833) 
159—182.  —  Den  20.  Hymnus  ed.  M.  Treu,  Manuel  Holobolos,  B.  Z.  5  (1896)  546  f.  - 
Den  Hymnus  auf  das  Bild  der  hl.  Maria  von  Aegypten  ed.  £.  Miller,  Manuelis  Phibie 
carmina  2  (1857)  373—375.  —  Die  Lösungen  zu  den  Rätseln  edd.  Hilberg  und  Trea  in 
den  S.  765  angeführten  Ausgaben.  —  Das  Scherzgedicht,  die  Monosticha  und  die  Grab- 
schrift auf  den  Komnenen  Konstantinos  Maliasenos  ed.  M.  Treu,  B.  Z.  5  (1896)  549  i 
—  Die  zweite  Grabschrift  steht  unediert  im  Cod.  Escur.  #.  I.  10.  Vgl.  E.  Miller, 
Catalogue  des  mss  grecs  de  la  bibl.  de  TEscurial,  Paris  1848  S.  146. 

B.  Prosa:  Die  Scholien  zum  Altar  des  Dosiadas  und  zur  Syriiiz  des  Theokrit  ed. 


2.  ProfanpoMde.    (§  823)  773 

Bergk,  Opascula  pbilologica  2  (Halle  1886)  769-772.   —   Die  Scbolien   zur  Syrinx 

bei  Fr.  Dübner,  Scbolia  in  Theocritum,    Paris  1849  S.  111  flf.    —   Zu   den  Schollen 

len  Flügeln  vgl.  C.  H  ab  erlin,   Carmina   figurata  graeca,   Hannover  1887  S.  4  ff.  — 

philosophischen    und  rhetorischen  Schriften   sind  noch  unediert.    Ueber   die  Hss   der 

n  vgl.  M.  Treu,  a.  a.  0. 

2.  Hilfsmittel:  Fabricius,  ßibl.   gr.   ed.   Harl.  11,  669.   —   B.   Hase,   Not.   et 
9  (1813)  2,  139.  —  Max.  Treu,   Maximi  monachi  Planudis  epistulae  S.  192  f.  und 

ff.  (ttber  die  oben  erwähnte  Theodora  Palaeologina  Rhaulaena).  —  Max.  Treu, 
i   Macrembolitae    quae    feruntur  aenigmata,   Progr.,   Breslau    1893  S.  23—31.   — 
ptschrift:  Max  Treu,  Manuel  Holobolos,  B.  Z.  5  (1896)  538—559. 

3.  Ueber  die  Byzantiner  namens  Holobolos  herrschte  früher  manche  Verwirrung,  die 
durch  Max  Treu,  a.  a.  0.  gelichtet  worden  ist  Der  Rätsellöser  Protosynkellos 
imos  Holobolos  wurde  für  einen  Zeitgenossen  des  Eustathios  Makrembolites  ge- 
d;   er  ist  aber  zweifellos   identisch  mit    unserem   Dichter  und  Rhetor  Manael 

lobolos  (s.  0.).    Ein  zweiter  Mann  dieses  Namens  ist  der  Rhetor  und  Arzt  Manuel 

lobe  los,  der  im  Dialog  Mazaris  (s.  S.  492  ff.)  die  Hauptrolle  spielt;   er  ist  nicht  eine 

Person,  sondern   hat   um  das  Jahr  1400   wirklich  gelebt.    Ueber  einige   spätere 

ael  und  Maximos,  denen  in  der  neueren  Litteratur  zuweilen  fälschlich  der  Familien- 

e  Holobolos  beigelegt  worden  ist  vgl.  M.  Treu,  a.  a.  0. 

4.  Ein  gewisser  Thomas  Gorianites  (^(OjUcrc  o  roQiayirtjg)  richtete  im  Jahre  1273 
Gedicht   an  Manuel  Holobolos  zum  Danke   für  den  Unterricht  im  aristotelischen 

anon,  den  er  bei  diesem  genossen  hatte.    Cod.  Neapel.  III.  A.  6  s.  14  fol.  106.   Ueber- 
und  Beginn  lauten  (nach  Verbesserung  der  Schreibfehler):  Tov  XoyttüTaTov  roQutyitov 
StBfitt  CTixoi  y$yov6xBg  iy  rfi  änoxQeM  etovg  ,gt/^cr',   ore   nag«  tov  'OXoßwXov  xvqov 
'mromjX  to  oqyayoy  if^velto.     Jlyvnxioy  tQvfprj/ia  rj  f^yijf^u  g>iQOiy, 

323.  Eonstantinos  Anagnostes  {K(ovarm'%tvoq  6  UvayvdiTTrjg)  ist  ein 
er  von  niemand  beachteter  Dichter,  über  dessen  Biographie  und  littera- 
e  Thätigkeit  leider  wenig  Sicheres  bekannt  ist.    Zunächst  steht  fest, 
Konstantin  nicht  jünger  sein  kann  als   das   13.  Jahrhundert;  denn 
Werkchen,   das  seinen  Namen  trägt,  steht  in   einer  Handschrift,   die 
hwerlich    unter  das   13.   Jahrhundert  herabgerückt  werden  kann,  dem 
genartigen  und  wertvollen  Cod.   Vatic.  Pal.  367  fol.  136^—137.     Es 
ein  aus  92  politischen  Versen  bestehendes  Dankpoem  an  den  hoch- 
^l>erühmten   Sekretär    Konstantin.      Titel    und    Anfang  lauten:  ^HfiidfAßia 
^JnevxceQKTTMd  ZTJg   TtQog   avrov    (piXixrjg    Sia&ä(r€(og   tov   ivSo^ordrov   tssxqS' 
•^^agiov   xvqov  KaiV(ti:avTivov.    ^Eyroaxa^    navvno&rp^e   xal   navvTreQ&avfiaaTS. 
2u  bemerken  ist  hier  die  Bezeichnung  der  politischen  Verse  als  Halb- 
jamben.     Vielleicht  gehört  demselben   Anagnostes   noch   ein   zweites  in 
der  Handschrift  unmittelbar,  jedoch  ohne  Autorname  und  Titel,  folgendes 
JPoem,   das  durch  seine  volkssprachliche  Form  besonderes  Interesse 
erweckt.     Den   Inhalt  dieses  46  politische  Verse  umfassenden  Gedichtes 
l:>ilden  Worte    des  Trostes  und   der  Ermunterung  an    einen  Sohn  (oder 
Schüler),  dessen  Herz  der  Verfasser  früher  durch  Strafen  gekränkt  hatte. 
T)er  Anfang  lautet:  Uaiiiv  fiov  xi  av  as  iXvnrjaa^  naidCv  fiov  xi  av  i&Xißr]gy\\ 
HaiSh  fiov  XI   av    (ts  inaidevfSa   xi  av  (Ts  id-hipa  ngog  wQav,     Wenn  die 
Zuteilung  dieser  Verse   an  Konstantinos  Anagnostes   sich   als  richtig 
1>ewährt,  so  ist  er  künftig  neben  Prodromos  und   Olykas  als  einer  der 
ersten  Byzantiner  zu  nennen,  welche  die  Volkssprache  neben  der  Kunst- 
sprache litterarisch  verwerteten.    Ob  auch  die  folgenden  Epigramme,  wie 
H.   Stevenson  im  Katalog  der  Codices  Palatini  graeci  S.  232  vermutet, 
mit  Anagnostes  zu  verbinden  sind,   lässt  sich   ohne  sorgfältiges  Studium 
der  Handschrift,  die  ich  leider  nur  flüchtig  einsehen  konnte,  und  ohne 
Yergleichung  dieser  Epigramme  mit  verwandten  Erzeugnissen  nicht 


774 


ByzantiniBche  Litteratargesohiolite.    ü.  Poeiisolis  Utleimtnr. 


Sei 


H 
^ 


scheiden.     Dagegen  kann  über  die  Person  des  Eonstaniinos 
Näheres  festgestellt  werden.    Nach  der  Subskription  auf  fol.  169  U 
palatijiischen  Codex  geschrieben:  nQißiAixTJQiog  %&v  xcczd  Kvnqov  %aß[ 
KfüVftravttvog  svtsXTJg  'AvayvoifXTTjg   6  xal  xov  vq>ovg    YQag>€vg  Mti 
fiuQTVQdv  xat  YQÜipag.    Es  ist  mehr  als  wahrscheinlich,   dass  dieser 
mann  der  Notare  in  Cypem  Eonstantinos  Anagnostes  mit  dem 
unbekannten  und  m.  W.  in  keiner  zweiten  Handschrift  überlieferten 
dieses  Namens  identisch  ist.   Er  hat  in  die  offenbar  allmählich  en 
Sammlung,   deren  reizende   Schnörkelschrift  den  geübten  Eanzlei 
verrät,  unter  das  bunte  Allerlei   fremder  Werke  auch  Erzeugnisse 
Hausmuse  aufgenommen.     Wie    die  Handschrift  selbst   durch  ihre 
stehung  in  Cypem  paläographisch  und  litterarisch  interessant  ist,  so 
dient  Eonstantinos  Anagnostes  als  einer  der  wenigen  byzantinischen 
steller,  die  nachweislich   in   der  Provinz  arbeiteten,  lebhafte  Te 
und  sein  Nachlass  sollte  gesichtet  und  veröffentlicht  werden. 

1.  BeschreibuDg  des  Cod.  Vatic.  Pal.  367  bei  H.  Stevenson,  Codices 
graeci  bibl.  Vatic,  Rom  1885  S.  229—235.   —   Eine  Schriftprobe   aus   dem  Codex  gA 
Schmitt,  B.  Z.  1  (1892)  329. 

2.  Von  einem  Mönche  Jakob,   der  später  Metropolit  von  Balgarien 
haben  wir  ein  Gedicht  über  einen  Feldzug   des  .Kaisers  Theodoros  Komnenos* 
Theodor  II  Laskaris?),  auf  welchem  ein  Teil  seines  Heeres  die  Klöster  dee  hL  M 
plünderte.     Leider  enthält  das  Gedicht  nur  allgemeine   Klagen  über  die  graasame 
Wüstung  der  Häuser,  Kirchen  und  heiligen  Bücher.  Noch  unediert  im  Cod.  Vindob.  h 
gr.  106  fol.  184—185.     Vgl.  A.   Fr.  Kollar,   Ad  P.  Lambecii   comment.   etc.  sa 
Wien  1790  c.  698  f.  —  Derselbe  Codex  birgt  noch  andere  unbedeutende   Versifika 
wie  ein  inhaltsarmes  Poem  eines  Priesters  Michael  Luludis  ausEphesos  an  den  Ko[ 
der  Hs,    ein  kleines  Memorialgedicht  über  die  Feste  des  Herrn,  Krebsverse  («n' 
xuQxtyoi;  vgl.  §  300  Anm.  2)  beginnend:  *A&Xijaas  ^drj  ntakto  mj^^cag  ^l&a  o.  s.  w.  Y|jl 
Kollar,  a.  a.  0.  c.  694  ff. 

324.  Manuel  Philes  {Mavovrji.  ^dijg)  aus  Ephesos  lebte  unter 
Kaiser  Michael  Paläologos  und  den  beiden  Andronikos,  vielleicht  auch  nock 
unter  Johannes  Kantakuzenos  (ungefähr  1275 — 1345)  in  KonstantinopeL 
Genaueres  über  den  äusseren  Verlauf  seines  Lebens  ist  uns  nicht  bekannt 
was  offenbar  damit  zusammenhängt,  dass  er  keine  erheblichen  Ämter  be- 
kleidete und  keine  politische  Rolle  spielte.  In  seiner  Jugend  erfreute  er 
sich  der  Unterweisung  des  Historikers  Georgios  Pachymeres,  zu  dessen 
Tod  er  eine  jambische  Monodie  verfasste.  Zu  seinen  Freunden  zahlte 
Maximos  Planudes,  von  dem  wir  einen  Brief  an  Philes  besitzen,  und 
viele  andere  Byzantiner,  die  zum  Teil  nur  durch  seine  Gelegenheitsgedichte 
bekannt  sind.  Einmal  wurde  Philes  vom  Kaiser  nach  Russland  geschickt, 
um  über  die  Heirat  einer  byzantinischen  Prinzessin  zu  unterhandeki.  Auch 
erwähnt  er  Reisen  nach  Persien,  Arabien  und  Indien;  wir  wissen 
aber  nicht,  in  welcher  Eigenschaft  er  dieselben  unternahm.  Dunkel  bleiben 
auch  die  näheren  Umstände  eines  Konfliktes  mit  dem  Kaiser;  er  wurde 
wegen  Majestätsbeleidigung,  die  er  sich  angeblich  in  einer  (uns  nicht  be- 
kannten) Chronographie  zu  schulden  kommen  Hess,  ins  Gefängnis  geworfen 
und  erst  freigelassen,  als  er  beschwor,  nie  etwas  Böses  gegen  den  Herrscher 
geschrieben  zu  haben  ;^}   es  steht   aber  nicht  einmal  fest,   unter  welchem 


•8 


0  Das  hierauf  bezügliche  Gedicht  in  der 
Ausg.  von  Miller  2,  397.    Deutsch  übersetzt 


von  Ad.  Ellissen,  Versuch  einer  Polyglotte 
der  europäischen  Poesie,  Leipiig  1846  8. 215  f. 


2.  Profanpoesie.    (§  324)  775 

iser  dem  Philes  dieses  Unglück  begegnete.  Um  so  genauer  werden  wir 
^^T  die  drückenden  Vermögensverhältnisse  unterrichtet,  unter  welchen 

zeitlebens  zu  leiden  hatte.  Weinerliche  Klagen  über  Hunger,  Durst  und 
Site  ziehen  sich  durch  seine  zahllosen  Werke.  Wenn  Nicolardot  sich 
^  Mühe  nahm,  den  Einnahmen  und  Ausgaben  Voltaires  ein  dickes  Buch 

widmen,  so  ergäbe  sich  wenigstens  Stoff  für  eine  massige  Abhandlung 
^«r  die  Quellen,  aus  welchen  Philes  seinen  jeweiligen  Bedarf  an  Geld, 
SÄbensmitteln,  Winterkleidern  und  Pferdefiitter  bestritt.  Er  verkehrt  mit 
^  n  hervorragendsten  Persönlichkeiten  seiner  Zeit,  aber  seine  Beziehungen 
nd  stets  die  eines  Unterwürfigen,  Bittenden,  Lobpreisenden,  eines  Mannes, 
s>r  sich  dankbar  erweisen,  die  Aufmerksamkeit  auf  sich  lenken  und  Unter- 
setzung gewinnen  will. 

Philes  gehört  zu  den  fruchtbarsten  Autoren  der  byzantinichen  Zeit 
nd  zwar  zu  den  wenigen,  die  sich  so  gut  wie  ausschliesslich  (s. 
knm.  5)  der  poetischen  Form  bedienten.  Sein  Lieblingsmass  ist  der 
swölfsilbige  jambische  Trimeter,  in  welchem  der  Hiatus  sorgfältig 
vermieden  und  die  vorletzte,  zuweilen  die  drittletzte,  niemals  die  letzte 
Jilbe  betont  ist.  Das  Hauptversmass  der  spätbyzantinischen  Zeit,  den 
lolitischen  Fünfzehnsilber,  verwendet  er  nur  in  wenigen  Stücken. 
Wir  teilen  die  schwer  übersehbaren,  vom  Herausgeber  zur  grösseren 
Jnbequemlichkeit  des  Lesers  in  wüstem  Durcheinander  aus  den  Hand- 
chriften  abgedruckten  Massen  (im  ganzen  über  20000  Verse)  in  einige 
lauptgruppen. 

1.  Naturwissenschaftliche  Gedichte.  An  der  Spitze  steht  das 
lern  Kaiser  Michael  Paläologos  gewidmete  Lehrgedicht  Über  die  Eigen- 
chaften  der  Tiere  [IIsQi  Cvwv  iSioTrjtog),  In  2015  Trimetern  und 
19  Abschnitten  werden  die  wichtigsten  Vögel,  Vierfüssler  und  Fische, 
latürlich  auch  die  Phäntasietiere  wie  das  Einhorn  und  der  Onokentaur  mit 
lern  üblichen  Zusatz  von  Wundergeschichten  kurz  beschrieben.  Als  Quelle 
liente  vornehmlich  das  Tiergeschichtenbuch  des  Aelian;  doch  mangelt  hierüber 
ine  Untersuchung.  —  Ein  kurze  Beschreibung  des  Elephanten 
JSvrrofiog  ixifQUifig  €i.€(pavTog)  in  381  Trimetern,  mit  einer  Widmung  an 
len  Kaiser,  deren  Gedankengang  für  unseren  Dichter  sehr  bezeichnend  ist: 
trosser  Kaiser,  Du  tapferer  Löwe,  einen  Elephanten  habe  ich,  der  treue 
agdhund,  im  Fangnetz  der  Sprache  erbeutet  und  bringe  ihn  Dir  als 
chuldigen  Tribut!  —  Das  gewöhnlich  De  plantis  zitierte  Werk  besteht 
US  mehreren  selbständigen,  ohne  einen  zusammenfassenden  Titel  über- 
ieferten  Gedichten:  Die  Ähre,  die  Traube,  die  Rose,  der  Granatapfel. 

2.  Dialogische  Stücke.  Philes  lässt  in  einigen  seiner  Gelegenheits- 
;edichte  zwei  oder  mehrere  Personen  auftreten,  eine  Eigentümlichkeit, 
i^elche  ihm  die  unverdiente  Ehre  verschafft  hat,  den  griechischen  Drama- 
ikern  beigesellt  zu  werden.  In  Wirklichkeit  fehlen  diesen  Gedichten 
lle  wesentlichen  Erfordernisse  eines  Dramas.  Hieher  gehört  .das  nekro- 
ogische  Gedicht  in  602  Trimetern,  welches  B.  Stark  unter  dem  trüge- 
ischen  und  von  ihm  selbst  in  der  Vorbemerkung  eigentlich  widerrufenen 
'itel  Tragödie  veröffentlicht  hat.  Dieser  „ Tragödie'  fehlt  jede  Handlang 
nd  sogar  der  Dialog ;  sie  besteht  nämlich  aus  monologischen  ErgHsaen  der 


776  Byzantinische  litteratnrgeBoliiohie.    IL  Poettsohe  litiermior. 

nach  einander  auftretenden  Personen,  die  wir  uns  am  Grabe  eines  Ti 
versammelt  zu  denken  haben.  Zuerst  erscheint  ein  Diener  und  fragt 
dem  Orte,  an  dem  der  Tote  sich  jetzt  befinde.  Dann  preist  der  V 
den  Sohn  glücklich  und  erinnert  an  den  Gärtner  und  den  jongen 
u.  8.  w.,  die  Mutter  ruft  dreimal  den  Sohn  und  vergleicht  sich  mit 
der  Bruder  erklärt  sich  bereit,  sein  Leben  für  das  des  Toten 
und  schildert  dessen  ritterliche  Eigenschaften,  die  Witwe  gibt 
Schmerze  bewegten  Ausdruck.  Der  Vater  endigt  die  Totenfeier  mitWi 
des  Trostes  und  spricht  zum  Schlüsse  die  Grabschrift.  ^)  Wahrschei 
bezieht  sich  das  Werk  auf  den  um  1321  erfolgten  Tod  eines  Sohn« 
Andronikos  Paläologos  (1282—1328);  die  auftretenden  Personen 
also  der  Kaiser  und  die  Kaiserin,  die  Witwe  und  der  Bruder  des 
und  Philes  selbst  (als  Diener!).  —  Zu  dieser  Gattung  gehört  femer 
dramatische  Ethopoeie  (H&onoua  ÖQafiatixri)  ein  in  dialogischer Fonltje^ 
gehaltener  Panegyrikus  auf  den  Grossdomestikos  Johannes  EantapW^ 
kuzenos;  Personen  des  Dialogs  sind  Philes  und  der  personifizierte  6ei4 
(Novg).  Der  erstere  forscht  in  ausführlicher  Weise  nach  den  Tugendnli^ 
des  Gefeierten,  der  Novq  weiss  jede  Frage  mit  steigender  BegeistenniU 
zu  beantworten;  er  ist  eben  bei  einem  Vergleiche  mit  Achilles  angetangthli 
als  er  das  Geräusch  eines  Gefährtes  vernimmt;  es  ist  der  Wagen  derll 
Tugenden.  Sie  treten,  als  eine  Art  Chor,  einzeln  auf  und  eine  jede  erkttrtll 
den  Helden  Kantakuzenos  für  ihren  Freund,  ihren  Bräutigam,  ihren  Schüti-|ii 
ling  u.  s.  w.^)  Nach  dieser  Ruhepause  hebt  Philes  aufs  neue  an  zu  frag«i|( 
und  der  Novq  erhält  Gelegenheit,  seine  rühmenden  Schilderungen  zu  voll- 
enden. Zum  Schlüsse  erscheint  der  in  allen  Tönen  gepriesene  Domestikoi 
selbst  und  gibt  seiner  Befriedigung  Ausdruck.  In  der  symmetrischea 
Anordnung  der  Reden  dürften  selbst  die  feurigsten  Verehrer  des  diA- 
logischen  Parallelismus  des  Guten  zu  viel  finden;  jede  Person  spricht  näm* 
lieh  stets  sieben  Verse,  so  dass  sich  also  die  966  Trimeter  des  ganxen 
Werkes  in  138  siebenzeilige  Strophen  zerlegen.  —  Das  dritte  St&ck 
dieser  Gattung  ist  ein  Dialog  des  Menschen  mit  einer  Seele: 'llr^^ 
noq  SiaXeyufievog  fierd  ipvxfjg.  Gegen  den  Schluss  nimmt  die  verstorbene 
Gemahlin  des  Menschen  an  dem  philosophierenden  Gespräche  teil  und 
tadelt  ihn,  dass  er  sie  aus  dem  ewigen  Lichte  in  die  Finsternis  der  Leiden- 
schaften, aus  der  Freiheit  in  das  Gefängnis  zurückgerufen  habe;  daraof 
fasst  sich  der  Gatte  und  schliesst,  das  Andenken  an  sein  Weib  werde  ihm 
für  sein  noch  übriges  Leben  als  Richtschnur  und  Leitstern  dienen.  Das 
Ganze  ist  demnach  wie  die  „Tragödie""  ein  nekrologisches  Trost- 
gedicht. Es  umfasst  240  politische  Fünfzehnsilber,  die  sich  auf24zehn- 
zeilige,  durch  eine  alphabetische  Akrostichis  verbundene  Strophen 
verteilen. 


*)  Zu  vergleichen  ist  u.  a.  der  von  Zin-  I  griech.  rythmischen  Dichtung  S.  367. 
gerle,  Ausgewählte  Schriften  des  Ephrem  \  ^)  Aehnlich  werden  in  der  Monodie  des 
4,  61,  ühersetzte  syrische  Hymnus  auf  den  ;  Theodoros  Hyrtakenos  auf  Kaiser  Mi- 
Tod  einer  Hausmutter,  wo  auch  verschiedene  '  chael  IX  die  einzelnen  Tugenden  klagend  ein- 
Personen  redend  eingeführt  werden.  S.  W.  |  geführt.  Boissonade,  Anecdota  graeca  1 
Meyer,  Anfang  und  Ursprung  der  lat.  und  i  (1892)  262.     Vgl.  §  204. 


2.  ProfanpoeBie.    (§  324)  777 

3.  Gedichte  auf  kirchliche  Stoffe,  d.  h.  Distichen,  Tetrastichen 
■d  grössere  Stücke  auf  die  Eirchenfeste,  auf  einzelne  Teile  der  hl.  Schrift 
te  die  Briefe  des  hl.  Paulus,   auf  Reden  des  hl.  Basilios,  des  hl.  Gregor 

a.,  auf  die  einzelnen  Kapitel  der  Klimax  des  Johannes,  auf  christliche 
.juibenssätze,  auf  Heilige  und  Kirchenväter  u.  s.  w.  Für  das  poetische 
arständnis  des  Philes  ist  es  bezeichnend,  dass  er  eines  der  grossartigsten 
ben  Kirchenlieder,  den  berühmten  Akathistos  (s.  S.  671  f.),  in  jambische 
"imeter  verwässerte,  gleich  als  wollte  er  den  weiten  Abstand  seiner  steif- 
Luenen  Versifikation  von  wahrer  Poesie  dem  Leser  ad  oculos  demon- 
cieren  (Ausg.  von  Miller  2,  317  ff.). 

4.  Gedichte  auf  Kunstwerke,  teils  kurze,  teils  ausführlichere  Epi- 
'«mme  auf  religiöse  Bilder,  Skulpturen,  Votivgegenstände,  liturgische 
ücher  und  Gefässe,  Gotteshäuser,  Medaillen,  Gemmen,  auch  auf  profane 
bjekte  wie  auf  eine  Reiterstatue  des  Justinian,  auf  einen  Becher,  einen 
legelring  u.  a.  Selbst  so  unscheinbaren  Dingen  wie  einer  zersprungenen 
nd  durch  Eisenklammern  zusammengehaltenen  Marmorschwelle  weiss  Philes 
ine  epigrammatische  Spitze  abzugewinnen.  Manche  Stücke  beziehen  sich 
nf  bestimmte,  näher  bezeichnete  Werke  wie  auf  die  Marmorstatue 
)eB  hl.  Georg  im  Kloster  Manganon,  auf  eine  Reliefdarstellung  des  Opfers 
ibrahams  im  Blachernenpalaste.  Hiezu  kommt  die  Beschreibung  eines  im 
[aiserpalaste  befindlichen  Bildes  (oder  Mosaiks?)  der  Erde,  die  jedoch 
n  Cod.  Yaticanus  einem  Manuel  Melissenos  zugeschrieben  wird.  Das 
Gedieht  auf  eine  Darstellung  der  Hochzeit  Alexanders  des  Grossen 
jt,  wie  im  Titel  selbst  verraten  wird,  eine  Paraphrase  des  kleinen  lukiani- 
chen  Stückes  Herodot  oder  Aeti on.  Eine  besondere  Erwähnung  verdienen 
och  sechs  Gedichte  auf  bildliche  Darstellungen  der  aus  dem  Barlaamroman 
3.  §  392)  bekannten  indischen  Parabel  vom  Lebensbaum,  den  Mäusen 
nd  dem  Drachen.  Endlich  gehören  hieher  die  Verse  auf  eine  allegorische 
)arstellung  der  zwölf  Monate  (s.  §  313,  9).  So  gewährt  uns  Philes  eine 
3rmliche  Bilder-  und  Skulpturengallerie  seiner  Zeit.  Da  er  —  ganz 
n  Gegensatze  zu  den  Phantasiegebilden  des  Meliteniotes  —  allem  An- 
cheine  nach  meist  wirkliche  Werke  vor  sich  hatte,  so  sind  aus  einer 
Jntersuchung  dieser  Gedichte  brauchbare  Aufschlüsse  für  die  byzantinische 
konographie  zu  erwarten.  Auch  rein  litterarisch  betrachtet  sind  sie 
loht  ohne  Wert,  und  jedenfalls  gehören  sie  zu  den  besten  Leistungen  des 
^hiles. 

5.  Gelegenheitsgedichte  und  Vermischtes.  Den  breitesten  Raum 
eanspruchen  in  dieser  Gattung  die  von  knechtischer  Devotion  überfliessen- 
len  Lob-,  Bitt-  und  Dankgedichte  an  die  Mitglieder  des  Kaiserhauses 
ind  hohe  Würdenträger  in  Staat  und  Kirche.  Manche  besitzen  histori- 
chen Wert,  so  die  Schilderung  seiner  Gesandtschaftsreise  zu  den  Russen, 
erschiedene  Gedichte  an  den  Protostrator  Michael  Glabas  (bes.  das 
mfangreiche  Stück  2,  240  ff.),  an  seinen  Gönner  Patrikiotes,  ein  Trost- 
:edicht  an  den  Kaiser,  als  die  „Sikelioten^  Thrazien  verwüsteten,  u.  a. 
Veitere  Anlässe,  welche  Philes  zu  poetischen  Versuchen  begeistern,  sind 
ie  Rückkehr  des  Michael  Palaeologos  aus  dem  Abendlande,  ein  an- 
eblicher  Sieg  des  Kaisers  über  die  „ Barbaren ',  eine  Feuersbrunst  im 


778  BysantiniBche  LiiteratargMoliiohte.    IL  Poethrahe  Idtteimtor.  I 

Eynegesion,  Todesfälle  in  der   kaiserliehen   Familie  und   versclueJMfbrT- 
Kirchenfeste.    An  einen  Bardales^}  sendet  er  ein  Gedicht  als  Bcff^k^ri. 
sehreiben  eines  Theophrastexemplares,  das  ihm  jener  geliehen  hatten  H^ 
bittet  ihn  um  den  Alexander  von  Aphrodisias.     Litterarhistorisch  widfl^r^ 
ist   ein  grosses  Gedicht  auf  eine  von  Andronikos  Komnenos  Dilnlia 
Palaeologos,  einem  Sohne  des  Sebastokrator  Konstantin  und  Vetter  Mii^^ 
Kaisers  Andronikos  II,  verfasste  Liebesgeschichte;  denn  nach  derddMi^' 
dings    ziemlich   allgemein    gehaltenen  Inhaltsangabe    scheint   es  rid  mn^ 
den  anonym  überlieferten  Roman  Kallimachos  und  Chrysorrhoe  (v|l«r£ 
§  377)   zu   handeln.     Damit    verbindet   sich  ein  Epigramm   auf  ein,  lilki« 
es   scheint,    uns   nicht    erhaltenes   strategisches    Werk    des    oben  tllor 
wähnten  Protostrator  Michael  Qlabas.     Die  meisten   dieser  Stucke  iUItic: 
voll  der  widerlichsten  Schmeicheleien.   Den  Gipfelpunkt  erreicht  die  lakiiMf) 
hafte  Unterwürfigkeit   aber  in   den  eigentlichen  Bettelgedichten.   Mi 
allen  Thüren  streckt  Philes  seine  leere  Hand  herein.     Einen  Neffen  dtnilc 
Kaisers  mahnt  er  an   sein   Versprechen,   ihm  Wein   und   ein   Pferd  ■» 
schenken:    „Ich  bin  Dein,   Dein,   der  beste  Kalligraph  Deiner  VerdieaBte;|i 
aber  lass  Deine  Missgunst  fallen  und  zögere  nicht  länger,    mir  das  V«p-|^ 
sprochene  zu  spenden!*    Den  Domestikos  der  orientalischen  Themeil 
bittet  er  um  Hasen  und  Rebhühner,  denn  er  habe  das  ewige  Schweinefieisdl 
endlich  satt;  oder  aber  er  möge  ihm  goldene  Schlingen  senden,   damit  «r 
die   in   der   Stadt  allenthalben   aufgehängten  Gänse  und  Enten  erhasdiei 
könne.     Der  kaiserliche  Jagdmeister  soll  ihm  Gerste   für   seine  Pfwde. 
der  Patriarch   ein  versprochenes  Rind   liefern.     Die  Muse  wird  hier  lur 
wahren  Hochstaplerin,    die   ihrem  Herrn   sogar  die  nötige  Garderobe  be 
sorgen   muss.     Den   Patriarchen  Theodor  Xanthopulos   bittet  Philei 
in  einem  langen  Gedichte   um  einen  warmen,   wohlgefütterten   russischca 
Pelzmantel,   ausserdem  um   Wein,   Pferdefutter   und    das    unentbehrlidw 
Kleingeld.     Wenn   er  sich   gar   dem  Kaiser  selbst  naht,   verliert  er  aDe 
Besinnung   und  seufzt  wie   ein   liobestoUer  Seladon:    „0  Kaiser,  Dein  hin 
ich.  Dich  allein  atme  ich;  o  Kaiser,  Dein  bin  ich.  Dich  allein  schaue  ich; 
und  lebe  durch  Dich,  den  Hauch  der  Ausonen;  und  lebe  durch  Dich,  den 
mächtigen    Lichthort,   der  das   Dunkel   der  Seele  verscheucht,   wenn  der 
Sturm   des   Kummers  über  mich  hereinbricht!*  (2,  131).     Dazu   kommen 
Stücke  vermischten  Inhalts,   so   eine  Apologie  gegen   einen,   der  ihn 
verspottete,   weil    er  angeblich  behauptet  hatte,   er  habe  in  Persien  eie^ 
gebärende  Weiber   gesehen;   Epigramme  auf  die  Rose,   auf  Sonne,  Mond, 
Erde  und  Meer;  ein  grosses  paränetisches  Gedicht  (1,  359)  u.  s.  w.   Manche 
Stücke   sind  wohl   als  vorrätige  Ware  für  plötzliche  Bestellungen  ru 
denken  z.  B.  Klageverse  eines  Mannes,  dessen  Kinder  gestorben  sind,  eine 
Grabsclirift  auf  eine  tugendhafte  Frau  u.  a. 

Philes  besitzt  ohne  Zweifel  eine  bedeutende  Gewandtheit  in  der 
Form  und  erfreut  uns  namentlich  in  den  kleineren  Stücken  nicht  selten 
durch  glückliche  Gedanken;  die  meisten  seiner  Machwerke  ermüden 
aber  durch  den  übermässigen  Schwulst,    durch   die  Überhäufung  mit  Me- 


*)  Vgl.  Max  Treu,  Maximi  monachi  Planudis  epistulae  S.  200. 


2.  Profanpoesie.    (§  824)  779 

3phern,  Wortspielen  und  Allegorien,  auch  durch  sonstige  Geschmacklosig- 
diten.  Als  Mensch  stösst  uns  Philes  ab  durch  den  selbst  bei  Byzan- 
nem  seltenen  Grad  gemeiner  Speichelleckerei.  Darnach  ergibt  sich  seine 
Biarakteristik  von  selbst.  Ganz  verfehlt  ist  es,  wenn  man  ihm  einen 
■atz  unter  den  Dramatikern  anweist;  dazu  berechtigt  nichts,  auch  nicht 
Le  erwähnten  dialogischen  Stücke,  die  zudem  für  seine  litterarische  Ge- 
»nterscheinung  ganz  unwesentlich  sind.  Philes  ist  nach  der  Mannigfaltig- 
st seiner  Produktion  vorzüglich  mit  zwei  byzantinischen  Dichtem  zu 
•rgleichen,  mit  Georgios  Pisides  und  mit  Theodoros  Prodromos,  mit 
enen  er  auch  in  den  Handschriften  zusammengeht.  Sein  eigentlicher 
^orläufer  und  Doppelgänger  aber  ist  Prodromos,  Philes  ist  ein 
"tochoprodromos  in  stark  vermehrter  und  verschlechterter  Auflage.  Beide 
ind  die  byzantinischen  Hofdichter  xar'  s^oxrjv  und  beide  sind  hierin  für 
ie  spätere  Zeit  typisch  geworden;  wie  Prodromos  von  Philes  und  manchen 
nderen,  so  wurde  auch  noch  Philes  von  späteren  Dichterlingen  nachge- 
hmt,  ein  Verhältnis,  das  sich  schon  äusserlich  dadurch  ausspricht,  dass 
n  den  Handschriften  die  Gedichte  des  Prodromos,  Philes  und  verwandter 
leisteskinder  so  durcheinander  gemischt  sind,  dass  ihr  Eigentum  sich  oft 
ichwer  absondern  lässt.  Wie  bei  Prodromos  treffen  wir  auch  bei  Philes 
sahireiche  epigrammatische  Gedichte  auf  Eirchenfeste,  Stücke  der  hl.  Schrift 
ind  ähnliche  Stoffe;  wie  Prodromos,  so  besang  auch  Philes  eine  allegorische 
Darstellung  der  zwölf  Monate;  bei  beiden  finden  wir  Spuren  Lukians;  bei 
beiden  auch  das  dialogische  Element.  Dieselbe  Verwandtschaft  zeigen  sie 
in  ihrem  Charakter  und  in  ihrer  äusseren  Lebensstellung;  Philes  ist  wie 
sein  Vorgänger  ein  Stiefkind  des  Schicksals,  ein  Hunger-  und  Betteldichter, 
5in  Ptochophiles  wie  jener  ein  Ptochoprodromos.  Wie  Prodromos  für  die 
K^omnenenepoche  so  ist  Philes  für  die  Paläologenzeit  der  Typus  des 
irielgeschäftigen,  dürftigen,  aber  anspruchsvollen  litterarischen  Dilettanten, 
ier  die  Leiter  der  staatlichen  Ämter  nicht  zu  erklimmen  vermag  und  froh 
ist,   in  den  Vorhöfen   wohlhabender  Gönner  sein  Fortkommen  zu  sichern. 

1.  Ausgaben:  Ein  Teil  der  Gedichte  wurde  ediert  von  Wernsdorf,  Ideler,  Pauw 
isd  anderen.  Die  Tragödie  ed.  B.  Stark,  Jahns  Jahrb.  Supplementb.  (=  Jahns  Archiv) 
14  (1848)  444—461.  —  Jetzt  sind  sämtliche  Gedichte  in  drei  Ausgaben  vereinigt:  Die 
laturwissenscbaftlichen  Stücke  in  den  Po^tae  bucolici  et  didactici  edd.  Fr.  Dübner  et 
^.  S.  Lehrs,  Paris,  Didot  1862;  die  zwei  litterarhistorischen  Gedichte  (über  die  Liebes- 
beschichte  und  das  strategische  Werk)  ed.  £.  Martini,  Rendiconti  del  R.  Ist.  Lomb.  di 
»cienze  e  lettere,  Serie  11,  vol.  29  (1896);  alles  Uebrige  in:  Manuelis  Philae  carmina  ed. 
E.  Miller,  2  voll.,  Paris  1855—57  (unmethodische  und  oberflächliche  Arbeit).  —  Ein  bei 
Hiller  fehlendes  Epigramm  auf  den  Erzbischof  Dionysios  von  Mytilene  ed.  pr.  J.  Sak- 
celion,  JeXrloy  3  (1890—92)  315  f.  —  Eine  Anzahl  von  Epigrammen  auf  Kirchenfeste 
und  Heilige  ed.  noch  einmal  aus  Cod.  Patm.  37  J.  Sakkelion,  n(tTf4iaxtj  ßißX,t  Athen 
1890  S.  27 — 29.  —  Den  Dialog  zwischen  Mensch  und  Seele  ed.  nach  Miller  noch  einmal, 
iber  unvollständig  (nur  114  statt  240  Verse!)  und  fehlerhaft  aus  Cod.  Monac.  gr.  281 
A.  Jahn,  Anecd.  graeca  theologica,  Leipzig,  A.  Deichert  1893  8.  91—96.  Vgl.  B.  Z. 
3,  643. 

2.  Hilfsmittel:  Kritische  Beiträge  zum  Gedicht  über  die  Eigenschaften  der 
Piere:  G.  Patakis,  Philologus  8  (1853)  524  ff.  (einige  gute  Verbesserungen  neben  manchen 
(iVillkürlichkeiten)  und  C.  Ludw.  Struve,  Opuscula  selecta,  vol.  1  (Lipsiae  1854)  158  ff. 
fast  wertlos).  —  Zur  Ikonographie:  B.  Stark,  De  Tellure  dea  deque  eins  imagine  a 
kTan.  Phile  descripta,  Jenae  1848  (das  Gedicht  bei  Miller  2,  267  f.).  —  Den  Deckel  eines 
byzantinischen  Reliquiars  des  hl.  Stephanos  vergleicht  mit  Gedichten  des  Philes,  in  denen 
solche  Reliquiarien  besobrieben  werden,  G.  Seh lumb erger,  Comptes  rendus  de  Tacadömie 
les  inscriptions  et  helles  lettres  IV.   sörie  13  (1886)  351  f.   —  Das  Gedicht  über  diQ 


780  BysaatiniBche  Litterainrgeschichte.    IL  PoetiBohe  littaratiir.         I 

12  Monate  ediert  und  bespricht  Bruno  Keil,  Wiener  Stadien  11  (1889)  115  ff.  —Uk^^  \y^ 
dialogischen  Stücken  8.  K.  N.  Sathas,  'ItrroQtxoy  doxi/uoy  nsgl  tov  ^edr^ov  xui  ^V^f^tm^F  * 
ttoy  Bv^apjiyaiy  S.  390  ff.  —  MaxTreu,  Maximi  monachi  Planudis  epistolae,  Bmlai qV^F^^ 
S.  254.  —  Chr.  Loparev,  Der  byzantinische  Dichter  Manuel  Philes.  Zur  GMeliifljdi  g 
Bulgariens  im  13.  und  14.  Jahrhundert,  Petersburg  1891  (russ.).  Lop.  betont  die  fii^^y_ 
tung  des  Philes  als  Geschichtsquelle  und  kommentiert  den  grossen  Panegyrikus  aafMi^V^  ' 
Glabas  (bei  Miller  2,  240—255).  —  Zur  Sprache:  Tycho  Mommsen,  Beiträge  nrLi||M^<^^ 
von  den  griechischen  Präpositionen,  Frankfurt-Berlin  1886—1895  S.  346  f.,  631  f.       |^ 

3.  Ueberlieferung:   Miller  benützte  für  seine  Ausgabe  vier  grosse  SaDnM 
Codices,  einen  Escurialensis,  Parisinus,  Florentinus,  Vaticanus;    dazu  verwertete  er  itd 
den   Monacensis  281.  —  Dazu  kommen  die  Godd.  Cremon.  Bibl.  Gov.  160  and  Tiu 
C.  VII.  7  (214.  c.  IL  16  bei  Pasini),  die  £.  Martini,  Catalogo  di  manoscritti  greci  esbin 
nelle  biblioteche  Italiane  I  2  (1896)  302  ff.,  426  ff.  genau  beschrieben  hat    Auf  demTiitl       i 
beruht  die  oben  erwähnte  Ausgabe  von  Martini.   —   Unbeachtet   blieb   der  Cod.  VioMl 
bist.  gr.  112,  der  eine  ziemlich  reiche  Sammlung  von  Gedichten  des  Philes  enthili  Dnil. 
eine  von   späterer  Hand    stammende  Ueberschrift  (fol.  38)   verleitet,   hat  A.  Fr.  KollSilL  1^4 
Ad  P.  Lambecii  comment.  etc.  suppl.,  Wien  1790  col.  704  ff.,  diese  ganze  Sammlimg  kJP    .;. 
Johannes  Tzetzes  zugeteilt,  was  wohl  der  Grund  ist,  dass  die  Hs  von  BCiller  u.  i.  tt»l^  ^ 
sehen  wurde.  —  Eine  grössere  Anzahl  von  Gedichten  des  Philes  enthält  auch  Cod.  BtiLV^    . 
Thomae  Roe  18,  a.  1349  fol.  436-451.  —  Ein  bei  Miller  (1,  380—388)  fehlendes  DidäibV^ 
auf  Johannes  Klimax  notiert  aus  Cod.  Athous  2101  s.  18  Sp.  Lambros,   CatalogmllP^ 
the  greek  mss  on  Mount  Athos  1  (1895)  180.  IfV 

4.  Ausser    den    Gedichten   des   Philes   edierte   Miller   auch   die    in   seinen  Batl^^ 
Schriften  unter  dieselben   gemischten  Stücke  des  Prodromos,   Christophoroa  thI^^ 
Mytilene,  Maximos  Holobolos,  eines  Athanasios  Monachos,  Alexioa  Makrei-l 
bolites  u.  a.  I 

5.  Die  einzige  von  Manuel  Philes  bekannte  Prosaschrift  ist  eine  ganz  allgemailk  - 
gehaltene   Aufforderung   einer  Zuhörerschaft  zu  reger   Aufmerksamkeit   Sil 
steht  unodiert  z.  ß.  im  Cod.  Mon.  gr.  225,  s.  14,  fol.  204—205^,  wo  sie  dem  Enkonial 
des  Nikephoros  Blemmydes  auf  den  Evangelisten  Johannes  als  Einleitung  yorgeMttlvr 
ist.     Der  Titel  lautet:    Setagia    MayovfjX   tov  4»irX^   ngoayayiyoHixofjiByy    tov    fyxatfiiov  niltr^ 
(txQoaa&tti    roy   avXXoyoy   dyanei^ovaa.     Vgl.    Nicephorus   Blemmydes  ed.  Heisenbert,!', 
Proleg.  S.  LVII  ff.  I^^ 

6.  lieber  die  Familie  des  S.  777  erwähnten  Melissenos  hat  Georgios  Scholarioi,!^ 
der  jedenfalls  mit  dem  späteren  Patriarchen  identisch  ist  (vgl.  die  Ausf&hrangen  v«  1^ 
Dräseke,  B.  Z.  4,  561  ff.),  im  Auftrage  des  Kaisers  Johannes  VIII  Palaeologoa  (1425 — 1448)  w 
eine  Schrift  verfasst,  die  der  Cod.  Berol.  Phillipp.  1456  a.  1618  aufbewahrt:  Tov  ctpm*  w 
jdtov  FetoQyiov  tov  2^;|roAff^tot;  eig  ro  dyXttonfjioy  yiyog  tov  MeXiaaijyov  di'  iyttiXfittt§i  I 
TOV  XQaTcaoidrov  ßatnXewg  'Jcjdyyoi»  rov  UaXtttoXoyov  ixXoyij  ix  diatpogtoy  ßtßXitay,  I 

7.  Ohne  Autornamen  stehen  im  Cod.  Marc.  464,  der  zwischen  1316  iind  1320  vm  I 
der  Hand  des  Demetrios  Triklinios  geschrieben  ist  (vgl.  S.  555),  Epitaphien  in  politisdiei  | 
Versen,  zwei  für  den  Kaiser  Michael  Palaeologos  (f  1282):  Eig  x6y  ^dyaioy  rot*  pttc*- 
X^tog  xvQov  Mi-xttrjX  rov  TlaXaioXoyov,  drei  für  Manuel  Phakrases:  Tov  aviov  eig  roy  iurm- 
roy  XVQOV  MavovtjX  rov  4»axqaarj,  endlich  zwei  für  Unbekannte :  Tov  avrov  eig  tov  nXo6€iw 
Xtti  eydo^oy  äy^Qtonoy  und:  Elg  roy  fidratoy  ßioy  rov  dy^gtonov.  Der  erwähnte  Manoel 
Phakrases  ist  identisch  mit  dem  Manne  dieses  Namens,  dem  auch  Manuel  Philes  eio 
Grabgedicht  gewidmet  hat:  Manuelis  Philae  carmina  ed.  E.  Miller  1  (1855)  376  ff.  (vgl. 
ebenda  S.  291  Anm.  6  und  M.  Treu,  Maximi  monachi  Planudis  epistulae,  Breslao  1890 
S.  198)  imd  wahrscheinlich  auch  mit  dem  oben  S.  105  Anm.  4,  3  genannten  Phakrases.  M. 
Treu  wird  diese  Gedichte  demnächst  in  der  B.  Z.  veröffentlichen. 

8.  Andronikos  Palaeologos  Komnenos,  Sohn  des  seligen  Sebastokrator,  wird 
im  Cod.  Vindob.  phil.  gr.  149  (Nessel)  s.  15  genannt  als  Verfasser  eines  moralischeo 
Lehrgedichtes  ,Hauptstücke  über  Tugend  und  Laster*  (fol.  346^—350^).  Das  Werkchen, 
das  sich  stofflich  mit  dem  Moralgedicht  des  Manasses  (s.  S.  378  f.)  eng  berührt  und  anch 
sonst  in  der  byzantinischen  Litteratur  zahlreiche  Verwandte  besitzt,  besteht  aus  53  jambi- 
schen Tetrastichen  Über  Treue,  Hoffnung,  Langmut,  Mitleid,  Jungfrauschaft  Gerechtigkeit 
u.  s.  w.  Titel  und  Anfang  lauten:  K6<pdXttia  negi  dgerrfg  xai  xaxiag  rov  tlaXaioXoyw 
XVQOV  'AvÖQoylxov  Kofiyrjyov,  rov  vlov  rov  rgia/iaxagiffrov  doidifjiov  oeßaaroxQdrogog.  Ili^l 
Tiiaretog.  Iliartg  d-ndyrtoy  rtoy  xaXüiy  nguirtj  ßdaig  u.  s.  w.  Der  Verfasser  ist  offenbar 
identisch  mit  dem  Andronikos  Komnenos  Dukas  Palaeologos,  der  oben  (S.  778) 
als  Verfasser  einer  Liebesgeschichte  (wahrscheinlich  des  Romans  Kallimachos  und  Chrysor- 
rhoe)  erwähnt  worden  ist 

325.  Johannes  Eatrares  {loDdwrjg  0  KatQdgrfi),  ein  sonst  nur  als 
Kopist  bekannter  Mann,  der  im  14.  Jahrhundert  lebte,   verfasste  ein  für 


2.  Frofknpoesie.    (§§  325—326)  781 

byzantinische  Ethnographie  beachtenswertes  Spottgedicht.  Das  aus 
prosodielosen,  achtsilbigen  Anakreonteen  bestehende  Pamphlet  richtet 
gegen  den  „Philosophen**  und  »Rhetor**  Neophytos,  dem  neben 
>ren  Lastern  auch  unreine  Abstanmiung  und  barbarische  Sprache  vor- 
orfen  wird. 

BovXet  xal  fioQtptjv  axavcai) 
Trjy  fAkf  y^yyrjy  iarl  BXäxos, 
^jXßayiTfjs  d^  Tfjy  o%piy, 
Tov  (f(?  aüifiatog  xrjy  &iaiy 
BovXyaQaXßaynoßXdxog. 

1.  Ed.  Matranga,  Änecdota  graeca  2  (1850)  675—682. 

2.  Eines  gewissen  Markos  Angelos  Anakreonteen  aaf  den  Eros  (Inc/'EQcjg  6  ßagvg 
iattjgWäQ*  i^  ovQnyov  xarijX^eg;)  stehen  im  Cod.  Vindob.  phil.  gr.  219  (Nessel)  fol. 

r— 142. 

3.  Ein  gewisser  Johannes  Komnenos  aus  Sozopolis,   der  wohl   im  14.  Jahrh. 
hatte  den  unverzeihlichen  Einfall,  das  nach  dem  feuchtfröhlichsten  Griechen  benannte 

zur  Abfassung  eines  reuevollen  Sündenbekenntnisses  zu  verwenden.   Dieses 
le  Anacreonticum,  das  die  Codd.  Athous  3881   s.   16  foL  200^—201''  und  Paris. 
^^^t*.  3025  8.  16  fol.  16^ — 19  bewahren,   führt  den  Titel:   -^rt/oi  'jyaxQeoyreiM  iy  axij/*au 
^^^oXoy^aeiog   rov    Osiorarov   xal   aotptoxtitov   'Jfoayyov    Kofjiyrjyov    rov   ^toConoXirov,  und 
nnt: 

Ei  nXsunäxig  dfAagitjaag 
Toaavtdxig  vneax^^y. 
Fr.  BoisBonade,  An.  gr.  3  (1831)  456—460. 

326.    Georgios  Lapethis  (Lapithes?   reoiQY^og  6  Aanrid^iq  oder  Aa-* 

~^7ri&fjg?  s.  Anm.  2)    lebte  in   der  ersten   Hälfte  des   14.   Jahrhunderts  in 

"Cjrpern.     In  angesehener  Lebensstellung  und  mit    der  griechischen  wie 

Abendländischen  Wissenschaft  vertraut,    genoss   er  die  Freundschaft  der 

^^-HeiTscher  aus   dem  Hause  Lu  sign  an  und  verkehrte  brieflich  mit  den 

"^gelehrtesten  Griechen  seiner  Zeit.  Wir  finden  unter  seinen  Korrespondenten 

'den  Historiker  Nikephoros  Gregoras,  den  Georgios  Akindynos  (ein 

bewundernder  Brief  von  ihm  z.  B.  im  Cod.  Marc.  155  fol.  67^)  und  den 

^  berühmten  Kalabreser  Mönch  Barlaam;  der  letztere  schrieb  auch  Lösungen 

i  xa  wissenschaftlichen  Fragen,  die  ihm  Lapithes  aufgegeben  hatte:  BagXadfA 

/iovaxov  Xv<y€ig   elg  Tag  in€V€%d'€l<sag   airttp   änoQ(ag   naqd   tov   aotpourdrov 

'.  rsto^yiov  TOV  Aani&ov,   Weitere  biographische  Nachrichten  verdanken  wir 

1  wir  seinem  Zeitgenossen  Agathangelos,  einem  theologischen  Gegner  des 

^  Nikephoros  Gregoras. 

Lapithes  hinterliess  uns  ausser  einer  kurzen  theologischen  Schrift 
(vgl.  S.  102  Anm.  4)  ein  moralisches  Lehrgedicht  in  1491  ziem- 
lich nachlässig  gebauten  politischen  Fünfzehnsilbern:  2Tixoi  avto^ 
ax^i^oi  eig  xoivrjv  dxoijv  d.  h.  Stegreifverse  zu  allgemeiner  Kunde.  Die 
gute  Meinung,  die  wir  uns  aus  dem  erwähnten  Briefwechsel  über  Lapithes 
zu  bilden  geneigt  sind,  wird  durch  dieses  Werk  sehr  herabgedrückt.  Neben 
philosophischen  und  moralischen  Grundsätzen  werden  hier  praktische  Regeln 
für  das  Verhalten  im  Staate,  in  der  Gesellschaft,  in  den  verschiedenen 
Lebensstellungen  und  besonders  in  der  Familie  mit  langweiliger  Breite  vo]>- 
getragen.  Statt  des  derben,  aber  doch  urwüchsigen  Tones,  welcher  den 
verwandten  Erzeugnissen  der  vulgär  griechischen  Litteratur  wie  dem  Spa- 
neas  und  den  späten  Gedichten  eines  Sachlikis  und  Depharanas  eine 
gewisse  Teilnahme  sichert,  herrscht  hier  nur  seichte  Trivialität.  Die  Kom- 


782  Bysaniinische  Litteratnrgesohioliie.    n.  Poetische  Litteraiiir.  ■ 

Position  des  Werkes  scheint  original,  im  einzelnen  sind  Sentenzen  derdkreit^ 
Schrift,  des  Isokrates  u.  a.  verwertet.  Der  Herausgeber  hatte  den  niriftt^i 
würdigen  Einfall,  diese  lendenlahme  Yersprosa  als  Lektüre  für  Grieehii&e» 
lernende  Studenten  zu  empfehlen.  IH^' 

1.  Ed.  aus  Cod.  Paris.  2877  von  Fr.  Boissonade:  Not.  et  extr.  12  (1831)  2,  l-^&L  < 
in  der  Einleitung  die  biographische  Notiz  des  Agathangelos  und  drei  Briefe  des  Lif4j^^^ 
an  Nikephoros  Gregoras.  —  Wiederholt  von  Migne,  Patrol.  gr.  149,  1002 — 1046.        j^ 

2.  Name:  Der  Herausgeber  und  die  Hs  bieten  Atml^s.    Die  richtige  Schreibw^B^ 
ist  aber  wohl  Aanij&tg.    Denn  der  Name  ist  von  der  Stadt  Aanrj&og  auf  Gypern  gebüMner 
Vgl.  A.  Sakellarios,  Td  Kvnqiaxd  1  (1890)  791.  ^fc 

3.  Ein  gewisser  Rhakendytes  hat  ein  in  (30)  schauderhaften  Hexameten  lÄJ^ 
holprigem  Griechisch  abgefasstes  Gedicht  auf  die  hl.  Jungfrau  Maria  hinterlassen.  Ob^Hs 
mit  dem  Rhetor  und  Jambendichter  Joseph  Pinaros  Rhakendytes  (Wfüz,  Bbt  u^ 
3,  467)  oder  mit  dem  Hymnographen  Pachomios  Rhakendytes  (J.  B.  Pitra,  Hjn^vT 
grapbie  S.  CLVT)  oder  mit  keinem  von  beiden  identisch  ist,  lässt  sich  zunähst  nidit  ^V  ' 
scheiden.  Ed.  A.  Lud  wich,  De  codicibus  Batrachomacbiae.  Ind.  lect.,  Kdoigsbefg  UÜHI 
S.  21  f.  Wiederholt  in:  Die  homerische  Batrachomachie  des  Karers  Pigres  cnL  A.  L^mi^ 
wich,  Leipzig  1896  S.  43  f.  1?^. 

4.  Der  Patriarch  Philotheos   (vgl.  S.  107  ff.)  schrieb  ein   durch  seine  Fon  k»-l*  ^ 
merkenswertes  erbauliches  Gedicht,  das  aus  einem  längeren  Dialog  zwischen  Christeallin] 
Maria  und  einem  kürzeren  zwischen  Maria  und  einem  Diener  besteht.   Beide  Dialoge  all^ 
in  rythmischen,  durch  eine  Akrostichis  verbundenen  Strophen  abgefassi  lliil, 
Akrostichis  des  ersten  bildet  das  umgekehrte  Alphabet:  Sl-J,  die  des  zweiten  nennt  uAlCt 
der  Weise  der  Kirchenlieder  den  Namen  des  Verfassers:  ^tXo&eov.    Im  ersten  Dialog  will g^ 
der   akrostichische   Buchstabe   im   Innern    der  Strophe  noch    einmal  wiederholt  (l^pffi^lfK, 
akrostichis;   vgl.  §  297  Anm.  3).     Den  Inhalt  des  Werkchens,   das  mit   den  dialogii(«i| 
Gedichten  des  Ignatios,  Manuel  Philes  n.  a.  zu  vergleichen  ist,  von  diesen  sich  aber  dankl^in 
die  Wahl  des  rythmischen  Masses  unterscheidet,  bilden  Fürbitten  Marias  bei  ihrem  Sahl|g^. 
und  Danksagungen   des  Dieners    an  Maria.     Aus  Cod.  Paris.  12,  a.  1419,  fol.  ^^^'^l^lc^ 
zum  Zwecke  der  Publikation  abgeschrieben  von  K.  Krumbacher.  1^^ 

5.  Durch  die  von  der  Regel  der  byzantinischen  didaktischen  Poesie  abweicheiii|S!:i 
metrische  Form  des  Hexameters  und  durch  den  litterarhistorischen  Inhalt  ist Wl^^ 
merkenswert  ein  im  Cod.  Vindob.  phil.  gr.  178  (Nessel)  fol.  37^ — 42  anonym  *^lt^ 
liefertes  Lehrgedicht,  das  Anweisungen  zur  richtigen  Auswahl  der  Lektüre  enthili  hV^ 
beginnt:  Ei  fjky  ytjnoyiag  i&eXeig  /nay&dyeiy  TioXvxdgnovs,  'Hcloöoy  fieii^i  xXeiyoy  u.  8.  f> V: 
Eine  Ausgabe  dieses  litterarischen  Handweisers  ist  mir  nicht  bekannt.  V  , 

6.  Stephanos  Sguropulos  (Ixi(payog  6  ^yovQonovXog),  Protonotar  in  Trapenik,|;j 
verfasste  mehrere  Gelegenheitsgedichte,  u.  a.  ein  aus  300  achtsilbigen  Anakreonteen  bt- 1^ 
stehendes  Enkomion  auf  einen  Kaiser  Alexios  von  Trapezunt,  wahrscheinlich  Alexiotlll  V 
(1350 — 1390).  Das  Enkomion  nebst  zwei  titellosen  Gedichten  in  politischen  Versen  ed.  1 
A.  Papadopulos  Kerameus,  'JydXexra  legoaoXvf^,  ZxaxvoXoyiag  1  (1891)  431—487.  I 
Vgl.  seinen  ÜQoXoyog  aeX.  iC-~x'.  1 

327.  Meliteniotes  {MsXitrjVKOTrjg).  Unter  diesem  Namen  geht  ein 
grosses  allegorisches  Gedicht  in  3060  politischen  Fünfzehnsilbem :  Eig  rfj 
(rü)(pQO(rvvrjv^  mit  dem  metrischen  Nebentitel:  'EQoouxtj  öiijyr^tng,  aUa 
<Ta)(f>Qov£aTdTrj  \\  Metqov  ti  xaO-VjSvvovfXa  rovg  igaardg  rov  Xoyov,  Aus  der 
Familie  der  Melitenioten,  die  am  Ende  des  13.  und  im  Anfange  des 
14.  Jahrhunderts  in  Konstantinopel  blühte,  kennen  wir  vier  zum  Teil  in 
theologischer  und  medizinischer  Litteratur  thätige  Glieder,  einen  Johannes, 
einen  Eallistos,  einen  Konstantin,  und  einen  Theodoros;  ob  einer, 
bzw.  welcher  von  ihnen  der  Verfasser  unseres  Gedichtes  ist,  bleibt  dahin- 
gestellt. Jedenfalls  gehört  es  zu  den  spätesten  Produkten  der  byzantini- 
schen Poesie. 

Der  Dichter  beginnt  mit  scharfen  Hieben  auf  die  lügenhaften  Er- 
zählungen des  Aesop,  die  Truggeschichten  des  Stephanites  und  Ichne- 
lates  und  ähnliche  Fabeleien  des  Altertums,  denen  er  sein  Werk  als 
launqd  dnjyijaig  xai  navaXrj^iatccTr]  gegenüberstellt.     Diese  herrliche  und 


2.  Profanpoesie.    (§  827)  783 

^haus  wahre  Erzählung  hat  folgenden  Inhalt:  Der  Dichter  ergeht  sich 
freier  Qottesnatur,  um  die  Schönheit  des  ersten  Maitages  zu  gemessen; 
erscheint  ihm  eine  wunderbare  Jungfrau,  Sophrosyne;  vor  Schrecken 
it  er  beinahe  in  Ohnmacht  und  kann  sich  erst  fassen,  als  ihm  die  Jung- 
den  Zweck  ihrer  Sendung,  ihre  Heimat  und  Abkunft  verrät  und  ihm 
cklich  versichert,  dass  er  es  nicht  mit  einem  bösen  Geiste  zu  thun 
Nachdem  der  Dichter  weitere  Anfälle  von  Zähneklappern  siegreich 
mden  hat,   ermannt  er  sich  endlich  und  bittet  die  Sophrosyne  um 
lehrung.     Sie  erzählt  ihm,  als  er  so  ganz  verlassen  und  ohne  Kenntnis 
drohenden  Todes  umherirrte,   habe  sie  sich  seiner  erbarmt  und  wolle 
nun  in  der  Wahrheit  unterrichten.     Zu   diesem  Zwecke  führt  sie  ihn 
den  wundervollen  Wohnsitz,  welchen  Gott  ihr  verliehen  hat.    Es  ist 
herrlicher  Lustgarten  mit  einem  zauberhaft  ausgeschmückten  Schlosse. 
m  Eingang  zum  Parke  versperren  sieben  Hindernisse  {(pQovQia),   so 
sind  ein  Strom,   ein  Brücke,   das   Thor   der  Brücke,   wilde   Tiere,   ein 
kben,  ein  dorniger  Hain,  endlich  eine  Mauer.   Bei  jedem  Hindernis  gerät 
►x  Dichter  in  neue  Furcht,  aber  die  stets  wiederholte  Ermunterung  der 
ngfrau  lässt  ihn  alle  Schwierigkeiten  überwinden.     Die  Schilderung  der 
ndemisse  gibt  Gelegenheit  zur  Ausbreitung  mythologischer  und  natur- 
pvrusenschaftlicher  Kenntnisse;  bei  den  wilden  Tieren  z.  B.  wird  der  ganze 
drrat  alter  und  mittelalterlicher  Fabelwesen,  wie  Drache,  Pegasos,  Ker- 
rTOs,  Vogel  Greif,  Onokentauros,  Chimära,  sogar  der  „Satyr",  mit  ihren 
Sf enschaften  ausführlichst  beschrieben.     Endlich  betritt  der  Dichter  das 
hloss.     Auch   hier  wird   dem  Leser  nichts   erlassen;  Wände,   Decke, 
.ulenhallen,  Kuppeln  werden  mit  unverwüstlicher  Redseligkeit  geschildert, 
in  Gipfel  und  Mittelpunkt  des  Ganzen  bildet  das  Kuhelager  der  Sophro- 
yne.   Zwar  sind  Zeichen  des  Todes  angebracht,  damit  sie  nicht  in  irdische 
^ledanken  verfalle;  im  übrigen  finden  wir  eine  Verschwendung  von  Gold, 
Silber  und  Edelsteinen,  wie  sie  kaum  in  einem  anderen  Werke  der  phan- 
tastischen Märchenlitteratur  wiederkehrt;  die  Aufzählung  der  zum  Schmucke 
des  Bettgestelles  dienenden  Edelsteine  füllt  allein  mehrere  Seiten;  es  ist 
ein    förmliches  Wörterbuch    der   Mineralogie  in  politischen   Versen. 
Neuen  Anlass  zur  Ausschüttung  mythologischer,  historischer  und  litterari- 
scher Erudition   bietet   die  Schilderung   der   Umfassungsmauern   des 
Parkes;    ihren  Schmuck  bilden    nämlich   Standbilder  aller  berühmten 
Männer  des  alten  und  neuen  Bundes,  des  heidnischen  Altertums  und  der 
christlichen  Ära.     Die  phantastische  Afterweisheit,   die  bei  der  Beschrei- 
bung dieser  Werke  entfaltet  wird,  überbietet  alles,  was  sich  einMalalas 
in  dieser  Hinsicht  geleistet  hat.    In  wunderlicher,  nur  durch   den  Zufall 
bedingter  Zusammenstellung  wird  eine  endlose  Gallerie  anerkannter   und 
dunkler  Zelebritäten  vorgeführt,  Prometheus,  der  „Erfinder  der  Grammatik*, 
neben  dem  falschen  Propheten  Barlaam,  Euripides  neben  Nachor,   Julius 
Africanus  neben  Lykurgos,  Heraklitos  neben  Sophokles,  Enoch,   der  „Er- 
finder der  Buchstaben",  neben  dem  Periegeten  Dionysios;  der  ganze  Suidas 
scheint  ausgeschöpft,  um  die  überschwellende  Fülle  von  Namen  zu  liefern. 
Auf  einer  zweiten  Mauer  finden  wir  alle  Götter  der  Griechen,  überladen 
mit  echten  und  unechten  Attributen;  selbst  Venus  stellt  sich  ein,  freilich 


784  Bysanünisohe  LitieratiirgeBohiohte.    IL  Poetisohe  litiaintiir.  ■ 

als  xaxiarog  ^sd  xal  ^sQvnaQODfitvrj.  Die  dritte  Mauer  bringt  änejAvi* 
Nachlese  zu  den  Standbildern  der  ersten,  besonders  Helden  des  alten  BaWjJJl' 
und  des  heroischen  Zeitalters  der  Griechen,  Moses,  David,  Herakles,  iXCin 
mos  u.  a.  Endlich  wird  der  Park  selbst  mit  allem  Zubehör,  wie  öM^ 
Weinpilanzung,  einem  Teiche  und  einem  Bade  geschildert;  den  BeadtBBjf« 
bildet  ein  wortreicher  Panegyrikus  auf  die  Schönheit  der  SchlosAgJ^ 
selbst.  Wir  fragen  uns  noch  immer,  was  bezweckt  diese  nebdbiVf, 
Sammlung  von  Raritäten  mit  dem  hochaufgetürmten  Flitterstaat  eUF 
langer  Beiwörter!  Die  Antwort  erteilt  uns  der  Dichter  in  den  letrij^* 
hundert  Versen,  in  der  Erklärung  der  sieben  Hindemisse  (^^M))raff  oH?^ 
imd  (pQovQt(ov).  Die  sieben  Hindernisse  bedeuten  die  FaUstrietafe^' 
die  den  Weg  zur  Tugend  versperren,  die  gefährliche  Wanderung  dnA. 
die  sieben  Weltalter  und  Ähnliches;  der  Park  ist  das  Paradies.  lläR^ 
der  Dichter  den  sinnlichen  Baumgarten  in  seiner  Herrlichkeit  erUkkd^  ] 
so  möge  ihm  dereinst  verliehen  werden,  das  geistige  Paradies  zu  scIuuhcV^  ^ 
So  erscheint  das  Werk  poetisch  als  ein  Monstrum;  aber  auckfay^ 
vermeintliche  antiquarische  Nutzen  schwindet  bei  genauerer  Bebac^lN^ 
tung  auf  ein  sehr  bescheidenes  Mass  zusammen.  Von  einer  Benfitan^ 
guter,  uns  verlorener  Quellen  kann  kaum  die  Rede  sein;  was  in  dMftk: 
Wüste  von  Raritäten  und  Attributen  neu  zu  sein  scheint,  ist  meist  nur  Vw-Ij^ 
unstaltung  bekannter  Namen  und  willkürliche  Erfindung.  Vielleicht  di«ili|^ 
als  Quelle  eines  jener  in  manchen  Sammelhandschriften  (z.  B.  im  Coibsc 
Marc.  608  fol.  320^—322)  vorkommenden  Verzeichnisse  der  ErfiiidMrf| 
der  Künste.  Auch  das  anonyme  in  politischen  Versen  abgefasste  6e-l^ 
dicht  über  alte  Helden  und  Zelebritäten,  das,  m.  W.  noch  ^w^ 
ediert,  im  Cod.  Vatic.  Pal.  426  s.  16  fol.  94 — 97  ruht,  wäre  zu  y9'V^\ 
gleichen.  Immerhin  mag  das  groteske  Werk  des  Meliteniotes  in  eiMtlr 
Geschichte  der  allegorisch-moralisierenden  Poesien  als  eines  derl*^ 
wundersamsten  Beispiele  der  ganzen  Gattung  seine  Stelle  finden.  VöiV 
byzantinischen  Werken  ist  in  der  Gesamtanlage  besonders  der  Mj^  | 
TtaQTjYOQrjTixog  neql  eirvxiccg  (s.  §  340)  zu  vergleichen;  die  phantastischen  I 
Schilderungen  des  Parkes  und  Schlosses  erinnern  an  die  byzantinischen  Vers-  | 
romane,  besonders  an  die  vulgären  und  halbvulgären  Rittergeschichten 
(s.  §  376—384).  Mit  diesen  Erzeugnissen,  auf  die  schon  der  erwähnte 
Nebentitel  hinweist,  hat  unser  Werk  auch  die  zahllosen  zum  Teil  will- 
kürlichen, zum  Teil  aber  auf  wohlbezeugten  Thatsachen  der  Vulgärsprache 
beruhenden  Komposita  gemeinsam  wie  noQq>vQoX€vxoxixxivog^  jf^tHro;r^- 
aiv{^(o,  XiyvQOffOoyybtii^  ßsvsxoifoqäw^  nctvsvnqsnifl  u.  s.  w. 

1.  Das  Werk  ist  aus  Cod.  Paris.  1720,  einer  sehr  interessanten  Sammelha,  keine»- 
wegs  mustergültig  ediert  von  E.  Miller,  Not.  et  extr.  19  (1858)  2,  1—138.  —  üeb« 
Johannes,  Kallistos,  Konstantinosund  Theodoros  Meliteniotes  vgl.  S.  135;  158; 
96  ff.;  135  f.,  204,  623.  Zn  Theodoros  Meliteniotes  vgl.  noch  Jules  Nicole,  Lea  scoliet 
Genevoises  de  l'lliade,  Paris  1891  S.  XIX  ff.  (über  einen  von  Theodoros  Melitenioies  ge- 
schriebenen Codex  der  Ilias). 

2.  Eine  noch  unedierte  metrische  Schilderung  (Ekphrase)  der  Kirche  des  von 
der  Kaiserin  Irene,  der  Gemahlin  des  Johannes  Komnenos,  gestifteten  Pantokrator- 
klosters  ist  von  D.  G.  Kampuroglus  in  einem  Menaeon  des  14.  Jahrfa.  aufgefimdeo 
worden.     S.  'A»rjvd  4  (1892)  644. 

3.  Ein  aus  48  Trimetern  bestehendes,  an  die  Gottesmutter  des  Choraklosters  ge- 
richtetes Bittgedicht  der  dritten  Gemiüilin  (1427)  des  Kaisers  Johannes  VIII  PaUedogoa, 


2.  ProüMipoesie.    (§  327)  785 

ria  Komnene:  Jri/ot  Ixer^gioi  ngog  rijy  Jdanoiray  JlaQ&^yoy  xal  SsofitJToga  rijy 
nnjy  tig  ix  nQOötonov  r^g  BvaBßBtsxdxrjg  decnoiyrjg  xvQdg  MetQias  Kofiytjy^g  rijg  UalMO- 
Ln^c  ed.  mit  Kommentar  aus  einem  Codex  des  Johannesklostere  bei  Serres  P.  N.  Papa- 
urgiti,  B.  Z.  3  (1894)  326-329. 

4.  Ein  sonst  nicht  bekannter  Johannes  Diakonos  aus  Adrianopel  verfasste  ein 
fangreiches  Lobgedicht  in  politischen  Versen  auf  den  Kaiser  Johannes  VIII 
laeologos  (1425—1448).  Er  feiert  namentlich  die  fUr  das  Wohl  des  Reiches  nnter- 
Hunenen  Reisen  und  Kriege  des  Kaisers,  den  er  mit  Moses,  Salomon  und  Titus  vergleicht. 
.  pr.  A.  M.  Banduri,  Florenz  1763.   —   Wiederholt  bei  Migne,   Patrol.   gr.  158,  959 

970. 

5.  Ein  gewisser  Michael  Meli tz es,  dessen  Person  und  Zeit  nicht  bekannt  sind, 
;  den  ,Uierarohen'  d.  h.  wohl  Erzbischof  Alezander  von  Lesbos  in  jambischen  Versen 
angen,  die  der  Cod.  Laur.  S.  Marco  307  s.  14  ex.  fol.  229^  aufbewahrt.  Das  Preis- 
licht nennt  in  der  Art  der  Kirch enh3rmnen  den  Namen  des  Verfassers  in  der  Akrostichis : 
tm  xdyti  roy  fiiyay  UqoqxV^  Afe/cn^A  MtjXixCfjg' 

6.  Ein  offenbar  als  Proömion  oder  als  Epilog  eines  Bnches  gedichtetes  jambisches 
igramm,  das  £.  Miller,  Manuelis  Philae  carmina  2  (1857)  380  (Nr.  XX)  als  anonymes 
•rk  ediert  hat,  trägt  die  Akrostichis:   l/oAa^tov  niqtvxs  näy  x^^QtSy  noyog  und  stammt 

0  höchst  wahrscheinlich  von  dem  Berühmten  Georgios  Soholarios  (vgl.  S.  119  ff.). 
I.  Rein  ach,  Un  po^me  mäconnu  du  patriarche  Gennadius,  B.  Z.  6  (1897). 

7.  Ein  Rätsel  bleibt  vorerst  das  im  Cod.  Matrit.  42,  s.  14,  aufbewahrte  Gedicht, 
er  das  Jo.  Iriarte,  Regiae  bibliothecae  Matrit.  Codices  gr.  mss,  Madrid  1769  S.  149  f., 
iige  Mitteilungen  macht.  Das  Werk,  welches  in  der  am  Anfang  und  am  Schluss  ver- 
Immelten  Hs  noch  4106  jambische  Trimeter  umfasst,  handelt  ttber  das  alte  und  neue 
■tament,  über  heilige  und  profane  Geschichte  z.  B.  über  Alezander  den  (Crossen  und 
liamed,  über  Sagen  und  naturwissenschaftliche  Dinge.  Einen  besseren  Anhalt  gewähren 
ige  Stellen,  wo  der  Verfasser  den  Despoten  von  Dyrrachium  Janos,  einen  hochweisen 
chael,  einen  Symeon   als  Vorstand  xtoy  cBxqixtay  und  die  Einnahme  einer  mir  un- 

kannten  Stadt  G er bia  (ilf^t  x^g  dhucetog  rcQßiag)  erwähnt.  Bezeichnend  ist  femer  der 
nstand,  dass  mitten  im  Gedicht  eine  platonische  Sentenz  in  lateinischer  Sprache 
gefQhrt  wird.  Aus  diesen  Angaben  Iriartes  geht  hervor,  dass  das  Werk  mit  keinem 
druckten  Texte  identisch  sein  kann;  aber  eine  genauere  Vorstellung  über  seinen  Inhalt 
d  Charakter  lässt  sich  nicht  gewinnen.  Es  scheint  sich  um  ein  historisch-theologisches 
brgedicht,  eine  Art  von  Verschronik  zu  handeln ;  das  lateinische  Zitat  deutet  auf  fränkisch  • 
iechische  Kreise,  die  eingehende  Beschäftigung  mit  dem  Despoten  Janos  auf  Epirus 
Entstehungsort.  Da  das  Gedicht  auch  historische  Nachrichten  entnält  und  in  jedem  Falle 
6  eigenartige  Stellung  in  der  byzantinischen  Litteratnr  einnimmt,  wären  genauere  Mit- 
lungen  und  eventuell  eine  Veröffentlichung  des  ganzen  Teztes  erwünscht. 

8.  Als  Kuriosität  sei  genannt  der  in  sehr  prosaische  Fünfzehnsilber  mit  der  Akro- 
rJiis  FvQaQdog  xt^  neQino^ijxta  (noi  tideXg)*^  xvgto  Ixauaxiio  roi  CBßaax^  x^^Q^^*^  gefasste 
ief  eines  gewissen  Gyrardosan  seinen  gelehrten  Bruder  den  Herrn  Sebastos  Stamatios 

Korone,  den  der  Cod.  Paris.  2644  fol.  5^— 6  im  Original  bewahrt.  Die  auf  der  Rück- 
te des  Bogens  geschriebene  Adresse  lautet:  Td  neQi7fod<ijx(f}>  xal  ix  fiicrig  ^vxrjg  nuptXtj- 
f<(o  (fiXyto  xal  ddeX<p^  xvgt^  Ixafdaxit^  <rai  ce>ßaax(^  iy  xfi  Koqviyjf^, 

9.  Georgios  Amirutzes  (VBtaqyiog  o'AfAiqovxl^tjg,  auch  V^/uoi^ovrCi/f,  in  der  Geschichte 

1  Kritobulos  'AfjirjQovxrjg)^  ein  Mann  von  zweifelhaftem  Charakter,  der  als  Protovestiarios  dem 
iser  David  von  Trapezunt  diente,  nach  dem  Falle  von  Trapezunt  aber  zum  Islam  über- 
t,  verfasste  ausser  einigen  theologischen  und  philosophischen  Schriften  und  einem  Briefe 

den  Kardinal  Bessarion  drei  Lobgedichte  auf  Sultan  Mohamed,  eines  in  sieben- 
bigen  trochäischen  Versen,   die  zwei  anderen  in  Trimetem,  und  zwei  Liebesgedichte 

politischen  Masse.  Das  erste  Gedicht  auf  Mohamed,  das  wie  die  zwei  anderen  Enko- 
en  zwischen  1461  und  1475  abgefasst  sein  muss,  ist  beachtenswert  als  das   älteste 

ispiel  der  konsequejnten  Anwendung  des  Reimes  in  der  griechischen  Poesie, 
r  Anfang  lautet:  Movca  XdXii  /noi  CBuydy  \\  Movaa  XdXsi  (aoi  xBQnyd  .  ||  MiXne  ^eiay 
^y,  11  TiQTiB  Xiyvgdy  i^dijy.  Die  Gediente  ed.  aus  Cod.  Athens  3797  s.  17  mit  einer 
ileitang  über  das  Leben  und  die  Werke  des  Amirutzes  Sp.  Lampros,  JBXxioy  2  (1885 

1889)  275—282.  —  Den  Brief  an  Bessarion  ed.  Fr.  Boissonade,  An.  gr.  5  (1833) 
9—401.    Wiederholt  bei  Migne,  Patrol.  gr.  161,  723-728.    Vgl.  S.  122  Anm.  4. 

10.  Von  manchen  Stegreifpoeten,  deren  Person  und  Zeit  sich  meist  gar  nicht  oder 
nigstens  nicht  sicher  feststellen  lässt,  sind  einzelne  Epigramme  oder  sonstige  Kleinig- 
iten  in  den  Hss  zerstreut.  Im  Cod.  Barb.  gr.  I  74  finden  wir  z.  B.  fol.  1  eines  Manuel 
süssen  OS  Epigramm  auf  Pythagoras  (über  die  Familie  Melissenos  vgl.  oben  S.  780  Anm.  6), 
!  Symeon  fidyunQog  xal  Xoyo^exrjg  rov  öqouov  Epigramm  auf  den  Protoasekretis  Sty- 
inoB,  fol.  5^  ein  auf  Bitten  eines  Priesters  Nikolaos  Tzakon  verfasstes  Gedicht  eines 

HMWnmrti  dv  klau.  AUertanMWteMOioUft  IX.    1.  AMlg.   8.  Aufl.  50 


786  Bysantinische  Liiteratiirgecohiohte.    IL  Povtiflolie  Idttontv. 

Athenodoros  Eig  trjy  TtSQinXoxijp  xai  <piX^fittra  ttSy  ayitoy  anoaroXtay  IJetgov  »mU 
fol.  9-9^  eines  Konstantinos  Enigramm  auf  den  Chronisten  Johannes  Zonans  (8.8 
—  Georgios  Kabasilas,  vielleicht  ein  Verwandter  des  Nilos  und  Nikolaos  £j| 
(s.  S.  109  f.;  158  f.),  ist  im  Cod.  Laur.  S.  Marco  318  fol.  1^  als  Verfasser  eines  jaoki 
Gedichtes  genannt,  in  welchem  die  Reden  des  hl.  Athanasios  mit  der  V^underqnei 
Stadt  Amastris  verglichen  und  empfohlen  werden:  Sri/oi  xov  KaßdaiXa  xvqov  Fm 
^Axove  XafiTfQti  xtti  aofpij  ycQovaia  u.  s.  w.  —  Eines  Michael  Hieromonacbot  1 
iuxta  alphabetum,  also  wohl  eines  der  zahllosen  erbaulichen  Alphabete,  stehen  ia 
Barb.  V  47;  von  demselben  bewahrt  der  Cod.  Vatic.  578  fol.  204  politische  \m 
beginnen:  "^  ntog  ayvoi/ntoy  yiyoya  xai  dohog  oixixtiq,  —  Anonyme  Verse  auf  Mi 
Ealaphates  stehen  im  Cod.  Vatic.  1357  fol.  81.  —  Eines  Michael  Gramm 
Verse  auf  den  Bischof  von  Ephesos,  als  er  kam  und  den  Lykoleon  tot  fand :  ^rt/oi  J 
ygafifiattxov  Eig  xoy  *E(piaov  iX&oyza  xai  evQoyttt  loy  AvxoXioyta  yexQoy,  nebst  Epign 
die  vielleicht  auch  diesem  Michael  gehören,  im  Cod.  Vatic.  Pal.  gr.  367  fol  1^ 
142^  Vgl.  H.  Stevenson,  Codd.  mss  Pal.  gr.  bibl.  Vatic,  Rom  1885  S.  233.  -  2 
tische  Verse  erbaulichen  Inhalts,  beginnend:  Maiaioitjttüy  iinayxa  tvyxäyn  fita 
stehen  unter  dem  Namen  eines  fiiyag  ^tjnag  Manuel  im  Cod.  Bodl.  Barocc.  12 
fol.  237.  —  Das  Urteil  des  Paris  besingen  35  politische  Verse  im  Cod.  Bodl.  M 
241  fol.  207""  —  Die  Hezabiblos  des  Harmenopülos  (s.  S.  607)  ist  im  Cod.  Laur. 
85  durch  ein  Epigramm  auf  den  Richter  von  dem  Chartophylaz  Andreas  Libadi 
eingeleitet.  Ed.  A.  M.  Bandini,  Catalogus  codd.  graecorum  bibl.  Laurentianae  3 
417.  —  Zwei  in  politischen  Versen  abgefasste  Moralgedichte  eines  nicht  näher  bei 
Johannes  Dukas  stehen  im  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  675  s.  14  fol.  267  f. 


Dritte  Abteilung. 


Yulgärgriechische  Litteratur. 


«nian  ahnt  wohl  dan  das  leben  dea  früheren 
mlttelaltera  eine  andre  fkrbe  trug  and  eine  andre 
spräche  redete  als  seine  dironiken  nnd  Urkunden, 
aber  erst  die  gescbichte  der  yolksdichtung  neben  der 
der  Volkssprache  offenbart  die  geachichte  des  natio- 
nalen geistes/ 

K.   Müllen  hoff,    Dentsehe  Altertnmskiinde  1 

(1870)  8.  V. 

Einleitung. 

t28.  Begriffliche  Erklärung.  Wie  sich  in  den  lateinischen  und 
erten  Ländern  neben  der  relativ  einheitlichen  Schriftsprache  volks- 
gc  Idiome  ausbildeten,  so  entfernte  sich  auch  im  griechischen  Osten 
bendige  Sprache  von  der  im  grossen  und  ganzen  stabilen  Schrift- 
it  im  Laufe  der  Zeit  in  einem  solchen  Grade,  dass  man  sie  als  etwas 
leres  fühlte  und  bezeichnete.  Die  Griechen  nannten  ihre  einfache, 
lässige  Umgangsprache  yhaaaa  StjfioiSrjg,  dnXijy  ctTtXoeXXrjVixijj  xad-i]- 
cti7y,  xad-üJiiuXrjiiitvrj,  'Pwfiaüxrj  im  Gegensatz  zum  Attischen,  Helle- 
n  und  zur  xoivi]  SiäXexTog.  Während  jedoch  im  Abendlande  das  eine 
sich  in  verschiedene  Landessprachen  auflöste,  blieb  im  Osten 
nheit  gewahrt.  Zwar  entstanden  auch  hier  einige  neue,  von  den 
Mundarten  nach  ihrer  inneren  Beschaffenheit  und  ihrer  geographischen 
ntung  völlig  verschiedene  Lokaldialekte;  ihre  Differenzen  waren 
licht  bedeutend  genug,  um  eine  Sprach  Spaltung  hervorzubringen; 
hätte  die  stets  zentralistische  Tendenz  des  byzantinischen  B.eiche8, 
^s  in  den  kritischen  Jahrhunderten  der  Sprachenneubildung  noch  die 
n  griechischen  Provinzen  in  sich  vereinigte,  jedem  Sondergelüste 
ge  Schranken  entgegengesetzt.  Weit  folgenreicher  wurde  ein  anderer 
;chied  in  der  sprachlichen  Entwickelung  der  Griechen  und  Lateiner, 
osse  Sprachenhäutung  vollzog  sich  im  Osten  wie  im  Westen  ziemlich 
nässig  und  gleichzeitig;  während  jedoch  die  lateinischen  Nationen 
jchen,  kräftigen  Neubildungen  dankbar  annahmen  und  sorgsam  pflegten, 

50* 


788     BysantmiBohe  LüteratnrgM^liiohte.    IIL  Vnlgirgriaeldsdhe  LIttantir. 


zogen  die  Griechen  es  vor,  die  im  Spiritus  der  Schulbildung 
aufbewahrte,  erstarrte,  verblasste  und  leblose  alte  Haut  als  lij 
Sonntagsstaat  auch  fernerhin  zu  tragen  oder  wenigstens  die  neue  Hnti 
Fetzen  der  alten  zu  verkleistern  und  zu  verdecken.  Das  Latein 
von  den  Landessprachen  in  einem  langsam  fortschreitenden,  aber 
haltsamen  Prozesse  zuerst  aus  den  populären,  dann  aus  den 
Litteraturgattungen  verdrängt  und  konnte  zuletzt  naturgemäss  nur 
die  Stellung  einer  schriftlich  aufbewahrten  toten  Sprache  behaupteo; 
griechischen  Osten  ist  es  zu  einer  so  konsequenten  Trennung 
dem  Alten  und  Neuen,  dem  Toten  und  Lebendigen  niemals  gel 
Die  schulmässige  Tradition  besass  hier  eine  solche  Widerstanc 
keit,  dass  die  Volkssprache  ihr  gegenüber  eine  schwache  Rivalin 
und  auf  keinem  Gebiete  des  schriftlichen  Ausdrucks  einen  nacl 
Sieg  errang.  Die  im  wesentlichen  auf  der  Formenlehre  und  dem  WJ 
buche  des  Altgriechischen  beruhende  byzantinische  Schriftspri 
behauptete  in  den  wichtigsten  Litteraturgattungen,  in  der  Geschichl 
bung,  in  der  Philosophie,  Theologie,  Rhetorik,  Altertumswissenschaft 
selbst  in  der  Poesie  die  Oberhand;  ihre  Herrschaft  überdauerte  die 
waltigen  politischen  Umwälzungen,  welche  die  erste  und  zweite  Erol 
von  Konstantinopel  mit  sich  brachten,  und  sie  besteht  mit  einigen 
kationen  noch  heute.  Bei  den  Griechen  fand  sich  kein  Dante,  der 
verachtete  Volkssprache  in  Denkmälern  von  unbestrittener  Schönheit 
Wahrheit  schriftlich  fixiert,  ihre  Ausdrucksfahigkeit  bewiesen  und  ihr 
aller  Welt  zum  gesetzlichen  Rechte  verhelfen  hätte.  Vielmehr  bemächüi 
sich  gerade  in  der  Zeit,  welche  zur  Ausbildung  einer  neuen  Lil 
spräche  die  günstigsten  Bedingungen  geboten  hätte,  nämlich  im  11. 
15.  Jahrhundert,  durch  das  Wiederaufleben  der  klassischen  Studien 
Litteratur  ein  sprachlicher  Purismus,  der  dieselbe  von  der  lebeni 
Sprache  mehr  als  je  entfernte.  Obschon  sich  die  Volkssprache  seit 
11.  Jahrhundert  einige  Plätze  in  der  Litteratur  eroberte,  wurde  sie 
den  Wortführern  der  Nation  und  den  meisten  Gebildeten  wie  ehedem 
ein  niedriges,  gemeines,  zum  Ausdruck  feinerer  Gedanken  und  zu  kü! 
lerischer  Gestaltung  unbrauchbares  Werkzeug  bei  Seite  geschoben, 
verachtete  Stellung  spricht  sich  deutlich  genug  in  der  litterarhistori 
Thatsache  aus,  dass  die  Schriftsteller  mit  verschwindenden  Ausnahmeik^ 
(Prodromos,  ^)  Glykas)  entweder  ausschliesslich  die  Schriftsprache  oder  an»>|«- 
schliesslich  die  Volkssprache  anwenden,  eine  Scheidung,  die  um  so  m^u 
in  die  Wagschale  fallt,  als  bei  den  Byzantinern  im  übrigen  die  schranken- 
loseste Vermischung  der  Litteraturgattungen  und  Stilarten  herrscht  Auf 
solche  Weise  hat  die  litterarische  Entwickelung  bei  den  Griechen  8eit|- 
dem  Mittelalter  einen  anderen  Verlauf  genommen  als  bei  den  Romanen. 
Während  die  italienische,  französische  und  spanische  Litteratur  seit  dem 
10.,  bzw.  11.  oder  12.  Jahrhundert  als  eine  einheitliche  Schöpfung  e^  , 
scheint,  trat  bei   den  Griechen  ein  Dualismus  ein,  der  bis  jetzt  nicht 


*)  Ob  Prodromos  zu  ihnen  gehört,  hängt 
von  der  noch  nicht  entschiedenen  Frage  ab, 


ob  es  e  i  n  e  n  oder  zwei  Autoren  dieses  Nament 
gegeben  bat    Vgl.  S.  760. 


-  Einleitimg.    (§  329)  789 

^rwunden  ist  und  vielleicht  niemals  überwunden  werden  wird.  Eine 
inere  Folge  dieser  in  der  Geschichte  der  europäischen  Sprachen  und 
^teraturen  einzig  dastehenden  Thatsache  ist  der  Mangel  eines  allgemein 
srkannten  und  eingeführten  Namens  für  die  mittel- und  neugriechische 
3k8sprache.  Neugriechisch  deckt  den  Begriff  nicht,  weil  hiemit  einer- 
Mb  das  mittelalterliche  Yolksgriechisch  ausgeschlossen,  andererseits  die 
j3tige  Kunstsprache  miteingeschlossen  bleibt.  Passender  wäre  der  aus 
r"  einstigen  politischen  Zugehörigkeit  der  Griechen  zum  römischen  Reiche 
bsprungene,  beim  Volke  noch  heute  übliche  Ausdruck  Rhomäisch;  doch 
B  er  wenig  Anklang  gefunden,  weil  er  eine  fremde  Nationalität  bezeichnet 
^  leicht  zu  irrigen  Vorstellungen  Anlass  geben  könnte.  Wir  sind  daher 
■wungen  in  Ermangelung  eines  genügenden  Ersatzes  den  keineswegs 
inr  treffenden  Terminus  Vulgärgriechisch  oder  Volksgriechisch  bei- 
behalten, und  wir  verwenden  ihn,  ohne  chronologische  Eingrenzung  für 
»  Volkssprache  des  Altertums,  des  Mittelalters  und  der  neueren  Zeit, 
»m  vulgärgriechischen  Begriffe  gegenüber  steht  die  altgriechische,  mittel- 
Eechische  und  neugriechische  Kunst-  oder  Schriftsprache.  In  unserer 
Erstellung  bezieht  sich  der  Ausdruck  Vulgärgriechisch,  wenn  er  ohne 
leren  Zusatz  gebraucht  wird,  natürlich  auf  die  mittelalterliche  Volks- 
rache. 

Aus  dem  Gesagten  ergibt  sich  auch,  dass  der  Begriff  Vulgär- 
•iechisch  sich  mit  Vulgärlateinisch  nicht  völlig  deckt.  Vom  Vul- 
Lrlatein  kann  nur  die  Rede  sein  bis  zu  dem  Zeitpunkte,  in  welchem 
3  Landessprachen  als  erkennbare  und  nachweisbare  Existenzen  hervor- 
Bten;  das  Vulgärgriechische  dagegen  erhält  gerade  von  der  Zeit  an, 
welcher  der  vulgärlateinische  Begriff  sich  in  den  Landessprachen 
.flöst,  eine  erhöhte  Bedeutung.  Was  man  Vulgär-  und  Provinzial- 
tein  nennt,  geht  (in  runder  Summe  gesprochen)  im  9.  bis  10.  Jahrhun- 
»rt  zu  Ende;  was  wir  unter  Vulgärgriechisch  verstehen,  reicht  über 
ese  Zeit  hinaus  bis  auf  den  heutigen  Tag.  Zuletzt  möge  noch  ausdrück- 
jh  vor  der  in  manchen  Büchern  und  Köpfen  spukenden  Anschauung 
^warnt  werden,  welche  das  Vulgärgriechische  mit  der  xoivrj  iiaks^nog 
entifiziert  oder  vermischt.  Die  xoivij  ist  eine  vom  Attischen  durch  man- 
lerlei  Konzessionen  an  die  Sprache  des  Volkes,  des  Militärs,  der  Kanzlei, 
elleicht  auch  des  makedonisch-alexandrinischen  Dialekts  abweichende,  in 
3r  alexandrinischen  Zeit  ausgebildete  und  dann  ziemlich  stereotyp  ver- 
iebene  Schriftsprache:  ihre  Abweichungen  vom  Attischen  erstrecken 
ch  viel  weniger  auf  die  Formenlehre  als  auf  das  Wörterbuch  und  die 
irntax.  Der  lebendigen  Sprache  der  alexandrinischen  und  römischen  Zeit 
eht  sie  zwar  näher  als  der  von  den  Klassikern  gebrauchte  attische  Dialekt, 
e  ist  aber  etwas  anderes  als  die  einem  ewigen  Wechsel  in  den  Lauten, 
3rmen,  Wörtern  und  in  der  Konstruktion  unterworfene  Redeweise  der 
^meinen  Leute.  Sie  steht  auf  einer  Mittelstufe  zwischen  der  attischen 
einspräche  und  dem  schwankenden  Idiom  des  Volkes.*) 

329.  Oeschichtliche  Übersicht.    Die  Existenz  einer  volksmässigen 


0  Vgl.  K.  Erurabacher,  Ein  irrationaler  Spirant  im  Griechischen  S.  434  ff. 


790    Byiantiiiisohe  Litteratargeaobiehte.    IIL  VnlgirgrieöhlMlie  Uitofi 


Ausdrucksweise,  die  sich  namentlich  in  der  Y ernachlässigung  der  Ai 
und  der  Satzbildung,  in  der  Auflösung  grammatischer  Formen 
Anwendung  von  Analogiebildungen  und  in  der  Verwirrung  und 
fachung  des  Wörterbuches  kundgab,  trat  bei  den  Oriechen  wie 
Lateinern  hervor,  sobald  durch  eine  reichhaltige  und  wertvolle  L 
eine  sprachliche  Norm  festgestellt  worden  war.  Bei  den  Grieclic 
diese  Folie,  ohne  welche  die  Eigenheiten  der  niederen  Redeweise  i 
kennbar  wären,  von  den  Autoren  der  attischen  Glanzzeit  geschafle 
nach  dem  Ablauf  dieser  Periode  erscheinen  die  ersten  nachweisbare 
eines  von  den  Schriftdialekten  abweichenden  volksmässigen  1 
Wir  finden  sie  seit  dem  zweiten  Jahrhundert  y.  Chr.  auf  ägyptisc 
pyrusurkunden,  auf  Inschriften  und  in  Litteraturwerken,  bald  in 
liehen  Massen,  bald  vereinzelt,  bald  dicht  hintereinander,  bald  in  gi 
Zwischenräumen,  wie  es  die  zufälligen  Umstände  der  Überliefe 
sich  bringen.  Dieses  gemeine  Idiom  blieb  nicht  unverändert  stehen, 
bildete  sich  im  Laufe  der  Zeit  naturgemäss  weiter.^)  Einen  ge' 
Stoss  erhielt  die  attische  und  hellenische  Alleinherrschaft  durch  ii 
stentum,  dessen  Schriftsteller,  da  ihnen  die  Sprache  als  ein  pn 
Verständigungsmittel  gelten  musste,  sich  nicht  selten  über  die  Vor 
der  Schule  kühn  hinwegsetzten.  Wie  schon  das  neue  Testai 
Wahrheit  mehr  ein  Denkmal  der  Vulgärsprache  als  der  xoivr 
dringen  manche  Eigentümlichkeiten  der  Volkssprache  in  die  füi 
Kreise  bestimmten  Legenden,  Kirchengesänge  und  erbs 
Schriften.  Doch  entsprangen  diese  Freiheiten  mehr  einem  stiUsc 
den  Kompromiss  mit  den  Bedürfnissen  der  Menge  als  einer  zielb 
Reform.  Zu  einer  offenen  Auflehnung  gegen  die  Tyrannei  der  Kun 
ist  es  auch  bei  den  christlichen  Griechen  nicht  gekommen.  Im 
und  ganzen  folgte  die  offizielle  Kirchensprache  bis  zum  Ausg 
byzantinischen  Zeit  ziemlich  ängstlich  den  Vorschriften  der  Schule. 
Gregor  der  Grosse  unerschrocken  den  wahrhaft  grossartigen  I 
wagte,  er  halte  es  für  unwürdig,  die  Worte  der  göttlichen  Ofl 
unter  die  Regeln  des  Donatus  zu  beugen,^)  haben  bei  den  Grieche 
die  hervorragendsten  Kirchenlehrer  und  die  höchsten  geistUchen 


*)  Die  im  Grunde  doch  so  ungeheuer 
natürliche  und  einfache  Thatsache,  dass  auch 
die  griechische  Sprache  wie  jede  andere  ihre 
Geschichte  durchgemacht  d.  h.  sich  un- 
aufhaltsam verändert  hat,  ist  oft  und  von 
bewährten  Forschem  verkannt  worden.  Wie 
einerseits K.  N.  Sathas {Mea,  BißX.ßUgok.aeX. 
rf — fitj')  u.  a.  mehr  oder  weniger  unverblümt 
behaupteten,  die  heutige  Volkssprache 
habe  schon  zur  Zeit  der  Ptolemäer  exi- 
stiert, glaubten  andere  wie  Skarl.  Byzan- 
tios  (in  der  Vorrede  seines  Wörterbuches) 
und  Rang  ab  ö  (in  der  Vorrede  seiner  neugr. 
Grammatik)  der  patriotischen  Sache  einen 
Dienst  zu  erweisen,  indem  sie  uns  weiszu- 
machen suchten,  das  Hochgriechische  (die 
xa^agevovaa)  habe  als  feinere  Umgangs- 
sprache  im  Munde    der  Gebildeten  immer 


I 


fortgelebt.  Selbst  B.  G.  N  i  e  b  u  h  r 
A  egyptisch  -  Griechische,  Kleine 
und  philologische  Schriften,  2. 
Bonn  1843  S.  197-208,  ist  ii 
Vorstellungen  befangen  und  meii 
Neugriechische  verhalte  sich  zum 
sehen  wie  die  Kreolensprache  zum 
und  Französischen. 

*)  Nam  sicut  huius  quoqu 
tenor  enuntiat,  non  metacismi 
colb'sionem  fugio,  non  barbarisr 
nom  devito,  situs  motusque  et  pra 
casus  servare  contemno,  quia 
vehementer  existimo,  ut  vei 
stis  oraculi  resiringam  su 
Donati.  Gregorius  Magnus,  f 
Librum  S.  lob,  Migne,  Patrol.    1 


Einleitmig.    (§  329)  791 

^^'Iger  sorgfältig  auf  Reinheit  und  Korrektheit  der  Sprache  geachtet.   Merk- 
würdigerweise hat  selbst  der  immer  deutlicher  werdende  Übelstand,  dass 
^    Masse    des  Volkes    die   kunstvollen   Homilien    nicht   mehr   verstehen 
^jüiTitr    den  gelehrten  Theologen  über  das  Verfehlte  und  Verderbliche  ihrer 
^<I&ntischen  Bemühungen  nicht  die  Augen  geöffnet.   Die  drohende  Gefahr 
allmählichen  Entfremdung  des  Volkes  von  der  kirchlichen  Dogmen- 
Sittenlehre  wurde  geringer  geachtet  als  ein  Verstoss  gegen  die  her- 
rZ^:arachte  grammatische  und  rhetorische  Schablone.   Sehr  bezeichnend  für 
^       Anschauungen  des  hohen  Klerus,  wie  sie  namentlich  seit  der  littera- 
len  Renaissance  des  10.  und  11.  Jahrhunderts  wieder  mächtiger  denn 
ervortraten,  ist  eine  Geschichte,   die  uns  der  Kanonist  Balsamen  von 
Patriarchen  Nikolaos  Muzalon  (1147 — 1151)    erzählt.     Unter  den 
4odalentscheidungen  dieses  Kirchenfürsten  richtete  sich  eine  gegen  eine 
«nsbeschreibung   der  hl.   Paraskeue  von  Kallikrateia,   die  „von  einem 
ern  in  ungebildeter  und   des   engelgleichen  Wandels  der  Heiligen  un- 
-diger  Weise**  abgefasst  worden  war;  der  Patriarch  Hess  diese  offenbar 
Tolksidiom   gehaltene  Schrift  ins  Feuer  werfen   und  beauftragte  den 
^lalcon  Basilikos  eine  andere  Biographie  zu  schreiben.')    Eine  klare  Illu- 
»toration  zu  den  Wirkungen   dieses   thörichten  Klassizismus  liegt  in   den 
KAagen   des  gelehrten  Metropoliten  von  Athen,   Michael  Akom inatos, 
ihn    seine   bäuerischen    Diözesanen    nicht   verstanden,    und  ähnliche 
agen  hätten  wir  tausendfach,  wenn  das  Volk  selbst  seine  Gefühle  beim 
-^Jihören  der  rhetorisch  aufgeputzten  Predigten  verewigt  hätte. 

In  der  Profanlitteratur  der  Kaiserzeit  sind  zur   Beurteilung  des 
Einflusses   der  vulgären  Redeweise  auf  die  schriftliche  Darstellung   vor- 
nehmlich die  Warnungen  der  Attizisten  zu  verwerten.   Ein  bemerkens- 
"Vertes  Denkmal,  das  uns  in  seiner  ältesten  Form  ein  Bild  von  der  Umgangs- 
sprache des  dritten  Jahrhunderts  n.  Chr.  gewährt,  ist  der  doppelsprachige 
JKonversationsführer    und    das   Wörterbüchlein    des    Pseudo-Dositheos. 
^Einzelne  morphologische  und  lexikalische  Spuren  der  Vulgärsprache  finden 
eich  in  der   fachwissenschaftlichen  Litteratur,    besonders  bei   den 
Mediziner n.     Schon   aus   dieser  Skizze  wird  hoffentlich   klar,   dass   das 
Vulgärgriechische  nicht,   wie  man  früher  häufig  meinte,  als  ein  Ergebnis 
der  ,,Entartung  in  Barbarei**,  der  „Zersetzung  des  Hellenismus  mit  fremden 
Nationen**,  der  „Völkerwirren  und  Länderverluste  in  byzantinischer  Zeit**, 
sondern   als    eine   in  der  vorchi'istlichen  Ära  beginnende,   von  äusseren 
Einflüssen    wenig    berührte,     natürliche   Weiterbildung    der    griechischen 
Sprache  selbst  zu  betrachten  ist. 

Das  erste  umfangreichere  Werk,  in  welchem  das  Volksidiom  über 
die  traditionelle  Schriftsprache  gesiegt  hat,  ist  die  Chronik  des  Malalas. 
Doch  kann  sie  noch  nicht  zur  mittelgriechischen  Vulgärlitteratur 
gerechnet  werden  —  aus  demselben  Grunde,  der  es  verbietet  den  Gregor 
von  Tours,  den  Fredegar  und  andere  gallische  Autoren  des  6.  bis  9. 
Jahrhunderts  der  französischen  Litteratur  beizugesellen.  Die  Sprache  des 
Malalas  ist   vulgärgriechisch  noch  im  alten  Sinne  d.  h.  so,  wie  es  etwa 


')   Vgl.   M.   I.   Gedeon,   nargKtQx^xol  niyaxeg,  Epel  1890  S.  356. 


tfl 


792    Byiantiniflohe  Lltteratiirgeaoliiobte.    IIL  Vnlgirgrleeliiseli«  lültnlir. 

die  Sprache  gewisser  Papyrusurkunden  und  die  Silkoinschrift  ist:  siei 
aber  nicht  mittelalterliches  Yulgärgriechisch  oder  Rhomäisch,  weD 
die  lebendige  Sprache  selbst  noch  nicht  auf  der  Stufe  angelangt 
die  wir  als  Mittelvulgärgriechisch  oder  Rhomäisch  bezeichnen.    Etwa 
Jahrhundert  nach  Malalas  erscheinen  als  bedeutsame  Vorboten  der 
griechischen  Litteratur   im   engeren  Sinne  die   volksbuchartigen  Lebe 
beschreibungen  des  Erzbischofs  Johannes  des  Mitleidigen  von  Ale: 
und   des  Mönches  Symeon,   des   „Narren  um  Christi   wiUen*,   welche 
Bischof  Leontios  von  Neapolis  auf  Gypern  unter  Kaiser  Gonstoni 
(642—668)  verfasste.     Vgl.  S.  190  f.    Ein  grossartiges  Denkmal  der 
perierten   Vulgärsprache   aus   dem    Anfang   des    9.   Jahrhunderts  igt 
Chronik  des  Theophanes,  deren  Wert  auch  in  dieser  Hinsicht  erst  dari 
die  ausgezeichnete  Bearbeitung   von  C.  de  Boor   ins  volle    Licht  gefltdl 
worden   ist.     Im   folgenden  Jahrhundert  sind  vor  allem  die  Schriften  im 
Konstantin   Porphyrogennetos   fiir  das  Studium  der  Geschichte  in 
Vulgärgriechischen  von  Bedeutung. 

Ausser  diesen  und  anderen  Werken,  in  denen  das  Vulgärgriechiakfli 
durch  die  Kunstsprache  noch  vielfach  gemässigt  und  getrübt  zu  Tage  tritt, 
kommen  für  die  Entstehungsgeschichte  der  vulgärgriechischen  Litteratar 
eine  Reihe  kleinerer  Zeugnisse  in  Betracht,    die   seit  dem  7.  Jahrhundert 
in  mehreren  Geschichtswerken  überliefert  sind,  wie  die  von  den  Zirkus- 
parteien gesungenen  politischen  Oassenhauer,  Spottverse,  Bei- 
fallsbezeugungen, sprichwörtliche  Redensarten,  geflügelte  Worte 
und    die    berühmten   Akklamationen    des  Volkes  und  Heeres.     Einige^ 
Beispiele  mögen  den  Charakter  dieser  Stücke  veranschaulichen:  Im  Jahre 
600  wurde  ein  Mann,  der   an   Gestalt  dem  Kaiser  Maurikios  glich,  mit 
einem  schwarzen  Mantel  angethan,  mit  Knoblauch  bekränzt  und  auf  einen 
Esel   durch   die  Stadt  geführt,   wobei   das  Volk  ein  Spottlied  sang,  dtt 
offenbar  die  damalige  Form  der  Vulgärsprache  darstellt: 

FjVQtjxe  Ttjy  dafiaXida  anaXtjy  xal  XQV(p6Qdy 
Kccl  oig  x6  xat-yov  aXexxoQiy  ovtatg  avrtjy  TtsnTJörjxBy» 
Kai  inoitjaB  naidia  vig  td  ^vXoxovxovd«. 
Kai  X}vdeig  roXfi^  XaX^aai  *  aAA'  öXovg  igtifianny, 
"Ayii  fjioVf  äyi€,  (poßsgi  xal  Svyaxi, 
Jog  €(vr(o  xtttd  XQayiov^  l'ya  firj  vnegaiQtjttti  * 
Kdy<6  coi  xoy  ßovy  xoy  fjiiyay  TtQoaaydyat  eig  ew/ijv.*) 

V.  1,  3,  4  und  6 — 7  sind  trochäische  politische  Fünfzehnsilber;  das- 
selbe Mass  lässt  sich  mit  einer  geringfügigen  Änderung  (etwa  tijv  statt 
avTfjv?)  in  Vers  2  herstellen;  die  Anrufung  in  V.  5,  durch  welche  der 
zweite  Teil  des  Liedes  eingeleitet  wird,  besteht  aus  zwei  katalektischen 
trochäischen  Tetrapodien.  Eine  deutsche  Übersetzung  im  Versmass  des 
Originals  möge  den  Ton  des  kulturhistorisch  hochinteressanten  Spottliedes 
deutlicher  veranschaulichen: 


*)  Der  griechische  Text  ist  hergestellt  i  phylaktos,  erwähnt  den  VorfaU  nur  kon 

durch  Kombination  von  J  ohannes  Antioch.  ;  und  ohne  die  Verse  selbst  anzufahren  (S.  331, 

fragm.  218S   C.   Müller,   FHG  V  36,  mit  19  ed.  Bonn.  =  S.  301,  4  ed.  de  Boor).  - 

Theophanes   ed.   de  Boor  1  283  (=  ed.  '  Eine  Rekonstruktion  der  ursprOnglichen  Form 

Bonn.  1  437);  ganz  verdorben  ist  das  Lied  \  des  Spottgesanges  versuchte  Sp.  Laropros, 

bei  Kedrenos  ed.  Bonn.  I  703.  —  Der  Ori-  |  nagyaaaog  3  (1879)  400—407. 

ginalgeschichtschreiber  des  Maurikios,  Theo-  I 


Einleitnng.    (§  329)  793 

Eine  Kuh  hat  er  gefunden,  appetitlich,  zart  gebaut 
Und  wie's  junge  Hähnchen  hat  er  über  sie  sich  hergemacht; 
Kinder  machte  er  nun  zahllos  wie  der  Tischler  Hobelspäne. 
Niemand  aber  darf  sich  mucksen;  allen  hat  er's  Maul  gestopft. 
Heirger  Vater,  HeiFger  Vater!    Furchtbarer  und  Mächtiger! 
Gib  ihm  eine  auf  den  Schädel,  dass  er  nicht  zu  üppig  wird! 
Dann  will  ich  den  grossen  Ochsen  bringen  dir  zum  Opfer  dar. 

Bald  darauf  (i.  J.  602)  begrüsste  die  Partei  der  Blauen  den  Usurpator 
okas  im  Hippodrom  mit  den  Worten:  MavQixiog  ovx  äne&ave,  Md&e 
aXr]d^€iav  (w_w_|^y_v^_||-w_w-w_)^  wodurch  Phokas  be- 
;en  wurde,  den  Exkaiser  Maurikios  mit  seinen  Kindern  töten  zu  lassen. ') 
^en  denselben  Phokas  sang  im  Jahre  608  die  Partei  der  Grünen  die 
)i  jambischen  Dimeter: 

JlttXiy  *g  toy  xavxoy  hiieSt 
näXiy  toy  yovy  aneiXecagj*) 

Und  wieder  trankst  Du  aus  dem  Krug 
Und  wieder  ist  Dein  Sinn  dahin. 

Michael  II  (820—829)   liess   bei  der  Belagerung  von  Saniana  dem 
nmandanten  der  Stadt  durch   einen  Unterhändler  folgendes  berichten: 

^JxovöB,  xvQ  Oixoyofie, 
Toy  FvßiQty,  u  aov  Xiyei  ' 
*'Ay  fiov  cfwf  rijy  Sayuxyay^ 
MrjxQonoXiifjy  <re  noiata, 
NeoxautttQBidy  öov  dtSaia^) 

Höre,  o  Herr  Oekonomos, 
Was  Gyberis  Dir  verkündet; 
Uebergibst  Du  Saniana, 
So  sollst  Du  Metropolit  sein, 
Neukäsarea  sollst  Du  haben! 

Seinen  Nachfolger  Theophilos  (829—842)  begrüsste  das  Volk  als 
ger  im  Kampfspiel  mit  den  Worten:  KaXoog  ijXv^eg,  aavyxQns  ^axtovoQrj.^) 
Zahl  dieser  Beispiele  Hesse  sich  leicht  um  das  Dreifache  vermehren.*) 
mit  dem  oberbayerischen  Haberfeldtreiben  vergleichbare  Sitte  des 
antinischen  Volkes,  dem  Kaiser  und  anderen  hohen  Würdenträgern 
Akklamationen  Beifall  oder  Missfallen  zu  bezeugen,  dauerte  auch 
ter  fort;  doch  sind  die  seit  dem  11.  Jahrhundert  von  den  Historikern 
;eführten  Beispiele  ohne  erhebliche  Bedeutung,  weil  um  diese  Zeit  die 
gärsprache  schon  in  grösseren  litterarischen  Denkmälern  selbständig 
tritt. 

Die  ältesten  grösseren  Poesien,  in  welchen  die  rhomäische  Volks- 


*)  Johannes  Antioch.  fragm.218<^,   i  Paris.  2  (1839)  333. 
tfiiller.  FHG  V37.  —  Theophylaktos  «)Theophane8contin.  ed.  Bonn.  S.  72, 

335.  17  ed.  Bonn.  =  S.  304,  17  ed.  de  18  ff.,  wo  der  Text  verdorben  ist. 
>r)überliefert  den  Doppel  vers  in  der  Form:   '  ^)  Georgios  Mon.  ed.  Bonn.  S.  799,  8. 


ty6f  fia&6  irjy  xaxdataaiy  *  o  Mavgixiog 

dne9ayey,   und   macht  dazu    die   inter- 

inte  Bemerkung :  KaXoy  ydg  xai  r^g  idiaj- 


Leo  Gramm,  ed.  Bonn.  221,  9. 

^)  Vgl.  die  Zusammenstellung  bei  Sp. 
Lambros,  Coli,   de  rom.   gr.  Indroduction 


•^  {pwy^g  fAytj/Ätjy  7ioirjaaa&ai,     Aus  ihm  •   S.  8  ff.,  und  J.  Psichari,  £s8ais  de  gramm. 

5pfte   wohl  Theophanes   (1  448,  1  ed.  bist,  n^o-grecque  1  (1886)  23  f.  —  DieBei- 

n.  =  I  289,  29  ed.  de  Boor).  spiele,    welche   8p.  Zampelios,  "Amfiattt 

0   Johannes  Antioc h.   fragm.  21 8^  ,   ötj^oiixd,  KegxvQtf  1852  8.  353  ff.,  anfahrt, 

tfttller,  FHG  V  37.     Theophanes   ed.  sind  unzuverlässig,  weil  er  nach  seiner  üblfm 

Boor  I  296,  26  (=  ed.  Bonn.  I  457,  20).  Gewohnheit  durchwegs  die  Quellen  zu  nennen 

.  den  Anonymus  bei  Gramer,  Anecd.  ;   vergisst. 


.'1 


794    Bysantinisohe  Litteraturgeaohiohte.    IIL  Vnlgärgrieohiadia  Lillent« 


spräche  angewendet  wurde,  waren  höchst  wahrscheinlich  jene  natio 
Heldengesänge,  die  später  von  halbgelehrten  Litteraten  zu  den 
Digenis  Akritas  vereinigt  wurden;  von  den  ursprünglichen  f 
dieser  Lieder  scheint  nichts  erhalten  zu  sein.  Als  die  frühesten  F 
denkmäler  des  Rhomäisehen  darf  man  wohl  einige  aus  dem  10. 
hundert  stammende,  in  Unteritalien  abgefasste  Urkunden  bezei 
welche  in  der  Sammlung  von  Trinchera  (s.  S.  223)  veröflFentlich 
In  den  litterarischen  Kreisen  der  Hauptstadt  wurde  die  Volkssprad 
dem  Ausgang  des  11.  Jahrhunderts  in  Mahn-,  Lob-  und  Bittgedi 
verwendet.  Einen  breiteren  Raum  erobert  das  Vulgärgriechische 
byzantinischen  Litteratur  erst  im  13.  und  14.  Jahrhundert.  An  der 
stehen  nach  Umfang  und  Bedeutung  einige  romanhafte  Dicht« 
in  welchen  teils  antike,  teils  mittelalterliche  StoflFe  behandelt 
Teil  auch  fränkische  Vorbilder  nachgeahmt  sind.  Eine  Gruj 
sich  bilden  poetische  Tier- und  Pflanzengeschichten,  als  deren 
und  vielleicht  Ausgangspunkt  der  Physiologus  zu  betrachten  is 
dem  nationalen  Heldenepos  Digenis  Akritas  verbinden  sich  einige 
Werke,  welche  historische  Ereignisse  in  mehr  oder  weniger 
hafter  Umbildung  besingen.  Ziemlich  vereinzelt  steht  nach  Aufl 
und  Inhalt  die  grosse  Verschronik  von  Morea.  Dazu  kommen 
Poesien  vermischten  Inhalts,  Liebeslieder,  lehrhafte,  erba 
und  allegorische  Gedichte.  Besonders  reichlich  fliesst  der  Str 
poetischen  Kleinlitteratur  seit  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts  auf 
Die  vulgärgriechische  Prosa  ist  durch  die  erwähnten  gräko-italiscb 
künden,  einige  Volksbücher,  Gesetzessammlungen  und  Chro 
endlich  durch  zahlreiche,  grösstenteils  im  Staube  der  Bibliotheken  i 

Paraphrasen  geschichtlicher,   religiöser   und  medizinischer   Werl 
treten. 

Für  eine  wissenschaftliche  Darstellung  der  vulgärgriecl 

Litteraturgeschichte  mangelt  es  noch  allenthalben    an  den  nötigste 

arbeiten.     Nicht  einmal   das  äussere   Gerüste,    die    Abteilung    na< 

Zeiten  und  Orten  der  Entstehung,  kann  gegenwärtig  auf  eine 

lässigen  Grundlage   aufgerichtet  werden;   die  wenigsten  Werke   sii 

datiert  und  lokalisiert.     Doch  scheint  sich  wenigstens  die  allgemei 

kenntnis  Bahn  zu  brechen,  dass  die  Hauptproduktion  auf  wenige 

vornehmlich  auf  Konstantinopel,  Cypern  und  Kreta  beschränkl 

Noch   weniger  als   der  Entstehungsort  ist  die  Chronologie  der  n 

Werke  gesichert;  leider  ist  für  sie  selbst  von  exakten  und  umfas 

Untersuchungen  der  Sprache  nicht  genügende  Aufklärung  zu  er\ 

Fast  alles  ist  noch  zu  thun  für  die  Erforschung  des  inneren  Ve 

nisses  der  einzelnen  Werke  und  Gattungen,  sowie  für  die  Klarlegu 

Beziehungen,  welche  die  vulgärgriechischen  Schriften  einerseits  b 

altgriechischen  und  byzantinischen  Kunstlitteratur,  mit  christlichen  Lei 

und  mit  der  neugriechischen  Volkspoesie ^)  und  Mythologie,   andei 


0  Die  volkspoetischen  Reflexe, 
welche  die  mittelvulgärgriechische  Litteratur 
in  grosser  Anzahl  enthält,   verdienten   vor 


allem    andern    eine    genaue   Unten 
Vgl.  vorerst  Sp.  Lambros,   Coli. 
gr.  Introduction  S.  20  £f.,  und  J.  Ps 


Einleitung.    (§  330)  795 


~* 


^-j!'dt  den  Litteraturen  und  Volkstiberlieferungen  der  orientalischen,  slavischen 
.  ad  abendländischen  Völker  verknüpfen.  *)  Was  ich  zunächst  geben  konnte, 
it  nicht  viel   mehr  als  eine  zur  Erweckung  der  Teilnahme  und  zur  Er- 


iichterung  künftiger  Detailstudien  bestimmte  Aufzeichnung  der  Hauptthat- 
_  Bchen  und  des  bibliographischen  Materials. 
"^.  330.   Sprache  und  Metrik.    Die  sprachliche  Form  der  vulgärgriechi- 

chen  Werke  zeigt  erhebliche  Verschiedenheiten,  die  sowohl  die  Laut-  und 
__  f ormenlehre  als  das  Wörterbuch  und  die  Syntax  betreffen.     Diese  Ab- 
Teichungen  erklären  sich  teils  aus  der  Verschiedenheit  der  Entstehungs- 
~  ^eit  und  des  Entstehungsortos,   teils   aus  der  verschiedenen  Stel- 
lung, welche  die  einzelnen  Autoren  der  Volkssprache  und  der  Schriftsprache 
gegenüber  einnahmen.     Die  Differenzen  der  ersten  Art  bedürfen  keiner 
^-Erklärung;  denn  es  ist  natürlich,  dass  volkssprachliche  Aufzeichnungen  im 
12.  Jahrhundert  anders  aussahen  als  im   16.   Jahrhundert  und   dass   ein 
Cyprier  zu  seinen  Landsleuten  anders  sprach  als  ein  Kreter.     Eine  wirk- 
'  liehe,   bis  jetzt  noch   nicht  völlig  gehobene  Schwierigkeit  enthält  nur  die 
-Frage,  wie  sich  die  Schriftsteller  zur  Volks-  und  Kunstsprache  verhielten, 

-  d.  h.  inwieweit  die  vulgärgriechischen  Litteraturwerke  über- 
haupt den  wirklichen  Sprachzustand  ihrer  Zeit  und  ihrer  Hei- 
mat darstellen.  Von  einer  genaueren  Darlegung  der  Geschichte  und 
des  Inhaltes  der  hierauf  bezüglichen  Kontroversen  sehe  ich  ab;  doch  ist 
zur  formalen  Würdigung  der  vulgärgriechischen  Litteratur  eine  An- 

-  deutung  des  Sachverhaltes  notwendig.  Wie  es  in  der  Wissenschaft  zu 
geschehen  pflegt,  so  standen  sich  auch  hier  bald  nach  Eröffnung  der  Dis- 
kussion zwei  extreme  Ansichten  scharf  und  scheinbar  unversöhnlich 
gegenüber.  Die  einen  behaupteten,  die  Sprache  der  mittelgriechischen 
Vulgärwerke  sei  ein  willkürliches  und  daher  für  sprachgeschichtHche  Unter- 
suchungen fast  nutzloses  Mischmasch  schriftsprachlicher,  selbstverfertigter 
und  lebendiger  Bestandteile;   die  anderen  erklärten  dieses  angeblich  un- 

-  entwirrbare  und  unbrauchbare  Durcheinander  für  den  reinsten  Ausdruck 
der  nach  Zeiten  und  Orten  wechselnden  lebendigen  Gräzität.     Die  Wahr- 

-  heit  liegt  in  der  Mitte.  Zuerst  darf  man  nicht  übersehen,  dass  die  Frage 
nicht  allgemein,  sondern  für  jeden  Autor,  ja  für  jedes  Werk  besonders 
geprüft  und  beantwortet  werden  muss.    Es  ist  z.  B.  ganz  zweifellos,  dass 

-  manche  kretische  Werke  des  16.  Jahrhunderts  ungemein  treue  Ab- 
bilder der  in  den  kretischen  Städten  üblichen,  durch  fremde  Einflüsse  ab- 
getönten Volkssprache  sind;  man  darf  aber  diese  Thatsache  nicht  ohne 
weiteres  auf  die  gesamte  übrige  Litteratur  übertragen.  Die  Existenz 
eines  starken  Makaronismus  in  der  vulgärgriechischen  Litteratur  lässt 
sich  nicht  ableugnen.  Es  gibt  Werke,  deren  Verfasser  thatsächlich  wie 
Buridans  Esel  zwischen  den  Heubündeln  der  Schriftsprache  und  des  Volks- 
idioms hin-  und  herschwankten.  Man  findet  bei  ihnen  eine  Inkonsequenz 
des  Stiles,  die  auch  dem  Verständnis  manche  Schwierigkeiten  bereitet; 


La  bailade  de  Lönore  en  Gräce,   Revue  de  |           ')  Vgl.  die  bibliographiflohen 

rhistoire  des  religions  1884  S.  39.      Dazu  von  £.  Kuhn,  Zur  vergleiehendl« 

S§  338;  341;  345-347;  349-350;  364;  373  geschichte,  WiMeaMhaffL  Ji  ~      ~ 

onaerea  Abrisses.  |  die  morgexilAad.  Stodka 


I 


796    Bysantinische  Litteratargeaohiehte.    m.  VnlgArgrieoliiflehe  Litl«ratir. 

oft  entsteht  Zweifel,  ob  ein  Wort  in  der  alten  oder  in  der  heutigen  o4ffl  s 
in  einer  spezifisch  mittelalterlichen  Bedeutung  aufzufassen  ist.  Im  AMh 
gemeinen  lässt  sich  sagen,  dass  die  naive  Treue  in  der  Wiedergabe  da B  | 
gesprochenen  Lautes  und  Wortes  mit  der  fortschreitenden  EntwicU«|v|, 
der  vulgärgriechischen  Litteratur  zunimmt.  Völlig  befreit  von  den  kmi^la 
sprachlichen  Flecken  und  selbständig  durchgebildet  erscheint  die  VaIgi^lK 
spräche  in  der  kretischen  Poesie  des  16.  und  17.  Jahrhunderts.  DmIb 
dieser  geläuterte  Zustand  nicht  sofort  erreicht  werden  konnte,  ist  guil|i 
natürlich.  Sobald  ein  Autor  Lesen  und  Schreiben  gelernt  und  die  Kiidil| 
öfter  besucht  hatte,  befand  er  sich,  ohne  sich  dessen  hinlänglich  bewuitlf 
zu  sein,  unter  dem  mächtigen  Banne  der  Kunstgräzität.  Denn  dv  |d 
byzantinische  Unterricht,  auch  der  allerelementarste,  wurde  ausschliesdki 
auf  Grund  der  alten  Grammatik  und  Litteratur  erteilt,  und  in  keiner 
byzantinischen  Kirche  hat  man  je  ein  in  der  Volkssprache  abgefasskef 
Lied  oder  Gebet  vernommen.  Unter  diesen  Umständen  wäre  es  ein  Wonder, 
wenn  die  kühnen  Neuerer,  welche  zuerst  vulgärgriechische  Texte  ik- 
fassten,  zwischen  der  zeitgenössischen  Volkssprache  und  der  schulmfissigei 
Kunstgräzität  sofort  in  lautlicher,  morphologischer,  lexikalicher  und  spr 
taktischer  Hinsicht  mit  konsequenter  Sicherheit  hätten  unterscheiden  könnei. 
Zu  diesem  Ziele  gelangte  man  erst  durch  lange  Gewohnheit  und  Übang. 
Schwer  ist  es  nun,  im  einzelnen  Falle  zwischen  schriftsprachlichen  Ein- 
flüssen und  allgemein  volkstümlichen  oder  dialektischen  Eigenheiten  die  I 
Grenzen  zu  ziehen.  Hiezu  ist  die  feinste  Methode,  ein  wohl  ausgebildetes  | 
Sprachgefühl,  eine  reiche  litterarische  Erfahrung  und  vor  allem  die  ein- 
mütige Arbeit  vereinter  Kräfte  notwendig;  dann  werden  manche 
Fragen,  über  denen  jetzt  ein  undurchdringliches  Dunkel  zu  lasten  scheint 
aufgehellt  und  der  Lösung  näher  gebracht  werden. 

Die  metrische  Form  der  vulgärgriechischen  Poesie  ist  fast  durch- 
aus der  politische  Vers,  über  dessen  Bau  und  Geschichte  S.  650  ff.  ge- 
handelt worden  ist.  Neben  ihm  erscheint  in  mehreren  Werken  wie  in  der 
Ilias  des  Hermoniakos,  in  den  Orakeln  Leons  des  Weisen,  in  der  Geschichte 
vom  weisen  Greise,  in  Gedichten  des  Phortios,  Trivolis  u.  a.  der  trochäische 
Achtsilber,  der  auch  in  der  schriftsprachlichen  Litteratur  der  Byzantiner 
vorkommt  (vgl.  die  S.  652  angeführte  Schrift  von  Fr.  Haussen,  Accenbis 
grammatici  u.  s.  w.).  Sonstige  accentuierte  Verse  sind  höchst  selten  uDd 
in  grösseren  Gedichten  bis  zum   16.  Jahrhundert  wohl  niemals  zu  finden. 

331.  Die  Überlieferung  der  vulgärgriechischen  Werke  zeigt  ähn- 
liche Eigentümlichkeiten  wie  die  der  lateinischen  und  landessprachlichen 
Volkslitteratur  des  abendländischen  Mittelalters.  Die  vulgärgriechischen 
Texte  galten  nicht  wie  die  klassischen  und  heiligen  Bücher  als  unantast- 
bare, formal  und  inhaltlich  vollkommene  Schöpfungen,  sondern  sie  wurden 
als  echte  Volksbücher  nach  dem  wechselnden  Geschmack  und  Bedürfnis 
der  Zeit  bald  mehr,  bald  weniger  durchgreifenden  Umarbeitungen  unter- 
zogen, die  teils  in  der  Modernisierung  der  Sprache  und  in  der  Glättung 
der  Verse,  teils  in  der  Erweiterung,  Abrundung  oder  auch  in  der  Ver- 
kürzung des  Inhaltes  bestanden.  Durch  diese  neuen  Auflagen  wurden  die 
ursprünglichen  Formen  fast  regelmässig  verdeckt  oder  verdrängt.     Von 


Einleitimg.    (§  331)  797 

«  Daneben  Werken   sind  zwei  oder  mehrere  Redaktionen  erhalten,  so 
-lass  man   die  allmählichen  Veränderungen   beobachten    und   die  ältesten 
Bestandteile  bis  zu  einem  gewissen  Grade   aus  dem  Wüste  der  Zusätze 
lerausscbälen  kann;  aber  auch  bei  Schriften,  die  nur  in  einer  Form  auf 
ans  gekommen  sind,  lassen  sich  aus  der  Beobachtung  der  in  mehreren 
Redaktionen  überlieferten  Werke  auf  ebensolche  Überarbeitungen  Schlüsse 
'riehen.    Das  vergleichende  Studium  dieser  Abstufungen  und  Ab- 
zweigungen eines  Grundwerkes,   für   das  die  schärfste  diplomatische 
Methode  der  klassischen  Philologie  sich  schnell  als  ein  stumpfes  Werkzeug 
erwiesen  hat,  ist  die  wichtigste,  bisher  noch  unerfüllte  Vorbedingung  eines 
chronologischen  und  genetischen  Aufbaues  der  vulgärgriechischen  Litteratur- 
geschichte.   Als  ein  äusseres  Kennzeichen  der  Reihenfolge  der  Bearbeitungen 
gilt  die  mit  der  Zeit  anwachsende  Zahl  der  Verse;  doch  besitzt  diese  Regel, 
wie  die  Überlieferung  der  Geschichte  vom  weisen  Greise  zeigt,  nicht  aus- 
schliessliche   Geltung.     Die   Zahl    der  uns  erhaltenen    vulgärgriechischen 
Handschriften  ist  geringer,  als  man  bei  Büchern,  <lie  zur  Lektüre  weiterer 
Kreise  dienten  und  sicher  in  vielen  Exemplaren  kursierten,  erwarten  sollte. 
Der  Grund  des  Unterganges   der  meisten  Handschriften  liegt    offenbar  in 
der  Gleichgültigkeit  oder  Verachtung,  welche  die  gelehrten  und  kirchlichen 
Kreise   den  Erzeugnissen  der  Volkslitteratur  entgegenbrachten.     In  grös- 
sere Privatbibliotheken  fanden  sie  wegen  ihrer  äusseren  und  inneren  ün- 
ansehnlichkeit   selten   Eingang,    von  Klosterbüchereien   waren   sie   schon 
durch  den  häufig  erotischen   oder  allzu  derben  Charakter  ihres  Inhalts  in 
der  Regel  ausgeschlossen,  und  so  blieb  ihre  Erhaltung  lediglich  dem  Spiele 
des  Zufalls  überlassen.   Unter  allen  bis  jetzt  bekannten  vulgärgriechischen 
Handschriften  behauptet  nach  Reichtum  und  Mannigfaltigkeit  des  Inhalts 
die  erste  Stelle  der  berühmte  zwischen  1508  und  1560  geschriebene  Sam- 
melband,   den   der  Gesandte  des  Kaisers  Ferdinands  I  A.  Busbeck  mit 
vielen  anderen  Handschriften  in  Konstantinopel  erwarb  und  nach    Wien 
brachte,  jetzt  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  244  (Nessel,  297  bei  Lambecius). 
Eine  Beschreibung  desselben  von  K.  Sathas  und  W.  Wagner  in  den  Car- 
mina   graeca  medii  aevi  ed.   W.  Wagner,  S.  IX— XIV.    Andere  Fund- 
stätten  vulgärgriechischer  Werke  sind  die  Codd.  Ambros.   Y.  89.  sup. ; 
Bodl.  Mise.  287;  Constantinopel  im  alten  Serail  Nr.  35  a.  1461  (vgl. 
Fr.  Blass,   Hermes  23,   224);   Gry ptof errat.     Z.  «.  44;  Escur.  ^.  IV. 
22  s.  16  (?)  (Lybistros    und   Rhodamne,    Pulologos,    Psarologos;  eine  Be- 
schreibung von  R.  Wünsch  erscheint  demnächst  in  der  B.  Z.);  Leidens. 
Scalig.    55;    Leidens.    Vulc.   93;    Marc.  408;    IX  32;   XI  19;   XI  24; 
Neapel.  HI.  A.    a.   9   s.  16;   Neapel.   III.  B.  27   s.  16;   Oxon.   Aedis 
Christi  49  s.  15;    Paris,  gr.  396;  929;  2027;  2909;   Paris,  suppl.  gr. 
444;  Paris.  Coisl.  316;  Vatic.  1139. 

Allgemeine  Hilfsmittel  zur  volgärgriechischen  Litteratur. 

1.  Sammelausgaben:  Ad.  Ellissen,  Analekten  der  mittel-  und  neugriechischen 
Litteratur,  5  Bde,  Leipzig  1855 — 1862.  —  D.  J.  Maurophrydes,  *Exkoyij  fÄyfjfÄsltov  trjq 
reiutigag  'EXXijyix^g  yAuSaarig^  Athen  1866  (mit  einem  Glossar).  —  K.  N.  Sathas,  'EXktivixa 
ay^xdota,  2  Bde,  Athen  1867.  —  K.  N.  Sathas,  MMmtowixrj  ßißXioaijxtj,  7  Bde,  Venedig 
1872—1894.  —  K.  N.  Sathas,  KQtfrixoy  »iatgoy,  2  Bde,  Venedig  1878.  —  E.  Legrand, 
Celle ction  de  monument«  pour  servir  ä  T^tude  de  la  langue  n^o-hellönique,  I.  s^rie,  19  Bde; 
^ouvelle  s^rie,  7  Bde,  Paris  1869—1875.  —  E.  Legrand,  Recueil  de  poGmes  historique« 


798     Bysantinische  Litteraturgeschichte.    IIL  ValgArgrieoliiBohe  Idtteralv. 

en  Grec  vulgaire  relatifs  a  la  Turquie  et  aux  principaut^  Dannbiennes,  Paris  18i7i 
Publications  de  Föcole  des  laDgues  orientales  Vivantes,  vol.  5  (Texte  des  17.  and  18.  k 
hunderts).  —  E.  Legrand,  Biblioth^que  grecque  vulgaire,  7  Bde,  Paris  1880—1885. 
W.  Wagner,  Medieval  greek  texts:  being  a  collection  of  ihe  earliest  comiHWtiw 
vulgär  Ijrreek,  prior  to  the  year  1500,  London  1870.    Aosf&hrlich   besprochen  von  A. 


n  » 


lissen,  Göttingische  Gelehrte  Anzeigen  1871  S.  1521—1557,  und  A.  Eberhard.  I 
Jahresbericht  Bd  5  (1878)  246—253.  —  W.Wagner,  Carmina  Graeca  medii  aevi, 
1874  (enthält  meist  Texte  aus  dem  reichhaltigen  Cod.  Vindobon.  244).    —   W.  Wtgi 
Trois  poömes  grecs  du  moyen-&ge,  Berlin  1881  (aus  Wagners  Nachlass  ed.  von  D. 

—  Spyr.  Lambros,   Collection    de   romans   grecs  en   langue  vulgaire  et  en  ven 
pour  la  premiere  fois  d^apres  les  mss  de  Leyde  et  Oxford,  Paris  1880. 

2.  Bibliographie:  Eine  Bibliographie  der  gesamten  vulgärgriechischen  litlnhi 
gibt  es  nicht;  doch  kommen  fUr  die  ältesten  Drucke,  besonders  f&r  die  schwer  pigjagHAi 
venezianischen  Volksbücher,  einige  bibliographische  Werke  in  Betracht,  in  wikka 
die  von  Griechen  seit  dem  15.  Jahrhundert  im  Drucke  herausgegebenen  Bficher  i»_ 
zeichnet  sind.  Den  ersten  Versuch  einer  solchen  Zusammenstellung  machte  A.  Pa^ti^^l!^ 
pulos  Vretos,  NeoeXXtjyiXff  (piXoXoyia  rjxoi  xaraXoyog  ttüy  and  ntta<r€iag  xtjg  Bv^nttw^w^' 
avToxgarogiag  fJiexQt  iyxa^i&Qvaeiüg  Ttjg  iv  'EXXdSi  ßttffiXeias  rvnto&iyjwy  ßtßXimy,  ^Bkl. 
Athen  1854—1857.  —  Aehnlich  angelegt  ist  das  biographisch-bibliographische  Weiki««" 
K.  N.  Sathas,  NeoeXXtjvixi^  (piXoXoyia.  Bcoygaaiiai  ttay  iy  roTg  yQtif4fiain  diaXtifi^wtm  »^ 
yJiXijytüy  €cn6  rijg  xttraXvaewg  xrjg  Hv^ayxiyrjg  avxoxQaxoQiag  fiixQ^  ^V^  'EXXwjrtx^g  ^>t|if  ■! 
aiag  (1453—1821),  Athen  1868.  Dazu  Demetrakopulos,  nqoa^xai  xai  dto^tfaeKt^ 
xrjy  yeoe^rjyixijy  (fiXoXoyiay  K,  N.  £ä&a,  Leipzig  1871.  —  Diese  Arbeiten  sind  im  bAI»  |^ 
graphischen  Teile  weit  überholt  durch  die  grossartig  angelegten  und  nach  den  Fordennpi 
der  heutigen  bibliographischen  Wissenschaft  gearbeiteten  Werke  von  £.  Legrai4, 
Bibliographie  hellönique  ou  description  raisonnöe  des  ouvrages  publik  en  Grec  par  fo 
Grecs  aux  XV^  et  XVl*"  siecles,  2  Bde,  Paris  1885,  und:  Bibliographie  hell^niqae  oa  4e- 
scription  raisonnäe  des  ouvrages  publiös  par  des  Grecs  au  XVll*'  siecle,  3  Bde,  Pam 
18Ö4-1895. 

3.  Litterarhistorische  und  kritische  Beiträge:  Eine  zusammenfassende  Dir- 
Stellung  fehlt.  In  den  der  neugriechischen  Litteraturgeschichte  gewidmeten  Bftcheni  vot 
J.  Risos  Nerulos  (Genf  1828),  Rangabe  (Berlin  1877)  und  Rang abä- Sanders  (Leipog 
s.  a.)  ist  das  Mittelalter  gar  nicht,  in  der  Geschichte  der  neugriechischen  Litteratur  toi 
R.  Nicolai  (Leipzig  1876)  nur  oberflächlich  und  ohne  die  mindeste  Sachkenntnis  berfibl 

—  Die  aus  fränkischen  Vorlagen  abgeleiteten  oder  wenigstens  von  fränkischen  Eoltv- 
einflUssen  berührten  vulgärgriechischen  Poesien  untersucht  mit  wenig  Kritik  und  vid 
Phantasie  Ch.  Gidel,  Etudes  sur  la  littörature  grecque  moderne,  Paris  1866.  Vgl.  die  Be- 
sprechung in  der  Revue  critique  1866  II  392—400.  —  Vermischte  Themen  der  mittel- lu^ 
neugriechischen  Litteratur  betrifft  Ch.  Gidel,  Nouvelles  etudes  sur  la  littöratnre  grecque 
moderne,  Paris  1878.  Vgl.  die  ausführliche  Besprechung  dieses  Bandes  von  E.  Miller, 
Journal  des  Savants  1878  S.  208—  219;  351-361.  ~  Wertlos  ist:  Härtung,  Die  bjxaii- 
tinische  Novelle,  Uerrigs  Archiv  für  das  Studium  der  neueren  Sprachen  und  Litteratnrei 
50  (1872)  1—38.  —  J.  P.  Sozonoviö,  Die  byzantinische  romantische  Dichtung,  Wir 
schauer  Üniversitätsnachrichten  (Varäavskija  univers.  izvjestija)  1891  Nr.  6  S.  1—14  (mir 
unzugänglich).  —  Manche  litterarhistorische  Beiträge  enthalten  die  Einleitungen  in  deo 
Ausgaben  von  Legrand,  Sathas  und  Lampros.  —  Gute  Emendationen  zu  einer  Reihe 
vulgärgriechischer  Texte  gab  S.  D.  Papadimitriu,  Kritische  Studien  zu  raittelalterlichei 
griechischen  Texten  I-III,  Odessaer  Jahrb.  4  (1894)  150—177;  IV— VIT,  Viz.  Vr.  1  (1894) 
614-656. 

4.  Zur  byzantinischen  Sagen-  und  Legendenlitteratur:  V.  Istrin,  Die 
Sage  vom  indischen  Kaisertum,  Arbeiten  der  slavischen  Kommission  bei  der  k.  archiolog. 
Gesellschaft  in  Moskau,  Bd  I,  Moskau  1893  (handelt  im  Anschluss  an  die  Arbeiten  Fr. 
Zarnckes  über  die  Sage  vom  ,  Priester  Johannes").  —  A.N.  Veselovskij,  Die  Sage  vom 
babylonischen  Reiche,  Arch.  slav.  Phil  2  (1877)  129—143;  308-333.  —  A.  N.  Vese- 
lovskij, Versuche  zur  Entwickelungsgeschichte  der  christlichen  Legende  (u.  a.  über  die 
Apokalypse  des  Methodios  und  die  byzantinisch-germanische  Kaisersage),  Joum.  Min.  1875 
bis  1876.  —  Ueber  die  Kaisersage  vgl  auch  V.  Jagi6,  Arch.  slav.  PhiL  2  (1877)  20  und 
11  (1888)  630  f.;  A.  N.  Veselovskij,  Arch.  slav.  Phil.  3  (1878)  84—86.  —  Dazu  die 
S.  627—629  angeführte  Litteratur.  —  A.  N.  Veselovskij,  Beiträge  zur  Erklärung  des 
russischen  Heldenepos,  Arch.  slav.  PhiL  3  (1878)  549—593.  —  Eduard  Hejdenreich. 
Constantin  der  Grosse  in  den  Sagen  des  Mittelalters,  Deutsche  Zeitschrift  für  Geschichts- 
wissenschaft 9  (1893)  1—27  (über  das  griechische  Eusignius-martyrium,  über  die  Sage  vom 
Schädel,  der,  obgleich  tot,  noch  schaden  kann,  u.  s.  w.).  —  Ueber  die  mittelalterlichen 
Sagen  von  Phidias,   Praxiteles  und   der  Tochter   des  Hippokrates  handelt  K.  N.  Sathas, 


Einleitung.    (§  331)  799 

rmaire   de  Vassoc.   16  (1882)   122—149.   —   Dasselbe  Thema  untersucht  N.   Politis, 

L-Mioy   1    (1883—1884)  77—101.     -    Arthur  Amiaud,  La  lägende  syriaque   de  Saint 

ikxifl,    rhomme   de  dieu,  Paris  1889  (=  Bibl.   de  Täcole  des  hautes  ^tudes,   79  fasc); 

Original  dieser  Legende  wird  eine  byzantinische  Erzählung  nachgewiesen.    —   Albert 

vmb,  Eine  Klostergründungssage  aus  Amorgos,  B.  Z.  2  (1893)  294—296.  —  Vgl.  die 
OL  Christ,  Griechische  Litteraturgeschichte '  §  623  angefahrten  Schriften  von  Usener 
d  Harnack.  —  Auf  eine  vollständigere  Aufzählung  der  mächtig  angewachsenen  Littera- 
r,  die  sich  unmittelbar  oder  mittelbar  auf  die  byzantinischen  Sagen  und  Legenden 
fldeht,  muss  ich  verzichten.  —  Zur  Erklärung  der  in  der  vulgärgriechischen  Litteratur 
rwfthnten  Volksanschauungen  und  Gebräuche  nützen  vor  allem  N.  Polites,  MeXittj 
il  jov  ßlov  jiiiy  yetüT^Qtoy  'EXXtjytoyj  Megog  a  xai  ß",  Athen  1871 — 1874,  und  Beruh, 
ehmidt,  Das  Volksleben  der  Neugriechen  und  das  hellenische  Alterthum,  Leipzig  1871 
huEu  Nachträge  in  der  ausführlichen  Besprechung  von  C.  Wachsmutb,  GOtting.  Grel. 
Bseigen  1872  S.  241—264),  und:  Griechische  Märchen,  Sagen  und  Volkslieder,  Leipzig 
177,  wo  man  auch  die  sonstige  auf  neugriechische  Mythologie  und  Folkloristik  bezügliche 
Üeratur  verzeichnet  findet.  —  Eine  grosse  Bibliographie  des  griechischen  Folklore  steht 

Aussicht  von  seinem  besten  Kenner  N.  Polites. 

5.  Sprachliche  Hilfsmittel:  A.  Wörterbücher:  Meursius,  Glossarium  Graeco- 
rbamm,  Lugd.  Batav.  1610;  2.  Ausgabe  1614.  —  Meursius  wurde  weit  überholt  von  Du 
Lüge,  Glossarium  mediae  et  infimae  Graecitatis,  Lugduni  1688.  Ein  unveränderter  ana- 
itischer  Neudruck  erschien  zu  Breslau  1892.  Das  Werk  wimmelt  zwar  von  Fehlem  und 
ssverständnissen,  ist  aber  noch  heute  das  vollständigste  Repertorium  des  mittel  vulgär- 
lecbischen  Wortschatzes.  —  Eine  Ergänzung  zu  Du  Gange  bildet  AI.  da  Somavera, 
Boro  della  lingua  Greca-volgare  ed  Ttaliana,  Parigi  1709,  wo  ausschliesslich  die  lebende 
räche  der  Zeit  des  Verf.  berücksichtigt  ist.  —  Das  brauchbarste  Wörterbuch  der  heutigen 
»Iksaprache  schrieb  Skarlatos  Byzantios,  Ae^ixoy  trjq  xa&'  ijfiag^EXXijyixijg  diaXixtov^ 

Aufl.,   Athen  1874.    —   Nur  anhangsweise  berücksichtigt  das  Vulgärgriechische  E.  A. 

phocles,  Greek  lexicon  of  the  Roman  and  Byzantine  periods,  3.  Aufl.,  New- York  1888. 
Kleine  Glossare    in   den   oben   (Anm.   1)   erwähnten  Sammelausgaben   von   Mauro- 
irydes  und  Lampros. 

B.  Grammatiken:  Die  bis  jetzt  vorhandenen  Lehrbücher  betreffen  fast  ausschliess- 
;h  die  neuere  Sprache.  Die  älteste  vulgärgriecbische  Grammatik  verfasste  Nikolaos 
»phianos  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts.  Sie  wurde  aus  einer  Pariser  Hand- 
hrift  ediert  von  E.  Legrand,  ColL  de  mon.  N.  S.  vol.  2.  VgL  E.  Legrand,  Bibliogr. 
11.  1  (1885)  Introduct.  S.  187—194.  —  Die  erste  vom  Verfasser  selbst  im  Drucke  ver- 
fentlichte  vulgärgriecli.  Grammatik  ist  das  Werk  des  italienischen  Jesuiten  Girolamo 
ermano,  Romae  1622.  —  Dann  folgte  das  vortreffliche  Buch  von  Simon  Portius, 
iris  1632.  Eine  neue  Ausgabe  desselben  mit  reichhaltigem  Kommentar  und  einer  wert- 
»llen  Einleitung  von  J.  Psichari  veranstaltete  W.  Meyer-Lübke,  Paris  1889  (=  BibL 
(  r^cole  des  hautes  ^tudes,  78  fasc).  Ueber  die  Person  des  Simon  Portius  vgl.  Gabriel 
sdos,  Simon  Portius,  BibL  de  T^cole  des  chartes  50  (1889)  678— 681,  E.  Legrand,  Con- 
ibution  ä  la  biographie  de  Simon  Portius,  Revue  des  ^t.  gr.  4  (1891)  74—81,  und  Amen- 
ini,  Di  alcuni  particolari  della  vita  letteraria  di  Simone  Porzio  incerti  o  ignoti  flnora, 
sapel  1890  (mir  unzugänglich).  Noch  unbeachtetes  Material  zu  Simon  Portius  (Brief  an 
ipst  Urban  VIII  und  Epigramme  auf  den  Tod  des  Kardinals  Carlo  Barberini)  bewahrt  der 
od.  Barber.  II  100  fol.  250—253.  —  Jetzt  veraltet  und  auch  im  historischen  Teile  un- 
»nfigend  ist  das  Buch  von  Mull  ach,  Grammatik  der  griechischen  Vulgarsprache,  Berlin 
^6.  —  E.  Legrand,  Grammaire  grecque  moderne,  Paris  1878.  —  Manche  nützliche  Hin- 
eise auf  die  älteren  Sprachstufen  gibt  A.  Thumb,  Handbuch  der  neugriechischen  Volks- 
rache,  .Strassburg  1895.  —  Die  rein  praktischen  Lehrbücher  des  Neugriechischen  von 
Vlachos  (Leipzig  1876),  Jannarakis  (Hannover  1877),  Vincent  und  Dickson 
•ondon  1879;  in  deutscher  Verballhomung  von  D.  Sanders,  Leipzig  1881;  2.  Aufl.  1890) 

8.  w.  kommen  für  das  Studium  des  Mittelvulgärgriechischen  nicht  in  Betracht.  —  Nur 
ir  Warnung  sei  genannt  das  durch  seinen  Titel  bestechende,  in  Wahrheit  völlig  wertlose 
ach  von  H.  C.  Muller,  Historische  Grammatik  der  hellenischen  Sprache  oder  Uebersicht 
»8  Entwickelungsganges  der  altgriechischen  zu  den  neugriechischen  Formen  u.  s.  w., 
Bde,  Leiden  1891—1892.  —  Eine  wissenschaftliche  historische  Grammatik  des 
nlgärgriechischen  ist  noch  ein  Bedürfnis,  dessen  Erfüllung  vor  sechzehn  Jahren  Karl  Foy 

Aussicht  gestellt  hat. 

0.  Beiträge  zur  Geschichte,  Lautlehre,  Morphologie,  Etymologie  und 
yntax  des  Vulgär  griechischen:  Eine  vollständige  Aufzählung  der  Monographien  ge- 
>rt  nicht  hieher;  ich  nenne  nur  das  Wichtigste  und  verweise  für  die  übrige  Litteratur 
if  die  Angaben  in  den  unten  genannten  Schriften  und  auf  die  Zusammenstellung  bei 
.  Meyer,  Griechische  Grammatik'  (1886)  S.   XXXV  f.  und:  Neugriechische  Studien  I, 


800     Byiantinisohe  Litteraturgesohiolite.    IIL  VulgArgrieohiMlie  LiiUnte; 

Versuch  einer  Bibliographie  der  neugriechischen  Mundarienforachung,  Siteangsbcr.  fB>^  ^ 
Ak.  Bd  130  (1894),  sowie  auf  die  bibliographischen  Berichte  von  A.  Thamb  im  Ao^^^^  ^ 
für  indogermanische  Sprach-  und  Altertumskunde.  —  G.  G.  Co  bei,  Cknsaaeääk 
emendanda  ratione  grammaticae  graecae  discernendo  orationem  artifieialta 
oratione  populari,  Amstelodami  1853.  —  E.  Beul^,  An  yalgaria  lingoa  ayidf<L^^^ 
graecos  exstiterit?  Paris  1853.  —  M.  F.  Talbert,  De  lingoa  graeca  vnlgan  qprfiMrf'^ 
quoad  declinationes,  cum  rustica  Romana  conveniat.  Paris,  £.  Thorin  1874.  —  D.  J.^B^  *^ 
rophrydes,  Joxiuioy  laxoQiaq  r^g 'EXXijy,  yhoaatjif  Smyma  1871  (erat  nach  demM^V^' 
Verfassers  gedruckt  und  daher  nicht  genügend  geordnet  und  abgerundet).  —  G.  E  ■■'*"^'- 
Studi  sui  dialetti  Greci  della  terra  d'Otranto,  Lecce  1870.  Dialetti  Romaici  del 
di  Bova  in  Calabria,  Archivio  glottologico  4  (1878)  1—116.  L*elemento  greco  nai  -~^^.,_ 
deir  Italia  moridionale.  Parte  prima:  Provincia  di  Beggio,  Archivio  glottologico  1)  QV'l'^ 
bis  1891)  76—96.  Dazu  Nachträge  von  G.  Meyer,  Arch.  gottolog.  12  (1890—91)117- 
—  M.  Deffner,  Neograeca,  in  Curtius  Studien  4  (1871)  231—322.  Von  demaelbei: 
Abhandlung  über  das  Zakonische,  Sitzungsber.  Berl.  Ak.  1875  S.  15—30;  176-19&, 
über  die  Infinitive  in  den  pontischen  Dialekten,  ebenda  1877  S.  191 — 230. 
Grammatik,  Berlin  1881  (unvollendet).  Archiv  für  mittel-  und  neugriechische  PI 
Athen  1880  (nur  ein  Doppelheft).  —  G.  Meyer,  Analogiebildungen  der  nengrieck 
nation,  Bezzenbergers  Beiträge  1  (1877)  227  ff.  Neugriechisches,  Bezzenbergers  Beitti^i 
(1893)  150-158.  Neugriechisch  afxia,  agtäva,  Indogerm.  Forschungen  2  (1893)  370.  K 
Etymologien,  Indogerm.  Forsch.  3  (1894)  63—73.  Zur  neugriechischen  Grammatik, 
den  «Analecta  Graeciensia*,  Graz  1893  S.  1-23.  Etymologisches,  B.  Z.  3  (1894)156-1(1' 
Neugriechische  Studien  I-IV,  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  Bd  130  und  132,  Wien  1894-lW.' 
Manche  Beiträge  zur  Etymologie  des  Mittel-  und  Neugriechischen  enthalten  auch  desefta 
, Etymologisches  Wörterbuch  der  albanesischen  Sprache*.  Strassburg  1891,  und  die  »Ttati' 
sehen  Studien  T,  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  Bd  lz8,  Wien  1893.  —  Nikolaos  Dosiiti, 
Beispiele  der  Volksetymologie  im  Neugriechischen,  Bezzenbergers  Beiträge  2(1878)3381; 
dazu  3  (1879)  87.  Beiträge  zur  neugriechischen  Wortbildungslehre,  Zürich  1879.  /7e^  rw 
iy  rj  avytj^eitf  nagataxTixtuy  avy^ertoy  xtoy  naga  roig  lydotg  yQafAfAawixoli  Dviadn 
xaXovfjte'ytoy,  V/^V«eov  9  (1880)  327  ff.  Alt-  und  neugriechische  Volksetymologien.  Beoei- 
bergers  Beiträge  6  (1881)  230  ff.  —  Karl  Foy,  Lautsystem  der  griechischen  Vulgärsprack, 
Leipzig  1879.  Beiträge  zur  Kenntnis  des  Vulgärgriechischen,  Bezzenbergers  Beitrftge  ^  T 
(1881)  220-230.  Griechische  Vokalstudien,  Bezzenbergers  Beiträge  12  (1887)  38-75.  Ti 
Ctjrrjfia  rcJv  dnnQSfAffaxixioy  tvTHoy  iy  xß  NeoeXXijyixß  yhaattf^j  'HfASQoXoytoy  Tfjg  'Ayta^^i 
1886  S.  207  -  216  und  1887  S.  148-169.  Vulgärgriechisches,  Bezzenbergers  Beiträge  14(18$ 
bis  1889)  33  ff.  —  G.  N.  Hatzi dakis,  MeX^ttj  ini  rijg  yiag  'EXXtjyixijg,  *Ey  '^»^yaig  im 
liegt  xiay  anaQefji(paxix(oy  Xeitf/dytoy  ey  xß  ystoxigif  'EXXfjyixß,  'HfABQoXoyioy  r jjc  'Ayarol^g  1S87 
S.  132 — 148.  Zur  Präsensbildung  des  Neugriechischen,  Kuhns  Zeitschrift  fiQr  vergleick 
Sprachf.  27  (1882-85)  69-84.    Zum  Vocalismus   des  Neugriechischen,    Kuhns   Zeitschrift 

30  (1890)  357—398.    Zur  Geschichte   des  Mittel-  und  Neugriechischen,    Kuhns   Zeitechrifl 

31  (1890)  103—156.  Neugriechische  Miscellen,  Kuhns  Zeitschrift  33  (1893)  105-124.  Zur 
Wortbildungslehre  des  xMittel-  und  Neugriechischen,  B.  Z.  2  (1893)  235  -286.  Dazu  zahl- 
reiche durch  eindringenden  Scharfsinn  und  Gründlichkeit  ausgezeichnete  UntersnchaDgei 
im  10.  Bande  des  'A&ijyaioy,  im  nXdxtoy^  im  JeXtioyf  in  der  'Jd^rjyd,  in  der  JubilAomssclinft 
der  Universität  Athen  (Athen  1888)  und  anderswo.  Zusammenfassende  Hauptschrift: 
Einleitung  in  die  neugriechische  Grammatik,  Leipzig,  Breitkopf  und  Härtel  1892.  Vgl.  die 
Besprechung  von  W.  Meyer,  B.  Z.  2,  142  ff.  —  K.  Krumbacher,  Beiträge  zu  einer 
Geschichte  der  griechischen  Sprache,  Kuhns  Zeitschrift  für  vergleich.  Sprachf.  27  (1882— i<o) 
481—545  (in  der  Einleitung  eine  Skizze  der  Geschichte  der  vulgärgriechischen  Studienl 
Nachtrag  dazu,  Kuhns  Zeitschr.  29  (1888)  188- 192.  Ein  irrationaler  Spirant  im  Griechi- 
schen, Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1886  S.  359—444.  —  Jean  Psichari,  Essai  de  phonetiqoe 
n^o-grecque,  Möm.  de  la  sociät^  de  linguistique  5  (1884)  349—393.  Essais  de  grammaire 
historique  nöo-grecque,  2  voll.,  Paris  1886—1889.  Questions  d'histoire  et  de  linguistiqoe. 
£vXXoyog,  ElxociTieyraexr^gig  {JlagdQX.  xov  itj'  xofiov,  1886)  441 — 497.  T6  xa^idi  fAov,  Athen 
1888  (gibt  in  Form  einer  Reiseschilderung  eine  praktische  Darstellung  der  nenvulgir- 
griechischen  Phonetik,  Morphologie,  Svntax  und  des  Wörterbuches).  Etudes  de  philologie 
n^o-grecque,  recherches  sur  le  developpement  historique  du  grec.  Paris,  Bouillon  1S92. 
Ein  Verzeichnis  der  sonstigen  Beiträge  von  Psichari  zur  vulgärgriechischen  Sprache,  latto- 
ratur  und  Folklore  findet  man  im  letztgenannten  Werke  S.  CLX  f.  —  Zur  Geschichte  der 
neugriechischen  Sprachfrage  gibt  reiche  Aufschlüsse  D.  Therianos,  'Ada/iayttog  A'o^(, 
3  Bde,  Trier  1889—1890,  bes.  im  2.  Bd.  —  K.  Buresch,  Feyoyay  und  anderes  Vulgär- 
griechisch,  Rhein.  Mus.  46  (1891)  193-232.  Kritischer  Brief  über  die  falschen  Sibyllineo, 
Philologus  51  (1892)  84—112;  422-464  (in  der  Einleitung  dankenswerter,  wenn  auch 
picht  gelungener  Versuch,   die  frühen  Erscheinungen  der  Volkssprache   landschaftlich  zu 


Einleitung.    (§  331)  801 

U  besonders  das  aegyptische  und  kleinasiatische  Griecbiscli  auseinanderzuhalten).  — 

Uesseling,  Essai  historique  sur  Tinfinitiv  grec,   in  Psicharis  Ktudes  de   philologie 

^  pecque  (s.  o.)  S.  1  —  44.     Das  Personalpronomen   der  ersten  und  zweiten  Person  im 

fcelgriechischen,  B.  Z.  1  (1892)  379—391.  —  Prinzipiell  wichtig  ist  der  Nachweis,  dass 

B.     manche  in  den  heutigen  Volksdialekt«n  fortlebenden  Ausdrücke  zur  Erklärung  seltener 

dunkler  byzantinischer  Termini  verwerten  lassen:  G.  Destunis,  Lebendige  Ueberreste 

byzantinischen  Terminologie,  Jahrbuch  der  Odessaer  histor.-philol.  Gesellschaft  II  (1892) 

t-  Abteil.  1  S.  1—24  (russ.);  vgl.  E.  Kurtz,  B.  Z.  2,  137.  —  Alb.  Thumb,  MeX^rrj  ne^i 

afjfifQ^yiji   iy   Aiyivf^  XaXovfjiivrjq  di.(tXixrov,  'jiSijya   3  (1891)  95  ff.     Beiträge  zur  neu- 

a^^hischen    Dialektkunde,    Indogerm.   Forschungen   2   (1892)  65  ff.  und  7  (1896)  1—37. 

»      neugriechische  Sprachforschung  in  den  Jahren  1890—1891  und  1892  —  1895,  Anzeiger 

kSidogerm.  Sprach-  und  Altertumskunde  1  (1892)  38  ff.,  146  ff.  und  6  (1896)  210  ff.    Die 

o^riechische  Sprache,  Freiburg  i.  B.  1892.  —  Wilh.  Schultz,  Alt-  und  Neugriechisches, 

iKna  Zeitschrift  33  (1893)  224-233  (Uebergang  von  A  in  e  und  /i  in  v^;  Schema  t/^oi^cfc* 

t^ftov;  Verbindung  <fvy  xai^  /ucr«  x«t  u.  s.  w.). 


Baadbueh  dm  kUn.  AltertimwwiMMiaoluift  IX.    1.  AlUlf.   %  Aai.  51 


Erster  Abschnitt. 


i 


Poetische  Litteratur.  Ij^ 

1.  Lehr-  und  Gelegenheitsgedichte.    Darstellung     K 

vermischter  Stoffe.  U 

332.   Spaneas  {2navtag).    Unter  diesem  Namen  geht   ein  V1llg|^lg 
griechisches  Lehrgedicht,   welchem   die  in  der  byzantinischen  ZeitTidl. 
gelesene   Rede    des   Pseudo-Isokrates   Ilgog   Jrjjuiovixav    als    OnuidIigi| 
diente.   Der  Spaneas  existiert  in  mehreren  stark  von  einander  abweidut*!/ 
den  Versionen,  die  verschiedenen  Bearbeitern  und  verschiedenen  Zeitn  i 
angehören.     Die  älteste  Form  enthält  wohl  das  von  Legrand  henuu- 
gegebene  Oedicht;   es  zeichnet  sich  vor  allen  anderen  durch  Objektivitit, 
vornehmen  Ton  und  gute  Komposition  aus.     Ihm  gegenüber  stehen  mek- 
rere   inhaltlich   vergröberte  und  sprachlich   weniger   ursprQng- 
liehe  Versionen,   in  welchen   der  enge  Anschluss  an   Pseudo-Isokrata 
aufgegeben  ist.     Zu  dieser  Gruppe  gehören  die  Version  der  alten  Vene- 
zianer  Ausgabe,   die   des   Maurophrydes,   die  zwei  von  Wagner  xa 
einem  Gedichte  kontaminierten  Stücke,  die  des  Cod.  NeapoL  m.  A.a.9, 
die  der  Handschrift  von  Grotta  Ferrata  u.  a.    Auch  das  von  Legrand 
unter   dem   Titel  JiSa^iq  2olo/uim*tog  nsQl  tov  avrov  vtov  ^Poßodfi  heraus- 
gegebene Gedicht  ist  ein  Spaneasfragment  der  zweiten  Gruppe.     Gemein- 
sam ist  diesen  Bearbeitungen  ausser  einer  kleinen  Einleitung  die  Anspie- 
lung auf  bestimmte  Privatverhältnisse,  die  geschwätzige  Fassung  und  die 
bedenkliche  Moralität  der  väterlichen  Ratschläge.   Ganz  für  sich  steht  die 
Version  des  Oxforder   Codex,  die  zwar  im   Titel  den  Namen  Spaneu 
enthält  und  die  Form  einer  väterlichen  Mahnrede  bewahrt,   im  übrigen 
aber  wenig  Ähnlichkeit  mit   den  Spaneasgedichten  besitzt.     Eine  andere 
selbständige  Bearbeitung,  in  der  wie  in  dem  von  Legrand  edierten  Frag- 
ment Salomon  als  Ratgeber  erscheint,  enthalten  die  Godd.  Barber.  1199, 
Athen.  712  und  Athous  3816,   vieDeicht  auch  Cod.  Athen.  720.    Als 
Verfasser  des  Werkchens  ergibt  sich  aus  den  Eüileitungsversen  der  besten 
Handschriften  Alexios,    der  Sohn  des  Kaisers  Johannes  Komnenos,   der 
mit  seinem   Vater   die  Königswürde   teilte,  jedoch  noch    vor  demselben 


Xi«lir-  und  Gelegenheitsgedichte.    DarsteUnng  Tenniachter  Stoffe.    (§  832)     803 

mjrh.  Der  Jüngling,  an  den  die  Lehren  gerichtet  werden,  ist  der  Neffe 
»^  Alexios,  der  Sohn  seiner  mit  dem  Caesar  Johannes  Roger  verhei- 
mtieten  Zwillingsschwester  Maria.  Da  Alexios  um  1142  im  Alter  von  etwa 
3  Jahren  starb,  wird  das  Oedicht  einige  Zeit  vor  1142  entstanden  sein, 
od  da  er  in  den  Einleitungsversen  fiaxä^iog  genannt  wird,  kann  es  erst 
ach  seinem  Tode  in  die  Öffentlichkeit  gelangt  sein.  Später  ist  der  Spaneas 
ielfach  ganz  frei  umgearbeitet  worden,  wobei  man  die  ursprünglichen 
Snleitungsverse  teils  modifizierte,  teils  ganz  wegliess;  in  einigen  Hand- 
chriften  wird  Spaneas  selbst  als  Verfasser  bezeichnet,  und  dieser  Name 
cheint  dann  geradezu  für  paränetische  Gedichte  überhaupt  typisch  ge- 
rorden  zu  sein;  so  finden  wir  ihn  Versparänesen  vorgesetzt,  welche  im 
Ibrigen  mit  dem  Spaneas  wenig  mehr  zu  thun  haben  (so  im  Oxoniensis, 
3arb.,  Athen,  und  Athous).  So  schwach  die  ästhetische  Beurteilung 
lieses  väterliche  Mahngedicht  finden  mag,  so  bedeutend  ist  sein  Wert  für 
lie  Geschichte  der  mittelgriechischen  Sprache  und  Kultur.  Wie  die  ritter- 
ichen  Lehren  des  Theognis  und  die  kategorischen  Vorschriften  des 
Jten  Gate  den  Geist  ihres  Zeitalters  ausdrücken,  so  spiegelt  sich  im 
(paneas  das  byzantinische  Wesen  mit  seiner  Ränkesucht,  seiner  Scheu 
'or  offenem  Handeln,  seinem  Misstrauen  und  seiner  mit  Frömmigkeit 
ibertünchten  Frivolität.  Wie  sehr  das  Werk  dem  rhomäischen  Geschmacke' 
^hagte,  beweisen  die  zahlreichen  Bearbeitungen  und  Handschriften.  Noch 
pät  vernimmt  man  einen  Nachklang  desselben  Tones  in  den  derben 
jebensregeln  des  Sachlikis  (s.  §343)  und  in  den  väterlichen  Mahnworten 
les  Markos  Depharanas  (s.  §  352);  als  eine  Weiterbildung  des  Stoffes 
Tscheint  auch  ein  Gedicht  des  Marino  Falieri  (s.  §350).  Neuerdings 
ind  sogar  zwei  slavische  Bearbeitungen  bekannt  geworden.  In  der 
lunstsprachlichen  Litteratur  erscheint  als  Gegenstück  zum  Spaneas  das 
albungsvolle  Moralgedicht  des  Georgios  Lapithes  (s.  §  326). 

1.  Ausgaben:  Zuerst  erschien  ein  Spaneas  in  der  Reibe  jener  volksgriecbiscben  Bücb- 
ein,  welche  seit  dem  Anfang  des  16.  Jahrb.  in  Venedig  gedruckt  wurden:  JidaaxttXltt  naQ«^ 
erixf]  xv^ov  'jXe^iov  Ko/Aytjyov  tov  Xeyofniyov,  £nayea,  *Eyerirj<ii  naga  XgiüTOtpoQi^  rcJ 
.uydria  s.  a.  (ungefähr  1550).  Vgl.  E.  Legrand,  Bibliogr.  heU.  1  (1885)  285  f.  —  Ed. 
«Äurophrydes,  'ExXoyij  S.  1—16  (480  Verse).  —  Ed.  W.  Wagner,  Carmina  S.  1—27 
647  V.,  eine  Zahl,  die  laber  nur  durch  Zusammenschweissung  des  Cod.  Vindob.  theol.  gr. 
144  mit  Cod.  Marc.  XI  24  zu  stände  gekommen  ist).  —  Ed.  E.  Legrand,  ßibl.  gr.  vulg. 
.,  1  —  10  (285  V.);  ebenda  S.  11— Iß  die  J^daxij  ^oXoucSytog,  —  Die  zweite  oben  erwähnte 
Version,  in  der  ebenfalls  Salomon  als  Ratgeber  erscneint,   ed.  M.  L  Gedeon,  Hagyatrcos 

(1877)  526.  Inc.  ^  ßMiXevg  6  SoXoutay  etgfjxe  ndXai  Xoyoy,  Vgl.  J.  Schmitt,  B.  Z.  1 
18d2)  328.  —  Die  Version  des  Cod.  Vindob.  theol.  gr.  193  (Nessel)  ed.  Fr.  Hanna, 
fahresber.  des  k.  k.  Akademischen  Gymnasiums  in  Wien,  Wien  1896.  Hanna  beabsichtigt 
kneh  die  Version  des  Cod.  Vindob.  Suppl.  77  und  des  Bodl.  Miscell.  284  der  Oeffent- 
ichkeit  zu  übergeben.  —  Eine  Version  aus  dem  Cod.  114  des  Athosklosters  Jo^st* 
tQiov  (=  Athous  2788)  und  ein  kleines  Fragment  aus  dem  Cod.  126  desAthos- 
LloBters  ttüy  'Iß^Qtjy  ed.  Sp.  P.  Lampros,  JeXrioy  5  (1896)  103—122.  —  Eine  Ge- 
«mtausgabe  der  Spaneasbearbeitungen  wird  von  John  Schmitt  vorbereitet. 

2.  Hilfsmittel:  Ueber  das  Verhältnis  des  Spaneas  zu  Isokrates  einige  Bemerkungen 
»ei  B.  Keil,  Epikritische  Isokratesstudien,  Hermes  23  (1888)  381  f.  —  Zum  Texte:  G.  N. 
üatzidakis,  Kritische  Bemerkungen  zu  einigen  mittelgriechischen  Autoren,  B.  Z.  1  (1892) 
101  f.  —  8.  D.  Papadimitriu,  Kritische  Studien  zu  mittelalterlichen  griechischen  Texten, 
3dessaerJahrb.IV(1894)Byz. Abt.2S.  158—172 (russ.).  —  Fr.  Hanna, Textkri tBeraerkungen 
EU  Spaneas,  Serta  Harteliana,  Wien  1896  S.  93—96.  —  Hauptschriften:  J.  Psichari,  Le  poöme 
a  Spaneas,  M^langes  Renier  =  Biblioth^ue  de  l'äcole  des  hantes  ^tudes,  78.  fascicnle,  Paria 
1887  S.  261-283.  Vgl.  desselben  Essais  de  gramm.  bist,  nöo-grecque  1  (1886)  22;  817  t 

öl* 


804    Byzantiniache  LittoratargMMshiolite.   IIL  Valg&rgrUplu  Utienimr.  tPiMM^ 

-  John  Schmitt,  Ueher  den  Verfasser  des  Spaneas,  B.  Z.  1  (1892)  316— 332.  DeT^ 
untersucht  vor  allem   die  Autorfrage,  streift  aber  auch  das  Verhältnis   der    TnmrhiniwJ 
Bearbeitungen.    Er  zählt  16   Hss  auf,  wozu   noch   die  Codd.   Athen.    712    und  7tt(A> 
Athous  2788  und  3816  und  Petropol.  202  kommen;  s.  J.  A.  Sakkelion,  A^ralo;^ iM ^ 
xeiQoygagxoy  tijg  i^yixijg  ßißX,  r^g  'EXXädog  S.  180  und  132,  Sp.  LamproB,    CatalomMn 
the   Greek   mss  on   Mount  Athos  1  (1895)  250  und  401  und  Hesseling,  Moseom  f(G»l'' 
ningen  1894)  S.  89.     Schmitt  gibt  auch   Facsimileabbildungen  einer  Texiaeita  des  MSv 
Vatic.  Pal.  gr.  367   und  einer  schOnen  Miniatur  des  Cod.  Vatic.  Urb.  2,   anf  frakhtlg 
der  Verfasser  des  Spaneas,  Alexios,  zusammen   mit  seinem  Vater   Johannes  abgthilbl 
ist  —  V.  Jagi6,  Das  byzantinische  Jjehrgedicht  Spaneas  in  der  kirchenslavischen  Uak»!' 
Setzung,  Sitzungsber.  Wien.  Akad.  127  (1892)   (bis  jetzt  sind  nur  zwei  freie  Prosabttiftali 
tungon,   eine    serbobulgarische  und   eine  serbische,   bekannt;  Jagi^  analysiert   beide  wll« 
gibt  den  serbobulgarischen  Text  in  extenso).  —  P.  Brakenheimer,  Des  Alexios  Komma I 
noifjfitt  TiaQaivuixoy,  verglichen  mit  dem  russischen  Domostroi  (d.  h.  Buch  Ton  derHi»l> 
haltung),  Odessa  1893  (russ.)  (ein  umfangreiches,  aber  ganz  unmögliches  Buch).  I 

333.  Theodoros  Prodromos,  der  sieh  wegen  seiner  Armut  in  aeimi  I  d 
Bettelgedichten  Ptochoprodromos  nennt,  ist  einer  der  wenigen  Autoren I r 
welche  sowohl  in  der  schriftsprachlichen  als  in  der  volksmässigen  Litth|i 
ratur  der  byzantinischen  Zeit  eine  Stelle  beanspruchen.  Über  sein  Lebs 
und  seine  zahlreichen  Werke  in  der  Kunstsprache  ist  §  313  gehandelt 
Der  Vulgärsprache  und  des  politischen  Verses  bediente  sich  P^li 
dromos  in  einigen  Bettelgodichten,  die  nach  Form  und  Inhalt  zudci|| 
merkwürdigsten  Denkmälern  des  griechischen  Mittelalters  gehören.  6e>|i 
'meinsam  ist  diesen  Erzeugnissen,  die  an  unvergesslicher  Originalität  die  1 1 
Verse  des  Spaneas  und  Glykas  weit  übertreffen,  demütige  Vertraulichk^  I  i 
galgenhumoristische  Selbstbetrachtung  und  realistische  Derbheit.  Ii 

Im  ersten  Gedicht  (274  politische  Verse)  schildert  Prodromos  den  V 
Kaiser  Johannes  Komnenos  (1118  —  1143)  die  unerträglichen  Qualen  seinei 
ehelichen  Lebens.  Alltäglich  habe  er  von  seinem  Weibe  die  bittenki 
Vorwürfe  zu  hören;  niemals,  so  zanke  sie,  habe  er  ihr  ein  seiden  Tudi 
um  den  Nacken  gelegt,  nie  ein  hübsches  Ringlein  oder  ein  Armband  ge- 
schenkt; man  verlache  sie  ob  ihrer  altfränkischen  Tracht,  da  Herr  Pro- 
dromos  kein  modisches  Gewand  zur  Stelle  schaffe,  nie  komme  sie  in  eis 
Bad;  habe  sie  einen  Tag  gegessen,  so  müsse  sie  zwei  Tage  hungern. 
Alle  Mittel,  die  der  Arme  versucht,  um  die  Widerspenstige  zu  zähmen 
bleiben  vergeblich;  zum  Beweise  schildert  Prodromos  dem  Kaiser  eines 
der  Gewitter,  die  so  oft  den  Himmel  seines  ehelichen  Glückes  verfinstern: 
Er  ergreift  den  Besen,  um  die  Gattin  zur  Vernunft  zu  bringen,  sie  ent- 
weicht und  verriegelt  sich  in  eine  Kammer;  als  er  nun  den  Besen  dnrdi 
die  Thürspalte  zwängt,  entreisst  sie  ihm  den  Stiel,  schmettert  ihn  xa 
Boden  und  verhöhnt  ihn  triumphierend.  EndHch  wird  das  Mahl  zuge- 
richtet; als  nach  langem  Warten  auch  er,  der  Nährvater  des  Hauses,  et- 
was von  den  Speisen  zu  erhaschen  sucht,  ergreifen  seine  hoffhungsvolleB 
Sprösslinge  Stöcke  und  Steine  und  werfen  ihn  die  Treppe  hinunter.  Das 
Endziel,  welchem  diese  Satire  auf  das  Elend  eines  Pantoffelhelden  zu- 
steuert, ist  eine  unverblümte  Bitte  um  Unterstützung:  „Wenn  Du  also. 
Gebieter,  Dich  meiner  nicht  erbarmst  und  die  Unersättliche  mit  Gaben 
und  Geschenken  sättigst,  so  zittere,  bebe,  fürchte  ich,  ich  möchte  vor  der 
Zeit  ins  Grab  sinken,  und  Du  möchtest  Deinen  Prodromos,  Deinen  besten 
Höfling,  verlieren."  Im  gleichen  Tone  sind  nun  auch  die  übrigen  Stücke 
gehalten. 


Lehr-  und  Gelegenheitsgedichte.    Darstellung  Termischier  Stoffe.    (§  333)    g05 


•'•  Im  zweiten  Gedichte  (117  Verse)  wendet  sich  Prodromos  hilfe- 
Tl' ochend  an  einen  Sebastokrator,  wahrscheinlich  an  Andronikos  Eom- 
=:  enos,  den  zweiten  Sohn  des  Kaisers  Johannes.  Zur  Einleitung  seiner 
=^ititte  benützt  er  diesmal  eine  Aufzählung  der  mannigfaltigen  Bedürfnisse 
.'^einer  Familie  und  schHesst  dann,  ähnlich  wie  im  ersten  Gedichte,  schleunig 
~;aOge  ihm  der  Fürst  beispringen,  ehe  er  noch  die  Immobilien  verzehre, 
Boden  stürze  und  sterbe.     Das  kurze  Stück  ist  durch  das  wörterbuch- 


h 


1  otige  Verzeichnis  der  für  ein  byzantinisches  Hauswesen  nötigen  Gebrauchs- 
ind  Verbrauchsartikel  für  die  Geschichte  der  Sprache  und  Kultur  von  er- 

-^leblicher  Bedeutung. 

'[  Das  dritte  Gedicht  (655  Verse)  ist  an  Kaiser  Manuel  gerichtet  und 

~^thalt    eine    gramerfüllte    Anklageschrift    gegen   zwei   Äbte    {xard 
'lyyow/itrcör).     Prodromos  hat  sich,    um   sein  geplagtes  Dasein  in  Ruhe  zu 

"%eBchliessen,  unter  dem  Namen  Hilarion  in  ein  Kloster  zurückgezogen; 
doch  ist  er  hiebei   vom  Regen  in  die  Traufe  geraten.    Mehr  als  ftüher 

~  durch  sein  Eheweib  wird  er  jetzt  von  zwei  Äbten  geplagt;   in  dem  Asyl, 
das  sich  Prodromos  erwählt,  herrschen  nämlich  gegen  alles  Recht  und  Her- 

— kommen  zwei  Vorstände,  „Vater  und  Sohn,  ein  scheusslich  Paar,  o  gött- 

-  fiche  Gerechtigkeit!'     Dieses  entmenschte  Paar  quält  den  armen  Hilarion 

^  durch  Nörgeleien  aller  Art;  sie  drücken  ihn  durch  lästige  Aufträge,  schmä- 
lern ihm  die  Kost,  verbieten  ihm  den  Wein  und  sogar  das  erfrischende 
Bad;  sobald  er  sich  muckst,  fallen  sie  über  ihn  her.  Daher  bittet  der 
Dichter  den  Kaiser,  ihn  gegen  die  Anmassung  der  Äbte  zu  schützen  und 
sein  Pönitentenleben  zu  erleichtern.  Wenn  Pi'odromos  auch  nach  seiner 
Gewohnheit  die  Farben  etwas  kräftig  aufträgt,  so  schildert  er  doch  treu 
und  lebenswahr,  und  einzelne  Züge  des  von  ihm  entworfenen  Bildes  sind 
noch  im  heutigen  Basilianerkloster  deutlich  wiederzuerkennen. 

Das  vierte  Gedicht  (167  Verse),  das  dem  dritten  wohl  chrono- 
logisch vorangeht,  ist  wiederum  eine  an  Kaiser  Manuel  gerichtete  Bitt- 
schrift. Als  Folie  dient  dem  Dichter,  der  seinem  Thema  stets  neue  Seiten 
abzugewinnen  weiss,  eine  melancholische  Schilderung  der  materiellen 
Unfruchtbarkeit  des  wissenschaftlichen  Studiums.  Oft  habe  ihm 
sein  Vater  ans  Herz  gelegt:  „Studiere,  mein  Sohn;  dann  kommst  Du  zu 
Reichtum  und  Ehren.''  Er  habe  den  Rat  befolgt  und  sei  ein  regelrechter 
Grammaticus  geworden;  die  Weissagung  des  Vaters  aber  bleibe  unerfüllt, 
die  Wissenschaft  bringe  ihm  keinen  Gewinn,  und  er  verfluche  den  Tag, 
da  er  zum  erstenmale  der  Schule  überliefert  worden  sei.  Schuster  und 
Schneider,  Bäcker  und  Metzgergesellen  seien  besser  daran  als  er.  Indem 
nun  Prodromos  in  launiger  Breite  eine  Reihe  von  Gewerben  mit  dem  Ge- 
lehrtenberufe vergleicht,  zeichnet  er  köstliche  Bilder  aus  dem  Geschäfts- 
und Strassenleben  im  mittelalterlichen  Byzanz.  Inhaltlich  verwandt  mit 
diesem  traurigsten  Klageliede,  das  die  stets  zur  Armut  verdammte  Zunft 
der  Grammatiker  je  angestimmt  hat,  ist  die  Dramation  des  Haplucheir 
(s.  §  320). 

Das  dritte  und  vierte  Gedicht  sind  in  zwei  Redaktionen  er- 
halten, die  so  stark  von  einander  abweichen,  dass  Legrand  mit  Recht 
beide  in  extenso  mitgeteilt  hat.    Beim  dritten  Gedichte  beBchr&nkt  sich 


806    Byzanünuiohe  Litteratargaflohioht«.   in.  Volgirgrtooli«  LttUnlor.  L  hM^Ie] 

I 
die  Verschiedenheit  auf  redaktionelle  Änderungen    der    einzelnen  Vauji  h 

während  Inhalt  und  Umfang  gleich  bleiben;  beim  vierten  dagegen  ittfiDch 

neben  einer  kurzen,  wohl  ursprünglichen  Version  eine   stark  erweihw^  < 

(397  Verse  gegen  167).   Beide  Bearbeitungen  der  zwei  Gedichte  8di€M^r 

von  Prodromos  selbst  herzustammen;   doch  bedarf  ihr  gegenseitiges  Th^ 

hältnis  noch   der  Aufklärung.     Merkwürdig  ist,   dass  Prodromos  audin^l 

seinen  Vulgärgedichten  die  Schriftsprache  nicht  ganz  vermissen  konon)^ 

doch  verfuhr   er  hiebei   anders  als   sein  Zeitgenosse  Glykas.     Wahrallf ' 

dieser  zwischen  die  vulgärgriechischen  Verse  da   und   dort  altgrieclüaklfj 

einschiebt,  so  dass  ein  sprachliches  Mosaik  entsteht,  dient  dem  Prodroniil*^ 

die  herkömmliche  Form  der  Kunstsprache  zur  Einrahmung  seiner  vdk^l^ 

massigen  Erzählung;  indem  er  sie  in  der  Einleitung  und  im  Epilog  ofal^ 

wenigstens  in  einem  dieser  Teile  anwendet.  Ig 

Ohne  hinlängliche  Gewähr  werden  dem  Prodromos  sieben  kleinenll 
Gedichte  erotischen  Inhalts  zugeschrieben,  die  neulich  E.  Legnalli 
(s.  u.)  veröffentlicht  hat.  I{ 

1.  AusgabeD:  Zuerst  edierte  zwei  Gedichte  (je  eine  Redaktion  des  3.  und  4.  8tftcbi|ll 
Ad.  Korais,  ^tajcra^  xofA.  T,  Paris  1828,  mit  einem  wichtigen  Kommentar.  —  ScfaleekAvIl 
Abdruck  dieser  Ausgabe  (ohne  den  Kommentar)  von  Maurophrydes,  *ExXoy^  S.  17—711 
—  E.  Miller,  Mölanges  de  philologie  et  d*dpigraphie.  Paris  1876  S.  129—171,  edierte  ^  I 
erste,  zweite  und  vierte  Gedicht  (in  der  von  Korais  nicht  mitgeteilten  Redaktion)  mit  am  I 
französischen  Uebersetzung  von  Legrand.  Ein  Abdruck  dieser  Ausgabe  auch  bei  K  Le-  1 
grand.  Coli,  de  monum.  N.  S.  vol.  7,  Paris  1875.  —  Gesamtausgabe  der  4  bzw.  6Gedidto  1 
von  E.  Legrand,  Bibl.  gr.  vulg.  1,  38—124  (ohne  Uebersetzung).  —  Die  sieben  kleiMi  1 
Gedichte  ed.  aus  einem  im  Nachlasse  E.  Millers  gefundenen  Blatte  £.  Leg  ran d,  Foüm  1 
inödites  de  Theodore  Prodrome,  Revue  des  öt.  gr.  4  (1891)  70—73. 

2.  Hilfsmittel:  Hauptschrift  zur  sprachlichen  Erklärung  ist  noch  immer  derKcs- 
mentar  von  Korais  (s.  o.).  —  Einige  Bemerkungen  und  Proben  deutscher  Uebersetn^ 
von  K.  0.  Müller  in  einer  Besprechung  der  Ausgabe  von  Korais,  GOtting.  GeL  Anzeign 
1830  St.  140,  wiederholt  in  ,K.  0.  Müllers  Kleine  deutsche  Schriften'  1  (BreaUn  1847) 
266—273.  -  E.  Miller,  Un  po6te  de  la  cour  des  Comnänes,  lu  dans  la  s^ance  ptkL 
annuelle  des  cinq  acadömies  le  28  octobre  1874  (nur  eine  Analyse  der  von  Miller  heran* 
gegebenen  Gedichte).  —  J.  Psichari,  Essais  de  gramm.  bist,  neo-grecque  1  (1886)  9;  66; 
120  ff.  (zur  Sprache  und  handschriftlichen  Ueberlieferung  des  Prodromos).  —  Kritische  und 
exegetische  Bemerkungen  von  G.  N.  Hatzidakis,  B.  Z.  1  (1892)  99  ff.  —  Ein  von  U 
Porte  duTheil  verfasstes  Glossar  zu  Vulgärgedichten  des  Prodromos  liegt  handachrifUick 
in  der  Pariser  National bibliothek  als  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  845. 

3.  Zur  Ueberlieferung:  Die  erweiterte  Redaktion  des  dritten  and  vierten  Gt- 
dichtes  (bei  Legrand  Nr.  4  und  6)  steht  in  einer  von  den  edierten  Texten  etwas  ab- 
weichenden Fassung  in  dem  noch  nicht  benützten  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  1034  (v^ 
H.  Omont,  Inventaire  sommaire  3,  332).  Von  demselben  hat  H.  Per  not  eine  noch  mäü 
veröffentlichte  Abschrift  genommen. 

334.  Michael  Olykas  {Mixarjk  d  rkvxag)  hat  ein  aus  581  politdscha 
Versen  bestehendes  Gedieht  hinterlassen,  das  zu  den  ältesten  Denkmalen 
des  Vulgärgriechischen  gehört.  Der  handschriftliche  Titel  lautet:  Äi';p» 
yqaniiazixov  Mixccrjl  tov  FXvxa^ ovg  tyqaips  xuxf  ov  xcrteax^'&i]  xaiQov  it 
nqoaayysXiag  xaiQfxuxov  uvog  d.  h.  ^ Verse  des  Orammatikers  Michad 
Glykas,  welche  er  abfasste,  als  er  auf  die  Anzeige  eines  schadenfrohen 
Menschen  hin  gefangen  gehalten  wurde.**  Nach  weiteren  Angaben  im 
Gedichte  selbst  ist  Glykas  durch  die  Verleumdung  eines  Nachbarn  in  den 
Kerker  geraten.  Der  Gefangene  bittet  den  Kaiser  um  Befreiung;  es  habe 
ein  leidiges  Missverständnis  stattgefunden,  das  der  schleunigsten  Auf- 
klärung bedürfe.     In  klagenden  Tönen  schildert  Glykas  das  Elend,  das  er 


dehr-  n.  Gelegenheitsgedichte.  Darstellung  Termisohier  Steife.  (§§  3^4—335)    807 

.  Kerker  zu  erdulden  habe.  Doch  findet  er  trotz  seiner  schlimmen  Lage 
<5h  die  Stinmiung  zu  scherzhaften  Vergleichen.  »Das  Weib  des  Pfaffen 
»t  einen  Fehltritt  begangen  und  das  Ehelager  geschändet;  den  Pfaffen 
>«r  zieht  man  zur  Verantwortung!  Welch  ein  Missgeschick!  Jene  hat 
18  Gesetz  übertreten,  diesen  aber  straft  man.  Ist  das  nicht  traurig, 
icht  zum  Verzweifeln?  Der  Esel  schlägt  aus  und  den  Sack  prügelt  man, 
amit  er  artig  werde**  u.  s.  w.  (V.  270  ff.).    Warum  sich  Olykas  in  einer 

0  wichtigen  Sache  des  volksmässigen  Idioms  bediente,  wissen  wir 
icht ;  doch  lässt  sich  vermuten,  dass  Kaiser  Manuel  fUr  die  Volkssprache, 

1  welcher  er  ja  auch  von  Ptochoprodromos  Bitten  und  Dankesworte 
itgegennahm,  eine  scherzhafte  oder  herablassende  Vorliebe  verraten 
atte.  Auch  das  Bedürfnis,  möglichst  eindringlich  von  Herz  zu  Herz 
1  reden,  mag  bei  der  Wahl  dieser  seltenen  Form  mitgewirkt  haben.  ^) 
rie  dem  sei,  Glykas  vermochte  den  Ernst  seiner  Angelegenheit  nicht 
i  Heiterkeit  aufzulösen.  Wenn  man  der  Subscriptio  des  Gedichtes 
lauben  darf,  schickte  der  Kaiser,  der  damals  gerade  in  Kilikien  weilte, 
i.ch  Konstantinopel  den  Befehl,  den  Gefangenen  unverzüglich  zu  blenden. 
Törin  nun  das  so  grausam  bestrafte  Verbrechen  des  Glykas  bestand, 
eibt  in  ein  ebenso  undurchdringliches  Dunkel  gehüllt  als  die  Schuld  des 
ichters  der  Tristia.  Die  Abfassung  des  Gedichtes  fällt  in  das  Jahr 
L  58  oder  1159;  denn  die  Bemerkung  der  Subscriptio  über  den  Aufenthalt 
)s  Kaisers  in  Kilikien  bezieht  sich  höchst  wahrscheinlich  auf  die  Ex- 
)dition,  welche  Manuel  im  Jahre  1158  persönlich  geleitet  hat. 

1.  Ausgabe:  Ed.  pr.  E.  Legrand,  Bibl.  gr.  vulg.  1,  18—87  (ans  dem  schSneii 
>d.  Paris.  228  s.  13,  der  auch  die  Sprichwörter  und  Briefe  des  Glykas  enthftlt).  Vgl. 
igrands  Introduction  S.  14  ff. 

2.  Hilfsmittel:  Zur  Kritik  und  Erklärung:  G.  N.  Hatzidakis,  Kritische  Bemer- 
ingen  zu  einigen  mittelgriechischen  Autoren,  B.  Z.  1  (1892)  98—106.  —  K.  Krumbacher, 
ichael  Glykas,  Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1894  S.  405  ff.  —  lieber  das  Leben  und  die 
nstigen  Schriften  des  Glykas  s.  S.  380  ff. ;  88. 

335.  Die  Oeschichte  von  Ftocholeon  oder  von  dem  weisen,  beohr- 
dgten  und  geschorenen  (d.  h.  unglücklichen)  Greise,  nsQi  %ov  yäQovtog 
fv  q^Qovifiov  iuiov%^oxovQ€fiävovJ)  Der  reiche  Leon  verliert  durch  Einfälle 
er  Araber  seine  Habe  und  bittet  daher  seine  Verwandten,  ihn  als  Sklaven 
1  verkaufen;  seine  Söhne  bringen  ihn  zum  Schatzmeister  des  Fürsten 
i  Eonstantinopel  und  verkünden  ihm,  dass  der  Sklave  kostbare  Weisheit 
Bsitze,  die  Menschen,  das  Oeld,  die  Edelsteine  und  die  Pferde  kenne. 
>er  Kauf  wird  abgeschlossen.  Der  Greis,  anfänglich  nicht  beachtet,  legt 
ald  Proben  seiner  Weisheit  ab.  Von  einem  Edelsteine,  den  der  Fürst 
pworben  hat,  erklärt  er,  dass  er  nichts  wert  sei  und  einen  Wurm  in  sich 
Brge ;  die  Aussage  bestätigt  sich.  Nun  wird  er  besser  gehalten  und  be- 
ommt  täglich  statt  eines  Brotes  zwei.  Als  der  Fürst  sich  vermählen 
ill,  offenbart  ihm  der  Sklave,  dass  seine  Braut  schlechter  Abkunft,  die 


0  Die  vulgärgriechische   Litteratur  he-   I   die   Qualen   seiner  Kerkerhaft.     S.  §  343. 
tzt   noch   ein   zweites    Werk,   das   einem  ')  Zur  Erklimng  dieses  seltsamen  At- 


iniichen  Anlasse  seine  Entstehung  verdankt. 

er  Kreter  Sachlikis  (15.  Jahrh.)  beschreibt 

der  Einleitung  seines  ersten   Gedichtes 


tributs  vgL  PtooholMi  (1.  V«mm)  V.  96 f.: 
$tal  m 


808    Bysaniinisohe  Litteratnrgesohiohte.    UI.  TulgArgri«^  Litt«ffftter.  L  ] 

Tochter  eines  Muselmannes  sei;  wiederum  wird  seine  Rede  als  wal 
fünden.  Endlich  bittet  der  König  den  weisen  Ptocholeon,  ihm  non 
das  Geheimnis  seiner  eigenen  Abstammung  zu  enthüllen.  Nach  yt 
lieber  Weigerung  eröffnet  der  Sklave  dem  König,  dass  er  nicht  von  a 
legitimen  Vater  Peter,  sondern  von  einem  elenden  Knechte  erz^ 
Der  König  verhört  seine  Mutter  und  erfährt,  dass  Ptocholeon  die  \ 
heit  gesprochen ;  er  bittet  ihn,  das  Geheimnis  zu  bewahren  und  ob« 
ihn  mit  Glücksgütern.    So  ehrt  Gott  die  weisen  Menschen. 

Der  Charakter  der  ganzen  Erzählung  weist  auf  orientalischen,  ^ 
scheinlich  indischen  Ursprung.  Aus  einer  älteren,  wohl  verlorenen  b 
tinischen  Bearbeitung  desselben  Stoffes  schöpfte  im  12.  Jahrhundert 
tier  von  Arras  die  Anregung  zu  seinem  epischen  Gedicht  Eracles 
dem  auch  eine  deutsche  Version  existiert;  dieser  Eracles  ist,  ob 
Gautier  die  Erzählung  nach  abendländischer  Sitte  in  Rom  lokalisiei 
(s.  §  393),  kein  anderer  als  der  byzantinische  Kaiser  Heraklios 
dessen  Geschichte  auch  einige  Züge  verwertet  sind,  die  in  der  0 
Chronik  wiederkehren.  Aus  einer  ähnlichen  Quelle  stammt  das 
sische  Lied  von  Iwan,  den  Kaufmannssohne,  und  die  türkische! 
lung,  9 Der  weise  Reisende  und  der  Bastardsultan''.  Ebenso  schdi 
vulgärgriechische  Geschichte  des  Ptocholeon  eine  spätere  Abzwc 
jener  von  Gautier  benützten  byzantinischen  Quelle  zu  sein.  Das  1 
eben  ist  in  drei  sehr  stark  von  einander  abweichenden  Bea 
tun  gen  erhalten,  von  welchen  die  älteste  384,  die  zweite  939,  die 
wohl  erst  dem  17.  Jahrhundert  angehörige,  409  Verse  umfasst;  das 
mass  ist  in  allen  drei  derselbe  trochäische  Achtsilber,  der  ai 
Ilias  des  Hermoniakos  (s.  §  371)  und  anderen  byzantinischen  Y^ 
bekannt  ist.  Die  Vergleichung  der  drei  Redaktionen  ergab 
Fülle  nützlicher  Beobachtungen,  weil  sich  in  ihnen  die  fortschreitend 
änderung  der  sprachlichen  und  kulturellen  Basis  und  die  Methode, 
der  solche  Überarbeitungen  älterer  Werke  vorgenommen  wurden, 
lieber  als  sonst  widerspiegelt.  Leider  gebricht  es  hier  an  Raun 
auf  diese  Erörterung  wie  auch  auf  andere  Untersuchungen,  zu  dem 
merkwürdige  Denkmal  dringend  auffordert,  näher  einzugehen. 

1.  Aasgabon:  Die  erste  Version  ed.  aus  Cod.  Paris,  gr.  390  E.  Legran 
nuaire  de  Tassoc.  6  (1872)  53—102  =  Coli,  de  mon.  vol.  19,  Paris  1872,  mit  erkli 
Anmerkungen  von  E.  Legrand  und  6.  Wjndham  und  mit  einer  litterarhisU 
Skizze  von  Ch.  Gidel,  die  auch  in  seinen  Nouvelles  etudes  S.  385—400  abgedrv 
—-  Die  zweite  Version  ed.  aus  Cod.  Vindobon.  244  W.  Wagner,  Carmina  S.  27 
—  Die  dritte  ed.  aus  einer  Handschrift  der  griechischen  Schule  in  Bvuyfj  E.  Le 
Coli,  de  mon.  N.  S.  vol.  1,  Paris  1874  S.  257-285.  --  Die  zweite  Version  steht  ai 
bedeutenden  Abweichungen  von  der  Wiener  Handschrift)  im  Cod.  Neapel.  III.  A. 
25^— 33^. 

2.  Ursprung  und  abendländische  Bearbeitungen  des  Stoffes:  £ 
Geschichte  der  Prosadichtungen,  übers,  v.  Liebrecht,  Berlin  1851  S.  212.  —  N.  F 
laxogia  xov  IlxmxoXioytoqy  JJagSeytjy  1872  S.  1125—1130.  —  Alessandro  d*A 
Romania  3  (1874)  164  f.  —  J.  Perles,  Frankeis  Monatsschrift  für  die  Geschic 
Wissenschaft  des  Judentums  22  (1873)  68  f.  —  A.  N.  Veselovskij,  Arcb.  slav. 
(1878)  576  fr.  —  A.  Schiefner,  Mömoires  de  l'acad^mie  de  St.-Pötersbourg,  VI 
t.  22,  no.  7  (1875)  S.  IV  f.  und  7.  —  Felix  Liebrecht,  Zur  Volkskunde,  Heilbrc 
S.  203.  —  Georg  Huth,  Die  Reisen  der  drei  Söhne  des  Königs  von  Serendippo,  ! 
f.  vergl.  Litteraturgesch.  N.  F.  2  (1889)  406—414.  —  Zu  der  deutschen  Bear 
Karl  Goedeke,    Grundriss  zur  Geschichte   der  deutschen   Dichtung  I*  (1884)    S 


IT-  n.  GelegenheiUgediohte.  Daratellong  rennisohter  Stoffe.  (S§  336—887)    809 

ranzüsischen :  Gaston  Paris,  La  litt,  fran^ise  au  moyeii-ftgey   Paris  1888  S.  251  f. 
Junker,  Grundriss  der  Geschichte  der  französischen  Litteratur,  Münster  1889  S.  89  f. 

336.  Orakel  Leons  des  Weisen.  Von  den  in  der  byzantinischen 
»tsprache  und  im  jambischen  Trimeter  abgefassten  Orakeln,  die  unter 

Namen  des  Kaisers  Leon  gehen  (s.  S.  628  Anm.  3),  haben  sich  im 
3rn  Mittelalter  vulgärgriechische  Redaktionen  in  reimlosen  tro- 
}chen  Achtsilbern  abgezweigt,  die  in  der  wachsenden  Bedrängnis  der 
m  ein  begieriges  Publikum  fanden  und  einen  lehrreichen  Einblick  in 
vron  trüben  Ahnungen  erfüllte  Stimmung  der  letzten  Jahrhunderte  von 
mz  gewähren.  Natürlich  wurden  die  schriftsprachlichen  Originale 
b  einfach  übersetzt,  sondern  durch  Zusätze  bereichert  und  nach  dem 
iselnden  Eindruck  der  politischen  Lage  umgearbeitet.  Einige  Ge- 
be, die  zu  dieser  Litteratur  gehören,  stehen  im  Codex  Parisinus  929 
r  dem  Titel:     Aiviyfia  lä^ewv  Aäovtog  tov  croycoTarov.     Die  wichtig- 

Ereignisse,  die  mehr  oder  weniger  dunkel  angedeutet  werden,  sind 
Eroberung  von  Konstantinopel  durch  die  Lateiner,  die  Restauration 
Paläologen  und  die  Einnahme  des  „neuen  Babylon''  durch  die  Türken. 
Chronologie  und  das  genealogische  Verhältnis  dieser  Poesien, 
luch  im  Zusammenhange  mit  der  Orakelweisheit  des  Altertums  studiert 
werden  verdienten,  sind  noch  nicht  genügend  aufgeklärt.  Das  Ver- 
idnis  der  Texte  wird  durch  die  geheimnisvolle  Sprache  und  die  alle- 
3che  Einkleidung  ungemein  erschwert. 

Ed.  K.  Legrand,  Annuairo  de  l'assoc.  8  (1874)  150—192,  mit  einer  Einleitung  von 
lidel  (auch   in  seinen  Nouvelles  ötudes  S.  303—812).   —   Wiederholt  Coli,   de  mon. 
vol.  5,  Paris  1875.  —  Vgl.  die  Litteratur  S.  628  Anm.  3. 

337.  Die  Hesse  des  Bartlosen.  Der  Titel  dieses  seltsamen  Erzeug- 
}s  lautet  in  der  Wiener  Handschrift:  *Axolovi>ia  voif  avoaiov  TQayoyevij 
vov  tov  ovQiov  xal  e^ovgtoVj  fir^vl  tf^  a^TfjJ,  nbQVCi  iv  Irei  etftTo  d.  h. 
lenz  des  unheiligen,  vom  Bock  erzeugten  Olattgesichtes,  des  Ver- 
ten  und  ganz  Verrückten  (?),  in  demselben  Monate,  voriges  Jahr  im 
0  heuer.  Die  unflätige  Satire  enthält  eine  breite  und  ziemlich  witz- 
Verspottung  der  Bartlosen,  denen  der  griechische  Volksglaube  gerne 
recherische  Gesinnungen  und  Thaten  zuschreibt.*)  Das  ganze  Stück, 
em  die  denkbar  roheste  Indezenz  herrscht,  ist  in  die  Formen  einer 
^sdienstlichen  Handlung  gekleidet  und  gehört  demnach  in  die  Gattung 
§  278  besprochenen  Parodien.   Die  Messe  beginnt  mit  2tixi]Qa  nach 

, vierten  Querton**;  es  folgen  ein  'AnoXmixiv^  verschiedene  *Qidai\  ein 
laiAa,   ein    Kovxdxi^'^)    endlich  ein   2vva^dQiov  d.  h.   eine  Legende  in 


)  Damit  hängt  es  wohl  zusammen,  dass  ^ovxnaov,  Arahantinos,  Ua^oifÄittintJQioy, 

tegel   des  hl.  Sabbas  den  Bartlosen  Janina  1863  S.  127.     Vgl.  die  Sprüche  bei 

len  Eunuchen  vom  Klosterleben  aus-  l.  Benizelos,  Hapoi^ca*  cfiy/iöicfeif , 2. IxcfoiWir, 

'sst:    Jet  (fvXarrety  rn  negi  tov  oaiov  Rermupolis  1867  S.  22,  283  und  8.  26,  338, 

axagiov  7tttTQ6^ijftwy£a8ßa&Bania9eyT€(  und   bei    K.    N.    Kanellakis,    Xiaxd 'Jyd- 

.rj&a^(ag  rj  Bvyovxov  rj  uyeyBioy  iy  rf»  1   Aexr»,  Athen  1890  S.  283,  537  und  286,  560. 

r  cf/j^ftf^a».  Typikon  des  hl.  Sabbas  ed.  ■           *)  Ueber  die  Bedeutung  dieser  Ausdrucke 

mitrijevskij,  Trudy  Kievskoj    duch.  I  s.  §285  und  W.  Christ  et  M.  Paranikas. 

890  Jan.  S.  170.  —  Noch  gegenwärtig  i   Anthologia  Graeca  carm.  christ.,    Prolego- 

e  Gefährlichkeit  des  Bartlosen  sprich-  '  mena. 

ich:  *j4n6  anayoy  äy&Q^noy  fAttXQvd  td  , 


810    ByzantinUiche  Litter atargMohichte.   IIL  Tnlgirgrlaeh.  Liitenter.  1| 

Prosa.  Den  Schluss  bildet  ein  IlQoixwsvnq.mQv  d.  h.  ein  Aussteno] 
koU,  durch  welches  der  Pfarrer  seine  Tochter  dem  Bartlosen  zor 
gibt.  Die  Entstehungszeit  des  rohen  Pamphlets  darf  ans  spradi 
und  andern  Gründen  ins  14.,  vielleicht  noch  ins  13.  Jahrh» 
gesetzt  werden;  doch  sind  die  Spuren  einer  späteren  Überarbdtii 
kennbar.  Bei  aller  Grobheit  gehört  die  Messe  des  Bartlosen  a 
interessantesten  Werken  der  mittelgriechischen  Litteratur;  sie  enftfl 
beachtenswertes  Sprachmaterial  und  zahlreiche  Anspielungen  auf  i 
massige  Vorstellungen  und  Gebräuche.  Vieles  bedarf  hier  freüick 
der  Aufhellung.  Selbst  die  eigentliche  Absicht  des  Machwerkes  hat 
niemand  auf  befriedigende  Weise  zu  erklären  vermocht.  Obsdui 
Bartlose  bei  den  Griechen  eine  besondere  Rolle  spielt,  versteht  mu 
nicht,  warum  eine  Verspottung  dieses  Unglücklichen  gerade  in  die 
einer  gottesdienstlichen  Handlung  gekleidet  werden  musste,  und  man 
den  tieferen  Sinn  und  Zweck  des  widerlichen  Machwerkes  wohl  ii 
sammenhange  mit  jenen  im  Mittelalter  wie  in  der  neueren  Zeit  ye 
teten  sakrilegischen  Verirrungen  aufsuchen  dürfen,  die  in  das  unhen 
Gebiet  des  Satanismus  und  Sadismus  gehören.  Wenn  auch  oie 
Gotteslästerungen  und  schmutzige  Parodien  des  kirchlichen  Ritus,  i 
in  der  „schwarzen  Messe ^  üblich  sein  sollen,  im  Spanes  nicht  vorkoi 
bezw.  nicht  angedeutet  werden,  so  erklärt  sich  das  aus  der  Furcht  n 
geistlichen  und  weltlichen  Obrigkeit,  und  man  kann  vermuten,  di 
neben  dem  veröffentlichten  Texte  noch  einen  weit  schlimmeren  esoter 
gab.  Ganz  in  der  Luft  schwebt  die  in  Griechenland  verbreitete  Am 
der  Spanes  bezwecke  die  Verspottung  des  hl.  Johannes  Chrysost 
der  in  der  kirchlichen  Kunst  als  jugendlicher,  fast  bartloser  Mann 
stellt  wird.  Das  Epigramm,  welches  Legrand*)  aus  dem  Veni 
Druck  von  1817  anführt,  macht  ganz  den  Eindruck,  als  suche  < 
wahren  Sinn  der  Messe  durch  den  Schein  harmlosen  Spottes  zu  mas 
Dass  aber  das  widerliche  Machwerk  bei  Leuten  beliebt  war,  die  de 
bolismus  ergeben   waren,  besagen   unzweideutig  V.  3 — 4   des  Epigi 

tog  bIx^i  tjX^eq  tavrag  imCiyr^tfcf*. 

1.  Ausgaben:  Zuerst  öfter  als  venezianisches  Volksbuch  z.  B.  Venedig  16S 
1700  und  1817,  jedoch  in  einer  von  dem  Wiener  Texte  stark  abweichenden  Form, 
vielleicht  älterer  Druck  s.  a.  liegt  in  der  Biblioteca  Barberina  mit  der 
G.  G.  G.  VI.  49.  —  Nach  Cod.  Vindobon.  244  ed.  E.  Legrand,  Bibl.  gr.  vulg. 
28—47.  Uebrigens  hätte  der  Herausgeber  das  Stück  (bis  zur  Legende)  nicht  a 
drucken  sollen;  der  metrische  Charakter  ist  trotz  mancher  Verunstidtang  dei 
noch  völlig  deutlich  erkennbar.    Vgl.  §§  282  ff. 

2.  Eine  ähnliche  Profanierung  heiliger  Einrichtungen  wie  die  Messe  des  £ 
enthält  auch  die  Philosophie  des  Weinvaters  (^vXoaotpla  xQaaonaxiqa),  ein 
politischen  Versen  bestehendes  Gedicht.  In  seiner  durstigen  Rede  richtet  der  Trui 
an  Christus  den  Wunsch,  könnte  er  nur  wenigstens  das  hl.  Abendmahl  erhalte 
weiteren  meint  er,  viele  Heilige  seien  dyiofjiVQoßQtnai  (Myroblyten  d.  h.  Heilig« 
Reliquien  einen  heiligen  Saft  ausschwitzen  z.  B.  Demetrios  Myroblytes);  möchte  i 
ihm  die  Gnade  verleihen,  ein  xQaaoßgvttjs  (d.  h.  Weinausschwitzer)  zu  werden.  D 
laune  erinnert  an  die  Satire  des  Psellos  auf  den  Mönch  Jakob  (s.  S.  681).  Ed. 
grand,  Coli,  de  mon.  N.  S.  1  (1874)  2-11  (mit  französischer  Uebersetzung). 


»)    Vgl.   Legrand,   Bibl.   gr.   vulg.    2  »)  Legrand-,  a.  a.  0.  S.  27. 

( 1887)  Introduct.  S.  25  f. 


IT- o.  Gelegenheitsgedichte.  Daretellnng  Termieohter  Stoffe«  (g§  338—840)    811 

338.  Religiöse  Gedichte.  Zur  Erbauung  des  ungebildeten  Volkes, 
selbst  die  temperierte  Schriftsprache  der  kirchlichen  Gebete  und 
er  allmählich  unverständlich  geworden  war,  wurden  religiöse  Gedichte 
'ulgäridiom  abgefasst,  obschon  die  Kirche  selbst  an  der  Schriftsprache 
ielt.  Zu  den  ältesten  dieser  Texte  gehört  das  Gebet  des  Sünders, 
jTwkov  TragccxkrjCig  (16  reimlose  politische  Verse),  das  vielleicht  noch 
12.  Jahrhundert  gesetzt  werden  darf.  Die  ersten  drei  Verse  klingen 
Lwürdigerweise  wie  ein  modernes  Volkslied  (vgl.  z.  B.  Passow, 
ilaria  carm.  N.  157).  Inhaltlich  verwandt,  in  der  Form  aber  der 
stsprache  näher  stehend,  ist  das  Klagegedicht  über  Adam  und 
Paradies,  JStixot  d^QTjvriTixol  'Addfi  xai  nagaSeftrov  (118  reimlose 
ische  Verse),  in  welchem  ein  Sünder  ob  seiner  Missethaten  mit  sich 
\t  zu  Gerichte  geht.  Beide  Stücke  erscheinen  wie  das  erbauliche 
y  als  vulgärgriechische  Reflexe  der  griechischen  Hymnendichtung,  von 
sie  im  Ausdruck  und  im  Gedanken  deutlich  beeinflusst  sind. 

Ed.  E.  Legrand,  Bibl.  gr.  vulg.  I  17  und  XI  ff.  —  Vgl.  §  342. 

839.  Die  süfischen  Sentenzen.  In  einigen  Handschriften  des  per- 
len  Lehrgedichtes  Rabäbnäma  des  Sultans  Valad  sind  vulgärgrie- 
;he,  mit  arabischen  Buchstaben  geschriebene  Sentenzen  eingeschaltet, 
Q  Inhalt  der  süfischen  Mystik  angehörende  Gedanken  über  das  Ver- 
lis  der  Seele  zu  Gott,  die  Vergänglichkeit  des  Menschen  u.  s.  w.  bilden, 
ind  22  Distichen,  von  welchen  jedes  aus  zwei  durch  Assonanz  verbun- 
n  trochäischen  Elfsilbem  besteht  z.  B. : 

Tig  idtüxey  rtjy  tffvxijy  rot»,  HCv^^y  ' 
tig  idüi  rauxta^y,  oXovg  yUijcey, 

Wer  seine  Seele  hingab,  hat  (wahrhaft)  gelebt; 
wer  hier  vernichtet  wurde,  hat  alle  besiegt. 

Dieses  auf  so  merkwürdige  Weise  erhaltene  Denkmal  der  mittel- 
chischen  Volkssprache  stammt  aus  dem  Ende  des  13.  oder  dem  An- 
l  des  14.  Jahrhunderts;  man  hat  es  für  ein  Zeugnis  des  griechischen 
ektes  von  Ikonium  erklärt,  doch  lässt  die  bis  jetzt  festgestellte  Text- 
1  einen  bestimmten  Dialekt  nicht  mit  Sicherheit  erkennen.   Die  Lesung 

Erklärung  der  Verse,  die  in  einem  für  das  Griechische  ganz  unge- 
leten  Alphabet  niedergeschrieben  und  dazu  noch  von  den  Abschreibern 

verunstaltet  sind,  bereitet  grosse,  noch  nicht  völlig  gehobene  Schwie- 
:eiten. 

1.  Ausgaben:  Zuerst  ed.  die  Verse  nach  einer  Wiener  Hs  in  der  Urschrift  mit 
n  wenig  gelungenen  Erklärungsversuche  J.  v.  Hammer,  (Wiener)  Jahrbücher  der 
atur  48  (1829)  Anzeige-Blatt  S.  108.  —  Bedeutend  weiter  kam  in  der  Herstellung 
\  zusammenhängenden  Textes  auf  Grund  einer  Budapester  Hs,  von  den  zwei  Griechen 
anes  und  Pelagides  unterstützt,  C.  Säle  mann.  Noch  einmal  die  seldschukischen  Verse, 
)tin  de  Tacademie  imperiale  des  sciences  de  St.-P^tersbourg  34  (1892)  859—365 
tf  Klanges  asiatiaues  10,  239—245).  —  Endlich  ed.  die  Verse  nach  einer  Oxforder  Hs 
ausführlichem  Kommentar  und  scharfsinniger  Erklärung  mancher  früher  falsch  oder 
nicht  verstandener  Wörter  Gustav  Meyer,  Die  griechischen  Verse  im  Rabftbnftma, 
.  4  (1895)  401-411. 

2.  Stilistisch  und  im  Ausdruck  erinnern  an  die  süfischen  Sentenzen  die  ungelenken 
verse  im  Cod.  Athous  3309  s.  16  fol.  207^,  von  denen  Sp.  Lampros,  Catalogue  of 
;reek  mss  on  Mount  Athos  1  (1895)  304,  eine  Probe  mitteilt. 

340.    Trostgedicht.    Aoyoq  naqrjyoQYftixoq  Tregl  evtvxCaq  xai  dvtrtvx^ocg 

i  reimlose  politische  Verse).    Das  mit  dem  aUegoriachrmoralisierendea 


812     Bysantinische  Litteratlirgesohioht«.   HL  Yvlgirgrieeli.  Ltttanfar.  LI 

Epos  des  Meliteniot 68  verwandte,  anonym  überlieferte  Werkchesii 
sieh  an  alle  Glücklichen  und  Unglücklichen.  Der  Dichter  erzttl 
Schicksal  eines  unglücklichen  Jünglings.  Vom  Unheil  verfolgt,  veiil 
die  Heimat,  um  im  Kastron  der  Dystychia  zu  erfahren^  von  n 
Art  sie  sei  und  wie  sie  die  Menschen  quäle.  Nach  sechsmooii 
Wanderung  trifft  er  einen  jungen,  rotgewandeten  Mann,  den  Chn 
der  in  seiner  Hand  das  Buch  der  Glücklichen  und  ünglücklicbei 
Von  ihm  wird  er  ermuntert,  die  Eutychia  aufzusuchen.  Er  gehi 
das  Schloss  des  Chronos,  das  ähnlich  geschildert  wird  wie  die  ym 
denen  Kastra  in  den  Märchen-  und  Ritterromanen  (s.  §§  377 — 379),  { 
ein  Empfehlungsschreiben  an  die  Dystychia,  die  seinen  Namen  aoii 
Verzeichnis  auslöscht,  und  wird  endlich  von  ihrer  Schwester  Eutjd 
Gnaden  aufgenommen.  Eine  direkte  Quelle  der  Erzählung  ist  nicht 
gewiesen ;  die  Grundlage  bildet  aber  offenbar,  wie  E.  Kuhn  bemcride 
ältere  griechische  Form  des  in  orientalischen,  slavischen  und  sheoi 
sehen  Fassungen  verbreiteten  Märchens  von  der   „Reise  zum  Schic 

Ed.  pr.  Sp.  Lambros,  Coli,  de  rom.  gr.  S.  289—321  (ans  Cod.  Bodleian«' 
Zur  Quellenfrage  vgl.  £.  Kuhn,  Zur  byzantinischen  Erzflhlangslitteratar,  B.  2«.  4  (ISK 

341.  Die  ^^rhodischen^'  Liebeslieder.  Unter  dem  Titel  ^njc 
^(OTog  xal  aydnrfi  ist  in  einer  Handschrift  des  15.  Jahrhunderts  I 
mss  des  British  museum  Nr.  8241)  eine  Sammlung  von  erotisch* 
dichten  erhalten,  welche  von  dem  Herausgeber  willkürlich  ABC  dei 
{UXq}dßrjtog  TTJg  dydnr^g)  betitelt  und  jetzt  auch  unter  dem  konventi 
Namen  „rhodische  Liebeslieder  ^  bekannt  ist.  Leider  ist  das  kleine 
(707  reimlose  politische  Verse)  in  der  einzigen  Handschrift  sehr  ü 
gerichtet:  der  Schreiber,  der  wohl  mit  dem  Veranstalter  des  Corpu 
tisch  ist,  hatte  offenbar  lückenhafte  Originale  vor  sich.  Trotzdem 
sich  in  der  ganzen  Sammlung  noch  deutlich  mehrere  Liederzykl 
kennen:  1.  Den  Anfang  bilden  11  nach  den  Buchstaben  A  bis  Ü 
stichisch  geordnete,  abwechselnd  von  einem  Jüngling  und  einem  M 
gesungene  Lieder  verschiedenen  ümfangs,  offenbar  Trümmer  eines 
mit  vollständiger  alphabetischer  Akrostichis.  2.  Darauf  folgt  eine  • 
von  15  Distichen  (nur  zuletzt  1  Tristichon),  in  denen  trotz  m< 
Lücken  die  alphabetische  Akrostichis  A  bis  12  erkennbar  ist ;  sie  en 
keine  Wechselrede,  sondern  durchaus  Liebesk]agen  eines  Mannes, 
dem  27.  Gedichte  beginnt  das  dritte  Hauptstück  der  Sammlung, 
steht  aus  einer  Erzählung  und  neunzehn  eingestreuten  Liebeslieder 
Jüngling  liebt  seit  2  Jahren  ein  Mädchen  und  schickt  ihr  eine  Erkl 
sie  erwidert  ihm,  er  sei  noch  zu  jung;  der  Jüngling  meint  jedoch 
die  Kleinen  verstünden  zu  heben.  Nun  sagt  das  Mädchen,  100  1 
werte  wolle  sie  von  ihm  erforschen  und,  wenn  er  sie  beantworte,  i 
Küssen  sättigen.  Der  Jüngling  „löst  sich  die  Verse  aus  dem  H 
und  reiht  sie  „wie  eine  Kette**  aneinander.  Die  Glieder  dieser  Ket^ 
die  Zahlen  von  1  bis  100,  die  er  alle  in  seinen  Versen  akrostichis 
wenden  will;  nach  dem  zehnten  Gedichte  fühlt  sich  das  Mädch< 
zwungen  und  gibt  dem  Jüngling  einen  Kuss;  dann  schenkt  sie  ihm 
Teil  seiner  Aufgabe,    d.  h.  sie  gestattet  ihm,   nun   mit  den  Zehnci 


nnd  Gelegenheitsgediolite.    Darstellimg  vermisohter  Stoffe.    (§  841)     813 

8.  w.)  fortzufahren.  Als  schliesslich  das  Mädchen  dem  Jungen  nichts 
versagt,  fangt  er  an  zu  spotten.  Das  ganze  Werkchen  ist  also  eine 
e  Liebesnovelle,  in  welche  eine  nach  Zahlen  akrostichisch 
dnete  Liedersammlung  eingefügt  ist.  Leider  ist  auch  dieser 
■plex  unvollständig  überliefert.  Der  Gedanke  der  arithmetischen  Akro- 
scheint  völlig  originell  zu  sein;  wenigstens  ist  mir  aus  keiner  Lit- 
ern zweites  Beispiel  bekannt.  Auch  in  den  auf  diese  drei  deutlich  ge- 
enen  Komplexe  folgenden  Liedern  lassen  sich  gewisse  Gruppen  und 
ppenreste  erkennen  z.  B.  mehrere  zusammenstehende  Liedchen,  welche 
»«eBklagen  eines  Mädchens  enthalten,  dann  zwei  Gruppen  von  Minneliedern 
10  Jünglings  und  ein  alphabetischer  Wechselgesang  zweier  Liebenden.  Es 
oithin  völlig  sicher,  dass  das  von  Wagner  als  ein  zusammengehöriges,  nur 
^Ii  die  ÜberUeferung  in  Unordnung  geratenes  Ganze  betrachtete  Corpus  in 
ksrheit  aus  mehreren  (7 — 8)  ursprünglich  völlig  selbständigen  kleinen 
mmlungen  besteht,  die  anfänglich  wohl  in  einzelnen  Heftchen  von  Hand. 
Band  gingen  und  dann  von  einem  Freunde  der  Volkspoesie  in  eine 
adschrift  vereinigt  wurden.  Mit  der  Erkenntnis  dieser  Thatsache  ver- 
»n  natürlich  auch  die  bestimmten 'Erklärungen,  die  Wagner  über  Zeit 
d  Ort  der  Entstehung  des  ganzen  Corpus  abgegeben  hat,  den  Boden. 
9  Frage  muss  für  jede  Gruppe  besonders  gestellt  werden ;  denn  wenn 
-dl  die  Entstehungszeit  oder  richtiger  gesagt  die  Zeit  der  uns  erhal- 
raen  sprachlichen  Redaktion  dieser  Volkslieder  ungefähr  dieselbe  sein 
Hg,  80  ist  es  doch  durchaus  nicht  notwendig,  dass  auch  der  Entstehungs- 
k  der  gleiche  sei ;  abgesehen  von  der  schrankenlosen  Freizügigkeit,  die 
r  Volkspoesie  stets  eigen  war,  kann  der  Sammler  auf  Reisen  oder  durch 
Hrmittelung  von  Freunden  Lieder  aus  verschiedenen  Gegenden  zusammen- 
(bracht  haben.  Was  nun  die  Entstehungszeit  betrifft,  so  lässt  sich  mit 
pherheit  sagen,  dass  einzelne  Gruppen  und  demnach  wohl  die  ganze 
iomlung,  nicht  später  als  in  das  14.  oder  in  die  erste  Hälfte 
\B  15.  Jahrhunderts  gesetzt  werden  dürfen;  ausser  dem  Alter  der 
pipdschrift,  auf  das  wegen  der  Unsicherheit  der  Bestimmung  weniger 
iwicht  zu  legen  ist,  verbieten  triftige  innere  Gründe,  namentlich  die  Er- 
Ihnung  der  TovQxoTiovkoi,  des  Kaisers  und  des  Logotheten  in  Byzanz, 
ich  die  hohe  Vorstellung  von  der  Macht  und  Unverletzbarkeit  eines 
iserlichen  Chrysobulls,  an  die  Zeit  nach  dem  Falle  des  Reiches  zu 
liken.  Völlig  unsicher  bleibt  aber  der  Entstehungsort  der  meisten 
nippen;  aus  der  Anspielung  auf  Rhodos  (32,  11  bei  Wagner)  lässt  sich 
in  Schluss  ziehen,  jedenfalls  nicht  der,  welchen  Wagner  gezogen  hat, 
BS  das  Gedicht  und  mithin  die  ganze  Sammlung  in  Rhodos  entstanden 
L  Dagegen  weist  allerdings  ein  Tragudi  (3  bei  W.)  auf  einen  Liebes- 
ind zwischen  einer  Griechin  und  einem  Johanniterritter  hin,  und  dieses 
ed  muss  man  sich  in  Rhodos  entstanden  denken.  Der  unbekannte 
immler  war  ein  Mann  von  Empfindung  und  Geschmack.  Der  poetische 
ert  der  „rhodischen'^  Lieder  ist  über  alle  Zweifel  erhaben;  sie  gehören 
den  besten  und  merkwürdigsten  Erzeugnissen  der  gesamten  vulgär- 
iechischen  Poesie. 

1.  Ausgabe:  *AX^ßtjtos  r^s  nyanrjq.    Das  ABC  der  Liebe.    Eine  Sammlung  rho* 


814    Byunüniftohe  latteratiirgeschiehte.   m.  Yolgirgitodb.  lÄifmwMmt.  L 

discher  Liebeslieder  zum  eratenmale  heraoBgegeben ,  metrisch  Qbersetzt  vmi  oft 
Wörterbache  versehen  von  W.  Wagner,  Leipzig  1879.  Da  der  Heranageber,  d« 
sammenbang  der  einzelnen  Gruppen  nicht  erkannte,  die  ganze  Sammlung  alpha! 
ordnete  und   dabei  die  Reihenfolge  der  Komplexe  und  der  Lieder  vOllig  Tenrinti 
der  Text  nur  durch  eine   neue  Ausgabe  verst&ndlich  und  leebar  gemacht  werdi^ 
tüchtige  Neogräzist  E.  Emerson  bat  mir  zu  diesem  Zwecke   eine  genaue  Kc 
Handschrift  zur  Verfügung  gestellt. 

2.  Uebersetzungen:  Deutsche  Uebersetzung  in  Wagners  Ausgabe.  —  Eai| 
deutsche  Uebersetzung  der  Zahlennovelle  gab  H.  Lübke,  Neugriechische  Volks- snir 
lieder,    Berlin  1895  8.  209—222.    —   Italienische  Uebersetzung    von   Vito  Pili 
Leipzig   (mir   nur  durch   die  Erwähnung  in   der  Zeitschrift   Le   Mns^on  1  (139| 
bekannt). 

3.  Hilfsmittel:  Vgl.  die  Besprechungen  der  Ausgabe  Wagners  von  C.  Bini| 
Literar.  Centralbl.  1880  S.  237  f.,  Gust.  Meyer,  Beilage  zur  allgemeinen  Zeitmg 
S.  2123,  H.  F.  Tozer,  The  Journal  of  HeUenic  studies  1  (1880)  308—313,  ondN.Ptlü 
KXeitJ  vom  1.  und  8.  März  1880  (Nr.  976—977).  —  Sprachliche  und  textkritiacbe  fts, 
kungen  von  C.  Foj,  Bezzenbergers  Beitrftge  6  (1881)  220—230.  —  Die  glOckli^A 
deckung  der  Komposition  des  ganzen  Corpus  ist  das  Verdienst  von  E.  C.  Holzer,  BoA 
philol.  Wochenschrift  1885  S.  514  ff.;  545  ff.  —  Weitere  AusfOhrongen,  namwtUi 
Komposition  des  letzten  Teiles,  gab  Aug.  Heisenberg,  B.  Z.  2  (1893)  549— 5({1 

4.  Die  dritte  Gruppe  der  ,rhodischen*  Lieder,  die  Zahlennovelle,  hat  sidi  iiii 
verwitterter,  aber  unverkennbarer  Form  bis  auf  den  heutigen  Tag  im  Monde  des  li 
erhalten  —  eine  Thatsache,  welche  für  die  Erkenntnis  des  volksm&ssigen  Ghanktaii 
Sammlung  wie  für  die  Entstehungsgeschichte  mancher  Teile  der  neugriechisdiei  Ü 
poesie  gleich  wichtig  ist.  Ein  chiotisches  Volkslied,  das  K.  N.  Kanellakis,  JUtgi*A 
Xexra,  Athen  1890  S.  82  unter  dem  Titel  ^Ol  "jQ^afiol"  veröffentlichte,  eothilt  fa 
Liebesgeschichte  wie  die  Novelle  im  Alphabetes.  Es  besteht  aus  88  politiacheB  T« 
bezw.  aus  19  Distichen,  von  denen  die  ersten  10  durch  die  Zahlen  1—10,  die  kidi 
durch  die  Zehner  20—100  akrostichisch  verbunden  sind.  Mehrere  Verse  (8,  5,  6, 19,15^ 
stimmen  dem  Sinne  und  zum  Teil  auch  dem  Wortlaute  nach  mit  Versen  des  AlpU 
überein.  Weniger  ähnlich  im  Wortlaut,  aber  mit  derselben  Akrostichis  versehen,  irfi 
von  A.  CoDze  (leider  ohne  Angabe  der  Provenienz)  mitgeteilte  Variante  bei  A.  Patt* 
Popularia  carmina  Graeciae  recentioris,  Leipzig  1860  8.  478  f.  Ein  ähnliches  Foitk 
von  Liedern  und  Erzählungen,  die  schon  längst  litterarisch  fixiert  waren,  beobachtet] 
auch  beim  Akritenzyklus  (s.  §  358),  beim  Apollonios  von  Tjros  (s.  §375),l 
Erotokritos  (s.  §  383)  und  —  um  ein  Beispiel  aus  der  neueren  Zeit  zu  nennen  —  M 
schonen  Schäferin  des  Nikolaos  Drimjtikos;  vgl.  G.  Meyer,  Essais  und  Stiiii 
(Strassburg  1893)  156  f.,  und  K.  N.  Kanellakis,  Xtaxa 'AyäUxta  S.  118  ff.  —  ZnrZik 
akrostichis  vgl.  auch  die  poetische  Zahlenspielerei,  die  Konst.  Barzokas,  £rlk 
Z(oyQa(peiog  ayaiy  1  (1891)  8,  aus  Epirus  beibringt:  *'As  to  novfte  iya,  "Et^a  i*  aij^wim 
"As  TO  novue  ovo,   Jv'o  n^gdt^xss  ygtefÄ/iiyss  etc. 

5.  Eine  andere  Sammlung  vulgärgriechischer  Liebeslieder  ^Egomxa  rgaywM 
welcher  ebenfalls  ein  Liebesalphabet  vorkommt,  ed.  aus  Cod.  Vindobon.  244  E. 
grand.  Coli,  de  mon.  N.  S.  1  (1874)  11—71.  Auch  hier  finden  sich  manche  wtlir 
tief  empfundene,  echt  volksmässige  Stücke. 

6.  In  einem  Cod.  Marcianus  des  16.  Jahrhunderts  steht  eine  Sammlung  von  Liel 
liodern  im  neucyprischen  Dialekt.  Die  meisten  derselben  sind  nichts  andern 
Uebersetzungen  aus  Petrarca,  wobei  sogar  die  Versmasse  der  Originale  beibehalteoi 
Das  kleine  Corpus  ist  sprachgeschichtlich  von  Wert,  indem  es  die  von  den  Aa 
Machäras  und  Bustrone  eröffnete  Reihe  mittel-  und  neucyprischer  Denkmäler  i 
setzt.  Ed.  E.  Legrand,  Bibl.  gr.  vulg.  2,  58—93  (nur  eine  Auswahl;.  Vgl.  seine! 
leitung  S.  64  ff. 

7.  Ein  kleines  Liebesklagelied,  das  man  nach  seiner  Sprache  und  den  Umitii 
seiner  Ueberlieferung  wohl  noch  ins  15.  Jahrb.  setzen  darf,  edierte  aus  der  Veoen 
Hs  des  Prokop  (Cod.  Marc.  398)  Sp.  P.  Lambros,  Ein  byzantinisches  Volkslied,  f 
3  (1894)  165  f. 

8.  Noch  unediert  ist  die  Liebesklage  eines  Mädchens  im  Cod.  Bodl.  Bar 
216  fol.  179;  sie  beginnt:  *AXk4(ioyoy  rj  taXaiya  ntag  ag^tofiat  tov  Uyeiy,  Wenn  H.  0.  C< 
Catal.  codicnm  mss  bibl.  Bodl.  1  (1853)  380,  den  Inhalt  des  Stückes  als  «Querimonit  o 
dam  puellae  de  amatore  suo  Alemono*  bezeichnet,  so  hat  er  offenbar  die  Klageinteijc) 
'AXkifAoyoy  (=  aXoifioyoy)  als  Name  aufgefasst,  ähnlich  wie  Lambecius  aus  der  Leg 
des  ehrsamen  Esels  ein  Synaxar  vom  hl.  Gadaros  machte  (s.  §  389). 

343.    Erbauliches  ABC,  Uk(f>dßrjTog  xaTawxrtxdg  xai  ^tvxfO^Xi]; 

tov  fAuvaiov  xocfiov  Tovtov^  betitelt  sich  ein  im  Cod.  Vindob.  244  und 


llir-  a.  Gelegenheitsgedichte.  Daratellnag  TemiiBohter  Stoffe.  (§§  342—848)    815 

eutenden  Abweichungen  im  Cod.  Montepessul.  405  anonym  überliefer- 
Gedicht,  das  aus  24  fQnfzeiligen  Strophen  mit  alphabetischer  Akro- 
chis  besteht  (120  politische  Verse  mit  sporadischer  Anwendung  des 
mes).  Den  Inhalt  bilden  religiöse  Unterweisungen  über  die  ünbestän- 
keit  des  Irdischen,  die  Notwendigkeit  der  Busse  und  das  jüngste  Ge- 
lt. Um  die  alphabetische  Strophenreihe  glücklich  zum  Ende  zu  führen, 
derholt  der  Verfasser  unablässig  dieselben  Gedanken  in  neuer  Form. 
Dche  Wendung  (z.  B.  V.  41)  verdankt  er  der  Kirchendichtung,  von 
eher  er  im  übrigen  herzlich  wenig  gelernt  hat.  Doch  hat  auch  er 
len  Nachtreter  gefunden;  V.  6  bis  8  des  Alphabets  sind  von  dem  Ver- 
aer des  Lebens  in  der  Fremde  (V.  431  ff.)  mit  einigen  Modifikationen 
pptiert  worden. 

1.  A^usgabe:  Ed.  pr.  W.  Wagner,  Carmina  S.  242—247. 

2.  Hilfsmittel:  Von  Werken  der  Eunstlitterator  ist  namentlich  dti&'JXtpaßijtaQior 
V  tutpiUfAov  zu  vergleichen,  das  Chr.  Walz,  Arsenii  Violetum  S.  515,  ediert  hat.  — 
,  §  297  Anm.  3. 

8.  Ueberlieferung:  Eine  eigenartige  Stellang  behauptet  der  noch  nicht  beachtete 
L  Yindob.  phil.  gr.  178  (Nessel)  fol.  26—27.  Hier  hat  das  Gedicht  eine  andere 
erschrift  als  in  Wagners  Hss  und  wird,  zweifellos  fälschlich,  dem  Massendichter  Phil  es 
»schrieben,  der  gewiss  nie  die  Volkssprache  litterarisch  gebraucht  hat.  Die  üeber- 
■ift  lautet:  Ztixoi  noUxixol  tibqI  xQiaetog  tfwx^s  rov  ctixonhixov  (piX^,  Auch  sonst  hat 
Hs  viele  Eigenheiten;  die  Strophen  zählen  meist  nur  4  Verse  statt  5;  der  Text  stimmt 
1  mit  dem  Cod.  Vindob.  244,  bald  mit  dem  Montepess.  405  überein  und  ist  mithin 
keinem  dieser  beiden  Codices,  sondern  aus  einer  älteren  Redaktion  geflossen,  ein  Beweis, 
i  das  erbauliche  Alphabet  vielfach  umgearbeitet  wurde.   —  Ebenfalls  noch  unbenutzt 

die  Codd.  Paris,  gr.  2315  fol.  29n— 293^,  wo  das  Gedicht  die  wunderliche  Ueber- 

ift  hat:  Teroaürixa  neQCtxa  xard  dX(paßijiov^  Athous  149  und  Athous  2798  (Nr.  8). 

4.  Noch  unediert  ist  das  erbauliche  Alphabet,  das  der  Cod.  Paris,  suppl.  gr. 

B.  17  fol.  66—68  aufbewahrt.  Der  Beginn  lautet  (mit  Verbesserung  der  Schreiofehler 
Codex):  "^a'^^oitic,  mag  anoxoj^g  tov  xocfAoy  xal  adixdeig;  ||  *ldig  toy  <poß6g6y  xqufjy 
eig  xtti  av  yd  nd^g.  —  In  derselben  Hs  stehen  fol.  68  alphabetische  Distichen  im  poli- 
hen  Masse  auf  die  hl.  Maria  {"Ayoi^oy,  d^ofjtai,  dyyrj,  x6  xaneiyoy  fiov  x^^Xog  [Cod. 
<m])  und  fol.  69—73  zwei  ebenfalls  in  politischen  Versen  abgefasste  Alphabete  über  den 
I,    von  denen   das  erste  aus  vierzeiligen  Strophen,   das  zweite  aus  Distichen  besteht. 

erste  ist  von  Interesse  durch  die  Verwertung  der  volkstümlichen  Idee  des  Charos 
^  347;  349).  Ueberschrift  und  Anfang  lauten  nach  Verbesserung  der  Schreibfehler: 
dittXiyBxai  6  XttQog  fAk  roy  äy&Qtonoy,  "Jgx^^^^f  dyQo^xtjaare  dulXe^iy  rov  XdQov,  ||  '0 
og  fÄ^  toy  dy&Q(o7toy  cxixovy  xal  xoyjQaardQovy.  Das  zweite  Alphabet,  das  auch  der 
.  Athous  3820  (Nr.  22)  überliefert,  beginnt  ohne  ueberschrift:  "jQXoyrsg  xal  fieyimdyM 
»  Tfjy  Tittaxijy  Xoyue,  ||  Sdyarog  fidg  nayjvxalyci^  viovg^  yiqovg  xal  naiduc,  —  Zwei  er- 
iche  Alphabete  (ein  Gebet  zur  Gottesmutter  und  ein  Gespräch  zwischen  Teufel  und 
der)  und  andere  religiöse  Dichtungen  in  der  Volkssprache  enthält  der  Cod.  Athous 
L   8.    18.    Das  Gespräch  zwischen  Teufel  und  Sünder  auch  im  Athens  8820  s.  19 

21)  und  Athous  4053  s.  18  (Nr.  5j.  —  Ein  erbauliches  Alphabet,  alphabetische  Trauer- 
M  über  die  Verbannung  des  Adam  (verschieden  von  dem  in  §  338  genannten  Gedichte) 

eine  alphabetische  Disputation  zwischen  Mensch  und  Charon  (verschieden  von  den 
3  erwähnten  Alphabeten)  stehen  im  Cod.  Athous  2430  s.  17. 

343.  Stephanos  Sachlikis  {2Tä(pavog  6  2axXixr]g)  aus  Kreta  verfasste 
der  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  in  seiner  heimatlichen 
ndart  mehrere  durch  die  grobe  Realistik  der  Sprache  und  der  An- 
auung  merkwürdige  Gedichte.  Sie  sind  zuletzt  in  zwei  Komplexe  zu- 
amengeschweisst  worden;  aber  die  Spuren  wiederholten  Überarbeitung 
d  noch  in  den  starken  Abweichungen  der  Handschriften  deutlich  er- 
mbar.  1.  Das  erste  Gedicht  enthält  die  wenig  erbauliche  Selbstbio - 
aphie  des  Dichters.  Sachlikis  erzählt  uns,  dass  er  in  seiner  Jugend 
s  Schule  und  die  Bücher  tödlich  hasste,  dafür  sich  einem  ausschweifenden 


816     Byianiinisohe  latteraturgesohiohte.   m.  VvlffirgtMk^  üttaninr.  j 


Leben  hingab,  infolge  dessen  völlig  verarmte,  zuletzt  die  Stadt 
Xävia^)  verlassen  musste  und  sich  auf  dem  Lande  unter  den 
deren  Roheit  er  mit  dem  Hochmut  des  städtischen  Patrizi 
geisselt,  mit  Jagd  und  Hundezucht  beschäftigte.  In  die  Stadt 
gekehrt,  wurde  er  vom  Gouverneur  zum  Advokaten  bestellt,  b 
wegen  eines  Weibes,  der  von  ihm  mit  Ingrimm  verfolgten 
Kutajotaena,  ins  Gefängnis  geworfen.  In  einem  weiteren  Abacli 
im  Gefängnis  selbst  verfasst  ist,  schildert  er  die  Drangsalen  m 
und  die  Rücksichtslosigkeit  der  Wächter,  die  ihm  zum  Hohne  li 
(d.  h.  italienische)  Lieder  singen  und  ihm  spöttisch  zutrinke 
^mäßqe  ovv  tQcaov*"  (veni  bevre  un  tratto).  Endlich  beschert  i 
likis,  „der  Totengott  der  Buhldirnen"  (Xdqog  twv  noXttixwv),  wi 
selbst  nennt,  aus  Ärger  über  das  Unheil,  das  Weiberbosheit  übei 
bracht,  eine  langwierige  Satire  auf  das  Leben  der  öffentlichen  ] 
Kreta,  die  an  plumper  Derbheit  mit  den  gröbsten  Erzeugnissen  • 
sehen  und  französischen  Schwank-  und  FastnachtsspielUtteratiu 
und  16.  Jahrhunderts  wetteifern  kann.  In  der  Ausgabe  von  Wa 
auf  den  Codd.  Paris.  2909  und  Montepess.  409  beruht,  umj 
Gedicht  712  politische  Verse,  in  denen  von  V.  378  an  der  R 
wendet  ist;  eine  stark  abweichende,  um  einen  grossen  Anfang-  und 
teil  erweiterte  Bearbeitung  (857  Verse)  bewahrt  der  Cod.  Nea 
A.  a.  9,  den  Papadimitriu  bekannt  gemacht  hat  (s.  u.).  2.  In  den 
offenbar  später  abgefassten  Gedichte  (365  politische  Verse,  in  i 
Reim  schon  vollständig  durchgeführt  ist)  tritt  Sachlikis  als  Sitte 
auf.  Der  seltsame  Heilige  richtet  ernste  Ermahnungen  an  einen 
Franciscus,  den  Sohn  eines  hochgestellten  Freundes.  Namentli 
er  ihn  vor  den  gefährlichen  Lastern  der  Nachtschwärmerei 
Würfelspiels.  Den  grössten  Raum  beansprucht  auch  in  diesem 
die  rohe  Schilderung  des  listigen  und  habsüchtigen  Treibens  c 
dirnen.  Das  sittliche  Moment  mangelt  vollständig;  die  Gründe,  i 
der  kretische  Sokrates  seinen  Alkibiades  auf  die  Bahn  der  T 
leiten  sucht,  sind  rein  praktischer  Natur.  Auf  die  bedenkhch( 
zustände,  die  unter  den  Venezianern  in  den  Städten  Kretas  h 
werfen  beide  Machwerke  ein  grelles  Licht. 

1.  Ausgaben:  Das  zweite  Gedicht  ed.  mit  sprachlichen  Erklärangen  E 
Coli,  de  mon.  vol.  15,  Paris  1871  =  Annuaire  de  I'assoc  5  (1871)  201—242. 
Gedichte  ed.  W.  Wagner,  Carmina  S.  62—105.  —  Das  erste  Gedicht  ed.  nac 
abweichenden  Version  des  Cod.  Neapol.  III.  A.  a.  9  S.  D.  Papadimitriu, 
Sachlikis  und  sein  Gedicht  ^'A(pijyi]aig  naQd^eyog'^,  Odessa  1896  (russ.)  (mit  einer  sc) 
Untersuchung  über  das  Leben  und  die  Werke  des  Sachlikis,  gehaltreichem 
und  Glossar). 

2.  Hilfsmittel:  E.  Legrand,   Bibliogr.  hell.  2  (1885)  262.  —  Emend 
S.  D.  Papadimitriu,  Viz.  Vr.  1  (1894)  649—656.  Wiederholt  und  vermehrt 
genannten  Ausgabe  S.  193—226. 

3.  Name:  Der  Familienname  laxXlxtjg  findet  sich  schon  in  einer  aus  1 
menden  Urkunde  des  Jahres  1206.  Acta  et  diplomata  graeca  medii  aevi  edd.  . 
et  Müller  6  (1890)  151. 

344.  Mahngedicht  an  einen  alten  Bräutigam,  HcqI  yt'Qor^ 
ndqri  ^oQtzai,  ein  anonymes,  im  Cod.  Vindob.  244  überliefertes, 
gereimten  politischen    Versen  bestehendes  Machwerk,   schildert 


n.  Oelegenheitsgediohte.  Daratalliing  ▼ermiaohier  Stoffe.  (§§  344—346)    817 

Belehrung,  die  vor  drastischer  und  ekelhafter  Ausmalung  des  De- 
nicht  zurückschreckt,  die  schlimmen  Folgen  der  Vermählung  eines 
mit  einem  jungen  Mädchen.  Auch  hier  (V.  74—79)  spielt  der 
»tümliche  Charos  eine  RoUe  (vgl.  §§  345—347;  349).  Das  Gedicht 
stand  am  Ende  des  15.  oder  im  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  und 
IT  wahrscheinlich  in  Kreta. 

1.  Ed.  pr.  W.  Wagner,  Carmina  S.  106-111.  —  Vgl.  §  313,  11. 

2.  Zq  der  dem  Gedichte  zu  Grande  liegenden  alten,  oft  aoBgesprochenen  Idee 
den  Menanderspruch  r^Qtay  yeyofieyog  (Aiij  ydfiei  vecur^^cry  (Menandri  et  Philemonis 
ed.  A.  Meineke,  Berlin  1823  S.  316  V.   110),   die  lange  AnsftÜirang  bei  Georgillas, 

ft  von  Rhodos  V.  396 — 445,  and  das  neugriechische  Sprichwort:  *'AvxQag  yiqog  yvymxeg 
'  Mttyovy  Ttayja  xttxiig  dovitig,  I.  Benizelos,  IlaQMfÄlat  dtjutodsiSy  2.  Ixcf.,  Hermapolis 
7  8.  20,  261. 

846.  Die  Verführung,  ^Pr^ficna  xoQtji;  xai  väov  d.  h.  Reimerei  vom 
idchen  und  Jüngling.  Dieses  im  Cod.  Ambros.  Y  89  sup.  und  weniger 
Ifitändig  im  Cod.  Vindobon.  244  erhaltene,  aus  198  politischen  Reim- 
rsen  bestehende  Gedicht  ist  ohne  Zweifel  als  eine  echte  Probe  der 
ilkspoesie  des  16.  Jahrhunderts  zu  bezeichnen.  DafQr  sprechen  die 
ilreichen  Anklänge  an  heutige  Volkslieder,  auch  einzelne  Züge  wie  die 
wähnung  des  Charos  (V.  74;  184).  Das  Gedicht  schildert  einen  Vor- 
xf,  für  welchen  man  anderswo  nicht  die  Muse,  sondern  das  Strafgesetz- 
3h  zu  Hilfe  ruft,  nämlich  die  Geschichte  einer  nächtlichen  Vergewal- 
ung.  Nachdem  der  JüngUng  das  Mädchen  mit  dem  Rechte  des  Stär- 
ken erobert  hat,  verspottet  er  sie,  eine  Herzlosigkeit,  die  ganz  ähnlich 
den  „rhodischen  Liebesliedern^  wiederkehrt  und  wohl  aus  der 
üüstischen  Auffassung  der  Liebe  bei  den  Südländern  erklärt  werden 
SS.  Die  Sprache  des  Werkchens  (z.  B.  elg  fihv  V.  154)  scheint  auf 
eta  hinzuweisen. 

Ed.  pr.  E.  Legrand,  Coli,  de  mon.  N.  S.  1  (1874)  21—35  mit  französischer  Ueber- 
ang.  —  Volbt&ndiger  nach  der  Mailänder  Handschrift  ed.  E.  Legrand,  Bibl.  gr.  vulg. 
1881)  51-57. 

346.  Das  Leben  in  der  Fremde,  llfQi  Trjg  ^eviTsiag.  In  548  reim- 
en politischen  Versen,  die  der  Cod.  Vindobon.  244  aufbewahrt,  schil- 
■te  ein  poesieverlassener  Anonymus,  der  Sprache  nach  (s.  z.  B.  V.  19, 
,  346)  wohl  ein  Kreter,  im  15./16.  Jahrhundert  die  Mühsale  und  Trtib- 
e,  so  ein  Mensch  in  der  Fremde  erdulden  muss.  Der  Verfasser 
88te  den  Vorwurf,  der  in  neugriechischen  Volksliedern  häufig  so  glück- 
1  behandelt  ist,  nicht  poetisch  zu  gestalten;  sein  Elagegesang  gleicht 
em  poetischen  Karrussel,  in  welchem  dieselben  Gestalten  immer  aufs 
ae  an  uns  vorüberschweben.  Nachdem  er  sich  in  endlosen  Wieder- 
ungen,  pathetischen  Ausrufen  und  überschwänglichen  Gemeinplätzen  er- 
löpft  hat,  verrät  er  uns,  dass  er  nicht  theoretisch  gesprochen,  sondern 
n  eigenes,  in  der  Fremde  schmerzlich  verwundetes  Herz  ausgeleert  hat. 

weiteren  Verlauf  der  Schilderung  wird  die  Stimmung  des  Dichters 
mer  trüber,  bis  er  sich  zuletzt  in  ganz  unverständlichen  Klagen  über 
t  Nichtigkeit  der  Welt  und  in  bitteren  Verwünschungen  seines  eigenen 
seins  verliert.  Trotz  aller  Gedankenarmut  und  Formlosigkeit  fehlt  es 
ch   in   diesem   Gedicht  nicht  an  Spuren  volkspoetischer  Impulse; 

359  und  372  ff.  spielen  die  Vögel    als  Boten  eine  ähnliche  Bolle  wie 

HMdlmch  der  Ua«.  AltertnmswlMeiunhaft  IX.    1.  AMlg.    2.  Anfl,  52 


1 


818    Byzantinisohe  Litieratnrgesohiohta.    HL  Ynlsirgrieoli.  Littermtor.  1 

in  der  neugriechischen  Volksdichtung;  V.  481  wird  Charos  als  Toi 
erwähnt;   auch  der  Gesamtton   wird   von  V.  300  an   frischer  und 
massiger.     So  bewahrt  dieser  Elagegesang   als  privater  Reflex  derili 
Anschauung  von  der  Bitterkeit  des  Lebens  in  der  Fremde») 
Bedeutung  für  die  griechische  Folkloristik;  er  verhält  sich  zu  AenTjBp!^^ 
gudia,  die  das  Leben  in  der  Fremde  und  die  Rückkehr  in  die  Hdnuitl|l«|fr 
singen,   ähnlich  wie  das  Gedicht  auf  den  unersättlichen  Hadeidf^n 
§  349)  zu  den  heutigen  Charosliedern.  IpfKi 

Ed.  pr.  K.  N.  Sathas,  Uay^taga  vol.  22  S.  472—478.  —  Ed.  W.  Wagner,  CoJfS^ 
S.  203-220.  —  Noch  unverwertet  ist  der  Cod.  Athen.  701.  lnna^J 

347.  Der  Apokopos  {^Anoxonoq  d.  h.  Zeit  nach  der  Arleup<^' 
Abendruhe),  das  Werk  eines  seiner  Person  und  Herkunft  nach  DicUk|iMi^ 
kannten  Dichters  Bergades  (MnBQyad^iq)^  schildert  in  558  gei 
politischen  Versen  eine  im  Traume  unternommene  Hadesfahri 
eigentlichen  Vorwurf  bildet  eine  Satire  auf  die  üble  Gewohnheit 
Lebenden,  die  Verstorbenen  zu  vergessen.  In  der  allegorischen  Einlei 
ist  die  aus  dem  Barlaamromane  entlehnte  indische  Parabel  von 
Manne,  dem  Drachen,  dem  Baume  mit  dem  Bienenstocke  und  den  nA^ 
Mäusen  mit  einer  Modifikation  verwertet ;  der  Baum  bricht  und  der  Houmik 
nascher,  d.  h.  der  Dichter,  stürzt  in  den  Schlund  des  Drachen,  der,  wf  ^ 
bei  Pikatoros,  mit  dem  Hades  identisch  ist.  Der  neue  Ankönunfiag 
wird  von  den  Schatten  befragt,  wie  die  Welt  aussehe,  ob  noch  die  QaeDa 
rauschen  und  die  Vögelein  singen,  ob  noch  Angehörige  um  die  Ver- 
storbenen trauern.  Diese  Frage,  das  Hauptthema  des  Gedichtes,  will 
nun  in  ausführlichem  Zwiegespräch  erörtert.  Einen  merkwürdigen  Zi^ 
bildet  die  scharfe  Polemik  gegen  die  unersättliche  Habsucht  der  Mdnck. 
Das  Gedicht  zeigt  neben  manchen  Anklängen  an  neugriechische  Charos- 
lieder  eine  unverkennbare  Verwandtschaft  mit  italienischen  Poeäei, 
namentlich  mit  Dantes  Inferno.  Doch  ist  eine  abendländische  Qoeb 
nicht  nachgewiesen.  Die  Darstellung  ist  fliessend,  malerisch  und  Unfig 
echt  poetisch;  doch  dürfte  die  Lektüre  gerade  wegen  der  urwQchsigei 
Kraft  der  Diktion  dem  Anfänger  im  Vulgärgriechischen  ungewGhnlick 
Schwierigkeiten  bereiten. 

1.  Ausgaben:  Zacrst  als  venezianisches  Volksbuch,  Venedig  1534,  1543,  1551 
(Exemplar  io  der  Bibl.  Barb.  G.  G.  G.  VI.  49),  1627,  1667,  1683,  1721  und  öfter.  - 
Ed.  E.  Legrand,  Coli,  de  mon.  9  (1870)  (nach  dem  Venez.  Drucke  von  1667)  und:  BiU. 
gr.  vulg.  2  (1881)  94—122  (nach  der  Ausgabe  von  1584  mit  den  Varianten  des  Coi 
Vindobon.  244).    Vgl  die  Einleitung  S.  66  ff. 

2.  Hilfsmittel:  Zu  der  indischen  Parabel:  E.  Kuhn,  Der  Mann  im  Brunnen,  F«t* 
gross  an  Otto  von  Böhtlingk,  Stuttgart  1888  S.  68—76.    —   Vgl.  die  Litteratnr  ra  §  SÄ 

3.  Name:  Die  Ausgaben  von  1534  und  1543  nennen  den  Autor  Mn€Qym&^(,  At 
von  1667  und  1721  MTiegyatjg,  Wahrscheinlich  aber  ist  beides  falsch  und  MntQya^  ■» 
durch  die  Aehnlichkeit  des  y  und  y  veranlasster  Drockfehler  fOr  Mneqva&ij^,  Der  Noe 
iMnegyadijgy  MneyecQdfjg  mit  Ableitungen  wie  BsQytcQdaxrjg  (statt  MnBqytt^Saxvig)  ist  ii 
Griechenland  nicht .  selten. 

348.  Georgios  Chiunnos  (rsdqyioq  Xov/xvog)  aus  Chandax  in  Kreta 
verfasste  wohl  am  Ende  des  15.  oder  im  Anfang  des  16.  Jahrhunderts 
einen  Auszug    des    alten    Testaments   mit    starker    Betonung    der 

*)  Ein  mittelalterliches  Zeugnis  dieser  Anschaunng  enthält  z.  B.  BelthandroB  V.  15U 


I«hr-  n.  GelegenheiUgediohto.  Daratellnng  Termitohter  Stoffe.  (§§847—849)     819 

^Doralischen  Lehren.  Diese  gegen  2800  gereimte  politische  Verse  umfas- 
jide  noch  unedierte  Versbibel  ist  in  den  Codd.  Vindob.  theol.  gr.  244 
essel)  fol.  2—19  und  Marcian.  gr.  Gl.  IX  17  fol.  1—70  erhalten.  Die 
rschrift  lautet  in  der  Wiener  Handschrift:  IlaXaiov  did  atfx'^v 
rf&^v  naqd  xvqov  (?)  rtwqyiov  Xovfxvov  rov  ex  %i]g  neQißorjrov  rdov  VTflfüV 
X  €vdai/x(ov  (so)  KgiJTTjg  ex  noXecog  Xavddxov  ^  in  der  Venezianer  da- 
gen  einfach :  'H  xoaixoYhvrjCiq  (so)  fx€%aßak(x^vr]  nqog  ^ij/xa  (1.  ^/juer)  naQa 
^v  XVQOV  retoQyhv  Xoviivov,  Nach  der  ersten  Titelfassung  könnte  man 
i-:]«nen  Zusammenhang  des  Werkes  mit  der  sogenannten  Palaea  (s.  S.  398) 
irmuten.  Von  der  Sprache  des  Chumnos,  die  den  Zeit-  und  Heimats- 
inossen  eines  Sachlikis  deutlich  verrät,  mögen  die  ersten  vier  Verse 
ach  der  Venezianer  Handschrift)  eine  Vorstellung  gewähren: 

JiofiM  XQicvnocxate  xtigte  xal  natiga, 

Ttjy  X^Q^^  ^^^  anoCTBiXe  irovttjy  t^y  ijfiiQa 

Kai  ffoSricoy  (aov  irjy  xaQduty,  xoy  yovy  xal  tijy  xoiXlay  (II), 

Na  ^tjytj^ia  rov  Mwvatj  ttjy  &Biay  ofiiXlay, 

1.  Eine  anonyme  Paraphrase  des  alten  and  neuen  Testaments  in  der  Form 

Dialogs  zwischen  dem  Menschen,  dem  Charos  und  Helena  bewahrt  der  im  Jahre  1635 

;^e8ciiriebene,  offenbar  aus  venezianisch-kretischen  Kreisen   stammende  Cod.  Marc.  XI  19 

.fol.  244—338^.    Das  seltsame  Machwerk,  das  wie  der  grösste  übrige  Teil  des  Codex  mit 

^hiteiiiischen  Buchstaben  geschrieben  ist,  umfasst  nicht  weniger  als  5136  Verse.    Der  Titel 

■  lautet:  Palea  kie  nea  Dhiathiki  Pyma  omorfotato  kie  poli  ofelimon  istus  Christianus  camo- 

— ^  meni  (so)  is  modho  dhialogo  opu  cani  o  Gharos  me  ton  Anthropo.  Nun  folgt  die  szenische 

["  Iffotiz:  Anthropos  kie  Gharos.    Anthropos  idbe  ton  Gharo  kie  xipase.    Der  Dialog  beginnt: 

~  -Anthropos:   Pios  in  to  ulepo  kie  erghese  mauros  scotijnasmenos,  assussumos  (d.  h.  dcov- 

•9ovfios  =  unähnlich)  kie   anegnoros  kie  xecocalismenos  u.  s.  w.    Wie  sich  das  Gedicht 

^  nur  Paraphrase  des  Chumnos  verhält,  vermag  ich  mit  den  dürftigen  Proben,   die  ich  von 

^  beiden  notiert  habe,  nicht  zu  bestimmen. 

m:  2.  Im  Cod.  Marc.  CL  IX  17  stehen  ausserdem  Werke  des  Chumnos  mehrere  durch- 

-.-  ans  in  politischen  Reimversen   abgefasste  Gedichte  und  Gebete  religiösen  Inhalts: 

saerst   ein   Gedicht   an   Jesus   (etwa   222   Verse),   dann   ein   Gebet,   für  welches   Papst 

-'-  Johannes  XXII  (1316—1334)  einen  300tägigen  Ablass  gewährte,  dann  Gebete  zum  hl.  Geist, 

^:   sor  hl.  Gottesmutter,  zum  hl.  Franciscus,   ein  Gebet  des  hl.  Thomas  von  Aquino  zur  hl. 

;    Kommunion,  ein  vulgärgriechischer  Akathistos  (beginnend :  XuTqs  xoqtaya  xrjs  xvQMg,  axififitt 

'   Ttjg  naQSeyioxrjg  \\  XaTge  xayxrjXa  xa*  ofjtoQtpidg,   X"^^  deyxQoy  xrjg  yioxrjg),   Verse   an   die 

^i  bl.  Maria,   eine  'P^fia  (1.  ^Plfia)  negi  xov  ^ayäxov  (beginnend:    Tgofiaccto  xoy  xoy  &ayaxoy, 

-.  oiay  tftvxt]  x^Q^^nh  ®in  Ablassgebet  des  Papstes  Sixtus  IV  (1471 — 1484),  eines  gewissen 

'   Pere  Andreas  Skletzas  Lobgedicht  auf  die  Muttergottes  als  Gnadenquelle  (Atyoi  ngog 

—  r^y  Cioodoxoy  nrjyijy  nenoytjfiiyoi  nagd  xot  neg  ayd^iov  cxXix^a),  endlich  Prosaunter- 
weisungen über  den  Nutzen  der  Mnemosjna  und  Aehnliches.  Aus  der  Vereinigung  der 
Paraphrase   des  Georgios  Chumnos  mit  diesen  aus  griechisch-katholischen  (wohl  venezia- 

.    Diseben)    Kreisen   stammenden   Erbauungsschriften    lässt  sich    vermuten,   dass  Chumnos 

-  Katholik  war. 

13  849.  Johannes  Pikatoros   (Icodvvrig  nixarogog)  aus  Rhethymne  auf 

Kreta  beschrieb,   wahrscheinlich    im  Anfange   des    16.  Jahrhunderts,   in 
seiner  heimatlichen  Mundart  das  Traumgesicht  einer  Hadesfahrt:    'iY/ca 

.  ^^i^TyTixiJ  etg  rov  nixQov  xal  dxoQeaxov  "JiStjv  (563  gereimte  politische 
Verse).  Der  Dichter  wird  von  einem  schwarzen  Manne  in  den  Schlund 
eines  furchtbaren  Drachen  geschleudert;  im  Innern  des  Untieres  ange- 
kommen sieht  er,  dass  er  sich  im  Hades  befindet;  vor  dem  Thore  kauert 
eine  dreiköpfige  Schlange;  Gharos  reitet  auf  ihn  zu  und  fragt,  warum  er 
in  den  Hades  gefahren  sei,  ob  er  etwa  den  Weg  verfehlt  habe  und  noch 
hoffe,  in  die  Welt  zurückzukehren.  Der  Unglückliche  antwortet,  er  sei 
gekommen,  um  den  Thron,  die  Schlösser,  die  Länder  und  die  Gefangenen 
des  Charos  kennen  zu  lernen.     Charos  nimmt  ihn  auf  sein  Boss,  und  iitfl 

62» 


820    ByzMitiniBohe  latteratargeschiohte.    m.  Vulgftrgrieoh.  LiUentor.  tiMV 

reiten  gemeinsam  durch  die  schauerlichen  Räume  der  Unterwelt  «J*"" 
einer  Disputation  über  die  Ursachen  des  Todes  und  die  GeheinmiaMMp^ 
Schöpfung  bricht  das  am  Schlüsse  verstümmelte  Gedicht  ab.  Die  bm^^ 
würdige  Yerquickung  des  antiken  Hadesbegriffes  mit  dem  volksnMpl^'^ 
Charos  und  mit  gelehrter  Theologie  macht  dieses  poetische  SeiteuHtl^Y 
zu  den  Dialogen  Timarion  (s.  §  198)  und  Mazaris  (s.  §  211)  ftr  U  -^ 
Studium  des  neugriechischen  Volksglaubens  höchst  beachtenswert        1'^ 

Ed.  pr.  W.  Wagner,  Cannina  S.  224—241  (aus  Cod.  Vindobon.  244).  ■•'^ 

350.  Marino  Falieri  {MaQivog  fPakiäQr^g)  leiht  seinen  Namen  Wl  . 
Versifikationen,  die  teils  im  Cod.  Ambros.  Y.  89.  sup.  (16.  Jahrb.),  tekl*^ 
im  Cod.  Neapel.  lü.  B.  27  fol.  101—118,  121^—124  und  168— 173'wl|f 
im  Cod.  Vallicell.  C.  46  fol.  411—424  erhalten  sind.  1.  Das  erst^  al!: 
der  Handschrift  ohne  Titel  überlieferte  Stück  ist  ein  an  einen  Freund  j^l* 
richtetes  religiöses  Mahn  gedieht  (283  politische  Reimverse),  in  wii^l 
chem  Betrachtungen  über  die  Vergänglichkeit  des  Irdischen,  über  dieV«»!* 
werflichkeit  des  weltlichen  Lebens,  über  Tod,  Sünde  und  Busse  in  breäsP 
Weise  vorgetragen  werden.  Von  den  Derbheiten,  welche  sich  die  leb-l' 
hafte  Muse  eines  Sachlikis  und  Depharanas  gestattet,  ist  das  Ge£dtl' 
völlig  frei ;  es  ermüdet  aber  durch  die  flache  Allgemeinheit  der  Gedanbi  r 
und  den  Mangel  eines  lokalen  oder  zeitlichen  Kolorits.  In  den  letihiV 
zwei  Versen  nennt  der  Verfasser  seinen  Namen:  ^g  iiena  tcXsm&r/ut  l 
rj  ^ifia  Tov  0aXu'QOV  \  Taffbvzt]  tov  fiia^Q  Maqfj^  %ov  naXaiov  %ov  Y^f99, 1 
2.  Eine  in  dialogische  Form  gefasste  allegorische  Traumgeschichte.  | 
^ICTOQia  xal  oveiQO  tov  evysvsCTcczov  ccQXOVtog  xvqiov  (so)  MaQivov  0aUi' 
Qov.  Der  Verfasser  erzählt  wie  Pikatoros  und  Bergades  ein  von  ihm 
selbst  erlebtes  Traumgespräch.  Die  Personen  des  Dialogs  sind  Falieri. 
die  Moira,  Pothula  (Sehnsucht)  und  Athusa  (Unschuld).  Nachdem 
Falieri  mit  der  Moira  ein  längeres,  ziemlich  inhaltsarmes  Zwiegesprädi 
gepflogen  hat,  erscheinen  Pothula  und  Athusa.  Der  Dichter  entbrennt  in 
begehrhchcr  Liebe  zu  Athusa  und  bestürmt  sie  mit  heissen  Werbungen, 
wobei  ihm  Pothula  getreulich  beisteht.  Athusa  weist  seine  verführerischöi 
Worte  standhaft  zurück.  Endlich  schwört  er  ihr  bei  Christus  und  Marii 
ewige  Treue,  verlangt  aber  eine  Gegenleistung.  Nun  gesteht  sie  ihm  ihre 
Liebe;  er  fordert  einen  Kuss;  mitten  in  seinem  Glück  aber  weckt  ihn  der 
Biss  eines  Flohs  aus  dem  Traume.  Mit  diesem  grotesken  Motiv  schliesst 
der  Dialog.  Auch  dieses  sonst  ziemlich  trockene  Moralgedicht,  ein  später 
Nachzügler  der  allegorischen  Dialoge  des  Tzetzes,  Haplucheir,  Philes, 
erhebt  sich  an  einer  Stelle,  in  der  Schilderung  der  Liebeswerbung  des 
Falieri,  unter  dem  Einfluss  volkspoetischer  Anregungen  zu  warmer 
Empfindung  und  lebensvoller  Darstellung.  3.  Das  dritte  Stück  ist  mit 
dem  zweiten  inhaltlich  eng  verwandt ;  es  ist  ebenfalls  eine  Traumliebes- 
geschichte, die  in  der  Handschrift  ohne  Titel  überliefert  ist.  Der  Dichter 
sieht  im  Schlafe  eine  Frauengestalt  und  einen  mit  Pfeil  und  Bogen  aus- 
gerüsteten Eros,  der  ihm  mitteilt,  dass  er  von  der  Moira  für  die  Dame 
bestimmt  sei.  Schon  will  der  Dichter  die  ihm  zugedachte  Holde  küssen: 
da  klopft  die  Moira  an  die  Thüre;  der  Dichter  läuft  »im  Hemd",  ihr  zu 
öffnen^  und  bietet  ihr  einen  Stuhl  an.   Plötzlich  aber  kräht  der  Hahn ;  der 


»hr-  n.  Gelegenheitsgediohta.  Daraiellaiig  TermiBchier  Stoffe.  ($§  350->352)     g21 

pmim  verfliegt  und  mit  ihm  Moira,  Eros  und   die  Braut.    Den  Schluss 
et  eine  ziemlich  unvermittelte  Mahnung  an  die  Jünglinge,  den  furcht- 
in  König  Eros  zu   ehren.     Eine  in   die  Erzählung  eingeschaltete  Er- 
ng  über  die  Erotokratia  berührt  sich  vielfach  mit  der  Geschichte 
m.   Erotokastro   (Chateau   d'amour)    in   Belthandros    und  Chrysantza. 
hier  wie  dort  sich  lebhaft  aufdrängende  Frage,   ob  der  Vorstellungs- 
der  Liebesburg,  des  Eros  u.  s.  w.  direkt  aus  dem  Altgriechischen  stamme, 
ler  ob  Amor  nach  all  seinen  Wandlungen   von  Vergil  bis  Petrarca  von 
:3Rlischem  Boden  nach  Griechenland  zurückgekehrt  sei,  muss  gegenwärtig 
-  och  als  eine  offene  betrachtet  werden.     Wenn   auch  der  Begriff  Eros  in 
byzantinischen  und  neugriechischen  Volkspoesie  nicht  ganz  unbekannt 
80  besitzt  er  in  keinem  Falle  auch  nur  annähernd  die  Popularität  des 
•08,  der  Moiren  und  anderer  mythologischer  Figuren. 
Über  die  Person   des  Verfassers   ist  nichts  bekannt;  vielleicht  ist 
berühmte  venezianische  Name  nur  Aushängeschild  eines  Anonymus. 
^Tedenfalls  aber  gehören  alle  drei  Gedichte  demselben  Autor;  das  beweist 
.nicht  nur  die   Unterschrift  des  ersten  und  die   Überschrift   des  zweiten 
/  StQckes,  sondern  auch  die  unverkennbare  Ähnlichkeit  der  Auffassung  und 
;  vOalnstellung,  die  sich  bis  auf  die  Wiederholung  einzelner  Wendungen  (z.  B. 
'^fXvxtittnä  fjiov  taiQi)     erstreckt.     Die   Sprache   der  Werkchen   ist   das 
_il reinste  Volksgriechisch,  das  man  sich  denken  kann;  zu  einer  dialektischen 
ne Bestimmung  fehlt  ein  sicherer  Anhalt;  doch  scheinen  äafxdxi  und  SovfiÜM 
=-;.(Cod.  Ambros.  Y.  89.  sup.  fol.  96^;  99)  auf  Kreta  hinzuweisen.  Die  Über- 
eile fern  ng  zeigt   dieselbe   Verwahrlosung   der  Orthographie,   welche   die 
-^-meisten  Handschriften  und  auch  die  Venezianer  Drucke  der  griechischen 
,:  Volksbücher   des   16.  Jahrhunderts   für   den  Anfänger   fast  unzugänglich 
^  macht. 

^7;  1.  Ausgaben:  Proben  der  zwei  ersten  Stücke  ed.  E.  Legrand,  Bibl.  gr.  vulg.  2 

'  (1881)  Einleitung  S.  62  ff.  —  Für  die  von  mir  mitgeteilte  Analyse  ihres  Inhalts  habe  ich 

-  die   Mailänder   Handschrift   selbst   durchgearbeitet.    —  Das  dntte  Gedicht   ed.   aus  dem 

F  Cod.  Neapel.   John  Schmitt,   Iloitjfia  ayäxdoto  tov  Magivov  ^ahi^rj^   JeXzioy  4  (1893) 

_^   291—  308  (mit  dem  im  Cod.  Ambros.  fehlenden  Schluss  des  zweiten  Gedichtes).  —  Noch 

^  völlig  unbenutzt  ist  der  oben  erwähnte  Cod.  Vallicell.,  der  das  erste  Gedicht  unter  dem 

2  Tüel:  Uoirjfjta  tov  evyeveataiov  ff^/oyro^  /iici^  (auqI  tpaXiigov  enthält. 

-  2.  In  dem  oben  erwähnten  Cod.  Neapol.  III.  B.  27  fol.  118-^121  und  124^  stehen 
einige  sehr  unbeholfene,  nur  als  Sprachdenkmäler  beachtenswerte  Liebesgedichte. 

351.  Auf  Venedig,  Elg  Beveziav  (84  reimlose  politische  Verse).   Der 
^  Verfasser  dieses  Lobgesanges  auf  die  Lagunenstadt  ist  ein  völlig  unge- 
bildeter Mensch,   der  in   naiver  Weise  sein  Erstaunen  über  die  Wasser- 

-  Strassen,  die  Marcuskirche  und  den  Dogenpalast  in  verständliche  Worte 
zu  kleiden  sucht;  dabei  verrät  er  aber  eine  Unbeholfenheit,  die  in  der 
Geschichte  des  vulgärgriechischen  Stils  fast  einzig  dasteht. 

Ed.  pr.  aus  Cod.  Vindobon.  244  W.  Wagner,  Carmina  S.  221—223.  --  Das  Gedicht 
scheint  auch  im  Cod.  35  des  alten  Serails  zu  stehen,  der  nach  Fr.  Blass,  Hermes  23 
(1888)  224,  Sroixol  JtoXoi  (so)  rtjg  Beystiag  enthält. 

352.  Markos  Depharanas  {MaQxog  Jeg)aQavag)  aus  Zante  schrieb 
^m  Anfang  des  16.  Jahrhunderts  zwei  Gedichte,  die  sich  an  Derbheit 
der  Auffassung  und  des  Ausdruckes  am  besten  mit  den  Werken  des  Sach- 
likis  vergleichen  lassen.  1.  Lehrgedicht  eines  Vaters  an  seinen  Sohn, 


822    BysantiniBche  LitteratnrgMchiohte.    m.  Yulglriiteeh.  Uttorater.  t  taMt^ 

y^oyoi  6t6axti)col  tov  natqdg  nqoq  %dv  vtov  (788  gereimte  politische  VcoM 
Zum  Vorbilde  diente  dem  Verfasser  die  Paränese  des  Sachlikis  (8.§3l»du 
mit  der  sein  Werkchen  nicht  nur  die  Gemeinheit  der  Darstellung,  8oiri3(HM 
sogar  mehrere  Verse  gemeinsam  hat.  Manche  Züge  scheinen  auf  an  11^ 
italienische  Quelle  hinzudeuten.  2.  Die  Geschichte  der  Susiu^lBeä 
^IfXTOQia  ix  j(ov  tov  JavifiX  negi  trjg  2(oadvvr]g  (376  gereimte  politische Vend^lli^ 
Es  ist  wahrscheinlich  eine  dem  Bedürfnis  des  Zeitalters  angepasste  B»»! 
arbeitung  eines  älteren  Originals.  Dass  dieser  Stoff  schon  früher  poetMil|fi; 
behandelt  wurde,  beweist  ein  aus  80  reimlosen  politischen  Versen  bestek»!  i\' 
des  schriftsprachliches  Gedicht,  das  im  Cod.  Marcianus  408  fol.  153*— litl^* 
erhalten  ist.  Ii» 

1.  Ausgaben:  A.  Das  Lehrgedicht  ist  nur  in  einem  wegen  seiner  abeolita kl  &tk 
korrektheit  fast  anlesbaren  Venezianer  Druck  des  Jahres  1543  erhalten,  Yon  wilchi|fr 
bis  jetzt  2   Exemplare  bekannt  geworden   sind.    Ich  habe  vor  vielen  Jahren  eiiieiNi|(v 
Ausgabe  des  sprachgeschichtlich   und  kulturhistorisch  interessanten  Werkes   voHbmiil 
für  die  sich  leider  noch  kein  Verleger  gefunden  hat.  Iv 

B.  Geschichte  der  Susanna:   Zuerst  Venedig  1638,   1671  nnd  öfter.  —  Eillli 
Legrand,  Bibl.  gr.  vulg.  I  269—282.  —  Das  erwähnte  Susannagedicht  des  Cod.  MaraHi| 
ed.  E.  Legrand,  Bibl.  gr.  vulg.  II  48  ff.    Vgl.  seine  Einleitung  S.  28  ff.  |[i 

2.  Hilfsmittel:   üeber  das  Verhältnis  zu  Sachlikis  vgl.  S.    D.  Papadiiiiitrii.|i 
Stenhanos  Sachlikis,   Odessa   1896  S.   227—234.   —   Die   Vermutung    von   E.  LegraBd.! 
Bibliogr.  hell.  1  (1885)  289,  dass  dem  Depharanas  auch  die  gereimte  Bearbeitung  derGe-l 
schichte  Alexanders  des  Grossen  gehöre,  ist  nicht  stichhaltig.  Vgl.  Pa pa d im itriu,  a.a.O. I 
S.  230  f.  I 

353.  Leonardos  Phortios  {Movägäog  (PoQTiog)  verfasste  im  Anfange 
des  16.  Jahrhunderts  ein  Gedicht  über  das  Militärwesen,  H^^  üx^ 
ticozixrjg  ngayfiazeiag  (912  gereimte  trochäische  Achtsilber).  Der  Verfasser, 
der  sich  auf  dem  Titel  ^PwixaTog  und  xourjg  naXaxXvog  nennt,  ist  seiner 
Person  nach  unbekannt.  Die  Sprache  seines  Werkes  erhält  durch  die 
starke  Mischung  einerseits  mit  Wörtern  der  Kunstgräzität,  andrerseits  mit 
italienischen  Ausdrücken  ein  merkwürdig  buntes  Kolorit. 

£d.  pr.  Venedig  1531.  —  Orthographisch  verbesserter  Neudruck  von  £.  Legrtnj, 
Coli,  de  mon.  vol.  17,  Paris  1871. 

354.  Das  Opfer  Abrahams,  'H  d^vaia  tov  UßQadfi^  ist  eine  Art 
Mysterienspiel  (1154  politische  Reimvorse).  Religiöse  Dialoge  und  geist- 
liche Aufführungen  sind  aus  der  älteren  byzantinischen  Zeit  sicher  nach- 
gewiesen (s.  §  266);  doch  scheint  das  Opfer  Abrahams  mehr  auf  eine 
italienische  Quelle  als  auf  ein  byzantinisches  Original  hinzuweisen.  Der 
uns  erhaltene  Text,  der  von  einem  gewandten  Stilisten  herrührt,  darf 
jedenfalls  nicht  über  das  16.  Jahrhundert  hinaufgerückt  werden. 

1.  Ed.  pr.  ist  wahrscheinlich  der  Venezianer  Druck  von  1535.  £r  wurde  wiederhoh 
Venedig  1668,  1694,  1709  und  öfter.  —  Neudruck  nach  der  Ausgabe  von  1535  von  L 
Legrand y  Bibl.  gr.  vulg.  I  226—268.  —  Nur  unwesentliche  Varianten  bietet  nach  £,  Le- 
grand, a.  a.  0.  S.  XXVI,  der  Cod.  Marc.  XI 19,  anno  1635  scr.,  der  fol.  210—231  den  Text 
in  lateinischer  Transcription  enthält.  Hier  lauten  die  zwei  ersten  Verse:  Xipna  AnruiSr 
xipna  auraam,  giru  chiapano  stassu  ||  madato  apö  tüs  uranüs  su  femu  chiafucrassn. 

2.  Aus  dem  Ende  des  15.  oder  dem  Anfange  des  16.  Jahrhunderts  stammt  das  Ge- 
dicht JJiy&os  d^ttvatovy  das  Betrachtungen  über  die  Vergänglichkeit  des  Irdischen  osd 
den  Tod  enthält.  Es  wurde  zum  erstenmale  gedruckt  zu  Venedig  1524.  Dann  Venedig 
1543.  Vgl.  E.  Legrand,  Bibliogr.  hell.  1  (1885)  179;  238  ff.  —  HandscbrifÜich  steht  djfi 
Gedicht  z.  B.  im  Cod.  Neapel.  III.  B.  27  f.  1-12. 

3.  Vulgärgriechische  Gedichte  über  das  Leiden  Christi,  die  Geschichte  des 
Joseph  u.  s.  w.  bewahrt  der  Cod.  Oxon.  Aedis  Christi  49  s.  15  foL  166—229  (zum 
Teil  zum  Zwecke  der  Publikation  abgeschrieben  von  Dr.  N.  Dossios  in  Jassy).  —  Ein 
vulgärgriechisches  Gedicht  über  David  steht  im  Cod.  A rund.  (British  Museum)  528  s.  lö. 


lehr-  n.  Gelegenheitsgedichte.  Daratelliing  vermiaohter  Stoffe.  (§§  353—355)    823 

355.  Theologetos  Moscholeos  {Oeokoyr/rog  MoaxoXiog)  aus  Kreta 
[rieb  im  Anfange  des  17.  Jahrhunderts  ein  Leben  des  hl.  Nikolaos 
'oq  jov  dyfov  xal  [ueyaXov  NixoXdov)  in  268  politischen  Reimversen. 
8  Werk  ist  wahrscheinlich  wie  die  Susanna  des  Depharanas  nur 
ax beitung  einer  älteren  Dichtung  über  dasselbe  Thema,  das  auch  in  der 
einischen  Poesie  des  Mittelalters  eine  erhebliche  Rolle  spielt. 

1.  Ed.  pr.  Venedig  1626.  —  Neudruck  von  E.  Legrand,  Bibl.  gr.  vulg.  I  821-329. 

2.  In  das  17.  Jahrh.  gehört  wohl  auch  der  seiner  Person  nach  unbekannte  Leonardos 
la  i^orta  (AeovdqSog  JeXkanoqxtt,  auch  TeXafjinfaQja),  von  dem  der  Cod.  Athous  1174, 
7,  mehrere  volkssprachliche  Erbauungsgedichte  in  politischen  Versen  enthält.  Näheres 
Sp.  P.  Lampros,  Catalogue  of  the  greek  mss  on  Mount  Athos  1  (1895)  107. 

3.  Ein  anonymes  Gedicht  über  Schicksal  und  Tod  (108  politische  Verse),  das 
der  Apokopos  (s.  §  847)  mit  der  Schilderung  der  Nachtruhe  anhebt,  bewahrt  der  Cod. 
ous  8293  s.  17  fol.  320 — 322.  Beginn:  *Aydyvto^i,,  J  äv^qwis^  xatäXaße  toy  nXovToy,\\ 
XQovoy    TS    xai    toy    XQOj^oy^  toy  TtXdyoy  xoa/Äoy  tovroy,  \\  'Slg  dno   xdnov  yvata^a  xt 

9^  /US  Tiegexv^fjt  ||  *ExovfÄnt]aa  V  tiJi'  xXiyrjy  /äov,  oXlyoy  ixoifiij&tj, 

4.  Einige  teils  noch  spätmittelalterliche,  teils  aus  dem  15. — 18.  Jahrb.  stammende, 
ii  didaktische  und  religiöse  Dichtungen  ed.  M.  L  Gedeon,  UuQyaaao^  1  (1877)  525 
537;  746-766;  dazu  biographische  Notizen  S.  856—869. 

5.  Ein  vulgärgriechisches  Weiberlob  in  politischen  Versen  -steht  noch  unediert  im 
ex  4  der  wenig  bekannten  Sammlung  griechischer  Hss  des  Collegio  Greco  in  Rom 

272).     Der  Titel  lautet:  £vya^i^  evyeytxuiy  yvytuxiSy  xai  oQ^oytioy» 


2.  Sagenhafte  und  historische  Dichtungen  auf  natiou 

Grundlage. 

356.  Allgemeine  Erklärung.  Wie  im  Abendlande  so  entsta 
auch  bei  den  Byzantinern  während  des  Mittelalters  epische  Volks 
tungen,  in  welchen  die  Thaten  berühmter  Helden,  wichtige  Epiaoda 
heimatlichen  Geschichte  und  häufig  wiederkehrende,  durch  die  Ki 
Verhältnisse  des  Landes  bedingte  Familienereignisse  in  heroischen 
elegischen  Tönen  besungen  werden.  Die  epische  Grundform  ( 
Werke  ist  meistens  mit  dramatischen  Elementen  versetzt;  der  6an 
Erzählung  wird  durch  kürzere  und  längere  Dialoge  unterbrochen,  in  wc 
die  handelnden  Personen  ihre  Gefühle,  ihre  Entschlüsse,  ihre  Erlel 
vortragen.  Es  ist  dieselbe  dramatische  Beweglichkeit,  deren  älteste 
bester  Vertreter  Homer  selbst  ist  und  deren  Spuren  sich  im  griechi 
Volke  trotz  des  völligen  Unterganges  der  kunstmässigen  Drar 
niemals  verloren  haben.  Diese  byzantinischen  chansons  de  geste, 
alter  Weise  von  wandernden  Rhapsoden  gesungen,  verlieren  ihren  1( 
Charakter  und  werden  zum  Gemeingut  der  Nation;  nach  und  nach  b< 
man  sie  aufzuzeichnen ;  verschiedene  Stücke  werden  zu  einem  Ganzei 
bunden.  Leider  wird  hiebei  die  Frische  des  ursprünglichen  Kolori 
trübt,  der  echte  Bestand  durch  Interpolationen  erweitert  und  seil 
sprachliche  Form  von  den  Regeln  der  Schule  und  von  der  kunstmä 
Litteratur  über  Gebühr  beeinflusst.  Fast  alle  Handschriften  mittelg 
scher  Volkspoesie  zeigen  die  Spuren  solcher  Umarbeitungen. 

Die  Entstehungszeit  der  nationalen  Gedichte  ist  wahrsch 
gleich  der  Lebensdauer  des  byzantinischen  Volkes,  die  Orte,  wo  sie  t 
und  wo  sie  verbreitet  werden,  sind  so  weit  zerstreut  als  die  Grenze 
oströmischen  Reiches,  die  Anlässe  so  mannigfaltig  als  die  Geschichte 
grossen  Organismus.  Mit  ihrer  Überlieferung  ist  es  leider  schlim 
stellt;  einerseits  sind  die  wenigen  handschriftlich  erhaltenen  Stücki 
bemerkt,  stark  überarbeitet,  andererseits  haben  die  endlosen  Drai 
welche  der  griechischsprechende  Orient  namentlich  seit  dem  13. 
hundert  zu  erdulden  hatte,  und  zuletzt  die  blutige  Unterjochung 
eine  in  Sprache,  Sitte  und  Religion  grundverschiedene  Nation  mi 
poetischen  Volksstimmen  des  griechischen  Mittelalters  furchtbar  aufgei 
Nur  der  einsichtigsten  Prüfung  der  litterarischen  Überreste  und  dei 


Us^nhafte  n.  hiatoriBohe  Diohtongen  auf  nationaler  Onindlage.  (§§  356—357)     825 

*kungen  des  mittelalterlichen  Dichtens  bei  den  heutigen  Griechen  wie 
den  Völkern,  die  byzantinische  Einflüsse  erfahren  haben,  wird  es  ge- 
;en  können,   von  dem  Bestände  und   dem  Wesen   der   byzantinischen 
Ikspoesie  eine  genügende  Vorstellung  zu  gewinnen. 

Wie  man  die  mittelalterlichen  Poesien  des  Abendlandes  nach  Sagen- 
eisen  geordnet  hat,  so  lassen  sich  auch  in  der  populären  Dichtung  der 
zantiner  und  ihrer  Nachkommen  wenigstens  einige  Hauptgruppen  er- 
inen.  Am  deutlichsten  tritt  diese  Thatsache  in  der  neueren  Volksdich- 
ig  hervor,  die  mit  der  byzantinischen  in  Form  und  Gehalt  enge  ver- 
jidt  ist.  Hier  findet  man  einen  Zyklus  von  Liedern,  die  sich  auf  den 
.11  von  Eonstantinopel  und  den  Tod  des  letzten  oströmischen  Kaisers 
riehen;  eine  andere  Gruppe  betrifft  die  Eroberung  von  Trapezunt; 
le  dritte  den  geheimnisvollen  Bau  der  Brücke  von  Arta.  Weit  ver- 
3itet  ist  ein  Liederkreis,  der  die  Einnahme  des  „Schlosses  der  schönen 
au*  erzählt,  eine  Sage,  unter  der  sich  zweifellos  ein  historischer  Kern  ver- 
-gt.  Eine  tragische  Episode  aus  dem  Leben  Peters  I  von  Lusignan 
k  in  Cypern  die  noch  heute  im  Volksmunde  lebenden  Lieder  vom  Tode 
r  Arodaphnusa  hervorgerufen.  In  zahllosen  Liedern  wird  die  Wieder- 
kennung  lange  getrennter  Ehegatten  geschildert,  auch  die  Heimkehr 
m  Mannes  zu  der  Stunde,  da  sich  die  Frau  eben  wieder  verheiraten 
n.  An  der  Spitze  all  dieser  Liederkreise  steht  durch  sein  hohes  Alter, 
Jie  ungewöhnliche  Verbreitung  und  seine  hervorragende  kulturhistorische 
ichtigkeit  der  Akritenzyklus.  Im  folgenden  werden  ausser  den  eigent- 
hen  Volksepen  auch  die  historischen  und  chronikenartigen  Dichtungen 
FgefÜhrt. 

1.  Ausgaben:  Eine  Reihe  kleinerer  hiBtorischer  Lieder  ed.  £.  Legrand,  Coli,  de 
B.  N.  S.  1  (1873)  74—93;  182—197  (Tod  des  Kaisers  Eonsiantinos  Dragazes,  Einnahme 
.  Trapezunt,  Einnahme  von  Palaeokastro,  Einnahme  von  Kordyle,  Akritenzyklus  u.  s.  w.). 
Yolksgeaftnge,  denen  mittelalterliche  Stoffe  zu  Grunde  liegen,  wie  die  Lieder  vom  Andro- 
D8,  vom  Theophylaktos,  vom  Digenis,  von  den  drei  Brüdern  Diaphylaktos,  Aliantris  und 
Doiis  ed.  A.  A.  Sakellarios,  Ta  KvTjQiaxa^  tofiog  ß\  Athen  1891  S.  9  ff.  —  Dazu  die 
:i0nitur  in  den  folgenden  §§. 

2.  Hilfsmittel:  Ch.  Gidel,  La  Chanson  d* Arodaphnusa,  Nouvelles  ^tudes  sur  la 
.  gr.  mod.,  Paris  1878  S.  445—475.  —  Zur  Charakteristik  der  mittelgriechischen  Volks- 
ai:  Sp.  Lamhros,  Coli,  de  rom.  gr.  Intruduction  S.  7  ff.  —  G.  Destunis,  Unter- 
liongen  über  die  griechischen  Heldensagen  der  mittelalterlichen  Periode.  Versuch  einer 
Tseizenden  und  erklärenden  Sammlung.  Petersburg  1883  (russ.)  (mir  nur  aus  der  Be- 
Bchung  im  Joum.  Min.  1884  Bd  234  Juli  S.  142—145  bekannt).  —  üeber  neugriechische 
Jwlieder,  in  welchen  das  Andenken  an  Kaiser  Nikephoros  Phokas  fortleben  soll,  vgl. 
Byrku,  Die  byzantinische  Erzählung  von  der  Ermordung  des  Kaisers  Nikephoros  Phokas 
li  einer  alten  bulgarischen  Version.  Petersburg  1883  (russ.)  (mir  unzugänglich).  — 
»er  die  weite  Verbreitung  des  Liederkreises  von  der  Artabrücke  bei  den  Griechen,  Aro- 
Den  (Kutzovlachen),  Albanesen,  Bulgaren,  Serben  u.  s.  w.  handelt  Kurt  Schladebach, 

aromunische  Ballade  von  der  Artabrücke,  Erster  Jahresbericht  des  Instituts  für  rumä- 
sbe  Sprache  zu  Leipzig,  herausgeg.  von  Gust  Weigand,  Leipzig  1894  S.  79—121.  — 
'  tiefergehende  Studien  sind  natürlich  auch  alle  Sammlungen  neugriechischer  Volkslieder 
mziehen. 

357.  Der  Belisarroman.   Kein  griechischer  Feldherr  nach  Alexander 

n    Grossen  war  mehr  geeignet  eine   volkstümliche  Person  zu  werden 

Belisar.     Wie  er  durch  einen  kühnen  Handstreich  den  blutigen  Auf- 

nd  der  Parteien  erstickte,  wie  er  im  raschen  Sturmlauf  das  Vandalen- 

ch  zertrümmerte,  wie  er  Sizilien  und  Italien  eroberte,  wie  er  den  ge- 


826    Bysantinisohe  Littaratnrgeaohiohte.    IIL  Yulgärgriooh.  littarrtM,  i 

fürchteten  Perserkönig  überwältigte  und  wie  er  zuletzt  den  Verleoni 
der  Höflinge  unterlag  und  bei  Justinian  in  Ungnade  fiel,  all  das 
sich  den  Zeitgenossen  gewaltig  ins  Gedächtnis  prägen  und  bei  dei 
kommen  in  ausschmückender  und  übertreibender  Erzählung  fortlebe 
konnte  Belisars  Geschichte  nicht  mehr  wie  die  der  homerischen  Held 
Alexanders  zum  Gemeingut  des  ganzen  Mittelalters  werden,  i 
anfing,  den  Belisar  als  nationalen  Helden  zu  feiern,  hatte  sich  di 
chische  Ostwelt  vom  romanischen  und  germanischen  Westen  in  S 
Sitte  und  Lebensart  schon  weit  abgesondert;  so  blieb  diesem  Sfa 
Latinisierung  und  damit  die  Verpflanzung  auf  den  abendlin 
Kulturboden  versagt.  Um  welche  Zeit  sich  die  volksmässige  Sfl 
Heldengestalt  des  oströmischen  Heerführers  bemächtigte,  ist  nicht  b 
Die  Erzählung,  dass  Belisar  von  Justinian  geblendet  worden  sei  oo 
sein  Brot  gebettelt  habe,  findet  sich  zuerst  in  den  ndzQia  tr^q  n^ 
welche  gegen  das  Ende  des  10.  Jahrhunderts  verfasst  wurden,  ds 
einer  Modifikation  bei  Tzetzes,^)  der  jedoch  ausdrücklich  bemeii 
„andere  Chronisten**  von  der  Blendung  des  Belisar  nichts  wisse: 
uns  erhaltenen  Belisargeschichten  gehören  jedenfalls  erst  dem  1 
16.  Jahrhundert  an,  und  auch  ihre  Vorlage  kann  nicht  vor  der 
logenzeit  entstanden  sein;  das  beweisen  die  V.  296  ff.  der  ältesten 
angeführten  Namen  byzantinischer  Edelleute,  die  ganz  ähnlich 
zweiten  und  dritten  Version  wiederkehren,  und  die  ebenfalls  all 
gemeinsame  moralische  Schlussbetrachtung  über  die  verdei 
Wirkungen  der  unter  den  Rhom.äem  herrschenden  Zwietracht,  welc 
ungestümen  Volke  der  Türken  zu  gute  komme.  Immerhin  bleibt 
nähme  offen,  dass  es  ältere  Formen  der  Belisargeschichte  gegebe 
die  dann  durch  die  uns  erhaltenen  Neubearbeitungen  völlig  Qberde 
verdrängt  worden  wären. 

Das  abwechselnde  Obsiegen  und  Unterliegen  des   verleumde 
Neides  der  Höflinge,    die  Undankbarkeit  und  spätere   Reue   des  j 
der  jähe   Sturz    menschlichen   Glückes   waren   offenbar    höchst   ei 
Motive,  die  von  einem  geschickten  Darsteller,   wie  der  einst  so 
Roman  Marmontels^)  beweist,   zu   einem   wirksamen  Ganzen  ver 
werden  konnten.     In   der  vulgärgriechischen  Erzählung  sind   die 
des  Stoffes  nicht  genugsam  ausgebeutet.   Es  folge  eine  Skizze  des  1 
der  ältesten  Version:   Die  Höflinge  verleumden  den  tapferen  Belis 
wird  drei  Jahre  in  einen  dunklen  Turm   gesperrt.     Um  diese  Zeii 
der  Kaiser  eine  Flotte  gegen  einen  fernen  Feind.   Die  Grossen  des 
streiten  sich  um  den  Oberbefehl,  das  Volk  aber  rottet  sich  zusamn 
verlangt,   dass  Belisar   zum  Heerführer  gewählt  werde.     Der  Kai 
horcht.     Belisar  segelt  gegen  England  (EyyXrjtäga),  lässt  die  Schiffe 


^)  Georgios  Eodinos,  De  Signis,  ed. 
Bonn.  S.  29.    Vgl.  S.  423  unseres  Abrisses. 

2)  Chiliaden   III  339  flf.     Weniger   kri- 
tisch als  Tzetzes    hält  Lord  Mahon   in 

seinem  weitschweifigen  Buche:  The  life  of  tung  des  Stoiffes  durch  Dramatik 
Belisarius,  London  1829,  die  Blendung  und  Schenk),  Komponisten  (DonizettiJ,  Ä 
das  Bettlertum   des  Belisar  für  historische 


Wahrheit. 

^)  Auf  Marmontels  Bölisain 
seinem  Erscheinen  (1767)  das  grd 
sehen  erregte,   beruht  die    spätere 


vid)  und  Bildhauer. 


kgenhafte  und  histomche  Dichtungen  anf  nationaler  Qmndlage.  (§  358)    827 

i  verbrennen,  erobert  das  Eastron  von  England,  nimmt  den  König  ge- 
gen und  kehrt  mit  Beute  beladen  nach  Eonstantinopel  zurück.  Von 
em  beschuldigen  ihn  seine  Feinde  des  Hochverrats.  Der  Kaiser  glaubt 
en  und  lässt  Belisar  blenden.  Bald  kommt  das  Reich  durch  die  Perser 
[  Sarazenen  in  grosse  Gefahr.  Da  gibt  der  Kaiser  dem  Sohne  des 
isar,  Alexis,  den  Oberbefehl,  und  dieser  tiberwindet  die  Feinde. 
Bis  jetzt  sind  dreiVersionen  dieser  Geschichte  bekanntgeworden: 
älteste  (556  reimlose  politische  Fünfzehnsilber)  steht  im  Cod.  Vindob. 
ol.  244;  die  zweite  (840  mit  Ausnahme  der  Schlusspartie  reimlose 
ifzehnsilber)  stammt  von  dem  rhodischen  Dichter  Emmanuel  Geor- 
las  (s.  §  366);  die  dritte  (997  gereimte  Fünfzehnsilber)  überliefern 
lirere  Venezianer  Drucke  und  eine  im  Besitze  von  E.  Legrand  befind- 
;e  Handschrift.  Alle  drei  Bearbeitungen  stimmen  im  Gange  der  Er- 
lung  und  in  der  gesamten  Auffassung  überein  und  hängen  offenbar 
lealogisch  aufs  engste  zusammen,  obschon  eine  genauere  Bestimmung 
38  gegenseitigen  Verhältnisses  noch  fehlt. 

1.  Ausgaben:   Die   ftlteste  Version  ed.  W.  Wagner,   Progr.,  Hamburg  1873.  — 
des  Georgillas  ed.  Allen  Qiles,  Oxford  1843  (fast  unzugänglich,  weil  nur  in  60  Exem- 

BD  abgezogen).    Dann  W.  Wagner,  Medieval  gr.  texts  S.  110— 140.  —  Die  gereimte 
rion  erschien  als  venezianisches  Volksbuch,   Venedig  1525  (?),  1548,  1554,  1562,  1577 

EIxemplar  dieser  Ausgabe  befindet  sich,  nach  einer  freundlichen  Mitteilung  des  Herrn 
J.  Seger,  in  Breslau)  und  wohl  öfter.  S.  E.  Legrand,  Bibliogr.  hell.  1  (1885)  281; 
:  2  (1885)  190.  —  Sammelausgabe  der  drei  Versionen  von  W.  Wagner,  Garmina 
04-378. 

Als  erste  Ausgabe  der  gereimten  Version  bezeichnet  E.  Leg  ran  d,  Bibliogr.  hell.  1 
5)  281,  den  Venezianer  Druck  von  1548,  von  dem  die  Münchener  Staatsbibliothek  das 
ige  bekannte  Exemplar  (A.  gr.  b.  47.  4^)  besitzt.  Es  muss  aber  eine  Venezianer  Ausgabe 
1525  existieren  oder  existiert  haben.  Denn  der  bisher  nicht  beachtete  Cod.  Mutin.  III. 
A  enthält  die  gereimte  Version  mit  einer  metrischen  Subskription,  welche  besagt,  dass 
Buch  im  Januar  1525  zu  Venedig  in   die  Druckerei  gegeben   wurde.     Ob  der  Codex 

Abschrift  dieses  Druckes  oder  das  Exemplar  der  Druckerei  selbst  darstellt,  konnte 
Dicht  feststellen. 

2.  Hilfsmittel:  Zur  Belisarsage  vgl.  G.  Finlay,  A  history  of  Greece  vol.  1  (Ox- 
1877)  429—431.  —  Weitere  Beweise  der  Popularität  der  tragischen  Figur  des  Belisar 

ler  späteren  byzantinischen  Zeit  sind  die  separate  Ueberlieferung  des  von  Prokop, 
.  arc.  4  (=  III  33,  13  ff.  ed.  Bonn.)  mitgeteilten  Briefes  der  Theodora  an  Belisar, 
z.  B.  in  den  Codd.  Paris,  gr.  3023  fol.  24  und  BodL  Canon.  41  foL  137""  steht, 
der  Verse  des  Tzetzes  über  ihn,  wie  sie  z.  B.  in  den  Codd.  Paris,  gr.  3025  s.  16 
19  und  Athous  3881  s.  16  fol.  198  vorliegt. 

3.  Ueberlieferung:  Eine  schlechte  Rezension  der  ältesten  Version  (Wagner, 
nina  S.  304—321)  enthält  der  Cod.  Neapel.  III.  B.  27  fol.  59^-74\  Der  Bearbeiter 
den  Text  nach  der  Normalgrammatik  verbessert,  ohne  zu  beachten,  dass  er  dabei 
Verse  ruinierte. 

358.  Basilios  Digenis  Akritas  {Baai'Xetog  Jiysvrfi  'AxQkac)  ist  der 
Id  einer  nach  ihm  benannten  volksmässigen  Dichtung,  welche  als  das 
ire  Nationalepos  der  Byzantiner  bezeichnet  werden  kann.  Den  Namen 
{enis,  der  ^Zwiegeborene**  erhielt  er,  weil  sein  Vater  ein  Heide,  seine 
;ter  eine  Griechin  war;  so  nennt  auch  Pachymeres  (I  309,  14  ed.  Bonn.) 
Gasmulen,  d.  h.  die  Kinder  einer  griechischen  Mutter  und  eines  latei- 
;hen  Vaters,  SiysveTg,  Akritas  {dxgizag  oder  äxQhrfi  von  ixxqa  die 
nze)  ist  der  byzantinische  Ausdruck  für  die  Verteidiger  der  äussersten 
Dzen  des  Reiches.  Die  Akriten  genossen  eine  vom  Hofe  halb  unab- 
gige  Stellung,  welche  von  Sathas  treffend  mit  der  eines  Markgrafen 
glichen  worden  ist.   Vornehmlich  entfalteten  sie  ihre  Thätigkeit  an  den 


g28    Byiantmiflohe  IdtieratargMohioliie    IIL  YnlgftrgriaclL  UHiCftte.  t] 

weit  vorgeschobenen  Süd-  und  Ostgrenzen  des  Reiches,  vom  zerkU 
Bergland  des  Kaukasus  bis  an  die  lachenden  Ufer  des  Euphrat  m 
sandigen  Gestade  des  roten  Meeres.  Hier  wurden  Friede  und  StA 
unablässig  gestört  teils  durch  die  Einfälle  der  Mo  harne  daner, 
durch  die  sogenannten  Apelaten.  Dieses  Wort  bedeutet  ursprQngiM 
Viehwegtreiber,  dann  überhaupt  den  Wegelagerer,  den  Räuber  im  gi 
Stil,  den  mit  einem  romantischen  Schimmer  umkleideten  Yerichb 
staatlichen  Ordnung  und  Ruhe.  Die  Apelaten  sind  für  Byzanz  in  äh 
Weise  kulturhistorische  Signatur,  wie  etwa  die  Raubritter  ftr 
Mittelalter,  wie  die  Klephten  für  die  Zeit  der  Türkenherrschaft  in  Gik 
land.  Die  langwierigen,  selten  unterbrochenen  Kämpfe,  wcM 
byzantinischen  Grenzsoldaten  im  fernen  Osten  des  Reiches  mit  Un^ 
und  Apelaten  führten,  bilden  die  kulturhistorische  Grundlagi 
Akritensagen.  Die  Geschichte  des  Digenis  selbst  spielt,  wie  äc 
verschiedenen  Andeutungen  des  Gedichtes  mit  Sicherheit  ergibt,  n 
Mitte  des  10.  Jahrhunderts  in  Kappadokien  und  in  der  6( 
des  Euphrat;  doch  wäre  es  verfehlt,  alle  im  Epos  vorkonmiend« 
sonen  und  Ereignisse  näher  zu  bestimmen  und  mit  historischen 
lieferungen  zu  verknüpfen.  So  zweifellos  das  Akritenepos  einen  gesc 
liehen  Untergrund  besitzt,  so  schwankend  wird  der  Boden,  wenn  i 
Gedicht  im  einzelnen  als  ein  historisches  Denkmal  verwerten  woDei 
historische  Ausdeutung  des  Details  wird  hier  ebensowenig  geling 
etwa  im  Rolandsliede  oder  in  den  Romanzen  des  Cid,  jene] 
abendländischen  Werken,  welche  mit  dem  Akritenepos  in  Stoff,  Anla 
Geschichte  am  nächsten  verwandt  sind. 

Basilios  Digenis  ist  der  Sohn  des  syrischen  Emirs  Muso 
einer  Tochter  des  Andronikos  Dukas,  welche  jener  bei  einem 
falle  geraubt  hat.  Ihre  fünf  Brüder  fordorten  sie  vom  Emir  zurüd 
selbe  trat  jedoch  zum  Christentum  über  und  vermählte  sich  mit  c 
raubton  Tochter  aus  fürstlichem  Geblüte.  Der  Sohn,  den  sie  ihm  » 
entwickelt  sich  körperlich  und  geistig  mit  wunderbarer  Schnelligkei 
Alter  von  zwölf  Jahren  besteht  Digenis  schon  gefährliche  Jagdabei 
alsbald  sucht  er  die  Apelaten  auf  und  erschlägt  eine  Menge  von  ihi 
seiner  Keule.  Auf  einem  seiner  Züge  gewinnt  er  die  Liebe  der  s 
Eudokia  aus  dem  Geschlechte  der  Dukas;  als  ihm  der  stolze  Yafa 
Hand  verweigert,  gebraucht  er  dasselbe  Mittel,  wie  einst  sein  Er 
er  entfuhrt  die  Geliebte  und  spielt  den  Verfolgern  übel  mit.  Schi 
erfolgt  Versöhnung  und  fröhliche  Hochzeit.  Auf  allen  seinen  Uni 
mungen  begleitet  nun  den  Digenis  die  jugendliche  Gattin.  In  Kapps 
trifft  er  mit  Kaiser  Romanos  (womit  wohl  Romanos  Lakapeno 
bis  944]  gemeint  ist)  zusammen,  der  ihn  mit  Ehren  überhäuft.  Merk 
und  echt  volkstümlich  byzantinisch  sind  zwei  Episoden,  in  welcl 
schildert  wird,  wie  Held  Digenis  trotz  seiner  treuen  Gattenliebe  d( 
suchung  anderer  weiblichen  Reize  unterliegt,  jedoch  der  schönen  i 
mit  grosser  Schlauheit  seine  Fehltritte  zu  verheimlichen  weiss.  Nac 
fachen  Abenteuern  zieht  sich  der  Akrite  mit  Eudokia  an  den  E 
zurück,   wo   er  sich  einen  fürstlichen  Wohnsitz  gründet.     Im  Alt 


wgeiihafte  und  historisphe  Diohtangen  auf  nationaler  Qrnndlage.   (§  858) 


829 


Jahren  verfallt  er  in  eine  schwere  Krankheit  und  stirbt;  nach  einer 
■sion  presst  er  seine  Gattin  beim  letzten  Lebewohl  so  heftig  an  sich, 
B  sie  erstickt.  Das  ist  der  durch  mancherlei  Episoden  ausgeschmückte 
rn  des  Epos  vom  Digenis  Akritas. 

Wie  die  älteren  Lieder  aus  dem  Kreise  des  Roland  und  Cid,  so  sind 
"h  die  ursprünglichen  Formen  des  Digenisgedichtes  verloren.  Da- 
jdn  besitzen  wir  nicht  weniger  als  vier  Epopöen,  in  welchen  Digenis- 
";er  von  verschiedenen  Bearbeitern  zu  einem  Ganzen  verschmolzen  sind, 
srst  wurde  dieses  vor  kurzem  noch  gänzlich  unbekannte  Denkmal  der 
lantinischen  Volksdichtung  in  einer  am  Anfang  und  Schluss  verstüm- 
Iten  Handschrift  des  16.  Jahrhunderts  im  fernen  Trapezunt  aufge- 
den  (3182  politische  Verse).  Nachdem  durch  die  Veröffentlichung  dieses 
-lichtes  die  Aufmerksamkeit  der  Gelehrten  auf  den  Gegenstand  gelenkt 
r,  wurden  bald  noch  mehrere  Handschriften  bekannt,  eine  des  14.  Jahr- 
iderts  in  Grotta-Ferrata  (3749  Verse),  eine  des  17.  Jahrhunderts 
'  der  Insel  Andres  (4778  Verse;  jetzt  =  Cod.  Athen.  1074),  endlich 
«  des  17.  Jahrhunderts  in  Oxford  (3094  Verse).  Als  Bearbeiter  der 
der  Handschrift  von  Andres  erhaltenen  Version  nennt  sich  ein  ge- 
iBer  Eustathios;  die  der  Oxforder  Handschrift,  die  sich  von  den 
igen  durch  die  Anwendung  des  Reimes  unterscheidet,  ist  von  dem 
nche  Ignatios  Petritzis  in  Chios  im  Jahre  1670  vollendet  worden. 
t  zwei  übrigen  Bearbeitungen  sind  anonym  überliefert;  aber  auch  in 
'  von  Trapezunt  erkennt  man  deutlich  die  Hand  eines  Dichters,  der 
I  in  einzelnen  Liedern  umlaufenden  Stoff  zu  einer  fortlaufenden  Erzäh- 
g  verband  und  dabei  leider  den  frischen  Ton  der  Originale,  der  noch 
manchen  der  heutigen  Akritenlieder  vernehmlich  nachklingt,  durch  das 
rtreben,  den  Anforderungen  der  Schule,  der  Kirche  und  —  seines  eigenen 
dn  Geschmackes  gerecht  zu  werden,  sehr  wesentlich  getrübt  hat.  Sein 
jchisch-orthodoxer  Standpunkt  tritt  in  theologischen  Exkursen  und  Bibel- 
iten  mehr  als  erwünscht  hervor;  daneben  bekundet  er  einige  populäre 
mtnis  der  alten  Litteratur,  verwendet  mythologische  Vergleiche  und 
ant  sich  sogar  den  Homer  zum  Vorbild.*)  Ebenso  hat  die  Version  von 
)tta-Ferrata  durch  die  Verwässerung  eines  poesieverlassenen  Pedanten, 
dem  Werke  sogar  ein  Proömion  in  schlechten  byzantinischen  Trimetern 
ausschickte,  schweren  Schaden  genommen. 

Noch  muss  ausdrücklich  betont  werden,  dass  die  Echtheit  dieser 
telalterlichen  Epen  über  allen  Zweifel  erhaben  ist.  Solange  nur  eine 
ddschrift  bekannt  war,  mochte  man  sich  im  Hinblicke  auf  die  berüch- 
»n  Fälschungen  eines  Simonides  und  anderer  etwas  skeptisch  ver- 
tan —  obschon  ein  Fälscher  schwerlich  auf  die  Herstellung  eines  so 
ten  und  so  wenig  gewinn  versprechenden  Werkes  verfallen  wäre;  nach- 
1  sich  aber  Versionen  des  Digenis  auch  in  anderen  Handschriften  ge- 
den  haben,  und  zwar  zum  Teil  in  solchen,  die  längst  zum  anerkannten 
itze  alter  Bibliotheken  gehören,  darf  auch  der  letzte  Zweifel  als  be- 
igt  gelten.    Um  so  merkwürdiger  ist  nun  folgende  Thatsache:  Schon 


*)  Vgl.  A.  Eberhard,  a.  unten  a.  0.  S.  5. 


830    Bysantinisohe  LitteratnrgMohiehte.    IIL  Tnlstogritoh.  litUntae,  t  ] 

lange  vor  der  Entdeckung  der  mittelalterlichen  Epen  kannt 

moderne  Volkslieder  aus  der  Gegend  von  Trapezunt,  aus  Kappt 

und  selbst  aus  Cypem,   in  welchen   einzelne  Episoden   desselben  I 

Stoffes  erzählt  werden.    Mehrere  derselben  waren  längst  in  den  8 

lungen  neugriechischer  Yolkspoesien  von  Passow  vl  a.  heransge 

andere  sind  nach  der  Veröffentlichung  der  Handschrift  von  Trapen 

druckt  worden,  und  ihre  von  Tag  zu  Tag  wachsende  Zahl  lärät  i 

geheuere  Verbreitung  dieses  volkstümlichen  Stoffes  immer  deotlid 

kennen.   Ein  Sagenkreis,  dessen  erste  Wurzehi  in  eine  längst  entschwi 

Kulturepoche  zurückgehen,  hat  sich  also  mit  jener  wunderbaren  Zii 

mit  der  die  Griechen  auch  ihre  Sprache,  ihre  Sprichwörter,  ihre  Stb 

Gebräuche  erhalten  haben,   bis  auf  den  heutigen  Tag  fortgepflanxk 

auf  litterarischem  Wege,   sondern  im  lebendigen  Munde  des  T 

selbst.     Endlich  erfuhr  man  durch  russische  Gelehrte,  dass  der  A 

stoff  auch  in  die  Volkspoesie  der  sarmatischen  Steppen  ged 

und  dort  in  mehreren  Übertragungen  oder  Nachahmungen  verbre 

—  eine  Thatsache,  die  bei  dem  unbezweifelten  Einflüsse  der  byzantn 

Religion,  Kultur  und  Litteratur  auf  das  barbarische  Reich  der  ,9k 

nicht  mehr  auffallen   darf  als  das  Vorkommen  byzantinischer  Hin 

in  altslavischen  Handschriften  oder  die  Existenz  byzantinischer 

Wörter  bei   den  heutigen  Russen.     Der  Übergang  der  Erzählung 

russische  Litteratur  erfolgte  wahrscheinlich  durch  Vermittelung  8ü( 

scher  Übersetzungen,  deren  Spuren  noch  in  einzelnen  Wörtern  ui 

drücken  des  russischen  Textes  „Die  Thaten  und  das  Leben  des  1 

nius  Akritas'  zu  bemerken  sind.  So  ist  ein  Sagenkreis  aufgedeckt 

der  für  den  Orient  nicht  weniger  Bedeutung  hat  als  die  längst  bd 

grossen  Sagenkreise  des  Mittelalters  für  das  Abendland.    Cid,  dei 

Held  des  europäischen  Westens,    „el  mas  famoso  Castellano*, 

äussersten  Ostwinkel   der  mittelalterlichen   Kulturwelt   ein    merk^ 

Gegenstück  erhalten.     Durch    das  Studium  des  Akritenepos,   aus  i 

nach  all   der  staubigen  Schulweisheit  endlich  einmal  der  frische  I 

Waldes  entgegenweht,  eröffnen  sich  auch  neue   Gesichtspunkte 

Verständnis  der  byzantinischen  Kultur,   die  bisher  viel  zu  aussch 

nach  den  unerfreulichen  Erzeugnissen  trockener  Gelehrsamkeit  ui 

matischer  Polemik  beurteilt  worden  ist. 

An  die  wissenschaftliche  Forschung  richtet  der  Digenis 
noch  eine  Reihe  wichtiger  Fragen.  Nicht  einmal  die  Entstehui 
der  uns  erhaltenen  Versionen  (mit  Ausnahme  der  des  Petritzis)  i 
gestellt.  Die  Handschriften  bieten  wenig  Anhalt,  da  sie  einer  späten  Zi 
14.,  bzw.  16.  und  17.  Jahrh.)  angehören.  Mit  Sicherheit  lässt  si( 
schon  jetzt  sagen,  dass  keine  Version  in  die  Zeit  hinaufreicht,  in  weh 
Ausbildung  der  Akritensage  selbst  stattfand.  Als  weitere  Aufgabe 
Grundlinien  von  Sathas,  Legrand,  Lampros,  Veselovskij, 
band  u.  a.  schon  gezogen  worden  sind,  ergibt  sich  dann  eine  ersch 
Darstellung  der  Geschichte  und  Verbreitung  des  gesamten  AI 
Zyklus,  wobei  ausser  den  litterarisch  überlieferten  Gedichten  d 
heute  im  Munde  des  Volkes  erhaltenen  Lieder  nebst  den  slaviscl 


"^•gtnliafte  and  historiaohe  Diohtangen  aaf  nationaler  Gnindlage.    (§  358)     831 

"en  zu  verwerten  und  selbst  so  weit  abgelegene  Dinge  wie  dieLenoren- 
;e,  deren  Zusammenhang  mit  dem  Akritenkreise  übrigens  noch  nicht 
ler  erwiesen  ist,  zu  vergleichen  sein  werden. 

1.  Ausgaben:  Version  von  Trapezunt:  Edd.  K.  Sathas  et  £.  Legrand,  Coli. 
_non.  N.  S.  vol.  6,  Paris  1875,  verbesserungsbedürftiger  Text  mit  französischer  Ueber- 

img,  einem  Glossar  und  einer  ausführlichen  Einleitung,  in  welcher  die  Bedeutung  des 
i  sum  erstenmale  nachgewiesen  ist.  —  Zweite  Ausgabe  derselben  Version  von  Sabbas 
nnides,  Konstantinopel  1887,  mit  einer  Einleitung  über  die  Geschichte  des  Epos  und 
ireren  modernen  Akritenliedem.  —  Version  des  Petritzis:  Ed.  Sp.  Lambros,  Coli. 

_roin.  gr.  111—237  mit  Glossar;  vgl.  Indroduct.  S.  88  ff.  —  Version  von  Andres:  Ed. 
L  Miliarakis,  Athen  1881,  mit  kurzer  Einleitung,  Glossar  und  Facsimile  der  Hand- 
alt.  —  Version  von  Grotta-Ferrata:  Einige  Proben  ed.  Sp.  Lambros,  a.a.O.  In- 
foct.  S.  90  ff.;  eine  vollständige  Ausgabe  versprach  Jos.  Müller;  statt  seiner  lieferte 
-kelbe  £.  Legrand,  Bibl.  gr.  vulg.  VI  (1892).  —  Moderne  Akritenlieder:  £.  Le- 
.nd.  Coli,  de  mon.  N.  S.  vol.  1,  182  ff.,  s.  auch  seine  Chansons  populaires  grecques, 
k  1876  8.  18.  —  Manche  modeiiie  Lieder  auch  in  den  zahlreichen  Sammlungen  neu- 
iehischer  Volkslieder,  in  den  Einleitungen  der  Ausgaben  des  Digenis  Akritas  und  in  den 

•^n  angeführten  Hilfsmitteln. 

2.  Hilfsmittel  zu  den  griechischen  Texten:  Die  Ausgabe  von  Sathas-Legrand 
*  sahireiche  ausführliche  Besprechungen  und  kritische  Referate  hervor;  die  wichtigsten 
'Sieben:  K.  Paparregopulos,  Aiaiy  vom  21.  Aug.  1875.  —   Sp.  Lampros,  'A&ijvaiov 

1875)  173-189  (mit  vielen  Emendationen).  —  E.  Miller,  Journal  des  Savants  1876 
38—32.  —  A.  Rambaud,  Revue  des  deux  mondes  v.  15.  Aug.  1875  (gute  Charakteristik). 

W.  Wagner,  Literar.  Centralbl.  1876  S.  16.  ff.  —  K.  Bursian,  Jenaer  Literatur- 
soDg  1876  S.  695.  —  A.  Eberhard,  Bursians  Jahresbericht  Bd  5(1878)233-246  (mit 
len  Emendationen).  —  Ausserdem  beziehen  sich  auf  das  Akritenopos  und  den  Akriten- 
dos:  A.  Sakellarios,  Tu  KvnQutxa  2  (Athen  1891)  14  ff.  —  K.  N.  Sathas,  Meaiatay, 
JUo&.  2  (1873)  S.  f4e'-  t^'  (cyprische  Akritenlieder).  —  Beruh.  Schmidt,  Griechische 
i«hen.  Sagen  und  Volkslieder,  Leipzig  1877  S.  37 -40.  —  Ch.  Gidel,  Nouvelles  ^tndes 
'  la  litt  gr.  moderne,  Paris  1878  S.  291—302.  —  Alfr.  Eberhard.  Ueber  ein  mittel- 
»chischos  Epos,  Verhandlungen  der  34.  Philologen  Versammlung  zu  Trier,  Leipzig  1879; 
gehende  Analyse  der  Version  von  Trapezunt  und  Untersuchung  der  historischen  Grund- 
e  des  Gedichtes.  --  A.  Luber,  Digenis  Akritas,  Progr.,  Salzburg  1885;  kurze  Nach- 
fthlung  mit  einzelnen  Proben  einer  Uebersetzung  ins  Deutsche.  —  Zur  geschichtlichen 
indlage  des  Epos,  den  langwierigen  Kämpfen  zwischen  Sarazenen  und  Byzantinern,  vgl. 
Schlumberger»  Nicöphore  Phocas  S.  115  ff.;  177  ff.;  353  ff.  >-  A.  Turgntis  handelt 
>r  drei  neugriechische  Lieder  aus  dem  Digeniskreise,  NeoXoyov  ^Eßdof^adaia  *Eni9ewQij(fis  vom 
April  1893.  —  Einige  Lieder  aus  dem  Sagenkreise  des  Akritas  übersetzte  ins  Deutsche 
LObke,  Neugriechische  Volks-  und  Liebeslieder,  Berlin  1895  S.  273  ff. 

3.  Beziehungen  des  Digenis  zur  slavischen  Volkspoesie  und  zur  Lenorensage: 
.uptschrift:  A.  N.  Veselovskij,  Röttgers  Russ.  Revue,  Band  6  (Petersburg  1875) 
^ — 570.  Desselben  Verfassers  Abhandlung  im  Vjestnik  Evropy,  Petersburg,  April  1875 
18.)  ist  mir  unzugänglich.  —  A.  Rambaud,  La  Russie  dpique,  Paris  1876  S.  421—428.  — 

Wollner,  Der  Lenorenstoff  in  der  slavischen  Volkspoesie,  Arch.  slav.  Phil.  6  (1882) 
I — 269.  —  J.  Psichari,  La  ballade  de  Lönore  en  Grece,  Revue  de  Thistoire  des  reli- 
ns 9  (1884)  27—64.  —  Gegen  Wollner  und  Psichari  wendet  sich  N.  Polites,  To 
€Ojix6v  aa/Aa  ncQi  rov  yexQov  ddeXtpovy  JsXtIov  2  (1885 — 1889)  193—261;  Nachtrag 
552—557.  —  Gegen  Polites  endlich  sprachen  J.  Girard,  Joum.  des  Savants  1886 
143—152,  und  W.  Meyer-Lübke,  Deutsche  Litteraturzeitung  1886  S.  1197  ff.  —  V. 
gi6,  Arch.  slav.  Phil.  7  (1884)  89  f.  —  A.  N.  Veselovskij,  Joum.  Min.  1885  Bd  242 
w.  71—79.  —  G.  Destunis,  Joum.  Min.  1886  Bd  244  März  S.  76—100.  —  M.  Gaster, 
seko-Slavonic,  London  1887  S.  105  ff.  —  K.  Krumbacher,  Ein  Problem  der  verglei- 
enden  Sagenkunde  und  Litteraturgeschichte,  Zeitschrift  f.  vergl.  Litteraturgesch.  1  (1887) 
t — 220,  wo  auch  die  sonstige  neuere  Litteratur  zusammengestellt  ist.  —  J.  Sozonovi6, 
rgers  Lenore  und  die  ihr  verwandten  Stoffe  in  der  europäischen  und  rassischen  Volks- 
Kflie,  Warschau  1893  (rasa).  VgL  die  Besprechung  von  W.  Wollner,  B.  Z.  8  (1894) 
»  —  181.  —  J.  D.  Schischmdnov,  Der  Lenorenstoff  in  der  bulgarischen  Volkspoesie, 
ogonnan.  Forschungen  4  (1894)  412—448.  —  Eine  umfassende  Bibliographie  aller 
eichbaren  albanesischen,  bulgarischen,  serbischen,  griechischen  und  ramänischen  Ver- 
Den  des  Liedes  und  Märchens  vom  toten  Brader  (im  ganzen  über  140)  wird  demninJMt 
k  J.  D.  Schischmänov  in  einer  grösseren  Arbeit  über  das  Lenorenthema,  die 
>mik  des  bulgarischen  Unterrichtsministeriums  erscheinen  soll,  mitgeteilt  werden. 

4.  Selbst  zurTellsage  scheint  unser  Digenis  Bexiehuogen  in  haben. 


832    Bysantiniflohe  LiiteratargMcliiohte.  HL  YolgirgrlMli.  LIfcUnInr.  1 1 

nicht  der  NameDigenis  überhaupt  im  Orient  fQr  einen  tapferen  Helden  typisdi  m 
ist.  lieber  eine  siebenbürgisch-bulgarische  Sage,  in  welcher  ein  Held  Di 
unter  ähnlichen  Umständen  wie  Teil  als  ApfelschQtze  auftritt,  berichtet  6.  y.  Witt 
Zeitschrift  fttr  deutsche  Philologie  22  (1889)  103—106. 

5.  Akriten  und  Apelaten:  Die  Akriten  sind  die  Nachkommca  der  ili 
milites  limitanei;  verwandt  mit  ihnen  sind  die  milites  claustrini,  die  Pii 
leidiger,  die  im  byzantinischen  Zeitalter  als  xXcmfovqoqx^^  {MXeiaovQa  Klamm,  EhA 
eine  wichtige  Rolle  spielten.  Konstantin  Porphyrogennetos  beschreibt  ■ 
Werke  De  cerimoniis  (I  489,  6  ff.  ed.  Bonn.)  eine  der  wichtigsten  Funktionen  der  AI 
Wenn  der  Kaiser  sich  in  die  unwirtlichen  Gegenden  der  äussersten  Grenzgebieb 
so  wurde  das  gewöhnliche  üofgefolge  durch  mehrere  Abteilungen  von  je  500  Akri 
setzt:  "Ote  di  dnoßdXjj  6  ßaaiXevg  eig  ras  iqr^fjLovg^  ovte  17  xo^ttj  n^olufifimpn,  1 
ßaaiXtxtt  nQdyfAaxa,  ovre  dXXov  rivog  oloydijnore  nQayf^a,  nXrjv  ovs  Ijifec  offisa»  • 
yaQiog  x^q  ßlyXrjg  dno  nqoctdl^Btoq  tov  ßaaiXätag  ix  rtSr  &efidroty,  nQOfpvXdiiotmi  m 
natovai,  efjLnqoahsv  tov  ßaaiXioig  tag  dno  fit-Xltay  dvo  dx^Ltat  (p',  dr^^eg  i^mjÜMmk 
k'xsQoy  ^if^a,  oloy  o^iaei,  l'ya  tSai  nXayio<pvXax€g  tag  dno  &t4xax^fntrog  tov  ßtenlms 
dvOy  xal  ix€Qa  dvo  ^i/^axa,  ola  oQiaei  6  dgovyyd^tog  Xfjg  ßiyXrjg  ix  ngoaxd^tmg  r« 
Xitog,  i'y^  tüaiy  6nuf&o(pvXaxeg.  Schon  im  12.  Jahrhundert  war  ein  durch  Stärke  und 
keit  besonders  ausgezeichneter  Akrite,  der  mit  dem  Helden  unseres  Gedichtei 
falls  identisch  ist,  eine  populäre  Figur  geworden,  und  das  Wort  *JxQixtjg  wurde 
Eigenname  zur  Bezeichnung  eines  bekannten  Helden  angewendet  Das  bewein 
Stellen  in  den  Gedichten  des  Ptochoprodromos  (s.  §  333);  in  dem  Gedichte  gei 
Aebte  V.  180  (S.  58  ed.  Legrand)  äussert  Prodromos  den  kommen  Wunsch,  eia  1 
Akrites  möchte  die  bösen  Aebte  seines  Klosters  ztlchtigen:  xal  xig  ^Jxgixijg  ixe^ 
ßQ€^fj  TOT«,  und  in  der  zweiten  Redaktion  desselben  Gedichtes  Y.  546  a  (S.  96  ed.  L 
nennt  der  Dichter  den  Manuel  Komnenos  einen  neuen  Akrites:  Tdy  noXifid^i 
axsQQoy,  toy  vioy  xoy  'JxQlxrjy.  —  Auch  als  Ortsbezeichnung  kommt  Akritai  • 
früher  Zeit  vor:  Der  hl.  Theodoros  Studites  starb  iy  xß  yrjai^  xov  dyiov  fAeyalBfi 
TQvffwyog  nXrjaloy  xov  ifxnoqlov  xov  inoyo/Äa^ofiiyov  'Jx^ixa  x^g  Bt^vytuy  h 
Migne,  Patrol.  gr.  99,  105  C.  Vgl.  ebenda  105  A;  221  C;  320  A.  Dasselbe  i 
TOV  'AxQixa  erwlüint  Symeon  Magister  ed.  Bonn.  679,  7  in  einer  Erzählung  1 
letzten  Zeit  Michaels  III  (842-867). 

Das  Wort  dnBXdxrjg  ist  bisher  in  der  ganzen  Akritaslitteratur  unrichtig 
Sathas,  Mea.  ßißX,  2  S.  (jlb  und  noch  6  (1894)  S.  tg'\  fJLa\  Sathas-Legrand  in  ihi 
gäbe  S.  286,  Lampros  in  seiner  Ausgabe  S.  328,  Eberhard,  a.  a.  O.  S.  2,  Lnber, 
S.  9,  Schlumberger,  Nicöphore  Phocas  S.  356,  J.  B.  Bury,  A  historjr  of  the  later 
empire  II  312,  Sakellarios  Td  Kvngiaxd  1  (1890)  397  msen  übereinstimmend  d 
passivisch  =  dnoßXrjxog,  banni,  verbannte,  vertriebene  Leute,  outlaws.  Das  ¥ 
aber,  wie  schon  seine  Bildung  zeigt,  aktiven  Sinn;  es  bedeutet  ursprAnglich  de 
wegtreiber,  den  Viehdieb,  dann  überhaupt  den  Räuber,  Freibeuter  und  entspricht  ah 
dem  abigeus,  abigeator,  abactor  der  römischen  Rechtsbücher;  vgl.  WOlfflin'sAr 
latein.  Lexikographie  I  428.  Auch  in  anderen  vulgärgriechischen  Gedichten  wei 
Apelaten  erwähnt,  z.  B.  mit  einem  etymologischen  Wortspiel  im  Belth andres  V. 
diwxn  X*  dneXdan  üb  ug  (Jiiyag  dneXdxrjg.  Von  dneXdxijg  ist  das  häufig  vorko 
Wort  dneXaxixi(y)  gebildet,  womit  die  Räuberkeule  bezeichnet  wird,  z.  B.  B< 
dros  V.  207  Kai  avyxofia  6  BiX&aydgog  avget  x6  dneXaxlxt,  Uebrigens  hatte  anc 
Wort  das  Schicksal  miss verstanden  zu  werden.  Jakob  Grimm,  Sendschreiben 
Lachmann  über  Reinhart  Fuchs,  Leipzig  1840,  erklärt  im  Glossar  dneXaxixt  an 
wegen  des  französischen  pel^  (geschält)  vorausgesetzten  italienischen  pelato,  so  • 
Wort  anfänglich  den  geschälten  Stock  bedeutet  hätte!  Auch  A.  Ellissen,  Ana 
(1862)  231,  und  H.  F.  Tozer,  Journal  of  Hellenic  studies  4  (1883)  199,  geben  ni 
Erklärungen.  —  Als  Familienname  kommt  'AneXdxig  (sehr.  'AneXdxrjg)  auf  einer  J 
vor.  G.  Schlumberger,  Sigillographie  de  l'Empire  Byzantin  S.  618,  wo  das  ^ 
richtig  als  persischen  Ursprungs  bezeichnet  ist.  —  Einige  nützliche  Belegstellen 
Xdxtjg  und  aneXaxlxL  gab  K.  N.  Sathas,  Documents  inödits  relatifs  ä  Thistoire  de 
au  moyen-ftge  4  (1883)  Prdface  77  f.  —  Vgl.  auch  N.  Polites  im  Aeitxoy  iyxvxXoi 
Athen  1889  flF.  s.  v.  *Axglxag  und  ^AneXdxijg,  —  lieber  die  Apelaten  auf  Cypem  v 
Sakellarios,  Td  Kvnguixd  1  (1890)  397  f. 

369.  Der  Sohn  des  Andronikos.  So  hat  man  ein  zum  A 
Zyklus  gehörendes  Gedicht  (64  Verse)  betitelt,  das  längst  vor  den  { 
Digenisepen  bekannt  war.  Schon  M.  Büdinger  hatte  die  Veri 
ausgesprochen,   dass  diesem  Andronikos   eine  historische  Person! 


*B«geiihaft6  a.  hUtorisohe  Diohtangen  auf  nationaler  Grundlage.  (§§  359—360)    833 

"Grunde  liege,  und  zwar  glaubte  er,    der  Andronikos  des  Gedichtes  sei 

'iitisch  mit  dem  Kaiser  Andronikos  Komnenos  (1183 — 1185),  in  dessen 

_)graphie  allerdings  zahlreiche  zur  Sagenbildung  geeignete  Züge  begegnen, 

"3  seine  riesige  Körperkraft,  seine  Liebeshändel  und  seine  abenteuerlichen 

IJahrten  unter  den   Türken.     Neues  Licht  brachte  die  Auffindung  der 

"^nishandschrift  von  Trapezunt.     Nach   dem   dort  erhaltenen  Epos  ist 

"j  Mutter  des  Digenis    eine   Tochter    des   Stratarchen    Andronikos 

ikas;  von  demselben  Andronikos  scheint  nun  auch  in  unserem  kleinen 

dichte  die  Rede  zu  sein.   Seinen  Inhalt  bildet  ohne  Zweifel  eine  Episode 

.8  Akritenzyklus.     Sarazenen  und  Räuber  überfallen  den  Andronikos 

d  nehmen  seine  Gattin  gefangen,  die  sich  in  gesegneten  Umständen  be- 

det.    Sie  gebiert  einen  Sohn,  der,  ganz  ähnlich  wie  Digenis,  ungewöhn- 

h  schnell  heranwächst,   nach  einem  Jahre   schon   das  Schwert  führt, 

eh  zwei  Jahren  die  Lanze  schwingt: 

XQoy^os  irnaas  x6  ana&l  xal  dihrjg  x6  xovtaQi, 
Kl  oray  inatrjaa  xovg  tQeig,  xQaieihai  naXXrjxaQi, 

^  Sarazenen  fesseln  ihn  mit  dreifachen  Ketten;  er  aber  zerbricht  seine 
moAe  und  entweicht  zu  seinem  Vater,  wo  die  freudige  Wiedererken- 
4ng  statt  hat.  Das  kulturhistorische  Kolorit  des  Andronikosliedes  ist 
urtümlich  und  dem  des  Digenisepos  sehr  ähnlich;  doch  gehört  die  uns 
Hialtene  Redaktion  in  späte  Zeit,  wahrscheinlich  in  das  17.  Jahrhundert. 
Ein  zweites  mit  dem  Akritenkreise  zusammenhängendes  Werk  ist 
iJB  mittelgriechische  Lied  vom  Armuris.  Der  tapfere  Sohn  des  alten 
rmuris  vermählt  sich  nach  mancherlei  Abenteuern  mit  der  Tochter  des 
3her  von  ihm  bekämpften  sarazenischen  Emirs.  Auch  das  trapezuntische 
«d  vom  Xanthinos  gehört  hieher. 

1.  Sohn  des  Andronikos:  Zuerst  veröfFenÜichte  Sp.  Zampelios  in  seinem  Werke 
"^^y  ij  xoivfj  Xi^iq  xqayovdta'y  Athen  1859  einen  von  ihm  gefälschten  und  interpolierten 
Bti.  —  Denselben  Text  wiederholten  nach  ihm  (unter  dem  Titel  *H  aVa^i^oi^Mre;)  Th. 
^ad,  Anthologie  neugriechischer  Volkslieder,  Leipzig  1861  S.  2  ff.,  M.  Btldinger,  Mittel- 
wuehisches  Volksepos,  Leipzig  1866,  und  W.  Wagner,  Medieval  gr.  texts,  Proleg.  S.  22  £f. 

Erst  £.  Legrand  gelang  es,  die  Fälschung  zu  entdecken;  er  edierte  den  authentischen 
st  ColL  de  mon.  12  (1870)  18—25;  dann  noch  einmal  Coli,  de  mon.  N.  S.  1  (1874)  186 
K  190.  —  Ein  mit  dem  Sohne  des  Andronikos  verwandtes  Volkslied  aus  Eephallenia 
»  Bernh.  Schmidt,  Qriechische  Märchen,  Sagen  und  Volkslieder,  Leipzig  1877  S.  198  £f.; 
■L  Beine  Bemerkungen  S.  274  f.  —  Eine  Variante  des  von  Schmidt  mitgeteilten  Liedes,  von 
sicher  bei  Arn.  Passow,  Popularia  carmina  Graeciae  recentioris,  Leipzig  1860  S.  402  f. 
■  Fragment  gedruckt  ist,  wurde  vollständig  mitgeteilt  von  N.  Polites  in  den  HBoeXkrjvMd 
^Tiexia  1  (1870)  342—349.  —  Einen  cyprischen  Text  ed.  A.  A.  Sakellarios,  T« 
miQuatd  2  (1891)  9  ff.  —  Gegen  die  historische  Deutung  Büdingers  äusserte  sich  A. 
lissen,  Göttingische  Gel.  Anzeigen  1871  S.  1525—1529.  —  VgL  N.  Polites,  NBOBXktjpix^ 
^QXayia  2  (1874)  523—527. 

2.  Das  Armurislied  ed.  Gabr.  Destunis,  Petersburg  1877,  mit  gründlicher  Ein- 
■nng,  russischer  Uebersetzung,  Kommentar  und  einem  Facsimile  der  Handschrift.  —  Dar- 
«ih  wiederholt  im  'A^vmov  8  (1879)  385—394.  —  Analyse  des  Gedichts  mit  einer  litterar- 
■lorischen  Untersuchung  von  A.  Veselovskij,  Arch.  slav.  Phil.  3  (1878)  549  ff.  —  Das 
jftnthinoslied  ed.  G.  Destunis  mit  russischer  Uebersetzung  und  Kommentar,  Peters- 
■tg  1881  (=  Beilage  des  39.  Bandes  der  Denkschriften  der  kaiserlichen  Akad.  d.  Wiss. 
•  6). 

360.  Die  Chronik  von  Morea.  Mit  diesem  konventionellen  Titel 
fexeichnet  man  eine  umfangreiche  Verschronik,  in  welcher  die  Ent- 
ehung  und  Fortbildung  der  nach  dem  vierten  Ereuzzuge  von  französi- 
lien  Adelsgeschlechtem  imPeloponnes  gegründeten  Feudalherrschaften 

Euklboch  der  kla«.  Altertnmiwlaeoioluift  IX.    1.  Abtlg.    8.  Aufl.  h% 


834    Byzantinisohe  Litteratargeachiohte.    HE.  Viilg&rgrieclft«  Uttonfar.  t1 

erzählt  wird.  Der  handschriftliche  Titel  der  einen  griechischen  Vi 
(in  der  zweiten  fehlt  der  Anfang)  lautet:  Xqov^xov  twv  iv  ^Fa^fimi 
ndJuata  iv  t^  MoQttf  TtoXsfioDV  täv  (Pqdyxwv,  Die  zweite  gried 
Version  betitelte  Buchen  ohne  hinreichenden  Grund:  BißUovx^, 
xtatag  tijg  '^Poifiavfag  xai  tov  MoDQaiodg,  was -bemerkt  werden  mw^ 
das  Werk  zuweilen  auch  unter  dieser  Bezeichnung  zitiert  wird  Z 
ist  eine  kurze  Darlegung  der  ziemlich  verwickelten  Überliefern 
geschichte  nötig.  Die  Chronik  von  Morea  ist  in  zwei  versifizie 
griechischen  Versionen,  einer  französischen,  einer  aragoniii 
und  einer  italienischen  Bearbeitung  erhalten: 

1.  Die  griechischen  Versionen.  Die  ältere  und  treuere  1 
lieferung  des  Originaltextes  enthält  die  Eopenhagener  Handsei 
(Abteil.  Fabricius  Nr.  57),  in  welcher  das  Gedicht  9219  politiBchel 
umfasst;  eng  verwandt  mit  ihr  ist  der  Cod.  Taurin.  c.  IIL  9  (nac 
neuen  Bezeichnung  B.  ü.  1).  Der  Kopenhagener  Text  wurde  von  i 
Griechen  einer  freien  t5l)erarbeitung  unterzogen,  wobei  das  Ori 
sprachlich  und  metrisch  geglättet  und  allzu  heftige  Ausfälle  gegei 
griechische  Volk  teils  gemildert,  teils  ausgemerzt  wurden.  Diese ! 
beitung  überliefern  drei  Handschriften,  der  Cod.  Paris,  gr.  28M 
zwei  jüngere  Abschriften  desselben,  der  von  Fehlem  wimmelnde 
Paris,  gr.  2753  und  der  Cod.  Bern.  509;  das  Gedicht  zählt  hier 
Verse.  Zu  diesen  Handschriften  kommt  noch  ein  im  Anfange  des  17. 
hunderts  verfasster  Auszug,  welchen  Dorotheos,  Bischof  von  Moi 
basia,  seiner  von  der  Schöpfung  bis  auf  das  Jahr  1629  reichenden  V 
Chronik,  die  in  Venedig  1631  zum  erstenmalo  gedruckt  wurde 
S.  401),  einverleibt  hat. 

2.  Die  französische  Version.  In  einer  Brüsseler  Hand« 
des  15.  Jahrhunderts  (Nr.  15702)  steht  ein  französisches  Prosawer 
der  Überschrift:  C'est  le  livre  de  la  conqueste  de  Constantino 
de  Tempire  de  Romanie,  et  dou  pays  de  la  princ^e  de  la  Mor^, 
trovöe  en  un  livre  qui  fu  jadis  del  noble  baron  messire  Bartholomee  Qi 
grant  conestable,  lequel  livre  il  avoit  en  son  chastel  d'Estives  (d.  h.  in 
Burg  zu  Theben).  Dieser  Livre  de  la  conqueste  ist  im  grossen  und  ( 
inhaltlich  mit  der  griechischen  Chronik  von  Morea  identisch.  E 
der  Verfasser  der  griechischen  Chronik  als  Quelle  für  den  ersten  Kp 
ein  BißXtov  Trjg  xovyxäatag  ei*wähnt,  schloss  Buchen,  dem  es  dar 
thun  war,  die  Priorität  und  Originalität  des  französischen  Textes 
weisen,  der  griechische  Autor  verstehe  unter  dem  „Buche  der  E 
rung"  eben  das  in  der  Brüsseler  Handschrift  erhaltene  Werk. 
Annahme  ist  aber  aus  verschiedenen  Gründen  bedenklich.  Wahrsch 
meint  der  Verfasser  der  griechischen  Chronik  mit  seinem  „Buche  d 
oberung**,  das  er  ja  nur  als  Quelle  für  den  ersten  Kreuzzug,  nicht  l 
Geschichte  der  Franken  in  Morea  anführt,  das  Werk  des  Wilheli 
Tyrus.  Somit  hat  auch  der  Titel  BißKov  Trjg  Kovyxäatag^  welchen  Bi 
dem  Kopenhagener  Texte  vorgesetzt  hat,  keine  Berechtigung.  Der 
zösische  Livre  de  la  conqueste  ist  also  wohl  eine  freie  Überti 
einer  mit  dem  Kopenhagener  Texte  eng  verwandten,  wenn  nicht  ident 


Bärenhafte  und  historische  Dichtungen  anf  nationaler  Qmndlage.  (§  860)    835 

echischen  Chronik,  wobei  die  Erzählung  über  den  Endpunkt  des  Ori- 
cds  (1292)  bis  zum  Jahre  1304  weitergeführt  und  am  Schlüsse  durch 
4B  bis  1333  reichende  chronologische  Tabelle  ergänzt  wurde.  Die  Ab- 
asung  des  französischen  Werkes  geschah,  wie  sich  aus  einer  chrono- 
i  sehen  Andeutung  mit  Sicherheit  ergibt,  zwischen  1333  und  1341.  Ein 
amplar  gelangte  aus  dem  Besitze  des  Venezianers  Ghisi  von  der  Burg 
nt  Omer  bei  Theben  nach  Flandern  und  diente  dem  Kopisten  des 
l.88eler  Codex  als  Vorlage. 

3.  Die  aragonische  Version  gehört  zu  den  Werken,  welche  aus 
Anregung  des  für  Litteratur  und  Wissenschaft  begeisterten  Johanniter- 

jBsmeisters  Juan  Fernandez  de  Heredia  (ca.  1310  bis  ca.  1396)  her- 
gegangen sind.     Sie  wurde  i.  J.  1393  vollendet  und  bildet  einen  Teil 

zweibändigen  Werkes  „Grand  cronica  de  los  conquiridores*; 
Ausgeschickt  ist  der  Chronik  eine  aus  Zonaras  geschöpfte  Geschichte 

byzantinischen  Kaiser  von  Konstantin  VI  bis  Alexios  Komnenos  (780 

1118).   Die  Erzählung  ist  noch  weiter  fortgeführt  als  in  der  französi- 

sn  Version,  nämlich  bis  zum  Jahre  1377 ;  neben  der  Chronik  von  Morea 

der  aragonische  Bearbeiter  noch  andere,  uns  unbekannte  Quellen 
.iitzt. 

4.  Eine  italienische  Übertragung  der  Chronik  von  Morea  steht 
einer  venezianischen  Handschrift  (Cod.  Marcian.  append.  Ital.  cl.  VII  712) 
^r  dem  Titel:  Istoria  della  Morea.  Der  italienische  Bearbeiter  be- 
ate  den  griechischen  Text  und  zwar  in  der  Kopenhagener  Version;  wie 
nig  er  aber  seine  Vorlage  verstand,  beweisen  manche  lächerliche  Miss- 
-ständnisse. 

Die  Chronik  von  Morea  zerfällt  in  zwei  Hauptteile;  der  erste, 
*  als  Prolog  bezeichnet  werden  kann,  behandelt  sunmiarisch  die  Geschichte 
I  ersten  Kreuzzuges  und,  nach  Überspringung  eines  Zeitraumes  von 
0  Jahren,  die  Eroberung  Konstantinopels  durch  die  Franken  (1204)  mit 
D  unmittelbar  darauf  folgenden  Ereignissen;  der  weit  umfangreichere 
^eite  Teil,  die  eigentliche  Chronik,  erzählt  die  Geschichte  des  Pelo- 
)nnes  von  der  Eroberung  desselben  durch  Guillaume  de  Champ-Litte  und 
Boffroy  de  Ville-Hardouin,  einen  Neffen  des  berühmten  Chronisten  (s.  S.  283), 
J.  1205  bis  zum  Jahre  1292.  Episodisch  werden  noch  einige  spätere 
reignisse  gestreift,  von 'denen  die  letzten  in  das  dritte  Jahrzehnt  des 
L  Jahrhunderts  fallen;  eine  Partie,  in  welcher  der  Tod  eines  im 
ihre  1388  verstorbenen  Ritters  erwähnt  wird,  ist  als  spätere  Zuthat  er- 
lesen. Wir  haben  in  der  griechischen  Chronik  von  Morea  das  Werk 
168  den  erzählten  Begebenheiten  zeitlich  nahestehenden  und  mit  den 
loponnesischen  Zuständen  wohl  vertrauten  Gasmulen  (s.  S.  838  Anm.  4) 
er  gräzisierten  Franken  zu  erblicken.  Der  Verfasser  berichtet  ausser 
n  auch  sonst  bekannten  Hauptereignissen  eine  Menge  von  Einzelheiten 
er  die  Einrichtung  der  fränkischen  Herrschaften  in  Morea,  über  die  un- 
fhörlichen  gegenseitigen  Fehden  der  fränkischen  Barone,  über  die  festen 
Bltze,  über  die  Thätigkeit  der  Kirche,  über  die  EünfÜhrong  des  Feudal- 
dex  u.  8.  w.  Litterarisch  betrachtet  ist  die  Chronik  ein  völliges  Uni 
lg:  öde,  unbeholfene  und  zuweilen  schwülstige  Prosa  ia. 


836    BysantiiÜBohe  LitterAtiirgMehiohte.    IIL  YulgirgriaelL  LüUmtor.  L 


Dichterische  Begeisterung  ist  dem  Chronisten,  den  wir  uns  wohl  ab 
Mann  des  rauhen  Kriegshandwerkes  zu  denken  haben,  völlig  unl 
und  es  bleibt  wenigstens  die  Besorgnis  erspart,  dass  er  sich  vom  Schi 
der  Phantasie  zur  Entstellung  der  Thatsachen  habe  hinreissen  laaeea;! 
erzählt  schlicht  und  grob,  so  gut  er  es  vermag  und  so  gut  er  die 
kennt.  Seine  Objektivität  wird  nur  durch  seinen  ausgesprochenen  Griecl 
ha  SS  etwas  beeinträchtigt;  tief  durchdrungen  vom  fränkischen  Ni 
gefilhl  weiss  er  von  den  Rhomäem  nur  Schlimmes  zu  berichten. 
Werk  war  offenbar  nicht  auf  orthodoxe  Griechen,  sondern  auf  die 
sprechenden  Franzosen  und  Qasmulen  berechnet.  Dass  eine  Chronft, 
sich  ausschliesslich  an  fränkische  und  fränkisch  gesinnte 
wandte,  in  der  griechischen  Volkssprache  abgefasst  werden  konnte,  isii 
neuer  Beweis  für  die  vielfach  bezeugte  Thatsache,  dass  auch  im 
alter  die  im  Orient  angesiedelten  Abendländer  in  kurzer  Zeit  der 
liehen  Gräzisierung  unterlagen.  Die  Abfassungszeit  der  griechii 
Chronik  lässt  sich  nicht  genau  bestimmen,  weil  einige  chronoli 
Indizien  in  den  erhaltenen  Texten  aus  einer  späteren  Überarbeitung 
zurühren  scheinen;  eine  Spätgrenze  bezeichnet  jedenfalls  das  Jahr  II 
weil  in  beiden  griechischen  Versionen  (in  der  Kopenhagener  V.  59oS,j 
der  Pariser  S.  169,  16)  bemerkt  wird,  die  katalanische  Kompanie 
noch  in  Athen,  was  nach  1326  nicht  mehr  zutraf.  Zur  sachlichen 
und  Ergänzung  des  Werkes  dienen  die  katalanische  Chronik  des  Rai 
Muntaner,  die  des  Bernard  d'Esclot  und  vor  allem  das  (zwischen 
und  1333)  abgefasste  Werk  des  Venezianers  Marino  Sanudo  Tora« 
Istoria  del  regno  di  Romania  sive  di  Morea.  Wenn  nun  die  Chronik 
Morea  durch  die  Existenz  dieser  und  sonstiger  abendländischen 
an  rein  historischem  Werte  verliert,  so  bleibt  sie  doch  eines  der 
tendsten  Denkmäler  der  aus  der  Verquickung  des  abendländischen 
tums  mit  der  byzantinischen  Bevölkerung  erwachsenen  Mischkultun 
der  durch  lokale  Verhältnisse  besonders  stark  von  fränkischen  Elei 
beeinflussten  mittelgriechischen  Volkssprache. 

1.  Ausgaben:  Nachdem  schon  im  17.  Jahrhundert  Du  Gange  und  BoiTiii 
Ausgabe  der  Chronik  geplant  hatten,  setzte  es  sich  ihr  Landsmann  J.  A.  Bucboij 
Lebensaufgabe,  die  Chronik  und  das  auf  sie  bezügliche  Quellenmaterial  zu  erforBchaj 
zu  veröffentlichen.  Seine  Arbeiten  sind  leider  etwas  unpraküsch  und  breit  angelegt,! 
die  Konstitution  der  griechischen  Texte  lässt  infolge  der  mangelhaften  Sprach kenntnij 
Herausgebers  fast  alles  zu  wünschen  übrig:  J.  A.  Bnchon,  Chroniques  ötrangäres  reu 
aux  exp^ditions  fran9aises  pendant  le  XIII.  siäcle,  Paris  1840  (manche  Exemplaifi 
1841  datiert);  der  Band  enthält  die  Pariser  Version  der  griechischen  Chronü;] 
französischer  Uebersetzung,  den  Auszug  des  Dorotheos  und  die  katalanischen  Chi 
des  Muntaner  und  des  B.  d'Esclot.  —  J.  A.  Buchen,  Recherches  historiques 
principautö  fran^aise  de  Morde  et  ses  hautes  baronnies,  2  voll.  Paris  1845;  der  erste  1 
enthält  die  französische  Chronik  (den  Livre  de  la  conqueste),  der  zweite  die  Ko| 
hagener  Version  der  griechischen  Chronik  u.  a.  —  Aragonische  Chronik:  Chrol 
de  Moröe  aux  13.  et  14.  siäcles,  publice  et  traduite  pour  la  premi^re  fois  par  All 
Morel-Fatio,  Gen^ve  1885  (=  Publications  de  la  Socidte  de  l'Chient  latin,  s^ne  histoi 
vol.  IV);  mit  französischer  Uebersetzung  und  einem  historischen  Index.  —  Italienii 
Chronik:  Chroniques  grdco-romanes  etc.  par  Charles  Hopf,  Berlin  1873  S.  414 — 46! 
Einen  Teil  der  griechischen  Chronik  ed.  mit  einer  historisch-kritischen  Einleitung < 
deutscher  Uebersetzung  Ad.  Ellissen,  Analekten  der  mittel-  und  neugriechischen  Utten 
2.  Teil,  Leipzig  1856.  —  Der  grösste  Teil  des  Prologs  der  griechischen  Chronik  isk{ 
lateinischer  Uebersetzung  und  kritischem  Apparat  ediert  von  E.  Miller  im  Recuefli 
liistoriens  grecs  des  croisades  1  (Paris  1875)  2,  581—623.   —  Ein  Teil  des  Livre  4l 


Sagenhafte  a.  historiacbe  Dichtungen  anf  nationaler  Grundlage,    (§  360)    337 

queste  ist  wiederholt  von  Tafel  und  Thomas,  Oesterreichische  Geschichtsquellen, 
bteilung,  12.  Bd  (Wien  1856)  315  ff.  —  Eine  kritische  Ausgabe  der  griechischen 
mik  wird  vorbereitet  von  John  Schmitt. 

2.  Hilfsmittel:  Zur  sachlichen  Erläuterung  und  Ergänzung  der  Chronik  dienen 
nischo,  französische  und  italienische  Chroniken,  Urkunden,  Siegel,  Münzen,  Medaillen, 
lalogische  und  topographische  Monographien  u.  s.  w.,  die  namentlich  in  folgenden 
ken  veröffentlicht  sind:  J.  A.  Buchen,  Recherches  et  mat^riaux  pour  servir  ä  une 
nre  de  la  domination  fran^aise  aux  13.,  14.  et  15.  sidcles  dans  les  provinces  dömom- 
8  de  Tempire  grec,  2  voll.,  Paris  1841.  —  J.  A.  Bnchon,  Nonvelles  recherches  histo- 
is  sur  la  principautö  fran^aise  de  Mor^e  et  ses  hautes  baronnies,  2  voll.,  Paris  1843.  — 
.  Buchen,  I^a  Grece  continentale  et  la  Morde,  Paris  1843  (Reisewerk).  —  J.  A.  Bn- 
D,  Voyage  dans  les  lies  de  TArchipel  et  de  la  mer  Jonienne,  Paris  1845  (mir  nicht 
nglich,  aber  von  dem  Verf.  in  den  Recherches  bist.  I  S.  X  als  unter  der  Presse  befind- 
erwähnt). —  J.  A.  Buchen,  Histoire  des  conqudtes  et  de  Tötablissement  des  Franfais 

les  dtats  de  Fancienne  Gr^ce  etc.,  I.  vol.  Paris  1846  (reicht  bis  1290;  an  der  Voll- 
ng  dieses  zusammenfassenden  Werkes  wurde  der  Verf.  durch  den  Tod  verhmdert).  — 
i  Buchen  kommen  vor  allen  die  bahnbrechenden  Arbeiten  von  Karl  Hopf  in  Betracht: 
bistoriae  ducatus  Atheniensis  fontibus,  Bonn  1852.  Veneto-byzantinische  Analekten, 
ingsber.  Wien.  Ak.  32  (1859)  365  ff.  Geschichte  Griechenlands,  Ersch-  und  Gruber'sche 
klopädie,  1.  Sekt.  Bd  85  und  86  (1867—68).     Chroniqnes  gröco-romanes,  Berlin  1873 

wichtig  durch  die  beigefügten  genealogischen  Tafeln).  —  Ein  unentbehrliches  Hilfs- 
)1  ist  das  auf  einer  staunenswerten  Beherrschung  des  riesigen  Materials  beruhende 
k  von  G.  Schlumberger,  Numismatique  de  Torient  latin,  Paris  1878.  —  Dazu  G. 
lumberger,  Les  principaut^  franques  du  Levant  d'aprds  les  plus  räcentes  d^couvertes 
I  numismatique,  Paris  1877.  —  Ch.  A.  Bovin g,  La  principautö  d'Achale  et  de  Moröe 
— 1430,  Brüssel  1879.  —  Jules  Gauthier,  Othon  de  la  Roche,  conqu^rant  d*Ath^nes 
i  famille,  Acadömie  des  sciences,  belles-lettres  et  arts  de  Besan9on  1880  S.  139 — 155 
;el,  Wappen,  Grabdenkmäler  u.  s.  w.  aus  der  Familie  La  Roche).  —  Marquis  Terrier 
joray,  Le  parlament  de  dames  au  XIII^  siecle,  Acadömie  des  sciences,  belles-lettres 
rts  de  Besannen  1880  S.  205-221;  hier  S.  217—221  eine  kritische  Note  Aber  den 
i  de  la  conqu6te,  in  welcher  der  Verf.  die  Originalität  der  griechischen  Chronik  be- 
tet. —  Eine  wesentlich  auf  Buchen  und  Hopf  gestützte  Uebersicht  gibt  De  Mas  Latrie, 
princes  de  Mor^e  ou  d'Achale  1203  - 1461,  Venedig  1882  (=  Monumenti  storici  pub- 
ti  della  R.  deputazione  Veneta  di  storia  patria,  vol.  8).  —  H.  F.  Tozer,  The  Franks 
e  Peloponnese,  Journal  of  Uellenic  studies  4  (1883)  165—236  (besonders  von  Wert 
b  topographische  Beiträge).  —  J.  B.  Bury,  The  Lombards  and  Venetians  in  Euboea, 
aal  of  Hellonic  studies  7  (1886)  309-352  u.  8  (1887)  194—213.  —  R.  Bisson  de 
te-Marie,  Histoire  du  dnch^  d' Äthanes  et  de  la  baronie  d'Argos,  Paris  1883  (mir  un- 
3glich).(  —  Nur  einzelne  Punkte,  die  mit  der  Chronik  zusammenhängen,  berührt 
iville  le  Roulx,  La  France  en  Orient  au  XIV®  siöcle,  2  voll.  Paris  1886  (=  BibL 
^coles  fran^.  d'Athcnes  et  de  Rome,  fasc.  44—45).  —  Baronne  Diane  de  Gnlden- 
8,  I/AchaYe  f^odale  (1205-1456),  Paris  1866  (populäre  Zusammenfassung).  —  A. 
stomanos,  Abendländische  Geschlechter  im  Orient,  im  Anschluss an  Du Cange's  Familles 
re  mer,  1.  Lieferung  Wien  1889  (wird,  wie  es  scheint,  nicht  fortgesetzt).  —  F.  Gregoro- 
,  Geschichte  der  Stadt  Athen  im  Mittelalter,  2  Bde,  Stuttgart  1889,  besonders  I  380  ff.; 
r. ;  ir  324  ff.  —  Den  Anteil  der  Katalanen  an  der  Latinisierung  des  Orients  behandeln : 
tamatiades,  Ol  KaraXävoi  iv  r^  *AvaxoX§,  Athen  1869.  —  D.  Antonio  Rubiö  y 
h,  La  cxpedicion  y  dominacion  de  los  Catalanes  en  Oriente  juzgadas  per  los  Griegos, 
^rias  de  la  real  academia  de  buenas  letras  de  Barcelona,  t.  IV  1,  1883.  Desselben: 
^avarros  en  Grecia  y  el  ducado  Catalan  de  Atenas  en  la  öpoca  de  su  invasion, 
»lona  1886  (berücksichtigt  bes.  die  aragonische  Chronik).  —  RubiöyLluch,  £v/ÄßoXal 
jy  ioxoglav  twV  KaxaXiavU)^  ir  "EXXu'dt,  JeXrioy  2  (1885-89)  458—466.  --  Rubiö  y 
h,  IJeQi  trji  inoj^rjg  xa&*  rjy  ol  KaraXdyoi  antSXsaay  rag  'Ädfjyagf  JeXrioy  4  (1894) 
-546.  —  lieber  den  Grossmeister  Heredia,  der  die  Abfassung  der  aragonischen 
lik  veranlasste,  vgl.  Karl  Herquet,  Juan  Femandez  de  Heredia,  Mtthlhausen  in  Th. 

und  desselben  Verf.  Abhandlung  in  Cottas  Zeitschrift  für  aUgemeine  Geschichte  4 
)  769—792.  —  Hauptschrift  über  das  Verhältnis  der  Versionen  und  Handschriften 
/hronik:  John  Schmitt,  Die  Chronik  von  Morea,  Diss.,  München  1889.  —  lieber 
openhagener  Handschrift  handelt  JohnSchmitt,  Romanische  Forschungen  herausgeg . 
fC.  Vollmöller  5  (1890)  519—538. 

Endlich  sind  die  einschlägigen  allgemeinen  geschichtlichen  und  geographischen 
:e  beizuziehen,  namentlich:  J.  Ph.  Fallmerayer,  Geschichte  der  Halbinsel  Morea 
3nd  des  Mittelalters,  2  Bde,  Stuttgart  und  Tübingen  1830.  —  Expedition  scientifione  d« 
3  ordonn^e  par  le  gouvemement  fran^ais  etc.,  3  voll.,  Paris  1831  -38.  —  Leake,  PmpoiH 


838    Bysantinisohe  Liiteratnrgeaehiohte,    IIL  Tnlgftrgrtodli.  Uttantar.  L 


nesiaca,  London  1846  (S.  136—160  über  die  Chronik  Yon  Morea).    —  E.  Curttii, 
ponnesos,  2  Bde,  Gotha  1851—52.  —  G.  Finlay,  A  history  of  Greeca,  yoL  i, 
1877.  —  Eine  venezianische  Karte  von  Morea  ed.  K.  Sathas,  DoeamentB  kiMk 
a  Fhistoire  de  la  Gräce,  1.  s^rie,  vol.  1,  Paris  1880.  —  Vgl  die  Litteratar  bei  H.  6.  L«l 
Hellenische  Landeskunde,  Handbuch  d.  klass.  Altertumswissenschaft  in  159  £ 
8.  lieber  die  Herkunft  des  Namens  Morea  s.  S.  411  f. 

4.  Gasmule  {ra<ff*ovXog,  auch  BaofjiovXog)  heisst  der  SprOssling  fränkisch- 
Mischehen,  insbesondere  der  Sohn  eines  fränkischen  Vaters  und  einer  griechii 
Frühere  etymologische  Versuche  waren  vergeblich;  vgl.  z.  B.  J.  A.  Buchen, 
S.  XVII  Anm.;  je^  ist  das  Wort  wohl  richtig  aus  franz.  gas  (=  gar^on)  mid 
(Maulesel)  abgeleitet  worden.     <D.  Therianos>,  'OXiya  negi  r^g  XaXovfurtfg  m 
fjLiyrig  yXaiaarjg,  Neu  'Huiqa  v.  3./15.  April  1893  (Nr.  957). 

5.  Der  historische  Stoff  der  (Chronik  von  Morea  ist  novellistisch  behanddt 
von  A.  R.  Rangab^  in  seiner  Erzählung  ,Der  Fürst  von  Morea"  (^  av&iyttjg  toi 
Deutsch  übersetzt  von  Ad.  Ellissen,   Analekten  der  mittel-  und  neugriedL  ULt\ 
111-285. 

361.  Elagegesang  über  Timur  Lenk  {O^vog  negl   Tufg\ 
ein  anonymes  Gedicht  in  96  reimlosen  politischen  Versen,  welches  ii 
1403  geschriebenen  Cod.  Paris.  2914  überliefert  und  somit  noch  wil 
des  grossen  Verheerungzuges  Timurs  abgefasst  ist.     Der  Vc 
beginnt  seine  Erzählung  mit  der  Belagerung  Eonstantinopeb  durch 
welche    durch   das  plötzliche  Auftreten   des  mongolischen  Weltei 
abgebrochen  wurde,  erwähnt  kurz  die  Niederlage  des  türkischen 
(bei  Angora  1402)  und  schildert  dann  mit  drastischen  Worten  die 
hörten  Greuel,  welche  die  Horden  Timurs  über  die  Bevölkerung  Kid] 
verhängten. 

Ed.  pr.  W.  Wagner,    Medieval  gr.  texte  S.  105—109.   —   Wiederiiolt 
S.  28—31.  —  Diese  zwei  Auagaben  wimmeln  von  groben  Lesefehlem  und  Miasyersti 
Das  Ergebnis  einer  neaen  von  J.  Psichari  nnd  E.  Legrand  veranstalteten  KolläMij 
Pariser  Hs  bei  J.  Psichari,  Essais  de  graramaire  bist,  n^o-grecque  2  (1889) 
vgl.  ebenda  1  (1886)  26.   -  -  Mit  Hilfe  dieser  Kollation  lieferte  eine  lesbare  neue 
8.  D.  Papadimitriu,  Odessaer  Jahrb.  IV  Byz.  Abt.  2  (1894)  172—177. 

362.  Paraspondylos  Zotikos  {iraQaanovdvXog  ZconxoV),  ein 
unbekannter  Mann,  verfasste  in  465   reimlosen  politischen  Versen 
Beschreibung   der   folgenreichen    Schlacht   bei    Varna  i.   J.   1444,j 
welcher  Sultan  Murad  II  die  vereinigten  Heere  der  Ungarn  und 
überwältigte.     Der  Verfasser  behauptet,   er  berichte  als  Augenzeuge;] 
einem  Walde   habe  er  sich  versteckt  gehalten,  und  sein  Herz  'habe 
beim  Anblicke  des  ungeheueren  Menschenmeeres  versteinert.   Wie  es 
immer  mit  der  Wahrheit  dieser  Notiz  verhalten  mag,  die  Erzählung 
poetischen   Kriegskorrespondenten  erhebt    sich  nicht   über   eine  zi( 
phantastische,    in    den   Zahlenangaben   stark   übertreibende    Schilde 
Immerhin  gibt  er  die  Situation  im  allgemeinen  richtig  wieder  und  berk 
sogar  einige  sonst  nicht  bekannte  oder  nicht  genügend  gesicherte 
heiten.     Seine   Darstellung  verrät  ein  massiges  Studium   schrii 
lieber  Werke,   denen   er  wohl   auch   die  Einstreuung   langer  Reden 
Briefe  abgelernt  hat. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  £.  Legrand,  Coli,  de  raon.  N.  S.  vol.  5  (1875)  51- 
—  Neue  Ausgabe  mit  spracblicben  Erklärungen  und  Verbalindex  von  Wilh.  PecxJ 
Paraspondylos  Zotikos  Gedicbt  über  die  Schlacht  bei  Varna,  Budapest,  Verlag  der 
d.  Wies.  1894  (ung.). 

2.  Hilfsmittel:  Ueber  die  Scblacht  bei  Varna  vgl.  G.  Hertzberg,  Greschiclito| 
Byzantiner  und  des  osmanischen  Reiches,  Berlin  1883  S.  564  £f.  —  W.  Peoz,  ZotikosI 
Hierax  Aber  die  Schlacht  bei  Varna,  Zeitschrift  ,Szäzadok'  1894  (ungaridche  Uel 


kigenhafte  a.  histörisohe  Diohtangen  auf  nationaler  Gtrondlage.  (§§  36 1  —363)    839 

Zotikos  und  des  auf  die  Schlaclit  von  Varna  bezüglichen  Teiles  des  Gedichtes  des 
*ax  nebst  geschichtlichen  Erläuterungen).  —  Einen  kurzen  deutschen  Auszug  dieser 
Andl.  gab  W.  Pecz,  Ungarische  Revue  14  (1894)  85-88. 

8.  Im  Cod.  35  des  alten  Serails  steht  ein  Gedicht  über  die  Schlacht  von  Varna 
L«^o;  rijg  BaQyrjg)  unter  dem  Namen  des  Georg ios  Argyropulos.  Vgl.  Fr.  Blass, 
sies  23  (1888)  224.    Wie  sich  dieses  Gedicht  zu  dem  des  Zotikos  verhält,  steht  dahin. 

363.    Die  Eroberung  von  Eonstantinopel,  "AXcaa^g  KnoXeog  (104^ 

tische  Verse  mit  sporadischer  Anwendung  des  Reimes).  Das  unter 
^em  Titel  in  dem  einzigen  Codex  Parisinus  2909  überlieferte  Gedicht 
-de  früher  mit  Unrecht  dem  Rhodier  Emmanuel  Qeorgillas  (s.  §  366) 
^schrieben.  Auch  die  in  der  neueren  Litteratur  öfter  vorkommende 
;eichnung  des  Gedichtes  als  Og^vog  KnoXsoag  ist  ohne  handschriftliche 
vähr  und  ohne  innere  Berechtigung.  Denn  das  Hauptthema  des  Werkes 
^et  offenbar  nicht   die  Klage  über  den  Fall  Eonstantinopels,   obschon 

Dichter  reichliche  Thränen  vergiesst,  sondern  die  sehr  praktisch  ge- 
llte und  wohl  motivierte  Aufforderung  an  die  europäischen  Mächte, 
nstantinopel  zurückzuerobern  und  die  morgenländische  Christenheit  von 
3  osmanischen  Joche  zu  befreien.  Wie  ernst  es  der  Verfasser  mit  seiner 
te  meint,   ergibt  sich   aus  den  genauen  Angaben  über  die  Streitmacht 

Sultans  (V.  748  flf.)  und  über  die  Zahl  der  unter  der  türkischen  Herr- 
aift  lebenden  Griechen  (V.  943  ff.),  auch  aus  der  wiederholten  Aufforde- 
^,  sein  Werk  genau  abzuschreiben  und  für  die  Verbreitung  desselben 

Abendlande  Sorge  zu  tragen  (V.  837  flf.;  1008  flf.).  In  der  Einleitung 
"teht  der  Dichter,  dass  die  Rhomäer  an  dem  niederschmetteiiiden  Er- 
nis  selbst  schuld  seien  durch  ihre  unverbesserliche  Zwietracht,  ihre 
Inliche  Habsucht  und  ihre  eitlen  Hoflfnungen:   Tqla  ngayfiara  i%dXaaav 

^^Pwfiavtav  oXtjv,  \\  'O  (px^ovogj  rj  (piXaQyvQid  xai  rj  xsvij  iXniia  (V.  834  f.). 
.  Geständnis,  das  sicherlich  ernst  gemeint,  wenn  auch  nebenbei  darauf 
echnet  ist,  die  Mächte  milder  zu  stimmen.  Völlig  ernst  ist  es  dem 
hter  auch  mit  seiner  Mahnung  zur  kirchlichen  Einigung.  Er  war 
sifellos  ein  gut  orthodoxer  Grieche,  gehörte  aber  zu  der  gemässigten 
-tei,  welche  in  jenen  Tagen  der  schwersten  Bedrängnis  die  Rettung  der 
rwelt  von  den  katholischen  Mächten  erwartete  und  die  Befreiung  von  den 
"barischen  Vernichtern  jeder  Bildung  und  Gesittung  selbst  mit  dem  Opfer 
er  kirchlichen  Konzession  zu  bezahlen  bereit  war.   Der  litterarische  Wert 

Gedichtes  ist  äusserst  gering;  in  dem  Bestreben  möglichst  eindringlich 
I  überzeugend  zu  reden,  fallt  der  Verfasser  von  einer  Wiederholung  in  die 
lere  und  vielfach  gleicht  das  Schriftstück  mehr  einem  schlechten  Zeitungs- 
ikel  oder  einer  plumpen  diplomatischen  Geheinmote  als  einem  Gedichte; 
einigen  Stellen  zwar  erhebt  sich  der  Vortrag  zum  edlen  Ausdruck  der  Be- 
sterung,  aber  der  weinerliche  Ton  und  die  unmässige  Breite  lassen  keine 
istlerischo  Gesamtwirkung  aufkommen.  Die  volksmässige  Realistik  der 
liioii  hat  der  Verfasser  mit  anderen  Versmachem  jener  Zeit  gemein; 
r  drastisch  wünscht  er  z.  B.  V.  562  dem  Eroberer  Mohamed;  Nd  xian 
cvxciTiv  %ov  xtti  oXrjv  zrjv  ovaidv  tov.  Dass  der  grimmige  Hasser  der 
rken  nicht  allzu  weit  von  ihrem  Machtbereiche  lebte,  lässt  sich  woU 
I  der  seltsamen  Art  schliessen,  wie  er  sich  zwar  für  die  intimsten 
mnde  durch  einige  Körpermale  zu  erkennen  gibt,  weiteren  Kreiaen  aber 


g40    Bysantinisohe  Litieratargeschiobte.   m.  Yvlgargrieoli.  Ultonlar.  t; 

seinen  Namen  verbirgt  (V.  1019 — 1026).  Er  bemerkt  übrigens  ans 
lieh  (Y.  940),  dass  er  die  Schrift  im  fremden  Auftrage  verfasst  hab 
daran  geknüpfte  Vermutung  von  E.  Paparregopulos ,  der  Dichta 
einem  grossen  Komitee  gedient,  das  auch  die  Fürstenkonferenz  in  1 
beschickte,  lässt  sich  nicht  erweisen.  Aus  mehrfachen  Bemerkungen 
sich  mit  Sicherheit,  dass  das  Gedicht  noch  im  Jahre  1453  ksn 
der  Eroberung  abgefasst  wurde. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  A.  Ellissen,   Analekten   der  mittel-   und  neogiiec 
Litteratur,  3.  Teil,  Leipzig  1857  (mit  Einleitung  und  deutscher  Uebenetzoog).  — 
Wagner,  Medieval  gr.  texts  S.  141 — 170  (mit  einigen   Textverbessemngen,  hc 
neue  Kollation  der  Hs).  —  Ed.  £.  Legrand,  Bibl.  gr.  yulg.  1  (1880)  169—2(fö  (vi 
verbesserter  Text  auf  Grund  einer  Neuvergleichung  der  Hs). 

2.  Hilfsmittel:  A.  Korais,  "Ataxta  11  HgoX.  8.  2  f.  —  Ch.  Gidel,  Ete 
la  litt,  grecque  moderne,  Paris  1866  S.  66.  —  Die  Grundlosigkeit  der  ZoteOing' 
dichtes  an  Georgillas  erkannte  zuerst  A.  Ellissen,  Analekten,  3.  Teil  S.  121 
fQhrlicher  begründete  er  seine  Ansicht  in  einer  Besprechung  von  W.  Wagnen  J 
Göttingische  Gelehrte  Anzeigen  1871  S.  1538—1566  und  (in  einer  Besprechung  om 
der  NeoeXXrjyiXit  'Jyäkexra)  ebenda  1874  S.  475—478.  —  Einen  Zweifel  an  der  Ali 
des  Georgillas  äusserten  nach  Ellissen  nur  noch  E.  Egg  er,  L'Hell^nisme  en  I 
(1869)  439  Anm.,  und  Sp.  Lampros,  'EaWa  22  (1886)  822.  —  Zu  demselben  Eml 
Ellissen  kam  ohne  Kenntnis  seiner  Arbeiten  in  den  Gott.  Gel.  Anz.  teils  mit  densolbf 
menten,  teils  auf  Grund  einer  scharfsinnigen  sprachlichen  Untersuchung  G.  N. 
dakis,  Ist  Georgillas  der  Verfasser  des  Gedichtes  von  der  Eroberung  KonstaoÜ 
B.  Z.  3  (1894)  581-598  (mit  guten  Emendationen). 

3.  Den  gleichen  Zweck  wie  der  naive  Verfasser  des  Berichtes  über  den  Fall  ^ 
suchte  später  ein  griechischer  Humanist  mit  ganz  anderen  Mitteln  zu  erreichen.  Der 
AntoniosEparchos  aus  Kerkyra  Hess  i.  J.  1544  einen  in  heroischen  Distichen  und  im 
Dialekt  abgefassten  Bqtjvoq  eis  r  V  'EXXados  xaraatQotpijy  drucken,  in  welchem  die  ( 
des  alten  Olymps  aufgeboten  werden,  um  die  Machthaber  Europas  zur  Befreiung  ( 
lands  vom  Barbarenioche  anzufeuern.  Das  Gedicht  ist  abgedruckt  bei  K.  N. 
yeoeXXrjyixij  tpiXoXoyia,  Athen  1868  S.  163—168.  —  lieber  die  erste  Ausgabe  vg 
grand,  Bibliogr.  hell.  1  (1885)  259-262. 

364.  Ein  Elagegesang  auf  den  Fall  von  Eonstantinopel 
{'ArdxXijfia  rtjg  KaivarmfxivonoXr^g)  in  118  reimlosen  politischen  Ven 
einem  unbekannten  Verfasser  steht  im  Cod.  Paris.  2873.  Dai 
Zwiegespräch  zweier  sich  bei  Tenedos  begegnenden  Schiffe,  vor 
das  eine  aus  der  „vom  Blitze  verbrannten*  Stadt  kommt,  e 
wir  das  traurige  Ereignis;  in  einfachen,  ergreifenden  Tönen  wen 
bei  der  Eroberung  verübten  Greuel,  die  Profanation  alles  Heiligen 
schmähliche  Knechtung  des  christlichen  Volkes  geschildert.  Die 
tische  Einkleidung,  für  welche  sich  in  der  neugriechischen  VoD 
zahlreiche  Seitenstücke  finden,  die  Abwesenheit  des  Reimes  wie  a 
gesamte  Ton  der  Erzählung  lassen  vermuten,  dass  dem  GFedic 
Volkslied  zu  Grunde  liege;  wir  hätten  somit  im  Kerne  unseres 
eine  der  ältesten  Formen  der  noch  heute  fortlebenden  Gesänge  ) 
Fall  von  Konstantinopel  und  den  Tod  des  letzten  Paläologen.  Merl 
ist,  dass  einige  Stellen  des  Gedichtes  an  die  aus  demselben  Anh 
standene  Bittschrift  (§  363)  anklingen.  Da  die  letztere  schon  im  Jah 
geschrieben  ist,  muss  wohl  der  im  übrigen  mehr  urspiüngliche  unc 
massige  Dichter  des  Klagegesanges  als  der  Nachahmer  gelten,  e 
nähme,  die  für  den  Kenner  der  neugriechischen  Volkspoesie  d 
nichts  Auffallendes  hat.  Die  starke  Hervorhebung  Kretas  und  der 
(V.  38  ff.)  berechtigt  wohl  zu  dem  Schlüsse,  dass  das  Gedicht  au 
oder  wenigstens  von  einem  Kreter  verfasst  worden  ist. 


enhalte  n.  historisohe  Dichtungen  auf  nationaler  Grundlage.  (§§  364—866)    84 1 

1.  Ed.  pr.  E.  Legrand,  Coli,  de  mon.  N.  S.  vol.  5  (1875)  86—100  (mit  einem  GIob- 
-  Die  einzige  Handschrift,  die  den  Text  überliefert,  ist  ein  solches  Masterstück  von 
iiter  Fehlerhaftigkeit,  dass  man  sie  für  textkritische  Seminarübnngen  empfehlen 
'.    Ausser  airden  Fehlem,  die  sich  aas  dem  Jotazismus  and  der  Aehnlichkeit  ge- 

Laute  erklären,  findet  man  hier  namentlich  jene  Verwirrung  in  der  Trennung 
''erbindung  der  Wörter,  durch  die  auch  manche  Venezianer  Drucke  der  Lektüre 
le  Hindernisse  bereiten,  in  einem  ganz  ungewöhnlichen  Masse  vertreten;  man  liest 
a^  xaißv  statt  tc?  axBvrj,  yatpayraad  Jixaf40v  statt  yd  (pap  xd  atauxd  fjtov,  na^&alvBUi, 
Vc^  statt  nuQ&eyaig^  ^yovfAivaig  u.  s.  w.  —  Zum  Texte  vergleiche  A.  Eberhard, 
Qs  Jahresbericht  Bd  3  (1877)  554. 

2.  Im  Cod.  Athous  3226  s.  17  fol.  8—14  steht  ein  BQrjvoi  inl  rfi  aXiaCH  trjg  Ktav- 
yovnoXeiog  in  160  politischen  Versen.  Der  Verfasser  des  Gedichtes  ist  wahrschein- 
»r  Priester  Synadinos  {Ivva^iv6g\  von  dem  derselbe  Codex  noch  einige  andere 
»n  enthält.  Ed.  pr.  Sp.  Lampros,  'Rffitir  22  (1886)  821— 825.  Beginn:  'AXkoifAOPOP, 
ovov  ^q  t6  yivog  Kay  'PfOfiaiaty, 

3.  Noch  unbeachtet  ist  ein  poetisches  Zwiegespräch  zwischen  Eonstantinopel, 
alem,  Alexandria,  Antiochia  und  einem  Fremdling,  dessen  Inhalt  ebenfalls 
itige  Klagen  über  den  Fall  von  Kpel  bilden.  Es  steht  als  Epilog  einer  vulgär- 
schen,  von  Christi  Geburt  bis  auf  Konstantinos  IX  Paläologos  reichenden  Chronik 
d.  Marc.  VH  43  fol.  127  ff. 

866.    Ein  Klagelied   auf  die  Eroberung   von  Athen   durch  die 

dn  (1458)  von  einem  ungenannten  Verfasser  steht  in  einer  Peters- 
r  Handschrift  unter  dem  Titel:  Ufq!  trjg  ävaXoitreojg  xal  tr^g  ai%na^ 
g  ij  yäyovsv  vno  zwv  üsQawv  slg  Utuxrjv  'Ad'tjva  (69  reimlose  politische 
).  Nach  einem  geschichtlichen  Rückblik  auf  den  Ruhm  der  Stadt, 
e  den  Gregor  von  Nazianz,  den  Basilios  und  Chrysostomos 
richtet  habe,  verleiht  der  Verfasser  der  personifizierten  Udijva  selbst 
Tort;  sie  beklagt  in  unsäglich  plumpen  und  ihres  erlauchten  Namens 
:  würdigen  Versen  die  Erniedrigung,  Schande  und  Sklaverei  ihrer 
r  und  ruft  zuletzt  die  Schutzpatronin  Maria  um  Rache  und  Ret- 
an. 

Ed.  Gabriel  Destunis,  Petersburg  1881  mit  Einleitung,  Kommentar  und  Ueber- 
5  (russ).  —  Vgl.  Gregorovias,  Geschichte  der  Stadt  Athen  2,  382  f.  —  D,  Gr. 
uroglus,  'latoQia  rtöy  Udfjyaitoy  1  (1889)  117  £f. 

366.  Emmanuel  Georgillas  Limenites  (EfifAavovrjk  refüQyiXXag  i 
^'fffi)  aus  Rhodos,  ein  eifriger  Freund  der  kirchlichen  Union,  lebte 
T  zweiten  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts.    Eine  nähere  Bestim- 

seiner  Zeit  ergibt  sich  aus  dem  Gedicht  auf  die  Pest  in  Rhodos, 
r  unter  dem  frischen  Eindrucke  des  furchtbaren  Ereignisses,  also 

im  Jahre  1500  und  zwar  allem  Anschein  nach  als  ein  Mann  im 
i  Alter  verfasste.   GeorgiUas  hat  ein  geringes  Formtalent  und  ist  in 

Darstellung  breit,  plump,  weinerlich,  zuweilen  auch  unerlaubt  derb; 
ibcr  mit  diesen  Mängeln  aussöhnt,  ist  die  erschütternde  Wahrheit 
•  Schilderung,  der  aufrichtige  Patriotismus  und  die  Innigkeit  der 
anschauung  (z.  B.  Belisar  V.  474  f. ;  Pest  V.  90  flf.).  Wir  haben  von 
wei  Gedichte,  die  in  formaler  Hinsicht  dadurch  merkwürdig  sind, 
sich  in  ihnen  der  Übergang  vom  reimlosen  zum  gereimten 
e  darstellt: 

1.  Die  Geschichte  Belisars,  ^latoQixi}  i^r^yrfiig  neqi  BehaaQhv 
politische  Verse,  in  welchen  zuletzt  V.  810  ff.  plötzlich  der  Reim 
tt).  Georgillas  hat  hier  nur  ein  älteres  Gedicht  umgearbeitet  und 
bert  (s.  §  357).   In  der  Einleitung  (V.  17  flf.)  und  am  Schlüsse  (V.  803  flf.) 

der  Verfasser  auf  die  Eroberung  von  Konstantinopel  an  und  fordert 


842     Byiantinische  LitieratargeBohiohte.    TSL  VnlgArgrioeh.  Liffanihtf.  i| 

zuletzt  die  ganze  Christenheit  auf,  das  Kreuz  zu  erheben  und  die  J 
den  Türken  zu  entreissen. 

2.  Die  Pest  von  Rhodos,  To  d^avauxov  Ttjg  ^P6iöv  (644  gei 
politische  Verse).  Das  Gedicht  bezieht  sich  auf  die  furchtbare  Pest,  i 
in  den  Jahren  1498  und  1499  auf  Rhodos  wütete.  Georgillas  eM 
der  Krankheit  eine  göttliche  Strafe  und  begleitet  daher  seine  wehn 
Klagen  mit  eindringlichen  Mahnungen,  zu  einer  einfacheren  und  rc 
Lebensart  zurückzukehren.  Für  seine  moralischen  Lehren  führt  ei 
geringeren  Autoren  als  Piaton,  Aristoteles,  Cato  und  Oribasi 
Feld  (V.  513;  536  flf,).  Das  Gedicht  ist  litterarhistorisch  mit  den  pi 
tischen  Werken  des  Spaneas,  Lapithes,  Sachlikis  und  Dephan 
vergleichen. 

1.  Ausgaben:  A.Beli8ar:S.  §357.  —  B.  Pest  in  Rhodos:  Ed.  pr.  W.W 
Medieval  gr.  texts  S.  171—190;  wiederholt  Carmina  S.  32—52.  —  Ed.  E.  Legrti 
gr.  vulg.  1  (1880)  203—225  (wesentlich  verbesserter  Text). 

2.  Hilfsmittel:  Ueber  Georgillas  vgl.  Korais,  "Ataxia  II  Ugok,  S.  3 ff. 
Sprache  und  Kritik:  J.  Psichari,  Essais  de  gramm.  historique  nöo-grecque  1  (188 
114  (und  allenthalben);  2  (1889)  247  ff.  -  G.  N.  Hatzidakis,  B.  Z.  3  (1894)  5C 
Emendationen  zur  Pest  von  Rhodos  gab  S.  D.  Papadimitria,  Viz.  Vr.  1  (18 
bis  647. 

8.  Ueberlieferung:  Beide  Stücke  nebst  dem  Gedicht  auf  die "^Aoi^k  (S 38! 
liefert  der  einzige  Cod.  Paris.  2909. 

367.  Manuel  Sklavos  {MavovrjX  2xXdßog),  ein  biographiscli 
bekannter  Kreter,  beschrieb  in  284  politischen  Versen,  die  er  2vfif€ 
KQijtrjg  betitelte,  das  furchtbare  Erdbeben,  welches  im  Jahre 
seine  Heimatinsel  verwüstete.  Das  Gedicht  ist  litterarhistorisch  n 
Klägegesängen  auf  den  Fall  von  Eonstantinopel,  auf  die  Pest  von! 
u.  s.  w.  zu  vergleichen.  Der  Verfasser  erzählt  in  unbeholfener 
einzelne  Episoden  des  Ereignisses;  erst  von  V.  175  an  gewinnt  di 
Stellung  durch  das  offenbar  der  Volkspoesie  abgelauschte  Motiv  ein 
sprächs  zwischen  einem  Fremden  und  der  personifizierten 
einige  Lebendigkeit. 

Ed.  pr.  W.  Wagner  (aus  Cod.  Vindobon.  244),  Carmina  S.  53—61.  —  Emen 
von  S.  D.  Papadimitriu,  Viz.  Vr.  1  (1894)  647-649. 

368.  Johannes  Eoronaeos  (KogwvaTog)  schrieb  i.  J.  1519  ein 
weitschweifiges  als  poesieloses  Heldenepos  über  die  Thaten  des  Merl 
Bua,  'AviQayadrjixaxa  Msqxovqiov  Mnova  (gegen  5000  gereimte  Füi 
Silber).  Der  Held  des  Gedichtes,  ein  tapferer  Albanese  aus  Naupli 
1495  in  venezianische  Dienste  und  erwarb  sich  später  unter  Kaiser 
milian  als  Anführer  griechischer  Soldtruppen,  der  sogenannten  Stn 
reiche  Lorbeeren.  Er  starb  nach  1527  in  Treviso,  wo  in  der 
S.  Maria  Maggiore  sein  Grabmal  errichtet  ist.  Koronäos  erfasste 
Aufgabe  mit  der  Gewissenhaftigkeit  eines  Historikers;  er  erholte  si( 
er  selbst  erzählt,  nicht  nur  mündlichen  Aufschluss  bei  Bua,  sondei 
dierte  auch  dessen  Familiondokumente  und  ging  sogar  nach  Griech 
um  über  das  Geschlecht  der  Bua  Näheres  zu  erfahren.  Das  pracl 
von  Koronäos  selbst  geschriebene  Widmungsexemplar  ist  in  der  Ti 
Bibliothek  aufbewahrt. 

*  Ed.  pr.  K.  N.  Sathas,  yJkXriyixd  äyixdota  1  (1867)  4—153  (mit  einer  ausfi 
historischen  Einleitung).  —  Vgl.  Ch.  Gidel,  Nouvelles  Stades  sor  la  litt.  gr.  mo 


^•nhafte  n.  huitoriaohe  Diohtiingeii  auf  nationaler  Grundlage.  (g§  867—369)    843 

37.  —  lieber  die  sogenannten  Stratioti  {ttTgatnurai,  französ.  Estradiots),  griechische 
erscharen,  die  im  15.  und  16.  Jahrhundert  an  den  in  Italien  ausgefochtenen  Kriegen 
bedeutenden  Anteil  nahmen  und  nach  ihrer  kulturhistorischen  Stellung  mit  unseren 
Isknechten  zu  vergleichen  sind,  hat  ein  reiches  Material  von  lateinischen  und  ita- 
chen Dokumenten  nebst  einer  historischen  Untersuchung  veröffentlicht  E.  N.  Sathas» 
oaents  inddits  relatifs  ä  l'histoire  de  la  Gr^ce,  vol.  7  und  8,  Paris  1888. 

S69.  Jakob  Trivolis  ( TQißdXrfi)^  ein  vornehmer  Grieche  aus  Korfu, 
Btsste  in  der  ersten  Hälfte  des  16.  Jahrhunderts  ein  panegyrisches 
icht  (in  313  achtsilbigen  trochäischen  Reimversen)  über  die  Thaten 
Grafen  Tajapiera,  ^larogia  tov  Tayianuqa,  Derselbe  hatte  sich  als 
>zianischer  Kapitän  durch  Bestrafung  der  Piraten  Verdienste  um  die 
1  Korfu  erworben  und  wird  nun  von  dem  dankbaren  Dichter  über  die 
len  der  Uias  erhoben.  Eine  zweite  Reimerei  des  Trivolis,  die 
pm  %ov  ^  tr^g  2x(oxtag  fii  trjv  ^riyiisaa  x^g  ^EyyXrjtäQag  (376  gereimte 
Tzehnsilber)  ist  eine  freie  Imitation  der  7.  Novelle  des  7.  Tages  in 
caccios  Decamerone.  In  seiner  Darstellungsweise  ist  Trivohs 
g  ungeschlacht  und  wie  die  meisten  Heptanesioten  seiner  Zeit  in  einem 
^imlichen  Grade  italienischen  Einflüssen  ergeben. 

1.  Die  Geschichte  des  Tajapiera  ist  gedruckt  Venedig  1528  und  öfter.  —  Neu 
t  von  E.  Legrand,  Coli,  de  mon.  vol.  3  (1869)  und  zum  zweitenmale  Coli,  de  mon. 

vol.  4  (1875)  mit  litterarhistorischer  Einleitung,  Kommentar  und  französischer  Ueber- 
9g.  —  Zum  Texte  vgl.  A.  Eberhard,   Bursians  Jahresber.  über  die  Fortschritte  der 
Altertumswiss.  Bd  3  (1877)  551  f. 

2.  Geschichte  des  Königs  von  Schottland:  Oft  in  Venedig  gedruckt,  zuerst 
soheinlich  1540,  dann  1577,  1779,  1795.  —  Neudruck  von  E.  Legrand,  CoU.  de  mon. 
13  (1871).  —  VgL  E.  Legrand,  Bibliogr.  helL  1  (1885)  202  ff. 


3.  Romantische  Dichtungen  über  antike  Stoffe. 

370.  Vorbemerkung.    Die  romantische  Auffassung  antiker 
geschichten  hat  in  Byzanz  keinen  so  günstigen  Boden   gefunden 
Abendlande.     Zwar  sind  die  wichtigsten  Elemente  einer  sagenhafte! 
gröberung  der  alten  Stofife  schon  in  griechischen  Schriften  wie  im 
buche   des  Sisyphos  von  Kos,    das    den    Spätem  vomehmlidi 
Malalas  vermittelt  wurde,   im  Pseudo-Kallisthenes    und  in 
Machwerken  enthalten;   aber  die  Byzantiner  blieben  durch  ihre 
Studien   und   durch  den  Schulunterricht  mit  den  Originalwerken  so 
verbunden,  dass  die  Übertragung  der  alten  Erzählung  in  die  vol 
und  zeitgenössische  Anschauungsweise  lange  zurückgedrängt  wurde, 
ist  hiefür  bezeichnend,  dass  die  Bücher  des  Diktys  und  Dares,  von 
die   sagenhafte    und    romantische   Verarbeitung   der   homerischei 
schichten   vornehmlich   ausgegangen  ist,  bei   den  Griechen  keine 
ständige   Weiterentwickelung  erfahren  haben.      Zur  Einkleidung 
Helden  in  höfische  Kostüme  kam  es  bei  den  Byzantinern,  wenn  nicht 
täuscht,   erst  unter  dem  Einflüsse  abendländischer  Vorbilder, 
die  auf  griechischem  Boden  erwachsene  Alexandersage  ist  in 
weniger  eifrig  weitergebildet  und  poetisch  ausgeschmückt   worden  ibj 
Abendlande.     Ich   bespreche   zuerst  zwei  vulgärgriechische  Bei 
der  homerischen  Geschichten,   dann  eine  romantische  AchilleiSfi 
letzt  den  Alexanderroman  und  schliesse  daran  die  Geschichte  des 
lonios  von  Tyros. 

1.  Allgemeine  Hilfsmittel:  Die  bekanntesten  trojanischen  SchwindelbftdMil 
des  Diktys  und  Dares,  gehören  vorwiegend  in  die  lateinische  Litterator;  Anagabfil 
Hilfsmittel  verzeichnet  W.  S.  Teuf  fei,  Geschichte  der  römischen  Litteratur  ^  (1890)  [' 
471.  —  Zu  den  französischen,  englischen  und  deutschen  Trojaromanen  vgl.  GastoB 
La  litt.  fran9aise  au  moyen-äge,  Paris  1888  S.  76  f.;  139.  —  H.  P.  Junker,  Gr 
der  Geschichte  der  französ.  Litteratur,  Münster  1889  S.  86  f.;  150.  —  Gust  Kli 
Grundriss  der  Geschichte  der  englischen  Litteratur,  Münster  1887  S.  113  f.  —  Karl^ 
deke,  Grundriss  zur  Geschichte  der  deutschen  Dichtung  P  (1884)  S.  87  f.;  126; 
Von  Spezialschriften  vgl.  besonders:  H.  Dung  er.  Die  Sage  vom  trojanischen  Ki  , 
den  Bearbeitungen  des  Mittelalters  und  ihre  antiken  Quellen,  Progr.,  Dresden  1869. 
selben:  Dictys-Septimius,  Progr.,  Dresden  1878.  Desselben:  De  Dictye-Septimio  Vi 
imitatore,  Progr.,  Dresden  1886.  —  Wilh.  Greif,  Die  mittelalterlichen  Bearbeitnnfei i 
Trojanersage.  Ein  neuer  Beitrag  zur  Dares-  und  Dictysfrage.  Marburg  1886  (=  kvn^ 
und  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der  romanischen  Philologie,  veröffentl.  von  E.  Skei| 
Nr.  61)  (Der  Verf.  handelt  auch  ausführlich  über  die  byzantinische  Ueberliefenngl 
Sisyphos,  Malalas,  Johannes  von  Antiochia,  Isaak  Porphyrogennetos,  Kedrenos,  Tz6tMBtt.U 


8.  Bomantische  Dichtungen  über  antike  Stoffe.    (§§  370—371) 


845 


de  Queux  de  Saint-Hilaire,  Homere  dans  le  moyen-äge  occidental,  Annuaire  de 
90C.  14  (1880)  80-98.  —  E.  Collilieux,  Etüde  sur  Dictys  de  CrMe  et  Dards  de 
ygie,  Grenoble  1886  (mir  unzugänglich). 

2.  Der  griechische  Diktys:  Die  Versicherung  des  L.  Septimius,  dass  er  die  Er- 
ding des  Diktys  Cretensis  nach  einem  griechischen  Original  lateinisch  bearbeitet 
e,  ist  in  der  neueren  Zeit  starken  Zweifeln  unterworfen  worden,  und   H.  Dung  er  hat 

allgemeinen  Beifall  gefunden,  als  er  in  seiner  Abhandlung  ,Dictys-SeptimiusS  Dresden 

6,  die  letzte  ausfahrliche  Verteidigung  des  griechischen  Dictys,   die  von  G.  Körting, 

^8  und  Dares  (1874),  mit  , schwerem  Geschütz*,  wie  ein  Rezensent  sich  beifällig  äusserte, 

Ickwies.    Zwar  hielten  einzelne  wie  Th.  Mommsen,  U.  v.  Wilamowitz,   A.  Ebert 

Teuffel-Schwabe  (Geschichte   der  römischen  Litteratur  '  (1890)  §  423  Anra.  2)  in 

»gentlichen  Aeusserungen  an  einem  griechischen  Onginal  fest;  für  die  grosse  Majorität 

Forscher  aber  galt  der  griechische  Diktys  fortan  als  ein  überwundener  Standpunkt; 

z.  B.  noch  aus   der  jüngsten  Zeit  H.  Dessau,   Hermes  28  (1892)  573.    Nun   haben 

r  zwei  Gelehrte  ungefähr  gleichzeitig  und  völlig  unabhängig  von  einander  den  unan- 

^tbaren  Nachweis  geliefert,  dass  Septimius  die  Wahrheit  spricht,  dass  es  wirklich  einen 

iführli oberen  griechischen  Diktys  gegeben  hat  und   dass  auf  diesen,  nicht  auf 

TerkQrzte  lateinische  Bearbeitung  des  Septimius,  der  Diktysstoff  bei  den  Byzantinern, 

-^  bei  Malalas  und  Johannes  Antiochenus,  die  ihn  wiederum  den  Späteren  vermittelten, 

"ickgeht:  E.  Patzig,   Dictys  Cretensis,   B.  Z.   1  (1892)  131—152.   —   Perd.   Noack, 

-griechische  Dictys,  Philologus,  Supplementband  VI  2.  Hälfte  (1892)  403—500.  —  üeber 

j  Verhältnis  beider  Arbeiten  s.  £.£.,  B.  Z.  2  (1893)  162  ff.  —  Ueber  die  Quellenverhältnisse 

.Byzantiner,  welche  Diktysstoff  übermitteln,  handelte  dann  noch  einmal  E.  Patzig,  Die 

^oOiesis  in   Dindorfs  Ausgabe   der  Odysseescholien,  B.  Z.  2  (1893)  413—440.   —   Vgl. 

-||  A.  Sonny,  Dictys  bei  Arethas,  B.  Z.  1  (1892)  590.  —  Mit  dem  Nachweis  des  griechi- 

-m  Originals   erhält  der   Diktyssagenkreis    auch  f&r  die  mythographische    Forschung 

lemm  erhöhte  Bedeutung;   denn   dieses  Original  war  älter  als  das  4.  Jahrb.,   in  das 

-t  ziemlich   übereinstimmend   die  lateinische  Ephemeris   setzt.     Ja  auch   die   Gesamt- 

^rteilung  solcher  Schriften,  über  die  man  sich  mit  dem  Schlagwort  ,  Seh  windellitt  eratur*^ 

_d  allzu  leichten  Herzens  hinwegsetzte,  wird  eine  Revision  erfahren  müssen. 

3.  Aus  byzantinischen  Quellen  stammen  verschiedene  slavischeTro  Jageschichten: 
".  V.  Jagiö,   Arch.   slav.  Philol.  7  (1884)  79  f.  —  A.  Veselovskij,  Die  altslavische 

Iblung  vom  trojanischen  Kriege,  Arch.  slav.  Philo].  10  (1887)  27—42,  wo  noch  weitere 

aratur  zu  den  sl  avischen  Reflexen  der  Sage  verzeichnet  ist.    —   M.  Gast  er,    Greeko- 

-fonic,  London  1887  S.  101  ff.   —   Eine  wahrscheinlich  von  einem   Bulgaren   verfasste 

ilihlung  von  der  Einnahme  Trojas,   in  welche  Motive  aus  dem  Digenis  Akritas, 

.  Oeschichte  von  der  Gilo  oder  Giluda  und  den  Saloraonsagen  eingeschaltet  sind,  wurde 

kt  von  P.  Syrku,   Arch.  slav.  Phil.  7  (1884)  81—87,  und   besprochen  von  W.  Mo- 

-Sskij,  Zur  mittelalterlichen  Erzählungslitteratur  bei  den  Südslaven,   Arch.  slav.  Phil. 

(1893)  371-380. 

4.  Ein  rumänische  Bearbeitung  der  Trojasage  steckt  in  einer  rumänischen 
'liehronik,  von  der  zwei  Redaktionen,  eine  ausführlichere  und  eine  kürzere,  erhalten  sind. 
"^  Abschnitt  über  Troja  geht  offenbar  auf  griechische  Quellen  zurttck,   aber  vielleicht 

it direkt  oder  nicht  ausschliesslich;  denn  Namensformen  wie  Parisch  deuten  auf  slavischen 
Inss.  Den  ausführlicheren  Text  edierte  aus  einer  Hb  seiner  Privatbibliothek  in  deutscher 
wsetzung  M.  Gaster,  Die  rumänische  Version  der  trojanischen  Sage,  B.  Z.  3  (1894) 
^552.  —  Vgl.  E.  Prächter,  Das  griechische  Original  der  rumänischen  Troika,  B.  Z. 
1895)  519—546.  —  V.  Jstrin,  Beiträge  zur  grieclusch-slavischen  Chronographie,  Arch. 
\  Phil.  17  (1895)  416—429. 

~  871.  Die  nias  des  Hermoniakos.  Im  Anfang  des  14.  Jahrhunderts 
«elt  ein  sonst  nicht  bekannter  Mann  namens  Konstantin  Hermoniakos 
^oviaxog)  von  dem  epirotischen  Despoten  Johannes  II  Eomnenos 
-jgelodukas  (1323 — 1335)*)  den  Auftrag,  die  homerischen  Gedichte  von 
«wierigen  Wörtern  frei  zu  machen  und  in  eine  klare,  verständliche 
'Gliche  zu  übertragen:  snQoa%dxd'riv  xov  ne^evaai  \  ix  rag  dvcxoXovaaq 
3ff^  I  %ov  ^OiiT^qov  ^a\f)(fdiag  \  elg  nav%oiav  aa(prp^B(av,  \  im  to  aatpkg  im- 
^.  Die  volksgriechische  Bearbeitung  der  homerischen  Geschichten,  welche 


.. ')  Ueber  diesen  Herrscher  vgl.  E.  Hopf, 
.eb-  nnd  Gruber'sche  Enzyklopädie,  I.  Sekt. 
:a5  8.  421;  429,  und  G.  Schlumberger, 


Numismatiqne  de  Forient  latin,  Paria  1878* 
S.  369. 


846    Bysantiiiisohe  Litteratargeiiohiohte.    m.  Viilgftrgrieeli.  LitteiftDr.  1 

der  epirotische  Hofpoetaster  seinem  Gebieter  überreichte,  besteht  i 
achtsilbigen,  reimlosen,  trochäischen  Versen,  die  sich  aaf2^ 
sodien  verteilen.  Die  Anfänge  der  Gesänge  sind  durch  eine  alphal 
Akrostichis  {A—Q)  verziert.  Die  erste  Rhapsodie  erzählt  von 
stammung  und  den  Lebensschicksalen  des  Homer  und  vom  üri 
Paris,  die  zweite  von  der  Sühnefahrt  des  Paris  zum  Heiligtum  da 
und  seiner  Begegnung  mit  Helena,  die  dritte  von  dem  Raube  der 
und  den  Rüstungen  der  Griechen,  die  vierte  vornehmlich  von  derl 
Erscheinung  der  griechischen  Helden,  die  fünfte  von  dem  ersten 
zwischen  Griechen  und  Trojanern,  von  der  Herstellung  einer  Wurfioi 
u.  s.  w.  Das  letzte  Ereignis,  von  welchem  Hermoniakos  berid 
die  Rache  der  Hekabe,  die  Blendung  des  Königs  Polymestor  und 
mordung  seiner  acht  Söhne.  Den  Epilog  bildet  eine  seltsame  Er( 
über  das  Werden  und  Wesen  des  Menschen,  über  die  vier  Tempe 
und  über  die  Gefahren,  Mühsale  und  Janmiemisse  des  Lebens, 
nach  dieser  fragmentarischen  Inhaltsangabe  lässt  sich  erwarten, 
Quellen  dieser  mittelgriechischen  Dias  zu  suchen  sind.  Vor  der 
reichen  Sprache  des  echten,  alten  Homeros  hatte  der  gute  Hern 
wohl  ebenso  viel  Angst  als  sein  bildungsbedürftiger  Häuptling;  er 
daher  für  sein  Epos  nicht  die  Dias  selbst,  sondern  die  Allegor 
die  Carmina  Iliaca  des  Tzetzes,  den  er  auch  zitiert, 9  dani 
Verschronik  des  Konstantin  Manasses.  Dass  aber  Hermoniak 
die  politischen  Verse  eines  Tzetzes  nicht  immer  begriff,  beweisei 
Missverständnisse.  Litterarisch  und  ästhetisch  betrachtet  steht  sei 
in  welchem  nach  älteren  byzantinischen  Mustern  heroische,  b: 
und  mittelalterliche  Elemente  mit  einander  vermischt  sind,')  t 
allem,  was  je  ein  Byzantiner  an  wüster  Geschmacklosigkeit  gelei 
Die  Geburt  eines  solchen  Monstrums  ist  kultur-  und  litterargesc 
ein  Rätsel,  das  sich  nur  durch  die  Annahme  eines  seltenen  Vere 
geistiger  Armut  und  Roheit  sowohl  beim  Bearbeiter  als  beim  BesI 
klären  lässt.  Das  ganze  Unternehmen  musste  schon  an  dem 
scheitern,  welches  sich  der  Dichter  ausgewählt  hat;  während  die  B] 
sonst  didaktische  und  epische  Steife  ganz  passend  im  zwölf t 
Trimeter  oder  in  dem  volkstümlichen  politischen  Verse  be 
verfiel  Hermoniakos  auf  die  Idee,  die  trojanischen  Heldentbaten 
Masse  zu  besingen,  das  sich  für  anakreontische  Lieder  und  ffi 
gedichtet)  eignen  mag,  nicht  aber  für  ein  langes  Epos.  Da  nun  d 
tonie  weder  durch  Reim  und  Strophenabteilung,  noch  durch  den 
zwischen  katalektischen  und  akatalektischen  Versen  gemildert  w 
steht  ein  Tonfall,   der  den  Leser  quält  wie  das  nächtliche  Pick 


>)  S.  61  Vers  59  ed.  Legrand.  (aus  Manasses  V.  1357—1868;  I 

')  Achüles  zieht  mit  einem  Heere  von  Johannes  Antiochenus,  Fra 
Bulgaren,  Ungarn  und  Myrmidonen 
vorTroja  (aus  Tzetzes,  Prooem.  in  Iliadem 
V.  426).  Die  Trojaner  hewerhen  sich  durch 
eine  Qesandtachaft  um  die  Hilfe  des  Pro- 
pheten David;  er  weist  sie  zurück,  weil  sie 
ihm  wegen  ihres  Heidentums  verdächtig  sind 


24,  3,  der  sich  auf  Diktys  beruft 
>)  Vgl.  §  325.  Die  beste  hm 
Verwendung  fanden  die  achtsill 
chäen  (doch  mit  dem  Wechsel  iwi 
talektischen  und  katalektiaehen 
den  reizenden  Werken  von  Mori 


8.  Romantische  Diohtangen  über  anUke  Stoffe. 


371-372) 


847 


;varz Wälderuhr.  Wären  die  Verse  wenigstens  noch  gut  gebaut!  Hermo- 
:os  aber  erlaubt  sich,  um  seine  Trochäen  zu  regulieren,  die  unerhörtesten 
ante  und  schüttet  in  die  zahllosen  Lücken  ganze  Säcke  voll  sinnloser 
kwörter  wie  y«^,  ovv,  t€\  rfifJ)  Wie  der  Epirote  auf  sein  Metrum 
Lei,  wissen  die  Götter;  doch  ist  zu  vermuten,  dass  ihm  der  französische 
aroman  des  Benoit  de  Sainte-More,  der  in  achtsilbigen  jambischen 
[  eauxversen  abgefasst  ist,  als  Vorbild  diente.  Bekanntschaft  mit  frän- 
her  Poesie  wäre  im  14.  Jahrhundert  selbst  bei  einem  sonst  sehr  un- 
;^nden  Griechen  nicht  im  mindesten  auffallend.  Von  der  krausen 
Ache  des  Werkes  kann  man  sich  aus  den  mitgeteilten  Proben  eine 
Stellung  bilden;  für  die  geschichtliche  Erforschung  des  Vulgärgriechi- 
m  mag  das  Werk  immerhin  seinen  Nutzen  behaupten,  nur  darf  man 
i;  vergessen,  dass  bei  der  Ausbeutung  dieses  Sprachmaterials  die  grösste 
sieht  nötig  ist,  weil  viele  Seltsamkeiten  zweifellos  nur  der  schruUen- 
en  Gewaltthätigkeit  des  Verfassers  und  seiner  missglückten  Nachahmung 
älteren  griechischen  Vorbilder  ihr  Dasein  verdanken.  Das  Schlimmste 
lern  Werke  ist  der  völlige  Mangel  alles  dessen,  was  man  poetische 
pfindung  und  Gestaltungskraft  nennt;  das  ungeheuere  Gedicht  ist 
Anfang  bis  zum  Ende  eine  Poesie  im  StUe  des  Pyramus  im  Sommer- 
itstraum:  ,0  Nacht,  so  schwarz  von  Färb',  o  rabenschwarze  Nacht! 
acht,  die  du  immer  bist,  sobald  der  Tag  vorbei.'  Dass  es  dieser  Jammer- 
trotz alledem  nicht  an  Lesern  gefehlt  hat,  beweisen  die  drei  uns 
ütenen  Handschriften  (zwei  Pariser  und  eine  Leidener);  noch  im 
alter  des  Humanismus  fand  das  Werk  einen  Bewunderer  inNikolaos 
:anis,  der  für  seine  1526  zu  Venedig  gedruckte  Bias  kein  besseres 
bild  zu  finden  wusste  als  den  Konstantin  Hermoniakos. 

1.  Ausgaben:  Zuerst  edierte  umfangreiche  Proben  (3044  Verse)  nach  einer  von 
^mpelios  angefertigten,  fehlerhaften  Abschrift  des  Cod.  Paris,  snppl.  gr.  444  Mauro- 
rdes,  'ExXoytj  S.  73—182.  —  Der  undankbaren  Mühe  einer  vollständigen  kritischen 
;abe  unterzog  sich  E.  Legrand,  La  guerre  de  Troie  par  Const.  Hermoniacos,  Bibl.  gr. 
,  V,  Paris  1890  (mit  einem  genauen  Variantenverzeichnis  der  drei  Hss  und  einem  gram- 
»chen  Index).  —  Zur  Quellenfrage:  J.  Psiohari,  Revue  critique  v.  12.  Jan.  1891  S.  29. 
L  Patzig,  B.  Z.  1  (1892)  139. 

2.  Die  erste  Ausgabe  der  llias  des  Nikolaos  Lukanis  (Venedig  1526)  ist  mit 
-  Einleitung  von  K.  N.  Sathas  wiederholt  von  £.  Legrand,  Coli,  de  mon.  vol.  5  (1870). 
i  ist  das  Bändchen  leider  nur  unvollständig  im  Buchhandel  (XII,  112  Seiten),  weil  die 
aplare  des  zweiten  Heftes  im  Mai  1871  durch  eine  Feuersbrunst  zu  Grunde  gingen. 
r  Lnkanis  und  sein  Verhältnis  zu  Hermoniakos  s.  E.  Legrand,  Bibliogr.  nefi.  1 
>)  188-192. 

372.  Der  trojanische  Krieg  {IloXefiog  rijq  T^rpäSog),  Während  Her- 
iakos  seine  llias  wenigstens  noch  aus  griechischen  Quellen,  wenn  auch 
•  trüb  fliessenden,  geschöpft  hat,  fand  es  der  anonyme  Dichter  des 
Buiischen  Krieges  nicht  unter  seiner  Würde,  sich  die  Kenntnis  von  den 
lerischen  Geschichten  bei  einem  fränkischen  „Barbaren*  zu  holen.  Sein 
rk  ist  nichts  anderes  als  eine  fast  wörtliche  Übersetzung  des  be- 
onten  altfranzösichen  Trojaromans  von  Benoit  de  Sainte-More.   Die 


^)  Sein  Lieblingswort  ist  yaQ.  Man  ver- 
me  ein  Beispiel  (S.  7  Vers  14  ff.  ed.  Le- 

Ovftag  ßovXofiM  xiyoi  yäq 


IIqos  trjv  aijy  yaQ  ßaffiXeiay 
Kai  jovg  vno  aov  ydg  dovXovg 
Tag  re  axorsivag  ya^  X^^eig 
Tf/f  'OfiiJQov  ^a%lfipdiat  u.  s.  w. 


848    Bysanünisohe  Lüteratargenohiohte.    IIL  ViilgirgriMli«  litieral».  t 


fränkische  Quelle  verrät  sich  schon  in  den  seltsam  verunstalteten 
namen  z.  B.  "E^xovXeg^  Mdqoq  (Mars),  Kovßd  (Heeuba),  /JaiT^vxiU;,!) 
in  zahlreichen  fränkischen  Appellativen  wie  T^dfinQa  (chambre)  o.  v 
Das  Gedicht   ist  in  reimlosen  politischen  Fünfzehnsilbem  abgefaat 
gehört  wahrscheinlich  dem  14.  Jahrhundert  an. 

1.  Ausgaben:  Bis  jetzt  sind  nur  einige  Proben  aus  Cod.  Paris.  2878(14 
hundert)  ediert  von  Maurophrydes,  ^Xoy^  S.  183—211. 

2.  Hilfsmittel:  Vergleichung  des  Cod.  Paris,  gr.  2878  s.  16  (Inc. 'OßmUi^i 
tnoixey  fxBydXrjv  /a^^offvi^;)  mit  Benott  de  Sainte-More  von  Ch.  Gidel,  iHxAbkm 
litt.  gr.  mod.  S.  197—229. 

3.  Ueberlieferung:  Eine  Haupths  ist  der  Cod.  Bonon.  Univ.  3567,  !■  \ 
das  Gedicht  11074  Verse  zählt.  Titel  und  Anfang:  ^-Aqxv  ^V^  TQwddo^,     lEtiPttif' 
ßaaiXevg  evyeyixog,  ayd^stog  ||  JlXov'aiog   di   nayevtvxijg,  jjfoi^ac  da  Mv^fiidSrmr, 
riyoye  SXi^ig  (poßeQu  xal  ^tj/ula  fABydXrj  \\  'Onov  noXXovg  rrjy  hcXauty  j|f^*^t*c  a{ ' 
Vgl.  Olivieri,  Indice  de*  Codici  Greci  Bolognesi,  Studi  ital.  di  filol.  claas.  3  (189f)< 
—  Weitere  Hss:   Der  berühmte  Cod.  Vindob.  theol.  244  (Nessel)   fol.  260~3Si 
am  Anfang  und  Schluss  verstammelte  Cod.  Paris,  gr.  1732  A  s.  15,  wo  nur  etvi 
Verse   erhalten  sind;   er  beginnt:  'Onov  Bidev  uh  xd  fifidtta  tov  XQurxiXiovg  cr«i'    ' 
Cod.  Paris.  Coisl.  344  s.  16  fol.  7—192.     Nur  einen  verwahrlosten  Auszog 
enthalten  der  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  926  s.  17. 

373.  Achilleis.    Diese  romantisch  umkleidete  LebensgeschicUe 
homerischen  Helden  ist  in   zwei  stark  von  einander  abweickenj 
Bearbeitungen   überliefert;   die  kürzere  umfasst  761,   die 
1820  reimlose  politische  Verse.   Trotz  des  verschiedenen  Umfanges  ist 
Gang  der  Handlung  derselbe;  es  finden  sich  in  beiden  dieselben 
und  sogar  viele  identische  Verse.    Das  längere  Gedicht   ist  offenbar 
ausschmückende  Überarbeitung  des  kürzeren.     Ich  skizziere  den 
nach  der  ausführlicheren  Redaktion:  Dem  mächtigen  König  des  Mi 
donenlandes  wird,  nachdem  er  mit  seiner  Gattin  12  Jahre  in  kind( 
Ehe^)  verlebt  hatte,  ein  Sohn  geboren,   der  den  Namen  Achilles 
er  wird  wohl  erzogen  und  in  allen  Wissenschaften  unterrichtet.  Im 
von  8  Jahren   vollendet  er   seine  Studien  und  widmet  sich  von  nm 
ritterlichen   Künsten;  in  einem  Turnier  besiegt  er  mit  vorgescUi 
Visier  seine  Gegner.     Eines  Tages  wird  gemeldet,  dass  ein  fremder 
das  Land  bedroht.     Achilles  zieht  mit  12   auserlesenen   Rittern   in 
Kampf,  erblickt  Polyxene,  die  schöne  Tochter  des  feindlichen  Königs, 
gewinnt  ihr  Herz  durch  Liebesbillete  {niTTcexia);  es  folgt  Versöhnung 
fröhliche  Hochzeit.     Beim  Vermählungsfeste   überwindet   ein 
Edelmann  alle  Ritter  des  Achilles,  auch  den  Patroklos,   wird  aber 
von  Achilles  aus  dem   Sattel  geworfen.     Nach  6  Jahren  glücklicher 
stirbt  Polyxene.     Ein  Jahr  nach  diesem  Unglück  zieht  Achilles  mit 
Myrmidonen   in    den    Krieg   gegen   Troja.      Paris   verspricht    ihm 
Schwester  zur  Frau  zu  geben,  damit  zwischen  den  Trojanern  und  Gri^ 
Friede  werde;  Achilles  glaubt  seinen  Worten,  wird  aber  in  der  Kirche 
Troja,  wo  er  mit  der  versprochenen  Maid  getraut  zu  werden  hoffte,  ij 
Paris  und  Deiphobos  überfallen  und  meuchlings  ermordet.     Der  DicUl 
nennt  noch  Homer,  Aristoteles  und  Piaton  als  seine  Quellen  a 


*)  Diese  Form  findet  sich  jedoch  auch 
in  der  Achilleis,  weshalb  vielleicht  an 
Yolksetymologischen  Einfluss  zu  denken  ist. 


')  Ein  beliebtes  Romanmotiv,  das  l 
auch  in  der  Erzählung  von  Flore  H 
Blancheflore  vorkommt. 


8.  Bomantiaohe  Dichtungen  über  antike  Stoffe.    ((§  373—374)  849 

I  iesst   mit    einer   wehmütigen   Betrachtung    der   Unbeständigkeit    des 
sehen  Qlückes. 

Das  antike  Kolorit  ist  in  der  Achilleis  noch  mehr  verwischt  als  in 

oben  genannten  Trojageschichten.  Wenn  man  die  griechischen  Namen 
piimmt,  so  bleibt  ein  höfisches  Romangedicht  übrig  mit  der  üb- 
«n  Schilderung  von  Turnieren,  sittsamen  Jungfrauen,  Palästen  und 
*ten,  dazu  das  echt  byzantinische  Beiwerk  einer  goldenen  Platane  mit 
omatischen  Vögeln;  ein  mittelalterliches  Motiv  ist  auch  die  Zwölf  zahl 

auserlesenen  Ritter  des  Achilles,  die  seine  Geheimnisse  teilen  und  in 

Not  sich  um  ihn  scharen  (König  Artus).  Übrigens  ist  die  Beschrei- 
,g  der  Orte  und  Personen  ziemlich  nebelhaft;  nur  durch  die  häufige 
irähnung  der  Franken,  fränkischer  Ritter  und  fränkischer  Sitten  ent- 
mt   ein  verschwommenes  Lokalkolorit.    Eine  unmittelbare  Vorlage 

Werkes  scheint  nicht  bekannt  zu  sein;  einige  Züge  weisen  auf  Malalas 
Quelle  zurück,  so  der  Name  Polyxene  und  die  Erzählung  von  der  be- 
Lchtigten  Vermählung  des  Achilles  mit  der  Schwester  des  Paris.  >)  Doch 
jiicht  sicher,  ob  der  Verfasser  den  Malalas  selbst  benützt  hat.  An 
<3hniack  und  poetischer  Kraft  steht  die  Achilleis  hoch  über  den  zwei 
n  genannten  Trojageschichten;  namentlich  sind  manche  der  eingestreuten 
besbillete  wahr  empfunden  und  gut  ausgeführt.  Der  volksmässige  Ton 
:imt  in  der  Einführung  des  Totengottes  Gharon  (V.  1624)  und  in  der 
ilderung  vom  Mitleide  der  Nachtigall  (V.  1063  ff.)')  glücklich  zum 
idrucke.  Für  die  Erkenntnis  des  Grundcharakters  des  Gedichtes  ist 
aentlich  die  unverkennbare  Ähnlichkeit  des  Achilles  mit  dem  rho- 
ischen  Nationalhelden  Digenis  Akritas  zu  beachten;  die  wichtigsten 
;e  sind  beiden  gemeinsam,  das  wundersam  schnelle  Wachstum,  die 
[endlichen  Heldenthaten,  der  frühe  Tod  der  Gemahlin  und  des  Helden 
bst.  Nach  seinem  inneren  Gehalte  ist  das  Werk  trotz  der  homerischen 
imen  mit  dem  Akritenzyklus  und  den  Märchenromanen  enger  verwandt 
I  mit  den  Trojageschichten.  Die  Abfassungszeit  der  Achilleis  ist  un- 
kannt;  doch  stammen  wahrscheinlich  beide  Bearbeitungen  aus  dem  14. 
khrhundert. 

Ausgaben:  Die  kürzere  Version  (des  Cod.  Bodleianus)  ed.  K.  N.  Sathas,  Annuaire 
Tassoc.  13  (1879)  126—175.   —  Die  umfangreichere  edierte  nach  dem  Cod.  Neapol. 
.  6.  27  fol.  13-59,  doch  ohne  Benützung  einer  dasselbe  Werk  enthaltenden  Handschrift 
British  Museum  W.  Wagner,  Trois  po6mes  gr.  S.  1 — 55. 

374.  Der  Alexanderroman.  Die  Entstehungs-  und  Entwickelungs- 
schichte  der  Alexandersage  ist  etwas  genauer  bekannt  als  die  der  troja- 
ichen  Sagenlitteratur.  Unter  dem  Namen  des  gelehrten  Kallisthenes, 
r  eine  berühmte,  uns  leider  fast  vollständig  verlorene  Geschichte  der 
riegszüge  Alexanders  des  Grossen  verfasst  hat,  wurde  eine  apokryphe 
[exandergeschichte  in  Umlauf  gebracht,  deren  Kern  wahrscheinlich 
der  Ptolemäerzeit  zu  Alexandria  entstanden  ist;  später,  besonders  im 
ifang  des  3.  Jahrhunderts  n.  Chr.,   erfuhr  die  Geschichte  des  Pseudo- 


')  Malalas  ed.  Bonn.  S.  130  f.  Rolle.    Vgl.  A.  Luber,  Die  Vögel  in  den 

^)  Die  Teilnahme  der  Vögel  an  den      historischen  Liedern  der  Neugriechen,  Progr., 

schicken  der  Menschen  spielt  noch  in  der      Salzburg  1882. 

igriechischen  Volkspoesie  eine  erhebliche 

Bandtraoh  d«r  kbm,  AltertumawlMeBsclMn  IX.    1.  Abtlg.   8.  Aufl«  54 


850    BysanüniBohe  LütemtargesohiolLte.    HL  VnlgirgrlaQh.  Uttanftv.  1 

Kallisthenes  weitere  Umarbeitungen  und  alsbald  auch  verschiedene 
Setzungen.    Die  griechische  Fassung  des  Werkes  ist  in  drei  Vc 
überliefert,  einer  alten,  welche  der  Urform  am  nächsten  konmit,  nnj: 
jüngeren,  durch  Zusätze  und  Interpolationen  entstellten.   Daran  reihai 
die  lateinische  Übertragung  des  Julius  Yalerius,   die  vor  340, 
scheinlich  im  Anfang  des  4.  Jahrhunderts  abgefasst  ist,  eine  armei 
Übersetzung  aus  dem  5.,  spätestens  6.  Jahrhundert,   die  dem 
liehen  Pseudo-Kallisthenes  wohl  am  nächsten  steht  und  schon  von 
von  Choren  benützt  ist,  endlich  eine  syrische  Bearbeitung,  die 
ebenfalls  dem  5.  Jahrhundert  angehört.    Die  lateinische  Übertragung  i 
Julius  Yalerius  wurde  später  fast  völlig  verdrängt  durch  eine  v 
lateinische  Bearbeitung,  die  sogenannte  Historia  de  preliis, 
in  der  ersten  Hälfte  des  10.  Jahrhunderts  der  Archipresbyter  Leo,i 
abhängig  von  Julius  Yalerius,  aus  einem  griechischen  Texte  geschl^l 
Sein  Werk,  in  welchem  sich  der  occidentalische  Geist  des  10.  Jahrl 
treu  widerspiegelt,  wurde   mit  Beifall  aufgenommen   und  in 
Übersetzungen  über  das  ganze  Abendland  verbreitet 

Wie  bei  den  Romanen  und  Germanen,  so  wurde  auch  bei  i 
Griechen  der  ursprüngliche  Text  des  Pseudo-Kallisthenes  modenuM 
d.  h.  dem  veränderten  Geschmack  und  Bedürfnis  des  Mittelalters  angep« 
Eine  mittelgriechische  Bearbeitung  der  Alexandersage  in  6117  ra 
losen  politischen  Yersen  ist  in  dem  schönen,  aus  der  Bibliothek  des  E 
dinals  Bessarion  stammenden  Codex  Marcianus  408  aufbewahrt 
Handschrift  ist,  wie  in  drei  Yersen  am  Schlüsse  vermerkt  wird,  im  Ji 
1388  geschrieben;  die  Abfassung  des  Gedichtes  selbst  dürfte  nicht 
früher,  jedenfalls  nicht  vor  dem  14.  Jahrhundert  erfolgt  sein, 
unbekannte  Yerfasser  beweist  Geschmack  und  ein  erhebliches  Talent 
anschauliche  Darstellung.  Seine  Sprache  ist  fliessend,  wird  aber  di 
die  verunglückte  Nachahmung  altgriechischer  Konstruktionen  und  Fon 
zuweilen  fehlerhaft.  Leider  ist  die  einzige  Ausgabe  unzuverlässig 
namentlich  für  sprachliche  Detailforschung  nur  mit  grösster  Yorsidii 
verwerten.  Eine  zweite  vulgärgriechische  metrische  Bearbeiti 
ist  als  venezianisches  Yolksbuch  öfter  gedruckt  worden.  Neben  di( 
versifiziorten  Werken  verdient  die  höchste  Beachtung  eine  durch  « 
Yolkstümlichkeit  in  Sprache  und  Auffassung  ausgezeichnete  Prosabe 
beitung,  die  im  Cod.  Yindob.  theol.  244  (Nessel)  erhalten  ist  i 
umständliche  Titel  beginnt:  Ju^yr^fTig  xai  yävvrjtng  xal  rj  fa»;  for  *Al^ 
3qov  •  x6  Ttmg  €y€vv7]v^r]  xai  äv€TQd(pr]v  u.  s.  w.  Eine  andere  Prosabearbeit 
steht  im  Cod.  Athous  3309  s.  16  fol.  159^— 207\ 

1.  Ausgaben:  Das  Alexanderlied  des  Cod.  Marc.  ed.  W.  Wagner,  Troia  pot 
gr.  S.  56—241.  —  Die  ersten  800  Verse  ed.  gleichzeitig  E.  Legrand,  Bibl.  gr.  vnl 
(1881)  S.  XXXV— LIX.  —  Die  zweite  Bearbeitung  erschien  zuerst  Venedig  1529;  < 
ebenda  1553.  Vgl.  Legrand,  Bibliogr.  hell.  1  (1885)  205;  286  ff.  —  Vom  Codex! 
cianus  und  vom  [Wiener  Prosatext  gab  zuerst  Proben  St.  Kapp,  Mitteilungen  ansgri< 
sehen  Handschriften  als  Beitrag  zur  Geschichte  der  Alexandersage  im  Mittelalter,  Pr< 
Wien  1872.  —  Vollständige  Ausgabe  des  Wiener  Prosatextes  bei  A.  N.  Veselovs 
Aus  der  Geschichte  des  Romans  und  der  Erzählung  1  (Petersburg  1886)  Anhang  S.  1- 
—  Weitere  Mitteilungen  aus  griechischen  Hss  verspricht  V.  Istrin  zu  geben. 

2.  Hilfsmittel:  Zum  altgriechischen  Pseudo-Kallisthenes:  W.  Christ:  6r 
Litteraturgesch.  «  g  555.   -  Zu  Julius  Valerius:  W.  S.  Teuffei,  Geschichte  der  r 


8.  Romantisohe  Diohtnngen  über  antike  Stoffe.    (§  374)  851 

i  Litteratur  »  (1890)  §  399.  —  Zur  Historia  de  prelüs  vgl.  bes.  0.  Hartwig,  Dio 
■rsetzungslitteratar  Unteritaliens  in  der  normannisch-staufischen  £poche,  Centralbl.  f. 
3tiiekswesen  3  (1886)  161—190;  223—225;  505  f.  -  Zu  den  orientaliscben  Be- 
langen: Im  allgemeinen  s.  Fr.  Spiegel,  Die  Alexandersage  bei  den  Orientalen, 
Jg  1851.  -  Die  syrische  Bearbeitung  ed.  £.  A.  Wallis  Budge,  The  history  of 
ander  the  Great,  being  the  Syriac  Version  of  the  Pseudo-Callisthenes,  Cambridge  1889. 
4mn  untersuchte  Th.  Nöldeke,  Beiträge  zur  Geschichte  des  Alexanderromans,  Denk- 
ten der  Wiener  Akad.,  phil.-hist.  Cl.  38  (1890)  die  Abfassungszeit  dieser  syrischen 
rsetzung  und  ihr  Verhältnis  zu  den  griechischen  und  sonstigen  Texten;  er  fand,  dass 
^rrische  Uebersetzung  von  einem  Ostsyrer  stammt,  der  im  8.  Jahrhundert  eine  etwa 
.  Jahrhundert  angefertigte  mit  Cod.  A  verwandte  Pehlewt-Uebersetzung  des  Pseudo- 
Btfaenes  ins  Syrische  übertrug.  —  Auf  den  syrischen  Text  bezieht  sich  auch  £.  A. 
lis  Budge,  Alexander  the  Great  and  Gog  and  Magog,  Zeitschr.  f.  Assyriologie 
591)  357—404.  —  Eine  deutsche  Uebersetzung  des  S3rrischen  Textes  gab  V,  nyssel, 
eyiische  Uebersetzung  des  Pseudo-Callisthenes,  Archiv  f.  d.  Studium  der  neueren 
^en  und  Litteraturen  90  (1893)  83—134;  269-288;  353-402.  —  Zur  armeni- 
^n  Bearbeitung:  J.  Gildemeister,  Pseudokallisthenes  bei  Moses  von  Ehoren,  Zeit 
ft  der  deutschen  morgenländ.  Gesellschaft  40  (1886)  88  f.  —  .Aethiopische  Be- 
Inngen  des  Alexanderromans  ed.  mit  englischer  Uebersetzung  und  Kommentar  E.  A. 
IIb  Budge.  The  life  and  exploits  of  Alexander  the  Great,  being  a  series  ofEthiopic 
etc.,  2  voll.,  London  1896.  —  Georgische  Bearbeitung:  A.  Chachanov,  Die  gru- 
she  Erzählung  von  Alexander  dem  Makedonier  und  die  serbische  Alexandrias,  Journ. 
1893  Bd  289  Septemberheft  S.  241-252.  —  Zu  den  französischen,  englischen 
jeutschen  Bearbeitungen:  Th.  Grässe,  Lehrbuch  einer  allgemeinen  Literärgeschichte 
(1842)  435—456.  —  Gaston  Paris,  La  litt,  fran^aise  au  moyen-ftg^,  Paris  1888 
Ir  ff.;  251.  —  H.  P.  Junker,  Grundriss  der  Geschichte  der  französischen  Litteratur, 
ster  1889  S.  85f.  —  Gust.  Körting,  Grundriss  der  Geschichte  der  englischen  Litteratur, 
Bter  1887  S.  112  f.  —  Karl  Goedeke,  Grundriss  zur  Geschichte  der  deutschen  Dieb- 
in (1884)  S.  59  f.  —  Auch  Boccaccio  scheint  eine  Version  des  Alexanderromans 
ktzt  zu  haben;  s.  Marcus  Landau,  Die  Quellen  des  Dekameron,  Stuttgart  1884  S.  293  ff. 
Ch.  Gidel,  La  lögende  d'Aristote  au  moyen-äge,  Nouvelles  ötudes  sur  la  litt.  gr.  mod., 
is  1878  S.  331—384.  —  W.  Hertz,  Aristoteles  in  den  Alexanderdichtungen  des  Mittel- 
re,  Abhandl.  bayer.  Akad.  19.  Bd  1.  Abt.  (1890).  —  Dario  Carraroli,  La  leggenda 
Messandro  Magno,  Mondovi  1892.  —  Adolf  Aus feld.  Zur  Kritik  des  griechischen 
zanderromans,  Progr.  des  Gymnasiums  zu  Bruchsal,  Karlsruhe  1894  (über  die  ursprüng- 
e  Komposition  und  die  Quellen).  —  H.  Christensen,  Die  Sprache  des  byzantinischen 
landergedichtes,  B.  Z.  6  (1897).  —  Auch  über  das  Verhältnis  des  mittelgriechischen 
[icbts  zu  den  verschiedenen  Versionen  des  Pseudo-Kallisthenes  hat  Christensen  eine 
landlung  geschrieben,  für  die  sich  noch  kein  Verleger  gefunden  hat.  —  Hauptschrift: 
ins  Zacher,  Pseudokallisthenes,  Halle  1867. 

3.  Eine  besondere  Beachtung  verdienen  hier  die  zum  grössten  Teil  von  Byzanz  ans- 
angenen  slavischen  und  rumänischen  Bearbeitungen:  A.  Veselovskij,  Zur  bul- 
schen  Alexandersage,  Arch.  slav.  Phil.  1  (1876)  608—611.  Desselben  Bemerkungen, 
li.  slav.  Phil.  3  (1879)  572.  Desselben:  Zur  Frage  Ober  die  Quellen  der  serbischen 
landreis,  Journ.  Min.  1884  Bd  233  Mai  S.  149—197;  Bd  235  Sept.  S.  16-85.  Des- 
sen :  Zwei  Bemerkungen  zur  Frage  über  die  Quellen  der  serbischen  Alexandreis,  Journ. 
.  1885  Bd  241  Sept.— Okt.  169—209.  Desselben:  Die  Wunderepisode  der  mittelgriechi- 
m  Alexandreis,  Arch.  slav.  Phil.  11  (1888)  327-343  (über  eine  altserbische  Be- 
ttung mit  Proben  einer  mittelgriechischen  Prosaversion).  —  A.  Veselovskij« 
Gaster,  J.  Garkovi,  Neue  Daten  zur  Geschichte  des  Alexanderromans,  Sbomik 
el.  russk.  jaz.  imp.  akad.  nauk  T.  53  Nr.  7,  Petersburg  1892  (russ.)  (mir  unzugänglich). 
Einen  altserbischen  Text  des  Alexanderromans  ed.  St.  Novakoviö,  Belgrad  1878. 
.  den  Bericht  von  V.  Jagiö,  Arch.  slav.  Phil.  3  (1879)  734.  —  Ueber  eine  Ausgabe 
böhmischer  Alexanderfragmente  vgl.  V.  Jagiö,  Arch.  slav.  PhiL  5  (1881)  669  ff.  — 
I  bulgarisch-slovenischen  Texte:  P.  Syrku  und  V.  Jagiö,  Arch.  slav.  Phil.  7 
14)  78—88.  —  Einen  russischen  Alexanderroman  ed.  die  russische  Gesellschaft  der 
.liophilen,  Petersburg  1880—1886,  Nr.  67;  87.  —  Ueber  die  Sage  vom  .Priester 
umes*  bei  den  Slaven  und  ihre  Beziehungen  zu  Pseudo-Kallisthenes  handelt  V.  Jstrin, 
Sage  vom  indischen  Kaisertum,  Arbeiten  der  slavischen  Kommission  bei  der  k.  archäo- 
Ges.  in  Moskau,  Bd  1,  1893  (russ).  —  Zwei  Hauptwerke  über  die  slavischen  Be- 
litungen:  A.  N.  Veselovskij,  Aus  der  Geschichte  des  Romans  und  der  Erzählung  1 
ersburg  1886)  131— 511  (russ.).  Hier  wird  u.  a.  eine  ausführliche  Analyse  und  Quellen- 
»rsuchung  der  serbischen  Version  gegeben.  Als  unmittelbare  Vorlage  des  serbischen 
lans  diente  wahrscheinlich  nicht  eine  byzantinische  Version;  vielmehr  weisen  manche 

64* 


852    Bysaniinisolie  litteratiirgeMliiolLte.    IIL  YvlglrgriMlu  Ltttaifar.  1 1 


Spuren  aof  Vertrautheit  des  Verfassers  mit  der  litterator  der  westlichen  Boiial 
dass  wohl  an  Vermitteln  ng  oder  Beeinflussung  irgend  einer  abendllndiadien  ?« 
der  Art  der  Historia  de  preliis  zu  denken  ist  Vgl.  V.  Jagi^.  Arch.  slar.  | 
(1887)  233—243.  —  V.  Istrin,  Die  Alexandreis  der  mssischen  ChrooograplHi. 
suchung  und  Text.  Moskau  1893  (russ.).  Vgl.  V.  Jagiö,  Arch.  slaT.  PliiL  II 
224—229.  —  Ueber  eine  rumänische  Bearbeitimg  handelt  M.  Gaater,  Litentnrif 
romana,  Bukarest  1883  S.  7—81.    Vgl.  desselben:  Greeko-Slavonic,  London  1887! 

375.  Apollonios  von  Tyros  ist  der  Held  eines  griechii 
Romans,  der  höchst  wahrscheinlich  im  3.  Jahrhundert  n.  Chr.  enU 
ist.  Das  Werk  zeigt  in  Anlage  und  Inhalt  grosse  Verwandtschaft  m 
Sophistenromanen,  besonders  mit  dem  des  Xenophon  Ephesios 
es  vielleicht  sogar  als  Vorbild  gedient  hat.  Statt  des  zweifellos  veA 
griechisch-heidnischen  Originals  haben  wir  eine  mit  christlichen  um 
römischen  Elementen  versetzte  lateinische  Bearbeitung,  diespi 
im  Anfang  des  6.  Jahrhunderts  entstanden  ist.  Im  Mittelalter  wai 
lateinische  Apolloniosroman  zu  einem  beliebten  Volksbuch,  di 
fast  alle  Nationen  aneigneten.  Damals  kehrte  die  Erzählunj 
Abendlande  nach  dem  griechischen  Osten  zurück,  wo  I 
jede  Spur  des  alten  Originalwerkes  verloren  gegangen  wa 
vulgärgrieckische  Apolloniosroman  ist  in  zwei  metrischen  Bearbei 
erhalten:'  1.  Die  ältere,  wohl  dem  Ende  des  14.  oder  dem  Anfa 
15.  Jahrhunderts  angehörige  Version  (857  reimlose  politische  Verse 
im  Cod.  Paris.  390  und  ist  betitelt:  MerayXciTTKTfxa  ano  Aaxiviji 
'^Pfo/Jtai'xov.  JiriYrfliq  noXvnad-ovg  *ÄnoXX(üviov  rov  Tvqov.  In  der  T 
das  Qedicht  nach  dem  lateinischen  Texte  gearbeitet  und  zwar  na 
Rezension  (Ä")  der  Historia  Apoll onii  regis  Tyrii  (ed.  A.  Riese,  1 
1871),  welche  am  besten  durch  die  Tegernseer  Fragmente  vertreten 
2.  Die  zweite  Bearbeitung,  die  gegen  das  Ende  des  15.  Jahrhi 
entstanden  ist,  unterscheidet  sich  von  der  ersten  durch  eine  breitei 
Stellung  und  durch  die  Anwendung  des  Reimes  (1894  politische  ' 
Sie  wird  in  der  neueren  Litteratur  bald  einem  gewissen  Gabriel 
tianos,  bald  einem  Konstantin  Temenos  zugeschrieben;  in  dei 
sind  aber  beide  höchst  wahrscheinlich  nur  Kopisten  des  Werkes.  =^). 
nun  die  Apolloniosgeschichte  noch  heutigestags  an  der  kleinasiai 
Küste  im  Munde  des  Volkes  lebt,  3)  so  ist  darin  nicht  etwa  ein  d 
Reflex  des  altgriechischen  Romans,  sondern  einfach  eine  Reminisz 
das  beliebte,  seit  dem  16.  Jahrhundert  in  venezianischen  Drucke 
breitete  vulgärgriechische  Volksbuch  zu  erblicken.*) 

1.  Ausgaben:  Die  ältere  Version  edierte  zuerst  W.  Wagner,  Medieval  { 
S.  57—104  (nach  einer  fehlerhaften  Abschrift  des  Codex  Paris.  390).  —  Besser  na 
genauen  Kollation  von  E.  Legrand  ed.  W.  Wagner,  Carmina  S.  248—276.  — 
reimte  Version  erschien  in  der  gewöhnlichen  Ausstattung  der  venezianischen  Volk 
Venedig  1534,  1553  und  öfter. 

2.  Hilfsmittel:  Ueber  die  Venezianer  Ausgaben  vgl.  E.  Legrand,  Biblic 


*)  Vgl.  L.  Traube,  Neues  Archiv  d. 
Gesellschaft  f.  ältere  deutsche  Geschichts- 
kunde 10  (1884)  382. 

«)  Vgl.  E.  Legrand,  Bibliogr.  hell  1 
(1885)  290,  wo  zu  berichtigen  ist,  dass  im 
Cod.  Ambros.  Y.  89.  sup.  der  Name  nicht 
'Jxoyritt'yog,  sondern  Uxonayof  {yavgi^k  axo- 


Tiayui)  lautet. 

')  J.  G.  V.  Hahn,  Griechische  n 
nesische  Märchen  I  273  ff.  und  II 

*)  Dieser  Sachverhalt  ist  richtig 
von  B.  Schmidt,  Griechische  Märe 
gen  und  Volkslieder,  Leipzig  1877 


8.  Romantisohe  Dichtungen  über  antike  StoiTe.    (§  375)  853 

^S5)  219;  289  ff.  —  Die  reiche  Litteratur  zum  lateinisclieii  Apollonius  und  den 
igen  abendländischen  BearbeituDgen  verzeichnen:  Tb.  Grftsse,  Lehrbach  einer 
meinen  Literärgeschichte  II  3  (1842)  457—460,  W.  S.  Tenffel,  Geschichte  der  römi- 
a  Litteratur  ^  (1890)  §  489  und  Karl  Goedeke,  Gmndriss  zur  Geschichte  der  deutschen 
bnng  P  (1884)  367  f.  — ^  Bes.  vgl.  M.  Haupt,  Ueber  die  Erzähluns  von  Apollonius 
3*3rrus,  Opuscula  3  (1876)  4—29  (wo  jedoch  irrtümlich  der  lateinische  Apollonius  als 
na!  betrachtet  wird).  —  J.  C.  Dunlop,  History  of  Prose  Fiction  1  (1888)  82—85.  — 
m»  Mitteilungen  über  die  raitt-elalterlichen  Bearbeitungen  des  lateinischen  Apollonius, 
die  griechischen  Quellen  u.  s.  w.  enthält  auch  die  Vorrede  zur  neuen  Ausgabe  des 
aiachen  Romans  von  AI.  Riese,  Leipzig,  Bibl.  Teubner.  1893.  —  Das  Fortleben  des 
loniosstoffes  in  den  verschiedenen  Litteraturen  des  Mittelalters  bis  zur  Neuzeit  (Shake- 
re  etc.)  schildert  S.  Singer,  Apollonius  von  Tjrus.  Halle  1895.  —  Uebersicht  der  auf 
böhmischen,  polnischen  und  russischen  Bearbeitungen  bezüglichen  Litteratur  von  M. 
rko,  Arch.  slav.  Phil.  13(1890)308—311.  —  M.  Murko,  Die  russische  Uebersetzung 
Apollonius  von  Tyrus  und  der  Gesta  Romanorum,  Arch.  slav.  Phil.  14  (1892)  405—421. 
^alyse  des  Romans  bei  £.  Rohde,  Der  griechische  Roman  S.  408  ff.  — •  Th.  Kor 6, 
•erknngen  zum  Texte  des  Gedichts  über  Apollonios  von  Tyros,  Odessaer  Jahrb.  II  Byz. 
eil.  1  (1892)  107 — 155  (sehr  kühne  Aenderungen  des  von  Wagner  herausgegebenen 
ichischen  Textes). 

3.  W.  Wagner  bemerkt  im  Liter.  Gentralbl.  1876  S.  18,  er  habe  in  der  Academy 
147  nachgewiesen,  dass  der  vgr.  Apollonios  in  Cypern  entstanden  sei.  Da  sich 
gner  selbst  falsch  zitiert,  weiss  ich  nicht,  worauf  er  seine  Annahme  stütet.  Mit  sprach- 
lon  Momenten  dürfte  sich  beim  gegenwärtigen  Stand  der  Dialektforschung  ein  solcher 
liweis  schwerlich  überzeugend  durchführen  lassen. 

4.  Ueberlieferung:  Zu  den  von  E.  Legrand,  Bibliogr.  hell.  1  (1885)  290,  notierten 
.kommt  noch  Cod.  Neapel.  III.  B.  27,  der  fol.  125 — 167  eine  gereimte  Bearbeitung  ent- 
;.  Ob  sie  mit  der  oben  genannten  identisch  ist,  konnte  idh  in  Ermangelung  eines 
tezianer  Druckes  nicht  feststellen. 


4.  Romantische  Dichtungen  über  mittelalterlichep 

zum  Teil  abendländische  Stoffe. 

376.  Vorbemerkung,  In  diesem  Abschnitte  werden  einige 
hafte  Dichtungen  zusammengefasst,  die  teils  auf  einheimische  Märch 
zurückgehen,  teils  aus  fränkischen  Vorbildern  stammen,  teils  von 
hafter  Herkunft  sind.  Ihr  gemeinsames  Merkmal  ist  der  rein 
alterliche,  romantische  Charakter  des  Stoffes  und  der  Behandlooi 
Der  kulturelle  Untergrund,  der  diese  ritterlichen  und  märchei 
Erzählungen  bei  den  Griechen  erzeugte  oder  wenigstens  ihre  Verbi 
beförderte,  ist  in  den  lateinischen  Herrschaften  zu  suchen,  die 
dem  vierten  Kreuzzuge  in  den  Waldgebirgen  von  Livadien  und  Monif 
auf  den  liebreizenden  Inseln  des  Archipelagus  und  in  den  üppigen  Knk 
rungen  der  kleinasiatischen  Küste  allenthalben  emporwuchsen;  hier  n 
ein  reiches  Lebonsgebiet,  voll  von  kühnen  Abenteuern,  wundersamen  Glfldi 
fällen  und  tragischen  Geschicken,  ein  Märchenland,  wo  fahrende  Bittl 
wie  Lybistros  auszogen  und  sich  schöne  Fürstentöchter,  stolze  Burgen  d 
Kronen  eroberten.  Dass  die  Byzantiner  im  späteren  Mittelalter  sich  einjp 
abendländische  Erzählungsstoffe  angeeignet  haben,  ist  zweiÜBhi 
(s.  §§  380 — 382).  Viel  schwieriger  ist  die  umgekehrte  Frage,  inwieiJ 
mittelalterliche  Erzählungen  des  Abendlandes  auf  spätgriechische  odtf 
byzantinische  Quellen  zurückgehen.  E.  Rohde*)  hat  die  Vermutn( 
ausgesprochen,  dass  der  Geschichte  des  Boccaccio  von  Galeso  undKfr 
genia  (Novelle  5,  1)  ein  griechisches  Original  Kvirgiaxä  zu  Grunde  liege 
Gautier  von  Arras  hat  für  sein  Gedicht  Eraclius  ein  uns  verlorene! 
byzantinisches  Original  benützt  (s.  §  335).  Für  manche  Stoffe,  wie  fi 
französischen  Erzählungen  vom  Kaiser  Constant,  von  Ipomedon  und  n 
Florence  de  Rome,  sind  spätgriechisch-byzantinische  Vorbilder  wemgslei 
wahrscheinlich.  Selbst  die  scheinbar  echt  germanische  Tierfabel  stemi 
vielleicht  aus  dem  Osten  (s.  §  385). 

1.  Die  Hauptschriften  für  diesen  Abschnitt  sind  die  S.  798  Anm.  3  angeführten  Bfic 
von  Ch.  Gidel ,  der  jedoch  in  einer  Art  von  wissenschaftlichem  Patriotismus  bei  seiner  1!d 
suchung  für  die  Landsleute  möglichst  viel  herauszuschlagen  sucht  und  selbst  offenbar  i 
chischo  oder  ganz  allgemein  verbreitete  Dinge  als  französisches  Urbesitztum  reklan 
Eine  objektive  Erforschung  der  gesamten  abendländisch-byzantinischen  Taus ch- 


*)  Der  griechische  Roman  S.  538  ff. 


HMnanÜBohe  Diohtmigen  üb.  knittelalterL,  z.  T.  abendländ.  Stoffe.  (§§  376—377)    855 

nlitteraiur,  bei  der  man  sich  jetzt  auf  weit  zahlreichere  und  bessere  Texte  stützen 
cite,  als  sie  Gidel  zugänglich  waren,  ist  eines  der  dringendsten  Bedürfnisse  der  vulgär- 
phischen  Litteraturgeschichte.  —  Einiges  Ober  griechisch-byzantinische  Vorbilder  abend- 
dscher  Erzählungen  bemerkt  Cholevius,  Geschichte  der  deutschen  Poesie  nach  ihren 
icen  Elementen,  2  Teile,  Leipzig  1854.  —  Wenig  Brauchbares  bei  Härtung,  Die  byzan- 
^ihe  Novelle,  Herrigs  Archiv  f.  das  Studium  der  neueren  Sprachen  und  Litteraturen  50 
22)  1—38.  —  Ueber  die  griechischen  Wörter  im  altfranzösischen  ,Romane  Florimont 

seine  vermutliche  griechische  Quelle  handelt  J.  Psichari,  in  ,£tudes  Romanes  d^- 
B  ä  Gaston  Paris',  Paris  1891  S.  507—550.  —  Dasselbe  Thema  untersucht  Alfr.  Risop,, 
»löste  Fragen  zum  Florimont,  in  , Abhandlungen  Herrn  Prof.  Dr.  Adolf  Tobler  etc.  dar- 
mcht',  Halle  1895  S.  430  -463  (erklärt  die  griechischen  Verse  zum  Teil  abweichend 

Psichari  und  weist  die  Annahme  einer  direkten  lateinischen  oder  griechischen  Vorlage 

«k;  das  Gedicht  sei  vielmehr,   wenn  auch  ein  griechischer  Urkem  vorhanden  sei,   em 

tugnis  echt  mittelalterlich -französischer  Sinnesweise  und  Gesittung).  —  Die  sicher  vor- 

■isetzende  christlich-griechische   Vorlage   der  französischen  Erz^lungen  vom  Kaiser 

■stant  hat  in  einer  arabischen  und  äthiopischen  Bearbeitung  nachgewiesen  E.Kuhn, 

byzantinischen  Erzählunglitteratur,  B.  Z.  4  (1895)  241 — 249.  Hier  auch  reichliche 
3  weise  sonstiger  Litteratur  zu  dieser  Erzählung  wie  zum  ganzen  Kapitel  der  Entlob - 
$  byzantinischer  Stoffe.  —  Zur  ganzen  Frage  vgl.  den  Litteraturbericht  von  £.  Frey- 
ftd  über  das  altfranzösische  Kunstepos,  bes.  die  Abschnitte  ,Antike  Stoffe'  und  ,Byzan- 
«he  und  orientalische  Stoffe',  Kritischer  Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der  Roma- 
hen  Philologie  herausgeg.  von  K.  Vollmöller  und  R.  Otto  1  (1892—1895)  382—388. 

2.  Dass  byzantinische  Romane  oder  Erzählungen  verloren  gegangen  sind,  beweist 
•  eine  Stelle  im  Digenis  Akritas  (V.  2817  f.  ed.  Sathas  und  Legrand),  wo  eine  sonst 
skannte  Leidensgeschichte  des  Paares  Aldelagas  und  Olope  erwähnt  wird.  —  Ueber 

verlorenen  Roman  des  Konstantin  M anasses  vgl.  S.  377. 

377.  Eallimachos  und  Cbrysorrhoe,  Td  xard  KaXXifiaxov  xal  Xqv- 
$6rjv.    'Eq(ütix6v  iii^yrjixa  (2607  reimlose  politische  Verse).      Ein  König 

drei  Söhne,  Nikokles,  Xanthippos  und  Kallimachos,  die  sich  in  gleicher 
ise  durch  Schönheit  und  Tüchtigkeit  auszeichnen.  Der  Vater,  im  Zweifel 
Dber,  welcher  des  Thrones  am  würdigsten  sei,  bestimmt  den  zu  seinem 
jhfolger,  der  sich  durch  eine  Heldenthat  am  meisten  hervorthue.  Alle 
l  ziehen  daher  auf  Abenteuer  aus;  nach  mühseliger  Wanderung  durch 
5n  wilden  Bergwald  gelangen  sie  zu  einer  Drachenburg  (jQaxov%6- 
-mqov),  Kallimachos  beschliesst  trotz  der  Warnungen  seiner  Brüder  ins 
ere  der  Burg  einzudringen;  er  ersteigt  die  Mauer  und  gelangt  durch 
^n  herrlichen  Park  und  menschenleere  Säle,  die  mit  reichbesetzten  Tafeln 
gestattet  sind,  in  ein  prächtiges  Qemach,  wo  er  eine  an  den  Haaren 
gehängte  Jungfrau  erblickt.  Bald  verkünden  rauhe  Laute  und  Donner- 
Lage  das  Nahen  des  Drachen;  Kallimachos  versteckt  sich  auf  den  Rat 

Jungfrau  in  einem  silbernen  Fasse.  Nachdem  der  Drache  die  Jung- 
a  nach  seiner  Gewohnheit  gequält  und  ihr  zur  Nahrung  Brot  und  Wasser 
eicht  hat,  nimmt  er  selbst  ein  reichliches  Mahl  zu  sich  und  versinkt 
auf  in  tiefen  Schlaf.     Kallimachos  schlägt  dem  schnarchenden  Untier 

Haupt  ab  und  befreit  die  Jungfrau,  die  ihm  nun  ihre  Leidensgeschichte 
ählt:  Sie  heisse  Chrysorrhoe  und  stamme  aus  einer  königlichen  Familie; 

Drache,  in  heftiger  Liebe  zu  ihr  entbrannt,  habe  ihre  Eltern  getötet 
1  sie  selbst  entführt;  sie  aber  habe  standhaft  alle  Qualen  erduldet,  ohne 
e  jungfräuliche  Reinheit  zu  opfern.  Nach  diesen  Mitteilungen  verbindet 
h  Chrysorrhoe  in  zärtlicher  Neigung  mit  Kallimachos,  und  das  glück- 
le  Paar  verlebt  im  Drachenschloss  Tage  der  Liebe  und  Wonne.  Doch 
imen  die  Honigwochen  ein  grauses  Ende:  ein  junger  Prinz,  der  mit 
lem  Heere  am  Drachenschloss  vorüberzieht,  erblickt  Chrysorrhoe  und 
chliesst,  die  Burg  und  ihre  schöne  Lisassin  für  sich  zu  erobern.     Da 


g56    Bysanüniaclie  litterainrgeaoldchie.    HL  Vnlgargrieeh.  liiianilii.  1 


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1 


seine  Feldherrn  ihre  Macht  für  zu  gering  halten,  um   eine  so 
Festung   zu  nehmen,  kehrt  der  Prinz  in  seine  Heimat  zurück,  «b 
grösseres  Heer  auszurüsten.  Hier  wird  er  vor  Liebeskummer  krank; 
alte  Zauberin  verspricht  ihn  zu  heilen  und  gibt  ihm    einen  gold 
Apfel  mit  einer  magischen  Inschrift,  der,  an  die  Brust  eines  Mi 
gelegt,  tötet,  an  die  Nase  gebracht,  ins  Leben  zurückruft;  dann  Mai 
den  Prinzen  mit  hundert  Begleitern   zur  Drachenburg,   lockt  den 
machos  durch  List  an  sich  und  gibt  ihm  den  Apfel,  der  sofort  seine 
liehe  Wirkung  ausübt.    Nun  wird  Chrysorrhoe  mit  leichter  Mühe  gei 
genommen  und  in  die  königliche  Residenz  verbracht.   Unterdessen 
die  zwei  älteren  Brüder  durch  einen  Traum,  dass  sich  Kallimachoe  ii 
fahr  befinde;   sie  ziehen   nach  der  Drachenburg  zurück  und  belebn 
toten  Bruder  dadurch,  dass  sie  ihn  an  dem  Apfel,  den  sie  an  seinem 
finden,  riechen  lassen.    Kallimachos  erfährt  das  Schicksal  der 
und  verdingt   sich  im  Palaste  ihres  Entführers  als  Gärtnergehilfe, 
eine  Gelegenheit  zu  finden,  seine  Geliebte  wiederzusehen.     Durch 
Ring  verrät  sie  ihm  ihre  Anwesenheit,   die  Liebenden  treffen  sich 
halten  in   einem  Gartenpavillon   nächtliche  Zusammenkünfte,  die  im 
dicht  mit  romantischer  Freiheit  geschildert  sind.    Endlich    wird  d«  g^|l6 
heime  Liebesbund  entdeckt,  und  der  König  lässt  Chrysorrhoe  und  den  yv- 
meintlichen  Gärtner  vor  ein  Yolksgericht  führen;  hier  rechtfertigt  sichii 
junge  Frau  durch  eine  allegorische  Erzählung,  Kallimachos  offenbart  mm 
fürstliche  Abstammung,  der  König  erkennt  sein  Unrecht,  befiehlt  die  Z»|j|^ 
berin  in  einem   glühenden  Ofen  zu  verbrennen  und  entlässt  KalfimMteliB? 
und  Chrysorrhoe  mit  reichen  Geschenken  in  ihre  Heimat.  |^"  ^ 

Die  Herkunft    dieser   phantastischen   Erzählung  scheint  bis  jü 
nicht  ermittelt  zu  sein;  doch  wird  sofort  klar,  dass  wir  es  hier  mit  eiM 
Zaubermärchen  zu  thun  haben.     Wenn  man   die  von  J.  G.  v.  Haht^|iit 
herausgegebenen    neugriechischen  Märchen   vergleicht,  so  findet  manfit 
meisten  Ereignisse   des  mittelalterlichen  Gedichtes  wieder;   zwar  entlÄ-^ 
nicht  ein  Märchen  den  gesamten  Gang  der  Handlung,  aber  die  einzeheil 
Motive  und  charakteristischen  Züge  lassen  sich  aus  verschiedenen  Märdm 
zusammenstellen.     Und  so   ist  auch    der  Verfasser  des   mittelalterlichn 
Gedichtes   verfahren;   denn   dass    seine  Erzählung  aus   verschiedene! 
Märchentypen  zusammengesetzt  ist,  beweist  schon  die  Wiederholung 
derselben  Motive,  z.  B.  die  ausführliche  Doppelschilderung  der  Liebee- 
frouden  des  Paares  zuerst  im  Drachenschlosse  und  später  im  OartenpaviOoB. 
Die  Sprache  des  Werkes  ist  von  der  volksmässigen  Naivität  weiter  ent- 
fernt als  die  des  Prodromos  und  Glykas;  sie   erscheint   durch  Lektüre 
stark  temperiert  und  nähert  sich  zuweilen  der  byzantinischen  Kunstgräzitä 
Auch  sonst  prunkt  der  Verfasser  mit  schulmässigen  Kenntnissen;  im 
Drachenschlosse  überraschen  den  Kallimachos  bildliche  Darstellungen 
der  Liebeständelei   des  Ares  und   der  Aphrodite,   Bilder   der   Athene,  der 
Chariten  und  des  Eros.     Li   den   sehr  äusserlich  in  die  Erzählung  einge- 


VisB 


*)  Griechische  und  alhanesische  Märchen, 
2  Bände,   Leipzig  1864.    Vgl.  besonders  Bd 


II  N.  64  und  die  Variante  S.  259  ff. 


Bomaniisohe  Diohtmigen  Ober  nüttelalterl.«  s.  T.  abendländ.  Stoffe.  (§  378)    857 

engten  „ixifQuanq*^  der  Herrlichkeiten  des  Parkes  und  Schlosses,^)  in 
•   übermässigen  Verwendung  des  BegriiFes  der    Tr'xij,  in  den  Schwüren 

Eros  und  Aphrodite  und  in  vielen  anderen  Zügen  verrät  sich  deutlich 
KUg  der  Einfluss  der  Technik  des  griechisch-byzantinischen 
phistenromanes.  Wahrscheinlich  hat  der  Verfasser  auch  schon  die 
^ssen  Romane  der  Eomnenenzeit  (s.  §§  155;  313;  318;  319)  vor  Augen 
labt;  zwischen  diesen  und  den  rein  romantischen  Gedichten  wie  Bel- 
j[idros,  Florios  u.  s.  w.  steht  sein  Werk  in  der  Mitte  —  vielleicht  auch 
'onologisch.  Die  Abfassungszeit  lässt  sich  zwar  noch  nicht  mit  Sicher- 
t»  bestimmen;  doch  scheinen  litterarhistorische  Gründe  wie  auch  einzelne 
tren  eines  älteren  Stadiums  der  Vulgärsprache  ^)  dieses  mit  klassischen 
ppen  aufgeputzte  orientalisch-byzantinische  Märchengedicht  in  das  13. 
brhundert  zu  verweisen.     Zu  einer  endgültigen  Entscheidung  bedarf 

liier  wie  bei  den  meisten  vulgärgriechischen  Romanen  der  feinsten 
^tchlichen,  metrischen  und  litterarhistorischen  Untersuchungen. 

1.  Ausgabe:  Das  Gedicht  ist  in  einer  einzigen,  schon  von  Menrsius  für  die 
ite  Auflage  seines  Glossarium  Graecoharbamm  (Lngd.  Bat.  1614)  benützten,  seitdem 
r  fast  völlig  verschollenen  Leydener  Handschrift  des  16.  Jahrhunderts  (Cod.  Scalig.  55) 
rliefert.    Daraus  ed.   von   Sp.  Lambros,   Coli,   de  roui.   gr.  1 — 109;   vgl.   Indrodnct. 

2.  Hil  fsmi  ttel:  Auf  die  Leydener  Handschrift  hatte  schon  E.  Rohde,  Der  griechische 
caan  S.  535  f.  aufmerksam  gemacht.  —  Zur  Chronologie  vgl.  J.  Psichari,  Essais  de 
aamaire  historique  nöo-gr.  I  6;  70. 

3.  Verfasser:  Einen  leider  nicht  völlig  sicheren  Anhaltspunkt  zur  Ermittelung  des 
-fassers  des  Kallimachos  bildet  das  Epigramm  des  Manuel  Philes  .Auf  ein  erotisches 
^li  des  Vetters  des  Kaisers*  (vgl.  S.  778).  Dieses  erotische  Werk  muss  nach  den  Mit* 
ungen,  die  Philes  von  ihm  macht,  inhaltlich  mit  dem  Kallimachos  identisch  oder  wenig- 
ns  nahe  verwandt  gewesen  sein.  Trifft  die  erstere  Annahme  zu,  so  ist  der  Verfasser 
kdronikos  Komnenos  Dukas  Palaeologos,  der  Sohn  des  Sebastokrators  Konstan- 
lOs,  ein  Vetter  des  Kaisers  Andronikos  des  Aelteren.  Die  Abfassungszeit  des  Werkes 
kre  dann  in  das  Ende  des  13.  oder  in  den  Anfang  des  14.  Jahrhunderts  zu  setzen.  E. 
artin i,  A  proposito  d'una  poesia  inedita  di  Manuele  File,  Rendiconti  del  R.  Istituto 
)mbardo  di  scienze  e  lettere,  serie  M  vol.  29  (1896). 

378.  Belthandros  und  Chrysantza,  /1^rjyr^a^g  i^cciqetoq  Bel^dvdQOV 
V  ^Pm^aiov  (1348  politische  Verse).  Rhodophilos,  König  des  Rhomäer- 
ades,  hat  zwei  Söhne,  Philarmos  und  Belthandros.  Der  jüngere,  der 
n  seinem  Vater  in  unverdienter  Weise  zurückgesetzt  wird,  entschliesst 
;h,  sein  Glück  in  der  Fremde  zu  suchen  und  zieht  mit  drei  Knappen 
n  dannen.  Nach  seiner  Abreise  gelingt  es  dem  Philarmos,  der  seinen 
uder  aufrichtig  liebt,  den  Vater  milder  zu  stimmen;  dieser  sendet  24 
tter  aus,  um  den  verstossenen  Sohn  zurückzurufen;  doch  lässt  sich  der- 
be nicht  zur  Umkehr  bewegen.  Auf  seiner  Wanderfahrt  kommt  Bel- 
indros  durch  Anatolien  und  die  Türkei,  die  noch  im  Orient  und  zwar 
der  Nähe  von  Armenien  gedacht  ist;  er  besteht  ähnliche  Abenteuer  wie 
genis  Akritas.    Bei  Tarsos  bemerkt  er  in  einem  Flusse  einen  wunder- 


')  Von  V.  274  an  folgen  in  ununter- 
chener  Reihe  die  üppigsten  Schilderungen 
\  Gartens,  des  Bades,  seiner  Pforten,  seiner 
rtiere  und  seines  Ofens,  der  reichbesetzten 
el,  eines  Ruhelagers  u.  s.  w.,  alles  mit 
er  Verschwendung  von  Gold,  Perlen  und 
elsieinen,  wie  sie  selbst  in  Märchen  selten 


vorkommt. 

')  Vielleicht  darf  man  n.  a.  die  durch 
den  Vers  empfohlene  altertümliche  Betonung 
axofitj  V.  2000  beiziehen,  die  sich  ebenso  im 
Kerkergedicht  des  Glykas  V.  178  und  in 
Lybistros  V.  1424  und  3779  findet. 


858    BysantiniBohe  Litteratargenohiclite.    IIL  Viilgärgrieoh.  liiierftiv,  IfJNHi^ 

baren  Foucrstern ;  er  zieht  flussaufwärts,  um  seine  Quelle  und  den  VnfnMlfi  i 
des  Feuers  zu  entdecken.     Nach   zehn  Tagen  gelangt  er  zu  einem  \Jm  F 
liehen,  aus  Sardonyx  gebauten  Schlosse,  aus  welchem  der  Feuerstrom  ewl  ^  o 
quillt;  von  den  Zinnen  blicken  goldene  Löwen-  und  Drachenköpfe;  aoaMlhl^u: 
Thore  aus  Demant  entdeckt  er  eine  Inschrift,  die  ihm  verkündet,  duiilfi^i 
das  Erotokastron  vor  sich  habe.     Er  befiehlt  seinen  Knappen  inf Minilii 
zu  warten  und  betritt  das  Liebesschloss,  dessen  kunstvolle  EinriclitQqgHfDk'ri 
sorgfaltig  beschrieben  wird.     Unter  anderem  erblickt  Belthandros  ebjvt   ^ 
wunderbaren  Vogel  Greif,  einen  kostbaren  Pfau,  aus  dessen  Augen  ■Bi^ii^ 
Schnabel  jener  Feuerquell  entströmt,  bildliche  Darstellungen  der  GenKMfcÄh^^ 
Eros,  Inschriften  von  Liebenden,  die  hier  ihr  Geschick  verewigt  liab^liiri  <^i 
endlich  eine  Inschrift,  die  sein  eigenes  Schicksal  verkündet:  Betttundn^llT. '^ 
der  Sohn  des  Rhomäerkönigs  Khodophilos,  ist  in  Liebe  entbrannt  zu  Ch|»bai^? 
santza,  der  Tochter  des  Königs  von  Antiochia,  und  durch  das  Schicksdnlii^lF 
sie  bestimmt.     Nach  dieser  tröstlichen  Lesung  erscheint  dem  Belthaainli^^^^ 
in  einem  von  Gold  und  Edelsteinen  blitzenden  Gemache  ein  geflügdtaiwfir** 
Eros  und  bescheidet  ihn  zum  König  der  Liebe;   dieser  gibt   ihm  eöal«*^ 
wundervollen  Stab  aus  Gold  und  Topas  und  befiehlt  ihm,  denselben  is V-  ^ 
schönsten  unter  40  edlen  Jungfrauen  zu  überreichen,   die   er  ihm  ym\^ 
Augen  führt.     Belthandros  mustert   die  Mädchen  und  nennt  ziemlich  u-li^ 
höflich  die  körperlichen  Mängel,  die  den  meisten  anhaften;  zuletzt  bläbeali' 
3  Jungfrauen  übrig,  von  welchen  er  mit  Bedacht  die  allerschdnste  aufrli* 
wählt.     Jetzt  gedenkt  Belthandros   der  glückverheissenden  Inschrift  nnlp 
verlässt  das  Liebesschloss,  um  nach  Antiochia  zu  ziehen.     Vom  Herrscher  U 
des  Landes  als  Lehensmann  angenommen,  erkennt  er  in  Chrysantza,  derl 
Tochter  des  Königs,  jenes  Mädchen  wieder,  dem  er  im  Liebesschloss  dnlj 
Preis  der  Schönheit  zuerkannt  hatte.    Nach  einer  nächtlichen  Zusanuneft-r 
kunft,  die  ihm  Chrysantza  im  Parke  gewährt-,  wird  er  von  den  Wächten  |i 
entdeckt  und  gefesselt.   Phädrokaza,  die  treue  Kammerzofe  der  Königs- r 
tochter,  nimmt  die  Schuld  auf  sich  und  Belthandros  erklärt  vor  dem  Richte  I 
stuhle   des  Königs,   dass  er  sich   um  Phädrokazas  willen   in  den  Garten  I 
geschlichen  habe.     Man  verzeiht  ihm  unter   der  Bedingung,   dass   er  die  1 
Kammerzofe  heirate.     Nachdem  Belthandros  unter  dem  Schutzmantel  der  I 
ehelichen  Verbindung,  die  er  scheinbar  mit  Phädrokaza  eingeht,  den  Ver-  1 
kehr  mit  der  Königstochter  einige  Zeit  fortgesetzt  hat,   fürchtet  er  Ent-  I 
deckung  und  entführt  die  Geliebte,  Auf  der  Flucht  ertrinken  die  Knappen 
des  Belthandros  und   die  treue  Phädrokaza  in  einem  reissenden  Strome, 
Belthandros  selbst   und  Chrysantza  gelangen  ans  Meer  und    werden  von 
einem  Schüfe,  das  der  Rhomäerkönig  nach   dem  verlorenen  Sohne  ausge- 
sandt hat,  glücklich  aufgenommen;  Philarmos   ist  nämlich  gestorben  und 
Belthandros  Erbe  des  Thrones  geworden.   Nach  fünftägiger  Fahrt  gelangt 
das  gerettete  Paar  an  den  Hof  (nach  Byzanz!)   und  der  Patriarch  voll- 
zieht die  kirchliche  Trauung. 

Ein  Vorbild  dieser  romantischen  Erzählung  ist  bis  jetzt  nicht  auf- 
gefunden; doch  hat  Gidel  a.  unten  a.  0.  nachzuweisen  versucht,  dass  ein 
verlorener  oder  verschollener  französischer  Ritterroman  zum  Muster 
gedient  habe.  Er  stützt  sich  namentlich  auf  folgende  Punkte:  1.  Der  Sohn 


Xomantisohe  Dichtungen  über  mittelalterL,  e.  T.  abendländ.  Stoffe.  (§  378)    859 


Rhomäerkönigs  wird  von  dem  König  von  Antiochia,  der  doch  wohl 
Franke  gedacht  ist,  als  Lehensmann  {Xi^iog  V.  789)  angenommen.^) 
'Vorbild  des  Erotokastron  scheint  das  aus  der  pro venzalischen  Poesie 
»XKannte  Chäteau  d'amour  zu  sein.  3.  Die  Einkleidung  der  Erzählung 
^  Khnlich  wie  in  manchen  altfranzösischen  Gedichten;  der  Verfasser  richtet 
lieh  im  Anfang  (V.  1 — 5)  die  Aufforderung  an  seine  Hörer,  wohl  auf- 
erken,  und  teilt  ihnen  dann  zur  Aufklärung  den  Plan  des  Gedichtes 
«  Ebenso  bitten  die  französischen  Troubadours  ihre  Hörer,  andächtig 
lauschen,^)  und  ebenso  wird  in  den  Chansons  de  geste  der  Plan  der 
ählung  im  voraus  angegeben.^)  4.  Am  Hofe  des  Königs  von  Antiochia 
^  eine  Falkenjagd  erwähnt  und  dabei  das  romanische  Wort  g>aXxoiviv 
791  flf.).  gebraucht.  5.  Drei  Personennamen  sind  fränkischen  Ur- 
nings, nämlich  Rhodophilos,  eine  volksetymologische  Gräzisierung  von 
olphe,  Philarmos  (=  Willerm)  und  Belthandros  (=  Bertrand).  Im 
^^»dichte  wird  ausdrücklich  betont,  dass  der  König  in  griechischer 
rl&Tache  Rhodophilos,  der  Sohn  Belthandros  heisse:  ^Pod6(ftXog  oxarigj  t6 
^"^o/M«  *Pb)fiaix6v  (V.  25  f.),  BtXO^avÖQoq  dk  6  devtSQog  Tt^v  ToSr  ^P(o^aio)V  Xä^iv 
^^.  31);  diese  Bemerkungen  bleiben  dunkel,  wenn  man  nicht  annimmt,  dass 
'^urch  sie  auf  eine  Übertragung  fremder  Namen  ins  Griechische  hinge- 
deutet werden  soll.  6.  Ganz  bedeutungslos  sind  die  übrigen  Punkte,  welche 
^idel  für  sich  anführt,  wie  der  Umstand,  dass  das  Eintreten  der  Hof- 
dame für  ihre  Gebieterin  auch  in  französischen  Romanen  vorkommt,  dass 
Ifielthandros  blond  ist  und  nach  Art  fränkischer  Ritter  langes  Haar  trägt, 
^as8  er  ein  guter  Jäger  ist  u.  s.  w. 

Gidel  hat  die  Beweiskraft  seiner  Gründe  ohne  Zweifel  überschätzt. 
Die  Erwähnung  des  Feudalismus  an  sich  beweist  nicht  die  Existenz  eines 
fränkischen  Originals,  sondern  nur  die  Vertrautheit  mit  fränkischen  Ver- 
liältnissen;   die  Aufforderung  an  die  Hörer   aufzumerken    lässt  sich 
ebensogut  aus  der  Nachahmung   des  lebendigen  Vortrages  orientalischer 
und  griechischer  Märchen  erklären,  und  für  die  Idee  einer  orientierenden 
Inhaltsangabe  brauchte  ein  Grieche,   auch  wenn  er  die  alten  inoO^taeiq 
nur  vom  Hörensagen  kannte,  erst  recht  kein  fremdes  Vorbild;  ebensowenig 
ist  die  Sitte  der  Falkenjagd  eine  fränkische  Erfindung.     Den  romani- 
schen Personennamen   des  Gedichtes  stehen  die   echt  griechischen 
(PaiSgoxaCa  und  XgvfrdvT^a  gegenüber,  und  zwar  ist  es  merkwürdig,  dass 
die  Tochter  und  die  Zofe  des  fränkischen  Fürsten  griechisch,  der  rho- 
.  maische  König  und  seine  Söhne  fränkisch  benannt  sind;^)  übrigens  ist 

')  Der  abendländ.  Begriff  der  Lehens-  !  du  Möril,  Paris  1856  S.  125): 

herrschaft  wurde  den  Byzantinern  durch  I  Seignor  baron,  or  entendeiz 

die  Kreuzzfige   bekannt;   schon   Anna  Kom-  Faites  pais  et  si  escoutez 

nena  gebraucht  das  Wort  XlCiog   (lat.  ligius  Bone  estoire,  par  tel  senblant, 

fnuz.  lige);  Kinnamos  erklärt  es  S.  228,  5  '  Que  Diox  vos  seit  a  toz  garant. 

ed.  Bonn,  nicht  übel  durch  dovXog  i&eXoöovXog.  •  *)  Vgl.  die  von  Benediktinern  begonnene, 

Während   die  Historiker   das   fremde  Wort  '•.  von   Mitgliedern   des   Instituts   for^esetzte 

öfter  mit  entschuldigenden  und  erklärenden  Histoire  littöraire  de  la  France  t.  22 

Bemerkungen  begleiten,  scheint  unser  Dichter  j  (Paris  1852)  259  ff. 


die  Kenntnis  dieser  fränkischen  Einrichtung 
ohne  weiteres  vorauszusetzen. 

*)  So  beginnt  z.  B.  das  Gedicht  Floire 
et  Blancheflor  (Ausgabe  von  JCjdölestand 


*)  Oder  ist  etwa  als  «König  des  Rho- 
mäerlandes*  einer  der  lateinischen  Kai- 
ser (1204-1261)  gedacht? 


860    BysaniixLiaohe  Litteratargeflohiohie.    HL  YalgftrgriMk.  Uttante.  i 


selbst  der  fränkische  Ursprung  von  *PöS6q>$Xog  nicht  ganz  sicher;  i 
Johannes  Kameniates  S.  569,  7  ed.  Bonn,  wird  unter  den  bei 
oberung  von  Thessalonike  i.  J.  904  Gefangenen  auch  ein  Em 
Kaisers  namens  *PoSoqivi.rjg  erwähnt.  Bei  anderen  Chronisten  1 
'Poio^vkXiog,  ^PodoffvXXog,  ^PodoifvXig;  vgl.  Symeon  Magister  e 
707,  22;  Georgios  Monachos  ed.  Bonn.  863,  7  und  14;  Leon 
matikos  ed.  Bonn.  277,  9.  Am  schwersten  scheint  das  Liebet 
in  die  Wagschale  zu  fallen;  doch  ist  auch  hier  die  Annahme  eine( 
sehen  Originals  nicht  zwingend,  da  zwar  nicht  ein  Erotokastn 
doch  sonstige  allegorische  Schlösser  auch  in  originalen  mitte 
sehen  Gedichten  häufig  vorkommen,  i)  Wenn  ferner  einzelne  2 
Erzählung  sich  auch  in  französischen  Romanen  wiederfinden,  so  i 
gegen  betont  werden,  dass  umgekehrt  eine  Reihe  von  Motiven 
griechischen  Sophistenromane  anklingen;  die  Beschreibung  d€ 
Greif  und  das  Erscheinen  des  Eros  ist  mit  ähnlichen  Dingen  he 
thios")  zu  vergleichen;  das  märchenhafte  Beiwerk,  die  Sei 
der  kostbaren  Gemächer  u.  s.  w.  findet  sich  ebenso  in  Sophistem 
in  Kallimachos  und  Chrysorrhoe  und  sonst;  automatische  Vögel  b 
liehe  Kunstwerke  sind  als  echt  byzantinische  Liebhabereien  bekai 
erwähnen  ist  endlich,  dass  der  Kaiser  des  rhomäischen  Land 
altbyzantinischer  Sitte  ganz  korrekt  als  ßaailsvg  (V.  25)  oder  als  am 
(V.  1333),  der  fränkische  Fürst  von  Antiochia  dagegen  als  ^ijyac 
und  öfter)  bezeichnet  wird.  Mit  Gewissheit  ergibt  sich  mithin 
einoThatsache,  dass  dieses  Gedicht  zwar  von  einem  Griechen  c 
ist,  aber  in  einer  Gegend,  die  mit  der  fränkischen  Kultur  schor 
Zeit  bekannt  geworden  war.  Wie  von  den  zwei  Hauptpersonen 
einen  griechischen,  die  andere  einen  fränkischen  Namen  träj 
auch  das  Gedicht  selbst  eines  jener  Mischprodukte,  wie  sie 
Verpflanzung  abendländischer  Romantik  auf  den  alten  Kulturb 
Byzanz  öfter  entstanden  sind.  Eine  schärfere  Abgrenzung  der 
und  der  einheimischen  Bestandteile  lässt  sich  vorerst  nicht  dur 
und  namentlich  muss  die  Hauptfrage,  ob  der  Kern  der  Erzähli 
kischer  oder  griechisch-orientalischer  Abkunft  sei,  so  lange  uneii 
bleiben,  bis  ein  deutlich  erkennbares  Vorbild  wirklich  aufgefiind< 
Woher  nun  auch  der  Stoff  des  Werkes  stamme,  jedenfalls 
Geschick  behandelt.  Der  Dichter  besitzt  frische  Empfindung  unc 
hebliche  Gestaltungsgabe;  die  schöne  Apostrophe  ah  die  Natur 
mahnt  an  die  berühmte  Prometheusklage  des  Aeschylos  und  an 
liebsten  Klänge  der  neugriechischen  Volkspoesie.  ^)  Der  sittliche 
ist  ernst  und  nichts  findet  sich  hier,  was  mit  der  lasziven  Prü 
der  unverblümten  Üppigkeit  mittelalterlicher  Romane  des   Frau 


*)  Z.  B.  to  TtdatQov  Ttjg  Jvotv^ittg  im 
Aoyog  naqrjyoQtjxinog  ed.  Sp.  Lambros, 
Coli,  de  rom.  gr.  S.  288  ff. ;  to  xdaxQov  xrjg 
£<o(pQocvyrjs  bei  Meliteniotes  (s.  §  327);  to 
dQaxoyroxaaxQov  im  Kallimachos  (s.  §  377). 

2)  Buch  2,  10  f.;  3,  1  ff.;  6,  18  (S.  25  f.; 
30  ff.;  106  f.  ed.  Hilberg). 


*)  Eines  der  besten  Beispiel 
turempfindung  ist  das  Distichon 
myla  auf  Chios: 
XaQtt  *s  xrj   TvxV  ^^^t  ßovyd,    Tic 

q)oßdax€, 
MovB  navt*  Ijjfet*  ayoi^i  xal  ngdai 


mantisohe  Diohtimgeii  über  mittelalterL,  £•  T.  abendlftnd.  Stoffe.  (§  379)    861 

*"    vergleichen   wäre.      Nur  vereinzelt   stören   Ungeschicklichkeiten    wie 

587,  wo  Belthandros  infolge  der  Mühe,  welche  ihm  die  Auswahl  der 

.^nsten  Jungfrau  verursacht,  ganz  von  Schweiss  trieft:  xi   ix  tov 

'Z^kog    TOV    noXkov  xaxdßqoxoq   iyivri.     Mit  Prodromos    und  Niketas 

^^genianos  verglichen  ist  der  Dichter  des  Belthandros  ein  Muster  von 

mack  und  Feinheit.  Die  Entstehungszeit  des  Qedichtes  lässt  sich 

nach  inneren  Gründen  annähernd  bestimmen.     Von  Wichtigkeit  ist 

ders  die   Thatsache,   dass  die  Türkei  noch  als  ein  auf  das  innere 

lien  beschränktes  Reich  gedacht  ist  (V.  218;  220;  234)  und   dass 

ioehia,  das  1269  durch  den  Sultan  von  Ikonion  erobert  wurde,  noch 

ein  christliches  Reich  erscheint.    Wahrscheinlich  ist  die  erste  Form 

Gedichtes  im  13.  Jahrhundert  entstanden;  doch  zeigt  der  uns  er- 

ne   Text  Spuren  einer    späteren  Überarbeitung,    die  vielleicht  dem 

Jahrhundert  angehört. 

1.  Ausgaben:  Das  Werk  ist  aus  der  einzigen  bis  jetzt  bekannten  Handschrift, 
Cod.  Paris.  2909,  zum  erstenmale  ediert  von  Ad.  £llissen,  Analekten  der  mittel- 
neugriechischen  Litteratur,   5.  Bd,    Leipzig  1862;   mangelhafter  Text  mit   deutscher 

tzung  und  einem  Kommentar,  der  nur  mit  Vorsicht  zu  benützen  ist  —  £d.  Mauro- 
jdes,    RxXoyfj  S.  212-256  (sehr  ungenau  in  der  Wiedergabe   der  handschriftlichen 
ehen).  —  Am  besten  ed.  E.  Legrand,  BibL  gr.  vulg.  I  125—168. 

2.  Hilfsmittel:  lieber  die  Beziehungen  zur  fränkischen  Poesie:  Ch.  Gide],  ^tudes 
1a  litt  gr.  mod.,  Paris  1866  S.  105—150.   —    A.  Korais,  ^^Axaxxa  11  Prolegom.  S.  7. 

379.    Lybistros  und  Bhodamne    (3841  reimlose  politische  Verse). 
'  handschriftliche  Titel  des  Gedichtes  wird  durch  ein  Distichon  gebildet: 

Ixixoi  noXv  igtonxolf  atpijytjiiig  AvßiatQOv, 

Uiüg  6  tpiXos  6  KXeiToßog  dir^yBirai  ti^g  MvQTaytjs, 

(T  eigentliche  Kern  des  Werkes  ist  in  seiner  jetzigen,  vielleicht  nicht 
kprünglichen  Fassung  in  eine  doppelte  Hülle  eingekleidet.    Der  ge- 
lte Roman  wird,  wie  der  Titel  und  die  Schlussverse  verraten,  von  Kli- 
<ibo8  {KXenoßogj  KXsnoßwvy)  nach  seiner  Rückkehr  in  die  Heimat  seiner 
als  Witwe  wiedergefundenen  Jugendgeliebten  Myrtane  erzählt.    Den 
in  Hauptteil  der  Ereignisse  aber  berichtet  Lybistros  dem  Klitobos, 
er  auf  dem  Wege  nach  Ägypten  antrifft.    Klitobos,  der  Erzähler  des 
^mans,  zieht  auf  einem  engen  Pfade  hinter  einem  jungen  Krieger  ein- 
;  da  er  bemerkt,  dass  derselbe  häufig  aufseufzt  und  reichliche  Thränen 
L  ^ergiesst,  fasst  er  sich  das  Herz,  ihn  anzureden  und  den  Grund  seines 
!..  Schmerzes  zu  erforschen.  Nach  einiger  Weigerung  macht  ihn  der  Fremde, 
:^    4er  sich  später  als  Fürst  Lybistros  aus  dem  Lateinerlande,  Beherr- 
-     scher  von  Libandros,  zu  erkennen  gibt,  zum  Vertrauten  seiner  Schick- 
.  sale:  Er  wusste  nicht,  was  Liebe  bedeutet;  da  tötete  er  einst  auf  der 
^    JsLgd  eine  Turteltaube  und  sah  auch  die  Gefährtin,  die  der  Liebesschmerz 
^_.  Ilber  den  Verlust  ihrer  Genossin  getötet  hatte,   zu  seinen  Füssen  nieder- 
^  fallen.^)    So  erfuhr  Lybistros  die  Gewalt  der  Liebe.    Weitere  Belehrung 
empfängt  er  durch  ein  Traumbild;  Agape  und  Pothos  führen  ihn  in  das 
L^    Heiligtum  des  Eros,  wo  ihn  zwei  Frauengestalten,  die  Gerechtigkeit  und 
s  "Wahrheit,  über  die  Liebe  unterrichten;  zuletzt  erhält  er,  wie  Belthandros 


*)  Beide  Formen,  die  sich  verhalten  wie 

^     4^xog  zu  ^(ianmy,  gehen  im  Gedichte  neben 

einander.      Vorbüd    des  Namens  ist  wohl 


KXBitotp^v  im  Romane  des  Achilles Tati 08. 

')  Dieselbe  Idee  auch  im  Physiologns. 

£.  Legrand,  Coli,  de  mon.  vol.  16  V.  726  ff. 


862    Bysanünisohe  LitteratnrgeMhiohie.    m.  Ynlgftrgrlaoli.  Lifttoraiv.  II 


in  der  Minneburg,  eine  Weissagung,  dass  er  die  indische  Prinzesan 
damne,  die  Tochter  des  Königs  Chrysos,  zur  Gattin  gewinnen  i 
er  werde  sie  dann  durch  eine  böse  Zauberin  verlieren  und  noch  €ii 
umherirren,  um  sie  wiederzufinden;  endlich  werde  er  König  von  Ar| 
kastron.9  Lybistros,  dessen  Herz  durch  einen  zweiten  Traum  vöD^i 
flammt  wird,  fährt  mit  hundert  tapferen  Rittern  in  die  weite  WeM 
Rhodamne  aufzusuchen.  Nach  mühseliger  Wanderung  gelangt  er  tc 
Stadt  Argyrokastron,  die  Residenz  des  Königs  Chrysos.  Ihre! 
lichkeiten,  namentlich  ihre  zwölf  Türme,  allegorische  Statuen  der 
Tugenden,  der  zwölf  Monate  und  der  zwölf  Liebesgenien  werden  $m 
lieh  beschrieben.  Lybistros  sendet  durch  Pfeile  acht  Liebesbriefe  o 
Schloss,  lernt  dann  Rhodamne  auf  einer  Jagd  kennen  und  gewinit 
Liebe.  Da  Berderichos  {BeQieQTx^)^  König  von  Ägypten,  der  äd 
die  Hand  Rhodamnes  bewirbt,  von  Lybistros  im  Zweikampf  überm 
wird,  erwählt  König  Chrysos  den  Sieger  zum  Schwiegersohn  und  en 
ihn,  da  er  keine  Söhne  hat,  zu  seinem  Nachfolger.  Nach  zwei  Ji 
glücklicher  Ehe  erfüllt  sich  der  zweite  Teil  der  Weissagung,  die  Lyb 
im  Traume  erhalten  hat.  Auf  der  Jagd  treffen  Lybistros  und  Rhod 
einen  reisenden  Handelsmann  aus  Babylon  mit  einem  alten  Weibe,  dt 
einem  Kamele  reitet;  der  Babylonier  bietet  dem  Fürstenpaar  ein 
und  einen  Ring  an.  Durch  die  geheime  Zauberkraft  des  Ringes  t 
Lybistros  tot  zu  Boden;  als  ihm  die  Freunde  den  Ring  vom  Finger  zi 
kommt  er  wieder  zu  sich,  erfährt  aber,  dass  Rhodamne  und  der  h 
Kaufmann  verschwunden  sind.  Um  die  geraubte  Gattin  wieder  au&uf 
begibt  er  sich  von  neuem  auf  die  Wanderung.  Hier  schliesst  die  I 
lung  des  Lybistros  und  damit  der  erste  Hauptteil  des  Romana 
Entgelt  muss  nun  auch  Klitobos,  der  dem  Leser  bisher  unbekaiu 
blieben  ist,  seine  Geschichte  berichten.  Er  stammt,  wie  er  dem  s 
gewonnenen  Freunde  mitteilt,  aus  Litauen  {Anaßla)^  einem  Teil« 
Armenien,  und  ist  der  Neffe  des  dortigen  Königs;  dessen  Tochtc 
schöne  Myrtane,  schwur  ihm  Liebe,  obschon  sie  mit  dem  König  von  P 
verlobt  war.  Darüber  ergrimmte  der  König;  der  Neffe  wurde  ins  Gh 
nis  geworfen  und  von  dem  inzwischen  aus  einem  Biiege  zurückgek< 
Perserkönig  mit  dem  Tode  bedroht.  Hiemit  bricht  die  Erzählung  de 
tobos,  die  ebenso  kurz  und  dürftig  ist  als  die  des  Lybistros  lang  unt 
führlich,  unvermittelt  ab,  und  es  muss  wohl,  wenn  keine  Lücke  i 
Überlieferung  ist,  vorausgesetzt  werden,  dass  er  sich  den  von  s 
Onkel  und  seinem  Nebenbuhler  drohenden  Gefahren  durch  Flucht  ent 
habe.  Nach  der  Erzählung  des  Klitobos,  die  wie  ein  Verbindung 
eingeschoben  ist,  beginnt  der  zweite  Hauptteil  des  Romanos, 
dem  sich  nämlich  Lybistros  und  Klitobos  ihre  Lebensgeschicke  anve 
haben,  beschliessen  sie  gemeinsam  den  Weg  fortzusetzen,  um  die  gei 
Gattin  wiederzufinden.  Durch  einen  Traum  erfahren  sie,  dass  sich 
damne  in  der  Gewalt  des  Königs  von  Ägypten  befindet.     Auf  dem 


*)  Der  poetische  Name  Argyrokastron 
(Silberveste)  ist  im  Orient  noch  heute  zu 
finden;  das  bekannteste  Argyrokastron  liegt 


in  Epirus,  ein  zweites  (tflrk.  Gflmisch 
bei  Trapezunt. 


Dichtnngen  über  mittelalterL,  e.  T.  abendländ.  Stoffe.  (§  879)    863 

in   treflfen  sie  die  babylonische  Zauberin,  die   dem  König  Berderichos 

Ausführung  seines  Frauenraubes  geholfen  hatte,  später  aber  von  ihm 
ankbar  Verstössen  worden  war.  Nach  gegenseitiger  Wiedererkennung 
,hren  sie  von  der  Hexe  das  Schicksal  der  Rhodamne;  sie  ist  von  Ber- 
chos  noch  unberührt,  denn  sie  hat  sich  vier  Jahre  Wartezeit  ausbe- 
gen  und  lebt  während  dieser  Zeit  als  Gastwirtin  am  Meere,  um  etwa 

Lybistros  Kunde  zu  erspähen.  Die  Alte  führt  beide  Wanderer  durch 
bermittel  trockenen  Fusses  über  das  Meer  nach  Ägypten.  Klitobos, 
überhaupt  im  zweiten  Teile  des  Romanes  die  geistige  Führerrolle  über- 
ocit,  sucht  Khodamne  auf,  um  sie  auf  das  plötzliche  Glück  vorzubereiten; 
olgt  eine  ausführliche  Schilderung  der  bewegten  Szenen  des  Wieder- 
ms  der  liebenden  Gatten.  Sie  fliehen  mit  dem  Freunde  nach  Argyro- 
ron.  Klitobos  vermählt  sich  mit  Rhodamnes  schöner  Schwester  Me- 
sliia,  kehrt  aber  nach  dem  frühen  Tode  derselben  in  seine  Heimat 
ick;  hier  findet  er  seine  Jugendgeliebte  Myrtane  als  Witwe  wieder, 
lilt  ihr  seine  und  des  Lybistros  Abenteuer  und  schliesst  mit  einer  er- 
;en  Liebeserklärung  und  der  Aufforderung,  sich  gemeinsam  ihres  väter- 
3n  Gutes  zu  erfreuen. 
Einzelne  Motive  dieses  romantischen  Gedichtes,  wie  die  Entführung 

Gattin  durch  die  Beihilfe  einer  alten  Zauberin,  finden  sich  in  dem 
chenroman  Kalliraachos  und  Chrysorrhoe  wieder.  Weit  inniger 
aber  das  ganze  Werk  mit  Belthandros  und  Chrysantza  verwandt. 
t)eiden  Romanen  wird  der  Held  durch  geheimnisvolle  Weissagungen  zur 
suchung  der  Geliebten  angespornt;  zwar  ist  die  Art  der  Mitteilung  des 
kels  nicht  dieselbe,  aber  der  Traum  des  Lybistros  mit  seinen  allego- 
:hen  Figuren  und  langen  Reden  ist  dem  Liebesschloss  des  Belthandros 
gemein  ähnlich.  In  beiden  Romanen  herrscht  als  Hauptidee  die  Forde- 
g,  dass  der  Besitz  der  Geliebten  durch  Ausdauer  und  Tapferkeit  er- 
gen  werde;  in  beiden  treffen  wir  dieselben  ausführlichen  Schilderungen 
aderbarer  Paläste  und  Kunstwerke ;  gemeinsam  ist  beiden  Werken  auch 

feine  sittliche  Grundton  und  die  dezente  Darstellung  der  erotischen 
'hältnisse.     Die   wichtigste  Eigentümlichkeit  aber,   in  der  Belthandros 

Lybistros  übereinstimmen,  ist  die  Vermischung  fränkischer  Kultur 
:  griechisch-orientalischer  Lebensart.  Der  kulturelle  Dualismus 
schon  in  der  Abstammung  der  zwei  Hauptpersonen  angedeutet;  wie 

Belthandros  ein  rhomäischer  Königssohn  eine  fränkische  Prinzessin 
•atet,  so  erobert  im  Lybistros  ein  lateinischer  Prinz  eine  orientalische 
stentochter.     Das   wichtige  Erkennungszeichen   abendländischer   Sitte, 

Lehensbegriff,  findet  sich  in  beiden  Romanen,  doch  mit  einem 
lerkenswerten  Unterschiede ;  während  im  Belthandros  (V.  789)  ki^iog  im 
3rünglichen  Sinne  gebraucht  wird,  ist  das  Wort  im  Lybistros  in  über- 
jener  Bedeutung  angewendet:  Ai^iog  rov  -d'eXijfiatog  xai  rov  nqoatdf 
6g  aov  (V.  327  ed.  Wagner);  Jovkcivofiai  elg  tov '!E^a>Ta,  Xi^icivofiai 
Tov  Jlo^ov  (V.  295  ed.  Maurophrydes) ;  wahrscheinlich  muss  auch  in 
149  ed.  Wagner  JovXcivofÄai  elg  tov  Mqvna^  iriXioq  tov  vd  jrAw» 
•ieben  werden:  Xi^iog  tov  vd  yhvto.  Auch  in  anderen  Zügen 
äue  Vertrautheit  mit  der  fränkischen  Kultur  allenl 


864    BysanÜnische  LitteratnrgMohiohie.    IIL  Ynlgirfri^olL  lattanl».  tl 


lieh  zu  Tage;  V.  3768  wendet  sich  Lybistros  an  seine  Freunde,  Verwi 
Toparchen  und  Herzöge  {xonaqxai  fiov,  SovxdSeg);  V.  1890  wird  I 
gehoben,  dass  Rhodamne  nach  fränkischer  Mode  gekleidet  war  {At 
xd  ^ov%a  TTjg  ijaafn  xffi  (OQa{ag);  V.  1966  gesteht  Rhodamne  ihrem 
ihre  Neigung  zum  tapferen  Geschlechte  der  Franken:  lIo3ü  y«^  u 
vixo,  ro  /£vog  tdov  dvdQ€t(ov.^)  Auf  abendländische  Sitten  deutet  c 
der  ritterliche  Zweikampf  zwischen  den  beiden  Nebenbuhlern.  Vc 
Personennamen  des  Gedichtes  ist  nur  einer  fränkischen  Urspnmi 
zwar  seltsamer  Weise  der  des  Königs  von  Ägypten;  denn  BtQdffi] 
offenbar  ein  gräzisierter  Friedrich.  In  einer  Version  soll  sich  sog 
deutsches  Wort  gefunden  haben;  in  dem  Auszuge,  welchen  H. Ci 
aus  seiner  Handschrift  mitteilt,  ruft  Lybistros  dem  aus  dem  SaU 
stürzten  Berderichos  zu:  Ttaga  anod^*i](rx€i^,  axt'Xnel  Dieses  rät» 
axäXn€  hat  man  für  identisch  erklärt  mit  Schelme  und  daraus  sog 
deutschen  Ursprung  des  ganzen  Gedichtes  geschlossen.  Das  geht  nai 
nicht  an ;  denn  da  Schimpfwörter  bekanntlich  der  internationalen  Vc 
tung  im  hohen  Grade  ausgesetzt  sind,  könnte  das  Wort,  auch  w< 
wirklich  deutsch  ist,  im  besten  Falle  nicht  mehr  beweisen  als  die  fi 
abendländischen  Ausdrücke  und  Begriffe,  nämlich  eine  innige  Verbra 
mit  fränkischen  Sitten.  Übrigens  ist  in  den  erhaltenen  Versione 
Wort  axäXnB  nicht  aufzufinden.  Neben  diesen  deutlichen  Spuren 
fremden  Kultur  steht  im  Kallimachos  wie  im  Belthandros  der  unr 
hafte  Einfluss  des  griechischen  Romans.  Für  die  allegorische] 
Stellungen  der  12  Tugenden  und  der  12  Monate  findet  sich  das  ^ 
im  Romane  des  Eustathios;^)  besondere  Beachtung  verdient  die 
Sache,  dass  die  ganz  verschiedene  Darstellungsweise  der  Monatsz; 
die  im  Occident  üblich  war,  dem  Verfasser  völlig  unbekannt  ist;*) 
thios  ist  auch  das  Muster  für  die  Schilderung  des  Liebesgottes  und 
Attribute.*)  Ausser  Eustathios  scheint  dem  Dichter  auch  Achilles  1 
bekannt  gewesen  zu  sein.^)  Selbst  für  die  eigentümliche  Einkle: 
des  Kernes  der  Handlung  (s.  o.)  sind  vielleicht  griechische  Werke  v 
wortlich  zu  machen;  denn  ähnlich  sind  auch  die  Romane  des  Hei 
und  seines  Nachahmers  Prodromos  disponiert,  wo  man  erst  durcl 
nachträgliche  Erzählung  die  früheren  Schicksale  des  Liebespaares  ei 
Beide  Romane  sind  mithin  Mischprodukte  fränkischer  und 
talischer  Kultur ;  beide  sind  in  Teilen  des  byzantinischen  Reiches  entsb 
welche  durch  die  fränkische  Eroberung  mit  abendländischer  Sitte 
bekannt  geworden  waren;  doch  ruhen  sie  nicht  ganz  auf  denselben 
aussetzungen.  Während  im  Belthandros  fränkische  und  griec 
Kultur  noch  nicht  völlig  verquickt  erscheinen,  gehört  Lybistros 
Zeit  an,  in  welcher  die  fränkische  Lebensart  feiner  ausgebildet  und 
in  den  byzantinischen  Boden  eingedrungen  war,  aber   auch  schon 


^)  Dass  die  Lesart  der  Ausgabe  von  Wagner 
(Sathas) :  JIo&etydQ  to  /iatiyutoy  t6  yiyog  rtjy 
dydQclayfalBch  ist,  zeigt  der  folgende  Vers.  Das 
Richtige  hat  schon  Maurophrydes  (V.  896). 

«)  Buch  2,  2  ff.;  4,  5  ff.  (S.  15  ff.;  49  ff. 
ed.  Hüberg).    Vgl.  g  813,  9  Anm.  3. 


^)  Vgl.   Bruno   Keil,  a.  ante 
S.  140. 

*)  Buch  2,  10  f.;  3,  1  ff.  (S.  25 
ed.  Hilberg). 

^)  Vgl.  Gidel,  a.  unten  a.  0. 


\omaatisolie  Diohtiingen  über  mittelalterl.,  z.  T.  abendländ.  Stoffe.  (§  379)    865 

griechische  Umgebung  assimiliert  und  aufgesogen  zu  werden  begann.  *) 
-.  das  Gesagte  vollständig  zu  erklären  und  nachzuweisen,  müssten  beide 
lichte  weit  ausführlicher  analysiert  und  nach  ihren  Anschauungen, 
iem  und  sprachlichen  Eigentümlichkeiten  mit  einander  verglichen 
ntien,  als  der  Raum  es  hier  gestattet;  es  sollen  daher  nur  einige 
■rakteristische  Punkte  herausgegriflfen  werden,  welche  das  Ergebnis  der 
-tersuchung  zu  illustrieren  geeignet  sind.  Im  Lybistros  herrscht  eine 
ifisere  Mannigfaltigkeit  in  den  Abenteuern,  Empfindungen  und  Ent- 
■iQssen  der  handelnden  Personen.  Namentlich  ist  alles,  was  die  Lieb es- 
tnst  betrifft,  sorgfältig  ausgearbeitet.  Der  Erosdienst  ist  wie  in  der 
Dttbadour-  und  Minnesängerpoesie  zu  einem  förmlichen  Sport  geworden, 
31  der  €Q(oTonatd€Vfji6'vog  zu  obliegen  hat;*)  die  Macht  und  die  Satzungen 
i  Eros  sind  mit  dogmatischer  Genauigkeit  festgestellt.  Die  schmach- 
kden  Pfeiibillete,  mit  denen  Lybistros  das  Herz  der  Prinzessin  zu  treffen 
sht,  lassen  die  Mühe  erkennen,  welche  der  Dichter  aufwandte,  um  dem 
ema  der  Liebe  neue  Seiten  abzuzwingen.  Übrigens  bricht  durch  den 
38t  von  Schnörkeln  und  stereotypen  Allegorien  nicht  selten  das  Feuer 
•hrer  Empfindung  durch,  und  manche  Verse  atmen  dieselbe  ürsprüng- 
3keit,  welche  die  »rhodischen*  Liebeslieder  (s.  §  341)  vor  den  meisten 
fctelgriechischen  Gedichten  auszeichnet.    Wie  die  Anlage  und  Auffassung 

ist  auch  die  Sprache  im  Lybistros  weniger  einfach  als  im  Belthandros; 

wimmelt  von  verkünstelten  Redensarten,  subtilen  Vergleichen  und 
fieren  Mitteln  eines  raffinierten  Barockstils.  Von  Einzelheiten  sei  be- 
xkt,  dass  das  romanische  fpaXxdviv  (Belth.  V.  791  flf)  im  Lybistros 
rch  das  griechische  yeQäxtv  (V.  38;  95;  123;  126  u.  ö.)  ersetzt  ist; 
•n  hatte  sich  besonnen,  dass  die  Sitte  der  Falkenjagd,  die  zuerst  wohl 

eine  besondere  Eigentümlichkeit  der  fränkischen  Ritter  erschien,  auch 

Orient  nicht  unbekannt  war  und  dass  für  den  Jagdvogel  auch  ein 
«chisches  Wort  existierte.    Unter  den  Personennamen  ist  nur  noch 

einziger  fränkisch;  das  Wort  Xi^iog  wird  als  völlig  bekannt  voraus- 
setzt und  schon  im  übertragenen  Sinne  gebraucht.  Alles  deutet 
rauf  hin,  dass  das  Gedicht  aus  einem  Kulturboden  erwuchs,  dem  das 
nkische  Wesen  so  lange  eingefurcht  war,  dass  es  von  der  griechi- 
Len  Umgebung  schon  wieder  überwuchert  wurde.  Genauer  lässt  sich 
t:iürlich  weder  der  Ort  noch  die  Zeit  der  Entstehung  des  Werkes  fest- 
llen.  Am  besten  geeignet  zur  Hervorbringung  solcher  Mischpoesien 
xen  wohl  die  grossen,  von  den  Franken  mit  nachhaltiger  Kraft  besetzten 
t«ln  an  der  kleinasiatischen  Küste,  und  von  diesen  wiederum  weniger 
8  vom  nüchternen  Geiste  italienischer  Kaufherrn  verwalteten  nördlichen 
Bsbos,  Chios)  als  vielmehr  die  Sonneninsel  Rhodos  und  das  üppige 
"pern,  wo  das  fränkische  Rittertum  und  die  Romantik  zur  vollkom- 
ti]sten  Blüte  gelangten.  Die  Wahl  zwischen  diesen  beiden  Inseln  fällt 
iwer;  für  Cypern  sprechen  dialektische  Eigentümlichkeiten  —  soweit 
L  der  mangelhaften  lokalen  Differenzierung  der  mittelgriechischen  Vul- 

*)  Ein  Prozess,  der  sich  bekanntlich  auf      erstaunlicher  Schnelligkeit  und  Gründlichkeit 
pem   wie    in    allen    fibrigen  fränkischen      vollzogen  hat. 
rrschaften   auf   griechischem  Boden  mit  ^)  Vers  1;  5;  19. 

Ban41moli  der  Uim.  AltertnnMwiMenachaft  IX.    1.  Abttg.   2.  Aufl.  55 


866    Bysanünische  Litteratnrgeschiohte.    m.  Ynlgirgrieolu  IdiUnitor.  1 


gärsprache  auf  sie   gebaut  werden  kann  —  und  der  umstand,  im 
eine  unserer  Handschriften  (der  Cod.  Sealig.  55)  auf  Cypern 
zu  sein  scheint.^)    Die  erste  Fassung  des  Gedichtes   ist  wohl  noch 
14.  Jahrhundert  zu  setzen;  dass  aber  das  Werk  eine  durc 
Umarbeitung  erfahren  hat,   wird  schon  aus  der  Vergleichung  d» 
Versionen  klar;  namentlich  dürfte  sich  die  ganze  Geschichte  des  Klito 
der  zur  Belohnung  fQr  seine  kluge  Führung  die  Schwester  Rhodamnei 
Frau  erhält,  dann  aber  gerade  noch  zeitig  genug  von  ihr  erlöst  wird, 
seine  inzwischen  verwitwete  Jugendliebe  heimzuführen,  als  eine  dem 
nalen  Kern  äusserlich  aufgepfropfte  Zuthat  erweisen. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  Maurophrydes,  'ExXoy^  S.  324—428  (2853  Venei 
lieh  unlesbarer  Gestalt  nach  dem  Cod.  Paris.  2910).  —  Ed.  W.  Wagner,  Trois 
S.  242—349  (3841  Verse  nach  den  Codd.  Neapel,  und  Scalig.);   die  Ausgabe  ist 
Nachlasse  Wagners  von  Sathas  und  Bikelas  besorgt  und  leidet  im  höchsten  Grade  n 
Mängeln,  die  gewöhnlich  postumen  Werken  anhaften.  —  Eine  kritische  Ausgibt 
somit  noch  ein  Bedürfnis. 

2.  Hilfsmittel:  Martin  Crusius,  Turco-Graecia«  Basel  1584  S.  489  f.,  gut 
kurze  Analyse  nach  einer  nicht  wiedergefundenen  Handschrift.    Wiederholt  bei  Fabriei 
Bibl.  gr.  ed.  Harl.  8,  154  ff.   —   Vgl.  F.  G.  A.  Mullach,   Coniectaneorum  b 
libri  du6,  Berlin  1852  S.  33  f.  —  Analyse  und  litterarhistorische  Untersuchung  von  Ch.6ii 
I^tudes  Bur  la  litt.  gr.  mod.  S.  151-196.  —  Beschreibung  des  Cod.  Scalig.  bei  Lim 
Coli,  de  rem.  gr.  Introd.  S.  83  ff.  —    Beurteilung  der  in  dem  Romane  geechildertn 
Stellung  der  12  Monate  und  Vergleichung  derselben  mit  den  Monatszyklen  der 
sehen  und  abendländischen  Kunst  von  Bruno  Keil,  Wiener  Studien  11  (1889) 
wo  die  Partie  über  die  12  Monate  mit  Apparat  und  Kommentar  mitgeteilt  und  nA  § 
Analyse  und  Kritik  des  Gedichtes  gegeben  sind.     Vgl.  §  313,  9. 

3.  Ueberlieferung:  In  der  Litteratur  sind  bis  jetzt  drei  Hss  genannt:  derC 
Paris.  2910;  der  Cod.  Neapel.  HI  A  a  9  (fol.  44-116)  und  der  Cod.  Scalig.  55 
auch  Kallimachos   und   Chrysorrhoe   enthält).     Ausserdem   besass  Martin  Crnsias 
Handschrift,  aus  welcher  er  Auszüge  mitteilt;  sie  muss  von  den  uns  bekannten  drei 
verschieden  gewesen  sein,  da  sich  der  oben  erwähnte  Vers  mit  dem  Worte  cxiXni  in  h 
derselben  findet.  Das  Verhältnis  der  drei  Hss  wird  auch  aus  der  Ausgabe  von  Wi^| 
nicht  klar;   nur  so  viel  ergibt  sich  aus  einer  Vergleichung  derselben  mit  der  von  ¥n» 
phrydes,  dass  zwei  bedeutend  verschiedene  Versionen  vorliegen.    Eine  vierte (Vok 
fünfte)  Hs  hat  R.  Wünsch  im  Escurial  gefunden   (Cod.   Escur.    Vf.  IV.  22)  nnd  wi 
über  sie  demnächst  in  der  B.  Z.   Näheres  berichten.    —   Die  Partie    über  die  12  Mouli 
steht  auch  im  Cod.  Barber.  gr.  1  172. 

380.  Der  alte  Bitter,  'O  nqäüßvq  Innorrfi  (306  reimlose  politisch 
Verse),  ein  griechisches  Gedicht  aus  dem  Kreise  der  Ritter  von  der 
Tafelrunde,  das  zwar  in  der  konventionellen  Schriftsprache  abgefasst  irf, 
aber  wegen  seines  Stoffes  hieher  gehört^),  ist  eine  freie,  abkürzende  xaA 
ziemlich  trockene  Bearbeitung  des  gegen  das  Ende  des  12.  Jahrhundeiii 
abgefassten  französischen  Prosaromans  Gyron  le  Courtois.  D«r 
Held  des  Gedichtes  ist  ein  alter  Ritter,  der  alle  jungen  Ritter  vom  Höh 
des  Königs  Artus  überwindet.  Die  Begriffe  und  Namen  der  Artusnp 
sind  zum  Teil  wörtlich  ins  Griechische  übersetzt;  aus  der  TafelruBde 
wird  eine  etwas  prosaische  axQoyyvXi^  xQtins^a,  aus  dem  berüchtigteB 
Franzosen  Lancelot  du  Lac  ein  AavasXöhog  ix  Ai^ivrfi,  Solche  Treue  ii 
der  Übertragung  hindert  den  Verfasser  aber  nicht,  auch  dem  Vorbilde  d» 
Homer  zu  folgen;   ihm   entlehnt  er  Vergleiche  und  nach  ihm  richtet  er 


IQ 


4.' 


^\ 


')  Sp.  Lambros,  Coli,  de  rom.  gr. 
Introd.  S.  87. 

')  Der  Titel  stammt  von  dem  ersten 
Herausgeber;  doch  hat  Brunei  de  Presle 


mit  Recht  bemerkt,  dass  die  Anfschrifteigflot' 
lieh  lauten  mttsste 'OTr^ea^vri;^  {7r9Torf;c. 
da  im  Gedichte  selbst  nur  diese  Form  ge 
braucht  wird.  S.  Gidel,  a.  unten  a.  O.  S.  100, 


■oBUuiüsohe  Dioliteigeii  üb.  mittelalterl.,  z.  T.  abendländ.  Stoffe.  (§§  380—381)    867 

b  sogar  in  seiner  Erzählung,  ohne  sich  um  die  Verschiedenheit  der 
ben  des  trojanischen  und  des  bretonischen  Hofes  zu  kümmern. 
m  Hektor  der  Andromache,  so  gebietet  König  Artus  seiner  Oattin 
auövre  {Nr^erißQa),  die  ihn  vom  Kampfe  mit  dem  alten  Ritter  abhalten 
■:  »Oeh  und  sprich  nicht  weiter;  du  gehörst  sittsam  ins  Frauengemach 
■  zu  den  Mägden;  ich  aber  wafiFhe  mich  um  der  Tafelrunde  wiUen'^ 

139  ff)>).     Die  Handschrift  des   „alten  Ritters''   soll   dem  Ende  des 

oder  dem  Anfange  des  14.  Jahrhunderts  angehören,  und  um 
eelbe  Zeit  ist  wohl  auch  das  Gedicht  selbst  abgefasst.     An  Bedeutung 

die  Geschichte  der  byzantinischen  Litteratur  und  Kultur  steht  das 
^rk  tief  unter  den  von  abendländischem  Geiste  durchwehten  vulgär- 
cchischen  Romangedichten;  die  Sage  von  der  Tafelrunde  ist  im  Osten 

in  weitere  Kreise  gedrungen,  und  das  Gedicht  vom  alten  Ritter  erhebt 
Ea  deshalb  nicht  über  die  Bedeutung  eines  vereinzelten  und  privaten 
■rsuches,  einen  höfischen  Stoff  dem  griechischen  Verständnis  zu  vermitteln. 

1.  Ausgaben:  Zuerst  aus  der  einzigen  vatikanischen  Handschrift  ed.  von  F.  H. 
m  der  Hagen,  Berlin  1821.  —  Abdruck  dieser  Ausgabe  bei  Fr.  Michel,  Tristan,  re- 
il  de  ce  qui  reste  des  po€mes  relatifs  ä  ses  aventures  etc.  (3  voll.,  Londres  et  Paris 
^—39)  vol.  2,  267—297.  —  Ed.  Ad.  Ellissen  im:  Nachtrag  zum  ersten  Teil  des  Ver- 
bs einer  Polyglotte  der  europäischen  Poesie,  Leipzig  1846  (mit  einer  Einleitung,  worin 

Identität  des  Gedichtes  mit  dem  französischen  Roman  im  einzelnen  dargethan  ist,  und 
"ftscher  Uebersetzung). 

2.  Hilfsmittel:  Von  der  Hagen,  Ueber  ein  mittelgriechisches  Gedicht  von  Artus 
I  den  Rittern  der  Tafelrunde,  Philol.  und  histor.  Abhandl.  d.  Berl.  Akad.  d.  Wiss.  1848 
243—260  (weist  mit  Ignorierung  der  Arbeit  von  Ellissen  noch  einmal  die  französische 
slle  des  Gedichtes  nach).    —   Litterarhistorische  Untersuchung  von  Gh.  Gidel,  ^tndes 

la  litt.  gr.  mod.  S.  75-103.  —  A.  Ellissen,  Gdtting.  Gel.  Anzeigen  1871  S.  1533  f. 
XJeber  die  französischen  und  deutschen  Werke  aus  dem  Artuskreise  vgl.  Gaston 
K-is,  La  litt,  fran^aise  au  moyen-äge,  Paris  1888  S.  86  ff.  —  H.  F.  Junker,  Gmndriss 

Geschichte  der  französischen  Litteratur,  Münster  1889  S.  76  ff.  —  Karl  Goedeke, 
xndriss  zur  Geschichte  der  deutschen  Dichtung  P  (1884)  S.  77  f. 

381.  Phlorios  und  Platziaphlora  (1874  reimlose  politische  Verse); 
r  handschriftliche  Titel  lautet: 

Jtijyrjaig  i^algeros,  iQtotixrj  xal  ^ivrj 

^XwQiov  tov  navBvxvxovg  xal  »oQtjg  nXat^iatpXwQTjf. 

iese  Liebesgeschichte  des  sarazenischen  Prinzen  Phlorios  und  der  in  der 
efangenschaft  geborenen  Christin  Platziaphlora  ist  eine  freie  Bearbeitung 
3r  schon  im  12.  Jahrhundert  in  der  Provence  bekannten  und  alsbald  bei 
»n  meisten  Völkern  des  Mittelalters  verbreiteten  Sage  von  Flore  und 
lanchefleur.  Die  erste  dichterische  Bearbeitung  derselben  ist  wohl 
iv  im  13.  Jahrhundert  entstandene  französische  Roman  Floire  et  Blance- 
or.  Doch  hat  der  griechische  Dichter  weder  aus  einer  französischen 
3daktion  geschöpft  noch,  wie  Gidel  annahm,  direkt  oder  indirekt  aus 
fin  von  Boccaccio  um  das  Jahr  1340  abgefassten  Filocolo,  sondern  aus 
im  Cantare  di  Fiorio  e  Biancifiore,  der  schon  vor  dem  Filocolo  exi- 
ierte  und,  wie  Crescini  nachzuweisen  suchte,  ausser  für  das  griechische 
^dicht  auch  fQr  den  Filocolo  und  ein  spanisches  Gedieht  als  Vorlage 
ente.  Natürlich  hat  der  griechische  Dichter  den  Cantare  nicht  wörtlich 
»ertragen,  sondern  frei  umgearbeitet,  manche  Züge  geändert,  hinzugefügt 


')  Im  französischen  Roman  wird  nur  ge-      dist  qu*il  nes'en  tiendroit  pour  rien  au  monde' 
B^:  ,Le  roy  lafist  oster  de  devant  luy,  et      Gidel,  a.  unten  a.  0.  S.  90. 


55 


« 


868    Bysantinisohe  litteratargesohiohte.    HI.  Viügftrgrieoli.  Iditonlv.  L 

oder  weggelassen.    Der  Verfasser  des  Qedlchts,  der  wohl   der  zwei 
Hälfte   des  14.   oder  dem  Beginn  des  15.  Jahrhunderts 
war  übrigens  nicht  ein  Nationalgrieche,  sondern  ein  Gasmule  oder  ein 
lenisierter  Franke;   darauf  deutet  der  Umstand,  dass  bei  aller 
Freiheit  der  Umarbeitung  gerade  mehrere  Züge,  die  sich  auf  das  relig 
Bekenntnis   der  Hauptpersonen  beziehen,  beibehalten  sind;   der 
Platziaphloras  ist  ein  edler  Ritter  in  Rom;  er  wallfahrtet  nach  Si  J 
di  Compostela  in  Spanien;  die  Eltern  des  Phlorios  bekehren  sich 
mit  ihrem  ganzen  Volke  zum   orthodoxen   katholischen  Glauben. 
Anhänger   der    orientalischen   Kirche,    die   sich  im   14.   Jahrhundert 
schärfsten  Gegensatze  zur  römischen  befand,  hätte  solche  Motive  schw< 
unangetastet  gelassen. 

1.  Ausgaben:  Ed.  pr.  aus  Cod.  Vindobon.  theol.  244  I.  Bekker,  AbhandL 
Ak.  1845  S.  127-180.  —  Ed.  Maurophrydes,  'RxXoytj  S.  257— 323  (sehr  fehlerinll). 
Ed.  W.  Wagner,  Medieval  gr.  texts  S.  1—56;  der  Text  bleibt  auch  hier  noch  ti 
rungsbedürftig. 

2.  Hilfsmittel:  Emendationen  zur  Ausgabe  von  Bekker  gab  A.  Mullteb, 
iectaneorum  Byzantinorum  libri  duo,  Berlin  1852  S.  37—60.  —  Litterarhistorische 
suchung  von  Ch.  Gidel,  Etudes  sur  la  litt.  gr.  mod.  S.  231—255.  —  Ed^lestullj 
Möril,  Floire  et  Blanceflor,  poämes  du  XIII"  siede,  Paris  1856,  gibt  zwei  franzMi 
Gedichte  und  eine  Episode  aus  einer  dritten  französischen  Version;  über  das  grieeUiii 
Gedicht  vgl.  Introd.  S.  21  ff.,  84  ff.;  über  den  Filocolo  8.  67  ff.,  179  ff.  —  FiJocoI«:« 
gedruckt,  z.  B.  in  den  Opere  volgari  di  Giovanni  Boccaccio,  vol.  7,  Florenz  1829.  —  Dfe 
Cantare  di  Fiorio  e  Biancifiore  edierte  E.  Hausknecht,  Herrigs  Archiv  f.  iSh 
dium  der  neueren  Sprachen  und  Litt.  71  (1884)  1—48.  —  Auf  den  Cantare  als  Qdl 
des  Phlorios  wies  zuerst  kurz  hin  Crescini,  Due  studi  riguardanti  opere  minori  delBM 
caccio,  Padua  1882  S.  16;  eine  ausführlichere  Begründung  gab  Crescini  in  seinem  Baoh 
II  Cantare  di  Fiorio  e  Biancifiore,  Bologna  1889,  vol.  I  S.  81-467.  Vgl.  desselben  Oh 
tributo  agli  studi  sul  Boccaccio  1887  S.  70  f.  —  G.  Körting,  Boccaccios  Leben  und  WcA 
Leipzig  1880  8.  463.  —  H.  Köstlin,  Zu  Phlorios  und  Platziaphlora,  B.  Z.  1  (1892)392-S 
(Hinweis  auf  mehrere  in  den  Text  eingedrungene  metrische  Inhaltsangaben:  Eonjektani 

—  John  Schmitt,  Zu  Phlorios  und  Platziaphlora,  B.  Z.  2  (1893)  212—220  (handelt  i« 
Crescini  über  die  (Quelle  des  Gedichts  und  verteidigt  gegen  Eöstlins  Aendenmgen  aal 
fach  mit  Glück  die  Ueberlieferung).  —  E.  Teza,  Del  nome  Mne^TjX  nella  Jl1JyfjC^i  *hi^ 
xal  TlXurCttt  4>XtüQrjs,  Rendiconti  della  R.  Accademia  dei  Lincei,  classe  di  scienxe  man 
storiche  e  filologiche,  8erie  quinta,  vol.  4  (1895)  511 — 520  (erklärt  den  Namen  Mnq 
oder  MnsxrjXdd^  der  V.  1617,  1631,  1635  ed.  Wagner  vorkommt,  aus  germanisch  Ben 
hild  oder  Peraht-hild).  —  Ueber  die  englischen,  französischen  und  deutschen  Bearbeüu) 
des  Stoffes:  Gust.  Körting,  Grundriss  der  Geschichte  der  englischen  Ijtteratur,  Mfin 
1887  8.  115  f.  —  Gaston  Paris,  La  litt.  fran9aise  au  moyen-&ge,  Paris  1888  8.82;* 

—  H.  P.  Junker,   Grundriss    der  Geschichte    der  französischen  Litterator,  Münster  1 
8.  90  f.  —  G.  Gervinus,  Geschichte  der  deutschen  Dichtung  I'  8.  635  ff".  —  Karl 
deke,  Grundriss  zur  Geschichte  der  deutschen  Dichtung  V  (1884)  103  f.;  353  f.;  A^ 
Die  erste  deutsche  Bearbeitung  wurde  im  Anfang  des  13.  Jahrhunderts  vondemschi 
sehen  oder  schweizerischen  Dichter  Konrad  Fleck  abgefasst. 

3.  Die  Frage,  wo  der  Urkern  der  Erzählung  von  Flore  und  Blanchefleor  zu  ss 
sei,  liegt  unserem  Plane  ferne.  Edölestand  du  Möril,  a.  a.  0.  8.  182  ff.,  Gervi 
a.  a.  0.  8.  638  und  Gas  ton  Paris,  a.  a.  0.  8.  82  glauben,  dass  der  Stoff  von  6; 
ausgegangen  ist,  so  dass  in  dem  vulgärgriechischen  Gedichte  der  Endpunkt  eines  litl 
geschichtlichen  Kreislaufes  vorläge.  Möchte  sich  doch  A.  N.  Veselovskij  ode 
anderer  Pfadfinder  im  ürwalde  der  westöstlichen  Sagenwelt  der  Sache  annehmen! 

382.  Imberios  und  Margarona.  In  mehreren  Versionen  ist 
vulgärgriechisches  Gedicht  überliefert,  das  die  Überschrift  trägt: 

Jiijytjatg  i^aigetog,  iQmuxij  xal  ^ivrj 

Tov  ^Hfinegiov  &avf4a<nov  xal  xogrjg  MaqyaQütyag, 

Von  einer  Inhaltsangabe   kann   auch   hier    abgesehen  werden;    denn 
schon  der  Titel  erraten  lässt,  ist  das  Werk  nichts   anderes  als  eine 


Komantüiche  Diohtnngen  über  mittelalterl.,  b.  T.  abendländ.  Stoffe.  (§  382)     ggg 

•eitung  der  allbekannten,  im  deutschen  Volksbuch  bis  auf  den  heutigen 
;  verbreiteten  und  viel  gelesenen  französischen  Geschichte:  Pierre 
Provence  et  la  belle  Maguelonne.  Aus  Pierre  hat  der  griechische 
irbeiter  nicht  einen  JltTgog,  sondern  im  engsten  Anschluss  an  En 
are  einen  'Hfinegiog  gemacht;  aus  Maguelonne  wurde  durch  volks- 
mologische  Anlehnung  an  ixciQyaQita  (Qoldblume)  und  (laQyaqixaQiv 
ürle)  eine  MaQyaQviva,  Die  erste  Bearbeitung  der  in  Südfrankreich 
filisierten  Sage  von  der  schönen  Maguelonne  wird  einem  Kanonikus  der 
"che  von  Maguelonne,  Bernard  Triviez,  zugeschrieben,  der  um  1178 
te;  die  älteste  uns  erhaltene  Bearbeitung  ist  der  französische  Prosa- 
aan,  der  1453  zum  ersten  Male  im  Drucke  erschien.  Doch  scheint  die 
rlage  des  griechischen  Qedichtes  nicht  dieses  Prosawerk  gewesen  zu 
D,  sondern  ein  älterer  provenzalischer  Versroman,  auf  welchen 
iil   auch   die  französische  Prosabearbeitung  zurückgeht.     Wie  sehr  die 

ganz  Europa  verbreitete  Erzählung  auch  bei  den  Griechen  Gefallen 
^,  beweist  die  Thatsache,  dass  das  Gedicht  in  verschiedenen  Bearbei- 
igen  dem  veränderten  Bedürfnis  der  Zeit  angepasst  und  zuletzt  in  zahl- 
3hen  Drucken  verbreitet  wurde.  Die  zwei  älteren  Versionen  (die 
e  in  814,  die  andere  in  862  Versen)  sind  noch  in  reimlosen  Fünf- 
msilbern  abgefasst;  eine  verflachte  gereimte  Bearbeitung  (1046  Verse) 
rde  in  die  venezianische  Sammlung  griechischer  Volksbücher  aufge- 
■mien.  Die  zwei  reimlosen  Versionen  entstanden  wahrscheinlich  in  der 
sten  Hälfte  des  15.,   die  gereimte  nicht  vor  dem  Anfang  des 

Jahrhunderts. 

1.  Ausgaben:  Von  der  gereimten  Version  existieren  zahlreiche  Venezianer 
acke.    Der  älteste  ist  wohl  der  aus  dem  Jahre  1553  (Bibl.  Barb.  G.  G.  G.  VI.  49). 

anderer,  von  dem  jedoch  kein  Exemplar  wieder  aufgefunden  ist,  soll  dem  Jahre  1562 
ehören.  Vgl.  E.  Legrand,  Bibliogr.  hell.  1  (1885)  313  f.  Weitere  Nachdrucke  *von 
8,  1666,  1770,  1779,  1806.  Da  diese  Volksbücher  jetzt  sehr  selten  sind  und  nur  die 
beste  Version  enthalten,    sind  wir  auf  die  neuen  kritischen  Ausgaben  angewiesen.  — 

W.  Wagner  in  Legrands  Coli,  de  mon.  N.  S.  vol.  3  (reimlose  Version  nach  Cod. 
idob.  theol.  244  mit  einem  grammatischen  und  kritischen  Kommentar).  —  Ed.  Sp.  Lam- 
»8,  Coli,  de  rom.  gr.  S.  239—288  (reimlose  Version  nach  Cod.  Bodl.  misc.  287  mit  Ver- 
rtnng  des  erwähnten  Cod.  Vindob.  und  des  Cod.  Neapol,  III.  B.  27).  —  Ed.  Gust. 
»ver,  Gymnasialprogr.,  Prag  1876  (gereimte  Version  nach  dem  Venez.  Druck  von  1666). 
Ed.  E.  Legrand,  Bibl.  gr.  vulg.  1,  283—320  (gereimte  Version  nachdem  Venez.  Druck 
\  1638). 

2.  Hilfsmittel:  Litterarhistorische  Untersuchung  von  Ch.  Gidel,  Etudes  sur  la 
.  gr.  mod.  S.  269—288.  —  Textkritische  Beiträge  zu  den  Ausgaben  von  Wagner  und 
yer  gab  A.  Eberhard,  Bursians  Jahresbericht  Bd  5  (1878)253—255.  —  Merkwürdiger 
»ise  schreibt  die  griechische  Volkssage  der  schönen  Margarona  die  Gründung  des  Klosters 
phni  bei  Athen  zu.  VgL  D.  Gr.  Eampuroglus,  Jlo&ey  to  ovofia  loi  Jatpviov,  iSaxla 
n  31.  Jan.  1893  S.  65.  -  Ueber  die  deutschen  Bearbeitungen  (zuerst  von  Magister 
it  Warbeck,  Augsburg  1536)  vgl.  Karl  Goedeke,  Grundriss  zur  Geschichte  der 
itschen  Dichtung  IP  (1886)  20.  Zuletzt  hat  Baumbach  den  ImberiosstofF  bearbeitet, 
l.  Aug.  Wünsche,  Baumbachs  Abenteuer  und  Schwanke  und  ihre  Quellen,  Beilage  zur 
6nchener>  Allgem.  Zeitung  vom  12.  Mai  1894,  Nr.  130. 

3.  Hier  sei  noch  erwähnt,  dass  die  in  dem  französischen  Romane  La  Manekine 
.  Jahrb.)  behandelte  Legende  von  der  Jungfrau,  der  eine  Hand  abgehauen  und  durch 
n'as  HUfe  wieder  angeheilt  wird,  auch  auf  griechischem  Boden  bekannt  ist.  Sie  steckt 
dem  Buche  'H  roiV  auagrütXcjy  atoxtjQin  des  Mönches  Agapios,  welches  zu  Venedig 
1  als  3.  Teil  seines  Legendenwerkes  Niog  JJaQadeiüog  erschien.  Doch  hat  niemand  auf- 
gärt, wie  sich  die  beiden  Text«  genealogisch  zu  einander  verhalten.  Vgl.  Ch.  Gide], 
ides  sur  la  litt.  gr.  mod.  S.  289--301.  —  Tb.  de  Puymaigre,  La  fille  aux  mains 
p^es,   Revue  de  Thistoire   des  religions  10  (1884)  193  ff.  —  Löon  Sichler,   La  fille 


.IM 


870    Bysaniinuiob«  LüteraturgeadiioliU.    HL  Yvlgirgri^olu  IM&nIbu, 

auz  bras  coupäs,  Revue  de  Thistoire  des  religioiiB  13  (1886)  83  ff.;  215  ff.  -] 
Basset,  H.  Gaidoz  und  F.  Liebrecht,  Melusine  2  (Paris  1884—85)  Sp.  309f.;l 
446  ff.  —  H.  P.  Junker,  Gnindriss  der  Geschichte  der  franzOsischeD  lattentiir,  1 

1889  S.  129  ff. 

4.  Eine  yulgärgriechische  Uebersetzung  der  Theseide  des  Boccaccio  ii 
zeiligen  Stanzen  erschien  zu  Venedig  1529  unter  dem  Titel:  9ijceog  xai  ydfMi  tfgl 
(sie!).  Die  Abfassung  der  Uebersetzung  erfolgte  wohl  bald  nach  der  ersten  YertflM 
des  italienischen  Textes  (Ferrara  1475).  Das  Werk  ist  bis  jetzt  der  Forsdnmg  6ri 
gänglich,  da  von  dem  Venezianer  Druck  nur  wenige  Exemplare  (in  Kopenhagen,  ■ 
Museum,  in  der  Hofbibliothek  zu  Dresden,  in  der  Bibliothek  des  Fflrsten  6.  Mam^ 
und  in  der  Gymnasialbibiiothek  zu  Korfu)  bekannt  sind.  Ausserdem  ist  die  U«ka 
im  Cod.  Paris,  gr.  2898  und  im  Cod.  Vatican.  Pal.  gr.  426  (H.  Stevenson,  Codllb 
tini  graeci  bibl.  Vaticanae,  Romae  1885  S.  276)  aufbewahrt,  woraus  sie  John  8c 
zu  veröffentlichen  beabsichtigt.  —  Einzelne  Proben  sind  mitgeteilt  von  £.  6.  8« 
Etudes  sur  Chaucer,  Paris  1859  S.  286  (nach  Cod.  Paris.  2898),  und  von  K.  Sttk» 
'Avix6ota  1  DqoX.  aeX.  tt/T  xin,  ^  Vgl.  E.  Legrand,  Bibliogr.  helL  1  (1885)  M 
John  Schmitt,  La  Thös^ide  de  Boccace  et  la  Th^öide  grecque,  Etudes  de  |1 
nöo-grecque  publikes  par  Jean  Psichari,  Paris  1892  8.  279—845  (Untersuchang  I 
Verhältnis  des  Originals  und  der  Uebersetzung  mit  reichlichen  Proben  des  gm 
Textes). 

5.  Aus  dem  Kreis  abendländischer  Kultureinflüsse  stammt  auch  die  noch  ai 
öffenÜichte  Schilderung  eines  Turniers  {r^daroa)  zwischen  einem  Deutschen  u 
Griechen,  das  vor  Margaretha  Porphyrogenneta  abgehalten  wurde.  Der  Anfan; 
reimlosen  politischen  Versen  abgefassten  Gedichtes,  das  der  Cod.  Vati c.  Pal.  gr.  ^ 
fol.  65—94  bewahrt,  lautet:  Kai  mXaXovaiy  td  tpagid  xal  dtiirovy  xoffdägh^. 
wird  sich  aus  dem  Inhalt  auch  Zeit  und  Ort  der  Entstehung  des  Werkes  näher  b 
lassen.  Die  als  Vorsitzerin  des  Turniers  erwähnte  , purpurgeborene*  Margaret! 
schwerlich  die  nach  ihrer  Vermählung  mit  Kaiser  Isaak  Angelos  (um  1185)  1 
benannte  Margaretha,  Tochter  des  Königs  Bela  von  Ungarn,  sein,  sondern  viel 
zweite  Gemahlin  des  Markgrafen  von  Montf errat  Theodoros  li  Palaeologos  (1403) 
Gange,  Familiae  Byz.  204)  oder,  weniger  wahrscheinlich,  Margaretha  Palaeol 
Tochter  des  Markgrafen  von  Montf  errat  Wilhelm  Palaeologos  (Anfang  des  16.  Js 
Gange,  a.  a.  0.  205),  oder  endlich  eine  der  verschiedenen  in  den  rein  fränkische] 
häusem  des  Orients  vorkommenden  Prinzessinnen  dieses  Namens. 

388.  Der  Erotokritos  (EQwroxQirog)  ist  ein  grosses,  aus  etwi 
gereimten  politischen  Versen  bestehendes  romantisches  Epos,  dess 
fasser,  Vinzent  Cornaro  {Bn^evt^og  6  Kogragog)^  aus  Sitia  au 
gebürtig,  jedenfalls  venezianischer  Abkunft,  höchst  wahrscheinlich 
Mitte  des  16.  Jahrhunderts  lebte.  Den  Inhalt  seines  Gedichtes  bi 
Abenteuer,  die  Erotokritos  („Liebesprüfling"),  der  Sohn  des  Pez4 
eines  Ministers  des  Königs  Herakles  von  Athen,  wegen  seiner  Liebe 
tusa,  der  Tochter  dieses  Königs,  zu  bestehen  hatte.  Trotz  der  zal 
antiken  Namen  und  der  klassischen  Orte  ist  der  Charakter  des  G 
echt  mittelalterlich-romantisch.  König  Herakles  veranstaltet  ein  gll 
Turnierfest  und  verheisst  dem  Sieger  im  Kampfe  die  Hand  seiner 
Von  allen  Seiten  strömen  edle  Fürsten  zusammen,  der  König  von 
ponte,  die  Fürsten  von  Modone,  Korone,  von  Makedonien,  von  Kan 
vom  Slavenlande,  der  Sohn  des  Kaisers  von  Byzanz  u.  a.  Nach 
Kämpfen  geht  Erotokritos  als  Sieger  über  alle  hervor.  Aretusa,  di 
seine  Liebe  erwidert,  gewährt  ihm  ein  nächtliches  Stelldichein,  j 
der  Vater  des  Erotokritos  den  Mut  fasst,  für  seinen  Sohn  offen 
Hand  der  Königstochter  anzuhalten,  wird  er  zurückgewiesen  unc 
kritos  muss  Athen  verlassen.  Ein  Krieg,  den  der  Vlachenkönij 
Athen  eröffnet,  gibt  Erotokritos  Gelegenheit  im  Einzelkampfe  r 
Neffen  des  Viachenkönigs  die  Ehre  seiner .  Vaterstadt  zu  rette 
wird  er  des  Athenerkönigs  Eidam  und  Thronerbe.    Den  moderne 


LtlAche  Diohtiingeii  üb.  mittelalterl.,  b.  T.  ab«ndländ.  Stoff«.  (§§ 883—884)    §7 1 

iesst  in  dieser  romantischen  Geschichte  die  Breite  der  Erzählung  und 
Länge  der  Reden  und  Klagen;  aber  das  litterarisch  ungebildete  naive 
nimmt  an  diesen  Eigenschaften  keinen  Anstoss,  und  die  unleugbare 
rhe  der  Schilderung,   die   edle  Verherrlichung   der  ritterlichen  Kraft, 
'Liebe,  Freundschaft  und  Unterthanentreue  haben  den  Erotokritos  zum 
»btesten  Volksbuch  der  Neugriechen  gemacht.     Seine  Popularität  ist 
europäischen   Reisenden    namentlich  im   Anfang    unseres   Jahrhun- 
häufig  aufgefallen ;  noch  heute  werden,  wie  Tozer  bemerkte,  im  öst- 
Kreta   Stücke   aus    dem   Erotokritos   von    den   Bauern   gesungen. 
it  hatte  Korais  nicht  ganz  unrecht,  wenn  er  dem  Cornaro  den  Ehrentitel 
Homer  der  Volkslitteratur  {"OfitjQog  rijg  x^^cü^fj^  (fiXoXoyiac)  verlieh 
E.  Legrand,   Bibliogr.   hell.  1   (1885)  CXCIÜ).     Die  Vorbilder   des 
»tokritos  sind  ohne  Zweifel  in  der  italienischen  Litteratur  zu  suchen 
zwar   wahrscheinlich   in   der  poetischen  Bearbeitung   der  Reali  di 
irancia,  die  1534  zu  Florenz  von  Cristoforo  Fiorentino  veranstaltet 
Cornaro  hat  also,  obschon  er  griechisch  schrieb  und  offenbar  ganz 
ffftsisiert  war,  seinen  italienischen  Ursprung  nicht  vergessen.    Andrer^ 
scheinen  auch  Anregungen  eines  persischen  Heldengedichtes, 
^B  Shah-Nameh,    direkt  oder   indirekt   auf  den   Dichter   gewirkt   zu 

::^::::.;  1*  Ausgaben:   Wann  die  erste  Ausgabe  erschien^  ist  mir  nicht  bekannt.  —  Vene- 

^  ilanische  Drucke   von  1756  und  1772  erwähnt  K.  N.  Sathas,    NBOBXktjyixrj  tptXoXoyia, 

y-jLJÖa&n  1868  S.  603.  —  Ich  habe  in  der  Münchener  Staatsbibliothek  die  Ausgabe  von  1804 

^fcoBÜtzt:   sie  trägt  den  Titel:   Jlolrjfia  igtonnor  Xsyofieyoy  ^tatoxQtroc,  avyre&iy  dno  toy 

^it0wä   tvyeyiararoy  BiCeytCoy  roy    Ko^ytigoy^    and   tfjy  x^^ay  tijg  £itiag  tov  yr]<nov  ti^g 

Kfftjtfjg,  ^eriijaiy  1804.  —  Ein  Neudruck  erschien  Venedig  1817. 

2.  Hilfsmittel:   Ausführliche   Analyse   und  litterarhistorische  Untersuchung  von 
~Ch.  Gidel,  Nouvelles  ötudes  sur  la  littörature  grecque  moderne,  Paris  1878  S.  477 — 532.  — 

Ueber  eine  rumänische  Nachahmung  des  Erotokritos  vgl.  M.  Gaster,  Literatura  populara 
romana,  Bukarest  1883  S.  129—131.  —  Zur  Sprache:  J.  Psichari,  Essais  de  grammaire 
historiaue  nöo-grecque  2  (1889)  57—61;  273—277,  und:  G.  N.  Hatzidakis,  Kuhns  Zeitschr. 
f.  vergleich.  Sprachf.  31  (1890)  147.  —  Hauptschrift:  A.  Jannaris,  UsqI  'EgtoToxQiTov 
Mai  tov  noitjiov  avxov,  Athen  1889  (mir  unzugänglich). 

3.  Zur  lieber] ief er ung:  Eine  angeblich  aus  dem  16.  Jahrhundert  stammende  Hs 
des  Erotokritos  ist  der  Cod.  Harl.  5644  (im  Katalog:  ,Komari  Rhotocritus"). 

884.    Erophile  (EQto^iXrj),   ein    Werk    des    Georgios   Chortatzes 

{^Xogidt^t^g,  daneben  die  wohl   gelehrte  Form  XoQToxiog)  aus  Rhethymne 

auf  Kreta,    ist   das    berühmteste   Erzeugnis    der   fruchtbaren    kretischen 

'    Dramatik.     Die  Abfassungszeit,   die  sich  nur  annähernd  bestimmen  lässt, 

liegt  zwischen  den  Jahren  1581  und  1637.     Den  Inhalt  des  Dramas  bilden 

j    die  Liebesschicksale  und  der  traurige  Untergang  der  Erophile,  der  Tochter 

"    des  Königs  Philogonos  von  Ägypten.     Wie  im  Erotokritos  wird  auch  hier 

der  romantische  Charakter  am  schärfsten   durch   ein  Turnier  bezeichnet, 

in  welchem  Panaretos,  der  Geliebte  der  Erophile,  siegt.    Er  vermählt  sich 

heimlich  mit  der  Königstochter.     Als   der  König  hieven  erfahrt,  lässt  er 

den  Panaretos  mit  ausgesuchter  Grausamkeit  töten;  Erophile  nimmt  sich 

selbst  das  Leben.     Zwischen  die  einzelnen  Akte  sind  vier  Zwischenspiele 

(h*T€Qfisdto  TiQono  u.  s.  w.)  eingeschoben,   die  ohne  jeden  Zusammenhang 

mit  der  Handlung  der  Tragödie  die  Geschichte  von  Rinaldo  und  Armida 

und  der  Eroberung  Jerusalems  durch  Gottfried  von  Bouillon  behandeln. 


872     BysantiniBche  LitteraturgMohiohie.    XU.  Vnlgftrgrieoh.  Liitenior.  t 

Wie  der  Erotokritos  ist  auch  die  Erophile  in  politischen  ReimverBei 
gefasst;  nur  der  Chor  spricht  im  jambischen  Trimeter,  einem  Hasse, 
in  der  Vulgärlitteratur  äusserst  selten  ist.  Beispiele  aus  der  neueren ! 
sind  die  Lieder  bei  A.  Passow,  Popularia  carmina  Graeciae  recent 
Leipzig  1860  Nr.  520 — 523,  und  das  Lied  aus  Eappadokien,  das  L  Ale 
torides,  JeXtiov  1  (1883—1885)  727,  ediert  hat. 

Chortatzes  hat  den  Stoff  seiner  Tragödie  aus  dem  Italienischen 
lehnt,  vornehmlich  aus  der  Orbecche  des  Giovanni  Battista  Gin 
genannt  Cinthio  (geboren  zu  Ferrara  im  Jahre  1504,  gestorben  el 
i.  J.  1573),  die  zuerst  1547  und  dann  wieder  1561  zu  Venedig  im 
erschien.  Doch  hat  Chortatzes  die  dramatische  Wirkung  des  Origu 
durch  die  allzu  breite  Ausführung  der  gnomologischen  und  erotit 
Dialoge  entschieden  abgeschwächt.  Die  vier  Zwischenspiele  stammen  ai 
der  Gerusalemme  liberata  des  Torquato  Tasso,  die  zuerst  im  Jahre  ISS 
vollständig  (zu  Parma)  im  Drucke  erschien. 

1.  Ausgaben:  Die  editio  princeps  erschien  zu  Venedig  1637.  Der  Heraia|ri 
MatthaeosCigala  übertrug  das  mit  lateinischen  Buchstaben  geschriebeDe  Msdes  Chortät 
in  griechische  Schrift,  nahm  aber  dabei  vielfach  willkürliche  Aenderungen  des  Textet  \ 
—  Nachdruck  dieser  Ausgabe  Venedig  1648.  —  Eine  bessere  Ausgabe  veranstaltete  A 
brogio  Gradenigo,  Venedig  1676  (mit  einer  litterarhistorisch  sehr  interessanten  Von 
des  Druckers  Nikolas  Gljkys).  —  Weitere  Ausgaben  erschienen  zu  Venedig  1772,  11 
1820.   —   Ueber   die  älteren  Ausgaben    vgl.  E.  Legrand,   Bibliogr.  hell,  da  XVII*  a 

1  (1894)  358  ff.;  2  (1894)  38  f.;  335  f.  —  Die  Ausgabe  von  1772  wiederholte  K.  N. 
thas,  KQTjuxoy  (^iaxQov,  Venedig  1879  S.  283—467.  —  Nach  einer  am  Anfang  und  8d 
verstümmelten  Hs,  welche  den  Text  wie  das  oben  erwähnte  Autographon  des  Chorti 
mit  lateinischen  Buchstaben  geschrieben  enthält,  ed.  die  Erophile  E.  Legrand,  Bibl.  gr.  i 

2  (1881)  335—399.  Vgl.  seine  Einleitung  S.  LXXXVI-CVIL  —  Zu  wünschen  wäre 
neue  Ausgabe,  für  die  sowohl  die  Hs  Legrands  und  der  Cod.  Monac.  590  als  die  li 
äusserst  seltene  Ausgabe  von  1676  beigezogen  werden  müssten. 

2.  Hilfsmittel:  M.  Leake,  Researches  in  Greece,  London  1814  S.  117— 122( 
lyse  und  Textproben).  —  Conr.  Bursian,  Erophile.  Vulgärgriechische  Tragödie 
(leorgios  Chortatzes  aus  Kreta.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  neugriechischen  and 
italiänischen  Litteratur,  Abhandl.  d.  philol.-histor.  Cl.  d.  k.  sächs.  (^esellsch.  d.  Wiss.  5  (1 
549—635  (genaue  Analyse  auf  Grund  der  Münchener  Hs  und  Untersachung  des  Ver 
nisses  zur  italienischen  Dramatik).  —  E.  Teza,  Besprechung  der  Ausgabe  von  Sa 
L*Ateneo  Veneto,  serie  VIII,  vol.  1  (1884)  589-593.  —  E.  Teza,  Dalla  Erofile  i 
Chortatzes,  saggi  di  vecchie  e  nuove  edizioni,  Rendiconti  della  R.  Accademia  dei  Li 
classe  di  scienze  morali,  storiche  o  filol.,  Serie  quinta,  vol.  4  (1895)  561—571  (Vergleicl 
der  Ausgaben  und  Hss).  —  Zur  Sprache:  J.  Psichari,  Essais  de  grammaire  histoi 
n^o-grecque  2  (1889)  52—57;  259-286.  -  G.  N.  Hatzidakis,  Einleitung  in  die 
griech.  Grammatik,  Leipzig  1892  S.  274. 

3.  Weniger  bedeutend  sind  die  kretischen  Tragödien  Zenon,  Stathes  und  Gjpi 
die  Sathas  mit  der  Erophile  (KQtjxtxov  »iaxqoy  1879  S.  2—282)  veröffentlicht  hat. 


5.  Tiergeschichten. 

385.  Vorbemerkung.  Die  volksmässige  Kehrseite  der  naturwissen- 
shaftlichen  Studien  zeigt  sich  bei  den  Griechen  schon  früh  in  der  Samm- 
mg  von  seltsamen  und  wunderbaren  Thatsachen  aus  dem  Naturleben. 
I  den  breiteren  Schichten  des  Volkes  fanden  nur  diejenigen  Teile  der 
Wissenschaft  Aufnahme,  welche  der  Kuriositätensucht  Nahrung  boten, 
ieser  Popularisierung  konnte  sich  kein  Gebiet  der  Naturkunde  entziehen, 
eben  die  gelehrte  Mathematik  und  Astronomie  tritt  die  mystische  Astro- 
gie;  mit  der  ernsthaften  Erforschung  des  Wesens  der  Stoffe  verbindet 
3h  der  alchemistische  Aberwitz;  die  wissenschaftliche  Zoologie  unter- 
igt ihrem  volkstümlichen  Nebenbuhler,  dem  Physiologus.  Durch  seine 
iristlich-dogmatische  Tendenz  hat  er  auf  die  Kultur  und  Litteratur  einen 
*Osseren  Einfluss  erlangt  als  irgend  eine  andere  populäre  Abzweigung 
ir  Naturwissenschaft.  Mit  dem  Physiologus  sind  die  mittelalterlichen 
ierepen  verwandt:  auch  bei  ihnen  bildet  den  Grundton  das  poetische 
rblicken  menschlicher  Eigenschaften  in  der  Tierwelt.  Wir  fassen  daher 
ese  ganze  Tierlitteratur  in  einen  Abschnitt  zusammen  und  fügen  dazu 
ich  ein  Stück  aus  der  Pflanzenwelt,  den  Porikologos,  obgleich  derselbe 
Prosa  abgefasst  ist  und  daher  eigentlich  in  der  zweiten  Abteilung  Platz 
iden  müsste. 

Obschon  die  wichtigsten  Züge  des  Physiologus  und  der  Tiersage  auf 
-iechisch-orientalischem  Boden  entstanden  sind,  spielt  die  populäre  und 
iristliche  Naturgeschichte  bei  den  Byzantinern  eine  ziemlich  bescheidene 
olle;  von  jener  unermesslichen  Wirkung  auf  Poesie,  Kunst  und  Volks- 
ischauung,  welche  dem  Physiologus  und  den  übrigen  Tiergeschichten  im 
bendlande  beschieden  war,  ist  in  Ostrom  wenig  aufzufinden.  Die 
runde  dieser  unzweifelhaften  Thatsache  liegen  in  dem  verschiedenen 
ange  der  allgemeinen  Kulturentwickelung.  Im  Westen  wuchsen  neue, 
ische  Geschlechter  heran,  die  unbeirrt  von  der  alten  Schulüberlieferung 
ire  eigenen  Wege  gingen  und  ohne  Scheu  die  Volkssprachen  zum  Aus- 
rucke des  geistigen  und  gemütlichen  Inhaltes  ihrer  Zeit  verwandten;  hier 
md  die  naive  Betrachtung  der  Natur  und  die  symbolische  oder  künst- 
rische  Verwertung  derselben  durch  Dichter,  Spielleute,  Steinmetze,  Pre- 
[ger  und  Magister  einen  weit  günstigeren  Boden  als  bei  den  Mittelgriechen, 
ie  allzusehr  im  Banne  der  gelehrten  Tradition  befangen  blieben  und  nur 


874     Byzantinische  Litteratnrgeschichte.    HL  Valg&rgrieGh.  Litteniiir.  L 

langsam  dazu  kamen,  der  lebendigen  Sprache  und  der  volksmässigei 
schauung  ihr  litterarisches  Recht  zu   verschaffen.     Bis  jetzt  kenmi^ 
folgende   vulgärgriechische   Werke   aus   der  fabelhaften   NaturgescUH*  ^  ^ 
1.  Den  Physiologos,  2.  Die  Geschichte  von  den  Vierfüsslern,  lÄ^"^ 
Pulologus,    4.  Zwei    Gedichte    aus    dem    Kreise    des   Reinhart  twtf^^^ 
5.  Den  Porikologos,  6.  Einen  noch  unedierten  Psarologos. 

1.  Als  allgemeine  Hilfsmittel  dienen  die  zu  §  386  zitierten  Werke,  h — «^■***- 
das  Buch  von  Lauchert.    —    C.  Prantl,   Einige  Reste   des  Thierepos  bei  den 
Schriftstellern  und  Naturhistorikern  des  späteren  Altertums,  Philologiis  7  (1852)  61-1  ^^^^ 
Bei    der  Untersuchung  der  Frage  über  den  Ursprung  der  Tiergeschichten  und  ^*>*^F\ 
der  flandrisch- französischen  Reinhartgeschichte  ist  zu  beachten  die  jüdische  Erxihlm^^"^  ' 
der  Rabbi  Melfr,  ein  berühmter  Talmudlehrer  des  2.  Jahrhunderts  n.  Chr.,  eine  Smä 
von  300  Fuchs  fabeln  besessen  habe;  doch  sind   diese  Fabeln  nicht  erhalten  ond  d^b\  Y 
zur  Zeit   der  Abfassung   des  Talmud,   also   etwa  im  4.-5.  Jahrh.  n.  Chr.,  warai  ■ij^F' 
auf  drei  der  Vergessenheit  anheimgefallen.   Vgl.  Landsberger,  Die  Fabeln  ^^^^■^V'*  ^ 
Zeitschr.  d.  deutschen  morgenländ.  Gesellsch.  12  (1858)  151  ff.  —  Haaptscbrift:  O.K«I^^  ii* 
Untersuchungen  über  die  Geschichte  der  griechischen  Fabel,  Jahns  Jahrb.,  SnppUa 
(1861-1867)  309-418.   —   Eine  treffliche  Orientierung   gibt:  Carl  Voretxsch, 
Grimms  Deutsche  Tiersage  und  die  moderne  Forschung,  Preussische  Jahrbücher  80  (1 
417  —  484.    —   Eine   gründliche    Untersuchung  über  die  Entstehung  des  Tierepos  ii 
Lud  wich,  Die  homerische  Batrachomachia,  Jjeipzig  1896,  Einleitung.  J.  ,  ^ 

2.  Neben  den  mit  christlicher  Symbolik  versetzten  Physiologosveraionen  oi  ^^ 
poetisch  verarbeiteten  Tiergeschichten  liefen  im  byzantinischen  wie  im  abendliafti 
Mittelalter  zoologische  und  sonstige  naturwissenschaftliche  Sammlnngei, 
von  der  Beimischung  christlicher  oder  poetischer  Elemente  frei  sind.  Hieher  gehörei  l  I 
die  Exzerpte  aus  Timotheos  von  Gaza  (s.  §  261)  und  die  naturwissenschaftlichea  "^ 
des  Theophylaktos  Simokattos  (s.  §  105).  —  Vereinzelte  Spuren  der  im  Phyi^ 
oder  sonst  verbreiteten  fabelhaften  Naturgeschichten  finden  sich  auch  in  mittelgriediJ«^ 
schon  Romanen  z.  B.  im  Lybistros  V.  128  ff.;  166  ff.  Sonst  scheint  sich  die  bj»i*^ 
tinische  Litteratur  gegen  die  Anregungen,  die  im  Physiologos  enthalten  sind,  ziemÜdi  iV*!]^^ 
lehnend  verhalten  zu  haben.  Vii. 

386.  Der  Physiologos,  das  naturwissenschaftliche  Haus-  undHüM^ 
buch  des  Mittelalters,  die  Quelle  all  der  wundersamen  Geschichten  votF^ 
dem  sich  selbst  aufopfernden  Vogel  Pelikan,  von  dem  aus  der  AsAV^' 
wiedererstehenden  Phönix,  von  dem  merkwürdigen  Tiere  Einhorn  miy' 
anderen  seltsamen  Wesen  ist  —  ich  folge  zum  Teil  der  von  M.  Goldstiak 
gegebenen  Definition  —  eine  Beschreibung  von  wirklichen  und  fabelhaften 
Tieren,  Pflanzen  und  Steinen,  die  nach  ihren  wahren  oder  angeblichoi 
Eigenschaften  religiös-symbolisch  gedeutet  d.  h.  als  Typen  für  Christus, 
den  Teufel,  die  Kirche  oder  den  Menschen  aufgestellt  werden.  Der  Ge- 
danke, auf  Vorgänge  in  der  Natur,  besonders  in  der  Tierwelt,  zu  exem- 
plifizieren, findet  sich  schon  häufig  im  alten  und  neuen  Testament  ver- 
wendet; die  Kirchenväter  folgten  den  heiHgen  Schriften,  und  für  die  Re- 
ligiosität des  Mittelalters  ist  nichts  so  bezeichnend,  als  das  Bestreben,  für 
alle  Heilswahrhoiten  und  Einrichtungen  der  christlichen  Kirche  in  der 
Natur  geheimnisvolle  Vordeutungen  und  Seitenstücke  aufeusuchen.  Die 
christliche  Kunst  fand  in  dieser  reich  ausgebildeten  Symbolik  die  dank- 
barsten Vorwürfe,  und  die  Spuren  des  Physiologos  blicken  uns  an  Por- 
talen und  Kanzeln  romanischer  und  frühgotischer  Dome,  in  Kandzeich- 
nungen  und  Initialen  alter  Handschriften  allenthalben  wohl  erkennbar 
entgegen.  Nicht  geringeren  Einfluss  übte  der  Physiologos  auf  die  Schule 
und  die  Wissenschaft;  ja  man  kann  behaupten,  dass  fast  alle  mittel- 
alterliche Naturforschung  im  Sinne   des  Physiologos  gehalten  ist     Wie 


6.  Tiergesohichten.    (§§  385-386)  •    875 

Lche  Pbysiologosideen  endlich  noch  im  modernen  Sprachgebrauch  in 

-  ""i^^^nso  beliebten  als  abgenützten  Bildern  fortleben,  ist  zur  genüge  bekannt. 

fr  zuerst  auf  den  Gedanken  kam,  aus  den  heiligen  Schriften  und  aus 
— r  zoologischen  Profanlitteratur  eine  christliche  Natursymbolik  zu- 
-Tiunenzustellen,  ist  nicht  überliefert.    Man  hat  die  ansprechende  Ver- 

-  -^tung   aufgestellt,   dass  das   erste  Buch  dieser  Art  im  zweiten  Jahr- 
^.ndert  n.   Chr.  in  Ägypten,   dem   fruchtbaren  Sammelpunkte   helle- 

ler,  jüdischer   und   orientalischer   Ideen,   entstanden   sei.     Jedenfalls 
sich  Spuren  des  Physiologos  schon  bei  griechischen  Kirchenvätern 

3.  und  4.  Jahrhunderts  wie  Clemens  von  Alexandrien,  Origenes, 
les  Chrysostomos  u.  a.  nachweisen;  selbst  Justinus  Martyr  (t  um 

i)  hat  schon  Pbysiologosideen  verwertet.  In  den  besten  Handschriften 
griechischen  Physiologos  wird  das  Werk  dem   Bischof  Epiphanios 

403)  zugeteilt;  doch  ist  seine  Autorschaft  nicht  genügend  gesichert 
Spuren  des  lateinischen  Physiologos  reichen  bis  an  die  Grenzscheide 

4.  und  5.  Jahrhunderts.  Im  Mittelalter  wurde  der  Physiologos  in 
iopischen,  armenischen,  syrischen,  arabischen,  althochdeutschen,  angel- 
^hsischen,  isländischen,  französischen,  vulgärgriechischen,  rumänischen, 
tischen,   nssischen  und  anderen  Bearbeitungen  massenhaft  verbreitet. 

Der  vulgärgriechische  Physiologos  besteht  aus   1131  reimlosen 

»litischen  Versen;   mitten   unter  den  versifizierten  Partien  stehen,  viel- 

iScht  infolge   mangelhafter  Überlieferung,  zwei  kleine  Prosastücke.     Das 

Werk  ist  in  48  (bezw.  49)  Abschnitte    eingeteilt;   zuerst    werden 

*^>rzug8weise  Landtiere  behandelt  wie  der  Elefant,  der  Hirsch,  der  Basi- 

u.  s.  w.,  dann  zwei  Doppelwesen,   der  Satyr  und  der  Kentaur,  end- 

^Üch  die  Vögel,  wie  der  Pfau,  der  Geier,  die  Turteltaube,  der  Phönix,  der 

Pelikan  u.  s.  w.     Wie  dieser  metrische  Physiologos  inhaltlich  als  eine 

«päte  und  ziemlich  roh  interpolierte  Rezension  erscheint,   so  gehört  der- 

.. :telbe  auch  in  formaler  Hinsicht  zu  den  schlechtesten  Erzeugnissen  der 

^ vidgärgriechischen  Litteratur;   der  Versbau  ist   holperig  und  fehlerhaft; 
^  "ffie  Sprache  unbeholfen,  trocken  und  leblos;  der  Verfasser  schwelgt  wie 
Hermoniakos  in  Makaronismen,   halbgelehrten  Missbildungen   und  sinn- 
-^  loeen  Füllwörtern  {loivvv,  yaQ  u.  s.  w.).    Bezeichnend  für  die  unausrottbare 
grammatische  Sucht  der  Byzantiner  ist  es,  dass  sie  selbst  dieses  populäre 
Tierbuch  nicht  mit  den  Pröbchen  ihrer  etymologischen  Weisheit  ver- 
:^  schont  haben;    im  32.  Kapitel  wird  erklärt,    der  yvip  habe  seinen  Namen 
-     OTi  and  yr^q  vipovtai;  ebenso  verständnisvoll  ist  V.  826  das  Wort  x^^^^^^* 
gedeutet:  xal  fii  %d  xtiXi]  xrih^dst  xal  xsihöiov  dxovei.    Aus  welcher  Vor- 
lage nun  der  vulgärgriechische  Physiologos  stammt  und  wie  er  sich  zum 
üovXoXöyog  und   den   anderen  Tierepen  verhält,  bedarf  noch  der  Unter- 
suchung.    Auch  die  Chronologie  des  Werkes  schwebt  vorerst  ziemlich 
in   der  Luft;   die  zwei   einzigen,   bis  jetzt  bekannt  gewordenen  (Pariser) 
Handschriften  stammen  aus  dem  16.  Jahrhundert;  die  in  ihnen  überlieferte 
Redaktion  des  Physiologos  dürfte  demselben  oder  dem  vorhergehen- 
den Jahrhundert  angehören. 

1.  Ausgaben:  Ed.  £.  Legrand,  Annuaire  de  Tassoc.  7  (1873)  225-286  =  Coli. 
de  mon.  vol.  16  (1878),  mit  einer  oberflächlichen  litterarhistorischen  Einleitung  von  Ch. 
Gidel  und   einem  kleinen  Glossar.    Die  Abhandlung  von  Gidel  ist  wiederholt  in  seineQ 


876     Byzantinisohe  Litteratarges^biolite.    IIL  Tnlgärgrieoh«  Lttterater.  j 

Nouvelles  ^tudes  sur  la  litt.  gr.  mod.«  Paris  1878  S.  401—443.  —  Kritische  An 
dorn  Epiphanios  zugeschriebenen  Prosaphysiologos  bei  Fr.  Laachert,  C 
des  Physiologns  S.  229—279.  —  Auszüge  aus  einer  griechischen  ProsavenioB 
Venezianer  Handschrift  sind  mitgeteilt  von  Mustozydes,  £vXXo)nj  dnoima^fim 
(foretiv,  2.  Heft,  Venedig  1817.  —  Eine  sehr  wichtige  unter  dem  Namen  des  Fe 
Alezandria  überlieferte  griechische  Redaktion,  auf  welche  der  armenische  nad 
lateinischer  Physiologus  zurückgehen,  edierte  aus  dem  Cod.  Mo  sq.  Synod. 
bei  Vladimir),  s.  11,  mit  einer  Einleitung  über  die  verwandtschaftlichen  VeiiiaitDisMi 
Kommentar  A.  Karnejev,  Der  Physiologus  der  Moskauer  Synodalbibliothek, 
(1894)  26—63.  —  Eine  fragmentarische,  in  schlechter  Vulgärsprache  abgefasste  Be 
zog  aus  dem  Cod.  der  Universitätsbibl.  Bologna  Nr.  2702,  s.  16,  V.  I 
Frammenti  di  una  recensione  greca  in  prosa  del  Physiologus,  Studi  italiani  di  filc^ 
sica  3  (1894)  169—191.  Bemerkungen  zur  Textgestaltung  B.  Z.  4  (1895)  179  l 
letzte  Ausläufer  der  Physiologosweisheit  auf  griechischem  Gebiete  ist  die  Bearbc 
Damaskenos  Studites,  welche  zwischen  1566  und  1570  dem  Michael  Kan 
gewidmet  und  zum  erstenmale  in  Venedig  1643  gedruckt  wurde.  Beschreibs 
Editio  princeps  bei  E.  Legrand,  Bibliogr.  hell,  du  XVII®  siecle  1  (1894)442-4^ 
das  Leben  und  die  Schriften  des  Damaskenos  Studites  vgl.  K.  N.  Sathas,  Sio 
Xoyia  S.  152  f.,  und  E.  Legrand.  Bibliogr.  hell.  2  (1885)  12-15. 

2.  Allgemeine  Hilfsmittel  und  Ausgaben  anderer  Physiolo) 
Pitra,  Spicilegium  Solesmense  tom.  3  (Paris  1855);  Hauptwerk  über  christlid 
Symbolik  mit  einer  Sammlung  verschiedener  Physiologusversionen ;  S.  338  ff.  ein 
sehe  Prosabearbeitung,  S.  374  ff.  ein  armenischer  Physiologus.  —  A.  Mai,  Cl 
auctorum  tom.  7  (Romae  1835)  588 — 596,  gibt  Exzerpte  aus  einem  durch  seine  i 
Haltung  merkwürdigen  lateinischen  Physiologus,  der  auf  eine  griechische  Vorlag 
weist.  —  Den  berühmten  Bestiaire  divin  des  Guillaume  aus  der  Norman  die  (I 
edierte  zum  erstenmale  vollständig  mit  einer  kritischen  Einleitung  und  einen 
Robert  Reinsch,  Leipzig  1890.  —  Die  Ausgabe  von  Charles  Cahier,  M^langes 
logie  2  (Paris  1851)  85-232;  3  (1853)  203-288;  4  (1856)  55-87,  bleibt  von  TS 
die  Veröffentlichung  zahlreicher  Physiologosbilder  aus  alten  Handschriftei 
Cahier,  Nouveaux  m^langes  d'arch^ologie,  Paris  1874  S.  106 — 164  (franzdsisc 
Setzung  eines  armenischen  Physiologus  n.  a.).  —  N.  Land,  Anecdota  Syriaca  vo 
duni  Batavorum  1875)  115  ff.  (Abhandlung  über  den  Physiologus  mit  reichen  ] 
nachweisen).  —  Fr.  Hommel,  Die  äthiopische  Uebersetzung  des  Physiologus,  Lei 
im  Anhange  eine  Uebersetzung  des  isländischen  Physiologus.  —  Angelsächsisch 
bei  Mätzner,  Altenglische  Sprachproben  I  1  (Berlin  1867)  55  ff.  —  Vgl.  Gust  i 
Grundriss  der  Geschichte  der  englischen  Litteratur,  Münster  1887  S.  51  f.  — 
deutsche  bei  K.  Müllen  hoff  und  W.  Seh  er  er,  Denkmäler  deutscher  Poesie  i 
aus  dem  8.— 12.  Jahrb.,  N.  81;  vgl.  S.  498.  —  Ed.  Kolloff,  Die  sagenhafte  ue 
tische  Tiergeschichte  des  Mittelalters,  Raumers  histor.  Taschenbuch  1867  S.  177- 
Orientierung  über  den  allegorischen  Inhalt  des  Physiologus  sehr  empfehlenswe 
Carus,  Geschichte  der  Zoologie,  München  1872  S.  109—145  (wichtig!).  —  0. 
Geschieht«  der  Beziehungen  zwischen  Tlieologie  und  Naturwissenschaft  1  (1877) 
Eine  öechisch  geschriebene  Abhandlung  über  den  Physiologus  von  J.  Gebauei 
V.  Jagiö,  Arch.  slav.  Phil.  2  (1877)  752.  —  Karl  Ahrens,  Zur  Geschichte  d 
Physiologus,  Progr.,  Ploen  1885,  handelt  über  einen  syrischen  Physiologus  und 
eine  Klassifizierung  sämtlicher  Pbysiologi.  —  Neueste  Hauptschriften:  Fr.  L 
Geschichte  des  Physiologus,  Strassburg  1889;  v.  Mo^uljskij,  Ursprung  des  PI 
und  seine  anfänglichen  Schicksale   in  der  Litteratur   des  Ostens  und  Westens, 

1889  (russ.).     Beide  Werke  sind  ausführlich  besprochen   von   A.  Karnejev,  Jo 

1890  Bd  276  Januarheft  S.  172—208;  Laudiert  auch  von  Roethe,  Deutsche  Litt< 
1892  S.  190  ff.  —  Bei  Lauchert  und  bei  Reinsch,  a.  a.  0.  findet  man  aucl 
Litteratur  zum  Physiologus  verzeichnet.  —  Eine  kurze  Darlegung  des  Standes  der  J 
lateinischen  Physiologus  i.  J.  1890  gibt  L.  Traube,  Wochenschrift  für  klass. 
1890  S.  322  ff.  —  A.  Karnejev,  Materialien  und  Bemerkungen  zur  Litteratur^ 
des  Physiologus,  als  Nr.  92  der  Publikationen  der  k.  russ.  Gesellschaft  der  Fn 
alten  Schrifttums,  Petersburg  1890  (russ.).  Dazu  desselben  Verf.  oben  genannte 
—  Fr.  Lauchert,  Zum  Physiologus,  Romanische  Forschungen  herausgeg.  vor 
möller  5  (1890)  3-36.  —  Max  Goldstaub,  Die  Entwickelung  des  latein.  Ph 
Verhandlungen  der  41.  deutschen  Philologen  Versammlung  zu  München,  Leipzig 
1892  S.  212—221.  —  Max  Goldstaub  und  Richard  Wendriner,  Ein  tosco- 
scher  Bestiarius  herausgegeben  und  erläutert,  Halle,  M.  Niemeyer  1892  (in  dei 
Untersuchung  werden  auch  Pseudo-Epiphanios,  sowie  die  mittelgriechischen,  slavli 
rumänischen  Bearbeitungen  zum  Vergleiche  beigezogen).  —  M.  Gold  staub, 
echwörungsartikel  der  Physiologuslitteratur,  in  ^Romanische  Abhandlongen  zu  £1 


=>  5.  Tiargwohiobtwi.    (9  367)  877 

lera',  Halle  1895  8.  355—380  (über  die  Aepis  und  Gorgo).  —  M.  Goldstaab  arbeitet 
ISngerer  Zeit  auch  an  einer  zusammenfaasendeQ  Uotereucliuiig  dar  mittelgriechiacben 

•siologiiBDberlieferung.   ~  Hinweis  auf  Spuren  dea  PbyaiologoB  in  einer  Chronik  und  in 

lehwßrterBsmmlungan   bei  K.  Krumbacher,    Michael  Gljkae,    Sitzuitgaber.  bajer.  Ak. 

4  S.  393;  4Ü3  f.    —   ü.  Polivka,    Zur  Geschichte   dea  Pbysiologus  in  den  elavischen 

jeratnren,  Arch.  slav.  Phil.  U  (1891)  374-404  und  15  (1S92)  246-273.  -  G.  Polivka, 

Nachtrag   znm  Physiologue,   Arch.  elav.  Phil.    17  (1895)  635.   —   Ä.  Äloxandrov, 

rfaiologQH.     Denkschriften  der  UnivereitSt  Kazan  1693  (Aasgabs  eines  slav.  Physiologue). 

Zum  Einfiuss  des  Physialogus  anf  die  mittelalterliche  Sonst  vgl,  das  Werk  des  geiat- 
3iin  Amerikaners  E.  P.  Evans,  Animal  Symbolism  in  Ecclesiastical  Architecture. 
■don  and  New-York  1895.  —  Znr  Erforschung  der  Urgeschichte  der  Pbysiologusideen 
Ig  man  beiziehen  Ang,  de  Gubernatia,   Zoologicol   mythology,   2  voll.,   London    1872, 

freilich  der  Phjaiologua  selbst  nicht  berück aiohtigt  iet  (aach  deutsch  Überaetzt  von  H. 

rtmann  nnt«r  dem  l'itel;  Die  Tiere  in  der  indogenn.  Mythologie,  2  Teile,  Leipzig  1874), 

■  Sylvio  EQhler,  Das  Tierleben  im  Sprichwort  der  Griechen  und  Römer,  Leipzig  1881. 
Weitere  Litteratur  zum  abend ländiscfaen ,  bes.   franzOaischen  Physiologua  Terzeicfanet 

.X  Fr.  Mann,  Kritischer  Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der  Roman.  Philologie  her- 
.«•g.  von  K.  VoUmölIer  nnd  B.  Otto  1  (1892-1895)  432  f. 

3.  Titel  und  Verfasser:  Unter  dem  Nameo  Physiologos  wird  ursprOnglich 
■it  ein  Buch  verstanden,  sondern  ein  Mann,  der  eich  mit  der  Natur  beschütigt,  ein 
tnrforacher.  Wer  zuerst  xut'  ^{o/ijv  als  der  Physiologos  bezeichnet  wnrde,  wissen 
-  Dicht;  man  hat  mit  gutem  Gnmde  an  Aristoteles  gedacht.  Vgl.  Ahrens,  a.  a.  0.  S.  18 
3  Laachert,  Geschichte  des  Physiologue  S.  44.  Dem  entsprechend  wird  im  Tit«I  der 
achischen  Versionen  meist  ein  Werk  sngekflndigt  Über  oder  aus  dem  Physiologos 
g  i6y  •f'vaioiöyoy,  Tji  roi^  4'vatolöyov).  Ja  den  französischen,  englischen  und  sonstigen 
clelalterlichen  Bearbeitungen  ist  die  alte  Ueberschrift  gew&hnlich  durch  ein  in  der  Volks- 
■che  verstAndlicheres  Wort  ersetzt  (Beatiaire,  Beatiary  u.  a.  w.).  Als  Verfasser  eines 
paiologus  galten  im  Mittelalter  alle  müglichen  Berühmtheiten  der  beidDiachen,  jüdischen 

■  christlichen  Litteratur,  wie  Salomon.  Aristoteles,  Demokritos,  Petroe  von  Alexandria, 
Lphanios,  Johannes  Chrysostomos,  Hieronymus,  Ambrosius  u.  a.  Vgl.  Pitra,  a.  a.  O. 
301  und  Lauohert,  Geschichte  des  Pbysiologus  S.  65  f.  In  Wahrheit  mnss  er  als  eine 
•xjme  Schrift  bezeichnet  werden. 

4.  Wie  so  vielo  andere  volksmäaaige  Stoffe  kam  auch  der  Physiologue  von  den 
■antinem  zu  den  Übrigen  Osteuropäern.  Ueber  die  rum&nischen  und  die  elavischen 
^iologus Versionen  e.  R.  Reinsch,  a.  a.  O.  S.  156—183;  Fr.  Lauchert,  Geschichte 
k   Physiologue,  und  bes.  G.  Polivka,  a.  a.  0. 

387.  Die  EindergeBchichte  von  den  Vierftlsslem,  Jii]yifli^  nmiw- 
AtTro;  zäv  TfTQaTiödatv  föiwt'.  In  diesem  Gedichte,  das  su8  1082  reim- 
i«n  politischen  Versen  besteht,  wird  eine  VerBamnilung  der  vier- 
Bsigen  Tiere  geschildert.  König  Löwe  sitzt  mit  dem  Elefanten  auf 
■n  Throne;  Panther  und  Leopard  stehen  als  Minister  zur  Seite;  den 
sigen  Hofstaat  bilden  der  Wolf,  der  Hund  und  der  Fuchs.  König  Lüwe 
Bchliesst,  in  seinem  Reiche  ewigen  Frieden  herzustellen.  Zu  diesem 
liufe  werden  durch  die  Abgesandten  Katze  und  Maus,  die  der  Affe  be- 
lltet, alle  Unterthanen  zu  einer  grossen  Versammlung  einberufen.  Nun 
fien  langwierige  Wortgefechte  zwischen  den  feindseligen  Tieren,  von 
»lohen  jedes  dem  Gegner  seine  Sünden  vorwirft  und  seine  eigenen  Tu- 
ziden  preist;  zuerst  spricht  die  Katze,  dann  die  Maus,  der  Hund,  der 
Ichs,  der  Hase,  der  Hirsch,  das  Schwein,  das  Schaf,  die  Ziege  u.  s.  w. 
im  Schlüsse  erhebt  sich  König  Löwe  und  erklärt,  der  Worte  seien  nun 
nug  gesprochen,  der  Waffenstillstand  sei  aufgehoben,  die  Fleischfresser 
Uen  die  Übrigen  Tiere  wieder  verschlingen,  wie  es  von  jeher  Brauch 
'"Wesen  sei.  Es  entsteht  eine  blutige  Schlacht,  bis  endlich  beide  Par- 
ten ermatten  und  die  einbrechende  Nacht  dem  Qemetzel  ein  Endo  setxt  _ 
er  Verfasser  achliesst  mit  der  Bemerkung,  damals  habe  ^icb  das  Wm 
im  Hymnographen  erfUllt:   .Den  König  rettet  nicht  aeioo  1 


878    BysuitiiiiHibe  LltteTfttnrguobioht«.    OL  Tt 

der  Riese  wird  sich  nicht  retten  inmitten  b( 
leben  die  vierfQssigen  Tiere  in  ewiger  Teinc 
Über  den  Zweck  des  Gediclites  sagt 
dcnten  und  junge  Leute  sollen  diese  Verse 
Art;  sie  seien  nämlich  geschrieben,  um  das 
zu  verbinden.  Darauf  wird  in  recht  dunk 
Absicht  des  Werkes  angedeutet:  , Diese  D 
tiefere  Bedeutung;  erkenne  nur  genau  ihrei 
uns  falsche  Freundschaft  schliessen,  indem  c 
uns  gänzlich  zu  verderben,  so  rettet  uns  da: 
denn  Gott  als  Richter  der  Welt  verteilt  den 
wie  man  diese  Vorbemerkung  mit  dem  Ge( 
soll.  Wenn  Gidel  meint,  das  Werk  verfo 
über  die  verschiedenen  Arten  der  Tiere  und 
richten,  so  spricht  dagegen  die  Form  und  c 
im  byzantinischen  Reiche  Kinder  unterrichte 
heiligen  Schriften  und  die  landläufigen  Schul 
Johannes  Chrysostomos  u.  a.  in  die  Hand, 
Sprache  der  ganzen  festeingowurzelten  Lehrtr 
lief.  Noch  mehr  niusste  der  Inhalt  des  Oedi 
inid  obszönen  Stellen  wimmelt,  seine  Einfäh 
Ebensowenig  als  die  Versicherung,  das  Gedi 
versteht  man  den  „tiefen  Sinn',  welchei 
geschichte  unterlegt,  da  der  Vergleichungsf 
Feindschaft  liegt,  die  unter  den  Menschen 
Die  Verwandtschaft  des  Werkes  mit  dem  Phj 
in  der  symbolischen  Ausdeutung  als  in  der 
z.  B.  des  geicuk-  und  knüchcllosen  Elefant« 
gleiehung  dienen  die  abendländischen  Ep 
lungcn  geschildert  werden;  doch  ist  für  die  ,1 
fränkisches  Vorbild  nicht  bekannt;  sie  ist  viel 
eine  selbständige  griechische  Arbeit.  1 
Naturwüchsigkeit  und  ein  burlesker,  häufig 
gegen  leiden  die  Wecliselredcn  der  Tiere  b 
Einftihrung  der  sprechenden  Personen  heiT 
(wenn  nicht  dem  alten  Epos)  abgelauschte,  hi 
der  landschaftliche  Hintergrund  ist  vemachlät 
haft.  Die  satirische  Tendenz  kommt  i 
römische  Kirche  und  auf  die  Juden  zum  A 
Schwein,  dass  die  fränkischen  Geistlichen 
Horsten  zum  Spenden  des  Weihwassers  geb 
einer  sprichwörtlichen  Redensart  auf  den  Ül 
gespielt.  Die  Sprache  ist  namentlich  durch 
des  Prodromos  ausdrucksvoll  und  häufig  orig 
hier  die  leidige  Mischung  gelehrter  und  volki 
Physiologos  verrät  sich  auch  in  der  »Kinder; 
Schulmeister  durch  eine  gelehrte  Etymolog 


5.  Tiergeschichten.    (§  B88)  879 

.en  Mund  gelegt  wird  (ttt«?  yqaifixSq  6  Xaywoq^  wg  nxrfifSoa  %6  yoßov- 
<.  Zur  chronologischen  Bestimmung  des  Gedichtes  ist  die  Bemerkung 
11  f.  zu  beachten,  dass  die  Tierversammlung  im  Jahre  1365  statt- 
uiden  habe;  denn  es  ist  wahrscheinlich,  dass  in  dieser  Angabe  das 
um  der  Abfassung  zu  suchen  ist.  Jedenfalls  darf  das  Werk  nicht  ins 
Jahrhundert  herabgerückt  werden. 

1.  Ausgabe:  Ed.  aus  Cod.  Paris.  2911  und  Cod.  Vindob.  theol.  244  von  W.  Wagner, 
nina  8.  141-178. 

2.  Hilfsmittel:  Litterarhistoriscbe  Bemerkungen  von  Ch.  Oidel,  Etudes  sur  la 
gr.  mod.  S.  303—331.  —  Ueber  die  Zuteilung  des  Werkes  an  Prodromos  s.  unseren 
■8  S.  759  Nr.  20.  —  Zum  Text:  G.  Meyer,  Neugriechisches,  Bezjsenbergers  Beiträge  19 
S)  154  (bessert  V.  672  xlaaXa  in  ßlaaXa  d.  h.  ßtjaaaXa  , Ziegelsteine*  von  lat.  besaalis). 

3.  Im  alten  Kataloge  der  Bibliothek  des  Kardinals  Sirlet,  den  E.  Miller,  Catalogue 
mss  grecs  de  la  bibl.  de  l'Escurial  S.  305  ff.  veröffentlicht  hat,  wird  eine  (jetzt  wohl 
4>m  befindliche)  Es  erwähnt,  welche  naidiofpqdaxov  dtijytjcts  ftSy  jBTQanoSmy,  ne^j 
m  enthält  (Miller,  a.  a.  0.  S.  327  Nr.  29).  Das  ist  sicher  das  oben  besprochene  Qe- 
i;  denn  es  ist  natürlich  JltudUtpQaarog  zu  schreiben  und  die  Bemerkung  nsCfi  (pQaaei 

nicht  beirren:  denn  vulgärgriechische  Ffinfzehnsilber,  die  in  den  Hss  oft  fortlaufend 
brieben  sind,  werden  selbst  in  neueren  gedruckten  Katalogen  zuweilen  fflr  Prosa 
Iten. 

388.    Der  Pulologos  {IlovXoXoyoq)  (650  politische  Verse)    ist   nach 

(iposition  und   Inhalt  mit  der   „Geschichte   der  Vierfüssler**   eng  ver- 

idt:  König  Adler  veranstaltet  zur  Hochzeit  seines  Sohnes  ein  grosses 

adenfest,  zu  welchem  sämtliche  Vögel  eingeladen  werden.     Sie  essen 

trinken,  bringen  aber  alsbald   einen  Streit  aufs  Tapet  {fifftQuv  xal 

ici^ov  andvoa  etg  id  tQam'^iv).    Der  Zwist,  dessen  Anlass  verschwiegen 

bt,  wird  von  jedesmal  zwei  Vögeln  ausgefochten.    Der  Storch  schmäht 

Schwan,   der  Schwan  den  Storch;   die  Möve  streitet  mit   der  Gans, 

Strandläufer  mit  dem  Fasan,  die  Krähe  mit  der  Turteltaube,  die  Eule 

der  Wachtel,    der  Uhu    mit  der  Drossel  u.  s.  w.     Endlich  ruft  der 

dg  dem  zankenden  Geflügel  sein  Quos  ego  zu  und  droht,  den  Habicht 

den  Falken  auf  sie  loszulassen;   alle  Vögel   hören  auf  seine  Worte, 

en  ab  von  ihrem  Hader  und  bringen  die  Hochzeit  fröhlich  und  friedlich 

Ende. 

Die  Annahme  eines  lehrhaften  Zweckes  liegt  bei  diesem  Gedichte 
er  als  bei  der  Kindergeschichte  von  den  Vierflisslern;  obschon  auch 
•  Derbheiten  vorkommen  (z.  B.  V.  216  flf.)»  fehlen  wenigstens  gröbere 
zönitäten,  und  durch  die  massenhafte  Aufzählung  von  Vogelnamen 
cht  das  Werk  einem  Kompendium  der  Ornithologie.  Ganz  zweifellos 
die  satirische  Tendenz.  Indem  die  Vögel  in  ihren  Schmähreden 
ische  und  menschliche  Verhältnisse  fortwährend  mit  einander  ver- 
chen,  ergeben  sich  zahlreiche  Anspielungen  auf  allgemein  mensch- 
be  Schwächen  und  auf  die  kirchlichen,  politischen  und  ethno- 
iphischen  Verhältnisse  des  byzantinischen  Reiches.  Der 
stndläufer  z.  B.  wirft  dem  Fasan  vor,  er  trage  sich  nur  so  auffallend, 
für  einen  Junker  aus  adeligem  Geschlechte  {oqxo'^^^otiovXov  dno  rovg 
aatadeg)  zu  gelten;  der  Fasan  beschuldigt  den  Strandläufer,  er  habe 
d  entlehnt,  könne  seine  Schulden  nicht  bezahlen  und  halte  die  Gläubiger 
1  besten.  Die  Henne  rühmt  sich,  sie  bringe  Junge  zur  Welt,  die. 
chöfe,  Exarchen  und  Priester  werden.  Den  reichsten 
;en  liefert   das   bunte  Gewimmel  der  den 


880    Bysantinisohe  lätieratnrgesohiohie.    IIL  Vnlgirgrioeli.  littantv,  t] 

Völker;  die  heftigen  Hiebe  auf  die  Franken,  Ylachen,  Bulgaren,  Ti 
und  Chazaren  versetzen  den  Leser  schon  ganz   in   die  Atmosphlii 
modernen  Nationalitätenkonflikte.     Die  Henne  wirft  dem  xa^xanci; 
er  stamme  aus  Rom,   sei  6  Jahre   als  Bruder  {(pQSQr^s)  im  Spital 
und  habe  sich  dort  mit  dem  Weibe  eines  fränkischen  Ritters  v( 
Die  Drossel  schilt  den  Uhu  Tartarenschädel,  Bulgarensprössling;  der 
nennt  seine  Gegnerin  naaidova  eine  Sklavin  der  Franken  und  rAhmt^^l 
selbst    seiner   rhomäischen  Abkunft;    der  Pfau  wird  als  Franke  nä 
Kapuze  bezeichnet  u.  s.  w.    Besondere  Beachtung  verdient  der  Puloh 
wegen   der  Reinheit  und  Rundung  der  volksmässigen  Sprache.    FniH|r  1 
wird  das  Verständnis  durch  seltene  Wörter  wie  auch  durch  manche  Ti^t  I 
Verderbnisse  bedeutend  erschwert;   ein  gründlicher  Kommentar  wäre 
wie  bei   so  vielen  vulgärgriechischen  Texten  das  dringendste 
Zeit   und   Ort   der  Entstehung   des  Gedichtes   lassen    sich  trotz 
häufigen  ethnographischen  und  geographischen  Anspielungen  zunächit 
annähernd  bestimmen.    Eine  Frühgrenze  ergibt  sich  aus  der  Erwi 
der  Bussole  (V.  531),  deren  Gebrauch  sich  schwerlich  vor  den  ersten  Ji 
zehnten  des    14.   Jahrhunderts   nachweisen    lässt;    andererseits  v( 
sprachliche  Gründe  und  die  Art,  wie  das  Verhältnis  der  Rhomäer  za 
Nachbarvölkern  gedacht  ist,  in  die  letzten  Jahrzehnte  des  byzantii 
Reiches  herabzugehen.  Darnach  ist  die  Abfassung  in  das  14.  Jahrhundei 
und  zwar  eher  in  die  erste  als  in  die  zweite  Hälfte  desselben  zu  a 
Bezüglich  des  Ortes  der  Entstehung  lässt  sich  nur  sagen,  dass 
reiche  Anspielungen  auf  eine  Gegend  hindeuten,  in  welcher  die  6ri< 
mit  den   fränkischen  Gebräuchen  genau  vertraut  geworden  waren, 
der  Erwähnung  von  Glarentza  V.  629  auf  den  Peloponnes  zu  scUii 
geht  nicht  an,  da  auch  andere,  weit  von  einander  abliegende  Oertlicl 
wie  Zagora  und  Nikaea  genannt  sind. 

1.  Ausgabe:    Ed.   W.   Wagner,    Carmina  S.    179-198   (nach   Cod.  Vindi 
theol.  244). 

2.  Hilfsmittel:   Phantastischer  Versuch   einer  allegorischen   Deutung  tod  K.1I 
Sathas,  Mea,  ßißk.  7  (1894)  ceX.  Xe   xin,  fe^ 

3.  Zur  Ueberlieferung:  Noch  unbenutzt  sind  eine  von  Du  Gange  im  Glomna] 
mediae  et  infimae  Graecitatis,  Index  Auctorum  Col.  38  s.  v.  Pulologus   erwfthnte  Ptmiil 
Hs,  der  Cod.  Escur.  V^.  IV.  22  und   der  Cod.  35  des  alten  Serails,  in   welchem  W 
Werk   wie   die   Geschichte   der  Vierfüssler  dem  Theodor os  Prodromos  zogeschnih«] 
und   durch   eine   Vorrede  an  Kaiser  Manuel  Komnonos   eingeleitet   ist.    —    Ein  Pukkogi] 
(wenn  nicht  eine  metrische  Bearbeitung  der  Geschichte  Stephanites  und  Ichnelates;  s.  |  M^ 
ist  vielleicht  auch  das   18  Blätter   umfassende,   mit  Abbildungen  der  Vögel  ansgefltatMi' 
Gedicht  im  Cod.  Athen.  701  s.  16:  Aoyoq  rov  ixyrjXdjov  negl  ttJy  novXitay, 

4.  Titel  und  Fortleben  des  P.:  IlovXoioyos  d.  h.  Vogelgelehrter  ist  wie  Pwyw- 
Xoyog  und  ^agoXoyog  nach  Analogie  von  4»vaioX6yog  gebildet,  ähnlich  wie  Volnerairt 
nach  Bestiaire.  Das  Wort  bezeichnet  aber  auch  den  Vogelsteller.  Vgl.  die  elfte  isopiM^ 
Fabel  in  der  vulgärgriechischen  Bearbeitung,  Venedig  1543:  UovXoXoyog  xai  o/ckt^  dI 
den  neugriechischen  Spruch:  IlovXoXoyog  xai  %paQag  iQrjfio  x6  aniri  tov  d,  h.  Vogebtrikr 
und  Fischer  kommen  auf  keinen  grünen  Zweig.  Benizelos,  na^otfiiai  thjfimdetfj  f  hL, 
Hermupolis  1867  S.  260,  194.  —  Dem  Pulologos  verwandte  Verstellungen  herrschen  neck 
heute  im  Volke.  Vgl.  den  Spruch :  ^EfjLal^svttjxav  rnr  oQyia  xi  ixa/iitv  ro  finovfpo  ngtSro  (▼« 
einem  Gemeinwesen  mit  schlechter  Obrigkeit).    Benizelos,  a.  a.  0.  S.  76,  161. 

389.  Die  Legende  vom  ehrsamen  Esel^  Swa^dgiov  tov  ri^/tiij/ifVor 
yadccQov  (393  reimlose  politische  Verse).  Die  schöne  (beschichte  vom 
Esel,  Wolf  und  Fuchs,  raiagov^  Xvxoif  xi  äXovrrovg  rfiijyiycri^  cSgafa  (540 
gereimte  politische  Verse).    Diese  zwei  Gedichte  sind  Versionen  eines  und 


5.  Tiergesohiohien.    (§  389)  881 

_  lelben  Werkes  und  verlangen  daher  eine  gemeinsame  Betrachtung.  Der 
-.alt  der  Erzählung  möge  nach  der  gereimten  Bearbeitung  angegeben 

■den,  weil  diese  vollständiger  ist  und  manche  Züge  enthält,  die  in  der 
biliösen  Redaktion  fehlen:  Der  unglückliche  Esel  entrinnt  einmal  seinem 

ten  Gebieter  und  geht  zur  Weide  auf  eine  benachbarte  Wiese;  hier 
-dien  sich  der  Wolf  und  der  Fuchs  zu  ihm  mit  der  Absicht,  ihn  durch 

e  Hinterlist  zu  bewältigen  und  gemeinsam  zu  verzehren.    Vergeblich 

;ht  der  Esel  durch  die  lügnerische  Drohung,  sein  Herr  weile  mit  furcht- 

■en  Jagdhunden  in  der  Nähe,  die  gefährlichen  Freunde  los  zu  werden. 

r  Fuchs  fordert  ihn  vielmehr  auf,  sich  ihrer  Oesellschaft  anzuschliessen ; 
'  Plan  sei,  über  das  Meer  in  das  Morgenland  zu  fahren,  Qelder  einzu- 
nmeln  und  unter  sich  zu  verteilen.  So  wandern  denn  alle  drei  dem 
etade  zu  und  besteigen  ein  Segelschiff;  der  Wolf  wird  Kapitän,  der 
ichs  Steuermann,  der  Esel  Ruderknecht.  Da  erzählt  der  Fuchs,  ihm 
be  von  einem  entsetzlichen  Sturme  geträumt;  es  sei  daher  geraten,  zu 
ichten  und  Busse  zu  thun.  Der  Wolf  beichtet,  er  habe  Schafe,  Ziegen, 
irsche,  Kälber,  Ochsen  und  Schweine  gefressen;  jetzt  aber  wolle  er  Busse 
an,  auf  den  Berg  wandern  und  Mönch  werden.  Der  Fuchs  spricht  das 
nchtkind  von  allen  Missethaten  los.  Darauf  beichtet  der  Fuchs,  er 
bleiche  sich  in  die  Dörfer,  erwürge  Enten,  Hühner  und  Gänse;  „das 
>ben  der  Hühner  ist  mein  Tod.'     Besonders  drücke  sein  Gewissen,  dass 

einst  eine  arme  Witwe  um  ihren  einzigen  Trost  gebracht  habe,  um  eine 
3nne,  die  zweidottrige  Eier  legte;  ausser  dieser  Henne  hatte  die  Alte 
•ch  einen  grossen,  rothaarigen  Kater;  beide  hielt  sie  wie  Sohn  und 
ichter.  Nun  schlich  er  sich  einmal  in  ihre  Hütte,  setzte  sich  neben  die 
Jbblinde  Alte  und  liess  sich  von  ihr  als  vermeintlicher  Kater  streicheln; 
im  erspähte  er  die  Gelegenheit  und  packte  die  harmlose  Henne.  Über 
380  Missethat  fühle  er  jetzt  Reue,  er  wolle  sich  die  Haare  scheren  lassen, 
f  den  Berg  gehen  und  Nonne ^)  werden.  Auch  der  Fuchs  erhält  die 
Dsolution.  Endlich  kommt  der  Esel  an  die  Reihe;  der  Wolf  bringt  den 
Dmokanon^)  herbei  und  ergreift  Feder  und  Papier,  um  die  Sünden  des 
Initenten  aufzuschreiben.  Der  Arme  weiss  keine  andere  Frevelthat  zu 
irichten,  als  dass  er  einmal  ein  Lattichblatt  sich  widerrechtlich  angeeignet 
id  dafür  von  seinem  Herrn  furchtbare  Prügel  empfangen  habe.  Fuchs 
id  Wolf  erklären,  dieses  Verbrechen  verdiene  nach  den  Regeln  des  Ge- 
izes die  schwerste  Strafe ;  die  Hand  solle  ihm  abgehauen,  das  Auge  aus- 
)rissen  werden,  ja  nach  dem  zwölften  Kapitel  des  Gesetzbuches  sei  ihm 
)r  Galgen  bestimmt.  In  dieser  Not  erfindet  der  Esel  eine  List:  Ehe  er 
erbe,  wolle  er  ein  Geheimnis  offenbaren;  sein  Hinterfuss  sei  mit  einer 
underbaren  Kraft  begabt;  wer  sie  zu  Gesichte  bekomme,  vermöge  40 
igereisen  weit  zu  gehen  und  zu  hören  und  alle  Widersacher  in  die  Flucht 
1  schlagen.  Fuchs  und  Wolf  versprechen  dem  Esel  Verzeihung  und 
-eundschaft,  wenn  er  ihnen  seine  kostbare  Gabe  mittefle;  inageheim  aber 
3gen  sie  den  Plan,  sobald  sie  die  Zauberkraft  klangt  hStten,  den  Esel 


*)  Der  Fuchs  (dXovnov)  ist  im  Griechi-  *)  Vgl  8L  607. 

ben  Femininam. 
lUndlmeh  du  klMi.  AltertumtwitftnMliall  IX.    t  AMIg.   1  Utk  . 


882    Bysantiiiisohe  litteratiirgMehiohie.    IIL  Tnlgirgrieeli.  Litt«nter.  L  R 


zu  zerreissen  und  aufzuzehren.  „So  dachten  sie;  der  Esel  aWi 
anders  und  verrichtete  grosse  Thaten.**  „^ExeTvoi  ikäyaaiv  avrant 
^xaixev  aXXa  Ki  ixafie  TXQayiiaxa  noXXä^  xajiwfiorfa  fnsyaXa,*  Er  gi 
dem  Wolfe  auf  dem  Hinterteile  des  Schiffes  drei  Stunden  lang  md« 
lieh  zu  knien  und  das  Paternoster  zu  beten.  Nachdem  der  Wolf  a 
den  Empfang  der  Zauberkraft  vorbereitet  ist,  versetzt  ihm  d^  Sri 
seinem  Hufe  plötzlich  einige  so  gewaltige  Schläge,  dass  er  üb«  I 
stürzt.  Da  der  Fuchs  sieht,  wie  bedenklich  sich  der  Esel  gebärdet,  h 
ihn  Zittern  und  er  springt  aus  freien  Stücken  ins  Meer.  Wolf  und  F 
werden  von  den  Wellen  ans  Ufer  getragen  und  erholen  sich  von  i 
Niederlage.  Die  Erzählung  schliesst  mit  dem  Lobe  des  Eseb  au 
Munde  des  Fuchses;  man  müsse  ihn  künftig  nicht  mehr  Esel,  soi 
Nikos^)  nennen. 

Diese  Pilgerfahrt  der  drei  Tiere  ist  offenbar  ein  Ableger  de 
rühmten  Geschichte  vom  Reinhart  Fuchs.  Die  wichtigsten  Züge 
Erzählung  finden  sich  in  abendländischen  Reinhartgeschichten  wieder; 
sind  sie  im  griechischen  Gedichte  zu  einem  Ganzen  vereinigt,  f&r  wc 
ein  unmittelbares  Vorbild  nicht  bekannt  ist.  Jedenfalls  aber  stamm 
Idee  des  Werkes  aus  abendländischen  Tiergeschichten,  so  dass  hier 
eine  Sage,  deren  Kern  vielleicht  ursprünglich  von  Griechenland  ausgega 
war,  am  Schlüsse  des  Mittelalters  in  reich  ausgebildeter  Form  wied( 
den  Griechen  zurückgekehrt  ist.  Der  Charakter  der  Tiere  ist  in 
griechischen  Gedichten  derselbe  wie  in  den  abendländischen  Versionen 
Mönchtum  und  Kirche  wird  so  lebhaft  angespielt  wie  in  den  besten  A 
teuern  der  westlichen  Reinhartsage.  Die  satirische  Absicht  verrät  s 
der  Titel  des  älteren  Gedichtes:  JSvva^ccQiov  d.  h.  Legende,  der  in 
gereimten  Bearbeitung  vielleicht  aus  Rücksicht  auf  fromme  Leser  geli 
worden  ist.^)  Mit  den  sonstigen  Tierfabeln  stimmt  auch,  dass  sich 
und  Fuchs  als  Gevatter  {avvrexvog^  (Xv%*Ttxnaaa)  anreden.  Daneben  fi 
sich  manche  Abweichungen  von  der  gewöhnlichen  Überlieferung. 
Abhören  der  Beichte  ist  durch  das  Traumgesicht  des  Fuchses  besoi 
motiviert;  die  Pilgerfahrt  der  Tiere,  die  sonst  als  Landreise  gedachi 
erfolgt  hier  —  für  eine  griechische  Bearbeitung  sehr  bezeichnend  - 
See,  und  zwar  wollen  sie  auf  den  Berg  d.  h.  nach  Hagion  Oros 
fahren.  Eine  besondere  Differenz  entsteht  dadurch,  dass  im  Griechi: 
der  Fuchs  als  weibliches  Wesen  gedacht  ist  und  so  dem  Mönche 
eine  Nonne  Fuchs  zur  Seite  tritt.  Auch  die  Geschichte  von  der 
Witwe,  die  der  Fuchs  durch  seine  Katerähnlichkeit  betrügt,  scheint 


*)  Volkstümliche  Form  von  Nikolaos, 
in  der  hier  natürlich  die  Ableitung  von  yixttto 
betont  ist.  Man  erinnert  sich  bei  diesem 
Namen  an  den  Eseltreiber  Eutyches  und 
den  Esel  Nikon,  die  Kaiser  Augostus  nach 
der  Schlacht  von  Nikopolis  in  zwei  Erz- 
statuen verewigte.  Michael  Glykas  ed. 
Bonn.  S.  380,  9—15.  Statt  Eutyches  bietet 
Niketas  Akominatos  ed.  Bonn.  S.  860, 
18  Nikandros. 

*)  Dem  neckischen  Titel  der  älteren  Re- 


daktion hat  es  der  ehrsame  yäda 
danken,  dass  er  richtig  unter  die  He 
aufgenommen  wurde.  In  der  Beack 
des  Cod.  Vindobon.  244  (297)  liest  vom 
lieh:  , Anonymi  cuiusdam  auctoris  i 
rium  sive  narratio  succincta  de  qi 
Qadaro,  sanctitatevitae  claro, 
Graecobarbara".  P.  Lambecii  com 
riorum  de  Augustissima  bibliotheca  Ci 
Vindobonensi  liber  Y  (1778)  551. 


5.  Tiergeflohichien.    (§  390)  883 

i't  vorzukommen.  Echt  griechisch  ist  auch,  dass  der  Fuchs  bezw.  die 
f^nov  sich  Schülerin  des  weisen  Leon  nennt, i)  worunter  natürlich 
it,  wie  Grimm 2)  meinte,  der  Tierkönig  Löwe,  sondern  der  durch  seine 
Icel  zu  einer  populären  Figur  gewordene  Kaiser  Leon  der  Weise 
^$  300  und  336)  zu  verstehen  ist.  Die  bekannten  Eigennamen  des 
3bartkreises,  die  bei  den  Germanen  und  Romanen  typisch  geworden 
Ly  blieben  für  den  Griechen  unverständlich  und  wurden  deshalb  weg- 
iiSsen. 

Das  Verhältnis  der  zwei  griechischen  Reinhartgedichte  ist  nicht 
ifigend  klar;  wahrscheinlich  aber  stammt  nicht  die  jüngere  Version  aus 
r  älteren,  sondern  beide  aus  einer  gemeinsamen  griechischen  Vorlage. 
)  Entstehungsort  der  Gedichte,  von  denen  namentlich  das  zweite  von 
lienischen  Wörtern  wimmelt,  kann  wohl  nur  eine  jonische  Insel  oder 
«ta  in  Betracht  kommen.  Dass  beide  Bearbeitungen  einer  sehr  späten 
rit  angehören,  beweisen  nicht  nur  die  Sprache  und  bei  der  zweiten  die 
Twendung  des  Reimes,  sondern  auch  sachliche  Gründe,  wie  die  Erwäh- 
jig  von  Feuerwaffen  (Bombardon  u.  s.  w.) ;  in  der  zweiten  Version  findet 
4  (V.  483)  schon  das  türkische  Wort  für  Flinte  {rovtptxi).  Eine  Spät- 
^enze  ergibt  sich  für  die  erste  Version  aus  dem  Alter  der  Handschrift, 
e  zwischen  1508  und  1560  geschrieben  ist,  für  die  zweite  aus  dem  Da- 
m  der  ältesten  Ausgabe  1539.  Damach  dürfte  die  kürzere  Bearbeitung 
n  die  Mitte  des  15.  Jahrhunderts,  die  ausführlichere  am  Ende 
988elben  oder  erst  im  16.  Jahrhundert  entstanden  sein. 

1.  Ausgaben:  Die  erste  (reimlose)  VersioD  ed.  aus  Cod.  Vindob.  theol.  244  W. 
agner,  Carmina  S.  112 — 123.   —   Die  zweite  (gereimte)  Version  erschien  zuerst  als 

nezianisches  Volksbuch,   Venedig  1539.     Den  Venezianer  Druck  von   1832  wiederholte 
t  einer  trefflichen  litterarhistorischen  Einleitung  und  einem  an  Missverständnissen  reichen 
Bflsar  Jac.  Griram,  Sendschreiben  an  Karl  Lachmann  über  Reinhart  Fuchs,  Leipzig  1840. 
Darnach  ebenfalls  wiederholt  von  W.  Wagner,  Carmina  S.  124—140. 

2.  Hilfsmittel:  Analyse  und  litterarhistorische  Untersuchung  von  Ch.  Gidel, 
ndes  sur   la  litt.   gr.  mod.   S.  331—351.    —  N.  Polites,   Jr]fiü»6tj  ß^fiXla,  "Earia  1877 

659—664.   —    Litteraturnachweise  zu  deutschen,   französischen  und  anderen  Reinhart- 
schichten: E.  Goedeke,  Grundriss  zur  Geschichte  der  deutschen  Dichtung  P  (1884)  15; 
f.;  70  f.;  481  ff.    —   Gaston   Paris,   La   litt,   fran^aise   au   moyen-äge,   Paris   1888 
117  ff.;  256.  —  H.  P.  Junker,  Grundriss  der  Geschichte  der  französischen  Litteratur, 
Inster  1889  S.  101  ff.  —  Höchst  bedenkliche  allegorische  Deutung  von  E.  N.  Sathas, 
F<r.  ßißX,  7  (1894)  ceX,  X«  xin. 

3.  Zu  vergleichen  sind  manche  neugriechische  Sprichwörter,  in  denen  der  Fuchs 
d  der  Wolf  vorkommen.  S.  z.  B.  Benizelos,  na^otfiiat  örjfÄuideis,  ß'  lx<f.,  Hermu- 
lifl  1867  S.  92,  5—12;  196,  272-284. 

390.  Der  Porikologos,  Jiijyrjaig  xov  UooQtxoXoyov  d.  h.  das  Obst- 
ich, ist  eine  kleine  Prosaerzählung,  in  der  eine  Versammlung  von  Baum- 
ichten  geschildert  wird.  Unter  dem  Könige  Quitte  versammeln  sich  der 
iichsess  Granatapfel,  der  Protonotar  Birne,  der  Logothet  Apfel,  der  Proto- 
stiar  Pomeranze,  der  Protostator  (so!)  Pfirsich,  der  Grossdrungar  Zitrone 
id  andere  Würdenträger.  Vor  sie  tritt  die  Traube  und  erhebt  gegen 
obrere  Beamte  des  Obstreiches  die  Anklage  auf  Verschwörung  und  Hoch- 
rrat.    Zeugenschaft  leisten  die  Äbtissin  Olive,  die  Hausverwalterin  Linse, 


*)  Gereimte  Bearbeitung  V.  104:  xai  tov 
2  Aiov  xov  üoipov   iyia  fiovye  fia&evtQa. 


Aehnlich  Y.  508. 

>)  A.  imtiB  •.  0^  a  70;  105. 


884    Bysantiniaohe  Idtteratargesohiolite.  HL  Vnlgirgrieoh.  Litt«nter.  L 

die  Nonne  Korinthe,  die  Eulennase  Erbse,  der  schwarzäugige  Baucbs 
ling  Bohne  u.  a.  Gegen  sie  erhebt  sich  Herr  Zwiebling  mit  äof 
und  dreifachem  rotem  Überwurf,  seinen  Bart  auf  dem  Boden  sohle 
und  schwört  bei  allen  seinen  Verwandten,  seinem  Bruder  Knoblauch,  i 
Vetter  Senf,  seinem  Neffen  B.ettig  u.  a.,  die  Anklage  der  Traube  j 
logen.  Zur  Entscheidung  des  Prozesses  werden  die  Archonten  und 
monen  berufen  und  mit  ihnen  die  kaiserliche  Leibgarde,  die  Wan 
es  erscheint  der  fröhliche,  alte  Kriegsrichter  Melone,  der  Sakellarios  i 
u.  a.  Die  Traube  wird  der  Lüge  überführt  und  der  König  verkünde 
Urteil:  sie  solle  an  ein  krummes  Holz  gehängt,  mit  Messern  geschi 
und  von  Männern  getreten  werden;  ihr  Blut  sollen  die  Menschen  \n 
um  sich  zu  berauschen  und  den  Sinn  zu  verlieren.  Die  Archonten  kkt 
Beifall  und  begrüssen  den  König  mit  der  byzantinischen  Akklamatioi 
noXXd  irrjl 

Den  Kern  dieser  Obstgeschichte  bildet  die  Schilderung  der  g( 
liehen  Eigenschaften  des  Weines;  gleichzeitig  aber  enthält  sie  eine» 
hafte  und  gutmütige  Parodie  des  verwickelten  Apparates  der  bya 
sehen  Ämter  und  Titel.  Welcher  Zeit  der  uns  vorliegende  Text 
hört,  ist  unbekannt;  doch  dürfte  der  Kern  des  Werkes,  wie  namentlu 
Erwähnung  der  Warangen  zeigt,  vielleicht  noch  ins  zwölfte  Jahi 
dert  zurückgehen.  Aus  einer  nicht  erhaltenen  griechischen  Versio 
Porikologos,  die  einige  eigenartige  Züge  enthielt,  floss  eine  serb 
slovenische  Übertragung,  von  der  bis  jetzt  drei  Handschriften  be 
sind.  Auch  eine  türkische  Bearbeitung  des  weinfeindlichen  StQcl 
überliefert. 

1.  Handschriften  und  Ausgaben:  Den  griechischen  Text  enthalten  d 
Vindob.  theol.  244  und  in  einer  etwas  abgekürzten  Form  der  Ck>d.  Paris.  2316.  - 
wurde  eine  jüngere  und  verkürzte  Bearbeitung  gedruckt  in:  Biog  Aiatinov  rov  i 
Venedig  1788  S.  93 — 96.  —  Aus  dem  Wiener  Codex  ed.  den  Por.  zuerst  K.  St 
der  Zeitung  KXbkü  1871  Nr.  516.  —  Aus  demselben  Codex  ed.  W.  Wagner,  ' 
S.  199—202;  S.  380  ff.  die  Varianten  des  Venezianer  Druckes.  —  Die  serbisch 
nische  Bearbeitung  ed.  V.  Jagiö,  Arch.  slav.  Phil.  1  (1876)  611—617,  wo  auch  V 
aus  Cod.  Paris.  2316  mitgeteilt  sind.  —  Den  türkischen  Text  ed.  O.  Blau,  Zei 
deutschen  morgenl&nd.  Gesellschaft  28  (1874)  569  f.  —  Deutsche  Uebersetzi 
türkischen  Textes  von  R.  Köhler,  Arch.  slav.  Phil.  2  (1877)  192  ff.  —  Vgl.  AI. 
lofsky  (d.  h.  Veselovskij),  Altslavische  Kreuz-  und  Rebensagen,  Rosa.  Revue  ] 
130—152;  hes.  150-152. 

2.  Titel:  JltoQtxoXoyog  ist  nach  Analogie  von  4»wnoX6yof,  TlovXoXoyog  gebi 
ntaqixd  =  ontoQtxa  ,Obst*. 

3.  Abfassungszeit:  Einigen  Anhalt  zur  Bestimmung  der  Frühgrenze  { 
vielleicht  die  angeführten  Früchte.   Von  der  Limone,  die  als  Qrossdmngar  aaftril 
y.  Hehn,  Kulturpflanzen  und  Haustiere  3.  Aufl.  S.  390  (6.  Aufl.  S.  436),  dass  sie 
in  Europa  noch  nicht  bekannt  gewesen  sei;   doch  hat  das  von  ihm  angef&hrte 
offenbar  nur  für  Westeuropa  Beweiskraft. 

4.  Psarologos:  Zu  den  hier  aufgezählten  Tier-  und  Pflanzengeschichtei 
noch  ein  ^agoXoyoq  (Fischbuch),  von  dem  bis  jetzt  eine  einzige  Hs,  der  Cod.  E 
IV.  22,  bekannt  ist.  Vgl.  R.  Wünsch,  Zur  Escurial-Handschrift  *P.  IV.  22,  B.  Z. 
Eine  baldige  Veröffentlichung  dieser  Rarität  wäre  sehr  erwünscht. 

5.  Ein   vulgärgriechisches  Gedicht   über   den  Kater  und  die  Maas 
Cod.  Vatic.  1139  fol.  45  ff.     Inc.  '0  xdtig  xai  6  noyuxog  exafiay  xakacvtrij. 


Zweiter  Abschnitt. 

Prosaische  Litteratur. 

391.  Vorbemerkiing.  Wie  die  Volkssprache  im  Abendlande  zuerst 
sugsweise  in  die  Poesie  und  Prosadichtung  eindrang,  so  geschah  es 
h  bei  den  Byzantinern.  In  den  ernsteren  und  gelehrteren  Prosagattungen 
Lclt  sich  fast  ausschliesslich  die  traditionelle  Kunstsprache.    Wo  man 

Vulgärgriechische  für  Prosawerke  verwendete,  geschah  es  in  der  vor- 
kJschen  Zeit  wohl  nur  bei  völligem  Unvermögen  die  Schriftsprache  zu 
^rauchen  oder  bei  der  Unmöglichkeit  ihr  Verständnis  vorauszusetzen. 

erklärt  sich  die  Zulassung  der  niederen  Redeweise  in  den  italischen 
künden  und  in  den  cyprischen  Assisen  und  Chroniken.  In  den 
osadichtungen  wie  im  Syntipas  kann  die  Anwendung  der  Volkssprache 
$ht  mehr  auffallen  als  in  den  versifizierten  Romanen.  Die  Erzählung 
D  Barlaam  und  Joasaph  und  der  Fürstenspiegel,  die  ich  in  diesen 
schnitt  aufgenommen  habe,  gehören  ihrer  Form  nach  in  die  kunstsprach- 
le  Abteilung;  doch  hängen  sie  nach  ihrem  Inhalt  und  ihrer  litterarhisto- 
3hen  Stellung  so  eng  mit  den  Volksbüchern  zusammen,  dass  sie  nicht 
hl  von  ihnen  getrennt  werden  konnten.  Mehr  Anklang  hatte  eine  dem 
Ikstüm  liehen  genäherte  Prosadarstellung  in  der  vorkomnenischen  Zeit 
ünden.  Malalas,  Theophanes  und  Konstantin  Porphyrogennetos 
leichnen  hier  drei  höchst  bemerkenswerte  und  charakteristische  Versuche 
•  Ausbildung  eines  vulgärgriechischen  Prosastils.  Doch  wurde  die  von 
len  betretene  Bahn  infolge  der  litterarischen  Reaktion  unter  den  Kom- 
nen  verlassen.  Es  fehlt  zwar  auch  in  der  nun  folgenden  Periode  des 
•achlichen  Purismus  nicht  an  Vertretern  einer  vulgären  oder  halbvul- 
•en  Ausdrucksweise;  vor  allem  kommt  das  Volksidiom  in  Paraphrasen 
istsprachlicher  Werke  zur  Geltung.  Die  allgemeine  Thatsache  bleibt 
3r  bestehen,  dass  die  lebendige  Sprache  in  der  Prosalitteratur  nur 
e  dürftige  und  gleichsam  zufällige  Rolle  spielt.  Um  so  mehr  muss 
n  sich  bemühen,  in  den  schriftsprachlichen  Texten  die  Spuren  des 
gären  Einflusses  aufzudecken,  und  an  ihnen  ist  kein  Mangel.  Die 
Ikssprache  hat  sich  für  ihre  offizielle  Zurfickweisiiiig  ans  der  Prosa  ge- 
;ht,  indem  sie  heimlich  in  die  Texte  ^™^''^»!mia|i|^|JBMtffJip»^''™^" 


886    Bysaniiiiisohe  Litteratiirgesohiohte.   IIL  Vnlgirgrieoli.  LlUanter.  2. 

lassen  sich  vom  6.  bis  zum  15.  Jahrhundert  durch  die  ganze  Prosaütfa 
verfolgen. 

392.  Barlaam  und  Joasaph  (Josaphat),  der  berühmteste  und 
geistliche  Roman  des  Mittelalters,  gehört  zu  den  intemationaleo  1 
büchern,  die  vom  fernen  Osten  her  über  Asien,  Nordafrika  und  E 
verbreitet  wurden.  Sein  Inhalt  sei  kurz  angedeutet:  Ein  heidm 
König  in  Indien,  namens  Abenner,  erfährt  durch  Sterndeuter,  daa 
durch  Schönheit  und  Klugheit  ausgezeichneter  Sohn  Joasaph  aid 
christlichen  Religion  zuwenden  werde.  Um  die  Erfüllung  dieser  fti 
zeiung  zu  verhindern,  lässt  der  König  für  seinen  Sohn  einen  heiri 
Palast  bauen,  damit  er  fern  von  allen  Übeln  des  Lebens  in  immerwihn 
Lust  und  Freude  erzogen  werde;  in  seine  Umgebung  kommen  nur  Di 
die  in  Jugend  und  Schönheit  prangen;  kein  Fremder  wird  zugelasseo 
mit  Joasaph  von  der  Vergänglichkeit  des  Irdischen  nichts  erfahre, 
der  strengen  Bewachung  erblickt  der  Königssohn  durch  ZufaD  i 
Kranken  und  einen  Blinden,  ein  anderes  Mal  einen  Greis,  endlich 
einen  Toten.  Er  forscht  bei  seinen  Begleitern  über  die  Gründe  d 
ihm  früher  unbekannten  Erscheinungen  und  beginnt,  was  er  gesehen 
gehört,  unaufhörlich  zu  erwägen.  Entscheidend  für  seine  innere  1 
delung  wird  die  Begegnung  mit  dem  strengen  Asketen  und  Eins 
Barlaam,  von  welchem  er  in  den  christlichen  Glauben  eingeführt 
Vergeblich  versucht  König  Abenner  seinen  Sohn  von  der  neuen  1 
abwendig  zu  machen;  zuletzt  entschliesst  er  sich,  sein  Reich  in  zwei  Hl 
zu  teilen  und  dem  Sohne  eine  derselben  zu  überlassen.  Joasaph  übern 
die  Regierung,  leistet  aber  bald  auf  die  Krone  öffentlich  Verzicht,  um 
in  die  Einsamkeit  zurückzuziehen.  Er  bekehrt  die  von  seinem  Vate 
geordneten  Boten,  endlich  den  Abenner  selbst  mit  seinen  UnterÜi 
Nachdem  er  so  seine  heilige  Sendung  vollendet  hat,  begibt  er  sich  i 
Wüste  und  beschliesst  sein  Leben  als  frommer  Einsiedler.  Sein  Leic 
wird  in  einer  herrlichen  Kirche  beigesetzt  und  verrichtet  viele  Vf 
und  Heilungen. 

Der  ästhetische  Wert  dieser  feurigen  Apologie  des  christlichen  I 
in  welcher  der  Kampf  gegen  die  Weltlust  mit  überzeugender  Kr 
schildert  wird,  ist  über  allen  Zweifel  erhaben.  Die  Komposition  i 
trefflich;  die  Gegensätze  der  Gesinnungen,  Personen  und  Zustän 
ausgezeichnet  verwertet.  So  musste  das  Buch  auf  die  gläubigen 
Europas  den  tiefsten  Eindruck  machen.  Und  doch  ist  die  Herku 
Werkes  nichts  weniger  als  christlich.  Wie  die  Sindibadgesch 
und  Kalilah  va  Dimnah  ist  auch  der  Barlaamroman  von  Indien 
gangen ;  er  ist  eine  im  christlichen  Sinne  vorgenommene  Verarbeiti 
Lebensgeschichte  des  Siddhärtha,  der  später  unter  dem  Namen  E 
Stifter  des  Buddhismus  wurde  (f  543  v.  Chr.).  Die  historische  Gr 
der  Erzählung  ist  also  nicht  ein  Joasaph  und  ein  König  Abenn 
thatsächlich  nie  existiert  haben,  sondern  Buddha  und  sein  Vat 
König  von  Kapilavastu.  Diese  merkwürdige  Thatsache  ist  du 
genaue  Übereinstimmung  der  Barlaamgeschichte  mit  den  in  in 
Quellen  erhaltenen  Nachrichten  über  das  Leben  Buddhas  völlig  er 


Barlaam  and  Joasaph.    (§§  391—392)  887 

'^  Verfasser  hat  den  erzählenden  Teil  mit  geringen  Abweichungen 
^_  der  Biographie  Buddhas  entnommen  und  nur  den  christlich-dog- 
^'Ai  sehen  Inhalt  selbst  hinzugefügt.  Ausser  der  Lebensgeschichte  des 
a,  welche  den  Kern  des  Werkes  bildet,  haben  auch  andere  bud- 
tische  Überlieferungen  Aufnahme  gefunden.  Dahin  gehört  vor 
die  berühmte  Parabel  von  dem  Manne,  der  sich  vor  dem  wütenden 
om  flüchtet:  Er  stürzt  in  einen  Abgrund,  hält  sich  glückUch  an  einem 
mchen  fest,  bemerkt  aber,  dass  eine  weisse  und  eine  schwarze  Maus 
örlich  die  Wurzeln  des  rettenden  Baumes  benagen,  während  in  der 
ein  furchtbarer  Drache  den  Schlund  gegen  ihn  aufsperrt;  mitten  in 
er  Not  sieht  er  von  den  Zweigen  des  Baumes  Honig  träufeln  und 
tet,  aller  Qefahr  vergessend,  seinen  Sinn  auf  den  süssen  Honig.  Diese 
ichte  soll  lehren,  wie  der  vom  Tode  (dem  Einhome)  verfolgte  Mensch, 
dessen  Leben  Tag  und  Nacht  (die  weisse  und  schwarze  Maus)  unauf- 
nagen,  in  kurzsichtiger  Verblendung  sich  um  die  eitle  Weltlust 
Honig)  bemüht,  obschon  ihn  die  Hölle  (der  Drache)  bedroht.  Die- 
Erzählung,  die  in  Deutschland  durch  das  Oedicht  von  Rückert  popu- 
^eworden  ist,  findet  sich  auch  inKalilahvaDimnah  und  in  anderen 
stalischen  Büchern;  sie  ging  in  die  mittelalterlichen  Gesta  Roma- 
rum  über  und  ist  auch  in  einem  vulgär  griechischen  Werke,  dem 
okopos  (s.  §  379),  selbständig  verwertet;  von  ihrem  Ansehen  zeugen 
SL'fct^alterliche  Bildwerke  wie  das  berühmte  Relief  am  Baptisterium  zu 
a;  byzantinische  Darstellungen  der  Parabel  schildern  mehrere  Ge- 
bte  des  Manuel  Philes  (s.  S.  777,4).  Unter  den  christlichen  Quellen 
Werkes  ist  die  wichtigste  die  Apologie  des  Aristides  (aus  dem 
Jahrh.  n.  Chr.),  deren  sonst  verlorener  griechischer  Text  geradezu  aus 
Barlaam  hergestellt  worden  ist.  An  den  zwei  Stellen,  wo  der  Roman 
sführlicher  über  die  Pflichten  des  Fürsten  handelt  (S.  308  ff.  und  331  ff. 
Boissonade),  findet  man  eine  weitgehende  Übereinstimmung  mit  dem 
iter  Justinian  I  verfassten  Königsspiegel  des  Agapetos  (s.  §  190);  doch 
rieht  der  Umstand,  dass  im  Roman  die  Gedanken  ganz  anders  und  an- 
-^■bcheinend  ursprüngUcher  geordnet  sind  als  bei  Agapetos,  mehr  für  die 
~  Annahme  einer  (unbekannten)  gemeinsamen  Vorlage  als  für  direkte  Be- 
"^^Hfltzung  des  Agapetos. 

^^^  Über  den  Verfasser  und   die  Entstehungszeit  des  griechischen 

^  ^'fiarlaam  schweben  noch  manche  Kontroversen.     Die  Ansicht,   dass  Jo- 

^iannes  von  Damaskos  der  Autor  des  Werkes  sei,  ist  jetzt  allgemein 

^lafgegeben;   er  ist  nur  in  einer  Gruppe  jüngerer  Handschriften  als  Ver- 

'.  fosser  genannt;  dagegen  wird  in  allen  älteren  Handschriften  des  Barlaam 

^  einstimmig  berichtet,  dass  diese  erbauliche  Geschichte  von  Johannes,  einem 

^  Mönche  des  Sabbasklosters,  aus  Indien  nach  Jerusalem  gebracht  worden 

Bei:   '^lütoQia  xjjvxonifsXriq  ix   rrjg   ivdoräQaq  räv  Ald-ionwv  %(6qaq^   trjg  ^IvSßv 

^^  XeyofAävtfij  TiQog  vrjv  äy(av  noXiv  /xetsvsxx^eTaa  iid  ^Icodvvov  fiovaxov^  ävÖQog 

5^1  Tifuov  xai  evagätov  /lot'rjg  tov  ayiov  2aßßa,   Nur  zwei  Handschriften   ver- 

f  merken  im  Titel,  das  Werk  sei  von  Euthymios,  dem  Iberer  (f  1026), 

;    ins  Griechische  übersetzt  worden.     Dass  diese  Angabe  nicht  richtig  sein 

^  kann,    hat   Zotenberg   nachgewiesen;    sie   stammt  offenbar   von    einem 


SS8    Byiantiiüaeh«  LittoratvrgSHhiehte.   ID.  Tali 

iberischen  Möncho ,  der  im  Schwünge  patr 
Ituhmesk ranze  seines  Landsmannes  noch  eil 
wollte.  Mit  einiger  Sicherheit  läset  sich  jetzt 
chische  Barlaamroman  ist  in  Palästina, 
des  hl.  Sabba»,  von  einem  griechischen  Uönch< 
Die  Abfassung  geschah,  wie  sich  namentlicl 
ergibt,  in  der  ersten  Hälfto  des  7.  Jahr 
in  welcher  der  Geschmack  an  der  christlic 
auch  sonst  hervortritt;  damals  las  man  vol 
des  Kyrillos  von  Skythopolis  {a.  §  83)  un 
wie  den  L«imon  dos  Johannes  Moschoa  (. 
die  auf  die  weitesten  Krpise  berechneten  Erzi 
Neapolis  (s.  g  86);  damals  begann  auch  der 
kreis  wie  das  Adambuch  sich  zu  verbreiten 
Wenn  nun  auch  der  Barlaamroman  i 
Tendenz  und  Verbreitung  zu  den  wahren  V 
sehen  Zeit  gorechnet  werden  muss,  so  steh 
Vulgärgriecliischcn  fern.  Sein  Verfasser  ist  i 
die  Darstellung  der  Kirchenväter  zum  Musti 
korrekt  und  fliessend,  sein  Stil  lebhaft  und  l 
unvermeidlichen  Zugabe  rhetorischer  Färbut 
stoben  so  isoliert,  das»  man  sie  wohl  einem 
Die  Überlieferung  des  griechischen  Textes 
Schriften,  von  denen  die  ältesten  dem  11.  J 
leidigen  Umarbeitungen,  Zusätze  und  Weglassi 
konstitution  der  meisten  mitt<?lalterlichen  Voll 
keiten  bereiten,  sind  beim  Barlaamroman  ni< 
als  ein  ehrwürdiges  und  formal  abgenindetej 
welches  die  Abschreiber  eino  ähnliche  Zuri 
gegen  die  klassischen  Texte  und  die  Kirch 
dass  sich  das  Buch  anfänglich  wenig  verbi 
seit  dem  11.  Jahrhundert  wissen  wir  von  Ven 
Zeit  an  zahlreich  erhalten  sind;  auch  geschii 
Erwähnung,  weder  in  Legenden,  noch  in  geist 
die  Sanktion  der  Kirche  erst  später  erfolgte 
Übersetzung  des  Barlaam  von  Petros  Kas 
nus  16a  (Venedig)  und  im  Cod.  Canonicianu» 
breitung  des  Barlaam  datiert  mithin  aus  de 
die  Sindibadgcschichtcn  und  Kaliluh  v 
Dass  die  Wanderung  dieser  orientalischen  Büel 
beginnt,  hängt  wohl  mit  der  grossen,  von 
Osten  nacli  Westen  flutenden  Kulturbewegung 
Züge  einleitete  und  begleitete.  Die  meisten  i 
tungon  des  Barlaam  flössen  aus  einer  latei 

')  Vgl.  H.  Geiler,  SeituB  Julius  Afri-  |  ■)  i 

oanns  II  1,  '2M-273.  { 


Barlaam  und  JoMaph.    (§  392)  889 

und  Deutschland  stark  verbreiteten  Übersetzung  des  griechischen 
deren  älteste  Handschriften  ins  12.  Jahrhundert  zurückreichen, 
eutschland  wurde  er  vornehmlich  durch  das  schöne  Werk  des 
olf  vonEms  (ca.  1220  bis  ca.  1254)  bekannt;  zwei  andere  deutsche 
ionen  gehören  ebenfalls  noch  dem  13.  Jahrhundert  an.  Aus  derselben 
stammt  eine  christlich-arabische  Übersetzung  des  griechischen 
und  eine  französische  Bearbeitung  des  lateinischen.  Der  christ- 
kbische  Barlaam  wurde  im  16.  Jahrhundert  ins  Äthiopische  über- 
Auch  zu  den  Slaven  und  anderen  Ostvölkem  wie  den  Georgiern 
Armeniern  ist  der  Barlaam  übergegangen.  Neben  der  christlich- 
»ischen  Übersetzung  ist  eine  ältere  nichtchristliche  arabische 
ion  vorhanden,  die  nicht  aus  dem  griechischen  Texte,  sondern  aus 
»mPehlevioriginal  abgeleitet  ist.  Aus  einem  solchen  arabischen  Texte 
die  hebräische  Bearbeitung  des  Ibn-Chisdai  (im  13.  Jahrb.).  End- 
muss  ein  alter  syrischer  Text  vorausgesetzt  werden,  aus  dem  wahr- 
linlich  die  armenische  Erzählung  stammt.  Der  syiische  Text  selbst 
&  -vielleicht  die  Übersetzung  eines  älteren  verlorenen  griechischen  Originals, 
^-xm  welchem  der  edierte  griechische  Text  eine  erweiterte  Umarbeitung 
ksrstellt. 

1.  Ausgaben:   Erste  Ausgabe   des  griechischen  Textes  von  Fr.  Boissonade, 
»«sdota  gr.  4  (1832).    Boissonade  hat,  um  einer  von  Schmidt  und  Kopitar  geplanten  Aus- 

zuvorzukommen,  mit  grosser  Eilfertigkeit  gearbeitet  und  selbst  von  den  20  Pariser 
nur  zwei  benützt.  —  Seine  Ausgabe  wurde  wiederholt  (unter  den  Werken  des  Johannes 
Damaskos)  bei  Migne,  Patrol.  gr.  96,  857—1250.  —  Eine  neue  Ausgabe  des  griechischen 
K^«6  veranstaltete  ohne  Kenntnis  der  Ausgabe  von  Boissonade  auf  Grund  von  Athoshss 
plironios  Kechajoglus:  'laiogia  avyyqaffBlffa  nagd  tov  iy  ayloig  'Itadfvov  rov  JafAa" 
ya^w  SkaXafAßdvovtftt  toy  ßioy  rtßyoaifoy  naregiuy  tifiüiy  Ba^XadfA  xal  'itodaatp  dyix^oxog 
9«rcc  (!)  indidorai  ^Stj  iXXtjyurii  vno  liatpqoyiov  fAoya^ov  *JyiOQ6ijov  ix  'Paidsatov  Ke^^' 
^o^Äov  ^;i(  jß  ßdaei  fiefißgatytoy  x^iqoygdqitoy  trjg  4y  j(^  dyiütyvfitp  ogei  legdg  axijretos 
^«  ^iongofxfJTOQog  "JyyfjSj  Athen  1884.  —  Eine  lateinische  Uebersetzung  des  griechi- 
*B£^en  Textes  wurde  oft  gedruckt,  z.  B.  in  den  Opera  Joannis  Damasc,  Basileae  1575 
^^  815-904. 

2.  Hilfsmittel  (Herkunft,   Abfassungszeit,   griechischer  Text):   Kritische  Hemer- 
Igen  und   Varianten   zum   griechischen  Text  aus   6   Wiener  Hss  gab    A.  Schubert, 

wner  Jahrbücher  der  Litteratur  63  (1833)  44—83;  72  (1835)  274-288;   73  (1836)  176 

^j  203.    —    Litterarhistorische  Abhandlung  von   Val.  Schmidt,   Wiener  Jahrbücher  der 

^«iteratur  26  (1824)  25—45.  —  Th.  Grässe,  Lehrbuch  einer  allgemeinen  Literärgeschichte 

2^1t351;  113,460.    —   John  Dunlop,   Geschichte  der  Prosadichtungen,   aus   dem  Eng- 

.  Visehen  übertragen  von  Felix  Uebrecht,  Berlin  1851  S.  27  ff.;  462  f.  =  History  of  prose  fiction 

1  (1888)  64  ff.;  90.  —  Karl  Goedeke,  Every-Man,  Hannover  1865  S.  7  ff.  —  Nachweis 

^BT  indischen  Herkunft  des  Barlaam:  Felix  Liebrecht,  Die  Quellen  des  Barlaam  und 

'  Josaphat,  Eberts  Jahrbuch  für  romanische  und  englische  Litteratur  2  (1862)  314—334.    Mit 

einigen  Veränderungen  wiederholt  in:    F.  Lieb  recht.    Zur  Volkskunde,    Heilbronn    1879 

8.  441—460.    Italienisch  mit  Zusätzen  des  Uebersetzers  Emilio  Teza,  Fonti  del  Barlaam 

^-  •  Giosafatte  in  den:  Sacre  rappresentazioni  dei  secoli  14,  15  e  16,  raccolte  e  illustrate  per 

•.  ears   di  Alessandro   d'Ancona  vol.  2  (Florenz   1872)    146—162.     VgL  noch   Liebrecht, 

r  literaturblatt  für  german.  u.  rom.  Philologie  1884  8.  118.    —    E.  Gosquin,    La  legende 

^'  des    saints   Barlaam    et  Josaphat,   Revue    des   questions   historiques  28   (1880)  579—600. 

-.1  Wiederholt  in  desselben  Verfassers:    Contes  populaires  de  Lorraine  1  (Paris  1887)  Introd. 

^   8.  47—56.   —  Max  Müller,  Selected  essays  1  (1881)  533  ff.  -  M.  Landau,  Die  Quellen 

'   des  Dekameron,   2.  Aufl.,   Stuttgart  1884  S.  221 — 224.    —   üeber  eine  bei  Zotenberg  und 

y-  Kuhn  noch  nicht  genannte  Hs  des  Ibererklosters  auf  dem  Athos  vgl.  Sp.  P.  Lampros, 

.    'EXXfjyued  /ci^oV^a^a,  'Eaiia  v.  21.  November  1893  (Nr.  47).   —    Benützung  des  Barlaam 

durch   einen  Bearbeiter  der  Legende  des  hl.  Martinian  nachgewiesen  von  P.  Rabbow, 

Die    Legende    des  hl.   Martinian,    Wiener   Studien    17   (1895)  271—277.    —    Die    zwei 

neuesten  Hauptschriften  verdanken  wir  Zotenberg  und  Kuhn:  H.  Zotenberg,  Notice  snr 

le  livre  de  Barlaam  et  Josaphat,  Paris  1886  (=  Not.  et  extr.  26, 1).    Er  handelt  nament- 


e-1. 


890     BysantinlBche  LitteratnrgeBchiclite.   IIL  Ynlgärgrieoh.  litterater.  Ij 

lieh  über  die  Abfassungszeit  und  den  Autor  des  Barlaam  und   gibt  han« 
terial  zum  griechischen  Texte,  sowie  Auszfige  aus  der  christlich-arabischen  und 
Version.    Vgl.  die  Besprechungen  von   Gaston  Paris,   Revue  critiqne  1886,  Ji 
bis  447,  und  J.  Halövy,  Revue  de  Fhistoire  des  rebgions  15  (1887)  94—107.  — Rl 
Barlaam  und   Joasaph,  Abhandl.    bayer.  Akad.   20.  Bd,  1.  Abt.    (1894)    1—88.  - 
Punkte   der  Darlegungen  Kuhns  werden  weiter  verfolgt  in  zwei  engl  lachen 
Jacobs,    Barlaam   and  Josaphat,   London  1896.  —  F.  G.  Conybeare,   The  Btriaii 
Josaphat  Legend,  Folk-Lore  7  (1896)  101-142. 

3.  Griechische  Quellen:  Dass  der  für  verloren  gehaltene  griechiiek»' 
der  Apologie  des  Aristides,  von  welcher  bis  dahin  nur  eine  syrische  und 
Uebersotzung  bekannt  war,   in  der  Predigt  Nachors  (Barlaam  ed.  Boissonade  S. 
dazu  ein  kleines  Stück  S.  49)  vorliegt,  hat  J.  Armitage  Robinson  entdeckt:  The 
of  Aristides   on   behalf  of  the   Christians  from   a  Syriac  ms  preserved    on 
edited  with  an  introduction  and  translation  by  J.  Rendel  Harris  etc.  With  an  apj 
containing    the  roain  portion  of  the  original  Greek  text  by  J.  Armitaii 
binson  etc.,  Cambridge,  University  press  1891  (=  Texts  and  Studiea,  edited  br  J.j 
tage  Robinson  I  1).  —  Wenig  Neues  bringt  M.  Picard,  L'apologie  d^Aristide,  Pni 

—  Eine  Rekonstruktion  der  ursprünglichen  Gestalt  der  Apologie  des  Aristides  anfGnriB'f 
armenischen   Fragments,   der  syrischen  Uebersetzung  und  der  im   Barlaamromaa  i^Ble 
wahrten   griechischen  Fassung,   für  welche  vier  neue  Hss  beigezogen  werden, 
Edgar   Hennecke,   Die   Apologie   des   Aristides,  I^eipzig,  Hinrichs  1893  (=  Texli 
Untersuchungen  zur  Geschichte  der  altchristlichen  Litteratur  herausgeg.  von  0. 
hardt  und  Ad.  Harnack  IV  3).  —  Ebenfalls  eine  Rekonstruktion   gab:    R.  Seebarg, 
Apologie  des  Aristides  untersucht  und  wiederhergestellt,  Forschungen  zur  Gesdudtti 
neutestamentl.  Kanons  und  der  altkirchl.  Litt,  herausgegeben  von  Th.  v.  Zahn  5  ( 
1893)  159-414.  —  Zur  Quelle  der  Erörterungen  über  die  Pflichten  des  Fürsten:  K.P 
ter.  Der  Roman  Barlaam  und  Joasaph  in  seinem  Verhältnis  zu  Agapeta  Königs^icgil 
Z.  2  (1893)  444-460. 

4.  Verbreitung  des  Werkes:    Litteratur  zu  den  deutschen  Bearbeiti 
bei  Karl  Goedeke,  Grundriss  zur  Geschichte  der  deutschen  Dichtung  P  (1884)8. 12f 
373.    —   lieber  die   ältesten  deutschen   Drucke  s.  R.  Muther,   Die   deutsche  B(U!bHii&^^' 
stration,   München  1884  S.  11.   —   Deutsche   Uebersetzung  des  griechischen  Tezt«  ilF  . 
Felix  Liebrecht,  Münster  1847.  ^^^l 

Französische  Bearbeitungen:  Besonders  interessant  sind  Fragmente  einer 

zösischen  Uebersetzung,  die  nicht,  wie  die  übrigen  französischen  Uebersetzungen  nack 

lateinischen  Texte,  sondern  nach  dem  griechischen  Original  gemacht  ist:  P.  Meyer,  ^^"^ijv 
ments  d'une  ancienne  traduction  fran^aise  de  Barlaam  et  Joasaph,  faite  aur  le  texte  pMli^ 
au  commencement  du  treiziäme  si^cle,  Bibl.  de  T^cole  des  chartes  VI®  sörie  2  (1866)  Vlli^^ 
bis  334  (der  französische  Text  steht  im  Athoscodex  Iberon  Nr.  69  am  Rande  des  griedb-l^^ 
sehen  Textes).  1 ''^ 

Arabische  Bearbeitungen:  Zotenberg,  a.  a.  0.     Dazu:  Fr.  Hommel,  Dielhdbl]|e^ 
arabische    Barlaam  Version,   Verhandlungen   des   7.  internationalen   OrientaliatenkongreMikl^ 
semit.  Sektion  (Wien  1887)  S.  115  fr.    Von  Hommel  wird  auch  eine  Auagabe  dwvolklii>| 
digen  arabischen  Version  und  des  aus  dieser  übersetzten  persischen  Textes  vorbereÜiLl^ 

Hebräische  Redaktion:  Nathan  Weisslovits,  Prinz  und  Derwisch,  ein  i 
scher  Roman,  enthaltend  die  Jugendgeschichte  Buddhas,  in  hebräischer  Darstellong 
dem  Mittelalter,  nebst  einer  Vergleichung  der  arabischen  und  griechischen  Paralleheilk  \i^' 
Mit  einem  Anbang  (S.  129—178)  von  Fr.  Hommel,  München  1890.  —  Aaf  diesen  Ai- ll 
hang  bezieht  sich  der  Artikel  von  R.  0.,  Alexius,  Josaphat,  Buddha,  Beilage«!^ 
<Müncbener>  allgemeinen  Zeitung  1890  Nr.  207;  215;  217.  Die  von  Homrael  aufge^eOU 
und  von  R.  0.  angenommene  Behauptung,  dass  die  Legende  von  Alexius,  dem  MtBit 
Gottes,  ein  Reflex  der  Buddha- Barlaamgeschichte  sei,  schwebt  in  der  Luft. 

Slavische  und  sonstige  östliche  Bearbeitungen:  A.  Kirpi6nikov,  Grieduscht 
Romane  in  der  neueren  Litteratur,  2.  Teil,  Charkov  1876  (ruas.).  Vgl.  die  eingehende  Be* 
sprechung   von   A.    Veselovskij,    Joum.    Min.  1877   Bd    192  Juli— Auguat  S.  122 -15i 

—  St.  Novakoviö,  Barlaam  und  Joasaph,  Belgrad  1881  (—  Glasnik  Srpskog  U^enog 
Dru§tva,  Bd  50)  (serbisch).  —  M.  Gaster,  Literatura  populara  romana,  Bukarest  \^ 
S.  32-— 53.  VgL  desselben  Greeko-Slavonic,  London  1887  S.  111  ff.  —  Einen  russischeD 
Auszug  des  Barlaam  veröffentlichte  die  Gesellschaft  der  Freunde  des  alten  Schrifttniiis. 
Nr.  88,  Petersburg  1887.  ~Iv.  Franko,  Barlaam  und  Joasaph.  Altchristlicher  geistlicher 
Roman   und   seine   litterarische  Geschichte.     Beigabe:    Zeichnungen  und   Textproben  ans 

einer  Hs  des  16.  Jahrb.,  Zapiski  der  wiss.  Gesellsch.  Sev6enko,  vol.  7,  Lemberg  1895  (klein- 
russ.)  (mir  unzugänglich). 

Georgische  Bearbeitung:  Textproben  mit  eingehender  Erörterung  gabN.  Marr. 


ByntipM.    (§  893)  891 

des  Balavar.  Grusinische  Version  der  erbaulichen  Geschichte  von  Barlaam  und 
Zapiski  der  Orient.  Abteilung  der  k.  russ.  arcfaaeolog.  Gesellschaft  III  223—260. 
Kuhn,  a.  a.  0.  S.  9  ff. 
Ueber  zwei   armenische  Redaktionen  berichtet  M.  Brosset,   Bull,  de  Facad^mie 
dences  de  St-P^tersbourg  24  (1878)  561-567. 

5.   Bibliographie:  Eine  vollständige  bibliographische  Uebersicht  sämtlicher  orien- 
er  und  occidentalischer  Versionen  des  Barlaam   findet  man  in  der  oben  erwähnten 
«^mdlnng  von  £.  Kuhn. 

898.  Syntipas.  Das  berühmte  Volksbuch,  welches  in  den  orientali- 
Yersionen  als  Geschichte  des  Philosophen  Sindbad,  Sindibad, 
dabad,  Sendebad,  Sandabar  oder  Sendabar,  im  Abendlande  als 
ichichte  der  sieben  weisen  Meister,  Dolopathos  oder  Erasto 
iefert  ist,  führt  in  der  griechischen  Bearbeitung  den  Titel:  AI  1er- 
Onste  Geschichte  des  Philosophen  Syntipas  (laTOQMov  2vv%(na 
^Xoa6(pov  ü}Qai6%a%ov  ndvv).  Das  Grundschema  des  Buches,  welches 
ien  meisten  Versionen  wiederkehrt,  ist  folgende  Erzählung:  Ein  König 
einen  klugen  Sohn,  der  von  einem  weisen  Lehrer  erzogen  wird.  Nach 
kuf  der  Studienjahre  erkennt  der  Lehrer  aus  den  Sternen,  dass  seinem 
Gefahr  droht,  und  befiehlt  ihm,  der  Konjunktur  zufolge,  7  (in 
eren  Versionen  10,  auch  40)  Tage  lang  zu  schweigen.  Um  dieselbe 
.&  macht  die  Stiefmutter  dem  Sohne  unkeusche  Anträge,  für  deren 
ickweisung  sie  sich  durch  Verleumdung  desselben  rächt.  Er  wird  vom 
^nige  zum  Tode  verurteilt.  Um  ihn  zu  retten,  erzählen  die  am  Hofe 
^Mreammelten  7  Weisen  (10,  bzw.  40  Veziere)  jeder  an  einem  Tage  eine 
fc  i^Michichte  über  die  Arglist  der  Frauen  und  die  Bedenklichkeit  einer  ohne 
^weise  angeordneten  Verurteilung;  das  rachsüchtige  Weib  erzählt  jedes- 
eine  Gegengeschichte,  um  die  Hinrichtung  zu  bewirken.  Nachdem  so 
Schweigezeit  verbracht  ist,  entdeckt  der  Sohn  den  Sachverhalt  und 
als  unschuldig  erfunden.  Das  ganze  Werk  besteht  demnach  aus  einer 
^i^nrahmenden  Erzählung  und  einer  je  nach  der  Zahl  der  weisen  Meister 
STTeziere)  kleineren  oder  grösseren  Anzahl  eingeschobener  Geschichten. 
^ÜMe  Abweichungen  der  verschiedenen  Bearbeitungen  erstrecken  sich  sowohl 
die  Rahmenerzählung  als  auf  den  Inhalt  und  die  Anordnung  der  Ein- 
iebgeschichten. 

Die  grösste  Teilnahme  erregt  bei  der  Betrachtung  dieses  internatio- 

%alen  Volksbuches,   das,  wie  Görres')  bemerkte,   in   Rücksicht  auf  die 

Zelebrität  und  die  Grösse  seines  Wirkungskreises  die  heiligen  Bücher  erreicht 

^nd  alle  klassischen  übertrifft,  die  Frage  nach  seiner  Herkunft  und  nach 

dem  verwandtschaftlichen  Verhältnisse  der  zahllosen  Abzweigungen. 

Als  ausgemachte  Thatsache  darf  gelten,   dass   die  Heimat  des  Werkes  in 

Indien  zu  suchen  ist.     Den  wahrscheinlichen  Verlust  des  indischen  Ori- 

:^  ginals  erklärt  Benfey^)  sehr  überzeugend  daraus,   dass  die  meisten  ein- 

1^  seinen  Sindbadgeschichten  schon  früh  in  andere  indische  Werke,  besonders 

*  in    das   Panöatantra,   übergegangen   sind.    Die  Namensform  Sindbad 

s  ist,  wie  es  scheint,  eine  in  muhamedanischen  Bearbeitungen  erfolgte  üm- 

'  bildung  eines  indischen  Siddhapati  d.  h.  Herr  der  Siddhas,  der  Weisen, 


*)  Die  tentschen  Volksbücher,   Heidel-   |  ')  M^langes  asiatiques  (s.  die  Litteratnr- 

berg  1807  S.  155.  |  angäbe)  HI  2  S.  190. 


892    Bysantinüiohe  Litteratargesohiehte.    IIL  ynlgftrgrieoh.  Idtteratar.  t 


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der  Vollkommenen.    Von  Indien  kam  das  Buch  nach  Persien  und 
dort  ins  Pehlevi  übersetzt;  vom  Pehlevl  übertrug  es  Musa  im  8. 
hundert  ins  Arabische,  vom  Arabischen  wurde  es  ins  Syrische, 
spanische  (i.  J.  1253)  und  Hebräische  übersetzt;^)   vom  Syrischei 
Griechische.    Da  jedoch  die  persische,  arabische  und  sonstige  Vi 
meist  noch  spätere  Überarbeitungen  erfahren  haben,   gestaltet  mA 
Verhältnis  der  Texte  keineswegs  so  einfach,  als  man  nach  dem 
wähnen   könnte.     Jedenfalls   aber   bildet   die    arabische   Überse 
den  Hauptausgangspunkt  für  die  Verbreitung  des  Stoffes  nach  den 
schiedenen  Himmelsgegenden.     Auch   die  griechische  Version  bttq 
grosse  litterarhistorische  Bedeutung;   denn  sie  scheint   trotz  ihrei 
Stellung  im  Stammbaume  die  älteste  und  dem  Original  am  nächsten 
zu  sein.    Vom  Orient  verbreitete  sich  der  Syntipas,  ungefähr  glei< 
mit  dem  Barlaamroman  und  dem  Fürstenspiegel,   in  zahllosen 
abweichenden  Bearbeitungen  einem  stetig  anwachsenden  Strome  vi 
bar  über  das  ganze  Abendland.     Wir  besitzen  lateinische,  altfra: 
italienische,  englische,  holländische,  skandinavische,  deutsche  und  slai 
Syntipasabkömmlinge.     Den   meisten  europäischen   Bearbeitung^ 
der  altfranzösische  Roman  des  sept  sages  de  Rome  unmittelbar 
mittelbar    zu   Grunde.     Eine  zweite  französische  Version,   die  von 
Dichter  Herbert   nach   einem  lateinischen  Texte  in  Verse  umj 
wurde,  ist  nach  dem  Namen  des  Helden  Dolopathos  (Dolopatos) 
Neben   den  Bearbeitungen   des  gesamten  Syntipas   sind  auch  die 
minder  zahlreichen  Reflexe  einzelner  Erzählungen  zu  beachten, 
in   orientalischen  Büchern  und  besonders  in  der  ganzen  mittelal 
Novellenlitteratur  aufleuchten.    Zwei  Hauptwerke,  in  welchen  Gesc! 
von  den  sieben  weisen  Meistern  verarbeitet  wurden,  sind  die  mitielalti^|^i  : 
liehen  Gesta  Romanorum  und  der  Dekamerone  des  Boccaccio.     Iiir 

Alle  Volksbücher,  welche  auf  den  Sindbadgeschichten  beruhen,  ^etou^ 
sich  in  zwei  Hauptgruppen,  eine  orientalische  und  eine  occidentafiskl^' 
Zur   ersten  gehören  die  meisten  Texte  in  orientalischen  Sprachen  nii^^- 
einige  europäische,   welche  unmittelbar  aus  jenen  übersetzt  sind,  wie  iKL\^ 
griechische  und  altspanische;   die  zweite  umfasst  vorzugsweise  dieB»* 
arbeitungen  des  europäischen  Mittelalters,  die  Historia  Septem  sapientini, 
den  Dolopathos,  Erasto  (Erastus)  u.  s.  w.,  auffallenderweise  aber  auch  äaei 
armenischen  Text.     Alle  orientalischen  Versionen  haben  gemeinsame  He* 
mente,   unter  welchen  ein  Buch  als  Grundlage  erkennbar  ist,   ebenso  & 
occidentalischen,  wobei  aber  die  Berührungspunkte  der  orientalischen  v«^ 
schwinden.     Diese  zwei  Gruppen  bilden  die  zwei  wichtigsten  Phasen 
in  der  Gesamtgeschichte  des  indischen  Buches.     Unter  den  mannigfachei 
Veränderungen,   die   der  Syntipas  auf  seinen  Kreuz-  und  Querfahita 
erlitt,  ist  die  Thatsache  beachtenswert,  dass  der  Schauplatz  der  Rahmen- 
erzählung und  die  Personennamen   mit  den  Bearbeitungen   selbst  von 
Osten  nach  Westen  vorrücken:  in  den  orientalischen  Versionen  spielt  die 


')  Der  Ausdruck  «Übersetzen*^  ist  hier 
natürlich    immer    im    mittelalterlichen 


Sinne  einer  freien  Uebertragung  oder  Um 
arbeitung  zu  nehmen. 


ByntipMu    (§  393)  893 

shichte  in  China,  Indien,  Persien;  in  der  einen  altfranzösischen  zuerst 
Lonstantinopel,  später  in  Rom,  in  den  übrigen  abendländischen  durch- 
in  Rom,  und  der  Fürst  erscheint  als  ein  römischer  Kaiser  (Diocletian) ; 
lat  auch  der  griechische  Bearbeiter  mit  Rücksicht  darauf,  dass  für 
Bn  Leserkreis  der  indische  Kuru  ein  unbekannter  Name  war,  den 
ig  seiner  Erzählung  zu  einem  Perser  Kyros  gemacht.  Auf  das  genea- 
iche  Detail  der  einzelnen  Bearbeitungen  kann  hier  nicht  eingegangen 
ien. 

Der  griechische  Syntipas  gehört,  wie  bemerkt,  zur  orientali- 
an  Gruppe.  In  einem  jambischen  Gedichte,  welches  dem  Prosatexte 
ausgeht,  berichtet  ein  gewisser  Michael  Andreopulos,  dass  er  das 
jrrischer  Sprache  verfasste  Buch  im  Auftrage  des  erhabenen  Herzogs 
•riel  ^noXecog  fxeliovv/jiov''  ins  Griechische  übertragen  habe;  unter  diesem 
iten  ist  nach  der  scharfsinnigen  und  zweifellos  richtigen  Vermutung 
iparettis  der  historisch  wohl  bezeugte,  nominell  vom  byzantinischen 
3  abhängige  Fürst  Gabriel  von  Melitene  (in  Armenien)  zu  verstehen, 
am  Ende  des  11.  Jahrhunderts  herrschte.     Der  griechische  Bearbeiter 

natürlich,  wie  er  auch  selbst  verrät,  XQtaxov  Xdvqiq,  und  in  der  That 
en  sich  in  dieser  Version  zum  ersten  Male  Spuren  christlicher  Welt- 
ihauung,  obschon  die  orientalische  Färbung  noch  vorherrscht;  sie  bildet 

ein  Mittelglied  zwischen  den  rein  orientalischen  Versionen  und  den 
ndländischen ,  welche  vom  Geiste  des  christlichen  Rittertums  erfüllt 
1.  Der  griechische  Syntipas  ist  in  drei  stark  von  einander  abweichenden 
aktionen  erhalten.  Die  erste  steht  in  dem  von  Matthaei  benützten, 
dem  aber  nicht  mehr  eingesehenen  Cod.  Mosq.  Synod.  298  (436  bei 
dimir),  der  allein  das  erwähnte  Gedicht  des  Andreopulos  enthält,  im 
I.  Strassburg  gr.  5  und  im  Cod.  Monac.  gr.  525.  Diese  Bearbeitung 
in  der  byzantinischen  Kunstgräzität  abgefasst.  Eine  zweite  Redak- 
,  die  der  ursprünglichen  Übertragung  vielleicht  näher  steht  als  die 
ber  genannte,  ist  in  den  Codd.  Vindob.  bist.  gr.  120,  Paris,  gr. 
2  und  Paris,  suppl.  gr.  105  und  in  dem  noch  nicht  benützten  mit 
i  Vindob.  eng  verwandten  Cod.  Marc.  605  fol.  264—312,  überliefert; 
ist  in  einer  einfachen,  fliessenden,  lexikalisch  und  syntaktisch  auf  dem 
Lsmässigen  Idiome  beruhenden,  jedoch  durch  gelehrten  Einfluss  nament- 

in  der  Formenlehre  wesentlich  temperierten  Sprache  geschrieben. 
B  dritte  Redaktion  ist  die  aus  dem  Jahre  1626  stammende  neugrie- 
che  Übersetzung  im  Cod.  Dresdensis  D.  33.  Wie  sich  zu  ihr  die 
as  ältere  neugriechische  Übersetzung  im  Cod.  Athous  3886  a.  1624 
lält,  steht  dahin.  Die  Entstehungszeit  der  Moskauer  Redaktion  muss 
erwähnten  Gedichte  zufolge  ins  11.  Jahrhundert  gesetzt  werden; 
Bgen  lässt  sich  der  Pariser-Wiener  Text,  auf  dessen  Chronologie  es 

allem  ankommt,  vorerst  nicht  genauer  datieren.  Noch  nicht  näher 
innt  sind  die  Codd.  Vatic.  gr.  335  fol.  58  und  Harl.  5560. 

1.  Auggaben  griechischer  Texte:  Ed.  pr.  Fr.  Boissonade,  Paris  1828  (nach 

Codd.   Paris,  mit  Kommentar).  —  £d.  Alfr.  Eberhard,  Fabolae  Romanenses,  vol.  I 

;ig,  bibl.  Teabner.  1872  (die  zwei  älteren  Redaktionen  vollständig,  die  neugriechische 

nzelnen  Proben).  —  Eline  von  dem  Dresdener  Codex  (ob  auch  von  dem  Athous  8886?) 


894     Bysantiniiohe  Litteratnrgeiohichte.    in.  Vvlgirgrieoh«  LiiUiraiBr.  tlJ 

abweichende  neugriechische  Uebersetzong  erschien  Venedig  1805   imter  (kiH 
Mv&oXoyixoy  Zvytina  xov  (pi>Xoa6<pov  tu  nXetaitt  nBQUQyov,  ^ 

2.  Hilfsmittel:  Emendationen  zur  Ausgabe  Eberhards  von  C.  Bursiai.  ■ 
Gentralbl.  1873  S.  1103  f.  —  Zur  Sprache:  Gust.  Meyer,  Die  sprachlichen  EigwIM 
keiten  im  Syntipas,  Zeitschrift  f.  d.  Österreich.  Gymnasien  1875  8.  331 — 345.  —  Zv(d 
logie:  J.  Psichari,  Essais  de  grammaire  historique  n^o-grecque  1  (Paris  1886]  &9 
N.  Polites,  Jrifjuuefj  ßißXia,  Taxia  1877  S.  433—438.  | 

3.  Die  Siebenzahl  der  Philosophen  im  griechischen  Sj^otipas  hat  verachietefl 
Vorbilder  wie  die  7  ältesten  Weisen  Griechenlands,  die  7  Weisen  am  Hofe  des  Etim 
7  athenischen  Philosophen,  die  nach  der  Sage  die  Tochter  des  Leontios,  die  tplteil 
roablin  Theodosios*  II,  Eudokia,  nach  Epel  begleiteten,  endlich  die  7  Philosophen,  iiJ 
der  Aufhebung  der  Hochschule  in  Athen  nach  Persien  flüchteten.  Vgl.  F.  Uregortd 
Athenais,  Leipzig  1882  S.  65  f.  —  U.  v.  Wilamowitz-Möllendorff,  HenMl 
(1890)  198  f.  J 

4.  Ausgaben  sonstiger  Bearbeitungen  des  Syntipas  und  allgemeiae  Hil 
mittel:  Eine  syrische  Version  ed.  Fr.  Baethgen,  Sindban  oder  die  7  weis«  Im 
Diss.,  Leipzig  1879.  Nöldeke,  Zeitschr.  d.  deutschen  morgenländ.  Gesellseh.  SSfl 
513—536,  hält  diese  syrische  Version  für  das  Original,  welches  dem  Andreopoloa  m 
und  will  die  vorhandenen  Abweichungen  im  wesentlichen  auf  die  weitachweiflge  und  mM 
stige  Ausmalung  des  griechischen  Uebersetzers  zurückf&hren  (?).  —  A.  Glonston.l 
book  of  Sindibäd  from  the  Persian  and  Arabic  with  introduction,  notes  and  appen&  ■ 
vately  printed  1884  (s.  1.;  Vorrede  gezeichnet  in  Glasgow).  Das  Werk  enthält  annerj 
Texten  eine  treffliche  Einleitung  über  die  Komposition  des  Sindib&d  und  Ober  diei]^ 
und  das  Verhältnis  der  orientalischen  Versionen ;  über  die  griechische  Bearbeitnag  l  M 
S.  37  ff.  —  Ueber  eine  der  westlichen  Gruppe  angehOrige  armenische  BearbeitaKi 
P.  Lorch  in  der  Zeitschrift:  Orient  und  Occident  2  (1864)  369-374.  —  Fr.  Müller,  Wi 
die  armenische  Bearbeitung  der  „Sieben  weisen  Meister*,  Wiener  Zeitschrift  f&r  dieU 
des  Morgenlandes  4  (1890)  213—216.  —  Eine  russische  Version  ed.  Th.  Bolgak« 
Petersburg  1878.  Vgl.  W.  Nehring,  Arch.  slav.  Phil.  4  (1880)  335  ff.  -  M.  Mirl 
Die  Geschichte  von  den  sieben  Weisen  bei  den  Slaven,  Sitzungsbcr.  Wien.  Ak.  122(11 
1  —  138.  Behandelt  vornehmlich  die  aus  der  lateinischen  Historia  Septem  Sipiölil 
geflossenen  Redaktionen  der  Böhmen,  Polen  und  Russen,  nur  nebenbei  die  übrigens  s 
im  Anfang  unseres  Jahrhunderts  verf aasten  bulgarischen  und  serbischen  Uebcrti 
gungeu  des  griechischen  Svntipas.  —  Das  Buch  von  den  Sieben  weisen  Meistern  uu  k 
Hebräischen  und  Griechischen  zum  erstenmale  übersetzt  von  Heinr.  Sengelmu 
Halle  1842.  --  Mischle  Sindbad,  Secundus-Syntipas.  Ediert,  emendiert  und  erkliit  t 
Paulus  Cassol,  Berlin  1888  (hebräischer  Text  mit  Uebersetzung). 

Ueber  die  orientalischen  Versionen,  besonders  über  das  vorauszusetzende  indisd 
Original:  Th.  Benfey,  M^langes  asiatiques  tir^s  du  bulletin  historico-philologiq« 
Tacad^mie  imperiale  de  St.-P^tersbourg,  tome  III  2  (P^tersbourg  1858)  188-203.  - 1 
Benfoy,  Pantschatantra,  I.  Teil,  Leipzig  1859.  —  Karl  Goedeke,  Liber  de  »ffe 
sapientibus,  in  der  Zeitschrift:  Orient  und  Occident  3  (1864—66)  385-423. 

Die  zwei  neuesten  Hauptschriften  sind:  Dom.  Gomparetti,  Ricerebe  iiita 
al  libro  di  Sindibäd,  Memorie  del  R.  istituto  Lombarde  di  scienze  e  lottere,  claM 
lettere,  vol.  11,  Milano  1870,  und  Marcus  Landau,  Die  Quellen  des  Dekameron',  Sti 
gart  1884  S.  28—89.  —  Vgl.  noch  M.  Gast  er,  Literatura  populara  romana,  Bubi 
1883  S.  54—72,  und  desselben:  Greeko-Slavonic,  London  1887  S.  115  ff.  —  Ein  Venei^ 
von  Ausgaben  und  Hilfsmitteln  (bes.  für  die  abendländischen  Versionen)  gibt  Karl  6< 
deke,  Grundriss  zur  Geschichte  der  deutschen  Dichtung  V  (1884)  348  ff.;  466  f.  - 
den  französischen  Bearbeitungen:  Gaston  Paris,  La  litt,  fran^aise  au  moyen-ftge,  Pi 
1888  S.  82:  255  f.,  und  H.  P.  Junker,  Grundriss  der  Geschichte  der  französischen  Litten^ 
Münster  1889  S.  99  f.  —  Zu  den  englischen:  Gusi  Körting,  Grundriss  der  Ge8cbt( 
der  engl.  Litteratur  S.  117  f. 

5.  Dem  Philosophen  Syntipas  schreibt  Matthaei  auch  eine  Sammlung  ftso 
scher  Fabeln  zu,  die  m  demselben  Moskauer  Codex,  der  auch  die  Geschichte  von 
Sieben  weisen  Meistern  enthält,  unter  dem  Titel:  Ivvxlna  tov  q:iXoa6(foif  ix  rtor  na^i 
/x(crix(ay  avrov  Xoyuiv  überliefert  ist.  Diese  Ueberschrift  stammt  vielleicht  von  ei 
Kopiston,  der  sich  durch  die  äussere  Aehnlichkeit  beider  Werke  und  ihre  Vereinigm 
einer  Handschrift  zu  der  Annahme  verleiten  liess,  dass  sie  von  demselben  Autor  stami 
(regen  diese  Annahme  spricht  nicht,  dass  im  Cod.  Athens  1025  s.  15  die  Fabeln 
Syntipas  mit  demselben  Titel  wie  im  Mosq.  nicht  mit  der  Geschichte  von  den  Si 
weisen  Meistern,  sondern  mit  den  Fabeln  des  Aesop  und  den  Tetrasticha  des  Ign 
vereinigt  sind.  In  der  neueren  bibliographischen  Litteratur  ist  die  mit  dem  Namer 
Syntipas  geschmückte  Fabelsammlung   öfter  mit  dem  wahren  Syntipasbuche 


Stephanitei  und  Ichnelatei.    (§  394)  895 

)]t  worden.    Eine  aramäische  Bearbeitung  derselben  Sammlung  geht  unter  dem 

ifalls  aus  Aesopos  verunstalteten)  Namen  Sophos,   eine  Thatsache,  die  übrigens 

»  Frage  nach  dem  Ursprünge  der  äsopischen  Fabeln  ohne  Bedeutung  bleibt.   Ed.  pr. 

0m  Pseudo-Syntipas  von  Chr.  Fr.  Matthaei,  Syntipae  philosophi   Persae  fabulae 

Graece  et  Latine,  Lipsiae  1781.   —   Varianten  zum  Texte  gab  Chr.  Fr.  Matthaei, 

CJUc  *EXXi]yixd  seu  Varia  Graeca,  Mosquae  1811  S.  276  ff.  —  Die  aramäische  Bearbei- 

ed.  Jul.  Landsberger,   Mathle  desuphus,   die  Fabeln   des  Sophos.  Syrisches    Ori- 

(!  ?)   der  griechischen  Fabeln  des  Syntipas,   Posen   1859.   —   Vgl.   Landsberger, 

cahr.  d.  deutschen  morgenländ.  Gesellsch.  12  (1858)  149—159.   —  Besprechungen  des 

fc<8  von  Landsberger  gaben  Th.  Benfey,   Orient  und  Occident  1  (1862)  354—365, 

^er,  Zeitschr.  d.  deutschen  morgenländ.  Gesellschaft  14  (1860)  586—593,  und  L.  Roth, 

0lberger  Jahrbücher  53  (1860)  1.  Hälfte  S.  49—58.   Sämtliche  drei  Gelehrte  verbalten 

^egen  die  kritiklose  Behauptung  Landsbergers,  die  syrische  Fabelsammlung  sei 

Original,  gänzlich  ablehnend  und  beweisen  zur  Evidenz,  dass  es  sich  um  eine  üeber- 

■Ji^  aus  dem  Griechischen  handelt.  —    Vgl.  auch  H.  Grauert,  De  Aesopo  et  fabulis 

9Ü8,  Bonnae  1825  S.  95  ff.   —  Ausser  in  der  Moskauer  Hs  stehen  die  Fabeln  z.  B. 

.    im  Cod.  Vindob.  phiL  gr.  166  (Nessel)  foL  152  ff. 

394.  Stephanites  und  Ichnelates.  Die  berühmte  Geschichte  von 
.  ilah  und  Dimnah  (Kalilah  va  Dimnah),  die  in  der  griechischen  Be- 
^itung  2t6(pavi%rfi  xal  ^IxvrjlaTrfi  betitelt  ist  und  wegen  ihres  Inhaltes 
fem  Fürstenspiegel  genannt  wird,  hat  nach  ihrem  Stoffe,  ihrer  6e- 
«hte  und  Verbreitung  grosse  Ähnlichkeit  mit  dem  Syntipasbuche.     um 

Jahr  500  n.  Chr.  befand  sich  in  Indien  —  wir  wissen  nicht,  seit  welcher 
i,  vielleicht  schon  seit  dem  2.  Jahrhundert  v.  Chr.  —  ein  von  Buddhisten 
efasstes  Sanskritwerk,  in  welchem  unter  der  Hülle  von  Tierfabeln 
r  genauer  von  Erzählungen,  in  welchen  Tiere  die  Rolle  von  Menschen 
den,  gelehrt  wurde,  wie  Fürsten  über  ihre  Völker  herrschen 
Len.  Dieses  didaktische  Buch,  das  später  in  Indien  selbst  noch  mannig- 
ä€  Wandelungen  erlitten  hat  und  zum  Teil,  mit  Verwischung  des  ur- 
inglichen  Zweckes  und  der  buddhistischen  Färbung,  in  das  Pan<l^atantra 
arbeitet  worden  ist,  wurde  im  6.  Jahrhundert  n.  Chr.  von  einem  persischen 
te  Barzöe  indiePehlevlsprache  übersetzt.  Der  uns  verlorene  Pehlevl- 
b  wurde,  etwa  100  Jahre  nach  der  Eroberung  Persiens  durch  die  Muha- 
laner,  im  8.  Jahrhundert  ins  Arabische  übertragen,  wobei,   ähnlich 

beim  Sjmtipasbuche,  eine  im  Werke  selbst  vorkommende  Person,  der 
losoph  Bidpai,  zum  Verfasser  gestempelt  wurde.  Alsbald  verbreitete 
i  das  Werk  über  alle  Völker,  die  mit  den  Arabern  in  Berührung 
aen.  Durch  eine  hebräische  Übersetzung  wurde  der  Fürstenspiegel 
lie  europäischen  Litteraturen  eingebürgert;  aus  ihr  stammt  die  schlechte 
;einische  Übertragung  des  Johannes  von  Capua,  die  zwischen  1263 
1  1278  abgefasst  wurde.  Dagegen  floss  eine  altspanische,  um  1251 
schriebene  Bearbeitung  wahrscheinlich  aus  einem  unmittelbar  aus  dem 
abischen  übersetzten  lateinischen  Texte.  Neben  diesen  aus  dem  Arabi- 
aen  abgeleiteten  Übertragungen  existiert  eine  syrische  Übersetzung, 
3  unmittelbar  nach  dem  Pehlevltexte  angefertigt  ist  und  jetzt,  von  den 
blenden  Teilen  abgesehen,  als  der  treueste  Repräsentant  des  verlorenen 
üschen  Originals  erscheint.  Endlich  wurde  der  Fürstenspiegel  im  14. 
d  15.  Jahrhundert  in  italienischen,  deutschen,  englischen,  hol- 
odischen,  dänischen  und  anderen  Bearbeitungen  verbreitet.  Die  Ur- 
in des  Werkes  zersplitterte  sich  durch  die  willkürlichen  Änderungen, 
Sätze  und  Weglassungen  der  Übersetzer  in  zahllose  Redaktionen. 


898    Bysantiiiisöhe  ütteratiirgesehiohie.    IIL  Vnlgirgriooli.  Lütontor.  1] 

2.  üebersetzungfln:  Eine  vulgftrgriechische  üebersetsang  derFabdi^^^Q^ 
des  Planudes,  die  wahrscheinlich  Andronikos  Nukios  {Novxio^,  auch  Novxxt^,  .Um 
verfasst  hat,  ist  gedruckt  zu   Venedig   1543.    Vgl.  £.  Legrand,   Bibfa'ogr.  hcHlj 
241 — 243.   —  Eine  vulgärgriechische  Uebersetzung  der  Biographie  ut  wviU 
nicht  zugängliche  Büchlein:  Biog  Jiatunov  tw  ^Qvy'iov,  Venedig  1783.  —  Einelatti 
Uebersetzung  verfasste  nach   1448  Rimicio,  richtiger  Rinuccio    d'Arezzo.    Si 
gedruckt  und  in  mehrere  abendländische  Sprachen  übersetzt  worden.   Näheres  bei  Gj 
Lehrbuch  einer  allgemeinen  Litterärgesch.  II  2  S.  1113—1116;   Goedeke,  Gnatt^AlU 
Gesch.  d.  deutschen  Dichtung  V  369  f.;  vgl.   auch  Grässe,   Tresor  des  lirr«  i 
pr^cieux  I,  und  Brunet,  Manuel  du  libraire  I  s.  v.  Aesopus.  —  Eine  bulgarisck- 
nische  Version  ed.  P.  Syrkn,  Arch.  slav.  Phil  7  (1884)  88—98  (mit  latein.  Ueka^|t  ^ 
von  Jagi6).  —  Ueber  eine  türkische  Bearbeitung  vgl.  0.  Blau,  Zeüschr.  d.  MJ 
morgenländ.  Gesellsch.   28  (1874)  572—575.   —   Ueber  rumänische  Bearbcitmii| 
M.  Gast  er,  Literatura  populara  romana,  Bukarest  1883  S.  104 — 113.  ' 

3.  Hilfsmittel:  Fabricius,  Bibl.  gr.  1,  635  (über  einen  früher  [jetzt  liili^ 
mehr!]    in  Grotta  Ferrata  befindlichen  Codex  s.  11  der  Vita  des  Aesop).  —  J. 
Aesop  in  Aegjpten,  Rhein.  Mus.  5  (1847)  422—456  (bes.  446  ff.).    —   O.  Keller, 
suchungen  über  die  Geschichte  der  griechischen  Fabel,  Jahns  Jahrb.,  Sapplenienft.4| 
bis  1867)  361  ff.  —  M.  Gaster,  Litteratura  populara  romana,  Bukarest  1883  S.  \W 
—  M.  Gaster,   Greeko-Slavonik,  London  1887  8.  112—115.   —  Einen  verwandtv 
sehen  Text  erwähnt  G.  Hoffmann,   Auszüge  aus   syrischen  Akten  persischer 
(=  Abhandlungen  für  die  Kunde  des  Morgenlandes  VII  3)  Leipzig  1880  S.  182  £ 
mit  Sicherheit  vorauszusetzende  griechische  Text   der  orientalischen  GreschieUe 
weisen  Akir  ist  bis  jetzt  leider  nicht  aufgefunden  worden.    Das  HaupthilfiBmitt«!  fkj 
Rekonstruktion   desselben    bieten    die    erhaltenen   slavischen   Texte.     Hauptsdiif 
Jagiö,  Der  weise  Akyrios,   B.  Z.  1  (1892)  107—126   (mit  deutscher  Uebersetnag 
kirchenslavischen  Textes).  —  Dazu  reiche  litterarhistorische  und  bibliographische  fii 
von  E.   Kuhn,  Zum  weisen   Akyrios,  B.  Z.   1  (1892)  127—130.   —   Bruno  Meli 
Quellenuntersuchungen  zur  Haikärgeschichte,  Zeitsch.  d.  Deutschen  Morgenländ. 
48  (1894)  171—197.  —  Chr.  lioparev,  Wort  (Slovo)  vom  hl.  Theosteriktos.    1 
des  alten  Schrifttums  Nr.  94.  In  diese  Vita,  die  mir  leider  unzugänglich  ist,  soll 
und  Akir  eingeilochten  sein.   Vgl.  Arch.  slav.  Phil.  16  (1894)  555.  —  Weitere  lattentv 
in  den  angefahrten  Arbeiten  von  Jagiö,   Kuhn  und  Meissner,   auch  bei  W.  Engeli 
Bibliotlieca  scriptorum  classicorum  1^  (1880)  114  ff. 

4.  Eine  vulgärgriechische   Uebersetzung  der  Fabeln   des  Aesop  und  Babiii 
in  gereimten  politischen  Versen   verfasste  Georgios  aus  Aetolien  (f  1580).    An' 
Athens  Iboron  152  ed.  von  Sp.  P.  Lampros,  JBXtlov  5  (1896)  1—102. 

396.  Die  Assisen  der  Königreiche  Jerusalem  und  CSypem. 

Gesetzgebung,  welche  die  Kreuzfahrer  in  den  von  ihnen  begründeten  oriea-! 
talischen  Herrschaften  einführten,   gliederte  sich  von  Anfang  an  in  zwei 
Hauptstücke,  in  einen  Codex,   der  das  Verhältnis  zwischen  den  itis& 
sehen  Fürsten  und  Lehensleuten  regelte,   und  in  einen  zweiten*,  der  das 
Civil-  und  Strafrecht  enthielt:   die  Assisen^   der  Haute  court  und  die 
Assisen  der  Basse  court  oder  Court  des  bourgeois.   Der  uns  erhaltesB 
französische  Text  der  Assisen  des  Oberhofes  wurde  in    der  Mitte  dee 
13.  Jahrhunderts  (um  1255)   von  den  zwei  französisch-cyprischen  Rechtep 
lehrern  Philipp  de  Navarre  und  Jean  d'Ibelin  abgefasst;  der  franzö- 
sische Text  der  Assisen  des  Unterhofes  ist  anonym;  er  entstand  walur- 
scheinlich  zwischen  1173   und    1188.     Über  die  Zeit   und   die  Umstände 
der  Einfiilirung  dieser  Gesetzbücher  in  Cypern,  in  Morea  und  in  anderen 
lateinischen   Herrschaften   sind    wir  mangelhaft  unterrichtet.     In  beiden 
Chroniken  von  Morea,  sowohl  der  griechischen  wie  der  französischen,  wird 
erzählt,  dass  der  lateinische  Kaiser  Robert  von  Courtenay  (1217—1228) 


*)  Assise,  Partizip  vom  altfranz.  assire   ;   Sitzung,  Gericht  als  Gresetzbuch.   Vgl.  Diez. 
setzen,  sich  setzen,  bedeutet  sowohl  Gerichts-   j   Wörterbuch  der  roman.  Spr.  *  S.  510. 


Die  AMisen  der  EOnifrreiohe  Jeraealeni  und  Cypem«    (§  396)  899 

^Beoffiroy  n  Yillehardouin  das  Recht  erteilt  habe,  in  Achaja  nach  den 

^  zu  richten.   Anderen  Nachrichten  zufolge  soll  schon  Kaiser  Hein - 

lun  1210  dem  Fürsten   von  Achaja  die  Assisen  übergeben  haben. 

fr  steht,  dass  um  1275  die  Assisen  des  Oberhofes  in  Morea  geltendes 

%  waren.   Nach  Euböa  kamen  die  Assisen  wahrscheinlich  von  Morea; 

g  der  Assisen  des  Oberhofes  wurde  i.  J.  1443  fBr  Euböa  von  der 

chen  Republik  geordnet  und  bestätigt.   Dass  übrigens  die  Assisen 

in  allen  Teilen  des  lateinischen  Orients  dieselben  waren,  vielmehr 

Büdgfache  Modifikationen  erlitten  und  auch  mit  älteren  Lokalrechten 

t  wurden,  beweist  u.  a.  eine  armenische  Übersetzung  der  Assisen 

Antioehia  aus  dem  Jahre  1265,  in  welcher  die  Assisen  beider  Höfe  in 

von   der  sonstigen  Überlieferung   vielfach   abweichenden  Form  zu 

Codex  von  39  Kapiteln  vereinigt  sind.     Der  hohe   Wert   dieser 

h-orientalischen  Rechtsbücher  für  die  Geschichte  des  lateinischen 

ts  und  des  griechisch-byzantinischen,  ja  selbst  für  manche  Teile  des 

anischen  Rechtes  ist  längst  anerkannt. 

Die  griechische  Übersetzung  der  Assisen,   die  zunächst  für  das 
^  «ich  Cypem  bestimmt  war,   umfasst   nur  die  Gesetze  des  Unter- 
es; eine   Übertragung  der  wesentlich  die  internen  Verhältnisse  der 
B  und  Lehensleute  betreffenden  Assisen  des  Ob  er  hof  es  in  die  Landes- 
;he  wurde  als  überflüssig  und  vielleicht  sogar  als  wenig  wünschens- 
betrachtet.     Die  Entstehungszeit    der   griechischen  Übersetzung 
sich  nicht  genauer  bestimmen.     Die  Annahme,  dass  sie  schon  unter 
ig  Hugo  I  (1205 — 1218),  dessen  Regierung  für  die  Ordnung  der  Assisen 
.erdings  von  Bedeutung  zu  sein  scheint,  abgefasst  worden  sei,  ist  nicht 
eislich;  jedenfalls  gehören  die  uns  erhaltenen  Texte  einer  späteren  Zeit, 
ihl  erst  dem  14.  Jahrhundert  an.    Ihr  Wert  beruht  hauptsächlich  auf 
ir  sprachlichen  Form;  den  Assisen  und  den  Chroniken  des  Machaeras 
Bustrone   ist   es   zu   danken,   dass   der    neucyprische  Dialekt  in 
em  geschichtlichen  Werden  mit  grösserer  Vollständigkeit  studiert  werden 
als  irgend   eine  andere   neugriechische  Mundart.     Bezeichnend  für 
längst  erkannte  Thatsache,  dass  die  westliche  Kultur  dem  griechischen 
en  nirgends  tiefere,  bleibende  Spuren  einzuprägen  vermochte,  ist  die 
bachtung,   dass   die  meisten   fränkischen   Ausdrücke,    von   denen  die 
iechischen   Assisen  wimmeln,  heutigestags  in  Cypem  wie  im  übrigen 
iechischen  Orient  völlig  unbekannt  und  unverständlich  sind.  Den  griechi- 
schen Text  überliefern  drei  verwandte  Handschriften,  der  Cod.  Paris, 
^r.  1390,    der  1512  geschriebene  Cod.  Paris,  suppl.  gr.  465,   der  von 
Kynas  Mynoides  vom  Athos  nach  Paris   gebracht  wurde,  und  ein  von 
Zachariä  von   Lingenthal  benutzter   zweiter  Athoscodex  des  Laura- 
klosters,  der  ebenfalls  i.  J.  1512  geschrieben  ist,  jedoch  nach  Lingenthals 
Beschreibung  mit  dem  jetzt  in  Paris  befindlichen  Athoscodex  nicht  identisch 
sein  kann.     Eine  vierte  Handschrift  der  griechischen  Assisen  lag  dem 
Florio  Bustrone  (t  1570)  vor,  der  dieselben  für  die  venezianische  Re- 
publik ins  Italienische  übersetzte.   Die  uns  erhaltenen  drei  Handschriften 
weichen  von  dem  Original  des  Bustrone,  das  verloren   zu  sein  scheint, 

57* 


900    Bysantiniiche  litteratargescbiolite.    IIL  Yiügftrgriaelt.  üttarator.  1| 


erheblich  ab  und  stimmen  mehr  mit  dem  ältesten  der  französische 
überein. 

1.  Ausgaben:  Die  griechischen  Assisen   ed.  E.  N.  Sathas,   Mt9. 
Venedig  1877.    Ausser  den  Assisen  enthält  der  Band  byzantinische  Notariatsi 
Formeln  kaiserlicher  Entscheidungen  und  eine  Sammlung  von  kretischen No 
Urkunden.   In  der  Einleitung  handelt  Sathaa  Qber  die  Geschichte  der  griech 
und  über  die  Entstehung  der  Assisen.  —  Französische  Assisen:  Les  livr«  du 
et  des  usages  dou  reaume  de  Jerusalem  pr.  ed.  E.  H.  Eausler,  Stattgart  1839.- 
de  la  court  des  bourgeois  ed.  V.  Foucher»  Rennes  1841.  —  Beide  Arbeiten  siad 
in  dem  zusammenfassenden  Werke  des  Grafen  Beugnot,  Assises  de  J^nisalem  • 
des  ouvrages  de  jurisprudence  compos^  pendant  le  13^  si^cle  dans  lea  rojanmei 
salem  et  de  Chypre,  2  voll.  Paris  1841—43  (=  Recueil  des  historiens  des  croisad^ 
t.  1—2).  —  Die  italienische  Uebersetzung  des  Florio  Bustrone  wurde  nach  der 
von  Venedig  1535  wiederholt  von  Ganciani,    Leges  barbarorum,   tom.  5  (Veaefii 
109—309.  —  Armenische  Uebersetzung:   Assises  d'Antiochie  reprodnites  en 
publikes  par  la  soci^t^  Mekhitariste  (le  päre  L^on  Alishan),  Venedig  1876. 

2.  Hilfsmittel:  Zachariae  von  Lingenthal,  Historiae  iuris  Graeco-: 
lineatio,  Heidelberg  1839  S.  137—190  (Mitteilungen  Aber  die  Athoshandschrift  der 
Laura).  —  Paulin  Paris,  Journal  des  Savants  1841  S.  291— 309.  —  Francis  M 
Godefroi  de  Bouillon   et  les  assises  de  Jerusalem,  Paris  1874.  —  Sonstige  Litti 
zeichnen  Beugnot  und  Sathas. 

397.  Die  Chroniken  des  Leontios  Machaeras  und  des 
Bustrone  sind  neben  den  Assisen  die  wichtigsten  griechischen 
für  die  Erkenntnis  der  mittelalterlichen  Geschichte,  Geographie, 
und  Sprache  der  Insel  Cypern.  Leontios  Machaeras  war  ein  Soki 
Stavrinos  Machaeras,  der  1382  an  den  Beratungen  über  die  WaU 
Nachfolgers  Peters  II  Anteil  nahm  und  für  Jakob  I  Lusignan 
Auch  Leontios  stand  zum  fränkischen  Hof  in  nahen  Beziehtinga; 
folgte  dem  König  Janus  1426  auf  seinem  unglücklichen  Zuge  gegen  & 
Cypern  eingefallenen  Araber  und  unternahm  1434  eine  Gesandtscht 
reise  zum  Sultan  von  Ikonion;  auf  dieser  Reise  traf  er  in  Laranda 
dem  französischen  Reisenden  Bertrandon  de  la  Brocquiöre  za 
der  sein  gutes  Französisch  rühmt.  >)  Über  die  Nationalität  des  Mac! 
kann  mithin  kein  Zweifel  bestehen;  er  gehörte  zu  jenen  Griechen, 
sich  mit  den  fränkischen  Herrschern  befreundeten,  ihre  Sprache  erl 
und  ihnen  als  Dolmetscher,  Sekretäre,  Diplomaten  u.  s.  w.  dienlich  want' 
Die  Chronik  des  Machaeras  beginnt  nach  einem  Überblicke  über  fii 
ältere  Geschichte  der  Insel  Cypern  und  einem  Verzeichnis  ihrer  bedeuteni^ 
sten  Heiligen,  Bischöfe  und  Klöster  in  ausführlicher  Darstellung  mit  doi 
Jahre  1359  d.  h.  mit  König  Peter  I  Lusignan  (1359—1369)  und  r«Ak 
bis  zum  Jahre  1432  d.  h.  bis  zum  Tode  des  Königs  Janus  (1398—1432). 
Am  Schlüsse  folgen  noch  einige  kurze  chronologische  Notizen  bis  zum  Jahit 
1458,  die  offenbar  von  einem  späteren  Kopisten  oder  Besitzer  der  Chrodk 
stammen.  Als  Quellen  benützte  Machaeras  ältere  Chroniken  und  siehe 
auch  offizielle  Archive;  einmal  zitiert  er  das  uns  verlorene  Buch  da 
TXovdv  th  MifxccQg  (Juan  de  Mimars);  ebenso  verweist  er  für  die  Geschichte 
Hugos  IV  (1324—1359)  auf  ein  älteres,  uns  unbekanntes  Werk.  Für  den 
grössten   Teil  seiner  Erzählung  konnte   er    sich  von    seinem   Vater  und 


:  1 


1 


11 


rl^ 


^)  »Item  trouvay  en  ceate  dicte  ville 
de  Larande  ung  gentil  bomme  de  Cypre  que 
Ten  nomme  Lyachin  Castrico  et  ung  aaltre 
que  Ten  nomnie  Lyon  Mapchere,  qui  par- 


loient  assds  bon  fran^ois.*     M.  L.  De  Mas 
Latrie,    Histoire   de   Hie   de   Chypre    lll 

(1855J  3. 


%, 


Chroniken  dei  Leontioi  Maohaeraa  und  des  Georg  Bnatrone.    (§  397)     901 


ren  Verwandten,   die   am  cyprischen  Eönigshofe  eine  Rolle   spielten, 
gende  Informationen  erholen;  die  spätere  Zeit  kannte  er  durch  eigene 
mchtung   in  einer  dem  regierenden  Hause  eng  verbundenen  Stellung. 
tfiaeras  verstand  es  jedoch  nicht,    das  Wichtige  vom  Bedeutungslosen 
interscheiden  und  den  Stoff  übersichtlich  zu  verarbeiten;  er  gibt  mehr 
wüste  Materialiensammlung  als  eine  historische  Erzählung.   Durch- 
lobenswert ist  seine  Haltung;  er  steht  zwar  im  Dienste  der  fremden 
rscher  und  spricht  mit  Achtung  von  ihnen  und  ihrer  Kirche;   er  ver- 
biet aber  keineswegs   seine  griechische  Nationalität  und  seine  Ortho- 
e;  in  freimütigem  Tone  beklagt  er  den  Verfall  der  griechischen  Sprache 
iT  der  lateinischen  Herrschaft  und  verurteilt  gelegentlich  einen  griechi- 
>n  Apostaten  mit  scharfen  Worten.     Die  Sprache  des  Machaeras  ist 
8  seltsame  franko-griechische  Mischidiom,  das  sich  an  den  lateini- 
tn  Höfen  des  Orients  ausbildete.     Die  Grundlage  bleibt  für  die  Laut- 
Formenlehre  wie  für  das  Wörterbuch  der  cyprische  Volksdialekt; 
i  kommt  aber  eine  massenhafte  Beigabe  französischer  und  italienischer 
•ter,   die  nach  Gutdünken    und  mit  willkürlicher  Verwechselung  von 
118,  Genus  und  Numerus  gräzisiert  sind.   Mehr  noch  als  durch  die  bunte 
shung  des  Sprachmaterials  wird  die  Darstellung  des  Machaeras  nieder- 
ückt  durch  den  völligen  Mangel  an  Stilgefühl;  er  hat  keine  Vorstellung 
Satzbau  und  von  einer  logischen  Anfügung  der  Gedanken.   Der  gute 
>iiist  muss  selbst  gefühlt  haben,  wie  übel  es  mit  seiner  Diktion  bestellt 
;  er  macht  einmal  die  sprachgeschichtlich  höchst  interessante  Bemerkung, 
die  Lateiner  auf  Cypern  herrschen,  habe  man  angefangen,  französisch 
emen  und  man  verderbe  das  Rhomäische  und  „wir  schreiben  fränkisch 
rhomäisch,   so  dass  niemand  mehr  weiss,   was  wir  für  eine  Sprache 
jn.**')   Das  Werk  des  Machaeras  wurde  von  Späteren  reichlichst  ans- 
itzt.    Diomedes  Strambaldi  veranstaltete  eine  unvollständige  und 
list   fehlerhafte  Übersetzung    desselben    in    venezianisches  Italienisch; 
incisco  Amadi  (f  1566)  verwertete  es  für  seine  italienisch  abgefasste 
rische   Chronik,   ohne  jedoch  auch   nur  anzudeuten,   dass  er  wörtlich 
einem    fremden    Werke    schöpfe;    endlich    hat    Florio    Bustrone 
1570)  für  seine  italienische  Geschichte  der  Insel  Cypern  den  Machae- 
wie  auch   dessen  Fortsetzer   Georg  Bustrone  ausgiebig  zu  Rate 
3gen. 

Georg  Bustrone  oder,  wie  er  sich  selbst  schreibt,  TtoQz^^g  HoV" 
ovg  {MnovarQovg),  ein  gräzisierter  cyprischer  Pranke  aus  dem  alten 
izösischen  Geschlechte  Bustrone,  war  ein  treuer  Gefahrte  und  Freund 

letzten  Königs  von  Cypern,  Jakobs  H.  Sein  Leben  ist  nicht  genauer 
annt;  doch  wissen  wir,  dass  er  im  Jahre  1458  als  Gesandter  verwendet 

einige  Zeit  von  der  Königin  Charlotta  im  Kastell  von  Nikosia  gefangen 
alten  wurde;  er  scheint  das  Jahr  1501,  mit  welchem  sein  Werk  schliesst, 
it  lange  überlebt  zu  haben.    Georg  Bustrone  schrieb  in  seinem  heimat- 


')  Kai  tino  lores  ttQKi\pav  v«  fia&ayovy 
vyxixn  xal  ßaQßaQtaay  ra  ^wfiaTxa  oig 
y  xai  arjfJtSQoy^  xal  yqaffOfASy  tpQayykixa 


xal  ^(üfiaixa,  oti  eis  toy  xofffioy  diy  ^Mgovy^ 
tyta  avyjvx^yofABy,  S.  124  der  ersten  An- 
gabe (=  S.  85  der  zweiten). 


902    BjsaniinUiolie  UtterainrgMoliiohie.    m.  YnlgiKisiaoli.  Ultanter. 

liehen  Dialekte  eine  Chronik  der  cyprischen  Ereignisse  von  1 
1501,  die  er  zum  grössten  Teil  als  Augenzeuge  beobachtet  hatfa 
Darstellung  ist  ebenso  unbeholfen  wie  die  des  Machaeras;  immerhn 
er  fliessender  und  ist  leichter  verständlich  als  sein  Vorgänger.  Sei 
wurde  später  ausgeschrieben  von  Antonio  Colbertaldo  in  seiner 
di  D.  D.  Catterina  Corner  Regina  di  Cipro,  von  seinem  Verwandten 
Bustrone,  der  im  Auftrage  der  venezianischen  Republik  auch  di 
sehen  Assisen  ins  Italienische  übersetzte  (s.  S.  899),  endlich  von  S 
Lusignan  in  seiner  Histoire  g^n^rale  des  royaumes  de  Hierusaku 
(Paris  1579). 

1.  Ausgaben  der  griechischen  Chroniken:  Beide  Chroniken  ed.  w 
Sathas,  Msa,  ßißXto&^xtj  2,  Venedig  1873.  Der  Band  enthält  noch  eine  ReÜM 
auf  die  Geschichte  Cypems  bezüglicher  Texte,  Aber  welche  die  aosf&hrliche  Eii 
vergleichen  ist,  und  unedierte  cyprische  MOnzen  mit  einer  Abhandlang  von  P. 
—  Eine  neue  Ausgabe  des  Machaeras  (ohne  Bustrone)  veranstalteten  E.  Hill 
N.  Sathas,  2  voll.,  Paris  1881—82  (=  Publications  de  T^oole  des  langues  oriental 
II"  särie,  vol.  2—3).  Der  erste  Band  enthält  den  durch  BenQtarang  der  Oxfoi 
Schrift  verbesserten  griechischen  Text,  dazu  einen  Brief  des  Nikephoros  Gr« 
König  Hugo  IV,  zwei  auf  eine  romantische  Episode  aus  dem  Leben  Peters  I 
bezügliche  Volkslieder  (s.S.  825),  ein  Glossar  der  cyprischen  Idiotismen  und 
mile  einer  um  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts  von  dem  Venezianer  Baptist  Agi 
Palnese  genannt)  gezeichneten  Karte  von  Cypem.  Im  zweiten  Bande  folgt  eij 
sische  Uebersetzung  der  Chronik  und  ein  Sachindex. 

2.  Quellen  und  Ausschreiber  der  cyprischen  Chroniken:  Les 
Chiprois,  recueil  de  chroniques  francaises  ^crites  en  Orient  aux  13®  et  14^  siech 
de  Novaire  et  G^rard  de  Monr^al)  public  etc.  par  Gaston  Raynaud,  Gt 
{—  Publications  de  la  soci^t^  de  TOrient  latin,  särie  historique,  vol.  5).  —  Di< 
Chronik  des  Fr.  Amadi  und  die  italienische  Uebersetzung  des  Machaeras  von  Dio 
baldi  ed.  Renö  de  Mas  Latrie,  Collection  de  documents  in^dits  sur  l'histoire 
Premiere  sörie.  Histoire  politique.  2  voll.,  Paris  1891—1893.  ■—  Die  italienische 
Cypems  des  Florio  Bustrone  ed.  mit  guten  chronologischen  und  sachlichen  In 
de  Mas  Latrie,  Collection  de  documents  in^dits  sur  Thistoire  de  France.  Möl 
riques,  tome  5,  Paris  1886  S.  1—533. 

3.  Geschichtliche  und  geographische  Hilfsmittel:  Sehr  verdiei 
für  seine  Zeit  das  Werk  des  Erlanger  Professors!.  P.  Reinhard,  Vollständige 
des  Königreichs  Cypem,  2  Teile,  Erlangen  und  Leipzig  1766-68.  —  Hauptwc 
de  Mas  Latrie,  Histoire  de  l'tle  de  Chypre  sous  le  regne  des  princes  de  1< 
Lusignan,  3  voll.,  Paris  1852-— 55— 61.  —  Von  demselben  (ausser  vielen  kl« 
trägen) :  Nouvelles  preuves  de  Thistoire  de  Ch vpre  sous  le  r^gne  des  princes  d 
de  Lusignan,  2  voll.,  Paris  1873—74  (Extrait  de  la  biblioth^ue  de  Töcole 
t.  33 — 35)  und:  L'tle  de  Chypre,  sa  Situation  presente  et  ses  Souvenirs  etc., 
(topographische  Notizen,  inschriftlicbes  Material  u.  s.  w.).  —  Einzelne  Regieninge 
Karl  Herquet,  Cyprische  Königsgestalten  des  Hauses  Lusignan,  Halle  1881  (t 
Janus,  Charlotta,  Caterina).  —  Sonstige  ältere  Litteratur  ist  zusammengestc 
naturwissenschaftlichen  Werke  von  F.  Unger  und  Tb.  Kotschy,  Die  Insel  Cj 
1865  S.  595  ff.,  und  bei  Mas  Latrie,  Histoire  de  l'lle  de  Chypre  11  Preface 
Hans  Malier,  Der  Longobardenkrieg  auf  Cypem  1229—1233,  Dissert.,  Hai 
A.  A.  Sakellarios,  Ter  KvnQiaxa,  Bd  1,  Athen  1890  S.  411  ff.  —  Eine  umfass 
graphie  über  die  Geschichte  und  Geographie  von  Cypern  erwartet  man  voi 
hummcr;  vgl.  vorerst  desselben:  Aus  Cypem,  Zeitschrift  d.  Gesellschaft  f&r  £ 
Berlin  25  (1890)  183—240;  27  (1892)  420-486.  Der  Berg  des  hl.  Kreuzes  i 
Ausland  1892  Nr.  23—26.  Jahresbericht  über  die  seit  der  englischen  Okkupatioi 
angewachsene  Litteratur  Qber  Cypem,  Jahresber.  über  die  Fortschritte  der  klass 
wissensch.  77  (1893)  29-96.  —  Die  mittelalterlichen  Münzen  von  Cvpera  b< 
besten  G.  Schlumberger,  Numismatique  de  TOrient  latin,  Paris  1878. 

4.  Zur  Sprache:  Die  älteste  Monographie  über  den  neucyprischen  Dia] 
seltene  Buch  des  Peter  Mercado,  Nova  encyclopaedia  missionis  apostolicae  in 
seu  institutiones  linguae  Graecae  vulgaris,  Romas  1732  (cyprische  Grammatik  u 
für  Missionszwecke  bestimmt).  —   Gust.  Meyer,   Zu   den  kyprischen  Inschri 
Jahrb.  111  (1875)  756  f.  (nur  einige   Bemerkungen).     -   Gust.  Meyer,   II  di 


Hanaanneibaoher.    BpriohwOrter.    (9§  398-899)  908 

"^ 

^2lie  di  Cipro,  Rivista  di  filol.  4  (1875)  255—286,  und  desselben  Monographie  über  die 

Mschen  Wörter  in  den  cypriscben  Chroniken,  Jahrbuch  fQr  romanische  und  englische 
^he  und  Literatur  15  (=  Neue  Folge  3)  (1876)  33—56.  —  Mondry  Beaudouin, 
^:%i  du  dialecte  cbypriote  moderne  et  medi^val,  Paris  1884  (Bibl.  des  ^coles  fran^. 
_^teeB  et  de  Rome,  36.  fasc).  —  Hauptwerk  für  den  mittelalterlichen  und  modernen 
—  achen  Dialekt:  A.  A.  Sakellarios,  Ta  KvnQtttxä,  Bd  2,  Athen  1891  (enthalt  u.  a.  ein 
4ohe8  Lexikon,  in  welchem  nicht  weniger  als  9300  WOrter  erklärt  werden).  —  Weitere 
_  rshir  notiert  Gi.  Meyer,  Neugnechische  Studien  1,  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  Bd  180 
^i  1894  S.  77  flf. 

5.    üeberlieferung:   Das  Werk  des  Machaeras  enthält  Cod.  Marcian.  class.  VII 
ler  kurz  nach  1571  geschrieben  ist,  und  ein  1555  in  Paphos  geschriebener  Cod.  Bod* 
der  einige  Lücken  des  Marcianus  ergänzt.    Den  Bustrone  überliefert  der  er- 
Cod.  Marcian.  class.  VII  16,  ausserdem  Cod.  Marcian.  VII  17  und  Cod.  Arundel.  518 
Museum),  der  die  Venezianer  Handschriften  am  Schlüsse  ergänzt. 


898.  Hausarzneibttcher^  ^laxQoaotfia,  waren  im  Mittelalter  bei  den 
ttchen  ebenso  stark  verbreitet  als  verwandte  lateinische  Werke  im  Abend- 
de.  Wie  die  medizinischen  Schriftsteller  schon  im  Altertum  auf  die 
utlichkeit  mehr  Wert  legten  als  auf  grammatische  und  lexikalische  Rein- 
ft,  so  sind  auch  die  populären  Arzneibücher  des  Mittelalters  stets  dem 
4u;hlichen  Bedürfnis  ihrer  Zeit  und  ihres  Leserkreises  angepasst  worden, 
i  älteren  Vorlagen  wurden  teils  durch  vulgärgriechische  Randglossen 
äutert,  teils  einer  durchgreifenden  sprachlichen  Umarbeitung  unterzogen. 
3durch  werden  die  verschiedenen  Redaktionen  nützliche  Fundgruben  der 
Igären  naturwissenschaftlichen  Terminologie;  durch  die  Hand- 
besen erhalten  auch  manche  altgriechische  Namen  von  Pflanzen,  Tieren 
ä  Steinen  erwünschte  Aufklärung.  Häufig  sind  mit  den  Arzneibüchern, 
welchen  die  tierische  Sympathie  eine  Hauptrolle  spielt,  auch  Beschwö- 
ngsformeln  (gegen  Hexen,  Vampyre  u.  s.  w.),  Zaubersprüche  und 
nliche,  für  das  geschichtliche  Studium  der  Volksanschauungen  wertvolle 
ixte  verbunden.  Eine  Sammlung  von  'lazQixd  didipoQa  äXri&äaTaTa  elg 
itsav  äax^€V€iav  enthält  neben  vielen  anderen  Dingen  das  Qeoponikon 
s  kretischen  Mönches  Agapios  Landes,  das  sich  bis  auf  die  neuere 
it  grosser  Beliebtheit  erfreut  hat  (erster  Druck  Venedig  1647).  An  eine 
schöpfende  Darstellung  dieser  zerstreuten  Euriositätenlitteratur  kann  nicht 
dacht  werden,  solange  die  meisten  Texte  noch  unediert  sind. 

Ein  vulgärgriechisches  VaT^oadqptov,  das  in  dem  aus  einer  Handschrift  dea  Jahres 
H  abgeschriebenen  Cod.  Paris,  gr.  2315  aufbewahrt  ist,  ed.  E.  Legrand,  Bibl.  gr. 
g.  2  (1881)  1—27.  Vgl.  die  Einleitung  S.  9  ff.  Die  handschriftliche  Bemerknng  Jui 
^6^  'Itüäfyov  Tov  Irafpidoy  die  Legrand  auf  den  Verfasser  bezieht,  ist  doch  wohl 
•  die  Unterschrift  des  Kopisten.  —  Vgl.  S.  619  f. 

399.  Sprichwörter.  Die  für  die  Volks-  und  Sprachkunde  wichtige 
.ttung  des  Sprichwortes  ist  in  der  vulgärgriechischen  Litteratur  nicht 
)ss  durch  einzelne  in  theologischen,  historischen  und  anderen  Werken 
legentlich  angeführte  Stücke,  sondern  durch  ganze  Sammlungen  ver- 
3ten.  Wir  verdanken  dieselben  nicht  etwa  einem  frühzeitig  erwachten 
lehrten  Interesse  an  volksmässigen  Äusserungen  oder  etwa  dem  Einfall 
les  Philologen,  die  antiken  Sprichwörtersammlungen  zu  ergänzen,  son- 
m  der  merkwürdigen  Sitte,  volkstümliche  Sprichwörter  in  der  Katechese 
r  Erläuterung  dogmatischer  und  sittlicher  Lehren  zu  verwenden«  Ur- 
dinglich  geschah  das  in  der  Weise,  dass  man  zur  Erklärung  oder  Diu- 
-ation  eines  schon   vorher  entwickelten  Gedankens  ein  Sprichwort  an- 


904    Byzantiniiohe  LitteratiirgeBcliichte«    EI.  Vnlgärgrieoli«  Littaritar.  S. 

führte.    Wie  früh  die  Katechese   sich   dieses   populären  Hilfsndttdi^ie'Ii 
mächtigte,   zeigen   die   Worte   des  Paulinus  von  Nola  (353—431), 
XVI  7:  et  quia  licet  quaedam  plerumque  de  inanibus  fabulis  utdei0n   J 
garibus  aliqua  proverbiis  in   usum^  veri  ac  serii  sermonis 
u.  s.  w.     So  gebraucht  Makarios  der  Ägypter  (c.  300 — c.  390)  zur iHten 
anschaulichung  der  Thatsache,  dass  der  Mensch  nur  ganz  allmäUid  ^|  sc 
zum   vollkommenen  Manne  entwickle,  die  sprichwörtliche    WendoDg 
cSaneQ  zirlg  Xeyovaiv  'Evdvfsai^  Ixdvaai^^  nicht  wie  einige  sagen ,! 
dich  an,  Zieh  dich  aus/^)     Reichlicher  hat  im  6.  Jahrhundert  der 
bauungsschriftsteller  Johannes  Sprichwörter  und  sprichwörtliche  BtiSiiD 
arten   in    seine    Klimax    eingeflochten.     Auch   bei   seinem  jüngeren  I^P 
genossen  Johannes  Mo  sc  hos  finden  sich  einige  populäre  Sprüche. 
Sitte,   in   die   religiöse  Belehrung  und  Ermahnung  als  Pfefierkömer, 
auch  auf  den   groben  Qaumen  der  ungebildeten  Menge  wirken  mi 
an  geeigneter  Stelle  ein  kräftig  Sprüchlein  aus  dem  Alltagsleben 
streuen,  musste  sich  in  der  praktischen  Homiletik  steigender  Belii 
erfreuen,  wenn  auch  in  den  litterarisch  überlieferten  Homilien  solche 
Zessionen  an  die  volkstümliche  Auffassung  möglichst  vermieden  sini  I^CI 
der  Zeit  kam  es  so  weit,  dass  das  Verhältnis  umgekehrt  und  dasSpi 
wort  aus   einer  Nebensache  zur  Hauptsache  wurde,   d.  h.   man  begnigll{ 
sich  nicht  mehr,  die  Sprichwörter  als  blosse  Hilfsmittel  in  den  Text 
zustreuen,  sondern  legte  sie  wie  Stellen  der  hl.  Schrift  der  religiösen 
lehrung  zu  Grunde.     Für  die  Katechese  war  diese  Neuerung  verl 
voll;  denn  da  nur  wenige  Sprichwörter  eine  wirklich  brauchbare  Grandbii^ 
für  die  Erläuterung  einer  religiösen  Wahrheit  abgaben,   nahmen  die  B*-^ 
ligionslehrer  zu   allerlei  willkürlichen  Interpretationen   und  namentlicii 
ganz  phantastischen  Allegorien  ihre  Zuflucht.     Der  tiefere  Grund  der  sMi 
gezwungenen,   oft  bei  den  Haaren  herbeigezogenen  und  für  unser  GeflU 
anstössigen  allegorisch-theologischen  Deutungen  («^/u^mai,  Xvasig^  i^rjiflH^ 
ist  in  der  mittelalterlichen  Anschauung  zu  suchen,  dass  den  Erzeugnissen 
und  Vorgängen  der  Natur  irgend  eine  geheimnisvolle  Beziehung  zu  HeÜB- 
wahrheiten  und  religiösen  Begebenheiten  innewohne.     Dieser  Anschaunng 
entsprang  die  gesamte  Physiologusweisheit  und  manche  andere  Parallelen 
zwischen  natürlichen  und  übernatürlichen  Dingen  wie  die  höchst  populire 
Lehre,   dass   zwischen   den   angeblich   für  die  Entwicklung   des  Embiyo 
und   für  die  Auflösung  des  Leichnams  besonders  wichtigen  Tagen,  dem 
3.,  9.  und  40.,  und  den  kirchlichen  Totenfeiertagen  eine  innere  Beziehung 
bestehe  (vgl.  S.  620  Anm.  7).  In  ähnlicher  Weise  betrachtete  man  die  Volk»- 
Sprüche  als  eine  Art  Naturprodukt,   in  welchem  ein  geheimnisvoller  Snn 
verborgen  sei.    Wie  die  Physiologusweisheit  so  war  auch  die  katechetische 
Verwendung  des  Sprichwortes  nicht  nur  bei  den  Griechen,    sondern  auck 
bei   den  Franzosen,   Deutschen,   Böhmen,   Polen  und  wohl   auch  bei  den 
übrigen  Abendländern  verbreitet. 

Wann  die  Byzantiner  anfingen,  auf  volksmässigen  Sprichwörtern  theo- 
logische Erklärungen  aufzubauen,  ist  nicht  bekannt.     Wahrscheinlich  ent- 


0  Migne,  Patrol.  gr.  34,  604  C. 


Sprichwörter.    (§  399)  905 

leite  sich  diese  Sitte  in  der  dunkeln  Zeit  vom  7. — 9.  Jahrhundert,  in 
iher  in  Folge  des  schnellen  und  allgemeinen  Niederganges  der  natio- 
jü  Bildung  einerseits  Konzessionen  an  das  populäre  Verständnis  erfor- 
sch schienen  und  andrerseits  die  Pflanze  phantastischer  Allegorie  den 
sen  Nährboden  fand.    Doch  ist  es  bis  jetzt  nicht  gelungen,  aus  dieser 
m  schriftliche   Zeugnisse  von  Sprichwörterhermenien  aufzufinden.     Die 
flBten  bekannten  Denkmäler,  die  hieher  gehören,   sind  die  allegorischen 
^tungen  volksmässiger  Ausdrücke  und  Redensarten,  z.  B.  2tj/ji€Qov  %d 
m   x6i*T0VQay  Ka&ov   ßXäne   ttjv   avXr]v   xa\  jurj  Tiyi'  ^aXaa<fav   u.    s.    w., 
im  11.  Jahrhundert  Michael  Psellos  verfasst  hat.     Dass  im  Kreise 
Psellos  Interesse  für  das  volksmässige  Sprichwort  herrschte,   bezeugt 
■i  ein  unedierter  Brief  des  Philosophen:  UQog  %6v  dveipidv  tov  navQiaQxov 
35  MixatjX  %6v  0€o^vXaxTov,  oxi,  (piXovvra  riijv  /xovaixijvy  ttjv  TQaytpdfaVj 
:     ir-fioSixdg    (so!)    nagotfiiag    vnhq    rijv    rijg   (piXoao(p(aq   räxvrpf   xal 
mf^v   emfxäXfiav   (im   Cod.   Athous    3808    fol.   10 — 12).     Der   zweite 
santiner,   der  mit  völliger  Sicherheit  als  Verfasser  von  Sprichwörter- 
Bmlungen  mit  theologischen  Erklärungen  bezeichnet  werden  kann,  ist 
Chronist  Michael  Glykas. 
Wir  haben  von  ihm   eine  Sammlung  mit  Erklärungen  in  politischen 
rsen  und  eine  zweite  mit  kurzen  Prosaerklärungen.     Glykas  hat  seine 
Idärungen  mit  einem  poetischen  Prolog  und  Epilog  dem  Kaiser  Manuel 
mnenos  zugeeignet.     Die  Autorschaft  des  Glykas  ist  diplomatisch  vor- 
»fflich  bezeugt;  sie  wird  aber  auch  durch  innere  Gründe  wirksam  unter- 
Itzt.     Denn  die  Vorliebe  für  volkstümliche  Sprichwörter,   Redensarten 
id  Vergleiche  und  überhaupt  für  Äusserungen   des  Volkslebens  ist  auch 
den  übrigen  Schriften  des  Glykas,  in  seiner  Chronik,   seinem  Kerker- 
dicht und  seinen  theologischen  Briefen  zu  beobachten.     Die  von  Glykas 
gewandte   metrische   Form    der  Erklärung   fand   auffallender  Weise 
»tz   der  wachsenden  Beliebtheit  des  Lehrgedichtes  keine  Nachahmung, 
e   Sprichwörterhermenien   aus  der  Folgezeit   sind   durchweg  prosaisch, 
nige  dieser  späteren  Sammlungen  sind  falschlich  dem  Psellos  zugeteilt; 
cjh   Theodoros  Prodromos  wird  in  einer  Handschrift  als  Verfasser 
nannt.     Die  Sitte  dieser  seltsamen  Art  religiöser  Belehrung  erhielt  sich, 
3  die  Handschriften  beweisen,  bis  an  die  Schwelle  der  neueren  Zeit. 

Nachdem  die  mit  Erklärungen  ausgestatteten  Sammlungen  volks- 
Lssiger  Sprichwörter  lange  Zeit  als  Hilfsmittel  für  die  Katechese  im 
brauch  gewesen  waren,  bemerkte  Maximos  Planudes,  der,  wie  seine 
arbeitung  der  Äsopbiographie  zeigt,  auch  sonst  für  volkstümliche  Weis- 
it  ein  offenes  Auge  hatte,  dass  das  Wertvollste  an  diesen  Sammlungen 
)  Sprichwörterlemmen  waren,  und  veranstaltete  eine  Sammlung  der- 
Iben,  indem  er  die  Hermenien  wegliess  und  die  Sprichwörter,  wenigstens 
•eckenweise,  nach  Schlagwörtern  ordnete.  Zweifellos  beschränkte  er 
;h  dabei  nicht  auf  die  theologischen  Sammlungen,  sondern  schöpfte  auch 
8  anderen  Quellen  wie  aus  der  Schwanklitteratur  und  aus  dem  Munde 
s  Volkes  selbst.  Leider  hat  er  nach  der  leidigen  Sitte  seiner  Zeit  die 
ilgäre  Form  der  Sprüche  in  die  herrschende  Schulsprache  umgegossen 
id  dadurch  nicht  nur  das  originelle  Kolorit  des  volkstümlichen  Ausdrucks, 


d 


906    BysantinLiolie  LitteratiirgeBohiohte.    HL  Yiilgftrgrieoli.  UttanfaiAl 

sondern  auch  die  metrische  Fassung  mancher  Sprichworts 
Ähnlich  wie  Planudes  haben  einige  unbekannte  aus  den  th( 
Sammlungen  die  blossen  Sprichwörter  exzerpiert  und  gesammelt;  A 
gäre  Sprachform  ist  in  diesen  anonjrmen  Sammlungen  zum  GHück  gA 
teils  erhalten.  Wie  schon  Planudes  neben  den  theologischen  Samri 
auch  andere  Quellen  verwertet  hatte,  so  entstanden  etwa  um  dieid 
Sammlungen  volksmässiger  Sprüche,  die  von  den  Sprichwörtokated 
ganz  unabhängig  zu  sein  scheinen.  Dieser  Art  ist  vor  allem  ein» 
Sammlung,  die  unter  dem  seltsamen  Titel  „Weltliche  Eomödi« 
Äsop''  (Aladnov  xocfiixal  x(üiiu;ti(ai)  überliefert  ist.  Wahrschemb 
hört  hieher  auch  eine  zweite  ebenfalls  dem  Äsop  zugeteilte  San 
von  welcher  der  Anfang  in  einem  Codex  Mediceus  erhalten  und  ii 
tinger  Corpus  Paroemiographorum  graecorum  2,  228 — 230  mitg^ 
Dass  der  Name  des  Äsop  mit  diesen  Sammlungen  verbunden  war 
klärt  sich  aus  den  bekannten  Beziehungen  des  Sprichwortes  zur 
und  aus  der  bedeutenden  Rolle,  welche  die  Lebensbeschreibongi 
Äsop  in  der  mittelalterlichen  Schwanklitteratur  spielten.  Endlich 
im  15.  Jahrhundert  Apostolios  und  Arsenios  (s.  S.  603  f.)  ihren 
lungen  alter  Sprichwörter  auch  manche  mittelalterliche  VolkssprQd 
verleibt,  die  sie  jedenfalls  aus  älteren  Sammlungen  in  der  Art  i 
Planudes  entnahmen. 

Die  in  der  byzantinischen  Litteratur  von  Johannes  Klimax  1 
die  letzten  der  genannten  Sammlungen  herab  erhaltenen  Sprichwort 
sich  nach  Ton  und  Charakter  sehr  ähnlich.  Das  Urteil  H.  Usenei 
die  Sammlung  des  Planudes  „Nichts  von  antiker  Tradition,  wenig< 
des  Aberglaubens,  aber  kernige  und  charakteristische  Lebensweishc 
für  die  byzantinischen  Sprichwörter  überhaupt.  In  den  uns  erh 
Sammlungen  altgriechischer  Sprichwörter  findet  man  auffallend 
Parallelen  zu  den  mittelgriechischen  Sprüchen.  Der  Grund  davo 
in  dem  ungeheueren  chronologischen  und  kulturgeschichtlichen  h 
der  die  christlichen  Byzantiner  vom  antiken  Hellenentum  trennt,  z 
freilich  auch  darin,  dass  die  alten  Sammlungen  wenig  wirklicli 
tümliche  Sprichwörter  enthalten.  Um  so  enger  verwandt  zeigen 
byzantinischen  Sprichwörter  mit  denen  der  Neugriechen.  Wenn  i 
Sprichwörter  anderer  Völker  zur  Vergleichung  beizieht,  so  beobacli 
die  Thatsache,  dass  das  mittel-  und  neugriechische  Sprichwort  c 
lienischen,  spanischen,  französischen  und  übrigen  abendländischen 
wort  ganz  ferne  steht,  dagegen  nahe  verwandt  ist  mit  den  Sprich 
der  Völker  der  Balkanhalbinsel  und  des  Orients,  der  Albanesen,  B 
Serben,  Türken,  Araber  u.  s.  w.  Gemeinsam  sind  den  Sprichwörl 
Mittel-  und  Neugriechen  und  der  mit  ihnen  zu  einer  Kulturein] 
sammengeschlossenen  Nachbarvölker  einige  allgemeine  Eigenschaf 
Reichtum  an  originellen,  dem  Westeuropäer  fremdartigen  Bilder 
mentlich  die  Vorliebe  für  die  anekdotenhafte,  epilogische,  k 
erzählende,  fragende  oder  befehlende  Form  der  Einkh 
die  Vorliebe  für  ein  Schema,  in  welchem  der  persönliche  und  par 
Fall  noch  nicht  zur  abstrakten,  allgemeinen  Regel  verdichtet  ist. 


Sprichwörter.    (§  399)  907 

^h  ist,  um  ein  Beispiel  zu  gebrauchen,  die  Form:   „Einem  schenkte 
-H  .    einen  Esel   und  er  schaute  ihm   auf  die  Zähne,*   occiden talisch 


=t  J'orm:  , Einem  geschenkten  Gaul  schaut  man  nicht  ins  Maul.*    Durch 


^Ji  ISgentümlichkeit  scheidet  sich  das  byzantinisch-neugriechisch-süd- 
_^^Bch-orientalische  Sprichwort  prinzipiell  von  dem  abendländischen,  und 
kann  darnach  in  der  ganzen  Sprichwörterweisheit  eine  griechisch- 


__Z^;!  italische  und  eine  abendländische  Gruppe  unterscheiden.    Eine  weitere 

Irauchung  dieser  Differenz  und  namentlich  eine  schärfere  Abgrenzung 

-i«  Qruppen  auf  dem  slavischen  Kulturgebiete  wäre  höchst  erwünscht. 
Die  Erklärung  der  mittelgriechischen  Sprichwörter  gehört  zu  den 
jrierigsten  Aufgaben  der  byzantinischen  Philologie;  die  beigegebenen 
[ischen   »Lösungen**,  die    in  ziemlich  einförmiger  Weise  alles  auf 
^istus,  die  Apostel,  den  Satan,  den  Leib  und  die  Seele  deuten,   helfen 
^gat  wie  nichts  zur  Erleichterung  des  Verständnisses.     Dagegen  sind 
j  Hilfe  der  Sprichwörter  der  Neugriechen  und  der  Nachbarvölker  durch 
■  vereinten  Bemühungen  zahlreicher  Gelehrten,  deren   sehr  zerstreute 
unten  aufgezählt  sind,  die  meisten  Dunkelheiten  gehoben  werden, 
es  bleiben  nur  noch  wenige  Stücke  übrig,   die  allen  Anstrengungen 
Scharfsinns  Trotz  bieten.     Beachtenswert  ist  die  Thatsache,  dass  ein 
)r  Teil  der  mittelgriechischen  Sprichwörter  metrische  Form  zeigen; 
häufigste  Mass  ist  der  jambisch  gebaute  Fünfzehnsilber;  daneben  findet 
trochäische   Fünfzehnsilber,  jambische   Trimeter    und   verschiedene 
»ppelverse   wie  zwei  akatalektische  jambische  oder  trochäische  Tetra- 
dUen   und  zwei  katalektische  jambische   oder   trochäische  Tetrapodien. 
le    auf   den    ersten   Blick    so    unscheinbaren   Reste    mittelgriechischer 
wruchweisheit  liefern   einen  beachtenswerten   Beitrag  zur  Kultur-   und 
^3k«stesgeschichte  des  griechischen  Mittelalters;  sie  gehören  zu  den  ältesten 
ignissen  der  griechischen  Volkssprache;  im  Zusammenhange  mit  den 
ichwörtern  der  Alt-  und  Neugriechen  und  anderer  Völker  des  südöst- 
ten  Europas  und  des  Orients  betrachtet,  füllen  sie  eine  Lücke  aus  und 
)n  Anlass  zu  Betrachtungen,  die  sich  für  ein  weites  Forschungsgebiet 
fruchtbar  erweisen  dürften. 

1.  Aasgaben:  A.  Zuerst  ed.  die  Erklärungen  des  Michael  Psellos  und  des  Michael 

Olykas  K.  N.  Sathas,  Mea,  ßißX.  b  (1876)  525-569.    Vgl.  auch  die  ebenda  S.  569— 578 

BitgeteUten  volksmässigen   Rfitsel  und  Erklärungen  abergläubischer  Vorstellungen  z.  B. 

Ti  &r*  Baßovt^Maqioq  u.  s.  w.   —   Die  Sammlung  des  Planudes  edierte  zuerst  E.  Picco- 

lomini,  Estratti  inediti  dai  codici  greci,  Pisa  1879  (=  Annali  delle  universitä  Toscane, 

tomu  16).   —  Eine  Neuausgabe  dieser  Sammlung  mit  deutscher  Uebersetzung  und  reich- 

hmltigem  Konmientar   veranstaltete   E.  Kurtz,   Die  Sprich wdrt«rsammlnng  des  Maximus 

Planudes,  Leipzig  1886.  —  Eine  Sammlung  von  80  Sprichwörtern  ed.  ohne  die  in  der  Hs 

beigegebenen  Prosaerklärungen  N.  Polites,  *Atxix6y  'HfiegoXoyioy  tov  hovg  1882,  Athen 

1881  S.  361—368.  —  Die  Sammlung  des  Cod.  Paris.  1409  ed.  mit  litterarhistorischer  Ein- 

leitong,  deutscher  Uebersetzung  und  Kommentar  K.  Krumbacher,  Eine  Sammlung  byzan- 

tillischer  Sprichwörter,  Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1887  Bd  II  S.  43—96.  —  Zusammenfassende 

Ausgabe  aller  Sammlungen  ausser  der  des  Planudes,  die  nach  den  Ausgaben  von  Picco- 

lomini  und  Kurtz  einer  Wiederholung  nicht  bedurfte,  auf  Grund  der  früher  bekannten  und 

sieben  neuer  Hss  von  K.  Krumbacher,  Mittelgriechische  Sprichwörter,  Sitzungsber.  bayer. 

Ak.  1893  Bd  II  8.  1—272  (mit  einer  Einleitung  Aber  den  Cnarakter  des  mittelgriechischen 

Sprichwortes,  Mitteilungen  über  die  Ausgaben  und  Hss,  über  das  Verhältnis,  den  Ursprung 

und  die  Verfasser  der  Sammlungen,   Kommentar  und  einigen  Miszellen:   Sprichwörter  in 

der  byz.  Litteratur;   Nachträge  zu  Planudes;  Zu  den  weltlichen  KomOdien  des  Aesop;  Zu 

Apofitolios;   Eine  allegorische  Deutung  des  Psellos). 


908    Bysaiitinische  Litteraturgeschiohte.    Hl.  Yalg&rgrieoh.  Uti«nt«r.  1 

B.    Die  weltlichen   Komödien  des  Aesop   ed.  pr.  Clossias,   Rheio. 
(1837)  331  ff.    —    Ed.  V.  Jernstedt,   Vergessene  griechische   Sprichwörter,  Jevi. 
1893  Bd  286  und  287,   April-  und  Maiheft,   Abteil,  f.  klass.  Philo!.  8.  23-32  uad 
Vgl.  K.  Krumbacher,   Mittelgriechische  SprichwOrter  (s.o.)  S.  257  ff.  und  den 
von  V.  Jernstedt,  Joum.  Min.  1894  Bd  292  Mftrzheft,  Abieil.  f.  klass.  PhiloL  &  U6-| 

2.  Hilfsmittel:    A.    Besprechung  der  Ausgabe  von  Piccolomini  von  H.  Um 
Deutsche  Litteraturzeitung  1881  S.  121  ff. 

B.  Beiträge  zur  Ausgabe  von  E.  Kurtz:   Besprechungen,  die  sämtlich 
Beiträge  enthalten,  gaben  0.  Crusius,  Lit.  Centralbi.  1886  Nr.  37;  G.  Knaack, 
philol.  Wochenschr.  1886   Nr.  48;   H.  Usener,   Deutsche  Literatarzeitang   1886  Nr. 
K.  Krumbacher,  Blätter  f.  d.  bayer.  Gymnasialschulwesen  23  (1887)  122—125; 
nymus,  Berliner  Wochenschrift  ffir  klass.  Philol.  1887  Nr.  9;  U.  Schenkl,  Zeiti^.j 
Österreich.  Gymnasien  1887  S.  178—182;  J.  Sitzler,  Neue  philol.  Rundschau  1887  & 

—  Die   reichsten  Beiträge  zur  Erklärung   der   Sprflche   des  Planudes  gab  0.  Cniii 
lieber  die  Sprichwörtersammlung  des  Mazimus  Planudes,  Rhein.  Mus.  42  (1887) 

—  Endlich  lieferte  E.  Kurtz  selbst  noch  eine  ganze  Reibe  wichtiger  Nachtrtee  a 
Ausgabe,   Zu   den   nagoifiiai   dtjfÄuideig,    Philologus  49   (1890)  457—468.   —  Zw« 
Wörter  des  Planudes  als  Reste   alter  Rätsel  erklärt  von  K.  Ohlert,   Zur  antikes 
dichtung,  Philologus  53  (1894)  753  f.  —  Eine  neue  Hs  der  Planadessammlung  (GoiTi 
878)  beschrieb  0.  Crusius,  Rhein.  Mus.  42  (1887)  390  ff.  —  Eine  dritte  Bs  di««rl 
lung,  den  Cod.  Barocc.  68,  notierte  A.  Kopp,  Beiträge  zur  griech.   Excerpi 
Berlin  1887  S.  64.  Nähere  Mitteilungen  über  diesen  Baroccianus  gab  M.  Treu,  PhÜdonl 
(1890)  185-187. 

C.  Beiträge  zur  ersten  Ausgabe  von  Krumbacher  (1887):  Besprechungen,  die  al' 
ständige  Beiträge  enthalten,  gaben  G.  N.  Soteriades,  'AxQonoXi^  tptXoXoyunj  1888  Nr.H 
bis  15;  E.  Kurtz,  Blätter  f.  d.  bayer.  Gymnasialschulwesen  24  (1888)  205  ff.;  C.  Weysu 
Zeitschr.  f.  vergleich.  Litteraturgeschichte,  Neue  Folge  1  (1887-1888)  382  ff.;  J.  Paicliic 
Revue  critique  1888  Nr.  25  S.  505  ff;  vgl.  seine  Essais  de  grammaire  historique  nöihpi 
que  2  (1889)  XXXVI-XXXIX;  H.  Schenkl,  Zeitechr.  f.  d.  Österreich.  Gymnasi«  ! 
(1888)  217  f.  —  Die  reichsten  Nachträge  lieferte  in  Form  eines  selbständigen  Axtik) 
G.  Foy,  Vulgärgriechisches,  Bezzenbergers  Beiträge  14  (1888—1889)  33-49. 

D.  Beiträge  zur  zweiten  Ausgabe  von  Krumbacher:  Besprechungen  mit  selbständi( 
Beiträgen  gab  D.  Therianos,  AV«  'Hfi^Qa  vom  11.  Nov.  1893  Nr.  987;  C.  Weyman, 
storischos  Jahrbuch  d.  Görresges.  15  (1894)  225  f.;  E.  Kurtz,  Blätter  f.  d.  bayer.  Gymau 
Schulwesen  30  (1894)  128—137;  D.  C.  Hesseling,  Museum  2  (Groningen  1894)  Nr 
J.  Sitzler,  Neue  philol.  Rundschau  1894  Nr.  18  und  19,  S.  274—279;  290-295; 
Meyer,  Theolog.  Litteraturzeitung  1894  Nr.  22  S.  568  f.;  0.  Crusius,  Lit  Centralbi.  1 
Nr.  50;  A.  Karnejev,  Drevnosti,  Trudy  Slavjanskoj  Kommissii  Imp.  Moskovsk.  Arci 
Obg^estva  1  (1895)  241—248  (mir  unzugänglich).  —  Zahlreiche  wertvolle  Beiträge  entha 
einige  selbständige  Arbeiten,  die  sich  an  Krumbachers  Ausgabe  anschliessen :  Gust.  Me} 
Zu  den  mittelgriechischen  Sprichwörtern,  B.  Z.  3  (1894)  396—408.  —  PN.  Papageori 
Zuden  mittelgriechiscben  Sprichwörtern  B.  Z.  3  (1894)  553—580.  —  J.  Tim o senke,  By 
tiniscbe  Sprichwörter  und  slavische  Parallelen  zu  ihnen,  (Warschauer)  Filologi^eskij  iges 
32  (1894)  126-139;  295-304;  33  (1895)  205-218;  34  (1895)  74-86  (russ)  (slavi 
Parallelen  zu  den  Ausgaben  von  E.  Kurtz  und  K.  Krumbacher).  —  Eine  grosse  Sammi 
der  mittel-  und  neugriechischen  Sprichwörter  mit  Kommentar  u.  s.  w.  wird  seit  langer 
vorbereitet  von  dem  vorzüglichen  Kenner  des  neugriechischen  Folklore  N.  Politea 
Litteratumach weise  zum  slavischen  Sprichwort  bei  Gr.  Krek,  Einleitung  in  die  alarii 
Litteraturgeschichte,  2.  Aufl.,  Graz  1887  S.  788  ff. 

3.  Uoberlieferung:  Für  die  mittelgriechischen  Sprichwörter,  ihre  theologisc 
Uermenien  und  für  die  P>klärungen  volksmässiger  Sprüche  und  Ausdrücke  sind  bis  j 
folgende  Codices  in  Betracht  gezogen,  deren  Aufzählung  die  Entdeckung  neuer  Häs 
leichtern  dürfte: 

1.  Barber.  II  61  s.  13  —  14.     Metrische  Sanmilung  des  Glykas. 

2.  Bodl.  Barocc.  68  s.  15.     Sammlung  des  Planudes. 

3.  Laur.  59,  30  s.  14—15.     Sammlung  des  Planudes. 

4.  Laur.  acquisto  42  s.  16.  Wertlose  Kopie  der  zwei  Sammlungen  der  O 
Paris.  1409  und  2316. 

5.  Marc.  412  s.  13  —  14  (Pergament).    Prosasammlung  des  Glykas. 

6.  Marc.  III  4  s.  14.    Sammlung  von  55  Sprichwörtern  mit  Prosaerklärungen. 

7.  Monac.  525  s.  14.    Weltliche  Komödien  des  Aesop. 

8.  Mosqu.  Synod.  298  (bei  Vladimir  436).     Weltliche  Komödien  des  Aesop. 

9.  Paris.  228  s.  13.    Die  zwei  Sammlungen  des  Glykas. 

10.  Paris.  395  s.  16.    Sammlung  von  17  Sprichwörtern  mit  ProBaerklämng. 


Paraphrasen  und  üebersetsimgeii.    (§  400)  909 

11,  Paris.  1182  s.  13.  ErklftruDg  volkstümlicher  Redensarien  des  Psellos  (ediert 
Sathas). 

12,  Paris.  1409  s.  14.    Sammlung  von  70  Sprichwörtern  ohne  Erklärung. 

13,  Paris.  2316  s.  15.    Sammlung  von  34  SprichwOrtem  mit  Prosaerklärung. 

14.  Paris.  3058  s.  16  (von  Arsenios,  dem  Eizbischofe  von  Monembasia  geschrieben), 
rische  Sammlung  des  Glykas. 

15.  Tau r in.  B.  V.  39,  s.  16  (von  Andreas  Darmarios  geschrieben).  Sammlung  von 
59)  Sprichwörtern  mit  Prosaerklärung. 

16.  Vatic.  695  s.  16.    Sammlung  von  75  Sprichwörtern  mit  Prosaerklärung. 

17.  Vatic.  878  s.  14—15.    Sammlung  des  Planudes. 

18,  Mir  unbekannter  Herkunft  ist  der  Codex,  nachdem  N.  Polites  im 'HfieQoXdyioy 
•.)  eine  Sammlung  von  80  Sprichwörtern  ohne  die  in  der  Hs  beigegebenen  Erklärungen 
rt  hat.  Eine  genauere  Beschreibung  dieser  Hs  soll  das  'Jruxoy  'HfieQoXoy^oy  fürs  Jahr 
7  S.  324  enthalten  (mir  unzugänglich). 

4.  Sprichwörterpredigten  im  Abendlande:  Wir  haben  lateinische  Sermones 
tempore,  in  denen  das  Thema  zuerst  durch  einen  lateinischen  Satz  und  dann  durch  ein 
verwandtes  alt  französisches  Sprichwort  angegeben  wird.  Eine  Hs  solcher  Sermones, 
Cod.  Paris,  lat.  14952,  bespricht  B.  Hauröau,  Not.  et  extr.  32,  2  (1888)  275-838. 
.  6.  Gröber,  Uebersicht  über  die  lateinische  Litteratur  von  der  Mitte  des  6.  Jahr- 
ierts  bis  1350  (Grundriss  der  roman.  Philol.  Bd  II)  S.  197.  Zwei  andere  Hss  solcher 
Frankreich  stammenden  Sprichwörtersermone  hat  mir  W.  Meyer  nachgewiesen,  die  Codd. 
nac.  lat.  2672  s.  14  und  23372  s.  13.  —  Deutsche  Sprichwörter  aus  lateinischen 
ligten  ed.  K.  Hofmann,  Sitzungsber.  bayer.  Akad.  1870  Bd  II  25—38.  —  Ueber  pol- 
i^he  und  böhmische  Sprichwörter  in  lateinischen  Predigten  des  Mittelalters  vgl. 
Brückner,  Arch.  slav.  Phil.  15  (1893)  475. 

400.  Paraphrasen  und  Übersetzungen.  Die  umfangreichsten  mittel- 
»rlichen  Prosa  denk  mal  er  der  Volkssprache  sind  die  S.  221  erwähnten 
aphrasen  von  Geschichtswerken  und  Chroniken.  Eines  der  schönsten 
spiele  dieser  Gattung  ist  die  Übersetzung  der  jüdischen  Archaeologie 
1  des  jüdischen  Krieges  des  Flavius  Josephus,  die  der  Doppel- 
ex  Barber.  II  49 — 50  aufbewahrt.  Der  Verfasser,  der  Priester  Ma- 
3l  Chartopliylax  (wenn  nicht  etwa  C!h.  seinen  Beruf  bezeichnet)  aus 
donia  auf  Kreta  nennt  sich  selbst  in  der  Überschrift:  OXaßiov  ^laxrijnov 
M  eixoci  ncQi  lovSai'xrjg  aQxccioXoylaq:  —  ^loviaixov  noXäfiov  Xoyot  imdi 
Ol  navTsq  and  rrjv  ävTixr^v  yXioccav  elg  rjyi'  txTrXtjv  xal  Tie^tjv  tiav  FquixcSv 
ayXoDTXianävoi  naqd  Mavovj^X  tegetog  tov  x^Q'^'O^vXaxog  tov  xQrjTog 
'  xvdoavtdxov,  Person  und  Zeit  des  Verfassers  sind  nicht  bekannt; 
irscheinlich  lebte  er  im  16.  Jahrhundert.  —  Über  sonstige  vulgäre  Para- 
asen  historischer  und  anderer  Werke  s.  §§  121  Anm.  4;  123  Anm.  1  C; 
Anm.  1;  147  Anm.  3;  154  Anm.  1  B;  155  (S.  377);  167;  186,4  (S. 
t).  —  Sprachgeschichtlich  wichtig  sind  einige  mit  h-ebräischen  Buch- 
ben geschriebene  vulgärgriechische  Übersetzungen  heiliger 
eher,  die  von  Juden  griechischer  Zunge  in  der  Synagoge  gebraucht 
•den. 

1.  Ausgaben  und  Hss:   Eine  vulgärgriechische   Uebersetzung   des  Pentateuch 
hebräischer  Schrift)  ist  zu  Kpel  1547,   eine  ebensolche  Uebersetzung  des  Job  zu  Kpel 
3  im  Drucke  erschienen.  —  £ine  Uebersetzung  des  Buches  Jon  ah  liegt  handschrift- 
in Oxford  und  Bologna. 

2.  Hilfsmittel:  Jo.  Christoph.  Wolf,  Bibliotheca  Hebraica  2  (1721)  447  f.;  3 
7)  Appendix;  4  (1733)  1219  ff.  (Proben  der  Uebersetzung  des  Pentateuch  und  des  Job), 
ip.  Papageorgiu,  Merkwürdige  in  den  Synagogen  von  Gorfu  im  Gebrauch  befindliche 
inen,  Verhandlungen  des  5.  internationalen  Orientalistenkongresses,  11.  Teil  1.  Hälfte, 
in  1882  S.  226-232.  —  E.  Legrand,  Bibliogr.  hell.  2(188)  159.  —  L.  Bellöli.  Une  Version 
que  du  Pentateuch  du  seizi^me  sidcle,  Rev.  des  ät.  gr.  3  (1890)  289—  808.  —  L.  Bell^li, 
X  versions  peu  connues  du  Pentateuque  faites  ä  Gple  au  seizi^me  si^cle,  Revue  des 
es  juives  22  (1891)  250—263.  —  A.  Neubauer,  On  Non-Hebrew  languages  used  by 


910    Bysantinisohe  LitieraiiirgMehiohte.    HL  Vnlgirgrieolu  Littanftn;  1 


JewB»  The  Jewish  qnarterly  review  4  (1892)  9-19  (mit  reichen  Lüteratmiia^vMlj 
J.  Perles,  B.  Z.  2  (1893)  575  Anm. 

8.  "Ay&og  ttSy  x^Q^^^'^  betitelt  sich  ein  viilgftrgriechisches  Prosawerkek^j 
in  85  Kapiteln  aentenzenhafte  Sitae  Aber  Liebe,  Eifersacht,  Freude,  Schroen, 
keit,  Unbarmherzigkeit,  Freiheit,  Bildung  n.  s.  w.  enthJÜt  and  also  mit  den  FlorilegMil 
Maximos,  Pseudo- Johannes  und  Antonios,  auch  mit  dem  moralischen  Lehrgedicht  4m\ 
nasses  (?  s.  S.  878  f.)  verwandt  ist  Die  Namen  der  angefahrten  Autoren  sind  oft 
verunstaltet  z.  B.  6  aäyaxag,  6  ßldiog  (=  6  'Oßid^og),  Eine  üntersachung  der 
fasser  benfltzten  Quellen  fehlt.  Das  Werk  erschien  zuerst  Venedig  1546.  Wii 
Venedig  1624.  —  Vgl.E.  Legrand,  Bibliogr.  hell.  1  (1885)  274  ff.;  Bibliogr.  hell  di 
si^cle  1  (1894)  188. 


-i 


Anhang. 

Abriss  der  byzantinischen  Kaisergeschichte. 

Bearbeitet  von  H.  Geiz  er. 

Alle  Periodisierungen  und  Begrenzungen  im  Verlaufe  der  Welt- 
fchichte  sind  lediglich  konventionell  und  darum  völlig  willkürlich.  Die 
schichte  selbst,  in  der  jedes  Ereignis  mit  den  vorangehenden  und  den 
genden  in  einem  ursächlichen  Zusammenhang  steht,  macht  keinen  Ab- 
mitt;  sie  ist  ein  fortlaufendes  Continuum.  Darum  gibt  es  kein  keckeres 
ternehmen,  als  nach  Art  unserer  landesüblichen  Universalhistorien  das 
de  des  römischen  Reichs  und  die  Grenze  von  Altertum  und  Mittelalter 
tstellen  zu  wollen.  In  unseren  Schulen  wird  oder  wurde  dieser  welt- 
schichtlich  so  bedeutsame  Wendepunkt  mit  haarscharfer  Genauigkeit 
ronologisch  aufs  Jahr  festgenagelt.  Nach  der  gewohnheitsmässigen 
schichtswidrigen  Überschätzung  des  Abendlandes  und  seiner  historischen 
itwicklung  wurde  dabei  lediglich  der  Westen  in  Betracht  gezogen  und 
mnach  das  Ende  des  Römerreichs  und  des  Altertums  frischweg  in  das 
br  476  gesetzt,  weil  in  diesem  Jahre  der  letzte  legitime  Kaiser  in  der 
esthälfte  des  Imperium  Romanum,  Romulus  Augustulus,  pensioniert  ward, 
in  universalhistorischen  Standpunkt  aus  beurteilt,  ein  genau  so  wichtiges 
'eignis,  als  etwa  1892  die  Abdankung  des  Königs  Milan  von  Serbien.  Die 
ntgenossen  haben  diesen  angeblich  universalhistorischen  Abschnitt  so 
enig  erkannt,  dass  sie  —  und  die  siegreichen  Germanen  in  erster  Linie 
-  nach  wie  vor  das  Territorium  Odovakars  wie  später  Theoderichs  als 
inen  Teil  des  römischen  Staates,  die  dortigen  Unterthanen  als  Unterthanen 
es  Kaisers  betrachteten  und  die  kaiserlichen  Ordnungen  von  Reichs  wegen 
}rtdauern  Hessen.  Darum  trug  die  Goldmünze  auch  in  den  sogenannten 
ermanischen  Staaten  des  Kaisers  Bild,  und  die  Goten  vermochten  Justinian 
egenüber  zu  erklären,  dass  sie  die  Prärogative  des  Kaisers  stets  geachtet 
ätten.  Der  Osten  des  Reiches,  welcher  die  altererbte  Kultur  mit  mehr 
nergie  und  Glück,  als  der  Occident  zu  bewahren  vermochte,  kann 
)llends  nicht  in  eine  dem  Altertum  und  eine  dem  Mittelalter  angehörende 
älfte  gespalten  werden,  wenigstens  nicht  vor  tej^Afiftr^ten  des  Islam; 


912  AbrlBs  der  bysantinischen  SaisergMeUolito» 

denn  erst  nach  Herakleios'  Regierung  tritt  in  dem  fdrchtbaren  1 
kämpf,  den  Byzanz  gegen  den  Ansturm  der  semitischen  Basse  dm 
eine  anderthalb  Jahrhundert  andauernde  geistige  Verfinsterung  ein, 
deutlich  das  Anbrechen  eines  neuen  Weltentages  bezeichnet  i 
z.  B.  erst  mit  der  Thronbesteigung  des  Isauriers  Leon  anhebenda 
der  byzantinischen  Geschichte  würde  den  Leser  der  Kenntnis  ger 
allerwichtigsten  und  weltgeschichtlich  bedeutsamsten  Jahrhunde 
rauben,  der  Epoche,  in  welcher  die  ersten  Ansätze  und  die  Vorbedii 
für  die  spätere  geschichtliche  Entwicklung  des  spezifisch  byzant 
Zeitalters  gegeben  sind. 

Ebenso  selbstverständlich  ist  nun  aber  auch,  dass  wir  der  ?e 
rungen  und  Abgrenzungen  des  geschichtlichen  Stoffes  in  keiner 
entraten  können.  Aber  wir  müssen  dabei  das  lebendige  Bewuss 
uns  tragen,  dass  wir  es  lediglich  mit  notwendigen  Krücken  zu  thui 
die  dazu  dienen,  uns  eine  Übersicht  über  die  Materie  gewinnen  zu 
Gerade  darum  empfiehlt  es  sich  auch,  von  der  üblichen  Professor 
Schulmeisterpedanterei  zu  lassen,  welche  kein  Geschichtswerk  ode 
buch  auf  den  Markt  bringen  kann,  ohne  dass  sie  dasselbe  mit  hi 
besser  begründeten  Abschnitten  versehen  oder  nach  einem  logisch  ricl 
Einteilungsprinzip  gegliedert  hat.  Vielmehr  ist  es  das  Gegebei 
einfach  den  traditionellen  Common-sense  walten  zu  lassen.  Wir  ha 
seit  langem  daran  gewöhnt,  die  Kaisergeschichte  von  Arkadios 
195— UösKonstantinos  I^  (395 — 1453)  als  die  oströmische  oder  byzai 
Geschichte  zusammenzufasssen.  Den  praktischen  Gesichtspunkt  hier 
lieh  als  massgebend  betrachtend,  werden  wir  diese  altfränkische  Dis 
festhalten,  obgleich  es  bekannt  genug  ist,  dass  dieselbe  vielfach  d 
fallen  der  begeisterten  Freunde  mehr  prinzipieller  Einteilungsgrenz< 
den  Gelehrten  erregt  hat.  Man  hat  mit  einem  gewissen  Rechte  gel 
macht,  dass  trotz  der  Reichsteilung  nach  Theodosios'  Tode  die  Zeitj 
noch  Jahrhunderte  lang  nur  die  Vorstellung  von  dem  einen  rc 
Reich  kannten,  der  Res  publica  oder  der  Manus  publica,  wie 
Spanien  und  im  Frankenreiche  noch  im  VII.  und  VIII.  Jahrhui 
sagen  pflegte.  Man  könne  deshalb  von  einem  weströmischen  Reich 
folgerichtig  auch  von  einem  oströmischen  Reiche  —  erst  seit  der 
800  herstellung  des  weströmischen  Kaisertums  durch  Karl  den  Grossen 
Das  ist  gerade  so  richtig  und  treffend,  aber  auch  genau  so  doktri 
der  Sprachgebrauch  der  Juristen,  welche  die  Zeit  von  Augustus 
cletian  als  Dyarchie  und  erst  die  nachfolgende  Epoche  als  Monai 
zeichnen.  Gewiss  ist  es  konstitutionell  richtig,  für  diese  Periode  \ 
Teilung  der  Gewalt  zwischen  Princeps  und  Senat  zu  sprechen.  Tha 
sind  die  staatsrechtlich  so  unwissenden  Chronisten  doch  im  Recht< 
mit  Cäsar  und  Augustus  die  römische  Monarchie  beginnen,  und  so 
faktisch  trotz  aller  anderweitigen  Vorstellungen  der  Zeitgenossen 
Gelehrten  das  von  Theodosios'  Tode  bis  zu  Konstantinopels  Fall  be 
Reich  ein  oströmisches  und  seit  dem  VI.  und  vollends  dem  VU.  Jah 
ein  griechisches. 

Nur  um  dem  praktischen  Bedürfnis  zu  genügen,  nicht  etwa  un 


L  Die  TOijnstiiiianeUohe  Epoohe  (395^518).  913 

are   »geschichts-philosophische^   Betrachtungsweise  eine  Unterlage  zu 
iflfen,  teilen  wir  den  Stoff  in  folgende  altherkömmliche  Unterabteilungen: 

!.  Die  vorjustinianeische  Epoche 395 —  518 

.'•  Das  Zeitalter  Justinians  und  seiner  Nachfolger    .         .  518 —  610 

(.  Das  Haus  des  Herakleios  und  der  Kampf  mit  dem  Islam  610 —  717 
\  Die    Regeneration    unter    den   syrischen    (isaurischen) 

Kaisern  und  der  Bildersturm 717 —  867 

^  Der  Höhepunkt  oströmischer  Machtfülle  unter  der  ar- 
menischen Dynastie 867 — 1025 

L  Der  Verfall  des  Reiches 1026—1081 

I.  Die  Konmenen  und  die  Angeli 1081 — 1204 

I.  Das  Kaisertum  von  Nikaea 1204 — 1261 

I.  Die  Restauration  der  Paläologen  und  der  Untergang  1261 — 1453. 

I.  Die  vorjustinianeische  Epoche  (395—518). 

Theodosios  der  Grosse  (379 — 395),  eines  grossen  Vaters  genialer  379— 391 
in,  der  letzte  aus  der  langen  Reihe  der  Generale  und  Reichsretter, 
che  von  Claudius  Gothicus  bis  auf  Valentinian  das  aus  den  Fugen  ge- 
igene  Weltreich  mit  eiserner  Faust  wieder  zusammengeschmiedet  hatten, 
nach  der  furchtbaren  Katastrophe  des  Valens,  dem  ,lacrimabile  bellum' 
.Adrianopel,  sich  als  Schützer  des  Reichs  und  Erretter  aus  der  Germanen- 
gJir  aufs  Glänzendste  bewährt.  Noch  einmal  war  die  gotische  Völker- 
le vom  Reichsboden  zurückgedrängt  worden.  Im  Innern  ]hat  seine 
{ierung  Epoche  gemacht  durch  den  Sieg,  welchen,  getragen  von  dem 
werwiegenden  kaiserlichen  Einfluss,  die  orthodoxe  Kirche  über  den 
anismus  errungen  hat,  und  durch  den  energischen  Zwang,  mit  dem 
i  Resten  des  alten  Glaubens  unter  der  römischen  Aristokratie  ein  Ende 
eitet  ward.  Bei  seinem  Tode,  17.  Januar  395,  hinterliess  er  das  Reich  ^^oiL"** 
len  beiden  Söhnen  Arkadios  und  Honorius  zu  gemeinsamer  Ver- 
Itung.  Der  letztere  erhielt  die  Westhälfte:  die  Präfekturen  Italien 
ilien  und  Afrika)  und  Gallien  (Gallien-Spanien-Britannien),  während 
tt  älterer  Bruder  über  den  Osten  regierte:  die  Präfekturen  Ulyricum 
icien  und  Macedonien)  und  Oriens  (Asien,  Pontus,  Oriens,  Thracien  und 
ypten). 

Theodosios'  Kampf  mit  dem  Gegenkaiser  Eugenius  hatte  den  gesamten 
ent  von  Streitkräften  entblösst.  Während  nun  die  durch  die  kaspischen 
sre  eingebrochenen  Hunnen  den  Osten  des  Reiches  heimsuchten,  ver- 
steten die  in  Mösien  und  Thrakien  stationierten  gotischen  Föderati 
;er  ihrem  königlichen  Heerführer  Alarich  den  Norden  Illyricums  und 
Irohten  die  Hauptstadt.  Erst  als  Stilicho  aus  dem  Westen  herankam, 
rde  der  Gote  gezwungen,  sich  in  Thessalien  zu  verschanzen.  Da  aber 
iser  Arkadios  auf  Antrieb  des  Rufinos  vielleicht  nicht  ohne  Grund 
[ichos  Entfernung  und  die  Rücksendung  der  Osttruppen  aus  Italien  nach 
nstantinopel  verlangte,  zogen  letztere  unter  Gainas'  Kommando  nach 
Hauptstadt.  Rufinos  fiel  ihnen  zum  Opfer,  und  seine  Stelle  als  leiten- 

flandbuch  der  kliM.  AltertimiiiwiMeiMohart  IX.    1.  Abüf .    2.  Aofl,  58 


914  Abriss  der  byzantinlBohen  Kaisersesehidhie. 

395  der  Minister  nahm  der  Eunuche  Eutropios  ein;  Alarich  onternik 
seinen  furchtbaren  Zug  durch  die  Thermopylen  nach  Griechenland.  1 
der  Peiraieus,  Megara,  Korinth,  Argos  und  Sparta  eriagen  den  g[ 
Scharen,  deren  christlich  barbarischen  Eifer  fanatische  Mönche  a 
Wut  gegen  diese  Hauptsitze  und  letzten  Burgen  des  Heidentums  aufgei 
hatten.  Allein  auf  dem  Marsch  nach  Elis  fiel  ihnen  der  zarüekg 
Stilicho  in  den  Rücken  und  schloss  das  Gotenheer  auf  der  aifa 
Hochebene  von  Pholoe  ein.  Wider  Erwarten  kam  es  zu  einem  frie 
Abschluss,  und  die  oströmische  Regierung  ernannte  den  gefürchteta 
zum  magister  militum  per  Dlyricum. 

Noch  gefährlicher  wurde  die  Erhebung  der  in  Phrygien  anged 

399  Ostgoten  und  Gruthunger  unter  Comes  Tribigild.  Am  ostrüi 
Hofe  hatte  die  römische  Nationalpartei  das  Übergewicht;  die  Fük 
Germanen,  der  mächtige  Gainas  und  seine  Anhänger  waren  aii& 
verletzt.  Zwar  Tribigild  erlitt  einen  schweren  Verlust  durch  den  fc 
pisidischen  Landsturm.  Aber  Gainas,  gegen  ihn  ausgesandt,  war  li 
sein  Verbündeter,  und  der  römische  Feldherr  Leon  erlag  den  Qot 
der  Verräterei  seines  Kollegen.  Gainas  und  Tribigild  waren  nun 
der  Situation  und  zwangen   den  Kaiser  zur  Entlassung   seines  Mi 

399/400  Gainas  erschien  in  Chalkedon,   und   der   zitternde  Arkadios 

dem  Gotenheere  Quartier  in  seiner  Hauptstadt  anweisen.  Fast 
es,  als  sollte  der  Osten  einer  ähnlichen  Zerstückelung  anheimfaDi 
in  der  Folgezeit  der  Westen.  Ein  germanisches  Königtum  war  a 
Punkte,  die  Dynastie  des  Theodosios  hier  zu  ersetzen.  Allein  die 
terung  der  durch  die  arianischen  Goten  misshandelten  und  in  ih 
ligiösen  Gefühlen  verletzten  Einwohner  der  Hauptstadt  führte  zi 
Erhebung.  Die  Goten  mussten  die  Stadt  räumen;  wer  zurückbliel 
der  Volkswut.  Nach  der  Verwüstung  Thrakiens  wollte  Gainas  bei 
nach  Asien  übersetzen.  Aber  der  getreue  Gote  Fravitta  vemichl 
der  römischen  Flotte  sein  Heer.  Das  Haupt  des  nach  Thrakien 
neuen  Rebellen  wurde  von  Uldes,  dem  Hunnenkönig,  an  den  kais 
Hof  gesandt.  Fravitta,  der  Reichsretter,  obwohl  Heide,  wurde 
401  Konsulwürde  belohnt.  Das  Reich  und  das  Römertum  waren  n< 
mal  gerettet  worden. 

Unter  demselben  Arkadios  entbrannte  auch  in  Byzanz  dei 
Kampf  zwischen  Imperium  und  Sacerdotium,  dessen  Ausgang  für  ( 
hältnis  von  Staat  und  Kirche  in  Ostrom  typisch  wurde. 

Der  Antiochener  Johannes,  von  der  Kirche  später  Chrysosto 
benannt,  ebenso  gewaltig  durch  Macht  der  Rede  als  durch  Gu 
Volkes,  schonte  gleich  einem  schottischen  Puritaner  weder  die  Ü 
des  kaiserlichen  Hofes,  noch  die  Sittenverderbnis  der  Reichen.  Pe 
der  strengsten  Askese  ergeben,  war  er  gleichzeitig  Hierarch  vor 
liebem  Herrscherbewusstsein.  Asien,  dessen  Metropole  Ephesos  i 
apostolischen  Gründung   durch   den  Lieblingsjünger  rühmte,    hat 

400  seiner  Visitationsreise  mit  schonungsloser  Gewalt  unter  die  Herrscl 
381  Alt-Rom  gleichgestellten  Prälaten  von  Neu-Rom  gebeugt.  Seine 
erhoben  sich.     Zwar  des  hohlen  und   geistlosen  Konkurrenzpredi 


L  Die  Toxjnsüniaiieisohe  Epoche  (395—518).  915 

Hauptstadt,  des  syrischen  Bischofs  Severianos,  entledigte  er  sich  mit 
shtigkeit.  Um  so  ernster  wurde  die  Sachlage,  als  die  Regierung  gegen 
•einen  Todfeind,  den  ehrgeizigen  und  grundsatzlosen  Papst  von  Alexan- 
,  Theophilos,  ausspielte.  Der  Alexandriner  prangte  seit  der  Vernich- 
l  des  Serapeions  391  im  frischen  Glänze  des  Götzensturmes;  durch  den  391 
Athanasios  und  seinen  Nachfolger  Petros,  den  Leiter  des  sog.  ökume- 
lien  Konzils  von  381,  war  der  Osten  daran  gewöhnt  worden,  das  Ent- 
udungsvotum  in  geistlichen  Dingen  dem  Inhaber  von  Marcus'  aposto- 
lem  Stuhle  zu  überlassen.     Theophilos  wusste   seinen  Machinationen 

Anstrich  der  Heiligkeit  zu  geben,  indem  er  den  fast  hundertjährigen 
Eerbekämpfer,   den   gelehrten,   aber  äusserst  beschränkten  Epiphanios 

Konstantia  als  Bundesgenossen  gewann.  Auf  der  Synode  „bei 
Eiche"  wurde  der  Prälat  von  Neu-Rom  seines  Amtes  entsetzt;  allein 
ESrbitterung  des  gläubigen  Volkes  der  Hauptstadt  verschaffte  ihm  einen 
tzenden  Sieg.  Theophilos  floh,  und  die  Regierung  gab  kleinmütig  nach, 
Johannes,  kühn  gemacht  durch  seine  Erfolge,  die  Kaiserin  persönlich 
\  heftigste  angriff.  Eine  neue  Synode  404  besiegelte  seinen  endgültigen  404 
rz,  obschon  die  weströmische  Regierung  und  der  Papst  des  Abend- 
ies,  Innocenz  I,  mit  aller  Energie  für  ihn  eintraten.  Mächtig  durch 
en  Briefwechsel  auch  in  der  Verbannung  zu  Kukusos,  sollte  der  un- 
Uiche   Greis   nach    dem    Kaukasus    verschleppt   werden,    erlag   aber 

Anstrengungen  der  Reise,  bevor  er  den  neuen  Bestinmiungsort  ^*\^®P 
118  erreicht  hatte.  Die  gesamte  Kirche  hat  das  Andenken  des 
umenischen  Lehrers"  hochgehalten;  der  Patriarch  Proklos  hat  438  seine  438 
eine  feierlich  nach  der  Reichshauptstadt  zurückgeholt,  und  Theodosios  H 
fussfällig  vor  dem  Schrein  des  Heiligen  um  Gnade  für  seine  sündigen 
m.  Aber  trotz  dieser  verbindlichen  und  grossmütigen  Formen  hatte 
Staatsgewalt  dennoch  einen   prinzipiell   hochwichtigen  Sieg  erfochten. 

hat    zum    ersten  Male    kraft   ihrer  Souveränetät  das  Verhältnis  zur 
^he  geordnet,  und  dabei  hatte  es  in  Byzanz  sein  Bewenden. 

Als  Arkadios  408  starb,  hinterliess  er  einen  unmündigen  Sohn,  Theo-  408 
ios  II  den  Kleinen,  welcher  als  echter  Purpurgeborener  während 
er   langen   Regierung  408 — 450    niemals   mündig   geworden   ist.     Bis  408—46 

führte  die  Regierungsgeschäfte  der  praefectus  praetorio  Anthemios,  414 
!hmückt  mit  den  höchsten  Ehrentiteln  des  Konsuls  und  Patricius,  ein 
*aus  verständiger  Staatsmann.  Nachher  leitete  das  Staatswesen  im 
rerständnisse  mit  dem  Senat  des  Kaisers  staatskluge  Schwester  Pul- 
ia;  sie  vermählte  ihren  Bruder  421  mit  der  hochgebildeten  Philosophen-  421 
ter  Athenais,  als  Christin  Eudokia,  welche  bald  grossen  Einfluss  auf 
Staatsleitung  gemeinsam  mit  dem  Eunuchen  Chrysaphios  gewann. 
h  ihrem  Sturz  beherrschte  dieser  den  Kaiser  vollständig  während  des 
;en  Teils  seiner  Regierung.  Pulcheria  hatte  sich  verstimmt  in  ihr 
atpalais  zurückgezogen. 

V^ährend  das  Westreich  in  Trümmer  ging,  Goten,  Sueben  und  Van- 
n  sich  in  Gallien,  Spanien  und  Afrika  selbständig  einrichteten,  und 
Schattenkaiser  des  Westens  thatsächlich  auf  die  Apenninenhalbinsel 
hränkt  war,  hat  die  Osthälfte  des  Reichs  diese  kritische  Periode  glück- 

68* 


916  Abris«  der  bysantüüsohen  Kaisergesoliioiite. 

lieh  und  verhältnismässig  ruhig  überstanden.    Die  lange  Regieron 
dosios'  n  ist  im  ganzen  arm  an  äusseren  Ereignissen.     Nach  H 

425  Tode  intervenierten  die  Generale  Ardaburios  und  sein  Sohn  Aspai 
lieh  in  Italien;  die  dureh  den  Usurpator  Johannes  beseitigte  legit 
gierung  ward  wieder  eingesetzt  und  kam  so  unter  den  Einfli 
Ostens. 

Den  grössten  politisehen  Fehler  des  grossen  Theodosios  hat  c 
gesehmähte  Regierung  des  kleinen  nach  Kräften  gut  zu  machen  v< 
In  dem  so  wichtigen,   seit  Tiridates  und  Gregor  dem  Erleuchter 
mischen  Allianz   gewonnenen   armenischen   Puiferstaate  war  seit 

365  Schmaehfrieden  365  der  römische  Einfluss  gebrochen;  zwar  Valens  hat 

367  einmal  zielbewusst  König  Pap  eingesetzt  und  unterstützt ;  nach  desse 
loser  Ermordung  durch  die  Römer  tobte  der  Kampf  zwischen  der  cl 
klerikalen  und  der  mazdaistiseh  gesinnten  Adelsfraktion.  Das  « 
standene  Interesse  des  Reichs  hätte  die  römische  Politik  veranlassei 
um  jeden  Preis,  wie  die  verständigen  Herrscher  aus  Konstantins  I 
gethan  hatten,  die  Mamikonier  als  Führer  der  Priesterpartei  zu  unten 
Statt  dessen  hat  in  unbegreiflicher  Verblendung  —  darin  nur  dem  ( 

387  Friedrich  vergleichbar  —  Theodosios  387  mit  der  orientalischen  0« 
einen  Teilungstraktat  des  armenischen  Reiches  verabredet,  eine  Teila 
der  den  Orientalen  der  Löwenanteil  zufiel.  Nur  etwa  ein  Fünftel  d 
maligen  grossarmenischen  Reiches  mit  der  Hauptstadt  Theodo: 
(Karin)  kam  in  die  römische  Gewalt.  Der  Rest,  in  dem  noch  4( 
ein  von  Persien  belehnter  Sehattenkönig  dem  Namen  nach  gebo 
unter  persische  Hoheit.  Als  Kirchen-  und  gelehrte  Sprache  dulde 
Perser  systematisch  nur  das  Syrische;  dem  Griechischen  wurde  d( 
tilgungskrieg  erklärt.  Die  beiden  grossen  Genies  Armeniens,  Mesi 
Sahak,  welche  nach  Erfindung  der  Schrift  durch  den  erstem  die  hl.  Sc 
die  Landessprache  übersetzten,  mussten  vor  den  Vexationen  der  per 
Behörden  auf  römischen  Boden  flüchten.  Das  römische  Kabinet  der  dai 
Zeit,  hierin  ungleich  weitsichtiger  als  der  AhnheiT  der  Dynastie,  fo 
von  Regierungs  wegen  das  Unternehmen  nach  Kräften  und  unterstütz 
Staatsmitteln  die  Übersetzungsschule  der  beiden  grossen  Armeniei 
den  Arbeiten  dieses  geistlichen  Seminars  ist  die  ganz  vom  Griec 
abhängige  grosse  Übersetzungslitteratur  der  Armenier  (des  sg.  g< 
Zeitalters)  hervorgegangen  und  das  bis  dahin  litteraturlose  Volk 
Reihe  der  Kulturnationen  eingeführt  worden.  Dadurch  ist  Armeni< 
barbarischen  Orientalismus  endgültig  entrissen  und  mit  der  abendiä 
hellenischen  Gesittung  auf  alle  Zeiten  verknüpft  worden.  Das  i 
das  Verdienst  des  verachteten  Theodosios  des  Kleinen. 

Doch  wenden  wir  uns  nun  zur  Betrachtung  der  äusseren  poli 
Ereignisse    zurück.     Wahrhaft   gefahrlich   wurde   dem   Reiche   in 

412  Epoche   die  hunnische  Grossmaeht.     Anthemios  zwar  hatte  412  de 

fall  dieser  Barbaren  glücklich  zurückgeworfen,  und  eine  Donauflott 

424  wachte  die  Reichsgrenze.     Doch  bereits  424  zahlte   der  Kaiser  de 

madenkönig  Tribut.    Schlimmere  Verhältnisse  kamen,   als  der  kr 

441  waltige  Attila  in  Pannonien  sein  Heerlager  aufschlug,  und  441  auss 


I.  Die  vorjastinianeisohe  Epoche  (895—518).  917 

'imen  auch  die  Perser  die  Reichsgrenzen  bedrohten  und  die  Yandalen 
l  mit  ihnen  verbündete  Piratenflotten  die  Küsten  des  Reichs  verheerten. 
-1  Donaufestungen  Viminacium  und  Singidunum,  Margus  und  des  apostel- 
-Ichen  Konstantinos  Geburtsstadt  Naissus,  Philippupolis  und  andere  der 
ditigsten  Reichsstädte  erlagen  dem  Ansturm  des  Hunnenkönigs.  Be- 
.28  zitterte  die  Hauptstadt;  aber  die  tapfere  Besatzung  des  festen  Asemos 
"Heidigte  sich  erfolgreich  und  hob  den  gesunkenen  Mut  der  Römer. 
3  wurde  durch  Anatolios  der  Friede  um  6000  Pfund  Goldes  und  einen  443 
Brüchen  Tribut  von  700  Pfund  erkauft.  Neue  Feindseligkeiten  im  J.  447  447 
srden  durch  die  Gesandtschaft  des  Maximinos  beigelegt;  der  als  Sekretär 
bleibe  begleitende  Rhetor  Priskos  hat  uns  die  berühmte,  überaus  packende 
3  realistische  Schilderung  der  hunnischen  Lagerresidenz  hinterlassen. 
m  Friede  wurde  hergestellt;  aber  die  Tributzahlung  dauerte  fast  bis  zu 
■Bodosios'  Tode. 

Viel  wichtiger  und  geradezu  entscheidend  ist  diese  Regierung  durch 
gleichzeitigen  kirchlichen  Ereignisse.  Der  christliche  Staat  hatte  den 
bh  Gtötterdienst  offiziell  und  gewaltsam  unterdrückt;  aber  die  Kirche 
.achte  ihre  Thore  weit  auf'  und  erleichterte  durch  kluge  Ökonomie  den 
^gläubigen  den  Eintritt  in  die  neue  Glaubensgemeinschaft.  Ihre  alten 
.^nischen  Gottheiten  erkannten  diese  in  den  christUchen  Heiligen  oft 
ber  nur  leichter  Verhüllung  wieder.  Dem  Bedürfnis  der  Menge  und 
c-  Frauen,  die  grosse  vielnamige  Naturgöttin  anzurufen,  wurde  die  Kirche 
rch  Steigerung  des  Dienstes  der  Gottesmutter  gerecht,  und  bereits  spot- 
.^n  die  Heiden  über  den  eifrigen  Marienkult  und  sprachen  von  der 
euen  Kybele"  und  »neuen  Isis". 

Die  alexandrinischen  Gottesgelehrten,  der  allegorischen  Exegese  des 
igenes  folgend,  waren  zugleich  die  eifrigsten  Förderer  der  neuen  Mode- 
»ologie,  während  die  Schule  von  Antiochien  in  ihren  grossen  Häuptern 
odoros  von  Tarsos  und  Theodoros  von  Mopsuhestia  gegen  die  allgewaltige 
itströmung  vergeblich  eine  nüchterne  wissenschaftliche  Auslegungskunst 
r  heiligen  Schriften  aufrecht  zu  erhalten  suchte.  Nestorios,  der  neue 
triarch  der  Hauptstadt,  aus  Germanikeia  stammend  und  den  Tradi-  428— 4S 
nen  seiner  Heimat  getreu,  eiferte  in  Rede  und  Schrift  gegen  den  nach 
.xier  Meinung  abgöttischen  Ausdruck  x^eoxoxog  und  beunruhigte  da- 
i*ch  aufs  äusserste  die  Frömmigkeit  der  hauptstädtischen  Bevölkerung. 
IT  heilige  Kyrillos,  des  Theophilos  NeflFe  und  Nachfolger  auf  dem  aposto- 
chen  Stuhle  von  Alexandria,  gefeiert  als  geistlicher  Redner  und  Schrift- 
»11er  und  vielerfahren  in  den  Künsten  hierarchischer  Regierungspolitik, 
»Ute  sich  an  die  Spitze  seiner  Gegner.  Vergeblich  suchte  Nestorios, 
wichen  die  kaiserliche  Regierung  vorläufig  hielt,  einzulenken.  Der  In- 
l>er  des  alexandrinischen  Stuhles  wollte  die  erwünschte  Gelegenheit 
:^ht  vorübergehen  lassen,  den  aufstrebenden  Rivalen  der  Hauptstadt  zu 
inütigen.  Ein  ökumenisches  Konzil  wurde  431  nach  Ephesos  berufen.  431 
>r  beschränkte  und  über  die  wahren  Gründe  des  Kirchenstreits  nicht 
terrichtete  Patriarch  des  Abendlandes,  Papst  Goelestinus,  legte  die  ge- 
chtige  Autorität  des  ersten  Stuhles  der  Christenheit  für  Kyriilos  in  die 
agschale.     Das  Konzil  begann  seine  Verhandlungen,  ohne  die  Ankunft 


918  Abrias  der  bysaniüüsoheii  Kaisergesdiiolite» 

der  dem  Nestorios  günstigen  orientalischen  Prälaten  abzuwarten  tu» 
auf  die  Einsprache  des  kaiserlichen  Kommissars  zu  achten.  Nestorio 
entsetzt.  Allein  Johannes  von  Antiochien  kaum  angekommen,  ami 
im  Einverständnis  mit  der  kaiserlichen  Regierung  ein  Gegenkonzil;  E 
und  Memnon  von  Ephesos  wiirden  von  diesem  entsetzt.  Indessen  j 
über  der  Stimmung  der  Ungeheuern  Mehrheit  von  Elerus  und  Volk  i 
die  Regierung  und  der  Prälat  von  Antiochien  die  grösste  Schwäche.  E 
zu  Gefallen,  welcher  die  Geldspenden  an  einflussreiche  Hofleute  nie 
spart  hatte,  wurde  Nestorios  preisgegeben;  er  starb  im  Exil.  Dieq 
Geistlichkeit  schloss  ihre  Union  mit  dem  ägyptischen  Patriarchen  auf] 
gungen  hin,  welche  auch  der  abgesetzte  und  verfluchte  neorOi 
Kirchenfdrst  ohne  Gewissensbedenken  hätte  unterschreiben  könn^ 
zahlreichen  Äusserungen  Kyrills,  mit  denen  er  diese  Union  zu  vertc 
suchte,  zeigen  nur  seine  eigene  dogmatische  Unklarheit  und  liefei 
vollgültigen  Beweis,  dass  es  dem  grossen  alexandrinischen  Hien 
weniger  um  den  Glauben  als  um  die  Herrschaft  zu  thun  war.  ] 
That  war  der  geistliche  Pharao  jetzt  der  mächtigste  Mann  im  Rei( 
der  Residenz  walteten  als  kirchliche  Oberhäupter  seine  Kreaturen. 
Regierung  hatte  —  das  sah  jeder  —  eine  schwere  Niederlage  er 
wie  dies  jedesmal  geschieht,  wenn  die  religiös  indifferente  Bureau 
gegen  die  Trägerin  einer  Idee,  wie  die  Kirche  sie  ist,  anzukämpfen 
Es  schien,  als  wenn  die  geistliche  Universalherrschaft  auf  die  Nacl 
des  hl.  Marcus  übergehen  wollte.  Als  449  ein  kleinasiatischer  l 
den  Prälaten  von  Alexandria  als  ökumenischen  Bischof  ausrief,  b 
lediglich  den  thatsächlichen  Verhältnissen  Rechnung. 

Den  völligen  Umschwung  hat  der  neue  Papst  von  Alt-Rom,  L 

442-454  Grosse  (442 — 454),  hervorgerufen,  auch  er  kein  grosser  Theologe 
ein  Kirchenpolitiker  ersten  Ranges.  Er  verstand  es,  den  unglaul 
Fehler  seines  Vorgängers  wett  zu  machen.  Ein  eifriger  Anhänger  dera 
drinischen  Theologie,  der  Archimandrit  Eutyches  zu  Konstantinope 
in  der  beschaulichen  Stille  seiner  Mönchsklause  beim  reinen  Doke 
angelangt  und  gab  dem  des  alexandrinischen  Joches  überdrüssigen  Rei 
Patriarchen  Flavian  die  erwünschte  Gelegenheit,  gegen  ihn  mit  kircl 
Strafen  vorzugehen.  Papst  Leo  approbierte  durch  seine  epistola  dog 
an  Flavian   die  Massnahmen  des  neurömischen  Kollegen.     Kyrills 

444—451  folger   Dioskoros    nahm    den    Schlag   nicht    ruhig    hin;    der    allmi 

kaiserliche   Minister    Chrysaphios   war   sein  Werkzeug.     So    wurd( 

nach  der  ägyptischen  Siegesstätte  Ephesos  ein  neues  ökumenisches 

449  (die   Räubersynode  von  449)   berufen;    es   ging    in   dieser  heiligei 

Sammlung  etwas  gewaltsam  zu,  indessen  kaum  viel  schlimmer,  als  i 

kirchlich   anerkanten  Synoden.     Ägypten  triumphierte  trotz  Roms 

noch   einmal   auf  der  ganzen  Linie,  und   die  Lehre,   welche   man 

Monophysitismus  nannte,  schien  der  anerkannte  Glaube  aller  Morge 

28.  Jul.  zu  werden,  als  den  28.  Juli  450  Theodosios  plötzHch  starb.   Die  staa 

450     Nonne  Pulcheria  reichte  dem  alten  Senator  Markianos  ihre  Hand, 

nun  den  Kaiserthron  bestieg.   Er  ist  der  erste  Kaiser,  welcher  siel 

den  Patriarchen  der  Hauptstadt  krönen  liess.   Der  Regierungswech 


I.  Die  TorjoBtinianeisohe  Epoche  (395—518).  919 

i  Signal  zu  einer  vollständigen  Reaktion.  Durch  die  beiden  grossen 
lesinischen  Siege  war  der  Patriarch  von  Alexandria  auf  dem  besten 
9g6,  die  erste  Macht  im  Reiche  zu  werden  und  Ostrom  in  einen  Kirchen- 
At  umzuwandeln.  Der  Sturz  des  ägyptischen  Hierarchen  war  daher 
*  die  byzantinische  Regierung  eine  Lebensfrage.  Sehr  klug  verstand 
es,  in  der  weströmischen  Regierung  und  vor  allem  in  dem  Eirchen- 
-sten  von  Alt-Rom  wertvolle  Bundesgenossen  zu  gewinnen.  Auf  der 
node  von  Chalkedon  451  wurde  den  äusserst  widerwilligen  Prälaten  des  451 
liens  ein  im  voraus  mit  Rom  abgeredetes  Glaubensbekenntnis  ziemlich 
Toristisch  aufgezwungen;  die  leitenden  kaiserlichen  Kommissare  han- 
i;en  durchaus  im  Einverständnis  mit  den  päpstlichen  Legaten.  Dios- 
ros  ward  entsetzt  und  wanderte  ins  Exil,  wie  einst  Nestorios.  Des 
stern  treueste  Anhänger,  Theodoretos  von  Kyros  und  Ibas  von  Edessa, 
jden  rehabilitiert.  Der  oströmische  Staat  hatte  siegreich  seine  Sou- 
ränetät  auch  in  kirchlichen  Dingen  aufs  neue  errungen. 

Was  die  äusseren  Verhältnisse  betrifft,  so  hat  Markianos  die  Tribut- 
slungen an  die  Hunnen  abgeschafft;  Attila  wurde  durch  seine  Ver- 
Dkelungen  mit  dem  Westen  verhindert,  thatkräftig  gegenüber  Byzanz 
Zutreten.  Sein  baldiger  Untergang  beseitigte  definitiv  diese  Gefahr 
s  Ostreichs. 

Es  schien,  als  hätten  die  Morgenländer  die  Entscheidungen  von 
alkedon  willenlos  in  stummem  Sklavensinn  entgegengenommen.  Aber 
schien  nur  so.  Die  alexandrinische  Lehre,  welche  einseitig  die  Gott- 
it  Christi  betonte  und  die  Menschheit  daneben  fast  verschwinden 
BS,  war  der  Glaube  des  frommen  Volkes  im  Osten.  In  Eleinasien,  in 
rien  und  namentlich  in  Ägypten  regten  sich  die  nur  erschreckten,  nicht 
tmutigten  Anhänger  der  Lehre  des  Eyrillos  und  des  Dioskoros.  Für 
3  oströmische  Reich  ist  vom  politischen  Standpunkt  aus  betrachtet  die 
.tscheidung  von  Chalkedon  vielleicht  das  schwerste  Unglück  gewesen, 
ui  hatte  den  Sturz  des  alexandrinischen  Universalpapstes  um  den  Preis 
r  inneren  geistigen  Zerklüftung  des  Gesamtstaates  erkauft.  In  einer 
riode,  wo  jeder  politische  Gedanke  im  kirchlichen  Bewusstsein  aufging, 
wnmerte  sich  das  griechenfeindliche  syrische  und  ägyptische  National- 
inisstsein  an  die  antichalkedonensische  Priesterlehre.  Das  sollte  bereits 
irkians  Nachfolger  Leon  I  (457 — 474)  in  nicht  misszuverstehender  Weise  457—4' 
rahren.  — 

Leon,  zubenannt  der  Grosse,  ein  orthodoxer  Grieche  thrakischer  Ber- 
uft, verdankte  den  Thron  dem  allmächtigen  magister  militum  per  orien- 
n,  dem  Alanen  Aspar;  diesen  hinderte  sein  arianischer  Glaube,  selbst 
n  Thron  zu  besteigen;  aber  während  der  ganzen  ersten  Hälfte  von 
ons  Regierung  konzentrierte  sich  die  Staatsgewalt  in  seinen  Händen, 
ich  Leon  Hess  sich,  wie  Markian,  durch  Anatolios,  den  Patriarchen  der 
luptstadt,  7.  Februar  457  krönen.  Aspar,  wie  Gainas,  stützte  sich  auf  7.  Febr 
3  germanische  Element  im  Heere,  und  es  schien,  dass  er,  wie  gleich-  457 
tig  Ricimer  in  Italien,  die  Rolle  des  Königmachers  spielen  wolle.  lo- 
tsen zu  diesem  Zwecke  hatte  er  sich  in  der  Wahl  Leons  vergriffen. 
3ser  war  kein  Schattenkaiser  wie  Anthemius  oder  Olybrius.     Gegen  die 


920  AbriM  der  byiantinlaohen  Kaiaerg Mohioh^to. 

Präponderanz   der  Germanen   spielte   er  die    neugeworbene   ei 
Leibwache  der  Isaurier  aus.    Ihr  General,  ein  verschlagener  and 
gesinnter  Barbar,  Tarasikodissa,  wurde  unter  dem  wohlklingendeo 
Zenon  hellenisiert  und  mit  der  Eaisertochter  Areadne  vermählt    K« 
Mühe  erzwang  Aspar  die  endliche  Erfüllung  eines  kaiserlichen  Ye 
wodurch  sein  Sohn  Patrikios  Cäsar  wurde.   Die  grossartige  Flotte 

468  des  Kaisers  gegen  den  niederträchtigen  afrikanischen  Seeräubentatf 
Vandalen   scheiterte   an   der   gänzlichen   Unfähigkeit   des   Admindi, 
kaiserlichen  Schwagers  Basiliskos.    Aspar  soll  die  Emennong  des 
tärischen  geizigen  Kommandanten  aus  Eifersucht  begünstigt  haben, 

471  er  dem  Kaiser  Kriegsruhm  missgönnte.     Erst  471  wurden  Aspar  anl 
Sohn  Ardaburios  auf  Befehl  des  Kaisers  getötet.    Die  Katastrophe, 
den  Regenten  von   einem   lästigen  Majordomat   und    das   Reich  Yoa 
Germanenherrschaft  befreite,  machte   auf  die  Zeitgenossen  einen 
tigen  Eindruck  und  lebte  noch  lange  im  Sprichwort  weiter. 

Im  Kirchenregiment  setzte  Leon  die  Politik  seines  Vorgängen 
sequent  fort.     Gleich  nach  Markians  Tode  hatten  die  Alexandriner 
ihnen  aufgedrungenen  Patriarchen  Proterios  ermordet.     Der  Elende 
dies  Schicksal  reichlich  verdient,   da  er,  ursprünglich   eine  Kreator 
Dioskoros,  sich   als   gefügiges  Werkzeug  der  Gegner   hatte  missbi 
lassen.     Ein  eifriger  Anhänger  des  Dioskoros,  Timotheos,   wurde  in 
bulenter  Weise  auf  Marcus'  Stuhl  erhoben.     Leon  nahm  die  Sache 
ernst;  ein  neues  Konzil  zu  berufen,  ging  nicht  an;   das  wäre  ein 
Misstrauensvotum  gegen  Chalkedon  gewesen.     Wohl  aber  erbat  eidi 
Kaiser  geistliche  Gutachten   von    den   Metropoliten  und   Bischöfen 
lieber  Kirchenprovinzen  und  von  einigen  hervorragenden  Theologen 
Reichs.    Dieselben  fielen  weit  überwiegend  zu  Gunsten  Chalkedons 
Der  Usurpator  wurde   exiliert,   und  Timotheos  mit  dem  Beinamen 
likos  —  das  erste  Mal,   dass  die  orthodoxe  Partei  als  Königspartei 
chiten)  bezeichnet  wird  —  nahm  den  alexandrinischen  Thron  ein.    Eii 
dies  einer  der  seltenen  Falle,  wo  die  byzantinische  Regierung  eine 
liehe  Hand  in  den  so  zart  anzufassenden  Kirchensachen  zeigte.    Tim< 
bewies  sich  —  für  die   damalige  Zeit  unerhört  —  als  einen  milden 
toleranten  Prälaten.     Er  gewann  die  Liebe  und  Hochachtung  selbst 
kirchlichen  Gegner;  die  Kommunion  verweigerten  sie  freilich  auch  iha 
3.  Febr.  Bei  seinem  Tode,  3.  Februar  474,  hatte  Leon  das  Reich  seinem  i 

^^^     mündigen    gleichnamigen    Enkel,    dem   Sohne   Zenons   und    der  AreiM 

474  hinterlassen.  Leon  der  jüngere  erhob  474  seinen  Vater  durch  feieriidi 
Krönung  zum  Mitkaiser  und  starb  so  plötzlich,  dass  dieser,  jetzt  alleinig* 
Throninhaber,  sich  ganz  natürlich  dem  verruchtesten  Verdachte  aosBeUi 

Zenon  der  neue  Kaiser,  welcher  sich  auf  seine  Landsleute,  dieroha 
und  verhassten  Isaurier,  stützte,  war  in  hohem  Grade  unpopulär.  Dil 
ehrgeizige  Kaiserin-Mutter  Verina  suchte  darum  ihren  Bruder,  den  » 
fähigen  Basiliskos,   auf  den  Thron  zu  erheben.     Einer  der  bedeutende« 

475  isaurischen  Generale,  Illus,  nahm  an  dem  Komplotte  teil.  Ende  tli 
musste  Zenon  mit  seiner  Gattin  in  sein  Heimatland  fliehen.  In  KonstO' 
tinopel  machte  sich  die  Volkswut  in  einer  isaurischen  Vesper  Luft.  Bw- 


L  Die  TorjaBiinianeisohe  Epoche  (395—518).  921 

,08  stützte  sich  auf  die  während  eines  Menschenalters  unterdrückte 
^lophysitische  Partei.  Der  exilierte  Timotheos  kehrte  unter  dem  Jauchzen 
]j^  Volkes  nach  Alexandria  zurück.  Die  asiatischen  Bischöfe  beeilten 
\  ihre  Zustimmung  zu  dem  neuen  Reichsglauben  auszusprechen.  Allein 
.iUskos  machte  einen  unverzeihlichen  Fehler.  Auf  den  Rat  des  be- 
rknkten  Ägypters  suchte  er  die  von  Johannes  Ghrysostomos  gegründete, 
'Chalkedon  feierlich  bestätigte  Patriarchalgewalt  des  hauptstädtischen 
iaten  wieder  aufzuheben  und  Ephesos,  der  Stadt  Johannes  des  Theo- 
«n,  ihren  alten  Primat  zurückzugeben.  Dadurch  beleidigte  er  den 
■mnen,  vom  Volke  schwärmerisch  verehrten  und  überaus  staatsklugen 
sriarchen  Akakios.  Auf  die  Volksgunst  bauend,  hielt  dieser  an  der 
ilkedonensischen  Orthodoxie  fest,  und  am  Bosporus  redete  von  seiner 
de  herunter  der  Stylit  Daniel  für  die  gefährdete  Rechtgläubigkeit, 
rgebens  widerrief  jetzt  Basiliskos  den  Glauben  seines  eigenen  Rund- 
j^ibens.  lilus  und  sein  Bruder  Trokundos  traten  nun  zu  Zenon  über, 
■iliskos  und  seine  Familie  wurden  in  einem  isaurischen  Kastelle  dem 
aigertode  preisgegeben. 

Zenon  verdankte  seine  Wiederherstellung  (477)  in  erster  Linie  dem  477 
wBsen  Patriarchen.  Es  war  daher  eine  verständige  Regierungsmassregel, 
■B  er  diesem  politisch  eminent  begabten  Prälaten  die  Ordnung  der  religiösen 
Gelegenheiten  überliess.  Akakios  entledigte  sich  dieser  dornenvollen 
^gabe  in  mustergiltiger  Weise.  Das  von  ihm  verfasste,  von  Zenon 
■klamierte  Henotikon  (482)  hat  für  zwei  Generationen  den  Kirchenfrieden  ^^^ 
Hl>ürgt.  Es  hielt  fest  an  dem  alten,  allgemein  anerkannten  Glauben 
3  Nikaea  und  Ephesos;  die  unglückliche  Entscheidung  von  Ghalkedon 
xde  thatsächlich  beseitigt.  Durch  die  Wiederherstellung  des  alten 
Mibens  des  hl.  Kyrillos  wurde  jetzt  den  monophysitischen  Patriarchen 
El  Alexandrien  und  Antiochien  die  Möglichkeit  geboten,  wieder  mit  der 
ichskirche  zu  kommunizieren.  Ihre  Gemeinden  mit  alleiniger  Ausnahme 
iger  unbedeutender  Eiferer  folgten  ihnen  nach.  Dadurch  wird  uns 
l^ifiich,  dass  die  monophysitischen  Kirchen  Zenon  wie  seinen  gleich- 
«nnten  Nachfolger  Anastasios  noch  heute  zu  den  Kalenderheiligen 
alen.  Gegenüber  dem  unermesslichen  Vorteil  des  wiederhergestellten 
chUchen  Friedens  innerhalb  des  ganzen  Reichs  verschlug  es  wenig,  dass 
r  Papst  von  Alt-Rom,  Felix  III,  sich  feierlich  lostrennte.  Politisch  und 
tional  war  man  von  den  Lateinern  doch  geschieden ;  also  war  die  Kirchen- 
tnnung  nur  die  notwendige  Konsequenz.  Akakios  der  Friedensstifter 
t  als  vornehmster  Prälat  der  neu  geeinten  Kirche  wahrscheinlich  zuerst 
n  später  viel  umstrittenen  Titel  eines  ökumenischen  Patriarchen  an- 
Donmien. 

Bezüglich  der  staatlichen  Verhältnisse  blieb  Zenons  Regierung  auch 
merhin  unruhig  genug.  Zwar  die  Empörung  des  Prinzen  Markianos  479 
irde  rasch  unterdrückt.  Viel  gefährlicher  wurde  eine  andere  Persön- 
hkeit.  Der  Magister  officiorum  Illus  hatte  allmählich  eine  so  allgewal- 
:e  Stellung  am  Hofe  sich  erobert,  dass  er  in  den  nächsten  Jahren  als 
r  eigentliche  Beherrscher  des  Ostreichs  betrachtet  werden  kann.  Die 
*mee,  vorab  seine  Landsleute,  die  Isaurier,  waren  ihm  unbedingt  ergeben. 


922  AbriBB  der  bysanÜnisohmL  Kaiserg— chichta* 

Daneben  machte  er  den  Gönner  der  Gelehrten  und  Litteraten,  ans 
Reihen  sich  vielfach  noch  die  höheren  Beamten  rekrutierten  nnd 
welchen  zahlreiche  oflfene  oder  heimliche  Anhänger  des  Heidentums ' 
80  Leontios,  der  General  des  thrakischen  Heeres,  Pamprepios,  Profen 
in  Athen,  dann  in  der  Hauptstadt,  eine  hervorragende  staatsmiii 
Kapazität,  Marsos  und  andere.  Das  Pochen  des  Illus  auf  seine  I 
behrlichkeit  führte  zu  Reibungen  mit  der  äusserst  selbstbewussten  Ei 
Areadne  und  endlich  zum  völligen  Bruch.  Um  so  eigentümlicher  isf 
der  Kaiser  diesem  gewissenlosen  Frevler  das  Militärkommando  des  < 
anvertraute.  Offenbar  konnte  er  nicht  anders.  Illus  legte  nun  die 
ab.  Er  verband  sich  mit  der  rasend  ehrgeizigen  Kaiserin-Mutter  \ 
welche  ganz  auf  seine  Pläne  einging.  Auf  seine  Veranlassung  kröi 
zu  Tarsos  den  Leontios  als  Kaiser  und  empfahl  ihn  in  einer  Sakr 
^^'484  °*  Unterthanen.  27.  Juni  484  hielt  dieser  seinen  feierlichen  Einzag  i 
tiochien.  Dass  der  neue  Kaiser  und  seine  Genossen,  reine  Werloei 
Illus'  Händen,  an  eine  Repristination  des  Heidentums  gedacht 
sollen,  ist  thörichte  Schlussfolgerung  aus  den  nachherigen  blutigen 
tyrien  von  Philosophen  und  Grammatikern,  welche  Zenons  hei^ 
Regierung  betrieb.  Vielmehr  hat  die  Gegenregierung  die  Verteic 
der  chalkedonensischen  Rechtgläubigkeit  in  ihr  Programm  aufgenoi 
Damit  gewann  sie  die  Sympathien  des  hohen  orientalischen  Klerus,  w 
in  seinen  hervorragendsten  Mitgliedern  das  Henotikon  verwarf.  Ai 
Lande  selbst  bildete  diese  Richtung  nur  eine  kleine  Minderheit.  Dft 
war  in  den  Händen  der  Mönche  und  Styliten,  deren  Mehrzahl  mono 
tisch  dachte.  Die  neue  Regierung  hatte  keinen  Halt  im  Volke,  u 
besiegte  der  von  Zenon  abgesandte  General,  der  Gote  Johannes,  de 
ohne  Mühe  und  schioss  ihn  in  demselben  isaurischen  Kastell  Pa{ 
ein,  welches  einst  die  verbannte  Kaiserin  Verina  und  den  Markiana 

488  genommen  hatte.  488  wurden  die  Köpfe  der  Rebellen  nach  Konstant 
gesandt.  Eine  natürliche  Folge  war  die  Absetzung  zahlreicher  Pr 
des  Ostens,  vorab  des  Patriarchen  von  Antiochien,  Kaiandion.  Di 
bänger  des  Chalcedonense  hatten  ihre  Parteinahme  für  Illus  zu  h 
Nach  Antiochien  kam  ein  alter  Günstling  Zenons,  der  schon  einmal  y 
seines  starr  monophysitischen  Standpunktes  abgesetzte  Petros,  der 
jetzt  Akakios'  Unionsformel  annahm.  Mit  dem  politischen  Umschvru 
Osten  hängt  auch   die  SchUessung  der  persischen  Schule  von  Edes: 

489  sammen,  des  letzten  Horts  der  nestorianischen  Richtung,  489.  Di 
günstigung  der  Monophysiten  in  den  Ostprovinzen  war,  vom  polit 
Standpunkte  aus  beurteilt,  eine  sehr  verständige  Massregel.  E 
Nestorianer  im  persischen  Reich  die  offiziell  anerkannte  christliche 
fession  wurden,  begünstigte  Rom  mit  Recht  ihre  Todfeinde,  welche 
durch  ihre  Glaubensrichtung  die  beste  Garantie  für  patriotisch  röi 
Gesinnung  boten. 

Viel  bedenklicher  waren  die  Verhältnisse  in  der  europäischen  1 
hälfte  unter  Zenon.  Noch  einmal  wurden  die  aus  ihren  pannoi 
Sitzen  unaufhaltsam  nach  Süden  vordringenden  Goten  eine  stehende  1 
gefahr.    Ein  Glück  war  es  für  Zenon,   dass  neben  dem  Königsges 


L  Die  ▼orjoBtinianeisohe  Epoche  (395—518).  923 

m 

.  Amaler,  (erst  den  drei  Brüdern  und  dann  dem  genialen  Sohne  Theo- 
rdrs,  Theoderich  dem  Grossen),  ein  fähiger  Militär  geringerer  Herkunft 
.  oderich  o  2tQaß6g  oder  der  Sohn  des  Triarius  von  den  Griechen  genannt, 
m  starken  Anhang  unter  seinem  Volke  sich  errang.  Die  Rivalität  der 
len  Heerführer  war  des  Reiches  Rettung.  Die  Regierung,  welche  das  Gold 
it  sparte,  konnte  sicher  sein,  dass,  wenn  einer  der  beiden  Theoderiche 

bekämpfte,  der  andere  sich  auf  ihre  Seite  schlug.  Freilich  der  je- 
lige  Bundesgenosse  pflegte  in  Thrakien  und  Makedonien  kaum  minder 
recklich  zu  hausen,  als  der  offene  Feind.    478  und  481  griff  der  |Sohn  478.  481 

Triarius,  487  Theoderich  der  Grosse  die  Reichshauptstadt  an.     Beide  487 
rden  mit  Erfolg  zurückgewiesen.     Ein  ebenso  tapferer  als  glücklicher  479 
gner  erstand  dem  letzteren   in   dem  römischen   Feldherrn  Sabinianus. 
Bsen   baldiger  Tod  brachte  aber  das  Reich  in  neue  Bedrängnis,  zumal  481 
-ch  den   gewöhnlichen   Landsknechtstod  des  Sohnes    des  Triarius  der  481 
tenkönig,    den    Rom    vergebens    mit    den    Ehren    des    Patricius    und 
nsuls   ausgezeichnet   hatte,    freie    Hand   bekam.      Man  wies   den  un- 
■digen    „Föderativ    in    den    Donaulandschaften    neue    Wohnsitze    an, 

die  Gesandtschaft  des  flüchtigen  Rugierprinzen  die  Aufmerksamkeit 
I  grossen  Goten  auf  Italien  lenkte.  Wie  schon  Odovakar  begehrt  hatte, 
1  Byzanz  aus  als  kaiserlicher  Feldherr  und  Statthalter  des  Westens  an- 
zannt  zu  werden,  so  wurde  jetzt,  da  man  noch  immer  von  der  staats- 
litlichen  Auffassung  geleitet  wurde,  dass  das  römische  Reich  ungeteilt  sei, 
eoderich  thatsächlich  durch  Vertrag  mit  Kaiser  Zenon  zum  Nachfolger 
3  zweiten  Inhaber  dieses  Amtes  eingesetzt,  und  seine  föderierten  Ger- 
iien  waren  kaiserUche  Soldaten.  Vom  Kaiser  erbat  er  den  Purpur,  und 
erhielt  ihn  von  seinem  Nachfolger  Anastasios.  Stets  betonte  Theoderich 
■I  Verhältnis  der  Abhängigkeit  zum  Kaiser.  Dieser  freilich,  kein  staats- 
litlicher  Doktrinär,  sondern  ein  sehr  kühl  abwägender  Realpolitiker,  atmete 
eichtert  erst  auf,  als  dieser  „loyale  Unterthan^  durch  den  Sieg  über 
ovakar  bei  Verona  definitiv  in  Italien  festgehalten  wurde.  So  hatte  das 
ich  endgültig  die  Gefahr,  eine  germanische  Herrscherrasse  zu  erhalten, 
erstanden. 

Bei  Zenons  Tod  11.  April  491  zeigte  sich  die  Stärke  des  dynastischen  ^^\q4p'' 
ff&hls.  Die  Kaiserwahl  hing  von  der  Kaiserin- Witwe  Areadne,  der  Tochter 
on  I  ab,  und  sie  wählte  zum  Kaiser  und  Gatten  zugleich  einen  altbewährten 
^Ibeamten,  den  Silentiarier  Anastasios  (491 — 518),  der  —  charakteri-  491—51 
Bch  für  diese  Zeit  —  nicht  lange  vorher  beinahe  Patriarch  von  Antiochien 
ororden  wäre.  Seine  Regierung  war  im  Vergleich  zu  der  Zenons  eine  ver- 
Itnismässig  ruhige.  Gleich  zu  Anfang  kam  es  freilich  zu  Auseinander- 
rvzungen  mit  den  Isauriern.  Ihr  Landsmann  Zenon  hatte  diesem  raub-  und 
uf  lustigen  Gesindel  des  gebirgigen  Südkleinasiens  eine  Art  Prätorianerstel- 
ig  in  der  Hauptstadt  gewährt.  Die  Verwandten  und  der  Anhang  Zenons 
kleideten  die  wichtigsten  Militärbefehlshaberstellen.  Der  Kaiser  suchte  sie 
erst  aus  der  Hauptstadt  zu  entfernen,  ohne  ihren  Rang  und  ihre  Stellung 

verletzen.  Allein  die  turbulenten  Massen,  von  ihren  Führern  verhetzt, 
gannen  den  Bürgerkrieg.  Nun  zeigte  sich  auch  der  Kaiser  energisch. 
'  entzog  den  Isauriern  die  Kornrationen.     In   blutigem  Kampf  wurden 


924  AbrisB  der  bysantinuielien  Kaisergesohichi«. 

sie  aus  der  Hauptstadt  geworfen.  Aber  Zenons  Bruder,  Longu 
selbst  nach  dem  Diadem  getrachtet,  stellte  sich  an  die  Spitze  der  I 
Der  Krieg  dauerte  im  südlichen  Eleinasien  sechs  Jahre.  An  de 
des  Aufstands,  der  immer  mehr  einen  nationalen  Charakter  i 
standen  beliebte  Führer.  Unter  ihnen  befand  sich  der  ehemali 
bischof  von  Apameia,  Konon,  welcher  das  Gebetbuch    mit  dem  8 

493  vertauscht  hatte.  Indessen  nach  dem  grossen  Siege  von  Eotyae 
nahm  der  Aufstand  den  üblichen  Charakter  des  Guerillaskampl 
Festungskrieges  von  nur  lokaler  Bedeutung  an.  Die  oströmischc 
rung  war  die  isaurische  Geissei  los. 

Die  entvölkerten  Nordprovim^en  der  europäischen  Reichshalft 

seit  dem  Abzüge  der  Goten  unaufhörlichen  Einfallen  der  jenseitig 

493.  505.  baren  preisgegeben.     493,  505  und  517  werden  uns  Einbrüche  de 

unter  denen  man   die   damals  einwandernden  slavischen  Stämme 

stehen  pflegt,  gemeldet.   Sie  besiegen  die  römischen  Feldherm  und 

499  verwüstend  in  Thrakien,  Makedonien  und  Thessalien   ein.     499 
die  finnischen  Bulgaren  den  Römern  eine   schwere  Niederlage  an 

502  flusse  bei  und  502  verwüsten  sie  Thrakien.  Durch  den  Bau  der 
Mauer  schützte  der  Kaiser  die  Residenz.    So  ist  diese  Epoche  als  A 

507  punkt  für  die  Slavisierung  der  Balkanhalbinsel  von  weltgeschic 
Bedeutung. 

Weitaus  der  wichtigste  aller  Kriege  unter  Anastasios  war 
den  Persern,  über  den  wir  durch  die  gleichzeitige  Chronik  des  s} 
Styliten  Josua,  des  Mönches  des  Klosters  Zuknin,  vorzüglich  unU 
sind.  Die  alten  Verträge  hatten  beide  Mächte  verletzt;  begründe 
lass  gab  aber  Rom,  indem  es  die  christlichen  Fürsten  von  Persi 
menien  in  seine  Klientel  nahm.  Die  monophysitischen  Armenier 
griechenfreundlich,  bis  Justinians  verkehrte  Politik  Ostrom  um  ali 
pathien  bei  diesem  Nachbarst-aate  brachte.     Kavädh  eröffnete  den 

502  im  Sommer  502  und  eroberte  Theodosiupolis  (Karin,  Erserum)  die 

503  Stadt  des  römischen  Armeniens.  Im  Beginn  503  fiel  Amida,  das 
bell  werk  der  mesopotamischen  Reichsgrenze,  nach  dreimonatlicl 
lagerung  durch  Verrat.     Die  unglückliche  Stadt  hatte  die  ganze  ^ 

504  entmenschten  Sieger  zu  fühlen  und  wurde  erst  504  den  Römern 
überlassen,  unter  den  römischen  Führern  zeichnete  sich  namentJ 
magister  officiorum  Celer  aus.  Sowohl  das  römische,  als  das  p< 
Mesopotamien  litten  furchtbar  unter  den  Plünderungs-  und  Verwü 
Zügen   von   Freund   und   Feind.     Endlich   nachdem   beide    Partei« 

506  äusserste  erschöpft  waren,  kam  506  der  Friede  zu  Stande,  welcl 
bisherigen  status  quo  herstellte.  Die  Bedrängnis  der  Perser  du 
Nordvölker  benutzte  der  Kaiser  sehr  klug,  freilich  vertragswidi 
Ausbau  der  wichtigen  Festung  Dara,  welche  Nisibis  im  Schach  halte 
Im  Innern  war  die  Regierung  eifrig  auf  Reformen  bedacht, 
wird  dem  Kaiser  von  den  Zeitgenossen  wie  den  Spätem  die  Absc 
der  alle  Stände  hart  drückenden  Steuer  des  Chrysargyrons  angei 
Auch  dem  Ämterkauf  versuchte  er  entgegenzutreten.  Charakt< 
für    die   asketisch-mönchische  Anschauung    der  Zeit   ist,    dass    mi 


I.  Die  TorjaBtinianeische  Epoche  (395—518).  925 

^,:e  sogar  die  unschuldigen  Kamevalsvergnügungen  raubte,  in  denen  man 

E  rreste  des  Heidentums  sah.  Wie  Anastasios'  Zeitgenosse  Papst  Gelasius 

om  das  Luperkalienfest  definitiv  untersagte,  so  verbot  der  Kaiser  die 

le  der  in  Mädchen  verkleideten  Knaben  und  hob  das  Maifest  der  Bryta 

seinen  volkstümlichen  Festtänzen  auf,  weil  der  Übermut  der  trunkenen 

jge  zu  wiederholten  Malen  blutige  Schlägereien  und  Mordthaten  ver- 

iBst  hatte.     Als  ein  Zeichen  wahrhaft  christlichen  Mutes  muss  aber 

'^  Regierung  die  Abschaffung  der  höchst  populären  Yenationes   ange- 

inet  werden,  der  blutigen  Gladiatorenkämpfe  gegen  Bestien  im  Circus. 

Wichtiger  als  in  politischer  ist  Anastasios'  Regierung  in  kirchlicher 

iehung.     Der  Kaiser  war  nicht,  wie  sein  Vorgänger,   ein  Freund  der 

Qophysiten  aus  Politik,  sondern  er  folgte  dieser  kirchlichen  Richtung 

innerster  Herzensüberzeugung.   Sein  Hauptberater,  der  Syrier  Marines, 

■T  gleichfalls  entschiedener  Monophysit.     Indessen  schlug  der  Kaiser  in 

"  kirchlichen  Politik  einen  Mittelweg  ein.     Da  Europa  und  namentlich 

-  Hauptstadt  dem  Chalcedonense  geneigt  waren,  duldete  er  zuerst  als 

Iriarchen  den  ebenso  gesinnten  Euphemios,  und  nach  dessen  Absetzung 

B  unterzeichnete  zwar  sein  Nachfolger  Makedonios  das  Henotikon,  zeigte  496 

b  aber  sonst  als  einen  entschlossenen  Gegner  der  kaiserlichen  Kirchen- 

itik.     Von   den  Ostprovinzen  war  Ägypten  ebenso   entschieden   mono- 

fsitisch,  als  Palästina  mit  seinen  zahlreichen  Mönchskolonien  orthodox. 

Syrien  herrschte  die  milde  Mittelpartei  Fla^dans.     Das  Henotikon  als 

ichssymbol  war  allgemein  anerkannt;  nur  in  seiner  Interpretation  zeigten 

h  die  tiefgreifenden  Parteispaltungen.    Die  Ägypter  und  extremen  Mo- 

physiten  erklärten,  durch  dasselbe  werde  das  Chalcedonense  verworfen, 

lirend  man  umgekehrt  in  der  Hauptstadt  die  Annahme  der  Konzils- 

ichlüsse  hinein  interpretierte.     Die  Mittelpartei  schwieg  klüglich  über 

3  diffizile  Thema,  sprach  aber,  von  den  strengen  Monophysiten  gedrängt, 

rchaus  folgerichtig  das  Anathem  ausser  über  Nestorios  auch  über  die 

deren  Häupter  der  antiochenischen  Schule,  namentlich  über  Diodoros 

Q  Tarsos  und  Theodoros  von  Mopsuhestia  aus.    Anastasios  benahm  sich 

sserordentlich   verständig.     In   den   durch   Abstammung,   Sprache   und 

schichte  so  völlig  getrennten  Provinzen  liess  er  einfach  die  bisherigen 

Buche  und  geltenden  Anschauungen  gewähren.    Die  Regierung  gab  sich 

»  redlichste  Mühe  den  Frieden  zu  erhalten  und  eine  Einigung  zu  erzielen. 

ibst  mit  Rom,  dem  Hort  der  Orthodoxen,  suchten  der  Kaiser  und  seine 

triarchen   wiederholt  sich   zu   versöhnen.     Unter   dem  milden   Papste 

lastasius  II  schienen  die  Unterhandlungen  von  Erfolg  begleitet.    Allein 

31  baldiger  Tod    verkümmerte  alle  Friedenshoffhungen.     Denn  die   von  498 

m  hartnäckig    festgehaltene   Bedingung    der   Streichung    des  Akakios 

3  den  Kirchenbüchern  war  für  Ostroms  Ehre  unannehmbar.    Anderer- 

ts  sandten  die  starren  Monophysiten  unaufhörlich  Mönchsdeputationen 

ch  der  Hauptstadt.     Ihre  Häupter,   der  geniale  Severos  und  der  ener- 

(che  Xenal'as  von  HierapoUs,   hatten   des  Kaisers  Ohr.     Synoden  über 

noden  wurden  gehalten  und  verliefen  gleichmässig  resultatlos.    In  den 

ifkapellen  sang  man  das  Trishagion  mit  dem  monophysitischen  Zusatz: 

Ott)  der  für  uns  gekreuzigt  ward.    Die  turbulente  Stadtbevölkerung  von . 


926  AbriM  der  byianünisohen  Kaisergeaeblelite. 

Eonstantinopel,  welche  sich  sonst  nur  für  Gircusreiter  und  Trapeikl 
begeisterte  und  erhitzte,  warf  sich  mit  derselben  Inbrunst  jetzt  zum 
der   Orthodoxie   auf    und    meuterte   in   gefahrdrohender   Weise  fl 

512  Glauben.  Der  erzürnte  Kaiser  schrieb  eine  Synode  nach  Sidon  an 
welche  eine  unmissverständliche  Antwort  geben  sollte.  Allein  die 
und  massvollen  Leiter  derselben,  Flavian  von  Antiochien  und  EKi 
Jerusalem,  hinderten  zum  Arger  der  von  der  Kamarilla  begfin 
Exaltierten  jede  extreme  Massregel.  Der  Kaiser  war  allmählich  i 
genutzt  und  verdriesslich  geworden.  Er  hatte  das  langweilige  Verii 
mit  den  ewig  unbelehrbaren  Theologen  satt  und  warf  sich  kurz  ented 
den  entschiedenen  Monophysiten  in  die  Arme.  So  brach  er  bemu 
seiner  bisherigen  massvolien  Kirchenpolitik.  Er  war  eben,  meii 
milde  Stylit  Josua,  thöricht  wie  der  alte  Salomo,  geworden. 

Makedonios  wurde  durch  den  streng  monophysitischen  Tin 
ersetzt,  der  sogleich  mit  den  Kirchen  des  Ostens  in  Gtemeinschil 
Flavian  von  Antiochien,  bald  auch  Elias  von  Jerusalem  wanderb 
Exil,   und    das    geistige   Haupt   der  Monophysiten    Severos   bestie 

513  apostolischen  Stuhl  von  Antiochien.  Auf  der  Synode  von  Tyro 
wurde  das  Henotikon  unter  Verdammung  des  Ghalcedonense  feierlid 
piert.  Indessen  auch  hier  zeigte  sich  die  Milde  des  Kaisers.  Er 
dem  Statthalter  von  Phönicia  Libanensis  ausdrücklich  jede  Anw( 
von  Qewalt  gegen  die  widerspenstigen  Bischöfe  von  Epiphaneia  nn 
thusa:  „er  wolle  auch  in  bedenklichen  und  wichtigen  FÜlen  keine 
eintreten  lassen,  wenn  dabei  auch  nur  ein  Tropfen  Blutes  sollte  ver 
werden.* 

Allein  es  fehlte  viel,  dass  der  Umschwung  der  Regierungspol 
512  den  europäischen  Provinzen  widerstandslos  hingenommen  wurde, 
kam  es  in  der  Hauptstadt  zu  einer  färchterlichen,  die  Krone  seil 
fährdenden  Revolution;  natürlich  rebellierte  man  nur  zur  Vertei« 
der  gefährdeten  Orthodoxie.  Die  Häuser  des  Marinos  und  des 
fekten  Piaton  wurden  geplündert  und  verbrannt.  Einige  unglQ( 
monophysitische  Mönche  fielen,  ein  Opfer  der  Volkswut.  Abwec 
mit  diesen  Greueln  sang  dann  die  Menge  tagelang  Hymnen  mit 
doxem  Texte  im  Circus.  Man  rief  bereits  den  Areobindos  als  neuen 
aus,  als  plötzlich  ohne  Diadem  und  kaiserlichen  Schmuck  Anastas 
Circus  erschien  und  durch  den  Herold  seine  Bereitwilligkeit  abzuc 
erklärte;  aber  eine  Herrschaft  der  vielköpfigen  Menge  sei  eine  D 
lichkeit.  Einem  Einzigen  müsse  die  Leitung  des  Staates  über 
werden.  Die  furchtlose  Sprache  des  greisen  Monarchen  wirkte  w 
Zauberbann  auf  die  Menge.  Sie  jubelte  ihm  von  neuem  als  Kai 
und  zerstreute  sich.  Die  Regierung  stellte  sogleich  mit  grosser  £ 
völlige  Ruhe  wieder  her. 

Diese  Stimmung  der  Westprovinzen  machte  sich  ein  General  zu 

514  514    erhob    in   den    Donauprovinzen  Vitalian,    ein   geborener  Mösie 
ebenso  roher  als  ehrgeiziger  Mann  die  Fahne  des  Aufruhrs.     Die 
gläubige  Lehre  war  ihm  genau  so  gleichgültig  wie  einst  dem  Illus. 
er   war,    wenn   er  die  Verteidigung  des  Ghalcedonense  in  sein  Pro{ 


I.  Di«  Torjnatinfauwiaoli«  Epo«h«  (896-518).  927 

.  islim,  äer  Sympathien  von  Klerus  und  Volk  in  Europa  gewiss.  Mit 
m  gewaltigen  Heere,  angeblich  50000  „Hunnen",  rückte  er  514  gegen  514 
Reichehauptstadt  und  erschreckte  den  Kaiser  dermassen,  dass  er  sich 
'  Friedensunterhandlungen  einliesB  und  ein  Konzil  zur  Union  mit  den 
ndl&ndern  zu  berufen  versprach.  Kaum  war  Vitalian  zurückgezogen, 
■de  der  Feldherr  Kyrillos  gegen  ihn  gesandt,  aber  geschlagen.  Des 
'•ers  eigener  Neffe  Hypatios  erlitt  eine  fürchterliche  Niederlage.  Sein 
ir  ward  groBsenteils  vernichtet,  er  selbst  gefangen.  Wie  schon  Mher 
1B80B  und  Anchialos,  so  fiel  jetzt  Sozopolis  in  die  Gewalt  des  Rebellen. 
■A  zur  See  bedrohte  er  die  Residenz.  Der  Kaiser  musete  seinen  Neffen 
saufen,  5000  Pfund  Goldes  zahlen,  und  Vitalian  erhielt  eine  offizielle 
Brkennung  als  magister  militum  per  Thraciam.  Die  Synode  von  Hera- 
ia,  obschon  mit  Erlaubnis  Theoderichs  auch  Papst  Hormisdas  seine  Le- 
»«ia  geschickt  hatte,  kam  nicht  zu  Stande,  woran  wohl  weniger,  wie 
BOphanes  meldet,  die  ZweizUngigkeit  des  Kaisers  die  Schuld  trug,  als 
'  kirchenpolitische  und  dogmatische  Standpunkt  Homs,  mit  dem  jede 
kigung  fUr  das  damalige  Byzanz  unmöglich  war.  Das  Jahr  515  sah  515 
u  Kämpfe  zwischen  dem  unbotmässigen  Scythen  und  dem  Kaiser. 
Bin  der  entscheidende  Seesieg  des  Marines  unweit  Sykae  (bei  Bytharia) 
schaffte  endlich  der  Hauptstadt  Ruhe.  Vitalian  zog  sich  nach  dem 
rden  zurllck;  seine  Bewegung  war  definitiv  gescheitert. 

Dem  alternden  Kaiser  machte  der  Klerus  unaufhörlich  zu  schaffen.  Die 
*alfiatina  hochmäclitigen  Mönche  und  Eremiten  unt«r  Führung  des  hl.  Sabas 
I  seiner  Freunde  veranstalteten  grosse  Protestmeetings  gegen  die  in 
ostantinopel  rezipierte  Hoftheologio,  und  in  Älexandria  kam  es  zu  einer 
inen  Emeute,  weil  517  der  griechische  Stadtadel  ohne  Befragen  von 
inis  und  Volk  den  neuen  Patriarchen  Dioskoros  eingesetzt  hatte.  In- 
«en  der  gewandte  PrBlat  verstand  es,  seine  Gegner  zu  gewinnen  und 
*<;b  eine  persönliche  Reise  nach  Konstantinopei  auch  die  Regierung 
»der  zu  versöhnen.  Bereits  515  war  Areadne  gestorben.  9.  April  518  515 
gte  endlich  der  hochbetagte  Gatte  ihr  nach.  Der  schwachsinnige  51^' 
»is  hatte  schliesslich  jede  Initiative  und  Entschlussfähigkeit  verloren, 
Mas  er  über  die  Reichsnachfolge  —  er  besass  eine  einäussreiche 
I  nicht  talentlose  Verwandtschaft  —  thörichter  Weise  gar  nichts  fest- 
;«tzt  hat. 

Mit  Anastasios'  Tode  geht  die  erste  Periode  der  oströmischen  Ge- 
Jchte  zu  Ende.  Die  zweimal  drohende'  Gefahr,  einer  germanischen 
.egerkaste,  gleich  dem  Westen,  zum  Opfer  zu  fallen,  war  glücklich  und 
initiv  abgewandt  worden.  In  einer  Periode,  welche  an  religiöser  und 
chllcher  Aufgeregtheit  vielleicht  nur  dem  XVI.  Jahrhundert  vergleichbar 
hatte  die  kaiserliche  Regierung  im  ganzen  ausserordentlich  viel  Takt 
1  Gewandtheit  bewiesen.  Sieht  man  von  den  Missgriffen  aus  AnastasioB' 
djahren  ab,  schien  sich  alles  aufs  beste  anzulassen;  die  erregten  Geister 
nen  allmählich  wieder  zur  Vernunft.  Dass  der  Westen  schmollte,  war 
bensache.  Indessen  diese  guten  Aussichten  zerstörte  der  brennende 
rgeiz  eines  beschränkten,  aber  an  Grössenwahn  leidenden  Fürsten. 


g2g  AbrisB  der  byiantiniaohen  üaisergeaehiolitA. 

IL  Das  Zeitalter  Justinians  und  seiner  Nachfolg 

(518—610). 

Mit  der  Reichssuccession  beschäftigte  sich  bei  der  Thronvaki 
allgewaltige  Kämmerling  Amantios.  Er  beabsichtigte,  seinen  Neiei 
ktistos  als  Kaiser  ausrufen  zu  lassen.  Zu  diesem  Zwecke  Qbei^ab 
ülyrier  Justin,  welcher  als  Befehlshaber  der  Palastgarde,  als  000 
cubitorum,  eine  der  angesehensten  Hofstellen  bekleidete,  die  nötigeo 
Mittel,  welche  diese  mächtigen  Prätorianer  für  die  Pläne  des  Yerschi 
gewinnen  sollten.  Allein  der  verschmitzte  ülyrier  verwandte  diesell 
echter  Barbarenschlauheit  zur  eigenen  Proklamation.  Senat  im 
stimmten  wie  immer  bei.  Kriegserfahren  und  roh,  galt  Justin  ak 
Anhänger  der  Orthodoxie.  Dass  Amantios  gleich  beseitigt  ward,  t 
sich  unter  den  damaligen  Verhältnissen  von  selbst.  Der  voUständij 
Schwung  kam  in  der  neuen  glanzvollen  Stellung  Vitalians  zum  An 
520  Er  erhielt  ein  hohes  Militärkommando  und  520  die  Ehre  des  Eo 
18—527  Die  Regierung  Justins  (518 — 527)  ist  arm  an  äusseren  Ereignissei 
mehr  als  das  Interregnum  und  die  Vorbereitung  für  das  langjähri 
so  bedeutungsvolle  Regiment  seines  Neflfen.  Nur  wegen  der 
sischen  Klientelfürsten  kam  es  zu  unbedeutenden,  bald  beigelegte 
flikten  mit  Persien.  Das  wichtigste  Ereignis  von  Justins  Regier 
519  die  Wiederherstellung  der  Glaubenseinheit  mit  Alt-Rom  519,  eii 
grössten  Triumphe  des  Papsttums,  das  Werk  des  Kampaners  mit  per 
Namen,  des  Papstes  Hormisdas.  Vitalian  stand  hier  als  bewährt 
der  Orthodoxie  in  der  vordersten  Reihe.  Auf  seine  Veranlassung 
das  geistige  Haupt  der  Monophysiten,  der  geniale  Severos  von  An 
geächtet.  Es  ist  keine  Frage:  die  Regierung  sah  mit  steigender  B< 
dem  Treiben  des  gewaltthätigen  und  grundsatzlosen,  aber  bei  den  i 
höchst  beliebten  Mannes  zu.  Gewann  er  noch  die  Sympathien  des 
so  wurde  er  thatsächlich  eine  politische  Gefahr  für  die  Dynast 
einst  der  Gardepräfekt  Plautian  für  das  Haus  des  Severus.  H; 
steht  daher,  dass  die  Regierung  bereits  das  folgende  Jahr  vor  d< 
wendigen  Verbrechen  nicht  zurückschreckte,  den  faktischen  Mitr 
aus  dem  Wege  zu  räumen,  und  die  öffentliche  Meinung  wird  kaun 
Irre  gegangen  sein,  wenn  sie  den  kaiserlichen  Neffen  als  intelle 
Urheber  bezeichnete.  Momentan  musste  aber  die  Regierung,  ob  si 
oder  nicht,  die  von  Vitalian  bezeichnete  Bahn  der  Kirchenpoli 
schreiten.  Die  Union  wurde  geschlossen  um  den  Preis  einer  um 
Demütigung  für  Ostrom.  Das  Andenken  des  nationalsten  Kirchei 
wurde  geächtet,  der  Name  des  grossen  Akakios  und  seiner  Na 
aus  den  Diptychen  gestrichen.  Als  Erklärung  kann  man  nur  an 
dass  dem  Kronprinzen  Justinian,  um  dessen  gewichtvolle  Zustimm 
Kurie  in  richtiger  Erkenntnis  von  deren  Bedeutung  ganz  besondei 
warb,  schon  damals  seine  Reunionspläne  des  Westreichs  vorschwebten 
man  die  Sympathien  der  lateinisch  redenden  Westprovinzen  ui 
einflussreichen  streng  orthodoxen  Klerus  gewinnen,  war  die  Ver 
mit  Rom   unerlässliche  Vorbedingung,    und  dafür  konnte  ein  hob 


IL  Das  Zeitalter  Jastmiane  und  aeiner  Nachfolger  (518—610).  929 

Jilt  werden.     Mit  der  grössten  Härte  wurde  der  neue  Staatsglaube  in   . 

naden  und  im  Orient  durchgeführt;  über  fünfzig  Bischöfe,  meist  fromme, 

hrte  und  hochbetagte  Männer,  wurden  entsetzt  und  wanderten  in 
^TBß  Exil.  Nur  Ägypten  wagte  man  nicht  s^nzutasten;  hier  fand  der 
^lOphysitismus  noch  weitere  fünfzehn  Jahre  ein  Asyl,  und  die  dahin 
'Schteten  geistigen  Spitzen  Syriens  und  Eleinasiens  stritten  über  die 

weslichkeit  oder  Unverweslichkeit  von  Christi  Leib.  Für  Ostrom  war 
'  Restauration  des  Chalcedonense  ein  nicht  wieder  gut  zu  machender 
tischer  Fehler.  Überall  bemerkt  man  im  sechsten  Jahrhundert  ein  Er- 
dien  des  nationalen  Bewusstseins,  das  sich  aber  nach  der  Art  dieser 
t  nur  kirchlich  äussern  konnte.  Die  ägyptische  und  die  syrische 
äoiialkirche,  welche  unter  Justinian  entstanden,  wandten  sich  mit  Hass 
a  Beiche  ab;  die  gesamte  Bevölkerung  der  wichtigsten  Provinzen  wurde 
I  einer  partikularistischen,  antidynastischen  Gesinnung  ergriffen.  Ein 
ekgang  des  Kömerbewusstseins  ist  im  damaligen  Osten  überall  zu  ver- 
iren.     Derselbe  instinktive  Volkshass  beseelte  auch  die  Griechen  gegen 

Lateiner.  Mit  Justinian  beginnt  die  Wendung,  wo  man  die  lästige. 
iBel  der  offiziellen  lateinischen  Hof-  und  Kanzleisprache  immer  mehr 
nschütteln  begann.  Im  Interesse  des  Reichs  kann  man  daher  die  Union 
;  Alt-Rom  nur  beklagen.  Allein  Vitalian  und  Justinian  setzten  ihren 
llen  durch.  Und  Ostern  525  erlebte  Konstantinopel  das  Schauspiel,  525 
18  Papst  Johannes,  von  Theoderich  mit  der  höchst  fatalen  Mission  be- 
ut, Toleranz  für  die  Arianer  Ostroms  zu  erwirken,  in  der  Patriarchal- 
che  der  Residenz  den  Ehrenplatz  vor  dem  ökumenischen  Patriarchen 
nahm  und  lateinisch  das  Hochamt  zelebrierte.  Justinian  führte  bereits 
isächlich  das  Regiment,  als  ihn  Justin  am  1.  April  527  zum  Mitkaiser  1.  Apr 
4>b  und  krönte.  Gleichzeitig  empfing  seine  Gemahlin  Theodora,  die  ^^^ 
imalige  Zirkustänzerin,  die  Krone  aus  der  Hand  des  kaiserlichen  Oheims. 
3  Vorleben  der  von  Justinian  so  hoch  gehaltenen  Augusta  ist,  wie  sich 
on  nach  ihrer  bürgerlichen  Stellung  denken  lässt,  sicher  nicht  einwands- 
i  gewesen;  allein  man  vergesse  nicht,  dass  die  durch  die  Jahrhunderte 
iderholten  Lästerungen  einem  der  bedenklichsten  Musterexemplare  der 
moirenlitteratur  entstammen.  ^)  Dass  ein  der  Hofluft  entrückter  Kammer- 
T  im  grämlichen  Alter  unerhört  und  giftig  gelogen  hat,  lässt  sich  vielfach 
reisen  und  mahnt  auch  seinen  sonstigen  Angaben  gegenüber  zur  Vor- 
it.  Jedenfalls  ist  das  Leben  Theodoras  als  Regentin  durchaus  tadellos, 
jnenten  Verstand  und  Klugheit  in  politischen  wie  kirchlichen  Dingen 
men  ihr  auch  die  Feinde  nicht  absprechen.  Hätte  Justinian  mehr  auf 
Batschläge  seiner  aussergewöhnlichen  Frau  gehört,  es  wäre  nicht  zum 
sagen  des  Reiches  gewesen. 

Am  1.  August  527  starb  Justin,  und  Justinian  (527 — 565)  war  nun  1.  Aug. 
isächlich  Alleinherrscher.     Justinians  Regierung  bezeichnet  einen  be-  tiQn^\c 
itsamen  Wendepunkt  in  der  byzantinischen  Geschichte.    Der  Herrscher 
roms  versucht  noch  einmal,  das  den  Germanen  verfallene  Westreich 


^)  Die  ins  Feld  geführten  Gründe  gegen      sind  seit  F.  Dahna  mnsteriiafter  Untenrachnng 
AutorBcbaffc  Prokops  für  die  Anecdota      als  antiquiert  sa  beftnehteD. 

Banrthnrh  der  klMk  AltortniMwi— Mchan  IX.    1.  AMIff.    S.  Aui.  99 


930  AbriM  der  byzantinisohen  KaisergMohiohi«. 

wiederzugewinnen  und  die  alte  Universalmonarchie  herzustellen.  Die 
Konsequenz,  mit  welcher  er  während  seiner  ganzen  Regierung  diese 
Schaftspläne  verfolgte,  wurde   endlich  mit  Erfolg  gekrönt  und  hat 
Namen  bei  den  nachfolgenden  Geschlechtern  gross  gemacht.    Allein 
kühne  Eroberungspolitik  überstieg  bei  weitem  die  militärischen  und 
ziellen  Kräfte  des  Reichs  und  hat  recht  eigentlich  den  Grund  zum  N 
gang  im  folgenden  Jahrhundert  gelegt.     Die  äussere    wie  die 
politik  dieses  gefeiertsten  Kaisers  Ostroms  sind  darum  dem  Reiche 
verderblich  geworden. 

Die   grossenteils   durch    geworbene   ausländische   Söldner  ge: 
Kriege  des  Kaisers  erforderten  ungeheure  Mittel.   Der  wohlgefüllte 
des  Anastasios  war  unter  Justins  keineswegs  sparsamer  Staatsleitang, 
durch  die  Verschwendung  des  um  die  Volksgunst  sich  bewerbenden  S 
rasch  dahingeschwunden.   Für  die  steigenden  Bedürfnisse  der  kos 
Regierung  hatte  als  Leiter  der  Finanzen  der  praefectus  praetorio  Jo! 
der  Kappadokier  aufzukommen,  ein  roher  und  gewaltthätiger,  in  derWi 
ßeiner  Mittel  durchaus  unbedenklicher  Mann,  aber  ein  ganz  ausserge 
liches  Finanzgenie  von  rücksichtsloser  Energie.   Das  düstere  Bild,  wi 
die  Zeitgenossen  von  seiner  Gewinnsucht  und  Korruption   entwerfen, 
sicherlich  grossenteils  begründet.    Aber  man  darf  nicht  vergessen,  dnss 
Orientale    den    Staat,  welcher    die  finanziellen  Kräfte    der    Cntei 
anspannt,  als  seinen  geschworenen  Feind  und  den  Finanzminister  ik 
verruchteste  Werkzeug  dieser  den  Geldbeutel  der  Privatleute  plöndei 
Macht  ansieht.  Justinian  erkannte  die  Unentbehrlichkeit  seines  Ministen 
hat  ihn  während  der  ganzen  ersten  Hälfte  seiner  Regierung  im  Amteei 

Im  Innern  entfaltete  die  kaiserliche  Regierung  die  grösste 
in  erster  Linie  gegen  die  übermächtig  gewordenen  Faktionen  des  Bat 
platzes.  Man  thut  unrecht,  in  den  Parteien  des  Zirkus  lediglich  wUi 
Pöbelrotten  einer  durch  Sultanswillkür  regierten  Hauptstadt  oder  eine  k 
neapolitanischen  Maffia  vergleichbare  Freimaurerei  zu  erkennen.  Dil 
Parteien  heissen  ,Demoi*  und  haben  ihre  regelrecht  ernannten  Vorstiiift 
Der  urhcllenische  Polisgedanke  hatte  in  ihnen  seine  letzte  Zuflucht  ni 
Verkörperung  gefunden.  Man  kann  sie  am  ehesten  mit  der  makedomseki 
Ekklesia  Alexandrias  unter  den  älteren  Ptolemäem  vergleichen.  Dioi 
Faktionen  des  Zirkus  hatten  bei  der  eminenten  Bedeutung  der  Hop^ 
Stadt  eine  Stellung  errungen,  mit  der  die  Regierung  zu  rechnen  hitti 
Hof  und  Beamte  mussten  Farbe  bekennen.  Hatten  unter  AnastasJosii 
Grünen  dominiert,  so  waren  unter  Justinian  die  Blauen  am  Ruder.  B 
anerkennenswerter  Unparteilichkeit  suchte  die  Regierung  im  Beginn  in 
»32  Jahres  532  durchzugreifen  und  durch  Bestrafung  der  Übelthäter  aus  bete 
Faktionen  sich  endlich  von  der  unwürdigen  Parteibevormundung  zu  em»- 
zipieren.  Allein  dadurch  entfachte  sie  den  furchtbaren  Nikaaufetani  Da 
entsetzliche  Stadtbrand  vermehrte  die  Wut  der  Revolutionäre.  Vergebe« 
waren  des  Kaisers  Konzessionen,  die  Entlassung  der  verhasstesten  Stute- 
beamten  und  die  persönliche  Demütigung,  der  sich  der  Kaiser  im  Ziitai 
wie  einst  Anastasios,  unterzog.  Die  politischen  Absichten  der  Fübtr 
enthüllten    sich;    am  19.  Januar   wurde   Hypatios,    Anastasios'  Neflfe,  ili 


n.  Das  Zeitalter  JnstinianB  nnd  seiner  Nachfolger  (518—610).  931 

Bnkaiser  proklamiert.    Die  Situation  war  äusserst  kritisch.   Der  Kaiser 

sein  Kabinett,  selbst  Belisar,  der  bewährte  General,  waren  zur  Flucht 

chlossen.    In   diesem  Moment  hat  Theodora  durch  ihre  Entschieden- 

die  Dynastie  gerettet.  Dem  Gegenkaiser  fehlte  im  kritischen 
lent  die  nötige  Energie.  Durch  Versprechungen  und  Geldspenden 
len  die  Blauen  zurückgewonnen,  während  Belisar  und  Mundus  den 
stand  im  Blut  erstickten.  Die  abgesetzten  Beamten  rückten  wieder 
hre  Stellungen  ein;  die  siegreiche  Unterdrückung  des  Nikaaufstandes 
)ichnet  einen  Markstein  in  der  oströmischen  Entwicklung.  Volk  und 
it  hören  auf  ein  Faktor  des  politischen  Lebens  zu  sein.  Der  voU- 
mene  Absolutismus  ist  zur  schrankenlosen  Herrschaft  gelangt. 

Nun  endlich  konnte  Justinian  an  die  Realisierung  seiner  langgehegten 
^erungspläne  denken.  Es  ist  charakteristisch,  dass  bereits  im  nachst- 
anden Jahre  mit  den  Vandalen  abgerechnet  wurde.  Der  September  532  532 
Persien  abgeschlossene  „ewige  Friede"  ermöglichte  den  Oflfensivstoss 
1  Westen.  Das  afrikanische  Reich  der  germanischen  Piraten  war 
ist  von  seiner  Machthöhe  herabgesunken.  Die  kleine  vandalische 
renschicht  blickte  mit  Argwohn  auf  die  zahlreiche  Menge  der  durch 
iben  und  Abstammung  von  ihnen  getrennten  Unterthanen.  Gegen  die 
>n  Mauren  kämpfte  man  unglücklich.  Hildirix  (523 — 530)  hatte  des  523— 58< 
hes  Rettung  im  Anschluss  an  Byzanz  und  in  der  Duldung  der  katholi- 
D  Unterthanen  gesehen.  Geilamir  (530—533)  vertrat  aufs  neue  die  530— 53J 
ionale"  Politik.  Die  diplomatische  Intervention  Justinians  zu  Gunsten 
gestürzten  Monarchen  blieb,  wie  das  oströmische  Kabinett  wohl  hoffte, 
glos.  Aber  mit  Recht  machten  die  kaiserlichen  Räte  die  schwersten  Be- 
:en  militärischer  und  finanzieller  Natur  geltend.  Namentlich  durch  das  ge- 
tige  Votum  des  Finanzministers  Johannes  soll  der  Kaiser  selbst  wankend 
Drden  sein,  als  der  „gottgesendete**  Traum  eines  orientalischen  Bischofs 
am  ursprünglichen  Entschluss  festhalten  Hess.  Entscheidender  waren 
fellos   die  römerfreundlichen   Erhebungen   in   Tripolis  und   Sardinien. 

533  lief  die  Flotte,  welche  10000  Fusssoldaten  und  5000  Reiter  unter  Jun.  588 
unumschränkten  Kommando  Belisars  trug,  aus  dem  Hafen  von  Byzanz  aus. 
ichtert  wurde  die  Überfahrt  durch  das  kurzsichtige  Entgegenkonmrien 
ostgotischen  Regierung,  deren  Beamte  auf  Sicilien  der  oströmischen 
fce  jeden  Vorschub  zu  leisten  hatten.  Belisar  war  über  Erwarten  vom 
\  begünstigt.  September  533  landete  er  in  Afrika  und  gewann  die  Sept.  53: 
jathien  der  Provinzialen,  während  die  vollkommen  überraschten  Van- 
n  erst  an  Gegenwehr  dachten,   als  der  Feind  auf  ihrem  Boden  stand. 

zehnten  Meilenstein  (ad  Decimum)  rückte  Geilamir  mit  einem  weit 
'legenen  Heere  den  Feinden  entgegen.  Belisars  Sieg  entschied  auch 
•  das  Schicksal  der  Hauptstadt,  welche  den  Befreier  mit  Jubel  be- 
«te.  Der  geschlagene  König  war  nach  Bulla  Regia  geflohen.  Ver- 
kt  durch  die  Streitkräfte  seines  Bruders  Tzazon,  der  das  aufständische 
linien  wieder  unterworfen  hatte,  zog  er  Belisar  aufs  neue  entgegen. 
Trikamaron  Dezember  533  unterlagen  die  Vandalen  zum  zweitenmale.  Dez.  533 

König    floh    ins    numidische    Gebirge.       Bald    ergab    er    sich    und  Frühling 
nückte   des  Eroberers  verdienten  Triumphaleinzug  in  der  Hauptstadt.      ^^* 


932  AbriM  der  bysaniiniMhen  Kaiserg— ohlehte. 

Die  mauretanischen  und  insularen  Dependenzen  des  Vandalenreicb 
tulierten  ohne  Qegenwehr.  Ein  viermonatlicher  Feldzug  hatte 
den  Römern  zurückgewonnen.  Der  von  Belisar  mit  dem  obersten 
mando  betraute  General,  der  tapfere  Domesticus  Solomon,  drang  s 
tief  ins  aurasische  Gebirgsland  ein,  welches  unter  der  schlaffen  Vau 
herrschaft  sich  losgerissen  hatte.  Festungswerke  sicherten  den 
gewonnenen  römischen  Besitz.  Wiewohl  die  Römer  in  den  nachfolg 
Jahrzehnten  oft  genug  sowohl  mit  den  Mauren,  als  mit  den  eigene 
botmässig  gewordenen  Truppen  und  deren  ehrgeizigen  Führern  zu  kfc 
hatten,  im  ganzen  konsolidierte  sich  die  Römerherrschaft  in  i 
Karthago  wurde  der  Mittelpunkt  einer  nahezu  anderthalb  Jahriim 
dem  Ostreich  gehorchenden  Diözese. 

Fast  unmittelbar  an  den  Sturz  des  Yandalenreichs  schliesst  sie 
Krieg  gegen  die  Ostgoten  Italiens  an.  Seine  fast  zwanzigjährige] 
erklärt  sich  aus  dem  Charakter  von  Justinians  Regiment.  Mit  gm 
zulänglichen  Mitteln  wurde  der  Kampf  begonnen  und  grossenteils  gel 
Eine  begehrliche  und  verwegene  Eroberungspolitik  geht  mit  kügl 
militärischer  Schwäche  Hand  in  Hand.  Ermuntert  wurde  freilidi 
Begehrlichkeit  durch  die  völlig  verkehrte  Politik  der  letzten  An 
welche  sie  zu  ihrem  Volke  in  den  schärfsten  Gegensatz  gebracht  um 
Reich  geschwächt  hat.  Amalasvinta,  die  Tochter  des  grossen  Tbeod^ 
und  ebenso  Theodahat,  ihr  späterer  Mitregent  und  Mörder,  waren 
gleichmässig  durch  ihre  römische  Bildung  und  Gelehrsamkeit  dem  ei 
Stamm  entfremdet.  Amalasvinta  begünstigte  und  schützte  die  K 
römische  Männer  waren  mit  der  Leitung  des  Staatswesens  betraut  ! 
Regenten  haben  sich  tief  in  hochverräterische  Unterhandlungen  mit 

534  rom  eingelassen.  Allein  die  Ermordung  der  mit  Justinian  verbün 
Königin  gab  dem   Kaiser  den   erwünschten  Anlass  zur   Kriegserkli 

535  Mit  7500  Mann  landete  Belisar  Sommer  535  in  Sicilien ;  fast  die  ganze 
fiel  ihm  zu,  während  Mundus  in  Dalmatien  eindrang.  Bereits  war  der  e 
Amaler  im  Begriff  seinen  Thron  an  Justinian  abzutreten,  als  der  Sie] 
ostgotischen  Waffen  in  Dalmatien  seinen  Entschluss  umwarf  und  die  nati 
Kriegspartei  obenauf  brachte.  Ungesäumt  drang  nun  Belisar  in  dem  &£ 
von  Römern  bewohnten  Unten talien  vor.  Nur  Neapel  widerstand  kurz« 
Unterdessen  weilte  der  König  unthätig  in  der  Hauptstadt.  Da  kai 
Erbitterung  des  Volkes  zum  offenen  Ausbruch.  Die  Amaler  wurdei 
Throns  verlustig  erklärt.  Theodahat  auf  der  Flucht  getötet  und  Wi 
ein  Mann  unköniglicher  Herkunft,  auf  den  Schild  erhoben,  Allei 
Riesenaufgabe,  das  aus  den  Fugen  gehende  Reich  zu  retten,  übe 
bei  weitem  die  Kräfte  des  wackeren,  aber  untergeordneten  und  den 
hältnissen  in  keiner  Weise  gewachsenen  Mannes.  Statt  Rom  zu  h 
eilte  er  nach  Ravenna;  seine  Vermählung  mit  Matasvinta,  Amalas^ 
Tochter,  sollte  sein  Königtum  legitimieren.  Gleichzeitig  konnte  im  K 
die  zweideutige  Haltung  der   von  beiden  Parteien   umworbenen  Fr 

9.  Dez.  leichter  beobachtet  werden.    Da  besetzte  9.  Dezember  536  Belisar  au 

^3ö     ladung  von  Klerus,   Senat  und  Volk  das  schwach  verteidigte  Rom. 

Sympathien  der  romanischen  Bevölkerung  ermöglichten  ihm  mit  Lei 


JI.  Das  Zeitalter  Justiniaiie  and  seiner  Nachfolger  (518—610).  933 

it  die  Einnahme  der  wichtigsten  Plätze  Mittelitaliens.  Witiges  suchte 
ch  Kräften  seinen  Fehler  gut  zu  machen.  Mit  der  gesamten  gotischen 
»eresmacht  rückte  er  vor  Rom,  und  nun  begann  die  denkwürdige 
er  ein  Jahr  andauernde  Belagerung,  welche  durch  Belisars  geniale 
iitung  der  Verteidigung  trotz  der  völlig  ungenügenden  Unterstützung, 
m  ihm  die  kaiserliche  Regierung  zukommen  lassen  konnte,  mit  einem 
■Digen  Misserfolg  der  Goten  endigte.  Die  Besetzung  des  wichtigen 
riminum  durch  Johannes,  Belisars  Unterfeldherm,  und  seine  Isaurier 
iigten  Witiges  im  März  538  zum  Abzüge.  Gleichzeitig  kamen  neue  Ver-  März  53 
[rkungen  aus  Byzanz.  Mit  7000  Mann  auserlesener  Truppen  erschien  der 
nuch  Narses  in  Picenum.  Allein  seine  vom  kaiserlichen  Kabinett  absichtlich 
ikel  abgefasste  Instruktion  stellte  ihn  nahezu  unabhängig  neben  Belisar. 
e  sehr  der  Kredit  der  Goten  gesunken  war,  zeigt  Mailands  Versuch,  zu 
isar  überzutreten.  Von  Ligurien  aus  besetzte  Mundilas  die  wichtige  588 
dt  und  die  benachbarten  Plätze.  Aber  jetzt  endlich  brachte  durch 
^iretung  der  Provence  an  die  Franken  der  Gotenkönig  eine  Allianz  mit 
f«n  zu  stände.  Die  Goten  und  die  von  Theudibert  gesandten  Burgundionen 
k>erten  Mailand.  Bald  darauf  erschien  der  austrasische  König  selbst  539 
>"beritalien,  ein  Gegenstand  des  Schreckens  nicht  minder  für  die  Goten, 
für  die  Griechen.  Nach  dem  Abzug  der  Franken  eroberte  Belisar  Faesulae 
L  Auximum  und  belagerte  539  die  gotische  Hauptstadt  Ravenna.  Als  539 
»lomat  ebenso  gewandt  wie  als  Feldherr,  verstand  er  es,  den  von  den 
.nken  den  Goten  vorgeschlagenen  Teilungsplan  Italiens  zu  hintertreiben, 
plötzlich  die  Intervention  des  kaiserlichen  Kabinetts  seine  Erfolge  teil- 
se  in  Frage  zu  stellen  schien.  Ghosrau,  den  die  Siege  der  Römer 
:nruhigten,  war  auf  dem  Punkte,  in  Syrien  einzufallen.  So  lag  Justinian 
rs  an  der  Beilegung  des  Westkriegs.  Er  bot  dem  Gotenkönig  die 
rrschaft  über  die  Landschaften  jenseits  des  Po  an,  während  der  Rest 
Halbinsel  römisch  sein  sollte.  Belisars  unbotmässiger  Ehrgeiz  ver- 
derte  zum  Unheil  des  Reichs  die  Ausführung  dieses  äusserst  verstau- 
en Planes.  Ein  Angebot  der  Goten,  selbst  die  Königswürde  von  Italien 
übernehmen,  acceptierte  er  zum  Schein.  Ravenna  ergab  sich:  der  König  Winter 
rde  in  Haft  gehalten.  Die  gotischen  Befehlshaber  in  Oberitalien  er-  ^^^^ 
rten  nahezu  ausnahmslos  ihre  Ergebenheit  und  Unterwerfung.  Ganz 
lien  schien  dem  Römerreich  wiedergewonnen.  Da  wurde  Belisar  zur 
Irrung  des  Perserkriegs  abgerufen.  Ohne  Zögern  leistete  er  dem  Befehl 
ge  und  brachte  den  Gotenkönig  und  die  Schätze  des  Königspalastes  März  54 
^h  Konstantinopel. 

Rom  hatte  zu  früh  triumphiert.  Die  kurzsichtige  Teilung  des  Ober- 
*ehls  zwischen  verschiedene  Generale  und  das  drückende  Finanzsystem 
i  neuen  Regiments  waren  ebenso  viele  Fehler,  welche  die  Patrioten- 
•tei  sich  zu  Nutze  machte.  Die  Nationalen  erhoben  sich.  Nach  zwei 
•zen  Zwischenregierungen,  unter  denen  die  Verwirrung  den  Gipfel  er- 
cht  hatte,  wurde  Baduila  oder  Totila  541  auf  den  KönigsschUd  er-  Herbst 
>en.  Innerhalb  eines  Jahres  ward  ein  vollständiger  Umschwung  be-  ^^ 
•kt.  Die  Römer  wurden  in  mehreren  Schlachten  geschlagen.  Ohne  mit 
*  Belagerung  der  Hauptplätze  sich  aufzuhalten,  durchzog  der  Giotenkönig      . 


934  AbriM  der  bysanUnisohen  Kaiaergegohiclita, 

siegreich   Mittelitalien.     542   gehorchte   ihm   auch    der   Süden.    543 
Neapel.    Vergebens  wurde  Belisar  nach  Italien  zurückgerufen.    In 
geordneter   Stellung,  mit  ganz  ungenügenden  Truppen   und   ohne 
vermochte  er  nicht  zu  hindern,  dass  Totila  546  auch  Borns  sich  bei 
Die  Stadt  wurde  ihrer  Bewohner  beraubt,  durch  Feuer  verwüstet  und 
Mauern  wurden  teilweise  geschleift;  nur  Belisars  diplomatische  Inteirc 
verhinderte  die  Zerstörung.   Aber  während  der  König  nach  Lucanien 
drang  Belisar  in  Rom  ein,  die  Bewohner  kehrten  zurück  und  mit  Hast 
die  Befestigungen  hergestellt.    Totilas  Versuch  die  Stadt  wied< 
misslang.   Allein  Belisars  Stellung  blieb  auch  so  eine  unhaltbare.  Das 
liehe  Kabinett  liess  ihn  ohne  Unterstützung.   Man  braucht  nicht  anJi 
nians  bösen  Willen  zu  denken.   Die  Einfalle  der  Nordvölker  in  die 
halbinsel   und   die  völlige  Erschöpfung   der  Reichsfinanzen  erkläreo 
Unvermögen  der  Regierung  zur  Genüge.     Belisar  kehrte  nach  Koi 

549  nopel  zurück.  Rom  fiel  wieder  den  Goten  in  die  Hände.  Totilt 
nun  nahezu  unbestritten  Herr  von  Italien.  Seine  Flotte  besetste 
verwüstete  Sicilien,  brandschatzte  Sardinien  und  die  epirotische  EQstei 

550  Das    Jahr  550  ist  bemerkenswert  durch    eine  neue  Wendung 
Justinians   italienischer   Politik.      Germanus,    der  Neffe  des  Kais^ 
Gemahl  der  ostgotischen  Prinzessin  Matasvinta,   sollte  als  Gei 
das  Kommando   in  Italien  übernehmen.     Es  galt   durch   Schaffimg  em  fc 
römisch-gotischen  Sekundogenitur  die  widerstreitenden  Interessen  der  g»  k 
manischen  und  romanischen  Bevölkerungselemente  zu    versöhnen.    Aber 
Germanus  starb   in  Serdica  mitten  in  den  Vorbereitungen   zum  Kri^  Ii 
zurückgehalten  durch  die  Illyricum  überschwemmenden  Slaven  und  Hodba  Ii 

Endlich  zeigte  Justinian  wirkliche  Energie  in  der  Kriegsfähnui  i 
In  Narses  fand  er  den  richtigen  Führer,  dessen  überlegenem  Feldheni'  k 
genie  sich  alle  willig  beugten,  und  der  finanziell  aufs  ausgiebigste  unlih 
stützt,  zum  erstenmale  mit  einer  imponierenden  grossenteils  aus  barbiih 
sehen  Hilfsvölkern  bestehenden  Kriegsmacht  auftreten  konnte.  Die  enh 
Stelle  nahmen  in  derselben  die  vertragsmässig  vom  Langobardenkönig  gl*  I 
stellten  Söldner  ein.  Trotzdem  dass  Franken  und  Goten  Narses  den  DwA- 
zug  zu  verwehren  suchten,  gelangte  er  auf  dem  Landweg  nach  Bavem 

(Lug.  552  Im  mittelitalischen  Apennin  bei  Tagina  (Hochsommer  552)  kam  es  m 
Entscheidungsschlacht,  welche  als  die  Nationalkatastrophe  des  edelnStamM 
betrachtet  werden  kann   und   der  Gotenherrschaft  in  Italien  thatsächUl 

März  553  ein  Ende  machte.  Der  Verzweiflungskampf  unter  Teia  endigte  553  il 
Kampanien  mit  der  Niederlage  am  Sarnus.  Um  so  gefahrlicher  wurde  flrl 
die  Römer  die  freilich  jetzt  viel  zu  spät  kommende  Intervention  k 
Franken.  Die  bisherige  unthätige  Neutralität  ist  der  vollgültigste  Behl 
für  die  politische  Unreife  der  Merovingerdynastie.  Auch  jetzt  macht« 
die  Franken  ihre  Sache  hervorragend  schlecht.  Der  alemanisch-frankisch 
Volksaufbruch  unter  den  Herzögen  Leutharis  und  Butilinos  erlag  teils  1» 
554  Seuchen,  teils  dem  Schwerte  des  Narses  bei  Capua.  Nachdem  man,  vt» 
den  Resten  der  Goten  wesentUch  unterstützt,  mit  diesem  niedrigen  GeanÜ 
aufgeräumt  hatte,  war  ganz  Italien  definitiv  dem  Römerreiche  wied«- 
gewonnen,   und   die   so   wichtige  Neuordnung  der  mit  dem    Reiche 


n.  Das  Zeitalter  JoBtiniana  and  aeiner  Nachfolger  (518—610)  935 

.6  vereinigten  Halbinsel  blieb  den  Händen  des  Patricius  Narses   an- 
traut. 

Zeitlich  unmittelbar  an  die  Niederwerfung  der  Ostgotenherrschaft 
liesst  sich  die  Einmischung  in  die  Verhältnisse  der  pyrenäischen  Halb- 
dl.  Zur  Unterstützung  des  Kronprätendenten  Agila  gegen  den  West- 
enkönig Athanagild  wurde  554  der  Patricius  Liberius  nach  Spanien  554 
chickt.  Corduba  wurde  der  Mittelpunkt  einer  südspanischen  griechischen 
vinz;  aber  ihr  prekärer  Besitz,  den  Dahn  und  andere  sich  viel  zu 
angreich  vorstellen,  blieb  in  der  Hauptsache  auf  einige  wichtige  See- 
angen,  wie  Karthago  Spartaria,  Malaca  und  Assidonia  beschränkt. 
je  Eroberungskriege,  wie  sie  bei  weitem  die  Kräfte  Ostroms  über- 
jen,  verhinderten  die  viel  notwendigere  Verteidigung  der  Nordgrenze 

Reichs.  Wir  erfahren  unaufhörlich  von  Einfallen  der  Hunnen,  Sla- 
n  und  Anten  in  die  Landschaften  südlich  von  der  Donau.  Illyricum  und 
aikien  sind  der  stehende  Schauplatz  ihrer  Verheerungen.  Besonders 
hterlich  war  der  Einbruch  des  Jahres  540,  der  sich  bis  nach  Hellas  er-  540 
skte  und  erst  an  den  Verschanzungen  des  Isthmos  Hall  machte.  559  be-  559 
iten  die  Hunnen  (Bulgaren)  und  Slaven  selbst  die  Hauptstadt;  der  greise 
sar  warf  sie  zurück.  Das  Festungssystem  der  Regierung,  durch  keine 
eichende  Truppenmacht  geschirmt,  erwies  sich  als  völlig  nutzlos;  die 
Lzahlungen  und  Geschenke,  statt  die  begehrlichen  Barbaren  fernzuhalten, 
ten  sie  immer  aufs  neue  über  die  Donau. 

Der  Mangel  an  verfügbaren  Truppen  infolge  der  occidentalischen 
)ge  kam  auch  in  der  schwächlichen  Politik  gegenüber  Persien  zum 
druck.  Unmittelbar  vor  Justins  Tod  hatte  der  alte  Kavädh  unter 
tigen  Vorwänden  den  Krieg  begonnen,  in  welchem  Belisar  zuerst  als  Feld- 
*  eine  Rolle  spielte.  Bemerkenswert  ist  in  demselben  die  hervorragende 
lung   und  das  Hervortreten   der  Araber,  welche  in   den  Grenzländern 

beiden  Grossreiche  als  Klientelfürsten  schalteten  und  den  beiden  Gross- 
liten  gerade  so   lang  und  so   weit  gehorchten,   als   es  ihnen  passte. 
idhir,  der  Vasallenfürst  von  Hira,  führte  den  Krieg  für  Persien.     531  531 
»rwarf  Justinian  die  Phylarchen  sämtlicher  Rom  unterthänigen  Sarazenen 

Härith,  Sohn  des  Gabala,  und  verlieh  diesem  den  Königstitel.  Er 
i^e  vor  allem  seine  persischen  Landsleute  abwehren.  In  demselben 
t*e  zog  auch  der  Perserkönig  selbst  zu  Felde  und  schlug  bei  Kallinikos 

Belisar  aufs  Haupt,   ohne    dass  der  Sieg  weitere  Folgen  hatte.     Des 
ligs  Tod  und  Chosraus  Thronbesteigung  führten  532  zum  ewigen  Frieden,  532 
in  Rom  demütigende  Bedingungen  einging,  vor  allem  jährliche  Zahlungen 
Instandhaltung  der  Kaukasusfestungen;  Rom  wollte  lediglich  völlig  freie 
id    nach   Westen   bekommen.     Schon   nach   acht  Jahren  kam  es  zum  Herbst 
iten  Kriege.    Es  bedurfte  nicht  erst  der  Gesandten  des  Königs  Witiges     ^^^ 

der  bedrückten  Grossen  des  römischen  Armeniens.     Chosrau  wollte 

Krieg,  weil  ihn  die  siegreiche  Machtausdehnung  des  römischen  Rivalen 
Qgstigte.     Mit  ungewohnter  Energie  betrieb  er  ihn.     Bereits  540  fiel  540 
n  Syrien   ein.     Mit  grossen  Summen  mussten   die   befestigten  Sttdte 
en   Abzug    erkaufen.      Die   sich   verteidigenden  fielen  eine  nach  def^ 
ern,  vor  allem  die  Hauptstadt  Antiocheia.  Ihre  Einwohner  ve^ 


nach  wt^t 


936  AbriM  dei  bygantiniBchen  KaiMrgaMhiohi«. 

er  nach  alter  Orientalensitte  in  die  Nähe  seiner  Residenz,  wo  er  eii 
Chosrau-Antiochia  mit  griechisch-christlichen  Einrichtungen  gründe 
den  folgenden  Jahren  wurde  auf  dem  mesopotamischen  Kriegssch 
mit  wechselndem  Erfolge  gekämpft.    Das  denkwürdigste  Ereignis  i 

544  erfolglose  Belagerung  Edessas  durch  die  Perser  544.  Die  sy 
Christen  glaubten  fest  an  den  wunderbaren  Schutz  ihres  Palladium 

545  nicht  von  Händen  gemachten  Bildnisses '^  unseres  Herrn.  545  kam 
einem  Waffenstillstand.  Zwischen  Härith  und  Mundhir  dauerte  jede 
Krieg  fort,  auch  Läzistän  (Lazike)  war  nicht  in  denselben  einbe 
Diese  Landschaft,  dem  alten  Kolchis  entsprechend,  stand  zu  Ro: 
seinen  König  ernannte,  im  Yasallenverhältnis.  Die  Anlegung  d( 
festung  Petra  und  die  monopolistische  Ausbeutung  der  Lazen  dm 
römischen  Beamten  erbitterte  das  Volk  aufs  höchste.  König  Goba 
zu  den  Persern  ab.  Chosrau,  bereits  Oberherr  von  Iberien,  ergriff  l 
die  Gelegenheit,  sich  die  Verbindung  mit  dem  schwarzen  Meer  zu 

549  Das  wichtige  Petra  fiel  in  persische  Hände.     Allein  549,    als  die 
mit  Energie  den  Krieg  wieder  aufnahmen,   wandten  sich    die  Lazi 
wohnt,  wie  alle  diese  Raubstaaten,  sich  dem  Stärkeren  zu  fügen, wiedc 

551  zu.     551  wurde  Petra  von  den  Römern   aufs  neue  erobert,  und 
Kämpfen  der  nachfolgenden  Jahre  gewannen  sie  immer  entschiede 
Oberhand.     So  wurde  der  Waffenstillstand  auch  auf  Läzistän  ausg 

562  und  endlich  562  der  fünfzigjährige  Friede  geschlossen.  Die  Rom 
pflichteten  sich  in  demselben  zu  bedeutenden  jährlichen  Geldzah 
dagegen  Läzistän  wurde  ihnen  definitiv  zuerkannt;  es  ist  dies  der 
wirkliche  Erfolg,  den  sie  im  Osten  errungen  haben. 

Wie  Justinians  Regierung  nach  aussen  einen  bedeutsamen  Mi 
in  der  Entwickelung  des  byzantinischen  Reiches  bezeichnet,  so  ist  s 
in  der  innern  Verwaltung  durch  eine  Reihe  grossartiger  Massreg 
kennzeichnet.  In  erster  Linie  stehen  hier  die  Bauten.  Vielleich 
Periode  des  byzantinischen  Reichs  zeigt  eine  so  gewaltige  Bautha 
wie  die  Regierung  Justinians.  Neue  Städte  wurden  angelegt;  dii 
mit  Bädern,  Cisternen  und  Palästen  geschmückt;  Brücken  wurden  i 
Systematisch  wurden  alle  Reichsgrenzen  mit  Festungswerken  vei 
welche  freilich  an  der  am  meisten  bedrohten  Nordgrenze  ihren 
fast  gar  nicht  erfüllten.  Vor  allem  aber,  dem  Charakter  des  Zei 
entsprechend,  ist  die  Fülle  der  religiösen  Bauten  staunenswert  i 
und  Klosteranlagen  hat  Justinian  mit  besonderem  Eifer  betrieben.  E 
in  Jerusalem  und  vor  allem  die  Sophienkirche  der  Residenz  lege 
heute  von  dem  Hochsinn  des  Regenten  Zeugnis  ab,  der  sich  wohl  i 
durfte,  Salomon  übertroflfen  zu  haben.  Was  gleichgesinnte  und  bei 
Unterthanen  noch  damals  zu  leisten  vermochten,  zeigt  des  frommen  B 
Julianus  Werk,  der  wunderbare  Bau  von  San  Vitale  in  Ravenna,  « 
Kosten  dieses  Privatmanns  nicht  nur  errichtet,  sondern  auch  mit 
farbenprächtigen  Musivschmuck  geziert  ward. 

Bei  allem  äusseren  Glänze  war  die  Zeit  Justinians  keine  glü< 
sie  wurde  durch  ungewöhnliche  Katastrophen  heimgesucht.   Die  für 

542  Pest  des  Jahres  542,   welche   vier  Jahre  lang  wütete,   erschien  d( 


n.  Das  Zeitalter  JnBtinians  nnd  seiner  Nadifolger  (518—610).  937 

Doseen  als  ein  Beweis  des  göttlichen  Zorns.  Zahlreiche  Erdbeben  zer- 
(rten  die  glänzendsten  Städte.  Am  schrecklichsten  litt  Antiochien,  das 
ch  einer  furchtbaren  Zerstörung  unter  Justin  526  zwei  Jahre  darauf  526 
n  einem  ähnlichen  Missgeschick  betroffen  ward.  Zu  den  Kosten  des 
iederaufbaues  leistete  der  kaiserliche  Fiskus  regelmässig  einen  starken 
»itrag.  Es  ist  kaum  begreiflich,  wie  er  diesen  gewaltigen  Anforderungen 
ben  den  kostspieligen  Kriegen  auch  nur  einigermassen  genügen  konnte; 
3  ünterthanen  klagten  über  den  unerträglichen  Steuerdruck;  aber  es 
irde  auch  Grosses  geleistet. 

Vor  allem  aber  haftet  Justinians  Name  bei  der  Nachwelt  durch  die  ab- 
hliessende  Form,   welche   er   dem  Rechte  gegeben  hat.    Es   galt  alle 
ichtsquellen,  Jus  und  Leges,  in  Ein  Buch  zusammenzufassen,  wodurch  das 
raltete  Recht  abgeschnitten,  die  Kontroversen  in  der  Litteratur  beseitigt 
d  eine  nicht  unerhebliche  Anzahl  von  Rechtsinstituten  einer  Neuordnung 
terzogen  werden  sollten.     Eine  Kommission  von  Rechtsgelehrten  unter 
ibonians  Leitung   wurde   mit   dieser   wichtigen   Aufgabe    betraut     529  ^^ 
schien  der  Codex  Justinianeus,   die  Sammlung  aller  Konstitutionen  von 
gemeiner   Gültigkeit.     533   wurde   das    schwierigste  Unternehmen,   das  538 
8    den    juristischen    Schriften    hergestellte    Gesetzbuch,    die    Digesten, 
omulgiert.     Daneben   war   in    den   Institutionen  ein  Lehrbuch  für  den 
Kjhtsunterricht  gesch9,ffen,  dessen  Gesetzeskraft  gleichzeitig  mit  den  Di- 
fiten  30.  Dez.  533  beginnen  sollte.     Die  sechsjährige  Arbeit  der  Kom-  30.  Dei 
ission  hatte  manche  Mängel   ihrer  ersten  Publikation,  des  Codex,  klar-     ^^^ 
ilegt.    Darum  erschien  534  der  Codex  repetitae  praelectionis.    Justinian  534 
klärte  feierlich,  dass  damit  endlich  die  Gesetzgebung  abgeschlossen  sei. 
ür  künftige  Konstitutionen  wurde  ein  besonderer  Nachtrag,  die  Novellae 
»nstitutiones,  vorgesehen.     Seit  dieses  neue  Gesetzeswerk  in  Kraft  ge- 
3ten   war,    wurde  dieses  allein  bei   den  Gerichtshöfen  zugelassen;   nur 
ch  ihm   durfte  an  den  anerkannten  Rechtsschulen  des  Reichs  zu  Kon- 
tntinopel,  Rom  und  Berytos  gelehrt  werden. 

Endlich  muss  auch  der  Thätigkeit  Justinians  in  kirchlichen  Dingen  ge- 
eilt werden.  Kein  Kaiser  hat  die  Aufsicht  in  kirchlichen  Dingen  energischer 
-chgeführt,  keiner  auch  seine  Suprematie  von  Seiten  der  Kirche  rückhalt- 
3r  anerkannt  gesehen,  als  Justinian.  Er  war  faktisch  Basileus  und  Hiereus 
gleich.  ^  Wider  den  Willen  und  Befehl  des  Kaisers  darf  überhaupt  nichts 
cier  Kirche  geschehen**  erklärt  die  Synode  von  536.  Justinian  hat  auch  536 
-t/sächlich  durch  umfangreiche  Traktate  auf  die  dogmatische  Entwickelung 
:Knas6gebender  Weise  eingewirkt,  Zeugnis  sein  Brief  an  Menas  über  die 
Senistischen  L*rlehren  und  sein  Edikt  vom  Jahre  543  über  die  drei  543 
X>itel.  Man  kann  nicht  leugnen,  dass  seine  Kirchenpolitik  nach  Kräften 
ciach  strebte,  den  schweren  Fehler  von  519  wieder  gut  zu  machen  und 
^  Monophysiten  zurückzugewinnen.  In  Ägypten  herrschten  die  Abge- 
junten;  in  Syrien  und  Mesopotamien  hatten  sie  das  Volk  für  sich,  ein 
nstand,  mit  dem  jede  Regierung  ernsthaft  rechnen  musste.  Offen  be- 
nstigt  wurden  sie,  wie  durch  die  Kaiserin  Theodora,  die  auch  hierin  ihren 
litischen  Scharfblick  bewährte,  so  durch  zahlreiche  Mitglieder  des  kaiser-  ^ 


938 


der  byiantlnmohen  Kaisergeecliieht», 


liehen  Hauses  und  des  Hofes.  ^)  Der  Stein  des  Anstosses  blieb  das  ( 
donense.  Vergebens  haben  Leontios  und  die  skythischen  Mond 
Formeln  Leos  im  kyrillschen  Sinne  umgedeutet,  sodass  bei  etwas  gutem 
mit  Severos,  dem  bedeutendsten  Lehrer  der  Monophysiten,  eine  £u 
wohl  möglich  gewesen  wäre;  vergeblich  umging  der  Kaiser  in  seiiu 
lassen  die  chalcedonensischen  Formeln.  Das  grösste  Entgegenkomin 
533  Religionsgespräch  von  533  blieb  auf  die  Monophysiten  ohne  Wirkon^ 
,,  gottselige  Augusta"",  unablässig  für  ihre  Freunde  thätig,  hoffte  d 
melles  Preisgeben  des  Chalcedonense  durchzusetzen.  Bereits  w 
Anthimos  ein  Gesinnungsgenosse  auf  den  Thron  der  Hauptstadt  gc 
Aber  der  römische  Papst  Agapet,  durch  Ephraim  von  Antiochien  gei 
intervenierte  rechtzeitig.  Das  Abendland,  das  man  politisch  wiede 
Wonnen   hatte,    durfte  kirchlich   nicht   in   eine    neue  Trennung  geb 

536  werden.     Die  Synode  von  536   sprach    das  Anathem   über  Anthimoc 

537  Severos  aus.  537  gab  der  Tod  des  Erzbischofs  Timotheos  in  Alexfl 
und  der  daselbst  ausgebrochene  Zwiespalt  zwischen  Adel  und  Volk 
die  Wahl  des  Nachfolgers  der  kaiserlichen  Regierung  den  willkomi 
Anlass,  unter  namenlosen  Oewaltthaten  auch  in  diesem  letzten  As} 
Monophysitismus  der  Staatskirche  zu  einer  freilich  nur  rein  aussei 
Anerkennung  zu  verhelfen.  Die  mit  den  Pfründen  der  ins  Elend  g 
benen  Monophysiten  reich  dotierte  Prälatur,  die  höheren  Beamtei 
ein  Teil  des  griechischen  Stadtadels  hielten  allein  zur  Kirche  des  Ki 
Aber  alle  bisherigen  Misserfolge  brachten  diesen  von  seinen  ünions] 
und  seiner  krankhaften  Sucht,  in  Dogmatik  zu  arbeiten,  nicht  zi 
Eine  übrigens  ausserordentlich  fein  ersonnene  kirchenpolitische  Mas 
war  die  Verurteilung  der  drei  Kapitel.  Der  grosse  Lehrer  der  antiocheni 
Schule,  Theodoros  von  Mopsuhestia,  über  welchen  das  Chalcedonem 
schwiegen,  verschiedene  Schriften  des  Theodoret  von  Kyros  und  de 
von  Edessa,  Männer,  deren  Rechtgläubigkeit  das  vierte  Konzil  ausi 
lieh  anerkannt  hatte,  wurden  jetzt  —  nach  hundert  Jahren  —  nachtr 
mit  dem  Banne  belegt.  Es  war  das  nicht  nur  ganz  gegen  den 
des  Chalcedonense  und  eine  stillschweigende  Verurteilung  von  L( 
Grossen  Theologie,  sondern  auch  eine  thatsächliche  Korrektur  ui 
direkte  Ausserkurssetzung  jenes  Konzils,  wenn  auch  ohne  formeU 
tastung  desselben.  Man  hat  einfach  das  Programm  der  alten 
tiker  restituiert.  Der  von  Rom  verdammte  Akakios  und  der  hl.  I 
von  Antiochien  schienen  glänzend  gerechtfertigt.  Weiter  konnte 
wahrlich  nicht  in  den  auf  Einigung  abzielenden  Konzessionen  gehen, 
dies  alles  kam  viel  zu  spät.  Zwar  die  Patriarchen  und  Bischö 
Ostens,  gewohnt  zu  glauben,  was  das  kaiserliche  Kabinett  ihnen  vor» 
unterwarfen  sich,  wenn  auch  schweren  Herzens.  Der  schwache  ^ 
mutige  Vigilius,  der  auf  Petri  Stuhle  sass,  hat  in  traurigster 
das  Ansehen  der  römischen  Kirche  dem  Kaiser  gegenüber,  der  thatsi 
die  Kirche  regierte,  preisgegeben.     Das  ökumenische  fünfte  Kon: 


')  Justin  II  und  Sophia  hielten  vor  der 
Thronbesteigung  zu  den  Monophysiten.  In 
der  Anachauung  des  Volkes  galten  ,die  Ab- 


getrennten* als  die  Frommen,  und  di 
mit  Unrecht. 


IL  Das  Zeitalter  JuBtiniaua  nnd  aeiner  Nachfolger  (518—610).  939 

)88  durchaus  gehorsam,  ganz  nach  kaiserlicher  Vorschrift.  Desungeachtet 
ibarte  sich  dieses  ganze  das  Reich  gewaltig  aufregende  unternehmen 
Bin  vollkommener  Misserfolg.  Die  Monophysiten  verharrten  in  ihrer 
ennung.     Umgekehrt  sahen  Italien  und  Afrika  in  den  Beschlüssen 

Verletzung  des  im  ganzen  Westen  hochverehrten  Chalcedonense.  Die 
italischen   und  istrischen  Bischöfe  trieben  es  bis  zum   Schisma,   das 

Generationen  hindurch  bestehen  blieb.  Und  der  afrikanische  Bischof 
ndus  von  Hermiane  warf  dem  Kaiser  in  kühnen  Worten  und  unter 
hrung    alttestamentlicher   Beispiele    (Ozias,    Dathan,    Abiron  u.  s.  f.) 

dass  er  die  Grenzen  des  Imperiums  überschreite.   Nur  Christus  besitzt 

3ich  das  Königtum  und  das  Priestertum  und  hat  den  Fürsten  unter- 

was  den  Priestern   eigentümlich  ist.     Das  sind  Töne,   welche  einst 

1  Donatus  der  Grosse   angeschlagen  hatte  und   welche  daher  zu  den 

alters  her  berechtigten  Eigentümlichkeiten  des  Occidents  gehörten, 
in  Loyalität  ersterbende  Orient  wird  sie  mit  höchster  Verwunderung, 
it  sittlicher  Entrüstung  vernommen  haben;  allein  in  den  nachfolgenden 
hunderten  sollten  sie  auch  in  Byzanz  einen  Wiederhall  finden. 

Durch  all  diese  Misserfolge  Hess  sich  Justinian  in  seinem  Liebes- 
)en  gegenüber  den  Monophysiten  nicht  irre  machen.  Noch  in  seinem 
en  Regierungsjahre  erliess  der  unaufhörlich  Dogmen  produzierende 
sterkaiser  ein  für  fromme  Ohren  sehr  beleidigendes  Edikt,  welches 
Aphthartodoketismus,  die  selbst  von  den  meisten  Monophysiten  ver- 
'ene  Lehre  von  der  Unverweslichkeit  des  Herrenleibs,  zum  Reichs- 
na  proklamieren  sollte.  Nur  des  Kaisers  bald  eintretender  Tod  (Nov.  Nov.  56 
rettete    den    orthodoxen    Klerus   vor   grosser   Gewissensbedrängnis 

Absetzung  und  Exil. 

Während  man  so  die  Monophysiten  noch  immer  als  wenn  auch  „ab- 
ennte"  Glieder  der  allgemeinen  Kirche  betrachtete  und  sie  mit  jener 
isichtsvollen  Zartheit  behandelte,  welche  die  Bureaukratie  gegen  wohl- 
»nisierte,  über  treu  ergebene  Massen  gebietende  Kirchengemeinschaften 
i  zu  beobachten  pflegt,  wurde  gegen  die  übrigen,  meist  numerisch 
irachen  Dissidentengruppen  äusserst  summarisch  verfahren. 

Eine  Reihe  Erlasse  seines  Regierungsbeginns  zeigen,  mit  welcher 
rgie  Justinian  den  kaiserlichen  Glauben  zu  dem  aller  Unterthanen  machen 
te.  Die  Reste  der  alten  Häretiker,  unter  denen  die  Arianer  durch 
Reichtümer  ihrer  Stiftungen  das  fiskalische  Interesse  erregt  hatten, 
elten  eine  dreimonatliche  Frist  zur  Annahme  der  offiziellen  Glaubens- 
8 ;  sonst  drohte  das  Exil.  Auch  auf  die  Samariter  wurde  diese  Zwangs- 
jhrung  ausgedehnt;  aber  das  ganze  Volk  erhob  sich  und  proklamierte 
n  Gegenkaiser.  In  Strömen  Blutes  musste  der  Aufstand  unterdrückt 
den.  Das  Land  war  ruiniert.  Im  Zusammenhang  damit  steht  das 
ihzeitige  förmliche  Inquisitionsverfahren  gegen  alle  öffentlichen  und 
aimen  Anhänger  des  alten  Hellenenglaubens.  Gerade  unter  den  Vor- 
nen  und  hohen  Beamten  zählte  dieser  noch  zahlreiche  Bekenner. 
cnögenskonfiskation  und  Unfähigkeit  ein  Staatsamt  zu  bekleiden  wurden 
längt.    Eine  Reihe  angesehener  Magistrate  endigten  durch  Selbstmord. 

Zentrum  des  alten  Glaubens  war  Athen  und  eeiiift 


940  AbriM  der  bysantinisohen  Kaiaergoscliiolit«. 

Lehrer  der  Philosophie.   Justinian,  dem  es  vor  allem  auf  den  grottei 
529  sitz  der  altgläubigen  Korporationen  ankam,  zog  529  das  Stiftongsvi 
der  Platonischen  Akademie  ein  und  verbot  an  der  dortigen  Univeisitit 
Unterricht  in  Philosophie  und  Rechtswissenschaft.  Die  sieben  letzten 
wanderten  nach  Persien  aus.    Eine  wohlorganisierte  heidnische  Hi< 
hatte  in  Kleinasien  noch  zahlreiche  Anhänger,  namentlich  unter  dem 
Volke.     Johannes  von  Ephesos,    der  syrische  Geschichtsschreiber,  wi 
sich  selbst  den  Heidenvorsteher  und  Götzenstürmer  nennt  und  in 
Grade  Justinians  Vertrauen  genoss,  hat  während  der  folgenden  J 
hier  das  Bekehrungswerk  im  grossen  Stil  getrieben.   Er  rühmt  aich,  70 
Menschen  getauft  zu  haben. 

Ein  ungleich  erfreulicheres  Bild  zeigt  die  Entwicklung  der 
nach  aussen.  Justinian  betrachtete  es  als  ein  Hauptziel  seines 
religiösen  Regierungsprogramms,  wie  er  im  Reiche  die  Glaube: 
herstellte,  auch  den  heidnischen  Nationen  den  christlichen  Glauben 
übermitteln.  Selbst  seine  diplomatischen  Verbindungen  mussten 
Zwecke  dienen  und  den  Glaubensboten  die  Protektion  mächtiger  Nackl 
fürsten  erwerben.  So  erweist  denn  die  Zeit  Justinians,  wie  schon  dii 
seiner  unmittelbaren  Vorgänger,  einen  gewaltigen  Aufschwung  der  M» 
sionsthätigkeit. 

Die  christliche  Propaganda  wirkte  gleich  erfolgreich  unter  den  & 
rulem  um  Singidunum,  den  Hunnenstämmen  nördlich  vom  schwarzen  Keoi 
und  unter  den  Kaukasusvölkern.  Die  Fürsten  erscheinen  zur  Taofe  i 
der  Residenz,  und  das  Volk  folgt  ihrem  Bekenntnisse.  In  Afrika  worda 
die  Oasen  der  Sahara  dem  Christentum  gewonnen.  Die  blutige  Chnst»] 
Verfolgung  in  Jemen  durch  den  jüdischen  König  Dhü  Nuwäs  erregte 
gesamte  Christenheit  des  Orients.  Die  siegreiche  Eroberung  Jemens  dord 
526  den  abessinischen  Äthiopenkönig  526  wurde  aufs  freudigste  begrüsst  td 
auf  kaiserlichen  Befehl  ein  ägyptischer  Kleriker  als  Bischof  nach  SSl- 
arabien  geschickt.  Besonders  thätig  im  Missionswesen  zeigten  sich  & 
Monophysiten.  Ein  syrischer  Mönch  missionierte  unter  den  Ortäern,  eisei 
wahrscheinlich  kurdischen  Stamme  Südarmeniens,  unter  Justinian  begiu 
Julian,  ein  alexandrinischer  Kleriker,  die  Bekehrung  der  Nubier,  weld» 
unter  seinen  Nachfolgern  der  Bischof  Longinos  vollendete.  König  ui 
Volk  der  Nobaten  empfingen  die  Taufe.  Auch  der  König  ,des  gros« 
Volkes  der  Alodäer"*  liess  sich  taufen.  Von  da  an  bestand  die  nubisAi 
Kirche  Jahrhunderte  lang  im  engsten  Anschluss  an  den  monophysitisdiei 
Patriarchat  von  Alexandria. 

Indessen  bei  allem  äusseren  Glänze,  bei  aller  nicht  zu  leugnenda 
Grossartigkeit  der  Bestrebungen  seiner  Regierung,  hinterliess  Justiniii 
14.  Nov.  dennoch  bei  seinem  Tode  (14.  Nov.  565)  ein  vollkommen  zerrüttetes  ReiA 
Die  Eroberungen  des  Westens  festzuhalten,  überstieg  bei  weitem  die  Kiifc 
desselben;  es  fehlten  dazu  auch  die  Mittel.  Was  half  auch  die  not- 
dürftig hergestellte  kirchliche  Union  bei  dem  tiefgehenden,  auf  nationaler 
Entfremdung  beruhenden  Hass  zwischen  Griechen  und  Lateinern.  Die 
kirchenpolitischen  Massregeln  des  Kaisers  sind  daher  eine  Kette  von 
Fehlern ;  sie  haben  die  nationalen  Sonderbestrebungen  der  Syrer  und  Ägypter 


n.  Das  Zeitalter  Jostinians  nnd  seiner  Naolifolger  (518—610).  941 

ht  eigentlich  grossgezogen.  Die  damalige  Zeit  hüllte  ihre  treibenden 
ianken  in  kirchliches  Gewand.  Die  monophysitische  Lehre  diente  den 
ientalen  zum  sprechenden  Ausdruck  ihres  nationalen  Empfindens,  dem 
?  römische  Reichsgedanke  immer  fremder  ward.  Die  Losreissung  der 
üandschaften  der  Monarchie,  welche  im  VII.  Jahrhundert  eintrat,  ist 
ich  die  Kirchenpolitik  Justinians  recht  eigentlich  befördert  worden,  wie 
Ae  Eroberungspolitik,  die  Reichskräfte  für  die  Westprovinzen  bean- 
rachend,  die  Aktion  im  Osten  lähmte. 

Justinos  II   (565 — 578)    der   Neflfe   JustinianÄ   und   von   ihm   zum  565—57 
ironfolger  bestimmt,  hat  sich   durch  rasche  Energie  vor  allem  seiner 
tttin,  der  ehrgeizigen  Sophia,  und  des  Obersten  der  Palastgarde  Tiberios 
B  Thrones  bemächtigt  und  ihn  teilweise  gewaltsam  gegen  die  missver- 
Bgten  Prinzen  des  kaiserlichen  Hauses  behauptet.    Des  Kaisers  perio- 
ich  wiederkehrender,   schliesslich  vollständiger  Wahnsinn  bewirkte  574  574 
I  Adoption  des  Tiberios  als  Cäsars,  welcher  von  da  an  mit  der  Kaiserin 
phia  thatsächlich  die  Regierung  führte  und  später  sein  Nachfolger  (578  578—58 
I  582)  wurde. 

Diese  Regierungen  bezeichnen  einen  wichtigen  Wendepunkt.  Bereits 
iter  Justinian  hatte  die  offizielle  Fiktion  des  Lateins  als  Reichssprache 
schwinden  begonnen;  von  jetzt  an  wird  es  immer  entschiedener  durch 
8  Griechische  verdrängt.  Diesen  Umschwung  deuten  auch  die  lango- 
rdischen  und  syrischen  Chronisten  an,  wenn  sie  mit  Maurikios  die  Reihe 
r  „griechischen*  Kaiser  beginnen. 

Im  Innern  kam  die  Sparsamkeit  Justins  den  Reichsfinanzen  vortrefF- 
h  zu  statten,  vermehrte  freilich  auch  die  Missliebigkeit  des  Regiments, 
gegen  hat  die  ebenso  populäre  als  verkehrte  Verschwendung  des  Tibe- 
s  recht  eigentlich  den  Grund  zu  den  Schwierigkeiten  der  nachfolgenden 
gierung  gelegt.  In  kirchlicher  Beziehung  waren  beide  Fürsten  korrekt 
hodox.  Ihre  verhängnisvolle  Nachgiebigkeit  gegen  die  Hofyatriarchen, 
Iche  sie  in  der  Bedrängung  der  Monophysiten  gewähren  Hessen  oder 
^rstützten,  hat  die  Entfremdung  der  Ostprovinzen  zu  einer  definitiven 
nacht. 

Nach  aussen  bezeichnet  der  Thronwechsel  nach  Justinians  Tode  einen 
Iständigen  Bruch  mit  der  bisherigen  Regierungspolitik.  Die  Lage  des 
ichs  verlangte  dringend,  dass  das  kaiserliche  Kabinett  sein  Hauptaugen- 
rk  der  Sicherung  der  Nord-  und  Ostgrenze  zuwende.  So  nehmen  denn 
Beziehungen  zu  den  Völkern  nördlich  der  Donau  und  den  Persem 
•chaus  die  erste  Stelle  ein;  dagegen  tritt  der  Westen  mehr  in  den 
itergrund.  In  den  Steppengebieten  des  Ostens  war  das  mächtige  Tür- 
ireich  erstanden,  mit  dessen  Chäkän  die  Römer  bald  in  freundschaft- 
xe  diplomatische  Beziehung  traten.  Viel  wichtiger  war,  dass  gegen 
de  von  Justinians  Regierung  ein  neues  Volkselement  in  den  Gebieten 
"dlich  von  der  Donau  auftrat,  die  Avaren.  Im  Osten  der  ungarischen 
^febene  kamen  die  slavischen  Stämme  unter  ihre  Botmässigkeit.  Eben- 
griffen sie  bald  erfolgreich  in  die  Geschicke  der  germanischen,  unter 
h  tief  verfeindeten  Reiche  der  Langobarden  und  Gepiden  in  Pannonien 


942  AbriM  der  byxantiiiiseheB  gaüwrg— ehlekto, 

ein.    Diese  veränderten  Verhältnisse  erforderten  Roms  ernsteste 

samkeit. 

Die  neue  Regierung  zeigte  diesen  ge&hrlichen  Feinden 
eine  entschlossene  Politik.    Die  Jahrgelder,  an  welche  Justinian  die 
gewöhnt  hatte,   verweigerte   sein  Nachfolger,  und  diese   waren 
durch  den  erbitterten  Krieg  zwischen  Langobarden  und  Gepiden  ii 
Spruch  genommen.    Ihre  Intervention  zu  Gunsten   der  Langobarden 

567  die  Katastrophe  der  Gepiden  567   vollenden,  während  Rom  im 
der  letztern  keine  Thatkraft  zeigte.     Die  Avaren,  nach   dem  Abzage 
Langobarden    das   herrschende  Volk   in    der   ungarischen  Tiefebene, 
ebenso  die  zahlreichen  Slavenstämme  bedrohten  jetzt  in  steigendem 
die  Provinzen  südlich  der  Donau.    Rom  hat  hier  grosse  Energie  enl 
und  im  ganzen  ehrenvoll  gekämpft;   allein  trotz  Tiberios'  Führung 
das  römische  Heer  eine  schwere  Niederlage.    Der  Friede  wurde  nur 

581  Tributzahlung  erkauft.  Unter  der  Regierung  des  Tiberios  ging  581 
wichtige  Grenzfestung  Sirmium  verloren.  Das  Schicksal  der  Nordpron 
war  damit  besiegelt. 

Jetzt  erwies  sich  klar,  wie  Justinians  Eroberungspolitik  die 

568  des  Reiches  überstiegen  hatte.     Als  die  Langobarden  568  in  Italien  ä 
brachen  —   ihre    Berufung    durch   Narses   ist   späte   Fabel  — ,  war 
Reichsregierung   nicht  im  Stande,   durch  eine  starke  Machtentfaltang 
wichtige  Provinz  zu  halten.     Im  Laufe  weniger  Jahre  hatten  die 
reichen  Eroberer  Norditalien  und  Tuscien  unterworfen;   in  Spoletium 

571  Beneventum   (571)    geboten    langobardische   Herzöge.      Auch    die  fi 
Städte,    welche    dem    ersten  Ansturm   widerstanden  hatten,   kapitoli 

572  eine  nach  der  anderen  gegenüber  den  Langobarden,  572  Ticinum,  in 
folgenden  Generation  Patavium  und  Cremona.  Der  römische  Besitzstnl 
wurde,  abgesehen  von  Süditalicn  und  Sicilien,  bald  auf  Ravenna  und  fr 
benachbarten  Städte  der  Aemilia  und  der  Pentapolis,  femer  auf  das  6eM 
von  Rom  und  Neapel  beschränkt.  Hiezu  kamen  die  ligurischen  und  veoe- 
tianischen  Küstenstädte;  der  durch  Belisar  vereitelte  Teilungsplan  Utti 
den  Römern  mehr  gelassen,  und  sie  hätten  statt  des  „nicht  zu  nennendes*, 
„stinkenden''  Volkes  der  Langobarden  die  ritterliche  und  noble  oströmisdi 
Rasse  zu  Nachbarn  gehabt.  So  hatte  die  Folgezeit  unaufhörlich  zu  büMi 
für  die  begangenen  wie  die  zugelassenen  Fehler,  aus  denen  sich  die  viel- 
bewunderte  Grossmachtspolitik  dieses  Louis  XIV  des  VI.  Jahrhunderts  tt 
sammensetzt. 

Gelähmt  wurde  Roms  Thatkraft  vor  allem  durch  den  gleichzeitigen  Peno^ 
krieg.  Den  Anlass  gaben  die  Armenier,  welche,  durch  die  mutwillige  Erbaoiutg 
eines  Feuertempels  in  ihrer  geistlichen  Hauptstadt  Duin  aufs  äusserste  ge* 

571  reizt,  sich  571  gegen  Persien  erhoben  hatten  und  in  Byzanz  Schutz  sucht» 
und  fanden.  Ihnen  schlössen  sich  auch  die  Iberer  an.  Damit  war  iß 
Krieg  erklärt,  der  nun  von  fortwährenden  Friedensunterhandlungen  unt^ 
brechen  zwanzig  Jahre  andauerte.     Während   die  Römer  Niaibis  erfolgl« 

573  belagerten,  eroberten  die  Perser  573  das  wichtige  Dara;  ganz  Syrien 
wurde  von  ihnen  verwüstet.   Tiberios,  zur  Regentschaft  gelangt,  erwirkte 

575  einen  Waffenstillstand,   von  dem  aber  Armenien  ausgenommen  war.    575 


n.  Das  Zeitalter  JaetinianB  and  seiner  Nachfolger  (518—610).  943 

Dg  von  dort  Chosrau  bis  nach  Kappadokien  vor  und  verbrannte  Sebasteia 
>  Melitene.  Aber  von  der  überlegenen  römischen  Kriegsmacht  zweimal 
'  hdrücklich  geschlagen,  rettete  sich  der  Perserkönig  mit  Mühe  über  den 
~;^lirat.   Armenien  war  im  Besitz  der  Römer.   Indessen  schon  576  wurden  576 

wieder  vertrieben,  und  der  Krieg  dauerte  fort.  Maurikios  der  comes 
-tubitorum  wurde  vom  Kaiser  mit  dem  Kommando  im  Osten  betraut  und 
"iegte  den  Kriegsschauplatz  mit  Glück  auf  den  Boden  des  Perserreichs. 
len  günstigen  Abschluss  der  mehrfach  angeknüpften  Friedensunterhand- 
=gen  verhinderte  579  Chosraus  Tod.  Gegen  seinen  kriegslustigen  579 
Im  und  Nachfolger  Hormizd,  setzte  Tiberios  den  Krieg  mit  aller 
lergie  fort.  581  erfochten  die  Römer  bei  Konstantina  einen  glän-  681 
nden  Sieg. 

Das  Jahr  darauf  bestieg  Maurikios  (582—602)  selbst  den  Thron;  im  582—60 
Bern  hat  er  vor  allem  durch  eine  sparsame  Finanzpolitik  den  vielfachen 
idürfnissen  des  Reiches  zu  genügen  versucht,  durch  dieselbe  freilich 
er  auch  den  Grund  zu  der  Unbeliebtheit  gelegt,  welche  ihn  schliesslich 
n  Thron  kostete.  In  kirchlicher  Beziehung  befolgte  er  im  ganzen  die 
Aük  seiner  Vorgänger.  Die  Verfolgung  der  Monophysiten  jedoch  wurde 
i  Veranlassung  dos  hauptstädtischen  Patriarchen  Johannes  des  Fasters 
igeschränkt.  Dieser,  ein  heiliger  Asket  von  tadellosestem  Leben  und 
inster  Orthodoxie,  zeigte  für  die  in  der  Lehre  abweichenden  Frommen 
le  den  Hierarchen  aller  Konfessionen  sonst  vielfach  abgehende  Duldung, 
n  so  erbarmungsloser  führte  die  Regierung  die  Prozesse  gegen  an- 
llicho  Heiden  in  Syrien.  Zu  ihnen  rechnete  die  fanatische  monophysi- 
che Menge  auch  den  staatskirchlichen  Patriarchen  von  Antiochien.  In- 
Bsen  dieser  kannte  seine  Leute  und  rechtfertigte  seine  Glaubensreinheit 
rch  Erbauung  eines  grossen  Zirkus,  „einer  Kirche  des  Satans",  wie 
I  frommen  Dissidenten  seufzend  klagten.  Viel  bedeutender  war  der  Streit 
t  Alt-Rom.  Papst  Gregor  I  (590 — 604)  bekämpfte  als  Neuerung  den  590— 60 
1  seinem  neurömischen  Kollegen  geführten  Titel  eines  ökumenischen 
triarchen;  thatsächlich  mit  Unrecht;  denn  der  Titel  war  schon  seit 
;efahr  einem  Jahrhundert  im  Gebrauch  und  war  von  Rom  nie  bean- 
ndct  worden.  Die  Regierung  und  die  orientalischen  Patriarchen  stellten 
b  denn  auch  völlig  auf  Seiten  des  hauptstädtischen  Kirchenfürsten,  der 
ne  Titulatur  siegreich  behauptete.  Auf  die  beweglichen  Klagen  des 
pstes  antworteten  der  Kaiser  und  der  hochangesehene  Anastasios  von 
tiochien  ziemlich  geringschätzig;  offenbar  betrachteten  sie  die  ganze 
;lie  als  ein  nichtiges  Wortgezänk.  In  der  Folgezeit  hat  denn  auch  Rom 
le  Geräusch  diese  Position  wieder  aufgegeben. 

Der  Perserkrieg  dauerte  noch  mehrere  Jahre  mit  wechselndem  Er^ 
5e  fort.  Auf  eine  Reihe  römischer  Siege  folgte  589  die  Wegnahme  des 
'htigen  Martyropolis.  Allein  nun  trat  eine  ganz  unerwartete  Wendung 
,  welche  das  Schicksal  des  Nachbarreichs  in  die  Hände  des  römischen 
<5hthaber8  legte.  Die  Empörung  des  Feldherm  Bahräm  Tschöbln  kostete 
ici  Perserkönig  Thron  und  Leben ;  sein  Sohn  Chosrau  H  ParwSz  kam  als 
kchtling  zu  den  Römern.  Maurikios  intervenierte  zu  seinen  Ghinsten, 
i  der  Feldzug  des  Jahres  591  setzte  ihn  wieder  auf  den  angestammten  591 


944 


Abrias  der  bysantiniachen  Katoigesehiehta. 


Thron.  Maurikios  war  aber  ein  ebenso  glücklicher  Feldherr,  als  scIi 
Diplomat;  er  hat  durchaus  nicht  verstanden,  die  beispiellose  Gin 
Umstände  auszubeuten.  In  dem  Frieden  wurden  nur  Dara  und  M 
polis  zurückgegeben;  femer  trat  der  Perserkönig  den  grössten  T 
persischen  Armeniens  an  die  Römer  ab.  Dagegen  das  wichtige 
blieb  persisch. 

Im  Westen  zeigte  die  neue  Regierung  gleichfalls  eine  kn 
Politik.  Es  ist  nicht  bedeutungslos,  dass  zuerst  unter  Maurikios  de 
Exarch  in  Ravenna  und  Karthago  auftritt.  Italien  und  Afrika, 
Langobarden  und  Mauren  gleichmässig  bedroht,  erhielten  in  den  Ei 
Militärgouvemeure  mit  ausgedehnten  Vollmachten,  welche  allmählie! 
die  Civilverwaltung  sich  unterordneten.  Die  Gründung  der  beide 
archate  ist  das  Vorspiel  der  im  VII.  Jahrhundert  ins  Leben  tre 
Organisation  der  Themenverfassung.  Zur  VP'iedergewinnung  Oberi 
schloss  Maurikios  eine  Allianz  mit  den  Franken.  Der  untemel 
Exarch  Smaragdus  erwies  sich  besonders  thätig.  Indessen  irge; 
bleibender  Erfolg  wurde  nicht  erzielt;  immerhin  ward  dadurch 
weiteren  Vordringen  der  Langobarden  Halt  geboten. 

Fortdauernd  war  die  Nordgrenze  des  Reiches  gefährdet.  Wur 
Friede  mit  den  Avaren  durch  erhöhte  Tributzahlungen  erkauft,  so  dr 
von  diesen  gehetzt,  die  slavischen,  den  Avaren  unterthänigen  Stämn 
Nach  dem  Zeugnisse  gleichzeitiger  syrischer  Schriftsteller   sind  A\ 

581  und  Slaven  weit  nach  Süden  vorgedrungen.  581  suchen  die  letzterer 
nur  Thrakien  heim,  sondern  sie  lassen  sich  scharenweise  in  der  üm| 
von  Thessalonike  nieder  und  wandern,  um  dort  zu  bleiben,  bis  i 
Peloponnes.  Damals  sollen  nach  einer  freilich  späten  und  schlecl 
bürgten  Sage  die  Einwohner  des  lakedämonischen  Epidauros  Lime 
den  eindringenden  Slaven  auf  die  nahe  Klippeninsel  geflohen  sein  \ 
den  Qrund  zu  dem  später  so  bedeutenden  Emporium  Monembasia 
haben.  In  der  That  nennen  die  Seefahrer  anderthalb  Jahrhunderte 
Kynuria  ,die  slavinische  Landschaft*.  Wie  mächtig  das  slavische  E! 
in   den   hellenischen  Distrikten  war,  erweist   der   Umstand,   dass  i 

623  folgenden  Generation  (623)  eine  slavische  Piratenflotte  Kreta  angri 
plünderte.  Dagegen  muss,  wie  dies  längst  anerkannt  ist,  Fallme 
ausschweifende  und  abenteuerliche  Hypothese  von  einer  greulicher 
mordung  des  gesamten  unglücklichen  Hellenenvolkes  (mit  Ausnahme  w 
Seeburgen)  und  der  völligen  Slavisierung  von  Hellas  und  Pelopon 
Maurikios'  Tagen  ins  Reich  der  Fabeln  verwiesen  werden.  Ihre  1 
legung  ist  allerdings  nicht  durch  die  heutigen  Hellenen  besorgt  w 
die  sich  mehr  durch  patriotische  als  wissenschaftliche  Gründe  leiten  1 
Das  Hauptverdienst,  den  wilden  Phantasien  des  genialen  Fallme 
durch  besonnene  Forschung  den  Boden  entzogen  zu  haben,  gebühr 


')  Die  Avaren  bilden  den  Slaven  gegen- 
über nur  eine  wenig  zahlreiche  Adelskaste. 
Ks  ist  übrigens  bemerkenswert,  dass  in  diesem 
Jahrh.  meist  numerisch  schwache  ural-altaische 
Stftmme  Germanen  und  Slaven  unterjochen; 


sie  müssen  also  eine  militärische,  p« 
und  geistige  Superioritftt  besessen  hab 
denke  an  die  Hunnen  (als  Oberher 
Goten  und  anderer  GennanenstAmi 
Avaren,  die  Bulgaren. 


n.  Das  Zeitalter  Jnstiniaiui  und  seiner  Nachfolger  (518—610).  945 

flachen  C.  Hopf.    Freilich  ist  gerade  er,  indem  er  jede  bleibende  Spur 
Jr  alavischen  Raubzüge  unter  Maurikios  leugnete,  nach  der  andern  Seite 
:W6it  gegangen  und  hat  nicht  immer  methodisch  gearbeitet.     Dass  ein 
-  A  ganz  unerheblicher  Bestandteil  der  heutigen  Hellenen  aus  gräzisierten 
ren  besteht,  ist  eine  ausgemachte  Sache.   Für  Griechenland  war  diese 
_  massigem  Umfange  vollzogene  Yölkermischung  ein  Glück,   da  alte  in 
..mger  Isolierung  lebende  Völkerschaften    abstehen   und   verkümmern, 
Iq  denke  z.  B.  an  die  Isländer.     Davor  bewahrte  Hellas   das   im   Y. 
"l   VI.   Jahrhundert    eingedrungene    slavische    Blut.      Völlig    slavisiert 
'rden  in  dieser  und  der  folgenden  Generation  der  Norden  der  Balkan- 
liiiiBel,    die  heutigen  Gebiete   der  serbisch-kroatischen  und  der  bulga- 
dien  Sprache.     583  fielen  Singidunum,  Viminacium  und  andere  Donau-  583 
kmgen  in  die  Hände  der  Avaren  und  ihrer  Slavenknechte.    587  erlagen  587 
jen  die  mösischen  Städte:  Ratiaria,  Dorostolon  und  andere  bis  Marki- 
Jpolis.    Das  Land  südlich  vom  Haemus  bis  Adrianopel  wurde  abwechselnd 
tk  Avaren  und  Slaven  überzogen.     Eine  Wendung  trat  erst  mit   dem 
hre  591   ein,   als   Maurikios    durch   den    mit   Persien    abgeschlossenen  591 
ieden  in  den  Stand  gesetzt  wurde,  seine  Streitkräfte  in  ungleich  stärkerem 
■Bse  zur  Verteidigung  der  europäischen  Provinzen  zu  verwenden.     Der 
aeg  entbrannte   infolgedessen  mit  verdoppelter  Wut.    Die  Avaren  be- 
werten Thessalonike  und  bedrohten   selbst  die   Reichshauptstadt.     Aber 
B  drang  der  ausgezeichnete  römische  Feldherr  Priskos  über  die  Donau,  593 
d  601  erfocht  er  grosse  Siege  über  sie  erst  bei  Viminacium,  und  dann  601 

■  das  Nordufer  vordringend,   an  der  Theiss  im  ehemaligen  Gebiete  der 
^iden.    Auch  das  folgende  Jahr  wurde  mit  entschiedenem  Glücke  ge- 
■npft;  doch  die  Truppen,  durch  des  Kaisers  unzeitgemässe  Sparsamkeit 
^ttert,  brachen  in  offene  Empörung  aus,  als  sie  602  jenseits  der  Donau  602 
nrwintem  sollten.     Charakteristisch   für  die  Soldatenmeuterei   ist,   dass 

■  Militär  niedrigen  Ranges,  der  Centurio  Phokas,  an  die  Spitze  trat. 
Mirikios  versuchte  durch  Bewaffnung  der  Zirkusparteien,  der  Blauen  und 
m  Grünen,  die  Hauptstadt  zu  halten.  Aber  als  das  Heer  gegen  die  Residenz 
itfschierte,  brach  auch  hier  die  Revolution  aus.  Der  Kaiser  gab  kopflos 
BS  verloren  und  floh  mit  seiner  Familie  aufs  asiatische  Ufer.  Im  No- 
nber  602  wurde  Phokas  zum  Kaiser  gekrönt  (602—610),  und  un-  602 
Btelbar  nach  seinem  Einzüge  Hess  er  den  gestürzten  Kaiser  mit  seinen  602—61 
■men  hinrichten.  Zahlreiche  Bluturteile  sollten  die  Herrschaft  des  Usur- 
ftors  befestigen.  Die  Geschichtschreibung,  ganz  unter  den  Einfluss  des 
■teren  Gegners  des  Kaisers  gestellt,  hat  diesen  mit  den  schwärzesten 
^arben  geschildert.  Sie  scheint  aber  damit  nur  die  Wahrheit  getroffen  zu 
1>en.  Ein  roheres  und  unfähigeres  Regiment  hat  niemals  in  Ostrom 
"waltet. 

Chosrau  benützte  sogleich  den  Thronwechsel,  um  als  angeblicher 
Lcher  seines  „Vaters*  Maurikios  die  Feindseligkeiten  wieder  zu  eröffnen, 
ftrses,  der  tüchtigste  General  des  Ostens,  der  Schrecken  der  Perser, 
Qpörte  sich  in  Edessa  und  suchte  Verbindung  mit  Chosrau.  Um  seine 
mze  Kraft  dem  Osten  widmen  zu  können,  schloss  Phokas,  die  Jahrgelder 
liöhend,  Frieden  mit  den  Avaren.    Narses,  dem  Worte  d^E  VL«L\Ä«t\\OcÄW 

HHidt>iK!b  d»  JkJMK,  AltertnBmwImeuBcbMtt  O,    1.  Aliil^    8.  Aqfl,  ^^ 


946  AbriM  der  bysantiniachen  KaiaergMohielit«. 

Neffen  und  Feldherrn  Domentiolos   vertrauend,  ergab   sich,  wurdi 
von  Phokas  treulos  hingerichtet.     Die  Perser  erfochten  eine  Reihe 

606  606  fiel  das  wichtige  Grenzbollwerk  Dara;  Syrien  und  Mesopotamien  i 

608  von  ihren  Reiterscharen  überschwemmt.  608  drangen  sie  durch 
asien  bereits  bis  Chalkedon  vor.  In  der  Hauptstadt  war  die  Stio 
der  Beamten  und  des  Adels  eine  dem  Regenten  höchst  feindselige, 
durch  blutigen  Terrorismus  konnte  Phokas  seine  Herrschaft  aufrecl 
halten.  Aber  der  höchst  fähige  General  Priskos,  von  Phokas  zu  s 
Schwiegersohne  und  zum  comes  excubitorum  erhoben,  setzte  sich  m 
Exarchen  Afrikas  Herakleios  und  dessen  Bruder  Gregorios  in  YerU] 
Diese  hatten  schon  seit  einiger  Zeit  gerüstet.  Niketas,  der  Soli 
Gregorios,  rückte  auf  dem  Landwege  nach  Ägypten  vor  und  besetEt 
hartem  Kampfe  Alexandria,  während  Herakleios,  der  Sohn  de 
archen,  mit  der  afrikanischen  Flotte  direkt  nach  der  Hauptstadt  s 
Dieselbe  fuhr,  ohne  ernstlichen  Widerstand  zu  finden,  anfangs  0 

610  610  in  den  Hafen  von  Byzanz  ein.     Phokas  fiel  in   greuelvoller 
der  Volkswut  zum   Opfer;  mit   ihm  fanden   die  leitenden  Männ^ 
5.  Okt.  Regierung,  Domentiolos,   Bonosos  und  Leontios,   den  Untergang.    1 

ßlö    Oktober  wurde  Herakleios  durch  Senat  und  Volk  feierlich  zum  Ad 
proklamiert  und  vom  Patriarchen  Sergios  gekrönt. 

Mit  Herakleios  können  wir  wieder  einen  historischen  Abschnit 
kieren.  Seine  Regierung  ist  gleichzeitig  der  Schlussstein  eines  abster) 
Zeitalters  und  der  Anfang  einer  völlig  neuen  Epoche.  Die  klassisch 
nische  Kultur,  welche  namentlich  in  der  Geschichtschreibung  ihre  L 
kraft  noch  erwies  (Priskos-Malchos-Prokopios-Agathias-Menandra« 
ihren  letzten  Schoss  in  Theophylaktos  Simokattes,  dem  Klienten  de.« 
alen,  die  Wissenschaft  begünstigenden  Patriarchen  Sergios,  getriebc 
tritt  nun  bald  die  anderthalbhundertjährige  Periode  völliger  Barbar 
Der  furchtbare  Existenzkampf  mit  dem  Osten,  der  während  dieses  | 
Zeitraums  andauert,  liess  Gesetze  wie  Musen  schweigen.  Vera 
denken  und  reden  von  einem  solchen  litteraturlosen  Zeitalter  könne 
lieh  nur  Pedanten;  aber  mit  der  altgriechischen  Herrlichkeit  wur 
mals  gründlich  ein  Ende  gemacht.  In  diesen  Zeitpunkt  können  ^ 
besten  die  Äonswende  verlegen;  wir  verlassen  das  klassische  AI 
und  betreten  die  Schwelle  der  mittleren  Zeit. 

III.  Die  Dynastie  des  Herakleios  und  der  Kampf  i 

dem  Islam  (610—717). 

Seit  der  Resignation  von  Justinians  Neffen  waren  ausschü 
Generale  und  Soldaten  zum  Purpur  befördert  worden.  Herakleic 
gleichfalls  Militär;  aber  er  entstammte  einer  Familie,  welche  berei 
zwei  Generationen  hohe  Civil-  und  Militärposten  bekleidet  hatte.  ] 
zum  Herrscher  prädestiniert  und  hatte  auch  das  Glück,  wieder  ein 
durch  fünf  Generationen  blühende  Dynastie  zu  gründen.  Ein  g 
Feldherr  und  ein  tüchtiger  Organisator  und  Politiker  stand  je 
der  Spitze  des  Reichs.     Aber  die  Lage  war   eine    nahezu   verzw 


i 
CL  Die  DynaBtie  des  HeraUeioa  und  der  Kampf  mit  dem  lalam  (610—717)    947 

ETopa  wurde  durch  die  Avaren  und  Slaven  verwüstet;  in  Asien  streiften 
i  Perser;  alle  festen  Städte  zitterten  vor  ihnen.  Sie  überschritten  den 
'iphrat.  Nach  einem  grossen  Siege  über  die  Römer  fielen  611  Antiocheia,  eil 
lameia,  Emesa  und  das  kappadokische  Kaisareia  in  ihre  Gewalt.  Die 
)hrfachen  Friedensunterhandlungen  des  Kaisers  scheiterten,  da  Chosrau 
"f  eine  vollständige  Bezwingung  des  Römerreichs  hoflfte.  Und  die  Er- 
^isse  der  folgenden  Jahre  schienen  ihm  recht  zu  geben.    613  eroberte  613 

r  persische  Feldherr  Sahrbaräz  Damaskos,  614  überschritt  er  den  Jor-  614 
Mk  und  nahm  Jerusalem  ein.  Die  heilige  Stadt  wurde  eingeäschert,  ihre 
swohner  niedergehauen  oder  nach  Persien  verpflanzt.  Auch  der  Patriarch 
■charias  und  das  „lebenspendende  Holz"  ,das  heilige  Kreuz,  wanderten 
leh  Ktesiphon.  Dies  Ereignis  bewirkte  eine  ungeheure  Aufregung.  Der 
erlust  des  Glaubenspalladiums  wurde  weit  über  die  Grenzen  des  Römer- 
gches  hinaus  von  der  gesamten  Christenheit,  vorab  von  dem  frommen 
vankenvolke  als  ein  unermessliches  Unglück  empfunden.  Nur  den  hl. 
diwamm  und  die  hl.  Lanze  rettete  wenigstens  der  Patricius  Niketas  nach 

ar  Reichshauptstadt.  Sähin,  der  zweite  persische  Feldherr,  marschierte  615  615 
m  vor  Chalkedon.  Zwar  zwang  ihn  die  Diversion  des  römischen  Feldherrn 
hilippikos  nach  Armenien  zum  vorläufigen  Rückzuge.  Allein  619  eroberten  619 
^  Perser  Ankyra  und  beherrschten  damit  die  Kommunikationslinien,  welche 
^  Hauptstadt  mit  Syrien  und  Asien  verbanden.  In  demselben  Jahre  fiel 
18  für  die  Verproviantierung  der  Residenz  unentbehrliche  Ägypten  mit 
riner  Hauptstadt  Alexandria  in  die  Gewalt  der  Perser. 

Es  ist  begreiflich,  dass  der  Kaiser  in  einer  Anwandlung  von  Ver- 
veiflung  sich  nach  Afrika  retten  wollte.  Aber  die  Grossen  des  Reichs- 
its,  vor  allem  der  ebenso  patriotische  als  staatskluge  Patriarch  Sergios, 
adelten  ihn  zurück.  Das  Übermass  des  politischen  Unglücks  hat,  wie  1806 
»  Deutschland,  einen  nachhaltigen,  sittlichen  und  politischen  Aufschwung 
arvorgerufen.  Herakleios  benutzte  die  nächsten  Jahre  die  unter  Phokas 
Inzlich  zerrüttete  und  nahezu  vernichtete  Armee  herzustellen  und  neu 
mzuüben. 

Nachdem  er  in  der  Hauptstadt  eine  Regentschaft  bestellt  hatte,  be- 
«hend  aus  seinem  unmündigen  Sohne  und  Mitkaiser  Konstantinos  unter 
Bitung  des  Patriarchen  und  des  Patriziers  Bonos,  zog  er  im  Frühjahr 
22  gegen  die  Perser.  Des  Kaisers  Expeditionen  haben  einen  durchaus  622 
:reuzzugähnlichen  Charakter.  Sie  galten  dem  Zerstörer  der  hl.  Stadt  und 
3m  Räuber  des  hl.  Kreuzes.  Wie  schon  die  Schiffe  seiner  Konstantinopel 
"obemden  Flotte  mit  dem  Bilde  der  Gnadenmutter  geschmückt  gewesen 
aren,  so  glaubten  auch  jetzt  die  Truppen  und  ihre  Führer  unter  dem  sicht- 
ttren  Schutze  der  Panagia  zu  kämpfen.  Herakleios  war  bereits  bis  an  die 
^rsischen  Grenzen  gelangt,  als  ihn  der  Avareneinfall  zum  Rückzug  zwang, 
iel  bedeutender  war  die  zweite  624  beginnende  Expedition.  Der  Kaiser 
rang  siegreich  durch  Armenien  bis  nach  Adharbäigän  vor,  wo  er  den 
drsischen  König  selbst  schlug  und  den  vielgefeierten  Feuertempel  von 
andzak  —  der  Krieg  wird  dadurch  deutlich  als  Religionskrieg  gekenn- 
»chnet  —  zerstörte.     Den  Versuch,   durch  die  medischexv  Yää%^  \w  ^^ä 


948 


JUitlu  dw  bTiuttiaisahan  Ka 


eigeiitliclic  Persien  vorzudringen,  musste  er 
aus  Kleinasien  und  Sühin  mit  einem  neuge 
rockten.  Er  wandte  sich  nach  den  nördli 
den  Iberern,  Lazen  und  Abasgen  wichtigt 
pünktliche  Soldzahlung  für  jede  denkbare  S 

15  tanten  gewann.  625  operierte  noch  ein  < 
Sahraplakan  gegen  ihn.  Herakleios  mussb 
der  Hunnen  zurückziehen.  Von  hier  dranf 
menien  vor  und  erfocht  im  Beginn  des  Vt 
über  Sahrbaniz,  den  er  aber  nicht  ausnut: 
sich  mit  seinen  erschöpften  Truppen,  ohne 
vormochten,   über   den  Taurus   und  durch  S 

;6  Im  Sommer  626  treffen  wir  den  Eaise 

pedition  begriffen,  in  Lazika  an.  Es  war  i 
in  der  russisch-kirgisischen  Tiefebene  hauee 
Allianz  gegen  die  Perser  zu  gewinnen.  Ii 
gcrung  von  Tiflis   führte   zu   keinem  Hesult 

E.  CS  endlich  nach  mühsamen  Märschen  mitt 
zu  der  grossen  Entscheidungsschlacht  bei 
Heer  zerschmetterte.  Unmittelbar  darauf  v 
Schlösser,  unter  ihnen  Chosraus  Residenz  E 
stört  und  zahlreiche  Cliristen  befreit.  Der 
sich  als  unthunlich,  da  die  Perser  alle  Brücl 
und  sich  jenseits  desselben  aufgestellt  hf 
einen  gefahrvollen  Rückzug  durch  die  m 
Glücklich  erreichte  er  die  Reichsgreiize,  dur« 
dem  unennesslichen  Jubel  der  Bevölkei-ung 
seine  Hauptstadt  ein.    Schon  auf  dem  Mai 

"■■  von  der  Katastrophe  des  Porserkönigs  (2i 
Sohn  Si^röC  bat  um  Frieden  und  erhielt  ein 
sischcn  Truppen  räumten  die  römischen  Pro" 

9  dürftig  wieder  ordnete;  629  zog  als  letzter 
ab.  In  demselben  Jahre  war  das  hl.  Kreu: 
schickt  worden.     Der  Kaiser  selbst  hat  m 

[.  und  unter  dem  Jubel  des  Volkes  das  Krei 
gerichtet,  und  von  da  an  hat  die  Kirche  c 
alljährlich  am  Gedenktage  feierlich  begangei 
weit  hat  diese  That  des  Kaisers  Hcraklei 
Jahrhunderte  fortlebenden  Eindruck  gemach 
lieh  scheint  auch  der  formelle  Friede  mit 
zu  sein. 

Herakleios  stand  auf  dem    Gipfel  sei 

Reich  wurde  durch  fortwährende  Tlironrevi 

schwächt,  und  so  schien  die  Gefahr  im  Ostt 

Während  so  die  ganze  Kraft  dos  Iteichi 


L  Die  Dynastie  des  Herakleios  and  der  Kampf  mit  dem  Lüam  (610—717).     949 

iten  konzentriert  war,  traten  im  Westen  nachhaltige  Verluste  ein.  616  616 
Iren  die  in  Spanien  noch  behaupteten  Seestädte  dem  Westgotenkönig 
sebut  erlegen,  und  sein  Nachfolger  Svinthila  (621—631)  räumte  mit  621-63 
n  wenigen  Resten  oströmischer  Herrschaft  auf  der  Pyrenäenhalbinsel 
finitiv  auf.  Ebenso  musste  die  von  Maurikios  mühsam  gehaltene  Donau- 
ie  unter  Herakleios  endgültig  aufgegeben  werden.  Das  Gebiet  zwischen 
nau  und  Hämus  war  längst  von  slavischen  Ansiedlem  überschwemmt. 
>  spätere  Überlieferung  berichtet,  dass  die  Serben  und  Kroaten  in  den 
fen  des  Herakleios  ihre  historischen  Wohnsitze  bezogen  hätten,  und 
itete  sich  damit,  dass  diese  Stänmie  angeblich  im  Einverständnis  mit 
%  Kaiser  gegen  die  Avaren  ins  Land  gekommen  seien.  Thatsächlich 
natürlich  das  vollkommene  Gegenteil  der  Fall  gewesen.  Mit  Mühe 
öupteten  die  Römer  die  dalmatinischen  Seestädte.  Viel  furchtbarer 
•    die  Gefahr  von  Seite  der  Avaren.     623  drangen  sie  bis  in  die  Nähe  623 

Hauptstadt,  und  nur  durch  eine  gewaltige  Steigerung  des  Tributs  er- 
^e  die  Regierung  den  Frieden.  Gleichzeitig  brachen  die  Siaven  immer 
Lreicher  in  die  europäischen  Provinzen  ein.    Ihre  leichten  Kähne  zogen 

plündernd  bis  nach  Kreta.    Noch  fürchterlicher  war  der  Angriflf  vom  623 

Juli  626.     Avaren    und  Siaven   bedrängten    die   Hauptstadt  zu  Land  29.  Jali 
.    zu  Wasser,  während  gleichzeitig  Sahrbaiilz  mit  seinen  Persern  auf 
1  asiatischen  Ufer  bei  Chalkedon  stand.    Allein  die  heldenmütige  Be- 
eung   schlug  alle   Angrifife   zurück.     Im  August   mussten   Siaven   und 
;u*en  wieder  abziehen. 

Nach  dieser  letzten  gewaltigen  Anstrengung  hören  die  Avaren  auf, 
^  Gefahr  für  das  Reich  zu  sein.  Die  Slavenstämme  haben  die  unter 
[irikios  begonnene  Besiedlung  der  Hämushalbinsel  in  den  folgenden 
LTzehnten  fortgesetzt;  dichte  Massen  derselben  haben  sich  in  Mösien, 
kedonien,  Hellas  und  dem  Peloponnes  angesiedelt.  Die  ural-altaischen 
garen,  längst  unter  den  Donauvölkem  erwähnt,  treten  nun  zum  ersten 
le  bedeutsam  hervor.  Herakleios  schloss  nämlich  nach  Ordnung  der 
liehen  Angelegenheiten  635  mit  ihrem  Fürsten  Kuvrat  einen  Bund,  um  635 

gegen  Avaren  und  Siaven  auszuspielen.  Kuvrat  entsprach  leidlich  den 
legten  Erwartungen,  und  der  dankbare  Kaiser  erhob  ihn  zum  Patricius. 
i  Avaren  wurden  jetzt  auf  ihre  pannonischen  Wohnsitze  beschränkt. 

Die  siegreiche  Beendigung  des  Perserkrieges  hatte  politisch  die  Wieder- 
vinnung  der  weit  über  ein  Jahrzehnt  dem  Reich  entrissenen  monophy- 
Ischen  Provinzen  Syrien  und  Ägypten  zur  Folge  gehabt.  Ganz  natür- 
1  war  es  eine  der  eifrigsten  Obsorgen  der  Regierung,  diese  national 
d  religiös  dem  Römerstaate  entfremdeten  Ostlandschaften  moralisch  * 
öder  zu  erobern,  und  sie  hoffte,  dieselben  durch  eine  Glaubensunion  dem 
>ichsgedanken  wieder  zugänglich  zu  machen.  Der  Kaiser  selbst  beriet 
:h  mit  den  vornehmsten  Prälaten  der  Jakobiten.  Die  Union  gelang  über 
e  Erwartung.  Die  auf  den  Rat  des  hauptstädtischen  Patriarchen  Ser- 
}s,  eines  ganz  vorzüglichen  Administrators  und  sehr  verständigen  Kirchen- 
litikers,  vorgeschlagene  Formel:  „Der  Gottmensch,  aus  zwei  Naturen 
stehend,  habe  alles  mit  einer  gottmenschlichen  Energie  gewirkt*  ent- 
•ach   völlig   der  alten   Kircheniehref  und   fand   den  vollen  Beifall  der 


950 


Abriaa  d«r  byimUiil»Bhim  K»i 


Ägypter  wie  der  Syrer.  Der  Bischof  Kyi 
Kaiser  auf  seinen  kaukasischen  Feldzügen 
auf  den  Thron  von  Älexandrien  befördert, 
und  fähiges  Werkzeug  der  kaiserlichen  P< 
wieder  in  römische  Klientel  gekommen  war, 
Ezr  versammelte  Synode  ihr  volles  Einversi 
des  .gottgeliebten'  Kaisers.  Und  was  das 
Bischof  Honorius,  ein  ebenso  milder  als 
Sergios  Hand  in  Hand.  Alles  schien  sich  au 
lieh  der  neuerwählte  Patriarch  von  Jerusale 
neter  Gelehrter  und  ein  frommer  Asket  aue 
Johannes  von  Älexandrien  (610 — 619),  zu 
lieber  und  taktloser  Eiferer ,  in  der  1 
milhsam  zu  stände  gebrachte  Unionslehre 
des  durch  Gelehrsamkeit  und  Frönunigki 
PriesterfUrsten  machte  einen  Ungeheuern  Eii 
und  erklärten  die  Reinheit  der  Lehre  fUr  ] 
die  grundverständigen  Bischöfe  von  Neurom 
Heiligen"  zu  beschwichtigen.  Wie  üblich,  mus 
als  den  Menschen  und  blieb  somit  taub  geg 
638  lungen.  Herakleios  suchte  beschwichtigend  ( 
von  Sergios  verfaastes  Edikt,  die  Ekthesis, 
drückliche  Proklamierung  der  Lehre  von  eine 
war,  den  Sturm  zu  beschwören.  Namentlich 
Italiens  und  Afrikas,  bemächtigte  sich  ein 
eine  von  der  Prieaterschaft  geschürte  gen 
Der  ehemalige  Geheimsekretär  des  Kaisers, 
stotelischer  Philosophie  gründlich  geschultet 
in  geradezu  illoyaler  Weise  die  Gereizthe: 
gesteigert  und  durch  seinen  wenig  frommer 
Kabinetts  nach  Kräften  vermehrt.  So  sah 
sie  von  neuen  Kriegsgefahren  aufs  äussere 
durch  den  Glaubenszwiat  im  Innern  geschw 
Seit  der  Niederwerfung  der  persische) 
sehen  Verhältnisse  wohlgeordnet.  Wie  k< 
dass  ein  geschichtloses  Land  wie  Arabien 
aufleuchten  und  Träger  einer  gewaltiger 
werden  sollte!  Wie  konnten  die  Römer  v( 
freudige  Kriegsenthusiasmus  des  Islams  dei 
sollte.  Die  ersten  EinMle  der  Muslimen,  \ 
folge  begleitet,   nahm   man   in   der  Hauptst 

634  aber  634  das  feste  Bostra,  die  Hauptstadt  i 
in  die  Hände  der  Gläubigen  gefallen  war, 
der  syrischen    Hauptstadt  Antiochien.     All 

635  unglücklich.     635  fiel  Damaskoa;  die  wichti 

636  Herten,  und  636  entschied  die  grosse  Sehla 
das  Schicksal  Syriens.     Die  heilige  Stadt, 


Die  Dynastie  des  Herakleios  und  der  Kampf  mit  dem  Uam  (610-  717).    95I 

den,  wurde  nach  zweijähriger  Belagerung  637  durch  den  Patriarchen  637 
ironios  vertragsmässig  an  Omar  übergehen.  Mit  der  Eroherung  von 
>potamien  und  Edessa  war  der  ganze  Osten  in  die  Hände  der  Araher 
Qgt.  Die  Sympathien  der  monophysitischen  Christen  standen  vielfach 
3eiten  der  Eroberer  und  erklären  wenigstens  zum  Teil  diese  beispiel- 
1  Erfolge. 

Unter  'Amrus  Führung  hatten  sich  die  Araber  auch  in  Ägypten  fest- 
tzt.  Unweit  Lykopolis  und  dann  bei  Heliopolis  wurden  die  Griechen 
hlagen,  Babylon,  Nikiu  und  andere  Städte  wurden  mit  stürmender 
d   genommen.     Als  Herakleios    am   11.  Februar  641   starb,  war  fast  11.  Fei 

ganze  Land   mit   Ausnahme    der  Hauptstadt   Alexandrien  in   ihren     ^^^ 
den.   Von  der  neuen  Regierung  autorisiert,  unterhandelte  der  Patriarch 
^8   mit  'Amru  und  brachte  einen  Vertrag  zu  stände.    Allein  infolge 
abermaligen  Thronwechsels  wurde  diesem  Abkommen  in  der  Haupt- 
t  die  Anerkennung  versagt,  obschon  man  dort  völlig  ausser  stände 

das  hartbedrängte  Alexandrien  durch  eine  Flotte  nachhaltig  zu  unter- 
sen.  29.  September  643  hielt  der  siegreiche  'Amru  seinen  Einzug  in  29.  Sep 
Nilstadt.  Auch  in  Ägypten  hatte  der  Hass  der  Kopten  gegen  die 
eben  den  Eroberern  mächtigen  Vorschub  geleistet.  Herakleios'  ganzes 
k  war  vernichtet  und  das  Reich  auf  Eleinasien,  die  Haemushalbinsel 
die  zerstreuten  Besitzungen  im  lateinischen  Westen  beschränkt. 

Herakleios'  zweite  Gemahlin,  seine  ehrgeizige  Nichte  Martina,  mit 
er  sich  zum  grössten  Anstosse  der  Kirche  verbunden  hatte,  wollte 
L  nach  ihres  Gatten  Tod  die  Herrschaft  behaupten.  Allein  das  Heer 
trug  die  Regierung  auf  die  beiden  Söhne:  Konstantinos  II,  den  lang- 
igen Mitregenten  des  verstorbenen  Kaisers,  und  auf  seinen  jüngeren 
1er  Herakleios  (Herakleonas),  den  Sohn  der  Martina.  Konstantin, 
eigentliche  Regent,  schon  lange  kränklich,  starb  bereits  24.  Mai  641.  24.  Ma 
Anklage  seiner  Vergiftung  durch  die  Stiefmutter  verbreitete  sich  so-  ^^^ 
)h   und  wurde  nach  dem  Thronwechsel  offiziell  ausgesprochen,  ohne 

sie  deshalb  Glauben  verdiente.  Herakleonas  wurde  jetzt  in  der 
ptstadt  als  Kaiser  anerkannt.  Thatsächlich  regierten  Martina  und  der 
iarch  Pyrros.  Allein  das  Heer  und  seine  Führer  hielten  zu  den  Kindern 
verstorbenen  Kaisers.  Bereits  im  Herbst  641  wurden  der  Kaiser  und  641 
e  Mutter  gestürzt,  und  der  unmündige  Sohn  Konstantins  Konstans, 
ziell  Konstantinos)  wurde  zum  Kaiser  erhoben  (641 — 668).  641— 6C 

Die  grossen  Territorialverluste  des  Reichs  unter  Herakleios  haben 
selben  mittelbar  Gewinn  gebracht.  Ausgeschieden  waren  die  national- 
iden  widerspenstigen  Bevölkerungselemente.   Die  Bewohner  Kleinasiens 

der  Haemushalbinsel,   soweit  sie   den  Kaisern  gehorchten,   bildeten 

nach  Glaube  und  Sprache  vollkonmien  einheitliche  Masse  von  zuver- 
ger  Loyalität.  Hiezu  kommt  die  Organisation  der  Themenverfassung, 
^its  Justinian  und  seine  Nachfolger  hatten  die  einleitenden  Schritte 
an,  um  die  alte  Diocietianische  Trennung  von  Militär-  und  Civil- 
inistration  durch  eine  Konzentration  der  Gesamtverwaltung  in  den 
den  der  Militärchefs  zu  ersetzen.  Die  militärischen  Bedrängnisse  unter 
ikleios  und  seinen  Nachfolgern  veranlassten  die  Regierung  Kleinaden 


952 


Abriss  der  bysantinisoheii  KaisexgeBcliicbio. 


und  allmählich  das  ganze  Reich  in  eine  Reihe  Militärkommandos  —  T 
—  zu  zerlegen.  Die  in  diesen  Bezirken  befehligenden  Generale  —  d 
tegen  —  haben  neben  dem  Oberbefehl  über  die  Truppen  auch  die 
liehe  Verwaltung  in  ihren  Händen  vereinigt.  Ausgebaut  und  ven 
digt  wurde  dies  System  durch  die  genialen  Kaiser  der  syrischen  D 
Es  hat  das  Reich  gerettet.^) 

Konstans,  zur  wirklichen  Regierung  gelangt,  erwies  sich  als  ei 
beugsamen  und  selbständigen,  seiner  schweren  Aufgabe  durchaus  g 
senen  Fürsten.  Unter  unerhörten  Anstrengungen  gelang  es  ihm,  dei 
sehen  Invasion  Halt  zu  gebieten.  Bereits  war  durch  Moäwija,  den 
648  nehmenden  Statthalter  von  Syrien,  eine  Flotte  organisiert  wordei 
überfiel  dieser  Eypros  und  eroberte  die  Hauptstadt  Eonstantia.  D 

654  darauf  wurde  Arados  zerstört.  654  plünderten  die  Araber  Rhodos; 
verloren  die  Römer  Armenien  durch  Verrat  des  einheimischen  1 
Eine  gewaltige  Flotte,  gegen  die  Reichshauptstadt  selbst  ausgesan 

655  siegte  die  kaiserliche  an  der   lykischen  Küste   655.     Aber  der  T 

656  Chalifen  Othmän  (656)  und  die  nachfolgenden  inneren  Wirren  z 
659  659  Moäwija  nicht  nur  zum  Frieden,  sondern  sogar  zur  Tribut 
663  an  das  Reich.  663  wurden  die  Feindseligkeiten  erneuert.  Jahr  fi 
668  überzogen  die  Araber  Eleinasien.  668  drangen  sie  bis  Ghalkedon;  J 

wurde  erobert  und  gleich  wieder  verloren.  Etwas  Bleibendes  ward 
erreicht.  Die  militärische  Kräftigung  des  Reichs  hat  es  vor  nenneiü 
Verlusten  bewahrt. 

Die  Friedenszeit  hat  der  Kaiser  benutzt  zu  einem  Zuge  gegen 
vinia'',  wohl  die  makedonischen  Thessalonike  bedrohenden  Stämme 
derselben  wurden  dem  Reiche  tributpflichtig  gemacht.  Im  Innern 
Ostrom  noch  immer  durch  die  monotheletische  Streitigkeit  in  At 
halten.  Das  Abendland  hatte  sich  zum  energischen  Protest  gei 
kaiserliche  Lehre  erhoben.  Der  ehrgeizige  Exarch  von  Afrika,  Gr 
ein  Freund  der  Mönche,  machte  seine  Provinz,  wohin  zahlreiche 
linge  aus  den  eroberten  Ostprovinzen  sich  begeben  hatten,  zum 
quartier  der  Orthodoxie;  er  erhob  sich  selbst  zum  Gegenkaiser. 
seine  ephemere,   auf  den  „wahren  Glauben**    gegründete  Herrscha 

647  schon  647  den  siegreich  einbrechenden  Arabern.  Afrika  fiel  fa 
ständig  in  ihre  Gewalt.     Der  Kaiser,  um  den  Kirchenfrieden  herzi 

648  erliess  648  den  Typos,  welcher  allen  Streit  über  die  Zahl  der  Wi 


')  Ueber  die  Organisation  der  Themen 
vgl.  namentlich  die  ausgezeichnete  (im  ein- 
zelnen freilich  weder  einwands-  noch  irrtums- 
freie) Untersuchung  von  J.  B.  Bury  (in:  a 
history  of  the  later  Roman  Empire  II S.  399  fif.)  : 
„origin  of  the  System  of  Themes**.  Danach 
sind  fßr  das  VIL  Jahrhundert  folgende  der 
Provinzialverwaltung  vorgesetzte  Militär- 
gouvernements nachweisbar: 

A.  in  Asien:  1)  Opsikion  (Bithynien), 
2)  Anatolikon  (Armenia  I  und  Pontus),  3)  Ar- 
meniakon  (Cappadocia  I  u.  FI,  Armenia  III), 
4)  Thrakesion  (die  alte  Provinz  Asia),  5)  Das 


Drungariat    (Admiralität)    von    I 
(Pamphylien  und  Pisidien). 

B.  in  Europa:  1)  Thrake, 
(mit  dem  Peloponnes),  3)  der  I 
von  Italien  oaerRavenna  mit  < 
Provinzen  a)  Urbicaria,  b)  Campai 
nonaria,  d)  Aemilia,  e)  Apulia,  f) 
g)  Sicilia,  h)  Venetia;  4)  der  1 
von  Karthago  oder  Afrika 
(grossenteils  verlorenen)  Unte 
a)  Proconsularis,  b)  Byzakia,  c) 
d)  Mauritania  I,  e)  Mauritania  II  = 
f)  Sardinia. 


r  IHe  Dyiuuitie  de«  Herakleios  und  der  Kampf  mit  dem  Islam  (610—717).     953 

»rgien  verbot.  Aber  der  geistig  hervorragendste  Führer  der  Mönche, 
lil.  Maximos,  bestritt  dem  Kaiser  das  Recht  der  Einmischung  in  Olaubens- 
jen,  und  auf  dem  Laterankonzil  649  Hess  Papst  Martin  I  feierlich  die  ^^^ 
Botheletische  Lehre  samt  Ekthesis  und  Typos  verdammen.  Doch  der 
iBer,  der  neuen  Lehre  von  der  Freiheit  der  Kirche  gegenüber  an  der 
m  Tradition  des  Ostens  festhaltend,  zeigte  ungewohnte  Energie. 
i  wurde  Papst  Martin  durch  den  Exarchen  von  Ravenna  verhaftet  und  ^^^ 
ih  der  Reichshauptstadt  deportiert,  wo  ihm  der  Prozess  gemacht  wurde, 
starb  im  Exil  zu  Cherson;  der  Eindruck  war  der  gewünschte;  denn 
le  Nachfolger,  so  Eugenius  und  Yitalian,  zeigten  sich  der  Regierung 
^enüber  ausserordentlich  gefügig.  Auch  den  hl.  Maximos,  der  in  die 
panische  Revolution  tief  verwickelt  und  des  Hochverrats  dringend  ver- 
litig  war,  traf  ein  gleiches  Schicksal.  Die  Herstellung  der  Kirchen- 
cmeinschaft  mit  Alt-Rom  brachte  den  kaiserlichen  Sieg  zum  deutlichen 
»druck. 

Nicht  nur  die  kirchlichen  Wirren,  auch  die  politischen  Verhältnisse  lenk- 
die  Aufmerksamkeit  des  Kaisers  auf  den  Westen.  Durch  den  massenhaften 
mg  von  Flüchtlingen  aus  den  verlorenen  Ostprovinzen  begann  Sicilien 
B  griechische  Provinz  zu  werden,  eine  wertvolle  Stärkung  der  byzanti- 
c^hen  Oberherrschaft  im  Occident.  Fast  alle  Päpste  der  Folgezeit  ent- 
mmten  diesen  syrischen  und  griechischen  Emigrantenfamilien.  Man  hat 
k  diesem  Umstände  sehr  verkehrt  auf  eine  bestimmte  politische  Tendenz  der 
:antinischen  Regierung  geschlossen,  während  er  nur  das  Vorwiegen  dieses 
ruents  im  altrömischen  Patriarchalklerus  beweist.    Bereits  652  hatten  652 

Araber  eine  Invasion  nach  der  Insel  gemacht,  nichts  als  eine  Razzia 
»ssen Stils;  immerhin  empfahl  es  sich,  hier  ihnen  ernsthaft  entgegenzutreten, 
dnbar  trug  sich  der  Kaiser  mit  weit  ausschauenden  Plänen,  als  er  662  662 
;  einer  starken  Flotte  über  Athen  nach  Tarent  segelte.  Es  galt,  den 
ge  vernachlässigten  Aussenposten  des  Reichs,  die  Westprovinzen,  wieder 
>  in  der  Vorzeit,  zum  Schwerpunkt  des  Reichs  zu  machen.  Alt-Rom 
Lte  aufs  neue  die  Kapitale  werden.  Aber  der  Kaiser,  welcher  dieser 
nantischen  Repristinationspolitik  mit  grosser  Zähigkeit  seine  späteren 
bensjahre  widmete,  hat  nicht  einmal  die  erste  Bedingung  derselben,  die 
iedereroberung  Italiens  von  den  Langobarden,  zu  erfüllen  vermocht. 
ine  Versuche,  das  Herzogtum  Benevent  den  Römern  wieder  zu  unter- 
erfen,  verliefen  resultatlos.  Nach  einem  kurzen  Besuche  von  Rom  schlug 
)r  Kaiser  seine  bleibende  Residenz  in  Syrakus  auf,  das  Auge  auf  Afrika 
mchtet.  Hier  gelang  es  Karthago  und  einige  andere  Seeburgen  zurück- 
lerobem.  Aber  von  den  römischen  Flotten,  welche  der  Kaiser  aussandte, 
urde  die  eine  von  den  Arabern  besiegt,  die  andere  durch  Sturm  zer- 
Qmmert.  Die  Zeitgenossen  erhoben  laute  Klagen  über  die  schweren 
ksten  und  die  Bedrückungen,  welche  diese  ausserordentlichen  Anstren- 
ngen  den  Westprovinzen  auferlegten.  Alles  atmete  auf,  als  der  ge- 
Jtige  Fürst  668  in  den  Bädern  von  Syrakus  unter  den  Streichen  der  668 
^rder  sein  Leben  aushauchte. 

Ein  Armenier  Mizizios  (Meü^z),  der  sich  den  Soldaten,  wie  einst  Helio- 
balus,  durch  nichts  als  seine  Körperschönheit  empfahl,  wurde  in  Sicilien  zum 


951  Abrina  der  bycuitiiiiwibeii  K&iaerff 

Kaiser  proklamiert.  Doch  Konatans'  Sohn,  Eoni 
668—685  (668— 1)85),  welcher  bis  dahin  in  Byzanz  die  Rt 
hatte,  landete  mit  einer  grossen  Flotte  und  be 
schnelles  Ende.  Zurückgekehrt  zwangen  ihn  die 
Themas,  seine  BrUder  Herakleios  und  Tiberios  2 
Die  Soldaten  wollten  —  charakteristisch  fiir  die 
weise  des  Zeitalters  —  ein  Abbild  der  himmliscj 

680  sitzen.  Erst  680  konnte  Konstantin  die  AUeinh 
die  er  dann  mit  seinem  jugendlichen  Sohne  Ji 
Jüngling  war  Konstantin  auf  den  Thron  gekomi 
schweren  Aufgabe  völlig  gewachsen.  Die  Bekf 
die   gewaltigsten    Anstrengungen.       Fast  jährli( 

669  ihnen  überzogen.  Eine  Landung  der  ägyptisch 
Sicilien   statt.     Der   Hauptschlag   aber   galt   dei 

672  Der  rastlose  und  kriegsgowaltige  Moüwija  hatte 

673  expedjtion  vorbereitet.  Vom  April  bis  Septeml 
vor  Konstantinopel;  aber  all  ihre  Angriffe  wun 
Vcrteidigungsanstalten  des  Kaisers  zurückgeschli 
die  dürftigen  Clu'onistenberichte  des  griechisch 
Kallinikos;  die  Brander  der  römischen  Flotte  v- 
Schiffe. 

674  Während  die  Araber  das  ägäische  Meer  b 
Übergehend  Kreta  okkupierten,  erneuerten  sie 
Kyzikos  aus  mit  beispielloser  Hartnäckigkeit  Ja 

ß''  die  Angriffe  auf  die  Hauptstadt,  immer  mit  d 
wurde  die  Blokade  aufgehoben;  Stürme  an  der 
die  Angriffe  der  kibyraiotischen  Flotte  vernichte! 
vollständig,  (iloichzeitig  hatten  sich  die  Mai'daVtc 
des  Taurusgebirges,  im  Libanon  festgesetzt  um 
bis  Jerusalem  ausgedehnten  StreifzUge  die  U 
den  di'cissigjälirigen  Frieden  mit  einem  jährUche 
hatte  sich  gegenüber  dem  Angi'iff  des  Orients  ali 
Civilisation  erwiesen;  die  Zeitgenossen  erkannte 
oströmischen  Grossthat  an,  und  zahlreiche  Gei 
der  Avaren  und  der  abendländischen  Könige 
wünschten  den  Kaiser  zu  seinem  Triumphe. 

Während  dieser  Vorgänge  im  Zentrum  des 

67.5-681  gtrtdi;  dej.  Hämushalbinsel,  Thessalonike,  von 

durch  die  Angriffe  der  in  Makedonien  und  The 

^'^^  Stämme  bedroht.     Besonders  fürchterlich  war  dt 

6"  wo  die  Stadt  zu  Wasser  und  zu  Lande  eingeschl 

auch  die  Avaren  vor  ihren  Mauern.     Aber  die 

terung  der  Ölaven  und  der  heldenmütige  Widen 

bischof  Johann    geleiteten  Bürgerschaft   rettete 

der  Hauptstadt  das  Siegerglüek  der  gnadenreiche 

man  in  Thessalonike  dasselbe  der  Hilfe  des  hl. 

Von  \'iel  grosserer  Bedeutung  war  das  Ere 


Die  Dynastie  des  Herakleios  und  der  Kampf  mit  dem  Islam  (610—717)    955 


;chem  Boden.   Die  ältesten  Wohnsitze  dieses  Volkes  finnisch-ugrischer 
^mmung  finden  sich  im  Osten   der  sarmatischen  Tiefebene.     Längst 
hatten  sich  zahlreiche  Horden  abgetrennt  und   westwärts   gewandt. 
le  derselben  sass   in   dem  Winkel   zwischen  Dnjestr,   Donau  und  dem 
iwarzen  Meere.     Unter  ihrem  unternehmenden  Fürsten  Isperich  (Aspa- 
der Griechen)  dehnten  sich  ihre  Züge  nach  Mösien  aus.   Konstantin, 
Gefahr  wohl  erkennend,  trat  ihnen  mit  dem  grössten  Nachdruck  ent- 
;en.     679  erschien  er  mit  seiner  Land-  und  Seemacht  an  der  unteren  679 
►nau.   Allein  die  Expedition  verlief  —  angeblich  infolge  einer  plötzlichen 
'lurankung  des  Kaisers  —  vollkommen  unglücklich.   Die  Griechen  mussten 
Land  zwischen  Donau   und  Hämus  räumen.     Hier  gründete  Isperich 
\ia  neues  Reich,   dessen  Mittelpunkte  Yama,  bald  PrSslav  und  Drster 
_^fflistria)  wurden.    Die  Bulgaren  erwiesen  sich  als  ein  Herrschervolk  von 
.^^^ninentem  politischem   Geschick    und  grossem  Organisationstalent.     Die 
^venstämme  der  Donaulandschaft  mussten  sich  ihrer  Herrschaft  unter- 
Verfen.     Die   finnische  Herrenkaste  scheint  sich  mit  diesen  Unterthanen 
«ald  zu  einem  Volke  verschmolzen  zu  haben,  und  da  dieselbe,  ähnlich  wie 
ie  germanischen  Eroberer  Spaniens  und  Italiens,  die  Sprache  der  Besiegten 
■^mnahm,   war  nun   zum   ersten  Male  ein  grösseres  slavisches  Reich  ent- 
-itanden.    Die  zahlreichen  Slavengaue,  welche   sich  längst  in   den  Nord- 
provinzen des  Reiches  ansässig  gemacht  hatten,  waren  durch  ihre  Isolie- 
Tang   und  Zersplitterung   und    den   Mangel   an   politischem  Sinne    keine 
^^^^mste    Gefahr    für    das    Reich;    das    neugegründete    Bulgarenreich    da- 
^^-^egen  sollte  in  fürchterlicher  Weise  in  die  Schicksale  von  Ostrom   ein- 
zugreifen. 

-  Die  Nachwelt  hat  Konstantin,  dem  harten  und  unbeugsamen  Kriegs- 
:^inann,  ein  ungewöhnlich  dankbares  Andenken  bewahrt  nicht  wegen  seiner 

-  politisch-militärischen  Grossthaten,  sondern  weil  er  dem  Reich  den  kirch- 
-  liehen  Frieden  zurückgegeben  hat.   Er  hat  durch  das  sechste  ökumenische 

'-  Konzil  680 — 681    den  Monotheletismus  gestürzt  und   die  Herrschaft  der  680- 

-  Orthodoxie  hergestellt.*)     Bei  dieser  kalten  Verstandesnatur  waren  poli- 

-  tische  Gründe  massgebend.     Die  monophysitischen  Provinzen   waren  de- 
^    finitiv  verloren;  also  wozu,  da  es  doch  gegenstandslos  geworden  war,  das 

verhasste  Unionsedikt  aufrecht  halten? 

Dazu  kam  ein  zweites  Moment.     Im  Kampf  gegen  italische  Usur- 
patoren hatte  Papst  Vitalian   die  kaiserliche  Regierung  loyal  unterstützt. 


M  So  berichtet  wenigstens  die  konven- 
tionelle Kirchengeschichte.  De  facto  ist  die 
alte,  von  den  Vätern  überlieferte  und  noch 
von  Justinians  Zeitgenossen  Menas  feierlich 
proklamierte  Lehre  —  die  paläographischen 
Untersachungen  der  hl.  Väter  über  Monas' 
Brief  sind  etwas  bedenklicher  Natur  —  durch 
die  völlig  neuen  dogmatischen  Konstruk- 
tionen des  hl.  Maximos  ersetzt  worden,  welche 
Papst  Martin  akzeptierte.  Papst  Agatho  ent- 
schuldigt sich  selbst  wegen  der  Unwissen- 
heit seiner  geistlichen  Berater.    Allein   die 


griechischen  Theologen  beugten  sich  trotz- 
dem vor  ihnen.  Kaiserlicher  Zwang  scheint 
hier,  wie  in  Chalkedon  mitgewirkt  zu  haben. 
Der  mutige  Makarios  von  Antiochien  war 
übrigens  bereit,  sich  für  die  altkirchlicbe 
Wahrheit  in  Stücke  hauen  zu  lassen.  Es 
gereicht  auch  dem  Konzil  nicht  gerade  zur 
Ehre,  zwei  so  hervorragende  und  wahrhaft 
heilige  Männer,  wie  Honorius  von  Alt- Rom 
und  Sergios  von  Neu-Rom,  verdammt  zu 
haben. 


i 


956  Abriss  der  bygantlalechwi  KaisargMMiliielil«. 

Der  Einfluss  der  römischen  Kurie  war  im  Westen  unbedingt 
Um  Italien  und  Rom  dem  Reiche  eng  zu  verknüpfen,  musste  die 
tinische  Hoftheologie  sich  der  römischen  unterwerfen.  Das  Andenket 
grossen  Sergios,  wie  einst  das  des  Akakios,  wurde  geächtet,  ebenao 
der  anderen  Häupter  der  Union.  Wenig  verschlug,  dass  unter  da 
brandmarkten  sich  auch  der  Name  des  Honorius  von  Rom  befand  Nidjj 
destoweniger  bleibt  das  VI.  Konzil  vielleicht  der  entscheidendste  S| 
welchen  Rom  über  den  Osten  errungen  hat. 

Auf  Konstantinos  folgte  sein  erst  16jähriger  Sohn  JustiniaiHil 
S— 695  (685—695;  705—711),  auch  ein  echter  Sohn  der  reichbegabten  Herakhii 
5—711  Dynastie;  aber  die  harten  Züge  im  Charakterbilde  des  Vaters  uadi 
Grossvaters  haben  sich  bei  ihm  zum  Zerrbilde  verunstaltet;  im  AndeA 
der  Spätem  lebte  der  kraftvolle  und  hochbegabte  Fürst  nur  als  graosai 
scheusslicher  Tyrann  fort.  Dem  jungen  und  unerfahrenen  Regenten  MI 
jede  Besonnenheit.  Auch  hier  galt,  was  Salomo  von  Ramschwag,  i 
kluge  Bischof  von  Konstanz,  an  den  Abt  der  Augia  dives  schrieb:  ,W^ 
Dir  Land,  dessen  König  ein  Kind  ist.**  Durchdrungen  in  einer  fagtp 
tesken  Weise  von  der  Erhabenheit  seines  Herrscherberufes  und  von  m 
krankhaften  Thatendurst  erfüllt,  hat  er  mit  echt  fürstlicher  ündankbub 
die  bewährten  väterlichen  Minister  entlassen  und  sich  mit  charakteiiei 
Intriguanten  umgeben,  deren  Schlauheit  er  trotz  alles  Herrscherspiek 
zum  Spielball  diente.  Schon  sein  Grossvater  Konstans  —  wie  die  sicilk 
Sezession  beweist  —  war  entschieden  nicht  normal;  und  so  kann  man! 
Justinians  notorischen  Cäsarenwahnsinn  als  Entschuldigungsgrund  erbliche] 
lastung  geltend  machen.  Mit  den  Arabern  wurde  ein  scheinbar  sehr  günsti 
Friede  geschlossen;  sie  verpflichteten  sich  zu  erhöhten  Tributgeldem.  B 
Grossmächte  soUten  Kypros,  Armenien  und  Iberien  als  eine  Art  ,gein 
Herrschaften"  gemeinsam  verwalten.  Aber  die  von  römischer  Seite  alsQe 
leistung  vollzogene  Verpflanzung  der  Mardai'ten  nach  Kleinasien  und  Thn 
wurde  mit  Recht  als  ein  schwerer  Missgriff  angesehen.  Diese  Yorkämpfe 
Christuslehre  mochten  eine  ziemlich  wüste  Räuberrotte  sein,  vergleichba 
neapolitanischen  Briganten,  deren  Waffen  Kardinal  Ruffo  segnete,  j 
ihre  Verwüstungen  und  Grausamkeiten  stachen  wenig  von  dem  ab,  wa^ 
damals  als  bellum  iustum  betrachtete,  und  trafen  nur  die  ,gottverdan 
ungläubigen  Agarener".  So  besass  das  christliche  Volk  grosse  Vere 
für  sie  und  tadelte  den  Kaiser,  der  selbst  „die  eiserne  Mauer*  des  R 
reichs  zerstörte.  Dagegen  schien  des  Kaisers  Expedition  gegen  die  Bul 
und  die  Slaven  anfänglich  von  Glück  gekrönt  zu  sein.  Er  wai 
Bulgaren  zurück,  unterjochte  die  Slaven  des  Hebros-  und  Strymonge 
und  drang  siegreich  bis  Thessalonike  vor.  Die  Slaven  wurden  mi 
weise  nach  Asien,  in  die  Hellespontoslandschaften,  das  Thema  Op 
verpflanzt  und  eine  besondere  Heeresabteilung  von  30  000  Mann  aus 
formiert.  Allein  wie  er  schon  auf  dem  Rückmarsche  schwere  Vc 
durch   die  Bulgaren   erlitten  hatte,   so  erwiesen  sich  auch  die  neue 

691  vischen  Krieger  als  durchaus  unzuverlässig.     Als  Justinian  691   aus 
tigen  Gründen  den  Frieden    mit   den  Arabern   gebrochen  hatte,   erl 

692  692   bei  Sebastopolis  in  Kilikien  eine  schwere  Niederlage  hauptsä 


r  Die  Dynaatie  des  Herakleios  und  der  Kampf  mit  dem  lalam  (610—717).    957 

ch  den  Verrat  des  slavischen  Hilfskorps.    Die  Folge  war,  dass  Armenien 
der  ganz  in  die  Hände  der  Araber  fiel. 

Die  ungeheuren  Summen,  welche  die  kostspieligen  Kriege  und  die 
.i^ut  des  Regenten  verschlangen  und  zu  deren  Beibringung  sich  die 
aster  Theodotos  und  Stephanos  die  ärgsten  Willkürlichkeiten  und  Er- 
SBungen  erlaubten,  machten  die  Regierung  aufs  äusserste  verhasst.   Als 

Leontios,   ein   in  den  asiatischen  Feldzügen  erprobter  Krieger,  ver-  695 
send  auf  die  Orakel  mönchischer  Freunde,  sich  empörte,  schlössen  sich 
.    sogleich  die  Bürgerschaft  und  die  Geistlichkeit  an.    Leontios  wurde 
Kaiser   begrüsst,  Justinian   mit  abgeschnittener  Nase  nach   Cherson 
iert. 

So  war  durch  die  Schuld  des  letzten  Herrschers  selbst  das  legitime 
rrscherhaus  nach  85jähriger  Regierung  entthront  worden;  die  Folgen 
••en  für  das  Reich  grundverderbliche;  die  Armee,  ihrer  Allgewalt  be- 
tst,  führte  eine  wahre  Mamelukenwirtschaft  ein.  Während  22  Jahren 
^n  sich  in  rascher  Folge  sechs  Herrscher  abgelöst,  welche  meist  das 
^em  der  Gnade  der  Soldaten  verdankten. 

Leontios'  kurze  Regierung  (695—698)  ist  denkwürdig  durch  den  695—69 
xiitiven  Verlust  von  Afrika.  Mit  grösster  Zähigkeit  hatten  hier  die 
mer,  in  stetem  Kampfe  mit  den  Arabern,  ihre  Seeburgen  behauptet. 
»  siegreiche  Vordringen  der  Araber,  welche  697  selbst  Karthago  ein-  697 
Linen,  veranlasste  Rom  zu  einer  letzten  Anstrengung.  Der  Patricius 
.annes  eroberte  die  Stadt,  schlug  den  Feind  und  gewann  die  „Kastra 
i  Afrika '^  zurück.  Allein  schon  im  folgenden  Jahre  musste  er  vor  einer 
Len  Flotte  der  Araber  zurückweichen.  Karthago  fiel  und  die  römische 
rrschaft  war  auf  Septum  beschränkt,  wo  sich  mit  Unterstützung 
r  Westgoten  ein  römischer  Gouverneur  noch  kurze  Zeit  behauptete. 
Iiannes  war  zurückgesegelt,  um  Verstärkungen  zu  holen;  allein  auf  der 
ickfahrt  brach  in  Kreta  eine  Revolte  aus.  Apsimaros,  der  Admiral 
er  Drungarios  der  Kibyraioten,  wurde  unter  dem  Namen  Tiberios 
)8 — 705)  zum  Kaiser  erhoben  und  bemächtigte  sich  rasch  der  Haupt-  698— 70J 
kdt.  Leontios  wanderte  verstünmielt  ins  Kloster.  Tiberios'  Regierung 
T  keineswegs  unglücklich.  Sein  fähiger  Bruder  Herakleios,  an  der  Spitze 
r  asiatischen  Truppen,  schlug  die  Araber  mehrfach  nachdrücklich,  ohne 
ilich  ihre  Festsetzung  in  Kilikien  hindern  zu  können.  Eine  Erhebung  der 
menier  zu  Gunsten  Roms  wurde  rasch  und  blutig  durch  den  arabischen 
neral  unterdrückt. 

Eine  ernste  Bedrohung  der  Regierung  wurde  der  rastlose  Justinian. 
war  zu  den  Chazaren  geflohen  und  hatte  die  Tochter  des  ChäkSns, 
Christin  Theodora,  zum  Weibe  genonmien.  Nur  durch  seine  bewundems- 
Lrdige  Energie  entgieng  er  den  Emissären  des  Barbarenfürsten,  welchen 
echisches  Gold  gewonnen  hatte.  Mit  wenigen  Getreuen  entfloh  er  nach 
fahrvoUer  Meerfahrt  auf  gebrechlichem  Kahne  nach  den  Donaumündungen 
d  trat  mit  Isperichs  Nachfolger  Tervel  (Terbelis)  in  Verbindung,  den  er 
nz  für  sich  gewann.  Ein  Heer  von  Bulgaren  und  Slaven  brachte  ihn 
5  nach  Byzanz.  Durch  List  gelang  es  ihm  sich  der  Stadt  zu  bemäch-  705 
en.     Tervel  wurde   zum  Cäsar  erhoben   und   reichbeschenkt  entlassen. 


958  Abrias  der  byiuiUiiisehvB  KiisM 

Die  Hauptstadt  traf  durch  den  vor  Wut  hal 
Strafgericht  ohne  Gleichen.  Seine  beiden  Gegi 
entehrenden  Schaustellung  in  den  Strassen  de 
hauptet;  der  Patriarch  Kallinikos,  welcher  de 
throiiiing  als  den  Tag  des  Herrn  bezeichnet 
krönt  hatte,  wurde  geblendet  und  nach  Rom  ei 
Militärs  der  Gegenpartei  wurden  in  grausam 
Schicksal  traf  zahlreiche  Bürger  und  Soldate 
Heeres  in  den  asiatischen  Kriegen  durch  krie 
werden  mussten.  Alles  zitterte  während  die 
vor  dem  halb  geisteskranken  Despoten, 

Nach  aussen  war  die  z^veitc  Regierung  Ji 

70ä  Eine  grosse  Expedition  gegen  die  Bulgaren,  ' 
Stadt  Anchialos  bemächtigte,  misslang  völlig;  n 
und  ein  Teil  seines  Heeres  auf  dem  Seeweg, 

709  lagerte  Tyana  suchte  er  vergebens  zu  entsetze 
Kapitulation  in  die  Hände  der  Ungläubigen. 
Kaisers  galt  den  Städten  Ravenna  und  Chers 

TIO  den  Gegnern  gebalten  hatten.  Nach  Ravenna 
die  Notahein  der  Stadt  wurden  ven-äterischen 
nach  Konstantinopel  zur  Hinrichtung  gesandt; 
in  Flammen  auf.  Verhängnisvoll  sollte  dem 
gegen  (Iherson  werden.  Eine  dahin  gesandte 
obert,  ging  aber  auf  der  Röckfahrt  grossenteils 
zurückgelassene  Besatzung,  den  Grimm  des  Kt 
Blutbefehle  nur  teilweise  ausgeführt  waren,  r 
den  Einwohnern.  Die  Empörer  riefen  die  Hi 
angesehener  Offizier  armenischer  Abkunft,  Philip 
verbannt  und  von  Justinian  H  zurückgerufen. 
Ein  Versuch  mit  unzureichenden  Mitteln  Chersoi 
zurückzugewinnen  misslaug.  Eine  zweite  stärk 
cius  Mauros  belagerte  die  Stadt;  schon  wäre 
Stössen  der  römischen  Belagerungsmaschinen  cii 
zur  Hilfe  kamen,  üio  Flotte  scbloss  einen  Wa 
das  charakteristisch  für  die  Unsumme  von  Hai 
Frevlm-  auf  sich  geladen  —  sie  verband  sich  i 
pikos  wurdo  zum  Kaiser  proklamiert.  Justinia 
die  Operationen  der  Flotte  gelassen,  setzte  mit 
tische  Ufer  über  und  eilte  bis  Sinope,  um  Ni 
empfangen.  Unterdessen  hatte  Philippikos  ber 
und  sandte  seinen  Genossen,  den  von  Justini 
Oherson  bestimmten  Spatharioa  Elias,  ihm  ent; 
Damatrys  wurde  der  Tyrann  von  allen  verlasse 
es  verdiente,  getötet.  Sein  unmündiger  Sohn  ' 
in  der  Hauptstadt  mit  schnödester  Verletzung 
getötet  worden.  Das  Haus  des  Herakleios,  w« 
Persern  und  den  Arabern  gerettet  hatte,  wai-  : 


C«  Die  Dynastie  des  Herakleios  und  der  Kampf  mit  dem  Islam  (610-717).     959 

Philippikos  (711 — 713),   der  neue  Kaiser,   erwies   sich  als  völlig  711- 
iCShig.   Die  Bulgaren,  angeblich  als  Rächer  Justinians,  unternahmen  einen 
flieerenden  Zug  bis  an  die  Thore  der  Hauptstadt.   712  fielen  Amaseia  und  712 
gstheia,  713  das  pisidische  Antiochien  in  die  Hände  der  Muslimen.  Aus  Aber-  713 
;«3ben,  vielleicht  um  seine  armenischen  Landsleute  zu  gewinnen  —  er  hat 
Armeniern  seines  Reichs  in  dem  verödeten  Melitene  und  in  Armenien  FV* 
e   Sitze  angewiesen  —  verhalf  der  Kaiser  unter  Zustimmung  seiner 
mtalischen  Geistlichkeit,   aber  unter  dem  entschiedenen  Widerspruche 
Roms  dem  Monotheletismus  noch  einmal  zu   einem  flüchtigen   Siege, 
essen  eine  Erhebung,  welche  von  den  Offizieren  des  in  Thrakien  stehenden 
Opsikion  ausging,  bereitete  seiner  Herrschaft  ein  schnelles  Ende. 
Pfingstsonntag  713  wurde  ein  angesehener  Civilbeamter,  der  Geheim-  713 
tär  Artemios  als  Anastasios  II  (713 — 715)   zum  Kaiser  gekrönt.  713- 
aer  beruhigte  sofort  die  Gemüter  durch  Herstellung  der  Orthodoxie.  Vor 
m  aber  wandte  er  seine  Sorgfalt  der  planmässigen  Reorganisation  des 
ch  die  langandauemden  anarchischen  Zustände  völlig  zerrütteten  und 
tmässig  gewordenen  Heeres  zu.     Die  Urheber  der  letzten  Thronrevo- 
on  traf  strenge  Strafe.    In  der  Neubesetzung  der  wichtigsten  General- 
ndos  zeigte  er  mehrfach  eine  äusserst  glückliche  Hand.     Auf  die 
de  von  den  gewaltigen  Rüstungen  der  Muslimen,  welche  der  römischen 
ptstadt  galten,  setzte  er  diese  in  Verteidigungszustand,  und  die  Flotte 
ielt  Befehl,  sich  in  Rhodos  zu  sammeln,  um  den  Arabern  durch  einen 
'ensivstoss  zuvorzukommen.     Aber  die  Truppen  des   Themas  Opsikion, 
Kaisermachens  gewohnt  und  über  die  Bestrafung  ihrer  Offiziere  er- 
ittert,  meuterten  aufs  neue,  töteten  den  Admiral  und  segelten  gegen  die 
uptstadt.   Ein  gänzlich  unbedeutender  Provinzialbeamter,  Theodosios 
^715 — 717),  wurde  zu  seinem  eigenen  grossen  Entsetzen  zum  Kaiser  er-  715- 
Tboben.    Die  Hauptstadt  kam  durch  Verrat  in  die  Hände   der  Empörer. 
.Allein  die  wichtigsten  Heerführer,  Leon,  der  Stratege  des  anatolischen,  und 
Artavasdos,  der  Stratege  des  armenischen  Themas,  erkannten  den  neuen 
Herrscher  nicht  an.   unterdessen  hatte  der  Chalif  Suleiman  seine  Rüstungen 
vollendet;  seine  in  Kleinasien  einrückenden  Feldherrn  boten  Leon  die  Krone 
an.     Dieser,  zum  Schein  mit  ihnen  unterhandelnd,  entsetzte  das  wichtige, 
von  ihnen  belagerte  Amorion.     Die  grosse  arabische  Armee  musste  sich, 
ohne  nennenswertes  geleistet  zu  haben,  aus  dem  erschöpften  Lande  zurück- 
ziehen.    Leon  marschierte  jetzt   ungehindert   gegen    die  Hauptstadt.     Im 
Einverständnis  mit  Patriarch  und  Senat  verzichtete  Theodosios  auf  den 
Thron.    25.  März  717  wurde  Leon  III  (717—741)  als  Kaiser  anerkannt.  25.  1 
Die  furchtbare  Gefahr,  welche  dem  Reich  von  seiten  der  Muslimen  drohte,  ^^l\ 
hatte  diesen  Entschluss  bewirkt. 

Das  Haus  des  Herakleios  hat  den  Kampf  gegen  den  Islam  sieghaft 
durchgeführt  Die  konventionellen  Weltgeschichten  sind  voll  Bewunderung 
für  Karl  Martell,  der  Abd-er-Rahman  bei  Poitiers  schlug,  und  nicht  mit  Un- 
recht. Aber  völlig  vermissen  wir  in  denselben  die  rechte  Würdigung  der  viel 
gewaltigeren  Grossthat  Ostroms.  Dieses  hat  in  einhundertjährigem  Ringen 
nicht  einen  letzten  Ausläufer  der  Welteroberer  zurückgewiesen,  sondern  den 
Verstoss  der  Hauptmacht  selbst  ausgehalten.  Der  Brennpunkt  und 


ggO  Abrias  d«r  byiantlniiebvB  Eftiaarg 

abendländischen  Gesittung  ist  das  damalige  Kleii 
welche  auf  den  zahh-eichen  Keichskonzilien  de 
Lehre  verkündigt  wurden,  sind  von  groBsenteila 
ausgedacht  worden.  Kleinasiaten  bildeten  die  T 
welche  den  orientalischen  Erbfeind  zurückschlu] 
überschwemmte  europäische  Reichshälfte  komi 
folgenden  Jahrhunderten  nur  wenig  in  Betrac 
erst  ein  durch  die  Erfolge  des  Bulgarentöter 
üdung  des  Ostens  infolge  des  Einbruchs  der  sehe 
montan  freilich  hatte  eine  furchtbare  Erschöpl 
Generationen  andauernde  Kriegszustand  hatte  eir 
Heeres  hervorgerufen.  Seiner  eminenten  Bedeuti 
es  unumschränkt.  Es  war  hohe  Zeit,  dass  eir 
nung  und  Zucht  zur  Geltung  brachte.  Es  kam 
mit  Blut  und  Eisen  die  liegeneration  des  Beicli 

IV.  Die  Regeneration  durch  die  syr 
Kaiser  und  der  Bildersturm 

Des  Isauriers')  Leon  Thronbesteigung  ist  eit 
punkte  in  der  Bcichsgcschiehte,  ein  Moment  vo 
lieber  Bedeutung.  Die  zum  letztenmal« ,  abe 
drohende  Ärabergefahr  hat  dieser  grosse  Feld 
schworen.  In  der  Neuordnung  des  Heerwesenj 
Finanzen  und  in  der  Justizverwaltung  hat 
liehe  iiegenerator  des  Keiches  erwiesen.  Mit 
bricht  das  Morgenrot  einer  besseren  Zukunft  fii 
thanen  des  liliomäcrkaisers  an.  Seine  Achill« 
grosse  Herrscher.  Mit  andern  im  Felde  und  in 
Glück  begünstigten  Kraftmenschen  teilte  er  d 
Macht  wie  die  Kirche  künne  durch  äussere  ( 
graphcn  unter  das  Staatsjoch  gebeugt  werden. 
Schreibung  hat  diesen  schweren  Fehler  einseitig 
Bild  des  gi-oasen  Militärs  und  Politikers  uns  vei 
In  das  erste  Jahr  von  Leons  Regierung  fäl 
rung  von  Konstantinopet.  Mnslama,  der  Pei'ganK 
717  überwintert  hatte,  setzte  im  Sommer  717  bei  Ab 
Mitte  August  hatte  er  sein  Lager  vor  der  Haup 
fang  September  erschien  die  Flotte  unter  Sul. 
wurde  jedoch  von  Leon  mit  ebensoviel  Umsicht 
griechische  Feuer  vernichtete  dio  Schiffe.  Obschon 
Zähigkeit  auch  den  Unbilden  eines  ungewöhnlicl 
und  ein  ganzes  Jahr  vor  der  Hauptstadt  aushic 


')   Ich   wende  den    durcli    den    Irrtum  1 
ilor  Jahrbundarta  geheili^en  Beinamen  An, 
obschou  Leon  ana  Crenniuiikeis  stammt,  also  j 


]>ie  Regeneration  dnroh  die  syrisohen  (ieanrisohen)  Kaiser  eto.  (717—867).     961 


■^■^*i 


718,  nachdem  sie  ungeheure  Verluste  erlitten  hatten,   sich  nach  Aug 
zurückziehen.   Die  weltgeschichtliche  Bedeutung  dieses  Ereignisses 
nicht  hoch  genug  angeschlagen  werden.    Der  arabische  Ansturm  hat 
Höhepunkt  erreicht.   Byzanz  und  sein  Kaiser,  indem  sie  ihn  zurück- 
'en,  haben  das  Christentum  und  die  abendländische  Oesittung  gerettet, 
heute  dankt  im  Akathistoshymnus   die  orthodoxe  Kirche  den  drei 
Helden  Herakleios,  Konstantinos  IV  und  Leon  IH  für  die  Rettung 
der  Avaren-,  Perser-  und  Arabergefahr.  Noch  oft  während  Leons  Re- 
wiederholten sich  die  muslimischen  Invasionen  Kleinasiens;  be- 
eniserregend  für  das  Reich  waren  sie  nicht  mehr,  und  740  wurde  über  740 
Araber  bei  Akromos  ein  grosser  und  entscheidender  Sieg  davongetragen, 
gute  Verhältnis  zu  dem  mächtigen  Nordreiche  besiegelte  die  Verbin- 
des  Thronfolgers  Konstantinos  mit  der  chazarischen  Prinzessin  Eirene. 
~^=::^[ifi3tände  im  Innern  unterdrückte  der  Kaiser  mit  rascher  Energie.  Sicilien, 
^^us   sich  während   der   Belagerung   der   Hauptstadt  erhoben   und   einen 
^egenkaiser   proklamiert  hatte,  wurde  mühelos   zum   Gehorsam  zurück- 
*^^^liracht. 

So  nach  innen  und  aussen  gesichert,  konnte   der  grosse  Herrscher 

tfÜos   an  der  Wiedergeburt  des  Reiches  arbeiten.    Von  seiner  eifrigen 

^^^^"^«gislatorischen  Thätigkeit  legt  die  von  ihm  gemeinsam  mit  seinem  Sohne 

^^s^nd  Mitregenten  Konstantinos  veröffentlichte  „Ekloge  der  Oesetze*'  Zeugnis 

^^^:::3d>,  ein  kurzes  Handbuch  des  gültigen  Rechtes,  welches  die  mittelalterliche 

^ -r&atwickelung  desselben  unter  dem  christlichen  Einflüsse  darstellt.     Die 

:::_  Vorordnungen  über  den  Ackerbau  {vofiog  y^f^QY^^og),  welche  die  Verhältnisse 

der  Pächter  gegenüber  den  Orundbesitzern  und  der  freien  grundbesitzenden 

Dorfgemeinschaften  regeln,   sind  nach  einer  wahrscheinlichen  Vermutung 

::^  durch  die  im  Reiche  neu  angesiedelten  Bevölkerungselemente  (Mardaiten 

und  Armenier  in  Kleinasien  —  Slaven  auf  der  Hämushalbinsel)  veranlasst 

worden.    Charakteristisch  ist,  dass  diese  neuen  Pächter  und  Bauern  im 

Gegensatz  zu  den  alten,  an  die  Scholle   gebundenen  Colonen  persönlich 

frei  sind. 

Vor  allem  hat  er  aber  seine  Sorgfalt  dem  Heerwesen  gewidmet.  Die 
gelockerte  Disziplin  wurde  hergestellt,  und  wie  nachhaltig  seine  Heer- 
reform  wirkte,  zeigen  seine  eigenen  und  seines  Sohnes  militärische  Erfolge. 
Damit  im  Zusammenhang  steht  seine  Reorganisation  der  Provinzialverwal- 
tang.  Die  Themenverfassung,  wie  sie  sich  unter  der  Dynastie  des  Hera- 
kleios allmählich  durch  die  Not  der  Zeit  im  Kampf  mit  den  Reichsfeinden 
ausgebildet  hatte,   erhielt  durch  Leon  ihre  endgültige  Gestaltung.  >)    Die 


*)  Die  damaligen  Themen  sind  in 
Asien:  1.  Opeikion,  2.  Anatolikon,  3.  Tbra- 
kesion,  4.  Armeniakon,  5.  Kibyraiotikon, 
6.  Bokellarion,  7.  Koloneia  (?). 

In  Europa  sind  es:  1.  Thrake,  2.  Hellas 
mit  dem  Peloponnes,  3.  Makedonia?,  4.  Si- 
kelia  mit  Ealabria. 

Konstantinos  Porphyrogennetos  endlich 
sftblt  im  Beginn   des  X.  Jahrhunderts  auf: 

A.  in  Asien:  1.  Anatolikon,  2.  Arme- 
niakon, 3.  Thrakesion,  4.  Opsikion,  5.  Opti- 


maton,  6.  Bukellarion,  7.  Paphlagonia,  8.  Chal- 
dia,  9.  Mesopotamia,  10.  Koloneia,  11.  Se- 
basteia,  12.  Lykandos,  13.  Seleukeia,  14.  Ki- 
byraiotikon,  15.  Kypros,  IG.Samos,  17.  Aegäi- 
sches  Meer,  18.  Kappadokia. 

B.  in  Europa:  1.  Thrake,  2.  Make- 
donia,  3.  Strymon,  4.  Thessalonike,  5.  Helias, 
6.  Peloponnes,  7.  Kephalienia,  8.  Nikopolia, 
9.  Dyrraohion,  10.  Sikelia,  11.  Lon^l 
12.  Cherson. 


HMMihiMtfi  der  kliM.  Altertnnuwlweaacbaft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aofl« 


962  AbriM  der  bysantiiiisolien  gaiirgeaclilehte. 

Finanzen  waren  durch  die  Verschwendung  des  Philippikos  und  diel 
spieligen  Araberkriege  arg  zerrüttet  worden;  nur  durch  harte  fiabii 
Massregeln  konnte  hier  Ordnung  geschaffen  werden.  Steuerdruck  iil 
einzige  Staatseinrichtung,  welche  auch  dem  geduldigen  und  sklavisek 
sinnten  Orientalen  höchst  empfindlich  wird.  Das  Volk  pries  die  i 
arabischer  Herrschaft  stehenden  Christen  glücklich,  und  der  Kaiser  1 
ein  neuer  Pharao.  Allein  das  Gleichgewicht  im  Staatshaushalt  wurde 
gestellt. 

Indessen  nicht  diese  Orossthaten  der  Reichsemeuerung,  senden 
kirchlichen  Kämpfe  sind  es,  welche  das  Andenken  des  Kaisers  bd 
freilich  höchst  feindselig  gesinnten  späteren  Oeschlechtem  erhalten  bi 
Der  Bilderstreit  ist  aus  kleinasiatischer  Wurzel  entsprungen.  Die 
der  Reichskirche  abgetrennten  Gemeinschaften  im  Innern  und  im  ( 
der  Halbinsel  (Montanisten,  Paulikianer)  verwarfen  die  herrschende  Bi 
Verehrung  als  Abgötterei.  Ein  phrygischer  Bischof  Konstantuu» 
Nakoleia  bekannte  sich  zu  derselben  Lehre  und  fand  Anhänger  { 
unter  dem  hohen  Klerus.  Der  auf  den  Bilder-,  Reliquien-  und  Hdl 
kultus  begründete  Vorwurf  des  Islams,  dass  der  Christenglaube  Polythe 
sei,  machte  auf  die  Gebildeten  Eindruck  und  gab  zu  denken.     So  ha 

726  Kaiser,  als  er  durch  seinen  ersten  Erlass  726  gegen  den  Bilderdienst 
schritt,  einer  in  den  asiatischen  Provinzen  weit  verbreiteten  geii 
Strömung  Rechnung  getragen.  Um  so  stärker  war  der  Widerstai 
gesamten  übrigen  Reiche.  Vor  allem  das  Mönchstum  trat  überall  fi 
Bilderverehrung  und  damit  die  Eigenart  der  griechischen  Kirche  ein.  F 
Mönche  war  das  Bildermalen  ein  Hauptbroterwerb,  der  Streit  für  die ; 
also  eine  Existenzfrage.  Die  Erregung  der  hauptstädtischen  Bevölk 
konnte  nur  mit  Gewalt  unterdrückt  werden.  Besonders  hingen  di 
wohner  Griechenlands  und  der  Inseln  an  der  bildlichen  Verehrunj 
Heiligen,  die  vielfach  an  die  Stelle  der  alten  Stammgötter  und  B 
getreten  waren.     Eine  von  ihnen  ausgerüstete  Flotte  mit  einem  G 

727  kaiser  fuhr  727  nach  der  Hauptstadt;  aber  diese  gleich  den  Sal 
kämpfern  für  die  heimischen  Götter  streitenden  Hellenen  erlagen 
griechischen  Feuer. 

Als  in  demselben  Jahre  das  Edikt  über  die  Bilder  nach  Italien 
erklärte  sich  Papst  Gregor  H  dagegen  und  bannte  den  kaiserlichen  Exai 
Die  ganze  Provinz  erhob  sich  in  offenem  Aufruhr  und  verband  sie 
den  Langobarden.  Indessen  die  Ergebenheit  der  Venetianer,  nicht  wc 
die  staatskluge  Haltung  des  Papstes,  welcher  seinen  ganzen  Einfluse 
auf  verwandte,  den  Bruch  mit  der  oströmischen  Regierung  zu  verhii 
rettete  noch  einmal  die  byzantinische  Herrschaft  in  Italien. 

Über  die  Grenzen  des  Reiches  hinaus  wogte  der  Streit.  Die  i 
gläubigen  Unterthanen  des  Chalifen  traten  energisch  für  die  Bilderfr< 
ein,  vor  allem  Johannes  von  Damaskos  als  glänzender  litterarischer 
kämpfer  ihrer  Sache.     Um  so  entschiedener  trat  Leon  auf.     Der  öt 

729  nische  Patriarch  Germanos  musste  als  eifriger  Bilderfreund  729  dem 
stasios,   einem  Gesinnungsgenossen  des  Kaisers,   weichen.     Der   Ve 

731  freilich,  Rom  und  Italien  wieder  zu  unterwerfen,  misslang;  731  schei 


ie  Begeneration  durch  die  Byrischen  (isanrisohen)  Kaiser  eio.  (717—867).    963 


»  oströmische  Flotte  im  adriatischen  Meer.  Aber  in  ünteritalien  und 
dOien,  wo  die  Griechen  ihre  Herrschaft  behaupteten,  wurden  die  Güter 
ai  hl.  Petrus  konfisziert.  Diese  Landschaften  und  ganz  Dlyricum,  welches 
JSier  zur  Obedienz  von  Altrom  gehört  hatte,  wurden  Eonstantinopel 
berstellt.  Der  Streit  um  die  Bilder  war  immer  klarer  ein  Prinzipien- 
KXipf  geworden.  Auf  der  einen  Seite  standen  die  hohen  Beamten  und 
csh  die  Bischöfe,  welche  dem  Kaiser  das  Recht  zusprachen,  die  Kirche 
überwachen  und  zu  regieren,  auf  der  anderen  die  von  der  Volksgunst 
stützten  Mönche,  welche  der  weltlichen  Gewalt  jede  Einmischung  in  das 
istliche  Gebiet  versagten. 

Als  Leon  am  18.  Juni  741*)  starb  und  seinem  hochbegabten  und  ener^  18.  Ju 
Bchen  Sohne  Konstantin  V  (Kopronymos  741 — 775)  die  Herrschaft  hinter-  rj^i^i^ 
B8S,  war  der  Kampf  noch  völlig  unausgetragen.  Des  Kaisers  Schwager, 
JBT  Armenier  Artavasdos,  benützte  die  Erbitterung  der  Bilderfreunde  und 
le  ihm  günstige  Stimmung  der  im  Heere  zahlreichen  Armenier  zu  einer 
Hebung.  Die  Hauptstadt  und  der  Patriarch  erklärten  sich  für  ihn.  Erst 
ach  zweijährigem  Kampfe  vermochte  Konstantin  die  Hauptstadt  wieder 
D  nehmen  und  die  Macht  des  Gegenkaisers  zu  brechen. 

Nunmehr  in  seiner  Herrschaft  völlig  befestigt,   hat  der  Kaiser  mit 
jprossem  Glücke  die  äussere  Politik  des  Reiches  geleitet.     Gegenüber  den 
Irabem  kämpfte  er  entschieden  erfolgreich.     Eine  grosse  Flotte,  welche 
len  Griechen  Kypros  wieder  entreissen  sollte,  wurde  746  vollständig  ver-  746 
dichtet.      Germanikeia,  Melitene   (Malatia)    und  sogar    Theodosiupolis   in 
Lnnenien  (752)  wurden  zurückgewonnen.    Die  mit  dem  Sturze  der  Omai-  752 
Aden  und  dem  Aufkommen  der  Abbäsiden  verbundenen    inneren  Wirren 
es  Chalifenreichs  kamen    den  Römern  zu    gute;  freilich    seit   756  trat  756 
ier  wieder  eine  Wendung  ein. 

Mit  grösster  Energie  führte  aber  der  Kaiser  den  Kampf  gegen  die 
tulgaren.  Nicht  weniger  als  achtmal  zog  er  gegen  sie  zu  Felde.  Schwere 
fiederlagen  entmutigten  ihn  nicht,  und  der  glänzende  Sieg  des  Jahres  763  763 
latte  eine  Reihe  von  Thronrevolutionen  im  Feindesland  und  eine  gründ- 
iche  Schwächung  der  Bulgaren  zur  Folge;  erst  gegen  Ende  von  Konstantins 
tegierung  wurde  Cerig  (Telerigos)  wieder  gefahrlich. 

Die  Slavisierung  von  ganz  Hellas  und  dem  Peloponnes  wird  von  der 
tinzigen,  dieses  Ereignisses  gedenkenden  Quelle  unter  Konstantins  Regie- 
ung  angesetzt  und  mit  der  furchtbaren  Pest  vom  Jahre  746  in  Verbin-  746 
lang  gebracht,  welche  für  das  Reich  eine  ähnliche  Katastrophe  wie  die 
Cpidemie  unter  Justinian,  bedeutete.  Allein  durch  ein  unverwerfliches 
Zeugnis  steht  fest,  dass  die  Slaven  schon  unter  Leon  im  Peloponnes  alt- 
knsässig  waren.      Wir  haben  gesehen,  dass  die  Slavisierung    der  helle- 


')  Für  die  Zeitreclinang  des  VII.  and 
rill.  Jahrhunderts  sind  in  der  Hauptsache 
lie  vielfach  nur  approximativ  richtigen  Zahlen 
les  Theophanes  wiedergegeben.  Diese  ganze 
Gpoche  bedarf  in  chronologischer  Beziehung 
loch  einer  eindringenden,  das  syrische,  ara- 


bische und  armenische  Material  systemstiseh 
heranziehenden  Untersuchung,  da  die  Aus* 
fuhrungen  Pagis,  v.  Gutschmids  and  Bujf 
bis  jetzt  keine  abschliessenden  "^  '*  '^  ^" 
zielt  haben. 


()Q4  AbriM  dn  byntnUaiMhen  E^mi] 

nischen  Landäclmften,  welche  sich  Übrigens  ii 

einige  Teile  des  Landes  beachränkte,  bedeuten 

In  dem  Kampfe   mit   der  Kirche   trat  de 

und  härter    als  sein  Vater  auf.     Den  Widers 

Mönchtums    suchte    er  durch  systematische,   sii 

rungsjahren  steigernde  Verfolgungen,  durch  bk 

des  Kloöterguts  und  Säkularisierung  der  Gottgt 

frivole  Verhöhnung  des  kirchlichen  Glaubens 

fögigen  Hofpatriarchen.  Aber  der  Episkopat  hi< 

754  politih  und  sanktionierte  dieselbe  feierlich  durcl 

dessen   Beschlüsse   freilich   weder   die   Patriarf 

Papst  anerkannten.     Während   seiner   ganzen 

mit  der  giössten  Entschiedenheit  und  Härte  ai 

den  München  und  den  Bildern  festgehalten. 

775--780  Sein  Sohn  Leon  IV  (775—780)  hat  währe 

die  Grundsätze  der  bisherigen  Kirchenpolitik   i 

halten.      Die    unaufhörlichen   Grenzkriege   mit 

778  durch  den  Sieg  bei  Germanikeia  eine  für  die  G 

a.  Sopt.  Bei  seinem   Tode   (8.  September  780)   üb 

'^^      digen    Sohn  Konstantinos  VI    die    kluge   und 

Eirene  die  Uegierung  im  Verein  mit  einer  Re 

der  bedeutendste  und  einflussreiehste  der  Pat 

den  Abbilsiden  dauerte   der  Grenzkrieg  fort,   d 

nahmslos   das  griechische  Kleinasien   war.     Di 

783  Griechen  unglücklich,    und    die  Kaiserin   sah  a 

dreijährige  Waffenruhe  mit  einem  Jahrestribut 

786  erkaufen.  HürQn  ar-Haschid  hat  dann  786  dur( 
lieh  sich  bewährenden,  von  Malatia  bis  Tarao 
Systems  seine  militärische  Überlegenheit  dem 
fühlbar  gemacht.  Glücklicher  kämpfte  Staurak 

783  Die  slavischen  Häuptlinge  in  Makedonien  und 
Zahlung  gezwungen  und  der  Feloponnes  siegre 
Viel  wichtiger  war  aber,  dass  es  der  P 
Widerstands  der  Militärpartei  und  eines  grossi 
gelang,  den  kircldichen  Frieden  wiederherzu 
Synode,  ursprünglich  in  der  Hauptstadt  geplan 

787  den  Haltung  der  kaiserlichen  Leibgarde  erst 
eröffnet,  hat  unter  Verwerfung  der  Beschlüsse 
die  Orthodoxie  hergestellt  und  die  Verehrung 
zur  Pflicht  gemacht.  Dementsprechend  wurde 
mit  Rom  und  dem  Osten  aufs  neue  geschloa 
Sieg  der  Münchspartei  ein  vollständiger;  aber  i 
rocht  in  kirchlichen  Dingen  hat  die  Regierung 
Die  entscliiedenen  Vertreter  der  Kirchcnfreihei 
Neffe,  der  grosse  Tbeodoros  von  Studion,  81 
mit  der  Regierung  und  den  kaiserlich  gesinnte 
und  Nikephoros  im  gespanntesten  Verhältnis.' 


^    Die  Begeneration  durch  die  ByriBohen  (isaiiri8oheB)Kaiser  eto.  (717— 8G7)     965 

Mit  der  grössten  Entschiedenheit  behielt  Eirene  auch  dem  erwachsen- 

Sohne  gegenüber  die  Zügel  der  Herrschaft  in  Händen.    Die  politisch 

wichtige  Verlobung  mit    der  fränkischen  Prinzessin  löste  sie   eigen- 

itig  788  auf  und  zwang  den  Sohn  zu  einer  anderen  Ehe.    Aber  eine  788 
lebung   der   Truppen    übertrug   790   Konstantin   die   Alleinherrschaft.  790 

)U  den  Überlieferungen  seines  Hauses,   hat  er  mit  Tapferkeit,  wenn 
ih  im  ganzen  ohne  Glück,  gegen  Bulgaren  und  Araber  gekämpft.   Allein 
.on  792  beging  er  den  grossen  Fehler,    seine  ehrgeizige  und  gewissen-  792 
tf  Mutter  wieder  zur  Mitregentin  anzunehmen.    Die  Scheidung  von  der 
lerigen  Gattin  und  seine  Neuvermählung  mit  dem  Hoffräulein  Theodote 
war  ihr  heimliches  Werk.     Weil  der  Hofklerus,  der  Patriarch  voran,  795 
stillschweigend  geschehen  Hessen,  hoben  die  von  Eirene  begünstigten 
imer  der  strengen  Richtung,  Piaton  und  Theodoros,  und  die  ihnen  an- 
igende    Mönchspartei    die    Kirchengemeinschaft    mit   Konstantin    und 
L:xiem  Patriarchen  auf.     Die  vom  Kaiser  verhängten  Strafen,   Gefängnis 
^  Exil,   machten   die   Mönche   zu   Märtyrern    der  Kirchenfreiheit   und 
igerten  nach  dem  heimlichen  Wunsch  der  intriguanten  Eirene  die  Un- 
'"S^^töt  des  Sohnes.     Als   dieser  durch  thörichte  Massregeln  auch  die 
ä^^amüter  der  Truppen  sich  entfremdet  hatte,  verstand  Eirene  diese  für 
h   zu  gewinnen;  Konstantin   wurde   verraten,    festgenommen  und   auf 
ifehl  der  unnatürlichen  Mutter  geblendet  15.  August  797.  15.  A 

Für  die  wieder  zur  Alleinherrschaft   gelangte  Kaiserin  führten  die     '^^' 
Ab  zum  Hochverrat  gewaltthätigen   Eunuchen,  erst  Staurakios  (f  800),  800 
^^dann  Aetios  die  Geschäfte.   Den  Frieden  mit  den  Arabern  erkaufte  Eirene 
"nochmals  durch  Geldzahlungen. 

Die  Kaiserkrönung  Karls  des  Grossen  25.  Dezember  800  war  für  25.  I 
den  Osten  ein  Ereignis  von  weittragendster  Bedeutung.  Die  römische  ^^ 
Kurie  hat  damit  offiziell  ihren  Anschluss  an  das  Frankenreich  vollzogen, 
und  die  zweite  Hauptstadt  Altrom  war  dem  Reiche  definitiv  entrissen. 
Von  jetzt  an  kann  mit  vollem  Recht  von  einem  oströmischen  Reiche  ge- 
sprochen werden.  Indessen  Byzanz  verstand  es  nicht,  sich  mit  der  neuen 
Orossmacht  zu  stellen.  Die  Streitigkeiten  mit  den  Franken  wegen  der 
italienischen  Besitzungen  Ostroms  hörten  während  Eirenes  Regierung 
nicht  auf. 

Durch  eine  Verschwörung  der  mächtigsten  Beamten  und  Grossen 
wurde  Eirene  Oktober  802  entthront,  und  an  ihre  Stelle  trat  der  bisherige  okt. 
Generalschatzmeister  Nikephoros  (802—811).  Schon  das  Jahr  darauf  802- 
starb  die  ehemalige  Kaiserin,  wie  sie  es  verdiente,  in  Dürftigkeit  auf  der 
Insel  Lesbos.  Nach  85jähriger  Herrschaft  wurde  die  syrische  Dynastie 
gestürzt;  es  ist  das  erstemal,  dass  eine  solche  Umwälzung  von  den  Spitzen 
der  Civilverwaltung,  nicht  von  dem  Heere  und  seinen  Anführern  ausgeht. 
Nikephoros  bewährte  sich  als  durchaus  tüchtigen  Regenten.  Seine 
scharfen  finanziellen  Massregeln  machten  ihn  unbeliebt,  waren  aber  nach 
der  verschwenderischen  Herrschaft  Eirenes  durchaus  nötig.  Auch  das 
Kirchengut  entging  der  Besteuerung  nicht,  und  er  verstand  es,  sein 
geistliches  Oberaufsichtsrecht  in  energischer  Weise  geltend  zu  machen. 
Der  neue  Patriarch  Nikephoros  (seit  806)  ging  durchaus  mit  ihm  Hand  fl 


966  AbriM  der  bysantiniBchen  Kaiaergeschioliteb 

in  Hand,  und  die  widerstrebenden  Häupter  der  Mönchspartei  wurd 

803  liert.  803  sehloss  er  Frieden  mit  Karl  dem  Grossen;  den  Ost 
wurden  dadurch  ihre  Herrschaftsrechte  über  ünteritalien,  Venedig, 

805  und  die  dalmatinische  Küste  gewährleistet.     Aber  schon  805  fiel  V 
812  ab,  und  erst  unter  Kaiser  Michael  812  wurde  definitiver  Friede  gesdi 

Um  so  unglücklicher  waren  seine  Kämpfe  mit  den  Axabem.  Seine  ^ 

804  rung,  den  Tribut  weiter  zu  zahlen,  führte  zu  schweren  Niederlag 
kaiserlichen  Heeres;  Tyana,  wo  der  Chalif  ein  „Haus  der  Lästemo 
richtete,  und  eine  Reibe  wichtiger  Grenzburgen  fielen  in  die  HäiM 
Gegner.     Kypros  und  Rhodos  wurden  systematisch  verwüstet;  der 

806  sah  sich  806  zu  einem  demütigenden  Friedensschlüsse  gezwungen. 

Epochemachend  für  die  Reichsgeschichte  ist  die  damals  begii 
Zurückdrängung  des  slavischen  Elements.  Die  heldenmütige  Bürg« 
von  Patrae  erfocht  über  die  anstürmenden  peloponnesischen  Slaven, 
dem  sie  zur  See  afrikanische  Muslimen   unterstützten,   einen  glän 

^07  810  Sieg  807.  Seit  810  hat  dann  die  Regierung  sich  mit  Eifer  der  g 
Aufgabe  gewidmet,  durch  systematische  hellenische  Kolonisation  d 
den  Slaven  besetzten  Gaue  dem  Griechentum  zurückzugewinnen, 
aus  folgerichtig  richtete  der  Kaiser  seine  Hauptanstrengung  gegi 
unter  dem  fürchterlichen  Kriegsfürsten  Krum  zu  neuer  Macht 
Ö09  gediehene  Bulgarenreich.  Serdika  war  809  gefallen.  Nach  zweiji 
ausgedehnten  Rüstungen  holte  Nikephoros  zu  einem  Hauptschlagc 
das   Nordreich   aus.     Allein   anfangs  vom   Glück   begünstigt,    vei 

26.  Juli  Kaiser  in  einer  gewaltigen  Schlacht  26.  Juli  811  Thron  und  Leben, 
donien  und  Thrakien  waren  den  Siegern  preisgegeben. 

Staurakios,   sein  Sohn,  schwer   verwundet  der  Schlacht  eni 

2.  Okt.  musste  schon  2.  Oktober  811  die  Herrschaft  seinem  frommen  & 
Michael  I  Rh  angäbe  übergeben,  der  ganz  in  den  Händen  der 
kirchlichen  Partei  sich  seinen  Kriegsplan  vom  Studitenabt  mach 
und  den  Bulgaren  gegenüber  die  äusserste  Unfähigkeit  bewies.  I 
Volk  baten  nun  stürmisch  den  tüchtigsten  General,  den  Armenier 

13—820  (813 — 820)  „des  Gemeinwesens  sich  anzunehmen  und  die  christli 
publik  zu  retten.**  Im  Gefühl  der  schweren  Verantwortung,  die 
aufladen  sollte,  zauderte  Leon;  er  gab  dann  nach,  lediglich  aus  Pflicl 
Die  Bulgaren  lagerten  vor  der  Hauptstadt.  Ein  heimtückiscl 
fall  des  Kaisers  auf  Krum  bei  Anlass  der  Friedensunterhai 
hatte  die  furchtbarste  Verwüstung  der  umliegenden  Landschal 
Folge.  Adrianopel  fiel  in  die  Gewalt  der  Bulgaren.  Der  plötzli 
815  des  Bulgarenfürsten  (815)  war  daher  für  Ostrom  ein  grosses  Glü 
817  dann  Leon  817  bei  Mesembria  einen  blutigen  Sieg  davontrug  unc 
in  Bulgarien  einmarschierte,  sehloss  der  neue  Bulgarenfürst  Omorfa 
dreissigjährigen  Frieden  mit  den  Römern.  Im  Osten  schützte  I 
Grenze  mit  Glück  gegen  die  Abbäsiden;  und  ebenso  erhielt  Sicilien  l 
den  spanischen  Korsaren  durch  seine  Verbindung  mit  den  afrikanisch 
biden.  Um  so  verhängnisvoller  griff  der  Kaiser  in  die  kirchlichen  An 
heiten  ein.  Persönlich  aufrichtig  fromm  und  eigentlich  duldsam,  \ 
durch  die  Stimmung  des  Heeres  und  eines  Teiles  der  Geistlichkeit  d 


^     Die  Regeneration  durch  die  syrischen  (isaurischen)  Kaiser  etc.  (717—867).     967 


,  die  verständige  Eirehenpolitik  des  Kaisers  Nikephoros  zu  verlassen  und 

bilderfeindlich  aufzutreten.   Dadurch  erreichte  er  nur,  dass  die  staats- 

hliche  Partei   des  Patriarchen  und    die  freikirchliche   des  Theodoros 

Studien,  ^politichi''  und  „zelanti'',  gemeinsam  gegen  die  Regierung  Front 

shten.     Die   Absetzung  des  hochgeachteten  und  beliebten  Patriarchen 

ephoros  und  seine   keineswegs   glückliche  Ersetzung    durch    den  ge- 

xidten  Hofmann   Theodoros  Melissenos   (815),    die    Einberufung    einer  815 

ode,  welche  die  bilderfeindlichen  Beschlüsse  von  754  wiederherstellte, 

die  Bilderfreunde  verdammte,  waren  nun  Schritte  von  politischer  Not- 

andigkeit  geworden.      Indessen   ist   der    Kaiser   mit   grosser   Langmut 

vieler  Mässigung  gegen   seine  kirchlichen  Gegner  vorgegangen.     Als 

am  Weihnachtstage  820   einer  von  seinem  ehemaligen  Freunde,   dem  820 

eizigen  Generale  Michael,  geleiteten  Verschwörung  erlag,  erklärte  selbst 

r-  abgesetzte  Patriarch,   dass  der  ermordete  Kaiser  ein  um  das  Staats- 

*%]  hochverdienter  Ilegent  gewesen  sei. 

Michael  II  (820 — 829)  aus  Amorion,  der  Begründer  der  neuen  phry-  820- 
i<;hen  Dynastie,  war  religiös  völlig  gleichgültig;  die  Kirchenpolitik  seines 
Tgängers  im  Wesentlichen  festhaltend,   kam   er  doch   den   Orthodoxen 
x-ch  weitgehende  Duldung  entgegen.   Im  übrigen  stand  seine  Herrschaft 
»"Lneswogs  fest.   Das  Beispiel  zweier  glücklicher  Thronusurpationen  wirkte 
^v&steckend.     Der  alte,  bei  den  Soldaten  sehr  beliebte  General  Thomas, 
ehemaliger  Waifengcföhrte  Leons  und  Michaels,  erhob  sich  822  in  Klein-  822 
Jen ;  fast  die  ganze  Landschaft  fiel  ihm  zu.  Der  Aufstand  erhielt  einen  sehr 
^^föhrlichen,  sozial-revolutionären  Anstrich,  da  gerade  die  untern  Schichten 
.er  Bevölkerung  dem  Prätendenten  massenhaft  zuströmten.  Dieser  setzte 
weh  in  Verbindung  mit  den  Arabern,  und  mit  deren  Erlaubnis  krönte  ihn 
der  Patriarch  von  Antiochien   zum  Kaiser.     Aber  sein  zweimaliger  Ver- 
such, (822  und  Frühjahr  823)  mittelst  der  Flotte  die  Hauptstadt  zu  nehmen,  822  : 
scheiterte  an  der  umsichtigen  Leitung  der  Verteidigung  durch  den  Kaiser  und 
seinen  Sohn  Theophilos.   Thomas,  in  Thrakien  von  den  Bulgaren  geschlagen, 
warf  sich  nach  Arkadiupolis.     Als  die  ausgehungerte  Stadt  Oktober  824  Okt. 
sich   ergab,   wurde  der  Kebell  unter   den  üblichen  Martern  hingerichtet. 
Die  Hauptgefahr  drohte  aber  dem  Reiche  von  der  wachsenden  See- 
macht der  afrikanischen  und  spanischen  Araber.     Die   aus  Cordova  ver- 
jagten Rebellen  hatten  sich  erst  in  Ägypten  (815)   festgesetzt  und  von  815 
dort  aus  seit  823  Kreta  bedroht.     Das  Gesindel,   aus  Ägypten   gleichfalls  823 
verjagt,  warf  sich  unter  Führung  des  Abu  Hafs  'Omar  auf  die  Insel  und 
unterjochte  sie  826  völlig.   Bis  961  regierten  hier  'Omars  Nachkommen  als  826- 
unabhängige  Fürsten.     Der   elende  Korsarenstaat  wurde   die  Geissei  des 
ägäischen  Meeres,  eine  stehende  Bedrohung  der  Inseln  und  Küstenstädte. 
Auch  im  Westen  hatte  Michael  Unglück.    Die  fätimidischen  Araber,  ver- 
lockt durch  verräterische  Grosse,  begannen  sich  auf  Sicilien  festzusetzen, 
das   Spiel,  welches   1200  Jahre  früher  Karthago  mit  den   Sikelioten  ge- 
trieben hatte,  wiederholte  sich  hier  mit  wesentlich  traurigerem  Ausgange. 

Als  Michael  829  starb,  hinterliess  er  das  Reich  seinem  Sohne  Theo-  ggg 
philos  (829 — 842),  keiner  der  erfreulichsten  Erscheinungen  auf  dem  Ofltr  m 
römischen  Kaiserthron.    Ein  Grössenwahn   nach   dem  Vorbilde  ori6iili|ljfl 


t 

J 

il 

an 


9gg  Abrias  der  bysantixüschen  Kaisergesehiolite.  m.^"^ 

scher  Sultane,  ein  Allwissenheitsdünkel,  der  selbständig  militärische,  kiMf«^ 
liehe  wie  Yerwaltungsfragen  allein  entscheidet,  und  eine  vollendete  Tfv^i 
ständnislosigkeit  fQr  die  Zeichen  der  Zeit  sind  die  Eigentümlichkeiten  6bM  ^ 
stark  überschätzten,  im  Grunde  keineswegs  bedeutenden  Regenten.     ^b.r 

In   Sicilien  dauerte  der  unter  Michael  begonnene  Krieg  fort. 
Patricius  Theodotos   fiel  831   bei   der  Erstürmung  von  Menaion  (Iß 
832   eroberten  die   Sarazenen  Panormos.     Mit  den  übrigen   Fürsten 
Westens,   dem   Chalifen  von  Cordova  und  dem   fränkischen  Kaise 
unterhielt  Ostrom  durch  Gesandtschaften  freundliche  Beziehungen, 
für  den  pontischen  Handel  hochwichtigen  Chazaren  standen  den  Byzan 
besonders   nah;   gegen  die    furchtbaren   Patzinaken   (Petschenegen) 
auf  Bitten  des  Chäkäns  der  Bruder  der  Kaiserin  Theodora,  der  Spa 
kandidatos  Petronas  Kamateros  am  Don  die  Festung  Sarkel  (,Wei88hailg.  ^ 
833  an.     Auf  dessen   Antrag   wurde    auch    die    republikanische  Freiheit 
Cherson,  dessen  Proteuon  mit  den  Archontes,  den  sogenannten  ,VUeni 
Stadt  ^,    ganz   unabhängig  gewaltet  hatte,  insoweit  beschränkt,  da» 
Strategos   als  kaiserlicher   Statthalter  zur  Beaufsichtigung  des  wichtiigi' 
Koloniallandes  eingesetzt  ward. 

13—833  Um    so   heftiger    wütete  der   Krieg  mit  den  Chalifen   Mämün  (8U 

33—842  bis  833)  und  Mu  tasim  (833—842).  Die  furchtbare  sozialistische  Revolutioni 
Chalifenreiche  der  unter  Babek  geeinten  Kommunisten  (Chumarriten)  leisMi 
dem  Reich  die  erspriesslichsten  Dienste.  Ein  persischer  Fürst  aus  Choräaiii 
als  Christ  Theophobos,  trat  mit  seinen  Scharen  zu  den  Griechen  über;  Um 
persischen  Söldner  stiegen  bis  zur  Zahl  von  30  000.   Im  wohlverstanden» 
Interesse  des  Reichs  Hess  es  Theophilos  lieber  auf  einen  Krieg  ankommo, 
als  dass  er  diese  Überläufer  ihrem  rechtmässigen  Herrn  ausgeliefert  hitte. 
Theophobos    ward    hochgeehrt    und    erhielt    die    kaiserliche     Schweeter 
Helena  zur  Gattin.    Mu'tasim  machte  die  grössten  Anstrengungen;  syste- 
matisch  wurde   das  Heer  aus  türkischen   und  berberischen  Söldnern  nett 
formiert.     Allein  die  römischen  Generale  Manuel  und  Theophobos  drangei 

837  glücklich  ins  arabische  Reich  vor,  eroberten  837  Samosata  und  zerstörtei 
Zapetra  (Sozopetra),  die  Geburtsstätte  des  Herrschers  der  Gläubigen.  Die 
Wut  desselben  kannte  keine  Grenzen.     Mit  Aufbietung  aller  Kräfte  mtH' 

838  schierte  er  838  nach  Kleinasien,  um  dem  Reichsbollwerk  Amorion,  der 
Wiege  der  phrygischen  Dynastie,  dasselbe  Schicksal  zu  bereiten.  Die 
Türken  erfochten  einen  furchtbar  blutigen  Sieg.  55  Tage  verteidigte  der 
heldenmütige  Aetios  die  Stadt.  Die  von  dem  Erzbischof  und  den  Primaten 
angebotene  Kapitulation  wurde  zurückgewiesen.    Rache,  nicht  Sieg  wollte 

3.  Sept,  der  Chalif.  Das  Schicksal  der  glänzenden  Stadt  war  ein  fürchterlichem 
838  Vergebens  zog  der  Kaiser  selbst  in  den  Krieg.  Das  militärische  Talent 
seiner  Generale  besass  er  nicht,  und  die  Kämpfe  endeten  unglücklich  ftr 
die  Byzantiner.  Sie  mussten  den  Frieden  durch  Zahlung  der  Kriegskosten 
erkaufen.  Trotz  dieser  unheilvollen  Kriege  blühten  im  Reiche  Handel 
und  Industrie  mächtig;  die  Finanzwirtschaft  war  eine  ganz  vorzügliche, 
und  die  Mittel  versagten  nie  zu  den  kostspieligen  Regierungsbedürfnissen. 
Das  Verdienst  gebührt  nicht  dem  Kaiser,   der  durch  seine  schrankenlofie 


IHe  Begeneration  durch  die  syrischen  (isanrischen)  Kaiser  etc.  (717—867).    969 

^wut  die  Herstellung  des  finanziellen  Gleichgewichts  nur  erschwerte, 
^em  dem  ausgezeichnet  funktionierenden  Beamtenapparat. 

In  kirchlichen  Dingen  zeigt  der  Kaiser  die  ganze  Erbärmlichkeit  eines 
c^hränkten  Aufklärungsfanatikers,  welcher  die  Zeichen  einer  neuen  Zeit 
cat  versteht.  Die  verständige  Toleranz  seines  Vaters  artete  in  eine  ebenso 
Luliche  als  grausame  Priosterquälerei  aus  ganz  im  Stil  eines  Pombal 
-M  Juarez.  832  schärfte  ein  Edikt  von  neuem  das  Bilderverbot  ein  und  ver-  ^^^ 
Site  den  Heiligen  der  orthodoxen  Kirche  ihr  Ehrenprädikat  in  kindischer 
k  jse  zu  entreissen.  Der  Kaiser  Hess  sich  selbst  in  Glaubensdisputationen 
^  ihre  geistige  Überlegenheit  und  dialektische  Superiorität  büssten  Laza- 
und  die  beiden  Theodore  mit  blutigen  Martyrien.  Vergebens  suchte 
-  verständige  Patriarch  Johannes  Grammatikos  die  kaiserliche  Willkür 
zügeln ;  Theophilos'  Förderung  der  Wissenschaften  war  die  der  Despoten, 
sie  echt  fürstliche  Undankbarkeit  zeigte  er  noch  auf  dem  Todbette, 
er  den  edeln  Theophobos  tückisch  ermorden  liess  und  sein  blutumlau- 
.es  Haupt  mit  Freuden  betrachtete. 

Für  seinen  unmündigen  Sohn  Michael  III  (den  Trunkenbold  842  842—86 
(  867)  übernahm  die  kluge  und  energische,  aber  beschränkt  fromme 
atter  Theodora  die  Regentschaft,  beraten  durch  den  Logotheten  Theo- 
tbtos,  ihren  Oheim  Manuel  und  ihren  Bruder  Bardas.  Dieser  war 
ie  Seele  der  Regierung,  dem  es  auch  gelang  allmählich  seine  Rivalen 
ri  Seite  zu  schieben.  Bardas  war  ein  „Übermensch' ,  erhaben  über 
le  Bedenken,  durch  welche  Religion  und  Moral  andere  Sterbliche  be- 
nflussen.  Ein  nützliches  Verbrechen  verrichtete  er  kaltblütig  ohne  die 
mngsten  Gewissensskrupel.  Die  kirchlichen  Dinge  hat  er  lediglich  vom 
^chtspunkte  der  Zweckmässigkeit  aus  beurteilt. 

Nach  diesen  Grundsätzen  haben  die  Minister  im  Einverständnis  mit 
ir  Kaiserin  den  widerlichen  Krieg  der  kleinen  Geister  gegen  die  religiösen 
[>erzeugungen  aufgegeben;  ein  mehr  als  lOOjähriger  Kampf  hatte  eine 
igeheure  Ermüdung  und  eine  gewisse  Gleichgültigkeit  in  der  öffentlichen 
einung  hervorgerufen.  Die  lange  gehetzten  Mönche  triumphierten. 
jr  gelehrte  Patriarch  musste  resignieren  und  ward  von  den  Siegern 
it  Roheit  und  Herzlosigkeit  misshandelt;  der  Bokenner  Methodios, 
a  geborener  Sicilianer,  der  als  Exulant  beim  hl.  Petrus  in  Rom  die  la- 
inischen  Heiligenleben  ins  Griechische  übersetzt  hatte  und  dadurch  für 
e  Kulturbeziehungen  von  Ost  und  West  von  unendlicher  Bedeutung  ist, 
«tieg  den  Thron  des  Apostels  Andreas.  Die  Absolution  gewährte  er 
>m  verstorbenen  Kaiser  nur,  nachdem  er  die  Kaiserinwitwe  zu  einer 
fiziellen  Lüge  veranlasst  hatte.  Auch  die  übrigen  Bistümer  wurden 
Ibstverständlich  ausschliesslich  mit  Mönchen  und  Bilderfreunden  besetzt. 
if  einer  höchst  tumultuarischen  Synode  848  wurde  dann  der  wahre  843 
aube  feierlich  hergestellt,  und  noch  begeht  die  orthodoxe  Kirche  die 
jQtaxfj  Tfjg  oQ&odo^iag  alljährlich  mit  grossem  Oepränge.  Dogmatisch 
str  ihr  Sieg  vollständig;  in  kirchenpolitischer  Beaehang  haben  TheodoroB 
>n  Studien  und  die  anderen  Freunde  der  «Kircheiifiraüieit*  ghniwq  toQ- 
»mmenen  Schiffbruch  erlitten.  Die  Gedanken  disr 
3  im  Abendlande  des  Xu.  Jahrhunderts 


970  AbriBS  der  bysantmisohen  Kaisergeseliichte. 

römischen  Kaiser  in  der  Wurzel  vernichtet  und  über  die  Kirc 
Autorität  behauptet,  welche,  wie  für  Ostrom,  so  für  die  übrigei 
gläubigen  Reiche  (Bulgarien,  Serbien,  Russland)  charakteristisch  i 
die  Kirche  war  das  unendlich  heilsam;  ein  Vergleich  der  Patriarc 
Neurom  während  des  IX.  und  X.  Jahrhunderts  mit  den  gleicli 
Päpsten  fällt  entschieden  zu  Gunsten  der  ersteren  aus. 

In  Sicilien  hat  die  oströmische  Regierung  trotz  zähen  Widei 
nur  Verluste  zu  verzeichnen.  Unter  dem  grossen  Aglabiden  Ab& 
842  845  Mohammed  I  (841—856)  nahmen  die  Afrikaner  842  Messina,  8 
846  Reihe  Kastelle.  846  fielen  in  einer  unglücklichen  Schlacht  9000  ( 
847  854  847  ward  Leontinoi  erstürmt,  854  Bother  (Butera),  und  trotz  des 
858  859  Seesiegs  der  Christen  (858)  rückten  die  Araber  unaufhaltsam  vc 
864  866  eroberten  sie  Enna,  864  Netos,  und  nachdem  es  zurückgewonn 
zum  zweiten  Male.  Wie  einst  im  VII.  Jahrhundert  Sicilien  das  i 
aus  Afrika  und  Syrien  flüchtenden  Rechtgläubigen  gewesen  war,  so 
in  diesen  und  den  folgenden  Jahrzehnten  zahlreiche  Christen  ( 
glücklichen  Eilands  in  Kalabrien  und  dem  Peloponnes  eine  2 
Die  höchst  tüchtige  Regentschaft  entfaltete  gegen  diese  sh 
Landschaft  ihre  ganze  Energie.  Theoktistos  Bryennios,  zum  Strate, 
B49  Peloponneses  eingesetzt,  hat  849  mit  starker  Heeresmacht  die 
massigen  Slavenvölker  gründlich  gebändigt.  Die  wildesten  und  kriej 
sten  Stämme,  die  Milenger  (Milenzer)  und  Ezeriten  (Jeserzer),  wel 
Pentadaktylosgebirge  (Taygetos)  hausten,  bequemten  sich  zui 
massigen  Tributzahlung.  Gegen  das  Chalifenreich,  dem  seine  tür 
Garden  ähnlich  verhängnisvoll  wurden  wie  die  germanischen  einst  W 
kämpfte  die  Regierung  mit  grossem  Glück.  Leider  verdarb  auch 
blinde  Fanatismus  der  zelotischen  Kaiserin  alles.  In  den  griec 
Grenzlandschaften,  westlich  vom  Taurus  und  Euphrat,  sassen  di( 
kianer,  welche  der  verweltlichten  Reichsorthodoxie  ein  echt  apost 
Bibolchristentum  entgegenstellten.  Unter  den  Kaisern  des  VII.  J 
derts  verfolgt,  hatten  sie  sich  in  Folge  der  klugen  Reichspolitik  c 
noklasten  weitgehender  Duldung  erfreut.  Die  tapferen  Scharen 
christlichen  Makkabäer  bildeten  einen  überaus  nützlichen  lebendiger 
kordon  gegen  den  Islam.  Viel  zu  ihrer  Befestigung  hatte  ihr  aus^ 
800  netes  geistliches  Oberhaupt  Sergios  (um  800)  gethan.  Die  Verfo 
unter  den  Kaisern  Michael  I  und  Leon  V  trieben  einen  Teil  dersel 
arabisches  Gebiet.  Allgemeine  Verzweiflung  ergriff  aber  die  tücW 
völkerung,  als  Theodora  eine  äusserst  blutige  Verfolgung  begai 
Glaubenskommissäre,  welche  an  Blutgier  den  Präfekten  der  spj 
Inquisition  nichts  nachgaben,  wurden  ermordet  und  Raubzüge  ge 
Reich  unternommen.  Die  Sekte  erhielt  in  dem  ehemaligen  rö 
Offizier  Karbeas  ein  politisch-militärisches  Haupt,  und  von  der  Gi 
Tephrike  aus  führten  sie  einen  höchst  glücklichen  Guerillakrieg 
Reichstruppen,  wie  die  Waldenser  mit  den  Piemontesen. 

Die  Seele  der  Regierung  war  der  grundsatzlose,  aber  politisc 
begabte  Bardas.  Sein  brennender  Ehrgeiz  machte  sich  kein  ( 
daraus,  das  wüste  Leben  und  die  grobsinnlichen  Ausschweifunge 


Regeneration  dnroh  die  syrisoheniisanriBohen)  Kaiser  eto.  (717—867).     971 

Ten  Michael  in  jeder  Weise  zu  begünstigen.    Theodora  wurde  856  zum  856 
ktritt  gezwungen,  und  nun  herrschte  Michael  (856 — 867).  dem  Namen  856— 867 
\i   allein;  thatsächlich  wurde  Ostrom   von   dem  allmächtigen  Minister 
ert.     Von  dem  jungen  Kaiser  nahm  die  Hauptstadt  nur  wegen  seiner 
iiscben  Ausgelassenheit  Notiz.     Seinen  maitre  de  plaisir   Gryllos  er- 
nte er  ähnlich,  wie  Peter  der  Grosse,  zu  seinem  Saufpatriarchen  und  mit 
ten  zu  der  frechen  Kirchenschändung  widerwillig  gepressten  Genossen, 
er  zu  Faschingsmetropoliten  ernannte,  parodierte  er  öffentlich  die  hei- 
II    Gebräuche   und   verhöhnte   auf   offener   Strasse   den    ökumenischen 
riarchen,  den  hl.  Ignatios  (846—858  und  867-878),  den  durch  Leon  V  846-856 
nannten  und  zum  Mönch   geschorenen  Niketas,  den  Sohn  des  Kaisers  867—878 
hael  I  Rhangabe. 

Bereits  in  der  ersten  Hälfte  des  I^.  Jahrhunderts  hatten  die  skan- 
ivischen  Rös,  kühne  nordische  Recken,  welche  die  gutmütigen  und 
pgielosen  Slavenstämme  der  Drego witschen,  Krivitschen  und  Radimitschen 
ti  unter  ihre  Herrschaft  gebeugt  hatten,  den  Dnjester  befahrend,  mit 
in  Korsarenkähnen  die  griechische  Nordküste  von  Kleinasien  (Amastris) 
ngesucht.  Den  18.  Juni  860  in  Michaels  5.  Jahre  erschienen  200  Segel  der  ^^«g^^ 
irchteten  Rös  vor  der  Reichshauptstadt.  Einen  lebendigen  Eindruck  von 
I  furchtbaren,  lähmenden  Schreck,  welchen  „dieser  nordische  fürchterliche 
jBstrahl"  auf  die  Bewohner  machte,  gewähren  uns  die  beiden  Homilien 

Photios.     Der  grosse  Patriarch   sah  darin  ein  schweres  Gottesgericht 

die  Sünden  der  römischen  Christenheit.  Der  Hülfe  der  Gottes- 
uter,  welche  schon  Chosrau's  Perserflotte  und  Moäwija's  Armada  ver- 
itet  hatte,   schrieben  die  Christen  Sieg  und  Rettung  aus  der  Russen- 

zu. 

Das  wichtigste  Ereignis  dieser  Epoche  ist  die  Aufrollung  der  bulgarischen 
ge  und  damit  im  Zusammenhang  der  Bruch  mit  Altrom.  Die  beiden 
Bsen  Slavenapostel,  Methodios  und  Konstantinos  (später  als  Mönch  Ky- 
is),  haben  durch  die  Erfindung  des  sog.  glagolitischen  Alphabets  und 
Übersetzung  der  hl.  Schriften  in  die  Sprache  der  Slaven  sich  um  diese 
iionen  ein  ebenso   unsterbliches  Verdienst  erworben,   wie  Mesröb  und 

hl.  Sahak  durch  die  parallele  Leistung  um  Armenien.  Diese  heiligen 
nner  eröffinen  hier  wie  dort  die  Kulturära  für  die  bisher  im  höheren 
ne  kulturlosen,  weil  analfabeten  Völker.     Im  grossmährischen  Reiche, 

bereits  durch  deutsche  Sendboten  dem  Christentume  erschlossen  war, 
m  auch  im  damals  slavischen  Pannonien  begannen  die  beiden  Brüder 
B  höchst  erfolgreiche  Thätigkeit;  sie  gewannen  die  Herzen  des  Volkes, 
em  sie  in  der  gottesdienstlichen  Liturgie  nicht  die  lateinische  Sprache, 
t  die  deutschen  Missionsbischöfe,  sondern  die  slovenische  gebrauchten. 
Jen  den  heftigen  Widerspruch  der  Deutschen  entschied  Rom  in  einem 
lauf  grossartiger  Weitherzigkeit  zu  Gunsten  der  nationalen  Sache, 
ein  gegenüber  den  Anfeindungen  der  vom  weltlichen  Arm  unter- 
Izten,  sehr  gewaltthätig  auftretenden  lateinischen  Bischöfe  vermochte 
th  Kyrillos'  Tod  Methodios  sich  nicht  zu  halten;  Rom  liess  ihn  fallen, 
lann  VTH  war  kein  ebenbürtiger  Nachfolger  seiner  grossen  Vorgänger 
^laus  I  und  Hadrian  H.     Das  mährische  Reich  zerfiel  \iwd  ^^  ^^^s&r 


972  AbriM  der  bysantiniBohen  KaiMrgesoldclite. 

nonischen  Slaven  erlagen  den  einwandernden  Magyaren.  Bn 
Heidentum  der  finnisch-ugrischen  Rasse  schien  die  hofibongsreich 
zertreten  zu  haben.  Doch  ein  flüchtiger  Schüler  des  Methodio 
hl.  Clemens,  wurde  von  Boris  dem  Bulgarencaren  zum  ehm 
Bischof  von  einem  Drittel  seines  damals  weit  ausgedehnten  Reichi 

>2— 888  gesetzt.  Boris  (852 — 888)  sah  wohl  ein,  dass  zwischen  die  Oroea 
der  Franken  und  Römer  und  das  mährische  Reich  eingekeilt,  seil 
auf  die  Dauer  dem  christlichen  Einflüsse  nicht  widerstehen  könne. 

M;  865  Friedensschlüsse  nach  einem  der  üblichen  Grenzkriege  (864  ode 
Hess  er  sich  daher  feierlich  taufen;  der  Kaiser  selbst  war  seinPail 
von  ihm  nahm  er  den  christlichen  Namen  Michael  an.  Die  Gn 
traten  ein  Grenzgebiet,  die  sog.  Zagora,  zur  Besiegelung  des  B&d 
ab.  Während  dieser  folgenschweren  Ereignisse  regierte  der  Pa 
Ignatios  nicht  mehr.  Er  hatte  den  Mut  gehabt,  den  allmächtig! 
genialen  Staatslenker  Bardas  wegen  seines  blutschänderischen  üi 
mit  der  eigenen  Schwiegertochter  feierlich  von  der  Eirchengemeii 
auszuschliessen.     Er  ward  abgesetzt,  und  an  seine  Stelle  kam  der 

ez.  858  gelehrte  Staatsmann  Photios,  der  in  wenigen  Tagen  (20. — 24.  Des 
alle  kirchlichen  Weihen  durchlaufen  und,  nachdem  er  in  hässlich 
seliger  Leidenschaftlichkeit  die  Verwandten  und  Anhänger  des  gesi 
Patriarchen  misshandelt  hatte,  in  wahrhaft  würdiger  und  ^on 
Weise  sein  Pontifikat  geführt  hat.  Photios  war  der  geborene  Ve 
der  griechischen  Nation  gegen  Roms  Ansprüche,  welche  diese 
mehr  Hartnäckigkeit  als  Geschick  vertrat.  Rom  zögerte,  wie  begr 
mit  der  Anerkennung  des  in  so  illegitimer  Weise  inthronisierten  Ki 
863  fürsten.  Ja  eine  römische  Synode  (863)  erklärte  ihn  för  abg 
War  schon  dadurch  das  Verhältnis  des  Reichs  zur  Kurie  ein  äi 
gespanntes,  so  wurde  der  Bruch  unvermeidlich  durch  Roms  Einmi 
in  die  bulgarischen  Angelegenheiten.  Mit  echter  Slavenschlauheit 
der  neue  christliche  Bulgarencar  mit  Alt-Rom  Unterhandlungei 
geleitet,    um    der   drückenden  Suprematie   des  ökumenischen  Patrit 

58-867  ein  Paroli  zu  biegen.  Bereitwillig  kam  Nicolaus  I  (858  —  867) 
Wünschen  entgegen.  Römische  Bischöfe  führten  den  lateinischen 
in  der  bulgarischen  Kirchenprovinz  ein.  Mit  zäher  Beharrlichkeit 
Rom  seit  dem  VII.  ökumenischen  Konzil  nicht  aufgehört,  seine 
liehen  Ansprüche  auf  die  illyrische  Obedienz  geltend  zu  machei 
erster  Erfolg  schien  errungen.  Aber  gerade  jetzt  erhob  sich  di 
chische  Nation  wie  ein  Mann  gegen  diese  verjährten  Forderung« 
der  Festhaltung  der  durch  den  Bilderstreit  gewonnenen  Kirchenpii 
gingen  die  Ignatianer,  die  geschworenen  Feinde  der  Photianer,  mit 
Hand  in  Hand.  Als  später  nach  der  Wiedereinsetzung  des  Ignat 
869  dem  Versöhnungskonzil  (869)  die  Vertreter  der  Kurie  wieder  mii 
illyrischen  Ansprüchen  hervortraten,  erklärten  die  Griechen  mit 
Worten:  ^Es  ist  höchst  unanständig,  dass  ihr,  die  ihr  die  grie 
Oberherrschaft  abgeschüttelt  und  den  Franken  euch  in  die  Arme  gc 
habt,  innerhalb  des  Reiches  unseres  Herrn  Ordinationsrechte  b 
wollt.*      Die  Byzantiner   haben   mit   klarer   Konsequenz   innerhall 


M«  Regeneration  dnroh  die  syrieohen  (ieanrisohen)  Kaiser  etc.  (717—867).     973 


^{hsgrenzen  ganz  wie  Joseph  11  Obedienzrechte  eines  auswärtigen  geist- 
_Mi'  Obern  weder  anerkennen  noch  dulden  wollen. 

Hätte  das  damalige  Rom  wirklich  die  staatsmännische  Klugheit  be- 
en,  die  man  ihm  häufig  kritiklos  nachsagt,  hätte  es  jetzt  einlenken 
aen.  Das  griechische  Nationalgefilhl  war  seit  den  Tagen  der  Eirene  stark 
ifindlich  geworden.  Die  Männer  der  strengen  Richtung,  wie  der  hl.  Theo- 
98  von  Studien,  haben  durch  ihre  unbedingte  Hinneigung  zu  Alt^Rom 
)  Popularität  gerade  so  eingebüsst,  wie  im  IV.  Jahrhundert  in  Armenien 
hl.  Nerses  und  die  hierarchische  Partei  durch  ihre  Anlehnung  an  die 
nen  Eappadokier  und  ihre  Griechenfreundlichkeit.  Photios  trat  nun 
Vorkämpfer  der  griechischen  Nation  und  ihrer  geistigen  Selbständig- 
#  Rom  gegenüber  mit  grösster  Entschiedenheit  in  die  Schranken.  Das 
die  weltgeschichtliche  Bedeutung  der  iyxvxidog  iniavokrj  des  Jahres 
.  Photios'  theologische  Gründe  sind  schwach ;  sie  beziehen  sich  auf  867 
jüiche  Differenzen  im  Ritus  und  der  Disziplin,  die  man  zu  allen  Zeiten 
Eschweigend  in  den  einzelnen  Kirchen  nebeneinander  geduldet  hatte. 
dl  der  einzige  dogmatische  Streitpunkt,  der  über  den  Ausgang  des 
kigen  Geistes,  mit  der  aus  ihm  entwickelten  ebenso  voluminösen,  als 
aig    bedeutenden    Streitlitteratur    wirft    kein    sehr    glänzendes   Licht 

das  geistige  Niveau  der  griechischen  wie  der  lateinischen  Gottes- 
ehrten  sowohl  in  diesem,  als  den  folgenden  Jahrhunderten.  Hätte  man 
^chtig  die  Vereinigung  der  beiden  Kirchen  gewünscht,  wäre  die  Formel 

hl.  Johannes  des  Goldstroms  von  Damaskos  eine  sehr  geeignete  Grund- 
e  zur  Verständigung  gewesen.^)  Allein  Dogmatik  und  Disziplin  waren 
'  der  Vorwand;  um  die  Nationalität  handelte  es  sich  in  That  und 
khrheit.  Die  griechische  Nation,  längst  politisch  von  Rom  emanzipiert, 
^h  kirchlich  befreit  zu  haben,  das  ist  das  unvergängliche  Verdienst  des 
»ssen  Photios. 

Am  Hofe  waren  unterdessen  starke  Veränderungen  vorgegangen, 
rdas,  das  grundsatzlose  Genie,  für  den  alle  Mitmenschen  nur  Steine  in 
nem  Brettspiel  waren,  hatte  wenigstens  einen  ehrlichen  Enthusiasmus, 
i  für  die  Wissenschaft.  Er  errichtete  eine  Art  Hochschule  für  Philo- 
^hie,  Philologie  und  Naturwissenschaften,  an  welcher  die  Schüler  des 
^maligen  Patriarchen,  des  gelehrten  Johannes  Grammatikos,  Philosophie, 
unmatik,  Rhetorik,  Geometrie  und  Astronomie  lehrten.  Auch  das  Rechts- 
dium  suchte  er  zu  heben.  Aber  er  erlitt,  was  seine  Thaten  wert  waren. 
Lem  er  den  Kaiser  den  gröbsten  Ausschweifungen  überlieferte,  hoffte  er 
bst  unbeschränkt  herrschen  zu  können ;  allein  unter  den  Genossen  der  kaiser- 


*)  Stellt  man  sich  einmal  auf  den  Stand- 
iM  jener  theologischen  Kontroversisten,  so 
38  man  ja  allerdings  zageben,  dass  die 
«oben  im  Rechte  waren.  Die  spanische 
l  die  fränkische  Kirche  hatten  durch  den 
«tz  zum  Symbol  (filioque)  wirklich  eine 
serong  gegenüber  der  altgeheiligten  Tra- 
OD  gemacht,  und  die  römische  Kurie  hat, 
tlidem  sie  noch  unter  Leo  III  (795—816) 
»Tgisch  widerstanden  hatte,  erst  ihr  ,tole- 
i  posse'    ausgesprochen    und    dann    die 


veränderte  Formel  rezipiert;  allein  die  la- 
teinischen Akten  der  vier  ersten  ökume- 
nischen Synoden  zeigen  klärlich,  dass  die 
damalige  Kirche  noch  das  unverfälschte 
Symbol  gelesen  hat.  Also  philologisch 
oder  paläographisch  waren  die  Griechen  in 
vollstem  Rechte.  Eine  andere  Frage  ist  die, 
ob  es  sich  lohnte,  um  —  gelinde  gesagt  — 
einer  theologischen  Finesse  willen  eine  acht- 
halbhundertjährige  Kircheneinheit  zu  zer- 
brechen. 


974 


der 


Kaiaergesohiolit». 


liehen  Orgien  befand  sich  ein  schöngewachsener  Stallknecht,  Basilc 
Mann  armenischer  Abkunft  aus  dem  seit  dem  VII.  Jahrhundert  st 
Kleinasiaten  besiedelten  Makedonien.    Basileios,  bald  der  erklärte  ] 
des  Kaisers  wie  der  Frauen,  war  ein  genial  veranlagter  Mensch  vc 
nendem  Ehrgeiz.    Mit  seinem  Landsmann  Symbatios,  einem  hochsb 
866  Beamten,  verband  er  sich  unter  Zustimmung  des  Kaisers  866  zur 
>6.  Mai  düng  des  allmächtigen  Cäsars.     26.  Mai  desselben  Jahres  ward 
^^^     Cäsar  und  Mitregenten  ernannt  und  führte  die  Herrschaft  in  aosf 
neter  Weise.     Als  Michael,  von  seiner  bedeutenden   Mutter  bee 
i.  Sept.  Emanzipationsgelüste  zeigte,  liess  er  ihn  23.  Sept.  867  durch  seine 
^        Söldner  niederhauen.     Der  Frevel,  welchen   Michael   Balbus   an 
Freunde  und  Herrn  begangen,  war  in  furchtbarer  Weise  durch  di 
liehe  Strafgericht  am  Enkel  gerächt  worden. 


5.  Der  Höhepunkt  oströmischer  Machtfülle  unter 

armenischen  Dynastie  (867  —  1025). 

Basileios  I  (867 — 886)  ist  der  Begründer  der  glorreichen  d 
nischen  Dynastie,  welche  während  nahezu  zwei  Jahrhunderten  als 
restitutores  orbis  die  letzte  vollkommene  Weltherrschaftsepoche  des 
tums  darstellen.  Die  Art,  wie  er  den  Thron  gewann,  hat  Basileio 
den  leisesten  Skrupel  bereitet.  Er  gehört  zu  jenen  gemalischei 
furchtbaren  Kraftnaturen,  wie  Sulla,  Theoderich,  Chlodovech,  Najx 
welche  kein  unnützes  Verbrechen  begehen,  aber  nützliche  Blutthai 
grösster  Seelenruhe  als  fatalistische  Notwendigkeit  vollziehen  od( 
ziehen  lassen.  An  der  armenischen  Herkunft  der  neuen  Dynastie  i 
zu  zweifeln.^)  Bereits  der  exilierte  Photios,  um  wieder  personi 
am  Hofe  zu  werden,  verfertigte  einen  Stammbaum,  welcher  di 
Majestät  von  Arsakes  und  Tiridates  herleitete.  Die  armenischen 
und  Soldknechte,  welche  in  diesen  Jahrhunderten  mit  ihrer  Tapferl 
römische  Reich  noch  zusammenhielten,  leiten  sich  alle  von  den  al 
sakiden  und  Pahlaviden  her  mit  gerade  so  viel  Recht,  als  zahlreich 
Ken  unseres  „Uradels**  sich  von  den  alten  Kreuzfahrern  oder  1 
beiden  herleiten. 

Die  neue  Regierung  beeilte  sich,  mit  Rom  ein  Verhältnis 
stellen.  Photios  wurde  exiliert  und  Ignatios  (wieder  867 — 877)  w« 
neue  Patriarch.  Die  von  den  Römern  sog.  achte  ökumenische  Syr 
war  ein  grossartiger  Triumph  für  Nicolaus*  I  Nachfolger  Hadrian 
der  härtesten  Weise  mussten  die  Photianer,  falls  sie  in  der  Kirchen 
Schaft  bleiben  wollten,  widerrufen.  Auch  hier  hat  die  römische  Kur 
unvorsichtige  Politik  sich  selbst  am  meisten  geschadet.  Durch  il 
mutiges  Gebahren  wurde  das  nationale  Selbstgefühl  der  Griechen  ue 
des  gut  römisch  gesinnten  alten  Ignatios  aufs  empfindlichste  gekrän 


')  Vgl.  die  zutreffenden  Bemerkungen 
von  de  Boor:  vita  Euthymii  S.  130.  Nur 
irrt  er,  wenn  er  die  Ableitung  von  den  ar- 
menischen Arsakiden  für   ,arg  bescheiden" 


ansieht.  Auch  Hamzas  Notiz  (S.  V/> 
waldt)  hätte  er  einfach  verwerfen, 
der  entgegengesetzten  der  Griecb« 
minieren  sollen. 


ler  HOheponkt  ostrOm.  MaohtfOlle  nnier  d.  armen.  Dynastie  (867-1025).     975 


zu  neuem  Zwist  kam  bald.  In  unbegreiflicher  Kurzsichtigkeit  hatte 
Irian  n  den  späteren  Papst  Formosus,  damaligen  römischen  Legaten  in 
garien,  trotz  dem  dringenden  Wunsche  des  Garen  als  Erzbischof  von 
garien  nicht  bestätigt.  Der  ergrimmte  Michael  trat  nun  definitiv  zu  den 
3chen  über,  und  so  sind  denn  auch  von  da  an  die  Bulgaren  stets  der  ortho- 
en  Kirche,  zu  der  sie  Natur  und  geschichtliche  Entwicklung  wiesen,  treu 
lieben.  Der  wiedereingesetzte  Photios  (877 — 886)  war  aufs  neue  sieg- 
^h;  er  überlistete  sogar  den  sehr  schlauen  Papst  Johann  YIII;  im 
ikeln  Intriguenspiele,  das  die  thatsächliche  Wahrheit  etwas  souverän 
andelt,  sind  die  Griechen  den  Lateinern  allemal  überlegen.  Das  Re- 
pEt  war  Bruch  mit  Rom  und  Befreiung  der  griechischen  Nation  von 
lem  Primat  d.  h.  Photios  hat  sein  kirchenpolitisches  Programm  in 
izendster  Weise  verwirklicht. 

Nach  aussen  entwickelte  Basileios  unter  den  schwierigsten  Umständen 
3  überaus  zielbewusste  und  kraftvolle  Politik.    Vor  allem  wurde  Byzanz 
der  die  Beherrscherin  der  Meere.    In  der  exponiertesten  und  schon 
aahe  verlorenen  Westprovinz  Sicilien  stritten  die  Oströmer  zwar  nicht 
cklich,  aber  mit  bewundernswerter  Zähigkeit,   nur  Schritt  für  Schritt 
ligebend.     868  'war  Malta  gefallen.    Verbündet  mit  dem  kraftvollen  868 
aikenkaiser  Ludwig  11  erfochten  die  Römer  872  bei  Salemo  einen  glän-  872 
den  Seesieg  über  die  Sarazenen.    Aber  21.  Mai  878  fiel  endlich  nach  21.  Mai 
ferster  Gegenwehr  auch  die  Hauptstadt  Syrakus.     Um  so  energischer     ^'^^ 
stand  es  Basileios,  in  der  Adria  Ordnung  zu  schaffen.    Das  alte  Bundes- 
liältnis  mit  Venedig  ward  hergestellt,  die  mit  den  Sarazenen  verbün- 
en  serbischen  Piraten  an   der  dalmatinischen  Küste  derb  gezüchtigt, 
L  ohne  Rücksicht  auf  die  Proteste  der  schwächlichen  Karolinger  zwang 
die  Grosszupane  der  dalmatinischen  Kroaten,  die  Oberhoheit  der  Kaiser- 
dt  am  goldnen  Hom  anzuerkennen.  An  dem  islamitischen  Raubgesindel, 
Iches  von  Afrika,  Kreta  und  Kilikien  her  die  Küsten  Griechenlands  und  der 
ria  unaufhörlich  heimsuchte,  wurde  nach  den  glänzenden  Seesiegen  der 
u*e  880  und  881  nach  Verdienst  ein  furchtbar  blutiges  Exempel  statuiert.  880  881 
Ltur  und  Christentum  rotteten  hier  mit  eiserner  Faust   die  maritime 
rbarei  der  Koranleute  aus.    Der  Rückgang  der  fränkischen  Macht  in 
teritalien  kam  den  Oströmern  zu  gute.   875  ergab  sich  ihnen  das  wich-  875 
e  Bari,  von  jetzt  an  der  Hauptwaifenplatz  der  Romäer  im  Westen;  die 
htigen  Heerführer  des  Kaisers  verjagten  die  Araber  aus  Kalabrien  und 
mierten  das   neue   Thema  Longibardia,  ein  wichtiger  Ersatz  für  das 
•lorene  Sicilien. 

Eine  schwere  Aufgabe  hatte  ihm  das  frühere  Regime  in  dem  Re- 
ionskriege  mit  den  Paulikianem  hinterlassen,  welche  während  Michaels 
giening  unter  Karbeas  grosse  Erfolge  davongetragen  hatten.  Sein  be- 
itender  Nachfolger  Chrysocheir  wurde  im  ersten  Feldzug  871  besiegt,  871 
d  der  Kaiser  gewann  unermessliche  Beute;  allein  das  feste  Tepbrike 
rmochte  er  nicht  zu  nehmen.  Im  folgenden  Jahre  dehnte  er  seine 
Inderungszüge  über  den  Euphrat  aus  bis  nach  Samosata  und  in 
emalige  IV.  Armenien.  Das  feste  Melitene  zu  nehmen,  gelang 
b  nicht.    Der  wichtigste  Erfolg  war,  dass  874  Chrysocheir 


976 


Abrisa  der  bysanünisohen  gaMergaachichte. 


früher  von  ihm  mit  Gunst  behandelten  Griechen  ziemlich  nied^lzU 
erschlagen  ward.     Die   fromme   Räuberrepublik  hatte  ihr  geistigei 
politisches  Haupt  verloren;  mit  den  Paulildanem  war  es  jetzt  aa& 
Auf  Basileios  folgten  seine  Söhne  und  bisherigen  Mitregenten,! 

;— 912  (886—912)  und  Alexandres;  da  letzterer  ganz  den  Genüssen  hingegeben 
904  regierte  thatsächlich  der  Philosoph,  welcher  904  auch  der  nominellen 
herrschaft  seines  Bruders  ein  Ende  machte.  Er  galt  allgemein  ak 
Sohn  Michaels.  Vater  und  Sohn  standen  sich  ohne  Liebe  gegenübo, 
schon  früh  hatte  Leon  gegen  den  Vater  komplettiert.  Leon  war  das  dii 
Gegenteil  seines  genialen  Vaters,  ein  gelehrter  Pedant  und  k5rperii 
Schwächling,  gerade  darum  ähnlich  wie  Jakob  I  von  England  von  der  I 
ähnlichkeit  seines  Kaisertums  überzeugt.  Dabei  bleibt  es  aber  dod 
etwas  naive  Geschichtsauffassung,  wenn  man  von  ihm  die  Steigenmg 
römischen  Absolutismus  zum  Despotismus  datiert  und  den  Verhut 
Munizipalfreiheit  der  griechischen  Städte  unter  Leon  sentimental  bek 
Thatsächlich  hat  sich  vielmehr  unter  der  makedonischen  Dynastie  der  f! 
gang  zum  Feudalismus  vollzogen;  in  den  einzelnen  Provinzen  sind  n 
begüterte  Familien  zu  steigender  Macht  gelangt.  Ihre  Sonderbestrebiu 
haben  eine  dauernde  Schwächung  des  Reiches  erzeugt,  welche  es  allmil 
auf  eine  ähnliche  Linie  mit  den  gleichzeitigen  noch  ziemlich  barbari» 
und  kläglichen  occidentalischen  Staatengebilden  hinabdrückte. 

Leon  entehrte  sich  selbst  durch  eine  seiner  ersten  Regierungsfa 
lungen,  indem  er  den  grossen  Photios  zwang,  eine  Abdankungsork 
zu  unterzeichnen.  Die  Leitung  der  orthodoxen  Kirche  vertraute  der  K 
seinem   erst  achtzehnjährigen  Bruder  Stephanos  an.     Li  ähnhcher  \ 

3—956  ist  auch  späterhin  ein  kaiserlicher  Prinz  Theophylaktos  (933— 95f 
dieser  Würde  befördert  worden,  etwas  ganz  Ungewöhnliches  im  oet 
sehen  Reiche.^)  Es  erinnert  das  an  armenische  Zustände,  wo  das  K 
likoshaus  sich  mit  der  Königsfamilie  verschwägerte.  Photios  zog 
begleitet  von  der  allgemeinen  Achtung,  in  ein  Kloster  zurück,  «wahr» 
lieh  glücklicher,  als  wenn  er  auf  dem  Patriarchalthron  gesessen  hätt 
obgleich  ihn  neun  Päpste  exkommuniziert  hatten**.^)  Unter  Leon 
auch  die  neue  Kirchenordnung,  die  vielberühmte  Diatyposis,  feierlicl 
klamiert,  welche  den  ehemals  Rom  unterworfenen  Prälaten  der  H 
halbinsel  ihren  festen  Platz  in  den  Synoden  des  Reichsklerus  anw 
dass  dadurch  den  bisherigen  unwürdigen,  oft  bis  zur  Schlägerei  ausar 
Zuständen  unter  den  geistlichen  Hirten  ein  Ende  gemacht  ward. 

Die  unter  Stylianos  von  Neokaisereia  zur  Herrschaft  komn 
Ignatianer  knüpften  sogleich  mit  Alt-Rom  wieder  an,  und  nach  sehi 
wierigen  Verhandlungen  kam  endlich  um  900  die  Union  wirklich  zu  s 
Allein  es  war  nur  eine  rein  äusserliche  Einigung  der  römischen  Ki 
regierung  und  der  byzantinischen  Staatsleitung;  sie  hatte  so  wenig 


^)  Die  geschorenen  Sprösslinge  gestürz- 
ter Familien,  wie  Theodosios  von  Ephesos, 
Apsimaros'  Sohn,  und  der  Patriarch  Ignatios 
kommen  natürlich  nicht  in  Betracht.  Einen 
byzantinischen  Prinzen  finde  ich  sonst  nur 


auf  dem  Thron  von  Aohrida,  Adriano 
üißaatoq   aeßaaxos,    ab    Mönch    '/oi 

»)  Finlay,  hist.  of  the  B.  Empi 
S.  311. 


Höhepunkt  oström.  KaohiflÜle  nnter  d.  armem  Dynastie  (867—1025).     977 

alle  die  zahlreichen  in  den  folgenden  sechsthalb  Jahrhunderten  ge- 
3o88enen  Vereinigungen.  Die  Völker  blieben  nach  wie  vor  ethnisch 
■  religiös  völlig  getrennt. 

Noch  wichtiger  ist  Leons  legislatorische  Thätigkeit.    Bereits  Basileios 
rte   die  Gesetzgebung   Justinians   neu  bearbeiten  und   879  als  Frucht  879 
Bier  Thätigkeit  den  Procheiros  Kanon   edieren  lassen,  wozu  884 — 886  884—886 

zweites  Handbuch  des  gültigen  Rechts,  die  Epanagoge,  kam.    Unter 
3ein  Sohne  wurde  nun  das  eigentliche  Hauptwerk,  die  Sammlung  Basilika, 
^ — 893  in  60  Büchern  als  allgemein  gültiges  Gesetzbuch  für  das  ganze  887—893 
1  ch  publiziert. 

Äusserlich  ist  seine  Regierung  arm  an  Ereignissen  und  recht   un- 
4cklich.    Mit  den  Sarazenen  führten  die  Christen  wechselvolle  Kriege. 
m  Byzantiner  plünderten  bis  weit  nach  Syrien  hinein.   Die  islamitischen 
»piraten  waren  nach  wie  vor  die  Geissei  des  ägäischen  Meeres.     888  888 
kndschatzten  sie  Samos,  902  zerstörten   sie   Demetrias  in   Thessalien.  902 
KT  eigentliche  Leiter  dieser  Unternehmungen  und  grimmigste  Feind  aller 
tristen  war  wie  üblich  ein  Renegat  von  der  kleinasiatischen  Südküste, 
3n  von  Tripolis.     Ihm  gelang  es,  mit  nur  54  Schiffen,  deren  Besatzung 
Sst  aus  „Aethiopen'  bestand,  nachdem  er  29.  Juli  904  plötzlich  vor  dem 
azlich  unvorbereiteten  Thessalonike,  der  zweiten  Stadt  des  Reichs,  er- 
iJenen  war,  schon  nach  zwei  Tagen  dieselbe  von  der  Seeseite  zu  erstürmen  904 
3  mit  unermesslicher  Beute  und  zahllosen  Gefangenen  (22  000  Mann)  wieder 
Buziehen.  Es  war  das  seit  langem  die  schwerste  Schmach,  welche  dem  Reiche 
Sethan  ward.   Auch  in  Sicilien  und  Unteritalien  verzeichnen  die  Annalen 
ber  dem  Philosophen  nur  Unglücksfälle.     889  erlitten  die  Griechen  zur  889 
B  bei  Mylae  (Melazzo)  eine  schwere  Niederlage  durch  die  Afrikaner.   901  ^01 
sg  Rhegion  und  902  war  der  letzte  Stützpunkt  der  griechischen  Herr-  902 
m.aft  Tauromenion  gefallen.   Ebenso  ging  Bari  in  Unteritalien  wenigstens 
Kiporär   an    die  Langobarden   von    Benevent   verloren.      Schwäche  und 
iiiähigkeit    drücken    Leons    Regiment    überall    ihren    charakteristischen 
dmpel  auf. 

Auch  mit  den  Bulgaren  verstand  man  sich  nicht  zu  stellen.  Der 
Bftige  Car  Symeon  (893—927),  der  Begründer  der  kirchlichen  Autonomie  893-927 
ilgariens  durch  die  Einsetzung  eines  sechsten  Patriarchen,  wollte  sich 
f  monopolistische  Ausbeutung  seines  Reiches  durch  wenige  byzantinische 
OBskaufleute  nicht  länger  gefallen  lassen;  aber  Byzanz  bediente  sich 
B  altbewährten  diplomatischen  Kampfmittels;  es  bot  gegen  die  Bulgaren 
3  Magyaren  auf;  mit  Hilfe  der  byzantinischen  Flotte  brachen  sie  in 
ilgarien  ein;  Symeon  erwehrte  sich  ihrer  mühsam  von  seinen  Burgen  893 
8;  allein  den  Abzug  des  beutebeladenen  Raubgesindels  verfolgten  die 
ilgaren  und  schlugen  sie  gründlich  in  ihren  bessarabischen  Steppen. 
:innnehr  konnte  Abrechnung  mit  den  Griechen  gehalten  werden.  Nach- 
in  Symeon  dieselben  bei  Bulgarophygos  glänzend  besiegt  hatte,  traf  die 
ucht  seines  Armes  auch  die  Magyaren.  Im  Bunde  mit  den  Patzinaken 
etschenegen)  am  Dniepr  überfiel  er  während  eines  Krie| 
'aren  deren  Familien  in  Bessarabien.     Sie  wurden  niedi 

Gefangenschaft   geschleppt   und   die  Magyaren   gex\ 

Baodbucli  der  kU«.  AliertnmswlaBeuacbaft  IX.    1.  AbUf.    2.  Aufl. 


978  Abriss  der  byEantinisoheii  Kaisergesohiehte.  Ap^ 

Donau  und  Theiss  ihr  Barbarenreich  definitiv  zu   konstituieren.    MHlv  1 
Griechen  hielten   die  Bulgaren  jetzt  Friede;    die  christlich-by: 
Kultur  und  Litteratur  drangen  mit  Macht  ein  und  übten  ihren  segi^d 
reichen  Einfluss  auf  das  rohe  Volk  aus.   Die  Epoche  Symeons  gilt  ab 
goldene  Zeitalter  von  Bulgariens  Litteratur.  ^V~ 

An   diesen  welthistorischen  Vorgängen  beteiligte  sich  die 
römische  Regierung  nur  als  völlig  unthätiger  Zuschauer.     Um  so 
war   der   Hof   erfüllt   von   den    allerhöchsten   Eheangelegenheiten. 
Schwächling  Leon  hatte  drei  Frauen  gehabt;  dass   die   berühmteste 
selben,  die  hl.  Theophano,  den  elenden  Gatten  nicht  liebte,  ist  ei 
selbstverständlich.     Er  lebte  daneben  mit  seiner  Favoritin  Zoe,  voo 
er  auch  zu  seiner  namenlosen  Freude  einen  Sohn  erhielt.   Nach  demMk^ti 
der  dritten  Gattin  wollte  er  die  geliebte  Maitresse  zur  Kaiserin  ei 
um    den   Sohn   zu    legitimieren.     Allein    die   Geistlichkeit,    an  der 
Nikolaos  Mystikos,  der  Patriarch,  widersetzte  sich  der  Tetragamie  mit 
Energie,    hierin    unendlich    mehr    Mut  beweisend    als    ihre    gei 
Brüder   in    dem  Russland  des  XVI.  Jahrhunderts.     Nikolaos  wurde 
setzt,  upd  ein  gefälliger  Prälat,  Euthymios,  übrigens  eine  durchaus 
Persönlichkeit,  auf  den  ersten  Stuhl  des  Reichs  erhoben.   Die  ZuntimmiJr " 
der  orientalischen  Patriarchen   erhielt  man  leicht;   die  Legaten  derseÜMj 
arme  Mönche,    waren   längst  gewohnt,   gegen    ein   Geldgeschenk 
photianisch,  das  anderemal  ignatianisch  zu  stinmien.    Schlimmer  war, 
Rom,  bereits  in  schwerem  Niedergange  begriffen,   durch    seine 
6.  Jan.  gleichfalls  zustimmte.     6.  Januar  906  hatte  auch  die  feierliche  Taufe 
Kronprinzen  Konstantinos  stattgefunden. 

Nach  Leons  Tode   (11.   Mai  912)   folgte   sein  Bruder  Alexandm^-^ 
(912 — 913)  zugleich  als  Vormund   des  unmündigen  Kronprinzen  Konstifr|f 
tinos.     Der  ganz  elende  Fürst  hat  kaum  regiert,    sondern   liess  nur  & 
Gegner  seines   Bruders  gewähren.     Zwischen   den  Anhängern  des  neoei 
Patriarchen  und  des  Nikolaos  bestand  die  bitterste  Feindschaft,  so  da» 
selbst  die  unsinnigen  Gerüchte  von  hochverräterischen  Umtrieben  des  ab- 
gesetzten  Prälaten  gegen  Kaiser  Leon  ihre  Gläubigen  fanden.   Die  in  Byzau 
übliche  Reaktion   trat   auch   jetzt   ein.      Unter   beifälliger  Aufimuntmiiig 
seines  Gegners  wurde  der  unglückliche  Euthymios  seiner  Würde  entsetzt; 
„wie  wilde  Bestien  stürmten  sie  auf  ihn  ein,  schlugen  ihn   mit  Fäustoi 

12—925  und  rissen  ihm  den  Bart  aus."  Nikolaos  ward  aufs  neue  (912—925) 
feierlich  inthronisiert.  Nach  aussen  verstand  Alexandres  nur  die  guten 
Beziehungen  zum  mächtigen  Bulgarencaren  durch  unzeitigen  Übermut 
zu   trüben;    indessen   zum  Segen    des   Reichs    starb   er  schon   nach  ein- 

^"q/^  jähriger  Missregierung  6.  Juni  913,  nachdem  er  eine  Regentschaft  mit 
dem  Patriarchen  Nikolaos  an  der  Spitze  für  seinen  unmündigen  Neffen 
eingesetzt  hatte. 

Neben  dem  Patriarchen  sass  im  Regentschaftsrat  nur  ein  bedeuten- 
der Mann  Johannes  Eladas;  die  anderen  waren  ehemalige  Lieblinge  des 
Alexandres,  Männer  slavischer  Abkunft.     Konstantinos  der  Purpur- 

13—959  geborne  (913  -9r>9)  ist  das  personifizierte  Prinzip:  Le  roi  rögne,  mais 
il  ne  gouverne  pas.     Unmündig  wie  mündig,  hat  er  niemals  regiert,   und 


Der  Höhepunkt  oatrOm.  MachifAUe  unter  d.  armen.  Dynastie  (867—1025).     979 

1  kann  nicht  leugnen,  dass  dies  für  das  Reich  ein  Glück  war;   denn 

Schicksale  desselben  ruhten  fast  ausnahmslos  in  fähigeren  Händen,  als 

des  wissenschaftsfreundlichen  Porphyrogennetos  waren.   Trotzdem  hat 

1  völlig  verkehrt  die  erste  Hälfte  des  X.  Jahrhunderts  als  eine  Epoche 

Verfalls  darzustellen  gesucht  im  Gegensatz  zu  den  stark  überschätzten 

Sern   der  Ikonoklastenperiode.     Die    makedonische   Dynastie    hat  mit 

>i    Ausnahmen    allerdings   meist    nur    dem  Namen  nach  regiert;   aber 

hat  ähnlich,  wie  die  illyrische  Periode  der  alten  Kaiserzeit  von  Claudius 

liicus  bis  Constantin,  die  ausserordentlich  fähigen  und  energischen  Offiziere 

Generalstabs,  meist  Männer  armenischer  Abkunft,  ans  Ruder  gebracht. 

istantinos  Dukas,  ein  sehr  begabter  Militär,  versuchte  die  Regentschaft 

stürzen,  wie   es   scheint,   nicht  ohne  Mitwissen  des  Patriarchen,  der 

er  mit    diesem  Kraftmenschen  als   den  Kammerherrn  der   bisherigen 

jentschaft  regieren  wollte.     Allein   als  er  sich  zum  Kaiser  ausrufen 

B,   fand  er   in  dem    umsichtigen  Regenten  Johannes  Eladas  einen  ihm 

7achsenen  Gegner.     Dukas  und   sein    Geschlecht  wurden  ausgerottet. 

annes  Eladas  berief  auf  Wunsch  des  Kaisers  die  Kaiserinmutter  Zoä, 

che  Alexandres  vom  Palaste  ausgeschlossen  hatte,  zurück,  und  sie  trat 

die  Regentschaft  ein. 

Nach  aussen  erntete  man    die  Früchte  von  Alexandres'   kopfloser 
itik.     Symeon  mit  seinen  Bulgaren  zog  verheerend  bis  vor  die  Haupt- 
dt  913;  im  folgenden  Jahre  nahmen  die  Bulgaren  durch  Verrat  sogar  913 
rianopel,   konnten   es  aber  den  Griechen  gegenüber   nicht  behaupten. 
5   Regierung   bereitete    eine    ernstliche   Aktion    vor.      Die   sämtlichen 
iippen,  auch  die  asiatischen,  wurden  zu   einem  Hauptschlag   gegen  die 
Igaren  in  Europa  konzentriert,  und  die  Führung  einem  der  tüchtigsten 
nerale  des  Reichs,   Leon  Phokas,    anvertraut.     Gleichzeitig    hatte   das 
jantinische  Gold  auf  die  Gemüter  der  Patzinaken  gewirkt;  ihre  Operation 
Ite  durch  die  römische  Flotte  unter  dem  Admiral  Romanos  unterstützt 
rden.     Allein  Romanos  benahm  sich  höchst  zweideutig.     Die  erwartete 
2inakische  Hilfe  blieb  durch  seine  Schuld  aus,  und  so  erlitten  die  Römer 
;er  Leon  die  furchtbare  Niederlage  bei  Acheloos  20.  August  917.     Der  20.  Aug. 
riguenkampf  zwischen  den  beiden-  Rivalen  Leon  und  Romanos   endigte     ^^'^ 
',  der  völligen  Niederlage  Leons.   Kaiser  Konstantin  wurde  für  nominell 
ndig  erklärt;  die  Regierung  übernahm  25.  März  919  Romanos  Leka-  25.  Man 
aos    zum   Grosshetaireiarches   proklamiert  (General    der    ausländischen     ^^9 
rdetruppe).      Seine  Tochter  Helena  wurde  mit  dem   Kaiser  vermählt; 
eits  im  April  desselben  Jahres  erhielt  er  die  neugeschaffene  Würde  des 
sileopator    und  mit  seinem   hohen   Militärkommando  wurde  sein  Sohn 
nstophoros  betraut.     Der  schwache  Konstantin  ernannte  seinen  energi- 
en  Schwiegervater  bald  zum   Cäsar,   und  17.  Dezember  919   ward  er  17.  Dez. 
n  Patriarchen  Nikolaos  feierlich  als  Mitkaiser  (919 — 944)  gekrönt.  ^^^qaa 

Die  Hauptgefahr  für  das  Reich  waren  die  Bulgaren  und  die  kreti-       ~ 
en  Korsaren.     Das  Bulgarenreich   erreichte  unter  Symeon  (893 — 927)  893-927 
i  Gipfel  seiner  Machtfülle.     Der  von  ihm  angenommene  Titel  „Gar  der 
garen  und  Autokrator  der  Romäer"  dokumentiert  die  deutliche  Absicht, 
alternde  Reich  von  Ostrom  politisch  zu  ersetzen,  wie  der  zum  Patri- 

62* 


9go  Abrisa  der  bygantiniachen  KaisergeBohielite. 


iJif 


LT    £ 


archen   erhobene  Metropolit  von  Pr^slav  offenbar  die   Stelle  des 
nischen  Patriarchen  einnehmen  sollte.     Immer   weiter  über  A< 
Mesembria  und  Yodena   hinaus  wurden  auf  Kosten  des  römischen 
die  Grenzen  der  Bulgaren  vorgeschoben;  im  Westen  erreichte  sie  nachUi 
werfung  der  altillyrischen  Landschaften  die  Adria.  Byzanz  griff  zu 
bewährten  Politik;  Serben  und  Kroaten  wurden  gegen  ihre  ostb 

927  Brüder  ausgespielt.  Die  schwere  Niederlage  Alogoboturs  (927)  durA 
Kroaten  und  der  im  gleichen  Jahre  eingetretene  Tod  des  grossen  Cara 
zeichnen  den  Anfang  des  Niedergangs  für  Bulgarien.     Symeons  Sohl, 

J7— 968  fromme,    friedliebende  und  schwache  Car  Peter  (927 — 968),  schlo» 
kurzen  Kämpfen  in  Makedonien  Frieden  mit  Rom,  und  die  entente  cordule 
beiden  Grossmächte  wurde  definitiv  besiegelt  durch  die  Heirat  des  Carei 
Kaiser  Romanos'  Enkelin  Maria,  der  ersten  byzantinischen  Carica  auf 
bulgarischen  Thron.   Ein  politischer  Meisterzug  des  oströmischen  E 
war   die  feierliche  Anerkennung  des  bulgarischen  Patriarchats; 
blieb  die  bulgarische  Nationalkirche  endgültig  in  der  orthodoxen 
Schaft,  und  jedes  Band  mit  Alt-Rom  war  zerschnitten. 

In  Unteritalien  hat  Romanos  den  griechischen  Besitzstand  mit 
behauptet.     Die  Geissei   des  ägäischen  Meeres,   der  fürchterliche 
924  Leon  von  Tripolis,   wurde  924  durch   den  tapferen  Drungarios  Jol 
Radinos  in  der  gewaltigen  Seeschlacht  von  Lemnos  so  gründlich  gezQ 
dass  die  maritime  Gefahr  als  in  der  Hauptsache  beseitigt  angesehen  wi 
konnte. 

Den  Beweis  des  machtvollen  Aufstrebens   gewähren  aber  vor 
die   orientalischen  Verhältnisse,   der    Kampf  im  Osten   mit  dem  in 
ster  Zerrüttung  begriffenen   und  in    seine  Bestandteile   sich   auflös^ite 
Chalifat  von  Bagdad.     Der  ausgezeichnete  armenische   General  Johaoui 

20—942  Kurkuas  hat  während  zweiundzwanzig  Jahren  harter  Kämpfe  (920— StfjKC 
die  Grenzen  vom  Halys  bis  an  den  Euphrat  und  Tigris  vorgeschoben.  Dci|f 
Emir  Apochaps  (Abü-Hafs)  von   Malatia  (Melitene)   schloss  mit  Rom 

928  Bündnis  928.   Dadurch  wurde  dieser  Brückenkopf  ^r  die  Angriffe  der  Ui* 
gläubigen  ein  Hauptbollwerk  des  Römerreichs.     Die  Truppen  des  EmSn 
kämpften  mit  den  Römern  gegen  ihre  Glaubensgenossen.  ^Nach  erfochten» 
Siege  zogen  sie  gemeinsam  mit  den  Römern  triumphierend  in  die  Hauptstadt 
ein,  die  Agarener  gefangen  mit  sich  führend.     Das  war  ein  wonderbara 
und  unerwartetes  Zeichen  des  Unglücks  der  gottlosen  Agarener*  sagt  voll 
Hochgefühl   der   Chronist.^)     Apochaps'   Nachfolger  büssten  ihren  Qeain- 
nungswechsel  mit  der  Eroberung  und  Zerstörung  des  blühenden  Melitene 
und  seiner  Nachbarstädte.     Ein  römischer  Kurator  gebot   nun  auf  dies» 
vom  Islam  so  lange  behaupteten  Stätte.    Kurkuas  aber  „der  grosse  Kriegs- 
mann, hat  überall  Siegeszeichen  aufgerichtet,  die  Grenzen  der  Römer  aus- 
gedehnt und  zahlreiche  Städte  der  Agarsöhne  zerstört." 

Von  grösster  Wichtigkeit  war  die  damit  verbundene  Regeneration 
der  orientalischen  Christen,  der  Armenier  und  der  Iberer,  welche  das  Joch 
des  Islams  abschüttelten.   Die  Bagratunier  hatten  bereits  in  Basileios'  Zeit 

')  Georgius  Hamart.  S.  834  Muralt. 


»•r  HOhepimkt  oatröm.  MaohtfOlle  unter  d.  armen.  Dynastie  (867—1025).     9g  1 

selbständiges  armenisches  Reich   wieder  gegründet,  und   der  Kaiser 
»  auch  „dem  Fürsten  der  Fürsten**  («^x®*'  ^^^^  dQxoi*T(ov  —  i^chanac 
an)  A^*ot  die  Eönigskrone  übersandt  und  einen  Allianzvertrag  mit  ihm 
Bschlossen,  nachdem  auch  der  Chalif  ihn  885  feierlich  zum  König  hatte  885 
damieren  lassen.     Nach  Ai'ots  (f  889)  und  seines  heldenkühnen  Sohnes  889 
mt   (t  914)  Tode  erlangten  die  Araber  wieder    das  Übergewicht;  in  914 
lenien  herrschte  Anarchie.     Allein  Smbats  würdiger  Sohn  Aiot  „der 
jrne"  (915—928)    säuberte   mit  Hilfe   der  Könige  der  Iberer  und  Ap'-  915-928 
cen  das  Land  von  den  Arabern  und  erstieg  im  Bunde  mit  den  Griechen 

Gipfel    bagratunischer  Machtfillle.     Der  Chalif  verlieh  ihm  922   den  922 

ennamen  Sähän-säh  König  der  Könige;  kein  leerer  Titel;  dadurch  wurde 
.e  Suzeränetät  über  die  christlichen  Teilfürsten  von  Yaspurakan,  Alba- 
ly  Iberien  und  Ap*chazien  in  offizieller  feierlicher  Form  anerkannt. 

Armenien  war  von  jetzt  an  der  Machtsphäre  des  Chalifats  völlig  ent- 
it,  und  stand  in  innigster  Allianz  mit  Ostrom,  den  Vorposten  der 
istenheit  bildend.  Der  den  Orient  repräsentierende  Islam  war,  wie  in 
Partherzeit,  hinter  die  gebirgigen  Grenzwälle  von  Adrbeidschan  zurück- 
rorfen.  Die  Armenier  und  allerdings  sehr  in  zweiter  Linie  die  Iberer 
errschten  damals  die  weltgeschichtliche  Situation.  Die  tapferen  und 
;en  Söhne  dieser  Nationen  haben  wie  in  der  Generalität,  so  auch  im 
rinett  des  oströmischen  Reichs  die  leitende  Stellung  erlangt  und  in 
•digster  Weise  behauptet.  Auch  der  Segen  des  Himmels  schien  die 
perung  des  „gottgeleiteten  christusliebenden**  Kaisers  Romanos  aus- 
Bichnen.  Nach  der  Erstürmung  von  Nisibis  durch  den  genialen  Kur- 
s  942  zwang  dieser  die  Einwohner  des  nun  aufs  äusserste  bedrohten  942 
»ssa  ihm  das  hl.  Palladium  ihrer  Stadt  auszuliefern,  das  „nicht  von 
isehenhänden  geschaffene,  göttliche  Bild  dessen,  der  das  unveränderliche 
)ild  seines  Vaters  ist*.  Das  ganze  Reich  geriet  in  begeisterte  Erregung, 
feierlichem  Triumphzug,  in  allen  Städten  von  jubelnden  Deputationen 
Klerus,  der  Primaten  und  des  Volkes  begrüsst,  gelangte  die  hochheilige 
iquie  nach  der  Reichshauptstadt  und  wurde  dort  mit  jenem  gewaltigen 
npe  empfangen,  welchen  der  Klerus  des  ökumenischen  Stuhles  bei  solchen 
egenheiten  zu  entfalten  pflegt. 

Die  Russen,  welche  unter  ihrem  Grossfürsten  Igor  941  auf  mehr  als  941 
send  Schiffen  und  mit  40  000  Mann   unter   namenlosen  Greueln  gegen 
Hauptstadt  zogen,  wurden  zu  Lande  von  Kurkuas,  zur  See  bei  Hierion 
ch   den  Patricius  Theophanes   so   gründlich   geschlagen,   dass  sie  sich 
geraume  Zeit  ruhig  verhielten   und  bald  mit  Ostrom  einen  wichtigen  945 
idelsvertrag  abschlössen. 

Während  so  nach  aussen  die  Regierung  des  Kaisers  Romanos  überaU 
machtvollen  Aufschwung  offenbarte,  welchen  Ostrom  im  X.  Jahrhundert 
m,  entfaltete  sie  auch  im  Innern  eine  äusserst  nützlich^  Thätigkeit. 
'  allem  wandte  Romanos,  wie  seine  Novelle  zeigt,  der  agrarischen  Frage 
i  Hauptaugenmerk  zu.  Er  nahm  geradezu  Gott  zum  Vorbild  in  seiner 
ge  für  die  wirtschaftlich  Schwachen  gegenüber  den  Bedrückungen  der 
^htigen.  Die  Zunahme  des  Grossgrundbesitzes  ruinierte  die  Reichs- 
nzen.    Darum,  sagt  der  Kaiser,  müsse  das  Schwert  der  Gesetzgebung 


9g2  Abrias  der  byzantinischen  Kaisergoschiolite. 

gegen  die  inneren  Feinde  gezückt  werden;  denn  der  Schutz  der  Uni 
gegen  tyrannische  Bedrückung  sei  nicht  mindere  Pflicht  als  die  Hc 
uud  Festigung  der  Reichsgrenzen.     Bauerngüter  werden  dem  freien  iB™ 

927  und  Verkauf  entzogen.    Von   dem  Jahr   der  grossen  Hungersnot  aa  '^^  ^ 
welche  zuerst  die  Aufmerksamkeit  der  Regierung  auf  die  sozialen  Fi 
gelenkt  hatte,  sollten  alle  Neuerwerhungen  solcher  Güter  nichtig  sein 
diese  an  die  alten  Eigentümer  zurückfallen  seihst  ohne  Entschädigung  fori 
machte  Meliorationen.  Nicht  nur  die  Finanzen  wurden  durch  die  Latil 
Wirtschaft  tangiert;   ehenso  verderhlich   wirkte  sie  auf  das  Mihi 
Der  Militärdienst  ruhte,   wie    in  der  altrömischpn  Eaiserzeit,  viel&di 
unveräusserlichen    Soldatengütem.      Wurden    diese    von    Weidwij 
treihenden  Magnaten  aufgekauft,  war  es  mit  der  Rekrutierung  der 
vorbei.   Hat  auch  die  Regierung  mit  ihrem  Ankämpfen  gegen  eme 
tige   Zeitströmung  wenig   Erfolg   gehabt,   so   ist  doch   die  grundtüc 
Tendenz,  welche  wenigstens  den  ärgsten  Auswüchsen  ein  Ziel  setzte, 
Lobes  wert. 

Dabei  darf  nicht  vergessen  werden,  dass  das  nach  aussen  wie 
innen  so  stark   in  Anspruch  genommene  Gouvernement   noch  mit 
hörlichen  Verschwörungen  der  gegnerischen  Hofparteien  und  Granden 
kämpfen    hatte.     Mit  Strenge   verstand  aber   Romanos   jede   Op] 
niederzuhalten;  als  Symptom  der  steigenden  Adelsmacht  sind  jedoch  Um] 
Vorgänge  immerhin  bemerkenswert.    Sie  erinnern   in  unliebsamer  W« 
an  die  parallelen  Vorgänge  in   den  kulturell  minderwertigen  Staaten 
Abendlandes. 

Erbarmungslos  alles  niedertretend,  sorgte  Romanos  in  rücksiclito'l 
losester  Weise  nur  für  seine  Familie.  Seine  Söhne  wurden  alle  zu  Mitkaisen^ 
921  924  ernannt:  Christophoros  (921),  Stephanos  und  Eonstantinos  (924);  sogir 
seinen  Enkel  Romanos,  den  Sohn  des  Christophoros,  krönte  er  mit  der 
kaiserlichen  Stirnbinde.  Christophoros'  Frau  wurde  zur  Angusta  erhöbet 
923  927  (923) ;  dessen  Tochter  Maria  dem  bulgarischen  Car  (927)  vermählt  End- 
lich Romanos'  vierter  Sohn,  der  gründliche  Kenntnisse  in  der  Reitkunsl 
besass  und  dessen  geistiges  Niveau  ungefähr  das  eines  hochadlichen  Sport»- 
manns  oder  eines  Jockeys  war,  wurde  ausersehen ,  den  Thron  des  Apostels 
Andreas  und  des  hl.  Stachys  zu  zieren,  die  einzige  ganz  unwürdige  Gestalt, 
welche  diesen  Stuhl  befleckt  hat.  Der  legitime  Spross  des  makedonischeo 
Kaiserhauses,   der  gelehrte  Schattenkaiser  Konstantinos,   wurde  mit  der 

922  bei  den  damaligen  Griechen  nicht  seltenen  Eidbrüchigkeit  922  in  die 
zweite  Stelle  gedrängt,  später  erhielten  auch  die  übrigen  Lekapener  des 
Vortritt  vor  ihm  „und  der,  welcher  der  erste  hätte  sein  sollen,  wurde  dö* 
fünfte. " 

Auch  den  kirchlichen  Streit  hatte  Romanos  begraben.     Nach  seiner 

912  Wiedereinsetzung  durch  Alexandres  912  hatte  der  leidenschaftliche  Niko- 
laos   den   Namen   des  römischen  Bischofs   aus   den  Diptychen  gestrichen 

920  und  die  kirchliche  Kommemoration  unterlassen.  920  wurde  eine  neue  feier- 
liche (natürlich  ganz  wertlose)  Union  geschlossen,  welche  den  griechischen 
Grundsatz  von  der  Verwerflichkeit  der  vierten  Ehe  anerkannte.  Nikolaos 
bemerkte  in  seinem  blinden  Eifer  nicht,  dass  er  ahnungslos  die  Gteschäftt? 


>«r  HOhepiinkt  ostrOm.  MachifftUe  unter  d.  armen.  Dynastie  (867—1025).    983 


schlauen  Regenten  besorgte.  Der  einzige  Legitime  wurde  durch  die 
3Uiche  Verwerfung  von  seines  Vaters  Ehe  in  den  Augen  der  Frommen 
Bastard  gebrandmarkt,  während  das  Haus  der  Usurpatoren  ,,that,  was 
n  Herrn  wohlgefällig  war.**  Mönche  und  Arme  priesen  um  die  Wette 
B  herrlichen  Werke  und  unzähligen  Wohlthaten  des  allergläubigsten 
1  orthodoxesten  Kaisers  Romanos.'' 

So  hat  dieser  fürchterliche  Gewaltmensch  mit  eiserner  Rute  die 
atntinische  Welt  regiert.  Die  völlige  Ersetzung  des  makedonischen 
nses  durch  die  Dynastie  der  Lekapener  schien  nur  noch  eine  Frage  der 
t,  als  gleich  einem  Blitz  aus  heiterm  Himmel  auch  ihn  jählings  die 
lastrophe  erreichte  und  von  einer  Seite,  woher  es  niemand  erwartete 
ii  erwarten  konnte. 

Mit  bewusster,  prinzipieller  Erbarmungslosigkeit  hatte  Romanos  jeden 
lanken  an  Usurpation  niedergehalten  und  alle  fremden  Rechte  missachtet, 
r  auf  den  Hochverrat  der  eigenen  Söhne  hatte  er  nicht  gerechnet.  Es 
r  eine  furchtbare  Nemesis,  dass  dieser  geniale,  aber  grundsatzlose 
)vler  durch  den  schwärzesten  Undank  derjenigen  gestürzt  ward,  in  deren 
eresse  er  alles  göttliche  und  menschliche  Recht  mit  Füssen  getreten 
te.  Vergebens  hatte  ihm  sein  strenger  Freund,  der  Mönch  Sergios,  das 
dcksal  des  Hohenpriesters  Eli  geweissagt.  Sein  Ältester  starb  vor  dem 
ter.     Stephanos  und  Konstantinos  verhafteten  16.  Dezember  944   den  16.  Dez. 

944 

enen  Vater*)  und  schafften  ihn  nach  dem  Inselkloster  Prote,  „damit  er 
i  den  Mönchen  philosophiere."     Dort  starb  er  auch  948,   „vom  Throne  948 
türzt,  wie  der  alte  Kronos  von  Zeus." 

Doch  schon  27.  Januar  945  mussten  auch  die  beiden  Empörer  ins  27  Jan. 
«ter  zu  ihrem  Vater,  der  sie  mit  herbem  Spotte  empfing.*)  Der  Jubel 
i  Volkes  über  die  Wiedereinsetzung  des  rechtmässigen  Fürstensprosses 
gte,  welch  mächtige  Fortschritte  die  Legitimitätsidee  in  dem  bisher  an 
\  reine  Militärregiment  gewöhnten  Byzanz  gemacht  hatte.  Vor  hundert 
jr  zweihundert  Jahren  wäre  so  etwas  rein  undenkbar  gewesen.  Wo 
;te  sich  797  ein  Mitgefühl  des  Volkes  für  den  unglücklichen  Konstan- 
os  VI?  Die  hochmächtige  Dynastie  der  Lekapener  war  plötzlich  in  den 
kub  gesunken,  und  alle  Intriguen,  die  vom  Patriarchalpalast  des  un- 
leutenden   Theophylaktos  ausgingen,   vermochten  nicht  sie  wieder  zu 


^)  Theoph.   cont  53   p.  435  bezeichnet 

intellektuellen  Urheber  der  That  den 
ser  Konstantin.  Dann  ist  dieser  doch 
it  ein  so  elender  Schwächling,  als  man 
leinhin  annimmt;  an  ihm  hatte  eine  solche 
hethat  der  Schwiegervater  reichlich  ver- 
it. 

*)  ,  Welche  Festzeit,  die  Ew.  Majestäten 
anlaset  hat  Unsre  Demut  zu  besuchen. 
I  Erbarmen,  denke  ich,  welches  mich  aus 
1  Palaste  vertrieb,  hat  Ew.  Liebden  nicht 
lubt  länger  daselbst  zu  verweilen.  Wie 
il  habt  Ihr  daran  gethan,  mich  so  lange 
aus  zu  senden.  Denn  meine  lieben  Brüder 

Mitstreiter  in  Gott,  ganz  hingegeben 
1    Stadium    der   himmlischen   Weisheit, 


hätten  nicht  gewusst,  wie  man  Kaiser  em- 
pfange, wenn  sie  nicht  Mich,  den  in  der 
Kaiserlichen  Hofetikette  so  wohlerfahrenen, 
gehabt  hätten.  Wohlan  denn!  Wasser  ist 
für  Euch  bereit,  frischer  als  wenn  es  durch 
Alpeneis  gekühlt  wäre;  zarte  Bohnen,  Ge- 
müse nnd  frische  Birnen  stehen  zur  Ver- 
fügung. Delikatessen  des  Meeres  verderben 
uns  hier  den  Magen  nicht,  viel  eher  häufige 
Fasten.  Das  zahlreiche  und  prachtvolle  Ge- 
folge kann  unsere  Armut  nicht  empfangen; 
Sie  nimmt  nur  Ew.  Majestäten  auf,  die  her- 
gekommen sind,  um  das  väterliche  Greisen- 
alter  nicht  der  Verlassenheit  preiszugeben.* 
Liudprandi  antapod.  V.  23. 


9g4  Abrifls  der  bysantinisohen  Kaisergesohiohie.  K^sx 

erheben.     Gegen  den  Anhang  der  Lekapener  stützte  sich  Eonstantii 
das  kriegstüchtige  Phokashaus.    Bardas  Phokas,  der  Bruder  des 
Kronprätendenten  Leon,  wurde  Domestikos  täv  axoiM%\  seine  drei 
risch  äusserst  föhigen  Söhne  Nikephoros,   Leon  und  Konstantin 
die  bedeutendsten  Militärkommandos  in  Asien.   Die  thatsächliche 
führten  für  den  gelehrten  Büchermann   seine    ehrgeizige   Gattin  HthSBU 
und  ihr  Günstling  Basileios  o  nsTsivoq.  ■&' 

Den  Krieg  in  Asien  gegen   die  Hamdaniden  führte  der  sc 
geizige  Bardas  Phokas  anfangs  mit  wenig  Glück;  allein  seinem  t&chti|fl|ä 
Sohne  Nikephoros  gelang  es,  die  Disziplin  im  Heere  und  die  Ordnung  ^-F 
der  Civilverwaltung  herzustellen. 

Einen  letzten  Glanz  über  Konstantins  Regierung  verbreitete  der  1^11 
such  der  russischen  Regentin  Olga,  welche  sich  mit  zahlreichen  B^ 

^7  957   in  der  Reichshauptstadt  taufen  liess.     Die  Christianisierung 
für  Byzanz  so  wichtigen  Volkes   sollte  freilich   erst  einer  späteren 

►V.  ration  aufbehalten  bleiben.     Als  Konstantin  VII  9.  November  959 
hinterliess  er  das  Reich   seinem  ausschweifenden  und  gänzlich  hal 

63  noch  sehr  jugendlichen  Sohne  Romanos  II  (959 — 963).   Der  Vater 
ihn  erst  mit  Bertha,  einer  unehelichen  Tochter  des  Königs  Hugo  von  Provi 
verheiratet;  später  verliebte  sich  der  Kronprinz  sterblich  in  eine  schltai 
ehrgeizige    und  grundsatzlose  Schenkwirtstochter  Anastasia,  welche  iv 

57  schwache  Vater  unter  dem  Namen  Theophano  957  dem    erst  19jihrigei 
Kronprinzen  zur  Gattin  gab.     Sie  wurde   der   böse  Genius   des  Kai 
hauses.     Die  Regierung  führte  unter  Romanos  der  höchst  fähige  Paüidn 
Joseph  Bringas.   Er  übertrug  dem  besten  Feldherrn  des  Reichs  Nikephor« 
Phokas,   dem  Domestikos  roiv  axoXm\  die  Leitung   der  grossartigen  See- 
expedition  gegen  das   kretische  Piratennest.     Seit  langem   war  keine  so 
glänzende  Armada  aus   den  römischen   Häfen  ausgelaufen.     Der  vorzüg- 
lichen Leitung  entsprach   ein   beispielloser  Erfolg.     Unter  fürchterlichem 

61  Blutvergiessen  wurde  im  März  961  die  kretische  Hauptstadt  Chandax 
erstürmt  und  dem  Erdboden  gleich  gemacht.  Die  muselmännische  Be* 
völkerung  wurde  verjagt  oder  durch  römische  Missionare,  an  ihrer  Spitze 
der  hl.  Nikon,  christianisiert.  Die  Römer  waren  durch  diesen  Hauptschlag 
endlich  wieder  Herren  im  eigenen  Meere  geworden. 

62  Auch  in  Asien  war  Nikephoros  glücklich.  962  fielen  Doliche,  Hiera- 
polis  und  das  kilikische  Anazarbos  in  seine  Hände.  Den  Hamdaniten  Seif 
Addavlä  schlug  er  bei  seiner  Hauptstadt  Aleppo,  nahm  die  Vorstädte  und 
die  Stadt  selbst  ein ;  nur  die  Burg  hielt  sich.  Beim  Nahen  einer  arabischen 
Armee  von  Damaskos  her  zog  er  mit  reicher  Beute  ab. 

irz  Während   dieser  grossen  Erfolge   starb   15.  März  963   Romanos  ü, 

seine  Witwe  Theophano  mit  zwei  unmündigen  Söhnen  Basileios  (957)  und 
Konstantinos  VIH  (961)  hinterlassend.  Nikephoros,  der  im  Beginn  der 
von  Bringas  geführten  vormundschaftlichen  Regierung  der  Kaiserinwitwe 
Treue  geschworen,  erschien  auf  die  Kunde  gegen  ihn  geplanter  Intriguen 
mit  dem  asiatischen  Heere  vor  der  Hauptstadt,   erzwang  Bringas'  R4ick- 

g.  tritt  und  wurde  am  16.  August  963  vom  Patriarchen  zum  Kaiser  gekrönt 
und  bald  darauf  mit  der  kaiserlichen  Witwe  Theophano  vermählt.     Die 


Der  Höhepunkt  ostrOm.  MaohtfAlle  unter  d.  armen.  Dynastie  (867—1025).    gS5 

sierang  Nikephoros'  II  (963—969)  und  dieseiner  Nachfolger  Johannes  963—96 
Imiskes  (969—976)  und  Basileios  Bulgaroktonos  (976—1025)  be- 969-97 
dmen  den  eigentlichen  Höhepunkt  byzantinischer  Machtfiille.    „Damals  ^"^^Z^^^* 
Dhien  Phokas  wie  ein  Blitz  und  stürmte  gegen  die  Feinde  der  Römer.  .  . 
zerstörte,  verbrannte,  führte  in  Gefangenschaft  die  Städte  und  Länder 
Barbaren.    Myriaden  der  Fremdländer  erschlug  er  und  breitete  aus 
Herrschaft  und  die  Macht  der  Römer.     Es  zitterten  die  Araber;   die 
lienier  und  Syrer  bebten;  es  zagten  die  Sarazenen  und  die  Türken  flohen, 
I  die  Römeu  eroberten  ihre  Plätze  und  Landschaften  und  Phokas'  Name 
r  furchtbar  bei  allen.*') 

Nikephoros  hatte  eine  vorzügliche  Armee  herangebildet;  Armenier 
L  Iberer,  Slaven  und  Russen,  geworbene  fremde  Söldner  bildeten  den 
m  derselben.  Das  Militärbudget  verschlang  ungeheure  Summen,  und 
Volk  war  erbittert  über  den  schweren  Steuerdruck,  welchen  der  nichts 
3iger  als  liberale  Fürst  über  die  Civilbevölkerung  verhängte.  Auch  die 
sUichkeit  mit  ihren  reichen  Besitzungen  wurde  sehr  energisch  zu  den 
4$hsla8ten  herangezogen.  Der  üble  Wille  des  Klerus  machte  daher  dem 
Lßer  überall  Opposition.  Um  den  Patriotismus  seiner  Krieger  anzu- 
em,  verlangte  er,  dass  alle  im  Kampfe  gegen  die  Muslimen  gefallenen 
-ißten  für  Märtyrer  sollten  erklärt  werden.  Es  war  lediglich  priester- 
ae  Verstocktheit,  als  der  hl.  Polyeuktos,  der  damalige  ökumenische 
aiarch,  unter  Berufung  auf  die  Kanones  des  hl.  Basileios  dies  rundweg 
ichlug,  obschon  ihm  die  Kirchengeschichte  bei  etwas  mehr  gutem  Willen 
1  bei  grösserer  Vaterlandsliebe  Präzedenzfalle  an  die  Hand  gegeben 
tte.  Aber  freilich  der  sehr  verständige  Nikephoros  hatte  auch  dem 
vernünftigen  und  übermässigen  Kloster-  und  Spitälergründen  Einhalt 
tthan,  und  das  verzieh  ihm  die  Geistlichkeit  nicht. 

Die  Geistlichkeit  verdarb  auch  des  Kaisers  Kirchenpolitik  gegenüber 
n  Dissidenten.  Auf  seine  Einladung  hatte  der  jakobitische  Patriarch 
n  Antiochien  einen  Aufruf  an  seine  Glaubensgenossen  erlassen  zur 
iederbevölkerung  des  verödeten  Melitene.  Auf  die  feierliche  Versiche- 
ig  des  Kaisers,  die  traurigen  Chalkedonquälereien  nicht  wieder  zu  be- 
inen,  strömten  die  Syrer  massenhaft  herbei.  28  syrische  Kirchen 
imückten  die  Stadt,  zahlreiche  Klöster  erhoben  sich  in  derselben  und 
der  Umgegend.  Im  Cönobium  von  Band  nahm  der  Patriarch  Mar  Johannan, 
aannt  Srigta  (965 — 985)  seine  Residenz.  Es  war  politisch  von  höchster  965-98 
ichtigkeit,  dass  das  Römerreich  auch  als  Schutzmacht  der  orientalischen 
risten  gelte.  Allein  der  griechische  Erzbischof  von  Melitene  brachte 
aus  kleinlicher  Eifersucht,  unterstützt  vom  Patriarchen,  dahin,  dass 
,n  mit  offenem  Wortbruche  die  syrischen  Bischöfe  durch  Gefängnis 
1  Zitationen  nach  Konstantinopel  und  ähnliche  Massregeln  zur  Union 
ingen  wollte.  Alle  die  kleinlichen  Vexationen,  über  welche  die  Griechen 
}er  der  lateinischen  Herrschaft  klagten,  übten  sie  selbst  als  Herrscher 
;en  ihre  syrischen  Glaubensgenossen  aus  und  zeigten  damit  genau  dieselbe 
itische  Kurzsichtigkeit  wie  die  Lateiner. 


')  Georg  Hamartol.  ed.  Maralt  pg.  861. 


ggg  Abriss  der  bTsantinisoheii  KalMrgesoliieliio.  ^^  D, 

Der  Versuch  Ottos  des  Grossen,  durch  eine  Heirat  das  aben 
Kaisertum  mit  dem  oströmischen  zu  verbinden,  scheiterte  teils  io 
Ungeschick  des  heissblütigen  Diplomaten,  des  Bischofs  Liutprand  tob 
mona,  teils  an  den  hochgemessenen  Ansprüchen   Ottos,   der  naiv 
war,   von  den  Griechen  eine  Abtretung  ihrer  unteritaUschen  Beei 
als  Morgengabe  für  Theophanu  zu  verlangen. 

964  Grossartig  waren  Nikephoros'  Erfolge  in  Asien.   964  eroberte  er 

965  zaibos,  Rosos,  Adana  und  Mopsuhestia,  965  fiel  das  schon  im  Jahre 
belagerte  Tarsos  mit  unermesslicher  Beute  in  seine  Hände.    Gleichzeitig 
wann  die  Flotte  unter  dem  Patricius  Niketas  Kypros  zurück.    Nach 

968  jähriger  Pause  nahm  der  Kaiser  968  den  asiatischen  Krieg  mit  einer 
von  80  000  Soldaten  wieder  auf.  Diesmal  galt  es  der  syrischen  Hau 
Antiochien.  Laodikeia,  Hierapolis,  Aleppo,  Arka  und  Emesa  wurden  yr«,^;^ 
nommen;  Tripolis  und  Damaskos  zahlten  Tribut.  Während  des  Wiiliil^ 
gelang  es  dem  kühnen  und  talentvollen  Burtzes,  welcher  das  bei  AntiodMn{^ 
stationierte  Beobachtungskorps  kommandierte,  mit  Hilfe  des  aus  den  Vtmy^ 
kischen  Winterquartieren  herbeigeeilten  Petros  die  wichtige  HauptaU^I^ 
nachdem  sie  328  Jahre  den  Ungläubigen  gehorcht  hatte,  wieder  tel||n 
Christenreiche  zurückzugewinnen.  Der  missvergnügte  Kaiser,  der  tj^y^ 
messenen  Befehl  hinterlassen  hatte,  diesen  Siegeslorbeer  ihm  zu  reservi€fcii,L 
entsetzte  beide  Generale  ihres  Kommandos. 

Edelmütiger  war  er  gegen  den  siegreichen  Eroberer  von  KyproB. 
Niketas,  der  bei  dem  missglückten  Versuche  Sicilien  wieder  zu  gewinnen, 
in  die  Gefangenschaft  der  Fätimiden  von  Kaiman  geraten  war.  Er  löste 
ihn  aus  gegen  das  in  Syrien  erbeutete  Schwert  Muhammads. 

Den  Stolz  der  Zeitgenossen  über  den  Wiedergewinn  von  Syrien  und 
Mesopotamien  diesseits  des  Euphrats  drückt  die  Neuausgabe  von  Hierokl»' 
Reichsbeschreibung  aus,  welche  dieser  Zeit  angehört  und  den  unter  Nike- 
phoros wiedergewonnenen  Reichsumfang  darstellt.  Es  sind  absichtlich  — 
weil  den  Ungläubigen  botmässig  —  der  grösste  Teil  von  Mesopotamien 
jenseits  des  Euphrats,  Phönikien,  Palästina,  Ägypten  und  Kyrenaika  weg- 
gelassen. 

Ebenso  kraftvoll  war  Nikephoros'  Politik  auf  europäischem  Boden. 
Um  des  Garen  Symeon  Siege  zu  rächen,  plante  er  eine  völlige  Unter- 
werfung des  Bulgarenstaates.     Nach  der  Eroberung  von  Tarsos  rückte  er 

965  965  gegen  Bulgarien  vor  und  verband  sich  mit  dem  wilden  Russen  Svja- 
toslav  zu  einer  gemeinsamen  grossen  Operation.    Dieser  erschien  August 

967  967  mit  einer  starken  Korsarenflotte  an  der,  Sulinamündung.  Drster 
und  andere  Donaustädte  fielen  dem  gewaltigen  Kriegshelden  zu,  der  in 
Preslavec  sein  Winterquartier  bezog.  Aber  den  Byzantinern  ging  es,  wie 
einst  den  Athenern  mit  ihrem  Freunde  SitaJkes,  dem  Odrysen.  Die  nieder- 
schmetternden Erfolge  der  Russen  erschreckten  die  Griechen  ebenso  sehr 
wie  die  Bulgaren.  Schnell  schloss  der  Kaiser  mit  Peter  dem  Heiligen,  dem 
Bulgarencaren,  eine  durch  Wechselheiraten  und  Gteisselstellung  bulgarischer 
Prinzen  befestigte  Allianz,  und  ein  Einfall  der  Patzinaken  rief  die  Russen 

969  969  nach  Kyjev  zurück.  Doch  bereits  im  Frühling  desselben  Jahres  kehrtt 
Svjatoslav  nach  Bulgarien  und  „nahm  Preslavec  mit  der  Lanze*.   Car  Boris  II 


I>«r  Höhepunkt  oström«  Maohtfülle  unter  d.  armen.  Dynastie  (867-1025).     987 

r^irde  sein  Gefangener.     Sein  Angriff  auf  das  Romäerreich  fällt  bereits 
[xiT  die  nachfolgende  Regierung. 

-      Nikephoros'   Unbeliebtheit  beschränkte  sich  auf  die  Hauptstadt;  in 

^1  Provinzen  war  alles  ruhig,  und  die  Soldaten  vergötterten  ihn.    Er  fiel 

roh  eine  Verschwörung  missvergnügter  Offiziere,   zu  denen  der  zurück- 

.^Betzte  Burtzes  und  vor  allem  sein  Neffe,  der  fähigste  aller  römischen 

oierale,  Johannes  Tzimiskes,  gehörten.   Die  eigene  Gattin  Theophano  war 

m  Anschlag  nicht  fremd.     10.  Dezember  969  fiel  der  grosse  Herrscher,  ^0- ^ 

id  unmittelbar  darauf  wurde   Johannes  Tzimiskes  zum  Kaiser  aus- 

arufen.    Er  war  ohne  Frage  nächst  Nikephoros  der  föhigste  General  des 

eiches,  ein  nationaler  Armenier;  mit  Begeisterung  redeten  seine  Lands- 

nte  von  Kiur  Zan  {iarvig)  dem  Römerkaiser.  Diese  Abkunft  schadete 
iiner  Popularität  bei  den  Griechen  nichts;  waren  doch  die  hohen  Militar- 
isten damals  fast  regelmässig  mit  Armeniern  und  Iberern  besetzt.  Die 
anst  des  Volkes  gewann  er  rasch  durch  seine  noble,  nahezu  verschwen- 
irische  Art,  welche  von  dem  sparsamen  Haushalt  des  Nikephoros  stark 
>6tach  und  sich  auf  die  Dauer  auch  nicht  halten  liess.  Polyeuktos  der 
itriarch  wollte  Johannes  wegen  seiner  blutbefleckten  Hände  nicht  krönen ; 
dessen  der  hl.  Mann  liess  mit  sich  handeln,  und  um  den  Preis  der  Eas- 
Brung  von  Nikephoros'  nützlichen  Kirchengesetzen  ward  Johannes  ge- 
Ibt  und  gekrönt.  Er  hat  übrigens  nach  Polyeuktos'  Tode  (970)  sich  ^'^^ 
inem  unbotmässigen  hierarchischen  Nachfolger  gegenüber  durchaus  ge- 
achsen  gezeigt.     Ein  Priesterknecht  war  der  armenische  Kaiser  nicht. 

Theophano,  die  von  einer  neuen  Heirat  geträumt,  sperrte  er  nach 
erdienst  ins  Kloster;  dagegen  die  beiden  kleinen  Kaiser  wurden  von  ihm 
dt  derselben  Ehrenhaftigkeit  als  Amtskollegen  respektiert  wie  von  Nike- 
horos,  „er  begnügte  sich  mit  dem  Posten  eines  Premierministers  und 
em  kaiserlichen  Rang."') 

Einen  gefahrlichen  Aufruhr,  welchen  Nikephoros'  Bruder  Leon  und 
3ine  beiden,  gleich  ihm  in  leichtem  Gewahrsam  gehaltenen  Söhne,  alles 
rprobte  Militärs,  erregten,  wurde  970  nicht  ohne  Mühe  gedämpft;  die 
Bbellischen  Prinzen  traf  sämtlich  die  Strafe  der  Blendung.  In  der  äusseren 
'olitik  unterliess  er  Nikephoros'  kleinliche  Tracasserien  und  Etiketten- 
treitigkeiten ;  die  Schwester  der  kleinen  Kaiser  Theophanu  wurde  972  ^^^ 
ach  Italien  geschickt  und  mit  Ottos  Sohn  vermählt. 

Zahlreiche  „Manichäer*  und  Paulikianer  sind  durch  Tzimiskes  um 
•hilippupolis  angesiedelt  worden.  Er  ahmte  damit  das  Beispiel  des  über- 
us  tüchtigen  Konstantinos  V  nach.  Schon  durch  seine  Nationalität  stand 
r  diesen  Gemeinschaften  nicht  mit  dem  finsteren  Fanatismus  der  ortho- 
oxen  Eiferer  gegenüber.  Er  mochte  auch  richtig  berechnen,  dass  diese 
apferen  Scharen  als  Schutz  der  Hämusgrenze  unendlich  wichtiger  seien 
Is  in  Asien,  wo  Hamdaniden,  Baiden,  Saflfariden  u.  s.  f.  sich  um  die 
uoste  des  völlig  entkräfteten  Chalifenreichs  herumschlugen,  und  von  wo- 
er  keine  ernstliche  Gefahr  drohte.  Diese  thrakischen  Paulikianer  haben 
uch  auf  die  neubekehrten  Slaven  durch  ihr  reineres  und  innigeres  Christen- 


>)  So  charakterisiert  Finlay  I  397  treffend  das  Verhältnis. 


ggg  Abriss  der  bTsantinischen  Kaisorgeaoliiohie.  B  1^ 

127—968  tum  eingewirkt.  Unter  Car  Peter  (927 — 968)  verbreitete  Bogomil  ^MUid 
Jeremias  diese  Lehre  unter  seinen  Landsleuten;  die  reissende  PropagiiBts i^ 
welche  sie  unter  Bulgaren  und  Oriechen  machte,  ist  ein  trauriger  BnBtdi«^ 
von  der  geringen  Anziehungskraft,  welche  die  orthodoxe  Kirche  daXtlu 
auf  die  Gemüter  ausübte.  1    ^ 

Eines  tüchtigen  Kriegers   an  seiner  Spitze  bedurfte  das  Römemv*'^'^ 
mehr  denn  je.   Der  fürchterliche  Svjatoslav  hatte  nach  der  NiederwerllMi^  ^ 
des  Bulgarenreichs   gegen  Ende  von  Nikephoros'  Regierung  sich  ge|V^^ 
970  Thrake  gewandt;   970  überschritt  er  den  Hämus,  nahm  PhilippnpobM^  * 
stürmender  Hand  unter  unmenschlichen  Greueln.   Tzimiskes,  der  vergehv^^ 

970  Jahrgelder  angeboten,  eilte  herbei;   es  kam  970  zu  der  unentschieterilP? 

971  Schlacht  von  Adrianopel.  Frühling  971  überschritt  der  Kaiser  die  nmf^ 
den  sorglosen  Barbaren  unbesetzt  gelassenen  Balkanpässe  und  enäiaV^ 
vor  Gros8-Pr5slav.  Trotz  tapferster  Gegenwehr  erstürmten  und  verbraxakiH^^ 
die  Griechen  Stadt  und  Burg;  der  gefangene  Car  Boris  11  wurde  beUlIp' 
und  von  Tzimiskes  hochgeehrt.  Nur  durch  Terrorismus  konnte  Syjattfiirlr 
in  Drster  (Dorostolum-Silistria)  sich  halten;  massenhaft  liefen  die  BulgimV 
dem  Kaiser-Befreier  zu.  Eine  gewaltige  Schlacht  vor  den  Thoren  da  U 
Stadt  wurde  durch  die  römische  Reiterei  zu  Ungunsten  der  Russen  eik- V 
schieden.  Nach  dreimonatlicher  Belagerung,  welche  von  der  Flossseike  ] 
die  römische  Flotte  unterstützte,  und  nach  einem  letzten  verzweifelten  Am- 

22.  Juli  fall  22.  Juli  971,  musste  der  stolze  Russe  kapitulieren  auf  die  Bedingung  | 
^^^     freien  Abzugs  hin.     Gemäss  dem  Wunsche  des  skandinavischen  Barbaroi ' 
bewilligte  ihm  Tzimiskes  auf  der  Donauinsel   eine  Zusammenkunft.    Un- 
mittelbar darauf  fuhr  die  Korsarenflotte  nach  den  Gestaden  des  schwarzen 

972  Meeres.      Frühling  972  fiel  Svjatoslav  im   Kampfe  mit   den    Patzinaken 
und  deren  Fürst  Kur  benutzte  seinen  Schädel  als  Trinkbecher. 

Tzimiskes*  Erfolge  überstrahlten  die  des  Nikephoros,  und  wir  be- 
greifen, dass  die  Zeitgenossen  einer  solchen  Heldengestalt  den  blutigen 
Aufstieg  zum  Throne  verziehen  haben.  Das  Bulgarenreich,  seit  300  Jahren 
der  Schrecken  Ostroms,  lag  zerschmettert  und  gebändigt  zu  den  Füssen 
des  Romäerbasileus.  Allerdings  war  diese  Vernichtung  der  mächtigen 
Nation  das  Werk  der  Russen  gewesen;  aber  diese  vielgefürchteten,  un- 
besiegbaren Nordländer  hatten  sich  der  überlegenen  Kriegskunst  des 
Römers  nicht  gewachsen  gezeigt,  und  so  fiel  nach  heissestem,  blutigstem 
Kampfe  der  herrliche  Siegespreis  in  seine  Hände. 

Die  naiven  Bulgaren  meinten,  Tzimiskes  werde  ihr  Reich  herstellen. 
Der  tüchtige  Realpolitiker  hat,  wie  er  nicht  anders  konnte,  Ostbulgarien 
einfach  annektiert  und  so  dem  Reiche  die  hochwichtige  Donaugrenze 
zurückgewonnen.  Die  Carenkrone  weihte  er  der  himmlischen  Weisheit 
der  Hauptstadt;  Boris  musste  den  Purpur  und  die  Abzeichen  der  Caren- 
würde  ablegen  und  erhielt  als  magere  Apanage  den  Magistrostitel.  Auch 
der  Patriarch  Damian  von  Drster  wurde  abgesetzt  und  die  neuen  ost- 
bulgarischen Kirchenfürsten  —  selbstverständlich  Griechen  —  gehörten 
wie  vor  Alters,  zur  Obedienz  des  ökumenischen  Thrones.     Nur  in  West- 

963  bulgarien  (Makedonien  und  Albanien),  das  „Car'*  Si^inan  963  vom  Stamm- 
land losgerissen,  behauptete  sich  ein  national  und  kirchlich  unabhängiges, 


Der  Höhepunkt  ostrOm.  MachtfUlle  unter  d.  annen.  Dynastie  (867—1025).     9g9 

IiflDich  ziemlich  kümmerliches  Bulgarem^eich  unter  den  vier  „Orafensöhnen*. 
ist  die  Grossthat  des  Johannes  Tzimiskes.    Sein  siegreiches  Schwert 
die  Slavengefahr  für  das  Romäerreich  beseitigt  und  die  zwei  weiteren 
hunderte  seiner  Existenz  ermöglicht. 

Nach    dieser    glorreichen   Vollendung    seiner  europäischen   Aufgabe 

dte  sich  der  Kaiser  nach  Asien,  wo  er  972—976  mit  seltenem  Glücke  972 

t   und  die  Macht  des  Griechenreiches   noch  einmal   auf  einen  Höhe- 

^Dikt  erhob,  den  in  den  schweren  Tagen  des  Pogonatos  und  der  Isaurier 

der  kühnste  Enthusiast  nicht  zu    prophezeien  gewagt  hätte.     Die 

n  Erfolge  der  Christen  hatten  eine  Allianz  der  Muslimen  zur  Wieder- 

^i^^Rrinnung  von  Antiochien  herbeigeführt.     Die  Leiter  waren   die  höchst 

^«rgischen  Fätimiden  Ägyptens,  welche  ihre  Suprematie  auf  Syrien  geltend 

machen  begannen.   Aber  der  tapfere  Eunuch  Niketas  rettete  Antiochien. 

ein   die  Einnahme  von  Nisibis  durch   die  Byzantiner  erschreckte  die 

bigen  dermassen,   dass  973  der   Glaubenskrieg  von  Bagdad  aus  ge-  973 

Htedigt  und  eine  allgemeine  Erhebung  der  Muslimen  organisiert  ward. 

Oa«  byzantinische  Heer  erlitt  bei  Amida  eine  schwere  Niederlage.     974  974 

'Ibemahm  Tzimiskes  selbst  das  Kommando  und  leitete  die  glanzvolle  Ex- 

-^fedition  nach  dem  oberen  Tigris  und  nach  Syrien.   Amida  und  Martyropolis 

ergaben  sich;  die  dortigen  Emire  zahlten  Tribut.     Hierapolis,   Apameia, 

esa  und  Heliopolis  wurden  ohne  nennenswerten  Widerstand  genommen. 

'Er  überschritt  den  Libanon  und  eroberte  Berytos,   von  wo  er  das  Stadt- 

=^palladium,  das  Bild  des  Gekreuzigten,  nach  Konstantinopel  sandte.  Syste- 

^matisch  wurden  damals  die  östlichen  Städte  von  den  Byzantinern  im  Interesse 

des  Tempels  der  hinmilischen  Weisheit  ihrer  Reliquien   beraubt,   wie   die 

Baubscharen  des  Direktoriums  in  Italien  ihre  gierigen  Hände   nach  den 

Kunstschätzen  der  italienischen  Fürsten  ausstreckten.   Aber  vor  dem  festen 

TripoUs  scheiterte  des  Kaisers  Kriegskunst.     »Und   die  Völker   waren  in 

grosser   Furcht   vor  Tzimiskes'   Grimm.     Und    er   dehnte  das  Reich  der 

Römer  aus;  es  flohen  Sarazenen  und  Armenier;  es  bebten  die  Perser,  und 

von  allen  Seiten  brachten  sie  ihm  Geschenke  dar;  sie  baten  ihn  um  Gnade 

und  Frieden;   er  zog  aus  bis  gen  Edessa  und  an  den  Euphratstrom;  und 

die  Erde  war  erfiiUt  von  den  Heerlagern  der  Römer.   Syrien  und  Phönike 

wurden   zerstampft   von  den    römischen    Rossen.      Er  erfocht  gewaltige 

Siege,  und  das  Schwert  der  Christen  mähte  gleich  der  Sichel.**^) 

Freilich  fehlte  viel,  dass  diese  ephemeren  Eroberungen  zu  dauernden 
wurden.  Die  grossenteils  islamitische  Bevölkerung  der  eroberten  Städte 
hatte  nur  der  erste  Schreck  unterworfen;  sie  gewährte  keinerlei  Garantie 
für  treues  Festhalten  am  Reich.  Sogar  das  befreite  Antiochien  schloss 
dem  Kaiser  seine  Thore  und  konnte  erst  nach  Tzimiskes'  Tode  wieder  unter- 
worfen werden. 

Tzimiskes  scheint  das  Krebsübel  des  Reichs,  die  Ausdehnung  des 
Feudalismus  und  des  Grossgrundbesitzes,  welcher  die  freien  Bauern  aus- 
rottete und  Weidewirtschaft  einführte,  wohl  erkannt  zu  haben.  Die 
mächtigen  Militärfamilien  wie   die  Phokas,   die  Skieros  u.  s.  f.  gewannen 


<)  Georg  Hamart.  ed.  Moralt  S.  865. 


990  Abrifls  der  bysaniinischen  Kaisergesohiehie.  ^.  1 

durch  ihre  Ungeheuern  Latifundien  in  den  Provinzen  und  die  Schar 
ergebenen  Anhänger  eine  fürstenähnliche  Stellung.     Immer  mehr 
der  altrömische  Militär-  und  Beamtenstaat  eine  mittelalterlich  hocl 
Physiognomie  an.     Tzimiskes'  bitterer  Ausspruch  über  den  unersäi 
Eunuchen,  *)  dem  die  Kaiser  wie  Söldner  dienen,  für  dessen  Nutzen 
das  Land  sich   erschöpft  und  die  braven  Krieger  bluten,  erregte 
den  Schrecken   der  Beteiligten,  wenn   auch   die  Erzählung  von  dem 
welches  ihm   angeblich   der  zunächst  dem   kaiserlichen  Zorn  aa8ge»biii|^^ 
allmächtige  Reichskanzler  Basileios  beibringen  Hess,   naive  Yolkssage  ii 
Auf  dem  Rückmarsch  nach  der  Hauptstadt  in  der  Blüte  seiner  Jahre, 
10.  Jan.  einundfünfzigjährig,  starb  der  grosse  Heldenkaiser  10.  Januar  976  pldtMl 
^^^     dahin.     Solch   ein  unerwartetes  Ereignis  konnte  in   der  Anschauung  hi^ 
Volkes  natürlich  nur  das  Werk  schwarzer  Intriguen  sein.  V 

Das  Übel,  das  Tzimiskes  andeutete,  wucherte  fort.  Immer  mm^ 
wird  in  der  Folgezeit  der  Staat  ein  Spielball  der  grossen  Familien.  Tii-I 
leicht  hätte  ein  eiserner  Militär  und  fürchterlicher  Kraftmensch,  wie  Sah, 
mit  planmässigen  Blutsentenzen  hier  noch  einmal  durchgreifen  kOniNL 
Er  kam  nicht,  und  als  es  Andronikos  der  Komnene  zweihundert  Jakn 
später  versuchte,  war  es  zu  spät.  Eine  eigentümliche  Erscheinung  dies« 
Periode  ist  auch,  dass  mit  der  unter  den  Makedoniern  Wurzel  fassendei 
Legitimität  auch  eine  Art  Hausmeiertum  sich  einstellt.  Die  frOhoa 
rein  militärischen,  meist  durch  die  Armee  oder  die  militärische  Konspi- 
ration mit  dem  Purpur  bekleideten  Kaiser  sind  gleichzeitig  eine  in  der 
Weltgeschichte  nicht  wiederkehrende  Serie  geradezu  auserlesener  Fürsten 
von  phänomenaler  kriegerischer,  wie  staatsmännischer  Tüchtigkeit.  Der 
dynastische  Gedanke  schliesst  die  Wahl  des  Besten  eo  ipso  aus;  die  Mehrbeit 
der  Regenten  ist  mit  Naturnotwendigkeit  massig  oder  schwach  begabt 
Das  Altertum  kennt  nicht  die  ausgebildete  SteUvertretung  des  Regent^ 
durch  die  Minister,  wie  sie  in  den  konstitutionellen  Staaten  b^teht 
Etwas  Annäherndes  hat  aber  das  X.  Jahrhundert  in  Byzanz  geschaffen. 
Die  schwachen  Hände  der  legitimen  Purpurträger  vermochten  nicht  die 
faktische  Regierung  zu  führen,  und  so  sehen  wir  in  ziemlich  regelmässiger 
Folge  hochbegabte  Militärs  die  wirkliche  Leitung  des  Staatswesens  führen. 
Diese  Reichsregenten  de  facto  werden  mit  der  Kaiserkrone  geschmückt, 
und  so  dem  legitimen  Kaiser,  der  wie  Konstantinos  VH  ein  Mann  der 
Studierstube  oder  wie  Basileios  H  ein  Kind  ist,  völlig  gleichgestellt  Bs 
lässt  sich  nun  nicht  leugnen,  dass  zwar  weniger  die  Lekapener,  wohl 
aber  Nikephoros  und  Tzimiskes  dies  Nebenkaiseramt  zum  höchsten 
Segen  des  Reiches  verwaltet  haben.  Nur  diese  durch  die  Umstände  er- 
zwungene Konzession  hat  das  Reich  gerettet.  Seit  dem  Sturze  der  Leka- 
pener macht  sich  neben  dem  Militarismus  eine  civile  Kabinettsregierung 
geltend.  Basileios  der  Eunuch,  des  alten  Romanos'  unechter  Sohn,  von 
Konstantinos  VH  bei  dem  Sturz  seines  Hauses  allein  verschont,  hat  sich 
durch  sein  eminentes  Administrationstalent  allmählich  als  Senatspräsident 


')  Der  Senatspräsident  Basileios,  der  höchst  fähige,  aber  auch  sehr  habgierige  BasUrd 
des  Kaisers  Romanos  I. 


Bsr  aaiMponkt  oatzSm.  ICMhtfnU«  nittar  d.  ftrmsD.  I»TButi«  (867-1025).    991 

^id  Reichskanzler  eine  ganz  imponierende  Stellung  errungen;  er  ist  gleich- 
.311  der  T&lleyrand  der  damaligen  Soldatenkaiser.  Bei  der  Erhebung  des 
Säephoros  wie  des  Tzimiskes,  hatte  er  seine  Hand  im  Spiele  gehabt, 
»trt  wurde  durch  ihn  der  zwanzigjährige  Basileios  (976—1025)  zum  »'»/«K' 
-3bBtändigen  Herrscher  proklamiert.  Die  Leitung  dor  Geschäfte  blieb 
^ttr  in  den  Händen  des  allmächtigen  Eunuchen.  Wenn  er  freilich  er- 
wartete, seinen  fürstlichen  Schützling  die  Schattenrolle  seines  gelehrten 
.^ters  spielen  zu  lassen,  so  täuschte  er  sich  gründlich.  Der  hochbegabte 
Lad  kriegstüchtige  Fürst  beobachtete  ihn  mit  Argwohn,  um  —  allerdings 
Tvt  nach  dreizehn  Jahren  —  mit  ganzer  Energie  zum  vernichtenden 
obläge  auszuholen. 

Erst  20  Jahre  zählte  Basileios,  als  er  die  Herrschaft  antrat,  sein 
truder  und  Mitkaiser  Konstantinos  sogar  nur  siebzehn.  Aber  während 
fieser  nach  dem  Wunsch  des  allgebietenden  Reichskanzlers  ganz  den  Qe- 
nDssen  lebte,  hat  Basileios  mit  einem  fUr  seine  Jugend  ungewöhnlichen 
Ernste  und  einem  seltenen  PöichtgefUhl  sogleich  alle  höfischen  Vergnü- 
'gungen  aufgegeben,  um  sich  ganz  militärischen  Studien  und  den  Yerwal- 
tnngsgeschäften  zu  widmen.  Unter  argwßhniechen,  stets  auf  Erniedrigung 
der  kaiseriichen  Macht  ausgehenden  Grossen  hat  sich  früh  ein  harter, 
misBtrauischer  und  grausamer  Zug  in  seinen  Charakter  eingefügt;  ein 
Bolcher  Mann  konnte  kein  populärer  Fürst  sein;  ein  Erhalter  des  Reichs 
ist  er  gewesen. 

Es  war  natürlich,  dass  die  Generale  und  die  OroBsen  zunächst  den 
Platz  des  Tzimiskes  anstrebten.  Kach  dem  bisherigen  Verlauf  der  Dinge 
hatten  sie  auch  alle  Aussicht  das  Ziel  ihres  Ehrgeizes  zu  erreichen.  Allein 
ihre  Rechnung  hatte  einen  falschen  Posten.  Ihnen  stand  als  Legitimer  kein 
Porphyrogennetos  gegenüber.  Die  erste  Stelle  unter  diesen  nahm  der  in  Asien 
kommandierende  General  Bardas  Skieros  ein;  durch  den  Reichskanzler 
Basileios  von  seinem  Posten  verdrängt,  erhob  er  die  Fahne  des  Aufruhrs 
an  der  Ostgrenze,  und,  unterstützt  von  den  neuen  Unterthanen,  den  isla- 
mitischen Feudalfürsten,  schlug  er  die  römischen  Armeen  zweimal  aufs 
Haupt,  überschwemmte  ganz  Kleinasien  und  bedrohte  omstlich  die  Reichs- 
hauptstadt.  Skieros  schien  ein  zweiter  NikephoroB  zu  werden.  Allein  die 
Zentralregierung  holte  in  ihrer  Bedrängnis  den  längst  in  kaiserlicher  Un- 
gnade nach  einem  chiischen  Kloster  exilierten  Rivalen  des  Skieros,  den 
Bardas  Phokas,  wie  einst  Herakleios  den  Philippikos,  aus  seiner  beschau- 
lichen Mönchsklause  heraus  und  übertrug  Ihm  das  Kommando  über  die 
loyalen  Truppenkörper.  Aber  Skieros  war  als  Taktiker  dem  Phokas  über- 
legen. Zwei  Schlachten  bei  Amorion  und  Basilika  Therma  (Thema  Char- 
sianon-Kappadokien)  gingen  für  den  Reichsgeneral  verloren.  Er  musste 
nach  Iberien,  um  hei  dem  treuen  Verbündeten  des  Reichs,  dem  Kuropalaten 
David,  neue  Söldner  zu  werben.  Eine  dritte  Schlacht  am  Halys,  bei  Paa- 
kaleia,  begann  gleichfalls  unglücklich;  doch  im  Zweikampf  warf  E*hokas  den 
Skieros  vom  Pferde;  als  dieses  ohne  Reiter  durch  die  Reihen  der  Uebellcn 
raste,  hielten  dieselben  den  Feldherm  für  gefallen  and  tosten  sich  in 
wilder  Flucht  auf.  Ende  Hochsommer  979  musste  Skleroa  auf  i 
Gebiet  fliehen,  wo  er  vorläufig  in  Haft  gehalten  wurde. 


992  Abriss  der  bysaniinischen  Kaiaerg— ohiohte.  pll^ 

Die  acht  folgenden  Jahre  behielt  Phokas  sein  hohes  Eommando 
Generalissimus  der  asiatischen   Armee;   er  kämpfte   glücklich  geg^l^  £ 
Sarazenen  und  zwang  den  Emirat  Aleppo  zur  Tributzahlung.    Aber 
Energie    des   überaus    willensstarken   Basileios,    welcher    durchaus 
Schattenkaiser  sein  wollte,   sondern   wie  sein  gleichnamiger  Ahnherr 
Zügel  des  Regiments  selbst  stramm  anzog,   erregte  das  lebhafteste 
vergnügen   der  in   die  höchsten   Civil-  und  Militärchargen  sich 
Magnaten.      Der    Eaisermacher    Basileios   intriguierte    wie    üblich, 

S*  15.  August  987  liess  sich  Bardas  Phokas  in    dem  Palaste  des  E 
Maleinos  (Thema  Charsianon)  zum  Kaiser  ausrufen.    Gegen  ihn  Uesaen 
Araber  als  zweiten  Gegenkaiser  mit  einer  Armee  christlicher  Überliib 
den  Bardas  Skieros  los.    Allein  Phokas  bemächtigte  sich  seiner  und  w 

^8  nun  seine  ganze  Energie  gegen  den  rechtmässigen  Kaiser.   988  untennd 
er  den  grössten  Teil  des  Kemlandes  Kleinasien;   der  Legitime  wurde 
die  Hauptstadt  und  die  von  den  Bulgaren  überschwemmte  HämushaUoiA 
beschränkt.     Da  zum  erstenmale    wurden  die  russischen  Hilfsvölker,  ii 
Varanger,  die  Retter  des  Reichs. 

Bis  in  die  Zeiten  des  Basileios  hat  Cherson,  die  uralte  Griechenstaft 
des  taurischen  Chersonesos,   welche   so   todesmutig  Justinians  ü  Wütei  |9 
widerstanden  hatte,  ihr  Griechentum  und  ihre  altrepublikanisch-aristokr»- 
tische  Autonomie  bewahrt.     Seit  Kaiser  Theophilos  ward    allerdings  ak 
Aufsichtsbeamter  ein   römischer   Strategos  hingesandt;    indessen  viel  zb 

38  bedeuten  hatte  diese  Spitze  der  Civil-  und  Militärbureaukratie  nicht   988 
rückte  Vladimir,   Svjatoslavs  Sohn,   mit  einer  starken  russischen  Armee 
vor  die  Hellenenstadt.     Wie  einst  Amida,  das  Bollwerk  gegen  die  Perser 
im  Kavädh-kriege,  so  fiel  auch  Cherson  durch  den  Verrat  eines  Priesters. 
Aber  die  damaligen  Russen  waren  nicht  mehr  „das  scheussliche,  gottlose, 
ungläubige  Volk"  des  Photios;  Vladimir  begehrte  und  erhielt  die  hl.  Taufe 
in  der  Panagiakirche  zu  Cherson;  mit  dem  römischen  Reich,    dem  schon 
seine   Vorgänger    zahlreiche   Söldner   gestellt   hatten,   trat   er   in  engste 
Freundschaftsbeziehungen,  als  des  Kaisers  jüngere  Schwester,  die  purpur- 
geborene Prinzessin    Anna,  sich    mit    dem   russischen  Grossfürsten  ver- 
heiratete.    Die   eroberte  Stadt  gab   er  wieder  den  Römern  zurück.    Ge- 
horsam tauchte  auf  des  Grossfürsten  Gebot  sein  treues  Volk  sich  in  die 
Fluten  des  Dniepr,  um  durch  griechische  Priester  und  Mönche  „die  heilige 
Erleuchtung"    zu  empfangen.     Die  Taufe   des  hl.  Vladimir  ist  eines  der 
wichtigsten  Daten  in  den  Annalen  der  orthodoxen  Kirche;  es  ist  die  Ge- 
burtsstunde   der  geistigen    und   kirchlichen   Erbin   der   anatolischen,  der 
russischen  Kirche. 

Auch  die  politischen  Beziehungen  zwischen  den  Herrschern  von 
,Carigrad*  und  von  Kyjev  blieben  ungetrübt  die  besten.  Mit  den  frisch 
angekommenen  russischen  Hilfsscharen  und  der  kaiserlichen  Armee  zogen 
die  regierenden  Brüder  Basileios  und  Konstantinos  gegen  die  von  Phokas 
belagerte  Seeburg  Abydos,  den  hochwichtigen  Schlüssel  des  Hellesponts, 
Beide  Heere  standen  sich  kampfbereit  gegenüber.  Nach  seiner  Gewohn- 
heit war  Phokas  eben  im  Begriff,  sich  im  Zweikampf  mit  Basileios  zu 
messen,  als  er  nach  einem  Trünke  kalten  Wassers  plötzlich  tot  vom  Pferde 


Dor  Höhepunkt  oatrOm.  Maohtflille  unter  d.  armen.  Dynastie  (867—1025).    993 


In  wilder  Panik  liefen  die  RebeUenscharen  auseinander.    So  fand 
'  Bürgerkrieg  April  989  sein  plötzliches  Ende.     Der  gefangene  Bardas  989 
ieros  ward  vor  den  Kaiser  geführt.      „Vor  solch  einem  Manne  haben 
r  noch  gestern  gezittert**,  rief  Basileios  aus,  als  der  unbehilfliche  kor- 
inte  Greis  noch  in  den  roten  Kaiserschuhen  vor  seinem  rechtmässigen 
»Tm  erschien.    Er  ward  begnadigt  und  starb  bald  darauf. 

Nun  traf  endlich  auch  sein  reichlich  verdientes  Schicksal  den  alten 
.-^ikeschmied,  den  Reichskanzler  Basileios.  Er  ward  mit  summarischer 
ftJbinettsjustiz  all  seiner  Ämter  und  Würden  beraubt,  sein  fabelhaftes  Yer- 
&f;en,  mit  dem  er  eine  ganze  Armee  unterhalten  konnte,  konfisziert,  sein 
Llast  der  Plünderung  des  hauptstädtischen  Mob  preisgegeben  und  er 
KTbst  ins  Exil  gesandt  989.  Sechs  Jahre  später  wurde  auch  der  uner-  989 
^^»slich  begüterte,  von  einer  Unzahl  bewafheter  Klienten  umgebene  Grenz- 
■baron  Eustathios  Maleinos  nach  der  Hauptstadt  entboten.  Er  sah  seine 
aappadokische  Pfalz  nicht  wieder,  und  nach  seinem  Tode  zog  der  Fiskus 
«ine  Reichtümer  ein.  Den  angeblichen  Rat,  wie  er  am  besten  des  rebel- 
iBchen  Provinzialadels  Herr  werde,  nämlich  den  Reichen  zu  Ader  zu  lassen, 
-jamit  sie  nicht  kräftig  und  gefahrlich  blieben,  hat  Basileios  wörtlich  und 
systematisch  befolgt.  Einem  zu  Amt  und  Würden  gelangten  Parvenü,  der 
dein  ganzes  Heimatsdorf  ausgekauft  und  in  eine  Villa  verwandelt  hatte, 
Hess  Basileios  den  Palast  einreissen  und  den  Boden  wieder  an  die  Bauern 
verteilen.  Orientalische  Sultanswillkür  nennt  man  das,  als  ob  der  moderne 
p Rechtsstaat**  mit  seinen  Säkularisationen  der  Güter  der  toten  Hand  viel 
mders  verfahren  wäre.  Fühlten  die  deutschen  Kirchenfürsten,  welchen 
1er  Reichsdeputationsrezess  in  aller  Form  Rechtens  zur  apostolischen  Armut 
^erhalf,  sich  etwa  weniger  vergewaltigt  als  die  von  Basileios  sequestrierten 
Landlords? 

Sobald  Basileios  der  Kaiser  die  hochadeligen  Rebellen  bezwungen 
tiatte,  lenkte  er  auch  legislatorisch  in  die  Bahnen  seines  Urgrossvaters 
Komanos  zurück.  Die  Sprache  seiner  Gesetzesnovelle  von  996  ist  von  996 
unerhörter  Heftigkeit.  Natürlich  waren  die  Verordnungen  über  die  Un- 
veräusserlichkeit der  Bauerngüter  auf  dem  Papier  geblieben.  Jetzt  wurden 
mit  der  grössten  Härte  die  Eigentumsersitzungen  der. Magnaten  rück- 
gängig gemacht  und  der  Umweg,  welchen  die  Grossgrundbesitzer  früher 
ersonnen  hatten,  indem  sie  das  Bauerngut  zuerst  zu  geistlichem  Gut  gemacht 
und  dadurch  vor  Anfechtung  geschützt  hatten,  durch  gesetzliche  Verordnung 
gesperrt.  Mit  dürren  Worten  spricht  der  Kaiser  es  aus,  dass  das  Staats- 
interesse erfordere,  die  Ansammlung  der  grossen  Vermögen  in  Grundbesitz 
und  namentlich  ihre  Dauer  durch  Vererbung  zu  zerstören.  Mit  solcher 
Energie  hat  der  gewaltige  Monarch  es  verstanden,  dem  Latifundien-  und 
Plantagensystem  entgegenzutreten.  Schutz  der  mittleren  und  unteren  ^ 
Klasse  war  das  ernsthafte  Ziel  seiner  Gesetzgebung,  und  das  allein  stellt 
diesen  rohen  und  ungebildeten  Militär  turmhoch  über  viele  der  ausgezeich- 
netsten unter  seinen  Standesgenossen. 

Treffend  sagt  Finlay:  „Die  Regierung  Basileios  H  bezeichnet  den 
Gipfelpunkt  byzantinischer  Machtfülle.  Die  Adler  von  Konstantinopel  flogen 
während  seines  Lebens  in  einer  langen  Siegesbahn   von  den  Ufern  der 

IfauidbQch  der  Umh.  AltariumswiBseDacbaft  IX    1.  AbUg.    2,  Aufl,  63 


994  Abriss  der  bysantüüsohen  KaiMTgaschiobie.  Wtlki 

Donau  zu  denen  des  Euphrats  und  von  den  armenischen  Gebirgen  a  Mm  " 
Küste  Italiens.     Basileios'  unbezwinglicher  Mut,   seine  schreckiidie  i^fitr 
samkeit,  seine  Gleichgültigkeit  gegen  Kunst  und  Litteratur  nnd 
ligiöser  Aberglaube,  alles  vereinigt  sich,  um  aus  ihm  einen  Typosi 
Reichs  und  seiner  Zeit  zu  schaffen.     Das  Ziel  seiner  Regieningq» 
war  die  Einheit  der  Staatsverwaltung  in  Europa  zu  starken  doreli 
ständige  Niederwerfung  der  Bulgaren  und  Slaven,  welche  sprachliche  Tip^- 
wandtschaft  zu  einer  Nation  vereinigt  hatte,  ebenso  waren  sieeiofib^ 
unversöhnlichem  Hass  gegen  die  kaiserliche  Regierung/  |lf)^" 

Die  Söhne  Si^mans  I,  das  aus  Trnovo  an  der  Jantra  stammende  Qjf^^^ 
schlecht   der    „Grafensöhne"^),   hat    noch    einen   letzten    Glanz  übcrjJI^^ 

Bulgarenvolk  vor  seinem  Untergang  verbreitet.   Si^man  I  und  David  wmK  : 
976/1016  mit   dem  Carentitel   geschmückt,   ebenso  Samuel  (976—1016),   der  W»^^ 
gewaltige,  aber  unglückliche  Beherrscher  des  Volkes.     Mit  ihnen  hat  idTv 
der  Schwerpunkt  bulgarischer  Macht  nach   dem   noch   freien  Westg^JT^ 
Albanien   und   Makedonien,    verschoben.     Residenz   des    Garen   und  Ur^ 
Patriarchen  war  Prespa,  eine  waldige  Felsinsel  des  Prespasees,  die  u&lL 
heute  die  Ruinen  der  ehemaligen  Burgmauer  und  von  vier  Kirchen  MiJLv' 
Bald  aber  siedelte  er  nach  Ochrida  über,   am  Lychnitissee  der  Alten  gb>l.' 
legen,  einem  reichen  und  glanzvollen  Herrensitze.    Als  die  Griechen  spBetV 
die  Hauptstadt  eroberten,  fanden  sie  im  Kronschatze  eine  mit  Perlen  ge-\ 
zierte  Krone,   goldgestickte  Gewänder  und  hundert  Zentner  Goldes.    Diel 
Hauptstütze  des   ganz  feudal  eingerichteten  Reiches  war   der  mSchtigeJ 
kriegsgewohnte  Boljarenstand.     Die  Krone  hat  Samuel  aus  Born  bezogen: 
auch  den  Bogomilen  war  er  ein  gnädiger  Herr.   Darum  lebt  er  nicht,  wie 
die  andern  Garen,   im  glorreichen  Andenken  der  orthodoxen  Kirche  fort 
Der  Tod   des  Tzimiskes   und   der   Aufstand    des  Skieros    waren   für  die 
Donaubulgaren    das   Signal    zum    allgemeinen  Aufstand.     Binnen   kurzem 
hatte  Samuel  das  alte  Grossreich  hergestellt.     Thrakien,    die  Umgegend 
von  Thessalonike  und  selbst  Hellas  wurden  von  ihm  überzogen;   aus  Li- 
rissa  schleppte   er  die  Gebeine  des  hl.  Konfessors  Achilleus  nach  Prespa. 
Aber  in  Basileios  fand  Samuel  einen  ebenbürtigen  Gegner.    Von  Philippu- 
polis,  Mosynopolis  und  Thessalonike  her  operierte  der  Kaiser  mit  Landheer 
und  Flotte  nicht  immer  mit  Glück,  aber  stets  mit  gleicher  Ausdauer  gegen 
981  den  Garen.    Allein  als  er  981   gegen  SrSdec  (Serdica,  Sofia)  zog,  wurde 
sein   byzantinisches   Heer    vollständig  zersprengt.     Fünfzehn    Jahre  ruhte 
der    Krieg.      Samuel   benutzte  diese   Frist,    Dyrrachion    und    die   adria- 
tischen  Küstengebiete  zu  inkorporieren  und  die  Serben  seiner  Oberlehns- 
hoheit  zu  unterwerfen.     Damals  stand  das  Reich   von  Ochrida   auf  dem 
Gipfelpunkt  seines  Glanzes. 
996  996  entbrannte  der  zweite  Krieg.  Samuel  besiegte  den  griechischen  Feld- 

horrn  Gregorios  aus  dem  armenischen  Fürstengeschlecht  von  Tarön  und  zog 
plündernd  südwärts  bis  in  den  Peloponnes.  Allein  bei  seiner  Rückkehr 
hatte  sich  am  Spercheios  Nikephoros  Uranos  gelagert.  In  der  Nacht 
setzten  die  Griechen  über  den  Strom  und  richteten  ein  furchtbares  Blut- 


^)  David,  Moses,  Aron  und  Samuel. 


Der  Höhepunkt  oetrOm.  MaohtfAlle  unter  d.  armen.  Dynastie  (867—^1025).    995 


unter  den  Bulgaren  an.    Samuel  rettete  sich  mit  genauer  Not  nach 

:jExier  Inselburg.     Sein  eigener  Schwiegersohn,  der  Armenier  Asot,  verriet 

ihm  anverb'aute  Dyrrachion  an  die  Griechen.    Nach  einem  erfolglosen 

ÄU  des  Kaisers  in  das  Gebiet  von  Sr6dec  unterwarfen  seine  Feldherrn 

C>O0)  bleibend  Donaubulgarien;  das  Jahr  darauf  setzten  sich  die  Griechen  1000 

It^iedermakedonien  fest;  Berroea,  Servia,  Vodena  fielen  in  ihre  Gewalt. 

nahm  Basileios  das  wichtige  Bdyn,  während  Samuels  Plünderung  1002 
Adrianopel  nur  ein  vorübergehender  Erfolg  war.    Auch  das  wichtige 
eroberte  der  Kaiser.    Aber  das  feste  Pemik  in  der  Strymonschlucht 
sich  als  uneinnehmbar.    Nur  die  Verwicklungen  im  Osten  verhin- 
orten  den  Kaiser,  dem  Carenreich  den  Gnadenstoss  zu  geben.     1014  kam  ^^^^ 
^     zum  letzten  Kriege.    Ein  wechselvoller  Kampf  konzentrierte  sich  um 
^^d  festen  Schlösser  des  Gebirges.    Eines  nach  dem  andern  musste  ge- 
^^Munen  und  mit  Garnisonen  belegt  werden.    Die  bulgarischen  Umwohner 
en  nach  altassyrischer  Weise  bis  nach  Armenien  hin  transplantiert. 
nders  glänzend  war  die  WaflFenthat  des  Nikephoros  Xiphias  (1014);  1014 
umging  den  Berg  Belasica  (Balathista)  und  fiel   den  Bulgaren  in  den 
JElttcken.    Das  ganze  Bulgarenheer  wurde  nach  verzweifelter  Gegenwehr 
Vernichtet.    Mit  Not  entrann  der  Car  nach  Pril^p.    Die  15000  Gefangenen 
-liess  Basileios  blenden,  so  dass  je  hundert  Blinde  einen  Einäugigen  als 
:  "Führer  erhielten.    Als  die  Masse  der  Unglücklichen  vor  Samuel  erschien, 
=£  sank  er  gleich  Eli  besinnungslos  zu  Boden.    Unter  fürchterlichen  Herz- 
krämpfen verschied  der  unglückliche  Monarch  schon  nach  zwei  Tagen  15.  ^\q^\ 
^;  Sept.  1014.    Samuels  Sohn  Gabriel  Roman  (Radomir),  ein  tapferer  Krieger, 
unter  dem  Bitol,  Prilep,  Stip,  Vodena  und  Moglena   in   die  Hände   der 
^  Griechen  fielen,  bot  vergeblich  Frieden  an;  er  fiel  1015  durch  den  heim-  1015 
.  tückischen  Meuchelmord   seines  Vetters   Joannes  Vladislav,  ,  des  Sohnes 
:-  Arons.    Der  Usurpator,  griechisch  gesinnt,  von  den  Boljaren  zur  Fort- 
.    Setzung  des  Nationalkrieges  gezwungen,    kämpfte   1016   und   1017   mit  10161 
,    Glück.    Aber   seine   geplante  Allianz   mit   den   Patzinaken  hinderte   die 
Wachsamkeit  der  griechischen  Kommandanten  in  den  Donauburgen.    Vor 
Dyrrachion,  das  die  Bulgaren  belagerten,  fiel  1018  Joannes  Vladislav,  der  ^018 
letzte   Car    von   Ochrida.     Eine    mächtige   Partei    unter    den    Boljaren, 
der  Patriarch  David,   die  Carin  Maria  und  der  Krongrossfeldherr  Bogdan 
an   der  Spitze   baten   um   Frieden   gegen   Bestätigung  ihrer  Privilegien. 
Basileios  brach  aus  der  Hauptstadt  auf.    In  Adrianopel  erreichten  ihn 
bulgarische  Boten  mit  der  Meldung  der  Unterwerfung  von  Pernik  und  35 
umliegenden  Burgen.    In  Strumica  überbrachte  ihm  der  Patriarch  einen 
Brief  der  Carin.    Als  er  vor  Ochrida  erschien,  kamen  ihm  diese  und  alle 
, Grafensöhne*   entgegen.    In  den  Gebirgen  Albaniens  hielten  sich  noch 
kurze  Zeit  die  Häupter  der  Kriegspartei,   Prinz  Fruzin  und  der  tapfere 
Ivac.    Das  römische  Schwert  und  byzantinische  Tücke  brachen  auch  diesen 
letzten  Widerstand. 

Nach  vierzigjährigem  Kampfe  lag  das  mächtige  Slavenreich,  welches 
80  lange  als  ebenbürtige  Grossmacht  dem  Römerstaate  gegenübergetreten 
war,  vollkommen  gedemütigt  und  unterworfen  im  Staube.  Im  Hoch- 
gefühl  seiner  gewaltigen  Siege   zog  Basileios   nach  Athen,  um   in    dem 

63* 


996  AbriBB  dex  bysantiniaohen  Kaiaergesohichte. 

längst  dem  wahren  Glauben  geweihten  Parthenon  der  Gottesmutter 
Dank  und   seine   Weihgeschenke    darzubringen,     ünermesslich  war 
Jubel,    als   der  „Bulgarentöter''    die  Reichshauptstadt  betrat.    IGt 
goldenen,  von  Federn  überragten  Krone  geschmückt,  ritt  der  64jährige 
zum  goldenen  Thor  als  Triumphator  ein;  vor  ihm  schritten  die  Carin 
die  Töchter  Samuels  und  die  gefangenen  Boljaren  einher.    Der  bulj 
Staat  war  aus  den  Reihen  der  selbständigen  Gemeinwesen  ausgeK^I 
Seit  Justinian  hatte  kein  Kaiser  mit  solcher  Machtfülle  auf  der  Haemaft^L . 
halbinsel  geboten.  ,  1, 

Basileios  behandelte  das  unterworfene  Land  mit  Milde  und  groat 
Weisheit.  Er  liess  seine  politische  und  kirchliche  Verfassung  unangetasUL 
Das  Carenreich  von  Ochrida  war  gleichsam  durch  Personalunion  mit  im 
römischen  Grossreich  vereinigt.  Die  bisherige  Militär-  und  Steuerordnof 
liess  er  fortbestehen;  der  bulgarische  Hochadel  bewahrte  seine  PrivAegia; 

1019  die  autokephale  Kirche  von  Ochrida  erhielt  1019  in  Johannes  ein  mdiH 
nales  Oberhaupt.  Drei  Goldbullen  des  Kaisers  verbürgten  ihm  die  Abi> 
dehnung  seiner  Obedienz  nicht  nur  über  die  nationalbulgarischen  und  & 
serbischen  Eparchien,  sondern  auch  über  die  griechischen  Erobenmga, 
welche  „unter  den  Garen  Symeon  und  Petros  glorreichen  Andenkens^  den 
Bulgarenreiche  waren  einverleibt  worden.  Nur  in  Drystra  (Drster-Dwo- 
stolum)  gebot  nach  wie  vor  ein  dem  ökumenischen  Throne  unterstdlter 
Metropolit.  Die  Mitglieder  des  Carenhauses  und  der  höchsten  Boljar^h 
familien  wurden  nach  Konstantinopel  versetzt  und  unter  den  Reichsadd 
aufgenommen.  Zahlreiche  griechische  vornehme  Familien  der  Folgezwt 
traten   mit  ihnen  in  Blutsfreundschaft;   die  adelsstolzen   Dukas   und  die 

Komnenen  rühmten  sich  ihrer  Abkunft  von  den  Si^maniden. 

Während   des  furchtbaren  Bulgarenkrieges   hatte   das    aufmerksame 

Auge  des  Kaisers  die  orientalischen  Angelegenheiten  niemals  ausser  acht 

995  gelassen.   995  erschien  er  im  Osten,  wo  das  Jahr  zuvor  der  tüchtige  Nike- 

phoros  Uranos  von  den  Arabern  war  geschlagen  worden.    Siegreich  waren 

die  kaiserlichen  Waffen.  Er  nahm  Aleppo,  Hems  und  Saizar;  nur  die 
Mauern  des  festen  Tripolis  widerstanden  auch  seinem  AngriflF.  Nach  seiner 
Rückkehr  nach  Konstantinopel  ward  Aleppo  wieder  eine  Beute  der  Füti- 
miden. 

Viel    nachhaltiger    war    sein    Eingreifen    auf   armenischem   Boden. 

977-989  Smbat  II  977—989  der  „Sahimah  Armen**  und  „TSrak'al*  machte  durch 
seine    glanzvollen    Bauten    Ani    zu    einer    der    herrlichsten    Städte   des 

1020  Orients.  Er  und  sein  Bruder  Gagik  (f  1020)  herrschten  mit  Kraft  und 
Glück,  freilich  unter  unaufhörlichen  Kämpfen  mit  den  christlichen  Teil- 
fiirsten,  welche  die  unverständige  Hauspolitik  der  Bagratunier  geschaffen, 
wie  mit  den  muslimischen  Emiren  Ostarmeniens.  David,  der  tapf^« 
Fürst  von  Taik'  und  eines  Teils  von  Iberien  hatte  mit  Hilfe  seiner  Nach- 

993  bam  998  den  Emir  Mamlün  und  sein  weit  überlegenes  Heer  bei  DzempoT 
glänzend  gosclilagen.     Er  erhielt  von  Basileios  den  Kuropalatestitel.    Bei 

999  seinem  Tode  999  setzte  er  Basileios  zum  Erben  ein,  der  von  Tarsos  her- 
anrückte, froh  eine  so  günstige  Gelegenheit  gefunden  zu  haben,  sich  in 


Der  Höhepunkt  oairöm.  Kachifttlle  unter  d.  armen.  Dynastie  (867—1025).     997 
■«e    armenischen  Angelegenheiten  einzumischen.     Aber  Gagiks  Klugheit 


-  irhinderte  des  Kaisers  Pläne.  Nach  seinem  Tode  brach  Thronstreit 
-irischen  dem  Thronerben,  dem  gelehrten  und  unkriegerischen  Johannes, 
dd  seinem  fähigem  Bruder  A^ot  aus.  Die  Verwirrung  erreichte  durch 
me  Intervention  des  Ibererkönigs  ihren  Gipfel,  bis  Aäiot  mit  Hilfe  einer 
^^santinischen  Armee  seine  Autorität  herstellte. 

Damals  zuerst  1021  erscheinen  die  scheusslichen  Seldschukenhorden  102I 
if  armenischem  Boden,  jene  Horden,  welche  das  Schicksal  bestimmt  hatte, 
ie  vergleichsweise  noch  sehr  bedeutende  Kultur  Armeniens  und  Ostklein- 
dens  vom  Erdboden  zu  vertilgen,  um  nur  Trümmer,  gleich  ihren  spätem 
lienso  grauenvollen  Vettern,  den  Mongolen,  zu  hinterlassen.    Der  letzte 
^rcrunier  von  Vaspurakan,  Senek*erim,  erschreckt  durch  die  wilde  Ver- 
wüstung seines  Landes   von  Seiten  der  Türken,   übergab   seine  gesamte 
Herrschaft  an  Basileios,  der  ihn  dafür  zum  Lehensfiirsten  des  halbarme- 
mischen  Sebasteia  (Siw&s)    machte    (f  1027).      Auch  die  Muslimenemire 
ier    Städte   um   den   Vansee   (Berkri,   Manckert,    Chlat*,   Ar^es)   wurden 
gleichfalls  Vasallen   des   byzantinischen   Reichs,    sodass  die  Besitzungen 
der  Bagratunier  rings  von  römischen  Reichsangehörigen  umschlossen  waren. 
Georg  der    Ibererkönig,  welcher  sich  gegen   die  griechische  Suzeränetät 
empörte  und  seine  Raubzüge  bis  Trapezunt  ausdehnte,  wurde  von  dem 
unemnüdlichen  Romäerkaiser  derb  gezüchtigt,  und  sein  Verbündeter,  König 
Johannes   der  Bagratunier,   gezwungen   die   Stadt  Ani  von  Basileios   zu 
Lehen  zu  nehmen.    Nach  seinem  Tode  sollte  auch  sein  Staat  dem  Kaiser- 
reiche einverleibt  werden.    Es  versteht  sich  von  selbst,  dass  unter  dem 
'Metropoliten  von  Keltzene  eine  starke  griechische  Hierarchie  eingesetzt 
ward,  welche  nach  Kräften  den  grimmigen  Hass  zwischen  Griechen  und 
:  Armeniern  schürte  und  durch  ihre  schroffe  Unduldsamkeit  in  erster  Linie 
-:  den  Sturz  der  oströmischen  Macht  in  Asien  verschuldet  hat.     Doch  das 
.  waren  Fehler  der  Zeit  und  nicht  des  Basileios.     Persönlich  that  er  alles, 
:^  um  die  neugewonnene  Ostmark  wehrhaft  zu  machen.    Als  unter  Konstan- 
tinos IX  die  Seldschuken  einbrachen,  fanden  sie  alle  Festungen  und  Schlösser 
gutbefestigt  und  mit  Garnisonen  wohlverwahrt.    Das  war  das  Werk  dieses 
rastlosen  militärischen  Organisationstalents. 

Sein  unermüdlicher  Geist  begnügte  sich  nicht  mit  diesen  Erfolgen. 
Mit  seiner  nimmer  rastenden  Energie  rüstete  er  eine  gewaltige  Armada 
aus,  welche  das  von  seinen  beiden  Ahnherrn  Basileios  und  Leon  verlorne 
SieUien  den  Ungläubigen  entreissen  sollte.  Da  raffte  der  Tod  den  66jäh- 
rigen  Greis  Dezember  1025  mitten  in  seinen  Plänen  dahin.  Dez.  1 

Durch  die  Unterwerfung  der  Slaven  und  die  Annexion  Armeniens 
hatte  das  byzantinische  Reich  einen  Umfang  erreicht,  wie  er  seit  Justinians 
Tagen  unerhört  war.  Die  mit  Kraft  gepaarte  Milde  des  Kaisers  Basileios 
hatte  den  Millionen  slavischer  Unterthanen  ihre  heimischen  Institute  und 
Freiheiten  gelassen.  Gefährlich  und  kein  Beweis  einer  wohldurchdachten 
Regiemngspolitik  war  im  Osten  die  Einverleibung  nicht  nur  nationalfremder, 
sondern  auch  kirchlich  getrennter  Staatswesen,  der  armemadban  FfinteiH 
tümer.  Militärische  Gründe  zwingendster  Art  komiteD 
entschuldigen.    Aber  ein  schweres  Yerhängnis  war 


998  AbrisB  der  byzantinLiohen  Kaiaergeaohiohte. 

war  das  monophysitische  Glaubensbekenntnis  noch  eine  reelle  Macht, 

der  man  zu  rechnen  hatte.   Der  ganze  Jammer,  welchen  der  justinianeii 

und  der  vorjustinianeischen  Periode  die  Provinzen  Syrien  und 

bereitet  hatten,  lebte  hier  wieder  auf.     Nur  unerbittliche  Hilitto 

Basileios,   welche   den   disputationssüchtigen   und  unionslüstemen 

mit  eiserner  Rute  regierten,  hätten  hier  seine  Politik  in  glQcklicher  Wdi^*  / 

fortsetzen,  teilweise  auch  bessern  können. 

Doch  das  Gegenteil  trat  ein.     Der  adlige  Grossgrundbesitz 
sich  immer  weiter  aus.    Die  Kaiser  wurden  ein  SpielbaU  in  den 
dieser  Grossen.    Im  östlichen  Kleinasien  verschwand  der  freie  6au< 
fast  vollständig.    In  Europa  nahm  man  den  Slaven  ihre  nationalen  Pmi-j 
legien  und  stattete  die  Griechen  damit  aus.  Die  fähigsten  Generale 
in   ihren    glänzendsten  Unternehmungen   durch   die  Missgunst  des  Qoiii^ 
und  das  Misstrauen  der  erstarkenden  zivilen  Beamtenoligarchie,  die  wk^ 
im  Senat  konzentrierte,  gehemmt  und  zur  Verzweiflung  und  zum  Aufatni 
getrieben.     Dazu  kam  der  unerträgliche  Steuerdruck,  welcher  verbimlfli^ 
mit  dem  harten  Übergang  von  der  Naturalwirtschaft  zur  Geldwirtadnft 
die  Slaven  und  die  Asiaten  teils  zur  Revolution,  teils  zur  Auswandenmg 
trieb.    Dabei  gab  man  sich  am  Hofe  zeitenweise,   als  herrschte  völHge 
Ruhe,  einer  geschmacklosen  Schöngeisterei  und  einer  höchst  unzeitgemiaBeB 
Litteraturbegeisterung  hin.    Dass  solche  Regenten  und  ein  solcher  Add 
weder  den  Seldschuken  noch  den  Normannen  gewachsen  waren,  ist  eigent- 
lich selbstverständlich. 

VI.  Der  Verfall  des  Reiches  (1026-1081). 

Gleich   die    kurze  Regierung   des   überlebenden  Bruders    Konstan- 
I028tinos  Vin  (1026—1028)  kontrastierte  in  übler  Weise  von  dem  Regimente 
seines  Vorgängers.     Einen  grossem  Gegensatz  als  zwischen  Basileios  und 
Konstantin  gab  es  nicht,  sodass  die  Byzantiner  auf  sie  das  Sprichwort  an- 
wandten :  Kreuz  und  Spucknapf  aus  einem  Holze.     Selbst  völlig  unkriege- 
risch zeigte  Konstantinos  stilles  Misstrauen   gegen  die  Armee   und  ihre 
Führer.     Die  höchsten  Stellen  der  Militär-  und  Civilverwaltung   vertraute 
er  seinen  ihm  ergebenen  Kammerherrn  an;   so   wurde  der  Eunuch  Spon- 
dyles  als  Statthalter  nach  Antiochien,   ein  zweiter  an  den  hochwichtigen, 
aber  auch  verantwortungsvollen  Posten  nach  Iberien  gesandt.    Rücksichts- 
los wurden   dabei   die   Steuern   eingetrieben.     Aber  der  unvergleichUche 
Organismus,   den  die  grossen  Genies  der  beiden  vorangegangenen  Gene- 
rationen geschaffen,  funktionierte  vorläufig  noch  mit  aller  wünschenswerten 
027  Pünktlichkeit.     Konstantinos  Diogenes  warf  1027   die  einbrechenden  Pafc- 
zinaken   über  die  Donau   zurück,    und   ebenso   wurden   die    Angriffe  der 
afrikanischen  Muslimen,  welche  das  ägäische  Meer  bedrohten,  siegreich  ab- 
gewiesen.    Der   Kaiser   hinterliess    bei    seinem   Tode   nur   drei   Töchte. 
Eudoxia  war  Nonne,  Theodora  wollte  nicht  heiraten,  und  so  blieb  nur  die 
„purpurgeborne  Zoe''   übrig,   eine  bereits  etwas  älÜiche,^)  aber  äusserst 


')  Sie  zählte  48  Jahre. 


VI.  Der  VerfUl  des  BeioliM  (1026—1081).  999 

ktslustige  und  bei  dem  Volke  der  Hauptstadt  ausserordentlich  beliebte 

le.     Von    den  Verbindungen,   welche   diese   legitime  Erbtochter   des 

irones  einging,  hing  das  Schicksal  des  Reiches  ab.    Nach  der  letzt- 

;en  Verfügung  des  Vaters  wurde  ihr  der  angesehene  Senator  Romanos 

'opulos  angetraut,  welcher  bereits  sechzigjährig  sich  zu  diesem  Zwecke 

seiner  Gattin  scheiden  musste.    Es  wird  nicht  berichtet,  dass  der 

iarch  und  die  regierende  Synode,  welche  gerade  damals  unzählige  Er- 

in  Matrimonialangelegenheiten  erliessen,  diese  schwere  Übertretung 

it  nur  der  Priestersatzungen,  sondern  auch  des  göttlichen  Gebotes  irgend 

igt  hätten. 

Seit  52  Jahren  hatten  nur  Purpurgeborne  auf  dem  Throne  gesessen, 
ist  begreiflich,  dass  Romanos,  ein  Emporkömmling,  ein  alter  und  ängst- 
Mann,  vor  allem  um  die  Gunst  der  verschiedenen  Bevölkerungsklassen 
'b.    Das  Volk  gewann  er  durch  Loskauf  der  Gefangenen  aus  dem  Patzi- 
:enkriege;  die  Schuldgefangenen    empfingen  Generalamnestie,    und    zu 
"^  Shmsten  der  Privatgläubiger  beglich  der  Fiskus  ihre  Guthaben.    Der  hohe 
"^-Adel  und  der  vornehme  Klerus  wurden  durch  Aufhebung  des  Allelengyon 
->jg8Wonnen,   der  Verpflichtung  der  Reichen,  mit  ihrem  Vermögen  fttr  die 
^^^^^^^iJUlckstände  der  Ärmeren  in  ihrem  Steuerdistrikte  zu  haften.     Vor  allem 
=:.?iber  war  Romanos  ein  Monarch  ganz  nach  dem  Herzen  der  Priesterschaft. 
•  Dem  Klerus  der  Sophienkirche  erhöhte  er  seine  ohnehin  schon  unermess- 
^- liehen  Einkünfte.    Die  schismatischen  syrischen  Bischöfe  und  hervorragen- 
den Theologen,  vorab  ihr  in  Melitene  residierender  Patriarch,  wurden  nach 
Konstantinopel    geschleppt.      Eine    Disputation    mit    den    redegewandten 
Orientalen  wurde  nicht  erlaubt,  sondern  ein  förmliches  Inquisitionsverfahren 
über  die  zwei  Naturen  gegen  sie  eröffnet.     Exil  und  Gefängnis  war  das 
3.  Los   der  fast  ausnahmslos  Standhaften.     Ohne  Zweifel  war  hier  der  gut- 
-X  mutige  Kaiser  vielmehr  der  geschobene,  als  der  schiebende.    Vornehme 
=:  Hofbeamte  sollen  bei  den  teilweise  geradezu  scheusslichen  Vorgängen  in 
-  bittere  Thränen  ausgebrochen   sein;    nur  die   rechtgläubigen  Hierarchen 
r  blieben  kalt  wie  Erz.     Aber  eine  schwere  Verantwortung  lud  auch   die 
Regierung  auf  sich.     Massenweise  flohen  die  unglücklichen  Syrer  auf  das 
islamitische  Gebiet.     Das  Reich  hatte   sich  glücklich  um  alle  Sympathien 
bei  den  Dissidenten  gebracht,  ein  Fehler,   der  sich  schwer  rächen  sollte. 
Würdiger  war  eine  andere  Massregel.     Die  Regierung  gab  mit  Ein- 
willigung  der   in  Palästina   regierenden  Fätimiden    grosse  Summen    zum 
Wiederaufbau  der  hl.  Anastasis,  welche  1010  auf  Befehl  des  irrsinnigen  1010 
Chalifen  und  Drusengottes  Häkim  (967—1021)  war  zerstört  worden.    Bei  ^^^'^^ 
dem  üblen  Willen  der  immer  noch  fanatisch   schiitischen  Regierung  von 
Kairo  wurde  der  Bau  erst  unter  Konstantinos  IX  1048  vollendet. 

Die  Kaiserin  Zoe  war  von  Eifersucht  gegen  ihre  kluge  und  charakter- 
volle Schwester  Theodora  erfüllt.    Diese  wurde  beschuldigt,  die  intellek- 
tuelle Urheberin   der    Verschwörungen   des   Prusianos   (Fruzin)    und    des 
Konstantinos  Diogenes  gewesen  zu  sein,  ob  mit  Recht,  ist  bei  der  Ver- 
Jl  Jflgenheit  byzantinischer   Hofintriguen   schwer  zu    entscheiden,   indessen 
j^jjhiawi  wahrscheinlich.     Prusianos  ward  beschuldigt  nach  dem  Throne  ge- 
^■JUllll^  Konstantin   eine  Erhebung   der  Slaven  und  Bulgaren   heimlich 


^)QQ  AbriM  der  byzantiniaoheii  Kaisergeschichie. 

gefordert  zu  haben.  In  beiden  Beschuldigungen  spricht  sich  nurda>l 
(Gewissen  der  Regierung  über  die  Misswirtschaft  gegenüber  den  sla\i 
bulgarischen  Untorthanen  aus.  Theodora  und  Prinz  Fru^in  mus-sten  Kl« 
gelübde  ablegen,  Konstantin  sollte  geblendet  werden,  kam  dem  aber  du 
Selbstmord  zuvor.  Zahlreiche  Mitglieder  des  Hochadels  als  angebli 
Mitverschworne  wurden  exiliert.  Durch  die  Schuld  des  Statthalterg 
1029  Antiochien  Spondyles  1020  hatten  die  Byzantiner  eine  schwere  Xiederl 
lüi^O  erlitten.  WM)  erschien  der  Kaiser  selbst  auf  dem  syrischen  Kriegseti 
platze,  um  sich  von  den  Emiren  von  Aleppo  und  Tripolis  so  grüni 
schlagen  zu  lassen,  dass  er  und  sein  Heer  mit  Mühe  Antiochien  erreicli 
Reiche  Beute  wurde  den  Siegern  zu  teil. 

Hier  tritt  zum  ersten  Male  der  gewaltige  Kriegsheld  Georgios 
niakes^)  auf  den  geschichtlichen  Schauplatz.  Glücklich  im  Kleinkrieg 
hielt  er  bald  das  Kommando  von  „Untermedien"  mit  der  Hauptstad 
mosata.  Ein  kühner  Handstreich  setzte  ihn  in  den  Besitz  von  £ 
1032  1032,  und  zu  dem  Schweisstuch  wanderte  auch  Christi  Brief  ai 
Toparchen  Abgaros  als  zweite  hochheilige  lieliquie  nacli  der  Reside 
Die  zwei  letzten  Jahre  kränkelte  der  alte  Kaiser,  und  rlie  Far 
Hauptstadt  gab  unter  anderm  als  Grund  Vergiftung  durch  die  eigene 
an.  Der  Mönch  Johannes,  einst  Haushofmeister  des  Romanos,  damals  M 
der  milden  Stiftungen,  hatte  einen  auffallend  schönen,  freilich  epilept 
Bruder,  in  welchen  sich  die  Kaiserin  mit  der  ganzen  Vehemenz  gi 
hafter  Leidenschaft  verliebt  hatte.  Anstössig  war  es  jedenfalls,  da 
11.  Apr.  mittelbar  nach  dem  Tode  des  Kaisers  11.  April  1034  die  Kaiser) 
1034  Hofstaat  versammelte  und  ihm  ihren  bisherigen  6eliebt<>n  Michael  1 
1034,1041  Paphlagonier  (10:^4— 1041)  als  Kaiser  vorstellte.  „Dem  Sieger  die] 
war  der  Grundsatz,  nach  dem  die  Familie  dieser  aus  dor  Tiefe  t 
gestiegenen  Koturiers  nun  die  Regierungsgewalt  unter  sieh  teilten 
hannes,  der  eigentliche  Kingsmaker,  wurde  Reichskanzler  mit  ge 
unumschränkter  Machtbefugnis;  ein  anderer  Bruder  Konstantinos 
Generalissimus  oder  Gross-Domestikos,  Stephanos,  ein  ehemaliger  i: 
ingenieur  Admiral  der  kaiserlichen  Flotte  und  sein  Sohn  Michael  de 
faterer  mit  dem  Kange  des  Cäsars  bekleidet.  Fast  ausnahmslos 
diese  Abenteurer  höchst  fähige  Leute,  vor  allem  das  Verwaltung 
Johannes,  der  aber  durch  seine  tyrannische  Kücksichtslosigkoit  und 
echt  gi-iechische  Fiskalität  an  den  berüchtigten  gleichnamigen  F 
minister  Justinians  erinnerte. 

Bereits  unter  Romanos  hatten  afrikanische  und  sicilische  Korsar 
Küsten  der  Adria  heimgesucht.  Allein  diesmal  begegnete  ihnen  t1 
mische  Regierung  mit  gewaltigem  Nachdruck.  Je  melir  der  freie  Bi 
stand,  welcher  einst  die  Kadres  der  gegen  Bulgaren  und  Muslimen 
reichen  Themata  geliefert  hatte,  der  rücksichtslosen  Hofschlächter 
Granden  erlag,  um  so  entschiedener  sah  sich  die  Regierung  auf  Sr 

^)  Vanibüiy  und  nach  ihm  Neiimann  die  i  sehe  Phnntasio;    denn  weder  Pertwl 

Woltstellung  dcH  hyz.  Ileiclies  S.  43  erklären  ;  Vamberys    eigenes    türkisches    Wör 

den  Namen  als  türkisch    in   der  Bedeutung  ■  kennen  das  Wort. 

, adelig"*.   Die  Ktymologie  scheint  Vamböry'-  , 


VI.  Der  Verfall  des  ReioheB  (1026—1081).  1001 

bung  angewiesen.  Unter  diesen  nehmen  an  Zahl  und  Bedeutung  die 
irangen**  und  „Russen**  (Röso-Warjager)  bald  die  erste  Stelle  ein.  Skandi- 
ier  aus  Russland,  dann  Norweger,  Isländer,  seit  Wilhelm  des  Eroberers 
;  1066  zahlreiche  Dänen  und  Angelsachsen  füllten  ihre  Reihen;  keiner  1066 
:  aber  berühmter  als  Harald  Hardraade,  Sigurds  Sohn,  der  Bruder  des 
Olaf  (König  von  Norwegen  1047—1066),  welcher  1033—1043  unter  dem  1033/104 
m  de  guerre'  Nordbrikt  mit  dem  asiatischen  Helden  Georgios  Maniakes 
gewaltigsten  Waffenthaten  für  das  Romäerreich  ausführte. 

1032  waren  durch  die  vereinigten  Flotten  der  hier  zum  ersten  Male  1032 
^tretenden  seetüchtigen  Republikaner  von  Ragusa  und  des  kaiserlichen 
iwagers  Konstantinos  Karantenos,  des  Statthalters  von  Nauplia,  die 
'azenen  so  gründlich  gezüchtigt  worden,  dass  sie  mit  aller  Energie  sich 
rächen  beschlossen.  1034  und  1035  suchten  sie  die  Inseln  des  ägäischen  1034/103 
eres  und  Lykien  heim;  aber  die  Statthalter  der  Küstenlandschaften 
rakesion  und  Kibyraiotikon)  vernichteten  die  Seeräuberflotten.  Die 
?kution  war  die  übliche.  Längs  der  ganzen  West-  und  Südküste  Klein- 
ms  sah  man  Galgen  und  Pfähle.  Der  siegreiche  Harald  mit  seinen 
'angen  wurde  der  Schrecken  des  afrikanischen  Littorale.  Ein  Haupt- 
lag galt  Sicilien,  das,  seit  es  sich  von  den  Fätimiden  losgesagt,  der 
iratsanarchie  verfallen  war.  Der  Patrizius  Maniakes,  der  in  Italien 
ot,  erhielt  den  Auftrag,  gegen  SiciUen  zu  operieren,  Langobarden  aus 
)rno,  italische  Normannen  und  Varangen  unter  Harald  bildeten  den 
'n  des  Landheers;  seine  Unternehmungen  unterstützte  die  Flotte  des 
verliehen  Bruders  Stephanos.  1038  wurde  Messina  erstürmt,  und  die  1038 
iber  erlagen  Maniakes'  Kriegskunst  bei  Rametta.  Ein  neues  übers 
3r  gesandtes  Afrikanerheer  wurde  1040  bei  Dragina  geschlagen.  Doch  1040 
persönlicher,  allerdings  sehr  heftiger  Zwist  zwischen  dem  Oberbefehls- 
»er  und  dem  Admiral  veranlasste  die  Intervention  des  kaiserlichen 
binetts.  Maniakes  wurde  verhaftet  und  nach  der  Hauptstadt  entsandt. 
1  da  an  verliess  das  Glück  die  kaiserlichen  Waffen. 

Viel  gefährlicher  war  unter  Michael  die  Erhebung  der  slavischen  Unter- 
nen  auf  der  Hämushalbinsel.  Der  Grund  war  ein  wirtschaftlicher.  Die 
^erung  begann  entsprechend  den  hochgesteigerten  Ansprüchen  einer 
leren  Kultur  von  der  Naturalwirtschaft  zur  Geldwirtschaft  überzugehen, 
erall  und  zu  allen  Zeiten  haben  das  die  Völker  als  Härte  und  Tyrannei 
Regierenden  empfunden,  man  denke  nur  an  den  schweizerischen  Bauern- 
stand von  1653.  War  schon  in  den  alten  Provinzen  die  Erbitterung 
e  hochgradige,  in  den  serbisch-bulgarischen  Statthaltereien  kam  es  zur 
den  Revolution.  Mit  Recht  konnten  die  dortigen  Unterthanen  geltend 
eben,  dass  das  durch  Basileios  verbriefte  Recht  durch  die  neue  Finanz- 
'tschaft  gebrochen  sei. 

Petros  Deleanos  (üeljan),  nach  dem  offiziellen  Griechenberichte  ein 
^eblicher,  thatsächlich  wohl  ein  echter  Enkel  des  Car  Samuel,  entfaltete 
Sommer  1040  die  Fahne  des  Aufruhrs;  wie  ein  Mann  erhob  sich  das  1040 
garenvolk.  Die  Wut  traf  in  erster  Linie  einige  Blutsauger  unter  den 
kalbeamten.  Dann  breitete  sich  die  Revolution  lawinenartig  aus.  Thes- 
Duike  ward  bedroht ;  Dyrrachion  fiel ;  das  Thema  Nikopolis  mit  Ausnahme 


1002 


Abriaa  der  bysaniinlMdiAa  EftUarg 


der  Hauptstadt  NaupaktoB,  schloBS  sich  an.  I 
Dignitär  aus  dem  Geschlcchte  des  GrafeiiBohns  l 
Okt.  1040  über.  Ein  Heer  von  40000  Mann  beetUrmte 
das  feste  Tbessalonike.  Allein  die  heroische  B 
mal  den  Namen  der  hellenischen  Polis  gross  j 
zu  der  schwachherzigen  Regierung  das  Reich 
Väter,  vertrauend  auf  die  väterlichen  Götter  ur 
dischen  Erbfeind  gezogen  waren,  so  hat  den  Th 
gewaltiger  Schutzpatron,  der  hl.  Demetrios,  M 
zum  glorreichen  Siege  verliehen.  Durch  diese 
der  Aufstand  gehrochen.  Zwist  unter  den  Fl 
Blendung  des  „Car"  Deljan  und  zu  nochmaligen] 
endete  die  Auflösung.  Mit  leichter  Mühe  triuti 
lokalisierten  Ouerillasbanden;  aber  die  Serben 
haupteten  ihre  Freiheit  und  bereiteten  einem 
unter  Konstantinos  IX  dasselbe  Schicksal,  das  i 
Armeen  des  Halbmonds  bereiten  sollten.  In 
politische  Verwaltung  ganz  auf  griechischem  Fu 
kephale  Kirche  von  Ochrida  und  alle  Bischof« 
in  der  traurigen  Phanariotenzeit,  eine  Beute  d 
lieben  Streber,  vorab  des  Klerus  der  Sophienkir 
hellenischen  KirchenfUrsten,  welche  ihre  reich 
als  eine  Goldquelle  betrachteten,  noch  laute  Kla 
ins  Barbarenland  geführt,  wie  uns  TheophyIakt( 
Die  damaligen  Griechen  zeigten  dieselbe  polit 
die  Lateiner,  d.  h.  sie  legten  teils  mutwillig,  te 
an,  über  kurz  oder  lang  eine  furchtbare  nat 
beschwören. 

10.  Dez.  Nach  Michaels  IV  Tode  10.  Dezember  1041 
18  Apr  ^^^^^  ^^  Michael  V  Kalaphates  zum  Kaisei 

1042  schlose  der  Übermütige  Emporkömmling  seine 
Kloster  der  Insel  Prinkipos  ein.  Das  war  das  S 
Aufstand  der  hauptstädtischen  Bevölkerung, 
auf  den  Thron  gelangte  Abenteurergesellschaft 
achtete,  stellte  sich  an  die  Spitze.  Die  beide 
sinnen  Theodora  und  Zoe  wurden  feierlich 
21.  Apr.  21.  April  1042,  und  der  Versuch  des  Widersta 

1042  Kalfaterer  wurde  in  die  Mönchskutte  gesteck 
bisherigen  Regenton  in  ilbhcher  Weise  durch 
mögens  gestraft.    Zwischen  den  beiden  Schwestc 

11.  Jan.  kurze  Zeit.    U.Juni  1042  heiratete  die  62jährige 
**^g|g  Monomachos,  einen  kaiserlichen  Verwandten, 

1054  "i"i  allein  bis  1054  regierte.  Unter  den  vielen 
diese  lediglich  politische  Heirat  die  grösste; 
KriegsfQrsten,  und  Maniakes  war  der  gegebene 
Unheil  wurde  der  gichtische  Wüstling  auf  den  T 
Regierung  bezeichnet  die  letzte  glückliche  Perioc 


YI*  Der  Yerflül  de«  Bttiohea  (1026--1081J.  1003 

ä  wenigsten  am  Kaiser  lag.  Er  war  durchaus  antimilitäriscb  gesinnt, 
_^«rte  am  Soldatensold  und  verausgabte  Unsummen  für  Bauten  und  auch 
— ^r  Hebung  der  Wissenschaft,  wofür  diese  ernsten  Zeiten  am  wenigsten 
_    wgnet  waren. 

^       In  ItaUen  waren  die  Normannen,  einst  Maniakes'  Söldner,  zur  grössten 
■Cahr  der  griechischen  Herrschaft  herangewachsen.     1041   brachen   sie  1041 
_     ,  Apulien  ein,  eroberten  Melfi  und  schlugen  den  Katapan  Dokeanos  zwei- 

^  aufs  Haupt.    Sein  Nachfolger  wai*  nicht  glücklicher.    Der  einfiuss- 

_  aiche  Primat  von  Bari,  Argyros,  verband  sich  mit  ihnen.  Maniakes,  von 

^Schael  V  nach  Italien  gesandt,  wo  fast  nur  Taranton,  Brentesion  und 

^ydrus  noch  den  Griechen  gehorchten,  rief  noch  einmal  einen  Umschwung 

"^ttvor.    1042  erfocht  er  den  grossen  Sieg  bei  Monopoli.    Aber  die  Er-  1042 

~^.^bung  des  Eonstantinos  zum  Kaiser,  mit  dessen  Favoritin  Skleraina  und 

f  *9rein  Geschlechtsanhang  er  tief  zerfallen  war,  erbitterte  den  Helden  aufs 

^  MÜBte.  Er  liess  sich  zum  Kaiser  proklamieren;  vergebens  erkaufte  der  Hof 

-jm  Verräter  Argyros  gegen  ihn.  In  Hydrus  eingeschiflFt,  landete  er  Februar  pebr.  1 
^.043  in  Dyrrachion.  Alles  erwartete,  dass  sein  Marsch  auf  der  alten  via 
^  I^B^atia  dem  Reich  einen  neuen  Monarchen  geben  werde.  Sein  Ende  war 
mie  das  des  Cesare  Borgia;  der  Zufall  eines  Pfeilschusses  tötete  den  (}e- 
^^^«ralügen  und  vernichtete  seine  Sache.  Konstantin  sass  wieder  fest  auf 
'■lem  morschen  Herrscherstuhl. 

-'^'  Mit  der  italischen  Herrschaft  der  Grieche  ging  es  nun   rasch  zu 

-'  finde.  Weder  der  abendländische  Kaiser,  noch  der  Papst  vermochten  die 
■^»^^ortechritte  der  Normannen  zu  hindern.  1055  fiel  Hydrus  (Otranto),  1055 
-^'  1060  das  feste  Troja.  Mit  der  Einnahme  von  Rhegion  und  Skylakion  war  1060 
-T.-die  Eroberung  von  Kalabrien  vollendet.  Der  letzte  Rest  von  Justinians 
—  »Segespreisen  war  Ostrom  entrissen.  Der  Sieg  der  Normannen,  die  bald 
auch  Sicilien  gewannen,  war  gleichzeitig  ein  Erfolg  Alt-Roms,  das  seine 
:=i80  lange  eingeschränkte  Obedienz  wieder  über  ganz  Italien  ausdehnen 
i:  konnte.  Im  Zusammenhang  mit  diesen  Ereignissen  kam  es  zum  völligen 
^  kirchlichen  Bruch  zwischen  Alt-  und  Neu-Rom.    Der  Papst  Leo  IX  war 

i  sielbewusst  und  hochfahrend.    Sein  neurömischer  Kollege  Michael  Keru- 

— :=  larios  gab  ihm  darin  nichts  nach.    Aber  es  gehört  die  ganze  occidenta- 

:  lische  Befangenheit  dazu,  in  dem  Briefe  des  Patriarchen  Michael  Kerularios 

•  eine  Provokation  zu  sehen,  da  er  umgekehrt  der  Provozierte  war.    Ein 

^L  aufrichtiger  Orthodoxer  musste  den  nun  sich  vollziehenden  Anschluss  der 

~  Metropolitanbezirke  von  Hydrus,   Hagia  Seberine,  Rossanon  und  Rhegion 

an  den  in  den  Augen  der  Griechen  halbschismatischen  Stuhl  von  Alt-Rom 

als  eine  Gefilhrdung  des  Heils  vieler  Seelen  ansehen,  und  so  hat  Michael 

einfach  seine  oberhirtliche  Pflicht  erfüllt,  als  er  im  Verein  mit  Leon,  dem 

aotokephalen  Prälaten  der  Kirche  von  Ochrida,  die  italischen  Orthodoxen 

vor  den  Ketzereien  der  Svuxoi  warnte.  Ein  ebenso  milder  als  angesehener 

Theologe  der  anatolischen  Kirche,  der  Patriarch  Petros   von  Antiochien, 

hat  in  seinem  Briefe  an  Dominicus,  den  (Pseudo-)  Patriarchen  von  Grado, 

nur  die  leidenschaftliche  Form  der  Erlasse  und  Massregeln  Michaels  ge;^ 

tadelt;  sachlich  stand  er  ganz  auf  seiner  Seite. 

Der  Regierung  war  der  Zank   höchst  ungelegen;    sollte   etwi 


1004 


Abriai  d«r  bfwUniaohau.K 


Italien  nocli  gerettet  werden,  konnte  sie  d( 
sie  war  schwach,  und  das  patriotische  t 
erwies  sich  als  eine  Macht,  der  sie  sich 
freilich  sein  Möglichstes  gethan ,  um  c 
;  j  liegaten  alle  irenischen  Absichten  der  Rei 

':  <  rohe  und  herausfordernde  Auftreten  des  K 

1 1  ehrlichen  Griechen  aufs  tiefste  empören. 

\  sehr  feierlich,  und  das  war  schliesslich  c 

;  Verkleisterung  von  Photios'  Schisma  eing 

:  Buchführung  hörte  auf;   man  bekannte  sie 

•  liehen  Feindschaft. 

;  Sehr  ernst  war  für  das  Reich  die  Fat 

1  Ihr  Chan  Tyrak  (Tirach),  erbittert  über  d 

lung  der  Horde  unter  dem  Häuptling  Eege 

u  liess  die  Fahnen  wehen ;  allein  er  wurde  ' 

bewährtem  Kegierungssystem  siedelten  di 

den  Ödländereien  um  Nis  und  Sr^^dec  an 

aus.    Die  ,christianos'  der  neuen  Kolonie 

der  Donau  zu  Hilfe.     Die  Heiden  sengter 

die  Thore  von  Adrianopel.     Sie  schlugen 

1051  Heere.     Erst     1051  warf  man  das  Rauhg 

donien  heraus;  Tyrak,  in  seinem  Hauptlag 

echter  Barbarenfeigheit  um  Frieden. 

Im  Osten  setzte  Konstantin  Basileioi 
dem  Tode  ASot  IV,  des  Bagratuniers  vo 
Üblichen  Thronstreitigkeiten  ausgebrochei 
endlich  Armenien  mediatisieren.  Eine  by 
1041  armenische  Kapitale;  aber  die  Katastrop 
anlasste  deren  Abzug.  Die  Grossen  eini 
Gagik  auf  den  Thron  der  Bagratunier  s 
Gregorios  Magistros  kämpften  mit  Glück 
aber  Konstantin  fest  auf  dem  Throne  sass 
1045  armenische  Kleinfilrsten,  1045  wurde  Qf 
und  das  Jahr  darauf  besetzten  die  Griechi 
der  Täuschung  lebte,  dasa  die  Römerhert 
Armeniens  christlichen  Glauben  bedeute,  w 
habgierige  Schar  griechischer  Kleriker  set: 
Bistümer  und  Abteien.  Die  religiösen  Quäl 
1056  physiten  waren  endlos.  Der  Katholikos  I 
Hauptstadt  gerufen;  nach  dem  Tode  seim 
Katholikoswahl.  AJie  die  schweren  Erfah 
den  Jahrhunderte  waren  an  den  nichts  lei 
griechischen  Hierarchen  spurlos  voröberf 
dass  noch  der  Unglückskaiser  Romanos  ] 
schwur  bei  seiner  Rückkehr  den  armenisc 
armenischen  Mönche  schrien  zu  Gott,  er  m 
wie  den  vom  hl.  BasÜeios  verfluchten  got 


VI.  Der  Verfall  des  ReloheB  (1026—1081).  1005 

inwitz  des  griechischen  Eirchenregiments  provozierte  Stimmung   der 
enier  liefert  auch  einen  Schlüssel  für  die  seldschukischen  Erfolge. 

Zunächst  hatte  nun  nach  der  Annexion  der  kleinen  Gebirgsstaaten 
römische  Reich  direkt  den  Verstoss  der  unter  Togrilbey  zur  Obmacht 
fiien  gelangten  Seldschuken  auszuhalten.  Die  echt  griechische  Erämer- 
ik  hatte,  wie  üblich,  am  falschen  Orte  gespart,  den  armen  neu  inkor- 
3rten  Bergkantonen  hohe  Steuern  auferlegt  und  50000  Mann  armeni- 
r  und  iberischer  Milizen  entlassen.  Allein  der  grosse  Basileios  hat 
li  sein  unübertreffliches  Fortifikationssystem  der  Ostgrenze  die  Rettung 
thörichten  Nachgebornen  bewirkt.  Die  in  Vaspurakan  einbrechenden 
cenbanden  wurden  1048  bei  Stragna  geschlagen.  Aber  das  unbefestigte  1048 
>n  der  Römer  (Earin-Theodosiupolis),  die  reiche  Handelstadt,  legten  die 
3en  in  Asche.   Der  Schaden  wurde  einigermassen  wett  gemacht  durch 

mit  Hilfe  eines  iberischen  Volksaufbruchs  errungenen  Sieg  von  Ea- 
on.     Togrilbey s  persönlicher  Angriff  1080  scheiterte  an  der  Festigkeit  1080 
Burg  Mantzikert. 

Eonstantin  hatte  unverdientes  Glück.     Auch  1047  war  der  sehr  ge-  1047 
rliche  Aufstand  des    armenischen    Generals  Leon  Tornikios    vor   den 
aem  der  Hauptstadt  gescheitert,  und  ruhig  regierte  er  nach  Zoes  Ab- 
dn  bis  zum  eigenen  Hinschied  1054.     Gerne  hätte  er  dem  in  Make-  ^^^ 
den   kommandierenden    General   Nikephoros   Bryennios    die  Herrschaft 
:ewandt;  aber  der  Legitimismus  erwachte.     Volk,    Senat    und  Garde 
Blten  der  energischen  alten  Theodora  zu,  als  sie  „die  letzte  der  Purpur- 
orenen*  das  Szepter  ergriff  (1054 — 1056)  und  mit  ungewohnter  Energie  1054/1( 
dhabte.    Dass  die  Ereaturen  ihres  Vorgängers  durch  Exil  und  Ver- 
^enskonfiskation  büssten,  gehört  zum    legitimen  Ritus  eines  byzanti- 
ihen  Thronwechsels.     Aber  darauf  beschränkte  sich  die  Thätigkeit  der 
isin  nicht,  welche  die  volle  Eraft  ihres  Oheims  geerbt  zu  haben  schien, 
zeigte  das  den  damaligen  Eabinetten  förmlich  angeborene  Misstrauen 
en  den  Generalstab,   wenn  man  gerecht  sein  will,  nicht  mit  Unrecht; 
n    unter    dessen    hochadlichen    Mitgliedern    war    das    Eaisermachen 

Prätendententum  geradezu  zur  Erb-  und  Modekrankheit  geworden, 
rief  den  hochbegabten  Chef  der  gegen  die  Seldschuken  operierenden 
nee,  Isaak  Eomnenos,  ab  und  ersetzte  ihn  durch  einen  gefügigen  Hof- 
in.    Vor  ihrem  Tode  (30.  August  1056)  übertrug  sie  die  Eaiserwürde  30.  At 

den  alten  General  und  Senator  Michael  Stratiotikos  (30.  August  1056  .A^^?. 
31.  August  1057).  ^^^^'^^ 

Das  war  zuviel  für  das  Selbstgefühl  der  Armee.  Die  Loyalität  und 
be  für  das  angestammte  Herrscherhaus,  von  der  Zoe  und  Theodora 
rührende  Beweise  erhalten  hatten,  war  mit  dem  Aussterben  der  make- 
ischen Dynastie  erloschen.  Eine  gewaltige  militärische  Revolution 
ch  aus.  Die  Generale,  meist  kleinasiatische  Landlords,  traten  zusammen, 

in  den  Tagen  des  Severus  oder  Aurelian.    Unter  jubelnder  Zustim- 
3g  der  einzelnen  Truppenkörper  proklamierten  sie  erst  in  Eastamona, 
n  auf  der  Ebene  von  Gunavia  8.  Juni  1057  den  Isaak  Eomnenos  8- Jm 
i   Eaiser.     Der  eigentliche    Eönigsmacher  Eatakalon,  der  abgesetzte 
iteg  von  Antiochien,  bewog  die  Truppen  von  Nikopolis  zum  Anschluss,  j 


2006  Abrisa  der  bycantmüicheii  Kai— rgoaolilchta. 

Isaak  marschierte  gegen  Nikaea,  besiegte  die  kaiserlichen  Truppen;  1 

>t.  abdizierte,    und   2.  September  1057    wurde  Isaak   in    der  Sophien 

^     gekrönt. 

Es  war  ein  Sieg  des  Militärs  über  die  Senatsaristokratie  n 
Civilbureaukratie.  Der  erste  Empfang  des  Kaisers  machte  daroi 
Teilnehmern  einen  unauslöschlichen  Eindruck.  Die  Senatoren  gl 
zusammen  und  sahen  auf  den  Boden.  Der  Kaiser  sprach  nur  das  nd 
fast  mehr  durch  Kopf-  und  Handbewegungen  seinen  Willen  zu  erl 
gebend,  und  überliess  das  Reden  seinen  Sekretären.  Diesem  An&i^ 
sprach  der  Verlauf  der  Regierung.  Isaak  zeigte  ungewöhnliche  fi 
Als  langjähriger  Armeechef  hatte  er  das  Übel  der  seit  Basfleios'  To 
gerissenen  finanziellen  Verlotterung  mit  seinen  Soldaten  nur  zu  hart 
müssen.  Gleich  Vespasian  scheute  er  im  Interesse  der  Samerun 
Finanzplans  auch  die  Unbeliebtheit  nicht.  Die  Sinekuren  Ar  Hö 
Gelehrte  und  das  viel  zu  grosse  Priesterheer  wurden  abgeschafft 
Finanzreform  wurde  gründlich  gefördert.  Wie  wenig  er  die  frondii 
Opposition  des  Reichsrats  fürchtete,  zeigt  seine  Absetzung  des  li 
Kerularios,  dessen  hierarchische  Anmassung  unerträglich  geworden. 
Kirchenfürst  mit  seinen  päpstlichen  Allüren  hat  in  der  orthodoxen 
nur  ein  Gegenbild,  den  moskowitischen  Patriarchen  Nikon.  Isaa 
Alexej  haben  in  Byzanz  wie  in  Russland  das  werdende  Papsttum 
Geburt  erstickt. 

Isaaks  Alter,  nach   einem  glücklichen  Feldzug  gegen  patzini 

)59  und  magyarische  Raubscharen  1059  durch  Krankheit  geschwächt,  ^ 
Kaiserbürde  nicht  mehr  gewachsen.  Mehr  noch  hat  ihn  die  stille  und 
Opposition  der  Bureaukratie  lahmgelegt.  „Gott'',  pflegte  man  zu 
„hat  sich  sechs  Tage  Zeit  gelassen,  um  die  Welt  zu  erschaffen: 
Mann  aber  will  alles  an  einem  Tage  zu  Wege  bringen.*  Es  ^ 
Vergnügen  mehr,  sondern  ein  verhängniss volles  Amt,  Kaiser  von 
zu  sein.  Wie  im  Rom  des  dritten  Jahrhunderts,  erkannten  die  I 
in  der  Kaiserkrone  Pflicht  und  Schicksal.  Der  müde  Greis  abdizie 
ging  ins  Kloster  Studien.   Er  übergab  die  Herrschaft  seinem  Freu 

067 Minister  Konstantinos  X  Dukas  (1059 — 1067),  einem  ausgeze 
Finanzgenie,  der  sich  in  sekundärer  Stellung  glänzend  bewährt  hatte 
bar  hat  Isaak  aus  sittlichen  Gründen,  weil  er  meinte,  so  am  besten 
Reich  zu  sorgen,  ihn  gewählt  und  seinen  hochbegabten  Bruder  J 
und  dessen  noch  fähigere  Söhne  damit  vom  Throne  ausgeschlosser 
die  Wahl  sollte  sich  als  ein  schlimmer  Fehler  erweisen. 

Konstantin  X  eröffiiet  die  Dukasära,  die  unglückliche  Epc 
herrschenden  Bureaukraten,  Rhetoren  und  Gelehrten,  i)  Schon  ei 
unter  Marc  Aurel  —  war  die  Verwirklichung  des  platonischen 
ideals,  die  Herrschaft  der  Philosophen,  dem  Reiche  Verhängnis^ 
worden.  Dukas  hat  die  Senatsaristokratie  durch  massenhafte  A 
plebejischer  Elemente,   Handwerker  und  Barbaren,  stark   erweitc 


')  üeber  diese  Epoche  vgl.  die  trefflichen   1  stellang   des   byz.   Reiches  vor   d 
Ausfübrangen  von  C.  Neumann:  Die  Welt-  I  zOgen.     Leipzig  1894. 


YL  Der  Verfall  des  Reiohes  (1026-1081).  1007 

n  Senatoren,  deren  Adel  übrigens  auch  sehr  fadenscheinig  und  von 
yem  her  war,  sahen  das  mit  Ingrimm;  aber  man  konnte  sich  damit 
ten,  dass  die  demokratische  Senatspartei  jetzt  das  Staatssteuer  voll- 
idig  in  die  Hände  bekam.  Die  Bureaukraten  regierten;  die  Finanz- 
3iten  führten  das  grosse  Wort.  Es  ist  die  Reaktion  der  Civilverwal- 
;  gegen  den  Militarismus,  der  Hauptstadt  gegen  die  provinziale  Oentry, 
3he  die  hohen  Militärposten  bekleidete  und  bei  der  Erhebung  Kaiser 
.ks  einen  argen  Prätorianergeist  wieder  gezeigt  hatte.  Diesem  militä- 
hen  Prätendententum  sollte  definitiv  der  Boden  abgegraben  werden. 

geschah  durch  Beschneidung  des  Militärbudgets  und  Auflösung  der 
lee.  Kaiser  und  Minister  haben  um  die  Wette  geeifert,  dies  anti- 
tärische  Ideal  der  neuen  Senatspartei  zu  verwirklichen.  Die  Kadres 
Armee  wiu'den  überall  reduziert,  der  Sold  gekürzt,  die  Vorräte  an 
Sfen  und  Kriegsmaterial  nicht  ergänzt,  die  Reparaturen  der  Werke  in  den 
nzfestungen  unterlassen.   Kurz,  es  fehlte  dem  damaligen  Konstantinopel 

noch  ein  vom  Volke  gewählter  Reichsrat,  sonst  wäre  die  ganze 
^re  des  heutigen  konstitutionellen  Staates  in  optima  forma  verwirklicht 
esen. 

Der  Verfassung  entsprach  die  Regierung.  Der  orientalischen  Krisis 
i;e  sie  sich  nicht  gewachsen.  Und  gerade  im  Osten  war  die  starke 
id  eines  Militärs  dringendes  Erfordernis.  Denn  dort  war  neues  kraft- 
es  Leben  unter  die  Seldschuken  gekommen,  seit  nach  dem  Tode  des 
3sen  Togril-bey  1065  sein  Sohn,  der  bisherige  Statthalter  von  Choräsän, 
-Arslan  die  Zügel  der  Regierung  ergriflf.  Ein  Vorkämpfer  der  recht- 
ibigen  Sunna,  zugleich  bei  aller  echt  türkischen  Roheit  ein  helden- 
iner,  ritterlicher  Mann,  war  er  der  Abgott  seiner  Reiterscharen,  ein 
nmer  Feind  für  das  von  schwächlichen  Bureaukraten  und  Schönrednern 
^leitete  Reich.  Sein  Einbruch  in  Armenien  bezeichnet  den  Tod  der 
tigen  hohen  Kultur.  Nur  grausige  planmässige  Verwüstung  und  Ver- 
Dg  charakterisierten  den  Kriegspfad  des  Seldschukensultans.  Man  spricht 
t  gemäss  der  herrschenden  Turkophilie  „von  den  herrlichen  Resten 
reichentwickelten  Kultur  der  Seldschuken",  weil  der  Sultan  von  Rum, 
eddin  Keikobad  I  (1220— 1236)  in  der  That  glänzend  gebaut  hat.  Man  1220/123 
^sst  dabei  nur  die  Kleinigkeit,  dass  diese  ganze  Seldschukenherrlichkeit 
it  original,  sondern  persisches  und  byzantinisches  Lehngut  ist.  Mit 
au  demselben  Rechte  könnten  wir  dann  die  Hyksoskönige  mit  ihren 
Nationen  und  Annexionen  ägyptischer  Kunstleistungen  in  Tanis  als  die 
iren  Kulturbringer  im  Nillande  ansehen. 

Gleich  nach  seinem  Regierungsantritt  veranstaltete  Alp-Arslan  unge- 
öre  Aushebungen  und  rückte  gegen  Armenien  vor.  Als  er  von  Osten  her 
inzog,  unterwarfen  sich  voll  Todesschrecken  die  Könige  von  Albanien 
Iberien.  Dann  wandte  er  sich  gegen  die  gewaltige  Königsfestung  Ani. 
itebelagerung  ist  sonst  niemals  die  Sache  der  asiatischen  Steppenreiter 
esen;  aber  mit  beispielloser  Energie  hielten  die  Türkenhorden  vor  ihren 
llen  aus.  Die  Zentralregierung,  an  Geld  und  Soldaten  knapp,  sandte 
le  Ersatzarmee,  und  so  wurde  die  herrliche  Stadt  6.  Juli  1064  eine  6.  Juli 
te  der  Barbaren.   Gleichzeitig  streiften  plündernd,  sengend  und  raubend     ^^^ 


1008  AbriBB  der  byzantixusohen  Kaisergeaoliicliie.  ■ 

ihre  Reiterscharen  bis  in  die  Euphratprovinzen.  Der  kleine  Füret  ml  öo* 
Kars,  im  Gefühl  seiner  Ohnmacht  gegenüber  dieser  furchtbaren  Vött»!  kr* 
welle,  cedierte  sein  Reich  an  die  Griechen  und  erhielt  als  £nt8chädigQ|l  t^^ 
die  Stadt  Camendav  in  der  kilikischen  Tauruslandschaft,  welche  baMflhif^r 
das  armenische  Volk  eine  zweite  Heimat  werden  sollte.  Sein  Tausch  i»l  ^it 
gut ;  denn  Kars  fiel  kurz  darauf  in  die  Gewalt  der  Türken.  I  ^ 

Wie  in  Asien  war  auch  in  Europa  die  PoUtik  der  Regierung  kenil  ^^ 

1064  kraftvolle.  1064  wurde  die  wichtige  Donaufestung  Belgrad  von  dal  5^'' 
Magyaren  besetzt.  Das  folgende  Jahr  sah  die  Patzinakengefahr  dnitk  I  ^ 
die  Kumanennot  ersetzt.  Die  üzi  (Oghusi,  von  den  Russen  Polovci,  ?«  •  »^ 
den  Griechen  Kumanoi  genannt),  abermals  eine  schmutzstarrende  pferde-|& 
reiche  Türkenhorde,  in  Filzjurten  lebend,  von  Stutenmilch  und  PferdefloMii  1  ^^ 
sich  nährend,  in  Schafsfelle  gehüllt,  in  üblicher  Weise  mit  Bogen  lail^'^ 
Pfeil  bewaffnet,  waren  nach  dem  Beispiele  unzähliger  Brüder  «dem  ZogBi^^ 
nach   dem  Westen"   gefolgt.     Die  Patzinaken  wurden   durch   sie  ausdflrl'l'^ 

1065  Dnjestergegend  in  die  Walachei  gedrängt.    1065  überschritten  ihrer  60000  JW 
die  Donau.     Vergeblich  suchten  Basileios  Apokapes  und  Nikephoros  Bo- 1  Bo 
taniates,   die  römischen  Generale,   dies  zu  wehren.     Dank  der  trefflich« 
Civilverwaltung  hatten  sie  nicht  genug  Soldaten.    Eine  Horde  drang  Im 
gegen  Thessalonike.     Seuchen  und  die  Gegenwehr  des  erbitterten  Land- 
volks vernichteten  sie.     Die  Hauptmacht,  in  den  Hämus  gedrängt,  geiiet 
bald  in  grosse  Not.   Ihre  Ausrotümg  verdankte  man  nicht  der  kläglichen 
Regierung,  die  ganz  an  das  heilige  römische  Jammerreich  zur  Armagnaken- 
zeit  erinnert,  sondern  den  tüchtigen  bulgarischen  Milizen    und  den  rache- 
schnaubenden Patzinaken,  welche  erbarmungslos  mordeten.     Ein  Rest  bat 
um  Gnade  und  ward  in  Makedonien  angesiedelt. 

Entsprechend  der  antimilitärischen  Schöngeisterei  und  Oelehrsamkeito- 
pflege  hatte  der  alternde  Kaiser  auch  seine  zweite  Ehe  geschlossen.  Eudokia 
Makrembolitissa,  eine  ebenso  schöne  als  litterarische  Dame,  wurde  durch 
ihn  Mutter  von  sechs  Kindern.  Dazu  kamen  die  drei  aus  Vorsicht  berrits 
gekrönten  üukassöhne  erster  Ehe.  Der  sterbende  Kaiser,  lediglich  von 
dem  Gedanken  beherrscht,  seinem  Hause  die  Elrone  zu  erhalten,  suchte 
die  Kaiserin  und  den  Senat  durch  schriftliche  Versprechen  und  Eidschwüre 
zu  binden  —  bei  Byzantinern  ein  hoffnungsloses  Unternehmen.  —  Eudokia, 
obschon  ganz  in  der  Atmosphäre  der  gelehrten  Pedanten  lebend,  wo  der 
widerliche  Schwatzphilosoph  und  Redekünstler  Psellos  den  Ton  angab, 
bewies,  dass  auch  die  gründlichste  rhetorische  Vorbildung  den  Verstand 
einer  klugen  Frau  nicht  völlig  zu  missleiten  vermag.  Sie  erkannte  den 
Schaden,  welchen  der  neue  Kurs  dem  Reiche  beigebracht.  Nur  der  tra- 
ditionelle Militarismus  konnte  Rettung  in  der  Seldschukennot  gewähren.  Sie 
hörte  auf  die  Volksstimme,  welche  ihre  Wiederverheiratung  mit  einem 
strammen  Militär  wünschte;  nur  so  konnte  dem  gemeinschädlichen  Über- 
wuchern des  Bureaukratismus  gesteuert  werden.  Bei  der  Gattenwahl 
freilich  hat  sie  sich  vergriffen;  Romanos  Diogenes,  Stratege  von  Triaditza 
(Sredec),  war  der  Sohn  jenes  Konstantinos  Diogenes,  der  einst  ein  sla- 
visches  Pronunciamento  gegen  Kaiser  Romanos  sollte  gewagt  haben.  Den 
erst  dreissigjährigen  Sohn,  einen  hünenhaften  Recken  von  heissem  Blute 


it 


VI.  Der  VerfaU  des  Beiches  (1026->1081).  1009 

.Ad  fast  tollkühnem  Ehrgeiz,  traf  von  Seiten  der  misstrauischen  Bureau- 
urateu  dieselbe  Beschuldigung,  wohl  mit  demselben  Rechte.  Eudokia,  be- 
^its  starke  Vierzigerin,  aber  noch  inmier  stattlich  und  lebhaften  Tem- 
peraments, hatte  den  hervorragend  schönen  Elomanos  kaum  gesehen,  als  sie 
nit  der  ganzen  Glut  der  Südländerin  nach  seinem  Besitze  strebte.  Doch  ihr 
icliriftliches  Versprechen,  keine  zweite  Ehe  einzugehen,  war  in  den  Händen 
iesaUerheiligsten  Johannes  Xiphilinos.  Weibliche  Arglist  kannte  die  schwache 
Seite  des  Patriarchen.  Unter  der  Vorspiegelung,  einen  seiner  Verwandten 
KU  heiraten,  erhielt  sie  die  kompromittierende  Urkunde  zurück  und  über- 
raschte die  Residenz  durch  die  Vermählung  mit  Romanos  Dezember  1067.  Do«.  lOi 
Eis  war  ein  Sieg  der  Militärpartei;  die  Wut  der  überlisteten  Bureaukratie 
offenbarte  die  teils  stille,  teils  offene  Opposition  ihrer  Häupter,  des  kaiser- 
lichen Bruders,  des  Cäsars  Johannes  Dukas,  der  mit  zwei  Söhnen  im 
Senat  eine  mächtige  Partei  besass,  des  grollenden  Patriarchen  und  vor 
allem  des  giftigen  Rhetors  Michael  Psellos.  Dazu  kam,  dass  die  von  den 
Dukas  verhätschelten  Prätorianer,  die  Varangen,  zur  Partei  des  alten 
Hofes  hielten,  schon  weil  Romanos  bei  der  Nationalarmee  beliebt  war. 
Nur  ein  glänzender  Erfolg  nach  aussen  konnte  dem  Soldatenkaiser  das 
nötige  Prestige  verleihen. 

Es  galt  den  Seldschuken,  der  ständigen  Geissei  der  kleinasiatischen 
und   syrischen  Ostprovinzen,   mit  machtvoller  Energie  entgegenzutreten. 
Tapferkeit  und  Feldherrngeschick  des  Romanos  konnte  die  Hoffnung  er- 
"wecken,  dass  dem  Reich  ein  neuer  isaurischer  Leon  oder  Eonstantinos  er- 
standen sei.     Leider  rissen  ihn  sein  Ungestüm  und  seine  Unterschätzung 
der  Feinde  ins  Verderben.     Die  lange  Missregierung  der  Bureaukraten 
hatte  die  Armee    verlottert;   die    Sparsamkeit   am  unrechten    Ort  hatte 
:  den   Staatsschatz  auch  nicht  gefüllt.     Die  Buntscheckigkeit  der  vielfach 
:  von   nationalen   Offizieren    kommandierten    Landsknechte   erschwerte    die 
•  Sicherheit  des  Oberkommandos  und   die  Einheitlichkeit  der  Operationen. 
:  Trotzdem    verlief   der  Feldzug    des  Jahres  1068,   welcher    einerseits    der  1068 
;  Züchtigung    der  Muslimen   von   Aleppo   galt   und    andererseits   die   seld- 
schukischen,  die  Pontoslandschaften  heimsuchenden  Raubscharen  derb  zu- 
rückwarf, völlig  glücklich. 

1069  brachen  die  wüsten  Räuber  von  neuem  in  Kappadokien  ein,  1069 
das  alle  Drangsale  vandalischer  Verwüstung  und  Ausmordung  erlitt.  Den 
leichten  Türkenreitern  war  die  schwerfällige  Taktik  der  Byzantiner  so 
wenig  gewachsen,  als  einst  Crassus'  Legionäre  den  parthischen  Eisenreitern 
und  Pfeilschützen.  Aber  der  Kaiser  jagte  die  Räuberbanden  zuletzt  doch 
über  den  Euphrat  zurück;  allein  während  er  durch  das  ehemalige  vierte 
Armenien  einen  kühnen  Zug  unternahm,  um  Chlat\  die  Festung  des  Van- 
sees,  zu  überrumpeln,  liess  sich  sein  Feldherr  Philaretos  in  Kappadokien 
schlagen.  Bis  Ikonion  plünderten  die  Seldschuken.  Dem  Kaiser,  der  ihnen 
den  Rückweg  zu  verlegen  suchte,  entrannen  sie  nur  durch  Preisgabe  der 
Beute. 

Die  Übeln  italischen  Verhältnisse  zwangen  den  Kaiser  1070  zur  io70 
Rückkehr  nach  der  Hauptstadt.  1068  war  Hydrus  (Otranto)  gefallen,  und  io6f 
das  feste  Bari,  der  Hauptwaffenplatz  der  Griechen  auf  apulischem  Boden, 

Saadbucb  der  Uaai,  AltertnmiwlMeziiohftft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aofl«  64 


\Q\Q  AbrisB  der  bycanünisohen  Kaisergesohlohte. 

ward   eingeschlossen.     Nach    heldenmütiger   Gegenwehr    kapitulierte  k 
^'  tapfere  Besatzung  16.  April  1071.    Mit  den  Griechen  in   Italien  war  ci 
^3  aus,  und  so  traten  auch  die  Amalfitaner  1073  unter  Robert  Guiskni 
Herrschaft.    Hier  war  das  Verhängnis  nicht  mehr  hintanzuhalten;  aki 
im  Osten  wurde  die  Krisis  akut.    Manuel  Eomnenos,  Kaiser  Isaaks  Kei^| 
der  in  Romanos'  Abwesenheit  das  Kommando  geführt  hatte,  war  von  da] 
Türken  aufs  Haupt  geschlagen  und  selbst  gefangen   genommen  worden 
Chonae,  dem  so  oft  der  hl.  Michael  seinen  wunderbaren  Schutz  verlieW 
erlag  diesmal  den  Türken.    Des  Erzengels  Heiligtum  ward  geschändet  loi 
ausgeraubt.    Alp-Arslan  erstürmte  ferner  im  armenischen  Osten  die  h<x^ 
wichtige  Grenzburg  Mantzikert  (Manazkert).     Da  machte  der  Kaiser  eiie 
unerhörte  Kraftanstrengung.    Mit  einem  Heere  von  100000  Mann  zog  er 
persönlich  gegen  die  türkischen  Christusfeinde.  Eine  Division,  meist  uzLsdit 
und  abendländische,  wenig  zuverlässige  Söldner  unter  Führung  des  Fno* 
zosen  Oursel  Bailleul,   sollten  Chlat^   erobern;    die  Hauptarmee    mit  da 
Kaiser  an  der  Spitze  gewann  Mantzikert  zurück.    Aber  in  einigen  Rate^ 
gefechten  zeigten  Alp-Arslans  erprobte  Scharen  siegreiche  Überlegenlidl 
Der  Kaiser  rief  die   gegen  Chlat'  detachierten  Corps  vergebens  zurück; 
sie  wurden  durch  die  Türken  nach  Mesopotamien  abgedrängt.    Alp-Arslaii, 
im  Gefühl  einen  ebenbürtigen  Gegner  vor  sich  zu  haben,  bot  den  Frieden 
an;  Romanos'  Stolz  wies  ihn  thöricht  zurück.   So  kam  es  zur  furchtbaren 
Entscheidung.  Üble  Vorbedeutungen  schreckten  das  eilig  zusammengeraffte, 
auch  durch  des  Kaisers  eiserne  Disziplin  nicht  in  so  kurzer  Zeit  zu  einer 
Musterarmee  umgeformte  Heer.     Intrigue   und   Verrat   der  Offiziere  und 
Söldner  lähmte  die  Energie  im  eigenen  Lager.  Nichtsdestoweniger  kämpften 
den  ersten  Tag  beide  Parteien  heldenmütig  ohne  Entscheidung.     Allein  ak 
den  zweiten  Tag  Prinz  Andronikos  Dukas  verräterischer  Weise  mit  seber 
Abteilung  den  Rückzug  antrat,  ergriff  Panik  das  Heer.     Andre  Chefs  mit 
den  ihnen  anvertrauten  Divisionen  folgten  Andronikos'  Beispiel.    Vergebens 
focht   Romanos   mit   wahrhaft    heroischem   Mut.     Die    türkische   Reiterei 
drang  mit  wildem  Ungestüm  siegreich,  unaufhaltsam  vorwärts.    Dem  Kaiser 
ward  sein  Pferd  unter   dem  Leibe  verwundet.     Er  stürzte    und  geriet  in 
türkische  Gefangenschaft. 

Das  ist  der  furchtbare  Entscheidungstag  von  Mantzikert  des  Jahres 
^1  1071,  die  Todesstunde  des  byzantinischen  Grossreichs.  Mochten  auch 
die  Folgen  in  ihrer  ganzen  Entsetzlichkeit  sich  nicht  gleich  fühlbar  machen, 
der  Osten  Kleinasiens,  Armenien  und  Kappadokien,  die  Landschaften,  denen 
so  viele  Kaiser  und  Generale  entstammten,  und  welche  die  eigentliche 
Kraft  des  Reiches  repräsentierten,  waren  auf  immer  verloren,  und  der 
Türke  pflanzte  auf  den  Trümmern  altrömischer  Herrlichkeit  sein  Nomaden- 
zelt auf.  Die  Wiege  der  Gesittung  verfiel  islamitischer  Barbarei  und 
völliger  Verrohung.  Nicht  den  unglücklichen  Kaiser,  sondern  die  Bureaa- 
kratie  und  die  Hofpartei,  welche  in  kurzsichtiger  Verblendung  gegen  das 
militärische  Prestige  sich  gestemmt,  das  Reich  planmässig  wehrlos  gemacht 
und  in  einem  ihrer  Hauptvertreter  offenen  Verrat  geübt  hatten,  trifft  die 
schwere  moralische  Verantwortung  für  die  Katastrophe,  von  der  das 
Griechentum  sich  niemals  erholt  hat,  noch  erholen  konnte. 


VI.  Der  YerfaU  des  Reiche«  (1026-1081).  1011 

^\         Von  allen  späteren  Geschlechtern  ist  mit  Recht  der  geradezu  bei- 
-  ipiellose  Edelmut  gefeiert  worden,  mit  dem  der  rauhe  Türke  den  gede- 
ih nütigten  und  gefangenen  Gegner  behandelte.     Er  gab  ihm  die  Freiheit 
.^surück  gegen  die  Herausgabe  der  seldschukischen  Gefangenen  und  gegen 
-1-  Zahlung  einer  Million  Byzantiner.    Nur  ein  verzweifelter  Fatalismus  konnte 
.  -den  unglücklichen  Kaiser  bewegen  nach  seiner  Hauptstadt  zurückzukehren. 
-Auch  dem  politisch  Naivsten  musste  es  doch  völlig  klar  sein,  dass  der 
-^ICsserfolg  des  Kaisers  dessen  Sturz  und  den  seines  Anhangs,  der  Militär- 
^.j>artei,  zur  Folge  haben  müsse.   So  nahmen  denn  auch  die  Bureaukraten  mit 
_,  völligster  Zuversicht  das  Heft  in  die  Hände.  Auf  Antrag  des  Psellos  wurden 
Sudokia  und  ihr  ältester  Stiefsohn,  Michael  Dukas,  als  Regenten  einge- 
7  setzt.    Die  eigentliche  Regierung  führte  Romanos'  Todfeind,  der  alte  Cäsar 
Johannes  Dukas.    Von  der  Psellospartei  unterstützt,  stellte  er  an  Eudokia 
^  das  Ultimatum,  ihren  Gatten  des  Throns  für  verlustig  zu  erklären.     Als 
die  heldenmütige  Frau    die   schandbare  Zumutung   entrüstet   zurückwies, 
~  ward  sie  aus  dem  Palaste  trotz  ihrer  Thränen  und  Bitten  Verstössen,  zur 
Kalogräa  geschoren  und  ins    Kloster  gesteckt.     Michael  YII  Parapi- 
nakes  (1071 — 1078)  wurde  als  Kaiser  ausgerufen.     Der  unglückliche  Ro- 1071/1 
xnanos,  der  sich  gegen  ihn  in  Asien  zu  halten  suchte  und  dem  nur  ein 
kleiner  Teil  der  Truppen  die  Treue  bewahrte,  ward  durch  Andronikos  in 
Adana  eingeschlossen  und  musste  sich  ergeben.    Er  dankte  feierlich  ab 
und  versprach  ins  Kloster  zu  gehen;  Andronikos  Hess  sein  Versprechen 
persönlicher  Sicherheit  durch  die  Metropoliten  von  Chalkedon,  Herakleia 
und  Koloneia  garantieren.    Aber  umsonst  hatte  Romanos  getraut.    Der 
Regent  Cäsar  Dukas  war   über   die  Vorschriften   der  christlichen  Moral 
oder  auch  nur  des  allgemeinen  Völkerrechtes  hoch  erhaben.     Trotz  des 
Protestes  der  ehrlichen  Bischöfe,  mit  denen  man  ein  heUloses  Spiel  getrieben, 
ward  Romanos  in  der  scheusslichsten  und  grausamsten  Weise  geblendet. 
Den  furchtbaren,  auf  Befehl  des  Cäsars  absichtlich  ungepflegt  gelassenen 
Verwundungen  erlag  der  unglückliche  Monarch,  nachdem  er  vergebens  den 
'-  Heldentod  auf  dem  Felde  der  Ehre  gesucht  hatte. 

Ob,  wie  man  behauptet  hat,  das  damalige  Reich  noch  zu  retten  war 

—  die  grosse  strategische  Position  in  Hocharmenien  war  noch  nicht  ver- 

=  loren;  Antiochien,   Edessa  und  die  Küstenplätze  waren  noch  römisch  — 

■  lässt    sich    doch  billig   bezweifeln.     Der  kleinasiatische  Besitz  der  Römer 

~-  glich   dem  italienischen   der  Nachfolger  Justinians,  und  auch  dort  hatte 

=    „ein  Mann  von  eiserner  Faust ^,   Kaiser  Konstans,  mit  Aufbietung  aller 

=   Kräfte  gegen  die  Langobarden   nichts  Nennenswertes  auszurichten  ver- 

~   standen.     Eine  Gleichstellung  vollends  der  Seldschuken  mit  den  syrischen 

^   Hamdaniden  verrät  doch  einen  entschiedenen  Missgriff  in  der  Wertschätzung 

militärischer  Machtverhältnisse.    Jedenfalls  zeigte  die  nun  zu  üppigster 

-    Blüte  gedeihende  Misswirtschaft  der  den  Ton  angebenden  Civilmandarinen 

ein   wahrhaft   bewundernswertes   Geschick,    in    allen   politisch    wichtigen 

Momenten  die  verkehrteste  Entscheidung    zu  treffen.     Eine  Politik   der 

Rhetorik  und  der  Phrase  war  nun  an  der  Tagesordnung,  kräftig  sekundiert 

durch  die  Epistolographie,  welche  auch  in  ihrer  grundschlechten  Tendenz 

ganz  unserer  Presse  entspricht.    Die  Regierung  führten  der  Cäsar  und 


10X2  AbriM  d«r  bysuitlnlMilLMi  EftlawgMohl' 

der  Eunuch  NikephoritzeB,  beide  niclit  anfähig  und  i 
graut;  aber  die  ganze  bureaukratische  Routine  zeigte  e 
Situation  nicht  gewachsen.  Während  die  Reichsvei 
erhörtesten  Weise  vemachl&ssigt  ward,  während  a 
Marinebudget  knauserte ,  Festungen  und  Stras 
wurden  die  Grossbeamten  und  Kreaturen  der  leitentj 
ausbezahlt,  und  für  die  Vergnügungen  des  Hofes, 
waren  stets  die  nötigen  Summen  disponibel.  Selten 
lassenere  und  gedankenarmere  Regierung  in  Byzan 
aus  den  Spitzen  der  Beamtenaristokratie  gebildete. 

Der  Kaiser  selbst  war  Psellos'  würdiger  SchQlei 
sagt  von  ihm,  dass  er  die  Dinge  gehen  liess.  Wi 
im  Westen  die  Verhältnisse  sich  immer  gefährlic 
Michael  mit  Psellos  Rhetorik  und  versuchte  sich  in 
In  Bulgarien  hatten  die  Erpressungen  der  Beamten 
zum  Aufstand  reif  gemacht.  Die  bulgarische  Matiom 
Georg  VojtSch  (Boitachos),  suchte  Anschluss  bei  di 

1050,1084  Serben,  deren  Fürst  Michail  (1050—1084)  vom  Pa 
erhalten  hatte;  die  Boljaren  baten  sich  seinen  Sohn 
Er  wurde  unter  dem  Namen  Petros  feierlich  als  sol 
erfocht  Über  Damianos  Dalassenos  einen  glänzenden  I 
chische  General  selbst  gefangen  ward.  Bodin  mai 
Niö,  sein  Unterfeldherr,  der  serbische  Vojvode  P( 
Allein  die  Griechen  boten  nun  eine  starke  Heeresi 
männische  Söldner,  auf.  Bodin  wurde  geschlagen 
Antiochien  geschleppt,  von  wo  er  mit  Hilfe  der  ^ 
Vater  nach  Skodra  entfloh.  Der  Aufstand  wurde  i 
das  Nachspiel  bildeten  die  gewohnten  Grausamkeitei; 
Den  Vertrag,  welchen  Romanos  mit  Alp-Arsle 
die  neue  Regierung  sogleich  kassiert,  aber  keine  Ai 
gung  des  Reichs  getroffen,  sodass  der  Osten  wehrlos 
1072  Räubereien  preisgegeben  war.    Alp-Arsiane  Tod  107i 

1072,1092  tigen  Melik-Sah  (1072—1092)  zur  Herrschaft,  der  si 
Suleiman  die  Führung  des  Krieges  mit  Rnm  Dben 
männisch  hochbeanlagte  Kopf  verstand  es,  gegen  das  ( 
den  tödlichen  Schlag  zu  führen.  Vergeblich  hatte  Ro 
Gesetzgebung  gegen  die  Plantagenwirtschaft  angekän 
sie  mehr  als  im  Osten.  Hörige  und  Sklaven  bebaut 
dien  der  Granden.  Da  griff  Suleimans  soziale  Ref 
Landbauem  wurden  gegen  Erlegung  einer  Kopfsteuer 
so  durch  ihr  eigenes  vitalstes  Interesse  an  die  tUrk 
kettet.  Vielfach  muslimische  Sklaven  oder  beteroC 
sie  fUr  den  Retchsgedanken  ohnehin  so  gut  wie  kein 
Die  Regierung  musste  endlich  aus  ihrer  Inal 
Allein  der  neue  Oberfeldherr  Isaak  Komnenos  wari 
Haupt  geschlagen.  Der  Cäsar  Dukas,  welcher  jetzt  i 
nahm,  zog  zunächst  den  unter  Oursel  meuternden  ] 


VI.  Der  TerfaU  des  Beiohes  (1026-1081).  1013 

rde  aber  am  Sangarios  von  Oursel  geschlagen  und  gefangen,  und 
geschah  das  Unerhörte.  Der  bisherige  Reichsverderber  verstän- 
e  sich  rasch  mit  dem  normannischen  Abenteurer;  er  trat  als  Eron- 
tendent  auf  und  rückte  gegen  den  eignen  Neffen  und  die  Hauptstadt 
In  ihrer  Not  warf  sich  die  Zentralregierung  den  Türken  in  die 
1074  schloss  Suleiman  unter  Melik-ääh's  Zustimmung  einen  Vertrag  1074 
i^  den  Römern,  der  ihn  zum  rechtmässigen  Herrn  der  okkupierten  Ost- 
rovinzen  machte.  Dafür  versprachen  die  Seldschuken  die  Stellung  einer 
HArken  Hilfsmacht  und  hielten  Wort.  Ihre  Reiter  zersprengten  die  Re- 
^llenscharen  und  nahmen  die  beiden  Rädelsführer  gefangen.  Dukas 
■wanderte  ins  Kloster;  Oursel  entwischte  und  sammelte  im  Thema  Arme- 
aiakon  neue  Truppen.  Gegen  ihn  ward  1074  Alexios  Komnenos,  Johannes 
Komnenos'  Sohn,  der  Neffe  des  Kaisers  Isaak,  ausgesandt.  Er  tritt  damit 
raerst  und  glücklich  auf  den  weltgeschichtlichen  Schauplatz.  Denn  er  er- 
ebte  den  Triumph,  den  unruhigen  Kondottiere  gefesselt  nach  Konstan- 
inopel  zu  schleppen.  Die  Türkennot  dauerte  freilich  durch  Übergriffe 
ind  Verwüstungen  Kleinasiens  ungehindert  fort. 

Das  Bureaukratenregiment  war  zum  Untergänge  reif.  Das  war  die 
lerrschende  Überzeugung.  Rettung  war  nur  noch  bei  der  Armee.  So 
Anden  denn  1078  gleichzeitig  in  Europa  und  Asien  zwei  Pronunziamentos  1078 
tatt.  Nikephoros  Bryennios,  der  Stratege  von  Dyrrachion,  zog  vor  die 
lauptstadt,  während  in  Kleinasien  unter  der  mit  neuen  schmachvoUen 
Konzessionen  erkauften  Zustimmung  der  Seldschuken  Nikephoros  Botaniates 
um  Autokrator  ausgerufen  ward.  Eine  Revolution  von  Adel  und  Volk 
^irang  Michael  zur  Abdankung;  er  wurde  Erzbischof  von  Ephesos,  Nike- 
phoros III  Botaniates  (1078—1081)  dagegen  allgemein  als  Kaiser  an-1078/l( 
erkannt.  Den  Gegenkaiser  besiegte  Alexios  Komnenos  bei  Kalabrya  in 
ilirakien  vollständig;  und  ebenso  schlug  er  mehrere  rasch  sich  folgende 
^onunziamentos  mit  Energie  nieder,  bis  1079  sein  eigener  Schwager  1079 
4^ikephoros  Melissenos,  unermesslich  begütert  und  einflussreich  unter  dem 
ailitärischen  Landadel,  sich  zum  Gegenkaiser  aufwarf.  Diesen  Leuten 
varen  alle  patriotischen  Gefühle  abhanden  gekommen.  Der  neue  Kron- 
>rätendent  schloss  mit  Suleiman  einen  Vertrag  auf  Teilung  der  gegen 
Jotaniates  zu  machenden  Eroberungen.  Wohl  weniger,  wie  er  vorgab, 
lus  zarter  verwandtschaftlicher  Rücksicht,  als  weil  er  nicht  gesonnen  war, 
ediglich  für  den  unfähigen  Kaiser  seine  Haut  zu  Markte  zu  tragen, 
weigerte  sich  Alexios  gegen  Melissenos  zu  Felde  zu  ziehen.  Der  an  seiner 
Statt  ausgesandte  Protovestiarios  ward  bei  Nikaea  geschlagen. 

Bei  der  Übeln  Lage  des  Reichs  war  es  nicht  der  ungeschickteste 
Schachzug  des  Friedenskaisers  Michael  IX  gewesen,  sich  den  mächtigen 
Robert  Guiskard  von  Apulien  durch  Verschwägerung  zu  verbinden.  Dessen 
inmündige  Tochter  Helena  war  mit  einer  Schwester  nach  Konstantinopel  zur 
feineren  Erziehung  gesandt  und  mit  dem  damaligen  Kronprinzen  Konstantinps 
[jetzt  Mönch  in  Studion)  verlobt  worden.  Der  verblendete  Thor  Nike- 
phoros sperrte  die  normannischen  Prinzessinnen  in  ein  Kloster  und  reizte 
iadurch  den  heissblütigen  Kriegshelden  zu  wilder  Wut.  Sobald  dieser  1080  i080 
üe  Hände  frei  erhielt,  sandte  er  nach  Byzanz  ein  Ultimatum,  welches  die 


\QH  AbrUa  d«r  bjxftntiniaobvn  KkUargoMohiolito. 

WiedereiBsetzung  der  Dukas  forderte.  Vergebens  wurde  di 
dea  echten  Michael  sein  falscher  Prätendent  entlarvt.  ] 
vollzogen. 

Alexioe  KomnenoB,  der  föhigate  unter  den  Generale 
die  Sache  des  Kaisers  Nikephoros  unterstützt,  weil  er  die 
hegte,  von  ihm  als  Caesar  adoptiert  zu  werden.  Als  aber 
Alte  vielmehr  die  ßeichsnachfolge  seinem  Neffen  Synadei 
gedachte,  schlug  die  längst  bestehende  Spannung  in  offi 
um.  Alexios  entwich  nach  Tzurulon;  die  Anhänger  dea 
wie  der  Militärpartei,  vor  allem  der  kampfesmutige  Qeorj 
scharten  sich  um  ihn.  l&r  marschierte  gegen  die  Hauptert 
war  höchst  kritisch;  denn  der  kaiserliche  Greis  und  seine  1 
bereits  mit  Meltssenos  und  den  Türken  paktieren.  Allein  d 
1.  Apr.  deutschen  Söldners  öffnete  Alexios  1.  April  1081  das  Chai 
^"81  Furchtbar  litt  die  Hauptstadt  durch  die  Wildheit  der  eindrinj 
scharen.  Noch  hielten  die  Yarangen  und  einige  andere 
treu  zum  Kaiser.  Allein  dieser  gab  seine  Sache  selbst  ve 
ward  Alexios  in  der  Sophienkirche  gekrönt. 

Einer  militärischen  Revolution  verdankte  der  Eomnei 
imd  ihr  bezeichnender  Abschluss  ist,  wie  vor  900  Jahren 
des  Septimius  Sevenis,  die  Behandlung  der  Residenz  als 
Stadt.  Mit  brutaler  Deutlichkeit  ward  damit  der  hauptstäd 
kratie  klar  gelegt,  doss  ihr  Regiment,  welches  das  Reich 
richtet,  zu  existieren  aufgehört  habe.  Die  Militärs  nahmen, 
wieder  die  leitende  Stellung  ein,  und  man  kann  wohl  sagei 
Segen  des  Reichs.  Restitutores  orbis  konnten  die  Komoe 
werden.  Der  Westen  verblieb  den  Normannen,  der  viel  w 
wo  das  Reich  Rom  (Ikonion)  entstand,  den  Seldschuken.  I 
leuchtendes  Abendrot  hat  diese  Heldendynastie  dem  vielge|: 
Volke  noch  verschafft,  und  in  der  furchtbaren  Nacht  der 
Reichszertrümmerung  haben  die  späteren  Geschlechter  mi 
tiefer  Dankbarkeit  dieser  kraftvollen  Dynastie  von  Rei 
Reichserhaltern  gedacht. 

VII.  Die  Komnenen  und  die  Angeli  (I08i 

1081/111?  Eine  furchtbar  schwere  Aufgabe  harrta  des  grossen  B 

bis  1118).  Er  regierte  sozusagen  nur  noch  über  Ruinen, 
fast  allein  die  Küstenstädte  noch  im  wirklichen  Besitz  d< 
europäischen  Provinzen  des  Nordens  waren  durch  immerw 
verwüstet,  ihre  Steuerkraft  erschöpft.  Dabei  drohte  die  di 
unverantwortliche  Thorheit  herauibeschworene  Normannen, 
hörte  wahrlich  Heldenmut  dazu  hier  nicht  zu  verzagen,  uni 
der  grosse  Alexios.  Vor  allem  aber  hatte  er  die  Haupti 
deren  Mauerring  schon  in  manch  drangvoller  Not  die  M 
Romäerkaisers  beschränkt  gewesen  war,  und  deren  unverg 
der  glänzendste  Beweis  von  Konstantinos'  des  apostelgleichen 


VII.  Dia  Komnenen  nnd  die  Angeli  (1081->1204).  1015 

diarfsinne,   immer   wieder   die  Möglichkeit   gewährt  hatte,   aus  seinen 

Mhnmern  das  Reich  neu  wieder  aufzubauen.  Alexios  war  der  Mann,  der 

lieser   schwierigen  Aufgabe   ein  langes,   arbeits-   und   entsagungsreiches 

leben  mit  jenem  echt  römischen  Pflichtgefühl  widmete,   das  die  besseren 

..^tnter  den  romäischen  Selbstherrschern  so  wohlthuend  auszeichnet. 

Seinen  Thron  verdankte  Alexios  der  Militäraristokratie  und  den 
^3iikas.    Beide  mussten  dauernd   an  das  Komnenenhaus  gefesselt  werden. 

^':?eii8ionen  konnte  wenigstens  vorläufig  die  erschöpfte  Staatskasse  nicht 

uUen;  Alexios  bezeigte  seine  Dankbarkeit  und  Anerkennung  mit  reich 

_Jid>ge8tuften  Rangklassen  von  Titeln,   ganz  wie  die  heutigen  Fürsten  mit 

^*Opden.    Man  wurde  zum  Sebastos,   Protosebastos,   Panhypersebastos,  Se- 

""Hbaetokrator  u.  s.  f.  kreiert.     Noch   ist  ein  Schriftstück   der  Patriarchal- 

"^kanzlei  erhalten,  welches  einem   äfjLvrjrog  dieser  erhabenen   Geheimnisse 

•wie  ein  richtiger  Briefsteller  vorschreibt,  welche  Anreden  und  Titulaturen 

:_-  er  anzuwenden  hat,   wenn   er  an  einen  hohen  geistlichen  oder  weltlichen 

—  Würdenträger  ein  Schreiben  richtet.  Was  wir  gewöhnlich  als  byzantinisches 
-'Titel-  und  Zeremonienwesen  bezeichnen,  verdankt  wenn  nicht  seinen  Ur- 
sprung,  doch  seine  Ausbildung    erst    der   Eomnenenzeit   und   der   nach- 

-  folgenden  Epoche  des  Verfalls. 

Melissenos  der  Prätendent  fand  es  nun  geraten  mit  seinem  energi- 
schen Schwager  sich  zu  stellen;  er  ward  mit  dem  Caesarsrang  entschädigt. 
Nun  aber  galt  es  der  grossen  Aktion,  welche  der  Normannenherzog  und 
sein  kriegstüchtiger  Sohn  Boemund  vorbereiteten,  mit  Aufwendung  aller 
Kräfte  des  Reichs  die  Spitze  zu  bieten.  Eine  grosse  Rolle  in  den  Kriegen 
des  Alexios  spielt  als  Getreuester  der  Getreuen  und  darum  mit  Landgütern 
und  Lehen  wahrhaft  überschüttet  der  iberische  Prinz  Gregorios  Pakurianos, 
der  Grossdomestikos  des  Westens.  Seine  Stiftung  ist  das  reiche  Kloster 
Stenimachi,  noch  heute  das  Zentrum  des  Hellenentums  um  Philippupolis. 

Mai  1081  landete  erst  Boemund,  dann  Robert  Guiskard  mit  einer  Mai  ] 
Armee  von  30  000  Mann  in  Orikos  (Epeiros);  wie  einst  Caesar,  belagerte 
er  zu  Lande  und  zu  Wasser  Dyrrachion,  die  seebeherrschende  hellenische 
Festung  an  der  Adria,  zugleich  als  Anfangsstation  der  via  Egnatia  der 
Schlüssel  zum  Innern  des  Reichs.  Unterdessen  hatte  Alexios  mit  den 
schwersten  Opfern  die  Hilfe  Venedigs  erkauft.  Keineswegs  aus  alter 
Anhänglichkeit  an  das  Reich,  dem  die  klugen  Kaufleute  nur  nachfragten, 
wenn  es  ihnen  Gewinn  brachte,  sondern  im  eigenen  wohlverstandenen 
Interesse  unterstützten  sie  das  Griechenreich  gegen  die  Normannen  mit 
ihrer  mächtigen  Flotte.  Der  hohe  Preis  waren  die  für  Venedig  so  über- 
aus günstigen  Handelsverträge,  welche  das  Ostreich  kommerziell  und  wirt- 
schaftlich genau  so  abhängig  von  Venedig  machten,  als  heute  die  Türkei 
von  England.  Man  darf  deshalb  mit  Alexios  nicht  rechten,  seine  Lage  war 
eine  verzweifelte;  er  musste  die  Hilfe  nehmen,  wo  er  sie  bekam,  und  jeden 
Preis  zahlen.  Die  Venetianer  thaten  denn  auch  ihr  Möglichstes.  Die 
venetianische  Flotte  unter  dem  Dogen  Domenico  Selvo  mit  der  griechischen 
vereint  vernichtete  die  normannische;  Robert  Guiskard  wich,  wie  Caesar, 
nach  Pharsalos;  und  stolz  auf  sein  starkes  Heer  von  70  000  Mann,  dar*  j 
unter  zahlreiche  „Varangen^  (Angelsachsen  und  Dänen),  bot  Alexios  ilttr^ 


1016 


AbriM  der  briuitiniachen  K«i«erg 


18.  Okt.  trotz  Palaeologos'  Widerraten  die  Schlacht  ai 
^"^^     Schicksal  war  das  des  Pompeius. 

1082  Anfang  1082  erstürmte  Guiakard  Dyrrachio 
Italien  genötigt,  Uberliess  er  die  Führung  des  Ei 
Alexios  an  den  deutschen  Kaiser  gezahlte  Subsid 
herzog  möglichst  in  Italien  festhalten.   BoSmunc 

1083  in  Epeiros  ein;  1083  schlug  er  Älexios'  neue  A 
Kastoria,  Moglena,  Skopje  und  alle  makedon 
Vardar.  Aber  griechische  Bestechung  bewirk 
geringen  Beute  im  armen  Lande  unzufriede: 
Meuterei.  Boemund  wandte  sich  nach  Tbessalit 
trotzte  sechs  Monate  allen  seinen  Angriffen.  AI 
Erfolge  belehrt,  beschränkte  sich  auf  den  Kli 
Suleiman  zu  Hilfe  gesandten  7000  SeldschukenrE 
in  einer  den  normannischen  Rittern  verdi 
Nicht  einmal  die  Sympathien  der  unzufriedener 
zu  erwerben  gewusst.  Der  Schatten  des  gros 
tung  des  Reichs  bei,  weil  die  in  ihrer  Mehrheit  g 
Bauern    die    normannischen    Eindringlinge   als 

1084  Sommer  1084  war  Boemund  auf  die  epirotischc 
und  eilte  nach  Salerno,  um  dem  Vater  sein  ¥\i 

1064  1084  erschien  der  alte  Herzog  mit  seine 

banien;   aber  über  den  ärmlichen  Gewinn  von 
kam  er  nicht  hinaus.     In  den  Seeschlachten  s< 

1085  bis  1085  zwischen  Korypho  und  Buthroton  Ve 
Normännerflotte  gründlich  schlugen.      Seuchen 

17.  Jul.  furchtbar   dezimiert;    17.  Juli  1085    erlag   der 

1085    Der  Hader  seiner  Söhne  Boemund  und  Roger  i 

sitz  erleichterte  dem  Eomnenen  die  Wiedererol 

platze.    Das  Römerreich  war  för  anderthalb  J 

Raubritter  los. 

Kaum  war  Alexioß  von  den  Normannen  l 
gefahr  nach  dem  Norden.  In  Thrakien  und  Bul( 
Verfolgung  die  Lehren  der  Paulikianer  und  Bog 
Landleuten  und  Hirten,  wie  unter  den  Städtel 
Adel  immer  mehr  Anhang  gefunden,  musste  do 
Patriarch  wegen  angeblichen  Bogomilismus  e 
1078  im  Jahr  1078  beim  Kumaneneinbruch  hatte  t 
Triaditza  (Srcdec,  Sofia)  und  der  Bogomile  Di 
Glaubenskrieg  gegen  „die  Götzendiener  der  I 
Es  erinnert  ganz  an  die  Schwarmgeisterei  eil 
diese  .Vollkomnenen"  80  000  Bauern  um  sich 
niertes  byzantinisches  Armeekorps  zersprengte  b 

']  KosrnafiÄUikos.   Erecheint  ein  Hysti-  I   des  Athos 

ker  gewesen  zu  sein,  in  welchen  orthodoie  getreten,  ei 

Rationalisten  littretiscfae  Lehren  erst  hinein-  Scheiterhau 

inquirierton.    Wären  die  OmphsJopsycliiten  I 


Vn.  Die  Konmenen  nnd  die  Angeli  (1081—1204).  1017 

Tiühelos;  aber  als  1086  die  Boljaren  um  Drystra  (Drster)  mit  den  Rumänen  1086 
a^emeine  Sache  machten,  schlössen  sich  ihnen  gleich  die  Bogomilen  unter 
äem  vornehmen  Paulikianer  Traulos  an,  besetzten  das  Bergschloss  Beljatovo 
und  brandschatzten  Thrakien.     Pakurianos  und  Branas  wurden  1086  ge-  1086 
schlagen,  so  dass  Drystra  und  ganz  Donaubulgarien  sich  vom  Reiche  los- 
machten.   1087  erschien  Tzelgu-Chan  mit  80000  Patzinaken  und  Kumanen;  1087 
N'ikolaos  Mauro-Katakalon  vermochte  ihre  Fortschritte  nur  notdürftig  zu 
hemmen,  so  dass  1088  Alexios  selbst  den  Hämus  tiberstieg;  aber  in  der  1088 
furchtbaren  Schlacht  bei  Drystra  (Drster)  ¥nirde  er  so  gründlich  geschlagen, 

die  Griechen  das  offene  Feld  nicht  mehr  halten  konnten.  Thrakien 
jetzt  widerstandslos  der  Plünderung  durch  die  wüsten  Horden  preis- 
gegeben. Bis  in  die  Umgegend  der  Hauptstadt  dehnte  sich  ihr  Sengen 
und  Morden  aus.  Aber  wie  einst  gegen  die  Normannen  und  später  die 
Kreuzritter,  erwiesen  sich  die  byzantinische  Diplomatie  und  das  byzan- 
Ünische  Gold  erfolgreich.  40  000  Kumanen  traten  in  Alexios'  Dienst  und 
29.  April  1091  wurden  durch  die  vereinigten  Griechen  und  Kumanen  die  29.  Ap: 
Patzinaken  in  der  blutigen  Schlacht  von  Lebunion  dermassen  zusammen-  ^^^^ 
gehauen,  dass  das  scheussliche  Volk  für  lange  Zeit  völlig  lahm  gemacht 
inrar.  Armselige  Reste  kolonisierte  der  Kaiser  in  Obermakedonien  um 
Moglena. 

Das  letzte  Mal  drohte  eine  Gefahr  von  den  Nordvölkem,  als  1094  1094 
der    Kronprätendent  Pseudo-Konstantin  Diogenes  die  Kumanen  über  die 
Donau  führte.   48  Tage  belagerten  sie  Adrianopel;  allein  die  Schlacht  bei 
Taurokomon  machte  der  Bewegung  ein  Ende. 

Um  so  schlimmer  sah  es  im  Osten  aus.     Kleinasien  war  fast  völlig 
ftürkisch.  Mehr  durch  List,  als  durch  Waffengewalt  gewann  Alexios  Nike- 
medeia  und  Sinope  zurück.   Statt  Suleiman  herrschte  jetzt  als  Sultan  von 
Etoin  Kilig-Arslan  (1092 — 1106)  in  Ikonion,  und  sein  Schwiegervater  Tzachas,  1092/11 
einst  griechischer  Offizier,  nistete  sich  seit  1090  auf  der  kleinasiatischen  io90 
^^Yestküste  und   den  Sporaden  ein.     1092   wurde  Smyrna  die  Hauptstadt  i092 
^des  Kaisers  der  Komäer^,  wie   er  sich   nannte.    Indessen   griechisches 
Oold  wirkte  auch  hier,   und  der   eigene  Schwiegersohn  machte  1093  den  1093 
Straten  unschädlich. 

Die  römische  Kurie  hatte  die  Kirchentrennung  immer  mit  bitterem 
Schmerz  empfunden.  Ihr  treibender  Gedanke  durch  alle  Jahrhunderte 
vrar  die  Hofihung  auf  eine  Wiedervereinigung.  Jedesmal,  wenn  sie  in 
politischer  Bedrängnis  waren,  machten  daher  die  schlauen  Griechen  ünions- 
pläne.  Es  ist  unglaublich,  mit  welchem  Raffinement  sie  dieses  Manöver 
Lmmer  wieder  gegen  die  gutmütigen  Abendländer  versuchten  und  immer 
^^irieder  Gläubige  fanden,  obschon  es  ihnen  mit  der  Union  vor  dem  Floren- 
Ainerkonzils  fast  niemals  Ernst  war.  Es  war  meist  nur  betrügerische  Yor- 
Bpiegelung  aus  politischen  Zweckmässigkeitsgründen.  So  hatte  schon 
Kaiser  Michael  IX  den  grossen  Papst  Gregor  VH  1074  angelockt.  Allein  1074 
^diesmal  fand  das  Hilfegesuch  des  Kaisers  Alexios  einen  besonders  gün- 
stigen Boden.  Die  Fortschritte  der  Christen  in  Spanien,  die  Eroberung 
Siciliens  von  den  Ungläubigen  hatten  den  christlichen  Glaubensmut  ge- 
^waltig  gehoben.    Man  weiss  aus  Herakleios'  Tagen,  mit  welch'  rührender 


1018  Abriu  dar  bysuttinlioh«]!  Kai« 

Inbrunst  der  naive  Glaube  der  Völker  an  den 
der  Herr  gewandelt.  Dass  in  Jerusalem  sei 
1076  gleichsweise  toleranten  Fätimiden  1076  die  i 
kiden  geboten,  wurde  in  dem  ganzen  so  aul 
Occident  als  eine  bittere  dem  Herrn  und  1 
empfunden. 

So  hat  Papst  Urbans  TL  Kreuzpredigt  d 
maligen  Menschheit  berührt  und  in  der  öffei 
für  die  sieggewohnte  Kurie  geradezu  phänome 
Aber  während  die  italienischen  Republikanei 
Pisa  in  echtem  Erämersinn  die  gewaltige  re 
männisch  zu  eskomptieren  verstanden,  ist  i 
Männern  der  französischen  und  flandrischen 
Überzeugungssache  gewesen,  und  mit  Recht  hi 
WafFenthaten  gesta  Dei  per  Francos.  Nieman 
Triumphzug  aufrichtiger  zu,  als  die  von  den 
handelten  und  von  den  Griechen  gequälten  all 
Syrer  und  Armenier.  Dass  die  Armenier  wäl 
Kilikien  einen  halb  abendländischen  Feudalst 
konnten,  verdankten  sie  in  erster  Linie  der 
Occident.  Ihre  Schriftsteller,  vorab  Mat'Eos  \ 
sind  voll  enthusiastischen  Lobes  für  die  abendl 
Jerusalembefreier  und  voll  der  bittersten  Vorwü 
perfiden  Griechen  Alexios  und  Manuel. 

Wenn  man  nicht  ungerecht  sein  will,  ^ 
dass  der  Romäerkaiser  mit  grosser  Besorgnis 
sah.  Die  von  ihren  kriegsgewohnten  stolzen 
waren  keine  Kondottiere,  die  man  für  byzant 
Europa  beliebig  verwenden  konnte.  In  ihrt 
Herzog  von  Tarent,  des  Kaisers  Todfeind.  Jed 
Stück  Arbeit,  mit  diesen  höchst  eigenmächtige 
sich  in  Gute  auseinanderzusetzen.  Aber  des 
verrufenen  Künste  eines  Diplomaten  der  alter 
heblich  zur  Verschärfung  des  Hasses  zwischen 
getragen  und  den  Ruf  von  der  Perfidie  und  ! 
—  die  Franken  litten  auch  nicht  an  einem  t3 
zur  öffentlichen  Meinung  Europas  weit  Aber  i 
bis  in  unsere  Tage  gemacht. 

Hier  haben  wir  nur  der  Einwirkung  der  K 
Reich  zu  gedenken.  Die  Unterhandlungen  dei 
läufiges  Resultat,  dass  die  französischen  Füi 
zukünftigen  palästinensisch-syrischen  Eroberui 
kaisers  zu  empfangen.  Vor  allem  wertvoll 
1097  Unterstützung  zur  Wiedergewinnung  von  Kle 
Arslan  bei  Nikaea  von  den  Kreuzfahrern  grüi 

')  Die  damaligen  Nonnatmen  sind  Prunoaen. 


TU.  Di«  EomneneB  and  dl«  Aiig«li  (1081— 1204).  1019 

irfider  Streich  des  AJexios  war  es,  dass  er  die  Türken  der  ihm  unent- 
»hrlichen  Stadt  Kikaea  veranlasste,  sich  ihm  zu  Übergeben.  Die  Erbttte- 
ing  der  um  die  FrQchte  ihrer  Anstrengungen  gebrachten  Belagerer  war  eine 
illig  gerechte,  und  alle  Geschenke  und  Freundlichkeiten  konnten  niemals 
e  gute  Stimmung  herstellen.  Dabei  hatte  Alexios  imi  so  mehr  Ursache 
tr  Dankbarkeit,  als  der  gewaltige  Sieg  bei  Dorylaion  1.  Juli  1097  das  1-  Jol. 
Bstliche  Kleioasien  den  Byzantinern  zurückgewann.  Für  Ostrom  war  ^*^' 
IS  ein  ganz  unerhörtes  Glück;  denn  aus  eigenen  Kräften  wäre  es  wohl 
e  im  Stande  gewesen,  in  Asien  etwas  Bedeutendes  zu  leisten. 

Westkleinasien  verdankt  die  noch  über  zwei  Jahrhunderte  andauernde 
rhaltung  seiner  Kultur  und  die  Rettung  vor  der  Barbarei  lediglich  dem  ' 
iegerischen  Heldensinn  der  Kreuzritter.  Laodikeia,  Philadelpheia,  Sardes, 
nyma,  Ephesos,  die  glänzendsten  Kamen  der  griechischen  Geschichte, 
urden  der  Knechtschaft  der  Ungläubigen  entrissen.  Aber  das  Verhältnis 
!8  Kaisers  zu  den  Franken  wurde  immer  schlechter.  Während  diese 
ntiochien  und  Jerusalem  erstürmten,  hatte  der  Kaiser  nur  im  östlichen 
leinasien  sich  ausgedehnt;  mit  Recht  klagten  die  Kreuzfahrer,  die  so  Grosses 
r  ihn  geleistet,  dass  er  nichts  von  Bedeutung  zu  ihren  Gunsten  gethan 
ibe.  Dem  Kaiser  erschienen  freilich  seine  christlichen  Bundesgenossen  fast 
lenso  geföhrlich,  als  die  Türken  von  Rüm,  und  wenn  man  sich  die  Pläne 
obert  Guiskards  und  die  Ereignisse  von  1204  vor  Augen  hält,  kann  man 
n  deshalb  nicht  tadeln. 

Ernsthaft  wurden  Alexios'  Verwickelungen   mit  Boemund,   der  sich 
)98  in  Antiochien  festsetzte.    Durch   den  Verrat  des  armenischen  Stra-  i098 
gen  Philaret  hatten  die  Griechen  erst  1085  diese  durch  die  kolossalen  logs 
''affenthaten  des  Kikephoros  Phokas  einst  wiedergewonnene  Kapitale  des 
rients  an  die  Türken  verioren;  es  ist  begreiflich,  dass  ihnen  alles  daran 
g,  dieselbe  wieder  zu  erwerben.     Es  kam  seit  1099  zu  einem  Kriege  I09fl 
1  Wasser  und  zu   Lande  mit  BoSmund,  der  von  diesem  in  Kilikien  ge- 
ihrt  wurde,  während  seine  Verbündeten,  die  Pisaner,  die  Inseln  Leukas 
ad  Kephallenia  ausplünderten,     1104  ging  er  nach  Italien  und  brachte  1104 
it  Unterstützung  des  Papstes  Paschalis  11  ein  ausserordentlich  stattliches 
«er  zusammen.     Aber  statt  dasselbe   nach  dem  Orient  zu    dirigieren, 
ahm  er  die  Pläne  seines  Vaters  wieder  auf  und  landete,  die  griechischen 
jieger  Überlistend,  in  VaJona  in  Epeiros.     Seine  Belagerung  von  Dyr- 
achion  scheiterte  jedoch  völlig,   Alexios,  durch  die  Erfahrungen  des  ersten 
Tormannenkrieges  gewitzigt,  liess   sich    auf  keine   grössere  Schlacht   ein, 
ondern  verstand  es  meisterhaft,  durch  Guerillaskämpfe  den  ohnehin  not^ 
aidenden  Gegner  mürbe    zu   machen  und  durch    Bestechung   in    dessen 
Ceiheo  zu   wirken.      1108  musste  Boemund   zu    Devol   (Deabolis)   einen  ii08 
fichst  demütigenden  Frieden  scbliessen,  auf  Laodikeia  und  die  kiUkischen 
Lnsprüche  verzichten  und  sein  Fürstentum  Antioobien   von  Byzanz  zu 
■eben  nehmen.     1111  starb  Boemund  ruhmlos  in  Äpulien.    Seine  Bundes-  im 
enossen,  die  Pisaner,  schlössen  einen  Handelsvertrag  mit  dem  römischen 
eich,  der  auch  für  dieses  von  gro8ei>m  Werte  war  nicht  nur,  weil  da- 
irch  das  bisherige  Korsarenunweaen  dJeflfiJLJfafttoÜy*'  ~"^*«mj 


1020 


Abrioa  der  byiaBtinlBohwi  Kki 


aufhörte,  sondern  weil  dadurch  auch  dem  üb« 
der  Venetianer  ein  die  Preise  drückender  K 

1110/1117  1110—1117  hatte  Alexios  wieder  einen  f 

Bchuken  zu  besteben,  welche  ihre  Raubzüge  bi 
Allein  nach  der  Eroberung  von  Philomelion  i 

1116/1117  Polybotos  1116  entschloss  sich  Sultan  Melik- 
zu  schliessen.  Die  gesamte  Eüstenlandscbaft 
von  Paphlagonien  durch  Phrygien  nach  Pisi« 
de&nitiv  dem  Reiche  gerettet. 

Im  Innern  musste  der  Kaiser  mehr, 
'  träglich  war,  den  hohen  Adel  berilckBichtigei 
gegangen,  und  der  das  Beste  zu  seiner  Erl 
hatte.  Der  alte  Absolutismus  näherte  siel 
westeuropäischen  Feudalstaaten,  deren  Sta 
kihkische  Königreich  der  armenischen  Rübe 
bei  all  seinem  rastlosen  Lagerleben  fand  AI 
satton  von  Justiz  und  Polizei  zu  sorgen  i 
der  arg  zerrütteten  Finanzen  in  glänzender 
tUmlich  ist  auch  sein  nahes  Verhältnis  zu 
religiös  höchst  eifriger  Fürst;  er  disputierte 
den  Bogomilen  und  Paulikianem,  und  wen  i 
dem  Feuer.  Die  teilweise  veraltete  Kircheno 
hat  er  zeitgemäss  umgeformt.  Allein  bei  i 
politisches  Ziel.  Der  einflussreiche  und  bej 
geleitet  —  und  an  einer  strammen,  der  Gei 
Aufsicht  Hess  es  der  Kaiser  nicht  fehle 
gewicht  gegen  den  unbotmässigen  und  stets 
Militäradel. 

Mit  Befriedigung  konnte  der  Greis  auf 
losen  Lebens  zurückblicken.  Aus  tiefster  A 
hatte  er  das  Reich  wieder  auf  eine  Stufe  ei 
stammte  Grossmacbtatellung,  wenn  auch  ni 
aber  immerhin  mit  Ehren  noch  durch  drei  Gk 
Jedoch  Ruhe  sollte  er  nicht  einmal  auf  dem 
Gattin,  die  fromme  Eirene,  und  sein  Liebling  I 
bestürmten  ihn  mit  Bitten,  der  letztem  Gatte 
ennios,  statt  des  längst  bestimmten  Throner 
thron  zu  erheben,     Aber  der  zähe  Alte,  oba 

15.  Äug.  genommen,   blieb  unbeugsam,   und   als   er  1 

^'^^    Johannes  ohne  die  üblichen  Grausamkeiten  c 

ruhige  Entschlossenheit  sich  den  ihm  gebUhi 

1118/1143  Johannes  II  Komnenos   (1118—114 

züghchen  Fürsten.  Durch  seine  Tapferkeit 
nicht  nur  die  Herzen  der  ünterthanen,  die  il 
Kaloioannes  nannten ,  sondern  auch  die  ai 
voll  Lobes  über  den  Regenten,  der  nicht  mi 
üblichen  verschmitzten  Verlogenheit,  sondej 


Vn.  Die  Eonmeneii  und  die  Angeli  (1081—1204).  1021 

tischen  Ziele  zu  erreichen  suchte.  Er  schlug  damit  ganz  aus  seiner 
nilienart,  wie  das  Auftreten  seiner  Verwandten  zeigte.  Die  intriguante 
Berin-Mutter  nahm  zwar  sogleich  den  Schleier,  das  Beste,  was  sie 
a  konnte.  Aber  die  Schwester  Anna,  eine  thatendurstige  und  etwas 
Lüzipierte  Dame,  die  es  bitter  beklagte,  nicht  als  Mann  geboren  zu  sein, 
spirierte  weiter,  obschon  ihr  Gatte,  ein  verständiger  und  bequemer 
T,  nichts  davon  wissen  wollte.  Sein  Oheim  Isaak,  der  allzeit  geschla- 
e  General,  lebte  mit  seinen  Söhnen  am  Hofe  von  Ikonion.  So  nach 
n  Seiten  gerade  von  den  Nächsten  aufs  gröblichste  provoziert,  hielt 
noch  Johannes  seinen  Hof  von  Grausamkeiten  frei;  dazu  wurde  er 
[it  am  wenigsten  durch  seinen  Jugendfreund  und  Minister  Axuchos, 
an  geraden  und  ehrlichen,  äusserst  klugen  und  in  den  Geschäften 
uchbaren  Türken,  veranlasst. 

Eines  hat  die  Komnenendynastie  arg  vernachlässigt,  das  Marinewesen, 
lirend  in  den  frühern  Jahrhunderten  die  oströmischen  Flotten  die 
&re  beherrscht  und  seit  der  Renaissance  unter  den  Makedoniem  eine 
hst  achtunggebietende  Stellung  eingenommen  hatten.  Allerdings  das 
3ma  Kibyraiotikon,  welches  die  Seehelden  und  das  Matrosenmaterial  der 
iiern  Jahrhunderte  geliefert,  war  teils  seldschukisch,  teils  streitiges 
ödetes  Grenzland.    Aber  die  Inseln   und  Küsten  des  ägäischen  Meeres 

ihrer  so  überaus  seetüchtigen  Bevölkerung  boten  das  herrlichste 
terial  zur  Schaffung  einer  Marine  ersten  Ranges.  Dass  die  Regierung 
r  nichts  that,  sollte  sich  schwer  rächen. 

Johannes  gab  dem  durch  den  Übermut  der  Venetianer  tief  verletzten 
ßchischen  Nationalgefühl  einen  in  den  Herzen  aller  Yaterlandsfreunde 
iidigsten  WiederhaU  findenden  Ausdruck,  als  er  den  stolzen  Eaufherm 
dem  Vater  in  den  Tagen  der  furchtbaren  Normannenkrisis  abgenötigten 
ndelsprivilegien  zu  bestätigen  rundweg  sich  weigerte.  Es  erinnert 
iz  an  die  britische  Seepolitik  gegenüber  Dänemark,  wenn  nun  die  Vene- 
ier erst  mit  ihrer  Flotte  trotzig  demonstrieren,  dann  die  Küsten  und 
3ln  des  jonischen  und  ägäischen  Meeres  ausplündern.  Die  Ausweisung 
venetianischen  Kaufleute  aus  dem  Reich  hatte  die  Situation  sehr  ver- 
ärft.  Leider  besass  Ostrom  keine  achtunggebietende  Marine  mehr.  Als 
er  der  Doge  Domenico  Michiele  1126  mit  einer  neuen  Flotte  Kephal-  1126 
a  besetzte,  rief  Johannes  die  Intervention  des  Papstes  an;  das  Lockmittel 
^r  kirchlichen  Union  verfehlte  trotz  aller  Täuschungen  auch  diesmal 
le  Wirkung  auf  die  Kurie  nicht,  und  so  kam  ein  leidlicher  Friede  zu 
ode;  die  Privilegien  der  Venetianer  freilich  musste  der  unglückliche 
eer  zum  Verderben  des  Reichs  feierlich  bestätigen. 

Um  so  glücklicher  war  Johannes'  Kontinentalpolitik.  Gegen  die 
Ischuken  gewann  er  1120  und  1121  das  Land  zwischen  Mäandros  und  1120112 
aleia  zurück.  Das  phrygische  Laodikeia  und  Sozopolis,  femer  eine 
he  pisidischer  und  pamphylischer  Städte  wurden  erobert.  Die  in  Syrien 
Palästina  ansässigen  Pdlanen,  welche  den  Heldengeist  ihrer  Väter 
echt  orientalischer  Tücke  vertauscht  hatten,  begingen  den  Fehler  die 
•tochter  von  Antiochien  dem  Kronprinzen  Manuel  erst  anzutragen  und 
n  sie  mit  einem  fränkischen  Granden  zu  vermählen.  Als  dann  noch  die  mit 


1022  AbriM  dar  bysaatlnisobni  I 

Äntiochien  verbündeten  kilikischen  Armen 

1137  eröffneten,  griff  dieser  1137  energisch  zu, 
den  Grafen  Raimund  von  Äntiochien  ihm 
Antiochener  und    das  Bündnis,    welches 
Danismend  von  Siwäs  (Sebasteia)  einging« 

1139  kleinasiatischen  Schauplatz  zuzuwenden. 
Niksar  (Neokaisareia)  vor  und  trieb  in  di 
vollkommen  zu  Paaren. 

Mit  den  Magyaren,  welche  seit  ihrer 
den  patzinakischen  und  kumanischen  Brui 
Fortschritte  gemacht  hatten,  bestanden  i 
schaftlichsten  Beziehungen;  war  doch  Jo 
Prinzessin.  Allein  die  Usurpation  des  Pi 
rom  befreundeten  KSnig  Koloman  vom  ' 
B61a  blendete,  um  dem  eignen  Sprössling 

1124  bewirkte  im  Interesse  des  unglQcklichen  '. 
oströmischen  Kaisers.  Die  Magyaren,  a 
vom  Kaiser  bei  Chram  an  der  Donau  aufi 

1126  tige  Brückenkopf  Braniäova  blieb  in  den 
den  Händen  der  RjJmer. 

Vorher  schon  hatte  der  Kaiser  mit 

1122  gründlich  aufgeräumt.     1122  hatten  sie  d 

1123  Hämuspässe  wohlverwahrt  gefunden.  I 
massen  zusammen,  dass  der  Name  dieser  < 
an  aus  der  Geschichte  ausgelöscht  ist. 

Des  Kaisers  letzte  Thaten  galten  de 
Unternehmungen  des  Nikephoros  und  des  Tzi 
1142  Helden.  Nachdem  die  Erfolge  des  Jahres 
wegs  entsprochen  hatten,  bereitete  er  ei 
vor.  Da  wollte  es  ein  unglücklicher  Zufa 
des  kilikischen  Tauros  sich  auf  der  Sauhi 
Der  getreue  Asuchos  eilte  sogleich  nacl 
prinzen  Manuel  die  Thronfolge  zu  sichern. 
8.  Apr.  in  der  BlQte  seiner  Mannskraft  erst  55jäli 
]}j3,jjgglaufbahn  schloss,  folgte  ihm  sein  Sohn  Mg 
Spruch  zu  finden.  In  dem  edeln,  geisti 
ebenso  schOnen  als  riesenstarken  Komne: 
andrer  Weise  als  beim  Vater  ein  echt 
druck.  Manuel  war  das  Ideal  eines  Rittei 
Echt  ritterlieh  war  auch  der  phantastisch 
der  kühl  verstandesmässigen,  realistische 
vater  hochfliegende  Pläne  ausdachte,  unen 
so  bei  allem  äussern  Olanze  zur  spätem, 
am  wenigsten  beitrug.  Vom  Grossvater 
geerbt.  Mit  Rom  und  den  Armeniern  ver 
einer  Kircheavereinigung;  das   einzige  R 


Vn.  Die  Sonmeneii  und  die  Angeli  (1081—1204).  X023 

troverslitteratur  in   den  verschiedenen  Sprachen  der  getrennten  Oläu- 
sn. 

Charakteristisch  für  Kaiser  Manuel  ist  die  mit  seiner  occidentali- 
Bnden  Qeistesrichtung  zusammenhängende  Verhebe  für  die  Lateiner. 
le  beiden  Gattinnen  waren  abendländische  Prinzessinnen,  und  auch  für 
c  Kinder  suchte  er  Verschwägerung  mit  den  Höfen  des  Westens, 
.e  Gardesoldaten  wurden  in  immer  steigendem  Masse  unter  den  tapfern 
gstüchtigen  Völkern  der  germanischen,  romanischen  und  slavischen 
ionen  angeworben.  Auch  in  der  Administration  wurden  zuverlässige 
üdländer,  bei  denen  Durchstecherei  und  Unterschlagung  nicht  so  üblich 

bei  den  Romäem  war,  vielfach  angestellt.  Die  enorme  Blüte  der 
aligen  Reichsfinanzen  mag  der  romäische  Kaiser  diesen  integren 
ländern  vielleicht  in  ähnlichem  Masse  verdankt  haben  wie  der  Herrscher 

himmlischen  Reichs  den  englischen  Zöllnern  von  Shanghai.     Zu  den 
iprivilegierten  italienischen  Handelsleuten  von  Venedig  und  Pisa  kamen 
eifrige  und  bald  erfolgreiche  Konkurrenten   durch  den  Vertrag  von 
5  noch  die  Genuesen.     Das  alles  macht  es  uns  verständlich,  dass  sich  1155 
griechischen  Volke  gegen  die  Lateiner  ein  grosser  Hass  festsetzte. 

So  lange  sich  Manuels  Politik  in  den  bewährten  Bahnen  seines  Vaters 
t,  war  er  durchaus  vom  Glück  begünstigt.  Den  Provokationen  des 
sen  und  heissblütigen  Fürsten  Raimund  von  Antiochien  setzte  er  ein 
idliches,  für  den  abendländischen  Fürsten  äusserst  demütigendes  Ziel, 
dem  Mausoleum  des  Kaloioannes  musste  er  sich  aufs  neue  als  unter- 
liger  Vasall  des  Romäerkaisers  bekennen.  Die  Seldschuken  von  Rüm 
>  er  bis  Dconion  zurück.  Auch  in  der  gefahrlichen  Krise  des  zweiten 
iizzugs  (1147 — 1149)  zeigte  er  hohen  politischen  Verstand.  Es  warii47/114S 
*eiflich,  dass  der  Romäerkaiser  mit  sehr  gemischten  Gefühlen  dem 
anbrausen  dieser  Völkerlawine  zusah,  welche  die  furchtbare  Erregung 
abendländischen  öffentlichen  Meinung  nach  dem  Falle  von  Edessa  1144  1144 
Bewegung  gesetzt  hatte.  Ihr  Durchzug  durch  die  von  Patzinaken, 
lanen  und  ähnlichen  Rassevölkern  in  pünktlicher  Ablösung  ausgesogenen 
;teparchien  des  Römerreichs  war  eine  öffentliche  Kalamität,  und  sehr 
Unrecht  beklagten  sich  die  erst  im  Herbst  1147  einziehenden  Fran-  1147 
n   über  die  Kargheit  und  die  Betrügerei  der  griechischen  Regierung 

der  griechischen  Landesbewohner;  die  im  Hochsommer  desselben 
res  durchziehenden  Deutschen  hatten  das  Land  aufs  äusserste  erschöpft. 
König  Konrad  HI  ging  die  Sache  leidlich;  waren  doch  die  beiden 
rscher  mit  einander  verschwägert,  was  sie  freilich  nicht  verhinderte,  bei 
rads  Durchzug  durch  die  Hauptstadt,  um  ihrem  Range  und  ihrer  Ma- 
lt keine  Ombrage  zu  geben,  einen  gegenseitigen  Besuch  lieber  zu 
neiden.    An  Reibungen  zwischen  dem  rauhen  deutschen  Kriegsvolk  und 

keineswegs  sanftmütigen  Eingebomen  fehlte  es  natürlich  nicht.  Im 
sen  aber  lief  die  Überfahrt  nach  Asien  ohne  ernsthafte  Misshellig- 
en  ab.  Viel  schlimmer  wurde  die  Sache  mit  den  Franzosen.  Waren 
schon  mit  der  griechischen  Verpflegung  während  des  Durchmarsches 
;h  Thrakien  höchst  unzufrieden,  so  kam  es  vor  den  Mauern  der  Re- 
nz    beinahe  zum  offenen  Bruch.    Schon  erwog  man  im  französischen 


1124 


AbrÜB  dar  bysasUiiiBoliBii  E 


Hauptquartier  den  Plan  einer  Erstürmung 

chiBche  Diplomatie  und  der  Emat  des  ai 

wig  Vn,    welcher   das   wahre  Ziel  des  G 

verlor,  verhinderte    einen  so    unwürdigen 

Strophe  des  geteilt  marschierenden  und  s( 

Seldschuken  von  Ikonion  erliegenden  Kren 

Expedition  gegen  Damaskos  liegen  aussei 

1149  Kaiser  Manuel  konnte  als  Gewinn  die  114 

Allianz  mit  dem  deutsehen  König  gegen  c 

Die  armseligen  FrankenfUraten  in  Syi 

wurden  veranlasst  sich  mit  Manuel,  sobald  ( 

haft  auseinanderzusetzen.  Zwar  mit  Balduii 

Hohes  Einvernehmen.     Aber    dem    allzeit 

1153  Antiochien,  wo  seit  1153  der  rohe  und  vi 

1169  gebot,  musste  er  durch  die  Expedition  vo; 

Ernst  zeigen.     Dieser  und  ebenso  seine  a 

aufs  neue  unter  die  Lehenshoheit  der  Oric 

1161  der  Kaiserin  Eirene  (Bertha  von  Sulzbac 
wegen  ihrer  Schönheit  gefeierte  Prinzest 
Nor  ed-d!n,  dem  gewaltigsten  Monarchen  V 
den  palästinensischen  Christen  vorteilhafte! 
Nachfolger,    König  Amalrich   von   Jerusal 

1169  1169  unterstützte  eine  griechische  Flotte 
glückte  Expedition  gegen  Damiette. 

Die  Verhältnisse  des  Nordens  wäre 
wüsten  Barbarenhorden  teils  vernichtet,  t 
den  Magyaren  kam  es  zum  Konflikt,  weil 
als  wirklichen  Eeichsunterthanen  in  Serbi< 
zipationsbestrebungen  unterstützten.  Die 
U&2ill54Zeugmin  weg   und  führten    den  Krieg  111 

1162  1162  mischte  sich  Manuel  im  Interesse  det 
1165  Prinzen  in  die  unaufhörlichen  Thronstrei 

ward  Zeugmin  und  Sirmion  erobert  und  el 

kleios  dem  Reich  verlorene  Dalmatien  filr  \ 

18.  Jot.  glänzende  Sieg   des  Andronikos  Kontostep 

^  nea  Ungarn  den  für  Ostrom  ruhmreichen  Fried 

1173/1196  voll  Byzanz  patroniaierte  Kronprätendent 

darauf  wirklich  zur  Regierung,   und  Unga 

tische  wie  kulturelle  Dependcnz  des  Romt 

II51  1151  mussten  auch  die  freien  Serb< 

romäiachen  Erbfeinde,  den  Normannen,  sii 

Expedition  des  Kaisers  machte  König  Pi 

sallen.    Mit  dem  schlauen  und  geschmeidig! 

1159  (seit  1159)  dem  Stifter  des  machtvollen  g 

kam   es   wenigstens   nicht  zu   ernsthaften 

allem   äusseren    Glänze   hatten    diese    Eri 


Vn.  Die  Sonmeneii  und  die  Angeli  (1081—1204).  1025 

jgkeit,  wie  die  grosse  slavische  Erhebung  kaum  ein  Menschenalter 
ter  erwies. 

Die  Hauptgefahr  drohte  dem  Reiche  wie  unter  dem  Grossvater  von 
en  der  Normannen,  und  es  ist  nicht  zu  leugnen,  dass  die  Hauptschuld 
•  den  Kaiser  Manuel  selbst  traf.  König  Roger  hatte  eine  Heirats-  I 
3indung  für  seinen  Sohn  Wilhelm  mit  dem  römischen  Kaiserhause 
jcht.  Allein  den  von  seinem  Gesandten  in  Palermo  abgeschlossenen 
trag  kassierte  Manuel  in  dünkelhaftem  damals  längst  nicht  mehr 
gemässem  byzantinischen  Stolze,  liess  den  unglücklichen  Diplomaten 
angeblich  von  Roger  bestochen  hinrichten  und  provozierte  so  dessen 
slosen  Grimm,  der  dem  Reiche  eine  unheilbare  Wunde  schlug, 
nell  schloss  Roger  mit  den  afrikanischen  Muslimen  Friede,  und 
Admiral   Christodulos  sammelte   1147    in   Brindisi   eine  Flotte,   von  1147 

man  nicht  wusste,  ob  sie  die  Kreuzfahrer  nach  Palästina  transpor- 
en  oder  das  byzantinische  Reich  angreifen  sollte.  Bald  segelte  sie 
h  Korypho,  wo  die  übliche  Klage  über  harten  Steuerdruck  eine  Insur- 
:ion  eingeleitet  hatte  und  wo  man  die  Normannen  mit  offenen  Armen 
»fing.  Ein  Versuch  auf  das  reiche  Handelsemporium  Monembasia  miss- 
;  dagegen.     Nach  der  Verwüstung  von  Euböa  und  Attika  wandte  sich 

siciÜsche  Flotte  wieder  westwärts,  um  nach  Plünderung  der  aker- 
isch-ätolischen  Küste  in  Krisa  zu  landen  und  direkt  auf  Theben  zu 
schieren.  Das  damalige  Theben  war  durch  seine  Seidenwebereien  und 
purwirkereien  eine  der  reichsten  Industriestädte  des  Kaisertums.  Die 
mannen  räumten  hier  gründUch  auf.  Nicht  nur  Gold,  Silber  und 
jhenkostbarkeiten,  auch  die  reich  aufgestapelten  Warenvorräte  der 
jazinräume  wurden  fortgeschleppt.  Seidenballen  und  gefärbtes  Leder 
derte  in  Masse  zu  den  Schiffen.  Eidlich  mussten  die  unglücklichen 
svohner  bekennen,  nichts  von  ihrem  Eigentum  verheimlicht  zu  haben, 
bzdem  wurden  viele  Primaten  zur  Erpressung  eines  Lösegelds  abge- 
bt; unter  den  Seidenarbeitem  wurde  eine  Auswahl  getroffen  und  die 
shicktesten  nach  Sicilien  verpflanzt. 

Von  Böotien  marschierten  die  Normannen  nach  Korinth.  Nikephoros 
iiphes  übergab  das  uneinnehmbare  Akrokorinth  auf  die  erste  Auffor- 
ing  hin,   sodass  selbst  der  sicilische  Admiral  ausrief,  er  fechte  unter 

Himmels  Schutz,  der  den  Kommandanten  ängstlich,  wie  ein  junges 
Ichen  gemacht  habe.  Auch  diese  reiche  Industriestadt  wurde  gründlich 
geplündert ;  selbst  die  Reliquien  der  Kirchen  nahm  man  mit,  und  unter 

fortgeführten  Gefangenen  befanden  sich  wiederum  zahlreiche  Kunst- 
eiter.  Auf  eine  bleibende  Okkupation  war  es  nicht  abgesehen,  sondern 
glich    auf  eine    systematische   Ausplünderung.     Der   blühende  Handel 

die  reiche  Industrie  von  Hellas  und  vom  Peloponnes  erhielten  dadurch 
m  tödlichen  Stoss,  von  dem  sie  sich  nie  mehr  erholten.  Bei  der  Rück- 
r  nach  Sicilien  wxirden  die  Manufakturisten  aus  Korinth  und  Theben 

ihren  Familien  in  Palermo  angesiedelt  und  äusserst  liberal  gehalten, 
iss  der  neue  Industriezweig  bald  einen  ungeahnten  Aufschwung  nahm. 
1  bisher  von  Staatswegen  mit  Eifersucht  und  in  der  grössten 
keit  behüteten  Monopol  des  römischen  Reichs,  der  Fabrikation 

Aodbucb  der  klan.  AltertuniaviaMiiscbaft  IX.    1.  Abtig.    2.  Aufl. 


1026 


Abrin  dar  bTzutiiilaabeii  Ei 


Prachtgewänder  and  Brokatstoffe,  wurde  , 
bald  sehr  geßLlirlich  werdende  Konkurrenz 
Der  Kaiser  wurde  durch  die  Verwicke 
sich  an  Roger  zu  rächen.  Aber  die  Vene 
freien  Handels  nach  Kreta  und  Kypros 
ihrer  Flotte  den  Kaiser  bei  der  Belagerui 

1U9  nackiger  Gegenwehr  der  Normannen  fiel  d 

Manuel  verpflanzte  nun  den  Krieg  na 

Art,  die  normannischen  Korsaren,  die  bis  i 

1151  ihre  Freibeuterzüge  ausdehnten,  loszuwerd 
gehend  Ancona,  was  auch  seine  alten  Frei 

1154  regte.  1154  von  den  Normannen  aufa  n 
Manuel  mit  Papst  und  Kaiser;  aber  beide  I 
Interesse  seine  Pläne  der  Festsetzung  in  l 
einem  griechischen  Italien  wollte  das  AI 
Auch  die  Versuche,  in  Apulien  festen  Fuss 
die  griechische  Flotte  erlitt  nur  Niederlag 
derten    wieder    ungehindert   in    den    gnecl 

1154  heim  I,  der  1154  seines  Vaters  Thron  bes 

1158  und  so  kam  es  endlich  1158  zu  einem  tür 
liehen  Frieden. 

1170  Des  Vaters  Schicksal  hat  den  Sohn  i 
oEteem  Bruche  mit  dem  hochmächtigen  Ven 
venetianischen  Waren  und  die  Gefangennal 

1171  des  Reichs  1171   erregten   einen  Sturm  de 
1171  Stadt.    1171  zerstörte  die  vom  Dogen  Vitale 

venetianische  Flotte  Trau  und  unterwarf  E 
publik.  Dann  wandte  sie  sich  nach  dem  ä 
aus  begann  der  Doge  Unterhandlungen  mi 
heerende  Seuche  zwang  die  Venetianer  zi 

1173  Versuch,  1173  gemeinsam  mit  dem  deut 
Christian  von  Mainz,  Ancona  den  Griechei 
der  Hilfe,  welche  die  Lombarden  der  hai 

1175  Aber  als  auf  Anstiften  des  griechenfeir 
Venedig  eine  Allianz  mit  Wilhelm  11  von 
nach.  Die  Venetianer  wurden  feierlich  ii 
eingesetzt  und  erhielten  anderthalb  Millionen 
Am  meisten  hat  Manuel  das  Reich  ge 
Zukunftsprogramm,  mit  welchem  der  un\ 
immer  justinianeischen  Universalherrschafts 
seiner  Diplomaten  musste  vor  altem  in  Iti 
Reih  um  bei  allen  Feinden  des  römischen  ] 
machen  und  Beziehungen  anknüpfen.     Indei 

1169  wenig  Gegenliebe.     Dagegen  mit  den  Lomb 

II67  in  nahe  Beziehungen,  Venedig  erhielt  grit 
erhielt  Ancona  eine  griechische  Besatzung, 
den  klugen  und  unternehmungslastigen  Alext 


Vn.  Die  Komnenen  nnd  die  Angeli  (1081—1204).  1027 

sa  aufs  tiefste  verfeindet  war,  durch  das  Versprechen  einer  Union  der 
rgenländischen  und  der  abendländischen  Kirche  zu  gewinnen  unter  der 
Jingung,  dass  er  ihn  auch  zum  Kaiser  des  Abendlandes  kröne.  Dies- 
I  nahm  es  der  Kaiser  ungewöhnlich  ernst;  eine  griechische  Synode 
te  über  den  Ausgang  des  hl.  Geistes  eine  der  abendländischen  Lehre 
sprechende  Formel  ausdenken;  aber  in  diesem  Punkte  war  der  ortho- 
16  Klerus,  der  Patriarch  an  der  Spitze,  unbeugsam.  Auch  der  Papst 
e  sich  auf  die  Kaiserkrönung  nicht  ein;  ein  unheilbarer  Bruch  mit  dem 
i»chen  Reich  war  nicht  in  seinem  Interesse;  ja  er  durfte  ihn  gar  nicht 
5en.  Praktisch  wurde  nichts  erreicht;  der  Kaiser  erlebte  Enttäuschung 
X  Enttäuschung.  Das  Unglücklichste  war,  dass  diese  utopischen  Träume 
3n  sehr  realen  Nachteil  mit  sich  brachten;  sie  verdarben  die  von  der 
:^r  gewieseneu  politischen  Beziehungen.  Manuels  phantastische  Welt- 
3erpolitik  brachte  ihn  mit  den  alten  Verbündeten  seiner  Vorfahren, 
Kaisern  des  Abendlandes,  auseinander.  Während  die  gemeinsame 
ndschaft  gegen  die  Normannen  sozusagen  mit  Naturnotwendigkeit  das 
«erreich  des  Ostens  mit  dem  des  Westens  hätte  zusammenführen 
^n,  mussten  Manuels  Diplomaten  ihr  fruchtloses  Liebeswerben  bei 
■.tschlands  Feinden  mit  der  grössten  Konsequenz  fortsetzen.  Diese 
ft  antischen  Lieblingsideen  haben  das  Reich  um  seine  alten  bewährten 
-lindungen  gebracht  und  ihm  keine  neuen  zuverlässigen  Allianzen  ein- 
jagen. Je  mehr  des  Reiches  Schwäche  zunahm,  um  so  entschiedener 
r  es  auf  das  Wohlwollen  der  bedeutendsten  Nachbarn  angewiesen, 
fct  dessen  hat  des  Kaisers  Politik  es  immer  mehr  isoliert.  Seit  der 
öde  von  Venedig  1177  den  deutschen  Kaiser  mit  Rom  und  den  Lom-  1177 
cLen  ausgesöhnt  hatte,  bekam  Manuel  die  veränderte  Gesinnung  Deutsch- 
cls  stark  zu  fühlen.  Barbarossa  trat  in  diplomatische  freundliche  Be- 
im ungen  zu  seinen  islamitischen  Erbfeinden,  zu  Kilig-Arslan  von  Rum 
l  zu  dem  grossen  Kurden  Saläh-ed-din.  Mit  Rom  waren  die  Verhältnisse 
ade  während  des  letzten  Teils  von  Manuels  Regierung  äusserst  ge- 
¥inte.  KiUg-Arslan  II  (1156—1193)  hatte  anfangs  dem  Kaiser  gehul- 1156/119: 
t  und  Hilfsvölker  gestellt,  war  aber  allmählich  durch  Zweideutigkeit 
l  offenen  Vertragsbruch  zu  einem  den  Oströmem  höchst  lästigen  Nach- 
herangewachsen. 1176  rückte  Manuel  in  das  Reich  ein.  Im  süd-  1176 
L©n  Phrygien  unweit  des  sagenberühmten  Kelänä  bei  dem  Schlosse 
riokephalon  erlitt  aber  des  Kaisers  Hauptarmee  eine  blutige  Nieder- 
B ;  mit  Mühe  konnte  sich  der  Kaiser  zu  der  Vorhut  durchschlagen, 
die  unversehrt  geblieben  war,  wie  auch  die  Nachhut  unter  der  treff- 
len  Führung  des  Andronikos  Kontostephanos  sich  glücklich  durchkämpfte. 
Lg-Arslan  bot  trotzdem  einen  billigen  Frieden  an,  welchen  Manuel  an- 
ixn,  aber  nicht  ausführte.  So  erneuerten  die  Seldschuken  1177  den  1177 
eg.  Allein  ihre  Nordarmee,  welche  Klaudiupolis  in  Bithynien  be- 
erte, wurde  von  Manuel  selbst  geschlagen,  während  der  Südarmee, 
lohe  durch  das  Mäandrosthal  nach  dem  ägäischen  Meer  gezogen  war, 
lannes  Vatatzes  eine  völlige  Niederlage  beibrachte.  So  kam  bald 
für  Ostrom  nicht  ungünstiger  Friede  zu  Stande.  Es  war  das  die 
zte    Waffenthat    des    ratlosen    Monarchen    gewesen,     welcher    gleich 


X028  AbriM  der  bysantinisehen  Saisergesehiehte. 

I.  8ept  seinem  Vater  vor  der  Zeit  abberufen  wurde   24.   September  1131 
^^^*    58  Jahre  alt. 

Für  den  unmündigen  Sohn  Manuels  Alexios  11  übernähme 
Kaiserinmutter  Maria  und  der  Protosebastos  Alexios,  ein  Vette 
Kaisers,  die  Regierung.  Diese  bewegte  sich  in  den  bisherigen  Ut 
freundlichen  Geleisen,  obgleich  im  Volke  und  im  Klerus  längst  der  d 
Groll  wütenden  Lateinerhasses  gährte,  und  nur  Manuels  starke  Hai 
dahin  diese  nationalhellenischen  Velleitaten  hatte  niederhalten  köon 

Da  trat  an  die  Spitze  der  nationalen  Exaltados  der  ingeniosi 
nequam  Andronikos  Komnenos.  Hätte  dieser  durch  und  durch  genia 
Mensch  sittliche  Zucht  und  innem  Halt  besessen,  er  hätte  der  Rette 
Regenerator  des  Romäervolkes  auf  politischem  wie  auf  geistigem  ( 
werden  können.  Andronikos,  eine  gebome  Herrschematur,  gleich 
als  Feldherr  wie  als  Politiker,  ein  Redner  von  Gottes  Gnaden,  vere 
in  sich  auch  alle  die  Tugenden,  welche  die  tonangebenden  Kreise  de 
maligen  Aristokratie  in  Ost  und  West,  die  Turnier-  und  Sportsmi 
als  die  erhabenstei)  und  bewundernswertesten  ansahen.  Gleich  8< 
Vetter  Manuel  ein  Mann  von  seltener  Schönheit  und  herkulischer  1 
war  er  ein  Ritter  ohne  Furcht  und  Tadel,  mit  dem  Verstandnii 
Kenners  dem  Waidwerk  obliegend,  in  allen  gymnastischen  Übungen 
erfahren  und  mit  einem  von  Jugend  auf  an  alle  Strapazen  gew5l 
Körper  ausgerüstet.  Ein  solcher  Mann  musste  der  Abgott  der  Soli 
und  der  Edelleute  werden.  Für  die  Prinzen  der  türkischen,  nordi 
und  syrischen  Höfe,  welche  er  auf  seinem  wechselreichen  Abenteurer 
besuchte,  war  er  das  vielbewunderte  Vorbild  echt  fürstlicher  Elegans 
vornehmer  Haltung.  Aber  aus  einer  faulen  Wurzel  kann  kein  gesi 
Baum  erwachsen.  Sein  Vater  Isaak  war  jener  national  gesinnon^ 
Bruder  Kaloioanns  gewesen,  welcher  als  halber  Hochverräter  sein  I 
meist  am  Hofe  von  Rum  zubrachte,  und  wenn  auch  nicht  Muhanmiec 
doch  kirchlich  indifferent  und  damit  wie  natürlich  auch  moralisch  b 
geworden  ist.  Die  versteinerte  Orthodoxie  der  damaligen  Epoche 
weder  im  Osten  noch  im  Westen  mehr  die  Kraft,  die  Bekenner  des  c 
liehen  Glaubens  auch  zu  sittlichen  Menschen  zu  erziehen.  Die  ei 
und  wahrhaft  frommen  Laien  wandten  sich  im  Osten  dem  Bogomil 
im  Westen  dem  Patarener-  und  Albigensertum  zu.  Unter  den  Vom< 
und  gesellschaftlich  Hochstehenden  war  eine  völlige  religiöse  Gleich^ 
keit  eingerissen,  welche  alle  positive  Glaubenslehre,  sei  es  Thora, 
Evangelium  oder  Koran,  als  gleichwertig  oder  auch  geradezu  als  Men 
betrug  hinstellte,  eine  Anschauung,  welche  mit  Naturnotwendigke 
Niederreissung  aller  sittlichen  Schranken  und  zu  frivolstem  Genus 
bei  den  geistig  Hochstehenden  führte.  Belege  sind  die  Templer 
teinischen  und  die  Komnenenprinzen  im  griechischen  Lager.  Es 
besser  mit  dem  neuen  Jahrhundert.  Eine  geistige  Wiedergebuj 
katholischer  Seite  hat  der  in  Wahrheit  grosse  und  in  Wahrheit  1 
Franziskus  mit  seiner  weltbewegenden  Predigt  von  der  christlichen . 
hervorgerufen,  und  auch  das  Griechenvolk  hat  im  XIII.  Jahrhundert 
unleugbaren  sittlichen    Genesungsprozess  durchgemacht.     Das  furcl 


I  YIL  Die  Komnenen  und  die  Angeli  (1081-1204).  1029 

tionale  Unglück  des  Reichszusammenbruchs  bat  für  die  edle  bellenische 
tüon  einen  äbnlichen  Läuterungsprozess  zur  Folge  gebabt,  wie  für  das 
iBsenvolk  des  beginnenden  XVII.  Jahrhunderts  die  polnische  Ob- 
icht.  Allein  von  diesem  geistigen  Umschwünge  sind  wir  noch  zeit- 
li  weit  entfernt.  Zur  Zeit  von  Manuels  Tode  stand  die  höhere 
iechische  Gesellschaft  noch  in  der  Blüte  ihrer  Sünde,  und  ihr  voUkom- 
nster  Typus  ist  Andronikos  der  Komnene.  Seine  glänzenden  (}aben 
irden  von  seinem  Vetter  Manuel  im  vollen  Umfange  geschätzt,  und  mit 
iwnndemswerter  Nachsicht  hat  er  ihn  nach  den  schlimmsten  Erfahrungen 
ets  wieder  zu  Gnaden  angenommen  und  aufs  neue  im  Reichsdienste  ver- 
ladt. Aber  der  brennende  Ehrgeiz  dieses  Feuergeistes  kannte  keine 
Bcksicht  und  war  skrupellos  bis  zur  Infamie  in  der  Wahl  der  Mittel, 
h  Statthalter  der  serbischen  Grenze  band  er  hochverräterisch  mit  den 
sgyaren  an;  als  Feldherr  in  Eilikien  verletzte  er  aus  persönlicher  Ran- 
Ine  seine  Pflicht  so  gröblich,  dass  er  nach  Syrien  fliehen  musste.  An 
m  Höfen  von  Bagdad  und  Damaskos  verriet  er  die  griechischen  Staats- 
ftheimnisse;  von  dem  Sultan  von  Ikonion  Hess  er  sich  brauchen,  wie 
tovid  vom  Philisterfürsten.  Von  seinem  Freibeuterschlosse  aus  bekriegte 
r  die  römischen  Grenzlande  und  überliess  die  christlichen  Gefangenen 
ainem  Schutzherm  als  Sklaven.  Und  dennoch  verzieh  ihm  der  edle 
lanaeL  Nachdem  Andronikos,  der  über  Schwüre  wie  einst  Lysandros 
nken  mochte,  ihm  feierlich  gelobt  hatte,  stets  sein  und  seines  Sohnes 
lexios  Interesse  zu  wahren,  ward  ihm  die  reiche  Stadt  Oinäon  in  Paphla- 
imien  mit  ihren  Einkünften  überwiesen.  Sittlich  völlig  zu  Grunde  ge- 
iehtet  hat  aber  den  Andronikos  seine  unbezähmbare  sinnliche  Leiden- 
sbaft,  der  er  alle  anderen  Rücksichten  aufopferte,  und  welche  alle  bessern 
iQgungen  in  ihm  vergiftete. 

Dabei  besass  er  eine  bestrickende  Liebenswürdigkeit  und  einen  ganz 
Imonischen  Zauber,  welchem  jeder  rettungslos  verfiel,  den  er  in  seine 
etze  lockte.  Darin  ist  er  nur  den  beiden  genialen  Verbrechern  des 
VI.  Jahrhunderts,  Papst  Alexander  VI  und  seinem  Sohne  Cesare  Borgia, 
vergleichen.  Namentlich  die  Frauen  waren  ihm  auf  Tod  und  Leben 
geben.  Die  schönen  Prinzessinnen  seines  Hauses,  die  Frauen  des  grie- 
ischen  Adels  wie  der  französischen  Fürstenhöfe  Syro-Palästinas  schenkten 
n  alle  wechselsweise  ihre  Gunst.  Wahre  Treue  und  schwärmerische 
Bbe  empfand  er  selbst  nur  für  eine,  für  Theodora,  die  Königin- Witwe 
D  Jerusalem,  eine  Eomnenin,  seine  nahe  Verwandte.  Beide  haben  sich 
brende  Treue  bewahrt,  mit  einander  das  Brot  des  Exils  gegessen  und 
Q  Bannflüchen  der  Geistlichkeit  (wegen  der  Verwandtschaftsehe)  getrotzt, 
^r  beide  standen  damals,  wie  einst  Antonius  und  Kleopatra,  in  einem 
ter,  wo  derartige  Liebesabenteuer  nur  lächerlich  wirken.  So  beschaffen 
kr  dieser  wundersame  Mensch,  den  wir  mit  unseren  gewöhnlichen 
issstäben  nicht  ausrechnen  können.  Doch  eines  bleibt.  Seine  sittliche 
undsatzlosigkeit  hat  ihn,  der  des  Reiches  Segen  sein  konnte,  zu  dessen 
lieh  gemacht. 

2.  Mai  1182  kam   es  zu  einem  Aufstand  gegen  die  fränkische  Re-  1132 
ntin  Maria.     Der  national  gesinnte  Teil  des  Volkes  und  des  Adels  und 


J030  Abriss  4or  bysanimisohen  KaisergaMhiclite. 

ebenso  der  orthodoxe  Klerus  erklärten  den  bereits  im  67.  Ältei 
stehenden  Andronikos  für  den  Retter  des  Reichs.  Er  erschien  vor 
kedon,  um  den  jungen  Kaiser  von  seinen  schlechten  Ratgebern  a 
freien.  Dass  die  Lateiner  sich  der  Regierung  zur  Verfügung  sb 
hatte  den  Übertritt  des  siegreichen  Helden  Andronikos  Kontostepl 
und  seiner  Flotte  zu  den  Rebellen  zur  Folge.  Es  kam  zu  einer  enl 
liehen  Explosion  nationalen  Hasses.  Man  fiel  über  die  Quartiere  der 
teiner  her.  Mit  der  den  Griechen  eignen  Mordlust  wurden  an  Man 
und  Frauen,  an  Geistlichen  wie  Laien,  selbst  an  Kindern  und  Km 
die  furchtbarsten  Greuel  verübt.  Die  konventionelle  üniversalhistorie 
sich  mehr  als  billig  durch  den  Erfolg  beeinflussen  und  giebt  danach 
ganz  parallele  Aktionen  diametral  entgegenstehende  Werturteile  ab. 
sicilianische  Vesper  wird  als  edle  Befreiungsthat  gefeiert  Für  die  i 
liehen  Thaten  der  Kleinasiaten  unter  Mithridates  dem  Grossen,  der  Se| 
1186  in  Indien  und  der  Griechen  des  Jahres  1186  hat  man  nur  AusdrQcke 
härtesten  Verurteilung.  So  gerecht  dieselbe  ist,  muss  man  doch 
durch  Generationen  genährten  Wut  eines  von  gewissenlosen  Kaafb 
und  Kapitalisten  ausgesogenen  und  misshandelten  Volkes  einige  S 
nung  tragen.  Dieser  wilde  Nationalhass,  dem  die  Griechen  eina 
scheusslichen  Ausdruck  verliehen,  war  ihnen  nicht  von  ungefähr  a 
flogen,  sondern  durch  das  rücksichtslose  Benehmen  der  Lateiner  hei 
gerufen  worden.  Letztere  litten,  was  ihre  Thaten  wert  waren.  Die 
achteten  ,Natifs'  lockten  noch  einmal,  wiewohl  vergeblich,  gegen 
Stachel. 

kt  1183  Andronikos  „der  Befreier"  war  nun  der  allmächtige  Regent. 

3pt.  1184  tober  1183  wurde  er  zum  Mitkaiser  gekrönt,  September  1184  wur^ 
unglückliche  Alexios  erdrosselt.  Andronikos'  ganze  Regierung  ist 
fürchterliche  Kette  von  Verhaftungen,  Blendungen,  Hinrichtungei 
Konfiskationen.  Die  uns  so  widerliche  Seite  des  Byzantinismus  ^ 
sich  in  dem  Alten,  der  dabei  noch  den  Frommen  spielte,  auf  den 
Blick  förmlich  verkörpert  zu  haben,  aber  freilich  nur  auf  den  ersten 
Die  richtige  Beurteilung  des  Mannes  hat  zuerst  Fallmerayer  g€ 
Der  damalige  Romäerstaat  war  so  sehr  bis  in  sein  innerstes  Mai 
fressen  und  unterhöhlt,  dass  er  nur  durch  Anwendung  heroischer 
noch  geheilt  werden  konnte.  Das  Krebsübel  war  der  seit  den  Make< 
immer  weiter  um  sich  greifende  Feudalismus.  Der  adeliche  Gross 
besitz  war  auf  dem  besten  Wege,  die  freie  Bauernschaft  au&zurott 
damit  den  eigentlichen  Grundpfeiler,  auf  dem  das  Staatswesen  ml 
untergraben.  Andronikos  ist  darin  dem  Kaiser  Tiberius  zu  vergl 
Sein  Wüten  und  seine  Blutsentenzen  galten  fast  ausschliesslich  dem 
liehen  Hause,  dem  hohen  Militär-  und  Beamtenadel.  Dass  mau 
dieser  faulen  Korporation  aufräumte,  hatte  dieselbe  gründlich  vc 
Wäre  ihm  ein  längeres  Wirken  beschieden  gewesen,  er  hätte  dei 
aufgeklärten  Despotismus  der  Kaiser  des  VIII.  Jahrhunderts  heri 
und  dem  Feudalismus  Ostroms  wie  Cesare  Borgia  der  Baronialherrsch 
Kirchenstaates  ein  Ende  bereitet.  Unter  anderen  Umständen  u 
ernsterem    monarchischen    Pflichtgefühl    hätte    Andronikos    den    Si 


yn.  Die  Komnenen  nnd  die  Angeli  (1081—1204).  1031 

i  gehabt  ein  zweiter  Basileios  Bulgaroktonos  zu  werden.  Andronikos' 
chichte  haben  seine  tödlich  verletzten  aristokratischen  Feinde  ge- 
rieben,   und    doch    können    sie    nicht    leugnen,    dass    sein   Regiment 

Innern  geradezu  musterhaft  war.  Die  Steuerlasten  des  Volkes 
*den  erleichtert,  der  Ämterkauf  abgeschaflft.  Dip  üppigen  und  kost- 
)ligen  Hoffeste  hörten  auf.  Zu  Richtern  wählte  er  gewissenhafte 
unbestechliche  Männer.  Den  Beamten  des  Steuer-  und  Zollwesens 
5hte  er  die  Gehälter,  um  sie  der  Bestechung  weniger  zugänglich  zu 
shen.  Dabei  war  er  äusserst  leutselig.  Der  Geringste  hatte  freien 
ritt  zu  ihm.  Es  scheint  beinahe,  als  hätte  der  alte  Kaiser  die  furcht- 
en Verbrechen  seiner  Jugend  und  seiner  Thronbesteigung  durch  ein 
jterhaftes  Regiment  in  Vergessenheit  begraben  wollen;  er  war  auf 
1  besten  Wege  auch  in  den  Provinzen  populär  zu  werden,  als  der  von 
1  asiatischen  Adel  geschürte  und   von   der  hocheinflussreichen  Familie 

Angeli  geleitete  Aufstand  ausbrach.  Der  Feudaladel  kämpfte  um 
le  Existenz ;  das  neue  Regiment  bedeutete  seine  Vernichtung.  Lopadion, 
:äa,  Prusa  fielen  ab.  Allein  das  erstere  gewann  Alexios  Branas  Winter 
•5,  die  anderen  Städte  der  persönlich  ins  Feld  gezogene  Kaiser  im  1185 
hjahr  zurück.  Die  aufständischen  Rebellen  traf  harte  Strafe  nach 
'dienst;  nur  den  Isaak  Angelos  schonte  Andronikos  zu  seinem  Ver- 
ben. Isaak  Komnenos,  aus  einer  Seitenlinie  des  Kaiserhauses,  brachte 
pros  zum  Abfall  und  warf  sich  1184  zum  selbständigen  Autokrator  auf.  1184 
essen  solche  Pronunziamentos  gehörten  nun  einmal  in  Byzanz  zur 
^esordnung.  Sie  hätten  ihn  nicht  gestürzt.  Die  Gefahr  kam  von 
sten. 

Bereits  nach  dem  Blutbade  von  Konstantinopel  1182  hatten  die  auf  1182 
m  Schiffen  entronnenen  Italiener  einen  Korsarenkrieg  begonnen,  die 
}ten  bis  Thessalonike  geplündert  und  Kirchen  und  Klöster  verbrannt. 
iT  die  Kaufleute  von  Venedig  und  Pisa  blieben  thatenlos.  Um  so 
rgischer  rüstete  Wilhelm  11  (1166—1189)  von  Sicilien.  Juni  1185  Juni  11 
elte  eine  Armada  von  200  Schiffen  unter  dem  Admiral  Margaritone  und 
1  Grafen  Tankred  von  Lecce,  dem  nachherigen  letzten  Normannenkönig, 
h  Dyrrachion.    Der  starken  kriegsgeübten  Armee  der  Normannen  wagte 

griechische  General  Johannes  Branas  nicht  die  Spitze  zu  bieten.  Dyr- 
[lion  ward  mit  Sturm  genommen.  Dann  teilte  sich  das  Invasionsheer. 
\  Landheer  drang  unaufhaltsam  bis  Thessalonike  vor.  15.  August  er- 
ien  auch  •  die  Flotte  vor  dem  Hafen  der  zweiten  Stadt  des  Reichs.  Die 
Ireichen   Nichtgriechen   unter   der   Bevölkerung   waren  unzuverlässig. 

August  nahm  Graf  Aldoino  die  Unterstadt  mit  stürmender  Hand,  und 

Lateiner,  eingedenk  der  Vesper  von  1182,  übten  nun  an  den  Griechen 

fürchterlichste  Rache.  Diese  Ströme  Blutes,  welche  der  damalige 
ionalhass  vergoss,  haben  den  Riss  zwischen  beiden  Völkern  für  alle 
gezeit  unheilbar  gemacht. 

In  Konstantinopel  trat  unter  dem  niederschmetternden  Eindruck,  den 
ie  Nachrichten  hervorbrachten,  ein  Umschwung  in  der  Stimmung  ein. 

Adel  und  die  Privilegierten,  in  ihrem  Raubsystem  vom  Kaiser  ge- 
elt,  sannen  längst  auf  Rache.    Aber  auch  das  Volk,  dessen  Liebling 


j()32  Abriss  der  byzaniiiUBcheii  EalBergeachieiiie. 

er  gewesen,  solange  er  den  entfesselten  Leidenschaften  demagogiscli 
schmeichelt  hatte,  murrte,  als  er  auch  den  Aufwand  fQr  die  Öffentlieheni 
beschränkte  und   dieselben  nicht,   wie  üblich,  durch  seine  Oegenwart 
ehrte.   In  seiner  Menschenverachtung  unterschätzte  Andronikos  die  drolieiifcj 
Gefahr.     Die  Luft  war  gewitterschwül;   und  um   ein  kleines  braci 
entfesselte  Orkan   los.     Der  Kaiser  hatte   das  Haupt  der  Angelii 
den  feigen  und    charakterlosen  Isaak,   als  völlig  ungefährlich 
Aus  eigener   Machtvollkommenheit   wollte  ihn  jetzt    sein    Polizeii 
Hagiochristophorites  arretieren    lassen.      Allein   Isaak   entrann  mit 
Todesmut   der  Verzweiflung  ins  Asyl  der  Sophienkirche.     Alle  Sd 
der  Bevölkerung  strömten  zusanmien;   es  fanden   —    ein  unerhörter?«»] 
gang  —  tumultuarische  Eaiserkomitien  statt. 
Sept.  Isaak  Angelos  ward  12.  September  1185   als  Kaiser  proklamiarll 

Andronikos   eilte  jetzt  erst  aus  seiner  Villeggiatur  in  Melodien  nach 
Hauptstadt.     Mit  seinem  nicht  zu   täuschenden  Scharfblick  gab  er  liekj 
keinen  Illusionen  hin;   er  erkannte,  dass  alles  verloren  sei,  und  wollte ftl 
Schiff  nach  Russland  fliehen.     Aber  durch  widrige  Winde  zurückgelutaf 
fiel  er  Isaaks  Häschern  in  die  Hände.     Isaak   zeigte   seine  ganze  Bin 
losigkeit,  indem  er  zuerst  bei  Hofe  den  gestürzten  und  gefesselten  Geg&et 
den  schnöden  Misshandlungen    seiner  hochadelichen   Todfeinde  preist 
Im  Kerker  wurde  ihm   dann   die  Rechte   abgehauen  und   das  eine  Angi' 
ausgestochen.   Hierauf  fand  die  übliche  Pompeusis  durch  die  Strassen  to 
Residenz  statt,  und  der  entmenschte  Pöbel,  unter  dem  die  fVauen  wie  k 
der   französischen  Revolution  das  Scheusslichste  verübten,    durfte  mut 
bestialische  Grausamkeit  bis  zur  Sättigung    an   dem   elenden  Opfer  ansr 
lassen.     Zuletzt  hing  man   den  greulich  verstümmelten,    noch  atmende! 
Greis  im  Hippodrom  an   beiden  Beinen  auf.     Kein  Schmerzenslaut  wnrd 
ihm  abgepresst.     Unaufhörlich  wiederholte  er  nur  die  Worte:  »Herr,  ei 
barme  Dich   meiner;  warum  zerbrecht  ihr  ein  zerknicktes  Rohr.*    JI 
Andronikos'   Tod  war  das  Griechentum   dem  Schicksal  verfallen,  welcb 
es  verdiente. 
5/1195  Isaak  Angelos  (1185—1195),  das  verkörperte  böse  Gewissen,  sa 

nun  auf  dem  morschen  Cäsarenthron.   Vor  allem  musste  er  jetzt  der  dur 
die  griechische  Nationalerhebung  hervorgerufenen  Normannengefahr  1 
gegnen.     Aber  diese  Gefahr  sollte   sich    als   geringer   herausstellen, 
man   angenommen   hatte.     Liederliches  Leben  und   massenhafter  Gen 
von   Weintrauben   riefen    bösartige    Krankheiten    unter    den    Normani 
hervor,  ihre  Reihen  dezimierend.    Dazu  kam  ein  Übermut  und  eine  So 
losigkeit,  welche  den  bisherigen  Siegern  zum  Verderben  gereichen  sollt 
Isaak  war  so  verständig  den  besten  General  der  Griechen,  Alexios  Brai 
an  die  Spitze  der  Defensivarmee  zu  stellen.     Nach  einem  glücklichen  ( 
Nov.  focht  bei  Mosynopolis  errang  er  7.  November  1185  den  blutigen  Sieg  ^ 
^^^     Demetritza  (Demetrica),  welcher  die  normannischen  Führer  und  4000  Mt 
in  seine  Hände  lieferte.     Der  Rest  rettete  sich  in  panischer  Flucht  m 
Thessalonike,  von  da  nach  Dyrrachion   oder  auf  die  Flotte.     1186  wa 
186     die  Normannen  auf  Dyrrachion  und  die  jonischen  Inseln  beschränkt.   A 
191     auch  Dyrrachion  und  1191  selbst  Korypho  gewannen  die  Griechen  zurü 


yn.  Die  Komnenen  nnd  die  Angeli  (1081—1204).  1033 

Kephallenia  und  Zakynthos  blieben  als  sicilisches  Lehen  in  den  Händen 
Admirals  Margaritone.     Das  war  der  armselige  Ertrag  der  mit  so 
tigespannten  Erwartungen  begonnenen  Unternehmung. 

Eine  natürliche  Folge,  die  Kaiser  Isaak  nicht  zur  Last  gelegt  werden 
',  ist  die  nun  einbrechende  vollkommene  Reaktion  in  der  Reichs-  und 
inzverwaltung.  Mit  Andronikos'  so  heilsamen  Reformen  war  es  grttnd- 
vorbei.  Die  Goldströme  flössen  wieder  in  die  Taschen  des  Adels  und 
hohen  Beamten.  Isaak  liebte  einen  glänzenden  Hof  und  rauschende 
[ichkeiten.  Auch  das  verschlang  ungeheure  Summen.  Mit  den  Ungarn, 
inter  Andronikos  1183  griechisch  Dalmatien  weggenommen  hatten,  1183 
SS  Isaak  Friede  und  vermählte  sich  mit  der  erst  zehnjährigen  Eönigs- 
,er  Margaretha.  Zur  Feier  dieses  erhabenen,  völkerbegltickenden  Er- 
sses  wurde  in  allen  Provinzen  eine  ausserordentliche  Steuer  aus- 
irieben.  Besonders  hart  verfuhren  die  kaiserlichen  Fiskalbeamten  um 
tialos  und  am  Hämus  unter  den  Bulgaren  und  Wlachen.  Das  Volk 
b  sich  in  wilder  Wut.  Zwei  edle  Boljaren,  die  sich,  wie  üblich  bei 
^lutionshelden ,  der  Abkunft  von  den  alten  Nationalcaren  rühmten, 
ir  und  Joannes  As^n  stellten  sich  an  die  Spitze.  Mit  ihren  Forderungen 
lyzanz  schnöde  behandelt,  versammelten  sie  das  Volk  in  der  Kirche 
hl.  Demetrios  zu  Trnovo.  Prophetische  Mönche  verkündeten,  dass 
Heilige  das  von  den  Normannen  geschändete  Thessalonike  verlassen 
B  und  nun  den  Bulgaren  Erlösung  bringe.  Voll  Begeisterung  wurde 
Dpetros  als  Car  der  Bulgaren  und  Griechen  gekrönt  und  Vasil  zum 
»kephalen  Erzbischof  von  Trnovo  ernannt.  Isaak  rückte  sofort  gegen 
ins  Feld  und  zersprengte  1186  die  Rebellenscharen.  Allein  nun  verband  1186 
As^n  mit  den  Rumänen.  Aber  der  Sebastokrator  Joannes  war  aufs 
)  siegreich  gegen  die  Bulgaren.  Natürlich  rief  ihn  die  misstrauische 
ierung  ab,  und  sein  Nachfolger  Joannes  Kantakuzenos  liess  sich  in 
ser  Sorglosigkeit  von  den  Bulgaren  schlagen ;  sein  Heer  ward  zersprengt, 
las,  der  nun  ausgesandt  ward,  proklamierte  sich  zum  Gegenkaiser  in 
ianopel  und  ward  enthauptet. 

In  den  Kämpfen  der  nachfolgenden  Jahre  behaupteten  sich  die  Bul- 
jn.     Mit  den  Rumänen  vereint,  streiften  sie  bis  Adrianopel  und  Make- 
en.     Die  Erbitterung  des  lange  unterdrückten  Volkes  machte  sich  in 
htbaren  Grausamkeiten  Luft;  dieselbe  Mordlust  zeigten  die  verbündeten 
lanen.     Durch   die  As^niden  ist  das  Griechentum  dieser  Landschaften 
Erdboden  vertilgt   und   auf  die  Rüste  und   einige  Sprachinseln  be- 
änkt  worden,  wie  noch  heute.   Nicht  die  Rreuzfahrer,  sondern  die  Sel- 
luken  in  Asien,  die  Bulgaren  und  Wlachen  in  Europa  haben  die  Wieder- 
ehung  eines  nationalgriechischen  Grossreichs  auf  ewig  zur  Unmöglich- 
gemacht.    Ein  unabhängiges  Bulgarien  existierte  nun  zwischen  Donau 
Hämus.     Das  Werk  des  Tzimiskes  und  des  Basileios  war  vernichtet. 
Auflösungsprozess  des  Reiches  begann. 

Ein  wahres  Glück  für  die  Griechen  war,   dass  es  ihnen  gelang,  die 
n   gefangen  zu  nehmen.    Dadurch  wurde  der  mörderische  Rleinkrieg 
den  Bulgaren  wenigsten  momentan  1188  durch  einen  Waffenstillstand  1188 
rbrochen. 


1034  Abriss  der  bysantiiilschdii  KaUiergeseliielite. 

Ein  so  elender   Fürst  Isaak  war,   er  hat  unverdient,  wie  im  ü 
mannenkrieg,  so  auch  im  dritten  Ereuzzug,  für  die  Sünden  seiner  Fffbj 
ganger  gebüsst.  Kaiser  Manuels  Grossmannssucht  hatte,  indem  sie 
nachjagte,   das  politisch   so   wichtige  Freundschaftsverhältnis  zum  alei^l 
ländischen  Kaiser  gründlich  ruiniert.     Man  begreift  daher,  dass^  ab 
ili  1187  Schreckenskunde   von  Jerusalems  Fall  (Juli  1187)  in    ganz  Europa 
einmal  den  Enthusiasmus  für  das  Kreuz  entzündete,   der  römische 
mit  banger  Besorgnis  den  Heranmarsch  seines  deutschen  Bruders  Fri< 
Barbarossa  erwartete.   Indessen  der  deutsche  Kaiser  hatte  mit  den  gri 

1188  sehen  Gesandten  zu  Nürnberg  1188  in  loyalster  Weise  wegen  i 
zuges  verhandelt  und  eine  sehr  stattliche  Gesandtschaft  vorausgi 
Aber  des  byzantinischen  Kaisers   grenzenlose  Feigheit  bestimmte  iiis 
der  thörichtsten  Handlungsweise.     Als  die  80  000  Mann   deutscher  Ki 
truppen   dem  Reiche    sich  näherten,   schloss  Isaak  mit  Salah-ed-din, 
Todfeinde  des  Kreuzes,  ein  förmliches  Bündnis  mit  der  Spitze  gegen 
Kreuzheer  und  erniedrigte  sich  so  weit,  dass  er  den  Muslimen  eine  Moediei! 
in  der  Reichshauptstadt  einräumte.^)    Dazu  verletzte  die  Kanzlei  inok^ 
mächtiger   Überhebung  den    stolzen   Kriegshelden    durch  ^   die   IsMak 

1189  Titulatur:  ,GrossfÜrst  von  Deutschland*.  26.  August  1189  langte Friedwfct: 
in  Philippupolis  an;  über  den  ganz  verkommenen  Zustand  des  Beichs^ir 
fuhr  er  eingehenden  Bericht  durch  daselbst  ansässige  armenische  Kaofleukl 
Die  Griechen  benahmen  sich  höchst  feindseHg  und  überfielen  die  einzdM 
Abteilungen  des  Kreuzheeres  in  Wäldern  und  Bergen.  Dagegen  Steplia 
Nemanja  von  Serbien  begrüsste  Friedrich  gastfreundlich  in  Nis,  und  ii 
BulgarenfÜrsten  boten  ihre  Allianz  an,  um  mit  40  000  Bulgaren  und  Eih 
manen  ihm  bei  der  Eroberung  von  ,Carigrad*  zu  helfen.  Aber  der  Kaia«, 
seinem  Gelübde  treu,  wollte  nicht  durch  den  Umsturz  eines  Christenreid« 
seine  eigentliche  Aufgabe  aus  dem  Auge  verlieren.  Seine  energische  Hil- 
tung   imponierte    dem    byzantinischen    Schwächling   dermassen,  dasB  «r 

larz  1190  März  1190  das  Kreuzheer  vertragsmässig  und  ungehindert  nach  Aaea' 
übersetzen  Hess.  Auch  auf  asiatischem  Boden  benahmen  sich  die  Griechn 
fortgesetzt  heimtückisch.  Und  doch  leisteten  die  Deutschen  wieder  d» 
Beste  für  sie.     Die  Seldschuken,    die   stehende  Geissei   des  Thema  Thnr 

lai  1190  kesion,  wurden  18.  Mai  1190  vor  Ikonion  aufs  Haupt  geschlagen,  ml 
ihre  Hauptstadt  ward  mit  Sturm  genommen.  Die  Lähmung  der  SeM 
schukenmacht  kam  den  Griechen  zu  Gute.  Doch  Isaak  war  kein  Alexio 
der  die  günstige  Konstellation  sofort  nach  Kräften  ausgenutzt  hätte. 

Gegenüber  den  italienischen  SeerepubUken  hat  dagegen   der  Kais 
eine    der    üblen    Lage    des    Reiches    entsprechende,    verständige   Polil 

1186  eingeschlagen.     Da  die  Normannen  sich  mit  Kypros  verbanden  und  11 
eine  griechische  Flotte  schlugen,  suchte  das  kaiserliche  Kabinett  das  i 

1187  denken   von  1182  auszulöschen   und  schloss  1187   unter  Herstellung  i 


')  Man  führe  hier  nicht  thörichte  Redens-   '   Das  Faktum  ist  nur  zu  verzeichnen  als  er 


arten  von  wohlthaender  Toleranz  der  Griechen 
u.  8.  f.  Nach  dem  allgemeinen  Urteil  von 
Griechen  wie  Occidentalen  der  damaligen 
Zeit  war  das  ein  Verrat  an  der  Sache  Gottes. 


Symptom  jenes  wahnsinnigen  Hasses,  der 
Griechen  der  Folgezeit  sagen  liess,  lieber 
Türkenglaaben  als  den  Lateinerglauben  a 
nehmen  und  das  alles  um  des  filioqae  wü 


yn.  Die  Komnenen  nnd  die  Angeli  (1081—1204).  1035 

ung   der  alten  Privilegien   mit  Venedig  ein  förmliches  Bündnis, 

nso  bestätigte  Isaak  1192  den  Pisanern   und  1193  den  Genuesen  1192  HS 

>n  Vorrechte. 

genüber  den  Bulgaren  erlitt  Isaak  1190  bei  Berroea  eine  schwere 

ge.   Varna,  Anchialos,  Ni»  und  Triaditza  waren  ihnen  preisgegeben. 

i  gelang  es  ihm  den  stolzen  Serben  Nemanja  an  der  Morava  1193  1193 

Igen.      Aber   die    vereinigten  Bulgaren,  Rumänen   und  Wlachen 

i  ihm  1194  bei  Arkadiupolis  eine  empfindliche  Niederlage  bei.        1194 

zu  kam    die  Bedrohung  des  Reiches  durch  den  deutschen  Kaiser 

VI,   der  seiner  berechtigten  Erbitterung  über  die  byzantinische 
;eit  Manuel  scharfen  Ausdruck  gab  und  als  Erbe  der  Normannen- 
Dyrrachion  und  Thessalonike  für  sich  forderte.    Eben  im  Begriff 
le   Expedition   gegen   die   Bulgaren  zu    organisieren  ward   Isaak 
1  1195  von  seinem  eigenen  Bruder  Alexios  III  (1195—1203)  ge-  ^^- ^P** 
tid  geblendet.     Der  Tausch  war  keine  Besserung, 
ar   wurde  das   Reich  1193    durch  Saläh-ed-dins    Tod   von  einem     1193 
ren  Feinde  befreit;   aber  der  deutsche  Kaiser  Heinrich  VI  nahm 

so  drohendere  Haltung  ein.   Alexios  hatte  thöricht  genug  auch  die 
ler  vor  den  Kopf  gestossen,  indem   er  1196   mit  der  Bestätigung  1196 
ivilegien  zögerte.     Es   war  das  um  so  unpolitischer,   als  er  nur 
r  Hilfe  sich  der  deutsch-normannischen  Obmacht  erwehren  konnte; 
ir   seit  1193   der  alte  Enrico  Dandolo  mit  dem  Dukat  bekleidet,  1193 
iker  ersten  Ranges,  aber  Byzanz  keineswegs  wohlwollend  gesinnt, 
Q   nicht  reizen  durfte.     So    war  das  oströmische  Kabinett  wieder 
oliert,  als  Herbst  1196  die  Gesandten  Kaiser  Heinrichs  erschienen  119fi 
m    erschreckten    Kaiser    die    demütigendsten    Forderungen    ab- 
Er  musste,  um  grossen  Landabtretungen  zu  entgehen,  sich  zur 
hlung    bequemen,    nur    dass    die    ursprüngliche    Forderung    von 
und  Goldes   auf  1500   herabgesetzt  ward.     Allein  Heinrichs  Tod 
(freite  das   Romäervolk  zu  dessen  grossem  Jubel  von  der  »Ale-  1197 
Steuer*. 

B  Regierung  des  Alexios,  der  sich  stolz  Komnenos  benannte,  war 
3  nicht  besser,  als  die  seines  Bruders  Isaak.  Dass  der  Admiral 
os   alte  Schiffe  und  abgängiges  Material  verauktionierte,  war  an 

sich  nicht  so  schlimm,  als  Niketas  uns  will  glauben  machen, 
zantinisch  war  nur,  dass  der  Erlös,  statt  zu  Neuanschaffungen 
t  zu  werden,  in  die  Tasche  dieses  Grossbeamten  floss.  An  der 
)  auf  dem  schwarzen  Meer  beteiligten  sich  Kaiser  und  Hof  als 
schäftsteilhaber.     Freilich   auf  Reklamation  des  Sultans  von  Rüm 

wenigstens  dessen  Unterthanen  entschädigt  werden, 
t  den  Bulgaren  konnte  der  Kaiser  wegen  der  unverschämten  Be- 
9n   derselben   keinen  Frieden   schliessen.     Bei  Serrae  erlag  ihnen 
ßhisches  Heer.     Indessen  der  furchtbare  Joannes  Asßn  I  fiel  1196  1196 
3t  zu  Trnovo   durch   die   Hand   Ivankos  eines  seiner  Vertrauten, 
habers  der  Schwester  der  Carin  Helena.   Er  entkam  zu  den  Byzan- 
und   nach   Kalopetros'  (f  1197)   kurzer  Herrschaft  folgte  der  un-  1197 
iche  Griechenfeind  Kalojan  (1197 — 1207),   der  durch  seine  Heim-1197/12( 


J036  AbriM  der  bysantinisohen  Kaisergesohiohto. 

tücke,  Grausamkeit  und  erbarmungslose  Härte  verbunden  mit  grottei 
politischen  Verstände  den  Griechen  so  furchtbar  wurde,  wie  Basileios  ü  ei« 
den  Bulgaren.  Auch  in  Makedonien  erhoben  sich  die  Bulgaren.  Der  Boljni 
Dobromir  Strez  konnte  von  Alexios  nicht  bezwungen  werden;  er  gab  Ai 
eine  Verwandte  zur  Ehe.  Jvanko,  als  Grieche  Alexios  genannt,  sdkf 
zwar  die  Bulgaren  bei  Philippupolis,  verriet  aber  bald  die  Griechen  lii 
einst  seine  Landsleute  und  konnte,   nachdem  er  bis  ans  ägäische  Mes 

1201  gebrandschatzt  hatte,  erst  1200  dingfest  gemacht  werden.  Endlich  1201, 
nachdem  auch  des  Kaisers  Neffe  Eamytzes  sich  empört  hatte,  schloagei 
die  Griechen  mit  den  Bulgaren  einen  fUr  diese  höchst  vorteilhaften  Friedig 
in  welchem  sie  ihre  sämtlichen  Eroberungen  von  Belgrad  bis  ans  Schwm 
Meer  und  an  den  Vardar  behaupteten.  Ein  wichtiger  Schachzug  Kakqni 
war  die  nach  langwierigen  Verhandlungen  abgeschlossene,  natüriid  pt 
nicht  ernst  gemeinte  Union  mit  Rom.  Der  von  Innocenz  III  entBuii 
Kardinallegat  Leo  weihte  Vasil  zum  Primas  von  Bulgarien,  teacUi 
den  Metropoliten  Pallien  und  den  Bischöfen  —  alles  nationalbulgariidi 

lov.  Priester  —  Mitren  mit.  8.  November  1204  wurde  Kalojan  vom  EardU 
feierlich  gekrönt. 

Während  so  in  Europa  die  Dinge  einen  für  die  Romäer  höchst  n- 
günstigen  Verlauf  nahmen,  hatte  man  auch  in  Asien  unaufhörlich  mit  dflii 
Seldschuken  und  meuterischen  Prinzen  zu  kämpfen.  Die  griechiBclMi| 
Unterthanen,  angelockt  durch  die  günstigen  Bedingungen  des  Sultans  E» 
ko>ü,  siedelten  massenhaft  auf  sein  Gebiet  über.  Natürlich  sahen  aek; 
diese  Elenden  bald  bitter  getäuscht  und  erhielten  in  ungleich  härterei 
Druck  den  verdienten  Lohn  für  ihren  Reichsverrat. 

Der  Übermut   der  italienischen  Kaufleute  wurde  unerträglich. 
Genuese  Gaffore,  vom  Grossadmiral  in  eine  Geldstrafe  genommen,  that  a 
als  Pirat  auf  und  plünderte  die  wehrlosen  Inseln  und  Küsten.   Der  e 
anrüchige  Kalabrese  Giovanni  Stirione  ward  als  Viceadmiral  in  kaiseriii 

1198  Dienst  genommen  und  konnte  schliesslich  mit  Hilfe  der  Pisaner  1198 
Gaffore  unschädlich  machen.  Allein  dessen  Schwager  Vetrano  setzte 
Piratenkrieg  fort,  und  die  von  der  griechischen  Regierung  infolgedessen  g^ 
die  Genuesen  verübten  Repressalien  führten  nur  zu  langwierigen  Vi 
handlungen,  und  schliesslich  musste  das  Reich  wieder  für  den  Schadaj 
aufkommen.  Die  Bevorzugung  der  Pisaner  durch  den  Kaiser  erbi 
die  mächtigen  Venetianer.  Es  war  ein  Verhängniss,  dass  der  Kaiser 
dem  gewaltigen  Dandolo  sich  nicht  zu  stellen  vermochte.  Die  Zersei 
des  Reichs  machte  immer  grössere  Fortschritte.  Die  ehrgeizigen  Primata 
der  einzelnen  Provinzen  suchten  sich  als  selbständige  Tyrannen  einzuriclit«? 
der  bekanteste  unter  ihnen  ist  Leon  Sguros,   der  Archont  von  Nanplkn 

1203  welcher  1202  Argos,  bald  Korinth  gewann.  1203  zog  er  gegen  Atli« 
allein  der  heldenmütige  Widerstand  des  Metropoliten  Michael  Akominrin 
rettete  die  Akropolis.  Dagegen  Theben  kapitulierte  sogleich.  Aberl» 
den  Thermopylen  erlag  er  den  kampfgeübten  Rittern  des  neuen  Könip 
von  Thessalonike,  Bonifacio  von  Montferrat.  Eine  ähnliche  halb  unab- 
hängige Stellung  behauptete  in  Trapezunt  »als  Herzöge  von  Chaldia*  & 
armenische  Familie  der  Gaberas,  Abkömmlinge  der  alten  Fürsten  von  Tarfi 


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Vit  Die  Komnenen  und  die  Angeli  (1081—1204).  1037 

eitläufige  Lehen  und  Latifundien  besassen  in  Epeiros  und  Aetolien  die 
kntakuzenos,  die  Branas,  die  Melissenos  u.  s.  f.  Kurz  das  Reich  nahm 
lon  von  selbst  immer  mehr  die  feudale  Oestalt  an,  deren  Stempel  ihm 
3t  die  fränkische  Eroberung  endgültig  aufdrücken  sollte. 

Das  Verhängnis  rückte  für  das  Reich  immer  näher.  Philipp  von 
hwaben,  dem  Gemahl  Eirenes  der  Tochter  des  gestürzten  Isaak,  waren 
rläufig  durch  den  deutschen  Gegenkönig  die  Hände  gebunden.  Allein 
3  Dinge  kamen  in  Fluss,  als  der  grosse  Innocenz  HI  (1198 — 1216)  durch  1 1^8;: 
3  neuorganisierte  Kreuzpredigt  namentlich  den  ebenso  frommen  als 
fermutigen  und  kriegslustigen  französischen  Adel  für  die  Wiedergewin- 
ng  des  hl.  Landes  zu  begeistern  wusste.  Echt  staatsmännisch  war  des 
ossen  Papstes  Gedanke,  durch  einen  kraftvollen  Yorstoss  gegen  Alexandria 
d  Ägypten  das  Jerusalem  beherrschende  Ejjübidenreich  in  seinem  Kern- 
nd  tödlich  zu  treffen.  In  Venedig  sammelten  sich  die  fränkischen  und 
d  flandrischen  Kreuzfahrer,  um  mit  dem  Dogen  der  seebeherrschenden 
»publik  wegen  der  Überfahrt  zu  verhandeln.  Allein  Enrico  Dandolo 
egte  zu  Ägypten  die  besten  Beziehungen,  welche  die  auf  dem  Seeweg 
eh.  dem  Nilland  kommenden  kostbaren  Waren  Ostasiens  nach  der  La- 
inenstadt  dirigierten.  Die  religiösen  Ziele,  welche  dem  Papste  vor- 
hwebten,  und  welche  die  edeln  Franken  begeisterten,  waren  diesem 
nialen  Herrschergeist,  der  aber  eine  echte  Kaufmannsseele  in  sich  trug, 
•llig  fremd  und  gleichgültig.  Es  kam  dazu,  dass  der  von  der  Kreuzidee 
geisterte  Führer  der  Ritter,  Graf  Thibaut  von  Champagne,  24.  Mai  1201  24.  l 
irb,  und  der  Marschall  Villehardouin  die  Wahl  des  griechenfeindlichen  ^^^ 
id  lediglich  politische  Pläne  verfolgenden  Markgrafen  Bonifacio  H  von 
Dntferrat  durchsetzte.  Schon  im  März  1201  hatte  Enrico  Dandolo  durch  1201 
inen  Vertrag  mit  den  Kreuzfahrern,  ein  wahres  Meisterstück  diplomati- 
her  Gewandtheit,  es  verstanden,  die  finanziell  ohnehin  vollständig  von 
»r  Republik  abhängigen  Ritter  völlig  seinen  Interessen  und  Plänen  dienst- 
ir  zu  machen.  Der  grosse  Papst  durchschaute  seinen  Gegner  und  wollte 
m  Vertrag  nur  unter  der  Bedingung  genehmigen,  dass  das  Unternehmen 
cht  gegen  Christen  gerichtet  sein  solle;  aber  Venedig  weigerte  sich 
ndweg,  diese  Verpflichtung  einzugehen.  So  wurde  die  religiöse  Begeiste- 
ng  der  Kreuzfahrer  für  Venedigs  politische  Ziele  in  ähnlicher  schmach- 
Jler  Weise  ausgenutzt,  wie  die  Opfer  der  Völker  für  die  nationale  Idee 
►n  1813  und  1815  von  den  Diplomaten  des  Wiener  Kongresses.  Der 
ifall  half  den  Venetianem.  Isaaks  Sohn  Alexios  entrann  mit  Hilfe  der 
saner  nach  dem  Abendlande.  Innocenz  war  korrekt  genug  ihn  abzuweisen ; 
ein  des  Prinzen  Schwager  Philipp  von  Schwaben  nahm  diesen  mit  offenen 
men  auf.  In  dem  Kreuzheer  befanden  sich  zahlreiche  Rheinländer; 
irkgraf  Bonifacio  stand  in  guten  Beziehungen  zu  Philipp.  So  wurde 
3sen  Wunsch,  Isaak  und  dessen  Sohn  zu  restituieren,  der  so  trefflich 
Dandolos  Plänen  stimmte,  im  Kreuzfahrerlager  günstig  aufgenommen, 
locenz'  IH  Widerspruch  verhallte,  und  seinem  Legaten  trat  Dandolo  mit 
icher  Energie  entgegen,  dass  es  allmählich  jedem  klar  wurde,  nur  der 
)ge  beherrsche  die  Situation.  Er  nutzte  sie  denn  auch  nach  Kräften 
IS.    Anfang  Oktober  1202  stach  die  Kreuzzugsflotte  in  die  See  und  or-fl 


J038  Abriaa  der  faysantinüichen  Saisergesehiöhtd. 

oberte  schon  im   November  das  dalmatinische  Zara,   das  dem  froi 
Emerich  von  Ungarn  gehörte.     Dass  dieser  selbst  das  Kreuz  genoi 
hinderte  die  Venetianer  in   der  rücksichtslosen  Verfolgung  ihrer 
politischen  Interessen  nicht. 

Der  ganze  von  Venedig  gegen  Byzanz  gerichtete  Feldzug  findet  äj 
der  Geschichte  nur  eine  Parallele:  in  Englands  Seeexpedition,  welche  6] 
Annexion  Ägyptens  zur  Folge  hatte.  Die  ünwahrhaftigkeit  in  der  T«w 
hüllung  der  wahren  politischen  Endziele  war  beide  Male  gleich  groa] 
Interessant  ist  auch,  dass  die  politische  Leitung  beider  Affairen  einem  ii{ 
Staatsgeschäften  vielgewandten  starrsinnigen  Greise  anvertraut  war.  Bm^ 
sprach  über  die  Venetianer  den  Bann  aus  und  verdeutete  den  Ereuz&hrai^ 
dass  es  nicht  ihre  Sache  sei,  die  Griechen  und  ihren  Kaiser  for  flsi^ 
Sünden  zu  strafen.  Allein  Prinz  Alexios  versprach  200000  Maii  SObaci 
10000  Mann  Hilfstruppen  für  den  Krieg  gegen  die  Ungläubigen  auf« 
Jahr  und  Union  mit  der  römischen  Kirche,  äusserst  massige  und  ▼»► 
ständige  Bedingungen.  Noch  schlug  vielen  Kreuzfahrern  das  Qewissei, 
Aber  die  Überredungskünste  des  Dogen  und  des  Markgrafen,  vor  aS» 
die  Aussicht  auf  unermessliche  Beute  machten  die  finanziell  meist  üM 
situierten  Ritter  mit  verschwindenden  Ausnahmen  mürbe.  Die  Sache 
Gottes  war  dem  Mammon  zum  Opfer  gefallen. 

Dandolo  und  Bonifacio  leiteten  nun  das  Unternehmen  mit  wahrhaft 
bewundernswürdiger  Umsicht.    Die  Vorhut  der  venetianischen  Flotte  nahi 

103  April  1203  Dyrrachion.  Schon  am  27.  Juni  ankerte  die  Flotte,  yfd(k 
40000  Kämpfer  trug,  bei  Skutarion,  dem  antiken  Chrysopolis,  der  Kai8e^ 
residenz  gegenüber. 

Der  Kaiser  hatte  eine  Armee  von  angebUch  60000  Mann  gegen  dea 
Feind  in  der  Hauptstadt  zusammengezogen;  Verlass  war  aber  nur  auffie 
Varangen.      Im   letzten    Moment   erst   hatte   man   an   Ausbesserung  der 
Mauern  und  Instandsetzung  der  schwachen  und  verfallenen  Flotte  gedacht. 
Der  Sturm  ward  gegen  die  Vorstadt  Pera  eröffnet.     6.  Juli  fiel  der  feste 
Turm  von  Galata.     Des  Kaisers   tapferer  Schwiegersohn,   Theodoros  Las- 
karis,  die  Varangen  und  die  Venedig  feindlichen  Pisaner  verteidigten  sich 
heldenmütig,  als  der  Sturm  gegen  die  Hauptstadt  selbst  organisiert  ward 
17.  Juli  wagte  der  Kaiser,  fast  gezwungen,  einen  Ausfall.     Er  scheiterte 
an  der  Tapferkeit  der  Franken.     Der  elende  Fürst  entwich  in  der  Nach 
mit  den  Kronjuwelen  und  mit  dem  Kronschatz  nach  Debelton.     Da  holt 
der  Reichsschatzmeister  Konstantinos  den  blinden  Isaak  aus  dem  Kerke 
und  proklamierte  ihn    aufs   neue  mit  seinem  Sohne  Alexios  IV  (18.  Jul 

J041203— 28.  Januar  1204)  zum  Kaiser.  Der  Prinz,  von  den  Baronen  be 
gleitet,  hielt  seinen  feierlichen  Einzug  in  die  Stadt.  Die  Führer  stiegei 
im  Kaiserpalast  der  Blachernen  ab,  die  Pilger  besetzten  die  Stadt.  Ao 
des  Kaisers  Isaak  Bitten  wurde  indessen  das  Pilgerlager  nach  der  Eben 
bei  Galata  verlegt  und  die  Flotte  ankerte  bei  Pera,  nachdem  Dandol 
einen  Teil  der  Stadtmauer  hatte  schleifen  lassen.  Alexios  IV  erhielt  ein 
fränkische  Leibwache.  Vorläufig  zahlten  die  Griechen  100000  Mark;  in 
dessen  die  Venetianer  nahmen  gleich  die  Hälfte  für  sich  vorweg  un 
zogen   von   der   andern  35000  Mark  für  Schulden  der  Pilger  ab.     AUgi 


VIL  Die  Eomnenen  und  die  Angeli  (1081—1204).  1039 

►ine  Entrüstung  herrschte  bei  den  kurzsichtigen  Kreuzfahrern.  Sie  be- 
iden die  Zeichen  der  Zeit  nicht,  obgleich  schon  jetzt  der  Zustand  ein- 
treten war,  der  zweiundeinhalb  Jahrhunderte  andauern  sollte.  Das 
ich  und  dessen  Kaiser,  ob  Franken  oder  Griechen,  waren  trotz  des 
taen  Tones,  den  letztere  bisweilen  annahmen,  völlig  von  der  Gnade  des 
.lienischen  Krämervolkes  abhängig.  Sie  fielen,  sobald  Venedig  die  Hand 
o  ihnen  abzog  oder  vielmehr  handelspolitischer  Konjunkturen  halber  sie 
CJ  ihnen  abziehen  musste.  Das  alte  Verhältnis  kehrte  sich  um;  die 
3iem  Diener  waren  die  Herren  geworden.*)  Den  beiden  Kaisem  ge- 
r-te  nur  die  Hauptstadt;  die  Provinzen  gehorchten  noch  dem  nach  Adria- 
pel  gezogenen  Alexios  HI.  Bald  brach  ein  griechischer  Volksaufstand 
3i,  dem  die  Warenlager  der  Pisaner  und  der  Amalfitaner  und  ebenso 
t  türkische  Moschee  zum  Opfer  fielen.  Dazu  kam  ein  fürchterlicher 
fcdtbrand.  Während  Alexios  IV  mit  Hilfe  der  Franken  Thrakien  unter- 
.xf,  sannen  die  Primaten  der  Hauptstadt  auf  Widerstand  und  stellten 
h  Stadtmauern  her.  Isaak  und  Alexios  IV  waren  allmählich  der  frän- 
tchen  Unverschämtheit  müde;  Dandolos  rohe  Worte  gegen  den  jungen 
b.i8er:  „Schändlicher  Bube!    wir  haben  dich  aus  dem  Kote  gezogen  und 

den  Kot  hinein  werden  wir  dich  Verstössen!**  gössen  Öl  ins  Feuer. 
»  warf  sich  der  kühne  und  tapfere  Alexios  Dukas  Murzuphlos,  ein  Ver- 
Lndter  des  kaiserlichen  Hauses,  zum  Reichsverweser  auf.  Die  Griechen 
iahten  mehrere,  wenn  auch  unglückliche  Ausfälle  aus  der  Hauptstadt, 
►er  im  Frankenlager  wütete  Hungersnot.  25.  Januar  kam  es  zur  Re- 
lution.  Adel,  Klerus  und  Volk  sammelten  sich  zu  den  allmählich  Ge* 
>hnheit  werdenden  Kaiserkomitien.  Nachdem  man  am  28.  Januar  ohne 
istimmung  des  Patriarchen  den  Nikolaos  Kanabos  zum  Kaiser  gesalbt, 
Ewd  am  5.  Februar  1204  Murzuphlos  als  Alexios  V  feierlich  vom  Patri- 
chen  als  rechtmässiger  Kaiser  der  Römer  gekrönt. 

Alexios  IV  ward  erwürgt;  sein  jämmerlicher  Vater  starb  vor  Schreck, 
ie  faulen  Kompromisse  hörten  auf.  Griechen  und  Lateiner  standen  sich 
s  Todfeinde  gegenüber.  Der  neue  Kaiser  verweigerte  sogleich  weitere 
ihlungen  und  forderte  den  Abzug  des  Kreuzheeres.  Krieg  war  nun  die 
3sung.     Ein  Ausfall  des  Kaisers  auf  die  rückkehrenden  Franken,  welche 

der  reichen  Stadt  Philea  am  schwarzen  Meer  ungeheure  Beute  gemacht 
ktten,  verlief  so  unglücklich,  dass  das  Palladium  des  Reichs,  das  vom 
itriarchen  getragene  Gnadenbild  der  Panagia  Hodegetria,  das  Werk  des 
(rangelisten  Lukas,  dem  Pierre  de  Bracheuil  in  die  Hände  fiel.  Unter 
'cssartigen  Rüstungen  der  Franken  verstrich  der  März.  Gewaltige  Be- 
gerungsmaschinen  und  Sturmleitern  wurden  gebaut.  Allein  Alexios  V 
itete  mit  Umsicht  und  Unerschrockenheit  die  Verteidigung.  Der  erste 
urm  misslang.  Der  Hauptsturm  geschah  am  12.  April.  Mit  Löwenmut 
irteidigten  sich  die  Varangen.  Aber  zwei  Türme  fielen;  Pierre  d'Amiens 
rengte  ein  Stadtthor.  Vergebens  sucht  der  heldenhafte  Kaiser  der  allge- 
einen  Panik  Herr  zu  werden.  Wie  stets  Völker  im  tiefen  Verfall  ihren  po- 
ischen  Leitern  alle  Schuld  des  Unglücks  aufbürden,  oder  dieses  nur  dem  Ver- 


')  C.  Hopf:  Griecliittche  Geschichte  I  151. 


1040 


AbriM  der  bysantuÜBchen  Kaisergetoliiolite. 


rate  der  Militärchefs  zuschreiben,  so  geschieht  es  auch  mit  Alexios.  Hansoil 
bereits  auf  Absetzung;  gebrochnen  Herzens  erkennt  auch  der  Stolze,  du 
des  Vaterlands  Sache  verloren  sei.  Er  entflieht  durchs  goldne  Thor,  ^m 
nicht  ein  Frass  für  der  racheschnaubenden  Lateiner  Kinnbacken  zu  werden* 
Ein  Rest  von  Patrioten  will  in  der  Sophienkirche  den  Theodoros  Dnkas  oder 
den  Theodoros  Laskaris  zum  Kaiser  wählen.  Aber  jeder  Appell  an  nochmaEgn 
Widerstand  prallt  an  der  kleinmütigen  Verzweiflung  des  Volkes  und  dff 
Indifferenz  der  Söldner  ab.  Laskaris  entflieht  nach  Kleinasien.  Vergeboi 
wurde  von  dem  elenden  Reste  der  Bewohner  Bonifacio  um  Gnade  ange- 
fleht. Das  stolze  Byzanz  muss  den  Kelch  des  Jammers  bis  auf  die  Neigt 
leeren.  Die  Erbitterung  des  zügellosen  Kriegsvolks,  das  nun  in  seine 
Strassen  einbrach,  war  unbezähmbar.  „Plündern  und  Geld  machen  wir 
der  Venetianer,  höhnen  und  schänden  der  Franzosen,  schlemmen  und  de- 
molieren der  Deutschen  Stichwort.''  Am  ärgsten  hausten  die  abendlia* 
dischen  Kolonisten,  die  bis  dahin  des  Kaisers  Unterthanen  ausgebeutet 
hatten  und  jetzt  unter  den  Mördern  am  grausamsten  verfuhren. 
1204  Bereits  im  März  1204  war  der  Teilungsvertrag  geschlossen  worden, 

wonach  ein  Viertel  des  Reichs  dem  neuen  Kaiser  zufallen  sollte,  und  die 
Nation,  welcher  die  Krone  entging,  für  ihren  Klerus  den  Patriarchat  und 
den  unermesslichen  Grundbesitz  der  Sophienkirche  erhalten  sollte.  Diej 
anderen  drei  Viertel  sollten  unter  die  Venetianer  und  die  Ritter  geteit 
werden.  Die  Seele  der  ganzen  Neuordnung  war  der  vielgepriesene  Dis- 
dolo.  Er  hat  in  nacktestem,  aber  höchst  kurzsichtigem  Venetianermeriun- 
tilismus  nur  für  die  Geldinteressen  der  Republik  gesorgt  und,  in  thöricUer 
Besorgnis  vor  einem  starken  lateinischen  Kaisertum,  ein  Pfuscherwoi 
geschaffen,  welches  nicht  wert  war,  das  Licht  der  Sonne  zu  schaneo. 
Das  lateinische  Kaisertum  ist  denn  auch  von  Anfang  an  eine  todschwack, 
lebensmüde  Maschine  gewesen,  deren  ganze  Existenz  nur  ein  langes  Sieck^; 
tum,  ein  immerwährendes  Sterben  war. 

Dandolo  verhinderte  die  Kaiserwahl  des  tüchtigen  und  energiscliei 
Bonifacio.  Den  geschmeidigen  und  talentvollen  BaJduin  von  Flanden 
machte  er  durch  seinen  Vorschlag  zur  Güte,  welcher  Bonifacio  das  gan» 
Land  jenseits  des  Bosporus  und  ,rille  de  Griesse*  zusprach,  von  vomhereii 
zu  einem  Schattenkaiser.  So  war  alles  von  Anfang  an  zum  Untergang! 
reif.  Nur  die  Venetianer  verstanden  es  mit  der  ganzen  Rücksichtslosigkeü 
einer  Kaufmannsoligarchie  überall  ihre  selbstischen  Sonderinteressen  dordh- 
zusetzen.  Trotz  des  Widerspruchs  des  französischen  Klerus  ward  Thomai 
Morosini  Patriarch,  und  ebenso  wurden  an  der  Sophienkirche  dreizehn  veoe- 
tianische  Kleriker  zu  Kanonikern  ernannt.  Äusserlich  war  die  Union  €^ 
reicht.  Der  stolze  ökumenische  Patriarchat  beugte  sich  unter  Alt-Rom. 
Thatsächlich  herrschten  Zustände  ungefähr  wie  in  Irland  zur  Zeit  dff 
anglikanischen  Kirchenherrschaft.  Ein  zahlreicher  lateinischer  Klerus  mit 
kleiner  oder  gar  keiner  Herde  nährte  sich  aus  dem  Ertrag  der  reicheo 
Pfründen;  aber  die  verarmte  Hierarchie  der  Orthodoxen  hatte  das  Vdk 
für  sich,  tröstete  dasselbe  unter  dem  Fremdenjoch  und  hielt  den  Gtedanken 
an  eine  zukünftige  Wiedergeburt  wach. 

Es  ist  hier  nicht  der  Ort,  die  Umwandlung  der  einzelnen  Provinza 


fj 


Vm.  Daa  Kaisertum  von  Nikäa  (1204—1261).  1041 

les  alten  absoluten  Kaisertums  in  die  Form  der  occidentalischen  Lehens- 
iierrschaft,  wie  dies  Hopf  in  mustergültiger  Weise  gethan  hat,  irgendwie 
inch  nur  zu  skizzieren.     Für  eine  Geschichte   der  Kultur  des  Xm.  und 

'XIV.  Jahrhunderts  oder  für  eine  Wirtschaftsgeschichte  der  Levante  sind 
das  wichtige  Kapitel.     Hier  haben  wir  lediglich  die  politische  Geschichte 

.des  Byzantinervolkes  zu  behandeln;  und  da  hinein  gehört  so  wenig  die 
Geschichte  der  lateinischen  Kaiser  oder  der  Könige  von  Thessalonike  oder 
der  Herzöge  von  Athen  und  Achaia,   als  die   der  Seldschuken  von  Rüm 

^oder  der  Mameluken  von  Ägypten,  die  ja  gleichfalls  Stücke  des  ehemaligen 
^jrzantinerreichs  der  Barbarei  überantworteten. 

VIII.  Das  Kaisertum  von  Nik&a  (1204—1261). 

Die  mit  der  Organisierung  der  fränkischen  Lehensstaaten  notwendig 
verbundene  Vielherrschaft  und   Zersplitterung   aller  militärischen  Kräfte 
:  hinderte  zum  Segen  der  Griechen  jede   einheitliche  Aktion  und  Konzen- 
.tration   der   lateinischen  Zwingherrn.     Den  letzten   Patrioten   Alexios  V 
Horzuphlos,   der  sich  zu  gemeinsamem  Widerstände  mit  Alexios  HI  ver- 
bunden wollte,  Hess  dieser  blenden,  und  die  Kreuzfahrer,  die  des  helden- 
haften Gegners  habhaft   wurden,    waren   roh  genug,    denselben  als  eid- 
-hrüchigen  Mörder  des  Alexios  IV  von  der  Theodosiossäule  hinabzustürzen. 
-.Der  schändliche  Alexios  HI   wurde    mit   seiner  würdigen   Gattin  Euphro- 
^flyne   durch   die   Gnade   König  Bonifacios   in   die  angenehme  Villeggiatur 
von  Halmyros  exiliert.     Doch   andere   griechischen  Granden  waren  ener- 

-  gischer  und  glücklicher.    Michael  Angelos  Komnenos,  ein  illegitimer  Vetter 

>  der  Angeli,  bemächtigte  sich  1204  des  Themas  Nikopolis  und  regierte  mit  1204 
,  starker  Hand  das  von  den  Lateinern  völlig  unabhängige  Despotat  Epeiros, 

das  sich  von  Naupaktos  bis  Dyrrachion  erstreckte.     Grösser  sollte  in  der 

Geschichte    der   Name    des  Theodoros  Laskaris    werden.     Er  hatte    sich 
.nach  Bithynien  gewandt  und  suchte  Asien  den  Romäern  zu  retten.     Aber 

von   Philadelpheia  aus   erhob   sich   Theodor  Mankaphas  als  Gegenkaiser. 

Leon  Gabalas  machte  sich  auf  Rhodos  und  Manuel  Maurozomes  im  Mäandro- 
~thal   unabhängig.     Nikäa  schloss   ihm   die  Thore  aus  Hass  gegen  seinen 
-Schwiegervater  Alexios  HL     Im  Herbst  1204  trafen  die  Kreuzfahrer,  ver-  Herbst 
!  stärkt  durch   zehntausend  aus  Palästina  zurückkehrende  Pilger,  alle  An-    ^^04 
.  stalten  zur  Eroberung  Kleinasiens.     Vergebens  verband  sich  Laskaris  mit 

-  den  Seldschuken  von  Rüm  und  dem  Kaiser  von  Philadelpheia.  Peter  von 
Bracheuil  besiegte  ihn  6.  Dezember  1204  bei  Poimanenon,  nahm  Lopadion,  Dez.  12( 

'Apolloneia  und  Nikomedeia.  Nur  das  feste  Prusa  widerstand.  Unter- 
dessen hatte  Graf  Heinrich  von  Abydos  her  operiert  und  12.  März  1205  März  12( 

-  den  Mankaphas  überwunden.  Alles  schien  verloren,  als  plötzlich  die  Nach- 
richt von  Kaiser  Balduins  Gefangennahme  durch  die  Bulgaren  dem  be- 
drängten Despoten  Theodor  Luft  verschaffte. 

Kalojan  „der  Romäerschlächter**  war  aufs  eifrigste  bemüht  gewesen, 

sich  mit  den  Lateinern  zu  stellen.     Allein  hohnvoll  und  aufs  schnödeste 

zurückgewiesen  sann  er  auf  Rache,   die   bald   genug  den  entsetzlichsten 

,  Ausdruck  fand.    Die  Griechen  in  Romanien  in  ihrem  fanatischen  Lateiner- 

BinObufth  der  klMk  AlftartmoiwlMMBkifl  IZ.    I.  AMig.    8.  Aufl.  66 


\ 


J042  AbriBB  der  byiantixiiBohen  EaisergMohiohte. 

hass  verschwuren  sich  mit  dem  Todfeinde  ihrer  Nation.  Ealojan  vtt- 
sprach  Hilfe  mit  seinem  gesamten  Heerbann  und  10000  Kumanen.  In  das  \ , 
ganzen  eben  erst  unterworfenen  Romanien  erhoben  sich  die  Grieda. 
Sogleich  brachen  der  Kaiser  und  Dandolo  mit  ungenügenden  StreiÜciifice 
auf  und  belagerten  Adrianopel.  Da  erschien  Ealojan  mit  einem  numeiiadi 
weit  überlegenen  Heer  und  brachte  den  Franken  eine  vernichtende  Nieder- 
lage bei.  Wer  dem  fürchterlichen  Gemetzel  entrann,  floh  nach  der  Pro- 
pontis.  Der  Kaiser  Balduin  starb  in  bulgarischer  Gefangenschaft.  IGt  j 
der  Frankenherrschaft  in  Romanien  war  es  seit  diesem  furchtbaren  Tige 
vorbei.  Kalojan,  erbittert  über  die  bald  wieder  zu  den  Lateinern  über-  | 
tretenden  Griechen,  mordete  das  unglückliche  Volk  in  den  folgenden  Jakrei 
aus.  Niketas  der  Geschichtschreiber  jammert  über  die  Ruinen  der  eiut 
so  blühenden  Städte,  über  die  heillose  Verwüstung  der  ehemals  so  an- 
mutigen Felder  und  Gärten,  wo  nun  Raubtiere  die  Stelle  der  Menschen  an- 
zunehmen begannen.  Ganz  Makedonien  erlag  der  Wut  des  BulgarenfOrsten. 
Philippupolis,  Herakleia,  Panion,  Rhädestos,  Chariupolis,  Traianupoüs, 
Makro,  Klaudiupolis,  Mosynupolis,  Peritheorion  und  zahlreiche  andere  Städte  i 
wurden  von  ihm  erobert  und  ausgemordet  oder  der  Rest  der  unglücklichen  I 
Einwohner  nach  Donaubulgarien  verschleppt.  Er  sagte,  dass  er  Kaiser  1 
Basileios  seine  Unthaten  an  den  Bulgaren  vergelten  wolle.  Hatte  man  dieeeo  1 
Bulgaroktonos  genannt,  so  Hess  er  sich  als  Romäoktonos  bezeichnen.*} 
207  1207  starb  er  vor  Thessalonike.  Die  fromme  Legende  der  Griechen  schrieb 
seinen  Tod  der  Lanze  des  nationalen  Schutzpatrons,  des  hL  Demetrioi. 
zu.  Aber  das  Bulgarenvolk  hielt  das  Andenken  des  „grossen,  frömmsten* 
Garen  allezeit  hoch. 

Während  der  neue  Lateinerkaiser  Heinrich  dergestalt  alle  Hände 
voll  zu  thun  hatte,  wurde  Theodoris  Laskaris  in  Nikäa,  das  der  Sammd- 
platz  der  griechischen  Aristokratie   und  des  hohen  Klerus  ward,  feierlidi 

1206  zum  Kaiser  gewählt  und  1206  durch  den  neuen  Patriarchen  Michael  ge> 
krönt.    Gegen  den  Komnenen  David  verband  er  sich  mit  den  Seldschuken: 

[205  diese  schlugen  jenes  Bruder  Alexios  1205  vor  den  Mauern  von  Amisoi, 
während  Theodoros  selbst  Davids  General  Synadenos  am  Sangarios  be* 
siegte.     David  verband  sich  mit  den  Franken.     Allein  Andronikos  Gidos 

206  rieb  deren  Hilfskorps  1206  bei  Nikomedeia  auf.  Als  im  Spätjahr  1206 
jedoch  der  energische  Kaiser  Heinrich  eine  grossartige  Expedition  nick 
Asien  in  Szene  setzte,  Kyzikos,  Nikomedeia,  Charax  und  Kibotos  einnabn, 
rief  Laskaris  den  Bulgaren  Kalojan  zu  Hilfe  und  zwang  dadurch  die  Li- 
teiner  zur  Teilung  ihrer  Streitkräfte.  Theodoros'  niederträchtiger  Schwiege^ 
vater,  Alexios  XU,  war  unterdessen  zu  den  Seldschuken  entwischt,  and 
diese  forderten  Theodoros  auf,  den  Alten  als  legitimen  Kaiser  anzuerkennfiii 
Rasch   verständigte    sich  Theodoros   mit   den  Lateinern   und    schloss  mt 

1209  Kaiser  Heinrich  1207  einen  zweijährigen  Waffenstillstand.  1209  bemegb 
er  den  gewaltigen  Pierre  de  Bracheuil,  den  die  erbitterten  Griechei 
schändlich   ermordeten.     Durch    fränkische   Söldner   verstärkt,    schlug  ar 


0  Georg.  Acrop.  S.  26  ed.  Bonn.  Hundeioannes  nannten  ihn  die  Griechen  I.  cättj 
und  237. 


Vm.  Da«  EaUiertam  von  Nikäa  (1204—1261).  1043 

1211    den  Antiocheia   belagernden  Kaiko^xQ   aufs  Haupt,   nahm  ihn   und  l^n 
den  alten  Alexios  HI  gefangen,  der  —  für  diesen  Sünder  viel  zu  mild  — 
hinter  Elostermauern  seine  zahllosen  Übelthaten  beweinen   durfte.     Die 
Türken  mussten  einen  grossen  Teil  der  asiatischen  Küste  an  die  Griechen 
abtreten.    Das    war   den  Franken   zu    viel.     Kaiser  Heinrich   zog   gegen 
Theodoros,  schlug  ihn  bei  Luparkos,   drang  1212  tief  in  Kleinasien  vor;  1212 
aber  im  Norden  drängte  der  Fürst  von  Nikäa  den  fränkischen  VasaUen 
David  Komnenos   weit   nach  Osten    und    liess   ihm    nur    das  Fürstentum 
Sinope.     Die  Kaiser  von  Byzanz  und  Nikäa  schlössen  bald  einen  billigen 
Frieden.    Eine  kräftige  Hilfe  fand  Kaiser  Theodor  in  dem  zum  Oberst- 
k&mmerer  erkorenen,  1212  mit  seiner  Tochter  Eirene  vermählten  Johannes  1212 
Dukas  Vatatzes.    Ein  hohes  Glück  für  die  Griechen  war  der  Tod  des 
hochbegabten    und    rastlosen    Lateinerkaisers    Heinrich    in    Thessalonike 
11.  Juni  1216.     Von  jetzt   an  hatte   gegenüber   der   schwachen   Regent-  1216 
Schaft  in  Konstantinopel  Theodoros  freie  Hand.     Als  er  1222  starb,  hatte  1222 
er  mit  Ausnahme  des  kleinen  fränkischen  Stücks  von  Bithynien  das  ganze 
westliche  Kleinasien  unter  sein  Scepter  vereinigt.     Erst  am  oberen  Laufe 
des  Sangarios   und    des  Mäandros    begann  die   seldschukische  Herrschaft. 
Für  seinen   minderjährigen  Sohn  Konstantinos  bestieg  unter  -allgemeiner 
Zustimmung  Johannes  Dukas  Vatatzes  (1222 — 1254)  den  Kaiserthron,  1222/121 
ein  ebenso  ausgezeichneter  General   als  tüchtiger  Verwalter,  unter  dem 
flieh   das  griechische  Kleinasien  von  der  Misswirtschaft  der  Angeli  aufs 
kräftigste  erholte. 

Die  nationale  Erniedrigung  und  die  Schmach  des  fremden  lateinischen 
Joches  hatte  eine  Menge  gebundener  Kräfte  im  Hellenenvolk  entfesselt. 
Es  offenbarte  sich,  welch  tüchtige  Talente  es  noch  in  sich  enthielt.  Wie 
die  Laskaris  in  Asien,  haben  auch  die  Angeli  in  Europa  die  machtvolle 
Reaktion  des  wieder  emporstrebenden  Griechentums  gegen  die  fränkische 
Herrschaft  mit  Glück  eingeleitet. 

In  Epeiros  war  auf  Michael  dessen  gewaltthätiger  und  roher,  aber 
hochbegabter  Bruder  Theodoros  Dukas  Angelos  gefolgt.  Er  hatte  nach 
aUen  Seiten  gegen  Bulgaren  und  Lateiner  seine  griechische  Herrschaft 
ausgedehnt.  Die  patriotischen  Männer  des  Westens,  wie  der  hochwichtige 
Briefwechsel  des  Demetrios  Chomatianos  erweist,  schauten  auf  ihn  als 
ihren  Erlöser  und  Befreier  vom  Franken-  und  Slavenjoche.  1221  griff  1221 
er  das  Königreich  Thessalonike  an,  wo  der  schwache  Demetrios  regierte. 
1222  fiel  zum  unendlichen  Jubel  der  Griechen  die  Hauptstadt  Thessalonike  ^222 
in  ihre  Hände,  und  als  der  Metropolit  der  Stadt  zögerte,  den  Reservat- 
rechten des  ökumenischen  Patriarchats  zu  nahe  zu  treten,  krönte  ihn  der 
autokephale  Erzbischof  von  Achrida,  Demetrios  Chomatianos,  feierlich  zum 
Kaiser  des  Westens.  Auf  Kosten  der  Bulgaren  wurden  die  Grenzen  des 
Reichs  bis  in  die  Nähe  von  Adrianopel,  Philippupolis  und  Christupolis  vor- 
geschoben, der  national-bulgarische  Episkopat  überall  durch  einen  griechi- 
schen verdrängt.  Mit  Mühe  setzte  auf  einer  von  Demetrios  präsidierten 
Provinzialsynode  der  milde  und  verständige  Bischof  von  Moglena  wenigstens 
die  Anerkennung  der  von  den  genuin-orthodoxen  alaviintoiBiscihO&n  voll- 
zogenen Weihen   durch;  eine   knrisicIitMBi  Ju|||Ug|ijgj||||g||||,  PlMtoi, 


]^044  Abriss  der  bysantinisohen  Kaisergesohiolita. 

deren  Haupt  der  Protothronos  von  Kastoria  war,  wollte  —  allerdings  rer- 
gebens  —  selbst  dies  nicht  zulassen.  Diese  Mässigung  beweist,  daas  & 
damalige  erzbischöfliche  Kurie  von  Achrida  in  einem  so  schwierigei 
Falle  unendlich  mehr  kirchenpolitische  Weisheit  besass,  als  der  Phuar 
unserer  Tage. 

Der  Patriarch  Germanos  von  Nikaea  scheint  dem  Demetrioa  trotz 
dessen  heftiger  Proteste  nicht  mit  Unrecht  den  Vorwurf  zu  machen,  im 
er  nach  Errichtung  eines  westlichen  Patriarchats  strebe.  Denn  kirchhch  wie 
politisch  gingen  die  Griechen  von  Thessalonike  wie  die  von  Nikaea  in  ihrai 
Zielen  und  Aktionen  auseinander.  Bei  zwei  so  gewaltigen  Herrschematnren, 
wie  Theodoros  und  Johannes  lH,  konnte  keiner  dem  andern  sich  unterordneiL 
1224  Beide  waren  übrigens  1224  gleichermassen  siegreich  gegen  das  todesmdde 
lateinische  Kaisertum.  Robert  der  Kaiser  und  seine  Barone  selbst  würden 
bei  Serrae  von  Kaiser  Theodoros,  die  Franzosen  unter  Macaire  von  St 
M^n^hould  bei  Poimanenon  von  Yatatzes  geschlagen.  Dieser  eroberte  die 
festen  Plätze  der  Franken  in  Kleinasien,  nahm  Kos,  Ikaria,  Samos,  Chios  and 
Lesbos,  machte  Rhodos  tributär  und  plünderte  die  Küstenbesitzungen  der 
Venetianer.  Ein  Heer  unter  Führung  des  Protostrator  Ises  und  des  Joannes 
Kamytzes  setzte  über  den  Hellespont  und  nahm  infolge  eines  Rufs  der 
Einwohner  das  wichtige  Adrianupolis  weg.  Allein  hier  trafen  sich  dir^ 
die  Interessensphären  der  beiden  ehrgeizigen  Romäerkaiser.  Theodoros 
verjagte  die  nikänischen  Truppen  aus  Adrianupolis,  und  Yatatzes,  in  Aaea 
beschäftigt,  schloss  mit  den  Lateinern  Frieden,  während  sich  Theodoros 
mit  den  Bulgaren  verband. 

Eine  grosse  Gefahr  für  die  Griechen  wurde  der  neue  Bulgarenfünt 
1241  Joannes  As^n  (1218 — 1241);    „der  grosse  und  fromme  Car,    der  Sohn  des 
alten  Garen  Äsen,  verherrlichte  in  starker  Liebe  zu  Gott  das  bulgarische 
Carenreich  mehr,  als  alle  bulgarischen  Garen  vor  ihm.**')     Das  Lob  des 
bulgarischen  Mönches  bestätigt  der  Bericht  des  griechischen   Grosslogo- 
theten:^)    „Alle  betrachteten  ihn  als  einen  bewundernswerten  und  glück- 
seligen Mann.     Denn  nicht  zog  er  das  Schwert  gegen  seine  Landsleate, 
noch  befleckte  er  sich  mit  Blutthaten  an  den  Römern,  wie  seine  Vorgangs 
unter  den  Bulgarenfürsten.     Deshalb   ward   er  nicht  allein   von  den  Bal- 
garen,  sondern   auch   von   den   Romäern   und  anderen   Völkern   geUebt* 
Dieser  wahrhaft  fromme  Fürst  bewies  auch  mit  echter  Staatsklugheit  den 
Bogomilen  gegenüber  völlige  Toleranz.     Die  physisch  und  moralisch  ban- 
228  kerotte  lateinische  Regierung  von  Byzanz  wollte  ihm  1228    nach  Kaiser 
Roberts  Abgang  die  Vormundschaft  für  den  unmündigen  Baldnin  11  übe^ 
tragen,  ein  überaus  kluger  Schachzug,  der  auch  höchstes  Unbehagen  an  den 
Höfen  von  Nikäa  und  Thessalonike  hervorrief.    As6n  war  auch  völlig  daa 
bereit  und  versprach  Thrakien  den  Lateinern  von  Vatatzes  zurückzuerobern. 
Allein    glücklicherweise  für    die    Griechen  vereitelte   die    Opposition  des 
lateinischen  Klerus  die  Einsetzung  eines  orthodoxen  Reichsverwesers.   Der 
tapfere,  aber  politisch  unfähige  Jean  de  Brienne  war  für  Nikaea  keine 
Gefahr  mehr.     Theodoros  Dukas,   der  Kaiser  von  Thessalonike,  mit  dem 

V  Jireiek,  Gesch.  d.  Bulgaren  S.  248  ff.   |  «)  Georg.  Acrop,  S.  69,  5  ff.  ed.  Bona. 


Vm.  Das  Kaiaertnm  von  Nikäa  (1204-1261).  1045 

^  AsSn  einen  Bund  geschlossen,  kündigte  dem  grossen  Garen  in  eitler  Selbst- 
fiberhebung die  Freundschaft  und  brach  mit  einem  starken  Heere  von 
Griechen  und  fränkischen  Söldnern  in  Thrakien  ein.  April  1230  wurde  der  April  12: 
eidbrüchige  Grieche  —  AsSn  liess  die  Urkunde  des  gebrochenen  Vertrags 
auf  einer  Lanze  vorantragen  —  bei  Klokotnica  vollständig  besiegt  und 
gefangen.  Die  gemeinen  Krieger  behandelte  der  Gar  mit  Milde;  der 
grösste  Teil  des  Reichs  der  Angeli  kam  in  die  Gewalt  der  Bulgaren,  und 
Car  AsSn  gewann  durch  seine  Güte  und  Menschenfreundlichkeit  rasch  die 
Herzen  der  neuen  Unterthanen.  Thessalonike  und  ein  Rest  des  Despotats 
Epeiros  wurde  Theodoros'  Bruder,  dem  gleichfalls  hochbegabten  ,Eaiser' 
Manuel,  durch  Maria,  As^ns  uneheliche  Tochter,  dessen  Schwiegersohn, 
aus  Gnaden  überlassen.  Eine  Inschrift  der  Kathedrale  von  Trnovo  ver- 
herrlicht des  grossen  Garen  Thaten.^ 

Vatatzes  war  unterdessen  unermüdlich  gegen  die  Venetianer  und 
Franken  thätig.  Er  suchte  Leon  Gabalas  von  Rhodos  zu  unterwerfen  und 
mit  seiner  Flotte  den  über  die  venetianische  Misswirtschaft  erbitterten 
Kretern  zu  Hilfe  zu  kommen.  Allein  Gabalas  unterwarf  sich  der  Republik 
und  1235  erlag  seine  auf  Kreta  gelandete  Armee  den  Yenetianem.  Gegen  1285 
Konstantinopel  verband  er  sich  1234  mit  Gar  As5n  und  eroberte  und  zer-  1284 
störte  1235  das  venetianische  Kallipolis.  In  Lampsakos  ward  die  Allianz  1285 
durch  gegenseitige  Heiratsverlöbnisse  der  beiden  Kaiserfamilien  besiegelt, 
und  mit  Zustimmung  der  übrigen  Patriarchen  erhob  Germanos  II  den  Erz- 
bischof Joakim  von  Trnovo  feierlich  zum  autokephalen  Patriarchen  von 
Bulgarien.  Beide  Fürsten  wandten  sich  nun  gegen  die  Lateiner;  zwischen 
Propontis  und  Hebros  machten  die  Nikaener  reissendo  Fortschritte.  Die 
furchtbare  Not  brachte  noch  einmal  1236  eine  Erhebung  der  Lateiner  zu  1286 
Stande.  Die  engherzigen  Kaufleute  von  Genua  und  Pisa  und  vor  allem  die 
Venetianer  sahen  ein,  dass  es  neben  dem  lateinischen  Kaisertum  auch  die 
Existenz  ihres  Handels  galt.  Auch  der  Herzog  von  Achaia  schickte  Hilfe.  So 
besiegte  Brienne  die  Bulgaren  zu  Lande  und  die  Venetianer  die  Griechen 
zur  See.  Konstantinopel  war  gerettet,  zumal  die  griechisch-bulgarische 
Allianz  sich  bald  auflöste.  Dergestalt  konnte  denn  der  armselige  Balduin  H 
noch  25  Jahre  seine  Bettlerexistenz  fristen.  Hausierend  mit  den  Reliquien 
seiner  Kathedralen  und  Klosterkirchen  zog  er  im  Abendlande  umher  und 
fand  namentlich  am  heiligen  Ludwig  einen  eifrigen  Abnehmer  seiner  ge- 
weihten Kunstschätze.     Dieser  bezahlte  auch  die  Pfandsumme  für  die  an 


')  Im  Jahre  6738  (=  1230)  III  Indiktion. 
Ich  Joannes  AsSn,  der  in  Christo  dem  Gott 
getreue   Car  und   Selbstherrscher  der  Bul- 

faren,  der  Sohn  des  alten  AsSn,  habe  diesen 
ochehrwördigen  Tempel  von  Grund  aus  er- 
baut und  mit  Malereien  vollständig  ausge- 
schmückt zu  £bren  der  hl.  vierzig  Märtyrer, 
mit  deren  Hilfe  ich  im  12.  Jahre  meiner 
Regierung,  als  der  Tempel  eben  gemalt  wurde, 
in  den  Krieg  gegen  Romania  auszog  und 
das  griechische  Ueer  schlug  und  den  Car 
Kyr  Thodor  Komnin  selbst  mit  all  seinen 
Boljaren  gefangen  nahm.    Und  alle  Länder 


habe  ich  erobert  von  Odrin  (Adrianopel)  bis 
Draö  (Dyrrachion),  das  griechische,  dann  das 
albanesische  und  das  serbische  Land.  Nur 
die  Städte  um  Carigrad  und  diese  Stadt  selbst 
hielten  die  Frazi  (Franken),  aber  auch  diese 
unterwarfen  sich  unter  die  Hand  meines 
Carentums,  da  sie  keinen  andern  Caren  ausser 
mir  hatten  und  nach  meinem  Willen  ihre 
Tage  fristeten,  da  Gott  es  so  befohlen.  Denn 
ohne  ihn  wird  weder  ein  Werk  noch  ein 
Wort  vollführt,  ihm  sei  Ehre  in  Ewigkeit. 
Amen.    Jire6ek,  a.  a.  0.  S.  252. 


]^046  AbriM  der  bysaniinisoheii  Kaiaergeaoliicliie« 

Venedig  verpfändete  Dornenkrone.   Das  alles  hinderte  Yatatzes'  Fortschritte 
nicht.    Er  entriss   den  Franken  ihre  letzten  Besitzungen  auf  asiatisch« 

^0  Boden.  1240  hatte  der  arme  Balduin  seine  letzten  Familiengüter  m 
Anwerbung   eines  Ereuzheeres   verkauft  und   den  Oriechen   wirklich  du 

41  wichtige  Tzurulon  wieder  entrissen.  Ebenso  erfochten  1241  die  YenetUttr 
einen  glänzenden  Seesieg  über  die  Griechen.  Aber  in  demselben  Jahre 
verband  sich  Vatatzes  mit  Friedrich  11,  indem  er  dessen  Tochter  Anst 
zum  Weibe  nahm.  Die  Lateiner  schlössen  sich  dafür  an  Eaiko^rfi  11  ?« 
Rom  an,  der  ihnen  versprach  Christ  zu  werden.  Indessen  die  furchtbart 
Angst  vor  den  Mongolenhorden,  welche  den  islamitischen  Osten,  Armeoia 
und  Iberien  überschwemmten,  Russland  zerschmetterten  und  Ungarn  medfl^ 
warfen,  machte  die  kleinasiatischen  Fürsten  ihre  politischen  Zwiste  oii 
allen  Glaubenshader  plötzlich  vergessen.   Der  Grosskomnene  von  Trapeamt 

4^  suchte  Anschluss  beim  Sultan  von  Rum,  und  1244  schloss  auch  Vatatitt 
mit  diesem  zu  Tripolis  ein  Bündnis,  welches  zugleich  den  Lateinern  die 
Seldschukenhilfe  entzog.  Allein  die  Seldschuken  erlagen  bei  Arzngä  (Erstii- 
jan)  den  Mongolen.  Diese  drangen  bis  Ankyra  vor;  nur  durch  harten 
Tribut  konnte  Rüm  seine  Schonung  erkaufen.  Die  Früchte  des  Ver£Jk 
des  Sultanats  von  Ikonion  ernteten  die  Griechen  von  Trapezunt  und  Nikaea. 
Vatatzes  unterhielt  zu  den  Mongolen  gute  Beziehungen  und  wandte  sich 
nach  Europa  gegen  die  Angeli.  Dort  war  alles  in  Verwirrung.  Michael  IL 
ein  natürlicher  Sohn  Michaels  I,  machte  sich  in  Eorypho  und  dem  Westoi 
unabhängig;  der  geblendete  Theodoros,  seiner  bulgarischen  Haft  entlassen, 
suchte  mit  Hilfe  seines  Sohnes  Johannes  Manuel  sein  Reich  zu  entreissen. 
Manuel  lehnte  sich  an  Nikaea  an,  starb  aber  bald,  und  nun  griff  Vatatzes 

242  zu.  Der  alte  Theodoros  wurde  1242  nach  Nikaea  gelockt;  dann  setzte 
Vatatzes  nach  Europa  über  und  belagerte  mit  einem  starken  Heere  Thessa» 
lonike.  Allein  ohne  Flotte  konnte  er  die  feste  Stadt  nicht  nehmen.  So 
wurde  ein  Kompromiss  geschlossen.  Joannes  Angelos  gab  den  Kaisertitd 
auf  und  bekannte  sich  als  „Despotes"*  zum  Vasallen  des  Nikaeners.  Er 
starb  übrigens  schon  1244.  Die  Missregierung  seines  Bruders  und  Nack- 
folgers  Demetrios  gab  Vatatzes  den  erwünschten  Vorwand  zur  Intervention. 
1246  überschritt  er  den  Hellespont.  Der  Tod  des  jugendlichen  Bulgaren- 
caren  gab  ihm  Gelegenheit,  den  Bulgaren  Serrae,  Melenikos,  StenimachcM 
und  das  ganze  nördliche  Makedonien  zu  entreissen.  Als  dann  Vatatze« 
zum  zweitenmale  vor  Thessalonike  erschien,   ergab  sich  Demetrios  sofort 

546  Als  Triumphator  kehrte  Johannes  TU  Dezember  1246  nach  Nikaea  zurfid 

547  und  entriss  1247  den  Lateinern  Bizye  und  Tzurulon.  Die  Restauration  ie$ 
Romäerreichs  war  in  der  Hauptsache  vollendet.  Dabei  war  dieser  Krieg&- 
held  unermüdlich  auch  für  die  innere  Hebung  seines  Reiches  thätig.  Kr 
forderte  den  Landbau,  den  er  selbst  mit  Liebe  und  Kenntnis  betrieb.  Er 
regelte  die  Finanzen,  schützte  und  begünstigte  den  Handel  und  die  grie- 
chische Seidenindustrie.  Übel  war  nur  sein  Verhältnis  zu  den  verhassten 
italienischen  Kaufleuten;  ihrer  entraten  konnten  aber  die  Griechen  nicht 
mehr.     Auch  der  letzte  unabhängige  Qriechendespot  Michael  von  Epeiros 

!54  musste  1254  die  Oberhoheit  des  gewaltigen  Kaisers  von  Nikaea  anerkennen. 
53  Aufgehetzt  vom  alten  Theodoros  Dukas  Angelos  hatte  er  sich  1253  gegen 


YHL  Das  Eaiaertam  von  NikAa  (1204—1261).  1047 

^/atatzes  erklärt.     Trotz    tapfern   Widerstandes  in  Thessalien  und  Süd- 
:fiiakedonien  drang  der  Kaiser  unaufhaltsam  vor.     1254  fiel  das  wichtige  1254 
>  fastoria,  bald  das  die  Pässe  nach  Albanien  beherrschende  Deabolis  (Devol). 
^  >ie  Albanesen  meuterten.   Da  unterwarf  sich  Michael,  und  der  alte  Ränke- 
ichinied  Theodoros  wanderte  ins  Kloster. 

Auf  der  Rückkehr  vom  epeirotischen  Krieg  ereilte  30.  Oktober  1254  80.  Ol 
ler  Tod  zu  Nymphäon  bei  Ephesos  den  gewaltigen  Kaiser.    Es  folgte  sein    ^^^ 
Achtiger  Sohn  Theodoros  Laskaris  11  (1254— 1258),  der  die  trefflichen  1254/12 
^Fraditionen  des  Vaters  in  der  Staatsverwaltung  durchaus  festhielt,  na- 
mentlich ohne  harten  Steuerdruck  blühende  Finanzen  schuf  und  dabei  ein 
Freund  gelehrter  Bildung  war.   Trotz  seiner  Kränklichkeit  war  er  ein  aus- 
gezeichneter Soldat.   Der  Bulgarencar  Michael  As^n,  der  Revanche  für  Ya- 
tatzes'  Eroberungen  nehmen  wollte,  hatte  die  Schlösser  des  Rhodopegebirges 
und  Obermakedoniens  wiedergewonnen.     1255  zog  Theodoros  gegen  ihn.  1255 
lue  Niederlage  seines  Generals  Alexios  bei  Serrä  machte  er  durch  den 
grossen  Sieg  am  Passe  von  Rupelion  wett.    Er  gewann  die  verlorenen 
Landschaften  zurück  und  zwang  ihn  nach  einem  zweiten  Siege  1256  unter  1256 
Yermittelung  des   Serbenkönigs   Stephan  Urod  I   zum  Frieden.    Michaels 
Tod  1257  und  seine  baldige  Ersetzung  durch  den  Serben  Konstantin,  der  1257 
des  Kaisers  Tochter  Eirene  heiratete,  schufen  hier  gute  Verhältnisse. 

Um  so  unbotmässiger  erwies  sich  der  Epeirote  Michael,  dem  freilich 
der  Kaiser  als  Preis  für  die  Vermählung  von  Michaels  Sohn  Nikephoros 
mit  der  Kaiserstochter  Maria  in  echter  Byzantinerschlauheit  die  wichtigen 
Städte  Serbia  und  Dyrrachion  abgenommen  hatte.  Michael  verband  sich 
mit  den  Albanesen  und  Serben;  der  europäische  Statthalter,  der  Gross- 
logothet  Qeorgios  Akropolites,  mehr  ein  Mann  der  Feder  als  des  Schwertes, 
ward  geschlagen  und  gefangen.  Auch  Theodoros'  ausgezeichnetster  General 
Michael  Paläologos  vermochte  in  dem  überaus  schwierigen  Gebirgskampf 
nichts  auszurichten.  Da  starb  1258  Theodoros  II  Laskaris  zu  Magnesia  1258 
am  Bennos.  Thörichter  Weise  hatte  er  seinen  unmündigen  Sohn  Jo- 
hannes IV  Laskaris  zum  Kaiser  bestimmt  unter  der  Vormundschaft  des 
Ptotovestiarios  Muzalon  und  des  Patriarchen  Arsenios.  Eine  so  wilde 
Zeit  ertrug  kein  Kinderregiment.  Der  Regent  hatte  die  fremden  Söldner 
durch  einen  echten  Byzantinerstreich  aufs  höchste  erbittert.  Er  versagte 
ihnen  ein  von  Theodoros  noch  verheissenes  Geldgeschenk.  Muzalon  und 
sein  Haus  wurden  das  Opfer  einer  blutigen  Militärrevolte.  Adel,  KJerus 
und  Armee  setzten  Michael  Paläologos  unter  dem  Titel  Despotes  als  Re- 
genten an  die  Spitze  der  Reichsverwaltung.  Das  Geschlecht  der  Paläologi 
hatte  seit  Alexios'  I  Tagen  dem  Reiche  wichtige  Dienste  geleistet.  Va- 
tatzes  hatte  Michaels  grosse  militärische  Tüchtigkeit  voll  anerkannt  und 
ihn  mit  seiner  Nichte  Theodora  Dukäna  vermählt.  Theodoros  U  Laskaris 
war  stets  und  nicht  ohne  Grund  voll  Argwohn  gegen  den  ehrgeizigen  und 
skrupellosen  General.  Aber  er  vertraute  ihm  doch  wichtige  Gouvernements 
an,  und  Michaels  grosse  Gewandtheit  wusste  in  sehr  kritischen  Momenten 
drohenden  Gefahren  zu  entgehen.  Dadurch  ward  Michaels  LoyalitätsgefÜhl 
für  die  Dynastie  bedenklich  gelockert,  und  der  Kaiser  hätte  wissen  sollen, 
dass  Eide  für  einen  Byzantiner  keine  verbindliche  Kraft  besitzen.   So  war 


jQ4g  AbriM  d«r  b^Buttimisohen  E»i«a 

es  auch  umsonst,  dass  jetzt  in  derselben  W 
den  Regenten  durch  Eide  zu  bestimmen  sucb 
Krone  zu  erhalten.  Die  damalige  stürmisch 
Militärs  auf  dem  Thron.  Die  Garantie  des  '. 
1.  Jan.  war  eine  arge  Schädigung  des  Eeichs.  Bereits 
1259  in  feierlichster  Form  zum  Mitkaiser  gekrönt. 
Schattenkaiser  Joannes  IV  geblendet  und  eil 
wie  notwendig  ein  starker  Arm  für  das  Rom 
Michael  von  Epeiros  hatte  eine  Allianz  mi 
Wilhelm  Villehardouin  von  Achaia  geschlosser 
Michael  Palaeologos,   dadurch  förmlich    zum 

1259  einen  raschen  Verstoss.  Sommer  1259  erobe 
und  warfen  die  Epeiroten  hinter  Kastoria  um 
donion  war  nikänisch,  selbst  Deabolis  und 
Mittlerweite  waren  die  Hilfsscharen  aus  Apul: 
Oktober  1259  erlagen  die  gepanzerten  Ritter 
slavischen  und  kumanischen  Reitern  und  den 
des  Griechenkaisers.  Johannes  der  Despot  von 
von  Epeiros  unechter  Sohn,  verriet  die  eigi 
erlitten  namentlich  die  Franken  von  Morea. 
chiache  Gefangenschaft.    Der  Sieg  von  Pelag 

1262  weitgehendsten  Folgen.  Im  Frieden  von  \{ 
sein  Stammland  beschränkt.  Wilhelm  musste 
Besitzungen  Monembasia,  Mysithra  und  Mai 
Frieden  den  Romäern  geloben. 

Unterdessen   war   auch    die  Sehnsucht 

1260  die  Hauptstadt  niedergeworfen  worden.  1260 
pont  gesetzt  und  hatte  den  Lateinern  ihre  I« 
Für  ein  Jahr  gewährte  er  Waffenruhe.  Di] 
scbicktcste  thätig.  Mit  Bulgarien  trat  er  in 
gewann  die  aufstrebenden  Rivalen  der  Veneti 
sich.  Erstere  hatten  in  mattherziger  Kaufmani 
essen  arg  vernachlässigt.  Jetzt  rüsteten  sie,  < 
hafter  Aufregung  und  riefen  die  Hilfe  des  A 

12fil  von  Nymphaeon  (Januar  1261)  zeigt  Michael 
fortgesetzte  Misserfolge  hatten  gelehrt,  dass 
Stellung  der  Griechen  vorbei  sei.  ffotgedrun^ 
den  Genuesen  alle  die  Rechte  und  Privilegie 
Herrschaft  der  Venetianer  im  ägäischen  M 
schwarzen  Meere  begründet  hatten.  Nur  den 
die  Märkte  des  Reiches  und  das  schwarze  M 
sollten  von  dem  gewinnreichen  Levantehande 
Mit  nur  800  Mann  stand  Alexios  Stri 
erfuhr  er,  dass  der  venetianische  Podestä 
gegen  Daphnusion  gesegelt  sei.  Rasch  ste 
!*5-  Jnl.  mit  den  Einwohnern  der  Hauptstadt  ein  Einvers 
wurde  die  Stadtmauer  überstiegen.     Kaiser 


1261 


Vm.  Das  KaiBertom  von  Nikfta  (1204—1261).  1049 

npf  auf  einer  venetianischen  Galere  nach  Euböa.   Als  die  Franken  und 

letianer  in  ihren  Quartieren  Widerstand  leisteten,  steckte  Strategopulos 

selben  in  Brand.    Die  Rückkehr  der  Flotte  kam  zu  spät.    Die  Lateiner, 

Klerus  und  den  „ketzerischen''  Patriarchen  an  der  Spitze,  wanderten 

ihrer  Habe  nach  Euböa  und  den  venetianischen  Insehi  aus.    So  hatten 

Griechen  mühelos  endlich  auch  die  Hauptstadt  zurückgewonnen.     Das 

Romäerreich  war  definitiv  hergestellt,  und  unter  unermesslichem  Jubel 

t  15.  August  1261  Michael   seinen  Einzug  in  Konstantinopel,   um  sich  ^^*  ^J*^' 

lern  Tempel  der  himmlischen  Weisheit  zum  zweitenmale  feierlich  krönen 

lassen.     Die  lateinische  Schmach  gehörte  der  Vergangenheit  an. 

Anhangsweise  mag  hier  eine  kurze  Skizze  der  Geschichte  des 
iserreichs  Trapezunt  folgen.  Bei  der  grauenhaften  Katastrophe 
Kaisers  Andronikos  I  Komnenos,  in  welche  sein  gesamtes  Haus  ver- 
kelt  wurde,  gelang  es  einigen  Loyalisten,  die  im  zartesten  Knabenalter 
lenden  Söhnlein  des  edeln  Prinzen  Manuel  nach  Iberien  in  Sicherheit 
bringen.  Dort  regierte  1184—1212  die  Mutterschwester  der  beiden  1184/121 
izen,  die  grosse  Königin  Thamar,  welche  mit  Hilfe  der  angeworbenen 
ppenstämme  das  ephemere  iberische  Grossreich  gründete.  Mit  Alexios  HI 
«rorfen,  gewährte  sie  ihren  Neffen  die  Mittel,  im  römischen  Osten  sich 
Sonderreich  zu  gründen.  Von  seinen  Kriegern  ward  Alexios  zum  Kaiser 
Romäer  proklamiert  und  zog  1204  in  Trapezunt  ein,  wo  er  seinen  1204 
Tschersitz  aufschlug  und  sich  den  Namen  eines  „Gross-Komnenen'  gab. 
tierdessen  drang  sein  Bruder  siegreich  bis  nach  Paphlagonien  vor. 
3rall  gewannen  die  Brüder  die  Sympathien  der  Römer.  Nur  Sabbas, 
Fürst  von  Amisos,  widerstand,  dessen  Stadt  Alexios  blokierte.  Der 
ammenbruch  des  Römerreichs  1204  und  die  Gründung  des  Kaisertums  1204 
Nikäa  führte  zu  keiner  Annäherung  zwischen  Theodoros  Laskaris  und 
Komnenen.  Im  Gegenteil  suchte  David  die  momentane  Schwäche  des  klein- 
■ischen  Griechenreichs  zu  benutzen,  um  seine  Herrschaft  auszubreiten. 
n  Theodoros*  Allianz  mit  den  Seldschuken,  welche  den  Alexios  vor 
K)s  schlugen,  und  Theodoros'  Sieg  über  David  am  Sangarios  hemmten 
k  Fortschritt  der  Komnenen.  Vergebens  wurde  David,  um  Herakleia  zu 
lizen,  Vasall  der  Lateiner;  ihr  Hilfskorps  ward  durch  Theodoros  auf- 
Iben.  1212  entriss  der  energische  Laskaris  dem  David  den  ganzen  1212 
i^en  und  beschränkte  ihn  auf  das  Fürstentum  Sinope  vom  Vorgebirge 
iMnbis  bis  zum  Halys.  Noch  gefährlicher  wurden  ihm  die  Angriflfe  der 
^;huken,  welche  durchaus  nach  dem  Meere  strebten  und  1214  seine  1214 
»tstadt  Sinope  mit  Sturm  nahmen,  wobei  David,  tapfer  kämpfend, 
^m  Tod  fand.  Die  Landschaft,  aus  der  einst  die  Komnenen  hervor- 
■ngen,  kam  bleibend  in  türkische  Botmässigkeit.  Um  so  glücklicher 
■jptete  sich  sein  Bruder  Alexios  in  Trapezunt  mit  Hilfe  der  Iberer 
Kl  die  türkischen  Angriffe.  Freilich  Tribut  musste  auch  er  nach  Rom 
>  n,  um  den  Binnenhandel  des  wichtigen  Exportplatzes  Trapezunt  nicht 
ij^hädigen.  Das  neue  Kaisertum  umfasste  ungef&hr  den  alten  Pontos 
moniakos  und  dehnte  sich  nach  Osten  bis  Phaais  ans. 
.ios'  I,  eines  trefflichen  Regenten  und  eines  Maima^. 
3r  Erscheinung,  bezeichnet  den  Glanzpunkt  dar 


X050  AbriM  der  bysantinisohen  KaLiergesohioliie. 

keit  von  Trapezunt.  Bereits  mit  seinem  Tode  begann  ein  gewisses  Sbbil*^^ 
Der  Feudalismus  und  sein  Fehdewesen  Hessen  kein  geordnetes  Stii^!ii^\^ 
wesen  aufkommen.  Die  Kämpfe  der  beiden  Adelsfaktionen,  der  Schohovli^] 
und  der  Mesochaldier,  des  mit  den  Komnenen  zugewanderten  Hotiddiflf^ 
und  der  im  Osten  von  altersher  ansässigen  Landjunker,  zerrütteten 
Reich.  Zunächst  folgte  auf  Alexios  sein  Schwiegersohn  Andronikos 
der  bis  1235  regierte   und  tapfer  gegen  die  Seldschuken  kämpfte. 

1238  der  kurzen  Regierung   von  Alexios'   ältestem  Sohne   Johannes  (f  12i|| 
folgte  der  tapfere  Manuel,   der  sich  wegen  der  Mongolengefahr  eng« 

1282  Rum  anschloss.  Von  seinen  Söhnen  schloss  Johannes  1282  mit  den  Pi 
logen  Frieden  und  nannte  sich  den  Titel  ,  Kaiser  der  Romäer*  ablegoii: 
Kaiser  des  Orients,  Iberiens  und  der  überseeischen  Lande.  Nach  auaei 
war  das  eine  verhältnismässig  ruhige  Epoche.  Alexios  11,  einer  der  w. 
197/1330  züglichsten  unter  den  Komnenen  (1297—1330),  behauptete  selbst  mk 
Waffengewalt  seine  Würde  gegen  die  Genuesen,  die  sich  im  Osten  geraden 
anmassend  als  am  Bosporos  benahmen.  Nach  seinem  Tode  traten  bald 
arge  Zerwürfnisse  ein.    Statt  des  unmündigen  Manuel  herrschte  erst  m 

1340  Oheim  Basileios,  dann  seit  1340  dessen  Witwe,  die  byzantinische  Prii- 
zessin  Eirene.  Ein  Teil  des  Adels  erklärte  sich  gegen  die  Fremde,  andn 
unterstützten  sie.  Es  kam  zu  wilden  Strassenkämpfen,  in  denen  d« 
Kloster  des  Schutzpatrons  von  Trapezunt,  des  hl.  Eugenios,  zerstört  wart.  /^ 
Die  Türken  von  Diarbekir  schweiften  bis  vor  die  Stadt  und  verbranntet 
die  Vorstädte  und  Comptoirs  der  fremden  Kaufleute.  Eine  zweite  WeiTw« 
herrschaft,  erbitterte  Kämpfe  der  Adelsfaktionen  und  Zwist  mit  den  fe 

1348  nuesen,   welche   zur  Rache  für  erlittene  Qewaltthaten  1348  Kerasus  v«^ 
wüsteten,  schwächten  das  Reich.    Dabei  herrschten  in  der  FürstenfamiSi 

1349  geradezu  schmähliche  sittliche  Zustände.    1349  setzte  eine  Revolution  d«f^^ 
Scholarier  den  zwölfjährigen  Alexios  III  auf  den  Thron,  der  herangewachs« 
eine   im   ganzen   gute  Regierung  führte,    durch  den  Handelsvertrag  nA 

1367  Venedig  1367  das  Monopol  der  Genuesen  brach  und  die  Stadt  mit  Kirch» 

1390  und  Klöstern  schmückte.     1390   hinterliess  er  seinem   Sohne  Manuel  DI 
ein  blühendes  Reich.     Nachdem  dieser  Timur  gehuldigt,  regierte  er  nach 

1417  dessen  Tode  bis  1417  so  gut  wie  unabhängig.  Von  da  an  ist  die  Ge- 
schichte der  Gross-Komnenen  eine  Kette  von  Niederträchtigkeiten  nnd 
Schandthaten  allerärgster  Art,  wie  unnatürliche  Laster  und  Vatermord;  diese 
sittliche  Verwilderung  ist  ein  erschreckender  Beleg  für  den  völligen  geistige» 
und  physischen  Niedergang  des  altfürstlichen,  seit  Generationen  erblidi 
belasteten  Komnenenhauses.  Der  Vatermörder  Joannes  FV  ward  nacl 
dem  Falle  von  Konstantinopel  gezwungen  Tribut  an  die  Pforte  zu  ent- 
richten. Seine  Verbindung  mit  den  Turkomanen  vom  weissen  Widder 
besiegelte  er  durch  Vermählung  seiner  Tochter  Katharina  (Despina  Katon) 

1458  mit  dem  Grosskhan  Usun-Hassan.  Bei  seinem  Tode  1458  übernahm  sein 
Bruder  David,  den  rechtmässigen  Thronerben  verdrängend,  die  Regierung. 
Feig  und  charakterlos  konnte  er  doch  das  politische  Intriguieren  nicht 
lassen  und  suchte  Allianzen ;  aber  der  einzige  in  Betracht  kommende  Ver- 
bündete, der  Turkomanenkhan  schloss  seinen  Frieden  mit  den  Türken. 
Die  türkische  Flotte  blokierte  bereits  Trapezunt.    Als  das  Landheer  an- 


IX.  Die  Beatanraüon  der  Paläologen  and  der  Untergang  (1261—1453).   1051 

te,  kapitulierte  David  und  ward  nach  Mauronoros  bei  Serrae  exiliert. 
^n    der  Verdacht  geheimer  Unterhandlungen   mit  seiner  Nichte,   der 
des  Grosskhans,   erbitterte  den  Sultan.     Als  David  sich  mit  edler 
.6  weigerte,  den  Islam  anzunehmen,  ward  er  mit  seinem  Neffen  und 
n  Söhnen  hingerichtet.    Trapezunt  war  schon  vorher  in  eine  türkische 
t  verwandelt  worden.    Den  Adel  und  die  besser  situierten  Einwohner 
hleppte  der  Eroberer  nach  Stambul ;  ihre  Häuser  und  ihr  Grundbesitz 
e  an  türkische  Militärs  als  Lehen  ausgethan.     So  endete  acht  Jahre 
Eonstantinopels  Fall  die  Herrschaft  der  Gross-Eomnenen,   nachdem 
während  nahezu  drei  Jahrhunderten  Christentum  und  griechische  Kultur 
fernen  Ostwinkel  des  alten  Reiches  aufrecht  erhalten  hatte. 


Die  Restauration  der  Paläologen  und  der  Untergang 

(1261—1453). 

Nicht  die  schlechtesten  Freunde   der  Griechen    haben  die  Wieder- 
innung  von  Konstantinopel   als   den  wahren  Anfang   des   nationalen 
p^XEflücks    angesehen.     Damit    lebte    das   Unglücksgespenst   wieder    auf, 
^■^jüches  noch  heute  die  Neuhellenen  für  praktische  Politik  fast  unbrauch- 
macht,  indem  es  sie  dem  Wolkengebilde  der  iisydlrj  Idäa  nachjagen 
;t.    Die  schonungslose  Ausmordung  und  Vernichtung  des  Griechentums 
27orden  und  Osten  durch  Bulgaren  und  Seldschuken  hatten  die  Nation 
Ksmxiierisch  derart  geschwächt,  dass  eine  Behauptung  der  alten  Grossmacht- 
[ung  ein  Ding  der  Unmöglichkeit  war.    Immerhin  hätte  das  Hellenen- 
im  Bund  mit  den  so  überaus  tüchtigen,   durch  das  Band  der  Ortho- 
»xie    ihm  in  den  damaligen  glaubensstarken  Zeiten  aufs  innigste  ver- 
ipften  beiden  Slavenreichen  eine  höchst  achtungswerte  sekundäre  Macht- 
lung  bei  weiser  Zuratehaltung  seiner  keineswegs  mehr  unerschöpflichen 
ittel  und  Kräfte  wohl  behaupten  können.  Statt  dessen  jagte  schon  Michael 
--^L^waantischen  Phantomen  nach,   und  je   kläglicher   die  Ohnmacht   seiner 
'  -^fTachfolger  wurde,  um  so  mehr  bildete  sich  jener  Grössenwahn  aus,  welcher 
~    ^ias  sinkende  Byzantinertum  zu  einem  Gegenstand   des  Mitleids  und  des 
^  IS^ttes  für  das  kulturell  Neurom   allmählich  überflügelnde,   vor  kurzem 
:r  -soch  so  barbarische  germanisch-romanische  Abendland  machte. 
.  -   •         Michael  war  ein  ausgezeichneter  Diplomat  und  General ;  das  organi- 
r  ^^Mtorische  Talent  des  Vatatzes  ging  ihm  aber  ab.    Seit  den  Angeli  war 
x::^  lialber  Staatsbankrott  eingetreten.   Anleihen  in  grösserem  Umfange  kannte 
■-3;- die   primitive  Finanzwirtschaft  jener  Tage  nicht.     Man  half  sich  durch 
Verschlechterung  der  Münze.     Während  bis  zum  Sturze  des  Komnenen- 
hauses   der   alte   vollwichtige  byzantinische  Solidus    den  Weltmarkt  be- 
:^    herrscht  und  dadurch  nicht  zum  wenigsten  die  imponierende  Stellung  des 
^  Bomäerkaisers  bei  allen  Nationen  des  Ostens  wie  des  Westens  befestigt 
^^  hatte,   hatte   selbst  Vatatzes  die  Goldmünzen   zu   einem   Drittel   legiert. 
-    Dieses  dem  Kredit  des  Reiches  so  schädliche  System  setzten  die  Paläo- 
logen  mit  solchem  Eifer  fort,   dass  sie  bereits  in  der  zweiten  Generation 
^    auf  halb  wertige  Goldstücke  herabgekommen  waren. 

Die  Schwierigkeiten,  welche  sich  dem  neuen  Kaiser  entgegentürmten, 


^052  AlnrisB  der  byianiinischen  KaLiergesohlebi«. 

waren  aber  auch  sehr  gross.  Wilhelm  von  Achaia  liess  sich  vom 
seines  Eides  entbinden,  und  nun  begann  im  Peloponnes  eine  dasL 
Grunde  richtende  Grenzfehde  zwischen  Franzosen  und  Romäern.  B 
1265  ruhigen  Epeiroten  dagegen  zwang  Michael  1265  zur  Abtretung  von  Ja 
Mittlerweile  hatte   der  flüchtige  Balduin  11  einen  Bundesgenossen 

1264  energischen  Manfred  von  Sicilien  1264  gewonnen,  und  der  genu 
Podesta  in  Konstantinopel  wollte  durch  schnödesten  Verrat  die 
Stadt  wieder  den  Lateinern  in  die  Hände  spielen,  was  zn 
ersten  Annäherung  zwischen  Michael  und  den  noch  immer  seel 
sehenden,  aber  jetzt  sehr  unpolitisch  zaudernden  Yenetianem  fuhrt 
Genuesen  wurden  zur  Strafe  nach  Herakleia  verwiesen.  Überall 
Michael  Feinde.  Die  Carin  Maria,  die  Schwester  des  unglüc 
Joannes  IV,  hetzte  ihren  Gatten  Konstantin  gegen  ihn.  Die  B\ 
drangen  erobernd  in  Makedonien  vor.  Allein  Michael  nahm  ihnen  PI 
polis  und  Stenimachos,  ferner  die  hochwichtigen  Seestädte  Anchial 

1265  Mesembria  ab.  In  wilder  Wut  verwüstete  1265  der  Car  nun  Tl 
mit  Hilfe  der  südrussischen  Tataren  dermassen,  dass  man  lange  Zeil 
einen  Ackersmann  auf  den  Feldern  erblickte. 

Aber   die  Hauptgefahr   drohte   Michael  von  Seite   der  Angi 

1266  Graf  Karl  von  Provence  hatte  1266  dem  Reiche  Manfreds  ein  Ei 
macht,  und  das  neue  französische  Königreich  beider  Sicilien  dehnt 
Mitwirkung  des  dem  französischen  Fürsten  blind  ergebenen  Papel 
mens  lY  und  des  almosengenössigen  Kaisers  Balduin  H  seine  01h 
hoheit  über  Achaia  aus  und  erneute  alle  Ansprüche  der  Normani 
griechische  Reichsteile. 

Um   dieser  Gefahr  zu  begegnen,   liess  sich  Michael   mit  de 

1267  ein.  Durch  ihre  Vermittlung  wurden  1267  die  Genuesen  restitutio 
Handel  nach  dem  schwarzen  Meer  nahm  bald  einen  ungeahnten,  < 

1275  netianern  höchst  bedrohlichen  Aufschwung.  1275  verlieh  der  Kai 
Zaccaria  die  Stadt  Phokaea;  die  Ausbeutung  der  dortigen  Alai 
verschaffte  diesem  Hause  ungeheure  Reichtümer. 

Jetzt,   da  es   zu   spät   war,   kamen   auch   die  Venetianer;   « 

1268  aber  1268  einen  weit  ungünstigem  Vertrag  auf  fünf  Jahre,  als  ihr 
vorgeschlagen  worden  war.  Auch  stipulierte  der  Kaiser,  dass  di 
Rivalen  ihre  Spezialfehden  nicht  in  den  Gewässern  des  Reichs  au 
durften.     Noch  einmal  hat  das  Reich  den  Kaufleuten  imponiert. 

1267  Der  gefährlichste  Gegner  blieb  Karl  von  Anjou.   1267  nahm  < 

1271  Seit  Michael  II  Angelos*  Tode   (1271)   gewann  er  die  illyrischen 

1272  länder;  die  katholischen  Albanesen  schlössen  sich  ihm  an,  127 
sich  Dyrrachion.  Ein  Glück  war  nur,  dass  der  römisch-katholi} 
kehrungseifer  das  orthodoxe  Volk  immer  wieder  abschreckte,  i 
energische  Proven9ale  verstand  es,  auch  die  Sympathien  der  Slavei 

1272  winnen,   bis  Car  Konstantin  1272  nach  Eirenes  Tod  die  Paläolog: 

1273  heiratete,   die   als  Mitgift  Mesembria  und  Anchialos  zurückbraeht« 
1272  erhob  sich  neue  Not.     Die  Serben  waren  seit   1272   im  obern  V^ 

erobernd  vorgerückt.     Johannes  IV  Laskaris  entkam  nach  Foggii 
von  Karl  ganz  als  Kaiser  behandelt  ward,  und   die  Venetianer  Ij 


DC  Di«  BMUoration  d«r  Paliologoii  and  der  üntarguig  (I241-145S).   1053 

ih  Ablauf  des  Vertrags  einen  argen  Piratenkrieg.  Da  spielte  der  nie 
neue  Auswege  verlegene  Diplomat  die  Sache  auf  kirchliches  Gebiet, 
9gor  X  erlebte  den  Triumph,  dass  1274  auf  dem  Konzil  von  Lyon  1274 
iliaels  Gesandter  Georgios  Akropolites  das  römische  Glaubensbekenntnis 
t  dem  filioque  ablegte  und  den  Primat  des  Papstes  anerkannte.  Um 
1  Patriarchen  von  Trnovo  und  den  autokephalen  Metropoliten  von  Pe<!  im 
lach  zu  halten,  bestätigte  er  1272  durch  das  im  Sinaikloster  noch  erhaltene  13T2 
ryaobull  alle  Privilegien  Basileios'  II  fUr  die  autokephale  Kirche  von  Ochrida. 
durch  wurden  alle  Eparchien  beider  Patriarchate  dem  in  Ochrida  residieren- 
t  Griechen  zugesprochen  und  der  gesamte  Klerus  des  Nordens  und  mit 
1  die  Völker  durch  diese  Zänkereien  über  die  Grenzen  der  Diözesen  wie 
'  Nationalität  in  wohlthuendster  Weise  dauernd  beschäftigt.  Die  katbo- 
erende  Kirchenpolitik  des  Kaisers  wird  durch  seine  politische  Zwangs- 
e  verständlich;  nichtsdestoweniger  war  sie  ein  schwerer  Fehler.  In 
ihen  des  Glaubens  gehorchte  der  orthodoxe  Klerus  Gott  mehr  als  den 
aschen  und  war  absolut  unzugänglich  fUr  die  Lehre  von  .einer  nütz- 
leD  Ökonomie  zur  Rettung  vieler  Seelen".  Bereits  vorher  hatte  der 
rrsinnige  Arsenios  in  edler,  aber  unpraktischer  Anhänglichkeit  an  das 
US  Laskaris  den  kaiserlichen  Thronräuber  gebannt.  Jetzt  wurden,  wie 
der  Zeit  des  Bildersturms,  die  Ausaenposten  des  Römervolkes,  Trape- 
it,  N^eopatrae,  Ambrakia  (Arta)  und  die  Bulgarencarin  Beschützer  der 
bodozen  Flüchtlinge.  Aber  Michael  blieb  unbeugsam  und  ersetzte  den 
lerspenstigen  Patriarchen  Joseph  durch  den  aufrichtig  latinisierenden 
unes  Bekkos.  Durch  sittliche  Haltung,  spätem  Bekenuermut,  Scharf- 
[)  und  Gelehrsamkeit  überragte  dieser  bedeutende  Mann  turmhoch  die 
st  —  was  das  geistige  Niveau  betrifft  —  erschreckend  armselige  Schar 
I  geistlichen  Kontroverspredigem  und  polemischen  Schriftstellern  seiner 
der  Folgezeit.  Aber  gegen  seinen  eignen  Klerus,  der  die  Sache  Gottes 
1  der  Nation  verfocht,  vermochte  er  nichts  auszurichten.  Der  Kirchen- 
lit  erbitterte  überall  das  orthodoxe  Volk  gegen  die  Regierung  seines 
reiers  und  Herstellers. 

Auf  der  Hämushalbinsel  machten  ihm  die  Angeli  und  die  von  Neapel 
ftig  unterstützten  Franken  arg  zu  schaffen.     Als  vollends  Karl  von 
ou  selbst  in  Aktion  zu  treten  sich  anschickte,  schien  die  furchtbare 
Ttiannennot  sich  zu  erneuern.    Bereits  hatte  Karl  den  kriegserfahrenen 
;o  le  Rousseau  de  Sully  1278  zum  Generalkapitän  und  Vikar  seiner  i278 
irotischen  Besitzungen  ernannt,  der  auch  mit  aller  Energie  den  Krieg 
anisierte.     Ende  1280  hoffte  er  das  wichtige  Berat  zu  nehmen.     Aber  i280 
hael  trat  ihm  mit  Aufbietung  seiner  besten  Kräfte  entgegen.     Februar 
1  erfocht  sein  Grossdomestikos  Michael  Tarchaniotes   bei  Berat  einen  igsi 
uzenden  Sieg.    Sully  selbst  ward  gefangen.    Aber  der   durch    Papst 
Ttin  IV  (3.  Juli  1281)  abgeschlossenen  Liga  zwischen  Rom,  Neapel  und  i28i 
ledig  konnte  Michael  nur  durch  seine  oftbewährte  diplomatische  Konat 
egnen.    Der  getreue  Benedetto  Zaccaria  und  Giovanni  de  Proiida  ver- 
leben dem  König  Peter  von  Aragon  griechische  Subsidien  zum  Krtogo     i 
en   Neapel,    und    die   sicilianische  Vesper  (10.  März  1282),  legt«,  d^jJ 
tl  den  Spaniern  in  die  Hände  spielend,    Karl  von  Neapel  völlig JhHH 


1054  AbriM  der  bysantiiiiaoheii  Saiaergeaehiehta. 

Die  realistischen  Venetianer  entzogen  sich  der  Allianz  mit  dem  Obn 

1285  tigen  und  schlössen   mit  den  Romäem  1285  einen  zehnjährigen  Fi 

Schon   vorher   hatte   auf  einem   neuen  Kriegszug  gegen   die  Auge 

^\f^9^  Neopaträ  den  rastlosen  Monarchen  der  Tod  ereilt  11.  Dezember  12 

Das  letzte  Viertel  des  XIII.  Jahrhunderts  erhält  seine  Signator 
1288  das  Aufkommen  der  osmanischen  und  der  serbischen  Macht.  1288 
Osman,  der  auf  den  Trümmern  des  Reiches  Rom  seine  neue  Macb 
richtete,  nach  einem  glänzenden  Sieg  den  Griechen  Melangina  (Kara 
hissar)  weggenommen.  Im  Westen  war  es  den  Serbenkönigen  Stephai 
(t  1272)  und  Milutin  (f  1321)  gelungen,  die  Suprematie  auf  der  B 
halbinsel  zu  erringen.  Es  ist  ein  weltgeschichtlicher  Jammer,  da 
Unglückstag  von  Kosovo  Polje  diesem  herrlichen  Volke,  dem  w 
aller  Slavenstämme,  die  Herrschaft  auf  der  Hämushalbinsel  eDtris 
so  der  türkischen  Barbarei,  gegen  welche  Griechen  und  Venetianer 
ohnmächtig  waren,  freien  Raum  Hess. 

1282;i328  Michaels  Sohn  Andronikos  II  (1282-1328)   beeilte  sich  sei 

ständig  seinen  Frieden  mit  dem  orthodoxen  Klerus  zu  machen.  I> 
ward  unter  den  nun  einmal  in  solchen  Fällen  zu  Byzanz  unvermei 
Gehässigkeiten  hergestellt.  Dass  Bekkos  seinem  Vorgänger  Josepl 
war  selbstverständlich.  Aber  der  trotzdem  Jahrzehnte  andauernde  K 
streit  offenbart  die  ganze  geistige  und  sittliche  Verkümmerung  ( 
maligen  orthodoxen  Klerus.  Das  widerliche  Mönchsgezänk  meist 
deutender  und  sittlich  wenig  achtbarer  Prälaten  drehte  sich  fast  i 
die  Besetzung  des  ökumenischen  Stuhles.  Der  geistige  Nimbus,  ^ 
der  Thron  des  hl.  Chrysostomos  noch  immer  bei  den  orthodoxen  ^ 
genossen  hatte,  sank  durch  seine  meist  sehr  beschränkten  Inhal 
in  demselben  Masse,  wie  der  des  romäischen  Kaisers.  Der  einz 
das  Wohl  der  Kirche  wirklich  ernsthaft  besorgte  Mann  war  der 
selbst,  welcher  durch  seine  neue  Ekthesis  dem  Reiche  eine  seiner 
zierten  Umfange  thatsächlich  entsprechende  neue  Kirchenordnui 
Dieselbe  dauert,  soweit  nicht  äussere  Ereignisse  eingegriffen  ha^ 
Grunde  bis  heute  fort. 

Die  Finanzen  gerieten  mit  dem  wachsenden  Verfall  des  R 
immer  stärkere  Unordnung.  Michael  hatte  Anstrengungen  gema 
dem  trefflichen  Matrosenmaterial  der  griechischen  Küsten  und  In 
Flotte  herzustellen.  Sein  Sohn  Hess  sie  verfallen.  So  wurde  ii 
im  letzten  Jahrzehnt  des  XIII.  Jahrhunderts  ein  hilfloser  Spielbai 
erbitterten  Handelskriegen  der  beiden  seemächtigen  italienischen  Re] 
1303  1303  zwangen  die  Venetianer  dem  Andronikos  einen  für  sie  höc 
teilhaften  Frieden  ab.  Das  trieb  den  Kaiser  ganz  in  die  Arme  der 
Genuesen. 

Während  die  kaiserliche  Regierung  auf  europäischem  Boden 
losen  Streitigkeiten  mit  den  Angeli  resultatlos  fortführte,  wuc 
Kleinasien  die  Osmanen  zu  einer  ernsten  Reichsgefahr  heran  und  l 
1301  1301  ^Qj^  Kronprinzen  Michael  bei  Baphäon.  Michaels  Freundscl 
hältnis  zu  Peter  von  Aragon  hatte  den  Kaufleuten  von  Barce 
Häfen  der  Levante  geöfftiet.    Die  bettelarmen  aber  kriegstücht 


IZ.  Die  RestaaratioB  der  Paläologen  und  der  Untergang  (1261—1453).   1055 

■g08   des   spanischen  Ostens,  bisher  im  Kriege   gegen   die  Anjous  ver- 
»ndt,  sahen  sich  seit  dem  Frieden  von  1302  nach  einer  neuen  Thätigkeit  1302 
V.     Der  heldenkühne  Roger  de  Flor  bot  1302  Andronikos  seine  Hilfe  —  1302 

Schiffe   und  6000  Spanier  —  an.     Diese    wilden    Gesellen   waren   nun 
idlieh  schwer  zu  behandeln.    Jedenfalls  war  die  byzantinische  Regierung 
tt  ihren  altfränkischen  Mittelchen  der  bekannten  griechischen  Yerschmitzt- 
St  durchaus  ungeeignet  dazu  und  musste  ratlos  zusehen,  wie  die  wilden 
■.dner  zu  Byzanz  3000  Italiener  in  einem  Raufhandel  erschlugen.    1303  1308 
LTden   sie    glücklich-  nach  Asien    übergesetzt   und   bewährten    glänzend 
-«n   Ruf  der  Tapferkeit.     1304   belagerten    die    Türken    bereits  Phila-  1304 
Ijpheia,   die  reichste  und  mächtigste  Stadt  des  griechischen  Kleinasiens, 
K.   Roger  de  Flor  mit  seinen  Katalanen  erschien  und  die  Stadt  entsetzte. 
:Ät;htbar   wütete    das   spanische  Schwert   unter    den  Türken.     Aber   die 
Uig  unbotmässigen  Hidalgos  wurden  bald  eine  fast  schlimmere  Geissei 
T"  das    Reich  als  für  dessen  Feinde.     Die  tückische  Ermordung  Rogers 
^rch  den  Kronprinzen  Michael  1305  führte  zu  dem  zweijährigen  greuel-  1305 
■Jen  Rachekrieg  der   wandernden   Soldatenrepublik   gegen   die  Romäer. 
«9  unbotmässige  Soldateska  wurde  schliesslich  nach  Süden  abgewälzt,  wo 
w   nach  mannigfachen  Peripetien  dem  blühenden  Herzogtum  Athen-Theben 
11  durch  die  Schlacht  bei  Skripu   ein  furchtbares  Ende  bereitete.    Die  1311 
.^ücklichen  dortigen  Griechen   vertauschten    die   vergleichsweise   milde 
-«cmdherrschaft  der  Franzosen  mit  der  harten  spanischen  Knechtschaft. 

Mit  löblicher  Energie,  unterstützt   von   bulgarischen  und  serbischen 
tlfsscharen,   bekämpften   die  Griechen  das  Vordringen  der  Türken;  aber 
re  wichtigsten  Plätze,  wie  Nikäa  und  Prusa,  wurden  durch  osmanische 
EMrjTT^Qta  vollständig   im  Schach   gehalten   und  lahm  gelegt.     1320  starb  1320 
ronprinz  Michael.    Sein  liederlicher,  aber  persönlich  höchst  beliebter  und 
cht  unbegabter  Sohn  Andronikos   verschaffte   sich   eine  mächtige  Partei 
t'ter  den  Grossen.     Dies  führte   zu  unerquicklichen  Reibungen  und  zum 
kxgerkrieg  zwischen  dem  wegen  seines  Geizes  höchst  unpopulären  Gross- 
tter  und  dem  Enkel,  bis  letzterer,  immer  mächtiger  geworden,  1.  Februar  1.  Febr 
125  die  Krönung  zum  Kaiser  und  die  Ernennung  zum  Mitkaiser  erzwingen     ^^^^ 
kirnte. 

Der  innere  Kampf  hatte  die  Kraft  des  Reichs  völlig  lahm  gelegt. 
326  fiel  durch  Sultan  Urchan  endlich  Prusa  (Brussa),  das  nun  die  Hauptstadt  1326 
1er  Osmanen  ward.    1328  kapitulierte  Nikomedeia.   Unterdessen  haderten  1828 
lie  beiden  Kaiser  fort;   der  alte  rief  die  Hilfe  der  Serben,  der  junge  die 
kr  Bulgaren  an.    Allein  Car  Michael  trat   1328  plötzlich  auf  die  Seite  1328 
les  Alten.    Da  griff  der  Enkel  energisch  zu.    Der  Protostrator  Synadenos 
iberrumpelte   die  Hauptstadt;   der  Alte  musste  abdanken  und   1330   ins  1330 
Zoster  gehen,  wo  er  13.  Februar  1332  starb.  18.  Pel 

Mit  den  bis  Didymoteichos  vorgedrungenen  Bulgaren  schloss  Andre-     ^^^ 
ikos  HI  nach  einigen  Gefechten  Frieden,  sodass  diese  gegen  die  Serben 
ire  Kraft  wenden  konnten.     Bei  Velbuzd  erfocht  der  serbische  König 
•tephan  üros  28.  Juli  1330,  unterstützt  durch  300  eisengepanzerte  deutsche 
öldner,  einen  blutigen  und  entscheidenden  Sieg  über  die  Bulgaren. 
Dchael  fiel  im  Kampfe.    Die  Macht  des  Bulgarenstaats,  den  übrigens 


1056  AbriBB  der  bysantinischen  Kaisergeschiehte. 

Serbenkönig  bestehen  liess,  war  vernichtet.    Das  Jahr  darauf  eriif^K 
alte  Serbenkönig  einer  Verschwörung  des  Adels,  und  den  Thron  b^l^: 

1331/1355  sein  jugendlicher  Sohn  Stephan  Dusan  (1331—1355)  der  gewaltige  Gri^ 
des  serbischen  Grosskönigtums.  Es  ist  zu  bedauern,  dass  es  üqq  gjjjjl 
gelungen  ist,  gemäss  seinem  Plane  mit  Griechen  und  Franken  volkqjA 
aufzuräumen  und  so  einen  lebenskräftigen  christlichen  Einheibstaat  li 
der  Hämushalbinsel  zu  gründen,  der  den  türkischen  Eulturzeiü^mBiflii 
sich  als  festes  Bollwerk  entgegengestellt  hätte.  Immerhin  gelangt«  ae« 
Macht  zu  ungeahnter  Ausdehnung.     Mit  dem   neuen  Bulgarencar  Joiim 

1331/1365  A^lexander   Äsen  (1331—1365)   verband   er   sich    durch  Verschiigenai 
In   Makedonien    und   Illyrien    drang    er    mächtig   vor.     Ochrida,  Prihi^ 
1331  Kastoria  fielen  1331  in  seine  Gewalt.  h^ 

1334  Andronikos  m  hatte  seit  1334  in  Thessalien  und  Epeiros  an!  Koshil^ 

des  Erben  der  Angeli,   des  Grafen  Giovanni,   die  Herrschaft  der  Bonte  I^ 

1.S35  mächtig  ausgedehnt  und  zog  nach  dessen  Tod  1335  das  ganze  Landaal^ 

1340  Allein  die  Intervention  der  Serben  rief  einen  Umschwung  hervor.  \my 
eroberten  sie  alles  Land  bis  Joannina  und  erzwangen  dessen  formelle  Al^  r 
tretung  von  den  Romäem.  In  Asien  gehörte  zum  Reich  fast  nnrnoekr 
Philadelpheia.     Die  griechischen  Eüstenstädte  zahlten  den  Osmanen  Tthf 

1337  but.  Aber  ürchans  Versuch  1337  auf  europäischem  Boden  festen  \m 
zu  fassen,  ward  von  den  Griechen  glanzvoll  zurückgewiesen.  Ebew 
verstand  es  Andronikos  noch  einmal,  den  Genuesen  zu  imponieren.  D« 
von  den  Seldschuken  der  kleinasiatischen  Südküste  organisierte  Seeruk 
imd  Menschenfang,  die  Geissei  des  in  ohnmächtige  Duodezstaaten  zerbt 
lenden  Archipelagus,  zwang  die  Byzantiner,  die  lang  vernachlässigte  Marin 

1329  wieder  zu  heben.  Apokaukos  nahm  1329  den  Genuesen  Chics  ab,  dii| 
die  Hauptstation  gegen  die  Seetürken  ward.  Die  Erben  der  Zaccaria  ?« 
Phokäa,  die  Cattaneo,  mussten  sich  zur  Huldigung  bequemen.  Dafir 
nahm  Domenico    von  Phokäa   im  Bund   mit   den  Naxiem    und  Rhodisen 

1333  1333  Lesbos  dem  Reiche  weg.  Allein  Andronikos,  der  an  Skrupellosigkd 
den  Italienern  durchaus  gleichstand,  schloss  mit  den  seldschnkisclNi 
Emiren  von  Ssarukhan  und  Aidin  eine  Allianz  gegen  die  Osmanen,  welch 

1336  eben  das  Emirat  Karasi   unterworfen  hatten.     1336  eroberte  der  Kais« 

1340  Lesbos  und  1340  ging  den  Genuesen  durch  einen  Aufstand  der  griechisclK 
Einwohner  Phokäa  verloren. 

^%ii"'  Andronikos'  Tod  (15.  Juni  1341)   brachte  seinen   unmündigen  So 

1341^1391  Joannes  V   (1341—1391)    auf   den   Thron.     Die   Regentschaft  war  i 

schwachen  Händen   der  Kaiserin- Witwe    Anna  von   Savoyen   anvertra 

Allein   der  hochmächtige  Grossdomestikos  Joannes  Kantakuzenos  riss 

Vormundschaft   an    sich,   Apokaukos  trat  dafür  auf  Seite    der  Regent 

1341  Während  Kantakuzenos  1341  bei  Didymoteichos  kräftig  rüstete,  um  du 
einen  Feldzug  das  ganz  anarchische  Morea  dem  Reiche  zurückzugewinc 
trat  in  Konstantinopel  eine  Gegenrevolution  ein,  welche  den  Apokau 
an  die  Spitze  stellte.   Da  hielt  Kantakuzenos  nicht  länger  an  sich  und  li 

26.  Okt.  sich  26.  Oktober  1341  als  Joannes  VI  zum  Kaiser  krönen.   Der  Hof  dage; 
1341     liess  nun  den  jungen  Joannes  V  feierlich  durch  den  rechtmässigen  Pa 


X.  Die  Bestanration  der  Paläologen  und  der  Untergang  (1261—1458).   1057 

^)  krönen,  und  Apokaukos  waid  Megas  Dux.    Die  Archonten  hielten 
zu  Eantakuzenos,   während   das  Volk   und   die  Lokalbehörden   auf 
der  legitimen  Regierung  standen.     So  vermochte  Apokaukos  seinem 
-   den  grössten  Teil  Thrakiens    zu  entreissen.     Adrianopel  schloss 
3  Thore.  Joannes  Angelos,  der  Statthalter  von  Epeiros,  und  Omarbeg, 
Dir  von  Al'din,   unterstützten  dagegen  den  Eantakuzenos,  während 
^erung   die  Kronjuwelen   an  die  Venetianer  verpfändete.     Eanta- 
*s  rief  die  Serben,  seine  in  Didymoteichos  belagerte  Gattin  die  Bul- 
herbei.     Diese  verjagten  zwar  die  Griechen,  verlangten  nun  aber 
ergäbe  der  Burg.    Erst  die  Türken  von  Aidin  befreiten  die  Kaiserin. 
Joannes'  VI  Bruch  mit  Stephan  DuSan  schien  rasch  sein  Verderben 
zubeschwören;   doch  ein   siegreicher  Feldzug  des  Joannes  Angelos 
n    ihm    das   südliche  Makedonien  wieder,   während  die  vom  Papst 
gestiftete  Union  der  Venetianer  mit  Kypros  und  den  Inselfranken 
rchipelagus  1343  Smyma  eroberte.     Thessalonike  rettete  Apokaukos  1343 
seine  Flotte.    Vergebens  rief  die  Regentin  Bulgaren  und  Serben  zu 
Car  Alexander  nahm  rasch  die  ihm  als  Preis  dargebotene  Stadt 
pupolis  und  eine  Reihe  Schlösser  des  Rhodopegebirges.     Sonst  rich- 
ir  nichts  aus.     1344  gewann  Kantakuzenos  den  bulgarischen  Banden-  1344 
fomdilo  für  sich,  der  mit  5000  serbischen  und  bulgarischen  Söldnei*n 
nfänglich  unterstützte,  bald   aber  abfiel  und  den   Kantakuzenos  in 
a  Lager  bei  den  Ruinen  von  Mesene  überfiel.     Der  Kaiser  rettete 
mit   genauer  Not.     Mom^ilo   setzte  sich   nun  in  Xantheia  fest  und 
)rte  die   Chalkidike.     Da  half  Kantakuzenos  sein  treuer  Omarbeg. 
itte   Januar  1345   die  Franken  bei  Smyrna  aufs  Haupt   geschlagen 
atte  doppelten  Grund  Momöilo  zu  zürnen,  da  dieser  bei  Abdera  seine 
3  verbrannt  hatte.     Vom  Kaiser  und  seinem  türkischen  Freund  bei 
leorion   eng  umzingelt,   fiel  Momöilo    mit   dem    grössten  Teil   seiner 
3r.     Seine  Stadt  Xantheia  kapitulierte.     Dazu  kam    11.  Juni  1345  1345 
rmordung  des  rauhen,  aber  tapferen  Apokaukos,  sodass  die  gänzlich 
-te  Regentin  die  Osmanen  um  Hilfe   anflehte.     Allein  der  gewandte 
nat  Kantakuzenos   gewann  auch  diese.     Seine  Freunde  öfiFheten  ihm 
bruar  1347   die  Thore   der  Residenz.     Die  Regentin   musste  sich  in  1347 
fügen.     Joannes  VI  ward  feierlich  aufs  neue  gekrönt;  zehn  Jahre 
er  allein  regieren,  dann  den  Paläologen  zum  Mitregenten  annehmen. 
r  mit  aller  Grausamkeit  und  unter  furchtbarer  Verwüstung  der  Nord- 
izen  geführte  dynastische  Krieg  hatte  die  Macht  des  Reiches  dauernd 
wacht.     Der  wahre  Kaiser  war  Stephan  Dusan,   welcher  Serrä  und 
lipolis  (1345)  eroberte  und  die  makedonischen  Besitzungen  der  Romäer  1345 
hessalonike  und  die  Chalkidike  beschränkte.     Die  autokephale  Metro- 
Ipek  (Pe<5)  ward  unter  Billigung  des  Patriarchen  von  Tmovo  und  des 
ephalen  Erzbischofs  von  Ochrida  zum  serbischen  Patriarchat  erhoben 
Foannikij   mit  dieser  Würde  bekleidet.     Der  neue  Patriarch  im  Ver-  1346 
fiit  dem  Patriarchen  Symeon  von  Tmovo  krönte  1346  den  Dusan  in 


1)  Joannes  VI  war  von    dem   Bischof  von    Didymoteichos  gesalbt    und    gekrönt 
1. 

dboch  der  Uaoi.  AltertmnfWiflMiuchan  IX.    1  Abtlg.    2.  Aufl.  67 


1^058  AbriH  der  hyMattniBohan  Kai 

der  Kathedrale  von  Skopje  zum  Caren  der  E 
Axta  bis  nach  Belgrad,  von  den  dalmatiiiii 
Mesta  reichte  seine  Macht." 

Keben  diesem  lebensvollen  Grossstaati 
Macht  dritten  Hanges  herabgesunkenen  Griecl 
fort.  Joannes  VI  überlieas  seinem  nach  dei 
Sohne  Matthaeos  die  alte  Eparchie  Rhodope 
genitur.  Ebenso  sandte  er  zu  weiterm  star 
logenpartei  seinen  ßlhigen  Sohn  Manuel  nach 
trefflich  regierte.  Des  Kaisertums  Ohnmacht 
mut  der  Genuesen,  welche  in  Handels-  und  Zo 
herrn  der  Romäer  aufspielten.  In  dem  wildi 
und  Genua,  der  sich    fast  ganz  in  den  grie 

1352  stand  darum  der  Kaiser  auf  Seiten  der  Veneüi 
zu  einem  neuen  Vertrage  zwangen.  Bald  br 
den  beiden  Kaisem  wieder  aus.   Joannes  V  g 

1S53  und  Serben,  Joannes  VT  auf  die  Osmanen.  1 
bei  Didymoteichos,  und  Kantakuzenos  nahn 
Mitkaiser  an.  Sein  pflichtvergessener  wahn 
manen  herbeirief,  hat  recht  eigentlich  dei 
1354  1354  besetzten  die  Türken  Kallipolis,  der  ^ 
geöffnet.  Der  allgemeine  Haes,  der  den  altf 
DeK.  1354  machte  es  dem  Paläologen  leicht,  Dezemh 
streich  sich  der  Hauptstadt  zu  bemächtigen 
zur  Abdankung  zu  zwingen.  Er  ging  als 
Bchneb    seine  Geschichte  und    ergab   sich 

1353  seinem  späten  Tode  1383.     Sein  Sohn  Manu 
1357  setzte,  ward  als  Despotes  von  Mysithra  anerl 

gleichfalls  abdanken.  So  war  denn  endlic 
und  die  legitime  Dynastie  hergestellt. 

Während  dieser  ideenlose,  nur  dem  pe 
zelnen  seinen  Ursprung  verdankende  BUrgei 
senilen  Romäerstaates  aufzehrte,  war  gleichzt 
kirchlicher  Kampf  ausgebrochen,  der  zu  den 
historisch  interessantesten  Phänomenen  alle 
konventionelle  Fabel ,  welche  unter  dem  ', 
Universitäten  und  Seminarien  tradiert  wird, 
Spotte  zu  übergiessen  pflegt,  Sie  offenbart  t 
Verständnislosigkeit  iilr  die   wichtigsten  Pr 

Seit  den  Tagen  der  makedonischen  Ke 
kidike,  in  Perikles'  und  Demosthenes'  Tagei 
Städten  bedeckt,  eine  heilige  Stätte  gewordf 
drei  fingerartig  nach  Süden  sich  vorstrecker 


IX.  Die  ReBtanration  der  Palftologen  und  der  Untergang  (1261—1453).  1059 

(ebirge,  wurde  durch  die  Zellen  und  Einsiedeleien  seiner  heiligen  Asketen 
n  Wahrheit  ein  "Ayiov  ^'Ogog,  „ein  heiliger  Berg**. 

Der  Gründer  der  berühmten  Laura  ist  der  hl.  Athanasios,  ein  Zeit- 
genosse des  Nikephoros  Phokas,  von   diesem  hochverehrt;  er  nahm  ihn 
lIs  Feldprediger  auf  die  Expedition  nach  Kreta  mit.     962  begann  er  mit 
lern  Bau  des  Klosters,  welches  die  Regel  von  Studien  auf  dem  hl.  Berg 
licht  ohne  Widerstand  zu  finden  einführte.     Das  Typikon  des  Joannes 
rzimiskes  ordnete  die  Regierung  der  heiligen  aus  Eremiten  und  Könobiten 
ich   bildenden  Berggemeinde,    welche    aus    der  Synaxis  der  Hegumene 
tnd  dem  vom  Kaiser  bestimmten  Protos  bestand.   Kein  weibUches  Wesen 
tört  die  heilige  Ruhe  dieser  gens  aeterna  in  qua  nemo  nascitur.  Kaiser- 
iche Gunst  und  Schenkungen  der  Gläubigen   bis   in   den  fernen  Westen 
das  Kloster  der  Amalfitaner)   haben  die  Zahl  der  Klöster  bis  zu  Konstantin 
iffonomachos'  Zeit,  der  1045  ein  zweites  Typikon  erliess,  gewaltig  gesteigert. 
klle  späteren  Kaiser,   Komnenen  wie   Paläologen,  wetteiferten,   letztere 
v^eit  über  ihre  schwachen  Kräfte  hinaus,  in  dem  Erlass  von  Chrysobullen 
ind  in  reichen  Vergabungen   an  diesen  Herd  griechischer  Frömmigkeit. 
!)ie  Hesychasten  und  Asketen  aller  orthodoxen  Völker  fanden  hier  ihre 
leimat.   Zu  den  zahlreichen  Könobien  hellenischer  Zunge  kamen  serbische, 
>ulgarische,   russische  und  iberische  Lauren.     Der  hl.   Sava,   der  grosse 
Gründer  von  Serbiens  nationaler  Hierarchie,  legte  hier  das  für  die  slavische 
Slulturgeschichte  so  hochbedeutsame  Kloster  Chilandari  an.   Hier  hatte  sich 
n  der  Beschaulichkeit  der  Mönchszellen  eine  Theosophie  ausgebildet,  welche 
yBi  dem  interkonfessionellen  Charakter  aller  Mystik  lebhaft  an  den  persischen 
Sofismus  oder  an  die  indische  Jogiverzückung  erinnert.   Gleich  den  Gymno- 
iopliisten  in  ekstatischer  Hypnose  verharrend,  den  Blick  unbeweglich  auf 
len  Nabel  gerichtet,   schauten  die   Eingeweihten  das  unerschaffene  gött- 
liche Licht,  welches  Christus  bei  der  Verklärung  auf  dem  Tabor  umstrahlt 
hatte.     Die  rationalisierende  Orthodoxie   der  verschiedenen  Bekenntnisse 
pflegt  sonst  in  instinktivem  Widerwillen  gegen  alle  Mystik  deren  Adepten 
als  Ketzer  zu  brandmarken,  so  die  alte  Kirche  die  Audianer  und  Euchiten, 
die  römische  die  Fraticellen  und  die  Molinisten;  endlich  das  Luthertum  „der 
reinen  Lehre"    die  ihm  an  wahrer  Frömmigkeit  so  überlegene   „Schwarm- 
geisterei "  eines  Schwenkfeld,  V.  Weigel,  J.  Arndt  oder  J.  Böhme.   In  Griechen- 
land nahm  die  Orthodoxie  für  die  mystische  Geheimlehre  Partei,  weil  die 
beiden  Denunzianten  derselben,  Barlaam  und  Akindynos,  welche  die  schwär- 
merischen Mönche  litterarisch   verhöhnten,   XaTivög^goreg  waren;  stammte 
doch  Barlaam  aus  dem  zwar  griechischen,  aber  ,schismatischen'  Kalabrien. 
Das  genügte,   um  bei  Klerus  und  Volk    die  Sache   der  Bergheiligen  zur 
griechischen  Nationalsache  zu  machen.   Während  des  wildtobenden  Bürger- 
kriegs wurden  1341  bis  1351  Synoden  über  Synoden  gehalten,  Patriarchen  1341/13 
ein-  und  abgesetzt;  allein  die   „Omphalopsychiten*,  vorzüglich  vertreten 
durch  die  späteren  Erzbischöfe  von  Thessalonike,  Gregorios  Palamas  und 
Nikephoros  Kabasilas,  zwei  wirklich  bedeutende  Repräsentanten  griechi- 
scher Bildung  und   Mystik,  trugen   einen   glänzenden  Sieg  davon, 
heilige  Berg  hatte  sich  als  das  Zion  des  wahren  Glaubens  erwieseiL 
In  jener  furchtbaren  Krisis  des  Sterbens  eines  ganzen  Volkfli 


]^060  AbrisB  der  byzantinischen  Kaisergeschiobie. 

Romäervolk  erbarmungslos  von  den  Osmanen  zertreten  wurde,  ward  is 
Athos  ein  Asyl,  dessen  Stille  die  gebrochenen  Gemüter  aufsuchten,  wihreri 
zugleich  viele  starke  Herzen,  irre  geworden  an  dem  ganzen  Erdeiiiebei, 
ihren  Kampf  mit  Oott  in  derselben  Weltabgeschiedenheit  durchznkSmpfa 
vorzogen.  Das  Mönchtum  hat  der  unglücklichen  Nation  in  diesen  schwem 
Zeiten  den  einzigen  nachhaltigen  und  wahrhaftigen  Trost  gewährt 

Für  die  übrige  griechische  Menschheit,  soweit  sie  noch  nicht  .dai 
Wandel  der  Engel  "^  für  ihre  irdische  Laufbahn  erwählt  hatte,  gestaltete 
sich  die  politischen  Dinge  immer  beängstigender.  Stephan  Dusans  Toi 
1355  1355  war  eine  weltgeschichtliche  Kalamität  für  die  Christenheit  des  Osteai 
Die  heillosen  zentrifugalen  Kräfte  des  Feudalismus  imd  Stammpartiknitf» 
mus  zerbröckelten  den  majestätischen  Bau  des  serbischen  CarentuM, 
serbische  und  albanische  Häuptlinge  rissen  sich  los;  Bosnien  machte  foA 
unabhängig.  So  zerfleischten  und  schwächten  die  Christen  in  wahnainiiiger 
Verblendung  sich  selbst,  als  schon  das  Verhängnis  herannahte. 

1360  Das  elende  Bomäerreich  traf  zuerst  der  osmanische  Verstoss.    1360 

setzte  Sultan  Murat  I  über  den  Hellespont.   Schon  das  Jahr  darauf  nahn 

er  die  wichtigen  Festungen  Tzurulon  und  Didymoteichos,  und  trotz  tapferer 

Gegenwehr  wurde  er  Herr  von  Adrianopel,  der  zweiten  Stadt  des  Reich, 

1365/1363  welches  er  1365  zu  seiner  Residenz  erhob.     1363  eroberte  er  Philippapolis, 

1365  dann  Serrae  und  schloss  1365  einen  Vertrag  mit  der  den  Eontinentil- 
handel  der  Balkanhalbinsel  beherrschenden  Republik  Ragusa,  deren  Priri- 
legien  er  bestätigte. 

Diesen   Fortschritten  der  Osmanen  gegenüber   konnten   die  klein« 
Christenstaaten  zu  keiner  Einigung   sich  zusammenthun.     Kaiser  JoaiuMi 

1365  lebte  in  Hader  mit  seinem  Sohne  Andronikos  und  wurde,  als  er  1365  ii 
Trnovo  ein  Bündnis  gegen  die  Türken  betrieb,  von   dessen   Freund  Gar 

Siäman  gefangen  gesetzt.     Da  kam  ihm   sein  Vetter  Graf  Amadeo  toi 

1366  Savoyen  1366  zu  Hilfe,    entriss  erst  den  Osmanen  Kallipolis   und  zwai^ 

dann  durch  seinen  Eroborungszug  längs  der  bulgarischen  Pontosküste  Sa- 

1369  man  den  Kaiser  loszulassen.  1369  entschloss  sich  der  Kaiser  zur  Betae 
nach  Avignon,  um  die  Kurie  zur  Organisation  eines  Hilfszuges  für  dis 
bedrängte  Reich  zu  gewinnen.  Doch  vergebens  unterschrieb  er  nad 
Griechenart  unbesehen  das  vorgelegte  Unionssymbol.  Papst  Urban  V  konnte 
oder  wollte  keine  militärische  Hilfe  gewähren.  Wie  tief  das  Ansehen  de« 
einst  allmächtigen  Bomäerkaisers  gesunken  war,  zeigt  das  Benehmen  der 
Venetianer.  Die  dortigen  Bankiers,  welche  ihm  das  Geld  zur  Reise  nadi 
dem  päpstlichen  Sitze  vorgeschossen  hatten,  hielten  ihn  in  Venedig  fest, 
und  sein  in  Konstantinopel  als  Regent  eingesetzter  Sohn  Andronikos  weigerte 
sich  für  ihn  zu  zahlen.     Nur  sein  jüngerer  Sohn  Manuel,  der  in  Thessa- 

1370  lonike  gebot,  machte  unter  grossen  Opfern  dem  Vater  1370  die  Heimkdir 
möglich.  Das  klägliche  Schauspiel  dieser  armen  Prinzen  erregte  die  Ve^ 
achtung  des  Abendlandes,  dessen  vornehme  Fürstenhäuser  sich  längst 
weigerten,  mit  den  in  ihren  Augen  unebenbürtigen  Paläologen  Heirats- 
verbindungen einzugehen.   Aus  Rache  hatte  Joannes  V  seinen  Sohn  Andro- 

1371  nikos  1371  von  der  Thronfolge  ausgeschlossen  und  diese  auf  Manuel  über- 


IZ.  Die  BeBtanration  der  Palftologen  und  der  Untergang  (1261—1458).  1061 

ragen.  Für  seinen  Kleinstaat  trat  er  in  türkische  Klientel.  Als  nun  der 
pefQgige  Kaiser  an  der  Spitze  der  griechischen  Truppen  in  Asien  erschien, 
Importen  sich  Andronikos  und  der  ihm  befreundete  Sohn  Murads  Sandschi. 
ülein  mit  gewohnter  ßaschheit  unterdrückte  Murad  die  Bewegung.  Der 
Hlrkenprinz  ward  enthauptet,  Andronikos  geblendet.  Die  Hinneigung  des 
Kaisers  zu  den  Yenetianem  gewann  dem  Rebellen  die  Hilfe  der  Genuesen; 
r  -wurde  aus  seinem  Gefängnis  befreit,  erzwang  den  Einmarsch  in  die 
Cauptstadt  August  1376,  entthronte  den  Vater  und  liess  sich  als  Andre-  1376 
ikos  IV  18.  Oktober  krönen.  Diese  oströmischen  Vorgänge  bilden  nur  ein 
ebensächliches  Intermezzo  in  dem  gewaltigen,  die  sämtlichen  Seestaaten 
es  Mittelmeers  in  Mitleidenschaft  ziehenden  Kriege  zwischen  den  beiden 
Republiken  Genua  und  Venedig,  dem  erst  1381  der  Turiner  Friede  ein  1381 
lüde  machte. 

Der  alte  Johann,  aus  seinem  Geftngnis  entwischt,  wurde  durch  den 
Hirkensultan  gehalten  und  betrat  1379  die  Hauptstadt  wieder.   Zwei  Jahre  1379 
päter   söhnte   er   sich  mit  seinem  Ältesten  aus,   schob   aber  1385  nach  1385 
essen  Tod  den  Enkel  Joannes  einfach  bei  Seite.     Die  Reichsnachfolge 
erblieb  dem  Manuel. 

Wie  in  Asien,  wurden  auch  in  Europa  die  Osmanen  bald  die  unum- 
chränkten  Gebieter,  nachdem  sie  1389  auf  dem  Kosovo  Polje  die  Macht  des  1389 
inst  so  glorreichen  Serbenreichs  in  heissem  Kampf  zerschmettert  hatten. 
lultan  Murad  bezahlte  diesen  weltgeschichtlichen  Erfolg  mit  seinem  Leben; 
ber  sein  Sohn  Bajezid  I  war  ganz  der  Mann,  die  günstige  Situation  rück-* 
ichtslos  auszunutzen.  Die  Paläologen  behandelte  er  mit  Hohn.  Phila- 
lelpheia,  das  allein  in  Kleinasien  sein  Griechentum  und  seine  Unabhängig- 
:eit  bisher  behauptet  hatte,  musste  sich  ihm  unter  günstigen  Bedingungen 
ergeben.  Bei  dem  Kriegszuge  wurde  der  Thronfolger  Manuel  beordert 
hn  zu  begleiten.  Diesen  Moment  benutzte  Andronikos'  Sohn,  der  mit 
rhessalonike  und  Selymbria  abgefundene  Joannes  VII,  um  den  Gross- 
rater  zu  stürzen  und  im  April  1390  den  Kaiserthron  zu  besteigen.  Schon  1390 
im  September  desselben  Jahres  stellte  Manuel  seinen  Vater  her.  Bajezid 
iwang  den  alten  Kaiser  die  Restaurationsarbeiten,  die  er  an  den  haupt- 
städtischen Befestigungen  vornahm,  selbst  wieder  abzubrechen.  Im  Kummer 
ob  dieser  Schmach  starb  Joannes  16.  Februar  1391  nach  einer  ebenso  16.  Febr. 
langen,  als  ruhmlosen  Regierung.  *^^^ 

Sein  trefflicher  Sohn  Manuel  (1391—1423),  der  sich  an  Bajezids  1391/142: 
Hof  in  Brussa  befand,  eilte  sogleich  nach  der  Hauptstadt,  um  die  Regie- 
rang zu  ergreifen.  Diesen  Akt  selbstherrlicher  Machtvollkommenheit  be- 
strafte der  Osmane  mit  der  Verheerung  des  kleinen  Gebiets  um  die  Reichs- 
hauptstadt und  der  temporären  Wegnahme  von  Thessalonike.  Allein  sein 
Augenmerk  lenkte  der  wilde  Herrscher  bald  auf  die  Südslaven.  Durch 
die  Eroberung  der  glänzenden  Carenstadt  Trnovo  verwandelte  er  1393  1393 
Bulgarieii  in  ein  türkisches  Paschalik.  Gleichzeitig  wurde  Konstantinopel, 
wie  einst  Nikaea  nnd  Prusa,  nach  der  altbewährten  strategischen  Praxis 
der  Osmanen  in  einem  förmlichen  Blokadezustande  gehalten.  Man  sah, 
es  galt  Ernst.  Bajezid  wollte  mit  dem  Schatten  der  Romäerreichs  auf- 
räumen.    In  seiner  Bedrängnis  rief  Manuel  das  Abendland  zu  Hilfe, 


XQQ2  AbrisB  der  bysantinischeii  KaifiergeBchichie. 

dieses,  erregt  durch  die  unaufhaltsamen  Fortschritte  der  Türken,  eiM 
sich  noch  einmal  zu  gemeinsamem  Kampfe  gegen  die  Ungläubigen.  König 
Sigismund  von  Ungarn,  unterstützt  durch  eine  bunte  Kreuzarmee,  dera 
Kern  die  französischen  Ritter  bildeten,   zog  durch  das  eiserne  Thor  md 

1394  Süden.  In  der  Walachei  stiess  deren  Fürst  Miröa  zu  ihm,  welcher  1394 
Bajezid  glänzend  besiegt  und  über  die  Donau  zurückgeworfen  haue, 
12.  Sept.  12.  September  1396  erreichten  die  christlichen  Truppen  NikopoUs.  li 
Eilmärschen  zog  ihnen  Bajezid,  unter  Aufhebung  der  Blokade  von  Koo- 
stantinopel,  entgegen.  Bajezids  Feldherrntalent  erfocht  über  die  Ghmteii, 
bei  denen  der  Übermut  und  die  Disziplinlosigkeit  der  französischen  Rithr 
jeden  vernünftigen  Schlachtplan  hinderte,  einen  blutigen  aber  glänzendei 
Sieg.  Die  Folgen  hatten  die  Christen  zu  spüren.  Ewrenosbeg  marschieite 
gegen  den  Peloponnes,  wo  im  romäischen  Anteil,  dem  Despotat  Mysithra. 
an  Stelle  des  1384  gestürzten  Hauses  Eantakuzenos  Theodoros  Palaeologoa, 
des  Kaisers  Bruders,  gebot;  bei  Leontarion  geschlagen,  musste  er  ach 
zur  Tributzahlung  an  die  Türken  bequemen.  Aber  der  wackere  Ffint 
verband  sich  mit  Venedig  und  den  Rhodisem,  denen  er  Korinth  und  andm 
Festungen  überliess. 

Gegen  Manuel  wurde  aufs  neue  die  Blokade  der  Hauptstadt  ins 
Werk  gesetzt  und  der  Prinz  Johannes  VII  wieder  als  Prätendent  gegen  | 
ihn  aufgestellt.  Sein  Hilfeschroi  verhallte  im  Abendlande  nicht  ungehdrt 
Frankreich  schickte  den  trefflichen  Marschall  Boucicaut,  der  mit  seiner 
kleinen,  aber  auserlesenen  Truppe  die  Umgebung  Konstantinopels  von  dei 
Türken  säuberte  und  den  Kaiser  mit  seinem  Neffen  versöhnte.  Letzterer 
ward  als  Regent  eingesetzt,  während  Manuel  das  Abendland  bereisti, 
überall  glänzend  empfangen  und  von  Frankreich  sogar  mit  einem  Jah^ 
gehalt  versehen  wurde. 

Ähnlich  lebte  der  einst  so  stolze  ökumenische  Patriarchat  von  rassi- 
schen Almosen.     Wahrhaftige  Rettung  brachte  ihm   aber   Asien.     DorA 
20.  Jul.  die  Riesenschlacht  von  Angora  20.  Juli  1402  zertrümmerte  Timur  momentai 
1402     das  Osmanenreich.    Der  stolze  Sultan  starb  als  sein  Gefangener.   So  wurie 
den   Römern  noch   eine  halbhundertjährige  Frist  gewährt.     Mit   dem  ii 

1403  Europa  gebietenden  Sohne  Bajezids  Suleiman  schloss  1403  Manuel  nebst 
Venedig,  Genua  und  den  Rhodisern  einen  günstigen  Vertrag.  Der  Kaiser 
erhielt  Thessalonike  zurück  und  die  bisherigen  Tributzahlungen  an  die  Pforte ! 

1413  hörten  auf.  Den  Streit  der  Söhne  Bajezids  beendigte  1413  der  Sieg  Mo- 
hammeds, auf  der  Ebene  Tschamorlu  unweit  Sofia.  Mohammed,  der  mit 
Manuel  eine  feste  Allianz  geschlossen  hatte  und  mit  ihm  im  besten  Ein- 
vernehmen stand,  gab  ihm  eine  Anzahl  makedonischer  und  thessaUscher 
Plätze  zurück,  welche  ihm  sein  eben  besiegter  und  hingerichteter  Bruder 
entrissen  hatte.  Noch  ein  letztes  Mal  schienen  etwas  glücklichere  Vä^ 
hältnisse  für  die  Romäer  sich  anzubahnen.  Der  unruhige  Mitkaiser 
Joannes  VII  hatte  sich  ins  Kloster  zurückgezogen  und  war  b^d  daraof 
gestorben.     An  seiner  Stelle   setzte  Manuel  seinen  Sohn  Andronikos  al^ 

1415  Statthalter  in  Thessalonike  ein.     März   1415  zog  er  nach  Mysithra«  wo 

1407  nach   dem  Tode  des  Despoten   Theodoros  I   (f  1407)   alles  drunter  ndj 
drüber  ging.     Mit  kräftiger  Hand   ordnete   er   die  dortigen  yerhält]ustt,{ 


IZ.  Die  Beatanration  der  Paläologen  und  der  Untergang  (1261—1453).   1063 

befestigte  aufs  neue  den  Isthmospass  durch  Restauration  des  Hexamilion 
and  zwang  den  Fürsten  Genturione  von  Achaia  seine  Oberhoheit  anzu- 
erkennen. Der  Kronprinz  Joannes  erschien  1417  in  Mysithra,  um  den  1417 
rebellischen  Genturione  zu  bändigen.  Aber,  indem  er  seine  Albanesen  auf 
die  venetianischen  Besitzungen  losliess,  verdarb  er  es  mit  der  Republik, 
welche  sich  des  Genturione  annahm  und  1419  den  Romäem  das  wichtige  1419 
Monembasia  (Napoli  di  Malvasia)  entriss. 

Mohammed,  der  in  unermüdlicher  Thätigkeit  die  Emire  Kleinasiens 
rieh  aufs  neue  unterworfen  hatte,  war  stets  ein  loyaler  Alliierter  der 
Bomäer  gewesen.  Es  war  daher  sehr  kurzsichtig,  dass  in  dem  grossen 
rumelischen  Aufstande  des  sogenannten  falschen  Mustapha  Manuel  halb 
und  halb  Partei  ergriff  und  die  nach  Thessalonike  geflüchteten  Empörer 
Hustapha  und  Dschuneid  nach  Lemnos  gegen  Jahrgeld  in  Haft  legte. 
Hatte  dies  schon  den  Sultan  erheblich  verstimmt,  so  Hess  sich  nach  dessen 
Tode  Manuel  durch  seinen  Sohn  Joannes  verführen,  Mustapha  gegen  den 
fogendlichen  Thronfolger  Murad  II  auszuspielen.  Allein  nach  anfänglichen 
Erfolgen  ward  Mustapha  von  Murad  völlig  geschlagen.  Dieser  rückte  in 
Ldrianopel  ein  und  liess  den  auf  der  Flucht  eingeholten  Gegner  1422  auf-  1422 
:nQpfen.  Rache  an  dem  Romäerkaiser  war  nun  der  treibende  Gedanke 
tes  Türkensultans.  Gegen  80,000  Krieger  sammelte  er  Anfang  Juni  1422  Jon.  1 
or  den  Mauern  der  Hauptstadt.  Aber  der  Sturmangriff,  welchen  die 
Wirken  im  Vertrauen  auf  ein  Orakel  und  unter  Führung  des  Schechs 
(uchari  unternahmen,  schlug  infolge  der  tapferen  Gegenwehr  der  Byzantiner 
linzlich  fehl.  Die  Türken  verloren  sogar  ihre  Belagerungswerkzeuge. 
tte  Griechen  verbanden  sich  mit  dem  erst  dreizehnjährigen  Bruder  des 
ultans  Mustapha,  welcher  sich  gegen  seinen  Bruder  erhob  und  ersteren 
adurch  zwang,  die  Belagerung  von  Konstantinopel  aufzuheben.  Allein 
422  ward  Mustapha  verraten  und  erdrosselt.  Turachan  wurde  nun  mit 
inem  starken  Heere  gegen  Thessalonike  abgesandt;  indessen  venetianische 
[ilfe  vereitelte  den  Anschlag.  1423  zog  Turachan  nach  dem  Peloponnes,  1423 
urchbrach  und  zerstörte  die  Isthmosschanzen  und  verheerte  dann  die 
Besitzungen  der  Griechen  wie  der  Venetianer. 

Durch  einen  Schlaganfall  gelähmt,  trat  Manuel  1423  von  der  Regie-  1423 
nng  zurück  und  nahm  das  Engelskleid.  Sein  Sohn  Joannes  VI II 
1423 — 1448)  brachte  einen  Frieden  zu  stände,  welcher  ihn  zur  Zahlung  1423/1^ 
on  30,000  Dukaten  für  die  peloponnesischen  Landschaften  verpflichtete 
nd  ihm  die  meisten  Besitzungen  in  Makedonien  und  am  schwarzen  Meere 
[itriss.  Das  Reich  war  auf  die  Bosporoshalbinsel  bis  Selymbria  und 
Werken  beschränkt,  ausserdem  gehörten  ihm  Anchialos,  Mesembria,  der 
.thos,  Thessalonike  und  Zeitun.  Zusammenhängenden  Besitz  hatte  es  nur 
och  im  Peloponnes.  Joannes  musste  diese  jämmerlichen  Reste  noch  mit 
^inen  Brüdern  teilen.  Theodoros  und  Thomas  erhielten  Mysithra  und 
lonstantinos  Anchialos  und  Mesembria. 

Thessalonike  hatten  die  Venetianer   1423   dem  todkranken  Prinzen  1423 
.ndronikos  abgekauft.     Das   führte  zum  Krieg  mit  Murad.     1426  wurde  1426 
inen  zwar  in  einem  Waffenstillstand  der  Besitz  der  Stadt  gegen  Jahres- 
ribut  zugestanden.    Aber  sobald  Murad  seine  Rüstungen  vollendet  hatte. 


X064  AbrisB  der  byzaniiniBchen  KaiBergeschiohte« 

1430  begann   er  den  Sturm   gegen  die  Stadt,  welche  29.  März  1430  unter  na- 
menschlichen  Greueln  endgültig  dem  Osmanenreich  einverleibt  ward. 

Um  so  erfolgreicher  waren  die  Paläologen  im  Peloponnes.    Die  out» 
nehmenden  Brüder  Thomas  und  Konstantin  vernichteten    in  einem  glfick- 

428/1430  liehen  Krieg  1428 — 1430  die  letzten  Reste  der  Frankenherrschaft ,  & 
Fürstentümer  Patrae  und  Achaia,  und  vereinigten  den  gesamten  Peloponnei 
mit  Ausnahme  der  venetianischen  Besitzungen  in  ihren  Händen. 

Je  mehr  die  Türken  die  gesamte  Balkanhalbinsel  ihrer  Herrschaft 
unterwarfen,  Serbien  und  Bosnien  inkorporierten  und  von  Ungarn  mr 
durch  den  Helden  Johannes  Hunyad  zurückgehalten  wurden,  um  so  j«^ 
kärer  gestaltete  sich  die  Lage  des  Schattenkaisers  am  Bosporos.  Za 
Murads  grossem  Zorne  wandte  er  noch  einmal  seine  hilfeflehenden  Blicfa 
nach  dem  Abendlande.  Eine  durch  ein  halbes  Jahrtausend  sich  hinziehende 
Kette  von  teilweise  recht  frivolen  Täuschungen  der  Griechen  konnte  die  Kurie 
in  ihren  stets  erneuten  Bemühungen  nicht  irre  machen.  Mit  Eifer  fSrdeite 
Papst  Eugen  lY  die  neuen  Unionspläne.  Dem  bankrotten  Kaiser  schickte  er 
Reisegeld  und  Unterhalt  für  das  Gefolge.  Diesmal,  da  ihnen  das  Wasser  in 
die  Seele  ging,  war  es  dem  Kaiser  und  den  meisten  Prälaten,  so  dem  öku- 
menischen Patriarchen  Joseph  und  den  spätem  Kardinälen  Bessarion  und 
Isidoros,  mit  der  Union  bitterer  Ernst.  Und  das  Florentinum,  das  feierlidi 
6.  Jul.  6.  Juli  1439  in  der  Kathedrale  von  Florenz  verlesene  Unionsdekret,  ist  inao- 
1439  fern  von  eminenter  realer  Bedeutung,  als  es  die  dogmatische  Grundlage  fBr 
die  thatsächlichen  Unionen  der  Ruthenen,  Rumänen  u.  s.  f.  geworden  isL 
Aber  in  Konstantinopel  ging  es  anders.  Mönche  und  Volk  ratifizierten  dei 
Vertrag  nicht,  welchen  die  kaiserliche  Regierung  und  der  hohe  Klerv 
abgeschlossen  hatten.  Dogmatische  Zänkereien  verbitterten  den  Byzan- 
tinern selbst  die  Todesstunde. 

Vom  Abendland  erhielt  Joannes  VIQ  zunächst  so  gut  wie  keine  Hilfe. 
Dafür  unterstützte  Murad  seinen  nichtsnutzigen  Sohn  Demetrios,  der  ak 
Patron  der  Rechtgläubigen  mit  türkischen  Nomaden  das  Gebiet  von  Kon- 
stantinopel verwüstete,  bis  sein  Bruder  Konstantinos  ihn  zu  Paaren  trieb 
und  selbst  gefangen  nahm. 
1443  Aber  Eugen  IV  liess  nun  überall   das  Kreuz  predigen.     1443  mar- 

schierte  ein  hauptsächlich   aus  Ungarn,  Polen  und  Rumänen    bestehendes 
Heer  unter  Führung  des  Königs  Wladislaw  und  Hunyads  gegen  die  Türke», 

24.  Dez.  und  diese  errangen  bei  Kunowija  24.  Dezember  1443  einen  glänzenden 
1^4  ^^^8-  Murad  lenkte  ein,  und  Juni  1444  ward  zu  Szegedin  ein  für  Ungarn 
und  Serbien  recht  günstiger  Friede  auf  zehn  Jahre  abgeschlossen.  Allein 
während  Murad  in  Asien  beschäftigt  war,  riss  der  heissblütige  Kardinal- 
legat Giulio  Cesarini  durch  seine  flammende  Beredsamkeit  den  ungarischen 
Reichstag  zum  offenen  Wortbruch  fort.  Anfang  August  rückte  die  Qlauben»- 
armoe  aus  und  drang  in  schlechter  Zucht  bis  Bulgarien  vor.  Eben  war 
Varna  genommen,  als  die  Nachricht  von  Murads  Übergang  nach  Europa 
das  Kreuzheer  erschreckte.   Der  schmähliche  Verrat  der  Genuesen  an  der 

10.  Nov.  christlichen  Sache  hatte  ihm  das  ermöglicht.    10.  November  1444  kam  es 

1444    zu  der  Schlacht  von  Varna,  welche  die  Christen  beinahe  gewonnen  hätten. 

wenn  nicht  gegen  die  Verabredung  in  toller  Kampfeslust  und  eifersüchtig 


c. 


IZ.  Die  Bestanration  der  Palftologen  und  der  Untergang  (1261—1458).    1065 

»uf  Hunyads  Erfolge  König  Wladislaw  und  seine  polnischen  Ritter  den 
S^ngriff  auf  die  allein  noch  standhaltenden  Janitscharen  eröffnet  hätten, 
i^ladislaw  fiel.  Sein  Tod  lähmte  die  Kraft  der  Christen.  Aber  Hunyad 
eitete  den  geordneten  Rückzug  der  Armee  über  die  Donau,  ihre  Verluste 
^aren  geringer  als  die  der  Türken.  Der  Misserfolg  dieser  letzten  ge- 
^v'altigen  Anstrengung  liess  im  Abendland  eine  tiefe  Entmutigung  zurück. 
Eis  ist  thatsächliches  unrecht,  ihm  den  Vorwurf  der  Teilnahmlosigkeit 
B^egenüber  dem  Schicksale  der  Oströmer  zu  machen.  Vielmehr  hatte  es 
Aurch  die  Züge  von  Nikopolis  und  Vama  für  die  orientalischen  Christen 
gethan,  was  in  seinen  Kräften  stand.  Nunmehr  waren  sie  unwiederbring- 
Ucli  ihrem  Schicksal  verfallen. 

Johann  VIII  suchte  dann  durch  Geschenke  Murads  Groll  zu  versöhnen. 

Die  Venetianer,  deren  Flotte  die  Aktion  des  Kreuzheers  sekundiert  hatte, 
^schlössen  1446  mit  den  Türken  ihren  Frieden.     Konstantin  von  Mysithra  1446 
^hatte  sich   1444   ebenfalls  der  antitürkischen  Allianz  angeschlossen.     Er  1444 
7 hatte  das  Herzogtum  Athen  seiner  Herrschaft  unterworfen;   auch  nach 

Varaa  setzte  er  den  Kampf  fort  und  drang  siegreich  in  Mittelgriechenland 
'.vor.  Er  hoffte  auf  des  grossen  Skanderbeg  Hilfe;  allein  diesen  nahm  ein 
"^'Krieg  mit  Venedig  völlig  in  Anspruch.  Murad  rückte  nun  persönlich  gegen 
*^'den  Peloponnes  mit  einer  Armee  von  60,000  Mann  ins  Feld.  Trotz  Kon- 
''^fltantins  energischem  und  gut  geleitetem  Widerstand  fielen  alle  Burgen 
^^ICttelgriechenlands  den  Türken  in  die  Hände.     Die  beiden  Despoten  ver- 

''teidigten  aufs  tapferste  das  Hexamilion.     Auch  diese  Linie  ward  4.  De- 
^lember  1446  durchbrochen  und  Korinth  gewonnen.   Thomas  imd  Konstantin  1446 
^-  flohen  nach  Mysithra,  während  die  Türken  durch  zwei  gewaltige  Razzias 
-aus  dem  Peloponnes  60,000  Menschen  fortschleppten.  1447  ward  den  Paläo-  1447 

logen  der  Friede  gegen  Erlegung  einer  Kopfsteuer  für  ihr  Land  gewährt. 
'^^Die  Verwicklungen  mit  Hunyad  und  Skanderbeg  hatten  diesen  leidlichen 
''-Abschluss  zu  stände  gebracht. 
■'  Kaiser  Joannes  VIH  war   den  3.  Oktober  1448  gestorben.     Der  un-  ^-^ 

(fiUiige  Demetrios   trachtete    nach    der  Nachfolge.     Allein   die   bisherigen 

Minister  und  der  getreue  Phrantzes  widersetzten  sich  dessen  Versuch  die 
Hauptstadt  zu  nehmen.     Murad  entschied  für  Konstantin.    6.  Januar  1449  6.  Jan 

'-erhielt   er   im  Schlosse  zu  Mysithra   das  kaiserliche  Diadem   und   segelte     ^^^ 
i:  sofort   nach   der   Hauptstadt;    mit   grossem    Jubel   wurde   der  Kaiser   in 
::  seinem    neuen  Staate    begrüsst,    der   sich  wieder,    wie  in   altgriechischer 

t  Zeit,  auf  die  Polis  beschränkte.  Die  beiden  übrigen  Brüder,  Thomas  und 
-H  I)emetrios,  teilten  sich  in  den  Peloponnes.  Gegen  Thomas,  der  sich  auf 
-L  Kosten  seines  Bruders  auszubreiten  suchte,  rief  dieser  die  Türken  zu 
-::  Hilfe;  diese  stellten  denn  auch  die  Ruhe  wieder  her. 

Mittlerweile  war  am  5.  Februar  1451  Mohammed  H  auf  seinen  Vater  5.  Febi 

>  gefolgt.  Wie  mit  den  anderen  Kleinfürsten  erneuerte  er  auch  mit  den  ^^^ 
i.  Bomäem  feierlich  Friede  und  Freundschaft.  Während  nun  Mohammed 
=i  in  Asien  mit  der  Niederwerfung  des  unbotmässigen  Emirs  von  Karaman 
L,  beschäftigt  war,  kam  Konstantin  auf  den  unseligen  Einfall,  für  den  in 
=?  Konstantinopel  inhaftierten  Prinzen  ürchan  Verdoppelung  der  von  den 
;^  Türken  gezahlten  Pension  zu  fordern.    Der  griechenfreundliche  Grossvezier 


1066 


Abria«  der  bjrxuitiiiuchen  Esia 


dalil-Pascha  erschrak  über  die  thörichte  '. 
cbischen  Gesandten  ins  Lager  von  Alcacbehr 
med  II  ergriff  mit  Freuden  den  günstigen  Ai 
ein  definitives  Ende  zu  bereiten. 

Mit  der  grössten  Umsicht  leitete  Mohi 
Griechen  erkannten  bald,  dass  fUr  sie  dei 
Leben  angebrochen  sei.  Allen  Verkehr  oacl 
schmälsten  Stelle  des  Sundes  errichtetes  Käst 
lungen    gegen    den  Festungsbau    wies  der  Si 

1452  1452  sandte  Mohammed  den  Turachan  ge^ 
eine  furchtbare  Razzia  durchzumachen  hatte: 
zu  Gunsten  ihres  bedrängten  Bruders  wurde 
verproviantierte  seine  Hauptstadt  nach  Kraft 

U53  Winters  1453  das  Mauerwerk  aus.  Von  d 
erhielt  Konstantin  keine  Hilfe.  Das  Abendli 
seine   Kräfte    für    die   Rettung    der   ßomäer 

1452  welcher  den  „russischen"  Kardinal  laidoroe 
neuen  Union  sandte,  entfremdete  dem  unglQi 
pathien  der  Mönche  und  der  Massen.  Aber 
durchweg  unionsfeindlich.  Wirkliche  Unten 
fast  nur  durch  die  kriegerischen  Mannschaft 
tinopel  ansässigen  Kolonien.  Indessen  ein  gr 
seinen  Frieden  mit  Mohammed.  Dagegen  d 
Giovanni  Giustiniani  kam  mit  zwei  Schiffen 
Kaiser  seine  Dienste  anzubieten.  Zur  Dis] 
wenig  über  9000  Mann.  Mit  diesen  erwarte 
heuren  osmanischen  Übermacht  und  der  g( 
durch  den  Ingenieur  Orban  gegossenen  Riese 
ward  durch  eine  Kette  abgesperrt. 
5.  Apr.  Mohammed  H  erschien  5.  April  1453  vc 

**°^  sönlich  den  Angriff  von  der  Landseite,  wie 
11.  Apr.  11.  April  1453  begann  der  Angriff,  aHein  v 
1453  Bjfoig  Orbans  Riesenmörser  zersprang,  und 
mittelst  dos  griechischen  Feuers  gegen  die 
reiches  Gefecht.  Die  Breschen  wurden  aus$ 
18.  April  abgewehrt.  Mohammed  begann  m 
Seeseite  und  zwar  von  der  Innern  Seite  des 
den  Venetianem  abgelernten  Methode,  worin 
Diolkos  nachahmten,  wurden  die  Schiffe  auf  ( 
enge  geschafft  und  bedrängten  die  Griechen 
Die  seit  dem  7.  Mai  sich  wiederholend« 
wurden  unter  schweren  Verlusten  der  Feindi 
Auch  der  gegen  die  Blachemen  gerichtete  M 
erfolgreichen  Gegenanstalten  des  deutschen 
Aber  das  unablässige  Geschützfeuer  der  1 
Mauern  derartige  Breschen  geschlagen,   dass 


IX  Die  Bestanration  der  Palftologen  und  dar  Untergang  (1261—1453).    1067 

Jauptsturm  angesetzt  werden  konnte.    Einen  letzten  Vorschlag,  die  Stadt 
:u   übergeben,  wies  Konstantin  heldenmütig  zurück. 

Um  2  Uhr  in  der  Nacht  Dienstag,  den  29.  Mai  1453,  begann  der  2^- ^* 
Örchterliche  Ringkampf.  Zwei  Sturmläufe  wurden  siegreich  abgeschlagen. 
>a  liess  der  Sultan  die  Janitscharen  vorrücken.  Wiederum  erlitten 
ie  grosse  Verluste,  als  ein  Pfeilschuss  den  umsichtig  die  Verteidigung 
Bitenden  Giustiniani  schwer  verwundete.  In  der  ersten  Betäubung  eilte 
r  nach  dem  Hafen,  um  sich  auf  einem  Schiffe  verbinden  zu  lassen.  Die 
intretende  Verwirrung  bemerkte  und  benutzte  Saganos-Pascha.  Unter 
Hütendem  Kampfe  mit  den  Verteidigern  setzte  ein  Haufe  Janitscharen 
ich  auf  der  Mauer  fest,  während  ein  anderer  Haufe  das  kleine  PfiSrtchen 
Lyloporta  unverschlossen  fand  und  auf  der  Mauer  nach  dem  Thore  von 
Ldrianopel  vordrang.  Durch  nachströmende  Kameraden  verstärkt,  fielen 
ie  dem  Kaiser  in  den  Rücken.  Die  türkischen  Kanonen  öffneten  jetzt 
»ine  riesige  Bresche.  Konstantin  fand  tapfer  kämpfend  den  Heldentod. 
Mo  Sieger  verübten  unter  der  schwachen  Besatzung  ein  fürchterliches 
lemetzel  und  wandten  sich  dann  zur  Plünderung.  60000  Einwohner 
»iirden  zu  Gefangenen  gemacht.  Eine  Masse  Unglücklicher  waren,  auf 
»in  altes  Orakel  vertrauend,  in  die  Sophienkirche  geflohen;  hier  sollte 
line  plötzliche  und  wunderbare  Wendung  des  Schicksals  der  Christen  ein- 
reten.  Die  Thüren  wurden  mit  Äxten  eingeschlagen,  an  den  unglücklichen 
nsassen  alle  Greuel  des  Kriegsrechts  verübt,  der  Dom  selbst  besudelt 
md  entweiht. 

8  Uhr  Morgens  den  30.  Mai  zog  Mohammed  in  die  eroberte  Stadt  30.  Ma 
lin  und  nahm  die  Sophienkirche  für  den  Islam  in  Besitz.  ^^^^ 

Das  ganze  Abendland  brach  in  laute  Wehklagen  aus  über  den 
»chweren  Verlust,  den  durch  den  Fall  der  alten  Römerstadt  die  Christen- 
leit  erlitten  hatte.  Die  spärliche  Hilfe,  welche  der  Papst  und  Venedig 
landten,  kam  zu  spät.  Die  peloponnesischen  Despotate  teilten  sieben 
fahre  später  das  Schicksal  der  Hauptstadt.  Das  römische  Griechenreich 
«rar  aus  den  Annalen  der  Geschichte  ausgestrichen. 

Der  Maimonat  1453  hat  das  byzantinische  Kaisertum  definitiv  zu  Grabe 
jetragen.  Mit  der  weltbeherrschenden  Stellung  der  Griechen  war  es  längst 
&U8 ;  auch  der  falsche  Schein  derselben  ging  jetzt  verloren.  Aber  Byzanz  hat 
)inen  gewaltigen  Erben  gefunden.  Der  russische  Car  nahm  die  paläologische 
Prinzessin  zur  Ehe;  die  Krone  Konstantin  Monomachs  wurde  dem  Selbst- 
lerrscher  Aller  Reussen  auf  dem  Kreml  aufgesetzt.  Das  russische  Reich 
st  die  thatsächliche  Fortsetzung  des  byzantinischen  Kaisertums.  Und  wann 
3inst  die  Hagia  Sophia  dem  wahren  Glauben  zurückgegeben,  wann  einst 
Oeinasien  der  scheusslichen  türkischen  Misswirtschaft  entrissen  werden 
soll,  so  kann  das  nur  durch  den  russischen  Garen  geschehen.  Englands 
Widerstand  streitet  gegen  Natur  und  Geschichte  und  wird  darum  mit 
Sicherheit,  wenn  auch  vielleicht  erst  recht  spät  unterliegen.  Kaiser  von 
Eonstantinopel  kann  nur  der  Beschützer  des  orthodoxen  Glaubens,  der 
russische  Car,  werden,  sofern  er  sich  der  grossen  mit  dieser  Aufgabe 
irerbundenen  Verpflichtungen  ernsthaft  bewosat  wird. 


Allgemeine  Bibliographie. 

1.  Politische  Geschichte. 

1.  ZuMunmenfaBBende  DarBtellimgen. 

Den  bedeutendsten  Grund  legte  einer  der  grOssten  Grelehrten  aller  Zeiten,  Charles 
du  Fresue  (Du  Gange),  durch  folgende  Werke:   1.  Hiatoire   de    Fempire  de  Cple  m 
les  empereurs  Fran^ois,  Paria  1668.     2,  Historia  byzantina  duplici  commentario  ilhnM^ 
Paris  1680.     Dieses  noch  heute   absolut  unentbehrliche  Werk   besteht   aus   zwei  sepd 
paginierten  und  häufig  auch  unter  ihren  Spezialtiteln  zitierten  Werken :  a.  Familiae  aogiilM 
bjzantinae  seu  stemmata  imperatorum  Cpolitanorum  (Genealogie  der  byzantinischen  aowitte 
mit  der  byzantinischen  Geschichte  eng  verbundenen  südslavischen  und  türkischen  FBnl» 
familien  nebst  Abbildungen  von  Münzen,  Miniaturen  u.  s.  w.).    b.  Constantinopolis  chriitiai 
seu  descriptio  urbis  Cpolitanae  qualis  extitit  sub  imperatoribus  christianis  (Gesehidite  ■! 
Topographie   von  Kpel   mit  reichhaltigen  Nachweisen  der  Kirchen,   Klöster,   Xenododiia, 
Paläste  u.  s.  w.).     Auch   dieser  Teil  bleibt  noch   immer  unentbehrlich,   obschon  auf  d« 
Gebiete  der  Topographie  von  Kpel  in  der  neueren  Zeit  weit  mehr  als  auf  dem  der  byai- 
tinischen   Familiengeschichte   gearbeitet    worden    ist.      3,   Die   Kommentare    zu   mehnm 
byzantinischen  Historikern  (Osterchronik,   Zonaras,  Nikephoros  Bryennios,  Anna  Kooumhl 
Kinnamos,    Nikephoros    Gregoras).     Zur   ersten    Einführung   sind    diese    gelehrten  Woh 
freilich  nicht  geeignet.  —   Nichts  als  eine  Übersetzung  der  chronologisch  an  einander  n* 
schliessenden   byzantinischen    Historiker  und   Chronisten  ist  das   Werk   von  V.  Consii, 
Histoire  de  Cple  depuis  Justin  jusqu*ä  la  fin  de  Tempire,  8  voll.,  Paris  1671  —  1674;  wiedc^ 
holt  Paris  1685.  —  Ch.  Le  Beau,   Histoire  du  Bas  Empire,   30  voll.,    Paris  1757-im 
mit  Fortsetzung  — 1817.    Nouvelle   Edition  par  Saint-M artin,  21  voll.,    Paris  1824— 183& 
Die   ersten  Teile   auch  in  deutscher  Übersetzung,  Leipzig  1765—1783.     Es  ist  eine  wtoi^ 
verarbeitete   und   daher  ziemlich   unverdauliche   Kompilation   aus   den  Originalquellea.  - 
K.  Gibbon,   History  of  the  decline  and  fall  of  the  Roman  empire,    6  voll.,    London  1771 
bis  1788  und  oft  wiederholt.     Eine   neue  Ausgabe,   die   durch   einen   knappen  Komioeais 
dem    gegenwärtigen   Stande   der  Forschung   angepasst  ist,   veranstaltet  J.  li.  Bary.    Ki 
jetzt    Vol.  1,   London  1896.    Deutsche   Übersetzung   von   Sporschil,  Leipzig  1837  (aeae 
Auflage  1843,  1854,  1862).     Dieses   klassische  Werk  ist  durch  seine  markige  Darstellaag 
und  durch  sein  geistvolles  Raisonnement  für  die  Verbreitung  des  Interesses  an  der  hjmt 
tinischen  Welt  bahnbrechend  geworden,  obschon  sich  gerade  seine  leitenden  Ideen, 
ders   die  Anschauung   von   einem   unaufhaltsamen,   wesentlich   durch  das  Christentum  W- 
wirkten   Verfall   als    irrtümlich   erwiesen   haben.    —  Auf  Gibbon  folgte   in    diesem  Jtkt^ 
hundert  George  Finlay,   der,   durch  lebendige  Auffassung  der  politischen  YeriiiltiMi 
und  durch  intimste  Kenntnis  der  Geographie  und  Ethnographie  des  Orients 


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1.  Politiaohe  GeBohiohte.  1069 

ie  weiten  Perioden  der  römisch- byzantinisch-neugriechischen  Geschichte  in  vier  grossen 
fTerken  darstellte.  Nach  seinem  Tode  besorgte  H.  F.  Tozer  eine  von  dem  Verfasser  selbst 
In^t  vorbereitete  und  bedeutend  vermehrte  Gesamtausgabe  derselben  unter  dem  Titel: 
•.  history  of  Greece  from  its  conquest  by  the  Romans  to  the  present  time  (B.  G.  146  to 
>•  D.  1864),  7  voll.,  Oxford  1877.  —  In  deutscher  Übersetzung  erschien:  G.  Finlay, 
■riechenland  unter  den  Römern  (146  v.  Ohr.— 716  n.  Ohr.),  Leipzig  1861.  Eine  ausfRhr- 
iche  Besprechung  von  G.  Finlay,  Medieval  Greece  and  Trebizond  1851,  gab  J.  Fall- 
lerayer,  Gesammelte  Werke  3  (1861)  298—330.  —  Wlad.  de  Brunet  de  Presle  et 
k^lex.  Blanchet,  La  Grece  depuis  la  conqudte  romaine  jusqu'ä  nos  jours,  Paris  1860.  — 
Baptistin  Poujoulat,  Histoire  de  Ople  comprenant  le  Bas-Empire  et  TEmpiro  Otto- 
aan,  2  Bde,  Paris  1853  (populäre  Zusammenfassung  ohne  wissenschaftlichen  Wert).  — 
Siue  völlig  kindische  Kompilation  aus  Gibbon  ist  das  Buch  von  Fr.  v.  And  law,  Die 
»yzantinischen  Kaiser,  Mainz  1865.  —  Der  beste  und  gründlichste  deutsche  Forscher  auf 
lern  Gebiete  der  byzantinischen  Geschichte  ist  Karl  Hopf.  Ausser  verschiedenen  Mono- 
;r&phien  (s.  u.)  schrieb  er  eine  zusammenfassende  und  namentlich  fQr  die  Geschichte  der 
ir&nkischen  Herrschaften  grundlegende  ,  Geschichte  Griechenlands  vom  Beginn  des  Mittel- 
ilters  bis  auf  unsere  Zeit*  (395 — 1821);  sie  ist  leider  vergraben  in  der  ebenso  grossartig 
Ja  unzweckmässig  angelegten  Ersch-  und  Gruber'schen  Enzyklopädie  I.  Sekt,  Bd  85  und 
(6,  Leipzig  1867—1868.  Vgl.  die  Besprechung  von  A.  v.  Gutschmid,  Lit.  OentralbL  1808 
S.  638  ff.  =  Kleine  Schriften  5  (1894)  426—434.  —  Zur  Einfahrung  dienen  für  deutsche 
L«eaer  am  besten  die  wenig  selbständigen,  aber  durch  schwungvolle  Darstellung  und  gute 
Gruppierung  des  Stoffes  ausgezeichneten  Werke  von  G.  Fr.  Hertzberg,  Geschichte 
ä^riechenlands  seit  dem  Absterben  des  antiken  Lebens  bis  zur  Gegenwart,  3  Teile  und 
iasiaterband,  Gotha  1876—1878,  und:  Geschichte  der  Byzantiner  und  des  osmanischen 
Reiches  bis  gegen  Ende  des  16.  Jahrhunderts,  Berlin  1883  (in  der  von  Oncken  heraus- 
^Sebenen  allgemeinen  Geschichte  in  Einzeldarstellungen  II  7.  Teil).  Eine  Obersicht  gab 
lerizberg  auch  in  Pauly's  Realenzyklopädie  1.  Bd  2.  Aufl.  (1866)  S.  2562  ff.  —  Eine  les- 
Hure  populäre  Zusammenfassung,  die  keinen  Anspruch  auf  wissenschaftlichen  Wert  erhebt, 
sab  0.  W.  0.  Oman,  The  Byzantine  empire,  London  1892.  —  Kurzgefasste  Darstellung 
ron  Oh.  Bayet  (395-1095)  und  A.  Rambaud  (1095— 1481)  in:  E.  Lavisse  etA.  Ram- 
t»aad,  Histoire  gönärale  du  IV«  siecle  ä  nos  jours,  3  voll.,  Paris  1893-1894  (Vol.  1, 
161-203;  625-687;  2,  798—883;  3,  789-868).  —  Eine  Skizze  der  byzantinischen  Ge- 
lehichie  von  H.  Gelzerals  Anhang  dieses  Buchs  8. 911 — 1067.  —  Endlich  sind  zwei  griechische 
B^Terke  zu  nennen:  K.  Paparrhegopulos,  'lüxoQia  xov  'EXXrjyixov  e&yovg,  2.  Aufl.,  5  Bde 
mit  Atlas),  Athen  1887-  1888,  ein  auf  selbständigen  Studien  begründetes  Werk,  das  von 
len  ältesten  Zeiten  bis  auf  1832  reicht.  Ein  Auszug  aus  dem  Werke  erschien  französisch 
ila:  Histoire  de  la  civilisation  hellönique,  Paris  1878.  —  Sp.  Lampros,  'Icxogla  rrjg  TA- 
Uidog,  Athen  1888—1892  (bis  jetzt  drei  Bände,  die  von  den  ältesten  Zeiten  bis  auf  die 
Ulserin  Irene  reichen;  das  Werk  soll  bis  auf  König  Otto  geführt  werden).  —  Ausserdem 
dnd  natürlich  die  auf  Byzanz  bezüglichen  Abschnitte  in  den  universalhistorischen  Werken, 
L  B.  Ranke,  Weltgeschichte  Bd  4—6,  Leipzig  1883—1885,  sowie  die  Darstellungen  der 
talienischen,  slavischen,  persischen,  arabischen  und  türkischen  Geschichte  beizuziehen. 

2.  Speiialwerke,  d.  h.  Darstellniigeii  einzelner  grOaserer  Zeitabschnitte  und 

einzelner  Gebieteteile. 

A.  Einzelne  Zeitabschnitte:  1,  Ältere  Zeit:  Seb.  Lenain  de  Tillemont, 
ilstoire  des  emperenrs  et  des  autres  princes  qui  ont  regnä  durant  les  six  premiers  si^cles 
le  r^glise  etc.,  6  voll.,  Brüssel  1692  ff.  Oft  wiederholt  (reicht  bis  auf  Anastasios  I 
nduB.).  —  Montesquieu,  Oonsidärations  sur  les  canaes  de  la  grandeor  des  Romains  et 
le  leur  d^cadence.  Eine  neue  Ausgabe  mit  einem  Kommentar,  in  dem  anoh  anf  die  neue 
Sntwickelnng  der  byzant.  Stadien  Rücksicht  genomman  M,  TenastiUeta  C.  Jnllian, 
i^aris  1896.  —  Wenig  nützt  jetzt  W.  Zinkeiien,  GaaoUflhlt  QrifdMiMi^^  1.  Tdl  (Im  xam 


1070         Byzanünische  LÜteratnrgeBohiohie.    Allgemeine  Bibliograpliie. 

Heereszuge  KGnig  Rogers),  Leipzig  1832.  —  Am^d^e  Thierry,   Tableaa  de  TempiR» 
main   depuis  la  fondation  de  Rome  jusqa'ä  la  fin  da  gouvemement  imperial  ea  Otak^ 
Paris  1862.  —  Amöd^e  Thierry,   R^cits  de  Thistoire  romaine  aa  V®  aiede.    L%km, 
Demiers  temps  de  Tempire   d'Occident.    2.  S^rie:  Trois  ministres  des  fils  de  l^Mm. 
Rufin,  Eutrope,  Stilicon.    4.  S^rie:  St.   Jean    Ghrysostome   et  rimp^ratnoe  Endoxk  U 
sociötö   cbrötienne   en  Orient.    6.  Sörie :   Nestorios  et  Entycbäs.     Lee  grandes  b^raMi  k 
V«  siäcle.    Paris  1860.    1865.    1872.   1879.  —  Thom.  Hodgkin,  Italy  and  her  irnkm, 
376—476.    4   voll.,   Oxford  1880—85.  —  V.  Duruy,  Histoire    des  RomainB,  Tome  VH, 
Paris  1885  (von  Diocletian  bis  auf  den  Tod  Theodosios'  des  Grossen).  —  Otto  Steck, 
Geschichte  des  Untergangs  der  antiken  Welt.    Erster  Band.    Berlin  1895  (der  voriit^a^ 
Band  behandelt  die  Zeit  Konstantins   des  Grossen   bis  325).  —  2.  Spätere  Zeit:  li 
Bury,   A  history  of  the  later  Roman  empire  from  Arcadios  to  Irene  (395  A.  D.— dOfti 
D.),  2  voll.,  London  1889.    Da  sich  die  Spezialstudien  des  Verfassers  auch  auf  ik  Filp- 
zeit   erstrecken,   steht   wohl   eine  Fortsetzung   dieser  Darstellung   in    Aussiebt.  —  Ckt 
Schlosser,  Geschichte  der  bilderstürmenden  Kaiser,  Frankfurt  1812.  —  Aug.  Fr.  Gfrl- 
rer.    Byzantinische  Geschichten,  3  Bde,  Graz  1872—1877.    Der  erste  Band  bebuiddtii 
Geschichte  Venedigs  bis  1084,   der  zweite  die  Völker  s&dlich  der  Donau  (Serben,  KmAa 
und  Bulgaren)  und  ihre  Beziehungen  zu  Byzanz,  der  dritte  die  byzantinische  Gesdodli 
von  976—1071   mit  besonderer  Rücksicht   auf  die   kirchlichen   und  sozialen  VobÜtnaiL 
Leider  lässt  die  Objektivität  des  anregenden  Werkes  zu  wünschen  übrig.  —  W.  Fiseker, 
Studien  zur  byzantinischen  Geschichte  des  11.  Jahrhunderts,  Progr.,  Plauen  1888.  —  Eh 
sehr  lehrreiche  Skizze  der  vorkomnenischen  Zust&nde  enth&lt  der  Vortrag  von  H.  Geliir, 
Die   politische  und   kirchliche  Stellung  von  Byzanz,  Verhandl.  der  33.  PhilologeiiTen.ii 
Gera,    Leipzig  1879  S.  32—55.  —  Carl  Neumann,   Die  Weltstellung  des  byzantbuMki 
Reiches  vor  den  Kreuzzügen,  Leipzig  1894  (wichtiges,   glänzend  geschriebenes  Werk).  - 
S.  N.  Palauzov,  Der  Südosten  Europas  im  14.  Jahrb.,  Joum.  Min.  1857  Bd  94  AMdLO 
60—108  und  Bd  96  Abteil.  II  26—56  (allgemeiner  Oberblick  der  politischen  Lage)  (rm) 
—  T.  Florinskij,  Politischer  und  kultureller  Kampf  im  griechischen  Osten  in  der  ente 
Hälfte   des  14.  Jahrb.,   Kiev  1883  (russ.).  —  Hauptwerk  für  die  letzten  Jahrhunderte  fa 
Reiches  ist  das  schöne  Buch  des  Juristen  Paulos  Kalligas,  Melitai  Bv^ayut^i  Intfim 
dno  Tfjg  TtQutTijg  f^^XQ'-  ^V^  reXevTalag  dhoüBm  (1204—1453),  Athen  1894.  —  K.  N.  Satkai, 
TovQxoxgarovfiiyt]  'EXlcig,   Athen  1869  (mir  unzugänglich).  —  Karl    Mendelssohn  Bar- 
th oldy,   Geschichte  Griechenlands  von  der  Eroberung  Konstantinopels  durch  die  Tbkn 
im  Jahre  1453  bis  auf  unsere   Tage,   2  Bde,   Leipzig  1870—1874.  —  Einige  venaixkii 
Beiträge   zur  byzantinischen  Geschichte  auch  bei  P.  Kalligas,  MMxai  xai  hiyüt,  A<ka 
1882,  Sp.  P.  Lampros,  'fatogixd  fieXtfijfiara,  Athen  1884,  und  K.   PaparrhegopnlM, 
IffjoQtxal  nqayfjiaxBTM^  Athen  1890. 

B.  Einzelne  Gebietsteile:  Athen:  Sp.  Lampros,  AI  *ji9ijyai  m^  is  id^ 
Tov  du)d6xciTov  ttitßyog  xard  ntjyds  dyBx&oxovg^  Athen  1878.  —  F.  Gregoroviufl,  Gt- 
schichte  der  Stadt  Athen  im  Mittelalter,  2  Bde,  Stuttgart  1889.  Beruht  zum  grüsstesTdi 
auf  den  Forschungen  von  K.  Hopf,  ist  aber  durch  die  geist-  und  poesievolle  DarsteUaii 
von  bleibendem  Werte.  Die  auf  lange  Strecken  sehr  dürftige  Überlieferang  über  die  spi- 
ziell  athenische  Geschichte  weiss  Gr.  durch  geschickte  Beiziehung  der  byzantinischen  Geauit- 
geschichte  zu  ergänzen.  —  G.  Konstantinides,  'furogia  taiy  'A&tjyoSy  arto  XQi4nov  yirri^ 
asiog  fjiixQf'  ^ov  hovg  1821.  2.  Aufl.,  Athen  1894.  —  Manches  auch  fOr  die  byzantiniscka 
Studien  Wichtige  enthalten  die  nach  ihrem  Hauptplane  jenseits  der  byzantinischen  Periode 
liegenden  Werke  von  Comte  Läon  de  Laborde,  Athönes  aux  XV«,  XVP  et  XVII»«- 
cles  d'apres  des  documents  inädits,  2  voll.,  Paris  1855,  und  Dim.  Gr.  Kampuroglu8,'^oe<i 
TcJy  U»rjyal<üy  inl  TovQxoxgatiag,  2  Bde,  Athen  1889—1892  (noch  nicht  vollendet),  imd: 
Afyfjf46itt  xijg  laxoQlag  xtay  'jarjyaiüiy,  3  Bde,  Athen  1889—1892  (Volkslieder,  Chronik« 
Briefe,  Verträge,  Firmane  u.  s.  w.) 


1.  Politische  Oesohichte.  1071 

Peloponnes:  Ph.  Fallmerayer,  Geschichte  der  Halhinsel  Morea,  2  Bde,  Stutt- 
imd  Tübingen  1830 — 1836  (geistreich,  aber  ungerecht  gegen  die  neugriechische  Nationa- 
0*  —  Dazu  die  S.  837  angeführten  Werke  von  Buchen  u.  a.  —  Patras:  St.  Thomo- 
^>alo8,  Ifftogia  tijg  noXeotg  TlaxQtovy  Athen  1888  (mir  unzugänglich). 

Thessalien:  L.  Fr.  Tafel,  De  Thessalonica  eiusqne  agro  dissertatio  geographica, 
3flrlm  1839  (vortreffliche  Monographie,  in  der  ausser  der  Geographie  auch  die  Geschichte 
{•blllirend  berücksichtigt  ist). 

Epirus:  P.  Arabantinos,  XQoyoygatpia  xijg  ^Hneigov,  2  Bde,  Athen  1856—1857. 
—  Jo.  A.  Romanos,  IJegi  xov  Jeanotdrov  r^g 'HneiQov,  Eorfu  1895  (wertvolle  Ge- 
lohichte  des  Despotats  von  Epirus  1204—1449). 

Eerkyra:  Andr.  Mustozydes,  Delle  cose  Corciresi,  Band  1  (nicht  mehr  erschienen) 
Corla  1848.  —  And.  M.  Hidromenos,  Svyonxixrj  laxogia  x^g  Ksoxvgag,  Eorfu  1895.  — 
Hehrere  Texte  zur  Geschichte  von  Eorfu  ed.  Sp.  P.  Lampros,  KcQxvgaXxd  'Avixdoxa, 
lAÜMn  1882. 

Eephallenia:  Urkunden  u.  s.  w.  zur  Geschichte  von  Eephallenia  geben  Marino  e 
Nie  Pignatorre,  Memorie  storiche  e  critiohe  dell'  isola  di  Cefalonia,  2  Bde,  Eorfu 
1887—1889. 

Eythnos:  A.  N.  Ballend as,  'Jaxogia  xijg  y^aov    Kv&yov  dno  raV   a^;|fa(orara»»' 

^X^*-  ^^^  ^'^^^  Vf^^^i  Athen  1896. 

Ereta:  G.  Papadopetrakis,  'laxoqia  xtöy  I(faxi(üy  rjxoi  fjiigog  xrjg  KQtftixijg 
iag,  Athen  1888  (beginnt  mit  der  Eroberung  Eretas  durch  die  Araber  um  825,  wird 
erst  für  die  letzten  Jahrhunderte  ausführlicher). 

Rhodos:  Die  Geschichte  der  Insel  Rhodos  in  der  byzantinischen  und  neueren  Zeit 
auf  1523  behandelt  Cecil  Torr,  Rhodos  in  modern  times,  Cambridge  1887.    Ein  Ex- 

aus  diesem  Buche  ist  die  nur  als  privater  Separatdruck  veröffentlichte  Abhandlung 
"nron  Cecil  Torr,  Rhodes  under  the  Byzantines,  Cambridge  1886.  Vgl.  die  Besprechung 
-Ton  S.  Reinach,  Revue  Critique,  tome  22  (1886)  188. 

Cypern:  G.  S.  Phrankudes,  Kvnqlg  ijxov  ol  Kvngioi  xijg  ctjfjiBQoy,  Athen  1890 
^unselbständig).  —  Hauptwerke  sind  die  S.  902  zitierten  Schriften  von  Mas  Latrie  und 
Sakellarios. 

Trapezunt:  Ph.  Fallmerayer,  Geschichte  des  Eaisertums  Trapezunt,  München 
1827  (grundlegende  Darstellung).  —  Neue  Materialien  zur  Geschichte  von  Trapezunt  ver- 
öffentlichte Ph.  Fallmerayer,  Abhandl.  bayer.  Ak.  3.  Cl.,  3.  Bd,  3.  Abt.  1843.  —  W. 
7iacher,  Trapezunt  und  seine  Bedeutung  in  der  Geschichte,  Zeitschr.  für  allgem.  Ge- 
■diichte  3  (Stuttgart  1886)  13—39.  —  W.  Fischer,  Trapezus  im  11.  und  12.  Jahrb., 
Mitteilungen  des  Instituts  f.  Österreich.  Geschichtsforsch.  10  (1889)  177—207. 

Palästina:  Alphonse  Couret,  La  Palestine  sous  les  empereurs  grecs  (323—636), 
Grenoble  1869  (von  R.  Röhricht,  Raumers  Histor.  Taschenbuch  1875  S.  368,  als  Muster- 
"werk  bezeichnet  Mir  unzugänglich).  —  Gr.  Palamas,  'legoaoXvfiidg  ijxoi  Mxofjiog  Unogla 
T^g  dylag  -noXstag  'legowraXijfA  dno  x^g  d-efAeXicSaeatg  avxijg  iatg  xvSy  vetaxdxtay  x^oytay.  Je- 
msalem  1864. 

Afrika:  Ch.  Diehl,  Rapport  sur  deux  missions  arch^ologiques  dans  TAfrique  du 
Kord.  Extrait  des  «Nouvelles  Archives  des  Missions  scientifiques  et  litt^raires*.  Paris 
1894.  Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  139  ff.  —  Ch.  Diehl,  I^tudes  sur  Thistoire  de  la  domination 
byzantine  en  Afrique.  Le  gouvernement  byzantin  et  les  populations  indig^nes,  B.  Z.  4 
(1895)67—91.  —  Ein  grösseres  Werk  von  Ch.  Diehl  über  die  byzantinische  Herrschaft 
in  Afrika,  das  von  der  französischen  Akademie  mit  einem  Preise  gekrönt  worden  ist,  be- 
findet sich  unter  der  Presse. 

ünteritalien  und  Sizilien:  Ein  umfassendes  Werk  über  die  Griechen  in  ünter- 
Halien,  in  welchem  neben  der  alten  und  neueren  Zeit  auch  die  byzantinische  Periode  ein- 
gehend berücksichtigt  ist,  gab  Fran9ois  Lenormant,  La  Grande  Gr^ce,  3  voll.,  Paris 
1881—1884.    Vgl.  auch  Fr.  Lenormant,  Ä  travers  l'Apulie  et  la  Lucanie,  Paris  1888 


1072         Byeuitiiiiaohe  LitterKtnrgsaoliioht«.    All{ 

(niir  unzug&nglicli).  —  Eune  Daratellang  der  GeschicL 
E.  Lavisee,  Hiatoir»  gändrale  du  IV"  aifecle  h  dos 
Italy  ander  the  Lombarde,  Scottieb  Beview,  Januar  1896 
BeBitzDogen  in  Italien  von  c.  600-640).  —  M.  Bmn, 
und  10.  Jahrb.,  OdeBsa  1888  (nwa.)-  —  T.  D.  Nernta. 
To>  fiiaoy  aiära,  UaQyaaaät  10  (1886)  157—174  (mit  ' 
Marienbildes  aus  Mesaina).  —  F.  Hiracb,  Da  Italiaa 
Berlin  1864  (mir  uuxng&nglioh).  —  F.  Hirsch,  Das  B 
gang  des  langobardisohen  Reiches,  Leipzig  1871.  —  G 
e  greci  per  la  ataria  dell'  Italia  meridionate  nel  modio 
rani,  Due  reliqnie  del  Bizantinismo  in  Poglia,  Aich. 
(1882)  608—620.  —  Fr.  d'Ovidio,  Di  alcnni  documen 
neridionale  dei  secoli  XI,  Sil  e  XIII,  Aroh.  ator.  per  le 
bia  607.  —  FQr  die  Quellen  der  Geschichte  des  byzantinie 
Le  fonti  della  atoria  delle  provincia  Napoletane  dal  56 
provincie  Napoletane  1  (1876),  2  (1877),  5  (1880).  —  E 
d'Otranto,  Firenze  1888  (mir  unwiBänglich)  —  A.  R. 
nagyaaaöt  13  (1890)  126-134.  —  Eine  plastische  Seh 
alterlicben  SQditalien  und  Sizilien  gibt  Ä.  Teaelovakij 

Zur  Kloster-  und  Heiligenge schichte  des  b^rzantin: 
di  Calabria  monaco  basiliano  nel  deoimo  aecolo,  Napol 
ateno  Baailiano  di  8.  Pancrazio  sullo  scoglio  di  Seil] 
Speleota  ovvero  S.  Elia  di  Reggio  di  Calabria,  monaco 
1893  (bandelt  S.  175-198  auch  über  das  Leben  des  j 
des  Hohlen bewobnera  Elias,  des  Eliaa  von  Enna). 
Crfptoferratenai  eiusque  bibliotfaeca  et  codicibua  pro» 
1893  (Geacbicbte  der  vom  hl.  Nilos  ans  Rossano  am 
Abtei  Grotla  Ferrata).  —  Manche  Beitrüge  cur  Geacb 
Kalabrien  (bea.  Santa-Uaria  di  Terreti)  und  znr  Eennti 
renzo,  Le  quattro  motte  eatinte  presao  Reggio  di  Ca 
menti,  Sien  na  1892.  Vgl.  die  Anzeige  von  P.  Batiffol 
Batiffol,  L'abbaye  de  Rossano,  contribntion  k  l'histoi 
einer  Einleitung  Über  die  Byzantiner  in  Unleritalien 
S.  XXXIX  angeführte  Litteratui).  Vgl.  die  Besprechn 
598-601. 

Zur  Sprache  der  Griechen  in  Italien:  II 
greci  deir  Italia  meridionale,  Pisa  1866.  —  Q.  Horoai 
d'Otranto,  Lecce  1870.  —  G.  Morasi,  Dialetti  romaici 
brift,  Arcbivio  glottologico  italiano  4  (1874)  1-116;  0 
Bova  s.  bes.  S.  Tt  ff.  -  Vgl.  auch  G.  Morosi,  Tele: 
meridionale.  Part«  prima:  Provincia  di  Reggio,  Archiv 
76  -96,  und  G.  Meyer,  AIcune  aggiunte  all'  articolo  < 
dialetti  dell'  Italia  meridionale.  Ebenda  12  (1890—189 
11  dialetto  grecDcalabro  di  Bova,  vol.  I,  Torino  1880.  ■ 
F.  Tozer,  The  greek  speaking  population  of  aonthen 
(1889)  11-42.  —  Einige  Bilder  und  MOrchea  aus  Kai 
mon.  vol.  14,  Paria  1870.  —  V.  D.  Palnmbo,  Laa  t 
griechisch- aale ntiniacbe  Volkaerzäblung),  Le  Miis4on  3 
pialbi  e  Luigi  Bruzzano,  Racconti  greci  di  Roccafa 
dene  Beitrage  enth&lt  auch  die  von  Palurobo  heransg 
lentina,    I^cce  1887  ff.    -  Weitere  Litteratur   bei  Gu 


1.  Politisohe  Gesohiohte.  1073 

pn^hie  der  neugriechischen  Mundarten  =  Neugriech.  Studien  l,   Sitzungsber.  Wiener  Ak. 
SO  (1894)  93—97. 

Über  die  byzantinischen  Urkunden  aus  Sizilien  und  Unteritalien  vgl.  S.  223  ff. 
— •    Über  byzantinisches  Recht  in  Italien  s.  die  S.  612  f.  angeführte  Litteratur. 

8.  Monographien. 

A.  Viertes  Jahrhundert:  J.  Burckhardt,  Die  Zeit  Konstantins  des  Grossen, 
L  Aufl.,  Leipzig  1880  (Hauptschrift).  —  V.  Schnitze,  Untersuchungen  zur  Geschichte 
^natantins  des  Grossen,  Zeitschr.  f.  Kirch  engeschiebte  7  (1885)  343-371;  8  (1886)  517 
»18  542.  —  J.  M.  Flasch,  Constantin  der  Grosse  als  erster  christlicher  Kaiser,  Würzburg 
189 1  (unkritischer  Panegyrikus).  —  Lothar  Seuffert,  Constantins  Gesetze  und  das 
ISliristentum,  Wfirzburg  1891.  —  Funk,  Konstantin  d.  Gr.  und.  d.  Christentum,  Theolog. 
)iiartalschr.  78  (1896)  429—462.  —  Eine  Skizze  der  Biographie  Konstantins  des  Grossen  gab 
B.  Cushing  Richardson,  Eusebius  (=-  A  Select  library  of  Nicene  and  Post-Nicene 
faifaera  of  the  Christian  church,  Second  Series,  vol.  1),  New-York  1890  S.  411—465.  Hier 
[8  ^5—465)  auch  eine  höchst  reichhaltige  Bibliographie  Konstantins.  —  J.  B.  Bury, 
Date  of  the  Battle  of  Singara,  B.  Z.  5  (1896)  302—305  (344  n.  Chr.).  —  Aug.  Neander, 
Dber  Kaiser  Julian  und  sein  Zeitalter,  Heidelberg  1812.  Auch  in  englischer  Übersetzung 
ron  Cox,  London  1850.  —  Ren d all,  The  emperor  Julian.  Paganism  and  christianity. 
Cambridge  1879.  —  Y-  Duruy,  L'  empereur  Julien,  Annuaire  de  Tassoc.  17  (1883) 
161 — 178.  —  Chetail,  Yie  de  l'empereur  Julien  surnommd  TApostat,  Saint— !^tienne 
1884.  —  Herrn.  Hecker,  Zur  Geschichte   des  Kaisers  Julianus,  Progr.,  Kreuznach  1886. 

—  GuiL  Schwarz,  De  vita  et  scriptis  Juliani  imperatoris,  Diss.,  Bonn  1888.  —  G.  Th. 
Koch,  De  Juliane  imperatore  scriptorum  qui  res  in  Gallia  ab  eo  gestas  enarrarunt  auctore 
duputatio,  Leyden  1890  (mir  unzugänglich).  —  Gust.  Reinhard,  Der  Perserkrieg  des 
Kaisera  Julian,  Progr.,  Dessau  1892.  —  Judeich,  Die  Schlacht  bei  Adrianopel  am  9.  Aug. 
B78,  Deutschd  Zeitschr.  f.  Geschicbtswiss.  6  (1891)  1—21.  —  Esprit  Flächier,  Histoire 
de  Th^odose  le  Grand,  Paris  1679  und  Öfter  wiederholt,  zuletzt  1826.  Deutsche  Über- 
■etzang,  Breslau  1765;  englische  London  1693.  —  Nie.  Olivier,  Dissertatio  historica  de 
^heodosii  M.  constitutionibus,  Lugduni  Bat.  1835.  —  Jul.  Ifland,  Die  Kämpfe  Theodosius' 
des  Grossen  mit  den  Gotlien,  Diss.,  Halle  1878.  —  A.  Güldenpenning,  Die  Quellen  zur 
deschichte  des  Kaisers  Theodosius  des  Grossen,  Diss.,  Halle  1878.  —  Gust.  Hassebrauk, 
SZor  Geschichte  des  Kaisers  Theodosius  I.  Gymnasialprogr.,  Blankenburg  a.  H.  1894  (han- 
delt über  den  römischen  Feldherm  Arbogastes).  —  Heinrich  Richter,  Das  west- 
vOmische  Reich  bes.  unter  den  Kaisem  Gratian,  Valentinian  II  und  Maximus,  Berlin  1865. 

—  Romuald  Gompoltsberger,  Kaiser  Gratian  (375—383  n.  Chr.),  Bericht  des  k.  k. 
Obergymnasiums  zu  Melk,  Wien  1879  (mir  unzugänglich). 

B.  Fünftes  Jahrhundert:  A.  Güldenpenning,  Geschichte  des  oströmischen 
Seiches  unter  den  Kaisem  Arcadius  und  Theodosius  II,  Halle  1885.  —  Wilhelm  Wie« 
^and,  Eudoxia,  Gemahlin  des  oströmischen  Kaisers  Theodosius  II.    Ein  culturhistorisches 

.BUd  zur  Vermittelung  des  Humanismus  und  Christentums,  Worms  1871.  ~  F.  Grego- 
re vius,  Athenais,  Geschichte  einer  byzantinischen  Kaiserin,  3.  Aufl.,  Leipzig  1892.  — 
£.  W.  Brooks,  The  emperor  Zenon  and  the  Isaurians,  The  Englisch  Histor.  Review  8 
<1893)  209—238.   —  Wilh.   Barth,   Kaiser  Zeno.    Diss.,  Basel  1894  (mir  unzugänglich). 

C.  Sechstes  Jahrhundert:  A.  Rose,  Anastasius  I,  Diss.,  Halle  1882.  —  A.  Rosoi 
Die  byz.  Kirchenpolitik  unter  Kaiser  Anastasius  I,  Progr.,  Wohlau  1888.  —  W.  H.  Wad- 
ding ton,  Edit  de  Tempereur  Anastase  sur  Tadministration  militaire  de  la  Libye,  Revue 
arcb^log,  Nouv.  S^rie  18  (1868)  417 — 430  (aus  Waddingtons  Inscriptions  de  la  Syrie). 
—  F.  A.  Isambert,  Histoire  de  Justinien,  2  Bde,  Paris  1856  (unkritisch).  —  Ad.  Schmidt, 
Der  Aufstand  in  Kpel  unter  Justinian,  Zürich  1854.  —  P.  Kall i gas,  Jlegl  rrjg  irraaemf 
rav  Nina,  MeXhat  xal  Xoyoi,  Athen  1882  S.  327-355.  —  Val.  Seibel,   Die  grosse 

Zeit  Justinians  I  u.  s.  w.,  Progr.,  Dilüngen  1857.  —  J.  von  Pflugk-Hartung, 
Biodbacli  der  kla«.  Altertnnwwiweaachaft  IX.    1,  Abtlg.    8,  Aufl.  08 


1074        Byzantinische  Litteratorgesoldohte.    Allgemeine  Bibliographie. 

Vandalenkriege,  £vXXoyog,  EixwfmBvtatxrjqig  {HagtiQ,  tov  irj'  tofAov,  1886)  258 — 293.  —  J.  t. 
Pflugk-Hartung,   Belisare  Vandalenkrieg,    Histor.  Zeitschrift  61    (1889)   69-96. -P.  j 
JOrs,  Die  Reichspolitik  Kaiser  Jostinians.  Akad.  Festrede,  Giessen  1893.  Vgl.  die  Beepradni 
von  L.  M.  Hartmann,  B.  Z.  4  (1895)  154  f.  —  J.  B.  Bnry,  Jostinians  heresy,  The  Gw>  ' 
dian  vom  4.  März  1896  S.  362  f.    —   D.  Largajolli,   Teodora  un'   augasta  bizantina  iil 
VI  secolo,  Nuova  Antologia  80  (1885)  210-244.  —  H.  Houssaye,  L'imp^ratrice  Theodci, 
Revue   des  Deux  Mondes  III®  pöriode  67   (1.  Febr.  1885)   568-597.    —    A.  Debidoir^ 
L'imp^ratrice  Thöodora,  Paris  1885  (eingehende  Studie).  —  Mallet,  The  empress  Tbeodgo, 
The  English  Eist.  Review  2  (1887)  1-21.  —  H.  Houssaye,  Aspasie,  Cl^op&tre,  Tb^odai, 
Paris   1890  (schöngeistige   Skizzen   ohne  wissenschaftlichen  Wert).    —    KnrtGroh,  (» 
schichte   des   oströmischen   Kaisers   Justin    II,   Leipzig    1889    (ebenso    unzuverliBBig  nl 
flüchtig  in  dem  über  die  Quellenverhältnisse  handelnden  Teil  als  in  der  historischen  ÜBfe» 
suchung  und  Darstellung).     Vgl.   die  sehr  berechtigte  Kritik  von  Ch.  Die  hl,  Revue  cri- 
tique   1890  Dez.    S.  447  ff.  —  Mordtmann,    Jtofiijdijgj   htagxog  ftjg   rtoXstag  (566—674), 
SvXXoyog,  JlaQttQXfjfjitt  xov  ly  xofiov  (1881)  S.  23  f.  —  Otto   Adamek,    Beiträge  nr  Ge- 
schichte des  byzantinischen  Kaisers  Maurikios.    Zwei  Gymnasialprogramme,   Graz  1390* 
1891  (handelt  über  die  griechischen  Quellen;  die  historische  Darstellung  steht  in  Aii9siel4 

D.  Siebentes  Jahrhundert:  L.  Drapeyron,  L'empereur  H^raclios  et  TeiiifiR 
byzantin  au  VII^  si^cle,  Paris  1869.  Ein  dickes,  aber  ziemlich  luftiges  Buch.  Vgl  mA 
Drapeyrons  Artikel  Heraclius  in  der  Grande  Encyclop^die  t.  19  (1894)  1133— 1136. -Ij.^ 
G.  Laskin,  Heraklios.  Das  byzant.  Reich  in  der  ersten  Hälfte  des  VII.  Jahrhondarl^f  £ 
Charkov  1889  (russ.).  Betont  bes.  die  geographischen  Verhältnisse;  in  den  rein  UrtK 
rischen  Teilen  fehlt  eine  genügende  Quellenkritik.  —  H.  Geizer,  Chalkedon  oderl» 
chedon,  Beiträge  zur  Geschichte  des  Kaisers  Herakleios,  Rhein.  Mus.  48  (1893)  161-1814 
(über  die  Eroberung  Jerusalems  durch  die  Perser  im  Jahre  614  und  den  Zug  gegen  CU>Mii| 
kedon  im  Jahre  615).  —  Kretschmann,  Die  Kämpfe  zwischen  Heraclius  I  und  Choaroflilf  ^ 
Zwei  Programme,  Güstrow  1875—1876.  Vgl.  B.  Z.  3  (1894)  373  Anm.  —  E.  Gerltit 
Die  persischen  Feldzüge  des  Kaisers  Herakleios,  B.  Z.  3  (1894)  330-373  (auch  als 
Leipzig  1894).  Gründliche,  durch  ausgiebige  Benützung  der  orientalischen  Qaeün 
scharfe  Prüfung  der  chronologischen  Fragen  ausgezeichnete  Arbeit  aus  der  Scholl  I^La 
Geizers.  —  A.  Mordtmann,  Ol  "JßaQsg  xal  ol  Uigcav  tiqo  rijg  KnoXetig,  IvXXoyoi,  *J^ 
XaioXoycxij  incTQonijf  TlaqaQX.  xov  x'— x/?'  rofiov  (1892)  S.  54—60  (durch  topogrqMl; 
Bestimmungen  wertvolle  Studie  über  die  Belagerung  Kpels  durch  die  Avaren  und  PeofpkSi 
i.  J.  626;  vgl.  oben  §273  Anm.  1  B).  —  E.  W.  Brooks,  On  the  chronology  of  the  0»; 
quest  of  Egypt  by  the  Saracens,  B.  Z.  4  (1895)  435—444. 

E.  Achtes  und  neuntes  Jahrhundert:  Karl  Schenk,   Kaiser  Leon  III,  DiaJfÄ 
Halle  1880.  —  Karl   Schenk,  Kaiser  Leons  III  Walten  im  Innern,   B.  Z.  5  (1896) SIMti^c 
bis   301.    —  J.   D.    Phoropulos,    Eigijy^   »7  'J&ijyala   avtox^xsiQa  'Poi^moiy.     Miftit^n 
(769 — 788).     Metd  Biaayotyrjg  nnql  xdjy  nohnxtdy  avyeneuav  x^g  eUoyofAaxlag  (726— TlJjltent 
Diss.,  Leipzig  1887.  —  J.  B.  Bury,  The  identity  of  Thomas  the  Slavonian,  B.  Z.  1  (18ML  1 
55—60  (es  handelt  sich  um  den  Gegner  Michaels  II).  li)T,k 

Über  das  erste  Auftreten  der  Russen  in  Byzanz  existiert  eine  reiche  Litteratoi,  iH(^>l 
der  hier  nur  einiges  angeführt  werden  kann:  Kruse,  Die  zwei  ersten  Einfälle  derRiiMi|(G^ 
in  Byzanz,  Joum.  Min.  1840  Bd  28  Abteil.  II  149—170  (russ.)  (über  die  Einfälle  in 
Jahren  774  und  839).  —  E.  Kunik,  Die  Berufung  der  schwedischen  Rodsen  2  (Fetatiliue 
bürg  1845)  332—336.  —  E.  Kunik,  Bulletin  de  la  classe  hist-phil.  de  racad^mie Uftz^  : 
Sciences  de  St.  Pötersbourg  6  (1849)  373  -379;  7  (1850)  72-74;  8  (1851)  185  ft;  »ll«^; 
(1881)  338-362.  —  A.  Ja.  Garkavi,  Ein  unediertes  Zeugnis  des  Masudi  über  daH^L 
der  Russen  nach  Kpel,  Joum.  Min.  1872  Bd  160  Abteil.  Wissenschaft  S.  220—239  (nai|^ 
~  V.  Vasiljevskij,  Viz.  Vr.  1  (1894)  258  f.  —  C.  de  Boor,  Der  Angriff  der  Rbfis 
Byzanz,  B.  Z.  4  (1895)  445-466.  -  Ch.  Loparev,  Ein  altes  Zeugnis  über  die  Nif*p|Lt: 
legung  des  Gewandes  der  Gottesmutter  in  Blachemai,  in  neuer  Auslegung  bezogeD  ifljiL: 


t  PolitiBOhe  Ctosohiohte.  1075 

sn  Angriff  der  Russen  auf  Byzanz  im  J.  860,  Viz.  Vr.  2  (1895)  581-  628.  —  Dagegen 
ehtet  sich:  Y.  Yasiljevskij,  Avaren,  und  nicht  Russen  —  Theodoros,  und  nicht  Geor- 
ioB,  Viz.  Vr.  3  (1896)  83-95. 

J.  B.  Bury,  The  relationship  of  the  Patriarch  Photius  to  the  empress  Theodors, 
he  English  Bist.  Review  5  (1890)  255—258.  —  Vornehmlich  mit  Basilios  I  beschäftigt 
ch  Karl  Morgenstern,  Über  das  Studium  der  byzantinischen  Geschichtschreiber, 
i^moires  prtoent^s  ä  Tacaddmie  imp.  des  sciences  de  St.-P^tersbourg  4  (1845)  169—202. 
ach  russisch  im  Joum.  Min.  1841  Bd  29  Abteil  II  137—176.  —  J.  G.  G.  Anderson, 
he  campaign  of  Basil  I  against  the  Paulicians  in  872  a.  d.,  The  Classical  Review  10 
896)  136—140.  —  Abicht,  Der  Angriff  der  Bulgaren  auf  Gpel  im  Jahre  896  n.  Chr., 
reh.  slav.  Phil.  17  (1895)  477—482.  —  Th.  Uspenskij,  Byzantinische  Besitzungen  am 
Irdlichen  Ufer  des  schwarzen  Meeres  im  9.  und  10.  Jahrb.,  Eievskaja  Starina  1889  (russ.). 
'  Gegen  diesen  Artikel  von  Uspenskij  spricht  V.  Vasiljevskij,  Über  die  Eroberung 
»r  Festung  Sarkel  Joum.  Min.  1889  Bd  265  S.  273-289  (russ.).  —  Dazu  die  Replik  von 
h.  Uspenskij,  Über  die  von  Vasiljevskij  aufgedeckten  Trugbilder,  Journ.  Min.  1889 
d  266  S.  550—555,  und  die  Duplik  von  V.  Vasiljevskij,  Joum.  Min.  1889  Bd  266 
.  556—557  (rass.).  —  N.  Popov,  Der  Kaiser  Leon  VI  der  Weise  und  seine  Regierang 
I  kirchengeschichtlicher  Hinsicht,  Moskau  1892  (russ.).  Vgl.  die  Besprechungen  von  Th. 
fftpen  skij ,  B.  Z.  2  (1893)  632-^634,  und  Joum.  Min.  1893  Bd  288  Augustheft  S.  534—542.  — 
pyr.  P.  Lambros  (Lampros),  Leo  und  Alexander  als  Mitkaiser  von  Byzanz.  B.  Z.  4 
1895)  92—98.  —  Will.  Fischer,  Zu  Leo  und  Alexander  als  Mitkaiser  von  Byzanz,  B.  Z. 

(1896)  137—139. 

F.  Zehntes  Jahrhundert:  N.  Popov,  Zur  byzantinischen  Geschichte  des  zehnten 
^lirhunderts.  Odessaer  Jahrbuch  IV  Byz.  Abteil.  2  (1894)  302—308  (rass.).  —  Alf.  Ram- 
end, L'empire  grec  au  dixi^me  si^cle.  Constantin  Porphyrogenn^te,  Paris  1870.  Reich- 
^tige  und  gründliche  Monographie.  —  J.  Gherghel,  Über  den  Angriff  der  Ungarn  auf 
^lel  im  Jahre  934,  Revista  pentra  istorie,  archeologie  si  filologie,  Bukarest  1893,  V.  VII. 
oun.)  (mir  unzugänglich).  —  N.  Lambin,  Ist  die  Reise  der  Olga  nach  Epel  wirklich  ein 
Brchen,  Joum.  Min.  1873  Bd  168  (russ.).  —  W.  Fischer,  Die  russische  GrossfÜrstin 
»Iga  am  Hofe  von  Byzantion,  Ztschr.  f.  Geschichte  und  Politik  5  (Stuttgart,  Cotta  1888) 
^ — 880  (das  Ereignis  fällt  ins  Jahr  957;  vgl.  Deutsche  Ztschr.  f.  Geschichtswiss.  8  (1892) 
9  Anm.  6).  —  E.  Leonhardt,  Kaiser  Nicephorus  II  Phocas  und  die  Hamdaniden  960 
»  969.  Diss.,  Halle  1887.  —  G.  Schlumberger,  Nic^phore  Phocas,  Paris  1890  (glän- 
ades,  mit  vortrefflichen  Chromolithographien  und  Zinkographien  ausgestattetes,  auch  für 
3  Geschichte  der  byzantinischen  Kultur  und  Kunst  des  10.  Jahrhunderts  hochwichtiges 
«rk).  Vgl.  die  eingehenden  Besprechungen  von  A.  Ram bau d,  Empereurs  et  imp^ratrices 
Z>rient,  Revue  des  Deux  Mondes,  tome  103  (1891)  145—166,  und  Melch.  de  Vogü^  in 
Enen  Regards  historiques  et  litt^raires,  Paris  <1893>  8.  186—199.  •-  P.  Syrku,  Die 
rzantinische  Erzählung  von  der  Ermordung  des  Kaisers  Nikephoros  Phokas  nach  einer 
ben  bulgarischen  Version.  Petersburg  1883  (russ.).  Vgl.  die  Besprechung  von  A.  Vese- 
^skij,  Journ.  Min.  1884  Bd  231  S.  76—90  (rass.),  und  die  Auszüge  bei  G.  Schlumberger, 
<s^phore  Phocas  S.  314  ff.,  760  ff.  -  K.  Uhlirz,  Über  die  Herkunft  der  Theophanu, 
ahlin  Kaisers  Otto  II,   B.  Z.  4  (1895)  467—477.    Derselbe  gab   auch   eine  gute  Bio- 

phie  der  Theophanu,  Allgemeine  deutsche  Biographie  37  (1895)  717—722.  —  Über  die 
e,  ob  Tzimiskes  , Jüngling'  bedeute,  handelt  N.  0.  Emin,  Untersuchungen  und  Auf- 
zur  armenischen  Mythologie,  Archaeologie,  Geschichte  und  Litteraturgeschichte,  Moskau 
(96  S.  165—172  (rass.).  —  V.  Vasiljevskij,  Russisch-byzantinische  Fragmente.  II.  Zur 
aeehichte  der  Jahre  976—986,  Joum.  Min.  1876  Bd  184  Märzheft  S.  117—162  (russ.).  Vgl. 
»«n  §§  151  Anm.  5  und  306,  1  und  Anm.  2.  —  V.  R.  Rosen,  Kaiser  Basilios  Bulgaro- 
lonos,   Auszüge   aus  der  Chronik  Jahjfts  von  Antiochien,  Petersburg  1883  (=  Zapiski  d. 

rnss.  Ak.  d.  Wiss.  Bd  44,  Beilage  Nr.  1)  (rass.).     Dazu  die  Besprechung  von  Th.  Us- 
Bnskij,  Joum.  Min.  1884  Bd  232  April  S.  282— 315  (rass.).  —  A.  Lipovskij,  Aus  der 

68* 


1076        Byzanünisohe  LltteratargeBohiohte.    AUgemeine  Bibliogr^hi«. 

Geschichte  des  griechisch-bnlgarischen  Kampfes  im  10.  und  11.  Jahrhundert,  Joim 
1891  Bd  278  Novemberheft  S.  120—141  (bes.  über  die  Kämpfe  zwischen  Basilios 
dem  BulgarenfUrsten  Samuel)  (russ.). 

G.  Elftes  Jahrhundert:  J.  B.  Bury,  Roman  emperors  from  Basil  II  t 
Komnenos,  The  English  Hist.  Review  4  (1889)  41-64;  251-285.  —  Robert  Sc 
Der  Aufstand  des  Leon  Tomikes  im  J.  1047,  Gymnasialprogr.,  Plauen  1896.  —  P. 
brazov,  Die  Kaiserin  Zoe,  in  seinem  Buche:  Historische  Aufsätze  I.  Moekan  189 
222—251  (russ.).  —  Heinr.  Mädler,  Theodors,  Michael  Stratiotikoa,  Isaak  Koc 
Ein  Stück  byzantinischer  Kaisergeschichte.  Gymnasialprogr.,  Plauen  1894.  —  G.  S< 
borg  er,  Deux  chefs  normands  des  armäes  byzantines  au  XI®  siecle,  Revue  hU 
(Juli  1881)  289—803.  —  V.  Vasiljevskij,  Byzanz  und  die  Petschenegen  (1048- 
Joum.  Min.  1872  Bd  164  Nov.  und  Dez.  (russ.). 

H.  Zwölftes  Jahrhundert:  Fr.  Wilken,  Remm  ab  Alexio  T,  Joanne  et  & 
Comnenis  gestarum  libri  IV,  Heidelberg  1811  (ein  gründliches  Buch  von  daaemdem 
—  B.  Kugler,  Kaiser  Alexius  und  Albrecht  von  Aachen,  Forschungen  zur  deutscl 
schichte  28  (1882)  481—500  (auch  über  den  falschen  Brief  Alexios'  I  an  den  Grai 
bert  von  Flandern;  s.  u.).  —  Alexii  I  Comneni  Romanorum  imperatoris  ad  Ro 
I  Flandriae  comitem  epistola  spuria.  Ed.  P.  Riant,  Genf  1879.  Vgl.  die  Besprecliaj 
V.  Vasiljevskij,  Joum.  Min.  1880  Bd  207  S.  223-260  (russ.).  —  Paparrigo] 
Lettre  d* Alexios  Comn^ne  ä  Robert  I,  comte  de  Flandre,  Bull,  de  corresp.  l 
(1880)  24  ff.  Auch  griechisch  im  nagyaaaos  4  (1880)  89  ff.  —  H.  Hagenmeyer 
Brief  des  Kaisers  Alexios  I  Komnenos  an  den  Grafen  Robert  I  von  Flandern,  B 
(1897)  1 — 32.  —  V.  Vasiljevskij,  Aus  der  Geschichte  von  Byzanz  im  12.  Jahrb. 
Bündnis  zweier  Kaiserreiche  (1148—1155),  Slavjanskij  Sbomik  2  (1875)  210—291 
die  Beziehungen  zwischen  den  Komnenen  und  Hohenstaufen)  (russ.)  (mir  nnznglDglid 
Y.  Vasiljevskij,  Aus  der  Geschichte  von  Byzanz  im  12.  Jahrb.  Der  süditalische  J 
1156—1157,  Slavjanskij  Sbomik  3  (1876)  372—400  (russ.)  (mir  unzugänglich).  -  E 
von  Kap -Herr,  Die  abendländische  Politik  Kaiser  Manuels,  Diss.,  Strassbnrg  18$] 
A.  Hodinka,  Aus  der  byz.  Geschichte  des  12.  Jahrb.,  TOrt^nelmi  Tar  12  (1889)  201 
229  (ung.)  (über  den  Krieg  des  Manuel  Komnenos  mit  Ungarn)  (mir  unzugänglich).  - 
Wilken,  Andronicus  Comnenus,  Raumers  histor.  Taschenbuch  2  (1831)  431 — 545.  - 
Uspenskij,  Alexios  II  und  Andronikos  Komnenos,  Joum.  Min.  1880  Bd  212  S.  95- 
1881  Bd  214  S.  52—85  (russ.). 

J.  Dreizehntes  bis  fünfzehntes  Jahrhundert:   E.  J.  Stamatiades,   hi 

tijg  aXttiffe<as  tov  Bv^at^iov  vno  ttSy  ^gdyxtay  xai  r^g  avto^i  i^ovalag  avxuiv  1204—1 

Athen  1865  —  J.  H.  Krause,  Die  Eroberungen  von  Konstantinopel  im  13.  und  15.  J 

hundert,  Halle  1870.   —  Dazu  die   S.  1081   angeführte   Litteratur.  —  Ant  Meliaral 

T6    voatjfjia   fiiag   ßaaiXlccrjg   naQtt/ioQ(pov/iByoy   iy   rß    UnoQifff   Tüatia    eixoyoy^affQVi 

vom    1.    und  8.  Januar   1895   (eine   Rettung    der   Eudokia,    einer  Tochter   des  Et 

Alexios   III   und    späteren    Gemahlin    des   serbischen    Fürsten   Stephan  II).    —  T.  1 

rinskij,   Andronikos  der  Jüngere  und  Johannes  Kantakuzenos,  Joum.  Min.  1879  Bd 

Juli— Augusts.  87— 143;  219-251;  Bd  205  Sept.— Okt.  S.  1—48;  1880  Bd  208  Min 

Aprils.  327— 334 (russ.).  —  Val.  Parisot,  Cantacuzöne,  komme d'^tat  ethistorien,  Paria] 

(Johannes  VI  Kantakuzenos).  —  Nerutsos,  *0  ßaaiXcvg  (lovaxog  'itaaaäg),  Sea  'lifiig« 

13./25.  Juli    1891    Nr.    867    (Johannes   VI  Kantakuzenos).   —   Dazu  vgl.   §   129.  - 

Brauner,  Die  Schlacht  bei  Nicopolis  (1396),  Breslau  1876.  —  G.  Koehler,  Die  Schli 

ten  von  Nicopoli  und  Wama,   Breslau  1882.    —  Historische  Erläuterangen  zu  neugrie 

sehen  Volksliedem,  die  sich  angeblich  auf  den  Fall  von  Thessalonike  1430  beziehen  (1 

sow,  Popul.  carmina  Graeciae  recentioris  Nr.  94—96),  gibt  Fl.  Mac  Pherson,  Hist« 

notes  on  certain  modem  greek  folk-songs,  The  Joum.  of  Hell,  studies  10  (1889)  86- 

—  Nikephoros  Kalogeras,  Ta  eff^ara  tov  iy  BvZaytitp  iXXijyucov  xQarovg  xal  to  n 

jaioy  dinXtüfiaxixoy  avtov  dnoQQtjxoy  ^xoi  'Jwffjip    xov    B^veyyiov   6    neQUfdofieyog  ur 


1.  Politüiohe  Geschichte.  1077 

^df/C  ivtuTixog  Xoyog  yvy  nqioxov  did  xrjq  laroQiag  k^fjirjvBvofA^vog,  'Eraigeitt  6  'EXkr^yic- 
oc.  Ter  iy  avxM  ytyo/deya  dyayvtaafAaxa.  Tofiog  a.  Athen  1894.  23  S.  Deutscher  Aus- 
ig dieser  Abhandl.  in  der  Revue  intemat.  de  thäologie  2  (1894)  505 — 511.  —  M.  Bar- 
»tins,  De  vita,  moribus  ac  rebus  gestis  adversus  Turcas  Georgii  Castrioti,  Strassburg 
S37.  Ins  Französische  übertragen  von  J.  de  Lavardin,  Histoire  de  Georges  Castriot. 
aris  1576.  —  Cam.  Paganel,  Histoire  de  Scanderbeg,  Paris  1855.  --  Jul.  Pisco, 
Bui^iog  KaaTQuSrrjg,  AV«  'Hfiega  vom  3./15.  und  10. '22.  Febr.;  17./1.  und  17./29. 
ätz;  *  24./5.,  31./12.  und  7./19.  April  1895  (Nr.  1053-1055;  1059-1062)  (Bio- 
raphie  des  Skanderbeg).  —  Über  Skanderbeg  vgl.  auch  C.  Paparrigopulos,  Bulletin 
d  corresp.  hell.  1  (1877)  19  f.  —  M.  Stasjuleviö,  Die  Belagerung  und  Einnahme  von 
yzanz  durch  die  Türken,  Gelehrte  Anzeigen  der  2.  Abteil,  der  k.  AJcad.  d.  Wiss.  Bd  1, 
B54.  Auch  separat,  Petersburg  1854  (russ.)  (ein  in  Russland  sehr  populäres  Werk).  — 
ic.  Barbaro,  Giornale  dell'  assedio  di  Costantinopoli  1458,  corredato  di  note  e  docu- 
lenti  p.  E.  Cornet,  Wien  1856.  —  A.  D.  Mordtmann,  Belagerung  und  Eroberung 
pels  durch  die  Türken  im  Jahre  1453,  Stuttgart  und  Augsburg  1858.  Mordtmanns 
ach  ist  ausfuhrlich  besprochen  von  Georg  Voigt,  Historische  Zeitschrift  3  (1860)  16 
La  41.  -  P.A.  Dethier,  Matäriaux  pour  Thistoire  de  l'artillerie  ä  Täpoque  de  la  prise  de 
ple,  KpeL  Imprimerie  Centrale  1865.  —  Henri  Vast,  Le  siäge  et  la  prise  de  Gple  par 
»  Turcs,  Revue  bist.  13  (1880)  1—40.  —  E.  A.  Vlasto,  La  prise  de  Cple  par  les  Turcs 
in  1453,  Annuaire  de  Tassoc.  15  (1881)  104—129.  —  E.  A.  Vlasto,  Les  demiers  jours 
le  Constantinople,  Paris  1883.  —  L.  Fincati,  La  presa  di  C.  P.,  Rivista  maritima,  Mai 
.886,  Rom  (mir  unzugänglich).  —  A.  G.  Paspates,  UoXioQxla  xai  SXwrtg  tijg  KnoXeoig 
ht6  Xiuy  'O&tafAaytSy  iy  hei  1453,  Athen  1890.  Nur  durch  die  Erörterung  der  topographi- 
0hen  Fragen  von  Wert.  Vgl.  die  Besprechung  von  F.  Hirsch,  B.  Z.  2  (1893)  331  f.  — 
'liedomil  Mijatovitch,  Constantin,  the  last  emperor  of  the  Greeks.  The  conquest  of 
ple,  A.  D.  1453,  London  1892.  Auch  in  russischer  Übersetzung,  Petersburg  1895.  — 
.   Mordtmann,  Die  letzten  Tage  von  Byzanz,  Mitteilungen  d.  deutschen  Exkursionsklubs 

Kpel,  Heft  1  S.  34-47,  Heft  2  S.  1-21,  Kpel  1893-1895  (Skizze  der  topographischen 
agen).  —  Pogodin,  Übersicht  der  Quellen  zur  Geschichte  der  Belagerung  und  Einnahme 
D  Byzanz  durch  die  Türken  i.  J.  1453,  Joum.  Min.  1889  Bd  264  8.  205—258  (russ.).  — 
rohimandrit  Leonid,  Die  Erzählung  von  Kpel  (seiner  Gründung  und  seiner  Einnahme 
rch  die  Türken  i.  J.  1453)  des  Nestor  Iskander  aus  dem  15.  Jahrb.,  Petersburg  1886 
ISS.).     Besprochen  von  G.  Destunis,   Joum.  Min.  1887  Bd  249  S.  366—383  (russ.).  — 

liiletid,  Die  Erzählung  vom  Falle  Kpels  im  Jahre  1453,  Sbornik  blgarsk.  12  (1895) 
9 — 462  (bulg.)  (über  die  bulgarischen  und  russischen  Erzählungen  vom  Falle  Epels).  — 
jxi  Falle  von  Kpel  1453  vgl.  auch  die  S.  311  f.  zitierte  Litteratur. 

R.  NisbetBain,  The  siege  of  Belgrad  by  Muhammed  II,  July  1—23,  1456,  The 
islish  Hist.  Review  7  (1892)  235-252.  —  P.  Pierling,  Le  mariage  d'un  Tsar  au  Va- 
Wku  (Ivan  II!  et  Zoö  Pal^ologue),  Revue  des  questions  historiques  42  (1887)  353 — 396; 
(1888)  580-583.  Auch  selbständig  unter  dem  Titel:  La  Russie  et  FOrient,  Paris  1891. 
'Sprechen  von  Aug.  Arndt,  Stimmen  aus  Maria  Laach  45  (1893)  58 — 71;  130 — 148.  — 
.  Regel,  Ein  Chrysobull  des  Kaisers  Andreas  Palaeologos  vom  13.  April  1483,  Viz.  Vr. 
C1894)  151—158  (Andreas  Pal.  f  1502  war  ein  Neffe  des  beim  Fall  von  Kpel  1453 
t^crgegangenen  Konstantinos). 

K.  Bibliographie  und  Schriften  vermischten  Inhalts:  Ältere  Litteratur  zu 
n  einzelnen  Kaisern  z.  B.  bei  Edouard-Marie  Oettingen,  Bibliographie  biographique 
iTerselle,  Brüssel  1854.  —  Job.  A.  Romanos,  'WEßgaixij  xoiyorijs  tijg  KsQxvQag,  'Eaxia 
81,  tofxog  n,  dg.  24 — 25.  Schildert  die  Schicksale,  bes.  die  Rechtsstellung  der  Juden- 
vneinde  in  Korfu  vom  12.  Jahrb.  bis  zur  Gegenwart.  —  Populäre  Skizzen  ohne  genügende 
tteraturkenntnis  gab  Fr.  Harri soti,  Constantinople  as  an  historic  city,  The  Fortnightly 
iview  1894  April  S.  438—458,  und:  The  problem  of  Constantinople,  Ebenda  Mai  S.  614 
d  633.  —  Das  vorbyzantinische  Byzanz   behandeln:    Alex.  Falk,  De   origine  Byiantiit 


1078        Byzantinische  LiiteratargeBchiohte.    Allgemeine  Bibliographieu 

Diss.,  Breslau   1829.  —    G.   de   la   Berge,   De  rebus  Byzantinomm  ante  CoDsUnti 
Paris,  F.  Vieweg  1877. 

4.  Die  Naohbarataaten  nnd  ihre  Besiehnngen  sa  Byianx. 

A.  Italien  (als  Ganzes):  A.  Gaudenzi,  Sui  rapporti  tra  Tltalia  e  Fimpero  d'O 
476—554,  Bologna  1888  (mir  unzugänglich).  —  Dazu  die  S.  1084  zitierteD  Schriftei 
Diehl,  Harhnann,  Cohn  u.  s.  w. 

B.  Venedig:  Herrn.  Luntzis,  Ilegi  xrjg  noXixixtjg  xarairtaöetas  tijg 'Enrarr^t 
'Eyertoy,  Athen  1856.  Auch  italienisch  unter  dem  Titel:  Della  condizione  poÜtica 
isole  lonie  sotto  il  dominio  Veneto  preceduta  da  un  compendio  della  storia  delle  isole 
dalla  divisione  dell*  imperio  bizantino,  Venedig  1858.  —  Karl  Hopf,  Veneto-byzanti 
Analekten,  Sitzungsber.  Wiener  Ak.  1859.  —  M.  J.  Armingaad,  Venise  et  le  E 
pire,  Histoire  des  relations  de  Venise  avec  l'empire  d^Orient,  Archives  des  missions 
tifiques  et  litt^raires  II»  s^rie,  tome  4  (Paris  1867)  299-443  (unkritiach).  —  G.  M. 
mas,  Diplomatarium  Veneto-Levantinum  sive  acta  et  diplomata  rea  Venetaa  G 
atque  Levantis  illustrantia  a.  1300—1350,  Venedig  1880  (=  Monumenti  storici  pabi 
dalla  R.  Deputazione  Veneta  di  storia  patria  vol.  V)  (lateinische  Urkunden).  —  £.  Ma 
Venezia  e  le  sue  conquiste  nel  medio  evo,  Verona  1881.  —  Papadopoli,  Sülle  ( 
della  veneta  zecca  e  aulle  antiche  relazioni  dei  Veneziani  cogli  imperatori  conaiderate 
Tesame  delle  primitive  monete,  Venedig  1883  (mir  unzugänglich).  -  Ch.  Dieb 
colonie  vönitienne  ä  Cple  ä  la  fin  du  XIV®  si^cle,  M^langes  d'arch^ologie  et  dliu 
r^cole  fran^.  de  Rome  3  (1883)90-131.  —  E.  Lentz,  Das  Verhältnis  Venedigs  zu  B 
nach  dem  Falle  des  Exarchats  bis  zum  Ausgang  des  neunten  Jahrhunderts.  I.  Venedi 
byzantinische  Provinz.  Diss.,  Berb'n  1891.  Teil  II  der  Arbeit  erschien  unter  dem  ' 
Der  allmähliche  Obergang  Venedigs  von  faktischer  zu  nomineller  Abhängigkeit  von  By 
B.  Z.  3  (1894)  64 — 115.  —  H.  Noiret,  Documents  inädits  pour  servir  ä  Thistoire  • 
domination  vänitienne  en  Cr^te  de  1380—1485.  Avec  une  carte  de  Tile  de  Grete. 
1892  (=  Bibl.  des  ^coles  fran^aises  d'Athenes  et  de  Rome,  61.  fasc).  Vgl.  die  Besprec 
von  A.  Thumb,  B.  Z.  2  (1893)  328  -  331.  —  Carl  Neumann  (Mannheim),  Ober  di 
kundlichen  Quellen  zur  Geschichte  der  byzantinisch -venetianischen  Beziehungen  vorn 
lieh  im  Zeitalter  der  Konmenen,  B.  Z.  1  (1892)  366—378.  —  Zu  den  Beziehungen  zwi: 
Byzanz  und  Venedig  vgl.  auch  die  ungeheuere  Litteratur  über  die  venetianische  Gesch 
(meist  im  ,Archivio  Veneto"),  bes.  das  grosse  Werk  von  S.  Romanin,  Storia  docume 
di  Venezia,  10  ßde,  Venedig  1853-  1861. 

C.  Genua:  C.  Pagano,  Delle  imprese  e  del  dominio  dei  Genovesi  nella  Gi 
Genua  1846.  —  Desimoni,  Quartieri  dei  Genovesi  a  Costantinopoli  nel  sec.  XII,  Gt 
1874  (mir  unzugänglich). 

D.  Frankenreich:  A.  Gasquet,  L'empire  byzantin  et  la  monarchie  franque, 
1888  (Hauptschrift).  —  Otto  Harnack,  Die  Beziehungen  des  fränkisch-italischf 
dem  byzantinischen  Reiche  unter  der  Regierung  Karls  des  Grossen  und  der  spl 
Kaiser  karolingischen  Stammes,  Diss.,  Göttingen  1880  (auch  unter  dem  Titel:  Das 
lingische  und  das  byzantinische  Reich  in  ihren  wechselseitigen  pohtischen  Beziehunge; 
G.  Tiede,  Quellenmässige  Darstellung  der  Beziehungen  Carls  des  Grossen  zu  Ost 
Diss.,  Rostock  1892  (bringt  nichts  Neues).  —  Alf.  Ostermann,  Karl  der  Groase  nn 
byzantinische  Reich,  Progr.,  Lukau  1895. 

E.  Deutschland:  B.  A.  Mystakides,  Byzantinisch-deutsche  Beziehungen  zc 
der  Ottonen,  Stuttgart  1891.  Vgl.  die  Besprechung  von  F.  Hirsch,  B.  Z.  1  (1892)  1 
—  Dazu  bes.  die  S.  1076  zitierte  Schrift  von  Hans  von  Kap-Herr.  —  Wolfg.  Mic 
Die  Formen  des  unmittelbaren  Verkehrs  zwischen  den  deutschen  Kaisern  und  aouve 
Fürsten,  vornehmlich  im  10.-12.  Jahrb.,  Hamburg  und  Leipzig  1888.  Behandelt  aoc 
Beziehungen  zu  Byzanz,  freilich  nicht  genügend.  Vgl.  W.  Fischer,  Deutsche  Zeit» 
Geschichtswiss.  4  (1890)  214. 


L  PoliÜBohe  Gesohichte.  1079 

F.  Frankreich:  J.  Delaville  le  Roulx,  La  France  en  Orient  au  XlV^si^de,  2  voll., 
Paria  1886  (über  die  Schlacht  von  Nikopolis  1396,  den  türkischen  Feldzag  des  Jahres  1397, 
=^die  Expedition  des  Marschalls  Boncicaat  nach  Kpol,  die  Schlacht  bei  Angora  1402  und  die 
diplomatischen  Verhandlungen  von  1403—1408;    2,   227—240   ein   reichhaltiges  Yerzeich- 
:    nis  der  auf  diese  Periode  bezüglichen  Hilfsmittel).    —   Dazu  die  reiche  auf  den  latei- 
nischen Orient  bezügliche  Litteratur;  vgl.  S.  1081  f. 

6.  Normannen:   L.  Fr.  Tafel,    Eomnenen  und  Normannen.    Beiträge  zur  Erfor- 
schung ihrer  Geschichte  in  verdeuschten  und  erläuterten  Urkunden  des  12.  und  13.  Jahr- 
liimderts.    Ulm  1852.    Zweite  (Titel-)  Auflage  1870.    —    Karl   Schwartz,   Die  Feldzüge 
~    BU>bert  Guiscards  gegen  das  byzantinische  Reich,  Progr.  Fulda  1854.  —  Franc.  Brandi- 
\   leone,  I  primi  Normanni  dltalia  in  Oriente,  Rivista  storica  italiana  1  (1884)  227—251.  — 
,F.   Holzach,  Die  auswärtige  Politik  des  Königreichs  Sizilien  vom  Tode  Rogers  11  bis  zum 
FHeden  von  Venedig  1154—1177,   Diss.,   Basel  1892.    — -   Lothar  v.  Heinemann,  Ge- 
schichte der  Normannen  in  Unteritalien  und  Sizilien  bis  zum  Aussterben  des  normannischen 
Königshauses.  1.  Bd,  Leipzig,  C.  E.  M.  Pfeffer  1894.    (Der  erste  Band  handelt  u.  a.  über 
die  Ausbreitung   der   griechischen   Herrschaft   in   Unteritalien   seit   dem   Jahre   876,    die 
Kftmpfe  gegen  die  EuriO;   das  abendländische  Kaisertum  und  lokale  Erhebungen,  über  die 
Unternehmungen   des   Maniakes,    endlich   über  Robert  Guiscards  Feldzug   gegen  Alezios 
Komnenos  und  schliesst  mit  Guiscards  Tode  1085).  —  Ältere  Literatur  über  die  Beziehungen 
BwiBchen  den  Byzantinern  und  Normannen  findet  man  bei  Holzach  und  Heinemann. 

H.  Orientalen:    G.  Weil,   Geschichte  der  Ghalifen,  5  Bde,  Mannheim — Stuttgart 

1846—1862.  —  G.  Weil,  Geschichte  der  islamitischen  Volker  von  Mohammed  bis  zur  Zeit 

des  Sultans  Selim,  Stuttgart  1866.  —   Amari,   Storia  dei   Musulmani  di  Sicilia,  3  voll., 

Florenz  1854—1872.  —  Ernest  Nys,  Le  droit  des  gens  dans  les  rapports  des  Arabes  et 

^08  Byzantins,  Revue  de  droit  international  et  de  lögislation  compar^e  26  (Bruxelles  1894) 

-461 — 487.    —    Dill  mann,   Zur  Geschichte  des  axumitischen  Reiches,  Abhandl.  Berl.  Ak« 

1878  S.  177—238  und  1880  S.  1—51.  —  H.  Daghbaschean,  Gründung  des  Bagratiden- 

-^viehes  durch  Aschot  Bagratuni,   Berlin  1893  (verfolgt  die  mit  den  byzantinischen  Dingen 

-^ng  verbundene  Geschichte  des  Bagratidenhauses  seit  der  Mitte  des  8.  Jahrhunderts.   Vgl. 

^ie  Besprechung  von  C.  Neumann,   Deutsche  Litteraturzeit.  1894  Nr.  34  S.  1069  f.).  — 

JL  Gren,  Die  Bagratidendynastie  in  Armenien,  Joum.  Min.  1893  Bd  290  Nov.  S.  51 — 139 

^roas.).   —  Obersicht  der  polit.,  kircbl.  u.  litterar.  Geschichte  der  Armenier  von  H.  Geizer, 

^.  J.  Herzogs  Real-Encyklopädie  f.  Theologie,   3.  Aufl.,    Leipzig  1896  s.   v.  Armenien.  — 

Vgl.  den  Abriss  der  türkischen  und   mongolischen  Geschichte  von   L.   Gabun,   bei 

TE.    Lavisse  et  A.  Rambaud,  Histoire  g^nörale  II  884—973;  III  919—970. 

J.  Slaven  (verschiedene):  A.  Hilfording,  Geschichte  der  Serben  und  Bulgaren, 
miletzt  in  seinen  Gesammelten  Schriften  (Sobranie  soiinenijj  1  (Petersburg  1868)  1—296 
188.).  Deutsche  Übersetzung  unter  dem  Titel:  Geschichte  der  Serben  und  Bulgaren  von 
-A.  H.  Aus  dem  Russischen  von  J.  £.  Schmaler,  2  Bde,  Bautzen  1856—1864.  — 
VI.  Ka6anovskij,  Die  Balkanslaven  in  der  Epoche  ihrer  Unterwerfung  unter  die  Türken, 
Joum.  Min.  1877  Bd  189  Jan.  S.  83—114  (russ.).  —  C.  R.  von  Höfler,  Abhandlungen 
[8  dem  Gebiete  der  slavischen  Geschichte.  IV.  Die  Epochen  der  slavischen  Geschichte 
-bis  zum  Jahre  1526,  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  97  (1881)  797  ff.  —  Tim.  Florinskij,  Die 
-'^Bndslaven  und  Byzanz  im  zweiten  Viertel  des  14.  Jahrb.,  2  voll.,  Petersburg  1882  (russ.). 
—  Rypl»  Beziehungen  der  Slaven  und  Avaren  zum  ostrümischen  Reiche  unter  der  Regie- 
=:.=rang  des  Kaisers  Heraklios,  Progr.,  Budweis  1888.  —  Kurze  Geschichte  der  Slaven  an  der 
-  -.Donau  und  am  Adriatischen  Meere  von  St.  Novakoviö  und  A.  Malet  bei  £.  Lavisse 
^    :et  A.  Ramband,  Histoire  gönörale  lU  895--918. 

K.  Bulgaren:  K.  J.  Jireiek,  Geschichte  der  Bnlgaraiiy  Fng  1876  (HmptedliriftX 
i±fr  Auch  6echisch,   Prag  1876,  und  russisch,  OdesM  1878.    liiie 
;k  Übersetzung   erschien  Warschau   1877.    Die  letsten  M 
MakuSev,  Joum.  Min.  1878  Bd  196  Man— April  & 


1080        BjrBantiniBche  Litteraiarge«ohiohte.    AUgemeine  Bibliographie. 

Eine  neue  Quelle  der  bulgariscben  Geschichte  zur  AufhelloDg  der  Chronologie  und  OtBct.  i 
logie  der  bulgarischen  Kaiser  (gosudarej)   des  9.  Jahrhonderts,    Joam.  Min.  1844  Bd  ii  ' 
Abteil.  II  152—172  (russ.).  —   C.  von  HOfler,   Abhandlangen  aus  dem  Gebiete  d«  sh- 
viseben  Geschiebte.    I.    Die  Walacben   als  Begründer   des   zweiten    bulgarischen  Räcki^ 
der  Asaniden  1186-1257,  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  95  (1879)  229  ff.    —    Überholt  dsitk: 
Tb.  Uspenskij,   Die  Bildung   des  zweiten  bulgarischen  Reiches,  Odessa  1879  (mm.). - 
Die  Schrift  von  Uspenskij  wurde  besprochen  von:  V.  J.  Vasiljevskij,  Joom.  Min.  1879 
Bd  204  S.  144-217;  318—348  (russ.).    Eine  von  V.  Jagiö  besorgte  deutsche  Cbeneta^  | 
dieser  Besprechung  erschien  unter  dem  Titel:   Wer  hat  das  zweite  bulgarische  Reich  W- 
gründet?    Arch.  slav.  Phil.  4  (1880)  627—637.  —  M.  Sokolov,  Aus  der  alten  Gescbicte 
der  Bulgaren,  Petersburg  1879  (russ.).    Vgl.  die  Besprechung   von    K.  Grot,   Jonm.  Mk 
1879  Bd  205  S.  286—302  (russ.).  —  A.  Xänopol,  L'empire  Valacho- Bulgare,  Revue  bist» 
rique  47  (1891)  277—308   (über   die   Erhebung   der  Vlachen   unter   Kaiser   Isaak  Angeb 
1185  und  das  vlachisch-bulgarische  Reich,   welches  durch  die  Schlacht   bei  Kossovo  l^f 
sein  Ende  fand).  —  Tb.  Uspenskij,   Eine  unedierte  kirchliche  Bede    über   die  bnlgm- 1 
byzantinischen    Beziehungen    in    der    ersten   Hälfte   des  zehnten    Jahrhunderts,   Odeancr 
Jahrbuch   IV   Byz.    Abt.    2   (1894)   48-123.   Vgl.   den   Bericht    von     E.    Kurtz,    B.  I 
(1895)  615  f. 

L.  Serben:  Benj.  von  Eallay,  Geschichte  der  Serben  von  den  ältesten  Zcäa 
bis  1815.  Aus  dem  Ungarischen  ins  Deutsche  übertragen  von  J.  H.  Schwicker,  Bodipeit 
Wien,  Leipzig  1878  (nur  Bd  1  und  Heft  1  von  Bd  2  erschienen).  —  V.  Grigorovic,  CW» 
Serbien  in  seinen  Beziehungen  zu  den  Nachbarstaaten,  besonders  im  14.  und  15.  Jiliii,  | 
Kazan  1859  (russ.).  —  G.  R.  v.  HOfler,  Streiflichter  auf  die  serb.  Geschichte,  Sitznossbai 
Wien.  Ak.  99  (1881)  109—212.  —  A.  Hodinka,  Das  Verhältnis  des  serb.  Ffirstentonu  n 
Ungarn  und  Byzanz  während  des  12.  Jahrhunderts,  Tört^nelmi  Tar  12  (1889)  142-ldd. 
208—229  (ung.)  (mir unzugänglich).  —  St.  Novakoviö,  Die Sixuma-Provinz  und  Car^epka 
Dugan,  Glas  36  der  k.  serb.  Akad.,  Belgrad  1893  (serb.).  Vgl.,  die  Besprechungen  vm  IL 
Reäetar,  B.  Z.  2  (1893)  634  f.,  und  C.  Jireöek,  Arch.  slav.  Phil.  17  (1895)  265-2» 
—  St.  Novakoviö,  Serben  und  Türken  im  14.  und  15.  Jahrb.,  Belgrad  1893  (serb.).  Ygl 
die  Besprechungen  von  M.  Reöetar,  B.  Z.  4  (1895)  155  f.,  und  C.  Jireöek,  ArcL  ahr. 
Phil.  17  (1895)  254-265.  —  Interessante  Mitteilungen  über  die  Beziehungen  der  Seiki 
zu  den  Byzantinern  und  Türken  am  Ende  des  14.  und  im  Anfange  des  15.  Jahrb.  brimt 
St.  Stanojevi6,  Die  Biographie  Stefan  Lazareviös  von  Konstantin  dem  Philosophen  ik 
Geschichtsqoelle,  Arch.  slav.  Phil.  18  (1896)  409-472. 

M.  Russen:  A.  C.  Lehrberg,  Untersuchungen  zur  Erläuterung  der  älteres  Ge- 
schichte Russlands.  Herausgegeben  von  der  k.  Akademie  der  Wiss.  durch  Ph.  Ki% 
Petersburg  1816  (S.  317  ff.  über  die  Dnjeprfälle;  S.  383  ff.  über  die  chazarische  Feituf 
Sarkel).  —  K.  v.  Schlözer,  Russlands  älteste  Beziehungen  zu  Skandinavien  und  Kpd, 
Berlin  1847.  —  Tb.  Uspenskij,  Die  ältesten  slavischen  Monarchien  im  NW.  (tobI 
bis  11.  Jahrh),  Petersburg  1872  (russ.).  —  Ph.  Brun,  Vermutungen  bezüglich  der  M 
nabme  der  Russen  an  den  Angelegenheiten  Bulgariens  im  13.  und  14.  Jahrhundert,  Jon. 
Min.  1878  Bd  200  S.  227—238  (russ.).  -  A.  Rambaud,  Histoire  de  la  Rossie  depula 
origines  jusqu^ä  Fannie  1877,  Paris  1878.  4.  Edition,  Paris  1893  (mit  reichhaltiger  Biblii- 
graphie).  Englisch  von  L.  B.  Lang,  2  Bde,  London  1879.  —  V.  Sergjejeviß,  Das  griecUMhi 
und  russische  Recht  in  den  Verträgen  mit  den  Griechen  des  10.  Jahrhunderts«  Joonu  Ma 
1882  Bd  219  S.  82—115  (russ.).  —  Vertrag  der  Russen  mit  den  Griechen  unter  te 
Fürsten  Oleg  911,  und:  Vertrag  der  Russen  mit  den  Griechen  unter  dem  Forsten  Igorlft 
bei:  M.  Vladimirskij-Budanov,  Chrestomathie  zur  Geschichte  des  russ.  Rechtes  1(10} 
1—21  (russ.).  —  A.  Dimitriu,  Zur  Frage  über  die  Verträge  der  Russen  mit  den 
Viz.  Vr.  2(1895)531—550.  —  Reiche  Litteratumachweise  über  die  Geschichte  der 
und  Südslaven  bei  Gr.  Krek,  Einleitung  in  die  slavische  Litteraturgesch.,  2.  Aii£t 
1887  S.  347  ff.    —  Vgl.   auch   die  auf  die  alte  russische  Geschichte  besOglicha 


1.  Politische  OMohiohte.  1081 

in  den  Berichten  von  A.  Braudo  und  A.  von  Gernet,  Berliner  Jahresberichte  f.  Geschichte- 
wl68.  12  (1889)  III  167  ff  und  in  den  folgenden  Bänden. 

N.  Ungarn  nnd  Rumänen:  J.  A.  Fessler,  Geschichte  der  Ungarn,  Leipzig 
1812—1825.  Neue  Bearbeitung  von  E.  Klein,  5  Bde,  Leipzig  1867—1883.  —  Joh.  Nep. 
MaiUth,  Geschichte  der  Magyaren,  5  Bde,  Wien  1828—1831;  2.  Aufl.,  Regensburg  1852 
bis  1853.  —  Hasdeu,  La  Valachie  jusqu'ä  1400.  I.  L'extension  territoriale.  Bukarest  1878 
(mir  unzugänglich).  —  Hasdeu,  Istoria  critica  Romanilor,  2  Bde,  Bukarest  1880  (mirun- 
zugänglich).  —  A.  D.  Xenopol,  Istoria  Ronünilor  diu  Dacia  traiana,  6  voll.,  Jassy  1888 — 1893, 
iro  man  auch  sonstige  Litteratur  über  die  rumänische  Geschichte  findet.  Vgl.  den  Bericht 
von  Nie.  Jorga,  Revue  bist.  53  (1893)  153  —  159.  —  Abriss  der  rumänischen  Geschichte 
von  A.  D.  Xenopol  bei  E.  Lavisse  et  A.  Rambaud,  Histoire  g^n^rale  III  869—893.  — 
A.  D.  Xenopol,  Histoire  des  Roumains  de  la  Dacie  Trajane  depuis  les  origines  jusqu'ä 
rnnion  des  principautäs  en  1859,  2  Bde,  Paris  1896. 

6.  Der  lateinische  Orient 
(d.  h.  die  auf  byzantinischem  Boden  begründeten  fränkischen  Herrschaften,  deren  politische 
nnd  kulturelle  Geschichte  mit  der  byzantinischen  eng  verknüpft  ist).  Hierher  gehört  fast 
die  ganze  auf  die  Kreuzzüge  bezügliche  Litteratur  und  zahlreiche  Schriften  über  die  mittel- 
alterliche Geschichte  von  Italien,  Frankreich  u.  s.  w.  Aus  dieser  Masse  werden  hier  nur 
die  mit  dem  byzantinischen  Studienkreis  am  engsten  verbundenen  Schriften  angeführt. 

A.  Zusammenfassende  Darstellungen:  J.  Bongars,  Gesta  dei  per  Francos 
Bive  orientalium  expeditionum  et  rogni  Francorum  Hierosolimitani  historia,  2  Bde,  Hano- 
▼iae  1611.  —  Du  Gange,  Histoire  de  Tempire  de  Cple  sous  les  empereurs  fran9ois,  Paris 
1668.  Wiederholt  Venedig  1729  (im  2.  Teil  des  19.  Bds  der  Venez.  Ausgabe  der  byz. 
Historiker).  Eine  neue  Ausgabe  des  Werkes  besorgte  Buchen,  2  voll.,  Paris  1826.  —  Sehr 
wichtig  für  die  Kenntnis  des  4.  Kreuzzugs  sind  die  darstellenden  und  kritischen  Beigaben 
in  der  Ausgabe  des  Geoffroi  de  Yillehardouin  von  E.  Beuchet,  2  Bde,  Paris  1891. — 
Hauptwerk  über  die  von  den  Kreuzfahrern  im  13.  Jahrb.  aus  dem  byzantinischen  Reiche 
nach  dem  Abendlande  gebrachten  Reliquien:  Comes  de  Riant,  Exuviae  Sacrae  Constan- 
tinopolitanae,  2  voll.,  Genf  1877—1878.  —  Einiges  zur  früheren  Geschichte  der  byzan- 
tinischen Reliquien  enthält  G.  Rauscher,  Neue  Untersuchungen  über  die  Descriptio 
nnd  ihre  Bedeutung  für  die  grossen  Reliquien  zu  Aachen  und  zu  St.  Denis,  Histor.  Jahrb. 
der  Görresgesellsch.  15  (1894)  257—278.  —  Ausserdem  vgl.  sämtliche  Darstellungen  der 
Kreuzzüge.  Eine  Übersicht  gibt  zuletzt  Ch.  Seignobos  bei  E.  Lavisse  et  A.  Rambaud, 
Histoire  g^nörale  du  IV®  si^cle  ä  nos  jours  II  294—351. 

B.  Einzelne  lateinische  Herrschaften  und  Unternehmungen:  Edwin 
Paars,  The  fall  of  Cple,  being  the  story  of  the  fourth  Crusade,  London  1885.  —  Tb.  Us- 
penskij,  Byzanz  und  die  Kreuzfahrer  (Eroberung  Kpels  durch  die  Lateiner).  Südliche 
Sammlung  (Ju§nyj  sbornik)  zu  gunsten  der  von  der  Hungersnot  Betroffenen,  herausgegeben 
Ton  d.  Odessaer  Unterstützungsgesellschaft  der  Litteraten  und  Gelehrten,  Odessa  1892 
8.  195—222  (russ.).  Populäre  Darstellung,  in  der  jedoch  früher  unbenutzte  Quellen,  wie 
die  Novgorodschen  Chroniken,  beigezogen  sind.  —  A.  Papadopulos-Kerameus,  Docu- 
ments  grecs  pour  servir  ä  Thistoire  de  la  4'"*'  croisade,  Revue  de  l'Orient  latin  1  (1893) 
540 — 555  (Probe  einer  zum  Gebrauche  der  Griechen  in  Kpel  während  der  lat.  Herrschaft 
bestimmten  griechischen  Übersetzung  der  lateinischen  Messe;  Erzählung  über 
die  Entführung  einer  kostbaren  Reliquie).  —  Gaston  Dodu,  Histoire  des  institutions  mo- 
narchiques  dans  le  royaume  latin  de  Jerusalem  1099 — 1291,  Paris  1894.  —  Gaston  Dodu, 
De  Fulconis  Hierosoljrmitani  regne,  Paris  1894.  —  Ad.  Sohaube,  Eine  bisher  unbekannte 
Regentin  des  lateinischen  Kaiserreiches,  Mitteil.  d.  Inotitats  f.  Österreich.  Geschichtsforsch. 
8  (1887)  587—594.  —  H.  Moranville,  Les  piojete  de  Oliarlss  de  Yalois  sur  l'empire 
de  Cple,  Bull,  de  r^cole  des  Chaites  51  (UMIAa^UMjH|ÜEpBwehe  fallen  in  die  Jahre 
1805—1310).  —  A.  G.  Paspates,  IhMtejiMH^^^^HK^jaaa^  nmQaQX.  tov 
§r  tofiov  (1881)  8.  88.  ~  IL  A.  BsU^HII^^H^^^HBIL  Ssuftme  Mition 


1082         ByzaiitiniBche  LitteratiirgeBoliichte.    Allgemeine  Bibliographie. 

etc.  par  le  R.  P.  Areöne  de  Chatel.    Paris  1894.    Das  Buch  bebandelt  die  Gescliiclite  ie 
katholischen  Kirche  in  Epel  bis  auf  die  Qegenwart,  lässt  aber  gerade  in  den  auf  die  kj- 
zantinische  Zeit  bezüglichen  Teilen  sehr  viel  zu   wünschen  übrig.     Vgl.  Histor.  Jihri  i 
GOrresges.  15  (1894)  910  f.  —  L.   de  Mas  Latrie,  Patriarches  latins  de  Cple,  ReToa^e 
rOrient  latin  3  (1895)  433—456.  —  Miltenberger,  Zur  Geschichte   der   lat  Kircbcia 
Orient  im   15.   Jahrb.,    Römische   Quartalschr.   8   (1894)  275—281.  —  F.   de   Moncadi, 
Espedicion    de    los  Catalanes    y   Aragoneses  contra  Turcos  y   Griegos,  Barcelona  IGH; 
wiederholt  Madrid  1805.  —  Fr.   de   Moncada,   Zug  der  6500  Catalonier  und  AragoBw 
gegen   die  Türken  und  Griechen.     Aus   dem  Span,   von  R.   0.    Spazier,   Braunachwäi 
1828.  —  J.  B.  Bury,   The  Lombards  and  Venetians  in  Euboea,    Journal  of  Hell  Stodia 
7  (1886)  309  ff.,  8  (1887)  194  ff.  —  L.   de  Mas  Latrie,   Les  seigneurs  Tierciers  de  U 
grepont,   Revue   de  FOrient  latin  1  (1893)  413—432.  —  Ch.  A.  Beving,   La  prindpoie 
d'Achaife  et  de  Morde  (1204—1430),   Brüssel  1879.  —  Karl  Hopf,  Walther  von  Brieoae. 
Herzog   von  Atben,   Raumers  bist.  Taschenbuch  1854  S.  301—400.  —  Auf  die  Geschiebe 
der  florentinisühen  Familie  Acciajoli,  von  der  ein  Zweig  in  Athen  herrschte,  bezieka 
sich  8  Briefe   aus  den  Jahren  1360—1394.    Ed.   Ferd.   Gregorovins,   Briefe  ans  k 
Corrispondenza  Acciajoli,  Sitzungsber.   bayer.  Ak.  1890  Bd  11  285  —  311.  —  Ein  vortreff- 
liches Werk   über   die  Frankenherrschaft  in  Griechenland  und   besonders   über  die  6ii- 
kischen  Herrscher  von  Kephallenia  und  Zante  verdanken  wir  dem  Griechen  J.  A  fi«- 
man  OS.    Er  liess  es  aber  —  was  dem  Bekanntwerden  des  Buches  starken  Eintrag  gelbi 
hat  —  in  allzu  grosser  Bescheidenheit  nicht  unter  einem  selbständigen  Titel,  sonden  ab 
Einleitung  zu  seiner  Übersetzung  des  Artikels  von  Karl  Hopf  über  Gratiano  Giorgi,  £n^ 
und  Grubersche  Encyklopädie  I.  Section,  67.  Teil  (1858)  382—384,  erscheinen:  r^inif 
Z4oqCv^,  t(v&Byrr]g  ABvxadog.   larogixij  ngayfiaiela  xov  xa&tjytjtov  K,  Xonq^,  fietev^x^^*^^  f^' 
ix  tijg  rsQfiayvxijg  vno'l.'j.'Ptofiayovt  ngotä^ayrog  tatogtxfjy  fABXixrjv  nsQi  trjg  h*Eiläii 
^gayxoxQatiag  xai  xtSy  UaXatiytüy  xofiijttoy  OvQaiytoyy  avBByxwy  Ke{paXXtjyiag  xai  Zaxrr^w, 
ixdo&eica  di  ayahofAaai  rov  q>tXoyeyovg  xvgiov  IlavXov  AdfAngov^  Eorfn  1870.  —  Karl  Hopf, 
Geschichtlicher  Überblick  über  die  Schicksale  von  Earystos  auf  Eub5a  in  dem  ZeiimiBe 
von  1205—1470,  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  Bd  11  (1853)555-606.    Dasselbe  in  italieniacker 
Übersetzung  von   G.  B.   de  Sardagna  mit  Zusätzen  des  Verfassers,    Venedig   1856.  - 
Karl  Hopf,   Geschichte   der  Insel  Andres  und   ihrer  Beherrscher  in  dem  Zeiträume  r« 
1207-1566,  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  Bd  16  (1855)  23-131.    Dazu  Urkunden  und  Zoste 
ebenda  Bd  21  (1856)  221-262.  —  Der  Artikel  von  K.  Hopf  über  die  Giustiniani  inChM 
(in  der  Ersch-  und  Gruberschen  Encyklopädie)  erschien  auch  in  französischer  Übersetznng: 
Les  Giustiniani,   dynastes  de  Chios,  ^tude  bistorique  traduite  de  TAllemand  par  Etienie 
A.  Vlasto,   Paris  1888.  -    Tb.  Beut,  The   lords  of  Chios,   The  English  Bist.  Reriew  4 
(1889)  467—480.  —  Manches  Material  zur  neueren  Geschichte  von  Chios   bietet  KoDst 
N.  Kanellakes,    Xiaxd  (lydXexra,   Athen  1890.  --  Ch.  E.   Kanellopulos,    Jl  iy  T^n 
dvtixtti  fxoyai,  Jlaqvaaüog  15  (1893)  711—719.   —   Zur   Geschichte   Cerigos   unter  ▼«!»• 
zianischer   Herrschaft:   N.    S.   Kalutses,    Mixgd   avfißoXtj  sig  rtjy  UsxoQtay  xtJy  KvSi^^ 
JeXxioy  2   (1885-1889)   635-639.  -  Dazu   die  sonstige  zu  §§  360,  396   und  397  n^t 
führte    Litteratur  über   die  fränkischen   Herrschaften   in   Morea,   Athen,    Euboeaat^ 
Cypern  und  bes.  die  oben  (S.  1069)  genannte  Geschichte  Griechenlands  von  KarlHofi 

6.  Genealogie  nnd  Familiengeachiohte« 

A.  Zusammenfassende  Schriften:  Hauptwerk  ist  noch  immer  Du  Gange,  Fi- 
miliae  augustae  byzantinae,  Paris  1680  (s.  o.  S.  1068).  —  Die  fränkischen  Familien  betrifl: 
Du  Gange,  Les  familles  d'outre-mer,  publikes  par  E.  Rey,  Paris  1869.  Dazu  gab  B«> 
Nachträge,  Chartres  1881  (mir  unzugänglich).  -  Reinh.  Röhricht,  Zusätze  und  Veri» 
serungen  zu  Du  Gange,  Les  familles  d*outre-mer  (ed.  E.  Rey,  Paris  1869).  Progr.i 
Humboldtsgymnasiums,  Berlin,  R.  Gaertner  1886.  —  Die  reichsten  Aufschlüsse  über  ü 
Familien  der  fränkischen  Herrscher  im  Orient   gibt  K.  Hopf,   Chroniques   Gr^co-Romis« 


2.  Innere  Geechlohie.  1083 

iiiMites  ou  peu  connues,  Berlin  1878,  in  den  am  Schlüsse  des  Werkes  beigefQgten  genea- 
lo^schen  Tafeln.  Dazn  die  übrigen  oben  S.  1082  angefahrten  Arbeiten  von  Hopf.  —  E.  A. 
Christomanos,  Abendländische  Geschlechter  im  Orient.  1.  Lieferung,  Wien  1889  (wird, 
es  scheint,  nicht  fortgesetzt).  —  Li  vre  d'or  de  la  noblesse  Phanariote  en  Gr^ce,  en 
en  Russie  et  en  Turquie  par  un  Phanariote,  Athen  1892  (verfolgt  die  Stamm- 
bflnme  der  phanariotischen  und  angeblich  phanariotischen  Gesohlechter,  von  denen 
sioli  allerdings  nur  wenige  mit  Sicherheit  in  die  byzantinische   Zeit  zurQckfQhren  lassen). 

B.  Schriften  über  einzelne  Familien:  Eine  Schrift  über  die  Familie  Me. 
liseenos  ist  S.  780  Anm.  6  erwähnt.  Ober  eine  im  Cod.  Neapel.  II.  c.  35  erhaltene 
Sammlung  von  Briefen,  die  sich  auf  Zweige  der  Familie  Melissenos  beziehen,  vgl.  Salv. 
CyriUo,  Codices  graeci  mss  regiae  bibliothecae  Borbonicae  2  (Neapel  1832)  25—32.  — 
K.  A.  Chrestomanos,  FeyeaXoytxd  fieXetijfiaTa,  T6  yivog  Alfjmova  (Aifjmiüvä),  Jlaqyaaaog 
10  (1886)  349—371.  —  E.  Legrand,  G^nöalogie  des  Maurocordato  de  Cple  et  autres  do- 
enments  concemant  cette  famille,  Paris  1886.  —  AI.  Lauriotes,  TIbqI  xrjg  Xiax^g  oixo- 
ymt^Hag  KaXo&iiovy  NBoXoyov  "EßdofÄadttia  'Eni^etiiQijcig  vom  14.  März  1893  (auf  Grund 
einer  in  der  Athoslaura  erhaltenen  Goldbulle  Andronikos'  II  vom  Jahre  1314).  —  £p.  Me- 
tnzas,  'Unoqla  rijg  oixoyeyelag  Mentha  ano  rov  1081  fiixQ^  ^^'^  1864  hovg,  Athen  1893 
(mir  unzugänglich).  —  Einige  Bemerkungen  über  das  Geschlecht  Rangkabes  gibt  ein 
Anonymus,  Nea  *E(prjfieQls  vom  8.  Mai  1893.  —  Auf  Fälschung  und  Schwindel  beruht  der 
Stammbaum  der  angeblich  uralten  byzantinischen  Familie  des  „Fürsten*  Rbodocanakis. 
Das  hat  mit  überreichen  Gründen  nachgewiesen  £.  Legrand,  Dossier  Rbodocanakis. 
£iade  critique  de  bibliographie  et  d'histoire  litt^raire.  Paris  1895.  Vgl.  B.  Z.  5  (1896) 
877—379. 

2.  Innere  Geschichte. 

1.  Allgemeine  Schriften. 
Sp.  Zampelios,  "Jurfiara  drjfAonxd  r^g  ^Xddog  /Aerd  fieX^ttjg  Ictogix^g  negl  fie- 
0«iwyucov  iXXrjvmfAov,  Eorfu  1852.  —  H.  Krause,  Die  Byzantiner  des  Silittelalters,  Halle 
1869.  Ein  oberflächliches,  häufig  geradezu  kindisch  leichtgläubiges  und  naives  Machwerk, 
in  welchem  die  Möglichkeit  eines  geschichtlichen  Überblickes  durch  die  willkürliche  Be- 
schränkung auf  den  Zeitraum  vom  10.  — 14.  Jahrb.  benommen  und  weder  die  Byzantiner 
noch  die  neueren  Arbeiten  genügend  verwertet  sind.  Vgl.  die  einsichtige  Besprechung  von 
F.  Hirsch,  Götting.  Gel.  Anzeigen  1869  S.  1681—1694.  —  Augustin  Marrast,  Esquis- 
See  byzantines,  Paris  1874  (Kleine  Skizzen  aus  dem  Hof-  und  Stadtleben  von  Byzanz 
s.  B.  La  ville.  Chez  le  Patrice.  L'empereur  et  le  stylite.  Un  Spartiate  u.  s.  w.).  —  Au- 
gustin  Marrast,  La  vie  byzantine  au  VI®  siecle,  Paris  1881  (Belletristische  Skizzen  mit 
einem  ziemlich  leeren  Kommentar).  —  V.  Vasiljevskij,  Materialien  zur  inneren  Ge- 
schichte des  byzantinischen  Reiches,  Joum.  Min.  1879  Bd  202  S.  160—232;  386—438; 
1880  Bd  210  S.  98-170;  355—440  (russ.).  —  Th.  üspenskij,  Ztjtijfiaia  ngde  fAeXiif^y 
•g^f  ictüiegixijg  UnoQiag  xov  Bv^uvtivov  xqdxovg,  JbXxLov  2  (1885 — 1889)  533 — 552.  — 
£inen  ganz  neuen  Weg  zur  Erforschung  der  inneren  Geschichte  von  Byzanz  eröffnete  Gust. 
Schlumberger,  indem  er  die  Tausende  uns  erhaltener  Bleibullen  (auch  einige  Gold-  und 
Silberbullen)  untersuchte  und  aus  ihnen  für  die  Ikonographie,  das  Verwaltungswesen,  die 
politische  und  private  Geschichte,  die  Geographie  und  Topographie  der  Byzantiner  ein 
ebenso  zuverlässiges  als  reichhaltiges  Material  gewann.  Die  Ergebnisse  seiner  Forschungen 
bat  er  zuletzt  zusammengefasst  in  seiner:  Sigillographie  de  Tempire  byzantin, 
Paris  1884.  Die  ganze  reichgegliederte  byzantinische  Gesellschaft,  der  Hof,  der  Adel,  die 
Zivil-  und  Militärverwaltung  mit  ihrer  verwickelten  Beamtenhierarchie  passieren  in  den 
kleinen  Denkmälern,  die  hier  veröffentlicht  und  erklärt  sind,  vor  unseren  Augen.  Vgl. 
8p.  Lambros,  B.  Z.  1  (1892)  192.  Vgl.  auch  die  in  Rubrik  11  angeführten  Schriften 
▼on  Schlumberger.  —  Hauptwerk  für  die  rechtliche  Seite  der  inneren  Geschichte  von  By- 


1084         Bysantinische  LitteraiargeBohiohte.    Allgemeine  Bibliographie. 

zanz   (Grundeigentnmsverhältnisse   a.  b.  w.):   E.   E.   Zachariae   von   Lingenthal.  Gi- 
schichte  des  griechisch-rOmischen  Rechts,  3.  Aufl.,  Berlin  1892.  —  Daza  die  zu  §  258  u- 
geführte  Litterator.  --  W.   Fischer,  Ein  Wort  über  den  Byzantinismus,   Zeitschr.  f .  iB- 
gemeine   Geschichte   5   (Stattgart   1888)   989—997.  -  -  Einige  ziemlich    TerrOckte  Beur 
kungen  über  die  Bedeutung  des  Wortes   .Byzantinismus'   gaben   Jac.  Anspachmi 
Th.  J.  I.  Arnold   in  der  holländischen  Zeitschnft  De  Navorscher   49   (1890)  658  kä 
660.  —  Manche  Teile  der  inneren  Geschichte,  wie  die  Themen,  die  Provinzen,  die  etkn- 
graphischen  Verhältnisse,  das  Hof  leben  u.  s.  w.  sind  natürlich    auch  in  den  oben  (1  B  il 
C)  angeführten  Werken,  bes.  bei  Rambaud,  Gfrörer,  C.  Neumann  und  Schlomberger,  behu- 
delt.  —   Einiges  Material  auch   zur  byzantinischen  Kulturgeschicbte   bieten   Alfred  t«i 
Kremer,  Culturgeschichte  des  Orients  unter  den  Chalifen,  2  Bde,  Wien  1875—1877  (W 
Nachweise  von  byzantinischen  Kulturelementen  bei  den  Arabern),  und  Hans  Prutz,  Kd- 
turgeschichte  der  Kreuzzüge,  Berlin  1883. 

2.  SpeEialachriften. 

A.  Verfassung,  Verwaltung,  Steuer-,  Post-  und  VerpflegnngsweBco: 
Über  die  diokletianisch-konstantinische  Staatsform  im  allgemeinen  vgl.  die  kurze,  iker 
klare  Darstellung  von  Th.  Mommsen,  Abriss  des  römischen  Staatsrechts,  in:  Bindiig. 
Handbuch  der  deutschen  Rechtswissenschaft  1  3,  Leipzig  1893.  —  S.  Uvarov,  De  proriBc 
imperii  orientis  administrandi  forma  mutata  inde  a  Gonstantino  M.  usqne  ad  Justinianno  I, 
Dorpat  1858  (mir  unzugänglich).  —  0.  A.  Ellissen,  Der  Senat  im  ostrOm.  Reiche,  Di& 
Göttingen  1881.  —  Gh.  L^crivain,  Le  S^nat  romain  depuis  Diocl^tien  ä  Rome  et  a  Coa- 
stantinople,  Biblioth.  des  Ec^les  fran^.  d'Athönes  et  de  Rome,  Nr.  52,  Paris  1884.  —  P. 
Vinogradov,  Die  Entstehung  der  Feudalverhältnisse  im  longobardischen  Italien,  Pet«»- 
bürg  1880  (russ.).  —  G.  Galisse,  II  govemo  dei  Bisantini  in  Italia,  Rivista  storica  ItaL2 
(1885)  265—335.  —  Gharles  Diehl,  Etudes  sur  Tadministration  Byzantine  dans  Textf- 
Chat  de  Ravenne  (568—751),  Paris  1888.  —  Dazu  die  von  Diehl  S.  XIII  ff.  veizeichMte 
Litteratur.  —  Moriz  Hartmann,  Untersuchungen  zur  Geschichte  der  byzant.  Verwaitng 
in  Italien  (540-750),  Leipzig  1889.  —  H.  Gohn,  Die  Stellung  der  byzantinischen  SUA- 
halter  in  Ober-  und  MitteUtalien  (540—751),  Diss.,  Berlin  1889.  —  Felix  Lampe,  Qa 
fuerint  Gregorii  Magni  papae  temporibus  in  imperii  byzantini  parte  occidentali  ezarcki  «t 
qualia  eorom  iura  atque  officia,  Berlin  1892.  Vgl.  die  Besprechung  von  L.  M.  Hartman, 
B.  Z.  3  (1894)  170  ff.  —  A.  Gaudenzi,  Sui  rapporti  tra  Htalia  e  Pimpero  d'Orieote  fii 
gli  anni  476  e  554  d.  G.,  Bologna  1888.  —  Zur  Givil-  und  Militärverwaltang  im  hywt 
tinischen  Exarchat  vgl.  auch  Th.  Mommsen,  Ostgothische  Studien,  Neues  Archtr  d« 
Gesellschaft  f.  ältere  deutsche  Geschichtskunde  14  (1889)  453-544,  und:  Nachtrige  b 
den  ostgothischen  Studien,  ebenda  15  (1890)  181—186.  —  Gius.  Rivera,  Le  istitozkii 
sociali  italiane  nella  dominazione  barbarica  ed  Orientale,  Lanciano  1892.  —  K.  E.  Za- 
chariae von  Lingenthal,  Principj  di  un  debito  pubblico  nell*  impero  bizantino,  R«s£> 
conti  del  R.  Istituto  Lombarde,  Serie  II,  vol.  16  fasc.  18  p.  1—6.  —  V.  Vasiljevskij. 
Materialien  zur  inneren  Geschichte  des  byzantinischen  Reiches.  IL  Machthaber  (Vlastdi), 
Klöster  und  Steuereinnehmer  im  11.  und  12.  Jahrb.,  Journ.  Min.  1879  Bd  202  S.  386-438 
(russ.).  —  E.  Hudemann,  Geschichte  des  römischen  Postwesens  während  der  Kaisencü 
2.  Aufl.,  Berlin  1878.  —  Aug.  Audollent,  Les  Veredarii,  ämissairea  imp^rianx  souk 
Bas-Empire,  Melanges  d'archöologie  et  d'histoire  de  TEcole  fran^aise  de  Rome  9  (\^\ 
249—278.  —  Ed.  Gebhard,  Studien  über  das  Verpflegungswesen  von  Rom  und  Kpel 
Dorpat  1881. 

B.  Staats-  und  Gemeinde-Ämter,  Titel-  und  Rangwesen:  Von  gHVsitar 
AVichtigkeit  auch  für  die  byzantinische  Zeit  ist  das  ein  Verzeichnis  der  Hof-,  Civil-  ea^ 
Militär- Amter  enthaltende,  am  Ende  des  4.  Jahrhunderts  verfasste  römische  Staatsbandbock: 
Notitia  dignitatum  (so  gewöhnlich  zitiert)  et  administrationum  omninm  tarn  civiliamquc 
miJitarium  in  partibus  orientis  et  occidentis.  Hauptausgabe  von  E.  Bock  in  g.  2  Tomi  und  Inda 


2.  Innere  Geschichte.  1085 

in  6  voll.,  Bonn  1839— 1853.  —  Ch.  Ldori  vain ,  De  quelques  institutions  du  Bas  Empire.  I.  Les 
principales  dans  le  regime  municipal  romain.  II.  Les  tribuni  des  milices  municipales. 
III.  La  joridiotion  du  pr^teur  sous  TEmpire.  IV.  Origine  de  quelques  institutions  du 
Bas-Empire.  Mölanges  d'arch^ologie  et  d'histoire  de  TEcole  fran^.  de  Roma  9  (1889)  363 
bia  388.  —  Cli.  L^crivain,  Etudes  sur  le  Bas  Empire.  I.  Explication  d'une  loi  du  Code 
Th^odosien  (XVI,  2,  38).  II.  Textes  de  saint  Ambroise,  de  saint  Jean  Chrysostöme,  du 
pape  einläse  sur  la  servitude  pour  dettes,  le  dölit  d'adultöre  et  la  composition.  III.  Lee 
■oldats  priv^s  au  Bas  Empire.  Mdlanges  d'arch^ologie  et  d'hist.  de  TEcole  fran^.  de  Rome 
10  (1890)  253—283.  --  Über  ein  angebliches  byzantinisches  Meereskonsulat  und  seinen 
angeblichen  Einfluss  auf  italienische  Institutionen  vgl.  die  Artikel  von  Hans  von  Kap- 
Herr  und  Adolf  Schaube,  Deutsche  Zeitschr.  f.  Geschichtswiss.  5  (1891)  21—69;  9 
(1893)  223-258;  288  f.;  10  (1893)  127  f.  —  E.  Beurlier,  Le  Chartophylax  de  la  grande 
^glise  de  Cple,  Compte  rendu  du  3.  congr^s  scientifique  international  des  catholiques, 
Brüssel  1895,  V.  section  S.  252—266.  —  E.  A.  Stückelberg,  Der  Konstantinische  Pa- 
triciat,  Basel  und  Genf  1891  (ungentlgend).  —  Zur  offiziellen  Anrede  mit  einem  Abstraktum 
(dementia,  pietas,  maiestas,  17  ^eoa^ßnä  <rov,  ij  aij  xQ^^^^oxrjg  u.  s.  w.)  vgl.  Chr.  Schöner, 
Über  die  Titulaturen  der  römischen  Kaiser,  Acta  Seminarii  Erlangensis  2  (1881)  449  ff., 
und  Aug.  Engelbrecht,  Patristische  Analekten,  Wien  1892  S.  48  ff.  und:  Ober  das 
T^telwesen  der  spätlateinischen  Epistolographen,  in  .Aus  dem  Theresianum*,  Festgabe  der 
k.  k.  Theresianischen  Akad.  zur  42.  Versamml.  deutscher  Philologen,  Wien  1893.  —  Zum 
Titel-  und  Rangwesen,  dessen  historische  Darstellung  ein  dringendes  Bedtlrfnis  ist, 
▼gl.  im  übrigen  Du  Gange,  Glossarium  mediae  et  infimae  graecitatis  und  die  Korn 
mentare  von  Du  Gange  und  anderen  zu  den  byzantinischen  Historikern.  Manches  ist  in 
der  neueren  Litteratur  weit  zerstreut;  vgl.  z.  B.  E.  Kurtz,  B.  Z.  3  (1894)  634  f. 

G.  Kaiserkult,  Hofzeremoniell,  Gircusparteien:  A.  Gasquet,  L'empire 
d'Orient  et  Tempire  d'Occident.  De  Temploi  du  mot  BaatXev's  dans  les  actes  de  la  chan- 
eellerie  byzantine,  Revue  bist.  26  (1884)  281—302.  —  0.  Hirschfeld,  Zur  Geschichte 
dee  römischen  Kaisercultus,  Sitzungsber.  Berl.  Ak.  1888  S.  833—862.  —  E.  Beurlier, 
Le  culte  imperial,  Paris  1891.  —  E.  Beurlier,  Sur  les  vestiges  du  culte  imperial  ä  By- 
lance,  Gompte  rendu  du  congres  scientifique  international  des  catholiques  tenu  ä  Paris 
du  V  au  6  avril  1891,  Paris  1891.  —  E.  Beurlier,  Le  culte  rendu  aux  souverains  dans 
Tantiquit^  grecque  et  romaine,  Revue  des  questions  historiques  51  (1892)  5 — 56.  —  Vgl. 
O.  Treubner,  Götting.  Gel  Anzeigen  1892  S.  398  ff.  —  VgL  auch  M.  Krascheninnikoff, 
Ober  die  EinfOhrung  des  provinzialen  Kaisercultus  im  römischen  Westen,  Phiiologus  53 
1894)  147 — 189.  —  P.  Kalligas,  Hegt  rov  xvnixov  tijs  ßv^,  avX^s,  AleXirM  xai  Xoyoi, 
Athen  1882  S.  305-326.  —  W.  Fischer,  Eine  Kaiserkrönung  in  Byzantion,  Zeitschr.  f. 
•llgemeine  Gesch.  4  (1887)  81  -  102.  —  Über  die  byz.  Kaiserkrönung  handelt  auch  X.  J.  JI,, 
^jiyayoQ^vcig  xai  cr^tlftg  rtav  ßvCaynytüy  avtoxQatogüty,  Nia  ^Hfiiga  vom  5./17.  und  12./24. 
Juli  1896  (Nr.  1127—1128).  —  D.  Beljajev,  Byzantina.  II.  Die  täglichen  und  sonntäglichen 
Audienzen  der  byzantinischen  Kaiser  und  ihre  feierlichen  Prozessionen  in  die  Kirche  der 
kL  Sophia  im  9.— 10.  Jahrhundert,  Petersburg  1893  (russ.).  Vgl.  die  Besprechung  von 
Tb.  Uspenskij,  B.  Z.  3  (1894)  184  ff.  —  Über  die  Frage,  wie  die  byzantinischen  Kaiser 
und  Patriarchen  bestattet  wurden,  handelt  H.  Grauert,  Zu  den  Nachrichten  über  die  Be- 
stattung Karls  des  Grossen,  Histor.  Jahrbuch  14  (1893)  302—319.  —  Zum  Zeremonien- 
wesen des  byzantinischen  Hofes  vgl.  ausserdem  §  108  und  die  dort  genannte  Hilfslitteratnr. 
—  Fr.  Wilken,  Über  die  Parthey en  der  Rennbahn,  vornehmlich  im  byzantinischen  Kaiser- 
thmn,  AbhandL  BerL  Ak.  1827  (Berlin  1830)  S.  217—243.  Ohne  die  Noten  auch  in 
Räumers  Histor.  Taschenbuch  1830  (grundlegende  Arbeit).  —  A.  Rambaud,  De  byzantino 
hippodromo  et  circensibus  factionibus,  Paris  1870.  —  A.  Rambaud,  Le  Sport  et  Thippo- 
drome  ä  Gonstantinople,  Revue  des  Deux  Mondes  vom  1.  August  1871.  —  Th. 
Uspenskij,  Die  Parteien  des  Zirkus  und  die  Demen  in  Konstantin opel ,  Vis.  Yr.  1 
(1894;  1—16  (russ.).    Vgl.  B.   Z.  4  (1895)  208  f.  —  Sp.  P.  Lampros,   Ol 


1086         Bysantinisobe  litteratargesohichie.    Allgemeine  Bibliographie. 

aymvBq  naqä  toig  BvCayriroTg,   in   der  Festschrift:  'OXvfsnMxoi  dyoßyeg  iv  *J^r<as,  Afttt 

1896  S.  58-68. 

D.  Heer  und  Flotte:  H.  Kirchner,  Bemerkongen  üher  die  Heere  Jnstamm, 
Festschr.  zur  Feier  des  50jährigen  Diensijuhiläums  des  Herrn  Gjmnasialdirektoni  Dr.  Nil- 
ting,  Wismar  1886  S.  115—138.  —  Th.  Mommsen,  Das  römische  Militärwesen  seitDb- 
cletian,  Hermes  24  (1889)  195—279.  —  Charles  Löcrivain,  Efcodes  sur  le  Bas  Empu«. 
II 1.  Les  soldats  privös  au  Bas  Empire.  M^langes  d'arch^ologie  et  d'hiatoire  10  (1890) 
267—283.  —  Conr.  Beniamin,  De  Justiniani  imperatoris  aetate  quaestiones  mäitini, 
Berlin  1892.  Vgl.  die  Besprechung  von  F.  Hirsch,  B.  Z.  2  (1893)  157  f.  —  K.  E.  Zaeki- 
riae  von  Lingenthal,  Zum  Militärgesetz  des  Leo,  B.  Z.  2  (1893)  606—608.  —  K.  £. 
Zachariae  von  Lingenthal,  Wissenschaft  und  Recht  fOr  das  Heer  vom  6.  bis  zun  As- 
fang  des  10.  Jahrhunderts,  B.  Z.  3  (1894)  437—457.  —  Zum  iWegswesen  vgl.  anch  St 
Novakovi6,  Das  altserbische  Heer,  Belgrad  1893.  Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  156.  —  Zn 
Militärwesen  des  10.  und  11.  Jahrhunderts  vgl.  §  117  Anm.  3  A  und  §  118  mit  den  M 
zitierten  Hilfsmitteln.  Das  §  118  besprochene  Strategikon  des  Kekauinenos  ist  inzwisck« 
von  V.  Vasiljevskij  und  V.  Jernstedt  in  den  Zapiski  der  histor.-philoL  Fakultät  der 
k.  Universität  Petersburg,  Teil  38,  Petersburg  1896,  mit  litterarhistorischer  Einleitung  m 
ediert  worden.  —  Zur  militärwissenschaftlichen  Litteratnr  der  Byzantiner  vgl.  §288. 

War  an  gen  (normannische  Leibgarde  des  Kaisers):  A.  J.  Penzel,  Dise.  de  Bamiii 
in  aula  Byzantina  militantibus,  Balis  1771.  —  S.  Gedeonov,  Bruchstficke  ans  einer  Ab- 
handlung über  die  Warägerfrage,  Zapiski  der  k.  russ.  Akad.  Tom.  I  Beilage  3,  Petan- 
burg  1862  (russ.).  —  V.  Vasiljevskij,  Waijago-russische  und  waijago-englische  Müll 
(druiina)  in  Kpel  im  11.  und  12.  Jahrb.,  Joum.  Min.  1874  Bd  176  Nov.  S.  105—144;  1875 
Bd  177  Februar  S.  394-451;  Bd  178  März  S.  76— 152  (russ.).  -  Dazu  der  Nachfrag:  V. 
Vasiljevskij,  Russisch-byzantinische  Fragmente.  III.  Bemerkung  über  Fossgäoger  md 
Reiterei,  Joum.  Min.  1876  Bd  184  März  S.  178—187  (russ.).  —  Zur  Geschichte  des  HinU: 
P.A.  Munch ,  Kritiske  Undersogelser  om  vore  Kongesagaers  Fremstilling  af  Harald  Signrtb- 
sons  (Haardraades)  Bedrifter  i  den  graeske  Kejsers  Tjeneste,  in  seinen  ,Sanilede  Aflias^ 
linger'  1  (Christiania  1873)505—554.  —  Gustav  Storm,  Harald  Haardraade  og  Va«ni> 
gerne  i  de  Graeske  Keiseres  Tjeneste,  Historisk  Tidsskrift,  Anden  Raekke  4  (Kristiaii 
1884)  354—386  (verwertet  für  die  Geschichte  Haralds  und  der  Warangen  die  Schrift  im 
Kekaumenos;  vgl.  §  118).  -  VgL  auch  A.  Rambaud,  L*empire  grec  au  dixi^me  mkfk, 
Paris  1870  S.  388  ff.,  und  G.  Scblumberger,  Nic^phore  Phocas,  Paris  1890  S.  48  ff. 

Marine:  Aug.  Fr.  Gfrörer,  Das  byzantinische  Seewesen  in  seinen  Byz.  Ge- 
schichten 2  (1873)  401—436.  —  E.  Jurien  de  la  Graviore,  La  marine  des  Byzaoti^ 
Revue  des  Deux  Mondes  65  (1884)  130—158.  —  Einiges  über  byzantinische  Kriegssdüfii 
bietet  Oecil  Torr,  Ancient  sbips,  Cambridge  1894  S.  16  ff.  —  VgL  auch  G.  SchUm- 
berger,  Nicäphore  Phocas  S.  51  ff.  —  Dazu  die  S.  637  f.  angeführte  Litteratur. 

E.    Landwirtschaft,  Handel  und   Gewerbe,   Luxus:   V.    Makuäev,  Ueb« 
die  Pronoia  im   alten  Serbien,  Joum.   Min.  1874  Bd  175  Sept.— Okt  S.  1—20  (nus.)  - 
V.  Vasiljevskij,  Materialien  zur  inneren  Geschichte  des  byzantinischen  Reichea.   I.  Ma» 
regeln  zum  Schutze  des  Bauemgrundbesitzes,  Joum.  Min.  1879  Bd  202  S.  160—232  (nw.). 
—  P.  Kalligas,  Dsgi  dottXonaQoixlag  nag«  'Pat/naioig  xai  BvZayriyoig  xal  7t€^l  ^po^loyvm 
diatii^eujy,  in  seinen:   MeXhai  xal  Xoyot,   Athen   1882  S.  183—804.   —    Th.  Uspenskij. 
Materialien  zur  Geschichte  des  Bauemgrandbesitzes  im  14.  Jahrhundert,  Odessa  1883  (nm). 
(mir  unzugänglich;  vielleicht  identisch  mit  dem  folgenden).  — Th.  Uspenskij,  ZorGt- 
schichte   des   Bauemgrundbesitzes   in  Byzanz,  Joum.  Min.  1883  Bd  225    S.  30—87;  101 
bis  360  (russ.).   —   Th.    Uspenskij,   Die  Bedeutung   der  byzantinischen    and  sfidaUri- 
sehen   n(f6yoia   (eine  Art   von  Benefiz),   in    ,  Sammlung    von    Aufsätzen   zur    Slavenkundf 
zu  Ehren  von  V.  P.  Lamanskij",  Petersburg  1883  (russ.).    Vgl.  den  Bericht  in  der  Rcvae 
des   questions   bist.   35   (1884)   270.    —    Th.   Uspenskij,    Spuren     der    KatasterbQcb<r 
in  Byzanz,  Joum.  Min.  1884  Bd  231  S.  1-48;  289-835;   1885  Bd  240  S.  1—52  (ni«;. 


8.  Eirohengesohiohie.  1087 

—  Th.  üspenskij,  Beobachtungen  zur  Geschichte  der  Landwirtschaft  in  Byzanz, 
Joum.  Min.  1888  Bd  259  S.  229-259  (ruas.).  —  Th.  üspenskij,  Byzantinische  Land- 
meeeer,  Odessa  1888  (russ.).  Besprochen  von  P.  Bezobrazov,  Joum.  Min.  1888  Bd  260 
B.  272—280  (russ.).  —  Über  das  für  die  Geschichte  der  Landwirtschaft  wichtige  System 
des  Zuschlags  {inißokij)  handelt  sehr  ausführlich  Henry  Monnier,  Jl^tudes  de  droit  by- 
sanün.  1.  Nouvelle  revue  historique  de  droit  fran^ais  et  ^tranger  16  (1892)  125—164; 
880—352;  497—542;  637-672;  18  (1894)  433-486;  19  (1895)  59-103.  —  D.  Arsla- 
nian.  Ober  das  System  des  ländlichen  Grundeigentums  im  osmanischen  Reiche,  Diss., 
Ijeipzig  1888.  —  Zum  byzantinischen  Handel  vgl.  die  S.  410  angeführten  Schriften  von 
W.  Heyd.  —  E.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,  Eine  Verordnung  Justinians  über  den 
Seidenhandel  ans  den  Jahren  540  -547,  M^m.  de  TAcad.  Imp.  des  sciences  de  St.  P^ters- 
boorg,  Tome  9  (1865)  Nr.  6.  —  L.  M.  Hartmann,  Zur  Geschichte  der  Zünfte  im  frühen 
Mittelalter,  Zeitschrift  f.  Sozial-  und  Wirtschaftsgesch.  3  (1894)  109—129  (handelt  u.  a. 
anf  Grund  des  von  J.  Nicole  ans  Licht  gezogenen  Liber  praefecti  über  die  wirtschaftliche 
Organisation  der  byzantinischen  Zeit,  dann  über  das  Zunftleben  in  Ravenna  im  10.  Jahrb.) 

—  Ober  den  Luxus  im  byzantinischen  Reiche  handelt  H.  Baudrillart,  Histoire  du  luxe 
priv^  et  public  depuis  Tantiquit^  jusqu'ä  nos  jours.  Tome  2,  Paris  1878  S.  331  ff.  —  Ge- 
nauere Einzeluntersuchungen  über  die  agrarischen,  kommerziellen,  gewerblichen  und  son- 
stigen wirtschaftlichen  Zustände  des  byzantinischen  Reiches  gehören  zu  den  dringendsten 
Forderungen  der  Byzantinologie. 

F.  Kultur-  und  Geistesbildung:  Arsenius  Mentschikow,  De  eruditione  et  re 
litteraria  Graecorum  aetatis  byzantinae,  Universitätsschrift,  Moskau  1849  (allgemeine  Ueber- 
sieht  der  byzantinischen  Litteratur  und  ihrer  Einflüsse  auf  die  russische  Kultur).  —  M. 
X.  Paranikas,  Ix^^^^^f^'^  ^^Q^  ^^7^  ^'^  ^^  'EXXrjy.  e&yei  xaraaTdaeütg  tay  yqafjifMxtioy 
ano  dXtuastüg  KcnyatayriyovnoXetog  (1453)  fJ^^XQ^  "^^^  uQXfoy  x^g  iyearoiatjg  ixavoytaetrjQidog, 
Kpel  1867.  —  C.  Paparrigopulos,  Histoire  de  la  civilisation  hellönique,  Paris  1878. 
Behandelt  ausführlich  auch  die  byzantinische  Zeit,  bes.  die  Periode  des  Bildersturmes.  — 
O.  Chassiotis,  L*instruction  publique  chez  les  Grecs  depuis  la  prise  de  Cple  par  les 
Tores  jusqu'ä  nos  jours,  Paris  1881.  Vgl.  die  Besprechung  von  P.  Syrku,  Joum.  Min. 
1882  Bd  220  S.  279— 305  (russ.).  —  M.  J.  Gedeon,  Xqoytxd  trjg  naxqiaqx^^s  ^^^n^W^t^^f 
Kpel  1883  (über  die  Patriarchatsschule  von  1454—1830).  —  S.  Aristarches,  KaxdXoyog 
TtSy  nagd  xtay  yetaxigtay  'EXkijyfay  dno  dX(6(Te(og  /^^XQ*'  ^ovde  avyyqafpiyxoiy  ßtßXiaty  (pwsixo^ 
taroQixüiyj  tpvatxtöyf  yBtayQUfpixtoyj  iaxQixtoy,  fia^fjfAaxixcSy  xal  yo/ivxüiiy,  £vXXoyog  14  (1884) 
103 — 153.  —  Dazu  die  S.  798,  2  angeführten  Werke  von  Vretos,  Sathas,  Demetra- 
kopnlos  und  Legrand.  —  N.  Skabalanoviö,  Byzantinische  Wissenschaft  und  Schulen 
im  11.  Jahrb.,  Christ,  ötenie  1884  März— Mai  (russ.).  —  F.  Gregorovius,  Die  Legende 
Tom  Studium  der  Wissenschaften  in  Athen  im  12.  Jahrb.,  Zeitschr.  für  Geschichte  und 
Politik  5  (1888)  805—817.  —  Th.  Üspenskij,  Skizzen  zur  Geschichte  der  byzantinischen 
Kultur,  Petersburg  1892  (russ.).  Über  den  Inhalt  vgl.  B.  Z.  1  (1892)  176  ff.,  635.  Vgl  die  Be- 
Bprecbung  von  P.  Bezobrazov,  Viz.  Vr.  3  (1896)  125  ff.  —  P.  Bezobrazov,  Züge  der 
byzantinischen  Sitten  und  Kultur,  in  seinem  Buche:  Historische  Aufsätze.  I.  Moskau  1893 
8.  45 — 143  (russ.).  —  Einen  kurzen  Überblick  über  die  sozialen  Verhältnisse  der  Lehrer  im 
byzantinischen  Reiche  gibt  M.  J.  Gedeon,  Uai^sia  xal  nxfaxeia  naq'  ifjfuy  xaxd  xovg  rt- 
levraiovg  aidtyag,  Kpel,  Keil  1893.  —  M.  K.  Paranikas,  Jlcgl  xijg  iy  KnoXei  naxqiaqx^^V^ 
TxoXtjg,  SvXXoyog^  xogiog  xe  (1895)  49—56;  61—66.  —  Dazu  die  Bemerkungen  von  M.  J. 
j^edeon,  Ebenda  S.  56-61.  —  Zur  Geistes-  und  Kulturgeschichte  der  Byzantiner  im  14.  und 
15.  Jahrhundert    vgl.  die  S.  502  f.  angeführte  Litteratur. 

3.  Kirchengeschichte. 

1.  Allgemeine  Daratelliingexi.    Verhältnifl  der  Kirohe  snm  Staat. 
J.  M.  Neale,  A  History  of  the  holy  east«rn  church,   2  Parts,  London  1847—50.  -• 
L.  P.  Stanley,  Lectures  on  the  history  of  the  eastem  church,  2.  edition,  London  1862. 


1088        Bysaniiniflohe  Litteratnrgesohiohte.    Allgemeina  Bibliographie. 

—  J.  Hasemann,  Griechische  Kirche,  Ersch-  und  6raher*8che  Enzyklopaedie,  L 
Teil  84  (1866)  1—290.  —  Jos.  Hergenröther,  Handbach  der  allgemeineD  Kirchcaf». 
schichte,  3.  Aufl.,  3  Bde,  Freibarg  1884—1886.  —  Ph.  Bapheides,  loexAi^icffT^ 
UnoQia  ano  %ov  xvqIov  rj/juiSy  'Irjaov  Xgtciov  fJtiXQ^  f^*'  xa^*  Vf^^^  jlf^Va»*',  2  Bde,  Kq&- 
stantinopel  1884—1886  (reicht  bis  1453;  der  Schluss  ist  nicht  erschienen)  (mir  oniosio^- 
lieh).  —  H.  F.  Tozer,  The  charch  and  the  eastem  empire,  London  1888  (kone  Dantd- 
long  der  Geschichte  der  orientalischen  Kirche,  ihres  Verhältniases  zum  Staate  and  Volk 
und  ihrer  Einrichtungen).  —  C.  J.  ▼.  He  feie,  Gonciliengeschichte,  2.  verb.  Anfligi 
Freiburg  i.  B.  1889  ff.  —  Eine  historische  Gesamtdarstellung  der  griechischen  Kirche  gik: 
Ferd.  Kattenbusch,  Lehrbuch  der  vergleichenden  Konfessionskunde.  I.  Bd:  Die  ortW- 
doxe  anatolische  Kirche.  Freiburg  1892.  —  D.  Karl  Müller,  Kirchengeechichte,  Enttr 
Band,  Freiburg  1892  (=  Grundriss  der  theologischen  Wissenschaften,  L  Reihe  IV.  Tci 
1.  Bd)  (behandelt  in  mehreren  Kapiteln  auch  die  bjz.  Kirche  und  gibt^  namentlich  f&r  ik 
frühbyzantinische  2^it,  reichliche  Litteratumachweise,  auf  die  hier  verwiesen  aei).  —  ILSl 
Paritses,  BioyQaq>ixtj  ixxXijüiaafixij  IctoQia^  Kpel  1894  (kleines  Handbach  in  Fona  m 
Biographien  ohne  wissenschaftliche  Ansprüche).  —  K.  Müller,  Die  Grenze  zwischen  AJtr 
tum  und  Mittelalter  in  der  Kirche,  Preussische  Jahrbücher  60  (1887)  257—278  (setzt  ^ 
Grenze  in  die  2^it  vom  Ende  des  sechsten  bis  zur  Mitte  des  siebenten  Jahrhonderts). - 
P.  Wolff ,  Zur  Zeiteinteilung  der  Kirchengescbichte,  2<eitschr.  f.  kirchL  Wisaenach.  a.  kircU. 
Leben  8  (1887)  381—390  (verschiebt  die  Grenze  zwischen  Altertum  und  Mittelalter  ba 
tief  ins  9.  Jahrhundert,  bis  zum  Beginn  des  Pontifikats  Nicolans  1,  d.  h.  858!). 

Hauptwerk  für  die  äussere  Geschichte  der  griechischen  Kirche  ist  noch  imncr: 
Mich.  Le  Q nie n,  Oriens  Christianus,  3  tomi,  Paris  1740.  (Inhalt  des  1.  Bandes:  DioecMi 
Ponti,  Asiae  et  Thraciae  Patriarchatui  Cpolitano  subjectae;  des  2.  Bandes:  lUyrieni 
Orientale  ad  Patriarchatum  Cpol.  pertinens,  Patriarchatus  Alexandrinas  et  Antiocheaa 
magnaeque  Chaldaeorum  et  Jacobitarum  dioeceses;  des  3.  Bandes:  Ecclesia  Maronitam 
Patriarchatus  Hierosolymitanus  et  quotquot  fuerunt  ritus  Latini  tarn  Patriarchae  qoam  m. 
feriores  praesules  in  quattuor  Patriarcbatibus  et  in  Oriente  universo).  —  Hauptwerk  fikr 
die  Geschichte  des  Patriarchats  von  Kpel:  M.  J.  Gedeon,  Hax^ux^x^^  niraxt^  (S$— 
1884),  Kpel  1890.  Vgl.  die  Besprechung  von  H.  Geizer,  B.  Z.  2  (1893)  152—154.  -  Tm 
Ergänzung  dienen  das  Verzeichnis  der  Patriarchen  nach  1453,  welches  J.  Sakkelioi. 
Tlaxfjuaxrj  BißXioihjxtj^  Athen  1890  S.  313—315,  aus  einer  patmischen  Hs  ediert  hat,  ni 
J.  Andrej ev,  Die  Patriarchen  von  Kpel  von  der  2^it  des  Konzils  von  Chalkedoo  la 
Photios.  Chronologie  dieser  Patriarchen  und  Skizzen  des  Lebens  und  der  Thfttigkettte 
wichtigsten  von  ihnen.  1.  Teil.  Sergiev  Posad  1895  (russ.).  Vgl.  die  Besprechung  von  Lebed«r 
und  Zaozerskij,  Bogosl.  vjestnik  1896  Januarheft,  Beilage  S.  98—106  (russ.)  (mir  onzogiig- 
lieh).  —  Berichtigungen  zu  den  Patriarch enlisten  gab:  £.  W.  Brooks,  On  the  listsof  thePk- 
triarchs  of  Cple  from  638  to  715,  B.  Z.  6  (1897)  33  ff.  —  Mystakides,  ntt^ati^^iim 
inl  xtüv  /^oi'oAo;/ixcüi'  xaraXoytay  tov  fitjjqonoXixov  Uy&lfiov  Ule^ovdtj,  SsoXoyov  ^Idli^ 
^m&6üiQfjaig  1894  S.  645—649,  und  Ktjyaxayxiyovnohg  1894  Nr.  221.  —  M.  J.  Gedeon. 
XQoyixd  xov  naxQiaqx^^ov  otxov  xal  xov  yaov,  Kpel  1884  (über  den  Palast  des  Patnarcbei  ii 
Kpel  in  mittelalterlicher  und  neuerer  Zeit).  —  Zu  den  byzantinischen  Verzeichnisseo  dff 
Patriarchen  und  Bischöfe,  vgl.  §  161  Anm.  3. 

über  das  Verhältnis  des  Staates  zur  Kirche  in  Byzanz:  *•*,  Obersicht  der  griechisek- 
römischen  Gesetze  in  ihrem  Verhältnis  zur  Kirche,  Joum.  Min.  1850  Bd  65  Abteil  11 
21— ö9;  161  —  202  (russ.).  —  A.  Gasquet,  De  Tautorit^  imperiale  en  matiöre  religiemei 
Byzance,  Paris  1879.  —  K.  J.  Neumann,  Der  römische  Staat  und  die  allgemeine  Kinb 
bis  auf  Diokletian.  1.  Bd,  Leipzig  1890  (grundlegendes  Werk).  —  E.  G.  Hardy,  Ckri- 
stianity  and  the  Roman  Government.  A  Study  in  imperial  administration.  London  18W. 
Jos.  Zhishman,  Die  Synoden  und  die  Episkopal- Aemter  in  der  morgenlindisckei 
Kirche,  Wien  1867.    —   Jos.  Zhishman,   Das  Stifterrecht  (x6  xxtjxoQixdy  dixmar)  in  de 


8.  Kirchengesohichte.  1089 

DAorgenlandischen  Kirche,  Wien  1888.  —  Zur  Geschichte  des  kirchlichen  Rechtes  vgl. 
S  258  und  die  dort  (bes.  S.  611  f.)  angefahrte  Litteratar. 

2.  SpezialWerke. 

A.  Einzelne  Zeitabschnitte:  1,  Untergang  des  Heidentums  und  erste 
Zeit  der  Kirche:  A.  Beugnot,  Histoire  de  la  destruction  du  Paganisme  en  Oocident, 
2  voll.,  Paris  1835.  —  £.  Ghastel,  Histoire  de  la  destruction  du  Paganisme  dans  Fem- 
pire  de  l'Orient,  Paris  1850.  —  £.  v.  La  sau  Ix,  Der  Untergang  des  Hellenismus,  Mfln- 
ohen  1854.  —  Alb.  de  Broglie,  L'^glise  et  Tempire  romain  au  lY®  si^cle,  3  parties 
(6  ßde)  Paris  1856—1859.  —  6.  Boissier,  La  fin  du  paganisme.  Etudes  sur  les  demi^res 
lüttes  religieuses  en  Occident  au  quatri^me  si^cle.  2  voll.,  Paris  1891,  2.  Aufl.  Paris  1894 
(SrOestenteils  auf  den  Westen  des  Reiches  bezüglich).  —  Victor  Schnitze,  Geschichte 
dee  Untergangs  des  griechisch-römischen  Heidentums,  2  Bde,  Jena  1887 — 1892.  Vgl.  die 
Besprechung  von  Koedderitz,  B.  Z.  2(1893)  622  ff.  —  Paul  Allard,  l^e  paganisme  au 
milien  du  IV.  sieole,  Revue  des  questions  historiques  51  (1892)  345—372  (über  den  Mithras- 
kult).  —  Paul  Allard,  La  Situation  legale  et  materielle  du  Paganisme  au  milieu  du  IV. 
■itele,  Gompte  rendu  du  3.  congr^s  scientifique  international  des  catholiques,  Brüssel  1895, 
Y.  section  8.  109—150.  —  Für  das  Verständnis  des  Übergangs  vom  Heidentum  zum 
Christentum  sind  namentlich  folgende  Schriften  zu  beachten :  Edwin  Hatch,  Griechentum 
vnd  Christentum.  Deutsch  von  Erwin  Preuschen.  Mit  Beilagen  von  Ad.  Harnack 
und  dem  Übersetzer.  Freiburg  i.  B.  1892.  —  Qust.  Anrieh,  Das  antike  Mysterienwesen 
hl  seinem  Einfluss  auf  das  Christentum,  Göttingen  1894.  Hier  auch  Verzeichnis  der  älteren 
auf  dieses  Thema  bezüglichen  Litteratur.  —  Georg  Wobbermin,  Religionsgeschicht- 
liehe  Studien  zur  Frage  der  Beeinflussung  des  Urchristentums  durch  das  antike  Mysterien- 
Wesen,  Berlin  1896.  —  W.  M.  Ramsay,  The  church  in  the  Roman  Empire  before  A.  D. 
170.    London  1893. 

2,  Eirchengeschichte  vom  Konzil  von  Nikäa  bis  zum  Beginn  des  Bilder- 
streits: W.  Koelling,  Geschichte  der  Arianischen  Haeresie,  2  Bde,  Gütersloh  1874—1883. 

—  C.  A.  Bernoulli,  Das  Konzil  von  Nicaea,  Freiburg  i.  B.  und  Leipzig  1896.  —  0.  Seeck, 
Untersuchungen  zur  Geschichte  des  Nicänischen  Konzils,  Zeitschr.  f.  Kirchengesch.  17  (1896) 
1 — 71.  —  J.  R.  Asmus,  Julian  und  Dion  Chrysostomos,  Gymnasialprogr.,  Tauberbischofsheim 
1895.  —  J.  R.  Asmus,  Eine  Encyklika  Julians  des  Abtrünnigen  und  ihre  Vorläufer,  2^itschr. 
f.  Kirchengesch.  16  (1895)  220—252.  —  J.  J.  MalySevskij,  Die  grossen  Thaten  der  antio- 
ehenischen  Priester  in  der  Zeit  der  arianischen  Kämpfe  unter  der  Regierung  des  Valens, 
Trudy  Kievsk.  duch.  ak.  1893  Juli  S.  355— 378(russ.).  —  Ternovskij ,  Die  griechische  Kirche 
in  der  Periode  der  allgemeinen  Kirchenversammlungen,  Kiev  1883  (russ.).  —  v.  Funk, 
Die  Berufung  der  ökumenischen  Synoden  des  Altertums,  Histor.  Jahrbuch   d.  Görresges. 

13  (1892)  689—723.  Dazu  v.  Funk,  Kritische  Bemerkungen  zu  dogmatischen  Reflexionen 
in  einer  historischen  Frage,  Histor.  Jahrbuch  d.  Görresges.  15  (1894)  505—516.  —  v. 
Fank,  Die  päpstliche  Bestätigung  der  acht  ersten  allgemeinen  Synoden,  Histor.  Jahrbuch 

14  (1893)  485—516.  •—  F.  Ludwig,  Der  hl.  Johannes  Chrysostomos  in  seinem  Verhält- 
nis zum  byzantinischen  Hof,  Braunsberg  1883.  —  A.  Puech,  Un  reformateur  de  la  so- 
ei^i^  chr^tienne  au  4®  si^cle.  St.  Jean  Chrysostome  et  les  moeurs  de  son  temps,  Paris 
1891.  —  E.  Thouvenot,  Vie  de  St.  Jean  Chrysostome,  Toulouse  1891.  —  T.  J.  Lamy, 
Le  concile  tenu  ä  S^leueie-Ct^siphon  en  410,  Compte  rendu  du  3.  congr^s  scientifique 
internationale  des  catholiques,  Brüssel  1895,  II.  section  S.  250—276.  —  L.  Duchesne, 
Yigile  et  Pelage,  Revue  des  questions  historiques  36  (1884)  369—440.  —  Gust.  Krüger, 
Monophysitische  Streitigkeiten  im  Zusammenhange  mit  der  Reichspolitik,  Diss.,  Jena  1884. 

—  Land,  De  gedenkschriften  van  een  Monophysiet  uit  de  zesde  eeuw,  Verslagen  en  Me- 
dedeel.  d.  Ak.  Afd.  Letterkunde  3.  Reeks  (Amsterdam  1888)  5  S.  237-274.  —  A.  Rose, 
Die  byzantinische  Kirchenpolitik  unter  Kaiser  Anastasius  I,  Progr.,  Wohlau  1888.  —  H. 
Geiz  er,  Josua  Stylites  und  die  damaligen  kirchlichen  Parteien  des  Ostens,  B.  Z.  1  (1892} 

BAQdbncli  der  klMH.  AUertiiouiwiaseDschaft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aufl,  69 


1090         ByzantmiBche  LitteratnrgeBohichte.    Allgemeine  Bibliograpliia. 

34-49.  -  Dazu  Th.  Nöldeke,  Die  Synoden  von  Sidon  und  Tynis,  B.  Z.  1  (1892)  3Ö  "j  <i 
bis  335.  —  G.  Schnürer,  Die  politische  Stellung  des  Papsttunis  zur  Zeit  Theodflhdi  I  ^i 
des  Grossen,  Histor.   Jahrbuch  d.  Görresges.  9  (1888)  251—283  und  10  (1889)  253-301  j  i 

—  Manches  über  die  kirchenpolitischen  Beziehungen  Theoderichs    zu   Rom  und  Byunz  1 
bringt  auch  G.  Pfeilschifter,  Der  OstgotenkGnig  Theoderich  der  Grosse  und  die  kitko- 1; 
lische  Kirche,  Münster  1896.  —  Dazu  vgl.  S.  51  ff.  und  die  dort  angeführte  Litterator.      I: 

3.  Periode  des  Bilderstreites:  L.  Maimbourg,  Histoire  de  l'h^r^e  des  leoa»-  \ 
clastes,  2  voll.,  Paris  1679.  —  Fr.  Chr.  Schlosser,  Geschichte  der  bilderstürmendca  ' 
Kaiser  des  ostrOmischen  Reiches,  Frankfurt  1812.  — J.  Marx,  Der  Bilderstreit,  Trier  183d 
(unbedeutend).  —  Aug.  Fr.  Gfrörer,  Der  Bildersturm,  in:  Byzantinische  Geschichten  2  (1873) 
460—478.  —  C.  J.  vonHefele,  Conciliengeschichte  3  (1877)  366  ff.  —  G.  Vasiljevskij. 
Die  Gesetzgebung  der  Ikonoklasten,  Joum.  Min.  1878  Bd  199  S.  258—309;  Bd  200  8.  95 
bis  129;  Bd  201  S.  161—173  (russ.).  —  Karl  Schwarzlose,  Der  Bilderstreit  Eii 
Kampf  der  griechischen  Kirche  um  ihre  Eigenart  und  ihre  Freiheit.  Gotha  1890.  YergL 
die  eingehenden  Besprechungen  von  Jos.  Langen,  Beilage  zur  (Münchener)  Allgemeine 
Zeitung  1891  Nr.  164  ff.,  und  F.  X.  Kraus,  Götting.  Gel.  Anzeigen  1893  S.  422-424.  - 
y.  Preobrai^enskij,  Der  Kampf  um  die  Bilderverehrung  im  byzantinischen  Reiche, 
Moskau  1890  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  A.  Tougard,  La  pers^cution  iconoelaate 
d'apr^  la  correspondance  de  saint  Theodore  Studite,  Revue  des  questions  historiques  50 
(1891)  80—118.  Auch  separat  erschienen.  —  L.  Duchesne,  Les  premiers  temps  de  l'ttat 
pontifical,  Revue  d*histoire  et  de  litt^rature  religieuses  1  (1896)  105 — 146;  238—287; 
297—334  (u.  a.  über  das  Verhftltuis  der  Päpste  Stephan  11,  Paul  I,  Stephan  TU,  Hadriaa  1 
und  Leo  TU  zu  den  Byzantinern).  —  Th.  üspenskij.  Die  Synode  zu  Kpel  im  Jahre  842 
und  die  Bestätigung  der  Orthodoxie,  Joum.  Min.  1891  Bd  273  Januarheft  S.  73—158. 
Wiederholt  in  den:  Skizzen  zur  Geschichte  der  byzantinischen  Kultur,  Petersburg  1892 
S.  3—88  (russ.).  —  Th.  üspenskij.  Das  Synodikon  für  die  Woche  der  Rechtglftabigkdt, 
Joum.  Min.  1891  Bd  274  Aprilheft  S.  267—323.  Wiederholt  in  den:  Skizzen  zur  Geechicfatt 
der  byzantinischen  Kultur,  Petersburg  1892  S.  89—145  (rass.).  —  Als  Ergänzung  n 
dieser  Schrift  dient  Th.  Üspenskij,  Das  Synodikon  für  die  Woche  der  RechtglAubigkeit, 
Odessa  1893  (rass.).  Vgl.  die  Besprechungen  von  £.  Kurtz,  B.  Z.  4  (1895)  143—145. 
und  P.  Bezobrazov,  Viz.  Vr.  3  (1896)  125  ff.  —  A.  P.  Lebedev,  Geschichte  der  kpoli- 
tanischen  Synoden  des  9.  Jahrb.,  Moskau  1888  (russ.)  (mir  unzugänglich). 

4.  Von  der  Wiederherstellung  der  Bilder  bis  zur  KirchentrennaDg 
(843—1054):  C.  de  Boor,  Der  Angriff  der  Rhös  auf  Byzanz,  B.  Z.  4  (1895)  452 f.,  maebt 
es  sehr  wahrscheinlich,  dass  das  Fest  der  Rechtgläubigkeit  nicht,  wie  bisher  allgemein  in- 
genommen  wurde,  im  Frühjahr  842,  sondem  am  11.  März  843  stattfand.  —  Hugo 
Laemmer,  Papst  Nikolaus  der  Erste  und  die  byzantinische  Staats-Kirche  seiner  Zeit, 
Berlin  1857.  —  Ausserdem  vgl.  zum  Zeitalter  des  Photius  die  Litteraturangaben  S.  77  f. 

—  Karapet  Ter-Mkrttschian,  Die  Paulikianer  im  byzantinischen  Kaiserreiche  und 
verwandte  ketzerische  Erscheinungen  in  Armenien,  Leipzig  1893.  —  J.  Sokolov,  Di« 
äussere  Lage  des  Mönchtums  in  der  byzantinischen  Kirche  von  der  Mitte  des  9.  Jahrii. 
bis  zum  13.  Jahrh.  (842—1204),  Pravosl.  sobesjednik  1892  Okt.— Nov.  S.  205—216;  1893 
Juni  S.  98—150,  Juli  S.  230—275  (russ.).  J.  Sokolov,  Die  innere  Lage  des  Mönchtoms 
in  der  byzantinischen  Kirche  von  der  Mitte  des  9.  bis  zum  13.  Jahrh.  (842 — 1204).  Ebenda 
1893  Sept.  S.  113-124,  Okt.  S.  195—344,  Nov.  S.  457—502,  Dez.  8.  606-642  (msa). 
J.  Sokolov,  Das  byzantinische  Mönchtum  im  9. — 12.  Jahrb.,  Pravosl.  sobesjednik  1894 
Juni  S.  205—275  (hier  allgemeine  Charakteristik)  (mss.).  Diese  Schriften  auch  selb- 
ständig unter  dem  Titel:  Der  Zustand  des  Mönchtums  in  der  byzantinischen  Kirche  von 
der  Mitte  des  9.  bis  zum  Anfang  des  13.  Jahrhunderts,  Kazan  1894  (russ.).  —  V.  Grigorovif, 
Wie  äusserten  sich  im  Anfange  des  10.  Jahrh.  die  Beziehungen  der  kpolitaniachen  Kirche 
zu  den  benachbarten  nördlichen  Völkem  und  hauptsächlich  zu  den  Bulgaren?  Bede,  ge- 
balten beim  jährlichen  Festakt  der  neuruss.  Universität  am  30.  Aug.  1866  (also  wahr 


8.  Kirchengesohiohte.  1091 

Bcbeinlich  in  den  Zapiski  der  Universität  Odessa  gedruckt;  mir  nnzngfinglich)  (mss.).  — 
8kabalanoYi6»  Byzantinischer  Staat  und  (byz.)  Kirche  im  11.  Jahrhundert,  Peters- 
bui^  1884  (russ.). 

5.  Von   der  Eirchentrennung  bis  zum  Falle   des  Reiches  (1054—1453): 
Diesen  ganzen  Zeitraum  umfasst:   A.  Lebedev,   Gmndzfige  einer  Geschichte  der  byzan- 
tinisch-östlichen Kirche  vom   Ende  des  11.   bis  zur  Mitte  des  15.  Jahrhunderts,   Moskau 
1892  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  L.  Maimbourg,  Histoire  du  schisme  des  Grecs,  2  voll., 
Paris   1677.      In  deutscher  Übersetzung  von    F.  X.    Meuser,    Aachen   1841.   —    J.   G. 
Pitzipios,   L'^glise   Orientale.    Expose  historique  de  sa  Separation  et  de  sa  röunion  avec 
oeUe   de  Rome  etc.    Rome    1855   (Behandelt  vom  römischen  Standpunkte  aus    die    Ge- 
schichte der  Kirchentren nung,  sowie  die  Hauptdifferenzen  beider  Kirchen  und  macht  Vor- 
schläge zur  Vereinigung).  —  A.  Pichler,  Geschichte  der  kirchlichen  Trennung  zwischen 
Orient  und  Occident,  2  Bände,  München   1864—1865.  —  K.  Demetrakopulos,  latogla 
TOP   axi^fJunog   trjg   Aatiyixrjs   ixxXrjalag  and   rijg  og&odo^ov  'EXXfjyixijg,   Leipzig  1867.  — 
J.  Hergenröther,  Photius,  3  Bde,  Regensburg  1867—1869,  ist  auch  fOr  die  ersten  Jahr- 
hunderte der  schismatischen  Zeit  von  Wichtigkeit.  —  Wenig  Brauchbares  bietet  die  Abhand- 
Inng  von  Dion.  Kyriakos,  ^A&rjvaiov  3  (1874)  135—163.  —  A.  Pavlov,  Kritische  Versuche 
rar  ältesten  griechisch-russischen    Polemik    gegen   die   Lateiner,  Petersburg   1878  (russ.) 
(mir   nur  durch   die  Erwähnung  in  Röttgers  Russ.  Revue   12   [1878]    496  bekannt).   — 
SkabalanoviÖ,  Die  Kirchentrennung  unter  dem  Patriarchen  Michael  Kerularios,  Christ, 
ötenije  1884—1885  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  K.  Kalozymes,  '0  naniafios  xai  i;  o^- 
96^o^og  ayaroXixij  ixxXtjaia,  Leipzig  1887.  —  G.  B.  Howard,  The  schism  between  the 
oriental  and  westem  churches  with  special  reference  to  the  addition  of  the  filioque  to  the 
ereed,  London  1893   (mir  unzugänglich).  —  Gelehrte   und  scharfsinnige  Studien  zur  Ent- 
stehungsgeschichte der  Kirchentrennung  gibt  L.  Duchesne,   Autonomies  ecciesiastiques. 
Elises  s^paröes,  Paris  1896.  —  Igumen  Arsenij,  Über  die  Beriehungen  der  lateinischen 
and  griechischen  Kirche  in  der  Periode  der  Kreuzzfige,   Journ.  Min.  1867  Bd  133  Abteil. 
Pädagogik  und  Wissenschaft  S.  499—534  (russ.).  —  J.  Sakkelion,  Documenta  inödits  tirös 
de  la  biblioth^ue  de  Patmos.   T.  Decret  d'Alexis  Comnäne  portant  d^position  de  L^on,  Metro- 
politain  de  Chalc^doine,  Bull,  de  corresp.  hell.  2  (1878)  102—  128.  —  Auf  die  Unionsverhand- 
longen  in  den  J.  1268—1278  bezieht  sich  die  Publikation  von  L.  Delisle,  Notice  sur  cinq  mss 
de  la  bibliothdque  nationale  et  sur  un  ms  de  la  biblioth^ue  de  Bordeaux  contenant  des  recueils 
äpistolaires  de  B^rard  de  Naples,  Not.  et  ext.  27  (1879)  2,  87-167.  —  Job.  Dräseke,  Der 
Kircheneinigungsversuch  des  Kaisers  Michael  VIII  Palaeologos,  2^itschr.  f.  wiss.  Theologie 
34  (1891)  325-355.  —  Ober  die  angeblich  vom  Kaiser  Michael  VIII  i.  J.  1284  nach  seiner 
RQckkehr  aus  dem  Abendlande  an  den  der  Union  feindlichen  Athosklöstern  verübten  Ge- 
waltthätigkeiten  berichtet  ein  griechisches  Schriftstück,  das  J.  Sakkelion,  naqyaaaoq  10 
(1886)  49—55,  ediert  hat.  —  H.  Omont,  Projet  de  r^union  des  ^glises  grecque  et  latine 
80U8  Charles  le  Bei  en  1327,    Bibl.   de  Föcole  des  chartes  1892  S.  254-257.  —  V.  Gri- 
^orovid,  Die  Protokolle   des  Patriarchats  von  Kpel  im  14.  Jahrb.,  Journ.  Min.  1847  Bd 
54  Abteil.  II  131 — 164  (russ.).  —  Zu  der  mächtigen  Bewegung  der  Hesychasten  (14.  Jahrb.) 
▼gl.  S.  100  ff.  —  AI.  Lombard,  Pauliciens,  Bulgares  et  Bons-Hommes  en  Orient  et  en  Occident, 
Genf  und  Basel  1879.  —  T.  D.  Florinskij,  Zur  Frage  über  die  Bogomilen,  in  , Sammlung  von 
Aufsätzen  zur  Slavenkunde  zu  Ehren   von  V.  P.  Lamanskij",   Petersburg  1883  (russ.).  — 
Zar  Geschichte  der  Bogomilen  vgl.  auch  Ludw.  von  Thallöczy,  Bruchstücke  aus  der 
Geschichte  der  nordwestlichen  Balkanländer,   Wissenschaftliche  Mitteilungen  aus  Bosnien 
und  der  Hercegovina  3  (1895)  298—371   (mit  zwei  griechischen  Texten).  —  B.   Melio- 
ranskij.  Zur  Geschichte  der   antikirchlichen  Bewegung  in  Makedonien  im   14.  Jahrb., 
£täg>ayogf  Sammlung  von  Aufsätzen  zu  Ehren  Theod.  Sokolovs,  Petersburg  1895  S.  62  bis 
72.  —  Ober  den  aus  Kreta  stammenden  Papst  Alexander  V  (1409—1410)  und  über  Byzanz 
und  das  Baseler  Konzil  handelt  M.  Ren i eres,  latoQixal  (uXita^  Athen  1881.  —  Nike* 
phoros  Kalogeras,  Die  Verhandlungen  zwischen  der  orthodox-kaÜholifoliMi  KirelM  und 


1092         BysanüniBohe  LitteratnrgeBchichte.    Allgemeine  Bibliogrmphia. 


\ 


dem  Konzil  von  Basel  über  die  Wiedervereinigung  der  Kirchen  (1433—1437),  Bevue  iit»-   ] 
nationale   de  thöologie  1  (1893)  39—57.  —  Mugnier,  L'exp^dition  du  concile  de  Bik  i  ' 
Cple  pour  Tunion  de  T^glise  grecque  ä  T^glise  latine  1437—1438,    Paris,   £.  Leronx  18tt 
(mir  unzugänglich;  vielleicht  nur  Separatabdruck  aus  einer  Zeitschr.).  —  J-  Haller,  C^- 
cilium  Basiliense.    Studien  und  Quellen  zur  Geschichte  des  Konzils  von  Basel.    Basel  lädS 
(auch  für  die  [Jnionsverhandlungen  mit  den  Griechen  von  Wichtigkeit).  —  Hefele,  Die 
temporäre  Wiedervereinigung  der  griechischen  und  lateinischen  Kirche,  Theolog.  Qnaitil- 
sehr.  29  (1847)  50—97;   183-259;   30  (1848)  179-229.  —  J.  Zhishman,   Die  ünioB- 
verhandlungen  zwischen  der  orientalischen  und   römischen  Kirche   seit  dem  Anfange  des 
XV.  Jahrhunderts  bis   zum   Concil  von  Ferrara,  Wien  1858.    Vgl.   die  Besprechung  t« 
Georg    Voigt,    Histor.    Zeitschr.   3  (1860)   16—41.   —  Die  Geschichte   des    Florentb« 
Konzils  von   dem  Griechen  Sylv.  Syropulos  (Sguropulos)  ed.  Bob.  Creyghton,  Eupit 
Comit.   1660.  -    S.  Sevyrev,  Neue  Nachrichten  über  das  Florentiner  Konzil  (ans  vatikani- 
schen Hss),  Journ.  Min.  1841  Bd  29  Abteil.  II  60-78  (russ.).  —  <GorBki>,  The  history  of 
the  Council  of  Florence  translated  by  B.  Popoff,  edited  by  Neale,  London  1861  (mir  an- 
gänglich).  —  Cecconi,  Studj  storici  del  Concilio  di  Firenze,  1.  parte,  Florenz  1868  (nick 
mehr  erschienen).  —  Th.  Fromm  an  n,  Kritische  Beiträge  zur  Geschichte   der  FlorentiiMr 
Kircheneinigung,    Halle   1872.   —  P.   Kalligas,  'H  iy  ^^Xto^eyriif    £vyo^i>gy   MfXhm  m 
Xoyoi,  Athen  1882  S.  3 — 181.  —  P.  Pierling,  Les  Busses  an  concile  de  Florence,  Bevoe  4ei 
questions  historiques  52  (1892)  58—106.    Diese  Studie   mit  mehreren  anderen  ist  wied«- 
holt  in   dem   Bande:   P.  Pierling,   La  Bussie   et  le  Saint-Siäge.    Etades   diplomatiqiM& 
Tom.  I.     Paris   1896.  —  A.   Gottlob,   Aus   den  Bechnungsbftcheni    Eugens  IV  zur  ö^ 
schichte   des  Florentinums,   Histor.  Jahrbuch   14  (1893)  39—66.   —    J.    Drftseke,  Zan 
Kircheneinigungsversuch  des  Jahres  1439,  B.  Z.  5   (1896)  572-586.  —  Watterich,  Der 
Streit  um   die  Konsekrationsform  auf  dem   Konzil  von  Florenz,   Bevue   internationale  d» 
th^ologie  4  (1896)  538—547.  —  Max.  Wolfg.  von  Goethe  (Enkel  des  Dichters),  Stodia 
und  Forschungen  über  das  Leben  und  die  Zeit  des  Kardinals  Bessarion,    1871  (leider  dqt 
als  Ms  gedruckt.    Mir  unzugänglich).  —  J.  Dräseke,  Zu  Marcus  Eugenicus  von  Ephasm 
Zeitschr.  f.  Kirchengeschichte  12  (1891)  91—116.  —  Nikephoros  Kalogeras,  MaQMoqi  I 
EvyBy^xog  xai  BrjaauQliay   6   Ka^SiytiXtg   ev^yag  tag  noXmicoi  tov  *EXXijyucov  i^yovg  i^yHm 
tß  htoQiff  dMyreg.  Athen  1893.    Auch  in  deutscher  Übersetzung  (von  F.  Lauc-hert)  in  der 
Bevue  internationale  de  thöologie  1  (1893)  565—589.    Vgl.  den  Bericht  von  J.  Dräseke. 
B.   Z.  4  (1895)  145-153.  —  Dazu  vgl.  §§  41—42  und  die  weitere  dort  angeführte  Litterate. 
Zu  Bessarion  vgl.  auch  S.  503  oben.  —  Ch.  PapaYoannu,   Die  Akten   der  sogenanoteo 
letzten  Synode  in  der  Sophienkirche  und  ihr  historischer  Wert,  Viz.  Vr.  2  (1895)  394—415 
(russ.).    Auch  griechisch  in  der  'ExxX,  *JX.  15  (1895-1896).  —  Zur  Unionsfrage  vgl.  aodi 
J.  V.  Döllinger,  Über  die  Wiedervereinigung  der  christlichen  Kirchen,  N5rdlingen  1888; 
A.  Ehrhard,   Über   die  orientalische   Kirchenfrage,   Verhandlungen   der  40.  Generalveni 
der   Katholiken   Deutschlands,   Würzburg  1893  S.    178—190;   die  anonymen  SchriAdMi: 
Khalifat,  Patriarcat  et  Papautö,  Paris  —  Athen  1892  (bes.  über  Markos  Engenikos, 
Bessarion  und  Joseph  Bryennios)  und:  Un  Orthodoxe,  L*^glise  romaine  et  T^lise  ortlio- 
doxe,   Marseille  1894;   endlich  die  Streitschrift  von  Salv.  M.  Brandi,  S.  L,  Dell'  nniooe 
delle  chiese,  Bom  1896.  —  Dazu  die  S.  50  und  84  ff.  angeführte  Litterator. 

6.  Die  griechische  Kirche  unter  der  türkischen  Herrschaft  von  14o3 
bis  zum  Ende  des  16.  Jahrhunderts:  W.  Gass,  Gennadius  und  Pletho.  Ariatotelianui 
und  Piatonismus  in  der  griechischen  Kirche.  Breslau  1844.  —  J.  Dräseke,  Zn  GeorgioeSck- 
larios,  B. Z. 4  (1895)561—580.  —  Try phon  E.  Euangelides,  Feyyadiog /T 6  .Sjoair'eio; «^'rK 
f4etd  trjy  aXtociy  oixovfxeyixog  naTQingxrjg,  Athen  1896.  —  Zu  Georgios  Scholarios  vgl  tedi 
§  45  und  die  dortselbst  Anm.  2  angefahrte  Litteratur.  —  Über  die  Patriarchen  nach  145$ 
handelt  A.  Lebedev.  Das  Patriarchat  von  Kpel  von  seiner  intellektuellen  Seite,  BogoaL 
Vjestnik  1894  Dezemberheft  Abteil.  II  456—486,  und:  Die  sittliche  Physiognomie,  die 
kirchlich  soziale  Thätigkeit,   die  Missklänge   und  ünglacksfälle  des  Patriarchats  von  Kpei 


I 


8.  Eirchengeachiohte.  1093 

(in  der  zweiten  Hälfte  des  15.  und  im  16.  Jahrh.),  Bogosl.  Vjestnik  1895  Januarheft, 
Abteil.  II  81—54  und  Märzheft  S.  374—403  (russ.).  —  A.  Lebedev,  Die  griechisch- 
orientalische  Kirche  unter  der  osmanischen  Herrschaft  nach  der  Eroberung  von  Epel, 
Bogosl.  Vjestnik  1894  Januar— September  (russ.).  —  Anthimos,  Bischof  von  Amaseia,  '0 
*^XQ^^^*'  raßQiijX,  'ExxX.  UX,  14  (1894)  172  f.  (über  einen  bei  Le  Quien  nicht  erwähnten 
Biachof  des  15.  Jahrb.).  —  A.  Papadopulos-Eerameus,  Theophanes  Earykes,  Patriarch 
von  Kpel,  Joum.  Min.  1894  Bd  293  Maiheft  8.  1—20  (Karykes  f  1597  als  Patriarch).  — 
B.  A.  Mystakides,  '0  Uqos  xX^qos  xard  vov  ig'  aitova,  Ma^ifiog  6  MaQyovyiog,  Separat- 
ftbzug  aus  der  Festschr.  f.  E.  S.  Eontos,  Athen  1892  (Margunios  lebte  von  1549-1602). 
—  Über  Maximos  Margunios  vgl.  die  Biographie  von  £.  Legrand,  Bibliographie  hell. 
2  (1885)  XXIII — LXXVII.  —  Das  zweite  Testament  des  Margunios  ed.  A.  Papadopulos- 
Korameus,  Viz.  Vr.  1  (1894)  218-220. 

B.  Einzelne  Gebietsteile:  1.  Athen:  A.  Mommsen,  Athenae  christianae,  Leipzig 
1868  (vornehmlich  topographische  Beschreibung  der  Eirchen  und  Eapellen  mit  einem 
Plane  von  Athen).  -  D.  Nerutsos,  XQiauayixal  "J&^yai,  JeXxioy  3  (1890-1892)  5—107; 
i  (1892—1895)  51 — 204  (ausführliche  Geschichte  der  kirchlichen  Zustände  von  Athen  unter 
byzantinischer  und  fränkischer  Herrschaft  bis  gegen  das  Ende  der  byzantinischen  Periode. 
Der  Schluss  der  Abhandlung  ist  noch  nicht  erschienen).  —  M.  J.  Gedeon,  IvfjtßoXai  ek 
rff»'  laxoglay  j-fjq  äyaroXtxijg  ixxXrjalag  ttuy  'J&ijytSy,  Athen  1891  (Separatabdruck  aus  D. 
jr.  Kampuroglus,  MyrjfAeTa  x^s  hxo^iag  xoSyU&ijyaitjy;  s.  o.  S.  1070)  (betrifft  nur  das  17. 
ind  18.  Jahrb.).  —  Panaretos  Eonstantinides,  KaxaXoyog  UrxoQixog  xtüy  ngtoxaty  hu- 
ntonioy  xal  xuty  i<p$^i^s  ce^/^TrurxoTroir  xal  fitjxQonoXtxtSy  'A&rjytay,  ZiaxiJQ  1878  S.  123  ff., 
138  ff.,  157  ff.,  173  ff.,  187  ff;  1879  S.  9  ff.,  29  ff,  37  ff..  58  ff.,  77  ff.,  87  ff.,  134  ff.  — 
Taut  Geschichte  des  Elosters  Daphni  bei  Athen:  D.  Gr.  Eampuroglus,  TLo&ey  x6  oyofia 
rov  Jatpy'iov,  'Earia  vom  31.  Jan.  1893  S.  65—67  (über  den  Inhalt  vgl.  B.  Z.  2,  345).  — 
Derselbe  handelt  über  das  Theseion  als  christliche  Eirche,  'j4&ijyd  5  (1893)  322—324. 

2.  Das  übrige  osteuropäische  Festland:  Mega  Spilaeon:  KxixoQixoy  ij  rtgoa- 
Mvyfjxd^my  xijg  Ugds  xal  ßaaiXixrjg  fxoyrjg  xov  MeydXov  £ntjXaiov,  Athen  1840  (mir  unzu- 
gänglich). —  H.  Papandreu,  IIbqI  X'^g  iy  KaXaßQvxoig  UrxoQiX'^g  fAoyijg  xijg  dyiag  AavQug, 
JeXrioy  3  (1890—1892)  428—445.  —  J.  Sakkelion,  ^Aqyovg  xal  NavnXlov  naXaioi  U^'q- 
Z^h  JeXxioy  2  (1885—1889)32—38.  —  G.  Eremos,  ^laxixa.  'IcxoQia  xijg  iy  4»o}xlifi>  fioyijg 
Tof  dylov  Aovxd  xovnixXrjy  2x$iquoxov,  2  Bde,  Athen  1874 — 1880  (mir  unzugänglich).  — 
J.  van  den  Gheyn  S.  I.,  Le  siöge  episcopal  de  Diaulia  en  Phocide,  B.  Z.  6  (1897)  1  Heft. 
Joannina:  Mystakides,  *Enioxonixol  xaxdXoyoi,  NeoXdyov  lEßdo/Ä.  *Eni9et6Qfjaig  1893 
S.  864—866  (Metropoliten  von  Joannina  von  879 — 1889).  Dazu  Nachtrag  von  A.  Papa- 
dopulos  Eerameus,  Viz.  Vr.  1  (1894)  742.  —  D.  A.  Panagiotides,  X^oyoXoytxo^ 
xaxdXoyog  xtüy  iniaxontoy  TlttQafxv&lctg  fXBxd  xtSy  aQXf^ioxiQtoy  x^g  Ev^oiag,  ^vjxixijg  xal 
Bov&^tDxoVj  Wochenbeilage  der  Zeitung  NeoXoyog  vom  7.  Febr.  1893.  —  Verzeichnis  der 
Metropoliten  von  Serres  bei  P.  N.  Papageorgiu,  M  liQQaiy  B.  Z.  3  (1894)  260  ff.  — 
Melenikos:  El.  Tapeinos,  *ExxXtjaiaaxutj  UrxoQia  X'^g  inaQx^ff^  MeXsylxov,  'ExxA.  'AX, 
12  (1894)  143  f.;  151  f.  —  Über  die  Geschichte  der  AthosklGster  s.  die  S.  513  ff.  ango- 
f&hrte  Litteratur. 

3.  Inseln:  Zur  Geschichte  des  Elosters  Nia  Moyij  auf  Cbios:  Td  Neafioyijaia.  'Ey 
Xuo  1865.  Über  den  gegenwärtigen  Zustand  des  Elosters  vgl.  die  S.  1114  angeführte  Ar- 
beit von  J.  Strzygowski.  —  Patmos:  Ed.  Le  Barbier,  Saint  Christodoule  et  la  r^forme 
des  couvents  grecs  au  XI®  si^cle,  Paris  1863.  —  J.  Sakk.elion,  IIbqI  xtay  dg^f'^toy  ix- 
xXijifiaiTxtxtjy  ngoyo^iltoy  xijg  yijaov  ndtfAov,  EvayyeXixog  xif^t'l  vom  1.  Juli  1863  und 
1.  März  1865  (mir  unzugänglich).  —  A.  Dmitrijevskij,  Das  Eloster  des  Johannes  Theo- 
logos auf  der  Insel  Patmos,  Trudy  Eievskoj  duch.  ak.  1892  Nov.  S.  326—492  (russ.). 
Diese  Arbeit  wurde  mit  mehreren  anderen  wiederholt  in  dem  Buche  von  A.  Dmitri- 
jevskij, Patmische  Skizzen,  Eiev  1894  (russ.)  —  Dazu  die  S.  199  angeführte  Litteratur 
Aber  Patmos. 


1094         ByzantiniBohe  Litteratargeschiohte.    Allgemeine  Bibliograpliia.  I 

4,  Asien:  Sabbas-Eloster  in   Palästina:   **^,  Erinnerung  an    Pal&stina  (Laura  des    | 
bl.  Sabbas),  Journ.  Min.  1853  Bd  77  Abteil.  II  18—50.  —  Dazu  die  S.  511  und  1122  genaom«      ' 
Schriften  von  A.  Ehrhard  und  J.  Strzygowski.  —  Bruno  Meissner,  Eine  syrische  Liste 
antiocbenischer   Patriarchen,   Wiener   Zeitschr.   f.   d.  Kunde   des   Morgenlandes   8  (1894) 
259—317.   —  über  die  Geschichte   der  Latrosklöster  handelt  Hipp.  Delehaye  8.  I.  ii 
der  Einleitung  seiner  Ausgabe  der  Vita  S.  Pauli  Junioris,  Anal.  BoUandiana  11  (1892)  IC 

—  T.  £.  Euangelides,  liegt  uywy  fitjtQonohtüiy  Unaf^elag  {Bi&vyiag),  JeXtioy  3  (1^0- 
1892)  219—225.  —  Bischöfe  von  Kerasunt:  K.  Paulides,  'OXiya  x^rd  ne^  nfj  n6Xf( 
Kegaaovvtos,  NeoXoyov  'EßSofi,  ^m^BtoQtjaig  1893  S.  221—224.  Dazu  die  BemerkungeB 
von  Mystakides,  ebenda  S.  266—269;  290—292.  —  Max  Trepp ner,  Das  Patriarcbt 
von  Antiochien   von  seinem  Entstehen  bis  zum  Ephesinum  431,   WtLtzborg  1891  (waüca). 

5,  Afrika:  E.  Am^lineau,  ^tude  historique  sur  St.  Pachöme  et  le  c^obitiaiBe 
primitif  dans  la  Haute-Egypte,  d'apr^s  les  monuments  coptes,  Bulletin  de  rinstitnt  Egyp- 
tien,  Särie  2,  Nr.  7  (1886)  8.  306-399  (mir  unzugänglich).  ~  E.  Am^lineau,  Mono- 
ments  pour  servir  ä  Thistoire  de  TEgypte  cbr^tienne.  Histoire  des  monaat^ree  de  U 
Basse  Egypte  etc.  Texte  copte  et  traduction  fran^aise.  Paris  1894  (=  Annalea  dt 
Mus^e  Guimet  tome  XXV).  —  E.  Am^lineau,  Monuments  pour  servir  k  rhiatoire  de  l*£gjpte 
chrätienne  au  IV*',  V®,  VP  et  VII®  siäcles.  Mömoires  publi^s  par  les  membrea  de  la  misM 
archöologique  fran^aise  au  Caire,  tome  IV  fasc.  2,  Paris  1895  S.  483 — 840.  —  The  diardM 
and  monasteries  of  Egypt  attributed  to  Abu  Sftlih,  the  Armenian,  edited  and  tranalated  hj 
B.  T.  A.  Evetts  with  notes  by  AI  fr.  J.  Butler,  Anecdota  Oxoniensia,  Semitic  Seriei, 
part.  VII,  Oxford  1895.  —  Alexandria:  Eine  hervorragende  Arbeit  ist:  A.  v.  G ät- 
sch mid,  Verzeichnis  der  Patriarchen  von  Alexandrien.  Kleine  Schriften  von  A.  v.  G.  2 
(1890)  395-525.  —  0.  von  Lemm,  Koptische  Fragmente  zur  Patriarchengeschichte  AI»- 
xandriens,  Möm.  de  TAcad.  Imp.  des  sciences  de  St.  Pätersbourg,  Tome  36,  Nr.  11,  Peten- 
burg  1888.  —  Paul  Rohrbach,  Die  Patriarchen  von  Alexandria,  Preoaaiaohe  JahrbQdwr 
69  (1892)  50—83;  207—233  (behandelt  nur  die  Zeit  bis  zum  Konzil  von  Chalkedoa 
i.  J.  451). 

6,  Italien:  Rodotä,  Dell'  origine,  progresso  e  stato  präsente  del  rito  greco  ii 
Italia,  2  Bde,  Rom  1758—1763.  —  J.  Gay,  Notes  sur  la  conservation  du  rite  grec  du» 
la  Calabre  et  dans  la  terre  d'Otrante  au  XIV®  siäcle;  listes  de  monasterea  basüiens  (d'afn« 
les  archives  du  Vatican),  B.  Z.  4  (1895)  59—66.  —  G.  Minasi,  Le  chieae  di  Calabm 
dal  quinto  al  duodecimo  secolo,  Napoli  1896.  —  Albert  Mayer,  Zar  Geachichte  der 
älteren  christlichen  Kirche  von  Malta,  Historisches  Jahrbuch  d.  Görresgesellsch.  17  (1896) 
475—496  (wo  man  auch  die  ältere  Litteratur  über  den  Gegenstand  verzeichnet  findet).  -  I 
G.  Veludo,  'EXkijytoy  oQ&oSo^tay  dnotxla  iy  Bey$iUf,  Venedig  1872.  —  S.  Pisani,  Les 
chrätiens  de  rite  oriental  ä  Venire  et  dans  les  possessions  Vönitiennes,  Revue  d'histoire  et 
de  litt,  religieuses  1  (1896)  201—224.  —  Dazu  die  S.  1071  ff.  angeführte  LiUeratur  Ober  dai 
byzantinische  Italien.  —  Ausserdem  vgl.  zur  Geschichte  einzelner  Klteter  §  137  und  die 
dort  angeführte  Hilfslitteratur. 

3.  Sonatige  orientaliache  Kirchen. 

A.  Bulgarische  Kirche:  Hauptschrift:  E.  Golubinskij,  Geschichte  der  balga- 
rischen, serbischen  und  rumänischen  Kirche,  Moskau  1871  (ruas.).  Vgl.  die  auaführiiche 
Besprechung  von  A.  Budilovie,  Journ.  Min.  1872  Bd  159  Abteil.  Kritik  und  Bibliogn 
phie  S.  107—134.  —  K.  E.  Zachariae  von  Lingenthal,  Beiträge  zur  Geschichte  der 
bulgarischen  Kirche,  Mömoires  de  Tacad^mie  imperiale  des  sciences  de  St  P^tersbourg 
VII.  särie,  8  (1864)  Nr.  3.  —  V.  Lab,  De  unione  Bulgarorum  cum  ecclesia  Romana  ab 
anno  1204-1234,  Archiv  für  kathol.  Kirchenrecht  44  (1880)  193—256.  —  Archimandrit 
Anton ij.  Der  bulgarische  Bischof  Konstantin  und  sein  Lehrevangelium,  Kazan  1885  (nuekl 

—  V.  Vasiljevskij,    Die  Erneuerung   des  bulgarischen  Patriarchate   unter  dem  FOntca 
Johann  Assan  II  i.  J.  1235,  Journ.  Min.  1885   Bd  238  S.  1—56  und  206—238  (russ.).  - 


8.  Kirchengesohichte.  1095 

Siniges  zur  älteren  Geschichte  der  griechiscben  Kirche  in  Bulgarien  enthalten  auch  fol- 
gende in  der  Hauptsache  auf  eine  aktuelle  Frage  bezügliche  russische  Schriften,  die 
?.  Syrku,  Joum.  Min.  1890  Bd  270  August  S.  380—402,  ausf&hrlich  besprochen  hat: 
F.  £.  Troickij,  Die  kirchliche  Seite  der  bulgarischen  Frage,  Petersburg  1888.  Y.  Teplov, 
3ie  griechisch-bulgarische  kirchliche  Frage  nach  unedierten  Quellen,  Petersburg  1889. 
V.  Sopov,  Die  griechisch* bulgarische  kirchliche  Frage,  Petersburg  1889.  —  D.  £.  Takela, 
ehemalige  Paulikianer  und  jetzige  Katholiken  in  der  Gegend  von  Philippopel,  Sbomik 
»Igarsk.  11  (1894)  103—134  (bulg.).  —  D.  Cuchlev,  Das  religiöse  und  litterarische  Leben 
les  bulgarischen  Volkes  zur  Zeit  des  Gzaren  Simeon,  Sbomik  blgarsk.  12  (1895)  561 — 
»14  (bulg.)  (Auszug  aus  dem  noch  nicht  gedruckten  Werke  des  Verfassers:  Kurze  Ge- 
lofaichte  der  bulgarischen  Kirche). 

B.  Serbische  Kirche:  Archimandrit  Arsenij,  Das  kirchliche  und  politische 
lieben  der  orthodoxen  Serben  und  Valachen  in  den  österreichischen  Ländern  vom  9.  Jahr- 
lundert  bis  auf  die  Gegenwart,  Joum.  Min.  1870  Bd  151  Abteil.  Wissenschaft  S.  197— 
^1  (ross.)  (behandelt  yomehmlich  die  neuere  Zeit).  —  P.  Robinskij,  Material  zur  Geschichte 
ler  Bogomilen  in  den  serbischen  Ländem,  Joum.  Min.  1882  Bd  220  S.  82—51  (russ.).  — 
L  Palmov,  Historischer  Rückblick  auf  den  Anfang  der  serbischen  Autokephalkirche, 
Christ,  ötenije  1891  Heft  3—4  (mss.)  (mir  unzugänglich).  —  J.  Palmov,  Neue  Mate- 
ialien  zur  Frage  über  die  Gründung  des  serbischen  Erzbistums  durch  den  hl.  Sabbas 
Christ.  6tenije  1892  Heft  5-6  S.  421—458  (russ.)  (mir  unzugänglich).  -  D.  Ru2i6,  Die 
3edeutung  des  Demetrios  Chomatianos  für  die  Gründungsgeschichte  der  serbischen  Auto- 
cephalkirche,  Diss.,  Jena  1893.  —  Nikanor  Ruzitschitsch,  Kurze  Übersicht  der  histo- 
ischen  Entwickelung  des  kirchlich-religiösen  Lebens  bei  den  Serben,  Revue  internationale 
le  theologie  3  (1895)  645—672;  4  (1896)  29—45;  235-247.  —  Dazu  das  obengenannte 
Buch  von  Golubinskij. 

C.  Russische  und  rumänische  Kirche:  Eine,  wie  es  scheint,  anonyme  ^Ge- 
schichte  der  russischen  Kirche*  erschien  zu  Petersburg  1838.  Ausführlich  be- 
sprochen im  Joum.  Min.  1839  Bd  21  Abteil.  VI  1—29  (mss.).  —  H.  Jos.  Schmitt,  Kri- 
tische Geschichte  der  neugriechischen  und  der  rassischen  Kirche,  Mainz  1840.  —  Job. 
Priedr.  Heinr.  Schlosser,  Die  morgenländisch-orthodoxe  Kirche  Russlands  und  das 
»uropäische  Abendland,  Heidelberg  1845.  —  A.  Th einer,  L'öglise  schismatique  russe, 
Paris  1846.  —  Archimandrit  Makarij,  Geschichte  des  Christentums  in  Russland  bis 
SU  dem  apostelgleichen  Fürsten  Vladimir,  Petersburg  1846  (?)  (russ.).  Besprochen  von  A. 
L,  Joum.  Min.  1847  Bd  53  Abteil.  VI  1—12.  -  Derselbe:  Skizze  der  Geschichte  der 
russischen  Kirche  in  der  vortartarischen  Periode,  Petersburg  1847  (russ.).  Besprochen  von 
\.  Lakier,  Joum.  Min.  1848  Bd  57  Abteil.  VI  87-96  (russ.).  —  Eines  Anonymus  , Ge- 
schichte der  rassischen  Kirche.  Periode  des  Patriarchats",  Riga  1847  (mss.).  Besprochen 
Fon  A.  Lakier,  Joum.  Min.  1848  Bd  57  Abteil.  VI  96—110.  —  H.  Wimmer,  Die  grie- 
i^hische  Kirche  in  Russland,  Dresden  und  Leipzig  1848.  —  J.  Bjeljaev,  Ober  die  soziale 
Bedeutung  der  christlichen  Kirche  und  ihre  Einrichtung  in  Russland  von  Vladimir  dem 
Heiligen  bis  auf  die  Mongolenherrschaft,  Journ.  Min.  1856  Bd  91  Abteil.  II  1—34  (mss.). 
—  A.  N.  Murawijew,  Geschichte  der  russischen  Kirche.  Deutsch  von  König,  Karlsmhe 
L857.  —  ***y  Die  Beziehungen  Russlands  zum  Orient  in  kirchlichen  Dingen  (Sno§enija  Rossii 
i  Vostokom  po  djelam  cerkovnym),  Petersburg  1858  (russ.).  Vgl.  die  Besprechung  von  J. 
Berezin,  Joum.  Min.  1859  Bd  103  Abteil.  VI  87—94.  —  Sp.  Zampelios,  Ka&ld^mis 
latQiaQx^lov  iy  'PüHfcitf.  'ExM.  N.  JgayovfAtj,  Athen  1859  (enthält  ein  neugriech.  Gedicht 
les  Erzbischofs  Arsenios  über  die  Stiftung  des  Patriarchats  in  Russland).  —  L.  Bois- 
iard,  L'öglise  de  Russie,  2  Bde,  Paris  1867.  —  Philaret,  Geschichte  der  Kirche  Russ- 
lands. Deutsch  von  Blumenthal,  2  Teile,  Frankfurt  1872.  —  v.  Basar  off.  Die  russische 
>rthodoxe  Kirche.  Ein  Umriss  ihrer  Entstehung  und  ihres  Lebens.  Stuttgart  1873.  — 
B.  Golubinskij,  Das  Christentum  in  Russland  bis  auf  den  hl.  Vladimir,  Joum.  Min.  1876 
Bd  187  Sept.- Okt.  S.  46—84;  133  -169  (mss.).  -  N.  Kapterev,  Charakter  der  Beziehungen 


1096         Bygantiniache  LitieraturgeBcbichte.    Allgemeine 


\ 


Russlands  zum  orthodoxen  Osten  im  16.  und  17.  Jahrhundert,  Moskau  1885  (roaa.).  ~  K4   I  ^ 
die  Geschichte  des  Christentums  in  Bussland  (1328-1341)  besieht  sieh  auch:  Y.  Vatü.   '- 
jevskij,  Urkunden  über  die  Aufstellung  russischer  Bischöfe  beim  Metix>politen  Tbeogaoa 
(aus  einer  griechischen  Hs  des  Vatikans),  Joum.  Min.  1888  Bd  255  8.  445—463  (mas.).  ~ 
Über  den  Zusammenhang  der  russischen  Strigolniki  mit  den  dualiatiachen  Haereaieo  der 
Byzantiner  und  Südslaven  (Bogomilen,  Palamiten)  handelt  Th.  Uspenakij,   Skizzen  zu 
Geschichte  der  byzantinischen  Kultur,  Petersburg  1892  8. 365^-388  (maa.).  --  H.  Geizer. 
Beiträge  zur  russischen  Eirchengeschichte  aus  griechischen  QueUen,    Zeitachr.   f.  KirckeB- 
geschichte  13  (1892)  246—281.  —  Dazu  das  oben  angefahrte  Buch  von  Golnbinakij  iib4 
die  Litteratur  S.  660;  684  f.;  1101  f.  —  Rumänien:  Erbiceann,  latoQucai  fLsUtai  m^ 
Tijff  vTidg^etog  r^f  UgaQXitts  r^g  'PfafAayixrjg  ixxXrjalag  xatd  tovg  9  —  14    aloivag,  *Enel.  'A. 
14  (1894)  162  bis  166;  187—189;  196—199;  205—207  (über  die  Existenz  einer  mmäniMsiMi 
Hierarchie  vom  9.— 14.  Jahrb.).  Dazu  die  S.  1081  angeführte  Litteratur  über  rnmäniseki 
Geschichte. 

D.  Armenische  Kirche:  Ar§ak  Ter-Mikelian.  Die  armen.  Kirche  in  ihren  Be- 
ziehungen zur  byzantinischen  vom  4.  bis  zum  13.  Jahrb.,  Leipzig,  G.  Fock  1891.  Bietet 
reiches  Quellenmaterial,  nimmt  aber  in  der  Darstellung  zu  einseitig  Partei  für  die  Armenier. 
—  Jos.  Gatergian,  De  fidei  symbolo  quo  Armenii  utuntur  observationes,  Wien  1893.— 
H.  Geizer,  Der  gegenwärtige  Bestand  der  armenischen  Kirche,  2<eit8chrift  für  wiasea- 
schaftliche  Theologie  36  (1893)  1,  163—171.  —  H.  Geizer,  Die  Anfänge  der  armenisdieB 
Kirche,  Berichte  d.  k.  sächs.  Gesellsch.  d.  Wiss.  1895  S.  109-174. 

E.  Georgische  Kirche:  Piaton  Josselian,  Kurze  Geschichte  der  grosiniflcbeB 
Kirche,  Petersburg  1843  (russ.).  Ausführlich  besprochen  von  F.  M.,  Joum.  Min.  1844  Bd 
41  Abteil.  VI  82—94.  —  A.  S.  Chachanov,  Die  Quellen  zur  EinfÜhmng  des  Christai- 
tums  in  Grusien.  Drevnosti  vostodnyja.  Trudy  vosto^oj  kommissii  imp.  Moak.  arch.  ob- 
&6estva  13  (Moskau  1893)  299—345  (russ.).  —  A.  Gzelijev,  Skizzen  aas  der  Geschichte 
der  grusinischen  Kirche  im  11.  und  12.  Jahrb.,  Duchovnyj  Vjestnik  des  gmainiachen  Exir- 
chats  1893  Nr.  18  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  G.  Sadzagelov-lverijeli,  Der  12  Jahr 
hunderte  dauernde  Religionskampf  des  orthodoxen  Grusiens  mit  dem  Islam,  Duchovnjj 
Vjestnik  des  grusinischen  Ezarchats  1893  Nr.  10—23  (russ.)  (mir  unzugänglich). 

F.  Nubien.  Syrien.  Bibliographie:  A.  Rosov,  Die  Quellen  des  ChristentmiM 
in  Nubien,  Kiev  1890  (russ.).  Ausführlich  besprochen  von  J.  Troickij,  Christ.  öteDlje 
1893  Mai — Juni  S.  561 — 573  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  ***,  Die  syrische  Kirche,  Jouni 
Min.  1850  Bd  67  Abteil.  II  117—144  (russ.).  —  Ed.  Bratke.  Wegweiser  zur  Quellen- 
und  Litteraturkunde  der  Kirchengeschichte,  Gotha  1890.  —  Dazu  die  in  Rubrik  17  aDg^ 
führten  bibliographischen  Hilfsmittel.  —  Reichliche  Mitteilungen  über  die  KirchengeschicfaU 
enthält  das  von  A.  Ehrhard  bearbeitete  Kapitel  «Theologie*  in  diesem  Handbnche. 

4.  Chronologie. 

1.  Znaammenfaaaende  Werke. 

Henry  F.  Clinton,  Fasti  Romani.  The  civil  and  literary  chronology  of  Borne 
and  Cple,  2  voll.,  Oxford  1845—1850,  ein  bedeutendes  Werk,  das  leider  nur  einen  kleines 
Teil  der  byzantinischen  2^it  (bis  641;  umfasst.  —  Th.  Mommsen,  Römische  Chronologie. 
2.  Aufl.,  Berlin  1859.  —  Ph.  Krug,  Kritischer  Versuch  zur  Aufklärung  der  byzantiniacheo 
Chronologie,  Petersburg  1810.  —  Das  wichtigste  chronologische  Hilfsmittel  für  das  ganze 
byzantinische  Zeitalter  ist  das  von  der  k.  russ.  Akademie  der  Wissenschaften  angeregte 
Werk  des  Schweizers  Ed.  de  Muralt,  Essai  de  Chronographie  Byzantine,  2  voll.,  St  Petere^ 
bürg  1855--1871  (auf  dem  Umschlag  1873).  Das  Werk,  das  die  Zeit  von  395-1453  um- 
fasst,  war  für  seine  2^it  eine  bedeutende  Leistung,  bedarf  jedoch  in  unzähligen  einzeloea 
Fällen  der  Berichtigung  und  Ergänzung  und  ist  daher  nur  mit  grosser  Vorsicht  zu  b«- 
nützen.     Eine   gründliche  Neubearbeitung  der   byzantinischen   Chronologie    würde  einea 


4.  Chronologie.    5.  Internationale  Knltorbesiehnngen.  1097 

zeitig  gefühlten  Bedürfnis  entgegenkommen.  —  Reiche  Aufklärung  erbalten  die  chrono- 
ischen  Teile  der  byzantinisoben  Litteratur  durch  das  grundlegende  Werk  von  H.  Geizer, 
Ltus  Julius  Africanos,  2  Teile,  Leipzig  1880—1885. 

2.  SpezialSchriften. 

A.  A.  Kunik,  Beweise,   dass  die  laufende    14.  grosse  Indiktion  am  1.  März  6917 

les   März-  und  Septemberjabres)    seit   der  Erschaffung    der   Welt   (=    1.   März   1409 

Julianischen  Stils)  an  einem  Freitag  beginnt,  Joum.  Min.  1857  Bd  96  Abteil.  II  888 

396  (russ.).   —  Fr.  Rühl,  Die  Constantiniscben  Indictionen,  Jahns  Jabrb.  137  (1888) 

-792.  —  0.  Seeck,  Die  Entstehung  des  Indiktionencyclus,   Deutsche  Zeitschr.  f.  Ge- 

ichtswiss.  12  (1896)  279—296.  —  G.  M.  Tbomas,  Dato  storico-chronologiche  bizantine, 

lata   di   filologia   2  (1874)  495—497.   —   E.   E.   Za'chariae  von  Lingenthal,   Aus 

1  zu  den  Quellen  des  römischen  Recbts.    Kritisches  zu  Nov.  LXVI  (47)  als  Grundlage 

Chronologie  von  Justinian  bis   auf  Leo  den   Weisen.    Zeitscbr.  der  Savigny- 

tung   f.   Rechtsgeschichte    12   (1892)  86—94.    —    G.    Karabangeles,   ^EmaxrjfAoyiitrj 

^Qixfj  iiaxQißrj  rtegi  xrjg  koqtrjg  xov  Jldax«,  Kpel  1894.  —  A.  Anscombe,  The  Paschal 

lon  attributed  to  Anatolius  of  Laodicea,  The  English  Histor.  Review  10  (1895)  515—535. 

N.  T.  Bulgaris,  17  fAexaQQv&fjuaig  xov'lovXiayov  i^fAegoXoyiot^  Näa  Hfiega  vom  17./29.  Mai, 

5.  Juni,  31./12.  Juni  1896  (Nr.  1120—1122)  (über  die  Ealenderreform  speziell  im  Zu- 

unenhang  mit  der  Geschichte  der  orthodoxen  Kirche  auf  den  jonischen  Inseln,  so  lange 

»elben  unter  katholischer  Herrschaft  standen).  —  Ueber  die  Anwendung  der  attischen 

natsnamen  statt  der  christlichen  (römischen)   bei   den  späteren  Byzantinern   vgl. 

al  Tannery,  Revue  arch^olog,  III.  s^rie  9  (1887)  23—36,   und  Ludwig  Voltz,   Be- 

rkungen  zu  byzantinischen  Monatslisten,  B.  Z.  4  (1895)  547—558.    Vgl.  oben  S.  290  f. 

Hier  sei  auch  auf  den  noch  immer  häufig   vorkommenden  Fehler  hingewiesen,   dass 

Q   bei  der  Berechnung   eines  Datums  von  den   byzantinischen  Weltjahren  einfach  die 

il  5508  subtrahiert,  ohne  darauf  zu  achten,  ob  man  es  mit  den  acht  letzten  (Januar  bis 

a^ust)  oder  den  vier  ersten  (September — Dezember)   Monaten   des  Indiktionsjahres  zu 

n  hat.    Vgl.  Sp.  P.  Lambros,  B.  Z.  1  (1892)  196  f.  Ein  Beispiel  des  Fehlers  notiert 

Treu,  B.  Z.  1  (1892)  89.    Als  Hilfsmittel  zur  Umrechnung  der  Indiktionen  dienen  V. 

rdthausen,  Griechische  Paläographie,  Leipzig  1879  S.  450  ff.,  und  H.  Geizer,  Sextus 

ins  Africanus  II  1  S.  150. 

3.  AUgemeine  chronologische  Hilfsmittel. 

J.  L.  Ideler,  Handbuch  der  mathematischen  und  technischen  Chronologie,  2  Bde, 
rlin  1825-1826,  und:  Lehrbuch  der  Chronologie,  Berlin  1831.  —  Ed.  Brinckmeier, 
iktisches  Handbuch  der  historischen  Chronologie  aller  Zeiten  und  Völker,  2.  Aufl.,  Berlin 
12.  —  Oskar  Fleischhauer,  Kalender- Com pendium  der  christlichen  Zeitrechnimgs- 
ise  auf  die  Jahre  1 — 2000  vor  und  nach  Christi  Geburt,  Gotha  1884  (brauchbares  Hilfs- 
ihlein).  —  Comte  de  Mas  Latrie,  Tresor  de  Chronologie,  d*histoire  et  de  göographie 
ir  r^tude  et  Temploi  des  documents  du  moyen  äge,  Paris  1889.  —  H.  Grotefend, 
trechnung  des  deutschen  Mittelalters  und  der  Neuzeit,  2  Bde,  Hannover  1891  ff.  -- 
älter  F.  Wislicenus,  Astronomische  Chronologie.  Ein  Hilfsbuch  fQr  Historiker, 
^häologen  und  Astronomen,  Leipzig  1895. 

5.  Internationale  Kulturbeziehungen. 

1.  Einflnss  auf  das  lateinische  nnd  germanische  Abendland. 

Manche  Mitteilungen  über  speziell  byzantinische  Einflüsse  enthalten  mehrere  Schriften. 

im  allgemeinen  die  griechischen  Studien  des  mittelalterlichen  Abendlandes  behandeln: 

Gramer,  De  graecis  medii  aevi  studiis,  2  partes,  Stralsund  1849—1853.  —  E.  Egger, 

lell^nisme  en  France,  2  voll.,  Paris  1869.  —  Ch.  Gidel,  Les  ^tudes  greoqnes  en  B»- 

>e  depnia  le  IV®  si^cle  apr^s  J.— C.  jusqn'ä  la  chnte    de    ConatantiMfl«^. 


1098         Byzantinisohe  Litteratargesohichte.    Allgemeine  Bibliographie« 

dtudes  sur  la  litt.  gr.  mod.,  Paris  1878  S.  1—289.  —  G.  Voigt,  Die  Wiederbckk^  | p 
des  klassischen  Altertums,  2.  Aufl.  2  (1881)  102  ff.  (3.  Auflage  1893).  —  H.  Jacobj.  D« 
klassische  Bildung  im  Mittelalter,  Allgemeine  Zeitung  1881  S.  2122;  2139.  —  K.  Bu* 
sian,  Geschichte  der  klassischen  Philologie  in  Deutschland,  Manchen  1883  8.  28  ff. - 
H.  Usener,  Legendenaustausch  der  griechischen  und  römischen  Kirche,  Jahrbficber  tl<^ 
prot.  Theologie  13  (1887)  240—259.  —  Ignaz  v.  Döllinger,  Einfluss  der  griechi8ck«|i« 
Litteratur  und  Kultur  auf  die  abendländische  Welt  im  Mittelalter,  Akademische  Yoftrigi, 
1.  Bd,  München  1890  (nur  ziemlich  allgemeine  Betrachtungen).  —  über  die  Kenntnis  im 
Griechischen  im  abendländischen  Mittelalter  handelt  am  besten  L.  Traube,  O  EU>ma  bo- 
bilis,  Abhandl.  bayer.  Ak.  19.  Bd,  2.  Abt.  (1891)  353—356;  dortselbst  S.  361  Vemidni  1« 
der  einschlägigen  Litteratur.  —  Eine  allgemein  gehaltene  Darstellung  gibt  D.  Bik^lti,  |< 
Die  Griechen  des  Mittelalters  und  ihr  Einfluss  auf  die  europäische  Kultur.  Deutsch  aber* 
setzt  von  W.  Wagner,  Gütersloh  1878.  Französisch  von  E.  Legrand,  Paris  1878.  Wieder- 
holt im  Sammelbande:  D.  Bik^las,  La  Gröce  b3rzantine  et  moderne,  Paris  1893.  Eng- 
lisch von  John  Bute  in:  D.  Bik^las,  Seven  essays  on  Christian  Greece,  London  1890.  — 
Viel  zu  weit  geht  in  der  Leugnung  geistiger  Beziehungen  zwischen  Byzanz  und  dem  Abend* 
lande  H.  Prutz,  Kulturgeschichte  der  Kreuzzüge,  Berlin  1883  S.  476  f.  —  Eberh.  6o- 
thein,  Die  Kulturentwicklung  Süditaliens  in  Einzeldarstellungen,  Breslau  1886.  —  Ein 
höchst  wertvolle  Untersuchung  über  die  litterarischen  Beziehungen  der  Byzantiner,  Araber 
und  Italiener  gab  0.  Hartwig,  Die  Obersetzungslitteratur  ünteritaliens  in  der  normannisdi*  l* 
staufischen  Epoche,  Centralbl.  f.  Bibliothekswesen  3  (1886)  161—190;  223—225;  505  f.-  f 
R.  V.  Scala,  Die  wichtigsten  Beziehungen  des  Orients  zum  Occidente  in  Mittelalter  mA  1 
Neuzeit,  Wien  1887.  —  Hauptschrift  über  den  byzantinischen  Einfluss  in  Italien  vom  C 
bis  8.  Jahrhundert:  Gh.  Diehl,  Etüde  sur  l'administration  bjrzantine  dans  rezarchat  de 
Ravenne,  Paris  1888  S.  241—288.  —  Byzantinische  Spuren  im  mittelalterlichen  Rom:  f. 
Gregorovius,  Geschichte  der  Stadt  Rom  im  Mittelalter,  bes.  2.  und  3.  Bd.  —  Pierr« 
Batiffol,  Inscriptions  byzantines  de  Saint-Georges  au  V^labre,  M^langes  d'arch^ologie  et 
d'histoire  de  Töcole  fran^aise  de  Rome  7  (1887)  419—431.  —  Pierre  Batiffol,  Ubm- 
ries  byzantines  k  Rome,  Ebenda  8  (1888)  297—308.  —  Zur  Kenntnis  der  byzantinischei  / 
Elemente  in  Sardinien  findet  man  einiges  im  Bulletino  archeologico  Sardo  und  bei 
G.  Manne,  Storia  di  Sardegna,  Torino  1825-1827;  3.  Ausg.  Milano  1835.  —  Sehr  inter- 
essant ist  eine  mit  griechischen  Buchstaben  geschriebene  lateinische  Urkunde  au 
Sardinien:  Blancard,  Charte  Sarde  de  Tabbaye  Saint- Victor  de  Marseille  ^crite  en  etnc- 
täres  grecs,  Bibl.  de  TEcole  des  chartes  35  (1874)  255—265.  —  Sardinlsch-byzantiniscbe 
Inschriften  enthält  das  Museum  zu  Cagliari.  —  Ober  die  Beziehungen  der  Byzantiner  zo 
den  Germanen  s.  bes.  F.  Dahn,  Die  Könige  der  Germanen,  7  Bde,  München  1861  bii 
1895.  —  Über  die  ältesten  Beziehungen  zwischen  Byzanz  und  Skandinavien  hielt  P. 
Karolides  einen  Vortrag,  von  dem  die  *A^riyä  2  (1890)  148  leider  nur  ein  kurzes  Ex- 
zerpt mitteilt.  —  Über  Beziehungen  der  Byzantiner  zu  Ungarn  handelt  kurz  J.  B.  Tel fj, 
^vvafpsitt  'EXXfjycjy  xal  Ovyygcjy,  IvXXoyos,  EixoaiTteyrasTtjQlg  (nagägt.  tov  itf  tofiov,  1886) 
S.  92—95.  —  Ausserdem  vgl.  die  S.  1078  f.  angeführten  Schriften.  —  Über  den  Einflnas 
der  byzantinischen  Kunst  auf  die  des  Abendlandes  vgL  S.  1124  f.  —  Über  abendlän- 
dischen Einfluss  auf  Byzanz  vgl.  bes.  §  376—384. 

2,  Beziehangen  zum  Orient. 

A.  Allgemeines:  Über  den  griechisch  byzantinischen  Einfluss  auf  die  Syrer,  Araber 
und  Juden  orientiert,  was  die  Philosophie  und  verwandte  Fächer  anlangt,  yortreffUch  Fr. 
Überweg,  Grundriss  der  Geschichte  der  Philosophie  6.  Aufl.  2  (Berlin  1881)  176-209, 
wo  auch  reiche  Speziallitteratur  verzeichnet  ist.  —  G.  Wen  rieh,  De  anotomm  graeoonm 
versionibus  et  common tariis  Syriacis,  Arabicis,  Armenicis  Persicisque,  Leipzig  1842  (mit 
einem  Index  der  Autoren,  die  als  Übersetzer  thätig  waren). 

ß.   Syrer:  E.  Renan,  De  philosophis  peripateticis  apud  Syros,   Paris  1852.  —  P. 


6.  IntenuttioBKle  KnlturbeBiehiingeii.  1099 

le  liBgarde,  Analectft  Syriaca,  Leipzig  1858.  —  Ed.  Sacliau,  Inedita  Sjriaca,  Wien 
1870.  ~  Gast.  BiokeU,  ConcipectuB  rei  Syrornm  litterarias,  Münater  1871.  —  T.  Rya- 
Bei,  Ober  den  textkritiacben  Wert  der  BynacIiBii  Ubersetmngen  grieehiacher  Elaaaiker, 
S  GjiDDasialprograiDine,  Leipzig  1880—1881.  ~  Aut,  Baamatark,  Lucubratiooes  Syro- 
Qrm«cae,  Jaboe  Jahrb.  Sapplementb.  21  (1894)  357—524  (daa  auch  separat  erachienene  Werk 
bjtndelt  o.a.  fiber  den  Archietroa  and  Presbyter  Sergios  von  Reaaioa  (f  536),  der  die 
Saopontka,  dann  Schriften  des  Aristoteles,  Isokrates,  Lukian,  Themistioa,  Plataroh  u.  a.  ina 
S^riBchfl  llbertnig).  —  Doa  Beste  über  ayriache  Litterafurgeschichte  ist  Will.  Wrigbt, 
&.  Bhort  history  ef  Syriac  literatnte,  London  1894.  (Nach  dem  Tode  des  Verfassere  ans 
1er  £ncyclopaedJB  Britsnnica,  Artikel  .Syriac  Literatare'  mit  Zusätzen  und  einem  Index 
abgedruckt,  leider  ohne  genflgende  Berückaichtigong  der  neu  hinzugewachaenen  Litteratur). 

—  V.  Ryssel,  Der  Einflusa  der  ayriacben  Litteratur  auf  daa  Abendland,  Tbeolog.  Zeit- 
•ohrift  ans  der  Schweiz  13  (1896)  43-66. 

C.  Araber:  Einige  Übersetzungen  aus  dem  Arabischen  und  Persischen  ins  Grie- 
sbische  notiert  H.  Steinschneider,  Serapeum  31  (1870)  306  f.  —  Moritz  Stein- 
schneider, Orientaliache  Übersetzungen  grieohiacher  Autoren.  Gin  bibliographtacher 
ätrei&Qg.  Litterarhistoriechea  Beiblatt  zum  .Archiv*  (bibliogr.  Wochenschr.  red.  v.  Jul. 
Steinachneider,  Leipzig)  1  (1888)  Nr.  5  S.  17-20.  —  M.  Steinschneider,  Die  arahiachen 
Übersetzungen  aua  dem  Griectiiachen,  Centralbl.  f.  Bibliothekswesen,  Beiheft  5  (1889)  und 
12   (1893),  and  Zeitachr.  d.  deutschen  morgenlftnd.  Gea.  50  (1896)  161-219  (Schluss  folgt). 

—  Julius  Lippert,  Studien  auf  dem  Gebiete  der  griechisch- arabischen  Übersetzungs- 
Utterator.  Heft  l.  Brannachweig  1894  (über  arabiache  Aristotelesbiograpbien  und  Theon  in 
der  orientaliachen  Lilt«ratnr). 

D.  Juden:  Über  das  Verhältnis  der  Juden  in  Qriechecland  zur  Landessprache 
-vgl.  H.  Steinschneider,  Hebr&ischo  Bibliographie  15  (Berlin  1875)  38  41.  —  Über 
Griechisches  bei  Jehnda  Hadassi  (1148)  vgl.  P.  F.  Frank],  Honatsacbrift  f.  Geschichte 
und  Wissenschaft  d.  Judentums  33  (1884)  448  ff.;  513  ff.  —  Hauptwerk:  Moritz 
Stainachneider,  Die  hebräischen  Übersetznngen  des  Hittelalters  und  die  Juden  ab  Dol- 
metscher. Ein  Beitrag  zur  Litteratuigeschichte  des  Hittelaltera  meist  nach  handschrift- 
lichen Quellen.    2  Bde,  Berlin  1893. 

E.  Armenien:  Zarbhalanian,  Bibliothek  der  alten  annenischen  Übersetzungen, 
"Venedig  1889  (neuarmeniachj.  —  Kollation  arnieniacher  überaetzungen  philosophischer 
Werke  dee  Aristoteles  nnd  der  Eianywyij  des  Porphyrios  mit  den  griechiachen  Texten  von 
Fr.  C.  Conybeare,  Anecdota  Oioniensia,  Classical  Seriea,  Vol,  I  part.  6,  Oxford  1892. 
—  Zum  Eiufluss  der  Byzantiner  auf  die  armenische  Eunat  vgl.  Jos.  Strzygowaki,  Daa 
Ktscbmiadzin-Evaageliar,  Wien  1891  (=  Byzantinische  Denkm&ier  I).  —  Eine  Preiaanf- 
gabe  über  das  Thema  .Die  Armenier  in  üyzanz  bia  zur  Epoche  der  Kreuzztlge*  hat  der 
Konseil  der  Spezi slklaaeon  des  Lazarevacben  Inatituta  für  orientalische  Sprachen  in  Moskau 
am   10./22.  Okt  1895  gestellt     Vgl.  B.  Z.  5  (1896)  255. 

F.  Georgier:  Einiges  Ober  die  Eulturbeziehnugen  tu  den  Georgiern  bringt  A. 
S.  Chachanov,  Ueber  den  gegenw&itigen  Stand  der  grusinischen  Philologie,  Wiener 
Zeitschr.  f.  d.  Kunde  des  Morgenlandes  7  (1893)  311-337.  ~  Ueber  den  byzantiniachen 
£inflns8  anf  die  georgische  Kunstthfitigkeit  vgl.  die  Stelle  aua  einer  georgiachen  Ha 
bei  Jos.  Strzygowaki ,  Daa  Etscbmiadzin-E  van  gelier,  Wien  1891  S.  78.  —  A.  S.  Paviov, 
Bemerkungen  Ober  den  gmainiaohen  Nomokanon,  Zapiski  der  k.  mia.  Ak.  d.  Wistk  Bd  85 
(1874—1875)  29-42  (niss.).  —  Dazu  die  8.  613  Anm.  7  ntierta  Uttentar. 

G.  Beziehnngen  zu  China:  F.  Hirth,  Chinn  and  the  Itumuii  uriuitt,  Itcseardica 
into  their  aucieut  and  mediaevsl  relstiona,  Leipzig  und  MUncIien  1885.  Vgl.  die  geball- 
reiche Besprechung  von  K.  Himly,  QOtting.  Uel.  Anzeigen  18H6  B.  ~09~740.  —  Weniger 
bietet  für  onaere  Zwecke:  E.  Bretschneider,  On  tbe  knowledge  ponsoiiaiul  bj  tin  Uieient 
Chinese  of  Üie  Arabe  and  Arabian  oolonies  and  other  weatom 
Chinese  books,  London  1871  (S.  28  ober  den  chinesischen 


ball-    i 

liger    1 


1100         Byzantinische  Litteratnrgesohiohte.    Allgemeine  Bibliographie.  ■ 

selben:  Mediaeval  researches  from  eastem  Asiatic  sources,    2  vol].,   London  1888  (2.  ISl 
und  332  über  Kpel).  1 '  * 

8.  EinflnsB  anf  die  Slaven  und  Bnmftnen.  1  '' 

A.  Kultur  und  Litteratur.  Handel:  Dombrovskij,  Ueber  den  Kinfluas  GrieA»»! f* 
lands   auf  die   Entwickelung   der  bürgerlichen   Bildung  des  alten  Rosalands,   Jount  Mklf 
1841  Bd  29  Abt.  II  1—20  (russ.)  (kurze  Übersicht  des  byzantinischen  Knltoreinfiaasesl.  —  1 ' 
y.    Ikonnikov,    Versuch  einer  Untersuchung   über  die    civilisatorische    Bedeutung  v«|^ 
Byzanz  in  der  russischen  Geschichte,  Eiev  1869  (russ.).  —  Die  allgemein  koltnrfaistonKki 
Frage  über  die  Stellung  der  griechisch-slavischen  Welt  dem  europäischen  Westen  geget- 
über  behandelt  mit  grosser  Belesenheit   der  Philobyzantiner  VI.   Lamanskij,   Ueber  da  | 
historische  Studium  der  gräkoslavischen  Welt  in  Europa,   Petersburg  1871    (russ.).  —  R. 
Pavlov,    Ueber  die  Bedeutung  des  germanischen  und  byzantinischen  Einflusses  auf  da 
russische  historische  Leben   in   den  ersten  zwei  Jahrhunderten  seiner  Entwickelung,  Mos- 
kauer Universitfttsnachrichten  1871  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  M.  S.  Drinov,  Die  SU- 
slaven   und   Byzanz   im    10.   Jahrb.,   Moskau   1872   (russ.).    —    Ph.  Ternovskij,  Stsdie 
der  byzantinischen  Geschichte  und  ihrer  tendenziösen  Anwendung  im  alten  Russland,  Eier 
1875  (Separatabdruck  aus  den  Kiever  Universitfttsberichten  Nr.  6—12)  (russ.).  —  Arcki- 
m a n d r i t  (jetzt  Bischof)  Amphilochius,  Ueber  den  Einfluss  des  griechischen  Schrifttna 
auf  das  slavische  vom  9.  bis  zum  Anfang   des  16.  Jahrhunderts,   Moskau  1876  (niae.).  - 
V.  Kaöanovskij,  Die  byzantinischen  Annalisten  als  Quelle  zur  Geschichte  der  Südslaveo,  \ 
Journ.  Min.  1878  Bd  198  S.  63—112  (russ.).  —  Nur  das  Allgemeinste  enthält  A.  N.  Pypii 
und  V.  D.    SpasoviÖ,   Geschichte   der   slavischen   Litteraturen,   Deutsche    üebersetamg, 
2  Bde,  Leipzig  1880 — 1884.    —    A.  N.  Veselovskij  hat  in  der  neuen    Bearbeitung  der 
russischen  Litteraturgeschichte  von  A.  Galachov  I  1,  394—517  die  in  der  älteren  nua- 
schen  Litteratur  bekannten  und   beliebten  Erzählungsstoffe   nach   ihrem  Inhalt   und  ihm 
Abhängigkeit  von  den  byzantinisch-südslavischen  oder  westeuropfiischen,  polnischen  und  dest- 
sehen  Vorlagen   analysiert  (russ.).     Vgl.   Arch.   slav.   Phil.  5  (1881)  482.    —    Eine  karo, 
nicht  ganz  verlässige  Skizze  über  die  Ursprünge  der  sfldslavisch-russischen  Litteratur  gibt 
vom    radikal    antibyzantinischen  Standpunkt   aus:    AI.   von   Reinholdt,    Geechichte  der 
russischen  Litteratur,   Leipzig  1886  S.  102—128.    —   Ueber  die  Wanderungen   der  voUu- 
mässigen  Litteratur  handelt  besonders  A 1  fr.  R  am  band,  LaRussie  ^pique,  Paris  1876  S.  421  £, 
und  M.  Gaster,  Greeko-Slavonic,  London  1887.  —  Reiches  Material  liefert  auch  für  OBflff 
Thema  Gregor  Krek,  Einleitung  in  die  slavische  Litteraturgeschichte,  2.  Aufl.,  Graz  1887. 

—  Vgl.  auch  die  Publikation:  A.  Pavlov,  Gesetzbücher,  altrussische  Uebersetznng  byiiB- 
t inischer  Landwirtschaftsgesetze,  Petersburg  1885  (russ.).  Besprochen  von  V.  Vasiljevskij 
und  von  A.  Sobolevskij,  Journ.  Min.  1886  Bd  243  S.  317—351;  352— 358 (russ.),  und  tob   . 
Th.  Uspenskij,  Juridic.  vjestnik  1886  S.  700-713  (russ.).   -     Dazu:    A.  Pavlov.  Zar   ' 
Frage  über  die  Zeit,   den  Ort  und    den   Charakter   der  ursprünglichen    üebersetznng  it» 
byzantinischen  Landwirtschaftsgesetzes  in  die  slavische  Sprache,  Journ.  Min.  1886  Bd  247 
S.  98   -125  (russ.).  —  Zur  Uebersetzungsthätigkeit  der  Süd-  und  Ostslaven  im  9.~  14.  Jahii 
vgl.:  A.  Archangelsk ij,  Zum  Studium  der  altruss.  Litteratur.    Die  Werke  der  Kirchen-    i 
Väter  in  der  altruss.  Schriftsprache,  mit  Belegen  und  Hinweisen   auf  die  betreffenden  sla- 
vischen Texte.     Petersburg  1888  (russ.).  —  Zur  Ergänzung  dieses  Buches  dient:  A.  Arck-    | 
angelskij,  Werke  der  Kirchenväter  in  der  altruss.  Schriftsprache.   Auszüge  aus  fiw  nit 
historisch- litterarischen   Studien.     4  Teile,  Kazan    1889 — 1890   (russ.)   (mir   unzugänglidi). 

—  Th.  Uspenskij,  Russland  und  Byzanz  im  10.  Jahrb.,  Odessa  1888  (mss.).  —  Ueb« 
die  Geschichte  der  griechischen  Sprache  und  des  Christentums  im  alten  Rnasland,  üb« 
Kofxiyxoy  (bei  Leon  Diakonos  ed.  Bonn.  150,  22),  über  die  unzähligemal  besprocheneo  ud 
noch  immer  nicht  zur  allgemeinen  Zufriedenheit  erklärten  Namen  der  Dnjeprfälle  beiKflS* 
stantinos  Porpbyrogennetos,  De  adroin.  imp.  ed.  Bonn.  74  ff.,  endlich  über  den  Nmm 
Russe  (Rhos)  handelt  W.  v.  Gutzeit,  Untersuchungen  über  Gegenstände  der  iltaate Ge- 
schichte Russlands,  Riga  1890. 


5.  Internationale  Ealturbeziehimgen.  1101 

Von  besonderer  Wichtigkeit  für  die  Geschichte  der  ältesten  Beziehungen  der  Russen 
so  den  Byzantinern  sind  die  Lebensbeschreibungen  des  hl.  Georg  von  Amastris  (in 
Paphlagonien)  und  des  hl.  Stephan  von  Suro2  (in  der  Krim;  griechisch :  ^Tov^cfam),  die 
lieide  im  9.  Jahrhundert  lebten.  Ausgabe  dieser  Texte  mit  eingehender  .Untersuchung 
ibree  historischen  Inhalts  bei  V.  Vasiljevskij,  Russisch-byzantinische  Forschungen,  II.  Heft, 
Petersburg  1893.  Vgl.  die  Besprechung  von  V.  Jagi6,  Arch.  slav.  Phil.  16  (1894)  216 
Bia  224,  und  W.  v.  Gutzeit,  Die  Legenden  von  Amastris  und  Ssuros'h,  Riga  1893.  Dazu 
anoh  die  filteren  Schriften:  W.  Gutzeit,  Ueber  die  Lebensgeschichte  des  hl.  Georgios 
▼on  Amastris  und  die  Zeit  ihrer  Abfassung,  Bull,  de  TAcad.  de  St.-Pätersbourg  T.  27 
Nr.  3  S.  333—338  =  M61.  russes  T.  5  livre  1  p.  1—7.  —  E.  Kunik,  Ergänzende  Be- 
merkungen zu  den  Untersuchungen  über  die  Zeit  der  Abfassung  des  Lebens  d.  h.  Georg 
▼en  Amastris.  Ein  Beitrag  zur  Aufklärung  der  russisch -byzantinischen  Chronologie  des 
9.  Jahrh.  BulL  de  TAcad.  de  St.-Pötersbourg  T.  27  Nr.  3  p.  338-362  =  M^l.  russes 
T.  5  livre  1  p.  8— 42.  —  Femer  gehört  hieher:  V.  Vasiljevskij,  Russisch-byzantinische 
Fragmente.  VII.  Das  Leben  Johannes'  des  Goten,  Joum.  Min.  1878  Bd  195  Jan.— Febr. 
S.   86—154;  277-306  (russ.).  —  Vgl.  oben  S.  199. 

Eine  grosse  Zahl  von  Beiträgen  zur  Kenntnis  der  byzantinisch-slavischen  Beziehungen 
enthfilt  das  Archiv  f.  slavische  Philologie  (bis  jetzt  18  Bände,  Berlin  1876-1896).  Von 
den  selbständigen  Artikeln  ist  hervorzuheben:  V.  Jagiö,  Ein  Beitrag  zur  serbischen  An- 
nalistik  mit  litterargeschichtlicher  Einleitung,  Arch.  slav.  Phil.  2  (1877)  1—27,  wo  die 
Ueberlieferung  und  Chronologie  der  slavischen  Bearbeitungen  byzantinischer  Geschichts- 
werke und  Sagen  behandelt  ist.  Dazu  vgl.  die  S.  408  angeführte  Litteratur.  —  Vgl.  auch 
die  Litteratur  zu  §§  140,  147,  171,  279. 

Handel:  M.  Pogodin,  Der  alte  russische  Handel,  Journ.  Min.  1845  Bd  48  Abteil.  II 
81—132  (aus  des  Verfassers  Werk:  Untersuchungen  über  die  normannische  Periode  der 
masischen  Geschichte)  (russ.).  —  Ergänzung  dazu:  Pavel  Saveljev,  Ueber  den  Handel 
der  Wolga-Bulgaren  im  9.  und  10.  Jahrb.,  Joum.  Min.  1846  Bd  49  Abteil.  II  31-50  (russ.). 
—  Ueber  den  Verkehr  zwischen  Byzantinern  und  Russen  enthält  reichliches  Material  auch 
das  S.  1105  zitierte  Werk  von  B.  Dorn,  Caspia. 

B.  Einführung  des  Christentums:  Im  höchsten  Masse  äusserte  sich  der  byzan- 
tinische  Einfluss  auf  die  Slaven  in  der  Einführung  des  Christentums  durch  byzan- 
tinische Priester.  Hierüber  existiert  eine  ungeheure  Litteratur,  aus  der  hier  nur  einige 
Hauptschriften  herausgegriffen  werden  können.  Ausserden  oben  S.  1095  f.  genannten  Arbeiten 
TgL  folgende:  J.  A.  Ginzel,  Geschichte  der  Slavenapostel  Cyrill  und  Method  und  der 
slavischen  Liturgie,  Leitmeritz  1857.  —  J.  A.  Ginzel,  Zur  Geschichte  der  Slavenapostel 
Cyrill  und  Method,  in:  Eirchenhistor.  Schriften,  Band  2,  Wien  1872.  —  Louis  Leger, 
Cyrille  und  Methode.  Etudes  historiques  sur  la  conversion  des  Slaves  au  christianisme. 
Paris  1868.  Vgl.  die  Besprechung  von  P.  Lavrovskij,  Joum.  Min.  1869  Bd  141  Abteil. 
Pädagogik  und  Wiss.  S.  203—233  (russ.).  —  M.  Voronov,  Die  Hauptquellen  der  Geschichte 
der  Hll.  Kyrillos  und  Methodios,  Kiev  1877  (russ.)  (mir  unzug.).  —  J.  Martinov  S.  I.,  Saint 
Methode,  apötre  des  Slaves,  et  les  lettres  des  souverains  pontifes  conserv^es  au  British 
Museum,  Revue  des  questions  historiques  28  (1880)  369—397.  —  J.  Martinov  S.  L,  La 
legende  italique  des  SS.  Cyrille  et  Methode,  Revue  des  questions  historiques  36  (1884) 
110—166  (mit  Angaben  über  die  ältere  Litteratur).  —  P.  Lavrovskij,  War  der  hL  Kyrill 
von  Saloniki  Bischof?,  Joum.  Min.  1885  Bd  238  S.  161-175  (russ.).  —  Mehrere  hieher 
gehörige  Beiträge  enthält  die  .Sanmilung  zum  Jubiläum  des  Methodios,  herausgegeben  von 
der  k.  Universität  Warschau  unter  der  Redaktion  von  A.  Budiloviö*,  Warschau  1885 
(russ.).  Vgl.  den  Bericht  von  T.  Florinskij,  Joum.  Min.  1885  Bd  240  S.  325-343 
(msB.).  —  P.  Lavrovskij,  Die  italienische  Legende  (bez.  der  Hll.  Kyrillos  und  Methodios), 
Joom.  Min.  1886  Bd  246  S.  17-59;  234-275  (russ.).  —  V.  Jagiö,  Die  Frage  über  KyriUos 
and  Methodios  in  der  slavischen  Philologie,  Zapiaki  d.  k.  russ.  Ak.  d.  Wiss.  Bd  51  (1886) 
BeOage  Nr.  1  S.  1-60  (maa.).  —  !▼.  MtJgiM|kü,  Die  HU.  Kyrillos  und  Methodios, 


1102         Byzantiniache  Litteraturgesohiohte.    Allgemeine  Bibliograpliie. 

die  ersten  slavischen  Lehrer,  Eiev  1886  (russ.).  Besprochen  von  A.  Badilovi6,  Jooii  1;^ 
Min.  1887  Bd  251  S.  373—385  (russ.).  —  Zur  italienischen  Legende  in  der  Geeddckii  1  ' 
der  berühmten  Slavenapostel  vgl.  J.  Friedrich,  Ein  Brief  des  Anastasins  bibliotheesi«  1  ^^ 
an  den  Bischof  Gaudericus  von  Yelletri  Über  die  Abfassung  der  Vita  cnm  translatioM  S I " 
Clementis  Papae,  Sitzungsber.  bayer.  Ak.  1892  S.  393—442.   VgL  die  Besprechungen  ml  ^' 

A.  Petrov,  Journ.  Min.  1893  Bd  285  Januarheft  8.  186—193.  und  F.  Syrku.  Vix.  TtT^ 
2  (1895)  234—243.  —  Den  Brief  des  Änastasius  wiederholte  J.  Friedrich  mit  einigeiiBt-l 
richtigungen  unter  dem  Titel:  Die  noch  erhaltenen  Schriften  des  Siavenapostels  CoastiB. 
tinus  oder  Cyrillus,  Revue  internationale  de  tb^ologie  4  (1896)  411—419.  —  A.  PetroT, 
Strittige  Fragen  der  Missionsthätigkeit  des  hl.  Eyrillos  des  Philosophen,  im  OiUd, 
Odessaer  Jahrbuch  IV  Byz.  Abteil.  2  (1894)  Chronik  S.  53—64  (russ.).  VgL  B.  Z.  4 
(1895)  620  f.  —  S.  Nedjeljskij,  Die  Chazarenmission  des  hL  Kyrillos  und  des  U.  Me 
thodios,  Russkaja  Besjeda  1895  Augustheft  S.  1—22  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  Zv 
Eyrillos- Methodiosfrage  vgl.  auch  A.  Lapötre,  L^Europe  et  le  Sainte-Siäge  ä  T^poqoe 
Carolingienne.  Premiere  partie,  Paris  1895.  Vgl.  die  Besprechung  im  Journ.  Min.  1896 
Bd  305  Maiheft  S.  163-195  (russ.).  —  Ausserdem  vgl.  zu  der  unübei sehbaren,  m 
ihrem  Werte  sehr  ungleichen  neueren  Litteratur  über  die  Slavenapostel  Kyrillos  mi 
Methodios:  Arch.  slav.  Phü.  1  (1876)  529  ff.;  4  (1880)  97  ff.,  297  ff.;  10  (1887)  296  t; 
12  (1889)  216  ff.;  auch  die  Berichte  von  Pastreck,  Neuere  Schriften  fiber  die  Slaveo- 
apostel  Eyrillos  und  Methodios,  Casopis  matice  moravskä  (Zeitschr.  d.  mährischen  Vereim  | 
f.  Litteratur)  15  (1891)  129—138;  207-215  (öechisch),  und  von  M.  G.  Popruienko.  Odesaaer 
Jahrb.  II  Byz.  Abteil.  1  (1892)  2  S.  43-64  (russ.). 

Der  byzantinische  Einfluss  auf  die  Rumänen  äussert  sich  in  der  Erzählungslitieratnr 
(vgl.  z.  B.  8.  377  und  379  Anm.  1  C)  und  in  griechischen  Elementen  der  Sprache.    VgL 

B.  Petricelcu-Hasdeu,  Etymologicum  Magnum  Romaniae,  Bukarest  1885  ff.  (indenEii* 
leitungcn  zu  den  einzelnen  Bänden  wertvolle  Mitteilungen  über  byzantinisch-mmäniadie 
Eultnrbeziehungen).  —  S.  Eretikos,  2^/^<ytff  roiT  ßvCayuyov  xQtirovs  Ttgog  rag  (faxo^ 
fAovtnxdg  I6ia  (pvXttg  xal  inl^Qaoig  tov  iXXijyurfAov  in*  avtiöy,  lEan^qo^  1884  Heft  77—78 
(mir  unzugänglich). 

6.  Ethnographie. 

Die  Hauptschwierigkeit  ethnographischer  Forschungen  in  der  byzantinischen  G^ 
schichte  liegt  in  der  fast  allen  Autoren  eigentümlichen  Pedanterie,  die  neuen  Volker  mit 
klassischen  Namen  zu  bezeichnen.  So  heissen  z.  B.  die  Tflrken  im  höheren  Stil  Perser, 
die  Russen  und  andere  Slaven  Skythen,  die  Serben  Triballer  u.  s.  w.  Oft  ständen  wir 
diesen  ungenauen  Angaben  ganz  ratlos  gegenüber,  wenn  nicht  wenigstens  einzelne  Qnell«o 
die  Einder  beim  rechten  Namen  nennten  und  nicht  die  Vergleichung  verschiedener  Quelleo, 
die  Beifügung  von  Orts-  oder  Personennamen  und  anderer  Umstände  uns  zur  ethnographi- 
schen Bestimmung  dienlich  wären.  Im  folgenden  kann  aus  der  unübersehbaren  Lttterainr, 
die  sich  direkt  oder  indirekt  auf  die  Ethnographie  der  ehemals  zum  byzantinischen  Rdd» 
gehörigen  Gebietsteile  und  der  zu  den  Byzantinern  in  nähere  Beziehungen  getreteoeo 
Völker  beziehen,  nur  eine  knappe  Auswahl  gegeben  werden. 

1.  Allgemeine  Schriften.  I 

Von  Wichtigkeit  ist  noch  heute  das  reichhaltige,  vornehmlich  auf  byzantinisciMO 
Quellen  beruhende  Werk:  J.  6.  Stritter,  Memoriae  populorum  olim  ad  Danubium,  Pontmii 
Euxinum,  Paludem  Maeotidem,  Caucasum,  Mare  Caspium  et  inde  magis  ad  Septentrioa« 
incolentium  e  scriptoribus  historiae  Byzantinae  erutae  et  digestae.  4  voll.,  Pet^tshsig 
1771—1779.  —  Earl  Friedrich  Neumann,  Die  Völker  des  südlichen  Rusalands,  LeipBg 
1^7.  —  Ad.  Ficker,  Über  die  ethnographischen  Verhältnisse  der  europftiachen  TOikei 
Aus  Anlass  der  Voriage  von  Lejean's  Earte.  Mitteil.  d.  k.  u.  k.  geographiadiea  GeaeDsdi. 
(in  Wien)  5  (1861)  123-131.  —  Über  die  Ethnographie  der  europäischen  und  aaiatiachei 


6.  Ethnographie.  1103 

Themen  des  byzantinischen  Reiches  sowie  über  die  Nachbarvölker  (Franken,  Bulgaren, 
Ongam,  Rossen,  Petsohenegen,  Chazaren  und  Araber)  handelt  mit  Sachkenntnis  mid  Elar- 
beit  A.  Rambaud,  L'eropire  grec  au  dixi^me  si^cle,  Constantin  Porphyrogänäte,  Paris 
1870  S.  209—253;  308—436.  —  Über  die  Avaren,  Serben,  Kroaten  und  Bulgaren  handelt 
Aug.  Fr.  Gfrörer,  Byzantinische  Geschichten,  Bd  2,  Graz  1873.  —  Edson  L.  Clark, 
The  races  of  European  Turkey,  their  history,  condition  and  prospects,  Edinburg  1879.  — 
Neueres  Hauptwerk:  L.  Diefenbach,  Völkerkunde  Osteuropas.  1.  Band:  Türkisches 
Reich.  Albanesen.  lllyrier.  Thraker.  Griechen.  Rumänen.  2.  Band:  Die  Lituslavische 
Volkergruppe,  nebst  den  Bulgaren.  Die  türkische  Familie.  Die  finnische  Familie.  Zi- 
geuner. Armenier  oder  Hajer.  Kaukasier.  Darmstadt  1880.  —  Vgl.  auch.  L.  Diefen- 
bachy  Die  Volksstamme  der  Europäischen  l'ürkei,  Frankfurt  1877.  —  J.  van  den 
Qheyn,  Les  populations  danubiennes.  Etudes  d 'Ethnographie  compar^e,  Gent  1886.  — 
Dppel,  Zur  Ethnographie  der  Balkanhalbinsel,  Globus  57  (1890)  76-79.  —  Eine  Über- 
■ioht  des  ethnographischen  Zustandes  der  Balkanhalbinsel  im  10.  Jahrh.  mit  besonderer 
Berficksichtigung  der  slavischen  Elemente  in  Epirus  gibt  St.  Novakoviö,  Die  Anfänge 
der  slavischen  Litteratur  bei  den  Balkan-Slaven :  Die  Legende  vom  hl.  Vladimir  und  der 
Kosara,  Belgrad  1893  S.  13- -49  (serb.).  —  Zur  Ethnographie  des  heutigen  Kleinasiens: 
Luschan,  Reisen  in  Eleinasien,  Verhandl.  d.  Gesellsch.  f.  Erdkunde  zu  Berlin  15  (1888) 
47-  60. 

2.  Spezialachriften. 

A.  Griechenland  im  engeren  Sinne:  Sp.  Zampelios,  BvCayuyal  fAeXhat. 
üe^l  ntjytoy  veoeXXrjyix^g  i&yortjrog  dno  jtjg  t]  /u^/^t  r^;  C  ixaroyt.,  Athen  1857  (handelt 
über  die  Abkunft  der  Neugriechen,  daneben  aber  auch  über  die  verschiedensten  Gegen- 
stlnde  der  inneren  Geschichte  von  Byzanz).  -  Philippson,  Besiedelung  im  Peloponnes, 
Verhandl.  d.  Gesellsch.  f.  Erdkunde  zu  Berlin  15  (1888)  442—455.  —  Ausführlicher 
handelt  über  dasselbe  Thema  Philippson,  Zur  Ethnographie  des  Peloponnes,  Peter- 
manns  Mitteilungen  1890  S.  1~11;  33—41.  —  Dühmig,  Über  die  Chalkidike,  Vor- 
trag in  der  geogr.  Gesellsch.  zu  München.  Vgl.  Verb.  d.  Gesellsch.  f.  Erdkunde  zu  Berlin 
18  (1891)  102. 

Zakonen:  Die  älteren  Arbeiten  bespricht  M.  Deffner,  Archiv  f.  mittel-  und  neu- 
griech.  Philologie  1  (1880)  2--6,  und:  Zakonische  Grammatik,  Berlin  1881  S.  3—6.  — 
Alb.  Thumb,  Die  ethnographische  Stellung  der  Zakonen,  Indogerm.  Forschungen  4  (1894) 
195 — 213  (mit  einer  Sparte).  Der  Verfasser  beweist  gegen  die  von  vielen  bis  in  die  neueste 
Zeit  festgehaltene  Ansicht  Eopitars,  dass  die  Zakonen  Slaven  seien,  und  gegen  die 
Albanesentheorie  von  E.  Sathas,  die  Kontinuität  der  griechischen  Bevöl- 
kerung im  Zakonengebiet. 

Slavenfrage  (Frage  über  die  slavischen  Elemente  unter  den  heutigen 
Griechen):  Die  Slavisierung  der  Griechen  behauptete  vor  allem  Jac.  Ph.  Fallmerayer  in 
semer  oben  S.  1071  angeführten  Geschichte  der  Halbinsel  Mores,  dann  in:  Welchen  Einfluss 
hatte  die  Besetzung  Griechenlands  durch  die  Slaven  auf  das  Schicksal  der  Stadt  Athen  und  der 
Landschaft  Attika?  Stuttgart  1835.  Hauptschrift:  Jac.  Ph.  Fallmerayer,  Das  slavische 
Element  in  Griechenland,  in:  Fragmente  aus  dem  Orient  2  (1845)  367—458  (auch  in  der 
neuen  Auflage  der  Fragmente  wiederholt).  —  R.  Orbinskij,  Über  Spuren  des  Slaventums 
in  der  Sprache  der  Neugriechen,  Joum.  Min.  1854  Bd  83  Abteil.  II  94—112  (russ.)  (ganz 
misslungener,  wenn  auch  für  seine  Zeit  bemerkenswerter  Versuch,  in  der  Phonetik,  Gram- 
matik, Phraseologie  und  im  Wortschatz  des  Neugriechischen  starke  slavische  Einflüsse 
nachzuweisen  und  dadurch  Fallmerayers  Slaventheorie  zu  unterstützen;  zum  Kapitel  über 
die  slavischen  Wörter  im  Neugriechischen  vgl.  die  in  Rubrik  18  angeführten  neueren 
Schriften).  —  Gegen  Fallmerayer  richtete  sich  u.  a.  E.  Paparregopulos»  iXavucal  iy 
raiis  lESiXtjyixaig  x^9^^  inouetjüeiSf  in  seinen  lato^uctil  n^yfimt$imp  M^og  m\  Athen  1858. 
—  Gründlicher  wurden  die  übertriebenen  und  unVritinfhfrn  AiiMillnilMi¥JhliliTW  Mf 
ihr  richtiges  Mass  zurückgeführt  von  Karl  Hopf| 


1104         Byzantiniache  Litteratnrgeschichte.    Allgemeine  Bibliogimphie. 

Gniber'sche  Encyklopädie  Sektion  I  Teil  85  (1867)  100—119.  —  Ober  die  skviacbe  b 
vasion  Kretas  und  der  flbrigen  Inseln  sowie  Namen  slaviscben  ürspnings  auf  Krett  y^ 
B.  Schmidt,  Das  Volksleben  der  Nengriechen,  Leipzig  1871  S.  13.  —  Ganx  TerfeUt  iil  It 
die  von  E.  N.  Sathas,  Documenta  inödits  relatifs  k  Tbistoire  de  la  Gr^ce  au  meyen-ige^nL  I« 
1  (1880)  Introduction,  entwickelte  Hypothese,  dass  im  Mittelalter  nicht  Slaven,  aeB-|tf 
dem  Albanesen  in  den  Peloponnes  vorgedrungen  seien,  und  dass  die  Byzantiner  diae 
irrtümlich  oder  aus  Missachtung  als  Slaven  bezeichnet  haben.  Vgl.  G.  Meyer,  Cfm- 
stantin  Sathas  und  die  Slavenfirage  in  Griechenland,  Essays  und  Studien  zur  Spradigt- 
schichte  und  Volkskunde  1  (Strassburg  1885)  117—142.  —  S.  G.  Panagiotopalot, 
Tiyes  fjXBoy  xatd  rdy  fdenop  aiwya  iy  (so!)  'EXXddi;  'Eßdofiäs  1884  Nr.  13—22;  24;» 
bis  31.  —  A.  Petrides,  Jla^artjQijceig  Jiy^g  ini  xov  Cv^^f^ierog  xLyeg  ijXSoy  xard  low  ftitm 
altof tt  iy  'EXXdfft,  'AnoXXwy  1885  Nr.  21  f.  (mir  unzugänglich).  —  Eine  gute  Gbwsicht  hx 
Geschichte  der  Slavenfrage  in  Griechenland  gibt  D.  Matov,  Griechisch-bulgariacbe  Stodi«, 
Sbomik  blgarsk.  9,  Sofia  1893  (bulg.). 

B.  Albanesen:  J.  G.  v.  Hahn,  Albanesische  Studien,  2  Hefte,  Wien  1853.- 
J.  Ph.  Fallmerayer,  Das  albanesische  Element  in  Griechenland,  Abhandl.  bajer.  Ak. 
3.  Gl.  Vm.  Bd  2.  und  3.  Abt.,  München  1857—1860.  —  Zur  albanesischen  Sprache  t^L 
auch  die  Bemerkungen  von  W.  Tomaschek,  Bezzenbergers  Beiträge  9  (1884)  95  ff.  ~ 
Philippson,  Reise  durch  Mittel-  und  Nordgriechenland,  Zeitschr.  d.  Gesellsch.  f.  Er^ 
künde   zu  Berlin  25  (1890)  331—406   (bes.   über  die  Albanesen  in  Mitt«lgriechenluid). — 


Die   reichsten  bibliographischen  Nachweise  über  das  albanesische  Volk    gibt  G.  Mejer, 


\ 


Albanesische  Studien  f.  II.  lll.  IV.  V,  Sitzungsber.  Wien.  Ak.  Bd  104,  107,  125,  132,  194  [ 
(1883,    1884,   1891,   1895,   1896).   —  Auszugsweise  sind   diese  bibliographischen  Angab« 
wiederholt  bei  G.  Meyer,  Etymologisches  Wörterbuch  der  albanesischen  Sprache,  Stra» 
bürg  1891  S.  516  flf. 

C.  Slaven  (überhaupt):  P.  J.  Schafarik,  Slavische  Altertümer.  Deutsch  von  E 
V.  Aehrenfeld,  herausgegeb.  von  Heinr.  Wuttke,  2  Bde,  Leipzig  1848 — 1844  (gnni^ 
legendes  Werk).  ~  Ober  iXdßog,  l&Xdßog  vgl.  L.  Fr.  Tafel,  Symbolamm  crit  geogr. 
byz.  spectantium  p.  11,  Abhandl.  bayer.  Ak.  3.  Gl.  5.  Bd  (1849)  3.  Abteil.  S.  123  £  - 
Über  das  älteste  Zeugnis  für  den  eigenen  Namen  der  Slaven  vgl.  E.  Müllen  hoff,  ArcL 
slav.  Phil.  1  (1876)  294  ff.  —  Über  das  erste  Auftreten  der  Slaven  im  byzant  Reiche 
am  Ende  des  5.  und  in  der  ersten  Hälfte  des  6.  Jahrhunderts  s.  Karl  Müllen  hoff, 
Deutsche  Altertumskunde  2  (1887)  375-394.  —  V.  Savitneviö,  Existierte  ein  slavisckr 
Stamm  Suli6i  oder  nicht?,  Arbeiten  des  8.  archaeolog.  Kongresses  zu  Moskau  (mss.)  (mir 
unzugänglich). 

D.  Südslaven:  Gonst.  J.  Grot,  Nachrichten  des  Konstantin  Porph3rrogennetot  fibar  . 
die  Serben  und  Kroaten,  Petersburg  1880  (russ.)  Einen  Auszug  aus  diesem  Buche  gak  | 
der  Verf.:  Zur  Kritik  einer  Stelle  des  Gonstantin  Porphyrogenitus,  Arch.  slav.  Phil.  5  (1881) 
390—397.  Vgl.  die  Besprechung  des  Grot'schen  Buches  von  T.  Florinskij,  Joom.  Mia. 
1881  Bd  214  S.  139—170  (russ.).  —  J.  L.  Pi6  und  A.  Amlacher,  Die  dacischen  Slaven  oad 
Gsergeder  Bulgaren,  Sitzungsber.  d.  k.  böhmischen  Ges.  d.  Wiss.,  philo8.-hi8tor.  philoL  ü. 
1888  S.  227—280.  —  Zur  Ethnographie  der  Südslaven  vgl.  auch  die  wichtige  Abhandlmig 
von  V.  Jagi6,  Ein  Kapitel  aus  der  Geschichte  der  südsla vischen  Sprachen,  Arch.  ab?. 
Phil.  17  (1895)  47—87.  —  Dazu  V.  Oblak,  Eine  Bemerkung  zur  ältesten  südslaviadiei 
Geschichte,  Arch.  slav.  Phil.  18  (1896)  228-234. 

E.  Bulgaren:  Serg.  Uwarov,  De  Bulgarorum  utrorumque  origine  et  sedibus  aiiti- 
quissimis,  Dorpat  1853.  —  M.  Drinov,  Der  Ursprung  der  bulgarischen  Nation  und  im 
Anfänge  der  bulgarischen  Geschichte,  Philippopel  1869  (bulg.)  (mir  nnzaganglick).  - 
R.  Rösler,  Romanische  Studien,  Leipzig  1871  S.  231—260  (Die  Völkerstellung  der  Bul- 
garen). —  D.  Ilovajskij,  Bulgaren  und  Russen  im  asowischen  Küstenlande,  Joom.  Min. 
1875  Bd  177  Jan.— Febr.  S.  93—147;  328—393  (russ.).  —  Franz  Miklosich,  Ober  dk 
Nationalität   der  Bulgaren,    In  Memoria   di   Napoleone  Caize  Ugo  Angelo  Canello,   Miscrl- 


6.  Ethnographie.  1105 

mea  di  filologia  e  linguistica,  Florenz  1886  S.  1-76.  —  C.  M.  Frähn,  Die  ältesten 
'molirichten  der  Araber  Aber  die  Wolga-Bulgaren,  Möm.  de  Tacad.  imp.  des  sciences  de 
L-Pötersbourg  VI.  Sörie,  i  1  (mir  nnzngänglicb).  —  Ausserdem  vgl.  die  Litteratumach- 
eiae  und  kritischen  Bemerkungen  bei  6r.  Krek,  Einleitung  in  die  slavischen  Litteratnrge- 
sliichte,  2.  Aufl.,  Graz  1887  S.  307  ff.  —  Dazu  die  S.  1079  f.  angeführten  Schriften  Aber  die 
eschichte  der  Bulgaren. 

F.  Russen:  N.  Saveljev-Rostislaviö,  Die  Varjago-Russen  nach  Nestor  und 
«mden  Autoren,  Joum.  Min.  1845  Bd  48  Abt.  II  1—64  (russ.).  —  M.  Pogodin,  Die 
ierkunft  der  Varjago-Russen,  in  Bd  II  seiner  ,  Untersuchungen,  Bemerkungen  und  Vor- 
tsungen*,  Moskau  1846  (russ.).  Das  ganze  dreibändige  Werk  ist  ausführlich  besprochen 
a  Jonrn.  Min.  1847  Bd  53  Abteil.  VI  22—48.  —  Von  grösster  Wichtigkeit  ist:  B.  Dorn, 
S8|Ha.  Ober  die  Einfälle  der  alten  Russen  in  Tabaristan  u.  s.  w.,  Petersburg  1875 
=  M^moires  de  Tacadömie  imp.  des  sciences  de  St.-P^tersbourg,  VIP  särie,  tome  23  Nr.  1)* 
[it  zahlreichen  Beiträgen  von  Eunik  und  Brosset  z.  B.  über  einen  Kriegszug  der  alten 
aasen  gegen  Epel  i.  J.  1043.  Auch  russisch  in  den  Zapiski  d.  k.  russ.  Akad.  der  Wiss. 
id  26  (1875—1876).  —  PL  Buraökov,  Die  griechisch-skythische  Welt  an  den  Ufern 
BB  Pontus,  Joum.  Min.  1876  Bd  188  Nov.— Dez.  S.  237—261  (handelt  u.  a.  auch  über  die 
iBsische  Frage)  (russ.).  —  8.  Gedeonov,  Varjäger  und  Russen.  2  Teile,  Petersburg 
B76.  Vgl.  A.  Brückner,  Arch.  slav.  Philol.  4  (1880)  455—464.  -  Iv.  Zabjelin,  Ge- 
shichte  des  russischen  Lebens,  Bd  1,  Moskau  1876.  —  Die  Werke  von  Gedeonov  und 
abjelin  sind  ausführlich  besprochen  von  J.  Pervolf«  Vaijago-Russen  und  baltische  Sla- 
en,  Jonrn.  Min.  1877  Bd  192  Juli  -Aug.  S.  37-97  (russ.).  —  J.  Lambin,  Die  Slaven 
m  nördlichen  schwarzen  Meere,  Joum.  Min.  1877  Bd  191  Mai— Juni  S.  48—75;  234— 
59  (über  das  erste  Auftreten  der  Russen  am  schwarzen  Meere  u.  s.  w.)  (russ.).  —  A* 
Lunik  und  Baron  V.  Rosen,  Nachrichten  des  Al-Bekri  und  anderer  Autoren  über 
Lossland  und  die  Slaven,  Beilage  zum  32.  Bde  der  Zapiski  d.  k.  russ.  Akad.  d.  Wiss.  I 
ir.  2,  Petersburg  1878.  —  Wilh.  Thomson,  Der  Ursprung  des  russischen  Staates.  Vom 
7erf.  durchgesehene  deutsche  Bearb.  von  Dr.  L.  Borne  mann,  Gotha  1879.  —  D.  Ilovajskij, 
Jntersuchungen  über  den  Ursprung  Russlands,  Moskau  1882  (russ.)  —  Paul  Cassel,  Russen 
und  Waräger.  Ein  Sendschreiben  an  Prof.  Thomson  in  Kopenhagen,  in:  Aus  Litteratur  und 
Symbolik,  Leipzig  1884  S.  348  367.  —  Th.  Uspenskij,  Patriarch  Johannes  VII  Gram- 
natikos  und  die  Rus-Dromiten  bei  Symeon  Magistros,  Journ.  Min.  1890  Bd  267  S.  1—34 
rose.).  —  Samokvasov,  Über  den  Urspnmg  der  russischen  Slaven  etc.,  Arbeiten  des 
).  archaeolog.  Kongresses  zu  Moskau  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  A.  Budiloviö,  Zur 
P*rage  über  den  Ursprung  des  Wortes  Rus,  Arbeiten  des  8.  archaeolog.  Kongresses  zu 
If oskau  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  Chvoljson,  Über  die  Russen  des  arabischen  Schrift- 
itellera  der  ersten  Hälfte  des  9.  Jahrhunderts  Ibn-Chordadbeg,  Arbeiten  des  8.  archaeolog. 
Kongresses  zu  Moskau  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  S.  Ljazkij,  Die  Bedeutung  der 
itauischen  Sprache  in  der  Frage  über  den  Ursprung  Russlands,  Wilna  1893  (russ.)  (mir 
unzugänglich). 

G.  Petschenegen  und  Kumanen:  Artikel  Petschenegen  von  W.  Schott  in  der 
Brach-  und  Gruber*schen  Encyklopaedie  III.  Section,  19.  Teil  (1844)  419—421.  —  V.  Va- 
iiljevskij,  Byzanz  und  die  Petschenegen,  Journ.  Min.  1872  Bd  164  Nov.  und  Dez.  — 
[>.  Blau,  Über  Volkstum  und  Sprache  der  Kumanen,  Zeitschr.  d.  Deutschen  morgenländ. 
Qesellsch.  29  (1876)  556  ff.  —  Aug.  Fr.  Gfrörer,  Byzantinische  Geschichten  3  (1877) 
474 — 507.  —  Das  berühmte  kumanische  Wörterbuch,  das  aus  dem  Nachlasse  Petrarcas  in 
üe  Marcusbibliothek  kam,  ed.  G^za  Kunn,  Codex  Cumanicus,  Pest  1880.  —  P.  Golu- 
bovskij,  Petschenegen  und  Kumanen,  Kiev  1884  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  C.  Jire- 
&ek.  Einige  Bemerkungen  über  die  Überreste  der  Petschenegen  und  Kumanen,  sowie  über 
die  Völkerschaften  der  sogenannten  Gagauzi  und  Sarguöi  im  heutigen  Bulgarien,  Prag  1889 
(mir  unzugänglich).  —  Ilie  Ghergel,  Zur  Geschichte  Siebenbürgens,  Wien,  Selbstverlag 
1891.  Behandelt  vornehmlich  Geschichte  und  Ethnographie  der  Kumanen.  —  C.  Neu- 
B»ndbncli  der  Umb.  AltertiuuswiMeDtcbaft  IX.    1.  Abtlg.    2.  Aufl,  7Q 


1108         Byzantinische  Litteratorgeachiohte.    Allgemeine  Bibliographie« 

Letterkande.  2.  Recks.  V.  Deel.  Amsterdam  1875.  Vgl.  die  Besprechung  von  A.  t.  Gut- 
schmid,  Kleine  Schriften  8  (1892)  612-615. 

0.  Interessant  sind  die  in  der  byzantinischen  Litterator  vorkommenden  Verhöhonofa 
der  im  Rhomäerreich  oder  in  der  Nähe  deseelben  wohnenden  fremden  Völker.  Vgl  x.B. 
§§  184  (8.  440),  325,  388. 

1.  Geographie. 

1.  Schriften  TermiBchten  Inhaltes, 
A.  Bandnri,  Imperium  Orientale  sive  antiquitates  Cpolitanae,    2  yoU.,    Paris  ITll. 

—  Lelewel,  Geographie  du  moyen-ftge,  4  Tomes,  ^ilogue,  Breslau  1852 — 1857.  —  ZiU- 
reiche  Beiträge  zur  geographischen  Kenntnis  der  ehemals  byzantinischen  Grebiete  enthahn 
bes.  die  Mitteilungen  der  geographischen  Gesellsch.  in  Wien   (Wien  1857  £1 

—  Manches  zur  Geographie  und  Geschichte  des  byzantinischen  Ländergebietes  enthalten  di« 
Gesammelten  Werke  von  J.  Ph.  Fallmerayer,  herausgegeben  von  6.  M.  Thomaa,  3  Bde, 
Leipzig  1861.  —   C.  Bursian,  Geographie  von  Griechenland,  2  Bde,  Leipzig  1862—1872. 

—  Carl  Neumann  und  J.  Part  seh.  Physikalische  Geographie  von  Griechenland,  Bres- 
lau 1885.  —  A.  Meliarakes,  Jlo&ey  tj  Xi^ig  JaaxaXeio  <uf  yBiayQa(fixCy  ovo/ia,  *Eaiia  189Ö 
I  43.  —  A.  Meliarakes,  Ilo&ey  xo  xoiyoy  yetayQatpixop  oyofia  NeifAnovgyio^  Nei-finov^og. 
'EfinoQyiog,  'EfiTtogstoy;  'Earia  1891  I  409  ff.  —  Reiche  Beiträge  zur  Geographie,  Ethno- 
graphie und  Geschichte  der  Balkanhalbinsel  gibt  F.  Eanitz,  Donau-Bulgarien  und  der 
Balkan,  3  Bde,  Leipzig  1875 — 1879.  —  Wichtige  zusammenfassende  Hilfsmittel  sind  die  ] 
neueren  Reisehandbücher,  bes.  Baedeker,  Griechenland,  3.  Aufl.,  Leipzig  1893;  Meyer,  i 
Türkei  und  Griechenland,  2.  Aufl.,  Leipzig  1888;  Murray,  Handbook  for  travellen  io 
Greece  etc.,  6.  Ausg.,  London  1896.  —  Eine  Zusanmienstellung  der  auf  die  Geographie 
Griechenlands  bezüglichen  neugriechischen  Litteratur,  in  der  die  byzantinische  Zeit  allerdiots 
bis  jetzt  eine  kleine  Rolle  spielt,  gab  Ant.  Meliarakes,  NeoeXXrjyixfj  yEiaygatftxrj  tfü»- 
Xoyia  iJTOi,  xardXoyos  rtay  dno  xov  1800 — 1889  ye<oyQtt<pr]&^»riay  vno  'EXXijytay,  Athen  1889. 
Nachträge  dazu  von  B.  A.  Mystakides,  im  NeoXoyog  1890  (auch  separat  gedruckt 
Kpel  1890). 

Karten:  H.  Kiepert,  Jllya^  rot*  fAenaitayvxov  *EXXijyur^ov  xarti  rrjy  ^exdrijy  ixatong- 
erijQida  1883,  vom  Syllogos  Parnasses  in  Athen  herausgegeben  (mir  unzugänglich).  —  H. 
Ki  epert,  Carte  g^n^rale  des  provinces  Europ^ennes  et  Asiatiques  de  TEmpire  Ottoman,  Beriin 
Reimer  1892.  —  Dazu  vgl.  die  S.  410—427 ;  448  angeführte  geographische  Litteratur  nad 
Lolling,  Geographie  Griechenlands,  Handbuch  der  klass.  Altertumswiss.  Bd  HI. 


I 


2.   Das  europäische  Festland. 

<Girol.  Albrizzi>,  Esatta  notitia  del  Peloponneso  volgarm.  penisola  della  Morea  etc. 

Venedig  1687.  —  W.  M.  Leake,  Travels  in  the  Morea,  3  Bde,  London  1830.  —  Dazu  die 

Ergänzung:  Peloponnesiaca,  London  1846.  —  E.  Gurt  ins,  Peloponnesos,  2  Bde,  €k>tha  18öL 

—  Sp.  P.  Lampros,  *J7toyQaq)t]  tov  yofiov  MeSatytjs  iitl  BeyettSy,  JeXxloy  2  (1885 — 1889) 

686 — 710.   —  A.  Meliarakes,    rswyQtxtpia  noXixixij  yia  xai  a^/crta  tov  yofAOv  *A^oli^ 

jfai  KoQiv&laq,  Athen  1886  (mir  unzugänglich).  —  Ath.  Petrides,  IlBQi  xtJy  iy  Mio^rfti«;     \ 

fAsaanoycxüjy  noXecay  'Jydgovatjg  xal  Ntjclov^  Ua^yaaüog  10  (1886)  7 — 18.  —  Ath.  Petrides. 

Uegl  Tnivdqov  Aaxtayixijg  xal  xov  fÄsaaiioyixov  (pQovgiov  MdXytjg  i^  ov  x6  oyofjia  Mdytjy  Be^ 

yaaaog  10(1886)  504—512.  —  Alf.  Philippson,  Der  Peloponnes.  Versuch  einer  Landeskuide 

auf  geologischer  Grundlage.  Berlm  1891.  —  J.  B.  Bury,  The  Helladikoi,  The  English  Histor 

Review  7  (1892)  80  f.  (konstatiert,  dass  'EkXa^ixoi  nicht,  wie  Finlay  meinte,   eine   verich-     . 

liehe  Bezeichnung  der  Bewohner  des  eigentlichen  Griechenlands  war,  sondern  dass  so  eil-     ( 

fach  die  Bewohner  des  Themas  Hellas  im  östlichen  Mittelgriechenland  hiessen).  —  SpjL 

P.  Lambros,   Die  erste  Erwähnung  von  Astros,   Leonidion  und  Areia,    B.  Z.  2  (1893)  H 

bis  75.  —  L.  Duchesne,   Les  anciens  ^v§ch^s  de   la  Gröce,   M^langes   dWch^ologie  « 

d'histoire  15  (1895)  375—385  (über  die  von  de  Boor,  Zeitschr.  f,  Kirchengeach.  12,  520  1 


• 


7.  Geographie.  1109 

veröffentlichte  Notitia;  vgl.  die  S.  417  angefahrte  Litterator).  —  W.  M.  Leake,  Travels 
in  northem  Greece,  4  Bde,  London  1835.  —  H.  F.  Tozer,  Researches  in  the  Higblands  of 
Tnrkey,  London  1869.  —  Eine  vortreffliche  Monographie  aber  die  wichtige  Stadt  Thessa- 
lonike:   L.  Fr.  Tafel,   De  Thessalonica  eiusque  agro  dissertatio  geographica,  Berlin  1889. 

—  L.  Fr.  Tafel,  De  via  Romanorum  Egnatia,  qua  Illyricum,  Macedonia  et  Thracia  iunge- 
bantur,  dissertatio  geographica,  Tübingen  1842.  —  L.  Duchesne,  L'ülyricum  eccl^siastique, 
B.  Z.  1  (1892)  531—550.  Vertritt  gegen  J.  Friedrich  und  Th.  Mommsen  die  Ansicht,  dass 
die  kirchlichen  Provinzen  des  östlichen  Illyricum  bis  in  die  Mitte  des  8.  Jahrhunderts  zum 
Patriarchat  Rom  gerechnet  wurden.  Dazu  die  Erwiderung  von  Th.  Mommsen,  Neues 
Arch.  d.  Gesellscb.  f.  ältere  deutsche  Gesch.  19  (1894)  433 — 435,  und  die  Replik  von 
Duchesne,  ^glises  s^paröes,  Paris  1896  S.  229 — 279,  wo  die  obengenannte  Arbeit  wiederholt 
ist.  —  A.  Lauriotes,  JIbqI  xrjg  rofii^s  rov  ia&fiov  JlaXXijyr^s,  xrjg  vvv  KaccäydQag,  NeoXoyov 
*Epif,  *Eni9e(jiQ73<ng  1893  S.  341—343  (Chrysobull  des  Joannes  Palaeologos  aus  dem  J.  1407).  — 
Jos.  Ad.  Bruch,  Des  Aristoteles  Heimat  oder  die  Halbinsel  Chalcidice,  Mitteil.  d.  k.  k. 
geogr.  Gesellscb.  in  Wien  36  (1893)  1 — 22.  —  Zur  mittelalterlichen  Geographie  von  Make- 
donien vgl.  auch  die  unten  (Rubrik  8,  3)  angefahrte  Abhandlung  von  Papageorgiu  aber 
Serres.  —  Über  den  Athos,  vgl.  die  S.  513  ff.  angefahrte  Litteratur.  —  J.  A.  Romanos, 
n€Qi  Bov»QtJTov,  JbXxIow  3  (1890—1892)  548—559.  —  EL  Dassaretos,  Hsgl  ri^q  Kogiraas, 
MXxioy  5  (1896)  123 — 156.  —  Ferd.  v.  Hochstetter,  Reise  durch  Rumelien  im  Sommer 
1869,  Mitteil.  d.  k.  k.  geograph.  GeseUsch.  in  Wien  13  (1870)  193  ff.,  350  ff.,  545  ff., 
585  ff.;  14  (1871)  65  ff.,  161  ff.  —  J.  A.  Knapp,  Reisen  durch  die  Balkanhalbinsel  während 
des  Mittelalters.  Nach  der  kroatischen  Originalabh.  des  Dr.  P.  Matkovid,  Mitteil,  der 
geogr.  (JeseUsch.  in  Wien  23  (=  Neue  Folge  13)  (1880)  65  ff.,  113  ff.,  161  ff.,  353  ff.,  433  ff., 
481  ff.,  568  ff.  —  Arcbimandrit  Antoninin,  Reise  in  Rumelien,  Petersburg  1879.  VgL 
die  eingehenden  Besprechungen  von  P.  Syrku,  Joum.  Min.  1880  Bd  209  S.  382 — 429  und 
Bd  210  S.  171—215  (russ.),  und  G.  Destunis,  Joum.  Min.  1880  Bd  210  S.  412—431  (russ.). 

—  Arcbimandrit  Antoninin,  Aus  Rumelien,  Petersburg  1886  (russ.)  (mir  unzugänglicb). 

V 

—  Gebr.  Skorpil,  Das  Schwarzmeergestade  und  die  benachbarten  am  Balkan  gelegenen 
örtlichkeiten  des  sttdl.  Bulgariens,  Sbomik  blgarsk.  Bd  3  und  4  (bulg.).  —  J.  Sidmanov, 
Alte  Reisen  durch  Bulgarien  in  der  Richtung  der  Römerstrasse  von  Belgrad  nach  Kpel, 
Sbomik  blgarsk.  Bd  4  (bulg.).  —  E.  Drakos,  Td  ßgaxtxd  ijxoi  ötdXeHs  TtcQl  rtSy  ixxXrjai- 
aarixüiy  inaQ/^toy  IijXvßQiag,  rdyov  xai  Xcagag  etc.,  Smyma  (auf  dem  Titel  falsch  U&ijytjat) 
1892  (mir  unzugänglich).  —  W.  Regel,  Über  die  Stadt  Anastasiupolis,  £tiq)ayogj  Samm- 
lung von  Aufsätzen  zu  Ehren  Theod.  Sokolovs,  Petersburg  1895  S.  147 — 152  (rass.)  (iden- 
tifiziert die  genannte  Stadt  mit  dem  heutigen  Bum-Ealessi  in  Thrakien).  —  B.  Köne, 
Untersuchungen  aber  die  Geschichte  und  die  Altertamer  des  taurischen  Chersones,  1849 
(deutsch  und  nissisch)  (mir  unzugänglich).  Der  auf  Sebastopol  bezagliche  Abschnitt  aus 
der  zweiten  Ausgabe  dieses  Buches  steht  auch  im  Joum.  Min.  1855  Bd  88  Abteil.  II  110 
bis  132;  170—220  (rass.).  —  Arcbimandrit  Antonin,  Auf  die  Stadt  Sogdaia  in  der 
Krim  bezagliche  Notizen  aus  dem  12. — 14.  Jahrb.,  die  in  einem  griechischen  Synaxar  an 
den  Rand  geschrieben  sind,  Zapiski  der  Odessaer  Gesellscb.  f.  Geschichte  und  Altertamer 
5  (Odessa  1863)  599—628  (russ.).  —  Ph.  K.  Bruun,  Das  Grestade  des  schwarzen  Meeres 
(Cemomorje).  Sammlung  von  Untersuchungen  zur  histor.  Geographie  des  sadl.  Russlands, 
Teil  I,  Odessa  1879  (russ.). 

8.  Die  Inseln. 

A.  Meliarakes,  KvxXadixd^  tjioi  yeü>yQaq)ia  xal  Urrogla  ttay  KvxXddtoy  yrjaiay  dno 
ttay  t}QXMotdxb}y  XQoytay  fJtdxQi  fiJ9  xataXtjiffSwg  avxtay  vTto  rwy  4'Qdyxü}y,  Athen  1876.  — 
A.  Meliarakes,  MeX^rrj  nsql  xrjg  ^eaeiog  tov  'loylov  JleXdyovg  iy  rj  «^/«t^  xal  iy  rfi 
ritf  y€(oyQtt(pi(f,  Athen  1888.  —  H.  F.  Tozer,  The  islands  of  the  Aegean,  Oxford  1890 
(mit  liebevoller  Berücksichtigung  des  Mittelalters).  —  G.  J.  Ealaisakes,  IJe^l  r^s  iy 
KQtJTn  Adnnag  ij  'jQyvQOTtoXeagf  üaQyaaaog  15  (1893)  615 — 621.  —  Über  Cypern  s.  die 
Litteratur  S.  902.  —  A.  Meliarakes,  "Ayd^og,   Kitag,   Athen  1880.   —   A.  Meliarakes, 


1110         Bjrzaniiniache  LiiteraiiirgeBoliiolite.    Allgemeine  Bibliographie.  > 

'JfAoqyog,  JeXrioy  1  (1883^1885)  569—656  (berücksichtigt  aoch  die  byzantinischen  Recu. 
—  V.  Gu^rin,  Description  de  Tlle  de  Patmos  et  de  TÜe  de  Samoa,  Paris  1856.  —  £p. 
Stamatiades,  'Ixagiaxd  ^toi  iaxoQia  xai  njBQiy^tpij  t^s  vrfiov  'Ixagücc,   Samos  189S.  B^ 
sprochen  von  6.  Meyer,   B.  Z.  4  (1895)  153  f.,  and  J.  N.  Pulianos,  'A^trd  6  (1894) 
442 — 446.  —  Dion.  J.  Oikonomopulos»  AsQUtxd  ^rot  )[(o^oy^<fia  t^g  yijaav  Ai^ov,  AthcB 
1888  (sehr  eingehend).  —  FusteldeCoulanges,  L*lle  de  Ohio,  Archives  des  miaaicHis  scienti- 
fiques  5  (1856)  481—642.  Wiederholt  mit  Nachträgen  m  der  Sammlung:  Fostel  de  Conlaiigei. 
Questions  historiques  revnes  et  compl^t^es  d'apr^s  les  notes  de  rantenr  par  Cam.  Jallin. 
Paris  1893  S.  215—399  (herttcksichtigt  auch  das  Mittelalter).  —  G.  Schlumberger,  U 
lies  des  Princes,  Paris  1884  (landschaftliche  Schilderangen  mit  steter  Berflckaichtigang  <kr 
byzantinischen  Geschichte)   —  Man.  Jo.  Gedeon,   IlQOixörrijaogy  ^ExxXijata^tixij  TtoQouli.    | 
vttoi  xai  fioyalf  fÄtjjQonoXhai  xtci  Müxonoi,   Epel  1895.   —  A.  Meliarakes,   rtmy^c^iu 
-noXiJtXYJ  via  xai  dQ)[altt  rov  yofiov  KetpaXXrjyiag^  Athen  1890.  —  Jos.  Partach,  Die  Iowl 
Korfu.  Die  Insel  Leakas.  Eephallenia  and  Ithaka,  Petermanns  Mitteil.,  Eigftiiziuigshefte  19, 
95  and  98,  Gotha  1887,  1889  und  1890. 

4.  Aalen  und  Afrika. 

W.  M.  Ramsay,  The  historical  geography  of  Asia  Minor,  London  1890  (Haapt- 
werk).  —  W.  M.  Ramsay,  The  cities  and  bishoprics  of  Phrygia,  being  an  essay  oft!» 
local  history  of  Phrygia  from  the  earliest  times  to  the  Tarkish  conquest.  VoL  1.  Oxford 
1895  (Hauptwerk).  —  A.  Papadopalos  Kerameas,  Mayyr^ia  tj  thto  Ztrxrvhp  xtd  « 
fdtjTQonoXe^  iPkpeaov  xai  SfAvgrtjg,  JeXiioy  2  (1885—1889)  650—660.  —  Zuweilen  berück 
sichtigt  die  byzantinischen  Überreste  auch  W.  v.  Diest,  Von  Pergamon  ttber  den  Diodymo» 
zum  Pontus,  Petermanns  Mitteilungen  Ergänzongsheft  94,  Gotha  1889.  —  B.  A.  Mysta- 
kides,  Kannadoxixd.  UBQiyQaq>fj  yBtayqatpixrj,  axaxiajixrj,  i/anoQixij^  ixxXrjcueatuttj  tijg  fir^xf^^ 
noXeotg  Kaiüagelag,  Uagya^og  15  (1893)  368—379;  445—458;  600—615.  —  Aug. 
Brinkmann,  Der  römische  Limes  im  Orient,  Bonner  Jahrbücher  (Jahrbücher  des  Vereins  vok 
Altertumsfreunden  im  Rheinlande),  Heft  99  (1896)  252 — 257.  —  Für  die  ongeheaere  Litteralor 
über  die  Geographie  und  Topographie  von  Palästina,  die  za  den  byzantinischem 
Studien  häufig  nur  in  loser  Beziehung  steht,  sei  auf  R.  Röhricht,  Bibliotheca  geographia 
Palaestinae,  Berlin  1890,  und  die  verschiedenen,  der  Palästinaforschung  gewidmeten  Speziii- 
Organe  verwiesen  (vgl.  8.  421  f.).  —  Arch.  Porfirij,  Die  Halbinsel  Sinai.  Das  Sinaikloster. 
Joum.  Min.  1848  Bd  60  Abteil.  H  137—210  (russ.).  —  Ch.  P.  Andrutsopulos,  'toro^z^ 
TteQiygctfpfj  rov  Ugov  xai  d^soßadlaiov  ogovg  2tyd,  Patras  1887  (sehr  mager).  —  AB. 
Elisjejev,  Reise  auf  den  Sinai  im  Jahre  1881  (russ.).  Besprochen  von  J.  Pomjalovskij. 
Joum.  Min.  1884  Bd  234  S.  122—131  (russ.).  —  Vgl.  auch  die  S.  1114  (u.)  angeführte  Schrift 
von  Eondakov.  —  Zur  Geographie  des  byzantinischen  Afrika  vgl.  die  S.  1071  angefühita 
Schriften   von  Ch.  Die  hl. 

8.  Topographie. 

1.  Schriften  yermisohten  Inhalts. 

Topographische  Studien  über  die  bithynische  Küste  n'irdlich  vom  Samanly  Da^ 
über  die  Inseln  Leros  und  Kalymnos,  über  Vorstftdte  von  Epel,  Über  den  Phanar  and  Ober 
die  rd  IleiQuty  netgloy  und  Herga  genannten  Teile  der  Stadt  Epel  bringt  M.  J.  Gedeon,  1E/- 
ygag)oi  Xidoi  xai  xegdfdia,  Epel,  Otto  Keil  1892.  —  Die  auch  für  die  byzantinische  Archi. 
tektur  und  Topographie  wichtige  Frage,  inwieweit  sich  die  Gnadenbrannen  {dyui^fiatai 
eine  im  Orient  ungemein  häufige  Denkmälergruppe,  als  Spuren  und  Überreste  antiker 
Tempel  betrachten  lassen,^  wurde  von  mehreren  griechischen  Gelehrten  in  der  mittelalt^r 
liehen  Gesellschaft  zu  Epel  einer  ausgedehnten  Diskussion  unterzogen;  Bericht  darüber  ü 
der  Wochenbeilage  der  Zeitung  Neologos  (NeoXoyov  'Eßöof^adaia  'Em&eufgtja&g)  vom  13.,  Ä». 
27.  Dez.  1892,  10.  Jan.,  28.  Febr.,  7.,  21.  März,  2.,  9.,  23.  Mai  1893.  —  Manche  auch  m  d.f  j 
Topographie  einschlägige  Litterator  s.  in  den  Abschnitten  »Geographie'  ond  «Kunstgeadiichl»'. 


8.  Topographie.  Uli 

8.  Konstaniinopel  und  ümgebimg. 

P.  Gyllius,  De  topographia  Constantinopoleos  llbri  lY,  Lagdani  1561.  Wieder- 
holt Lugduni  Batavomm  1682.  —  P.  Gyllius,  De  Bosporo  Thracio  libri  III,  Logduni 
1561.  —  Du  Gange,  Gonstantinopolis  christiana  sen  descriptio  urbis  Opolitanae  quaLia  ex- 
titit  8ob  imperatoribos  GbrisüaniB,  Teil  11  der  Historia  byzantina  Paris  1680  (s.  o.  S.  1068). 
—  Ans.  Banduri,  Imperium  Orientale,  2  Bde,  Paris  1711.  —  J.  Dallaway,  Gonstanti- 
nople  ancient  and  modern,  London  1794.  Auch  in  französischer  Übersetzung,  Paris  an 
YII.  —  Ohr.  G.  Heyne,  Antiquitates  byzantinae,  Gommentationes  soc.  reg.  seien t.  Göttin- 
gensis  vol.  1  (1808—1811).  —  Jos.  v.  Hammer,  Gonstantinopolis  und  der  Bosporos,  2  Bde, 
Pesth  1822.  —  Gb.  Texier,  Pbial^  ou  fontaine  de  Thippodrome  ä  Gple,  Revue  arcb^olog. 
2  (1845)  142—148.  —  Skarlatos  Byzantios,  7f  KtayaiayriyovnoXig,  3  Bde,  Athen  1851 
hiB  1869.  —  D^thier,  Das  Angusteon,  Pesth  1867,  Publik,  d.  k.  ung.  Akad.  (ung.)  (mir 
nnragänglich).  —  Über  die  im  16.  Jahrhundert  noch  erhaltenen  Denkmäler  von  Kpel  be- 
richtet kurz  ein  zwischen  1565 — 1575  abgefasstes  Schriftchen,  das  R.  Förster,  De  anti- 
quitatibus  et  libris  mss  Gpolitanis,  Rostock  1877,  ediert  hat.  —  A.  G.  Paspates,  Bv^ay- 
x^yal  fieXetttt  lonoyQatpixai  xal  latoQixai,  Mit  38  Tafeln.  Konstantinopel  1877  (mir  un- 
zugänglich). —  S.  Aristarches,  *^(»/a(oAoytxo;  X^Q'^V^  ^^^  /c^aiofi'  reix^y  KjioXetog 
(Karte  der  Landmauem  von  Kpel  mit  erklftrendem  Text  und  zahlreichen  Abbildungen  ein- 
zelner Türme  und  Thore),  IvXXoyog,  '^p/atoAo/.  iniTQonij,  JlaQaQrtjfda  tov  cd'  tofAov 
(Kpel  1884).  —  A.  G.  Paspates,  Ta  ßv^uynyu  ayaxtOQa  xal  td  nigi^  avrtoy  idqvfjLaxa, 
Athen  1885.  Auch  in  englischer  Übersetzung:  A.  G.  Paspates,  The  great  palace  of 
Cple.  Translated  from  the  Greek  by  Will.  Metcalfe,  London  1893.  --  X.  A.  Sidero- 
pulos,  littog  Tor  UQOfiäQJVQOs  JvToyofAov,  IvXXoyog  17  (1886)  122 — 125.  —  X.  A.  Side- 
ropulos,  Tlegi  xov  JafAaxqvog  rtay  Bv^ayiiytay,  £vXXoyog  17  (1886)  126 — 134.  —  Euge- 
nios,  *H  Ctt>o(fo/o5  Ttrjytj  xal  xd  legd  avxrjg  na^agxtjfdaxa^  Athen  1886  (Beschreibung  des 
Klosters  der  Panagia  von  Balukli  bei  Kpel  und  seiner  Dependenzen  mit  Beigabe  von  Ur- 
kunden u.  8.  w.).  —  B.  A.  Mystakides,  'laxoQixai  eidi^eig  negl  KovQOvxosüfdey  Uag- 
yaaaog  11  (1887)  93  ff.,  187  flf.,  295  ff.,  472  ff.,  514  ff.  —  Caedicius,  Ancien  plan  de  Cple 
imprim^  entre  1566  et  1574  avec  notes  explicatives,  Constantinople  1889  (mir  unzugäng- 
lich). —  Edwin  A.  Grosvenor,  The  hippodrome  of  Cple  and  its  still  existing  monu- 
ments,  London  1889.  —  Wenig  bieten  ältere  nichtgriechische  Berichte  z.  B.  die  um  das 
Jahr  1300  von  einem  russischen  Pilger  verfasste  Beschreibung  von  Byzanz,  die  in  ein  ano- 
nymes Denkmal  der  altrussischen  Litteratur  aus  der  1.  Hälfte  des  15.  Jahrhunderts  aufge- 
nommen wurde,  nämlich  in  die  ,Gespräche  über  die  Heiligtümer  und  andere  Sehenswürdig- 
keiten von  Byzanz*  ed.  L.  Maikov  1890.  Vgl.  L.  Maikov,  Wann  besuchte  der  russ.  Pilger, 
dessen  Erzählungen  in  dem  ,Gespräch  über  die  Heiligtümer  von  Byzanz'  enthalten  sind,  Kpel? 
Viz.  Vr.  1  (1894)  167—172.  —  D.  Beljajev,  Byzantina.  L  Übersicht  über  die  Hauptteile 
des  grossen  Palasts  der  byzantinischen  Kaiser,  Petersburg  1891  (Separatabdruck  aus  dem 
5.  Bande  der  Abhandlungen  d.  k.  russ.  archäolog.  Gesellschaft  in  Petersburg)  (russ.).  Vgl.  die 
Besprechungen  von  G.  Destunis,  Joum.  Min.  1891  Bd  277  Oktoberheft  S.  532—547  und 
B.  Z.  1  (1892)  344 — 347.  —  Mordtmann,  Esquisse  topographique  de  Cple  avec  un  grand  plan 
et  plusieurs  planches,  Revue  de  Fart  chr^tien  9  (1891)  22  ff.;  207  ff.;  363  ff.;  463  ff.  Auch  separat 
Lille  1892.  Vgl.  die  Besprechungen  von  Gh.  Diehl,  B.  Z.  2  (1893)  145  ff.,  und  D.  Beljajev, 
Viz.  Vr.  1  (1894)  389 — 402.  —  X.  A.  Sideropulos,  Usq!  xov  Jafiax^vog  xtSy  BvCayxiyioy 
(rayvy  'JXafÄ-xayij),  IvXXoyog,  'jQxnioXoyixrj  inixQortfj,  HaQdQxijfia  xov  i&'  xofiov  (1891) 
15—24  (über  die  Geschichte  des  bei  Kpel  gelegenen  Alem-tagi  d.  h.  Fahnenberges).  — 
A.  Mordtmann,  BoySdy  iB^d'i  ijxoi  i^  Moyrj  xov  iydo^ov  ngo^xov  U^od^fiov  xal  Ban- 
xiaxov  Itoayyov  ij  huxBxXrjfAiytj  xijg  DaXaidg  JlhQag.  Derselbe,  Tonoy^qdu  KmlffüC, 
£vXXoyog,  'jQx^ioXoyixtj  iniXQOTitjf  JlaQd^xrjfia  xov  »^'  x6(AOV  (1891)  8 — I4b  ^v 
derides,  UbqI  xrjg  iy  KjioXbi  fAoyrjg  xijg  nafAfAttxa^iüxov  xal  %iSp 
Xoyog,  *^^/rr»oAo/Mf^  inigonfj,  JlaQdgxijfAa  xov  x — xff  t6fA09  (II 
zwischen  1292  -1294  von  Michael  Glabas  TarchanioteB 


1112  Byzantinische  Liiteratnrgescbichie.    Allgemeine  Bibliogimphie. 

jetzt  das  Fetcliiö-Djami  einnimm t\  —  Th.  Uepenskij,  Das  Typikon  de«  Kloster»  des  K. 
Mamas  in  Kpel,  Odessaer  Jalirb.  II  Byz.  Abteil.  I  (1892)  78  ff.  (aber  die  Lage  des  Mamasklcntmi. 
—  D.  Beljajev,  Die  Kirche  der  Gottesmatter  von  Chalkoprateia  in  Kpel,  Odessaer  Jalub 
II  Byz.  Abteil.  1  (1892)  85—106.  —  Manches  topographische  Material  gibt  auch  N.  Kr»» 
noseljcev,  Das  Typikon  der  Sophienkirche  in  Kpel,  Odessaer  Jahrb.  II  Byzant.  Abteü.  1 
(1892)  156—254.  —  A.  van  Millingen,  'H  dXrj&tjs  »^tn^  toi  'Eßdofiov,  üvXkoyo^,  Vlf/mo- 
Xoyixfj  initQOTifj,  naQccQirjfÄa  lov  x' — xß'  rofdov  (1892)  33 — 37  (kommt  zum  Ergebnis,  dau 
das  Hebdomon  nicht  in  Tekfor-Serai,  sondern  in  der  Nähe  des  Dorfes  Makri-Kioi  lag).  — 
M.  J.  Gedeon,  Jvo  BvCcit^uyal  roTio&Balai  (Aber  die  Lage  von  ^ayd^ioy  und  U^x^iw) 
NBoXoyov  'Eßdofiaöaia  *Eni9$üiQrjaig  vom  1.,  8.  Nov.  1892.  —  G.  Begleri,  Hegi  tov  vaw 
t^g  Oeoroxov  xmv  XaXxonQaraiüty,  Ebenda  6.  Dez.  1892.  —  S.  J.  Butyras,  Tonoy^^ 
{Tu  JjQOfÄtoTov,  ÜQooxf^oi  tj  Bqox^oi,  Td  BoffQadiov,  Td  'Jy^efilov,  BaclXeta  iy  Bpo/9oi<, 
Aletdyo(,a  SeodiOQag,  Ai  lofpiayaiy  'H  XgvcoxiQafAog),  Ebenda  9.,  16.  Mai  1893.  —  M.  I. 
Gedeon,  IIsQiXrjnuxfj  atjfielüMns  negi  xtüy  iy  KjioXh  xnrd  roV  if  aldiya  ßv^ayfiytiy  yumr, 
SvXXoyoSy  jofAos  xy  (1893)  39-41;  57.  -  D.  Beljajev,  Das  Eukterion  des  hl.  KonaUn- 
tinos  bei  der  Porphyrsäule  auf  dem  Forum  des  Konstantinos  und  die  dort  vollzogenen  Ze- 
remonien, Odessaer  Jahrbuch  IV  Byz.  Abt  2  (1894)  1 — 22.  Vgl.  den  Bericht  von  E.  Kartz. 
B.  Z.  4  (1895)  614  f.  —  N.  Krasnoseljcev,  Eine  Bemerkung  zur  Frage  über  die  Lage  der 
Kirche  von  Chalkoprateia  in  Kpel,  Odessaer  Jahrbuch  IV  Byz.  Abt  2  (1894)  309—316. 

Zur  Bibliographie:  G.  Destunis,  Topographie  des  mittelalterlichen  Konstantinopel, 
Joum.  Min.  1882  Bd  219  Jan.  S.  1—32;  1883  Bd  225  Jan.  S.  1—29,  Febr.  S.  229—263  (Be- 
richt über  zahlreiche  der  Topographie  von  Kpel  gewidmete  Werke  von  der  Mitte  des  16.  Jahr- 
hunderts bis  auf  die  Gegenwart).  —  Die  ältere  Litteratur  über  Topographie  and  Denkmäler 
von  Kpel  ist  zusammengestellt  von  0.  Frick  in  Paulys  Realenzyklopädie,  Artikel  Byzantioin. 
Weitere  Nachweise  wird  vermutlich  E.  Oberhummer  bringen,  der  denselben  Artikel  f&r 
die  neue  Ausgabe  der  Realenzyklopädie  übernommen  hat.  —  Über  die  der  Topographie  tod 
Kpel  gewidmeten  Schriften,  die  unter  dem  Namen  des  Kodinos  zusammengefasst  werden, 
vgl.  §  180. 

8.  Das  übrige  enropäische  Festland. 

Ath.  Fe  tri  des,  Uegl  xov  iy  r^  dt^fAt^  'jXayatylas  ayßvQedeyioc  fieacutayucov  ff^v- 
Qiov  MeXs  (in  Messenien),  JlaQvaacog  10  (1886)  235—241.  —  L.  deLaborde,  Les  ehre- 
tiens  et  les  musulmans  dans  Facropole  d' Äthanes,  Revue  arch^olog.  4  (1847)  49—62.  — 
J.  Btrzygowski,  Die  Akropolis  in  altbyzantinischer  2^it,  Mitteil.  d.  kaiserlich  deutschen 
archäolog.  Instituts,  Athen.  Abteilung  14  (1889)  271—296  (über  die  Umwandlung  des 
Parthenon  in  eine  christliche  Kirche  und  Über  die  aus  byzantinischen  Kapitellen  und  Archi- 
travstücken  zu  vermutende  Bauthätigkeit  auf  der  Akropolis  in  christlicher  Zeit)  — 
J.  Strzygowski,  7f  fxoyi^  xov  xvytjyov  iwy  (fiXoa6q>vay  (in  Attika),  JeXxioy  3  (1890 — 189*2' 
116—128.  —  Eine  musterhafte  topographisch-historische  Monographie  hat  die  Stadt  Serres 
in  Makedonien  erhalten:  F.  N.  Papageorgiu,  M  liggat  xal  xd  ngodaxua  xd  negi  T«i 
2:iQQag  xal  tj  fjioytj  ^Iwuyyov  xov  IlgodQOfiov,  B.  Z.  3  (1894)  225 — 329  (mit  sieben  Tafeb). 
Dazu  Nachträge  von  A.  Papadopulos  Kerameus,  Viz.  Vr.  1  (1894)  673—683.  —  W. 
Tomaschck,  Die  vorslawische  Topographie  der  Bosna,  Herzegowina,  Cma-gora  und  der 
angrenzenden  Gebiete,  Mitteil,  der  geogr.  Gesellsch.  in  Wien  23  (--  Neue  Folge  13)  (1880) 
497—528;  545—567.  —  W.  Tomaschek,  Zur  Kunde  der  Hämus-Halbinsel,  Sitzungsber. 
Wien.  Ak.  99  (1881)  437—507. 

4.  Die  Inseln. 

Ch.  Bayet,  La  nöcropole  clu^tienne  de  Milo,  Bull,  de  corresp.  helL  2  (1878)  347 
bis  359.  —  N.  Petres,  Bga;^ela  Ttegiygatptj  xuiy  xvQioidaaxigmy  iy  A$v*dih  ^orwr, 
Ilagyauaog  8  (1884)  310—315. 

5.  Asien  nnd  Afrika. 
P.  Chakhathounof,   Descripüon  de   la  r^dence  patriarcale  d'EdehmuidiiB»   Ed- 
chmiadzin   1842  (mir  unzugänglich).   —   Dazu   die  Nachträge  von  Brosseit 


9.  KuDatgeachichte.  1113 

*EIdchiniadziD,  rösidence  du  patriarche  des  Armeniens,  Revue  archöolog.  15  (1859)  427  bis 
37.  —  P.  D.  Kuppas,  \4QxaioXoyixai  aijfABtoJaeigy  SvXXoyogt  'yl^/wtoAo/txiy  iniiQonrj,  Ila^- 
'grtjfAa  rov  i&'  xofAov  (1891)  35 — 40  (Topographisches  und  Epigraphisches  aus  Chalkedon, 
larikioi  u.  s.  w.).  —  W.  Tomaschek,  Zur  historischen  Topographie  von  Kleinasien  im 
littelalter  I.  Sitzungsber.  Wiener  Ak.  1891  Bd  124.  —  M.  A.  Fontrier,  Le  monastöre 
,e  Lembos  prto  de  Smyme  et  ses  possessions  au  XTIP  siöcle,  Bull,  de  correspondance 
ell^n.  6  (1892)  379—410  (über  die  Lage,  die  Grenzen  und  den  Besitzstand  dieses  von  dem 
Caiser  von  Nikaea  Johannes  Dukas  Batatzes  gegrOndeten  Klosters).  —  P.  Grego- 
iades,  'H  Uqd  fAovrj  rov  Sivä  xata  xijy  Tonoy^a(piKijy,  U/roQiXfjy  xal  dioixrjnxrjy  avt^s 
no^iy,  Jerusalem  1875. 

9.  Kunstgeschichte. 

^    Zasammeiifasaende  Daratellimgen.    Begriff  der  byzantinischen  Kunat.    Quellen. 

F.  W.  Unger,  Christlich-griechische  oder  byzantinische  Kunst,  Erschund  Grubersche 
Cncyklopädie  I.  Sektion,  84. — 85.  Bd  (1866 — 67)  (erster  Versuch  einer  Gesamtdarstellung, 
ler  jetzt  freilich  als  misslungen  erscheint).  —  NikodimKondakov,  Geschichte  der 
»yxanünischen  Kunst  und  Ikonographie,  Odessa  1876  (russ.).  Dasselbe  Werk  erschien  in 
ranzdsischer  Bearbeitung  als:  Histoire  de  l'art  byzantin  consid^r^  principalement  dans  les 
niniatures  etc.,  Edition  fran9aise  originale,  publice  par  Tauteur,  sur  la  traduction  de  M. 
Trawinskij  et  pr^öd^e  d'une  pr^face  de  M.  A.  Springer,  professeur  &  Tuniversit^  de 
>ipzig.  2  Tomes,  Paris  1886—1891.  Vgl.  die  Besprechung  von  Ch.  Bayet,  B.  Z.  5  (1896) 
l91 — 195.  —  Ch.  Bayet,  L'art  byzantin,  Paris  (ohne  Jahreszahl,  aber  wohl  1883  erschie- 
len).  —  Kurze  Übersicht  der  byzantinischen  Kunstgeschichte  von  J.  Strzygowski  im 
4ehx6y  iyxvxXortaidixoy  3  (Athen  1892—1893)  119—122.  —  G.  E.  Maurogiannes, 
HvCayriy^  xixyri  xal  BvCayttyoi  xalUi^X'^'^h  Athen  1893  (kurze  Übersicht,  in  der  aber  die  Monu- 
nente  zu  wenig  berttcksichtigt  sind).  Vgl.  die  Besprechung  von  J.  Strzygowski,  B.  Z.  3 
1894)  409  f.,  und  J.  S.,  Viz.  Vr.  1  (1894)  701-721.  —  Skizze  der  byzantinischen  Kunst 
Ton  Karl  Sittl,  Archäologie  der  Kunst,  Mttnchen  1895  (Handbuch  d.  klass.  Altertums wiss. 
$.  Bd)  S.  773 — 801  (grösstenteils  nur  unverarbeitete  und  unzuverlässige  Notizen).  —  Fr. 
S[.  Kraus,  Geschichte  der  christlichen  Kunst.  Erster  Band:  Die  hellenistisch-römische 
Sunst  bei  den  alten  Christen.  Die  byzantinische  Kunst.  Anfänge  der  Kunst  bei  den  Völ- 
kern des  Nordens.  Freiburg  i.  Br.  1896.  —  J.  Strzygowski,  Die  byzantinische  Kunst, 
B.  Z.  1  (1892)  61—73.  Handelt  über  prinzipielle  Fragen,  bes.  über  den  Begriff  der  byzan- 
inischen  Kunst  und  ihr  Verhältnis  zur  antiken,  altchristlichen  und   orientalischen  Kunst. 

—  Jul.  V.  Schlosser,  Heidnische  Elemente  in  der  christlichen  Kunst  des  Altertums,  Bei- 
lage zur  <Münchener>  Allgemeinen  Zeitung  vom  26.,  27.,  30.  Okt.  1894  (Nr.  248,  249,  251). 

—  F.  W.  Unger,  Quellen  der  byzantinischen  Kunstgeschichte,  1.  Bd,  Wien  1878;  an  der 
VTollendung  des  Werkes  wurde  der  Verfasser  durch  den  Tod  verhindert.  —  Dazu  die  zu- 
sammenfassenden kunstgeschichtlichen  Werke,  bes.  Carl  Schnaase,  Geschichte  der  bil- 
ienden  Künste  3  (1844)  93—235  =  2.  Aufl.  3  (1869)  105—301,  und  Anton  Springer,  Hand- 
bach der  Kunstgeschichte,  Illustrierte  Ausgabe  2  (Leipzig  1895)  1 — 79. 

2.  Spesialschriften  d.  h.  Daratellangen  der  Kunst  einzelner  Zeitabschnitte  nnd 

einzelner  Gebietsteile. 

A.  Einzelne  Zeitabschnitte:  P.  Allard,  L'art  paien  sous  le«  empereurs  chrötiens, 
Paris  1879.  —  Ch.  Bayet,  Recherches  pour  servir  ä  Thistoire  de  la  peinture  et  de  la 
sculpture  chretiennes  en  Orient  avant  la  querelle  des  Iconoclostes,  Paris  1879  (=  BibHoth^uo 
des  ^coles  fran^aises  d*Ath^nes  et  de  Rome,  fasc.  10).  —  Skizze  der  christlich-griechischen 
Kunst  im  6.  Jahrb.  von  Frau  J.  B.  Bury,  in  ihres  Gatten  History  of  the  later  Roman 
»mpire  2  (London  1889)  40 — 54.  —  ***,  El  arte  en  la  edad-media:  origenes  del  arte  cristiano, 
J  arte  byzantino  etc.  en  los  siglos  XIU  y  XIV,  Madrid  1894  (mir  unzugänglich).  —  N.  Pisa- 
e  vskij,  Die  Bedeutung  des  Bildersturmes  in  der  Geschichte  der  kirchlichen  Kunst,  Ötenija 


1. 

1114         Bysantiniache  Litter atnrgMohioht«.    Allgemein«  Bibliographia.  t| 

I 

in  der  Gesellschaft  der  Freunde  religiöser  Bildung  1894  Angnstheft  S.  157 — 178  (ni9a.)(ü 
imzugAnglich).  —  Ober  die  Bedeutung  des  Bilderstreites  für  die  Kunst  des  Abendiudei 
handelt  Franz  Friedr.  Leitschuh,  Greschichte  der  karolingischen  Malerei,  Berlin  18d4 
S.  9 — 31:  Die  Libri  Carolini  und  der  Bilderstreit  —  Ausserdem  sind  natfirlich  für  die  An- 
fänge der  byz.  Kunst  die  der  frühmittelalterlichen  Kunst  gewidmeten  Werke  beizozieheB 
wie  R.  Garruci,  Storia  dell'  arte  cristiana  nei  primi  otto  secoli  della  chieaa,  6  Bde  mit 
550  Tafeln,  Prato  1873—1881. 

B.  Einzelne  Gebietsteile  (einzelne  Städte,  Klöster,  Kirchen):  1.  Kon- 
stantin opel:  Ch.  G.  Heyne,  Prisca  artis  opera  quae  Constantinopoli  extiüase  meiiio> 
rantur,  Commentationes  Soc.  regiae  scient.  Gotüngensis  11  (1793)  Comment.  histor.  et 
philol.  1  —38.  Derselbe :  Serioris  artis  opera  quae  sub  imperatoribus  byzantinis  facta  meao- 
rantur,  ebenda  S.  89 — 62.  Derselbe:  De  interitu  operum  cum  antiquae  tum  serioris  arüs 
quae  Cpoli  fuisse  memorantur  eiusque  caussis  ac  temporibus,  ebenda  12  (1796)  273 --3(E 
Derselbe:  Artes  ex  Cpoli  nunquam  prorsus  exulantes  usque  ad  instauratas  in  occidentc 
artium  officinas,  ebenda  13  (1799)  5 — 22.  —  J.  Sreznevskij,  Die  hl.  Sophienkirche  ii 
Byzanz  nach  der  Beschreibung  eines  russ.  Pilgers  aus  dem  Ende  des  12.  Jahrhimderts, 
Trudy  des  3.  archäolog.  Kongresses  in  Russland,  der  im  August  1874  in  Kiev  stattgefoBd» 
hat,  1  (Kiev  1878)  95 — 109.  —  A.  Leval,  Les  principales  mosalques,  peintnres  et  scalp- 
tures  existant  ä  Kahri^-Djami  ä  Constantinople.  Texte  (catalogue  expUcatif)  avec  42  photo- 
graphies,  Konstantinopel  1886.  —  Nikodim  Kondakov,  Die  byzantinischen  Kirchen  and 
Denkmäler  Kpels,  Odessa  1886  (Schriften  des  6.  archäolog.  Kongresses,  T.  IQ)  (mss.).  Vgl 
die  Besprechung  von  G.  Destunis,  Joum.  Min.  1887  Bd  250  8.  803—324  (russ.).  —  G. 
Laskin,  Bemerkungen  über  die  Altertümer  Kpels,  Viz.  Vr.  3  (1896)  337—340.  —  Über 
die  antiken  Kunstwerke  im  mittelalterlichen  Kpel  vgl.  §  123,  2  (S.  283)  und  Anm.  2. 

2.  Das  übrige  europäische  Festland:  A.,  Christliche  Altertümer  Griechenlaadi, 
Journ.  Min.  1854  Bd  81  Abteil.  U  31—68;  148-230  (mit  Planskioen)  (russ.).  Handelt 
über  die  byzantinischen  Kirchen  in  Athen,  über  EQöster  im  Peloponnes  u.  s.  w.  —  Charle« 
Diehl,  L'öglise  et  les  mosalques  du  couvent  de  Saint-Luc  en  Phocide,  Paris  1889  (=  BibL 
des  ^coles  fran9.  d' Äthanes  et  de  Rome,  fasc.  55).  —  G.  Lampakes,  Igiaxiayuc^  ^9Z^^ 
Xoyia  rtjg  fjiovtjg  Jafpyiov,  Athen  1889.  —  Jos.  Strzygowski,  Reste  altchristlicher  Kunst 
in  Griechenland,  I.  Architektur,  IT.  Skulptur,  Rom.  Quartalschr.  4  (1890)  1  —  11;  97—109. 
—  G.  Millet,  L'^glise  de  St.  Andr^  et  le  monastäre  de  S^«  Philoth^e  ä  Äthanes,  B.  Z.  1 
(1892)  646 — 648  (kurze  Beschreibung).  —  Spyr.  Paganeles,  BvCayriKij  »^J»77.  ö  Mufr^i. 
lEaritt  (Tagesausgabe)  vom  20.  Sept.  1894  (Rettungaruf  für  die  byzantinischen  Denkmils 
der  Stadt  Mystras  bei  Sparta).  —  G.  Millet,  Rapport  sur  une  mission  ä  Mistra,  Bull,  d* 
corresp.  hell.  19  (1895)  268—272.  —  Heinrich  Brockhaus,  Die  Kunst  in  den  Athoe- 
klöstem,  Leipzig,  Brockhaus  1891,  ein  trefiElich  ausgestattetes  Werk,  welches  über  alle 
Hauptpunkte  des  Themas  gut  unterrichtet.  Nachträge  lieferte  J.  Strzygowski,  B.  Z.  1 
(1892)  347—351.  —  F.  Kanitz,  Serbiens  byz.  Monumente,  Wien  1862.  —  Gebr.  SkorpiL 
Die  mittelalterl.  Kirchen  und  Kirchhöfe  in  Sofia,  Sbomik  blgarsk.  Bd  2  (bulg.).  —  D.  Mac 
pherson,  Antiquities  ofKertsch  and  researches  in  the  Cimmerian  Bosphorua,  London  1857. 

3.  Die  Inseln:  A.  A.  Dmitrijevskij,  Patmische  Skizzen,  Trudy  Kievskoj  duck 
ak.  1893  März  S.  316—371  (über  die  Kirchen  von  Patmos,  ihre  Ornamente  und  die  Schlt» 
des  Skeuophylakion  des  Johannes-Klosters).  —  Jos.  Strzygowski,  Nea  Moni  auf  Chioi 
B.  Z.  5  (1896)  140 — 157  (mit  drei  Lichtdrucktafeln).  —  Vgl.  auch  die  Abteilung  Inseln  m 
den  Rubriken  , Geographie*  und  «Topographie*. 

4.  Kleinasien  und  Afrika:  Melchior  de  Vogfl^,  Les  ^glises  de  la  Terre  Sainte. 
Mit  30  Tafeln  und  vielen  Textbildem,  Paris  1860.  —  ***,  Kuixer  Abriss  des  Wachstums  der 
Jerusalemer  Bauten  von  der  Zeit  des  Titus  bis  zu  den  Kreuzfahrern,  Mitteilungen  (Soob^eniJA 
der  k.  orthodoxen  Palästinagesellsch.  1895  Februarheft  S.  5— 21  (russ.).  —  N.  Kondakov. 
Reise  nach  dem  Sinai  im  Jahre  1881,  Odessa  1882  =  Bd  33  der  Zapiski  der  neumssischfD 
Universität  in  Odessa  (russ.)  (Altertümer  des  Klosters,   Miniatoren  vu  8.  w.).     Vgl.  die  Bc 


9.  Knnatgeflcbiohta.  1115 

sprechung  von  V.  Stasov,  Joum.  Min.  1883  Bd  226  S.  325—346  (niss.)  —  G.  Millet,  Les 
monasieres  et  les  Elises  de  Trebizonde,  Bull,  de  corresp.  hell.  19  (1895)  419—459.  — 
Daza  die  Erg&nznng  von  Jos.  Strzygowski,  Les  chapiteaox  de  Saint-Sophie  ä  Trebizonde, 
BuU.  de  corresp.  hell.  19  (1895)  515—522. 

5.  Italien:  C.  Fr.  v.  Rumohr,  Italienische  Forschungen  1  (1827)  291  flf.,  3  (1831) 
186  ff.  —  ***,  Erzeugnisse  der  byzantinischen  Kunst  in  Italien,  Joum.  Min.  1855  Bd  89 
Abteil.  VII  118 — 121  (kurze  Aufz&hlung  byzantinischer  Gemälde,  Mosaiken  und  Fresken 
in  Italien).  —  Dom.  B.  Gravina,  H  Duomo  di  Monreale  illustrato  etc.  Mit  90  Tafeln. 
Palermo  1859—69.  —  H.  W.  Schulz,  Denkmäler  der  Kunst  des  Mittelalters  in  ünter- 
italien,  4  Bde  mit  Atlas,  Dresden  1860.  —  Dem.  Salazaro,  Studi  sui  monumenti  dcUa 
Italia  meridionale  dal  IV«  al  Xm<>  secolo,  3  Bde  in  Gross-Folio,  Neapel  1871—1877—1881 
(sahireiche  kolorierte  Abbildungen  von  Mosaiken,  Fresken  u.  s.  w.).  —  G.  Clausse,  Basili- 
qiies  et  mosalques  chr^tiennes.  Italie-Sicile.  2  voll.,  Paris  1893.  Vgl.  die  Besprechung 
von  Ch.  Diehl,  B.  Z.  4  (1895)  136—138,  und  von  J.  P.  Kirsch,  Historisches  Jahrbuch 
16  (1895)  916.  —  Ed.  Jordan,  Monuments  byzantins  de  Calabre,  M^langes  d*archöologie 
et  dliistoire9  (1889)  321—335.  —  Charles  Diehl,  Le  monastdre  de  S.Nicolas  di  Gasöle 
prte  d*  Otranto,  Mölanges  de  T^cole  fran^.  de  Rome  6  (1886)  178—189.  —  Ch.  Diehl, 
Notes  sur  quelques  monuments  byzantins  de  Tltalie  meridionale,  M^langes  d^arch^ologie 
et  dliistoire  publik  par  T^cole  fran^aise  de  Rome  10  (1890)  284—302;  11  (1891)  1—52; 
12  (1892)  379—405.  Der  erste  Teil  handelt  fiber  die  religiösen  Zentren  des  byzantinischen 
Kalabriens,  nämlich  Rossano,  die  Abtei  de  Santa  Maria  del  Patir,  Santa  Severina,  Catan- 
saro  und  Reggio;  der  zweite  über  die  Eremitengrotten  und  die  unterirdischen  Kapellen  der 
Gegend  von  Tarent;  der  dritte  über  eine  unterirdische  und  mehrere  oberirdische  Kapellen 
bei  Otranto.  —  Die  genannten  und  andere  Arbeiten  hat  Ch.  Diehl  zusammengefasst  in 
seinem  schönen  Buche:  L*art  byzantin  et  son  influence  sur  les  arts  en  Occident,  Paris 
(1894).  Vgl.  die  Besprechungen  von  A.  Kirpiönikov,  Viz.  Vr.  2  (1895)  666—673,  von 
N.  Pokrovskij,  Christ,  ötenie  1895  Sept.  -Okt.  S.  377—388,  E.  Dobbert,  Repertorium 
f.  Kunstwiss.  19  (1896)  49—60,  J.  Strzygowski,  B.  Z.  5  (1896)  600  f.  —  0.  S.,  Ravenna 
und  seine  Altertümer,  Joum.  Min.  1877  Bd  191  Juni  S.  130  ff.;  Bd  192  Juli  S.  1—36  (russ.). 
—  Charles  Diehl,  Ravenne,  ^tudes  d'arch^ologie  byzantine,  Paris  1885.  —  Hauptwerk 
fiber  die  Marcuskirche  in  Venedig:  La  Basilica  di  San  Marco  in  Venezia,  illustrata  nella 
Btoria  e  neir  arte  da  scrittori  Veneziani,  13  Teile,  Venedig,  Ferd.  Ongania  1878 — 1893. 
Auch  in  französischer  Übersetzung  von  A.  Cruvelle.  —  Carl  Neumann  (Mannheim), 
Die  Marcuskirche  in  Venedig,  Preussische  Jahrbücher  69  (1892)  612—657  und  737—760. 
Besprochen  B.  Z.  1,  359  f. 

8.  Schriften  Tennischten  Inhalts. 
Manches  Byzantinische  enthält  das  grosse  Abbildungswerk  von  D'Agincourt,  Hi- 
stoire  de  Tart  par  les  monuments  depuis  sa  döcadence  au  IV^'  siöcle  jusqu*  ä  son  renou- 
▼ellement  au  XVI".  6  Bde  mit  325  Tafeln.  Paris  1823.  Auch  in  deutscher  Bearbeitung 
▼on  A.  F.  V.  Quast.  3  Bde.  Frankfurt  a.  M.  ohne  Jahrzahl.  In  englischer  Übersetzung, 
8  Bde,  London  1847.  —  P.  A.  Dethier,  Nouvelles  d^couvertes  arch^ologiques  faites  ä 
Cple,  Epel,  Imprimerie  Centrale  1867  (Grab  einer  Enkelin  Justins  II,  Basrelief,  Medaillen, 
ein  Monument  Theodosios'  II).  —  Joh.  Wilh.  Appell,  Monuments  of  early  Christian  art, 
sculptures  and  catacomb  paintings.  London  1872.  —  G.  Lampakes,  MeXitai,  igyaalui 
xai  negiijytjireig  itup  htSy  1892 — 1893.  —  Jos.  Strzygowski,  Drei  Miszellen,  Ehrengabe 
zum  70.  Geburtstage  De  Rossis,  herausgegeben  von  A.  de  Waal,  Rom  1892  8.  394—403 
(=  Rom.  Quartalschr.  7  [1893]  1—10).  Handelt  über  die  Weihinschrift  Theodosios*  des 
Grossen  am  goldenen  Thore  in  Epel,  ein  koptisches  Grabrelief  aus  Kairo,  die  Maria  Orans 
in  der  byzantinischen  Kunst. 

4.  Ikonographie  und  Symbolik. 
A.   Zusammenfassende   Werke:    Ferd.  Piper,    Mythologie  und  Symi 
christlichen  Kunst  von  der  ältesten  Zeit  bis  ins  16.  Jahrhundert^  2  Bde,  Wen 


1116         B^KUttiniacbe  LitUratorgeBohlohte.     AI 

lg51.  ^  F.  Piper,  Einleitnng  in  die  montunentale  T 
BerUckBichtigung  der  byzantinischen  Kunst),  —  Mar 
chrttiennea,  Paris  1865.  —  Sergias  Gregor  Stri 
(Ikonopianyj  licevoi  podlinnik),  Hoskau  ^869  (enÜifilt  D 
Hbs)  (mir  uiuugänglich).  —  W.  Smith  and  Ä.  Chei 
quitdea,  2  voll.,  London  1875—1880.  —  Fr.  X.  Kran 
Altertümer,  2  Bde,  Freiburg  1882—1886.  —  Ch.  Be 
York  1888  (mir  nnzngftnglicb).  —  Andrö  Pöratö,  L 
—  N.  V.  Pokrovskij,  Denkm&ler  der  orthodoxen  Iko 
liehen  Periode.  Denkmäler  der  byzantinischen  Ikone 
Ctenie  1893  nnd  1894  (Hilfamittel  für  AnfKoger).  — 
altcbristlichen  Kunst,  Manchen  1895.  Vgl.  die  Bespr 
5  (1896)  347-350.  —  Einige  altera  Litteratw  zur 
Koostlin,  Oeschichte  des  christlichen  GottesdieDates, 

B.  SpeEialschriften:  1.  Schriften  veri 
Über  die  Einwirkung  der  Apokryphen  auf  den  Ritas  1 
1885  Bd  242  S.  97— 115  (mss.).  —  E.  Mönti,  6tud 
sor  le  moyen-ftge,  premiöre  aärie,  Paris  1887.  —  A. 
der  Heiligenmalerei  und  der  volkstOmUchen  and  geleb 
8.  archfiolog.  Eongressea  in  Moskau  II  213—229  (russ. 
Materialien  lur  byzantinischen  nnd  aKrussischen  Ikon< 
und  Notizen  herausgeg.  von  d.  Moskauer  Archaolog.  Gi 
Auf  den  zweiten  Artikel  von  Rjedin  bezieht  aicb  ein 
Legende  Ober  den  Tod  des  Kain,  ebenda  Nr.  12  (i 
Weber,  Geistliches  Schauspiel  und  kirchliche  Eunet  i 
Ikonographie  der  Kirche  und  Synagoge.  Mit  10  Abbil 
bildem.  Stuttgart  1894.  Hier  S.  133-136:  Kirche  i 
Kunst.  —  Priestermönch  Joann,  Das  Zeremoniei 
caerimonÜB  aulae  byzantinae)  als  kirchlich-arch&ologiB« 
unzugänglich).  Vgl.  die  Kritik  von  D.  Bjeljaev,  Viz. 
berger.  Die  Gräberfunde  von  Achroim-Panopolis  um 
Leben  der  alten  Kirche,  Historisch-politiache  Blatter  1 

2.  Schriften  zur  spexiellen  Ikonographi 
in  der  Kunst  des  frltheu  Mittelalters,  mit  besonderer  '. 
tateuch,  Abhandl.  der  phil.-hist.  Cl.  d.  k.  sBchs.  Gese 
J.  J.  Tikkanen,  Die  Genesismosatken  von  S.Marco  i 
Miniaturen  der  Cottonbihel  nebst  einer  Untersuchung 
liehen  Gene8i8durst«llnngen  bes.  in  der  byzantinische 
Lichtdruck  tafeln.  Acta  societatis  scientianun  Fennicae 
N.  Pokrovskij,  Das  Evangelium  in  den  ikonograph 
tiniachon  und  russischen,  Petersburg  1892  (russ.).  V| 
tajev,  Joum.  Hin.  1892  Bd  279  Febmarheft  S.  494— 
(1894)  186-188,  Th.  J.  Buslajev.  Christ,  (tenie 
J.  Pomjalovskij,  Viz.  Vr.  1  (1894)  407—412,  A.  J. 
archäolüg,  Gesellsch.  VH  3—4  Beilage  8.  LXXXTIII-( 
Les  apocalypses  iliumin^a  manuscritea  et  xylographii 
laev,  82  russische  Bilderapokalypsen.  Sammlung  voi 
kalypseu  in  russischen  Handschriften  des  16.-19.  Jah 
1884  (niss.).  —  Fr.  Wiegand,  Der  Erzengel  Michae 
tinischen,  altitalischen  und  romanischen  Kunst,  Statt; 
Ikonographie  der  Taufe  Christi,  Manchen  1885.  —  Ma 
hurt  Christi  in  der  bildenden  Kunat,  StuH«art  1890.  —  A. 


9.  Eanstgeaohiohta.  1117 

ie  der  Geburt  Christi.    I.  Die  Reise  nach  Bethlehem.    Zapiski  d.  k.  mss.  archäolog. 
Geaellsch.  VII  1.  2  S.  95— 104  (mir  unzugänglich).   —   Ferd.  Noack,  Die  Geburt  Christi 
in  der  bildenden  Kunst  bis  zur  Renaissance,   Darmstadt  1894.    Vgl.  die  Besprechung  von 
J.  Strzygowski,  B.  Z.  4  (1895)  601—605.  —  £.  Dobbert,  Die  Darstellung  des  Abend- 
maldes  durch  die  byzantinische  Kunst,  Zahns  Jahresber.  für  Kunstwiss.  4  (1871)  281 — 346; 
ansf&hrlicher  im  «Repertorium  f.  Kunstwissenschaft*  15  (1892)  357—384.  —  A.  J.  Kirpii- 
nikov,  Die  Deesis  im  Orient  und  Occident  und  ihre  litterarischen  Parallelen,  Joum.  Min. 
1893  Bd  290  Nov.  S.  1—26  (russ.).  —  F.  A.  Lehner,  Die  Marienverehrung  in  den  ersten 
Jahrhunderten.  Mit  8  Doppeltafeln  in  Steindruck.    2.  Aufl.,  Stuttgart  1886.  —  ♦**,  Eixot^es 
Tiyc  »eoroxov  xttXovfdsrai   t^g  XcQCoyijaovy  ^xX/JX.  15  (1895—1896)  231  f.  —  G.  Millet, 
Qaelques  repr^sentations  byzantines  de   la  Salutation  ang^lique,   Bull,  de  corresp.  hell.  18 
(1895)  453—483.  —  L.  J.  Guenebault,  Essai  sur  Ticonographie  des  apötres,  leurs  attri- 
bnts,  leurs  costumes  etc.,  Revue  archäolog.  7  (1850)  294 — 310.  —  Joh.  Ficker,  Die  Dar- 
stellung der  Apostel  in   der  altchristlichen  Kunst,    Leipzig  1887.    —    A.  A.  Pavlovskij, 
Zur  Frage  Über  die  Darstellungen  der  Evangelisten,   Denkschriften   der  k.  russ.  archäolog. 
Geaellsch.  Bd  7  (1894)   (über  Evangelienbilder  in   den   Codd.  Athen.  57,  87,  151,  163).  ~ 
D.  Ainalov,  Die  Details  der  palftstinensischen  Architektur  und  Topographie  auf  den  Denk- 
nüüem  der  christl.  Kunst,  Mitteilungen  (Soob§6enija)  der  k.  orthodoxen  Palftstinagesellsch. 
1895  Juniheft  S.  335—361  (russ.)  (über  Darstellung  verschiedener  Bauten  in  Palästina  auf 
Denkmälern  des  5. — 8.  Jahrb.).  —  Jos.  Strzygowski,  Die  Tyche  von  Kpel,  Analecta  Grae- 
ciensia,  Graz  1893  S.  141—153  (über  die  zwei  antiken  Tychetypen  von  Kpel,  die  später  durch 
die  Panagia  ersetzt  wurden).  —  A.  J.  Kirpi(nikov,  Wunderbare  Statuen  in  Kpel,  Odessaer 
Jahrbuch   IV  Byz.  Abteil.  2  (1894)  23—47  (russ.)  (handelt  im  Anschluss  an  Strzygowskis 
Arbeit  .Die  Tyche  von  Kpol*^  über  einige  an  byzantinische  Statuen  sich  anknüpfende  volks- 
tSmliche  Anschauungen).  —  E.  v.  Barsov,  Altrussische  Denkmäler  die  Krönung  der  Caren 
von  Russland  betreffend,  Vorträge  der  Moskauer  Gesellschaft  für  Geschichte  und  Altertümer, 
Moskau  1883  Bd  I  1-160  (russ.). 

5.  Theorie,  Technik  und  Ästhetik  der  byzantinischen  Kunst. 
Die  wichtigste  Originalquelle  über  die  traditionellen  Vorschriften  der  byzantim'schen 
Maltechnik  und  Ikonographie  ist  das  berühmte  im  Jahre  1468  von  dem  Mönche  Dionysios 
aus  Phuma  rtoy  *AyQa(fiav  verfasste  Malbuch  des  Athos:  'Egfirjyeia  xvSy  ^tayQaqxov^  Athen 
1853;  2.  Ausgabe  von  A.  Konstantinides,  Athen  1885.  Französisch  übersetzt  von  Didron, 
Manuel  d*iconographie  chr^tienne  grecque  et  latine,  Paris  1845.  Deutsch  von  G.  Schäfer, 
Das  Handbuch  der  Malerei  vom  Berge  Athos,  Trier  1855.  Russisch  von  Bischof  Por- 
phyr ins,  Kiev  1868.  Vgl.  Buslaev,  82  russische  Bilderapokalypsen  (s.  o.  Nr.  4  B  2),  Text- 
band S.  140—161,  und  C.  Schnaase,  Geschichte  der  bildenden  Künste«  3  (1869)  286  ff. 
—  Sp.  P.  Lampros,  navaymiov  Jo^agü  negl  ^wyQaffLag^  /fi^dypaqpov  rot;  ,a\ffxg'  vvv 
t6  TtQWfoy  fiextt  ngoXoyov  ixMofÄBvov,  *Ev  'JdijyairS  1871.  —  Dazu  auch  die  unten  (Nr.  8  C) 
zitierte  Schrift  von  Ch.  Bayet,  Notes  sur  le  peintre  byzantin  Manuel  Panselinos  etc.  — 
Jak.  Ch.  Dragatses,  ^Idiot^onia  trjg  tix^V^  ^^  ^fl  ^**^^  BvCayrivtoy  ayioygarplif,  UaQyuaaog  6 
(1882)  383—396,  erklärt  das  eigentümliche  schwärzliche  Kolorit,  welches  in  der 
byzantinischen  Kunst  bei  den  Bildern  Christi  und  der  hl.  Jungfrau  beliebt  ist  und  nun 
vom  Volke  gewöhnlich  auf  eine  Beschädigung  durch  eine  Feuersbrunst  zurückgeführt  wird, 
aus  der  uralten  Neigung,  Gegenstände  der  Sakralkunst  möglichst  altertümlich  erscheinen 
zu  lassen  und  aus  der  damit  zusammenhängenden  Gewohnheit  dei  Maler,  die  nachgedunkelten 
Farben  ihrer  Vorbilder  bei  der  Herstellung  neuer  Bilder  getreu  nachzuahmen,  wodurch  die 
Bilder  im  Laufe  der  Generationen  natürlich  inuner  dunkler  werden  mussten.  —  Speziell  die 
russische  Heiligenmalerei  betrifft  die  anonyme  Schrift:  Über  Bildermalerei  (0  Ikonopisanij), 
Moskau  1845.  Vgl.  die  Besprechung  von  B.  F.,  Joum.  Min.  1847  Bd  56  Abteil.  VI 
201-215.  —  A.  Muravjev,  Über  kircliliche  Malerei,  Joum.  Min.  1854  Bd  81  Abteil. 
1^7— 107  ^niss.).  —  G.  Typaldos  Kozakes,  Tu  atoirX^iu  tr]<:  fiviuyii^vijg  ttx^fiS,  Ua^yucoui 


1118 


BTiKutiniBoh«  UtterfttnrgaMbiobt«.    A] 


1 


15  (1892)  74—78.  —  Über  das  byzanüniflclie  Pflinr 
ZnaammenhaDge  AI.  Riegl,  Grandlegungen  zn  eine: 
1803  S.  272—302.  —  Zar  byuntimscbei)  KnnstMiffaua 
hSfiBcbe  Kunst  des  ÄbeDdlandeB  in  byiiintiiiücher  Bc 
f.  !(st«rreicb.  Geechichtoforach.  17  (1806)  441-456 
rungen  abeodlandiBcber  Bilderteppiche). 

6.  Arohitaktnr. 

A.  ZDSammeitf&Bflende  Werke:  Eine  Sa 
Kirchen  im  Kbnigreich  GriecheDland  gibt:  A.  ConcI 
Grfece,  Paris  1842.  --  Vgl.  auch  J.  B.  Eaura,  BaaeD 
ProjekUu  doriecbeu  Styles.  Hit  70  Tafeln.  Leipag 
christlicheD  Kirchen  nach  den  Baudeukmalen  and  Slti 
des  altchristlicben  Banatyla  auf  den  Eirchenbau  alle 
Karlsruhe  1862—1863.  —  Ch.  Teiier  et  R.  P.  I 
recueil  de  monoments  des  premiers  tempa  da  cbriat 
vielen  Tafeln).  —  Edw.  Fresbfield,  Oo  byzantine 
(London  1873)  S88— 392.  —  Gnt  aosgefDhrte  PIftne  d 
eicbtignng  des  plastischen,  malerischen  and  dekorat 
Kachrie-Djami)  von  D.  Pulgher,  Les  anciennM  6\ 
Vienne  1880.  —  Hauptwerk  Ober  byzantinische  Are] 
chei  les  Byiantins,  Paria  1884.  —  Dehio  und  Bezol 
altere.  Bis  jet^t  4  Lieferungen  Text  ond  2  Bde  Ta 
zinger,  Die  altcbriHtliche  Architektur  in  eystemati 
P.  D,  KnppaS,  Utgi  oixodefi^i  ßviavtinör  vaär,  Ii 
Jl/XKioi.  inijQonij,  llagägi.  lov  x — aß'  töfiav  (189! 
der  byzantinischen  Kircbeuarchitektnr  in  drei  Periode 
Üon  einiger  Zisternen).  —  Ein  groBses  Werk  Ober  die 
land  wu^  vorbereitet  von  den  Engländern  Schnitz  t 
folge  des  hohen  Preises  (263  Fra.)  die  Zahl  von  8n 
des  Druckes  abbftngig  gemacht  ist,  noch  immer  nicht 

B.  Spezialscbriften:  L  Konstantinopel:  ' 
bau  der  Sophienkirche  in  Kpel,  Joom.  Min.  1844  Bd  41 
berg,  Attchristliche  Baudenkmale  von  Kpel  vom  3. 
Sabcenberg  wnrde  ansfobrlich  besprochen  von  Frhr. 
Wien.  Ak.  15  (1855)  348—360.  Gegen  einige  Pud 
Paulus  Cassel.  Aus  der  Hagis  Sophia,  Erfurt  1856  ( 
in  der  Inschrift  der  Sergiashirche;  Narthex;  Ambo; 
palais  imperial  de  Cple  et  sea  abords,  Paris  186 
orientierende  Artikel  von  G.  Hertzberg,  Byzantinifl« 
sehr.  51  (1883)  451-462.  —  Jos.  Striygowski, 
bncb  d.  k.  deutschen  arcbSologischen  Instituts  8  (l 
Bsrold  Swainson,  The  cbnrch  of  Sancta  Sophia, 
ding.  London  &  Kew-York  1894  (Hauptwerk).  Vgl. 
B.  Z.  4  (1895)  607—614.  —  D.  Beljajev,  Die  Kirc 
in  Kpel  am  28.  Juni  1894,  Viz.  Vr.  1  (1894)  769-79 
innere  Ansicht  der  Kirchs  der  hl.  Eirene  in  Kpel, 
Abbildungen).  —  Benj.  Paluka,  Ruinen  eines  byzantin 
Mitteil.  d.  deutschen  Exkutsions-Klabs  in  Kpel  2  (18! 
Paluka,  Die  Sflule  Konstantins  VII  Porphyrogennetos 
(1896)  158  f.  (Über  die  Bauart  des  SteinpfeUars). 

2.    Das   übrige    Europa:    Jos.  Strzygowsl 


9.  KunBigesolii«^''^^.  mg 

XttXxidi,  JsXtioy  2  (lSSb—lS82)  711-728.  —  J.  StrZjrgowski,  Reste  altchrisÜiclier  Kunst 
in  Griecbenland.  I.  Architektur.  Rom.  Quartalschr.  4  (1890)  1—11.  —  Jos.  Strzygowski, 
Inedita  der  Architektur  und  Plastik  aus  der  Zeit  Basilios  I  (867-886),  B.  Z.  3  (1894) 
1 — 16  (tther  die  Klosterkirche  von  Skripu  in  Böotien  und  die  byzantinischen  Substruktionen 
der  £cole  des  Beaux  Arts  in  Kpel).  —  K.  F.  Kinch,  L*arc  de  triomphe  de  Salonique, 
Copenhague  1890.  —  I.  Laurent,  Sur  la  date  des  öglises  S^  Döm^trius  et  S^^  Sophie  k 
Thessalonique,  B.  Z.  4  (1895)  420—434.  —  A.  L.  Bertier-De-La-Garde,  Ausgrabungen 
in  der  (taurischen)  Chersones.  Materialien  zur  Arcbftologie  Russlands.  N.  12.  Petersburg 
1893  (russ.)  (über  Reste  eines  alten  Baptisteriums  u.  s.  w.).  —  G.  W.  Schmidt, 
Römische,  Byzantinische  und  Germanische  Baudenkmale  in  Trier  und  seiner  Umgebung. 
5  Lieferungen  mit  44  Kupfertafeln  und  Stahlstichen,  Trier  1836 — 1845.  —  F.  y.  Reh  er, 
Der  karolingische  Palastbau.  I.  Die  Vorbilder.  IL  Der  Palast  zu  Aachen.  Abhandl.  bayer. 
Akad.  IIL  Cl.  19  (1891)  715-803  und  20  (1892)  189-249.    Besprochen  B.  Z.  1,  641  f. 

3.  Asien  und  Afrika:  Melchior  de  Vogüö,  Les  ^glises  de  la  Terre  Sainte, 
Paris  1860  (auch  über  Denkmäler  in  Cypem  und  Rhodos).  —  M.  de  Vogttö,  Syrie  cen- 
trale. Architecture  civile  et  religieuse  du  I.  au  VII.  sidcle,  2  tomes,  Paris  1865 — 1877 
(vorzügliches  Werk).  —  Fr.  W.  Unger,  Die  Bauten  Constantins  des  Grossen  am  hl.  Grabe 
zn  Jerusalem,  in  Benfeys  „Orient  und  Occident*  Bd  2,  Göttingen  1863.  —  Job.  N.  und 
Bernh.  Sepp,  Die  Felsenkuppel,  eine  Justinianische  Sophienkirche  und  die  übrigen  Tempel 
Jerusalems,  München  1882.  —  Job.  N.  und  Bernh.  Sepp,  Neue  Forschungen  über  die 
Felsenkuppel  in  Jerusalem,  München  1890.  --  B.  Mansuroy,  Die  Basilika  des  hl.  Kon- 
stantin in  der  hl.  Stadt  Jerusalem,  Moskau  1885  (russ.)  (mir  unzugänglich).  ^-  J.  R.  Mac- 
pherson,  The  church  of  the  Resurrection  or  of  the  Holy  Sepulchre,  The  English  Histor. 
Beview  7  (1892)  417—436;  669—684  (gibt  eine  Geschichte  der  Kirche  des  hL  Grabes, 
indem  er  die  Bauthfttigkeit  des  Kaisers  Konstantin,  dann  die  Gebftude  des  Modestus  unter 

•  Kaiser  Heraküos,  die  des  Kaisers  Konstantin  Monomachos  und  endlich  die  der  Kreuzfahrer 
Bebildert).  —  Über  eine  byzantinische  Kapelle  bei  Hadjilar  in  Karien  berichten  W.  Kubit- 

■  ■chek  und  W.  Reichel,  Anzeiger  d.  phil.-hist.  Cl.  d.  Wiener  Ak.  d.  Wiss.  vom  16.  Nov. 

-  1893.  —  D.  Grimm,  Monuments  d'architecture  byzantine  en  G^orgie  et  en  Arm^nie, 
Lieferung  1—5,  Petersburg  1860  (mir  unzugänglich). 

4.  Unterirdische  Bauten:  Julian  Kulakowsky,  Eine  altchristliche  Grabkammer 
in  Kertsch  aus   dem   Jahre  491,  Rom.  Quartalschrift  8(1894)  49—87.    Auch  russisch  in: 

'  Materialien  zur  Archäologie  Russlands,  Nr.  6,  Petersburg  1891.  Besprochen  von  V.  Latyfiev, 
;  Jonm.  Min.  1891  Bd  278  S.  393—405  (russ).  —  A.  G.  Paspates,  negl  uyog  tmoyeiov  xai 
:  myatigytjg  nagd  to  aQX'"^^^  ^^^  BvCavtlay  nQaufoQiop,  IvXXoyog,  JlaQaqxrj^a  xov  ly  tofiov 
(1881)  S.  33f.  —  Benjamin  Paluka,  Byzantinische  Cistemen,  Mitteilungen  d.  deutschen  Ex- 
knrsions-Klubs  in  Kpel  1  (1893)  48 — 56  (über  eine  Gisteme  bei  der  Moschee  Mahmud 
Pascha).  —  PhiL  Forchheimer  und  Jos.  Strzygowski,  Die  byzantinischen  Wasser- 
behälter von  Kpel.  Beiträge  zur  Geschichte  der  byzantinischen  Baukunst  und  zur  Topo- 
graphie von  Kpel,  Wien  1893  (=  Strzygowski,  Byzantinische  Denkmäler  IT)  (Hauptwerk). 
Vgl.  die  Besprechung  von  Fr.  v.  Reh  er,  B.  Z.  4  (1895)  128—136,  und  die  Gegenbemerkung 
von  J.  Strzygowski,  B.  Z.  4  (1895)  593  Anm.  —  Jos.  Strzygowski,  Die  Zisternen 
von  Alexandria,  B.  Z.  4  (1895)  592  f.  —  B.  Paluka,  Eine  unbekannte  byzantinische 
Zisterne,  B.  Z.  4  (1895)  594-600.  —  Dazu  auch  die  oben  in  der  Rubrik  A  ritierte 
Schrift  von  Kuppas. 

7.  Skulptur. 
Cl.  Fr.  Menestrier,  Description  de  la  belle  et  grande  colonne  histori^e  dress^  en 
l'honnenr  de  Fempereur  Thöodose,  dessin^e  par  Gentile  Bellini,  Paris  1702.  —  E.  Müntz, 
Xja  colonne  Th^odosienne  ä  Cple  d*apr^s  les  pr^tendus  dessins  de  Gentile  Bellini  conserv^s 
au  Louvre  et  ä  Föcole  des  beaux-arts,  Revue  des  et.  gr.  1  (1888)  318—325  (mit  einer 
Tafel).  —  P.  A.  Dethier,  L*Agoust^e  ou  la  statue  de  Justinien  I,  reconstruite  d*apr^s  un 
Hessin  conserv^  dans  le  Serail  (war  nach  dem  Schriftenveraeichnis  bei  Dethier,  Nouvellea 


1120         Bysantinisohe  litteratorgesohiohte.    Allgemeine  Bibliographie. 

d^couvertes  etc.  (s.  o.  Nr.  3)  1867  „boub  presse  a  Tacad^mie  de  PesÜi*)  (mir  anziig&iiglicH  ~ 
Fr.  W.  Unger,  Über  die  vier  Kolossals&ulen  in  Cpel,  Repertoriam  f.  KunstwiasiMMchift  2 
(1879)  105—137.  -  J.  Strzygowski,  Reste  altchristlicher  Kunst  in  GriechenkDi 
IL  Skulptur.  Rom.  Quartalschr.  4  (1890)  97—109.  —  J.  Strzygowski.  Die  altbyxaaü. 
nische  Plastik  der  Blütezeit,  B.  Z.  1  (1892)  575—590  (handelt  über  Skulpturen  im  K.  otl». 
manischen  Museum  im  Tchinili-Eiosk  zu  Epel).  —  Jos.  Strzygowski,  Die  Siale  dei 
Arkadius  in  Kpel,  Jahrbuch  d.  k.  deutschen  archäologischen  Instituts  8  (1893)  230—249.  — 
Jos.  Strzygowski,  Das  Berliner  Moses-Relief  und  die  Thüren  von  Sta.  Sabina,  JahriiQck 
d.  k.  preuss.  Kunstsammlungen  14  (1893)  65—81.  —  H.  Grisar  S.  J.,  Kreuz  und  Kreos- 
gung  auf  der  altchristlichen  Thflre  von  S.  Sabina  in  Rom,  Rom.  Quartalschr.  8  (1894)  1—48 
(hält  die  Thftre  im  Gegensatz  zu  Strzygowski  für  ein  römisches  Werk).  —  G.  SchlnB- 
berger,  Bas-relief  du  campo  Angaran  ä  Venise  repr^entant  un  empereur  byiantio  ^ 
X®  siäcle,  B.  Z.  2  (1893)  192—194.  —  Thomas  Hayter  Lewis,  Byzantine  sculptoni 
found  at  Almas,  Memoirs  of  the  Egypt  Exploration  Fund,  Nr.  11  (I).  London  1894  (miru- 
zugänglich).  —  D.  Ainalov,  Szenen  aus  dem  Leben  der  Gottesmutter  an  dem  Sarkophag 
„Adelfia*,  Archäolog.  Nachrichten  und  Notizen  (Izvjestija  i  zamjetki)  herausg^.  von  dm 
Moskauer  archäolog.  Ges.  1895  Nr.  5  S.  141—148  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  A.  Geffroy. 
La  colonne  d'Arcadius  ä  Cple  d*apr^  un  dessin  in^dit,  Monuments  et  M^moires  pobli^  par 
TAcadömie  des  Inscriptions  et  Belles-Lettres  (Fondation  Eugene  Piot)  1895  S.  99-130. 

8.  MalereL 

A.  Zusammenfassende  Schriften:  K.  Görtz,  Ober  den  Zustand  der  Malm 
im  nördlichen  Europa  von  Karl  dem  Grossen  bis  zum  Beginne  der  romanischen  Epoche 
(9.  und  10.  Jahrb.),  Joum.  Min.  1859  Bd  103  Abt.  U  91-138  (russ.).  —  Wohl  nur  eis» 
erweiterte  Buchausgabe  dieses  Artikels  ist:  K.  Goertz,  Ober  den  Zustand  der  Malerei  in 
nördlichen  Europa  von  Karl  dem  Grossen  bis  zum  Beginne  der  romanischen  Epoche,  Moskii 
1873  (russ.).  Ausführlicher  Bericht  darüber  von  E.  Dobbert,  Repertoriam  f&r  Konsk- 
wissenschaft  5  (1882)  288^302.  —  A.  Weltmann,  Die  Geschichte  der  byzantiniachci 
Malerei  in  den  Miniaturen,  Im  Neuen  Reich,  Jahrgang  7  (1877)  2.  Bd  S.  761—778.  - 
E.  Müntz,  ätudes  sur  Thistoire  de  la  peinture  et  de  Ticonographie  chr^tienne,  Paiii 
1882.  —  Georgios  Lampakes,  XQtariayixtj  dyi^oy^atfla  jtoy  iyyia  n^tmr  aiaiimr 
(1 — 842),  Athen  1896.  —  G.  Maurogiannes,  *H  xoafÄixij  rivy  BvCayriytSy  y^atpixij,  'Eftf- 
fiegk  ttQX'i^oXoyixrj  1893  Sp.  22—30  (Litteratumach weise  über  byzantinische  Profanmalerei). 

B.  Miniaturen  und  Ornamentik:    Die  Miniaturen  des  berühmten  fUr  Baailio«  0  L 
geschriebenen  Menologiums  (=  Cod.  Vatic.  gr.  1613)  ed.  ziemlich  ungenügend  Card.  Albtai.  |i 
Menologium  Graecorum,  3  Bde,  ürbino  1727.  Proben  auch  in  den  o.  und  u.  erwähnten  Werk« 
von  D'Agincourt  und  Labarte;  ein  Blatt  in  der  S.  671  angeführten  Ausgabe  von  drei  Hymiiei 
des   Romanos    von   J.  B.  Pitra   (Roma   1888).   —  J.  0.  Westwood,    Palaeographia  aaen 
pictoria,   London  1845.   —   J.   Labarte,    Histoire    des   arts  industriels  8    (1865)   1  ff.  - 
Archimandrit   Amphilochius,    Miniaturen    und    Ornamente    in    den    griechischen   Hia^ 
Schriften  der  kaiserlichen  öffentlichen  Bibliothek  etc.  etc.,  Moskau  1870  (russ.)   (leider  i»  !»• 
alle  Publikationen   von   Amphilochius   höchst   mangelhaft   ausgeführt)  —   N.  Kondikor.  lU 
Miniaturen   einer  griechischen  Psalterhs  aus  d.  IX.  Jahrb.  in  der  Sammlung   J.  A.  Chluiir  Jk. 
in  Moskau,  Moskau  1878  (russ.)  (mir  unzugängUch).  -  0.  v.  Gebhardt  und  A.  Harntck,  l^i 
Evangeliorum  codex  graecus  purpureus  Rossanensis  £  literis  argenteis  picturisque  oniata  |ifci> 
Mit  2  Facsimiles  und  17  ümrisszeichnungen.    Leipzig  1880.  —  F.  X.  v.  Funk,  DieWlk^ 
des  Codex  Rossanensis,   Historisches  Jahrbuch  17   (1896)   831-342  (setzt   den  Codex  ■Jif. 
8.  oder  9.  Jahrb.).  —  Ch.  Diehl,  Notice  sur  deux  mss  ä  miniatures  de  la  bibliotiiique  ii  1^:^ 
l'universitö   de   Messine,   Mölanges  d'arch^ologie  et  d'histoire  de  T^cole  fran^.  de  RonnSli 
(1888)  309—322.    Wiederholt  in  Diehls  L'art  byzantin,   Paris  <1894>  S.  249  ff.  -  JhP 
Strzygowski,   Die   Calenderbilder  des   Chronographen   vom  Jahre  354,   Berlin  188a  -1^  - 
Jos.  Strzygowski,  Eine  trapezuntische  Bilderhandschrift,  Repertorium  f.  Kunstwissensa tt" 


9.  KunstgeBohioP^.  1121 

390)  241—263  (Abbildungen  der  12  Monate).  Weitere  Litterator  zu  den  Monatebildem 
§  313  Nr.  9  (S.  753  f.).  —  Graf  A.  S.  üvarov,  Byzantiniscbes  Album.  Bd  I  (nach 
inem  Tode  herausgegeben),  Moskau  1890  (russ.).  —  £.  K.  Rjedin,  Hss  mit  byzantini- 
hen  Miniaturen  in  den  Bibliotheken  von  Venedig,  Mailand  und  Florenz,  Joum.  Min.  1891 
1  278  Dezemberheft  S.  299 — 317  (russ.).  —  Einen  kurzen  Oberblick  über  byzantinische 
migraphie  und  Miniaturmalerei  gibt  Auguste  Molinier,  Les  manuscrits  et  les 
iniatnres  (ein  Band  der:  «Biblioth^ue  des  merveilles*),  Paris  1892  S.  42 — 76  (mir  un- 
^anglich).  —  J.  J.  Tikkanen,  Eine  illustrierte  Klimax-Handschrift  der  Yaticanischen 
bliothek.  Acta  soc.  scientiarum  Fennicae  19  (Helsingfors  1893)  Nr.  2.  Vgl.  B.  Z.  4  (1895) 
!5.  —  Steph.  B eissei  S.  J.,  Vaticanische  Miniaturen  (Miniatures  choisies  de  la  biblio- 
^ue  du  Vatican),  Freiburg  1893  (Text  deutsch  und  französisch).  Über  den  Inhalt  s.  B.  Z.  4 
895)  224  f.  —  A.  Eirpiönikov,  Zur  byzantinischen  Miniaturmalerei,  B.  Z.  4  (1895) 
)9 — 124  (über  die  Miniaturen  zu  den  Marienfesthomilien  des  Mönches  Jakob  in  den  Codd. 
üis.  gr.  1208  und  Yatic.  gr.  1162.  Mit  6  Abbildungen).  —  W.  Ritter  von  Hartel  und 
r.  Wickhoff,  Die  Wiener  Genesis.  Beilage  zum  XV.  und  XVI.  Bde  des  Jahrbuches  der 
Biisthistorischen  Sammlungen  des  A.  H.  Kaiserhauses,  Wien,  Prag  und  Leipzig  1895.  Die 
teren  Ausgaben  der  Wiener  Genesis  (von  Lambecius,  Kollar  und  Garucci)  sind  durch  diese 
»rrliche  Publikation  wertlos  geworden.  Vgl.  die  Besprechung  von  K.  K.,  B.  Z.  4  (1895) 
)9— 643.  —  Sechs  grosse  russisch-byzantinische  Miniaturbilder  enthält  die  Facsimileausgabe 
ir  Offenbarung  Abrahams  nach  dem  berühmten  Sylvestercodex  in  Nr.  99  der  Publi- 
ütionen  der  k.  russischen  Gesellschaft  der  Bibliophilen  (mir  unzugänglich).  Einzelne  Heiligen- 
ilder  u.  s.  w.  sind  in  den  zahlreichen  russischen  Veröffentlichungen  hagiographischen  Inhalts 
1  finden.  —  Über  Miniaturen  in  Hss  des  Kosmas  Indikopleustes  vgl.  §  171  Anm.  2.  — 
yzantinische  Miniaturen  u.  s.  w.  auch  in  den  zwei  monumentalen  Werken:  S.  G.  Seroux 
'Agincourt,  Histoire  de  Tart  par  les  monuments,  depuis  la  döcadence  au  IV®  sidcle 
isqu*au  XVI^  6  Tomes,  Paris  1823.  Vgl.  o.  Nr.  3.  —  Jules  Labarte,  Histoire  des  arts 
iduBtriels  au  moyen-ftge  et  ä  Töpoque  de  la  renaissance,  6  voll.,  Paris  1864 — 1866;  2.  4d., 
voll..  Paris  1872—1875. 

Über  das  byzantinische  Ornament  vgl.  H.  Bordier,  Description  des  peintures  et 
tres  omements  contenus  dans  les  mss  grecs  de  la  biblioth.  nationale,  Paris  1883.  — 
'.  Sias 80 ff  (VI.  Stasovj,  Tableaux  et  compositions  cach^s  dans  les  initiales  des  anciens 
inuscrits  russes,  Petersburg  1884.  —  Zur  Buchillustration  und  Initialomamentik :  Franz 
ickhoff,  Die  Ornamente  eines  altchristlichen  Codex  der  HofbibUothek,  Jahrbuch  der 
instsammlungen  des  A.  H.  Kaiserhauses  14  (Wien  1892)  196 — 213.  —  Vgl.  auch  Sophus 
aller.  Die  Tieromamentik  im  Norden.  Aus  dem  Dänischen  übersetzt  von  J.  Mestorf, 
unburg  1881  S.  157—166. 

C.  Tafel-  und  Wandmalerei:  Julien  Durand,  Note  sur  un  triptyque  grec  du 
nvent  de  Ghelatt,  Bulletin  monumental  43  (1877)  113—122  (über  ein  aus  dem  11.  Jahrb. 
ammendes  Triptychonbild  im  georgischen  Kloster  Ghelatt  im  Kaukasus).  —  Julien 
urand,  Note  sur  deux  tableaux  byzantins,  Bulletin  monumental  45  (1879)  357 — 379 
;,l>er  ein  Bild  im  Dreieinigkeitskloster  bei  Moskau  und  ein  Altarbild  in  Freising  bei 
[uneben).  —  Charles  Diehl,  Peintures  byzantines  de  l'Italie  meridionale,  Bull,  de  corresp. 
pll^n.  8  (1884)  264  ff.,  9  (1885)  207  ff.,  12  (1888)  441  ff.  Wiederholt  in  Diehls  L'art 
^^Eantin,  Paris  <1894>.  —  N.  Pokrovskij,  Die  Wandmalereien  in  den  alten  griechischen  und 
iiEuischen  Kirchen,  Moskau  1890  (russ.).  Vgl.  die  Besprechungen  von  A.  P.,  Odessaer  Jahrb.  II 
yz,  Abt  1  (1892)  Chronika  S.  126—133,  und  von  A.  Pavlovskij,  B.Z.  3  (1894)  186—188.  — 
..  Pavlovskij,  Die  Malerei  der  palatinischen  Kapelle  in  Palermo,  Petersburg  1890  (russ.). 
eile  des  Buches  erschienen  auch  in  französischer  Bearbeitung:  D^coration  des  plafonds  de 
.  Chapelle  Palatino,  B.  Z.  2  (1893)  361—412,  und:  Iconographie  de  la  Chapelle  Palatine, 
evue  Arch6ol.  HI«  s^rie,  t.  25  (1894)  305—344.  —  J.  Strzygowski,  Zwei  enkaustische 
eiligenbilder  vom  SinaY  im  Museum  der  geistlichen  Akademie  zu  Kiew,  in:  Byzantinische 
'«nkmäler.  I.  Wien  1891  S.  115-124.  —  Franz  Wickhoff,  Das  Speisezimmer  des 
BandlmGli  der  kla«.  AltertuinawtoBenacbafl  IX.    1.  Abtlg.    2. 1\ÜU  ^\ 


1122         Bysantinische  Litteratargeschichte.    Allgemeine  Bibliographie. 

Bischofs  Neon  von  Ravenna,  Reperfcorium  f.  Eunstwissensch.  17  (1894)  10 — 17  (tiber  <üe 
Herkunft  der  Kompositionen  der  uns  dorcli  die  Beschreibung  des  Agnellus  bekannten  Wtai 
gemälde  des  gen.  Speisezimmers).  —  Auf  dasselbe  Thema  bezieht  sich:  EL  Rjedin,  Da 
Triclinium  der  Basilica  des  ürsus  in  Ravenna,  Viz.  Vr.  2  (1895)  512 — 520.  —  Jos.  Strxj- 
gowski,  Das  griechische  Kloster  Mar-Saba  in  Palästina,  Repertorium  f.  Kanstwiseensdu  19 
(1896)  1—6  (aber  die  Bilder  des  Klosters).  —  Über  ein  Katakombengem&lde  handelt  Joi 
Fahrer,  Eine  wichtige  Grabstätte  der  Katakombe  von  S.  Giovanni  bei  Syrakns,  Blätter  f&r  dai 
<bay.>  Gymnasialschulwesen  82  (1896)  574—584;  699-702.  —  A.  Porphyrij  üspenskij. 
Briefe  über  den  berühmten  Maler  Panselenos  (XVI.  Jahrb.),  Tmdy  Kievskoj  duch.  ak.  1^7 
IV  Nr.  10  S.  120-164;  Nr.  11  S.  266—292  (russ.)  (mir  unzugängUch).  —  Sp.  P.  Lamproj. 
'0  'Irjtfovg  jov  JlavaBXrjvov,  JJagyaccof  5  (1881)  445 — 452  (mit  einer  Chromolithogra{^e). — 
Gh.  Bayet,  Notes  sur  le  peintre  byzantin  Manuel  Pans^linos  et  sur  le  goide  de  la  peintai« 
du  meine  Denys,  Revue  archöol.,  Troisidme  sörie  3  (1884)  325 — 334. 

D.  Mosaikbilder:  Reinaud,  Nouvelles  observations  sur  Tart  de  la  mosalque  cka 
les  Byzantins  et  les  Arabes,  Revue  arch^olog.,  Nouv.  S4rie  6  (1862)  43 — 45.  —  J.  La- 
barte, Histoire  des  arts  industriels  4  (1866)  155  ff.  —  Ph.  Demetriades,  'H  i^i^ft^»- 
ygatpla  (Mosaikmalerei)  iv  tjj  uQxniotrjTi  xai  xatd  toy  ^eaaitaya,  Jlagyacoof  16  (1894) 
535—541;  588 — 595.  —  E.  Müntz,  Les  mosaKques  byzantines  portatifs,  Bulletin  moia- 
mental  52   (1886)   223 — 240   (mit  einer  Heliogravüre).  —   D.  Ainalov,    Die  Mosaiken  de* 

4.  und  5.  Jahrhunderts.    Untersuchungen  auf  dem  Gebiete  der  Ikonographie  und  des  Stikt 
der   altchristlichen    Kunst.     Joum.  Min.    1895    Bd   299    Aprilheft    S.  241-309;     Maih^ 

5.  94-155;    Bd   800  Juliheft   S.  21—71.   —  G.  Millet,    ^Tjq>iSafjd  ror   iy  Ja<pyim  r««t, 

*E(pTjfieglg  dgxf^oXoyixij  1894  Sp.  112—122;  149—162  (über  Mosaikbilder  der  Kloaterkirtke 

von  Daphni).  —  G.  Millet,  Mosatques  de  Daphni.   Adoration  des  Mages.    Anastaais.  Mom- 

ments  et  M^moires  publi^s  par  TAcademie  des  Inscriptions  et  Belles-Lettres,  Premier  fasc 

de  1896.  —  Nikodim  Kondakov,  Die  Mosaiken  der  Kachrie-Djami  {fJtoytj  tijg  z^9^f)  i> 

Kpel,   Odessa  1881   (mit  12  Tafeln)  (russ.).  —  !^mile  Caron,   Les  mosaYques  et  les  peis- 

tures  de  la  Mosqu^e  de  Kahriö-Djami  ä  Cple,  Bulletin  monumental  52  (1886)  384- 392.  ~ 

A.  Leval,    Les  principales   mosaYques,   peintures  et  sculptures  existant  ä  Kahri^Djami  i 

Cple.    Texte   avec  42  photographies,   Kpel  1886  (mir  unzugänglich).  —    Charles  Diehl. 

MosaYques  byzantines  de  Nic^e,  B.  Z.  1  (1892)  74-85;   525  f.  —  Dazu   die  Nachträge  tob 

Jos.  Strzygowski,  MosaYques  byzantines  de  Nicöe,  B.  Z.  1  (1892)  340  ff.  —  L.  Frothiag- 

ham,    Les    mosaYques    de    Grotta-Ferrata,    Gazette  archöologique  8   (1883)    348 — 356.  — 

♦**,  Mosaüques  de  l'öglise  Saint-Vital  de  Ravenne,  Revue  archöolog.  7  (1850)  351—353.  - 

Jean  Paul  Richter,  Die  Mosaiken  von  Ravenna,  Wien  1878.  —  Steph.  Beissel  8.J^ 

Die  Mosaiken  von  Ravenna,   Stimmen  aus  Maria-Laach  47   (1894)  422 — 441  und  497— 5U 

(hält  die  spätere  Ravennatische  Kunst  für  eine  Fortsetzung  der  altchristlichen  und  römisclta 

Kunst).  —   £.  Rjedin,    Der  Mosaikboden  der  Kirche   des  hl.  Evangelisten   Johiumes  ii 

Ravenna,  Viz.  Vr.  2  (1895)  327—339.  —  Jos.  Strzygowski,  Nea  Moni  anf  Chios,  B.L^   ^ 

(1896)  140—157.   —   Manches  Einschlägige  auch  bei  E.  Müntz,  Notes  sur  les  mosalqiKt   1 

de  ritalie,  Paris  1874.  | 

9.  Kleinknnst  nnd  Kunstgewerbe. 
A.   Sammlungen.    Schriften   vermischten   Inhalts:   Zahlreiche   Beiträge  nr 
byzantinischen  Kleinkunst  enthalten  die  von  Ch.  Cahier  und  A.Martin  herausgegebeMi 
Mölanges  d'archäologie,   vol.  1—4,   Paris  1848—56  und  die  Nouveaux  m^langes,  voL  5— äl 
Paris  1874—77.    —    Manches  zur  Kleinkunst  enthält  auch   Ch.  Diehl,    Le   tr^sor  et  k 
bibliothdque  de  Patmos  au  commencement  du  13«  siöcle,  B.  Z.  1  (1892)  488—526.  —  A.df 
Waal,  Die  antiken  Reliquiare  der  Peterskirche,    Römische  Quartalschr.  7  (1893)  245-20  .jj 
(beschreibt  unter  anderem  ein  byz.  Enkolpion  aus  dem  9.— 10.  Jahrb.).  —  Eine  SamnüiD«  I 
seiner  zerstreuten  Artikel   über  Elfenbein-  und  Goldarbeiten,  Bas-reliefs,   Ringe,    Amulel^|^ 
Gewichte,  Siegel,  Münzen  u.  s.  w.  veranstaltete  G.  Schlumberger  unter  dem  "Htel:  Me- 
langes  d'archdologie  byzantine,  Premiere  S^rie,  Paris  1895. 


9.  KnxiBtgeBclii^**«.  1123 

B.  Elfenbeinarbeiten:  Ed.  Dobbert,  Zar  Geschichte  der  Elfenbeinsculptor,  Re* 
pertorinm  für  Eunstwiss.  8  (1885)  162—184,  wo  S.  163—178  speziell  die  Frage  des  byzan- 
tinischen Einflusses  auf  dem  Gebiet  der  Elfenbeinskulptnr  behandelt  wird.  —  Über  Elfenbein- 
deckel des  6.  Jahrb.  handelt  J.  Strzygowski,  Byz.  Denkmäler  I.  Wien  1891  S.  25  ff.  —  G. 
Schlamb erger,  Un  triptyque  byzantin  en  ivoire,  Gazette  des  beaux  arts  1891  S.  294—306 
(tlber  das  firüher  unter  dem  Namen  seines  letzten  Besitzers  Harbayille  bekannte,  schon  von 
Lineas  in  der  Revue  de  Fart  chr^tien  1885,  Januarheft,  behandelte  Elfenbeintriptychon). 
—  G.  Schlnmberger,  Un  ivoire  byzantin  du  IX®  si^le,  reprösentant  le  couronnement  de 
Tempereur  d'Orient  L^on  VI,  Gazette  des  beaux  arts  1892  S.  118—222.  —  P.  N.  Papa- 
georgin,  *Jqx"^^  sixtoBf  Tov  fisyaXofÄttQTVQog  ayiov  Jrj^rjrgiov  rov  noXiovxov  SsatraXoB'ixrjg 
inl  iXBtfttvxoatiov,  B.  Z.  1  (1892)  479—487  (mit  einer  Abbildung  der  besprochenen  Elfen- 
beintafel). —  H.  Barbier  de  Montault,  Avorio  bizantino,  della  fine  delF  XI  secolo  nel 
Kuseo  cristiano  del  Vaticano,  Archivio  storico  deir  arte  6  (1893)  304 — 307  (eine  die  Ge- 
bart Christi  darstellende  Elfenbeintafel).  —  G.  Schlnmberger,  Un  ivoire  chrätien  inädit, 
Iffonuments  et  M^moires  publiös  par  l'Acadömie  des  Inscriptions  et  Belles-lettres,  Deuxidme 
fascicule  de  1894,  Paris  1894  (Darstellung  einer  um  einen  Prediger  versammelten  Volks- 
menge). —  G.  Schlnmberger,  Deux  volets  d'un  triptyque  byzantin  en  ivoire  du  XI® 
ai^le,  Gazette  des  Beaux-Arts  3.  p^r.,  13.  tome  (1894)  379—381. 

G.    Gegenstände  aus  Metall,  Glas,  Thon  u.  s.  w.:   V.  Langlois,   Notice  sur 
le   sabre   de  Constantin  XFV,    demier  empereur  de  Cple,    conserv^   ä  TArmeria  Reale  de 
rarin,    Revue  arch^log.  14  (1857)  292 — 294  (die  Zuteilung  des  mit  einer  griechischen  In- 
schrift versehenen  Säbels  an  Konstantin  Dragases  scheint  mir  unsicher).    —    E.  Miller, 
Cnre-oreille  d^or  byzantin  portant  une  inscription  grecque,   Revue  arch^ol.,   Nouv.  Sörie  38 
r^l879)  39 — 45.   —   Vincent  Ambrosiani,  L'ostensoir  byzantin  d'Agnone  (Italie),   Revue 
ie   Fart  chr^tien  30  (1887)  330—332.    —    Giov.  Veludo,   La  palla  dWo   di  San  Marco, 
tnonmnento    bizantino,    Venedig    1887.      Auch    englisch    und    französisch.    —    Dazu    das 
)ben  S.  1115  angeführte  monumentale  Werk  über  S.  Marco,   wo  der  Schatz  von  S.  Marco 
ron  A.  Pasini   behandelt  ist  (II  tesoro  di  S.  Marco,   Venedig  1888).    —    A.  Pasini,   La 
*^3alla  d'oro  di  Caorle,  in  der  Zeitung  „La  Difesa*  20  (1887)  Nr.  91 — 93  (mir  unzugänglich). 
.—    D.  W.  Ajnalov,    Drei  altchristliche  Gefässe  aus  Eertsch,   Petersburg  1891  (S.A.  aus 
len  Denkschriften  d.  k.  russ.  archäologischen  Gesellschaft)  (russ.).  —  AI.  Sorlin  Dorigny, 
~  Phylact^re   Alexandrin  contre  les   ^pistaxis,    Revue  des  ^t.  gr.  4  (1891)  287 — 296.  —  G. 
'Schlnmberger,    Une   relique   byzantine,    Revue  des  öt.  gr.  4  (1891)  385 — 387  (über  das 
nit  einer  beschriebenen  Silberplatte  versehene  Schädelfragment  des  hl.  Akindynos).    —    G. 
Schlumberger,    Amulettes  byzantins  anciens  destinös  ä  combattre   les   malefices  et  les 
'naladies,    Revue   des   ^t.  gr.  5   (1892)   73 — 93   (über  byzantinische   Zaubergeschenke,   die 
'^l^wöhnlich  Darstellungen  des  Königs  Salomon  als  des  Beschützers  vor  Krankheit  und  Be- 
~  lexnng  und  verschiedener  Tiere  wie  LOwen,   Schlangen,   Skorpionen  tragen).    —    Zur  Lit- 
heratur   über   die    byzantinischen    Amulette  vgl.  auch    G.  B.  de   Rossi,    Capsella  pensile 
'ifricana    rappresentante    un    cavaliere    armato    di    lunga    asta    crociforme,    Bulletino    di 
ircheologia  Cristiana,  serie  V.,  anno  2  (1891)  133—138.  —  J.  Strzygowski,  Zwei  Golden- 
colpien  aus  Adana  im  kais.  ottomanischen  Museum  zu  Opel,  Byz.  Denkmäler  I.  Wien  1891 
3.  97  ff.  —  Etienne  Michon,  La  collection  d'ampoules  ä  eulogies  du  mus^e  du  Louvre,  M^- 
=^ges  G.  B.  Rossi  (=  Suppl.  aux  m^langes  d'arch^ologie  et  d'histoire  publi^s  par  T^cole  fran- 
■^>i8e  de  Rome,  t.  XÜ),  Paris  1892  S.  183—200  (über  ÖlampuUen  mit  Darstellungen  und  griechi- 
'^ichen  Inschriften,  die  sich  auf  den  hl.  Menas,  den  Schutzpatron  Ägyptens,  beziehen).  —  Jos. 
-Strzygowski  und  N.  V.  Pokrovskij,  Altertümer  Südrusslands.  Byzantinisches  Denkmal  ge- 
'-\inden  in  Kertsch  im  Jahre  1891,  Materialien  zur  russ.  Archäologie  herausgegeben  von  der  k. 
^irchftologischen  Kommission,  Nr.  8,  Petersburg  1892.  Den  Gegenstand  dieser  teils  russisch, 
-ieils  deutsch  abgefassten  Arbeit  bildet  ein  in  Kertsch  gefundener  Silberschild,  auf  welchem 
>lii  Kaiser,  nach  Ansicht  der  Verfasser  Justinian  I,  dargestellt  ist.  Diese  Ansicht  bekämpft 
oit   guten  Gründen  D.  Beljajev,    Der  Ornat  des  Kaisers   auf  dem  Bilde  vou.  Kar^^cfeL^ 


1124        BysantislMbe  LitUrKtnrgMohiohU. 


Jonm.  Mk.  1893  Bd  289  Oktoberheft  S.  821—373. 
byzantin,  B.  Z.  2  (1893)  441-U3.  —  Ein  bei  S 
Millet.  Ball,  de  corragp.  beU.  17  (1893)  638.  —  C 
bjzantiiiB  in^ta  (Amulettes,  mereanz  et«.),  B.  S 
roches,  Le  Laborom,  ^tode  critiqae  et  arcb^old 
G.  Schlamberger,  Lk  croix  bjzuitine  dite  de  Zc 
Monumenta  et  M^moires  pabli^s  por  l'Acad.  dea 
Eugtoe  Piot)  1895  S.  181—136.  —  P.  Orai,  1 
(1898)  567—569. 

D.  Erasilt  J.  Labarte,  Becherches  bot  1j 
mojeit  &ge,  Puis  1856.  —  J.  Labarte,  Hielti 
{Paria  1864)  391  ff.;  2  (1864)  1  ff.;  8  (1865)  377 
Tille,  ObaerraUoiiii  bot  räiaaiUerie  et  bot  qnei 
ainai  qoe  du  mojen  ftge,  ßevne  archiolog.  14  ( 
Das  Siegeskreoz  dea  byzantiniscbeD  Kaisers  Codi 
BOB  Tl  und  der  Hirtenstab  des  Apostels  Petrus,  Bo 
von  N.  Eondakov,  QeBchichte  und  DenkmAler 
Job.  Schnlz,  Der  bjiantinische  Zellenaehmelz,  F 
der  ZeUenemailsaiamliuig  A.  W.  Swenigorodakoi,  d 
graphie  widmete;  s.  n.).  —  Hauptwerk:  Nikodim 
des  byzantiniacheD  Eraaila  (Sammlnng  A.  W.  Sn 
gleicheeitig  auch  in  fratuOsischer  ond  mBeischer  A 
Vgl.  die  BesprechuDg  von  K.  S.,  B.  Z.  4  (1695] 
tahleaa  reliqnaire  byiantii)  infdit  du  X*  sücle,  H 
diwi«  dea  InscriplioDeB  et  BelleB-Lettres,  Premiei 
mit  Zellenemail platfAD  ansgeetattetea  Reliquienbild 
m  Rom). 

E.  Qewebe:  J.  Labarte,  Hiatoire  des  i 
eine  mit  bildlicher  Daratellimg  und  Inschrift  aosgei 
der  bfULDtiniscben  Armee  handelt  G.  Cozsa-L 
doli'  Accademia  PondScia  di  Archeologia,  Rom  18S 
Di  alcUDi  lavori  ed  acquisti  della  biblioteca  Yatii 
1892  S.  109—117.  —  Bob.  Forrer,  Die  Gr«ber 
StraaabuTg  1891.  —  Rob.  Forrer,  ROmische  u 
Graberfelde  von  Achmim-Panopolis,  Straasburg  18 
Altertümer  sna  dem  Grüberfelde  von  Panopolis,  E 
Publikationen).  —  H.  Swoboda,  Ein  altchriatli 
Quartalachr.  6  (18921  95—113.  —  Heinr.  Pranb 
Gewerbemuseom  zn  Dflsaeldorf,  Jahrbücher  d.  Tei 
Heft  98  (1892)  224-232  (über  einen  unter  Kons 
Purpnrstoff,  dessen  Muster  gegendber-  und  Qbereini 
ByzantiniBche  Purpurstoffe  mit  eingewebten  nengi 
Inschriften.  1.  .Pallium  litteratum'  mit  Elephanl 
Grossen  des  Aachener  HOnsters,  Zeitechr.  d.  baj 
(über  das  berühmte  Pmpurgewebe,  das  schon  i 
Cahier  et  A.  Martin'  vol.  2  (Paris  1851)  pl.  K— 
nach  bei  Q.  Scblumberger,  Nic^phore  Phocaa  S,  43 

10.  EinSan  dar  bysuitiniaobmi  Ennat  anf  dai 

Die  froher  herrschende  Anachaunng,  dase  di 

Inndes  bysantiniach  sei,  ist  in  der  neueren  Z« 

rufene  Forscher  haben  lu  zeigen  veraucht,  daaa  von 


9.  KunBtgescblc^^.  Ij25 

• 

bange  der  abendländisclieii  Völker  mit  den  Byzantinern  und  von  einer  rückhaltlosen  Aner- 
kennimg  ihrer  Superiorit&t  nicht  die  Rede  sein  kann.  Carl  Schnaase  kam  zu  dem  Schlüsse, 
daaa  der  byzantinische  Einfluss  nirgends  in  einer  völligen  Unterwerfung,  nirgends  in  der 
Anerkennung  einer  höheren,  bleibend  zu  erstrebenden  Schönheit  besteht,  sondern  sich  nur 
«uf  einzelne  Zweige  der  Kunst  erstreckt;  vgl.  den  Exkurs:  Die  byzantinische  Frage,  in 
Beiner:  Geschichte  der  bildenden  Künste,  2.  Aufl.,  4  (1871)  718—735.  —  Noch  radikaler 
ist  in  der  Bestreitung  des  byzantinischen  Einflusses  A.  Springer,  Die  byzantinische  Kunst 
und  ihr  Einfluss  im  Abendlande  in  seinen:  Bildern  aus  der  neueren  Kunstgeschichte  P 
(Bonn  1886)  79—112.  —  Ausserdem  vgl.  folgende  ältere  Schriften:  M.  F^lix  de  Ver- 
neilh,  L'architecture  byzantine  en  France,  Paris  1851  (auf  dem  Umschlag  1852)  (mit  vielen 
Tafeln).  —  Gegen  eine  ablehnende  Besprechung  dieses  Werkes  richtete  F.  de  Verneilh 
die  Schrift:  Des  influences  byzantines.  Lettre  ä  M.  Vitet,  de  l'Acadömie  Fran^aise.  Paris 
1855.  —  Einzelne  Reflexe  der  byzantinischen  Kunst  in  Spanien  bespricht  D.  Josö  Amador 
de  Los  Rios,  El  arte  Latino-Bizantino  en  Espana,  Madrid  1861.  —  Carl  Friedrich,  Die 
Elfenbeinreliefs  an  der  Kanzel  des  Doms  zu  Aachen.  Eine  Nachbildung  der  Theodorich- 
statue in  Ravenna  und  Aachen,  Nürnberg  1883  (bestreitet,  dass  die  byzantinische  Plastik, 
bes.  im  5.  Jahrhundert,  einen  nennenswerten  Einfluss  auf  die  abendländische  gehabt  habe). 
Gegen  seine  Ausführungen  richtet  sich  Ed.  Dobbert  in  der  oben  (Nr.  9B)  angeführten 
Arbeit  „Zur  Geschichte  der  Elfenbeinskulptur *.  —  H.  Janitschek,  Zwei  Studien  zur  Ge- 
schichte der  carolingischen  Malerei  (1.  Das  orientalische  Element  in  der  Miniaturmalerei, 
2.  Bilderstreit  und  Bilderproduktion),  Strassburger  Festgruss  an  A.  Springer,  Berlin  und 
Stuttgart  1885.  —  Einiges  über  die  Beziehimgen  der  ältesten  italienischen  Kunst  zu 
Byzanz  bietet  auch  Jos.  Strzygowski,  Cimabne  und  Rom,  Wien  1888.  —  Zur  weiteren 
Aufhellung  der  byzantinischen  Frage  war  es  vor  aUem  nötig,  von  ihrer  aUgemeinen 
Fassung  zunächst  möglichst  abzusehen  und  vielmehr,  auf  Grund  einer  erweiterten 
:  Kenntnis  der  byzantinischen  Originale,  einzelne  Werke,  Kunstschulen  und  Produktions- 
gebiete unter  sorgfältiger  Beachtung  der  chronologischen  Seite  einer  scharfen  Detail- 
ontersnchung  zu  unterziehen.  In  dieser  Weise  beschäftigen  sich  mit  der  byzantinischen 
Frage  einige  neuere  Schriften  wie:  C.  Frey,  Ursprung  und  Entwicklung  staufischer 
Knnst  in  Süditalien,  Deutsche  Rundschau  68  (1891)  271 — 297  (über  die  byzantinische  Kunst 
als  Eauptvoraussetzung  des  süditalienischen  Kunstbetriebs).  —  C.  Frey,  Ursprung  und 
Wesen  westeuropäischer  Kunst  im  Mittelalter,  Deutsches  Wochenblatt  vom  12.  und  19. 
Dktober  1893  (Nr.  41  und  42)  (handelt  aus  Anlass  der  Abhandlung  von  Fr.  X.  Kraus  über 
iie  Wandmalereien  von  S.  Angelo  in  Formis  bei  Capua,  Jahrb.  f.  k.  preuss.  Kunstsamml. 
3d  14,  Heft  1 — 3,  über  die  «byzantinische  Frage*).  —  L.  Magno,  L'art  byzantin  et  son 
Kifluence  sur  les  arts  en  Occident,  Revue  encyclop^dique  3  (1893)  coL  896 — 910  (mir  unzu- 
gänglich). —  Über  eine  in  der  Sociötö  nationale  des  antiquaires  de  France  ab- 
i^ehaltene  Diskussion  über  die  byzantinische  Frage  vgl.  B.  Z.  2  (1893)  360;  3  (1894)  224.  — 
ITber  den  byzantinischen  Einfluss  auf  die  süditalische  Kunst  handelt  Ch.  Diehl  in  mehreren 
»einer  oben  angeführten  Schriften,  zuletzt  zusammenfassend  in  seinem  Buche:  L'art  byzan- 
an,  Paris  <1894>  S.  9—21.  —  Eug.  Müntz,  Les  artistes  byzantins  dans  TEurope  latine 
lu  V*'  au  XV«  si^cle,  Revue  de  l'art  chrötien  36  (1893)  181—190  (reichliche  Litteratur- 
nachweise  zur  byzantinischen  Frage).  —  An  diese  Arbeit  schliesst  sich:  A.  L.  Frothing- 
bam,  Jr.,  Byzantine  artists  in  Italy  from  the  sizth  to  the  fefteenth  Century,  American 
ioumal  of  archaeology  1894  S.  32 — 52.  —  A.  L.  Frothingham,  Jr.,  Notes  on  byzantine 
art  and  culture  in  Italy  and  especially  in  Rome,  American  joum.  of  arch.  1895  S.  152  bis 
208.  —  Mehrfach  berührt  wird  die  byzantinische  Frage  auch  von  Franz  Fried r.  Leit- 
Bchuh,  Geschichte  der  karolingischen  Malerei,  Berlin  1894  (will  byzantinischen  Einfluss 
nur  in  ganz  vereinzelten  Fällen  gelten  lassen).  Vgl.  die  Besprechung  von  C.  Frey,  Deutsche 
Utteraturzeit.  1894  Nr.  1.  —  E.  Dobbert,  Zur  byzantinischen  Frage,  Jahrbuch  d.  k.  preuss. 
Kunstsammlungen  15  (1894)  125 — 159;  211 — 229  (erörtert  die  Frage  im  Zusammenhange 
mit  den  auch   von  C.  Frey  besprochenen  Wandmalereien  von  S.  Angelo  in  Formis,  deren 


1126  BjBuitlniMhe  UtUratnrgcBoliioht«. 

Grundcharakter  er  för  byzantinisch  halt).  —  M 
Böhmen  and  M&hrsD  und  der  byiantinische  Eiaflu 
und  Notizen  (Izvjestija  i  zamjetki)  1895  Nr.  12  8. 
lienisch-altchmtliche  Gesinnung'  seigt  Edm.  Brai 
Buchmalerei  im  früheren  Mittelalter,  ErgSnznngehi 
1895.  Gegen  ihn  ftuaserte  sich  VSge,  Repertor. 
byzantinische  Stileinflflsse  handelt  nneh  Strstimir< 
tektur  in  der  Bocca  di  Cattaro,  DenkBchrifton  der 

11.  BjBMitiiiUohe  Eanat  bei  dan  OiientKlsn  oi 

A.  ZnaammeDfasaende  Werke:  Haaptn 
der  byzant.  Kunst  znr  Miniatur  und  Ornamentik  b 
Syrern,  Eopten,  Armeniern,  Georgiern  und  Araber 
35  Jahren  beruhende,  durch  kaiaerliche  Hunifizeuj 
Wladimir  Stassoff,  L'omement  slave  et  orien 
2  voll.,  Piterabourg  1887  (Test  rassisch  und  frai 
Buslajev,  Joum.  Min.  1884  Bd  233  8.  54-104 

B.  Syrer,  Araber,  Kopten,  Armenier, 
des  apokryphen  arabischen  Evangeliums  von  der 
rentiana  in  Florenz,  Zapiaki  d.  k.  russ.  arch&ol 
unzugänglich).  —  E.  Rjedin,  Die  syrischen  Mas 
biblioüiek  und  im  Britischen  Museum,  Archäolo 
zamjetki)  herauBgeg.  von  d.  Moskauer  Archäolo^ 
{mir  unzugänglich).  —  Den  Einflusa  der  spStrömiw 
und  persische  TeppichomKmentik  hat  nachgewiesi 
Leipzig  1891.  —  Vgl.  auch:  AI.  Riegl,  Spanische 
gewerbevereins,  Mtlnchen  1892  Heft  11  und  12  S 
Arbeiten  mit  byzantinischen  and  sarazenischen  '. 
BpStr&misch-byzantini sehen  Kunstgebietes  ist  aucl 
sehen:  AI.  Gayet,  Les  monamente  coptes  du  mu 
par  les  membrca  de  la  miaaion  arch^logique  fn 
1889.  —  G.  Ebera,  Sinnbildliches:  Die  koptisch 
liehen  Skulptur  und  ihre  Symbole,  Leipzig,  Engelm 
B.  Z.  2  (1893)  112-121.  -  A.  Eiegl,  Zur  Frage 
in  der  spaten  Antike,  Eranoa  Vindobouensis,  Wie 
eine  schon  im  Aufsatz  .Koptische  Kunst*  berOfar 
nähme  altägypü scher,  statt  hellenisch-rOmischer 
mittelalterlichen  Kunst  Ägjrptena  mrUck).  —  Vg 
coptic  churches  of  Egypt,  2  Bde,  Oxford  1884.  - 
maierei  gibt  Graf  Älei.  Sergei  Uvarov  im  E 
Schriften  des  5.  arcliäolog.  Kongresses  in  Tiflis,  M 
Übersetzung  von  J.  Monrier,  La  biblioth^ue  d'l 
1885  (mir  unzaganglich).  Vgl.  die  Besprechus|! 
S.  133-154  (ruaa.).  -  Jos.  Strzygowaki,  Das 
Geschichte  der  armenischen,  ravonnatischen  und  a 
zantinische  Denkmäler  I).  Handelt  Ober  die  Archi 
die  alten  Elfenbcindcckel  und  die  Miniaturen  d 
vom  J.  989,  über  die  Geschichte  der  armenisch 
kaustische  Heiligenbilder,  Vgl.  die  Besprechung 
d.  Kunde  dea  Morgenlandea  5  (1891)  169—174, 
Bd  280  Aprilheft  S.  388—405.  —  E.  K.  Rjedin 
rajadzin,   Petersburg  1891   (S.  A.    aus  den  Denks 


9.  Kanstgescliic-^^.  J127 

'nis8.).  —  N.  Kondakov,  Beschreibung  von  Denkmäiern  dea  Altertums  in  einigen  Kirchen 
and  Klöstern  Grusiniens,  Petersburg  1890  (russ.).  —  Gräfin  üv^rov,  Christliche  Denk- 
mAler.  Materialien  zur  Archäologie  des  Kaukasus.  Lief.  lY.  Moskau  1894  (russ.)  (Hauptwerk). 

C.  Slaven:  AI  fr.  Maury,  Coup  d'oeil  sur  Thistoire  de  l'architecture  religieuse  en 
Knssie  jusqu'au  r^gne  de  Pierre  le  Grand,  Revue  arch^olog.  2  (1846)  773 — 798.  —  J.  Sa- 
batier,  Notions  sur  Ticonographie  sacr^e  en  Russie,  Petersburg  1849  (mir  unzugänglich; 
rielleicht  identisch  mit  dem  folgenden).  —  Sabatier,  Notions  sur  Ticonographie  sacröe  en 
anssie,  Revue  arch^olog.  7  (1850)  174—177;  234-240;  321—339  (bespricht  russische 
Schriften  von  Debolskij  und  Snegirev  und  publiziert  zwei  auf  das  Thema  bezügliche  Briefe 
les  letzteren).  —  L.  J.  Gif^nebault,  Notice  sur  une  peinture  gr^co-russe  reprösentant 
»Ute  la  hi^rarchio  Celeste,  Revue  arch^olog.  14  (1857)  221 — 226  (über  ein  von  einem  fran- 
zösischen Soldaten  in  Sebastopol  gefundenes  Gemälde).  —  V.  de  Boutovsky,  Histoire  de 
'omement  russe  du  X®  au  XVP  si^cle  d'apräs  les  manuscrits  (grecs  et  slaves),  Paris  1870. 

—  M.  Waltrowits,  0  JIPOJPOMOI,  Mitteilungen  über  neue  Forschungen  auf  dem  Gebiete 
lerbischer  Kirchenbaukunst,  Wien  1878.  Besprochen  von  Ka6anovskij,  Joum.  Min.  1880 
3d  211  S.  462—465.  —  E.  v.  Barsov,  Altrussische  Denkmäler,  die  Krönung  der  Caren 
ron  Russland  betreffend,  Vorträge  der  Moskauer  Gesellschaft  f.  Geschichte  und  Altertümer, 
Moskau  1883  Bd  I  1—160  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  £.  K.  Rjedin  und  D.  V.  Aj- 
nalov,  Über  die  Fresken  der  Sophienkirche  in  Kiev,  Petersburg  1889  (russ.).  —  Graf 
Ivan  Tolstoi  und  Nikodim  Kondakov,  Russische  Altertümer  in  den  Denkmälern  der 
Kunst.  4  Lieferungen,  Petersburg  1889 — 1891.  Für  uns  ist  bes.  die  vierte  Lieferung 
irichtig,   welche  christliche  Altertümer  in  der  Krim,   im  Kaukasus  und  in  Kiev  behandelt. 

—  M.  Weigel,  Bildwerke  aus  altslavischer  2^it,  Archiv  f.  Anthropologie  21  (1892—1893) 
41—72  (leugnet  den  byzantinischen  Einfluss  auf  die  älteste  slavische  Kunst;  für  die  von 
3im  mitgeteilten  scheusslichen  ,| Kunstwerke'  mag  das  auch  zutreffen). 

D.  Völkerwanderungskunst:  Manche  Beziehungen  zur  spätgriechisch-byzan- 
mischen  Kunst  hat  die  sogen.  Völkerwanderungskunst.  Vgl.  Jos.  Hampel,  Der  Goldfund 
on  Nagy-Szent-Miklös,  sog.  Schatz  des  Attila,  Budapest  1886.  Vgl.  die  Besprechimg  von 
'h.  Frimmel,  Repertorium  f.  Kunstwiss.  11  (1888)  173—179.  —  Franz  von  Pulsky, 
»«nkmäler  der  Völkerwanderung,  Ungarische  Re^^le  1890  S.  81 — 91;  335—354.  —  Zum 
'Slkerwanderungsstil  vgl.  auch  Paul  Giemen,  Merowingische  und  karolingische  Plastik, 
»hrbüchcr   des  Vereins  von  Altertumsfreunden    im  Rheinlande,  Heft  92  (Bonn  1892)  6  ff. 

—  Jos.  Strzygowski,  Der  Völkerwanderungsstil,  Preuss.  Jahrbücher  73  (1893)  448— 459. 

—  Die  Entlarvung  einer  der  kühnsten  modernen  Fälschungen  auf  einem  Grenzgebiete  der 
yzantinischen  Kunst  verdankt  man  H.  Grisar  S.  J.,  Un  prötendu  tr^sor  sacr^  des  pre- 
iJers  sidcles  (le  „Tesoro  sacro**  du  chev.  Giancarlo  Rossi  ä  Rome),  Rome  1895.  Dazu 
9in  Nachtrag:  Ancora  del  preteso  tesoro  Cristiano,  Roma  1896.  Vgl.  B.  Z.  4  (1895)  643  f., 
rad  5  (1896)  644. 

12.  Museen,  Zeitschriften,  Bibliographie. 
A.  Museen:  Alb.  Dumont,  Le  mus^e  Saint-Irdne  ä  Cple.  Antiquit^s  grecqucs, 
r^co-romaines  et  byzantines,  Revue  arch^olog.,  Nouv.  Sörie  18  (1868)  237—263.  —  Ferd, 
iper,  Das  christlich-archäologische  Museum  der  Universität  zu  Berlin  1849—1874,  Gotha 
B74.  —  G.  Millet,  Le  mus^e  d'antiquites  byzantines  ä  Äthanes,  B.  Z.  1  (1892)  648  (kurze 
otiz).  —  Ausführliche  Beschreibung  des  christlich-archäologischen  Museums  in  Athen 
L :  XgiCTiayixij  a^/oioAo^^txi;  etaigia.  JeXtioy  TiQiütoy,  Athen  1892.  —  Das  russische  histor. 
ruseum.  Verzeichnis  der  Denkmäler.  Zweite,  vervollständigte  Ausgabe,  Moskau  1893 
CI88.)  (mir  unzugänglich).  —  Einiges  Byzantinische  enthält  auch  das  k.  Museum  zu 
pel.  Eine  summarische  Aufzählung  vonA.  Joubin:  Mus4e  imperial  Ottoman,  Catalogue 
^s  sculptures  grecques,  romaines,  byzantines  et  franques,  Cple  1893.  —  Jos.  Strzy- 
owski.  Die  Gemäldesammlung  des  giiechischen  Patriarchats  in  Kairo,  B.  Z.  4  (1895) 
M  f.  —  Jos.  Strzygowski,  Die  christliche  Abteilung  des  Zentralmuseums  in  Athen, 
►.  Z.  5  (1896)  252  f. 


I 


1128 


BycuitliifBcha  litteratnrgeBchichte, 


B.  ZeitacbrifteD,  Bibliographie:  Ein 
g^Bchichte  exiBtiert  nicbt  DafOi  wird  die  bjrzan 
ächiigt  in  der  Bys.  Zeitschr.  und  im  Vi«.  Vt 
ist  der  Inhalt  der  Zeitschrift  {JeXtior)  der  Xpw 
Bis  jetzt  zwei  B&ndchen  1892-1894.  Vgl.  B.  Z.  ' 
natOrlich  die  der  christlichen  and  mittelalte 
Publikationen  ia  Betracht  wie  die  von  Ch.  Cahier  i 
d'archäologie;  b.  o.  Nr.  9  A ;  Organ  für  christliche  Eni 
ArchBotogie  und  Kunst,  Leipzig  1856—1868;  Revue  i 
Kunstblatt,  Stuttgart  i 858  ff.;  Rosais  Bulletino 
Zeitacbrift  f.  rhiistlicbe  Kunst,  heraosgeg.  von  J 
torinm  für  Kuostwissenschaft,  Stuttgart,  später  I 
der  Revue  arch^ologiqne,  im  Bulletin  de  corres] 
lo^Bchen  Zeitschriften  finden  sich  manche  einsch 
verdienen  endlich  die  zahlreichen  historisch-philf 
garen,  Serben,  Sloveneu  und  Kroaten  (vgl.  unt«n  R 
christliche  Kunst  gibt  Fr.  X.  Kraus  im  Bepertori 
mittel  verzeichnet  G.  Bernhardy,  Gmndriss  d( 
(1892)  727  f. 

10.  Numisi] 

1.  AUgcmaino  Dantellnngen  der  braantinlM 
meine  HiUkn; 
Du  Gange,  De  imperatorum  Cpolitanorum 
Nuinieraatibus,  zuerst  am  Schlosse  des  .Glossarium  i 
dann  selbständig,  Romae  1755.  —  Banduri,  Nmn 
Decio  ad  Palaeologos  Augustos,  2  Bde,  Paris  17! 
2  Bde.  Leipzig  1801.  —  F.  de  Sanlcj,  Essai  de 
tines,  2  voll.,  Meti  1836.  —  J.  et  L.  Sabatier.  '. 
chez  les  anciens  et  hstols  mondtaires  romains  et ) 
werk:  J.  Sabatier,  Description  gän^rale  des  raor 
reurs  d'Orient  depuis  Arcadius  jnsqu'i  1a  prise  d 
Paris  1862.  Vgl.  die  Besprechung  von  Anatc 
Nouv.  Sirie  8  (1863)  454-461.  -  Litteratumach 
timschen  Kaiser  auch  bei  W.  Koner,  Repertoriui 
1850  auf  dem  Gebiete  der  Geschichte  etc.  erschic 
—  J.  J.  Leitzmann,  Verzeichnis  sftrotlicber  i 
matischeu  Werke,  Weissensee  1841.  Zweite  Aufl. 
Weissensee  1867.  —  Eine  gute  Übereicht  der  byi. 
Greece  1  (Oxford  1877)  432—453.  —  H.  Cohen 
JMSee  S0U8  l'empire  romain.  Continus  par  F.  Feuan 
(Hauptwerk).  —  Vicomte  de  Colleville,  Hisl 
GrecB  et  des  personnages  pour  lesquels  ou  a  fra 
la  prise  de  Cple  par  les  Turcs,  Tom.  1,  Paris 
Serrare,  Trait^  de  nnmismatique  du  moyen-ige 
byiantjnische  Numismatik  I  1—16;  ,133-339;  H  i 
II  904 — 923;  Über  armenische,  georgische  und  s( 
ir  924-928).  —  Die  bis  zum  Jahr«  1864  veröff 
von  Konstantin  dem  Grossen  bis  1453  mit  Ein 
Thessalonike,  Trapezunt  und  der  KreuzfahrermOnz 
Repertorium  zur  antiken  Numismatik,  aus  seinem 
Berlin  188.5  S.  420—438.  —  Catalogue  indicatif  di 


10.  Numisnial^tt.  j229 

üon  de  M.  Soleirol,  Metz  1855.  —  Colleciion  de  M.  le  Vicomto  de  Ponton  d*Amö- 
coort,  Monnaies  d*or  romaines  et  byzantines,  Paris,  Rollin  &  Feuardcnt  1887  (mit  37  gut 
muBgef&hrten  Tafeln).  —  W.  Fröhner,  Gollection  Photiadös  Pacha.  Monnaiea  byzantines. 
Paris  1890.  —  Gollection  de  feu  M.  H.  Montagn,  Monnaies  d'or  romaines  et  byzantines. 
Paris  1896  (byzantiniscbe  MOnzen  enthalten  die  Tafeln  36—41).  —  Dazu  natürlich  alle 
übrigen  Kataloge  von  Münzsammlungen,  die  hier  nicht  einzeln  aufgezählt  werden  können. 
—  Die  wichtigsten  für  die  byzantinische  Numismatik  in  Betracht  kommenden  Zeitschriften 
aind:  Numismatische  Zeitschr.  (Wien  1869  ff.);  Zeitschr.  f.  Numismatik  (Berlin  1874  ff.); 
Revue  numismatiqne  (Blois.  dann  Paris  1836  ff.);  Annuaire  de  la  socidt^  fran^aise  de  numis- 
matique  et  d'arch^ologie  (Paris  1877  ff.);  The  numismatic  chronicle  (London  1839  ff.); 
Rivista  italiana  di  nnmismatica  (Milano  1888  ff.). 

2.  Spesialaohriften  vermisohten  Inhalts. 

Die  ältere  Litteratur  (vollständig  bis  1864)  s.  bei  J.  Friedländer,  a.  a.  0.  —  F. 
de  Pfaffe nh offen,  Essais  ur  les  aspres  comn^nats  ou  blancs  d*argent  de  Tr^bizonde,  Paris 
1847.  —  Über  römische  und  byzantinische  Münzen  und  Gewichte  handelt  J.  Sabatier,  Lettre 
anx  directeurs  de  la  Revue  numismatique,  Revue  numismatique,  Nouv.  S^rie  8  (1863)  6 — 18; 
dazu  die  Berichtigung  von  Blacas  d*  Aulps  S.213  f.  —  Jul.  Friedländer,  Einige  unedierte 
und  einige  seltene  byzantinische  Münzen,  Berliner  Blätter  für  Münz-,  Siegel-  und  Wappenkunde 
2  (1865)  173—180,  —  F.  de  Pf affenh offen,  Sur  quelques  monnaies  byzantines,  Revue 
numismatique,  Nouv.  S^rie  10  (1865)285—293.  —  Julius  Friedländer,  Encore  quelques 
mots  sur  les  lettres  0  B  ^sur  les  monnaies  byzantines),  Revue  numismatique,  Nouv.  Sörie 
11  (1866)  61—63.  —  Fr.  Lenormant,  Poids  de  mödaillons  d'or  imp^riaux,  Revue  numis- 
matique, Nouv.  S^rie  12(1867)  127—134.  —  Alb.  Dumont,  Mödaille  in^ite  reprösentant 
Timage  de  J^sus  Sauveur  Chalc^n,  Revue  numismatique,  Nouv.  S^rie  12  (1867)  195 — 200. 

—  J.  de  Witte,  Observations  sur  les  pieces  d'argent  et  d'or  fourröes  aux  temps  de  la 
R^publique  romaine  et  de  TEmpire,  Revue  numismatique,  Nouv.  8^rie  13  (1868)  177—187. 

—  J.  Friedländer,   S3rracus   als  byzantinische   Prägestätte.   Numismatische   Zeitschrift  1 

(1869)  431 — 433.   —   J.  Friedländer,   Byzantinische  Marken,  Numismatische  Zeitschr.  2 

(1870)  453  f.  —  J.  Friodländer,  CONOB,  die  endlose  Frage,  Numismat.  Zeitschr.  3  (1871) 
479—484  (mit  Angabe  der  älteren  Litteratur  über  die  Legende  CONOB  auf  Goldmünzen 
der  späteren  Kaiserzeit).  —  M.  Pinder  et  J.  Friedländer,  De  la  signification  des  lettres 
O  B  sur  les  monnaies  d'or  byzantines.  Seconde  edition,  Berlin  1873  (mir  unzugänglich). 
Vgl.  dazu  The  numismatic  chronicle  N.  S.  13  (1878)  172  f.  —  C.  Sathas,  Sur  les 
quatre  B.  Lettin  ä  M.  Schlumberger,  Revue  archöolog.,  Nouv.  S^rie  33  (1877)  92—101 
(über  die  vier  B  auf  byz.  Münzen).  —  G.  Schlumberger,  Monuments  numismatiques  et 
sphragistiques  du  moyen-ftgc  byzantin,  Revue  arch<^olog.,   Nouv.  8<^'rie  40  (1880)  193—212. 

—  G.  Schlumberger,  Monnaies,  bulle  et  bague  byzantines  inödites,  Revue  numism.  III* 
särie  7  (1889)  261—266.  —  W.  Froehner,  Le  gant  dans  la  numismatique  byzantine, 
Annuaire  de  la  socidt^  fran^aise  de  numismatique  II.  s^rie  tome  14  (1890)  175—178.  — 
O.  Hey,  Zum  Verfall  der  römischen  Münztypik  in  der  späteren  Kaiserzeit,  Abhandl  W. 
v.  Christ  dargebracht,  München  1891  S.  42—52.  —  Über  die  Bedeutung  der  Münzen  für 
die  byzantinische  Geschichte  und  Ikonographie  vgl.  Sp.  P.  Lambros  B.  Z.  1  (1892)  193  ff. 

—  E.  A.  Stückelberg.  NobilissimaUmünzen,  Zeitschr.  f.  Numismatik  19  (189.3)  106—112. 

—  J.  A.  Blanchet,  Monnaies  romaines  et  byzantines  in^ites  ou  peu  connues,  Revue 
numism.,  III®  serie  11  (1893)  40—50.  —  Eine  schöne  Sammlung  byzantinischer  MOnzen 
hat  das  k.  Museum  des  Tschinili-Kiosk  in  Kpel  aus  dem  Ik^sitze  des  GeneraU  Mak- 
ridi  Pascha  erworben.  S.  Revue  de  TOrient  latin  2  (1894)  171.  ~  G.  de  Petra,  Di  un 
tesoretto  di  monete  d'oro  bizantine,  Notizie  degli  Scavi,  Marzo  1895  S.  83  f.  —  G.  Schlum- 
berger, Poids  de  verre  etalons  mondtiformes  d'originc  byzantine,  Revue  des  ^  gr.  8 
(1895)  59—76.  —  G.  Schlumberger,  Mereaux,  tesseres  et  jeton«  byzantins,  Revae 
numism,  III«  s^rie  13  (1895)  91    96. 


n 


1130 


Byiantiniscbe  LitteratnrgMobioht«.    All 


3.  HflnEfln  einsebiBr  Ealasr,  Fürsten  n.  ■.  w.  ( 
A.  Kaiser:  Adr.  de  LoDgp«rier,  Recherchi 
cl^tien  et  U  t^trerctue,  Beyna  numiBtnstiqDe,  Nirav.  I 
grDaster  Wichtigkeit  fOr  die  Geschieht«  der  rOmischeD 
iat  die  Abhandlnitg  von  0.  Seeck,  Die  MDnzpolitik 
Zeitschr.  f.  NumismaÜk  17  (1887)  86—89;  113—166.  - 
or  Mnulet  of  Helena,  Uie  mother  of  Constantine,  The 
bis  48.  —  Adr.  de  LoDgp^rier,  Snr  un  in^ullon  d 
matique,  Nouv.  S^rie  9  (1864)  112—117.  —  B.  Garne 
Be  trouvent  bot  lea  monnaies  de  Caiiat«ntiD  et  de  aec 
cioiuB,  Revue  nnmiBmatiqne,  Nouv.  S*rie  II  (1866)  7g 
UDO  l^(;ende  moaetaire  da  Constantin  le  Grand,  Revne 
337—344.  —  Dancoiane.  MädaiUon  in^t  de  Constat 
S4rie  14  (1869-1870)  316-318.  -  J.  FriedUnder, 
tinopel  geprägte  DenkmDnze,  Sallets  Zeitschr.  f.  Nnmiei 
let,  Der  Equis  Roraanua  auf  GoldmedailloniS  Conetam 
HumiBm.  3  (1875)  129—181.  —  Fred.  W.  Madden, 
Constantine  I  übe  Great,  bis  family  and  bis  saccessora 
(1877)  11—56;  242—307;  18  (1878)  1—48;  169—215. 
ConataDtin  dem  Grossen,  Numiamat  Zeitachr.  11  (187' 
aufwftrtasehenden  Bildniaae  Coostantin  des  Grossen  lu 
12  (1880)  74—107.  —  Comte  de  Westphalen,  I 
Constantin  le  Grand  suivant  Eusibe  et  les  m^aillec 
26  —  42.  —  Zn  den  HDoEen  Konstantins  des  Grossen  i 
Augustus  vgl.  A.  de  Beifort,  Annaaire  de  la  soci£t4 
logie  13  (1889)  281—293;  14  (1890)  70—90;  105—121 
dailles  de  Constantin  et  d'HäracIina  acquiaea  par  Jei 
nomism.  lU"  s^rie  8  (1890)  87—116  (mit  drei  Lichtdn 
W.  Froehner,  Ännuaire  de  la  sociät4  ft^n^aise  de  ni 
Fr.  Gnecchi,  Constantinopolis  Roma,  Rivista  italian 
(tlber  dio  Zelt  d^r  kleinen  anonymen  Broncemflnien 
oder  der  Borna).  —  Fred.  W,  Madden,  On  an  unpublb 
Tbe  numieraatic  chronicle  N.  S.  5  (1865)  -347—850.  - 
Julians  des  Apostaten  mit  der  Isis  and  dem  Siriusbun 
treffende  Denkmäler,  Zeitschr.  f.  Numismatik  13  (1865) 
de  numismatique.  1.  Trouvaille  de  monnaies  d'or  da  Bi 
l"  et  de  Valens),  Revue  uumismatiqne,  Nouv.  S^rie  11 
Card,  Les  deux  follea  des  ädits  impäriaux  du  1V°  ai^ 
de  numismatique  et  d'arcbdologie  12  (1888)  293—303. 
of  the  two  Eudoziaa,  Eadocia,  Placidia  and  Honoria 
Leo  I,  Struck  in  Italy,  Tlie  numismatic  cbronicle  N.  8. 
Card,  Un  miliares  d'Arcadiua.  fltude  sur  le  miliar^ 
nnmism.  in«  aerie  6  (1888)  417—433.  —  Fred.  W.  1 
bearing  tlie  name  of  Theodosiae  (Tbeodosios  U),  The 
161 — 1C4.  —  A.  L.,  Le  ntnaveufAioi'  bjiantin,  Revui 
1870)  268  {.  {Maurice-TibSre.  Constantine  et  leur  fils 
Priedlnnder,  Die  MOiizen  Justinians,  Berlin  1843.— 
grecque  des  monnaies  byzantinea,  dat^e  de  Justin  IL 
gänglich).  —  Alf.  Tauber,  Ein  Silbormedaillon  des  1 
(1872)  31-34.  -  L.  FriedlÄnder,  TSSeSSOH.  Sal 
1877)  150  f.  (aber  die  Legende  TSSESSOD  auf  Goldi 
bia  780J).  —  C.  Paparrigopuloa,  Snr  quelques  moni 


10.  HumiBm^'^.  jjgj 

de  corresp.  hell.  2  (1878)  622—625  (wohl  identisch  mit  desselben  Verfassers  Artikel:  JIsqI 
Tiytjy  Bv^aytivtSv  yo/ÄiafÄurtoy  rijf  &'  ixtet oyjaerijQidofj  Itortjg  1879  S.  35 — 37).  —  G. 
Schlumberger,  üne  monnaie  byzantine  in^dite  portant  les  effigies  de  Tempereur  incono- 
claste  Th^phile,  de  sa  femme  Th^odora,  de  ses  trois  premieres  filles,  Thöcla,  Anna,  Ana- 
stasie, Acad^mie  des  Inscriptions  et  Belles-Lettres  1891  R.  374 — 378  =  Revue  numism.  III® 
8^6  10  (1892)  1—6  (Goldmünze  aus  dem  Jahre  832  oder  833).  Wiederholt  in  Schlum- 
bergers  Mdanges  d'arch^ologie  byzantine  1  (1895)  141  ff.  —  G.  Schlumberger,  Une 
monnaie  inödite  de  Timp^ratrice  Thöodora,  fille  de  Gonstantin  VIII,  soeur  de  Zoö,  Revue 
numism.,  IIP  s^rie  13  (1895)  88—90.  —  £.  Miller,  Fragment  in^dit  de  Nicötas  Choniate 
relatifäun  fait  numismatique,  Revue  numismatique,  Nouvelle  Sörie  11  (1866)  33 — 42  (über 
die  im  Srjaavgog  oQdodo^iag  des  Niketas  Akominatos  enthaltene  Nachricht,  dass  Kaiser  Alexios  I 
Komnenos  den  goldenen  und  silbernen  Thorschmuck  der  Kirche  der  hl.  Jungfrau  von  Ghalko- 
pratia  f&r  Kriegszwecke  in  die  Münze  schickte).  —  A.  vanVleuten,  Über  eine  seltene  byzan- 
tinische Münze,  Sallets  Zeitschr.  f.  Numism.  6  (1878—1879)  67  f.  (Johannes  Komnenos  [1118 
bis  1143]).  —  PaulLambros,  Unedierte  Münze  Michaels  Palaeologos,  des  Kaisers  von 
Nicaea  (1260—1261),  Sallets  Zeitschr.  f.  Numism.  9  (1882)  44—46.  —  G.  Schlumberger, 
Deux  exagia  de  Töpoque  des  Palöologues,  Revue  numism.  UI^  s^rie  2  (1884)  427 — 429 
(Andronikos  11). 

B.  Prätendenten,  Despoten  u.  s.  w.:  W.  H.  Waddington,  Nicöphore  M^liss^e, 
pr^tendant  au  tröne  de  Byzance  (1080—1081),  Revue  numismatique,  Nouv.  S^rie  8  (1863) 
398 — 400  (mit  Abbildung  einer  Münze  des  Melissenos).  —  P.  Lambros,  Unedierte  Münzen 
und  Bleibullen  der  Despoten  von  Epirus,  Numismat.  Zeitschr.  3  (1871)  485 — 500.  —  Adr. 
de  Longp^rier,  Numismatique  byzantine.  Les  deux  Gabalas,  L4on  et  Jean,  seigneurs  de 
Rhodes  au  XO^'  sidcle,  Revue  numismatique,  Nouv.  S^rie  13  (1868)  446 — 452. 

4.  Naohbargebiete  (fremde  MAncen  unter  bysantinisohem  EinfliuMe). 

M.  Deloche,  Le  monnayage  en  Gaule  au  nom  de  Tempereur  Maurice  Tib^ro,  M^- 
moires  de  TAcad.  des  Inscr.  et  Belles-Lettres  Tome  30  (1883)  2.  partie  S.  379—395.  —  Da- 
gegen richtet  sich:  P.  Ch.  Robert,  Sur  la  pr^tendue  restauration  du  pouvoir  de  Maurice 
Tibdre  dans  la  Province  et  sur  les  monnaies  qui  en  seraient  la  preuve.  Ebenda  Tome  30 
2.  partie  (1883)  S.  397—438.  —  A.  A.  Kunik,  Über  die  russisch-byzantinischen  Münzen 
des  Jaroslav,  Petersburg  1860  (russ.)  (mir  unzugfinglich).  —  Al.  Oreschnikov,  Sceau 
de  plomb  du  XIII®  sidcle  au  nom  du  m^tropolitain  Cyrille,  Annuaire  de  la  sociöt^  fran^. 
de  numism.  et  d'arch^ologie  17  (1893)  446  f.  (Bleisiegel  des  russischen  Metropoliten  Kyrill 
mit  griechischen  Legenden,  13.  Jahrb.).  —  G.  Schlumberger,  Monnaies  d'or  d'un  chef 
bnlgare  du  XI  -  si^cle,  Sermon,  gouvemeur  de  Sirmium,  Revue  archöolog.,  Nouv.  s^rie  33 
(1877)  173 — 176  (Münze  mit  griechischer  Legende).  —  B.  von  Koehne,  Byzantinische 
Nachahmungen,  Berliner  Blfttter  für  Münz-,  Siegel-  und  Wappenkunde  2  (1865)  8 — 16 
(über  mittelalterliche  z.  B.  arabische  und  dänische  Münzen  nach  byzantinischen  Mustern).  — 
J.  Karabacek,  Die  angeblichen  A€0-Münzen  arabischer  Prägung,  Numismatische  Zeitschr. 
2  (1870)  52—59  (über  byzantinisch-arabische  Prägungen).  —  Mordtmann,  Die  Dynastie 
der  Dam'schmende,  Zeitschr.  d.  deutschen  morgenländ.  Gesellsch.  30  (1876)  467—486  (tür- 
kische Münzen  mit  griechischer  Legende).  —  A.  v.  Sallet,  Die  griechischen  Münzen  der 
türkischen  Dynastie  der  Danischmende,  Zeitschrift  für  Numism.  6  (1878)  45—54.  —  G. 
Schlumberger,  Les  monnaies  ä  legendes  grecques  de  la  dynastie  turque  des  fils  du 
Danichmend,  Revue  arch^olog.,  Nouv.  S^rie  39  (1880)  273—284.  —  Endlich  die  zusammen- 
fassende Arbeit  von  P.  Casanova,  Numismatique  des  Danichmendites,  Revue  numism.  III. 
s^rie  12  (1894)  307—321;  433-460;  13  (1895)  389—402;  14  (1896)  210-230  (ä  suivre) 
(mit  weiteren  Litteraturangaben).  —  V.  Langlois,  Numismatique  de  l'Abyssinie,  Revue 
arch^olog.  16  (1860)  432-438.  —  W.  F.  Prideaux,  The  coins  of  tho  Axumite  dynasty, 
The  numismatic  chronicle,  III.  s^rie  4  (1884)  205—219;  5  (1885)  66, 


1134         ByianUniBohe  Utteratnrgesohiahta.    All 

und  A.  B.  Hordtmann,  Epigraphik  von  ByzantiDD  ni 
Zeiten  bis  lum  Jahre  Cbristi  1453,  Denkschriften  der  Wi 
Zweite  Abteil.  3, 1—94,  —  Eine  wichtige  Sanuntnng  von  Ins 
C.  ö.  Curtis  nnd  S.  Aristsrches,  'ArixiatM  imyeaif 
intTgantj,  nnQÖQTrifitt  lov  n'  xiftav  (Kpel  1885)  (mit 
BvZartivai  Intyqaifiai,  £v)XoyiK,  'AQX''^'>^°y ■  ^(rponij, 
bis  27.  —  Einige  Inschriften  am  goldenen  Thore  bes 
'^e^oioio^.  ijinpajiij,  IlaQtfQi.  tov  X — xß'  lOfiov  (1892 
axtipit  iti  'Aipomiay,  Kiolöyov  "EßJoftad.  "EfniSeBiniaif 
Inschriften).  —  1%.  Reinach,  bwcription  juive  des  envi 
(1893)  167—171.  —  H.  Swainson,  Monograms  on  i 
Bt&ntinople.  B.  Z.  4  (1895)  106—108. 

B.  Athen  (mit  Umgebnng):  Archimandrit 
Schriften  in  Athen,  Peterebnrg  1874  (ross.)  (mir  unzagftngl, 
liehe  Inschriften  in  Athen,  Zapiski  der  k.  rnss.  Ak.  c 
a.  1—84  (ruBs.).  —  Ch.  Bayet,  Inscriptiona  chrätiennes 
(1878)  31-35;  162-170.  -  Ch.  Bayet,  De  Ütnlis  Ätt 
1878.  —  Panaretos  Eonstantinides,  UStj^iuV  äi>ii 
»aaiit  6  (1882)  80—85.  ~  K.  G.  Zesin,    X^miiayu 

Xgtaiwvixttl  d'p/ainiijKf  Knvaliov,  JtXxior  1  (1888- 
Xagäyfiitta  intyignifiXB  ini  o^jforin»'  finj/itiai)'  xai  j 
qitQÖ/ieva  t/c  iDi'  JHimruära  xai  loi't  ytaii^ovt  jfpiivofi 
J.  Sakkelion,  'Entygatfij  'A9tjriör  gQuitiavixij,  JtXii 
die  oben  Rubrik  3,  2  A  angeführten  Werke  Ober  die  ( 

C.  Dbb  »brige  Europa:  Steph.  M.  Thomop 
yeatfal,  Jchtoy  1  (1883—1885)  523—536.  —  Einige  bya 

pnloa,  Tri  ir  9taatiXiif  Mtiimfit,  Neolöyov  "EßJo/i.  ■&] 
A.  Papadopulos  Keraraeus,  Viz.  Vr.  1  (1894)  746.  ■ 
dotot  Bviavrinxai  iitiyQaqmi  jQiifuis  (J^aß^nxav),  Bnll 
A.  Hordtmann  Jr.,  Dne  iuscriptioD  hyzanline  de  Thest 
Thessalonique,  Revue  archfolog.,  Nout.  S4rie  36  (1878 
A.  PapadopaloH-Kerameus,  "Entygaqj^  8caaaXov(xi}i 
1889)  630—632,  —  A.  Mordtmann,  "EniygKtp^  ix  (ti 
iniTgoni},  nngagT.  tov  i*'  lö/io«  (I89I)  S.  28  (Orabschi 
Johanna  des  Generals  Beliaar).  —  P.  N.  Papageorgi 
iovixf)  T^tTf  ttvi*3otoi  tfitjipiftoiei  inty^atpai,  "Eatia  i 
und  46).  Berichtigung  duu  von  Sp.  P.  Lampros,  1 
Ch.  H.  Loparev,  Zwei  Bemerknngen  mr  altbnlgarisc 
archSol.  Ges.  3,  KI- IV,  Peterabnrg  1888  (Ober  die  grj 
Bulgarenfnraten  um  820)  (raas.)  (mir  unzogänglieh).  — 
fixttl,  Aaufuiel  xai  Sipßixai  iije  inaQxiitf  Beley^Vw 
84—102  (mit  zwei  Tafeln).  —  Jos.  Brnnämid,  Eine 
mium,  Eranos  Vinbobonensia.  Wien  1893  S.  331— 333. 
Hatranga,  Monografia  enlla  gründe  iscrisione  groca 
Maria  deil'  Ammiraglio  detta  della  Hartorsna,  Palenno 
bestehende  byzantinische  Weihinschrift).  —  Gins.  Coi 
Giorgio  Ammiraglio  della  madre  e  detla  cousorte,  Arch 
unzugänglich).  —  A.  Leval,  Tfcit  iaiy^aipal  7pMT(n> 
räv  SvQaxovnmy,  £üXXoyof,'jgx'"'>^<>)'-  irmeontj,  naecig 
Sprachlich  interesaante  griechische  Grabinschriften  aus 
Helle  catacombe  di  S.  Giovanni  ed  in  (^oelle  della  vigna 


18.  Sprache-'  jj35 

scavi  del  mese  di  Luglio  1893.  —  Manche  hyzantinische  Inschriften  bringt  J.  Pomjalovskij, 
Bammlang  griechischer  und  lateinischer  Inschriften  des  Kaukasus,  Petersburg  1881  (russ.).  — 

A.  Berthier-Delagarde,  Die  Inschrift  aus  der  Zeit  des  Kaisers  Zenon,  in  Verbindung 
mit  Bruchstücken  aus  der  Geschichte  des  Chersones,  Zapiski  der  k.  GeseUsch.  f.  Geschichte 
und  Altertümer  zu  Odessa  XVI  1  S.  45—88  (russ.)  (mir  unzugänglich).  —  V.  Laty^ev, 
Studien  zur  byzantinischen  Epigraphik,  Viz.Vr.  1  (1894)  657—672;  2  (1895)  184—188.  — 
Zur  ersten  Abhandlung  von  Latyöev  vgl.  J.  Kulakovskij,  Zur  Erklärung  der  auf  der 
Halbinsel  Taman  gefundenen  Inschrift  mit  dem  Namen  des  Kaisers  Justinianus,  Viz.  Vr.  2 
(1895)  189 — 198,  und:  Zur  Geschichte  des  kimmerischen  Bosporos  am  Ende  des  6.  Jahrb., 
Viz.  Vr.  3  (1896)  1 — 17,  endlich:  A.  Semenov,  Eine  Inschrift  mit  dem  Namen  Kaiser 
Justinians  von  der  Halbinsel  Taman,  B.  Z.  6  (1897).  —  Weitere  byzantinische  Inschriften 
ans  Rassland  findet  man  bei  V.  Laty§ev,  Materialien  zur  Archäologie  Russlands,  Nr.  9, 
Petersburg  1892  (russ.)  (mir  unzugänglich). 

D.  Asien  und  Afrika:  Ch.  Duchesne,  Inscription  chrötienne  de  Bithynie,  Bull. 
de  corresp.  hell.  2  (1878)  289—299.  —  X.  A.  Sideropulos,  BvCaynya  iniivfißia  iv  Xqvüo- 
noAei,  £vXXoyos  17  (1886)  125  f.  —  Ch.  Diehl,  Rescrit  des  empercurs  Justin  et  Justinien 
en  date  du  V^  juin  527,  Bull,  de  corresp.  hell.  17  (1893)  501—520.  —  H.  Geizer,  Byzan- 
tinische Inschriften,  B.  Z.  3  (1894)  21—25  (eine  Inschrift  Justinians  aus  Milet  und  eine  In- 
schrift des  8.  Jahrb.  aus  Thasos).  —  Franz  Cumont,  Note  sur  une  inscription  d'Iconium, 

B.  Z.  4  (1895)   99 — 105  (Grabschrift  eines  im  Jahre  1297  in  Ikonium  gestorbenen  Prinzen 
Michael  Konmenos).  —   C.  Clermont-Ganneau,   Inscriptions  grecques  et  ^glises  latines 
de   Gaza,  Acad.  des  Inscr.  et  Belles-Lettres,   Comptes  rendus  des  söances,  4.  s4rie,  t.  21 
8.  71—73   (23  et  28  avril  1893).  —  A.  Papadopulos-Kerameus,    T^bis  iinyga^al  Bv 
layrivai,  Viz.  Vr.  1  (1894)   133—141.   —  H.  Geizer,   Griechische   Inschrift  vom  ölberg, 
Mitteilungen  und  Nachrichten  des  deutschen  Palästina  Vereins  1895  S.  17—21.  —    l^tienne 
Mi c hon,  L'inscription  cn  mosatque   de  la  basilique  de  Medeba   et  la  mosaYque  de  Kabr- 
Hiram,  Revue  bibhque  5  (1896)  263—267.  —  J.  B.  Chabot,    Inscription  byzantine  de  C6- 
aar^  de  Palestine.  B.Z.  5  (1896)  160—162.  —  Inschriften  aus  Palästina  bringt  jetzt  be- 
sonders die  Revue  biblique  trimestrielle  (1892  ff.).  Vgl.  die  Berichte  von  Batiffol,  B.Z.  1 

1892)  614-617;  4  (1895)  141-143;  345.  —  Im  übrigen  vgl.  zu  den  byzantinischen  In- 
ichriften  Kleinasiens  die  Nachweise  von  Fr.  Cumont  in  der  oben  (Rubrik  A)  angeführten 
Schrift.  —  Ch.  Diehl,  Une  charte  lapidaire  du  VI®  sidcle,  S.  A.  aus  den  Comptes  Rendus 
le  TAcad^mie  des  Inscriptions  et  Belles-Lettres  1894  (lateinische  Steinurkunde  aus  Afrika 
xiit  zwei  Kanzleiformeln  in  Kursivschrift). 

E.  Zur  Epigraphik  des  lateinischen  Orients:  Tankervllle  J.  Chamber- 
.  ayne,  Lacrimae  Nicossienses.  Recueil  d'inscriptions  fnnöraires,  la  plupart  fran^aises, 
szistant  encore  dans  Tile  de  Chypre,  suivi  d*un  armorial  chypriote  et  d'une  description 
ropographique  et  archöologique  de  la  ville  de  Nicosie.  T.  1.  Paris  1894  (mir  unzugänglich). 

13.  Sprache. 

1.  LexikaliBohea. 

Das  wichtigste  Hilfsmittel  ist  natürlich  auch  für  die  Byzantiner  der  Thesaurus  Hen- 
ri ci  Stephani  in  der  neuen  Pariser  Bearbeitung  von  B.  Hase,  W.  und  L.  Dindorf.  — 
Zur  Ergänzung  dient  E.  A.  Sophocles  (f  Professor  der  Universität  Cambridge,  Massa- 
chussets),  Greek  lexicon  of  the  Roman  and  Byzantine  periods,  2.  Aufl.,  Boston  1870;  3.  Aufl. 
(nur  wenig  vermehrt)  New- York  1888.  —  Manche  Nachträge  liefert  auch  für  die  byzan- 
tinische Zeit  St.  A.  Kumanudes,  Xvvaytoyrj  Xi^Btov  a&rjffttVQiffrtay  iy  toTg  'EXXrjyixoTg 
Xe(&xoTf,  Athen  1883.  —  Dazu  die  S.  799  Nr.  5  angeführten  vnlgärgriechischen  Wörter- 
bücher. —  Ein  grosses  Bedürfnis  ist  ein  Lexikon  der  byzantinischen  Familien- 
Damen.  Bedeutende  Vorarbeiten  für  ein  solches  hat  seit  mehreren  Jahren  H.  Moritz 
[Landshut)  gemacht.    Eine   Hauptfundgrube  sind   die  Acta  et  diplomata  edd,  MikLoaicbi  ^t 


1136         BysuttlniMha  Litter»targe«chiobt«.    M 

Möller.  —  Eiaen  hübscben  Beitrag  Eur  Eeantnis  der 
uamen  gibt  Alex.  EumorphopaloB,  'Eaia^fia  ßvZat 
(1895)  161—168. 

Wichtige  Beitrage  zur  mittelgriechischen  Lexil 
auch  zur  Frage  über  die  kulturellen  Wechaelwirk 
der  griechischen  Element«  in  den  Sprachen  der  Lateinei 
Perser,  Türken,  Armenier,  Georgier,  Slaven,  Albanesei 
Elemente  im  Mittel-  und  Neugriechischen.  Ich  notier 
man  die  filtere  nnmittelbar  oder  mittelbu-  hierher  g 

Lateinisch:  Nor  die  vorbyiantioiache  Zeit  berü< 
langue  latine  chez  lee  Grecs  dons  l'antiquit^,  in  seinei 
Philologie.  Paris  1863  S.  259—276.  —  Wenig  bietel 
Bndinazkf,  Die  Ausbreitung  der  lateinischen  Spra< 
Viereck,  Senno  graecus  quo  eenatus  populusque  Romu 
usi  sunt  exanunatnr,  Göttingen  1888.  —  Ebenfalls 
Eckinger,  Die  Orthographie  lateinischer  WOrter  in 
Dias.,  München  1892.  --  In  Form  eines  in  der  Volkss 
Ober  die  Unterscheidung  lateinischer  und  italieni 
Mikrojannis,  'Eaiia  vom  28.  Juli  und  4.  Augnst  I8S 
Bearbeitung  erfuhr  der  Gegenstand  durch  Psicbari  und  « 
da  Latin  sur  le  Grec;  J.  G.  Triantaphyllidee,  Lej 
et  les  Qovelles  de  Justinien;  dazu  eine  ansfohrliche  E 
Arbeiten  in  den  £tudes  de  philologie  n^grecque  publ 
bis  277.  —  Hanptschhften:  Gust  Me  jer,  Neugriecbisc 
wDrle  im  Neagriechiechen.  IV;  Die  romanischen  Lehnwt 
Wien.  Ak.  Bd  132,  Wien  1895.  Zu  III  vgl.  die  vie 
sprechung  von  J.  Fsichari,  Revue  critique  1895  N: 
Vorarbeiten  liesse  sich  nun  wohl  die  Geschichte  des 
nischen  Sprache  im  oetrömischen  Reiche  im  grossen 
von  der  k.  d&mschen  Gesellschaft  der  Wissenschaf 
(Stellung  des  Lateinischen  als  Sprache  der  Regiemi 
Reiche  seit  Konstantin  dem  Grossen  bis  zur  Epochi 
ständig  durch  die  griechische  ersetzt  wurde,  und  üb 
diesem  Gebrauche  des  Lateinischen  und  der  Litteratt 
sigt  over  det  K.  Danske  videnskabemes  selskabs  forhai 
keinen  Bearbeiter  gefunden  zu  haben-  —  Von  WichÜt 
Lateinischen  bezüglichen  Bestimmungen  und  Andeutu 
Jahrhunderts  verfassten  Strateglka  dos  sogenannte: 
Lingenthal,  B.  Z.  3  (1894)  441. 

Semitische  Sprachen;  Zahlreiche  Litteratni 
Non-Hebrew  languages  used  by  Jews,  The  Jewish  ( 
Samuel  Krause,  Zur  griechischen  und  lateinischen 
B.  Z.  2  (1893)  491-548.  Von  Krauss  wird  ein  gros 
selben  Gegenstand  vorbereitet.  —  Joseph  Perles,  J 
Z  2  (1893)  569-584.  Vgl.  dasselben  .Beitfjlge  lur 
künde',  Monatsschrift  für  die  Geschichte  und  Wis 
Heft  1  ff.  —  S.  Fraenkel,  Orientaliaches  im  Byzan 
Psicbari,  Etudes  de  philologie  u^o-grecqne,  Paris  18! 
Lexikons  der  griechischen  Wörter  im  Osmanli).  —  O. 
griechischen  und  romanischen  Beatandteile  im  Worl 
Sitzungsber.  Wien.  Akad.  Bd  128,  Wien  1893.  — 
Bohen  Elementen  im  Arabischen  und  TUrkischeii,  B. 


18.  Sprache.  II37 

Bemerkungen  tlber  griechische  Lehnwörter  im  Aramäischen  gibt  Th.  Nöldeke,  Mandäische 
Grammatik,  Halle  1875  S.  XXIX  f.  —  Jul.  Füret,  ßiossariom  Graeco-Hebraeum  oder  der 
griechische  Wörterschatz  der  jüdischen  Midraschwerke ,  Strassburg  1890.  Vgl.  die  Be- 
sprechung von  A.  Thumb,  Indogerm.  Forschungen,  Anzeiger  6  (1896)  56—60.  —  S. 
Fraenkel,  Beitrftge  zum  aramäischen  Wörterbuch,  Zeitschr.  f.  Assyriologie  9  (1894)  1 — 10. 

—  J.  Fürst,  Zur  Erklftrung  griechischer  Lehnwörter  in  Talmud  und  Midrasch,  Monatsschr. 
f.  Geschichte  und  Wiss.  d.  Judentums,  N.  F.  2  (1894)  305-311.  -  Einiges  auch  bei  Fr. 
Miklosich,  Die  türkischen  Elemente  in  den  südosteuropäischen  Sprachen.  I.  IL  Nachträge 
I.  U.  Denkschriften  Wien.  Ak.  Bd  34,  35,  38,  Wien  1884-90. 

Slavisch,  Albanesisch  und  Rumänisch:  Über  die  lautliche  Behandlung  griechi- 
acber  Namen  im  Slavischen  vgl.  A.  Sobolevskij,  Griechisch-slavische  Studien,  Russkij 
filol.  vjestnik  Bd  9  und  10  (1883).  —  Jan  Krystjniacki,  Über  die  griechische  Sprache 
der  byzantinischen  Schriftsteller  im  allgemeinen  und  im  besondem  über  die  ^rt  sla- 
Tische  Namen  auszudrücken,  Progr.  d.   k.   k.   IV.   G3rmnasinms  in  Lemberg   1890   (poln.). 

—  Manches  über  griechische  Elemente  im  Bulgarischen  berichtet  Jv.  D.  Si§manov, 
Beitrftge  zur  bulgarischen  Volksetymologie,  Sbomik  blgarsk.  9  (1893)  (bulg.).  —  Über  die 
griechischen  Elemente  im  Albanesischen  s.  G.  Meyer,  Etymologisches  Wörterbuch  der  alba- 
neaischen  Sprache,  Strassburg  1891.  —  Über  die  griechischen  Wörter  im  Rumänischen  vgl. 
B.  P.  Hasdeu,  Etymologicum  Magnum  Romaniae,  Bukarest  1885  ff.  —  Slavische,  alba- 
neaische  und  rumänische  Elemente  im  Mittel-  und  Neugriechischen:  Fr.  Miklosich,  Die 
slavischen  Elemente  im  Neugriechischen,  Sitzungsber.  Wien.   Akad.   Bd   63  (1870)  529  ff. 

—  Reichhaltigei;  ist  D.  Matov,  Griechisch-bulgarische  Studien,  Sbomik  blgarsk.  9  (1893) 
21  fL  (bulg.).  —  Noch  reicher  G.  Meyer,  Neugriechische  Studien.  Ü.  Die  slavischen,  alba- 

^nesischen  und  rumänischen  Lehnworte  im  Neugriechischen,  Sitzungsber  Wien.  Akad. 
Bd  130,  Wien  1894  (S.  3  ff.  Verzeichnis  der  älteren  Litteratur). 

2.  Grammatik  und  Stil. 

Von  grösster  Wichtigkeit  für  die  Kritik  und  Beurteilung  der  byzantinischen  Eunst- 
-ifrache  ist:  W.  Schmid,  Der  Atticismus  in  seinen  Hauptvertretem  von  Dionysius  von 
^Halikamass  bis  auf  den  zweiten  Philostratus,  4  Bde,  Stuttgart  1887—1896.  —  Ebenso 
*«Bentbehrlich  ist  wegen  des  in  der  ganzen  byzantinischen  Litteratur  bemerkbaren  Einflusses 
'der  Sprache  der  heiligen  Schriften:  G.  B.  Winer,  Grammatik  des  neutestamentUchen 
'^ Sprachidioms,  8.  Aufl,  neu  bearbeitet  von  P.  W.  Schmiedel,  bis  jetzt  I.  Teil,  Göttingen 
'^1894.  VgL  die  Nachträge  von  W.  Schmid,  Götting.  Gel.  Anzeigen  1895  S.  26-47.  — 
-•IVequenz  und  Anwendung  der  Präpositionen  bei  den  byzantinischen  Dichtem  untersucht 
"^^(im  Zusammenhange  mit  der  alten  Litteratur)  Tycho  Mommsen,  Beiträge  zu  der  Lehre 
•*Ton  den  griechischen  Präpositionen,  4  Hefte;  Heft  1-3,  Frankfurt  a.  M.  1886-1887, 
>Heft  4,  Berlin  1895.  —  C.  Paparrigopulo,  De  Putilit^  des  ouvrages  byzantins  pour 
lliistoire  de  la  langue  grecque  actuelle,  Bull,  de  corresp.  hell.  1  (1877)  274—278.  —  Üher 
He  innere  Berechtigung  der  byzantinischen  Gräzität  dem  Attischen  und  Hellenischen  gegen- 
ftber  handelt  Edw.  A.  Freeman,  Some  points  in  the  later  history  of  the  Greek  language, 
Jonmal  of  Hellenic  studies  3  (1882)  361—392.  —  Einige  prinzipielle  Fragen  bei  der  Her- 
Btellung  spätgriechischer  und  byzantinischer  Texte  und  einige  Eigentümlichkeiten  der  byzan- 
tillischen  Gräzität  erörtert  E.  Krumbacher,  Studien  zu  den  Legenden  des  hl.  Theodosios, 
SitEungsber.  bayer.  Ak.  1892  S.  264-277;  362—377.  —  Die  noch  sehr  spärlichen  sprach- 
lichen  Untersuchungen  zu  einzelnen  Autoren  sind  in  den  betreffenden  §§  angeführt. 

Satz  Schlussgesetz:  Die  höchste  Beachtung  verdient  für  die  stilistische  Beur- 
teilung und  die  Textkritik  der  byzantinischen  Prosaiker  die  Entdeckung  eines  mit  grosser 
EtegelmäSHJgkeit  beobachteten  rytimiischen  Gesetzes  im  Satzschlusse,  das  auch  bei  den 
Lateinern  vorkommt  und  hier  Cursus  genannt  wird:  W.  Meyer,  Der  accentuierte  Satz- 
ftchliisB  in  der  griechischen  Prosa  vom  IV.  bis  XVI.  Jahrhundert,  Göttingen  1891.  V^l.  die 
Besprechungen  von  L.  Havet,  Revue  critique  32  (1891)  207  ff.,  \md  (j,  ^^^^x,  ^«iVoäv 
Mßodbaeb  der  kJäta,  AlteHunuwineDtcbntt  IX,    1.  AbUg .    2.  A.ufU  *VL 


1140         BysanüniBche  LitteratnrgMchichte.    Allgemeine  Bibliographie. 

der  Berichte  der  Universit&t  Odessa)  (niss.).  —  N.  Popov,  Über  das  Studium  der  byzanti 
nischen  Geschichte,  Bogosl.  Yjestnik  1893,  HI,  Septemberheft  S.  338—350.  —  Kane  Über- 
sicht der  neuesten  Entwickelung  der  byzantinischen  Studien  bei  A.  A.  Spasskij,  Der 
neueste  Byzantinismus  und  seine  Bedeutung.  Eine  Probevorlesung  in  der  Moskauer  geiaü. 
Akademie,  Bogosl.  Vjestnik  1894,  April  S.  34—62.  —  Eine  Skizze  der  Geschichte  der  byian. 
tinischen  Studien  seit  Gibbon  bis  auf  die  Gegenwart  gab  J.  B.  Bury  in  seiner  NeuausgaW 
von  Gibbons  History  of  the  decline  and  fall  of  the  Ronum  empire  1  (1896)  XLV  ff. 

2.  Lehrsttthle  fOr  die  byzantinieohe  Philologie.    Institiite. 

Der  erste  Lehrstuhl  f&r  die  byzantinische  Philologie  wurde  im  Jahre  1892  von  der 
k.  bayerischen  Staatsregierung  in  München  errichtet.    Dagegen  wurde  ein  von  derselbe! 
Regierung  dem  bayerischen  Landtage  vorgelegtes  Postulat  zur  Errichtung  eines  byzantinisdieo 
Semmars  in  München  am  5.  Mftrz  1896  abgelehnt.    Vgl.  B.  Z.  5  (1896)  379—381.    —   An 
20.  Jan.  1893  habilitierte  sich  A.  Papadopulos  Eerameus  als  Privatdozent  fttr  mittel- 
und  neugriechische  Philologie  an  der  Universitftt  Petersburg.    —    Am   27.  April  189C^ 
habilitierte  sich  für  dasselbe  Fach  D.  C.  Hesseling  an  der  üniversit&t  Leiden.   —  Im 
Jahre  1895  erhielt  W.  Pecz  einen  Ruf  als  o.  Professor  der  klass.  Philologie   an  die  um- 
versit&t  Budapest  mit  der  Verpflichtung  auch  über  mittel-  und  neugriechische  Philolo^ 
Vorlesungen  zu  halten.  —  Femer  wird  der  sprachliche  Teil  der  mittel-  und  neugriechischen 
Philologie  berücksichtigt  von  Prof.  A.  Thumb  in  Freiburg  i.  B.  —  Rein  praktischen  Zwecken 
dienen  die  Lehrstellen  für  Neugriechisch  am  orientalischen  Seminare  zu  Berlin  und  ander 
£cole  des  langues  orientales  Vivantes  zu  Paris.  —  Eine  mächtige  Förderung  erhielten  du 
byzantinischen  Studien  durch  die  Gründung  eines  kais.  russischen   archäologisches 
Instituts  in  Kpel.  Die  Statuten  des  Instituts,  das  am  15.  Januar  1895  unter  der  Leitong 
des  Prof.  Th.  Uspenskij  seine  Thätigkeit  eröfbet  hat,  sind  im  Viz.  Vr.  1  (1894)  456  bis 
460  mitgeteilt.   —  Auch  die   französische  Schule  in  Rom  und  Athen  hat  seit  lingerer 
Zeit  ihre  Aufmerksamkeit  dem  byzantinischen  Mittelalter  zugewendet,  und  ein  Mitglied  der 
Schule  in  Athen  (G.  Mi  11  et)  darf  seine  ganze  Thätigkeit  auf  dieses  Gebiet  konzentrieren 
—  Weniger  Sympathie  haben  sich  die  byzantinischen  Studien  bis  jetzt  beim  deutsch ea 
archäologischen  Institute  zu  erwerben  vermocht 

8.  Zur  Biographie  einselner  Forscher  auf  dem  bysantinischen  Gebiete. 

Leo  Allatius  (1586—1669):  Stephan.  Gradius,  Allatii  vita,  bei  A.  Mai,  Noti 
patrum  bibl.  VI  2  (1853)  V-XXVIH.  —  Kurze  Skizze  der  Biographie  und  Thätigkeit  des 
Allatius  bei  K.  N.  Sathas,  NeoeXXtjyix^  (piXokoyia,  Athen  1868  S.  268— 274.  —  Eine  Bio- 
graphie des  Allatius  enthält  auch  das  Buch  des  bekannten  Pseudo-Fürsten  und  littoi- 
rischen  Fälschers  Demetrios  Rhodokanakis:  Leonis  Allatii  Hellas  cum  veraione  latisa 
a  Guidone  de  Souvigny  edidit  Demetrius  Rhodocanakis  princeps,  Athenis  1872.  Sie  ver- 
dient aber  infolge  der  bekannten  Fälschungsmanie  des  Verfassers  nicht  die  mindeete  Be- 
achtung. .La  biographie  allatienne  qui  se  trouve  dans  ce  volume  et  les  notes  qui  le  te^ 
minent  sont,  comme  tous  les  öcrits  de  Rhodocanakis,  un  salmigondis  de  d^tails  apociyphes 
et  ne  möritent  aucune  creance".  E.  Legrand,  Dossier  Rhodocanakis,  Paris  1895  S.  l(Wf. 
Vgl.  B.  Z.  5  (1896)  377-379. 

Du  Cange  (Charles  du  Fresne,   Sieur)   (1610—1688):   Jean   Charles   Dufresn« 
d'Aubigny,   Memoire  historique   pour  servir  ä  Töloge  de  Ch.  du  Fresne  Sieur   du  Can^. 
Paris  1766.    —    Henri  Hardouln,    Essai  sur  la  vie  et  sur  les  ouvrages  de  Charles  Du- 
fresne  Du  Cange,  Paris  1849.  —  Läon  Feugerö,  Ötude  sur  la  vie  et  les  ouvrages  de  Jh 
Cange,  Paris  1852.  -   Interessante  Aufschlüsse  über  die  Entstehungsgeschichte  des  mittel- 
griechischen Glossars  von  Du  Cange  enthalten  die  Briefe,  welche  der  Verleger  Anisson  tm 
Lyon  aus  an  Du  Cange  richtete:   H.  Omont,   Lettres  d'Anisson  ä  Du  Cange  relativ«  4 
rimpression  du   glossaire  grec  (1682-1688),   Revue  des  6t.  gr.  5  (1892)  212—249.    U 
diesem  Glossar  vgl.  auch  H.  Omont,  Abbr^viations  grecques  copi^s  par  Ange  Politien  «t 
publiöes  dans  le  glossaire  grec  de  Du  Gwv^<a,  Rä^«  dea  ^t  ^,  7  (1894)  81—88, 


15.  Ge»chichte  der  byeaU**      ^Hen  Philologie.  1141 

Mich.  Lequien  (1661-1733):  Kurze  Biographie  in  der  Nouvelle  biographio  gönö- 
rale  30  (1859)  860  (mit  Litteraturangaben).  —  Den  Vertrag,  welchen  Le  Quien  am  27.  Febr. 
1722  mit  dem  Pariser  Buchhftndler  Nie.  Simart  über  die  Heraasgabe  des  Oriens  christianus 
abschloss,  ed.  H.  0<mont>,  Traitö  pour  l'^dition  de  TOriens  christianos  da  P.  Le  Qaien, 
Revue  de  FOrient  latin  2  (1894)  190  f. 

Edward  Gibbon  (1737 — 1794):  Seine  Autobiographie,  ^perhaps  the  best  specimen 
of  Autobiographj  in  the  English  language'^  (Whitaker),  wurde  nach  seinem  Tode  von  Lord 
Sheffield  1795  herausgegeben.  Wiederholt  in  der  Ausgabe  seiner  History  of  the  decline 
and  fall  of  the  Roman  Empire  von  William  Smith,  Bd  1  (London  1854)  1—136.  — 
Eine  deutsche  Übersetzung  von  <J.  W.  H.  Ziegenbein>  erschien  unter  dem  Titel  ,, Gibbons 
Leben*,  2  Teile,  Braunschweig  1796 — 1797.  —  Biographie  und  Charakteristik  von  M.  Gui- 
zot  in  seinen  .M^langes  biographiques',  Deuxiöme  Edition,  Paris  1868  S.  1—48.  —  James 
Cotter  Morison,  Gibbon,  London  1878,  in  der  Sammlung:  English  Men  of  Letters  edited 
by  John  Morley  (ausführliche  Biographie).  —  Biographie  in  der  Encyclopaedia  Britannica 
10  (1879)  572—582.  —  Entwurf  einer  ausführlichen  Biographie  und  Charakteristik  von  Jac. 
Bernays,  Gesammelte  Abhandlungen  2  (1885)  206—254.  —  Charakteristik  von  J.  B.  Bury 
in  seiner  Neuausgabe  von  Gibbons  History  of  the  decline  and  fall  of  the  Roman  Empire  1 
(1896)  XXXI  ff. 

Fr.  Wilken  (der  Verfasser  des  oben  S.  1076  zitierten  Werkes:  Rerum  ab  Alexio  I 
etc.)  (1777—1840):  Ausführliche  Biographie  und  Charakteristik  von  Adolf  Stell,  Der  Ge- 
schieh tschreiber  Friedrich  Wilken,  Cassel  1896. 

Gottlob  Lukas  Friedrich  Tafel  (1787—1860):  E.  Kunik,  Über  die  Schriften 
des  Byzantinisten  Tafel,  Gelehrte  Anzeigen  d.  k.  Akad.  d.  Wiss.  1.  und  3.  Abteil.  Bd  2, 
Petersburg  1853  (mir  unzugftnglich).  —  Artikel  von  C.  Neumann,  Allgemeine  deutsche 
Biographie  37  (1894)  342—346. 

Jacob  Philipp  Fallmerayer  (1790—1861):  Biographische  Skizzen  von  Steub, 
AUgemeine  Deutsche  Biographie  6  (1877)  558—566,  und  von  G.  M.  Thomas  in:  Gesammelte 
Werke  von  J.  Ph.  Fallmerayer  herausgegeben  von  G.  M.  Thomas  1  (1861)  Xm-XLVHI.  — 
Joh.  Chrys.  Mitterrutzner,  Fragmente  aus  dem  Leben  des  Fragmentisten,  Brixen  1887 
(namentlich  Exzerpte  aus  Schriften  und  Briefen  Fallmerayers).  —  C.  R.  v.  Höfler,  Er- 
innerungen an  Phil.  Jacob  Fallmerayer.  Ein  Licht-  und  Schattenbild,  Mitteilungen  des  Ver- 
eins für  Geschichte  der  Deutschen  in  Böhmen  26  (1888)  395—416  (sehr  interessante,  auch 
für  die  Beurteilung  der  Slaventheorie  Fallmerayers  wichtige  Mitteilungen). 

George  Finlay  (1799—1876):  Autobiographie  in  der  nach  seinem  Tode  von  H.  F. 
Tozer  besorgten  Gesamtausgabe:  A  history  of  Greece  1  (1877)  XXXIX— XLIX. 

Karl  Hopf  (1832 — 1873):  Kurze  Biographie  von  L.  Streit  in  der  „Allgemeinen 
deutschen  Biographie**  13  (1881)  102—104.  Der  litterarische  Nachlass  von  K.  Hopf  be- 
findet sich  bei  Prof.  Dr.  R.  Röhricht,  Berlin  N,  Weissenburgerstr.  76,  und  wird  von  ihm 
den  Fachgenossen  in  liberalster  Weise  zur  Benützung  dargeboten. 

Bischof  Porph.  Uspenskij  (1804—?):  Das  Buch  meines  Lebens.  Tagebücher 
und  autobiographische  Aufzeichnungen.  I.  Petersburg  1894  (russ.).  Beigegeben  ist  eine 
von  Syrku  verfasste  Biographie  des  Bischofs  und  das  Bild  desselben. 

Graf  Riant  (1836—1888):  Eine  kurze  Biographie  des  Begründers  der  Sociötö  de 
rOrient  latin  gab  M.  de  Vogüö,  Le  comte  Riant,  Revue  de  TOrient  latin  1  (1893)  1—15. 

G.  Morosi  (1844 — 1890):  Eine  biographische  Skizze  dieses  um  die  Kenntnis  des 
griechischen  Unteritaliens  (s.  S.  1072)  hochverdienten  Gelehrten  gab  G.  N.  Chatzidakis, 
'A^fjt^a  2  (1890)  697-701. 

J.  Sakkelion  (1815—1891):  Sp.  P.  Lampros,  'Itoayytjg  £axxeXltoy,  JeXtioy  3  (1890 
bis  1892)  579-582. 

AI.  Paspates  (1814—1891):  Nekrolog3  von  A.  Mordtmann,  IvXXoyog,  tofAos  «y* 
(1893)  13—18,  und  Sp.  P.  Lampros,  JeXtioy  4  (1892)  205—207. 


1142         Byzantinische  Litter aturgesohichte.    Allgemeine  Bibliographie. 

Joh.  Romanos  (1836—1892):    Nekrologe  von  Gast.  Meyer,    B.  Z.  1  (1^2)  IH. 
und  Sp.  P.  Lampros,  JBXtlov  4  (1892)  207  f. 

Tassos  Dem.  Nerufcsos  (1826—1892):  Nekrolog  von  Sp.  P.  Lambros,  JtXnwi 
(1892)  209  f. 

K.  E.  Zachariae   von   Lingentbal  (1812—1894):   BiograpbiBche  Skizze  von  W.    | 
Fischer,  B.  Z.  3  (1894)  645—648.  -    Ein  Verzeichnis  seiner  Schriften  gab  W.  Fischer, 
Zeitschrift  der  Savigny-Stiffcung  ftir  Rechtsgeschichte,  Rom.  Abt  16  (1895)  320—332.  - 
Fischer  arbeitet  auch  an  einer  grösseren  Biographie  Zachariaes.    YgL  seine  Bemerkungen 
B.  Z.  5  (1896)  382  f.  —  Nekrolog  von  A.  Pavlov,  Viz.  Vr.  1  (1894)  464-468. 

Archimandrit  Antonin  (1817-1894):  Kurzer  Nekit)log  im  Viz.  Vr.  1  (1894)  260  f. 

J.  M.  Martynov  (Martinov)S.J.  (1821-1894):  NekrologimViz.  Vr.  1(1894)462-464. 

E.  V.  Muralt  (1808-1895):  Nekrolog  im  Viz.  Vr.  2  (1895)  725—728.    Auszug  m 
demselben  in  der  B.  Z.  5  (1896)  383  f.  i 

Gabriel  Destunis  (1818-1895):  Nekrolog  von  E.  Kurtz,  B.  Z.  4  (1895)  646  bis  I 
648  —  Ein  chronologisch  geordnetes  Verzeichnis  seiner  Werke  und  Abhandlungen  brachte  | 
der  Viz.  Vr.  2  (1895)  317-326. 

Eustathios  Bulismas  (1819—1895):  Kurzer  Nekrolog  von  Sp.  Lambros,  B.  Z.4 
(1895)  648. 

Jos.  Müller  (1825-1895):  Nekrolog  von  C.  0.  Zuretti,  B.  Z.  5  (1896)  256. 

V.  G.  Vasiljevskij:  Ein  Verzeichnis  seiner  Schriften  bis  1889  gab  A.  A.  Kunik,   I 
Referat  (Zapiska)  über  die  gelehrten  Arbeiten  des  korresp.  Mitgliedes  d.  k.  Akad.  d.  Wissen- 
schaften V.  Gr.  Vasiljevskij.    Vorgetragen  in  der  Sitzung  der  histor.-philolog.  Abteilung  m 
12.  Dez.  1889.    Petersburg  1890. 

16.  Byzanz  in  der  schönen  Litteratur. 

Zu  der  Geschichte  der  byzantinischen  Studien  steht  die  Popularisierung  byzantinischa 
Stoffe  in  engster  wechselseitiger  Beziehung.  Bei  dem  geringen  Interesse,  welches  das  oii> 
europäische  Mittelalter  bis  auf  die  neueste  Zeit  selbst  in  den  gelehrten  Kreisen  gefimdcs 
hat,  ist  es  nicht  zu  verwundem,  dass  byzantinische  Stoffe  in  Romanen,  Erzählungen,  Sdhas- 
spielen,  Opern  und  in  den  bildenden  Künsten  nur  selten  behandelt  worden  sind.  Es  folge 
eine  Aufzählung  der  wenigen  hieher  gehörigen  Werke:  Reichliche  Bewunderung  fanden  die 
blutigen  und  intriguenvollen  Staatsaktionen  der  byzantinischen  Geschichte  bei  den  Dichten 
der  zweiten  schlesischen  Schule.  So  schrieb  Andreas  Gryphius  ein  Drama  ,Leo  Ar- 
menius*.  Vgl.  A.  Heisenberg,  Die  byzantinischen  Quellen  von  Gryphius  ,Leo  Armenios', 
Zeitschr.  f.  vergleichende  Litteraturgeschichte,  Neue  Folge  8  (1895)  439 — 448.  —  SpÜer 
wurden  in  Jesuitenschulen  byzantinische  Stoffe  zu  dramatischen  SchulauffÜhmngen  verar- 
beitet. Eine  Bühnenanweisung  für  ein  solches  Stück  besitzt  die  Münchener  Staatsbibliothek. 
Der  Titel  lautet:  Mauritius  orientis  imperator.  Datus  ludls  Autunmalibus  a  Caesano 
Archiducali  gymnasio  S.  J.  Oeniponti  4.  &  5.  Sept.  1725.  Mauritius  Kayser  im 
Orient  zu  End  des  Jahrs  vorgesteUt  von  dem  Kayserlichen  Erz-Hertzoglichen  Gynmaoo 
Soc.  Jesu  zu  Ynsprugg,  den  4.  und  5.  Herbstmonat  1725.  —  Mehrfach  ist  der  Belisar- 
stoff  bearbeitet  worden:  in  einem  einst  viel  gelesenen  Romane  von  Jean  Fran^ois  M ar- 
men tel  (1766);  in  einem  Trauerspiel  von  Ed.  v.  Schenk  (zuerst  1826  in  München  aof- 
geführt;  zuerst  gedruckt  in  Schenk's  , Schauspielen*  1.  Teil,  Stuttgart  und  Tübingen  182) 
S.  1 — 190;  dann  mit  Einleitung  herausgegeben  von  Felix  Bob  er  tag,  .Deutsche  Nationii- 
litteratur'  Bd  161,  Berlin  und  Stuttgart  1890);  in  einer  Oper  von  G.  Donizetti  (1836).-  ' 
Walter  Scott,  Count  Robert  of  Paris  (Stoff  aus  der  Alezias  der  Anna  Komnena).  - 
Dem,  Bernardakis,  Magla  Jo^anaxqrj,  München  1858.  —  J.  M.  Neale,  Theodon 
Phranza  or  the  fall  of  Constantinople.  2.  ed.  London  1879  (Roman)  (mir  nnzugänglicii<. 
—  J.  Pervanoglu,  Historische  Bilder,  2  Bde,  Leipzig  1879-1880  (Novellistische  Lebe» 
bilder  der  Kaiser  Andronikos  Komnenos  und  Alexios  III).  —    J.  Pervanoglus,    if»/fflfi» 


^  16.  BysMis  in  d.  sohOnon  Lüteratnr.    17.Zeit^       ^teu^   Bibüogr.  HUfsmittel.  II43 

IMaioJtoVo^.  'Imo^op  dl^ytiiAa,    Leipzig  1888.  —  ^^1*01.  Linf^f^^  Byzantinische  Novellen, 

Leipzig  188L     Daraas  erschien   .Der  Bildersturm*    Hl  griechischer  Übersetzung  im  llnq- 

pomcog  3  (1879)  486  ff.,  599  ff.,  704  ff.  —  AI.  RizoS  Rangabes,  "0  av»iyrtjg  tov  Mtoqitoi. 

Deutsch  übersetzt  («Der  Fürst  yonMorea**)  von  Ad.  EUissen,  Analekten  der  mittel-  und 

:   neugriechischen   Litteratnr  2  (1856)  111-285.    Auch   Breslau    1884   und    1888  (letztere  2 

Ausgaben   mir  unzugänglich).  —  AI.   Rizos   Rangabes,   Jovxag  (Drama);   in   deutscher 

^    Obersetzung  von  dem  Autor  selbst  1881   (mir  unzugänglich).  —  Vi  ct.  Sardou,  Th^odora, 

—    Paris  1884.  —  Eleon  Rangabes,   'lovXutvoq  6  'Anoattitrjg    1877    (mir   unzugänglich).  — 

Kleon  Rangabes,  ^eodo/^a.    Ilolfjfia  cf^rt^crrixoV.     Leipzig  1884.  —  Kleon  Rangabes, 

'HgaMletog   .   jQdfia  eig  (jLiqrj  nivte,  Leipzig  1885.  —  Lombard,  Byzance  (Roman).     Vgl. 

seine  Beurteilung  in  sprachlicher  Hinsicht,  Zeitschrift  f.  französ.  Sprache  und  Litteratur  13 

(1891)  243  ff .  —  Alexandra  Papadopulu,  Bv^aytird  ötfjyijfÄttTa  .  T6  lAtjXo  tijg  dyanijg, 

*Eajia  vom  6.  Juni  1893.  —  J.  D.  Craig  Houston,  The  daughter  of  Leontius,  or  Phases 

of  byzantine  life,  social  and  religious  in  the   fifth  Century  after  Christ,  London  1893  (?) 

(mir  nur  aus  dem  ungünstigen  Referat  im  Athenaenm  v.  23.  Juni  1894  bekannt).    —   G. 

Strateges,  BaallBiog  6  BovXya^oxxoyog,    Ein  neugriechisches  Drama,  das  nach  der  E^oro- 

ygttip,  'Eaxia  vom  17.  Juli  1894  S.  304  im  Juli  1894  im  Tsochatheater  zu  Athen  über  die 

Bretter  ging. 

17.  Zeitschriften.  Bibliographisclie  Hilfsmittel. 

Die  erste  Zeitschrift,  die  speziell  unseren  Studien  diente,  ist  das  von  Michael 
Deffner  begründete  Archiv  für  mittel-  und  neugriechische  Philologie,  Band  I, 
Heft  1 — 2,  Athen  1880.  Doch  ist  dieses  Organ  nach  dem  Erscheinen  des  ersten  Doppel- 
heftes wieder  selig  entschlafen.  —  Gegenwärtig  widmen  sich  speziell  der  Byzantinistik  die 
Byzantinische  Zeitschrift,  herausgegeben  von  K.  Erumbacher,  Leipzig  1892  ff.  (bis 
jetzt  5  Bde),  und  der  Vizantijskij  Yremennik,  herausgegeben  von  der  k.  russischen 
Akademie  der  Wissenschaften  unter  der  Redaktion  von  V.  G.  Vasiljevskij  und  Y.  E. 
Regel,  Petersburg  1894  ff.  (bis  jetzt  2Vt  Bde).  —  Nur  die  Aufklärung  und  Förderung  der 
Unionafrage  bezweckt  die  neue  italienische  Zeitschrift:  Bessarione,  Rom— Siena  1896  (bis 
jetzt  5  Hefte).  —  Mehr  den  Charakter  einer  periodischen  Sammelpublikation  als  einer  Zeit- 
schrift im  eigentlichen  Sinne  hat  die  Byzantinische  Abteilung  des  Jahrbuches 
(Ljetopis)  der  historisch-philologischen  Gesellschaft  bei  der  k.  neurussischen 
Universität  (Odessa),  bis  jetzt  2  Bde,  Odessa  1892  und  1894  (russ.).  —  Der  Erforschung 
des  lateinischen  Orients  dienten  vor  allem  die  Publikationen  der  vom  Grafen  Riant  be- 
gründeten Soci^t^  de  rOrient  latin.  An  ihre  Stelle  ist  jetzt  getreten  die  Revue  de  TOrient 
latin,  bis  jetzt  3  Bde,  Paris  1893—1895.  —  Ausserdem  kommen  für  die  byzantinische 
Ges  hichte,  Kunst,  Epigraphik,  Numismatik,  Sprache  u.  s.  w.  namentlich  einige  griechische, 
russische  und  sonstige  slavische  Zeitschriften  in  Betracht,  auf  die  hier  zur  Ergänzung  der 
obigen  bibliographischen  Angaben  noch  besonders  hingewiesen  werden  soll:  Uav^oiqa 
22  Bde,  Athen  1850-1872.  —  UaQyaaaog,  Athen  1877  ff.  —  'J9tjyatoy,  Athen  1872  ff. 
—  JeXiloy  trjg  latOQixtjg  xal  i&yoXoyixrjg  irtti^ias  trjg  'EXXddog^  Athen  1883  ff.  —  *J^yd, 
Athen  1889  ff.  —  Die  Publikationen  des  'EXXrjyixog  (piXoXoyixog  cvXXoyog  in  Kpel  (bis 
jetzt  25  Bde  mit  vielen  Beilagen).  —  Journal  des  k.  russ.  Ministeriums  der  Volksauf. 
klftrung  (2umal  ministerstva  narodnago  prosvjeSöenija) ,  Petersburg  1803  ff.  (bis  jetzt 
306  Bde)  (russ).  Ein  Generahregister  der  Bde  von  1803—1864  erschien  in  2  Teilen, 
Petersburg  1864—1865.  —  Sbomik  des  bulgarischen  Ministeriums  der  Volksaufklärung 
(Sbomik  za  narodni  umotvorenija,  naukai  kniinina)  (bis  jetzt  12  Bde,  Sofia  1885—1896).  — 
Die  Schriften  der  k.  serbischen  Akademie  der  Wissenschaften  (Glas  Srpske  Akademije; 
Spomenik  Srpske  Akademije).  —  Dazu  noch  manch  andere,  leider  in  den  meisten  nicht- 
alavischen  Bibliotheken  Europas  fehlenden  periodischen  Publikationen  der  Russen,  Bulgaren, 
Serben,  Slovenen  und  Kroaten,  in  erster  Linie  die  Organe  der  russischen  geistlichen  Aka- 


1144         ByzAntinische  LitteratnrgeBohichte.    Allgemeine  Bibliographie. 

demien  und  der  russischen  archäologischen  Gesellschaften,   Journale  wie  die  Altkroatififb» 
Aufklärung  (Starohrvatskaja  Prosvjeta)  u.  s.  w.  —  Von  sonstigen  philologischen  und  histo- 
rischen  Zeitschriften  sind  namentlich  zu  beachten  das  Annuaire  de  Tassociation  pour  IW 
couragement  des  Stades  grecques,  die  Revue  des  ätudes  grecques,  das  Journal  of  Hellenic  i 
studieSy  die  Publikationen  des  französischen  Instituts  in  Rom  und  Athen,  die  Revue  bibliqo«  | 
trimestrielle   und   die  zahlreichen  deutschen  philologischen,  historischen  und  theolo^sch^n 
Zeitschriften,  in  denen  byzantinische  Sachen  allerdings  ziemlich  selten  vorkommen. 

Reichhaltige  Nachweise  über  die  neuere  direkt  oder  indirekt  auf  Byzanz  bezfl^hchc 
historische,   geographische,   kunstgeschichtliche  Litteratur  u.  s.  w.  findet  nun 
in  den  bibliographischen  Berichten  von  Ferd.  Hirsch  (Byzantinisches  Reich),  Sp.  LambroA. 
(Neugriechenland   seit   1458)  und  E.  Jireßek   (S&dslaven),   die  in  den    ,  Berliner  Jahres- 
berichten für  Geschichtswissenschaft'  (1878  ff.)  veröffentlicht  sind ;  ausserdem  bei  W.  F i 8 c h  er.   < 
Neuere  Litteratur  zur  byzantinischen  Geschichte,  Deutsche  Zeitschrift  für  GeschichtswiasHi-  | 
Schaft  8  (1892)  311—344;  bei  Job.  Dräseke,   Griechisdie  bezw.  byzantinische  Kirchen- 
und  Litteraturgeschichte,  Zeitschrift  für  Kirchengeschichte   1894  ff.   —   Dazu   der  ,Theo- 
logische  Jahresbericht*^,  begründet  von  B.  Pünjer,  Leipzig- Braunschweig  1882  ff.  und  die 
Berichte  über  Kirchengeschichte  von  0.  Zöckler  in  den   .Berliner   Jahresberichten  fGr 
Geschichtswissenschaft'^.  —  Hauptsächlich  die  vorbyzantinische  Zeit  berücksichtigt  A.  Ehr-  1 
hard,  Die  altchristliche  Litteratur  und  ihre  Erforschung  seit  1880,  Strassburger  theolog. 
Studien  Bd  1  Heft  4  -5,  Strassburg  —  Freiburg  i.  B.  1894.  —  Für  Studien  auf  den  slavisches  I 
und  rumänischen  Grenzgebieten  dient,  besonders  in  den  Kapiteln  über  Litteratur,  Geschichte 
und  Geographie,   Alterttlmer  und  Kunst,   als  unentbehrliches  Hilfsmittel   Fr.  Paatrnek, 
Bibliographische  Übersicht  über  die    slavische  Philologie   1876—1891    (Zugleich   Gencfal- 
register  zum  Arch.  slav.  Phil.  Bd  1 — 13),  Berlin  1892.  —  Für  die  byzantinische  Litte- 
ratur, zum  Teil  auch  für  Geschichte,  Geographie  u.  s.  w.,  kommen  als   bibliographiKke  1 
Hilfsmittel  vor  allem  in  Betracht:  Bibliotheca  Graeca  von  J.  A.  Fabricias  in   der  neaei 
Ausgabe  von  G.  Chr.  Harles,   12  Bde,  Hamburg  1790—1809  (dazu  Index  Leipzig  1838): 
Wilh.  Engelmann,   Bibliotheca  scriptorum  classicorum.   Erste  Abteil.,   8.  Aufl.,  Leipdx 
1880;  Calvarys  Bibliotheca  Philologica  Classica  (Beiblatt  zu  Bursian-Müllers  Jahresbericfa 
über  die  Fortschritte  der  classischen  Altertumswissensch.) ;  die  von  Aug.  Blau  bearbeitrte 
Vierteljährige  systematische  Bibliographie  der  classischen  Philologie,  AltertumswissenschAfi 
und  Neuphilologie  (Beiblatt  zu  Jahns  Jahrbüchern,  Leipzig,  Teubner);   die  bibliographiacheo 
Übersichten  in   der  Revue  des  ^tudes  grecques.    -    FtUr  historische  Studien  vgl.  aack    i 
Aug.  Potthast,  Bibliotheca  historica  medii  aevi.  Wegweiser  durch  die  Geschichtswerke  des 
europäischen  Mittelalters  v.  375—1500.  Mit  Supplement   Berlin  1862—1868.   2.  verbesserte 
und  vermehrte  Auflage.  Berlin  1896  ff. 


Regentenverzeichnisse. 


I.  Weltliche  Regenten. 

Die  oströmischen  Kaiser. 


[Constantinus  I  der  Grosse  (Alleinherrscher) 

324—337 
Constaniius  I  (Alleinherrscher)  353—361 
Jalianns  Apostata  361—363 
Flavius  Jovianus  363-364 
(Valeniinianas  364—375) 
Valens  364-378 


Theodosios  I  der  Grosse  379 
Arkadios  395-408 
Theodosios  II  408-450 
Markianos  450—457 


395] 


Leon  I  Makellos  457—474  (Mitkaiser  Leon  II 

473-474) 
Zenon  474-491 

Anastasios  I  Dikoros  491—518 

Justinos  I  518-527 
Jastinianos  I  527 — 565 
Justinos  II  565—578 

Tiberios  II  578-582 
Manrikios  582—602 

Phokas  602-610 

Herakleios  610-641 

Herakleios  Konstantinos  III  641 

Herakleonas  641 

Konstans  II  642—668 

Konstantinos  IV  Pogonatos  668—685 

JostinianoB  II  Rhinotmetos  685—695 

Leontios  695—698 

Tiberios  III  Apsimaros  698—705 

Jastinianos  II  nochmals  705 --71 1 

Philippikos  (Bardanes)  711-713 
Anastasios  II  (Artemios)  713—716 
Theodosios  III  Atramytenos  716—717 


Haus  des  Leon. 

Leon  III  der  Isaurier  (Syrer)  717—741 
Eonstantinos  V  Kopronymos  (Kabalinos)  741 

bis  775 
Leon  IV  775-780 
Konstantinos  VI  780—797 
Irene  von  Athen  797—802 
Nikephoros  1  802-811 
Staurakios  811 

Michael  I  Rhangabes  811- -813 
Leon  V  der  Armenier  813-820 
Michael  II  der  Stammler  820-829 
Theophilos  829  -  842 
Michael  III  842-867 

Makedonische  Dynastie. 

Basileios  I  867-886 

Leon  VI  der  Weise  886-911 

Alexander  886-912 

Konstantinos  VII  Porphyrogennetos  912—959 

Romanos  I  Lakapenos  920—944 

Romanos  II  959—963 

Nikephoros  H  Phokas  963-969 

Joannes  I  Tzimiskes  969—976 

Basileios  II  Bulgaroktonos  976-1025 

Konstantinos  VIII  1025—1028 

Romanos  III  Argyros  1028-1034 

Michael  IV  Paphlagon  1084—1041 

Michael  V  Kalaphates  1041-1042 

Konstantinos  IX  Monomachos  1042-1054 

Theodora  1054-1056 

Michael  VI  Stratiotikos  1056—1057 

Dukas  und  Komnenen. 

Isaak  I  Komnenos  1057  —  1059 
Konstantin  X  Dukas  1059-1067 
Romanos  IV  Diogenes  1067—1071 
Michael  VII  Dukas  (Parapinakes)  1071—1078 
Nikephoros  III  Botaneiates  1078—1081 
Alexios  I  Komnenos  1081—1118 
Joannes  II  Komnenos  1118—1143 


1146 


BegentenverseiolmiBse. 


Manuel  1  Eomnenos  1143—1180 
Alexios  II  Komnenos  1180-1183 
Andronikos  I  Komnenos  1183 — 1185 

Hans  Angelos. 

Isaak  II  Angelos  11R5-1195 

Alexios  IFI  Angelos  1195-1203 

Isaak  IF  nochmals  1203-1204  (Alexios  IV, 

sein  Sohn,  Mitkaiser) 
Alexios  V  Dukas  (Murtzuphlos)  1204 

Kaiser  in  Nikaea. 

Theodoros  I  Laskaris  1204—1222 
Joannes  III  Dukas  BaUtzes  1222-1254 
Theodoros  II  Laskaris  1254-1258 
Joannes  IV  Laskaris  1258—1259 
Michael  VIII  Palaiologos  1259—1260 
Wiedereroberung  von  Konstantinopel  1261 


Haus  der  Palaiologen. 

Michael  VIII  Palaiologos  1261-1282 
Andronikos  II  1282—1328 
Michael  IX  1295—1320 
Andronikos  III  1328—1:341 
Joannes  V  1341—1376 
Joannes  VI  Kantakuzenos  Gegeakaiser  uad 

Mitkaiser  1341—1355 
Andronikos  IV  1376—1379 
Joannes  V  nochmals  1379—1391 
(Joannes  VII  Gegenkaiser  1390} 
Manuel  II  1391-1425 
Joannes  VIII  1425—1448 
Konstantinos  XI  (IX)  Dragases    1448-14^ 
Eroberung    von    Konstantinopel    durcli  dii 

Türken  29.  Mai  1453 


I 


) 


Lateinische  Kaiser  von  Konstantinopel. 


Balduin  I  von  Flandern  1204-1205 
Heinrich  von  Flandern  (Angre)  1206—1216 
Peter  von  Courtenay  1217 

Jolanta  1217-1219 
Robert  II  von  Gourtenay-Auxerre   1221   bis 

1228 
Balduin  II  1228  (1240)— 1261  (1273) 

Johann  von  Brienne  1229—1237  Regent 
und  Titularkaiser 

Anseau  de  Cayeux  1237— 1238  \  ^  «^„x^„ 

Narjot  de  Toucy  1238-1240   (  ««g«"*^" 


Titularkaiser. 

Balduin  II  1261—1273 
Phiüpp  I  von  Courtenay  1273—1283 
Katharina  I  von  Courtenay  1283-1308 
Katharina  II  von  Valois  1308—1346,  vermihlt 
m.  Philipp  II V.  Anjou-Tarent  1313-1331 
Robert  II  von  Anjou-Tarent  1346-1364 
PhUipp  III  von  Anjou-Tarent  1364-1373 
Jakob  von  Beaux  1373-1383 
Ludwig  I  von  Anjou  1383 — 1384 
Ludwig  II  von  Anjou  1384 


i 


Kaiser  von  Trapezunt. 


Alexios  I  Komnenos  1204-1222 
Andronikos  I  Gidon  1222—1235 
Joannes  I  Axuchos  1235—1238 
Manuel  I  ,der  Streitbare*  1238-  1263 
Andronikos  II  1263—1266 
Georgios  I  1266—1280 
Joannes  U  1280-1297 
Alexios  II  1297-1330 
Andronikos  III  1330-1332 
Manuel  II  1832 


Basileios  I  1333-1340 

Irene  1340-1341 

Anna  1341 

Michael  1341  (1344)^1349 

Joannes  III  1342—1344 

Joannes  Alexios  III  1350—1390 

Manuel  III  1390—1412 

Basileios  Alexios  IV  1412— 1447  (?) 

Kaloioannes  1 447  (?)— 1458 

David  1458-1462 


Säsaniden. 


Ardeschtr  (Artaxerxes)  I  226-242 

Schapnr  (Sapores)  I  242-273 

Hormizd  I  273 

Bahräm  (Varan)  I  274-277 

Bahräm  II  277—294 

Bahräm  III  294 

Narses  294—303 

Hormizd  II  303—310 

Schapur  II  310—379 

Ardeschlr  II  379—384 

Schapur  III  385—388 

Bahräm  IV  389—399 

Jesdegerd  I  399—420 


Bahräm  V  420-439 

Jesdegerd  II  439—457 

Hormizd  III  457-458 

P6r6z  (Peroses)  458-484 

Baläsch  (Balaakes,  Vologeaes)  484-488 

Kabädb  (Kabades)  1  488—531 

Khosrev  I  Andscharwftn  (Eosro^s)  531— ^<S 

Hormizd  IV  579-590 

Kosroös  II  Parvöz  590—628 

Bahräm  VI  590 

Kavädh  II  Schdroe  628 

Ardeschlr  III  629-630 

Jesdegerd  III  632—642  (651) 


I.  WeltUohe 


JLeg^%ti. 


1147 


lische  oder  Bagdad'sche  Dynastie  der  Seldschuken. 


Beg,  Enkel  des  Seldschnk  ?  - 1063 

ilan  1063-1072 

Schah  I  1072-1092 

d  I  1092 

.rok  1092--1104 

Schah  II  1104 


MohAmmed-Schah  1105—1117 
Mahmud  II  1118—1130 
Sindschar  1118-1157 
Suleiman-Schah  1157—1160 
Arslan-Schoh  1160-1175 
Togril  III  Schah  1175-1194 


ische  oder  kleinasiatische  Dynastie  der  Seldschuken, 


in  beu-Kutulmisch,  Urenkel  des  Seld- 
luk  1075-1086 
h-Ärslan  I  1092-1107 
Schah  (SäXsan)  1107—1116 
1  1116-1156 

Q  Kilidsch-Arslan  II  1156  -1193 
äeddin  Kaichosrew  I  Jathathine  1193 
i  1211 
idin  Suleiman  1193-1202 


Aseddin  Eilidsch-Arslan  III  1202 
Aseddin  KaikaOs  I  1211-1220 
Alaeddin  Kaikobad  1220-1237 
Ghajasseddin  Kaichosrew  II  1237-1247 
Aseddin  Kaikaüs  II  1247-1266 
Rukneddin  Kilidsch-Arslan  IV  1247-1267 
Ghajasseddin  Kaichosrew  III  1267—1283 
Masud  11  1282-1297 
Alaeddin  1297-1307 


nanisqhe  (türkische)  Sultane  in  Brussa,  Adrianopel 
und  Konstantinopel  von  1231-1520. 


rul  1231-1288 

I  1288-1326 

1326—1359 

I  1359-1389 
t  I  (Ildrim)  1389-1403 
an  I  1403—1411 


Musa  1411-1413 
Mohammed  1  1413-1421 
Murad  II  1421-1451 
Mohammed  II  1451-  1481 
Bajazet  II  1481—1512 
Solim  I  1512-1520 


Serben. 


lir  836-843 
r  843-890 
IV  890 
m-9\l 

rankoviö  917-920 
927     949 
gnum  949—1040 
1  Vojslav  1040-1050 
1  1051-1081 
av  1081-  1082 
ntin  Bodin  1082-1106 
lav  1106 
ir  1106-1115 
115-1122 

Dynastie  der  Nemanja. 

Q  1089-1122) 

a  Uro§  Neman  I  1122-1136 

lil  1136-1151? 

Q  (Symeon)  Neman  II  1151—1195 

n  der  .Erstgekrönte*   1195—1228 

av  1228—1234 

av  1234—1240 


Stephan  UroS  I  1240—1272 
Stephau  Dragutin  1272—1281 
Stephan  Uro§  II  Milutin  1281—1320 
Stephan  UroS  III  DecJanskij  1321-1331 
Stephan  Duäan  üroä  IV  l;r21  (1331) -1355 
Stephan  Uro§  V  1355-1365 
Symeon  1365—1371 
(VulkaSin  1366-1371) 

Dynastie  der  Lazarevi6. 

Lazar  I  Gerbillanoviö  1372  -1389 
Stephan  Lazareviö  (Lazar  II)  1389—1427 

Dynastie  der  Brankoviö. 

(Vuk  I  Brankoviö  1389-1398?) 
Georg  I  Brankov.  (1398)  1427—1456 
Lazar  III  Brankov.  1456-1458 
Stephan  Brankov.  1457—1471? 

Serbien  durch  Murad  II  erobert  1459 
Vuk  II  Brankov.  1471?-1485 
Georg  II  Brankov.  1485-1496 
Johann  Brankov.  1496—1502 


Bulgaren. 


I  634-641 
ch  641—702 
702-720 


KormisoS  753—760 
Teletz  760—763 
Sabin 


1148 


RegentenverzeichniBse. 


Bajan 

Toktu 

Telerig  (Cerig)  ?-777 

Kardam  777—802? 

Krum  802—815 

Cok  (Duknm) 

Diceng 

Omortag  (Mortagon)  819?~829 

Malomir  (Presiam?)  829V--850? 

Boris  I  (Michael)  (843)  852  -  888  (t  907) 

Vladimir  888-893 

Symeon  893—927 

Peter  927-969 

Boris  II  969-976 

Samuel  976-1014 

Gabriel  Romanos  1014 

Jobann  Vladislav  1015-1018 

(Peter  Deleanos  1040-1041 
Tichomir  1040 
Alusianos  1040—1041 
Konstantin  Bodin  1073—1082) 

Peter  und  Asan  1186—1196 
Joanisa  (Ealoioannes)  1197  -1207 


^  Boris  III  (Borü)  1207-1218 
Johann  Asan  II  1218-1241 
Kaioman  I  1241—1246 
Michael  I  Asan  1246—1257 
Kaioman  II  1257-1258 
Mytzes  1258 -? 

Konstentin  Asan  Tech  1258-1277 
Michael  II  1277—1279 
Lachanas  (Kordokubas)  1277-1279 
Johannn  Asan  III  1277-1280 

Georg  I  Terter  1280—1292 
Smiltzes  1292-1293 
Tzachas  1293-1295 
Theodor  Svetslav  1295— 1322 
Georg  II  Terter  1322—1323 
Boesilav  1322-1324 

Michael  (§i§man  1)  1323—1330 

Stephan  (§i§raan  II)  1330-1331 
Johann  Alexander  1331 — 1365 
Strasoimir  1365—? 

Johann  (§igman  III)  1365-1393 


n.  Geistliche  Regenten. 

Die  orthodoxen  Patriarchen  von  Konstantinopel 

von  315-1520. 


[Stachys  Apostolos  38—54 

Onesimos  54 — 68 

Polykarpos  I  71—89 

Plutarchos  89—105 

Sedekion  105-114 

Diogenes  114  -129 

Eleutherios  129-130 

Felix  136-141 

Polykarpos  II  141—144 

Athenodoros  (Athenogenes)  144  -  148 

EuzoHos  148—154 

Laurentios  154—166 

Alypios  (Olympios)  166—  169 

Pertinax  169—187 

Olympianos  187-198 

Markos  198-211 

Philadelphos  211-214 

Kyriakos  (Kyrillianos)  214-230 

Kastinos  (Konstantinos)  230—237 

Eugenios  I  237-242 

Titos  242?— 272 

Dometios  (Dometianos)  \  otoo     oaq 

Ruphinos  /  ^l^f-6{)6 

Probos  303—315] 

Metrophanes  315—327? 
Alexandres  327? -340 
Paulos  I  340-341 
Ensebios  341—342 
Paulos  I  nochmals  342—344 
Makedonios  I  342—348 
Paulos  1  noc\ima\a  ^\^— ^^Q 


Makedonios  I  nochmals  350—  360 

Eudoxios  360—369 

Demophilos  369-379 

Euagrios  369—370 

Gregorios  I  379-381 

Maximos  381 

Nektarios  381—397 

Joannes    I    Chrysostoraos    (ChrysorrhenM 

26.  Febr.  398-20.  Juni?  404 
Arsakios  26.  Juni  404-11.  Nov.  406 
Attikos  405  (406?)-10.  Okt.  425 
Sisinnios  I  27.  Febr.  426?-?  Jan.  427 
Nestorios  10.  April  428—22.  Juni  431 
Maximianos  25.  Okt  431—12.  April  434 
Proklos  434—447 
Phlabianos  447-449 
Anatolios  Aug.  (Sept.?)  449-3.  Juli  4o8 
Gennadios  l  458-Sept  471 

Akakios  471 489 

Phrabitas  (Phraüitas,  Phlaüitas)  489 -4iM 

Euphemios  490-496 

Makedonios  II  496-511 

Tiraotheos  I  511  -518 

Joannes  II    Kappadokes    (Kappadox)  Eo 

April  518  -Ende  Febr.  520 
Epiphanios  25.  Febr.  520—5.  Juni  536 
Anthimos  I  536 
Monas  Nov.  536— Aug.  552 
Eutychios  552-12.  April  565 
Joannes  III  Antiocheus   15.   April  56o 

31.  Aug.  577 


n.  GeuiÜiohe 


^0% 


^n. 


1149 


V  Nesteutes  12.  April  582-2.  Sept. 

595—29.  Okt.  606 
23.  Jan.  607-20.  März  610 

.  AprU  610-28.  Nov.  638 
20.  Dez.  638-29  (22?)  Sept.  641*) 
1.  Okt.  641-27.  Dez.  654 

nochmals  4.  Jan.  655—17.  Mai  655 

.  Mai  655     666 

1  17.  April  667-669 

V  25.  Nov.  669—18.  Aug.  675 
nos  I  2.  Sept.  675—9.  Aug.  677 
s  1  23.  Aug.  677-Nov.  679 

I  Nov.Dez.  679 - Febr./März  686 
äInochnialsFebr./März686— 27.Dez. 

I  (5.?)  Jan.  688-(21.?)  Aug.  694 

j  1  30.  Aug.  694-?  Sept.  705 

5ept.  705— Jan.  712  (?) 

VI  Jan.  712  (?)- Juli  Aug.  715*) 

i  I  11.  Aug.  715-18.  Jan.  780 

s  22.  Jan.  730-754 

nos  11  8.  Aug.  754—766 

16.  Nov.  766-6.  Febr.  780 
^  20.  Febr.  780-31.  Aug.  784 
25.  Dez.  784—25.  Febr.  806 
3s  12.  April  806—815 
3  (Melissenos  Kassiteras)   1.  April 
■  821 

I  (Kassimatas)  821-834 

^11  Morocharzanios  (Grammatikos) 
26.?)  April  834-12.  Febr.  843 
3  I  März  843-14.  Juni  847 
Niketas)  Juni  847-23.  Nov.  858 
4.  Dez.  8.S8— 25.  Sept.  867 
ochmals  23.  Nov.  867-23.  Okt.  878 
ochmals  878-  Dez.  886 
\  I  Weihnachten  886-17.  Mai  893 

II  Ka(u)lea8  893-12.  Febr.  901 

[  Mystikos  1.  März  901—1.  Febr.  907 
s  Febr.  907— Mitte  Mai  912 

I  nochmals  911-15.  Mai  925 
i  II  Aug.  925—928 

Mitte  Dez.  928 -Aug.  931 
aktos  Febr.  933-27.  Febr.  956 
»s  3.  April  956—16.  Jan.  970 
[  Skamandrenos  13.  Febr.  970—974 
in  Studites  974-980 

II  Chrysoberges  984—995 
II  995-998  (?) 

:  Manuelites  999—?  Juli  1019 
3  Juli  1019  -Nov.  (Dez.?)  1025 
tudites  1025 -März  1043 
Kerullarios  25.  März  1043--8.  Nov. 

nos  111  Leichudes  Febr.   1059  bis 

1063 

VIII  Xiphilinos  1.  Jan.   1064  bis 
lg.  1075 

Hierosolymites  2.  Aug.  1075  bis 
%i  1081 


Chronologie  der  Patriarchen  von  Pyrrhoe  I 
M  I  nach  einer  noch  nicht  veröffentlichten 
E.  W.  Brook,  die  in  der  Bysant.  Zeitachr. 
chei2i9D  wird. 


Eustratios  Garidas  1081-Aug.?  1084 
Nikolaos  in  Kvrdiniates  Grammatikos  1084 

bis  Frühjahr  1111. 
Joannes  IK  Agapetos  (oder  tov  XaXxtjöoyog) 

1111-1134 
Leon  Styppes  1134-1143 
Michael  II  Eurkuas  (Oxel'tes)  1143—1146 
Kosmas  II  Attikos  April  1146—26.  Febr.  1147 
Nikolaos  IV  Muzalon  Ende  1147—1151 
Theodotos  (Theodosios?)  Frühjahr  1151    bis 

1153 
Neophytos  I  1153 

Konstantinos  IV  Chliarenosll54— ?  Aug.  1156 
Lukas  Chrysoberges  1156 -Mitte  1169 
Michael  III  {tov^JyxiäXov)  1169—1177 
Chariten  Eugeneiotes  1177-1178 
Theodosios  Boradiotes  1178—1183 
Basileios  II  Eamateros  (Phylakopulos)  1183 

bis  1187 
Niketas  II  Muntanes  1187—1190 
Leontios  Theotokites  1190-1191 
Dositheos  (Theodosios?)  1191— Aug.  1192 
Georgios  II  Xiphilinos  1192-?  Juni  1199 
Joannes  X  Kamateros  5.  Aug.  1199 — 15.(?) 

Febr.  1206 
Michael  IV  Autoreianos   20.  März  1206  bis 

26.  Aug.  1212 
Theodoros  II  Eirenikos  (Kopas)  20.  (28.?)  Sept. 

1212— Febr.  1215 
Maximos  II  3.  Juni  1215—? 
Manuel  I  Sarantenos   (Charitopolos)  ?  Dez. 

1215-Sept.  1222  (Juni  1221?) 
Germanos  II  1222  (?)- 1240 
Methodios  1240 

Manuel  II  1244— Aug.  (Sept.)  1255 
Arsenios  (Autoreianos)  1255 — Frühjahr  1260 
NikephorosII  1260  -Anfang  1261  (Nov.  1260?) 
Arsenios  nochmals  Ende  August   1261  bis 

Ende  Mai  1267 
Germanos  III  (Lazos  Markutzas)  5.  Juni  1267 

bis  14.  Sept.  1267 
Joseph  I  1.  Jan.  1268 -Mai  1275 
Joannes  XI  Bekkos  2.  Juni  1275-26.  Dez. 

1282 
Joseph  I  nochmals  31.  Dez.  1282—?  März  1283 
Gregorios   II   (Georgios)   Kyprios    11.  April 

1283-Juni  1289 
Athanasios  I   14.  Okt.  1289—16.  Okt.  1293 
Joannes  XII  (Kosmas)  Jan.  1294—23.  Aug. 

1303 
Athanasios  nochmals  1303—1311 
Nephon  I  1311—1315 

Joannes  XIII  Glykys  Frühjahr  1316-1320 
Gerasimos  I  1320-19.  Aprü  1321 
Jesaias  Okt.  1323—1334 
Joannes  XIV  Aprenos  1334—8.  Jan.  1347 
Isidoros  I  17.  Mai  1347—2.  Dez.  1349 
Kallistos  I  10.  Juni  1350-1354 
Philotheos  1354-1355 
Kallistos  I  nochmals  1355-Aug.  1363 
Philotheos  nochmals  12.  Febr.  1364—1376 
Makarios  1376-1379 
Neilos  Juni  1380-Ende  1388 
Antonios  IV  Jan.  1389-1390 
Makarioa  nocVauÄia  ^^,  ^n^^v  \^^-\^^\ 


1150 


BegenienveneiohniBBe. 


Antonios   IV  nochmals    vor   Ang.  1391   bis  | 

Mai  1397 
Kallistos  II  nochmals  Ende  Mai  1397 
Matthaios  I  1397-1410 
Euthymios  II  Okt.  (Nov.?)  1410-März  1416 
Joseph  II  21.  Mai  1416-10.  Juni  1439 
Metrophanes  II  4.  Mai  1440-1.  Aug.  1443 
Gregorios  III  (Mammas)  Melissenos  Straiego- 

pulos  1443-1450 
Athanasios  1450 
Gennadios  II  (Georgios  Eurtesios)  Scholarios 

1453—1459 
Isidoros  II  Xanthopnlos  1459  —  1463 
Sophronios  Syropulos  1463 — 1464 
Joasaph  1  Kokkas  1464—1466 
Markos  Xylokarabes  1466— 1467  (?) 


Dionysios  I  1467-1472 
Symeon  l  1472-1475 
Rapfaael  I  1475—1476 
Maximos  III  1476-1482 
Symeon  I  nochmals  1482-1486 
Nephon  II  1486-1489 
Dionysios  I  nochmals  1489 — 1491 
Maximos  IV  Manasses  1491  —  1497 
Nephon  II  nochmals  1497  -  1498 
Joachim  I  1498-1502 
Nephon  II  nochmals  1502 
Pachomios  I  1503-1504 
Joachim  I  nochmals  1504—1505 
Pachomios  I  nochmals  1505—1514 
Theoleptos  I  1514(?)— 1520 


Die  lateinischen  Patriarchen  von  Konstantinopel 

von  1204-1524. 


Thomas  Morosini  Mai  1204- Juni  1211 
Gervasius  Nov.  1215—8.  Nov.  1219  (1220?) 
Matthaeus(Mathias?)31.Jan.l22l— Endel226 
Johann  Halgrin  (Alegrin)  23.  Dez.  1226  bis 

Sept.  1227 
Simon  1227-1232 
Nicolaus  I  von  Castro  arquato  (Nicolaus  von 

Piacenza)  1235—1251 
Pantaleon  Giustiniani  1253—1261 
Peter  1  Correr  oder  Corrario  (Petrus  Corra- 

rius)  1286- -1302 
Leonhard  Faliero  31.  März  1302  - 1305? 
Hugolin  I  1305—1807 
Nicolaus  II  31.  Juli  1308— 1330(?) 
Peter  II  1324  (sie) 
Cardinalis  1330-1335 
Gozio   oder  Gotio  Battaglia  oder  Battaglini 

(Goctiusde  Ariminis)  14.  Juni  1335— 1338 
Rohert  1338? -1341 
Heinrich  1341-17.  Jan.  1345 
Wilhelm  1  von  Castello  1345-1346 
Stephan  17.  Nov.  1346 
Wilhelm  II  Pustrella   (oder  Pusteria)   1346 

bis  1361 
Peter  III  (oder  B.  Peter  Thomas)   1362  bis 

6.  Jan.  1366 
Paul  1366     1372 

Hugolin  II  Malabranca  1372—1374 
Jakob  von  Jtri  (Jacobus  Campanus)  13.  Jan. 

1376-1378 


Wilhelm  III  21.  Jan.  1379-? 

Matthaeus  II  ?-?  (t  1404) 

Angelus   Correr   oder    Corrario  1390— 14(KI 

(Papst  Gregor  XII   1406—1415) 
Anton  Correr  1405— Juli  1408 
?  1408 

Franz  Lande  1409—1411 
[Alphons  d'£x^a  1409] 
Johann   1   von    La  Rochetaillt^e    1411  od« 

1412—1417 
Johann  II  Contarini  18.  April  I418-? 
Franz  von  Conzi^  1430—31.  Dez.  1432 
Franz  II  Condolmer(o)  31.  Okt  1438—5.  Seft 

1453 
Gregorios  Melissenos   (Mammas)   1454  oder 

1455-1459 
Isidor   von  Kiev  20.  April  1459—27.  Äprfl 

1463 
Bessarion  1463-18.  Nov.  1472 
Peter  Riario  1472—5.  Jan.  1474 
Hieronymus    Lande    1480?— 4.    Jan.    1497 

(neuen  Stils) 
Johann   Michiel   (oder    Michele)    1497—1(1. 

(11.)  April  1503 
Johann  Borgia  (der  Aeltere)  April  1503  Im 

1.  Aug.  1503 
Franz  von  Lorris  1503-1506 
Thomas  Baekas  von  Krdoed  1509—1517 
Marcus  Comaro  9.  März  1517-20.  Juli  1524 


Römische  Päpste  von  307-1521. 


Marcellus  307—309 
Eusebius  309 
Miltiades  310  -314 
Sylvester  314—335 
Marcus  336 
Julius  I  337-352 
Liberius  352—366 
(Felix  II  355—358) 
Damasus  I  336—384 
Siricius  384-39S 


Anastasius  I  398—402 
Innocenz  I  402—417 
Zosimus  417-418 
Bonifacius  I  418—422 
Cölestin  I  422  -432 
Sixtus  III  432>440 
Leo  I  der  Grosse  440—461 
HUarius  461—468 
Simplicius  468-483 


n.  GeiatUche  *^  ^te 


1151 


s  T  492-496 
3iu8  II  496-498 
chu8  498-514 
das  514—523' 

I  523-526 
V  526-530 
:iu8  II  530-532 

1[  532-535 
US  I  535—536 
IS  536—538 
ä  537—555 
s  555-560 

III  560-573 
it  l  574—578 
s  II  578-590 

I  der  Grosse  590--  604 
n  604-606 
iius  III  607 
:iu8  IV  608—615 
US  I  615-618 
!iu8  V  619-625 
13  I  625-638 
i  l  640 

IV  640-642 
r  I  642-649 

I  649-655 
US  I  654-657 
a  657-672 
US  II  672-676 
s  I  676-678 

678—681 
682-683 
et  684-685 

V  685-686 
686-  687 

I  ()87-701 

VI  701-705 

VII  705—707 
IS  708 

ntin  I  708-715 

II  715—731 

III  731—741 
as  741-752 

1  II  752 

1  II  (III)  752-757 
757-767 
ntin  II  767-768 
1  III  (IV)  768-772 
1  I  772-795 
795—816 

I  IV  (V)  816-817 
lis  I  817—824 

II  824-827 
nus  827 

IV  827-844 
II  844-847 
847  -855 

3t  III  855-858 
IS  I  858—867 

I  II  867-872 

VIII  872-882 

II  882-884 

1  III  884-885 
1  V  (VI)  885-891 
US  891—896 


Stephan  VI  (VII)  896-897 
Bonifacias  VI  896 
Romanos  897 
Theodor  II  897 
Johann  IX  898—900 
Benedict  IV  900-903 
Leo  V  903 
Christoph  I  903-904 
Sergius  III  904—911 
Anastasius  III  911—913 
Lande  913—914 
Johann  X  914—929 
Leo  VI  928-929 
Stephan  VII  (VIII)  929-931 
Johann  XI  931—936 
Leo  VII  936—939 
Stephan  VIII  (IX)  939-942 
Martin  III  942-946 
Agapetus  11  946  -  955 
Johann  XII  955—964 
Leo  VIII  963-965 
Benedict  V  964-965 
Johann  XIII  965-972 
Benedict  VI  973-974 
Benedict  VII  974-983 
Johann  XIV  983-984 
Bonifacius  VII  984—985 
Johann  XV  985-996 
Gregor  V  996-999 
(Johann  XVI  997-998) 
Sylvester  II  999—1003 
Johann  XVII  1003 
Johann  XVIII  1003-1009 
Sergius  IV  1009-1012 
Benedict  VIII  1012-1024 
Johann  XIX  1024-1033 
Benedict  IX  1033—1045 
(Sylvester  UI  1044-1046) 
Gregor  VI  1045—1046 
Clemens  D  1046  - 1047 
(Benedict  IX  1046-1048) 
Damasus  n  1048 
Leo  IX  1049—1054 
Victor  II  1055-1057 
Stephan  IX  (X)  1057—1058 
Benedict  X  1058—1059 
NicoIauB  II  1059-1061 
Alexander  II  1061—1073 
(Honorius  II  1061-1064) 
Gregor  VU  1073-1085 
(Clemens  Ul  1080-1100) 
Victor  m  1086-1087 
ürban  ü  1088—1099 
Paschalis  ü  1099-1118 
Gelasius  II  1118-1119 
Calixtus  II  1119—1124 
Honorius  II  1124—1130 
Innocenz  II  1130-1143 
Cölestin  II  1143—1144 
Lucius  II  1144—1145 
Eugen  m  1145—1153 
Anastasius  IV  1153—1154 
Hadrian  FV  1154—1159 
Alexander  III  1159-1181 
Luciua  UI  1181  -  1185 


1152 


Regenten  V  enseiohnisse. 


Urban  TU  1185-1187 
Gregor  VIII  1188 
Clemens  III  1187—1191 
Cölestin  lU  1191—1198 
Innocenz  lU  1198— 121G 
Honorius  III  1216—1227 
Gregor  IX  1227—1241 
Cölestin  IV  1241 
Innocenz  IV  1243—1254 
Alexander  IV  1254—1261 
Urban  IV  1261—1264 
Clemens  IV  1265—1268 
Gregor  X  1271-1276 
Innocenz  V  1276 
Hadrian  V  1270 
Jobann  XXI  (XX)  1276-1277 
Nicolaus  III  1277-1280 
Martin  IV  1281—1285 
Honorius  IV  1285—1287 
Nicolaus  IV  1288-1292 
Cölestin  V  1294 
lionifacius  VIII  1294—1303 
Benedict  XI  1303-1304 
Clemens  V  1305—1314 
Johann  XXII  1316-1384 
Benedict' XII  1334-1342 


Clemens  VI  1342—1352 
Innocenz  VI  1352—1362 
Urban  V  1362—1370 
Gregor  XI  1370-1378 
Urban  VI  1378-1:^89 
(Clemens  VII  1378-1394) 
Bonifacius  IX  1389—1404 
Benedict  XIII  1394—1417 
Innocenz  VII  1404—1406 
Gregor  XII  1406—1415 
Alexander  V  1409—1410 
Johann  XXUI  1410—1415 
Martin  V  1417—1431 
Eugen  IV  1431  —  1447 
(Felix  V  1439—1449) 
Nicolaus  V  1447—1455 
Calixtus  III  1455—1458 
Pius  II  1458—1464 
Paul  II  1464-1471 
Sixtus  IV  1471—1484 
Innocenz  VIU  1484—1492 
Alexander  VI  Borgia  1492— 15U3 
Pius  III  Piccolomini  1503 
Julius  II  della  Rovere  1503—1513 
Leo  X  Medici  1513—1521 


Register  der  Personen  und  Sachen. 


Die  Ziffern  beziehen  sich  anf  die  Seiten;  die  mit  *  bezeichneten  Seiten  enthalten  die  Hauptstellen.  Alle 
Penonen,  mit  Ausnahme  der  regierenden  Fürsten,  sind  unter  ihrem  Familiennamen,  soweit  derselbe  fest- 
steht, zu  suchen.  Die  Fürsten  (Kaiser,  Könige  u.  s.  w.)  sind  unter  ihrem  Taufnamen  und  zwar,  der  Ueber- 
•Ichtlichkeit  halber,  ohne  Rücksicht  auf  den  Namen  der  Dynastie  oder  des  Landes,  an  der  Spitze  ihrer 
Kamengruppe  auligeführt.  Bei  den  übrigen  Personennamen  mit  Zusätzen  ist  für  die  Beihenfolge  nicht  der 
Stand  (Bischof,  Metropolit  u.  s.  w.)>  sondern  der  Ort  (Alexandria  u.  s.  w.)  maasgebend.  Zur  Erleichterung 
des  AufOndens  ist  die  Stelle  der  Seite  zuweilen  durch  o.  (oben),  M.  (Mitte),  u.  (unten)  bezeichnet. 


ABC  8.  Alphabet. 

Abaelard  53. 

Abas  Katina  Mar  406. 

Abbas,  Kirchendichter  688. 

Abbasiden  963. 

Abendmahl,  in  der  byz.  Kunst 
1117. 

Abendmahlstreit  86,  87. 

Abenner,  König  886. 

Aberglauben  593 ,  Predigt 
über  den  619  f. 

Aberkios,  Inschrift  des  202. 

Abgarlegende  407  (o.). 

Abibo,  Märtyrer  in  Edessa  130. 

Abraham ,  apokryphe  Ge- 
schichte 35;  vulgärgriech. 
Gedicht  822. 

Abraham^armenischer  Priester 
312. 

Abram,  Vater  des  Nonnosos 
240. 

Abramios,  Bischof  von  Ephesos 
164. 

Abramios,  Bischof  von  Krateia 
186. 

Abramios,  Mönch  des  Sabbas- 
klosters  145. 

Abu  1  Abbas  Mohammed  1 970. 

Abu  Djafar  Achmed  ben  Ibra- 
him 614,  617. 

Abu  Hafs  'Omar  967. 

Abydos  992. 

Accentpoesie  s.  Metrik  und 
rythmische  Poesie. 

Accentprinzip  s.  Satzschluss- 
gesetz. 

Acheloos,  Schlacht  bei  979. 

Achikar  897. 

Achillas.  Asket  734. 

Achilleis  848  f.,  864. 

Achilles  Tatios  505,  763,  764. 


Achmet,  Traumdeuter  630. 
Achmlm ,    Rechenbuch    von 

621,  625. 
Achmlm  Panopolis,  Funde  von 

1116,  1124. 
Ächrida  994  f.,  1002,  1053. 
Ackerbaugesetze  36,  606,901, 

1086  f.* 
Acta  S.  Andreae  185;  S.  Jo- 

annis  90;   S.  Thomae  90, 

183,  185,  352. 
Acta  Sanctorum  183. 
Adam   und  Eva,   apokryphe 

Geschichte  35,  888. 
Adam,  Gedicht  über  717. 
Adam  und  das  Paradies  811. 
Adelos  =  Delos  417  (u.). 
Adelphios,  Bogomile  84. 
Adharbaigan  947. 
Adressenbttchers.Titulaturen- 

bttcher. 
Adrianopel  305. 
Adrianos  123. 
Adrianos,  Sebastos  473. 
Adulis  413  f. 
Aegypten  247,  404,  413,  422, 

875,  947,  951*,  1074,  1094. 
Aegyptiorum     monachorum 

historia  188. 
Aelianos  248,  263,  382,  567, 

603,  710,  775. 
Aelianos,  Taktiker  635. 
Aelios  Dionysios  519  f.,  538, 

565,  572,  575,  577. 
Aemter  im  byz.  Reiche  1084  f. 
Aeneas  477. 
Aeneas  von  Gaza  432. 
Aeneas,  Taktiker  635. 
Aera,  alexandr.,  byz.  u.  s.  w. 

s.  Chronologie. 
Aeschines  527. 


^MDdhnrb  ä<»r  klam.  AtUirtnmßwlMUiDRcbaA  IX.     1.  AbtlK.    2.  Axift. 


Aeschylos231 ,  505, 549, 554  f., 

567.  746. 
Aeskulap  467. 
Aesopos  477,  544,  717,  782, 

894  f ,  897  f.»,  906,  908. 
Afrika,  das  byz.  957*,  1071. 
Aethiopien  404,  413,  889. 
Aötios  614. 

Aetios,  General  (9.  Jahrb.)  968. 
Agallianos  Alexios,  Diakon  97. 
Agallianos  Theodoros,   Pole- 
miker 121. 
Agapetos,  Diakon  456  f.*,  591, 

699,  887. 
Agapetos,  Korrespondent  des 

Prokopios  von  Gaza  457. 
Agapetos  I,  Papst  58,  938. 
Agapios  s.  Landes. 
Agathangelos  406. 
Agathangelos .     Gegner    des 

Gregoras  781. 
Agatharchides  518,   523  (o.). 
Agathias  11, 227,  228,  240  ff.*, 

243,  259,  267,   343,   567, 

646,  726*. 
Agatho,  Papst  955. 
Agathen,  Archidiakon  674. 
Agathonikos,  Bischof  205. 
Agathonikos  der  hl.,  Märtyrer 

167. 
Agila  935. 

Agnese,  Baptist  902. 
Agrargesetze     s.     Ackerbau- 
gesetze. 
Akakios  von  Kaesarea   132, 

206. 
Akakios,  Patriarch  von  Kpel 

921,  928,  956. 
Akathistos ,    Kirchenhymnus 

292,  617  ff.*,  819,  961. 
Akindynos  Dionysios  102. 

1^ 


1154 


Register  der  Personen  und  Sachen. 


Akindynos  Gregorios,  Pole- 
miker 44,  48,  100  ff.*,  104, 
105,  106,  108,  109,  175, 
212,  781. 

Akindynos  der  hl.,  Märtyrer 
263,  1123. 

Akir,  der  weise  897  f. 

Akklamationen  254,  256,  346, 
651,656.  661,  696  f.,  792  f.* 

Akoluthos  709. 

Akominatos  Michael  17,  173, 
212,  281,  284,  455,  468  ff.*, 
472,476,537,539,761,791. 

Akominatos  Niketas,  Histo- 
riker und  Dogmatiker  16, 
43,  47,  51,  54,  57,  58,  87, 
91  f.*,  93,  124,  209,  221, 
228,  281  ff*,  291,  297,  389, 
392,  393,  424,  445,  476, 
1118,  1131. 

Akominatos  Niketas,  Erz- 
bischof von  Chonae  92. 

Akonitis,  Insel  238. 

Akritas  s.  Digenis  Akritas. 

Akritas,  Ort  832. 

Akriten  827  f.,  832*. 

AkroYnos  961. 

Akropolites  483. 

Akropolites  Georgios  93,  137, 
138,  204,  286  ff.*,  291,  388, 
389,  392,  393,  476,  477, 
478,  771,  1047. 

Akropolites  Eonstantinos,  Ha- 
giograph,  204*,  205,  388, 
468,  477,  481,  546. 

Akrostichis  456,  457.  674, 
681,  689,  697  ff.*,  717  ff.*, 
723,  739,  782,  785,  812  ff., 
846;  s.  auch  Alphabete. 

Aksakov  34. 

Aktuarios  620 ;  s.  auch  Johan- 
nes Akt. 

Akylas,  Märtyrer  171 ;  s.  auch 
Aquiias. 

Alanen  157. 

Alarich  913  f. 

Albanesen  1104. 

Albertos  s.  Marines. 

Albertus  Magnus  100,  485. 

Alchemie  248,  632  ff.* 

Alcuin  500. 

Alcyonius  Peter  505. 

Aldelagas  und  Olope,  Ge- 
schichte von  855. 

Aldus  Manutius  503  (M.). 

Alexander,  Kaiser  976,   978. 

Alexander  von  Aphrodisias 
431,  567,  778. 

Alexander,  Erzbiscbof  von 
Lesbos  785. 

Alexander,  Mönch  164*,  363. 

Alexander  Numenin    s.   Nu- 

menin.  I 

Alexander  III,  Papst  1026  f. 
Alexander,  Polyhistor  241.      1 


Alexander  von  Tralles  614. 
Alexanderroman  35,  822, 844, 

849  ff.* 
Alexandra  s.  Lykophron. 
Alexandria  2, 416  (u.),  1094*. 
Alexandre  Girolamo  503  (M.). 
Alexias  s.  Eomnena  Anna. 
Alexios  l  Komneno8,Eai8er42, 

48,  77,  82,  85*,  90,  92,  140, 

156,  272,  274,  425,  464, 

609,  1013  ff.*,  1076. 
-Alexios  n  Eomnenos,  Eaiser 

284,  474,  762  f.*,  1028  ff.* 
Alexios  m  Angelos,  Eaiser 

92,469,470, 1035  ff.*,  1042. 
Alexios  IV  470.  1038  f. 
Alexios  V  .Murzuphlus*,  Eai- 
ser 282,  1039  ff.* 
Alexios  I  Eaiser  von  Trape- 

sEunt  1049. 
Alexios  II  Eaiser  von  Trape- 

zunt  1050. 
Alexios  III  Eaiser  von  Trape- 

zunt  782,  1050. 
Alexios  8.  Agallianos. 
Alexios  s.  Aristenos. 
Alexios  s.  Ealochetos. 
Alexios  der  Eappadokier  553. 
Alexios,   Patriarch  von  Epel 

152. 
Alexios  s.  Makrembolites. 
Alexios,  der  Mann  Gottes  799. 
Alexios,  Philosophos  153. 
Alexios  s.  Rharturos. 
Alexis,  Sohn  Belisars  827. 
Alexis,  Eomiker  505. 
Alkaeos  505. 
Alkman  505,  653. 
AUatius  Leo  510,  1140*. 
Allegorien  529  f.,  531,  534, 

556, 620,  782  ff.,  820, 904  ff. 
Almagest  622. 
Al-Mekin  368. 
Almus  1022. 
Alodäer  940. 
Alogobotur  980. 
Alopos  Theodoros  434. 
Alp-Arslan  1007,  1010. 
Alphabetalphabetos  718. 
Alphabete  254,   256  f.,  507, 

717  ff.*,  734,  739,  755,  786, 

814  f.* 
Alphabet  der  Liebe  812  ff. 
Alpheos  der  hl.,  Märtyrer  157. 
Alusianos  1002. 
Alyattis  Gregorios  600. 
Alypios  710. 

Amadeo  von   Savoyen  1060. 
Amadi  Francisco  901. 
Amalasuntha  237  f.,  932. 
Amaler  923,  932. 
Amalrich,   Eönig   von    Jeru- 
salem 1024. 
Amantios  928. 
Am&r&utos  756. 


Ambrosius  CamalduleDsis  \  1 1 

144. 
Ambrosius  der  hl.,   Kirchs- 

lehrer  76,  79,  91^,  100. 87: 
Ameise,  Lob  der  737. 
Amerutzes  (Amirutzea)  Geor- 
gios. Polemiker  and  Dicbt«r 

121,  122,  785. 
Amida  614,  924,  989. 
Anmiianos  654. 
Ammianos  Marcellinus  335. 
Ammonios    von   Alexandrieo 

46,  206. 
Ammonios,   Aristoteliker  69 

430,  432.  516,  549,  581. 
Ammonios,  Lexikograph  549. 
Amorgos  799. 
Amorion  348,  959,  967,  9^i^, 

991. 
Amphilochioa,  Metropolit  ?od 

Eyzikos  75. 
'Amru  951. 
Amulette  620,  1123  f 
Amyntianos  518. 
Anadam  897. 
Anagnostes    Johannes    259. 

301*. 
Anagnostes      Konstantinos 

773  f. 
Anakreon  505. 
Anakreontika  644,  652.  673, 

723,  739,  740,  781,  782. 
Anastasios  I,  Kaiser  4.  125, 

664  f.,  923  ff.*,  1073. 
Anastasios  II,   Kaiser  664  L, 

959*. 
Anastasios ,     Patriarch    too 

Antiochia  59  f.*,  143.  1$3. 
Anastasios  II,    Patriarch  tob 

Antiochia  144. 
Anastasios   Apokrisianoe  62, 

64. 
Anastasios  der  hl.,   Märtjrer 

190,  192.  203. 
Anastasios  von  Herakleia4öd. 
Anastasios,  Bischof  von  Ku- 

sarea,  Asketiker  156. 
Anastasios ,     Eirchendiditer 

673. 
Anastasios,  Patriarch  von  Kpel 

962. 
Anastasios  Le  . . .  .,  Vestarch. 

Uypatos  und  Krites  741. 
Anastasios  s.  Makedon 
Anastasios,  Melode  663. 
Anastasios,  Mönch  62,  64. 
Anastasios,    Erzbischof   vod 

Nikäa  65,  66. 
Anastasios,  Bischof  von  Niko- 

polis  192. 
Anastasios,  Quaestor  723. 
Anastasios  Sinaites,  Theolefe 

49,  51,  52,  53,  54.  56.  hl 

64  ff.*.  75,    83,    113.  121 

124,  127,  383. 


1 


I 


Register  der  Personen  und  Sachen. 


1155 


Anastasios,   Abt  vom   Berge 

Sinai  317. 
Anastasiotes  Theophanes,  Ha- 

giograph  197. 
Anastasinpolis  1109. 
Anastasias,  Bibliothekar  32, 

179,  189,  340,  344  f.*,  346 

(a.),  350  f. 
AnatoHos  Antecessor  610. 
Anatolios,  Gesandter  917. 
Anatolios,  Mönch  57. 
Acatolios ,     Erzbischof    von 

Thessalonike,    Honu'letiker 

176. 
Anatomie  436 ;  s.  auch  Medizin. 
Anatolios  s.  Vindanios. 
Anchialos  958. 
Anchialos  Michael,  Patriarch 

von  Kpel  91,  474,  476,  611. 
Andreas  Palaeologos,  Titular- 

kaiser  224. 
Andreas,  Apostel   167,   185, 

192,  391,  1138. 
Andreas  Chios,  Märtyrer  122, 

205. 
Andreas  Enkleistos  51,  56. 
Andreas  Hamartolos  211. 
Andreas  der  hl.  iy  KqioB^  193. 
Andreas  der  JUngere  72,  136. 
Andreas,  Bischof  von  Käsarea 

in     Eappadokien ,    Exeget 

123,  129  ff.*,  132,  165. 
Andreas  von  Eolossos,  Pole- 
miker 110,  115,  117. 
Andreas  Salos,  Mönch  194, 

197. 
Andreas  von  Kreta  13, 165  f.*, 

193, 660, 667, 673  f.*.  1138. 
Andreas  von  Kreta,  Freund 

des  Philelphos  579  (u.). 
Andreas,  Presbyter,  Katenen- 

schreiber  211,  215. 
Andreas,  Scholiast  137,   138, 

211. 
Andreopulos  Michael  893. 
Andrias,  rhetor.  Schrift  447  f. 
Andritzopulos  628. 
Andronikos  I  Komnenos,  Kai- 
ser 91,  282,  466,  470,  833, 

1028  ff.*,  1076. 
Andronikos    U    Palaeologos, 

Kaiser  94,  98,  99,  157,  224, 

293,  415,  471,   476,  480, 

483,  543,   546,  553,   772, 

776,  1054  ff.* 
Andronikos  III  Pal.,  Kaiser 

100,   293,   483,    1055  f.*, 

1076. 
Andronikos    IV    Palaeologos 

1061. 
Andronikos  Gidos,  Kaiser  von 

Trapezunt  1050. 
Andronikos  Dukas  s.  Sguros. 
Andronikos,  Sohn  des  832  f. 
Andres  700,  1082,  1109. 


Anecdotas.Geheimgeschichte. 

Angeles,  General  550. 

Angelos,  Haus  der  1032  ff. 

Angelos  Gregorios,  Polemiker 
114. 

Angelos  Markos  781. 

Ani  1004,  1007. 

Aninas,  der  hl.  483. 

Anna,  die  hl.  167,  169,  172, 
483. 

Anna,  Kaiserin  159,  175. 

Anna,  Tochter  Kaiser  Fried- 
richs II  768. 

Annianos  338,  340,  341,  405. 

Anonyme  Alchemisten  632  f. 

Anonyme  Briefsammlung  483, 
498. 

Anonyme  Chronisten  297, 307, 
329,  346  f.,  361,  363,  373, 
377,  388  f.,  395  ff.*,  424, 
425  f.,  785. 

Anonyme  Grammatiker  560, 
577,  587,  592,  593  f. 

Anonyme  Gedichte  über  Hof- 
ämter 427. 

Anonyme  Geographica  414 
(§  171  Anm.  3),  419,  448 
(u.). 

Anonyme  Mathematiker  622, 
625. 

Anonyme  Mediziner  618  ff. 

Anonyme  Metriker  596  f. 

Anonyme  Musikschriftsteller 
599. 

Anonyme  Rhetoren  472,  475, 
476. 

Anonyme  Scholien  zu  Kirchen- 
vätern 138,  139. 

Anonyme  Scholien  zur  hl. 
Schrift  136,  137. 

Anonyme  theologische  Schrif- 
ten, s.  Armenier,  Asketen, 
Bilderstürmer,  Islam,  Ju- 
den, Lateiner  u.  s.  w. 

Anonyme  Wallfahrbttcher  421. 

Anonymer  Auszug  der  Ilias 
530  f. 

Anonymus  Bandnri  424,  426. 

Anonymus  nBQi  ßaaiXelag  458. 

Anonymus ,  geographischer 
448. 

Anonymus  über  Jerusalem  421. 

Anonymus  über  Kaisergräber 
424,  426. 

Anonymus  über  Kpel  424. 

Anonymus  über  die  Belage- 
rung von  Kpel  unter  Hera- 
klios  251,  672  f.* 

Anonymus  über  die  Eroberung 
von  Kpel  durch  die  Lateiner 
393. 

Anonymus  über  Kriegswiss. 
635,  637. 

Anonymus  über  Leo  den  Ar- 
menier 361. 


Anonymus  de  politica  sapien- 

tia  458. 
Anonymus  über  Seekrieg  635, 

637. 
Anonymus,   der  sizilianische 

358. 
Anonymus  Thyselii  311. 
Anselm  von  Canterbury  100, 

103,  500. 
Anselm  von  Havelberg  88. 
Anthelios  312. 
Anthemios,  praefectus  prae- 

torio  915  I. 
Anthemios  von  Tralles  621, 

624. 
Antbimos ,     Erzbischof    von 

Athen  175. 
Antbimos ,     Erzbischof    von 

Bulgarien,  Polemiker  110. 
Antbimos,  Kirchendichter  663. 
Antbimos,  Patriarch  von  Kpel 

51,  54. 
Antbimos,  Mediziner  616. 
Antbimos,  Mönch  497. 
Anthologia     Palatina     567 , 

727  ff.* 
Anthologien    527,    725  ff.*, 

763;  s.  auch  Spruchsamm- 
lungen. 
*'Avdog    t(oy    x^ginoyf     vgr. 

Prosawerk  910. 
Antiattizist  572  f. 
Antigonites  Gregor  498. 
Antiochia  245,  321,  325,  327, 

334,  404,  405,    416,   937, 

947,  986,  1094. 
Antiochos  Gregorios  472, 475. 
Antiochos,  Martyrium  des  hl. 

185. 
Antiochos,  Mönch  des  Sabbas- 

klosters  40,  146  f.*,  155. 
Antipbanes  578. 
Antiphon  567. 

Antisthenes,Dialogperson  248. 
Antistoechie  564*,  585,  591. 
AntistoechischeSpielerei  544  f. 
'Jyriatoi^dQVoy  576. 
Antithalia  645. 
Antonin,  Archimandrit  1142. 
Antoninus  Marcus  567. 
Antonio  von  Ascoli  110. 
Antonios,    der    Eremit    115, 

153,  158,  180,  192,  734. 
Antonios,  Hagiograph  191. 
Antonios,  der  Jüngere,  Mönch 

195. 
Antonios  s.  Kauleas. 
Antonios  „Melissa*   36,   217, 

218,  464  f.*,  600*. 
Antonios  Monachos  374. 
Antonios  Studites  176,  677. 
Antonios,  Bischof  von  Syläon 

67,  68. 
Anysia  die  hl.,  Märtyrin  204. 


Baglater  dar  P»rBon«a  n 


Apfel,    Enkomien     auf    den 

735  f. 
Apfathartodaketismua  57,  58, 

90   939 
Aphthonioa     450,    452,    462, 

735  f. 
Apimpithino    (?)    KonaUDtin 

472. 
Apion  520. 
Apocbaps,  Emir  980. 
Apokalypse  524,  1116  (in  der 

hjz.  Kunst). 
Apokapes  Baeileios  1008. 
Apokaukos  Alezios  4SI. 
Apokaukos,  Kämmerer  u,  s.  w. 

483,  615,  1056  f. 
ApokopoB  818. 
Apokryphe     Litteratar     746, 

1116     (ia     der     bildenden 

KuDst);  B.  auch  Legvnden, 


I.  211.  654. 
Apollinariaten  54. 
Apollo  und  Daphne,  Gemälde, 

Thema  einer  Ethopoiie2Sl. 
ApolIoDioa  Dyakolos  12,  575, 

580,  583,  584. 
Apollodor,      Bibliothek     dea 

533,  556. 
Apollodor,  Komiker  505. 
Apollodor,  Taktiker  635,  636. 
ApoUonioa,  Iiexikograph  520, 


a,Mathematiker621. 


571. 
Apollon 


ApolloDJOB  Hhodioa  527. 
ApoUonioa  von    Tyana  469, 

733. 
ApoUonioa  von  Tyroa  852  f. 

Apologeten  codex  524. 
Apologetik,   byz.   48  ff.;  vgl. 

Polemik. 
Apomaaaria  630  (o.). 
Apopbthegmata      18S,     218, 

600  ff. 
Aposchiaten  69. 
Apostel,    Epigramm   auf  die 
444,  739;  Ikonographie  der 
1117, 
ApoBtelgeBcbichten ,    apokry- 
phe 168,  172.  175,  177, 182, 
184.   193;  s.  auch  Acta. 
ApOHfelkirche    in    Kpel,    Be- 

ecbreibung  der  723  f. 

Apoatolios    Ariatobuloa    (Ar- 

senios)   503.    603  f.',    906 

Apoatolios  Michael  121,   122, 

498,  ,'-.02  (u ),  563,  603  f.', 

906. 

'Jn6  ipiov^i  =  Kollegienheft 

583  f. 
Appianoa  10.  259,  373.  518. 

567. 
Apsimaros  957. 


Apsyrtos  263. 
Apuleius  258. 
Aquilss,  BibelQbetBetzi 

123,  127. 
Araber   33,   343,   431 

712,  950  ff.*.  1099', 
Aiabien  412. 
Arabit«B  Eonatantinos 
Arcadios,  Kaiser  913 
ArcbelaoB  633. 
Archilocbos  504. 
Arcbimedee  621. 
ArcbippoB  ProamonHTi' 
Architektur,  bys.   IUI 
Arohytaa  722,  783. 
Ardzruni  Thomaa  407. 
Areadne  920  ff. 
AreobindoB  926. 
Arethas,  der  hl.,  Leger 

(§  99  Aura.  2|. 
Arethaa  von  Kttaarea 

42,  124,  129  ff.'.  Vi 

313.  500,  524  f.*,  6 
Aretuaa  870  f. 
Ai^yrokastroD  862. 
ArgyropuloB  Georgioa 
Argyropulos    Johaiiae 

maniat  121,   122,  5( 
Argyroa  laaak  101,  1( 

628»,  624. 
Argyroa  Leon  497. 
Arianiamaa  38,  103,  1; 

Ärios'eU,  661. 
Ariatander  und  Kallitb 
man  377  f. 

Ariatarchoa,  Kritiker 
AriatarcboB,    der    ,JG 

576. 

AriatenoB  Alexioa   131 

473.  607»,  611.  74 

758,  759. 

Aristides,  Apol(^et88^ 

AriBtides.   Rhetor  48( 

549. 
AriatobuloB  s.  Apoatoli 
AriatobuloB,  Dialogpeta 
ArlBtogiton   gegen  Hy 

527. 
Ariaton  von  Pella   49. 
ArietonikoB,  Grammatik 
AHstophanea  von  Bytai 

538. 
Aristophanes,  Komike 
505,  527,  532,  540  (n 
549.  554  f.,  565,  56' 
Aristoteles  19,  65,  6E 
231,  241,  263,  289 
300,  429.  430  ff.' 
436,  437',  442,  44f 
479,  505,  515  f.,  52! 
533,  535  (M.),  544 
556,  621,  631,  710 
las,  758,  772  U  84i 


Register  der  Per80fi9 


^^m 


Sachen. 


1157 


Asot  981. 

Aspar  919  f. 

ABprophrydes  Makarios  498. 

Assisen  von  Jerusalem  und 
Cypern  898  ff. 

Asterios  von  Amasia  206,  474. 

AsirampsychoSy  Orakelautor 
and  Traumdeuter  628,  629, 
631. 

Astrologie  384,  621  f..  627*, 
722  f.,  753. 

Astronomische  Schriften  136, 
289,  296,  380,  412,  414, 
429,  536,  552,  620  ff.* 

Athanagild  935. 

Athanasia,  Klostervorsteherin 
196,  198  f. 

Aihanasios,  Patriarch  von 
Alexandria  40,  67,  70,  83, 
88.  93,  94,  96,  107,  113, 
130,  155,  180,  193,  206, 
215,  553  (Gedicht  auf  A.), 
630,  786  (Gedicht). 

Aihanasios  der  Jüngere,  Pa- 
triarch von  Alexandria  (13. 
Jahrh.)  94*,  98,  289. 

Aihanasios ,  Patriarch  von 
Antiochia,  Hagiograph  199. 

Aihanasios,  Erzbischof  von 
Korinth  54,  79,  81. 

Aihanasios  s.  Kydonios. 

Aihanasios,  Mönch  auf  dem 
Berge  Latros  194. 

Athanasios  (?)  Lexikograph 
571. 

Athanasios,  Bischof  von  Me- 
thone 167,  196. 

AthanasiosMonachos,  Gründer 
der  Athoslaura  143,  183, 
195,  196,  198,  315,  1059. 

Athanasios  Monachos  780. 

Athen  302,  403,  469  f.,  733, 
841  (Klagelied  auf  die  Er- 
oberung von),  995  f.;  Auf- 
hebung der  athenischen 
Universität  5  f.,  939  f.;  seine 
mittelalterliche  Geschichte 
1070,  1082,  1093;  sein 
Anteil  an  der  byz.  Littera- 
tur  302,  469  f.;  seine  Be- 
kehrung 643;  seine  Topo- 
graphie 437,  1112;  seme 
byz.  Inschriften  1134;  seine 
Bibliothek  511. 

Athenaeos  538,  566,  568. 

Athenaeos.  Taktiker  635,  636. 

AthenaYs  915. 

Athener,  Staat  der  552. 

Athenodoros  786. 

Athenokles  241. 

Athos  107,  140, 157, 158,  180, 
507,508,510,513ff.*,1058ff. 

Athusa,  Dialogperson  820. 

Atman,  armenischer  Kloster- 
vorstand  88. 


Attalia  269. 

Attaliates    Michael    269  ff.*, 

273,  276,   367,    508,  607, 

609. 
AttUa  916  f. 

Attizismus   18;  s.  auch   Hu- 
manismus u.  Schriftsprache. 
Attizisten  791. 
Auffindung   des  hl.   Kreuzes 

244,  1138  f. 
Augaros,  Hagiograph  203. 
Angusteon,   Schilderung  des 

289. 
Augustinus   der   hl.  40,    70, 

76,  91,   97,  99,   100,   102, 

103,  111,  209,  545. 
Augusti^s,  Titel  4. 
Aulikalamas    (?)    Theodoros 

762. 
Aulikalamos  442,  761,  765. 
Aur  643. 

Aurelius  Marcus  525  (o.). 
Aurelius  Opilius  699. 
Autonomes,  Bischof  und  Mär- 
tyrer 187. 
Auxentios,  Berg  des  hl  193. 
Auxentios,  Märtyrer  82. 
Auxentios,  Melode  663. 
Avaren  710,  941  f.*,   944  ff., 

1075. 
Axuchos  Johannes,   Grossdo- 

mestikos    86,    465,    764, 

1021  f. 
Axumiten  240  ($  99  Anm.  2), 

413,  1131. 

Babek  968. 

Babrios  567,  717,  898. 
Babutzikarios  439,  1138. 
Babylonisches  Reich,  Sage  35, 

798. 
Bacon  Roger  429,  435. 
Baduila  933. 

Bagratunier  980  f.,  1079. 
Bahräm  Tschabln  943. 
Bajazet  s.  Bajesid. 
Bajesid   I  305  f.,   490,  491, 

1061  f. 
Bakchios,  der  alte  599. 
Bakteria  ttäy  dQ^^eg^tay  610. 
Baldnin  I,   Kaiser  von  Kpel 

282,  1040. 
Balduin  II,  Kaiser  von  Kpel 

1044  ff. 
Balduin   lü    von    Jerusalem 

1024. 
Balianites  Leon  474. 
Balsamen,  Protekdikos  491. 
Balsamen  Theodoros,   Jurist 

91,  135,  138,  139,  156,  203, 

204,  607*,  609  f.*,  611,766. 
Banner,  Epigramm  auf  ein  439. 
Baphäon  1054. 
Baras,  Gründer    des    Petra- 

klosters  172. 


Barbara  die  hl.  167,  184,  185, 
199. 

Barbarismen,  in  der  byz.  Grä- 
zität  30  f. 

Barbaro  Nicolo  312. 

Barbaros  aus  Bulgarien,  Mär- 
tyrer 204,  205. 

Barbarus  Scaligeri  396. 

Bardales  778. 

Bardales  Leon  481,  543,  553, 
554,  601. 

Bardanes  Georgios,  Metro- 
polit von  Kerkyra  476. 

Bardas  Caesar  16,  969  ff.* 

Bardesanes  661,  662. 

Bareus  755. 

Bar-Hebraeus  328,  405*. 

Barlaam,  der  falsche  Prophet 
783. 

Barlaam  und  Joasaph  35,  383, 
456  f.,  777,  818,  886  ff.* 

Barlaam,  Polemiker  43,  48, 
100*,  102,  103,  104,  105, 
106,  108,  109,  110,  160, 
175,  212,  294,  487,  488, 
503,  624,  625,  781. 

Barlaamiten  102  f.*,  105,  108, 
115,  120,  122,  153,  175; 
anonyme  Schriften  gegen 
die  105. 

Bamabas  der  hl.  164. 

Bamabas,  Sprüche  des  602. 

Barnabaskirche  in  Salamis 
164. 

Barockstil  s.  Marinismus. 

Barsanuphios,  Mönch  58,  145. 

Barsymes  Petros  240. 

Barsymianos,  der  Syrer  240. 

Bartholomaeos,  Apostel  167, 
193. 

Bartholomaeos  von  Edessa, 
Polemiker  78. 

Bartholomaeos,  Abt  von  Grotta 
Ferrata,  Hagiograph  195, 
678. 

Bartholomaeos,  Mönch  in  Ka- 
labrien  172. 

Bartholomaeos,  Kirchendich- 
ter 678. 

Bartholomaeos,  Gründer  des 
Patirklosters  196,  198. 

Bartlose,  der,  s.  Messe  des  B. 

Barzöe  895  f. 

Basilakes  Konstantin  473. 

Basilakes  Nikephoros  124, 
451,  465,  473  f.*,  475,  477. 

BaaiXevi,  Titel  4,  1085. 

Basilianermönche  118,  140, 
195*. 

Basilides,  Häretiker  207,  662. 

Basilika  Therma  991. 

Basiliken  171,  257  f.*,  606*, 
607,  609,  610,  977. 

Basilikos  Diakon  791. 


1158 


Begister  der  Personen  und  Sachen. 


253,  257,  264,  457  f.*,  464, 
480,  517  f.,  522,  606,  699, 
974  ff.*,  1075. 

BasilioB  II,  Kaiser  23,  145, 
185,  730,  732,  991  ff.*, 
1075  f.*,  1143. 

Basilios  von  Achrida,  Erz- 
bischof von  Thessalonike 
88,  466*. 

Basilios,  Bischof  von  Amasea 
205. 

Basilios  Amiras  (Emir)  769. 

Basilios,  Anachoret  194,  197. 

Basilios,  Presbyter  in  Ankyra 
197. 

Basilios,  Bischof  von  Emesa, 
Biograph  151,  152*,  196. 

Basilios,  Armenier  418. 

Basilios  der  Grosse  35,  40, 
57,  65,  66.  67,  79,  80,  83, 
88,  93,  96,  113,  118,  130, 
139  (Schollen  zu),  141,  146, 
149,  155,  160,  171,  202. 
203,  214,  215,  216,  217, 
314,  341.  383,  438,  457, 
505,  553,  556,  567,  591  f. 
(Pseudo),  600,  619.  733. 

Basilios,  Hagiograph  195, 198. 

Basilios,  Patriarch  von  Jeru- 
salem 166. 

Basilios  der  Jüngere,  Metro- 
polit von  Käsarea,  Scholiast 
137,  138. 

Basilios,  Metropolit  von  Eer- 
kyra  s.  Pediadites  Basilios. 

Basilios  Kilix  51,  53,  56. 

Basilios,  Patriarch  von  Kpel 
173,  474. 

Basilios,  Bischof  von  Neo- 
patrae,  Exeget  124,  131. 

Basilios  Protoasekretis,  Klo- 
stergründer 153. 

Basilios,  Bischof  von  Seleukia 
72. 

Basilios,Senatspräsident  990ff. 

Basilios  Studites,  Kirchen- 
dichter 677. 

Basilios  Studites,  Polemiker 
114. 

Basiliskos,  Admiral  920  f. 

Basiotes  Michael  762. 

Bassns  Cassianus  262. 

Bastardsultan  808. 

Batatzes  Basilios  422  (u.). 

Batrachomyomacbie  752. 

Bauemgrundbesitz  in  Bvzanz 
1086  f. 

Beamtenwesen  255,  1084  f. 

Beda  Venerabilis  209. 

Bekkos  Johannes,  Patriarch 
von  Kpel,  Polemiker  64, 
74,  89,  93,  96  f.*,  99,  104, 
117,  119,  134,  1053. 

Bela,  Ungar.  Prinz  1022. 

Belgien,  Hss-Kataloge  513. 


Belgrad  1077. 

Belisar  230  ff.,  931  ff.*,  1142. 

Belisarroman  347,  825  ff.*, 
841  f. 

Belos,  assyr.  König  323. 

Beltb  andres  und  Chrysantza 
821,  857  ff.*,  863. 

Benedikt,  Canonicus  (Chanoin 
Benott)  256  f. 

Benedikt,  der  hl.  6,  193. 

Benedikt  XU,  Papst  100,  102. 

Benott  de  Cöme  553  (u.). 

Benott  de  Sainte-More  847. 

Berat  (Epirus)  511. 

Berderichos  862  ff. 

Beredsamkeit,  geistliche  41; 
Charakter  der  160  ff.* 

Bereketis  Petros  600. 

Bergades  818. 

Berosos  242. 

Berroea  1035. 

Bertha,  Braut  Romanos'  II 
459,  984. 

Bertha  von  Sulzbach,  Ge- 
mahlin des  Manuel  Kom- 
nenos  466,  755. 

Besarion,  Asket  734. 

Beschwörungsformeln  s.  Zau- 
bersprüche. 

Besonnenheit,  über  die,  rhetor. 
Qebung  288. 

Bessarion  19,  96,  99,  104, 
114,  115,  116,  117  f.*, 
122,  309.  497  f.,  503,  510, 
603,  604,  785,  1092. 

Bessen  683,  1106*. 

Bestattung  der  Kaiser  und 
Patriarchen  1085. 

Bestes  Konstantin  742  ff. 

Bestes  Theodoros  607. 

Bestiaire  s.  Physiologos. 

Bettlerkönig,  Geschichte  vom 
628. 

Bibel  s.  Testament. 

Bibelübersetzung  123. 

Bibelwissenschaften  in  Byzanz 
122  ff. 

Bibliotheken  s.  Handschriften- 
sammlungen. 

Bidpai  895. 

Bienen  (Sammelwerke)  36, 
600  f.* 

Bier,  Schrift  über  das  633  f. 

Bilderapokalypsen  1116. 

Bildersturm  13, 38, 352, 713  f., 
962  ff.*,  1090*,  11 13  f. ,1143; 
Schriften  gegen  die  Bilder- 
stürmer 67,  68  f.*,  71, 
149  f.,  165,  167,  197;  lit- 
terarische  Vertreter  des 
Bildersturmes  67  f. 

Bion,  Bukoliker  505. 

Bion,  Historiker  242. 

Bischofslisten  s.  Kataloge. 

Bithynien,  rd  ndtQia  von  130. 


Biton  635,  636. 

Blachemenpalast  777. 

Blasios,  der  hl.  169. 

Blastares  Maithaeos,  Poleiai- 
ker  und  Kaoonist  49.  llu. 
124.  144.  203,  451,  6u7, 
608*.  610.  611,  682. 

Bleiballen  s.  Bollen. 

Blemroydea  (so.  nicht  Blea- 
raides,  durchaoa  zu  schrei- 
ben) Nikephoros  89,  93,  H 
95,  96.  135,  136,  286. 289. 
380  (u.).  414.  429,  445  ff.*. 
458,  476,  478,  619.  6$3, 
676,  678,  679  f.,  682,  780. 

Boccaccio  843. 851, 854. 867  L, 
870,  892. 

Boemund.  Sohn  Robert  Gois- 
Cards  1015  f.,  1019. 

Boethius  9.  seine  griech.  Stu- 
dien 32;  Uebersetzongen 
seiner  Schriften  99.  111, 
545.  772. 

Boethos  520. 

Bogdan.  Feldherr  995. 

Bogomilen  48.  83.  84,  92. 
988,  1016  f.,  1044,  1091. 
1095. 

Bogomilus,  Presbyter  237. 

Bohemund  von  Tarent  272. 

Bollandisten  s.  Acta  Sancto- 
rum. 

Bologna  606,  613. 

Bonacursius  von  Bologna. 
Dominikaner  98. 

Bondelmonte  411. 

Bonifacius  consiliarius  189. 

Bonifaz  von  Montf errat.  Kan^ 
von  Thessalonike   1036  i 

Bonner  Corpus  222. 

Bonos,  Patrikios  711.  947. 

Boris  I  (Michael)  972. 

Boris  11  986  ff. 

Bostra  950. 

Botaneiates  Johannes,  11«- 
triker  597. 

Botaneiates  s.  Nikephoros. 

Botanik,  byz.  632  ff. 

Boucicaut  1062. 

Bracheuil,  Peter  von  1041, 
1042. 

Brahmanen.  Antworten  der 
601. 

Branas  1017. 

Branas  Alexios  1031  f. 

Branas  Johannes  1031. 

Bgißioy  (Inventar)  314. 

Briefe,  byzant.  248.  289. 296, 
378,  380.  383,  438  f .  413. 
449,  458,  463  f.  465  £. 
469,  470,  476.  477.  47^. 
481,  482,  483,  486,  ^ 
489  (u.),  491  f..  497  f.,  521. 
523.  528,  539,  543.  547. 
548,  549  f.,  553,  ^54,5581 


I 


Register  der  Personen  und  Sachen. 


1159 


587,  590,  604,  611  (M.), 
722  f.,  740,  759,  762,  770, 
772. 

Briefsteller  452  ff. 

Brief Bammlong,  Florentiner 
485. 

Bringas  Joseph  984. 

Brocquiäre,  Bertrandon  de  la 
900. 

Brontologien  s.  Donnerbttcher. 

B^ennios  Joseph,  Polemiker 
113,   114.  488,  493,   1138. 

B^ennios  Manuel  599. 

Bryennios  Michael,  Polemiker 
110. 

Bryennios  Nikephoros,  Histo- 
riker 16,  228.  271  ff.*, 
274  f.,  437,  468,  465,  756, 
759,  1020. 

Bryennios  Nikephoros,  Stra- 
tege 271  (u.),  1013. 

Bryennios  Tlieoktistos  970. 

Boa  Merkorios  842. 

Buchan  Schech  1063. 

Bnchorakel  631. 

Baddha  886  f. 

Buhlerin,  Satire  gegen  eine 
752. 

Balgaren  133,  196,  267,  350, 
403,  404,  417(0.),  608,683, 
732,  780  (o.),  924,  935,  949, 
954ff.*,  963,966ff.,  971ff., 
979  f.,  994  ff.,  1033  ff.,  1075, 
1079f.,  1094f.,  1104,  1109, 
1134;  s.  auch  Slaven  und 
Sfidslaven. 

Bulgarophygos  977. 

Bolisnias  1142. 

Ballen  224,  388,  438,  452, 
453*,  480,  488,  552, 
1 132  f.* 

Bureaokratie  36. 

Burgnndio  von  Pisa  76. 

Bur^es,  General  986. 

Burtzes  Georgios,  Metropolit 
von  Athen  173,  470. 

Bustrone  Florio  899  f.,  901  f. 

Bustrone  Georg  900  ff. 

Butilinos  934. 

Batumites  Mannel  270. 

Byzantinische  Frage  in  der 
Kunstgeschichte  1124  ff. 

ByzantinischeGeschichte,  Dar- 
stellungen der  1068  ff. 

Byzantinische  Periode,  Be- 
griff derselben  1  ff.,  911  ff. 

Byzantinische  Philologie,  ihre 
Geschichte  1139  ff. 

Byzantinismus,    Begriff   des 

11,  13,  20  ff.*,  1084. 
Byzantios,  Kirchendichter  672. 

Byzanz,  das  vorbyzantinische 

1077  f. 
Byzanz  s.  Konstantinopel. 


C  vgl.  K. 

Caesar  545. 

Candidus  10,  373. 

Casaubonus  s.  Eclogarius  C. 

Gasöle  769  f. 

Cassianus  Bassus  s.  Bassus. 

Cassiodor  9,  237. 

Catena  Lipsiensis   126,    127, 

210,  213. 
Catenen  s.  Katenen. 
Cato,  der  Aeltere  545,  842. 
Cattaneo  1056. 
Centurione,  Fürst  von  Achaja 

1063. 
Cerigo  s.  Kythera. 
Cesarini  Giulio  1064. 
Chaeremon  442. 
Chaldia,  Herzöge  von  1036. 
Chalep  730. 
Chalil-Pascha  1066. 
Chalke  509. 
Cbalkedon  237. 
Ghalkitu,  rov,  Gefängnis  714. 
Chalkokondyles   s.   Chalkon- 

dyles. 
Chalkondyles  Demetrios  303f., 

305*,   502  (u.),  503*,  505, 

581. 
Chalkondyles  Laonikos  3,  219, 

228,  229,  302  ff.*,  306. 
Chalkoprateia,    Kirche    von 

1112. 
Chama6tos  s.  Kabasilas  Niko- 

laos. 
Champ-Litte,    Guillaume    de 

835. 
Chandax  816,  818,  984. 
Chandrenos  549. 
Chansons  de  geste  824,  859. 
Charax   Johannes    12,   582*, 

583. 
Charax  Johannes,  der  Jüngere, 

Patriarch  582  f.,  969,  1105. 
Charax  Helias  596. 
Charikles  s.  Drosilla. 
Charistikarier  140,  142,  156, 

315*,  319  (0.). 
Chariton,  Patriarch  von  Kpel 

610. 
Chariton,  Romanautor  642. 
Charo8  815,  817,  818  ff,  849. 
Charsenites  Philippos  744. 
Chartopbylax  556,  583,  608, 

609   (u.)*,    709   (u.),    766, 

1085. 
Chateau  d'amour   859  f.;   s. 

auch  Erotokastron. 
Chazaren  948,  957,  958,  961, 

968,  1106*. 
Cherson  958,  968*,  992. 
Chiastische  Verse  761. 
Chilandari  1059. 
Chilas   Johannes,   Metropolit 

von  Ephesos  98,  99*. 
Chilas,  Mönch  402. 


Chiliaden  (des  Tzetzes)  528  f. 

China,  Beziehungen  zu  Byzanz 
251,  413  f.,  1099  f. 

Chinesen  219. 

Chioniades  Gregorios,  Astro- 
nom 478,  622*. 

Chios  560,  561,  1082,  1110, 
1132. 

Chlodwig  9. 

Choirinos  Basileios  739. 

Choiroboskos  Georgios  12, 128, 

297,  575,  580,  582,  583  ff.*, 
594. 

Choirosphaktes  725. 

Chomatianos  Demetrios,  Ka- 
nonist 134,  607  f.*.  610, 
611,  1043. 

Chomjakov  34. 

Chonae  in  Phrygien  170,  281 
(u.),  469,  1010. 

Choniates  s.  Akominatos. 

Choniates  Georgios  615. 

Chorikios  12,  125,  126,  475, 
602,  603,  646,  765. 

Chortasmenos  Ignatios    452. 

Chortatzes  Georgios  871  f. 

Chosrau  s.  Chosroes. 

Chosroes  1  237,  239,  933, 
935  f.,  943. 

Chosroes  II  244  f.,  943  f.*, 
945  ff.* 

Chram  1022. 

Christentum  5,  7,  34  f.,  459  ff., 
468,  620,  642  f.,  790, 
1101  f. 

Christi  Geburt,  in  der  byz. 
Kunst  1116  f. 

Christi  Leiden,  Gedicht  über 
das  822  (u.). 

Christi  Taufe,  in  der  byz. 
Kunst  1116. 

Christodoros  aus  Koptos  726. 

Christodulos  s.  Johannes  Kan- 
takuzenos. 

Christodulos,  Gründer  des 
Johannesklosters  auf  Pat- 
mos  196.  199,  508;  Typi- 
kon  des  199,  315,  317. 

Christodulos ,  Dialogperson 
und  Schriftstellerpseudo- 
nym des  Job.  Kantakuzenos 

298,  300. 
Christophoros,  Patriarch  von 

Alexandria ,      Homiletiker 

166. 
Christophoros,  der  hl.  619  (u.). 
Christophoros   von    Mytilene 

16, 399, 440  f.,  708,  737  ff.*. 

780. 
Christophoros  Patrikios  s.  Chr. 

von  Mytilene. 
Christophoros     Protasekretis 

718. 
Christophoros.   Sohn   Boma- 

nos'  I  979,  982.  M 


1160 


Bflgiatar  der  Personell  o 


CbrietophoroB.  Rhetor  463. 
ChriBtophoroR,   Vater   Sabbas 

des  JOngeren  195,  19S. 
Christophoros  a  Secretin  740. 
Christas      patiens      {Sgiaröf 

ndaxuiy)    602,    645,    649, 

746  ff.' 
ChristUBbitd  tod  Edessa  169. 
Chronica  minora,  Sammelaus- 

gabe  der  bjz.  898. 
Chronicum      Alexandriaum , 

CpolitAnnm,  Paxchale  sieh 

Osterchronik. 
Chronicum     Palatinum     329, 


Chro 


ArgyrokastroD 


Chronik,  bulgariacbe  304. 
ChroDJk  von  Edeasa  404. 
Cbronik   des  Job.  Mauropas 


Chronik,  Byriache  (ad.  Guidi) 

404. 
Chroniken ,     die    cyprischen 

900  ff. 
XponxoV  inixo^ov  386,   388, 


"  ^*P"« 


341. 


Xaopi: 

Curonisten     (Cbarakteristik) 

219  ff-,  319  ff.» 
XQoyoyQuepttoy  avvto^oy  363, 

364,  396'. 
XQOfoy^ipiK  fiiyat  322,  323, 

396  (u.). 
Chronologie,  byzantinische  2, 

337  ff.,  343  ff„  623, 1096  f.* 

Xqöviuv    ägiSurflK    *"'    "("'S 

396. 
ChryBanthos  s.  Notaraa. 
Cbryaantza  854  ff. 
Cbrysaphes  Manuel  599,  678. 
Chryaapbios,  Eunuch  915. 
Chrysippos,  Stoiker  601  f. 
CbryaobergeaLukaa,  Patriarch 

466,  472,  761.» 
Chrysoberges   Maximoa,    Iro- 
niker 113. 
Chrysoberges  NikephorOB470. 
Chrysobullen  s.  Bullen. 
Chryaocheir,  Paulikiauer  975. 
ChrysokephaloB  h.  Makarioa. 
ChrysokepbaloB     MatthaeoB 

492. 
Chryaokokkes  Georgioa  622  f. 
Chrysoloras   DemetrioB    109, 

110',  492,  503  (.M.). 
Chryaolorna  Konntantin  485. 
Chrysoloraa  Manuel   113,  426 

(o.),  492,  501,  502  (u.),  503 

(u.),  563,  581. 
Chrysomalas       Konstsntinos,  I 

H&ietiker  93. 


Chrysorrhoe  8.  Kalllmi 
Chryaoa.  E»nig  862. 
Chrysoatomoa  b.  Dion  t 

Chumarritcn  968. 
Chumnos  Qeorgioe  81 
Cbumacis  Johannee  29 

482*. 
Cbamnos  Irene  478,  Ai 
Chumnos  Micbael  482 
Chumnos     Nikephoroc 

204,  427,  476.  478  ff 

553,  603. 
Cicero  827,  545. 
Cid  828,  830. 
Cinthio  872. 
CircUB  B.  ZirkoB. 
CiBtemen  1119. 
Clary.  Robert  de  283. 
Clandias,  Kaiser  238. 
CIsadiuB,  Märtyrer  13 
Cleraena  von  Alexsud 

130,   131,   132,    13- 

155,    192,  207,   21( 

6.53,   875;    Martyrii 

185;  paeudo-clemenl 

Briefe  140. 
Clemens,  Erzbischof  t 

garieu  134,  196,  IS 
Clemens  III,  Papat  8! 
Clemens  IV,  Papst  1( 
Clemens,  Abt  von  Stud. 
Coelestinus,  Papst  91' 
Colbertaldo  Antonio  S 
Commodianas  699. 
Comoedia,  epStere  Bec 

von  646. 
Constaut,  Erz&hlung  v< 

ser  854  f. 
Comaro  Vinzent  870  : 
Cornutne,  Stoiker  57S 
Cristaforo  Fiorentino 
Cnreus  (in  der  Ist.  Pn 

11 37  f.* 
Cypera  28«,  419  (Karl 

476,  550,  773  f.,  78 

865,  898  ff.',  1071. 
Cjprian,    der    hl.,    K 

lefarer  100. 


Dämon  englauben  436. 
Dänemark  (Has-Katalt 
DalasaenoB  Damianos 
Damaskioa  431,  567. 
Damatrya  958.  Uli. 
Damian,  Patriarch  von 

988. 
Damian,  der  hl.  95.  16 

620. 
Damilaa  Neüos  von  Kn 

510. 
Damylaa    Neilos,    Pol 

110. 


Register  der  Persoue^  ^Hd  Sachen. 


1161 


Demetrios,   Mönch   auf  dem 

Latros  194. 
Denietrios,  Magister  492. 
Demetrios  »Myroblytes*,  Pa- 
tron von  Thessalonike  110, 

114,   157,    159,    165,    176, 

192,   204,   205,   266,  448, 

464  (Epigramm  auf  ein  Bild 

des).  467, 496,  544  (Kanon). 
Demetrios  von  Phaleron  452. 
Demetrios  s.  Tomikios. 
Demetrios  s.  Triklinios. 
Demetritza  1032. 
Demo  530. 
Demokritos  aus  Abdera  166, 

327. 
Demokritos,  Pseudo-  632,  877. 
Demosthenes,  Redner  139,497, 

505,   527,   549,   567,   573, 

589. 
Demosthenes,    der    Thrakier 

584. 
Depharanas     Markos     803, 

821  f.* 
Jsanotfjg,  Titel  4. 
Destonis  1142. 
Deugenius  Akritas  830. 
Deutschland   303,    422,    512 

(Hss-Eataloge),  1078. 
Devaris  Matthaeos  503. 
Dexippos,  Historiker  10,  238, 

259,  340  f.,  504,  518. 
Dhil  Nuwas  940. 
Diadochos,  Asketiker  141. 
Diadochos,  Scholiast  144. 
Diakrinomenos  s.  Johannes. 
Dialoge  247  f.,  296  f.,  459  ff., 

467  f.,  492  ff.,  562,  644  f., 

752,  775  f.,  820  f. 
Diassorinos  Jakob  542*,  578, 

596,  737. 
Diassorinos  Neilos  398,  560*, 

581,  632. 
Maartj/AaTa  =  Abschnitte 

eines  Werkes  323. 
Diaulia  1093. 
Dictys  s.  Diktys. 
Mda)[ij    Tiöy    ötodexa     ATro- 

(TroXtoy  507. 
Didymos  der  Blinde  206. 
Didymos,  Geoponiker  262. 
Didymotoichon  305. 
Digenis  Akritas  36,  827  ff.*, 

845,  849. 
Digesten  605  f. 
Diktys  327,  335,  525,  844  f.* 
Dimoires.  Kopist*  721. 
Diocletian  7*,  9. 
Diodoros  Sikeliotes  242,  259, 

261.   341,   507,   518,   527, 

567. 
Diodoros  von  Tarsos  123,  206, 

917. 
Diogenes  Antonios  647. 
Diogenes  Johannes  474. 


Diogenes,  Kyniker  647. 

Diogenes  aus  Kyzikos  325. 

Diogenes  Laertios  324,  464. 
567. 

Diogenes  aus  Sinope  467. 

Diogenianos  von  Herakleia 
726. 

Diogenianos,  Lexikograph  520. 
575. 

Diognetos,  Brief  an  700. 

Diomedesderhl.,  Märtyrer  99. 

Dion  Cassius  10,  238,  259, 
335,  370.  371  f.*,  504,  518, 
527,  529,  544,  567. 

Dion  Chrysostomos  464,  524, 
544,  552,  603. 

Dionysios  s.  Akindynos. 

Dionysios  von  Alexandria  138, 
207. 

Dionysios  Areopagites  s.  Dio- 
nysios Pseudo-Areopagites. 

Dionysios,  Athosmönch  195, 
198 

Dionysios  Bar-Salibi  213,  216. 

Dionysios,  Geograph  699. 

Dionysios  von  Halikamass  259, 
376,  518,  561,  567. 

Dionysios,  Sohn  des  Kalliphon 
699. 

Dionysios,  Mönch  138. 

Dionysios,  Mönch,  Asketiker 
160. 

Dionysios,  Erzbischof  von 
Mytilene  779  (u.). 

Dionysios  Periegetes  446, 505, 
527,  538*,  587,  783. 

Dionysios  aus  Phuma  1117. 

Dionysios  Pseudo- Areopagites 
37,  40,  56,  63,  65,  67,  70, 
83,  107,  125,  137  f.  (Scho- 
lien  zu),  129,  131,  134,  141, 
149,  154,  155,  159,  160, 
166,  167,  193,  211,  289. 

Dionysios  von  TellmahrS 
404  f. 

Dionysios  Thrax  12,  573, 
580*,  583,  585,  594. 

Diophantos  544,  621,  624. 

Dioptra  742  ff. 

Dioskorides  617. 

Dioskoros,  Patriarch  von  Ale- 
xandria 918  f. 

Dipbilos  505. 

Diplomatische  Korresponden- 
zen der  Sultane  19. 

Distanzentabellen  418  f. 

Ditheisten  103. 

Dnieprfälle  1100  (u.). 

Dobromir  1016. 

Dobromir  Strez  1036. 

Doctrina  Patrum  de  Verbi 
incamatione  208  f. 

Dodoas,  Bogomile  84. 

Dogmatik,  byz.  46  ff. 

Dokeanos,  Katapan  1003.        i 


Dokianos  Johannes  497. 
Dolopathos  s.  Syntipas. 
Domenico     Michiele,     Doge 

1021. 
Domenico  Selvo,  Doge  1015. 
Domentiolos  946. 
Dominicus,  Patriarch  von  Ve- 
nedig 81. 
Domitian,  Kaiser  238. 
Domitios,  Kirchendichter  688. 
Domninos,  Chronist  321,  327. 
Domninos   von    Larissa  621, 

625. 
Domostroi  804  (o.). 
Donatus  545. 
Donnerbttcher  630. 
Dorotheos  Antecessor  605. 
Dorotheos  der  Jüngere  171, 

203. 
Dorotheos    von    Monembasia 

322,  401*,  834. 
Dorotheos,    Erzbischof    von 

Mytilene  122. 
Dorotheos,    Archimandrit    in 

Palästina,  Asketiker  145  f. 
Dorotheos ,     Verfasser     von 

Apostel  Verzeichnissen  391  f. 
Dorylaion  1019. 
Dosiadas  772  f. 
Dosikles  s.  Rhodanthe. 
Dositheos ,     Biographie    des 

Mönches  187. 
Dositheos  (Pseudo-)   561  f.*, 

578,  791. 
Dostojevskij  34,  642. 
Doto  Andreas,   Dominikaner 

98. 
Doxaras  Panagiotes  1117. 
Doxopatres  Georgios  533. 
Doxopatres  Gregorios  463. 
Doxopatres     Johannes     387, 

461  ff.*,  533. 
Doxopatres  (Johannes?)  209, 

210. 
Doxopatres  Nikolaos  463, 607, 

679  f. 
Doxopatres  Nilos   415*,  463. 
Dragases  Konstantin,  Despot 

302. 
Drakon  (Pseudo-)  596. 
Drama  17,  534,  644  ff.*.  717, 

746ff.*,751f.,  766ff.,775f., 

779,  822. 
jQdfÄttj  spätere  Bedeutung  von 

646  f. 
Dreikapitelstreit  58. 
Drimytikos  Nikolaos  814. 
Drosilla  und  Charikles,  Roman 

763  f. 
Drster  955,  988,  996,  1017*. 
Drungarios  365,  370. 
Drystra  s.  Drster. 
Dschuneid  1063. 
Dualismus      im      römischen 


Bsgister  der  Fanoni 


päiBchen  Kultur  34 ;  in  der  ( 

hyz.  Sprache  221,  2T7. 
Du  Gange  1140. 
Dukaina  Anoa  744. 
Dnkaras  Lukas,  Dax  122. 
Dukas  AadionikoB  744,  1010. 
Dokaa  ADdronikoa,  im  DigeniB 

828,  833. 
Dukaa,  Chronist  805  ff.*,  304, 

506  Anm.  2. 
Duka8JobaiiDes,CaMil011ff. 
Dukaa  Johaanea,  Dichter  786. 
Dukas  JofaHDUBB,  GroBshetBri- 

arch  884,  474,  539. 
Dukaa,  Hans  der  1006  ff. 
Dnkas  Konstantin,  Prfitendent 

nnter  Koostautin  TU  979. 
Dukas    Michael    (OroeaTater 

dBs  Chronisten  Dokaa}  305, 
Dulas,  Aht  160. 
Duna  ScotuB  120. 
Duian  B.  Stephan. 

Ecclesiaat  710. 
Ecbaverse  a.  Jisiterverse. 
Eclogarius  Casauboni  395  f. 
EdeasB  936,  981,  1000. 
EdachmJatain  1112  f.,  1126  f. 
Eiche,  EnkomioD  anf  die  735  f. 
Eidologie  2b. 
Einhorn  413,  874. 
'Exloy^    ImaQuöy    329,    841, 

342,  395'. 
'Exaiortäf,  s.  Zeutorie. 
"Exloy^  loir  röftaiy  606,  609, 

610. 
Ekphraaen  414,  455, 467,  483, 

491,  495  r.,  857. 
Eladas  Johannes  978  f. 
Eiephant,  Gedicht  775. 
EleutherioB,  Uartyriam  dea  hl. 

185. 
Elfenbeinarheiten  1123. 
Elias  TOD  Jerusalem  926. 
Elias  der  JUngers,  MOnch  in 

KalsbriBD   195,   198. 
Elias.  Kirchen  dichter  688. 
Elias,  Ekdikos  aus  Kreta  218. 
Elias,   Hetropolit   von  Kreta, 

Scfaoliast  137,  138,  144. 
Elias  Monachos,  Homiletiker 

176. 
Elias,  Philosoph  482. 
Elias,  der  hl.,  Prophet  176. 
Elia«  Spatharios  958, 
Elias   Spelaiotes,    MSuch   in 

Kalabrien   195.  198. 
Elias,  Synkelloa  s.  Heüaa  S. 
Elisseus,  Vartabed  407. 
Elision  694. 
Elisaaeos,  Jude  125. 
Email  1124. 
Embryo,  allegorieche  Deutans 

des  556.  620,  904. 
Empedokl«  1b^  I.U.'). 


r  der  Penonen 


'^d 


Sachen. 


1163 


los,  Biographie  des  hl. 

s  von  Kpel  206. 
1  699. 

lyoy  s.  Paterikon. 
V,   Papst    115,    117, 

DOS  Niketas  377,  648, 
f63  f.* 

OS  Jobannes  1 16, 117*, 
195  f.*,  503. 
OS  Markos,  Metropolit 
Ephesos,  Polemiker 
13,  114,  115  f.*,  117, 
19.  120,  495  ff.*,  679. 
s,  Archon  aus  Palermo 

s,    Gegner    des   Jo- 

s  Philoponos  53. 

8   der   hl.,    Märtyrer 

s    Nomophylax    175, 

8,  Philosoph  769. 
s,  Gegenkaiser  913. 
los   d.  hl.,    Märtyrer 

rismus  529. 

3  476,  524,  621,  622, 

3,  Patriarch  von  Ale- 
•ia  60. 
ios  766. 
3S  s.  Philes. 
•s   10,  238,  259,  261 
35,504,509,518,567. 
,  Hagiograph  197. 
lia,   die  hl.  114,   168, 
474,  643. 

liana  Sylloge  727. 
lios  586. 
on  549. 
i  527. 

syne,  die  Jüngere  186. 
3  250. 

BS  1 39,  327,  505,  547, 
554,   567,   602.    746, 
.,  765,  783. 
8,  Bischof  von  Emesa 
211. 

s ,  Kirchenhistoriker 
23,  129,  130,  132,  161, 
182,  193,  206,  211, 
245,  247,  259,  291, 
334,  338,  340  f.,  348, 
372,  373,  404,  405, 
524,  603. 

8,  Presbyter  und 
h,  Asketiker  160. 
s ,  Erzbischof  von 
ialonike,  Polemiker  56. 
ios,  Abt  des  Klosters 
ine  146,  147. 
ios  von  Antiochien  206. 
ios,  Chronist  246. 


Eustathios,  Dichter  Ö29. 
Eustathios,  Patriarch  von  Kpel 

152. 
Eustathios,  Märtyrer  168. 
Eustathios  s.  Makrembolites. 
Eustathios,  Mönch  51,  52,  56*. 
Eustathios,  Rhetor  463. 
Eustathios    Romanus,    Jurist 

609. 
Eustathios,    Erzbischof    von 

Thessalonike   17,  43,   140, 

156  f.,  173,  204,  212,  283, 

414,   455,   469,   472,  476, 

504  f.,   508,  536  ff.*,   563, 

577,  578,  650,  679  f.*,  691, 

751. 
Eustratios,    Hegumenos    auf 

dem  Athos  195. 
Eustratios,  Presbyter  in  Kpel 

57,  59*,  187. 
Eustratios,     Metropolit    von 

Nikäal7,85,86,90,430f.*, 

445. 
Euthymios,  Bruder  des  Theo- 

doros  Studites  148. 
Euthymios,  der  Georgier  613, 

887  f. 
Euthymios,   der  hl.  95,  153, 

185,  677. 
Euthymios  I,  Patriarch  von 

Kpel  (Vita  Euthymii)  130, 

131,  812  f.,  524,  978. 
Euthymios  IT,  Patr.  von  Kpel 

492,  496. 
Euthymios,  Bischof  von  Ma- 

dyta  98,  99,  139,  196. 
Euthymios,  Mönch  195,  198. 
Euthymios  von  Neupatras  537. 
Euthymios,    Erzbischof    von 

Sardes  194,  197. 
Euthymios  s.  Zigabenos. 
Eutokios  621,  624. 
Eutropius  335. 
Eutropius,  Eunuche  914. 
Eutyches  882  Anm.  1. 
Eutyches  918. 
Euiychianos,  Biograph  187. 
Eutychios,  Patriarch  von  Ale- 

xandria  368. 
Eutychios,  Patriarch  von  Kpel, 

Polemiker  59,  187. 
Euzoitos  Dionysios  742. 
Evangelium,  in  der  byz.  Kunst 

1116. 
Exarchat  944,  1084. 
Ezcerpta  Barbara  220. 
Excerpta  de  legationibus  etc. 

s.  Konst.  Exzerpte. 
Excerpte,   konstantinische  s. 

Konst.  Exzerpte. 
Exegese,  der  hl.  Schrift  40  f., 

Charakter  der  byz.  122  ff.* 
Ezechiel,  Tragiker  644. 
Ezeriten  (Jeserzer)  970. 


Fabeln  s.  Aesop  und  Babrios. 

Factionen  s.  Parteien. 

Facundus  von  Hermiane  939. 

Fälschung  (einer  Bulle)  224. 

Falieri  Marino  803,  820  f.* 

Falkenbuch  631  f. 

Falkenjagd  859  f.,  865. 

Fallmerayer  1141. 

Familiengeschichte  s.  Genea- 
logie. 

Familiennamen,   byz.   1135  f. 

Fang    von   Distelfinken   und 
Zeisigen,  Ekphrase  378. 

Fantinos,  Mönch  195. 

Fastendiät,  Gedicht  ttber  die 
761. 

Fasti  Siculi  s.  Osterchronik. 

Faustos    von    Byzanz    231, 
236  (c),  406*. 

Favorinus  s.  Phavorinus. 

Felix  III,  Papst  921. 

Ferrara  s.  Synode  von  F. 

Feudalismus  s.  Lehensbegriff 
und  Grossgrundbesitz. 

Feuer,  griechisches  636. 

Filelfus  8.  Philelphus. 

Filocolo  867  f. 

Finlay  1141. 

Fiorio  s.  Phlorios. 

Fischbuch  s.  Psarologos. 

Flavianus  von  Antiochia  662, 
926. 

Flavianus,  Patriarch  von  Kpel 
918. 

Fleck  Konrad  868. 

Floh,  Lobrede  auf  den  489. 

Flore    und    Blanchefleur    s. 
Phlorios. 

Florence  de  Rome  854. 

Florenz  s.  Synode  von  Fl. 

Florilegien    s.  Spruchsamm- 
lungen. 

Florilegien,  christliche  s.  Ka- 
tenen. 

Florimont  855. 

Flotte  s.  Marine. 

Franciscus,  Dominikaner  122. 

Franken  (=  Abendländer)  31. 

Frankenreich  1078. 

Frankreich    303,    512    (Hss- 
Kataloge),  1079. 

Frauenspiegel  556  f.,  823. 

Fravitta  914. 

Fredegar  791. 

Freigebigkeit,   Vortrag    ttber 
474. 

Fremde,  Leben  in  der  (Ge- 
dicht) 815,  817  f.* 

Fremdwörter     in     der    byz. 
Gräcität  30  f.,  1136  f. 

Freundschaft  in  der  Verban- 
nung 752. 

Friedrich  I,  Kaiser  1027, 1034. 

Friedrich  II,  Kaiser  478,  606, 
612  (a.^,  613,  7^9,  IQ4<S. 


1164 


Register  der  Personen  und  Sachen. 


Frübbyzantinisch,  Begriff  20, 

88. 
FrübÜDg,  Enkomion  auf  den 

478 ;  Ekphrase  491 ;  Gedicht 

733. 
Frühlingslied  255,  257. 
Fruiin  995,  999  f. 
Fürstenspiegel  456  f.,  457  f., 

463  f.,  491  f.,  549;  s.  auch 

Stephanites  und  Icbnelates 
Fulgentius  v.  Ruspe  103. 


Gabalas    Leon    1041,    1045, 

1131. 
Gaberas,  armen.  Familie  1036. 
Gabras  497. 
Gabras  Johannes    102,    176, 

483,  485. 
Gabras    Michael    481,   482*, 

559,  560. 
Gabriel  Roman,   Balgaren car 

995 
Gabriel,  Erzengel  79,  92, 166. 
Gabriel,   Kirchendichter  688. 
Gabriel  von  Melitene  893. 
Gabriel,   Bischof  von  Penta- 

polis  113. 
Gabriel  Studites  677. 
Gadaros,  „der hl.*  882  Anm.2. 
Gaffore  1036. 
Gagik  996. 
Gaianiten  54,  60,  64. 
Gainas  913  f. 
Galenos  Johannes,  Diakon  555, 

557  f. 
Galenos,  Mediziner  431,  602, 

613,  614,  615,  617. 
Galeomyomachie    s.    Katzen- 

mäusekrieg. 
Galesiotes  485. 
Galesiotes  Georgios  448,  449. 
Gandzak  947. 
Garten,  Schilderung  735  f. 
Gasmulen  827,  835,  838*. 
Gaspar,   Bischof  von  Osmus 

603. 
Gateluzzi  305. 
Gattilusio  Georg  492. 
Gautier  von  Arras  808,  854. 
Gaza,  Rhetorenschule  von  12, 

125,  186,  432,  454,  456*. 
Gazes    Theodoros    121,    122, 

290,   365,   429*,  475,  501, 

502  (u.),  503,  510,  545,  548, 

581,  603,  624. 
Gebet,  Gedicht  über  das  441. 
Gebet  des  Sünders,   Gedicht 

811. 

Gebührenverzeichnis  417  (u.). 

Geheimgeschichte  des  Prokop 

231  f.  ^ 

Geheimwissenschaften  619  f., 
627  ff.,  681  ff. 

Geilamir  931.  \ 


Geld  ist  nötig  u.  s.  w.,  rhe- 
torische Übung  288. 

Gemftlde,  Beschreibungen  von 
496. 

Gemistos  s.  Plethon. 

Genealogie  1082  f. 

Genesios  Joseph,  Historiker 
253,  264  f.*,  276,  312,  348, 
361,  866  f.,  410. 

Genesios,  Patrikios  723. 

Genesis,  in  der  Kunst  1116. 

Gennadios,  Erzbischof  von 
Bulgarien,  Polemiker  76, 94. 

Gennadios  von  Kpel  206. 

Gennadios,  Patriarch  v.  Kpel 
8.  Georgios  Scholarios. 

Genuesen  1036  ff.,  1048, 1052, 
1056,  1064,  1078. 

Geoffi-oy  H  Villehardouin  899. 

Geof^oy  de  Ville-Hardonin 
8.  Villehardouin. 

Geographie  253  f.,  409  ff.*, 
446  f.,  448,  561,  1108  ff.* 

Geomantie  631. 

Geometres  Johannes  s.  Kyri- 
otes. 

Geometrie  436,  556  f. 

Geoponiker  261  ff.* 

Georg,  Ibererkönig  997. 

Georgides  Johannes  217,  218, 
602*. 

Georgier  (und  Georgien)  403, 
613,  683,  942,  980  f.,  1096, 
1099.  1119,  1126  f. 

GeorgiUas  Emmanuel  817, 
839  f.,  841  f.* 

Georgios  s.  Akropolites. 

Georgios,  Patriarch  von  Ale- 
xandria, Hagiograph  191. 

Georgios  aus  Aetolien  898. 

Georgios,  Bischof  von  Amas- 
tris  196,  197,  199,  1101. 

Georgios  s.  Amerutzes. 

Georgios  s.  Arsilaites. 

Georgios  s.  Burtzes. 

Georgios,  Chartophylax  61. 

Georgios  s.  Choeroboskos. 

Georgios,  Mönch  von  Choziba 
191. 

Georgios  von  Cypem,  Geo- 
graph 418  . 

Georgios  von  Cypem  s.  Gre- 
gorios  von  Cypem. 

Georgios  Geomebres  625  (u.). 

Georgios  Grammatikos  709. 

Georgios    Hagiopolites     176. 

Georgios  Hamartolos  s.  G. 
Monachos. 

Georgios,   der  hl.  (Märtyrer) 
98,  99,  170,  176,  191,  287, 
585,  744,  777. 
Georgios,   Erklärer  des  Her- 

mogenes  533. 
Georgios  Hieromnemon,  Scho- 


Georgios,  Presbyter  in  Kae- 
sarea  s.  Gregorios  Pres- 
byter. 

Georgios  aus  Kallipolis  76^. 

Georgios  s.  Kedrenoe. 

Georgios,  Metropolit  von  Ker* 
kyra  (um  1180)  91,  770. 

Georgios,  Metropolit  von  Ker- 
kyra  (um  1285)  770. 

Georgios,  Kirebendichter  6öS. 

Georgios  s.  Kodinoe. 

Georgios,  Patriarch  von  Kpel 
(1192-1199)  478. 

Georgios  s.  Lakapenoa. 

Georgios  s.  LapeÜua. 

Georgios  Monachoe  35,  73, 
76,221,  259.265,312,322, 
329,  336,  343,  345.  m 
350,  352  ff.*,  361,  362. 3fö. 
373,  377,  385,  386.  408, 
566  f. ;  Fortsetzung  des  Ge- 
orgios M.  354  f. 

Georgios  s.  Moschampar. 

Georgios  von  Mytilene  738  L 

Georgios,  Bischof  von  Ntzais 
Hagiograph  192. 

Georgios  von  NikooMdiei, 
Panegyriker  und  Kirckai- 
dichter  166*,  167, 172,  Ȁ 
677. 

Georgios  Nomophylaz,  Ab- 
ketiker  160. 

Georgios  s.  Pachymerea 

Georgios  Paneomorpbos,  Kl»> 
ster  des  174. 

Georgios  der  „Philoeopli*  48&. 

Georgios  s.  Phrastaces. 

Georgios  s.  Pisides. 

Georgios  Presbyter  115, 111 

Georgios    Scholarioe  49.  4 

100,  114,  115,  116,  m 

119ff*,  429.  497,50:}.T8t 

785*. 
Georgios  Synkelloa  123,381 

339  ff.*,    342.   366  L.  391 

400. 
Georgios  von  Trapezont,  Bi- 

manist  119,  121,  122,  2K. 

503. 
Gepiden  941  f. 
Gerard  de  Monr^  902. 
Gerasimos  von  Kerajnnt42i 
Gerbia,  Stadt  (?)  785. 
Gerichtsprotokoll  (v.  J.  KT^ 

443  (u.). 
Gerlach  Stephan  506. 
Germ  anikeia,  Schlacht  bciSH 
Germanos  HieromonadiotUi 
Germanos   1,    Patriarch  m 

Kpel  13,  47,  54,  66  f.*.  S 

86,  87,  137,  174,  190,  Ä 

214,  312  f.,  630,  668.111 
Germanos  II,    Patriarch  w 

Kpel  67,  93.  138.174'.» 
d^naanos^Kirchendic 


Register  der  Personen  Und  Saohen. 


1165 


anos ,  Grflnder  des 
sters     Kosinitzes     196, 

anos ,      Patriarch      von 

:äa  1044. 

anos,    Sentenzen  dichter 

'  (0.). 

anus,    Neffe    Jostinians 

i'tika  146,  188. 

igbuch,      altchristliches 

• 

idtschaftswesen  259. 
lichtschreiber,  byz.  219, 

ff.* 

ichtswerke  über  Byzanz 
8  ff. 

zbücher,  byzant.  sieh 
htswissenscbaft. 

Romanorum   887,  892. 

924. 
bo  1124. 
rbe  1087. 
md  407. 

Venezianer  835. 
n  1141. 

Andronikos  1042. 
439,  620,  1138. 
^45. 

li  Giovanni  Battista  872. 
niani  Giovanni   1066  f. 
3  Isidor  488,  492  (u.). 
s  Michael  Dukas,  Ka- 
snschreiber  212. 
3  Protostrator  777,  778, 

• 

3  Tarcbaniotes  Michael 
1  (u.). 
itza  880. 
ire  s.  Lexica. 
8  Johannes  s.  Glykos  J. 
s  Michael  65,  88,  135, 
,    313,   322,   366,  371, 
,  377,  380  ff.*,  627,  632, 
f.*,  905. 
ria,  Hagia,  Prinzeninsel 

8  Johannes  und  Justus 

8   Johannes,   Patriarch 
Kpel,  Homiletiker  und 
mmatiker  174, 175,293,  1 
,  481,483,484,589  f.*, 
,  678. 

»nbrunnen  1110. 
ologien  s.  Spruchsamm- 
'en. 

iker  644,  661  Anm.  2. 
08  Stephanos,  Tritheist 
53. 

es  036. 
in,Schilderung  eines491 . 
•beinamen569(u.),  587*, 
f. 
iuch,  die  hl.  187.  j 


Goldbullen  s.  Bullen. 

Gorianites  Thomas  773. 

Gorinn,  armen.  Chronist  407. 

Go§,  Mekhitar  613. 

Goten  230  f.,  922  ff.*,  1106 
(Krimgoten). 

Gottfried  von  Bouillon  272. 

Gradenigo,  Podesta  1048. 

FqMxoL  3. 

Grammaticus  Ambrosianus, 
Augustanus ,  Bodleianus, 
Hamburgensis,  Harleianus, 
Parisinus,  Romanus  de  notis 
veterum  criticis,  Venetus 
577 ;  Gr.  Ambros.  auch  597 ; 
Grammaticus  Augustanus, 
Leidensis,  Meermannianns 
588 

Grammatik  296,  437,  442  f., 
543,  579  ff.*,  720,  758. 

Grammatiker,  ins  Slavische 
übertragen  36. 

Grammatikos  =  Sekretär  279 
Anm.  1,  381. 

Granates  743  (u.). 

Grant  Johannes  1066. 

Grassos  Johannes  769. 

Gratian,  Kaiser  81,  1073. 

Gregentios,  Bischof  v.  Taphar 
59. 

Gregor,  der  Erleuchter  89, 
406,  407. 

Gregor,  Priester,  Fortsetzer 
des  Matthäus  von  Edessa 
407  (u.). 

Gregoras  Nikephoros  19,  48, 
101  ff.*,  135,  138,  204  f.*, 
104,  105,  106,  108.  121, 
159,  175,  199,  203,  205, 
293  ff.»,  429,  446,  482,  487, 
488,  549,  550,  551,  553, 
560,  587,  589  f.,  623,  781, 
902. 

Gregorij,  Presbyter  829. 

Gregorios,  Exarch  von  Afrika 
952. 

Gregorios ,  Bischof  von 
Agrigentnm,  Exeget  124, 
128  f.* 

Gregorios  von  Antiochia, 
Patriarch  163  f.*,  168, 245  f. 

Gregorios  s.  Antiochos. 

Gregorios,  Erzbischof  von  Bul- 
garien 553. 

Gregorios,  Abt  des  Bulgaros- 
klosters  498. 

Gregorios  von  Cypern,  Pole- 
miker, Hagiograph  u.  s.  w. 
94,  96,  97,  98  f.*,  204,  447, 
455,  476  ff.*,  479  f.,  576. 

Gregorios  Dekapolites  73*, 
193,  676. 

Gregorios,  Diakonos  und  Ro- 
f erendarios ,  Panegy  riker 
176. 


Gregorios,  General  Basilios'  II 
994. 

Gregorios,  Hagiograph  191. 

Gregorios,  Presbyter  in  Kae- 
sarea  169,  199. 

Gregorios  von  Kappadokien 
265. 

Gregorios,  Kirchendichter  688. 

Gregorios  von  Korinth  1 7, 451, 
598  f.*,  668,  679  f.*,  735, 
745. 

Gregorios  Magistros  727. 

Gregorios  s.  Mammas. 

Gregorios  s.  Mokenos. 

Gregorios  o  iv  fjiovoxQontng 
s.  Greg.  Solitarius. 

Gregorios  von  Nazianz  35, 40, 
63,  72,  79,  80.  83,  86,  88, 
93,  94,  129,  133,  139,  146, 
153.  155,  168,  169,  171, 
204,  211,  216,  217,  341, 
438,  448,  452,  556,  567, 
619,  718  ff.,  746;  Scholien 
zu  Greg.  v.  Naz.  125,  137*, 
138,  287,  292,  374,  457, 
505, 550, 553, 653  f.*,  661  f.*, 
679  f.,  697,  733. 

Gregorios  von  Nyssa  40,  57, 
66,  67,  80.  130,  214,  438, 
456 ;  Scholien  zu  Gr.  v.  N. 
139. 

Gregorios,  Onkel  des  Kaisers 
Heraklios  946. 

Gregorios  s.  Pakurianos. 

Gregorios,  Presbyter  137. 

Gregorios,  Schüler  des  Basi- 
lies,  Hagiograph  194.  197. 

Gregorios,  Schüler  des  Pia- 
nudes  543. 

Gregorios  Sinaites,  Asketiker 
157  f.*,  175. 

Gregorios  Solitarius  437. 

Gregorios  Spatharios,  der  hl., 
Märtyrer  193,  197. 

Gregorios  s.  Strongulos. 

Gregorios  von  Syrakus  676. 

Gregorios  Tbaumaturgos  91, 
207,  213.  619. 

Gregorios  der  Theologe  s. 
Gregor  von  Nazianz. 

Gregorius  der  Grosse  (o  Jid' 
Xoyog),  Papst  40,  57,  59,  60, 
97,  100,  111,  128,  129, 143, 
144,  164,  193,  518,  684, 
790,  943. 

Gregor  II,  Papst  684.  962. 

Gregor  III,  Papst  684. 

Gregor  VN,  Papst  1017. 

Gregorius  IX,  Papst  174. 

Gregorius  X,  Papst  111, 1058. 

Gregorius  von  Tours  791. 

Greis,  der  weise,  s.  Ptocho- 
leon. 

Griechisch  im  abendländischen 


lUgiatar  der  Peraonen  i 


I^teiuern,   Oriental«ii  nnd 

SUven  1136  f. 
QroeBgrundbeaitz  981  f.,  98»f., 

993.  99S,  1030  f.,  1086. 
Grosskomneoen  1046  S. 
UroBS-preslav  988. 
QrotU-Ferrata  512,  678. 
GrOne,  fOr  das  7ö6. 
Guarini  492. 
Gueotfaer  de  Paria  283. 
Guillaume  aua  der  Normandie 

876. 
Guillennas  Apulienaia  275. 
Guisoard  a.  Robert. 
Guria,  Märtyrer  inEdessa  130. 
UylliuB,   Keisendet  411,  424. 
Gjparia,  Drama  872. 
Qyrardoa  785. 
GyroQ,  bei  Konstantin  Porph. 

255  lu.). 
GyroR  le  Coartois  866. 

HadeBfabrt  819  f. 

Hadea  und  LazaroB,  Kthopoiie 

443  (u.),  473. 
Badriau  II,  Papet  683,  974  f. 
Hadrian  IV,  l'apet  88. 
Hadrianos.ErabischofvonBnl- 

gniien,  Polemiker  114. 
Hs^ia     Sophia     a.     Sopbien- 

kirche. 
Hagiocbrietopborites  1032. 
üagloelitea  Johannes,  Hagio- 

grapb   197. 
Hagiographie  18;  Bedeutung. 

allgemeiner  Gntwickelungs- 

gang    und    CharaJcter    der 

byi.   H.  41,   162,  176  ff.', 

179,  181  f.,  184.  185,  643; 
nrian  lache       Uagiographie 

180,  184;  Heiligenleben 
als  Gescbichtaquellen  221, 
312  f.- 

KagioD  Oroa  B.  AtboB. 
fiagiopolitea  b.  Oeorgios. 
Hagiopolites,    muBik.    Werk 

599  f. 
Eagiotbeodoretes    Eonatanti- 

nos  466,  470*. 
Eagiotbeodoretes  Michael,  Lo- 

gotbetes   roJ   doöuov   474. 

475. 
Eagiotbeodoretes ,      Logothet 

(wobl    identisch    mit    dem 

vorigen)  472,  475. 
Haikftr  898. 
Eakim,  Chalife  999. 
Halep  s.  Chalep. 
Naiicx  417  (o). 
Uamartoloa  als  Beiname  358. 
Hamia  von  lapaban  220. 
Handel    und    Hnndelsgeogra' 

phie  410,  1087,  1101. 
Handacbriften Sammlungen  u. 
-Kataloge  5Ö1— &1&, 


Haplncfaoir     Uiehael 

766  ff.',  805. 
Barald  Hardraade  KM 
B&ritb  935. 
Harmenopnloe    Koneb 

Jurist  103,  607»,  61 
üarpokration   520,  5£ 

576. 
Harnn-ar-RaBchid  964 
HauaaTzneibScber    s. 

Hebdomon  I1I2. 
HebrAer  a.  Juden. 
Hebrftiacbe  Sprache  1 
Heerwesen,  byi.  108( 
Heidentum,  in  der  by 

Beben  Zeit  7,  48,  3 
'  Heiligen.  Verse  anf  ( 

738,  739,  755. 
E  eilige  nleben  s.  Hagioj 
Beinrieb.    Kaiser  voi 

1042. 
Heinrioh  VI  Kaiaw  1 
Heinrich,  Enbiscbof 

nevent  88. 
Heirat,  Schrift  Ober  ^ 
Hekabe  vor  Troja,  E 

769. 
Eelena  819. 
Helene,  Tocbtet'  des 

JohsnnesKantakuzc 
Eelene,  Mutter    Kon 

des  GroBBen  205. 
Helene,    Gemahlin    I 

tjnB  VII  984. 
Eelene,  Tochter  desDt 

PataeologoB  497. 
Belias  b.  auch  Elias. 
Eelias  Synkellos,'  Diel 

718. 
HeliodoroB,  Alchemial 
HeliodoroB,  Graoirnnti: 
fieliodoroB  von  Pmaa 
HeliodoroB,    Romansi 

496,  505,  751.  763 
Helladikos  Paaloa,  Pi 

ker  186. 
Belladioa  565. 
Hellenen    {—    Heidet 

1139;  Panegyrikas 

H.  304. 
Henker  oder  Arzt  75' 
Hephaestion.  Astrolo; 
Hephaestion  (und  Psei 

Metriker  584,  594 
Hephaestos,    Erzbiacli 

Bulgarien  763. 
Eeraklea,  dae  pontiac 

587. 
Eerakleon  215. 
Herakleonaa.  Kaiser  S 
Heraklen  556  (Arbeits 

784. 
Eeraklea,  EOnig  870. 


Register  der  Penone^  Had  Saehen. 


1167 


598,  648,   652,  710,  711, 

714,  729  (u.),   732,  734, 

737,  741  (u.),  782. 
Hexamilion  1063,  1065. 
Hexapterygos  Stephanos  762. 
Hexapterygos  Theodoros  286. 
Hiatus  694. 

Hierakosophion  s.  Falkenbach. 
Hieraz,  Grosslogothet  311. 
Hierokles,    christliche   Bear- 

beituDg  eines  Kommentars 

des  143. 
Hierokles,  Dialogperson  539. 
Hierokles,    Geograph   254, 

417  f.*,  986. 
Hierokles,   Hippiatriker  263. 
Hierokratie  36. 
Hieronymos,  der  griechische 

66,  214. 
Hieronymus,  Kirchenvater  76, 

97,  111,  824,  877. 
Hierotheos,  Alchemist  633. 
Hierotheos  von  Athen  84. 
Hierotheos,  Klostervorstand 

152.  153. 
Hierotheos  Monachos  93,  94, 

144,  682. 
Hierotheos    Sakellarios    105. 
Hilarion  398. 
Hilarion     Mönchsname     des 

Prodromos  750. 
Hilarion,  Abt  von  Stadion  151. 
Hiiarias,  der  hl., Kirchenlehrer 

100,  111. 
Hildirix  931. 
Himerios,  Admiral  200. 
Himerios,  Sophist  12,  576. 
Hippiatrika  263  f.*,  617. 
Hippodrom    1085,    1111;    s. 

auch  Zirkusparteien. 
Hippokrates,  Arzt  467,  613  f., 

617;    Tochter   des  Hippo- 
krates (Sage  von  der)  798  f. 
.  Hippokrates,  Tierarzt  263. 
f  Hippolytos,  Autor  von  Apo- 
X      Stelverzeichnissen  392. 
Hippolytos    von    Rom     129, 

207,  213,  215. 
Hippolytos  Thebanus  193. 
.  Hirmologion  655  f.,  695*. 
.  Hirmos  695. 

Historia  de  preliis  850  f. 
.  Hof-  und  Kirchenämter  424  f., 

426  f.,  1084  f. 
Hofgeschichtschreiber  229  f. 
.  Holland,  Hss-Kataloge  513. 
!.  Holobolos  Manuel,  Dialogper- 
''      son  493. 
Holobolos    Manuel,    Dichter 

546,  770  ff.*,  780. 
^  Holobolos  Maximos  siehe  H. 
'      Manuel. 
^  Homer   130,   139,   167,   250, 

265,   266,   267,   274,   296, 

301,   437,   443,   483,  497, 


504, 505, 525  f.,  527, 529  ff., 

538,  541  (u.),   547  f.,  549. 

559,   565,   567,    575,   584, 

589,   602,    722,   730,   742, 

757,   765,   829,   846,  848, 

866  f. 
Homeriten,    Gesetze  der   59, 

240  (§  99  Anm.  2). 
Homiletik    s.    Beredsamkeit, 

geistliche. 
Homiliensammlungen,    ano- 
nyme 176. 
Homologes,  Diakon  414. 
Honorius,  Kaiser  913. 
Honorius,  Papst  950,  956. 
Hopf  Karl  1141. 
Hormisdas,  Papst  58,  928. 
Hormizd,  Perserkönig  943. 
Horologion  658  f. 
Hugo  I  von  Cypem  899. 
Hugo  Etberianus  89. 
Hugo  von  St.  Viktor  137. 
Humanismus    18,    21,     118, 

276,    304,   454,  482,  501, 

502  f.*,  543. 
Humbert,   Kardinal    81,  100, 

155,  1004. 
Hundebuch  631. 
Hund,  Enkomion  auf  den  475. 
Hunnen  131.  916  f.,  935. 
Hunyad  1064  f. 
Hylilas  Johannes  67,  68. 
Hydatius  s.  Idatius. 
Hymnen,  kirchliche  108,  112, 

136,    145,    656,    662    ff.*, 

695  f.*,  697. 
Hymnus  qpcJ;  iXaqot^  176. 
Hypatia  504. 
Hypatios,  Neffe  Anastasios'  I 

930  f. 
Hypatos  ttßp  g)iXoc6<pü)y  434, 

445,  447,  474,  481. 
Hypereschios,   Grammatiker 

578. 
Hyperides  567. 
Hypothesis  zur  Odyssee  335, 

845. 
Hypselantes  Athanasios  Kom- 

nenos  311. 
Hyrtakenos    Theodoros    479, 

483  ff.*,  553,  776  Anm.  2. 
Hyrtakos,  Stadt  485. 
Hysmine  und  Hysminias  764. 

Jagd  auf  Kraniche,  Schilde- 
rung 378. 

Jagd  auf  Rebhühner  und 
Hasen,  Schilderung  474. 

Jahjft  von  Antiochia,  Chro- 
nist 200,  368*. 

Jahreszeiten,  Gedicht  auf  die 
737. 

Jakob,  der  Apostel  199;  apo- 
kryphes Marienleben  des 
192,  198. 


Jakob.   Metropolit   von   Bul- 

farien  774. 
ob,  Diakonos  263. 
Jakob,  Bischof  von  Edessa  52. 
Jakob  der  Jfingere  194,  197. 
Jakob,  Mönch  192. 
Jakob,    Mönch    des  Klosters 

Kokkinobaphos,   Panegy- 

riker  172. 
Jakob,    Mönch,    Gegner   des 

Psellos  681. 
Jakobiten   52,    69,    71,    81, 

405,  761,  985. 
Jamblichos,  Erotiker  259. 
Jamblichos,       Neuplatoniker 

436.  442,  567,  601.  733. 
Janos,    Despot    von    Dyrra- 

chium  785. 
Janus,  König  von  Cypem  900. 
Jarmuk  950. 
Jaroslaviö  Vsevolod  443. 
Jasites  Job,  Polemiker  93, 
Jatros  Matthaeos,  Mönch  427. 
Jatrosophia    615    f.,    619*, 

903*. 
Jatrosophist  620. 
Ibankos  492  (o.  und  u.). 
Ibankos,   Vertrauter  des  Jo- 
hannes I  Äsen  1085. 
Ibas  von  Edessa  919,  938. 
Iberer  s.  Georgier. 
Ibn-Chisdai  889. 
Ichnelates  s.  Stephanites. 
Idatius  338. 
Idrtst,  Geograph  411. 
IdyU  544. 

Jean  de  Brienne  1044. 
Jean  d'Ibelin  898. 
Jerusalem    510    (Bibliothek), 

947,  948,  1071,  1081. 
Ignatios,   Bischof  von  Antio- 
chia   91,    146,   155,   207, 

213. 
Ignatios,   Patriarch   von  An- 

tiochien  101,  104. 
Ignatios,  Diakonos  und  Skeuo- 

phylax  73,  265,  312,  324, 

351,  354,  716  f.*,  894. 
Ignatios,  Dichter  718. 
Ignatios,    Grammatiker    720, 

727. 
Ignatios  Hieromonachos  184. 
Ignatios,  Ikonokiast  68. 
Ignatios,  Patriarch  von  Kpel 

166.    168,    196,   312,  516, 

971. 
Ignatios,  Gründer  des  Limon- 

klosters  318. 
Ignatios  von  Melitene  368. 
Ignatios,  Bischof  von  Selym- 

bria,  Hagiograph  205. 
Ignorant  oder  Pnvatgramma- 

tiker  756. 
Igor  35.  981*. 
IgotUed  36. 


B«gister  der  Peraonen  nnd  Bachen. 


Ikaria  1110. 
Ikaeia  s.  Easia. 
IkoBion  272,  284,  1034. 
Ikonographie  777, 779,  lllöf.* 
IkoDoklaateo    e.  Bildersturm. 
Ilias  Latina  699. 
llluB  920  S. 
Illuatrationea    in    Chroniken 

220   375 
lUuetnos  (iUng)  230.  323. 
Imberioa  und  Margarona  643, 

868  f.* 
Imbroe  309,  496. 
IndieD  413  f. 
IndiktioD  1097. 
Indisches  Reich,  Sage  35, 798, 

851. 
Innoceoz  1.  Papat  915. 
Inooceoi  III,  Papst  93,  1086  f. 
Innokentios,  Bischof  von  Ma' 

ronaea  56. 
Inacbriften  729  f.,  1133  ff.* 
Institutionen  605  f. 
Inventio  8.  Cnicia  a.  Auffin- 

loBchim,  der  hl.  169,  172. 
loachim.  Metropolit  von  Zieh' 

nae  316. 
loakim,   Patriarch  von    Bnl- 

gnrieD  1045. 
loaDDikioB,   M9nch   auf  dem 

Oljmpos  194,  198. 
JoBsaph  s.  Barlaam. 
JoBsaph  Hieromonacboa   176. 
Joaaaph ,     MSnohsnaine     des 

Kaisers  Johannes  Kantakn- 

zenoB  298. 
Job  von  Antiochien  166. 
Job  HamartoloB,  Exeget  136. 
Job  s.  Ja  Sites . 
Job,  Prophet  909. 
JobioB,  Mönch,  Polemiker  56. 
JocB  monachomm  143. 
Joel  865. 

Johannan  Mar  985. 
JohaaDes  1  Tzimiskes,  Kaiser 

23.  267,  495,  782,  987  ff.*, 

1075. 
Jobannes  II  Komnenos,  Kaiser 

23,274.279,315,317,465, 

4f!e,  473,  759,  804,  ]020ff,' 
Johannes  111  Dnkas  BaUtzea. 

Kaiser  von  Nikaea  287,  316. 

448.    478,    610.    768.  769, 

10(3  ff.',  1113. 
Johannes  IV  Laakaris,  Kaiser 

von  Niknea  1047  f.*.  1052, 
Johannes  V,   Kaiser  158,  224,  , 

489,  1056  ff,',  1076.  I 

Johannes   VI    Kanta knien oa, 

Kaiser   49,    50,    101,    102.  ' 

103.  105  f,*,  108.112,  158 

159,  175.  294,  297  ff.',  481, 

487,  488,  IWiC  f.* 


Johannes  VII ,  OeKenkaieer 
(1390)  1061  f. 

JohanasB  Till,  Kaiser  113, 
114,  115,  116,  117,  119, 
209,  224,  308,  426  (o.),  488, 
496.  784  f.,  1063  ff.» 

Johannes  1,  Kaiser  von  Trape- 
zont  1050. 

Johannes  II,  Kaiser  vonTrape- 
zunt  286,  1050. 

Johannea  IV,  Kaiser  Ton 
Trapeiunt  1050. 

Johaonea  II  Komnenos  Ange- 
lodnkas,  Despot  von  Epims 
845. 

JobannaB  Alexander  Äsen, 
Car  von  Bulgarien  1056. 

Johannes  Aaen  I,  Car  von 
Bulgarien  1035. 

Johannes  Äsen  It,  Car  von 
Bulgarien  1044  f. 

Johannes  Vladislav,  Uulgaren- 
car  995. 

Jobannes,  ArmenierkQnig  997. 

Johannes  Angeles,  Despot  von 
Epirus  1046. 

Johann ea  Diakonos  ansAdria- 
Dopel  785. 

Johannes  Aegeal«B  51. 

Jobannes,  Natianalb  eiliger  von 
Aegypten  189. 

Johannes  Aktoarios  263,  615, 
618. 

Johannes  von  Alezandria, 
Mediziner  614,  B17. 

Johannes  von  Alezandria,  der 
Mitleidige  187,  188,  190, 
191. 

Jobannes  s.  AnagnoBtes. 

Johannes  von  Antiochia.  Chro- 
nist 259,  322,  328,  334  ff.*, 
338,  371,  876,  386,  504, 
566  f.,  845. 

Johannes,  Patriarch  von  An 
tiochia ,  Asketiker  140, 
156  f  * 

Jobannos,  Patriarch  von  An- 
tiochia, Monophysit  334, 
607. 

Johannes  s.  Argyropulos. 

Johannes  von  Asien  405. 

Johannes  Baptistea  s.  Joban- 
nes der  Taufer. 

Johannes  von  Bari  275. 

Johannes,  Exarch  von  Bul- 
garien 70. 

JohanneB  von  Capua  895, 

Johannea  von  Chalkedon, 
Patriarch  von  Kpel,  Exeget 
135. 

Johannes  s,  Charax. 
Johannes  s.  Chilas. 
Johannea  Chrysostomos  40,69, 
70,  80,  83,  84,  90,  96,  107, 
132,    133,    134,    136,    139 


,.J 


(Scholien),  146.    153,  lu 
161.    168,    169,  170,  in,    I 
191,    192,    202,    204,  »7     . 
214,   216.   217.   341.  38»,    1 
43ä,   486.   496  {BUi  im\     , 
553  (Gedicht  auf  J.).  5K 
567,  619.  668  f.,  662.  733, 
810.875,  877.  914f.MO70. 
1089*.  ! 

Johannes  von  Dsmwkoa  13,     | 
35,  36,  37,  38,  39,  47,  M 
57,  59,  63,  65,  67,  68  ff', 
74.    83,    87,    90,  9«,  107.     , 
123.    124,    137,   145.  ISO,    | 
166,    169,    189,    191.  IM.    ' 
S04,    205,   209,  216.  31T,    \ 
328,   383,    428,  430.  516.    i 
539,    5t>0,    598,   600.  619. 
645,  674  ff.*,  679',  697^87. 

Johannea,     Diakon    ia   KpcL 
Dognatiker  80,  82.  20S. 

Job  an  Des    Diakonos.    Hsgio- 
graph  197.  | 

Johannes  DiakrinomeDO*  347.    , 
424.  I 

Johannes  a.  Dokianoa. 

Johannes.    Drongarioe.  Etlc- 
nenschreiber  211,  215.  ' 

Johannes  EleemtM  s.  Johanan    | 
der  Mitleidige. 

Johannes  von  Ephesoa  52. 57.    1 
328,  331.  404*,  940. 

Johannes       von      Epi^uiü    1 
244  f.',  246,  249,  277, 343. 

Johannes  Epiroles,  Hirtjnt   1 
205.  I 

Jobannes  ö  iatafifiaiu/un;  • 
896.  ) 

Johannes   Enchaitaa  a  Mm    . 
ropns.  ' 

Johannea  s.  Engeuikos.  | 

Johannes  Eukratas  s.  HoMk«  I 
Johannes.  I 

Johannes,  Evangelist  446.      | 

Johannes  der  Faater.Patiiarti  • 
von  Kpel  144*,  187.  Ml 

Johannes  der  Fester,  Miwi  ' . 
175.  j . 

Johannes.  Bischof  von  G^th  , 


Johannes,  General  anterZcDM  | 

922.  ' 

Johannes  Geometrea  s.  Kjii-  t 

otes.  ! 

Johannes  a.  Georgides.  | 

Johannea  s.  Qlykja. 
Johannes,  Bisehof  von  Gottti  J 

193,  197, 
Johannes    Grammatiko«  i 

Kaeaarea,  Polemiker 51. S( 
Johannes ,      Grossdei 
473. 


vonGotOi  J 

latiko«  n  I 
iiker5I.S(  I 
idemMfal 


BegiBter  der  Persoaen  Qnd  Saehm. 


1169 


Johannes  s.  Hagioelites. 

Johannes,     Erzbischof     von 
Heraklea  204,  293. 

Johannes    Hesychastes    185, 
186. 

Johannes     Hieromnemon     s. 
Johannes  v.  Cbalkedon. 

Johannes,   Patriarch  von  Je- 
rusalem  68,  71,  194,  675. 

Johannes,   Patriarch  von  Je- 
rusalem (12.  Jahrh.)  91. 

Johannes,  Ikonoklast  68. 

Johannes  Italos  42,   80,   85, 
90,  429,  430,  444  f.*,  467  f. 

Johannes  von  Kaesarea  s. 
Johannes  Grammati  kos. 

Johannes  s.  Kalekas. 

Johannes  s.  Kamateros. 

Johannes  s.  Kameniates. 

Johannes  s.  Kanabutzes. 

Johannes  s.  Eananos. 

Johannes  s.  Kapos. 

Johannes  der  Kappadokier 
930  flf. 

Johannes,  Bischof  von  Kar- 
pathos, Asketiker  142,  147. 

Johannes,  Katholikos  407. 

Johannes  s.  Kinnamos. 

Johannes,  Bischof  von  Kitros 
93,  011. 

Johannes ,  Metropolit  von 
Klaudiopolis  91. 

Johannes  Klimax,  Asketiker 
80,  138,  143  f.*,  146,  158, 
213,  217,  651. 

Johannes,  Patriarch  von  Kpel 
(t  717)  67. 

Johannes  XII,  Patriarch  von 
Kpel  892. 

Johannes  s.  Kostometros. 

Johannes  s.  Kubuklesios. 

Johannes  s.  Kuknzelis. 

Johannes  s.  Kyparissiotes. 

Johannes  von  Kyzikos  63,  73. 

Johannes  Lydos  237, 376, 388, 
424,  426,  507,  544,  620. 

Johannes  Lydos,  Mönch  367. 

Johannes  s.  Malalas. 

Johann  der  Maraikonier  407. 

Jobannes  von  Santa  Maora 
503  (u.). 

Johannes  Mauropus  s.  Mau- 
ropus. 

Johannes  s.  Maxentios. 

Johannes,  Metropolit  von  Meli- 
tene  368. 

Johannes,  Mönch  160. 

Johannes,  Mönch,  Verf.  des 
Barlaam  888. 

Johannes,  Mönch,  angeblicher 
Verfasser  der  Dioptra  743. 

Johannes  Monachos,  Melode 
663. 

Johannes  Monachos ,  Pane- 
gyriker  176. 


Johannes  s.  Moschos. 
Johannes,     Metropolit     von 

Naupaktos,  Polemiker  93, 

476. 
Johannes,  Bischof  von  Negran 

59. 
Johannes  Nesteutes  s.  Job.  d. 

Faster. 
Johannes ,     Erzbischof     von 

Nikaea  78. 
Johannes  s.  Nikiotes. 
Johannes  von  Nikiu  52,  321, 

328,  403  f.* 
Johannes    von    Nikomedien, 

Hagiograph  205. 
Johannes  von  Otranto  769. 
Johannes  I,  Papst  58,  929. 
Johannes   YIII,     Papst    971, 

975. 
Johannes  XXI,  Papst  97. 
Johannes  XXII,  Papst  819. 
Johannes    Patrikios,   Schfller 

des  Psellos  443. 
Johannes  s.  Pediasimos. 
Johannes  s  Petrinos. 
Johannes  s.  Philoponos. 
Johannes  s.  Phumes. 
Johannes,     «Presbyterkönig' 

35. 
Johannes  Protospatharios  555, 

557,  558*. 
Johannes  s.  Psicbaites. 
Johannes ,      Vorsteher     des 

Klosters  Raithu   143,   144. 
Johannes  lihetor  (=  Malalas) 

328,  333. 
Johannes ,     Metropolit     von 

Rhodos  196. 
Johannes,  Mönch  von  Rhodos 

71,  199,  523. 
Johannes ,     Metropolit     von 

Russland  81,  82. 
Johannes,  Mönch  des  Sabbas- 

klosters  s.  Johannes  Hesy- 
chastes. 
Johannes,  Bischof  von  Sardes 

199. 
Johannes  Scholastikos,  Patri- 
arch von  Kpel  53. 
Johannes    Scholastikos    von 

Skythopolis  56. 
Johannes,    Schüler  des  Bar- 

sanuphios  58,  145. 
Johannes  Scotus  Erigena  37, 

63,  137,  500. 
Johannes    Sikeliotes    335   f., 

357,  386  ff.*;  s.  auch  Doxo- 

patres  Johannes. 
Jobannes,  Abt  auf  dem  Sinai, 

Asketiker  160. 
Jobannes  Silentiarius  s.  Job. 

Hesychastes. 
Johannes  s.  Skylitzes. 
Johannes  von  Skythopolis  53. 

56*.  137. 


UMßdbncb  d»r  klmm.  Alturi^^joBWimmMihait.  IX.    1.  AbtlR.    2.  KxttV. 


Johannes  s.  Staurakios. 

Johannes  s.  Stobaeos. 

Johannes  der  Täufer  139, 
149,  151,  165,  166,  170, 
185,  472,  550. 

Johannes,  Patriarch  der  Theo- 
dosianer  52,  54. 

Johannes ,  Erzbischof  von 
Thessalonike ,  Hagiograph 
192. 

Johannes,  Bischof  von  Trani 
81. 

Johannes  Urosh,  Fürst  Ser- 
biens 300. 

Johannes  s.  Xiphilinos. 

Johannes  s.  Zonaras. 

Jonah  909. 

Jonas,  Verse  über  764. 

Jonia,  Buchtitel  603. 

Josaphat  Presbyter,  Hagio- 
graph 198. 

Josaphat    s.    Barlaam    und 
Joasaph. 

Josephos  von  Aegypten,  Ge- 
dicht über  822. 

Josephos  s.  Bryennios. 

Josephos  de  la  Bella  497. 

Josephos  Flavius  35,  221, 
259,  292,  372,  527,  552. 
567,  603,  909.* 

Josephos  von  Grotta  Ferrata 
678. 

Josephos  Hierodiakonos,  Ho- 
miletiker 176. 

Josephos,  der  Hymnograph 
148,  194,  197,  486,  676  f.*, 
679. 

Josephos  s.  Kalothetes. 

Josephos,  Patriarch  von  Kpel 
93,  117,  209. 

Josephos,  Bischof  von  Me- 
thone, Polemiker  1 14,  115, 
116,  118  f.* 

Josephos  s.  Philagres. 

Josephos,  der  Philosoph  481, 
482,  497  (u.),  549,  552. 

Josephos  Studites  677*,  686, 
688. 

Josephos,  Erzbischof  von  Thes- 
salonike 167. 

Josephos,  Mönch  in  Thessalo- 
nike 120. 

Josua  Stylites  236*.  404,  924. 

Iphigenie  477. 

Ipomedon  854. 

Iren,  ihre  griechischen  Stu- 
dien 32. 

Irenaeos,  Chronist  400. 

Irenaeos,  Bischof  von  Lyon 
129,  146,  207,  213. 

Irene,  Kaiserin  99,  964  f.*, 
1074. 

Irene,  Gemahlin  des  Kaisers 
Alexios  I  Komnenos  272, 
315,  317,  465,  476  (?),  744. 


1170 


Register  der  Personen  nnd  Bachen. 


Irene,  Gemablin  Andronikos* 

II  483,  553. 
Irene,  Gemablin  des  Sebasto- 

krator  Andronikos  376,  753. 
Irene  s.  Cbumnos. 
Irene,  die  U.  184. 
Irene,  Gemablin  des  Jobannes 

Konmenos  754,  784  (u.). 
Irene,  Kircbe  der  bl.  1118. 
Irene,  Klostervorsteberin  194, 

197. 
Irene  Laskarissa  Palaeologina, 

Kaiserin  318. 
Irene,   Gemablin  des  Manuel 

Eomnenos  526,  529. 
Irene,    Tocbter  der  Ejiiserin 

Tbeodora  (9.  Jabrb.)  516. 
Irenikos  Georgios  485. 
Irenikos   Nikolaos,    Cbarto- 

pbylax  768. 
Isaak  I  Eomnenos,  Kaiser  434, 

439,  1005  f.*,  1076. 
Isaak  II  Angelos,  Kaiser  93, 

284,  285  (u.),  469,  472  f.. 

474,  539,  1032  ff.* 
Isaak  s.  Argyros. 
Isaak  aus  Grossarmenien  81, 

89. 
Isaak  Komnenos  s.  Komnenos. 
Isaak  Konstantinos,  Asketiker 

160. 
Isaak,  Metriker  596  f. 
Isaak  Porpbyrogennetos  525  f. 
Isaak    der   Syrer,   Asketiker 

100,  145. 

Isaak,  Möncb  in  Tbessalonike 

105. 
Isaeos  567. 
Isaurier  13  f.,  960  ff. 
Ises,  Protostrator  1044. 
Isidoros,  Patriarcb  von  Antio- 

cbien  101. 
Isidoros,  Diakon  597. 
Isidoros  Hieromonachos  115, 

117. 
Isidoros,  Patriarcb  von  Kpel 

101,  103,  106. 

Isidoros,  MRrtyrer  176. 

Isidoros  aus  Milet  621. 

Isidoros    von    Pelusion    141. 

Isidoros,  Erzbiscbof  von  Tbes- 
salonike 175,  176. 

Isidorus  von  Sevilla  144. 
Isidorus  Tbessalon.  Cardinal. 

Rbut.  311  f.,  1066. 
Islam,    Polemik    gegen    den 

49  f.*,   51,  69,  71,  78,  79, 

81,    83,    92,    106,    111    f, 

120. 
Island  422. 
Isokrates  455,  457,  458,  480, 

491,    523   (u.),    567,   602, 

803. 
Isopsepha  342  (o.),  729.* 
Ispericb  955. 


Italiens  699. 

Italikos  Micbael  465  f. 

Italien,  Begebungen  zu  By- 
zanz  4,  31  f.*,  512  f.  (Hss- 
Kataloge),  612  f.*,  676  f., 
768  ff.,  1071  ff.*,  1078, 
1094,  1115;  Urkunden  aus 
Italien  123  f. 

Itinerarien  410,  418  f.* 

Juden  33,  1077,  1099,  1134; 
Apologetik  gegen  die  49, 
50  f.;  Scbriften  gegen  die 
65,  66,  71,  72,  91,  96.  106, 
110,120.131,168,191,210. 

Juliana,  die  bl.,  199. 

Julianos,  Kaiser  12,  76,  238, 
464,  470  (Gegenstand  einer 
Etbopoiie),  522,  567, 1073*, 
1089. 

Julianos  aus  Aegypten  726. 

Julianos,  Biscbof  von  Hali- 
kamassos  51,  52  f.*,  56,  64. 

Julianos,  Martyrium  des  185. 

Julitta,  die  bl.,  Mftrtyrin  170, 
187. 

Julius  I,  Papst  91. 

Julius  Sextus  Africanus  s. 
Sextus  Julius  Afric. 

Jungfrau,  die  bl.,  s.  Maria. 

Junilius  123. 

Jurisprudenz  s.  Recbtswissen- 
scbaft. 

Justin  I,  Kaiser  125,  928  f.* 

Justin  II,  Kaiser  145,  163, 
941  f.*,  1074. 

Justinian,  Kaiser  1,  5  f.,  11, 
38,  47,  51,  57  f.*,  59,  123, 
125,  145,  230  ff,  237,  415, 
501,  605,  633,  663,  929  ff.*, 
1073  f.* 

Justinian  II  954,  956  ff.* 

Justinos,  Cbronist  400. 

Jusiinus  Martyr  40,  88,  91, 
107,  129,  207,  209,  213, 
383,  875. 

Justus  von  Tiberias  518. 

Ivac  995. 

Ivan  kos  s.  Ibankos. 

Iwan,    der    Kaufmannssobn 
808. 

Kabalaropulos  485. 

Kabasilas  Demetrios,  Kalli- 
grapb  481. 

Kabasilas  Georgios  786. 

Kabasilas,    fJiiyag   dioixtjrtjs 
482. 

Kabasilas  Neilos,  Metropolit 
von  Tbessalonike,  Pole- 
miker 101, 103,  107,  109  f.*, 
116,  158,  159. 

Kabasilas  Nikolaos,  Mystiker 
101,105,109,  110,114,142, 
152,  158  f.*,  204,  486,  488, 
491,  623. 


Kabbalistik    a.    AbergUobo. 
Kachrie    Djami    1114,  im. 

s.  aucb  Kloster  Tfj^  /»^. 
Kadmos  784. 
Kaesarea  in  Kappadokieo  S41. 

524,  581. 
Kaesarea  in  Palästina  230. 
KaikoSni,  Sultan  1036.  1043 
Kairo  511. 

Kaiserkrönung ,    die   Andro- 
nikos' 111  300;    Zennooi«! 

bei    der    1085;    in  Kunst- 

denkmfilem  1117. 
Kaiserkult  1085. 
Kaisersage,  byz.-germaniaclie 

629,  798. 
Kaisertum,    indiscbes,  a.  In- 

discbes  Reich. 
Kaisertum,      kircbliche    and 

theologische  Bedeutung  d« 

byz.  38. 
Kalabrien  140,    180,  195  f.*, 

1094,  1115. 
Kalabrya  1013. 
Kaiandion,  Patriarcb  von  Ao- 

tiocbia  922. 
Kalekas  Johannes,  Patriarch 

von  Kpel,  Homiletiker  101. 

104,  106.  110,  158,  174  £• 
Kalekas  Manuel,  Mdncb.  Dog- 

matiker  39,    44,   47,    101, 

110  f.* 
Kalekas  Theophilos.  Hcnnüet 

176. 
Kalenderverbesserung  294. 
Kalilab   va    Dimnah    s.    ^te- 

pbanites. 
Kalliergis  Zacharias  503  (o.}. 
Kallikles  Nikolaos  463, 744  f.* 
Kallimacbos,     Deklamatioa 

549  f. 
Kallimacbos,  Dichter  .567. 
Kallimacbos  und  Chrysm^ 

778,  855  ff.*,  863. 
Kallinikos,    Ingenieur    unter 

Konstantin  IV  954. 
Kallinikos.    Patriarch    voo 

Kpel  958. 
Kallmikos,  Mönch  742. 
Kallinikos,  Schlacht  bei  935. 
Kalliopos,    Exarch  von  H»- 

venna  62. 
Kallipolis  488. 
Kallipolis  in  Kalabrien  769.     1 
Kallisthenes,    Psendo-   338,     ' 

527,  844.  849  ff.*  | 

Kallistos  Andronikos  502  {üX 

503.  j 

Kallistos  s.  Kataphygiotes.      I 

Kallistos,    Patr.    von   Kp^   1 

Homiletiker  u.  Hagiograil    I 

101,    157,    158,    174,  n.5,   I 

205.  I 

Kallistos  s.  Meliteniotes.        I 

Kallistos  s   Telikudes.  F 


Register  der  Personen  und  Bsohen. 


1171 


Kallistos  8.  Xanthopulos. 
Kalliibea  8.  Aristander. 
Kalocheio8  Al6xio8  102. 
Kaloe  am  Tmolos  266. 
Kalojan,    Car    der    Bulgaren 

1035  f.,  1041  f. 
Kalop6tro8,  Gar  der  Bulgaren 

loaa. 

Kalorites  Makarios  718,  720. 

Kalosynas  Antonio8  305. 

Kalothefces,  Familie  1083. 

Kalothetes  Joseph,  Hesjchast 
105. 

Kalapbes  Nikephoroe  1025. 

Kamariotes  Matthaeos,  Pole- 
miker und  Rhetor  121,  122, 
451  f.,  498,  503,  678. 

Kamateropulos  463. 

KamateroB  Andronikos,  Pole- 
miker 76,  90*,  97,  472. 

Kamateros  Basilios,  Patriarch 
von  Kpel  472,  474. 

Kamateros,  Eparch  529. 

Kamateros,  Familie  der  526. 

Kamateros  Gregor   745,  759. 

Kamateros  Johannes,  Astro- 
nom 627,  760  f.* 

Kamateros  Johannes,  Patri- 
arch von  Kpel,  Polemiker 
92  f.,  387,  470,  474. 

Kamateros  Petronas  968. 

Kameniates  Johannes  252 , 
265f,*,  301.415,  458,  495. 

Kamytzes  1036. 

Kamytzes  Johannes,  General 
1044. 

Kamytzes  Konstantin  755. 

Kanabutzes  Johannes  561*, 
633. 

Kananos  Johannes  300  f. 

Kananos  Laskaris  422. 

Kandaales  und  Gyges  477. 

Kanidios,  der  hl.,  Märtyrer  171. 

KarixXeioVf  ini  rov  478. 

Kanon  der  hl.  Schrift  123  f., 
125. 

KaDones(in  der  Kirchen poesie) 
95,  172,  656,  673  ff.*, 
695  f.*,  697;  im  Kirchen- 
recht  607,  611  f. 

Kanonistische  Schriften  87, 
149,  216,  607  f.,  611  f. 

KantakuzenosJohannes.Gross- 
domestikos  481,  483,  776. 

Kantakuzenos  Johannes  VI 
8.  Johannes. 

Kantakuzenos  Johannes,  Ge- 
neral unter  Isaak  11  1033. 

Kantakuzenos  Matthaeos  s. 
Matthaeos. 

Kantakuzenos  Michael  506. 

Kapilavastu  886. 

Kapiton  335. 

Kapos  Johannes,  Dogmatiker 
111. 


Kappadokes  Georgios  und 
Theocharistos  316. 

Kappadokien  828. 

Kappadokier,  die  83,  96,  107, 
134,  173. 

Karantenos  Konstantin  1001. 

Karbeas,  Offizier  970. 

Karien  327. 

Karinen,  Asket  734. 

KaQXiPoi  8.  Krebsverse. 

Karin  916. 

Karl  von  Anjou  1052  f. 

Karl  der  Grosse  5,  9,  24, 
965  f.,  1078,  1139. 

Karl  der  Schöne  553,  1091. 

Karpathios  s.  Johannes,  Bi- 
schof von  Karpathos. 

Karten,  geographische  411, 
419  f.*,  1108*. 

Karthago  552. 

Karykes  Demetrios  447. 

Karykes  Theophanes  1093. 

Kar^ophylles  Matthaeos,  Erz- 
bischof von  Ikonion  110. 

Karystos  1082. 

Kasandrenos  Alexios  488. 

Kasia,  Dichterin  677,  679, 
708,  715  f.* 

Kasilon  Klaudios  577. 

Kasimatis  Petros  888. 

Kassia  s.  Kasia. 

Kassian  100,  143,  144. 

Kassiane  s.  Kasia. 

Kastamon  754. 

Kastamonites  Johannes  474. 

Kastor,  Pseudo-  von  Rhodos 
451. 

Kastoria  472  (u.). 

Kastra,  allegorische  857  ff. 

Kastrenos  Demetrios  503. 

Kastron  411  (u.). 

Katakolon,  General  739, 1005. 

Katakylas  Leon ,  Magistros 
723 

Katalanen  1055,  1082. 

Kataloge  von  Kaisern,  Patri- 
archen u.  s.  w.  292,  391  ff*. 

Kataphrygier  72. 

Kataphygiotes  Kallistos,  My- 
stiker 142,  160*. 

Katasterbüc!ier,byzant.  1086  f. 

Katechesen  92,  148. 

Katechumenat  163. 

Katenen  41*,  63,  124,  125  f., 
127,  128,  130,  132,  135, 
164,  188,  206  ff.* 

Kater  und  Maus,  Gedicht  884. 

Katiphoros  Antonios  522. 

Katomyomachie  8.  Katzen- 
mäusekrieg. 

Katotikos  Paulos  476. 

Katranes  Johannes*  780  f. 

Katzenmäusekrieg  751  f. 

Katzenpfötchen  (Amulette) 
620. 


Kaukadenos  Theodor  491. 

Kauleas  Antonios,  Patriarch 
vonKpell96, 197,  199,204. 

Kavadh,  Perserkönig  924,935. 

Kedrenos  Georgios  221,  249, 
297,  322,  329,  336,  349, 
354,  363,  367,  368  f.*,  373, 
377,  383,  388,  724. 

Keitukeitos  607. 

Kekaumenos  269,  1086. 

Kekaumenos  Basilios  741  (u.). 

Kekochlemenos  485. 

Kixog  536  (o.). 

Kelfinä  1027. 

Kenturipinos  Leon ,  Hagio- 
graph  196,  199. 

Keos  469. 

Kephalas  Konstantinos  16, 
264,  723,  727  f.*.  729. 

Kephallenia  1071, 1082,  1110. 

Kerameus  Gregorios,  Johan- 
nes, Nikephoros,  Philippos 
172. 

Kerameus  Theophanes,  Erz- 
bischof von  Rossano,  Homi- 
letiker 172  f.*,  203. 

Kerinthos,  Häretiker  207. 

Kerkyra  s.  Korfu. 

Kertsch  1119,  1123. 

Kerularios  Michael,  Patriarch 
von  Kpel  68,  80,  81*,  82, 
434,  438,  443,  444*,  737, 
1003  f.,  1006. 

Kerykos  der  hl.,  M&rtyrer 
170,  187,  733. 

KetpdXaia  yy(üfnxti  203. 

KBtfiiXaia  nQnxjixUy  (pvöixitf 
yytoauxdy  ^eoXoyixu  63,  81, 
104,  141,  147,  152,  153, 
155,  157,  160. 

Kibyraioten  957. 

Kilig-Arslan  1017  f. 

Kilig-Arslan  11  1027. 

Kinnamos    Johannes    3,    16, 
228,  279  ff.*,  282,  283,  297, 
•455 

Kirakos  von  Gantzac  407. 

Kirche,  in  der  byz.  Kunst  1116. 

Kirchenämter  s.  Hofämter. 

Kirchengesang,    gregoriani- 
scher 684. 

Kirchengeschichte  14, 245  ff.*, 
291  ff.*,  389,  401.  402,  553, 
1081  f.,  1087  ff.* 

Kirchenjahr  in  der  griechi- 
schen Kirche  163. 

Kirchenpoesie  292,  374.  540, 
560,  653  ff.*,  714,  721,  741. 

Kirchenrecht  374,  607  ff*, 
1088  f. 

Kirchensprache  s.  Schrift- 
sprache. 

Kirchentrennung  s.  Schisma. 

Kirchenverzeichnisse  s.  No 
titiae  episcopatuum. 


1172 


Eagisier  dar  Paraonan  «nd  Saehaa. 


Klaagiaamiiss.  Attizisten,  Ha- 
manismiis,  Schriftsprache. 

Kleiner  M  ensch,  Ekphrase  378. 

KleiDkunst  1122  ff. 

Klemens  8.  Clemens. 

Kleodemos,  Dislogperson  544. 

Kleolaos  459. 

Kleomedee  556. 

Klimax  s.  Johannes. 

Klimaxyerse  s.  Leüenrerse. 

Klisthenes  167. 

Klitobos,  Kliiophon  861  ff. 

Klöster,  kleinasiatische  139, 
180. 

Klöster  auf  dem  Berge  Labt» 
1094. 

Klöster  des  hl.  Meletios  774. 

Kloster  anf  Andros  511. 

—  aof  der  Insel  des  Anti- 
gonos  472. 

—  m  Area  316,  317. 

—  des  Attaliates  315. 

—  Attaline  in  Ankjra  146. 

-  Batonedlov  (Athos)  514. 
t^g  Barov  108,  147. 

-  Toi>    BovXyagov,    anf  der 
Insel  Oxeia  498. 

—  ttoy  Bv^aytitoy  163,  167. 

—  in  Bylize  (bei  Arta)  511. 

—  Dapbni  bei  Athen  869, 
1114,  1122. 

—  des  hl.  Demetrios  in  Kpel 
316,  318. 

—  des  hl.  Demetrios  in  Thes- 
salien 511. 

—  des  hl.  Dionysios  (Athos) 
514. 

—  t^g  Eveoyindog  153,  188. 
318. 

—  des  hl.  Enthymioe  in  Palä- 
stina 185. 

—  auf  dem  Berge  Ganos  485, 
498. 

—  Grotta  Ferrata  s.  Grotta  F. 

—  Tfuy  'Ißijgwy  316. 

—  des  Johannes  Prodromos  in 
Kpel  740,  771,  1111. 

—  des  hl.  Johannes  auf  Pat- 
mos  315,  317,  420,  510 
(Bibliothek),  514,  1093. 

—  des  hl.  Johannes  bei  Serrai 
120,  316,  318,  511. 

—  Tuiy  KakXtatgattüy  192. 

—  ^^S  KBxagitoDfiiyrjg  274, 
315,  317. 

—  Jtoy  KXfjfiäätay  381. 
--  Kosmidion  212. 

—  KvQiuiiicaa  589. 

—  Laura  (Athos)  315,  514  f. 

—  Tov  Mi^üiyoi(LeahoB)  ^18. 

—  Lembos  bei  Smyma  1113. 

—  des  hl.  Lukas  in   Phokis 
1093,  1114. 

—  Ttoy  Mayyäyaty  158,  298. 
741,  777. 


'  Kloster  des    hl.    Mamas    in 
Kpel  152,   316,  317,  1112. 
!  —  der  hl.  Marina  152. 

316,  318. 

—  xov   M$yäXov  'Jygoi  (bei 
Sigriane)  342,  723,  771. 

I  — TovMeyäXovZnrjXiäavlOdZ. 

—  j^g    M$TafÄ0{Hfm9et»g    in 
Meteora  300. 

,  —  des  Erzengels  Michael  (auf 
der  Insel  Oxeia)  316,  318. 

,  ~  Nea  Moni  auf  Chios  1093. 

I  —  Neu-Zion  (Cypem)  316. 

i  —  des  hl.  Nikolaos  von  Ga- 
söle 316,  318,  509,  1115. 

—  r^g  IJafÄ/jucxagietov  1111. 
;  —  Panagia  von  Balnkli  1111. 
-  -  des  hl.  Panteleemon  (Athos) 
;       515. 

—  tov  JlaytoxgaTogog  113, 
[       120,  315,  317,  784. 

-  Ts/c  UeQißXintov  82. 

—  rijg  UtXQii^oytticcfig  315. 
:      317,  511. 
I  —  xfjg  Ilfiyrjg  153. 

—  des    hl.    Philotheoe   bei 
Athen  1114. 

—  Raithu  anf  der  Sinaihalb- 
insel 143,  155. 

—  des  hl.  Sabbas  bei  Jeru- 
salem 139,   145,  154,  157, 

,      194,  198,  314,  316,  674. 
;  —  Sabbaskloster  in  Rom  128, 
!       129. 

I 

I  —  Sigriane  s.  xov  fieyaXov 
'Aygov. 

—  auf  dem  Sinai  143,   157, 
168,  510  (Bibliothek). 

—  Studien  (in  Kpel)  s.  Stu- 
dien. 

—  rcüv  loHfay^Qtiy  448. 

—  TOV  ffiXay&Qtinov  lutx^Qog 
318. 

—  des  hl.  Theudoros  auf  Ky- 
thera  402. 

—  des  hl.  Theodosios  187. 

—  des  hl.  Theognios  186. 

-  TOV  XaQütayitov  498. 

—  irjg  /ft/^a;  (heute  Kachrie 
Djami)  295,551 ,553;  784  (u.). 

—  X  eropotamu  (Atho8)5 14(u.). 
Klosterregeln    141;    des    hl. 

Sabbas  142,  317;  des  Stu- 
dionklosters  143;  des  Atta- 
liates 270  f. ;  des  Neophytos 
286;  des  Kaisers  Johannes 
PalaeoIogos319;  des  Blem- 
mydes  446;  verschiedene 
314  ff.;  siehe  auch  die  ein- 
zelnen Klöster. 
Kodinos  Georgios  422  ff. 

Kodratos  der  hl.,  von  Korinth 
204,  205. 


König  von  Schottland 
Koiyfj  dtäXfxTog  7^7. 
Koinj,  Rezensionen  d< 

tnaginU  123.  129. 
Kokondiioe  451  f. 
Kolbjager  s.  Knlpinge 
Kollnthos,  Dichter  &•> 
Kolluthos,  Monophysit 
Koloman,  König  von  I 

1022  . 
Kolybas  Sergioa  474. 
Kometas  720*,  727, 
Kometopiilos  732. 
Komnena   Anna   16,  > 

221,  227,  22B,  245,  2 

297,  389.  437,  591  i 
Komnene  Irene,  Tech' 

Theodoroe  I    Laakai 
Komnene     Maria,    Ge 

des  Johannes  VUl  i 

l<^os  785. 
Komnenen  1076. 
Komnenos  Alexioe  1  s.  ^ 
Komnenos  Alexios,  So 

Johannes  Komnenoe 
Komnenos  Alexioe,  So 

Nikephoroe  Bryenni< 
Komnenos  Andronikos 

dronikos. 
Komnenos    Androniko 

bastokrator.  Sohn  d 

sers    Johannes    Koi 

476,  754,  759.  805. 
Komnenos    Androniko; 

nikes  772. 
Komnenos,  Chronist  3 
Komnenos  Dokas  Pala« 

Andronikoe   778.  78 
Komnenos  Johannes,  & 

Sebastokrator    Andi 

754. 
Komnenos    Jobannes 

hannes. 
Komnenos     Jobannes, 

letzte  Komnene  *"  30 
Komnenoe  Johannes  aa 

polis  781. 
Komnenos     Isaak,      C 

1012. 
Komnenos     Isaak     s. 

Komnenos,  Kaiser. 
Komnenos  Isaak,  Sebai 

tor,   Bruder  des  Ale 

Komnenos  473. 
Komnenoe  Isaak,    Soh 

Alexioe  I  Komnenos 
Komnenos  Konstantino 

liasenos  772. 
Komnenos  Manuel  s.  \ 

K.,  Kaiser. 
Komnenos  Manuel,  Nef 

Kaisers    Isaak     Kon 

1010. 
Komnenos  Manuel,   Se 
krator  384. 


Regisier  der  Personen  und  Baohen« 


1173 


Komnenos  Michael,  Prinz 
1135. 

Komnenos  Stephanos,  Gross* 
dmngar  764. 

KompoSy  Asekretis  497. 

Konkubinat  611. 

Konon,  Enbiscbof  von  Apa- 
mea  924. 

Konon,  Gegner  des  Jobannes 
PhiloponoB  53. 

Konon,  Mytbograph  523  (o.). 

Konstans,  Kaiser  951  ff. 

Konetantina,  Scblacbt  bei  943. 

Konstantinische  Exzerpte  238, 
242,  249,  258  ff.*,  329,  330, 
885,  356,  506,  566  f. 

Konstantinopel  2  f.,  8,  302, 
788,  913  ff.;  Akademie  in 
18,  16,  42,  973;  Schriften 
über  die  Eroberungen  von 
311  f.,  1076,  1077,  1081; 
Gedichte,  Monodien  u.  s.  w. 
flher  den  Fall  von  (1453) 
811,  885  f.,  893,  496,  498, 
889  ff.*;  Kunstwerke  in 
1 1 14  ;  Topographie  von 
423  ff.*,  1111  f.*;  Biblio- 
theken in  511. 

Konstantinos  der  Grosse  2, 
5  f..  161,  180,  205,  628, 
724,  1070,  1073*,  1139. 

Konstantinos  II  951. 

Konstantinos  IV  Pogonatos, 
Kaiser  954  ff. 

Konstantinos  V  Kopronymos 
66,  67,  71,  72,  963  f.* 

Konstantinos  VI  148,  964. 

Konstantinos  VII  Porphyro- 
gennetos  7,  16, 18,  35,  188, 
169, 200, 239, 252  ff.*,  264f., 
842,  344,  347,  410,  415, 
419,  425,  476,  614,  636, 
638,  651,  677,  723  f.,  792, 
885,  978  ff* 

Konstantinos  VIII,  Kaiser  258« 
686,  991  ff.,  998*. 

Konstantinos  IX  Monomachos, 
Kaiser  100,  297,  438,  606, 
609,  737,  741,  1002  ff.* 

Konstantinos  X  Dakas,  Kaiser 
155,  434,  1006  ff.* 

Konstantinos  XI  (IX)  Dra- 
gases,  Kaiser  120, 122,  808, 
497,  825,  1065  ff.*,  1123. 

Konstantinos  s.  Akropolites. 

Konstantinos  s.  Chrysomalas 

Konstantinos  Diogenes  999  f. 
Konstantinos     Diogenes, 

Pseudo-  1017. 
Konstantinos,       Epigramma- 
tiker 376  (o.). 
Konstantinos,  Vater  des  Ge- 
nesios  264. 

Konstantinos  s.  Harmeno- 
pulos. 


Konstantinos  Hieromonachos 

105. 
Konstantinos  der  Jude,  Mönch 

196. 
Konstantinos  s.  Kephalas. 
Konstantinos  s.  Manasses. 
Konstantinos  s.  Meliteniotes. 
Konstantinos,  Sohn  des  Kai- 
sers Michael  Dukas  133. 
Konstantinos ,    Bischof    von 

Nakolia  67,  962. 
Konstantinos   von   Nikaea, 

Philosoph  474. 
Konstantinos  s.  Palaeokappa. 
Konstantinos        Palaeologos, 

Despot  1068  ff. 
Konstantinos  I,  Papst  67. 
Konstantinos  aus  Rhegion  614. 
Konstantinos,     der    Rhodier 

723  ff*,  727. 
Konstantinos,   Sebastokrator, 

Bruder  des  Kaisers  Isaak 

Angelos  472. 
Konstantinos,  der  Sizilier  489, 

594,  718,  723*. 
Konstantinos,  Sohn  Romanos'  I 

982  f. 
Konstantinos  s.  Tarsites. 
Konsularfasten  338. 
Kontakion  598,  695  f.* 
Kontianos  Gabriel  852. 
Kontoleon  Christophoros  561. 
Kontostephanos  Alexios  384. 
Kontostephanos    Andronikos 

1024,  1027,  1030. 
Kontostephanos  Johannes  755. 
Konzil  s.  Synode. 
Kopten  951,  1126. 
Korais  Adamantios  477. 
Koran  18. 
Kordyle  825 
Korfu    224,    307,    381,   843, 

1071,  1110. 
Korinth  496,  1025. 
Koronaeos  Johannes  842  f. 
Koronis  Xenos  600. 
Korrespondenzen,  der  Sultane 

19. 
Korydalleus  Theophilos  482, 

458. 
Kosmas,  Alchemist  633. 
Kosmas    Attikos,    Patriarch 

von  Kpel  86,  1016  Anm. 
Kosmas    von  Jerusalem    18, 

68,  87,  292,  674  ff.*,  679  f.* 
Kosmas  Indikopleustes  85,  51, 

58,    123,    124,   128*,   206, 

213,  392,  412  ff.*,  632. 
Kosmas,  der  hl.,  Märtyrer  95, 

167,  168.  620,  711. 
Kosmas,  Bischof  von  Majuma 

s.  Kosmas  von  Jerusalem. 
Kosmas  Scholastikos,  Mönch 

in  Alexandrien  191. 
Kosmas,  sizilian.  Mönch  68. 


Kosmas  s.  Tzintzilukios. 

Kosmas  Vestitor,  Panegyriker 
169. 

Kosmos  809. 

Kosovo,  Schlacht  bei  304  f., 
1061. 

Kosta  ihn  Luka  262. 

Kostometros  Johannes,  Metro- 
polit von  Chalkedon,  As* 
ketiker  160. 

Kotertzes  Konstantin  526, 529, 
530. 

Kotyaeion  924. 

Krätze,   Gedicht  an  die  489. 

Krates,  Kyniker  647. 

Krebsverse  721,  774. 

Kreta  420,  460,  730,  794, 
817.  821,  840,  842,  870  ff., 
909,  967*,  984*,  1071. 

Kreuz,  Reden  auf  das  hl. 
164,  175. 

KreuzzOge    31,    1018    ff.*, 
1081  f. 

Kriegswissenschaft  258*,  268, 
269,  439,  635  ff.*,  822;  s. 
auch  Heerwesen. 

Kritias  459. 

Kritobulos  aus  Imbros,  Histo- 
riker 228,  809  ff.* 

Kritobulos  Michael  311. 

Kritobulos  Nikolaos  Kunalis 
607. 

Kroaten  s.  Sttdslaven. 

Krum  966. 

Ktesias  242,  518. 

Kubuklesios  Johannes,  Pole- 
miker 114. 

Kukuzelis  Johannes,  Athos- 
mönch  195,  198,  599  f., 
678. 

Kulpinger  1106. 

Kultur,  byzantinische  7, 1087 
orientalische  83,  1126  f. 
romanische  31  f.,  1125  f. 
slavische  33  ff.,  1126  f. 
s.  auch  Orientalen,  Slaven 
u.  s.  w. 

Kulturbeziehungen,  interna- 
tionale 31  ff*,  1097  ff.*. 
1124  ff.*,   1131  f.,   1186  f. 

Kumanen'  1008,  1017,  1033, 
1105  f.* 

Kunowija  1064. 

Kunst,  byzantinische  8,  32, 
423  f ,  734.  737,  740,  753. 
777,  779.  876,  1113  ff.*; 
griechische  in  Kpel  283  f., 
285,  1114;  germanisch-ro- 
manische 32,  1124  ff.;  sla- 
vische 36,  1126  f. 

Kunstgewerbe  1122  ff. 

Kunstsprache  sieh  Schrift- 
sprache. 

Kur  988. 

Kurkuas  Johannes  399,  980. 


1174 


Register  der  Personen  und  Bachen. 


Kuropalat  365,  424. 

KurtesesGeorgios  6  Z/oXcr^iog 
593. 

Kuru  893. 

Kuvrat,  Bulgarenfttrst  949. 

Kydion  467. 

Kvdones  Demetrios  43,  99, 
100,  101,  102  f.*,  106, 
109,  110,  114,  153,  158, 
159,  295  Anm.,  487  flf.*, 
489,  491  f. 

Eydones  Prochoros,  Barlaa- 
mit  101,  102*,  106,  110. 

Kjdones,  Sohn  des  486. 

Kydonia,  Stadt  489. 

KydoDios  Athanasios,  Pole- 
miker 114. 

Kykliker  504. 

Kyklope  und  Odysseus,  Mo- 
saikbild 378. 

Kynaigeiros,    Deklamation 
549  f. 

Kynegesion  778. 

Kynosophion  s.  Uundebuch. 

Kyparissiotes  Johannes  44, 
47,  65,  73,  101,  106  f.*, 
109,  111. 

KvnQiaxti  854. 

Kyprianos,  der  hl.  619. 

Kyprianos,    Eirchendichter 
672. 

Kyprianos,  Philosoph  481. 

Kyraniden  630  (u.). 

Kyrene  552. 

Eyriakos,    Metropolit     von 
Chona«  718  f. 

Eyriakos,  Kirchendichter  663, 
688. 

Eyriakos  Magistros  718. 

Eyriakos,  der  hl.,  Mönch  in 
Palästina  185,  186. 

Eyrillos  von  Alexandria  38, 
40,  48,  54,  57,  60,  62,  65, 
67,  69,  70,  75,  79,  83,  88, 
93,  96,  107,  113,  122,  129, 
131,  132,  134,  147,  161, 
173,  206,  208,  211,  214, 
712  (o.),  917. 

Eyrillos  von  Alexandria,  der 
falsche  364  f. 

Eyrillos,  Feldherr  927. 

Eyrillos  von  Epel  67,  190. 

Eyrillos  von  Kyzikos,  Homi- 
letiker 174,  175. 

Eyrillos  (Pseudo-?),  Lexiko- 
graph 12.  570  f.*,  572. 

Eyrillos,  der  sogen.,  Lexiko- 
graph 561  f.*,  570. 

Eyrillos,  Mönch  365. 

Eyrillos  s.  Petrinos. 

Eyrillos  aus  Skythopolis  139, 
180,  185*  f.  888. 
^rilloA    Slavenapostel    35, 
STTTllOl  f.* 

Eyriotes  Johannes  Geometres, 


Dichter  und  Panegyriker 
169*,  214,  588,  708,  727, 
731  ff.* 

Eyros  893. 

Eyros,  Nationalheiliger  von 
Aegypten  189,  733. 

Eyros,  Patriarch  von  Alexan- 
dria, Monothelet  60  f., 
950  f. 

Eythera  402,  1082. 

Eythnos  1071. 

K(üfHf}dia^  spätere  Bedeutung 
von  478,  646  f. 

Kwfioy  309. 

Labarum  1124. 

Lachanas  Johannes  533. 

Lachares  451. 

Lakapenos    Georgios    482, 
558  ff.*,  586. 

Lakapenos  Laomedon  385. 

Lakapenos  Romanos  s.  Ro- 
manos I  L. 

Lampadarios  Johannes  678. 

Landes  Agapios  184,  199, 
202,  903. 

Landwirtschaft  s.  Ackerbau- 
gesetze ,  Geoponiker  und 
Grossgrundbesitz. 

Langbart,  Satire  gegen  einen 
752. 

Langobarden  941  f. 

Laonikos  s.  Chalkondyles. 

Lapethis  (Lapithes)  Georgios 
101,  102,  295,  379,  781  f.*, 
803. 

Laskaris  Alexios  Philanthro- 
pinos  117,  118. 

Laskaris  Janos  503,  509,  577. 

Laskaris  Johannes  s.  L.  Janos. 

Laskaris  Eananos  s.  Eananos. 

Laskaris  Eonstantin  498,  501, 
502(u.),  503,  563,581,  583. 

Laskaris  s.  Theodoros. 

Lateiner,  Polemik  gegen  die 
41,  42  f.,  43,  47  f.*,  76,  79, 
81*,  90,  92,  93  ff.*,  95, 
108,    109,    110,    113   f.*, 

120  ff..  133,  134,  139,  154, 
156, 159,  168, 174, 175,  682, 
878;  anonyme  Abhandlun- 
gen gegen  die  50;  Schriften 
für  die  89,  93  f.,  96  ff., 
102  f.,  110  f.,  113,  118  f., 

121  f.,  167;  Beurteilung 
durch  Niketas  Akominatos 
283,  durch  Phrantzes  308. 

Lateinische  Orient,  der  833  ff., 
1081  f.*,  1132,  1133,  1135. 

Lateinische  Liiteratur  des 
Mittelalters  24  f. 

Lateinische  Sprache,  bei  den 
Byzantinern  3  f.,  487, 543  ff., 
605,  613.  740,  772,  785, 
941,  1136. 


Lateinische  Theologie  s.  Theo- 
logie. 
Latifundien     s.    Groesgnmd- 

besitz. 
Latmos  s.  Latros. 
Latros,  asketisches  ZeDtnun 

inEleinasien  194, 198,1094. 
Laura  s.  Kloster. 
Laurentios  Rntiends,  Kopot 

205. 
Lauriotes  Kyrillos  402. 
Laus,  Lobrede  auf  die  439. 
Lazaros,  Diakon  586. 
Lazaros,  der  hL  165,  167. 
Lazaros,    Mönch,   Polemiker, 

113,  114. 
Lazarus  von  Pharb  407. 
Lazistan  936. 
Leander  von  Sevilla  144. 
Lebunion  1017. 
Legenden  s.  Uagiographie. 
Legend enmenäen  s.  Synaxa- 

rien. 
Lehensbegriff  in  Byzanz  859  if. 

863. 
Lehrgedichte  292,  317,  376. 

378  f.,   390  ff.,   398.  427. 

436,    437,   438,  442.  44i 

528  ff..    583  f..  535,   536, 

553,   556.    587,  595,  619, 

631,  632,  633  f.,  641.  7öS, 

722,  758,  760  f.,  774,  77.5, 

780,   781,    782,    784,  785. 

802  f ,  811,  821  f. 
Leidener  Papyrus  X  632. 
Leiterverse  534  f..  756,  762. 
Lekapenos  s.  Lakapenos. 
Lekas,  Paulikianer  1016. 
Lemnos,  Schlacht  bei  980. 
Lenorensage  831. 
Leo,  Archipresbyter  ShO  f. 
Leo  I,  Papst  59,   60,  70,  79. 

111.  193.  918. 
Leo  III,  Papst  72. 
Leo  IX,  Papst  81.  1003  f. 
Leo  X,  Papst  505.  577.  603. 
Leon  I,  Eaiser  919  f. 
Leon  II,  Mitkaiser  920. 
Leon  III  der  Isaarier,  Kais«r 

13,  66,  67,  165,  258,  417. 

605.  636  f.,   712,  959  ff.*, 

1074. 
Leon  IV,  Eaiser  964. 
Leon  y  der  Armenier.  Kaiser 

67,  71,  72,  264.  342,  349. 

585,  966  f.* 
Leon  VI   der  Weise,    Kaiser 

168  f.*,  257.  415,  609.  62>^. 

631,  633  (u.),  677.  701.  71i*. 

720,721*,809*,883,9761P 

1075. 
Leon,  Metropolit  von  Achridi 

81,  82. 
Leon,  Bisohof  von  Argos  n^ 

Nauplia  315,  317. 


I 


Register  der  Personen  und  Sachen. 


1175 


Leon  der  Asiate  266,  367. 
Leon  8.  Balianites. 
Leon  der  Byzantiner  15. 
Leon  von  Centorbi  8.  Kentu- 

ripinoa. 
Leon,  Erzbiachof  von  Chalke- 

don,  Häretiker  85,  445. 
Leon  aus  Cypern  485. 
Leon    Diakonos,    Uiatoriker 

228,  266  ff.*,  276,  366,  367. 
Leon,  Diakonoa  in  Kpel  169. 
Leon  Diakonos,   Freund   des 

Theodosios  von  Syrakus  252. 
Leon,  Gesandter  des  Basilios 

Bulgaroktonos  461  (u.). 
Leon  Grammatikos  322,  336, 
Leon,  latrosophist  614. 

354,  359,  361  ff.* 
Leon  der  Karier  266. 
Leon  8.  Kenturipinos. 
Leon,  Patriarch  von  Kpel  173. 
Leon  Magistros,    Antnypatos 

und  Patrikios,  Exeget,  124, 

131. 
Leon  Magistros  s.  Katakylas. 
Leon  der  Mathematiker  621  ff., 

625,  626. 
Leon  Nomophylax,  Polemiker 

121. 
Leon  PhUosophos  441,  722  f.*, 

738. 
Leon,  Presbyter  (in  Kpel)  169. 
Leon ,   Metropolit  von  Pres- 

laba  114. 
Leon  Protasekretis  483,  554. 
Leon,  Rhetor  721  (u.). 
Leon,   Metropolit   von  Russ- 
land 81,  82. 
Leon  Siculus  s.  Kenturipinos. 
Leon  s.  Stypiotes. 
Leon  Thaumaturgos,   Bischof 

von  Katania  196,  199. 
Leon  von  Tripolis  265,   977, 

980. 
Leonardus  China  311  f. 
Leonidas    von    Alexandria 

729  (u.). 
Leontarion  1062. 
Leontios,  Kaiser  957. 
Leontios  von  Antiochien,  Hä- 
retiker 76,  522. 
Leontios,     Mönch    auf   dem 

Athos,  Hagiograph  198. 
Leontios  von  Byzanz  39,  47, 

51,  54  ff.*,  57,  58,  65,  69, 

70,  74,  83,  123,  191,  217. 
Leontios,  General  unter  Zenon 

922. 
Leontios,    Geschichtschreiber 

des  Athos  198. 
Leontios,  Patriarch  von  Jeru- 
salem, Polemiker  91,  204, 

205. 
Leontios,    Presbyter  in  Kpel 

55,  191. 


Leontios  von  Neapolis  49,  83, 

180,  181,  190  f.*,  792,  888. 
Leontios,    der  Origenist  der 

Vita  Sabbae  186. 
Leontios  Presbyter  217. 
Leontios,  Mönch  des  Sabbas- 

klosters,  Hagiograph    128, 

129*,  194,  198. 
Leontios  Scholastikos  726. 
Leoouelle  322  f.,  345. 
Le  Quien  1141. 
Leros  511,  1110. 
Lerubna  von  Edessa  406  f. 
Lesbos  305  f.,  511. 
Leukas  1112. 
Leutharis  93  i. 
Levond  s.  Ghevond. 
Lexica   501  f.,   519  ff.,  547, 

559,  561  ff.* 
Lexica  Bekkeriana  und  Cois- 

liniana  s.  L.  Segneriana. 
Lexica,    etymologische    502, 

573  ff.*,  741;  s.  auchEty- 

mologicum  Magnum. 
Lexica,  juridische  573,  613. 

—  kirchliche  502,  571,  573. 

—  militärische  636  f. 

—  orthographische  502,  576. 

—  pneumatologische  576, 758. 

—  rhetorische  538,  567,  572. 

—  Segueriana520,521,571ff.* 

—  synonymische  573. 

—  syntaktische  502, 565, 57 1 , 
572,  573,  587,  610  (o.). 

—  technologische  578. 

—  der  Tierstimmen  573. 
Lexicon  Jl/jKadeiy  575. 

—  Bachmannianum  s.  Lexica 
Segueriana. 

—  Cantabrigiense  577. 

—  Messanense  576. 

—  des  Photios  519  ff.*,  523. 

—  Sabbaiticum  570. 

—  schedographisches   591  f. 

—  Vindobonense  576  f. 

—  des  Zonaras  374  ff. 
Lexikographie  s.  Lexica. 
Libadenos  Andreas  105,  422*. 
Libadinarios  Andreas  786. 
Libandros  861. 

Libanios  12,  452,  455,  491, 
505,  549,  558,  576,  733. 

Liber  censuum  (des  Canonicus 
Benedict)  256  f. 

Liber  generationis  396. 

Liberatus  Diaconus  57,  58. 

Liberius  Patricius  935. 

Lichudes  Konstantin  434, 488. 

Liebeslieder,  rhodische  s.  Al- 
phabet der  Liebe. 

Lilly  John  250. 

Limenites  s.  Georgillas. 

Lingua  Franca  419,  901. 

LiUnen  862. 

Litauen,  Erzdiözese  417. 


Liturgie  u.  liturgische  Bücher 

der     griechischen    Kirche 

658  ff.*,  740. 
Liturgische  Schriften  63,  67, 

108,  112  f.,  115,  136,  149, 

157,  159,  189,  190. 
Liutprand  von  Cremdna  267  f., 

645,  966, 
Livre  de  la  conqoeste  884  ff. 
Lizix  465. 
«Logothet*,  Chronist  348, 353, 

355. 
Lokalchroniken    sieh    Stadt- 

annalen. 
Lollino,  Bischof  von  Belluno 

510. 
Lombardes  Petros  497. 
Longibardos,  der  weise  591. 
Longinos,  der  hL  185. 
Longinos,  Metriker  594. 
Longinos,  Bruder  des  Kaisers 

Zenon  924. 
Longos  763. 
Lopadion  472. 
liOpadiotes  Andreas  485,  576, 

577. 
Lorenzi  Johannes  305. 
Losco  Antonio  von  Vincenza 

31L 
Lucia,  die  hl.  s.  Lukia. 
Ludwig  der  Fromme  224. 
Ludwig  II  975. 
Luft,  Aufsatz  ttber  die  479. 
Lukanis  Nikolaos  847. 
Lukas  von  Armento,  Mönch 

195,  198. 
Lukas,  episc.  Bosiensis,  Pan- 

egyriker  176. 
Lukas  von  Corleone,  Mönch 

195,  198. 

Lukas  der  hl.,  Evangelist  176; 

B.   auch    Kloster    des    hl. 

Lukas. 
Lukas,   Abt  von  Grotta  Fer- 

rata,  Hagiograph  195,  198. 
Lukas  der  Jfingere,    Mönch 

196,  199. 

Lukas,  Mönch  und  Presbyter, 
Asketiker  160. 

Lukia,  die  hl.  535  (u),  770. 

Lukianos  von  Antiochia  123. 

Lukianos,  Rhetor  17, 101,  126. 
459  f.*,  407,  474,  492  ff., 
495*,  505,  524.  527,  549, 
567,  602,  645,  722,  756  f., 
777. 

Lukillianos  der  hl.,  Märtyrer,* 
176. 

Lukios,  Asket  734. 

Luludis  Michael  774. 

Luparkos  1043. 

Lusignan  791,  900  ff. 

Lusignan  s.  Petras  I  L. 

Lusignan  s.  Stephan  L. 

Luther  Martin  593. 


1176 


Begister  der  PerBonen  and  Bachen« 


Luxus,  im  byz.  Reiche  1087. 
Lybisiros  und  Rhodamne  643, 

758,  861  ff.*,  874. 
Lydos  8.  Johannes. 
Lykites  Eonsiantinos  478. 
Lykoleon  786. 
Lykophron  505,  527,  532  f.*, 

536,  571  (u.),  648,  746. 
Lykurgos,   Gesetzgeber   167, 

783. 
Lykurgos,  Redner  567. 
LyngeuB  Michael  497. 
Lyrik  643  f. 
Lysias  527,  567. 

Machaeras  Leontios  900  ff. 

Machaeras  Stavrinos  900. 

Machaon  755. 

Machetes  476. 

Macrobius  545. 

Mädchen,  das  von  einem  Qoten 

betrogene  in  Edessa  473. 
Märchen  36,  856. 
Märtyrer,  60  von  Jerusalem 

194,  197;  20  Märtyrer  des 

Sabbasklosters    194,    197; 

42  Märtyrer  in  Syrien  194, 

197. 
Märtyrerakten  168,    177  ff.*, 

185,   338;   häretische  187; 

8.  auch  Hagiographie  und 

die  Namen  der  Märtyrer. 
Mäuse,    Anklage    gegen   die 

737  f. 
Magen tinos  Leon  431,  432. 
Magister,  Titel  270. 
Magister  officiorum  237. 
Magistrianos  618. 
Magnat,   byz.  des  11.  Jahrh. 

8.  Eekaumenos. 
Magnes  Makarios  72. 
Magnete8Stepbanos263,617*. 
Maguelonne  s.  Imberios. 
Magyaren  s.  Ungarn. 
Mahngedicht  an   einen  alten 

Bräutigam  816  f. 
Mailand  487. 

MaCartoQ  rtoy  ^tjtoQoty  472  f. 
Maiuma,  Bischofsitz  674. 
Makarios  129. 
Makarios  aus  Aegypten  202, 

203,904. 
Makarios  Metropolit  von  An- 

kyra,  Polemiker  113,  114. 
Makarios,  Patriarch  von  Antio- 

chia,  Monothelet  61,   208, 

955  Anm. 
Makarios,  Archimandrit  198. 
Makarios,  Asketiker  141. 
Makarios  Chrysokephalos,  Ho- 
miletiker, Eatenenscbreiber 

U.S.W.  174, 175, 205, 212  f.*, 

216,  377,  602  f.* 
Makarios    Hieromonachos , 

Lexikograph  563. 


Makarios  Hieromonachos,  Po- 
lemiker 114. 

Makarios,  Mönch  von  Epel  205. 

Makarios  s,  Makros. 

Makarios,  Mönch  195,  198. 

Makarios  von  Nikomedia , 
Polemiker  121,  122. 

Makaronismus  795. 

Makedon  Anastasios,Patriarch 
von  Epel  99. 

Makedonios  726. 

Makedonisches    Eaiserhaus 
974  ff. 

Makrembolites  Alexios,  Aske- 
tiker 160,  780. 

Makrembolites  Eustathios , 
Romanschreiber  643,  753, 
754,  764  ff.*,  772,  864. 

Makrembolitissa  Eudokia434, 
1008  ff.* 

Makros  Makarios,  Polemiker 
113,  114. 

Malakes,  Arzt  493. 

Malakes  Euthymios  472. 

Malalas  Johannes  10,  18,  35, 
240,  259,  321,  325  ff.*,  335, 
338,  343,  344,  354,  361, 
371,  377,  388,  404,  406, 
525,  527,  531,  783,  791, 
844  f.,  849,  885. 

Malaxos  Manuel  400  f.*,  427, 
608*,  610. 

Malaxos  Nikolaos  822,  401, 
678,  679. 

Malbuch  des  Athos  1117. 

Malerei  1120  ff.* 

Malchos  10,  259,  378,  404, 
567. 

MaleYnos  Basilios,  Asketiker 
157. 

Malelnos  Eustathios  993. 

MaleYnos  Michael,  Hegumenos 
196,  199,  731,  733. 

MaliasenosEonstantin  s.  Eom- 
nenos  E. 

Malta  1094. 

Mamikonier  916. 

Mammas  Gregorios,  Patriarch 
V.  Epel,  Polemiker  114, 
116,  117,  119*. 

Mamun,  Ehaüf  968. 

Mamun,  Minister  des  Ehalifen 
630. 

Manasses  Eonstantin  35,  221, 
322,  336, 373,  376  ff.*,  383, 
388,  389,  476,  544,  643, 
846,  910. 

Mandra  411  (u.). 

Manekinelegende  507,  869  f. 

Manetho  340,  341. 

Manfred  von  Sizilien  1052. 

Maniakes  Georgios  741  f.  (Ge- 
dicht über  ihn),  1000  ff.* 

Manichaeer  69,  72,  138,  272, 
8.  auch  Panlikianer. 


Mankaphas  Theodor  lOil. 
Mansur  Johannes  s.  Johaiuo 

von  Damaakos. 
Mansur  Petros  s.  Petroe  ?od 

Damaskus. 
Mantzikert  1010. 
Manuel  I   Komnenos,  Kaiaer 

23,  48,  85,  88,  89,  90,  %, 

93,  135,  279,  378,  466, 467. 

472,    473,   474,   476.  526, 

534,  539,    541,  622,  627», 

750,  754,  7^,  760,  7621 

(Epitaph  auf  M.),  805,806  t 

1022  f.*,  1076. 
Manuel  II  Palaeologoe,  Kaisar 

50,  110,  111  f.*,  808,  487, 

488,489ff.*,  493f..  1061iL' 
Manuel  I.  II.  III,  Kaiser  voa 

Trapezunt  1050. 
Manuel  s.  Bryennios. 
Manuel  von  Byzanz,  Chronist 

367,  399. 
Manuel  Chartophylax  909. 
Manuel  Cbristonymos  176. 
Manuel  s.  Holobolos. 
Manuel  s.  Kalekas. 
Manuel  Eantakuzenos,  Despot 

1058. 
Manuel  Peloponnesioe,  PoIe< 

miker  116,  122. 
Manuel  s.  Philes. 
Manuel,  fiiyn^  ^rw^  786. 
Manuel  aua  Trapezunt  622. 
Maphrian,    kirchliche  Wfirde 

405. 
Mar  Abas  s.  Abas  Katina. 
Marapharaa  s.  Skordylios. 
Marchus  Graecus  636  f. 
Mardaiten  954,  956,  961. 
Margaretha,     Gemahlin  des 

Isaak  Angelos  284,  1033. 
Margaretha  Porphyrogenoett 

870. 
Margaritone  1031. 
Margarona  s.  Imberios. 
Margunios  Maximos  144. 
Maria  Aegyptiaca   189,  190, 

772. 
Maria  von  Antiochia,  Gemak- 

lin  des  Manuel  1  Komnen« 

762  f.,  1024,  1028  ff. 
Maria,  die  hl.  67,  69.  76,  78, 

84,  95,  96,  112,  134,  186, 

149,    156,    159,    162,  165. 

166,    169,    171,    172.  175, 

176.    191.    192,  292.  73i 

747,  782,  815,  1117  (in  der 

byzant.  Eunst). 
Maria   tijq   ^taipfo^ov   n^i,; 

292  f. 
Maria  ij  yia  TtB^ißkento^  4dü 
Maria,  Eaiserin  (um  800)  1% 
Maria,    Eaiserin    (um    107;=! 

138,  274. 
Maria  Magdalena  136. 


t 


Bagiitor  der  Pononen  und  Buhan, 


Himmelfahrt  481. 
is,      Epigrammatiker 

erehrang  666. 
MartyriamderbLieT. 

byi.  1021,  1086. 
mus  250,  454. 
I  Albertos  16S. 
1,  Berater  AnaaUaiDs'  1 
F. 

<,  Philosoph  567,  621. 
linoe  567. 

Ina,  Htttreue  dea  Jo- 
;s  Batatzes  449. 
noB,  Kaiser  918  f. 
DüB,  Melode  «6S. 
Doa.  PriM  921. 
0.  U&retiker  207. 
,  AskeUker   141,  142. 
.  Abt  auf  dem  Äthos 


I  MakreTnoa,  Aaketiker 

I  Honacbos,  B&retiker 

I  Honachos,  Polemiker 

I,     Abt    dee    Sabbas- 
ers   in  FalSstina   154. 
I,  Mönch  des  Sabbas- 
«ra  io  Rom  129. 
von  Edessa,  Palemiker 

,,  die  hl.  187. 
i,  KloetervoTSteheHo  in 
smbaaia  19ß,  199. 
I,  Papst  60,  62,  953, 

IV,  Papst  1053. 

V,  Papst  114. 

B.  GemahlindesHeTak- 
951. 

ianoB.  der  Eremit  203. 
lov  (Hartinov)  1142. 
rios,   UOnch  des  Sinai- 
Ure  143. 
olosien  184. 
•opoKB  943  r,  989. 
na  960. 
inkos  482. 
rinta  932. 

matik  442,   544,    545, 
620  «.* 
IS,   König  von  Ungarn 

la,  die  hl.,  von  Cbios 
205. 
leos         Kantakuzenos, 
ler  1 10,  136,  489*,  1058. 
teos  Angeloa   a.  Pann- 


Matthaeoa  b.  Blastares. 
Hatthaeos.     Enbiachof    von 

Bulgarien,  Polemiker  114. 
Mattbaeos  von  Edeam  407. 
Matthaeoa       Ilieroraonachos, 

Polemiker  110. 
MatthaeoB  s.  latroB  M. 
Hathaeos.  Bischof  von  Jonien 

497. 


Matthaeoa,  AnbBnger  des  Fa- 

lamaa  105. 
MatthaeoB,  der  Schreiber  643. 
Mauias,  Khalif  von    Bagdad 

152. 
Maurikios,  Kaiser  243,  245, 

249,  365, 792,  943  ff.*.  1074, 

1142.  I 

Manrikios ,        Hilitftrschrift- 

steller  635  f.,  637. 
Maurokordatos  1083. 
Manromates  Neophytos  401. 
Hanropulos  Samael  474, 
Maaropas  Enchaites   s.  Man- 

ropns  Johannes. 
Msuropus  Johannes  16, 171  f.*, 

203.  441,   606,   678,    708, 

740  f.* 
MauToe,  Patiikios  958. 
BfauroEomes  Manuel  1041. 
Haoshumoreske  757. 
HaxentioB  Johannes,   skythi- 

acher  Mönch  55,  56. 
Maximinos,  Gesandter  917. 
Maximos,  Anhbiger  des  Gre- 

gorios  Akindynos  102. 
Maximos  s.  Ch^soberges, 
Uaiimoa    Confessor    36,    37, 

40.  47.  59.  61  ff.',  65,  67, 

70,    74.  75,  83,    96,    113, 

124,   137,    138,    141.    147, 

158,    160,    173,    189,   206. 

208.    211.   213,    217,  218, 

383,  600*,  672,  953. 
MazimoBiGeheimaekretär  des 

Kaisers  Beraklios  950. 
Maximos  Hieromonacbos  184. 
Maximos  s.  HoloholoB. 
Maximos  Homologetes  a,  M, 

Confessor, 
Maximos,  Patriarch  von  Kpel 

93. 
Maximos  s  Margunios. 
M&iimoe  s.  Mazaris, 
Maximos,  MBnch,  Polemiker 

114. 
Maximos  s.  Planudes. 
Maximos  Tvrios  576. 
Mazaria'  Fahrt  in  die  Unter- 
I      weit  489,  492  if.',  820. 
I  Mazaris  Manuel  495. 


Maxaris    Maximos,    Homilet 

und    Kirohendicht«r    176, 

494  f. 
Medizin  263  f.*,  436. 442,  449, 

613  ff.* 
Meer,  Enkomion  aaf  das  477. 
Megalo.  Gemahlin  des  Theo- 

phanes  Confessor  167. 
Megalomites  6a8ilios442.738, 
Melampna  630. 
Melanchthon  581. 
Melanthia  863. 
Meleagros  von  Gadara  725. 

Helenikos  1093. 

Heles  StephanoB  465,  760. 

Meleten  (jtil(Tai)  288. 

Heletios  Bomologetee,  Pole- 
miker 94. 

Meletioe,  der  JOngere  86,  87. 

MeletioB,  Lehrdicbter  717  f. 

Melettos,  Höncb,  Dichtor7I4  f. 

Meletios,  Mönch,  Mediziner 
614,  617,  619. 

MeletioB  Manachoa  95. 

Melik-äab  1012  f.,  1020. 

Melissa  s.  Antonios  Melissa. 

Melissenos,  Familie  780, 1083. 

Melissenos  Manuel  777,  785. 

Melissenos    Nikephoroe 
1013  ff.,  1131. 

Melissenos  Theodoros,  Patri- 
arch von  Kpel  967. 

Melitene  405,  731,  980. 

Meliteniotes ,  Dichter  777, 
782  ff.».  812, 

Meliteniotes  Johannes  135, 
782. 

Meliteniotes  Kallistoe,  Aske- 
tiker  158,  782. 

Meliteniotes  Ko  natanti  noB , 
MOnch  in  Kpel,  Polemiker 
89,  96,  97  f.*,  782. 

Meliteniotes  Manuel  465. 

Melileniotes  Theodoros  1'4. 
135  f..  204,  623',  625,  782, 
784. 

MeliteuoB  Theodosios  322, 
359,  3C1  ff.* 

Meliton  von  Sardes   91.  Sf07, 

Melitzes  Michael  785. 

Memnon  von  EpheBOB  918. 

Memnonios,  Vater  des  Agathias 
2-10. 

Memorialgedichte  s.  Lehrge- 
dichte. 

Menaeeo  181,  185,  658  f. 

Menandereprache  36,  S04. 
601  f.* 

Menandros  Komiker  437,  443. 
.'>04,  505.  509.  567, 

Menandros  Protektor  11.  227, 
228,  237,  242,  243  f.*,  246. 
249.  259,  504,  567.  646. 


1178 


Register  der  Personen  und  Bachen. 


Menas,  Patriarch  von  Kpel 
57,  187. 

Menas,  der  hl.,  Märtyrer  167, 
1123. 

Menas,  Rhetor  737. 

Mendoza,  Diego  de  506. 

Menologien  183,  185,  658  ff. 

Mesaria  411. 

Meslas,  Astronom  760. 

Mesopotaraites  Eonstantinos 
470. 

Mesrob  407  fo.),  916. 

Messalianer  83,  85,  133. 

Messe   des  Bartlosen  |809  f.* 

Messen,  lateinische,  übersetzt 
103. 

Metaxas  1083. 

Metliodios,  Grammatiker  575. 

Methodios,  der  hl.  644,  653, 
697,  699. 

Methodios,  Patriarch  von  Kpel 
72,  93,  167*,  178,  182,  194, 
197,  312  f.,  347,  522  (Sti- 
cheron auf  den  M.),  676, 
760,  969. 

Methodios,  Bischof  von  Olym- 
pos  69,  130,  132,  134,  207, 
215. 

Methodios  «von  Patara*  628, 
629. 

Methodios,  Slavenapostel  35, 
971,  1101  f.» 

Methodios  von  Syrakus,  Kir- 
cbendichter  s.  Methodios, 
Patriarch  von  Kpel. 

Metocbi  411  (u.j. 

Metochites  Georgios,  Archi- 
diakonos  in  Kpel,  Pole- 
miker 95,  96,  98*,  296,  550. 

Metochites  Nikephoros  483. 

Metochites  Theodoros  204, 
293,  384,  427,  429,  478, 
483,  485,  500,  546,  550  ff.*, 
556  f ,  589,  623,  625,  626. 

Metrik  534,  535,  536,  540  (u.), 
546,  554  f.,  594  ff.*,  648  ff.*, 
690  ff.*,  748,  796,  1132; 
volksmAssige  8. 

Metrophanes  171. 

Metrophanes,  Kircheudichter 
677. 

Metrophanes,  Mönch,  Hagio- 
graph  197. 

Metrophanes,  £rzbischof  von 
Smyrna  78,  132. 

Michael  [  Rangabe,  Kaiser 
72,  966  f.* 

Michael  11,  Kaiser  148,  167, 
224,  264,  582,  793,  967*. 

Michael  IJJ,  Kaiser  16,  79, 
264,  969  ff.* 

Michael    IV,     Kaiser     737. 

1000  ff.* 
Michael  V  Kalaphates,  Kaiser 
737,  786,  1002*. 


Michael  VI  Stratiotikos,  Kaiser 

.     1005,  1076. 

Michael  VII  Parapinakes,  Kai- 
ser 80,  133,  272,  370,  434, 
437,  443,  445,  1011  ff.* 

Michael  VIII  Palaeologos, 
Kaiser  93  f.*,  96,  99,  286, 
316,  318,  477,  766,  771  f., 
780,  1047  ff.*,  1091. 

Michael  IX,  Kaiser  483,  1055. 

Michael  Balgarencar  s.  Boris  I. 

Michael  Äsen,  Car  von  Bul- 
garien 1047. 

Michael,  Fürst  von  Serbien 
1012. 

Michael  Angelos  Komnenos, 
Despot  von  Epirus  1041  ff. 

Michael,    Despot  von  Epirus  < 
224,  286,  1046  f. 

Michael  II,  Despot  von  Epirus 
1052. 

Michael  s.  Akominatos. 

Michael  s.  Anchialos. 

Michael  s.  Apostolios. 

Michael  s.  Attaüates. 

Michael  s.  Bryennios. 

Michael  von  Byzanz,  Pole- 
miker 50. 

Michael  Dukas  s.  Glabas. 

Michael,  Enkel  des  Dukas  394. 

Michael  von  Ephesos  430  f. 

Michael,  Erzengel  79,  92, 166, 
170,  1116  (in  der  byzant 
Kunst). 

Michael,  Metropolit  von  Eu- 
chaita,  Asketiker  160. 

Michael  Grammatikos  786. 

Michael  s.  Haplucheir. 

Michael  s.  Glykas. 

Michael  Hieromonachos  786. 

Michael  s.  Italikos. 

Michael  s.  Kerularios. 

Michael,  Patriarch  von  Kpel, 
Homiletiker  176. 

Michael  s.  Maleinos. 

Michael,  Mönch,  Hagiograph 
148,  151. 

Michael,  Mönch,  Panegyriker 
176. 

Michael  aus  Nikomedia  434. 

Michael  s.  Psellos. 

Michael  s.  Senacherim. 

Michael  s.  Sikidites. 

Michael  Synkellos  von  Jeru- 
salem 71,  166  f.*,  193,  204, 
559,  586  f.*,  715. 

Michael,  Erzbischof  von  Syn- 
nada  194,  197. 

Michael  der  Syrer,   Chronist 

405. 

Michael    von    Thessalonike, 

Häretiker  93,  124,473,475. 

Michaelskirche  in  Chonae  170. 

Midrasch  (mit  byz  Elementen) 

33,  1137.  I 


Müenger  970. 
Militftrgesetz  606.  61ü. 
Militärlitteratnr  sieh  Khegv 

Wissenschaft. 
Milo  1112. 
Milutin,    König    der   Serbeo 

1054. 
Biimars,  Juan  de  900. 
Mimnermos  505. 
Mimus  644. 

Mineralogie  632  ff.*,  783. 
Miniaturen     414,    552,   dt>i 

1120  f. 
Mirabilien  233. 
Mirca,    FOrst    der   Waiackd 

1062. 
Miatjayviy,  Stadt  664. 
Misithra  s.  Mysithraa. 
Mitato  {/Afjrdto)  411  (a.> 
Mittelalter,  Grenzen  des  S  L 

911  f.,  1088. 
Mizizios  953  f. 
Mkhitar  von  Atrivank  407. 
Moäwija  952,  954. 
Modenos  Theodoros  487. 
Modestos,  Patriarch  von  Jen- 

salem  164  f.*.  188,  214. 
Moechianer  149. 
Moechianischer  Streit  148. 
Mönch     des     Sabbaaklostera, 

Verse  gegen  einen  439 
Mönche  =  Philosophen  2bb 

Anm.  1. 
Mönchsbiographien  180,  lN5. 

186,    194  ff.*;   hiatonscker 

Wert  der  180,  182;  8.  aodi 

Hagiographie. 
Mönchtum,   das  byz.  139  i. 

537,   539,    713,   716,  805, 

1090*. 
Moeris  549,  571. 
Moglena  1107. 
Mofaamed,    der  Prophet  343, 

621. 
Mohamed  I  490,  1062.* 
Mohamed  II   306,  309,  785, 

1065  ff.* 
Mohamedaner  s.  lalam. 
Moira,  Dialogperson  820. 
Mokenos   oder   Mokioe  Otn- 

gorios,  Scholiast  137,  138. 
Momdilo  1057. 
Monasteriologie     s.    Kloater 

und  Mönchtum. 
Monatsnamen,  attische  290  f.. 

754. 
Monatsnamen,  römische  7ö4. 
Monatszyklen  740,*74d,  753 1' 

777,  864. 
Mondsucht,  Jamben  über  ik 

439. 
Monembasia  402,  944. 
Monergismus  47. 
Monophysiten    38,    47,   lÜ, 

331,   918    ff.*,    998,  m 


i 


BegiBter  der  Peraonea  and  Sachen. 


1179 


monophysii  Schrift- 
r  51  ff.*;  Schriften 
I  die  54  ff.,  69,  71,  90. 
bieten  38,  83,  952  f., 
959 ;  moDotheletiBobe 
ftsteller  60  f.*,  Schrif- 
egen  die  61,  65,   69, 

sletisnius  61,  65,  208. 
lo,  Adam  von  311. 
sten  962. 
IS,  Häretiker  207. 
Casino,   ApoIIotempel 

K 

Etymologie  von  411  f.; 

von  419;  Geschichte 

Geographie    1108  f. 
Gius.  1141. 
i  Thomas,  latein.  Pa- 
h  von  Epel  1040. 
•n,  byz.  1122. 
oipar  Georgios,  Pole- 
•  94*,  97, 
n  601  (u.). 
eos  Tbeologetos  823. 
3uloB   Manuel  94,  98, 
300,  501,  546  ff.*,  549, 
557,   581,   591,   593, 
524. 

pnlos  Nikephoros  546. 
)  Demetnos  502  (u.). 
)    Johannes ,     Hagio- 

60,  144,  163,  164, 
186,  187  f.*,  190,  191, 
B88. 

}  Johannes,  Polemiker 
122. 

3  (wohl  identisch  mit 
vorhergehenden)  497. 
'84. 

3ar-Kepha  53. 
Chemie  des  632. 
von   Khoren  235  (u.), 

411*,  850. 
,  Name  868. 
Lob  der  769. 
Jos.  1142. 
isen  s.  Numismatik, 
r  935. 
s  933. 

,  FeldheiT  931  f. 
3r  Ramon  836. 
es  Niketas,  Patriarch 

[  488,  1060. 

I  301,  302,  489,  490, 

1063  ff.* 

1142. 

otes    Niketas,    Pole- 

'  114. 

)2, 

I,  Epiker  10,  504,  655, 

f.  byz.  Kunst  1127. 
Aufsatz  über  die  556. 


Musik,  byz.  289,  556,  598  ff.*, 
685. 

Mustapha,  der  falsche  1063. 

Mustapha,  Bruder  Murads  II 
1063. 

Musur  828. 

Musuros  Markos  502  (u.). 

Mu  tasim  968. 

Muzalon  Georgios  478. 

Muzalon,  Grosslogothet  98,  99, 
1047. 

Muzalon  Nikolaos,  Patriarch 
von  Kpel  86,  88,  212*,  216, 
474,  791. 

Muzalon,  Rhetor  474. 

Muzalon  Theodoros,  Polemi- 
ker 94,  477,  481. 

Mylae,  Schlacht  bei  977. 

Myra,  Stadt  536. 

My repsos  620 ;  s.  auch  Niko- 
laos M. 

Myrina,  Stadt  240. 

Myrtane  861  ff. 

Mysithras,  Stadt  224,  298 
Anm.  1,  1058,  1062  f., 
1114. 

Mysterienspiel  s.  Drama. 

Mysterienwesen,  das  antike 
1089. 

Mystik,  abendländische  142, 
153  f.;  byzantinische  40, 
42,  141  f.*,  1059  {• 

Mysb-as  s.  Mysithras. 

Mythen,  Umarbeitung  heid- 
nischer 177  f.,  184;  ihre 
Behandlung  in  Chroniken 
220,  326;  rhetorische  Ver- 
wertung 483. 

Mythologie,  populäre  s.  Volks- 
glauben. 

Naassener  661. 

Nabbatos  756. 

Nachgesang  s.  Refrain. 

Nachor  783. 

NaUos  293. 

Narses  241,  933  ff.* 

Narses,  General  unter  Phokas 
945  f. 

Nathanael  Mönchsname  des 
Nikephoros  Chumnos  479. 

Nathanael,  Mönch,  Asketiker 
160. 

Nationalität  der  Kaiser  4  f. 

Natursymbolik  s.  Physiologos. 

Naturwissenschaftliche  Litte- 
ratur  247  f.,  436,  442,  560, 
631  ff,  775,  874  ff. 

Naukratios,  Abt  von  Studien 
151,  714. 

Nazos  527. 

Neilos,  Häretiker  85. 

Neilos  s.  Kabasilas. 

Neilos,  Patr.  von  Kpel,  Homi- 
letiker 105,  174,  175. 


Neilos,  Erzbischof  von  Rho- 
dos 109,  205. 

Neilos  s.  auch  Nilos. 

Nektarios  von  Gasöle  769  f. 

Nektarios  von  Jerusalem  94. 

Nektarios  von  Kpel  199. 

Nemanja  s.  Stephan. 

Neophron,  Dialogperson  543. 

Neophytos  «Enkleistos*  173, 
212,  216,  286*,  316. 

Neophytos,  Mönch  625. 

Neophytos  s.  Prodromenos. 

Neophytos,  Rhetor  781. 

Nephon,  Führer  der  Bogo- 
milen  86,  87. 

Nepos,  Häretiker  661. 

Nerses  Klajeii,  armenischer 
Katholikos  88,  89. 

Nerutsos  Tassos  Dem.   1142. 

Nestor,  Chronist  35,  356  f.*, 
408. 

Nestorianer,  Schriften  gegen 
die  49,  54,  69,71,133,145. 

Nestorianos,  Chronist  32 1 ,  327. 

Nestorios,  Häretiker  65,  208, 
917  f. 

Neuplatonismus  6,  1 1  f.,  428, 
432  f.*,  445,  479,  939  f. 

Neurom  s.  Konstantinopel. 

Nicolaus  di  Gasöle  s.  Nikolaos. 

Nicolaus  I,  Papst  78, 122, 972. 

Nicolaus  V,  Papst  122,  312. 

Nikaaufstand  930  f.,  1073. 

Nikaea  282,  286  f.,  288,  476, 
478  (Enkomion  auf),  541, 
733,  880,  1041  ff.*,  1122. 

Nixaevg  552. 

Nikandros  527,  533,  567. 

Nikephoritzes  1012. 

Nikephoros   I    Kaiser    148, 
965  f.* 

Nikephoros  II  Phokas,  Kaiser 
23,  151,  200,  255,  267.  268, 
269,  868,  495,  730,  731  ff., 
825,  984  ff.*,  1075. 

Nikephoros  III  Botaniates, 
Kaiser  80,  270,  475,  1008, 
1013  f.* 

Nikephoros  s.  Basilakes. 

Nikephoros,  Bittschriftenrefe- 
rent 378. 

Nikephoros  s.  Blemmydes. 

Nikephoros  s.  Bryennios. 

Nikephoros  s.  Cbrysoberges. 

Nikephoros  s.  Chumnos. 

Nikephoros  von  Ephesos  438. 

Nikephoros  s.  Gregoras. 

Nikephoros  der  hl.,  Märtyrer 
199,  203. 

Nikephoros,  Lehrer  des  Jo- 
hannes Geometres  731. 

Nikephoros,  Mönch  (auf  dem 
Athos)  158. 

Nikephoros,  Mönch  auf  dem 
Berge  Latros  194,  198. 


1180 


Begister  der  Penionen  und  Saohen. 


Nikephoros  von  Mytileno  739. 

Nikephoros  Patriarches  35, 
38,  47,  67,  68,  69,  71  f.*, 
107,  123,  136,  149,  150, 
194,  230,  259,  312  f.,  322, 
343,  349  flf.*,  354,  359,  373, 
386,  630,  965  f. 

Nikephoros  Philosophos,  Ua- 
giograph  196,  199. 

Nikephoros  Philosophos,  Po- 
lemiker 87,  114. 

Nikephoros  der  Phrygier  367. 

Nikephoros  Presbyter  (in 
Kpel),  Hagiograph  194, 197. 

Nikephoros  Skeuophylax  (in 
Kpel),  Hagiograph  191, 197, 
347. 

Nikephoros  s.  Xanthopulos. 

Niketas  119. 

Niketas  s.  Akominatos. 

Niketas  Anthypatios,  Patri- 
kios  136. 

Niketas  von  Byzanz,  Pole- 
miker 49,  79*,  90. 

Niketas  David  s.  David,  Phi- 
losoph und  Niketas  Paph- 
lagen. 

Niketas  Diakonos  153. 

Niketas  s.  Eugenianos. 

Niketas,  General  986. 

Niketas,  Metropolit  von  Hera- 
kleia  611. 

Niketas,  Metropolit  von  Uera- 
kleia  s.  Niketas  von  Serrae. 

Niketas  Klerikos  314. 

Niketas  Magister,  Hagiograph 
196,  199. 

Niketas  Magistros  (vielleicht 
~  dem  vorigen)   497  (u.). 

Niketas  von  Maronaea,  Erz- 
bischof von  Thessalonike 
89  f.*,  93,  204. 

Niketas,  Hegumenos  des 
Klosters  Medikion  193, 197. 

Niketas,  Mediziner  617,  730. 

Niketas  s.  Mursiniotes. 

Niketas,  Bischof  von  Naupak- 
tos,  Exeget  136,  137. 

Niketas,  Chartophylax  von 
Nikaea  81,  82. 

Niketas,  Erzbischof  in  Niko- 
media  88. 

Niketas  Paphlagon,  Panegy- 
riker80,  121,  167  f.*,  172, 
179,  196,  203,  213,  265, 
312,  361,  367,  383,  524, 
547,  548,  679  f.* 

Niketas  Patrikios  166. 

Niketas,  Philosoph  770. 

Niketas  s.  Saponopolos. 
Niketas,  Schulvorstand  438. 
Niketas  s.  Seides. 
Niketas  von  Serrae  127,  137, 
138,     210,    211    f.*,    214, 
215  f.,  463,  587  f.*,  681  f. 


Niketas  s.  Skatariotes. 

Niketas  Stethatos,  Mystiker 
und  Polemiker  42,  81,  140, 
142,  153,  154  f.*,  158,  203. 

Niketas,  Metropolit  von  Thes- 
salonike 611. 

Niketas,  Mönch  in  Thessa- 
lonike 88. 

Nikios,  Mönch,  Polemiker  56. 

Nikiotes  Johannes,  Paiaiarch 
von  Alezandria  127. 

Nikodemos  Hagiorites  105. 

Nikolaos  von  Andida  157. 

Nikolaos,  Abt  von  Gasöle  316. 

Nikolaos  von  Damaskos  259, 
567. 

Nikolaos  Diakonos  680. 

Nikolaos  Grammatikos,  Pa- 
triarch von  Kpel  317. 

Nikolaos,  der  hl.,  vgr.  Ge- 
dicht 823. 

Nikolaos  s.  Kabasilas. 

Nikolaos  von  Kerkyra  64, 
153,  463,  745  f.* 

Nikolaos,  Patriarch  von  Kpel 
(unbestimmter)  679. 

Nikolaos  von  Methone  43,  49, 
76,  85  ff.*,  90,  91,  96,  126, 
203,  465. 

Nikolaos  s.  Muzalon. 

Nikolaos,  der  hl.,  von  Myra 
165,  167,  292. 

Nikolaos  Myrepsos  263,  615*, 
617. 

Nikolaos  Mystikos,  Patriarch 
von  Kpel  169,  317,  458  f.*, 
978. 

Nikolaos  von  Otranto,  Pole- 
miker u.  Dichter  93,  769  f.* 

Nikolaos  s.  Pepagomenos. 

Nikolaos  Presbyter  206. 

Nikolaos  s.  Rhabdas. 

Nikolaos,     Erzbischof     von 
Reggio,  Exeget  133. 

Nikolaos  s.  Sklengias. 

Nikolaos  Studites  151, 194,677. 

Nikolaos  o  xara  ^hagot^  472, 
474. 

Nikolaos,  Bischof  von  Zakyn- 
thos,  Polemiker  114. 

Nikomachos,  Mathematiker 
621,  623. 

Nikomedia  433,  543. 

Nikon  Metanoites,  Mönch  196, 
199. 

Nikon,  Mönch  des  Klosters 
Raithu,   Asketiker   155  f. 

Nikopolis,  Schlacht  bei  1062, 
1076. 

Nikes  882. 

Nilos,  Asketiker  72,  141,  142, 
602,  718  f.,  735  f. 

Nilos,  Dialogperson  298. 

Nilos  von  Grotta  Ferrata  s. 
Nilos  von  Rossano. 


Nilos,  Hagiograph  196,  198. 

Nilos,  Mönch  445. 

Nilos  von  Roflsano  195,  198. 

678. 
Nilos,   Bischof  von  Tamtaia 

316. 
Nilos  s.  Tarchaniotea. 
Ninive,  Schlacht  bei  948. 
Niphon  158. 
Niphon,   Patriarch  voo  Kpel, 

480,  481,  550. 
Nipter  645. 
Nisibis  924,  981. 
Noah,   apokryphe  Geschieht« 

35. 
Nobaten  940. 

Nomokanon    521,   607*.  611. 
Nomophylax  495. 
Nonnos,  Epiker  10,  242,  483, 

655. 
Nonnos  (Abbas),  Mythognpb 

und    Scholiast    187.    138. 

579,  648,  680.* 
Nonnos  Theophanes  263,  614 
Nonnosos  240*,  518. 
Normannen,    Beziehungen  zu 

den    Byzantinern    612  f.. 

1003,  1015  f.,  1079*. 
Norwegen  422. 
Notaras  Anna  503. 
Notaras  Chrjsanthos  508, 509. 
Notar iatsformulare    452  ff., 

900. 
Noten,  musikalische  685.  693. 
Notitiae  episcopatuam415ff^ 

453,  976. 
Novellen,  juridische  257, 268. 

606  ff. 
Nubier  940,  1096. 
Nukios  Andronikos  898. 
Null  624. 

Numeniu  Alexander  462. 
Numismatik  4,  1128  ff.* 
Nur-ed-din  1024. 
Nymphfton  1048. 
Nympheron,  Pflanze  769. 

Objektivit&t  der  bysant  G«- 

Bchichtschreibung  229. 
Obstbuch  s.  Porikologos. 
Ochrida  s.  Achrida. 
'O^oinoQixovy  Gedicht  des  Ma* 

nasses  380. 
Oecolampadins  581. 
Oekumenios,   Exeget  69,  75, 

123,  124,  131  ff.*,  134,  ISo. 
^214. 
olxoqy    in    der   Kirchenpoesie 

695  f. 
Oinaiotes  Georgios  448. 
Oinomaos,  Kyiiäer.647. 
Oktoechos  292,   658  ff.,  67i 

685. 
Olga,    GroBsfÜrstin    35,  9Si 

1075. 


Register  der  Peraonen  und  Bachen. 


1181 


Olympiodoros,  Alchemist  683. 

Olympiodoros,  Diakon  in  Ale- 
zandria,  Exeget  124, 127f.*, 
206,  215. 

Olympiodoros,  Historiker  10. 

Oljmpiodoros,  Philosoph  430, 
432,  598. 

Olympos  in  Bithynien  170, 
194,  198,  434. 

Olynthier,  für  die  550. 

Omar,  Khalif  168. 

Omoplatoskopie  442  (a.). 

Omortag  966. 

Omphalopsychiten  1059. 

Onomatologos  (des  Hesychios) 
324  f. 

Onosander,  Taktiker  635. 

Onothriambos  473. 

Ophrydas  438. 

Opiliua  s.  Aurelius  Opilius. 

Opitz  703. 

Oppianos  377  (Biographie  des), 
527,  533. 

Opsikianos  485. 

Opeikianos  Philotheos  157 , 
204. 

Orakel,  chaldftische  436,  442, 
466  (u.). 

Orakellitteratur  621,  627  flF.*, 
698  f.,  809. 

Orbelian  Stephan  408. 

Orbecche  872. 

Orbikios  635,  637. 

Orestes,  Patriarch  von  Jeru- 
salem, Hagiograph  195, 198. 

Orestes,   Eirchen^chter  688. 

Oribasios  263,  614,  617,  842. 

Orientalen,  Geschichtschrei- 
bung der  226,  319,  328, 
403  ß.*;  Beziehungen  zu 
den  Byzantinern  612,  642, 
703  f.,  1079*,  1098  ff.* 

Origenes  40,  57,  66,  86,  123, 
127,  136,  207,  209,  211, 
214,  215,  875. 

Origenistenstreit  54,  58*,  185. 

Orion  575. 

Ornamentik,  by^sant.  1120  f., 
1126. 

Omeosophion  s.  Vogelbuch. 

Oros  572,  575,  583. 

Orphanotrophios  680. 

Orphanotrophos,  Brief  an  einen 
292. 

Orpheus  166,  266,  504. 

Orphica  527. 

Ortäer  940. 

Orthodoxie,  Fest  der  39,  166, 
969,  1090. 

Orthographie  576,  580,  582, 
583  f.,  585  f.*,  587,  588. 

Osman  1054. 

Osterchronik  322,  328,  331, 
387  ff.*,  369. 

Ostertafeln  338. 


Osterzyklus  339. 

Ostreich,  oströmisches  Reich, 
Berechtigung  des  Aus- 
druckes 5,  965. 

Othman  952. 

Otranto  769  f. 

Otto  I,  Kaiser  986. 

Otto  in,  Kaiser  195. 

Oursel  BaiUeul  1010,  1012  f. 

Ovid  545. 

Oxites  Michael  759. 

Pachomios,  Biographie  des  hl. 
185. 

Pachomios,  Mönch,  Exeget 
136,  137. 

Pachomios,  Mönch  auf  dem 
Latros  194. 

Pachomios  Rhakendytes  782. 

Pachomios  s.  Rhusanos. 

Pachomios,  Scholiast  84. 

Pachymeres  Georgios  19,  94, 
98,  138,  288  ff.*,  295,  297, 
424,  429,  430,  431,  451, 
599,  774. 

Pachymeres  Johannes  485. 

Paeanios  335. 

Paisios,  Hagiapostolites,  Me- 
tropolit von  Rhodos  (ob  iden- 
tisch mit  dem  folgenden?) 
422. 

Paisios,  Metropolit  von  Rhodos, 
Homiletiker  176. 

Pakurianos  Gregorios  315, 
317,  463,  1015*,  1017. 

Palaea  398*,  819  (o.),  1139*. 

Palftographie,  griechische  151. 

Palaeokappa  Konstantin  291, 
431,  451,  542*,  559,  579. 

Palaeokastro  825. 

Palaeologina  Rhaulaena  Theo- 
dora  772  f. 

Palaeologos  Andronikos,  Ge- 
neral gegen  die  Normannen 
384. 

Palaeologos  Andronikos,  Sohn 
Johannes'  V  1060  f. 

Palaeologos  s.  Andronikos  11. 

Palaeologos  s.  Andronikos  III. 

Palaeologos  Demetrios,  Sohn 
Johannes'  VIII  1064  f. 

Palaeologos  Georgios,  Sebastos 
744,  1014. 

Palaeologos  s.  Helene. 

Palaeologos  Johannes,  Sohn 
Andronikos'  U  479,  553. 

Palaeologos  Johannes,  Despot 
478  f. 

Palaeologos  s.  Johannes  V. 

Palaeologos  s.  Johannes  VIII. 

Palaeologos  Konstantin,  Bru- 
der des  Andronikos  n  543. 

Palaeologos  Konstantin  Pan- 
sebastos  Sebastos  384. 

Palaeologos  s.  Konstantin  IX. 


Palaeologos  s.  Manuel  H. 
Palaeologos  s.  Michael  VHI. 
Palaeologos  Theodoros,  Des- 
pot 491,  497. 
Palaeologos  Thomas,   Despot 

224,  307,  309  (o.),  1133. 
Palaeophatos  579. 
Palästina  418  (M.),   420  ff.*, 

511,    1071*,    1114,    1119; 

Klöster  in  139,  180. 
Palaetimos,  Dialogperson  543. 
Palamas  Gregorios  48, 96, 100, 

101,  102,  103  ff.*,  106,  107. 

109,    110,    116,    117,   121, 

159,    175,    176,    205,   210, 

485  f.*,  487,  559. 
Palermo,  Capella  Palatina  in 

173:  8.  auch  Panormos. 
Palladios  180,  188. 
Palladios,  Mediziner  620. 
Pamphilos  571. 
Pamprepios  922. 
Panaretos  Matthaeos  Angelos, 

Polemiker  94. 
Panaretos  Michael  393  f.*,  422. 
Panaretos  Theodoros  393  f. 
Pan6atantra  891, 895, 896(M.). 
Pandaros  und  Diomedes  477. 
Panegyrik    s.    Beredsamkeit, 

geistliche. 
Panegyrikon,  liturg.  Buch  163. 
Panetius  J.  B.,  Karmelit  70. 
Paniotes  441. 

Panodoros  838,  340  f.,  369. 
Panoplia,  anonyme  210. 
Panormos  252,  415,  769. 
Panselenos  Manuel  1122. 
PantaleoD,  Presbyter  des  Klo- 

stera  ttoy  BvCttyTitüy  167. 
Pantaleon,    Diakon   in    Kpel, 

Panegyriker  167. 
Pantechnes,  Hofarzt  476. 
Pantechnes    Konstantin    474, 

475. 
Panteleemon,  der  hl.,  Märtyrer 

168,  711,  734,  736. 
Pantomime  644. 
Jlaudg  =  Priester  539  f. 
Papias  von  Hierapolis  129, 207. 
Pappos  621. 
Papyrion,  Kastell  922. 
Parableptenos  467. 
Paradeisoplastia  473. 
Paradies  des  Job.  Geometres 

734. 
Paradoxographenhs ,     Heidel- 
berger 264. 
Paränesen  115,  447  f.,  456  ff., 

463  f.,  802  ff. 
Parallelen,  die  hl.  216  ff..  261. 
Paraphrasen  kunstsprachlicher 

Werke  221,  278,  285,  308, 

346  f.,    357  f.,    377,    379, 

399  f.,  448,  547  f.,  555,  619, 

734,  819,  909  f.* 


1182 


Begiatflr  der  Personos  n 


Par(iflkeue,diehl.  196, 199, 791. 

ParaapondyloB  b.  Zoükos. 

Pardoe  a.  Oregorios  von  Ko- 
rinth. 

Parembolitea  766. 

Pftne,  UrteU  des  786. 

Pflriser  Corpus  der  byf.  Hi- 
storiker 221  f. 

Parkja  412. 

Parma  769.  887. 

Parodien  809  f..  884;  a.  auch 
Spielereien. 

ParOmiograidiie   b.  Sprich- 

Paacbalis  II,  Pftpst  1019. 
Paspatee  1141. 
PassioDsspiel  b.   CfariatuB  pa- 

PatapioB  der  hl.  165. 
Patelaro  Eustachius  673. 
Paterika  188. 
Patmos  507,  508,  509,  510, 

1110,  1114. 
Patrae  524,   1071,   1134. 
Patria,  d.h. Urgeschichton  130, 

323,  325  (§  139   Änm   4), 

423  f.*,  426.  724. 
Patriarchen,    Geschichte   der 

1088. 
Patrikioe  Konatantinaa  503(a.). 
Patrikios  von   Mytilene   sieh 

ChristophoroB  von  Mjtilene. 
PatrikioB  von  Pruaa  383. 
PatrikioB,  HSnch  des  Sabbas- 

klosters  145. 
Patrikioa,    Titel    237',    270. 

1085'. 
Patrikiotea  777. 
Paukaleia  991. 
Paul  III,  Papel  561. 
PauUkianer  46,  48,  69,  75,  77, 

78,  aS,  92,  357  (M.),   962, 

970,975,907,  1016  f.,  1075, 

1090,  1091. 
Paulinna,   Verfasser  der  Tita 

Ainbrosii  110. 
PaulinuB  von  Nola  904. 
Paulos  von  Aegina  614,  616. 
Paulos,  Apostel  99,  168. 
Panloa  a.  Helladikos. 
Paulos  der  Jüngere,  Mftrtyrer 

193,  197. 
Paulos  der  Jüngere,  MOnch  auf 

dem  Berge  Latns  94,  194, 

198,  200.  203. 
Paulos,  Kirchendichter  678. 
Paulos,    KlostergrOnder    188, 

318. 
Paulos,   Patriarch  von  Kpol, 

Ikonoklaat  73. 
Paulos,    Patriarch   von   Epel, 

Honotbejet  60. 
Paulos,  Konsul  62. 
Paulos,   Biachof  von  Monem-  i 

basia,  Hagiograph  196,  199.  | 


Paulos,  Polemiker  53 
Paulos,  Pre^jter  141 
Paulos  von  Samosata  i 
Paulos  Silentiarios    I 

424,  547.  724,  726. 
Panlns  Diaconns  179, 
PaulnB,  lateinischer  F 

von  Epel  105,  106. 
Paueanias,  Chronist  3 
Fausanias,  Tjexikogra; 

538,  565,  572,  575, 
Pausaniaa,  Perieget  2 
Pediaditea  Baailios  93, 

762. 
Pediaaimos  Johannes  4 

hbh._  S56  ff.' 
Pedissimos  Theodorot 
Pelagis,  die  BOsserin 
PelagonLa  1048. 
Pelopidas  552. 
Peloponnea  a.  Motea, 
Petosiotee  Tbaddaeoa 
Pentateuch  909. 
Pentekosterion  658  f. 

nifioi  ftaviiiov,  Oedi 

PepagomenoB  Demeb 

617,  631. 
Pepagomenos,  Korrei 

des  Hyrtakenos  46 
Pepagomenos  Nikolao 

gynker  176. 
Perdikaa  von  Gpheao 
PeiibleptenoB  466  f. 
Perihleptonoe  Johann 
Pemik  995. 
Perser  33,  230  f.,  34; 
Personalbeachreibnng 

326,  525,  642. 
Peteinos  Basüios  636 
Peter,  Bulgarencar  9 
Feter    Deljan,      Bnl| 

1001  f. 
Peter  von  der  Prove 

Imberios. 
Petosiris,  Philosoph  I 
Petrarca  429,  503  (H 
Petrina,  Dorf  496. 
Petrinos  Johannes,  Ha; 

145. 
Petrinos  KyrilloB,  MC 

lemiker  114. 
Petriotes.  Barlaamit  1 
Petritzes  Ignatioa  82! 
PetritzoB  bei  Philippe 
Petrosvon  AlezandVia 

876. 
Petros  von  Alexandri 

nist  398. 
Petros,    Patriarcb  vn 

ochia  81.  82,  1003 
Petros,  Apostel  99,  1 
Petros,    Biachof   von 

Panegyriker  167", 
Petros  von  Ätros,  MOi 


Begister  der  Personen  and  Baehen. 


1183 


res  Joseph,  Polemiker 

ithropinoa    Athanasios 

f. 

etos,  Feldherr  des  Ro- 

108  Diogenes  1009. 

etos,  Mönch  in  Ealabrien 

,  198. 

mos  857. 

pho  Jean-Mario  311  f. 

phus  Franc.  311  f.,  503*, 

lon,    der    falsche   577, 

iE 

• 

lon,  Komikor  505,  509. 

Eumolpos,    Scholiast 

138 

Manuel  212,  288,  878, 

484,    560,   619,  632, 
.  712,  728,  744,  774  ff.*, 

y  n  von  Anjon  224. 
p  von  Schwaben  1037. 
pe  de  Novaire  898,  902. 
pikos  Bardanes,  £[aiser 

958  r. 

popel  282,  465;  bulga- 
he  Benennung  von  412. 
308  8.  Eeramites. 
po8  von  Side  247,  291. 
pos  .SoUtarius'  81,  380 

434,  742  ff*, 
pos    von    Thessalonike 

pus  Ariminensis  312. 
ion,  Gnomen  des  601. 
horos  508. 
onos,  König  871. 
1  von  Byblos  566. 

Judaeus  127,  130,  215, 

552,  696. 
1,  Taktiker  635,  636. 
atris,  Dialog  459  ff. 
•onos  Johannes,  der  Ael- 

582. 
onos  Johannes  12,  51, 
59,  430,  432,  567, 
f.,  583,  588,  621,  624. 
ophie  42,  48,  289  f., 
f.,  428  ff.,  479,  551  f., 
,  581,  758,  771  f. 
torgios,  Kirchenhistori- 
92,  199,  324,  523,  699. 
tratos,  der  Aeltere  452. 
tratos    der  Dritte   495, 

549,  567,  591,  733. 
leos,  Mönch  des  Batos- 
ters  108  f.*,  158. 
tieos  Kokkinos,Patriarch 

Kpel    101,   103,    105, 
f.*,    175,    176,    204  f., 

Anm.,  488,    678,  679, 

m 

beos  s.  Opsikianos. 
leos  Protospathar  255. 


Philotheos  Erzbischof  von  Se- 
lymbria,  Hagiograph  205. 

Philoxenos  (Pseudo-),  Lexiko- 
graph 561  f. 

Pl^oxenos,  Bischof  von  Ma- 
bug  54. 

Phlegon  von  TraDes  699. 

Phlorentios,  Dialog  296  f. 

Phlorios  und  Platziaphlora 
867  f. 

Phloros  (ox«T«  ^hüQoy)  472, 
474,  475*. 

Phoibamon  463. 

Phokaea  305. 

Phokas,  Kaiser  793,  945  f.* 

Phokas  Bardas  732,  984, 
991  ff. 

Phokas  Johannes,  Perieget 
420. 

Phokas  Konstantin  984. 

Phokas  Leon,  General  979. 

Phokas  Leon,  der  Jüngere 
984,  987. 

Phokas,  Märtyrer  105. 

Phokas,  Wunderthater  422. 

Phortios  Leonardos  503,  822. 

Photinos,  Presbyter  in  Kpel, 
Biograph  144,  187. 

Photinos,  Manichaeer,  Dispu- 
tationen des  433  (o.). 

Photinos,  Vater  des  Theodoros 
Studites  147. 

Photios  16,  42,  47  f.,  49,  51, 
53,  56,  57,  60,  64,  66,  73  ff.*, 
83,  85,  87,  90,  91,  96,  97, 
113,  122,  123,  124,  125, 
128,  132,  139,  142,  144, 
147,  164,  166,  167,  168, 
179,  188,  206,  209,  240, 
249,  324,  335,  351,  413, 
424,  426,  452,  455  f.,  458, 
500,  508,  515  ff.*,  565,  607, 
642,  679,  681,  682,  701, 
722,    972  ff.* 

Photios,  Diakonos  in  Kpel, 
Panegyriker  176. 

Photios  der  hl.  in  Thessalo- 
nike 199. 

Phrankopulos  491. 

Phrankopulos  (Phrangopulos) 
Andronikos  478,  541. 

Phrankopulos  (Phrangopulos) 
Johannes  474. 

Phrankopulos  Manuel  485. 

Phrantzes    Georgios     114, 
307  ff*,  593. 

Phrygien  410. 

Phrynichos,  Attizist  549,  565, 
571,  572. 

Phumes  Johannes,  Polemiker 
83,  85*,  96,  498. 

Phylakteria  s.  Amulette. 

Physik  626. 

Physiologos  35  f.,  382,  873, 
874  ff.*,  878. 


Physiognomik  620*,  741. 

Piccolomini  Aeneas  Sylvius 
312. 

Pierre  de  la  Provence  s.  Im- 
berios. 

Pikatoros  Johannes  819  f. 

Pilotenbücher  s.  Segelhand- 
bflcher. 

Pinaros  Joseph  Rakendytes 
451,  745,  782. 

Pindaros,  Dichter  139,  242, 
483,  497,  505,  527,  536, 
538*  547,  549,  554  f.,  567, 
588. 

Pior,  Asket  734. 

Pisides  Georgios  11,  190,  843, 
365,  440,  567,  641,  648, 
672,  707,  709  ff.*,  726,  734, 
745,  779. 

Pius  II,  Papst  117. 

Planudes  Maximos  43,  98, 
99*,  100,  103,  117,  205, 
386,  377,  451,  478,  500, 
543  ff.*,  559,  696,  618,  619, 
624,  650,  682,  727  f.*,  772, 
774,  897,  905. 

Plastik  s.  Kunst. 

Piaton,  Philosoph  80,  101, 
139,  242,  296,  299,  429, 
433,  435,  436  f.,  442,  445, 
464,  466,  479,  485,  487, 
497,  605,  507,  516,  522, 
524,  527,  544,  549,  551, 
552,  571,  572  (u.),  589, 
621,  722,  733,  740,  757, 
785,  842,  848. 

Piaton,  Abt  von  Sakkudion 
71,  148,  149,  194,  964. 

Piatonismus  42,  120,  171. 

Plato Verehrer  oder  Gerber  757. 

Platziaphlora  867  f. 

Plautus  699. 

Plethon  Georgios  Gemistos  19, 
117,  120,  121*,  125,  429*, 
451,  497  f. 

Plinius,  der  Aeltere  258. 

Plocheiros  s.  Haplucheir. 

Plotinos,  Philosoph  436,  479. 

Plotinos,  Erzbischof  von  Thes- 
salonike 165. 

Plovdiv  =  Philippopel  412. 

Plusiadenos  Johannes  s.  Joseph 
von  Methone. 

Plusidianos  Jobannes  600. 

Plutarchos  335,  372,  505, 
526,  527,  532,  544,  552, 
603,  604,  740. 

Plutarchos,  Pseudo-  597. 

Podagra  399,  482,  615,  711, 
737. 

Poenitenzialschriften  144. 

Poesien,  byzantinische  287, 
289,  292,  296,  380,  885  f., 
393,  422,  439  ff.,  444,  448, 
449,  464,  469  f.,  475,  476, 


1184 


Register  der  FeraoiM 


486,  187,  492,  496,  521  f., 
523  (u.),  534  f.,  544,  545. 
548,  552  f.,  554.  559,  560, 
604,  629,  689  ß.';  s.  auch 
Epigramme,  KircbeDpoeBic 
ncd  Lehrgedichte. 

Poimanerun  1041,  1044. 

Polemarchoa  549. 

Polemik,  byi.  46  ff.;  gegeD 
die  Lateiner,  den  lalam, 
die  Juden,  Honophysit«!!, 
Monotheleten  s.  diese. 

Poliorketik    a.  Kriegswisaen- 

Pollnx  B.  Polydeokes. 
Polovci  8.  Knmuien. 
PolyaeDos  635, 
PolybioB,  GrominatikeT  577. 
Polybioa,  Eiatoriker  228,  284, 

2ü9,    ÜGI,   274,    276,   373, 

464,  504,  585,  567. 
PolybotoB  1020. 
PolychronioB     von     Apamea, 

Exeget  75,  206. 
PolydeukcB,    Paeudo-,     Chro* 

nist  322,  859,  361  ff.*,  396. 
Poly-deukea,  Ättizist  525  (o.). 
Polj'euktoH,  Patriarch  TonEpel 

731,  985,  987. 
Polyhistoren  18  f. 
PolykarpoB  von  Smyma  78, 

146,  147. 
Po!ykrat«8,  Dialogpereon  24Ö. 
PolvieuB,  848  f. 
PonkologoH  883  f. 
PorphyrioB,  Philosoph  69, 432, 

436,   446,   516,   533,    722, 

733,  758. 
Poi-phyrsaule  423. 
Portius  Gregor  673. 
PortiuB  Simon  799. 
Portolane  s.  SegelhandbDcher. 
PoBtwesen  1084. 
Potakios  a.  Potomios. 
Potamea  489  (a.),  492. 
Potamioa  Theodoros  489. 
PothoB,  Gedicht  556  f. 
PothoB  Manuel  492. 
PothoH,  Name  558. 
PothoB,  Veatorcb  438.  443. 
Pothula,  Dialogpereon  820. 
Praeneatos  733. 
Praxitelea,  Sage  Ton  798  f. 
Predigt    s.    Beredsamkeit, 

geistliche. 
Predigtliltoratur , 

diachc  162. 
PrelumpoB  SH. 
IIeeaßtinix6(  .^52. 
PreBpa  Ü94. 
Priiep  995. 
Primatiua,  Bischof 

metum  213. 
Primislaw,  Künig  von  Serbien 
1024. 


abendlBn- 


Bagiitar  der  Peraonen  and  Saabon. 


1185 


iiigsliBten  derMetro- 
etc  s.  Notitiae  epie- 

iiupl  492, 
1115,  1122. 
■"rancift  871. 

Monodie   auf   ein 
;6.  176. 

;hcT  3.  Mathematik, 
cliichte  610  ff. 
ule  6Üli. 

9enschaft257f..270, 
2,  605  tf.*.  898  ff. 
stliclie  s,  Beredsam- 


•  f.-.  785  (u.),  816, 
870.  872. 
t'uchs  e.  Eael. 
;eaprÄclie  mit  den 
irn  l^t<;  R«ligiaDe- 
hitiKpel  55;  R.  am 
rSnssamden66, 192. 
ce,  byzantiniache  im 

12.  Jahrhundert  29. 
heodoros  -503  (u.). 
Nikolaoe  548,  560, 
25. 

48-V 


LP  t<19.  871. 
Ad  Herennium  545. 
der  i^eistlichPti  Rod- 
,   17H.  452  lo,|. 

iiiilitBriHche  260. 

Astronom  fl25  (u.). 
le     Literatur    281. 


St.,  i 


»kis  1083. 

377.  603*. 

oa  857  ff. 

3,  841  f..  865,  1071. 

.  der  Name  .S. 

Pachomios  1.37, 59.3. 
■8,  Fluaa  279. 
Johanaes  629. 
af  1141. 


Ricardos  Florentiaue  10.3, 106. 
RidoW,  Kardinal  510. 
Rimicio  s.  Rinuccio. 
Rinaldo  und  Armida  871  f. 
Rinnccio  d'Arezxo  898. 
Ritter,  der  alt«  866  f. 
Robert,  Kaiser  von  Kpel  898f., 

Robert  1  Graf  von  Flandeni 

1076. 
Robert     Guiacard    275,    413, 

1013  ff.' 
Robert  de  Clary  8.  Clary. 
Robert  von  Lincoln  570. 
Rodanthe  und  Dosikles  751*, 

763. 
Rodosto     (Rhaedeatoa)     270. 

508  f. 
Roger  11    von    Sizilien    173, 

415,  1025. 
Roger  de  Flor  1055. 
Roger  .riiliannee,  Caesar  803. 
Roger  von  Otranto  769. 
Rolsndelied  828. 
Rollen,  liturgische  ü96. 
Rom  769   (Zwiegespräch   mit 

Friedrich  II),   10!»*. 
Roman  des  aept  aagee  de  Rome 

892. 
Romania  —  byz.  Reich   411, 
Romaniecbe    Element«    im 

Griechischen  1186. 
Romaulittemfnr     17,     178, 

641  ff.*,  854  ff.* 
Romanos  I  LukiipeiiDs.  Kaiser 

4.58,  459.  S2«.  il79  ff.' 
Romanoa  II,  Kaiser  200,  253. 

459,  984*. 
Romanoa    III,     Kaiser    737. 


9!.* 


I,  Kaiser 


Romanoa  IV  Diogenc 

434.  467.  1008  ff.'- 
Romanos,  Grammatiker  581. 
Romanos  Joh,   1142. 
Romanos,   Kirchendichter  11, 

2.50,  435,  663  ff.*,  672,  682, 

688,  698,  702.  733. 
Romanos    Lekapenos    s,    Ro- 
manos I  Lakapenos. 
Romanoa,  Schiller  d.  Blemmy- 

des  418. 
Romantische    Poesie    798, 

854  ff.* 
R6s  s.  Russen. 
Rossano  1072,  1120. 
Ronasean  de  Snllv,    Hugo   le 

1053. 
Rudolf  von  Ems  689. 
Rufinos  913  f. 
Eufua  635. 

Rum,  das  Reich  1014. 
Rumänen  36, 269  (§  1 18  Anm.2) 

408. 612, 683, 1081, 109.5f.*, 

1102. 


Rumftnien  (griechische  Hss. 
in)  511  f. 

RnBSen.  ihre  Beziehungen  zn 
Byzanz  35*.  199,  267,  408, 
417  (o.),  683,  777,  971*, 
1067,  1074  f*,  1080*, 
1095  f.*,  1100  ff.*,  1105', 
1108  f.' 

Rassland  513  (Hss-Kataloge). 

Rjthmische  Poesie  s.  Kircheo- 
poesie. 

Sab»» ,      Kon-p.spondent     des 

Uleninij-des  449. 
Sabbaa  (.Sabaa),  Bogomile  84. 
Sabbaa,    Gründer    der    aerbi- 

schea  Nution alkirche  1059, 

1095. 
Sabbaa,  der  hl.  55,  143,  158, 

185,  186;  Tjpikon  des  hl. 

Sabbaa  142*.  154;  a.  auch 

Kloster. 
Sabbaa  der  Jttngere,  MOnch 

in  KnUlirft-n   195,  198. 
Sabbaa,    Mönch,    Hagiograph 

195,   198. 
SubelüaniamuB  103. 
SahellioB    Häretiker  SS,  207. 
Sabinianns,  Feldherr  923. 
Sachlikis  »tephanos  379,  404, 

803,  815  f.*,  832. 
SSnlen  in  Kpel  s.  Skulptur. 
Irtäulenheilige  s.  Styliten. 
SnganoB-Paacha  1067. 
^agenkunde   1138  f. 
Sagenlitt-^ratur  798  f. 
Sftgudinos  485. 
Snhak  91 H. 
Sahraplakan  948. 
ÖBhrbarSz  948, 
Saitea  Johannea  49,  110, 
Sakkelion  J.  1141. 
Salab-ed^lin  1027,  1034. 
.Siilemo,  Schlacht  bei  »75. 
SaDast  327 

8slmaHiacheExzerpte  335,337. 
Salomon  80.3.  877. 
Salomonsage  35,  845,  1138. 
Samaritaner,   Sekte   der    145, 

939. 
Samonaa,  H&rtyrer  in  Edessa 

130. 
Samonas.   Bischof  von  Gaza, 

Polemiker  61,  82. 
Samos  1110. 
.>;Bm"thr,ikc  :«'J    347  (M.). 


Samuel  von  Ani  407. 

Sandschi  1061. 

Sangarios,   Brücke   nber  den 


Georg  619. 

samana  iva. 
Sanudo  Marino  636. 


cb  der  klan.  AltertmanrUMnaoluIt  IX. 


.  AbtlK.    2.  I 


Begiater  der  Personen  and  Saehen. 


Sappho  327,  304,  505. 
SaponopoloB  477. 
Saponopulos  Niketaa,  Exeget 

135. 
SaranteDos  H&nuel  474. 
Sarozeneii    83,  92,  240,  462 

(Rede  gegen  die  S.);  8.  such 

Sardinieii   1098. 

Sarkel  968,  1075. 

Sarnns,  Schlacht  am  934. 

SatamBniDB  810. 

Satire  17,  878  ff.;  b.  auch 
Parodien,  ProdromOH,  Spie- 
lereien ,        Tiergeschichten 


Saturninos,  Häretiker  207. 
SatzBchloBsgeaetz     8 ,      29*, 

1137  f.* 
Sbomiki  (Sammelwerke)  36. 
Schamealdln  von  Bokhara  622. 
Scheden  b.  Schedographie. 
Schedographie  590  ff. 
Schiesapulver  636  f. 
SchifferbBcher  b.  Segelhand- 

bBcher. 
Schififfahrtsgesetz  606. 
Schisma  37,  48,  73  f.,  81,  89, 

93  f.,   96,    109,    113,    115, 

117,  1091  f*. 
Schizenos  474. 

SchloBe  der  Bchnuen  Frau  S25. 
ScholarioB  a,  GeorgioB. 
Scholastik,  abendländische  87, 

43,  47,   107.   III. 
ScholBBtikoa.   Titel   und   Bei- 
name (=AdvokatJ  240  (u.). 

245,  720.  SergioB 

8clioliast«n ,         patrietischer     Sergioe. 

Schriften  125,  137  ff.';  an-        583. 

tiker    Werke:    B.    die    be- 

(reffendeD  Äatoren. 
Schrift,  bl.  s.  Testament. 
Schriftsprache,  byzant.   17  f., 

29  ff.-,  220  f.,  227  f.,  233 1. 

249  f.,  266,  267,  271,  -27:1, 

284.  287,  289  f.,  301,  SM. 

308,  323,  355,  373  f.,  3(12, 

413,  416.  469,  479,  481  f., 

483  f.,    551,    701  f.,    7«. 

764  f.,  806,  888,  1135  ff." 

8.  auch  Vnigttraprache. 
Schulgespräche  561  f. 
Schulwesen,  byi.  450  f.,  580, 


Sebeoa  406,  407*. 
Seenndna  Philosophna  557. 
Seekrieg  635,  637,  688.  . 
Seele,  Darstellungen  desStrei- 

teB   zwischen    Körper  imd 

143,  742  ff.;   Veree  an  die 

380. 
Seewesen,  byz.  s.  Marine. 
Segelhandbacher  410,  418  ff.* 
Seidenzucht    243     (ihre    Ein- 

rühmng  in  Bjzanz);  1025  f., 

1087. 
Seid  es  Niketas  85. 
Seldiouq  Namäh  291. 
Seldschuken  997,  1005,  l(l07, 

1009  ff-,  1021. 
Selech,  ÄBlronom  760. 
Seniit«n240;  B.Araber, Joden, 

Syrer,  Orientalen. 
Sempronius  Asellio  220  Anm,  2 . 
Senacherim  Michael  478, 541*. 
Senat  im  OBtrSmiachen  Reiche 

1084. 
Senekerim  997. 

Sprucbsamm- 


Sentenzen 

Septuaginta  122  f.,  125,  131, 

267. 
Sequentia.    in    der    Kirchen- 


Serben  255  (u.).  608,  683, 
1080.  1095;  s.  aach  Shiven 
und  SfldBlaven. 

Serdika  966,  994. 

SemoB  von  Emeaa  582. 

Grammatiker    582, 


SergioB,  Ikonoklaat 
SergioB,  Kirche  deB  hl. 
Sergios  I,  Patriarch  vo) 

11.  60.  61,  250,  337. 

671  ff.*.  688,  697,  947.  949, 


nKpel 


Sergios  n,  Patriarch  von  Epel 


Schwalben  h'ed    (xtiidöfiaiia) 
257. 


Sergios,  Patrizier  516. 
Sergios,  Paulikianer  9 
I  Sergios,  Parser  242,  2 
I  Sergios  von  Resaina  2^ 
243.  262. 
^er<»  948. 
I  SeiTBJ,  Stadt  402,  486,  1044, 
1112*. 


(«.). 


Schweden  422,  513  (Hss-Eata-     Serviua  Tullins  527. 


log)- 
Schweiz,  Hss-Kataloge  513. 

Scott  Waller  1142. 

.ScotuB   Erigenn    s.    Johannes 

ScotuB  Er. 
Sebastpia  b.  Siwas. 
Sebaatopolis  956. 


Seta,  Melode 

Setb  Symeon  263,  270,  399, 

615*.  617,  896*. 
Severianer  64. 
Severianos  132,  915. 
Severos,   Patriarch  von  Anti- 

ochien  51,  52  f.*,  54,  56, 60, 


A 


64,   128,  187.  5ei.66S.:n 
925  ff.- 

Severos  Vuu   micnn»,  BJ IMHII 

Eat«iieiischreibeT  213, 2tl  ] 
Seitns  Julius  Africanm  3^ 

327,    384.    337.   340,  3H. 

788. 
SguropnloB  485. 
Sguropnloa  Stephanoe  7Ä 
Sguroa  Ändronikos  I>uka*,P»  i 

lemiker   114.  ■ 

SguroB  Leon  469,  103«.  ; 

Shah-Nameh  871.  (. 

Sibyllen  504.  699.  j. 

Sib^llinischeOrskels.0tak(t  I 

btt«ratur.  t 

Siddhapati  891.  \ 

Siddb&rts  886. 
Sidrach,  Aaketiker  160. 
Siebenzahl     der    PbQot^ha 

894.  I 

Sieben    Weise,    Sprüche  fe  '. 

601.  I 

Sieben  Weisen  Heister  a  Sjt-  i 

Sieger  im  Wettkampfe,  Ib.  ' 


1062. 
Sigiiane  342. 
Sixeliiäitjs,  o  367;  s.  Johww 

der  Sil  i  Her. 
Sikidibes   Michael,   Hirtttka 

92.  93. 
Silherbullen  s.  Bnllen. 
Silentiarios  s.  Paulus. 
SUkoinschrift  413.  792.  ' 

SUvester  der  hl.   139. 
Silvester  a,  SyropuJos.  | 

Simakos  242.  , 

Simeon  s.  Symeon.  • 

Simetokolos    Emmanuel  aU 

Johannes  497.  | 

Simitekoloa  Benedikt  497. 
Simler  Gieorg  581. 
Sinmüas  772.  ' 

Simokstos  s.  Simokattea. 
Simokatte«  Theopfaylaktos  IL    ' 

227,  228,  245,  247  «.*,  lü». 

343,  454,  527,  567. 
Simon.    ProloB    von    Hagini 

Oros  492  (u.). 
Simon,  Erzbiscbof  von  Tbtbn 

300. 
SimonakiB  Johannes  497. 
Simonides  von  Amorgos  hfi. 

556,  750. 
SimplikJoa  430,  621, 


33. 


Sinai  507,  1110,  1113.  IIU. 
Sindbad,  Sindibad  b.  Synttpu 
Sine  ira  et  stadio  307  Ann.  1. 
Sinope  511. 
Sira   die    U.,    MOrtTrin   If' 


Begister  der  Peraonen  und  Sachen. 


1W7 


Sbiet,  Kardinal  510. 
fimmum  1^2,  1024,  lia4. 
SiBebat  949. 

fifliiiiiios  Grammatikos  51. 
dos,  der  hl.  1138. 
(,  Patriarch  von  Kpel 
_  81,  82,  170,  611. 
Siäman,  Car  988,  994. 
£||flnadi  408. 

ftsyphos  aus  Kos  327,  844. 
Sitia  (auf  Kreta)  870. 
SäbLtos  lY,  Papst  819. 
iiwas  997 
Jiiilien   462,   676  f.,    953  f., 

967  £F.,  975,  997,    1071  f.; 

Klöster  in  S.  195. 
[kanderbeg  1065,  1077. 
Skandinavien  1098. 
Iketiotes  Daniel,  Hagiograph 

188. 
ikiagraphia,  rhetor.  Lehrbach 

452. 
Iklavos  Manuel  842. 
»klengias  Nikolaos,  Polemiker 

113,  114. 
ikleraena  439,  1003. 
^kleros  Bardas  732,  991  f. 
>kletzas  Andreas  819. 
Skordylios  Zacharias  608. 
Skripu  729  (u.),  1055,  1119. 
Skulptur  1119  f. 
Bkutaiiotes  Niketas,  Homilet 

176. 
äkutariotesTheodoros  92, 390. 
äkylitzes  Georgios  90. 
Skylitzes  Johannes,    Chronist 

265,  267,  271,  273,  297  f., 

322,  349,  365  ff.*,  369,  373, 

383,   385,   399,   400,   437, 

459. 
Skylitzes  Stephanos  759. 
Skythen  391. 
Slaven,   ihre  Beziehungen  zu 

Byzanz  33  ff.*,  38,  49,  319, 

328,   329,   408,   612,    660, 

944  ff.*,  963  f.*,  1070,  1079, 

1100  ff.*,  1104,  1127. 
Slavenfrage  in   Griechenland 

944  f.,  1103  f. 
Slavische  Reflexe  der  byzant. 

Chronistik  226;  siehe  auch 

Uebersetzungen. 
Smbat  981. 
Smbat  n  996. 
Smyma  511. 

Sofia  1114;    s.  auch  Serdika. 
Sogdaia  1109. 
Sokrates,      Kirchenhistoriker 

246,201,335,343,406,567. 
Sokrates,  Philosoph  167,  551. 
Soliman  s.  Suleiman. 
Solomon  von  Basra  600. 
Solomon  Chartularios  739. 
Solomon,  Ji^a^rj  ^oXofiulvJog 

802  f. 


Solomon  Domesticas  932. 

Selon  167. 

Sommer,  Enkomion  auf  den 
486;  Gedicht  733. 

Sonne,  Enkomion  auf  die  486. 

Sophianos  Nikolaos  503,  799. 

Sophianos  486. 

Sophienkirche  423  f.,  426  f., 
439,  444,  498  (Monodie  auf 
den  Einsturz  der),  721,  726, 
1114,  1118*. 

Sophokles  505,  549,  554  f., 
565,  567,  576,  601,  733, 
783. 

Sophonias  430  f. 

Sophos  895. 

Sophronios,  Patriarch  von  Ale- 
xandria 73,  582. 

Sophronios   Hieromonachos 
144,  184. 

Sophronios,  Patriarch  von  Jeru- 
salem 61,  69,  96,  139,  145, 
187,  188  ff.*,  191,209,392, 
431,  655,  672  f.*>  701, 
950  f.* 

Sophronios,  Mönch  50. 

Sophronios,   Pseudo-  67,  190. 

Sophronios,  üebersetzer  (?) 
des  Hieronymos  324. 

Soranos  617. 

Soterichos  Panteugenos  86,  87, 
93,  160,  473. 

Sothisbuch  341. 

Soziale  SteUung  der  byz.  Lit- 
teraten 25. 

SozomenoB,  Kirchenhistoriker 
180,  246,  291,  343,  363. 

Spaneas  379,  507,  802  ff.* 

Spanien,  Beziehungen  zu  By- 
zanz 513  ( Hss-Kataloge), 
1055. 

Spanes  Alexios  607. 

Sperlinge,  Gedicht  auf  die 
737. 

Speziaihistoriker  231,  267 
Anm.  2,  393,  394. 

Sphragistik  s.  Bullen. 

Spielereien,  poetische  535, 652 
(u.),  681  f.,  809  f. 

Spinne,  Lob  der  737. 

Splenios  620. 

Spondyles  998,  1000. 

Spottverse  439  ff.,  495,  725, 
740,  781,  792  f. 

Sprache  17;  s.  Schriftsprache 
und  Yulgärsprache. 

Sprichwörter  36,  381,  477, 
483,  497,  544,  569  (M.), 
602  ff.*,  745,  772,   903  ff.* 

Sprichwörterpredigten  909. 

Spruchsammlungen  379,  453, 
522,  600  ff.*,  717  ff.,  749, 
910. 

Spyridon,  Bischof  von  Trimi- 
thus  190,  191,  203. 


Sredec  s.  Serdika. 
Staatswesen,    byz.    Schriften 

aber  das  239,  253. 
Stadtannalen  321,   327,   343, 

346,  396  (u.),  402  f.* 
Stamatios  in  Korone  785. 
Stambul,  Etymologie  von  412; 

im    übrigen    s.    Konstanti- 
nopel. 
Standarte,  byz.  1124. 
Stanza  =  Strophe  696. 
Staphidakes  498. 
Staphidas  Johannes  903. 
Stathes,  Drama  872. 
Staurakios,  Kaiser  966. 
Staurakios  Johannes,  Diakon 

inThessalonike,  Hagiograph 

192. 
Staurakios,  Patrikios  964  f. 
Stephan  Du§an  489,  1056  ff. 
Stephan  Lusignan  902. 
Stephan  Nemanja,  Grossiupan 

1024,  1034  f. 
Stephan  II  von  Ungarn  1022. 
Stephan  üroS  I  1047,  1054  f. 
Stephan  VI,  Papst  79. 
Stephanitai  473. 
Stephanites    und     Ichnelates 

36,    507,    782,    880,    887, 

895  ff.* 
Stephanos     von     Alexandria 

430  f.,  614,  621*,  625,  633. 
Stephanos  Antecessor  605. 
Stephanos    aus    Athen    614, 

616  f. 
Stephanos  von   Byzanz   254, 

410,  411,  417,  527,  538. 
Stephanos  s.  Gobaros. 
Stephanos  Grammatikos  593. 
Stephanos,  der  hl.,  Erzmärtyrer 

111,  465  (Gegenstand  einer 

Ethopoiie). 
Stephanos,  Bischof  von  Hiera- 

polis,  Hagiograph  187. 
Stephanos,  Ikonokiast  68. 
Stephanos,  der  Jüngere,  Mär- 
tyrer 193,  197. 
Stephanos,  Kirchendichter  688. 
Stephanos,   Diakon   in   Kpel, 

Hagiograph  193,  197. 
Stephanos,  Patriarch  von  Kpel 

976. 
Stephanos  s.  Magnetes. 
Stephanos,    Mathematiker    s. 

St.  von  Alexandria. 
Stephanos,     Minister     Justi- 

nians  II  957. 
Stephanos,  Monothelet  61. 
Stephanos,  Polemiker  53. 
Stephanos,   der  Sabbaite  194, 

198,  645. 
Stephanos,  Sohn  Romanos'  I 

982  f. 
Stephanos,  Bischof  von  Suro- 

zia  193,  197,  1101. 

75* 


B«giBter  dor  Penonen  und  Bachen. 


j.  Chr.  626. 
Steuerwesen,  byz.  1084. 
Stiftungearknnden    vod    £16- 

Bteni  s.  KloBteiregeln. 
Stilarten  e.  Schriftsproche. 
StJlbeBKoiietAiitiiiae4ß7,762.*  i 
Stilicho  913  f.  , 

Stirione  GioTAnni  1036.  i 

Siixoi  iv""'"  289.  | 

Stobaeos  Jobannee  600.  i 

Strabon  231,  410,  -527,   538,  j 

544,  567.  [ 

StraboromauoB  Manuel  464.  I 
Straboromanoa    Nikephoros      \ 

464.  _  ' 

Strambaldi  Dtomedes  901.  ' 
SlrategopnloB  Alenos  1048.  i 
Stratioti  (Estradiota)  843.  i 

StratoD  von  Sardea  726,  727.  I 
Strigolniki  1096. 
Strongulos    Gregorioe,    Pole- 
miker 110. 
Sti7phnos.  Adffliral  10.'i5. 
StudioD,    EloBber    113,    139, 

147,   148.    151*,   152,  154, 

314,  316,  677*,  686.   7E2, 

738,  1006. 
Studiten  b.  Studion  and  die 

Taufnamen. 
StuditeBDaniaakoaosl63,  876. 
StylianoB   Mappa,    ErabiBchof 

von  NeokSaarea  77.  78. 976. 
StylianOB,  ProtooBekretis  785, 
Styliten  144,  14-5,  156. 
Stylites  s.  Joshua. 
Stypax  473. 
Stypiotes  Leon,  Patriarch  von 

Kpel  93. 
Stypiotes  Theodoros  7-54. 
Sadslaven  35,  226,  2-56,  1104; 

a.  auch  Bulgaren,  Serben. 
Suetonius  527,  538. 
S&fiBcbe  Sentenzen  811. 
Snidas,  Historiker  570. 
Suidai,  Lexikograph  16.  230, 

261,    264,   324,    336,   424, 

492,    500,   508,    520,    538, 

.563  ff.*.  579,  675,  727. 
Suleiman,  ChBÜf(8.  Jahrb.)  959. 
Suleiman,     SeldachukoDfOrBt 

1012  ff. 
Snieiman  I  490,  1062. 
Suleiman  II  506. 
Susanna,  Drama  645. 
Susanna,  Gedicht  Dber  822. 
Svjatoalav  986.  988. 
Svinthila  949.  i 

Sykae  927.  ; 

Sykeotea    Theodoros ,    Archi- 

mandrit  191. 
Symbatios  974. 
Symbolum,  Erklärung  des  < 

84;    des  nikatiiBchen   1 


:  Xv/ißoplevuxi!  488. 

I  Symeon,  PUrat  von  Bolgaiieo 

131.    458,   459,   723,   977. 

979  f. 
Symeo 
Symeo 

176. 
Sjrneon,   der    .grosse  Giun- 

matiker'  575. 
Symeon,  Patriarch  von  Jeru- 

Balem  81,  82. 
Symeon,  Eircheudichter  688. 
Symeon,  HagiBter  nnd  Logo- 

thet  200,   202,   265,   312. 


358  ff.*. 


343.    355, 
S2,  364.  369,  373, 

:ive.  »8«,  403.  427,  718  ff. 

785  (?). 
Symeon,  Magister  und  Logo- 

thet,  Eanoniat  607. 
Symeon    von    Mesopotamien, 

Asketiker  145. 
Symeon      MetaphrasteB      16, 

80,  96,  115,  129,  145,  157, 

168,  170,  173,  178  f.*,  180. 

181,    185,    190,    197,    199, 

200  ff.*,  213,  214,264,476, 

718  ff.* 
Symeon  Monochos,  Aflketiker 

154. 
Symeon,  der  Narr  190. 
Symeon,  Paendo-  359, 86 1 ,  869, 

377. 
Symeon  SaloB  a.  Symeon  der 

Symeon  Seth  a.  SeÜi. 
Symeon   Stadites,    Asketiker 

140,  152.  15.3.  154. 

Symeon  Stylites  der  Jtingere, 

Aaketiker  144  f.*,  191,  671. 

Symeon  TheologoB,   Mystiker 

42.  142.  152  ff*,  15.5.  158. 

Symeon,  Enbischof  von  Thea- 

salonike,      Litoigiker     39. 

112  f.*,  160,  176. 

SymmachoB,  BibelDberBelzung 

des  123,  127. 
SymmachoB,  Scholiast  565. 
Synadenos,  General  des  Kai 
Bers   David  von  Trapeiont 
1042. 

a,   Neffe   des  Nike- 
Botaniates  1014. 
Protostrator  1055- 
PrioBter  402,  841. 
in  der  byi.  Konst 
1116." 
Synaxarion   136,   181,  185. 
Synchromstische   Behandlung 
der  Litteraturgeschichte  25 
Synekdemos  417  f. 
Syneaios,  Alchemist  633. 
SynesioB  von  Kyrene  101, 138, 
296,    438,    464,   544,    549, 
552,  567,  603,  654  f. 


phoroi 
Synadinos 


E^kelloB, 
Synkelloa 
Synlcellos 
SynkelloB 
Synkretisti 

turgesei 
Synodal  de 

Den  Syi 

521. 


117,    11 

1064,  Ii 

—  von  Si. 
phienkii 

161,  18' 

-  vonTj 

560. 
S}-nodikon 

Rechtgl 
Synodikon 

TheBsali 
Synopsis  i 
Synopsis 

377,  H8i 
Syntipaa  ' 
Syrakna  2 
Syrer  33,  i 

Syrische  ( 
403  ff.' 
Syrien  67( 
Syrigos  H 
Syropolo« 
%ropttloB 
Syropnloa 
Syropnlosl 
121. 

Tafel  G.  I 
Tafelmalei 
Tafelmnd« 
Ta^na  93 
Tajapiera 
Taktik,  T 
wisaenai 
Talantnchi 
Talmatzer 
Tankred  v 
TantaloB  4 
Tuasikodi 


Register  der  Personen  nnd  Sachen. 


1189 


Tarasios,  Patriarch  von  Kpel 

13,  71,  73*,   96,   146,  194, 

812  f.,  340,  515,  517,  628. 
Tarasios,  Bruder  des  Photios 

517. 
Tarchaniotes  Michael  1053. 
Tarchaniotes  Nilos,  Polemikor 

114. 
TaroD  407. 
Taronites  754  f. 
Tarsites  Eonstantinos  147. 
Tatianos  524  (u.). 
Taurokomon  1017. 
Taxeotes  Isaak  615. 
Technikos    =    Grammatikei 

583. 
Technologie     (grammatische) 

547,  558,  577,  593. 
Teia  934. 
Telikudes  Eallistos,  Asketiker 

160. 
Teilsage  831. 

Temenos  Eonstantinos  852. 
Tenos  1082. 
Tervel  (Terhelis)  957. 
Testament,  altes  337  f.,  340, 

372,  589,  602,  746,  818. 
Testament,  neues  655  (Para- 
phrase), 790. 
Testament,    altes   und   neues 

292,  301,  341,  483,  819. 
Textilien  s.  Gewebe. 
Thaddaeos  s.  Pelusiotes. 
Thalassios  147. 
Thalassios.  Asketiker  62, 147*. 
Thalia  644  f.,  662. 
Thamar  1049. 

Thamyras,  Dialogperson  544. 
Thasos  494,  514. 
Theano  469,  504. 
Tlieben  1025. 
Themen  des byz.  Reiches 253 f., 

256,  952*,  961*,  975. 
Themistios  12,  431,  455,  464, 

505. 
Themistios  Ealonymos  51,  53. 
Theodat  238,  932. 
Theodegios,  Bischof  von  Athen 

1 132. 
Theoderich   der  Grosse   237, 

923,  1090. 
Theoderich  o  HTQaßog  923. 
Theodora,   Eaiserin   94,    194, 

197,  231,  238,  827,  929  ff.*, 

1074,  1143. 
Theodora  die  hl.,  von  Thessa- 

lonike    159,  192,  196,  199. 
Theodora,  Mutter  Michaels  III 

969  ff. 
Theodora,  Nichte  und  Mätresse 

des  Eaisers  Manuel  Eomne- 

nos  88,  384. 
Theodora,  Tochter  Eonstanti- 
nos' VIII  999  ff.,  1005. 
llieodoretos,     Eirchenhistori- 


ker  38,  40,  48,  69,  75,  122, 
132,  138,  170,  188,  211, 
246,  291,  343,  372,  388, 
530,  566  f.,  603,  919,  938. 

Theodorich  der  Grosse  s. 
Theoderich. 

Theodoros  I  Laskaris,  Eaiser 
95,  282,  284,  1042  f.* 

Theodoros  II  Laskaris,  Eaisei- 
93,  95  f.*,  286,  445,  447  f., 
478*,  491,  541,  774  (?), 
1047  f.* 

Theodoros  Dukas  Angelos, 
Despot  von  Epirus  1048  ff. 

Theodoros,  Abt  54,  56. 

Theodoros  Abukara  18,  71, 81. 

Theodoros  s.  Agallianos. 

Theodoros,  Bischof  von  Alania 
157,  174. 

Theodoros,  Mönch  in  Alexan- 
drien  52,  58. 

Theodoros  Anagnostes  247, 
291,  824,  848,  846,  354, 
368,  405,  424. 

Theodoros,  Bischof  von  An- 
dida  157,  190. 

Theodoros  s.  Askidas. 

Theodoros  s.  Balsamon. 

Theodoros  o  Bearog,  Panegy- 
riker  176. 

Theodoros,  Despot  s.  Palaeo- 
logos. 

Theodoros,  Diakonos  und  Sy- 
nodikarios  61. 

Theodoros  Dux,  Märtyrer  208. 

Theodoros,  Bischof  von  Edessa, 
Asketiker  151  f.*,  196. 

Theodoros,  Bischof  von  Ephe- 
SOS,  Ikonokiast  67. 

Theodoros,  Erzbischof  von 
EphesoB  156. 

Theodoros  s.  Gazes. 

Theodoros  Graptos  78*,  107, 
193,  586, 677,  707  (wo  Theo- 
doros statt  Theophilos  zu 
schreiben  ist). 

Theodoros,  der  hl.,  Märtyrer 
139,  168,  171,  486. 

Theodoros  von  Heraklea  206, 
211,  213. 

Theodoros  s.  H3rrtakeno8. 

Theodoros,  Patriarch  von  Jeru- 
salem 165. 

Theodoros,  Bischof  von  Iko- 
nion, Hagiograph  187. 

Theodoros  Eubikularios  172. 

Theodoros,  Bischof  von  Ey- 
zikos  (13.  Jahrh.)  390. 

Theodoros ,  Metropolit  von 
Eyzikos,  Panegyriker  169. 

Theodoros,  Bischof  von  Lao- 
dikea  71. 

Theodoros  Lector  s.  Theo- 
doros Anagnostes. 

Theodoros  s.  Metochites. 


Theodoros  Monachos,  Homilet 

176. 
Theodoros    von    Monembasia 

401. 
Theodoros  Moneremites,  Pane- 
gyriker 176. 
Theodoros  von  Mopsuestia  128, 

206,  917,  988. 
Theodoros  s.  Muzalon. 
Theodoros  aus  Paphlagonien, 

Eunuch  725. 
Theodoros,Bi8chof  von  Paphos, 

Hagiograph  190,  191. 
Theodoros,  Despot  des  Pelo- 

ponnes  111,  1062. 
Theodoros,  Bischof  von  Petra, 

Panegyriker  185,  186  f. 
Theodoros,  Sohn  des  Petros 

Patrikios  237. 
Theodoros^ischof  von  Pharan, 

Monothelet  60  f. 
Theodoros,  Presbyter  60,  138. 
Theodoros,  Presbyterund  Syn- 

kellos  in  Epel  166. 
Theodoros  s.  Prodromos. 
Theodoros  Protoasekretis,  Ha- 
giograph 197,  847. 
Theodoros      Protospatharios 

Märtyrer  194. 
Theodoros  Protothronos,  Pane 

gyriker  176. 
Theodoros  Quaestor,  Panegy 

riker  176. 
Theodoros  von  Raithu  64,  85 

96. 
Theodoros,  Schreiber  des  Cod 

Vatic.  1650  188. 
Theodoros  von  Sebasteia  867 
Theodoros  von  Side  367. 
Theodoros  s.  Skutariotes. 
Theodoros,Bi8chof  von  Skytho- 

polis  58. 
Theodoros  von  Smyma,   Eir- 

chendichter  677. 
Theodoros  von  Smyma,  Ari- 

stot»liker  85,  430*,  467. 
Theodoros  Studites  88, 47,  54, 

68,    69,   71,   72,   96,,  140, 

141,  148,  146,  147  ff*.,  153, 

156,    166,    176,    198,    194, 

349,   677,   686,   688,   698, 

707,  712  ff.*,  784,  964. 
Theodoros,  Bischof  von  Sug- 

däa  97. 
Theodoros  s.  Sykeotes. 
Theodoros,  Syrer  88. 
Theodoros,  Bischof  von  Tri- 

mithus,  Hagiograph    191  f. 
Theodosia,  die  hl.  204,  205. 
Theodosianer  60,  64. 
Theodosios  I  2,  6,  918,  1073*. 
Theodosios    II,    Eaiser    147, 

915  ff.,  1078. 
Theodosios  IH,  Eaiser  959. 
Theodosios    von   AlexiMidria, 


Register  der  Personen  nnd  Sachen. 


1191 


theos  Basilikos,  Patriarch 
1  Alexandria  920. 
tbeos,  Presbyter  in  Anti- 
llen 164. 

theos,  der  Apostelschülei 
3. 

theos,  Chronograph  821, 
7. 

theos  von  Gaza,   Gram- 
tiker    und   Zoolog   268, 
2*,  587,  631*,  633. 
theos,  Presbyter  in  Jeni- 
em  164. 

theos,  Elosterstifter  318. 
theos  von  Kpel  59,  69. 
theos,  Patriarch  643. 
theos,  Zoolog  8.  Timo- 
os  von  Gaza, 
r  Lenk  306,  491,  838*, 
>2. 

Leitos  607. 

der  Bischöfe  u.  s.  w.  415, 
\. 
vesen  1084  f. 

von  Bostra  214. 

SchtQer   des  Apostels 
jIos  165. 

iturenbücher  458  f. 
.  Buch  897. 
Ines  Singvogels,  Monodie 

den  378. 

Verse    über   den    815, 
). 

Ibey  1005,  1007. 
)i  Leon  34,  642. 
ch,   der  gotische  268  f. 
5raphie  1110  ff. 
kio8  (Tomikes)  Demet- 
j,    Polemiker    91,    472, 
>. 

kios  (Tomikes)  Georgios 
If. 

kios  Leon  740,  1005, 
6. 

ato  Tasso  872. 
feiertage,  Traktat  über 

187,  620. 

Bruder,    Lied    von   d. 

*  933  f. 

itus  Harleianus  596. 
ter,  die  griech.  274. 
»ücfüJ  647. 

oSiit^    Bedeutung    von 
f. 

1,  Kaiser  238. 
los   Patrikios,    Chronist 
,  323. 

zunt  393  f.*,  422,  495  f., 
,  1049  ff.*,  1071*,  1115, 
9. 

e,  Verurteilung  der  883  f. 
>s,  Paulikianer  1017. 
ibücher  629  f. 
igeschichten820f.,  861  f. 


Träume,  Schrift  über  die  491. 
Treviso  842. 
Triaditza  266. 
Trjasavicy,  die  zwölf  36. 
Tnbigüd  914. 
Trichas  Johannes  595. 
Trichas  Eonstantinos  595. 
Trichas,  Metriker  595. 
Triephon  459. 
Trikamaron  931. 
Trikanas  550. 
Triklinios    Demetrios     549, 

554  ff.,  596,  597. 
Trimeter,  byzantinische  648  ff. 
Triodion    136,    292,    658  f., 

686  ff.* 
Tritheismus  58. 
Tritheisten,  Polemik  gegen  die 

71. 
Triviez  Bemard  869. 
Trivolis  Jakob  843. 
Tmovo  1045,  1061. 
Trojaroman  und  Trojasage  85, 

844  ff.* 
Troparion  145. 
Trophonios  462. 
Tropolo^on  686  ff. 
Tropus,  in  der  Kirchenpoesie 

683. 
Trostgedicht  811  f. 
Trunkenbold ,    rhetor.    Stück 

491. 
Tryphiodoros  581,  655. 
Tryphon,   Grammatiker  588, 

589. 
Tryphon  der  hl.  95. 
Tschuwaschen  1107. 
Turba  philosophorum  684  (u.). 
Türken  83, 941 ,  1054ff.,  1058ff. 

erste  Erwähnung  der  243 

Ursprung  der  865,  1107  f.* 

s.  auch  Seldschuken. 
Turachan  1063,  1066. 
Turgenjev  34. 
Turiner  Kompilation  297  f. 
Turnier,    Ekphrase    über  ein 

467;  Gedicht  über  ein  870. 
Tusculanische  Fragmente  328. 
Tyana  958,  966. 
Tyche  234,  857. 
Tyche  von  Epel  1117. 
lychikos,  Bogomile  84* 
Typika  s.  E^losterregeln. 
'ly^iVfm,    liturgisches    Buch 

143,  814,  658  f. 
Tyrak ,    Petschenegenchan 

1004. 
Tzachas  1017. 
Tzakon  Nikolaos  785. 
Tzakonen  s.  Zakonen. 
Tzazon  931. 
Tzelgu-Chan  1017. 
Tzei^es  Andronikos  533. 
Tzetzes    Johannes    17,    330, 

451,   476,   497,   508,   525, 


526  ff.*,  555,595,710,749, 
767,  780,  826  f.,  846. 

Tzetzes  Isaak  532,  586*. 

Tzikolon  309. 

Tzimiskes  s.  Johannes  Tz. 

Tzintzilukios  Eosmas.  Aske- 
tiker  160. 

Tzykandyles  485. 

übertinus  Tnsculas  Brixien- 
sis  812. 

üchtanes  von  Urha  407. 
j  Uebersetzungen  byzantini- 
scher Werke  ins  Aethio- 
I  pische  404,851;  Arabische 
66,  144,  152,  262,  858,  404, 
614;  Armenische  66,  182, 
262,  405,  406,  710  f.,  850  f., 
899  f.;  Französische  890; 
Georgische  829,  856,  618, 
851 ;  Italienische 807, 899f.; 
Lateinische  155,  184,  844  f., 
570  (c),  612  f,  614,  630, 
678,  850  f. ;  Slavische  49, 
184,  186,  829,  888,  851  (u.), 
856,  860,  373,  377,  879, 
408,  418  f.,  420  (M.),  427, 
602,  612,  660,  684  f.,  7101, 
743,  803f.,  845,  851f.,853, 
884;  Rumänische  877,  879, 
408,  612,  845,  851  f.,  871; 
Syrische  51,  184,  262,  403, 
602,  850 f.;  Türkische  884; 
Vulgärgriechische  144,  197, 
374,  607,  608,  619,  744, 
850,  888,  909  f.;  in  ver- 
schiedene Sprachen  224  f., 
373f.,  682  ff.*,  834 ff.,  851  f., 
868ff.,  875f.,  888ff.,  891ff.. 
895  ff.,  1098;  s.  auch  Para- 
phrasen und  die  einzelnen 
Autoren. 

Uebersetzungen  (griechische) 
armenischer  Schriften  406; 
lateinischer  Schriften  99, 
100*,  103,  114,  118,  120, 
544 f.,  629,  852 f.;  persi- 
scher Schriften  615,  622  f., 
631;  syrischer  und  arabi- 
scher Schriften  100,  145, 
405. 

Uldes  914. 

Ungarn  977  f.,  1022,  1075. 
1081,  1098.  1107f.* 

Union  der  röm.  und  griech. 
Eirche  18,  48,  89,  98  f.,  96, 
286,  289,  294,  429,  476, 
487,  490,  771,  839,  1017f., 
1027,  1036,  1064,  1091  f.* 

Universität  in  Epel  252,  428, 
438,  622,  973. 

Unterricht  s.  Schulwesen. 

Upravda  (Justinian)  287. 

Uranos  Nikephoros  145,  200, 


Register  der  Personen  und  Saehen. 


tl9S 


.rins  Rhetor  s.  Zacharias 
1  Mytilene. 

irias,    Uebersetzer    Gre- 
s  des  Grossen  518. 
•a  880,  972. 
ninantik  6B1. 
len  402,  494,  1103*. 
as  631. 
821.  1082. 
IS  Andronikos  486, 559  f.* 
IS  Johannes  559. 
»rsprüche  36,  619  f.,  631, 
>. 

l,  Inschrift  von  33. 
}stinimung    byzantini- 
cr  Werke  27  f. 
chnung,  christl.  s.  Chro- 
ogie    und    Kalenderver- 
serung. 

hriften,   für  die  byzant. 
dien  1143  f. 
lemail  s.  Email. 
i  von  Glag  407. 
►ios  575,  604. 


Zenon,  Kaiser  920  ff.,  1073. 

Zenon,  Drama  872. 

Zenturie  141,  147. 

Zeremonienwesen  254  ff.*,  658 
(u.),  1085*. 

Zeson,  Philipp  von  765. 

Zeugmin  1024. 

Zeuzippos,  Gymnasium  des 
726. 

Zigabenos  Euthymios  42,  47, 
76,  82  ff.*,  90,  91,  107,  124, 
134,  191,  209,  210. 

Zigabenos  Georgios  758. 

Zigeuner  1107  f. 

Zirkusparteien  254,  930,  1085. 

Zisternen  1119. 

Zoe,  Tochter  Konstantins  VIII 
998  ff.,  1076. 

Zoe,  Favoritin  Leons  VI  978  f. 

ZoiloB,  Patriarch  von  Alexan- 
dria 58. 

Zonaras  Christophoros  474. 

Zonaras  Demetnos  474. 

Zonaras  Johannes  35,  85,  88, 


124,  135,  138,  139,  190 
204,  220,  221,  249,  267, 
278  (u.),  322,  349,  354,  360, 
370  ff.*,  377,  383,  388,  389. 
392,  400,  437,  504,  607, 
611,  678,  679  f.,  682,  835, 

Zoologie,  byz.  263  f.,  631  ff.*, 
874  ff. 

Zorianos  Michael  628. 

Zosimos,  Bischof  187. 

Zosimos,  Alchemist  632,  634. 

Zosimos,  Historiker  10,  259, 
335,  388. 

Zotikos  Paraspondylos  838  f. 

Zotos  (?)  Christophoros  459  (o.). 

Zotos,  Jakobite  52,  54. 

Zuckungsbttcher  630  f. 

Zunftwesen,  byz.  609;  s.  auch 
Gewerbe. 

Zuschlagsverfahren  611. 

Zygomalas  Johannes  503. 

Zygomalas  Theodosios  503, 
607,  896. 


C.H.Beck'sche  Verlagsbuchhandlung  (Oskar  Beck)  in  tfänchen. 

HAKDBUCä. 

DER 

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AmiRTUMS-WISSENSOHAFT 

In  systematischer  Darstellung 

mit  besonderer  Rücksicht  auf  Geschichte  und  Methodik  der  einzelnen 

Disziplinen.  ^ 

In  Verbindung  mit  zahlreichen  Mitai*beitern 

herausgegeben  von 

Gelieimrat  Dr.  Iwan  von  Müller, 

ord.  Prof.  der  klassischen  Philologie  in  München. 


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^Erster  Band:  Einleitende  nnd  Hilfsdisziplinen.  Zweite  sehr  vermehrte,  teil- 
weise völlig  neubearbeitete  Auflage.  Mit  alphab.  Register.  57  Bog. 

Lex.-8«.     Preis  geh.  15  ^Ä;  geb.  17  Jk 

A.  Gnmdlegnzig  und  Geschichte  der  Philologie,  von  Geheimrat  Dr.  v.  ürlichs  (WOrz- 

bürg). 

B.  Hermeneutik  und  Kritik,  von  Professor  Dr.  Blass  (Kiel). 

C.  Paläographie  (mit  6  lithographierten  Schrifttafeln),  Buchwesen  und  Handschriften- 

kunde, von  demselben. 

D.  Griechische  Epigraphik  (mit  einer  Schrifttafel),  von  Oberl.  Dr.  Larfeld  (Remscheid). 

E.  Römische  Epigraphik,  von  Prof.  Dr.  £.  Hübner  (Berlin). 

F.  Chronologie,  von  Prof.  Dr.  Ungar  (Würzburg). 
6.  Metrologie,  von  Prof.  Dr.  Nissen  (Bonn). 

*Z weiter  Band:  Griechische  nnd  lateinische  Sprachwissenschaft.  Zweite  völlig 
neubearbeitete  und  sehr  vermehrte  Auflage,  Mit  alphab.  Register. 
60  Va  Bog.     Lex.-8o.     Preis  'geh.  15  JL  50  ^;  geb.  17  .^  50  ^. 

A..  Griechische  Grammatik  (Geschichtliches  und  Methodisches,  Lautlehre,  Flexionslehre, 
S^tax  und  Stilistik),  von  Prof.  Dr.  B  rüg  mann  (Leipzig). 

B.  Lateinische   Grammatik  (Geschichtliches  und  Methodisches,  Lautlehre,  Flexionslehre, 

Syntax  und  Stilistik),  von  Professor  Dr.  Stolz  (Innsbruck)  und  Gymnasialdirektor 
Schmalz  (Tauberbischofsheim). 

C.  Griechische  und  lateinische  Lexikographie,  von  Gymnasialrektor  Dr.  Autenrieth 

(Nürnberg)  und  Prof.  Dr.  Heerdegen  (Erlangen). 

D.  Rhetorik,  von  Gymnasialdirektor  Dr.  Yolkmann  (Jauer). 

E.  Metrik,  von  Prof.  Dr.  Gleditsch  (Berlin). 

Dritter  Band,  Erste  Abteilung:  Geographie  nnd  Geschichte  des   alten 

Orients,  von  Prof.  Dr.  Hommel  (München).     [2.  Aufl.  erscheint  1897.] 

Dritter  Band,  Zweite  Abteilung:  A.  Geographie  nnd  Topographie  von 
Griechenland  und  den  griechischen  Kolonien.     Neubcarbeitet  von  Prof. 

Dr.  Eugen  Oberhummer  (München).  —   B.  Topographie  VOn  Athen,   von 
Dr.  Walter  Judeich  (Marburg).    [Erscheint  1897.] 

Dritter  Band,  Dritte  Abteilung:  A.  Geographie  von  Italien  nnd  dem 
Orbls  Romanns,  von  Prof.  Dr.  Jul.  Jung  (Prag).  -  B.  Topographie  von  Rom, 

von  Gymn.-Dir.  Prof.  Dr.  Otto  Richter  (Berlin).   [2.  Aufl.  erscheint  1897.] 

♦Dritter  Band,  Vierte  Abteilung:  Grnndriss  der  griechischen  Geschichte 

nebst  Quellenkunde,  von  Prof.  Dr.  Robert  Pöhlmann  (Erlangen).      Zweite 

völlig  umgearbeiteteAvflage.  1 7  Bog.  Geh.  5  c^  In  Halbfranz  geb.  6  e/Ä  50  ^ 


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